|FOR THE PEOPLE FOR EDVCATION FOR SCIENCE LIBRARY of THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY neue Wotiz en a us dem Sebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt N von Ludwig Friedrich v. Froriep, | des Ordens der Würtembergiſchen Krone und des Großherzogl. S. Weimar. Falken + Ordens Ritter, IB der Philoſophie, Medicin und Chirurgie Doctor und G. H. S. Ober⸗Medicinalrathe zu Weimar; f Director der Königl. Preuß. Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt; der Kaiferl; Leopoldiniſch⸗Caroliniſchen Acgdemie der N turforſcher, der Ruff: Kaiſerl. Academie der Naturforfher zu Moskwa, der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, der Wetterauer Geſellſchaft für die geſammte Naturkunde, der phyſicaliſch⸗mediciniſchen Societaͤt zu Erlangen, der mineralogiſchen Geſellſchaft zu Jena, der Niederrheiniſchen Geſellſchaft der phyſiſchen und mediciniſchen Wiſſenſchaften, des landwirthſchaftlichen Vereins im Königreiche Würtemberg, der Soeiet& d' Agriculture, Sciences et Arts du Departement du Bas-Rhin, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Leipzig, der Senken⸗ bergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft gu Frankfurt am Main, der Societas physico - medica zu Braunſchweig, der Medical Society zu Philadelphia, des Apotheker⸗Vereins für das nördliche Deutſchland, des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in Preußen, des Vereins für Blumiſtik und Gartenbau in Weimar, der Geſellſchaft zur Beförderimg der 1 Naturwiſſenſchaften in Marburg, der Schleſiſchen Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Cultur zu Breslau, der Societas medico-chirurgica Berolinensis, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Halle, des Kunſt⸗ und Handwerksvereins des c e Altenburg, der Accademia Pontaniana zu Neapel, der naturforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes, der Geſellſchaft für Natur⸗ und Heilwiſſenſchaft zu Heidelberg, der Svenska Läkare- Sällskapet zu Stockholm, der mediciniſchen acuftät der K. u. Univerfität Peſth, der Reformed Medical Society of the United States of America zu New⸗ Mork, der Académie ar de ‚Medeeine zu Paris, der Geſellſchaft des vaterländiſchen Muſeums in Böhmen zu Prag, der Societe d’Agriculture de Valachie zu Buchareſt, der mediciniſchen Geſellſchaft zu Warſchau, des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal⸗Beamten für die Beförderung der Staats⸗Arzneikunde und der Kaiſerl. Koͤnigl. Geſellſchaft der Aerzte in Wien Mitgliede und Ehrenmitgliede; u n d Dr. Robert Frorie p, 5 Königl. Preußiſchem Medicinalrathe und Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputation für das Medicinalweſen im Miniſterjum der Geiſtlichen⸗ . Unterrichts- und Medicinal⸗ Angelegenheiten; sr a Profeſſor an der Friedrich - Wilhelms » Univerfität, Proſector an der Charite; Heilanftalt, Lehrer der Anatomie an der Academie der Künſte, Mitgliede der Königl. Ober⸗Eraminations⸗Commiſſion, practiſchem Arzte und Wundarzte in Berlin; Mitgliede und Correſpondenten der Königlichen Academle gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Academie royale de Medecine zu Paris, der Hufelandiſchen medieiniſch⸗ raten Geſellſchaft, des Vereins für Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft für Natur und Heilkunde zu Berlin, der Geſellſchaft r Erdkunde zu Berlin, der Svenska Läkare-Sällskapet zu Stockholm, der Societas physico-mediea zu Moskau, der K. K. Geſellſchaft der Aerzte in Wien und des ärztlichen Vereins zu Hamburg; Ehren⸗Mitgliede des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medieinal⸗ e Beamten für. die Befoͤrderung der Staats⸗Arzneikunde und des Apotheker- Begins im nördlichen Deutſchland. 8 — —— 5 Siebenzehnter Band, e dei und zwanzig Stücke (ro. 353 bis 374), eine Tafel Abbildungen in Quarto, Umſchlag und Regiſter enthaltend. | Januar bis März 1841. Be, Verlage des Landes » Indufirie ⸗Comptoirs zu Weimar⸗ e 18 4 1. 9 n; A Unter dem Titel „Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur: und Heilkunde“ laſſen die Herausgeber, — welche durch Neigung und Verhaͤltniſſe ziemlich früh von dem benachrichtigt find, was die Aufmerkſamkeit eines Freundes der Wiſſenſchaften überhaupt und der Natur- und Heilkunde in'sbeſondere verdienen moͤchte, — von Zeit zu Zeit einige Bogen drucken, wo es noͤthig ſcheint, von Bemerkungen begleitet und mit Abbildungen ausgeſtattet. Da man nicht vorher weiß, wie viel des wirklich Wiſſenswerthen den Herausgebern vorkommt, auch nicht, wie viel ſie Herten ihrer allerdings beſchraͤnkten Zeit ſind, ſo haben dieſelben ſich nicht an Hefte von gewiſſem Umfang, oder an beſtimmte Zeit fuͤr deren Erſcheinung gebunden. Es iſt aber die Einrichtung getroffen worden, daß, ſobald ein Bogen, in groß Quartformat, auf ſchoͤnem Papier gedruckt, vorhanden ib, derſelbe ſofort verſendet wird und durch alle Buchhandlun⸗ gen und Poſtaͤmter zu erhalten iſt. \ Drei und zwanzig oder vier und zwanzig Bogen Text machen einen Band aus — wobel von den dazu gehoͤri⸗ gen Abbildungen jede Quarttafel für einen Bogen Text, eine ausgemalte für zwei Bogen gerechnet werden — und koſten, mit Titelblatt und Sachregiſter verſehen, fuͤr diejenigen, welche ſich auf einen ganzen Band abonniren, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. Rhein.; außerdem aber wird jeder einzelne Bogen ohne Abbildungen um 3 Gr., mlt ſchwarzen Abbild. zu 6 gGr. und mit colorirten Abbild. zu 9 gGr. zu haben ſeyn. Landes⸗Induſtrie⸗Comptoir. * eue Notizen 4 aus er Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt 5.0 2 N U Ludwig Friedrich v. Froriep, ö des Ordens der Wirtembergifchen Krone und des Großherzogl. S. Weimar. Falken » Ordens Ritter, der Philoſophie, Medicin und Chirurgie Doctor und G. H. S. Ober-Medicinalrathe zu Weimar; Director der Königl. Preuß. Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt; der Kaiſerl. Leopoldiniſch-Caroliniſchen Academie der Na⸗ turforſcher, der Ruff. Kaiſerl. Academie der Naturforſcher zu Moskwa, der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, der Wetterauer Geſellſchaft für die geſammte Naturkunde, der phyſicaliſch⸗mediciniſchen Societät zu Erlangen, der mineralogiſchen Geſellſchaft zu Jena, der Niederrheiniſchen Geſellſchaft der phyſiſchen und mediciniſchen Wiſſenſchaften, des landwirthſchaftlichen Vereins im Koͤnigreiche Würtemberg, der Société d' Agriculture, Sciences et Arts du Departement du Bas-Rhin, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Leipzig, der Senken⸗ bergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft zu Frankfurt am Main, der Societas physico- medica zu Braunſchweig, der Medical Society zu Philadelphia, des Apotheker-Vereins für das nördliche Deutſchland, des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in Preußen, des Vereins für Blumiſtik und Gartenbau in Weimar, der Geſellſchaft zur Beförderung der geſammten Naturwiſſenſchaften in Marburg, der Schleſiſchen Geſellſchaft für vaterländifche Cultur zu Breslau, der Societas medico - chirurgica Berolinensis, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Halle, des Kunſt⸗ und Handwerksvereins des Herzogthums Altenburg, der Accademia Pontaniana zu Neapel, der naturforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes, der Geſellſchaft für Natur- und Heilwiſſenſchaft zu Heidelberg, der Svenska Läkare- Sällskapet zu Stockholm, der mediciniſchen Facultät der K. U. Univerfität Pefth, der Reformed Medical Society of the United States of America zu New Pork, der Académie Royale de Medecine zu Paris, der Geſellſchaft des vaterländiſchen Muſeums in Böhmen zu Prag, der Société d Agriculture de Valachie zu Buchareſt, der mediciniſchen Geſellſchaft zu Warſchau, des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal⸗Beamten für die Beförderung der Staats⸗Arzneikunde und der Kaiſerl. Königl. Geſellſchaft der Aerzte in Wien, Mitgliede und Ehrenmitgliede; und Dr. RO Her Fro r i Königl. Preußiſchem Medicinalrathe und Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputation für das Medicinalweſen im Miniſterium der Geiftlichen >, Unterrichts- und Mebdicinal = Angelegenheiten; Profeſſor an der Friedrich: Wilhelms -Univerfität, Proſector an der Charité-Heilanſtalt, Lehrer der Anatomie an der Academie der Kuͤnſte, Mitgliede der Königl. Ober⸗Examinations⸗Commiſſion, practiſchem Arzte und Wundarzte in Berlin; Mitgliede und Correſpondenten der Königlichen Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Academie royale de Medecine zu Paris, der Hufelandiſchen medieinifchen chirurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins für Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft für Natur- und Heilkunde zu Berlin, der Geſellſchaft fur Erdkunde zu Berlin, der Svenska Läkare-Sällskapet zu Stockholm, der Societas physico- medica zu Moskau, der K. K. Geſellſchaft der Aerzte in Wien und des aͤrztlichen Vereins zu Hamburg; Ehren-Mitgliede des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal ⸗ Beamten für die Beförderung der Staats- Arzneikunde und des Apotheker-Vereins im nördlichen Deutſchland. 0 1 ıN- AD B tehe meh ter a d, zwei und zwanzig Stücke (Nro. 353 bis 374), eine Tafel Abbildungen in Quarto, Umſchlag und Regiſter enthaltend. Januar bis Maͤrz 1841. Im Verlage de s Landes Induſtrie⸗Comptoirs 3 111. 3 ches‘er und an demſelben Tage hatten die beiden Schiffe The West-Indian und The Rawlins, die ſuͤdweſtlich vom Duke of Manchester ſeegelten, den Wind den ganz zen Tag, von zwei Uhr Morgens an, aus Suͤdweſten; und zu gleicher Zeit hatten der Cicero und der Yolof die nordoſtlich vom Duke of Manchester ſeegelten, den Wind aus Nerdeſt und Oſtnordoſt, und zwar der Volof den ganzen Tag bis 8 Uhr Abends. Herr Espy bemerkte nun, daß er die Richtung von 18 Tornados bereiſ't, und meh— rere derſelben mit großer Sorgfalt unterſucht habe, woraus ſich denn ergeben, daß alle Erſcheinungen Ein und Daſſelbe bekundeten, naͤmlich die Bewegung der Luft nach Einwaͤrts, und zwar nach dem Mittelpuncte des umgekehrten Wolken— kegels, wihrend er über die Oberflaͤche der Erde zieht. Aus allen dieſen Thatſachen wies er nach, daß eine Bewegung der Luft nach Einwaͤrts, nach dem Mittelpun:te der Stuͤrme, von allen Seiten her beſteht, und daß dieſes die Folgerung fer, die aus der wohlbekannten Thatſache abge— leitet werden muͤſſe, daß das Barometer in der Mitte eines Sturmes tiefer zu ſtehen pflegt, als rings um den Rand deſſelben. Die Schwierigkeit iſt nun, die auffallende De— preſſion des Barometers, ungeachtet des großen Laftandran— ges an der Oberflaͤche der Erde nach dem Orte hin, wo das Barometer am tiefſten ſteht, zu erklaͤren. Dieſe Schwierigkeit erſchien dem Sir John Her— ſchel fo groß, daß fie, wie er der British Association zu Neweaſtle erklaͤrte, Espy's Theorie den Todesſtoß vers ſetzen dürfte. Sir John erblickte das einzige Mittel, um das Fallen des Barometers zu erklaͤren, in einer Centrifu— galkraft in der Luft, welche Kraft aus dem wirbelwindarti— gen Character der Stürme hervorgeht. Herr Es py hielt es für wahrſcheinlich, daß die folgenden Aeußerungen dem Sir John nicht bekannt geweſen ſeyen, indem er ſonſt Anftand genommen haben würde, es als feine Meinung auszuſprechen, daß die Luft nicht gegen einen gemeinſchaft— lichen Mittelpunct hin wehen koͤnne, ohne ein Steigen des Barometers uͤber den mittlern Stand deſſelben herbeizu— fuͤhren. Herr Forth ſagt im Aten Bande der Philosophi- cal Transactions (abgekuͤrzt), daß während einer ſehr großen Depreſſion des Barometers am 8. Januar 1735 er die Bemerkung gemacht habe, daß der Wind in den noͤrd— lichen Theilen der Inſel aus Nordoſt, und in den ſuͤdlichen Theilen aus Suͤdweſt geweht habe. Und Herr Howard ſagt: Waͤhrend eines großen Sturmes im Jahre 1812 we— hete der Wind noͤrdlich vom Humber aus Oſtnordoſt, und ſuͤdlich vom Humber aus Suͤdweſt. Herr Es py ſagte nun, daß er durch Berechnung nach allgemein bekannten chemiſchen Geſetzen gefunden habe, daß der in die Luft, in welcher eine Wolke ſich befindet, aus— ſtrͤmende Wärmeftoff des elaſtiſchen Waſſerdunſtes die Luft in der Wolke um 8,000 Cubikfuß für jeden Cubikfuß Waſ— ſer, das in einer Wolke durch die Verdichtung des Dunſtes gebildet wird, ausdehnt; und er zeigte ein Inſtrument vor, welches er Ney heleſcop nannte, und welches ihn in den Stand ſetzte, die Ausdehnung mit großer Genauigkeit 4 zu meſſen. Er fand, daß fie mit den nach chemiſchen Grundſaͤtzen gemachten Berechnungen uͤbereinſtimmt. Er fuhr nun fort, folgende Skizze ſeiner Theorie zu geben, wo— bei er bemerkte, daß die Zahlen, die er viell, icht in Anwen— dung bringe, keinen Anspruch auf ſtrenge Genauigkeit made ten und mancher Correctionen beduͤrften, beſonders einer, wo die ſpecifiſche Wärme der Laft unter verſchiedenem atmo— ſphaͤriſchen Drucke nicht in Anſchlag gebracht worden ſey. Wenn die Luft an der Oberflaͤche der Erde mehr er— waͤrmt, oder ſtaͤrker mit Waſſerdunſt geſaͤttigt wird, der nur fünf Achtel der ſpecifiſchen Schwere der atmoſphaͤriſchen Luft beſitzt, ſo iſt ihr Gleichgewicht aufgehoben, und es entſtehen Strömungen oder Luftſaͤulen, die ſich nach Auf— waͤrts bewegen. Waͤhrend dieſe Saͤulen ſich erheben, er— fahren ihre obern Theile einen geringern Druck, und die Luft dehnt ſich deßhalb aus: indem fie ſich ausdehnt, wird fie für jede hundert Yards ihres Aufſteigens um 11 Grad kaͤlter, wie durch Verſuche mittelft des Nepheleſcopes dar— gethan iſt. Die emporfteigenden Saͤulen führen den Waſſer— dampf, den ſie enthalten, mit ſich, und wenn ſie hoch ge— nug ſteigen, fo muß die Kälte, die durch Expanſion in Folge verminderten Druckes entſteht, eine Portion dieſes Waſſerdampfes zu einer Wolke verdichten; denn es iſt be— kannt, daß unter der Glocke der Luftpumpe ein Nebel ſich bildet, wenn die Luft plö.lich ausgezogen wird. Die Ent: fernung oder Höhe, bis zu welcher die Lut emporſteigen muß, ebe ſie kalt genug wird, um eine Wolke zu bilden, iſt eine veraͤnderliche Größe, von der Zahl der Grade ab— haͤngig, um welche der Thaupunct unter der Temperatur der Luft liegt; und die Hoͤhe laͤßt ſich zu jeder Zeit auf die Weiſe ausmitteln, daß man beobachtet, um wie viele Grade ein duͤnner, mit Waſſer gefuͤllter Metallbecher unter die Temperatur der Luft erkältet werden muß, ehe die Duͤnſte an der Außenſeite deſſelben ſich zu verdichten beginnen. Die hoͤchſte Temperatur, bei weicher ſich der Waſſerdunſt ver— dichtet, — die veraͤnderlich iſt, je nachdem mehr oder weni— ger Dunſt in der Luft ſich befindet, — heißt der Tha u— punct, und die Differenz zwiſchen dem Thaupuncte und der Temperatur der Luft, in Graden ausgedruͤckt, heißt das Complement des Thaupunctes “). Es iſt bekannt, daß, wenn die Luft an der Oberfläche der Erde zu irgend einer Zeit ein Wenig unter den Thau— puncte erkaͤltet wird, ein Nebel entſteht, indem eine kleine Portion ihres durchſichtigen Dunſtes in kleine, zarte Waſ— ſertheilchen verdichtet wird; und ſollte ſie um 20 Grad un— ter den Thaupunct erfältet werden, fo wuͤrde die Hälfte ihres Dunſtes in Waſſer verdichtet werden, und bei 40° unter dem Thaupuncte würden 4 ihres Dunſtes zu Waſſer „) Die Höhe der Baſen ſich bildender cumuli laͤßt ſich durch folgende empiriſche Formel ausmitteln: — t:. 183 (7) der Hoͤhe der Baſis in 100 Yards. In dieſer Formel bezeich— net t die Temperatur der Luft in Graden Fahrenheit und 1“ die Temperatur der naſſen, ſcharf in der Luft geſchwungenen Thermometerkugel. 5 verdichtet werden c. Deeſes iſt indeſſen nicht genau die Folge der Kaͤlte, welche durch Expanſion in den ſich auf— warts bewegenden Luft aͤulen erzeugt wird; denn der Dunſt ſelbſt wird duͤnner, und der Thaupunct liegt, fuͤr jede 100 Vids Aufſteigung, um etwa 4 Grad tiefer. Da nun die Temperatur der Luft für jede 100 yards Aufſteigung um 14 Grad ſinkt und der Thaupunct um 2 Grad ebenfalls ſinkt, fo folgt daraus, daß, ſobald die Saͤule um fo viele 100 yards ſteigt, als das Complement des Thaupunctes Grade Fahrenheit enthaͤlt, ſich Gewoͤlk zu bilden beginnen wird, oder mit andern Worten, die Baſen aller Wolken, welche durch die Kaͤlte des verminderten Druckes bei emporſteigenden Luftſaͤulen ſich bilden, werden fo viele yards hoch ſich befinden, als der Thaupunct in Graden unter der Temperatur der Luft zu derſelben Zeit liegt. Wenn die Temperatur der emporſteigenden Luftſaͤule 10 Grad hoͤher, als diejenige der Luft ſeyn ſollte, durch welche ſie ſteigt, und wenn ſie die Hoͤhe von 4,800 Fuß erreicht, ehe ſich Gewoͤlk zu bilden beginnt, ſo wuͤrde dann die ganze Saͤule um 100 Fuß Luft leichter ſeyn, als die umge— bende Saͤule; und ſollte die Saͤule ſehr ſchmal ſeyn, ſo würde ihre Geſchwindigkeit des Emporſteigens nach den Ge— ſetzen ausſtroͤmender Fluͤſſigkeiten zu bemeſſen ſeyn, was achtmal die Quadratwurzel von 100 fuͤr die Secunde, d. i. 80 Fuß für die Secunde betragen würde, und das Baro— meter im Mittelpuncte der Baſis der Saͤule würde um 4 Zoll fallen. Sobald Gewoͤlk ſich zu bilden beginnt, wird der Waͤrmeſtoff des elaſtiſchen Dunſtes oder Dampfes in die Luft ausgegeben, die mit den kleinen Waſſertheilchen, welche durch die Verdichtung des Dunſtes entſtehen, in Be— ruͤhrung ſich befindet. Dieſes hindert die Luft, ferner weit emporzuſteigen, indem ſie bis zu dieſem Puncte ſehr raſch erkaltet; und aus Verſuchen mit dem Nepbelefcop hat ſich ergeben, daß ſie uͤber der Baſis der Wolke nur etwa um die Hälfte kalter geworden iſt, als unten, d. i. ung efaͤhr eines Grades für ein Emporſteigen um 100 yards, wenn der Thaupunct bei 70 liegt. Liegt der Thaupunct höher, fo erkaltet fie etwas weniger, und wenn der Thau— punct tiefer liegt, fo erkaltet fie etwas mehr, als ? Grad für 100 yards Auffteigung. Nun ift es durch Aeronauten und Gebirgsreiſende aus: gemittelt worden, daß die Atmoſphaͤre ſelbſt fuͤt jede 100 yards Höhe über der Meeresoberflaͤche um 1 Grad kaͤlter iſt; da nun die Luft in der Wolke uͤber der Baſis derſelben für jede 100 yards Höhe nur um $ Grad kaͤlter iſt, fo folgt daraus, daß, wenn die Wolke eine große ſenkrechte Hoͤhe uͤber ihrer Baſis beſitzt, der oberſte Theil derſelben weit wärmer ſeyn muͤſſe, als die Atmoſphaͤre in dieſer Hohe, und folglich auch weit leichter. Die ſpecifiſche Si were einer Wolke von irgend einer Hoͤhe läßt ſich, verglichen mit derjenigen der umgebenden Luft in derſelben Höhe, recht gut berechnen, ſobald der Thaupunct gegeben iſt; denn ihre Temperatur iſt durch Verſuche mit dem Nepheleſcope, und die Quantität des Dunſtes, welcher durch die Kälte in Folge des verminderten Druckes an jedem Puncte waͤhrend ihres Aufſteigens verdichtet worden iſt, und folglich die 6 Menge Wirmeſtoff des elaſtiſchen Dunſtes, welcher in Folge dieſer Verdichtung ausgegeben worden, iſt bekannt, und eben ſo auch die Wirkung, welche dieſer Waͤrmeſtoff beſitzt, die ihn aufnehmende Luft über das Volumen hinaus aus zudeh⸗ nen, welches ſie haben wuͤrde, wenn bei Verdichtung des Dunſtes der Waͤrmeſtoff deſſelben nicht ausgegeben worden wäre. So enthaͤlt, z. B., nach den Verſuchen des Prof. W. R. Johnſon, zu Philadelphia, 1 Pfund Waſſer— dampf bei einer Temperatur von 212° F. 1,03) Waͤrme—⸗ ſtoſſ, welcher ſeiner Spannung zukommt; und da die Summe der latenten und ſenſibeln Wärme des Dampfes dei allen Temperaturen ſich gleichbleibt, ſo folgt daraus, daß, wenn 1 Pfund Dampf zu 1,210 Pfund Waſſer von 32 Grad verdichtet wird, er dieſes Waſſer um 1° erwaͤrmt; und da die ſpecifiſche Wärme der Luft nur 0,267 beträgt, fo muß 1 Pfund Dam, f, wenn derſelbe in 1,210 Pfund Luft ver— dichtet wird, dieſe Luft beinahe um 4 Grad erwaͤrmen, oder was auf eins binauskommt, er muß 100 Pfund Luft um 45 Grad erwaͤrmen. Und in allen dieſen Faͤllen dehnt er die Luft um das achttauſendfache Volumen des erzeugten Waſſers aus, d. h. um achttauſend Kubikfuß fuͤr jeden Ku— bikfuß Waſſer, welcher aus dem verdichteten Dunſte gebil— det worden iſt. Dieſe große Ausdehnung der Luft in der ſich bildenden Wolke bewirkt, daß die Luft oben nach allen Richtungen ſich ausbreitet, und daß das Barometer an der Außenſeite der Wolke uͤber den mittlern Stand ſich erhebt, und daß es unter der Mitte der Wolke ſo weit unter den mittlern Stand ſinkt, wie es auch waͤhrend großer Stuͤrme ſchon durch die Erfahrung ausgemittelt worden iſt. Sollte, z. B., der Thaupunct ſehr hoch liegen, z. B., bei 78°, fo wuͤrde die Quantitaͤt des in der Luft befindlichen Dunſtes etwa den funfzigſten Theil ihres ganzen Gewichtes betragen, und wuͤrde die aufſteigende Saͤule ſich hoch genug erheben, um die Haͤlfte ihres Dunſtes zu Wolken zu verdichten, ſo würde fie die Luft in der Wolke um 45° erwärmen, und die fo erwaͤrmte Luft würde 11 Mal ausgedehnter ſeyn, als ohne dieſe Erwaͤrmung. Nehmen wir einen Fall inner⸗ halb der Graͤnzen der Natur an, und ſetzen feſt, daß die Wolke und die Luftſaͤule unter der Wolke drei Viertel des ganzen Gewichtes der Atmoſphaͤre beſitzen, oder nebmen wir mit andern Worten an, der hoͤchſte Punct der Wolke er— reiche eine Höhe, in welcher das Barometer 74 Zoll Höhen: ſtand hat, und die mittlere Temperatur der ganzen Säule fen um 40° wärmer, als die umgebende Luft, fo wurde das Barometer unter der Wolke an der Oberflaͤche der Erde um , von 22,5 oder etwas Über 2 Zoll fallen. Obgleich die Luft durch die aufſteigende Säule weit höher emporge— trieben werden kann, als wir unlängft angenommen haben, fo bilden ſich doch in größern Höhen keine Wolken mehr, weil der Thaupunct in dieſen beträchtlichen Höhen bei wei: terem Aufſteigen eben ſo raſch, als die Temperatur ſinkt, und in noch groͤßern Höhen fogar noch raſcher ſinkt, als die Temperatur. Wenn, z. B., die Luft von dem Puncte, wo das Barometer auf 6 Zoll ſteht, bis zu dem Puncte ſteigen ſollte, wo es nur auf drei Zoll ſteht, ſo wuͤrde der Thaupunct um 20 Grad fallen; aber die Temperatur würde 1 7 * 8 nicht ganz um 20 Grad fallen, und deßhalb könnte bei ein nem ſolchem Aufſteigen kein Dunſt verdichtet werden. Wenn eine Wolke in einer aufſteigenden Luftſaͤule ſich zu bilden beginnt, ſo bemerkt man, daß ſie ſich oben ausbreitet, waͤh— rend ihre Baſis in demſelben Niveau bleibt, denn die Luft muß dieſelbe Hoͤbe erlangen, ehe fie in Folge des vermin— derten Druckes kalt genug wird, um die Verdichtung ihres Dunſtes in Waſſer zu beginnen. Dieſes bewirkt, daß die Baſis eben bleibt, ſelbſt nachdem die Wolke eine große ſenk— rechte Hoͤhe erreicht und die Form eines Zuckerhutes ange— nommen hat. Auch andere Wolken im Umfange vieler Meilen, durch andere aufſteigende Saͤulen gebildet, nehmen aͤhnliche Geſtaltungen an, und ihre Baſen werden einerlei oder ziemlich einerlei horizontale Lage haben; und die Hoͤhe dieſer Baſen, d. h., die Entfernung derſelben von der Ober— fläche der Erde, wird am größten um 3 Uhr ſeyn, wenn der Thaupunct und die Temperatur der Luft am meiſten untereinander differiren. Die Ausbreitung der Luft in den obern Theilen einer aufſteigenden Saͤule bildet um die ganze Wolke herum ei— nen Ring, unter welchem das Barometer uͤber dem mitt— lern Standpuncte ſteht; die Luft ſteigt folglich in den Ring hinab und vermehrt die Geſchwindigkeit des Windes an der Oberflache der Erde gegen den Mittelpunct der aufſteigenden Saͤule, waͤhrend ringsum an der Außenſeite des Ringes ein ſanfter Wind nach Auswärts ſtattfinden wird. Allge— meine Luftſtroͤmungen, welche um dieſe Zeit ſtattfinden, mo— dificiren nun dieſe Bewegungen in Folge der ſchrägen Kräfte, welche ſie erzeugen. Die emporſtrebende Luftſtroͤmung muß folglich gaͤnzlich von der Luft im Ringe und von derjenigen, welche in den Ring hinabſinkt, erzeugt werden. Die raſche Stoͤrung des Gleichgewichtes, welche durch eine einzige auf— ſteigende Saͤule herbeigefuͤhrt wird, traͤgt dazu bei, andere Saͤulen in der Nachbarſchaft derſelben zu bilden, denn die Luft, die von dem Ringe nach Auswaͤrts gedraͤngt, oder wenigſtens an der gegen den Wind gelegenen Seite aufge— halten wird, bildet andere aufſteigende Saͤulen, und dieſe bilden andere Ringe, auf welche Weiſe der Proceß fortge— fest wird. Dieſe aufſteigenden Säulen beſitzen eine Nei— gung, ſich einander zu naͤhern, und vereinigen ſich endlich; denn die Luft zwiſchen denſelben muß niederſteigen, und bei'm Niederſteigen erhöht fi die Temperatur der ganzen Säule; denn es iſt bekannt, daß die Luft in großen Hoͤhen auf's Pfund mehr Waͤrmeſtoff enthaͤlt, als die Luft an der Ober— fläche der Erde, weil die obern Regionen den Waͤrmeſtoff des elaſtiſchen Dunſtes empfangen, der bei der Verdichtung des Dunſtes zu Wolken ausgegeben wird. Wenn deßhalb die Luft eine Zeit lang zwiſchen zwei aufſteigenden Saͤulen niedergeſunken iſt, ſo faͤllt das Barometer ein Wenig, oder ſteht wenigſtens nicht ſo hoch uͤber dem mittlern Stand— puncte, als an der Außenſeite der beiden Wolken, und ſo werden die Säulen gegeneinandergedruͤckt. von zwei benachbarten Saͤulen betraͤchtlich hoͤher, als die andere ſeyn ſollte, ſo kann ihr Ring ſich uͤber die kleinere ausbreiten, und dadurch wird die Stroͤmung unter der klei— Wenn die eine; nern Wolke umgekehrt, und die Wolke, welche vielleicht uͤber der Saͤule ſich bildet, die ſo zum Niederſteigen genoͤ— thigt worden, wird bald verſchwinden; denn da ſie durch den uͤbergreifenden Ring der hoͤhern Saͤule niederwaͤrts ge— trieben wird, ſo geraͤth ſie unter großen Druck, wodurch ihre Temperatur erhoͤbt wird; und es liegt auf der Hand, daß, ſobald ihr oberes Ende bis auf ihre Baſis hinabſteigt, ſie ganz verſchwunden ſeyn wird; inzwiſchen wird aber die größere Wolke beträchtlich zugenommen haben. Da die Luft uͤber der durch eine aufſteigende Saͤule gebildeten Wolke emporgetrieben wird, ſo wird ſich in der— ſelben, wenn fie viel Waſſerdunſt enthaͤlt, durch die Kaͤlte in Folge verminderten Druckes ein duͤnnes Gewoͤlk bilden, welches von dem großen, tiefergelegenen, dichten cumulus ganz verſchieden iſt; da aber der eumulus raſcher ſteiat, als die Luft uͤber demſelben (denn ein Theil der Luft waͤlzt ſich von dem cumulus ab), fo wird das duͤnne Gewoͤlk mit dem obern Ende des cumulus in Berührung kommen; und manchmal bildet ſich auf dieſe Weiſe ein zweiter Wolkenflor oder Wolkenmuͤtze, ja wohl eine dritte und vierte. Wenn ſich dieſe Muͤtzen bilden, fo iſt die Wahrſcheinlichkeit für Regen, indem dieſe Erſcheinung einen hohen Säͤttigungs— grad in der obern Luft anzeigt. (Schluß folgt.) Miscellen. um die Hitze der Luft abzukuͤhlen, ſchlaͤgt man in Indien verſchiedene Wege ein. Man graͤbt, z. E., mitten im Zelte ein tiefes Loch, ſtellt den Tiſch daruͤber als Dach, haͤlt den Boden naß, befeſtigt ein feuchtes Tuch wie eine Hangematte an Pflöcen uͤber der Grube, vom Boden etwas entfernt, legt ſich hinein und laͤßt ſich je nach 10 Minuten mit Waſſer begießen, um fo das Thermometer herabzubringen. — Oder man errichtet ein luftiges Graszelt in einer nach allen vier Seiten offenen Halle, und haͤlt das innere mit Mouslin ausgekleidete und gegen das Durchtroͤpfeln des Waſſers geſicherte Zelt an der Außenſeite ſtets naß. (Nach W. Osborne, Court and Camp of Runjeet Sing. Zeitſchr. f. d. gel. Med. XV. S. 579.) Die Verwandlung der Kohlenſaͤure in einenfeften Koͤrper mit Thilorier's Apparate (wodon in den N. Noti⸗ zen mehrmals die Rede geweſen) iſt nicht ohne große Gefahr und er— fordert alſo noch größere Vorſicht. Am 31. Dec. zerſprang in Thilorier's Laboratorium zu Paris ein ſolcher Apparat mit der Gewalt eines Geſchuͤtzes. Der Praͤparator, Hr. Hervy, ward an die Wand geſchleudert, ein Schenkel ihm vom Leibe geriſſen und der andere furchtbar verſtuͤmmelt. (Er iſt nachher verſtor— ben.) Die Bruchſtuͤcke des Apparats waren bis tief in die Mauer eingetrieben. Die boͤchſten Wellen, welche an das Franzoͤſiſche Entdek⸗ kungsſchiff Venus ſchlugen, waren 7,5 Métres (23 Fuß) hoch. Die längfte Welle wurde ſuͤdlich von Neuholland angetroffen und hatte drei Mal die Länge der Fregatte oder 150 Metres (492 Fuß). Die Hoͤhe der Wolken, in der Suͤdſee, unter dem Ein— fluſſe des Paſſatwindes, wurde von den Officteren des Schiffes Venus, als zwiſchen 900 und 1,400 Mötres (2 952 bis 4,593 Fuß) hoch, gemeſſen. Necrolog. — Der, als Naturforſcher und Arzt rühme lichſt bekannte, K. Daͤniſche Etatsrath und Profeſſor zu Kiel, Dr. Ch. R. W. Wiedemann, iſt am 81. Dec. 1840 geſtorben. — ͤůͤ—f— — 10 Pe Eine neue Heilmethode der cystocele vaginalis. Von Herrn Medoro zu Padua. Am 14. Mai 1826 wurde Hr. Medoro durch einen Geiſtlichen aus der Naͤhe von Padua aufgefordert, ſeine Haushaͤlterin, Francesca Valentini, eine Frau von 64 Jahren, zu beſuchen, welche an einer ſehr eigenthuͤmlichen Krankheit leide, welche bereits ein anderer Arzt nicht habe erkennen koͤnnen. Er fand die Frau ſehr leidend in Folge einer großen Geſchwulſt, welche von den Geſchlechtstheilen bis zur Mitte der Schenkel herabragte. Als er ſich nach der Entſtehung weiter erkundigte, erfuhr er, daß die Ge— ſchwulſt den nun vorhandenen großen Umfang erſt ſeit dem vorausgehenden Tage erreicht habe, daß ſie aber bereits 50 Jahre beſtehe und durch eine große Anſtrengung bei'm Schieben eines Karrens im 14. Jahre entſtanden ſey. Seit jener Zeit war die Anfangs kleine, aber immer vor den Ge— ſchlechtstheilen vorliegende Geſchwulſt allmaͤlig bis zur Haͤlfte des jetzt vorhandenen Umfangs angewachſen; dabei war ſie ſtehen geblieben, bis Tags zuvor die Geſchwulſt ſich ploͤtzlich vergroͤßert hatte. Da die Kranke keine Schmerzen in der Geſchwulſt gehabt hatte, ſo hatte ſie, aus Schaam, auch nie davon ſprechen wollen und ohne die heftigen Leiden, welche ſeit 24 Stunden entftanden waren, hätte fie ihre Infirmitaͤt wahrſcheinlich immer verborgen gehalten. Die Geſchwulſt war glatt, birnfoͤrmig, bei der mindeſten Beruͤh— rung ſehr ſchmerzhaft, elaſtiſch; ihr Stiel ging durch die Scheide bis zur Symphyſe des Schambeins. Bei dem Al— ter der Perſon konnte von einer Inverſion des uterus nicht die Rede ſeyn; die Form der Geſchwulſt ſprach gegen eine Umſtuͤlpung der Scheide und die große Empfindlichkeit gegen die Annahme eines Polypen. Die vorhandene Verſtopfung und das Erbrechen konnten die Idee an eine enterocele vaginalis hervorrufen: der Wundarzt war noch uͤber die Natur der Geſchwuülſt in Unſicherheit, als er hörte, daß ſeit dem vorigen Tage keine Urinausleerung ſtattgefunden habe, daß zugleich betraͤchtlicher Lendenſchmerz und vor Allem, zum arößten Leiden der Kranken, ein beſtaͤndiger Drang zum Uriniren vorhanden ſey, dem ſie nicht Folge leiſten konnte. Bei der Unterſuchung des hypogastrii fand ſich dieſes nicht geſpannt, wie ſonſt bei Harnverhaltungen, ſondern eingeſunken und leer. Hieraus ſchloß der Wundarzt, daß eine eystocele vaginalis vorhanden fen; derſelbe dachte nun auf eine Operation zur Entleerung und Reduction der Blaſe; er dachte zwar auch an den Catheterismus, hatte aber keinen Catheter bei ſich und zweifelte auch an der Aus— fuͤhrbarkeit wegen der betraͤchtlichen Richtungsabweichung der Harnröhre. Tags darauf, am 15. Mai, kam er mit eis nem Collegen uͤberein, daß man die Geſchwulſt mit der größten Vorſicht, Schicht für Schicht, einſchneiden, den Inhalt erforſchen und etwa vorliegende Daͤrme zuruͤckbrin— gen muͤſſe. Ein Einſchnitt von ungefähr 27 Millim, wurde auf den Grund der Geſchwulſt durch die Dicke der vordern Wand der Scheide hindurchgefuͤhrt. Es wurde eine duͤnne, molkenaͤhnliche Fluͤſſigkeit ausgeleert. Als indeß ein Finger in den Grund dieſer Hoͤhle eingefuͤhrt wurde, ſo fuͤhlte die— fer deutlich die Fluctuation der Harnroͤhre. Auf dem vor der Geſchwulſt liegenden und gegen den Hals derſelben ge— richteten Finger wurde die Scheide nun noch in der Aus— dehnung von 108 Millim. eingeſchnitten. Die Raͤnder die— ſer langen Wunde gaben faſt gar kein Blut. Da maͤßige Reductionsverſuche nicht im Stande waren, die ungeheuer ausgedehnte volle Blaſe zuruͤckzubringen, ſo wurde mit ei— nem ſchmalen Biſtouri etwas oberhalb der Mitte der Wunde eine Punction gemacht, welche etwa ein Noͤſel normalen Urines ergab, waͤhrend die Fluͤſſigkeit aus dem erſten Sacke waͤſſerig, molkenaͤhnlich und aͤhnlich der Fluͤſſigkeit geweſen war, die man in einem Bruchſacke oder in einer uͤbermaͤßig ausgedehnten Blaſe zu finden pflegt. Fuͤr dieſe geringe Operation war der von der Veſicovaginalfalte des perito- naei moͤglichſt weit entfernte Ort gewählt worden. Die Blaſe zog ſich nun zuſammen und wurde mit größter Leich— tigkeit, zugleich mit der vordern Wand der Scheide, die mit herabgezogen worden war, zuruͤckgebracht. Es blieb ein ſil— berner Catheter in der Blaſe liegen. Die Wunde blieb ohne Verband; unmittelbar nach der Operation wurde ein Aderlaß angeſtellt, welcher gegen Abend wiederholt werden ſollte, außerdem wurden öfter Ricinusoͤl- clyſtire mit einigen Tropfen Opium, ſchleimige Getraͤnke und Fomentationen des hypogastrii verordnet. Fuͤr den Fall der Symptome einer eystitis follten Blutegel und Schmucker'ſche Fomentationen auf dieſelde Gegend ange— wendet werden. Am 17. erhielt Hr. Medoro Nachricht, daß ſich die Kranke ziemlich gut befinde; am 19. beſuchte er ſie und fand ſie mit ſehr maͤßigem Fieber, ohne Schmerz und ohne Abgang von Urin oder Eiter durch die Scheide. Andeu— tungen einer Blaſenentzuͤndung waren nicht aufgetreten; da— gegen ſah das Geſicht noch aufgeregt aus; es wurde daher ein dritter Aderlaß gemacht. Einige Tage darauf ging es der Kranken ſo gut, als moͤglich. Die Wunde in der Scheide hatte faſt gar nicht geeitert und war beinahe ganz vernarbt; die vollkommene Heilung der Sperationswunde war nach vier Wochen erreicht. Zu dieſer Zeit, am 17. Juni, waͤhrend die Kranke noch zu Bette lag, war die Geſchwulſt noch nicht wieder hervorgetreten; es war nur noch eine Laͤhmung der Blaſe vorhanden, welche, ohne Zweifel, durch die große Ausdeh— nung, der die Blaſe ausgeſetzt geweſen war, bedingt wurde. Die Unbequemlichkeiten dieſes Zuftandes wurden dadurch ver: mieden, daß die Kranke ſich ſelbſt häufig catheteriſirte. Gegen die Lähmung wurden Einreibungen in das hypo- 1i grötrian mit flüchtiger Salbe und Canthariden ge wacht, wodurch beteits nach drei Tagen der Z iſt ind gehoben war. Sechs Wochen nach der Operation war die Frau voll— kommen geheilt; ſie ging umher, ohne daß die Geſchwulſt wieder erſchten, ja fie unterließ ſogar die Unterſtuͤtzung mit— telſt eines kleinen Schwammpeſſariums, welches ihr angera— then worden war Die Kranke hat nach dieſer Operation noch dreizehn Jahre gelebt, ohne ſich jemals über irgend eine Beſchwerde an den Geſchlechtstheilen zu befingen. Die Narbe in der verdern Scheidewand hatte ſich bis zu einer Ränge von 27 Mill m. verkürzt. (Memoriale della medieina contem- poranea 1840. 2. Heft.) Ueber ſecundaͤre Eiterablagerungen. Von Dr. John Charles Hall. William T., 35 Jahre alt, ein Mann von u ordentlicher Le— bensweiſe, hatte einen Hufſchlag an das Hinterhaupt bekommen, wodurch der Knochen entbloͤßt war; eine Fractur oder Depreſſion war nicht zu bemerken. Nach dem Schlage war er einige Zeit ber täubt; Erbrechen war nicht eingetreten. 4 Stunden danach war er ſchlaͤfrig, ftupid, der Puls 100, ſtark und voll; es wurden 18 Unzen Blut entzogen und ein Abfuͤhrmettel aus Calomel und Co: loquinten gegeben Tags darauf, am 6zen, nach einer ziemlich gu⸗ ten Nacht, klazt er nur über wenig Schmerz im Kopfe; das Ab: fuhrmittel hat gewirkt; die Zunge war leicht belegt, aber feu ht; der Puls hart, 34: das Geſicht aufgetrieben, aͤngſtlich; Haut trok⸗ ken Abends nahm der Kopfſchmerz zu; die Wundraͤnder ſchwollen an; Aderlaß von 10 Unzen Anm 7ten, nach einer ruhigen Nacht, kein Kopfſchmerz, aber Neigung zu Schlaf und Betaͤubung; Puls 84 und ruhiger; Zunge feucht; die Adhaͤſionen der Wundraͤnder brachen auf, und es ging eine ziemliche Menge Serum ab. Die Wunde wird mit einem Breiumſchlage bedeckt. Am Löten keine Veranderung; die Wunde iſt beinahe geheilt; der Kranke will nach Hauſe gehen. Am 17ten etwas Kopfſchmerz; ein purgans. Am 23ſten. Das Befinden gut; der Knochen iſt aber entbloͤßt und rauh An 25ſten wurde dem Kranken erlaubt, aufzuſtehen; nun ſtellte ſich heftiger Kopfſchmerz, Ohrenklingen und Froſtſchauer, der mit Schweiß wehrelte, ein; die Haut wurde heiß, die Zunge belegt, Puls 120, voll und hart. Adertaß von 12 Unzen. Abends war der Kopfſchmerz beſſer, der Puls 90 es wurde ein Einſchnitt bis auf den Knochen gemacht, welcher ſich rauh anfühlte, aber noch von Perioſt bedeckt war. Es folgte wieder ein Froſtſchauer; der Puls 120 aber nicht mehr hart; ein Blaſenpflaſter wurde an den Kopf gelegt und alle 4 Stunden ein Pulver von 2 Gran Calomel egeben. W Am 27ſten. Nach einer ſehr unruhigen Nacht, in welcher zweimal Schuͤttelfroſt eintrat, klagte der Kranke über Kopfſchmerz und Huſten, Puls 132; Zunge weiß belegt; die Haut heiß und trocken; leichtes Delirium. Mittags wurde trepanirt, jedoch kein Eiter unter dem Knochen gefunden; die dura mater war normal; die Wunde wurde mittelſt der Sutur geſchloſſen. Abends Puls 72, ruhig, kein Kopfſchmerz. Am ten. Nach einer unruhigen Nacht, zweimal Schuͤttel— froſt, Kopfſchmerz, Emofindlichkeit des Auges und Ohres; Puls 120, hart; Zunge feucht, aber belegt; 8 Unzen Blut, 2 Gran Calomel alle 8 Stunden. Am 3öſten iſt der Zuſtand wenig ver: ändert, wenig Schlaf; taͤglich zweimal Scüttelfroft und nun Ues belkeit, Schmerz im rechten Hypochondrium, beſchleunigter Athem, uͤbeles Ausſehen der Wunde, kein Kopfſchmerz, Puls 120, faeces 12 ſchwarz, ſehr uͤbelriechend, ſchmuzige G ſichtsfarbe. Der Calo⸗ mel wird weggelaffen, in das Epigaftrium ein Blaſenpflaſter ger legt; es werden kleine Doſen Cscoſot gegeben gegen das Erbrechen und etwas Eohlenfaures Ammonium mit Salpeterather Am Iſten drei Froſſchauer, kein Schlaf, Schmerzen in den Lenden, Pu's 108; Urin ſpaͤrlich, dankel gefärbt; Zunge belegt; die Haut heiß und trocken; Schmerz zwiſchen den Schuttern. Feiſch, Thee und 2 Gran Calomel. Am 2ren. Nach einer ſehr unruhigen Nacht, Schuͤttelfroſt; der Athem wird beſchwerlich; die Kraͤfte nehmen ab; die Haut wird immer gelber; die Wunde bekam ein uͤbeles Ausſehen: jo erfo.gte, unter Abnahme der Kraͤfte und Zunahme der gelben Farbe, am 7ten der Tod Section. Die dura mater unter dem verletzten Knochen war normal; die sinus geſund und ohne Spur einer Entzuͤndung; das Gehirn normal und ohne Ergießung in die Ventrikel. Die Lungen waren mit dunkelem Blute gefüllt und hatten in jedem Lappen 1 oder 2 erbsgroße Blutdspôts; die Leber war vergroͤßert; der rechte Lappen reichte bis zum Darmbeine herab. Am vordern Rande befand fih ein großes Eiterdepöt, drei kleinere an der Ober— fläche ; im Innern der Subſtanz viele kleine und im linken Lappen ein großer Abſceß. Das rechte Schultergelenk war afficirt und enthielt ebenfalls eine betraͤchtliche Menge Eiter. Fälle dieſer Art, in welchen nach verhältnißmaͤßig geringer Knochen verletzung ein entferntes Organ afficirt wird und die Wun— de den allgemeinen Zuſtand durch ihr Ausſehen kund giebt, find kei— nesweges ſelten Die Ablagerung von Eiter in einem entfernten Organe iſt in Dunkel gehüllt, aber von großer Wichtigkeit. Meiſtens find ſolche Ablagerungen Folge von Verletzungen oder Operationen bei vorher geſunden Leuten. Die Ablagerung iſt alſo nothwendig erſt ſpaͤter entſtanden. Eiterung iſt, in der R gel, Folge des Entzuͤndungs⸗ proceſſes auf einer Flache oder in dem Parenchym eines Organes. Carsvell unterſcheidet Eiterung durch Entzündung und Eiterung durch bloße Ablagerung. Es kommt aber auch vor, daß Eiter⸗ ſecretion durch Krankgeit unterbrochen wird; bei Fiebern, z. B., trocknet ein Geſchwür und faͤngt erſt wieder an zu fließen, wenn das Fieber wieder nachlaͤßt. Das Secret zeigt dadurch ſehr genau den Anfang der conſtitutionellen Reizung. Es giebt ſpecifiſch vers ſchiedenen Eiter, an welchem chemiſch und mikroſcopiſch keine Uns terſchiede wahrzunehmen ſind z. B., gewoͤhnlichen Eiter, Pocken— eiter und Trippereiter. Die Unterſchiede erkennt man bloß an der Einwirkung auf den Organismus. Es fragt ſich nun, wie kommt es zur Ablagerung in entfern— ten Organen? Philipps erklaͤrt ſie als Folge latenter, oͤrtlicher Krankheitsproceſſe; dabei muß man außer der viranlaffenden Vers letzung, noch einen eigenthuͤwlichen Zuſtand, eine Dispoſition, anneh⸗ men. Zur Hervorrufung ſolcher Dispoſition find allgemeine Eins fluͤſſe erforderlich; fo ſcheint es unzweifelhaft, daß gewiſſe atmo: ſphaͤriſche oder eigenthuͤmliche locale Verhaͤltniſſe . B., welche zu Entſtehung des Nofocomialbrandes und des Typhus Vrranlaffung geben) geeignet ſind, Venenentzuͤndung hervorzurufen. Denn ich habe niemals eine ph'ebitis beobachtet, wobei nicht die Erſchei— nungen des Typhus zugegen geweſen waͤren. Die Urſachen der phlebitis find ſehr mannichfaltig; haͤuſig iſt fie Folge operativer Einwirkung auf die vena, ſelbſt nach einem einfachen Einſtiche, beſonders wenn, z B., bri'm Aderlaß eine Lancette gebraucht wird, die nicht vollkommen rein ift, fo daß ente weder Impfſtoff oder anderer Eiter in die Wunde gebracht wird. Alle unreinen Wunden, z. B., am Seetionstiſch oder, nach De. Ser rin, ein unbedeutender Stich mit einer Nadel, die bei'm Ver— bande eines Blaſenpflaſters gebraucht worden war, geben zu Ve— nenentzuͤndung Veranlaſſung; doch muß auch der allgemeine Er« regungszuſtand des Koͤrpers beachtet werden. Die Symptome der phlebitis find, nach Urnott's klarer Schilderung, folgende: große Unruhe, Angſt, Herabſtimmung, Sine ken der Kräfte, Druck in den Präcordien, Seufzen, Stoͤhnen, Fie— ber mit ſehr beſchleunigtem, übrigens veränderlihem Pulſe. Uns ter zunehmender Schwäche und bei Abnahme der localen Erſchei— nungen entwickeln ſich heftige ſecundaͤre Entzuͤndungen an entfern® 13 ten Körperftellen, welche raſch in Eiterung übergehen. Dem Tode gehen die Symptome der aͤußerſten Erſchoͤpfung voraus, als ſchneller, ſchwacher Puls, trockene, braune oder ſchwarze Zunge; Zähne und Lip⸗ pen mit sor des bedeckt, verfallenes Geſicht leichtes Delirium. Cru— veilhier hat gezeigt, daß phlebitis der Knochen eine der haͤuſigſten Urſachen der Abſceſſe ſey, welche man in der Leber und in andern Dre ganen finder. Im Jahre 1814 unterſuchte er die Markhaut der langen Knochen von Perſonen, welche im Hötel Dieu mit Abſceſ— fen der innern Organe und unter Typhusſymptomen geftorben wa— ren. Bei den meiſten fand ſich Eiterung des Knochenmarkes, bis— weilen in der ganzen Lange des Knochens. Operationen an den Knochen ſind außerordentlich geeignet, Venenentzuͤndung hervorzuru— fen; wobei die conſtitutionellen Störungen von Verderbniß der gan— zen Blutmaſſe durch Beimiſchung des Eiters herruͤhren. Es kann uͤbrigens phlebitis auch auf einer niedern Stufe ſtehen bleiben und mit Exſudation plaſtiſcher Lymphe und Ovliteration der Vene en— den, was bei Pferden häufig iſt. Und dabei konnen bisweilen in den Zwiſchenraͤumen ſolcher obliterirten Stellen Eiterungen vorkom— men, welche aber alsdann iſolirte Abſceſſe darſtellen. Man findet daher die Venen: 1) in raſch rödtlihen Faͤllen innen roth und gefaͤſreich; 2) mit coagulirter Lymphe gefüllt; 3) mit Eiter ge— füllt, jedoch local beſchraͤnkt; 4) mit gleichzeitigen Eiterablagerun— gen in den Lungen, in der Leber, in den Gelenken, weit entfernt von dem urſpruͤnglichen Sitze der Krankheit. Wie werden nun ſolche ſecundaͤre Ablagerungen gebildet? Bei phlebitis unterſchieden wir Exſudation plaſtiſcher Lymphe und Ei: terung. Das erſte Stadium laͤßt ſich, wie die Erfahrung der Wundaͤrzte lehrt, in das zweite überführen, wenn die entzuͤndeten Theile auf's Neue gereizt werden, z. B., bei Extraction fremder Körper, beim Ausſtopfen entzuͤndeter Wunden (wie bei der Franz. Behandlung der Maſtdarmfiſtet), durch oͤfteres Unterſuchen von Wunden ꝛc. Dieſe übermäßig geſchaͤftige Chirurgie verdient den ſtaͤrkſten Tadel. Durch dieſe Eingriffe werden die anhängenden Blutcoagula in entzuͤndeten Venen geloͤf't. Es iſt übrigens zu ber merken, daß der Eiter immer zuerſt im Innern der co«gula ſich zeigt, woraus man hat ſchließen wollen, daß die coagula organi: ſirt ſeyen und ſelbſt ſecerniren, während es wahrſcheinlicher iſt, daß das congulum gewiſſermaßen wie ein filtrum wirkt, und daß der Eiter nur von der innern Flaͤche der Venenhaut abgeſondert wird wobei man um fo cher einſieht, wie durch Ablöfung der coagula eine Beimiſchung des Eiters zu dem Blute beguͤnſtigt wer— den muß. Zweiter Fall. Ein Mann von 23 Jabren wurde wegen einer einfachen Schenkelfractur und einer leichten Verwundung der Kopf— haut aufgenommen. Die Umgebung der Wunde ſchwoll an; es wurden Einſchnitte gemacht; hierauf folgten typhoͤſe Erſcheinungen, Gelbſucht und der Tod. Bei der Section fanden ſich beide Knechen— enden von Eiter umgeben und ein Abſceß in der Leber. Dritter Fall. Ein Wundarzt legte einem ſeiner Patien— ten ein Aetzmittel auf die Kopfhaut; es bildete ſich ein ſehr großer Schorf, und ploͤtzlich folgte eine Reihe ſehr über Symptome; der Unterleib ſchwoll an, und der Mann ſtarb. Bei der Section fan: den ſich die Daͤrme durch Lymphe unter einander verklebt, die Kopfknochen unter dem Schorfe entzuͤndet, die dura mater vom Knochen getrennt. Vierter Fall. Ein Maͤdchen wurde wegen einer großen Wunde des Pericraniums, wodurch der Knochen entbloͤßt war, aufge— nommen; es ſtellten ſich typböfe Symptome ein; das Maͤdchen ſtarb. Der Knochen fand ſich entzündet und gefößreich, die dura mater abgeloͤſ't, in der Leber ein großer Abſceß. Fauͤnfter Fall. Eine junge Frau ſtarb nach einer ſchweren Kopfverletzung; die dura mater fand ſich hier ebenfalls abgeloͤſ't, und ein großer Abſceß umgab eine einfache Schenkelfractur. Ergiebt ſich aus dieſen Fällen auch hinlänglich, daß ſolche Verletzungen Eiterablagerungen an entfernten Stellen veranlaſſen konnen, ſo erklart die Anatomie doch nicht, auf welche Weiſe dieſe Fluͤſſigkeiten wandern und nach ſo entfernten Stellen gelangen koͤn— nen. Hier iſt eine früher wenig blachtele Krankheit hinzugekom— 14 men, um die Cüde auszufüllen, nämlich phlebitie; einc Reihe von Experimenten hat gezeigt, daß jeder fremde Korper, welcher in die Venen eines lebenden Thieres eingebracht wird und durch die Aus— ſcheidungsorgane nicht entfernt werden kann, Visceralabſſceſſereran— laſſe, welche denen in Folge von Wunden und chirurgiſchen Operatic⸗ nen vollkommen gleichen, und ſolche Abſceſſe find die Folge von Capillar phlebitie in dem betreffenden Organe. Die Ergebniffe dieſer Experimente von Cruveilhier find zuverlaͤſſig und haben ſich bei einer Wiederholung, die ich angeſtellt habe, beftätigt. Der Eiler iſt zwar fuͤr die Secretionsflaͤche deſſelben keine rei— zende Fluͤſſigkeit, wohl aber für alle übrigen Theile des Koͤrpers, wie ſchon Hunter gezeigt bat. Kommt er nun in eine Vene und wird er in dieſer weitergefuͤnrt, fo wirkt er als fremder Koͤr— per und hoͤchſt reizend. Cruveilhier ſagt nach ſeinen Experi⸗ menten: Wenn eine reizende Fluͤſſigkeit in die Schenkelvene eines Hundes gegen die Peripherie hin eingetrieben und durch die Colla— teravenen nickt in die allgemeine Circulation gefuhrt wird, fo ſchwellt das Glied in 35 Stunden an; ſtirbt nun das Thier, oder werd es getoͤdtet, fo findet man blutige Extrovaſate in der Sub— ftarg der Muskeln und des Zellgewebes des Gliedes. Die großen Venen werden durch anbaͤngendes, coaaulirtes Baut verftopft, eben— fo die kleinen Venen, welche den xtravaſirten Stellen ang hören, während die der normalen Theile noch wegſam ſind. Bleibt nun ein ſolches Thier am Leben, fo bilden ſich an die Stelle des Blu— tes Eiteranſammlungen, und der Eiter nimmt ſogar die Stelle des coagulirten Blutes in den Venen ein. Da es ſchwer iſt, den Eiter, wenn er mit Blut gemiſcht iſt, zu unterſcheiden und daraus die Art kennen zu lernen, wie dieſe dem Blute beige miſchte Fluͤſſigkeit im Körper ji vertheile, fo macht er Verſuche mit Qucckſiber. Wird davon eine beträchtlichere Quantität in eine Vene eingeſpritzt, o wird ein ſolches Thier ſehr ſchwach und ſtirbt in 12 — 24 Stunden in einem Zuſtande, wels cher einem chroniſchen Catarrb ſehr ahnlich iſt Saͤmmtliches Queckſilber findet ſich dann in den Lungen wieder, welche nicht entzuͤndet, ſondern von Seroſitaͤt infiltrirt ſind. Wird weniger Queckſilber genommen, ſo uͤberlebt das Thier das Experiment längere Zeit, und dann findet man in der Umgebung jedes Qurds ſilberkuͤgelchens. Induration der Subſtanz, ſpater Eiterablagerung. Da die Leber eigen huͤmliche Venen beſitzt, welche keine Klappen haben, dagegen in dem Gekroͤſe ſich ſehr vielfach vertheilen, ſo wurde Queckſilber in Mefenteriaivenen eingeſpritzt. Bei einem Hunde, welcher dieß 24 Stunden uͤberlebte, war die Leber mit rothen, oberflaͤchlichen, leicht hervorragenden, ſchmuzigrothen Flocken b.⸗ ſetzt, welche 4 — 5 Linien tief reichten. In der Mitte jeder ro— then Induration fand ſich ein Queckſilberkuͤgelchen, wovon eine ge— wiſſe Quantität in die kleinen Venen eingedrungen war. Bei ei: nem andern Experimente wurde Qucckſilber in eine kleine Vene des Netzes eingeſpritzt. Nach 10 Wochen wurde das Thier geidͤdtet. Die Leber enthielt eine Menge gelblicher Knoten, in deren Mitte jedesmal ein Queckſilberkuͤgelchen lag; einige beſtanden außen aus einer Schickt Tuberkelſubſtanz, innen aus eiteriger Materie, in welcher das Quecckſilberkuͤgelchen lag. Aus ſaͤmmtlichen Experimen⸗ ten von Cruveilbier ergiebt ſich, daß alle fremden Körper, welche in die allgemeine Circulation kommen, nothwendig zu den Lungen gelangen, und daß diejenigen, welche in die Bauch venen— circulation eintreten, ſicher zur Leber gelangen. Beide Organe bit— den gewiſſermaßen eine Barriere, welche in gewöhnlichen Faͤllen nicht uͤberſchritten wird. Dadurch loͤſ't ſich, nach Cooper, eine ſchwie⸗ rige Frage, welche durch cliniſche Beobachtung allein nicht befrie⸗ digend beantwortet werden kann Wie namlich gelangt Eiter, weis cher durch phlebitis in die allgemeine Circulation gelangt, in das Capillarſyſtem der Leber, ohne in den Gapillararfäßen der Lungen ſtecken zu bleiben? Die Antwort darauf liegt in der Erfahrung, daß Queckſilber vollkommen durch das allg meine und capillare Gr: faͤßſyſtem der Leber durchzugehen im Stande iſt, wenn es in die Pfortader eingeſpritzt wird, und daß es in andern Faͤllen auch durch das Lungencapillarſyſtem bindurchgeht und endlich, was noch be⸗ weiſender iſt, daß es ſelbſt mehrmals die verſchiedenen Ordnungen der Capillargefaͤße zu durchdringen vermag. 15 Cruveilhier's Erfahrungen beweiſen, daß Eiter, welcher in das Blut gebracht wird, an dieſem oder jenem Theile des Ca— pillarſyſtems zuruͤckgehalten wird, dort Capillar⸗phlebitis erregt, und zwar am leichteſten in der Lunge, ſodann in der Leber und dann in der Milz. Dadurch entſtehen umſchriebene Entzuͤndung— ſtellen, welche mehr oder raſch in Eiterung uͤbergehen. Es reiht ſich hier noch eine andere Frage an, naͤmlich die: warum nicht auch bei reichlichen Eiteranſammlungen, wie bei chro— niſcher pleuritis und peritonitis, Visceralabſceſſe vorkommen, und ob eine Wunde zur Entſtehung derſelben nothwendig ſey. Nach Quesney beſteht eine beträchtliche Verſchiedenheit in Bezug auf die Folgen zwiſchen alten Abſceſſen und friſcheiternden Wunden. Sind wir berechtigt, anzunehmen, daß Eiterabſorption in dem ei— nen Falle vorkomme, im andern nicht? Wir wiſſen, daß ein großer Abſceß, welcher nicht geoͤffnet worden iſt, bisweilen ver— ſchwindet, indem ſein fluͤſſiger Inhalt abſorbirt und in den Kreis— lauf aufgenommen wird; dabei leidet aber das Allgemeinbefinden nicht; der fremdartige Stoff wird durch verſchiedene Ausfuͤhrungs— wege weggeſchafft. Es iſt jedenfalls ein großer Unterſchied zwi⸗ ſchen directer Einführung einer Fluͤſſigkeit in die Circulation und der Aufnahme durch Abſorption. Cruveilhier hat eine Annah— me von Dance als richtig nachgewieſen, daß nämlich bei mehre— ren Fallen von Kopfwunden die Venen der Diplos mit Eiter ge⸗ füllt waren, und daß dieſer Zuſtand gleichzeitig mit zahlreichen Abſceſſen der Leber und Lungen verbunden war, ſo daß man die Visceralabſceſſe der Leber, Lunge und Milz als Folge der phlebi- tis und zwar einer phlebitis der Diplos betrachten kann; daſſelbe gilt aber fuͤr die Venen aller Knochen, und man kann es daher als allgemein guͤltigen Satz betrachten, daß phlebitis der Knochen eine der haͤufigſten Urſachen der Visceralapſceſſe nach Verwundungen und chirurgiſchen Operationen, welche die Knochen betreffen, ſeyen. Oogleich dieſer Schluß vollkommen rationell iſt, fo liegt dennoch ein Schleier über dem Gegenſtande, welcher durch das anatomiſche Meſſer nicht beſeitigt werden kann. Die Beobachtung zeigt indeß Ei⸗ niges in Bezug auf die haͤufigern Urſachen der phlebitis: wir konnen eine Vene oͤffnen, aber es iſt gefaͤhrlich, einen Faden um ſie herum— zulegen, oder neugebildete Adhaͤſionen in einer Wunde zu zerreißen. Solche Veranlaſſungen muͤſſen wir daher vermeiden. Dieß fuͤhrt nun zur Betrachtung der Behandlung der phlebitis ſelbſt und der conſecutiven Visceralabſceſſe. Phlebitis theilt ſich in zwei Stadien der Adhäſiv- und Sup: purativentzündungen. Ueber traumatiſche phlebitis hat Dr. R. Lee in der Cyclopaedia of pract. med. auf eine erfhöpfende Weiſe ſich ausgeſprochen, indem er von Gebärmutter=phlebitis ausgeht. Es iſt bekannt, daß dieſe eine der uͤbelſten Wochenbett— krankheiten ſey, und daß naͤchſt einfacher Wochen-phlebitis eine der gewoͤhnlichſten Formen die phlebitis der untern Gliedmaßen, in 2 einer phlebitis der Uterus- oder hypogaſtriſchen Ve: nen, iſt. Nur während des Adhaͤſivſtadiums zu der Zeit, wo das Blut eben innerhalb des Gefaͤßes zu coaguliren beginnt, kann die Hei— lung mit einiger Hoffnung auf Erfolg verſucht werden; denn wenn das zweite Stadium eintritt, wenn erſt Eiter gebildet und durch das Circulationsſyſtem verbreitet iſt, fo vermögen unſere Mittel wenig zu leiſten, wenigſtens ſoweit wir bisjetzt damit bekannt ſind. Unſere Behandlung muß local und allgemein ſeyn: reichliche Blut— 16 entziehungen, allgemein und oͤrtlich, kalte umſchlaͤge auf den Theil und reichliche Darreichung von Calomel und Opium; darauf be— ſchraͤnkt ſich unſere jetzige Kenntniß von der Behandlung der Krank— heit. Iſt das zweite Stadium eingetreten, kann die Lancette oder die Blutegel nicht mehr von Nutzen ſeyn; der beſchleunigte, ſchwache Puls, die braune Zunge, die kalten, feuchten Haͤnde, die leiſen Delirien deuten darauf hin, daß Erregungs mittel erforderlich find. Wein, Branntwein, hierauf Opium und Ammonium, Fleiſch— bruͤhklyſtire und jede Art von Unterſtutzung der Kräfte. Aber alles dieß giebt wenig Hoffnung. (London med. Gaz., Sept. 1840.) Miscellen. Ueber den Einfluß der Unterbindung beider Ca⸗ rotiden hat Hr. Jobert eine Reihe von Verſuchen an Thieren gemacht. Es ergiebt ſich daraus, daß die Aeſtchen dieſer Arterien. z. B., im Gefihte, keinesweges obliteriren, und daß alſo die Hei— lung erectiler Zelangiectafien in der orbita nur dadurch erreicht wird, daß der Andrang der Blutſaͤule gegen die Geſchwulſt ſich vermindert. Die Vertebralarterien genügen für die Gehirncircula— tion; Hunde, Schaafe, Kaninchen erleiden keine Zufaͤlle nach der Operation; Pferde dagegen ſterben danach an Lungenapoplexie, de— ren Intenſität indeß durch Blutentziehungen vor oder nach der Li— gatur vermindert werden kann, fo daß es wahrſcheinlich iſt, daß auch bei'm Menſchen nach Unterbindung der carotis Blutentziehun⸗ gen von guͤnſtigem Erfolge ſeyn wuͤrden. (Gaz. méd. No. 33.) Eine veterinaͤrkundige Seltenheit. Von einer Kuh mit einem hölzernen Beine erzählt die Engl. Zeitung the Globe, daß vor etwa fuͤnf Monaten eine hochtraͤchtige Kuh des Hrn. Kearſey, Oeconomen zu Cheltenham, die große Beu— geſehne des linken Vorderfußes (master sinew of her near fure- leg) zerriſſen habe; daß der Curſchmidt, J. Ballinger, das Bein zwiſchen Schien- und Feſſelbein im Koͤthengelenke (fetlock) amputirt und durch ein hoͤlzernes erſetzt habe. Etwa einen Mo⸗ nat nach dem erſten Unfalle wurde der Fuß in dem Boden feſt— gehalten und das Bein nicht weit vom Kniee abgebrochen. Herr Ballinger verſah ſie dann wieder mit einem hoͤlzernen Beine. Sie hat ſeitdem gekalbt und fortwährend Milch gegeben, zu der Zeit, wo dieſe Mittheilung kund wurde. Eine neue Art des Verbandes giebt Herr Rig al an, welche darin beſteht, daß drei- oder viereckige Leinwandſtuͤcke je nach der Größe des Koͤrpertheils mit Kautſchukfaͤden angebunden worden (Ahnlich dem Verfahren von Major, welcher jedoch die Compreſſen durch einen Knoten befeſtigt). Die Kautſchukfaͤden be— ſitzen große Elaſticitaͤt und ſind im Stande, einen beſtaͤndigen Zug auszuuͤben, waͤhrend ſie zugleich außerordentlich bequem fuͤr den Kranken ſind. Dieſe Faͤden ſind auch bei den verſchiedenen Wund— verbanden, beſonders im Geſichte, anzuwenden; man bringt ſie als— dann mit den Heftpflaſtern in Verbindung: z. B., bei der Haſen— ſcharte werden Heftpflaſter, die auf jeder Wange angelegt ſind, durch Faͤden, die fih im Nacken kreuzen, fortwährend angezogen. Etwas ſtaͤrkere Kautſchukbander find vorzüglich geeignet, eine per— manente Extenſion bei Fracturen auszuuͤben; eben ſo koͤnnen ſie vortheilhaft bei der Cur des Klumpfußes durch Tenotomie ange— wendet werden. (Gaz. méd., No. 45.) —— — —ͤé'8— ne 5 Bibliographische neuigkeiten. On the History and natural arrangement of Insects, Swainson and W. E. Shukard. London 1840. On the Principles of Sound. By J. Webster. London 1840. By W. The History and present State of the Venereal Disposition examined. Where it is shown that Mercury never was necessary for its Cure etc. By J. Hume FWWeatherhead. London 1841. 8. On the Relation between the Stomach and the Brain. By R. Wightman. London 1840. 12. ä—ĩwJ— — — — — ũꝑ — (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quarto.) Neue Notizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitnerhrilt von dem Ober⸗Medieinalra td Froriep in Weimar, und dem Mediemalraldt und Profefior Froriep zu Berun, Ne. 354. (Nr. 2. des XVII. Bandes.) Januar 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athir. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirre Abbildungen 0 ggl. 11 ber A BR Ueber die Stürme. Ein in der Verſammlung der British Association zu Glas: gow gehaltener Vortrag. Von J. Es py. (Hierzu Fig. 6. auf der mit voriger Nummer ausgegebenen Tafel.) (Schluß.) Wenn das Complement des Thaupunctes ſehr groß iſt (20 Grad und daruͤber), ſo koͤnnen ſich nicht gut Wolken bilden; denn emporſteigende Saͤulen pflegen, in der Regel, entweder mit der umgebenden Luft in's Gleichgewicht zu kommen, oder zerſtreut zu werden, ehe fie 2,000 yards erreichen, welche Hoͤhe ſie in dieſem Falle erreichen muͤßten, ehe ſie Wolken bilden koͤnnten. Manchmal ſteigen indeſſen Luftmaſſen hoch genug, um Wolken zu bilden; aber ſie ſind, in der Regel, abgeſondert von irgend einer tiefern au'ſteigenden Säule und koͤnnen folglich alsdann keine cu- muli mit ebenen Baſen bilden. Solche Wolken loͤſen ſich, wie man bemerken wird, eben ſo ſchnell wieder auf, als ſie ſich gebildet haben, und ſchon waͤhrend ihrer Bildung haben ſie ein zerfetztes, duͤnnes und unregelmaͤßiges Anſehen Iſt uͤberdieß der Boden den Tag uͤber kaͤlter, als die mit ihm in Beruͤhrung ſtehende Luft, wie es manchmal nach einer ſehr kalten Witterungsabwechſelung der Fall iſt, ſo kann es, da die mit der kalten Erde in Berührung ſtehende Luft kaͤl— ter, als die uͤber ihr liegende Schicht iſt, keine aufſteigenden Saͤulen geben, und es koͤnnen ſich folglich an dieſem Tage feine cumuli bilden, wenn auch die Luft in ſolchem Grade mit Waſſerdunſt geſaͤttigt ſeyn ſollte, daß ein Theil deſſel— ben an kalten Körpern auf der Oberflaͤche der Erde ſich vers dichtet. Eben ſo wenig konnen ſich Wolken von ſehr be— traͤchtlicher Größe bilden, wenn hinlaͤnglich ſtarke Queerſtroͤ⸗ mungen von Luft, um eine aufſteigende Stroͤmung unter— drechen zu koͤnnen, ſtattfinden; denn die Aufſteigungskraft der emporſtrebenden Stroͤmung wird dadurch geſchwaͤcht und zerſtoͤrt. Dieſes iſt eins der Mittel, deſſen ſich die Natur bedient, um die Zunahme emporſteigender Säulen bis zum No. 1454. nnd Eintritte des Regens zu verhindern. Ohne dieſe Vorkeh⸗ rung wuͤrde wahrſcheinlich jede emporſteigende Saͤule, die bei guͤnſtigem Thaupuncte Wolken bildet, Regen erzeugen; denn ſobald ſich Gewoͤlk bildet, nimmt die Aufſteigungskraft durch das Freierwerden der Waͤrme des elaſtiſchen Waſſer— dampfes raſch zu An der dem Winde gegenuͤberliegenden Seite ſehr ho— her Gebirge kann kein Regen eintreten, denn ſo wie die Luft an der dem Winde ausgeſetzten Seite an den Seiten des Gebirges emporſteigt, verdichtet fie allen Dunſt, der durch die Kaͤlte in Folge verminderten Druckes verdichtet werden kann, bevor fie den Gipfel erreicht, und ſelbſt wenn Wolken uͤber den Gipfel hinweg ſich auf die andere Seite begeben ſellten, ſo wuͤrden ſie bald verſchwinden, weil ſie, an der Boͤſchung des Berges binabſteigend, unter groͤßern Druck gerathen und ſo durch die erzeugte Waͤrme aufgeloͤſ't werden wuͤrden. Dieſes ſind einige der Urſachen, welche den Regen zu beſondern Zeiten und an befondern Dertlich- keiten verhindern. Wenn indeſſen die untere Luft ſehr warm iſt, der Thaupunct ſehr hoch liegt und keine Queerſtroͤmun— gen der Luft in einer großen Hoͤhe ſtattfinden, alsdann wird, wenn eine aufſteigende Stroͤmung einmal entſtanden iſt, dieſelbe fortdauern, und je höher fie gelangt, an Hef— tigkeit zunehmen, beſonders wenn ſich erſt Gewoͤlk zu bilden beginnt. Anfangs wird die Baſis der Wolke eben ſeyn; nachdem aber der ſenkrechte Durchmeſſer der Wolke ſehr groß geworden iſt und das Barometer betraͤchtlich zu fallen anfaͤngt, eine Folge der ſpecifiſchen Leichtigkeit der Luft in der Wolke, alsdann wird die Luft nicht mehr ſo hoch zu ſteigen haben, als in dem Augenblicke, wo die Wolke ſich zu bilden begann, ehe ſie hoch genug gelangt war, um durch die Kaͤlte in Folge verminderten Druckes Gewoͤlk zu bilden. Die Wolke wird jetzt unten conver werden, und ihre obern Theile werden ſich nach allen Richtungen ausbrei— ten, beſonders auf derjenigen Seite, gegen welche ſich die obere Stroͤmung bewegt, indem ſie manchmal die Geſtalt eines Champignons annehmen. Unterdeſſen wird die Wir⸗ 2 19 kung der nach Innen dringenden Strömung unten, und der nach Aufwärts dringenden Strömung in der Mitte ſehr hef— tig werden, und wenn das Barometer um zwei Zoll unter den Mittelpunct der Wolke füllt, fo eikaltet die Luft um 10°, und die Baſis der Wolke erreicht die Erde, wenn der Thaupunct nur 8° unter der Temperatur der Luft zu der Zeit liegt, wo ſich die Wolke zu bilden begann Die Ge— ſtalt des untern Theiles der Wolke wird jetzt diejenige eines umgekehrten Kegels ſeyn, deſſen Spitze den Boden beruͤhrt; und ſie iſt ein ſogenannter Tornado, wenn ſie ſich auf dem Lande befindet, und eine Waſſerhoſe auf der See. Verfolgt man den Weg eines Tornado, ſo wird man finden, daß die Baͤume an den aͤußern Graͤnzen deſſel— ben alle mit ihren Gipfeln einwaͤrts, oder einwaͤrts und ruͤckwaͤrts, oder einwaͤrts und vorwaͤrts, oder gerade queer uͤber den Weg des Tornado niedergeſtreckt ſind. Die Baͤu— me im Mittelpuncte des Weges ſind entweder ruͤckwaͤrts, oder vorwaͤrts oder parallel zum Wege des Tornado nie— dergeſtreckt; und wenn ein Baum queer uͤber einem andern liegt, ſo wird immer der ruͤckwaͤrts niedergeworfene der un— terſte ſeyn. Solche Materialien an den Seiten, die, von ihren Stellen bewegt und uͤber den Boden gerollt, eine Spur ihrer Bewegung hinterlaſſen, bewegen ſich in einer Cutve, die hinten convex iſt; ſolche Materialien, welche links am Wege lagen, machen eine Curve von Links nach Rechts, und ſolche, welche rechts am Wege lagen, machen eine Curve von Rechts nach Links, und viele dieſer Materialien wird man ganz auf der entgegengeſetzten Seite finden, waͤh— rend ſie vor dem Tornado auf der andern Seite lagen. Auch ſolche Koͤrper, welche emporgefuͤhrt werden, werden ſich im Kreiſe herumzudrehen ſcheinen, ſobald ſie nicht im Mittelpuncte des Tornado emporgehoben wurden. Diejeni— gen, welche rechts vom Mittelpuncte emporgefuͤhrt wurden, werden eine Spirale von Links nach Rechts, und diejenigen, auf der linken Seite des Mittelpunctes ergriffen, werden eine Spirale von Rechts nach Links und Aufwärts beſchrei— ben. Unterſucht man die Baͤume, welche an den Graͤnzen des Weges ſtanden, den der Tornado genommen hat, ſo wird man finden, daß manche Aeſte um die Baͤume her— umgedreht und abgebrochen ſind, daß ſie an den Baͤumen haͤngen blieben, und zwar diejenigen an der rechten Seite des Weges von Links nach Rechts, und diejenigen auf der linken Seite des Weges von Rechts nach Links gedreht. Man wird indeſſen finden, daß nur diejenigen Aeſte, die an der Seite des Baumes ſtanden, welche vom Wege des Tornado am entfernteſten war, abgebrochen ſind; denn auf dieſe allein wirkte eine Gewalt in die Queere. Die Haͤu— fer, welche an der Mitte des Weges ftanden, hatten mei— ſtentheils das Dach verloren, und manche Waͤnde ſind nie— dergeworfen, und zwar alle nach Auswaͤrts, in Folge der einer Exploſion aͤhnlichen Wirkung der eingeſchloſſenen Luft. Haͤuſer, die mit Zink oder Blech gedeckt, dadurch gewiſſer— maßen luftdicht verſchloſſen ſind, leiden bei einem Tornado am meiſten. Die Fußboͤden der Keller werden auch haͤufig aufgeriſſen ſeyn, und von leeren Flaſchen werden die Kork— ftöpfel mit einer Exploſion abſpringen. Rings um einen 20 Tornado herum, auf kurze Entfernung, wahrſcheinlich nur auf 3 oder 400 yards, wird eine Todtenſtille herrſchen, weil ſich der Ring durch den raſchen Ausfluß der Luft aus dem Mittelpuncte der aufſteigenden und ſich ausdehnenden Saͤule oben bildet. In dieſem Ringe wird die Luft depri— mirt, und ringsum an der Außenſeite deſſelben wird an der Oberflaͤche der Erde ein ſanfter Wind nach Auswaͤrts wehen, und die ſaͤmmtliche Luft, welche den Tornado ſpeiſ't, kommt folglich aus dem Innern des Ringes. Dieſes laͤßt ſich auch recht gut begreifen, wenn man die Depreſſion der Luft in dem Ringe beruͤckſichtigt, denn jeder Luftbetrag kann auf dieſe Weiſe durch eine große Devreſſion geliefert werden. Leichte Koͤrper, wie, z. B., Dachſchindeln, Baum— zweige und Regen- oder Waſſertropfen, die ſich in der Wolke gebildet haben, werden ſehr hoch emporgefuͤhrt, ehe ſie auf die Erde niederfallen koͤnnen; denn wenn ſie auch haͤufig oben nach Auswaͤrts geſchleudert werden und dann in betraͤchtlicher Entfernung ſeitwaͤrts niederfallen, ſo treffen ſie doch unten eine einwaͤrts blaſende Stroͤmung, welche ſie nach dem Mittelpuncte der aufſteigenden Stroͤmung zuruͤck— fuͤhrt, wodurch ſie wiederum emporgetrieben werden. Die Regentropfen werden indeſſen haͤufig hoch genug gefuͤhrt, um zu gefrieren, beſonders, wenn ſie oben ſo weit ausgeworfen werden, daß ſie in reine Luft gelangen; denn dieſe Luft iſt in manchen Faͤllen 30 oder 40 kaͤlter, als die Luft in der Wolke. Wenn in dieſem Falle die aufſtei— gende Saͤule ſenkrecht iſt, ſo wird der Hagel zu beiden Sei— ten ausgeworfen; und bei naͤherer Unterſuchung wird man finden, daß gleichzeitig zwei Adern von Hagel in nicht gro— fer Entfernung voneinander niederfallen. Es iſt, in der That, wahrſcheinlich, daß bei allen, mit Hagelſchlag ver— bundenen, heftigen Gewittern die aufſteigende Stroͤmung ſo heftig iſt, daß Regentropfen bis zu einer großen Hoͤhe ge— fuͤhrt werden, wo ſie gefrieren und zu Hagel werden. Es iſt ſchwierig, wo nicht unmoͤglich, auf eine andere Weiſe zu erklaͤren, wie Hagel im Sommer oder in der heißen Zone entſtehen koͤnne. In ſolchen Laͤndern, in welchen eine obere Luftſtroͤmung in einer beſondern Richtung herrſchend iſt, pflegen ſich die Tornado's und Waſſerhoſen in derſelben Richtung zu bewegen, weil die anfiteigende Säule Luft bei dieſem Meteor ſich weit in dieſe obere Stroͤmung erhebt und folglich der obere Theil derſelben in dieſer Richtung ge— draͤngt wird, indem die große Tornadowolke ſich in der Richtung der obern Stroͤmung bewegt und die Luft an der Oberflaͤche der Erde in derſelben durch das groͤßere Gewicht der umgebenden Luft emporgetrieben wird. Aus dieſem Grunde bewegt ſich der Tornado in Pennſylvanien, in der Regel, gegen Oſten hin. Wenn ein Tornado feine Bewegung auf einige Secun⸗ den unterbricht, wie es der Fall iſt, wenn er auf ſeinem Wege einen Berg findet, ſo ergießt er leicht eine unermeß— liche Waſſermaſſe oder Eismaſſe in einen ſehr kleinen Raum; denn die Tropfen, welche durch die aufſteigende Stroͤmung vorher emporgefuͤhrt wurden, haͤufen ſich bald in ſolchem Grade an, daß fie ſich einen ruͤckgaͤngigen Weg bahnen, und dieſes koͤnnten ſie nicht thun, ohne ſich in einen ver⸗ 21 einigten Strom von unermeälicher Lange und Schwere zu ſammeln, und fobald der Tornado nun die Seite des Ber— ges erreicht, fo wuͤhlt dieſer Strom, mag er nun aus Waſ— fer oder aus Hagel beſtehen, in die Berqwand ein tiefes Loch und eine Schlucht dis an den Fuß des Berges, von der Stelle an, wo er zuerſt niederfiel. Da ſich die Luft oben weit raſcher ausbreitet, als ſie unten einſtreicht, ſo findet bei Stuͤrmen eine Geneigtheit ſtatt, an Durchmeſſer zuzunehmen, und dieſe Neigung wird an der Nordſcite größer, als an jeder andern Seite; denn die Luft findet in ihrem obern Ausfluſſe weniger Wider: ſtand an dieſer Seite, und zwar aus einem Grunde, der weiter unten angegeben werden ſoll; deßhalb iſt es wahr— ſcheinlich, daß ſich die Stuͤrme in noͤrdlicher und ſuͤdlicher Richtung ausdehnen, und wenn ſie ſich ſo nach Oſten be— wegen, fo muͤſſen fie mit der Seite vorrüden. Unter dem Aequator oder wenigſtens unter denjenigen Theilen deſſelben, wo die Paſſatwinde ununterbrochen von Oſten nach Weſten wehen, bewegen ſich auch die Torna— do's wahrſcheinlich von Oſten nach Weſten. Denn da die Luft in der heißen Zone im Durchſchnitte ohngefaͤhr eine Temperatur von 80 hat, und in der kalten Zone von 0», fo iſt die Luft in der heißen Zone durch die Wärme beſtaͤndig um 80,448 ihres ganzen Volumens in der kalten Zone ausgedehnt. Dieſes bewirkt nun, daß die Luft unter dem Aequator von der Oberflaͤche der Erde an bis zum Endpuncte der Atmoſphaͤre um mehr denn 7 engl. Meilen hoͤher, als am Nordpole ſteht. Die Luft zieht deßhalb von der heißen Zone nach beiden Polen hin und bewirkt, daß das Barometer in niedrigen Breitengraden faͤllt und in ho— hen Breitengraden uͤber den mittlern Standpunct ſteigt. Dieſes bewirkt nun, daß die Luft gegen den Aequator un— ten einſtreicht und folglich daſelbſt ſteigt. Nach dem Grund— ſatze der Erhaltung der Flaͤchen ſinkt ſie mehr und mehr gegen Weſten hin, jemehr ſie ſich erhebt, und folglich be— wegt ſich die obere Luftſtroͤmung unter dem Aequator wahr— ſcheinlich nach Weſten hin. Da aber die Luft oben nach Norden abzieht, ſo wird ſie beſtaͤndig uͤber Theile der Erd— oberflaͤche ziehen, die eine geringere taͤgliche Geſchwindigkeit haben, als der Theil, von welchem fie ausfloß, und da fir, nach dem Geſetze der Traͤgheit, immer geneigt iſt, die taͤg— liche Geſchwindigkeit nach Oſten, die fie urſpruͤnglich beſaß, beizubehalten, ſo wird ſie ſich, wenn ſie den zwanzigſten oder fünfundzwanzisften Breitengrad erreicht hat, dann wahr— ſcheinlich ziemlich nach Norden bewegen, und jenſeits dieſes Breitengrades wird ibre Bewegung nordoͤſtlich werden. Wenn heftige Sturmwolken, die nothwendig ſehr hoch in der obern Strömung emporſteigen, in der Richtung der obern Stroͤmung fortgetrieben werden, fo iſt es wahrſchein— lich, daß das Barometer in demjenigen Theile des Ringes, der im vordern Theile des Sturmes liegt, hoͤher ſteigt, als in dem hintern Theile; und wenn dieſes der Fall iſt, ſo kann ein ploͤtzliches Steigen des Barometers in befondern Oertlichkeiten, wenn es gehoͤrig verſtanden wird, eines der erſten Symptome eines herannahenden Sturmes abgeben. In Folge des hohen Standes des Barometers im vordern 22 Theile des Sturmes in einem Halbrinze wird hier die Luft niederwaͤrts getrieben und verurſacht in manchen Fällen eine weit heftigere Wirkung der Luft oder des Windes nach Ruͤck— waͤrts, indem ſie dem herannahenden Sturme begegnet, als hinter dem Sturme wahrzunehmen iſt. Da das Barometer wahrſcheinlich den hoͤchſten Stand im Mittelpuncte des Halbringes beſitzt, fo kann nordoͤſtlich vom Sturme in mitt: leren Breitengraden die Neigung des Windes, vom Mittel— puncte auswaͤrts nach allen Seiten zu wehen, bewirken, daß der Wind zu Anfang des Sturmes ſo weht, daß er auf der oͤſtlichen Seite des Sturmes von Links nach Rechts, und auf der weſtlichen Seite von Rechts nach Links zu wirbeln ſcheint. Wenn die Luft in dem Halbringe vor dem Sturme niederwaͤrts getrieben wird, fo koͤmmt fie unter größeren Druck, und deßhalb werden die Wolken, die ſie enthaͤlt, wahrſcheinlich durch die Waͤrme des groͤßern Druckes aufge— löft, und aus dieſem Grunde wird auf dem Wege des Ringes wahrſcheinlich ſchoͤnes Wetter ſtattfinden. Da auch die Luft oben auf's Pfund immer mehr Waͤrmeſtoff enthaͤlt, als die Luft unten, ſo wird auf dem Wege des Ringes theils in Folge des zunehmenden Druckes, aber hauptfächlich durch die niederſteigende Luft, eine Zunahme der Temperatur eintreten. Unter ſehr beißen Himmelsſtrichen wird dieſe Zus nahme der Temperatur vor dem Sturme ſehr deutlich ge— fuͤhlt. Die Zunahme des Druckes im Ringe, um einen Vulcan herum, der ploͤtzlich Ausbruͤche bekommt, kann manch— mal unter guͤnſtigen Umſtaͤnden ſehr groß ſeyn, und folg— lich wird die Luft aus großer Hoͤhe herabgepreßt, ſo daß eine Portion derſelben Luft, die in den mittleren Theilen der aufſteigenden Saͤule emporgeſtiegen iſt und durch die Kette in Folge verminderten Druckes eine Wolke bildete, bis zur Oberflaͤche der Erde herabgetrieben wird und die Waͤrme des elaſtiſchen Waſſerdunſtes mit ſich führt, welche fie bei der Verdichtung des Dunſtes aufgenommen hat. Wenn dieſes der Fall iſt, fo wird die Waͤrme, welche man zur Zeit dies ſes Niederſteigens ſpuͤrt, ſehr groß ſeyn. Dieſe heißen Windſtoͤße wechſeln mit kalten Windſtoͤ— ßen ab; denn die Luft, welche aus großen Höhen im Ringe niederwaͤrts getrieben wird, iſt nicht allein ſehr heiß, ſon— dern auch ſehr trocken, indem waͤhrend des vorherigen Auf— ſteigens ihr Waſſerdunſt verdichtet worden iſt. Wenn nun dieſe heiße, trockene Luft wieder nach Einwaͤrts gegen den Vulcan zieht und emporſteigt, ſo bildet ſie keine Wolke, weil ſie alles Dunſtes entbehrt und deßhalb der Proceß der Wolkenbildung aufhört: es hören folglich auch Hagel und Regen auf, bis mehr Luft aus einer groͤßern Entfernung, die noch nicht ihres Dunſtes beraubt iſt, einſtreicht und em⸗ porſteigt. Alsdann bildet ſich wieder eine Wolke, und die Heftigkeit und Geſchwindigkeit des Ausſtrͤmens der Luft wird oben noch durch das Freiwerden des Waͤrmeſtoffes des elaſtiſchen Dunſtes vermehrt; das Barometer ſteigt raſch im Ringe und fällt im mittlern Theile der auffteigenden Saͤule; und dieſe Abwechſelungen koͤnnen fortdauern, ſo lange der Vulcan in Thaͤtigkeit iſt, und ganz beſonders dann, wenn die Heftigkeit des Vulcanes ſelbſt periodiſch zunehmen ſollte. 2 * 23 Da dle Luft ſich nicht aufwärts bewegen kann, ohne einen verminderten Druck zu erfahren, und da fie dann ſich ausdehnen und kalter werden und folglich Gewolk bilden muß, fo muß jede Urſache, die das Aufſteigen einer Luft— fäule bewirkt, mag dieſe Urſache eine natuͤrliche, oder Fünfte liche ſeyn, Regen erzeugen, wenn das Complement des Thaupunctes klein, die Luft unten und oben ruhig und der obere Theil der Atmoſphaͤre von gewöhnlicher Tempera— tur iſt. Vulcane bringen deßhalb unter guͤnſtigen Umſtaͤnden Regen: ſeewinde, welche jeden Tag segen den Mittelpunct der Inſeln wehen, beſonders wenn dieſe Jaſeln im Innern bohe Berge haben, welche verhindern, daß eine obere Luftſtroͤmung die aufſteigende Luftſtroͤmung aus der ſenkrechten Nittung bringt, ehe ſie hoch genug gelangt iſt, um Wolken zu bilden. So erzeugt Jamaica taͤglich Regen; große Staͤdte in Ländern, wo das Complement des Thaupunctes gering iſt, die viel Brennmaterial cenſumiren, wie, 3 B., Mancheſter und Li— verpool, erzeugen haufig Regen; ſelbſt Schlachten und zufällige Feuer, wenn ſie unter guͤnſtigen Umſtaͤnden vorkommen Eins nen manchmal Regen zur Folge haben. Man beruͤckſichtige alle dieſe guͤnſtigen Umſtaͤnde bei trockener Witterung, wo ſie nur eintreten koͤnnen, und ſtelle dann den Verſuch an; gelingt er, fo wird das Ergebniß fuͤr Jedermann aͤußerſt wohlthätig fern. Man koͤnnte wahrſcheinlich dadurch das Eintreten ſolcher verwuͤſtenden Tornados verhindern, die in den vereinigten Nordamericaniſchen Staaten eine ſo große Verhrerung hervorbringen; denn koͤnnte man Regen von nicht langer Dauer in regelmaͤßigen Zwiſchenraͤumen hervor— bringen, ſo wuͤrde dadurch die Dampfkraft in der Luft ver— hindert werden, ſo hoch zu ſteigen, um einen Sturm von jerftörendem Character hervorzubringen. Adgeſehen von dem Nutzen fuͤr den Landwirth, wuͤrde daraus auch fuͤr den Schiffer in folgender Art großer Nutzen erwachſen: Da die Zeit und der Ort des Anfanges des Regens genau bekannt ſeyn wuͤrden, ſo waͤre es auch leicht auszu— mitteln, in welcher Richtung vom Orte des Beginnens er auf der Oberflaͤche der Erde fortſchreitet; ebenſo koͤnnte man die Geſchwindigkeit ſelner Bewegung und die Geſtaltung er— fahren, die er von Zelt zu Zeit in feinem Fortſchritte an: nimmt. Nun iſt dieſe Kenntniß die Hauptſache, welche dem Schiffer fehlt, um ihn, der die Macht der Locomotion beſitzt, in den Stand zu ſetzen, ſeinem Schiffe eine ſolche Richtung zu geben, ſobald ſich demſelben einer diefer großen Stuͤrme naht, um ſo viel Wind an den Graͤnzen des Stur— mes zu benutzen, als fuͤr die Zwecke der Schifffahrt aus— reichend iſt; denn ohne Zweifel laͤßt der Himmel den Wind zum Nutzen und nicht zum Untergange des Menſchen we— hen, ſobald derſelbe nur mit den Geſetzen bekannt iſt, denen der Wind folgen muß. Aus den vorhergehenden Grundſaͤtzen iſt aber der Schiffer im Stande, zu wiſſen, in welcher Richtung ein großer Sturm wuͤthet, wenn er noch mehrere hundert Mei— len davon entfernt iſt; denn die Richtung des Windes allein zeigt dieſes an. Wenn indeſſen der Sturm von ſolcher gro— ßen Laͤnge ſeyn ſollte, indem er mit der einen Seite vor— 24 waͤrtsſchreitet, daß die Möglichkeit, ihn zu vermeiden, nicht denkbar iſt, ſo iſt der Schiffer wenigſtens im Stande, die Richtung zu kennen, nach welcher er ſteuern muß, um ſo bald, wie moͤglich, aus dem Sturme zu gelangen. Wenn man, z. B., finden ſollte, daß Stürme zriichen den vereinigten Nordamericaniſchen Staaten und Europa ſich im— mer gegen Oſten bewegen, ſo wuͤrde es offenbar unzweck— maͤßig ſeyn, mit dem Winde zu fliehen in dem letzteren Theile des Sturmes, wenn der Wind aus Weſten blaͤſ't, weil man dann ſo lange, wie moͤglich, im Sturme bleiben würde. Der Schiffer kann auch wiſſen, wenn er außer Ge: fahr iſt; denn wenn ein großer Sturm in mittleren unb hohen Breitengraden nach Oſten und in niederen Breiten- graden nach Norden gezogen iſt, ſo weiß er noͤrdlich vom Aequator, daß der Sturm nicht zuruͤckkehrt, und wird ſich deßhalb nicht fuͤrchten, ſeine Seegel dem Winde zu oͤffnen, ehe die Windſtille des Ringes uͤber ihn kommt. Der See— mann wird endlich im Stande ſeyn, wenn er Sturmwol— ken bei ihrer Annaͤherung beobachtet, die Richtung zu be— ſtimmen, in welcher ſich die Stuͤrme bewegen; denn dieſe Sturmwolken zeigen ſich haͤufig uͤber dem Horizonte in Form eines Bogens; und wenn der hoͤchſte Theil des Bo— gens ſich dem Zenith naͤhert, alsdann kommt der Sturm aus dem Puncte, wo der Bogen zuerſt erſchien. Wenn ein Sturm von Norden nach Suͤden einen groͤ— ßern Durchmeſſer, als von Oſten nach Weſten hat, ſo blaͤſ't der Wind nicht nach einem Mittelpuncte, ſondern nach einer Mittellinie hin, welche man die groͤßere Axe des Sturmes nennen kann. Wenn ſich der Sturm gegen Oſten bewegt, ſo wird der Wind am noͤrdlichen Ende des Sturmes mit einem Male ohne alle Anzeige (without a lull) aus Norden nach We— ſten uͤberſpringen, und am ſuͤdlichen Ende des Sturmes wird der Wind ebenfalls ohne jede Anzeige aus Suͤden nach Weſten uͤberſpringen; aber in der Mitte des Sturmes wird der Wind mit einer Anzeige aus Oſten nach Weſten umſpringen. Wenn der Sturm von Norden nach Suͤden große Laͤnge hat, ſo kann man die Anzeige in den mittleren Thei— len gleichzeitig in betraͤchtlichen Entfernungen nach Nerden und Suͤden einzeln erfahren, was nicht der Fall ſeyn wuͤr— de, wenn der Sturm rund waͤre. Und da dieſes an der Kuͤſte der vereinigten Staaten haͤufig vorkommt, ſo geht aus dieſem Umſtande allein ganz ſicher hervor, daß der Mit— telpunct des Sturmes haͤufig eine Linie von großer Laͤnge iſt; und da uͤberdief der Wind in dem erſten Theile des Sturmes haͤufig ſuͤdlich weht, und im letzteren Theile deſſel— ben nordweſtlich; und da das Barometer nach und nach von Nordweſt nach Suͤdoſt füllt, fo iſt die hoͤchſte Wahrſchein— lichkeit vorhanden, daß dieſe Stuͤrme von oblonger Form ſich gegen Suͤdoſt bewegen. In Weſtindien iſt es durch die unſchaͤtzbaren Arbeiten von Redfield und Reid bekannt, daß zwiſchen Barba— dos und Jamaica dle Orcane ſich von Suͤdoſt nach Nord— weft bewegen; wenn deßhalb in dieſen Theilen ein beftiger Wind aus Nordweſt ſich erhebt, ſo kann der Seemann ſicher ſeyn, daß er von einem Orcane erreicht wird, wenn er ſtill 25 liegen bleibt; erbebt ſick da zegen der Wind in irgend einer andern Richtung, ſo weiß er, in welcher Richtung er ſteuern muß, um die Heftiakeit des Windes zu vermeiden. (The Athenaeum, No. 676. 1840.) Erläuterung der Figur 6. Karte von Großbritannien, welche das Verhalten des Windes in der Nacht vom 6 Januar 1839, in der Stunde von 10 — 12, zeigt: — 1) Romney — Wind ſtark um 8 Uhr, S. O.; 2) Thwaite — Wind ſtark von 10 — 12, S. S. O; - 3) Southwold — das Schiff Suſanna um 8 Uhr an die Küfte getrirben durch einen Sudoſtwind; — 4) Birmingham — Wind ſtark, Oft ſuͤdlich, bis 1 Uhr Morgens; — 5) Mancheſter — S. O. bis Mitternacht; — 6) Leeds — S. O. bis 12 uhr; — 7) Bridlingten — wird S. O. des Abends und bleibt ſo, heftig blaſend, bis nach Mitternacht; — 8) Whitby — um 101 uhr S. u. O., ſtark wehend; — 9) Berwick — Wind ſetzt 10 uhr von O. und etwas S. nach S. W. um; — 10) Dundee — die Nacht vom Eten und des Tages am 7ten, N. W.; — 11) Montrofe — die ganze Nacht vom 6ten auf den 7ten ein Sturm N W.; 12) Aberdeen — eben ſo; — 13) Cap Wrath — den ganzen 6ten und 7ten N. W.; — 14) Scowrie — Abends des 6ten bis um Mitternacht N. W.; — 15) Inſel Glan — um 11 Uhr Nachts N. W.; — 16) Lis⸗ more — die Nacht des 6ten N. W. u. N.; — 17) Corſewell — von 6 Uhr Abends bis Mitternacht S. W.; — 18 Mull of Galloway — S. bis 1! Uhr Morgens am 7ten; — 19) Calf of Man — S. S. W. bis um Mitternacht; — 20) Liverpool — verändert ſich nach 10 Uhr von S. S. O.; 21) Ply⸗ mouth — S. W. bis 12 Uhr in der Nacht des 6ten. — Miscellen. In Beziehung auf die Nahrung der Colibri's und auf die der Wernerian Society von Herrn Dr. Traill mitge— 26 theilte Beobachtung (Neue Notizen No. 311. [No. 3. des XV. Bos.) S. 42.) enthalt das unter den Auſpicien der Lords Coms miſſare der Admiralität herausgegebene Werk „Ihe Zoology of Capt. Beechey's Voyage to the Pacific aud Behring’s Swrait* Folgendes Über den in Rio Janeiro häufigen weißen Go:ibri. „Als ich feinen Magen unterſucte, fand ich eine große Quantitat ſchwaͤrzlicher fiſter Subſtanz, welche aus den Flügeln, Fußen und Fuhlhoͤrnern von Fliegen, obne irgend eine Beimiſchung von Flüfe ſigkeit, beſtand. Dieß beweiſet, daß die Colibris ſich keineswegs ausſchließlich von der MectarsSecretion der Pflanzen nähren, ſon— dern auch fleiſchfreſſend ſind; und nach dieſer Unterſuchung war ich faft geneigt, zu folgern, daß ſie die Blumen nur deswegen beſuc— ten, um die Inſecten zu fangen, welche auf dieſen lebten und daß der ſummende Ton diene, ſie herbeizulocken. Allein fpäter hatte ich volle Gelegenheit, dieſe Meinung zuruͤckzunebmen, als ich beobach— tete, wie die kleinen Geſchoͤpfe in die roͤhrenartigen männlich en Bluthen des Bananenbaumes, Musa sapientum, mit ihren dün— nen Schnaͤbelchen und ihrer vorſtreckboren Zunge eindrangen, wäh: rend das Spathablatt zurückgeſchlagen war, gleich ſam atis folle es ausdruͤcklich die Nabrung bloßlegen. Während dieſer Zeit des Fur— tereianehmens waren die Voͤgel durchaus auf ihren Flugeln ſchwe— bend, flatternd und ſummſend, als wären ſie in einer Extaſe von Vergnügen darüber, daß ſie zu dem Honigſchatze gelangen konn— ten.“ Ueber augenaͤhnliche Organe, Pecten und Spondylus, welche Poli an dem mit Girrhen verſehenen Mantelrande bei den genannten Acephalen beſchrieb, hat jetzt Herr Dr. Krohn in Muͤlter's Archiv 1830 Heft IV. und V., S. 381, einen Aufſatz geliefert und durch eine ſchematiſche Abbildung erlaͤutert. Necrolog. — Der hochverdiente Profeſſor der Anatomie und Phyſiologie zu Muͤnchen, Ignaz Doellinger, it am 14. Januar dieſes Jahres geſtorben. — Aufhebung der willkuͤrlichen Bewegung bei leich— ter Erregbarkeit der Neflerbewegung. Von W. F. Barlow. Am 22. November 1839 wurde mir ein blaſſes, kraͤnk⸗ lich ausſehendes Kind von 5 Jahren, Sarah Bright, von ſeiner Mutter gebracht, welche mir erzaͤhlte, daß das Kind Abends zuvor geſund zu Bette gegangen ſey, aber nun am Morgen den Gebrauch einer Körperfeite vollkommen verloren habe, waͤhrend Tags zuvor durchaus keine Verſchiedenheit in den Bewegungen beider Seiten zu bemerken geweſen ſey. Das Ausſehen des Kindes war unbeholfen; daſſelbe war et— was betaͤubt, aber noch empfaͤnglich für Eindruͤcke. Die rechte Koͤrperhaͤlfte, und zwar Geſicht und Extremitäten, war vollkommen gelaͤbmt; die willkuͤrlichen Bewegungen des Geſichtes auf dieſer Seite vollkommen aufgehoben; der Aus— druck der Geſichtszuͤze war verloren; dennoch hatten die Muskeln ihre Tenacitaͤt behalten, und das Augenlid konnte geſchloſſen werden; wenn das Kind trank, ſo floß das Ge— traͤnk zum Tbeil durch den Mundwinkel wieder heraus; am auffallendſten war aber der Laͤhmungszuſtand, wenn die linke Geſichtshaͤlfte willkuͤrlich bewegt wurde und der Gegenſatz beider dadurch hervortrat, daß die rechte Haͤlfte an keiner Muskelbewegung der andern Theil nahm. Der Wille batte keinen Einfluß auf den Fuß und Arm der rechten Seite, wahrend die Extremitaͤten der linken Seite dadurch kraͤftig „ · De angeregt wurden. Wenn das Kind aufgehoben wurde, ſo hing der rechte Fuß bewegungslos herab, und verſuchte die Mutter, das Kind gehen zu laſſen, ſo ſchleppte es den Fuß nach. Die Temperatur der gelaͤhmten Glieder war betraͤchtlich geringer, als die der andern Seite des Koͤr— pers. Anaͤſtheſie war nicht vorhanden, denn das Kind aͤuferte Schmerz bei'm Kneifen der gelaͤhmten Theile; ob» wohl aber Empfindung vochanden war, ſo war keine Spur willkuͤrlicher Bewegung aufzufinden. Jetzt folgen aber Erſcheinungen, auf welche ich beſon— ders aufmerkſam machen wollte. Wenn der Arm durch Kneifen gereizt wurde, fo folgte eine convulſiviſche Contraction: das Glied wurde im Ellen— bogen- und im Handgelenke gebeugt, und der Daumen wurde krampfhaft nach Innen gezogen, die Finger zum Theil über ihm geſchloſſen. Bei aͤhnlicher Behandlung der Haut des Beines wurde daſſelbe in die Hohe gezogen; durch Kitzeln der Fußſohle mit einer Feder erfolgten die merkwuͤrdigſten Bewegungen: der Schenkel wurde mit größter Kraft ange: zogen; die Muskeln der Zehen bewegten ſich krampfhaft und zugleich gerieth der paralyſirte Arm in cenvulſiviſche Bewe— gung. Die nicht gelähmte Koͤrperflaͤche wurde bisweilen durch Convulſionen heftig dewegt, waͤhrend die gelaͤhmte Seite in vollkemmenſter Ruhe blieb. Dieſe Convulſionen beſchraͤnkten ſich alsdann auf die Koͤrpertheile, uͤber welche En das Gehirn noch Gewalt hatte. Sie traten oft von ſelbſt ein, wurden aber auch bisweilen durch Reizung irgend eines Theiles der Oberflaͤche erregt. So waren diejenigen Erre— gungsmittel, welche Reflexactionen in den paralytiſchen Glie— dern hervorbrachten, die Veranlaſſung zu Convulſionen der entſprechenden Muskeln der andern Seite; niemals aber zeigte ſich eine krampfhafte Bewegung auf der paralytiſchen Seite, außer wenn ein Reiz in Anwendung gebracht wurde. Bisweilen, wenn das Kind ſchlummerte, trat plötzlich ein Anfall von Convu ſionen ein, welcher nur die linke Koͤrper— bälfte betraf; auch zeigten ſich auf dieſer Seite Zuckungen des Mundwinkels und der Augenlider, wovon in der rech— ten Geſichtshaͤlfte nichts zu bemerken war. Die Functionen des Schluckens, des Athmens und die Action der Sphincteren, ſo wie der austreibenden Muskeln war nicht beeinträchtigt. Am 24ften. Alle Zeichen von Stupor waren verſchwun⸗ den; das Kind war lebendiger und klug; eine Veraͤnderung in der Beſchaffenheit der Gliedmaßen war nicht zu bemer— ken; ſie konnten zu Contractionen erregt werden, waͤhrend der Wille ohne allen Einfluß war. Dem Kinde wurde ein Apfel angeboten, wenn es denſelben mit der gelaͤhmten Hand faſſen wolle; aber es wurde kein Finger bewegt, obwohl große Luſt dazu vorhanden war, wie ſich dadurch zeigte, daß das Kind den Apfel mit großer Begierde faßte, als er der andern Hand dargeboten wurde. Die Mutter, welche oft vergeblich eine Bewegung der Extremitaͤten zu veranlaſſen geſucht hatte, wurde durch die Wirkung des Kitzelns, Knei— fens ꝛc. ſehr uͤberraſcht und ſagte: „Alſo fie kann ſich doch bewegen.“ Im Schlafe wurde die nicht gelaͤhmte Koͤrper— haͤlfte ſtark durch Convulſionen bewegt, ohne daß die Ruhe dadurch geſtoͤrt worden waͤre. Das Eintauchen der Hand oder des Fußes in kaltes Waſſer zeigte ſich als ein ſehr wirkſames Mittel zur Erregung unwillkuͤrlicher Bewegung, und es war zugleich intereſſant und ruͤhrend, daß, obwohl das Kind ſich uͤber das Verfahren beklagte, es doch nie ei— nen Verſuch machte, die Hand zurückzuziehen, während in dem Momente der Eintauchung ſtarke Contractionen ohne Ausnahme eintraten. Am 26ſten. In der vergangenen Nacht hatten die Convulſionen der linken Seite aufgehoͤrt; ſie konnten auch nicht durch Kneifen der Oberflaͤche veranlaßt werden. Die einzige noch bemerkliche krampfhafte Bewegung beſchraͤnkte ſich auf die Geſichtsmuskeln. Ich machte einige Beobach— tungen uͤber die relative Kraft der Hitze und Kaͤlte, zur Er— regung der convulſiviſchen Bewegungen; dabei ſchien es, daß die Temperatur, welche ſich von der Temperatur des Koͤr— pertheils am meiſten entfernt, die groͤßte Wirkſamkeit habe. Ein ſehr hoher Grad von Hitze veranlaßte ſtaͤrkere Bewegungen, als durch das Eintauchen in kaltes Waſſer hervorgebracht werden konnten. Ich hielt die Hand in Waſſer von 90 — 120 und 1400 F. Im erſten Falle folgte keine Contrac— tion, auch nicht die leichteſte; im zweiten Falle trat heftige, unwillkuͤrliche Bewegung des Beines und Armes ein; in dem dritten Falle waren die Bewegungen noch ſtaͤrker. Der Fuß wurde krampfhakt bewegt bei'm Eintauchen der Hand 28 und umgekehrt. Beſpritzen des Geſichts und des thorax veranlaßte jedesmal eine kraͤftige Inſpiration, welche auf bei— den Seiten mit gleicher Energie ausgefuͤhrt wurde, wobei auch der Naſenfluͤgel der gelaͤhmten Seite ebenfo wie der der andern Seite afficirt wurde. Daſſelbe ſah man, wenn durch Schnupftabak oder Salmiakgeiſt Nieſen veranlaßt wurde. Die Geſichtsmuskeln, ihres Gehirneinfluſſes beraubt, konnten durch alle die Urſachen in Bewegung gebracht wer— den, welche die Reſpirationsmuskeln in Thaͤtigkeit bringen bei'm Seufzen, Nieſen, tiefen Athmen ꝛc. Am 28ſten. Die Convulſionen waren nicht mehr ein— getreten, und der Willens einfluß auf die untern Extremitaͤ— ten ſtellte ſich wieder her. Es waren mehrere Bewegungen willkuͤrlich ausgefuͤhrt worden, und der Fuß wurde bei'm Ge— hen gebraucht; der Willenseinfluß war indeß weit geringer, als der, welcher auf dem andern Fuß ausgeuͤbt wurde, und die krampfhaften Actionen konnten durch Reize herbeigefuͤhrt werden, welche dieß bei dem gefunden Gliede nicht im Stans de waren. Der Zuſtand der Geſichtszuͤge war gebeſſert, denn bei'm Sprechen bemerkte man einige Beweglichkeit darin; auch floß das Getraͤnk nicht mehr durch den Mundwinkel ab. Der Arm der rechten Seite war indeß nicht mehr dem Willen unterworfen, als zuvor. Um die verhaͤltnißmaͤßige Wirkung der Kaͤlte auf die gelaͤhmte und die geſunde Hand zu pruͤfen, ſteckte ich die erſte in kaltes Waſſer, wodurch ſogleich, wie zuvor, krampfhafte Bewegung eintrat; das Eintauchen der geſunden Hand geſchah ohne Erregung ir— gend einer Muskelaction. Am 2. December. Der Willenseinfluß auf die untere Extremitaͤt hat ſich vermehrt; der Arm iſt demſelben aber noch eben ſo vollkommen entzogen, wie fruͤher. Sagt man dem Kinde, es ſolle den Fuß bewegen, ſo thut es dieß mit ſichtbarem Vergnuͤgen; fordert man es auf, die Hand aus— zuſtrecken, ſo hebt es dieſelbe wohl mit der andern Hand, um anzudeuten, daß es ſie auf andere Weiſe nicht bewegen koͤnne. Aber das, was der Willenseinfluß nicht vermochte, wurde durch Gemuͤthsaufregung bewirkt. Durch Leidenſchaft werden Contractionen veranlaßt, welche offenbar unwillkuͤrlicher Art ſind. Als ich, z. B., dem Kinde die Bruſt entbloͤßte und meine Hand in kaltes Waſſer tauchte, um damit die Haut zu beſpritzen, ſo ſchrie das Kind, welches meine Ab— ſicht errieth, heftig, und es erfolgten convulſiviſche Bewe— gungen des Armes, aͤhnlich denen, welche ich zuvor durch Kitzeln und Kaͤlte veranlaßt hatte. Nicht ein Tropfen Waſ— ſer hatte das Kind beruͤhrt; als ich aber ein Wenig in das Geſicht ſpritzte, wurden die Bewegungen noch heftiger, und die Convulſion der paralytiſchen Seite erreichte den hoͤchſten Grad. Sobald die Ruhe wiederhergeſtellt war, tauchte ich meine Hand wiederum in's Waſſer und hob ſie in die Hoͤhe, als wenn ich das Kind beſpritzen wollte; dabei ſchrie das Kind noch heftiger, und die Bewegungen des Armes waren ſo ſtark, daß die Hand die Schulter beruͤhrte, und es ſchien, als wenn die Energie der Bewegungen die Heftigkeit der Aufregung beweiſe. Der Fuß, in welchem der Willens— einfluß nur theilweile wiederhergeſtellt war, wurde ebenfalls krampfhaft bewegt; die geſunde Koͤrperhaͤffte nahm an die— 29 fon convulſiviſchen Bewegungen nicht Theil, ſelbſt wenn die— ſelben den hoͤchſten Grad errichten. Seitdem habe ich das Kind nicht mehr geſehen, habe aber gehoͤrt, daß es uͤbrigens geſund ſey, jedoch nicht die volle Kraft in dem afficirten Arme wiedererlangt habe. Die Behandlung beſtand in Blutentziehungen, Abfuͤhrmitteln ꝛc. und iſt nicht weiter mitgetheilt worden, weil der Fall mehr ein phyſiologiſches Intereſſe bietet. (The Lancet, 25. July 1840.) Ueber die Scleroticotomie. Von Herrn Pi Die Scleroticotomie, welche Wundaͤrzten vorgeſchlagen war, iſt am haͤufigſten von Quadri in Neapel ausgefuͤhrt worden. Herr Pirondi ſtellt ſie fuͤr den Fall, daß uͤberhaupt die Extraction indi— cirt waͤre, uͤber die Keratotomie, welcher derſelbe folgende Vorwuͤrfe macht: 1. die Beweglichkeit des Auges und bis— weilen die Haͤrte der Hornhaut ſetzen ſelbſt den geſchickteſten Operateur einer Verletzung der iris aus; 2. der Druck der Linſe gegen die, trotz der Anwendung der Belladonna, nicht immer erweiterte iris, loͤſ't dieſe Haut in mehr oder minder großer Ausdehnung von ihrem Umfange ab; 3. die Hornhautnarbe, welche zwar, in der Regel, ſchmal iſt, kann doch bisweilen ſo breit werden, daß ſie ſtoͤrt; 4. die groͤßte Geſchicklichkeit kann einigen Verluſt an Augenfeuchtigkeiten nicht verm⸗iden; wenn nun auch die Reproduction derſelben nicht beſtritten wird, ſo iſt es (nach Hrn. Pirondi) doch ſicher, daß bei den Operationen mit gluͤcklichem Ausgange eine geringere Menge Augenfluͤſſigkeit verloren ging, als bei den ungluͤcklichen Fällen; 5. ſelten kann man ſich bei der Keratotomie auf ein Inſtrument beſchraͤnken; bisweilen muß man zweimal den Eingriff wiederholen, um die Hornhaut— wunde zu vergroͤßern, ein Umſtand, welcher bei einem ſo zarten Organe nicht gleichguͤltig iſt; wenn man aber gleich eine große Oeffnung macht, ſo verliert man zu viel Augen— fluͤſſigkeit; 6. endlich bleibt bei der Keratotomie die Capſel entweder ganz oder theilweiſe zuruͤck und bildet einen Cap— ſelnachſtaar, was bei der Scleroticotomie nicht vorkommen koͤnne, wobei die Capſel mit der Linſe entfernt werde. Von dieſen ſechs Eipwuͤrfen fol nur der 4. und 5. auch gegen die Scleroticotomie anzuwenden ſeyn. Man kann alsdann dazu noch die Gefahr einer Verletzung der langen Ciliararterie hinzurechnen. Da man dieſe Verletzung aber bei den Depreſſionen zu vermeiden weiß, ſo iſt auch bei der Scleroticotomie nur dieſelbe Regel zu beobachten, die sclerotica nicht anders, als unter der horizontalen Theilungslinie des Auges zu oͤffnen. Wollte man der Scleroticotomie noch den Vorwurf machen, daß eine Extrac⸗ tion der Linſe bei großer Erweichung derſelben nicht aus— führbar fen, fo gilt dieſer Einwurf bekanntlich auch für den Hornhautſchnitt und ſogar fuͤr dieſen in hoͤherem Maaße, weil man bei der Scleroticotomie die Weichheit der Linſe waͤhrend der Operation erkennt und alsdann, ohne die sele- rotica- Wunde zu vergrößern, die Depreſſion machen kann. r bereits von mehreren 80 Das Inſtrument des Hrn. Pirondi beſteht in einem verkleinerten einfachen Lithotome cache, welches an ſei— nem freien Ende ſich mit einer kleinen Qucerplatte endigt, welche beweglich auf der Scheide des Lithotoms angebracht iſt. Die Klinge des Lithotoms bewegt ſich, wie gewoͤhn— lich, mittelſt eines Hebels am Griffe; mittelſt eines andern Mechanismus bewegt man das kleine Meſſer, welches auf dem vordern Ende des Inſtrumentes in der Queere auf— ſitzt. Vermittelſt der Bewegung dieſer Klinge ſollen Cry— ſtalllinſe und Capſel durchbohrt, angehakt und aus dem Auge herausbefoͤrdert werden. Erſter Operations act. Das Auge wird wie zur Depreſſion vorbereitet. Der Wundarzt haͤlt das Inſtru— ment mit den drei erſten Fingern der rechten Hand und ſetzt die Spitze perpendiculaͤr auf die sclerotica auf, wäh: rend die Hauptaxe des Inſtrumentes der Koͤrperaxe parallel iſt. Man durchbohrt die sclerotica an der Stelle, welche auch fuͤr den Einſtich bei der Depreſſion gewaͤhlt wird. Zweiter Operationsact. Der Wundarzt fuͤhrt das Inſtrument wie bei der Depreſſion, ſo daß die Spitze deſſelben zwiſchen iris und Linſencapſel zu liegen koͤmmt. Dritter Operationsact. Die Spitze wird gegen die Linſe gerichtet und dieſe wird durchbohrt und angehakt, worauf mittelſt eines Federdruckes die Spitze und mit ihr Linſe und Linſencapſel gedeckt wird. Vierter Operationsact. Durch leichte Tractio— nen wird die Linſe von dem Glaskoͤrper und Ciliarkoͤrper abgelöft und gegen die sclerotica-Wunde hingezogen, welche alsdann erſt durch das hinreichend geöffnete Lithotom vergroͤßert wird. Faͤnde man bei'm dritten Operationsacte die Linſe ſehr weich, ſo kann man ſie ſogleich in ihrer Lage mit der Spitze des Inſtrumentes zerſtuͤckeln und daſſelbe ungeoͤffnet wieder zuruͤckziehen, oder man führt das Inſtrument gleich wieder heraus, um auf ihrem Wege eine gewoͤhnliche Nadel ein— zufuͤhren. Der Vorſchlag des Herrn Pirondi ſcheint noch nicht zur Ausfuͤhrung gebracht worden zu ſeyn. (Aus dem Me— moriale della medieina contemporanea in der Gaz. med. Nr. 34.) Eine eigenthümliche Form des aneurysma (Hierzu die Figur 1. der mit voriger Nr. ausgegebenen Tafel). ift das von Laennec an der aorta zuerſt beobachtete aneu— rysme disséquante, wobei die Zellgewebshaut nicht in Form eines Sackes ausgedehnt iſt, ſondern durch das Blut eine groͤßere Strecke hin von der mittleren Haut abgeloͤſ't wird, bis fie zuletzt einen kreisfoͤrmigen Sack darſtellt. Guthrie beobachtete einen ſolchen Sack in der Umgebung der aorta 6 Zoll lang, welcher mit der Höhle des Gefaͤßes durch eine Zoll lange Queerſpalte communicirte. In ei⸗ nem andern Falle, welchen er beobachtete, nahm dieſe Form des aneurysma die auffteigende aorta, den Bogen derſel⸗ ben und 2 Zoll von der abſteigenden aoxta ein. Shekelton ſah zwei merkwürdige Beiſpiele davon, wobei ſich zwiſchen 2 81 der aͤußern und mittleren Arterienhaut eine Art von Gollız teralcanal gebildet hatte, welcher an ſei ſem Ende wiederum mit dem G faͤße communicirte. Aehnliche File ſah Mor— aagni (Ep. 58. Nr. 13.), Nicholls und M'Lacklin. In dem American Journal Nr. 45 findet ſich der Fall von einer 75jihrigen Frau, welche an Dyspnde mit hefti— gem Herzanſchlage gelitten hatte. Die aorta ſchien be trachtlich erweitert; als fie aber turchfchnitten wurde, bes ſtand fie aus zwei Canaͤlen und hatte auf dem Durch— ſchnitte das merkwuͤrdige Ausſehen beiſtehender Figur. Die aorta war von einem andern, viel weitern Gefaͤße faſt ganz umgeben, welches von dem sinus Valsalvae begann, bis zu der Theilung der iliacae reichte und dort in einen Blindſack endete. Beide Hoͤhlen communicirten durch eine Zoll lange Spalte in der innern und mittlern Arterienhaut nahe uͤber den Semilunarklappen. Ein aͤhnliches Praͤparat fand ſich vor Kurzem in dem St. Marylebone infirma- ry bei einem 60 jährigen Manne, welcher an dilatatio cordis und chroniſcher bronchitis gelitten hatte und plotz— lich geſtorben war. Es fand ſich eine ſternfoͤrmige Zerrei— ßung der innern und mittleren Haut der Arterie gerade uͤber den Semilunarklappen, und von dieſem Puncte war das Blut einen Fuß weit zwiſchen den Arterienhaͤuten weiter gedrungen. (London med. Gaz., Apr. 1840.) Mise en. Von der Erfhütterung des Nervenſyſtems bei Entbindungen, wovon in Nr. 319 in einem Aufſatze von Dr. Churchill die Rede war, ſind dem Dr. Kelſo unter 1000 Entbindungen zwei Fälle vorgekommen. Nach ſchweren Entbin« dungen ſtellt ſich 20 — 30 Minuten nach der Geburt des Kin— des und 5 — 10 Minuten nach Ausſcheidung der Nachgeburt ein Gefuͤhl von Unbehagen in der Herzgrube, von Schwindel und Angſt, eine gewiſſe Unruhe mit beſchleunigtem weichen, aber ziemlich vollen Pulſe ein; dabei Stirnſchmerz und leichte Truͤbung des Bewußtſeyns. Nach dieſen Vorlaͤufern, die auch fehlen koͤn— nen, koͤmmt nun plotzlich hyſteriſche Fuͤhlloſigkeit oder stupor; die Augen bleiben offen, die oberen Augenlider haͤngen ſchlaff uͤber die Augen herab; die Reſpiration iſt unmerklich; die Herzthaͤtigkeit ſchwach; der Puls klein, leicht zuſammendruͤckbar, kaum zu fuͤhlen; das Be— wußtſeyn mangelt; das Geſicht iſt ausdruckslos; die Lippen blaß; die Extremitaͤten ſind kalt, ſchwach, leblos; aus dieſem Zuſtande iſt die Frau, jedoch nur voruͤbergehend, durch Kneifen, lautes Anreden, 62 kaltes Anſprizen und durch Riechmittel zu erwecken. E; iſt ein leicht cataleptiſcher Zuſtand, welcher drei bis vier Stunden anhält und aus einer Rise den Parexysmen beſteht, die allmatig immer kurzer werden. De Remiſſionen zwiſchen den Parexysmen ſind nie vollſtaͤndig; doh kehrt das Bewußtſeyn in unvollkommenem Grade zuruck, das Ausſehen wird belebter. Die vorher ſeufzende R.ipiration wird freier; der Puls etwas beſchleunigt. Während der Anfälle allein wendet man Riizmittel an; obwohl aber die Zu⸗ fälle nach einigen Stunden allmälia nachlaſſen, fo darf man doch force Fälle nicht ſich ſelbſt uͤberlaſſen. Erholt ſich die Frau, fo weiß ſie von dem ganzen Vorgange nichts, wundert ſich, daß man fo ängſt'ich um ſie beſchaͤftigt iſt und klagt meiſtens über trockene Lippen und etwas Fieber, ohne Zweifel in Folge der vorher ange— wendeten Reizmittel. Die Urſache liegt weniger in der unmittelba— ren Erſchoͤpfung, als in einer nervoͤſen Anlage; denn die Kranken ſind bei mehreren nacheinanderkolgenden Entbindungen denſelben Zufällen unterworfen. Zur Diagnofe iſt beſonders die Unterſchei⸗ dung von Verblutung und von einfacher Ohnmacht nothwendig, in— deß nicht ſehr ſchwierig. Was die Behandlung betrifft, ſo iſt der ruͤckſichtsloſe Gebrauch der Reizmittel, namentlich des Branntweins und Weins, nur noch zu ſehr in Gebrauch. Dieß iſt tadelnswerth und gefaͤhrlich, wiewohl bei Verblutungen dieß die beſten, maͤchtig— ſten Mittel find. Man wechſelt mit ihnen ab, indem man bisweilen aromatiſche, toniſch excitirende Mittel giebt. Von großem Nutzen iſt es, die Aufmerkſamkeit der Kranken während der Remiſſionen ſo viel als moͤglich lebendig zu erhalten, um die Kette der Stoͤrun— gen des Bewußtſeyns und der uͤbrigen Functionen moͤglichſt zu une terbrechen. In Bezug auf das Opium und die Opiumtinctur iſt aus der Erfahrung weniger zu ſagen, wiewohl hier, wie bei an— dern Nervenkrankheiten, davon mehr Schaden als Nutzen zu er— warten ſeyn moͤchte. (Dieſe letzte Behauptung widerſpricht nicht allein den Angaben von Churchill, ſondern auch wohl den alls gemeinen Erfahrungen.) (Lancet, March 1840.) Die Behandlung des Carbunkels befteht, nach Bur jalsky, am beſten bloß aus einem Umſchlage aus Brod und kal— tem Goulard' ſchen Waſſer, welches ununterbrochen bis zum Aufbruche des Carbunkels alle 4 — 6 Stunden gewechſelt wird. Nach dem Aufbruche wird bei jedesmatigem Wechſel des Umſchlags der Eiter ausgedruͤckt, das abgeſtorbene Zellgewebe mit einer Pins cette hervorgezogen und mit der Scheere abgeſchnitten. Iſt alle entzuͤndliche Geſchwulſt beſeitigt, ſo verbindet man mit Bleicerat. Einſchnitte des Furunkels ſind zu verwerfen; die Hauptſache iſt die allgemeine Behandlung nach dem Character der Krankheit. Ueber den Gebrauch der Alos bei Thieren ſagt Hr. Morton in ſeiner Veterinaͤrpharmacie, daß der Darmcanal des Hundes ſich eigenthuͤmlich zeige, indem ein Menſch ſehr wohl ſo viel Calomel nehmen koͤnne, als zur Toͤdtung zweier großer Hunde zureiche; waͤhrend im Gegentheile ein Hund fo viel Alos zu nehe men im Stande ſey, als hinreichend ſeyn würde, zwei erwachſene Menſchen zu toͤdten. Bei dem kleinſten Hunde ſey 4 Drachme ſelten zu viel; doch ſey es beſſer, mit 15 — 20 Gran zu beginnen. Bibliographische Goethe's Theory of Colours. Translated from the German; and edited, with Notes, by Charl. Locke Eastlake, London 1840. 12. M. K. Voyage botanique dans le midi de “Espagne pendant l'année 1837. Par Edmond Bossier, membre de la société de physique et d'histoire naturelle de Geneve. 1. Livraison. Paris 1839. 4. (Der Text: Premiere partie führt den Titel: Narrative et Te weh e ine. Geographie botanique, Die Abbildungen neuer Arten find ſchoͤn ausgeführt und illuminirt.) On the Asylum, Infırmary etc, of Montrose. By Dr. R. Poole. London 1840. 8. On the Cure ofSquinting by Operation, By F. Calder. Lon- don 1841. 8. Neue Üotizen a u 8 dee m Gebiete der Nalur - und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober » Medicinalratde Fror er zu Weimar, und dem Mepicinatratbe und Profeffer Froriep zu Berlin, No. 355. (Nr. 3. des XVII. Bandes.) Januar 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr, Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Pang Bericht uͤber eine Reihe von Experimenten an einem Hingerichteten. Am 20. December 1839 wurde in dem Hofe des Ge— fängniffes der Grafſchaft Lancaſter in America Henry Cobler hingerichtet und von der mediciniſchen Facultaͤt in Lancaſter einer Reihe von Experimenten unterworfen, welche in dem American. Journ. of med. and surg. sciences, Aug. 1840, mitgetheilt find. Der Plan zu den Experimenten war lange vorher überlegt, die Apparate forgfältig vorbereis tet, und 22 Aerzte waren in mehrere Comités abgetheilt, wovon jedes mit einer beſondern Reihe von Experimenten beauftragt war. Experimente vor der Hinrichtung. Am 19. December, 11 Uhr Morgens, ſammelte man 16 Unzen ausgeathmete Luft in zwei Phiolen, welche jede 8 Unzen Volumen hatte, und welche ſorgfaͤltig geſchloſſen wur: den. Die Analyſe wurde, wie wir ſehen werden, nach der Hinrichtung angeſtellt. Tags zuvor und am Tage der Hinrichtung ſelbſt war Cobler geſund; er beklagte ſich nur uͤber einen leichten Kopfſchmerz und hatte eine etwas weiße Zunge. Tags zus vor ſchlug der Puls bei ſitzender Stellung 80, nachdem Cobler ſich plöglic hatte erheben muͤſſen, 117 Mal; er war uͤbrigens vollkommen normal. Am Tage der Hinrich— tung war der Puls 80 im Zuſtande der Ruhe und 90 bei'm Huſten. Am Tage vor der Hinrichtung waren die Herzpulfatios nen in der ganzen Praͤcordialgegend zu hoͤren; der Anſchlag war ſchwach, aber deutlich, der Rhythmus normal; die Re— ſpiration im Zuſtande der Ruhe 21 in der Minute; am Tage der Hinrichtung ſelbſt war der Herzanſchlag ſchwach und lebhaft, die Reſpiration normal. Verſuche waͤhrend der Hinrichtung. Am 20. Dec, um 2 Uhr 17 Minuten, wurde der Verbrecher aufgehaͤngt. Zwei Vo. 1455. e. oder drei krampfhafte aufeinanderfolgende Anſtrengungen von prosthotonus waren diejenigen Bewegungen des Körpers, welche man beobachtete. Dieſe Bewegungen wurden nur durch die vordern Rumpfmuskeln veranlaßt und veranlaß— ten nur eine leichte undulirende Bewegung des Koͤrpers. Drei Minuten nach der Hinrichtung zeigte ſich noch eine leichte krampfhafte Bewegung, die letzte, welche bemerk— bar war. Im Momente der Hinrichtung betrug die Lufttempera— tur gerade 0° R.; 9 Minuten nachher war die des Koͤr— pers in der Achſelhoͤhle 23°. 3 Minuten nach der Hinrichtung ſchlug der Puls 125 in der Minute L ER em 3 „5 n e — 155 — — — — nicht wahrnehmbar. war der Puls nicht mehr vor— handen an der Handwurzel. Mehrere Beobachter erhielten zu gleicher Zeit vollkom— men dieſelben Reſultate. 4 Minuten nach der Hinrichtung waren die Herzgeraͤuſche dunkel, jedoch rhythmiſch. 2 FEE Feier ieee EEE el 4 - H— — — ſind die Geraͤuſche weniger un⸗ deutlich. 5 = en — find die Herzpulſationen fo haͤu— ſig, daß man ſie nicht zählen kann. 5 — — — — kann man die Herzgeraͤuſche kaum hoͤren. 7 — — — — Herzpulſationen 120 in der Minute. J . n — — 132 — — 11 —— — = — 60 —— — E 3 * 122— — — — kein boͤrbares Geräuſch. 138 — un — — vollkommenes Aufhören jeden Ger raͤuſches. Es hatte eine Ejaculation aus der Harnroͤhre ſtattge— funden, jedoch ohne Erection. 8 35 Experimente nach der Hinrichtung. Nachdem der Koͤrper abgenommen war, wurde er ſo— gleich in ein Zimmer des Gefaͤngniſſes gebracht und auf eine durch Wachs iſolirte Tafel gelegt. Der Knoten des Stran— ges war noch nicht gelöft, und man perforirte 23 Minus ten nach der Hinrichtung die Luftroͤhre; als man den Troi— cart zutuͤckzog, drang die Luft mit Kraft durch die Roͤhre heraus; man erhielt auf dieſe Weiſe ein Volumen von 16 Unzen Luft durch Druck auf die Bruſt. Zwoͤlf Unzen wur— den mit ein wenig Waſſer in zwei Achtunzenflaſchen mit als len nöthigen Vorſichtsmaaßregeln aufbewahrt Wegen einiger unerwarteter Schwierigkeiten gelang die kuͤnſtliche Reſpiration nur unvollkommen. Mit dem Blaſe— balge ließen ſich zwar die Lungen leicht aufblaſen; aber es gelang nicht eben ſo leicht, die Luft aus den Lungen durch Zuſammendruͤcken der Bruſt aus zutreiben. Dieſe Verſuche wurden daher nicht fortgeſetzt. Galvaniſche Experimente der Leichenoͤffnung. Erſtes Experiment. — 475 Minute nach der Hinrichtung wurden beide Pole der Batterie angelegt, der poſitive auf der linken Seite des Halſes, der negative auf der ſiebenten linken Rippe; im Momente der Schließung zeigt ſich in den Muskeln, welche reſpiratoriſche Nerven erz halten, eine fpasmodifche Bewegung. Zweites Experiment. — Nach 48 Minuten blieb der poſitive Pol am Halfe; der negative wurde am epigastrium angebracht, wo man den Strom haͤufig un— terbrach, indem man die Haut mit dem Pole ſchlug; ſo— gleich traten die Bruſtmuskeln in eine heftige Action, und es ſtellte ſich die Reſpiration mit den deutlichen Geraͤuſchen der Inſpiration und den entſprechenden Lippenbewegungen ein, indem ſich die letztern regelmaͤßig oͤffneten und ſchloſſen. Drittes Experiment. — Der poſitive Pol blieb am Halſe liegen; der negative wurde laͤngs der linea alba bis zum Schaambogen herabgeruͤckt; jemehr man mit dem Pole tiefer herunterkam, um ſo ſtaͤrker wurden die reſpira— toriſchen Bewegungen, und als der Pol ſich unterhalb des Nabels befand, nahmen ſie eine große Kraft an, beſonders diejenigen der Exſpiration. Alle reſpiratoriſchen Organe nah: men an dieſen Bewegungen Theil, und die Luft trat in den Lungen regelmaͤßig ein und aus. Nach Schließung des Mundes wurde ein Licht vor die Naſe gehalten, wobei deſ— ſen Flamme mit Kraft auf die Seite geblaſen wurde. Die— ſes Experiment wurde 5 Mal wiederholt; ſo lange der poſi— tive Pol oberhalb des Nabels war, wurde die Lichtflamme nicht ausgeblaſen; dieß war aber der Fall, ſobald der nega— tive Pol unter den Nabel herabgeruͤckt wurde. Die Inſpi— rationen und Exſpirationen erfolgten regelmaͤßig, und die Lichtflamme wurde heftig bewegt, ſelbſt in dem Maaße, daß die Haare im Innern der Naſenoͤffnung verbrannten. Viertes Experiment. — 57 Minuten nach der Hinrichtung wurde der pofitive Pol an das obere Dritttheil des linken Schenkels angelegt; die Erſcheinungen blieben die— ſelben, wie bei dem vorigen Experimente, ja ſie waren ruͤck— ſichtlich der Exſpiration noch kraͤftiger. Ruͤckt man den Pol 86 noch tiefer herab, fo contrahiren ſich die Reſpirationsmus— keln nicht mehr mit derſelben Regelmaͤßigkeit. Fuͤnftes Experiment — Der poſitive Pol wurde auf die rechte Seite des Halſes und der negative auf die Bauchflaͤche gelegt, und es folgten kraͤftige Contractionen der Geſichtsmuskeln und des pectoralis magnus. Sechstes Experiment. — Der poſitive Pol wurde auf der linken Seite des Halſes, der negative auf der linken regio iliaca angelegt; hierauf traten die Muskeln des linken Schenkels in Contraction; legte man den negativen Pol auf die rechte regio iliaca, fo contra= hirten ſich die Muskeln des rechten Schenkels. Siebentes Experiment. — Eine Stunde und 9 Minuten nach der Hinrichtung wurde der negative Pol auf der Hüfte angelegt und längs des n. ischiadicus her— abgefuͤhrt; ſogleich contrahiren ſich die Muskeln und bewe— gen den Schenkel kraͤftig nach Außen. Waͤhrend man den negativen Pol an die innere Seite des Schenkels anlegt, zeigen ſich einige leichte Bewegungen in den Adductoren. Achtes Experiment. — Der negative Pol wird an das linke Knie angelegt, worauf ſich die Muskeln der Vorderſeite des Unterſchenkels contrahiren. Neuntes Experiment. — Eine Stunde 20 Minuten nach der Hinrichtung bringt man den poſitiven Pol an der Stirn uͤber dem Supraorbital-Nerven an, den negativen uͤber der linken Seite der Bruſt, und ſogleich contrahiren ſich alle Geſichtsmuskeln mit Kraft. Die Mus— kelwinkel ſind nach Oben gezogen; die geſchloſſenen Augen— lider zittern, und der Occipitofrontalmuskel bewegt die Kopf: haut. Bei allen dieſen Geſichtsbewegungen iſt aber keine Spur irgend eines Gefuͤhlsausdruckes; es ſind nichts als Verzerrungen und Grimaſſen. Zehntes Experiment. — Der negative Pol wird über verſchiedene Puncte des Armes hingefuͤhrt und veranlaßt die mannichfaltigſten Bewegungen der Hand und des Armes. Reizt man raſch hintereinander die Beuge- und Streckmuskeln der Hand und Finger, ſo erfolgen eine Menge verſchiedener Bewegungen der Hand; bei der Schließung derſelben bleibt das erſte Fingerglied geſtreckt, waͤhrend die beiden letzten Phalangen ſich dagegen beugen. Eilftes Experiment. — Eine Stunde 29 Mi: nuten nach der Hinrichtung wurde der poſitive Pol im Nacken angebracht und der negative laͤngs der Wirbelſaͤule herabgefuͤhrt. Sogleich erfolgen Contractionen der Ruͤcken— muskeln. Als der negative Pol auf die Hinterbacke herab— gefuͤhrt wurde, contrahirten ſich die glutaei mit Kraft und bewegten das Bein nach Außen; als der Pol auf der hin— tern Flaͤche des Schenkels angelegt war, beugte ſich der Unterſchenkel gegen den Oberſchenkel; bei Anlegung auf der Wade erfolgt heftige Contraction der Wademuskeln und Streckung des Fußes. Als der negative Pol auf der Stirn und an andern Stellen des Geſichtes angelegt war, erfolg— ten Actionen ſaͤmmtlicher Kaumuskeln; es erfolgte die Be— wegung des Kauens, und ſelbſt die Lippen werden, wie zum Schmecken, vorwaͤrts bewegt. 37 Galvaniſche Experimente nach der Hinz richtung. Erſtes Experiment. Der pofitive Pol wurde am Urſprunge des vagus und n. sympathicus und der nes gative im epigastrium angelegt; es erfolgten Contractio— nen der Muskeln des Geſichts, des Halſes und der inter— costales. Statt der Platte, welche den negativen Pol bildete, brachte man eine Spitze an und beruͤhrte damit den bloßgelegten und iſolirten vagus; ſogleich entwickelt ſich ein Funke aus dem Nerv mit einer Erſchuͤtterung und raſcher Dampfentwickelung. Zweites Experiment. Der poſitive Pol wurde auf die Stirn, der negative auf das epigastrium ange— legt; man ſieht ſehr leichte Bewegungen in den Muskeln der rechten Geſichtsſeite und energiſche Contractionen in den Maſſeteren. Der Supraorbitalnerv wurde auf der Stirn bloßgelegt, jedoch nicht iſolirt. Man bringt damit den po— fitiven Pol in Beruͤhrung, waͤhrend der negative auf dem epigastrio liegen bleibt; dadurch erhaͤlt man dieſelben Reſultate, wie bei dem vorhergehenden Experimente. Ein Hautlappen wurde an der Stirn abgeloͤſ't und zuruͤckgeſchla— gen und an der innern Flaͤche mit dem pofitiven Pole bes rührt; es erfolgten leichte Geſichtsbewegungen; als der Haut— lappen wieder in feine Lage gebracht uud an der epi- dermis-Flaͤche mit dem pofitiven Pole berührt worden war, zeigten ſich ſtaͤrkere Contractionen. Drittes Experiment. — Man durchſchneidet den vagus auf jeder Seite des Halſes und legt den poſiti— ven Pol auf die Stirn, den negativen auf das epigas- trium; die Reſultate ſind dieſelben, wie vor der Durchſchnei— dung, und ſie bleiben dieſelben auch, wenn der negative Pol längs der linea alba bis zum scrotum herabgefuͤhrt wird. Es ift daffelbe, wenn der negative Pol in eine Spitze auslaͤuft. Viertes Experiment. — Das Ruͤckenmark wird zwiſchen dem dritten und vierten Halswirbel und der ischia- dieus unter dem glutaeo maximo bloßgelegt und mit den Polen in Verbindung gebracht, wobei man aber bemerkt, daß der negative Pol mit den Faſern des Muskels in Be— ruͤhrung kommt. Der ischiadieus wurde daher iſolirt und auf's Neue beruͤhrt. Es folgten dieſelben Contractionen, jedoch weniger kraͤftig. Fuͤnftes Experiment. — Nach Bloßlegung des Herzens legte man den poſitiven Pol in dem Schnitte am Halſe, den negativen auf der aͤußern Flaͤche des pericar- dii an; es erfolgten Bewegungen der Geſichtsmuskeln, die Augen öffnen und ſchließen ſich wiederholt, aber es er: folgt keine Bewegung des Herzens. Daſſelbe Experiment wurde wiederholt, indem man den poſitinen Pol auf der Hautflaͤche des Halſes anlegte; es contrahirten ſich dieſelben Theile, jedoch kraͤftiger; eine Bewegung des Herzens fand aber nicht ſtatt. Sechstes Experiment. — Zwei Stunden 18 Minuten nach der Hinrichtung wurde der poſitive Pol auf der rechten Geſichtsſeite, der negative auf der innern Flaͤche des Herzens angelegt. Der Mund contrahirt ſich, aber das Herz bleibt unbeweglich. 38 Siebentes Experiment. — Man öffnet die v. pulmonalis und bringt den Drabt des negativen Pos les in den rechten Ventrikel, den des poſitiven an die rechte Geſichtsſeite; es zeigt ſich dabei eine wurmfoͤrmige Bewe— gung der Oberflaͤche des rechten Vorhofs; man oͤffnet die aorta, führt den negativen Pol in den linken Ventrikel ein und bemerkt dieſelben Wirkungen. Experimente mit der electriſchen Batterie. Erſtes Experiment. — Zwei Stunden 28 Mi: nuten nach der Hinrichtung wird die innere Kette an der rechten Halsſeite, die aͤußere an der regio iliaca dextra angebracht. Die Muskeln des vordern Theiles des rechten Schenkels contrahiren ſich in dem Momente der Beruͤhrun— gen des Funkens. Zweites Experiment. — Die innere Kette wird mit dem rechten Vorhofe des Herzens, die aͤußere mit der Spitze des Herzens in Beruͤhrung gebracht; es erfolgt durch— aus keine Bewegung. Mehrere Experimente mit electromagnetiſchen Maſchi— nen haben durchaus keinen Erfolg. Leihenöffnung. In dem Momente, als der Koͤr— per von dem Schaffote herbeigebracht und das Geſicht ent— bloͤßt wurde, bemerkte man keine Zuſammenziehung der Zuͤge, kein Zeichen von Geſichtscongeſtion; die Zunge ragte nicht aus dem Munde hervor. Die Section begann 1 Stunde 59 Minuten nach der Hinrichtung; die Leber war ſehr groß und der Sitz einer auffallenden Congeſtion; die concave Oberflaͤche war gleichſam marmorirt. Aehnliche Congeſtion fand ſich in der Milz. Die Daͤrme waren injicirt; der Magen war klein und enthielt 62 Grammen Fluͤſſigkeit und war übrigens normal beſchaffen. Die durch Ejaculation entleerte Fluͤſſigkeit wurde ſogleich unterſucht; ſie enthielt Schleim mit einigen Salzen, jedoch keine Spur von Saa— menthierchen. Das pericardium enthielt ungefähr 8 Gram— men Fluͤſſigkeit; das Herz war normal, ſchlaff und ohne Blut in ſeinen Hoͤhlen. Die Lungen ſchienen normal. In dem Momente, wo man mit dem Troicart die Punction der trachea ausfuͤhrte, drang weder aus der Wunde, noch aus der Roͤhre Blut hervor, ebenſowenig, als man die Lungen mit einem Blaſebalge aufblies; ſobald aber Reſpirationsbewegungen durch Galvanismus hervorge— rufen waren, drang durch die Roͤhre eine große Quantität ſchleimigen Blutes hervor. Sobald der Ruͤckenmarkscanal geoͤffnet war, floſſen etwa 120 Unzen (22) einer ſeroͤſen Fluͤſſigkeit, hierauf eine enorme Quantitaͤt Blut aus. Man fand bei der Unterſuchung der Wirbelsäule we— der Luxation der Halswirbel, noch Zerreißung des lig. transversum, noch Fractur des proc. odontoideus, kurz, es war keine Lageveraͤnderung irgend einer Art vorhanden. Die vor und nach der Hinrichtung aus den Lungen getriebene Luft wurde zweien Chemikern zur Unterfuhung uͤbergeben und lieferte folgende Reſultate, wobei zu bemer— ken iſt, daß der Verbrecher lange Zeit in einem mit Stein— kohlen geheizten Zimmerchen eingeſchloſſen war. 3 * 39 Nro. 1. Nro. 2. — —w— mn, — —— — er. Sauerſtoff 17,81 14945130 Luft vor der einrichtung Stickstoff 59,351 1,932357 ausgeathmet Kohlenſaure 2,609 3.122213 100 100 zn. (Sauerſtoff 2 2 1,05944 Euft nach der Hinrich- ] Stickſto 9,28 92.103542 zung Kohlenſaͤure 7,7 6,82214 100 100 Anmerkung. Daß in den Zahlenangaben Schreib- oder Druck— fehler obwalten, iſt offenbar, aber ſie zu berichtigen iſt unmoͤg— lich: das Intereſſanteſte iſt jedoch wohl die große Quantitat Kohlenſaͤure. — Yen Ueber das Geſetz der Stuͤrme hat Herr Prof. Dove in den Geſammtſitzungen der Academie der Wiſſenſchaften, zu Berlin, eine Vorleſung gehalten, wovon ein Auszug, nach dem fo eben beendigten Auffage von Espy, den Stand der Anſichten in Deutſpland andeuten wird. Ueber die mit ſtarkem Fallen des Barometers verbundenen ſtürmiſchen Bewegungen des Luftkreiſes herrſchen unter den Natur— forſchern vorzugsweiſe zwei Anſichten. Nach der einen, die Bran— des näher erörtert hat, wird durch irgend eine Urſache an einer beſtimmten Stelle der Druck der Atmoſphaͤre auffallend vermindert. Dieſe Verminderung des Druckes nimmt von jener Stelle an nach allen Richtungen in der Weiſe ab, daß, wenn man die Puncte der Erdoberflache, an welchen der Barometerſtand um gleich viel erniedrigt ſich zeigt, durch Linien verbindet, dieſe concentriſch jene Stelle als ihren gemeinſchaftlichen Mittelpunet umgeben Nach dieſer Stelle hin ſtroͤmt die Luft von allen Seiten, um das zer— ſtoͤrte Gleichgewicht wiederherzuſtellen. Der entſtehende Sturm iſt daher centripetal, aber ſeine Richtung an einem beſtimmten Orte nicht beſtandig, ſondern in einer beſtimmten ſtetigen Aufein— anderfolge veränderlich, da jene Stelle des abſoluten barometri— ſchen Minimums geradlinig fortruͤckt. Nach der zweiten Anſicht, welche Hr. Dove im Jahre 1823 aufſtellte, iſt der Sturm hinge, gen ein großer, fortſchreitender Wirbel, welcher das ſtarke Fallen des Barometers erzeugt, nicht aber dadurch hervorgebracht wird. Die Bewegung in dieſem Wirbel iſt auf der nördlichen Erdhälfte in der Richtung S. O. — N W.., auf der füdlichen Hälfte entgegenge— fest. Hr. Redfield, in New-York, welcher, ohne Hrn. Do⸗ ve's Arbeiten zu kennen, durch ſeine Unterſuchungen uͤber die an den Nordamericaniſchen Kuͤſten ſehr haͤufigen Stuͤrme zu denſelben Reſultaten gelangte, hat, durch die Einwuͤrfe des Hrn. Espy, wel: cher Brandes's Anſicht vertheidigt, bewogen, ſeinen fruͤheren Arbeiten einige neue werthvolle Unterſuchungen hinzugefuͤgt. Es ergiebt ſich daraus: 1. die an der innern Graͤnze des Nord-Oſt⸗ Paſſats entſtehenden Stuͤrme bewegen ſich zuerſt, waͤhrend der Wirbel wenig an Breite zunimmt, von S. O. nach N. W. geradli⸗ nig fort; fo wie fie aber, die dußere Gränze der Paſſate über: ſchreitend, in die gemaͤßigte Zone eindringen, Ändert fi ihre Ric): tung fo um, daß fie nun von S. W. nach N. O. fortſchreiten. Dabei vergrößert ſich der Wirbel außerordentlich, indem er ploͤtz— lich ſehr an Breite zunimmt und dadurch an Intenſitaͤt verliert. 2. Auf der ſuͤdlichen Erdhaͤlfte gehen die entgegengeſetzt wirbelnden Stürme zuerſt von N. O. nach S. W., bei ihrem Eintritte in die gemäßigte Zone von N. W. nach S. O., während die Ausbreitung des Wirbels analog erfolgt. Der Grund dieſer Erſcheinung iſt folgender: Wird eine Luftmaſſe vom Arquator aus nach Norden hin in Bewegung geſetzt, fo würde fie, wenn der Raum vor ihr leer wäre, ſich nach Oſten hin bewegen, weil fie von größeren Parallelkreiſen nach kleinern gelangt. Trifft fie aber auf unbe: wegte Luft, fo werden die oͤſtlichen Theile jener Luftmaſſe überall mit Lufttheilchen von geringerer Rotationsgeſchwindigkeit in Beruͤh— rung kommen, alſo ihre Bewegung, nach Oſten hin, vermindert, werden. Die weſtlichen Theile der Luftmaſſe dagegen haben oſt— wärts neben ſich Theile mit urſpruͤnglich gleicher Rotationsge— ſchwindigkeit; ſie bewegen ſich alſo wie im leeren Raume, d. h., 40 nach N. O. hin. Die Richtung dieſes Sturmes wird daher auf der Oſtſeite deſſelben viel mehr Sud ſeyn, als auf der Weſtſeite, wo ſie mehr Weſt iſt, und es wird daher eine Tendenz zu einem Wir— bel im Sinne S. O. — N. W. entſtehen, die nicht vorhanden ſeyn wuͤrde, wenn in dem Raume, den die Luftmaſſe durchzieht, keine widerſtrebende Maſſe ſich befaͤnde, und der Sturm wird alſo um ſo ſtaͤrker wirbeln, je unveraͤnderter er die urſpruͤngliche Richtung ſeines Laufs beibehaͤlt. Da aber in der Paſſatzone der Raum mit Luft erfullt iſt, die von N. O. nach S. W. fließt, der Widerſtand alſo hier am größten iſt, fo koͤnnen die dftlichen Theile der Luft— maſſe in ihrer Tendenz nach Weſten ſo gehemmt werden, daß ſie ihre Richtung nach Norden unveraͤndert beibehalten, waͤhrend die weſtlichen nach Norden hinſtreben Der Sturm wird daher inner— halb der Paſſatzone am heftigſten wirbeln und daher die furcht⸗ barſten Zerſtoͤrungen anrichten, aber geradlinig mit unveraͤnderter Breite fortgehen. Tritt er jedoch in die gemäßigte Zone ein, fo trifft er dort auf Luft, die ſich bereits von S. W. nach N O. bes wegt; der Widerſtand, den die oͤſtlichen Theilchen der Luftmaſſe fanden, wird alſo ploͤtzlich bedeutend vermindert, oder ganz aufge— hoben, d. h., die S W.-Richtung veraͤndert ſich nun ſchnell in eine N. O. Richtung ; der Sturm biegt alſo plotzlich faſt rechtwink⸗ lich um, während er an Breite ſchnell zunimmt. Auf der ſuͤdli⸗ chen Halbkugel ſind natuͤrlich die Erſcheinungen ganz dieſelben, nur rotirt der Wirbel in entgegengeſetztem Sinne In der gemäßigten Zone, wo die Windsrichtung eine veraͤnderliche iſt, konnen jene Erſcheinungen nur eintreten, wenn S. W-Winde vorherrſchen In der Gegend der Mouſſons werden ſolche vom Aequator nach N. wehende Stürme vorzugsweiſe während des N. O. Mouffon und am Ende deſſelben, nicht aber während des S. W.-Mouſſon zu Wirbelbewegungen Anlaß geben. Die Urſache, warum in der Paſ— ſatzone der erſte Impuls, in der Regel, von S. O. nach N. W. ge⸗ richtet iſt, erklaͤrt ſich wohl daraus, daß dieſe Richtung, als ſenk— recht auf der des Paſſats, zur Erzeugung einer Wirbelbewegung am geeignetſten iſt. Wenn die in Bewegung geſetzte Luftmaſſe fo hoch iſt, daß ſie aus dem untern Paſſate in den oberen eingreift, ſo wird der obere Theil des Wirbels ſich ſogleich ſtaͤrker ausbrei— ten, als der untere, und dadurch ein Saugen entſtehen, als deſſen Folge die ſtarke Verminderung des atmoſphaͤriſchen Druckes im Centrum des Sturms, ſelbſt fo lange er in der Paſſatzone fortz ſchreitet, anzuſehen iſt. Die Geſchwindigkeit, mit welcher der Strom in hoͤhere Breiten gelangt, erklaͤrt außerdem die hohe Tem— peratur, mit der er daſelbſt ankommt. Durch die Reibung, welche der fortſchreitende, rotirende Luftcylinder fortwährend am Boden erleidet, erhält er eine vorgeneigte Lnge, und der wirbelnde Sturm wird daher in der Hoͤhe fruher eintreten, als in der Tiefe. Das Barometer faͤllt daher bereits vor dem Ausbruche des Sturmes und dient dem Seefahrer als Warnungszeichen. Da bei der ſchie⸗ fen Neigung der Rotationsare des Cylinders ſich beftändig untere wärmere Luftſchichten mit den obern kaͤltern miſchen, ſo wird der Orcan mit heftigem Niederſchlage verbunden ſeyn, aus der Wolke an beſtimmten Stellen herabzuſtuͤrzen ſcheinen und mithin die Form annehmen, welche die Griechen Ecnephias nannten. Die aus jes ner Vermiſchung entſtehende, plotzlich am vorher ungetrübten Him— mel ſich zeigende Wolke, in heftiger Drehung begriffen, und ſtets aus ſich ſelbſt herauswachſend, mag derjenige Vorbote eines Stur— mes ſeyn, der in der Region der Windſtillen den Seeleuten unter dem Namen des Ochſenauges bekannt iſt. Aus dem Vorſtehenden ergiebt ſich nun auch, warum jener furchtbaren Aufregung der Elemente in den tropifchen Gegenden die ungetruͤbte Heiterkeit des Paſſates unmittelbar folgt, warum der am heftigſten wuͤthende Sturm nacheinander aus gerade entgegengeſetzten Richtungen weht (den geaenüberftehenden Tangenten eines Kreiſes), und warum eine Todtenſtille jenen entſetzlichen Momenten folgt. Die hier gegebene mechaniſche Erklärung gilt natürlich nur für größere Wirbelſtuͤrme, nicht fuͤr kleinere Wirbel, Waſſerhoſen u. ſ. w., deren Rotation daher im entgegengeſetzten Sinne ftattfinden kann. Auch ſind hier nur die allgemeinen Bedingungen betrachtet, nicht Modiſicationen, welche dann eintreten muͤſſen, wenn der Sturm nacheinander mit verſchiedenen Winden in Berührung kommt, und es ſoll keines wegs behauptet werden, daß alle Wirbelſtuͤrme auf dieſe Weife 41 entſtehen, da das Zuſammentreffen entgegengeſetzter Luftſtroͤme an der Berührungsgränge derſelben fie ebenfalls erzeugen kann und in einzelnen Faͤllen auch wohl die bedingende Urſache iſt. So wie aber einerſeits unmittelbar aus dem Verhalten der Windfahne auf der N. W. ⸗Seite eines S. W.⸗ Sturmes folgt, daß ſolche Abwei⸗ chungen vom Drehungsgeſetze in der Natur der Sache begruͤn— det und alſo Anzeichen eines bedeutend geftörten Gleichgewichts der Atmoſphaͤre find, fo kann andererſeits die Zurüdführung der Paſſate, des Drehungsgeſetzes und der wirbelnden Bewegung der Stürme auf die Rotation der Erde als bedingende Urſache, als em⸗ piriſcher Beweis derſelben angeſehen werden. Wie aber das zerſtoͤrte Gleichgewicht ſich wiederherſtellt, ob durch Zuſtroͤmen nach dem Centrum des verminderten Druckes, iſt eine andere Frage. Das find ſecundaͤre Erſcheinungen, welche mit den primären nicht in eine Kategorie zu bringen ſind, ſondern eine beſondere Betrachtung erfordern.“ ae ar Miscellen. Eine Myſtification in der Naturkunde verſucht das Journal de la Haye, No. 15. vom 17. Jan 1841, indem es un: ter der Rubrik „Merkwuͤrdige Entdeckung“, und angeblich auf ein „Journal scientifique et literaire de St. Petersbourg“ ſich ftügend, erzählt, daß und wie ein Herr „Nidjnei Nitigoiwosno— ſenk“, unter „unerhoͤrten Anſtrengungen und Noͤthen“ auf der 42 „Fregatte Catharine II.“ bis zum „Lande der Samojeden“, und mittelſt eines coloſſalen von Hunden gezogenen Schlittens, ganz in die Nähe des Nordpols und von dieſem „furchtbaren Ende der Erdkugel“ zuruck nach St. Petersburg gelangt ſey. Die phyſicaliſchen Angaben ſind ſo, daß man glauben moͤchte, der Berichterſtatter habe ein Gegenftück zu dem Berichte über die angeblich von Herſchel beobachteten Mondmenſchen liefern wollen; die Aus⸗ führung erinnert aber mehr an die Reiſen des Herrn v. Muͤnch⸗ auſen! ö Ein Asrolithen⸗Fall hat am 17. Juli 1840 um ſieben Uhr Morgens in der Nähe von Mailand unter einer donnergleichen Detonation ſtattgehabt, und bei Goloſecca wurden drei leuchtende Maſſen beobachtet, von Oſten nach Weſten nach Somma bin: ziehend. Der Schall erſtreckte ſich 3 bis 5 Deutſche Meilen weit um Mailand. Der große Aerolith wurde bei Cereſato, einem bes nachbarten Dorfe, gefunden, wo er bis 20 Zoll in die Erde ge— fchlagen war: er wog 10 Pfd. 2 Unzen. Die anderen waren von geringerer Groͤße und ſchlugen nicht weit von dem erſten in die Erde, ſind aber noch nicht aufgefunden. Um die naturhiſtoriſchen Arbeiten des Herrn A gaſſiz zu unterftügen, hat der, als eifriger Freund der Wiſſenſchaften bekannte, Lord Francis Egerton die Originalzeich⸗ nungen zu dem Werke über die foſſilen Fiſche für 500 Pfd. Sterl. Herrn A. abgekauft, mit der Beguͤnſtigung, daß Agaſſiz dieſel⸗ ben in Neufchatel behaͤlt, ſo lange er ihrer bedarf. rn nde e. Ueber den nachtheiligen Einfluß der kuͤnſtlichen Beleuchtung auf die Sehkraft, ſo wie einige Mittel, durch welche ſich dieſe Nachtheile ver— meiden oder vermindern laſſen. Von James Hunter, M. Dr. Da Geſichts ſchwaͤche fo haͤufig durch unzweckmaͤßige Anwendung kuͤnſtlicher Beleuchtung veranlaßt wird und in Betreff der letztern ſo viele falſche Anſichten herrſchen, ſo war ich ſchen lange der Meinung, daß es nuͤtzlich ſeyn werde, wenn ich das Publicum auf dieſe Umſtaͤnde auf— merkſam machte. Da jedoch, meines Wiſſens, noch kein Schriftſteller ſpeciell über dieſen Gegenſtand gehandelt, fo mußte ich in Betreff deſſelben vielfache Verſuche anſtellen, die viel Zeit in Anſpruch nahmen und erſt vor Kurzem beendigt wurden. Die theoretiſchen und practiſchen Reſul— tate dieſer Unterſuchungen ſind im Nachſtehenden dargelegt. Ich habe mich beſtrebt, die Natur und die Urſachen der nachtheiligen Einwirkung kuͤnſtlichen Lichts auf das Auge in einer leicht faßlichen Weiſe, aber mit ſteter Hinweiſung auf anerkannte Grundſaͤtze der Optik, auseinanderzuſetzen und nachzuweiſen, wie dem Uebel nach Moͤglichkeit geſteuert werden koͤnne. Einleitung. — Das von der Sonne und andern Himmelskoͤrpern ausſtroͤmende Licht nennt man das natuͤrli⸗ che, das aus andern Quellen ſtammende das k uͤnſtliche. Kuͤnſtliches Licht laͤßt ſich auf ſehr mannichfache Weiſe erzeugen, z. B., durch Verbrennung, chemiſche Thaͤtigkeit, Electricitat, Galvaniemus und Phosphorescenz; daß zu haͤuslichen Zwecken angewandte ruͤhrt jedoch faſt durchaus von der Verbrennung verſchiedener Subſtanzen ber. Wo alſo in den nachſtehenden Capiteln von kuͤnſtliche m Lichte ohne naͤhere Bezeichnung die Rede iſt, wird jeder: zeit darunter dasjenige verſtanden, welches durch die Ver— brennung von kohlenwaſſerſtoffhaltigen brennbaren Stoffen, als Oel, Wachs, Talg, Steinkohlen- oder Oel- Gas, Naphtha, Harz u. ſ. w., erlangt wird. Wenn man die Augen lange auf kleine und ſtarkbe— leuchtete Gegenſtaͤnde heftet, fo erfolgt leicht Unempfindlich— keit oder Abſtumpfung der Netzhaut und des Sehnerven, welche Organe den durch die Strahlen, die durch die Feuch— tigkeiten des Auges gebrochen und hinten in einem Brenn⸗ puncte vereinigt werden, erzeugten Eindruck dem Gehirne und mittelſt dieſes dem Geiſte zufuͤhren. Der Grad jener Abſtumpfung iſt nach Umſtaͤnden verſchieden. Hat die Ur⸗ ſache der Reizung nicht lange hintereinander oder nicht ſehr heftig eingewirkt, ſo kann die Abſtumpfung ſo gering ſeyn, daß man ſie nur unter beſondern Bedingungen wahrnimmt. In andern Faͤllen tritt ſie aber weit ſtaͤrker ein, thut, indem fie ganz allmaͤlig und binterliſtig um ſich greift, erſt dem deutlichen Sehen weſentlichen Eintrag und verurſacht zuletzt gaͤnzliche Blindheit. Unter dieſen Umftänden werden die Bilder der aͤußern Gegenſtaͤnde noch immer im Hinter— grunde des Auges deutlich durch die die Strahlen brechen: den Feuchtigkeiten dargeſtellt; allein die Netzhaut und der Sehnerv, oder die das Bild empfindenden Organe koͤnnen die Bilder nicht mehr wahrnehmen. Dieſe Art von Erloͤſchung der Sehkraft nennt man amaurosis, Nerven: blindheit, ſchwarzer Staar, und ſie iſt durchaus vom grauen Staare, ſo wie von der Verdunkelung der Hornhaut vers ſchieden, welche in krankhafter Beſchaffenheit der die Bil— der erzeugenden Organe ihren Grund haben. Die Schwaͤchung des Gefuͤhlsvermoͤgens der nervoͤſen Theile des Auges kann von einer fehlerhaften Anwendung des natuͤrlichen, wie des kuͤnſtlichen Lichts herruͤhren; allein das letztere iſt verhaͤltnißmaͤßig weit nachtheiliger, als das 43 erſtere. Der Grund dieſer Verſchiedenheit iſt hauptſaͤchlich in folgenden Umſtaͤnden zu ſuchen: 1. baben die Strahlen des kuͤnſtlichen Lichts eine feh— lerhafte Firbung oder chromatiſche Zu ammenſetzung; 2. beſitzen ſie im Verhaͤltniſſe zu ihrer Leuchtkraft eine ſehr ſtarke Erwaͤrmungskraft; 3. bildet und verbreitet ſich waͤhrend der Verbrennung Kohlenſaͤuregas; 4. iſt das kuͤnſtliche Licht weit veraͤnderlicher und faͤllt gewoͤhnlich in einer nachtheiligen Richtung ein. In einem der folgenden Capitel werden wir von der Wirkungsart dieſer Urſachen gruͤndlicher handeln; hier mag deren bloße Aufzaͤhlung genuͤgen. Folgenden hoͤchſt einfachen Verſuch kann Jeder anftels len, der etwa bezweifeln moͤchte, daß das kuͤnſtliche Licht die Augen ſtaͤrker angreife, als das natuͤrliche Tageslicht. Man binde ſich das linke Auge zu und hefte das andere etwa eine Minute lang auf einen nahe befindlichen winzi— gen Gegenſtand, der auf einem Bogen weißen Papieres liegt und vom gewoͤhnlichen Tageslichte ſtark beleuchtet, aber nicht unmittelbar von der Sonne beſchienen wird. Dann nehme man die Binde vom linken Auge und blicke nach einer entfernten weißen Oberflaͤche, z. B., der Decke des Zimmers, erſt mit dem linken und dann mit dem rechten Auge. Man wird dann zwiſchen dem Anſehen des Gegen— ſtandes durch das eine oder das andere Auge wenig Ver— ſchiedenheit finden, obwohl er dem linken Auge meiſt ein klein Wenig heller erſcheinen wird. Alsdann ſchließe man die Laden des Zimmers, ſo daß daſſelbe dunkel wird, ver— binde das linke Auge wieder und blicke abermals mit dem rechten ſtarr auf denſelben Gegenſtand, der auf dem Bogen weißen Papieres liegt, nun aber von einem großen Talg— lichte oder einer Oellampe ſo beleuchtet wird, daß man ihn eben ſo deutlich ſehen kann, wie fruͤher bei Tageslichte. Man blicke mit dem rechten Auge ungefaͤhr eine Minute lang den Gegenſtand unverwandt an, als ob man ihn genau unterſuchen wolle. Dann loͤſche man das Licht aus, oͤffne die Laden und nehme die Binde vom linken Auge. Blickt man dann die Decke mit beiden Augen an, ſo wird ſie et— was duͤſter und undeutlich erſcheinen, und ſieht man ſie erſt mit dem einen und dann mit dem andern Auge an, ſo wird man einen ſehr auffallenden Unterſchied wahrnehmen. Dem linken Auge, welches vom Lichte nicht gereizt worden, wird ſie ſich ziemlich unveraͤndert darſtellen “): allein dem rechten wird ſie ſehr duͤſter und von dunkelblauer oder pur— purrother Farbe erſcheinen. Hieraus ergiebt ſich, daß die Netzhaut des rechten Auges dadurch, daß das Kerzenlicht auf dieſelbe eingewirkt hat, gegen den Eindruck des Tages— lichts theilweiſe unempfindlich geworden iſt; denn im Ker— zenlichte ſind die rothen und gelben Strahlen im Ueber— ſchuſſe vorhanden und reizen die Netzhaut in einer unglei— chen Art, ſo daß, wenn dieſelbe dem Tageslichte ausgeſetzt wird, welches von dieſen Strahlen weniger enthaͤlt, die Ein— wirkung nicht gleichfoͤrmig iſt und nur die blauen Strahlen *) Zuweilen erſcheint fie dem linken Auge blaßroͤthlich oder gelb— lichweiß gefaͤrbt. 44 zur Perception gelangen, welche die Ergaͤnzun, farbe des orangefarbenen (aus Roth und Gelb zuſammengeſetzten) Lichis der Kerzenflamme bilden. Allein außerdem iſt die Empfindlichkeit der Netzhaut in Bezug auf alle drei, das weiße Licht bildende Strahlen uͤberhaupt bedeutend ge— ſchwaͤcht, weil wegen der unreinen Farbe des kuͤnſtlichen Lichtes daſſelbe die Gegenſtaͤnde nicht in dem Verhaͤltniſſe ſeiner Quantitaͤt verdeutlicht und daher eine viel groͤßere Menge deſſelben noͤthig iſt, als vom Tageslichte, um einen Gegenſtand gleich deutlich zu ſehen *). Die bei dieſem Verfuche auf das rechte Auge hervor— gebrachte Wirkung iſt nicht von Beſtand, und obgleich ſie ſtets in einem gewiſſen Grade eintritt, wenn man kuͤnſtliche Beleuchtung anwendet, ſo wird ſie doch meiſt nicht bemerkt, weil, da beide Augen in derſelben Weiſe afficirt werden, der Contraſt nicht ſehr auffallend iſt. Wenn man aber mehrere Stunden lang bei Kerzenlicht lieſ't und das eine Auge verbunden hat, ſo wird die nachtheilige Wirkung die— ſes Lichts ſich ſehr bemerklich machen, wenn man nachher den Zuſtand des einen Auges mit dem des andern ver— gleicht. Durch Ruhe gelangen die Augen wieder in ihren normalen Zuſtand zuruͤck; allein wenn ſie ſehr lange nicht nur der Einwirkung der unreinen Farbe, ſondern auch der Hitze des kuͤnſtlichen Lichts ausgeſetzt geweſen ſind, waͤhrend zugleich das Gehirn von der narcotiſchen Thaͤtigkeit des wahrend der Verbrennung entbundenen Kohlenſaͤuregaſes ge— litten hat, ſo wird die Verminderung der Empfindlichkeit der Netzhaut gegen das Licht zu einem anhaltenden Leiden und endigt zuletzt mit gaͤn licher, nur zu haͤufig unheilbarer Blindheit. Zunaͤchſt werde ich nun 1. die Symptome und das Fortſchreiten der durch die unzweckmaͤßige Anwendung kuͤnſt— lichen Lichtes erzeugten Augenkrankheit beſchreiben; 2. nach wiſſenſchaftlichen Grundſaͤtzen erklaͤren, wie es zugeht, daß das kuͤnſtliche Licht fo haͤufig nachtheilige Folgen herbei— fuͤhrt und 3. einige practiſche Winke daruͤber geben, wie man ſich die Sehkraft erhalten konne, welche Arten von kuͤnſtlichem Lichte den Vorzug verdienen, und welche neue Methoden der kuͤnſtlichen Beleuchtung ſich durch Zweckmaͤ— ßigkeit und Unſchaͤdlichkeit empfehlen. J. Wirkungen des kuͤnſtlichen Lichts auf das Auge. Eine der erſten Folgen des unangemeſſenen Gebrauchs kuͤnſtlicher Beleuchtung iſt eine Art von halbacuter oder chroniſcher Entzuͤndung der die Augenlider auskleidenden Membran. Dieſe Schleimhaut, welche im geſunden Zu— ftande weiß oder ganz blaß roſaroth iſt, wird, wenn fie entzuͤndet, mit Blut unterlaufen und tief geroͤthet, was ) Iſt die Kerzenflamme ſehr auffallend roth, fo iſt die Ergaͤn⸗ zungsfarbe Gruͤn, und iſt jene rein gelb, ſo iſt Purpur oder Dunkelviolet die Complementaͤrfarbe. Die Farbe, welche das Auge bei der Tageslichtbeleuchtung wahrnimmt, nachdem kuͤnſt— liches Licht auf daſſelbe eingewirkt hat, iſt ſtets die, welche dazu gehört haben wurde, um das kuͤnſtliche Licht rein weiß zu machen, und die man deßhalb die Ergaͤnzungs- oder Com— plementaͤrfarbe nennt. 45 man erkennt, wenn man das untere Augenlid fan’t nieder— zieht, fo daß deſſen innere Oberflaͤche ſichtbar wird. Iſt dieſes Leiden im geringen Grade vorhanden, fo verurſacht es bei Tage nur wenig Unbehagen; allein Abends, wenn man die Augen bei Ker zen- oder uͤberhauot kuͤnſtlichem Lichte anſtrengt, werden dieſelben heiß, thraͤnend und ge— reizt; es kommt Einem vor, als ob die Augenlider trocken und ſteif ſeyen, und als ob es ihnen an der eigenthuͤmli⸗ chen ſchluͤpfrigmachenden Feuchtigkeit gebreche; ſie werden aͤußerſt ſchmerzhaft und juckend, fo daß der Patient beftäns digen Reiz fuͤhlt, ſich dieſelben zu reiben. Zuweilen iſt der Schmerz ſtechend und brennend, öfter aber nur trockner und juckender Art. In vielen Faͤllen findet ein außerordentlich unangenehmes Zucken und Zittern der Augenlider ſtatt, da— her man unwillkuͤhrlich blinzeln muß, was ſich von Zeit zu Zeit ſchnell hintereinander erneuert und, wenn auch nicht ſehr peinigend, doch hoͤchſt laͤſtig iſt. Die natuͤrlichen Secretionen der Augenlider zeigen ſich mehrentheils bei'm Beginne der Entzuͤndung der die Aus genlider auskleidenden Membran vermindert; hat die Krank heit aber eine Zeit lang angehalten, ſo findet oft eine be— deutende Vermehrung derſelben ſtatt. Die Augen thraͤn en, die Feuchtigkeit rinnt an den Wangen herab und verurſacht laͤſtige Excoriationen. In andern Fällen zeigen ſich die Secretionen nicht bedeutend reichlicher, aber qualitativ ſehr veraͤndert, und waͤhrend ſie vorher duͤnn und waͤſſerig wa— ren, zeigen ſie ſich nun zaͤh, klebrig und von der Conſi— ſtenz ſchleimigen Eiters. Wenn dieſer Fall eintritt, leidet die Deutlichkeit des Sehens oft ſehr bedeutend, und ſehr helle Gegenſtaͤnde, z. B., die Flamme einer Kerze, erſchei— nen mit einem Hofe von verſchiedenfarbigen Ringen umge— ben. Dieſer Fehler der Sehorgane iſt jedoch von demjeni— gen, der von vermindertem Empfindungs vermoͤgen der Netz— haut herruͤhrt, ſehr verſchieden, und lediglich eine Folge der Anhaͤufung der Secretionen, welche dem Durchgang der Lichtſtrahlen durch die Hornhaut ein mechaniſches Hinder— niß in den Weg legt, und nachdem der Patient ſich die Augen ausgewiſcht oder gebadet hat, kann er eine Zeit lang fo gut ſehen, wie früher. Bei plöslicher Temperaturveraͤn— derung verſchlimmern ſich alle dieſe Symptome ſehr bedeu— tend; was vorzuͤglich der Fall iſt, wenn man ſich, nachdem man die Augen durch Leſen oder Schreiben ſtark ange— ſtrengt, der kalten, zumal der Abend- oder Nachtluft ausſetzt. Die chroniſche Entzuͤndung der die Augenlider ausklei— denden Membran iſt bei Tage ſelten ſehr laͤſtig, waͤhrend ſich die Symptome der Unempfindlichkeit oder Abſtumpfung der Netzhaut oft des Tags weit mehr als Abends kund— geben. Dieß gilt wenigſtens vom Anfangsſtadium des Lei— dens; denn, wenn dieſes eine Zeit lang gedauert hat und eingewurzelt iſt, werden jene Abends ſo gut empfunden, als bei Tage. Die Heftigkeit der eben beſchriebenen Symptome iſt in verſchiedenen Faͤllen verſchieden. Zuweilen ſind die Trockenheit und das Jucken der Augenlider ganz unertraͤg— lich; allein in andern Fällen beſtehen die Hauptunannehm⸗ lichkeiten in vermehrtem Ausfluſſe der Thraͤnen, triefenden 46 Augen und der veraͤnderten Beſchaffenheit der Eecretionen ; zuweilen findet auch wenig oder keine Unbehaglichkeit ſtatt. Haͤufig kleben des Morgens bei'm Erwachen die Raͤnder der obern und untern Augenlider in Folge des Vertrocknens der zaͤhen, gelben Secretion feſt aneinander, welche waͤhrend des Schlafes aus den Meibom'ſchen Druͤschen geſchwitzt iſt und ſich an den Wurzeln der Augenwimpern angeſammelt hat, wo ſie als ein Kitt wirkt und oft ſo hart wird, daß man die Augen lange in warmem Waſſer baden muß, bevor man ſie oͤffnen kann. Die obigen Symptome von chroniſcher Entzuͤndung ſind nur warnende Vorläufer von bedenklichern Leiden, von de— nen ſpaͤter die nervöfen Theile des Auges befallen werden. In manchen Fällen fehlen jene auch ganz, und die ſich ſtu— fenweiſe ſteigernde Unempfindlichkeit der Netzhaut gegen das Licht tritt alsbald als beunruhigendes Somptem auf und veranlaßt den Patienten, aͤrztlichen Rath einzuholen. Da— gegen haͤlt oͤfter die Entzuͤndung der die Augenlider ausklei— denden Membran lange Zeit an, ohne mit irgend einem Leiden der Netzhaut vergeſellſchaftet zu ſeyn. Wenn dieſes vorkommt, ſo gehen die Wimpern oft gaͤnzlich verloren und die Lider werden dick und calloͤs. Dieſe Entartung zeigt ſich in'sbeſondere bei den untern Augenlidern, welche in Folge der durch das beſtaͤndige Herabrinnen der Thaͤnen uͤber die Wangen veranlaßten Excoriationen anhaltend auswaͤrts ge— kehrt und ungemein widerlich anzuſehen werden. Derglei⸗ chen Fälle gehören indeß zu den Ausnahmen, und gewoͤhn⸗ lich beginnen weit fruͤher Symptome von Erkrankung der Netzhaut ſich zu zeigen, wenn die Augen noch fortwaͤhrend der ſchaͤdlichen Einwirkung des kuͤnſtlichen Lichts viel aus: geſetzt werden. Wenn die Entzuͤndung der die Augenlider auskleidenden Membran einmal chroniſch geworden iſt, ſo wirkt ſie, nebſt dem kuͤnſtlichen Lichte, ſehr ſtark darauf hin, die Sehnerven abzuſtumpfen; denn da die ſich anhaͤu— fenden, ſchleimigen Ausſonderungen dem Durchgange der Lichtſtrahlen ein mechaniſches Hinderniß entgegenſetzen und die Bilder auf der Netzhaut undeutlich machen, ſo muß der Patient ſich einer ſtaͤrkeren Beleuchtung bedienen, als er ſie ſonſt noͤthig hätte. während zugleich, wegen der Zerſtorung und des Ausfallens der Augenwimpern, eine Menge fal— ſche Strahlen in das Auge dringen und der Deutlichkeit des Sehens Eintrag thun. (Fortſetzung folgt.) Ueber ſecundaͤre Entzuͤndung. Von Dr. Parry. Es iſt eine allgemein zugegebene Thatſache, daß bei ſchwachen und ſcrophuloͤſen Subjecten und bei ſolchen, die durch einen langen Spitalaufenthalt geſchwaͤcht find, nach Verletzungen, chirurgiſchen Operationen und ſchweren Ent⸗ bindungen leichter Entzündungen entſtehen, als bei kraͤftigen Perſonen; dieß iſt von großer Wichtigkeit, ruͤckſichtlich der Erklärung der Urſache localer Entzuͤndungsproceſſe. Schon 47 Dupuytren hat beobachtet, daß von denen, welche im Hötel Dieu nach Operationen ſtarben, die Mehrzahl in Folge von Entzuͤndung eines innern Organes zu Grunde gingen. Bisweilen waren zwei, drei oder ſelbſt vier Organe zu gleicher Zeit afficirt. Dieß entſpricht der allgemeinen Ecfahrung, wonach naͤchſt localer Entzuͤndung die Ergießung coagulabler Lymphe oder die Ablagerung von Eiter am haͤu— figſten nach adynamiſchen Fiebern vorkommen, beſonders wenn Gehirn und Nervenſyſtem dabei afficirt waren. So auch nach contagioͤſen Ausſchlagsfiebern, deren keines als ur— ſpruͤnglich entzuͤndlich zu betrachten iſt. Der Verf. hat ges funden, daß von 1,070 maͤnnlichen Fieberkranken in dem Albion- Street Hospital 155 ſtarben; von ihnen wurden 93 bereits in der Reconvalescenz von localen Entzuͤndungen meiſtens eines innern Theiles ergriffen, und es ſtarben noch 44; dieſe Localentzuͤndungen waren 15 pleuritis, wovon 5 mit dem Tode eintraten, 3 laryngitis, wovon 2 jtarz ben, 7 Pneumonie, wovon 5 ſtarben, 12 parotitis, wovon 5 und 25 erysipelas, wovon 12 mit dem Tode en— deten; drei Eiterablagerungen in den Gelenken endeten ſaͤmmt— lich mit dem Tode. Bei der Section fand ſich, daß die Hirnhaͤute 85 Mal ungewöhnlich gefaͤßreich waren; daß ſeroͤſe Ergießuag unter der arachnoidea von 4 Unze bis zu 5 Unzen 99 Mal, an der Baſis des Gehirns 82 Mal, im Ruͤckgratscanale 33 Mal und eiterige Ergießung in die Ventrikel oder auf die Gehirnoberflaͤche 3 Mal vorhanden war. Friſche Ergießung coagulabler Lymphe fand ſich in der rechten Bruſthoͤhle 24 Mal, in der linken 8 Mal, in beiden 13 Mal; friſche Pneumonie und Hepatiſation der rechten Lunge 14 Mal, der linken 8 Mal, beider Lungen 3 Mal; Gangraͤn der Lungen 3 Mal; alte Adhaͤſionen der rechten Seite 30 Mal, der linken 24 Mal, beider 21 Mal. Das Herz war erweicht in 72 Faͤllen, das Blut dunkel und fluͤſſig in 870; Gefaͤßreichthum des Magens fand ſich bei 69: der Duͤnndaͤrme bei 61, des Dickdarmes bei 33, Anſchwellung der Peier'ſchen Druͤſen bei 66, der einzeen ſtehenden Druͤ— ſen bei 19, der Meſenterialdruͤſen bei 25 Faͤllen Die Milz war 99 Mal erweicht und breiig, 30 Mal vergroͤßert. So zeigte ſich allgemein, daß geſchwaͤchte Kranke ſehr leicht von einem Reizfieber mit Eiterung befallen wurden. Dieſe ady— namiſchen Fieber mit Gehirnleiden oder die exanthematiſchen Fieber find aber nicht als primär entzuͤndlich zu betrachten, 48 ſondern, nach dem Verfaſſer, das Reſultat einer Veraͤnderung des Blutes und des Capillarſyſtems durch die vorausgegan— gene Ueberreizung. Auf dieſe Weiſe zeigt ſich, daß die Congeſtion, die Ergießung coaeulabler Lymphe, Serums und Eiters von der Innervation abhaͤngen, und die Geſchwin— digkeit, womit ſolche Ablagerungen zu Stande kommen, zeigt, bis zu welchem Grade die Innervation des Blutes und der Gefaͤße ſtattfindet. (The Lancet, 10. Octo- ber 1840) ie ene Ueber die Amputation an den Kuoͤchehn, welche ziemlich allgemein verworfen iſt, jedoch in neuerer Zeit auch von vielen Wundaͤrzten vertheidigt wird, iſt von Hrn. Tavpig not in der Gaz. med. No. 35. eine Reihe von zweiundzwanzig Beobachtun— gen mitgetheilt worden, aus denen er durch allgemeine Betrachtun⸗ gen zu folgenden Schluͤſſen koͤmmt: 1) in allen Faͤllen, wo ſie möglich iſt, ift die Amputation uber den Knöcheln derjenigen über der Wade vorzuziehen, weil es erwieſen iſt, daß ſie weniger ge— faͤhrlich iſt. 2) Die Kranken koͤnnen ſich nachher eines kuͤnſtlichen Stiefels bedienen, mittelſt d fen der Gang faſt eben fo ſicher und kaum ermuͤdender iſt, als mit dem gefunden Fuße. 8) Die Vers narbung erfordert mindeſtens um ein Drittel weniger Zeit. 4) Befürchtet man Eiterſenkung im Verlaufe der Sehnenſcheiden, fo kann man anhaltenden Druck mittelſt graduirter Compreſſen in deren Ver— lauf anwenden. 5) Um das brandige Abſterben der Haut des Am— putationsſtumpfes, welche bei'm Cirkelſchnitte jo dünn iſt, zu vers büten, iſt es raͤthlich, in allen Fallen, wo nicht etwas Anderes ge— radezu indicirt iſt, die Methode mittelſt eines hinteren Lappens zu wählen. Das Verfahren von Hrn. Lenoir verdient, vorzugsweiſe empfohlen zu werden. Gegen die Behandlung der Proſtataanſchwellung alter Männer durch Sondendruck erklärt ſich Hr. Mer⸗ cier in einem Aufſatze im Journ. des connaiss. med. chir. wo er uͤberhaupt darauf aufmerkſam macht, daß liegenbleibende Son— den in der Harnroͤhre leicht Ulceration veranlaffen und daher, waͤh— rend fie die eine Verengerung heilen, zu neuen Verengerungen oder zu Ulcrrationen und Abſceſſen in der Gegend des ligam. trian- gulare Veranlaſſung geben. Da Ulceration durch Druck bei alten Leuten überhaupt leichter vorkommt, als bei kraͤftigen Perſonen, wie man an der Häufigkeit des decubitus bemerkt, fo fen es ers klaͤrlich, warum bei Proſtataanſchwellungen fruher, als eine Schmel— zung der angeſchwollenen Druͤſe zu Stande kommen kann, eine Ulceration in der Gegend des lig. triangulare den Tod herbei— führt. Dieſe Ulcerationen ſollen dann bisweilen mit Unrecht als falſche Wege in der Gegend des corpus spongiosum betrachtet worden ſeyn. —— —— — 1T——̃—— — Gibliographis che Précis d'histoire naturelle. Martin et Ch. Marchal (de Calvi). 1840. 8. Notices sur diverses questions de chimie agricole et industriel- le; suivie de plusieurs Notices nécrologiques (betreffen Ro⸗ biquet, Planche und Gaillon.) Par M. J. Girardin. Rouen. 1840. 8. Par J. Gilbert et par MM. C. A. F. Tom I. et II. Paris Dean gkeit ein. An Account of the Nature and History of the Plague as obser- ved in the Northwest of India, followed by Remarks on the resent state of the Quarantine Laws. By Kred. Forbes, hp. Edinburgh, 1840, 8. M. 1 Taf. Pharmacopée raisonnde, ou traité de pharmacie pratique et theorique, Par N. E. Henry et G. Guibourt. 3. &dit, re- vue et considérablement augmentée. Par N. J. B. G. Gui- bourt. Paris 1841. 8. Mit 22 Tafeln. — ñę᷑ ˙. ꝓꝛ1— —u— Neue Notizen aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Mediefnalratbe Froriep zn Weimar, und dem Mediemalrath un Profeſſer Frorie p zu Berlin, Noe. 356. (Nr. 4. des XVII. Bandes.) Januar 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie- Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stüdes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Nen Ar u Ueber die männlichen Zeugungsorgane der Ascidien und Salpen. Ueberraſchend find die Aufſchluͤſſe, die uns in neueſter Zeit uͤber die Geſchlechtsverhaͤltniſſe mehrerer niedern Thiere zugekommen ſind. Sie ſind die Frucht einer genauern Kenntniß des Saamens und der Eikeime, die man den mi— kroſcopiſchen Beobachtungen von Siebold und R. Wa g— ner verdankt. So wies noch unlaͤngſt J. Wagner in einer intereffanten Notiz (f. Nr 7. Bd. XII) eine Tren— nung der Geſchlechter in manchen Gattungen nach, die man ſonſt fuͤr weiblich oder hermaphroditiſch zu halten pflegte, aͤußerte aber daſelbſt die Vermuthung, daß auch bei den Ascidien die Geſchlechter auf verſchiedene Individuen ver— theilt ſeyen; eine Meinung, der ich nicht beitreten kann. Die Ascidien ſind ſicher Zwitter, wie Cuvier und einige andere Autoren annehmen, freilich ohne dafuͤr voͤllig aus— reichende Beweiſe anzufuͤhren Herrn delle Chiaje ge— buͤhrt, meiner Ueberzeugung nach, das Verdienſt, die An— ordnung der maͤnnlichen Zeugungsorgane zuerſt beſchrieben und ſomit den Hermaphroditismus der Ascidien evident nachgewieſen zu haben (f. Memor. S. storia degli ani- mal. senza vert. Vol. 3. p. 192.), obgleich Cuvier den Saamencanal bereits gekannt zu haben ſcheint. Da je— doch delle Chiaje's Beſchreibung nicht ausführlich genug iſt, auch das Wenige, was er uͤber das Verhalten jener Organe bei der Gattung Cynthia angiebt, nicht mit der Natur uͤbereinſtimmt, ſo ſey es mir geſtattet, die Reſultate meiner eignen und, wie ich glauben darf, genauern Unterſu— chungen hier mitzutheilen. Savigny's muſterhafte Unterſuchungen des weibli— chen Geſchlechtsapparats lehren, daß die Gattung Phallu- sia nur einen Eierſtock beſitzt, waͤhrend die Zahl der Ova— rien bei Cynthia meiſtens zwei bis vier betraͤgt. (S. Mem. sur les anim. sans vertebres. Tom. 2.) Ganz dieſem entſprechend zeigt ſich der männliche Geſchlechtsappa— rat, bei jener einfach, bei dieſer vervielfacht. In den No. 1456. Nan e . Phallus. beſteht er aus ſehr kleinen kolbig angeſchwolle— nen Schlaͤuchen, die in reichlicher Menge uͤber den Darm ſich ausbreiten und der Saamenſecretion dienen. Sie ſind die erweiterten Enden zeraͤſtelter Canaͤle, die ungefaͤhr in der Gegend, wo der Eierſtock in den Eierleiter uͤbergeht, ver— mittelſt groͤßerer Aeſte in einen gemeinſchaftlichen Ausfuͤh— rungsgang, den Saamenleiter, fuͤhren. Dieſer begleitet den Eierleiter und Enddarm bis an das Abdominal- oder After— rohr und oͤffnet ſich neben ihnen, der innern Muͤndung dieſes Rohrs gegenuͤber, in einen von den meiſten Zooto— men wenig beachteten Raum, den man bei allen Ascidien zwiſchen Athem- und Muskelſack antrifft ). Der Saamen— canal iſt enger, als der Eierleiter, zuweilen ſehr zierlich wel— lenfoͤrmig geſchlaͤngelt und macht ſich, gleich den Schlaͤuchen, durch ſeinen milchweißen Inhalt, das sperma, kenntlich. Die Spermatozoen find nur unter ſtarken Vergroͤßerungen deutlich wahrzunehmen und aͤhneln denen einiger Muſcheln (Cyelas rivicola z. B.), auch wohl denen der Froͤſche, indem ihnen ein geſtreckter, gegen das ziemlich lange Schwaͤnzchen ſichtlich abgeſetzter Koͤrper zukommt. Fuͤr die Gattung Cynthia waͤhle ich als Beiſpiel zwei Arten, die C. papillosa und eine nicht naͤher zu be— ſtimmende. Letztere hat vier geſonderte Eierſtoͤcke, von de— ») In dieſen genauer erft von Savigny (a. O. p. 100.) er: waͤhnten Raum wird das Waſſer, indem die Ascidie ſich aus— dehnt, durch die Afterroͤhre eingefuͤhrt, waͤhrend es zugleich durch das Athemrohr in den Athemſack einſtroͤmt. Zieht ſich die Ascidie zuſammen, ſo wird das Waſſer haͤuſig durch beide Roͤhren, alſo in einem doppelten Strahle, ausgeworfen. Eine Erſcheinung, die ſchon Altern Naturforſchern nicht entgangen war. In den Phallus, verbinden den Athemſack mit ſeinen Umgebungen nur kurze durch den Raum queer hinuͤberge— ſpannte Gefaͤßſtaͤmmchen (ligaments nach Savigny); in den Cynth. gefchicht dieß vermittelſt der raͤthſelhaften, von Cu— vier für Fettdepoſita gedeuteten Gebilde (eésicules gelati- neuses, Sav) Bei Phallus. traf ich häufig in dem Raume, und zwar an der Außenflaͤche des Athemſackes feſthaftend, kleine Cruſtaceen (Caligiden), die nur durch das Afterrohr eingedrungen ſeyn konnten. 4 öl nen das eine Paar, wie gewöhnlich, an die eine Hälfte des Muskelſacks, das andere an die entgegengeſetzte geheftet iſt. An dem dem Afterrohe zugekehrten Ende jedes Eierſtocks bemerkt man ein hervorragendes hohles Zaͤpfchen, den kur— zen Eierleiter. Neben ihm ſpringt ein aͤhnliches, aber viel kuͤrzeres und daher leicht zu uͤberſehendes, Zaͤpfchen hervor. Dieſes iſt das Endſtuͤck des Saamencanals, der laͤngſt dem Eierſtocke herablaͤuft und ſich in mehrere mit den ſaamen— bereitenden Schlaͤuchen zuſammenhaͤngende Zweige theilt. Die Schlaͤuche ſieht man deutlich laͤngs den beiden Raͤu— dern jedes ovarium. — Bei C. papillosa giebt es, dem Anſcheine nach, nur zwei ſchlingen- oder hufeiſenfoͤrmig gekruͤmmte Eierſtoͤcke, jederſeits einen. (Vergl. Savig. a. D. Pl. VI. F. 4). An jedem der beiden einander genaͤ— herten und gegen das Afterrohr gerichteten Enden der ein— zelnen Ovariumſchlinge vermißt man auch hier nicht die bei— den zapfenfoͤrmigen Roͤhrchen. Auch ſcheinen die Saamen— ſchlaͤuche uͤber jeder Schlinge nur ein Continuum zu bilden. Indeſſen moͤchte die Vierzahl der Eier- und Saamenleiter ſchon darauf hindeuten, daß jede Eierſtocksſchlinge, ſo wie das correspondicende Paket der Schlaͤuche, aus einer, viel— leicht in einem fruͤhen Lebensalter eintretenden, Verſchmel— zung zweier urfprünglich getrennter Organe entſtanden ſey. Was die zuſammengeſetzten Ascidien betrifft, ſo ſind auch ſie mit einem ſaamenabſondernden Apparate verſehen. Ich habe die Gattung Diazona, deren Individuen in Bau und Geſtalt der geſtielten Phalluſiengattung Clavelina ſehr nahe kommen, und eine Species von Aplidium unter: ſucht. Bei Diazona, welche nur einen Eierſtock hat, gleicht auch jener Apparat in jeder Hinſicht dem der Phal- lus. Bei Aplidium ſah ich neben dem Eierſtocke in der untern langgeſtreckten Leibeshaͤlfte jedes Einzelnthiers einen weiten, wie es ſchien, gewundenen und gegen die obere ſich erhebenden Schlauch, der, wie die Unterſuchung feines ja: hen weißen Inhaltes erwies, ein Theil des maͤnnlichen Zeugungsorgans ſeyn muß. Die Saamenthierchen ſind nicht kleiner, als die der einfachen Ascidien, nur iſt ihr Körper vielleicht etwas laͤnger. Ich erwaͤhne noch, daß auch M. Edwards, nach einer Anzeige in der neueſten Ausgabe von Lamarck's Werke (Tom. 3. p. 478.), den Hoden in den zuſammengeſetzten Ascidien entdeckt hat. Die Frage Über den Vorgang der Befruchtung iſt ſchon von Cuvier zur Sprache gebracht und auf eine Weiſe geloͤſ't worden, die ſchwerlich eine befriedigendere Beant— wortung zulaͤßt. (S. Cuvier, mem. sur les aseid. p. 14 et 15.). Die Anordnung des Zeugungsapparats laͤßt auch kaum daran zweifeln, daß jedes Individuum ſich ſelbſt genuͤge. Es ſcheint zwar und Cuvier weiſ't ſelbſt darauf hin, als koͤnnte bei manchen Ascidien, deren Individuen gruppenweiſe angehaͤuft ſind, einer wechſelſeitigen Befruch— tung nichts im Wege ſtehen Allein auch in dieſem Falle bleibt jene Annahme die wahrfcheinlichere, man mag mit Cuvier vermuthen, daß die Eier erſt, nachdem ſie zwiſchen Muskel- und Athemſack oder, richtiger, in jenen oben (Une merk.) erwähnten Raum ausgeleert worden, den befruchtens den Einfluß des Saamens erfahren, oder annehmen, legte: 52 res geſchehe ſchon innerhalb der weiblichen Zeugungsorgane; wofuͤr die große Naͤhe der Muͤndungen des Eier- und Saamenleiters, ſo wie eine vielleicht durch die flimmernde Wand des Eierleiters bewerkſtelligte Anziehung und Weiter⸗ förderung des sperma ſprechen würden 5). Weit ſchwieriger, als bei den Ascidien, iſt das Ver—⸗ haͤltniß der Geſchlechter bei den Salpen auszumitteln. Man iſt zwar uͤbereingekommen, fie für Zwitter anzuſehen, die ſich ſelbſt befruchten. Doch fehlt es noch durchaus an gruͤndlichen Beweiſen fuͤr dieſe Meinung. Das, was man bisher für Eierſtoͤcke ausgegeben hat, ſcheinen jene merk— wuͤrdigen Embryonenketten geweſen zu ſeyn, die man bei bruͤtenden Salpen öfters zu beobachten Gelegenheit hat. Ich muß gefteben, daß es mir, trotz eifrigen Nachſuchens, nie gelingen wollte, weder bei S. maxima, noch S. de- mocratica, zweien im Mittelmeere gemeinen Arten, Spu— ren eines Organs zu entdecken, das ich mit Sicherheit fuͤr ein ovarium haͤtte anſprechen koͤnnen. Nichtsdeſtoweniger habe ich mich beſtimmt von der Anweſenheit eines Hodens bei S. maxima überzeugt. Er liegt mitten im Visceral— nucleus, ganz unter dem kreisfoͤrmig gebogenen Nahrungs— canale verborgen, iſt rundlich und weiß von Farbe. Er be— ſteht aus zarten, an ihren freien Enden erweiterten Schlaͤu— chen, die in einen kurzen Saamenleiter ſich vereinigen, wel— cher ganz, wie bei Ascidien, dicht am Darme verlaͤuft und zuletzt neben dem After in die gie Körper» oder Schwimm— hoͤhle ausmuͤndet. Das weiße zähe Sperma enthält, außer runden Koͤrnern, Saamenthierchen, die denen der Ascidien vollkommen gleichen. Es ſey mir erlaubt, an das Vorhergehende noch einige Bemerkungen uͤber das Verhalten der Geſchlechter in der Clavagella und einer berodartigen Acalephe der Cydippe anzureihen, und zuletzt noch die Structur der früher für Hoden erklaͤrten Blaͤschen in den Holothurien und ihren Zuſammenhang mit dem Gefaͤßſyſteme nachzuweiſen. Neuere Beobachtungen haben dargethan, daß einige Muſchelgattungen, wie Cyelas, Pecten, hermaphroditiſch ſind. Zu ihnen gehoͤrt auch Clavagella. Der Hoden liegt unter der Leber, waͤhrend der Eierſtock die obere Lei— beshaͤlfte einnimmt und Magen und Leber einhuͤllt. Die Spermatozoön ähneln denen der Cyeladen. — Bei Cy- dippe befindet ſich unter jeder der acht Reihen Wimperkaͤm— me, welche aber nicht ganz bis an die vordere Koͤrperoͤff— nung reichen, ein Eierſtock, wie bei Beroe. Zur Seite je— der Reihe ſah ich einen weißen Streifen verlaufen, welcher von der Gegend, wo die Kaͤmme aufhoͤren, mit dem Eier— *) Lebhaft ſchwingende Wimpern ſitzen, dichtgedraͤngt, der innern Wand des Eierleiters an. — Die Eier des Eierſtocks enthal— ten einen kleinkoͤrnigen Dotter, worin das Keimblaͤschen ſammt rundem Keimflecke. Bei den Phallus ſpielen die reif— ften Dotter in's Grüntiche, was von discret an der Oberflaͤ— che derſelben vertheilten, vielleicht oͤlhaltigen Blaͤschen her— ruͤhrt, und von welchen daher die grüne Farde des Eierſtocks in dieſer Gattung abzuleiten iſt. An den Dottern im Eierleiter iſt das Keimblaͤschen geſchwunden, jede Dotterkugel aber, wie bei den Bivalven, von einer transparenten, aus großen Zel— len beſtehenden Subſtanz (ob Chorion?) umgeben. 53 ſtocke und mitten uͤber ihn zur vordern Oeffnung ſich begiebt. Der Streifen beſteht aus Spermatozoön mit rundlichem Körper und ſehr feinem Sch vaͤnzchen. Sind etwa die be— roéartiſen Acalephen hermapheoditiſch? Die Beobachtung iſt jedoch, wie Jeder mit mir fuͤhlen wird, noch viel zu roh und unvollftindig, um hieruͤber zu entſcheiden. Was ſchließlich die Blaͤschen der Holothurien betrifft, fo weiß man, daß Tiedemann und delle Chiaje (a. O. Vol. I. p. 97.) ihnen die Bedeutung der Hoden zuge— ſchrieben haben; eine Anſicht, die ſich jetzt nicht mehr ver— theidigen laͤßt, ſeitdem es Valentin gegluͤckt iſt, die männlichen Individuen zu entdecken. Auch zeigt eine ſorg— faͤltige Unterſuchung, daß die Blaͤschen keinesweges mit dem Eierleiter communiciren. Ihre Anzahl ſcheint bei Holoth. tubulosa ſo haͤufig zu wechſeln, daß man in einigen In— dividuen wur eines, in andern an ſechszehn und mehr an— trifft. Meinen Beobachtungen zufolge, ſenken ſie ſich durch kurze, hohle, oft geſchlaͤngelte und von delle Chiaje ſehr gut gekannte Stiele in das große, den Darmcanal um— faffende Ringgefaͤß ein, das bekanntlich mit den ſogenann— ten Poli' ſchen Blaſen zuſammenhaͤngt. Ihre Verbin— dung mit dem Gefaͤßſyſteme laͤßt ſich durch Injectionen nachweiſen, wobei nicht ſelten die injicirte Maſſe bis in die Blaͤschen hinuͤbergetrieben wird. Uebrigens braucht man nur das Ringgefaͤß zu öffnen, um die Muͤndungen der Stiele wahr unehmen. Die Wandung der Bläschen und Stiele ſcheint aus zwei Schichten gebildet, von denen die aͤußere mit jenem kalkigen Maſchengewebe incruſtirt iſt, aus welchem alle harten Theile der Echinodermen beſtehen. Auch fand ſchon H. Wagner dieſe Incruſtationen an den Blaͤs— chen. (S. ſeine Notiz.). — Darf man letztere mit dem fogenannten Sand- oder Steincanale der Aſterien fuͤr gleich— bedeutend anſehen? Nach Tiedemann's Angaben we— nigſtens, ſteht der Canal gleichfalls in Zuſammenhang mit dem Gefaͤßſyſteme, und namentlich mit dem weiten Kreis— gefaͤße um den Mund. A. Krohn. Neue experimentirende Unterſuchungen uͤber die Functionen und Eigenſchaften der Ruͤckgratsner— ven-Wurzeln und der verſchiedenen Bündel des Ruͤckenmarks. Auszug einer der Academie der Wiſſenſchaften in ihrer Sitzung vom 28. December 1840 mitgetheilten Note von L. A Longet x. In einem, noch nicht alten, Schreiben habe ich die Ehre ge— babt, der Academie zu melden, daß, im Widerſpruche mit den im Jahre 1839 von ihr ausgeſprochenen Behauptungen des Herrn Ma— gendie, ich bei ſiebzehn meiſt erwachſenen, die juͤngſten 6 Mo— nate bis 1 Jahr alten, Hunden von mittler Groͤße die vorderen Spinalwurzeln und die entſprechenden Bündel des Marks gegen mechaniſche Reizungen aller Art voͤl⸗ lig unempfindlich gefunden habe und dagegen die hintern Wurzeln und Mark buͤndel außerordentlich empfindlich. Ich fuͤgte hinzu, daß, ſtatt wie jener Phyſiolog, durch die Wirkung des Galvanismus, Muskelcontractionen mit den vorläufig durchſchnittenen beiden Arten (Journal de Physiolo- 54 gie, Vol. III. pag. 359) zu erha'ten, ich deren nur erlangt hätte, wenn ich auf die vordern Wurzeln allein eingewirkt haͤtte. Seit jener Mittheilung ſind neun andere erwachſene Hunde den Experimenten unterworfen, und in mehreren Sitzungen habe ich die Genauigkeit dieſer Reſultate dargethan, in Gegenwart des Herrn Flourens (beitändiger Secretar der Academie), der Herren Cru— veilhier, Gerdy, Iſid. Bourdon, Gerdy des juͤngern und Capitaine (ſo wie einiger fremden Aerzte). Aber ich harte mir vorzuͤglich vorgenommen, durch dieſe letzteren Verſuche darzuthun, daß das galvaniſche Agens auf eine nuͤtzliche Weiſe angewendet werden koͤnne, um Verſchiedenheiten der Function zu entdecken einmal in den vordern Wurzeln nebſt den entſprechen— den Buͤndeln und ſodann in den hintern Wurzeln nebſt den hintern Buͤndeln des Rückenmarks. Ehe ich aver die Reſultate erwaͤhne, welche ich vor dieſen ehrenverthen Zeugen an den verſchiedenen Markbuͤndeln erlangt babe, muß ich zuerſt die Gründe auseinander— ſetzen, welche mich veranlaßt haben, von dem Galvanismus für den angegebenen Zweck Gebrauch zu machen. Alle Experimentatoren, welche Gelegenheit gehabt haben, die Ruͤckgratshoͤhle bei erwachſe— nen Thieren der obern Claſſen zu öffnen, wiſſen, daß, ſobald der Lendentheil des Rückenmarks doch noch in der unverletzten dura mater eingeſchloſſen, der Beruͤhrung der Luft ausgeſetzt wird, ein ſolches Zuſammenſinken der Nerventhaͤtigkeit eintritt, daß viele Thiere ſich nur ſehr unvollkommen auf den Hinterbeinen erhalten und daß die Senfibilität darin kaum noch wahrnehmbar iſt. Doch muß ich ſagen, daß dabei etwas Zufaͤlliges in der Wahl der Thiere (Hun— de) in Anſchlag kommt und daß ich einige Hunde beobachtet habe, welche, nachdem ich nach dieſer grauſamen Operation ſie hatte aus— ruhen laſſen, ſich noch auf ihren bintern Ertremitäten aufrecht er— bielten und eine ziemlich lebhafte Senſibilitaͤt zeigten. (Der letzte, mit welchem ich in Gegenwart der Herren Cruveilhier und Ger: dy operirten, befand ſich unter dieſen glücklichen Umftänden). Aber da dieß nur Ausnahmsfaͤlle ſind, ſo ergiebt ſich daß das Experi— mentirungsverfahren (welches darin beſteht: 1) auf der einen Seite die hintern Wurzeln eines Gliedes durchzuſchneiden, um darin den Reſt der ſchon vor dieſem Experimente kaum bemerkbaren Senſi— bilität wirklich verſchwinden zu machen; 2) auf der andern Seite die vordern Wurzeln durchzuſchneiden, um augenblicklich kaum noch ſichtbare Bewegungen zu beſeitigen); es ergiebt ſich, ſage ſch, daß dieſes Verfahren, wenn auch nicht mangelhaft, doch wenigſtens un— genügend iſt, weil es nicht immer völlig reine und entſchiedene Re: ſultate giebt. Dieſe Bemerkungen laſſen ſich, mit noch ſtaͤrkerem Rechte, auf die iſolirte Durchſchneidung der Markbuͤndel — um ihren geſonderten Einfluß auf die Senſibilitaͤt und die Bewegung zu beweifen — anwenden. Auch darf man, wenn man die Reſul— tate unterſucht, welche diejenigen Experimentatoren, welche mit den Markbuͤndeln mittels des Durchſchneidungs⸗ Verfahrens operirt haben, wie Fodera, Belling eri, Schoͤf, Rolando, Cal⸗ meil, Backer, Van Deen und Seubert, angekuͤndigt haben, man darf ſich nicht wundern, nur Abweichungen und Widerſpruͤche in den Angaben dieſer Schriftſteller zu finden, und in J. Muͤl— ler's Phyſiologie Th. 1. S. 657. heißt es: „So definitiv nun die Verſchiedenheit der vorderen und hinteren Wurzeln in Hixſicht der ſenſibeln und motoriſchen Eigenſchaften erwieſen iſt, ſo wenig iſt dieſer Unterſchied in Hinſicht der vorderen und hinteren Straͤnge des Ruͤckenmarks erwieſen.“ Bei dieſer Lage der Dinge iſt es mir nuͤtzlich erſchienen, wenn auch nicht das erwähnte Experimentirungsverfahren vollftändig zu verwerfen, ihm wenigſtens einen maͤchtigen Verbuͤndeten zu geben, mittelſt deſſen man unzweideutige und beſtaͤndige Reſultate er- hielte. Nun iſt mir der Galvanismus als eine ſolche ſichere Huͤlfs— macht erſchienen, um auf unſtrittige Weiſe das Geeignetſeyn zu ver— ſchiedentlichen Functionen in den Wurzeln und den verſchiedenen Markbuͤndeln darzuthun. Wenn ſchon Muͤller in derſelben Ab— ſicht dieſes Agens auf die Spinalwurzeln angewendet hat, ſo muß man doch geftehen, daß die Reſultate feiner Verſuche, auf den Menſchen und die hoͤhern Thiere angewendet, weniger uͤberzeugend waren, da einmal er nur niedere Thiere (Froͤſche) wählte und dann hinzufuͤgte, daß er nur ungewſſſe und zweifelhafte Reſultate 4 55 an Thieren der hoͤhern Claſſen erhalten habe. (Dieſes zweite Gitat kann ich in dem deutſchen Originale nicht auffinden und wird alſo hier das Citat nach dem franzöfifchen beigefuͤgt: Physiologie du systeme nerveux. Traduction de Jourdan, pag 86. et suiv.) Bevor ich den Galvanismus auf die Spinalwurzeln und die Markbuͤndel anwendete, um ibre abaefonderten Attributionen (ihr Geeignetſeyn) zu beſtimmen, war mein Raiſonnement folgendes: Niemand kann bezweifeln, daß der n. hypoglossus der Bewegungs⸗ nerv der Zunge und der lingualis der Empfindungsnerv für einen Theil der die Zunge bekleidenden Schleimhaut und fuͤr ihr fleiſchi— ges Gewebe ſey; alſo, wenn, auf der einen Seite, nachdem ich vorläufig die Durchſchneidung dieſer beiden Nerven an einem lebenden oder friſchgetoͤdteten Hunde vorgenommen habe, ich heftige Convulſionen in dem Organe veranlaſſe, indem ich den erſteren galvaniſire, waͤhrend, indem ich auf den zweiten einwirke, ſich davon keine Spur zeigt, und wenn, auf einer andern Seite, indem ich den Galvanismus auf die durchſchnittenen vordern Mus: keln anwende, ich Muskelcontractionen hervorrufe, wahrend dieſe nicht ſtatthaben mit den unter dieſelben Bedingungen verſetzten hintern Wurzeln, ſo ſcheint es rationell, zuzugeben: 1. daß die vordern Wurzeln denſelben Einfluß, wie der hypoglossus, auf die Bewegungen haben; 2. daß die hinteren Wurzeln, den Bewe— gungen fremd, wie der lingualis, wie dieſer, ausſchließlich mit der Senfibilität in Beziehung ſtehen. Dieſe Suppoſition iſt durch die zahlreichen Experimente beſt tigt, deren R ſultate ich ſchon die Eyre gehabt habe, der Academie mitzutheilen. Hiernach nun wurde es wichtig, mittelſt deſſelben Agens, auf die verſchiedenen Bündel des Ruͤckenmarkes einzuwirkenz aber hier war feine Anwendung unendlich zarter und ſchwieriger; denn ich konnte nicht mehr ohne Verſtummelung ſie iſoliren, wie die Spi— nalwurzeln, und man mußte fuͤrchten, daß der Galvanismus von dem hinteren Bündel in das vordere ſeitliche Bundel uͤbergehe, oder daß der durch Marſhall Hall und J. Muͤller ſo gut unterſuchte Neflexzuſtand (état refleetif) des Markes bewir⸗ ke, daß die alleinige Excitation des hinteren Buͤndels ſich auf die Bewegungsnerven reflectire. Man wird weiter unten ſehen, daß gluͤcklicherweiſe meine Befürchtungen ungegrundet waren. Meine Experimente haben mir übrigens gelehrt, daß die Reflex-Thaͤ⸗ tigkeit (action réflexe) des Markes bei erwachſenen Thieren der hoheren Elaſſen weit geringer iſt, als bei denen, die jünger find, oder auf der zoologiſchen Leiter niedriger ſtehen. Ich wählte hinlänglich große Hunde, damit es mir leicht wer— de, die verſchiedenen Buͤndel von einander zu unterſcheiden; dieſe Auswahl iſt von großer Wichtigkeit, denn ich begreife nicht die Moͤglichkeit von dergleichen Experimenten an dem Ruͤckenmarke kleiner Thiere. Neun Hunde wurden dieſem Verſuche geopfert. Folgendes iſt die Procedur, welche ich jedes Mal anwandte: Nach⸗ dem ich die Lendenportion des Ruͤckgrates geoͤffnet hatte, mußte ich den Theil der dura mater ſpalten, welcher die entſprechende Por— tion des Markes bedeckte, und ich überzeugte mich noch (in Gegens wart der genannten Zeugen) von der vollſtaͤndigen Unem— pfindlichkeit des vorderen ſeitlichen Buͤndels und von der lebhaften Empfindlichkeit des hinteren Bündele Dann ſchnitt ich das Rückenmark queer durch und bildete fo von ihm eine Hirn- oder Gentralportion und eine peri— pheriſche Portion. 1. Peripheriſche Portion des Markes. A. Hintere Bündel. Ich applicirte die zwei Pole einer Säule von zwanzig Plattenpaaren zuerſt an ein einzelnes hinteres Bun⸗ del; dann brachte ich den einen Pol an das eine Buͤndel, und den andern an das andere hintere Bündel, und niemals, in beiden Faͤl— len, erregte ich die geringſte Spur von Convulſionen in den hinte— ren Extremitaͤten. B. Vordere Bündel. Dagegen, wenn ich, nach derſelben Verfahrungsweiſe, mit einem einzigen vordern Bündel oder mit beie den zugleich experimentirte, fo erregte ich heftige Muskelbewegun— gen auf der einen Seite, oder auf beiden zugleich. Inzwiſchen er— hielt ich auch mehrere Male, indem ich ein einziges vorderes Bun— del galvanifirte, Contractionen in beiden hinteren Ertremitäten, 56 was ich mir durch Transmiſſion des galvaniſchen Fluidums von einem Buͤndel zum andern, mittelſt der weißen vordern Com— miſſur des Markes erklaͤre. C. Seitliche Bündel. Was die ſeitlichen Bündel an⸗ langt, fo haben fie mir durch den Galvanismus geringere Contrac— tionen gegeben, als die vorderen Bundel, weraus ich annehmen möchte, daß fie wohl andere Functionen als dieſe haben mögen. Ich beſchaftige mich jetzt mit Verſuchen, um tiefes zu erforſchen. 2. Encephaliſche Portion des Rücken mar⸗ kes. A Hintere Bündel. Wenn ich die beiden Pole der Saͤule an die hinteren Buͤndel applicirte, ſo veranlaßte ich heftige Schmerzen, welche das Thier durch lautes Schreien und allgemeine Bewegung der Reaction zu erkennen gab. B. Vordere und ſeitliche Bündel. Wenn ich das vordere oder ſeitliche Bündel galvaniſirte, veranlaßte ich keinen Schmerz und, bemerkenswerther Umſtand, ich beobachtete weder in dem Rumpf, noch in den vorderen Extremitaͤten des Thicres ir— gend eine Contraction. Woraus ſich ergiebt, daß das nervoſe Princip durch den galvaniſchen Reiz in Thätigkeit geſetzt, ſich in den vordern Buͤndeln vom Centrum nach der Peripherie fortbe— wegt, wie in den motoriſchen Nerven, wo dieſes Princip nur in der Richtung der von dieſen hergegebenen Zweigen wirkt und nie in umgekehrter oder zuruͤckgehender Richtung. N Folgerungen. 1. Der Galvanismus, eines Theils, die mechaniſchen Irrita⸗ tionen, andern Theils, dienen dazu, um auf die entſchiedenſte Wei⸗ ſe die ganz verſchiedenen Functionen und Eigenſchaften in den bei— den Arten von Spinalwurzeln und den entſprechenden Ruͤcken— marksbuͤndeln darzuthun. 2. Die vordern Wurzeln und die vordern Markbuͤndel, wel— che gegen mechaniſche Reizung unempfindlich ſind, erregen heftige Zuſammeyziehungen durch den auf ihrem peripheriſchen En— de angebrachten Galvanismus. Dieſe unempfindlichen Theile des Nervenſyſtems ſind ausſchließlich in Beziehung mit der Bewe— gung. 3. Die hinteren Wurzeln und entſprechenden Theile des Markes, welche, mechaniſch gereizt, ſehr empfindlich find, veranlafs fen gar keine Muskelcontractionen, wenn man den Galvanismus auf ihre peripheriſchen Enden einwirken läßt. Die Func— tionen dieſer Wurzeln und dieſer Buͤndel beziehen ſich ausſchließlich auf die Senfivilität und nicht auf die Bewegung. 4. Der Galvanismus kann von dem vordern Bündel auf der einen Seite an das der andern Seite uͤbergehen, vermittelſt der vorderen weißen Commiſſur des Markes; aber bemerkenswerth iſt, daß er niemals von dem hinteren Bündel an das vordere ſeitliche Buͤndel vermittelſt des hinteren Horns grauer Subſtanz, welche dieſe mit verſchiedenen Functionen ausgeſtatteten Bündel vollftänz dig trennt, übergeht. Die graue Subſtanz ſcheint mir ein ſchlech— ter Leiter des Galvanismus, eine Art von iſolirendem Koͤrper; ſie ſcheint vielmehr, wie man es geſagt hat, das nervoͤſe Princip zu erzeugen, welches die weiße Subſtanz zu leiten hätte. 5. Die ſeitlichen Bündel des Ruͤckenmarkes üben auf die Bes wegungen des Gliides einen geringeren Einfluß, als die vorderen Bündel. (Gaz. med, de Paris. 1841. No. 1.) Miscellen. Ueber fliegende Fiſche bemerkt Herr Lay (in The Zoo- logy of Capt Beechey's Voyage to the Pacific and Behring's Strait). Ibre großen Bruſtfloſſen haben in ihrer Structur nichts gemein mit Vogelfluͤgeln und ſind nicht mit ſolchen Muskeln ver— ſehen, welche ihnen die ſchnelle Bewegung aufwärts und abwaͤrts mittheilen koͤnnten, wodurch Fluͤgel die Kraft erhalten, ihre Koͤr⸗ per auf faſt unbeſtimmte Zeit zu tragen und durch die Luͤfte zu bewegen. Der Flug des exocoetus erſcheint im Allgemeinen als 57 eine einzelne Anſtrengung. Mit den auegebreiteten Bruſtfloſſen wird dem Waſſer ein raſcher Schlag gegeben; der fo gegebene Im— puls erhebt den Körper des Fiſches Über die Oberflaͤche, wo er, leicht durch ſeine große Schwimmblaſe und die fallſchirmaͤhnliche Form ſeiner ausgebreiteten Floſſen, waͤhrend einer kurzen Zeit getragen wird; aber er faͤllt bald in's Waſſer und ſinkt, wie andere geſchleuderte Körper, ſchneller, wenn der Winkel, in welchem er ſich erhoben hat, mehr als 40° betragen hat; er faͤllt dann nach dem Geſetze der Schwere und begiebt ſich keineswegs in's Waſſer, weder um ſeine Floſſen anzufeuchten. roch um das Blut in ſeinen Kiemen anzufriſchen. — Den Anſichten des Herrn Lay entgegen, bemerkt Herr Collie: „Nachdem ich wiederholt die fliegenden Fiſche in ihren Erhebungen uͤber die Gipfel der Wellen beobachtet habe, ſtehe ich nicht an, zu behaupten, als eine That— ſache, daß dieſe Fiſche in der That das Vermoͤgen haben, in der Luft ein Wenig ſich ſenken und erheben zu koͤnnen, ohne einen Theil 58 der Oberflache der See zu berühren; daß fie das Vermögen haben, die Richtung ihres Fluges nach einer oder der andern Seite zu verändern, ohne das Waſſer zu berühren, daß fie aber meiftens in einer geraden Linie ihren Flug machen; daß fie in allen Richtun— gen fliegen, — gegen, oder mit und in verſchiedenen Winkeln mit Wind und Wellen, in den meiſten Faͤllen aber gegen beide. Ich konnte nie bemerken, daß fir ihren Bruſtfloſſen eine Auf- und Ab⸗ waͤrtsbewegung mitgetheilt hatten, oder anders ole mit faft unter rechtem Winkel gegen den Körper ausgeſtreckten Floſſen vorwärts hewegt waren. Wenn fie einmal im Fluge find, fo verändern fie ſelten ihre urfprüngliche Richtung, und ihre höhere Erhebung wird nie ſchnell, ſondern allmälig und bis zu einer geringen Höhe bes werkſtelligt.“ Die Chromfäure wird als ein vorzuͤgliches Mittel bei mikroſcopiſchen Unterſuchungen empfehlen ven Ad. Hannover in Muͤller's Archiv 1840. IV. und V. S. 549. An. i E Ueber den nachtheiligen Einfluß der kuͤnſtlichen Beleuchtung auf die Sehkraft, ſo wie einige Mittel, durch weche ſich dieſe Nachtheile vermeiden oder vermindern laſſen. Von James Hunter, M, Dr. (Fortſetzung.) Von den erſten Symptomen des Erkrankens der Netz— baut und des Sehnerven. Kurze Zeit vor der Schwaͤchung der Empfindlichkeit der Netzhaut bemerkt man mehrentheils eine ungewoͤhnliche Reiz— barkeit der Augen in Bezug auf das Licht, die wahrſchein— lich von einer halbacuten Entzuͤndung des Organes herruͤhrt. Licht von gewohnlicher Helle veranlaßt dann eine unange— nehme Empfindung, und wenn der Patient ein Paar Mi— nuten lang unverwandt auf einen maͤßig beleuchteten Ge: genſtand, z. B., in ein gedrucktes Buch, geblickt hat und dann die Augen ſchließt oder das Licht ausloͤſcht, fo erblickt er noch immer ein ziemlich deutliches und etwas verkleiner— tes Bild des Gegenſtandes. Dieſes Bild oder Spectrum, wie man es wonl zu nennen pflegt, kann zwei bis drei Minuten lang ſichtbar bleiben und verſchwindet dann allmaͤ— lig. Sehr oft iſt es, trotz ſeiner Verkleinerung, ungemein deutlich und ſcharf begraͤnzt Gewöhnlich erſcheint es weiß oder gelb, zuweilen roth oder violett, und oft durchläuft es eine Reihe von Farbenveraͤnderungen, ehe es verſchwindet. Es ſcheint 10 bis 15 Zoll weit von den Augen in der Luft zu ſchweben und bewegt ſich in entgegengeſetzter Richtung wie der Augapfel, ſo daß es, wenn der Patient niederwaͤrts ſieht, ſich erhebt, und wenn er die Augen aufwaͤrts dreht, niederſinkt. Es entſteht durch die krankhaft geſteigerte Neizs barkeit der Netzhaut, welche die Eindruͤcke des Lichtes laͤn— ger feſthaͤt, als im gefunden Zuſtande *). *) Unter gewöhnlichen Umſtaͤnden werden die Eindruͤcke des Lich tes noch eine kurze Zeit, nachdem deren Urſache aufgehoͤrt hat, aan een. zaͤhrend dieſes Zuſtandes von krankhaft geſteigerter Em: pfindlichkeit gegen das Licht empfindet man ſehr haͤufig bei Tage ein dun pfes, ſchweres Gefuͤhl in der Stirn, welches eigentlich nicht ſchmerzhaft iſt, aber den Patienten haͤufig veranlaßt, mit der Hand uͤber die Augenbrauen zu fahren. Abends bei'm Leſen oder Schreiben hat man die unange— nehme Empfindung, als ob ſich die Augenhoͤhlen erweiter— ten; die Augen thraͤnen und die Augenlider zucken und ſchwir— ren haͤufig. Ein anderes aͤußerſt conſtantes Symptom in dieſem Stadium der Krankheit ſind helle Blitze und Funken, die man zu ſehen glaubt, wenn man die Augen auch noch ſo ſanft im Dunkeln beruͤhrt oder reibt. Haͤufig findet die— ſes Symptom auch ſtatt ohne daß man die Augen beruͤhrt, und ſehr gewöhnlich tritt es bei'm zu Bette Gehen ein, wenn man zuvor bei kuͤnſtlicher Beleuchtung einige Stun— den lang geleſen, geſchrieben oder genaͤhet hat Wenn dieſe Symptome einige Wochen oder Monate, ja zuweilen uͤber ein Jahr angehalten haben, fo treten durchaus verſchiedene und weit gefaͤhrlichere an deren Stelle, die auf Abſtumpfung der Sehnerven hindeuten. Unter dieſen Symptomen ſind das fruͤheſte: zu wirken, von dem Auge wahrgenommen, was, z. B., durch den bekannten Verſuch bewieſen wird, wo ein am Ende glüs hendes Staͤbchen, das man ſchnell im Kreiſe dreht, einen glu— benden Kreis zu bilden ſcheint. D’Arcy fand, daß das Licht einer gluͤbenden Kohle, welche ſich in der Entfernung von 165 Fuß Schnell durch die Luft bewegte, einen Eindruck auf das Auge hervorbrachte, der 5 Secunde dauerte. Die Ei⸗ genſchaft der Netzhaut, die Eindruͤcke des Lichtes eine Zeit lang feſtzub galten, iſt für den Mechanismus des Geſichts⸗ organes von der boͤchſten Wichtigkeit; denn da die Augenlider ſich zuweilen über der durchſichtigen Hornhaut ſchließen muͤſſen, um kleine Unreinigkeiten wegzun iſchen und die Hornhaut ge⸗ hoͤrig ſchluͤpfrig zu erhalten, fo mußte auf irgend eine Weiſe dafür geſorgt ſeyn, daß die Gegenſtaͤnde, während dieß ges ſchieht, dem Auge nicht ganz verſchwinden, und dieſer Zweck wird durch die geſchwinde Bewegung der Augenlider bei'm Blin⸗ An fo wie durch die erwähnte Eigenſchaft der Netzhaut ers reicht. 69 Fleckenſehen, Mouches volantes, oder Muscae volitantes. Bei mäßiger Tageshelle, gewöhntih bei bewoͤlktem Himmel oder nebeligem Wetter, bemerkt der Patient, wenn er irgend einen Gegenſtand, z. B., einen Bogen Papier, eine weiße Wand oder eine leichte, flockige Wolken anſieht, plötzlich einen kleinen, dunkeln und undeutlichen Flecken, der zwiſchen ihm und dem Gegenſtande in der Lift zu ſchwe— ben ſcheint Will er ihn ſchaͤrfer in die Augen faſſen, ſo verſchwindet er auf der Stelle, und er bemuͤhet ſich vergeb— lich, ihn wieder zu Geſicht zu bekommen. Kurz darauf aber, wo ihm die Sache vielleicht entfallen iſt, erſcheint der Fek— ken einen Augenblick wieder, um eben ſo ſchnell wieder zu verſchwinden. Wenn man dieſen Flecken auf einem weißen Grunde ſieht, ſo erſcheint er gewoͤhnlich beinahe ſchwarz, auf einem orangefarbenen oder gelben Grunde aber ſchmuzig blau oder violet. Weil ſeine Raͤnder verwaſchen ſind, ſo kann man deſſen Form nicht genau beſtimmen; allein faſt immer iſt ſie unregelmaͤßig, ſo daß er ſich wie ein Stuͤck— chen Spinnewebe oder Ruß ausnimmt; viele Patienten ver— gleichen ihn mit einer ſchwarzen Pelzflocke, die vor ihnen in der Luft ſchwebe. Wer die feinen Theilchen von kohli— ger Subſtanz, welche ſich bei dem Anbrennen von Kerzen, deren Dochte mit Terpentinoͤl befeuchtet find, damit ſie ſich leichter an zuͤnden laſſen, in die Luft erheben, genau beobachtet hat, wird von der Form, Groͤße und dem allgemeinen Anſe— hen der Mouches volantes eine deutliche Anſchauung ha— ben. Zu Anfange der Krankheit ſind dieſe Flecken zwar ſehr dunkel gefärbt, aber nicht völlig undurchſichtig, und wenn ſie ſich zwiſchen dem Auge und einem Gegenſtande befinden, ſo kann der letztere, wenngleich ſehr verduͤſtert, durch dieſelben hindurchgeſehen werden In den meiſten Faͤl— len ſieht man zuerſt vor jedem Auge nur eine Mouche, allein ſpaͤter vermehrt ſich deren Zahl, und ſie zeigen ſich oͤft er; ſie werden groͤßer und undurchſichtiger und bleiben weit laͤn— ger ſichtbar, als früher. Okt kommt der Fall vor, daß dieſe Flecken nur vor einem Auge erſcheinen, und wenn dieß ge— ſchieht, ſo zeigen ſie ſich faſt immer vor dem rechten Auge, weil dieſes bei'm Betrachten naher Gegenſtaͤnde und bei'm Leſen und Schreiben am ſtaͤrkſten angeſtrengt wird. Wenn der Pat ent ſolches Fleckenſehen zum erſten Male bemerkt, ſo kann er ſich oft nur ſchwer davon uͤberzeugen, daß es wirklich keine in der Luft ſchwebende, leichte Sub— ſtan; iſt, und gewöhnlich verſucht er, fie mit der Hand wegzutreiben. Dabei drehen ſich ſeine Augaͤpfel, und da der Flecken dadurch augenblicklich verſchwindet, ſo wird man in dem Glauben beſtaͤrkt, daß man nur ein Stuͤckchen Spinn— gewebe oder eine Rußflocke geſehen habe. Nach einiger Zeit wird man aber an dieſer Meinung iıre, weil das Symptom häufig wiederkehrt und nur der Patient die Flecke zu ſehen glaubt. Zuletzt uͤberzeugt er ſich davon, daß er einen Au— genfehler hat, indem er die Bewegungen des Organes und der Flecken vergleicht; denn ſo lange das Auge ſich nicht be— wegt, bleibt auch der Flecken an derſelben Stelle; ſo wie aber jenes ſich dreht, bewegt ſich dieſer in der entgegenge— 60 festen Richtung weg Dreht man den Augapfel langſam aufwärts nach dem Lichte, fo ſinkt der Flecken allmͤlig nie— der, und blickt man dann, wenn der Flecken eben aus dem Geſichtskreiſe verſchwinden will, ploͤtzlich abwärts, fo fliegt der Flecken mit Blitzesſchnelle aufwaͤrts und verſchwindet für dießmal. Der Grand dieſer hoͤchſt merkwuͤrdigen Er— ſcheinung liegt darin, daß kleine Stellen der Netzhaut ge— gen die Einwirkung de Lich tſtrahlen unempfindlich gewor— den ſind, ſo daß zwar durch die ſtrahlenbrechenden Feuch— tigkeiten des Auges noch helle Bilder auf jenen Stellen entſtehen, aber nicht geſehen werden gerade als ob jene Stellen der Netzhaut gar kein Licht empfingen. Da nun aber die Netzhaut einen Theil dee Augapfels bildet und an allen feinen Bewegungen Theil nimmt, fo folgt daraus, daß, wenn die unempfindliche Stelle nicht genau im Mittelpuncte jener Membran liegt, der dunkele Flecken ſich nie in der Seh— axe befindet. So oft man ſich alſo bemuͤht, ihn in dieſe zu bringen, muß der Augapfel bewegt werden, wobei ſich der Flecken in der entgegengeſetzten Richtung bewegen wird, weil ſich der Augapfel wie eine Nuß in ihrer Kapſel dreht. Anfangs bemerkt man dieſe Mouches volantes nur von einer Zeit zur andern, ja oft mit Zwiſchenzeiten von mehreren Tagen und gewöhnlich, wenn an dem vorherge— henden Tage die Augen bei kuͤnſtlichem Lichte vorzuͤglich ſtark angeſtrengt worden ſind Ihre Dauer iſt hoͤchſt voruͤberge— hend, und ſelten bleiben ſie laͤnger als einige Secunden hin— tereinander ſichtbar. Wenn man einen farbigen, zumal ro— then oder orangefarbenen Gegenſtand anblickt, erſcheinen ſie nur ſelten, viel haͤufiger dagegen, wenn die Augen auf eine weiße Oberflaͤche, z. B., einen Bogen Papier, eine Zimmer— decke, eine helle Wolke, gerichtet ſind. An dunſtigen Som— mertagen, wo das Sonnenlicht ſtark, aber durch atmoſphaͤ— riſche Daͤmpfe ſehr zerſtreuet iſt, zeigen ſie ſich vornehmlich gern. In den erſten Stadien der Krankheit bemerkt man die dunkelen Flecke nicht oft bei kuͤnſtlichem Lichte, wenig— ſtens nicht in Fällen, wo die Unempfindlichkeit der Netzhaut gaͤnzlich oder hauptſaͤchlich durch die nachtheilige Einwirkung ſolchen Lichtes verurſacht worden iſt. Wenn der Patient aber in die Flamme einer Kerze oder Lampe blickt, mag ſich nun ein Schirm von Milchglas dazwiſchen befinden oder nicht, ſo kommt es ihm haͤufig vor, als ob eine Anzahl winziger, durchſichtiger Kuͤgelchen, die fi wie Deltröpfchen auf Waſſer ausnehmen und roſenkranzartig aneinanderhaͤn— gen, auf di ſelbe Weiſe, wie die dunkeln Flecken bei Ta— geslicht, langſam durch die Luft ſchwebten. Nach einer gewiſſen Zeit verſchlimmern ſich alle Sym— ptome; die dunkelen Flecken erſcheinen weit haͤufiger in ver— mehrter Anzahl und von größerem Volumen und fließen haͤufig zuſammen, fo daß fie eine große Wolke bilden, welche beſtaͤndig vor den Augen bleibt. Zugleich wird de— ren Dichtheit und Undurchſichtigkeit bedeutend vermehrt, ſo daß ſich die Gegenſtaͤnde, vor denen fie ſich befinden, völlig verdunkeln und der Patient bei'm Leſen oder Schreiben oft ein halbes oder ganzes Wort und zuweilen eine ganze Zeile nicht ſieht, waͤhrend das Papier an der Stelle eine dunkel— purpurrothe oder blaͤuliche Faͤrbung zeigt. An dem Auge 61 ſelbſt, welches früher keine aͤußeren Krankheitsſympteme zeigte, bemerkt man nun gewiſſe Veraͤnderungen. Die Pu— pille iſt nicht mehr genau rund, ſendern viereckig, dreieckig oder unregelmaͤßig geſtaltet und mehrentheils ſehr erweitert. Die Beweglichkeit der Pupille iſt gewohnlich um Vieles ſchwaͤcher geworden, fo daß bei Beſchattung des Auges keine Ausdehnung und bei ſtaͤrkerer Beleuchtung keine Zuſam— menziehung mehr ſtattfinder, und wenn dieſe Bewegungen noch nicht ganz verloren gegangen find, jo geicheben fie doch nur theilweiſe und träge Dennoch iſt von Außen keine Verdunkelung des Auges ſichtbar, da die Pupille ihre ſchwarze Farbe beibehaͤlt. Ein Kenner wird indeß den Man— gel eines eigenthuͤmlichen pechſchwarzen Glanzes wahrneh— men, welcher das geiunde Auge To deutlich characteriſirt, und in den letzten Stadien der nervoͤſen Blindheit, wo die Pupille ſtark erweitert und die Sehkraft ganz erloſchen iſt, iſt dieſes todte, glanzloſe An ehen des Auges fo auffallend, daß es Jedermann bemerkt “). Sobad die Pupille einmal eine unregelmaͤßige Gefta t angenommen hat oder unbeweglich geworden iſt, findet eine bedeutende Schwaͤchung der Sehkraft ſtatt, und alle Gegen— ſtaͤnde erſcheinen, bei natürlicher ſowohl, als bei kuͤnſtlicher Beleuchtung, wie in einem dicken Nebel. Zuweilen zeigt ſich die Luft in ſonderbarer Weiſe funkelnd und wie mit unzaͤh— ligen winzigen Ciyſtallen gefuͤllt, die ſtark glaͤnzen und oft verſchiedene prismatiſche Farben darbieten. Zugleich findet beſtaͤndig ein dumpfer Sch ver; in der Stirn ſtatt, der oft, zumal des Morgens bei'm Aufſtehen, ſehr beftig wird und wenn der Patient irgend einen nahen Gegenſtand ſcharf an— zuſehen verſucht, ſo empfindet er haͤufig in den Augenhoͤh— len ein unertraͤgliches Gefuͤhl, als ob dieſelben ſich erwei— terten. Bei m Fortſchreiten der Krankheit hört aller Schmerz auf. Statt daß vorher, wo die Netzhaut krankhaft gereizt war, ſtarkes Licht eine unangenehme Empfindung erregte, kann daſſelbe jetzt dem Patienten nicht blendend genug ge— boten werden, und er ſucht daſſelbe auf, wie er es fruͤher floh **). *) Bei andern Arten von Blindheit, z. B., dem grauen Staar und andern Krankheiten des zum Darſtellen der Bilder auf der Netzhaut dienenden, Apparats iſt die Pupille oder durchſichtige Hornhaut ſtets undurchſichtig und von weißem, graulichem oder gelblichem Anſehen, während die Netzhaut ihre volle Empfind- lichkeit behaͤlt; denn in dieſen Faͤllen rührt die Blindheit ledig— lich daher, daß das Eindringen der Lichtſtrahlen in den Hin tergrund des Auges verhindert iſt, wahrend bei der nervoͤſen Blindheit das Licht ungehindert bis zur Netzhaut dringt und dort deutliche Bilder veranlaßt, deren Vorhandenſeyn aber wer gen des krankhaften Zuſtandes des ſich in der Netzhaut aus— breitenden Sehnerven nicht bemerkt wird. *) Dieſe Sucht nach intenſivem Lichte, welche das ſpaͤte Sta— dium der nervoͤſen Kindheit ſo ſehr characteriſirt, iſt das ge— rade Gegentheil von Dem, was man bei'm grauen Etaare beobachtet, wo der Patient bei matter Beleuchtung am deut— lichſten ſieyt, da bei dieſer Krankbeit die Lichtſtrahlen auf ih— rem Wege zur Netzhaut einem Hinderniſſe begegnen und folg— lich alle Umſtaͤnde, welche eine Erweiterung der Pupille ver— anlaſſen, dem Sehen foͤrderlich find. Da ſich nun die Pupille erweitert, wenn das Auge beſchattet iſt, ſo bewirken die Pa— 62 Wenn die bier erwähnten Krankheitsurſachen einzuwit— ken fortfahren, ſo erfolgt gaͤnzliche Blindheit. Der Pa— tient kann ſich nicht mehr allein zurecht finden, oder Licht von Dunkelheit unterscheiden, ja zuweilen gerade in die Mittagsſonne blicken, ohne die geringſte Spur von deren Licht zu bemerken. Gewöhnlich hält aber die durch die nach— theilige Einwirkung kuͤnſtlicher Beleuchtung veranlaßte Blind— heit bei einem weniger abſoluten Grade inne, fo daß der Patient zwar ſelbſt die groͤbſte Druckſchrift nicht mehr le— ſen, aber doch ſein eigener Fuͤhrer ſeyn und große Gegen—⸗ ſtaͤnde unterſcheiden kann. Bei vollig ausgebildeter nervo— fer Blindheit gewährt keine Art von Brillen Erleichterung, wogegen bei den gelinderen Formen der Krankheit, vorzuͤglich im Anfangsſtadium, Glaͤſer, welche das Licht auf der ge— laͤhmten Netzhaut concentriren, einige Dienſte leiſten. Zu dieſem Ende bedienen ſich viele Amaurotiſche convexer Brillen— glaͤſer von 7 bis 8, ja zuweilen von nur 4 bis 5 Zell Brennweite, die jedoch nur palliativ wünken und die Sol: kraft noch mehr ſchwaͤchen Ehe Jemand zu einer Brille feine Zuflucht nimmt, muß er unterſuchen eder ſich daruͤber belehren laſſen, ob feine Geſichtsſchwaͤche von einem 3 bir des bildererzeugenden oder de⸗ bilderempfinden⸗ den Apparates ſeiner Augen herruͤhrt. Nur im erſteren Falle können ihm optiſche Inſtrumente ven Nutzen ſeyn, im letzteren aber nur ſchaden, wenngleich ſie ihm Anfangs Erleichterung zu verſchaffen ſcheinen In dieſer Be jehung werden aber täglich die größten Mißgriffe b gangen, und obige Bemerkungen gelten auch von vielen der Faͤlle, wo Leute, die ſich bisher einer Brille von gewiſſer Brennweite bedienten, dieſelbe gegen eine ſtaͤrkere Nummer vertauſchen wollen; denn wiewohl dieß zuweilen noͤthig iſt, fo iſt es dech bei Weitem nicht ſo oft erforderlich, als man glaubt, und ehe man eine ſtaͤrkere Nummer annimmt, hat wan ſich vor als len Dingen davon zu überzeugen, daß die Unzulaͤnglichkeit der bisher gefuͤhrten Brille von einer Veraͤnderung in den ſtrahlenbrechenden Feuchtigkeiten des Auges und nicht von geſchwaͤchter Erregbarkeit des Augennerven herruͤhrt. Vom erſten Auftreten der eben beſchriebenen Krank— heit bis zu deren vollſtaͤndiger Ausbildung koͤnnen, je nach den Umſtaͤnden, ebenſowohl nur wenige Monate als meh— rere Jahre verſtreichen. Im Allgemeinen läßt fi die Re⸗ gel aufſtellen, daß die Symptome der Laͤhmung der Netz⸗ tienten dieß, wenn fie deutlicher fiben wollen, indem ſie die Hand über die Augen halten oder dem Lichte den Rücken zus kebren. Deßhalb ſehen fie auch gegen Sonnenuntergang weft beſſer, als Mittags. Bei ausgebildeter Amauroſe oder nervöfer Blindheit ſieht der Patient dagegen am deuttichſten Vormittags und wenn er das Geſicht dem Lichte zuwendet. Wenn zwei Blinde, von denen der eine mit dem grauen, der andere mit dem ſchwarzen Staare bebaftet iſt, in ein Zimmer treten, ſo kann man nach den bloßen Gebehrden den einen, leicht von dem anderen unterſcheiden. Der, welcher den grauen Staar bat, haͤlt den Kopf geſenkt oder vom Lichte abwärts gekehrt und beſchattet ſich die Augen mit der Hand; der Amaurotiſche dagegen ſieht gerade aus, oder hebt den Kopf ein Wenig nach dem Fenſter zu, ſo daß ſeine Netzhaut die groͤßtmoͤgliche Licht⸗ menge auffangen kann. 63 haut mit beſchleunigter Geſchwindigkeit zunehmen; und wenn die dunkelen Flecken bei kuͤnſtlichem Lichte ſowohl als am Tage geſehen werden, mehrere Minuten nach einander ſichtbar bleiben und ein ſehr dunkeles, undurchſichtiges An— ſehen angenommen haben, ſo ſchreitet die Krankheit ſehr raſch vor, und wenn nicht ſchleunig Mittel angewendet werden, die jene zu hemmen im Stande ſind, ſo tritt un— heilbare Blindheit ein. Manche Perſonen ſind dem nachtheiligen Einfluſſe des kuͤnſtlichen Lichtes vorzugsweiſe unterworfen, und dahin ge⸗ hoͤren vorzuͤglich die Blonden mit grauen oder hellgrauen Augen. Die Amauroſe oder nervoͤſe Blindheit kann auch aus andern Gruͤnden als dem ungehoͤrigen Gebrauche des kuͤnſt— lichen Lichtes entſtehen. Dahin gehoͤren vorzuͤglich Krank— heiten des Gehirns, Herzens, Magens und uterus; Feh— ler in der Diaͤt und Lebensweiſe, z. B., der uͤbermaͤßige Genuß geiſtiger Getraͤnke oder von Tabak und andern nır= cotiſchen Stoffen, und alle dieſe Urſachen koͤnnen einzeln oder zuſammen wirken. Wenn alſo eine Hinneigung zu dieſer Augenkrankheit durch die fortwährend ungehoͤrige Anz wendung kuͤnſtlicher Beleuchtung eingetreten iſt und eine der eben angeführten pathologiſchen Urſachen gleich zeitig ein: wirkt, ſo wird dadurch das Fortſchreiten der Krankheit un— gemein beſchleunigt. Ein ſolches Zuſammenwirken der er— regenden und praͤdisponirenden Urſachen hat der practiſche Arzt zu bemerken ſehr haͤufig Gelegenheit, zumal bei gewiſſen Profeſſioniſten, z. B., den Schneidern, bei de— nen die fortwaͤhrende, heftige Anſtrengung der Augen bei kuͤnſtlichem Lichte zum Erkennen winziger Gegenſtaͤnde die erregende, ſo wie die ſitzende Lebensweiſe die praͤdisponirende Urſache bildet Faſt zwei Dritttheile aller Fille von nervoͤſer Blind— heit kommen bei Perſonen vor, welche ihre Augen ſehr viel bei kuͤnſtli ther Beleuchtung gebrauchen, und namentlich bei Leuten aus folgenden Berufsclaſſen. 1) Gelehrte, Studenten, Comptoiriſten, Abſchreiber, Druckerei Setzer und andere Perſonen, die bei kuͤnſtli— cher Beleuchtung viel leſen und ſchreiben. 2) Schneider, Naͤherinnen und Schuhmacher. Dieſe Leute arbeiten oft bis in die tiefe Nacht hinein und muͤſ— 64 fen ſich, häufiz ſelbſt bei Tage, in den dunkeln, dumpfen und erſtickend heißen Localen, wo ſie ſich aufhalten, kuͤnſt— licher Beleuchtung bedienen. 3) Mechaniker, Emailleurs, Glasblaͤſer und andere Profeſſioniſten, welche der Einwirkung von blendendem Lichte und Hitze zugleich viel und anhaltend ausgeſetzt ſind. Bei Tageloͤhnern und Landleuten, die ihre Augen faſt nie bei kuͤnſtlichem Lichte anſtrengen, kommt der ſchwarze Staar nur ſelten vor, und wenn er ſich bei ihnen zeigt, ſo ruͤhrt er mehrentheils von Unmaͤßigkeit, Krankheit des Gehirns oder Magens, oder von einer vorhergegangenen Verletzung oder Krankheit der andern Theile des Auges her. (Fortſetzung folgt.) ies ee le n. Heilung einer Lähmung des quintus und der Sin⸗ nesnerven derſelben Seite durch Galvanismus von Herrn James. Der Kranke, ein junger Mann, hatte, in Folge einer acht Tage dauernden Neuralgie eine Lähmung ſämmtlicher Aeſte des quintus erfahren, fo daß die conjunctiva, die Naſenſchleim⸗ haut, die Mund- und Trommethoͤhlen Schleimhaut nicht eine Spur von Empfindung zeigten, während auch das Geſicht, das Gehoͤr, der Geruch und der Geſchmack derfelben Seite vollkommen aufge · hoben waren; auch die Muskeln, welche Aeſte des motoriſchen Zweiges erhielten, waren gelaͤhmt; denn der Unterkiefer wurde auf eine ungleiche Weiſe bewegt, und die Kiefer konnten an der kran⸗ ken Seite nicht hinreichend feſt aufeinandergedruͤckt werden. Alle dieſe Functionsſtoͤrungen wichen dem Galvanismus, welcher in einer gro: ßen Anzahl von Sitzungen auf die verſchiedenen leidenden Theile angewendet wurde. Die Sinnesorgane haben zuerſt ihre Senſibili— tät wieder erlangt; die Taſtempfindung wurde zuletzt wiederher⸗ geſtellt. (Gaz. méd. Nr. 43.) Flecke an den Glasphiolen bei Anwendung des Marſhſchen Apparates, welche den Arſenikflecken ganz aͤhn⸗ lich ſchen, hat Hr. Couget in Brüffel bemerkt. Bringt man ein Stuͤck der dortigen Arzeneiflaſchen vor das Loͤthrohr, fo erhält man einen ſolchen Fleck, der an einem anderen Glaſe nicht ent— ſteht; wendet man, ſtatt des Loͤthrohrs, den Marſhſchen Apparat an, und leitet die Hydrogenflamme auf ein Stuͤck Arzeneiflaſche, ſo bekoͤmmt man wieder die Flecken welche auf anderem Glaſe unter gleichen Bedingungen nicht entſtehen. Herr Louget ſchloß dar— aus, daß in dem Glaſe der Arzeneiflaſchen in Brüffel etwas arſe— nige Saͤure enthalten ſey; dieß hat ſich aber durch die Unterſu— chung nicht beſtaͤtigt. Aus den Ann. de la Soc. des sciendes med. de Bruxelles in Gaz. méd. No. 45). rr Bibliographische Neuigkeiten Le livre de la nature ou l'histoire naturelle, la physique et la chimie, présentées à l’esprit et au coeur. Par Cousin Des- préaux. Nouv. edition, entierement refondue etc. Par M. Desdouits. Quatre volumes in 12. Paris 1840. Flora von Shleſien, Preußiſchen und Oeſterreichiſchen Antheils, oder vom oberen Oder- oder Weichſelquellen-Gebiet, mit beſonderer Berückſichtigung der Umgegend von Breslau. Nash natuͤrljchen Familien, mit Hinweiſung auf das Linn é' ſche Spftem, von Friedrich Wimmer ꝛc. Nebſt phytographiſchen Angaben und einer Proſilkarte des Schleſiſchen Gebirgszuges. Breslau ꝛc. 1840. 8. Elémens de Pathologie generale. Par A. F. Chomel etc. ris 1840. 8. Memoire sur une nouvelle methode de traitement du torticollis ancien, présenté a l’acılömie des sciences le 2. Avril 1888. Par le Docteur Jules Guerin, 2. Edition, Paris 1841. 8. Pa- — — — — _ Menue Motizen a us dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medieinalrathe Fror ep zu Weimar, und dem Medieinalratbe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 357. (Nr. 5. des XVII. Bandes.) Januar 1841. Gedruckt im Landes⸗Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. ain Ueber einen Schwamm, welcher ſich in den Au— ſterſchaalen eine Wohnung hoͤhlt, hat Herr Duvernoy in einer Sitzung der Pariſer Acade— mie eine Note vorgeleſen. Alle, welche ſich mit der Na— turgeſchichte der zweiſchaaligen Mollusken beſchaͤftigt haben, haben die ſonderbare Thatſache beobachtet, daß mehrere Ar— ten ihre Wohnung in den unter dem Meerwaſſer gelegenen Kalkfelſen haben, in welchen ſie ſich Canaͤle aushoͤhlen, de— ren Durchmeſſer mit der Groͤße der Muſchelſchaalen in Ver— haͤltniß iſt. So verhält es ſich mit den Lithodomen, Pe⸗ tricolen und Pholaden. Man hat ſich gefragt, durch welche Mittel dieſe Thiere, mit weichem Koͤrper und ohne alle harten Theile außer ih— rer Muſchel, dahin gelangten, ſich in dem Steine ziemlich lange und oft gewundene Gaͤnge zu bereiten? Einige haben fie der mechaniſchen Thaͤtigkeit der Muſchelſchaalen zuge: ſchrieben, und haben ſich von dieſer Erklaͤrung nicht abbrin— gen laſſen, ohngeachtet der großen Duͤnne und Zerbrechlich— keit des ſchneidenden Theils dieſer Schaalenklappen. An— dere haben an die Wirkung eines aufloͤſenden Saftes ge— dacht, der von dem Thiere abgeſondert werde und mittels deſſen es den Kalkſtein erweiche. Als Herr Duvernoy einen Aufenthalt zu Dieppe zur Unterſuchung dieſer Frage benutzen wollte, ſah er zunaͤchſt, daß die Patellen, welche an dem durch die Ebbe entbloͤßten Felſen haften, ſich merklich in ihn einſenken, indem ſie eine mehrere Millimeter tiefe Grube bilden, deren Umfang ſich genau nach dem Umfange der Schaale richtet. Da dieſe oval iſt, ſo muͤßte auch die Grube, wenn das Thier ſie durch ein mechaniſches Reiben mit den Raͤndern der Schaa— len bewirkte, nothwendigerweiſe groͤßere Dimenſionen haben. Denn das Reiben der Schaalen gegen die Flaͤche der Fels— art ſetzte eine Verruͤckung voraus, welche eine groͤßere Ober— flaͤche aushoͤhlen wuͤrde, als eine genau dieſem Schaalen— rande entſprechende. Ebenſo wuͤrde es auch ſchwer ſeyn, zu begreifen, wie die patella es anfange, die Centraltheile der No. 1457. KR u n de. Vertiefung eben ſo gut auszuhoͤhlen, als die dem Muſchel— rande entſprechende. Dieſes Raiſonnement und Beobach— tung, welche Herr Duvernoy angeſtellt hat uͤber die ſon— derbare Erweichung des Steins in dem ganzen Theile ſeiner Oberfläche, der mit dem Thiere in Berührung war, ſcheinen zu beweiſen, daß die Aushoͤhlung des Steins mittels eines ſauren Saftes hervorgebracht werde, der auf den Felſen einwirkt. Dieſer Schluß wird noch mehr beſtaͤrkt durch eine neue Thatſache, welche Herr D. beobachtet hat, weil der Schwamm, welcher ſich Gaͤnge in der Dicke der Auſterſchaa— len aushoͤhlt, keine ſolchen harten Theile zeigt, von denen man annehmen duͤrfte, daß ſie mechaniſch auf die Auſter— ſchaalen einwirken koͤnnten. Wenn man die Schaalen dieſer Auſtern unterſucht, ſo ſieht man, wie an ihrer aͤußern Oberflaͤche Serpulae, kalkar⸗ tige und biegſame Polypen ꝛc. ſich befeſtigen, und in den Theilen, welche von dieſen verſchiedenen Koͤrpern nicht be— deckt find, bemerkt man häufig runde Flecken, welche die Loͤ— cher oder Muͤndungen von Canaͤlen ſind, deren Durchmeſſer von 4 Millimeter bis auf 2 oder 3 Millimeter beträgt. Dieſe Canaͤle dringen in gewundener Richtung in die Dicke der Conchylie; die größten dringen noch tiefer ein und durch— laufen die ganze Dicke der Schaale, bis an die Perlmutter— ſubſtanz ausſchließlich. Dieſe Canaͤle ſind oft zeraͤſtelt, com— municiren durch mehrere Oeffnungen mit der aͤußern Ober: flaͤche der Schaale; einige ſind leer, andere ſind mit einem cylindriſchen Koͤrper ausgefuͤllt, welcher vollſtaͤndig die ganze Höhle einnimmt. Dieſer ſchwammigte Cylinder iſt faſt ganz dicht, gegen die aͤußere Oberflaͤche hin und dehnt ſich und hoͤhlt ſich gegen die innere Oberflaͤche hin aus und wird eine Art von haͤutigem Darm, welcher ſich in die verwickelten Gaͤnge, die eben erwaͤhnt wurden, verlaͤngert und ihre Waͤnde auskleidet. Dieſe Canaͤle, von welchen Herr Duvernoy annimmt, daß ſie von dem Schwamme ſelbſt ausgehoͤhlt ſind, und daß ſie nicht eine von andern Thieren verfertigte und nachher verlaſſene Wohnung ſeyen, welche der Schwamm nur eingenommen habe, — dieſe Canaͤle koͤnnen nicht als 67 das Reſultat einer mechaniſchen Arbeit, ſondern einer chemis ſchen Wirkung angeſehen werden. Die Spongia terebrans, wie Herr D. die von ihm beobachtete Art nennt, gehört der Gruppe der von Blains ville ſogenannten Kalkſchwaͤmme an, d. h., der Gruppe von Schwaͤmmen mit Spitzen von kalkartiger Natur. Ueber die Wirkungsart des Schalles las Herr Shand dem Britiſchen Gelehrtenvereine bei deſſen un: langft zu Glasgow abgehaltener Verſammlung folgenden Auf- ſatz vor: i Fur die Erhaltung und Schaͤrfung des Geſichtsſinnes iſt viel geſchehen, wogegen man vergleichungsweiſe fuͤr das Gehoͤr wenig gethan hat. Rückſichtlich der beſten Einrichtung der größeren Raume und Zimmer im Betreff der acuſtiſchen Wirkung der menſchlichen Rede wiſſen wir ſo wenig Beſtimmtes, daß es faſt lediglich vom Zufalle abhaͤngt, ob ein Gebäude in dieſer Bezie— hung gut ausfaͤllt, und daß man die Untauglichkeit eines ſolchen oft erſt dann entdeckt, wenn es zu ſpaͤt iſt, ihr abzuhelfen. Die Grundſatze, welche der Thaͤtigkeit des Schalles hauptſäch— lich vorſtehen, ſind folgende: 1. Der Schall entſteht mehrentheils in Körpern, die dichter find, als die Luft, durch eine ploͤtzliche Erſchuͤtterung und die Einwirkung eines Körpers auf den andern, und man kann denſelben lediglich als eine Folge verſchiedener Mo— dificationen der Materie betrachten. 2. Schnelle Bewegung be— wirkt, daß die Atome oder Eryſtalle eines feſten Körpers mittelſt ihrer Enden gegeneinanderſtoßen, und bringt auf dieſe Weiſe einen Schall hervor; mag dieſe Wirkung nun durch den urſpruͤnglichen Stoß oder durch Zuruͤckprallen entftanden ſeyn, fo unterliegt fie doch den Geſetzen der Anziehung und Abſtoßung, und ſie kann, ohne daß ihr eine ſchwingende Bewegung vorhergegangen iſt, weder er⸗ zeugt, noch weiter geleitet werden. 3. Da die Atome oder Cry: ſtalle feſter Koͤrper wiederholt ſchwingen und zuletzt in ihre ur— ſprüngliche Lage zurückkehren, fo erzeugen ſie ftärkere und anhal— tendere Toͤne, als Fluͤſſigkeiten, deren Theilchen aneinander vor— beiſtreichen und ihre urfprüngliche relative Stellung nicht wieder annehmen. 4. Da harte Koͤrper den Schall ſchneller fortleiten, als fluſſige, fo thun ſich die Wirkungen des Schalles an ihnen ſchneller kund, als in der Atmoſphare, fo daß ſie dieſe Wirkungen den trägern Leitern, namentlich der Atmoſphaͤre, uͤberliefern. 5. Die Iutenfiät, Dauer und Geſchwindigkeit des Schalles iſt der Dichtheit, Geſtalt und mittlern gegenſeitigen Entfernung der Atome proportional. 6 Da alle tönenden Körper, während ſie den Schall fortleiten oder zuruͤckwerfen, zugleich Schall erzeugen, fo liegt auf der Hand, daß, wenn der letztere ſeinen urfprünglichen Character beibehalten ſoll, der leitende oder zuruckwerfende Koͤr— per in Anſehung des Tactes ſeiner Bewegungen mit dem die Toͤne urſpruͤnglich bildenden Körper uͤbereinſtimmen muß. 7. Da zur Erzeugung und Fortpflanzung des Schalles Schwingungen erfor— derlich ſind, fo muß jeder nichttoͤnende Körper den Schall aus dems ſelben Grunde aufhalten, aus welchem ein ſich drehendes Rad zum Stillſtande gelangt, wenn es mit einem unbeweglichen Körper in Beruͤhrung kommt. 8. Langſamer Druck preßt nur wenige Atome zuſammen, wogegen ein raſcher Stoß durch die ganze Maſſe har— ter Körper Wirkung, Gegenwirkung und Schall hervorruft. 9. Wenn ein feſter Koͤrper ohne ſtarken Stoß ſtark toͤnen ſoll, ſo muß er in einer Richtung von geringer Ausdehnung ſeynz da er in dieſer Richtung am ſtaͤrkſten ſchwingt, weil die Luft mehr nach— giebt, als die feſten Koͤrper. 10. Jede im Zuſtande der Thaͤtig— keit befindliche Art von Materie bietet zwei beſondere Arten von Bewegung, die ſchwirrende oder die zitternde, durch welche alle Atome des Körpers durcheinandergerüttelt werden, und die wellen— foͤrmige oder ſchwingende dar, bei welcher eine gewiſſe Anzahl Atome betheiligt find und die jeden deutlichen Ton in einem Koͤr— per, wie im Ohre, bedingt. Es iſt hoͤchſt wichtig, daß man da— rüber in's Klare komme wie dieſe Bewegungen ſich reguliren laſ— 68 fen, da hiervon die Uebereinſtimmung der zuruͤckgeworfenen Töne mit den urſpruͤnglichen Toͤnen abhängt. 11. Der Hauptunter— ſchied zwiſchen harten feſten Koͤrpern und faſerigen Stoffen liegt darin, daß den letzteren mehr vem adhaͤſiven, als abſtoßenden Elemente inwohnt. Sie muͤſſen mehr in longitudinaler oder ober: flaͤchlicher Richtung ausgedehnt werden, und die Intenſitaͤt des durch ſie erzeugten Schalles haͤngt mehr von der Ausdehnung der Ortsveranderungen ihrer Maſſe, als von der Thaͤtigkeit ihrer Par: tikelchen ab. Aus dieſem Grunde bringen Stein und Holz, als Unterlagen der Eſſenbahnſchienen, eine ganz derſchiedene acuſtiſche Wirkung hervor. 12. Fluſſigkeiten leiten den Schall beſſer, als ſie ihn erzeugen, pflanzen ihn aber nicht ſo ſchnell fort, wie feſte Körper. Jyre Atome oder Beſtandtheile ſtreichen aneinander vor— bei und kehren nicht, wie die der feſten Körper, in ihre urſpruͤng— liche Lage zuruck. Hieraus erklärt ſich, weßhalb der Schall in der atmoſphaͤriſchen Luft ſich nach allen Richtungen verbreitet; fo wie, weßhalb derſelbe Grad von Erſchutterung bei harten, feſten Koͤr— pern einen ftärkern Schall erzeugt, als bei der Atmoſphaͤre, und weshalb bei'm Durchgänge durch jene der urſpruͤngliche Character der Töne weniger verändert wird. 13. Die in der Atmoſphaͤre befindliche Feuchtigkeit äußert auf den Schall einen bedeutenden Einfluß. Die Kraft und Entfernung oder Ausdehnung, in wel— cher der Schall die Luft durchdringt, hängt mehr von der Anord— nung der Partikelchen, als von der in der Luft enthaltenen Feuch— tigkeit ab. So zeigt ſich der Schall intenſiv und pflanzt ſich weit fort, wenn die Luft ſehr kalt iſt, und uͤberhaupt, wenn man Ge— genſtaͤnde auf weite Entfernungen erkennen kann. Dieß laͤßt ſich vorzuͤglich in der heißen Zone beobachten, ſo wie in England in dem Augenblicke, wo die Sonne unter dem Horizonte verſchwin— det; allein wenn die Luft ſich mehr abkuͤhlt und die Feuchtigkeits— blaͤschen groͤßer werden, zeigt ſich dieſe Wirkung in geringerem Grade Daraus folgt naturlich, daß unter ſolchen verſchiedenen Umſtaͤnden der Durchgang des Schalles durch die Luft mehr oder weniger geſchwind ſeyn muß. *) 14. Waſſer leitet den Schall ſchneller und kraͤftiger, als Luft, und fo weit es ſich bisjetzt beur— theilen laͤßt, ſcheint die Leitungsfaͤbigkeit des erſtern um fo volle kommener zu werden, jemehr ſich deſſen Temperatur der des menſch— lichen Koͤrpers naͤhert. Dieß laͤßt ſich in den Fluͤſſen der heißen Zone, ſo wie im menſchtichen Ohre beobachten, wo dieſe Fluͤſſgkeit der einzige mit dem Gehoͤrnerven in Beruͤhrung befindliche Koͤrper iſt, der jenem Nerven den Schall ganz in deſſen urſpruͤnglichem Character zu uͤberliefern hat. 15. Durch die Atmoſphäre allein wird der Schall nur mittelſt eines heftigen Stoßes erzeugt, oder wenn ſich dieſelbe mit einem mehr oder weniger dichten Medium in Berührung befindet. Da der Schall das Reſultat der Thaͤtigkeit der Atome in den Koͤrpern iſt, und da deſſen Grad ſich nach der Adhaͤſionskraft und Abſtoßungskraft dieſer Partikelchen richtet, ſo „) Die unter Nr. 13. aufgeführten Umftände ſcheinen einander zu widerſprechen und bedürfen jedenfalls einer nähern Erklaͤ— rung. Bei ſtrenger Kaͤlte iſt bei heiterm Wetter die Luft durch die Niederſchlagung alles Waſſerdunſtes in feſter Gr ſtalt voͤllig trocken und durchſichtig. In der heißen Zone da— gegen iſt ſie, waͤhrend die Sonne ſich uͤber dem Horizonte be— findet, ebenfalls voͤllig durchſichtig, weil, trotz der außeror— dentlichen Schwaͤngerung der Luft mit Waſſerdunſt, dieſer durch die Hitze vollkommen aufgeloͤſ't und unſichtbar geworden iſt. Zwiſchen dieſen beiden Extremen bedingen das Clima, die Jahres- und Tageszeit eine Menge Zuſtaͤnde der in der Luft enthaltenen Feuchtigkeit, welche in optiſcher und acuſtiſcher Beziehung den verſchiedenartigſten Einfluß aͤußern, und über welche der obige Paragraph eher irre leiten, als Aufſchluß geben kann. Wir ſind nicht vorbereitet, dieſe Materie gruͤnd— lich zu eroͤrtern; allein die Erfahrung lehrt, daß in einer Nebelſchicht der Schall ſich vorzüglich kräftig fortpflanzt, waͤh— rend tiefer Schnee den Schall ſehr abſtumpft, wenngleich ſtrenge Kälte herrſcht; und die An- oder Abweſenheit von Wolken, ſo wie die Hoͤhe derſelben, hat offenbar auf die Art und Ausdehnung der Verbreitung des Schalles den entſchie— denſten Einfluß. D. Ueberſ. 69 kann er ſich in einem lecren Raume oder einem klangloſen Körper nicht erzeugen; allein ein Korper der letztern Art kann, wenn er tine Füſſigkeit cencentrirt und einſchließt, die Thätigkeit und den Schall eine Zeitlang verſtaͤrken, nachdem der Fluſſigkeit ein gewiſ— ſer Stoß ertheilt worden iſt, wie die Geſchwindigkeit eines Waſſer— ſtrems durch deſſen Einſchließung zwiſchen zwei Wände vermehrt wird. Da der Schall nicht nur in jeder andern Susſtanz anders wirkt, ſonde en auch durch jede Veranderung der Oberflache oder in den Partikelchen eines jeden Korpers verändert wird, ſo laſſen ſich den durch ſolche Veränderungen hervorgebrachten Wirkungen keine feſten Graͤnzen anwuſſen. — Es iſt ſchwierig, uͤber die unfichte baren Proceſſe der Natur und Bewegungen, fo wie Einfluͤſſe der Materie, bündige Betrachtungen anzuſtellen. Im gegenwartigen Falle aber werden wir theils durch unſere Sehkraft, theils durch das Gehoͤr eipigermaßen in den Stand geſetzt, die Sache zu beur— theilen. Daß die ſchwirrenden und ſchwingenden Bewegungen nicht nur bei den tönenden Saiten, ſondern überhaupt bei allen Arten von im Zuſtande der Erſchuͤtterung befindlicher Materie vorkom— men, ergiebt ſich aus folgenden Umftänden: 1. Bei einer Saite von gewiſſer Stärke und Spannung iſt die Ausdehnung der Schwin—⸗ gungen der Laͤnge der Saite proportional; jede Schwingung bringt einen deutlichen Ten hervor, deſſen Dauer der Ausdehnung der Schwingung angemeſſen iſt. 2. An den Waͤnden und der Decke eines Zimmers laſſen ſich dieſe Grundſaͤtze der acuſtiſchen Wirkung ebenfals wahrnehmen. Wo irgend eine ausgedehnte Oberfläche vorhanden iſt, ſind die Schwingungen ebenfalls ausgedehnt, und bringen nach dem Maaße ihrer Aus dehnung deutliche Toͤne hervor. Wenn die zurüuͤckgeworfenen Toͤne der menſchlichen Stimme auf dieſe Weiſe eine größere Dauer erhalten, fo trifft der zuruͤckgewor— fene Schall des einen Buchſtaben mit dem urſpruͤnglichen Schalle des darauffolgenden zuſammen, und dieß veranlaßt dieſelbe Verwir— rung, wie wenn ſich eine Sylbe oder ein Wort mit einer andern Sylbe oder einem andern Worte vermengt, da der Ton des einen Buchſtaben von dem eines andern ſo ſehr abweicht, wie der Laut der einen Sylbe ꝛc. von dem einer andern. Dieß iſt eine der vorzuͤg— lichſten Urſachen, weßhalb viele Orte, wo oͤffentliche Reden gehal— ten werden, in acuſtiſcher Beziehung fehlerhaft gebaut find, und es ergiebt ſich hieraus, wie ſehr man fehlgreift, wenn man ſich in dieſer Hinſicht bioß auf die Geſtalt des Zimmers verlaͤßt, ohne da— rauf bedacht zu ſeyn, die Wirkung an den Waͤnden und der Decke, fo wie an jedem den Schall zuruͤckwerfenden Körper im Zimmer zu res guliren, vorzüglich am Glaſe, welches der klangreichſte unter allen iſt. 3. Dieſelben Regeln der Thaͤtigkeit laſſen ſich am Waſſer nachweiſen. Auf dem Occane richtet ſich die Ränge der Wegen nach der Ausdehnung des Waſſers. Wo ſich eine Bucht vorfindet, verlaͤngern ſich die Wellen und der Schall, den dieſe erzeugen. Haͤtte nur die Luftſtroͤmurg auf dieſe Thaͤtigkeit Einfluß, ſo wuͤr— den die Wellen ſich gleichfoͤrmig nach derſelben Richtung bewegen, was jedoch nicht der Fall iſt. 4. Dieſe Grundfäge der Thaͤtig— keit äußern ſich jedoch bei der Luft noch weit ſchaͤrfer, durch welche die Toͤne faft unveraͤndert und gehoͤrig voneinandergeſondert über: liefert werden. Wenn man in dieſem Falle nach der Analogie ur— theilen darf und man zugiebt, daß der Schall nur durch die Ein: wirkung eines Koͤrpers auf den andern erzeugt wird und in dem Augenblicke aufhoͤrt, wo die Körper klanglos werden, fo muͤſſen waͤhrend der ſchwirrenden Bewegung ſphaͤriſche Intervalle der Ruhe vorkommen, durch welche die Toͤne, nach Maaßgabe ihrer urſprünglichen Entſtehung, voneinander getrennt gehalten werden. In den meiſten Fällen urtbeilen wir, als ob die Atmoſphaͤre die Erzeugerin und das einzige Mittel der Fortpflanzung des Schalles ſey, während wir den Eir fluß in fiften Körper auf Zuruͤckwer— fung des Schalles uͤberſehen. Weil in Anſebung gewiſſer Puncte Analogie ſtattfindet, glauben wir, der Schall verhalte ſich in allen Beziehungen wie das Licht, das, gleich der Wärme, immer ſchwaͤ— cher wird, je weiter es ſich verbreitet. Allein von tönenden feſten Koͤrpern, in denen neue Atome zur Mitwirkung gezogen werden, wird der Schall fo lange fortgepflanzt, bis die Thaͤtigkeit dieſer Atome durch die Reibung vernichtet iſt. Wenn das Geläute von einer Thurmglocke dem Ohre mehr aus einer andern Richtung, als aus der des urſpruͤnglichen Schalles zugeht, indem es von den 70 Mauern ferner Gebäude zuruͤckgeworfen wird, ſo bringt die gegen dieſe Mauern antreibende in zitternder Bewegung befindliche Luft Millionen neuer Ateme in Thätigkeit, und folglich werden in einer verſchicdenen Richtung neue Tone gebildet. Da ich mich jedoch zus nachſt mit der beſten acuſtiſchen Einrichtung von Gemachern in Betreff der menſchlichen Rede beſchaͤftige, fo wende ich mich ale: bald zu den auf dieſen Gegenſtand bezuͤglichen Umftänden, Perſonen die fo harthoͤrig find, daß fir einen tauſendſtimmi— gen Kirchengeſang nicht vernehmen, hören die Melodie deutlich und konnen mitſingen, wenn fie das eine Ende kines gabelförmigen Stuͤckes Helz an die Zähne und das andere Ende an die Kante des Kirchenſtuhles anlegen. Hier kommt aber nicht nur die tbeil— weiſe Einwirkung dieſes Holzes in Betracht; denn durch die Ver— breitung der Luftſchwingungen wird jedes Atom jedes feſten Koͤr— pers in der Kirche durch die Stimme erſchuͤttert, welche ſich durch dieſe feſten Körper ſchneller und kraͤftiger vertheilt, als durch die Luft, welche nicht im Stande iſt, daſſeibe Maaß der Schwingungen jedem beliebigen Puncte mitzutheilen. Es ergiebt ſich daraus fer— ner, daß das Holz, als der ſchnellere und intenſivere Leiter, am geſchwindeſten in Bewegung geſetzt wird und der Luft im eingeſchtoſ⸗ feinen Raume die Bewegung und den Ton mittheilt. Verhaͤlt ſich dieß ſo, dann ſieht man ohne Weiteres, wie irrig die Anſicht iſt, daß ſich die Rede innerhalb der Waͤnde eines Zimmers reguliren laſſe, ohne daß man die Einwirkung der feſten Koͤrper regulirt, welche in dieſem Falle einen uͤberwiegenden Einfluß aͤußern. Wenn die Holzfaſer in den Wandungen eines Stetheſceps vom Schalle ſtaͤrker betheiligt wird, als die darin befindliche Luft, fo gilt dieß auch gewiß von einer Kirche, wo die Sitze und die Bekleidung der Waͤnde, in der Regel, von Fichten- oder Tannenholze ſind. In der Albionkirche zu Glasgow läßt ſich, z. B., die mit dem articulirten Tone der Stimme uͤbereinſtimmende kurze Schwingung, fo wie auf der andern Seite die lange dauernde Schwingung, welche durch Dehnung der Toͤne die Articulation überholt, beobachten. Als ich einſt bei gedraͤngt voller Kirche eine Predigt dort mit anhoͤrte, ſaß ich am Ende einer Gallerie in der groͤßtmeglichen Entfernung von der Kanzel. Ich hoͤrte den Redner vollkommen deutlich, wenn ſeine Stimme die natuͤrliche Stärke hatte, da dieſelbe dann meiſt von den Wänden der Kirche zurückgeworfen wurde, welche aus maſſivem Mauerwerke beſtehen; allein wenn er die Stimme ver— ſtaͤrkte, fo daß fie mit größerer Kraft gegen die Decke anprallte, fo brachten die ausgedehntern Schwingungen der damals gewoͤlbten Decken einen verlängerten Widerhall hervor, fo daß man den Red: ner nicht mehr verſtehen konnte. In der St Andreas Kirche laſ— fen fi auf den Gallericen und unten im Schiffe ganz andere Wir— kungen wahrnehmen. In den Gallırieın find die Decken niedrig und gewölbt, und die gegen das Gewölbe antreibende Stimme ver- anlaßt einen gedehnten und concentrirten (ſcharfen) Widerhall (wie dieß in allen ähnlichen Fällen bemerkbar ift), welcher dem Ver: ſtaͤndniß der Rede aͤußerſt hinderlich iſt. Die Fenſter werden von der Stimme ſtark getroffen, und die Scheidewaͤnde der Sitze ers beben ſich zu bedeutend uͤbereinander, und dieß Alles veranlaßt ein laͤrger dauerndes Zuruͤckwerfen des Schalles, fo daß die dortigen Umftände in acuſtiſcher Hinſicht hoͤchſt nachtheilig wirken. Die Hervorragungen, welche die Verzierungen an den Waͤnden und den Capitaͤlern der beiden Reihen von Corinthiſchen Säulen darbieten, veranlaſſen einen harten, unangenehmen Widerhall. Alle dieſe Nachtheile finden jedoch in dem niedrigern Theile des Gebaͤudes in ſehr geringem Maaße ſtatt, fo daß man dort den Prediger ziemlich gut verſteht Ich will nun auf die Fehler zweier andern Kirchen aufmerk⸗ ſam machen, naͤmlich der Kirche des Dr. Lee in St. Giles zu Edinburgh und der St. Lucaskirche zu Liverpool. In der erſtern hielt die Generalverſammlung (der Schottiſchen Geiſtlichkeit) ihre Zuſammenkuͤnfte, mußte aber einen andern Verſammlungsort wäh: len. Das Schiff dieſer Kirche bat eine bedeutende Länge, iſt aber ſchmal, und da die Mauern tief und nahe bei einander ſind, ſo wirken die ſchwirrenden und ſchwingenden Bewegungen ſtark auf die Stimme des Redners ein. In dieſen Seitenmauern befinden ſich einander gegenüber große gothiſche Fenſter, und zwiſchen dieſen muͤſſen die Echos gewaltig hin 92 wiederſpringen. Wenige Fuß * 71 hinter der Kanzel iſt ein großes Fenſter und ein ſenkrechtes Schalls oret parallel mit dem Hintertheile der Kanzel, während die Nis ſche, in der ſich die Kanzel in der einen Wand des Kirchenſchiffs befindet, uber 4 Fuß hoch mit Bohlen ausgeſchlagen iſt. Die hol⸗ zernen Fußboden ſind mehrentheils unterhalb hohl und gewölbt, und die Scheidewände der Sitze ſtehen mit den untern Rändern auf dieſen hohlen Fußboden, ſo daß dieſer große Apparat von Glasfenſtern und dünnen Holzbekleidungen gleichſam vom Baumei⸗ ſter darauf berechnet worden iſt, ſo viel als mög:ich ſchwirrende Thätigkeit und folglich Widerhall zu erzeugen. Dieſe Wirkung wird denn auch in dem Grade erreicht, daß man den Prediger auf die Entfernung von 20 Fuß nur hochſt undeutlich verſteht, und zwei Gallerieen an den Enden der Kirche, als ganzeich unbrauchbar, verſchloſſen ſind. In der St. Lucaskirche zu Liverpool erzeugen ahnliche Urſachen ahnliche Wirkungen. Hier iſt eine bewegliche Kanzel angebracht, ſo daß man den Prediger von einer Stelle zur andern fahren kann. Allein ſelbſt an dieſem Fuhrwerke befindet ſich ein großer acuſtiſcher Fehler, welcher den Redner überall bes gleitet. Das Dach uͤber der Kanzel iſt eine tiefe Kuppel von dünnen Tannenbretern, eine wahre Trommel, wovon man ſich überzeugen kann, wenn man mit dem Knoͤchel eines Fingers daran klopft; und durch ſie werden tiefe, hohle Tone erzeugt, welche die Stimme des Redners ſchraͤg treffen und hochſt nachtheilig auf dies ſelbe wirken. Am meiſten wird deren Verworrenheit aber durch die Fenſter mit in Metall gefaßten großen Scheiben veranlaßt, da Metall und Glas in iorer cryſtalliniſchen Structur mehr mit ein⸗ ander uͤbereinſtimmen, als Holz und Glas, und daher zuſammen weit ftärker tonen. Die Scheidewaͤnde der Sitze ruhen auf poroͤ— ſem Tuffſteine, und die Grundmauern des Gebäudes beſtebhen wahr— ſcheinlich aus dem in der dortigen Gegend gewohnlich angewandten Sandſteine, welche beiden Materialien das Klingen der übrigen mit ihnen in Verbindung ſtehenden Körper nur vermehren konnen. Der Chor der Kirche iſt weit ſchmaͤler als das Schiff, weßhalb dort die Fenſter naͤher bei einander und bei dem am Communiontiſche fungirenden Geiſtlichen ſich befinden, daher der Widerhall von den Fenſtern fo ſtark iſt, daß die Leute im Schiffe den Geiſtlichen nicht verfteben koͤnnen. Nicht durch Vervielfäitigung und Verſtaͤrkung des Widerhalls, ſondern dadurch, daß man die Wirkung der den Schall zurückwerfenden benachbarten feſten Körper mit dem Mer chanismus der Rede in gleichmäßigen Takt und Einklang bringt, und ſo den Widerhall mit jedem vom Redner articulirten Buch— ſtaben harmoniren läßt, begunſtigt man die acuſtiſche Wirkung der Stimme; und zu dieſem Ende hat man darauf zu ſehen, daß je— der beſondere Widerhall von den Fenſtern, duͤnnen Tannenbretern ꝛc. nicht länger dauere, als der Redner zum Articuliren des urſprüng— lichen Lautes Zeit verwendet. Dieſer einfache Zweck muß erreicht werden; ſonſt kann keine Form der Waͤnde eines zu oͤffentlichen Re— den beſtimmten Gebaͤudes das gewaͤhren, was zur acuſtiſchen Wir— kung der menſchlichen Rede erforderlich iſt. Allerdings heißt es in dem neulich erſchienenen Berichte einer zur Unterſuchung der in acuſtiſcher Beziehung angemeſſenſten Formen von Gebaͤuden ꝛc. nie— 72 dergeſetzten Commeſſion des Unterhaufes, der zur Verdeutlichung der menſchlichen Rede erforderliche Widerhall muſſe von einer Ober— flache ausgehen, die fo viel moͤglich die Eigenſchaften eines Cla— vier: Refonanzbodens beſitze; allein dieſe Einrichtung ſcheint mir die allerunzweckmaͤßigſte. Sie iſt diejenige, welche die Kuppel oder Trommel uber der beweglichen Kanzel in der St. Lucaskirche zu Liverpool hat, uno wirkt hier um ſo nachtheiliger, da der dadurch erzeugte gedehnte Widerhall die meiſt in horizontaler Richtung ftrei: chende Stimme ſchrag trifft und verworren macht. Allerdings iſt die Verkürzung der von den Wänden, Decken und Fenſtern oͤffent— licher Gebäude zuruͤckgeworfenen Schwingungen nicht der einzige Punct, den man in Betreff der acuſtiſchen Wirkung der Rede zu beruͤckſichtigen hat; allein ohne deſſen Beruckſichtigung wird man nicht vermögen, das gute Verſtehen der Rede in von Wänden eins geſchloſſenen Raͤumen irgend wirkſam zu beguͤnſtigen. Miscellen. Die Maſſe von laͤſtigen Inſecten in Oſtindien wird von Mrs. Ashmole in ihrem Narrative of a Three months March in India; and a Residence in the Daab. By the Wite of an Officer in the Sixteenth foot ete. London 1840. 8. u. a. bei der Beſchreibung einer Indiſchen Mittagstafel folgenderma— ßen geſchildert: „Auf jedem Weinglaſe oder Pokale iſt ein Deckel gegen fliegende Inſecten. Ich habe geſehen, wie eine Tafel mit kleinen braunen Grashuͤpfern oder vielmehr Heimchen ſo bedeckt war, daß, an dieſen Andlick nicht gewöhnt, es ſchwer war, irgend etwas zu berühren, indem der Teller augenblicklich von ihnen eins genommen war und ihre Bewegungen viel zu ſchnell waren, als daß man danach ſich haͤtte richten koͤnnen. Zuweilen wird die Leuchtfliege (Fire- y) dem Neuankömmling einiges Erſchrecken vers urſachen, wenn ihre helle, Eoblenartige Gluth in den Falten eines feinen Mouſſelinkleides entdeckt wird; aber zur Zeit, wenn die weis ßen Ameiſen ihre Flügel erhalten und durch die Lichter angezogen werden, kann es nichts Laͤſtigeres geben, als ihr Eindringen. Die fliegenden Wanzen find ebenfalls abſcheuerregende Gegenſtaͤnde, for wohl in Zimmern, als in freier Luft. Ihr Geruch iſt hoͤchſt wi— derlich, und wenn zufaͤllig eine in einem Taſchentuche oder einem Theile des Anzugs gequetſcht wird, iſt der Geſtank kaum zu ver— tilgen. Bei'm Spatzierenfahren geſchieht es leicht, daß ſie in die Haare gelangen, und etwas Unerträglicheres giebt es kaum!“ In Beziehung auf das Gefrieren des Waſſers theilte Herr Auguſt in der Geſellſchaft naturforſchender Freun— de in Berlin am 19ten Januar die Wahrnehmung mit, daß das Waſſer, welches durch Auskochen von abſorbirter Luft moͤglichſt be— freit iſt, in einer hermetiſch verſchloſſenen Röhre, bei - 10° R., ſelbſt unter lebhafter Erſchuͤtterung, nicht zum Gefrieren kommt. Necrolog. — Der verdiente Profeſſor der Naturgeſchichte zu Genua, Domenico Viviani, iſt am 15 Februar 1840 das felbſt geſtorben. (Er war im Juli 1772 geboren.) Hei Ueber den nachtheiligen Einfluß der kuͤnſtlichen Beleuchtung auf die Sehkraft, ſo wie einige Mit— tel, durch welche ſich dieſe Nachtheile vermeiden oder vermindern laſſen. Von James Hunter, M. Dr. (Fortſetzung.) II. Ueber die Urſachen der ſchaͤdlichen Einwirkung des kuͤnſtlichen Lichtes. Verſchiedene krankmachende Urſachen, die entweder auf das Geſichtsorgan ſelbſt oder auf andere Organe einwirken, Lk u en de. welche mit jenem durch Nachbarſchaft der Lage oder beſon— dere ſympathiſche Beziehungen zuſammenhaͤngen, koͤnnen an der Erkrankung der nervoͤſen Organe des Auges und der dadurch erfolgten Schwaͤchung der Sehkraft Schuld ſeyn. Dieſe Zuſtaͤnde nennt man die naͤchſten oder pathologi— ſchen Urſachen, um fie von den aͤußeren oder ſichtbaren Agentien zu unterſcheiden, welche man in der mediciniſchen Terminologie die entfernten Urſachen nennt. Die hauptſaͤchlichſten naͤchſten oder pathologiſchen Urs ſachen des ſchwarzen Staares ſind: 1) Krankheiten der Netzhaut, d. h., der napffoͤrmi⸗ gen Ausbreitung des Endes des Sehnerven, welche den 73 Hintergrund des Auges auskleidet und auf welcher fich die Bilder der aͤußeren Gegenſtaͤnde in derſelben Art darſtellen, wie auf der concaven weißen Tafel einer Camera ob- scura. 2) Krankhafter Zuſtand der Sehnerven, welche von der Netzhaut ruͤckwaͤrts nach dem Gehirne ſtreichen, oder des Gehirns ſelbſt. 3) Krankhafte oder eigenthuͤmliche Zuſtaͤnde des Or— ganismus, welche auf die Netzhaut und die Sehnerven ſym— pathiſch einwirken, namentlich Störungen im Verdauungs— oder uterus-Syſteme, Gemuͤthskrankheiten, Verletzung ge— wiſſer Geſichtsnerven und allgemeine Schwaͤche. 4) Vorhergehende oder gleich zeitige, krankhafte Zuſtaͤnde der uͤbrigen Theile des Auges, welche direct einwirken koͤn— nen, indem ſie ſich uͤber die Netzhaut verbreiten und dieſelbe zur Mitleidenheit ziehen, oder letztere indirect betheiligen, indem ſie die Erzeugung deutlicher Bilder hindern und den Patienten zur Anwendung eines ſehr intenſiven Lichtes noͤthigen. Zunaͤchſt werden wir zeigen, daß die ungeeignete An— wendung kuͤnſtlicher Beleuchtung die erſte, zweite und vierte dieſer naͤchſten Urſachen der Geſichtsſchwaͤche umfaßt. Um dieß zu verſtehen, muͤſſen wir den Unterſchied in der allge— meinen Beſchaffenheit und den Eigenſchaften des natuͤrlichen und kuͤnſtlichen Lichtes naͤher auseinanderſetzen. Von der Beſchaffenheit und den allgemeinen Eigenſchaf— ten des Lichtes. Ueber die unmittelbare Urſache des Sonnenlichtes iſt den Natu:forftern nichts Sicheres bekannt. Manche neh— men an, es ruͤhre ven einem electriſchen oder phosphoresci— tenden Zuſtande der Sonnenatmoſphaͤre her; Andere ſind der Meinung, es entſtehe durch den Brand des feſten Son— nenkoͤrpers ſelbſt. Das von Kerzen, Lampen, Gasbren— nern u. ſ. w. erhaltene Licht wird durch das heftige Gluͤ— hen oder Brennen zahlreicher, winziger Kohlentheilchen her— vorgebracht, welche ſich in aͤußerſt fein zertheiltem Zuſtande in die Flamme verfluͤchtigen. Wenn irgend ein gewoͤhnli— cher brennbarer Stoff, als Holz, Papier, Oel oder Talg, ange zuͤndet wird, fo zerſetzt er ſich, und feine Beſtandtheile werden in ein Gas oder einen Dunſt aufgelöj’t, den man Kohlenwaſſerſtoffgas nennt. Dieses Gas beſteht aus einer gewiſſen Menge Kohlen: ſtoffgas, der in Waſſerſtoff oder einfacher brennbarer Luft aus- geloͤſ't iſt. Wenn man daher fagt, ein gewöhnlicher brenn— barer Stoff, z. B., Oel oder Talg, verbrenne, ſo iſt in chemiſcher Beziehung der Ausdruck nicht paſſend; denn nicht der Stoff verbrennt. ſondern das durch deſſen Zerſetzung vermittels der Erhitzung gebildete Gas *). Das erhitzte Koh⸗ * ) Dies laͤßzt ſich leicht darthun, wenn man ein ſtark brennen⸗ des Wachslicht ausbläf’t und gleich darauf die Flamme eines anderen daruͤberhalt. Man wird dann ſehen, daß der Rauch oder das Gas, welche ſich von dem glühenden Dochte erheben, deſſen Hitze das Wachs der Kerze zu zerſetzen fortfaͤhrt, und nicht das Wachs ſelbſt Feuer fängt, Sowohl bei Kerzen als 74 lenwaſſerſtoffgas faͤngt Feuer und wird ſeinerſeits zerſetzt. Das Waſſerſtoffgas deſſelben verbindet ſich mit einem Theile der atmoſphaͤriſchen Luft zu Dampf, und in demſelben Aus genblicke wird der Kohlenſtoff in der Flamme niedergeſchla— gen, wo er ſich mit einem andern Theile der atmoſphaͤri— ſchen Luft zu kohlenſaurem Gaſe vereinigt. Die auf ihrem Wege durch die Flamme niedergeſchlagenen Kohlenſtofftheil— chen werden ſtark erhitzt, gerathen in Schwingung und er— zeugen Licht. Dieſelben Erſcheinungen finden bei'm Ver— brennen von Steinkohlengas oder Oelgas ſtatt, welche aus Kohlenſtoff und Waſſerſtoffgas zuſammengeſetzt find, und der Proceß iſt nur inſofern verſchieden, als die zum Aus— ziehen des Leuchtgaſes aus dem brennbaren Stoffe erforder— liche Waͤrme in dem letzteren Falle vorher in einer eigenen Gasmanufactur zur Anwendung gebracht wird. Man ſieht auf dieſe Weiſe, daß alle gebraͤuchlichen Arten von kuͤnſtlichem Lichte, moͤgen dieſelben nun durch die Verbrennung von feſten, flüffigen oder gasfoͤrmigen Stoffen herruͤhren, im Grunde genommen, aus derſelben Quelle ſtammen, naͤmlich durch die Verbrennung von Koblenwaſ— ſerſtoffgas und das dabei vorkommende Fällen und Gluͤ— hen des darin enthaltenen Kohlenſtoffes entſtehen. Das fo erhaltene iſt aber in vielen Beziehungen, und vorzuͤglich in Anſehung der Verhaͤltnißtheile der daſſelbe bildenden Strah— len, von dem der Sonne ſehr verſchieden. Sir Ifaac Newton ermittelte zuerſt, daß das Sons nenlicht aus mehreren Strahlen von verſchiedener Farbe zu— ſammengeſetzt ſey, die, in gewiſſen Verhaͤltnißtheilen ver— bunden, weißes Licht erzeugen. Mittels eines Glasprisma zerlegte er einen weißen Lichtſtrahl in Strahlen von ſieben verſchiedenen Farben, welche man die prismatiſchen oder Re— genbogenfarben nennt und die bekanntlich Roth, Orange, Gelb, Grin, Blau, Indigo und Violet find. Durch eis nen anderen Verſuch wies Newton nach, daß dieſe farbi— gen Strahlen in ihrer Wiedervereinigung weißes Licht bil— den, und ſo demonſtrirte er ſeine große Entdeckung von der zuſammengeſetzten Natur des Lichtes auf zweifache Art. Neuere Verſuche haben gezeigt, daß es eigentlich nur drei einfache Farben giebt, naͤmlich Roth, Gelb und Blau; das Orange iſt eine Miſchung von Gelb und Roth, das Gruͤn von Gelb und Blau, und Indigo und Violet entſte— hen durch die Vert indung verſchiedener Verhaͤltnißtheile von Blau und Roth ). Wenn blaue, rothe und gelbe Pulver zuſammengemiſcht werden, oder man den Kranz eines Rades mit dieſen drei Farben, jede in gehoͤrigem Verhaͤltniſſe, bes malt und das Rad dann ſchnell dreht, ſo erſcheint die Ge⸗ ſammtfarbe ziemlich weiß und nur deßhalb nicht reinweiß, Lampen, dient der Docht zum Heraufziehen des geſchmolzenen Oeles, welches durch die Beruͤhrung mit der Flamme in Gas aufgelöft wird. Daß der Docht ſelbſt brenne, iſt durchaus nicht weſentlich noͤthig, indem er bei manchen Lampen aus eis, nem unverbrennlichen Stoffe, z. B., Asbeſt oder feinem Sil berdrahte, beſteht. *) Dr. Milner, ſ. Clark's Landscape Painting 1816. Dr. R. Hay, Laws of Harmonious Colouring 1828. Breuster in den Edinb. Philos. Transactions, 1881. 9 weil es unmöglich iſt, ſich materielle Farben von derſelben Reinheit zu verſchaffen, wie die der Sonnenſtrahlen. Ein Strahl des gewöhnlichen Taz eslichtes iſt aus ro— then, gelben und blauen Strahlen zuſammengeſetzt. Aus Field's Virſuchen ergiebt ſich, daß die ſe Farben in fol— gendem Verhaͤltniſſe darin gemiſcht ſind: Roth 5, Gelb 3, Blu 8) Wenn obige Verhaͤltnißtheile nicht dieſelben bleiben, wie dieß, z. B., bei'm gewoͤhnlichen kuͤnſtlichen Lichte der Fall iſt, To iſt die Zuſammenſetzung nicht rein weiß, ſondern ſticht mehr oder weniger in die Farbe, welche im Ueberſchuſſe vorhanden iſt. Wenn die in der gewoͤhnli— chen Flamme niedergeſchlagene Kohle nicht ſehr ſtark erhitzt it, fo erſcheint das Licht derſelben roth; bei einer böheren Temperatur iſt es Orange oder Gelb; bei einer noch hoͤhe— ren entwickeln ſich die blauen Strahlen in groͤßerer Menge, und das Licht wird um Vieles weißer. Bei einer gewoͤhn— lchen rauchenden Flamme ſind viele Kohlentheilchen roth— gluͤhend; bei Anwendung eines Schlotes, z. B., der Glas— roͤhre einer argandiſchen Lampe, erhoͤht ſich die Temperatur der Flamme, der Rauch wird verbrannt und das Licht viel weißer und reiner. Laͤßt man Sau rſtoffgas zu der Flamme treten, wie dieß bei dem ſpaͤter zu beſchreibenden Bude'ſchen Lichte geſchieht, ſo erhoͤht ſich die Temperatur der Kohlen theilchen ſehr bedeutend; es wird eine groͤßere Menge von kleinen Strahlen gebildet, und es entſteht ein ſchoͤnes, beinahe reinweißes Licht. Zur Entwickelung der zum Neutraliſi— ren der gelsen und rothen Strahlen fo hoͤchſt noͤthigen blauen iſt erforderlich, daß die in der Flamme befindlichen Kohlentheilchen ſehr heftig gluͤhen, indem die Schwingun— gen des blauen Lichtes weit geſchwinder ſind, als die des rothen und gelben. Licht und Hitze ſteigern ſich jedoch nicht immer in g eichem Verhaͤltniſſe; denn durch eine angemeſſene Einrichtung laͤßt ſich auch bei einer geringeren Hitze ein ſtarkeres Licht erzeugen, fo daß eine Flamme, die nur noch ein Mal ſo heiß iſt, als eine andere, 4 Mal mehr Licht giebt, als die letztere. Bei dem gewoͤhnlichen kuͤnſtlichen Lichte ſind immer die rothen und gelben Strahlen im Ueberſchuſſe vorbanden da: her es mehr oder weniger orangefarben oder gelb ausſieht, je nachdem die Einrichtung des Brennapparates und die brennbaren Stoffe beſchaffen ſind Das reinſte gewöhnliche kuͤnſtliche Licht wird von verſchiedenen Brennſtoffen erhal— ten, die wir hier nach der Ordnung ihrer Guͤte anfuͤhren: Oelgas, Naptha, Spermoͤl, Steinkohlengas von der beſten Parrotkoble, Wachs, Spermaceti (Wallrath', Stearinlichte, Pflanzenöl, gegoſſene Talglichte, Steinkoblengas von gerin— geren Steinkohlen, wie ſie in London uͤblich ſind, ungerei— nigter Thran, gezogene Tal lichte. Wegen der im gewoͤhnlichen kuͤnſtlichen Lichte im Ueber— ſchuſſe vorhandenen rothen und gelben Strahlen nehmen ſich die Farben bei kuͤnſtlicher Beleuchtung ganz anders aus, als bei Tageslicht, welches einen groͤßeren Verhaͤltnißtheil blauer ) Chromatography, by George Field, London 1835. S. die im Verlage des L. J. Comptoirs zu Weimar erſchienene Ueberſetzung dieſes Werkes. — U 76 Strahlen enthält, Grün erſcheint gelblich und Blau gruͤn— lich, Dunkelblau purpurroth und faſt ſchwarz; Orange wird um Vieles heller; Gelb erſcheint weiß, weil kein wirkliches weißes Licht vorhanden iſt, gegen welches es abſtechen koͤnn— te, und Roth nimmt wegen des uͤberſchuͤſſigen Gelbes eine braͤunliche Faͤrbung an. Zugleich werden alle Farben, Orange ausgenommen, bei kuͤnſtlicher Beleuchtung um Vie— les matter und viele dunkele Farbentoͤne ganz ſchwarz und duͤſter, weil durchaus kein reines weißes Licht von ih— rer Oberfläche zuruͤckgeſtrahlt wird, wie bei der natürlichen Tagesbeleuchtung, welche ſelbſt den ernſteſten Farden Durch— ſichtigkeit und Reinheit verleiht Um die wahre Farbe des kuͤnſtlichen Lichtes zu er— kennen, muß man daſſelbe mit dem Tageslichte contraſti— ren, indem es ſonſt weit weißer erſcheint, als es wirklich iſt. Bei dieſem Verſuche muß man ſich davor huͤten, daß die Strahlen des einen Echtes ſich nicht mit denen des an— dern kreuzen und dieſelben neutraliſiren. Dieß laͤßt ſich ers reichen, indem man ein brennendes Licht in einen Kaſten ſtellt, in deſſen eine Wand ein rundes Loch geſchnitten ift, ſo daß die durch letzteres herausſtreichenden Strahlen einen beleuchteten Kreis auf einem Bogen weißen Papiers bilden. Einen zweiten leuchtenden Kreis laͤßt man durch ein Buͤn— del Tageslichtſtrahlen auf einem anderen Theile deſſelben Papierbogens bilden, indem man in einem geſchloſſenen Fenſterladen ein Loch anbringt Auf dieſe Weiſe verglichen, werden die beiden Arten von Licht eine auffallende Verſchie— denheit darbieten. Wie kommt es nun, daß die im kuͤnſtlichen Lichte im Ueberſchuß enthaltenen rothen und gelben Strahlen auf die Sehnerven ſo boͤchſt ſchaͤdlich wirken? Wenn die Netzhaut von Licht beſtrahlt wird, welches nicht reinweiß iſt, ſondern einen Ueberſchuß von rothen und gelben Strahlen enthaͤlt, ſo wird dieſe Membran ungleich gereizt und gegen die im Ueberſchuſſe vorhandenen Strahlen unempfindlich, ſo daß, wenn fie ſpaͤter das Bild eines weißen Gegenſtandes bei Tageslicht aufſaugt, die in dem von dem Gegenſtande zus ruͤckgeſtrahlten weißen Lichte enthaltenen blauen Strahlen ei— nen ſtaͤrkeren Eindruck machen, als die rothen und gelben Strahlen und der Gegenſtand mehr oder weniger ſchmutzig⸗ blau oder purpurroth erſcheint, wie, z B., bei dem in der Einleitung zu dieſem Actikel erwaͤhnten Verſuche. Dieſer dunkelblaue oder purpurrothe Farbenton iſt die Ergaͤnzungs— farbe des Orange oder Gelb, die das kuͤnſtliche Licht im Ueberſchuſſe enthaͤlt. Die Ergaͤnzungs- oder complementäre Farbe einer an— deren iſt diejenige, welche mit der letzteren die chromatiſche Trias vervollſtaͤndigt, die zur Bildung weißen Lichtes noth— wendig iſt. So iſt, z. B., das Gruͤn die Ergaͤnſungsfarbe des Roths, denn es beſteht aus Geld und Blau, welche mit Roth weißes Licht bilden; blau iſt die Complementaͤr— farbe des Orange, welches aus Roth und Gelb beſteht, und Purpur, welches aus der Miſchung von Roth und Blau hervorgeht, iſt die Ergaͤnzungsfarbe des Gelbes. Wenn das Auge laͤngere Zeit dem Lichte von einer gewiſſen Farbe ausgeſetzt iſt, ſo wird es gegen dieſe theilweiſe unempfind— 77 lich und ſieht die entgegengeſetzte oder Complementarfarbe. Wenn, z. B., Jemand durch ein dunkelblaues Glas in die Sonne fieht und dann einen weißen Gegenſtand anklickt, fo erſcheint derſelbe orange; wäre das Glas roth geweſen, fo wuͤrde er gruͤn, wäre es gruͤn geweſen, roth erſchei— nen u. ſ. w ). Nun werden aber die Augennerven der Leute, welche viel bei kuͤnſtlichem Lichte arbeiten, durch die darin in Ueber ſchuſſe vorhandenen rothen und gelben Strah— len faſt unempfindlich. Die Folge davon iſt, daß ihnen bei Tageslichte dunkelblaue und purpurrothe Wolken vor den Augen ſchweben, welche die Ergaͤnzungsfarbe des Drange oder Gelbes des kuͤnſtlichen Lichtes an ſich tragen. Die beſondere Faͤrbung dieſer Woͤlkchen tritt aber nur dann deut lich he vor, wenn man ſie im Gegenſatze zu einer gelben oder orangefarbenen Oberfläche ſieht, und ſelbſt dann erſchei— nen ſie ſehr duͤſter und faſt ſchwarz, weil bei dem ſie er— zeugenden eigenthuͤmlichen Zuſtande des Auges die Empfind— lichkeit des letzteren gegen alle weißes Licht bildenden Strah— len ſtets in gewiſſem Grade geſchwaͤcht iſt. Bei'm Beginne der amaurotiſchen Blindheit werden dieſe Woͤlkchen bei'm kuͤnſtlichen Lichte nicht in bedeutendem Grade bemerkt, weil die Netzhaut alsdann durch die uͤber— ſchuͤſſigen rethen und gelben Strahlen gereizt wird; im zer— ſtreuten Tageslichte befinden ſich aber dieſe Strahlen nicht im Ueberſchuſſe, und ſo kann ſich die Schwaͤchung der Em— pfindlichkeit der Netzhaut ohne Weiteres kundgeben. Wiewohl alle Arten von farbigem Lichte durch die ungleiche Erregung der Netzhaut den Augen nachtheilig wer— den koͤnnen, ſo wirken doch manche vorzugsweiſe ſchaͤdlich. Der Ueberſchuß von blauen Strahlen bringt die geringſte Gefahr; dann folgen die blaͤulichgruͤnen, gruͤnen, gelblich— gruͤnen, gelden, orangefarbenen und rothen, die hier in der Ordnung der geringeren Schaͤdlichkeit angefuͤhrt ſind. Gu— tes kuͤnſtliches Licht enthaͤlt weit mehr uͤberſchuͤſſige gelbe Strahlen, als rothe; letztere erhitzen mehr und ſind deßhalb ſchaͤdlicher. Die Empfindung des Lichtes wird durch die Wellen oder Schwingungen einer feinen aͤtheriſchen Fluͤſſigkeit er: zeugt, welche den ganzen Raum durchdringt und durch leuch— tende Koͤrper in Bewegung geſetzt wird. Die Groͤße und Kraft dieſer Wellen iſt bei den verſchiedenfarbigen Strah— len, aus denen das weiße Licht beſteht, ſehr verſchieden, und eben ſo verhaͤlt es ſich mit der Geſchwindigkeit ihrer Schwin— *) Bei Gelegenheit der Sonnenfinſterniß im Jahre 1836 behaup— teten mehrere Perſonen, das Sonnenlicht ſey orange, und ich konnte ſie nur dadurch von ihrem Irrthume uͤberzeugen, daß ich fie das Auge ſchließen ließ, mit welchem ſte durch ein blaues Glas in die Sonne geſehen hatten. Anderen, die ein mit Ruß beſchlagenes Glas angewandt hatten, erſchien Alles blau Während der naͤchſten Wochen nach der Sonnenſin— ſterniß hatte ich viele patienten zu behandeln, die ſich durch unvorſichtiges Sehen in die Sonne die Augen verderben hat— ten Mehrere derſelben ſahen fortwaͤhrend farbige Spectra, was darin ſeinen Grund hatte, daß die von ihnen angewand— ten farbigen Glaͤſer nicht dunkel genug waren. In allen die— fen Fällen zeigten die Spectra die Complementaͤrfarben der Glaͤſer, durch welche die Patienten die Sonne angeſchen hatten. 78 gungen. Je ſchneller ein Strahl ſchwingt und je geringer der Umfang ſeiner Welle iſt, deſto unbedeutender iſt ſeine Kraft; wie auf dem Ocean ſich kleine Wellen aͤußerſt ge⸗ ſchwind fortpflanzen, ohne einen bedeutenden Stoß zu ver⸗ anlaffen, während die gedehnte und ſich langſam bebende Woge jedem Widerſtande ſpottet; oder wie dei'm Schalle, mit dem das Licht in vieler Beziehung Aehnlich keit hat, de höheren Toͤne durch ſchnellere Schwingungen erzeugt wer: den, als die weit gewaltigeren tiefen. Nachſtehende von Sir John Herſchel herruͤhrende Tabelle giebt Auskunft uͤber die relative Staͤrke verſchiedener Strahlen, welche ſich gerade verhaͤlt, wie die Werthe der Zahlen in der erſten, und umgekehrt, wie die Werthe der Zahlen in der zwei⸗ ten und dritten Columne. Farbe der Laͤnge der Wellen [Zahl der Wel⸗] Zahl der Wellen Strahlen. in Decimaltheilen | len auf den auf die Se— eines Zolles. Zoll. cunde. Aruserftes Roth 0,0000 266 37670 458.000 000,000,000 Roth 0,0000, 256 39180 477,000, 000,000, C00 Orange. 0,0000, 240 41610 £05,0C0,000,000,01 0 Geb -. » .» . 0,0000, 227 44000 535,000,000,100,000 Grün. . 0,0000, 211 47460 577,000,000,000,0C0 Blau . 0,0000,196 51110 622,000,000, 000, 000 Indigo. 0, 0000,18 54070 658.000, (00, 000, 00 Violet . 0,0000, 174 57490 699 000,000,000, 000 Aeußerſtes Violet 0,0000, 167 59750 727.0C0,000,000,000 Eine Welle des rothen Lichts iſt 266 Millionſtel oder ungefähr einen ſiebenunddreißigtauſendſtel Zoll lang und 3; ſtel von einer Millionſtel Secunde. Eine violette Lichtwelle iſt dagegen nur 167 Millionſtel oder einen neunundfunf;igtau: ſendſtel Zoll lang und dauert nur 52 von einer Millio— nenſtel Secunde. So winzige Raͤume und Zeiten ſind un— ſerm Vorſtellungsvermoͤgen beinahe unerfaßlich. Die Er— kenntniß derſelben wird durch die Beobachtung gewiſſer ſehr merkwuͤrdigen und verwickelten optiſchen Erſcheinungen ge— wonnen, und dieſe Zahlen ſind ſo zuverlaͤſſig, als es fuͤr wiſſenſchaftliche Zwecke irgend wuͤnſchenswerth iſt, woruͤber ſtets neue Beweiſe zu Tage gefoͤrdert werden. So zeigt ſich denn, daß die relative Kraft der rothen, gelben und blauen Strahlen ungefähr folgenden Proportional zahlen ent: ſpricht. Roth 266 Gelb 227. Blau 167. Es leuchtet nun ein, daß, wenn das Licht einen Ueber— ſchuß an rothen und gelben Strahlen beſitzt, dieſer wegen der groͤßern Kraft dieſer Strahlen, ſehr nachtheilig auf das Auge wirken muͤßte, und wenn man das blaue Licht mild und das rothe hart nennt, fo befinden ſich dieſe Ausdrucke mit den phyſicaliſchen Eigenſchaften dieſer beiden Arten von Licht vollkommen im Einklange. Die erhitzende Kraft des Lichts iſt, je nach der Farbe deſſelben, ebenfalls verſchieden, wie man aus folgender von Sir Henry Englefield entworfenen Tabelle erſehen wird, die den Stand von in die verſchiedenen Primaͤrſtrahlen, aus denen das weiße Licht zuſammengeſetzt iſt, gebrachten Ther— memetern angiebt, 79 Strahlen Grade 5 Im aber ftand das Thermometer auf 85 Fahrenh. “) rothen 72 Kuͤnſtliches Licht muß alſo, da es die rothen und gel— ben Strahlen im Ueberſchuſſe enthaͤlt, im Verhaͤltniſſe zu ſei⸗ ner Leuchtkraft unmittelbar erhitzender wirken, als das na— tuͤrliche Tageslicht. Obige Tabelle liefert, gleich der vorigen, einen Beleg dazu, daß die Ausdruͤcke des gemeinen Lebens häufig mit den Reſultaten wiſſenſchaftlicher Forſchungen genau uͤberein⸗ ſtimmen; denn Blau hört man oft eine kalte Farbe nen⸗ nen; ebenſo Gruͤn, doch nicht in dem Grade wie Blau, be— ſonders wenn es ſtark in's Gelbe zieht. Das Gelb iſt eine warme Farbe; Orange eine noch waͤrmere und Reth die wärmfte von allen. Purpurroth oder dunkelcarmoiſinroth gilt endlich weder fuͤr warm noch fuͤr kalt. Die eigenthümliche Farbe des kuͤnſtlichen Lichts wird uͤbrigens noch auf andere Weiſe den Augen nachtheilig. Die begraͤnzende Kraft des reinweißen Lichts, welches aus den drei Primaͤrfarben in deren richtigem Miſchungsverhaͤle— niſſe entſteht, iſt bekanntlich größer, als die Summe der bes gränzenden Kräfte jener drei Primaͤrfarben, jede für ſich ge: meſſen. Wenn nun in dem kuͤnſtlichen Lichte ein oder meh— rere Beſtandtheile deſſelben im Ueberſchuſſe vorhanden ſind, fo ſteht deffen begraͤnzende Kraft mit deſſen Leuchtkraft nicht im richtigen Verhaͤltniſſe, und deßhalb iſt, wenn man einen Gegenſtand bei kuͤnſtlichem Lichte ebenſo ſcharf ſehen will, wie beim Tageslichte, eine größere Menge von lichter⸗ zeugenden Schwingungen erforderlich. Bei'm Leſen und Schreiben bei Tageslichte ſticht die ſchwarze Tinte ge— gen reinweißes Papier grell ab; bei kuͤnſtlichem Lichte da— gegen hat das Papier einen Stich in's Gelbe oder Oran⸗ genfarbene, und da der Contraſt nun weniger ſcharf iſt, fo wird eine größere Lichtmenge nöthig, um deutlich zu ſehen. Wenn man bei kuͤnſtlicher Beleuchtung an blauen Zeuchen näht, werden die Augen außerordentlich angeſtrengt, weil die blauen Strahlen, welche das blaue Zeuch allein zuruͤck, ſtrahlt, im kuͤnſtlichen Lichte ſo ſelten ſind und das Tuch alfo, wenn es nicht äußerſt ſtark beleuchtet wird, faſt ſchwarz erſcheint. Bei'm Naͤhen an grünen Zeuchen tritt eine ähn- *) Die Temperatur der aus der Vereinigung der blauen und gelben Strahlen gebildeten grünen wurde zu 58° ermittelt. Bibliographische Nuovi organi scoperti nel corpo umano, Pistoja 1840. 8. Rudimenti mineralogiei compilati ad uso degli incipienti lo stu- dio della mineralogia, Da G. Z. Camuno, Edizione seconda, Pavia 1840, 8, Da Filippo Paccini, 80 liche, obwohl nicht gleich ſtarke Wirkung ein, weil fie auch die gelben Strahlen zuruͤckwerfen. Eine ungemein ſchoͤne Einrichtung in der Natur iſt, daß die Verbindung von rothen, gelben und blauen Strah— len in dem richtigen Miſchungsverhaͤltniſſe weißes Licht bil— det, deſſen begraͤnzende Kraft bedeutender iſt, als die be— graͤnzenden Kraͤfte jener Strahlen einzeln genommen; denn auf dieſe Weiſe kann durch die geringſte Conſumtion des lichterzeugenden Stoffes die groͤßtmoͤgliche Leuchtkraft unter geringſtmoͤglicher Anſtrengung der feinen Sehnerven gewon— nen werden. (Fortſetzung folgt.) n Eine angeborne Luxation des humerus iſt nach 16 Jahren von Herrn Gaillard eingerichtet worden. Das dabei an— gewendete Verfahren beſtand in Anwendung der horizontalen Ex— tenſion. Die Reduction gelang erſt nach mehreren vergeblichen Verſuchen, und nachdem ſie gelungen war, bildete ſich die Luxation zweimal auf's Neue und mußte abermals eingerichtet werden; nach der letzten iſt jedoch bereits 2! Jahr der Oberarm nicht mehr aus ſeiner Gelenkhoͤhle ausgewichen, und die Bewegungen des Armes find faſt vollkommen normal. (Revue med. Aug. 1840). Ueber die Wirkungen des Zinkvitriols iſt von Herrn Toulmouche eine Reihe von Experimenten angeſtellt worden, aus denen ſich ergiebt: 1. daß der Zinkvitriol bei einer Doſis von 10 Centigr. (etwa 15 Gran) faſt niemals Brechen erregt; 2. zu 20 veranlaßt er bei etwas mehr als der Haͤlfte ein- oder zweima— liges Erbrechen und bei 2 fluͤſſige Stühle; 3. in der Doſis von 30 erregt er faſt beftändig Erbrechen und purgirt nur bei der Hälfte der Fälle; 4. bei der Doſis von 40 bewirkt er bei ? der Fälle Erbrechen, bei dem übrigen Fünftel Purgiren; 5) bei der Doſis von 50 Centigr. veranlaßt das Mittel bei 3 der Faͤlle Er— brechen und nur bei etwas mehr als der Haͤlfte Purgiren, bei je— dem durchſchnittlich drei bis vier Ausleerungen; 6. bei der Doſis von 60 Centigr. veranlaßt das Mittel immer Erbrechen; 7. bei der von 75 veranlaßt es nur in + Erbrechen, bei 3 Abfuͤhren: 8. endlich bei etwas mehr als 4 der Fälle hat dieſes Mittel Gotik veranlaßt, die gewoͤhnlich nicht ſtark war. (Gaz. méd. No. 23.) Entropium ſoll bei den Chineſen am obern Au⸗ genlide ſehr haͤufig vorkommen; Herr Lay ſagt in dieſer Beziehung Jes ruͤhre daher, daß ſich eine Hautfalte zur Seite der Naſe herabziehe und das Augenlid nach Innen umſtuͤlpe. Die Chineſiſchen Aerzte klemmen daher dieſe Hautfalte zwiſchen zwei Bambusſpaͤne feſt ein; das Stuͤck ſtirbt ab; die Wunde iſt ver— narbt, aber gewoͤhnlich genuͤgt die Operation nicht, um die nor— male Lage des Augenlids herzuſtellen. neufg keiten. Raccolta di osservazioni e riflessioni patologiche-pratiche del Dottore Magistretti, Professore di medicina teorico - pratica nell’ Università di Macerata etc. Loreto 1839. 8. L’Ontologismo dominatore perpetuo della medieina, saggio di filosofia della storia medica del Dottore F. G. Geromini. Milano 1840. 8. — — ————ñ— ä«˙dſůn Menue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober- Medieinalratbe Frorien zu Weimar, und dem Mediemalratbe und Profeſſor Froriep in Berlin. No. 358. (Nr. Gedruckt im Landes = Snduftiie Comptoir zu Weimar. 6. des XVII. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Kthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Januar 1841. des einzelnen Sruͤckes 3 gat. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. ui HR All wählen Di Unterfuhungen über die Structur und Bildung der Zähne der Squaloiden, und Anwendung der beobachteten Thatſachen auf eine neue Theorie a der Entwickelung der Zaͤhne. Von Herrn R. Owen). (Hierzu Fig. 3., 4. u. 5. der mit Nro. 353. [Nro. k. d. XVII. Bds.] d. Bl. aus gegebenen Tafel). Die Phyſiologen, welche in neueſter Zeit uͤber die Structur und Entwickelungsart der Zaͤhne geſchrieben und ihre in dieſer Beziehung an den Fiſchen, Reptilien und Saͤugethieren gemachten Beobachtungen ſyſtematiſch zuſam— mengeſtellt haben, beſchreiben dieſe Organe als unorganiſche Koͤrper, die nach Art anderer Koͤrper derſelben Claſſe durch das mechaniſche Aneinanderfuͤgen neuer aus einer druͤſenarti— gen Zwiebel oder Membran ausſchwitzender Schichten an— wachſen ſollen Dieſe Theorie ſtellten Cuvier und deſſen gelehrte Nachfolger in der zweiten Ausgabe der Lecons d’anatomie comparée (T. IV., lere part. pag. 19.) auf. Dieſelbe Anſicht hat neuerdings Herr v. Blain— ville in feiner herrlichen Ostéographie (p. 14. u. 15.) vorgetragen; und Profeffor Müller erkannte zwar, mit der ihm eigenen Gruͤndlichkeit und Scharfſichtigkeit, daß die Zahnſubſtanz, wie ſich aus den Forſchungen eines Pu r- kinje, Fraͤnkel und Retzius ergiebt, zuſammenge— ſetzterer Structur ſey, nimmt aber dennoch an, die Zaͤhne entſtaͤnden, gleich den Haaren und Nägeln, durch die auf: einanderfolgende Ausſchwitzung von Schichten, aus einer ſe— cernirenden Zwiebel **) und laͤugnet das Vorhandenſeyn ir— gend einer organifchen Verbindung zwiſchen den Zähnen und dieſer Zwiebel, außer bei Myliobatis und Rhinoptera. ) Der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften mitgetheilt am 16ten December 1839. D Handbuch der Phyſiologie, Bd. I., Abſchn. 2. Wachsthum. ©. 388. Dritte Auflage, 18338. c 5 No. 1458, R n Die offenbare Thatſache, daß ſich die Zaͤhne nach der Mitte zu entwickeln Développement centropete), und die Leichtigkeit, mit der man die bereits erhaͤrtete Portion des Zahns von der darunter befindlichen Zwiebel trennen kann, waren wohl die Urſachen, weßhalb man jede weitere Vergleichung zwiſchen dem Wachsthume der Zaͤhne und dem der Haare unterließ und daß man beide Entwickelungsarten ohne Weiteres fuͤr identiſch erklaͤrte. Da ich im Laufe meiner mikroſcopiſchen Unterſuchungen uͤber die Textur der Zaͤhne der lebenden, wie der ausgeſtorbe— nen Thiere (zu verſchiedenen Claſſen von Wirbelthieren gehörig,) wiederholte Beweiſe dafuͤr fand, daß das Gewebe der Zaͤhne keineswegs aus concentriſch uͤbereinandergeſchichteten Lagen beſteht, ſo verfolgte ich die Entwickelungsart dieſer Organe bei verſchiedenen Thierclaſſen und ſtudirte mit dem Mikro— ſcope die Veraͤnderungen, welche die ſecernirende Zwiebel waͤhrend der Ausuͤbung ihrer Functionen erleidet. In der gegenwaͤrtigen Mittheilung werde ich der Academie das Re— ſultat meiner Forſchungen uͤber die Entwickelung der Zaͤhne der Plagioſtomen aus der Familie der Squaloiden darlegen, indem ich die Structur der Zähne, wie ich fie bei drei Gats tungen gefunden, kurz ſchildere. Was die Gattung Lamna betrifft, fo iſt mir Pro: feſſor Retzius in der Unterſuchung der Zähne derſelben zus vorgekommen; allein meine Forſchungen ſind von denen des gelehrten Schwediſchen Naturforſchers durchaus unabhaͤngig, indem ſie vor der Zuſammenkunft des Britiſchen Gelehrten— vereins im Jahre 1888, bei welcher Gelegenheit die Rez⸗ zius' ſchen Unterſuchungen mitgetheilt wurden, angeſtellt worden ſind. Wir ſind beide genau zu denſelben Reſulta— ten gelangt, obwohl die Auffindung von zahlreichen freien Anaſtomoſen zwiſchen den Markcanaͤlen mir allein angehoͤrt. Ich werde dieſe Reſultate aber hier mittheilen, weil fonft die ſpaͤtern Bemerkungen uͤber die Entwickelung der Zaͤhne nicht gehoͤrig verſtanden werden koͤnnten. Bei allen Squalus-Gattungen wird der Körper des Zahns hauptſaͤchlich von den beiden Arten von Canaͤlen 6 83 eingenommen, die ich die Mark- und kalkführenden Ga: naͤle “) genannt habe. Indeß beſtehen die letztern nur in klei— nen Zweigen oder Fortſaͤtzen der erſtern, und wiewohl fie ſich bei den neugebildeten Zahnen durch die Beſchaffenheit der in ihnen ent: haltenen Stoffe unterſcheiden, ſo verwiſcht ſich doch dieſer Unter— ſchied allmaͤlig durch die Ablagerung von concentriſchen Schichten Kalkſtoffs in den Markcanälen. Fig. 5. verdeutlicht die Zahnſtructur bei einer Art der Gat— tung Lamna, wie man jene an einer dünnen Längsſchicht des Zahns mittels einer Doppellinfe von 1 Zoll Brennweite beobach— tet. Bei dieſer Vergrößerung find nur die Markcanaͤle ſichtbar, und die kleinen kalkfuhrenden Röhren erzeugen in den Zwiſchenraͤu⸗ men der erſtern ein nebelartiges Anſehen. Die Markcanäle ent: ſpringen aus der engen und kurzen Hoͤhlung der Zwiebel an der Baſis des Zahnes. Die Hauptaͤſte (aa, Fig. 4. und 5.) ſtreichen parallel mit der Axe des Zahns, geben aber bald Aeſte ab, welche nach der Queere gerichtet ſind und ihrerſeits ziemlich unter einem rechten Winkel abſtreichende Zweige ausgeben, welche anaſtomoſi— ren, fo daß die ganze Zahnſubſtanz von einem netzartigen Röhren: ſyſteme durchzogen iſt, welches ſich wie ein Netz von Capillarge— füßen ausnimmt. Dieſe Röhrchen gehen endlich in abgeplattete Hoͤh— len oder sinus aus, welche mit einander anaſtomoſiren und ſich auf der Graͤnze zwiſchen der mittleren Knochenſubſtanz und der äußern dichten und ſchmelzartigen Gubftanz des Zahnes befinden (bb, Fig. 4)). Die ganze oberflaͤchliche Portion des Zahnes wird von kleinen kalkfuͤhrenden Röhren (cc, Fig. 4.) eingenommen, die durchgehends unter einem rechten Winkel nach der aͤußern Ober— fläche abgehen. Sie veraͤſteln ſich unter ſehr ſpitzen Winkeln (e, Fig. 5.); ihre Endzweige anaſtomoſiren, und ſie gehen mehrentheils in eine Schicht von kalkfuͤhrenden Röhren (d, Fig. 5.) aus, welche unter der aͤußern Schmelzſchicht liegt. In dieſer letzteren Schicht finden ſich übrigens deutliche Spuren eines viel feinern Syſtems von Roͤhrchen (e, Fig. 5.), welche aus der Zellenlage entfpringen, deren wir fo eben erwähnt haben. Die Markcanaͤle (aa, Fig. 5.) find von concentriſchen Schichten umhuͤllt, welche von kalkfuͤhren— den Röhren durchſetzt werden, welche überall ziemlich einen rechten Winkel mit den Markcanälen bilden. Dieſe kalkfuͤhrenden Röhren veraͤſteln ſich bald in den Räumen zwiſchen den Markcanälben, wie man bei bb, Fig 5. ſieht, und ihre Richtung iſt weniger regel— mäßig, als die der oberflächlichen kalkfuͤhrenden Röhren. Sie bil— den mittelſt zahlreicher Anaſtomoſen ein hoͤchſt verwickeltes Netz, und ihre winzigen Endzweige erweitern ſich in kalkfuͤhrende Zellen oder communiciren mit ſolchen. Die Markcanaͤle find bei den friſch ae: bildeten Zaͤhnen der Fiſche mit einem mit Blut gemiſchten Marke angefuͤllt, welches mit demjenigen viel Aehnlichkeit hat, welches ſich in den Mirkzellen des Knochens von grober Textur vorfindet, mit dem die Baſis des Zahns verwachſen iſt, und von dieſen Zellen gehen die im Zahne netzfoͤrmig anaſtomoſirenden Canaͤle unmittelbar aus. Bei den alten außern Zähnen vernarben dagegen viele der Markcanaͤle durch die Abſetzung concentriſcher Schichten eines erdi: gen Niederſchlags. Bei den vollfſaͤndig ausgebildeten platten Zähnen der Leibes— frucht von Carcharodon, welche hinreichend durchſichtig ſind, um unter dem Mikroſcope ihre T xtur völlig erkennen zu laſſen, ſcheint dieſelbe durchaus die naͤmliche, wie bei Lamna. Doch iſt die Anz ordnung der Markcanaͤle regelmaͤßiger. Die Mitteläfte ſetzen ſich, wie bei Lamna, bis an den Gipfel des Zahnes fort, indem fie ſtets mit der Axe parallel ſtreichen, waͤhrend die Seitenzweige ſich gegen die äußere Oberfläche des Zahnes neigen und um fo mehr nach der Queere gerichtet ‚find, je näher fie der Baſis des Zahnes liegen; ja, an dieſer letztern gehen ſie niederwaͤrts gegen die zwei— lappige, knochige Zahnwurzel bin. Die Zweige der Marktanaͤle ge: hen ziemlich unter rechten Winkeln ab, find aber verhältnißmaͤßig dünner und kurzer, als bei Lamna. Die kalkführenden Röhren des Zahnkorpers bilden ein ſchoͤnes, unentwirrbares Netz, welches ſich *) S. den Auszug aus einer Abhandlung über die mikroſcopiſche Structur der Zähne in den Transactions of the British Association of the year 1838, S. 137. 84 wie Moos ausnimmt. Die nach der Peripherie zu liegenden find gerader, ſtreichen mit einander parallel und ſind zur aͤußern Ober— fläche ſenkrecht gerichtet. Eine Schicht von feinen kalkfuͤhrenden Zellen nimmt die Enden der periph:rifchen Röhren auf und trennt ſie von dem aͤußern, dichten und ſchmelzartigen Gehaͤuſe. Bei den großen foſſilen Zähnen des Carcharias Megalodon find die kalkfuͤhrenden Roͤhren der oberflächlichen Schicht in Gruppen ge— ordnet, welche, bei zu geringer Vergroͤßerung betrachtet, als eben ſo viele einfache Roͤhren erſcheinen. Bei ſtaͤrkerer Vergroͤßerung er— kennt man jedoch, daß ſie aus einer Anhaͤufung von (unordentlich) parallelſtreichenden und eine Art Filz bildenden Roͤhren beſtehen. Die Räume, welche dieſe Roͤhrenbuͤndel trennen, haben ziemlich dene ſelben Durchmeſſer, wie die Buͤndel ſelbſt, und ſind mit mehr ver— einzelten Röhren, fo wie kurzen ſchraͤg oder nach der Queere ſtrei— chenden anaſtomoſirenden Zweigen durchzogen. An einer Stelle des Durchſchnitts dieſes Zahnes entſpringen aus den großen sinus oder peripheriſchen Candlen, deren Richtung ſtets mit der Ober— flache des Zahns parallel ſtreicht, zahlloſe kleine Roͤhren, welche ein Geflechte oder eine plexusartige Schicht bilden, und von dem Umkreiſe dieſes Geflechtes ſtreichen die fruͤher beſchriebenen Roͤhren unter einem rechten Winkel nach der Oberflache. Bei dem Laͤngs— durchſchnitte deſſelben Zahnes ſcheint die früher erwähnte Verfil— zung der peripheriſchen, kalkführenden Roͤhren von den vielen, uns ter einem ſpitzen Winkel und in ſchräger Richtung von der Haupt⸗ roͤhre abgehenden Seitenzweigen herzuruͤhren. Am Gipfel des Zakne bieten die randſtaͤndigen kalkfuͤhrenden Röhren, wie bei Lamna, eine ſtrahlenfoͤrmige Anordnung dar, indem ſie ploͤtzlich auseinander und queer nach der Oberflaͤche des Zahnes laufen. Im Körper dieſes letztern find die Hauptcanäle von concentrifchen Lamellen umhuͤllt, durch welche ſtrahlenfoͤrmig geordnete und ana— ſtomoſirende kalkfuͤhrende Röhren ſtreichen, welche die Zwiſchen— räume mit einem feinen Nege füllen. Bei den lancettfoͤrmigen platten Zaͤhnen des Unterkiefers von Scymnus bietet die Structur im hoͤhern Grade, als in den bisher betrachteten Fällen, Aehnlichkeit mit derjenigen der Zähne höher or: ganifirter Thiere dar, indem die Haupt- oder Markroͤhren vers haͤltnißmaͤßig feiner, zuſammengedraͤngter, gerader und mit einan— der paralleler ſind, als bei den bisher erwaͤhnten Untergattungen von Squalus. Diefe Röhren treten in Geſtalt zweier Bündel aus der gabelfoͤrmigen knochigen Baſis. Die Mittelroͤhren convergiren ein Wenig und ſtreichen direct nach dem Gipfel des Zahns; die ſeit— lichen Roͤhren ſind ebenfalls in der Naͤhe ihres Urſprungs unter— einander, fo wie mit der Axe des Zahns parallel, und fpäter bies gen ſie ſich allmaͤlig auseinander nach den Raͤndern des Zahns zu. Die ſecundaͤren Kruͤmmungen der Markroͤhren ſind ziemlich regelmaͤßig und find gezackt-wellenfoͤrmig. Die ganze äußere durchſcheinende Schmelzſchicht beſteht aus ungemein winzigen, parallellaufenden kalkfuͤhrenden Röhren mit dazwiſchenliegenden Zellen. Von den Markroͤhren gehen, nach deren ganzer Ausdehnung, unter ſpitzen Winkeln kalkfuͤhrende Roͤhren ab. Die Zahnbildung der Squalen, fo wie vieler andern Fiſche, res präfentirt in ausgedehnter Weiſe die Anfangsperiode, oder, wie man fie nennt, die warkenförmige Periode der Entwicke lung der Zähne des Menſchen und der Saͤugethiere überhaupt. Bei den in Rede ſtehenden Thieren folgt auf dieſe Periode keine beutelförmige und keine Durchbruchsperiode. Die den Zahn erzeugende Warze iſt in keiner Capſel eingeſchloſſen; folglich findet auch kein Durchbrechen ſtatt. Wenn der Zahn durch die Ablagerung von Kalkfalzen in den bereits vorhandenen Röhren und Zellen eine gewiſſe Feſtigkeit erhalten hat, ſchiebt er ſich allmaͤlig aus der ſchützenden Scheide hervor, welche die Thecalfalte der Schleimhaut während feiner erften Bildungsperiode für ihn abgab. Ich habe die Zahnentwickelung der Squaloiden bei den Gate tungen Galeus, Carcharias und Sceymnus fludirt. Bei der 1 Fuß langen Leibesfrucht des großen weißen Hai's (Carcharodon, Smith) feinen die Kicker auf den erften Blick zahnlos zu ſeyn. An der Innenſeite des Randes jedes Kiefers und 85 parallel mit dieſem Rande zeigt ſich ein Spalt zwiſchen der duͤn— nen, glatten Membran, welche den Randrdes Knorpels überzieht, und dem freien Rande einer Falte der Schleimhaut, welche unter der innern Flaͤche des Kiefers und parallel mit derſelben hinſtreicht. Wenn man dieſe Falte auf die Außenſeite des Kiefers zuruͤckſchlaͤgt, ſo werden die kleinen Zaͤhne ſichtbar, welche, wie gewoͤhnlich, in ſenkrechten Reihen ſtehen. Ihre Spitzen find hinterwaͤrts und nach der Baſis des Kiefers zu gerichtet, und man ſieht ſie aus Loͤchern oder Scheiden der Hautfalte hervorkommen, als ob dieſe letztere von ihrer Anfuͤgelinie auswaͤrts nach der Baſis des Kiefers zu ge— zogen wäre, Dort ſetzt ſich die vordere Schicht der Falle, welche man, mit Beziehung auf ihre Function, die Thecal- oder Scheiden— Schicht nennen kann, in die Schleimhaut der Baſis der Zahnreihen fort, und die hintere Membran ſchlaͤgt ſich um, um das Zungen— band zu bilden. Ganz nahe an der vordern Umſchlagslinie befin— det ſich eine Reihe von einfachen coniſchen Warzen; in der folgen— den Reihe ſind die Warzen groͤßer; ihr Kegel iſt breiter und abge— platteter, und ihr Gipfel mit einem kleinen Futterale von dichter glaͤnzender Zahnſubſtanz uͤberzogen, das ſich leicht abnehmen läßt. Die dritte Warzenreihe des Unterkiefers, wenn man von Unten nach Oben zaͤhlt, bietet ſchon den Umfang und die Geſtalt des kuͤnftigen Zahnes mit gehörig gezähnelten Vertiefungen an den Raͤn— dern dar. Die Haͤlfte des Zahnes iſt fertig, und man kann ſie von der fleiſchigen Baſis der Zwiebel nicht entfernen, ohne eine deut— liche Zerreißung hervorzubringen. Betrachtet man die Zwiebel un— ter dem Mikroſcope, ſo bemerkt man ohne Schwierigkeit die fetzi— gen Ausläufer, welche vorher in die Markcanaͤle des jungen Zahnes eindrangen. Die Zähne der vierten, fünften und ſechsten Reihe find vollkommen ausgebildet. Sie werden nach Oben zu kleiner, und die der hoͤchſten Reihe, welche man bei'm Zuruͤckſchieben der Schei— denfalte zuerſt bemerkt, und welche ihre vollftändige Entwickelung zuerſt erlangen, beſtehen in einem einfachen Kegel, der in Geſtalt und Groͤße mit der dritten oder der Gipfelportion der in den un— tern Reihen ſtehenden Zähne Aehnlichkeit hat. Nichtsdeſtoweni— ger haben jene Zähne ihr Wachsthum vollendet und ſitzen mit ih— rer Baſis dauerhaft an der Membran des Kiefers feſt. Bei einer 3 Zoll langen Leibesfrucht von Carcharias, an der ſich noch die aͤußern Kiemen befanden, zeigte ſich die haͤutige Fur— che zwiſchen dem Kiefer und der Thecalfalte weit flacher, und es waren nur zwei Reihen Warzen auf der Membran des Kiefers wahrzunehmen. Bei der weiter vorgeſchrittenen Leibesfrucht entſpringen die kleinen vordern Zaͤhne unſtreitig aus jenen zuerſt vorhandenen Warzen, worauf dann andere, immer groͤßere folgen, bis ſie die Geſtalt und normale Groͤße der voͤllig ausgebildeten Zaͤhne er— langen. d unlerſucht man die noch nicht verfnöcherten Zwiebeln bei ſtar⸗ ker Vergroͤß erung, fo erkennt man, daß fie aus halb undurchſich— tigen vieleckigen Koͤrnern oder Zellen beſtehen, welche in einer durch— ſcheinenden Maſſe (matrix) ſchweben und von einer ebenfalls durch— ſcheinenden lederartigen Membran umhuͤllt ſind, welche die aͤußere Oberflaͤche der Zwiebel bildet. Unter dieſer Membran, an den gekerbten Raͤndern, ſind die Koͤrner oder Zellen in Linien geord— net, welche denen der kalkfuͤhrenden Roͤhren des kuͤnftigen Zahnes genau entfprecen. Die Bildung des Zahnes beginnt mit der Ablagerung von er— digen Theilchen in der lederartigen aͤußern Membran der Zwiebel. Die Anordnung der in dieſer Schicht feſtwerdenden Salze habe ich nicht deutlich erkennen können. Die Schicht iſt durchſcheinend, aus: nehmend dicht und bildet die geglättere Schmelzbuͤlle des Zahns. An den Durchſchnitten vollkommen ausgebildeter Zähne verlieren ſich die f iaſten Endzweige der peripheriſchen kalkfuͤhrenden Rörren in die dur »ſcheinende Schmelzſubſtanz, von der fo eben die Rede geweſen. Wenn die aͤußere Schmelzſchicht des Gipfels des Zabhns fertig iſt, laßt ſie ſich ſo leicht von der darunter liegenden Zwiebel (bulbus) ablöſen, daß man libt auf die Anſicht verfallen koͤnn⸗ te, es ſey zwiſchen beiden Theilen nitt die geringſte organifche Verbindung vorhanden. Wenn man j doch eine fo aufgededie Zwiebel unter das M'kroſcop bringt und mit einer andern Zwie— bel vergleicht, die noch nicht mit Kalkſubſtanz bedeckt worden, fo 86 ſieht man, daß die erſtere nicht mehr mit der glatten, dichten Mem⸗ bran uͤberzogen it, welche man auf der letztern bemerkt, und der Gipfelrand der Zwiebel, von welcher man die Emaildecke abgenom⸗ men hat, zeigt ſich zottig und flockig. Offenbar it die erfte Schale des Zahnes weder von der Oberfläche der aͤußern Mem⸗ bran der Zwiebel ausgeſchwitzt, noch zwiſchen dieſe Membran und die koͤrnige Portion dieſer Zwiebel abgeſetzt worden, was Purs kinje und Rathke in Betreff der Saͤugethiere behaupten ); ſondern durch die Verwandlung der aͤußern Membran in eine Art von Knochen aus hartem Schmelze entſtanden „). Die Bis dung des Zahnkoͤrpers durch Ablagerung von erdigen Theilchen in den bereits vorhandenen Hoͤhlungen läßt ſich auf eine noch bee weiſendere Art darlegen. Je weiter die Entwickelung des Zahnes fortgeſchritten iſt, um deſto ſchwieriger wird die Abtrennung der verknoͤcherten Portion, und um fo leichter haͤlt es zugleich, die Fort⸗ ſetzung der Ausläufer der Zwiebel in das Innere jener zahlreichen Fe or 10 Inden eben fo viele deutliche Mittelpuncte er ſtrahlenfoͤrmigen Verbreitung für die geflechtfoͤrmige u renden Roͤhren bilden. u 3 n Daß die Entwickelung des Zahns weſentlich durch Ablagerun⸗ gen in der Subſtanz und nicht durch Ausſchwitzung aus der Sub⸗ ſtanz einer ſchon vorhandenen Zwiebel erfolgt, wie ſich dieß aus der Beobachtung des Proceſſes bei den Squalen ergiebt, läßt ſich auch in Bezug auf die Saͤugethiere in einer durchaus naturlichen Weiſe darthun. } In der Elfenbeinſubſtanz eines einfachen Saͤugethierzahns iſt ein einziger Markcanal vorhanden, naͤmlich die Höhle der Zwie— bel; fo wie denn auch nur ein einfaches Syſtem von ſtrahlenfoͤr— mig geordneten kalkfuͤhrenden Roͤhren exiſtirt; übrigens iſt der Entwickelungsproceß weſentlich durchaus derſelbe, wie bei den Squalen. Je nach der größern oder geringern Menge des in der Zwie— bel abgelagerten erdigen Stoffes, und je nach der Zahl, Größe und Aggregationsart der Hohlen, in welcher dieſer Stoff vorhan— den iſt, haͤlt es mehr oder weniger ſchwer, die verknoͤcherte Por⸗ tion des Zahns von der nicht verknoͤcherten abzuloͤſen. Allein dieſe Leichtigkeit der Trennung reicht nicht hin, um die Abweſenheit ei- ner organiſchen Verbindung zwiſchen den getrennten Theilen, oder die Entſtehung der ſchon verknoͤcherten Portion durch Ausſchwiz⸗ zung aus einer frei fecernirenden Oberflaͤche zu beweiſen. Die kalkfuͤhrenden Roͤhren des Saͤugethierzahns beſitzen ſowohl in den kalkig gewordenen, als in den noch fleiſchigen Portionen der Zwiebel deutliche Wandungen. Dieſe find, in Folge der Ablage⸗ rung erdiger Theilchen in die kalkige Portion der Zwiebel, aͤußerſt bruͤchig und trennen ſich leicht von den nicht kalkigen Portionen der Röhren, die in dem übrigen Theile der Zwiebel liegen. Nur wer gen der außerordenttichen Winzigkeit der zerriſſenen Röhren iſt die Unregelmaͤßigkeit der Oberflache der Zwiebel dem unbewaffneten Auge nicht erkennbar; allein wenn ſie ſich auf dieſe Weiſe wie eine natürliche freie ausſchwitzende Oberfläche ausnimmt, fo liegt dieß lediglich an der Unvollkommenheit unſeres Geſichtsſinnes. Daraus, daß die Zähne durch die Umbildung einer bes reits vorhandenen Zwiebel und nicht durch Ausſchwiz⸗ zung an der Oberfläche dieſer Zwiebel oder wit andern Worten, durch Intusſusception und nicht durch Juxtapo— fition entſtihen, folgt zugleich, daß die aufeinanderfolgende Bile dung ſolcher Zwiebeln bei'm Eintreten eines neuen Zahnens ſtatt— finden muͤſſe “'). Bei den Squalen entwickeln ſich dieſe Reproduc⸗ l circa mammaljum dentium evolutionem. In 11 ) Die Squalen eignen ſich im Foͤtalſtande zu ſolchen Verglei⸗ chungen ganz befonders, indem ſie zahlreiche Zwiebeln, fo wie Zähne in allen Stadien der Entwickelung dardieten, welche fib ohne Schwierigkeit und obne gewaltfame Mittel von ihrer Anbıftunasftelle ahlöfen laſſen und dabei wegen ihrer abge— platteten Geſtalt ſich ganz vorzüglich zur mikroſcopiſchen Beob« achtung eignen. mu ter den Fiſhen iſt bei den Cycloſtomen, deren eiweißſtof— fige oder hornige Zähne ſich wirkuch nach Art der Haare ente 0 * 87 tionszwiebeln in der aefäßreihen Schleimhaut am umſchlagswinkel der Thecalfalte auf der Furche längs der Baſis der Kiefer (a Fig. 3.) Die Swiebeln ruͤcken dann allmaͤlig von dieſem Puncte bis zum Rande der Kiefer vor; die centripetale Verknoͤcherung macht in demſelben Verhaͤltniſſe ſtufenweiſe Fortſchritte, und in dem Augenblicke, wo der Zahn im Begriffe iſt, ſeine eingezwaͤngte Lage mit der geraden Richtung des fruͤher abgefallenen Zahnes zu vertauſchen, iſt die Erhaͤrtung vollſtaͤndig. Man ſieht in Fig. 3., welche den Kiefer eines ausgewachſenen Lamna im Durchſchnitte und eine Reihe von ſenkrechtſtehenden Zaͤhnen darſtellt, ein Bei— ſpiel von dieſer Veraͤnderung Man weiß vollkommen, daß dieſe Veraͤnderung des Orts und der Richtung nicht die Wirkung einer Muskelcontraction iſt, ſon— dern durch theilweiſe Abſorption und Secretion, welche unter der Membran ſtattfinden, an welcher die Zaͤhne ſitzen, bewirkt wird. Dieſe Membran wird allmaͤlig an die Außenſeite des Kiefers ge— zogen, und obliterirt dort ganz, waͤhrend der an derſelben haͤn— gende und nach Außen geruͤckte Zahn abfaͤllt vorausgeſetzt, daß er nicht gewaltſamer Weiſe abgeſtoßen wird. Allein der Punct, auf den es hier ankommt, iſt, zu wiſſen, ob dieſe Ortsveraͤnderung vor die Zahnfurche gleichzeitig die Membran und den Kiefer, an welchem dieſelbe ſitzt, trifft, oder ob nur die mit den Zähnen beſetzte Membran (b Fig. 3.) langſam und ſtufenweiſe über dem Kiefer (e Fig. 3 hingleitet. Um dieſe Frage zu erledigen, muͤßte man einen aͤhnlichen Ver— ſuch anſtellen, wie derjenige, mittelſt deſſen Duhamel und Hun⸗ ter die Verſchiebung der Partikelchen der im Wachsthume begriffe— nen Knochen dargethan haben. Man haͤtte einen fremden Koͤrper in die Baſis des Kiefers einzufuͤhren und an dem entſprechenden Zahne ein Zeichen anzu— bringen. Nach gewiſſer Zeit haͤtte man dann den gezeichneten Zahn ausfindig zu machen und zu unterſuchen, welche Stellung er nun zu dem durchbohrten Puncte des Kiefers einnimmt An den fleiſchfreſſenden Fiſchen, mit denen wir uns im Obi— gen beſchaͤftigt haben, ließe ſich ein ſolcher Verſuch nicht wohl ans ſtellen; allein der Zufall hat uns hier einen ziemlich befriedigenden Erſatz geboten. In dem Privatcabinette eines engliſchen Anatomen befinden ſich die beiden Kiefer eines großen Galeus. Der Unter: kiefer iſt von einem mit Widerhaken verſehenen Dorne eines Sta— chelrochen (Trygon) bei der hintern Zahnreihe durchbohrt. Der Dorn iſt abgebrochen und ſtecken geblieben. Hätte nun das Wachs— thum des Kiefers mit der Verſchiebung der Zaͤhne genau gleichen Schritt gehalten, ſo wuͤrde der fremde Koͤrper ſich mit der hin— tern Zahnreihe bis zum aͤußern Rande des Kiefers fortbewegt ha— ben und dort von dem Kiefer ſelbſt abgefallen ſeyn. Wurde der Galeus aber gefangen, waͤhrend dieſer ſupponirte Proceß ſeinen Fortgang hatte, ſo mußten die ſich hinter der verletzten Zahnreihe entwickelnden Zähne die normale Größe und Geſtalt beſitzen. Nun bemerkt man aber an jenem intereſſanten Stuͤcke folgende Erſchei— nungen: Eine doppelte Reihe von unvollkommenen Zähnen zieht ſich von der durchbohrten Stelle des Kiefers bis zu dem Rande, wo die Zähne eine ſenkrechte Stellung annehmen. Demnach iſt klar, daß nicht nur die zur Zeit der Verwundung vorhandenen ſecernirenden Zwiebeln beſchaͤdigt worden ſind, ſondern daß durch die Anweſenheit des fremden Körpers auch die ſpaͤter entſtehenden Zwiebeln in ihrer Entwickelung beeinträchtigt wurden. Die Zähne und die Membran, auf welcher dieſe ſitzen, ſind alſo von Hinten nach Vorn vorgeruͤckt, ohne daß die Theilchen des knorpeligen Kiefers, welcher ihnen zur Unterlage diente, ſich in demſelben Maaße fortbewegt hätten. Dieſer verwundete Kiefer iſt im 74. Bande der Philosophical Transactions von Herrn André be— ſchrieben und abgebildet worden; allein die aus der Beſchaffenheit des merkwuͤrdigen Stuͤckes hier gezogenen Folgerungen ſind Herrn André nicht beigefallen. Schließlich wollen wir wlederholen, daß die Organiſation der Zähne der Squaloiden, fo wie überhaupt aller Thiere, bei denen wickeln, die ſecernirende Zwiebel eine bleibende. Die Erſatz— zähne liegen unmittelbar unter den alten und werden durch dieſelbe Oberflaͤche derſelben Zwiebel ſecernirt. 88 man die Entwickelung dieſer Organe unterſucht hat, ſich nach dem Principe der Ausſchwitzung nicht erklaͤren läßt, und daß, ruͤck— ſichtlich der Zaͤhne der Squaloiden dieſe Theorie durch directe Beobachtungen geradezu widerlegt wird. Nur durch die Anſicht, daß ſich Kalkſalze in den bereits in der Subſtanz der Zwiebel vorhandenen Roͤhren und Zellen abla— gern, wie man es bei den Squalen beobachtet, laͤßt ſich die Bil— dung der zelligen und roͤhrigen Structur der Eifenbeinfubftang oder des knochigen Theils der Zähne bei dem Menſchen und den übrigen Saͤugethieren in einer befriedigenden Weiſe erklären, Der von der ſchwachen mechaniſchen Verbindung zwiſchen dem kalkartig gewordenen und dem noch fleiſchigen Theile der die Zaͤhne der Säugeihiere fecernirenden Zwiebel zu Gunſten der Ausſchwiz⸗ zungstheorie und folglich der druͤſigen Beſchaffenheit der Zwiebel hergeleitete Grund ließe ſich mit faſt gleichem Rechte anführen, um zu beweiſen, daß der urſpruͤnglich vorhandene Knorpel des Bruſtbeines die knochigen Kerne, welche ſich bei'm Embryo ſo leicht aus den Hoͤhlen, in denen fie ſich bilden, herausnehmen laſ— fen, in aufeinanderfolgenden Schichten ſecernire oder ausſchwitze. Die Bildungsart eder der Verknoͤcherungsproceß der Elfen— beinſubſtanz oder des Körpers des Zahns unterſcheidet ſich, mei— ner Anſicht nach, von dem Bildungsproceſſe der Knochen nur der Richtung, nicht dem Weſen nach. Die Gangart oder urſpruͤng— lich vorhandene Muttermaſſe wird in dem einen, wie in dem an— dern Falle in eine kalkige Maſſe verwandelt; aber in dem einen Falle ſchreitet dieſe Umbildung von der Peripherie nach der Mitte, in dem ardern von der Mitte nach dem Umkreiſe zu fort. Der Zahn verknoͤchert in centripetaler, der Knochen in centrifugaler Richtung. Ruͤckſichtlich der chemiſchen Zuſammenſetzung ſind Elfenbein und Knochen weſentlich einerlei. Beide Gewebe ſind auch in An— ſehung der Structur nur Modificationen deſſelben Grundtypus. Bei den hoͤher organiſirten Thieren liegen dieſe Modificationen weit auseinander, wogegen ſie ſich bei den niedrigen Wirbelthieren durch allmaͤligen Uebergang einander naͤhern. Erklaͤrung der Figuren. Figur 3. Senkrechter Durchſchnitt des Kiefers und einer Zahnreihe von Lamna oxyrrhina, Cuvier und Fal.: a ganz friſch gebildete Zwiebel, welche die Verknoͤcherung in deren Anfangsſta— dium zeigt. 5,“ die zahntragende Membran. c die innere ver— knoͤcherte Schicht des knorpeligen Kiefers. d, d die haͤutige The— calfalte. Figur 4. Laͤngsdurchſchnitt eines Zahnes von Lamna, unter der Vergroͤßerung einer Linſe von 1 Zoll Brennweite geſehen. d, a, Markcanaͤle; 5,0, 0,5 oberflächliche Markhoͤhlen. c,c,c,c aͤu⸗ ßere Schicht von kalkfuͤhrenden Hoͤhlen. Figur 5. Die in Figur 4. durch das Zeichen “angedeutete Portion, unter einer Linſe von * Zoll Brennweite betrachtet; 4, Markcanaͤle; 5,5 kalkfuͤhrende Röhren in den Zwiſchenraͤͤumen; e kalkfuͤhrende Röhren in der Nähe der Peripherie; d Schicht von kalkfuͤhrenden Zellen; e Roͤhren in dieſer Schicht; es ſind dieß die feinſten in der aͤußern Schmelzhuͤlle des Zahnes liegenden. (Annales des sciences naturelles, Octob. 1839.) ie el len. Ein hoͤchſt ſonderbarer Fall von Lactation iſt bei Mm. Angelie Chauffaille, 62 Jahr alt, zu Queyſoix, Dep. de la Correze wohnhaft, beobachtet und in dem December-Hefte des Journal de la société de médecine pratique de Montpellier von Herrn Audubert mitgetheilt worden. — Da die Schwieger— tochter derſelben wegen Krankheit nicht ftillen konnte, fo ſah die Schwie— germutter (Mom. Chauffaille) ſich gezwungen, ihre Enkelin kuͤnſt⸗ lich aufzufuͤttern, und um ſie zu beruhigen, legte ſie dieſelbe von Zeit zu Zeit an ihre eigne Bruſtwarze. Aber wie ward nicht die Großmut⸗ ter uͤberraſcht, als ploͤtzlich ihre Bruͤſte ſich mit einer Milch fuͤllten, welche gut, geſund und nahrhaft ſchien. Sie wurde nun die Amme ihrer kleinen Enkelin und blieb es, bis das kleine Maͤdchen in den achtzehnten Monat ging, waͤhrend ihre Geſundheit nie etwas zu 89 wünfcen uͤbriggelaſſen hatte. — Zwei Monate lang war die Kleine entwöbnt, und immer war die Milch noch nicht ganz verſchwunden, als die Schwiegertochter, die inzwiſchen von Neuem niedergekom— men war, ihre Milch voͤllig verlor und in großer Verlegenheit ge— weſen waͤre, wenn ihre Schwiegermutter nicht wieder ausgeholfen und dem zweiten Kinde ihre Bruſt gereicht haͤtte, und zwar mit völligem Erfolge. Zu bemerken iſt noch: 1. daß die Mutter der Mm. Chauffaille zwölf Kinder hatte, die alle über 60 Jahr alt geworden find, und daß ſie mit 63 Jahren von einem gefun: den Kinde entbunden wurde; 2. daß, als die Milch wieder erſchien, es 27 Jahre geweſen waren, daß Mm. Angelie Chauffaille in Wochen geweſen war. 90 ueber das Funkeln der Lampyris italica und den Bau der Leuchtorgane, theilte Herr Dr. Peters, in der Verſammlung naturforſchender Freunde zu Berlin, am 19. Jan., Bemerkungen mit. Das Funkeln geht ven beſondern Organen aus, welche bei den Maͤnnchen die beiden vorletzten, bei den Weibchen die drei letzten Bauchringe einnehmen. Sie beſtehen aus zuſam— mengereiheten gelben Kugelchen, in die ſich bedeutende Tracheen— ſtaͤmme verzweigen. Eine beſondere Luftblaſe iſt nicht vorhanden und ebenſowenig eine Verbindung mit dem Nervenſyſteme oder mit den Geſchlechtsorganen aufzufinden. Außerdem war in den Tra⸗ cheen von dieſem Thiere, fo wie auch bei Coccionella u. a., Flim⸗ merbewegung beobachtet worden. eln DE Ueber den nachtheiligen Einfluß der kuͤnſtlichen Beleuchtung auf die Sehkraft, ſo wie einige Mittel, durch weche ſich dieſe Nachtheile vermeiden oder vermindern laſſen. Von James Hunter, M. Dr. (Fortſetzung.) Ich habe im Vorigen eine deutliche Erklaͤrung der Ur: ſachen der ſchaͤdlichen Einwirkung des kuͤnſtlichen Lichts, in— ſofern dieſelbe von der fehlerhaften chromatiſchen Zuſammen— ſetzung des letztern herruͤhrt, zu geben geſucht. Der Ge— genſtand iſt allerdings nicht ganz einfach; allein deſſen Er— gruͤndung iſt von der groͤßten Wichtigkeit. Zunaͤchſt haben wir eine andere Urſache jenes nachtheiligen Einfluſſes zu be— trachten, naͤmlich: Die indirect erhitzende Eigenſchaft des kuͤnſtlichen Lichts. Wir haben gezeigt, daß die im kuͤnſtlichen Lichte vor— herrſchenden rothen und gelben Strahlen eine bedeutende erhitzende Kraft beſitzen; allein außer der in Strahlen jeder Art von Licht, ſey es himmliſchen oder irdiſchen Urſprungs, enthaltenen Waͤrme werden dieſelben auch von einer ſehr betraͤchtlichen Menge Waͤrme begleitet, die ſich von ihnen trennen läßt. Nahe Gegenſtaͤnde, die man längere Zeit zu betrachten hat, laͤßt man ſelten oder nie direct ven den Sonnenſtrahlen beſcheinen; letztere werden vielmehr vor— her von der Atmoſphaͤre und den Wolken, von dem Erd— boden und den Waͤnden und Moͤbeln des Zimmers ver— ſchiedentlich zuruͤckgeworfen, und dieſe Gegenftinde abſorbi— ten einen großen Theil der begleitenden Waͤrme. Das kuͤnſtliche Lindt wird dagegen nicht in dieſer Weiſe zerſtreut, ſondern man laͤßt es von ſeiner Quelle direct auf die zu betrachtenden Gegenſtaͤnde fallen, welche es mit faſt aller feiner begleitenden Wärme gegen das Auge zuruͤckſtrahlen. Dieſe Waͤrme wirkt nicht ſowohl auf die Netzhaut, als auf die aͤußern Membranen, namentlich auf die die Augenlider auskleidende, nachtheilig ein, und indem dadurch chroniſche Entzuͤndung und eine krankhafte Beſchaffenheit der Secre— tionen erzeugt wird, verlieren die auf die Netzhaut gewor— fenen Bilder an Deutlichkeit, ſo daß eine groͤßere Lichtmenge zur Anwendung kommen muß, als ſonſt erforderlich ſeyn wuͤrde. Auch iſt der trockene, verſengte Zuſtand der Luft in einem Zimmer, wo viele Lichter brennen, den Augen hoͤchſt ſchaͤdlich und veranlaßt unertraͤgliches Jucken und Steifheit der Augenlider, woruͤber man ſo haͤufig klagen hoͤrt. Der naͤchſte Umſtand, den wir hier zu beachten ha— ben, iſt die Wirkung des Kohlenſaͤuregaſes, welches ſich bei der Verbrennung der Stoffe, die zur Be— leuchtung angewandt werden, ſtets bildet. Dieſes Gas iſt völlig unſichtbar ). Der Rauch einer übel beſchaffenen Flamme beſteht nicht aus Kohlenſaͤuregas, ſondern bloß aus un verbrannten Kohlentheilchen und iſt verhaͤltnißmaͤßig un— ſchaͤdlich, während die Kohlenſaͤure auf den menſchlichen Dr: ganismus hoͤchſt nachtheilig wirkt. If Rauch in einem Zimmer vorhanden, ſo macht er ſich dem Geruchs- und Geſichtsſinne bald demerklich, wogegen das Kohlenſaͤuregas geruch- und farblos iſt und ſich lange anhaͤufen kann, be— vor deſſen Anweſenheit durch ſeinen ſchaͤdlichen Einfluß auf den Koͤrper wahrgenommen wird. Durch die Abſorption dieſes Gaſes von Seiten der Lungen und der Haut wird das Kopfweh erzeugt, welches man ſo haͤufig empfindet, wenn man ſich, ſelbſt bei Tage, längere Zeit in einem überfüllten Zimmer befunden hat, wo das Gas nur durch den Reſpirationsproceß erzeugt wild, während dieß in uͤberfuͤll— ten und kuͤnſtlich beleuchteten Raͤumen, als Kirchen, Ball— ſaͤlen, Theatern, in noch weit hoͤherem Grade der Fall iſt. In großer Menge eingeathmet, iſt das Kohlenfüuregas ſelbſt lebensgefaͤhrlich. Manche Gasarten ertödten das Thierleben ganz einfach in Folge der Abweſenheit von re— ſpirabler Luft, gleich dem Waſſer bei'm Ertrinken; wogegen das Kohlenſaͤuregas als toͤdtliches narcotiſches Gift wirkt, das Nerverſyſtem laͤhmt und die Thaͤtigkeit des Gehirns aufhebt. Gleich dem Opium und vielen andern narcotica, ) D. h., wenn es mit der atmoſphäriſchen Luft vermiſcht iſt, zu der es bekanntlich keine Verwandtſchaft hat, daher die Vermengung nur mechaniſch ſtattfindet. Wo es ſich maſſen⸗ weiſe zuſammenhaͤlt, z. B., bei'im Ueberlaufen über den Rand eines Maiſchbottigs, läßt es ſich deutlich ſehen, da es die Strahlen anders bricht, als die atmofphärifche Luft. D. Ueberſ. 9 wirkt es, wenn es in kleinen Quantiten, wie in aufbrau⸗ ſenden oder ſchaͤumenden Getraͤnken, in den Magen einge— fuͤhrt wird, voruͤbergehend aufregend; allein in ſtaͤrkern oder kleinern oft wiederholten Gaben bringt es auf das ganz’ Nervenſoſtem dauernde nachtheilige Wirkungen hervor. Es wirkt nicht direct auf das Auge ſelbſt, ſendern auf das Ge— hirn und insbeſondere auf den Theil deſſelben ein, mit wel— chem der Sehnerv in Verbindung iſt, und ſo wird die Em— pfind lichkeit dieſes Th iles erſt geſchwaͤcht und endlich ganz zerſtoͤnt. Wiewohl dann die Bilder noch immer auf die Netzhaut geworfen und die von ihnen erregten Schwingun— gen durch den Sehnerven fortgepflanzt werden, bringen ſie doch keinen Eindruck auf das Gehirn hervor und gelangen alſo nicht zur Percertion. Dabei aͤußert dieſes Gas feinen ſchaͤdlichen Einfluß auf eine hoͤchſt hinterliſtige Weiſe, und derſelbe laͤßt ſich nur mit der größten Schwierigkeit wieder aufheben. In Verbindung mit den bereits angefuͤhrten ſchaͤdlichen Potenzen fpiet es bei der Schwaͤchung der Seh: kraft durch Erkranken der nervoͤſen Gebilde des Auges eine ſehr wichtige Rolle, und ohne Zweifel wird durch daſſelbe öfters die Praͤdispoſition zu verſchiedenen andern bösartigen Leiden des Nervenſyſtems, insbeſondere Laͤhmung und Apo— plexie, begruͤndet. Durch das Sonnenlicht wird kein Kohlenſaͤuregas ent— wickelt; aber obgleich kein Verbrennungsproceß ohne die Entbindung von Kohlenſaͤuregas ſtattfinden kann, ſo laſſen ſich doch durch geeignete Vorſichtsmaßregeln, von denen wei— ter unten die Rede ſeyn wird, die aus der allzugroßen An— haͤufung deſſelben entſt- henden uͤbeln Wirkungen in Zim— mern, wo kuͤnſtliche Beleuchtung ſtattfindet, voͤllig ver— hindern. Die Unſtaͤtheit und gewoͤhnlich unpaſſende Stellung des kuͤnſtlichen Lichts ſind die letzten nachtheiligen Umſtaͤnde, deren wir in Bezug auf den daraus fuͤr die Augen entſpringenden Schaden ge— denken werden, und wiewohl ſie ſich in practiſcher Hinſicht durchgehends leicht und vollkommen abſſellen laſſen, fo wir— ken fi. doch jetzt in ſehr ausgedehntem Mafftabe faft überall ein. Das Sonnenlicht zeichnet ſich durch die außerordent— liche Gleichfoͤrmigkeit ſeiner Verbreitung aus, und wenn man einen von d mſelben beleuchteten Gegenſtand ſcharf an— blickt, ſo bemerkt man nicht das geringſte Flackern. Alles kuͤnſtliche Licht iſt dagegen mehr oder weniger unſtaͤt, weil es durchaus unmoͤglich iſt, das Zuſtroͤmen der Luft und des Brennmateriales gleichfoͤrmig zu reguliren. Bei der An— wendung eines Glasfchletes findet zu beiden Seiten der Flamme beſtaͤndig ein gleichkoͤrmiger Luftſtrom ſtatt, und wenn, wie bei einem argandiſchen Gasbrenner, der Brenn— ſtoff in einem vollig gleichmaͤßigen Strome die Flamme fpeif’t, fo iſt die Unſtaͤtheit der letzteren von geringem Be: lange. Weniger feſt iſt die Flamme, wenn fie nur in einem weiten Glasſchirme eingeſchloſſen iſt, ohne daß ein Schlot den Zug regulirt, wie z. B. bei einem abgeplatteten oder ſogenannten Fiſchſchwanz- Gasbrenner, und am unfiäteften zeigt ſie ſich, wenn man weder einen Schlot noch einen 92 Schirm anwendet und wenn die Menge des zuſtroͤmenden Brennſtoffes ſich beſtaͤndig aͤndert, wie bei gewoͤhnlichen Lichten und den unvollkommeneren Arten von Oellampen. Dieſe Unſtaͤtheit des kuͤnſtiichen Lichtes wirkt auf die Augen ungemein reizend, zumal wenn jene im hohen Grade ftattfindet, wie wenn, z. B., ſich einige Tropfen Waſſer in einem Gasbrenner befinden. Aber auch geringere Grade von Unſtaͤtheit werden dadurch immer nachtheilig, daß eine größere Lichtmenge zur Anwendung kommen muß, als es der Fall ſeyn würde, wenn die Flamm; durchgehends die— ſelbe Kraft haͤtte. Um dieß naͤher zu erlaͤutern, wollen wir annehmen, gewiſſe Gegenſtaͤnde z. B. die Buchſtaben auf einer bedruckten Seite, ließen ſich bei Licht von 8, 9 oder 10 Grad Intenſi ſaͤt deutlich erkennen; aber der mittlere Grad, 9, ſei der vor heilhafteſſe. Iſt nun die Beleuchtung die natürliche des Sonnenlichtes, fo werden bei deſſen gleiche foͤrmigem Zufluſſe die Augen durch langes Leſen nicht er— muͤder werden, weil ſich die Intenſitaͤt des Lichtes fo allmaͤ— lich veraͤndert, daß die Netzhaut und Pupille Zeit haben, ſich dem wechſel anzu. aſſen. Wendet man dagegen kuͤnſt— liches Licht von derjeiben mittlern Intenſitaͤr, naͤmlich 9 Grad, an, und vermindert ſich die Intenſitaͤt durch das Flackern der Flamme plotzlich bis auf 8 Grad, um eben fo ſchnell wieder bis auf 10 Grad zu ſteigen, ſo gebricht es der Netzhaut und dem Sehloch an Zeit, ſich an die Ver— aͤnde ung zu gewoͤhnen, und es entſteht gewiſſermaßen voruͤbergehende Blindheit oder verminderte Deutlichkeit des Sehens, die aͤußerſt ſtoͤrend und fuͤr das Auge ermuͤdend iſt. Zur Verminderung dieſer unangenehmen Wirkungen wendet die leſende Perſon ene groͤßere Lichtmenge, z. B., im Mittel 14 Grad Intenſitaͤt an. Weicht nun durch die Unſtaͤtheit der Flamme die Intenſitaͤt um 1 Grad davon ab alſo bis auf 15 und 13, ſo entſteht daraus dem Auge ein um 50 Procent weniger fuͤhlbarer Unterſchied, als wenn die Intenſitaͤt fi) von 8 bis 10 Grad verändert. Man fuͤhlt ſich alfo für den Augenblick weniger belaͤſtigt; allein dieſe durch Verſtaͤrkung der Beleuchtung erlangte Erleichte— rung führe dauernde Nachtheile he:bei; denn indem die Netzhaut fortwahrend um die Hälfte mehr Licht erlangt, als zum deutlichen Sehen noͤthig iſt, wird ſie zu ſtark ge— reizt, und auf dieſen Zuſtand von Ueberreizung folgt natuͤr— lich der entgegengeſetzte, naͤmlich eine bedeutende Schwaͤ— chung der Reizbarkeit jener Membran. Bei der ſo haͤufigen unzweckmaͤßigen Stellung der kuͤnſtlichen Lichtflammen dringen eine große Menge falſche Strahlen in das Auge, was ungemein ſchaͤdlich wirkt. Das Auge der Menſchen und der boͤheren Thiere überhaupt iſt nach den ſelben optiſchen Grundſätzen eingerichtet, wie die Camera obscura. Die Pupille iſt die Oeffnung, durch welche das Licht einfaͤllt; die Feuchtigkeiten des Auges wir: ken wie convexe Glaͤſer, und die Netzhaut iſt die Tafel, auf welcher die Bilder der aͤußern Gegen ſtaͤnde aufgefangen werden. Wenn ein ſolches Inſtrument gehörig wi ken ſoll, fo darf kein anderes Licht auf die Takel fallen, als das— jenige, welches die Gegenſtaͤnde zuruͤckwerfen, welche daſelbſt dargeſtellt werden ſollen. Eben fo verhält es ſich mit dem 93 Auge; denn zum vollkommenſten Sehen iſt noͤthig, daß die Bilder der Gegenſtaͤnde auf der Netzhaut nicht durch den gleichzeitigen Zutritt fremdartiger Strahlen, z. B. ſolcher, die unmittelbar von einer Lampe ausgehen und nicht von den Gegenſtaͤnden zuruͤckgeſtrahlt werden, undeutlich und ver— worren gemacht werden. Will man hoͤchſt genau ſehen, ſo muß man ſelbſt die von den umgebenden Gegenſtaͤnden zu— ruͤckgeworfenen Strahlen ausſchließen, daher man einen win— zigen Gegenſtand um Vieles ſchaͤrfer betrachten kann, wenn man ihn durch eine enge Roͤhre anblickt. Mittels eines von mir angefertigten beweglichen kuͤnſt— lichen Auges habe ich in meinen Vorleſungen am augen— heilkundigen Raths-Ertheilungs-Inſtitute (Eye-Dispen- Sary) zu Edinburgh den Mechanſ smus des Sehens und die nachtheiligen Einwirkungen des Eindringens falſcher Strahlen in das Auge bei'm Betrachten nahe liegender Ge— genſtaͤnde oͤfters demonſtrirt. An dieſem Modell iſt der aͤußere Theil des Auges durch eine hohle hölzerne Kugel dargeſtellt; die durchſichtige Hornhaut und die Feuchtigkeiten des Auges ſind durch entſprechende Glaͤſer gebildet, und die Netzhaut beſteht aus einem Stuͤckchen Pappelpapier, waͤhrend ſich hinten eine Vorrichtung zum Beſchauen der darauf geworfenen Bilder befindet. Bringt man das kuͤnſt— liche Auge vor eine bedruckte Seite, fo erblickt man auf dem Pappelpapier eine deutliche und lesbare Copie, die natuͤrlich verkehrt ſteht. Stellt man nun ein Licht ſo, daß ein Theil ſeiner Strahlen direct in das kuͤnſtliche Auge faͤllt, oder ſieht, wenn ich mich fo ausdruͤcken darf, das kuͤnſtliche Auge das Licht zugleich mit der Druckſchrift, ſo wird die Copie augenblicklich undeutlich und mehr oder weniger unleſerlich, und um ihr die gehoͤrige Schaͤrfe zuruͤckzugeben, muß man entweder einen Schirm vor das Licht bringen, ſo daß die directen Strahlen von dem Auge ausgeſchloſſen werden, oder die Intenſitaͤt der Flamme bedeutend verſtaͤrken. Uebrigens bedarf es zur Demonſtration dieſer Wirkung keines kuͤnſtli— chen Auges. Man ſtelle ſich nur fo vor ein Licht leine Gasflamme eignet ſich am beſten hierzu), daß, waͤhrend man in einem Buche lieſ't, viele Strahlen direct in das Auge fallen, und vermindere das Licht vorſichtig, bis man die Buchſtaben nicht mehr unterſcheiden kann; alsdann bringe man die Hand oder einen Schirm zwiſchen das Licht und die Augen, fo daß die directen Strahlen abgefchnitten werden, und man wird alsbald die Schrift wiedererkennen, die je— doch ſogleich wieder verſchwindet, wenn man die Hand oder den Schirm beſeitigt, woraus ſich denn ergiebt, daß, wenn das Auge vor den directen Strahlen geſchuͤtzt, ein kleiner benachbarter Gegenſtand bei ſchwaͤcherer Beleuchtung und folglich mit geringerem Nachtheile fuͤr die Empfindlichkeit des Sehnerven deut ich erkannt werden kann. Wiewohl die nachtheiligen Wirkungen einer unangemeſ— ſenen Stellung des kuͤnſtlichen Lichtes ſich leicht vermeiden läßt, fo wird doch auf dieſen Gegenſtand ſehr wenig Auf— merkſamkeit verwandt; daher aus die er Urſache ſehr allge— meiner Nachtheil entfpringt. Um mich biervon naͤher zu überzeugen, habe ich ſehr viele Werkſtaͤtten, z. B., Drucke— reien, Comptoirs, Schneiderwerkſtaͤtten u. ſ. w., beſucht, 94 und faſt immer gefunden, daß bei feinen und die Augen ſehr anſtrengenden Arbeiten die Lichtflammen dicht neben den Augen und denſelben gerade gegenüber ſich befanden, und daß in vielen Faͤllen die ſchaͤdliche Einwirkung noch durch concave Blenden von Metall, die ſich hinter dem Lichte befanden, vermehrt wurde, während ſich vor dem Lichte ein Schirm haͤtte befinden ſollen. Gegenwaͤrtig, wo man ſo allgemein Gaslicht anwendet, iſt eine unzweckmaͤ— ßige Stellung deſſelben ein hoͤchſt ernſtlicher Uebelſtand; denn da ſich deſſen Intenſitaͤt in dem Verhaͤltniſſe, wie die ge— ſchwaͤchte Empfindlichkeit der Netzhaut es für den Augen— blick wuͤnſchenswerth macht, ſo bequem vermehren laͤßt, ſo koͤnnen nur Wenige der Verſuchung widerſtehen, eine im— mer ſtaͤrkere Beleuchtung anzuwenden, bis ihre Geſichtskraft fuͤr immer gelaͤhmt, oder ganz zerſtoͤrt iſt. III. Prognoſe und allgemeine Grundſaͤtze der Behandlung. Die Prognoſe beruht: I. auf dem Grade und der Dauer der Krankheit, II. auf deren Comp ication mit anderen Leiden, welche mit dem nachtheiligen Einfluſſe des kuͤnſtlichen Lichtes zu— ſammenwirken. 1) Wenn die Krankheit erſt eben entſtand und einzig oder hauptſaͤchlich durch den unzweckmaͤßigen Gebrauch kuͤnſt— lichen Lichtes veranlaßt iſt; wenn die Sehkraft nicht ſehr be— deutend gelitten hat; wenn die dunkelen, ſpinnewebenartigen Flecken klein, nicht ſehr zahlreich und nicht völlig undurch⸗ ſichtig ſind; wenn der Patient uͤbrigens geſund iſt und nuͤch— tern und regelmaͤßig lebt, ſo hat man gegruͤndete Hoffnung durch B-feitigung der krankmachenden Potenzen und ange— meſſene ärztliche Behandlung das Leiden zu heben oder we— nigſtens deſſen Fortfchritte zu hemmen. Je langſamer daſ— ſelbe ſich entwickelt hat, deſto langwieriger wird auch die Cur ſeyn. Hat daſſelbe ſich binnen vielen Jahren allmis lig ausgebildet und iſt die Sehkraft faſt ganz erloſchen, ſo kann die Prognoſe nicht anders als unguͤnſtig ausfallen. Der Zuſtand der Pupille gewährt bei nervöfer Blinde beit gewöhnlich einen zuverlaͤſſigen Anhaltepunct zur Beur— tbeilung der Heilbarkeit des Uebels. Iſt das Sehloch voll— kommen rund, von gewoͤhnlicher Groͤße und gehoͤrigem Glan— ze, verengt und erweitert es ſich bei verſchiedenen Graden von Licht, ſo iſt Hoffnung vorhanden. Hat die Pupille ſchon eine unregelmaͤßige Geſtalt angenommen, ohne daß ſie jedoch aufzehoͤrt hat, durch ihre Bewegungen gegen das Licht zu reagiren, ſo iſt der Fall zwar weniger guͤnſtig, aber doch nicht verzweifelt. Zeigt die Pupille eine unregelmaͤßige Ge— ſtalt, ſtarke permanente Erweiterung oder Zuſammenziehung bei gaͤnzlicher Unbeweglichkeit und Glanzloſigkeit, ſo iſt kaum irgend eine Hoffnung vorhanden. Uebrigens kann nur ein geſchickter Arzt, nach mit concentrirtem Lichte und Bellas donna- oder Datura-Extract angeſtellten Proben eine buͤn— dige Prognoſe ſtellen, und wenn das Auge gegen dieſe Pruͤ— fungsmittel gar nicht reagirt, ſo iſt alle Hoffnung verloren. 2) In allen den Faͤllen, wo die Blindheit theilweiſe eine Folge des unzweckmaͤßigen Gebrauchs des kuͤnſtlichen Lichtes und theilweiſe eine ſelche des krankhaften Zuſtandes 95 anderer Organe iſt, muß die Prognoſe keine beſonders guͤn— ſtige und großentheils von der Beſchaffenheit und Heilbar— keit jener andern Leiden abhaͤngig ſeyen. Beſteht das be— gleitende und mit einwirkende Leiden in einem uͤblen Zuſtande der Verdauungs werkzeuge, fo iſt mehr Ausſicht auf Heilung vorhanden, als wenn es eine organiſche Krankheit des Her— zens oder wohl gar des Gehirns iſt, und iſt die ſchaͤdliche Einwirkung des kuͤnſtlichen Lichts durch Uebermaaß in irgend einem Genuſſe, den man ſich abgewoͤhnen kann, z. B., dem berauſchender Getraͤnke oder Tabacks in irgend einer Geſtalt, beguͤnſtigt worden, ſo kann man eher auf Heilung rechnen, als wenn die Complication von einer Urſache her— ruͤhrt, die ſich nicht beſeitigen laͤßt. Obiges ſind die Umſtaͤnde, die man vorzuͤglich zu be— ruͤckſichtigen hat, wenn man die Heilbarkeit und Wahrſchein— lichkeit des Gelingens der Cur der amaurotiſchen Blindheit beurtheilen will. Gewißheit daruͤber laͤßt ſich jedoch nur er— langen, wenn man einen gruͤndlich gebildeten Chirurgus zu Rathe zieht und von dieſem alle Hauptorgane des Koͤrpers, gleich dem Auge, genau unterſuchen laͤßt. Auch darf ſich Niemand fuͤr einen tuͤchtigen Oculiſten halten, ſo geſchickt er auch im Operiren ſeyn mag, wenn er nicht in allen Zwei— gen der Medicin gruͤndliche Studien gemacht hat, bevor er ſich für das beſondere Fach der Augenkrankheiten entſchieden. Wenn Jemand, der viel feine Arbeit bei kuͤnſtlichem Lichte verrichtet, findet, daß ſeine Sehkraft abnimmt und ir— gend eines der im erſten Capitel beſchriebenen Symptome des beginnenden Erkrankens der Netzhaut, z. B., die haͤufi— gen Blitze im Dunkeln oder die Muscae volitantes auf einem weißen Hintergrunde oder gegen den Himmel ſehend wahrnimmt, ſo laͤßt ſich ſtets vorherſagen, daß das Uebel aͤrger werden muͤſſe, wenn die erregende Urſache, naͤmlich die uͤbermaͤßige und ungehoͤrige Anſtrengung der Augen bei kuͤnſtlichem Lichte, nicht beſeitigt oder durch irgend eine der gleich zu beſchreibenden Verfahrungsarten gemildert, ſo wie keine zweckmaͤßige aͤrztliche Behandlung vorgenommen wird. Hier muß ich jedoch bevorworten, daß leider unter allen Augenkrankheiten, ſo viel es deren auch giebt, nur einige der ſeltenern und boͤsartigern fuͤr den Patienten ſo peinlich und die Geduld des Arztes auf ſo harte Proben ſtellend ſind, wie das geſchwaͤchte Empfindungsvermoͤgen der Netz— haut. Selbſt im guͤnſtigſten Falle iſt die Cur langwierig, — 6ů—2—ͤ— 96 und oft muß ſich der Arzt, wie der Patient, dazu Gluͤck wuͤnſchen, wenn die Symptome ſich nicht verſchlimmern, obs wohl ſie ſich nicht beſeitigen laſſen; waͤhrend in boͤsartigen und eingewurzelten Faͤllen von totaler Blindheit kaum ir— gend eine Behandlung den geringſten Nutzen gewaͤhrt. Die Hartnaͤckigkeit dieſer Krankheit hat ihren Grund hauptſaͤch— lich in folgenden Umſtaͤnden: 1) Iſt dieſelbe haͤufig mit anderen Leiden von dunke— ler, unheilbarer Natur complicirt; 2) macht ſie langſame und hinterliſtige Fortſchritte, ehe ſich ihre Anweſenheit kundgiebt; 3) hat es Schwierigkeit, die Patienten dahin zu brin— gen, ſich der vorgeſchriebenen Diaͤt und Lebensweiſe laͤngere Zeit ſtreng zu unterwerfen; 4) bei der tiefen Lage der Netzhaut im Hintergrunde des Auges laͤßt ſich dieſelbe nicht unterſuchen oder mit oͤrt— lichen Mitteln behandeln; 5) endlich liegt ein Grund in den eigenthuͤmlichen Fun— ctionen der Netzhaut und der außerordentlichen Feinheit ihrer Organiſation. (Fortſetzung folgt.) Miscellen. In Beziehung auf die Wirkung von Hautreizen findet ſich in dem ſo eben bekannt gewordenen Berichte uͤber die bei den Comora-Inſeln bewirkte Wegnahme des Spaniſchen Scla— ven- und Raubſchiffs Pocha, durch das Franzoͤſiſche Schiff la Pre- voyante, Schiffslieutenant Jehenne, folgende Angabe: „Der Ca— pitaͤn der Pocha äußerte eines Tages ganz kaltbluͤtig, daß, wenn die Neger nicht die Kraͤtze ſchon hätten, es Gebrauch der Sclaven— haͤndler ſey, einige zu kaufen, welche mit der Krankheit im hohen Grade behaftet wären, und fie an Bord zu nehmen, um die ander ren anzuſtecken, indem die Krankheit ſie von der Noſtalgie curire und die Mortalitaͤt unter denſelben ſehr vermindere.“ Eine neue Heilung eines aneurysma nach der Brasdor'ſchen Methode iſt von Herrn Colſon ausgefuͤhrt worden. Das aneurysma ſaß an der carotis communis hinter dem Sternoclaviculargelenke auf der linken Seite; auf der peripheriſchen Seite des aneurysma wurde die carotis vor einem Jahre unter— bunden, und ſeitdem hat ſich die Geſchwulſt fortwährend verkleis nert, ſo daß ſie jetzt nur den Umfang einer kleinen Nuß hat und zwar immer noch pulſirt, jedoch kaum merklich. (Arch. gen. Oct. 1840.) Pr ———.—. —— Giblio graphische The Climate of England. 1840. 8. Des notions les plus essentielles sur la physique, la chimie et les machines etc. Par M. Binet Sainte - Preuve. 1840. 12. By C. Whistlecraft. London Paris Quelques considerations sur le tabac, neuigkeiten. de son abus, de son influence sur la santé et les fonctions de la vie speciale- went sur les facultés intellectuelles surtout chez les jeunes gens. Par G. Montain. Paris 1841. 8. Et les exp6rimentales et pratiques sur la cauterisation des »"trecissements de l’uretre indurés, calleux, ordinairement in- t anchissables, faite avec une päte caustique. Par J. J. Casenave, Bordeaux 1840. 8. — Z —ꝛ'2•ʒ2—— Neue Notizen a us dee m Gebiete der Nakur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medicinalratte Froriep zu Weimar, und dem Medieinalratde und Profefior Fro rie zu Berlin. No. 359. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar, des einzelnen Stückes 3 ggl. ia kr Ueber die Verminderung der Temperatur nach Maaßgabe der Hoͤhe uͤber der Meeresflaͤche zu den verſchiedenen Jahreszeiten. Von James D. Forbes, Profeſſor der Naturgeſchichte an der Edinburgher Univerfität *) Sieriu Figur 2. der mit Nr. 353. (Mr 1. dieſes XVII., Bis.) dieſes Blattes ausgegebenen Tafel. Im Jahre 1830 gelang es mir, die Einrichtung zu treffen, daß bei'm Bonally-Baſſin, von welchem aus fruͤher die Haupt⸗ ſtadt mit Waſſer verſorgt wurde, und das in ſuͤdweſtlicher Rich— tung 5 Meilen von Edinburgh liegt, regelmaͤßige Thermometer— Beobachtungen gefuͤhrt wurden Dieſe Station befindet ſich am noͤrdlichen Abhange der Pentland-Berge, 1,100 F. über der Mee⸗ resflaͤche Im folgenden Jahre erlangte ich gleichzeitige Beobach— tungen zu Colinton, einem 11 Meile nördlich von jener Station und mehr als 700 F tiefer iegenden Dorfe. Wiewobhl dieſe Nie v auverſchiedenheit nicht ſehr beträchtlich iſt, fo laßt ſich doch, da die Beobachtungen fuͤnf Jahre lang mit ziemlich gleichfoͤrmigen Reſultaten ausgeführt wurden, einiges Vertrauen in die davon abs geleiteten Folgerungen figen, obwohl die Erlangung von ganz vollftändigen Liſten große Schwierigkeit darbot Uebrigens haben dieſe Reſultate um ſo groͤßeres Intereſſe, da bisher, meines Wiſ— ſens, weder in Schottland, noch uͤberhaupt in Großbritannien, ſtreng vergleichende Beobachtungen auf zwei benachbarten, aber ungleich hohen Stationen angeſtellt worden find nach denen ſich die in meteorologifcher Bezirhung fo wichtige Abnahme der Tempe⸗ ratur in der Atmoſphaͤre haͤtte bemeſſen laſſen. Die Station bei'm Bonally-Baſſin liegt am kahlen noͤrdlichen Abhange der Pentland Berge voͤllig ungeſchuͤtzt. Deren Hoͤhe uͤber der mittleren Meereshoͤhe ward von mir genau trigonometriſch ge— meſſen, und das Barometer hing gerade bei 1,100 F. uͤber letzterer an der Nordſeite einer Hütte, die ſeitdem verfallen iſt. Die Beobachtungen wurden von Herrn Johnſton, dem Aufſeher uͤber ) Transactions of the Royal Society of Edinburgh, Vol. XIV. Edinb. new philos. Journal, Oct. 1840 — Jan. 1841. ‘ No. 1459, (Nr. 7. des XVII. Bandes.) Preis eince ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Kthlr. oder 3 Fl. 36 fr, Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal- Januar 1841. Die Zafel colorirte Abbildungen 6 gal. Bu; 270.86, die Waſſeranſtalten, und deſſen Familiengliedern beſorgt. Daß dieß gewiſſenhaft gefcheben, glaube ich, mit Beſtimmtheit verſichern zu koͤnnen; indeß duͤrften ſich, aus Mangel an Uebung, manche Fehler eingeſchlichen haben. Die Beobachtungen wurden taͤglich um 8 Uhr Morgens und um 8 Uhr Abends angeſtellt. Das Thermomes ter enthielt Queckſilber, und ſtand, wie ſich aus der Vergleichung mit einem Normalthermometer ergab, ziemlich durchgehends um 0,359 F. zu hoch. Dieſer Betrag ward alſo ſtets in Abzug ge— bracht. Nur ein Jahr lang ward ein Weingeiſttbermometer an- gewandt. Die Station zu Colinton befand ſich am dortigen Schuthauſe und ward von dem Geiſtlichen, Herrn R Hunter, beſchickt. Das Thermometer hing, nach meinen eigenen Meſſungen, 364 F. uͤber der mittlern Meereshoͤhe. Die Beobachtungen fanden zu den naͤmlichen Tageszeiten Statt. Das Thermometer ward mit einem Normalinſtrumente genau verglichen, und da die Abweichungen an verſchiedenen Stellen der Scala verſchieden waren, ſo wurden die Berichtigungen, dem Reſultate der Unterſuchung gemäß, dem Be: duͤrfniſſe entſprechend, vorgenommen. Die Berechnungen wurden groͤßtentheils von meinem verſtor— benen Schuͤler J. Spens, einem hoͤchſt talentvollen jungen Manne, beſorgt. Die uͤbrigen verdanke ich der Guͤte des Herrn Harriſon. Man berechnete die mittlere Temperatur jedes Monats für jede Station um 8 Uhr Morgens und um 8 Uhr Abends, dann den mittlern Unterſchied fuͤr jeden Monat auf den ganzen Zeit— raum, und hierauf den mittlern Unterſchied für den ganzen Zeit— raum uͤberhaupt, wobei ſich für 736 F. größere Höhe eine Ab⸗ nahme der Temperatur von 3,279 für die Morgenbeobachtungen, fo wie eine ſolche von 3,18? für die Abendbeobachtungen, alſo 3,229 für beide ergab, fo daß auf 229 Fuß 1 Grad kommt. Dieſe Abnahme erſcheint ziemlich bedeutend und iſt unſtreitig theilweiſe der verhaͤltnißmaͤßig geſchuͤtzten Lage der niedrigern Sta tion beizumeſſen. Der Einfluß der Jahreszeiten auf die Abnahme der Tempe⸗ ratur iſt, wie aus nachftebender Tabelle erbellt, ſehr auffallend, und daß die daraus erſichtlichen Abweichungen nicht etwa durchge⸗ hends auf Beobachtungsfeblern beruhen, ergiebt ſich deutlich aus der Uebereinſtimmung zwiſchen den Morgen- und Abend⸗Colum:; nen, fo wie aus mehreren andern Umftänden, auf die hier nicht beſonders aufmerkſam gemacht zu werden braucht. 7 99 3 100 Ta be e e I. Berechnung der mittleren Temperatur jedes Monats der Jahre 1881 — 1835 zu Bonally und Colinton. (Die Irrthuͤmer der Thermometer Graduation ſind berichtigt). 8 Uhr Morgens. 8 Uhr Abends. . Vonally Ache en . Bonally Colinton | Unter- Bonally | Colinton berichtigt. berichtigt. Unterſchied! Bonally | Eolinton berichtigt. berichtigt. ſchied. Januar 1832 35.61 39,29 35,26 38,97 3,71 35,93 38,29 35.58 33.06 2.48 — 1833 31,58 31,77 31,23 31,23 0,00 32.64 3377 3229 331327 17.1503 Datum. — 1834 37.74 39,32 37,39 39.00 1,61 38,06 40.16 37.71 39,88 | 2,15 — 1835 33,97 30,39 35.62 | 36,00 2,38 | 34,71 38,16 34.36 37,32 | 3,46 137,50 | 145.20 | 7,70 139,94 149.06 | 9,12 Mittel 34.38 36,30 1,92 Mittel 34,98 37,26 2.28 Februar 1831 F 5768 36,75 2.17 35.75 37.64 35.40 | 37.29 1.89 = 1332 36.31 39,00 35,96 38.68 2.72 57,00 38,45 36.65 38,12 1.47 — 1833 35.14 37,86 34.79 37,50 2,71 36.36 38.61 56,01 33,28 22 — 1834 36 43 37,46 36 03 37,10 1,02 37.46 39,50 37.11 39,19 2.08 — 1835 36.89 39,78 36.54 39,48 2,94 36,43 40,21 36,08 39,92 | 3,84 177,95 189,51 | 11,56 181,25 | 192,80 1155 Mittel | 35,59 37,90 2.31 Mittel 36.25 | 33,56 2.31 Marz 1831 37,61 42.42 37,26 42,24 4,98 33,45 43,00 33,10 | 42,82 4.72 — 1832 36.63 42,48 36.33 42,28 5,95 37.68 40,64 37,33 40.37 3,04 — 1833 34,87 38,48 34,52 38,15 3.68 35,39 37.48 35,04 37.13 2,09 — 1834 39,16 42,61 33,81 42.40 3,59 37.93 41,84 37,58 41 60 4,02 — 1835 36,26 38,35 35,91 38 02 2.11 36,48 33,42 36,13 38,10 1,97 182,33 203,09 20,26 184.18 200 02 | 15,84 Mittel 36,56 40,61 4,05 Mittel 36 83 40.00 Sr 5 41,30 45,47 40,5 45 38 4,43 | 42.34 45.10 41.99 45,00 3,01 1832 42,13 46,63 41,78 46,56 478 41,13 44,63 40,78 44.50 3,72 1333 1834 1835 41,37 44,67 April 1831 — 41,02 46,46 5,44 40,43 46,23 40.08 46,15 6.07 489 40,00 45,80 39.65 45.72 6.07 23.07 202.05 | 225.05 | 23,00 4,61! Mittel 40.41 45,01 427 | 46,58 49.93 45,18 49,93 | 3,70 5,32 45,19 49,52 44,84 49.31 4,47 5,49 51.74 55,19 51,39 55,40 4,01 5,04 49,90 53,80 49,55 53.95 4.40 4.84 45,39 49,87 45,04 49.87 4,83 25.46 237,05 258.46 | 21 41 41,37 46,53 41,02 40,97 45,60 40.62 62 45.51 205.39 | 223.46 Mittel 41,08 45,69 46,48 50.39 . 46,13 Mai 1831 — 1832 — 1833 — 1834 — 1835 | 50,40 45,48 50.93 45 13 | 50,95 52,06 56,97 49,41 53,97 | | | 45,61 60,10 51,71 49,06 45. 26 237,29 47,46 54,88 63,62 53,15 54,08 53 02 268,75 | 288 75 Mittel 53,75 57,68 60,06 57,33 55,16 59,03 54. 81 57,03 59,61 56,68 56,16 59,19 55,81 55,77 57,64 55.42 57,20 54,10 50,10 262.75 44.55 | 3,53 | 39.90 43,83 39.55 43.68 4.13 Mittel 55,23 | 58,97 54,88 59.24 436 53,97 57,83 53,50 57,37 54.43 57,57 53,37 55,43 52,55 5,09 Mittel 47,41 51,69 Junius 1831 — 1832 — 1833 — 1834 — 1835 59.24 58,09 57.62 4.47 53.07 57 00 52.72 57.24 4,47 52,30 55,90 5195 56,12 57,81 3,73 54,97 56.97 54.62 57,20 53 02 | 55, 64 2,62 51,90 55,27 51.55 55,48 288,40 4,36 55,77 38,27 55,42 53.52 | 3,10 266,26 284,56 | 57,68 | Mittel [53.25 | 56,91 60,36 | 3,03 58,27 60,77 57,92 | 61.07 3515 | | Julius 1831 1832 1833 1834 1835 59.30 59,90 59,47 57.90 4,49 55,52 57,84 55,17 3,22 55,68 58,55 55.33 3 60 57,00 59,26 56,65 59,54 2,39 2,48 54,81 57,07 54.46 57,31 2,85 . 280,05 16,88 279,53 | 294,83 | 15,30 Mittel 5601 59.38 3,37 Mittel 55,90 | 58,96 3.06 57,08 5971 | 56,71 | 60,00 3,29 55.90 | 59.55 55,55 59,84 4,29 | | 58.09 2.92 58.82 3,49 Il Auguſt 1831 1832 1833 1834 1835 55.23 57,52 54 88 52,06 55,55 51,71 55,84 59,87 55 49 57,58 | 58,84 55,23 57.77 2,89 53 68 55,48 53.33 55,70 2.37 55,76 4,05 50,45 54.97 50 10 55,16 5,06 00,17 4,68 54,48 59,19 54.13 59 47 5,34 59 12 1,89 56.00 58,97 55,65 59.25 3.60 ml 292,82 | 16,80 268,76 | 239,42 20,66 Mittel 55,20 | 58,56 3,36 Mittel | 53,75 57,88 4,18 101 102 8 Uhr Morgens. 8 Uhr Abends. Datum. 8 Bonally Colinton Unters g Bonally | Colinton Unter⸗ Bo nally | Bonatp Celnten. Colinton. berichtigt. berichtigt.] ſchied. Bpnally, | Sokinten, | berichtig:. | berichtigt. ſchied. September 1831 | 50.37 | 527 1831 | 50,87 54.27 . 5 50,52 54.44 3.92 50,79 5414 | 50,62 54.30 36 1832 51.77 53,87 51,42 54 02 2.60 50 63 53,40 50,23 53.54 3.26 — 1833 49,13 52.83 43,78 52.95 4.17 48,57 52,47 48.22 52.57 4.35 an 1888 50.83 52,70 50,48 52,80 2,32 50,07 52,87 49.72 52,93 326 — 1835 50,03 50,80 49 68 50,83 1,15 49 17 51,27 43,82 51,32 2.50 250,88 265.04 14,16 247.66 | 264,71 17 05 Mittel 50,18 | 53.01 2.83 [Mittel 49.53 44 341 October 1831 | 49,71 | 53,10 49.36 | 53.22 3.86 5006 32.13 49,71 5221 | 250 — 1832 47.03 55,77 46,68 50.80 4.12 46 4 49,16 46.10 49,14 3 04 — 1833 45.61 48.06 45,26 48.03 2.77 45 32 47.45 44 97 47,40 2.43 — 1834 45,58 48.87 45,23 43,85 3,62 45.52 48,87 45.17 45,85 3,68 — 1835 42551 44,77 42,16 44,66 2,50 41,87 44,45 | 41,52 44.33 2.81 228 69 | 245,55 15,87 227.17 | 241,93 1446 Mittel | 45,74 49,11 3,37 Mittel | 45,49 | 48,33 2,89 November 1881 | 36,73 | 40.03 | 3638 | 39,73 8,35 | 3773 | 39,50 37,38 | 39,19 1,81 = 1832 [38.20 39.40 37,85 39,09 1,24 33.67 | 40 10 38,32 39,80 1,48 — 1833 38.17 40,67 37.82 40,39 2,57 38,63 39,70 38.28 39.40 1.12 — 1834 40,30 41,37 39.95 41,13 1.18 40 23 | 42,53 39.88 42.33 | 245 152,00 | 160,84 | 8,34 153,88 | 160,72 6,86 | [Mittel 38,00 40.08 2.08 Mittel | 3845 40,0 192 December 1831 39.23 41.81 38.88 41.57 2.69 33.93 41.81 38 58 41,58 3.00 — 1832 36,19 39.61 35.84 39,50 3,46 36.81 39 93 36,46 39.63 3,17 — 1833 35,87 38,42 35.52 38,09 2.57 36,10 38.53 35.75 38.20 | 2.45 — 1834 39,35 39,77 39,00 39,47 0.47 39.35 41,35 39.00 41,10 2,10 149,24 | 158,43 | 9,19 149,79 | 160,51 10.72 Mittel | 37,31 | 39,60 2,30 Mittel | 37,45 40,13 2,68 Tabelle I. Al beg ge nm e i nne U e ber ſ i ch t. | 8 Uhr Morgens. 8 Uhr Abends. a4 Senkrechte größte ittlerer Hohe auf einen Unterſchied. Grad Fahrenheit Monat. Bonally. | Colinton. |Unterfchich Bonaly | Colinton. Unterſchied. in Engl. Fußen. Januar ar 34,38 36 30 192 34,98 37,26 2,28 210 351 Februar 35,59 37 90 2.31 36,25 38,56 2,31 231 319 März ah: 36 56 40,61 405 36 83 40,00 3,17 3,61 204 April E . 41,08 45 69 4,61 40,41 45,01 4,60 4.60 159 Mai W 8 47,46 52,55 5,09 47,41 51,69 4,28 4,69 157 Juni 3 53,75 57,68 3,93 53,25 56,91 3,66 3,79 194 lo 56,01 59 88 3,37 55,90 58,96 3.06 3,22 229 Utaliee 55,20 58,56 336 53,75 57,88 4.13 3.74 197 September . 50,80 5501 9,83 49,53 52 94 3,41 8712 236 October 45 74 49.11 3,37 45,49 48,38 2.89 3,13 235 November : 33,00 40.08 2.08 38 46 40 18 172 1,90 337 December 37,31 39 61 2,30 37,45 40 13 2,68 2,49 256 531,26 570,43 | 39,22 529,71 5557,90 38,19 3370 229 Allgemeines Mittel 44,27 47,54 3,27 44.14 47 32 318 | 32 Ich habe die fich aus dieſer Tabelle ergebenden und durch die oberſte Curve auf Fig. 2. anſchaulich gemachten Reſultate mit denjenigen verglichen, welche aus Beobachtungen abgeleitet ſind, die auf zwei Stationen angeſtellt wurden, deren Hoͤhenunterſchied weit betraͤchtlicher iſt, naͤmlich Genf und das Hospiz auf dem St. Bernhard, deren Niveaus um 6,836 engl. Fuß voneinander ab— weichen. Ich habe dieſe Angaben aus dem zweiten Theile von Kaͤmtz's Lehrbuch der Meteorologie entlehnt. Bringt man die in beiden Fallen obwaltenden ſehr verſchiedenen Umftände in Anſchlag, ſo muß man geſtehen, daß beide Curven eine uͤberraſchend große Aehnlichkeit miteinander haben. Sie zeigen beide eine ſehr ſchnelle Erhoͤhung des Temperaturunterſchieds vom Februar bis März und eine ſehr ſchnelle Abnahme deſſelben im November an, während das Maximum im Mai ſtattfindet. Daß das fragliche Sinken der Temperatur im Sommer am geſchwindeſten und im Winter am langſamſten ſtattfindet, iſt längft bekannt geweſen *); allein noch Niemand hat, meines Wiſſens, ) ©. u. A. meinen Bericht über den Stand der Meteorologie im iften Bde. der Verhandlungen des britiſchen Gelehrten: vereins. 7 * 103 den Verſuch gemacht, das Geſitz, nach welchem ſich die Abnahme der Temperatur mit der Erbebung des Niveau's zu den verſchie— denen Jahreszeiten verandert, zu ermitteln. Folgende Betrach— tungen möchten als wohlbegründer gelten dürfen. Weon wir die Curven der mittlern Temperatur des Jahres für Colinton und Bonally, wie fie auf Fig 2. unten ſich zei⸗ gen, miteinander vergleichen, ſo werden wir finden, daß ſie in dreierlei Hinſcht voneinander verſchieden find, während ſie in ih— ren allgemeinen Zuͤgen viel Aehnlichkeit miteinander haben. 1. Die Curve für Bogally erreicht in keinem Puncte die Höhe der Colin— tonſchen, weil die mittlere Temperatur des ganzen Jahres und als ler feiner ei zelnen Zeitabfchnitte niedriger iſt. 2. Die Curve für Bonally iſt flacher, als die fur Golinton, d. h. der Thermometer⸗ ſtand hält ſich bei jener in engern Graͤnzen; folg:ich differiren die Winjma weniger und die maxima mehr voneinander, als wenn eide Curven von gieicher Geſtalt wären. Dieß iſt der Grund, weßhalb die Konahme der Temperatur mit der groͤßern Erhebung über die Mecresflaͤche im Sommer am ſchleunigſten und im Win— ter am langſamſten ſtattfindet. 3. Die Curve für Bonally iſt nicht nur niedriger und flacher, ſondern auch mehr rechts geruͤckt, fo daß die maxima, fo wie die minima und die mittleren Tempe— raturen, ſpaͤter eintreten Bei einiger Aufmerkſamkeit bemerkt man ferner, daß der Abſtand zwiſchen den beiden Curven bei'm Stei— gen der Temperatur am größten, fo wie bei'm Sinken derſelben am geringſten ſeyn muß; demnaͤchſt, daß der Unterſchied zwiſchen den ſenkrecht » Ordinaten der Curven am größten ſeyn wird, wenn letztere den größten aufſteigenden Winkel mit der horizontalen Axe bilden, ſo wie, daß jener Unterſchied am geringſten iſt, wenn der abwärtegefehrte Winkel den tiefſten Punct erreicht hat, was, wie die Figue zeigt, reſp. im Mai und November der Fall iſt, womit auch die oberſte Curve der Figur uͤbereinſtimmt. Bei Unterſuchung dieſer Curven gelangen wir zur Erkennt— niß einiger für die Meteorologie hoͤchſt wichtigen Umſtaͤnde, die wir erſt anführen und dann zu erklaren verſuchen wollen. Zuvoͤrderſt erkennen wir die wohlbekannte Erſcheinung, daß die Temperatur geringer wird, wenn man ſich in die hoͤhern Re— gionen der Atmoſphaͤre begiebt; zweitens, daß das jährliche Schwanz ken der Temperatur in hoͤhern Regionen geringer wird und viel— leicht bei einer gewiſſen Höhe ganz aufhört: drittens, daß der Einfluß der Jahreszeiten ſich zuerſt in den Thaͤlern und erſt ſpaͤ— ter auf den Bergen ſichtbar macht. Die zwei erſten Verhaͤltniſſe gelten ſowohl von dem taͤglichen, als dem jaͤhrlichen Wechſel der Tempe atur; in Betreff der letztern ſcheint dieß nicht der Fall zu ſeyn *). Die Verruckung der Jahres⸗Curve, d. h. die Verſpaͤtung der Temperaturepochen und die Verminderung der Temperaturſchwan— kungen, bemerken wir ſowohl an den unmittelbar uͤber der Erdober— flache liegenden Luftſchichten, als an den Schichten des unter die— fen befindlichen Erdbodens. In Anſehung beider findet unſtreitig eine Graͤnze ſtatt, wo einestheils und zuerſt die täglichen und an— derntheils die jährlichen Veränderungen verſchwinden. Die Urſache iſt jedoch für beide Fälle ſehr verſchieden, da in dem einen haupt— ſächlich die Ausſtraßlung und in dem andern die Fortleitung der Wärme thätig iſt. Es ift nur ſo derbar, daß die Tages-Curve, wenigſtens im Sommer einem ſo verſchiedenen Geſetze zu folgen ſcheint; vielleicht rührt dieß daher, daß in dieſem Falle die directe Ausſtrahlung von der Sonne ſtaͤrker, und die Leitung der Wärme durch die Bewer gung der Luft geringer iſt. So iſt, was den Proceß der jährli⸗ chen Erwarmung anbetrifft, die Erdoberflaͤche, die wir uns hier als eine weite Ebene denken, die Stelle, wo die durch die Atmos ſphäre frei hinzutretenden Sonnenſtrahlen zuerſt irgend eine bes trachtliche Erhoͤhung der Temperatur erzeugen. Dieſe Wärme wird durch Fortleitung langſam den tiefern Erdſchichten mitge— eilt, und durch die Bewegung der Luft allmaͤlig den hoͤhern Luft— ſcichten zugeführt. In beiden Fällen bemerkt man, wie geſagt, eine fpätere und ſchwächere Einwirkung auf die Jahres“ Curve. Auf die tägliche Temperatur übt unſtreitig die Ausſtrah—⸗ *) Saussure, Voyages dans les Alpes. T. IV, 2050 u. ff. Kämg Lehrbuch, Bb. II., E. 138. u er 104 lung eine weit betraͤchtlichere unmittelbare Wirkung. Die vereinzelten Bergkuppen nehmen, wegen ihrer iſolirten Stellung und geringen Maſſe, die Wärme von der Sonne leichter an und laſſen ſie auch wieder ſchneller fahren, als die Ebenen, und bieten in dieſer Beziehung eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Clima der Inſeln, im Vergleiche mit dem der Feſtlaͤnder, dar. Die Bergkuppen aͤndern ihre Temperatur ſchnell und in weniger bedeu— tendem Grade, wogegen die Veränderungen in der Temperatur der Ebenen langſamer, aber in ſtaͤrkerm Grade erfolgen. Dieß ift nicht etwa eine bloße Hypotheſe; es ſprechen dafür viele Umſtände, namentlich der, daß Sauſſure ermittelt hat, daß während das Minimum der Temperatur im Juli ſowohl auf dem Col de Ge- ant als zu Genf um 4 Uhr Morgens eintrat die erſtere Station die mittlere Tagestemperatur ſchon um 6 Uhr Morgens, die letztere aber erſt um 9 Uhr Morgens erlangte. Des Nachmittags trat die mittlere Temderatur des Tages au? dem Col de Geaat um ! — 1 Stunde früber ein, als zu Genf 9). Außer den eben erwaͤhnten Urſachen tragen noch andere dazu bei, daß die Tages- von der Jahres: Curve agoweicht. Darunter find die wichtigſten, daß die Veränderungen der Jahrestempera— tur allmaͤliger erfolgen, und der Einfluß der Feuchtigkeit. Die er: ſtere wirkt auf unſere Verſuche dadurch ein, daß ſie das ſofortige Eintreten der auf- und niedergehenden Stroͤmungen, wie ſie nach dem bloßen Geſetze der ſpecifiſchen Schwere erfolgen würden, vers hindert; und wenn die Ausſtraplung am ſchwaͤchſten (alſo im Wins ter: und die Bewegungskraft der Luft gering iſt, fo wird dieſe Uebertragung oft verhin ert, ja das Geſetz der Dichtigkeit ganz unwirkſam gemacht. So ſind in kalten Ländern die hoͤhern Luft: ſchichten oft die waͤrmern. Um dieß deutlich darzulegen, füge ich eine Tabelle bei, aus der man erſieht, wie oft dieß in jedem Mo— nate geſchah, was die Spalte mit der Ueberſchr'ft: „Zahl der mo— natlichen negativen Faͤlle“ anzeigt, wobei uns naͤmlich die Tempe— raturunterſchiede als poſitiv gelten wo die hoͤhere Station (Bo— nally) kaͤlter war, als die tiefere (Colinton). Ferner find daſelbſt die poſitiven und negativen Extreme fur jeden Monat angegeben, und obwohl in dieſer Beziehung wahrſcheinlich die groͤßten Beob- achtungsfehler untergelaufen find, fo iſt doch auffallend, daß das gewohnliche Geletz der Dichtigkeit fo oft Ausnahmen erlitten und daß ſich die Temperatur, zumal im Herbſte und Winter, bei man— chen Gelegenheiten auf der hoͤhern Station ſo bedeutend hoͤher ge— zeigt hat, als auf der niedrigern. Uebrigens wiederhole ich, daß die Beobachtung dieſer Extreme unter allen Theiten der Tabelle die wenigſte Zuverlaͤſſigkeit darbieten duͤrfte. Theilt man das Jahr in vier Jahreszeiten, fo kann folgende, die Morgen- und Abend— Beobachtungen umfaffende, ſummariſche Ueberſicht, wegen des bes deutenden Umfangs der Beobachtungen, auf viel Zuverlaͤſſigkeit An— ſpruch machen. Mittlerer Unter 100 Faͤl⸗Mittel der Mittel der Unter- len waren ne-] oͤchſten hoͤchſten ſchied. gativ + Werthe — Werthe in den ver-in den ver- ſchiedenen | fibiedenen Monaten | Monaten. mi 430° | 7,1 Pro. Cent 105% 2875 Sommer. q (unt, Juli, Aug.) 3 58 13,5 — 10,30 4.8 Herbſt, 5 (Sp Oe eh oe N 7745 wanne 280 1586 — 9,8 | 5,9 (Dec., Jan, Feb.) Dieſe Zahlen ſind aus nachſtehender, die Details enthaltenden Tabelle erlangt worden: „) Obige Anſicht von den Urſachen der taglichen Veraͤnde— rungen in der Abnahme der Temperatur nach Oben wird durch Eſchmann's, Kämp’s und Horner's Beobachtun— gen in der Schweiz (ſ. Poggendoff's Annalen, XXVII., 345 und Dove's Repertorſum III, 331.) vollkommen bes ftätigt. Tabelle III. 8 uhr Morgens. 8 Uhr Abends. 1 4 f £ 2 2 2 2 S 5 88 sa 35 38 3 5 a | 2 a EZ ® 5 Januar 1832 | 31 1 16,751 s 2 1853 | 31 9 4 — 731 5 5 — 7 183431 713 — 93112 10 — 7 1835 31 2 10 — 731 316 — 5 Februar 183128 4 8 — 7 23 5 9 —8 1832 | 29 3 9 1 — 729 9 7 —4 1333 | 28 2 88 — 128 312 — 4 1834 28 8 5 — 6 28 7 15 — 7 1835 28 212 —10 28 212 — 6 März 1851 31 114 — 231 114 — 2 1832 31 1110 -.1.|.31 2 8 — 6 1833 31 1 7 — 131 1 6 — 2 1334 | 31 312 — 6 831 e 1835 | 31 7 6 — 5 31 6 7 1 2 2 April 1831 30 28 — 230 216 3 1832 30 3] 9 — 2 30 313 — 3 1833 30 3 7 — 1 30 0 9 0 1834 30 0 14 0 | 30 0|15 0 1835 30 213 — 3 30 217 — 2 Mai 183131 2 10 — 281 3 SH 1832 | 31 1 9 — 281 1111 (— 3 1833 | 81 3111 1 —-3|31 4| 12) — 9 1834 | 2 — — re — 1835 81 310 — 5 31 2 10 — 4 Juni ee eee eee 1832 30 3.1711 | 8. 30 I 1833 30 2 9 — 4 30 18 — 1 1834 30 3 6 — 4 30 6 10 | —ı2 1835 | 30 4 9 210 30 6 15 — 9 Juli 1831 31 7 . 5 10 — 3 1882 31 2 12 — 231 FREE 183 31 38 5 31 4 88 1834 31 2 6 — 4 31 5 9 12 1835 311113 - 5 31 | 8 a1 —8 Auguſt 183131 5 10 — 231 1 10 — 3 ane nn 1833 | 31 10 ean 51 211 —3 1834 31] 217 2 6 31 215 — 3 1835 | 31 9 10 — 6 31 5 12 — 5 Sıptbr. 1831 30 3 9 — 4 30 1 8 — 2 1832 30 4 12 —13 30 418 — 5 1833 30 215 — 230 1111 — 2 1834 30 5 6 — 6 30 6 9 —8 1835 | 30 | 11 7 7 30911 6 1 106 8 Uhr Morgens. 8 Uns Abends. I Fr Hrn | 9 b Bu lies 2 23 333 E 3 25 5 Datum, a5 Es =€ 2 2 ag 8 5 * 2 5 8 5 zul S 23 2 38 S = 2 28S = = 2 5 = 8 888 = I##1? |8 October 1831 | 31 7 — 81 2 41-6 1832 | 31 2 | 15 — 5 31 313 — 2 1833 31 5 10 — 4 31 5 12 — 7 1834 31 4 144 — 7 31 5 17 — 7 1835 31 3 5 10 31 411 10 — 7 November 1831 | 30 2 7 — 8 30 5 71-9 1832 | 50 5 51-10 30 5 5 —10 1853 30 7 9 19 20 s 12 - 20 1834 30 10 3 — 7 50 5 12 6 Decrmber 1831 | 81 | 2 7 — 8 [81 5 7 — 9 188% 1 ar YH 31 io , nee 183431 9 | 6 —13 | 31 10 131 — 5 Die Feuchtigkeit hat, meiner Anſicht nach, auf die Reſul— tate einen ſehr bedeutenden Einfluß. Die Vertheilung der Feuch— tigkeit iſt in den verſchiedenen Jehreszeiten bei verſchiedenen Hoͤ— ben ungemein verſchieden. Im Fruͤhjahre werden die Berge durch den beſtaͤndigen Niederſchlag von Waſſerduͤnſten abgekuͤhlt, wäh— rend die Ebenen vergleichungsweiſe trocken ſind. Im Herbſte da— gegen tritt oft das Gegentheil ein. Selbſt das Herabfallen wirk— lichen Regens ſtimmt wohl hiermit uͤberein, indem es im Herbſte oft in den Ebenen, und im Fruͤhlinge und Sommer gemeiniglich auf den Bergen am ſtaͤrkſten regnet Die Curve in der Mitte ven Fig. 2. ſtellt die mittlere Veränderung der taͤglichen Temperatur während 5 Jahren nach den durch Herrn Adie zu Edinburgh mit dem Thermometrogra— phen angeftell’en ſorgfältigen Beodachtungen dar. Die ſeykrechten Linien in der Figur entſprechen der Mitte jedes Monates. Mieses e n. Ueber eine inteſſante optiſche Entdeckung des juͤngeren Herrn (Edmend) Becquerel, welche, in Bezug auf chemiſche Wirkung und Farbung, zu der Unterſcheidung zwiſchen excitatoriſchen und continuatoriſchen Soanenſtrahlen ge— führt hat, von denen die letzteren nur die Faͤhigkeit haben, eine, von den erſteren begonnene, Wirkung auf das Ghlorpapier fortzu: ſetzen, nicht aber, ſie zu beginnen, — bat Herr Biot am Iiten Januar der Academie der Wiſſenſchaſten zu Paris einen Bericht er— ſtattet, in welchem er ſich über die Sorgfäitigkett und Feinheit der von Herrn B. angeſtellten Beobachtungen ſehr guͤnſtig ausſorach. Ein unterirdiſches Eisfeld im Weſterwalde iſt aum ſuͤdlichen Abhonge des unter dem Namen der Dornburg bekann— ten, 1,200 F. über die Mecresflache uch erhebenden Bergkegels unter dem Baſaltgeroͤlle 1839 aufgefunden worden. Es iſt ein Eisfeld, welches ſich 20 F. in die Tiefe erſtricke und von Oſten nach We— ſten 50 F, von Suͤden rac Norden 40 F. Ausdehnung bat. Necrolog. — S. R. Parrot, Profeſſor der Pbyſik auf a Univerſitat zu Dorpat, iſt am 15. Januar (50 Jahr alt) gre orben. nde Ueber den nachtheiligen Einfluß der kuͤnſtlichen Beleuchtung auf die Sehkraft, ſo wie einige Mit— tel, durch welche ſich dieſe Nachtheile vermeiden oder vermindern laſſen. Von James Hunter, M. Dr. r d 5 (Fortſetzung.) Allgemeine Grundjäge der Behandlung der amauroti— ſchen Blindheit. Vor Allem hat man zu ermitteln, in wiefern die Krank⸗ heit durch andere Leiden complicirt oder verſchlimmert wird, in'sbe ondere, ob dieß durch Krankheiten des Gehirns-, Wir: dauungs- und Uterus-Syſtems geſchieht und wenn es der Fall iſt, ſo muͤſſen dieſe Leiden, wo moglich, gehoben werden. Alsdann hat man ſeine Aufmerkſamkeit dem Auge ſelbſt zu— zuwenden. Im acuten Stadium, wo Entzuͤndung und ge— ſteigerte Reizbarkeit der Netzhaut vorhanden iſt, muß die Behandlung das gerade Gegentheil von derjenigen ſeyn, welche fuͤr das chroniſche Stadium der Krankheit paßt, wo 107 die Empfindlichkeit der Netzhaut vermindert if. Es haͤlt ubrigens oft ſehr ſchwer, die Scheidelinie zwiſchen dieſen b iden entadegengeſetzten Zuſtaͤnden genau zu zieben. Im acuten Stadium find örtliche oder allgemeine Reizmittel durch— aus unſt tthaft und dagegen Blutentziehungen und andere antiphlogiſtiſche Mittel angezeigt Iſt der Fall noch ganz friſch und von keiner bedeutenden Heftigkeit, ſo koͤnnen dieſe Mittel, neben voͤlliger Ruhe des Organs, ſich als ausrei— chend bewaͤhren, und jedenfalls muͤſſen ſie angewandt wer— den, bis die Krankheit die chroniſche Form angenommen hat. Alsdann hat man von ortlichen Reizmitteln, z B., ammeniakaliſchen und aͤtheriſchen Dämvfen und Augenwaſ— fin, nebſt Strychnin und Galvanismus oder Electricitaͤt, den groͤßten Nutzen zu erwarten, wenn man dieſe Mittel mit zweckmaͤßiger Vorſicht anwendet. Ohne Zuziehung ei— nes Arztes darf man ſich ihrer aber nicht bedienen, da der unvorſichtige Gebrauch mancher darunter, z. B., des Strych— nins, augenblicklich den Tod herbeifuͤhren kann, und ein zu ſtarker electriſcher oder galvaniſcher Schlag durch den Kopf den Kranken der Beſinnang berauben und ganz iches Erblin— den veranlıjen kann Außer dem geeigneten Gebrauche der erwaͤhnten Mittel hat man nacheinander Blaſenpflaſter in den Nacken, hinter die Ohren und auf die Schlaͤfen zu legen. Der Ort, wo ſie aufgelegt werden, iſt keineswegs gleichguͤltig, und es gilt in dieſer Beziehung die Regel, daß ſie dem Sitze der Krank— heit um ſo naͤher gebracht werden muͤſſen, je mehr dieſelbe chroniſch iſt, und umgekehrt. Bei ſehr chroniſchen Faͤllen ſind die oͤrtlichen Blutentziehungen nicht angezeigt; bei halb acuten dagegen leiſten wiederholt an die Schlafen geſetzte Schroͤpfkoͤpre, wenn Andrang des Blutes nach dem Kopfe ftastfindet oft ſehr gute Dienſte. Vor Allem muß ſich der Patient in faſt allen Faͤllen derjenigen Dinge enthalten, durch welche das Gehirn gereizt wird, namentlich geiſtiger Getraͤnke und des Tabaks in irgend einer Form; wenngleich unter manchen Umſtaͤnden ein vorsichtiger Gebrauch gelinder Reizmittel und eine ziemlich kraͤftige Koſt anzuempfehlen ſind. Man muß den Augen ſo viel als moͤglich Ruhe goͤn— nen und bei Anwendung von kuͤnſtlichem Lichte dieſes durch irgend eine der gleich zu beſchreibenden Methoden weniger reizend machen. 0 Blaue Brillen und Augendeckel von Drahtgaze (wire gauze preserves) gewähren eft in gelinderen Faͤllen be— deutende Erleichterung; iſt aber die Sehkraft einmal be deutend geſchwaͤcht, fo leiſten fie nicht die geringſten Di.nfte. Behandlung der Entzuͤndung der die Augenlider ausklei— denden Membran. Iſt die Krankheit acut und verurſacht die Beruͤhrung der Augenlider Schmerz, ſo werden 2 bis 3 Blutegel an der äußeren Haut, nicht weit vom Rande der Augenli— der angeſetzt, gute Dienſte leiſten; oder man kann die Blut— entziehung durch Scarificiren der auskleidenden Membran ſelbſt bewirken; unter keiner Bedingung aber darf man die Blutegel an die innere Seite der Augenlider anlegen, wie von manchen Seiten empfohlen worden; denn die durch — 108 ihre Biſſe veranlaßte Geſchwulſt wirkt auf den Augap el ungemein reizend. Nach dem oͤrtlichen Aderlaſſe hat man Blaſenpflaſter hinter die Ohren zu legen und die wunde Stelle ‚ur Beguͤnſtigung der Eiterung einige Tage lang mit unguentum Sabinae zu verbinden. Außer dieſen oͤrtlichen Mitteln hat man magere Koft, Enthaltſamkeit in Bezug auf geiſtige und uͤberhaupt gegohrene Getraͤnke und ein Paar Do’en von einem gelinde öffnenden ſaliniſchen Mittel zu verordnen, wodurch die Cur entweder vollſtaͤndig bewirkt, oder das Leiden in den chroniſchen Zuſtand verſetzt werden wird. Iſt letzteres geſchehen, oder war das Uebel gleich an— fangs chroniſch, ſo hat man oͤrtliche Reizmittel in Form von Waſchmitteln oder Salben zu verordnen. Unter den Augenwaſſern iſt eine Auflöfung von ſchwefelſaurem Zink (weißem Vitriol) in Waſſer, 6 Gran auf 4 Unzen deſtil— lirten Waſſers, unter Zuſetzung von 4 Fluͤſſigkeitsunze zu— ſammengeſetzter Lavendeltinetun und ven 3 Tropfen vers dunnter Schwefelfaͤure, das Empfehlenswertheſte. Dieſes wendet man taͤglich 3 Mal mittels eines Augenbadenaͤpf— chens an, welches man mit der Auflöiung fülit, dann über dem offenen Auge umkehꝛt und fo ein Paar Secunden lang haͤlt. Dieſes Augenbad muß 1 — 2 Minuten lang eine beißende Empfindung veranlaſſen; iſt der Schmerz aber zu heftig oder anhaltend, ſo hat man die Aufloͤſung mit Roſenwaſſer zu verduͤnnen. Statt des eben angeführten Mittels kann man auch eine Aufloͤſung von ſchwefelſaurer Alaunerde (Stein- alaun) anwenden, 12 Gran auf 4 Unzen deſtillirten Waſ— ſers. Sie wirkt etwas weniger reizend und kann erforder— lichen Falles abwechſelnd mit der Zinkaufloͤſung verordnet werden. Klagt der Patient ſehr uͤber Trockenheit der Au— genlider, ſo gewaͤhrt oͤfters ein aus 15 Gran baſiſchkohlen— ſaueren Kali's (Sal tartari) und 4 Unzen deſtillirten Waſ— ſers, nebſt 6 Zropfen Capſicumtincur, zuſammengeſetztes Augenwaſſer, bedeutende Erleichterung Man wendet daſ— ſelbe mittels eines Augenbadenaͤpfchens taͤglich 5 — 4 Mal an. Das einfache Baden der Augen mit friſchgeſchoͤpftem kalten Waſſer thut oft in Anſehung der Verhinderung der nachtheiligen Wi.£ungen, welche durch die Hitze des kuͤnſt— lichen Lichtes veranlaßt werden, die deſten Dienſte. Der Patient hat für ein Waſchbecken mit ſolchem Waſſer zu ſorgen und das ganze Geſicht mit geoͤffneten Augen von Zeit zu Sit unterzutauchen Salben dürfen nur bei'm Zubettegehen angewandt wer— den. Beſtehen ſie aus einfachen Stoffen, z B., Schwei— neſchmeer oder Schweineſchmeer und Wachs, ſo verhindern ſie nur das Zuſammenkleben der Augenlider waͤhrend des Schlafes. Sind dagegen gelinde reizende Mittel darunter, fo thun ſie zur Beſeitigung der chroniſchen Entz endung der auskleidenden Membran ſehr gute Dienſte. Unter den Sal: ben iſt keine empfeblenswerther, als unguentum eitrinum (ung. Nitratis Hydrargyri mite). Die mit rothem Präipitat vermiſchte Salbe (ung. Oxydi Hydrargyri rubri per acid. nitricum) wird haͤufig verſchrieben, kann aber, wenn ſie nicht eigens fuͤr Augenkranke bereitet wor— den, aͤußerſt reizend wirken. Man faßt ein kleines Stuͤck— chen von dem unguentum ceitrinum, nicht größer als 109 eine halbe Erbſe, das man vorher an der Flamme eines Lichtes erweicht hat, auf die Spitze des kleinen Fingers, zieht das untere Augenlid ein Wenig nieder, ſo daß deſſen innere Flaͤte ſichtbar wird und ſtreicht die Salbe fanft zwi— ſchen die Augenlider und um die Wurzeln der Augenwim— pern. Zierlicher iſt es freilich, wenn man ſich dazu eines Kameelhaarpinſels bedient; dabei laͤuft man aber auch Ges fahr, daß ein Haar aus dem Pinſel im Auge zuruͤckbleibt und eine bedenkliche Entzuͤndung des Augapfels ſelbſt ver— anlaßt. Des Morgens hat man die Augen mit einer warz men Miſchung ven Milch und Waſſer zu baden und im Laufe des Tages eines der oben erwaͤhnten Augenwaſſer an— zuwenden. Durch den fortgeſetzten Gebrauch die er Mittel wird in den meiſten Faͤllen die Heilung bald bewirkt wer— den, wenn man zugleich die Augen dei kuͤnſtlichem Lichte nicht zu ſehr anſtrengt, zeitig zu Bette gebt und ſich bei Maͤßigkeit in Eſſen und Trinken viel Bewegung macht. Zeigt ſich die Krankheit ſehr hartnaͤckig, hat ſie ſchon lange beſtanden und ſind die Augenlider wulſtig und ſchwielig, ſo muͤſſen fie ſtark mit Hoͤllenſtein geaͤtzt und häufig ſcarificirt werden; allein da dieſe Mittel nur bei richtigem Gebrauche gefahrlos ſind, ſo darf nur ein Chirurg deren Anwendung vornehmen. Wenn die Augenwimpern voͤllig zerſtoͤrt ſind, ſo laͤßt ſich deren Nachwachſen auf keine Weiſe erreichen; ſind ſie aber nur theilweiſe ausgefallen, ſo muß man dem Weiter— greifen des Uebels durch Heilung der daſſelbe herbeifuͤhren— den chronijchen Entzuͤndung Einhalt thun, und von den noch ſtehen gebliebenen Wimperhaaren alle acht bis zehn Tage die Spigen mit einer Scheere abſchneiden, fo daß ſie dick werden und auf dieſe Weiſe den Abgang der ausgefal— lenen weniger bemerklich machen. Der Verluſt der Augen— wimpern bringt bedeutenden Nachtheil; nicht nur leidet das gute Ausſehen des Geſichts dadurch ſehr, ſondern weil nun zuviel Licht in die Augen gelangen kann, wird die Schwaͤ— chung der Erregbarkeit der Netzhaut dadurch außerordentlich befoͤrdert. IV. Von der Wahl des kuͤnſtlichen Lichts. Das kuͤnſtliche Licht wirkt nur dann beſonders nach— theilig, wenn die Augen dabei durch die Beſchauung winzi— ger Gegenſtaͤnde angeſtrengt werden. An offentlichen Orten iſt ſelten die Beleuchtung ſo ſtark, daß die Augen durch deren directe Einwirkung leiden, und ſie wird hauptſaͤchlich durch die Menge kohlenſauren Gaſes ſchaͤdlich, welche ſich aus den Brennſtoffen entwickelt. Da ferner an foihen Or— ten der Blick nicht fortwaͤhrend auf denſelben Gegenſtand geheftet iſt, ſo wirkt dem nachtheiligen Einfluſſe der eigen— thuͤmlichen Faͤrbung des kuͤnſtlichen Lichts die Mannigfal— tigkeit der von den Waͤnden und Moͤbeln zuruͤckgeworfenen Farbentone häufig entgegen. Bei'm Leſen, Schreiben, Naͤ— hen, Letternſetzen und andern, die anhaltende heftige An— ſtrengung der Augen in den Abendſtunden in Anſpruch nehmenden Beſchaͤftigungen muß das Licht von bedeuten— der begraͤnzender Kraft ſeyn oder die Umriſſe der Gegen— ſtaͤnde ſcharf erkennen laſſen, und zu dieſem Ende muß es 110 den Augen ſehr nihe gebracht werden, die es unter ſolchen Umſtaͤnden, vermöge feiner unguͤnſtigen Färbung und er— hitzenden Eigenſchaft, beeinträchtigt, wie wir oben ausfuͤhr— licher dargethan haben. Die Umſtaͤnde, auf welche es bei Beurtheilung der verhaͤltnißmaͤßigen Brauchbarkeit und Unſchaͤdlichkeit verſchie⸗ dener Arten von kuͤnſtlichem Lichte ankommt, ſind: 1) Reinheit der Farbe; 2) practiſche Bequemlichkeit, und 3) Wobhlfeilheit. Das reinſte, durch die Verbrennung kohlenwaſſerſtoff— haltiger Subſtanzen in der atmoſphaͤriſchen Luft zu gewin— nende Licht wird durch oͤlmachendes Gas, eine Miſchung von Waſſerſtoffgas und Kohlenſtoff, gewonnen, die man durch die Einwirkung der Schwefelſaͤure auf Alcohol er— zeugt, aber ſo theuer iſt, daß ſie fuͤr gewoͤhnlich nicht an— gewandt werden kann. Das naͤchſtreine Licht dürfte Naph— tha liefern; allein der ekelhafte Geruch dieſer Subſtanz und die Schwierigkeit, deren Verbrennung laͤngere Zeit zu regu— liren, ließen dieſelbe nicht in allgemeine Aufnahme kommen. Durch neuere Erfindungen find jedoch di fe Uebelſtaͤnde gro— ßentheils beſeitigt worden, und die beſten Naphthalampen, die gegenwaͤrtig angefertigt werden, liefern ein Licht, das an Reinheit jedes andere mir bekannte und in allgemeinem Gebrauch ſeyende Lampenlicht uͤbertreffen dürfte. Das Oelgas gewaͤhrt ein vorzuͤglich ſchoͤnes Licht, und es bildeten ſich einſt viele Geſellſchaften zur Fabrication deſ— ſelben; indeß kam es zu hoch zu ſtehen und deßhalb nicht in allgemeinen Gebrauch. Das aus Harz bereitete Gas giebt ein durchaus eben fo gutes Licht wie das Oelgas. Profeſſor Daniell loͤſ'te ein Patent darauf, und es trat eine Actiengeſellſchaft zur Fabrication des Harzgaſes zuſam— men. Nachdem fie jedoch über 50,000 Pfd. Sterl. auf die Baulichkeiten, Apparate ꝛc. verwendet, loͤſſte fie ſich auf, da die Erfahrung lehrte, daß zwar die Schönheit des Harz— gaſes vorzuͤglich ſey, aber dagegen der Preis deſſelben ſo hoch geſtellt werden mußte, daß es die Concurrenz mit dem Steinkohlengaſe nicht aushalten konnte . In Anſehung der Reinbeit des Lichts moͤchte nun das von der Parrot- oder Cannel- Steinkohle gewonnene Gas kommen, welches wohl in Anſehung der Bequemlichkeit und verhaͤllnißmaͤßigen Wohlfeilheit den erſten Rang einnimmt. Es wird gegenwaͤrtig ſowohl in, als außer dem Hauſe, in ſehr ausgedehntem Maaßſtabe zur Beleuchtung angewandt, und dürfte im Allgemeinen jeder andern Art von kuͤnſtlichem Lichte vorzuziehen ſeyn. In Anſehung der Qualität bleibt es ſich indeß, je nach der Beſchaffenheit der Steinkohle, fo wie der Fabricationsart, nicht ganz gleich; das in Edin⸗ burgh und Umgegend bereitete iſt aber ven ganz vor zuͤgli⸗ cher Guͤte und ſowohl in Anſehung ſeiner chemiſchen Be: ſchaffenheit, als feiner Wirkung auf die Augen, dem leich- ten gekohlten Waſſerſtoffgaſe, welches die Londoner Gasge— „) Eine Beſchreibung des zur Bereitung des Harzgaſcs dienen⸗ den ſinnreichen Apparats findet man in Dr. Ure’s Dictionary of arts and manufactures, p. 1076, 141 ſellſchaften aus gemeiner Steinkohle fabrieiren laſſen, bei Weitem voranzuſtellen. Das Licht, welches die feinern Thranſorten, namentlich das raffinirte Spermoͤl, liefern, kommt in Anferung der Reinbeit zunächft, und möchte in manchen Faͤllen ſogar reis ner ſeyn, als dasjenige des Parrot- und Cannelkohlengaſes. Dagegen iſt daſſelbe in ſeiner Anwendung bei Weitem we— niger bequem und dabei viel theurer. Wenn man zur Beleuchtung Thran oder Oel brennt, ſo haͤngt erſtaunlich viel von der Einrichtung der Lampe ad. Die argandiſche Lampe iſt jedoch die vorzuͤglichſte und auch im allgemein— ſteg Gebrauche. Die ur pruͤngliche Einrichtung derſelben iſt vielfach abgeändert und verbeſſert worden; allein Parker's patentiſte Heiß-Oellampe, in welcher das Oel, bevor es an den Docht ſtreicht, erhitzt und dadurch ſo außerordentlich flüͤſſig emacht wird, daß die Haarroͤhrchenaniehung im Dochte ungemein leicht und gleichfoͤrmig von Statten Leht, iſt uns ter allen die beſte. Die Verſtopfung des Dochtes und der Mangel an Zug im Oele, welcher bei kalten Lampen oft ſo ftorend wird, kommt bei der Parker ſſchen nicht vor, und die— ſelbe brennt zugleich weit heller und reiner *,. Nach den feinern Oelſorten geben das reinſte Licht Wachs, Walrath-, Steaxin- und Cocosbutter- Lichte; als lein wenn gleich ſich gegen die Qualitaͤten dieſer Arten von Licht wenig ſagen laͤßt, fo feblt es ihnen doch an Staͤtig— keit; die Flammen brennen immer tiefer, und bei allen fin— det, zumal wo Luftzug vorhanden iſt, ein Rinnen des fluͤſ— fig gewordenen Brennſtoffes ftatt. Palmer's Lichtlampen haben eine ſolche Einrichtung, daß ſie die Sauberkeit und Bequemlichkeit der Wachslichter mit der ſtaͤtigen und gleich— fermigen Flamme der Oellampen bis auf einen gewiſſen Grad vereinigen. Bei ihnen verhaͤlt ſich auch die Flamme bis zum gaͤnzlichen Aufbrennen des Lichtes ſtets bei derſel— ben Hoͤhe; es iſt kein Putzen erforderlich, und es last ſich an dieſem Apparate ein Schirm von mattgeſchliffenem Glaſe oder Milchglaſe oder eine us durchſichtige Reverbere anbringen, wie bei einer argandiſchen Tiſchlampe. Sie iſt offenbar den gewoͤhnlichen Wachslichtern bei Weitem vorzu— ziehen, und eignet ſich in'sbeſondere fuͤr gewiſſe Umſtaͤnde, B., fuͤr die Cajuͤte ꝛc. eines Schiffes. „) Vergl. Dr. Ure's Zengenausgabe vor einer Parlamente: Commiſſion. Report on Lighting the House (Bericht uͤber die Beleuchtung des Parlamentshauſes) No. 501. 1839. S. 18 - 38. (Fortſetzung folgt.) Bibliographische A natural history of british and foreign Quadrupeds, containing many modern Discoveries original observations and numerous anecdotes, By James H, Fennel. London 1840. 8. Handbuch der Zoologie. Von Dr. A. F. A. Wiegmann und J. F. Ruthe. Berlin 1841. 8. 112 Mise ien. Ueber die Unzulaͤnglichkeit der neuern Radical— curen der Hernien hat Herr Petrali zu Vicenza eine Reihe von 13 Beobachtungen mitgetheilt, von denen er einige ein Jahr zuvor (ſehr bald gach der Operation) ſelbſt als Faͤlle von Heilung bekannt gemacht hatte. Nach ihm giebt nur eine complete Zurück— bringung des Sackes, wenn fie lange und vollſtandig erhalten wird, Ausfiht auf eine ſichere Heilung; die Hauptſache iſt, daß der Bruchſackbals bis zum innern Bauchringe zuſammengedruckt werde, um ſich obliteriren oder verengen zu koͤnnenz fo wie noch ein kurzer Theil des Anfangs des Bruchſackes offen bleibt, muß ein Recidiv eintreten. Bei dem Verfahren von Bellmas bleibt der Leiſtencanal ganz außerhalb des Operationsbereichs; uͤberdieß kann es gefaͤhrliche Entzundungen herbeifuͤhren, was auch gegen das Verfahren von Jameſon einzuwenden iſt, welcher einen Hautlappen in den Bruchſack einbringt, ein Verfahren, welches jedenfalls nur fuͤr Cruralbruche einen guten Erfolg verſpricht. Das Verfahren von Gerdy hat ebenfalls den Nachtheil, den Bauch— ring und einen Theil des Bru pſackes und den hinterſten Theil des eingeſtuͤlpten Sackes frei zu laſſen, indem die Guturfäden den Sack nur nach Vorn und auf den Seiten fixiren. Signoroni's Moe dification dieſes Verfahrens vermeidet dieſen Nachtheil, vermehrt aber die Gefahren durch Wundmachen der Ränder des aͤußern Bauchrings; daſſelbe gilt von den Methoden von Bonnet und Mayor. Bei den mitgetheilten einzelnen Faͤllen iſt es auffallend, daß bei mehreren derſelben die Operation unternommen wurde, ob— gleich der Bruch ſo groß war, daß er nicht mehr hinreichend in der Bauchhoͤhle zuruͤckgehalten werden koͤnnte; der Zweck der Ope— ration war hier nur eine Verminderung des Volumens um den Bruch zu einer regelmäßigen Zuruͤckhaltung paffınd zu machen; es wurde das Verfahren von Signoroni angewendet, zu dem nur in einem Falle noch eine etwas gefaͤhrliche Complication hinzuge— fuͤgt wurde, indem der Operateur eine elaſtiſche Bougie in dem Sacke liegen ließ, um eine reichliche Eiterung hervorzurufen. Ob— wohl dieſe Operati.nen gelangen, fo iſt e8 doch gewiß zu gefährs lich, di ſe Methode anzuwenden, wobei außer den Suturfaͤden auch noch eine Oeffnung des Bruchſackes und eine Reizung deſſelben durch einen fremden Koͤrper unternommen wird. (Annali univers. de mepécine, No. 2. 1840) Eine Luxation des Mittelfußes auf die Fußwurzel, theilt Herr Mesnier in der Gaz, med. No. 49 mit. Auf den erſten Anblick ſah der Fuß wie ein Plattfuß aus; der Fuß war et— was verkuͤrzt, die Zehen geſtreckt; auf dem Fußruͤcken fühlt man eine unregelmäßige Queerlinie, offenbar gebildet durch die hintern Enden der 5 Mittelfußknochen, welche auf dem Fußwurzelknochen auflagen. Die Hervorragung der Fußwurzelknochen in der Fußs ſohle iſt kaum zu fuͤhlen; der Schmerz iſt maͤßig, außer wenn man die Stelle beruͤhrt, was auch von der Quetſchung durch das auf den Fuß gefallene Faß berrühren kann. Es wurde durch 2 Ges bülfen die Extenſion gemacht und von dem Wundarzte die Eins richtung durch Fingerdruck befördert. Dieſelbe erfolgte mit einem Krachen. Bei einem einfachen Schienenverbande erfolgte die Hei⸗ lung ohne Stoͤrung. Zwei ähnliche Luxationen find von Dupuy— tren beobachtet und in dem Dictionnaire de med. et chirurg. pratique, Art. Luxation, mitgetheilt. Einen dritten Fall beſchreibt Herr Vidal in feinem Traité de pathologie externe. T. 2. Neınkiiten, Recherches anatomiques, pathologiques et thérapeutiques sur les maladies des organes urinaires et génitaux, considerdes specialement chez les hommes agés. Par L. A. Mercier. Paris 1841. 8. Traité complet théorique et pratique des maladies du foie. Par Aug. Bonnet. Nouv, edit, Paris 1841. 8. — ——— —— — — Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Beilkunde, gefammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medicinalratbe und Prefeſſor Froriep zu Berlin, Noe. 360. (Nr. 8. des XVII. Bandes.) Januar 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen 2 Rthlr. oder 3 Fl. 80 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. ua: TM ur kl un de. Von den Verſchiedenheiten in Anſehung der Koͤr— pergroͤße der Thiere *). Bei dieſen Unterſuckungen über die allgemeinen Ders fchiedenheiten in dem Koͤrperumfange der Thiere werde ich ſtets zunaͤchſt die Saͤugethiere im Auge haben und von die— ſen ausgehen. Unter allen Hauptabtheilungen des Thier— reichs intereſſirt uns dieſe am meiſten, indem der Menſch, in rein phyſiſcher Beziehung, ſelbſt nur das oberſte unter den Saͤugethieren iſt: auch iſt ſie diejenige, in welcher die Ordnungen und Gattungen am ſchaͤrfſten begraͤnzt und die Arten am beſten bekannt, ſo wie am genaueſten characteri— ſirt ſind. Uebrigens wird ſich ſtets leicht beſtimmen laſſen, in wie weit die ſpeciell fuͤr die Saͤugethiere aufgeſtellten Saͤtze auf die uͤbrigen Thierclaſſen Anwendung finden, und ich werde in dieſer Beziehung einige Fingerzeige mittheilen, ohne deßhalb alle hierher einſchlagenden Fragen fuͤr den ge— waltigen Umfang des ganzen Thierreichs erſchoͤpfend behan— deln zu wollen. 1. Von den Graͤnzen der Verſchiedenheit in dem Koͤr— perumfange der Saͤugethiere. I. Die erſte hier zu unterfuchende Frage, ohne deren Loͤſung die ganze Forſchung keinen gedeihlichen Fortgang ha— ben koͤnnte, betrifft die Beſtimmung der Graͤnzen, innerhalb welcher die Groͤßenverſchiedenheit bei den Thieren, in'sbeſon⸗ dere bei den Saͤugethieren, deren Studium, wie in jedem anderen, ſo auch in dieſem Betrachte, ein ganz beſonderes Intereſſe darbietet, vorkommen kann. Bekanntlich finden ſich bei keiner andern Claſſe ſo bedeutende Groͤßenverſchieden— heiten. Die größten unter allen Thieren, die Wa'e und Kaſchelots, gehoͤren zu den Saͤugethieren, und dagegen giebt es darin andere Arten, z. B., einige Arten Spitz— maͤuſe **), die kaum größer find, als der kleinſte Colibri. *) Essais de Zoologie generale par Isidore Geoffroy Saint- Hilaire. Paris 1841. ) Dahin gehoͤrt, z. B., die hoͤchſt intereffante Art, welche Paul Savi in Toscana entdeckt und Sorex etruscus genannt hat; No. 1460. Der gemeine Walfiſch und der Rorqual erreichen aber eine fieben- bis achthundert Mal größere Laͤnge und ein mehrere hundert Millionen mal bedeutenderes Volumen, als dieſe kleinſten Saͤugethiere. Dieſe ruͤckſichtlich der Groͤße ſo ſehr von einander ab— weichenden Thiere ſtehen einander aber auch in Anſehung der Organiſation ungemein fern, und wenn wir auf ſpeciel— lere Betrachtungen eingehen, ſo finden wir, daß da, wo in— nigere organiſche Beziehungen obwalten, die Gröoͤßenverſchie— denheit ſich auch in engern Graͤnzen haͤlt. Das groͤßte und kleinſte Thier derſelben Ordnung, Sippe, in'sbeſondere na— tuͤrlicher Familien, weichen alſo um Vieles weniger in dem Volumen von einander ab, und wenn wir zur unmittelba— ren Vergleichung von Arten aus derſelben Gattung gelan— gen, ſo finden wir ſogar, daß die, welche in Anſehung der Größe bedeutend von einander abweichen, zugleich in denje⸗ nigen Organen, von deren Beſchaffenheit der Typus der Gattungen gewoͤhnlich abhaͤngig gemacht wird, eine merk— liche Verſchiedenheit darbieten. Dieß geht aus folgenden Thatſachen des Mehreren hervor. II. Die Affen bilden eine der Familien, bei welchen die Statur im Allgemeinen am conſtanteſten und die zu— gleich eine der natuͤrlichſten iſt. Die Groͤße iſt ſogar bei allen Gattungen ziemlich dieſelbe, wenn man die Orangs und Hundskoͤpfe, als die größten, fo wie die Ouiſti— tis ausnimmt, welche letztern unter allen Affen die klein— ſten, aber auch von den uͤbrigen in der Organiſation ſehr verſchieden find. Die Hundskoͤpfe (Cynocephalus) find durchgehends in Kopf und Rumpf ziemlich Meter lang “), und die an Arten ſehr reiche Gattung der Ouiſtitis ferner Sorex pulchellus, Lichtenstein, und die beiden von mir unter den Namen Sorex religiosus nnd Sorex persona- tus beſchriebenen Arten. *) Der Cynocephalus niger oder malayanus iſt allerdings be⸗ deutend kleiner und würde alfo eine ſehr erhebliche Ausnahme bilden; dafuͤr iſt er aber auch durch wichtige Charactere von allen achten Hundskoͤpfen geſchieden, und bildet fo den Typus einer eigenen ſehr gut n der ich in ei⸗ 115 bietet ebenfalls ein ſehr auffallendes Reſultat dar. Bei Vergleichung aller bekannten Arten habe ich die Durch— ſchnittslaͤnge zu 0,209 Meter gefunden. Dieſe weicht aber nur um 0,033 M. von der wirklichen Länge der größten, wie der kleinſten Art ab. Wenn man uͤberdem die Gat— tung in drei Abtheilungen bringt, wie manche Nururfor: ſcher gethan, und die Vergleichung in jeder dieſer Abthei— lungen fuͤr ſich anſtellt, ſo findet ſich, daß der Unterſchied zwiſchen der Durchſchnittsgroͤße und dem maximum, wie dem minimum der wirk ichen Größen nicht über 0,013 betraͤgt. Ich weiſe nachdruͤcklich auf dieſes Beiſpiel hin, in— dem es zur Anſchaulichmachung meiner Anſicht ſich unge— mein gut eignet. Wenn man, in der That, die Ouiſti— tis entweder mit andern Affen oder unter einander ver: gleicht, ſo ſieht man, daß ſich die Abweichungen in der Statur ſtets umgekehrt verhalten, wie die Aehnlichkeit der Organiſation. Unter den Fiedermaͤuſen findet ſich eine Gattung, naͤm— lich die fliegenden Hunde, welche ſcheinbar eine erbebliche Ausnahme von der eben aufgeſtellten Regel bildet. Bei naͤherer Unterſuchung bin ich jedoch wieder zu dem bereits in einer anderen Abhandlung ') dargelegten Reſultate ge: langt, daß ſich die großen Arten von den keeinen durch die Form des Schädels, wie durch andere nicht weniger wich: tige Charactere unterſcheiden Mehrere andere jcheinbare Ausnahmen haben ſich ebenfalls bei genauerer Unterſuchung, durch welche man ſich zur Bildung mehrerer neuer Gattun— gen genoͤthigt ſah, als illuſoriſch herausseſtellt. Die Gattungen Felis, Canis, Mustela, Viverra enthalten, was die Fleiſchfreſſer anbetrifft, Arten von ſehr verſchiedener Statur; allein es ſind auch Gattungen, die durch allmaͤlige Uebergaͤnge gebildet find und nicht für voll— kommen naturlich gelten koͤnnen. Neuere Zoologen, nament: lich Cuvier, haben dieſelben auch in mehrere Unterabthei— lungen getrennt, und den dabei benutzten organiſchen Ver— ſchiedenheiten entſprechen ſtets ſolche in der Größe der Sta: tur. Bei den Katzen iſt dieß, z. B., in Betreff der aͤch⸗ ten Katzen, der Luchſe und mehrerer andern kleinen Grup— pen; bei den Hunden, ruͤckſichtlich der Wolfe, Schakals, Fuͤchſe; bei den Muſtelen in Anſehung der aͤchten Marder und Iltiſſe, bei den Viverren in Bezug aus die eigentli— chen Zibethkatzen, die Genettkatzen und die Manguſten der Fall. Ganz ebenſo verhält es ſich bei den Inſectenfreſſein, Nagern und Zahnloſen mit einigen Gattungen, in denen ſich Arten von ſehr verſchiedener Groͤße finden. So bilden, z. B., bei den Ameiſenbären der Tamanoir, welcher weit großer iſt, als alls übrigen, und der zweizehige Ameiſenbaͤr, welchen die übrigen ſehr bedeutend an Größe uͤbertreffen, bes nem andern Artikel den Namen Eynopithecus gegeben habe. oe zoologiſchen Theil von Belanger’s Reife nach Oft: udien. ) S. Remarques sur quelques caracteres des chauves-souris fıugivores in d. Annales des sc, nat, T. XV. Oct. 1828. 116 ſondere Gattungen, von k denen die letztere beſonders deutlich charac'eriſirt iſt *). Die Pachydermen und Cetaceen geben zu keiner wirkli— chen Schwierigkeit Veranlaſſung. Was die Wiederkäuer bes trifft, fo enthalten die Gattungen Cervus und Antilope allerdings Arten von ſehr verſchiedener Körpergröße: allein ſie zerfallen auch, nach organiſchen Characteren, welchen die ſaͤmmtlichen Volumverſchiedenheiten durchaus entſprechen, in mehrere Gruppen. Das Moſchusthier endlich, welches man gewoͤhnlich zu den Indiſchen Hirſchen ſtellt, verhaͤlt ſich zu dieſen genau ſo, wie die aͤchten Zibethkatzen zu den Genett katzen und Manguſten, und bildet alſo eine Gattung fuͤr ſich; und ich will hier daran erinnern, daß Herr v. Blain: ville bereits vor langer Zeit den kleinen Moſchusochſen, welcher nach ſeiner Organiſation, wie nach ſeiner Statur, zwiſchen den Ochſen und Schaafen die Mitte haͤlt, von den uͤbrigen Ochſen getrennt und zum Typus einer beſondern Gattung erhoben hat. Ich wende mich nun zu den Marsupiales. Dieſe Saͤugethiere bieten in Anſehung der Aehnlichkeit der Koͤr— pergroße ein durch ſeine Allgemeinheit hoͤchſt merkwuͤrdiges Reſultat dar. Jede Hauptgruppe enthaͤlt, neben mehreren großen Arten, eine fo winzige, daß alle Naturforſcher ſich dahin vereinigt haben, ſie die Zwergart zu nennen. So fin— det man in allen zoologiſchen Werken ein Zwerg-Didelphis, einen Zwerg-Daſyurus, einen Zwerg-Phalanger, einen Zwerg = Prtauriften beſchrieben, und wegen der Winzigkeit ſeiner Statur hat auch ein Kaͤnguruh den Namen der Kaͤn— guruh-Ratte erhalten. Uebrigens ſtoͤßt dieſe den Beutel thieren eigenthuͤmliche und vielleicht von deren Entwicke— lungsart abhaͤngige Erſcheinung die von mir aufgeftellten Grundſaͤtze keineswegs um; ſie dient ihnen vielmehr in merkwuͤrdiger Weiſe zur Beſtaͤtigung, denn alle die kleinen Arten unterſcheiden ſich von den großen durch einige organi— ſche Charactere, und fie ſind deßhalb von Friedrich Cuvier und einigen andern Zoologen, mit Ausnahme einer einzigen, zur Bildung beſonderer Gattungen oder Untergattungen be— nutzt worden. Aus dieſen Bemerkungen uͤber verſchiedene Gruppen der Claſſe der Saͤugethiere, ſo wie einige andere, deren ich hier nicht beſonders erwaͤhnen werde, ergeben ſich folgende allgemeine Saͤtze: 1) Mit wichtigen Verſchiedenheiten in der Koͤrper— größe treffen ſtets organiſche Verſchiedenheiten zuſammen, welche ſich auf eines oder mehrere der Organe beziehen, de— ren Beſchaffenheit gewöhnlich zur Characteriſirung der Gat— tungen benutzt wird. 2) So oft zwei oder mehrere Arten in organifcher Beziehung ſehr nahe mit einander verwandt ſind, beſitzen ſie auch ziemlich dieſelbe Körpergröße, ) Dieſe zweite Gattung unterſcheidet ſich von den aͤchten Amei— ſenbaͤren durch die Zahl der Zehen, das ganze aͤußere Anſehen das Skelet und die Lebensweiſe. Ich babe ihr nach der Ber kanntmachung obiger Abhandlung den Namen Dionyx beige— legt. S die gedraͤngte Ueberſicht meiner Vorleſungen über Mammalogie, herausgegeben von Gervais, 1835, S. 54. 117 II. Von den Beziehungen zwiſchen der Verſchiedenheit der Körpergröße der Saͤugethiere und der Lebensweiſe derſelben. Nachdem ich gezeigt, daß die Körpergröße um fo me: niger verſchieden iſt, je ahnlicher die Organiſation und folg— lich die Lebensweiſe der Thiere iſt, welche man mit einan— der vergleicht, will ich das Verhaͤltniß zwiſchen den Abwei— chungen in der Statur auf der einen und der Organiſa— tion und Lebensweiſe auf der andern Seite, fo wie in'sbe— ſondere den verſchiedenen Bedingungen feſtzuſtellen ſuchen, denen die Thiere im Naturzuſtande unterworfen ſind. Man wird gleich ſehen, daß dieſe Beziehungen ſich auf eine kleine Anzahl von allgemeinen Saͤtzen zuruͤckfuͤhren laſſen, an wel— che ſich alle beſondere Umſtaͤnde bequem anreihen. J. Verſchiedenheiten nach dem Wohnorte Bekanntlich zeichnen ſich die im Meere lebenden Saͤu— gethiere, d. h., die Getaceen, vor allen übrigen durch ihren Körperumfang aus. Dieß iſt jedoch nur ein beſonderer Um— ſtand, der durch einen weit allgemeinern und folglich viel be— ruͤckſichtigunzswerthern Satz bedingt iſt, der ſich folgender— maaßen ausſprechen laͤßt: Alle im Waſſer lebende oder einen großen Theil ihrer Lebenszeit darin zubringende Thiere erieichen, im Vergleich mit den uͤbrigen derſelben Gruppe angehörenden Arten, eine bedeutende Körpsrgröße, und das Volum, zu welchem fie ges langen, ſcheint ſogar im geraden Verhaͤltniſſe zu der Dauer ihres Aufenthalts im Waſſer zu ſtehen. Dieſe Thatſache läßt ſich ebenſowohl durch die Ver: gleichung der Familien, als der Gattungen und ſelbſt der Arten von den wenig natuͤrlichen Gattungen darthun, die ſowohl im Waſſer, als durchaus auf dem Lande lebende Ar— ten enthalten. i So kommt, z. B., kein Land-Fleiſchfreſſer im Wuchſe dem Seeloͤwen, Seeelephanten und mehrern andern halb auf dem Lande, halb im Meere lebenden Raubthieren nahe, wel— che ſowohl in A' ſehung der weſentlich auf den Aufenthalt im Wiſſer berechneten Organiſation, als der bedeutenden Körpergröße ſich an die Cetaceen anſchließen. In der io zahlreichen Gruppe Mustela, Liun., findet man eine im Waſſer lebende Gattung, die Ottern, und dieſe erreichen auch ein weit bedeutenderes Volumen, als alle Landthiere derſel— ben Familie. Bei einer Vergleichung der verſchiedenen Ot— tern untereinander kann man ſogar bemerken, daß die bra— ſilianiſche Seeotter und beſonders die gemeine Seeotter, wel: che faſt unausgeſetzt im Waſſer leben, auch die groͤßten un— ter allen Arten ſind. Unter den Nagethieren bemerkt man das naͤmliche Verhaͤltniß. Die Ondatra (canadiſche Biſam— ratte), Hydromys, Myopotamos, und in'sbeſondere die Biber zeichnen ſich in der Familie der Maͤuſeaͤhnlichen ebenſowohl durch ihre Größe, als ihre aquatiſche Le: bensweiſe aus. Bei den Caviern ragen ebenfalls zwei Gat— tungen durch ihre große Statur hervor, und auch dieſe, die Cabiais und Pacas, halten ſich im Waſſer auf. In der Unterordnung der Inſectenfteſſer verhält es ſich ebenſo, wie 118 ſich aus einer Vergleichung der Desmans oder Ruͤſſelratten mit den Spitzmaͤuſen, ſo wie der im Waſſer lebenden Ar— ten der letztern mit den durchaus auf dem Lande lebenden ergiebt. Es iſt alſo ein ganz allgemeines Geſetz, daß die Koͤrper— größe bei den Arten, Gattungen und Familien im Vergleich mit derjenigen der uͤbrigen Arten derſelben Gattung, der übrigen Gattungen derſelben Familie, der Übrigen Familien derſelben Claſſe, unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden, um ſo bedeuten— der iſt, als ſie ihren Aufenthaltsort mehr ausſchließlich im Waſſer haben. Die auf Baͤumen lebenden oder zum Fliegen organi⸗ ſirten Arten, namentlich die letztern, erreichen dagegen nie eine ſehr bedeutende Groͤſe Dieſe Thatſache ließe ſich durch Betrachtungen a priori darthun, und wir drauchen uns da— her nicht damit zu befaſſen. Zwiſchen den fliegenden und den Waſſerſaͤugethieren ſtehen die beſtaͤndig auf der Erdoberflaͤche ſich aufhaltenden in der Mitte, welche man die aͤchten Landſaͤugethiere nen— nen koͤnnte. Die meiſten find von mittlerer Körpergröße, d. h., kleiner, als die Waſſerſaͤugetbhiere und größer, als die auf Baͤumen lebenden oder fliegenden Saͤugethiere. Naͤchſt den Saͤugethieren findet man indeß unter ihnen die größte, ſo wie auch uͤberhaupt die kleinſten Arten. Es giebt alſo in dieſer Beziehung rüdfihtlih der Landſaͤuge— thiere kein abſolut guͤltiges Geſetz, und wir werden ſehen, daß deren Volumen noch von andern Umſtaͤnden abhaͤn— gig iſt. II. Verſchiedenheiten nach der Nahrung. Die auf dem Lande oder auf Baͤumen lebenden Saͤu— gethiere laſſen ſich, je nach der Art der Nahrung, in + Hauptyruppen zuſammenſtellen, naͤmlich: 1) Krautfreſ— fer oder Grasfreſſer, welche hauptſaͤchlich von krautarti— gen Pflanzen und Blaͤttern leben; 2) Fruchtfreſſer, wel— che ſich größtentbeils von Fruͤchten, fo wie auch von Wurzeln naͤhren; 3) Inſectenfreſſer und 4) die aͤchten Fleiſch— freffer oder Raubthiere. Unter den erſten, den Dickhaͤu⸗ tern und Wiederkaͤuern, findet man im Allgemeinen die größten Arten. Ihnen zunaaft ſtehen die Feeiſchfreſſer; dann folgen die Fruchtfreſſer, welche ſaͤmmtlich von mittle— rer Große find, endlich die Inſectenfreſſer, welche die klein— ſten unter Allen find. Allerdings bietet die Körpergröße der Krautfreſſer vom Elephanten bis zum indiſchen Hirſche große Verſchiedenheiten dar; der Loͤwe und Koͤnigstiger ſtechen fer ner gegen das kieinſte Wieſel ſehr ab; bei den Fruchtfreſ— ſern iſt allerdings zwiſchen dem groͤßten Affen und dem klein— ſten fliegenden Hunde ein ſehr merklicher Größenunterfchieb, und daſſelbe gilt bei den Inſectenftreſſern von dem großen Ameiſenbaͤren (Tamanoir) und Oryeteropus im Vergleich mit den Spitzmaͤuſen. Bedenkt man nun, welche gewaltige Maſſe von krautartigen Pflanzen und Blaͤttern auf der Erdoberfläche enthalten iſt, und vergleicht man im Allgemei— nen das Volumen der Geſchöpf, von denen ſich die Fleiſch— freſſer naͤhren, mit dem der Früchte, welche die Fruchtfteſſer zu ſich nehmen, ſo wie der Thierchen, welche von den In— 8 * 119 ſectenfreſſern verzehrt werden, fo gelangt man auf folgendes, ubrigens auch a priori zu erlangende Reſultat: Die größten Thiere naͤhren ſich von Subſtanzen, wel⸗ che ſich ihnen faſt uͤberall in der Natur in Menge darbie⸗ ten, und bei den uͤbrigen iſt die Körpergröße mehrentheils dem Volumen der Thiere oder Pflanzentheile proportional, von denen ſie, nach der Bildung ihrer Verdauungswerkzeu— ge, ſich zu naͤhren berufen ſind. Hieraus folgt, daß zwiſchen der den Thieren nothwendigen Menge von Nahrungeſtoffen, und der ihnen von der Natur gebotenen Quaatitaͤt derſelben ein vollkommenes Ebenmaß ſtartfindet. Unter den geflügelten Saͤugethieren laſſen ſich ähnliche Verhaͤltniſſe nicht minder einleuchtend nachweiſen. Die klein⸗ ſten Arten naͤhren ſich durchgehends von Inſecten; die groͤß⸗ ten dagegen ſind, wenngleich auch ihr Volumen nicht be— deutend iſt, Feuchtfreſſer. Es giebt unter ihnen keine eins zige Art, die weſentlich krautfreſſend oder fleiſchfreffend wäre, und keine, die eine ſehr bedeutende Körpe:große beſaͤße. Die Seeſaͤugethiere anbetreffend, laͤßt ſich nichts Ana— loges feſtſtellen, indem die Wale, die größten aller Thiere, ſich von Mollusken und ſehr kleinen Fiſchen naͤhren. Das Verhaͤltniß, welches ich in Anſehung der Land- und geflüs gelten Säugethiere fo eben angezeigt habe, gilt alſo für die Cetaceen nicht; allein der Grund dieſer Ausnahme er— giebt ſich aus der beſondern Beſchaffenheit des Zahnſyſtems der meiſten ſaͤugenden Seethiere. (Fortſetzung folgt.) Miscellen. Der Burän ). Der Wirbelwind, den man in ganz Ruß⸗ land mehr oder weniger allgemein kennt, erſcheint in unſern un⸗ geheuren Steppen auf eine ganz cigenthuͤmliche Weiſe und iſt im Oſten und Sudoſten Rußland's unter dem Namen Burän be: kannt. Dieß Wort iſt von den nomadiſirenden und halbnomadiſi— renden Voͤlkern angenommen und bedeutet im allgemeinen Sinne jeden Wind, dann einen ſtarken Wind, der im Sommer den Staub, im Winter den Schnee in die Hoͤhe treibt, und endlich, im engern Sinne, einen Wirbelwind beſonderer Art. Dieſes Beſondere beſteht darin, daß, wenn unſere Ruſſiſchen Burän's nur durch den bei ſchwaͤcherem oder ſtaͤrkerem Winde aus den Wolken herabfallenden Schnee entſtehen, die eigentlichen Buräns in den Steppen ſich von der Erde erheben. Erſtere ſind uͤbrigens in den Steppen bekannt, und dort unterſcheidet man: Burän von oben und Burän von unten. Der letztere iſt, in'sbeſondere in Verein mit dem erſteren, weit gefährlicher und bildet eine complicirte, noch nicht genügend erklärte Erſcheinung. Anfangs zieht ſich der ſich ſchlaͤn⸗ gelnde Winoſtrich über die Oberfläche des Schnces gleich ſam fpie: lend hin. Die emporgehobenen, ganz kleinen Schneeflocken wir⸗ beln ſich noch nicht, ſondern ſchweben uͤber der ungeheuren Ebene fort, heben ſich immer böber und fangen an in der Luft zu fun⸗— keln; endlich vereinigt ſich alles, oben und unten, in ein für das Auge undurchdringliches Dickicht, treibt und wirbelt ſich in einer allgemeinen Nichtung fort, bildet aber zugleich eigene, einzeln auf: ſteigende Wirbel. Die Buräns dauern felten weniger als 24, und ſelten laͤnger als dreimal 24 Stunden; zuweilen geſchieht es wohl, daß der Buran in Zeit von 24 Stunden ſich einige Male erhebt und wieder aufhoͤrt; allein die ploͤtzlich eintretende Stille nach kur— ) Ein Name, der neben die Namen Samum, Hermattan, Sirocco ꝛc. geſtellt werden muß. 120 zen Buräns iſt immer zweifelhaft und unzuverlaͤſſig Bei der Morgen- und Abendroͤthe legt ſich gewoͤhnlich der Buränz um Mittagszeit iſt er am heftigſten; oft legt er ſich bald nach Mitter: nacht. Der Burän beginnt ſein Spiel immer bei heiterem Wetter und Sonnenſchein, verfinftert aber bald die Sonne. Die heftigſten Buräns ſind in offenen Steppen, ubrigens iſt di:fe Erſcheinung auch bekannt genug in der Nähe von Bergen und Wäldern, unweit der Steppen. Der Winter in jenen Gegenden beginnt nicht ſelten mit einem Burda, und der erſte Krühlingsgruß iſt wiederum ein fols cher Windwirbel. Während des Winters wuͤthen die Buräns unun⸗ terbrochen, ſobald das Thermometer weniger als 15 oder als 12 Grade zeigt; bei 20 Graden ſind die Buräns ſeltener, aber dann hoͤchſt gefährlich und tödtend, weil dann viele Menſchen und Thiere dadurch umkommen. Der Umſtand, daß die Buräns ſich gewöhns lich gleich nach einem Thauwetter erheben, wenn Froſt eintritt, und daß fie oft bei heiterem Wetter und wolkenloſem Himmel ihr Spiel beginnen, wo naturlich auf der Oberflaͤche der Erde kein Schnee ſeyn kann, läßt vermuthen, daß der Burän ſich durch die augen—⸗ blicklich gefrorene, in Sthnee verwandelte Feuchtigkeit bildet, mit der die Luft während des Thauwetters arfhwängert iſt. Dieſe Er: klärung gehört dem bekannten Profeſſor der Kaſaniſchen Un’verji: taͤt Herrn Ewersmann. Der Nordoſtwind bringt einen kalten Buran, der Suͤdweſtwind einen waͤrmeren, fo daß der Schnee uberall anklebt und alles durchdringt. Es iſt unbegreiflich, wie Menſchen, und ſogar Thiere, waͤhrend des Buräns allen Ortſinn verlieren, es iſt keine Moͤglichkeit, ſich zu orientiren; der erfah— renſte Fuhrer ſitzt gleichſam wie im Sacke, und gewohnlich kommt man mehrere Male zu derſelben Stelle zuruck, von der man aus: fuhr. So lange der Burän noch erträglich iſt, ſtellt ſich das Vieh gegen den Wind; nimmt aber der Burän zu, ſo laͤuft das Vieh gerade in der Richtung des Windes, oft Hunderte von Werſten weit fort, und kommt heerdenweiſe um, indem es in Abgründe ſtuͤrzt. Die Kirgiſen der innern oder Bukaiſchen Horde, welche in den ſuͤdlichen Steppen des Gouvern. Aſtrachan umherziehen, erlitten in den Jahren 1816 und 1827 außerordentlichen Schaden durch die Burane. Im letztern Jahre wurde durch den Burän alles Vieh nach Norden in das G. Sſaratow vertrieben, wobei 10,500 Ka— mecle, 280 500 Pferde, 13,480 Stuͤck Hornvieh und 1,012,000 Schaafe umkamen; der Geſammtſchaden betrug 13; Mill. Rubel. Die Sſaratowſchen Bauern forderten bei dieſer Gelegenheit, für den erlittenen Schaden an Heu, über 345,000 R.; zwar ließen fie ihre unſinnige Forderung bis auf 194 755 R. herab, allein die Re— gierung beachtete dieſe Klage nicht, in Erwägung des ungeheuren Schadens, welchen die Horde erlitten hatte Wenn man annimmt, daß die Sſaratowſchen Landleute ſich nur den hundertſten Theil der Pferde zugeeignet hatten — was nach den örtlichen Angaben gewiß nicht übertrieben iſt — fo giebt dieß ſchon, wenn man jedes Pferd zu 35 R. anſchlaͤgt, eine Summe von beinahe 600,000 R. Außerdem fand man bei einem Bauer allein uͤher hundert Pferde— haͤute; geſetzt auch, man habe nur jedem zwanzigſten Pferde das Fell abgezogen, fo giebt dieß ſchon über 100,000 Rubel. — Das befte und ſicherſte Rettungsmittel, wenn man von einem Burän ers eilt wird, iſt, ſich in das Fuhrwerk, oder in den Schnee zu legen, und ruhig liegen zu bleiben bis ſich das Wetter aufklaͤrt. Dieß thun die Kirgiſen immer, und liegen zuweilen zwei- bis dreimal vier und zwanzig Stunden. Leider aber findet man es nur zu bäufig, daß die Menſchen dieſem guten Rathe nicht folgen, ihren Weg fort— ſetzen, umherirren, und dann oft ganz in der Naͤhe irgend eines Dorfes erfroren gefunden werden — Die Sommer-Buräns in uns ſern Ruſſiſchen Gouvernements ſind weniger bekannt. Sie werden ebenfalls um Mittagszeit ſtaͤrker, wuͤthen zur Zeit der ſtarken Hitze und fuͤllen die ganze Luft ſo ſehr mit Staub an, daß man kaum Athem holen kann. Sogar der Sand erhebt ſich zu einer bedeutenden Hoͤhe, wirbelt und wird durch die Luft getragen, ſchlaͤgt an's Geſicht und in die Augen und geht aus einer Gegend in die andere uͤber. Durch dieſe Sand- und Staubwolken erſcheint die Sonne als eine truͤbe, dunkelrothe Kugel, und wenn gegen Abend der Burän ſich legt, ſo ruhen Doͤrfer und Staͤdte noch lange in dieſem dicken, nebligen Staube, welcher in'sbeſondere aus der Ferne und von Anhoͤhen ſichtbar iſt. Der eingeathmete Staub fuͤllt die 121 Naſe und Mund, dringt fogar in die Luftröhre und Lunge und verwandelt ſich in eine ſchwarze, ſchleimige Maſſe. Zuweilen iſt der Sommer :Buran an und für ſich unerträglich heiß, fo daß man ſich unwillkuͤhrlich abwendet, als ftände man vor einem Ofen, aus welchem einem die heiße Gluth entgegenſchlaͤgt. — Die Som: mer⸗Buraͤn's reißen den Sand eben fo fort, wie die Winter-Bu⸗ ran's den Schnee; daher beſtehen auch die Steppen aus dieſer uns unterbrochenen Reihe von Aufwuͤrfen, welche beftändig Stelle, Form und Lage andern, nach der Richtung des Windes und je nachdem er ſtark und anhaltend iſt. Dieſe Aufwuͤrfe kennt man an der Achtuba (einem Arme der Wolga) unter dem Namen Balchun; die Uraler nennen fie Barhän, Barakän oder Schichan, obgleich 122 man mit dem letzteren Worte eigentlich die zeltartigen Gebilde des zuſammengeſchobenen Meereiſes bezeichnet. W. Luganftij. St. Peters. Ztg. Aus dem Süßwaſſerkalke von Mombach hat Herr Fried. W. Hoͤninghaus zu Crefeld, außer den früher ſchon von ihm bekanntgemachten Gegenftänden, nun auch einige Pflanzenab⸗ druͤcke erhalten und vier abbilden laſſen: 1. Carpinus macro- ptera; 2. Blatt einer menocotyledoniſchen Pflanze, dem Blatte von Maianthemum bifolium annähernd; 3. ein dreinerviges, der Gattung Laurus angehoͤrendes Blatt, und 4. den Staͤngel einer Waſſerpflanze: — dreiſeitige innere Structur mit Queerwaͤnden, vermuthlich zu Sagittaria gehoͤrend. Hei Ueber den nachtheiligen Einfluß der kuͤnſtlichen Beleuchtung auf die Sehkraft, ſo wie einige Mittel, durch welche ſich dieſe Nachtheile vermeiden oder vermindern laſſen. Von James Hunter, M. Dr. (Fortſetzung.) Das aus der gewohnlichen Seekohle (Sea-coal) ge: wonnene Gas enthaͤlt viel weniger Kohlenſtoff, auf deſſen Anweſenheit doch die Leuchtkraft beruht *), als das aus Parrot- und Cannelkohle bereitete; es brennt mit röthliche gelber Flamme, deren Luft ſehr erhitzend wirkt und den Au— gen großen Schaden zufuͤgt, und eignet fi) durchaus nicht für den haͤuslichen Gebrauch, ausgenommen in Sin und an oͤffentlichen Orten, wo man die Sehkraft nicht an win— zigen Gegenſtaͤnden uͤbt. Dieſe geringere Sorte von Stein— kohlengas iſt diejenige, welche in London ſo allgemein an— gewandt wird, und es iſt ſehr zu bedauern, daß mehrere Gasgeſellſchaften dieſer Hauptſtadt keine beſſeren Steinkeh⸗ lenſerten zur Gasfabrication verwenden. Obwohl ſie an— dernfalls nicht ſo wohlfeil arbeiten koͤnnten, ſo wuͤrden ſie dafuͤr reichlich durch den allgemeinern haͤuslichen Gebrauch des Gaſes entſchaͤdigt werden **) Das Licht der gewöhnlichen kunſtlos gearbeiteten Oel⸗ lampen und der Talgkerzen iſt von ſehr geringer Guͤte. Bei den Lampen findet der Vortheil ſtatt, daß die Flamme ſich ſtets auf gleicher Hoͤhe haͤlt und ſtaͤtiger brennt, als bei Talglichtern, zumal bei den groͤbern Sorten der letztern; denn bei dieſen iſt nicht nur die Farbe der Flamme hoͤchſt ſchaͤdlich, ſondern wegen des, durch die ungleiche Beſchaf— fenheit des Dochtes veranlaßten beſtaͤndigen Flackerns und Zu: und Abnehmens der Groͤße der Flamme eignen fie ſich durchaus nicht zur Beleuchtung winziger Gegenſtaͤnde, wel⸗ che man ſcharf und lange anzuſehen hat. Unter Beruͤckſichtigung aller Umſtaͤnde bin ich der An⸗ ſicht, daß das aus Parrot - oder Cannelkohle bereitete Gas ) S. das zweite Capitel. ) Bericht an das Haus der Gemtinen von Joſeph Hedley, Eſq.. Theilbaber an der Alliance - Gasgeſellſchaft in Dublin. Desgl. Dr. Ure's angeſuͤhrtes Dictionary etc., p. 562. lkun de. im Allgemeinen das beſte Beleuchtungsmaterial iſt. Es em⸗ pfiehlt ſich hauptſaͤchlich durch die Reinheit und Gleichfoͤr— migkeit des Lichts, ſo wie dadurch, daß man letzterem ohne Schwierigkeit jede beliebige Stellung geben und deſſen In— tenſitaͤt leicht ſteigern und vermindern kann; endlich durch Sauberkeit, Gefahrloſigkeit und große Wohlfeilheit *). Man bedient ſich bei'm Brennen des Leuchtgaſes vor— zuͤglich dreier Arten von Brennern: 1) des Hahnenſporn— brenners; 2) des platten oder Fiſchſchwanzbrenners und 3) des argandiſchen Brenners. Aus dem erſten ſtreicht das Gas durch ein kleines rundes Loch in einem ſtaͤhlernen Mund— ſtuͤck und bildet ein duͤnnes Lichtbuͤndel. Dieſe Vorrichtung iſt gegenwaͤrtig ſehr aus der Mode gekommen, da man bei Anwendung derſelben von einer gleichen Quantitaͤt Gas weit weniger Licht erhaͤlt, als bei'm Gebrauche des Fiſchſchwanz— und argandiſchen Brenners. Bei'm Fiſchſchwanzbrenner kreu— zen einander zwei Gasſtroͤme gerade an der Stebe, wo fie in die atmoſphaͤriſche Luft eintreten, und die Flamme hat die Geſtalt einer duͤnnen dreieckigen Schicht, deren Spitze unterwaͤrts gerichtet iſt. Dieſer platte Brenner giebt ein recht gutes Licht, und es findet bei demſelben nur der Uebel: ſtand ſtatt, daß ſich nicht leicht ein Schlot anbringen laͤßt, welcher der Flamme eine volle Staͤtigkeit geben und den Luftzug durchaus gleichfoͤrmig machen wuͤrde. Es herrſcht ziemlich allgemein die Anſicht, daß mit dem Fiſchſchwanz⸗ brenner das Gas weit ſparſamer brenne, als mit dem ar— gandiſchen; allein Dr. Ure, Sir J. Robiſon und Anz dere, die ſich mit dieſem Gegenſtande gruͤndlich beſchaͤftigt haben, ſind anderer Meinung. Es unterliegt indeß keinem Zweifel, daß in ſehr vielen Fällen der platte Brenner in di— rect wohlfeiler iſt, weil er bei ſeiner Einfachheit nicht leicht in Unordnung geraͤth, und keine Glasroͤhren ſpringen, was bei den argandiſchen Brennern ſo oft geſchieht, wenn bei der 9 1164 Cubikfuß des beſten Kohlengaſes koſten, die 1000 Cu⸗ bikfuß zu 10 Schilling gerechnet, 11 Sch. 8 Pence (ungefaͤhr 4 Thlr. Pr. Cour.) und geben fo viel Licht, wie 100 Pfd. gegoſſener Lichter (6 auf das Pfund), welche 3 Pfd. St. 2 Sch. 6 Pence (ungefahr 21 The Pr. Cour.) zu ſtehen kom⸗ men. J. Hedley's Bericht an das Haus der Gemeinen. Dr, Ure's Dictionary, p. 563. 123 Beſorgung der Brenner nachlaͤſſig oder ungeſchickt verfahren wird. Deßhalb moͤchte dieſer Brenner in allgemeineren Ge— brauch kommen, als der argandiſche. Bei dem lestern ſtreicht das Gas aus vielen kleinen, im Kreiſe geſtellten Loͤchern, und nach dem Anzuͤnden verbinden ſich die ſaͤmmtlichen Flaͤmmchen zu einer cylinderfoͤrmigen hohlen Flamme. Der Glasſchlot bewirkt, daß dieſe von allen Seiten gleichförmig von der Luft beſteichen und dadurch weit niedriger, aber hel— ler wird. Bei der Wahl des Schlotes hat man Mehreres zu beruͤck ichtigen; iſt derſelbe zu niedrig, fo iſt der Zug nicht ſtark genug und die Flamme nicht ſo weiß, wie ſie es ſeyn ſoll; iſt er zu hoch, fo iſt der Zug zu heftig, und das Gas verbrennt ſchnell und giebt weniger Licht, aber deſto mehr Hitze. Bei gehoͤriger Einrichtung und Beſchickung iſt der argandiſche Beenner offenbar derjenige, welcher den Vor— zug vor allen übrigen verdient, da ſich auf keine andere Weiſe eine fo reine und ſtaͤtige Flamme erhalten laͤßt. Man glaubt ziemlich alljemein, daß bei'm arg endiſchen Brenner die Strahlen von der inneren Oberfläche des hohlen Cylinders verloren gehen, weil die Flamme unduchfihtg ſcheint. Dies iſt jedoch ein Irkthum. Die Flamme iſt nicht undurchſich— tig; denn wenn man einen kleinen Gegenſtand mitten zwi— ſchen dieſelbe bringt, ſo kann man ihn deutlich ſehen, und uͤberdem befinden ſich bei den beſten Leuchtthurmlampen mehrere argandiſche Flammen ineinander geſchachtelt; ja 3 bis 4 ſolche concentriſche Flammen thun die beſte Wirkung, was nicht der Fall ſeyn wuͤrde, wenn die Flamme ſo un— durchſichtig waͤre, als ſie ſcheint. Allerdings ſieht man aus einiger Entfernung keinen Gegenſtand, der ſich hinter einer Flammenſchicht befindet; allein der Grund liegt darin, daß das auf die Netzhaut geworfene Bild der Flamme im Ver— gleiche mit dem des Gegenſtandes ſo viel heller iſt, daß letz— teres verdunkelt wird. Aus demſelben Grunde ſind in ei— nem verdunkelten Zimmer, wo nur ein Sonnenſtrahlenbuͤn— del durch das Loch eines Fenſterladens faͤllt, die Gegen— ſtaͤnde, welche gerade hinter dieſem Bündel liegen. faſt ganz unſichtbar, und doch wird Niemand deßhalb an der Durch— ſichtigkeit des Eonnentichtes zweifeln. Wenn man bei Gaslicht viel feine Arbeit verrichten muß, ſo hat man ſehr darauf zu ſehen, daß man bei jeder gelegentlichen Unterbrechung die Intenſitaͤt des Lichtes augen— blicklich vermindert, was ſich fo bequem bewerkſtelli zen laͤßt, damit die Augen ſich ausruhen und die ermuͤdeten Netz— haͤute wieder ihre Spannung erlangen Eönnen. Eine ſolche kurze Raſt wirkt oft ent ſchieden guͤnſtig, To daß man mit geſtaͤrkter Sehkraft wieder an das Werk gehen kann, zumal wenn man in der Zwiſchenzeit die Augen auf die im vo— rigen Capitel angeführte Weiſe in kaltem Waſſer gebadet und dadurch dem erhitzenden Einfluſſe des kuͤnſtlichen Lichtes kraͤftiß entgegengewirkt hat. Man glaubt ſehr allgemein, daß ſelbſt die beſten Ar— ten von Gaslicht ungemein nachtheilig auf die Augen wie— ken. Allerdings hat daſſelbe Tauſenden mehr geſchadet, als irgend eine andere Art von Licht, und ſchadet ihnen noch. Dieß ruͤbrt jedoch nicht von irgend einer Eigenthuͤmlichkeit in der optiſchen oder chemiſchen Natur des Gaslichtes her, wie 124 man allgemein meint; denn nur der Mißbrauch deſſelben macht es ſo außerordentlich ſchaͤdlich. Dieſelbe Lichtmenge, welche durch die Gasbereitung aus den theuerſten Kohlen— forten gewonnen wird, koſtet fünfmal weniger, als die, wel— che man aus dem früher wohlfeilſten Leuchtſtoffe, dem Talge, erhaͤlt. Doch wollen nicht Alle, welche Gas bren— nen, ebenſowohl an die große Wohlfeilheit, als an deſſen Bequemlichkeit glauben, weil ſie bei der geringen Koſtſpie— ligkeit des Gaslichtes daſſelbe leicht im Uebermaaße anwen— den, ſo daß die entlegenſten Winkel des Zimmers, wo ſie, einen Abend, wie den andern, viele Stunden lang die fein— ſten Arbeiten verrichten, grell beleuchtet werden, und ſich nirgends eine beſchattete Stelle vorfindet, welcher ſich die er— muͤdeten Augen zuwenden koͤnnen, um ſich ein wenig aus— zuruhen, waͤhrend zugleich die Luft in einem hoͤchſt ſchaͤdli— chen Grade erhitzt und durch kohlenſaures Gas vergiftet wird. So führt die Woh:feilheit des Gaslichtes zu deſſen Mißbrauch; allein auch deſſen andere Vorzuͤge, naͤmlich die Leichtigkeit, mit der ſich ihm jede beliebige Stellung erthei— len und mit der ſich deſſen Intenſitaͤt, je nach der Beſchaf— fenheit der Arbeit, vermehren und vermindern läßt, werden nur zu haufig gemißbraucht, indem man cas Licht dicht an die Augen bringt, ohne dieſe durch einen undurchſichtigen Schirm vor den die Bilder auf der Netzhaut verunveutiis chenden Strahlen zu ſchuͤtzen, oder indem man ein immer ſtaͤrkeres Licht anwendet, je mehr die Erregbarkeſt der Netz— haut abnimmt, um ſich eine unmittelbare Erleichterung zu verſchaffen, die der Sehkraft nur zu gewiß dauernden Scha— den zufügt. V. Verhinderung der ſchaͤdlichen Wirkung des kuͤnſtli— chen Lichtes. Von optiſchen Huͤlfsmitteln zur Verbeſſerung der ſchaͤdlichen Farbe des kuͤnſtlichen Lichtes, welche an deſſen nachtheiligen Wirkung en hauptſaͤchlich Schuld iſt, werden vorzuͤglich zwei angewandt. 1) Sucht man die dem kuͤnſtlichen Lichte fehlenden blauen Strahlen durch Zuruͤckwerfung des Lichtes demſelben hin zu ufuͤgen; 2) ſucht man die im Ueberſchuſſe vorhandenen rothen und gelben Strahlen durch Verſchluckung von dem kuͤnſt— lichen Lichte zu entfernen. Bei dem erſteren Verfahren laͤßt man das aufwaͤrts— ſtrahlende Licht gegen eine blaue Flaͤche prallen, ſo daß nur die darin enthaltenen wenigen blauen Strahlen niederwaͤrts zuruͤckgeworfen werden, und indem fie ſich mit dem Direct von der Flamme niederſtrahlenden roͤthlich gelben Lichte mi— ſchen, ein zuſammengeſetztes Licht von weißer Farde bilden, in welchem die drei Primaͤrfarben ziemlich in demſelben Verhaͤltniſſe gemiſcht ſind, wie im Tageslichte. Bei dem zweiten Verfahren laͤßt man das direct von der Flamme ausſtroͤmende Licht durch irgend ein durchſich— tiges blaues Medium, z. B blaues Glas oder eine blaue Fluͤſſigkeit, fallen, welche die uͤberſchuͤſſigen rothen und gel— ben Strahlen verſchluckt und rein weißes Licht durchlaͤßt. Ich wende mich nun zur Beſchreibung der verſchiede— nen Vorrichtungen, mittels deren man die Farbe des kuͤnſt— 125 lichen Lichtes durch blaue Reverberen verbeſſert, da es das einfachſte und wohl am allgemeinſten nützliche iſt. Es iſt hierzu nur ein coniſcher Hohlſchirm (Blende, Rever⸗ bere = Reflector), Fig. 1., noͤthig, deſſen Fig. 1. innere Oberflaͤche vergißmeinnichtblau an— geſtrichen iſt. Dieſe Reverbere muß die Flamme in der Art umgeben, wie Fig. 2, 3., 4. u. 7. zeigen. Die Wickung dieſer Vorrichtung iſt, daß faſt alle aufwärts: ſtreichenden Strahlen durch die ſchraͤgen Waͤnde der Rever— bere aufgefangen und deren rothe und blaue Beſtandtheile verſchluckt, die blauen aber abwaͤrts geworfen werden und ſich mit dem fehlerhaft gefärbten Lichte vermiſchen, welches direct von der Flamme niederſtrablt Die Reflectoren koͤn— nen aus irgend einem paſſenden Materiale, z. B, blauem Taffet, blauem Papiere oder blau angeſtrichenem Metalle beſtehen. Die Taffetſchirme ſind die zierlichſten, aber auch die theuerſten und werden leicht durch die Hitze beſchaͤdigt; die aus ſteifem Papiere von der Farbe des in die Kupfer— tafel eingefuͤgten ſind wohlfeil, leicht anzufertigen und voll— kommen zweckdienlich; die dauerhafteſten und im Gans zen genommen beſten beſtehen aus Blech, das außerhalb bronzirt und auf der inneren Seite hellhimmelblau ange— ſtrichen iſt. Fig. & 70 Zur Herſtellung eines 5 kegelfoͤrmigen Schirmes, wie Fig. 1. ihn dar⸗ ſtellt, hat man das Pa— pier oder ſonſt beliebte Material nach dem Mu— ſter von Fig. 5. zuzu⸗ ſchneiden und die Raͤn⸗ der, aa, bb, aneinan⸗ derzufuͤgen. Beſteht der Schirm aus Papier oder Taffet, ſo kann er auf einem Drahtgeſtelle ruhen, das oben an dem Glasſchlote oder an der Glocke 3 der Lam⸗ pe, wie bei und b, Figur 3. aufge⸗ haͤngt wird. Be⸗ ſteht die Blende aus Me⸗ tall, fo kann man fie auf die: felbe Wet: fe aufhaͤn⸗ gen, ob- / wohl es beſſer iſt, . einen drei⸗ 5 125 armigen Kranz an den Brenner zu ſchrauben und den Rand der Blende in dieſer Art zu unterſtuͤtzen. Lichtlam— pen, z. B., die Palmerſche, laſſen ſich leicht mit Reflectoren verſehen, ge- woͤhnliche Lichter aber hat man auf ein Stativ, wie Fig. 4. es zeigt, zu ſtecken, oder man kann einen ſenkrech⸗ ten meſſingenen Stab an dieſen Leuch⸗ ter anbringen, und an dieſem Stab den Reflector auf- und niederſchieben und mittelft einer raͤnderirten Kopfſchraube feſtſtellen, wie Fig. 7. zeigt. Kein Pigment ſtreichen der innern Flaͤche der Reflec— toren ſo gut, wie eine Miſchung von eignet ſich zum An— Ultramarin und Berliner Blau. Ko: balt und Blauaſche (Saunders blue, cendres bleues) laſſen ſich indeß, wie überhaupt alle hellblaue Farbeſtoffe ebenfalls dazu benutzen. Bloßes Ber— liner Blau wird durch die Hitze der Flamme leicht grün, und viele andere blaue Farben verlieren die gehörige Durchſichtigkeit, während keine dem J Ultramarin an Reinheit und Haltbar— = keit gleichkommt. Die blaue Oberflaͤ— * che des Reflectors muß glatt, aber > nicht glänzend ſeyn. Wendet man an— 5 > geſtrichenes Metall an, fo darf daſſelbe nicht lackirt, ſondern die Farbe muß ganz matt aufgeſetzt werden. Bringt man einen bellblauen Reflector uͤber die Flam— me eines gen oͤhnlichen Lichtes, fo iſt die Wirkung hoͤchſt bemerkbar. So erſch eint, z. B., weißes Papier nicht mehr roͤthlichgelb, ſondern von viel reinerer und weißer Farbe. Das Licht wirkt auf die Augen aͤußerſt angenetm und kuͤh— lend, und die Weiße deſſelben macht deſſen begraͤnzende Kraft um Vieles bedeutender. Bei Anwendung eines gewohnlichen weißen Reflectors wird das Licht um Vieles heller und blendender; allein da dieß durch die Zuruͤckwerfung aller im kuͤnſtlichen Lichte ent— haltenen Strahlen bewirkt wird, ſo erreicht man dadurch bei Weitem nicht dieſelben Vortheile, wie wenn die größere Begraͤnzungskraſt lediglich durch einen Zuſatz von blauen Strahlen erlangt wird, da letztere wegen ihrer verhaͤltniß— mäßigen Kuͤhlheit und geringen ſtoßenden Kraft die Augen am wenigſten angreifen '), während zugleich die Netzhaut von einem Lichte erregt wird, in welchem die Primaͤrſtrah— len ziemlich daſſelbe Miſchungsverhaͤltniß befigen, wie im Sonnenlichte. „) Vergl. Cap. II. 127 Nach der zweiten Methode laͤßt ſich die Farbe des kuͤnſtlichen Lichtes verbeſſern, indem man es durch ein far— biges Medium fallen laͤßt, welches die uͤberſchuͤſſigen rothen und gelben Strahlen verſchluckt. Bei dieſem Verfahren ver: anlaßt der große Verluſt an Licht die Hauptſchwierigkeit, die ſich nicht dadurch beſeitigen laͤßt, daß man die Intenſi— taͤt der Flamme verſtaͤrkt, weil man dadurch die Beleuch— tung viel theuerer machen und eine ſtarke Entwickelung von Hitze und Kohlenſaͤuregas veranlaſſen würde, Man hat vielmehr entweder das durchgefallene Licht mittelſt blanker, metallener Reflectoren zu concentriren, oder die Oberflaͤche des die rothen und gelben Strahlen aufſaugenden Mediums conver zu machen, fo daß es als eine Sammellinſe wirkt. Blaßblaue Brillen verſchlucken ebenfalls die im kuͤnſt— lichen Lichte im Ueberſchuſſe enthaltenen rothen und gelben Strahlen; allein der Gebrauch derſelben iſt nicht anzura— then, weil ſie, wegen der groͤßeren Waͤrme der abſorbirten Strahlen, heiß und unbequem werden und man dieſelben, wegen des vielen Lichtes, das ſie einſaugen, immer abneh— men muß, fobald man irgend einen andern Gegenſtand ons ſehen will, als denjenigen, auf welchen die Beleuchtung vorzugsweiſe concentrirt iſt. Beſitzt der Glasſchlot einer argandiſchen Lampe eine ganz blaßblaue Faͤrbung, ſo erhaͤlt das Licht dadurch eine beſſere Farbe, aber um Vieles geringere Intenſitaͤt. Fuͤgt man jedoch einen kegelfoͤrmigen Reflector von glaͤnzendem Metall, z. B., Zinn oder plattirtem Kupfer, binzu, fo wer— den alle aufwaͤrtsgehenden Strahlen wieder nach Unten zus ruͤckgeworfen und die Beleuchtung der unter der Lampe be— findlichen Gegenſtaͤnde um Vieles ſtaͤrker gemacht, waͤhrend in dem Lichte die Primaͤrſtrahlen ziemlich daſſelbe Mi— ſchungsverhaͤltniß haben, wie im Son— Fig. 6. nenlichte. Fig. 6. zeigt eine andere a Vorrichtung zur Verbeſſerung der Farbe des kuͤnſtlichen Lichtes, die ſich leicht an einem argandiſchen oder auch ei— nem Fiſchſchwanzbrenner anbringen laͤßt. 50 iſt eine dreiarmige Stuͤtze, die ſich an dem Brenner e anſchrau— ben laͤßt; zwei der Arme ſind an ihrem Ende einwaͤrts gebogen, und am dritten befindet ſich eine kleine Schraube mit geraͤnder— tem Kopfe (bei a). Sie find 3% Zoll lang und ſtuͤtzen eine kreisrunde Glasplatte ddd, in deren Mitte ſich ein Loch befindet, das etwas groͤßer iſt, als zur Durchlaſſung des Brenners e nöthig iſt. Dieſe Glasplatte iſt blau ge— faͤrbt, und zwar hat das Blau die Tiefe, daß, wenn man 128 bei Tageslicht ein Stud weißes Papier darunterlegt, letzte— res ungefaͤhr die Farbe des blauen Himmels hat. Ueber dieſer Glasplatte befindet ſich ein kegelfoͤrmiger Reflector von Weißblech oder plattirtem Kupfer, der durch eine Schraube mit geraͤndertem Kopfe, a, feſtgehalten wird und 4 Zoll Höhe beſitzt, während die obere Oeffnung in dem⸗ ſelben 8 Zoll weit iſt. (Schluß folgt.) Miscellen. Die Beſeitigung des singultus bei einer Ruͤk⸗ kenmarkskrankheit gelang dem Dr. Watmough durch An- bringung eines Setaceums über dem Urſprung des phrenicus. Miß. H. fiel in einer Ohnmacht auf den Ruͤcken; es folgten einige leichte Convulſionen, nach 3 — 4 Minuten kam die Kranke wieder zu ſich; fie klagte über Schmerz im Rüden und Taubheit in den untern Extremitaͤten. Zwei Tage fpäterz heftiger Schmerz in der Gegend der obern Lendenwirbel, mit Verluſt der Bewegung und Empfindung in den untern Extremitaͤten. Blutegel, Blutentzies hung aus dem Arme, kleine Doſen Calomel und Hautreize. Nach 8 Tagen: Unbeweglichkeit in horizontaler Stellung, leichte Inconti⸗ nenz des Urins; nach 3 Wochen ſtellte ſich ſehr heftiger singultus ein. Alle Blutentziehungen und die heftigſten Ableitungen, ferner Jod, Strychnin ꝛc. blieben erfolglos. Noch nach 6 Monaten war der singultus unertraͤglich und bedrohte das Leben. Es wurde nun ein setaceum über dem Urſprung der phrenici eingelegt; 8 Tage danach waren die Symptome beſeitigt, Gefuͤhl und Bewegung kehrten wieder, und bei einer toniſchen Behandlung wurde die Kranke bald vollkommen hergeſtellt. (London med Gaz., Oct. 1840.) Das harzige Extractdes Hanfes hat Dr. O'Shaug h- neſſy zu Calcutta als ein narcotiſches Mittel angewendet, wobei zu bemerken iſt, daß in heißern Climaten, als bei uns, aus den Blättern und dem Stamme des Hanfes ein harziger Saft aus- ſchwitzt, welcher einen ſcharfen, narcotiſchen Geruch und bittern Geſchmack hat. Das Extract wurde durch Kochen der getrockneten Pflanze in Spiritus und Abdampfen erhalten, worauf durch Auf— loͤſung von 3 Gran Extract in 1 Drachme Alcohol auch eine Zins ctur bereitet wurde. Das Mittel fol ſich beſonders bei tetanus. bewährt haben, wo man alle halbe Stunden 1 Drachme Tinctur giebt, bis der Krampf nachlaͤßt. (British and Foreign med. Re- view, July 1840.) Eine ungewoͤhnliche Entwickelung der Nieren bei einem neugebornen Kinde iſt von Dr. Oeſterlen zu Murhard beobachtet und in der neuen Zeitſchrift für Geburtskunde 8. Band, 3. Heft beſchrieben worden. Die Nieren waren ſo groß, daß fie Schwierigkeit für die Entbindung bedingten; die ganze Un— terleibshoͤhle wurde von beiden Nieren eingenommen, welche die Leber und die übrigen Baucheingeweide gegen den thorax hinauf— gedrängt hatten. Die Koͤrnchen der Nieren waren beträchtlich ver⸗ groͤßert und zeigten ein blaſiges Anſehen, welches den Verfaſſer zu der Anſicht veranlaßt, daß ſich Hydatiden in den Nieren entwickelt haben. r ³˙ü ³ð ð CEERTETETEr Tau Bibliographische neuigkeiten. Meémoire de la Société geologique de France, partie, Paris 1841. 4. Mit 11 K. Beiträge zu der Lehre von dem Leben, von Ph. Jac. Cretzſch⸗ mar, Dr. Med. etc, 1. Theil: das materielle Leben. Frank— furt 1840. 8. — ͤä H— Tome IV. 1. On the curvature of the Spine. 1841. 8. Des Nevralgies et de leur Traitement, Par C, James, Paria 1841. 8. By E. W. Tuson. London — — ͤ h[:•2ijn— V Üene Notizen aus dem Gebiete der Hatur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheil ron dem Ober- Mediefnalratbe Freriep zu Weimar, und dem Medicinatratbe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Mo. 361. (Nr. 9. des XVII. Bandes.) Februar 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 9 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Nennen er Von den Verſchiedenheiten in Anſehung der Koͤrper— groͤße der Thiere. o rut hene unn g.) III. Verſchiedenheiten nach der Lage der Wohnorte. Man hat ſchon lange bemerkt, daß ſehr kleine oder einzelnliegende Inſeln entweder nur Arten von geringem Koͤrperumfange und dabei nur wenige Species beſitzen, oder auch wohl gar keine Saͤugethiere aufzuweiſen haben. Die großen Saͤugethiere finden ſich, in der That, ſaͤmmtlich auf den Feſtlaͤndern, den großen Inſeln oder auch auf kleinern, aber einem Feſtlande ſehr nahe liegenden, folglich gewiſſer— maaßen zu dieſem gehoͤrenden und ihm in Anſehung der phyſiſchen Beſchaffenheit und der dort anzutreffenden Thiere und Pflanzen aͤhnlichen Inſeln. Desgleichen find unter den Waſſerſaͤugethieren die See: thiere bekanntlich die größten. Die Natur hat alfo überall die Körpergröße der Saͤu— gethiere der Ausdehnung ihres Wohnortes angepaßt, fo daß die großen Species den Meeren, den Feſtlaͤndern und gro— fen Inſeln, die kleinen den Fluͤſſen, Baͤchen und kleinen Inſeln angehoͤren. Zu dieſen Betrachtungen laͤßt ſich noch die hinzufuͤ— gen, daß unter den Landſaͤugethieren diejenigen, welche auf Bergen leben, in der Regel, nicht ſo groß werden, als die, welche ſich auf Ebenen, in'sbeſondere an dem Saume gro— ßer Wuͤſten, aufhalten. Dieſe Thatſache, auf welche ſchon manche Naturforſcher, in'sbeſondere Virey ), aufmerkſam gemacht haben, hat eine ziemlich durchgreifende Guͤltigkeit, mag man nun die derſelben Gattung angehoͤrigen Arten, z. B., den Vack, mit den in den Ebenen lebenden wilden Ochſenarten, oder beſonders verwandte Gattungen, z. B., die Muflon's mit den Schaafen, die Lama's mit den Camee— ) ©. den Artikel Géants des Dictionnaire des sciences mé- dicales. No. 1461 ee ee Zr ER len vergleichen. In Betreff einiger Gattungen und zumal Arten laͤßt ſich jedoch das Gegentheil beobachten, und nicht immer gelingt es, fuͤr dieſe Ausnahmen einen genuͤgenden Grund nachzuweiſen. IV. Verſchiedenheiten nach der Region des Wohnorts. Die ſehr wichtigen Betrachtungen, welche ſich an dieſe vierte Art von Verſchiedenheiten knuͤpfen, ſind von den Naturforſchern in geringerm Grade vernachlaͤſſigt worden, als die vorhergehenden, und unter andern hat Buffon eine gegenwärtig allen Zoologen bekannte Thatſache hervor- gehoben, daß naͤmlich die Thiere America's im Durchſchnitte kleiner find, als die entſprechenden Arten der alten Welt *) Allerdings laſſen ſich einige Ausnahmen von dieſer Regel auffinden; allein es ſind deren nur wenige, und wenn auch der von Buffon ermittelte Satz die ihm von deſſen Ur— heber beigemeſſene Allgemeinheit nicht beſitzt, ſo gilt er doch fuͤr bei Weitem die meiſten Faͤlle. *) „Als beſonders merkwuͤrdig,“ ſagt Buffon, „ift mir der Umſtand erſchienen, daß in der neuen Welt die Thiere der Tropenlaͤnder durchgehends im Vergleiche mit denen der hei— ßen Gegenden der alten Welt ſehr klein find. Der Körpers umfang des Elephanten, Rhinoceros, Flußpferdes, der Gir⸗ affe, des Kameels, Loͤwen, Tigers u. ſ w. übertrifft, in der That, den des Tapir, Cabiai, Ameiſenbaͤren, Lama, Puma, Jaguar u. ſ. w. ſehr bedeutend. Die erſtern ſind 4 — 10 mal fo groß, als die letztern. Dieſe allgemeine Beobachtung wird noch durch den Umſtand erheblicher, daß alle von Europa nach America gebrachten Thiere, als Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine, Hunde u. ſ. w., dort kleiner geworden find, fo wie, daß diejenigen, welche beide Continente be⸗ ſigen, z. B., Woͤlfe, Fuͤchſe, Hirſche, Rehe, Elenns, eben⸗ falls durchgehends in America nicht fo groß find, wie in Eu- ropa. Die Art und Weiſe, wie die Elemente in der neuen Welt miteinander verbunden ſind und uͤberhaupt die dortigen phyſiſchen Bedingungen muͤſſen alſo der Erreichung einer bez traͤchtlichen Körpergröße von Seiten der Thiere hinderlich ſeyn, und widerfegen ſich vielleicht der Bildung großer Keime. Discours sur les animaux communs aux deux continens. T. IX. Histoire naturelle, p. 102 et 103. 9 131 Nachdem Buffon diefe Untergeordnetheit der Thiere der neuen Welt im Vergleiche mit denen der alten ermit— telt hatte, forſchte er der Urſache dieſer Erſcheinung nach und glaubte, dieſelbe in der geringern Temperatur und be— deutendern Feuchtigkeit America's zu erkennen Ohne hier auf die genaue Wuͤrdigung dieſer rein hypothetiſchen Er— klaͤrungsweiſe eingehen zu wollen ), beſchraͤnke ich mich da— rauf, ju bemerken, daß der von Buffon zuerſt ausge— ſprochene Satz als ein beſonderer Fall des von mir weiter oben aufgeſtellten allgemeinen Satzes anzuſehen iſt, namlich, daß zwiſchen der Groͤße der Thiere und der Ausdehnung ihres Wohnortes ein Verhaͤltniß beſteht. Jedes der beiden großen Gebiete, welche America bilden, iſt etwa halb fo groß, wie Aſien oder Africa, und beide, in'sbeſondere aber Suͤdamerica, welches von den uͤbrigen Feſtlaͤndern der Erde mehr abgeſchieden liegt, ſind im Allgemeinen mit kleinern Thierarten beſetzt, als Aſien und Africa. Dieſes merkwuͤr— dige Verhaͤltniß reiht ſich aber ohne Weiteres meinem Haupt— ſatze an. Dagegen beſitzt Neuholland, welches ungefähr nur halb fo groß, als Suͤdamerica und, gleich dieſem, ſehr iſolirt iſt, im Durchſchnitte viel kleinere Thiere, als Suͤdamerica, ſo daß der aus der Vergleichung der Feſtlaͤnder und Inſeln abgeleitete Schluß auch von den Feſtlaͤndern, untereinander verglichen, gilt. Nachdem wir die Thiere der alten Welt in ganz all: gemeiner Weiſe mit denen der neuen verglichen haben, kommt es darauf an, die der noͤrdlichen Hemiſphaͤre denen der ſuͤdlichen gegenuͤberzuhalten. Abgeſehen von Sumatra, Borneo und ganz Africa, durch deren mittlern Theil der Aequator ſtreicht, und wo man die naͤmlichen Arten zu bei— den Seiten deſſelben antrifft, ſind die Hauptlaͤnder der ſuͤd— lichen Halbkugel der Erde Neuholland, Neuguinea, Mada— gaskar und Suͤdamerica. Nach Obigem laͤßt ſich erwarten, daß die Thiere der drei erſten dieſer Laͤnder bedeutend kleiner ſeyen, als die, welche den gewaltigen Landſtrich von Europa und Aſien, zu— ſammengenommen, bewohnen, und dieß iſt denn auch, in der That, der Fall. Auf der andern Seite ſtehen die ſuͤdamericaniſchen Ar— ten, unter denen der Tapir, der Kuguar, der Jaguar und einige Wiederkaͤuer die groͤßten ſind, denen von Nordamerica an Koͤrperumfang nach; denn obwohl letzteres ziemlich eben den Flaͤchengehalt hat, wie Suͤdamerica, ſo liegt es doch bei Weitem nicht ſo iſolirt, ſondern haͤngt mit dem aſiati— ſchen Feſtlande beinahe zuſammen. Die Saͤugethiere der füdlichen Erdhaͤlfte find alſo im Allgemeinen nicht ſo groß, wie die der noͤrdlichen, wenn man Africa, Borneo und Sumatra weglaͤßt, wo man im Norden und Süden des Aequators dieſelben Arten findet. „) Man kann in dieſer Beziehung meine Considerations géné- rales sur les mammifères, p. 247 oder den Artikel Mammife- res des Dictionnaire classique d'Histoire naturelle, T. X. p. 125 nachſchlagen. 132 V. Verſchiedenbeiten nach dem Clima. Nun habe ich die Groͤßenverſchiedenheit der Thiere noch nach den verſchiedenen Breiten und Climaten zn betrachten. Die Unterſuchung dieſes Verhaͤltniſſes fuͤhrt zu mehreren in— tereſſanten Ergebniſſen, nicht aber zu einem allgemeinen und Hauptreſultate. So find unter den gefluͤgelten Saͤugethieren die zwi— ſchen den Wendekreiſen lebenden Arten (und wir brauchen hier nur in Betreff der alten Welt an die fliegenden Hun— de, und in Betreff der neuen an die Vampyre zu erin— nern) die groͤßten von allen, und je mehr man ſich in der noͤrdlichen Hemiſphaͤre dem Pole nähert, deſto kleiner werden die Species. Daſſelbe Verhaͤltniß waltet, wenngleich weniger durch— greifend, in Betreff der Kletterthiere und mehrerer Grup— pen der Erdthiere, namentlich unter den Inſectenfreſſern und Fruchtfreſſern ob. Dagegen giebt es auch unter den Grasfreſſern und in'sbeſondere den Fleiſchfreſſern eine große Anzahl Familien, bei denen ſich die Sache gerade umgekehrt verhaͤlt. So werden in der noͤrdlichen Erdhaͤlfte die Woͤlfe, Fuͤchſe, Hir— ſche um ſo groͤßer, je naͤher man dem Polarkreiſe ruͤckt, und dieß gilt ebenſowohl von den Arten derſelben Gattung, als von den Individuen derſelben Art. Dagegen kennt man keine Saͤugethiere, deren groͤßte Exemplare oder Ar— ten in der gemäßigten Zone vorkaͤmen und die nach dem Aequator oder dem Pole zu ſtufenweiſe kleiner wuͤrden. Was die in der See lebenden Species anbetrifft, ſo giebt es deren in allen, zumal den noͤrdlichen Meeren, ſehr große. Demnach erreichen die meiſten Gattungen und Arten ihr groͤßtes Volum in den heißen Laͤndern der Erde und in der kalten Zone das Minimum der Statur. Andere, wie— wohl wenige, zeigen ſich dagegen in den Eälteften Laͤndern am groͤßten und in den heißeſten am kleinſten. Hieraus folgt, daß unter den großen Saͤugethierarten manche die heiße Zone bewohnen, andere aber in dem hoͤchſten Norden in Gegenden anzutreffen ſind, jenſeits deren alle Vegeta— tion und alles Thierleben erſtirbt. Keine Gattung beſitzt aber ihre groͤßten Arten und keine Art ihre groͤßten Exem— plare in den gemaͤßigten Climaten, und dieß iſt gerade das Gegentheil von Dem, was man nach allgemeingeltenden Anſichten glauben ſollte, zumal wenn man folgender Stelle eines bereits angeführten Schriftſtellers beipflichtet: „Es iſt ausgemacht, daß ſtrenge Kaͤlte, wie trockene Hitze, der voͤlligen Entwickelung des Wachsthums aller Geſchoͤpfe hin— derlich iſt, waͤhrend eine milde oder maͤßige Temperatur demſelben ſehr förderlich. iſt“ *). *) Ich werde im Verlaufe dieſes Artikels Gelegenheit haben, dieſe Behauptung eines ausgezeichneten Gelehrten nach ihrem wahren Werthe zu wuͤrdigen. Man wird ſehen, daß, wenn fie auch vor dem durch die Unterſuchung und analytiſche Er: waͤgung ſaͤmmtlicher Thatſachen gewonnenen Reſultate nicht Stich haͤlt, ſie doch in Betreff ſehr vieler einzelner Faͤlle rich— tig iſt. Sie iſt alſo an ſich nicht irrig, ſondern ihr Verthei— diger hat ihr nur eine zu große Ausdehnung gegeben und ih— rer Richtigkeit dadurch Eintrag gethan. III. Generalifirung der vorbemerkten Thatſachen und Anwendung derſelben auf das geſammte Thierreich. 1. Einleitende Bemerkungen. Ich habe in den vorſtehenden Abſchnitten die Haupt: reſultate dargelegt, welche ſich mir aus der aufmerkſamen Unterſuchung der Verſchiedenheit in der Koͤrpergroͤße der wil— den Saͤugethiere, von einem allgemeinen Standpuncte aus betrachtet, ergeben haben. Durch die Würdigung aller Eins zelnheiten gelang es mir, Alles auf einige wenige Saͤtze zu— ruͤckzufuͤhren, welche ich nicht bloß als gewagte Vermuthun— gen, fondern als allgemein gültige Thatſachen hinſtellen zu dürfen glaube, die eben fo unbeſtreitbar ſeyen, als die be— ſondern Thatſachen ſelbſt, von welchen dieſelben abgeleitet ſind, und deren kurzgefaßter, abſtracter, philoſophiſcher Aus— druck jene Saͤtze, in der That, nur ſind. Gegenwaͤrtig bieten ſich unſerer Unterſuchung zwei wich— tige und verwickelte Fragen dar, deren Loͤſung gewiſſermaa— ßen die natuͤrliche und nothwendige Vervollſtaͤndigung obi— ger Betrachtungen iſt. 1) Sind die ſo eben in Betreff der wilden Saͤuge— thiere nachgewieſenen allgemeinen Saͤtze auf die uͤbrigen Claſ— ſen des Thierreichs anwendbar? 2) Laſſen ſie ſich auf die Menſchenracen und Haus— thiere anwenden, welche bekanntlich einer Menge von be— ſondern und oͤrtlichen Einfluͤſſen unterworfen ſind, welche auf die wilden Thiere weder einwirken, noch einwirken koͤnnen? Die Loͤſung dieſer zweiten Frage muß nothwendig auf andere Betrachtungen gegruͤndet werden, als die oben vor— getragenen, und ich werde dieſelbe in einem zweiten Artikel mit aller der Sorgfalt verſuchen, welche die hohe Wichtig— keit erfordert, die der Gegenſtand in zoologiſcher und phyſio— logiſcher Hinſicht beſitzt. Die erſte Frage ließe ſich nur er— ledigen, wenn man in Bezug auf jede Claſſe des Thierreichs dieſelbe Arbeit wiederholte, die ſo eben in Betreff der Saͤu— gethiere dargethan worden iſt. Dieß wuͤrde zwar wenig Schwierigkeit haben, aber wegen der beſtaͤndigen Wiederho— lungen ungemein langweilig ſeyn. Ich beſchraͤnke mich da— her auf einige Andeutungen, welche geeignet ſind, die Allge— meinheit der oben aufgeſtellten Saͤtze zu wuͤrdigen, und be— halte mir vor, ſpaͤter ausführlicher und beweiſender auf dies fen Gegenſtand zuruͤckzukommen. Meine Beweisfuͤhrung wird uͤbrigens ziemlich dieſelbe ſeyn, wie die, welche ich in Anſehung der Saͤugethiere angewandt habe, und ſo kann Je— der, dem in dieſer Beziehung ein Urtheil zuſteht, ſchon jetzt dieſelbe nach ihrer Art und ihrem Werthe mit ziemlicher Sicherheit wuͤrdigen. 2. Allgemeine Betrachtungen. Man braucht nur die oben angefuͤhrten Thatſachen zu beachten, um zu erkennen, daß die Groͤße eines Thieres von zweierlei Art von allgemeinen Urſachen abhaͤnat, die ſich auf zwei Hauptthatſachen zuruͤckfuͤhren laſſen: nämlich den ur— ſpruͤnglichen Typus, nach welchem es gebildet iſt, und die beſondern Umſtaͤnde, unter welche es die Natur verſetzt hat. 134 Wie haben geſehen, daß jede Gruppe im Allgemeinen ebenſowohl denſelben Bedingungen der Körpergröße unterliegt, als fie ihre allgemeinen Charactere der Organiſation beſitzt; d. h., es laſſen ſich für jede Gruppe Dimenfionen angeben, denen ſich faſt alle Arten, aus denen fie beſteht, naͤhern. So beſitzen die Vierhaͤnder eine mittlere Koͤrpergroͤße; die Nager ſind klein; die Dickhaͤuter und Wiederkaͤuer groß, die Cetaceen noch groͤßer. Auf der andern Seite findet ſich in jeder Gruppe eine kleine Anzahl von Arten, deren Größe von dem Durch— ſchnittsmaaße bedeutend abweicht, daſſelbe entweder übers fteigt oder darunter bleibt, und die folglich bemerkenswerthe Ausnahmen bilden. Auf dieſe Ausnahmen habe ich meine Aufmerkſamkeit beſonders gerichtet, und ihrer philoſophiſchen Erklaͤrung, ihren Beziehungen zu allen Erſcheinungen derſel— ben Claſſe eifrig nachgeforſcht. So gelangte ich zur Ers kenntniß des allgemeinen Einfluſſes, welche gewiſſe Bedin— gungen der Exiſtenz, der Lebensweiſe, des Wohnorts, z. B., der Aufenthalt im Waſſer, in der Naͤhe des Aequators oder der Pole, auf den Koͤrperumfang der Thiere aͤußern. Die Groͤße eines Thieres beſtimmt ſich alſo durch den Typus, dem es angehoͤrt, und die beſondern in deſſen Le— bensweiſe und Aufenthaltsort gegebenen Bedingungen, deren Einfluß ſo conſtant iſt, daß er ſich gewiß annaͤhernd berech— nen und durch eine algebraiſche Formel ausdrucken ließe. Nur indem man dieſe Anſichten auf das ganze Thier— reich anwendet und ausdehnt, koͤnnen wir die weiter oben hinſichtlich der Saͤugethiere feſtgeſtellten Thatſachen in ihrem wahren Zuſammenhange erkennen, und ihr Verhaͤltniß zu den durch das Studium der andern Thierclaſſen gewonne— nen Reſultate durchſchauen. Wenn wir, z. B., ein Saͤu⸗ gethier und einen Vogel ruͤckſichtlich des Koͤrpervolumens mit einander vergleichen wollen, oder gar ein Wirbelthier einem wirbelloſen Thiere gegenuͤberhalten, ſo werden wir uns nicht wundern duͤrfen, wenn wir eine große Verſchiedenheit be— merken, obgleich beide vielleicht in Anſehung der Lebensweiſe, des Wohnorts und der Nahrungsſtoffe ziemlich mit einander uͤbereinſtimmen. Wir duͤrfen bei ihnen keineswegs dieſelbe Körpergröße, ſondern nur einen durch gleichartige Umſtaͤnde auf die verſchiedenen Gruppen, denen beide Thiere angehoͤ— ren, ausgeuͤbten und nach den Bedingungen der beiderſeiti— gen Faͤlle modificirten Einfluß anzutreffen erwarten. Wenn nun die allgemeinen Bedingungen für beide fehr verſchieden ſind (und dieß iſt, wenn man Geſchoͤpfe aus ſehr verſchie— denen Claſſen mit einander vergleicht, faſt immer der Fall), ſo liegt auf der Hand, daß das Saͤugethier und der Vogel, daß das Wirbelthier und das wirbelloſe Thier, die man mit einander vergleicht, wenngleich ſie durch den Einfluß der gleichfoͤrmig auf beide einwirkenden gemeinſchaftlichen Urfa= chen in aͤhnlicher Weiſe modificirt werden, doch nach Maaß— gabe der ihren beiderſeitigen Gruppen angehoͤrenden Gröfe : Bedingungen merkliche Verſchiedenheiten darbieten werden. Es verhaͤlt ſich mit ihnen in der fraglichen Beziehung ge— rade wie mit zwei Zahlen, die man mit derſelben Groͤße multiplicirt oder dividirt; beide werden dabei in demſelben Verhaͤltniſſe vergrößert oder verkleinert; allein fie werden da— 9 * 155 durch keineswegs gleiche Größen, ſondern verhalten ſich zu einander nach wie vor. (Schluß folgt.) Miscellen. Die Höhle von Caripe (Cueva de! Guacharo) in Venes zuela, etwa eine Wegesſtunde von dem Dorfe Caripe entfernt, hat Herr Eduard Ott o, aus Berlin, am 30 Sept. 1840 beſucht und, nach einem Schreiben, datirt Maturin am Fluſſe Guarapiche 10. Oct., iſt daruber (in den Berl. Nachr.) Folgendes veröffentlicht: Nach eis ner Beſchreibung derſelben aus der Feder eines Alexander v. Hum⸗ boldt (Reife in die Aequinoctial-Gegenden des neuen Conti⸗ nents u. ſ. w Stuttgart und Tubingen. 1818. Lr. Theil. S 108 saq.) wäre es ein vermeſſenes Unternehmen, ſolche noch— mals zu verſuchen. Herr E. Otto und ſein Reiſegefaͤhrte dran⸗ gen aber noch weiter vor, ja bis an das Ende der Hoͤhle, und eine kurze Nachricht darüber, was ſie in den bis dahin noch unbekann⸗ ten Theilen derſelben bemerkten, kann daher wohl nicht als An— maßung erſcheinen. Am 2. October Nachmittags 5} Uhr traten die Reiſenden durch das hohe und weite Portal in die Hoͤhle. Am Ende des etwa 400 Fuß langen erſten Saales paſſirten ſie den aus der Höhle kommenden Fluß (Rio Caripe), den ſie 8 Fuß breit und 1 Fuß tief fanden, und traten durch einen zweiten Eingang in einen anderen Raum. Stalactiten, welche Menſchen-Figuren nicht unähnli waren, und das Geſchrei der hier niſtenden Gua— charo⸗Voͤgel (Steatornis Humboldtii), konnte fo wenig als der bald ſteinige, bald ſchluͤpfrige, bald moraſtige Boden und der mehrere Male zu paſſirende Fluß von weiterem Vordringen abhalten. Es öffnete ſich ihnen ein dritter großer Raum, an deſſen Ende ein Berg ſich faſt bis zur Decke erhebt, ſo daß die Hoͤhle hier ge— ſchloſſen zu ſeyn ſcheint. Der ältefte der ſechs, zur Begleitung mitgenommenen Indianer behauptete, daß A. von Humboldt bis hierher gekommen ſey, und man weiter vorzudringen nicht wagen dürfe, Da ihnen aber doch wenigſtens Ein Beiſpiel bes kannt war, ſo beſtanden die Reiſenden darauf, weiter zu gehen, und das mitgenommene Caroffon Rum, von welchem fleißig ge⸗ fpendet wurde, machte die Indianer auch endlich dazu willfährig. Eine Oeffnung linker Hand, durch welche man nur kriechen fonne te, führte in neue, herrlichere Räume. Das Licht der Fackeln ſtrahlte von den Cryſtallen der Waͤnde wieder, und ſchlanke, hohe Saulen bildeten die herrlichſten Kirchenraͤume nach. Auch toͤnte 156 hier nicht mehr das wilde Geſchrei der Nachtvoͤgel, Raͤume nicht gekommen zu ſeyn ſchienen. Eine Stunde wan— delten fie hier, ſtets 2 Fuß tief im Waſſer, auf einem fans digen oder kalkigten und ſehr ſchluͤpfrigen Boden, und fanden auch ein Waſſer⸗Baſſin 6 Fuß lang, 5 Fuß breit und eben fo tief, doch ſehr ſumpfig, die ſogenannte große Laguna, oder den großen See. Links erhob ſich eine ſenkrechte Felswand, rechts ein 8 Fuß hoher, abgerundeter Huͤgel. Bis hierher gelangte der Coronel (Oberſt) Cadazzi, welcher gegenwaͤrtig in Paris fein topographiſch-geo⸗ graphiſches Werk uͤber Venezuela herausgiebt. Das Ziel ſollte auch noch hier nicht geſteckt werden. Man erklomm den Huͤgel, und kam gluͤcklich auf der anderen Seite wieder hinab. Der Raum wurde nun ſchmaler, und nachdem die Reiſenden etwa noch z Le- gua zuruͤckgelegt hatten, kamen fie endlich an eine Stelle, wo die Decke mit der Sohle der Hoͤhle ſich vereinigte, alſo an das Ende der Hoͤhle. Hier drang unaufhoͤrlich das Waſſer durch, und wenn ſich ſolches erſt vollkommen Bahn gebrochen haben wird, oͤffnen ſich vielleicht noch andere Räume dem kuͤnftigen Beſucher. Die Tem— peratur der Luft giebt Herr E. Otto zu 14 R., des Fluſſes und Waſſers zu 13» R. an (A. v. H respective zu 179, und 169,8 C. oder 14, und 13% R.), und dennoch waren die Reiſenden waͤh— rend ihres dreiſtundigen unterirdiſchen Spazierganges durchaus erſtarrt.“ Ueber das electriſche Organ der Fiſche überhaupt und des Malapterurus in'sbeſondere hat Herr Pro— feſſor Valenciennes in feiner Fortſetzung der histoire natu- relle des Poissons die fruͤhern Beobachtungen von Geoffroy und Rudolphi wiederholt und ergaͤnzt, wovon das Wichtigſte iſt, daß die Anzahl der aneurotiſchen Blatter des electriſchen Organs noch viel größer iſt, als die fruͤhern Beſchreibungen und Abbilduns gen angegeben haben. Man ſieht alſo in einer thieriſchen Ma— ſchine die Darſtellung der Voltaiſchen Saͤule, einer Saͤule, die bekanntlich aus Metallplatten zuſammengeſetzt iſt, welche durch eine Fluͤſſigkeit getrennt find. Bei den Fiſchen iſt dieſe Art Vol taiſcher Saͤule durch haͤutige Scheiben oder Scheidewaͤnde dargeſtellt, welche von einander durch mit ſchleimiger Subſtanz gefüllte Zel— len getrennt ſind und um welche ſich die zahlreichen Zeraͤſtelungen eines vom n. vagus her kommenden Nerven in's Unendliche zer— theilen. Necrolog. — Francis Bauer (geb. zu Feldberg in Des ſterreich am 4. October 1758, ſeit 1788 in England), durch ſeine mikroſcopiſchen Zeichnungen fuͤr die Anatomie der Pflanzen und Thiere hoͤchſt geſchaͤtzt und allgemein bekannt, iſt am 16. December 1840 zu Kew geſtorben. welche in dieſe e Yan Dee Ueber den nachtheiligen Einfluß der kuͤnſtlichen Beleuchtung auf die Sehkraft, ſo wie einige Mittel, durch welche ſich dieſe Nachtheile vermeiden oder vermindern laſſen. Von James Hunter, M. Dr. (Schluß.) Die Art und Weiſe, wie man den Glasſchloͤten und Reflectoren, ſo wie der kreisfoͤrmigen Platte in Fig. 5. die geeignete blaue Farbe am beſten ertheilt, iſt, daß man dieſe Gegenſtaͤnde mit in Maſtixfirniß abgeriebenem Ultramarin anſtreicht, wobei die Farbe ſo gleichfoͤrmig, als moͤglich, auf— getragen werden muß Dieß iſt dem von den Glasmalern angewandten Kobaltemail vorzuziehen, welches letztere eine bedeutende Menge rothe Strahlen mit durchlaͤßt, und wenn: gleich jener Anſtrich nicht fo dauerhaft iſt, als Email, fo hält er doch, wenn man ihn ſchont, ſehr lange. Die Schuhmacher und manche andere Profeſſioniſten in Deutſchland, ſo wie die Holzſchneider in England, wenden haͤufig ein hoͤchſt einfaches Verfahren zum Concentriren und Abkühlen des kuͤnſtlichen Lichtes an, welches durch eine un— bedeutende Modification auch zur Verbeſſerung der Farbe des Lichts dienen und letzteres dadurch fuͤr die Augen weit weniger erhitzend oder überhaupt ſchadlich machen kann. Es wird eine große kugelfoͤrmige Flaſche mit reinem Waſſer gefüllt und zwiſchen den zu betrachtenden Gegenſtand und das Licht gebracht; da denn die durch die Flaſche fallenden Strahlen, wegen der Kugelgeſtalt, in ein Buͤndel von pa— rallelen Strahlen zuſammengedraͤngt werden. Hierdurch er— zeugen ſie einestheils eine viel intenſivere Beleuchtung, und anderntheils werden ſie des groͤßten Theils ihrer Hitze beraubt. 137 Figur 2. zeigt eine der ar⸗ gandi⸗ ſchen Lampen, wie ſie gewoͤhn⸗ lich von Holz⸗ ſchnei⸗ dern an⸗ gewandt wird. Sie iſt mit ei⸗ nem wei⸗ 3 ßen Re⸗ 255 flector verſehen S aaa \ AN und bes — findet ſich er nn — hinter und ein Wenig über der Waſſerflaſche. Dieſe Figur ift aus Jackſon's unlaͤngſt erſchienenen Werke uͤber die Holz— ſchneidekunſt entlehnt, in welchem er, als Practiker, dieſe Vorrichtung ungemein empfiehlt ). Wenn die Flaſche mit reinem Waſſer gefuͤllt iſt, ſo veraͤndert ſich die Farbe des durchfallenden Lichtes nicht; loͤſ't man aber darin eine ge— ringe Quantitaͤt ammoniakſaͤuerliches Kupfer auf, ſo daß das Waſſer eine blaßblaue Faͤrbung erhaͤlt, ſo wird die Farbe des Lichtes um Vieles dadurch verbeſſert werden weil das Medium die uͤberſchuͤſſigen rothen und blauen Strahlen verſchluckt. Ammoniakſaͤuerliches Kupfer laͤßt ſich leicht bes reiten, indem man in einem Moͤrſer gleiche Theile von ſchwefelſaurem Kupfer oder blauem Vitriol und von kohlen— ſauerem Ammonium zuſammenreibt und hierauf mit ihrem dreifachen Volumen deſtillirten Waſſers vermiſcht. Dieſe Miſchung wird eine dunkelblaue Farbe darbieten. Man hebt ſie in einem wohlverſtoͤpſelten Flaͤſchchen auf, und we— nige Tropfen davon reichen bin, mehrere Quart Waſſer hinreichend ſtark zu färben. Je nachdem die Flaſche groͤßer oder kleiner iſt hat man den Zuſatz von der blauen Solu— tion zu vermehren oder zu vermindern. Am beſten beur— theilt man die richtige Staͤrke des Zuſatzes, indem man bei Tageslicht ein Stuͤckchen weißes Papier hinter die Flaſche legt, und ſobald ſich daſſelbe, durch die Fluͤſſigkeit gefeben, ſchoͤn himmelblau ausnimmt, enthaͤlt das Waſſer genug von der blauen Aufloͤſung. Bei kuͤnſtlicher Beleuchtung darf man die blaue Farbe des Waſſers kaum bemerken. In jeder guten Apotheke wird man übrigens ammoniakſaͤuerli— ches Kupfer erhalten koͤnnen, welches fo wohlfeil iſt, daß man fuͤr ein Paar Groſchen genug hat, um einen Orhoft Waſſer zu faͤrben. *) The history and practice of Wood-Engraving, b. J. Jack- son. London, 1889. 138 Ueber die Verminderung der erhitzenden Wirkung des kuͤnſtlichen Lichtes. Profeſſor Melloni hat durch Verſuche dargethan, daß, wenn Strahlen von kuͤnſtlichem Lichte durch eine auch noch ſo duͤnne Waſſerſchicht gehen, deren erhitzende Kraft um 89 Procent geringer wird, ohne daß deßhalb die Tem— peratur des Waſſers ſich merklich erhöht, da es eine fo be: deutende Capacitaͤt für den Waͤrmeſtoff beſitzt ). Hieraus ergiebt ſich, wie wohlthaͤtig Fluͤſſigkeiten, durch welche die Strahlen geſammelt werden, in allen den Faͤllen wirken, wo, wie bei'm Holzſchneiden, eine ſehr kraͤftige Beleuchtung nöthig iſt. Unter gewohnlichen Umſtaͤnden kann man aber von dieſem Mittel wenig Vortheil ziehen; denn die Hitze, welche das brennende Gefühl erzeugt, welches demjenigen fo oft laͤſtig wird, welcher ſeine Augen viel bei kuͤnſtlichem Lichte anſtrengt, ſtrahlt von der Flamme nach allen Mid): tungen, trocknet die Luft des Zimmers aus, vermehrt die Verdunſtung von der Oberflaͤche der Augen, veranlaßt eine unangenehme Steifheit und ein Jucken der Augenlider und wird häufig die Urfache der chroniſchen Entzündung der die Augenlider auskleidenden Membran Um dieſe Wir: kung zu vermeiden, bat man fuͤr gehoͤrigen Luftwechſel im Zimmer zu forgen und darauf zu ſehen, daß die hoͤchſt moͤg⸗ liche Leuchtkraft bei'm geringſt- mögliben Verbrauch von Brennſtoff gewonnen werde. Man hat ſtets zu bedenken, daß die durch Verbrennung erzeugte Waͤrme zu der Menge des erzeugten Lichtes nicht immer in geradem Verhaͤltniſſe ſteht. Wenn, z. B., bei'm Brennen von Gas oder Oel der Luftzug an der Flamme zu ſtark iſt, ſo erzeugt der raſche Verbrennungsproceß viel Waͤrme und ſehr wenig Licht. Von der Qualitaͤt der zur Beleuchtung dienenden Brenn— ſtoffe hängt ebenfalls viel ab Je mehr Kohlenſtoff fie ent⸗ halten, deſto bedeutender ift ihre Leuchtkraft im Verhaͤltniſſe zu ihrer Heizkraft, und umgekehrt. Das aus gewoͤhnlichen Steinkohlen bereitete Gas, wie es in London ſo allgemein im Gebrauch iſt, enthält wenig Kohlenſtoff und viel Waſ— ſerſtoffgas oder gemeine brennbare Luft, welche beim Ver brennen ſehr wenig Licht und viel Waͤrme entbindet, und hierin liegt der Grund, weßhalb ſolche geringe Gasſorten bei der Anwendung zu haͤuslichen Zwecken ſo erhitzend und nachtheilig auf die Augen wirken. Die austrocknende Wirkung, welche die zur Beleuch— tung dienenden Flammen auf die Zimmerluft hervorbringen, laͤßt ſich am beſten durch geeignete Luͤftung unmerklich ma— chen. In ſolchen Stuben aber, welche durch erhitzte Luft geheizt werden, und die ſtatt eines offenen Kamins einen Ofen beſitzen, wird man es ſehr nuͤtzlich finden, wenn man an irgend eine bequeme Stelle eine breite Schuͤſſel mit Waſ⸗ fer ſetzt, deſſen Verdunſtung die Luft gehoͤrig feucht haͤlt. Wer wegen der feinen Arbeiten, die er zu verrichten hat, eines ſehr ſtarken Lichtes bedarf, kann ſich eines großen. mit Waſſer getraͤnkten Schwammes bedienen, der in einem irdenen oder hölzernen Geſchirre auf dem Arbeitstiſche liegt und durch die Verdunſtung, welche er veranlaßt, die benach- ) Annales de Chimie et de Physique. T. LIII. 139 barte Luft feucht und angenehm kühl erhaͤlt. Befindet ſich das Licht ziemlich in gleicher Höhe mit dem Auge und von einem metalliſchen Reflector beſchattet, ſo hat man letzteren auf der Außen eite mit Holz oder Leder oder irgend einem anderen ſchlechten Waͤrmeleiter zu überziehen. Wie ſich die nachtheilige Wirkung des kohlenſauren Gaſes verhindern laßt. Auf directe Weiſe laͤßt ſich die bei'm Verbrennen koh— lenſtoffhaltiger Materialien, als Oel, Wachs, Talg oder Gas, erzeugte Quantität Koblenfüuregafes nicht vermindern; denn bei'm Verbrennen eines gewiſſen Gewichtstheiles dieſer Subſtanzen, geſchehe der Proceß nun ſchnell oder langſam, bei ſtarkem oder ſchwachem Luftzuge, wird ſtets die gleiche Quantitaͤt jenes Gaſes erzeugt. Dagegen laͤßt ſich bei kuͤnſtlicher Beleuchtung in einem Zimmer die Entſtehung von Kehlenſaͤuregas indirect durch geeignetes Reguliren der Verbrennung vermindern, ſo daß man das intenſiveſte Licht bei'm geringſt-möglichen Verbrauche von Brennſtoff erhält. Wenn, z. B., zwei Lampen ein gleich ſtarkes Licht geben, während bei der einen der Zug zu ſtark iſt, fo wird dieſe mehr Oel conſumiren und mehr Kohlenſaͤuregas erzeugen, als die andere, bei welcher der Zutritt der Luft in geeigneter Art ſtattfindet. Das Kohlenſaͤuregas iſt um etwas mehr als die Haͤlfte ſchwerer, als die atmoſphaͤriſche Luft, hat aber bei'm Ent— ſtehen eine ſo hohe Temperatur, daß es durch ſeine Aus— dehnung leichter wird, als die umgebende Luft, weßhalb es ſich an die Decke erhebt, und wenn es dort durch keine Oeffnung entweichen kann, dort bleibt, bis es ſich abge— kuͤhlt hat, worauf es niederſinkt und ſich mit den unteren Luftſchichten vermengt. Iſt das Zimmer gehoͤrig geluͤftet oder ein offenes Kamin vorhanden, ſo wird das Kohlen— ſaͤuregas weggefuͤhrt, bevor es Zeit gehabt hat, nachtheilig auf den Koͤrper zu wirken. In engen, niedrigen oder ſchlecht geluͤfteten Zimmern, aus welchen das Kohlenſaͤuregas nicht entweichen kann, haͤuft es ſich in großer Menge an und veranlaßt Kopfweh, Schwerathmigkeit und andere laͤſtige Symptome, wirkt auch nach und nach hoͤchſt nachtheilig auf das ganze Nervenſyſtem, ſo daß Schwindel und Verwirrung der Geiſteskraͤfte, Truͤbung der Augen und zuweilen voͤllige Blindheit, ja Laͤhmung und Apoplexie bei ſolchen Perſonen entſtehen, welche der nachtheiligen Wirkung dieſer hinterliſti— gen krankmachenden Potenz laͤngere Zeit faſt unausgeſetzt unterworfen geweſen ſind. In allen Faͤllen, wo viele Perſonen in kleinen und ſchlecht geluͤfteten Raͤumen zuſammengedraͤngt ſind, wo viel Licht gebrannt wird, wie dieß, z. B., in den Werkſtaͤtten vieler Profeſſioniſten der Fall iſt, muß durch Oeffnungen in der Decke, welche mit der freien Luft, z. B., durch den Schlot, communiciren, dafuͤr geſorgt ſeyn, daß das durch die Beleuchtung und das Athemholen erzeugte Kohlenſaͤure— gas ſich nicht zu ſtark anhaͤufen koͤnne. In dergleichen Werkſtaͤtten iſt die Einrichtung hoͤchſt empfehlenswerth, daß ſich über den Flammen der Lichter ein umgekehrter Trichter 140 befindet, deſſen Roͤhre in das Freie oder in den Schlot muͤn— det. (Siehe Fig. 3.) Auf dieſe Weiſe wird das Kohlen— ſaͤuregas, ſo wie es entſteht, aus dem Zimmer gefuͤhrt und das Zimmer kuͤhl und behaglich erhalten, zumal wean man die Luͤftungsroͤhre mit einer Scheide von Holz, Leder oder irgend einem ſchlechten Waͤrmeleiter umgiebt. Die guten Wirkungen dieſer Methode zur Wegſchaffung des Kohlen— ſaͤuregaſes haben ſich in niedrigen, engen Zimmern haͤufig in einer hoͤchſt auffallenden Weiſe gezeigt. In dem niedrigen Comptoir eines mir bekannten Kaufmanns konnte man nach dem Anzuͤnden des Gaſes nicht über 1 bis 15 Stunde bleiben, ohne unertraͤgliche Bruſtbeklemmungen, Kopfweh und Verdunkelung der Augen zu verſpuͤren, weil das Kohlen— ſaͤuregas und die erhitzte Luft nirgends einen Ausweg fan— den; allein durch bloße Anwendung jener Luͤftungsroͤhren mit unten angebrachten Trichtern uͤber den Gasbrennern, welche Roͤhren durch die Decke in einen weiten leeren Bo— denraum muͤndeten, wurden alle jene uͤbeln Wirkungen als— bald beſeitigt, und die Luft im Zimmer blieb, ſelbſt wenn daſſelbe viele Stunden hinter einander kuͤnſtlich beleuchtet worden, voͤllig rein und von angenehmer Temperatur. Dieſe Luͤftungsmethede ſollte bei allen ähnlichen engen Localen in Anwendung gebracht werden. Sie iſt durchaus nicht koſtſpielig, und wenn man die Trichter zum Anſtecken an eine kurze in der Decke befindliche Roͤhre einrichtet, ſo laſſen ſie ſich beliebigen Falles bei Tage beſeitigen und Abends ohne Umſtaͤnde an Ort und Stelle bringen. In Privathaͤuſern macht ſich bei Kaminheizung eine beſondere Vorrichtung zum Luͤften der Zimmer ſelten noͤthig, wogegen bei Ofen- oder Dampfheizung nicht genug Zug von ſelbſt vorhanden iſt, um das Kohlenſaͤuregas abzuleiten, weßhalb irgend eine eigends zur Luͤftung dienende Vorrichtung Noth thut. Ueber den Brennern der Oel- und Gas-Lampen haͤn— gen öfter Glasglocken, die jedoch nur zur Reinerhaltung der Decke dienen, indem ſie, wenn die Flamme gelegentlich raucht, die Kohlentheilchen des Rauchs auffangen. In Be— treff der Luͤftung des Zimmers oder Ableitung der Kohlen— ſaͤure, welche unter gewoͤhnlichen Umſtaͤnden ſtets in Gas— form erſcheint, leiſten ſie nicht das Geringſte. Haͤngte man dieſe Glasglocken mit der Deffrung nach Oben auf und füllte man fie theilweiſe mit Waſſer, fo wuͤrde deſſen Vers dunſtung die Austrocknung der Luft verhindern und jene Glocken ſich nicht weniger huͤbſch ausnehmen, aber weit nuͤtzlicher ſeyn, als gegenwärtig. Ueber die Anwendung der Lichtſchirme. Lichtſchirme verſchiedener Art werden zur Zerſtreuung und Milderung des Lichtes, ſo wie zum Auffangen von falſchen Strahlen, die ſonſt mit den vom betrachteten Ge— genſtande zuruͤckgeworfenen in's Auge dringen würden, ſehr allgemein angewandt. Die zum Zerſtreuen und Mildern des Lichtes dienenden find mehrentheils von mattgeſchliffenem Glaſe oder Milchglaſe, öfters aber auch von Porcellanbiscuit angefertigt. Sie zerſtreuen das Licht in einem großen Zim— mer in einer gleichfoͤrmigen Weiſe, indem ſie eine große i41 Menge heller Puncte darbieten, von denen das Licht nach allen Richtungen ſtrahlt, und ſie mildern die Blendung, in— dem der Glanz der kleinen Flamme ſich uͤber eine große Oberflaͤche vertheilt. Ungeachtet die mattgeſchliffenen Glas— ſchirme in ſo allgemeinem Gebrauche ſind, herrſchen uͤber deren Zweckmaͤßigkeit ſehr verſchiedene Anſichten. So iſt Da— vid Brewſter, welcher dieſem Gegenſtande viel Aufmerk— ſamkeit geſchenkt hat, entſchieden der Meinung, daß ſie den Augen außerordentlich viel Nachtheil bringen, indem ſie die Zahl der ausſtrahlenden, leuchtenden Puncte vergroͤßern, deren Licht auf eine ausgedehntere Stelle der Oberflaͤche der Netzhaut einwirkt, als wenn nur eine kleine unbedeckte Flam— me vorhanden iſt. Ich kann dieſer Anſicht nicht beitreten; denn wiewohl das von ſolchen Schirmen ausſtrablende Licht eine weit größere Stelle der Netzhaut trifft, als das von einer nackten Flamme ausgehende, ſo wird doch der Glanz des auf die Netzhaut geworfenen Bildes genau in demſel— ben Verhaͤltniſſe gemindert, in welchem das Bild vergroͤßert wird. Zugleich bin ich aber entſchieden der Meinung, daß man den Nutzen, den dieſe Schirme den Augen bringen, viel zu hoch anſchlaͤgt. Der Hauptvortbeil, den man durch das mattgeſchliffene Glas erreicht, it die gleichmaͤßige Ver— theilung des Lichtes, und an offentlichen Orten oder in den Geſellſchaftszimmern der Privathaͤuſer ſind ſie ſehr zu em— pfehlen. Für Bibliotheken, Comptoirs, Werkftätten und uͤberhaupt ſolche Localitaͤten, wo das Licht auf die Gegen— ſtaͤnde, welche beſonders genau angeſehen werden ſollen, con— centrirt werden und das uͤbrige Zimmer verhaͤltnißmaͤßig dunkel gehalten werden muß, damit die Augen ſich Orten zuwenden koͤnnen, die ihnen gelegentlich das Ausruhen ge— ſtatten, ſind Schirme von mattgeſchliffenem Glaſe entbehr— lich und wenig zweckmaͤßig, weil ſie durch die Zerſtreuung des Lichtes einen bedeutenden Verluſt an demſelben veran— laffen. An dergleichen Orten thun undurchſichtige Schirme von Metall ıc., wie wir fie früher beſchrieben, beſſere Dienſte, indem ſie theils die Augen vor falſchen Strahlen ſchuͤtzen, theils nach der im Eingange dieſes Capitels mitgetheilten Anweiſung ſo eingerichtet werden koͤnnen, daß ſie durch das Zuruͤckwerfen blauer Strahlen die ſchaͤdliche Faͤrbung des kuͤnſtlichen Lichtes verbeſſern. Haͤngt die Lampe, welche, z. B., ein Speiſezimmer beleuchtet, von der Decke herab, ſo daß ſie mit den Augen einen Winkel von etwa 40 Grad über der Horizontalebene bildet, ſo iſt kein undurchſichtiger Schirm erforderlich. Be— findet ſich die Flamme tiefer, wie, z. B., bei einer gewöhn— lichen Tiſchlampe, ſo ſollte um den unteren Rand der Glocke aus mattgeſchliffenem Glaſe ein etwa 4 Zoll breiter Kranz von irgend einer undurchſichtigen Subſtanz ſich her— umziehen, welche Einrichtung von Dr. Arnott empfohlen wird, *) und bei welcher ein belles Licht auf den Tiſch faͤlt, waͤhrend die nach der Decke und dem oberen Theil der Waͤnde ſtreichenden Strahlen zuruͤckgeworfen werden und ein hinreichend ſtarkes, ſehr angenehmes Licht im ganzen Zimmer verbreiten. „) Bericht über die Beleuchtung des Hauſes der Gemeinen. 142 Wer viel bei kuͤnſtlicher Beleuchtung arbeitet, muß ſehr ſorgfaͤltig darauf ſehen, daß die Flamme ihm nicht in die Augen ſcheint. Die beſte Stellung iſt, wenn die Flamme ſich etwa 3 Fuß uͤber dem Tiſche befindet, und an den die Strahlen zuruͤckwerfenden ccniſchen Schirmen muß eine Ausladung, wie in Fig. 8., vorhanden ſeyn, damit bei keiner Stellung des Ko— pfes fremde Strahlen in die Augen dringen koͤnnen. Iſt es unmoͤglich oder unbequem, die Lichtquelle ſo hoch anzu— bringen, ſo hat man den Reflector an der Außenſeite mit einem Holzfutterale zu belegen oder ihn doppelt zu machen und Filz dazwiſchen zu bringen, ſo daß deſſen Oberflaͤche weniger Waͤrme ausſtrahlt. Die gewoͤhnlichen gruͤnſeidenen Lichtſchirme ſind zu empfehlen, weil ſie die fremdartigen Strahlen nicht in das Auge dringen laſſen; allein in Bezug auf Verſtaͤrkung der Intenſitaͤt oder Verbeſſerung der Farbe des Lichtes gewaͤh— ren ſie keinen Nutzen, und die eben beſchriebenen coniſchen blaugefaͤrbten Reflectoren ſind weit empfehlungswerther. Viele Perſonen tragen vor den Augen gruͤne Schirme, wie Fig. 9. einen zeigt; allein beſſer thut man, wenn man den die Strahlen auffangen: den Schirm an dem Leuch— ter oder der Lampe ſelbſt anbringt, und bei Anwen— dung einer Waſſerflaſche hat 8 man das Obertheil mit ffn IM ſchwarzem Papier zu uͤber— kleben, damit die horizon— talen Strahlen verſchluckt werden. Wer viel vor blendendem Feuer arbeitet, thut wobl, wenn er ſich eines Schirmes, wie in Fig. 9., bedient; derſelbe muß aus leichter, inwendig ge⸗ ſchwaͤrzter und auswendig mit Stanniol belegter Pappe an: gefertigt ſeyn, ſo daß er die vom Feuer ausgehenden und auf den Stanniol fallenden Waͤrmeſtrahlen zuruͤckwirft. Wir haben nun die beſten Methoden zur Verhinderung oder Verminderung der nachtheiligen Wirkungen des kuͤnſt— lichen Lichtes angegeben; allein Niemand darf glauben, daß ſich letzteres ganz ſo unſchaͤdlich machen laſſe, wie das Ta— geslicht es iſt. Man muß, ſelbſt bei Anwendung dieſer Vor— ſichtsmaaßregeln, ſich des kuͤnſtlichen Lichtes ſo ſparſam, wie möglich, bedienen. Hierauf wird bei Weitem nicht genug Ruͤckſicht genommen; denn Kauflaͤden und andere Geſchaͤfts⸗ locale bleiben bis zu einer ſpaͤten Stunde offen; öffentliche Vergnuͤgungsoͤrter wimmeln die ganze Nacht hindurch von Menſchen, und das Engl. Parlament ſelbſt geht hierin mit ei— nem boͤſen Beiſpiele voran, indem es ſeine Sitzungen weit uͤber die Mitternacht hinaus fortſetzt (On the Influence of artificial light in causing impaired Vision etc., by James Hunter, M. D., 143 Surgeon of the Eye-Dispensary of Edinburgh. Edinburgh, 1840. 8.) Hyperoſteoſis der Rippen, bei chroniſchem Empyem. Von Dr. Stokes. In der pathologiſchen Geſellſchaft zu Dublin legte Dr. Sto— kes den Thorax einer Frau vor, welche 14 Monate nach einer pleuritis der linken Seite geſtorben war. Bei ihrer Aufnahme in das Spital fand ſich beträchtliche Ergießung in die linke Pleuras hohle; das Herz pulſirte auf der rechten Seite des Bruſtbeins, und bald darnach kam pericarditis hinzu, jedoch ohne Schmerz oder vermehrte Erregung des Herzens; die Krankheit gab ſich bloß durch das Reibungsgeraͤuſch kund, welches in der ganzen Ausdeh— nung des Herzens vorhanden war. Dieß war der dritte Fall, wel— cher Dr. Stokes vorkam, wobei eine vollkommen latente, trok— kene pericarditis ſtattfand, während das Herz durch ein Empyem dislocirt war. Die Ergießung in dem jetzt in Rede ſtehenden Falle wurde zum Theil reſorbirt und das Herz kehrte in ſeine normale Lage zurück, während die linke Bruſtſeite bei der Percuſſion außer— ordentlich dumpf blieb. Nach einiger Zeit begann die Kranke große Quantitaͤten einer eiterig= fchleimigen Fluͤſſigkeit auszuwerfen, und bald darauf war ein beträchtliches gurgelndes Geraͤuſch in der Su: prafpinal = und Supraclaviculargegend zu hören. Bald nachber beklagte ſich die Kranke über einen ungewoͤhnlichen Ton in dem vordern Theile der linken Bruſtſeite, fo oft fie huſtete; es zeigte ſich nun eine geſpannte Geſchwulſt in dem zweiten Intercoſtalrau— me, welche durch Druck leicht zuruͤckgedraͤngt werden konnte und dem Finger ein deutliches Gefuhl, als wenn Luft mit Flüfjige keit gemiſcht waͤre, mittheilte. Die Geſchwulſt entſtand bei jedem Huſtenanfalle wieder, und ihr Erſcheinen war jedesmal mit einem eigenthuͤmlichen, weit hoͤrbaren Geraͤuſch, wie das Bellen junger Hunde, begleitet. Lange Zeit kehrte dieſes Symptom in unregel— mäßigen Zwiſchenraͤumen wieder; zuletzt erfolgte Auftreibung des Unterleibes und Erſchoͤpfung der Kranken durch Diarrhoͤe. Die comprimirte Lunge war feſt mit dem mediastinum und der hintern Bruſtwand verwachſen; ſie hatte nicht mehr als 34 Zoll Ränge und 15 Zoll Dicke; auch zeigte fie kaum eine Spur ihrer normalen Structur und die größern Bronchialroͤhren, fo wie die Aeſte der Pulmonararterie, endeten in Blindſaͤcken; die linke Pulmo— nararterie war uͤbrigens bis zu ihrem Eintritt in die Lunge nicht an Umfang vermindert; der vagus war etwas duͤnner, als auf der andern Seite und fühlte ſich ungewoͤhnlich hart an; eine Spur von Tuberkeln zeigte ſich weder in der linken, noch in der rechten Lunge. Ein finuöfer Gang führte vom zweiten Interco— ſtalraume zu dem Asfceffe in der Bruſt gegend. Durch die Zer— gliederung wurde jedoch die Urſache des Emphyſems in jener Ge— ſchwulſt nicht aufgefunden. Die Structur ſaͤmmtlicher wahrer Rippen der afficirten Seite war auf eine merkwuͤrdige Weiſe veraͤndert; ſie waren außeror— dentlich feſt und hart und beinahe dreimal ſo dick, als die der an— dern Seite. Sie lagen ſo nahe aneinander daß an vielen Stel— len die Intercoſtalraͤume ganz obliterirt waren. Zwiſchen einigen der Rippen zeigten ſich die Intercoſtalmuskeln in Form einer ro— 144 then erhoͤhten Linie, ganz, als wenn ſie in ſich ſelbſt verdickt und zwiſchen den Rippen hervorgedraͤngt wären. Eine eigentliche Kno⸗ chenvereinigung der Rippen war nicht zugegen; aber die Bruſt auf der afficirten Seite zeigte ſich bei einem darauf angewendeten Drucke wie ein zuſammenhaͤngender knoͤcherner Kaſten von großer Feſtigkcit und mit dumpfem Percuſſionstone. Die Rippen der anz dern Seite waren dünn und ſehr elaſtiſch. Obwohl man, der Analogie nach, eine ſolche Veränderung der Rippen bei jedem chroniſchen Empyem erwarten ſollte, fo ift diefe Veränderung dennoch bisjetzt nirgends beſchrieben; es erinnert uͤb— rigens dieſe Veränderung an die Verknoͤcherung der Rippenknorpel bei Phthiſikern und an die Hypertrophie der Schaͤdelknochen bei chroniſchem hydrocephalus, Miscellen. Den tirefond, Schraubzieher in verſchiedener Form, em⸗ pfiehlt Herr Vidal de Caſſis als chirurgiſches Inſtrument fuͤr ſehr viele Operationen, die an Knochen vorgenommen werden; beſon— ders bei den Reſectionen, bei denen es ſo wichtig iſt, das heraus— zunehmende Kaochenſtuͤck gut firiren zu koͤnnen. Die Reſection des Schenkelkopfs hat dadurch die groͤßten Schwierigkeiten veranlaßt, d ß derſelbe noch in der Pfanne ſaß, woraus er nur mittelſt des Schraubziehers mit Leichtigkeit herausbefoͤrdert werden kann. Bei Reſection anderer Gelenke ſetzt man den Schraubzicher in die Mark— hohle des Knochens ein, und regiert auf dieſe Art den Knochen leichter waͤhrend der Durchſchneidung der Baͤnder und nimmt ihn nachher mit größerer Leichtigkeit heraus. Bei complicirten Frac— turen, welche die Reſection des hervorragenden Knochenſtuͤcks noͤ— toig macht, wird ein vergrößerter Schraubzieher auch von großem Nutzen ſeyn, wiewohl in dieſen Faͤllen auch ein hohler Cylinder mit einer Druckſchraube zum Feſthalten des Knochenſtuͤckes geeig— net ſeyn würde, Beſonders brauchbar erſcheint der tire fond bei Reſectionen von kurzen Knochen und Knochen am Rumpfe, wie ſie bei Neuroſen ſo haͤufig noͤthig werden. Als eine neue Art der hernia inguinalis beſchreibt Herr Velpeau folgenden Fall: Er operirte in der Charité eine alte Krankenwaͤrterin, wegen eines ſeit drei Tagen eingeklemmten Leiſtenbruches. Die Kranke ſtarb, und bei der Unterſuchung fand ſich eine neue Form des Bruches. Man unterſcheidet bisjetzt Aus ßere und innere Leiſtenbruͤche; die letztern trͤten an der innern Seite des innern Bauchrings zwiſchen den epigaſtriſchen Gefaͤßen und dem obliterirten Strange der Nabelarterie hervor; von den drei Peritonaͤalgruben, welche in dieſer Gegend an der innern Flaͤ— che der Bauchwandung zu bemerken find, bezeichnen die aͤußere und mittlere Grube die Stelle, wo die genannten Bruͤche hervor— treten. Bei der neuen Art iſt nun der Darm zwiſchen der Sehne des rectus abdominis und dem Strange der a. umbilicalis in den Leiſtencanal eingetreten, wo er liegen geblieben war, die Sehne des obliquus extern. abdominis aufgeſchoben hatte und durch den aͤußern Bauchring nicht hervortrat. Die Loͤſung der Einſchnuͤrung kann ſowohl nach Außen, als nach Innen, als gerade nach Oben ausgeführt werden. (Gaz. méd., No. 50.) Wi bli od rep hiısche ne keiten. Herpetologia Mexicana seu Descriptio Amphibiorum Novae Hi- spaniae, quae in itineribus comitis de Sage, Ferd. Deppe et C. G. Schiede in Museum Zoolog. Berolin. pervenerunt. Pars 1. Saurorum species amplectens adjecto systematis saurorum prodromo, additisque multis in hunc amphibiorum ordinem observationibus edidit Dr. A. F. A. Wiegmann, accedunt tabulae lithogr X color, novorum generum typos exhibentes, Berol. 1841. Fol, Introduction to Entomology, comprehending a general view of the Metamorphoses, External Structure, Anatomy, Physiolo- ey and systematic Arrangement of the various orders and a tıbular view of the whole Class Insects. By James Duncan, assisted by J. O. Westwood etc. London 1840. 8. M. K. Notice sur la fievre puerperale et sur ses differentes formes observees à l’hötel de Dieu A Paris pendant l’annde 1840. Par Hipp. Bourdon. Pont à Mousson et Paris 1841. 8. Ueber die Durchſchneidung der Sehnen und Muskeln. Von Dr. J. F. Dieffenbach. Berlin 1841. 8. M. 20 lith. Tafeln. — — Neue Notizen a u s dem Gebiete der Natur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medichnalratbe Fror er zu Weimar, und dem Medicinatratde und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 362. (Nr. 10. des XVII. Bandes.) Februar 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 9 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Natur Von den Verſchiedenheiten in Anſehung der Koͤrpergroͤße der Thiere. (Schluß.) 3. Von den Graͤnzen der Verſchiedenheit des Koͤrperumfangs bei den verſchiedenen zoologi— ſchen Gruppen. Ehe wir unterſuchen, wie weit ſich bei den Thieren der Einfluß der von mir hinſichtlich der Saͤugethiere beſtimmten und gewuͤrdigten allgemeinen Urſachen erſtreckt, muß ich ruͤckſichtlich der Graͤnzen der Groͤßenunterſchiede bei den an— dern Claſſen des Thierreichs einige Bemerkungen mittheilen. Sind nun dieſe Graͤnzen dieſelben, oder aͤndern ſie ſich, wenn man von den Saͤugethieren zu den Voͤgeln oder von dieſen zu den niedriger organiſirten Wirbelthieren, endlich von die— ſen zu den wirbelloſen Thieren hinabſteigt? Schon bei Gelegenheit der Vergleichung der verſchiede— nen ſecundaͤren, tertiaͤren ꝛc. Gruppen, die man unter den Saͤugethieren gebildet hat, haben wir bemerken koͤnnen, daß jene Graͤnzen ſich nicht durchgehends gleichbleiben. So ha— ben wir, z. B., bei der ganzen Gruppe der Affen ziemlich dieſelben Dimenſionen angetroffen, und bei der Unterſuchung der Gattungen ſahen wir die Groͤßenunterſchiede faſt ganz verſchwinden. Bei dieſer Gruppe, welche dem Menſchen am naͤchſten ſteht, liegen alſo die Abweichungen im Koͤrperum— fange innerhalb ſehr enger Grenzen. Ebenſo verhaͤlt es ſich mit den lemurartigen Thieren und ziemlich ſo mit den Fle— dermaͤuſen. Dagegen finden wir ſchon unter den Fleiſch— freſſern mehrere nicht ſehr natuͤrliche Gattungen, deren Ar— ten in Anſehung des Koͤrperumfangs ſehr von einander ver— ſchieden ſind, und ſteigt man auf der Stufenleiter der Or— ganiſation weiter zu den Nagern, Zahnloſen und beſonders den Wiederkaͤuern und ſaͤugenden Seethieren (Cetaceen) bins ab, fo ſieht man die Zahl jener unnatuͤrlichen Gattungen und die Groͤßenabweichungen immer bedeutender werden. Die vergleichende Unterſuchung der Verſchiedenheit in der No. 1462, k un de. Größe bei allen Saͤugethieren führt alſo zu dem Reſultate, daß, je weiter man ſich vom Menſchen abwaͤrts entfernt, deſto weiter und weniger ſcharf gezeichnet die Graͤnzen wer— den, innerhalb welcher ſich die Groͤßenverſchiedenheit der Thiere hält *). Dieſes lediglich durch das Studium der Saͤugethiers gewonnene erſte Reſultat zeigt bereits, daß, wenn man uͤber die Graͤnzen der erſten Thierclaſſe hinaus zu den Voͤgeln, Reptilien, Fiſchen, Gliederthieren, Mollusken, Strahlthieren hinabſteigt, man darauf gefaßt ſeyn muͤſſe, daß die Graͤn— zen der Abweichungen der Koͤrpergroͤße, welche bei den dem Menſchen zunaͤchſt ſtehenden Gruppen ſo eng gezogen ſind, immer vager werden. Bei naͤherer Unterſuchung ergiebt ſich denn auch wirklich, daß es ſich in den meiſten Faͤllen ſo ver— haͤlt; allein zugleich, daß man ſich viel zu allgemein und folglich ungenau ausdruͤcken wuͤrde, wenn man behauptete, ) Dieſe allgemeine Thatſache läßt ſich paſſend an ein anderes Reſultat anreihen, zu dem ich gelangte, als ich Erſcheinungen einer ganz andern Art zu würdigen und zu generalifiren ſuch— te, daß nämlich die geographiſche Vertheilung der Saͤugethiere um ſo weniger ſcharf beſtimmt und begraͤnzt iſt, je weiter man vom Menſchen abwärts ſteigt (S. Annales des sciences na- turelles, Avril, 1824). Auf den erſten Blick ſieht man zwi— ſchen dieſen, von ſehr verſchiedenartigen Thatſachen abgeleiteten, beiden Reſultaten durchaus keinen Zufammenbang, und den= noch ſtehen ſie zu einander in ſehr naher Beziehung. Um dieß darzuthun, braucht man nur darauf hinzuweiſen, daß, wenn die geographiſche Vertheilung der Arten einer Gattung keinen gehoͤrig ſcharfen Geſetzen unterworfen iſt, daß, wenn z. B., dieſe Gattung zugleich in der alten und in der neuen Welt vorkommt, die Verſchiedenheiten in Anſehung des Koͤr⸗ perumfangs der Arten ebenfalls innerhalb ſehr weiter Graͤn— zen liegen. Dieß iſt, z. B., bei den Fledermaͤuſen, den Spitz maͤuſen, Wieſeln, Katzen, Hunden und vielen andern mehr oder weniger der ganzen Erde angehörenden Gruppen der Fall. Wenn dagegen eine Gattung nur eine einzige Region bewohnt, ſo hat ſie allerdings auch gewoͤhnlich viel weniger Arten, als im erſtern Falle; allein dieſelben beſitzen auch ziemlich bie- ſelbe Größe. Beiſpielsweiſe fuͤhre ich alle Affengattungen, faft alle Fledermausgattungen ꝛc. an. 10 147 die Verſchiedenheiten des Koͤrperumfangs lägen in um fo engern Graͤnzen, je höher eine Thierclaffe auf der Stufen: leiter der Organiſation ſtehe. Denn allerdings kommen Ausnahmen vor, welche anſcheinend ſehr auffallend ſind, aber ſich auf zwei allgemeine Thatſachen oder, wenn man will, Geſetze zuruͤckfuͤhren laſſen, die ſich folgendermaaßen aus— druͤcken laſſen wuͤrde: 1) Die Groͤßenverſchiedenheiten in einer Claſſe liegen, unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden, innerhalb um ſo weniger beſtimmter Graͤnzen, je weniger die fragliche Claſſe eine na— tuͤrliche iſt. 2) Wenn bei den Thieren einer Claſſe das Wachs— thum faſt die ganze Lebenszeit hindurch anhaͤlt, dieſelben aber vor der Erreichung ihrer vollſtaͤndigen Groͤße fortpflan— zungsfaͤhig werden, ſo ſind die Abweichungen im Koͤrperum— fange aͤußerſt ausgedehnt und deren Graͤnzen ungemein ſchwankend. Von dieſen beiden allgemeinen Thatſachen findet die eine ſchon gewiſſermaaßen ihre Begründung in den ruͤckſicht— lich der Saͤugethiere beigebrachten Bemerkungen, welche mich ein conſtantes Verhaͤltniß zwiſchen der Innigkeit der natuͤr— lichen Verwandtſchaft und der geringen Verſchiedenheit in dem Koͤrperumfange der Thiere erkennen ließen. Die andere leuchtet, ſo zu ſagen, von ſelbſt ein; denn in Betreff der Thiere, deren Wachsthum das ganze Leben hindurch fort— geht, haͤlt es ſchwer, wo nicht unmoͤglich, den Koͤr— perumfang der Arten ſelbſt zu beſtimmen, und wenn ſich dieſer nicht genau angeben laͤßt, ſo iſt dieß natuͤrlich auch mit dem der Gattungen, Familien und groͤßern Gruppen der Fall. Zur Unterſtuͤtzung dieſer Bemerkungen werde ich einige Betrachtungen hinzufuͤgen, bei welchen es mehr auf erlaͤu— ternde Beiſpiele, als auf ſtrenge Beweisfuͤhrung abgeſehen iſt. Behufs der letztern ließen ſich ſo zahlreiche Thatſachen anfuͤhren, daß deren bloßes Verzeichniß einen ſtarken Artikel bilden wuͤrde, und uͤberdem ſind dieſelben ſo bekannt oder ſo leicht in Erfahrung zu bringen, daß wir dieſelben fuͤglich hier verſchweigen koͤnnen. Wir wollen zuvoͤrderſt die zweite Claſſe des Thierreichs in einer allgemeinen Weiſe mit der erſten vergleichen. Die Claſſe der Voͤgel iſt eine der natuͤrlichſten im gan— zen Thierreiche, vielleicht die natuͤrlichſte unter allen. We— nigſtens iſt ſie diejenige zur Claſſe erhobene Gruppe, welche von jeher angenommen worden iſt, und die noch kein Na— turforſcher hat trennen oder mit andern Gruppen verbinden wollen. Die aͤußerſten Graͤnzen der Verſchiedenheit des Koͤr— perumfangs liegen bei derſelben auch keineswegs ſo weit auseinander, als bei andern, weniger natuͤrlichen Claſſen, z. B., den Saͤugethieren, Fiſchen, Cruſtenthieren, u. ſ. w. Der zwiſchen dem Strauß und dem kleinſten Colibri vor— handene Groͤßenunterſchied iſt allerdings gewaltig; allein bei weitem nicht ſo bedeutend, als der zwiſchen der kleinſten Spitzmaus und dem Rorqual oder gemeinen Walfiſch, einem Gruͤndling und dem Saͤgehai, einem mikroſcopiſchen Mono— culus und dem Cancer Elephas ete. 148 Gehen wir nun an die Unterfuchung der Unterabtheilungen der Claſſe, und vergleichen wir deren Ordnungen, Familien Sippen und in'sbeſondere Gattungen in der fraglichen Beziehung mu— einander, ſo werden wir ſehen, daß die Abweichungen in der Körpergröße um fo mehr innerhalb ziemlich ſcharf beſtimm— ter Graͤnzen liegen. So verhält ſich die Sache denn auch mit faſt allen Gattungen der Voͤgel, wenigſtens mit denen, welche man als vollkommen natuͤrlich betrachten kann. Hier— von kann man ſich, z. B., durch eine Vergleichung der ver— ſchiedenen Arten von Vultur *), Cathartes, Aquila, der Caracaras, Buſſaars, Pygargus **) überzeugen. Auf der andern Seite kennt man jedoch in der Stufenleiter der Voͤgel einige wirkliche Ausnahmen, welche ſich nicht auf die— ſelbe Weiſe erklären laſſen, wie die ſcheinbaren Ausnabmen unter den Saͤugethieren. So bieten, z. B., der Falco aurantius, der ſo groß iſt wie der gemeine Falke, der viel kleinere Baumfalke (Falco Subbuteo) und der Indiſche Falco coerulescens, welcher kaum groͤßer iſt, als ein Sperling, außerordentliche Groͤßenverſchiedenheiten dar, waͤh— rend doch dieſe drei Arten in Anſehung der Organiſation einander ſehr nahe ſtehen, ja ſogar in der Farbe des Gefie— ders große Aehnlichkeit mit einander haben. Wir ſehen alſo, daß bei den Voͤgeln die Verſchieden— heiten in der Körpergröße noch ziemlich genau, jedoch ſchon weniger ſcharf begraͤnzt ſind, als bei den Saͤugethieren. Nun wollen wir in dieſer Beziehung mit den Voͤgeln die weit ausgedehntere Gruppe der Fiſche vergleichen, welche bekanntlich auf der unterſten Stufe der Wirbelthiere ſtehen. Sie bilden ferner eine wenig natuͤrliche Claſſe, was, z. B., daraus hervorgeht, daß mehrere ausgezeichnete Naturforſcher verſucht haben, ſie in zwei beſondere Claſſen zu trennen. Endlich iſt ein ſehr beruͤckſichtigungswerther Punct der, daß die Fiſche ſehr lange leben, immer fortwachſen und weit fruͤher laichen, als ſie ihre normale Groͤße erlangt haben. Die Groͤßenverſchiedenheiten, welche man in dieſer Claſſe beobachtet, und in denen man auf den erſten Blick ſpecifi— ſche Unterſchiede erkennen moͤchte, gehoͤren alſo, in der That, oft weit mehr den Individuen, als den Arten an. Sie ſind nicht erblich, ſondern rein zufaͤllig und haͤngen großen— theils von den Umſtaͤnden, inmitten deren ſich die In— ) Der Condor, Vultur Gryphus autor., ſcheint durch feine über: maͤßige Groͤße allein eine Ausnahme zu machen; allein meh— rere wirklich generiſche Charactere unterſcheiden ihn ſowohl von den Achten Geiern, als von Sarcoramphos, und er muß uns fuͤr den Typus einer eignen Gattung gelten, der ich in meinen Vorleſungen den Namen Condor, Gryphus, gegeben habe. *) Der geſtiefelte Adler, Falco pennatus, iſt allerdings weit kleiner, als die übrigen aͤchten Adler, und der Adler von Pon— dichery, Falco ponticerianus, iſt ebenfalls von weit gerin— germ Körperumfange, als die übrigen Pygargi, allein auch ſie, und zumal der erſtgenannte Vogel, ſind durch ihre Orga— niſation von den Voͤgeln, mit denen ſie die Ornithologen zu— ſammengeſtellt haben, bedeutend berſchieden und muͤſſen in den Gattungen Aquila und Pygargus beſondere Abtheilungen bilden. 149 dividuen entwickeln, zumal von der Qualität und Quanti— tät der Nahrung, ab ). Alle die eben beruͤhrten Puncte muͤſſen uns darauf gefaßt machen, bei den Fiſchen keine feſten Graͤnzen in Bezug auf die Abweichungen in der Koͤrpergroͤße zu erwar— ten, und in dieſer Hinſicht entſpricht das Reſultat der Beobachtung der Theorie vollkommen. Nicht nur liegen die beiden Groͤßen⸗Ertreme bei den ſaͤmmtlichen Fiſchen unge— mein weit auseinander, ſondern ſelbſt in Betreff der Ord— nungen, Familien und Gattungen finden ſehr bedeutende Abweichungen ſtatt. Unter den zahlloſen Beiſpielen, womit ich dieß belegen koͤnnte, will ich nur der Gattung Thyn- nus gedenken, in der ſich neben dem Thunfiſche ziemlich kleine Arten finden, ſo wie unter den Siluren der Gattung Schilbe (2), welche nur aus zwei Arten beſteht, von de— nen die eine mehr als doppelt ſo lang iſt, als die andere Unter den Wirbelloſen beſchraͤnke ich mich darauf, aus der Abtheilung der Gliederthiere die Inſecten, und aus der Abtheilung der Mollusken die Gaſteropoden in einer allge— meinen Weiſe miteinander zu vergleichen. Die erſtern naͤhern ſich in Betreff der Groͤßenverſchie— denheiten den Saͤugethieren und Voͤgeln. Die Zeit ihres Wachsthums iſt voͤllig beſtimmt, und erſt, wenn ſie ihre völlige Entwickelung erlangt haben, find ſie fortpflanzungs— faͤhig. Auch ſind die meiſten Gattungen, abgeſehen von den Species, welche mit denen deſſelben Genus nicht durch enge Beziehungen verbunden zu ſeyn ſcheinen, aus Arten von ziemlich gleichem Koͤrperumfange zuſammengeſetzt. So findet man, z. B., in dieſer oder jener Gattung eine ſehr kleine Species, in einer andern nur große. Indeß giebt es allerdings auch viele, zum Theil auffallende Ausnahmen von dieſer Regel, die ſich uͤbrigens vorausſehen ließen und ſich mit dem zu Anfang dieſes Paragraphen aufgeſtellten Satze im Einklange befinden, da die Claſſe der Inſecten auf der Stufenleiter des Thierreichs eine ſo niedrige Stelle einnimmt. ) So bleiben die Nachkommen von großen Fiſchen unter uns guͤnſtigen Uumſtaͤnden zeitlebens klein, und umgekehrt erreichen unter guͤnſtigen Verhaͤltniſſen die von kleinen Exemplaren er— zeugten Fiſche eine außerordentliche Größe. Wiewohl dieſe phyſiologiſche Thatſache hinlaͤnglich feſtſteht, und ich deßhalb keine neue Beweiſe für dieſelbe beizubringen brauchte, fo will ich doch folgende, von Bory Saint-Vincent herruͤhrende Beobachtung mittheilen: Goldkarpfen, welche 1 Jahr alt und 11 Zoll lang waren, wurden in eine kleine Glasvaſe gethan, in der ſie 11 Jahre blieben, ohne merklich zu wachſen. Als ſie darauf in ein großes Baſſin gebracht wurden, wuchſen ſie ſo ſchnell, daß ſich ihre Laͤnge nach zehn Monaten verdrei— facht hatte. Uebrigens laͤßt es ſich nicht in Abrede ſtellen, daß aͤhnliche oder entgegengeſetzte Urſachen, wenn fie auf Thiere anderer Claſſen oder ſelbſt auf den Menſchen einwirken, das Wachsthum ebenfalls verzoͤgern oder geſchwinder machen, ſo wie ſelbſt die Verminderung oder Vergroͤßerung des Koͤr— perumfanges zur Folge haben koͤnnen. Nur iſt im letztern Falle der Einfluß weniger maͤchtig und der Erfolg weniger auffallend. Siehe in dieſer Beziehung die von den Bedin— gungen der Zwerghaftigkeit oder Rieſenmaͤßigkeit des Wuchſes handelnden Capitel meiner: Histoire générale et particuliere des anomalies de l’organisation chez homme et les ani- maux, T. I. 150 Was die Weichthiere, zunaͤchſt die Gaſteropoden, an⸗ betrifft, ſo gelten von denſelben alle die ſo eben in Betreff der Fiſche beigebrachten Betrachtungen mehr oder weniger vollſtaͤndig. Man wird alſo erwarten, bei den Mollusken ebenſowohl, als bei den Fiſchen, ſehr zahlreiche und ausge— dehnte Großenverſchiedenheiten zu finden, ja in Betracht der niedrigern Organiſation der Weichthiere auf noch größere gefaßt ſeyn. Und ſo verhaͤlt es ſich denn auch in der Wirk— lichkeit. Wir brauchen nur auf den gewaltigen Unterſchied zwiſchen der Tiger-Porzellanſchnecke und der Reiskorn-Por—⸗ zellanſchnecke, zwiſchen der Biſchofsmuͤtze und den Arten, deren ſpecifiſche Namen: pediculus, oniseina, der- mestina, tabanula etc., deren Winzigkeit anzeigen, end— lich zwiſchen der Helix vesicalis (2), deren Durchmeſſer doppelt fo groß iſt, wie der der groͤßten europaͤiſchen Arten, und der Helix mignonne (NB) hinzuweiſen, welche man kaum ohne Zuziehung der Lupe unterſuchen kann. Uebri— gens iſt nicht zu uͤberſehen, daß bei den ſo eben angezeigten Gattungen, ſo wie denjenigen, deren ich ſpaͤter gedenken werde, die einander in Anſehung der Groͤße ſehr fernſtehen— den Species mehrentheils auch eine abweichende Organiſation darbieten. Umgekehrt beſitzen diejenigen Arten, welche ſich in Anſehung der Groͤße einander am meiſten naͤhern, auch die groͤßte Structuraͤhnlichkeit. 5 Aus den oben mitgetheilten Bemerkungen ergiebt ſich alſo die Hauptfolgerung, daß wir unter allen Gruppen, ſelbſt den niedrigſten, ſtets eine enge Beziehung zwiſchen den Graͤnzen des Groͤßenunterſchieds zweier gegebenen Thiere und dem Grade der beide miteinander verbindenden natürlis chen Verwandtſchaft beobachten konnen. 4. Generaliſirung der im Vorhergehenden feſtgeſtellten Thatſachen. Das Reſultat, zu welchem ich ſo eben ruͤckſichtlich der Abweichungen in der Groͤße des Koͤrperumfangs der Thiere gelangt bin, ſtimmt mit demjenigen ſehr uͤberein, welches ſich bei Unterſuchung der Natur dieſer Abweichungen ſelbſt, ſo wie der Richtung, in welcher ſie vorkommen, ergiebt; d. h. mit dem, welches man erhaͤlt, wenn man die durch Beobachtung und Deutung der bei'm Studium der Saͤuge— thiere gewonnenen Thatſachen erlangten Folgerungen auf das ganze Thierreich anzuwenden fuht Wie wir, in der That, das Verhaͤltniß zwiſchen der Innigkeit der natuͤrlichen Verwandtſchaft der Geſchoͤpfe und dem Grade der Ver— ſchiedenheit des Koͤrperumfangs, welches bei den dem Men— ſchen zunaͤchſtſtehenden Thieren ſich ſo beſtimmt ausſpricht, auch noch, wenngleich dunkel und zuweilen ſelbſt zweifelhaft, bei den niedrigſten Thierclaſſen antreffen, fo üben auch die andern allgemeinen Urſachen, deren Macht ich bei den Saͤu— gethieren nachgewieſen, noch in den untern Thierclaſſen ei— nen unlaͤugbaren, wenngleich ſchwaͤchern Einfluß. Die in Betreff der Saͤugethiere aufgeſtellten Saͤtze ſind fuͤr dieſe faſt ohne Ausnahme gültig, während fie hinſichtlich der an— dern Claſſen in ſolcher Allgemeinheit nicht beſtehen koͤnnen und bei den vom Menſchen entfernteſten Weſen nur noch 10 * 151 für die Mehrzahl der Fälle wahr find, während die Aug: nahmen eine bedeutende Minorität bilden. Auf die große Zahl von Einzelnheiten, in die ich ein— gehen muͤßte, wenn ich bei jeder Claſſe des Thierreichs alle die fraglichen Urſachen von Einfluͤſſen ſpeciell wuͤrdigen woll⸗ te, werde ich mich hier nicht einlaſſen. Eine ſolche Arbeit wuͤrde unſtreitig ihren Nutzen haben, inſofern ſie uns be— faͤhigen wuͤrde, den Grad der Allgemeinheit jeder dieſer Ur— ſachen genau zu beurtheilen; allein ich würde dabei geno— thigt ſeyn, die bei Gelegenheit der Saͤugethiere angeſtellten umfangsreichen Betrachtungen bei jeder Thierclaſſe zu wie— derholen, und auch ohne dieſe langweilige Procedur glaube ich, darthun zu koͤnnen, daß ſich die fruͤher aufgeſtellten Saͤtze in gewiſſem Grade generaliſiren laffen. So gilt, z. B., Das, was ich in Betreff des Ver— haͤltniſſes zwiſchen der Größe der Saͤugethiere und den von dieſen genoſſenen Nahrungsſtoffen bemerkt habe, mehr oder minder von faſt allen Thierclaſſen. In allen Gruppen des Thierreichs, welche Inſectenfreſſer enthalten, ſind dieſe ge— wöhnlich ſehr klein, die Fruchtfreſſer etwas größer, die Fleiſchfreſſer und Kraut- oder Grasfreſſer am größten. Beiſpielsweiſe kann ich in'sbeſondere die verſchiedenen Grup: pen der unmittelbar auf die Saͤugethiere folgenden beiden Claſſen, zumal der Voͤgel, anfuͤhren, auf welche ich bald in mehr ſpecieller Weiſe zuruͤckkommen werde. Es laͤßt ſich auch wahrnehmen, daß in vielen Claſſen, wie in der der Saͤugethiere, die meiſten Gattungen ihre größten Arten in der heißen Zone oder wenigſtens in einem warmen Clima beſitzen, was in'sbeſondere von faſt allen Reptilien und ſehr vielen Weich- und Strahlthieren gilt. Dagegen finden ſich die groͤßten Arten einiger andern Gat⸗ tungen in den kalten Gegenden der Erde, und ſind in den heißen nur durch kleinere Species repraͤſentirt. Unter den Voͤgeln, in'sbeſondere den Strandlaͤufern und Plattfuͤßlern, treffen wir mehrere Belege zu dieſem letztern Verhaͤltniſſe. Die geringe Körpergröße der gefluͤgelten oder auf Baͤu— men lebenden Thiere iſt eine noch allgemeinere Erſcheinung. So baumen die meiſten großen Voͤgel nicht auf, ſondern bleiben auf dem Erdboden oder dem Waſſer, und bekannt— lich koͤnnen die größten Vögel gar nicht fliegen, indem ihre Flügel in der Entwickelung zuruͤckgeblieben find. Daß die in Ebenen wohnenden Thiere größer find, als die auf Bergen lebenden, gilt, wie bemerkt, fuͤr die Saͤugethiere nicht unbedingt, und dennoch laͤßt ſich dieſelbe Erſcheinung bei vielen Gruppen anderer Thierclaſſen wahr— nehmen. Ja zuweilen kommt es ſelbſt vor, daß, wenn dieſelbe Species ſowohl in Ebenen, als auf hohen Bergen angetroffen wird, die Exemplare, welche die erſtern bewoh- nen, bedeutend groͤßer ſind, als die, welche ſich auf den letztern aufhalten. Ferner gilt fuͤr alle Claſſen ziemlich allgemein, daß die americaniſchen Thiere oder wenigſtens diejenigen, welche man in Suͤdamerica antrifft, kleiner ſind, als ihre Repraͤſentan— ten in der alten Welt. Dieſe Erſcheinung iſt aber, fuͤr alle Claſſen, wo ſie ſich wahrnehmen laͤßt, unter dem weit allgemeinern Geſetze begriffen, daß zwiſchen der Groͤße der 152 Thiere und dem Umfange ihres Wohngebietes ſtets ein ges wiſſes Verhaͤltniß beſteht, und daß die großen Land-Species auf den Feſtlaͤndern und großen Inſeln, die kleinen auf den kleinen Inſeln; die großen Waſſer-Species in den Meeren und großen Fluͤſſen, in'sbeſondere deren Muͤndungen, die kleinen in den Fluͤßchen und Baͤchen vorzugsweiſe ſich auf— halten. Endlich muß ich noch auf die große Allgemeinheit des Geſetzes aufmerkſam machen, daß die in Waſſer lebenden Arten großer ſind, als die auf dem Lande lebenden. Ich habe daſſelbe ruͤckſichtlich der Saͤugethiere vollſtaͤndig nach— gewieſen; es iſt aber auf faſt alle Claſſen des Thierreichs gleich anwendbar. So ſind unter den Voͤgeln alle ſich auf oder am Waſſer aufhaltenden Gattungen verhaͤltnißmaͤ— ßig von großem Koͤrperumfange. Unter den Reptilien ſehen wir, wie die faſt immer im Waſſer lebenden Crocodile die Arten aller übrigen Gruppen der Saurier gar fehr an Groͤße uͤbertreffen, und wenn wir jede dieſer Gruppen naͤher unterſuchen, ſo ſehen wir, daß die ſich am meiſten im Waſſer aufhaltenden Gattungen oder Arten, z. B., die im Waſſer lebenden Tupinamdis oder Warn-Eidechſen größer ſind, als die Gattungen oder Arten, welche nicht in's Waſ— ſer gehen. Ruͤckſichtlich der Fiſche, welche im Allgemeinen alle ſtets im Waſſer leben, findet dieſes Geſetz keine An— wendung; allein bei den wirbelloſen Thieren fehlt es nicht an Belegen dafuͤr. So findet man, z. B., bekanntlich alle großen Ccuſtenthiere ) und Mollusken, ſeyen dieſelben Ce— phalopoden, Gaſteropoden, oder Acephalen in der See, und dieß gilt auch von allen großen Anneliden. Wenn ruͤckſichtlich der niedrigſten Claſſen das Geſetz des groͤßern Koͤrperumfanges der im Waſſer, in'sbeſondere im Meere, lebenden Arten, im Vergleiche mit den ſich auf dem Lande aufhaltenden, gleich allen uͤbrigen in Bezug auf die Saͤugethiere ermittelten Reſultaten, nicht dieſelbe durch— g eifende Guͤltigkeit hat, ſo zeigt es ſich doch auch bei ihnen, im Ganzen genommen, als Regel Ich werde dieſe Betrachtungen nicht weiter ausfuͤh— ren, ſondern gedenke dieß in einem eigenen Artikel zu thun. Im Allgemeinen mußte jedoch hier darauf hingewieſen wers den, da mir viel daran lag, zu zeigen, daß alle durch die naͤhere Unterſuchung einer Claſſe von Thieren gewonnenen Re— ſultate auch im Betreff der uͤbrigen im Allgemeinen wahr ſind. Wenn man die Moͤglichkeit dieſer durchgreifenden Anwendung nachweiſ't, ſo zeigt man dadurch, in der That, daß dieſen Reſultaten ſehr allgemeine Urſachen zum Grunde liegen, deren Wirkungsart ſich zwar bei dem jetzigen Stande der Phyſiologie nur ſehr unvollkommen beſtimmen laͤßt, de— ren naͤhere Ergruͤndung jedoch offenbar von Wichtigkeit iſt. *) Die außerordentliche Winzigkeit der Entomoſtraceen fcheint auf den erſten Blick hiermit im Widerſpruche zu ſtehen; allein man darf nicht uͤberſehen, daß dieſe kleinen Gliederthiere nach einem beſondern Typus organiſirt find und mit den übrigen Gruftenthieren keine nahe Verwandtſchaft beſitzen. Schon Herr v. Blainville hat in ſeiner allgemeinen Claſſiſication der Thiere die Gruppe der Entomoftraceen zu einer eigenen Claſſe erhoben, und mehrere andere Zoologen haben aͤhnliche Anſich— ten aufgeſtellt. 153 * Nun bleibt mir noch übrig, durch die Auseinanders ſetzung zoologiſcher Thatſachen andere Urſachen von Abwei chungen im Körperumfange zu ergründen, deren ſpecielle und faſt nur individuelle, aber hoͤchſt maͤchtige Einwirkung zu— weilen den Einfluß der allgemeinen Urſachen beguͤnſtiat, mehrentheils aber abaͤndert oder ſogar ganz vernichtet. Ich werde mich naͤmlich nun mit dem vergleichenden Studium der Abweichungen im Koͤrperumfange bei den Menfchenras cen und Hausthieren beſchaͤftigen. (Ein zweiter Aufſatz wird folgen.) Miscellen. Mikroſcopiſche Unter ſuchungen uber das Blut, plas ſtiſche Eympbe, Eiter und Milch, hat auch Herr Letel⸗ lier, Arzt zu Saintlau, angeſtellt, woruͤber folgende Schluͤſſe in dem Januarſtuͤcke des Journal de chimie médicale etc. mitgetheilt werden. 1) Es iſt nicht moͤglich, durch das Mikroſcop zu bewei— ſen, daß die rothen Kuͤgelchen des menſchlichen Blutes aus einem Kerne +. einer Huͤllenlage gebildet find; ſondern das Mikroſcop und die chemiſchen Agentien beweiſen, daß dieſe Kuͤgelchen aus ei— ner wahrſcheinlich fibrinöfen, durch das Waſſer leicht zerreißbaren Hülle gebildet ſind, welche ihre Farbe lediglich dem Eiſen verdankt, und aus einem durchſichtigen, nicht hohlen Kerne, welcher nach. dem Verluſte ihrer gefärbten Hülle im Waſſer unſichtbar ift, aber wieder ſichtbar wird wenn man die Fluͤſſigkeit mit einem Neutral: ſalze ſättigt. Dieſer Kern wird nicht angegriffen durch Säuren, welche ihn undurchſichtig machen, durch Faͤulniß, durch Maceration in Salzen, durch Kochen in Alkalien; er bietet auch die chemiſchen Eigenſchaften eines durch eine Säure zum Gerinnen gebrachten Ei: 154 weißſtoffes dar. 2) Der Eiweißſtoff iſt ganz deutlich von durch⸗ ſichtigen Körnern gebildet, welche durch Alcohol und die Säuren undurchſichtig werden und ſich auf einander niederſchlagen. 3) Die plaſtiſche kymphe, welche aus Wunden ausfließt, enthält die Ele⸗ mente des Blutes, mit Ausnahme der rothen Farbe der Kuͤgelchen. 4) Der Eiter bietet hauptſachlich eine große Zahl Blutkugelchen dar, die ihrer Farbeſubſtanz beraubt und undurchſichtig geworden find; eine kleine Quantität von, in Größe und Form ſehr verfcie: denen Blaͤschen, welche von den fibrindſen Zellen gebildet ſind und endlich Bruchſtuͤcke von Fibrine. 5) Die abgerahmte Milch ent: hält undurchſichtige Kerne, Blutkugelchen und einen beſonderen Koͤrper, der wahrſcheinlich aus der durch Saͤure veränderten Fi⸗ brine gebildet und zur Entſtehung des geronnenen Klumpens nöthig iſt. 6) Der Rahm zeigt dieſelben zwei Körper, aber unendlich wenig von dem zweiten; die vollſtändigen Blutkugelchen, ihrer fär- benden Subſtanzen beraubt; die Butter, ſelbſt bei der Frau, ſchwebt in Flocken; endlich ein eigenthuͤmlicher fetter Körper, ſchwerer als das Waſſer, der ſich auf dem Objecttraͤger feſthaͤngt und Bläschen nachahmt. In Beziehung auf die Fortpflanzung und Lei— tung des Schalles finde ich in einer im Dublin Review, No. XVIII. November 1840 befindlichen Abhandlung über Meteorologie (p- 302) „eine Thatſache, welche Jedermann leicht durch einen Verſuch erproben kann, daß, wenn man ſich in einiger Entfernung von zwei andern auf gleicher Ebene ſtehenden, aber in Statur verſchiedenen Perſonen befindet, und wenn dieſe Perſonen nachein— ander zu einem ſprechen, waͤhrend man die Augen ſchließt und das Ohr, nie die Stimmen jener Perſonen gehoͤrt hat, man alſobald nach dem Schalle angeben kann, welche von beiden groͤßer iſt. Die Stimmen gelangen in verſchiedenen Schichten zu uns, und die Stimme der größern Perſon natürlich in einer hoͤhern Schicht; und der geringe Unterſchied der Statur, welcher auf dieſe Weiſe unter— ſchieden werden kann, zeigt die geringe Dichtigkeit der atmoſphaͤri⸗ ſchen Schichten, wenigſtens in der Nähe der Erdoberfläche.‘ ik u 0 Ma > Ueber die Behandlung der Arſenikvergiftung hat Herr Orfila eine Reihe von 157 Verſuchen angeſtellt, welche derſelbe in ſieben Gruppen theilt. Erſte Gruppe. Verſuche mit zwoͤlf Hunden. Bei dieſen hat er gezeigt, daß die Unterbindung des oesopha- Sus 5 — 30 Stunden lang eine unſchaͤdliche Operation iſt, wonach die Hunde wiederum freſſen und ſich vollkom— men erholen koͤnnen. Sie iſt in einer Minute leicht auss zuführen, ohne daß der vagus mit in die Ligatur gefaßt werden mußte. Es iſt daher nicht richtig, wenn Giaco— mini behauptet, daß die Ligatur der Speiſeroͤhre die Ex— petimente complicire und die Wirkung der tonica maskire. Zweite Gruppe. Verſuche an drei Hunden. Dieſe waren mit Arſenik vergiftet und wurden mit einer Mixtur behandelt, welche beſtand aus: Fleiſchbruͤhe 128 Grammen, Weingeiſt 60, Wein 60 Grammen bei einem Tbiere, und bei den Übrigen aus Fleiſchbruͤhe 128, Wein⸗ geiſt 30, Wein 30 und einigen Tropfen Opiumtinctur. Sie ſtarben im Zuſtande von Trunkenheit und mit Schmerz— aͤußerungen; der oesophagus war nicht unterbunden. Dritte Gruppe. Verſuche mit vierunddreifig Hunden, welche dadurch vergiftet waren, daß ein Detis gramme Arſenikpulver in das Zellgewebe des innern Thells des Schenkels eingebracht wurde. Fuͤnfe, die ſich ſelbſt uͤberlaſſen wurden, ſtarben innerhalb 30 — 48 Stunden: zehn, mit toniſchen Mitteln behandelt, ftarben ebenfalls; vier mit warmem Waſſer behandelt, ſtarben, ohne viel uri— nirt zu haben; ſieben, durch Aderlaͤſſe behandelt, ſtarben, jedoch erſt lange nach der Vergiftung; ſechs mit Aderlaͤſſen und kraͤftigen diuretiſchen Mitteln behandelte Hunde urinir: ten viel und wurden gerettet; ihr Urin enthielt Arſenik. Vier, mit diuretiſchen Mitteln allein behandelte Hunde ſtar— ben, ſie hatten jedoch wenig urinirt. Vierte Gruppe. Verſuche mit einundvierzig Hun⸗ den. Vier dieſer Thiere wurden mit 15 Decigrammen ar⸗ ſeniger Saͤure in Pulverform vergiftet und ſich ſelbſt uͤber— laſſen. Sie erbrachen viel und kamen durch; vier andere, wovon zwei mit 20 Centigrammen und zwei mit 60 Cen⸗ tigr. vergiftet waren, ſtarben. Ihre Speiſeroͤhre war fos gleich nach der Beibringung des Giftes unterbunden wor: den; vier, welche mit 20, 30, 50 und 75 Centigr. Arſe— nikpulver vergiftet und mit toniſchen Mitteln behandelt wurden, kamen durch; es war ihnen aber die Speiſeroͤhre nicht unterbunden, und ſie hatten reichlich erbrochen und uri⸗ nirt. Vier, auf gleiche Weiſe vergiftete und behandelte 155 Hunde, bei denen die Speiſeroͤhre unterbunden worden war, ſind ſaͤmmtlich geſtorben. Vier Hunde, wovon zwei mit 30 Centigr., zwei mit 50 vergiftet und mit einem ſtarken Decoct von China (250 Grammen) behandelt wurden, ſtar—⸗ ben; ihre Speiſeroͤhre war unterdunden worden. Neun an— dere, auf dieſelbe Weiſe vergiftet und behandelt, wurden gerettet, da ihre Speiferöhre nicht unterbunden war und fie viel erbrochen und urinirt haben. Fünfte Gruppe. Von neun Hunden, welche mit 120 Centigr. Arſenikpulver vergiftet waren, und mittelſt des Aderlaſſes behandelt wurden, unmittelbar nach der Un⸗ terbindung der Speiſeroͤhre wurden ſieben geheilt und zwei ſtarben. Sieben andere, welche 20, 30 oder 50 Centigr. ohne Unterbindung der Speiſeroͤhre erhielten, unterlagen. Drei, welche dieſelbe Doſis genommen hatten und denen der oesophagus unterbunden wurde, ſtarben drei Stunden nach Beibringung des Giftes; achtzehn Hunde, welche 20 — 25 Centigr. Gift genommen hatten, unterlagen trotz der Anwendung der tonica; die Speiſeroͤhre war unter— bunden worden, um die Wirkung des Giftes und der to- nica zu ſichern. Sechste Gruppe. Nach der Beobachtung, daß bei reichlicher Urinabſonderung guͤnſtige Reſultate bei Arſenik— vergiftungen erlangt wurden, war die Wirkung dieſer Me— thode auch bei andern metalliſchen Vergiftungen zu verſu— chen. Dieß geſchah ruͤckſichtlich des Brechweinſteins; bei fünf Hunden brachte Orfila an der innern Flaͤche der Schenkel in das Zellgewebe 1 Decigr. Brechweinſtein und behandelte die Thiere mit diuretiſchen Mitteln; ein einziger Hund iſt geſtorben, welcher faſt gar nicht urinirt hatte. Der Urin der vier uͤbrigen Hunde, welche durchkamen, ent— hielt Brechweinſtein. Einige Zeit nach der Vergiftung ent— hielt der Urin kein Antimon mehr. Siebente Gruppe. Auf gleiche Weiſe wurden Opiumvergiftungen dem Verſuche unterworfen. Man weiß, daß dieſes Mittel die Secretionen hemmt; Orfila hoffte indeß, fie durch diuretica anzuregen; er gab mehreren Hunden 2 — 4 — 6 Grammen Opium, konnte aber bei zwölf Hunden keine reichliche Urinausleerung hervorbringen, trotz der Anwendung der kraͤftigſten diuretica. Er vers ſuchte ſodann in dem Urine dieſer Thiere das Morphium und die Meconſaͤure wiederzufinden, hat auch einige Reac— tionen derſelben gefunden, konnte aber keinen dieſer beiden Körper iſolirt darſtellen f Herr Orfila beſchließt nun ſeine Mittheilung mit folgenden Schlußſaͤtzen: 1. Die Vergiftung mit arſeniger Saͤure iſt ſchwieri— ger zu heilen (unter übrigens gleichen Umſtaͤnden), wenn das Gift im Waſſer aufgelöf’e iſt, als wenn es ſich in fe— ſtem Zuſtande befindet, weil in dem letztern Falle die Ab— ſorption viel langſamer geſchieht. 2. Pulverfoͤrmiger Arſenik auf das Unterhautzellge— webe des Schenkels der Hunde angebracht, wirkt viel ener— giſcher, als wenn man daſſelbe in den Magen einfuͤhrt, die Thiere moͤgen brechen oder nicht; es iſt alſo leichter, eine 156 Arſenikvergiftung zu heilen, wobei das Gift in den Magen, als wobei es in das Unterhautzellgewebe eingebracht war. 3. Man tödtet, ohne Ausnahme, alle Hunde in eis nem Zeitraume von 21 — 36 Stunden, wenn man ſie einzig und allein in dreiſtuͤndigen Zwiſchenraͤumen der Wir— kung von 5 — 6 Doſen einer toniſch excitirenden und narcotiſchen Medicin unterwirft, wie fie von einigen italieni= ſchen Aerzten vorgeſchlagen worden iſt. Daſſelbe findet ſtatt, wenn man die Doſis des Weines und Weingeiſtes um die Haͤlfte vermindert. Allerdings wuͤrde dieſes Mittel bei'm Menſchen weniger ſchaͤdlich ſeyn, weil er leichter, als die Hunde, alcoholiſche Fluͤſſigkeiten vertraͤgt. 4. Wenn es ſich darum handelt, den Einfluß einer Behandlungsweiſe bei einer Vergiftung durch Arſenik oder irgend eine andere Subſtanz, die in den Magen gebracht wurde, zu erforſchen, fo kann man ohne die mindeſte Stoͤ— rung den oesophagus iſoliren und 30 — 36 Stunden unterbinden; ja man kann behaupten, daß Vergiftungsexpe— rimente kein ſicheres Reſultat geben, wenn die Speiferöhre nicht unterbunden iſt. Die Einwuͤrfe, welche gegen dieſe Operation von Giacomini erhoben worden find, beweiſen nur, daß er dieſe Operation nie ausgefuͤhrt hat. 5. Feſte arſenige Saͤure zu 10 Centigr. auf das Unterhautzellgewebe des Schenkels mittelgroßer Hunde ange— bracht, iſt immer toͤdtlich, man mag dieſe Thiere ſich ſelbſt uͤberlaſſen, oder fie mit toniſchexcitirenden Mitteln oder Ve— näfectionen behandeln. Diuretica dagegen, wenn fie reich— liche Wirkung haben, wirken auf die guͤnſtigſte Weiſe und heilen die Vergiftung, weil ſie von den erſten Stunden der Krankheit an den abſorbirten und in die Gewebe vertheilten Arſenik nach Außen fuͤhren. 6. 30 — 40 Centigr. arſenige Säure, fein gepulvert in den Magen gebracht, bewirken nie den Tod, ſelbſt wenn gar keine Behandlung angewendet wird, ſobald nur kurze Zeit nach der Vergiftung die Thiere wiederholt Erbrechen bekommen. Das Gegentheil findet ſtatt, wenn man den oesophagus nur für einige Stunden unterbindet und die Hunde ſich ſelbſt uͤberlaͤßt. 7. Die Thiere, welche 30, 50 oder 60 Centigr. ar— ſenige Saͤure in Pulverform verſchluckt haben, werden faſt jedesmal durch einige Doſen Fleiſchbruͤhe mit einem toni— ſchen und ſpirituoͤſen Mittel hergeſtellt, wenn ſie mehrmals, kurz nachdem fie das Gift zu ſich genommen haben, bre— chen. Dieß ruͤhrt indeß nicht von der ſtbeniſchen Wirkung her, denn man erreicht dieſelbe Wirkung noch ſicherer, wenn man nur warmes Waſſer unter dieſen Umſtaͤnden giebt. In allen Faͤllen, wo durch das ſpirituoͤſe Getraͤnk Erbrechen veranlaßt wird, erfolgt die Wiederherſtellung der Thiere ſchneller, wie ſich erwarten laͤßt. Wenn die Speiſeroͤhre einige Stunden lang vor der Darreichung der toniſch-ſpiri— tuoͤſen Mittel unterbunden iſt, ſo erfolgt gewoͤhnlich der Tod, und wenn dennoch bei dieſer Bedingung auch Hei— lungen vorkommen, ſo ruͤhrt dieß daher, daß das Erbrechen erfolgt, ſobald die Ligatur gelöf t wird, oder aber, daß die Hunde in Folge des toniſchen Mittels außerordentlich ſtark urinirt haben. 157 8. Die Hunde, welche mit 30, 50 oder 60 Gentigr. Arſenikpulver vergiftet und mit einer ſtarken Chinaabkochung behandelt werden, kommen alle um, wenn der oesopha- gus 10 — 15 Stunden unterbunden geblieben iſt. 9. Die Thiere, welche man ungehindert erbrechen läßt, kommen durch, wenn man ihnen nur warmes Waſſer giebt, ſelbſt wenn fie nur 110 Centigr. warmes Waller verſchluckt haben, vorausgeſetzt, daß ſie nach dem warmen Waſſer, welches ſelbſt erſt nach einigen Stunden dargereicht werden kann, raſch und mehrmals erbrechen. 10. Man heilt eine große Anzahl von Hunden, wel— che mit 20 — 30 oder 50 Gentigr. Arſenikpulver vergiftet worden ſind, mittelſt des Aderlaſſes, ſelbſt dann, wenn die Speiſeroͤhre 3 — 5 Stunden lang unterbunden war, vor— ausgeſetzt, daß die Thiere reichlich uriniren. 11. Arſenige Säure, in Waſſer aufgelöft. Alle Hunde gehen zu Grunde, wenn ſie 25 Centigr. aufge— löf’ten Arſeniks genommen, mehr als eine Stunde nicht ges brochen haben und ſich ſelbſt uͤberlaſſen werden. Wenn 5 — 25 Minuten nach der Beibringung des Giftes Erbre— chen erfolgt, ſo kommen Heilungen vor und zwar bei de— nen, welche am meiſten gebrochen haben. 12. Toniſche und ercitirende Fleiſchbruͤhe verhindert die Herſtellung der mit 25 Centigr. aufgeloͤſ'ten Arſeniks vergifteten Hunde nicht vorausgeſetzt, daß einige Minuten nach der Vergiftung Erbrechen ſtattgefunden habe. Denn wenn die Thiere nicht in der erſten Stunde nach der Ver— giftung erbrechen, ſo gehen ſie alle, ohne Ausnahme, zu Grunde, in welcher Weiſe auch die Fleiſchbruͤhe gegeben werden moͤge. 13. Alle mit 25 — 35 Centigr. aufgeloͤſ'ten Arſe— niks vergifteten Hunde, welche einige Minuten danach reich— lich erbrechen, ſind nach einigen Stunden wiederhergeſtellt, wenn man ihnen nur warmes Waſſer giebt, follte das le: tere auch erſt 3 — 2 Stunden nach der Beibringung des Giftes gegeben werden. 14. Die Hunde werden unter dieſen Verhaͤltniſſen eben ſo leicht geheilt, wenn man zugleich warmes Waſſer und Aderlaß anwendet; der letztere iſt daher, ſelbſt wenn man ihn fuͤr unnuͤtz haͤlt, jedenfalls nicht ſchaͤdlich. 15. Tartarus stibiatus. Die Thiere, welche durch Anwendung des Brechweinſteinpulvers auf das Unter— hautzellgewebe in ſtaͤrkern Doſen, als zur Toͤdtung hinrei— chen, vergiftet wurden, kommen alle durch, wenn es ge— lingt, ſie durch waͤſſrige und diuretiſche Getraͤnke reichlich zum Uriniren zu bringen. 13. Der gelaſſene Urin von Hunden, welche mit ar— ſeniger Saͤure oder mit Brechweinſtein vergiftet worden wa— ren, enthaͤlt beſtaͤndig die genannten Subſtanzen, und in den Eingeweiden bleibt um ſo weniger von dieſen Giften zuruͤck, je reichlicher die Urinfeeretion iſt. 17. Bei Vergiftung durch arſenige Saͤure, welche in den Magen gebracht worden iſt, muß der Arzt eilen, das Erbrechen durch reichliche, milde, diuretiſche Fluͤſſigkeiten an— zuregen, um durch Mund und After das noch in dem Darmcanale befindliche Gift und durch den Urin das bereits 158 abſorbirte Gift auszuleeren. Ich werde mich in der Folge über das Eiſenoxydhydrat erklären, gegen welches ich viel zu erinnern haben werde. Die Blutentziehung muß immer angewendet werden, ſo oft eine deutliche Reaction vorhan— den iſt. Dieß folgt ſowohl aus meinen Experimenten, als aus den Erfahrungen, die man in einzelnen Faͤllen ſeit Jahrhunderten darüber gemacht hat. Die toniſch-excitiren— den Mittel ſind durchaus zu verwerfen, weil ſie unnuͤtz und ſchaͤdlich ſind; die Erfahrungen, welche man zu ihrer Em— pfehlung angeführt hat, verdienen keine Beachtung. 18. Alles laͤßt vermuthen, daß in zahlreichen Ver— giftungsfaͤllen waͤſſerig diuretiſche Mittel nuͤtzlich ſeyn wer⸗ den, in welchen mineraliſche oder vegetabiliſche Gifte abſor— birt ſind, wodurch der Organismus groͤßtentheils oder ganz von dem abſorbirten Gifte wiederum befreit wird. (Gaz. méd., No. 43.) Ueber die Abſceſſe, welche bei Krankheiten der Harnwege an den verſchiedenſten Koͤrperſtellen vorkommen. Von Civia le. Es iſt ſchon von vielen Wundaͤrzten bemerkt worden, daß Kranke mit Blaſen- oder Harnroͤhrenleiden allgemeinen, ſehr ſchweren Symptomen unterworfen ſind, welche ploͤtzlich auftreten und gewoͤhnlich von der Erſcheinung von Abſceſſen an verſchiedenen Körpergegenden begleitet find. Herr Civiale glaubt an dieſen Abſceſſen beſondere Charactere bemerkt zu haben und empfiehlt eine beſondere chirurgiſche Behandlung derſelben. In keinem der ihm vorgekommenen Faͤllen konnte er eine beſondere Dispoſition fuͤr dieſe Zufaͤlle auffinden, außer dem Vorhandenſeyn einer localen, durch die Behandlung oder den gewoͤhnlichen Verlauf geſteigerten Entzuͤndung, vier Mal waͤhrend der Behandlung von Harnroͤhrenverengerung durch Cauteriſation und temporaͤre Dilatation, zwei Mal bei Steinkranken und zwar ein Mal waͤhrend einer lithon— triptiſchen Behandlung, das andere Mal waͤhrend der ſpon— tanen Austreibung eines kleinen Steines, endlich einige Mal bei Steinkranken, bei denen noch keine Behandlung verſucht worden war. Die Schmerzen, welche die Eiterbildung ankuͤndigen, ſind dumpf und diffus; der kuͤnftige Sitz des Abſceſſes iſt teigig, etwas aufgetrieben, ſelbſt wenn kaum eine eigentliche Anſchwellung zu bemerken iſt. Aber mit dieſen localen Er— ſcheinungen verbinden ſich bedenkliche allgemeine Symptome, ein gewiſſer Stumpfſinn, Unbebagen, Angſtgefuͤhl; ſpaͤter werden dieſe Schmerzen heftiger, jedoch nicht ſo, daß ſie zur Erklaͤrung der allgemeinen Erſcheinungen ausreichen, deren unerklaͤrliche Heftigkeit immer zunimmt. Faſt immer folgt vollkommener Verluſt des Appetits und Schlafes, Proſtra— tion, raſche Abmagerung, Trockenheit der Zunge, trockener, angreifender Huſten und Stoͤrung der Geiſtesthaͤtigkeit. Allen dieſen bedenklichen Zufaͤllen geht ein heftiger Fieberanfall voran, welcher bald mit großer Regelmaͤßigkeit ſich wiederholt und 159 bald ſich in ein regelmäßiges Fieber umwandelt. Zwei Kranke ſtarben weniger in Folge der uͤbermaͤßigen Eiterung oder der heftigen Schmerzen, als vielmehr an den allgemeinen Stoͤ— rungen, welche einem typhoͤſen Fieber aͤhnlich waren. Der Urin iſt orangegelb und gewoͤhnlich ſehr uͤbelriechend; bis— weilen zeigen ſich die allgemeinen Symptome gleich zu An— fange, fo daß man ſelbſt ohne die Schmerzen die Abſceßbil— dung befuͤrchten muß. Die Abſceſſe zeigen ſich an allen Koͤrpertheilen; aber ſo entfernt ſie auch von den Harnwegen vorkommen moͤgen, ſo ſind doch faſt immer gleichzeitig Ab— ſceſſe im perinaeo, in der Leiſtengegend, im hypoga- strio und im Scroto zugegen. Bei den beiden letzten Faͤllen, welche ich geſehen habe, ſagt Herr Civiale, waren die Indicationen ſehr undeut— lich und beſonders ſchwer zu erfuͤllen; bei dem einen dieſer Kranken zeigte ſich zuerſt eine wenig teigige Geſchwulſt über dem innern Knoͤchel. Oberflaͤchliche, aber ſehr zahlreiche Scarificationen gaben eine große Quantitaͤt gelblicher Seroſitaͤt. Der Abfluß und die Entzuͤndung verſchwanden; aber bald wurde das Kniegelenk befallen, das ganze Glied wurde ſchmerzhaft, ebenſo der Vorderarm der andern Seite und die allgemeinen Zufaͤlle ſteigerten ſich ſo raſch, daß der Kranke ftarb, bevor noch die Entzündung ihre Stadien durchlaufen hatte; man fand daher auch keine vollſtaͤndige Abſceßhoͤhle, ſondern Eiterergießung zwiſchen den Muskeln und in den Kniegelenken. Herr Civiale iſt nicht abgeneigt, eine gewiſſe Ana— logie zwiſchen dieſen Zufällen und den acuten Rheumatismen anzunehmen. Was die Behandlung betrifft, fo find die antiphlogi— ſtiſchen Mittel gegen die Entzuͤndung ohne Erfolg; wartet man aber deutliche Fluctuationen zur Eroͤffnung der Ab— ſceſſe ab, fo gerathen die Kranken in die größte Gefahr und es erfolgt häufig der Tod. Civiale empfiehlt: 1) zahl- reiche Scarificationen Über die ganze afficirte Oberfläche, wels che ſodann mit erweichenden Cataplasmen bedeckt wird; 2) iſt mit dem Unterhautzellgewebe auch das tiefere Zellge— webe entzuͤndet, ſo helfen die Scarificationen durchaus nichts gegen die Entzuͤndung des letztern. Es iſt alsdann ſchwie— rig oder unmoͤglich, die Ausdehnung der Krankheit zu be— ſtimmen; es widerſtrebt einem (ſo ſagt Herr Civiale), tiefe Einſchnitte zu machen, und doch hat man es, wenn man dieſe verſaͤumt, nachher zu beklagen. 160 Die obige Beobachtung iſt, nach der Gazette méd., wohl auf eine andere Weiſe zu erklaͤren, als es von Ci— viale geſchehen iſt. Ein einfacher Catheterismus mit oder ohne ſo veraͤnderte Verengerung, das Liegenbleiben einer Bougie, die Operation der Lithotriſie, ja eine Verengerung allein ſind im Stande, die Entwickelung von phlebitis in den zahlreichen Venen zu veranlaſſen, welche den Blaſenhals umgeben und die plexus pampiniformes bilden. Dadurch entſtehen alsdann die Abſceſſe in den Lungen u. ſ. w. Die Symptome, welche Civiale aufzaͤhlt, entſprechen denen der dritten Periode der phlebitis. Auffallend iſt, daß Eis viale bei feinen Leichenoͤffnungen nichts von dem Zuſtande der Lungen, der Leber und der Venen ſelbſt anfuͤhrt. SE die Anſicht uͤber phlebitis richtig, ſo iſt auch Civiale's Behandlung nicht empfehlenswerth. Wie will man bei ei— ner allgemeinen Krankheit durch tiefe Inciſionen der Eiter— bildung zu vorkommen? (Bulletin therapeutique in Gaz. méd. No. 38.) Miscellen. Die fubeutane Sehnendurchſchneidung empfiehlt Herr Jules Gue rin auch auf die Gelenkraͤnder auszudehnen, und zwar ſowohl bei waͤſſrigen, blutigen und purulenten Anſammlungen im Gelenke, fo wie bei fremden Körpern innerhalb der Gelenkhoͤh— le, als auch bei unvollkommenen Anchyloſen, ganz beſonders aber bei angebornen oder alten, nicht einrichtbaren Luxationen. Er hat auf dieſe Weiſe bei einem eilfjaͤhrigen Maͤdchen eine angeborne Lu— xation des Sternalendes der clavicula geheilt, welche allen Arten von Behandlung widerſtanden hatte. Der Vorſprung des Schluͤſ— ſelbeinendes war ſehr beträchtlich und der Bandapparat ſehr erſchlafft. Herr Guerin machte unter der Haut in der ganzen Umgebung des Gelenkes Einſchnitte, welche die Gelenkbaͤnder und das Capſel— band trennten; hierauf ſcarificirte er den normalen Stuͤtzpunct des Sternalendes des Schluͤſſelbeines, richtete den Knochen ein, hielt ihn 10 Tage lang unbeweglich und fand ihn darauf an dieſer Stelle durch neue Anwachſungen ſicher befeſtigt. Um des Erfolges ſicherer zu ſeyn, wurde die Operation wiederholt, der Arm einen Monat lang ruhig gehalten, worauf die Bewegungen vollkommen normal waren. (Gaz. méd., No. 38.) Zur Zertheilung der Milzanſchwellungen nach Wechſelfiebern (fogar mit dem darauf folgenden ascites) em: pfiehlt, nach feinen Erfahrungen, Herr Voiſin zu Limoges, ein Mer— curialpflaſter mit 6 — 8 Grammen ſchwefelſaures Chinin auf die Milzgegend zu legen und daſſelbe alle 40 oder 50 Tage zu er— neuern. Gewoͤhnlich genügen zwei bis drei Monate zur Heilung. (Gaz. méd., No. 37.) — nn nn ran ee un Bibliographische Manual of Chemistry. By R. D. Hoblyn. Cour de chimie theorique et pratique. ris 1841. 12. M. K. Par R. Kaeppelin. London 1841. 12. Pa- Neuigkeiten. The Domestic management of the Sickroom, London 1841, 12, System of Midwifery. By Dr, Rigby. London 1841. 12. By Dr. Thomson. Neue Motizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, arfommelt und mitgetheilt von dem Ober · Nedianalratde Fro rien in Weimer, unt dem Mediemasrarhe und Profeſſor Frorie n zu Berlin. No. 363. (Nr. 11. des XVII. Bandes.) Februar 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Natur Ueber die Functionen des Faͤrbeſtoffs in der Haut bei den dunkelfarbigen Menſchenracen. Von Robert Mortimer Glover, Lector der Chemie an der me: diciniſchen Schule zu Neweaſtle-⸗upon⸗Tyne. “) Man hat in Betreff der durch die beſondere Organiſa⸗ tion der Haut bei den dunkelfarbigen Menſchenracen be— dingten Functionen verſchiedene Hypotheſen aufgeſtellt, und die meiſten Phyſiologen ſind den von Sir Everard Home in den Philosophical Transactions vom Jahre 1821 ausgeſprochenen Anſichten beigetreten, da dieſelben ſich auf anſcheinend buͤndige Verſuche und triftige Folgerungen gruͤn— den. Die Experimente Sir Everard's haben aber Mes ſultate ergeben, welche den allgemeinen phyſicaliſchen Ge— ſetzen ruͤckſichtlich der Ausſtrahlung von und Abſorption durch farbige Oberflaͤchen geradezu widerſprechen. Deßhalb fühlte ich mich veranlaßt, den Gegenſtand einer neuen Uns terſuchung zu unterwerfen und mehrere der von Sir E ve— rard angeſtellten Verſuche zu wiederholen Beilaͤufig kann angefuͤhrt werden, daß ſchon von Lord Nin dieſe Unterſuchung in Anregung gebracht wor— den iſt. Die Structur der Haut und ihrer Schichten iſt in Betreff mehrerer Umſtaͤnde noch nicht ganz deutlich erkannt worden; doch bietet fie, fo weit der uns bier beſchaͤftigende Gegenſtand betroffen iſt, keine Schwierigkeit dar. Es ift klar, daß ſich zwiſchen dem Oberhaͤutchen und der Lederhaut eine ſchwammige gefaͤßreiche Schicht befindet, die alſo un— mittelbar uͤber der letztern liegt und einen Beſtandtheil der Hautbedeckungen bildet. Eben ſo ausgemacht iſt, daß in dieſer ſchwammigen Portion der Haut der Faͤrbeſtoff ſeinen Sitz hat, und daß die Tiefe der Faͤrbung einer Haut ſich nach der groͤßern oder geringern Menge dieſes Faͤrbeſtoffs richtet. Der Europaͤer und der Neger bilden alſo in Be— treff dieſer Unterſuchung die Endpuncte der Scala, indem ) Vorgeleſen der British Association, bei deren Zufammens kunft zu Newcaſtle und mitgetheilt im Edinburgh Philos. Journal, Octob, 1840 — Jan, 1841. No. 1463. bB SEE d . bei jenem der Faͤrbeſtoff in ſehr geringer Menge oder von ſehr hellem Tone iſt, während dieſer ihn in ſolcher Menge beſitzt, daß wir bei ihm von einem pigmentum nigrum ſprechen. Zwiſchen dieſen Extremen liegen viele intereſſante Abarten, bei denen die Functionen des Faͤrbeſtoffs gewiß beachtungswerth ſind; indeß beſitzen wir nur in Betreff des Europaͤers oder Weißen und des Negers oder Schwarzen hinreichende Data, um zu buͤndigen Schluͤſſen zu gelangen. Bei vielen farbigen Racen hat man, in der That, nur nach der Analogie auf das Vorhandenſeyn eines dunkeln Pigments geſchloſſen, obwohl das Vorkommen von Albinv’s unter allen Racen die Anſicht beguͤnſtigt, daß ein Piament bei allen vorhanden ſey, ſo daß das in Betreff des Faͤrbe— ſtoffs des Negers Ermittelte, nach der Analogie zu ſchlie— ßen, fuͤr farbige Menſchen jeder Varietaͤt mehr oder weniger gelten duͤrfte. Es iſt kaum woͤglich, den dunkeln Faͤrbeſtoff aus ei: nem andern Geſichtspuncte zu betrachten, als daß ſich die Natur deſſelben als des Mittels bedient habe, durch welches der Menſch in den Stand geſetzt werde, der Einwirkung eines heißen Clima's beſſer zu widerſtehen. So finden wir denn auch, daß dunkelfarbige Menſchen das Clima der hei— ßen Zone beſſer vertragen, als acclimatiſirte Europaͤer oder dort geborene Weiße. Auch ſprechen mebrere Umſtaͤnde da— für, daß dieſe Fähigkeit, ein fo heißes Clima aus zuhalten, mit der Entwickelung des dunkeln Farbeftoffs im Cauſalne— zus ſtehe. So koͤnnen, z. B., die Albino's von Guinea, welche ſich ſowohl von ihren Landsleuten, als den Euro— paͤern durch die gaͤnzliche Abweſenheit des Farbeſtoffs unters ſcheiden, manchen Schriftſtellern zufolge, noch weniger, als die Europaͤer, der Hitze ihres Vaterlands widerſtehen, und ihre Haut ſoll, wenn ſie den Sonnenſtrahlen ausgeſetzt wird, aufſpringen und blaſig werden. Herr Granidge hat, wie er mir mittheilt, Aehnliches auf Barbadoes beobachtet. Wenn wir nun bedenken, daß auch der Europaͤer zwiſchen der Lederhaut und dem Oberhaͤutchen Farbeſtoff haben muß, indem er ſich in dieſer Beziehung vom Albino 11 163 unterſcheidet, fo ſcheint zwiſchen der Entwickelung des Fars beſtoffs (und wahrſcheinlich auch des rete mucosum) und der Fahigkeit, der Sonnenhitze in heißen Laͤndern zu wider— ſtehen, ein gewiſſes Verhaͤltniß obzuwalten. Offenbar haben wir bei dieſer Unterſuchung nicht nur die phyſicaliſchen Eigenſchaften der in Betracht kommenden Organiſation, oder lediglich deren vitale Eigenſchaften, ſon— dern deren geſammte Einwirkung und Ruͤckwirkung und de— ren Geſammteinfluß auf das Individuum zu ermitteln. Vor der Bekanntmachung des Aufſatzes des Sir Everard Home konnte man, weil der Gegenſtand noch nach keiner Seite hin eroͤrtert worden war, nicht begreifen, wie eine dunkele Faͤrbung, die, der Analogie zufolge, die Abſorption des Waͤrmeſtoffs beguͤnſtigen mußte, den, der eine ſolche beſaß, in den heißeſten Laͤndern der Erde vor dieſer Abſor— ption ſchuͤtzen konnte. Durch das Erſcheinen der Anſichten des Sir Everard ſind aber, wie es ſcheint, irrige Mei— nungen uͤber dieſe Sache verbreitet worden. Was Sir Everard uͤber die Wirkungsart des Pig— ments geſagt hatte, galt bisher den Phyſiologen als unbe— dingt wahr, und beſteht, wie Dr. Aliſon ſich ausdruͤckt, kurz gefaßt, in Folgendem: „Die Secretion auf der eis gentlichen Haut (cutis, Lederhaut), welche der Haut ihre ſchwarze Faͤrbung ertheilt, ſcheint dazu behuͤlflich, den Men— ſchen zum Bewohnen heißer Climate geſchickt zu machen; denn obwohl eine ſolche Haut unter der directen Einwirkung der Sonnenſtrahlen mehr Waͤrmeſtoff abſorbirt und folglich heißer wird, als eine weiße Haut, ſo entzuͤndet ſie ſich doch durch eine hohe Temperatur nicht ſo leicht, wie die letztere.“ Hiermit will Dr. Aliſon offenbar ſagen, daß, obwohl die Haut eines Negers, wenn die Sonne darauf ſcheint, heißer wird, als die eines Europaͤers unter denſelben Um— ſtaͤnden, ſie ſich doch bei dieſer hoͤhern Temperatur weniger leicht entzuͤndet, als die des Europaͤers bei ihrer niedrigern. Zu dieſem Schluſſe gelangt naͤmlich Sir Everard Home, deſſen Aufſatz ich nun beleuchten werde. Sir Everard Home's Aufſatz enthaͤlt angebliche Thatſachen, ſo wie Verſuche, aus denen ſich ergeben ſoll, daß der Neger faͤhiger iſt, als der Europaͤer, Sonnenſtrah— len von ungemeiner Hitze zu vertragen, und dieß wird der angeblichen Eigenſchaft der dunkeln Farbe zugeſchrieben, daß ſie den Sonnenſtrahlen die Kraft benehmen, die Haut riſ— ſig und ſchwaͤrend zu machen. Die erſtere Folgerung haben wir bereits zugegeben, und wir haben nun die Umſtaͤnde zu betrachten, auf welche Sir Everard die zweite gruͤndet. Als Sir Everard einſt auf dem den Strahlen der Tropenſonne ausgeſetzten Verdecke eines Schiffes eingeſchla— fen war, fand er bei'm Erwachen, daß die Haut ſeines Schenkels durch ein Paar duͤnne leinene Hoſen hindurch verſengt war. Auf dieſe einzige Beobachtung wird dann der umfaſſende Schluß gegruͤndet, daß Schwarz gegen die Sonnenſtrahlen beſſer ſchuͤtze, als Weiß. Hierauf wird ein Verſuch erzaͤhlt, bei welchem Sir Ebb rard feine Hand 46 Minuten lang den Sonnenſtrah— len ausſetzte, waͤhrend ein daran befindliches Thermometer 909 ¶, . zeigte. Die Haut ward dadurch blaſig, und es 164 ſchwitzte coagulirte Lymphe aus. Ich habe dieſe Wirkung durch Concentrirung der Sonnenſtrahlen, ſo daß dieſe die— ſelbe Temperatur erzeugten, zu erreichen geſucht; aber nach— dem ich dieß ein Paar Minuten lang fortgeſetzt hatte und meine Geduld erſchoͤpft war, zeigte ſich nichts, als eine ge— linde Roͤthung. Vor ſechs' Jahren ſaß ich auf einem Schiffe in der Naͤhe der Algierſchen Kuͤſte eine halbe Stunde lang unbeweglich in der Sonne, fo daß der größere Theil mei— nes Geſichtes unbedeckt war, waͤhrend das Thermometer bedeutend über 100° zeigte, und obgleich mir die Haut des Geſichtes verſengt ward, ſo traten doch keine ſo bedeutenden Wirkungen ein, wie die von Sir Everard berichteten. Sir Everard verſuchte demnaͤchſt, die entzuͤndende und blaſenziehende Kraft der Sonnenſtrahlen mit der des heißen Waſſers zu vergleichen. Er meint, Waſſer von 1209 F. veranlaffe ein ſchmerzhaftes Brennen, und bei höherer Temperatur ſey der Schmerz unertraͤglich. Aus einer Ver— gleichung dieſes Verſuchs mit dem vorigen zieht er den Schluß, daß die Sonnenſtrahlen im Verhaͤltniſſe zu ihrer Temperatur ſtark blaſenziehend wirken. Bei einem dritten Verſuche ſetzte er die Ruͤckenflaͤchen ſeiner beiden Haͤnde den Sonnenſtrahlen in der Art aus, daß die eine unbedeckt, die andere mit ſchwarzem Tuche uͤberzogen war. Auf jeder Hand befand ſich ein Thermo— meter, welches bei der letztern unter dem Tuche war. Zehn Minuten ſpaͤter wurde der Waͤrmegrad beobachtet und der Zuſtand der Haut bei beiden Haͤnden unterſucht. Das Ex— periment ward dreimal wiederholt. Waͤhrend des letztern Verſuchs ſtand das mit Tuch bedeckte Thermometer auf 106, das andere auf 989. Die bloße Hand ward bei al— len Verſuchen verſengt; die bedeckte litt durchaus nicht. Ich habe dieſen Verſuch nicht wiederholt, weil er offenbar teügerifch iſt; denn da ſich die Kugel des Thermometers zwiſchen dem Tuche und der Hand befand, ſo war zwiſchen beiden eine Luͤcke, durch welche die vom Tuche kommende Hitze nur mittelſt der Strahlung oder Fortleitung durch das Thermometer fortgehen konnte, daher keine unmittelbare Uebertragung der Hitze vom Tuche auf die Hand ſtattfand, fo daß ſich die Hitze nicht auf der Haut concentriren konnte. Bei einem vierten Verſuche ertrug ein Neger die Son— nenſtrahlen auf ſeiner Hand, als ein mit dieſer in Beruͤh— rung befindliches Thermometer 100 zeigte, und die Haut ward durchaus nicht verſengt. Da die hier in Rede ſte— hende Verſengung nur eine gelinde Roͤthung ſeyn konnte, ſo war ſie wohl auf der dunkeln Haut des Negers nicht zu bemerken. Jedoch will ich das Reſultat dieſes Experi— ments nicht in Zweifel ſtellen. Sir Everard bemerkte bei ſeinem naͤchſten Verſuche, der waͤhrend einer Sonnenfinſterniß angeſtellt ward, daß, als die Sonnenſcheibe weniger und weniger bedeckt ward, die verſengende Kraft der mittelſt eines Brennglaſes concentrir— ten Strahlen in einem ſtaͤrkern Verhaͤltniſſe wuchs, als ſich aus der bloßen Erhoͤhung der Temperatur waͤhrend des Ver— ſuchs ergab. Daraus ſchließt Sir Everard, daß der Mehrbetrag der Wirkung durch die groͤßere Quantitaͤt Licht erreicht wird, welche im Verlaufe des Verſuchs die Waͤrme 165 der Sonnenſtrahlen begleitete. Schlägt man den Aufſatz in den Philosophical Transactions nach, fo wird man ſich leicht davon uͤberzeugen, daß dieſer Schluß auf unzu— laͤngliche Praͤmiſſen gegruͤndet iſt. Auf den ſiebenten Verſuch haben Sir E verard und die ihm beipflichtenden Phyſiologen das meiſte Gewicht gelegt. Wir erfahren, daß am 9. September um 11 Uhr Vorm., als das Thermometer in der Sonne 90° zeigte, die auf ein um den Arm gewickeltes Stuͤck ſchwarzen Kaſi— mirs fallenden concentrirten Sonnenſtrahlen, ſelbſt nachdem ſie 15 Minuten lang eingewirkt hatten, keine eigentlich ſchmerzhafte Empfindung, auch keine Roͤthung des Armes veranlaßten; waͤhrend, wenn man weißen Kaſimir anwandte und die eben ſo ſtark concentrirten Sonnenſtrahlen eben ſo lange einwirken ließ, als das Thermometer in der Sonne nur auf 86° fland, die Haut blaſig ward. Nach dieſem, gegen die vorhergehenden gehaltenen Verſuche haͤlt man fuͤr völlig ausgemacht, daß, obwohl ſchwarze Oberflächen in der Sonne ſtaͤrker erwaͤrmt werden, als weiße, ſie dennoch die Koͤrperoberflaͤche weniger verſengen, indem die verſengende Einwirkung auf dem Zuſammenwirken der Waͤrme und des Lichts beruhe, welches letztere durch die ſchwarze Oberflaͤche ausgeſchloſſen werde. Ich will zuerſt meiner Wiederholung dieſes Verſuches gedenken und dann Sir Everard's Aus: legung beleuchten. Ich habe zu ermitteln verſucht, in welchem Grade die Abſorption des Waͤrmeſtoffs durch ſchwarzes und weißes Tuch den Stand des Thermometers erhöht, um die gewon— nenen Reſultate mit der Wirkung derſelben Tucharten, wenn fie auf der Hautoberflaͤche den Sonnenſtrahlen ausgeſetzt ſind, ſo wie mit der Wirkung der letztern auf die nackte Haut zu vergleichen. Als das Thermometer in der Sonne auf etwa 80° ſtand, veranlaßten die auf eine mit weißem Tuche uͤberzogene Thermometerkugel fallenden, mittelſt eines Brennglaſes auf einen Raum von 12 Zoll Durchm. con⸗ centrirten Sonnenſtrahlen, nach meinen Verſuchen, binnen + Stunde ein Steigen der Temperatur bis 125° ). Als ſchwarzes Tuch angewandt wurde, betrug die Erhoͤhung bin— nen derſelben Zeit 1729. In fuͤnf Minuten erhob ſich der Thermometerſtand bei weißem Tuche bis 108°, bei ſchwar— zem bis 140°; und bei einigen Verſuchen in einem dem Ergebniſſe der laͤngern Verſuchszeit naͤher kommenden Ver— haͤltniſſe. Als ſchwarzes und weißes Tuch bei derſelben Tempe— ratur und demſelben Grade von Concentrirung auf die Haut gelegt wurden, veranlaßte das erſtere gewoͤhnlich binnen we— nigen Minuten heftigen Schmerz, und wenn man es 6, hoͤchſtens 7 Minuten liegen ließ, zog es Blaſen. Bei der Anwendung des weißen Tuches waͤhrend eben ſo langer Zeit zeigte ſich nur ſehr geringe ſichtbare Wirkung, wiewohl zuweilen bedeutende Schmerzen entſtanden. Der Verſuch wurde an mehreren Perſonen angeſtellt, die ſaͤmmtlich bei Anwendung des ſchwarzen Tuchs fruͤher Schmerz empfan— ) Der Durchmeſſer des Brennglaſes iſt im Originale nicht an⸗ gegeben. D. Ueberſ. 166 den, als bei der des weißen. Ich fand uͤberhaupt den von Sir Everard beobachteten Unterſchied nicht beſtaͤtigt, ob— wohl allerdings, wie geſagt, das ſchwarze Tuch weit mehr blaſenziehend wirkte, als das weiße. Nach vielen Verſuchen muß ich ſchließen, daß die Sonnenſtrahlen ſengend wirken, wenn fie die Hautoberflaͤche bis 130° und darüber erhitzen, und nach dem von Sir Everard erwaͤhnten Experimente ſcheint heißes Waſſer bei jener Temperatur eine aͤhnliche Wirkung zu erzeugen. Hiernach bin ich geneigt, den Son— nenſtrahlen keine beſondere ſengende Kraft zuzuſchreiben, die von der in ihnen enthaltenen Waͤrme oder wenigſtens von ihrer Wirkung auf das Thermometer unabhaͤngig wäre. Wenn uͤbrigens eine ſolche Faͤhigkeit wirklich exiſtirte, ſo wuͤrde doch ſchwarzes Tuch mehr ſengen, als weißes, da es alle Lichtſtrahlen abſorbirt, waͤhrend letzteres ſie zuruͤckwirft. Bei den von mir angeſtellten Verſuchen ward darauf geſehen, daß das ſchwarze Tuch, fo viel möglich, dieſelbe Dicht= heit beſaß, wie das weiße. Sir Everard ſchien mit der von ihm aufgeſtellten Erklärung der außerordentlichen That: ſache, die er berichtet, nicht ganz zufrieden; denn er theilt noch eine von Davy herruͤhrende mit, der den angeblichen Unterſchied in der blafenziehenden Kraft der ſchwarzen und wei— ßen Oberflächen in dem Umſtande ſucht, daß erſtere die Waͤr— me fuͤhlbar machen ſollen. Staͤnde dieß nicht in den Philosophical Transactions, fo könnte man einen Druck— fehler vermuthen. Eine ſchwarze Haut abſorbirt ein fuͤr allemal mehr Waͤrme, als eine weiße, und wenn ſie dem Träger derſelben nicht in demſelben Verhaͤltniſſe laͤſti— ger wird, ſo iſt der Grund in andern Umſtaͤnden zu ſu— chen. Man darf indeß den Umſtand nicht uͤberſehen, daß, das Pigment des Negers nicht auf der Oberflaͤche liegt, ſondern mit der durchſcheinenden epidermis bedeckt iſt. Die Verſuche des Dr. Stark beweiſen, daß die Farben durch durchſcheinende Medien hindurch Waͤrme im geraden Ver— haͤltniſſe zu der Tiefe ihres Tones aufſaugen. Man hat nur nachzuweiſen, daß das Oberhaͤutchen als ein ſolches Medium wirkt. Zu dieſem Ende bedeckte ich die Kugeln eines Differentialthermometers, die eine mit gewoͤhnlicher epidermis, die andere mit epidermis von derſelben Staͤr— ke, deren innere Flaͤche aber mit Beinſchwarz angerieben war. Als nun das Thermometer den Sonnenſtrahlen aus— geſetzt ward, ſank die Fluͤſſigkeitsſaͤule in dem Schenkel, dei: fon Kugel mit der geſchwaͤrzten epidermis bedeckt war, ſehr ſchleunig. Aus den Reſultaten der hier angegebenen Verſuche ergiebt ſich, daß, wenn die Wärme local oder fo einwirkt, daß der Ausduͤnſtungsproceß nicht auf der ganzen Körpers oberfläche geſteigert wird, ein weit geringerer Hitzgrad ertra— gen werden kann, als der, welchen Sir Joſeph Banks und Andere in geheizten Zimmern ausgehalten haben. Dieſer Umſtand führt mich auf eine Vermuthung ruͤck— ſichtlich der Functionen oder des Nutzens der Faͤrbung ver⸗ ſchiedener Menſchenracen. Blumenbach und Dr. Win: terbottom nehmen beide an, daß der Neger leichter ſchwitze, als der Europaͤer, und Dr. John Davy weiſ't in den Medico-Chirurgical Transactions (Bd. III.) die: 1 167 fer Eigenſchaft ihre eigentliche Beſtimmung an. Nachdem et bemerkt hat, daß die ſtarke Ausduͤnſtung der Schwarzen die Temperatur derſelben erniedrigen muͤſſe, faͤhrt er fort: „Bei den Bewohnern der Tropenlaͤnder ſcheinen die aus— hauchenden Arterien der Haut ungewoͤhnlich ſtark zu ſeyn und der ganze dieſer Secretion dienende Apparat eine uns gemein ſtarke Entwickelung zu beſitzen, und ich glaube, daß das Blut ſelbſt weniger klebrig und fluͤſſiger iſt, alſo leich— ter durch die Gefaͤße ſtroͤmt, folglich die Ausduͤnſtung be— günſtigt; daß alſo auf dieſe Weiſe die Abkühlung der Haut: bedeckungen beguͤnſtigt wird, und da das Blut ſelbſt dort kuͤhler wird, daſſelbe bei ſeinem Zuruͤckſtroͤmen nach dem Herzen da zu beiträgt, die Temperatur der innern Theile nie: driger zu halten.“ Beſaͤßen die Bewohner der Tropenlaͤnder nicht dieſe Organiſation, fo koͤnnte ihre Conſtitution dem durch die Hitze veranlaßten Reize nicht durch das Zuſtroͤmen der Fluͤſ— ſigkeiten nach der Oberflaͤche des Körpers entſprechen; und wie die von der Haut abſorbirte Wärme durch den Aus: dunſtungsproceß verhindert wird, in den Ocganismus einzu— dringen, ſo muß auch die ſtaͤrkere Ausſtrahlungskraft einer dunkelgefaͤrbten Haut den Verkuͤhlungsproceß befördern. Die dunkele Haut ſtimmt ferner darin mit den Be— dingungen uͤberein, denen der Neger in ſeinem heißen Clima unterworfen iſt, daß dieſer bei Nacht mehr Waͤrme aus— ſtrahlt und folglich unter denſelben Umſtaͤnden ſtaͤrker abge— kuͤhlt wird, als der Weiße. Dieſe Thatſache iſt in Betreff der Neger oft beobachtet worden. Sie haben eine große Neigung, des Nachts unter freiem Himmel zu arbeiten. So leſen wir, daß, als Hanns's Flotte vor dem Neger— lande verbeifuhr, bei Tage ſich nichts als ſchweigende Waͤl— der und nirgends ein Menſch zeigte, aber des Nachts uͤberall Feuer brannten und die Waͤlder von Luſtgeſchrei widerhall— ten. In einem Clima, wo bei Tage alle Gewaͤchſe ver— ſchmachten, der Boden riſſig wird und alle Thiere wie ge⸗ laͤhmt ſind, des Nachts aber kuͤhle Winde die Natur neu beleben, die Pflanzen voll großer Thautropfen ſtehen und die Thiere ihre Schlupfwinkel verlaſſen, da fuͤhlt ſich auch der durch die Beſchaffenheit ſeiner Haut zum Ausſtrahlen der Waͤrme vorzugsweiſe befaͤhigte Menſch vorzuͤglich des Nachts aufgelegt, ſeine Koͤrperkraͤfte in Thaͤtigkeit zu ſetzen, die durch die ſpannendere Luft kaͤlterer Climate beſtaͤndig in dienſtfaͤ— higem Zuſtande erhalten werden, Merkwuͤrdige Angaben über die Beſchaffenheit des Waſſers an der Weſtkuͤſte von Africa. Die Lords der Admirglität zu London uͤberſandten unlängft dem Prefeſſor Daniell vom King's College acht Flaſchen Walz fer, weiche in den Fluͤſſen und in der See unfern der Kuͤſte von Africa gefuͤllt worden waren, mit der Bitte, dieſe Waſſer zu analyſiren und darüber Bericht abzuſtatten, inwiefern dieſe Waf: ſerarten ſchaͤdlich auf den Kupferbeſchlag der Schiffe einwirkten, welcher in denſelben ungemein ſchnell zu Grunde gerichtet werde, Beiläufig gelangte man zur Kenntniß einiger ſehr intereſſanten Reſultate, welche auf die wahrſcheinliche Urſache des Miasma hin: beuten, das an jener Kuͤſte ſo verderblich wirkt wohin im gegen— wärtigen Augenblicke die Nigererpedition abgeht. „Der merkwuͤr— 168 digſte umſtand, der ſich aus der chemiſchen Unterſuchung dieſer Waſſerarten ergiebt, ſagt Profeſſor Daniell, iſt, daß die meiſten ſehr ſtark mit Schwefelwaſſerſtoffgas geſchwangert find, das in dem von der Lopez-Bai beinahe in derſelben Menge vorhanden iſt, wie in dem der Quelle von Harrowgate. Die Verhaͤltnißtheile der fetinifhen Beſtandtheile weichen von denen, die man im Seewaſſer gewoͤhnlich trifft, nicht weſentlich ab. Die außerordentliche Menge jenes Gaſes erregte anfangs den Verdacht, daß es erſt nach dem Einfuͤllen des Waſſers in die Flaſchen durch Zerſetzung irgend ei— ner animaliſchen oder vegetabiliſchen Subſtanz entſtanden ſey; als lein dieſe Annahme wäre völlig unbegründet. Auf der andern Seite läßt ſich ſchwer begreifen, wie ein fo auffallender und wich- tiger Umſtand, naͤmlich daß das Seewaſſer längs einer fo ausge: dehnten Kuͤſte fo ſtark mit einem giftigen Gaſe geſchwaͤngert iſt, bisher unbemerkt bleiben konnte. Es waͤre in vielfacher Beziehung hoͤchſt wünſchenswerth, daß derſelbe außer allen Zweifel geſtellt und der Grad der Anfhwängeruny des Seewaſſers mit Schwefel waſſerſtoffgas in Betreff der verſchiedenen Localitaͤten genauer in Erfahrung gebracht wuͤrde. Die Wirkung dieſes Gaſes auf den Kupferbeſchlag der Schiffe muß, ohne Zweifel, hoͤchſt nachtheilig ſeyn, und noch wichtiger iſt die Frage, ob daſſelbe nicht etwa der Grund iſt, weßhalb jene Kuͤſten ſo ungemein ungeſund ſind. Als ich mich um Angaben über bereits fruher gemachte aͤhnliche Beobachtungen umthat, fand ich in den Philosophical Transac- tions vom Jahre 1839 eine Abhandlung vom verftorbenen Dr. Marcet, uͤberſchrieben: „Die ſpeciſiſche Schwere und Temperatur des Waſſers in verſchiedenen Theilen des Oceans, fo wie in beſon— dern Meeren, nebſt einigen Nachrichten über deſſen ſaliniſche Ber ſtandtheile““ Unter ſechszehn von ihm unterſuchten Proben fand er eine vom Capitaͤn Hall aus dem gelben Meere, einem Theile des Chineſiſchen Oceans, mitgebrachte, welche mit Schwefelwaſſer— ſtoffgas ſo ſtark geſchwaͤngert geweſen zu ſeyn ſcheint, wie die von mir eben unterſuchten, von der africaniſchen Küfte ſtammenden, und in Betreff derſelben bemerkt Dr. Marcet, daß noch nicht gehörig ermittelt ſey, wie ſich Schwefel im Seewaſſer erzeuge. Auch beobachtete Dr. Marcet an einer von Herrn Schmidt⸗ meyer, auf deſſen Reiſe nach Suͤdamerica unter 10° 50“ N. Br. und 24 26“ W. L. eingefuͤllten Seewaſſerprobe einen Schwefelle— bergeruch, fo wie, daß die Flaſche, in weicher das Waſſer gewe— fen, ſchwarz beſchlagen war. Wenn ſich dieſe merkwürdige Er: ſcheinung beſtaͤtigen ſollte, ſo wuͤrde ſich wahrſcheinlich ergeben, daß das Schwefelwaſſerſtoffgas im Seewaſſer deſſelben Urſprungs iſt, wie das in verſchledenen Salzſeen in mehreren Welttheilen, aus denen man Natron gewinnt. Der Schlamm des Lonarſees in Indien, eines Sees bei Maracaibo in Suͤdamerica, ſo wie aͤhnli— cher Seen in Nordafrica, enthaͤlt viel Schwefelwaſſerſtoffgas, dem man, in dieſer feiner Miſchung mit thonigen Stoffen, einen vul— caniſchen Urſprung hat zuſchreiben wollen. Herr Malcolmſon bemerkt aber, in einer den Geological Transactions unlaͤngſt eins verleibten trefflichen Abhandlung, er habe dierſelbe Erſcheinung in den mit ſalzigem Waſſer gefüllten Buchten Oſtindiens überall beobachtet, wo der Grund thonige und Eohlige Stoffe enthalte, und mißt dieſelbe der Zerſetzung der im Waſſer enthaltenen ſchwe— felſauren Salze durch den Kohlenſtoff bei, während der Thon nur die Entweichung des Gaſes in die Atmoſphaͤre oder das Waſſer durch die Adhaͤſionskraft verhindere. Der Gegenſtand iſt ſowohl in practiſcher, als in theoretiſcher Beziehung vom hoͤchſten Inter— eſſe und der ferneren Unterſuchung gewiß werth.“ b In einem ſpaͤtern Berichte über ferner chemiſch unterſuchte Waſſerproben, bemerkt Profeſſor Dantell: „Man kann ſich nicht enthalten, über den Urſprung des geſundheitſchaͤdlichen Gaſes, von welchem nun bewieſen iſt, daß es ſich in einer Ausdehnung von 16 Breitegraden laͤngs der weſtlichen africaniſchen Kuͤſte im Seewaſſer in großer Menge findet, weiter nachzuforſchen. Mir ſcheint es, als ob nur zwei Entſtehungsurſachen beruͤckſichtigungs⸗ werth fegen, nämlich die unter dem Meeresgrunde thätigen vulca⸗ niſchen Kraͤfte, in welchem Falle die Entbindung des Gaſes eine directe und primäre ſeyn würde, und das Reaglkren vegetabiliſcher Stoffe auf die falinifchen Beſtandtheile des Seewaſſers, in welchem Falle wir es mit einer ſecundaͤren Wirkung zu thun haͤtten. Fuͤr 169 den vulcaniſchen Urſprung ſprechen, meines Erachtens, nur wenige Umſtäande; und zumal iſt dieſer Annahme die Abweſenheit aller ubrigen vulcaniſchen Erſcheinungen längs dieſem ausgedehnten Ku— ſtenſtriche entgegen. Dagegen wird die zweite moͤgliche Entſte— hungsart durch das, was wir über die Einwirkung vegetabiliſcher Stoffe auf die ſchwefelſauren Salze wiſſen, deßhalb ſehr wahre ſcheinlich, weil die Fluſſe eine ſo gewaltige Menge Pflanzenſtoffe in die See führen und an der Kuſte mit den ſaliniſchen Beſtano— theilen des Seewaſſers in Berührung bringen. Faulende Pflan— zenſtoffe entziehen dem ſchwefelſauren Natron Sauerſtoff, und ſo entſteyt Sodium⸗Sulphuret. Dieſer wirkt hinwiederum auf das Waſſer zerſetzend, und eines der Producte dieſer Zerſetzung iſt Schwefelwaſſerſtoffgas. In den verſchiedenen von mir der chemi— ſchen Analyſe unterworfenen Waſſerproben befindet ſich eine be— deutende Quantität ſchwefelſauren Natrons, und es laͤßt ſich, mei— nes Erachtens, nicht bezweifeln, daß ſich vor den Muͤndungen der meiſten Stroͤme der Weſtkuͤſte Africa's innerhalb der Wendekreiſe gewaltige Schlammbänke bilden, die mehrentheils aus vflanzenab— fällen beſtehen, welche ſich gerade in dem der fraglichen Zerſetzung günftigften Zuſtande befinden. Dieſe Anſicht beruht auf erfahrungs— mäßigen Gründen und ſchlußgerechten Betrachtungen über die Uns geſundheit gewiſſer uͤbel beruͤchtigter Gegenden, wo faulende, von einer tropiſchen Vegetation herrührende Stoffe mit Seewaſſer in Beruͤhrung kommen. Ich werde mehr und mehr davon uͤberzeugt, daß die Entwickelung von Schwefelwaſſerſtoffgas mit der Schaͤd— lichkeit der Luft jener Gegenden in der engſten Beziehung ſteht. Als ich zum erſten Male uͤber dieſen Gegenſtand nachdachte, wun— derte ich mich darüber, daß der ekelhafte Geruch, der ſich nothwen— dig bei der Hitze des Tropenclima's aus Waſſer entbinden muß, das ſo ſtark mit Schwefelwaſſerſtoffgas verſetzt iſt, ſo viel mir be— wußt noch nicht bemerkt worden war. Ich ſchlug deßhalb meh— rere neuere Reiſebeſchreibungen nach und fand in der Befchreis bung der Expedition in's Innere Africa's auf dem Niger, von Mac— Gregor Laird und R. A. B. Oldfield, folgende ſehr beach— tungswerthe Stelle: „Die vorzuͤglichſten prädisponirenden Urſa— chen der ſchreckenerregenden Sterblichkeit lagen, meines Erachtens, in dem ploͤtzlichen Uebergange vom offenen Meere in den engen ſich ſchlaͤngelnden Fluß, in der Abweſenheit der Seewinde und den pe— ſtilenzialiſchen Miasmen der benachbarten Moraͤſte, denen wir all⸗ nächtlich ausgeſetzt waren. Nur wer den graͤßlichen, ekelhaften Geſtank dieſes miasma aus Erfahrung kennt, kann ſich einen Begriff davon machen. Beſchreiben laͤßt ſich das jaͤmmerliche Ge— fuͤhl, von welchem man vor und nach Tagesanbruche befallen wird, nicht. In jenen verwuͤnſchten Moraͤſten iſt man nicht nur koͤrper⸗ lich, ſondern auch geiſtig niedergeſchlagen, und es gehoͤrt eine ge— waltige Anſtrengung dazu, um des Gefuͤhls der Schwere, Schlaff— heit und des Ekels Meiſter zu werden.“ Dieſe Beobachtung ward aber gerade in der Gegend gemacht, in welcher mehrere der von mir zuerſt unterſuchten Waſſerproben geſammelt wurden, und wir beſitzen nunmehr hinlangliche Data, um die ſchnelle Verderbniß des Kupferbeſchlags der Schiffe und die große Sterblichkeit in denſelben Gegenden einer und derſelben Urſache beizumeſſen Durch Verſuche hat man ermittelt, daß „55 Schwefelwaſſerſtoffgas in der Atmo⸗ ſphaͤre hinreicht, um als wirkliches Gift auf kleine Thiere zu wirs ken, und die Empfindung von Hinfaͤlligkeit und Ekel, von welcher Herr Laird redet, iſt gerade diejenige, die von Perſonen verfpürt 170 worden iſt, welche ſich verſuchsweiſe der Einwirkung kleiner Mi— ſchungsmengen jenes giftigen Gaſes ausgeſetzt haben. Die eigen— thumliche Ungeſundheit der Mangrovens Moräfte, uͤberau, wo der: gleichen ſich finden, bat ihren Grund ſicher darin, daß jener Baum zu ſeinem Gedeihen Salzwaſſer verlangt und daß folglich deſſen abfallendes Laub mit den ſchwefelſauren Salzen ſofort in Wed: ſelwirkung tritt. Dieſe Hypotheſe wird auch durch die, ſo viel ich weiß, ausgemachte Thatſache unterftügt, daß die Ungeſundheit fol cher Localitäten ſich nie weit landeinwärts erſtreckt. (Athenaeum). Miscellen. In Betreff der Hohe der Fluth im Mit telmeere bemerkte Herr W. C. Trevelyan (f. Edinb, philos. Journ., Oct. 1840 — Jan. 1841), daß die bisher darüber aufgeſtellten Anſichten ſehr irrig ſeyen, wie man denn, z. B., im Artikel Phy- sical Geography der Encyclopaedia Britannica leſe, man fpüre die Fluth dort kaum, indem fie unregelmäßig eintrete und ſich ſel— ten 6 Zoll über den mittlern Stand der Meeresflaͤche erhebe. Ja, man ſcheine ziemlich allgemein zu glauben, die Fluth fehle in je: nem Meere ganz. Herr T. hat ſich aber durch im alten Haven von Antium an der Kuͤſte des Kirchenſtaats im Sommer 1836 an: geſtellte Beobachtungen davon uͤberzeugt, daß die Fluth dort voll: kommen regelmäßig eintritt und eine Höhe von etwa 14 Zoll er- reicht. Im oͤſtlichen Theile des Mittelmeeres ſoll ſie, neuern Beob— achtungen zufolge, noch höher ſteigen, und nur in dem weſt lich ſten Theile ſcheint ſie unmerklich zu ſeyn. Im engen adriatiſchen Meere fteigen die Fluthen begreiflicher Weiſe verhaͤltnißmaͤßig hoch, was den Alten ſchon bekannt war und wovon ſpaͤter Dr. Bianchi von Rimini (ſ. Jani Planci Ariminiensis de Conchis minus notis li- ber; cui accessit specimen aestus reciproci maris superi ad li- tus portumque Arimini. Edit. altera. Romae 1760. 4.) Zeug⸗ niß ablegte. In dieſer, durch die Zabl und Genauigkeit der Beob— achtungen für jene Zeit hoͤchſt ausgezeichneten Schrift weiſ't der Verfaſſer nicht nur nach, daß die Ebbe und Fluth in jenem Meer: buſen regelmäßig eintritt, ſondern auch, daß fie bei'im Neu- und Vollmond einen Unterſchied von faſt 4 Fuß engliſch, ſo wie, daß ſie bei'm erſten und letzten Viertel einen ſolchen von 2 Fuß in der Meereshoͤhe bewirken. Galilei beobachtete bei Venedig einen Unterſchied von 6 bis 7 F. engl. zwiſchen Ebbe und Fluth, und giebt an, daß es ſich im Adriatiſchen Meere uͤberhaupt ſo verhalte. Ueber die Anopleura Britanniae hat Herr Dennys eine durch ſo genaue Beobachtungen und ſo vortreffliche Zeichnun— gen erläuterte Abhandlung der British Association in ihrer vorjäh⸗ rigen Verſammlung zu Glasgow vorgelegt, daß dieſer Verein zur Herausgabe jener Monographie die Summe von 50 Pfd. Sterling als Beihülfe bewilligt hat. Da aber auch dadurch kaum die Koſten des ſorgfaͤltigen Stichs und der Colorirung gedeckt werden, ſo for— dern die Herausgeber der Annals and Magazine of Natural Hi- tsory ihre zoologiſchen und beſonders ornithologiſchen und ento— mologiſchen Leſer zur Subſcription auf und machen dabei folgende Bemerkung: „Die Schmarotzerthiere ſcheinen an die Gattungen und in vielen Faͤllen an die Species gebunden zu ſeyn und koͤn— nen alſo dazu helfen, um nah verwandte Species (der Voͤgel) zu unterſcheiden.“ Das Werk wird zwanzig bis dreißig colorirte Ku: pfertafeln enthalten und eine Guinee koſten. n Bemerkungen uͤber die Verbindung von Tuberkeln mit dem Mangel an faͤrbenden Theilen des Blu— tes und uͤber Anwendung des Eiſens. Von J. B. Harriſon. Die Krankheit kann als eine Verkettung krankhafter Zuſtaͤnde, welche als Urſache und Wirkung unter einander verbunden ſind und einen beſtimmten Verlauf verfolgen, be— trachtet werden; ein Zuſtand iſt das Reſultat eines fruͤhe— ren und wiederum die Urſache einer nachfolgenden Stoͤrung. Bei denjenigen Krankheiten, welche außerhalb des Bereiches aͤrztlicher Einwirkung liegen, ſollten wir nun aufmerkſam und ſorgfaͤltig die erſten Krankheitserſcheinungen aufſuchen. Der erſte Zuſtand iſt vielleicht noch ein ſolcher, der ſich ver— 171 beffern läßt. Dennoch find forgfältige Unterſuchungen über die leichten Abweichungen von der Gefundheit, welche den Grund zu hoff ungsloſen Krankheiten legen, leider zu ſehr vernachlaͤſſigt; hat alsdann eine Reihe krankhafter Veraͤnde— rungen erſt zu der Schlußkrankheit geführt, fo iſt es zu ſpaͤt zur Beſeitigung des Uebels. Zu dieſen Bemerkungen fuͤhrt zunaͤchſt die Ruͤckſicht auf den Urſprung der Tuber— keln, indem gerade bei dieſer Krankheit eine Erforſchung des Zuſtandes, welcher der Entwickelung der Schwindſucht vor— ausgeht, zu nuͤtzlichen Schluͤſſen fuͤhren und Veranlaſſung geben koͤnnte, daß man dieſen Zuſtand verbeſſerte. Es ſcheint wahrſcheinlich, daß einer der erſten Schritte zur Entwickelung des Tuberkels eine Veraͤnderung des Blu— tes iſt, namentlich ein Mangel an rothen Beſtandtheilen. Man bezeichnet dieſen Zuſtand öfters als Anemie, wiewohl dieſes Wort, ſtreng genommen, nur fuͤr einen Mangel an Blut ſelbſt gebraucht werden ſollte. Blutentziehung be— wirkt aber auch eine Veraͤnderung der Qualitaͤt des Blutes und beide Zuſtaͤnde ſind ſo gewoͤhnlich mit einander verei— nigt und ſo aͤhnlich in ihrer Erſcheinung, daß es nicht im— mer moͤglich iſt, zu einem ſtrengen Unterſchiede zu kommen. Vielleicht liefert das weibliche Geſchlecht eines der ſtaͤrkſten Beiſpiele von dieſem Zuſtande des Blutes. Frauen ſind beſonders oft der Gelegenheit zu dieſer Krankheit ausgeſetzt durch wiederholte Blutungen, ſortgeſezte Lactation, Abortus oder geſtoͤrte Menſtrualſecretion; daher rühren die fo häufig vorkommende krankhafte Zartheit, blaſſe Lippen, weiße Haͤn— de, Dyspnoͤe und Palpitationen und das todtenaͤhnliche Aus: ſehen der Haut bei dem weiblichen Geſchlechte. Dieſer Zuſtand ruͤhrt aber auch von andern Urſachen her, z. B., von erb— licher Anlage, wobei die Bildung eines gefunden Blutes ver— hindert iſt. Bisweilen haͤngt er von fortdauerndem Genuſſe ſchlechter oder mangelhafter Nahrung ab, in andern Faͤllen von Ausſchweifungen oder von der uͤppigen Lebensweiſe der hoͤhern Claſſen Durch dieſe Urſachen wird neben der Quan— titaͤt des Blutes zugleich die conſtitutionelle Beſchaffenheit geftört, welche mit einem gefunden Verhaͤltniſſe der faͤrben— den Beftandtheile zuſammenhaͤngt. Ich will nicht behaup— ten, daß alle Falle von Tuberkelkrankheit von dieſem anemi— ſchen Zuſtande des Blutes ausgehen; es wird ohne Zweifel bei genauerer Kenntniß der Pathologie der Schwindſucht ſich herausſtellen, daß zwei oder mehrere Urſachen von ſehr vers ſchiedener Natur einen aͤhnlichen Effect haben koͤnnen. Aber es ſcheint mir durch Beobachtung feſt zuſtehen, daß in ſehr vielen Fällen der Tuberkel von einer krankhaften Beſchaffen— heit des Blutes herruͤhrt, beſonders von einem Mangel ſei— ner faͤrbenden Beſtandtheile. Das Blutroth hat offenbar wichtige Beſtimmungen bei der Zuſammenſetzung des Flui— dums; nicht allein, daß man dieſe Fluͤſſiskeit bei gefährlichen Blutungen leicht erkenne, ſondern indem auch die uͤbrigen animaliſchen Functionen davon abhaͤngen und ein wichtiger Theil bei der Bildung organiſcher Subſtanz dadurch vermit— telt wird. Dieſe Wichtigkeit für die organiſche Chemie er— giebt ſich aus folgenden Stellen: Dr. Roget ſagt in ſeinem Bridgewater treatise, p. 43. „Die Fluͤſſigkeit haͤlt, außer Kohlenſtoff, auch ei— — 172 nige Salzverbindungen und erdige und metalliſche Baſen in Aufloͤſung; Körper, welche, in wie geringer Quantität fie auch vorhanden ſeyn moͤgen, doch ohne Frage einen maͤchti— gen Einfluß auf gewiſſe Veraͤnderungen der Elemente or— ganiſcher Producte und auf Verleihung organiſcher Eigen— thuͤmlichkeiten haben. Denn es iſt nun eine feſtſtehende Thatſache, daß eine kaum merkbare Quantitaͤt irgend einer Ingredienz hinreichend iſt, wichtige Veraͤnderungen in den Eigenſchaften eines ganzen zuſammengeſetzten Körpers zu bis wirken. Ein Beiſpiel davon giebt das Gold, deſſen Dehn— barkeit aufgehoben wird, ſobald auch nur die geringſte Quan— titaͤt Antimon oder Blei, welche ſich kaum zu 2 Tauſend— theile der ganzen Maſſe zu erheben braucht, darin befindet; ſchon Antimondaͤmpfe, wenn ſie in der Naͤhe von geſchmol— zenem Golde aufſteigen, vermoͤgen die Haͤmmerbarkeit des letztern aufzuheben. Bei den Experimenten von Sir John Herſchel uͤber einige merkwuͤrdige Bewegungen, welche in Fluͤſſigkeiten bei'm Durchgange electriſcher Stroͤme entſte— hen, fand ſich, daß kleine Zuſaͤtze von Kalk, in einigen Faͤl— len weniger als ein Milliontheil der gan zen Maſſe, hinreichend find, um bemerkbare mechaniſche Bewegungen und beftimmte Eigenſchaften den Koͤrpern mitzutheilen, mit denen ſie ge— miſcht werden. Dr. Prout ſagt in ſeinem wichtigen Werke uͤber Chemie und Verdauung: „Außer den weſentlichen Beſtand— theilen, welche die Grundlage lebender Koͤrper ausmachen und welche wahrſcheinlich bis zu einem gewiſſen Grade die ge— woͤhnlichen chemiſchen Einwirkungen auf einander ausuͤben, ſcheint es, daß zugleich durch die ganze lebende Maſſe ver— ſchiedene andere Materien in außerordentlich kleiner Quanti— tät verbreitet find, deren Molecuͤle in hohem Grade ſich ges genſeitig abſtoßen und wodurch es ſcheint, daß die weſentli— chen Elemente verhindert werden, die auf ihrer chemiſchen Beſchaffenheit beruhende regelmaͤßige Cryſtalliſationsform an— zunehmen. Ueberdieß verleihen dieſe hinzukommenden Staͤm— me dem organiſchen Agens neue Kraͤfte, welche unſerer Auf— faſſung entzogen ſind.“ Dieſe gewiſſermaaßen controllirenden Beſtandtheile, von denen Dr. Prout ſpricht, find diejeni— gen, welche gewoͤhnlich als fremdartige Stoffe betrachtet werden, z. B., Schwefel, Phosphor, Eiſen, Natrium, Cal; cium, Magneſium u. A. Von dieſen Beimiſchungen leitet er die Verſchiedenheiten der Textur ꝛc. ab, welche ſich in Koͤrpern von gleicher chemiſcher Beſchaffenheit finden. Wir koͤnnen bemerken, daß dieſe fremden Koͤrper zu der Hervor— bringung jener auffallenden Verſchiedenheiten beizutragen ſchei— nen, welche man zwiſchen Koͤrpern von weſentlich gleicher Zuſammenſetzung beobachtet und welche auf den erſten Blick ſo geheimnißvoll erſcheinen. Wie dieſe aͤußerſt kleine Quan— titaͤten wirken, koͤnnen wir bis jetzt nicht vollkommen begrei— fen; aber wir koͤnnen uns vorſtellen, daß dieſelben zwiſchen die conſtituirenden Beſtandtheile zwiſchengelegt ſind, und daß ſie unter einander ſich gegenſeitig zuruͤckſtoßen. Iſt dieß der Fall, ſo iſt es nicht unrichtig, zu erwarten, daß ſie im Stande ſind, die Anordnung der zuſammenſetzenden Theile zu veraͤndern und ſo die ſinnlichen wahrnehmbaren Eigen— ſchaften der Subſtanz, welche durch die Verbindung entſte— 173 ben, verändern. Die Anſicht, daß die Molecuͤle dieſer hin- zukommenden Subſtanzen ſich in einem Zuſtande von Selbſt— zuruͤckſtoßung befinden, gruͤndet ſich beſonders auf die gleich— mäßige Vertheilung dieſer Molecuͤle durch die Maſſe der ors ganiſchen Subſtanz, in welcher ſie ſich befinden und auf ihre davon abhängige betrachtliche Entfernung von einander, wel— che kaum auf eine andere Weiſe zu erklaͤren ſeyn mochte.“ Dieſe Bemerkungen ſcheinen es wahrſcheinlich zu ma— chen, daß das Eiſen und andere Beſtandtheile in dem Blute die Eigenthuͤmlichkeit beſitzen, auf die Affinitäten des Blu: tes einzuwirken und die Attraction aufzuheben, welche ſonſt in Wirkung treten und den homogenen Character der Fluͤſſigkeit zerſtoͤren würde. Es ergiebt ſich nun aus den Unterſuchungen neuerer Pathologen, und beſonders aus den Unterſuchungen des Dr. Carswell (Art. Tuberkel, in The Cyclop. of pract. med.) als hoͤchſt wahrſchein⸗ lich, daß Tuberkeln durch einen Zuſtand des Blutes entſte— hen, welcher die Cohaͤſion und Theilung verſchiedener Beſtand— theile deſſelben beguͤnſtigt. Der albuminoͤſe Theil des Blu: tes ſcheint vorzugsweiſe geeignet (moͤglicherweiſe wegen Manz gel der repulſiven unorganiſchen Subſtanz), durchzuſchwitzen und in kleinen ſphaͤriſchen Maſſen zu cohaͤriren, welche nicht im Stande ſind, alle organiſirte Structur zu erlangen, aber wachſen, indem ſie friſchen Stoff aus den Gefaͤßen an ſich ziehen. Man koͤnnte nun aber mit Grund einwerfen, daß, ſelbſt zugegeben, ein Mangel rother Beſtandtheile des Blutes und vielleicht ſogar ein Mangel an Eiſen im Blute ſey die Haupturſache der Veraͤnderungen in der Beſchaffenheit des Blutes, wodurch die Tuberkelkrankheit entſteht, daraus doch keineswegs folge, daß wir im Stande ſeyen, dieſes Metall an deſſen geeignete Stelle in dem Organismus zu bringen. Wir duͤrfen nie vergeſſen, was Dr. Prout ſo richtig be— merkt, daß wir in der Chemie (alfo auch nicht bei den ches miſchen Proceffen im Körper) keinen Einfluß auf die indis viduellen Molecuͤle haben, ſondern unſere Operationen auf eine Maſſe richten muͤſſen, welche von einer großen Samm— lung von Molecuͤlen gebildet wird. Das organiſche Agens im Gegentheil mit einem Apparate von aͤußerſter Feinheit iſt im Stande, auf jedes individuelle Molecuͤl für ſich zu wirken und auf dieſe Weiſe, je nach dem Zwecke, einzelne Molecuͤle auszuſchließen und andere mit einander in Beruͤh— rung zu bringen. Es iſt bekannt, daß wir bei Rhachitis einen Mangel an Knochenerde oder doch eine unrichtige Vertheilung derſel— ben vor uns haben; wir ſind aber keinesweges im Stande, durch Darreichung von Kalkſalzen, dieſem Mangel abzuhel— fen. Gluͤcklicher Weiſe jedoch ſcheinen wir in Bezug auf das Eiſen, obwohl wir a priori nicht zu dieſem Schluſſe kommen konnten, im Stande, guͤnſtig durch die Darreichung deſſelben zu wirken (In Wien ſind Pferde mit eiſenhalti— gem Futter unterhalten worden und haben, entſprechend der Quantität des Eiſens, eine verſchiedene Menge rother fürs bender Beſtandtheile des Blutes gezeigt. Das Blut armer ſchlechtgenaͤhrter Leute enthaͤlt, nach Herrn Verrel, nicht die 174 gehörige Quantität eruor; hierher gehören auch die Beob— achtungen von Coſter, von denen auch in den Notizen die Rede geweſen.) Dennoch ſind die hier mitgetheilten Bemer— kungen uͤber den moͤglichen Einfluß des Eiſens und anderer unorganiſcher Beſtandtheile des Blutes auf Verhinderung von tuberculöfen Concretionen und andern fremdartigen Bildungen, bei dem jetzigen Stande unſerer Kenntniſſe, nur Vermuthun— gen; wenn ſie jedoch einen rationellen Grund fuͤr die Behand— lung der Zuſtaͤnde abgeben, welche der tödtlichften Krankheit vor— ausgehen, ſo werden ſie ihrem Zwecke vollkommen entſprechen. Ruͤckſichtlich der Form, in welcher man zu hieruͤber an— zuſtellenden Erperimenten das Eiſen anwenden koͤnnte, habe ich nichts Beſonderes beizufuͤgen; ich moͤchte nur bemerken, daß die Wirkſamkeit dieſes Mittels nicht nothwendig mit der dargereichten Quantitaͤt zunimmt; es ſcheint eine Art von Auswahl bei der Aufnahme des Eiſens in den Orga— nismus ſtattzufinden, ebenſo wie eine electriſche Operatien die Aufnahme unorganiſcher Materien in der vegetabiliſchen Welt regulirt. Jedenfalls dürfen die großen Quantitaͤten Eifenoryd, welche nutzlos gegeben worden find, das Mittel nicht in Mißcredit bringen. Die Tinct. ferri muriatici oxydulata iſt vielleicht eins der eleganteſten und wirkſamſten Eiſenpraͤparate, und die Theilbarkeit dieſes Praͤparates mag eine der Urſachen feiner Wirkſamkeit ſeyn. Aus demſelben Grunde ift auch das praͤcipitirte kohlenſaure Eiſen, wie es von Carmichael empfohlen worden iſt, eine ſehr zweckmaͤßige Form fuͤr die Anwendung des Eiſens. Es iſt kein Zweifel, daß es ſehr vortheilhaft ſeyn würde, wenn man der Theilbarkeit der Arz— neimittel groͤßere Aufmerkſamkeit ſchenken wollte. In dieſer Beziehung ſagt Dr. Armſtrong in ſeinen Bemerkungen über chroniſche Krankheiten, welche feinem Werke uͤber Schar: lachfieber angehaͤngt ſind: Die Mineralwaſſer, welche Eiſen enthalten, haben nur eine ſehr geringe Quantitaͤt dieſes Me— talls ſuspendirt, und dennoch ſind ſie weit wirkſamer, als die gewoͤhnlich verſchriebenen Eiſenpraͤparate. Deswegen ſollten wir die gewoͤhnliche Art, dieſes Metall zu verordnen, aufgeben und eine einführen, welche der von der Natur uns dargebotenen aͤhnlich iſt. Die Theilbarkeit der natuͤrlichen Praͤparate wird bei den gewoͤhnlichen kuͤnſtlichen Praͤparaten nicht angewendet, und es wuͤrde wahrſcheinlich in der Praxis von Vortheil ſeyn, wenn wir dieſe Theilbarkeit in unſern aͤrztlichen Vor— ſchriften haͤufiger nachahmten. Seltene Luxation beider Handwurzelgelenke. Von Herrn J. Haydon. John Davey, 13 Jahr alt, war am 11. Juni 1840 ſehr heftig vom Pferde geworfen worden und auf beide Handflaͤchen und auf die Stirn gefallen. Es fand ſich eine zerriſſene Wunde der Kopfhaut und Veranderung der Form beider Handgelenke. > Die linke Hand zeigte auf der vordern Seite eine bes traͤchtliche Hervorragung. Der proc. styloideus radii 175 ſaß auf dem os naviculare und os multangulum ma- jus; die ulna war von dem radius luxirt und ruhte auf dem os hamatum; der Vorderarm war leicht gegen den humerus gebeugt, ebenſo die Finger gegen die Handflaͤche gebogen. Bei der Einrichtung dieſer Luxation klagte der Kranke uͤber keinen Schmerz. Die rechte Handwurzel zeigte eine betraͤchtliche An— ſchwellung auf der hintern Flaͤche, welche durch die Carpal— enden des radlius und der ulna gebildet wurde, zugleich eine ſehr unregelmaͤßige knotige Geſchwulſt, welche ploͤtzlich auf der vordern Flaͤche ſich endigte und durch die Carpal— knochen gebildet wurde. Der Vorderarm war ſehr betraͤcht— lich gegen den humerus gebeugt und in einem Zujtande zwiſchen Pronation und Supination; der Daumen war ſtark abducirt, die Finger im erſten Gliede gegen die Hand— wurzel im erſten Gliede geſtreckt, in den beiden andern Ge— lenken leicht flectirt. Der Kranke ließ es hoͤchſt ungern zu, daß der Arm bewegt werde, da die leichteſte Bewegung die heftigſten Schmerzen verurſachte. Die ulna war vom ra- dius nicht luxirt. Es wurde ſehr ſorgfaͤltig unterſucht, welche Theile bei dem Falle den Stoß aus gehalten hatten; es fanden ſich auf den Handflaͤchen beider Haͤnde ſehr beträchtliche Quetſchun— gen, jedoch nicht die leichteſte Quetſchung auf einem der Handruͤcken. Eine Spur einer Fractur war durchaus nicht aufzufinden, obwohl danach ſehr genau geſucht wurde, da bekanntlich Dupuytren behauptet hatte, daß fogenannte Luxationen der Handwurzel immer eigentlich Fracturen des radius in der Naͤhe des Gelenkes ſeyen. Unſer Befund wurde betätigt dadurch, daß die Reduction vollſtaͤndig ges lang, und daß unmittelbar darauf die Theile eine betraͤchtliche Kraft hatten, und daß ſich ſehr unbedeutender Schmerz nach der Reduction zeigte. Bereits eine Stunde nach der Einrichtung konnte der Kranke die Hand rotiren und aus der Pronation in die Supination bringen. Dieß waͤre nicht moͤglich geweſen, wenn eine Fractur vorhanden war; auch zeigte am rechten Arme der radius vollkommen feine normale Lage im Verhaͤltniſſe zur ulna und ragte ein We— nig weiter herab, als das untere Ende der letztern. Auf der linken Seite war die ulna etwas nach Innen und R 176 Vorn getrieben und blieb fo, auch nachdem die Luxation eingerichtet war. (London med. Gaz., Sept. 1840.) Miscellen. Zur Diagnoſe und Behandlungder Leberhydatiden. Als eigenthuͤmliches Symptom beſchreibt Dr. Barbier in einer zu Paris erſchienenen Inauguraldiſſertation (De la tumeur hyda- tique du foie) das Hydatidengeraͤuſch auf folgende Weile, genauer, als es bisjetzt geſchehen iſt: Das Hydatidengeräuſch beobachtet man in Folge der Percuſſion auf die Geſchwulſt (übris gens nicht in allen Fällen). Es iſt eine Erſcheinung, zuſammen⸗ geſetzt aus einer Art ven Fluͤſſigkeitsgeraͤuſch, welches man mit dem Ohre vernimmt und aus einem vibrirenden Zittern, welches man mit dem Finger wahrnimmt. Diefes Geraͤuſch kann da, wo es beobachtet wird, als pathognomoniſches Zeichen betrachtet wer— den, erfordert aber viele Sorgfalt und einige Uebung, um wahr— genommen zu werden. Als ein ſichereres, diagnoſtiſches Huͤlfsmit— tel erwähnt der Verfaſſer die von Recamier angegebene Erplos rativpunction mit einem außerordentlich feinen Troicart. Zur Behandlung dieſer Krankheit hat Récamier eine Methode vorgeſchlagen, welche in der Gaz. med. 1830., p. 58, mitgetheilt iſt. Dieſe beſteht in der Feſtſtellung der Diagnoſe durch die Ex— plorativpunction, hierauf in Anwendung von Kali causticum auf die Spitze der Geſchwulſt; nach Abfallen des Schorfes wird das Argmictel auf's Neue angewendet, und fo fort, bis die ganze Dicke der Bauchwaͤnde an diefer Stelle zerſtoͤrt iſt, während gleichzeitig durch plaſtiſche Exſudation die feröfen Flächen in der Umgebung verwachſen, worauf zuletzt der Hydatidenſack mit dem Meſſer ge— öffnet wird. Nach Entleerung des Sackes füllt Recamier den— ſelben mit warmem Waſſer, was taͤglich mit einer geringern Quantitaͤt wiederholt wird, bis der Balg obliterirt iſt. (Gaz. méd., No 48.) Lallemand's Behandkung der Blaſenſcheidenfi⸗ ſtel mitt elſt feiner sonde érigne, nachdem die Fiſtelraͤn⸗ der mit dem Gluͤheifen oder mit Hoͤllenſtein cauterifirt find, hat, nach feinem neueſten Berichte an die Academie zu Paris, verhaͤlt— nißmaͤßig ſehr guͤnſtige Reſultate ergeben. Unter 15 Operationen zählt Tallemand 7 vollkommene und dauernde Heilungen und 2 faſt vollkommene Heilungen, indem bei dieſen nur bei ſehr ausge— dehntem Zuſtande der Harnblaſe einige Tropfen Urin in die Scheide gelangen, was die Frauen durch oͤfteres Harnlaſſen vollkommen ver— meiden koͤnnen. Von den 7 geheilten Faͤllen hatten 4 eine Queer— oͤffnung von 9 bis 18 Linien; 3 hatten ihren Sitz am untern Grunde der Blaſe, und 2 waren von Verwachſungen in der Scheide begleis tet, wodurch die Operation ſehr erſchwert wurde. Unter jenen 15 Operationen ſchlugen 6 fehl, und in 3 Faͤllen erfolgte der Tod. (Gaz. méd., No. 41.) Necrolog. — Der berühmte Wundarzt Sir Aſtley Cooper, zu London, iſt, 73 Jahr alt, am 11. Februar mit Tode abgegangen. Bibliographische Considerations élémentaires sur les proportions chimiques, les €quivalens et les atomes pour servir d’introduction a l’etude de la chimie, Par M. Colin. Paris 1841. 8. Memoires et observations d’anatomie, de physiologie, de pa- thologie et de chirurgie. Par le Docteur F. Ribes, médecin en chef de l’hötel royal des Invalides etc, Paris 1841. 2. Vols. 8. M. 9 K. u Neuigkeiten. De l'opération de l'empyème. These etc. soutenue par M. C. Sedillot, Paris 1841. 4. M. 1 K. Lecons sur les maladies du coeur et des grosses arteres, faites a l’höpital de la pitie pendant l'année 1840. Par M. A. N. Gendrin etc. Recueillies et publides sous ses yeux par MM.E, Colson et Dubreuil-Helion. I. partie. Paris 1841. 8. 1 ———X——————— “ Menue Notizen a us Gebiete der Natur- und 1 dee m eilkunde, geſammelt und mitgetbeilt von dem Ober-Medicinalraibe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalratde und Prefeſſor Froriep zu Berlin, No. 364. (Nr. 12. des XVII. Bandes.) Februar 1841. Gedruckt im Landes⸗Induſtrie-Comptoit zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 9Gr. Preis einee ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. W Ueber die Gletſcher, welche vor Alters den ſuͤdlichen Abhang der Vogeſen bedeckten. Von Herrn Renoir. Ich habe ſchon vor laͤngerer Zeit am Fuße der Elſaſſer Hoͤhe, welche den Namen Tete-de-Planches führt und die Stadt Giro: magny beherrſcht, eine große Menge geſchobener Steinbloͤcke be— merkt, die zum Theil Haufen von 125 — 128 Meter Umfang und 107 Meter ſenkrechte Hoͤhe uͤber dem gegenwaͤrtigen Niveau des Thales darbieten. Ich hatte mich an die Anſicht gewoͤhnt, dieſe Bloͤcke ſeyen durch gewaltige Waſſerfluthen irgend einer Art fortgeführt worden, und dieſe Theorie war Überhaupt die allgemein geltende; allein als Hauptmann Le Blanc die Verhandlungen, welche bei Gelegenheit der Verſammlung der Geologiſchen Geſellſchaft zu Pruntrut im September 1838 in Betreff der Gletſcher Statt fanden, mit an— gehoͤrt hatte, ſtellte er, meines Wiſſens zuerſt, die Meinung auf, jene Bloͤcke von Giromagny koͤnnten wohl Moraͤnen eines ehema— ligen Gletſchers ſeyn Dieſe Anſicht hatte meinen Beifall nicht, und da Herr Le Blanc damals ſelbſt noch keine Moraͤnen geſehen hatte, ſo legte ich wenig Werth auf ſeine Meinung. Im Monat Juli vorigen Jahres unterſuchte ich indeß die Umgegend des Ballons und das Thal von St. Amarin, bei welcher Gelegenheit ich in meiner fruͤhern Anſicht wankend gemacht ward und die Nothwendigkeit einſah, mich auf das Studium der Gletſcher in der Natur zu le— gen. Um zu einer feſten Ueberzeugung zu gelangen, verfuhr ich folgendermaaßen: Zuerſt betrachtete ich, was uͤber den Gegenſtand wiſſenſchaft— lich feſtgeſtellt iſt. Aus den Arbeiten von Venetz, Charpen⸗ tier und Agaſſiz ergiebt ſich, daß die Gletſcher, indem ſie ſich zuruͤckziehen, folgende Spuren zuruͤcklaſſen: 1) Endſtaͤndig e Moränen, welche aus Sand, Kies, groͤßern abgefuͤhrten Kieſel— ſteinen und zuweilen ſelbſt vielen Bloͤcken beſtehen, die ſaͤmmtlich mehr oder weniger abgefuͤhrt ſind und nach der ganzen Breite des Thals krummlinige Baͤnke bilden, deren Concavitaͤt nach dem obern Theile des Thals gekehrt iſt, die in der Mitte hoͤher ſind, als nach beiden Enden zu, deren Durchſchnitt dreieckig iſt, und die mehrentheils auf der aͤußern Seite ſtaͤrker geboͤſcht ſind, als auf der innern 2) Seitliche Moraͤnen, die ziemlich aus denſel⸗ ben Materialien beſtehen, wie die vorigen, aber ſich an den beiden Bergwaͤnden des Thales in gleicher Hoͤhe nach der Laͤnge deſſelben erſtrecken, allen ſeinen Windungen folgen und eine Neigung dar⸗ bieten, welche der des vormaligen Gletſchers entſpricht. 3) Mit⸗ telftändige Moränen, welche dadurch entſtehen, daß die ſeit⸗ lichen Moränen zweier Gletſcher ſich miteinander verbinden. Dieſe No. 1464. KR n RN d Moraͤnen bieten die Geſtalt eines dreieckigen Prisma dar, deſſen Axe mit der Richtung des Thales zuſammenfaͤllt, und je mehr ſie ſich der Mitte des letztern nähern, deſto aͤhnlicher find die Glet— ſcher einander in Anſehung ihrer Groͤße. 4) So oft die Be— ſchaffenheit der Felſen dieß zulaͤßt, bieten die Sohle und die Waͤnde des Thales vollkommen geglaͤttete Oberflaͤchen und eigenthuͤmliche Aushoͤhlungen in der Richtung der Bewegung des Gletſchers, ſo wie auch Streifen oder feine parallellaufende Linien dar, welche derſelben Richtung, d. h. derjenigen des Thales, aber nie der Richtung der ſtaͤrkſten Boͤſchung der Thalwaͤnde, folgen. Dieſe Streifen find vorzüglich characteriſtiſch. 5) Endlich große, nicht geſchobene Bloͤcke, die oft, fo daß ihr Schwerpunct eben unter— ftügt iſt, auf einer ihrer kleinſten Flächen ruhen und auf der Thal: foble oder an den Thalwaͤnden mehr oder weniger ausgedehnte Linien bilden. Ich hatte auf dieſe Kennzeichen mit größerer Sorgfalt zu ad): ten, als es fruͤher von mir geſchehen war, wo ſie weniger bekannt waren und ihnen keine große Bedeutung beigemeſſen wurde. Deß— halb bereiſ'te ich im September vorigen Jahres die Berner Alpen und beſichtigte mehrere Gletſcher derſelben, den Rhone-Gletſcher u. ſ. w. Vorzüglich war ich bemüht, mich mit dem Character al— ler Moraͤnen, ſowohl derjenigen, welche die Gletſcher jetzt bilden, als derjenigen, von denen ſie laͤngſt zuruͤckgewichen ſind, genau bekannt zu machen. Ich unterſuchte mit der größten Aufmerkſam— keit die, durch die Bewegung des Eiſes über dieſelben gealätteten Felſen, ſo wie den parallelen Strich und die allgemeine Richtung der faſt überall ſichtbaren feinen Streifen. Ich habe dergleichen geglättete Steine in Hoͤhen getroffen, die weit uͤber die der Glet— ſcher hinaus gehen, woraus ſich zu ergeben ſcheint, daß letztere fruͤher weit betraͤchtlicher waren, als gegenwärtig. Desgleichen habe ich bemerkt, daß, ſelbſt unter gehoͤriger Beruͤckſichtigung der Beſchaffenbeit der Felſen, die gealätteten Oberflaͤchen in den hör bern Regionen der Berge weit häufiger und ausgedehnter ſind, als in den Thaͤlern, was der Anſicht widerſpricht, daß die Glaͤt— tung vom Waſſer herruͤhre, weil ſie ſonſt da, wo der groͤßte Druck Statt fand, alſo in der Tiefe der Thaͤler, am vollkommenſten ſeyn mußte. Jedermann kann ſich davon uͤberzeugen (was jedoch den erſten Beobachtern entging), daß die Oberflaͤchen um ſo voll⸗ ftändiger polirt und die Streifen um fo deutlicher erhalten find, je mehr wir uns den Gletſchern naͤhern, und dieſer Umſtand ſcheint zu beweiſen, daß die Gletſcher von dort ſpaͤter zuruͤckgewi⸗ chen ſind, als aus den tiefen Theilen der Thaͤler. Mit der Meinung, daß jene Erſcheinungen von Waſſer herruͤhrten, wuͤrden ſich dieſe Umſtaͤnde ebenfalls nicht wohl vertragen. Hart über Ober-Geſtelen bemerkt man die noch deutlich er⸗ kennbaren Ueberreſte einer endſtaͤndigen Moraͤne, waͤhrend das Dorf ſelbſt auf einer ausgedehntern und beſſer erhaltenen ftebt. 12 179 Bei Viaeſch glaube ich, die Reſte einer mittelſtaͤndigen Moraͤne ents deckt zu haben, welche durch die Verbindung zweier Seiten-Moraͤ⸗ nen entſtanden zu ſeyn ſcheint, von denen die eine dem Vieſch— Gletſcher, die andere wahrſcheinlich dem Rhone-Gletſcher ange— boͤrte, obgleich beide 7 Stunden voneinander entfernt ſind. Auch gleich über Sierre ſind die Ueberreſte mehrerer endftändigen Morä— nen zu finden. Was die ſeitlichen Moraͤnen betrifft, fo fand ich deren nicht fo Häufig, wie die andrer Art, was wahrſcheinlich von dem ſchon von Herrn Agaſſiz angedeuteten Umftande herruͤhrt daß die— ſelben ſich bei weit groͤßern Hoͤhen befinden, als wir, in der Re— gel, erſteigen. Die zwiſchen Lavey und Morcle iſt aber zu deut— lich, als daß man ſie irgend uͤberſehen konnte. Sie iſt gleichſam geſchichtet, und die Schichten haͤngen, gleich den Steinbloͤcken, in der Richtung der Boͤſchung der Bergwand, da nur noch die aͤußere Wand dieſer Moraͤne ſteht. Herr Charpentier ſchreibt dieſe Art von Stratiſication dem zwiſchen dem Gletſcher und dem Berge befindlichen Waſſer zu. Dieſem ausgezeichneten Gelehrten ver— danke ich die ſchatzbarſten Notizen, und ich hatte den Vortheil, in ſeiner Geſellſchoft mehrere der ſeitlichen Moränen zu beſuchen, wel— che in der Nachbarſchaft des Salzdiſtricts Devans liegen. Sie laſ— ſen ſich leicht fuͤr Moraͤnen erkennen und ſind an vielen Stellen ſogar gut erhalten. Die Bloͤcke, aus denen ſie theilweiſe beſtehen, gehören vorzugsweiſe dem Conglomerate von Valſorine an; des— gleichen laſſen ſich Kalkſteinbloͤcke bemerken, welche aus der Nach— barſchaft von Martigny herabgefuͤhrt worden ſind. Ich beſuchte, ebenfalls nach Herrn Charpentier's Anlei- tung, die zahlreichen und ſchoͤnen geſchobenen Steine, welche ſich an der Nordweſtſeite der Stadt Mouthey angeſammelt haben. Dieſe Bloͤcke, von denen viele 1300 bis 1400 Cubikmeter halten, warfen, fo zu ſagen, einen Lichtſtrahl auf das Feld meiner Unter» ſuchungen: denn nimmermehr haͤtten ſo gewaltige Steinmaſſen durch Waſſer, mochte deſſen Stroͤmung auch noch ſo ungeſtuͤm ſeyn, bis zu der Hoͤhe geſchwemmt werden koͤnnen, bei welcher wir ſie jetzt finden. Uebrigens ruhen viele dieſer Bloͤcke mit kaum unterſtuͤtztem Schwerpuncte auf einer ihrer kleinſten Seitenflaͤchen; andere, und zwar die groͤßten darunter, finden ſich hoͤchſtens an zwei bis drei Puncten und, wie es ſcheint, ſo unvollkommen ge— ſtuͤtzt, daß man ſchwer begreift, wie fie lange in dieſer Lage ver— harren koͤnnen. Sie muͤſſen ſich alſo allmaͤlig in dieſelbe bege— ben haben und ſind offenbar die Ueberreſte einer alten ſeitlichen Moräne, Was die geglätteten Felſen anbetrifft, fo habe ich diefelben im Hasli:Thale und im Rhonethale von deren Urſprung bis faſt nach Bex verfolgt, und durchgehends bemerkt, daß ſie, indem man ſich von den Gletſchern entfernt, von ihrer Politur verlieren und daß die Streifen mehr und mehr verſchwinden. Ich huͤtete mich ſorgfaͤltig davor, die alten Moraͤnen mit vom Waſſer abgeſetzten Hügeln und den durch Lavinen zurückgelaſſenen Gerollhaufen zu verwechſeln, und gelangte endlich zu der feſten Ueberzeugung, daß Gletſcher von weit bedeutenderer Ausdehnung und Kraft, als die jetzt vorhandenen, fruͤher die Alpenthaͤler nach deren ganzer Laͤnge einnahmen. Dieſe erſte Ueberzeugung war mir vom größten Werthe, und die von mir aus eigner Anſchauung gewonnene Erkenntniß zur Loͤſung der Aufgabe, die ich mir vor— geſetzt, unentbehrlich. Ich fragte mich, ob, nachdem ich die fruͤ— here Exiſtenz der Gletſcher am Fuße der Alpen bei nur wenig über 400 F. abfoluter Höhe conſtatirt hatte, es wunderbar feyn würde, wenn ſich Spuren derſelben bei derſelben Höhe am Fuße der Vogeſen, oder wohl gar bei 1250 Meter auf dem Elſaſſer Ballon faͤnden? Nach der Erinnerung von dem, was ich fruͤher in dieſem Gebirge geſehen, hätte ich vielleicht einen Vergleich zwi— ſchen den dortigen Erſcheinungen und denen der Alpen anſtellen und ſo eine Anſicht faſſen koͤnnen. Um dieß aber mit mehr Si— cherheit auszuführen, wendete ich mich nun abermals zur Betrach— tung der Vogeſen. Als ich bei Thann in das Thal von St. Amarin trat, be— merkte ich nicht früher etwas Beachtungswerthes, als bis ich das Dorf Mooſch erreicht hatte, wo eine Menge Granitbloͤcke auf dem Gipfel und an der weſtlichen und ſuͤdweſtlichen Wand eines aus 180 Uebergangsſchiefer beſtehenden Berges liegen, welcher unter dem Namen a Tete bekannt iſt und an deſſen Fuße der Weg hin— fuhrt. Manche dieſer Bloͤcke ruhen auf einer ihrer kleinſten Sets tenflaͤchen und ſcheinen alſo ruhig abgeſetzt worden zu ſeyn. Sie ſind wenig geſchoben oder abgefuͤhrt und, in der Regel, in der Richtung des Hauptthals abgelagert. Weiter thalaufwaͤrts gelangen wir nach Weſſerling, welches auf einem ausgedehnten, aus Sand, Kieſelſteinen und großen, mehr oder weniger abgeführten Bloͤcken beſtehenden Geſchiebe ſteht. Daſſelbe hat die Geſtalt und Lage einer endftändigen Moraͤne, wenn wir die Axe des obern Theils dieſes Thales beruͤckſichtigen; da es aber ſehr breit daliegt, fo kann es ebenſowohl von Waſſer angeſchwemmt ſeyn, zumal da es ſich an einer Stelle befindet, wo ſich das Thal ſehr ausbreitet. Indeß iſt hier keine Spur von Schichtung wahrzunehmen. Ich halte dieß Geſchiebe aber deßhalb eher fuͤr eine Moraͤne, als fuͤr eine angeſchwemmte Formation, weil einestheils die Anordnung der großen Bloͤcke und ſcharfkanti⸗ gen Brocken dieſe Anſicht begunſtigt, und ich außerdem am rech— ten Ufer des Fluͤßchens Thur, etwa 1 Kilometer über den Haupt— gebäuden von Weſſerling, ſchoͤngeglaͤttete Felſen mit Streifen ge— funden habe. Wenn uͤbrigens dieſe nicht bedeutend großen und von meinen Vorgaͤngern nicht entdeckten polirten Oberflaͤchen nicht waͤren, ſo wuͤrde ich das fragliche Geſchiebe, nebſt dem, deſſen ich zunächſt gedenken werde, für das zweifelhafteſte von allen von mir unterſuchten halten. Am Eingange des vom Col de Buſſanz in das St. Amarin - Thal herabſteigenden Seitenthals treffen wir abermals eine Stein— anſammlung, die ebenfalls fuͤr eine angeſchwemmte Bank gehalten werden duͤrfte, aber uns, wegen ihrer Geſtalt und der geglaͤtteten Oberflaͤchen, von denen weiter unten die Rede ſeyn wird, eher fuͤr die ſeitliche Moraͤne eines ehemaligen Gletſchers gelten muß, der aus dieſem Seitenthale herabſtieg und von den benachbarten Kup— pen, z. B., dem Drumont, der Téte-de-Perche und vielleicht ſo— gar vom Ballon de Giromagny ausging und ſich mit dem Glet— ſcher des Hauptthals vereinigte, der wahrſcheinlich vom Veutron und den hohen Gipfeln auf der andern Seite herabſtieg, ſo daß eine mittelftändige Moraͤne entſtehen mußte, die allerdings keine große Ausdehnung haben konnte, weil die beiden Gletſcher ſich plotzlich vereinigten, was aus einer endſtaͤndigen Moraͤne zu erſe— hen iſt, welche man ein Wenig tiefer trifft und die zwar nicht vollftändig erhalten, aber an ihren beiden Enden noch deutlich zu erkennen iſt. Indem wir das Thal weiter aufwaͤrts verfolgen, bemerken wir bald, uͤber dem Dorfe Oderen, die Reſte einer durch Waſſer theilweiſe zerſtoͤrten, aber noch deutlich characteriſirten Moräne. Hart unter dem Dorfe Gruth oder eigentlich da, wo das Dorf beginnt, findet ſich aber eine ſchoͤne, guterhaltene, endſtaͤndige Mo— räne. Ungeachtet ſie ſich, wie alle Moraͤnen, durch das Aufthauen des in ihrem Innern befindlichen Eiſes nothwendig ſtark zuſam— mengeſetzt bat, beſitzt ſie noch immer eine betraͤchtliche Hoͤhe. Die Mitte des Dorfes ſteht ebenfalls auf einer, mit der eben erwaͤhn— ten parallel laufenden, aber in der Geſtalt weniger gut erhaltenen Moraͤne. Endlich ſieht man die Ueberreſte einer vierten an der Nordweſtſpitze des Felſens, auf welchem ſich die Ruine Wildenſtein erhebt. Einer der Gruͤnde, weßhalb ich dieſe Steinanhaͤufungen fuͤr Moraͤnen halte, ift der Umſtand, daß fle in der Mitte des Thales hoͤher ſind, als in der Naͤhe der das Thal zu beiden Seiten ein— ſchließenden Felſen, wie dieß bei allen endſtändigen Moraͤnen der jetzt exiſtirenden Gletſcher der Fall iſt. Die urſache dieſer eigen— thümlichen Geſtalt iſt bekannt, und die Gelehrten, welche dieſen Forſchungen ihre Kraͤfte gewidmet, haben ſich genuͤgend daruͤber ausgeſprochen; ſie iſt gerade das Gegentheil von dem, wie ſich angeſchwemmte Steinanſammlungen geſtalten wuͤrden. Ueberdem zeigen ſich laͤngs des ganzen rechten Ufers des Fluͤßchens Thur in mehr oder weniger bedeutenden Hoͤhen geglaͤttete Oberflaͤchen, wo immer die Felſen hart genug waren, um ihre Politur zu erhalten oder wenn ſie vor der Einwirkung der Atmoſphaͤre irgend geſchuͤtzt waren. Die Politur hat allerdings ein Wenig gelitten, und die Streifen haben ſich deßhalb nicht erhalten; allein wir haben geſe— 181 hen, daß dieſelbe Art von Zerſtoͤrung, wenn die Steinart fehr hart oder ſchon lange von den Gletſchern entbloͤßt iſt, ſich auch in geringer Entfernung von den letztern bemerken läßt. An dem ſuͤd⸗ weſtlichen Abhange bemerken wir dergleichen nicht, weil dort die der Einwirkung der Atmoſphaͤre mehr ausgeſetzte Oberfläche gaͤnz— lich zerſetzt, mit Gerölle verſchuͤttet und an vielen Stellen dem Herabrutſchen nahe iſt. Suͤdlich von den Doͤrfern Oderen und Fellering bemerkt man in betraͤchtlicher Höhe eine bedeutende Anzahl von Bloͤcken aller Größe am Abhange des Berges zerſtreut, und viele der größeren darunter ſcheinen nur an wenigen Puncten durch andere von ge— ringern Dimenſionen geſtuͤtzt zu werden. Leider hatte ich keine Zeit, drren Zuſtand und Anordnung genauer zu ſtudiren. Aus dem tiefern Theile des Thales St. Amarin kehrte ich in das bereits erwähnte Seitenthal zurück, welches über den Col de Buſſanz in das Moſeltbal führt. Ich bemerkte ſogleich über dem Dorfe Orbey in der Nähe der Straße mehrere geglättete Oberflaͤ— chen, die allerdings klein und nicht fo gut erhalten waren, als die von Weſſerling; allein daß ſie von geringer Ausdehnung ſind, iſt unerheblich, weil dergleichen Spuren, wie geſagt, nur die Ueberreſte von faſt ganz zerſtoͤrten ausgedehnten Oberflaͤchen ſind. Weiter hinauf, da, wo die Straße eine ploͤtzliche Wendung macht, traf ich abermals ſolche Oberflachen, die beſſer erhalten und bei denen die Streifen deutlich ſichtbar waren. Von dieſer Stelle bis zum Dorfe St. Maurice im Moſelthale und ſogar bis zum Gipfel des Elſaß-Berges traf ich nichts Cha⸗ racteriſtiſches, außer mehr oder weniger geſchobenem und in nicht geſchichteten Maſſen angehaͤuftem Geroͤlle, das in verſchiedenen Richtungen von Schluchten durchſchnitten und mit einigen Bloͤcken bedeckt war, welche im Buſſanzthale bis St. Maurice zerſtreut liegen. Dieß Gerdlle iſt vielleicht der Ueberreſt einer langen Mo: raͤne, welche auf dem ſuͤdoͤſtlichen Abhange der kleinen Kette Tete des Corbeaux, der Tete-de-Perche gegenüber, d. h., auf der Bös ſchung des Berges ruhte, von welchem der Gletſcher ſich herabge— zogen zu haben ſcheint. Steigt man die ſuͤdliche Wand des Berges von Giromagny herab, fo ſieht man am Fuße derſelben deutliche Spuren der ehe— maligen Anweſenheit eines Gletſchers. Ein Wenig unter dem Fo— rellenfprunge (Saut de la Truite) finden wir zuerſt, felbft im Chauſſeegraben, Spuren von gealätteten Oberflaͤchen mit wohl er⸗ haltenen Streifen. Ein Wenig tiefer ſcheinen dieſe naͤmlichen Ober: flaͤchen gut entwickelt, und ſie erſtrecken ſich durch die ganze Breite des Thales bis zum Ausgange der Schlucht, durch welche die Straße laͤuft; allein ſie ſind nicht gleich gut erhalten und zeigen unſtreitig aus dieſem Grunde, keine Streifen. Sie ſind, ſelbſt an den Felſen des linken Ufers der Savoureuſe, bei einer bedeutendern Hoͤhe als die der Felſen der Téete-des-Planches, d. h., mehr als 150 Meter über dem Thale von Giromagry, an allen Stellen ſichtbar, die hart genug und vor der Einwirkung der Atmoſphaͤre hinreichend geſchuͤtzt find, um ganz zu bleiben und nicht in Erde zu zerfallen. Allein von dieſer Stelle, d. h., der aͤußern Seite der Schlucht aus bis Giromagny zeigen ſich die Moränen am Beſten erhalten und in der unverkennbarſten Weiſe. Ja, bedenkt man alle die Urfa: chen, welche auf deren Verunſtaltung und Zerſtoͤrung hinwirken mußten und noch hinwirken, z. B., das Aufthauen des fruͤher in ihnen enthaltenen Eiſes, Waſſerſtroͤme, Ackerbau ꝛc., fo muß man I wundern, daß fie ſich noch in einem fo gut erhaltenen Zuftande efinden. Zuerſt zeigt ſich eine endſtaͤndige Moraͤne; ſie iſt diejenige, welche am Meiſten gelitten hat und an mehrern Stellen durchbro— chen. Ein in ihrer Mitte ſtehender, an ſeiner urſpruͤnglichen Stelle befindlicher Felſen koͤnnte uͤber ihre Natur Zweifel erregen; allein drei ſchoͤne endſtaͤndige Moraͤnen von betraͤchtlicher Groͤße, die faſt durchaus parallel ſtreichen und eine ſehr characteriſtiſche Aehnlich— keit mit den gegenwärtig in Bildung begriffenen Moränen haben, treten, bevor man zum Dorfe Puy gelangt, als drei unverwerfliche Zeugen auf und nehmen die Strecke von etwa 4 Stunde Wegs ein. Endlich iſt der noͤrdliche Theil von Giromagny, etwa 400 Meter vom Thurme, ebenfalls auf einer großen, vom Bette der Sa— voureufe und dem Durchſtiche der Straße durchbrochenen Moräne 182 erbaut, welche, trotz dieſer partiellen Zerftörung der Gebäude und des Feldbaues, im Ganzen noch ſehr gut erhalten iſt. F Nach dieſem läßt ſich in Betreff der Fortſchiebung und der gleichſam abgewogenen Stellung auf einer der kleinſten Seitenflaͤ⸗ chen der auf dem Berge hart über Giromagny, fo wie auf den beis den Wänden dieſes Theils des Thals abgeſetzten Steinbloͤcke eine haltbare Erklarung aufſtellen. Dieſelben find die Ueberreſte zweier ſeitlichen Moranen, von denen die rechter Hand die beträachtlichere war. Sie bilden in demſelben Niveau zwei gegen die Ebene hin geneigte Linien, wie es des Gletſchers Ränder einſt gethan haben muͤſſen, und folgen den Windungen des Thales bei Puy, wie wir es bei den heutigen Moraͤnen noch zu bemerken Gelegenheit haben. Waͤren dieſe Blöde durch Waſſerſtroͤme fortgeführt worden, fo haͤt⸗ ten fie nicht in jene Windungen eindringen koͤnnen, da über dirfen Hoͤhenzuͤge haͤngen, welche queer durch die Richtung der gedachten Stroͤmungen ſtreichen, und auf denen ſie nothwendig haͤtten abge⸗ ſetzt werden muͤſſen. Wir wollen hier bemerken, daß die Bloͤcke auf der Tete-des-Planches, die größten und zahlreichſten, ſich in ihrer Lage zum Thale von Giromagny eben ſo verhalten, wie die bei Mouthey in Wallis, welche ſicher von ehemaligen Gletſchern herruͤhren, zu dem Rhonethale, d. h., zu dem obern Theile deſſel— ben, wo es ſich wendet. Daſſelbe gilt von denen, welche man uͤber Oderen und Fellering ſieht. Die beſchraͤnkte Zeit und andere Geſchaͤfte geftatteren mir nicht, den Theil des ſchoͤnen Moſelthals, der ſich von St. Maurice bis Epinal und daruͤber hinaus erſtreckt, nochmals zu durchforſchen. Bei deſſen Lage unter den Bergen don Giromagny und Servance bezweifle ich nicht, daß ſich dort zahlreiche Spuren großer Glet— ſcher vorfinden, welche ſich einſt an ſeinen Waͤnden hinab zogen. Ich habe denſelben zweimal durchwandert; da ich aber faſt aus— ſchließlich mit dem Studium der eryſtalliniſchen Gebirgsarten beſchaͤf— tigt war, ſo konnte ich den hier in Betracht kommenden orogra— phiſchen Erſcheinungen nicht die gehoͤrige Aufmerkſamkeit widmen, ſo daß ich nach der Erinnerung nicht im Stande bin, in dieſer Be— ziehung etwas Beſtimmtes anzuführen. Ich habe mir vorgenom— men, dieſe Gegend im naͤchſten Fruͤhjahre in der fraglichen Hinſicht zu unterſuchen und die gewonnenen Reſultate in der Notiz zu ver⸗ öffentlichen, welche meine topographiſche und geognoſtiſche Charte von der Umgegend Belfort's begleiten wird, welche ich naͤchſtens herausgeben werde. Mittlerweile duͤrfen wir in der, in Herrn H. Hogard's Schrift über die Vogeſen ') angeführten, Groupe des blors erratiques, beſonders wenn wir Rozet's treffliche topogra⸗ phiſche und geognoſtiſche Karte zu Hülfe nehmen, in jenen angeb⸗ lichen Steinanhaͤufungen in ehemaligen Seeen die Ueberreſte von endftändigen Moränen, fo wie in den bei verſchiedenen Höhen an den Thalwaͤnden anzutreffenden Kies- und Steinbaͤnken die Ueber— bleibſel ſeitlicher Moraͤnen erkennen. Die letztern finden ſich auch an den Waͤnden der benachbarten Berge, ziehen ſich in der Richtung des Thales hin und fegen plotzlich ab, ſtatt fid über die benachbarten niedrigern Bergwaͤnde zu erſtrecken. Jener einſichtsvolle Beobachter urtheilt ganz richtig, daß die Hypotheſe, als ſeyen dieſe Steinblöde durch Waſſerſtroͤme fortgefuͤhrt worden, ganz unhaltbar ſey, und bemerkt in dem Ab— ſchnitte über Geſchiebe an hochliegenden Stellen, S. 194: „Au: ßer Sand, geſchobenen Steinen und Felsbrocken, welche die er— waͤhnten Ablagerungen bilden, finden ſich auch große Bloͤcke, die zuweilen mehr als 20 Cubikmeter halten, und deren Trans— port nach deren gegenwärtigem Fundorte ſich nicht durch dieſelben Kräfte erklaren läßt, welche die uͤb⸗ rigen Materialien dahin gefuͤhrt haben“ um alſo die große Hoͤhe, bei welcher dieſe Bloͤcke gefunden werden, zu erklaͤren, greift Hogard zu einer andern Hypotheſe, daß ſich naͤmlich das Niveau verſchiedener Theile des Thals nach der Abſetzung jener Schutthaufen erhoͤht habe. Der ſtaͤrkſte Beweisgrund in Betreff des Urſprungs aller ſolcher Ueberreſte liegt in deren Geſammtbeſchaffenheit. Wenn wir *) Description mineralogique et geologique des regions gra- nitique et ardnacde du systeme des Vosges. Epinal, 1337. 12% 183 in der That in unſern Träleın nur Steinanſammlungen faͤnden, welche Mor anen zurufchreiven wären, fo koͤnnten wir jie vielleicht, in Uebereinſtimmung mit einer der altern Theorieen, als Reſte der Ufer vormaliger Seeen betrachten. Was aber dieſe gewaltigen fort— bewegten Bloͤcke anbetrifft, welche in bedeutenden Höhen an den Bergwaͤnden abgeſetzt ſind, ſo reicht man mit Waſſer- und Schlammſtroͤmen ruͤckſichtlich deren Fortſchaffung keineswegs aus; denn der vor wenigen Jahren ſtattgefundene Bergſturz am Deut du Midi im Canton Wallis ließe ſich ſelbſt nicht einmal als Bei— ſpiel im kleinſten Maaßſtabe anfuͤhren. In dieſem Falle ſtuͤrzten die Blöcke, unter Begunſtigung von Schlammſtroͤmen, einzig nach dem Geſetze der Schwerkraft hinab, und uͤberwanden in der That keinen Widerſtand, ſo wie ſie denn auch nicht wieder gehoben wur— den. Der Schutt und das Geroͤlle verbreiteten ſich im Gegentheile nach Art einer Lawine, ohne daß ſie irgendwo die Geſtalt einer Morane angenommen haͤtten. Allein wir finden ja hier nicht nur die Formen der Moraͤnen und fortbewegter Bloͤcke. Können wir annehmen, daß die ſämmtlich geneigten und oft ſteil geboͤſchten ſeit— lichen Bänke durchgehends von Sußwaſſerſecen gebildet worden ſeyen? Können letztere je geneigte Oberflächen bilden? Sollen wir ans nehmen, fie feyen durch Stroͤmungen abgeſetzt worden, welche dieſe Neigung beſeſſen? In dieſem Falle muͤßten die Stroͤmungen un— gemein geſchwind geweſen ſeyn und konnten nicht mitten in ihrem Laufe Haufen von Steinen abgeſetzt haben, welche der Sohle des Thales entſprochen hätten. Wie (ießen ſich endlich jene kleinen und großen abgerundeten Oberflaͤchen durch die Annahme von Waſſer— ſtroͤmungen erklaͤren, die an den Seiten, welche von der Stroͤmung abgewendet geweſen ſeyn mußten, durchaus eben fo geglättet ſind, als an den derſelben zugewendeten; die an jeder Stelle deſſelben aus heterogenen Beſtandtheilen gebildeten Felſens ebenmaͤßig abge— führt find, ohne daß die Aufloͤsbarkeit durch Waſſer, die Härte, die Anweſenbeit von Cryſtallen, Foſſilien ꝛc. den geringſten Untere ſchied machen; und die alle Charactere der noch heut zu Tage durch Gletſcher geglaͤtteten Felſen darbieten, in'sbeſondere feine und parallele Streifen, die jederzeit in der Richtung der allgemeinen Bewegung ſtreichen und ſich ausnehmen, als ob fie durch in einen großen Rahmen gefaßte Diamantenſpitzen hervorgebracht ſeyen; die alſo auf keine andere Weiſe entſtanden ſeyn koͤnnen, als dadurch, daß ſcharfkantige Fragmente von harten Steinarten in einem feſten, ſich gleichfoͤrmig bewegenden Koͤrper, wie ihn die Eismaſſe eines Gletſchers bildet, feſtſaßen und mit ihm vorruͤckten. Man ſage ja nicht, dieſe Oberflaͤchen ſeyen durch das Vorbeiſtreichen von Bloͤk— ken erzeugt worden; denn in dieſem Falle wuͤrden ſie nicht haͤufig warzenfoͤrmige, oft völlig hemiſphaͤriſche Erhöhungen von ziemlich geringem Durchmeſſer bilden. Ebenſowenig koͤnnen die Streifen durch ſcharfe Spitzen, die aus der Oberfläche jener Bloͤcke hervor— ragten, eingeriſſen worden ſeyn. Sie koͤnnten in dieſem Falle nicht die an ihnen bemerkbare ſtaͤtige Richtung darbieten, weil ein ſich an einem Felſen reibender und durch eine heftige Stroͤmung vorwärtsgetriebener Block ſich wälzend bewegt oder doch die Rich— tung feiner reibenden Oberflaͤche beftändig ändert, Wenn ſich alſo, wie im Thale von Giromagny, die Beweiſe fo ſehr häufen, fo koͤnnen wir unmoͤglich anders, als zu der Ueberzeugung gelangen, daß die erwaͤhnten Erſcheinungen durch Gletſcher hervorgebracht ſeyen. Ein Beweismittel anderer Art liefert uns die Beſchaffenheit des Bodens am Fuße der beiden Abhaͤnge der Bergkette. Nach— dem Herr Hogard bemerkt hat, daß keine Abfaͤlle von Kalkfel— ſen in dem alten Alluvialboden am Fuße des noͤrdlichen Abhanges zu finden waͤren, faͤhrt er fort: „Die Stroͤmung, welche die hier in Rede ſtehenden Bloͤcke mit ſich fortgefuͤhrt hat, bewegte ſich von Suͤdoſt gegen Nordweſt; ſie ging parallel mit der allgemeinen Richtung der Thaͤ⸗ ler der Vogeſen, in welchem das alte Alluvium durch das, wie noch heut zu Tage, gegen Nordweſt fließende Waſſer abgeſetzt ward. Von dieſem Umſtande koͤnnen wir uns uͤberzeugen, wenn wir die Beſchaffenheit der Anſchwemmungen und der Beſtandtheile derſelben unterſuchen.“ So ſehen wir, daß die Fels- Fragmente aus höheren Gegen— den in niedrige binabfteigen, und nie findet man die Abfälle kalki— ger Gebirgsarten höher, als den Gebirgsſtock derſelben. 184 Nun hatte ich ſelbſt ſchon ſeit laͤngerer Zeit bemerkt, daß das alte Alluvium oder terrain de combtement des ſudlichen Abhan— ges, welches ſich, ebenfalls der Böfhung der Thaler foigend, von Norden gegen Suden und von Nordweſten gegen Sudoſten hinab— zieht, durchgehends aus den Abfallen der höher liegenden Gebirgs— arten beſteht und, bevor es das Niveau des Kalkgebirges erreicht hat, nie Kalkſteine enthaͤlt. Demnach darf ich auch folgern, daß dieſe Abgänge von einer, aus Nordweſt kommenden und der allge— meinen Richtung unſerer Thaͤler foigenden Fluth fortgefahrt wor— den fiyen, weil kein Kalkſteinfragment aufwärts geführt worden iſt. Hier hätten wir alſo zwei einander gerade entgegengeſetzte Stroͤ— mungen, die von demſelben Puncte namlich dem Gipfel der Voge— ſen, ausgegangen ſeyn muͤßten. Eine ſolche Annahme waͤre aber geradezu abfurd. Alle dieſe Schwierigkeiten verſchwinden, und Alles laͤßt ſich ungezwungen ertlaͤren, wenn wir annehmen, die Kuppen von Gi— romagny, Servance u ſ. w. ſeyen mit Gletſchern bedeckt gewe— fen, durch deren beſtaͤndige Bewegung alle ſich vom Gipfel ablös fenden Felsbloͤcke fortgeführt worden und durch deren Aufthauen lange Zeit Baͤche und kraͤftige Fruͤſſe geſpeiſ't worden ſeyen, die das ſogenannte alte Alluvium auf beiden Seiten der Bergkette an— ſchwemmten Da alle uͤbrigen bedeutenden Thaͤler der Vogeſen Gelegenheit zu ahnlichen Bemerkungen darbieten, fo dehnen ſich begreiflicher— weiſe Steinbloͤcke und geſchobene Steine faͤcher- oder ſtrahlenfoͤr— mig rings um den ganzen Gebirgsſtock aus, was nimmermehr durch Waſſerſtroͤme hätte bewirkt werden Eönnen. So wäre denn alſo, meiner Anſicht nach, ausgemacht, daß vor Alters Gletſcher auf den Vogeſen eriftirt haben, und doch er— hebt ſich die Kuppe von Giromagny, der hoͤchſte der hier in Betracht kommenden Berge, nur 1,250 Meter uͤber der Mee— resfläche. Wenn dieſe Erſcheinung dem einftigen Eälteren Zuftande der Erdoberflaͤche beizumeſſen waͤre, ſo fragte es ſich, wie dieſelbe zu irgend einer fruͤhern Zeit eine fo niedrige Temperatur hätte an— nehmen koͤnnen. Oder haben die Thaͤler zu irgend einer Zeit ihr Niveau veraͤndert, ohne uͤbrigens aus ihrer gegenwaͤrtigen Lage gebracht zu werden? War jene Zeit, zu welcher die Linie des ſo⸗ genannten ewigen Eiſes ſich zwiſchen St. Maurice und Bex im Canton Wallis bei nur 400 Meter abſoluter Hoͤhe befand (was die geringſte Hoͤhe iſt, bei welcher ich in den Alpen Spuren von ehemaligen Gletſchern entdecken konnte), dieſelbe, wo die Gletſcher oder Vogeſen bei Weſſerling und Giromagny eben ſo tief herab— ſtiegen? Bekanntlich hat man oͤfters mehr als 50 Flecken auf der Son— nenſcheibe zählen koͤnnen, unter denen viele einen Flaͤchenraum ein⸗ nahmen, der viermal fo groß war, als die Oberfläche unſerer Erde, und viele Jahre lang beſtanden. Bekanntlich ſoll um's Jahr 535 die Sonne 14 Monate lang weniger hell geleuchtet haben, als ſonſt, und im Jahre 625 die Hälfte ihrer Scheibe einen ganzen Sommer hindurch verdunkelt geweſen ſeyn. Da man nun durch⸗ aus nicht behaupten kann, daß dieſer Grad der Verdunkelung der groͤßtmoͤgliche ſey ſo liegt wenigſtens die Moͤglichkeit vor, daß die Sonne waͤhrend einer ganzen Periode gar nicht geleuchtet habe, wodurch dann nothwendig alle Planeten durchaus in Dunkelheit und Eis begraben worden waͤren. Da endlich in dem Weltraume die Temperatur, gleich der Materie, ungleich vertheilt iſt, ſo waͤre es auch moͤglich, daß un— ſere Sonne, bei ihrer Bewegung um die Centralſonne, ihr ganzes Syſtem in ein kaͤlteres Medium mit fortgezogen haͤtte, aus dem ſie nun wieder herausgetreten iſt, in das ſie aber nach einem ge— wiſſen, vielleicht einſt berechnenbaren Zeitraume wieder eintreten duͤrfte. Fragen, wie dieſe, laſſen ſich nicht in einem kurzen Artikel abe handeln; übrigens wird Herr von Charpend ier naͤchſtens eine Arbeit bekannt machen, in der die wahrſcheinlich zufaͤllige Urſache der uͤbergroßen Ausdehnung der Gletſcher voͤllig befriedigend darge— than werden duͤrfte. Da Herr Agaſſiz an der ſuͤdlichen Böfhung des Jura ger glaͤttete Oberflaͤchen entdeckt und die geologiſche Geſellſchaft bei de— 185 ren Zuſammenkunft zu Pruntrut dieß beftätigt hat, dürfen wir ihm und Herrn von Charpentier glauben, daß das ganze große Thal der Schweiz vormals mit Gletſchern bedeckt war; allein da ich in den von Bergen entfernten Ebenen keine Spuren einſtiger Gletſcher entdecken konate, ſo moͤchte ich annehmen, daß, wenig⸗ ftens in den ſudlichern Gegenden Europa's, die Gletſcher ſich nie weit uͤber den Fuß der Gebirge hinaus erſtreckt haben, und daß ſie zwar Außerft große, aber doch ahgefonderte und nicht von einem Gebirge, ja wohl ſelbſt Berge, zum andern reichende Maſſen bil— deten. Was die Art der Fortbewegung der Bloͤcke anbetrifft, ſo glaube ich, daß wenn ſie, wie behauptet worden, vermoͤge ihres eigenen Gewichtes, vom Gipfel der Alpen aus über eine ununterbrochene geneigte Eisflaͤche, z. B., bis zum ſuͤdlichen Abhange des Jura ge— rutſcht wären, die der Friction ausgeſetzt geweſene Oberflaͤche bei allen großen Blocken geglaͤttet ſeyn müßte, was ich bei keinem einzigen darunter habe wahrnehmen koͤnnen. Wenn noch gegenwaͤrtig aus den ſo ſehr zuſammengeſchrumpf— ten Gletſchern Fluſſe hervorſtroͤmen, die in guͤnſtigen Jahren gleich von ihrer Quelle aus eine bedeutende Staͤrke beſitzen, um wie viel maͤchtiger muͤſſen dieſelben aus jenen unermeßlichen Eismaffen ber: vorgegangen ſeyn, die einſt vielleicht ganze Laͤnder bedeckten; in welchem Grade muß dieß zumal zu der Zeit der Fall geweſen ſeyn, wo die Gletſcher im Aufthauen begriffen waren, ſo daß ſie ſich bis auf ihren jetzigen Umfang verkleinerten, was vielleicht, wenn das Clima ploͤtzlich wärmer wurde, ſehr ſchnell geſchah. Die Gießbaͤcte unſerer Gletſcher führen aber zuweilen ſolche Quantitäten Sand, Kies und ſelbſt Steine unter denſelben hervor, daß große Striche damit uͤberfuͤhrt werden; dürfen wir alſo die großen angeſchwemm— ten Maſſen von Sand und geſchobenen Steinen, welche wir in den tiefern Thaͤlern treffen und ununterbrochen bis an die jetzigen Glet— ſcher verfolgen koͤnnen, nicht den ſtarken Waſſerſtrömen zuſchrei— ben, die aus den ſonſtigen großen Eismaſſen hervorbrachen, ohne daß wir unſere Zuflucht zu einer ſogenannten Suͤndfluth oder all— gemeinen Ueberſchwemmung zu nehmen brauchen, die ganz anders gewirkt haben wuͤrde. Nachdem der Secretaͤr der Geſellſchaft obigen Aufſatz vorgele— ſen, bemerkte Herr Conſtant Prevoſt, er habe auf der Straße nach Chambery die Oberflaͤche von Kalkfelſen tief gefurcht geſehen, und auf dieſen Furchen geſchobene Steine aus einer ganz andern Gegend, namentlich einen vielleicht 15 Fuß im Durchmeſſer hal— tenden Block von einer gruͤnlichen Schieferart, bemerkt. Seiner Anſicht nach, ruͤhrten dieſe Erſcheinungen von ähnlichen Urſachen, 186 Auf die Bitte des Herrn v. Roiſſy theilte Herr Leblanc Näheres über die Beſchaffenheit und die Lange der oben erwähn— ten Streifen mit. Dieſe kurzen und feinen Streifen, bemerkte er, ſind durch den Druck und die Reibung von einzelnen Steinen, die bärter waren, als die Felſen, an denen fie hinſtrichen, hervorge— bracht worden. Die warzenfoͤrmigen Erhöhungen haben ſich dagegen durch die Bewegung des Gletſchereiſes gebildet. Herr Fergeaud, Profeſſor der Poyſik in Straßburg, hat ahnliche Erſcheinungen im Schwarzwalde, in den Vogeſen und Pyrenäen gefunden und ſie ebenfalls von Gletſchern hergeleitet. Herr Voltz hat an Lagern von koͤrnigem Eiſenerze Streifen beobachtet, an deren Ende ſich ein Kern von jenem Erze befand. Herr v. Roys bemerkte, in den Alpinen-Bergen zwiſchen St. Remy und Arles habe er viele ſolche polirte Oberflachen gefehen, die ſich wie gefirnißt oder lackirt ausnahmen und auch hie und da geritzt waͤren. Dieſe Berge erheben ſich aber nur 100 bis 150 Meter uͤber den Spiegel des Mittelmeeres, und er glaubt daher, daß man die fraglichen Erſcheinungen dort nicht von ehemaligen Gletſchern herleiten Eönne. (Bulletin de la Société geulogique de France, Edinburgh New Philos. Jouen. Oct. 1840 — Jan, 1841.) Mise lien. Einen merkwürdigen Fund in Beziehung auf den Dronte (Didus ineptus) hat man in Copenhagen gemacht, ins dem Herr Profeſſor Retzius der Academie der Wiſſenſchaften zu Stockholm, auf den Grund eines Briefes des Herrn Profeſſor Ja— cobſon zu Copenhagen, anzeigte, daß bei der Eröffnung einer, zu der ehemaligen Gottorpiſchen naturgeſchichtlichen Sammlung ge— börigen, alten Kiſte ein Schädel des ausgeſtorbenen Dronte gefun— den worden iſt, waͤhrend man von dieſem, einſt auf der Inſel Bourbon heimiſchen, merkwuͤrdigen Vogel nur noch die im Aſpmo— leſchen Muſeum in Oxford vorhandenen Reſte und im Britiſchen Muſeum befindlichen Abbildung kannte. (Vergleiche auch N. No— tizen Nr. 598.) Voͤgel-Fußtritt⸗Spuren haben ſich auch in Südamerica gefunden, indem Herr Degenhardt, Bergwerksdirector in der Nachbarſchaft von Diva, Provinz Socorro, auf der Spitze des Gebirgsruͤckens Cuchilla de las Peſunas del Venado und in dem Bache Quebrada Paloblanco, Abdruͤcke großer Fußtritte von Voͤgeln im rothen Sandſteine, etwa 5000“ über dem Meere beobachtet hat. Ein magnetiſches Obſervatorium ſoll, auf den Wunſch der Britiſchen Regierung, in Finnmarken in Norwegen errichtet werden. wie die eben beſchriebenen, ber. Heben Gerichtlich-mediciniſche Unterſuchungen über den Arſenik. Von den Herren Danger und Th. Flandin. Mehrere beruͤhmte Proceſſe haben neuerdings die Auf— merkſamkeit der bei gerichtlichen Verhandlungen zuzuzieben— den Aerzte auf die Arſenikvergiftungen gezogen; viele Arti— kel darüber find erſchienen, und leider muß man bekennen, daß die Meinungen uͤber einen ſo wichtigen Gegenſtand, in Betreff deſſen Einheit in den Anſichten ſo wuͤnſchenswerth wäre, ſehr verſchiedenartig find. In der Arbeit der Herren Danger und Flandin ſind wichtige Fragen zur Spra— che gebracht worden, und obwohl ſie manches Bekannte ent— haͤlt, ſcheint doch ein ſpecieller Bericht uͤber dieſe in der Sitzung der Academie der Wiſſenſchaften gemachte Mit— theilung von Intereſſe. R N A. Ben Die Verfaſſer weiſen zuerſt auf die vor Allem wichtige chemiſche Entdeckung in Betreff der von ihnen behandelten Frage hin und verfolgen deren Geſchichte bis auf Marſb, welcher dieſe Entdeckung, jedoch nach SErullas's Vor: gang, auf die Medieina forensis anwandte. Nach die— ſem Ruͤckblicke legen ſie den Stand der Wiſſenſchaft zu der Zeit, wo fie ihre Unterſuchungen begannen, dar, wo denn allgemein angenommen wurde, daß im normalen Zuſtande des menſchlichen Körpers Arſenik in demſelben enthalten fin. Hierauf legen die Verfaſſer das Verfahren dar, mittelſt deſ— ſen es ihnen gelang, die animaliſchen Stoffe ſo zu praͤpari— ren, daß mit dem Marſh' ſchen Apparate Flecken aus denſelben gewonnen wurden, die ſie lange fuͤr Arſenikflecken hielten, indem ſie alle phyſi aliſchen Charactere dieſes Me— talles beſaßen, ja ſelbſt in mehrfacher Beziehung chemiſch wie daſſelbe reagirten. Dennoch ließ ſich der Arſenik aus 187 denfelben nicht im metalliſchen Zuſtande gewinnen. Eine Analyſe und darauffolgende Sontheſe bewieſen den Herren Danger und Flandin, daß dieſer bei der Verkohlung organiſcher Stoffe entftebende zu ammengeſetzte Körper eine Miſchung von Ammonium-Sulphit und Ammonium-Phos— phit mit organifhen Stoffen ſey. Um ſich uͤber die Frage Aufſchluß zu verſchaffen, ob im normalen Zuſtande des Menſchenkoͤrpers Arſenik in die— ſem enthalten ſey, ſtellten die Verfaſſer Verſuche anderer Art an. Sie verkohlten die animaliſchen Stoffe in dicht— verſchloſſenen Gefaͤßen, wobei alle Producte der Deſtillation geſammelt und dann mit den verſchiedenen Reagentien ge— pruͤft wurden, da ſich denn in keinem Arſenik auffinden ließ. Nachdem die Herren Danger und Flandin auf dieſe Weiſe von einer Urſache des Irrthums, gegen die man bisher bei Anwendung des Marſh'ſchen Apparats behufs gerichtlich-medieiniſcher Unterſuchungen nicht auf feis ner Hut war, zuruͤckgekommen waren, esten ſie ihre Ver— ſuche fort, indem fie Thiere durch a:ute und chroniſche Ar— fenivergiftungen tödteten, um in Erfahrung zu bringen, in— wiefern die Miſchung von arſenikaliſchen und pſeudo-arſeni— kaliſchen Flecken Taͤuſchungen veranlaſſen koͤnne, wenn es darauf ankam, dieſelben voneinander zu unterſcheiden. Es ſchien ihnen, daß die bisher angewandten Reagentien wenig— ſtens nicht in allen Fillen hinreichten, um dieſe ſchwierige Aufgabe zu loͤſen. Es handelte ſich nicht mehr bloß darum, den mit Waſſerſtoffgas verbrannten Arſenik in Geſtalt von Flecken aufzufangen, ſondern darum, die Producte dieſer Verbrennung ohne allen Verluſt zu ſammeln, um ſie dann zu unterſuchen und das Metall in den reguliniſchen Zu— ſtand zu verſetzen. Dieß iſt den Verfaſſern mittelſt eines Apparats gelungen, den fir mit dem Marſh' ſchen zu verbinden vorſchlagen. Mittelſt deſſelben laͤßt ſich die arſe— nige Saͤure und das Arſenikmetall, ſelbſt in nach dem Ge— wichte beſtimmbarer Menge, erlangen, wenn man mit nur 50 Grammen von der Leber oder Lunge eines Hundes ope— rirt, der mit 15 Centigr. (3 Gran) arſeniger Säure oder Arſenikſaͤure vergiftet worden iſt. Die Herren Danger und Flandin theilen bei die— ſer Gelegenheit auch ein ihnen eigenthuͤmliches Verkohlungs— Verfahren mit und ziehen aus ihren Verſuchen mit Thie— ren Schluͤſſe, die ſich auf die Phyſiologie, ſo wie die aͤrzt— liche Behandlung bei Arſenikvergiftungen beziehen. Die Hauptteſultate ihrer Arbeit beſtehen in Folgendem: 1) Der Menſchenkoͤrper enthaͤlt im normalen Zuſtande keinen Arſenik. 2) Bei'm Verkohlen animaliſcher Stoffe bildet ſich, in der Regel, ein in Waſſer aufloͤsliches, ſublimirbares Product, das großentheils aus mit organiſchen Stoffen ver— bundenem Ammonium-Sulphit und Ammonium-Phosphit beſteht, und mittelſt des Marſh' ſchen Apparats Flecken darſtellt, welche in Anſehung der phyſicaliſchen Kennzeichen und des chemiſchen Verhaltens gegen Reagentien mit dem Arſenik viel Aehnlichkeit haben. 3) Zur Vermeidung aller Fehler bei gerichtlich-me— diciniſchen Gutachten über muthmaßliche Arſenikvergiftungen 188 darf man bei Anwendung des Marfh'fhen Apparates den deutlichen und normalen Reactionen des Arſeniks erſt dann Vertrauen ſchenken, wenn man das arſenikhaltige Waſſerſtoffgas verbrannt und die Producte der Verbren— nung mit Reagentien gepruͤft hat. 4) Bei Arſenikvergiftungen hat man, waͤhrend der Patient noch lebt, die Spuren des Giftes hauptſaͤchlich in den Faͤces und den ausgebrochenen Stoffen zu ſuchen; wenn jedoch der Tod eine unmittelbare Folge der Vergiftung war, ſo findet man den Arſenik ſelbſt an den vom Mittelpuncte der Vergiftungsthaͤtiakeit entfernteſten Stellen des Körpers. (Le Temps, 16. Février, 1841.) Permanente Contraction der Finger in Folge ei— nes Aderlaſſes durch Electricitaͤt geheilt. Von Herrn C. James. Ein Dienſtmaͤdchen, Claris Leclerc, 19 Jahre alt, von lymphatiſchem Temperamente, uͤbrigens geſund, kam am 5. Juni 1838 in das Hötel Dieu, auf die Abthei— lung Breſchet's wegen einer Verbrennung des Beines mit kochendem Waſſer. Nach einem Monate war die Wun— de vernarbt. Bei der Aufnahme war ein Aderlaß am Ar— me gemacht worden, wobei die v. mediana cephalica des linken Armes an der aͤußern Seite der Sehne des bi- ceps, 3 Zoll oberhalb des Winkels, der durch beide Me— dianen gebildet wird, angeſtochen wurde. Die Lancette mußte zum zweiten Male in die Wunde eingefuͤhrt werden; nun kam Blut; aber die Kranke beklagte ſich uͤber eine in die Tiefe gehende Betaͤubung des Vorderarms, und anſtatt die Girkelbinde, welche man ihr in die Hand gegeben hatte, herumzudrehen, hielt ſie ſie durch unwillkuͤrliche und con— vulſiviſche Contraction der Finger ſehr feſt. Man erlangte nur wenig Blut, der Arm wurde verbunden, die Wunde ſchmerzte nicht, aber die Betäubung des Vorderarmes und die Contraction der Finger dauerten fort, und zwar in dem Grade, daß es Muͤhe koſtete, die Binde der Kranken wie— der aus der Hand zu nehmen. Kaum waren die Finger ſich ſelbſt uͤberlaſſen, fo ſchloſſen fie ſich mit der Schnellig— keit eines zuſchnappenden Schloſſes. Der Daumen lag zu— erſt queer in der Hohlhand, und die übrigen Finger lagen ſo feſt auf ihm, daß ſie ſchmerzhafte Tractionen im Meta— carpalgelenke bewirkten. Ich war damals interne der Ab— theilung, und da Breſchet bereits weggegangen war, ſo wurde ich gerufen. Ich glaubte es mit einem einfachen Krampfe der Beugemuskeln zu thun zu haben und verord— nete ein Cataplasma und ein locales Bad. Die Wunde zeigte nichts Ungewoͤhnliches und war bereits verklebt; es vergingen drei Tage ohne Aenderung. Breſchet blieb bei den erweichenden Mitteln. Obwohl aber die Wunde bereits faft vernarbt war, fo werden die Beugemuskeln der Finger mit gleicher Kraft contrahirt, und man iſt genoͤthigt, ein Charpiebauſch in die Hand zu legen, damit die Haut durch die Naͤgel nicht verletzt werde. Nachdem vier Tage lang die Behandlung erfolglos ge— blieben war, entſchließt ſich Breſchet, zu mechaniſchen 189 Mitteln feine Zuflucht zu nehmen. Nicht obne Mühe werden die Finger ausgeſtreckt und, wie bei der Vernar— bung der Handverbrennung, auf einer Schiene befeſtigt. Zwei Wochen bleiben die Schienen liegen; die Kranke hatte ſich daran gewoͤhnt und klagte nicht mehr, wie im Anfange, uͤber dieſe Stellung der Hand; endlich werden die Schienen ab— genommen, aber in demſelben Momente ſchloſſen ſich die Finger wieder und nahmen ihre frühere Lage einer gewalt— ſamen Contraction an. Es wurden nun Douchen und Ein— reibungen aller Art verſucht, jedoch ohne Erfolg, der Zu— ſtand blieb durchaus unveraͤndert. Die junge Perſon ſchien zu einer unheilbaren Infirmitaͤt verurtheilt, und wir bemuͤh— ten uns bereits um ihre Aufnahme in der Salpetriére. Herr Breſchet wollte jedoch, daß ich noch zuvor die Wir: kung der galvaniſchen Saͤule mittelſt der Galvanopunctur verſuchen ſollte. Am 20. December geſchah dieß zum erſten Male. Ich ſtach eine Platinnadel in die Dicke der Extenſoren in der Naͤhe des Ellenbogens, und eine andere ſtach ich in die Ruͤk— kenflaͤche der Handwurzel ein; ich ließ nun die galvaniſche Saͤule wirken, wendete aber 25 und 30 Plattenpaare an, ohne den mindeſten Effect zu erreichen. Es ſchien ſelbſt, als wenn, waͤhrend der Einwirkung der Electricitaͤt, die Con— traction der Finger energiſcher werde. Ich verfuhr nun auf eine andere Art. Ich ſtach die Nadeln eine in die Beugemuskeln am Ellenbogengelenke, die andere gerade an dem lig. carpi volare; nun ſetzte ich die Nadeln wieder mit den Conductoren der Saͤule in Ver— bindung, und ſah zu meinem Erſtaunen, wie ſich die Fin— ger unter der Einwirkung der galvaniſchen Erſchuͤtterungen entfalteten und ausdehnten; nur der Daumen war etwas hartnaͤckig. Als ich die Beruͤhrung der Nadeln und Con— ductoren verlängerte, fo daß das fluidum nicht mehr durch Entladungen, ſondern in einem zuſammenhaͤngenden Strome uͤberging, blieb die Hand vollkommen geoͤffnet. Ich ſetzte nun regelmaͤßig alle Tage die Anwendung der Electricitaͤt fort. Vom vierten Tage an konnte ſich die Kranke ganz frei des Zeigefingers und Mittelfingers bedienen; nach dem Iten Tage waren die Bewegungen des Ringfingers ebenfalls frei geworden. Ich hatte täglich die Beugemuskeln galvas niſirt; Alles verſprach eine baldige Heilung, als die Kranke zu Ende des Monats December genöthigt war, das Spital zu verlaſſen. Ich verlor fie ganz aus dem Geſichte, ob» wohl ich ihr geſagt hatte, daß ſie mich uͤber ihren Zuſtand benachrichtigen möge. Erſt im Juli 1839 erfuhr ich von ihr, daß ihre Hand vollkommen hergeſtellt ſey. Ich uͤberzeugte mich ſelbſt, daß ihre Finger vollkommen die normale Beweglichkeit wieder: erlangt hatten. Sie konnte die feinſten Nadelarbeiten ma— chen. Nachdem ſie das Spital verlaſſen hatte, blieb ſie etwa einen Monat lang ohne Behandlung, arbeitete und bediente ſich ihrer Finger, ſo gut es nach der galvaniſchen Behandlung moͤglich war. Bald aber wurden die Finger wieder contrahirt, und die Hand kam faſt wieder in denſel— ben Zuſtand, in welchem ſie ſich anfangs befunden hatte. Nun unternahm es ein Arzt auf's Neue, ſie zu behandeln, 190 und zwar, da er von den Erfolgen im Hötel Dieu gehört hatte, ganz auf gleiche Weiſe durch Galvaniſiren der Beuge— muskeln. In etwa 12 Sitzungen hatte die Kranke voll— kommen die Bewegungen ihrer Finger wiedererlangt. Seit— dem habe ich das Maͤdchen oͤfter wieder geſeben; die Hei— lung iſt vollkommen, und ſie bemerkt nicht die geringſte Spur von jenem Zufalle, welcher ihre ganze Exiſtenz zu bedrohen ſchien. Es iſt ſogar zu bemerken, daß der Kranken am 4. Ser- tember 1840 an demſelben Arme, an derſelben Vene und genau an demſelben Puncte, wie das erſte Mal, zur Ader gelaffen wurde; der Lancettſtich bewirkte aber keinen Zufall; er verheilte, ohne daß die Finger im Mindeſten eine Betaͤu— bung oder eine Störung der Bewegungen erfahren hätten. Ich muß geſtehen, daß ich über die Natur der Affee— tion keine Vermuthung wage. Ohne Zweifel allerdings war es eine Contraction, die von geſteigerter Thaͤtigkeit der Beu— gemuskeln und nicht von Paralyſe der Streckmuskeln her— ruͤhrte; aber welche Urſache konnte dieſe Zufaͤlle herbeifuͤh— ren? Nach der Stelle des Einſtichs war der n. muscu- locutaneus der einzige, welcher verletzt ſeyn konnte. Wenn ich aber auch eine Verwundung deſſelben annehme, ſo ſehe ich doch nicht ein, wie die Muskelcontractilitaͤt dadurch afficirt ſeyn konnte, da dieſer Nerv dem Vorderarme und der Hand nur Hautaͤſte abgiebt. Die gleichzeitige Verlez— zung des n. ulnaris und medianus konnte allein anato— miſch die Erſcheinungen erklaͤren, welche bei unſerer Kran— ken beobachtet worden; aber weder der eine noch der an— dere der genannten Nerven konnte moͤglicher Weiſe ver— letzt ſeyn. Eine andere nicht minder auffallende Eigenthuͤmlichkeit beſteht darin, daß bei'm Galvaniſiren der Extenſoren die Fin: ger geſchloſſen blieben, während fie ſich bei'm Galvanifiren der Flexoren oͤffneten. Dieß widerſpricht dem, was man taͤglich zu ſehen Gelegenheit hat. Denn man weiß, daß die Electricitaͤt eine Gontraction der Muskeln bewirkt. Deß— wegen hatte ich auch Anfangs die Extenſoren galvaniſirt, in der Hoffnung, dadurch die Contraction der Flexoren zu uͤberwinden. Ohne Zweifel hatten wir es daher hier mit einer jener nervoͤſen Anomalieen zu thun, welche unſere Regeln zu Schande machen und bisweilen den ſcheinbar ganz unratio— nellen Behandlungen weichen. (Gaz. méd., No. 45.) Neue Operation des Maſtdarmvorfalls. Von Herrn Robert. Die gegenwaͤrtig gebraͤuchlichen Verfahrungsweiſen ge— gen den Maſtdarmvorfall ſind ungenuͤgend, wenn dieſe Krankheit den hoͤchſten Grad erreicht. Die Inciſien, die Erciſion, die Cauteriſation wirken nur auf die Schleim: haut, bewirken Verwachſung derſelden mit dem Sphincter, welcher nach der Vernarbung um nichts weniger erſchlafft iſt. Wollte man in einem ſolchen Falle etwas von einer Operation erwarten, ſo muͤßte man gegen die Urſache des 191 Uebels verfahren, d. h. gegen die Erſchlaff ing des Sphine— ters. Dutch dieſe Betrachtungen iſt Herr Robert darauf gekommen, aus dieſem Muskel ein Stud auszuſchneiden, deſſen Linge dem Grade der Erſchlaffung entſpricht, in der Hoffnung, daß durch Vereinigung der durchſchnittenen En⸗ den ein engerer Ring entſtehe, der ſich dem Vorfalle der Schleimhaut widerſetzt. Dieſe Operation iſt mit Erfolg bei einer Waͤſcherin von 38 Jahren ausgefuͤhrt worden, welche im Juni 1839 im Höpital de la pitie aufgenommen war. Dieſe Frau hatte in ihrer dritten Schwangerſchaft einen Maſtdarmvorfall, welcher nur voruͤbergehend war und nicht ſehr belaͤſtigte; mit der vierten Schwangerſchaft ent— ſtand ein Gebaͤrmuttervorfall und ein bleibender, ſehr be— traͤchtlicher Maſtdarmvorfall zu gleicher Zeit mit Erſchlaf— fung der Unterleibswandungen. Roux machte die Exci— ſion eines Wulſtes der Maſtdarmſchleimhaut; es erfolgte ei— nige Erleichterung; aber bald nahm der Vorfall wieder zu, vergrößerte ſich noch, und es kam unwillkuͤhrlicher Faͤcalab— gang mit Lenden- und Schenkelſchmerz hin u. Dieſe Symptome nöthigten die Kranke, das Bett zu hüten. Im Juni 1839 kam die Kranke in die Pitié, und damals war der Sphincter fo erſchlafft, daß man mit vier Fingern leicht durch denſelben eindringen konnte. Nach einer Vorbereitung durch allmaͤlige Verminde— rung der Menge der Nahrungsmittel und die Anwendung des Opiums, um möalichft langdauernde Verſtopfung zu ſi— chern, machte Herr Robert die Operation auf folgende Weiſe. Auf jeder Seite der Maſtdarmoͤffnung, einige Millimeter von dem Rande derſelben und von der Mitte des Umfanges, machte er einen Einſchnitt nach Hinten, bis zur Spitze des Steißbeins; der dadurch gebildete Hautlap— pen wurde, nebſt der davon bedeckten Portion des Sphincters, weggenommen; es wurde alſo die Haͤlfte des ganzen Mus— kels entfernt. Die Wunde wurde von einer Seite zur an— dern mittelſt drei umwundener Naͤhte vereinigt. Am ſechsten Tage nach der Operation wurden die Su— turen entfernt; die Vereinigung war faſt vollkommen zu Stande gekommen; es blieb jedoch noch ein fiſtuloͤſer Gang vom After bis zum Steißbeine. Am funfzehnten Tage war noch kein Stuhlgang er— folgt; da ſich Tags darauf Drang dazu zeigte, ſo wurden 192 die Faͤcalmaſſen mittelſt der Curette entfernt, um die An: ſtrengungen des Stuhlganges zu vermeiden, welche nur ſchaͤd— lich ſeyn konnten. Am einundvierzigſten Tage der Operation behielt die Kranke, welche fruͤher den Darminhalt nicht zuruͤckhalten konnte, einen ganzen Tag ein Lavement bei ſich; ein Vor— fall war nicht mehr zugegen. Die Oeffnung hatte ihren normalen Durchmeſſer wieder, nur emp'and der eingeführte Finger nicht denſelben kraͤftigen Druck, wie ihn der Sphine— ter im geſunden Zuſtande ausuͤbt. Die Kranke konnte ge— hen, hatte die Herrſchaft uͤber den Stuhlgang, aber es war wieder ein kleiner Wulſt von Schleimhaut hervorgetre— ten. Zwei Streifen mit dem Gluͤheiſen zerſtoͤrten denſe⸗ ben nicht. Im Juni 1840 war die Heilung noch ungeftört, aus ßer daß der kleine Wulſt vorlag. (Gaz. méd., No. 25.) Miscellen. Eine Entzündung des Eierſtockes durch Gebaͤr— mutterinjectionen hat Leroi d' Etiolles in 2 Faͤllen gefer hen, wobei er die jetzt in Frankreich faſt zur Mode werdenden Ins jectionen angewendet hat. Die Injection wurde mittelſt einer ela— ſtiſchen Sonde mit maͤßiger Kraft und nur 30 Grammen Altheen— decoct gemacht. Jedesmal folgte gleich bei'm Beginne der Eins ſpritzung ein lebhafter Schmerz in einer Seite. Die Symptome waren ferner: heftiger Schmerz und raſche Entwickelung einer Ge— ſchwulſt in der Seite; der Schmerz kehrt anfallsweiſe mit großer Heftigkeit wieder, wird von den Frauen mit den Wehen einer Ge- burt verglichen, nahm bei'm Drucke nicht zu, verband ſich mit der heftigſten tympanitis und großer Angſt am zweiten oder dritten Tage, wogegen kraͤftige Abfuͤhrmittel angewendet werden muͤſſen. (Gz. méd., No, 36.) Zur Behandlung der Blaſenſcheidenfiſtel hat Dr. Reid mit Erfolg einen Apparat angewendet, welcher aus einer Kautſchukflaſche beſteht, die mit einem Schließhahne verſehen ift und mit einer Condenſationspumpe (oder Spritze) in Verbindung ge— bracht werden kann. Die Flaſche wird nach ihrer Einfuͤhrung in die Scheide ausgedehnt, ſo daß kein Urin mehr abfließen kann. Derſelbe Apparat iſt auch als gewoͤhnliches Peſſarium zu brauchen; muß jedoch in dieſem Falle alle Abende herausgenommen und ge— reinigt werden. Dieſelbe Behandlungsweiſe der Veſico-Vaginalfiſtel iſt bereits 1815 von Herrn Barnes im 6. Bande der Medico- chirurg. Trans. angegeben; jedoch auf eine unvollkommene Weiſe. —————. TI Bibliographische Iconographie zoophytologique, ou description, par localites et ter- rains, des polypiers fossiles en France et pays environnans, Par Hardouin Michelin. 1. Livr. Paris 1841. (Das ganze Werk wird aus 40 — 50 lithographirten Blättern und etwa 12 Bogen Text beſtehen). Etudes géologiques dans les Alpes. Par M. Necker, Tom. 1. Paris 1841. 1 Heß geite en. Annales de la chirurgie frangaise et etrangere, publiees par M. NI. Begin, Marchal (de Calvi), Velpeau et Vidal (de Cassis). Tome 1. No. 1. Janvier, Paris 1841. 8. Traité abrégé des Pieds-bots, ou considérations théoriques et pratiques sur ces difformites, la classification qui leur con- vient etc. Par A. F. Fullin etc. Nantes 1841, 8. Mit K. — ¶ — 7 — Neue Üotizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Meditinalraide Froriep zu Weimar, und dem Mediemnalratbe und Profeſſor Frorie zu Berlin. Noe. 365. (Nr. 13. des XVII. Bandes.) Februar 181 I. Gedruckt im Landes- Induſtrie-⸗ Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder à Fl. 30 Kr des einzelnen Stuͤckes 3 g r. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. 6 Ibis Lane an a Ueber die Verbindungen der Hirnnerven mit den Centraltheilen des Gehirns hat Herr Bazin der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften mehrere Abhandlungen überreicht, über welche der Bericht zu erwarten iſt. Folgende Saͤtze giebt der Verfaſſer, als das Reſultat ſeiner Unterſuchungen: „Die Riechnerven ſetzen ſich direct in die Nerven— buͤndel der Riechlappen fort und breiten ſich bei den Saͤuge⸗ thieren in den vorderen und unteren Theil der vorderen Lappen und in die hinteren Lappen aus. In allen Wirbelthieren ſind ſie in Verbindung 1. mit der durchloͤcherten Ausbreitung (l’aire eriblee) und deren Verlaͤngerungen oder mit dem graulichen plexus, welcher ſich von dem chiasma nervorum opticorum an dem vorderen Rande der Protuberanz, zwiſchen den Hirnſchenkeln, erſtreckt; 2. mit den geſtreiften Koͤrpern; 3. mit der com- missura anterior und folglich mit den vorderen Hirn— ſchenkeln. Die Sehnerven ſind in Verbindung mit dem ple— xus der durchloͤcherten Ausbreitung, durch mehrere Bündel, welche aus dem hintern Theile des chiasma entſpringen oder hervorgehen; ſie gehen in die Baſis des Trichters, in die corpora mammillaria und deren Verlaͤngerungen oder in den vordern Schenkel des Gewoͤlbes, in die Hirnſchenkel, in die tubercula geniculata und corpora quadrige- mina, in die thalami nervorum opticorum, in die cor- pora striata und in Hirnhemiſphaͤren über. Der dritte Augennerv (der nervus oculomo- torius) iſt in Verbindung mit der durchloͤcherten Markaus- breitung durch ſeine inneren Wurzeln; die aͤußeren Wurzeln verlaͤngern ſich nach Vorn in die Hirnſchenkel und nach Hinten in dieſelben Hirnſchenkel, mittelſt ſehr weicher, mit einer grauen und ſchwarzen Subſtanz vermiſchter Bündel und begeben ſich, die einen an die corpora quadrigemina, die anderen in die Hirnſchenkel. Das vierte Nervenpaar (oder n. patheticus) iſt in Verbindung mit den corporibus quadrigeminis. No. 1465. ku Das ſechste Paar laͤßt ſich verfolgen bis in den An— fang des verlängerten Marks, die protuberantia annu- laris und die Schenkel des Hirns und des kleinen Hirns. Die Nerven des fünften Paares, der Antlits nerv und der Gehoͤrnerv, find in Verbindung mit der protuberantia annularis, den Hirnſchenkeln und dem kleinen Hirne. Der n. glossopharyngeus, vagus und hypoglos- sus ſetzen ſich in die Faͤden des „plexe arciforme** *) und dringen in die ganglia olivaria. Man kann ein zu den erſteren gehoͤriges Buͤndel bis in die graue Subſtanz verfolgen, durch welche die Buͤndel hindurchgehen, die von einem Hirnſchenkel zum andern gehen; und die Faͤden, wel— che man ihre Wurzeln nennt, haben ein ganglion, wel⸗ ches ihnen gemeinſchaftlich iſt. Die Hirnnerven koͤnnten, nach ihren Hauptverbindun— gen, unter vier Conjugationen geordnet werden. 1. Die der Riechnerven oder des erſten Wirbels. 2. Die der Sehnerven oder des zweiten Wirbels. 3. Die der Hoͤrnerven oder des dritten Wirbels. 4. Die des Zungenfleiſch- und Stimmnerven oder des vierten Wirbels.“ n . k. 1 Ueber den Bau des Pentacrinus Caput Medlusae hat Herr Profeſſor 3. Müller eine Vorleſung gehalten, worüber die Berichte der Academie der Wiſſenſchaften zu Berlin Folgendes mittheilen: Nach einer hiſtoriſchen Ueberſicht der bisherigen Leiſtungen zur Anatomie der Comatulen von Leuckart, Heuſinger, Me⸗ del, Delle Chiaje, Thompſon, Dujardin und zur Aga⸗ tomie des Skelets der Crinoiden von Guettard, Miller, Gold⸗ fuß u. A., theilte der Verfaſſer die Reſultate einer vergleichenden Anatomie eines in Weingeiſt erhaltenen Exemplars des Pentacri- nus Caput Medusae der Antillen und der Comatulen und Aſte⸗ „) Der Ausdruck „plexe areiforme“ iſt nicht gebräuchlich und nicht völlig verſtaͤndlich; wahrſcheinlich aber find damit die Verbin: dungsfaͤden des n. glossopharyngeus, accessorius und ganglion cervicale supremum gemeint, welche vor und innerhalb der plexus gangliiformes vagi liegen. 195 rien mit. Die Unterfuhungen an den Comatulen find groͤßtentheils an Comatula mediterranen angeſtellt, von welcher der Verfaſſer zu einer fruͤhern Mittheilung ſchon einige Exemplare benutzte, neuer⸗ lich aber durch die Güte der Herren Agaſſiz und Grube in den Stand geſetzt war, eine anſehnliche Zahl zu zergliedern Die Stängelgebilde der Pentacrinen ſind ohne alle Muskeln, ſowohl der Staͤngel ſelbſt als die Cirren, letztere auch bei den Co— matulen; aber der Stängel der jungen Comatulen, Pentacrinus europaeus, Thompson, iſt contractil. Durch Muskeln beweglich find die Arme und pinnulae der Arme; die Muskeln liegen nur an der Bauchſeite; die Streckung erfolgt durch die elaſtiſche Interar— ticularſubſtanz Durch die Mitte aller Skelettheile geht der ſoge— nannte Nahrungscanal, welcher bei den Comatulen im Centrodor— ſalſtucke eine auswendig gerippte herzartige Anſchwellung bildet. Die uͤbrigen Weichtheile liegen bei den Pentacrinen und Comatu— zen in gleicher Weiſe theils auf dem Kelche der Krone, theils ſich fortſetzend auf der Bauchſeite der Arme und pinnulae in der dort befindlichen Gliederrinne. Der mikroſcopiſche Bau des Skelets verhaͤlt ſich wie bei den ubrigen Echinodermen; alle Skelettheile wachſen an den Oberflaͤ— chen, nicht durch Vergroͤßerung der kleinſten Theile; denn die Bal— ken des Kalknetzes ſind bei der ganz jungen noch geſtielten Coma— tula, welche der Verfaſſer durch die Guͤte des Herrn Gray in London erhielt, ſchon eben ſo groß als bei dem erwachſenen Thiere. Die neuen Glieder entſtehen theils durch Anbildung an den Enden der Reihen, theils durch Interpolation. Das Erſtere findet an den Enden der Arme, Cirren und pinnulae ftatt, das Letztere am Stän⸗ gel. Hier bilden ſich die neuen Glieder am obern Theile des Staͤn— gels, der ſich durch geringere Zahl der Glieder zwiſchen den Inter— nodien auszeichnet, durch Interpolation zwiſchen den ſchon vorhan⸗ denen Gliedern in der gezackten Nath derſelben. Daher iſt am oberen Theile des Staͤngels jedesmal ein duͤnnes Glied zwiſchen zioei dicken, unten find alle Glieder gleich. Die Interpolationen finden ſo lange ſtatt, bis die Normalzahl der Glieder zwiſchen zwei Internodien oder Verticillargliedern hergeſtellt iſt. Am unte— ren Theile des Staͤngels iſt die normale Zahl der Glieder zwiſchen den Internodien erreicht. Bei dem Enerinus geſchieht daſſelbe; an der Stelle der Verticillarglieder ſind hier die breiteren Glieder. Abgebrochene Arme der Comatulen erſetzen ſich durch duͤnne Sproſ— fen, welche auf dem Bruchſtuͤcke wie ein Pfropfreis aufſitzen. Die neuen Verticillarglieder der Pentacrinen entſtehen dicht unter dem Kelche. Durch den ganzen Stängel der Pentacrinen gehen fünf ununters brochene Sehnen; an den Gelenken bilden ſie die Gelenkbaͤnder. Von ihnen rührt auf dem Durchſchnitte der Gelenke die fuͤnfblaͤtte— rige Figur her. Um die Sehnen herum liegt an den Gelenken eine elaſtiſche Interarticularſubſtanz, eine krauſenartig gefaltete Mem⸗ bran bildend Ihr Rand entſpricht der gezackten aͤußern Nach der Stängelglieder. Dieſe Subſtanz hat einen ſehr eigenthuͤmlichen mikroſcopiſchen Bau. In ihrer Dicke ſtehen lauter Faſerſaͤulchen, aus denen einfache Faſern hervorgehen, welche Reihen regelmaͤßiger ſymmetriſcher Arcaden zwiſchen den Faſerſaͤulchen bilden; in der oberen und unteren Haͤlfte der Dicke dieſer Subſtanz ſind ſich die Arcaden entgegengeſetzt. Dieſe Bogen gehoͤren wahrſcheinlich einer Spirale an, deren größerer Theil in den Faſerſaͤulchen abwechſelnd herab und hinauf ſteigt. Die Interarticularſubſtanz der Cirren, Arme und pinnulae iſt nicht krauſenartig gefaltet, ſondern bildet elaſtiſche Kiffen von demſelben Baue. Dieſe Glieder haben außer: dem beſondere fibroͤſe Gelenkbaͤndchen an der Leiſte, auf welcher ſie ſich wiegen. Der Kelch der Pentacrinen und Comatulen beſteht aus den Kelchradien und der ſie verbindenden Haut, welche ſich auf den Scheitel und die Bauchſeite fortſetzt. Die Kelchradien beſtehen aus 3 Gliedern, wovon das unterſte immer durch Naht aufſitzt Bei der coloſſalen groͤnlaͤndiſchen neuen Comatula Eschrichtii mit gegen 100 Ranken des halbkugelfoͤrmigen Centrodorſalſtuͤcks, welche Herr Eſchricht zur Aufklärung der Anatomie der Crinoiden mit groß— muͤthiger Aufopferung mittheilte, iſt das unterfte Glied außen nicht ſichtbar: es liegt im Innern auf dem Centrodorſalſtuͤcke, wie bei den foſſilen Solanocrinus, und das naͤchſte Glied ſtuͤtzt ſich zum 196 Theil auf das Centrodorſalſtuͤck ſelbſt; aber die den Solanocrinus und Pentacrinus eigenen fogenannten Beckenſtucke fehlen, wie hei den übrigen wahren Comatulen, waͤhrend ſie bei Comaster, Ag. (Com. multiradiata, Gold.) vorhanden Jind. Von den Radien— gliedern, radialia iſt das letzte das Stutzglied für zwei Arme, ra- diale axillare; an den weiteren Theilungen der Arme liegt das ähnliche brachiale axillare. Die ungeſtielten Crinoiden mit Armen bilden drei Familien, 1) Articulata, gen. Comatula, Lam., und Comaster, 4g. 2) Costata, mit ſchaligem gerippten Kelche und entgegengeſetzten pin- nulae, wovon ſonſt bei allen übrigen Crinoiden kein Beiſpiel vors kommt; gen. Saccocoma, Ag., 3) Tessellata, gen. Marsupites. Der Kelch der geſtielten und bearmten Crinoidea articulata, Pentacrinus, Eucrinus, Apiocrinus iſt im Weſentlichen übereins ſtimmend. Bei'm Kelche der geſtielten und bearmten Crinoidea tessellata kommen folgende Elemente nach conſequenter Bezeichnung vor: Erſtens drei, oder vier, oder fünf basalıa, meiſt ein Pen- tagon bildend, darauf zuweilen ein Kreis von alternirenden Para— baſen, parabasalia. Sobald die Aſſeln ſich in die Richtung der Arme ordnen, beginnen die radialia, wovon das dritte meiſt ein axillare. Zwiſchen den radialia konnen interradialia, zwiſchen den axillaria können interaxillaria liegen. Entweder ſind die Arme von nun an frei, oder der Kelch ſetzt ſich noch weiter fort; die Radien zerfallen dann in zwei Diſtichalradien mit radialia di- stichalia, die jedes mit einem distichale axillare enden, wie bei Actinocrinus moniliformis und Kucalyptocrinus (identiſch mit Hypanthocrinus, PRill.). Zwiſchen den Diſtichalradien koͤnnen in- terdistichalia liegen, zwiſchen zwei Diſtichien interpalmaria. Die pinnulae der Pentacrinen und Comatulen beginnen an den Armen, immer außen am zweiten, innen am dritten Gliede über einem axillare; dieß wiederholt ſich bei allen weiteren Their lungen der Arme. Das axillare iſt immer ohne pinnula. Die Armglieder der Pentacrinen und Comatulen ſind doppel— ter Art; die meiſten ſind durch Gelenke und Muskeln beweglich verbunden; einige an beſtimmten Stellen unbeweglich durch radürte Nahtflaͤchen, zwiſchen welchen ein in Radien auslaufendes aͤußerſt duͤnnes Haͤutchen Zwei durch Naht verbundene Armglieder bilden ein syzygium; das untere Glied eines syzygium kann hypozygale, das obere epizygale heißen. Das letztere trägt die piunnla; das erſtere hat nie eine pinnula; ein syzygium gilt daher bei'm Alter: niren der pinnulae fuͤr ein Glied. Bei Pentacrinus Caput Medusae liegen die Syzygien regel⸗ maͤßig uͤber den axillaria, nie an einer andern Stelle. Bei den vielarmigen iſt die Lage des syzygium nach den Species verſchie⸗ den: das brachiale axillare ſelbſt kann ein syzygium bilden; in dieſem Falle find, wie aus dem Vorhergehenden folgt, hypozygale ſo⸗ wohl, als epyzygale ohne pinnula; oder aber die Syzygien feh— len an jener Stelle. Alle Comatulen, ohne Ausnahme, zeichnen ſich vor den Pentacrinen aus, daß fie auch Syzygien in der ganz zen Laͤnge der Arme haben Das erſte syzygium liegt über dem zweiten Gliede nach einem axillare; daher ſteht die erſte pinnula hier an dem zweiten einfachen Armgliede, bei den Pentacrinus zwar auch an dem zweiten Armgliede, dieß iſt aber ein epizygale. Die Zahl der Glieder zwiſchen den Syzygien der Arme iſt verſchieden bei den Arten der Comatulen: bei Comatula mediterranea, Lam,, liegen zwei bis vier einfache Glieder zwiſchen den geſochten Glieder— paaren oder Syzygien, fie hat gegen fuͤnfundzwanzig bis dreißig Syzygien an jedem Arme; bei C. polyartha, Nob., dagegen liegen zehn bis vierzehn Glieder zwiſchen den Syzygien, und dieſe hat da⸗ her nur wenige Jochverbindungen; bei C. carinata, Lam,, liegen zwei bis fünf, bei C. Eschrichtii, Nob., zwei bis drei, bei C. echinoptera, Nob., drei bis fünf, bei C. horrida (Alecto horrida, Leach.) und C. rotularia, Lam., acht bis zehn Glieder zwiſchen den Syzygien. Viele Comatulen befigen außen an der Syzygiennath einen Kranz von Poren. Die bei den Gattungen Encrinus, Platycrinus, Actinocrinus, und Dimerocrinus, Ph., vorkommende alternirende Zweizeiligkeit, Diſtichie, der Armglieder mit mittlerer Zickzacknaht bildet ſich aus einer einfachen Succeſſion ſchief abgeſchnittener Glieder durch Ver- 197 kürzung der Winkel. Zweizeilige Arme theilen ſich nicht weiter. Die mit den Actinocrinus vereinigten Crinoiden mit einzeiligen Armen, denen auch das unregelmaͤßige einzelne Interradiale aller wahren Actinocrinen fehlt, ſondert der Verfaſſer von dieſen ab, unter dem neuen Genus Carpocriuus; wohin Actinocrinus sim- plex, Ph., (identiſch mit Actinocrinus tesseracontadactylus, His.) und außerdem Actinocrinus expansus, Ph., gehören. Der Scheitel der Comatulen und Pentacrinen iſt von einer Haut bedeckt, welche von den Radien des Kelchs ausgeht und ſich uͤber die Bauchſeite der Arme und pinnulae fortſetzt. Zwiſchen der ventralen Haut des discus und dem Kelche und zwiſchen der ven— tralen Haut der Arme und pinnulae und den Gliedern liegen die Weichtheile. In jener Haut liegt die Tentaketfurche. Die Tenta— kelfurchen der pianulae fegen ſich in die Tentakelfurche der Arme, dieſe in die Tentakelfurchen des Scheitels fort; aus den zehn Zen: takelfurchen, die von den Armen kommen, werden durch Vereini— gung von je zweien fuͤnf. Dieſe ſetzen ihren Weg zum Munde fort, und hier entkernen ſich ihre tentaculirten Ränder und biegen über dem Mund in den naͤchſten um. Die Tentakelfurchen zweier Arme, welche ſich auf dem Scheitel vereinigen, ſchließen ein Inter- brachialfeld ein; die übrigen größeren Intertentacularfelder reichen von dem Zwiſchenraume zweier Kelchradien bis zum Munde: es find die Interpalmarte der, welche über dem Munde funf ſpitze hautige Klappen bilden. Die Haut des interradium des Kelchs, des ganzen Scheitels und der Bauchſeite der Arme iſt bei den Gos matulen meiſtens weich; bei einigen entbält fie mikroſcopiſche Kalktheilchen, in Form von Staͤbchen, einfachen oder zertheilten Balken, Anfänge der Oſſification. Es ſind dieſelben Theilchen, welche Herr Ehrenberg bereits in der weichen aͤußeren Haut der Holothurien beobachtete. Bei vielen Echinodermen zeigen auch einzelne innere weiche Theile dieſe Erſcheinung, und ſo ſind die von Jager beobachteten Figuren in den Haͤuten der Lungen und Eier— ſtoͤcke der Holothurien zu erklaͤren, welche derſelbe den Koͤrperchen im Blute und Saamen der Thiere frageweiſe verglich. Einige Seeſterne, wie Archaster typicus, Nob, haben dieſe Gebilde auch in den haͤutigen Waͤnden der Verdauungsorgane. In der Haut der Comatula echinoptera ordnen fi dieſe Theilchen zu einem Netze mit einzelnen Papillen; bei anderen treten ſchon kleine oſſificirte Plaͤttchen auf; bei'm Pentacrinus iſt die Haut bereits von harten Taͤfelchen bedeckt, und aͤhnliche Taͤfelchen begleiten ſchuppenartig die Seiten der Tentakelfurchen der Arme und des Scheitels. Die Taͤfelchen in der Interradialhaut unterſcheiden ſich weſentlich von denen in der Haut des Scheitels; letztere beſitzen viele kleine mit der Loupe zu erkennende Poren, vielleicht spiracula, welche in die Bauchhoͤhle des discus fuͤhren. Die Schuppen an den Seiten der Tentakelfurchen beſitzen dieſe Poren nicht. Die Tentakelfurchen der Comatulen und Pentacrinen ſind inwendig mit zwei Reihen ſehr kleiner Tentakeln beſetzt; die wieder mit noch viel feineren mikro— ſcopiſchen Fuͤhlerchen beſetzt find. Sie führen die Nahrungsſtoffe von den pinnulae und Armen zum Munde. Unter den Mundtlap: pen gehen die Tentakelreihen je zweier Furchen ineinander uͤber. Der Scheitel der ungeſtielten Crinoidea tessellata (Marsupi- tes) iſt noch nicht bekannt; denn was Mantel! in feiner Abbil—⸗ dung dafur nimmt, jene gegliederten Reihen find ſowohl nach der Abbildung, als nach der Bemerkung, daß dieſe Gliederchen auf der Beruͤhrungsflaͤche einen Riff haben, offenbar von den Armen abgeloͤſ'te pinnulae. Vergleicht man den Scheitel der geſtielten Crinoidea tessel- lata mit Armen mit dem der Articulata, fo zeigt ſich wenig Aehn— lichkeit. Der Scheitel dieſer Tiere iſt von ziemlich dicken Plaͤtt— chen oder Platten gebildet, welche mit ibren Rändern aneinander ſtoßen und ſich auch noch in dieſer Art auf den Anfang der Arme fortfegen. Bei Platyerinus ventricosus, mierostylus, rugosus, deren Scheitel vorliegen, ift ihre Zahl ſehr gering und bei Platy- erinus ventricosus reichen zwölf dicke Platten hin, den ganzen Scheitel zu bedecken. Dieſe Platten zeichnen ſich bier durch die langen Spitzen oder Stacheln aus, in welche ſie auslaufen. Ge— rade in der Mitte des Scheitels liegt hier eine ſolche große Platte. Zu einer ſolchen Vertheilung der Tentakelrinnen, wie bei den Pen⸗ tacrinen und Comatulen, iſt hier gar kein Platz. Obgleich die 198 Scheitel an den vorgelegten Kelchen von drei Species von Platy- erinus und zwei Species von Actinocrinus alle vollkommen erhalz ten ſind, ſo zeigen ſich doch niemals zwei Oeffnungen, Mund und After; immer iſt nur eine Oeffnung vorbandın , entweder in der Mitte, wie bei Actinoerinus, wo fie in eine mit Aſſeln beſetzte Roͤhre ausgezogen iſt, oder an der Seite des Scheitels zwiſchen den Armen, wie bei den Platyerinus (und einem Theile der Melo- erinus). Bei Pentacrinus Caput Medusae ift zwar der After in einem der Interpalmarfelder nicht gefeben, denn bei dem unters ſuchten Exemplore iſt der Scheitel bis auf den pexipheriſchen Theil zerſtoͤrtz indeß muß ſich dieſer wie bei Comatula verhalten. Liegen ſich Mund und Afterroͤhre ſehr nahe, wie bei Comatula horrida, wo die Afterroͤhre, in der Spitze ihres Interpalmarfeldes ſtehend, den Mund faſt bedeckt, ſo koͤnnte zwar die Mundoͤffnung ganz unſichtbar geworden ſeyn; indeß ſieht man an den vorgelegten Scheiteln alle Linien der zuſammenſtoßenden Platten ſehr deutlich, und man darf nicht fuͤr ganz beſtimmt annehmen, daß die geſtiel— ten Crinoidea tessellata mit Armen zwei getrennte Oeffnungen beſitzen, da eine andere Abtheilung von Crinoidea (Holopus, d’Orb.), keinen After hat und es, wie weiter eroͤrtert werden ſoll, unter den Aſterien Gattungen mit After und ohne After giebt. Wenn Eugeniacrinus mespiliformis, Goldf., wirklich ein Cri— noid mit Armen iſt, die ihm Gold fuß beilegt, fo iſt er nicht al— lein der Typus eines neuen genus in der Abtheilung der geſtielten Crinoiden mit Armen, ſondern ſelbſt der Typus einer eigenen von den geſtielten Crinoidea tessellata mit Armen abzuſondernden Fa— milie der Testacea, indem der Kelch und Scheitel deſſelben wie bei den armloſen Pentremites eine zuſammenhaͤngende feſte Schaale bildet und, wie bei dieſen, fünf gegen den Mund aufſteigende Tenta— kelfelder dieſer Schaale beſitzt. Hierher würde auch Platycrinus pentangularis, Mill., als eigenes genus gehoͤren, wenn er wirk⸗ lich Arme haben ſollte, die Miller abbildet. Indeß behauptete Phillips, daß dieſer Crinoid ein Pentremit ſey und daß ihm Miller Arme beigefuͤgt habe. Obgleich dieſe Bemerkung in kei— ner Weiſe von Phillips begruͤndet ift, fo laͤßt ſich gleichwohl nicht verkennen, daß die abgebildeten fuͤnf Arme, welche, einfach fortlaufend, 6 Glieder bis zum axillare beſitzen, unter den Crinoiden ganz ungewoͤhnlich ſind. Die geſtielten Crinoiden ohne Arme bilden 2 Familien. Beide ſind hoͤchſtwahrſcheinlich mit getrennter Mund- und Afteroͤffnung verſehen Die einen zeichnen ſich durch ihre auf einer unbewegli⸗ chen Schaale ausgeprägten Tentakelfelder, die ſternfoͤrmig am Munde zuſammenkommen, aus. Es ſind die Pentremiten. Um den Mund befinden ſich bekanntlich fuͤnf Oeffnungen, wovon jede der Spitze eines Intertentakelfeldes entſpricht und eine ſehr viel groͤßer als die übrigen iſt. An dem Pentremiten, welchen Herr v. Buch dem Verfaſſer mitzutheilen die Güte hatte, ließ ſich durch Aufraͤu— mung der Loͤcher ermitteln, daß jedes der vier kleineren Loͤcher in der Tieſe durch eine ſenkrechte Scheidewand in zwei getheilt iſt. In dem großen fuͤnften Loche fehlte dieſe Scheidewand in der Mitte; dagegen fand ſich jederſeits eine Leiſte, ſo daß dieſe Oeffnung in 2 ſeitliche kleine und eine mittlere große zerfaͤllt. Die letztere iſt of— fenbar der After. Die ſeitlichen entſprechen den uͤbrigen Oeffnun— gen und find mit dieſen wahrſcheinlich Ausgänge für Eier und Saa— men. Das Verhalten der Oeffnungen beftätigte ſich an den Pentre— miten des mineralogiſchen Muſeums. Die Tessellata dieſer Abtheilung ohne Stern von Tentakel, feldern ſind die Sphaͤroniten mit den von Herrn v. Buch aufge— ſtellten Gattungen derſelben. Ihre innige Verwandtſchaft mit den übrigen Crinoiden iſt kuͤrzlich durch Ebendenſelben fo überzeugend bewieſen, daß davon hier keine Rede ſeyn kann. Tentakeln moͤgen auch vorhanden, aber ganz anders vertheilt geweſen ſeyn. Mund und After ſind nachgewieſen, liegen auseinander und ſind bei eini⸗ gen noch von einer dritten (Geſchlechts-) Oeffnung unterſchieden. Die letzte Abtheilung der Crinoiden wird von den Grinoiden mit Armen und feſtgewurzeltem Kelche aus einem roͤhrigen Stuͤcke gebildet. Denn der ſogenannte Stiel des noch lebenden Holopus iſt wohl nur der Kelch. Sie ſcheinen nach dem Wenigen, was von ihnen bekannt iſt, keinen After zu beſigen. Von den Armen ziehen ſich Furchen gegen den Mund. Dieſe Thiere ſind bier das, 18 199 was die Afterloſen unter den mit einem Afterporus verſehenen Aſterien. Die innere Flaͤche des Kelches und Scheitels der Comatulen iſt mit einer eigenen Haut verwachſen, weiche die Bauchhoͤhle be— granzt. Zwiſchen beiden bemerkt man am Scheitel Muskelfaſern, die ſich an der Afterroͤhre in Langsreihen ordnen; die Bauchhoͤhlen— baut der Comatulen iſt weich; bei dem Pentacrinus enthält ſie ſehr kleine Kalkplattchen. Die Eingeweidemaſſe der Comatulen iſt mit der zweiten Lamelle der Bauchhoͤhlenhaut überzogen; die Aus ßere und innere Lamelle haͤngen um den Mund und an der entge— gengeſetzten unteren Seite zuſammen; zwiſchen beiden iſt die enge Bauchhöhle welche ſich durch fünf kleine Oeffnungen in den Bauch— hoͤhlencanal der Arme fortſetzt. In der Mitte des discus der Comatulen bildet eine ſpongioͤſe Maſſe eine Art Spindel, um welche ſich der Darm, vom Munde ſchief abgehend, bis zum After windet. Von der inneren Wand des Darmes, welche an dieſe Spindel gränzt, ſpringt eine gleich gewundene zottige lamina spiralis in's Innere des Darmes vor. Von der inneren Wand des Darmes gehen auch Vertiefungen in die fpongiöfe Maſſe hinein, welche blind zu endigen ſcheinen. An der unteren Seite der ſpongioͤſen Maſſe, wo dieſe an dem Kelche angewachſen iſt, befindet ſich in der Bauchhaut eine anſehnliche un— regelmäßige Oſſification. Sie wird von einem dicken Gefäßcanale durchbohrt, der ſich von der im Centrodorſalſtuͤcke gelegenen herz— artigen Anſchwellung in die ſpongioſe Maſſe begiebt. Die Arme der Comatulen und Pentacrinen beſitzen, außer dem durch die Mitte gehenden Gefaͤßcanale der Skelettheile und außer der oberflachlichen Tentakelrinne, zwei Canale: der untere iſt der Bauchhoͤhlencanal, welcher an den Verbindungsſtellen der Glieder einen blinden Fortſatz in die Tiefe abſchickt, und der Tentakelcanal, der letztere liegt daruber, unter der Tentakelrinne, mit deren Ten— takeln er durch feine Poren zuſammenhaͤngt. Beide Canaͤle liegen in der Rinne der Armglieder unter der ventralen Haut der Arme; zwiſchen beiden erſteren verlaͤuft der Nervenſtrang der Arme, der, dem Abgange der pinnulae entſprechend, eine laͤngliche Anſchwellung bildet, von welcher der Nerve der pinnula abgeht. An der Scheibe entfernen fih der Bauchhoͤhlencanal der Arme uud der Tentakelca— nal; erſterer öffnet ſich in die Bauchhöhle; es ſind fünf kleine Oeff— nungen, den funf Radien entſprechend. Der Tentakelcanal bleibt ober: flaͤchlich unter der Haut und unter den Tentakelfurchen des Schei⸗ tels; dieſe Canale ergießen ſich um den Mund herum in die Hoͤh— len der fpongiöfen Subſtanz, welche die Mitte der Eingeweidemaſſe einnimmt. In der Scheibe liegen unter der Haut des Scheitels die Ver— dauungseingeweide, an den pinnulae unter der ventralen Haut die Geſchlechtstheile, uͤber welche das Tentakelſyſtem hinweggeht. Der untere Theil der pinnulae iſt von den reifen Geſchlechtstheilen an— geſchwollen. Die weiblichen Comatulen beſitzen hier an jeder pin- nulla einen Eierſtock, Eier mit Dotter, Keimblaͤschen und blaͤschen— artigem Keimfleck. Eine Comatula mit 10 Armen beſitzt daher gegen 1000 und mehr Eierſtoͤcke, eine Vermehrung dieſer Organe, welche an die pflanzlichen Verhaͤltniſſe erinnert. Unter den Thie— ren bieten die Bandwuͤrmer etwas Aehnliches dar, infofern alle rei— fen Glieder derſelben mit beſonderen Eierftöcken verſehen find, Das Exemplar von Peutserinus beſaß keine Eierchen; die dicken Theile de pinnulae enthalten hier einen Schlauch mit dicken Wänden, Eierftöcke finden ſich nur bei einem Theile der Individuen der Comatulen. Andere haben auch Anſchwellungen der pinnulae, aber keine Eierchen darin. Bei einer großen von Capt. Wendt mit— gebrachten neuen Comatula echinoptera, Nob., fanden ſich die männs lichen Organe im ftrogendften Zuſtande. Die Anſchwellungen geben mehr in die Breite. Jeder Hoden iſt ein unregelmäßiger an den Seiten in mehrere Abtheilungen eingeſchnittener Schlauch, der ge— gen die Baſis der pinnulae am dickſten iſt, oben dünner ploͤtzlich en: tigt. Er enthält eine geronnene Maſſe, ohne Spur von Eikeimen. Hiernach ſind die Comatulen in Geſchlechter getrennt, wie es be— reits durch die Herren Valentin, Rathke, Peters von den übrigen Echinodermen erwieſen ift. Die Elemente des Kelchs kommen auch an den Armen vor: die Arme ſind in allen Beziehungen Verlaͤngerungen des Kelchs und Scheitels; fie koͤnnen bis auf dieſe reducirt ſeyn, wie bei den Pen— 200 tremiten und Sphaͤronitenz bei dieſen haben ſich daher auch die Geſchlechtstheile in den Kelch zuruͤckgezogen. Da die Arme den Crinoiden fehlen koͤnnen, bis zur ſchaligen Form der Seeigel, der After bei vielen oder den meiſten Aſterien vorkommt, ſo iſt es in der That jetzt ſchwer zu ſagen, was ein Grinoid ſey. Der einzige conftante eigenthuͤmliche Character dieſer Abtheilung der Echinodermen iſt, daß ſie in der Jugend oder das ganze Leben hindurch geſtielt ſind und daß, wenn Armradien vor— handen ſind, ihre G.ieder vom dorſalen Theile des Kelches ausge— ben, dagegen die Wirbel bei den Aſterien immer der ventralen Seite angchoͤren, und daß die Glieder der Radien und Arme der Crinoiden Verkalkungen des Periſoms find, die Gliederfäulen der Aſteriden dagegen dem Periſom nicht angehoͤren. Auch ſind die Armfortſaͤtze nur bei den Crinoiden gegliedert. Daß die Glieder der Kelchradien und Arme der Crinoiden nicht von der Haut uͤberzogene Theile, ſondern Indurationen der Haut ſelbſt ſind, lehrt ihre vergleichende Anatomie. Denn die ventrale Haut geht von ihrem Rande aus, und bei den Teſſellaten tritt die Interradialhaut durch Entwickelung von Aſſeln in eine Linie mit den Radialaſſeln. Die Reihe wirbeiartiger Stucke in der Tiefe der Armfurchen der Aſterien, welche aus zwei Seitentheilen gebildet ſind, hat in der Tiefe der Furche noch eine weiche Haut uͤber ſich, und zwiſchen der Wirbelcolumne und di ſer Haut liegt der Nervenſtrang des Armes. Dieſe Columnen reichen an der Bauchſeite der Scheibe bis zum Munde. Bei den Ophiuren und Euryalen, wo die Bauchfurchen fehlen, bleibt die Lage dieſer Co— lumnen an der Bauchſeite der Scheibe; unter der lederartigen Haut und an den Armen ſind die Columnen allſeitig von der le— derartigen Haut eingeſchloſſen, indem die Eingeweidegoͤhle der Arme bei dieſen Thieren fehlt. Ueber und unter der Columne, zwiſchen ihr und der Haut, verlaͤuft ein Canal. Die Ophiuren find die einzigen Aſteriden mit Zähnen, welche ſich auf je zwei der Columnen am Munde ſtuͤtzen. Aus dem Vorhergehenden folgt, daß die Crinoiden und Aſte— riden nicht zuſammengehoͤrende Gruppen ſind, ſondern, durch fun— damentale Unterſchiede der Skelettbildung geſchieden, nur Abthei— lungen der Echinodermen in gleicher Linie mit den Seeigeln und Holothurien bilden. Die Abtheilung der Aſteriden zerfaͤllt dann in die eigentlichen Aſterien und Ophiuren. Bei den Gattungen der U sreren, welche Herr Agaſſiz feſtgeſtellt, fehlen die Blinddaͤrme des Magens in den Armen und der After, und die Madreporen— platte verläßt die Dorſalſeite. Ihre Eierſtoͤcke liegen immer in der Scheibe ſelbſt. Bei den Aſterien enthalten die Arme immer Blind— ſaͤcke der Verdauungsorgane; der Rücken beſitzt immer die Madre— porenplatte der Seeigel; der After iſt bald vorhanden, bald fehlt er nach den Gattungen; die Eierſtoͤcke liegen bald in der Scheibe am Abgange der Arme, bald in den Armen ſelbſt, wie bei den Seeſternen mit cylindriſchen langen Armen; bei den Ophidiaſtern reichen ſie durch zwei Drittheile der Arme. Die meiſten Aſterien haben einen von eigenthuͤmlichen Waͤrz— chen, wie bei den Seeigeln, umſtellten After. Dieſer After iſt nicht oder nur wenig kleiner, als der After der Seeigel. Baſter ſagte einſt mit Bezug auf Asterias rubens: utrumque genus (echins- rum et stellarum marinarum) os inferne et ad excrementa eji- cien la aperturam superne h.bent. In der Zoologia Danica ift bei A. militaris CXXXI., p. 14. eine centrale Stelle als macula verruciformis angegeben und geſagt, da dieſer Fleck nicht perfo— rirt ſey, ſo koͤnne Baſter's Anſicht vom After nicht richtig ſeyn. Die Warze öffne ſich wahrfcheintih zur Zeit des Abgangs der Eier. Tiedemann widerlegte Bafter’s Angabe als völlig unbegründet, und die Neuern betrachten allgemein die Afterien als afterlos, es ſteht in allen zootomiſchen und zoologiſchen Werker. Die von Tiedemann unterſuchte Asterias aurantiaca iſt wirklich afterlos und gehört der einen der beiden afterloſen Gattungen une ter vierzehn Gattungen von Aſterien anz aber gerade die von Baſter unterfuchte Asterias rubens beſitzt, wie alle der Gattung, zu welcher ſie gehoͤrt, einen After. Vor einiger Zeit (1831) hat Herr Wiegmann zuerſt wieder dieſen porus bei einer pentago— nalen Aſterienart bemerkt und bei den zwei trocknen Exemplaren derſelben auf der Etiquette mit folgenden Worten bezeichnet: Ast, pleyadella, Lam., var. angulis productioribus. Ind. oc. Speci- 201 men iutrumque aculpertusum erat, a'terum in ipso foramine, quod ani oriticium fortasselducendum, Dieſes Thier gehört zu der Gar: tung Goniaster, Agass., oder zu den Scutaſterien Blainville's. Herr Müller ſah mit Herrn Troſchel, Geyuͤlfen bei'm (Berli⸗ ner) zoologiſchen Muſeum, auf dieſen Gegenſtand die Aſterienſamm— lung des zoologiſchen Muſeums nach; da fanden fie denn, daß der bei weitem größte Theil aller Afterien mit einer kleinen Afteroͤffnung verfiben iſt. Das folgende über dieſen porus und die Gattungen der Aſterien gebört beiden Beobachtern zugleich an. Der Afterporus iſt bald central, bald ſubcentral. Bei den Gattungen Archaster, Vob., Ophidiaster, Ag. und Crossaster, Nob., iſt er ganz central; ſubcentrat ift er bei den Gattungen Asteracanthion, Nob., Stichaster, Nob., Echinaster, Vob., Chaetaster, Nob., Linckia, Nob., Goniaster, Ag., Asterope, Nob., Culcita, Ag. und Asteriscus, Nob. Dann liegt er ganz nahe der Mitte, lints vom radius der Madreporenplatte. Bei den bekannten Species der Gattung Asterias, Ag., iſt keine Spur eines Afterporus vorhanden. Ganz aͤhnliche außere Charactere hat die neue mit einem After verſehene Gattung Archaster. Aftertos ſind die beiden Gattungen Asterias, Ag., und Hemicnemis, Vob. Diejenigen Seeſterne, welche einen After haben, beſitzen immer auch eine Abſonderung der Magenkſoͤhle von einer Darmhoͤhle durch eine Cirkelfalte; in der unteren Höhle unter dieſer Falte gehen dann erſt die Blinddaͤrme der Arme ab. Dieſe Hoͤhle iſt es auch, welche in den Afterporus ausmuͤndet. Der Vorrath nordiſcher Afte- rien, die reiche Schultz' ſche Sammlung ſicitianiſcher Aſterien im anatomiſchen Muſeum, ſo wie der eben ſo wichtige Schatz von Aſterien des Indiſchen Archipels in Weingeiſt von Herrn Geh. Rath Schoͤnlein lieferten die Materialien zur Feſtſteuung der anato— miſchen Thatſachen. Mehrere in neuerer Zeit aufgeſtellte Gattungen von Aſterien find ſehr zweckwaͤßig, wie die Gattungen Asterias, 4g., (Stella- ria Nardo), Goniaster, Ag., Culcita, Ag. Auch die Gattung Linckia Nardo würde gut ſeyn, wenn fie, außer Linckia variolata, nicht wahre Opbidiafter umfaßte und wenn ihre Gattungscharac— tere nicht gerade von dieſen entnommen waͤren. Die Gattung Stellonia Nardo ift. nicht haltbar, denn fie umfaßt Stachelaſte rien verſchiedener genera und ſelbſt verſchiedener Familien, naͤm— lich Aſterien mit vier Tentakelre'hen, wie A. rubens, glacialis und Aſterien mit zwei Tentakelreiben, wie A. sepitosa und spinosa. Die Gattungen Asterina und Anseropoda Nardo gehören in eine zuſammen, da die dab ingezogenen Thiere ſich nicht generiſch unter— ſcheiden. Die folgende Claſſification iſt auf fünfundfunfzig Arten von Aſterien der Berliner Muſeen gegründet. Die Aſterien zerfal— len, nach den vorhergehenden Thatſachen, ſo wie einem wichtigen und leicht erkennbaren bisher unbenutzten Unterſchiede in der Zahl der Tentakelreihen der Bauchfurchen, in drei Familien. I. Familie; Aſterien mit 4 Tentakelreihen der Bauchfurchen und einem After. 202 Gattungen: Asteracanthion, Vob., 8 Arten (z. B., Asterias ru- bens), Stichaster, Nob. II. Familie; Aſterien mit zwei Tentakelrei— ben der Bauchfurchen und einem After. Gattungen: Echinaster, Nob., Crossuster, Nob., Chaetaster, Nob., Ophidiaster, Ag., Linckia, Nob., Goniaster, Ag., Asterope, Nob., Culcita, Ag., Astreriscus, Nob., Archaster, Nob. III. Familie. Aſterien mit zwei Tentakelreihen der Bauchfurchen, ohne After. Gattungen: Asterias, Ag., Hemicnemes. M b el been. Die Seidenraupen ſind weit mannigfaltiger, als man bisjetzt geglaubt hat. Im Engliſchen Oſtindien ift unter den ver— ſchiedenen Arten von Seide beſonders die Tuſſih- oder Tuſſer⸗ Seide ſehr weit verbreitet, und die Reſidenten haben berichtet, daß der Wurm in allen weſtlichen Wäldern von Ranghur bis nach Midnapur gezogen werde. Dr. Roxburgyh ſagt, daß er in Ben: galen, Behar und Aſſam einbeimiſch ſey. In Aſſam finden ſich, nach dem Berichte des Herrn Hugon, Unteraſſiſtenten des Cpt. Jenkins, ſechs Arten von Seidenwuͤrmern; der Maulbeer-Sei— denwurm (Bombyx mori), der Tuſſeh⸗Seidenwurm (Saturnia pha- laena paphia) und die Eria oder Arfandy-Seidenwurm (Phalaena eyntbia) waren Schon fruher bekannt. Die übrigen hat er und der (ſo ungluͤcklich umgetemmene) Dr. Helfer beſchrieben. Auch der Muͤga⸗Wurm (Saturnia Assamensis, Helf.) war den Reſidenten bereits bekannt. Der Dſchori-Wurm (bombyx religivsa, Helf.) iſt eine neue, von Capt. Jenkins auf dem Pipul-Baume (Ficus religiosa) entdeckte Art. Dieſe ſoll eine Seide geben, welche der des Maulbeerbaum-Wurms vollkommen gleichkommt. Die Satur- nia Si hetica, Helf., iſt in dem Kaſſia-Gebirge, fo wie in Silhet und Dakka, einheimiſch; dieſe liefert ebenfalls Seide, wie die bei— den andern Arten und der wilde Seidenwurm der Gentral:Provins zen und ein anderer, der feine Cecons auf dem Mango-Baume ſpinnt. Die Bewohner von Malda ſammeln dieſe Seide und ver— fpinnen fie, vermiſcht mit den Cocons des Arindy-Wurms. Wahr— ſcheinlich giebt es noch viele andere Arten Wuͤrmer in Indien, die brauchbare Seide liefern duͤrften. Ueber das Blut der nacktkiemigen Mollusken bemerkt Herr Edw. Forbes, daß die ſchoͤnen Farben mancher Arten dieſer nacktkiemigen Mollusken von der Farbe ihres Blutes abhängig ſey. So iſt in gewiſſen Arten der Montagua das Blut grün, in mehrern Arten der Eolidae roth und in andern braun. Die Analogie zwiſchen den Nudibranchien und den Anneliden wird alſo auch auf eine ſonderbare Weiſe durch die Variationen der Farbe des Blutes fortgefuͤhrt. Die Kuͤgelchen des Blutes ſind in den meiſten Arten ſehr groß. Das Blut der Polycera quadrili- neata iſt weiß, und ihr Herz ſchlaͤgt einhundert und dreizehn Mal in der Minute. ge lk u n de. Experimente uͤber die Fracturen platter Knochen. Von R. H. Made. Der Vereinigungsproceß trockener Knochen iſt von den ausgezeichnetſten Maͤnnern vielfach unterſucht worden. Alle fruͤhern Experimente beziehen ſich jedoch auf die langen oder cylindriſchen Knochen; uͤber die Bruͤche anderer Knochen hat man bloß aus einigen trockenen Knochenpraͤparaten und von der Unterſuchung complicirter Verletzungen einige unbeſtimmte Schluͤſſe gezogen. Man hat angegeben, daß bei Fracturen der Schaͤdelknochen, der uͤbrigen platten und der ſchwammi— gen Knochen die Vereinigung ohne Bildung eines aͤußern oder proviſoriſchen callus zu Stande komme. Ich werde zeigen, daß dieſe Angabe fuͤr einige Faͤlle zwar richtig iſt, jedoch keinesweges eine allgemeine Guͤltigkeit hat. Um zu ermitteln, ob weſentliche Verſchiedenheiten zwi— ſchen dem Vereinigungsproceſſe platter und cylindriſcher Kno— chen beft:bt, habe ich Experimente mit Fracturen der Sca- pula vorgenommen, welche recht eigentlich ein platter Kno— chen iſt, da die zwei Knochentafeln derſelben in der größten Ausdehnung einander berühren, obwohl in dem collum scapulae auch eine betraͤchtliche Quantität ſpongioͤſen Ges webes vorhanden iſt. Ich habe den Vereinigungsproceß bei Fracturen, welche durch dieſe beiden Theile des Knochens hindurchgingen, ſorgfaͤltig beobachtet. Erſtes Experiment. — Die scapula eines jungen, etwa zwei Monate alten Kaninchens wurde in der Naͤhe des collum scapulae gebrochen und 84 Stunden oder 31 Tag nachher getödtet, Bei der Unterſuchung fand ſich, daß der Knochen ſammt ſeinem Perioſt vollkommen ge— 203 trennt war, daß aber die Fragmente ſich nur winzig ver: ſchoben hatten. Die umgebenden Muskeln und das Zellge— webe waren mit coagulirtem Wute infiltrirt, behielten je— doch beinahe ihre normale Textur; eine geringe Quantität roͤthlich gefaͤrbter gelatinoͤſer Fluͤſſigkeit war rund um die Bruchenden des Knochens unter den Muskeln, zum Theil auch unter dem Perioſt, welches eine kurze Strecke von den Raͤndern der Bruchſtuͤcke abgeloͤſ't war, ergoſſen. Dies ſelbe Fluͤſſigkeit nahm den Raum zwiſchen den Kno ſchenen— den, fo wie die lockere zellige Textur im Innern des Kno— chens ein. Zweites Experiment. — Die scapula eines nicht vollkommen ausgewachſenen Kaninchens wurde ſechs Tage vor der Toͤdtung des Thieres gebrochen. Der Bruch ging in geringer Entfernung von dem collum scapulae uͤber den platten Theil des Knochens; er war etwas ſplittrig. Bei ſorgfaͤltiger Zergliederung zeigte ſich, daß die Muskeln auf beiden Knochenflächen von natürlicher Farbe waren und keine Spur von ergoffenem Blute mehr enthielten. In der Umgebung der Fractur waren fie in eine feſte gelatinoͤſe Maſſe verwandelt, in welcher die natuͤrliche Anordnung ihrer Faſern kaum zu unterſcheiden war. Bei einem Laͤngen— durchſchnitte durch die Maſſe und den Knochen zeigte ſich, daß das Perioſt ganz durchgeriſſen war; in der Naͤhe der Fractur war dieſe Haut verdickt und mit einer gelati' oͤſen Maſſe bedeckt, welche durch Ablagerung der Lymphe in die Muskeln und das Zellgewebe gebildet war. Das Perioſt ließ ſich von der Knochenflaͤche in betraͤchtlicher Ausdehnung auf jeder Seite der Fractur abloͤſen; es hatte aber keine neue Ablagerung zwiſchen ihnen ſtattgefunden. Gerade an der Stelle der Fractur, wo das Perioſt zerriſſen war, hing die auf der aͤußern Seite dieſer Membran ergoſſene Lymphe genau mit den entbloͤßten Knochenraͤndern ſelbſt zuſammen; etwas feſte roͤthlich gefaͤrbte Lymphe fand ſich zwiſchen den Bruchraͤndern jedoch ohne Zuſammenhang damit) und in der diploetiſchen Subſtanz des Knochens. Drittes Experiment. — Die scapula eines Kaninchens von gleichem Alter wurde in der Naͤhe des Schulterblatthalſes gebrochen und das Thier zwoͤlf Tage da— nach getoͤdtet. Bei der Unterſuchung fand ſich eine be— traͤchtliche Quantitaͤt eines feſten faſerknorpeligen callus, der die Knochenenden umgab, welche ſich leicht uͤbereinander verſchoben hatten Die Muskeln hingen mit dieſer neuge— bildeten Maſſe zuſammen, waren aber von normaler Con— ſiſtenz und Textur. Bei einem Durchfchnitte zeigte ſich, daß die uͤbereinanderliegenden Knochentheile durch das carti— taginöfe Gewebe feſt miteinander vereinigt waren, und daß in dieſem Knorpelgewebe ebenſowohl, wie in dem aͤußeren callus zahlreiche Knochenpartikelchen unregelmaͤßig abgela— gert waren. Der callus hing feſt mit den Bruchenden, welche abgerundet ſchienen und ebenſo mit der aͤußern Kno— chenflaͤche bis zu einiger Entfernung von der Fracturſtelle zuſammen. Das Perioſt war mit dieſem callus fo in Verbindung, daß es ſchwer war, zu beſtimmen, ob dieſe Membran auf oder unter dem callus liege; fie ſchien haupt: ſaͤchlich in der letztern Lage zu ſeyn. 204 Dieſe drei Experimente betrafen den dicken Theil der scapula. Ih will nun einige anführen, bei welchen der Knochen durch den duͤnnen Theil hindurch gebrochen war. Viertes Experiment. — Die scapula eines beinahe ausgewachſenen Meerſchwelnchens wurde queer durch den platten Theil gebrochen; das Thier ſtarb nach fünf Tagen; bei der Unterſuchung fand ſich, daß das Perioſt ganz war, und daß keine Verdickung oder Blutergießung in dieſer Membran oder in den umgebenden Geweben war, Bei Entfernung des Perioſtes fand ſich, daß die Knochen— ſtuͤcke getrennt, jedoch genau miteinander in Berührung waren, mit Erguß einer kleinen Quantitaͤt weißlicher gela— tinoͤſer Fluͤſſi keit zwiſchen denſelben. Es fand ſich wenig oder keine Lymphablagerung laͤngs der Fractur unter dem Perioſte. Fuͤnftes Experiment. — Die scapula eines jungen, zwei Monate alten Kaninchens wurde queer durch den platten Theil gebrochen und das Thier ſieben Tage da— rauf getoͤdtet. Bei der Unterſuchung war auf der Ruͤcken— flaͤche des Knochens, auf welcher das Perioſt unverſehrt war, keine Spur eines Bruches zu bemerken. Die untere Flaͤche zeigte eine ungleiche Linie, welche von einer Seite zur andern heruͤberging. Eine kleine Quantttaͤt weißlicher Subſtanz von halb cartilaginofer Couſiſtenz war längs dies ſer Linie abgelagert; damit waren die Raͤnder des Perioſtes, welches offenbar ebenfalls zerriſſen geweſen war, umgeben. Eine betrachtliche Maſſe callus war über der Fractur an dem vordern oder untern Rande des Knochens abgelagert; die ganze scapula ſchien von ihrer Mitte aus geſchwollen oder ausgedehnt Bei einem Durchſchnitte zeigte ſich, daß die aͤußere Knochentafel ganz war und bloß gebogen ſchien; die innere Tafel im Gegentheile war durchgebrochen und ein Stuͤck ragte ein Wenig über das andere heruͤber. Die Uns gleichheit, welche dadurch bewirkt wurde, war mit coagulir— ter Lymphe von cartilaginöfer Conſiſtenz ausgefüllt, welche mit den Bruchraͤndern feſt zuſammenhing und ſich in eini— ger Ausdehnung uͤber denſelben, unter dem zerriſſenen Pe— rioſt ausbreitete, ſo daß dieſes von der Knochenflaͤche ge— trennt war. Die Diplo oder der Raum zwiſchen den bei— den Knochentafeln war mit einer betraͤchtlichen Quantitaͤt roͤthlicher, gelatinoͤſer Fluͤſſiskeit, der coagulirten, mit Blut gemiſchten Lymphe aͤhnlich, gefuͤllt, welche mit den Raͤndern der Fragmente zuſammenhing und eine Verbindung mit dem aͤußern callus herſtellte. Sechstes Experiment. — Die scapula eines alten Kaninchens wurde queer durch den platten Theil ge— brochen und das Thier neun Tage darauf getoͤdtet. Bei der Unterſuchung fand ſich eine betraͤchtliche Quantitaͤt eines feſten cartilaginoͤſen callus uͤber dem Verlaufe der Fractur, auf beiden Seiten, beſonders aber auf der untern Fache, einen hervorragenden Rand bildend. Nach Durchſchneidung des Knochens fanden ſich die gebrochenen Raͤnder miteinan— der in Beruͤhrung, jedoch nicht vereinigt; das Perioſt war auf das Genaueſte mit dem callus in Verbindung, wel— cher auf beiden Seiten dieſer Membran abgelagert zu ſeyn ſchien, vorzuͤglich aber auf der aͤußern Flaͤche. Das Pe— 205 rioſt war mit der Knochenflaͤche bis nahe an den Rand der Fractur feſt vereinigt. Unmittelbar Über der Linie über den Fracturraͤndern ſchien der Knochen keine Verbindung mit dem callus zu haben. Der letzte war zum Theil ver— knoͤchert. Siebentes Experiment. — Die scapula eis nes jungen Kaninchens wurde an derſelben Stelle gebrochen und das Thier zehn Tage darauf getoͤdtet. Der Befund war derſelbe, wie bei dem vorigen Experimente, mit der Ausnahme, daß der callus in geringerer Quantität vor: banden war. Das Thier war mit Krapp gefuͤttert worden, und es fanden ſich zahlreiche lange Partikelchen von rother Farbe in dem callus, welcher ſelbſt die normale weiße Farbe des Knorpels hatte. Die Knochen hatten im Allge— meinen eine lebhaft rothe Faͤrbung. Achtes Experiment. — Die scapula eines jun⸗ gen Kaninchens war dreizehn Tage vor dem Tode des Thie— res gebrochen worden. Der Bruch war vollkommen, er ging durch den platten Theil hindurch, und die Bruchſtuͤcke hatten ſich am untern Rande uͤbereinandergeſchoben. Als ein Durchſchnitt gemacht war, zeigte ſich, daß die Bruch— raͤnder abgerundet waren, und daß die platten Flaͤchen, welche einander beruͤhrten, etwa 4 Zoll weit durch eine feſte, weiße, ligamen oͤſe Subſtanz vereinigt waren, in wel— cher jedoch noch keine Knochenſubſtanz abgelagert war. Das periosteum mußte zerriſſen geweſen ſeyn; aber eine deut— liche Haut war über die Bruchſtelle heruͤbergezogen, an wel⸗ che ſich die Muskeln anhefteten. Am obern Rande der scapula waren die Bruchſtuͤcke miteinander in Beruͤhrung geblieben; das untere Ende des Knochens war aber durch die Muskeln nach Unten gezogen, fo daß die untern Raͤn— der beider Bruchſtuͤcke uͤbereinandergeſchoben waren. In dieſer letztern Lage waren die Knochenſtuͤcke durch neue, er— goſſene Subſtanz zwiſchen dieſen Bruchraͤndern vereinigt; äußerlich war kein callus zu bemerken. Als ein Durch— ſchnitt gemacht war, fand ſich eine weiße knorpelige Linie zwiſchen den Bruchſtuͤcken, welche ganz unmerklich in die Bruchraͤnder uͤberging; das Perioſt verlief hier ſcheinbar unverändert über die Fractur hin, und es wurde die Virei— nigung durch die Knochenſubſtanz ſelbſt bewirkt. Die sca— pula war durch Krapp geroͤthet; die neue Knochenſubſtanz war jedoch vollkommen ungefaͤrbt. Neuntes Experiment. — Die rechte scapula eines ausgewachſenen Meerſchweinchens wurde 21 Tage vor dem Tode deſſelben gebrochen. Die Knochenraͤnder hatten ſich ſtark uͤbereinandergeſchoben und waren an den uͤberein— anderliegenden Flaͤchen durch feſte Knochenſubſtanz vereinigt, welche ebenſo, wie der uͤbrige Theil der Knochen, ſtark mit Krapp gefaͤrbt war. Dieſe Faͤrbung war in der ganzen ge— brochenen scapula viel ſtaͤrker, als in irgend einem der andern Knochen des Koͤrpers. Eine mit dem Perioſte zuſammen⸗ haͤngende, aber betraͤchtlich verdickte Membran war uͤber die vorragenden Knochenſtuͤcke ausgebreitet und diente zum Anz ſatze der Muskeln. Aus dieſen und andern von mir an der scapula ausgefuͤhrten Experimenten laͤßt ſich der Schluß ziehen, daß Vereinigung im 206 dicken Theile des Knochens ganz auf gleiche Weiſe zu Stande koͤmmt, wie bei den cylindriſchen Knochen; nämtich zuerſt finder Blutergießung in die umgebenden Theile ſtatt, das Blut wird re— ſorbirt, und dafür coagulirte Lymphe in den Muskeln und im Zell- gewebe abgelagert, fo daß dieſelben zu einer feſten gelatinöfen Maſſe umgebildet werden. Das Perioſt, welches zerriſſen iſt, Löf’t ſich von den Bruchraͤndern und wird entzündet und verdickt; zwi⸗ ſchen die Fragmente wird Lymphe ergoſſen, welche gewohnlich von ſtaͤrker rother Farbe ift, als diejenige, welche den äußern callus bildet. Später vermindert ſich die Außere Maſſe an Umfang; die Muskeln kehren zu ihrer normalen Structur zurück, und eine feſte Schicht von cartilagindſer Subſtanz umgiebt nun die Bruchſtelle, und damit vermiſcht ſich das Perioſt. Dieſer callus hängt feſt mit den Oberflaͤchen des Knochens zuſammen und ſenkt ſich zwiſchen den Fragmenten ein, deren Ränder durch Abſorption abgerundet werden. Hierauf findet Oſſification durch Ablagerung erdiger Theilchen in der knorpeligen Subſtanz ſtatt. Der Proceß, wodurch Vereinigung bei Bruͤchen des platten Theiles der scapula vorkoͤmmt, unterſcheidet ſich davon in einiger Beziehung und iſt auch bei verſchiedenen Fällen verſchieden, in Folge einiger Varietaͤten, unter welchen die Fractur vorkommen kann. Bei vollkommenem Bruche des Knochens mit dem bedeckenden Pe— rioſte, wie bei den Experimenten 6 und 7. ſcheinen die umgebenden Weichtheile ſehr wenig Störung zu erleiden, da der Knochen leicht bricht und die Fragmente ſich wenig verſchieben, ſo daß auch we— nig Veranlaſſung zu Entzündung oder Lymphablagerung in den Muskeln und dem Zellgewebe iſt, außer in der unmittelbaren Nähe der Bruchſtuͤcke. Dennoch lagert ſich eine betrachtliche Quantität callus längs der Bruchlinie ab, mit welchem das Perioſt ſich vers miſcht, und dieſer callus ſcheint verknoͤchert zu werden, bevor ir— gend eine feſte Vereinigung zwiſchen den Raͤndern des Knochens ſelbſt zu Stande gekommen iſt. Bei den meiſten Faͤllen, welche ich unterſucht habe, fand ich es ſchwer, anzugeben, ob das Perioſt an der aͤußern Flache oder zwiſchen callus und Knochen liege, da ſich daſſelbe vollkommen mit der cartilaginöfen Maſſe vermiſchte. Hiermit ſcheint auch Bran's« by Cooper uͤbereinzuſtimmen. Mieſch er unterſcheidet 2 Sta: dien; in dem erſten bildet Perioſt, Zellgewebe und Muskeln durch Anſchwellung und Induration eine Art von Capſel; im zweiten Stadium wird Lymphe innerhalb dieſer Capſel ergoſſen, welche den wahren callus bildet, verknoͤchert und von der Oberflaͤche des Kno— chens felbft exſudirt. Dieß iſt vollkommen richtig, und ich habe geſehen, wie dieſe zuerſt ergoſſene, roͤthliche und balbfluͤſſige Lym⸗ phe Knochen und Perioſt von einander trennt. Miecher ſagt je— doch, daß, wenn dieſe letzte Subſtanz feſt und gefaͤßreich geworden ſey, die Außere Capſel vollkommen verſchwinde, fo daß das Perioſt zuletzt die äußere Bedeckung des gallus bilde. Meine Beobachtun— gen ſtimmen damit nicht in allen Faͤllen überein, obwohl fie in vie— len unzweifelhaft richtig ſeyn moͤgen; denn in mehreren Faͤllen, wo der callus bereits zum Theil verknoͤchert war, ließ ſich das Perioſt deutlich in das Innere dieſer Maſſe verfolgen und ſchien der innern Fläche naher zu liegen, als der äußern. Dieß läßt ſich wohl fo erklären, daß, obwohl der größere Theil der zwiſchen den Mus- keln und in den uͤbrigen umgebenden Geweben ergoſſenen Subſtanz raſch abſorbirt, dennoch nicht alles nothwendig entfernt wird, ſo daß ein Theil zuruͤckbleibt, welcher in Beruͤhrung mit der äußern Flaͤche des Perioſtes iſt und ſodann mit dieſer Haut zugleich ſich mit dem von der Knochenflaͤche ſelbſt ergoſſenen gallus vermiſcht. Sollte ich eine Conjectur wagen, unter welchen Umſtaͤnden dieß leicht vorkomme, fo moͤchte ich ſagen, in den, wo das Verioft nur eine kurze Strecke von der Oberfläche des Knochens abgeloͤſ't iſt; denn, wie Herr Gulliver bemerkt, ſo beginnt die Bildung des neuen Knochens in der Regel an der Stelle, wo das Perioſt ſich von dem Knochen abloͤſ't, fo daß der Umfang der aͤußern knoͤcher⸗ nen Capſel durch die Ausdehnung bedingt wird, bis zu welcher das Perioſt bei der Verletzung von dem Knochen abgelöft wurde. (Edinburgh med. and surg Journ. Vol. 44. p. 54.) Nun iſt bei einem dünnen Knochen, wie die scapula, der Grad der durch die Fractur bewirkten Beeinträchtigung fo gering, daß in vielen Faͤl⸗ len das Perioſt nicht in hinreichender Ausdehnung abgeloͤſ't ſeyn 297 mag, um eine dem Zwecke entſprechende Quantität vom proviferis ſchen gallus zu bilden, durch welchen, nach Dupuytren, die Be: wegung der Bruchſtuͤcke verhindert werden ſoll; in dieſen Fällen bleibt wahrſcheinlich ein Theil der aͤußern Capſel zuruͤck. Bei dem ſechsten Experimente, welches ich mitgetheilt habe, fand ich das Perioſt feſtanbaͤngend, bis zum Rande der Fractur ſelbſt, und das bei zeigte ſich eine beträchtliche Quantitat eines feſten, zum Theil verknoͤcherten callus außerhalb des Perioſtes. Ich habe bereits angegeben, daß der Vereinigungsproceß bei Bruͤchen des platten Theiles der scapula in manchen Fällen va— riirt; ich will verſuchen, die Bedingungen anzugeben. Bei man— chen Experimenten, welche ich ausgeführt habe, habe ich gefunden, daß die Vereinigung ohne Bildung eines proviſoriſchen gallus zu Stande koͤmmt; in der größern Anzahl dieſer Falle war das Pe— rioſt ganz geblieben, wie bei dem vierten Experimente, und ich möchte annehmen, daß dieſer Umſtand erklärt, warum der callus fehlte. Erſtlich findet keine Reizung der Muskeln und umgebenden Gewebe, alſo auch keine Entzündung, keine Lymphergießung und keine Conſolidation dieſer Gewebe zu einer aͤußern Capſel ſtatt; die vorbereitenden Schritte zur Bildung des proviſoriſchen gallus fehlen alſo. Warum aber kommt in ſolchen Faͤllen wenig oder keine Exſudation auf der Knochenflaͤche unter dem Perioſte zu Stanz de, ſo daß ſich ein Rand unter dieſer Haut bilden koͤnnte? Wahr— ſcheinlich bloß deswegen, weil das Perioſt ſehr wenig abgetrennt iſt und Lymphe nur bei Zuſammenhangstrennung ergoſſen wird. Es finden ſich bei den mediciniſchen Schriftſtellern Faͤlle, wobei die cylindriſchen Kaochen gebrochen waren, ohne Zerreißung des Pe— rioſtes. Herr Gulliver erwähnt eines Praͤparates im Museum of. the Kings-College, London, woran beide Knochen des Vorderar— mes des Kindes ohne Trennung des Perioſtes gebrochen waren. Er ſagt jedoch nicht, ob ſich gallus dabei gebildet habe. Ich kann mir kaum denken, daß ein cylindriſcher Knochen bei'm Erwachſenen breche, ohne daß gleichzeitig das Perioſt wenigſtens auf einer Seite zerreiße. In einigen Faͤllen, welche ich angefuͤhrt habe, wobei ſich kein proviſoriſcher callus gebildet hatte, war das Perioſt deutlich zerriſſen, und der Grund des Mangels an callus war, daß die Bruchſtuͤcke genau in Berührung geblieben waren und daß der Bruch eine Richtung hatte, wobei die Bruchſtuͤcke vollkommen uns beweglich blieben, ſo daß die Vereinigung bloß durch die Ablagerung von Knochenmaterie zu Stande kam Man hat geſagt, daß die Vereini— gung wenn ſie ohne proviforifchen callus zu Stande komme, ſehr langſam vor ſich gehe; aber bei dem achten Experimente waren die obern Ränder der Fractur, welche mit einander in Berührung ges blieben und mit Perioſt bedeckt war, durch neue dazwiſchen ergoſſene Subſtanz von cartilaginoͤſer Conſiſtenz bereits am 13. Tage vereinigt, und dieſe ging in die Bruchraͤnder unmerklich uͤber und wuͤrde ſich wahrſcheinlich bald verknoͤchert haben. Bei dem erwaͤhnten Expe— rimente habe ich einige andere Thatſachen angeführt, worüber ich zum Schluſſe noch einige Worte fagen will. Macdonald hat an: gegeben, daß Knorpelſubſtanz, woraus ſich callus bilde, von dem wahren Knorpel ſich dadurch unterſcheide, daß ſie roth gefaͤrbt werde, wenn man das Thier mit Faͤrberroͤthe fuͤttert. Ich habe genau beobachtet, daß dieß in vielen Fallen unrichtig it. Die Knos chen des Körpers finden ſich gewöhnlich gefärbt, ebenſo wie die in dem callus abgelagerten Knochenpartikelchen, während die cartila— 208 ginoͤſe Subſtanz in der umgebung vollkommen weiß bleibt »); das durch bin ich in den Stand geſetzt worden, daß die neuen Kno— chenpartikelchen unregelmäßig durch den proviſoriſchen callus abge— lagert werden und nicht zuerſt von der Oberflaͤche des alten Kno— chens ſich erheben. Die Lymphe, welche von den Bruchraͤndern ſelbſt ergoſſen wird und den Zwiſchenraum zwiſchen denſelben ausfüllt, unterſcheidet ſich von derjenigen, welche den proviſoriſchen gallus bildet, dadurch, daß lie ein eigenthuͤmliches, roth granulirtes Ausfeben hat. Howfſhip, und neuerlich Bransby Cooper find der Anſicht, daß das coagu— lirte Blut, welches die Knochenenden umgiebt, wirklich organiſirt werde; ich konnte aber zwiſchen dieſer neuen Ergießung und coa— Fate Blute keine andere Aehnlichkeit finden, als die roͤthliche arbe. Ich will hier ſchließen und nur noch bemerken, daß der Verei— nigungsproceß bei Fracturen der scapula in ſehr wenigen, wenn uͤberhaupt in irgend einer Beziehung von dem Proceſſe bei gewöhn— lichen cylindriſchen Knochen ſich unterſcheidet. (Medico - chir. transact., Vol. 23.) Miscellen. Die Amputation des Unterſchenkels über den Knoͤcheln, nach Lenoir, iſt ein Cirkelſchnitt, mittelſt deſſen man 40 Millimeter unter der Durchſchneidungsſtelle der Knochen die Haut durchſchneidet, worauf durch einen ſenkrechten Schnitt an der innern Seite der Schienbeingraͤte 2 Hautlappen gebildet werden, die man jedoch nur vorn und an den Seiten, nicht hinten, abprä— parirt. Dadurch wird, nach dem Zuruͤckſchlagen der Haut, eine nach Hinten herabſteigende ell'pſoidiſche Linie gebildet. In dieſer wers den nun die oberflaͤchlichen Muskeln durchſchnitten, worauf man auch den hintern Lappen ganz in die Höhe hebt. Die tiefern Muss keln werden mittelſt eines einfachen Cirkelſchnittes getrennt, wor— auf die Operation nach den gewoͤhnlichen Regeln beendigt wird. Der Verticalſchnitt wird mittelſt einer Sutur vereinigt; die Raͤn⸗ der und der Grund der Wunde dagegen werden durch Heftpflaſter von Vorn nach Hinten zuſammengezogen. Hierauf legt man um den ganzen Unterſchenkel eine maͤßig feſte Binde und lagert den Fuß auf die Seite in etwas abhaͤngiger Stellung. (Arch. gen.) Statt der Magenroͤh re, wird in The Lancet, Nov. 1840. S. 336. zu dem Ernaͤhren ſolcher Irren, welche ſich weigern, ſolche Nahrung zu ſich zu nehmen, eine kurze Roͤhre empfohlen, welche nur ſo weit reicht, daß die Fluͤſſigkeiten bis jenſeits des constrictor pharyngis geſchafft werden. Es wird eine Röhre von 8 Zoll Lange in die Speiſeroͤhre eingebracht, was weit leichter zu bewerkſtelligen iſt, als die Durchfuͤhrung einer langen Roͤhre bis zu dem Magen. Die Operation iſt auf dieſe Weiſe zugleich leichs ter auszufuͤhren und weniger laͤſtig. Necrolog. — Am 11. Februar iſt der verdiente Profefe ſor der Medicin zu Zuͤrich, Dr. L. v. Pommer, geſtorben. *) Die rothe Farbe geht nur mit dem Knochenende, nicht mit dem Knorpel, eine chemiſche Verbindung ein. Bibliographische Manuel géologique, par Henry T. de Labeche ete.; traduction frangaise revue et publiée par A. J. M. Brochant de Vil- liers. Paris 1841. 8. Recreations in Chemistry. By T. Griffiths. London 1841. 8. Hie eite n. Examen pratique des difformites osseuses. De Orthopedie. Par L. Bienaime. Paris 1841. 8. leur traitement. Notice sur le vomissement dans les principaux quadrupedes domestiques, Par J. Girard. Paris 1841. 8 UMeue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und eilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober, Medisinalrorbe Frorier jun Weimar, und dem Mesicinalrathe und Profeſſor Froriep ju Berlin, No. 366. (Nr. 14. des XVII. Bandes.) Februar 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gÖr. Hat au ler Neue Unterſuchungen uͤber die Anatomie der Apo⸗ neuroſen und der Muskeln des Auges hat der Dr. Bonnet, Ober-Chirurg des Hotel Dieu zu Lyon, angeſtellt und die, auch fuͤr die Operation des Schielens practiſch wichtigen, Reſultate in einem, am 1. Februar 1841 verleſenen, Schreiben an den Praͤſidenten der Academie der Wiſſenſchaften zu Paris folgendermaßen auseinandergeſetzt: „Das Auge iſt nicht, wie in den Schriften der Academie geſagt iſt, mit dem Fettzellgewebe der Augenhoͤhle in Be— ruͤhrung; es iſt von dieſem durch eine faſerige Capſel geſchie— den, innerhalb welcher es ſich mit Leichtigkeit bewegen kann: dieſe concave und vorn offene Capſel inſerirt ſich an das vordere Ende des Sehnerven, umgiebt die zwei hinteren Dritttheile des Augapfels, ohne mit ihnen in Berührung zu ſeyn und endigt an den Augenlidern, welche eine Verlaͤnge— rung derſelben bilden. Die geraden und ſchraͤgen Augen— muskeln laufen durch dieſelbe, um ſich an das Auge zu be— geben und gehen mit ihr innige Zuſammenhaͤnge ein; ſie haben auf dieſe Weiſe zwei Inſertionen: die eine an die sclerotica, die andere an die fibröfe Capſel, und fie koͤn— nen ſich nicht bewegen, ohne dieſer alle von ihnen ausge— führten Bewegungen mit utheilen. : Das Vorhandenſeyn einer bis jetzt nicht beſchriebenen, das Auge umgebenden Aponeuroſe und die nach Vorn dop— pelte Inſertion der Augenmuskeln ſind die beiden anatomi— ſchen Einrichtungen, welche ich in dieſem Schreiben deutlich machen will. Indem ich ſie beſchreibe, werde ich nachwei— ſen, welchen Einfluß ſie auf die Bewegungen des Auges und der Augenlider haben. Die Thatſachen, ſo mit ihren Folgen zuſammengeſtellt, werden in ihren Einzelnheiten leich— ter verſtanden und in ihrer Anwendung beſſer gewuͤrdigt werden. Man weiß, daß, wenn einer der Augenmuskeln bei der Operation des Schielens zerſchnitten wird, die uͤbermaͤßige Thaͤtigkeit, aus welcher die Krankheit entſprang, unmittel⸗ bar aufhoͤrt, und daß doch die Bewegungen, welche man No. 1466. ck u n de dem durchſchrittenen Muskel zuſchreibt, wie im Normalzu— ftande ſtattfinden. Die Erklärung dieſer Wirkungen muß ſich, wenn ſie genuͤgend ſeyn ſoll, ohne Unterſchied auf alle Mus— keln des Auges anwenden laſſen, weil das Beſtehen ihrer Func— tionen bemerkbar iſt, nachdem man den einen oder den an— dern derſelben durchſchnitten hat; ſie muß keine Erſcheinung vorausſetzen, welche, wie die Cicatriſation, eine Naturar— beit mehrerer Tage erfordert, weil die Bewegungen, welche die durchſchnittenen Muskeln beſtimmen, ſich unmittelbar nach ihrer Durchſchneidung zeigen. Die Erklaͤrung aus dem anatomiſchen Baue, welche ich vorlegen werde, iſt die ein— zige, welche dieſer doppelten Bedingung entſpricht. Sie ſtuͤtzt ſich auf die Thatſache, daß, da die Muskeln ſich zu gleicher Zeit an die sclerotica und an die fibröfe Capſel inſeriren, man bei der Operation des Schielens nur die er— ſtere dieſer Inſertionen zerſchneidet. Die zweite bleibt voll— ſtaͤndig, der Muskel faͤhrt fort, auf die Capſel zu wirken, und, vermittelſt dieſer, dem Auge ſeine Contraction nur geſchwaͤcht mitzutheilen. Folgende Praͤparationen und Ver— ſuche ſind noͤthig, um dieſe Angabe darzuthun. Man entfernt den Augapfel, indem man Sorge hat, die an ihm befeſtigten Muskeln und den Sehnerv ſo nahe, wie möglich, an der selerotica zu durchſchneiden. Dann ſieht man die faſerige Capſel deutlich, mit allen den Ein— richtungen, wie ich ſie oben angegeben habe. Die durch— ſchnittenen Muskeln koͤnnen an ihrer innern Flaͤche gefun— den werden, und man kann ſich uͤberzeugen, daß ſie in ſchraͤger Richtung durch ſie hindurchgehen und die innigſte Verbindung mit ihr eingehen. Dieſe ſind ſo ſtark, daß, wenn man die Muskeln an ihren hintern Theilen bloßlegt und einen Zug auf ſie wirken laͤßt, man ſie eher zerreißt, als von der Capſel lostrennt, und daß alle ihnen mitgetheilte Bewegung ſich letzterer (der Capſel) mittheilen. Wenn man auf dieſe Weiſe deutlich geſehen hat, daß die Augenmuskeln ſich nicht contrahiren koͤnnen, ohne die Capſel zu bewegen, ſo bemuͤht man ſich darzuthun, wie dieſe an dem Auge feſthaͤngt und ihm die Bewegungen, die 14 211 ſie erhalten hat, mitzutheilen. An einem andern Kopfe zieht man die Augenlider ſtark auseinander und praͤparirt die conjunetiva weg, nachdem man den rundherum ehen⸗ den Zuſammenhang bemerkt hat, den fie zwiſchen dem Augap— fel und der faſerigen Capſel zuwege bringt. Dieſe beiden Theile zeigen ſich ſodann von einander 2 bis 4 Millimeter abſte— hend; der ſie trennende Zwiſchenraum iſt durch ein ſehr lok— keres Zellgewebe ausgefuͤllt, durch welches die von den Mus— keln gebildeten Säulen, die ſich an die selerotica bege— ben, hindurchgehen Auf dieſe Praͤparationen muͤſſen die Experimente folgen, die man an einem noch unverletzten Kopf anſtellen muß. Man entfernt die obere Wand der orbita in ihren zwei hinteren Dritttheilen und legt einen Muskel bloß, z. B., den rectus internus. Man übers zeugt ſich, daß ein auf ihn angebrachter Zug das Auge nach Innen zieht und durchſchneidet ihn dann an feiner Sn: ſertion an die selerotica. Wenn dieſer Schnitt bewerk— ſtelligt iſt, fo kann man das Auge zu denſelben Bewegun— gen bringen, wie vor der Durchſchneidung, wenn man da— bei die Sorgfalt beobachtet, an der Orbitalportion des Mus: kels ſtaͤrkere Zuͤge anzubringen, wie fruͤher. Derſelbe Verſuch, an andern Muskeln wiederholt, gluͤckt ebenfalls; aber man muß dann einen andern Kopf nehmen: denn wenn man mehrere Praͤparationen an demſelben Subjecte vornimmt, ſo werden die Verwachſungen der faſerigen Capſel mit dem Auge allmaͤlig zerſchnitten und ſind dann nicht mehr im Stande, die Bewegungen von der einen zu dem andern fortzuleiten. Schon das Abpraͤpariren der conjune- tiva, für ſich allein, iſt hinreichend, um die Möglichkeit dies fer Fortleitung zu vernichten, welches den erperimentalen Beweis liefert, daß (wenn ein von der selerotica durch moͤglichſt kleine Schnitte getrennter Muskel, doch noch, ob— gleich in ſchwaͤcherem Grade, auf den Augapfel wirken kann), die Wirkung auf den Augapfel vernichtet werden kann, wenn man die conjunetiva in einer zu großen Strecke abpraͤ⸗ parirt hat. Ohne Zweifel waren es Faͤlle dieſer Art, wo man ein Schielen in entgegengeſetzter Richtung von derjenigen veranlaßte, welche man heilen wollte. Die vorn doppelte Inſertion der Augenmuskeln und das Abhaͤriren des Auges an der fibroͤſen Capſel erläutern aller: dings das Perſiſtiren der Thaͤtigkeit der Muskeln nach ihrer Durchſchneidung und deuten die Bedingungen dieſer Perſi— ſtenz an; aber ſie geben noch keine Anleitung uͤber die bei der Operation gegen das Schielen zu befolgende Me: thode. Dieſe Anleitung ſcheint mir aber hervorzugehen, wenig— ſtens theilweiſe, aus den Dispoſitionen einer fibroͤſen Mem— bran, welche unmittelbar auf der ganzen äußeren Oberfläche der sclerotiea aufliegt, an welcher fie nur um die Horn: haut herum anhaͤngt, und welche Tenon unter dem Na— men „neue Haut des Auges“ nouvelle membrane de l’oeil ausgeführt hat. Dieſe Haut, die von der von mir beſchriebenen Capſel ganz verſchieden iſt, verliert ſich in die faſerigen Scheiden der Muskeln und dient, beide zu vereini⸗ gen und fo eine Zwiſchenlage der conjunctiva und scle- rotica zu bilden. 212 Man muß durch ſie bei der Operation gegen das Schie⸗ len hindurchgehen, und wenn man nach ihrer Durchſchnei— dung in das lockere Zellgewebe gelangt iſt, ſo gleitet die Sonde ohne Hinderniß hinter die Scheiden der Muskeln, und man kann dieſe nebſt ihren Aponeuroſen ſicher und vollſtaͤndig zerſchneiden. Ich habe mich am Cadaver und an Lebenden von der außerordentlichen Leichtigkeit uͤberzeugt, mit welcher, durch die Kenntniß der Tenon'ſchen Mem— bran, die Durchſchneidung der Muskeln des Auges gemacht werden kann. Dieſe Kenntniß iſt fuͤr die Schieloperation eben fo wichtig, als die der Arterienſcheide bei den Gefäß: Ligaturen. Es giebt mehrere Eigenthuͤmlichkeiten der phyſiologiſchen Wirkung der Augenmuskeln, deren Urſache in der eben be— ſchriebenen anatomiſchen Anordnung liegt. So, z B., der Einfluß der geraden Augenmuskeln auf die Augenlider. Man hat ſich vergeblich gefragt, welcher Muskel das untere Augenlid herabziehe, und woher die bewunderungswuͤrdige Harmonie ruͤhre, welche die Auf- und Abwaͤrtsbewegung der Augenlider und des Augapfels in derſelben Richtung regulire. Dieſe Er⸗ ſcheinungen ſind aber leicht zu begreifen, wenn man weiß, daß die Tarſusknorpel die Continuation einer faſerigen Capſel find, an welche ſich die obern und untern geraden Augen: muskeln inſeriren, und welche durch dieſelben bewegt wird. Dieſe letzteren Muskeln koͤnnen ſich nicht zuſammenziehen, ohne zu gleicher Zeit auf den Augapfel und auf die Aus genlider zu wirken; und die Urſache dieſer gleichzeitigen Wirkung iſt ſo anatomiſch, daß man am Cadaver dieſe an ihrer hinteren Haͤlfte bloßgelegten Muskeln nicht ruͤckwaͤrts ziehen kann, ohne daß ſich zu gleicher Zeit die Augenlider, und in gleicher Richtung wie der Augapfel, bewegen.“ Ueber die innerſte Structur und die Bewegungen der willkuͤhrlich beweglichen Muskeln. Von W. Bowman, Demonſtrator der Anatomie am King's College in London ꝛc. Bei der Abfaſſung ſeines in den Proceedings of the Royal Society of London etſchienenen Aufſatzes hatte der Verfaſſer die Abſicht: 1) die Anſicht, daß die pris maͤren fascieuli der willkuͤhrlichen Muskeln aus einem maſſiven Bündel von Faͤſerchen beſtehen, unter gewiſſen Be: ſchraͤnkungen zu erhaͤrten; 2) einige zu deren Beſtandthei— len gehoͤrende, noch nicht bekannte Elemente zu beſchreiben und 3) nur Beobachtungen ruͤckſichtlich des Mechanismus der willkuͤhrlichen Bewegung darzulegen. Zuerſt weiſ't der Verfaſſer nach, daß die primaͤren Fascikelchen (Buͤndelchen) nicht cylindriſche, ſondern poly— goniſche Fäden find, indem fie ſich an den Wandungen, da, wo dieſe aneinanderliegen, mehr oder weniger plattge— druͤckt zeigen; dann legt er in tabellariſcher Ueberſicht das Reſultat ſeiner Forſchungen ruͤckſichtlich ihres Volumens in verſchiedenen Abtheilungen des Thierreichs dar. Bei den Fiſchen ſcheinen ſie am groͤßten zu ſeyn; kleiner bei den Reptilien, noch kleiner bei den Inſecten, Saͤugethieren und 213 endlich bei den Voͤgeln am kleinſten. In allen dieſen Faͤl⸗ len iſt aber nicht nur bei den verſchiedenen Thierarten, ſon— dern auch bei demſelben Individuum, ja in demſelben Muss kel eine bedeutende Abweichung in deren Groͤße zu beobach— ten. Hierauf zeigt der Verfaſſer, daß alle Faͤſerchen, in welche ſich ein primaͤres Fascikelchen zerlegen laͤßt, abwech— ſelnd dunkele und lichte Stellen zeigen, und daß Faͤſerchen dieſer Art die ganze Staͤrke des Fascikelchens einneh— men; daß ferner durch die Jurtapofition der fo gezeichneten Säferhen Queerſtreifen entſteben, die ſich durch die ganze Breite jedes Buͤndelchens ziehen. Er unterſucht hierauf die Geſtalt der Abſchnitte, aus denen die Faͤſerchen beſtehen und zeigt, daß aus deren An— einanderfuͤgung in longitudinaler Richtung Faͤſerchen, aus deren Aneinanderhaͤngen nach der Queere aber Scheib— chen oder Platten entſtehen, welche nach der Queere des Buͤndelchens gerichtet ſind. Jedes dieſer Scheibchen beſteht alſo aus einem Abſchnitte ſaͤmmtlicher Faͤſerchen deſſelben Buͤndelchens. Er weiſ't nach, daß dieſe Scheibchen ſtets eben ſo deutlich vorhanden ſind, als die Faͤſerchen ſelbſt, und theilt mehrere durch Abbildungen erlaͤuterte Faͤlle von der von ſelbſt entſtandenen Spaltung des Buͤndelchens in ſolche Scheibchen mit. Die Queerſtreifen ſind alſo die Raͤnder dieſer Scheibchen. Demnaͤchſt werden mehrere Varietaͤten der Scheibchen erlaͤutert und der Umſtand hervorgehoben, daß ſich bei allen Thieren ruͤckſichtlich der in einem gegebenen Raume enthal— tenen Streifen, nicht nur in Betreff benachbarter, ſondern auch deſſelben Buͤndelchens an deſſen verſchiedenen Stellen mehr oder weniger Verſchiedenheit zeigt. Alsdann beſchreibt der Verfaſſer eine roͤhrenfoͤrmige haͤutige Scheide von ungemeiner Zartheit und Durchſichtig— keit, welche jedes Fascikelchen nach feiner ganzen Laͤnge ums huͤlt und von den benachbarten Theilen trennt. Dieſe Scheide nennt er sarcolemma. Ihre Anweſenheit und Eigenſchaften werden auf mehrfache Weiſe, unter Anderm auch durch ein Exemplar demonſtrirt, bei welchem man die— felbe mit Schmarotzerwuͤrmern (Trichinae) gefüllt ſieht, welche ſaͤmmtliche Faͤſerchen verzehrt haben. Es wird ges zeigt, daß das sarcolemma an den peripheriſchen Faͤſer— chen feſthaͤngt; ferner, daß in allen willkuͤhrlich beweglichen Muskeln eine Anzahl winziger Koͤrperchen von beſtimm— ter Geſtalt exiſtiren, welche die Kerne der Zellen zu ſeyn ſcheinen, aus denen ſich die Buͤndelchen urſpruͤnglich entwik— kelt haben, oder dieſen Kernen doch wenigſtens entſprechen. Dieſe ſcheinen aͤhnlichen Koͤrperchen in den Muskeln des or⸗ ganiſchen Lebens und andern organiſchen Geweben analog zu ſeyn. Alsdann werden die Beobachtungen des Verfaſſers uͤber die Art der Verbindung zwiſchen Muskeln und Sehnen be— ſprochen. Dieſe Verbindung findet an den Enden der pri— maͤren Buͤndelchen ſtatt. Er zeigt, daß bei den Fiſchen und Inſecten die ſehnigen Faͤſerchen ſich direct in die Enden ber Fascikelchen fortſetzen, welche nicht ſpitz zulaufen, ſondern ein deutliches Endſcheibchen darbieten. In andern Fällen ſind die Enden ſchraͤg abgeſtutzt und die Buͤndelchen an 214 Oberflaͤchen angefügt, die micht rechtwinklich gegen dieſelben gerichtet ſind. Endlich ſtellt der Verfaſſer die auf von ihm zuerſt er— mittelte Thatſachen gegruͤndete Anſicht auf, daß ſich bei der Muskelzuſammenziehung die Scheibchen der Buͤndelchen ein— ander naͤhern und dabei platter und breiter werden, wobei die Buͤndelchen ſich natürlich verkürzen und verdicken Sei⸗ ner Meinung zufolge, treten dieſe Erſcheinungen bei jeder Art von Contraction ein, und er fuͤhrt Umſtaͤnde an, wel— che es unwahrſcheinlich machen, daß Runzeln oder zickzack— foͤrmige Biegungen eine Bedingung der Contractionen der Muss keln des lebenden Koͤrpers ſeren. Dem Aufſatze ſind eine Menge Abbildungen mikroſcopiſcher Gegenſtaͤnde beigefuͤgt. (Edinburgh new philos. Journal, Oct. 1840 — Jan. 1841.) Einige Beobachtungen in Betreff der Suͤßwaſſer— polypen. Von P. J. Vanbeneden. Ich gedenke, über dieſen Gegenſtand eine Arbeit ber— auszugeben, welche indeß noch viele Unterſuchungen erheiſcht. Hier iſt es nur meine Abſicht, einige Umſtaͤnde mitzuthei— len, die mir in zoologiſcher und anatomiſcher Beziehung aͤußerſt wichtig ſcheinen: 1) Bei Alcyonella find die Geſchlechter getrennt. Man findet auf demſelben Polypenſtamme maͤnnliche und weibliche Individuen. Erſtere erkennt man an dem hinter dem Magen liegenden Teſtikel, der alſo dieſelbe Stelle ein— nimmt, wie das Ovarium bei den Weibchen. Ich nenne jenes Organ Teſtikel, weil es zahlreiche Zooſpermen erzeugt, die aus demſelben hervorgehen und ſich im Innern des Po— lypenſtammes verbreiten. Sie ſind ungemein deutlich, und es kann in Anſehung derſelben kein Zweifel obwalten. Die Zahl der Maͤnnchen iſt weit geringer, als die der Weibchen. 2) Im Innern des Thieres findet eine wirkliche Cir— culation ſtatt; an gewiſſen Koͤrperſtellen ſcheint die Fluͤſſig— keit ſich beſtaͤndig im Kreiſe zu drehen, und die Bewegung wird durch ſchwingende Wimpern erzeugt. Wir haben dieſe Wimpern ſowohl auf der aͤußern Oberflaͤche des Nahrungs— ſchlauchs, als auf der Haut geſehen. Auch glauben wir, an der Wurzel der Tentakeln eine Reihe von Oeffnungen beobachtet zu haben, die wir als eben ſo viele Mundoͤffnun— gen betrachten, durch welche das Waſſer von Außen ein— ſtreicht. 5) Das Nervenſyſtem ſtellt ſich bei dieſen Thieren deutlich dar und iſt auch von Dumortier bereits bei einer verwandten Gattung nachgewieſen worden ). Es ſchien uns aus einem einzigen, unter der Speiſeroͤhre liegen— den und mit einem vollſtaͤndigen Ringe verfehenen ganglion zu beftehen. 4) Die Alcyonellen koͤnnen im ganz jungen Zuſtande iſolirt und frei leben. Sie bewegen ſich eben ſo geſchwind, *) Dumortier, Mémoires sur les Polypiers composés d'eau douce. Bulletin de l’Ac, d. Sc. Bruxelles. 1836. 14 *. 215 wie Infuſorien mit Hülfe zahlreicher die ganze Körpers oberfläche bedeckender Wimperhaare. Sie haben in dieſem Stadium in der Geſtalt Aehnlichkeit mit Planarien, und man findet ſie, wenn man den Polypenſtamm ſpaltet, im Innern deſſelben. Die verſchiedenen von mir beobachteten Individuen waren doppelt (Zwillinge) und in einer gemein— ſchaftlichen Huͤlle eingeſchloſſen. Herr Nordmann hat, wie es ſcheint, bei einer im Meere lebenden Gattung Glei— ches beobachtet “). 5) Bei mehreren Individuen habe ich Eingeweide— wuͤrmer von ziemlicher Groͤße gefunden, welche, bis zu ſechs an der Zahl, um den Nahrungsſchlauch her ſaßen. Ich werde fie in meiner größeren Arbeit näher beſchreiben. 6) Im Jahre 1838 fand ich in der Gegend von Löwen einen Polypen mit trichterfoͤrmig geſtellten Tentakeln, welcher ſich in einem Polypenſtamme mit uͤbrigens ganz verſchiedenen Individuen befand. Ich beſtimmte ihn, in Gemeinſchaft mit Herrn Gervais, als Tubularia Sul- tana, die Blumenbach in der Gegend von Göttingen entdeckte und die ſeitdem fortwaͤhrend mit den verwandten Arten verwechſelt worden iſt. Später traf ich dieſelbe im Teiche von Pleſſis-Piquet bei Paris. Ich wollte fie Cy- elatella nennen; allein, Herrn Gervais's Wunſche zu: folge, ward ſie, Friedrich Cuvier zu Ehren, in einer un— laͤngſt der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften von Herrn Gervais vorgelegten Abhandlung, Fredericilla ge: nannt. 7) An denſelben Fundorten trifft man auch einen ans dern Polypen mit trichterfoͤrmig geſtelten Tentakeln, der ſich aber von dem zuletzt erwaͤhnten durch ſehr wichtige Kennzeichen unterſcheidet. Die Polypen communiciren nicht untereinander; Scheidewaͤnde im Innern der Roͤhre des Po— lypenſtammes trennen die Individuen voneinander. Der Polypenſtamm iſt verzweigt, und jeder Zweig an der Stelle, wo ein Individuum angeſetzt iſt, angeſchwollen, dagegen aber an der Stelle, wo ſich die Scheidewand befindet, ein— geſchnuͤrt. Wir ſprechen dieſen Polypen fuͤr die von Eh— renberg bei Berlin und von Gervais bei Paris getrof— fene Aleyonella articulata an. Gervais hat ihn für eine Paludicella erkannt. Beide Gattungen befinden ſich in der Dyle bei Loͤwen. 8) Der Polypenſtamm der Alcyonellen iſt von uns beſonders genau unterſucht worden. Er erleidet, nach Maaßgabe feiner Anheftung an verſchiedene Subſtanzen, ſehr merkwuͤrdige Veraͤnderungen. Auf Blaͤttern, die nur ein Jahr dauern, z. B, von Polygonum amphi- bium und Nymphaea, iſt er ſtets äſtig; an holzigen Stängeln und dem Schafte von Arundo Phragmites, wenn er uͤber ein Jahr alt iſt, nimmt er die Geſtalt einer zuweilen voͤllig runden, oͤfter aber unregelmäßig wulſtigen ) Annales des Sc, nat. deuxième série, Tom. II. p. 185. 216 Spindel an. Auf einer ganz ebenen Oberfläche zeigt er ſich wieder ganz anders geſtaltet. Findet man einen ſehr alten Polypenſtamm auf einem Brete oder Backſteine, ſo nimmt er ſich wie eine dicke Rinde aus und gleicht einer Maſſe Schimmel. In der Mitte iſt er dann dick und nach den Raͤndern zu ſehr duͤnn. Der Anfang des Polypenſtammes iſt uͤberall derſelbe; allein im letzterwaͤhnten Falle folgt eine Generation der an— dern, ſo daß ſich eine Schicht uͤber der andern bildet und auf dieſe Art eine compacte Maſſe entſteht; wogegen auf jährigen Blättern nur junge Polypen zu finden find, welche alſo keine Zeit haben, dicke Schichten zu bilden. Sie zeigen dort jederzeit eine aͤſtige Geſtalt, die ſich uͤberdem auf den Blättern des Polypgonum amphibium anders darſtellt, als auf denen der Nymphaea, weil erſtere fruͤ— her zum Vorſcheine kommen, als letztere, folglich auch aͤl— tere und derbere Polypen tragen. Alle dieſe Varietaͤten werden wir ſpaͤter durch Abbildungen erlaͤutern. (Bulletiu de l’Acad. de Bruxelles, No. 9. 1839. Annales des Sc. natur., Oct. 1840.) is e legen: Der Arteſiſche Brunnen, an der barriere de Grenelle zu paris, welcher mit ſeltener Beharrlichkeit ſeit ſieben Jahren gebohrt wurde, hat endlich dem Unternehmer, Herrn Mulot, ein glänzendes und für Geologie intereſſantes Reſultat gewährt. Das Bohrloch wurde, Ende des Jahres 1833, 1,209 Fuß tief von dem jetzigen Eigenthuͤmer erſtanden und 1. Januar 1834 die Arbeiten angefangen; am 31. December 1836 hatte der Bohrer 383 Meter Tiefe erreicht, war durch eine Schicht Als luvium, durch Sandſchicht, durch wechſelnde Schichten von Kreide und Kieſel gedrungen und befand ſich in einer harten, gruͤntichen, ſehr compacten Kreide. Im Monate Juli 1839 war der Bohrer zu 466 Meter gelangt und bohrte immer noch in dem Kreidelager. Herr Mulot, der Sohn, hat ein genaues Tagebuch geführt, wel— ches die Natur und Dicke der durchbohrten Schichten und die Re— ſultate der Thermometer-Beobachtungen genau angiebt; zugleich iſt eine Sammlung uͤber die durchbohrten Terrains vorhanden. Endlich nach einer Arbeit von 7 Jahren, 1 Monate und 26 Tagen erreichte Herr M. ſein Ziel. Aus dem 560 Meter (1784 Preußiſche Fuß) tiefen, mit ſehr ſtarkem Eiſenbleche ausgeſetzten Bohrloche (alſo fuͤnf und ein halbmal ſo tief, als der Dom der Invaliden hoch iſt), dringt ein wahrer Strom von Waſſer, welches man zu 3 Cubik-Meter in der Minute ſchaͤtzt, mit einer Gewalt hervor, die es auf mehr als 10 Meter (30 Fuß) Hoͤhe treibt. Das Waſſer ſelbſt zeigt am Thermometer 24 Grad Reaum. (die Temperatur nahm zu um einen Grad fir 32 Meter), ift ohne allen Geſchmack oder Geruch und loͤſet die Seife vollkommen auf. Die Blutegelbruͤtung iſt ſchon lange in Oſtindien be— kannt und wird namentlich zu Sowla, Bela, Cap Maroli und Sungunmuir von einigen muſelmaͤnniſchen Bungias betrieben. Dr. Gibſon, welcher in den Transactions of the medical and phy- sical society of Bombay davon Nachricht giebt, ſagt, daß er die Blutegel in einem mit brauner Erde gefuͤllten, in der Erde ſtehenden, zugedeckten, großen irdenen Gefaͤße gefunden habe. Die an Thie— ren oder Menſchen gefuͤtterten Egel blieben 1 — 2 Monate in dem Gefaͤße; ſie hatten ſich Gaͤnge bis auf den Boden des Gefaͤßes ge— macht und es fanden ſich die bekannten haͤutigen Coccons mit 4 bis 6 Egeln; die Jungen werden ebenfalls in ein mit brauner Erde gefuͤlltes, aber offenes Gefäß gelegt und find nach einigen Mona— ten brauchbar. ei Ueber die therapeutiſchen Eigenſchaften des Cro— tonoͤls gegen gewiſſe Nervenkrankheiten. Von D. Newbigging. Die Faͤlle, in welchen man das Crotonoͤl anwendete, waren haurtſaͤchlich ſolche, wo man eine ſtark purgirende Wirkung beabſichtigte, wo es zugleich durch ſein geringes Volum einen Vorzug vor andern draſtiſchen Mitteln hatte. Obwohl der Dr. Conwell ſagt, daß er das Grotonöl in einem hartnaͤckigen Verſtopfungsfalle bei einem an tie dou— loureux leidenden Individuum angewendet habe, ſo dachte man doch nicht eher, daß das Mittel eine ſpecifiſche Wir— kung gegen dieſe Art Krankheit haben moͤge, als bis Sir Ch. Bell die Aufmerkſamkeit darauf feſthielt durch die glins ſtigen Erfolge, die er unter aͤhnlichen Umſtaͤnden damit er— langte. Ich weiß wohl, daß man auf Faͤlle von Neural— gieen ſtoßen wird, welche auch dieſem Mittel widerſteben, z. B., den Faͤllen, wo die Krankheit durch eine organiſche Verletzung hervorgebracht iſt. Inzwiſchen ſchien mir doch die guͤnſtige Wirkung, die ich von demſelben in mehreren Faͤllen von Epil pſie und Neuralgie des Antlitzes erlangt habe, anzudeuten, daß das Crotonoͤl eine ſpecifiſche Kraft beſitze, die von feiner purgirenden unabhängig iſt. Um das her fuͤr das Mittel die Aufmerkſamkeit der Practiker zu gewinnen, habe ich fuͤr nuͤtzlich gehalten, in der Kuͤrze ei— nige der Thatſachen zuſammenzuſtellen, die mir geeignet ſcheinen, ſeine Wirkungsart deutlich zu machen. Meine Aufmerkſamkeit wurde zum erſten Male auf den Gegenſtand gelenkt, durch eine Thatſache, welche ich in der Charité zu Paris in der Abtheilung des Herrn Ch ſer— micier beobachtete. Es handelte ſich von einem jungen Maͤdchen, welches, nachdem es ſich der Einwirkung der Kälte ausgeſetzt gehabt hatte, von einem Geſichtsſchmerze befallen worden war, gegen welchen man ſie bereits mit Blutentleerungen, Ableitungsmitteln ꝛc. ohne guͤnſtigen Er— folg behandelt hatte. Gleich die erſte Gabe Crotonoͤl be— wirkte eine merkliche Beſſerung. Eine zweite Gabe vollen— dete die Heilung. Spaͤter hatte ich Gelegenheit in der Praxis des gelehrten Arztes die gute Wirkung des Mittels in ähnlichen Fällen zu beobachten. In einem dieſer Faͤlle war der Patient ſeit drei Monaten mit Iſchiatik behaftet; das Glied war abgemagert, und nur mit Schwierigkeit und unter vielen Schmerzen konnte der Kranke ſich noch deſſelben bedienen. Unter dem Einfluſſe der Grotonölbehandlung, wurde er, von ſeinen Schmerzen geheilt, entlaſſen und be— hielt von ſeinem Hinken nur noch ſo viel, als von der Atro— phie des Beines herruͤhrte. Ich habe daſſelbe Mittel bei einem Menſchen von 60 Jahren angewandt, der ſeit 12 Jahren mit einer heftigen, alle 6 Wochen wiederkehrenden Epilepſie befallen war. Un— mittelbar nach dem Anfalle, wegen deſſen man mich geru— fen hatte, gab ich ihm anderthald Tropfen Crotonoͤl, was 218 lk unde. ein ſtarkes Purgiren veranlaßte; ich fuhr darauf fort, von Zeit zu Zeit das Mittel in kleinen Doſen zu reichen. Das Reſultat dieſer Behandlung und der Diaͤt war: daß ſeit dem 7. October (laͤnger als ein Jahr) die Krankheit nicht wiedergekommen if. — Durch das Reſuttat ermuthigt, beſchloß ich, das Mittel in aͤhnlichen Fällen anzuwenden. Im December 1839 wurde ich zur Behandlung eines fuͤnf— jaͤhrigen Kindes gerufen, welches ſeit zwei Jahren an Epi— lepſie litt. Der Anfall, welcher Anfangs nur alle drei oder vier Wochen erſchien, hatte allmaͤlig an Frequenz zugenom— men, ſo daß zu der Zeit, wo ich den kleinen Kranken ſah, ſie zwei- oder dreimal in 24 Stunden eintraten Der Idiotismus zeigte ſich ſchon deutlich und im Zunehmen. Ich wendete Aloépraͤparate an. welche reichliche Ausleerungen bes wirkten, aber ohne den Stand der Krankheit zu verbeſſern; die Anfaͤlle waren eben ſo heftig und nahmen noch an Fre— quenz zu. Ich ließ nun das Kind einen Tropfen Crotonöl nehmen, und am andern Morgen hoͤrte ich, daß es mehrma— ligen Stuhlgang gehabt hatte und die Anfäll» nicht wieder erſchienen waren. Dieſer guͤnſtige Zuſtand dauerte fort; das Kind erhielt nach und nach intellectuelle und koͤrperliche Ener— gie. Ich habe es ſechs Monate nachher wieder geſehen: es hatte keine Anfälle weiter gehabt und befand ſich vollkom— men wohl. Uebrigens ſcheint mir das Crotonoͤl nur in derjenigen Form der Epilepſie zu nuͤtzen, welche aus einer Stoͤrung in der Hirncirculation entſpringt. Die Fälle, wo ich keine bes friedigende Erfolge erhalten habe, ſind wahrſcheinlich ſolche, wo die Krankheit von einer organiſchen Verletzung des Hirns oder der Hirnhaͤute herruͤhrt und wo man ſich auf eine Pal— liativbehandiung beſchraͤnken muß. Aber felbft in dieſem Falle habe ich einige Male beobachtet, daß das Crotonoͤl die Anfaͤlle weniger heftig und ſeltener machte. Ich fuͤhre hier eine große Anzahl von Thatſachen nicht aus. Ich habe bloß zeigen wollen, wie es viele Gruͤnde gebe, anzunehmen, daß Grotonöl in gewiſſen Foͤllen von Epilepſie und Neuralgie eine ſpecifiſche, von feiner purgiren— den Wirkung unabhaͤngige Eigenſchaft habe. Ich ſehe, daß Andral (Clinique médicale, Tome V.) dieſe Anſicht theilt. Er ſagt: daß er bei Neuralgie von der Anwendung dieſes Mittels große Vortheile erlangt habe, wenn eine purgirende Wirkung ſtatt hatte; waͤhrend dieſelbe Wirkung, durch andere Subſtanzen hervorgebracht, nicht dieſelbe Beſ— ſerung zur Folge hatte. Brand hat gefunden, daß das Crotonoͤl, unter an— dern Principen, eine beſondere Saͤure enthielt, welcher er den Namen crotonie gegeben hat. Sollte dieſe Säure eine ſolche ſpecifiſche Wirkung auf das Nervenſyſtem haben, wie ich ſie anzudeuten verſucht habe? (Edinburgh med. and surg. Journal, January 1841.) 219 Theorie der angebornen Gelenkdifformitäten. Von Dr, Jules Guerin. In dieſer Abhandlung ſucht Herr G. hauptſaͤchlich zu zeigen, daß alle Gelenkdifformitäten des Knochenſyſtems bei Mißgeburten und bei'm ſoetus und Kinde uͤberhaupt das Product der activen Muskelcontraction ſey, welche von einer Krankheit des Nerven: ſyſtems herruͤhre, dieſe möge nun im Gehirne, im Rückenmark oder in den Nerven ihren Sitz haben. Die Varietäten dieſer Dif⸗ formitäten find nur Folge verſchiedenartiger Combination der ver— kuͤrzten Muskeln. Der Verfaſſer hat eine große Anzahl von Beobachtungen ge— ſammelt, welche alle moͤglichen Formen von Knochendifformitaͤten zeigen, vom ſchwaͤthſten Grade der iſolirten Difformitaͤt, bis zur volſtandigſten Verunſtaltung fänmtliher Gelenke des Skelettes. Er hat dieſe Sammlung nach einer regelmaͤßig abnehmenden Rei— henfolge geordnet, un den innern Zuſammenhang der leichteſten und der ſchwerſten Formen zu zeigen. Aus dieſer aͤtiologiſchen Reihe hat er vier Aötheilungen abgeleitet, deren Merkmale folgende ſind: 1) Merkmale der entfernten Urſache oder der Krankheit des Nervenſyſtems; 2) Merkmale der nächſten Urſache oder der Mus: kelretraction; 3) Merkmale der Beziehung der entfernteren Ur: ſa he oder der Nervenkrankheit zu der naͤchſten Ueſache oder der Muskelretraction; 4) Merkmale der Beziehung oder Uebereinſtim— mung der naͤchſten Urſache oder Muskelretraction mit den unmit— telbaren Wirkungen, den Difformitäten, 1) Charactere der entfernten Urſache oder der Nervenaf— fection. Dieſe werden geliefert von den knoͤchernen und haͤutigen Hüllen des Gehirns und Rickenmarks, von dieſen Centraltheilen ſelbſt und endlich von den Nerven. Der S haͤdel iſt bund übermäßig entwickelt, wie bei'm allge— meinen Waſſerkopfe, bald iſt die eine Haͤlfte eingedruͤckt, die an— dere hervorragend, bald ſcheinen ſich beide Haͤlften in verticaler Richtung gegeneinander verſchoben zu haben, ſo daß eine doppelte entgegengeſetzte Hervorragung entſteht, durch das Stirnbein einer— ſeits und das Hinterhauptbein andererſeits. Haͤufig ſind die Kno— chen außer Verbindung geſetzt und halten nur noch durch die ſehr ausgedehnte dura mater zuſammen. In allen dieſen Fällen iſt nicht allein die Conſiſtenz der Knochen in Folge der Ausdehnung vermindert, ſondern die Knochenbildung ſcheint auch zuruͤckgeblieben zu ſeyn. Man ſieht eine große Anzahl Knocheninſelchen, als wenn die Knochen der Sitz betracytlicher Fracturen geweſen wären. In andern Fällen iſt der Schädel weit geöffnet; feine Knochen find zurüdgedrängt, nur zur Hälfte entwickelt und zur Haͤlfte geſtoͤrt, oder ſie ſind zuſammengeſunken gegen die Baſis des Schaͤdels; aber welches auch immer die Form und der Grad der Anencephalie ſeyn moͤge, es iſt faſt immer moͤglich, die Rudimente der Schaͤ— delknochen bei genauer Unterſuchung zu finden, woraus hinlaͤnglich erhellt, daß nicht ein vollftändiger Bildungsmangel, ſondern Tren— nung und Zerſtoͤrung zu Grunde liegt. Die Wirbelfäule hat immer dieſelbe Zahl ihrer Beſtandtheile, wenigſtens im rudimentͤͤren Zuftande; die Wirbelkörper, die quees ren Dornfortſaͤtze finden ſich bei Fallen von spina bifida mit oder ohne Ruͤckgratsverkruͤmmung. Die Dornfortſaͤtze, welche an ihrer Spitze getrennt ſind, zeigen keinesweas, wie man behauptet hat, eine mangelhafte Vereinigung durch Stillſtand ihrer Entwickelung, ſondern ſie ſind gewaltſam getrennt, nach Außen umgeſchlagen, durch die verſchiedenen Muskeln zurückgezogen oder nach den Sei— ten hin abgeplattet und zeigen ihre vollkommene Entwickelung bis zu den aͤußerſten Knoͤtchen: ihr Auseinanderſtehen ift uͤberdieß bei der spina bifida faſt immer ſehr betraͤchtlich und deutet auf eine kräftig trennende Gewalt und nicht auf einen einfachen paſſiven Manzel der Vereinigung. Kurz, der allgemeine Character der Knochenhuͤllen des Cerebroſpinalſyſtems iſt die Trennung, Ber: ſchiebung und Mißgeſtaltung, aber mit Fortdauer weniagſtens in rudimentärem Zuſtande, dagegen nicht vollkommener Entwicke— lungsmangel. Die Hirn⸗ und Ruͤckenmarkshaͤute zeigen ähnliche Merkmale von gleicher Bedeutung; niemals vollkommenen Entwickelungsman— gel, ſondern immer Spuren der Veränderung und Zerſtoͤrung. Die dura mater des Gehirns dient haͤufig als Huͤlle fuͤr eine Fluͤſ— 220 ſigkeit, in welcher die Reſte des Behirns ſuspendirt ſind. Fehlt der Sack fuͤr das Gehirn ganz, ſo findet man unter den Scha— delknochen, welche ebenfalls zuſammengefallen ſind, die aura ma- ter ganz oder theilweiſe; ebenso verhalt es ſich mit den übrigen Hirnhaͤuten, welche mit den Gefaͤßen eine verwirrte Maſſe auf der Baſis des Schaͤdels bilden. Die dura mater des Rückenmarks und die übrigen Haͤute deſſelben finden ſich felbft bei der spina bifida vollſtaͤndig. Dieſe Haͤute find zerriſſen, verdunnt, nach Hinten geöffnet, an den noch übrigen Theilen des Canales angeheftet; aber man findet fie jedes Mal. Hauptſuchlich bei undollkommener spina bitida kann man den weſentlichen Character dieſer Modificationen erfaſſen. Am Ende der gefunden Theile, welche das Rückenmark noch umhuͤllen, entſprechen verdunnte, ausgefranſ'te, zum Theil, zerſtoͤrte, bisweilen auch verdickte Theile den Unterbrechungen des Ruͤckenmarks und den veränderten, erweichten Theilen deſſelben. Kurz, die Haͤute, wie die Knochen des Cerebro-Spinaiſyſtems zeigen denſelben Character; Verſchiebung, Texturveraͤnderung und vollkommene Zerſtorung, aber immer rudimentäre Exiſtenz der Theile. Daſſelbe findet ſich im Gehirn und Ruͤckenmark, Texturver— Anderung unter allen Formen und in allen Graden, von der eins fachen Gefäßinjection bis zur tiefſten Erweichung, von der Zerſtoͤ⸗ rung einiger peripheriſcher Puncte bis zum faſt vollkommenen Verſchwinden der pulpoͤſen Subſtanz, welche für das Gehirn in eine gallertartige Fluͤſſigkeit, die ven den Haͤuten eingeſchloſſen, oder in einzelne unter den zuſammengefallenen Schaͤdelknochen ver: borgene Reſte umgewandelt wird. Dieſelben Zeichen von Veraͤn— derung und krankhafter Zerſtoͤrung finden ſich im Ruͤckenmarke, wo fie um fo auffallender ſind, als fie ſich häufig nur auf einen Theil ſeiner Laͤnge beſchraͤnken. Der Zuſtand der Nerven vervollftändigt, in der Regel, die Bedeutung aller disfer Charactere; fie ſind dick, verkuͤrzt, ges ſpannt, beſonders in den Faͤllen, wo die Muskeln retrahirt ſind; fie ſind dagegen verdünnt, geſchwunden in den Faͤllen, wo die Retrac— tion der Erſchlaff ung und paralytiſchen Atrophie Platz gemacht hat. 2) Charactere der naͤchſten Urſache oder der Mustelretracs tion. Die Muskeln find verkuͤrzt, geſpannt; ihre Verkürzung fins det nicht bloß in der Richtung der phyſtologiſchen Bewegung ſtatt, gewiſſermaßen um eine normale Stellung permanent zu machen; fie kann in allen Richtungen zugleich ſich ausbilden und bis auf den hoͤchſten Grad in einer den normalen Bewegungen entgegenge— festen Richtung geſteigert werden und in dieſer permanente Beu— gungen, Luxationen und ſelbſt Fracturen der langen Knochen be— wirken. Das Muskelgewebe geht endlich in fibroͤſes Gewebe über, wie in allen den Fällen, wo die Muskeln fortdauernden, uͤbermaͤßi— gen Tractionen ausgeſetzt ſind. 3) Charactere der Beziehung der entfernten und naͤchſten Urs ſache. Bei einer Vergleichung der beiden erſten Abtheilungen zeigt ſich leicht die Unterordnung der Erſcheinungen der zweiten unter die der erſten. Bei tiefgehender Veraͤnderung und vollſtaͤndiger Zerſtoͤrung der Centralorgane des Nervenſyſtems findet ſich allge— meine und kraͤftige Retraction aller Muskeln; mit Veränderung oder Zerſtoͤrung einer Seite des Gehirns, Retraction der Muskeln einer Koͤrperſeite; mit Veraͤnderung oder Zerſtoͤrung des untern Theiles des Ruͤckenmarks, Retraction eines Theiles der Rumpf- muskeln, fo wie der Muskeln der untern Extremitäten; mit Vers aͤnderung des untern Theiles eines der vordern Ruͤckenmarksbuͤndel und ſeiner Nervenwurzeln, Retraction und Paralyſe der entſpre— chenden untern Gliedmaße. Mit andern Worten: innige Bezier hung zwiſchen der Ausdehnung, dem Sitze, dem Grade der Ver— aͤnderung des Nervenſyſtems und der Ausdehnung, dem Sitz und Grade der Muskelretraction, wodurch uͤberdieß die phyſiologiſchen Beziehungen dieſer beiden Syſteme beſtätigt werden. 4) Charactere der Uebereinſtimmung zwiſchen der naͤchſten Ur: ſache (Muskelretraction) und deren unmittelbaren Wirkungen (den Difformitäten). Es beſteht nicht allein ein genaues und inniges Verrältnig zwiſchen der Summe der retrahirten Muskeln und der Anzahl der veränderten Gelenke, dem ſpeciellen Sitze der Retrac— tion und der eigenthuͤmlichen Richtung der Lageveraͤnderung, ſon— dern es beſteht auch eine vollkommene und weſentliche Ueberein— ſtimmung zwiſchen der ſpeciſiſchen Tbaͤtigkeit der retrahirten Mus- keln und der fpecififhen Form der Difformitäten, fo daß, wenn man eine ſolche in ihren formellen Elementarbeſtandtheilen, d. h., 221 in Beziehung auf ihre neuen und bleibenden Beziehungen der vers ſchiedenen Gelenkflaͤchen und auf den gemeinſchaftlichen Ausdruck dieſer verſchiedenen Difformitäten vor ſich hat, man zugleich eine uͤbertriebene, jedoch genaue Darftellung der phyſiologiſchen Bewe— gungen derſelben Muskeln und einer temporaͤren Verſchiebung der— ſelben Gelenkflächen erhaͤlt. Daraus entwickelt ſich das Geſetz, daß die weſentlichen Urſachen der Difformitäten fo ſpecifiſcher Art ſind, daß jede derſelben ſich durch eigenthumliche Merkmale kund giebt, vermittelſt welcher man, in der Regel, aus der Difformitat auf die Urſache und aus der Urſache auf die Difformitaͤt ſchließen kann. Nachdem dieſes Geſetz durch Beobachtung und Analyſe bei Mißgeburten und bei'm Foͤtus nachgewieſen iſt, 1205 der Verfaſſer auf die angebornen und conſecutiven Difformitaͤten bei'm Kinde über; er bezeichnet bei dieſem eine letzte Ordnung außerer Cha— ractere, welche während des Lebens zu bemerken ſind und die er; ſten ergaͤnzen und erſetzen ſollen, worauf er mit einer Reihe bewei— ſender Beobachtungen ſchließt. Unter den Difformitaͤten, welche nach der Geburt entſtanden find, hat Herr Guerin mehrere in Folge zufaͤlliger traumatiz ſcher Verletzungen des Gehirns und Ruckenmarks geſehen. Ein— mal war es ein Sturz auf den Kopf, wodurch heftige Gehirn— ſymptome, zugleich aber auch eine Contractur faſt ſaͤmmtlicher Muskeln des Koͤrpers entſtand; mit dem Verſchwinden der Ge— bienzufälle hörte auch die Contractur einer gewiſſen Anzahl von Muskeln auf, waͤhrend ſie im Gegentheile bei einer großen Anzahl anderer fortdauerte und dadurch eine allgemeine Difformität faſt ſaͤmmtlicher Gelenke bedingte, welche bei'm Wachſen des Subjectes ebenfalls zunahmen und ſich vervollſtandigten. In einem andern Falle fand ein Sturz auf den untern Theil der Wirbelſaule ſtatt. Eine unvollkommene Fractur der Wirbel bewirkte auf der Stelle eine Lähmung, welche in demſelben Maaße, als die Wirbelſaͤule ſich conſolidirte, ſich in normaler Richtung conſolidirte, allmälig vers ſchwand und durch eine Contractur der Unterſchenkelmuskeln ers ſetzt wurde, welche mit vollftändigen Klumpfuͤßen endete. Was fehlt ſolchen Fällen welche die Enden der aͤtiologiſchen Reihe aus— machen, an dem Character directer Erfahrungen? Es iſt eine Ver— letzung des Nervenſyſtems gewiſſermaaßen kuͤnſtlich hervorgerufen und auch kuͤnſtlich mit gleichen Symptomen und gleichen Reſulta— ten eine Cerebroſpinalkrankheit hervorgerufen, welche auch in Folge innerer Urſachen entſtehen kann und alsdann nur aus ihren Wir— kungen zu erkennen iſt Es giebt keine andere Differenz zwiſchen ſolchen zufälligen Experimenten und denen, welche man direct ans ſtellen koͤnnte, außer, daß die erſten nach Belieben vervielfältigt und wiederholt werden koͤnnen und daher zu einer ſtrengern Be— ſtimmung der Bedingungen fuͤbren, unter welchen bei kuͤnſtlicher Anſtellung des Experiments ſicherlich dieſelben Wirkungen erhalten werden. Dieß iſt aber doch noch etwas Anderes. Es war vor— zugsweiſe wichtig, durch das Experiment nachzuweiſen, daß eine traumatiſche Verletzung des Gehirns oder des Rückenmarks, in der That, die Reſultate hervorbringen kann, welche durch Induction aus der Analyſe ſpontaner Faͤlle durch innere Urſachen hätten ers mittelt werden können, — daß die Contractur nur eine befondere Erſcheinungsweiſe der Paralyſe iſt, — daß retrahirte Muskeln die Difformitäten bedingen, — daß bei der Retraction die eine Diffor— mität bedingenden retrahirten Muskeln eine Entwickelungshem⸗ mung erleiden, wodurch ſie dem Wachsthume des Skeletts nicht folgen und allmälig die Entwickelung der Difformität vollſtaͤndig machen. Folgen aber dieſe Schluͤſſe nicht alle unmittelbar aus den beiden Reihen von Erfahrungen, welche der Verfaſſer mitgetheilt hat. Die drei erften Bedingungen der aͤtiologiſchen Formel find auf dem Wege des Experimentes durch Beobachtung feſtgeſtellt, namlich als entfernte Urſache die Verletzung des Nervenſyſtems, als naͤchſte Urſache die Muskelretraction und die weſentliche Be- ziehung der beiden zu einander. Um dieſe experimentelle Demon— ſtration zu vervollſtaͤndigen, waͤre es noͤthig, auf der Stelle die ſpeciſiſchen Formeln der Difformitäten in ihrer Beziehung zu den mechaniſchen Elementen der naͤchſten urſache, oder alſo zu einer fpeciellen Retraction, wie fie ſich in gewiſſen Muskeln localiſirt, nachweiſen zu koͤnnen. Dieſes letzte Experiment, obwohl fuͤr die Mehrzahl der Fälle unmöglich, weil die Difformitäten zu ihrer characteriſtiſchen Form ſich nur unter Mitwirkung intercurrenter 222 Urſachen ausbilden, kann dennoch unter gewiſſen Bedingungen be⸗ werkſtelligt werden, wie man feben wird. Es giebt eine eigen⸗ thumliche Art von Retraction, welche Herr Guerin als inter: mittirende, krampfhafte Retraction bezeichnet, welche ſich durch eine leicht zu überwindende Verkürzung der Muskeln characteriſirt, welche ſich aber auf der Stelle unwilltuhrlich wieder- herſtellt, unter dem Einfluſſe einer Erſchuͤtterung des Gliedes oder einer moraliſchen Einwirkung. Die Difformitäten, z. B., Klump⸗ luße, welche durch dieſe kigenthuͤmlichen Retractionen bei jungen Subjecten vorkommen, koͤnnen nach geringer Anſtrengung mehr oder minder vollſtaͤndig mit der Hand reducirt werden; plotzlich tritt ein Muskelkrampf ein, mit Spannung und Anſchwellung der Muskeln, wodurch unter den Augen des Beobachters die Difformi⸗ tät mit den ſpecifiſchen fruhern Erſcheinungen wieder entſteht. Der Verfaſſer hat dieſe Erfahrung an gewiſſen Klumpfußen mehrmals gemacht. Kann man hierbei verkennen, daß die Muskelretraction das Beſtimmende der Difformitäten iſt, und daß ein unmittelbarer Zuſammenhang zwiſchen der fpecififhen Wirkung der Muskeln und der ſpecifiſchen Form der Difformitär beſteht? ein Zuſammenhang, welcher permanent mit anhaltender Netraction bei den bleibenden Difformitären zu bemerken iſt. Finden nicht in beiden Fällen dies ſelben Formen, dieſelben Richtungen ſtatt? Es variiren nur die Grade und die Dauer; dieſelbe Erfahrung wiederholt ſich bei den gewöhnlichen Klumpfuͤßen der Kinder, beſonders während der Bes handlung derſelben; plotzlich ſteigert ſich unter dem Einfluſſe will: kuͤhrlicher Bewegungen oder bei'm Weinen der Kinder die Muskel: retraction und mit ihr der Klumpfuß, welcher durch Maſchinen zum Theil reducirt oder durch die Erſchlaffung der Ruhe vermins dert war, fo daß nun die Diffocmität ſtaͤrker bervortritt, als zus vor und mit allen Eigenthuͤmlichkeiten der Form und Richtung, welche von der ſpeciellen Thätigkeit und von der Kraft der Mus: keln abhaͤngen, welche der Sitz der Retraction ſind. Zu den frühern als Experimenten betrachteten Thatſachen fügt der Verfaſſer noch eine Beobachtung hinzu, welche die Bedeutung der fruͤhern vervollſtändigt. „Ich hatte,“ ſagt er, „zwei Zwil⸗ lingskinder zu behandeln, welche beide an einem doppelten ange— bornen Klumpfuße litten; mittelſt Gypsguß und Maſchinen heilte ich ſie vollkommen; die Behandlung war ſeit ſechs Monaten been— det, als das eine der Kinder von einer convulſiviſchen Gehirn— krankheit befallen wurde, welche in drei Tagen die beiden Klump⸗ fuͤße wieder in demfelben Grade hervorbrachte, als fie vor der er— ſten Behandlung geweſen war. Ich behandelte und heilte ſie auf's Neue. Als wenn nun die erſte Erfahrung noch nicht hingereicht hätte, fo traten bei demſelben Subjecte ein Jahr ſpaͤter weniger ſtarke Convulſionen, als fruher, auf's Neue ein, und es bildete fi einer der Klumpfuͤße, welcher früher der ſtaͤrker ausgebildete geweſen war, wieder, jedoch in geringerem Grade, als zuvor. Alle dreimal, d. h. nach der Geburt, nach der erſten und nach der zweiten Gehirnkrankheit, zeigten dieſe Klumpfuͤße genau dies ſelben Formen und anatomiſchen Bedingungen; dennoch ſchienen beide Zwillinge zur Zeit der Geburt vollkommen geſund, und der doppelte Klumpfuß war allein ein Zeichen, welches ſie noch von der Intrauterinaffection an ſich trugen, wodurch die Difformitaͤt veranlaßt war.“ Dieſe letzte Erfahrung iſt die vollſtaͤndigſte und beweiſendſte von allen und zeigt für ſich allein die Beſtar d'heile der ͤͤtiologiſchen Characteriſtik der Difformitäten, naͤmlich Hirnkrank⸗ beit, Muskelcontractur. Abbaͤngigkeit der Contractur von der Nervenkrankheit und Abhängigkeit der mechaniſchen Difformität von der Muskelretraction. Ueber Nervendurchſchneidung bei Neuralgien. Von C. James. In einem größern Aufſatze über Neuralgieen (Gaz. Med., No. 43. und 45.) macht der Verfaſſer folgende Bemerkungen über die Nervendurchſchneidung: Was zuerſt die Durchſchneidung des n. facialis betrifft, fo behauptet der Verfaſſer, daß es keinen Fall gebe, in welchem die Neuralgieen des n. facialis mit Durchſchneidung dieſes Nerven an der Stelle zwiſchen feinem Austritte aus dem foramen stylo-mastoideum und der Anaſtomoſe mit dem ramus auriculo-temporalis des fünften Paars, behandelt 223 werden dürfen. Dieſe Anſicht gründet ſich auf Folgendes: Mas gendie hat durch neuere Experimente bewieſen, daß, wenn man das ſiebente Paar an dieſer Stelle durchſchneidet, man durchaus die Senſibilität der Xeſte dieſes Nerven nicht verändere, weil dies ſelben ihre Senjinilität nicht vom Stamme, ſondern von der Ana— ſtomoſe mit dem fuͤnften Paare erhalten, wovon man ſich uͤber⸗ zeugt, wenn man nach Durchſchneidung des facialis den im Ge⸗ ſichte ſich verbreitenden Theil dieſes Nerven kneift, wobei die Sen⸗ ſibilitat unverändert gefunden wird. Will man dieſe aufheben, ſo muß man, wie es Magendie gethan hat, die Anaſtomoſe ein: ſchneiden; alsdann erſt verſchwindet die Empfindlichkeit des n. fa- cialis ganz. Wenn man daher bei einer Neuralgie der Aeſte des facialis auch die Communication derſelben mit dem Centralner— venorgane aufhebt, ſo bleiben dieſe Aeſte doch nichtsdeſtoweniger ebenſo empfindlich, wie zuvor; es wird alſo die Neuralgie fort— dauern. Wir kommen nun zu der zweiten Frage, ob man die Neural⸗ gieen des facial is mittelſt Durchſcheidung dieſes Nerven dieſſeits der Anaſtomoſe mit dem ramus auriculo- temporalis quinti, d. h. alfo an dem Theile zwiſchen der Anaſtomoſe und dem peripheriſchen Ende des n. kacialis, bekämpfen koͤnne. Dieſe Frage iſt ohne Bedenken zu bejahenz ſobald dieſe Aeſte nicht mehr mit der Anaſtomoſe communiciren, ſo haben ſie auch keine Senſibilitaͤt. Allerdings koͤnnte die Senübilität auch nur uns vollkommen gehoben ſeyn; denn der facialis ſteht mit dem quintus auch noch duͤrch andere Faͤden in Verbindung. Dieſe Faden ſind jedoch von weit geringerer Wichtigkeit. Herr James iſt der erſte, welcher dieſen Unterichied zwiſchen den verſchiedenen Theilen des facialis ruͤckſichtlich der Durchſchneidung der Aeſte dieſes Nerven bei der Behandlung der Neuralgie aufſtellt. Dadurch erklaͤrt ſich, wie Roux und andere Wundaͤrzte dieſe Durchſchneidung von gluͤck— lichem Erfolge geſehen haben. Denn die tiefe Lage der genannten Anaſtomoſe hinter dem Unterkiefer macht, daß man den facialis nicht vor der Anaſtomoſe durchſchneidet; gewöhnlich ſogar iſt die Durchſchneidung des facialis erſt vor feinem Austritte aus der pa- rotis an ſeinen Aeſten ausgefuͤhrt worden; an dieſer Stelle aber wird direct die Senſibilitaͤt aufgehoben. Es iſt noch nicht von dem n. vidianus die Rede geweſen. Dieſer Faden ſcheint die Bedeutung zu haben, dem Stamme des facialis Senfibilität zu geben, indem dieſer bei feinem Urſprunge aus dem verlängerten Marke empfindlich iſt und in dem canalis Fallopii nach Verbindung mit dieſem Faden empfindlich wird. Bei den Neuralgieen des n. vidianus oder der chorda tympani (denn es iſt wahrſcheinlich, daß einer dieſer Nerven bei den tiefen lancinirenden Ohrenſchmerzen afficirt fey) habe ich geſehen, daß der Schmerz ſogleich der Anwendung der Electricitaͤt mittelſt zweier Nadeln weicht, wovon die eine in der membrana tympani, die andere am foramen infraorbitale angebracht wurde. Eine Durchſchneidung des ſiebenten Nervenpaares hat immer den großen Uebelſtand, daß eine Laͤhmung der Bewegung derjeni⸗ gen Muskeln folgt, in welchen ſich der durchſchnittene Aſt ver⸗ theilt. . Aehnliche Schwierigkeiten beftehen nicht in Bezug auf die Durchſchneidung der Aeſte des fuͤnften; Paares, ein letztes Mittel bei einer Neuralgie derſelben, — indem die Aeſte des fünften Ner— venpaares direct von dem Centralnervenorgane ihre Senſibilitaͤt erhalten. Dieſe Operation zaͤhlt ziemlich zahlreiche Erfolge; indeß ſchlaͤgt ſie doch bisweilen fehl und kann ſogar bie Leiden vermeh⸗ ren; in andern Fallen iſt der glückliche Erfolg nicht bleibend; in noch andern Fallen ſpringt der Schmerz von dem durchſchnittenen Alte auf andere Aeſte über und erheiſcht neue Operationen; eno— lich konnte man befuͤrchten, daß durch eine Durchſchneidung der Hauptäfte des fünften Paares die Senſidilitaͤt und Nutrition im Geſichte und in den Sinnesorganen Veränderungen erleiden. Ob— wohl man daher dieſe Operation ſehr wohl in manchen Fallen auszuführen berechtigt iſt, fo ſollte man ſich doch nur mit Vor- ſicht, und wenn alle übrigen Mittel fehlgeſchlagen haben, dazu entſchließen. N Die Exciſion eines Stückes des kranken Nerven ift der einfa⸗ chen Inciſion vorzuziehen; dadurch iſt man ſicherer vor Recidiven, welche indeß dennoch vorgekommen ſind. Dieſe Faͤlle verſprechen zwar wenig, koͤnnen indeß dennoch erfolgreich mittelſt der Electri⸗ cität behandelt werden. 5 se e en Von einem ungeheuren hydatiſchen Leberabſceſſe, welcher mit guͤnſtigem Erfolge geoͤffnet wurde, er⸗ zahlt Herr Placidus Portal, Profeſſor der Chirurgie zu Pa- lermo, einen ſehr ſeltenen Fall in dem Januarſtuͤcke, 1841, der An- nali universali di medicina. Ein Ausſchweifungen aller Art hin— gegeben geweſener Artilleriſt, Joſeph Lapozzi, aus Neapel, kommt im Juli 1838 mit einer Leberverhaͤrtung in das Hofpital zu Palermo, wird mit Erleichterung behandelt und entlaſſen, bis er 12. October 1839 wieder aufgenommen wird, wo die Geſchwulſt außerordentlich zugenommen hatte, eine dunkle Fluctuation bemerk— bar, und Fieber nebſt Oedem der Beine eingetreten war. Man erklaͤrte bei der Conſultation das Uebel fuͤr einen Congeſtionsabſceß und Sackwaſſerſucht. Bei einer neuen Conſultation, am 25. Nos vember, iſt die Fluctuation ganz deutlich und man entſchließt ſich zur Operation. Nachdem der Kranke an den Rand des Bettes gelegt worden, ſtoͤßt Herr Portal, zwei Queerfinger von dem Schwerdtknorpel, ein Troicar in die vorragendfte Stelle der Ges ſchwulſt. Es fließt ein ſtinkender Eiter von graulicher Farbe aus. Der Operateur fuͤhrt eine Hohlſonde in die Oeffnung ein, und auf jener ein Biſtouri, womit er in verticaler Richtung vorſichtig (die Haut, die Aponeuroſe der weißen Linie und die Faſern des geraden Bauchmuskels einſchneidend,) erweitert. Dann wird der Finger und auf dieſem ein Knopfbiſtouri zwei Zoll tief eingefuͤhrt. Kaum iſt der Schnitt beendigt, als ein Eiterſtrom mit Gewalt hervortreibt, mit welchem mehrere Hydatiden (Acephalocyſten von verſchiedener Größe) und zwei Quadratfuß Pſeudomembranen, im Ganzen innerhalb 20 Minuten 40 Pfund Eiter (mediciniſche Pfunde zu 5 XI ) und etwa 100 Hytatiden, ausgeleert werden Der Kranke fuͤhlt ſich erteichtert und wird, nachdem er von einer Ohnmacht wieder zu ſich gekom- men, ſo verbunden, daß der Eiter leicht ausfließen kann. Die Kraͤfte werden allmaͤlig unterſtuͤtzt durch Eſelsmilch und Islaͤndiſches Moos, und es erfolgt in zwei Monaten vollſtaͤndige Heilung. Eine neue Art Filtrirmaſchine mittels eines Ap⸗ parates von Wolle, ſtatt der Vorrichtung mit Sand und Koh⸗ len, iſt von einem Herrn Suchon erfunden und ſeit L! Jahre in Frankreich an mehreren Orten zu Reinigung des Flußwaſſers an⸗ gewendet, und neuerdings hat eine Commiſſion daruͤber ein im Gan⸗ zen guͤnſtiges Urtheil gefaͤllt. Bibliographische Histoire physiologique des plantes de I' Europe, ou exposition des phénomenes qu'elles pr&sentent dans les diverses perio- des de leur develappement, T. I. — IV. Valence 1841. 8. Lecture sur l’&lectro - dynamique expérimentale. Par J. M. M. Peyne, Versailles 1841. 8. neuigkeiten. Du Strabisme proprement dit, ou vue louche, de ses causes, et de son traitement curatif. Par J. V. Gairal. Paris 1841. 8. De l’importation de la fievre jaune en Europe et de la possi- bilit6 de son développement par 48° 25° 14“ de latitude bo- reale, Par Euariste Bertulus. Toulon 1841. 8. m ,, neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober-Medieinalrathe Froriep u Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſo'r Froriep zu Berlin. No. 367. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Compteir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. (Nr. 15. des XVII. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Februar 1841. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Natur Von den Verſchiedenheiten in Anſehung der Koͤr— pergroͤße bei den Hausthieren und Menſchenracen *). (Zweiter Aufſatz). Die wenigen Schriftſteller, welche ſich bisher mit den Abweichungen in der Natur beſchaͤftigt und ſich bemuͤht ha— ben, die allgemeinen Bedingungen und Urſachen derſelben zu ermitteln, haben meiſt geglaubt, von den wilden Thieren auf die zahmen, und von beiden auf die Menſchenracen und umgekehrt ſchließen zu duͤrfen. Auf dieſe Weiſe vermengten ſie Umſtaͤnde von ganz verſchiedener Art mit einander, von denen in dieſem oder jenem Falle der Koͤrperumfang abhaͤngig iſt, und ſo gelangten ſie zur Aufſtellung mancher Saͤtze, welche innerhalb gewiſſer Graͤnzen vollkommen guͤltig ſind, aber durch die ihnen faͤlſchlich ertheilte große Ausdehnung ihre Richtigkeit einbuͤßten. Es kommt demnach vor Allem dar: auf an, daß wir uͤber die Graͤnzen und die beſondern Be— dingungen der Abweichungen im Körperumfange bei den ver: ſchiedenen Hausthierracen in's Klare kommen, und mit die— ſem Gegenſtande werde ich mich im erſten Theile dieſes Ar— tikels beſchaͤftigen. IJ. Von den Abweichungen in der Größe bei den Hausthieren. Die Graͤnzen dieſer Abweichungen ſind keineswegs bei allen gezaͤhmten Arten dieſelben. Begreiflicherweiſe muͤſſen diejenigen Arten, welche der Menſch ſeiner Herrſchaft ſchon in den aͤlteſten Zeiten und vollkommen unterworfen hat, zahlreichere und ſtaͤrkere Verſchiedenheiten darbieten, als die, welche ihm erſt vielleicht wenige Jahrhunderte und in weniger vollſtaͤndigem Grade unterthan find. Aus der kurzen Ueber— ſicht, welche ich hinſichtlich der vorzuͤglichſten Groͤßeverſchie— denheiten bei den Hausſaͤugethieren und Hausvögeln **) ) Essais de Zoologie generale, par Isidore Geoffroy Saint- Hilaire. Paris 1841, p. 378 ff. ) Die Saͤugethiere und Vögel find bekanntlich nicht die einzigen Thierclaſſen, aus denen ſich der Menſch einige Arten zu eigen gemacht hat Einige Fiſche, in'sbeſondere der chineſiſche Gold⸗ ſiſch, ſo wie mehrere nuͤtzliche Inſecten ſind aͤchte Hausthiere, No. 1467. R ed e. mittheilen werde, kann man erſehen, wie groß die Macht dieſer Urſache iſt; wogegen man ſich ſehr taͤuſchen wuͤrde, wenn man deren Einfluß fuͤr den einzig in Anſchlag zu brin— genden rechnen wollte; was ſich ebenfalls aus den alsbald auseinanderzuſetzenden Umſtaͤnden ergeben wird. 1. Groͤßeverſchiedenheit bei den Fleiſch— freſſern. Unter den fleiſchfreſſenden Saͤugethieren giebt es ges genwaͤrtig drei gezaͤhmte Arten: den Hund, die Katze und das Frettchen. Der Hund iſt, naͤchſt dem Menſchen, dasjenige Ge— ſchoͤpf, welches auf der Oberflaͤche der Erde der weiteſten Verbreitung genießt. Man findet ihn in den heißeſten, wie in den kaͤlteſten Laͤndern. In America, wie auf den Suͤd— ſeeinſeln, war er ſchon vor der Entdeckung dieſer Gegen— den durch die Europaͤer anzutreffen. Die Veraͤnderungen, welche der Hund erlitten hat, bie— ten überall eine ſehr enge Beziehung zu dem Grade der Gi: viliſation der Voͤlker dar. Bei denen, welche wild oder bar— bariſch geblieben ſind, findet man nur eine oder wenige Va— rietaͤten, welche in Geſtalt und Geſichtsbildung dem Scha— kale nahe ſtehen. Bei den civiliſirten Nationen bietet die Art Hunde dagegen eine große Menge von Racen dar, von denen die meiſten ſo ſehr vom Typus des wilden Hundes abweichen, daß man, wenn man die gewoͤhnlichen Regeln der Zoologie auf fie anwenden wollte, fie nicht nur für beſondere Arten, ſondern fosar für eigene Gattungen erklären würde. Der Hund iſt dem Menſchen alſo uͤber die ganze Erde nachgefolgt; er hat ſich in alle Climate, wie in alle Ge— wohnheiten gefuͤgt, die ihm unſere Art aufgezwungen. Auch hat kein Thier, ſowohl in Hinſicht der Statur, als in al⸗ len uͤbrigen Beziehungen, ſo merkwuͤrdige Veraͤnderungen er⸗ litten, wie man aus nachſtehender Tabelle entnehmen kann, welche mehrere, bald mehr, bald weniger auffallende Varietaͤ— ten darbieten, die jedoch hier nicht in Betracht kommen, weil fie ſich nicht durch den Koͤrperumfang von einander unter ſcheiden. 15 zii in welcher die Maaße der vorzuͤglichſten Hunderacen, theils nach Daubenton's, theils nach meinen eignen Beobach— tungen, angegeben ſind. Laͤnge ohne Hoͤhe des Schwanz. Vordertheils. Namen der Racen. Meter. Meter. Großer Gebſegshund (St. Bern: hardshund ?). 5 8 0 1,240 0,761 Dogge U Race 5 8 19 0,776 Großer Daͤniſcher Hund . 0 17187 0,690 Neufundlaͤndiſcher Hund x 1,056 0,690 Großes Windſpiel B 5 8 1,042 0,629 Fleiſcherhund 8 8 . . 0.947 0,636 Hund der Esquimaux : - 0,200 0,595 Parforce-Hund . 5 5 0,892 0,588 Dogge von mittlerer Race . > 0,325 0,541 Pudel 2 e 8 0,812 0,487 Krummbeiniger Dachs A A 0,812 0,297 Bengaliſche Bracke 8 8 9 0,469 Neuhollaͤndiſcher Hund b 1 0,744 0,568 Schäferhund 5 F 07781 0,546 Windſpiel mittlerer Rate ? 0,645 0,365 Desgl. kleiner Race 2 2 . 0,543 0,365 Kleiner Daͤniſcher Hund 8 0,365 0,225 Wachtelhund, kleiner, 0,309 0,162 Die gewohnliche (mittlere) Laͤnge des Hundes iſt, wie ſich aus dieſer Tabelle ergiebt, ungefaͤhr 80 Centimeter und haͤlt alſo zwiſchen der des Wolfs auf der einen, und der des Schakals und Fuchſes auf der andern Seite die Mitte. Zu bemerken iſt, daß häufig zwiſchen in der Druanifation einander ungemein naheſtehenden Hunderacen, z. B., dem großen und kleinen Windſpiele, dem großen und kleinen Daͤ⸗ niſchen Hunde, der Dogge und dem Mopſe, dem Fleiſcher⸗ hunde und dem Pinſcher, ein ſehr bedeutender Groͤßeunterſchied ſtattfindet. Hierin liegt der ſtaͤrkſte Beweis dafuͤr, daß, abge— ſehen von der noch nicht entſchiedenen und vielleicht unent— ſcheidbaren Frage ruͤckſichtlich der ſpecifiſchen Identitaͤt aller Hunderacen, die groͤßten Abweichungen in der Statur, we— nigſtens zum Theil, nicht nur hinſichtlich der im Allgemei⸗ nen geltenden Geſetze, ſondern auch des urſpruͤnglichen ſpe⸗ cifiſchen Typus für wahre Anomalieen gelten muͤſſen. Denn mögen nun alle zahmen Hunderacen einzig vom Wolfe. Schakale oder vom Fuchſe abſtammen oder Baſtarde ſeyn, die aus der Kreuzung zweier oder aller der genannten Arten entſlanden ſind, ſo wird man doch zugeben muͤſſen, daß zwei in der Statur hoͤchſt verſchiedene, aber in der Organiſation einander ſehr nahe ſtehende Racen einen gemeinſchaftlichen Urſprung haben muͤſſen. Dieſe Bemerkungen gelten theilweiſe auch von faſt al— len andern Hausthieren und, z. B., ſelbſt von der Katze und dem Frettchen. Ueber den Urſprung des letztern haben die Naturforſcher nichts Sicheres ausfindig machen koͤnnen, und ob alle Hauskatzen von der wilden europäifchen Katze abſtammen, iſt mindeſtens noch zweifelhaft. Dieſe beiden Fleiſchfreſſer bieten uͤbrigens ruͤckſichtlich der Verſchiedenheiten des Koͤrperumfangs nichts Auffallendes 22 dar. Die Katze, welche, nach den gruͤndlichen Forſchungen von Dureau de la Malle ), ſchon im hoͤchſten Alter— thume ein Hausthier war, unterſcheidet ſich in der Groͤße nicht, oder doch nur wenig von der wilden europaͤi⸗ ſchen Katze oder den africaniſchen und aſiatiſchen Arten, die man allenfalls fuͤr den urſpruͤnglichen Typus der Hauskatze halten konnte. Allerdings iſt dieſe, wenngleich ein Haus— thier, doch nur halb gezaͤhmt, indem ſie in ihrer Lebensweiſe faſt durchgehends etwas Wildes behalten hat, da fie geht und kommt, wie es ihr einfaͤllt, uͤberhaupt ihren Willen dem ihres Herrn nur theilweiſe unterordnet. 2. Groͤßeverſchiedenheiten bei den Nagern und Grasfreſſern. Ich werde mich bei den beiden einzigen gezaͤhmten Na— gern, dem Kaninchen und Meerſchweinchen, nicht aufhalten, da zwar ihre Groͤße betraͤchtlicher iſt, als die der wilden Ar— ten, von denen ſie abſtammen (des wilden Kaninchens und Aperea), allein bei den verſchiedenen Racen wenig abaͤndert. Das Schwein iſt zwar ſchon ſeit den aͤlteſten Zeiten gezaͤhmt, hat aber doch ziemlich durchgehends dieſelbe Groͤße behalten. Es hat merkwuͤrdige Veraͤnderungen erlitten; al— lein dieſelben beziehen ſich mehrentheils auf ſeine Formen und Hautbedeckungen. Allerdings giebt es einige Racen, die viel kleiner ſind, als das gemeine Schwein, welches ſeinerſeits ein Wenig kleiner iſt, als das Wildſchwein, von dem es ab— ſtammt. Dahin gehoͤren die Siameſiſchen und Chineſiſchen Schweine, die Schweine vom Vorgebirge der guten Hoff: nung und den Inſeln der Suͤdſee; allein dieſe kleinen Ra— cen ſtammen wahrſcheinlich nicht vom gewoͤhnlichen wilden Schweine ab. Weit mehr ausgemacht iſt, daß ſaͤmmtliche Pferdera— cen deſſelben Urſprungs ſind, und dieſe Thatſache iſt um ſo wichtiger, als das Pferd, naͤchſt dem Hunde, unter allen Ar— ten die meiſten Varietäten darbietet. Man kennt über 30, in Statur, Geſtalt und Haarfarbe ſehr bedeutend von eins ander abweichende Pferderacen, und die meiſten derſelben begreifen wieder mehrere Unterracen unter ſich. Die gewohns liche Höhe der Arten iſt 1,45 bis 1,55 Meter am Widerriſt; allein mehrere Racen, z. B., eine Oſtfrieſiſche und Holſtei— ner, ſind bedeutend groͤßer, andere dagegen um Vieles klei— ner. Die Pferde von Corſica und der Landſchaft Camar— gue haben kaum 1,38 M. Hoͤhe. Die Wales'ſche Race, und beſonders die Schetlaͤndiſche ſind noch kleiner, und in Lappland findet man eine, welche nur ungefaͤhr 1 Meter mißt. Zu dieſer gehoͤrten zwei vor einiger Zeit nach Paris gebrachte Pferde, welche viel Schauluſtige anlockten. Als ich ſie im Jahre 1824 unterſuchte, waren ſie beinahe vollwuͤch— ſig wie ſich aus dem Zuſtande der Zaͤhne ſchließen ließ, und doch hatte das eine am Widerriſt nur 0,947 und das an— dere nur 0,892 Hoͤhe. Dieß iſt, bis auf einige Centime— ter Unterſchied, die Hoͤhe eines großen Berghundes oder einer ſtarken Dogge. ) S. Annales des Sciences naturelles, T. XVII. p. 165. ib 21 Auch die Art Eſel zerfaͤllt in viele Varietaͤten. In Arabien, Aegypten, Perſien und allen Laͤndern, wo man den Eſel fo gut haͤlt, wie das Pferd, kommt er dieſem an Groͤ— fir, Schönheit und Kraft ziemlich nahe. In den meiſten, zumal kaͤltern, Ländern Europa's iſt er dagegen klein und ſchlecht gebaut. Die Urrace des Pferdes iſt den Naturforſchern noch nicht bekannt, obwohl dioͤſelbe in den Steppen der Tartarei und Niederarabien's noch vorzukommen ſcheintl, allein fo viel weiß man, daß die ſeit mehrern Generationen verwilderten Pferde von kleinem Wuchſe und in der Geſtalt dem Eſel ahnlich find. Dagegen iſt der wilde Eſel (Dſchiggetai) be: deutend groͤßer, als die meiſten zahmen Eſelracen, die von ihm abſtammen. Er mißt am Widerriſt ungefaͤhr 1,30 M. und an der Kruppe noch mehr. Von den Elephanten kann hier nicht die Rede ſeyn, da ſie ſich in der Gefangenſchaft nur ſelten fortpflanzen, da— her ſie als gefangene und gezaͤhmte, nicht aber als eigent— liche Hausthiere zu betrachten ſind. Der Menſch hat ſei— ner Herrſchaft nur einzelne Elephanten, nicht aber die Art ſelbſt unterworfen, und hat aus ihr keine neuen Racen bil— den koͤnnen. Die verſchiedenen Arten von Kameelen und Lama's, welche gezaͤhmt ſind, bieten nur wenige und in der Groͤße unbedeutend verſchiedene Racen dar. Uebrigens giebt es zwei Dromedar-Racen, die man durch die Epitheta die große und die kleine bezeichnet; indeß ſind ſie weniger durch Groͤßeabweichungen, als durch den Körperbau von einander verſchieden, indem die eine, das ſchnellfuͤßige oder Renn— Dromedar, niedriger und unterſetzter gebaut iſt. Dias aͤchte Kameel und Lama ſcheinen als Hausthiere ein Wenig von der Groͤße der Urrace eingebuͤßt zu haben. Ueber die urſpruͤngliche Größe des Dromedars fehlt es durchaus an ſichern Nachrichten. Das Rennthier bietet, obwohl es bei verſchiedenen Voͤl— kern Europa's und Aſien's Hausthier iſt, nicht eine einzige, ber in Anſehung der Größe bemerkenswerthe Varie— taͤt dar. Die Ziege und das Rind exiſtiren gegenwaͤrtig nicht nur in Europa, ſondern in allen Laͤndern, wo ſich Europaͤer nie— dergelaſſen haben. Beide zerfallen in eine große Anzahl von Varietaͤten, welche ſehr bedeutende Verſchiedenheiten darbieten. Die mittlere Höhe der Hausziege betraͤgt am Wider— riſt ungefaͤhr 75 Centimeter. Einige Racen ſind etwas groͤßer; andere bleiben unter 60 Centim. Dahin gehoͤren beſonders die Juda-Ziege und die Zwergziege, die kaum uͤber M. hoch find. Bemerkenswerth iſt, daß alle Haus-Zie— genracen, ſelbſt die groͤßten, nicht ganz den Koͤrperumfang der wilden Ziege (Paſem, Bezoarziege, Capra Aegagrus) erreichen, von der jene abſtammen ſollen. Uebrigens giebt es mehrere andere Arten von wilden Ziegen, die den meiſten zahmen an Größe faſt gleich find. Dahin gehoͤrt vorzüglich die in Oberaͤuypten einheimiſche 9). ) Die europäifhen Naturforſcher wollten immer die Urracen unſerer Hausthiere in irgend einem wilden Thiere unſeres Erd⸗ 214 Die Hoͤhe des Ochſen oder Rindes betraͤgt bei mehre— ren Racen bis 2 Meter. Zu derſelben Art rechnet man, wenngleich ziemlich willkuͤhrlich, die Buckelochſen oder Zebus, von denen eine Race kaum groͤßer iſt, wie ein mittelgroßes Schwein. Der Urtypus des Hausrindes iſt nicht bekannt; die Analogie und die Nachrichten, welche man uͤber mehrere verwilderte oder halbverwilderte Racen beſitzt, erlauben kaum, daran zu zweifeln, daß die Stammrace unſeres Hausochſen nicht bedeutend größer war, als unfere gewoͤhnliche Haus: race. Zwei andere Arten der Gattung Bos, der Vak und der Buͤffel, ſind, jene bei den Mongolen und Kalmuͤcken, dieſe in mehreren Laͤndern Aſien's und Suͤdeuropa's, zu Hausthieren gemacht worden. Beide bieten mehrere ziemlich deutliche Groͤßenabweichungen dar. Was das Schaaf anbetrifft, ſo behaͤlt es, obwohl es ſchon in der Urzeit gezaͤhdt worden, doch in feinen zahlrei— chen Racen ſtets ziemlich denſelben Koͤrperumfang bei. Die größte von allen iſt der Morvan *); allein dieſe Race ver— dankt die Größe ihrer Statur faſt einzig der verhaͤltnißmaͤ— ßigen Laͤnge ihrer Beine und nicht einer wahren Volum— vermehrung ihres Koͤrpers. Mag nun der a Muflon, wie die meiften Naturforſcher annehmen, oder das Argali-Schaaf das Stammthier unſeres Hausſchaafes ſeyn, ſo iſt doch in bei— den Faͤllen die Art im Stande der Zaͤhmung nicht bedeu— tend von ihrer urſpruͤnglichen Groͤße abgewichen. 3. Unter den Voͤgeln hat der Menſch eine ziemlich große Anzahl gezaͤhmt, und die meiſten gehoͤren den huͤhnerartigen und Plattfuͤßlern an. Ja, der Canarienvogel iſt der ein— zige, welcher nicht zu dieſen beiden Ordnungen gehoͤrt. Was den Falken, Cormoran, Ortolan, Marabu, Papagei ıc. bes trifft, die man in den menſchlichen Wohnungen aufzieht, um ſie in verſchiedener Weiſe abzurichten, oder zu verſpeiſen, oder um ihre Federn zu gewinnen, ſo koͤnnen alle dieſe und viele andere Arten nicht fuͤr wirkliche Hausvoͤgel gelten, wenngleich einige darunter ſich mehr oder weniger oft in der Gefangenſchaft fortpflan zen. Der Canarienvogel, die verſchiedenen Plattfuͤßler oder Schwimmvoͤgel, die Faſanen, das Truthuhn, der Pfau, das Perlhuhn, die Lachtaube bieten mehrere Racen theils ermitteln. Richtiger wuͤrde man wohl verfahren ſeyn, wenn man in den meiſten Faͤllen die Stammthiere im Orient geſucht hätte; denn man hat gewiß anzunehmen, daß die aͤtte— ſten civiliſirten Nationen den von ihnen in dem Ackerbau und den Gewerben unterrichteten Völkern ihre Hausthiere mittbeils ten, wie die Europäer es in Betreff der Americaner, Africa⸗ ner und Suͤdſeeinſulaner gethan haben und noch thun. Warum ſollten wir nicht neben ürſprunglich europäifhen Thieren auch orientaliſche als Hausthiere bejigen, da man doch in Suͤdame— rica neben dem Lama, der Vicuna und dem Alpaca mehrere europaͤiſche Hausthiere antrifft? ) Vielleicht von Morvant, einer Landſchaft Burgund's; font gelten das große flamlaͤndiſche Schaaf und eine Schweizer⸗ Race fuͤr die groͤßten, da ſie bis 5 Fuß lang werden. Der Ueberf. 14 * 231 dar, welche alle durch Verſchiedenheiten der Geſtalt und Farbe, aber nicht der Groͤße characteriſirt ſind, und bei denen wir uns alſo nicht aufzuhalten brauchen. Ebenſowenig werde ich mich naͤher mit der Haustaube beſchaͤftigen, wenngleich mehrere Racen derfelben ſich in der Groͤße bedeutend unter ſcheiden. Die römifche iſt die größte unter allen; die ges meine Haustaube oder der Feldflüchter iſt ziemlich von dem— ſelben Koͤrperumfange, wie die wilde Holztaube, und das Mevchen oder die Halskrauſentaube iſt kaum größer, als die Lachtaube. Das Haushuhn bietet unter allen Arten die meiſten merkwuͤrdigen Abarten dar; es iſt die fuͤr den Menſchen wichtigſte Species, und er hat derſelben folglich auch die meiſte Sorgfalt gewidmet, um ſie zu veredeln und ſeinen beſondern Zwecken anzupaffen. Es halt ſchwer, um nicht zu ſagen unmöglich, zu bes ſtimmen, welche wilde Huͤbnerart der Urtypus unſeres Haushuhns iſt; es laͤßt ſich ſogar nicht nachweiſen, daß alle Racen der letztern von derſelben Species abſtammen, was man doch allgemein annimmt; allein dieſe Ungewißheit bie: tet ruͤckſichtlich der Würdigung der zwiſchen ihnen zu beob— achtenden Groͤßenverſchiedenheiten nicht die geringſte Schwie— rigkeit dar; denn alle wilden Huͤhnerarten beſitzen ziemlich dieſelbe Größe, und dieſe ſtimmt mit der der meiſten Haus- huhnracen überein. Man kann alſo die kleinſten und größs ten Abarten des Haushuhns ohne Weiteres fuͤr Zwerg⸗ und Rieſenracen erklaren, und zwar nicht nur in Bezug auf das Hausbuhn, wie wir es zur Zeit ſehen, ſondern auch in Betreff des Stammvogels, dieſer ſey nun, welcher er wolle. Der Körperumfang der meiſten Haushuhnracen weicht, wie geſagt, wenig von dem der wilden Arten ab; allein man kennt Racen, die faſt noch einmal ſo klein und an— dere, die faſt doppelt ſo groß ſind. Das engliſche Zwerg— huhn und das kleine Javaniſche Huhn haben den Koͤrper— umfang einer gewoͤhnlichen Taube, waͤhrend das Huhn von Caux und Padua faſt fo hoch find, wie das Truthuhn. Außer dem Hunde und vielleicht dem Rinde bemerkt man alſo bei keiner andern Art ſo bedeutende Abweichungen in der Größe, wie bei'm Haushuhne. 4. Hauptfolgerungen aus obigen Thatſachen. Aus den oben dargelegten Thatſachen und Bemerkun— gen ergiebt ſich, daß ſelbſt in den Faͤllen, wo wir uͤber den Urſprung einer Hausthierrace im Zweifel ſind, und wo wir die Beſchaffenheit ihres urſpruͤnglichen Typus nicht durch directe Beobachtung beſtimmen konnen, ſich der Mangel an Thatſachen gewiſſermaaßen durch das Raiſonnement erſetzen läßt. Wir konnen die Körpergröße, welche die wilde Stammrace irgend eines Hausthiers beſitzen muͤßte, bis zu einem gewiſſen Grade genau ermitteln und annaͤhrend ers forſchen, welche Modificationen dieſelbe unter dem Einfluſſe der Zaͤhmung erlitten hat. Die Reſultate, welche man auf dieſe Weiſe auf einem Umwege erlangt, bieten gewoͤhnlich einen hinreichenden Grad von Genauigkeit dar, um uns zu berechtigen, weitere Schlüffe darauf zu gründen, und fie neben den durch die unmittelbare Vergleichung einer wilden 232 und zahmen Race gewonnenen Reſultaten gelten zu laſſen. Ich glaube, mich ſogar auf die einen, wie die andern be— ziehen zu dürfen, um nachſtehende Saͤtze zu generalifiren, welche durch die Beobachtung der meiſten dem Menſchen dienſtbar gemachten Thiere beſtaͤtigt, durch Betrachtungen in Betreff andrer bekraͤftigt und auch durch die Analogie der wenigen Arten, deren Stammart ſich bei dem gegen— wärtigen Zuſtande der Wiſſenſchaft mit Beſtimmtheit an- geben laͤßt, bezeugt werden. Die Hausthiere zerfallen in zwei Gruppen: die, deren Racen ſaͤmmtlich dieſelbe oder ziemlich dieſelbe Groͤße beſiz— zen, und Diejenigen, welche zugleich ſehr große und ſehr kleine Racen darbieten. Im erſtern Falle kann der Koͤrperumfang der Haus— racen von dem der wilden Stammrace nicht verſchieden ſeyn, oder auch auf- und abwaͤrts von letzterer, doch nur ſehr unbedeutend abweichen. Im letztern Falle giebt es weit groͤßere und weit klei— nere Hausthierracen, als die wilde Stammrace; allein der mittlere Korperumfang der Hausthierrasen, welcher uͤbrigens bei mehrern derſelben in der Wirklichkeit ziemlich genau vorkemmt, unterſcheidet ſich kaum, oder doch keinesweges in bedeutendem Grade von dem des wilden Typus. Demnach weicht die mittlere oder normale Groͤße der weit auseinanderliegende Volumen-Extreme darbietenden Spe— cies, gleich der der wenig in der Groͤße verſchiedenen Ar— ten, von der Statur der wilden Stammrace nur unbedeus tend ab. Mit andern Worten, die Hausthiere haben in Anſehung des Körprrumfangs im Allgemeinen nur wenig gewonnen oder verloren, und inmitten der vielfachen Abs arten, die ſie darbieten, iſt ihre mittlere Statur ziemlich dieſelbe geblieben, wie im Naturzuſtande. Bekanntlich ſind die auf hohen Bergen oder in ſehr kalten Laͤndern lebenden zahmen Thiere der meiſten, obwohl nicht aller, Species kleiner, als die in heißen oder gemaͤßig— ten Climaten befindlichen. Ihr kleiner Wuchs ruͤhrt haupt— ſaͤchlich, aber keineswegs einzig, wie fo oft behauptet wors den, von dem Einfluſſe der allzuſtrengen Kaͤlte, dann aber auch von mangelhafter Ernährung und Abwartung ber Die Bergbewohner und Voͤlker der kalten Zonen ſind faſt durchgehends arm und unzulaͤnglich genährt, und begreifli— cher Weiſe wirkt der Nothſtand der Herren in einer un— guͤnſtigen Art auf deren Vieh zuruͤck. Ruͤckſichtlich des Einfluſſes, welchen die Abwartung von Seiten des Menſchen, der den Hausthieren eine reich- lichere und beſſere Nahrung darbietet, als die Natur, und zur Veredlung der Racen die groͤßten, geſundeſten und ſtaͤrk— ſten Exemplare im paſſendſten Alter auswaͤhlt, auf die letz— tern ausübt, werde ich hier nicht in Einzelnheiten eingehen. Denn es iſt nicht mein Zweck, die Regeln aufzuitellen, durch deren Befolgung der Menſch die Organiſation der ſei— ner Herrſchaft unterworfenen Racen am guͤnſtigſten veraͤn— dern und jene, fo zu ſagen, ſchoͤpferiſche Macht ausüben kann, welche er ſich durch Kunſt und Wiſſenſchaft erworben hat. Ich muß mich darauf beſchraͤnken, die Exiſtenz dieſer Macht darzuthun und zu zeigen, daß, wie dem Naturzu— 233 ſtande entriſſene Thierarten durch den menſchlichen Kunſt— fleiß veredelt, ſo dieſelben auch ſelbſt in gemaͤßigten und warmen Climaten verſchlechtert werden koͤnnen, wenn ihnen nicht durch forgfältige Abwartung vollſtaͤndiger Erſatz für die Nachtheile geleiſtet wird, welche ihnen aus dem Ver— luſte der Freiheit entſpringen. Dieß ergiebt ſich aus meh— rern weiter oben angefuͤhrten Beiſpielen, in'sbeſondere dem des Eſels, welcher bei den Orientalen den wilden Typus an Kraft und Schoͤnheit uͤbertrifft, und dagegen in faſt ganz Europa zu einem weit ſchwaͤchern und vetunſtalteten Thiere geworden iſt. (Fortſetzung folgt.) Miscellen. Für die Naturgeſchichte der Orang-Outangs ent— haͤlt eine in der Leipziger Allgemeinen Zeitung vom 26. Februar Nro. 57. mitgetheilte Correſpondenz von der Weſtkuſte Sumatra's, d. d. Padang, 16. October 1840, folgende Angabe: In verſchie— denen Waͤldern und Hainen machen ſich die Affen und namentlich die Drang » Dutang den Menſchen furchtbar. Daß dieſe Beſtien einzeln reiſende Leute mit Steinen, Cocosnuͤſſen, Baumäſten ꝛc. warfen, wodurch die Reiſenden oft verwundet wurden, daruͤber ha— ben Reiſende, welche aus dem Padang'ſchen Hochlande kamen, ſchon oft geklagt; allein, daß Affen ein Maͤdchen zu entfuhren ſuchten, wie dieß in den letzten Tagen des vorigen Monats auf der Straße zwiſchen Bonjol und Fort Cochius der Fall war, hatte man früber hier noch niemals erlebt. Die vierzehnjaͤhrige Toch— ter des Infanterie-Capitaͤns Schoch reiſ'te am 28ſten vorigen Monats früh 5 Uhr von Fort Cochſus, wo ihr Vater Comman— dant der Beſatzung iſt, nach der 4 Stunden davon entfernten Stadt Bonjol ab und bediente ſich zur Reiſegelegenheit der hier uͤblichen Tantu (einer Art Portchaiſe, welche zum Sitzen und zum Liegen eingerichtet und von leichtem Bambusrohr und Schilf gefertigt iſt), und zweier Javaſcher Kulies (Träger), weiche, beilaͤuſig gefaat, ſehr feige Männer find. Nachdem Fraͤul. Schoch mir dieſer Rei— ſegelegenheit die größte Hälfte ihrer Reife nach Bonjol zuruͤckge— legt batte und in einem Haine, durch welchen der Weg fuͤhrte, angekommen war, zeigten ſich mehrere Orang-Outangs, welche 254 mit Holzſtuͤcken und Steinen von hohen Bäumen fo heftig auf den Tantu warfen, daß er zerbrach und die darin Getragene am Kopfe verwundet wurde. Die Kulies, die nur mit kleinen Meſſern be— waffnet waren, ſuchten, um den Wuͤrfen der Affen zu entgehen, ihr Heil in der Flucht, als die Orang-Outangs, mit Knuppeln bewaffnet, von den Bäumen herabſprangen. Indeß wurde die Anz zahl der durch das Jammergeſchrei des Maͤdchens herbeigelockten Affen immer größer, und das Mädchen wurde, obgleich fie ſich mit einem Stucke Bambusrohr gegen dieſe Beſtien tapfer vertheidigte, gar bald von dieſen entwaffnet und von fünf bis ſechs männlichen Orang⸗Outangs erſt in's Gebüfh und alsdann in ein Affenneſt auf einen Baum getragen. Nunmehr wurde der Entführten Co: cosnuß von den Entfuͤhrern angeboten, ihr das Blut von der Stirne geleckt und ihre Arme und Beine von den Affen gar herz— lich gedruckt. Ueberhaupt widerfuhr ihr dort weiter kein Leids, als daß man ſie, was dieſelbe aber verhinderte, noch hoher auf den Baum zu ziehen verſuchte, bis die Affen unter ſich ſelbſt über ihre Beute in Streit geriethen. Unterdeſſen waren auf das Geſchrei der Kulies mehrer Menſchen herbeigeeilt; durch den Huͤlferuf des Mäd— chens wurde gar bald der Aufenthaltsort der Entfuͤhrten entdeckt und dieſelbe, nachdem ſie uͤber eine Stunde in der Affengefangenſchaft geweſen war, aus derſelben befreit. In Folge dieſer Entführung findet jetzt im bieſigen Hochlande faft taͤglich Affenjagd ſtatt. Die: ſes iſt aber ein ſehr grauſames Geſchaͤft; denn die verſchiedenarti— gen Geſichtsgebehrden, wodurch die angeſchoſſenen Affen ihren Schmerz, Angſt, Furcht und ihr „um Gnade Flehen“ auszudruͤk— ken ſuchen während ſie mit der einen Hand ſich an Baumaͤſten und mit der andern ihre Jungen feſthalten, erregt ſelbſt oft bei denje— nigen Mitleid, welche als Krieger ſchon manchen Schlachten bei— gewohnt haben. Ueber den Bau der macula lutea des menſchlichen Auges hat Herr Dr. Grube, zu Königsberg, Beobachtungen in Muͤller's Archiv niedergelegt (die er an dem Auge eines Men— ſchen anſtellte, welcher ver wenigen Stunden erſt geſtorben war), wonach der gelbe Fleck ſich kegelfoͤrmig über die Oberfläche der Netzhaut erhebt und aus laͤnglichrunden Koͤrperchen in regelmäßie ger Anordnung zuſammengeſetzt erſcheint. Die Koͤrperchen geher, wie Radien, nach der Peripherie des gelben Flecks hin, werden bier groͤßer und an ſie reihen ſich die Markkuͤgelchen der uͤbrigen Netzhaut in einem allmäligen Uebergange an. Dieſe Uebergangs« ſtelle (der Umfang des gelben Flecks) iſt uͤbrigens nicht kreisrund, vielmehr ſternfoͤrn ig an einzelnen Stellen weiter ausftrahlend, Nn Ueber die Anſicht, daß Hirndesorganiſationen ge— woͤhnlich in umgekehrtem Verhaͤltniſſe zu der Heftigkeit der Symptome ſtehen. Von Herrn Dendy. Dieſe Anſicht iſt von Dr. Bayllie ausgeſprochen wor— den, und es iſt richtig, daß toͤdtliche Hirnkrankheiten bisweilen ſich heimtuͤckiſch entwickeln, indem man bis zum letzten Mo: mente kaum eine Ahnung davon hat, fo daß fie bisweilen ſogar erſt durch die Section zu entdecken ſind, waͤhrend, auf der andern Seite, oft ſehr ausgedehnte Gehirnkrankheiten faft ohne ein Krankheitsſymptom ertragen werden. Dieſe beiden Angaben fcheiren ſich faſt zu widerſprechen, find aber bei genauerer Betrachtung leicht mit einander zu verbinden. Die Haͤufigkeit des Kopfſchmerzes veranlaßt nicht bloß Kranke, ſondern auch Aerzte, dieſe Gefuͤble zu wenig zu beachten; unter den vorausgehenden Symptomen der ſchwer— ſten Krankheitsformen finden wir jedoch häufig den Kopf— ſchmerz als eins der erſten. Dieß ſcheint dem Verfaſſer beſonders in großen Staͤdten, der Fall zu ſeyn, wo alle Claſſen einen großen Theil ihrer Zeit geiſtig angeſtrengt ſind, waͤhrend zugleich eine unreine Luft eingeathmet wird. Jedenfalls erſcheint es ihm auffallend, daß diejenigen, welche fo aͤngſtlich in Bezug auf Koͤrperanſtrengung oder auf Stö: rung der Verdauung, Reſpiratien und Circulation bedacht ſind, geiſtige Anſtrengungen ſo ſorglos ſich zumuthen. Was anders iſt die Urſache ſo vieler Nervenkrankheiten, welche in London vorkommen, als Sorge und Anſtrengung in Ge— ſchaͤften; und dennoch ſieht man taͤglich Leute ihre geiſtige Kraft im hoͤchſten Grade anſpannen, ganz ruhig in der Idee, daß kein großer Schade dabei zu befuͤrchten ſey, da fie bloß an Kopfſchmerz leiden. Dieß ſehen wir nicht bloß bei Functionsſtöͤrungen, ſondern bei den bedeutendſten orga— niſchen Krankheiten, webei man alsdann wegen der Sym— pathie zwiſchen Gehirn und andern Organen die ganze Reihe der Symptome nicht ſelten auf Theile bezieht, welche von dem Nervencentrum weit entfernt liegen. Auf dieſe Weiſe iſt Verſtopfung oder Diarrhoͤe nicht ſelten eine Folge 2i9 fubacuter meningitis und wird, wegen der ſcheinbaren groͤ⸗ ßeren Wichtigkeit des Symptoms, als die primaͤre Krankheit betrachtet. In einigen Faͤllen von hernia cerebri waren die Secretionen faſt gaͤnzlich unterbrochen. Die Eigenth imlich— keiten der Pathologie des Gehirns ergeben ſich bald als Gründe fo ſcheinbarer Anomalieen. Nicht die Ausdehnung, fondern der Siz und die eigentliche Natur der organiſchen Stoͤcung giebt die Erklaͤrung. So entſtehen durch krankhafte Structurveraͤnderungen in dem Marke der Sinnes- oder orga— niſchen Nerven, oder durch den leichteſten Druck, z. B., einer Hydatide, auf das Neurylem Störungen, wodurch die Func— tionen vollkommen aufgehoben, unterbrochen oder ſelbſt gaͤnz— lich zerſtoͤſt werden koͤnnen. Auf der andern Seite find die tiefſten Wenden, ja ſelbſt Sabſtanzverluſte des Gehirns faſt ohne Symptome geblieben und gluͤcklich uͤberſtanden wor— den; das Gehirn verträgt allmaͤlig eintretende Zuſammen— druͤckung bis zu einem betraͤchtlichen Grade, wenn die druͤk— kende Geſchwulſt allmaͤlig ſich vergroͤßert, waͤhrend, im Ge— gentheil, ein ploͤtzlicher Schlag im Stande ift, das Leben in einem Momente zu zerſtoͤren und den Einfluß aufzuhe— ben, durch welchen Herz und Reſpirationsmuskeln excidirt werden. Die Urfache davon mag die große Fähigkeit, das Gleichgewicht herzuſtellen, ſeyn, welche in der Cerebralcircu— lation nicht zu verkennen iſt, und ohne welche das Organ fortwaͤhrender Stoͤrung unterworfen ſeyn wuͤrde. Bildet ſich eine chroniſche Geſchwulſt, oder ein Balg in dem Ge— hirne, bildet ſich eine apoplectiſche Ablagerung ſehr langſam oder eine Wiſſerausſchwitzung, ſo wird die Quantitaͤt Blu— tes im Gehirne in demſelben Grade ſich vermindern, in welchem die fremdartige Bildung zunimmt. So hat man die Beobachtung gemacht, daß, wenn man ein Schaaf, bei welchem Waſſer in die Sghaͤdelhoͤhle gegoſſen war, tre— panirte, das Gehirn im erſten Momente collabirt auf der basis cranii lag, worauf es ſich in ſehr kurzer Zeit ausdehnte und die Schaͤdelhoͤhle vollkommen ausfüllte, und zwar bloß dadurch, daß das Blut wiederum in die Gefäße eintrat, aus welchen es durch den Deuck der ſeroͤ— fen Ergießung zuruͤckgedraͤngt war. Daß Tuberkeln unbe: merkt einen ſehr großen Umfang erreichen koͤnnen, iſt haͤufig und unter Andern namentlich von Guerſent und Mur— doch beobachtet worden; die beiden Letztern erwähnen Faͤlle, in welchen Kinder in vollkommenſter Geſundheit bis drei Tage vor ihrem Tode blieben und bei denen doch große Tu— berkeln im Gehirne abgelagert gefunden wurden. Man muß dabei nicht vergeſſen, daß das Gehirn ein paariges Organ iſt, und daß, wie bei Lungen und Nieren, die In— tegrität der einen Hälfte für die ungeſtoͤrte Verrichtung der Function hinreichen kann. In andern Fällen werden wir, trotz der heftigſten Er— ſcheinungen von paralysis oder Krampf, durch die verhaͤlt— nißmaͤßig geringe Stoͤrung der uͤbrigen Lebensverrichtungen und uͤberhaupt des Allgemeinbefindens bis unmittelbar zum Tode in Erftaunen gefeßt. Im Sommer 1839 wurde Herr Dendy zu einem 7jaͤhrigen Mädchen gerufen, welche bereits ſeit mehreren Monaten in Behandlung eines ſehr unterrichteten Wund— 220 arztes war, und wegen deſſen auch bereits 3 andere Aerzte der Hauptſtadt um Rath gefragt worden waren. Er fand vollkommene Amauroſe auf beiden Augen; die Pupillen je— dot) gegen Licht empfindlich, was nicht ganz ungewohnlich iſt, da der opticus comprimirt ſeyn kann, waͤhrend der Ciliarknoten frei iſt. Zu gleicher Zeit war krampfige Con— traction einer Hand vorhanden, wobei jedoch der Daumen, nicht wie ſonſt bei Kindern, durch die Convulſionen nach Innen, ſondern auf die aͤußere Seite des Zeigefingers ge— zogen war. Das Kind litt faſt beſtaͤndig an Opiſtotho— nus; wurde es durch das Zimmer gefuͤhrt, ſo ſchleppte es den Fuß nach und fiel zuſammen, ſo wie man es ſich ſelbſt überließ; der Puls variirte von 90 bis 100. Tcotz aller dieſer Symptome war das Kind heiter, der Appetit gut, die Verdauung vortrefflich, außer wenn ſich bisweilen temporäre Congeſtion einſtellte, wobei das Kind alsdann traurig und ſtill wurde und den Appetit verlor. Aus den Symptomen ergab ſich deutlich, daß irgend ein Druck von einer feſten oder fluͤſſigen Maſſe in der Gegend der Sehhuͤgel oder der Varolsbruͤcke vorhanden war, und Dr. D. zog daraus den Schluß, daß eine Ergießung in dem infundibulum und dem vierten Ventrikel ſtattfinde, welche nach Vorn und Hin— ten einen Druck ausübe und beſtaͤndig reſorbirt und wieder ergo,jen werde und dadurch zu den Remiſſionen Veranlaſ— ſung gebe; er bemerkte zugleich, daß dieſe Remiſſion haͤufig wahrend des Wachſens eines Tuberkels vorkam. Dr. Bright ſtimmte bei einer Conſultation ruͤckſichtlich der Lo— calitaͤt der Krankheit vollkommen uͤberein, war aber mehr fuͤr die Annahme von Tuberkelentwickelung. In wechſeln— dem Zuſtande zog ſich der Fall noch bis zum Winter hin— aus; endlich erfolgten heftige Convulſionen und der Tod. Bei Oeffnung des Kopfes fand ſich betraͤchtliche Injection der Haͤute, auf dem tractus nervorum opticorum eine Hydatide von der Groͤße einer Erbſe; auf den geſtreiften Körpern und Sehhuͤgeln druͤckte eine große fibroͤſe Geſchwulſt auf den opticus, welcher erweicht war und auf die Varols— bruͤcke, in welcher ſich eine Balggeſchwulſt fand, die eine halbe Unze Fluͤſſigkeit enthielt. Die Ventrikel waren von Fluͤſſigkeit betrachtlich ausgedehnt; das septum pelluei- dum verdickt. Die Geſchwulſt fuͤllte ziemlich den linken Ventrikel aus, waͤhrend die Fluͤſſigkeit, welche mehr als eine Pinte betrug, faſt ganz in dem rechten Ventrikel ent— halten war, jedoch auch nach dem dritten Ventrikel und dem infundibulum ſich ausbreitete. Die Experimente von Flourence, Legallois und Magendie haben bewieſen, bis zu welcher Ausdehnung das Gehirn von Tauben, Kaninchen und andern Thieren verletzt werden kann; zufüllige Verletzungen bei'm Menſchen, bei welchen ſelbſt Theile des Gehirns verloren gingen und der Kranke dennoch ohne gefährliche Symptome geheilt wurde, lieferten Analogieen dazu. D. behandelte einen Mann, welcher von einer der Themſebruͤcken herabgeſtuͤrzt war. Er hatte Schaͤdelbruͤche erlitten und war ſcheinbar ertrunken und vollkommen afphyctifh; er wurde wieder zu ſich gebracht, und hierauf wurde ein großer Theil des vor— dern Gehirnlappens entfernt. Er lebte 15 Tage mit im— 27 221 mer ſteigender Beſſerung; er verdauete gut, hatte ſeine Em— pfindlichkeit und Bewegungsfaͤhigkeit, hatte jedoch das Ge: daͤchtniß und ein richtiges Aſſociationsvermoͤgen verloren. Die Prognoſe ſchien gut, als er eines Abends nach einer heitern Converſation plotzlich verſchied. In Folge einer Ul— ceration des sinus longitudinalis war plotzlich eine be: traͤchtliche Blutung eingetreten Ein anderes Beiſpiel, bis zu welchem Grade allmaͤlige Desorganiſation durch Ausdehnung der Hirnhaͤute fortſchreiten kann, ohne von bedeutenden Störungen begleitet zu ſeyn, iſt fol— gendes: Vor mehreren Monaten machte Herr D. wegen Zeichen von Hirndruck, wodurch das Kind in großer Gefahr war, mit einem ſehr kleinen Troicart eine Punctur der dura mater und entzog drei Unzen einer durchſichtigen Fluͤſſigkeit. Die acuten Symptome ließen nach. Zehn Tage darauf wurde wieder operirt; es wurden zehn Unzen abgelaſſen; es zeigte ſich keine Neigung zu Ohnmacht; die Schaͤdelknochen wur— den locker und legten ſich uͤbereinander. Von dieſer Zeit an erholte ſich das Kind, und es verſchwand die betraͤchtliche Proſtration und Abmagerung, fo daß es jetzt wohlgenaͤhrt iſt. Man wuͤrde ſich die Fortdauer des Lebens bei ſo be— traͤchtlicher Veraͤnderung der Gehirnhaͤute und des Gehirns ſelbſt nicht erklaͤren koͤnnen, wenn nicht die Experimente von Legallois gezeigt haͤtten, daß die Reſpiration nicht ven dem ganzen Gehirne, ſondern nur von einem kleinen Theile der medulla oblongata abhaͤnge, von welchem der va- gus entſpringt, und daß ein acephalus, bei welchem nur eine knopfartige Hervorragung des Ruͤckenmarks auf der ba- sis cranii zu ſehen war, ſelbſt 4 Tage gelebt hat. Ob es paſſend ſey, die Operation bei ſo traurigen Faͤllen von hydrocephalus zu machen, darüber koͤnne nicht wohl ein Zweifel ſeyn, da unter allen Umſtaͤnden Verlaͤn— gerung des Lebens die Aufgabe des Arztes ſey. Das Re— ſultat dieſer Operationen iſt allerdings nicht ſehr ermuthi— gend, obwohl das Leben faſt immer dadurch verlaͤngert wor— den iſt. In manchen Faͤllen wurde jedoch ſo viel Zeit ge— wonnen, daß das Gehirn ſich an ſeine Veraͤnderung ge— woͤhnen konnte, worauf die Herſtellung innerhalb gewiſſer Graͤnzen und mit einigen Maͤngeln ſtattfand. Der Hauptzweck dieſer abgeriſſenen Mittheilung iſt, darauf aufmerkſam zu machen, daß man alle Hirnſymptome, namentlich aber anhaltende Klagen uͤber unangenehme Ge— fuͤhle im Kopfe, immer mit einiger Beſorgniß betrachten muͤſſe. (The Lancet, Nov. 1840.) Ueber die Entzuͤndung der Vaginalſchleimbaͤlge. Von Herrn Robert. Die neuern Anatomen und Pathologen haben die klei— nern Organe in der vagina vernachlaͤſſigt, obwohl dieſelben in practiſcher Beziehung von vieler Wichtigkeit ſind. Man findet die Vaginalſchleimbaͤlge in verſchiedener Anzahl im vestibulum und beſonders in der Umgedung der Harn— roͤhre bald einzeln ſtehend, bald reihenweiſez fie find von vies len Schriftſtellern als Ausfuͤhrungsgaͤnge kleiner Druͤſen betrachtet worden. Duverney, Santorini, A. Cooper 222 waren dieſer Anſicht (Tiedemann hat dieß vor Kurzem vollkommen nachgewieſen). Ihre Anzahl im vestibulum und in der Umgebung der Harnroͤhrenmuͤndung betraͤgt ge— woͤhnlich 7 oder 8; zwei derſelben verdienen wegen der Be— ſtaͤndigkeit ihres Sitzes, ihrer Richtung und ihres Durchmeſ— ſers einer beſondern Beachtung. Man fiebt fie auf jeder Seite der Scheide, in der Vertiefung zwiſchen den Reſten des hymen und den kleinen Schaamlippen. Ein Stilett laͤßt ſich leicht durch ihre Muͤndung in einen nach Hinten und Unten fuͤhrenden Gang einbringen. Die Laͤnge dieſer Canaͤle beträgt 11 — 14 und 18 Millimeter. Haller, welcher dieſelben kannte, ſah ſie bis in die Gegend des Af— ters gehen; Morgagni erwähnt derſelben auch, und nach ihm enden ſie in einer kleinen Druͤſe (Tiedemann hat nachgewieſen, daß es die Ausfuͤhrungsgaͤnge der Cooper'ſchen Druͤſen find); ihr Inneres iſt von einer alkaliſchen Fluͤſſig— keit befeuchtet, welche auch durch ihre Muͤndung hervortritt. Dieſe Abſonderung iſt bei manchen Frauen ſehr reichlich, in der Kindheit kaum zu bemerken, vorzugsweiſe ſtark dagegen in der Schwangerſchaft. In pathologiſcher Beziehung ſind dieſe Schleimbaͤlge noch mehr uͤberſehen worden. Dadurch, daß ſie einzeln oder mit benachbarten Organen ſich entzuͤndet haben, haben ſie zu vielen Verwirrungen Anlaß gegeben: 1) bei Blennorrha— gie ſind ſie haͤufig entzuͤndet, beſonders diejenigen in der Nähe der Harnroͤhrenmuͤndung; außer dem Schmerze und dem Jucken, uͤber welches ſolche Kranke klagen, kann man durch Druck in der Gegend der Harnroͤhre den Abfluß ei— ner gelblichen Fluͤſſigkeit veranlaſſen, welche man leicht als einen Ausfluß aus der Harnroͤbre anſehen koͤnnte, und dieß iſt ohne Zweifel der Grund, warum einige Wundaͤrzte be— hauptet haben, daß alle Blennorrhagieen bei Frauen von ure— thritis begleitet ſeyen. In einer Beobachtung von Gräfe findet ſich, daß er alle dieſe Follikeln krank gefunden hat, waͤhrend die Scheide vollkommen geſund war. Im Juli 1837 habe ich im Höpital de l’Oursine eine Frau ge— ſehen, bei welcher ſaͤmmtliche Follikeln hypertrophiſch und ihre Ausfuͤhrungsmuͤndungen geroͤthet waren, waͤhrend die Kranke ſeit 5 Minuten an einem unertraͤglichen Jucken litt, wovon man ſie bis dahin nicht hatte befreien koͤnnen. 2) Seltener verbindet ſich mit der Entzuͤndung der Veſtibularfollikeln eine einfache oder granulirte Ulceration des Mutterhalſes, 3) Ziemlich haufig ſieht man zwei ſeitliche Follikeln der Scheidenmuͤndung einzeln entzuͤndet, und in dieſem Falle kann man, wenn die Secretion reichlich iſt, das Ganze fuͤr eine Scheidenſecretion in Folge einer Blennorrhagie halten. Um ſich darüber Gewißheit zu verſchaffen, muß man im Vers laufe der Ausführungsgänge der Follikeln einen Druck ausuͤ— ben oder ein Stilett in dieſelben einfuͤhren. Die erſten Male, wo ich die Muͤndungen dieſer Follikeln bemerkte, waren fie entzündet, und ich hielt fie für Fiſteloͤffnungen von den Abſceſſen, welche Hunter fo haͤufig im Verlaufe von Blenorrhagieen bei Frauen geſehen hat und auf welche Herr Vidal in neueſter Zeit wiederum aufmerkſam gemacht hat. Die Unveraͤnderlichkeit ihrer Richtung belehrte mich bald, daß es nicht Fiſtelgaͤnge, ſondern nur normale Canaͤle ſeyen. 239 4) Schwere Entbindungen und Entzündungen der Gebürs mutterſchleimhaut ſind mit der Blennorrhagie die haͤufigſten Urſachen von Reizungen dieſer Follikeln; doch dauern die letztern Länger als die erſtern. Lebhafte Schmerzen, ein juk— kendes Brennen, weißliche Abſonderung, Steigerung der Sym— ptome durch Gehen und Anſtrengung koͤnnen auf die Krank— heit aufmerkſam machen, welche uns beſchaͤftigt. Durch Be— ſichtigung und Sondirung beſtaͤtigt man die Diagnoſe. Ha— ben dieſe Entzuͤndungen laͤngere Zeit gedauert, und ſind ſie dadurch endlich die einzig uͤbrig bleibende Affection der Ge— nitalien geworden, ſo erfordern ſie auch eine Behandlung fuͤr ſich. Die wirkſamſte iſt folgende: bis zum Grunde des Follikels ein und oͤffnet denſelben in ſeiner ganzen Laͤnge mit dem Biſtouri, worauf man die in— nere Flaͤche mit Hoͤllenſtein cauteriſirt. (Gaz. méd., No. 40.) Mis ee ble n. Von einer durch die Bettdecke bewirkten Aſphyxie erzaͤhlt die Dublin medical Press vom Januar 1841 folgenden Fall: Ein juuger Mann von 22 Jahren, von robuſtem Koͤrper— bau, mit kurzem Halfe, hat am 16. December feinen Thee, wie ge— woͤhnlich, um 7 Uhr Abends genommen und ſich koͤrperlich und gei— ſtig wohl, zwiſchen 10 und 11 Uhr, ſchlafen gelegt. Da er die Nacht vorher gewacht hatte und am andern Morgen fruͤh aufſte— hen wollte, ſo hatte er gebeten, ihn um 6 Uhr zu wecken. Kurze Zeit, nachdem er ſich zu Bette gelegt hatte, ging ſeine Großmutter durch das Zimmer und ſah den jungen Mann tief ſchnarchend mit dem Kopfe unter der Decke; ſie hatte nicht fuͤr noͤthig gehalten, ihn zu wecken, obgleich die Lage der Decke ihr einige Beſorgniß verurſachte. Den andern Morgen 6 Uhr will man ihn wecken, und findet ihn todt, auf dem Ruͤcken liegend, das Geſicht unter der Decke verborgen und den Kopf nach der Schulter geneigt. Es wurde ein Arzt gerufen; aber es war nicht mehr Zeit. Der Koͤr— per aber war noch warm; die Finger halb gebogen, aber biegſam; die Zuͤge des Antlitzes ruhig, Mund und Augenlider geſchloſſen, Papillen dilatirt, Geſicht und Lippen blaß und keine merkliche Anz ſchwellung am Geſichte und am Halſe. Drei Stunden ſpaͤter war der Koͤrper kaum geroͤthet, die Lippen aber purpurfarbig. Zwei Tage ſpaͤter war die Haut des Unterleibes gruͤnlich gefaͤrbt; aber im Innern waren die Organe noch nicht kalt. — Bei der Leichenoͤff— nung find die Lungen mit ſchwarzem Blute gefüllt und ſchwerer, als im Normalzuſtande: kaum ſchwimmen ſie noch auf dem Waſ— ſer. Sie zeigen kaum an ihrem obern Theile einen Cubikzoll ge— ſundes Gewebe; das Herz war doppelt ſo groß, als im normalen Zuſtande, nicht durch Hypertrophie, ſondern durch Ausdehnung ſei— ner Höhlen hauptſaͤchlich mittels Gas; die Ventrikel enthalten ei» nen Eßloͤffel voll coagulirtes und eben ſoviel fluͤſſiges Blut von glaͤnzend ſchwarzer Farbe. Die Herzohren enthielten viel weniger davon. Die Kranz- und Lungenvenen, wie die Hohlvenen, ſind von ſchwarzem fluͤſſigen Blute ausgedehnt. Die aorta iſt leer. Das Ausſehen der Leber ſehr merkwuͤrdig: ihre Farbe iſt Purpur, der der Milz aͤhnlich, und ſie enthaͤlt eine große Menge ſchwar— zes Blut. Das Pancreas iſt rothbraun; die Nieren ſchwarz. Die übrigen Unterleibseingeweide zeigen nichts Beſonderes. — — Der Fall iſt vom phyſiologiſchen, wie vom gerichtlich mediciniſchen Geſichtspuncte intereſſant. Die Gewohnheit, mit dem Kopfe unter der Bettdecke zu ſchlafen, iſt, beſonders bei Armen, welche in kal⸗ Man führe eine Sonde 240 ten Raͤumen und wenig bedeckten Betten ſchlafen, ziemlich gewoͤhnlich. Dupuytren ließ ſolche Individuen, wenn er deren in ſeinen Saͤ— len hatte, beſonders im Auge behalten, weniger um Aſphyrie zu verhuͤten, die doch ſehr ſelten vorkommt, als um die krankhaften Folgen des Athmens unter der Decke zu verhuͤten. Nicht allein iſt die fo eingeſchloſſene Luft wenig genügend zu einer normalen Haͤ— matoſe, ſondern ſie iſt auch noch zerſetzt oder inficirt durch die Aus— hauchungen der Lungen und des übrigen Körpers. Es iſt alfo ber greiflich, daß, zumal bei einem kranken Individuum, eine ſolche Re: ſpiration ſehr nachtheilig werden kann Hätte man nicht ſagen koͤnnen in dem erwaͤhnten Falle, daß der Menſch ſich ſelbſt erſtickt habe, oder durch frevelnde Hand erſtickt worden ſey? Von einer Exſtirpation eines carcinomatöfen uterus, welche von Dr. Gebhard auf der Daͤniſchen Inſel Lane geland vorgenommen und beſchrieben und durch Otto aus dem Ar— chive des K. Daͤniſchen Geſundbeitscollegii ausgezogen worden iſt, habe ich erſt jetzt Folgendes in der Zeitſchrift für die geſammte Medi— cin geleſen: „Als ich fie (die 45jährige, zarte, ſchwächliche Bauer: frau) das erſte Mal ſah, litt ſie an taͤglichen mehr oder weniger heftigen Metrorrhagien, ſtarken Schmerzen im Becken, Iſchurie oder ſchmerzvollem Stuhlgange; Appetit fehlte und der Puls war klein und häufig. Bei der Unterſuchung durch die Scheide wurde der in der Naͤhe der aͤußern Geſchlechtstheile (in Folge eines nach der Geburt eingetretenen prolapsus) vorhandene Muttermund hart, uneben, ſehr empfindlich und bedeutend vergroͤßert gefunden. Bei der Unterſuchung durch den Maſtdarm wurde das corpus uteri vergrößert und der fundus uteri retrovertirt gefunden. Als Eins ſpritzungen von Infusum hb. Belladonnae 2c. nichts leiſteten, ent— ſchloß ich mich zur excisio uteri, als dem einzigen Mittel, der Frau das L ben zu retten. Nachdem die Urinblaſe durch Huͤlfe des Gas theters ausgeleert worden war, wurde ſie eine Zeitlang in aufrech— ter Stellung gehalten, damit die Gebärmutter noch tiefer herab— fallen koͤnnte; dann ließ ich ſie ſtehend und mit nach Vorn gehal— tenem Koͤrper, mit den Armen auf das Bettgeſtell geſtuͤtzt, ſich auf den Haͤnden zweier Gehuͤlfen mit dem Becken lehnen, ſo daß ſie mit den nates nach Hinten in einer mir ſehr bequemen Stellung lag. Die Gebaͤrmutter wurde noch mehr hervorgezogen, bis der Muttermund ganz außerhalb der Geſchlechtstheile war, worauf ein Schnitt queer über demſelben die fossa Douglassi mit Leichtigkeit öffnen konnte. Die linke Hand wurde dann durch dieſe Oeffnung bis zum fundus uteri, der unter heftigen Schmerzen durch dieſelbe revertirt wurde, gebracht; die oberften zwei Dritttheile der liga- menta lata wurden danach dicht an der Gebaͤrmutter eingeſchnitten und ein transverſeller Schnitt von Außen auf's collum uteri nach Vorn und ganz nahe dem Muttermunde gemacht, um die Lostren⸗ nung der Blaſe von Innen zu erleichtern, und wobei der eine Ge— huͤlfe mit der einen Hand die Blaſe zuruͤckhalten mußte; dann wurde auch das untere Dritttheil der breiten Mutterbaͤnder, wo die arteriae uterinae, die unterbunden werden mußten, liegen, durchſchnitten. Die Operation war binnen 15 Minuten vollendet. Die Blutung war unbedeutend. Die Frau wurde in's Bett ger bracht, auf eine paſſende Diaͤt geſetzt und bekam die erſten 2 Tage 1 Gr. Opium alle 2 Stunden. Das Erbrechen, das den erſten Tag bedeutend war, wurde durch eine Miſchung von Julapium sa- linum, Infus. Valerianae und Moſchus angehalten. Der Catheter mußte die erſten Tage gebraucht werden, und Oleum Kieini brachte eine gute Oeffnung hervor. Das Wundfieber und die Eiterung waren unbedeutend. Den ſechsten Tag trennten ſich die Ligaturen, und den achten Tag reiſ'te die Frau geſund und wohl nach Hauſe, drei Meilen von meinem Aufenthaltsorte entfernt, wo ſie ihren haͤuslichen Geſchaͤften nachgeht und, ohne Schmerzen zu ſpuͤren, den coitus mit ihrem Manne pflegt.“ Gibliographis che Die Gattungen der foſſilen Pflanzen, verglichen mit denen der Jetzt welt und durch Abbildungen erläutert. Von H. R. Goͤp⸗ pert ꝛc. Bonn 1841. Queer-Fol. (18 Tafeln.) Studies of forest Trees, By R. Greenwood. London 1841. 8. eiten Observations on the Management of Madhouses. ther. London 1841. 8. Die Heilung des Stotterns durch eine neue chirurgiſche Operation. Ein Sendſchreiben an das Inſtitut von Frankreich. Von J. F. Dieffenbach. Mit 4 lith. Taf. Berlin 1841. 8. 36 S. By C. Crow- — —— Neue Uotizen aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt don dem Ober⸗Medieinalrathe Frorler zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Frorie in Berlin, Ne. 368. (Nr. 16. des XVII. Bandes.) Februar 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 9Gr. HM... Von den Verſchiedenheiten in Anſehung der Koͤr— pergroͤße bei den Hausthieren und Menſchenracen. (Fortſetzung.) II. Von den Abweichungen in der Groͤße bei den Menſchenracen 1. Graͤnzen der Abweichungen und verſchie⸗ dene Beiſpiele. Bei den Hausthieren find die individuellen oder zufällis gen Groͤßenverſchiedenheiten oder, mit andern Worten, die Anomalieen ſelten und faſt immer von geringer Ausdehnung, wogegen die Raceverſchiedenheiten hoͤchſt zahlreich und auf— fallend ſind. Bei der Menſchenſpecies findet gerade das Gegentheil ſtatt. Selbſt wenn ich mich innerhalb des Be— reichs der ausgemachteſten Thatſachen halte “), finde ich, daß die Hoͤhe der kleinſten Zwerge ſich zu der der groͤßten Rieſen wie 1: 4 verhaͤlt, daher, unter der Vorausſetzung eines gehoͤrig proportionirten Koͤrperbaues, die Koͤrpermaſſe der erſtern ſich zu der der letztern verhalten würde wie 1: 64. Die mittlere Hoͤhe der kleinſten und groͤßten Race verhaͤlt ſich dagegen wie 1: 14 und folglich die Körpers maſſe beider ungefähr wie 1: 3,5. Dieſe Verſchiedenheit hinſichtlich des Umfangs der Ab— weichungen in der Statur des Menſchen in Betreff der Ra— cen und Individuen läßt ſich durch andere numeriſche Reſul⸗ tate auf eine vielleicht noch auffallendere Weiſe darlegen. | Wenn man die Zahl, welche die mittlere Höhe der kleinſten Menſchenracen ausdruͤckt, halbirt, ſo erhaͤlt man die Höhe des kleinſten Zwerges, Über welchen man ſichere Nachrichten hat. Fuͤgt man dagegen der Zahl, welche die mittlere Hoͤhe der groͤßten Menſchenrace bezeichnet, ihre Haͤlfte hinzu, ſo erhaͤlt man faſt genau das Maaß des groͤßten Rieſen, von dem man authentiſche Nachweiſungen beſitzt. *) Das Vorkommen von Zwergen, die wenig über 2 Meter Höhe haben, fo wie von Rieſen von faſt drei Meter Höhe, wird durch mehrere authentiſche Zeugniſſe dargethan. S. Hi- stoire generale et particulière des anomalies de l’organisa- tion chez Thomme et les animaux. T. I. p. 140 pp. No. 1468. ku . Setzt man alſo die mittlere Höhe der kleinſten Men: ſchenrace = 1, fo iſt die des kleinſten Zwerges — +. Setzt man die mittlere Statur der groͤßten Menſchenrace = 1, fo ergiebt ſich die des größten Rieſen zu 18. Ich habe dieſe Proportionalzahlen durch eine genaue Pruͤfung einer Menge von in verſchiedenenen Schriften ent— haltenen Nachrichten uͤber die regelwidrigen oder erblichen und normalen Verſchiedenheiten in der Statur des Men— ſchen gewonnen. Alle auf die erſte dieſer beiden Arten von Modificationen *) bezuͤglichen Bemerkungen bei Seite ſetzend, werde ich mich hier lediglich mit den erblichen Verſchieden⸗ heiten beſchaͤftigen; und dennoch darf ich, wegen der gewal— tigen Zahl der auf dieſe wichtige Frage bezuͤglichen Einzeln— heiten, hier nicht umſtaͤnolich auf die Erörterung derſelben eingehen, ſondern nur in tabellariſcher Form eine Ueberſicht der ſicherſten Nachrichten mittheilen, welche uns Reiſende ruͤckſichtlich der groͤßten und kleinſten Statur der Voͤlker— ſchaften unſerer Erde uͤberliefert haben. Ich habe den in dieſen Tabellen enthaltenen Zahlen einige Bemerkungen uͤber die Temperatur und geographiſche Lage der von den ver— ſchiedenen Nationen bewohnten Laͤnder, ſo wie uͤber die Race, zu der fie gehören, hinzugefügt. **) ») Ich habe hierüber in einem andern Artikel gehandelt, welcher einen Abſchnitt des erſten Bandes meiner Histoire generale des anomalies de l’organisation etc. bildet, und im Jahre 1830 der Société d'histoire naturelle de Paris vorgeleſen worden iſt. ) Zur üuͤberſichtlichen Darlegung dieſer ſaͤmmtlichen Thatſachen habe ich die zugleich klarere und kuͤrzere Form ſynoptiſcher Tabellen der Schilderung mittelſt der erzaͤhlenden Form vor⸗ gezogen. Zum beſſern Verſtaͤndniſſe der Tabellen muß ich jes doch eine Bemerkung vorausſchicken, die auf faſt alle Zahlen dieſer Tabellen Anwendung findet, daß ſie ſich naͤmlich auf die Vergleichung von oft einander widerſprechenden und durch⸗ gehends unvollſtaͤndigen Beobachtungen gründen, daher ſie alſo nur für das Maaß der Statur einer gewiſſen Anzahl von Individuen und nicht genau fuͤr die mittlere Statur der Racen gelten koͤnnen. Die in den beiden ſynoptiſchen Tabellen zuſammengeſtellten Nachweiſungen ſind mebrentheils aus den Werken der nam⸗ haft gemachten Schriftſteller geſchoͤpft. Manche derſelben vers danke ich auch den Herren Quoy und Gaimard, Bra⸗ vais und Martins. 10 243 Synoptiſche Tabellen über, die hauptſaͤchlichſten Abweichungen in der Statur der Menſchenracen. Namen der Volker. Patagonier | Bezeichnung der Race, nach der Mehrzahl der Autoritäten. Americaniſche Race Erfe Nationen, die ſich durch hohe Statur auszeichnen. an des ſpeci⸗ ſiſchen Typus zu ory de Saint Bincent. Patagoniſche Art Tabelle. Wohnort. Clima und Temperatur. 40 50% ſuͤdl. Breite Ziemlich kalt — . G—ƷGä—G nn 31 ĩ˖ ð——ͤ ͤ ä+ Schiffer Inſulaner Caraiben Mbayas Neuſeelaͤnder Otaheitiſche Häuptlinge Markiſen⸗ Inſulaner Malaiſche Race Americaniſche Race Desgl. Malaiſche Race Desgl. Desgl. Americ. Art Desgl Neptuniſche Art Desgl. Desgl. 14° f. Br. Warm 8100 f. Br. Heiß 20-219 f. Br. Warm 3545 f. Br. Ziemlich warm 17° f. Br. Heiß 10° f. Br. Desgl. Statur. Meter j — 2,128 — 1,824 2,00 — 1,770 1,895 1,868 1960 — 1.730 1895 1,868 1,841 1,818 1,786 1,786 — — ——,—, - ˙ —̃ ... ———— Zweite Tabelle. Nationen, die ſich durch niedrige Statur auszeichnen. Namen der Völker. Neuhollaͤnder Bewohner von Vanikoro Orotſchi⸗Tar⸗ taren Kamtſchadalen Finnmark⸗ Lappen Meſtizen⸗ Pa⸗ pus von Offak Verſchiedene um den Polar⸗ kreis lebende Voͤlker — —ꝛ—ͤ—ę— ¼' — — — — 2 Eskimos Berg ⸗Buſch⸗ maͤn ner Bezeichnung der Race, nach der Mehrzahl der Autoritäten. Aethiopiſche Race Desgl. Mongoliſche Race Desgl. Desgl. (2) Aethiopiſche Race Mongolifhe Race Aethiopiſche Race Bezeichnung des fvecis fiſchen Typus nach Bory de Saint⸗ 1 Auſtraliſche Art Melaniſche Art Scythiſche Art Desgl. Hyperboreiſche Art Hyperboreiſche Art Hottentottiſche Race — — — e Ee 35° f. Br. Warm 12° f. Br. Desgl. 51° n. Br. Sehr kalt 51-605 n. B. Desgl. 6971 n. B. Desgl 0,19 f. Br. Heiß 6075 n. B. Sehr kalt 70° n. Br. Desgl. 30° f. Br. Ztemlich warm Statur. | Meter 1,597 1,583 1,570 1,570 1,570 — 1,460 244 Schriftſte ler, N Bemerfungen. lehnt find- Byron Am haͤufigſten Falconer 1,824 Meter Wallis und Carteret Bougainville Maximum, d'Orbigng Mittel nach vie⸗ len Individuen La Peroufe Humboldt Az ara Garnot und Leſſon Desgl. Marchand See v ER enn Bemerkungen. lehnt find. Die Maaße wur⸗ Quoy und den am Koͤnig Gaimard Georgs-Hafen erlangt Dieſelben La Peroufe Derſelbe 3 Mittel von 45 Bravais und Männern und 11 Martins Frauen Garnot und Leſſon La Peroufe, Kruſenſtern, De Paw ꝛc. Hearne, De [Nur annaͤhernd Paw ꝛc. beſtimmt Barrow, Desgl. Peron 215 2. Hauptfolgerungen aus vorſtehend ange führten Thatſachen. Wiewohl die in den vorftehenden Tabellen aufgeführs ten Thatſachen ') nicht eben zahlreich genannt werden koͤn— nen, ſo reichen ſie dech zur Erlangung einiger intereſſanten Folgerungen und namentlich einiger merkwuͤrdigen Verhaͤlt— niſſe ruͤckſichtlich der geographiſchen Vertheilung der theils durch ihre große, theils durch ihre kleine Statur ſich aus— zeichnenden Menſchenracen hin Man weiß ſchon lange, daß die kleinſten Menſchen ſich faſt durchgehends im noͤrdlichſten Theile der nördlichen Halbkugel finden, und dieſe allgemein zugegebene Thatſache wird durch die zweite Tabelle vollkommen beſtaͤtigt, wenn— gleich es nicht an einzelnen Ausnahmen fehlt. Hierher find vorzuͤglich die auf Waigiou, faſt unter dem Acquator, wohnenden Horden der Papus, die Feuerlaͤnder, die Berg— Vuſchmaͤnner auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung und einige andere Staͤmme von Bergbewohnern und Inſulanern zu rechnen. Ungeachtet dieſer allerdings nicht unwichtigen Ausnahmen, bleibt der angefuͤhrte Satz in ſolcher Allge— meinheit gültig, daß er von großem Intereſſe iſt. Die durch ihre hohe Statur am meiſten hervorragen— den Voͤker geben zu Vergleichungen Gelegenheit, die man bisher gänzlich vernachlaͤſſigt hat, und welche doch der Auf⸗ merkſamkeit ſehr werth ſind. So wohnen dieſelben, z. B., faſt alle auf der ſuͤdlichen Halbkugel, theils auf dem ames ricaniſchen Feſtlande, theils auf den zwiſchen Suͤdamerica und Neuholland liegenden Inſelgruppen der Suͤdſee. Die erſtern bevoͤlkern, mit gelegentlichen Unterbrechungen, den ganzen vom Wohngebiete der Caraiben bis zur Magelhaens— Straße ſich erſtreckenden Laͤnderſtrich, die letztern die In— ſeln, die ſich von den Markiſen bis Neuſeeland ziehen. Sie bilden alſo zwei Reihen von Voͤlkerſchaften, von denen die eine ſich auf dem Continente, die andere auf Inſeln findet, und die beide zwar nicht ununterbrochen fortlaufen, aber *) Es iſt nicht zu uͤberſeben, daß jene Tabellen, mit Ausnahme eines beſonders bemerkten Falles, nur die Statur der Maͤn— ner und nicht die der Frauen anzeigen. Ich hatte Anfangs aus der Vergleichung einer großen Menge von Angaben den Schluß ableiten zu koͤnnen geglaubt, daß in den Laͤndern, wo das maͤnnliche Geſchlecht von ſehr hoher Statur iſt, das weib— liche verhaͤltnißmaͤßig weit kleiner bleibt, fo daß alſo in dies fen Laͤndern der Unterſchied zwiſchen den beiden Geſchlechtern vorzuͤglich auffallend und dagegen bei den Voͤlkern, wo die Maͤnner klein ſind derſelbe weit geringer ſeyn wuͤrde Auf dieſe Weiſe laͤgen die Abweichungen in der Koͤrpergroͤße der Frauen innerhalb weit engerer Graͤnzen, als die in der Sta— tur der Männer. Dieß Reſultat würde um fo merkwuͤrdiger ſeyn, da umſtände anderer Art mich ruͤckſichtlich der individu⸗ ellen Abweichungen oder Anomalieen der Statur genau zu dem⸗ ſelben Reſultate gefuͤhrt haben. Indeß muß ich geſtehen, daß die neuerdings bekannt gewordenen Beobachtungen, na- mentlich die, weiche Dr. Orbigeny in feiner Abhandlung über die Americaniſche Menſchenrace beigebracht hat, ſo wie die, welche mir von den Herren A. Bravais und Martins mitgetheilt worden, ſich nicht wohl mit dem Reſultate verei— nigen laſſen, zu welchem ich fruͤher gelangt bin. 246 doch ebenmaͤßig unter 8 — 100 f. Br. beginnen und ziemlich unter dem 50. Breitegrade endigen. 5 Dennoch giebt es auch auf der ſuͤdlichen Erdhaͤlfte eis nige Voͤlkerſchaften, deren Statur weniger als mittelgroß iſt, und dagegen auf der nördlichen ſolche von betraͤchtlicher Körpergröße. Wenn man nun die geographiſche Stellung dieſer ziemlich kleinen und großen Menſchen mit der geogra— phiſchen Vertheilung der ungemein kleinen und großen ver— gleicht, fo gelangt man zu einem höchft merkwuͤrdigen und anſcheinend paradoxen Reſultate, das ſich jedoch ohne Schwie— rigkeit theilweiſe erklaͤren laͤßt; daß nämlich faſt durchgehende kleine Menſchenracen dicht neben den groͤßten, und umge— kehrt große dicht neben den kleinſten wohnen. So leben, z. B., in der ſuͤdlichen Hemiſphaͤre auf dem nur durch die Magelhaens Straße von den Patagoniern getrennten Feuers lande, ſo wie auf den unfern der Schifferinſeln liegenden Neuen Hebriden, kleine und mißgeſtaltete Menſchen; und das gegen finden wir in der noͤrdlichen Hemiſphaͤre die ſchwedi— ſchen und finnlaͤndiſchen Volksſtaͤmme, deren Statur mehr als mittelgroß iſt, dicht neben den Lappen. Von dieſen ſchon an ſich keineswegs unintereſſanten Erſcheinungen laſſen ſich zwei gewiſſermaaßen entgegengeſetzte Folgerungen ableiten; daß naͤmlich einestheils das Clima auf die Statur der Menſchenracen einen wirklichen und un⸗ beſtreitbaren Einfluß aͤußert; daß aber anderntheils dieſer Einfluß haͤufig durch die Einwirkung verſchiedener anderer Urſachen vernichtet wird Auf der einen Seite laͤßt ſich naͤmlich durchaus nicht die ſeit langer Zeit wiſſenſchaftlich feſtgeſtellte Thatſache be— zweifeln, daß ſehr ſtrenge Kaͤlte bei'm Menſchen auf Behin⸗ derung der Entwickelung des Wachsthums hinwirkt, und daß dagegen eine maͤßige Kaͤlte dem letztern foͤrderlich iſt; denn wir ſehen, wie nicht nur in der noͤrdlichen Hemiſphaͤre alle zunaͤchſt dem Pole lebenden Voͤlker Europa's, Aſiens und America's, die Lappen, Samojeden, Eskimos ıc., von ungemein kleiner Statur ſind, ſondern dieß auch mit den im tiefen Suͤden der ſuͤdlichen Halbkugel lebenden Voͤlker— ſchaften, z. B., den Feuerlaͤndern, der Fall iſt. Dagegen finden wir, daß faſt alle Laͤnder, die man im Vergleiche mit Frankreich ziemlich kalt nennen kann, von Leuten von hoher Statur bewohnt werden, z. B., auf unſerer Halbkugel, den Schweden, Finnen, Sachſen, Ukraͤ— nern ꝛc., in welcher Beziehung noch mehrere Voͤlkerſchaften Aſien's und America's, und in Betreff der ſuͤdlichen Erd» haͤlfte zumal die Patagonier, erwaͤhnt werden koͤnnen. Aehnliche Verhaͤltniſſe wird man entdecken, wenn man die Bewohner verſchiedener hohen Gebirge der heißen Zone, wo alle Climate zuſammengedraͤngt ſind, indem eine heiße, eine gemaͤßigte und kalte Zone dicht deieinanderliegen, mit⸗ einander vergleicht. Die Bewohner der wenig hohen Zafel: länder find mehrentheils groß und ſtark, während man in der Naͤhe der Schneeregion, wie an den Polen, ein kleines verkuͤmmertes Geſchlecht trifft. Auf den Gebirgen der ges maͤßigten und kalten Zonen findet ſich dagegen ſchon auf den niedrigern Tafellaͤndern eine niedrigere Statur, weil dort die Temperatur bereits ſehr kalt iſt. Uebrigens ſind 10m 247 nach den neueften wichtigen Forſchungen *) dieſe Verhält: _ niſſe nicht conſtant; wie denn, z. B., die Bergbewohner des Puy-de-Döme und beſonders die der Schweiz in einigen reichen Cantonen, nicht nur eine mittelmaͤßige, ſondern ſelbſt ziemlich hohe Statur erreichen **). *) ©, Villermé, Memoire sur la taille de l'homme en France, in den Auuales d’hygiene. Juillet 1829, p. 351. *) In Bezug auf die hier in Rede ftebende Frage iſt ein Haupt⸗ element vom Verfaſſer ganz uͤverſehen worden, welches auf die geographiſche Vertheilung der großen und ſtarken, wie der kleinen und ſchwachen Menſchenracen offenbar und in vielen Fällen geſchichtlich nachweisbar einen viel entſcheidendern Eins fluß gehabt hat und noch hat, als irgend ein anderes, und welches ſich auf den Satz zurüdführen laßt, daß der Schwa— che, von der Urzeit an bis jetzt, wenn er die Freiheit der Sclaverei vorzog, die beſſern Wohnſitze dem Starken hat überajjen muͤſſen. So finden wir denn zwiſchen den Eskimos und den nordamericaniſchen Indianern, welche jenen zunächſt wohnen, den Steinndianern, Crihs ꝛc., zwiſchen den Lappen und gothiſchen Voͤlkerſtämmen Scandinavien's, den Samojeden und Tartariſchen Völkern Sibirien's ꝛc., einen angeerbten Haß, der ſich darauf grundet, daß die, vermoͤge des Race: Typus, kleinern und ſchwaͤchern Nationen von den urſprüng— lich größern und ſtaͤrkern aus beſſern Wohnſitzen in die uns wirthlichen eiſigen Regionen des Nordens hinaufgedraͤngt wor— den ſind. Eoenſo verhält es ſich mit den Feuerländern einer— ſeits und den Patagoniern andrerſeits, mit den Hottentotten uno Buſchmaännern einerſeits und den Kaffern und Bitſchua⸗ nas oder rothen Kaffern andrerſeits auf der ſudlichen Halbku— gel. Ueberall finden wir die an die aͤußerſten Graͤnzen im Norden und Suden großer Continente gedrängten Voͤlkerſchaf— ten klein und in der Nahe deren große und kraͤftige Verdrän⸗ ger. Wo dagegen ein ganzes Continent, für welches, z. B., Grönland gelten kann, ein unwirthliches Clima darbietet, fine den wir deſſen ebenfalls urſprunglich dahin vertriebene erſte Bevölkerung, im fraglichen Falle ein Zweig der Eskimos, durch⸗ gehends klein von Statur. Die ſpaͤter dort zur See eingewan— derte, aber auch wieder durch nicht gehörig aufgeklaͤrte Naturer⸗ eigniſſe verſchwundene große normaͤpniſche Race dürfen wir in Beziehung auf die uns hier beſchaftigende Frage ganz unbeachtet laſſen. — Ganz daſſelbe gilt von den Gebirgsbewohnern von Vor⸗ der- und Hinterindien, fo wie Borneo, wo die affenähnliche Urbe— voͤlkerung von den fie umzingelnden oder zur See eingewanderten und die fruchtbaren Kuſtenſtriche beſetzt habenden Voͤlker— ſtaͤmmen in die Gebirge zuruͤckgetrieben worden iſt. Wo aber, wie auf den vulcaniſchen und Coralleninſeln der Suͤdſee, z. B., den Gambier:, Sandwich -, Freundſchafts-Inſeln, die kleine Urrace der großen eingewanderten und erobernden Race nicht weichen konnte, ſondern unterjocht wurde, da finden wir zwei Menſchenſchlaͤge, einen herrſchenden und einen dienenden, von ganz verſchiedener Statur und ſelbſt Hautfarbe in denſelben Wohnſitzen. Die Vertreibung der kleinern Menſchenrace auf die hoͤchſten Plateaus der Anden von Suͤdamerica erklärt ſich aus demſelben Principe. Große Alpenlaͤnder, welche für Jagd, Viehzucht und theilweiſen Ackerbau die ſchoͤnſten Gele— genheiten darbieten, wie Caucaſien, die Schweiz, Tyrol ꝛc, finden wir naturlich oft im ausſchließlichen Beſitze urſpruͤng⸗ lich Eräftiger und durch die Beſchaffenheit ihrer Wohnſitze und Beſchaͤftigungen kraͤftig gebliebener Menſchenſchlaͤge, die ſich von dort weder vertreiben ließen, noch Neigung zum Auswan— dern verſpürten. Die Beſchaffenheit des Clima's ſcheint alſo, in Betreff der Statur des Menſchen, eine ſehr untergeordnete Rolle zu ſpielen, und die Eskimos ꝛc. find nicht klein, weil ſie im hohen Norden wohnen, ſondern ſie leben dort, weil fie verhaͤltnißmaͤßig klein und ſchwach find, und in Bezug auf die Lander mit günftigem Clima und die Völker von großer Statur laͤßt ſich mit gleichem Rechte behaupten, daß letztere 248 Ich wende mich nun zur kurzgefaßten Darlegung der Umſtaͤnde, aus denen ſich ergiebt, daß der Einfluß des Cli— ma's keineswegs die einzige Bedingung der Statur der Menſchenracen iſt. 5 Aus den mitgetheilten ſynoptiſchen Tabellen erhellt, daß in fehe heißen Kindern ſehr große, wie ſehr kleine Voͤl⸗ kerſtaͤmme vorkommen; allein dieß Reſultat laͤßt ſich in weit größerer Ausdehnung geltend machen, wenn man anfuͤhrt, daß unter der naͤmlichen Iſothermallinie, mit Ausnahme der kaͤlteſten Laͤnder, ſich Volker von ſehr hoher, mittlerer und ſehr kleinet Statur finden. Ja, man trifft oft in ſehr benachbarten und in Anſehung des Clima's faſt nicht ver— ſchiedenen Gegenden Racen von ſehr verſchiedener Größe. So ſind die neben den Kaffern wohnenden Hottentotten, die allerdings einem ganz andern Typus angehoͤren, weit kleiner, als jene, und noch merkwuͤrdiger iſt, daß man auf verſchiedenen Inſeln, z. B., den Freundſchafts-, Geſellſchafts », Sandwich-Inſeln, zwei Menſchenracen von ganz verſchiede— ner Statur antrifft. Ich ſetze hier woͤrtlich eine mir von Herrn Gaimard gutigſt mitgetheilte Notiz her: „Auf den Sandwichinſeln zerfallen die Einwohner in zwei deutlich verſchiedene Claſſen, die der Haͤuptlinge und die des gemei⸗ nen Volks. Die erſtern genießen naͤhrendere, mehr anima— liſche Stoffe, brauchen nie uͤbermaͤßig zu arbeiten und ver— heirathen ſich nur untereinander. Sie ſind groß, ſtack und wohlgebildet. Die letzteren beſitzen durchaus kein Grund— eigenthum, muͤſſen oft mit ſchlechten Nahrungsſtoffen ver— lieb nehmen und ſind mehrentheils ſchwaͤcher und kleiner.“ Der bedeutende Einfluß der Urſachen, aus welchen Gaimard die niedrigere Statur der aͤrmein Volksclaſſe er klaͤrt, wird durch das Reſultat der wichtigen ſtatiſtiſchen Forſchungen beſtaͤtigt, die Herr Villermé über die Sta: tur der Einwohner Frankreich's angeſtellt hat. Dieſer ge— lehrte Arzt hat, in der That, die bereits von Haller und meh— reren andern Phyſiologen angegebene Erſcheinung dargethan, daß die Statur des Menſchen, unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤn— den, um ſo groͤßer wird, je fruchtbarer ein Land und je mehr Wohlſtand darin verbreitet iſt; je beſſer die Bewoh— ner wohnen, ſich kleiden und beſonders naͤhren; je weniger ſie in der Jugend und zumal Kindheit ſich uͤbermaͤßigen Anſtrengungen ausſetzen muͤſſen. Aus dieſen Thatſachen ſchließt Herr Villermé, daß das Elend, in welchem die meiſten Bergbewohner leben, eine der Urſachen ſey, welche die Entwickelung ihres Koͤrpers hemmen. Dieſer Schluß iſt gewiß ſehr wichtig und laͤßt ſich auch auf die Voͤlker der kalten Zone anwenden, welche dem Einfluſſe der Kaͤlte und Noth, gleich den Bergbewohnern, nur in noch hoͤherm Grade ausgeſetzt ſind. Dennoch wirken ſelbſt in den Faͤllen, wo das Clima den entſchiedenſten Einfluß aͤußert, noch an— dere Urſachen ein. Was den Unterſchied in der Statur verſchiedener ſuͤd— africaniſcher Voͤlkerſchaften anbetrifft, ſo laͤßt ſich derſelbe durch keine der angeführten Urſachen völlig erklären, ſondern mehrentheils ſo vortheilhafte Wohnſitze ihrer phyſiſchen Kraft verdanken. Der Ueberſ. 249 er ſcheint hauptſaͤchlich von der Raceverſchiedenheit herzurüh: ren und darauf hinzudeuten, daß die Beſchaffenheit des Typus lich ſage nicht: des Ur⸗Typus) ebenfalls auf die Entwickelung des Koͤrpers einen ſehr in Anſchlag zu brin⸗ genden Einfluß aͤußere *). So laͤßt ſich, z. B., auch wahrnehmen, daß die Voͤlker malaiſcher Race gewoͤhnlich etwas groͤßer und die mongoliſcher Race etwas kleiner gebaut ſind, als die von caucaſiſcher und americaniſcher Race. Die Statur der äthio: piſchen Race iſt ungemein veraͤnderlich, und es laͤßt ſich über dieſelbe nichts allgemein Guͤltiges ſagen, weil man of— fenbar in ihr mehrere ſehr verſchiedene Racen zuſammenge— worfen hat. Ein noch entſcheidenderer Beweis für den Einfluß, mel: chen die Beſchaffenheit des Typus auf die Statur der Ra— cen aͤußert, iſt von Herrn Edwards in ſeinem, durch die Neuheit der angewandten Methode und das Intereſſe der erlangten Reſultate gleich ausgezeichneten Werke uͤber die Menſchenracen geliefert worden“). Herr Edwards hat, in der That, erkannt und nachgewieſen, daß mehrere von alten Schriftſtellern beſchriebene galliſche Voͤlkerſchaften bis auf den heutigen Tag, wenigſtens theilweiſe, ihre fruͤhere Statur, Geſichtsbildung und ſonſtige Formen beibehalten haben, was um ſo merkwuͤrdiger iſt, da alle dieſe und meh— tere andere zu verſchiedenen Zeiten in Gallien eingewanderte Volksſtaͤmme ſeit mehreren Jahrhunderten als eine Nation unter derſelben Regierung leben, dieſelben Sitten und Le— „) S. die vorige Anmerkung. f Der Ueberſ. *) Des caracteres physiologiques des races humaines. 8. Paris 1829. 250 bensweiſe angenommen und ſich durch Heirathen unzaͤhlige Male miteinander vermiſcht haben. (Schluß folgt.) Miscellen. Von einer rieſigen ſchwimmenden Eisberginſel findet ſich in der fo eben erſchienenen Schrift Two years before the Mast, a personal narrative of Life at Sea. London 1841. 8. folgende Schilderung: „Und vor uns ſchwamm im Ocean in einiger Entfernung eine ungeheure unregelmäßige Maſſe, ihre Gi⸗ pfel und Spitzen mit Schnee bedeckt und ihre Mitte von dunkler indigoblauer Farbe. Dieß war ein Eisberg und von der größten Art, wie einer unſerer Matroſen, welcher in dem nördlichen Oceane geweſen war, verſicherte. So weit das Auge reichte, war die See in jeder Richtung von ſehr blauer Farbe, die Wellen hoch und bewegt und im Lichte glänzend, und in der Mitte lag dieſe unges heure Berginſel, die Hoͤhlen und Thaͤler deſſelben in tiefem Schatten, die Spitzen und Hervorragungen in der Sonne gläns zend. Keine Beſchreibung kann von der Seltſamkeit, dem Glanze und, in der That, dem Erhabenen des Anblicks eine Idee geben. Ihr großer Umfang, — denn ſie muß zwei bis drei Meilen (engl.) im Umkreiſe gehalten haben und mehrere hundert Fuß in der Höhe, — ihre langſame Bewegung, welche ſich durch das Steigen und Sin— ken der Baſis in dem Waſſer und durch das Neigen der hoͤchſten Spitzen gegen die Wolken Außerten, — das Anſchlagen der Wellen, welche, hoch mit Schaum brechend, die Baſis mit einer weißen Cruſte bedeckten, — und der donnernde Schall von dem Krachen der Maſſe und dem Brechen und Herabſtuͤrzen großer Eismaſſen, — dabei die Nähe und das Herannahen derſelben, welches nicht, ohne einige Furcht hervorzurufen, wahrgenommen werden konnte; — Alles traf zuſammen, um ihr den Character des Erhabenen mit⸗ zutheilen. Die Hauptmaſſe war, wie geſagt, von indigoblauer Farbe, die Baſis mit gefrorenem Schaume incruſtirt, und je nach⸗ dem es gegen die Spitze und Ecken dunner und durchſichtiger wurde, bot die Farbe alle Schattirungen von einem dunkeln Blau bis zur Weiße des Schnees dar“ ꝛc. Necrolog. — Der um die Pflanzen-Phyſiologie vers diente Daniel Ellis iſt am 17. Februar zu London geſtorben. Mersch u Operation zur Heilung des Stotterns. J. Von Dief fenbach. In einer ſo eben erſchienenen Druckſchrift wird von Dieffenbach die Operation beſchrieben, welche er zur Heilung des Stotterns mit guͤnſtigem Erfolge vorgenommen hat. Das gleichzeitige Vorkemmen von Schielen und Stot— tern brachte ihn auf die Idee, „daß durch die Totaldurch— ſchneidung der Zungenwurzel vielleicht eine Heilung, durch veränderten Nerveneinfluß Erſchlaffung der Stimmritzenbaͤn— der u. ſ. w. herbeigefuͤhrt werden koͤnnte.“ — Dieffen— bach hat drei verſchiedene Arten der Operation vorgenom— men: 1) die horizontale = transperfelle Durchſchneidung der Zungenwurzel; 2) die ſubcutan-transverſelle Durchſchneidung der Zungenwurzel, mit Erhaltung der Schleimhaut; 3 die horizontale Durchſchneidung der Zungenwurzel, mit Aus: ſchneidung einee Queerkeils aus derſelben. Bei dem letzten Verfahren iſt er ſtehen geblieben. Die erſte Operation iſt am 7. Januar 1841 ausgefuͤhrt worden; ſeitdem wurde in den darauf folgenden acht Wochen die Operation ſechszehn Male mit uͤberraſchendem Erfolge gemacht. Jene erſte Operation an einem dreizehnjaͤhrigen Knaben wird folgender maaßen beſchrieben: „Der Knabe ſaß, den Hinterkopf gegen die Bruſt eines Aſſiſtenten gelehnt. Die weit ausgeſtreckte Zunge wurde mit einer Muͤzeux'ſchen Zange an ihrem vor— dern Theile fo gefaßt, daß die Haken in die Raͤnder eins ſchlugen und die Zunge durch das Schließen der Branchen zuſammengedruͤckt und dadurch verſchmaͤlert und verdickt wurde. Waͤhrend nun ein Gehuͤlfe die Zunge moͤglichſt vor- und abwaͤrts zog, ein anderer die Mundwinkel rettas hirte, legte ich den Daumen und Zeigefinger der linken Hand zu beiden Seiten unter die Raͤnder der Zungenwurzel und druͤckte dieſe aufwärts; dann ſtach ich die Spitze des Meſſers mit nach Oben gerichteter Schaͤrfe an der linken Seite unter der Zunge ein, ſchob es weiter vor, bis die Spitze auf der rechten Seite an dem gegenuͤberliegenden Puncte zum Vorſcheine kam und ſchnitt die Zunge von Un⸗ ten nach Oben vollends durch. Eine nun durch den hinte— ren Wundrand durchgefuͤhrte ſtarke Sutur diente dazu, den⸗ ſelben einſtweilen zu firiren, worauf ich die vordere Wund⸗ lefze der Zunge mit ciner mit Stacheln verſehenen Zange an den aͤußern Rändern packte, fie feſt zuſammendruͤck⸗ te und einen Keil, von der Breite von 4 Zoll, aus der ganzen Dicke von Oben nach Unten ausſchnitt; dazu war 251 ein kleines, ger des Neſſer beg semer, als das Fiſtelmeſſer. — Die hintere Wundlefze der Zunge wurde theils durch die ftir Situr, theils durch einen Doppelhaken fo weit her— vorgezogen, daß ich die Nadeln und Fiden durchfuͤhren konnte. Sechs ſtarke Nähte vereinigten die Wundſpalte und verhinderten die Nachblutung um ſo gewiſſer, als ſie auch durch den Grund der Wunde hindurchgeführt waren. Daß die Blutung unter der Operation betraͤchtlich war, liegt wohl in der Natur dieſer Operation, welche nicht Je— dermann's Sache werden moͤchte.“ „Nachdem der Mund durch Ausſpuͤlen gereinigt war, ließ ich den Knaben einige Wörter, welche ihm früher bes ſonders ſchwer gefallen waren, ausſprechen und — er ſtot— terte nicht mehr. Die Verzerrungen des Geſichts dauerten aber nach alter Weiſe fort.“ Am ſechsten Tige wurden die letzten Suturen ent— fernt; am fiebenten war die Wande geheilt; nicht eine Spur von Stottern oder Geſichtsverzerrungen war übrig geblieben. II. Von Amuſſat. „Das Verfahren, welches ich anwende (ſagt Herr Amuſſat in einem Shreiben an die Académie des sciences, d.d. 16. Februar 1841), beſteht darin, daß man, nachdem die Zunge nah Hinten und Oden zuruͤckge— fhiagen und der Mund weit geoͤffget iſt, in perpenoiculaͤrer Richtung die membrana mucosa an dem unteren Theile des Zungenbandes zwiſchen den beiden Whartonſchen Canaͤ— len mit einer Sherre einſchne'det; hernach ſchneidet man in die Diwere nach Unten (on coupe en travers au dessous) und zieht die Ränder der zerſchnittenen m. mucosa aus⸗ einander. Dann, wenn man die Zunge nach Vorn und Oben zu aus dem Munde ziehen laͤßt, bieten ſich die Mus— keln von ſelbſt dar, um mit der Scheere oder einem kleinen Scalpel mit abgerundeter Spitze (en rondache) mehr oder weniger, je nachdem fie ſich zuſammenziehen, durch: ſchnitten zu werden.“ „An der Stelle, wo ich die Durchſchneidung der m. m. genio-glossi vornahm, iſt die Operation weniger ſchwierig und weniger gefaͤhrlich, als an irgend einer ande— ren. Man wirkt auf ein doppeltes Buͤndel oder auf die Spitze des Triangels. waͤhrend weiter oben der Muskel bes kanntlich fib faͤcherartig ausbreitet und von Gefäßen und Nerven umgeben iſt.“ Herr A. meldet, daß er die Operation bei zwei Stot- ternden angewendet habe, einem Knaben von 11 Jahren und einem Soldaten von 40 Jahren. In der Sitzung der Académie r. de médecine am 16. Februar fagte Herr Velpeau: Herr De. Philipps habe in dem über das Stottern bekannt gemachten Schreiben die Operation nicht nä= her angegeben, welche er zur Heilung dieſes Gebrechens vorge— nommen habe. Er (Belprau) habe, ſeit die Preſſe der Ideen Dieffenbachs üser den Gegenſtand Erwähnung gethan geglaubt, auch von ſeiner Seite dieſe neue Behandlungsweiſe verſuchen zu müffen; es fragte ſich aber immer, welchen Muskel man denn durchſchneiden muͤſſe? Vielleicht, daß zum Hervorbringen des Stot— terns einer oder mehrere Muskeln der Zunge in ibren normalen Functionen geftört ſeyn koͤnnten und fo würden die mm. geniog!os- sus, hypoglossus und styloglossus zerſchnitten werden koͤnnen. Er 252 glaube, daß in einigen Fallen es noͤthig ſeyn könne, die Zungen⸗ ſpitze abzuſchneiden. — Am letz en Sonntage habe er den m. genioglossus bei einem Stotterer durchſchzitten, der ihm mit Schwierigkeit die Zunge erheben zu koͤnnen geſchienen habe, und gleich nach der Operation habe dieſer Menſch mehrere Sylben aus ſprechen koͤnnen, die auszuſprechen ihm vorher unmöglich geweſen ſey. Er habe die Durchſchneidung der mm. genioglussi nahe an den Inſertionsſtellen an die innern Kinnhervorragungen (apophy- ss geni) vorgenommen, und zwar unterhalb der vorläufig mit einer ſpitzen Lanzette eingeſchnittenen membr. mucosa. - Herr Amuſſat ſagte, am 16ren: „Ich wuͤnſche der Acad.“ r. de médeein eine Mittheilung über das Stottern zu machen.“ Bevor ich wußte, daß perr Dieffenbach ausgeſonnen habe, dem⸗ ſelben durch eine Operation abzuhelfen, war ich ſelbſt darauf durch Bemerkungen gebracht worden, zu welchen mir die Operation des strabisuus Gelegenheit gegeben hatte. Herr Philipps kann die Waorheit deſſen bezeugen, was ich hier ſage; ich habe übrigens nicht die Aoſicht, die Prioritätefrage zu erheben, ich will nur eine Thatſache ausſprechen. — Ich habe bemerkt, daß die Stottern den die Zunge wenig beweglich haben. Ich habe an mir ſelbſt und bei Andern die Bewegung der Muskeln der Zunge ſtudirt, und bei dem Stotterer habe ich zu ſehen geglaubt, daß die Zunge nach der einen oder der andern Seite gezogen werde. Ich bin dadurch dars auf geführt worden, die mm. geniog'ossi zu zerſchneiden. Aber bald iſt die Zunge nach der einen, bald nach der anderen Seite gezogen, und man muß alſo den der Abweichung entſprechenden Muskel durchſchneiden. Mit Ruͤckſicht auf die anatomiſchen Ele- mente des Bodens der Zunge und auf deren wechſelſeitige Bezie— hungen, habe ich dieſe Muskeln dicht an ihrer Inſertion am Un⸗ terkiefer durchſchnitten. Ich lege ſie zunaͤchſt auf der Mittellinie bloß, durch einen Einſchnitt, welcher zwiſchen den beiden Waͤrz— chen der Whartonſchen Gänge hindurchgeht und das Auseinander— ziehen dieſer Gänge nach der Seite geſtattet. Sind die Muskeln bloßgelegt, fo konnen fie leicht mit einem kleinen, vorn abgerunder ten, convexen Meſſer eingeſchnitten werden. Ich habe die Operation ſchon zweimal und mit gluͤcklichem Erfolge gemacht ꝛc.“ Herr Bousquet verlangt in derſelben Sitzung (am 16ten) das Wort, um feſtzuſtellen, daß Herr Hervey de Chͤgoin es ſey, dem die erſte Idee zukomme, daß das Stottern ein Fehler der Bildung der Stimmorgane und namentlich der Zunge ſey. Die Academie ſetzt (am 16:en) eine Commiſſion nieder (Herren Amuſſat, Velpeau, Bouvier und Gerdp), um den Refuls taten der practiſchen Operationen an den Stotterern zu folgen. In der Sitzung der Acıdemie r. de médecine am 23. Febr. zeigte Herr Amuſſat an, daß er ſeitdem not ſieben Stotterer (alſo im Ganzen neun) auf ſeine Weiſe operirt habe, von welchen zwei der Academie vorgeſtellt wurden. (In der Sitzuog der Aca- demie des sciences vom 8. März meldete er, daß er 21 Stotterer operirt habe). Nach dieſer Mittheilung legte Herr A. ein auf das Stottern bezügliches pathologiſches Präparat vor, welches er der Gefällige keit des Herrn Begin verdankte. An dieſem Präparate ſind die beiden Haͤlften der Zunge von ungleichem Volum: die linke Haͤlfte ift platt während die rechte Hälfte gewölbt und dick iſt Dieſer Zuftand der Zunge (ſagte Herr A.) ginge darauf hin, zu bewei⸗ ſen, daß eines der Haupthinderniſſe der freien Ausſprache meiſtens in einem abnormen Zuftande der Zunge beſtehe. Da nun die zu große Kuͤrze oder Abweichung dieſes Organs bauptfächtich durch die Zuſammenziehung der mm. genioglossi bewirkt werde, fo werde die Durchſchneidung derſelben die Beſſerung und oft Heilung er— klaͤren, die man durch dieſe Operation erlangt habe, und welche man erlangen werde, wenn man ſie gehoͤrigerweiſe vornehme, natz dem man Verſuche an Cadavern und an lebenden Thieren gemacht haben werde. Anmerkung. Wenn man ſich die bisherigen Behandlungs⸗ und Heilungsarten des Stotterns in's Gedaͤchtniß ruft, ſo un wäre die Frage, ob dieſe fo ganz und gar verſchiedenen Oper rationen nicht hauptſächlich dadurch wirken, daß die durch Operation veraͤnderte Form oder Richtung der Zunge jedes⸗ mat bei'm Anfange des Sprechens, eine gewiſſermaaßen pſy⸗ chiſche Anregung zu derjenigen Regelmäßigkeit der Bewegung der Stimm und Sprechorgane ausübe, bei welcher das Stottern unterbleibt. F · \ Aphorismen über Volkskrankheiten. Von Hecker. 1) Die Volkskrankheiten verlaufen als Krankheiten de- Lebens einer Geſammtheit, wie die Krankheiten einzelner Menſchen durch die Zeiträume des Anfangs, der Zunahme, des Stillſtandes und der Abnahme. 2) Es giebt hitzige und langwierige Volkskrankheiten. Hitzige find diejenigen, welche man vorzugsweiſe Epidemieen nennt. Als langwierige baben ſich gezeigt: die Gicht, der Ausſatz, der Schar⸗ bock, die Luſtſeuche, die Druͤſenkrankheit, und unter den Nerven⸗ uͤbeln am meiſten die Tanzwuth. 3) Die langwierigen Volkskrankheiten verlaufen in Jahrbun⸗ derten eben ſo durch die genannten Zeitraͤume, wie die hitzigen in Monaten. 4) In allen Volkskrankheiten iſt die ausgebildete Krankheit nur die hoͤchſte Stufe des Erkrankens, und wird nur durch Gele⸗ enheitsurſachen aus der allgemeinen Lebensſtimmung hervorgeru⸗ en, welche ſich in der Geſammtbeit durch die allgemeinen Eins flüffe entwickelt hat. 5) Die Anſteckung iſt eine von dieſen Gelegenheitsurſachen. 6) Krankhafte Lebensſtimmungen gehen nicht nur im Einzel⸗ nen, ſondern auch in ganzen Volksmaſſen durch Erblichkeit uͤber. In dieſem Sinne war fonft der Scorbut und jetzt die Druͤſen⸗ krankheit erblich. Ja es bildet ſich in ganzen Laͤndern und in gan⸗ zen Zeitaltern eine erbliche Neigung, ein erblicher Habitus auch zu fieberhaften Krankheiten aus, am meiſten bei fortwirkenden, aber auch ſeibſt nach beſeitigten oͤußern Einfluͤſſen. Neigung zu Leber⸗ krankheiten, die von engliſchen Familien in Oſtindien erworben iſt, erbt in Europa fort. 7) An allen Volkskrankheiten hat der Culturzuſtand der Voͤl⸗ ker, d. h. ihre Lebensweiſe und ihre Krankenbehandlung, einen ent— ſchiedenen Antheil, und wiederum wirken die Volkskrankheiten auf beide zurück. Man kann dieſe mithin als Entwickelungszuſtäaͤnde der Voͤlker betrachten. 8) Petechialtyphus und Scorbut find, abgefeben von allges meinen Lebensſtimmungen, durch thieriſche Miasmen in unreinen Wohnungen, Krankenhaͤuſern und Gefaͤngniſſen entſtanden, oder mindeſtens erhalten worden. Sie haben zum Theil deßhalb auf: gehört, weil dieſe Einfluͤſſe durch einen beſſern Culturzuſtand der Voͤlker beſeitigt worden ſind. 9) Laͤngerwaͤhrende krankhafte Lebensſtimmungen ſteigen und fallen in unbeſtimmten Zeiträumen. Die ihnen angehörenden Volks⸗ erkrankungen verhalten ſich zu ihnen fo, wie die Anfälle eines Wechſelſiebers oder eines Nervenuͤbels zur ganzen Krankheit. Es iſt auch in ihnen Anfang, Zunahme, Stillſtand und Abnahme br: merkbar. Beiſpiele ſind der Petechialtyphus von 1490 bis in das achtzehnte Jahrhundert, der enalifche Schweiß von 1486 bis 1558, der Frieſel von 1650 und das Scharlachſieber von 1625 bis jetzt. 10) Die orientaliſche Peſt iſt, als große Volkskrankheit, zuerſt im Jahre 531 aufgetreten, hat erſt achthundert Jahre ſpaͤter im ſchwarzen Tode (1348) ihre äußerſte Höbe erreicht, und ſeitdem die Völker in verhaͤltnißmaͤßig kleinern Erkrankungen heimgeſucht, ohne bis jetzt irgend auszuarten. 11) Der Petechialtyphus hat ſich zuerſt 1490, dann 1505 und 1528 im ſuͤdlichen Europa gezeigt, und iſt von da an die herr⸗ ſchende Typhusform geblieben, bis er im achtzehnten Jahrhunderte in die mildern, jetzt erloſchenen Faulſieberformen uͤberging. 24 12) Der Scorbut kam als epidemiſches Leiden 1486, dem Jahre der erſten engliſchen Sckweißfieberſeuche, zum Ausbruche und ift, nachdem er im 17ten und 18ten Jahrhunderte allmälig abgıs nommen, in Mitteleuropa verſchwunden. Nur im dͤſtlichen Eu: ropa iſt er noch einheimiſch. 13) Beide Krankheiten, der Petechiallypus und der Scorbut, koͤnnen als unzweideutige Ergebniſſe einer typhoͤſen Eebensſtimmuag betrachtet werden, die ſich durch das ganze ſechszehnte, ſieben⸗ zehnte und den größten Theil des achtzehnten Jahrhunderts hin- durchzieht. 14) Es iſt noch nicht erwieſen, aber hoͤchſt wahrſcheinlich, daß die ſcorbutiſche Anlage einen großen Antheil an dem Empor⸗ kommen des engliſchen Schweißes nahm. Das ſcorbutiſche Eles ment verbindet ſich leicht mit dem rheumatiſchen: im engliſchen Schweiße aber offenbart ſich die hoͤchſte Ausbildung des rheumatis ſchen Fiebers. 15) Von der Herzkrankheit der Alten (morbus cardiacus) iſt es ausgemacht, daß ſie eine Perzentzuͤndung in ſcorbutiſchen Körs pern war. 16) Die Bubonen im Typhus find die geringſten Andeutun— gen der Bubonenbildung in der Peſt. Sie verhalten ſich zu die— ſer, wie etwa die Haſenſcharte zu den großen Spaltungen. 17) Budbonen im Faulfieber entſtehen, wenn das weiße Blut ſammt den lymphatiſchen Gefaͤßen in den Bereich des Erkrankens gezogen iſt, und dieß geſchieht nur bei großer Verſchlimmerung des Faulfiebers. 18) Alle carbunculöfen Krankheiten ergreifen leicht das lym⸗ phatiſche Syſtem. Das Fleckfieber iſt keine carbunculoͤſe Krank⸗ heit, kann aber zu einer ſolchen geſteigert werden und tritt dann der Peſt näher, 19) In der Peſt, wie in den carbunculöfen Krankheiten, iſt die diaphoretiſche Behandlung weſentlich und von der Natur verordnet. 20) In allen Volkskrankheiten kommen fremdartige Falle vor, die ſich wie Negerbildungen unter den caucaſiſchen Stäm⸗ men und wie caucaſiſche Schaͤdelbildungen unter den Negerftäms men verhalten. 21) In allen Volkskrankheiten und bei den verſchiedenartig⸗ ſten Urſachen ihrer Verbreitung, ſelbſt wenn ſich dieſen Anſteckung hinzugeſellt, bleiben einzelne Orte und Laͤnderſtrecken im Gebiete der Erkrankung, ohne kunſtliche Abwehr, verſchont. So das Land zwiſchen der Elbe und Weſer 1770 vom Faulfieber, und das nörd: liche Polen, ohne zureichende Sperre, von der Peſt. 22) Anhaltende Naͤſſe wirkt durch beſchraͤnkte Blutentkohlung in den Lungen und Hinderung der Hautthätigkeit. Folgen find gaſtriſcher Zuſtand und Wechſelfieber durch Erkrankung des Pfort⸗ aderſyſtems und des ſympathiſchen Nerven. 23) Das nervoͤſe Element der Wechſelfieber hat feinen Sig allein im ſympathiſchen Nerven und wird am meiſten vom Blute aus angeregt, das der erſten Wirkung der malaria zunaͤchſt aus⸗ geſetzt iſt. Man kann den Sitz des Elements noch enger auf den organiſchen Theil des ſympathiſchen Nerven einſchraͤnken, weil Eins pfindung und Bewegung in dieſer Sphäre nicht weſentlich mit lei— den. Hirn- und Ruͤckenmark werden von hier aus nicht leicht er⸗ griffen, aber bei hoͤherer Steigerung des Uebels in den kranktaf— ten Proceß verwickelt. 24) Wechſelfieber werden anſteckend, wenn fie an dem Grunds leiden des Typhus groͤßern Antheil nehmen. 25) Unter dieſen Bedingungen gehen ſie in alle Formen des Typhus, ſelbſt in das gelbe Fieber und die Peſt, leicht über. Sie machen den Anfang von Epidemieen dieſer Krankheiten und ers ſcheinen als ihre Ruͤckbildungsformen. N 26) Die Chinarinde heilt Wechſelſieber durch Beſeitigung ib: res nervöfen Elements. Es bedarf hierzu ebenſowenig der Aus: leerungen, wie bei der Berubigung der Nervenaufregung durch Mohnſaft. Die Gegner der Chinarinde haben mithin geirrt, daß fie eine Unterdruͤckung der Wechſalfieber durch fie annahmen, weil keine Ausleerungen erfolgen. 255 27) Neue Volkskrankheiten entwickeln ſich immer nur aus vorhandenen Elementen und find überhaupt nur in ihrer Zuſam⸗ menſetzung und der Steigerung vorhandener Elemente neu. 28) Die geſchieht ſelbſt von der Luſtſeuche, die ſeit 1493 für neu gehalten wurde. Sie entſtand aus den längft vorhande— nen oͤrtlichen Luſtuͤbeln und der im Jahre 1486 hinzugetretenen Lebensſtimmung der Volksmaſſen. So lange der Scorbut und der Petechialtyphus, die Ergebniſſe und Beweiſe diefer vebensſtimmung, herrſchend waren, hat ſich die Luſtſeuche in ihrer vollen Boͤsartig⸗ keit behauptet. Nach dem Erloͤſchen dieſer Lebensſtimmung, zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts, iſt fie zur Bedeutung der ur: ſpruͤnglichen oͤrtlichen Luſtübel mehr und mehr herabgeſunken. Die Syphilis des neunzehnten Jahrhunderts iſt nicht durch die aͤrztliche Behandlung, ſondern durch den allgemeinen Lebensgang herabgeſtimmt. 29) Die neapolitaniſche rossalia ift als eine Abart der Mas ſern zu betrachten und ſteht mit dem Scharlach in keiner Ver— bindung. 30) Die Wiege des Scharlachfiebers iſt die Stadt Breslau im Jahre 1627. 31) Es iſt dem Scharlachfieber eigen, an den herrſchenden Volkskrankheiten nur geringen oder gar keinen Antheil zu nehmen. Es ſteht nur in ſeltenen Ausnahmen unter dem Einfluſſe typhoͤſer Erkrankungen. 32) Das Scharlachfieber iſt der Verbindung mit den Pocken faͤhig und verlaͤngert den Verlauf derſelben, wenn es mit ihnen zuſammentritt. 33) Das Scharlachfieber ſteht mit der Brandbraͤune in keiner Verwandtſchaft. 34) Scharlachfieber iſt eine entzuͤndliche, die Brandbraͤune eine carbunculöfe Krankheit, ein oͤrtlicher Typhus. 35) Die verſchiedenen Ausfchläge in der Brandbraͤune find nie ſcharlachartig geweſen. 36) Wenn Frieſel und Braͤune zuſammentreten, ſo verhalten fie ſich fo, daß entweder dieſe vorwaltet, oder jener ſich unterord— net (angina miliaris), oder jener das Hauptübel und dieſe nur das Symptom iſt (miliaria anginosa). Die Uebergaͤnge find mannich⸗ faltig, und aus einer Frieſelbraͤune kann ſich ſelbſt eine einfache Brandbraͤune entwickeln. 37) Die Brandbraͤune zeigt in ihrem Geſammtverlaufe das Bild eines morbus paracmasticus. Die erſten fpanifhen Er: krankungen (1598) waren die heftigſten, die neapolitaniſchen (1618) hoͤchſt boͤsartig, die nordamericaniſchen ſeit 1735 minder erheblich, und die letzten engliſchen (1739 bis über 1770), franzoͤſiſchen (1743) und ſchwediſchen (1755) von allen die mildeſten. 38) Das Scharlach fieber dagegen iſt wie ein morbus epac- masticus verlaufen. Die erſten Erkrankungen von 1627 bisfaſt zur Mitte des achtzehnten Jahrhunderts waren faſt durchweg mild 256 und unerheblich, und erft von da an bis jetzt hat die Krankheit ihre Hoͤhe erreicht. - 39) Die heutige Luftröhrenbräune ift von jeher ein mwefentlis ches Symptom der brandigen Schlundbraͤune geweſen, und aus der ortlichen Wirkung der Brandjauche nicht zu erklaͤren. Sie war in den letzten, mehr entzündlichen und weniger fauligen Epi demieen der Brandbraͤune der vorwaltende Theil der Krankheit, und auf dieſe Epidemieen find ſogleich die reinentzuͤndlichen Groups epidemieen gefolgt. Hieraus darf aber nicht auf eine Entwickelung des Croups aus der Brandbraͤune geſchloſſen werden. 40) Kriebelkrankheit und Mutterbrand find durchaus von eins ander verſchieden, wiewohl beide durch Vergiftung mit Mutterkorn entſtanden. Der Mutterkornbrand iſt das verlöfchende St. An⸗ tonsfeuer des Mittelalters. (Hecker's Geſchichte der Wie⸗ ner Schule. 1839.) Miscellen. Der Sitz einer anſteckenden Blennorrhagie iſt bei'm Weibe, wie bei'm Manne, die Harnroͤhre; außerdem findet aber, wie die Unterſuchungen mittelſt des Speculums zeigen, immer noch ein Ausfluß aus dem Muttermunde ſtatt, welcher ſich noch lange nach dem Verſchwinden des Urethralausfluſſes fortſetzt. Des— wegen iſt Herr Gibert der Anſicht, daß das collum uteri als der wahre Sitz des Ausfluſſes zu betrachten ſey, während der Na— me vaginitis ganz unrichtig iſt, da nur in ſeltenen Ausnahmsfaͤl⸗ len ein weißlicher Ausfluß von der Vaginalſchleimhaut herkommt. Unter 216 Faͤllen im Hopital de l'Oursine zeigte ſich 88 Mal ureth- ritis, nur 40 Mal vaginitis, welche ſogar haͤufig auf eine raſch ver⸗ ſchwindende Richtung ſich beſchraͤnkt, waͤhrend die Anzahl der Fälle von urethritis viel größer geweſen wäre, wenn nicht viele Fälle daten Wochen und Monate lang vor ihrer Aufnahme begonnen haͤtten. Ueber die Einrichtung einer traumatiſchen Lux a⸗ tion der Halswirbel nach 7 Monaten mittelſt einer eigen— thuͤmlichen Methode, hat Dr. J. Guer in der Acad, des sei- ences eine Abhandlung uͤberreicht, wovon vor der Hand bekannt iſt, daß er die Einrichtung dadurch bewerkſtelligte, daß er diejeni— gen Muskeln anregte, welche als Antagoniſten der Muskelparthien wirken, deren Thaͤtigkeit das Auseinanderweichen der Wirbel in den getrennten Gelenkparthien veranlaßt hatte. Er erreichte dieß durch eigenthuͤmliche Bewegung des Kopfes und Halſes, wodurch nach einigen Sitzungen, ohne irgend einen Zufall, die Einrichtung zu Stande kam. Es wurden noch drei Monate verwendet, um die Conſolidation zu ſichern, worauf aber die Bewegungen des Kopfes und Halſes normal und vollkommen frei waren. Es iſt dieß der erſte Fall einer Heilung einer 7 Monate alten Luxation der Halswirbel. (Revue med. Aout 1840.) Bibliographische neuigkeiten. Elémens de la chimie minérale, précédé d'un abrégé de b'hi- stoire de la science. Par Ferdin, Höfer, Paris 1841. 8. Les forgats considérés sous le rapport physiologique, moral et intellectuel, observes au bagne de Toulon. Par H. Lau- vergne, Professeur de médecine a la marine royale, Medecin en chef de I’höpital des forgats de Toulon. Paris 1841. 8. Memoire sur la section souscutanee des muscles pronateurs flechisseurs de la main et des doigts Par P. Doubovitski, D. M., Professeur ordinaire du Pathologie externe à l’Aca- demie imp. medico-chirurgicale de Saint Petersbourg. Paris 1841. 8. Specielle pathologiſche Anatomie. Von Dr. Carl Ewald Haſſe. Erſter Band. (Anatomiſche Beſchreibung der Krankheiten der Circulations- und Reſpirationsorgane.) Leipzig 1841. 8. — —— — Neue Notizen aus dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medisinalrande Frer ier zu Weimar, und dem Mediemelrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 369. (Nr. 17. des XVII. Bandes.) Maͤrz 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Compteir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 39 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 9 r. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Nie r Von den Verſchiedenheiten in Anſehung der Koͤr— pergroͤße bei den Hausthieren und Menſchenracen. (Schluß.) Durch das allgemeine und vergleichende Studium der erblichen Staturverſchiedenheiten gelangt man alſo zu der Erkenntniß, daß jeder Race die entſchiedene Tendenz, ſich mit denſelben Characteren fortzupflanzen, inwohnt, und daß nur ſebr kraͤftige und tiefgreifende Urſachen fie von dieſer ihr von der Natur vorgezeichneten Linie abweichen machen koͤnnen. Dieſe Urſachen der Abweichung und jene Neigung zur beſtaͤndigen Reproduction derſelben Koͤrperformen wirken in entgegengeſetzter Richtung; ihre Thaͤtigkeit wuß alſo ei— nen Kampf zur Folge haben, deſſen Reſultat eine verſchie— dene Modification des Organismus iſt. Die Hinneigung, ſich unter Beibehaltung derſelben Charactere fortzupflanzen, iſt bei einer Menſchenrace um ſo entſchiedener, als letztere aͤlter iſt; dieß gilt von den Thier— racen ebenfalls. Die wilden Species, welche man gewiß zum Theil als Racen betrachten kann, deren Urſprung ſich im grauen Alterthume verliert, ſind, wie wir geſehen baben, außerordentlich conſtant. Unter den Hausthierracen iſt dieß mit den aͤlteſten auch der Fell; wogegen die neuentſtande— nen ſich ſchwer rein erhalten laſſen und eine Neigung be— ſitzen, nach einem der Typen, aus denen fie hervorgegangen ſind, zuruͤckzuſchlagen. Dieß laͤßt ſich tagtaͤglich, zumal bei'm Hunde, wahrnehmen, wo durch die Kreuzung der Na: cen beſtaͤndig neue Typus entſtehen, die aber bald wieder verſchwinden. Dieſen Bemerkungen zufolge, moͤchte man die Entſte— hung der Hauptracen der Menſchenſpecies in's hoͤchſte Als terthum verſetzen. Ihre Charactere haben naͤmlich eine Conſtanz oder Unwandelbarkeit gewonnen, welche man faſt nur unter den wilden Thierſpecies antrifft, und dieß iſt nicht etwa erſt neuerdings, ſondern ſchon vor vielen Jahr— hunderten der Fall geweſen. In mehreren, vor unvordenkli⸗ No. 1469. in chen Zeiten unter einem weit heißern oder kaͤltern Himmels— ſtriche, als der, aus welchem die Auswanderung ſtattfand gegruͤndeten Colonieen haben ſich die Menſchen faſt unver: ändert fo erhalten, wie fie dahinkamen, und gehören, un— geachtet der langen und unausgeſetzten Einwirkung vieler modificirenden Urſachen, noch ihrer urſpruͤnglichen Race an. Auf dieſe Weiſe laͤßt ſich die phyſiologiſche Unterſuchung der Menſchenracen zuweilen zur Aufhellung geſchichtlicher Bege— benbeiten benutzen, wie es von Herrn Edwards ſo ge— ſchickt geſchehen iſt, und oͤfters wird, wo die Geſchichte uͤber den Urſprung einer Colonie ganz ſchweigt, ſich auf dieſem Wege der zerriſſene Faden der Traditionen wieder anknuͤpfen und durch die Erkenntniß des Vergangenen aus dem Ge— genwaͤrtigen die Genealogie der Voͤlker feſtſtellen laſſen. III. Belcuchtung der Frage, ob die Statur der Men— ſchen ſeit den aͤlteſten Zeiten abgenommen hat. 1. Stand der Frage. Ich werde dieſe intereſſante Frage, Über die zwar ſchon viel hin- und hergeſtritten, die aber bisjetzt noch keines- wegs befriedigend fo ge!öf’t werden, als es, bei dem gegen: waͤrtigen Stande der Wiſſenſchaft, meiner Anſicht nach, moͤglich waͤre, hier kuͤrzlich unterſuchen. Im Allgemeinen iſt man geneigt, anzunehmen, die Statur der Menſchen habe ſeit der aͤlteſten bis auf unſere Zeiten fortwährend abgenommen. Viele find der Meinung, in der Urzeit ſeyen die Menſchen eine Art von gewaltigem Rieſengeſchlechte geweſen, von dem wir ſchwaͤchliche und ver— ſchrumpfte Abkoͤmmlinge feven, fo daß man die groͤßten jetzt lebenden Menſchen nur als die am wenigſten kleinen unter den Zwergen zu betrachten habe. Beruht nun dieſe Ans ſicht auf etwas Wirklichem, oder gruͤndet ſie ſich nur auf etwas Aehnliches, wie die Hirngeſpinnſte alter abgelebter Leute, die ſtets von der alten beſſern Zeit ſprechen, weil ſie die Gegenwart durch die truͤbe Brille ihrer eignen Schwaͤche ſehen? 17 259 So viel ift gewiß, daß jener Glaube an die Verflms merung der Menſchenſpecies ſchon im Alterthume exiſtirte. Man findet denſelben in vielen claſſiſchen Schriftſtellern, Dichtern “), wie Philoſophen, der Roͤmer ausgeſprochen. Ja, ſchon Homer aͤußert dieſe Anſicht in der beſtimmteſten Weiſe. Trotzdem iſt dieſelbe nur ein altes Vorurtheil, das ſich als ganz unhaltbar ausweiſ't und, gleich ſo vielen hergebrachten Irrthuͤmern, ſich nur deßhalb ſo lange erhal— ten hat, weil die Menſchen gern alles Alte fuͤr ehrwuͤrdig halten. Die Philoſophen, welche die hergebrachte Anſicht, daß die Menſchenſpecies allmaͤlig herabgekommen ſey, gelten ließen, ſtuͤtzten ſich auf einige unwahre oder unrichtig ge— deutete Behauptungen, z. B., die vorgebliche Entdeckung von rieſigen Menſchengerippen, die alten Sagen von einer Gigantenrace, ferner auf den Umſtand, daß allerdings vor den letzten großen Umwaͤlzungen auf der Erdoberflaͤche Thier— ſpecies vorhanden waren, die die ihnen verwandten der Jetzt— zeit an Groͤße uͤbertrafen. Die aus der Luft gegriffene Behauptung, daß man in verſchiedenen Laͤndern Knochen von gigantiſchen Menſchen gefunden habe, kann ich, als bereits in ihrer Unhaltbarkeit genuͤgend dargeſtellt, mit Stillſchweigen uͤbergehen. Seit den gruͤndlichen Unterſuchungen eines Cuvier weiß man, was man von jenen durch Aftergelehrte ſo pomphaft ange— kuͤndigten und ausgebeuteten angeblichen Entdeckungen zu halten hat. Daß der Glaube an ein verſchwundenes Rieſengeſchlecht bei mehreren Völkern des Alterthums feſtſtand, will ich nicht laͤugnen, und ſelbſt nach der Entdeckung der neuen Welt hat man denſelben unter mehreren americaniſchen Na— tionen, namentlich den Peruanern, verbreitet gefunden. Allein dieſe Uebereinſtimmung beweiſ't nichts, wenn man mit vielen neuern Philoſophen zu der Annahme berechtigt iſt, daß ein ſchon vor den geſchichtlichen Zeiten civiliſirtes Volk, außer ſeinen Kuͤnſten, ſeinem Wiſſen und ſeiner Re— ligion, auch ſeinen Aberglauben einer großen Menge anderer Völker überliefert haben dürfte. Ueberdem glaubten die Alten nicht nur an Giganten, ſondern auch an Pygmaͤen, Troglodyten, Myrmidonen ꝛc. Wenn man nun aber aus dem Glauben an die erſten ſchlie— ßen zu durfen meint, daß die Statur der Menſchen kleiner geworden ſey, ſo ließe ſich offenbar aus dem Glauben an Zwergvoͤlker gerade der entgegengeſetzte Schluß ziehen, und folglich mit gleichem Rechte behaupten, die jetzigen Men— ſchen ſeyen weit größer von Wuchs, als die Urmenſchen. Was den Umſtand anbetrifft, daß vor den letzten gro— fen Umwaͤlzungen auf der Erdoberflaͤche Thiere von groͤßerm Körperumfange exiſtirten, als die jetzigen, fo beweiſ't der— ſelbe in der hier in Rede ſtehenden Frage nicht das Ge— ringſte. Dieſe meiſt im Waſſer lebenden Rieſenthiere haben nicht etwa gleichzeitig mit dem Menſchen, ſondern lange vor deſſen Erſchaffung gelebt. Die Oberflaͤche der Erde *) So, z. B., im Juvenal: Terra malos homines nunc edu- cat atque pusillos. 260 iſt in der zwiſchen dem Leben jener Thiere und dem Aufs treten des Menſchen liegenden Periode mehr als einmal im Großen veraͤndert worden. Die Entdeckung einiger foſſilen Menſchenreſte in den Knochenhoͤhlen Deutſchland's, Franke reich's und Italien's kann die Anſichten Cuvier's uͤber das ſpaͤte Erſcheinen unſerer Species auf der Erdoberflache zwar gewiſſermaaßen modificiren und beſchraͤnken, aber kei— neswegs umſtoßen. Sie ſtehen gegenwaͤrtig wiſſenſchaftlich feſt, und überdem haben jene foſſilen Menſchenknochen, ſelbſt die, welche das Gepraͤge des hoͤchſten Alterthums an ſich tragen, nicht etwa einem rieſigen Geſchlechte, ſondern einer Menſchenrace von gewöhnlicher Statur angehört. Die anſehnliche Körpergröße, welche manche Schrift— ſteller den alten Germanen und Burgundern zuſchreiben, wird von andern in Zweifel gezogen. Selbſt wenn man die Meinung der erſtern für richtig gelten ließe, fo würde ſich daraus nur ergeben daß die Statur einiger Menſchen— racen ſich gewiſſermaaßen vermindert habe, wie ſich, z. B., die einiger anderen, z. B., der Hollaͤnder auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung, etwas vergroͤßert hat. Dieſe Veraͤn— derungen gruͤnden ſich aber lediglich auf die Einwirkung lo— caler Urſachen, die ſich leicht nachweiſen laſſen und ſelbſt dann nicht zu allgemeinen Schluͤſſen berechtigen wuͤrden, wenn ſie zur Zeit unerklaͤrlich waͤren. 2. Beweis, daß die Statur des Menſchen ſich innerhalb der hiſtoriſchen Zeit nicht vermin— deut hat. Waͤhrend die Beweismittel, mittelſt deren man die Abnahme der Statur der Menſchen hat darthun wollen, an ſich voͤllig unhaltbar ſind, laſſen ſich gegen dieſelben vielfache gegruͤndete Umſtaͤnde und unverwerfliche Zeugniſſe geltend machen. Auf Haller's Behauptung *), daß Menſchen von 20, ja ſelbſt 9 Fuß Hoͤhe ihr Leben nicht friſten koͤnnten, weil ſie zu den offenbar fuͤr den Bedarf des Menſchen be— ſtimmten Gegenſtaͤnden, z. B., dem Getraide, den Baͤu— men, den Ochſen, Pferden ꝛc., nicht im richtigen Verhaͤlt— niſſe ſtaͤnden, lege ich kein Gewicht; denn dieſe angebliche Unmoͤglichkeit beweiſ't nicht das Geringſte. Will man ſich einmal in's Reich der Phantaſie begeben und das Vorhan— denſeyn von Rieſen annehmen, ſo iſt nichts leichter, als ſich das Getraide, die Baͤume, Rinder und Pferde der Vorzeit ebenfalls rieſengroß vorzuſtellen, wie man ſie, nach Swift, in Brobdignac findet. Zum Gluͤcke beſitzt die Wiſſenſchaft eine große Anzahl von Beweismitteln, welche bei Weitem ſchlagender ſind, als die aus Haller's hypothetiſchen Anſichten abgeleiteten Schluͤſſe. In den Werken mehrerer griechiſchen und roͤmi— ſchen Schriftſteller finden ſich Angaben uͤber die Groͤße des Menſchen, fo wie über die erforderliche Laͤnge der Betten ꝛc.; ferner über die Doſis von Helleborus niger, welche zur Zeit des Hippocrates als Abfuͤhrungsmittel noͤthig war; zumal laſſen aber die Beobachtungen neuerer Alterthums— *) Elementa physiologiae, Tom. VIII., p. 48. 261 forfcher über die Gräber, Sarkophage und Mumien der Aegypter und anderer Völker des Alterthums, fo wie über Gemälde, Statuen, Waffen, Helme, Ringe, irdenen Ges ſchirre u. ſ. w. der alten Zeit, keinen Zweifel uͤbrig, daß die Statur der jetzigen Menſchen genau oder faſt genau die— ſelbe iſt, wie zu den Zeiten der Griechen und Roͤmer, ja wie vor wenigſtens 4000 Jahren. 3. Hat ſich die Statur des Menſchen vor den hiſtoriſchen Zeiten veraͤndert? Die fo eben erwähnten Beweiſe, von denen die mei: ſten durch Haller, D'Ancora, Virey und andere Phy— ſiologen weiter ausgeführt worden *), find unſtreitig von gro— ßem Gewichte, haben jedoch die Frage keineswegs nach ih— rem ganzen Umfange erledigt. Sie ſind, in der That, zum Theil auf hiſtoriſche Zeugniſſe, zum Theil auf die Un- terſuchung dauerhafter und ſchwer anzufertigender Kunſtpro— ducte geſtuͤtzt, die von einer ſchon weit vorgeſchrittenen Ci— viliſation zeugen. Schon ihrer Natur nach koͤnnen ſie uns alſo nur uͤber civiliſirte Nationen Aufſchluß verſchaffen, waͤh— rend ſie uns in Anſehung der Statur der wilden Voͤlker der Vorzeit ganz im Dunkeln laſſen. Die Epoche aber, uͤber die uns die Geſchichte und Alterthuͤmer nicht aufklaͤren, iſt ge— rade diejenige, deren Kenntniß fuͤr unſern Gegenſtand am wichtigſten ſeyn wuͤrde. Wenn, in der That, die Statur des Menſchen ſich in erheblichem Grade veraͤndert hat, ſo geſchah dieß wahrſcheinlich nicht zu einer Zeit, wo die be— reits einigermaaßen civiliſirten und in einem geregelten Staats— verbande lebenden Nationen ſich ſtufenweiſe zu hoͤherer Cul— tur emporarbeiteten, ſondern wohl eher damals, als die Wilden von den Begruͤndern der Civiliſation aus den Waͤl— dern zum Ackerbau und zur Viehzucht berufen wurden und ihre rohe Lebensweiſe gegen eine geregelte vertauſchten. Denn dieß war die tiefgreifendſte aller Umgeſtaltungen des Menſchenlebens Allein das, was die Theorie als das Wahrſcheinlichſte bezeichnet, wird durch die Geſchichte keines⸗ wegs beſtaͤtigt, da dieſelbe von jener fruͤhen Epoche des Menſchenlebens ſo wenig weiß, als jeder Einzelne von den erſten Jahren ſeiner Kindheit. In Ermangelung aller poſitiven Zeugniſſe verſuchen wir, ob uns die Wiſſenſchaft und die vermittelſt derſelben erlangten Folgerungen nicht einigen Aufſchluß uͤber jene frühe Zeit geben konnen. Ich habe gezeigt, daß alle Hausthiere, zu welcher Claſſe fie auch gehören und wie bedeutend und zahlreich ihre Staturverſchiedenheiten auch ſeyn moͤgen, im Durchſchnitte noch ziemlich dieſelbe Größe beſitzen, wie die wilden Thier— ſpecies, von denen ſie abſtammen. Ja man hat bemerken koͤnnen, daß die wenigen Arten, deren Koͤrperumfang ſich ein Wenig vermindert hat, gerade diejenigen ſind, denen der Menſch die wenigſte Sorgfalt widmet, und denen er ge: ) S. Riolan, Gigantomachia; Haller, loc. cit.; D’Ancora, Sull’ istoria e la natura dei giganti, in den Memorie della Societä italiana, T. VI. p. 371; Virey im Artikel Geants des Dictionnaire des sciences médicales. 262 wohnlich nur unzureichende und ſchlechte Futterftoffe zukom— men läßt, wogegen alle die, welche der Menſch gut füttert und ſonſt abwartet, nicht nur nichts von ihrer urſpruͤngli⸗ chen Körpergröße eingebuͤßt, ſondern vielmehr in dieſer Be⸗ ziehung gewonnen haben. Wenn man ſich nun erinnert, daß die bei'm Menſchen durch die Civiliſation bewirkten Veränderungen in jeder Be: ziehung denen ganz aͤhnlich ſind, welche die Zaͤhmung bei den Thieren hervorbringt, was ſich als allgemein bekannt annehmen, noͤthigenfalls auch aus den bereits mitgetheilten Thatſachen nachweiſen läßt; wenn man ferner bedenkt, daß der civiliſirte Menſch durchgehends danach geſtrebt und es auch faſt immer vermocht hat, ſich beſſer zu naͤhren, zu kleiden und uͤberhaupt vor dem Ungemache, das ihm von allen Seiten droht, zu ſchuͤtzen, als im Zuſtande der Wild— heit; wenn man in Anſchlag bringt, daß der, in Betreff der Hausthiere hier angefuͤhrte, allgemeine Satz bei vielen Arten, von denen manche dem Menſchen in Anſehung der Organi— ſation nahe, andere fern, noch andere, die Voͤgel, ſehr fern ſtehen, ſeine Beſtaͤtigung findet, wenn man daraus den ge— wiß buͤndigen Schluß zieht, daß dieſer Satz auf ſehr all— gemein guͤltigen und wichtigen Urſachen beruht, und wenn man nicht in Betreff des Menſchen eine ſehr unwahrſchein— liche (weil voͤllig vereinzelt daſtehende) Ausnahme annehmen will, ſo wird man ſich genoͤthigt ſehen, folgenden Schluß zu unterſchreiben, welcher uͤberdem durch alles das gerecht— fertigt wird, was wir bei den noch jetzt im Naturzuſtande lebenden Voͤlkern finden: Die mittlere Statur der gegen— waͤrtig lebenden civiliſirten Menſchen weicht wenig oder nicht von der der civiliſirten Menſchen des Alterthums, ſo wie von der einſt vor aller Civiliſation im Naturzuſtande leben: den Staͤmme ab. Mehrere Reiſende, beſonders Peron, haben darge— than, daß die Wilden keineswegs ſtaͤrker, ſondern gewoͤhn— lich ſchwaͤcher ſind, als die civiliſirten Menſchen. Die Ci— viliſation hat alſo den Menſchen nicht kraftlos gemacht. Indem ich zeige, daß er auch ſeine urſpruͤngliche Statur behauptet haben muß, liefere ich ein ebenfalls nicht unwich— tiges Argument gegen jene mehr phantaſiereiche, als folge— rechte Philoſophie, die uns den ſogenannten Natur zu— ſtand als diejenige phyſiſche Beſchaffenheit des Menſchen ſchildert, der ſich zu naͤhren er ſich ſtets bemuͤhen ſoll. Nein, der Menſch iſt durch die Civiliſation nicht herabge— wuͤrdigt, er iſt durch die Entwickelung ſeiner Intelligenz nicht entnervt worden; er hat von feiner urſpruͤnglichen Kraft und Statur nichts eingebuͤßt, indem er den Kuͤnſten und Gewerben oblag, und er darf nicht hoffen, durch Ruͤck— ſchritte dem ihm vorgeſteckten Ziele: der moraliſchen, intel— lectuellen und phyſiſchen Vervollkommnung des Menſchenge— ſchlechts, naͤher zu kommen. Ruͤckblick auf die beiden vorſtehenden Auſſaͤtze. Bei der betraͤchtlichen Zahl von Thatſachen, welche ich in obigen beiden Aufſaͤtzen habe würdigen, fo wie der Aus: dehnung, die ich mehreren Theilen derſelben habe geben muͤſſen, halte ich es faſt für noͤthig, hier noch einen kurz— * 263 gefaßten Abriß des Inhalts und der gewonnenen Reſultate mitzutheilen. Dieß geſchieht nun in den nachſteh enden Satzen, welche die Reſultate, wegen deren Begruͤndung ich den Leſer auf die vorhergehenden beiden Artikel verweiſe, moͤglichſt kurz und buͤndig angeben. Erſter Artikel. 1. So oft zwei oder mehrere Saͤugethiere einander durch ihre generiſchen Charactere ſehr gleichen, iſt ihr Körpers umfang ziemlich derſelbe. 2. Die Familien, Gattungen, Arten, welche im Waſſer leben oder einen Theil ihres Lebens in demſelben zu— bringen, erreichen, im Vergleiche mit den andern Familien, Gattungen, Arten derſelben Gruppe eine bedeutende Koͤrper— größe, und die Vergrößerung ihres Volumen iſt ſogar, uns ter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden, um fo bedeutender, je we⸗ ſentlicher fuͤr deren Organiſation der Aufenthalt im Waſ— ſer iſt. 3. Die gefluͤgelten oder auf Baͤumen lebenden Gat— tungen erreichen dagegen immer nur eine geringe Koͤrpergroͤße— 4. Die aͤchten Land- oder Erdthiere laſſen ſich nach der Ordnung ihres Koͤrperumfangs in Kraut- oder Gras— freſſer, Fleiſchfreſſer, Frucht- (und Wurzel-) Freſſer und Inſectenfreſſer eintheilen. 5. Der vorhergehende Satz beruht gewiſſermaaßen auf diefem: Der Koͤrperumfang der Thiere verhält ſich wie das Volumen oder die Menge von organifchen Stoffen, de— ren jene, ihrer Organiſation zufolge, zu ihrer Ernaͤh ung beduͤrfen. 6. Zwiſchen der Körpergröße der Thiere und der Ausdehnung der von dieſen bewohnten Orte beſteht ebens falls ein conſtantes Verhaͤltniß; die großen Arten bewoh— nen die Meere, Continente und großen Inſeln; die kleinen die Fluͤſſe und kleinen Inſeln. 7. Ja, die Saͤugethiere der großen Feſtlaͤnder ſind ſogar im Allgemeinen groͤßer, als die ihnen entſprechenden Arten der kleinen Feſtlaͤnder. 8. Die Saͤugethiere der noͤrdlichen Halbkugel haben einen groͤßern Koͤrperumfang, als deren Repraͤſentanten auf der ſuͤdlichen. 9. Die auf Bergen lebenden Saͤugethiere ſind im Durchſchnitte kleiner, als die ihnen verwandten Thiere, welche Ebenen und Steppen bewohnen. 10. Auf der noͤrdlichen Halbkugel der Erde erreichen die Gattungen und Arten der meiſten Familien den größten Wuchs in den ſuͤdlichſten Ländern und werden nach dem Pole zu immer kleiner; wogegen andere in den Polargegen— den am groͤßten und in der heißen Zone am kleinſten ſind. Solche, welche in der gemaͤßigten Zone am groͤßten waͤren und nach dem Pole oder dem Aequator zu immer kleiner wuͤrden, giebt es nicht. 11. Vorſtehende, in Betreff der Saͤugethiere faſt un: bedingt wahre Saͤtze verlieren von ihrer allgemeinen Guͤltig— keit mehr oder weniger, wenn man ſie auf Thiere anwen— det, die auf der Stufenleiter der Organiſation tiefer ſtehen. Ruͤckſichtlich der am weiteſten vom Menſchen entfernten 264 Claſſen find fie zwar noch auf die meiften Faͤlle anwendbar, allein die Ausnahmen davon doch ungemein zahlreich, ſo daß fie nur noch im Allgemeinen als Anhaltepuncte dies nen koͤnnen. 12. Auch liegen die Abweichungen des Koͤrpervolumen in derſelben Claſſe, unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden, ins nerhalb um ſo beſtimmterer Graͤnzen, je natuͤrlicher die Claſſe iſt. 13. Wenn endlich eine Claſſe aus Geſchoͤpfen beſteht, die waͤhrend eines ſehr großen Theils ihres Lebens zu wach— fen fortfahren, und die ſich fortpflanzen, bevor fie ihre volls ſtaͤndige Entwickelung erreicht haben, fo ſind die Abweis chungen in der Koͤrpergroͤße ſehr bedeutend und innerhalb ſehr unbeſtimmter Graͤnzen begriffen. N Zweiter Artikel. 14. Vorſtehende Saͤtze laſſen ſich keineswegs allgemein auf die Hausthiere anwenden. 15. Bei mehreren Hausthierarten hat ſich der uts ſpruͤngliche Koͤrperumfang unveraͤndert erhalten oder hat doch nur geringe Veraͤnderungen erlitten. 16. Bei andern Arten finden ſich einestheils weit groͤßere, anderntheils weit kleinere Racen, als der Urtypus. Der mittlere Koͤrperumfang aller Racen weicht aber auch in dieſem Falle nicht oder nur wenig von dieſem Typus ab, ſo daß die Art, im Ganzen genommen, um nicht viel groͤ— ßer oder kleiner geworden iſt. 17. Die Arten, welche um ein Geringes kleiner ge— worden ſind, gehoͤren ſaͤmmtlich zu denen, welche der Menſch vernachlaͤſſigt und ſchlecht fuͤttert. 18. Die individuellen Abweichungen in der Statur liegen innerhalb weit engerer Graͤnzen, als die Racever— ſchiedenheiten. Menſchenracen. 19. Im Gegenſatze zu Dem, was wir bei den Hause thieren bemerken, halten ſich die Abweichungen im Koͤrper— umfange hinſichtlich der Racen innerhalb weit engerer Graͤn— zen, als hinſichtlich der Individuen. 20. Die durch große Statur hervorragenden Voͤlker wohnen meiſt auf der ſuͤdlichen Halbkugel, waͤhrend dagegen die durch kleine Statur ausgezeichneten Nationen faſt alle ſich auf der noͤrdlichen Halbkugel finden. 21. Von jenen großen Menſchen leben manche in Suͤdamerica, andere auf den Inſeln der Suͤdſee, und ſie bilden ſogar auf der ſuͤdlichen Halbkugel zwei Reihen, von denen ſich die eine auf dem Feſtlande, die andere auf den Inſeln hinzieht, und die zwar beide ziemlich unregelmaͤßig und oͤfters unterbrochen find, aber beide bei 8 — 10° f. Br. anheben und ungeführ unter 509 f. Br. endigen. 22. Uebrigens hat auch die noͤrdliche Halbkugel der Erde Voͤlkerſchaften aufzuweiſen, deren Statur die Mittel— ſtatur uͤbertrifft, während auf der andern Seite die ſuͤdliche Halbkugel deren beſitzt, welche die Mittelſtatur nicht errei— chen. Vergleicht man nun die geographiſche Stellung dieſer Nationen mit derjenigen der Voͤlker von ausnehmend gro— ßer oder kleiner Statur, ſo gelangt man zu dem ſonderbar 265 erſcheinenden, aber doch theilweiſe erklaͤrlichen Reſultate, daß Voͤlker von kleiner Statur faſt ohne Ausnahme neben den größten Menſchenſchlaͤgen leben, und umgekehrt Völker von hoher Statur die Nachbarn der kleinſten Menſchenſchlaͤge ſind. 23. Die Abweichungen in der Statur der Raten er: klaͤren ſich, obwohl nur theilweiſe, aus dem Einfluſſe des Clima's, der Nahrungsſtoffe und der ganzen Lebensweiſe *). 24. Daß die Statur des Menſchen, trotz localer Veraͤnderungen, noch ziemlich die urfprüngliche ſey, iſt we— nigſtens hoͤchſt wahrſcheinlich. Dieß gilt, was aus fo vie⸗ len allbekannten Beweismitteln hervorgeht, nicht nur von der hiſtoriſchen Zeit, ſondern auch ruͤckſichtlich der ganzen Periode der Exiſtenz des Menſchengeſchlechts, da ſich aus der Wiſſenſchaft Belege für dieſe fo oft beſprochene und be: ſtrittene Anſicht herleiten laſſen, wenngleich kein ſichtbares Denkmal dieſelbe beſtaͤtigen kann. „) Während der Hauptgrund in der urſpruͤnglichen Statur zu liegen ſcheint, die jedem beſondern Racentypus zukommt. Der Ueberſ. Miscellen. Ueber den Nautilus pompilius werden die Leſer der Notizen (No. 815. Auguſt 1833) ſich gewiß des Auszuges der vortrefflichen Monographie erinnern, welche Herr Owen von dieſem Thiere nach einem in der Sammlung des College of Sur- geons zu London befindlichen Exemplare geliefert hatte. Indem ich auf jenen Auszug und die dazu mitgetheilten Abbildungen vers weiſe, bemerke ich jetzt, daß Herr Valenciennes am 18. Ja- nuar dieſes Jahres der Académie des sciences zu Paris eine Ab: handlung über daſſelbe fo Außerft ſeltene Thier nach einem von Herrn Meder, zu Batavia, dem Muſeum zu Paris geſchenkten 266 Exemplare geleſen hat, wovon die Comptes rendus No. 8. Nach⸗ richt geben. Obwohl es eine andere Species, als die von Herrn Owen unterſuchte iſt, ſo ſtimmt der Bau doch mit dem von Owen beſchriebenen ſehr überein und ich bignüge mich, folgendes Wenige auszuziehen: „Unter dem Auge, welches groß und halb: kugelig iſt, liegt ein beſonderes Organ, eine Art hohler kegelfoͤr⸗ miger Roͤhre, deſſen oberer Rand mit einer kleinen zungens artigen Warze beſetzt iſt. Das Innere dieſer Roͤhre iſt mit ſehr feinen, auf einer der Länge nach laufenden Raphe ange: brachten, ſchraͤgen Blattchen bedeckt, weiche dieſem Organe die größte Aehnlichkeit mit der Naſengrube der Fiſche geben und welche Herr Valenciennes für das Riechorgan hält (wogegen er das von Owen dafür angenommene als Hoͤrorgan anſpricht) — das pericardium hat die hoͤchſt merkwürdige Einrichtung, daß es durch feine Falten ſechs Saͤcke um das Herz bildet, welche ſich an den Kiemen oͤffnen und alſo eine freie Verbindung mit der großen Athmungshoͤhle des Thieres oͤffnen, und auf welchen (Saͤcken) die ſchwammigen Erhoͤhungen ſitzen, denen aͤhnlich, welche Cuvier am Octopus entdeckt hat. — Die Röhre, welche ſich in den ©is pho hinabſenkt, geht in ihm durch alle Windungen fort, bis zur innerſten; ſie iſt fleiſchig und mit ciner kalkig gelatindſen Mem— bran umgeben, die aus der Roͤhre ſelbſt ausgeſchieden wird. Die geſchloſſenen Hoͤhlungen der Kammern, welche alſo leer ſeyn müffen, können daher gar nicht miteinander verbunden feyn. Ueber die Auffindung eines Froſches in einem foli- den Stuͤcke Steinkohle bat im Verlaufe der letzten Wochen in Lancaſter folgende Angabe ein beträchtliches Aufſehen erregt. Als Hr. Tomlinſon, in Penny⸗ſtreet, ein angeſehener Einwohner der Stadt Lancaſter, ein großes Stuck Steinkohle zerſchlug, ſprang zu feiner Ber: wunderung ein ſchoͤner Froſch aus einer Hoͤhlung hervor, welche ſich im Innern der Kohle befand. Er wurde ſofort eingefangen und iſt, nebſt den Stuͤcken der Kohle, von einer großen Zahl Neugieriger geſehen worden. Auch wir haben ſie geſehen und fanden, daß der Froſch oder die Kroͤte (!) ein ſchoͤnes, munteres Exemplar war. Durch das Ausſehen der Hoͤhlung in der Kohle ſind wir allerdings zu dem Schluſſe gelangt, daß ſie die Behauſung der Kroͤte abgegeben ſeit der Bildung des Kohlenlagers. (Lancaster Guardian) l ah enn e Ueber die raſche Organiſation der Lymphe bei Cachexieen. Von John Dalrymple. Es iſt von großer Wichtigkeit, ſowohl fuͤr den Phyſiologen als für den Practiker, feſtzuſtellen, ob Ergießungen organiſirbarer Subſtanz des Blutes durch Bildung neuer Gefaͤße raſcher bei car 2 als bei kraͤftigem Zuſtande der Conſtitution organiſirt werden. Auf den erſten Blick ſcheint es, daß bei groͤßerer Schwaͤche im Allgemeinen und in der Circulation auch um ſo langſamer neue Ge— faͤße in den ergoſſenen Maſſen ſich bilden. So findet man bei Puerperal-⸗peritonitis Fibrine und Eiweiß mit Serum flockig in der Peritonaͤalhoͤhle, und man nimmt an, daß dieſelben nicht orgas niſirbar ſeyen; dennoch findet man, beſonders wenn die Kranken den erſten Collapſus uͤberlebt haben, daß die Gedaͤrme durch eine plaſtiſche Ergießung aneinanderkleben, was bei der ſtarken Adhaͤ— renz wahrſcheinlich durch Gefaͤßbildung geſchieht, obwohl mir nicht bekannt ift, daß irgendwo Injectionsverſuche gemacht worden ſeyen; dennoch kann aus dem Umſtande, daß haͤufig loſe Lappen in der Peritonaͤalhoͤhle der Kindbetterinnen angetroffen werden, keines— weges der Schluß gezogen werden, daß die Fibrine bei cachecti— ſchen und ſchwachen Subjecten ſich nicht organiſire, da zu bemer— ken iſt, daß ein toͤdtlicher Collapſus häufig mit dem Anfalle eins tritt, aus welchem ſich die Kranke niemals hinreichend erholt, um Zeit zu ferneren Veränderungen zu gewähren. Es giebt jedoch mehrere Thatſachen, welche vermuthen laſſen, daß abnorme Er: gießungen aus dem Capillarſyſteme raſcher und vollftändiger mit neuen Gefaͤßen verſehen werden, bei einem cachectiſchen Zuſtande, als bei kraͤftigen, plethoriſchen Subjecten, wo Entzündungen acu— ter auftreten und raſcher durch die beſtimmten Stadien verlaufen. Bei acuten Entzündungen, wo eigentlich Blut ergoſſen iſt, ers folgt dieß wahrſcheinlich durch Ruptur der Gefaͤßwaͤnde, und der Erguß wird ſelten, wenn jemals, organifirt; wenigſtens fehlen die Beweiſe davon, waͤhrend es auf der andern Seite feſtſteht, daß ſolche Ergießungen oft raſch abſorbirt werden. Ferner werden ſerdſe Ergießungen niemals feſt und ſcheinen vielmehr locale Congeſtionen zu erleichtern, indem ſie die Maſſe der in den ausgedehnten Gefäßen befindlichen Fluͤſſigkeiten vermin— dern. Deſſenungeachtet finden wir directe Exſudationen von Fibrine bei acuten Entzuͤndungen bei uͤbrigens geſunden und plethoriſchen Subjecten, welche unlaͤugbar zu organiſirten Membranen und Neu— bildungen vereinigt werden, wenn man ſie nicht raſch durch Ein— wirkung der Kunſt beſeitigt. Dleſe letztern Fälle muͤſſen mit denen zuſammengeſtellt wer: den, welche bei ſchwachen Koͤrperconſtitutionen vorkommen, um genügend über den Gegenſtand urtheilen zu koͤnnen. Diejenigen, welche Gelegenheit haben, Augenkrankheiten in größerer Menge zu ſehen, muͤſſen die groͤßere Tendenz zu Ergies ßung und Organiſation der Fibrine auf der iris bei ſyphilitiſcher iritis in Vergleich zu idiopathiſcher bemerkt haben, und es iſt über: haupt nicht ſchwer nachzuweiſen, daß ſpecifiſche Fälle weit haͤufi⸗ ger bei ſchwachen Conſtitutionen vorkommen, namentlich nach Exceſ— fen, unordentlicher Lebensweiſe oder Mißbrauch des Mercurs bei der primären Affection. Die erſte Erſcheinung von Fibrinetuber⸗ keln bemerkt man in ſolchen Faͤllen auf dem annulus minor der iris, wo die Capillargefaͤße am zahlreichſten und feinſten verwebt 267 ſind; fo wie aber die Affection ſich weiter ausbreitet, bilden ſich ſolche Ablagerungen an verſchiedenen Flecken auf der vordern Flaͤche der Membran, während ihre gelbliche Farbe eine rothe Nuance annimmt, mehr oder minder deutlich, je nach dem Grade der Or— ganiſation der Fibrine. Dieß zeigt jih am häufigiten bei ge⸗ ſchwaͤchten Subjecten, obwohl bei robuſten die Krankheit raſcher einen bedenklichen Verlauf nimmt. Der ſtaͤrkſte Fall, der mir vorgekommen iſt, kam bei einem Steuermanne eines Oſtindien⸗ fahrers vor, welcher zu Calcutta die Anſteckung erlitten und da= ſelbſt die in Indien gewöhnliche ſtarke Queckſilberbehandlung erfah— ren hatte; waͤhrend dieſer Behandlung mußte er bei einer langen und ſtuͤrmiſchen Ueberfahrt ſeinem Amte vorſtehen. Er erreichte England in einem ſehr geſchwaͤchten Zuſtande und bekam etwa 14 Tage danach eine iritis. Eine Woche danach ſah ich ihn zuerſt und fand 8 — 10 Fibrinetuberkeln von verſchiedener Groͤße; der größte, etwa 2 Mal fo groß als ein Hanfkorn, einige blaßgelb, gleichſam friſch ergoſſen, andere lebhaft ſcharlachroth, noch andere offenbar im Begriffe, in Eiterung uͤberzugehen. Die Symptome der sclerotitis und der Gefaͤßring waren nicht ſehr ausgebildet. Der Kranke erhielt Fleiſchdiaͤt, Sarſaparille und kleine alterirende Doſen von Queckſilber und Kalk; dabei kam er raſch zu Kraͤften, und nach etwa 16 Tagen war jede Spur eines Tuverkels ver— ſchwunden, obwohl die Pupille durch organiſirte Adhaͤſton beinahe geſchloſſen blieb. Ich habe niemals bei einem andern Falle von jritis, ſo heftig derſelbe auch ſeyn mochte, bei einer uͤbrigens ge— ſunden Perſon einen ſo raſchen Lauf von Ergießung und Organiſa— tion der Fibrine und eine fo raſche Heilung geſehen, obwohl durch— aus keine antiphlogiſtiſche Behandlung ſtattfinden konnte. Ferner: bei den Affectionen des hinteren Theiles des Auges von Kindern, welche man als boͤsartige Faͤlle bezeichnet, iſt es auffallend, wie geſund in der fruͤhern Zeit dieſer ſchrecklichen Krank— heit die Kinder zu ſeyn ſcheinen; waͤhrend der Dauer des glaͤnzen— den Metallreflexes von der Ablagerung auf den hintern Theil des Augapfels ſcheint das Kind die frühere Geſundheit zu haben, ob— wohl die Krankheit bereits zuzunehmen ſcheint. Sobald aber Or— ganifation der erfudirten Fibrine durch Erſcheinung von rothen Puncten und Gefaͤßverzweigungen angedeutet wird, kann man eine raſche Verſchlimmerung des Allgemeinbefindens und uͤber— haupt einen raſchen Verlauf der Affection erwarten. Es iſt intereſſant, zu unterſuchen, ob dieſe Störung des Allgemeinbefin- dens der Organiſation vorausgeht, fie begleitet oder ihr nachfolgt, oder alſo, ob ſie Urſache oder Wirkung iſt. Ich nehme keinen An— ſtand, fie mehr für die Urſache, als die Wirkung zu erklären, er— ſtens weil ich oft geſehen habe, wie die Krankheit Monate lang vor der Organiſation der Ablagerung beſteht und bei einer zufaͤlli— gen Störung des Allgemeinbefindens plotzlich einen acutern Verlauf annimmt und ununterbrochen bis zu einem toͤdtlichen Ende forts ſchreitet; zweitens, weil in einem beſondern Falle, wo das Befin— den des Kindes durch ſehr ſorgfaͤltige Pflege bedeutend gebeſſert worden war, auch die Krankheit gehemmt zu ſeyn ſchien und der Augapfel zu ſchwinden anfing, und drittens endlich, weil bei dem— ſelben Falle, als durch Nachlaͤſſigkeit der Aeltern das Allgemeinbe— finden des Kindes ſank, auch die locale Krankheit mit doppelter Kraft ausbrach und raſch zu einem toͤdtlichen Ende kam. Dieſer Fall, welcher waͤhrend des beſſern Theils ſeines Verlaufes von Herrn Tyrrel behandelt wurde, nahm einen Zeitraum von meh— reren Monaten ein und geſtattete alſo eine Vergleichung der ver— ſchiedenen Entwickelung der Localkrankheit im Vergleiche zu dem Allgemeinbefinden. Wenden wir uns nun zu den krankhaften Zerſtoͤrungen, welche erſt durch Sectionen oder Operationen deutlich werden, ſo werden wir auf gleiche Weiſe raſche Organiſation der Beſtandtheile des Blutes bei Schwaͤchezuſtaͤnden bemerken. Hierher gehoͤrt das Praͤparat eines Abſceſſes in einem von Herrn Liſton amputirten und injicirten Fuße. Der Fall betraf eine langdauernde Kniegelenkkrankheit mit Ulceration der Knorpel. Es war hectiſches Fieber dabei, alſo das Allgemeinbefinden ſehr geſchwaͤcht. Ich beſchreibe nicht den Befund des Gelenks, da ich nur die Abſceſſe im Zellgewebe und zwiſchen den Kniegelenkbaͤn— 268 dern hervorheben moͤchte. Dieſe einzelnen Hoͤhlen waren von ver— ſchiedener Groͤße. Alle enthielten entweder Eiter oder eine kaͤſige und faſt feſte Maſſe; alle Hoͤhlen jedoch waren mit einer Schicht ausgekleidet, welche wie unorganiſirte Fibrine ausſah, von z bis 2 Linien Dicke zeigte, ſelten glatt, ſondern vielmehr runzlich und auf der freien Flaͤche etwas kantig oder koͤrnig war. Dieſe Fie brineſchicht wurde mit ſo großer Leichtigkeit von der Gefaͤßhaut, die die Abceßhoͤhle auskleidete, abgeloͤſ't, daß es ſcheinen mußte, daß ſie erſt friſch ſey und noch keine Gefaͤßverbindungen mit der ſtark injicirten Membran habe, von welcher ſie offenbar exſudirt war; als jedoch einige Stuͤcke dieſer Fibrine ſorgfaͤltig abgenom— men und auf Glasplatten getrocknet waren und unter das Mi— kroſcop gebracht wurden, fo zeigte ſich ſogleich, daß die Schicht nicht allein organifirt, ſondern auf das Feinſte mit Gefäßen durchs zogen war, welche gluͤcklicher Weiſe mit gefaͤrbter Maſſe gefüllt waren. Wenn ein Theil der Fibrine, in Verbindung mit der ge— faͤßreichen Haut oder der Geſchwuͤrsmembran (pyogenic membra- ne), abgenommen war, ſo zeigte ſich die Fortſetzung der Gefaͤße aus dieſer in jene ſehr deutlich. Wurde ein Theil beider im Profil durchſchnitten oder wurde die Fibrinſchicht forgfältig von der Ober— fläche der Geſchwuͤrmembran zuruͤckgeſchlagen, fo kamen dieſelben Erſcheinungen zum Vorſcheine. Wurde ferner ein Theil der Fi— brineſchicht von ſeiner freien Oberflaͤche aus betrachtet, ſo zeigte das in die Subſtanz hineinreichende Inſtrument zarte Capillarge— fäße, von Unten aufſchießend und zu der Oberflaͤche der Ergießung ſich aͤſtig vertheilend. Ein Fall von Scorbut unter der Behandlung des Herrn Buſk auf einem Hoſpitalſchiffe, gab ein noch merkwuͤrdigeres Beiſpiel von friſcher Organiſation der Blutbeſtandtheile oder des Blutes ſelbſt. Ein Matroſe wurde im letzten Stadium des See— ſcorbuts aufgenommen, an welchem er bald darauf ſtarb. Eins der Beine dieſes Mannes wurde injicirt. Bei der Unterſuchung fand ſich, daß eine große Ablagerung von injicirtem Blute mit dem Knochen der tibia zuſammenhing und vom Perioſt bedeckt war, welches dadurch faſt in der ganzen Laͤnge des Knochens abgeloͤſ't und in die Hoͤhe gehoben war. Auf jeder der drei Seiten der tibia zeigte ſich daſſelbe. Die coagula hatten 3 — 4 Zoll Laͤnge und E — J Zoll Dicke. Das Perioſt, welches feſt mit dem Blute zuſammenhing, wurde durchſchnitten und nach Oben und Unten zuruͤckgeſchlagen, fo daß die aͤußere Fläche des coaguli bloßge— legt war. Die Injection war auffallend gegluͤckt, und die ſchwar— zen coagula waren, ſelbſt wenn man fie mit bloßen Augen beob⸗ achtete, uͤberall mit rothen Puncten beſetzt, wie wenn Gefaͤßchen abgeriſſen wären, die von dem Perioſt heruͤbergingen. Durchſchnitte durch dieſes Blut perpendiculaͤr auf den Knochen gefuͤhrt, legten zahlreiche Gefaͤßaͤſte bloß, welche ſaͤmmtlich mit gefaͤrbter Maſſe gefüllt waren und auf den erſten Blick fo ausfa- hen, als wären es Gefäße, die urfprünglich vom Perioſt zu den aͤußern Lamellen der tibia hingegangen ſeyen, aber durch Abloͤſung der Membran verlaͤngert worden waͤren und nun durch das umge— bende coagulum hindurchdraͤngen. Als jedoch duͤnne Schichten dieſer Maſſe auf Glasplatten ge— trocknet und durch Eintauchen in Canadabalſam durchſichtig ge— macht waren, zeigte ſich eine ſehr verwickelte Anordnung der Ca— pillargefaͤße, welche ſich veraͤſtelten, unter verſchiedenen Winkeln in einander einmuͤndeten und ſich baumfoͤrmig durch die ganze Maſſe des coaguli verbreiteten (ſ. Fig. 2.). So ſcheint es alſo, als wenn vielleicht die urſpruͤnglichen Uebergangsgefäße vom Pr: rioſt zu dem Knochen noch in den größeren Gefäßen vorhanden waren, während es gleichzeitig deutlich war, daß das ganze coa- gulum auf das Feinſte durch unzählige neue Gefäßchen organifirt war, deren Anordnung ſo beſtimmt und gleichfoͤrmig war, daß kein Zweifel über die Verſchiedenheit der Organiſation dieſes Ger webes von der des Perioſtes und des Knochens bleiben konnte. Wie lange das Blut ergoſſen ſeyn moͤge, ließ ſich in dieſem Falle nicht ausmachen; es iſt jedoch faſt ſicher, daß das Blut ſeit langer Zeit vorhanden war, da die coagula noch ihren faͤrbenden Beſtandtheil oder die Haͤmatoſine ungeſchmaͤlert enthielt. 269 Wer irgend ſchwere Fälle von Scorbut gefehen hat, dem ift die abſolute Proſtration der Kraͤfte bekannt, wobei oft ſchon durch die Anſtrengung des Aufſitzens im Bette eine ploͤtzliche Ohnmacht eintritt, von welcher ſich der Kranke nicht mehr erholt. Und den⸗ noch finden wir bei dem uns vorliegenden toͤdtlichen Falle, wobei der Tod ebenfalls durch Erſchoͤpfung herbeigeführt wurde, eine of⸗ fenbar friſche Blutergießung auf das Feinſte organiſirt durch ro— the Gefäße. Bei dieſem Präparate war durchaus kein Extravaſat und keine Infiltration der Ingeſtionsmaſſe in den Zellen des coaguli; im Gegentheil überall runde, regelmäßige Gefäße mit beſtimmten Waͤnden, mit einer Gleichfoͤrmigkeit der Anordnung, welche fuͤr ſich 5 hinreichend die Wirklichkeit des Organiſationsproceſſes beweiſ't. Das factum, daß ergoſſenes Blut organiſirt werden koͤnne, iſt keinesweges neu. Hunter erwähnt dieſer Erſcheinung ſehr ums ſtaͤndlich in feinen Vorleſungen uber Chirurgie; es gelang ihm, coagula bei Pydrocele zu injiciren, bei welcher die Exſtirpation des Hodens hatte gemacht werden muſſen. Es giebt ſogar Abbildun: gen von dieſem Falle. Herr Palmer, der neue Herausgeber von Hunter's Werken, äußert jedoch in einer Note zu dieſer Vorle— fung Zweifel über dieſes factum, indem er meint: „daß der Sitz und die beſtimmte Form der cosgula die Anſicht zulaſſen, ſie ſeyen durch ergoſſene Lymphe gebildet, welche mehr oder weniger mit Blut gemiſcht ſeyen. Dieß beobachtet man ſehr häufig bei Wunden und nach Operationenz dagegen ſind keine ſichern Beiſpiele einfacher caagula bekannt, welche gefaßreich geworden wären, ob⸗ wohl es kaum der Beobachtung haͤtte entgehen koͤnnen, wenn es häufig vorkaͤme.“ John Hunter ſagt ferner an derſelben Stelle, daß bei manchen nicht entzündlichen Krankheiten die feſten Theile eine Tendenz haben, in Faͤulniß überzugeben, indem fie ihres ent⸗ haltenen Principes beraubt ſind. Das Blut habe keine Tendenz zur Coagulation, die feſten Theile keine Kraft zur Entzün⸗ dung, indem beide von gleicher Tendenz ergriffen ſeyen. Bei ſol— chen Krankheiten ſey die Lebenskraft vermindert, ſo daß die Sub— ſtanz kaum vor Faͤulniß bewahrt werde, obgleich noch immer die Dispoſition vorhanden ſey, die lebenden Theile oder den Körper in Bewegung zu erhalten. Gegen dieſe Bemerkungen von Hunter läßt ſich anführen, daß bei'm Scorbut die Lebenskraft im Außers ſten Grade vermindert ſey, und daß dennoch in dem angeführten Falle des Herrn Buſk das ergoſſene Blut nicht allein vor Faͤul⸗ niß bewahrt, fondern mit unzähligen Gefäßen organiſirt worden iſt. Sollte ich nicht hinzufügen dürfen, daß dieß ein ſicheres Beiſpiel wahrer coagula ſey, welche gefaͤßreich werden und auf das Voll— kommenſte zu injiciren ſind. Gegen die Anſicht, daß die Organifation der Fibrine oder an: derer Blutbeſtandtheile bei geſchwaͤchten und cachectiſchen Conſtitu— tionen raſcher und gleichfoͤrmiger vorſchreiten, als bei kraftigen Subjecten, läßt ſich anführen, daß bei Todesfaͤllen, die 24 Stunden nach einer penetrirenden Bauchwunde eintraten, Fibrinebaͤnder, don neuen Blutgefaͤßen durchdrungen, gefunden worden find. Bei fols chen Faͤllen aber kann der Patient vorher ganz geſund geweſen ſeyn; ebenſo hat man bei eingeklemmten Bruͤchen eben fo raſche Organiſation der Fibrine beobachtet Bei allen dieſen Fällen jez doch iſt nicht zu uͤberſehen, daß die Nervenkraft des Kranken einen Stoß erlitten hat, welcher ihn bis auf einen gewiſſen Grad unter aͤhnliche Bedingungen gebracht hat, wie einen andern, welcher früͤ⸗ her durch Krankheit geſchwaͤcht worden iſt. In allen ſolchen Faͤl⸗ len iſt der Puls beſchleunigt, klein, fadenfoͤrmig, die Nervenkraft deprimirt, der collapsus faſt vollkommen; demnach erfolgt Fibrine⸗ ergießung und der Anfang der Organiſation. In Fällen, wo die Einwirkung noch heftiger war und das Nervenſyſtem in noch hoͤherem Maaße eine Proſtration erlitten bat, wie, z. B., bei Zerreißurg innerer Eingeweide, da beginnt der Zuſtand ſogleich mit dem Eintritte des Todes, und man be— merkt weder Ergießung plaſtiſcher eymphe, noch Productionen neuer Gefaͤße. Das Wachsthum boͤsartiger, vielleicht aber auch einfacherer Geſchwuͤlſte ſcheint ein anderes Beiſpiel dieſer Theorie zu liefern. 270 Es iſt bekannt, daß erſtere ſich bei weitem raſcher gegen das des Lebens entwickeln, wenn die Kranken durch Mongel an A gung, Eingeſchloſſenſeyn in der Wohnung und lange leidend ges ſchwacht ſind, und es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß bisweilen die gutartigen Formen von Geſchwuͤlſten ſich in bösartige umwan⸗ deln, wenn plotzlich oder allmälig das Allgemeinbefinden verſchlim⸗ mert wird. Von dieſen krankhaften Geſchwuͤlſten ſind die auszunehmen welche bloß übermäßige Production ae de MER Geh bes darſtellen, z. B., Lipome, Exoſtoſen u. a. Dieſe hypertro⸗ phiſchen Geſchwuͤlſte erreichen oft eine enorme Größe, ohne einen bedenklichern Einfluß auf das Befinden des Kranken zu haben, als gerade durch Groͤße und Druck deſſelben bedingt wird. Acute Entzündungen, welche bei gefunden Perſonen zufälli entſtehen, gehen häufig in Eiterung über und Rinde a f — — mir ſcheint, a priori eine Organiſation neuer Gefaͤße, von welchen der Eiter ſecernirt wird. Daſſelbe läßt ſich bei der Regeneration nach geſchwüriger oder brandiger Zerſtoͤrung behaupten; jedoch muſſen wir hauptſachlich chroniſchen Entzündungen die Desorgani⸗ ſation der Gewebe durch Ergießung und das Fortbeſtehen dieſer Ge— faßbildung durch Ergiefungen zuſchreiben. Es iſt aber kaum zu bes zweifeln, daß chroniſche Entzuͤndungen im Allgemeinen einem Man: gel an Kraft im Arterienſyſteme zuzuſchreiben ſeyen; oder wenn man glaubt, daß dadurch zuviel zugegeben werde, ſo muß man doch zu— geſtehen, daß die Fortdauer der Entzündung von allgemeiner Gas chexie abhängt, da Blutentleerungen und die antiphlogiſtiſche Be: VaRDAHNR überhaupt die beftehende Krankheit eher vermehren, als vers mindern. Von dieſen chroniſchen Entzündungen kommt Vergrößerung und Induration der Organe. Hepatiſation der Lungen, z. B., iſt Folge von Fibrincergießung und Organiſation derſelben. Daſſelbe gilt von Indurationen der Leber und anderer Organe. Sie wer— den groͤßer und ſchwerer. Iſt aber der Krankheitsproceß beendigt, fo wachſen die Organe nicht ferner, wie bei Hypertrophie oder boͤs— PER Krankheitsformen. (Medico-chirurg. transact, Vol. 23. 1840. Ueber die Behandlung des «diabetes. Von Dr. Payan. Herr Bouchardat hat zur Erklaͤrung der Erſcheinungen des diabetes eine Theorie aufgeſtellt, welche auf den bekannten Er— ſcheinungen der Umwandlung des Satzmehls in Traubenzucker be: ruht, und wonach alſo der Zucker in dem Urine Diabetiſcher von der Umwandlung des Satzmehles der Speiſen in Traubenzucker her: ruͤhrt, eine Umwandlung, welche auf dieſelbe Weiſe vorſichgehe, wie wir ſie in den Laboratorien bewerkſtelligen. Ferment, Gluten, Albumen, Fibrine, welche im Magen mit dem Staͤrkmehle zufams menkommen, werden alſo die Agentien, welche in dieſer letzten Suhſtanz dieſe merkwuͤrdige Umwandlung bewirken. Ebenſo, wie es zur Umwandlung des Staͤrkmehls in Zucker noͤthig iſt, daß das Satzmehl in ungefähr der ſiebenfachen Quantität Waſſers aufge— loͤſ't ſey, eben fo iſt es bei den Diabetiſchen; fie bedürfen einer eben fo betraͤchtlichen Menge Waſſer, und dieß erklaͤrt den unuͤber⸗ windlichen Durſt derſelben. Der Durſt dieſer Kranken ſtebt in directem Verhaͤltniſſe mit den zuders oder ſatzmehlhaltigen Spei⸗ fen, und für eine Quantität Speiſen, welche 1 Pfund Sagmehl darſtellen, bedürfen fie ungefähr 7 Pfd. Waſſer und liefern unge— faͤhr 8 Pfd. Urin. Man bemerkt auch, daß, wenn man die ſatz⸗ mehlhaltigen Speiſen vermindert oder ganz entzieht, der Durſt ei⸗ nen ganz uͤbereinſtimmenden Ruͤckſchritt macht. Dieſe Theorie wird nun durch folgende Beobachtung beſtaͤtigt. Herr Charron, ein Mann von guter Conſtitution, bemerkte im März 1839 zuerſt, daß fein Urin reichlicher und fein Durſt viel ſtaͤrker ſey, als gewöhnlich. Nachdem er einige Monate ge: wartet hatte, confultirte er einige Aerzte, welche den Zuſtand von einer Gaſtrointeſtinalreizung ableiteten und ihm kuͤhlende Getraͤnke, 271 Tiſanen u. ſ. w. verordneten Da die Krankheit fortwährend zus nahm, ſo wendete er ſich in den erſten Tagen des Novembers an Herrn Payan Dieſer fand folgenden Zuſtand: Allgemeine Abs magerung, große Shwite, fo daß der Kranke ſich nicht auf den Füßen halten kann, ungewoͤhnlich ſtarker Appetit, fortdauernder Durſt trotz des ſehr haufigen Trinkens, Urinercretion reichlich und ſehr haͤufig. Der Muad iſt trocken, die Haut trocken und ſchuppig, der Urin geruchlos, ohne Satz, einer abgeklaͤrten Molke ganz ahnlich; auf Kohle verbrannt, giebt er ganz den Geruch des Kochzuckeis. Aus einer Vergleichung der Quantität des Urins und der der Ge: traͤnke ergiebt ſich, daß der Ueserfhun des Urins ziemlich gleich groß iſt mit den ſatzmehlhaltigen Speiſen, welche der Kranke noch zu ſich nimmt. Es wird nun dem Kranken empfohlen, auf Zuk— ker und ſatzmehlhaltige Speiſen, welche er reichlich genoß, ganz zu verzichten und ſich nur mit Fleiſch, Fiſch, Eiern und einzelnen Ele z. B., Sauerampfer, Spinat, Lattich, Cichorie zu nährer. Nach drei Tagen bemerkte der Kranke eine Beſſerung; der Urin wurde in geringerer Menge gelaſſen und hatte wieder ſeinen eigenthuͤmlichen Geruch; der Durſt nahm ab und die Kraͤfte kehr— ten wieder. Der Kranke fuhr daher mit dieſem Regimen fort. Er befand ſich bereits um Vieles beſſer und konnte ſchon wieder an ſeine Arbeit zuruͤckkehren, als er bei Gelegenheit der Weihnachts— feiertage zwei Tage lang ſein Regimen nicht beobachtete. Sogleich ſtellte ſich der Durſt und der zuckerhaltige, reichliche Urin wieder ein. Der Kranke kehrte ſogleich zu ſeinem antidiabetiſchen Regimen zuruͤck, mit demſelben Erfolge; aber nach Verlauf eines Monats war er deſſelben fo uͤberdraſſig, daß er erklärte, es ſey ihm un— moglich, dabei zu bleiben; man mußte nachgeben und empfahl ihm nur ſogleich zu feiner Diät zurückzukehren, ſobald ſein Ueber— druß wieder uͤberwunden ſey. Dieß geſchah; und auf dieſe Weiſe alternirend, bringt er ſeitdem ſeine Zeit hin. Bemerkenswerth iſt es, daß jedesmal, ſobald die ſatzmehlhaltigen Speiſen wieder in Gebrauch kommen, ſogleich auch die diavetiſchen Symptome auf: treten, welche erſt mit dem Zuruͤckſetzen jener Nahrungsmittel aufhoͤren. Dieſe Behandlung bildet, wie man ſieht, keine Radicalcur, ſie ſichert nicht vor Recidiven; aber ſie iſt von großem Werthe, indem man mittelſt derſelben willkuͤhrlich die diabetiſche Diatheſe aufhebt und fie an und für ſich nichts Nachtheiliges hat, fo daß man fie mit großer Ausdauer lange Zeit fortbrauchen laſſen und dem Kranken ſeine Kraͤft wiedergeben und ſeine Exiſtenz verlaͤngern kann. So lange alſo, bis die Therapie uns eine ſpecifiſche und radicale Hei— lung an die Hand giebt, werden die Aerzte an dieſem Regimen ein ausgezeichnetes Mittel haben, die bis jetzt unausbleiblich toͤdt— 05 Folgen dieſer Krankheit abzuhalten. (Arch. gen. Aout 40). Miscellen. Ueber die Zeichen des Erhaͤngungstodes hat Dr: fila auf's Neue eine Reihe von Experimenten angeſtellt, beſonders um nachzuweiſen, in welchem Verhältniſſe die Luxation des erſten und zweiten Halswirbels zu dieſer Todesart ſey. Die Folgerun— gen, welche er daraus zieht, find folgende: 1) Kür ſich allein ge: nommen, reicht keins der von den Schriftſtellern angeführten Zeichen 272 hin, um zu entſcheiden, ob das Aufhängen während des Lebens oder vach dem Tode ftattgefunden habe; namentlich find die von Devergie als ſicher aufgeſtellten 5 Zeichen unzuverlaͤſſig, näme lich Zeichen der Asphyxie, Strangulationsfurche, Fractur des Zun— genbeins oder Schildknorpels, Ejaculation und Trennung der ins nern und mittlern Haut der Carotiden (wovon Amuſſat zuerſt geſprochen hat). 2) Wenn neben den Zeichen einer Asphyxie weder Ecchymoſe noch Strangulationsfurche, noch Fractur, noch Luxation vorhanden iſt, fo kann das Aufhaͤngen ebenſowohl während des Le— bens, als (was wahrſcheinlicher iſt) nach dem Tode ftattgefunden haben. 3) Fand ſich Ecchymoſe in der Haut und dem Halszellge— webe in der Naͤhe der Strangulationsfurche, ſo iſt Erhaͤngen waͤh— rend des Lebens wahrſcheinlicher. 4) Findet ſich Zerreißung der Bänder mit oder ohne Ecchymoſe in der Naͤhe und am Halfe gleichzeitig mit den Zeichen der Asphyxie und ohne ſonſtige Ver— letzungen an dem Körper, fo kann das Aufhaͤngen wihrend des Lebens, jedoch auch erſt nach dem Tode, ſtattgefunden haben. 5) Wenn bei den Zeichen der Asphyxie zugleich irgend ein Halswin— bei im Koͤrper gebrochen iſt, ohne daß andere Spuren von Gewalt— thaͤtigkeit vorhanden waͤren, ſo iſt es wahrſcheinlich, daß ein Mord ftattacfunden hat. 6) Bei Luxation des Atlas auf den Epiſtro— pheus kann man behaupten, daß das Aufhaͤngen erſt nach dem Tode ſtattgefunden hat es müßte denn caries eines Wirbels vor— handen ſeyn 5). 7) Die Beweiſe aus der Localitaͤt und den uͤbri⸗ gen aͤußern Umftänden find im Allgemeinen mehr geeignet. ein Ur— theil daruͤber zu geſtatten ob ein Aufhaͤngen vor oder nach dem Tode ftattgefunden habe. — ) Beſonders dieſe ſechste Behauptung ſteht mit directen Beobachtungen doch ſehr vielfaͤltig in Wider— ſpruch. (Gaz. méd., No. 41.) Sehnendurchſchneidung bei Fracturen von Dr. Meynier. Am 1. Auguſt wurde dieſe Operation bei einem jun— gen Menſchen gemacht, der an einer ſchweren Fractur des rechten Unterſchenkels litt. Nach manchen Zufaͤllen, deren ſchrecklichſter ein tetanus war, welcher indeß faſt vollkommen aufgebört hat, findet ſich eine große Wunde etwas uͤber dem untern Dritttheile des Unterſchenkels. Die fleiſchige Maſſe des tibialis anticus, ex- tensor communis und hallucis iſt dadurch getrennt; da deswegen die Antagoniſten fehlen, ſo haben die Wadenmuskeln, namentlich unter der Einwirkung des tetanus, die Ferſe nach Hinten, Au— ßen und Oben gezogen, ſo daß das obere Bruchſtuͤck mit dem un— tern einen nach Innen und Vorn ragenden Winkel bildet; das un— tere Bruchſtuͤck iſt uͤberdieß etwa SO Millimet, über das Ende des obern Bruchſtuͤckes hinaufgeſtiegen. Da die beiden Bruchflaͤchen durch einen fo weiten Raum voneinander getrennt ſind, fo find beide mit guten Granulationen bedeckt, bloßgeleat und gar nicht in der Lage, bald untereinander zu verwachſen. Nach vergeblichen Bemuͤhungen zur Reduction lagen zwei Anſichten vor, entweder ſollte der Fuß amputirt oder die Reſection der Bruchenden ge— macht werden; beide veranlaßten eine zu betraͤchtliche Verſtuͤmme— lung, und da ich nun einfah daß das einzige Hinderniß für Eins richtung des Gliedes in der Verkuͤrzung der Wadenmuskeln beſtand, ſo beſchloß ich, die Achillesſehne zu durchſchneiden. Dieſe Durch— ſchneidung wurde auf die gewoͤhnliche Weiſe unter der Haut aus— gefuͤhrt. Kaum war dieß geſchehen, ſo war die vorher unmoͤgliche e e und Adaptation der Knochen ausführbar. (Gaz. méd. 0. 38.) Biblio graphisch Description des mollusques fluviatiles et terrestres du départe- ment de /’Isere précédée de notions élémentaires sur la Con- chyliologie. Par Albin Gras. Grénoble 1841. 8. M. 6 T. Cours de Chimie, à P’usage de MM. les &coliers de l’&cole mi- litaire de St. Cyr. Par M. Colin. Paris 1841. 8. Monographie de la pupille artificielle, suivie de la description el eu heiten. d'une opération nouvelle qui a pour but la distention perma- nente de la pupille. Par A. Guebin. Nantes 1841. 8. Mit 2 K. Recherches historiques et pratiques sur les appareils employ&s dans le traitement des fractures en général, depuis Hip- pocrate jusqu'à nos jours. Par J. F. Malgaigne. Paris 1841. 8. — — — —— —Uↄꝓſ) Menue Motizen a u 5 dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde aefammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medieinalratde Froriep zn Weimar, und dem Mediemalratdt und Profeſſor Froriep zu Barlım. Noe. 370. (Nr. 18. des XVII. Bandes.) Maͤrz 1841. Gedruckt im Landes -Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preie eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. M., Fun Ueber die zerſtreuten Bloͤcke. Brief des Herrn E. Deſor an den Profeſſor de la Rive. Bevor ich ihnen uͤber die Beobachtungen, welche ich in Gemeinſchaft mit den Herren Agaſſiz, Vogt und Ni⸗ colet zu Anfange des Auguſts 1840 auf dem untern Aar— gletſcher angeſtellt, Bericht abſtatte, erlauben Sie mir Ih— nen Einiges uͤber die zerſtreuten Bloͤcke in der Nachbar— ſchaft von Berthoud im Canton Bern mitzutheilen. Ges genwaͤrtig, wo die Frage uͤber die Art der Fortbewegung dieſer, dem Boden, auf dem ſie ſich finden, fremden Stein— maſſen mit ſo großem Intereſſe beſprochen wird, halte ich es fuͤr die Pflicht des Geologen, deren Beſchaffenheit und Lage in den verſchiedenen Localitaͤten ſo genau, als moͤglich, zu beſtimmen, bevor der Gewerbfleiß des Menſchen deren gaͤnzliches Verſchwinden aus unſern Thaͤlern bewirkt hat. Auf dieſe Weiſe wird es vielleicht binnen nicht allzulanger Zeit gelingen, hinreichende Materialien zu einer Karte uͤber die zerſtreuten Bloͤcke der Schweiz zuſammenzutragen und fo den Weg zur Loͤſung dieſer wichtigen Frage anzubahnen. Es iſt eine bekannte Thatſache, daß jene zerſtreuten Bloͤcke nicht bloß in den Alpen und im Jura vorkommen. Die große ſchweizeriſche Ebene, welche ſich zwiſchen dieſen beiden Gebirgen ausbreitet, hat ſehr viele ſolche Bloͤcke auf: zuweiſen. Es giebt wohl kein Thal, keine Huͤgelkette in dieſer ganzen, der Molaſſeformation angehörenden Ebene, wo nicht Spuren von dieſen Alpenbloͤcken zu finden waͤren. Sie ſind im Allgemeinen dort mehr vereinzelt und kleiner, als im Juragebirge, wovon jedoch einige Localitaͤten eine Ausnahme bilden, wo ſie ebenſowohl durch ihre Zahl, als durch ihre Groͤße auffallen. Unter dieſen Oertlichkeiten zeichnet ſich vor Allem der Steinhof aus, welcher eben den vielen, dort die Erdoberfläche bedeckenden, zerſtoͤrten Bloͤcken ſeinen Na⸗ men verdankt. Der Steinhof iſt ein kleines Plateau von etwa 2 Stunde in's Gevierte und bildet einen Theil der Hügels kette, welche ſich noͤrdlich längs des Winingenſchen Thales No. 1470. K nd hinzieht. Er liegt drei Wegſtunden von Berthoud, links von der Heerſtraße von Bern nach Aarau, 4 Stunde vom Dorfe Rietwyl. Das im Allgemeinen ſehr enge Thal hat an dieſer Stelle eine Ausbuchtung, indem die dem Plateau gegenuͤberliegende Stelle der Huͤgelkette auf der andern Seite eine tiefe Luͤcke darbietet. Auf jenem Tafellande (welches zum Canton Solothurn gehört, während die ganze Umge» gend Berniſch iſt) find die Bloͤcke fo zahlreich und groß, wie an den in dieſer Beziehung ausgezeichnetſten Oertlich— keiten der Alpen und des Jura Das dortige Landvolk nennt fie die Geisberge; allein Niemand hat mir bis jetzt die Entſtehung dieſes Namens, der ſeit unvordenklichen Zeiten in dem ganzen oͤſtlichen Theile des Cantons Bern uͤb— lich iſt, etwas Beftiedigendes mittheilen koͤnnen. Unter den Blöden des Steinhofs iſt einer ganz be: ſonders bemerkenswerth. Die Leute in der Umgegend nens nen ihn die große Flue (dem großen Felſen), und Stu⸗ der und Hu gi haben deſſelben ſchon ſpeciell gedacht. Auf der hoͤchſten Stelle des Steinhofs liegend, gleicht er von Weitem einer Capelle. Er iſt deinahe quadratiſch, 45 Fuß lang und 42 Fuß breit und erhebt ſich wenigſtens 30 Fuß uͤber die Bodenoberflaͤche. Da er aber in die Dammerde eingeſenkt iſt, fo läßt ſich ohne Nachgrabungen deſſen cubis ſcher Inhalt, den Studer auf 60,000 Cubikfuß ſchaͤtzt, nicht genau beſtimmen. Einige Fuß von dieſem Haupt⸗ blocke finden ſich mehrere kleinere Felsmaſſen, die uͤbrigens von derſelben Art und wahrſcheinlich von jenem abgeſprun⸗ gen ſind. Die, welche dem großen Blocke zunaͤchſt ſich be— findet, zeichnet ſich durch ihre hohe, ſchlanke Geſtalt aus, und ihr Gipfel bildet beinahe eine Schneide. Die Kanten der uͤbrigen Fragmente, ſo wie des Hauptblockes, ſind ebenfalls ſcharf. Der letztere bietet uͤbrigens zwei große Spalten dar, von denen die eine denſelben in weſtoͤſtlicher Richtung durchſetzt, ſo daß die oͤſtliche Ecke von der Haupt⸗ maſſe durch einen leeren Raum von 1 Fuß Breite getrennt iſt. Ich bemerkte, zu meinem großen Staunen, in dieſem Spalte eine gewiſſe Anzahl eee (abgeführter) Steine 275 von mehreren Zoll bis 1 Fuß Durchmeſſer. Auch hat ein Baum darin Wurzel geſchlagen und ſchmuͤckt den Felſen oben mit ſeiner gruͤnen Krone. Der andere Spalt geht von Norden gegen Suͤden, iſt weniger breit, als jener und durchſetzt den Felſen nicht von einem Ende bis zum andern; allein auch in ihm bemerkt man geſchobene Steine. Es wuͤrde, meiner Anſicht nach, ſehr gewagt ſeyn, eine Theorie darüber aufzuſtellen, wie die geſchobenen Steine in dieſe Spal— ten gekommen ſeyen, zumal da der Block mitten zwiſchen urbarem Lande liegt und die Bauern daher ſehr wohl bei'm Abraͤumen der Felder jene Steine in die Spalten geworfen haben koͤnnen. Uebrigens liegen um den Block her mehrere Haufen ſolcher Steine. Der Eigenthuͤmer der benachbarten Meierei ſagte mir, daß vor Zeiten auf dem Gipfel des Blockes ein kleiner Garten geweſen ſey. Ein Bauer, den die Mutter meines Gewaͤhrsmannes noch gekannt, hatte ſich den Spaß gemacht, Erde hinaufzuſchaffen und dort Blumen und Gemuͤſe zu ziehen. Gegenwaͤrtig iſt die Oberflaͤche des Felſens kahl. Was die Spalten ſelbſt anbelangt, ſo ſind ſie ein be— deutſameres Merkmal, da ſie bei den zerſtreuten Bloͤcken ziemlich haͤufig vorkommen. Viele Bloͤcke des Jura ſind von einem Ende bis zum andern geſpalten, z. Be, der große, welcher in dem Walde uͤber dem Dorfe Corcelles im Canton Neufchätel liegt. Andere find in mehrere Stüde zerbrochen, und an den einander entſprechenden Ober— flaͤchen erkennt man, daß dieſe Fragmente einſt mit ein— ander verbunden waren. Die Vertheidiger der Theorie der Waſſerſtroͤmungen haben dieſe Spalten zu ihrem Vor— theile auslegen wollen. Sie betrachten dieſelben als eine Folge des heftigen Stoßes, den die Blöcke bei'm Auffchlas gen auf ihre gegenwärtige Lagerſtaͤtte erhalten haben ſollen. Ohne auf die nähere Beleuchtung dieſer Theorie hier eins gehen zu koͤnnen, muß ich doch bemerken, daß ich ſie fuͤr durchaus irrig halte, und daß, ſelbſt wenn fie auf die Bloͤcke des Jura Anwendung finden koͤnnte, ſie doch ruͤckſichtlich derjenigen des Steinhofs ganz unhaltbar ſeyn wuͤrde. Der dortige Hauptblock liegt auf dem vollkommen horizontalen Gipfel eines Plateau's. Waͤre er nun durch eine Waſſer— fluth dorthin geſchwemmt worden, ſo wuͤrde er dort nicht plotzlich zum Stillſtande gelangt ſeyn, ſondern ſich vorher eine Strecke gewaͤlzt haben, wie dieß immer der Fall iſt, wenn ein geſchleuderter Koͤrper mit einer horizontalen Ober— flaͤche in Beruͤhrung kommt. Er wuͤrde mehrmals aufge— ſchlagen und abgeprallt ſeyn, und die dabei abſpringenden Fragmente wuͤrden, nach Maaßgabe ihres Gewichts und der ihnen ertheilten centrifugalen Kraft, ſich von ihm entfernt haben. Statt deſſen liegen ſie ganz nahe an dem Blocke, ſo wie an einander, wodurch denn die Anſicht, daß der Block mit ungeſtuͤmer Heftigkeit hier angelangt ſey, durch— aus widerlegt wird. Auf der andern Seite beweiſ't uns die Anweſenheit von geſchobenen, abgerundeten Steinen, welche dieſe ſcharfkantigen Bloͤcke begleiten, daß dieſe nicht nach Art der ſich jetzt bildenden Moraͤnen von Gletſchern fortges ſchoben worden ſind, weil ſie ſonſt ebenſowenig ſcharfkantig ſeyn wuͤrden, wie die kleinen Steine. Die unlaͤngſt von 276 Herrn Agaſſiz aufgeſtellte Erklaͤrung, naͤmlich, daß ſie ſich mit der Oberfläche großer Eisfelder, nach Art der ſogenann— ten Gletſchertiſche, fortbewegt haben, ſcheint mir die größte Wahrſcheinlichkeit für ſich zu haben ). Ruͤckſichtlich der minetalogiſchen Beſchaffenheit unter- ſcheiden ſich die Bloͤcke des Steinhofs nicht merklich von denen des oͤſtlichen Jura. Sie beſtehen aus einem kalkhal— tigen Gneis von dunkelgrauer, in's Blaͤuliche ziehender Farbe, mit Spuren von Hornblende. Gewaltige, bis zu 3 Fuß Maͤchtigkeit beſitzende Quarzadern durchziehen die ganze Maſſe und find hier und da mit ſehr ſchoͤnen Cryſtallen überzogen. Das allgemeine Anſehen aller dieſer Bloͤcke erinnert an den Granit der Seitenthaͤler des Cantons Wallis. Die geſcho— benen Steine ſind ſehr verſchiedenartiger Natur; es giebt deren von reinem Quarz, andere von feinkoͤrnigem Granite, Chlorſchiefer u. ſ. w. Die zerſtreuten Bloͤcke werden vom Steinhofe nach dem oͤſtlich gelegenen Langenthale zu immer haͤufiger; allein nirgends liegen ſie dichter, als in einer Schlucht vor dem Walde, den man auf dem Wege vom Steinhofe nach Bal— lendingen zu paſſiren hat. Von Weitem glaubt man eine Menge Sennhuͤtten oder Schoppen zu ſehen, und beſonders bemerkenswerth iſt, daß man auf den ſich uͤber die Schlucht erhebenden Bergruͤcken nicht einen einzigen Block ſieht. An manchen Orten benutzt man dieſe Anſammlungen von Bloͤk— ken als Steinbruͤche. Die meiſten bieten Spuren von geſchich— teter Structur dar, ſo daß es oft gelingt, gewaltige Plat— ten von 15 bis 20 Fuß Laͤnge, 8 bis 10 Fuß Breite und 1% bis 2 Fuß Dicke abzuſprengen, die ſehr theuer (der Cu— bikfuß zu 5 Batzen) bezahlt werden. Der große Block auf dem Steinhofe iſt unlaͤngſt in Gefahr geweſen, auf dieſe Weiſe zerſchlagen zu werden. Gluͤcklicherweiſe haben ſich aber die Eigenthuͤmer der benachbarten Grundſtuͤcke nicht daruͤber vereinigen koͤnnen, wem er eigentlich gehoͤrt. Es waͤre ſehr zu wuͤnſchen, daß die Solothurner Regierung hier einſchritte und verhinderte, daß dieſes ſo merkwuͤrdige Denkmal einer großen Naturumwaͤlzung die Beute der Bau— gewerke wird. 20. Dec. 1840. (Bibliotheque univer- selle de Geneve. Janvier 1841). Ueber die Balanophoren **). Von H. R. Goeppert. 1) Die Balanophoren ſind Paraſiten, welche auf den Wurzeln verſchiedener Pflanzen vorkommen, mit denen fie durch ein aͤſtiges Rhizom verbunden ſind, welches von Eini— gen als ein gemeinſchaftlicher der Mutterpflanze und dem Paraſiten angehoͤrender Körper (ſogenannter intermediärer Körper) betrachtet wird, aus welchem ſich auf eigenen ) Agassiz, Etudes sur les glaciers. 1840. *) Auszug aus einer bald erfcheinenden Abhandlung in den Nova Acta Acad. Caes. Leop. Carol. N. C. Vol. XIX. Suppl. II. ueber den Bau der Balanophoren und das Vor⸗ kommen von Wachs in ihnen und in andern Pflanzen, mit drei lithographirten Tafeln. c 277 Stielen die Bluͤthenorgane erheben. Forſter entdeckte zus erſt auf den Neu» Hebriden die Balanophora fungosa, Blume ſpaͤter auf Java die B. abbreviata und elongata, denen Junghuhn noch drei, die B. alutacea, maxima und globosa hinzufuͤgt, welche ich ſaͤmmtlich, mit Ausnah⸗ me der beiden erſten Arten, durch guͤtige Vermittlung des Praͤſidenten der Academie, Herrn Nees v. Eſenbeck, zu unterſuchen Gelegenheit hatte. Sie beſtehen aus pa— renchymatoͤſem Zellgewebe und enthalten ein Gefaͤßſyſtem von doppelter Art und Urſprung. 2) Das Zellgewebe der Balanophoren, ſo wie aller übrigen Theile der Pflanze, zeigt ſowohl feiner parenchyma— töfen Form, wie feiner Bildung nach ruͤckſichtlich des uberall vorkommenden Zellenkernes (Nucleus B. Br. oder Cyto- blast, nach Schleiden) große Uebereinſtimmung, wie ich denn auch keine einzige phanerogamiſche Pflanze kenne, bei welcher in allen Organen, ſelbſt im Zuſtande der hoͤchſten Entwickelung, die Rudimente der erſten Bildung, die Zellen: kerne, noch vorhanden waͤren. Das Zellgewebe unterſcheidet ſich dadurch, ſo wie auch durch ſeinen, von mir zuerſt nach— gewieſenen Wachsgehalt, weſentlich von dem der Mutter: oder Naͤhrpflanze; die rothgefaͤrbten, gerbeſtoffreichen Rin— denzellen der letzteren liegen neben den weißen, mit der wachsaͤhnlichen Maſſe erfüllten des Paraſiten, ohne den ge— ringſten Uebergang zu zeigen. 3) Das Vorkommen von Wachs in dem innern Pa- renchym des Gewaͤchſes, welches ich unter dem Namen Ba— lanophotin als eigenhuͤmliche Wachsart unterſcheide, iſt bis jetzt ohne Beiſpiel in der Pflanzenwelt, da bisher daſſelbe immer nur als aͤußerer Ueberzug der Theile, oder in fehr ges ringer Quantität mit andern Maſſen vermiſcht, in den Saͤf— ten der Pflanzen angetroffen ward. Die Menge deſſelben in dieſen Pflanzen iſt fo groß, daß man bei'm Einſchnei— den in Wachs zu ſchneiden waͤhnt. In Java zerftößt man ſie, nach den werthvollen Mittheilungen des Herrn Jung— huhn, zu einem Breie und beſtreicht dünne Bambusſtaͤbchen damit, die dann getrocknet zu Kerzen dienen und ruhig mit heller Flamme brennen. Bei den uͤbrigen Arten der Rhi— zantheen, wie nach Herrn Unger namentlich bei Sey— balium und Cynomorium, iſt der Amyiumgehalt in den Zellen bedeutend, wovon merkwuͤrdigerweiſe bei den Balano— phoren nicht eine Spur zu entdecken iſt, daher hier gewiſ— ſermaßen das Wachs die Stelle des Amylum's als Zellen: inhalt zu vertreten ſcheint. — 4) Nicht minder merkwuͤrdig, und ſo viel mir bekannt bis jetzt nur den Balanophoren eigenthuͤmlich, iſt das ſchon von Herrn Unger beobachtete Vorhandenſeyn eines doppel— ten Gefüßfnftems, wovon das eine der Pflanze ur ſpruͤnglich fremde aus der Mutterpflanze ent ſpringt und nur für die niederen oder Vegeta⸗ tionsorgane, das andere im Zellgewebe der Pflanze ſich bildet und für die Fructifications— organe oder für die der höheren Entwickelung beſtimmt iſt. Wer duͤrfte ſich hierbei nicht an die aͤhn— liche bei den Thieren oft wiederkehrende Erſcheinung erin— nern, indem ſo haͤufig zu einem und demſelben Organe 278 Nerven und Gefäße verſchiedenen Urſprungs verlaufen. Er⸗ ſteres hat ganz den Character der Holzbündel der Mutter⸗ pflanze oder eines Dicotyledonenhol zes, enthält Mark, Mark⸗ ſtrahlen und concentriſche Holzſchichten, welche aus punctirten Gefäßen und Parenchymzellen beſtehen. Letzteres unterſchei⸗ det ſich weſentlich durch den einfacheren Bau, indem die Gefaͤßbuͤndel nur geſtreifte Gefäße und verlängerte Zellen mit Zellenkernen enthalten. 5) Aus den eben geſchilderten Eigenſchaften des ſoge⸗ nannten intermediaͤren Körpers und des uͤbereinſtimmenden, zelligen Baues deſſelben mit den ſich daraus entwickelnden Bluͤthenſtielen, ſo wie aus den chemiſchen Eigenſchaften, na⸗ mentlich dem Wachsgehalte deſſelben, muß man unbedingt an⸗ nehmen, daß beide zu einer Pflanze gehoͤren und ein Gan— zes ausmachen, welches von dem Mutterkoͤrper, oder der Naͤhrpflanze weſentlich verſchieden iſt, und daß erſterer, naͤm⸗ lich der intermediaͤre Körper, nicht etwa als ein Product ei⸗ ner Pſeudomorphoſe angefehen werden kann, der feine Ent— ſtehung einem zufaͤlligen Einfluſſe verdankt. — 6) Die Bluͤthen der Balanophoren find dikkiniſch, die von B. elongata, maxima, globosa zweis, die von B. alutacea einhaͤuſig. Die maͤnnlichen Blüthen haben eine vierblaͤttrige Hülle. Die Antheren ſitzen auf einem Traͤger zu 24 — 34, öffnen ſich in Laͤngsſpalten. Die Zellen derſelben unterſcheiden ſich nicht von denen des uͤbrigen Parenchym's. Die Pollenkoͤrnchen ſind rundlich, befeuchtet und ſtumpf dreieckig und beſtehen aus zwei Haͤuten. Die weiblichen, auf einem laͤnglichen Kolben ſitzenden Bluͤthen entbehren der Bluͤthenhuͤlle ganzlich. Die Ovarien ſitzen auf dem Paren⸗ chym, um einen druͤſenartigen, kopffoͤrmigen, ſehr wachsreichen Korper (receptaculum glandulaeforme). Für die Selbſtſtaͤndigkeit ſprechen ferner auch die Er: fahrungen von Herrn Jung huhn, daß nämlich die ſpeci— fiſchen Eigenthuͤmlichkeiten der Balanophora elongata nach ihrem Wachsthume auf ſehr verſchiedenen Mutterpflan- zen nicht im Geringſten geändert werden, fo wie, daß ein und daſſelbe Individuum der genannten Baumarten auf feis nen Wurzeln Balanophoren, ſowohl maͤnnlichen als weib— lichen Geſchlechts, trage. Um daher keine Zweideutigkeit zu veranlaſſen, erſcheint es am zweckmaͤßigſten, die Bezeich⸗ nung intermediaͤrer Körper gänzlich fallen zu laſſen und fie mit Wurzelſtock, rhizoma, oder richtiger caudex, zu vers tauſchen. 7) Die, obſchon allerdings ſehr einfach gebauten, em— bryoloſen, nur mit einem, nicht mit zwei griffelartigen Fortſaͤtzen veriehenen Saamen (ovaria minima ovoidea, Jungh.) vermitteln gewiß, wenn man es bis jetzt auch, wie Herr Junghuhn ſagt, noch nicht beobachtete, die Erzeugung der Pflanze, und zwar auf die Weiſe, daß bei ihrer Keimung auf der Rinde der Mutterpflanze, einer Impfung aͤhnlich, wie auch der Praͤſident der Academie, Herr Nees v. Eſen— bed, meint, ein bedeutender Reizungs-oder Entzuͤndungs⸗ proceß in dem Mutterkoͤrper oder der Wurzel der fremden Pflanze hervorgebracht wird, wodurch eine reichliche Entwik— kelung von Rinden- und Holzſubſtanz entſteht, die ſich bei der Inſertionsſtelle durch Anſchwellung zu erkennen giebt und 18 * 279 fo allmaͤlig in die reinzellige Bildung des Paraſiten eins dringt. Nachdem dieß geſchehen iſt, mag die Ernährung Freilich groͤßtentheils noch durch die Mutterpflanze geſchehen, die Gefaͤßbuͤndel werden nun ganz und gar in die Lebeus— ſphaͤre des Paraſiten gezogen, indem ſie nicht den gewoͤhn⸗ lichen Geſetzen der Verzweigung von Wurzelaͤſten folgen, ſondern ſich ganz den Verzweigungen des Paraſiten anſchlie— ßen, ſich dort in Aeſte oder neue Zweige theilen, wo dieß bei ihnen der Fall iſt und dort ſich endigen, wo auch ihm die Graͤnzen des Wachsthums geſetzt ſind. Freilich kann dieſe Anſicht erſt ihre eigentliche Begruͤndung finden, wenn es einmal gluͤckt, den Keimungsact zu beobachten; zunaͤchſt ſcheint mir aber die eben geſchilderte Art ſeiner Entwicke— lung den durch meine Unterſuchungen gewonnenen Erfah: rungen am meiſten anzupaffen und moͤglichſt weit ſich von Hypotheſen, die durch keine Thatſachen begruͤndet werden, entfernt zu halten. — 8) Was nun die Stellung der Balanophoren im natuͤrlichen Syſteme anbelangt, ſo zeigen ſie in ihren Ein— zelnheiten mit ſo vielen Familien Verwandtſchaft, daß es, in der That, nicht leicht iſt, ſie auf entſprechende Weiſe einzuteihen. So gleichen die Wurzelkoͤrper von B. elon- gata und B. maxima dem aͤſtigen Rhizom eines Farren— krautes, die der B. alutacea manchen Sphaerien, die von B. globosa einem Scleroderma oder Lycoperdon, während die Bluͤthenkolben in ihrem Aeußeren, namentlich die maͤnnlichen, in der erſten Entwickelung vor dem Aufbluͤ— hen den Cycadeen und Coniferen nach Agardh (Aphor. botan. 1825. p. 208), auch Urticeen, wie Artocarpi, namentlich durch die Vierzahl der Bluͤthenfuͤlle, ähneln und die weiblichen an Typha oder an die Aroideen oder Pan— daneen erinnern. Der Bau des Wurzelkoͤrpers oder des Rhizoms, fo wie der Bluͤthenſtiel, iſt entſchieden monocotyle— doniſch, die Gefaͤßbuͤndel aber ſelbſt viel einfacher, als die der meiſten Monocotyledonen zuſammengeſetzt und hierin den Farren verwandt. Sollte die beſtaͤndige Anweſenheit des Zellenkernes, welchen wir ſonſt gewoͤhnlich nur in den erſten Anfaͤngen der Bildung begegnen, auch nicht ſchon auf die niedrige Entwickelungsſtufe hindeuten? Wenn wir nun ihre Abhaͤngigkeit von andern Gewaͤchſen erwaͤgen, und vor Allen den einfach gebauten, des Embryo's, ſo viel wir wenigſtens davon wiſſen, gaͤnzlich entbehrenden, alſo Eryptos gamiſchen Saamen in Betracht ziehen, ſo kann ich daher den Herren Endlicher und Unger nur beiſtimmen, daß fie die Balanophoren mit den übrigen Rhizan— theen als eine für ſich abgeſchloſſene Pflan— zengruppe in die Nähe der Farren bringen. 280 Schließlich fuͤge ich noch hier die aus dem ſchon genannten Werke von Endlicher entlehnte, nach Herrn Jung— huhn's und meinen Beobachtungen verbeſſerte Diagnoſe der Gattung bei: Balanophora Forst. Flores androgyni in eo- dem capitulo, masculi inferiores pauei feminei, superiores plurimi vel dioici. Masculi pedicellati. Perigonium 4 phyllum caducum. Stamina plura 24 — 34 symphysandra. Antherae extrorsae con- natae, rimis longitudinalibus dehiscentes. Feminei circa receptacula glandulaeformia glomerati. Peri- gonium nullum. — Ovaria ovoidea, stylo unico terminali coronata. Semina nuda exembryonata. — is c e lle n. Ueber den Alligator giebt Herr Dr. Luͤzenberg, Präs ſident der Geſellſchaft der Naturgeſchichte und Wiſſenſchaften Loui— ſiana's, in einem an den Director des botaniften Gartens zu St. Petersburg, Hrn. Fiſcher, gerichteten Schreiben d. d. Neuorleaus 4. December 1840, folgende Nachrichten: „Die Alligatoren, welche man in einer Prairie in der Nähe der Stadt antrifft, bereiten ſich ihr Neſt von Kräutern. Sie bringen davon eine hinlaͤngliche Quantität zuſammen, um einen Kegel von 3 Fuß Höhe und 3 Fuß Baſis Durchmeſſer zu bilden, legen auf den Gipfel dieſes Kegels ihre Eier und bedecken ſie mit Kraͤutern. Da der Boden der Prairie gewoͤhnlich einige Zoll hoch mit Waſſer bedeckt iſt, ſo bewirkt die Capillaranziehung, daß das Waſſer auch in den Kräutern und Graͤſern, wovon das Neſt gebildet in die Höhe geht, wodurch letzteres beitändig feucht erhalten wird, etwa wie ein Miſthaufen und in einem Zuftande langſamer Gaͤhrung ſich befin- det; zur Zuſammenſetzung dieſer Neſter kommt weder Schlamm noch Sand, und ich glaube wirklich nicht, daß die Alligators (bei uns) ihre Eier in den Sand legen; wenigſtens ich habe ſie immer ſo gefunden, wie ich ſie beſchrieben habe. Gewoͤhnlich laͤuft das Weibchen bei dem geringſten Allarm nach dem Neſte hin und ver— theidigt es mit viel Muth. Als ich vor einigen Wochen ein Alli⸗ gatorneſt berauben wollte, wurde ich von dem Weibchen angegrif— fen, und obgleich ich von vier kraͤftigen Negern begleitet war, mußte ich doch, nach einem faſt ſtuͤndigen Kampfe, die Unternehmung aufgeben. Es kann Verwunderung erregend ſcheinen, daß wir das Thier nicht mit Flintenſchuͤſſen getoͤdtet haben; aber wenn man weiß, wie die Prairie der Aufenthalt einer ſo unzaͤhligen Menge Inſecten iſt, daß, mit Ausnahme des Alligators, jedes andere le— dende Weſen daſelbſt ausgerottet iſt, ſo begreift man, daß ſelbſt ber Gebrauch der Feuergewehre eine precaire Huͤlfe wird. (Bulle- tin scientifique publ. p. l’acad. imp. de St. Petersbourg. No. 79. v. 7. Februar 1841.) Von der Lebensweiſe des Bruchus granarius mel- dete Herr A. W. Griesbach der Entomologiſchen Geſellſchaft zu London, daß er gefunden habe, dieſer Kaͤfer erlebe ſeine Verwand— lung im Innern der Erbſe und nicht in dem Erdboden. — Necrolog. — Der berühmte Phyſiker, Herr Felix Sa: vart, Mitglied des Inſtituts und Profeſſor am College de France zu Paris, iſt geſtorben. TS , 'r Te ee kmh u Ein Fall von Krankheit der hintern Strange des Ruͤckenmarks. Von E. Stanley. Joſeph Cosden, 44 Jahre alt, wurde im St. Bartholomaͤus⸗Hoſpitale, wegen Verluſt der Bewegungsfaͤ⸗ one. higkeit der untern Gliedmaßen, aufgenommen. Es war keine aͤußere Verletzung vorausgegangen, und die Symptome wa— ren zuerſt vor etwa 3 Jahren aufgetreten. Zuerſt, einige Zeit lang, war die Beeintraͤchtigung der Bewegung nur leicht, nahm aber ſpaͤter allmaͤlig zu. Bei der Unter— ſuchung wurde der Kranke nun auf einen Stuhl geſetzt; u 281 bier konnte er mit großer Anſtrengung die Füße von dem Boden in die Hoͤhe heben; nachher aber wurde die Unbe— weglichkeit vollkommen und betraf beide Beine in ihrer gan— zen Ausdehnung. Die Empfindungsfaͤhigkeit war durchaus ungeſtoͤrt. In den obern Extremitaͤten war keine Störung der Bewegung oder Empfindung zu bemerken; der allge: meine Geſundheitszuſtand war ſchwach. In der Idee, daß die Laͤhmung der untern Extremitaͤten von einer Congeſtion in den Gefaͤßen des Ruͤckenmarks abhaͤngen moͤge, wurden durch Schroͤpfkoͤpfe einige Unzen Blut in der Lendengegend entzogen. Dieß verminderte den Puls, veranlaßte das Ge— fühl aͤußerſter Schwäche, beſſerte aber den Zuſtand der Er: tremitaͤten nicht. Es wurde hierauf Queckſilber bis zur maͤßigen Salivation, jedoch ohne Erfolg, gegeben. Die fer— ner eintretenden Symptome waren nur die einer allmaͤlig zunehmenden Erſchoͤpfung der Lebenskraͤfte mit dem Unver— mögen, den Urin auszutreiben, oder die faeces zuruͤckzu— halten. Chinin, Ammonium, Wein, mit ſehr naͤbrender Diaͤt, bewirkten eine leichte und voruͤbergehende Beſſerung des Allgemeinbefindens, aber keine Aenderung in dem Zu— ſtande der untern Gliedmaßen. Etwa 3 Monate nach ſei⸗ ner Aufnahme in das Spital ſtarb der Kranke. Waͤhrend des ganzen Verlaufes war die Anſicht ausge— ſprochen worden, daß es eine Krankheit des Ruͤckenmarkes ſey, die ſich wahrſcheinlich auf die vordere Haͤlfte des Ruͤk— kenmarks oder auf die vordern Wurzeln der Spinalnerven beſchraͤnke. Bei der Section fand ſich aber wirklich, daß das Ruͤckenmark allein der Sitz der Krankheit war, daß aber dieſe Krankheit ſich genau auf die hintere Haͤlfte oder auf die hintern Straͤnge beſchraͤnkte. Es fand ſich etwa eine Unze ſeroͤſer Fluͤſſigkeit innerhalb der dura mater des Ruͤk— kenmarks; in anderer Beziehung waren die Haͤute normal. Die Subſtanz der hintern Straͤnge des Ruͤckenmarks hatte in deſſen ganzer Laͤnge folgende Farbe- und Conſiſtenzver— aͤnderungen erlitten: es war von dunkelbrauner Farbe, von außerordentlicher Weichheit und Zaͤhigkeit, waͤhrend die ganze vordere Haͤlfte die ganz natuͤrliche Farbe und Conſiſtenz zeigte. Bei einer Spaltung des Ruͤckenmarks von Vorn nach Hin— ten ergab ſich, daß die geſunde und kranke Maſſe der Ner— venſubſtanz ſich ſehr genau in einer geraden, ununterbroche— nen Linie von oben bis unten abgraͤnzte. Die Wurzeln der Spinalnerven waren unveraͤndert; das Gehirn war geſund; die Schleimhaut der Harnblaſe zeigte die Spuren friſcher Entzündung; die Nieren und die Übrigen Eingeweide waren geſund. Der Werth dieſes Falles beſteht in der Klarheit der Symptome, welche vorher von vielen competenten Beobach— tern auf gleiche Weiſe feſtgeſtellt worden waren. Denn der Kranke war zuerſt auf der mediciniſchen Abtheilung des Dr. Rupell aufgenommen und ſpaͤter nach der chirurgiſchen Abtheilung uͤbergeben worden. Die Leichenoͤffnung geſchah in Gegenwart vieler Studirenden. Dieſer Fall ſteht nicht ganz einzig da *); aber es iſt mir keiner bekannt, in wel *) Clinique Chirurgicale de l’höpital d’instruction de Stras- bourg per P. Malle. 8. Paris 1858. — „Observation — 282 chem die Symptome fo deutlich wären. In Ruͤckſicht auf die Phrfiologie lehrt dieſer Fall, daß wir, bei voller Aner— kennung der Richtigkeit der verſchiedenen Function der hin⸗ tern und vordern Spinalnervenwurzeln, bei dem jetzigen Zus ftande unſerer Kenntniſſe, dieſelbe Anſicht nicht auf die ein⸗ zelnen Straͤnge des Ruͤckenmarks uͤbertragen koͤnnen. Es koͤnnte ſcheinen, als wenn es ein ſicherer Schluß waͤre, daß Structurveraͤnderung in der hier beobachteten Ausdehnung in dem Ruͤckenmarke von entſprechender Aufhe— bung der Function des Theiles in Bezug auf ſeine Faͤhig— keit, Nerveneinfluß zu erzeugen und mitzutheilen, begleitet ſeyn muͤſſe; es finden ſich jedoch authentiſche Faͤlle von krankhafter Zerſtoͤrung eines Theiles des Ruͤckenmarks in feiner ganzen Dicke, wobei willkuͤhrliche Bewegung und Em— pfindung in den Theilen unterhalb des Sitzes dieſer Krank— heit fertdauerten ). In derſelben Ruͤckſicht iſt auch von dem hier mitgetheilten Falle zu erwaͤhnen, daß trotz der Structurveränderung in dem Cervicaltheile des Ruͤckenmarks keine Stoͤrung und Empfindung in den obern Gliedmaßen zu bemerken war. Dieß ſind Schwierigkeiten, welche in dem gegenwärtigen Zuſtande unſerer Kenntniſſe die Erklaͤ— rung der pathologiſchen Erſcheinungen begleiten. (Med. chir. transact., Vol. 23.) Exſtirpation einer Eierſtocksbalggeſchwulſt. Von Benjamin Philipps. Ohne Zweifel iſt es angenehmer, gluͤckliche Reſultate der Pra— xis mitzutheilen; dennoch iſt es ebenſo Pflicht des Practikers, auch die ungluͤcklichen Reſultate bekannt zu machen. Es giebt viele chi⸗ rurgiſche Operationen, welche in der Praxis ſo feſt ſtehen, daß es unnötbig ſcheint, die Reſultate derſelben bekannt zu machen. Den: noch giebt es keine, von der wir die Gefahr und Bedeutung ges nau kennen. Es waͤre wichtig, in großer Ausdehnung die Gefahr, welche mit jeder Operation verbunden iſt, zu erforſchen, und die Reſultate ſolcher Unterſuchungen ſollten vor jeder einzelnen Operation genau uͤberlegt werden. So, z. B., kommen Faͤlle von Aneurysma der innominata vor; es ſind Spontanheilungen dieſer Krankheitsform beobachtet. Nehmen wir nun an, daß die Natur einmal in bun— dert Faͤllen die Spontanheilung zu Stande bringt und zeigt es ſich ferner, daß die gewoͤhnliche Operation 99 Mal unter 100 Fällen fehlſchlage, fo verſpricht die Operation nicht mehr, als die Natur von ſelbſt thut; wenn ſie aber fehlſchlaͤgt, ſo erfolgt der Tod raſch, während man ohne Operation bei, übrigens ſorgfaͤl⸗ tiger Behandlung des Falles, das Leben noch Monate und ſelbſt Jahre lang erhalten kann. Offenbar iſt unter ſolchen Umftänden die Operation nicht zu rechtfertigen. Bisjetzt beſitzen wir die noͤ⸗ tbigen Materialien zu einer ſolchen Beſtimmung des Werthes der Operationen nicht; in ſehr vielen Fällen iſt uns unbekannt, ob die Natur oder die Kunſt in der Mehrzahl der Faͤlle mehr vermag. Ramollissement de la partie posterieure de la moälle épi- niere avec perte de la motilit€ des extr&mites sup&rieures et persistence de la sensibilite.“ Das Rückenmark fand ſich zwiſchen dem 5ten Hals- und Sten Ruͤckenwirbel in feiner Structur verändert. Die Veraͤnderung war in den aͤußern Theilen des Stranges am ſtaͤrkſten und verminderte ſich all: maͤlig gegen das Centrum hin. *) Olivier, Traité de la moélle &piniere et de ses Maladies. Tome II. Observation LXXXV. 283 Wenn eine ſolche Belehrung ſchon bei allgemein angenommenen Operationen wichtig iſt, um wie viel mehr wäre dieß der Fall in Bezug auf Operationen, äber welche die Anſichten noch getheilt ſind? Sehr wenige Aerzte haben einen Begriff von der Ausdeh— nung der Mortalitaͤt in Folge der chirurgiſchen Krankheiten, und bis nicht ein vollſtaͤndiges und offenes Berichterftatten angenommen wird, koͤnnen wir nicht hoffen, vollſtaͤndiger unterrichtet zu werden. Es ſcheint eine ungluͤckliche Neigung einzureißen, daß man nur gluͤckliche Fälle bekannt macht, als wenn ein Vorwurf damit vers bunden waͤre, wenn Fälle ein unguͤnſtiges Ende nehmen, deren Natur es iſt, oft fehlzuſchlagen. Dieſes Syſtem iſt in jeder Ruͤck— ſicht unmoraliſch; daß ich aber die Sache nicht zu ſchwarz ſehe, ergiebt ſich, ſo wie man unſere woͤchentlich erſcheinenden medicini— ſchen Journale aufſchlaͤgt. Was man auch fuͤr eine Krankheit in's Auge faßt, nimmt man die publicirten Fälle als das reine Reſul— tat der Erfahrung, ſo kann man nur zu der Folgerung kommen, daß die Gewalt der Medicin und Chirurgie über die Krankheit außerordent— lich groß ſey, und daß ein Fehlſchlagen aͤußerſt ſelten vorkomme. Bei'm Typhus, z. B., ſcheint die Mortalität kaum 4 zu erreichen, waͤh— rend nach den wahren Spitalberichten bei jeder Art der Behand— lung die Mortalität ein volles Dritttheil betraͤgt. Dieſelben Schluͤſſe paffen auf die Bruͤche, auf Amputation, Ligatur der Arterien ꝛc. Eine der Urſachen dieſes Verhaͤltniſſes beruht darin, daß die Aerzte eine große Neigung haben, Todesurſachen aufzufinden, auf welche die Kunſt keinen. Einfluß haben konnte; dieß iſt felten ſchwierig, und die Folge iſt, daß bei einer Zuſammenſtellung der Reſultate ihrer Behandlung ſie alle Faͤlle ausſchließen, in welchen fie eine von der Operation oder der Behandlung unabhaͤngige To— desurſache ausfindig machen konnten. Dieß iſt eine gefährliche Handlungsweiſe, offenbar irrthumlich und ohne irgend einen Keim zu etwas Gutem. Es iſt beſſer, daß wir bei einer gegebenen Krankheit und einer gegebenen Behandlungsweiſe das ganze Re— ſultat kennen: ſo Viele ſtarben, ſo Viele wurden hergeſtellt; ohne dieſes iſt kein ſicheres Urtheil uͤber den Vorzug einer oder der an— dern Behandlunagsweiſe moͤglich. In den letzten Jahren ſind meh— rere Spitalberichte bekannt gemacht worden. Dieſes Beiſpiel muß nachgeahmt werden, weil nicht bloß das Publicum, ſondern auch die Medicin dadurch gewinnen ſoll. Dieſe Bemerkungen beziehen ſich beſonders auf eine in den letzten vier Jahren in die Praxis einge fuͤhrte Behandlungsweiſe der Eierſtocksbalggeſchwuͤlſte. Es iſt nicht der Muͤhe werth, in den Schriften der Alten zu ſu ten, ob nicht bereits in fruͤheren Zeiten Verſuche vorgekommen find, Eierſtocksbalggeſchwuͤlſte zu ertrahiren. Für uns genügt es, anzunehmen, daß Herr Jeaffreſon einiges Verdienſt in Bezug auf Behandlung der Baͤlge dadurch hat, daß er dieſelben durch eine kleine Oeffnung in den Bauchwaͤnden extra— hirte. Ich nehme an, daß alle Fälle, in welchen dieſe Operation ausgeführt worden iſt, bekannt gemacht worden find. Mir find bloß elf Faͤlle bekannt, (ich ſchließe Herrn Kina's Fall aus, in welchem kein Balg gefunden wurde, obwohl das Reſultat guͤnſtig war). Von dieſen wurden ſieben vollkommen und einer unvollkom— men hergeſtellt: bei dreien wurde die Herſtellung nicht erlangt. Zu dieſen gehoͤrt folgender Fall: Herr Weſt behandelte eine Kranke mit einer Balggeſchwulſt, welche elf Gallonen Fluͤſſigkeit enthielt. Ihr Allgemeinbefinden war geſtoͤrt, und es war mehr— mals die Paracenteſe ausgefuͤhrt worden. Ein zweiter Fall ereig— nete ſich im Guy’s Hospital, wo es nicht moͤglich war, den Balg zu extrahiren. Mein eigner Fall iſt, ſo viel ich weiß, der dritte ungünftige, und die Urſachen des Fehlſchlagens will ich jetzt aus— einanderſetzen. Herr Jeaffreſon hat daher vollkommen Recht, ſich darüber Glück zu wuͤnſchen, daß er eine Behandlung der Eier— ſtocksbalggeſchwuͤlſte angegeben hat, welche unter übrigens guͤnſti— gen Umſtaͤnden von großem Nutzen ſeyn kann. Es giebt einige Umſtaͤnde, welche man für den Erfolg der Operation für günftig haͤlt: z B., ein einziger Balg mit bloß fluͤſſigem Inhalte, Abweſenheit von Adhaͤſionen mit den Bauch— wandungen, gute Beſchaffenheit des Allgemeinbefindens. Bloß die: ſer letztere Umſtand kann mit Sicherheit feſtgeſtellt werden Ruͤck— ſichtlich der uͤbrigen kommen wir nicht wohl uͤber wahrſcheinliche Conjectur hinaus. Indeß find auch Abhaͤſionen und ſelbſt die Eri: 284 ſtenz eines feſten Theiles in der Geſchwulſt nicht gerade Contrain⸗ dicationen gegen die Operation, indem beide Schwierigkeiten glüce lich uͤberwunden worden ſind. A. D., 21 Jahr alt, war bis zu Weihnachten 1839 im Allge— meinen ziemlich wohl, als ſich ein ſchwerer, aber nicht intenſiver Schmerz in der rechten regio iliaca einſtellte, welcher allmaͤlig nachließ, worauf eine leichte Geſchwulſt in der Nabelgegend bes merkbar wurde. Dieſe nahm fortdauernd zu und war von einigem Schmerze in derſelben Gegend begleitet. Der Schmerz wurde durch Schroͤpfen etwas vermindert, war überhaupt nicht heftig und ruhrte wahrſcheinlich von Spannung ber. Im Mai war die Geſchwulſt in fo weit vergrößert, daß ſie außertich bemerkbar wurde und zu kraͤnkenden Anmerkungen Veranlaſſung gab. Im Juni wendete ſich die Kranke an Herrn Liston; dieſer ſchickte fie zu Herrn Lo cock, welcher fie mit großer Sorgfalt unterſuchte und ihr ſagte, daß fie an einer Eierſtocksbalggeſchwulſt leide, welche da— mals ungefahr 10 Pinten Fluͤſſigkeit enthalten mochte; er fagte ihr, daß Arzeneien nichts helfen werden. daß die Paracıniefe nur temporaͤre Erleichterung ſchaffen werde und nicht zu empfehlen ſey, daß aber in den letzten vier Jahren eine Operation erfunden worden ſey, wodurch der Balg ertrabirt werde, fo daß, wenn dieſe Operation gelinge, die Krankheit radical geheilt ſey. Mit dieſem Ausſpruche kehrte ſie zu Herrn Liston zuruͤck, welcher die Kranke in das Nord⸗Londen Spiral aufnehmen wollte. Dieß ge— ſchah indeß, da Dr. Thomſon einen feſten Theil in der Ge: ſchwulſt zu fuͤhlen glaubte, nicht Da die Kranke dennoch entſchloſ— ſen war, die Eyſte extrahiren zu laſſen, ſo wendete ſie ſich an Dr. Hamilton Roe, welcher ſogleich die Natur der Krankheit er— kannte und ihr ſagte, daß fie nur von der Extraction des Balges vollſtaͤndige Huͤlfe erwarten dürfe, eine Operation. welche zwar meiſtens einen gluͤcklichen Ausgang gehabt habe, aber doch auch nicht ohne betraͤchtliche Gefahr ſey, ſo daß ſie waͤhlen muͤſſe zwi⸗ ſchen einer gefaͤhrlichen Operation oder dem Beibehalten einer Ge— ſchwulſt, mit welcher ſie lange leben koͤnnte. Hierauf ſendete er die Kranke zu mir. Ich fand, daß wahrſcheinlich keine Adhaͤſionen vorhanden ſeyen, daß die Ausdehnung raſch zunehme, und daß die Kranke von Tag zu Tag weniger im Stande war, ihren Beſchaͤf— tigungen nachzugehen, daß ihr Allgemeinbefinden zu leiden anfing, und daß bisjetzt etwa 15 — 16 Pinten Fluͤſſigkeit ſich in dem Balge befinden. Ich wiederholte den Rath des Dr. Locock, theilte ihr die Reſultate der Operation die Gefahren derſelben mit, und ſagte, daß, wenn ſie zu der Operation entſchloſſen ſey, ich dieſelbe unternehmen wolle, vorausgeſetzt, daß bei einer Conſultation mit meinen Collegen auch dieſe der Anſicht ſeyen, daß in dem Eier— ſtocksbalge ſich nur fluͤſſiger Inhalt befinde. Die Kranke entſchloß ſich; meine Collegen waren mit mir einverſtanden, und es wurde die Operation beſchloſſen. Da die Kranke vorher verſtopft war, ſo ließ ich ſie erſt et— was Rhabarber nehmen, worauf ſie in das Spital aufgenommen wurde und guten Muthes war. Am 9. September, 10 Uhr Morgens, wurde, im Beiſeyn meh— rerer Aerzte, die Operation ausgefuͤhrt. Die Kranke lag auf einem Bette; der Hautſchnitt begann etwa 1 Zoll unter dem Nabel und wurde 14 Zoll weit fortgeſetzt, mehr als beabſichtigt war, weil, trotz der großen Ausdehnung des Unterleibes, doch eine 3 Zoll dicke Fettſchicht auf der Bauchwand lag. Ich präparirte ſorgfaͤltig weis ter, bis ich auf den Sack kam, welchen ich ſogleich mit einer Zange feſthielt, um keine Schwierigkeit bei der Entleerung deſſelben zu haben. Es wurde nun mit einem Troicart punctirt, und es wur— den 330 Unzen einer durchſichtigen, eiweißartigen Flüfiigkeit aus— geleert, worauf der ungewoͤhnlich dicke Sack durch die noch ein Wenig erweiterte Oeffnung herausgezogen wurde. Der Sack war nur mittelſt eines Stieles an der tuba Fallopii in der Ausdeh— nung von 14 Zoll angeheftet. Die tuba wurde nun mit einer Ligatur feſt unterbunden, die Enden des Ligaturfadens kurz abge— ſchnitten und der Sack ohne die mindeſte Schwierigkeit abgeloͤſ't. Es ging nicht eine Unze Blut waͤhrend der ganzen Operation ver— loren. und wenn man berüctjichtigt, daß ihr Puls während der Operation nur um zwei Pulſationen frequenter wurde und bei'm 285 Schluſſe nur 68 betrug, fo ift es klar, daß die Kranke nicht ſehr gelitten haben mußte. Die Außere Wunde wurde mittelft der ums wundenen Nuth genau vereinigt; es drang kein Blut aus der Wunde hervor. Von der Operation an klagte die Kranke über einen heftigen Schmerz in der fossa iliaca, welchen ich von der Einſchnurung der tuba durch die Ligatur herleitete; es waren of⸗ tere Uebelkeiten vorhanden. Um dieſen Schmerz zu heben, ließ ich eine Stunde nach der Operation ein Opiumclyſtir geben; dieß wirkte wenig, und zwei Stunden danach bekam ſie ein anodynum mit Morphium, welches, da der Schmerz anhielt, nach zwei Stun⸗ den wiederholt wurde, worauf auch am Abend noch ein Ciyſtir mit 45 gtt. liqu. Opii sedativus gegeben und eine Mixtur vers ordnet wurde aus Digitalistinctur, Blaufäure und Morphium, alle vier Stunden zu nehmen Am Abend, als ſich Erbrechen einſtellte, drang auch etwas Blut aus der Wunde hervor, jedoch in nicht betraͤchtlicher Quantität. Es war nicht recht zu erklären, woher dieß kam, da während der Operation kein Gefäß verwun— det war; der einzige Punct, wovon man die Blutung herleiten konnte, war die Ligatur der tuba Fallopii; da indeß kein Zeichen von Blutaustritt in die Unterleibshoͤhle vorhanden war, ſo erſchien dieſer Verdacht nicht begründet. Da der Schmerz anhielt und eine locale Peritonitis gefuͤrchtet wurde, fo wurden alle 2 Stunden drei Gran Calomel mit 2 Gran Opium verordnet und ſogleich ein Terpentinclyſtir und 20 Blutegel auf den Unterleib ange- wendet. Am folgenden Morgen war der Schmerz in der Darmbeinges gend vermindert; die Kranke klagt aber über Schmerz in der Nas belgegend, beträchtliche Empfindlichkeit bei'm Drucke; keine Tym⸗ panitis, anhaltendes Uebelſeyn; Ausſehen ſehr gut; Puls 94; Haut- wärme maͤßig; keine Oeffnung Calomel mit Opium wurde aus⸗ geſetzt und dafür alle drei Stunden Queckſilberſalbe eingerieben. Es wurden zwölf Blutegel um den Nabel geſetzt. Mittags er: bielt, da noch keine Oeffnung erfolgt war, die Kranke ſtuͤndlich eine Pille aus 12 Gran extr. Colocynthidis compos. und 1 Gran Capsicum, ferner zwoͤlf Blutegel in das Epigaſtrium; Abends war der Schmerz vermindert, der Puls 100; die Verſtopfung dauerte fort. Die Kranke erhielt eine Mixtur aus Bitterſalz, Blauſäure und Digitalistinctur. Am dritten Tage war, nach dreimaliger Oeffnung in der Nacht, das Uebelſeyn vermindert, der Schmerz erleichtert, das Ausſehen gut; der Puls 96; der Unterleib weich. Mittags kann die Kranke den Druck auf den Unterleib vertragen; ſie hat eben einen flüffigen Stuhl gehabt, bis zum Abend vier fluͤſſige Stuhls gaͤnge; fie klagt über Schmerzen, wahrſcheinlich Colik; doch vers ordnete ich zwoͤlf Blutegel, ein Opiatſuppoſitorium und ein Pulver aus 5 Gran Pulvis aromaticus und eben ſo viel Pulvis Cino com- ositus; in der Nacht 1 Gran Morphium. Am vierten Tage. n der Nacht hatte fie bis 3 Uhr geſchlafen, hatte ſodann mehrere fluͤſſige Stüble bekam ein Opiumclyſtir und das Cinopulver; der Unterleib war weich und nicht empfindlich. Die choleraaͤhnlick en Symptome dauerten bis zum Mittage fort; fie erhielt 2 Gran Cu- rum sulphur. ſtuͤndlich; dieſer wurde ausgebrochen, ſodann Plum- um aceticum 3 Gran. Dadurch wurde der reiswaſſeraͤhnliche Durchfall nicht gehemmt. Die Symptome dauerten, ohne Ems pfindlichkeit des Peritonaͤums, mit anhaltendem Erbrechen fort; die Extremitaͤten wurden blau; das Bewußtſeyn wurde nicht geſtoͤrt, ri as diefem Zuſtande erfolgte am fünften Tage Nachmittags er Tod. Die Section wurde zwei Tage darauf, in Gegenwart mehrerer beruͤhmten Aerzte, gemacht. Der Unterleib war weich und flach, der Einſchnittspunct faſt geheilt. Als die Hoͤhle geoͤffnet war, eigte ſich eine ausgebreitete Injection, aber ohne die gewoͤhnlichen roducte der peritonitis, mit Ausnahme einiger kleinen Flecke von exſudirter Lymphe. In der Höhle fanden ſich 6 — 8 Unzen Blut. Dieſelbe enthielt einige coagula von ſchwarzer Farbe. Bei Unterſuchung der tuba Fallopii fand ſich die Ligatur an ihrer Stelle; nach der e ee Beſchaffenheit dieſes Theils war es aber klar, daß die erforderliche Zuſammenſchnuͤrung nicht ſtatt— haben konnte, obwohl bei der Anlegung der Faden mit betraͤchtli— 286 cher Kraft zuſammengezogen war. Das Extravaſat war eine Folge des Hervordringens des Blutes aus dem Ende der tuba. Dieſe Blutung hatte indeß laͤngſt aufgehoͤrt, denn die Gefaͤße wa⸗ ren durch den natuͤrlichen Proceß geſchloſſen. Das ovarium der andern Seite war nicht vollkommen geſund. Als der Dickdarm geöffnet wurde, fand ſich die Schleimhautflaͤche deſſelben mit einer croupaͤhnlichen Membran bedeckt, und unter dieſer zeigte ſich die Schleimhaut erodirt, was, ohne Zweifel, der Anfang ausgebreites ter Ulceration und von längerer Dauer war. Als das Abfuͤhren ſo haͤufig wurde, ſagte mir die Mutter der Kranken, daß deren Darmcanal außerordentlich empfindlich ſey, und daß ſie vergeſſen habe, etwas von dem Rhabarber am Morgen vor der Operation zu ſagen, worauf, als ſie ſich am Nachmittage daran erinnerte, die Tochter geaͤußert habe, es ſey ſehr gut, daß es vergeſſen worden, denn ſie habe zwanzig Mal am Tage gehen muſſen; ſie moͤge aber dem Arzte nichts davon ſagen, weil dieſer ſonſt die Operation verſchieben werde. Obwohl die Extraction in dieſem Falle nicht gelang, ſo hing dieß doch, meiner Ueberzeugung nach, nicht von der Operation ab. Der Tod ruͤhrt, ohne Zweifel, von dem Zuſtande des Darmca— nals her, womit die Operation nicht in Zuſammenhange ſtand. Oyne dieſe Complication wuͤrde die Operation wahrſcheinlich ein guͤnſtiges Reſultat gehabt haben. Bis zu dem Momente, wo die choleraartigen Durchfaͤlle anfingen, 56 Stunden nach der Opera: tion, war die Ausſicht ſehr gut; die Empfindlichkeit des Unterlei⸗ bes war vermindert, der Puls auf 92 herabgeſtimmt, und Alles ſchien einen guten Ausgang zu verſprechen. Den Schmerz nach der Operation hielt ich Anfangs fuͤr eine Wirkung der Ligatur; wahrſcheinlich ruͤhrt er aber von dem exſudirten Blute her. Ich bin zu dieſer Annahme geneigt, obwohl ich nur zwei Fälle anfuͤh⸗ ren kann, welche beweifen, daß Blut, welches in die Peritondalz hoͤhle ausfließt, ſogleich heftigen Schmerz veranlaßt. Der eine Fall war ein aneurysma, welches in die Peritondalhöhle aufbrach; der andere eine durch einen Fall zerriſſene Milz, wonach 6 Unzen Blut im peritonaeum gefunden wurden, welche von dem Momente der Verletzung an, die fuͤrchterlichſten Schmerzen veranlaßt hatten. Ich weiß wohl, daß, im Gegentheile, Gulliver Blut in die Un⸗ terleibshoͤhle injicirt hat, ohne Entzündung oder Schmerz zu erre— gen. In unſerm Falle hatte die Ligatur keine Peritonitis veran⸗ laßt; dagegen hatte das Blut eine ausgebreitete, wenn auch nicht heftige Peritonitis erregt. Die raſche und energiſche Behandlung derſelben hatte wohl eine ruͤckgaͤngige Entwickelung derſelben be— dingt, denn der Schmerz nahm ab, der Puls wurde ruhig, die Uebelkeit ließ nach, die Tympanitis hoͤrte auf. Die Kranke konnte gut liegen, hatte einen ruhigen Geſichtsausdruck und hatte drei gute Stuhlgaͤnge; deßwegen glaube ich, daß die Operation in dies ſem Falle an dem Tode nicht Schuld iſt. (Sollte ſich daſſelbe in Bezug auf die ruͤckſichtsloſe Darreichung draſtiſcher Mittel behaup⸗ ten laſſen? Anmerk. d. Ueberſ.) Mein Vertrauen auf die Operation, da, wo keine Adhaͤſionen vorhanden find und das Allgemeinbefinden gut iſt, iſt jetzt größer, als vor der Unternehmung meiner Operation, und wenn wir die Reſultate von Arzneimitteln, von der Paracenteſe oder von einem ruhigen Sichſelbſtuͤberlaſſen der Krankheit in Betracht ziehen, fo, glaube ich, kann Zweifel darüber ſtattfinden, daß eine Operation, welche unter ungunſtigen Verhaͤltniſſen neun Mal unter zwölf Faͤl⸗ len ein gutes Reſultat gab, immer unternommen werden ſollte, bevor Complicationen oder Contraindicationen eintreten. Wir uns ternehmen die Ligatur großer Arterien als eine vollkommen ge⸗ rechtfertigte Operation, obwohl die Reſultate weit weniger günſtig find. Wir machen die Schenkelamputation, obwohl gem hnlich zwei von fuͤnf Operirten ſterben. Iſt, im Vergleiche damit, nicht die Extraction eines Eierſtocksbalges günftig zu beurtheiten? Dieß geſchieht nicht, jedoch nur, weil die Operation bedenklich ausſieht und neu iſt. Man koͤnnte aber ſagen, daß Schwierigkeiten häufig vorkommen und Adhaͤſionen faſt immer vorhanden ſeyen, wodurch die Wahrſcheinlichkeit eines gluͤcklichen Ausganges vermindert wird. Ich weiß, daß Dr. Seymour behauptet hat, ſolche Adhäfionen ſeyen 99 Mal in 100 Fällen vorhanden; ich kann dieſer Angabe 237 nicht gerade widerſprechen, da ich nur neun Fälle nach dem Tode zu unterſuchen Gelegenheit gehabt habe. Bei mehreren dieſer Kran- ken war die Paracenteſe gemacht worden; aber nicht ein einziges Mal adhaͤrirte der Balg an einer andern Stelle, als an ſeinem Stiele welcher von verſchiedener Dicke, jedoch nie ſehr beträchtlich, war. Bei den zwoͤlf operirten Faͤllen kamen vier Mal Adhaͤſio— nen vor, und in zwei von dieſen Faͤllen war die Paracenteſe ge— macht worden. Dieſe Adhaͤſionen bildeten aber durchaus kein Hin— derniß für die Extractſon des Balges. Man kann anführen, daß ſich eine andere Schwierigkeit erheben koͤnne, wenn naͤmlich mehr, als ein einziger Balg vorhanden, oder ein betraͤchtlicher Theil des Inhaltes feſt iſt. Mehr, als ein Balg in derſelben Geſchwulſt kann vorkommen, obwohl es ſelten iſt; es wird aber keine Schwie— rigkeit machen, alsdann den Troicart in den zweiten Balg einzuſtoßen, wenn derſelbe ein Hinderniß fuͤr die Extraction darſtellt. Feſte Maſſen neben einem großen Balge koͤnnen zwar vorkommen, ſind aber ſicherlich eine ſeltene Ausnahme. Wenn eine ſolche Ausnahme vorkoͤmmt, ſo muß der Operateur darauf vorbereitet ſeyn, ihr zu begegnen. Meiner Anſicht nach, liegt die Gefahr in der Entwicke— lung der Peritonitis, aber nicht auf gleiche Weiſe wie in andern Fällen. Die Wundoͤffnung iſt nicht größer, als die bei einer Bruchopera— tion; wenn man aber ſagt, daß auf die letztere gewöhnlich Perito⸗ nitis folge, fo behaupte ich vielmehr, daß fie gewoͤhnlich der Bruchoperation vorausgehe. Nun muß man beruͤckſichtigen, daß man bei Operation der Eierſtocksgeſchwulſt die Zeit wählen kann, alſo eine relativgeſunde Abdominalhoͤhle vor ſich hat; in dem an— dern Falle dagegen findet ſich der Darm jedenfalls in einem ſehr unguͤnſtigen Zuſtande, und das Peritonaͤum iſt wahrſcheinlich be- reits entzuͤndet; der Bruchſchnitt hat gewiß in unſeren Tagen ſo unguͤnſtige Reſultate, weil ſich ſchon wirklich Peritonitis entwickelt hat; namentlich werden zu ſtarke Manipulationen mit dem Theile vor— genommen, denn dieß geſchieht ſchon, bevor ein Kranker in das Spital aufgenommen wird; hierauf durch den Hauswundarzt, ſo— dann vielleicht durch einen Aſſiſtenzwundarzt und zuletzt durch den dirigirenden Wundarzt ſelbſt. Rechnet man hierzu, daß ſo haͤufig reizende Clyſtire und draſtiſche Abfuͤhrmittel gegeben werden, fo laͤßt ſich das Reſultat zum Voraus erwarten. In den Pariſer Spitälern rechnet man, daß die Hälfte der operirten Bruchkran— ken ſterben; in London iſt das Verhaͤltniß nur wenig guͤnſtiger. Wenn ich auch nicht ſo weit gehe, wie Pott, welcher behauptete, daß, zur rechten Zeit operirt, nur einer von funfzig operirten Bruchkranken ſterben duͤrfe, ſo glaube ich doch, daß, wenn man die Operation vornimmt, dieſelbe ein ſehr guͤnſtiges Reſultat hat. Und wenn wir auch eine dreimal groͤßere Mortalitaͤt bekommen als fie Pott annahm, fo müffen wir dieß doch als ein ſehr guͤn— ſtiges Verhaͤltniß betrachten, und wenn wir auch behaupten, daß bei der Operation der Eierſtocksbalggeſchwulſt die Wahrſcheinlich⸗ keit einer Peritonitis viermal größer ſey, als bei der Bruchoperas tion, fo ergiebt ſich doch ein Verhaͤltniß, wobei wir nicht zu zoͤ⸗ gern haben, die Operation bei uͤbrigens guͤnſtigem Befinden der Kranken vorzunehmen. (London. med. Gaz., Octob. 1840.) 288 Miscellen. Ein Fall von luxatio congenita des radius, wos von einige Faͤlle in den chirurgiſchen Kupfertafeln (T. 420 Heft 83.) zuſammengeſtellt ſind, iſt von Herrn Adams der pathologiſchen Geſellſchaft zu Dublin mitgetheilt worden, mit einem Abguſſe des Ellenbogengelenkes von einem 27jaͤhrigen Manne, welcher ſich da« mals in dem Arbeitshauſe befand und an mehreren Gelenken Miße bildungen zeigte. Der Ellenbogen des rechten Armes zeigt eine große Aehnlichkeit mit den von Adams fruͤher in Tod d's Cyclo- paedia mitgetheilten Faͤllen. Der Arm kann weder geſtreckt noch gebeugt werden; er kann aber die Bewegung der Pronation und Supination ausführen. Der linke Arm iſt nicht mißgeſtaltet; der Mann arbeitet als Schneider. Am Gelenke bemerkt man, daß der condylus externus ſehr voluminds iſt und faſt fo tief ſteht, als das olecranon; über ihm fühlt man eine runde Hervorragung. Dieſe letztere entſpricht der Achſe des radius. Legt man den Daumen auf und laͤßt die Pronation ausfuͤhren, ſo bewegt ſich dieſe Her— vorragung frei mit dem radius. Der aͤußere Theil der Gelenkrolle ſteigt ebenfalls ſtark herab und ragt etwas nach Innen. Bei balbs gebeugter Stellung des Worderarms, welches die gewoͤhnliche Stel— lung iſt, liegt der aͤußere Theil der Gelenkrolle, der condylus ex- ternus und das olecranon in gleicher Höhe, und es iſt daraus zu ſchließen, daß das untere Ende des humerus ſtark ausgeſchnitten it, um die fossa sigmoiden major der ulna aufzunehmen. Die betraͤchtlichſte Hervorragung findet fich über dem aͤußern Theile des Vorderarms unmittelbar über dem condylus externus und wird durch das Koͤpfchen des radius gebildet, welches uͤber und hinter dem condyſus externus liegt, fo, daß ſich fein Hals auf dem Rande des humerus dreht, welcher gegen den condylus externus herabſteigt. Der Zuſtand der Ligamente iſt nicht zu errathen; aber es iſt kein Zweifel, daß die Sehne des biceps mit dem tubercu- lum radii nach Hinten gezogen iſt. Dadurch allein erklaͤrt ſich das Ausſehen von Abmagerung am Vorderarme unmittelbar unter dem Gelenke. Ein Gypsabguß dieſes Armes wird in dem Muſeum des Richmond⸗Hoſpital aufbewahrt. Ein neues Verfahren für die cystocele vagina- lis wird von Jobert angegeben. Es befteht darin, daß man mit Hoͤllenſtein auf beiden Seiten der Geſchwulſt zwei der Laͤnge nach verlaufende Linien fo weit, als die eystocele reicht, zieht; dieſe Linien werden 10 — 12 Tage lang wiederholt cauterifirt, bis eine Wunde hervorgebracht iſt, welche die ganze Dicke der Vagi— nalwand einnimmt. Nach dieſer vorbereitenden Operation friſcht der Operateur die Ränder dieſer Wunden an und vereinigt fie, ver— mittelſt der umwundenen Nath, uͤber der zuruͤckgedraͤngten Ge— ſchwulſt. Die Lageveraͤnderungen der Gliedmaßen bei Ge— lenkkrankheiten leitet Herr Bonnet von Ergießungen in die Gelenkhoͤhlen her, indem er durch Einſpritzung in die Gelenkhoͤh— len an Leichen die Gliedmaßen in dieſelbe Richtung brachte, welche fie bei Gelenkkrankheiten annehmen und welche daher von Exweite— rung einzelner Theile der Gelenkzwiſchenraͤume herzuleiten ſeyn möchten. (Gaz. med.) Bibliographische Neuigkeiten. New Zealand and its native population. By Ernest Dieffen- bach, MD., Naturalist to the New Zealand Company etc. Published under the Patronage of the Aborigines Protection Society. London 1841. 8. De l’Amelioration de la race chevaline dans le département de l’Aisne, Par le comte de la Tour du Pin Chambly. Laon 1841, 8. — Des diverses méthodes opératoires pour la cure radicale des hernies. These etc. Par Alex. Thierry. Paris 1841. 8. M. 2 K. Du Strabisme. Operations pratiques pour sa guérison. Edmond Simonin. Nancy 1841. 8. Par — ——ʒ ͤ ͤ U—ůUůU2n Neue Notizen aus d e m Gebiete der Natur- und Heilkunde, gefammen und mitgetheilt von dem Ober- Medicinalratde Froriepzm Weimar, und dem Medicinalratbe und Profefſor Frorier zu Berlin. No. 371. (Nr. 19. des XVII. Bandes.) Maͤrz 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Compteir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Rain k x Ueber die Daͤniſchen Auſternbaͤnke. Von H. Kroͤyer. In einem Schriftchen, das ſich zum Hauptzwecke die Abhandlung der Frage ſetzt, ob es zweckmaͤßiger ſey, die Juͤtlaͤndiſchen Auſternbaͤnke zu verpachten oder deren Aus— beutung gan; unbeſchraͤnkt zu laſſen, hat Herr Kroͤyer Umſtaͤnde veröffentlicht, deren Kenntniß auch für den Nas turforſcher nicht ohne Intereſſe iſt. Im erſten AÜUbſchnitte handelt er von der Lebens- und Fortpflan;ungsweife der Auſter überhaupt; im zweiten von den Daͤniſchen Auſternbaͤnken, der Art, wie die Auſternfi— ſcherei betrieben wird, vom Auſternhandel und den Gchaͤgen, in denen man die gefangenen Auſtern aufbewahrt. Im dritten befchäftiat er ſich ſpeciell mit den Auſternbaͤnken des Herzogtbums Schleswig und Juͤtland, und dieſem Abs ſchnitte iſt eine intereſſante Charte beigegeben, auf welcher die noch in Betrieb ſtehenden, fo wie die geuenmärtig nicht mehr ausgebeuteten Baͤnke verzeichnet find. Herr Kroͤyer kennt nicht nur alle dieſe Birke aus eigner Anſchauung, ſondern hat auch die Rechnungen und Buͤcher des Auſtern— pachtamtes eingeſehen, ſo daß ſeine Angaben alles Vertrauen verdienen. In der erſten Abtheilung theilt der Verfaſſer, außer vielem Bekannten, manches Neue uͤber die Naturgeſchichte der Auſter mit, wodurch zugleich bisher allgemein geltende Anſichten widerlegt werden. In den Juͤtlaͤndiſchen Auſtern hat er ſechs Perlen gefunden, von denen zwei die Groͤße einer Erbſe beſitzen, die andern aber kleiner ſind Im All— gemeinen find dieſe Goncremente ſelten und klein. Auf den Juͤtlaͤndiſchen Baͤnken kommt die Ostraea hippopus mit der Ostraea edulis vermengt vor; da jene aber we— niger ſchmackhaft iſt, ſo wird ſie nicht gleich hoch bezahlt. Die Fortpflanzung der Auſtern ſcheint nicht gleichzeis tig ſtattzufinden. Im Juli und Auguſt fand der Verfaſſer bei'm Oeffnen der Schaale einer gewiſſen Anzahl von Exem— plaren, darin eine milchige Fluͤſſigkeit, die er mit dem Ver— groͤßerungsglaſe unterſuchte, da er denn darin vollkommen No. 1471. Preis eines gamen Bandes Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. von 24 Bogen 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. u n n de. ausgebildete und mit einer zarten Schaale verſehene winzige Auſtern entdeckte. Unter zehn Exemplaren findet man aber im Durchſchnitte nur eines, welches dieſen Milchſaft enthält, Die Anſicht, daß die Auſtern zur Fortpflanzungszeit mager und uͤbelſchmeckend ſeyen, hat, nach den Beobach⸗ tungen des Herrn Kroͤyer, keinen Grund. Man mag die Auſtern fiſchen, zu welcher Jahreszeit man wolle, ſie ſind immer gleich ſchmackhaft, wenn man ſie bald, nachdem ſie aus der See genommen worden, verſpeiſ't. Ebenſowenig iſt die Meinung gegruͤndet, daß die Auſtern im Sommer ungeſund ſeyen. Die allgemeingeltende Anſicht, als ob die Auſtern le— diglich an ſolchen Stellen vorkaͤmen, die bei der Ebbe nie ganz trocken gelegt werden, laͤßt der Verfaſſer nicht durch— gehends gelten. An den noͤrdlichern Kuͤſten koͤnnen aller— dings die Auſtern nicht die Kaͤlte vertragen, der ſie bei Entbloͤßung durch die Ebbe ausgeſetzt ſeyn würden, daher fie ſich tiefer anſetzen; allein an waͤrmeren Orten, z. B., an der Schleswiger Küfte, ſitzen fie manchmal fo untief, daß fie bei vorzuͤglich niedrigem Waſſerſtande, zumal wenn ges wiſſe Winde wehen, zu Tage liegen. Aehnliche Umſtaͤnde laſſen ſich an der Norwegiſchen Kuͤſte beobachten. An der Weſtkuͤſte Schleswig's kommt der Fall ſehr haͤufig vor, daß Auſtern an Stellen ſitzen, die oft trocken ſtehen, und den— noch, ſo lange kein ſehr ſtrenger Winter eintritt, gut wach— fen; wogegen ein einziger heftiger Froſt fie toͤdtet. Nach Herrn Kroͤyer's Beobachtungen iſt durchaus kein Grund zu der Anſicht vorhanden, als ob die Auſtern an den Flußmuͤndungen vorzuͤglich gut gediehen. Er macht mit Recht darauf aufmerkſam, daß man die Auſternbaͤnke nicht als erhabene Streifen des Meeresgrundes, z. B., Klippen oder Sandbaͤnke, zu betrachten habe, ſondern daß der Name Auſtern baͤnke eben nur ſolchen Stellen des Mee— resgrundes beigelegt wird, wo ſich dieſe Mollusken in Menge vorfinden. Beſteht der Grund aus Felſen oder loſen Stei— nen, ſo ſitzen die Auſtern zum Theil an den vorſpringenden Kanten der Klippen oder Steine; allein ein großer Theil derſelben iſt immer unbefeſtigt und en auf dem Meeres⸗ | 291 grunde, und dieß ift, wenn letzterer thonig, ſandig oder ſchlammig ift, bei allen der Fall, und man findet an fol» chen Stellen nur, daß eine gewiſſe Anzahl von Auſtern zu drei bis fuͤnf Stuͤcken zuſammenhaͤngt. Mehr als ſechs Stuͤck enthalten aber dieſe Gruppen nie; denn wenn mehr zuſammengekittet wären, koͤnnten die unterſten ſich nicht ent— wickeln, ja nicht einmal ihre Schaalen oͤffnen. Daß die Auſter ſtets mit der unterwaͤrtsgekehrten Schaale feſtſitze, iſt ebenfalls nicht durchaus wahr. Der Verfaſſer ſchreibt das Vorkommen ſo weniger jun— gen Auſtern an den Daͤniſchen Kuͤſten der großen Anzahl von Feinden dieſes Weichthieres zu, unter denen der ge— fährlichfte der Seeſtern, Cliona celata, Grant, iſt. Dieſe Aſterie durchbohrt die Schaale der Auſter, und macht ſie dadurch bruͤchig und unfaͤhig, den Angriffen ihrer Feinde Widerſtand zu leiſten. Auch werden dieſe Auſtern mit durchloͤcherten Schaalen von den Händlern zuruͤckgewieſen, weil ſie bei'm Einpacken leicht zerbrechen. Am beſten gedeihen, den Beobachtungen des Verfaſſers zufolge, die Auſtern auf einem ebenen, feſten Boden, der 5 — 15 Klaftern hoch mit Waſſer bedeckt und keinen hef— tigen Stroͤmungen ausgeſetzt iſt. Von letzteren werden die jungen Auſtern weggeſpuͤlt, und wenn das Waſſer zu ſeicht iſt, fo wird die Fiſcherei dadurch fo ſebr erleichtert, daß ſich die Weichthiere nicht gehoͤrig vermehren koͤnnen. Die Auſterbaͤnke Schleswig's und Juͤtland's gehören der Krone Daͤnemark, und die dorther bezogenen Auſtern find in Deutſchland unter dem Namen Holſteiniſche be— kannt. Es ſind der Baͤnke 53, von denen aber mehrere, theils weil ſie zu ſtark angegriffen worden, theils wegen Verſandung, gegenwärtig nicht mehr in Betrieb ſtehen. Nur 40 ſind jetzt ein Gegenſtand der Fiſcherei. Sie be— finden ſich an der Oſtkuͤſte des Herzogthums Schleswig um die von Untiefen umgebenen Inſelchen her. Durch dieſe Untiefen ziehen ſich Canaͤle, an deren Waͤnden und Boden die Auſtern ſitzen Die beſte und ergiebigſte unter allen Baͤnken iſt die von Huncke, oͤſtlich von der Inſel Sylt. Die dortigen Auſtern find von erſter Qualität. Leider iſt dieſe Bank nicht ſtark vom Waſſer bedeckt, daher die Win— terkaͤlte ihr großen Abbruch thut. In dem Winter von 1829 — 1830 erfroren dort nicht weniger, als 10,000 Tonnen Auſtern oder ungefaͤhr 8 Millionen Exemplare. Dieſe Auſtern gehen meiſt nach Hamburg und von da nach ganz Norddeutſchland; zum Theil auch nach Reval und St. Petersburg. In den letzten Jahren haben die engli— ſchen und hollaͤndiſchen Auſtern mit den Holſteinern, ſelbſt auf dem Hamburger Markte, ſtark concurrirt. Die beſten Schleswiger Auſtern find die fogenannten Deputat-Au⸗ ſtern, indem die Auſternfiſcherei-Paͤchter die Verpflichtung ha— ben, 25 Tonnen (Faß) von der erſten Qualitat für die koͤnigliche Tafel und außerdem je 1 bis 3 Tauſend Stuͤck den Mitgliedern des geheimen Raths, den Praͤſidenten der Obercollegien und mehreren andern hohen Beamten, zuſam— men 50,000 Stuͤck oder 70 Tonnen (Faß), zu liefern. Ueberdem muͤſſen die Pachter contractmaͤßig die Bänke in demſelben Stande uͤbergeben, in dem ſie ſie empfangen ha— 292 ben. Die Erfuͤllung dieſer Bedingung wird durch eine Specialcommiſſion uͤberwacht, welche jede Bank an drei Stellen von vereideten Fiſchern unterſuchen laͤßt. Der Zu: ftand der Bank wird nach der Menge der gefiichten Auſtern ermeſſen. Die Reſultate dieſer amtlichen Unterſuchungen werden in einer Tabelle mitgetheilt, die von 1709 bis 1850 reicht, und aus der ſich ergiebt, daß die Baͤnke, ge— gen früher, jetzt außerordentlich arm find, und daß, wenn ſie in demſelben Verhaͤltniſſe mehr und mehr unergiebig werden, die Daͤniſche Auſternfiſcherei bald ganz aufhoͤren muß. (Naturistorisk Twskrift und Bibliothèque universelle de Geneve. Janv. 18141.) Ueber eine merkwürdige Anhaͤufung von unver— ſteinerten Knochen und Alterthuͤmern in Ireland. In der Sitzung der K. iriſchen Academie am 13. April las der Chirurgus Wilde einen Aufſatz uͤber die un— laͤngſt bei Dunshauglin in der Grafſchaft Meath aufgefun⸗ denen thieriſchen Ueberreſte und Alterthuͤmer vor. Der Verfaſſer bemerkte in der Einleitung, daß ſein gegenwaͤrtiger Vortrag uͤber die in gewaltiger Anzahl aufge— fundenen Knochen nur ein vorlaͤufiger Bericht uͤber dieſen Gegenſtand ſey und daß er ſich vorbehalte, ſpaͤter eine ge— nauere Beſchreibung ihrer anatomiſchen und zoologiſchen Charactere zu liefern. Zunaͤchſt wolle er die Localitaͤt, wo dieſe merkwuͤrdigen Ausgrabungen ſtattgefunden und noch ihren Fortgang haͤtten, als Augenzeuge beſchreiben, und zu— gleich mehrere dort aufgefundene Alterthuͤmer vorlegen, welche uͤber das Alter jener Knochen vielleicht ein annaͤherndes Ur— theil geſtatten wuͤrden. Hier folgt nun ein Auszug aus Herrn Wilde's Be— richt. Etwa eine halbe Stunde Wegs oͤſtlich vom Dorfe Dunshauglin in der Flur der Stadt Lagore und am Rande eines abgeſchwendeten oder ausgeſtochenen ſchwarzen Torf— moores ſieht man einen kreisrunden Huͤgel, der ſich ſenk— recht uͤber die umherliegende Flaͤche erhebt. Die Mitte ſteigt bis etwa 8 Fuß über den Rand, und der Umkreis des Huͤ— gels mißt 520 Fuß. Durch denſelben fließt ein kleiner Bach, und der ganze Moor, auf dem er liegt, und der ein Wenig vertieft iſt, hat etwa 4 Wegſtunden im Um— fange, und iſt mit etwas hoͤher liegenden Ackerfeldern und Waideland umgeben. Die aͤlteſten Leute der Gegend wiſ— ſen ſich noch der Zeit zu erinnern, wo dieſer Moor den groͤßten Theil des Jahres hindurch unter Waſſer ſtand, und zur Winterszeit iſt dieß noch jetzt der Fall. Auf einem der Felder in der Nachbarſchaft des Moors befindet ſich noch jetzt ein anſehnlicher Teich (hier zeigte Herr Wilde eine Charte des Moors und der Umgegend deſſelben vor). Vor einigen Jahren bemerkten einige Tageloͤhner bei'm Fegen des Ba— ches, daß aus den Ufern deſſelben Knochen hervorragten, und im Mai 1839 fand man in dem Abzugscanale deren ſo viele, daß man auf dieſe Erſcheinung aufmerkſamer ward, was zu Unterſuchungen fuͤhrte, aus denen ſich ergab, daß der Hügel faſt ganz aus thieriſchen Ueberreſten beſtand, wel: che daſelbſt folgendergeſtalt geordnet waren. 295- Rings um den Hügel’ her zog ſich eine Wand vom aufrechtſtehenden, ſchwarzen, eichenen Pfoſten, die 8 bis 10 Fuß Höhe hatten und in Balken von demſelben Holze eins gefalzt waren, die auf dem Mergel und Sande unter dem Moore flach auflagen. unter deſſen gegenwaͤrtiger Oberflaͤche. Die Pfoſten wurden durch Queerbalken zuſammengehalten, welche mit ſtarken ei— ſernen Naͤgeln feſtgemacht waren. Auch fand man Ueber— reſte von einem zweiten Aufſatze von eichenen Pfoſten, der auf dem untern Stocke geſtanden hatte. Der ſo eingehaͤgte Raum war durch einander mehrfach durchſchneidende Waͤnde in mehrere Felder getheilt. Auch dieſe Winde beftanden aus eichenen Pfoſten, die ungemein gut erhalten und ge— nauer zuſammengefuͤgt waren, als die andern. Zuweilen hatten ſie an den Seiten lange Falze, in welche zwiſchen die Pfoſten große Bohlen eingelaſſen waren. Die ſo ge— bildeten Kammern waren mit Knochen und ſchwarzer Moor: erde gefuͤllt, und der Knochenhaufen reichte an manchen Stellen bis zu 1 Fuß unter der Erdoberflaͤche. Gewoͤhn— lich nahmen die Ueberreſte jeder Thierart beſondere Kammern ein, ſo daß nur wenige Knochen von andern Geſchoͤpfen beigemiſrt waren, und die Alterthuͤmer wurden unter den Knochen ohne alle beſondere Anordnung, mehrentheils aber auf der Sohle, gefunden. N Die meiſten Knochen waren vom Rinde, und Herr Wilde zeigte Schädel verſchiedener Varietaͤten vor, die uns gemein gut erhalten waren. Einige derſelben waren genau von der Beſchaffenheit, wie die, uͤber welche Herr Ball im Januar 1839 einen Vortrag gehalten, und die man in den Mooren von Weſtmeath, Tyrone und Longford entdeckt hatte; andere waren dieſer ſehr aͤhnlich. Noch andere Exemplare von Ochſenſchaͤdeln fanden ſich, die zwar ziemlich klein waren, ſich aber, hinſichtlich der Schoͤnheit des Kopfs und der Hoͤrner, mit dem veredelten Durhamſchen kurzhoͤrnigen und dem Deronſhireſchen und Ayrſhireſchen Rindvieh mit mittellangen Hoͤrnern meſſen konn— ten. Sie zeichneten ſich durch eigenthuͤmliche Kennzeichen aus, namentlich durch die beſondere Beſchaffenheit des Kno— chenkerns, auf welchem das Horn ge’effen, und der vollfoms men gut erhalten war, obwehl ſich von den hornigen Thei— len nichts mehr wahrnehmen ließ. Eine vierte Varietaͤt war die, welche man das aͤchte iriſche Rind genannt hat, das mit langen und runzeligen Hoͤrnern, deſſen veredeite Nachkommen, ein großer Schlag, ſich noch in manchen der innern Grafſchaften Ireland's, in's⸗ beſondere Roscommon, finden. ; man an der obern Portion des Stirnknochens zwiſchen den Hörnern, die niederwaͤrts und ein Wenig ruͤckwaͤrts gekehrt ſind, ungefaͤhr ſo wie man es auch an der Craven- oder Lancaſhireſchen Race bemerkt, eine auffallende Hervorra— gung. Dieſe Race ſcheint urſpruͤnglich von dem europaͤi⸗ ſchen Buͤffel abzuſtammen. Auch von der hornloſen Race, die hier zu Lande Mhaol genannt wird, fanden ſich mehrere Schaͤdel, die zwar feiner gebaut waren, als bei den Racen von Galloway und An— gus, im Allgemeinen aber denſelben ſehr nahe kamen. — Sie befanden ſich beinahe 16 Fuß: Bei dieſer Abart bemerkt 294 Alle dieſe Köpfe weichen von denen ab, welche Gus vier in feinen ossemens fossiles hat abbilden laſſen, und Herr Wilde bedauerte, daß er jetzt nicht im Stande ſey, zwiſchen den gegenwärtig lebenden und den zu Duns— hauglin aufgefundenen Racen eine gehörige Vergleichung an— zuſtellen, weil die Schaͤdel der erſtern in den hieſigen Cabi⸗ netten fehlten und kein Werk exiſtirte, in welchem die Ana— tomie des Rindes durch Abbildungen genau erläutert waͤre, obwohl der Zoolog und Viehzuͤchter die Racenunterſchiede auf anatomiſche Charactere gruͤnden. Eine große Menge dieſer Schaͤdel ſind auf der Mitte der Stirn durchbrochen, und es ſcheint dieß bei'm Schlachten mittelſt eines ſtumpfen Inſtrumentes geſchehen zu ſeyn. Es laͤßt ſich denken, daß ſchon in uralten Zeiten die beſten Rindviehracen und die zablreichften Heerden auf den ausgedehnten und fruchtbaren. Ebenen der Grafſchaft Meath angetroffen wurden, und dieſe Knochenſammlung beweiſ't unwiderleglich, daß ſchon vor ſehr langer Zeit Ireland nicht nur mehrere Rindviehracen, ſondern darunter ſogar welche beſaß, die mit den beſten englifhen Racen Aehnlichkeit batten, welche man neuerdings wieder in Ireland eingefuͤhrt hat. Dasjenige Thier, von welchem, naͤchſt dem Rinde, die meiſten Knochen vorhanden ſind, iſt das Schwein. Der Verfaſſer legte mehrere Schaͤdel vor, die jedoch kleiner wa— ren, als die von der gegenwaͤrtig in Ireland gehaltenen Race, und unter denen viele mit dem Wildſchwein Aehn— lichkeit hatten. Auch vom Pferde und Eſel fanden ſich einige Schaͤ— del; desgleichen ſolche von Hirſchen und Hirſchkuͤhen. Da an den erſtern das Geweih zum Theil noch im beſten Zuſtande iſt, ſo laͤßt ſich mit Gewißheit ſagen, daß ſie vom gemeinen Rothwilde ſtammen. Dagegen iſt kein Schädel vom Damm: wilde aufgefunden worden, was fuͤr die geltende Anſicht ſpricht, daß letzteres vom Auslande her eingefuͤhrt worden ſey. Von Ziegen jedes Alters wurden eine gewaltige Menge Knochen ausgegraben. Ferner entdeckte man den Schädel eines Schaafes mit 4 Hoͤrnern, außerdem aber keine Uebers reſte vom Schaafe. Zu den merkwuͤrdigſten der hier ausgegrabenen Kno— chen find die eines fehr ſtarken Hundes zu rechnen. Der: ſelbe ſcheint mit dem Windhunde Aehnlichkeit gehabt zu ha— ben, beſaß aber eine gewaltige Groͤße, indem der Schaͤdel 11 Zoll lang iſt; er zeichnet ſich hauptſaͤchlich durch das ſtarke Hervorragen der crista oceipitalis und die lang— geſtreckte Schnautze aus. Herr Wilde ſprach die Anſicht aus, wir erlangten durch dieſe Schaͤdel erſt eine deutliche Vorſtellung von der Geſtalt und den Characteren des ſoge— nannten iriſchen Wolfshundes, indem er meint, daß die vorgefundenen Knochen dieſer Race angehoͤren. Das Skelet des gewaltig großen Hundes, welches man im Leip— ziger Naturaliencabinete ſieht (der Hund ſoll dem Kurfuͤr⸗ ſten Auguſt II. gehoͤrt haben), iſt das einzige, welches, Herrn Wilde's Nachforſchungen zufolge, das jener ausgeſtorbenen iriſchen Race an Größe Übertrifft. Ferner fanden ſich mehrere Fuchs-, aber keine Wolfe: ſchaͤdel vor; desgleichen Sn Tellermuſcheln und 1 * 295 Buceinum, einige Vogelknochen, eine gewaltige Menge von Haſelnuͤſſen. Die meiften Kno— chen der groͤßern Wiederkaͤuer waren ganz. Ueber 150 Kar— tenladungen Knochen ſind bereits ausgegraben und als Duͤn— ger nach Schottland verſandt worden, da ſie ſaͤmmtlich un— verſteinett ſind. Ziemlich in der Mitte des Huͤgels und nur zwei Fuß unter der Oberflaͤche fand man zwei Menſchenſkelette, die voͤllig ausgeſtreckt lagen und weder mit Steinen, noch mit Holz ꝛc. umgeben waren. Die aberglaͤubiſchen Leute, welche das Ausgraben beſorgten, hatten nichts Eiligeres zu thun, als dieſe Skelette in der Nachbarſchaft wieder einzuſcharren, und man hat derſelben nicht wieder habhaft werden koͤnnen. Uebrigens zeigte Herr Wilde einige Wirbelbeine und ein Stirnbein von jenen Menſchenſkeletten vor und theilte Be— merkungen uͤber die Aehnlichkeit jenes Stirnbeins mit denen anderer Koͤpfe mit, die man in alten iriſchen Denkmaͤlern und namentlich in dem unlaͤngſt im Phoͤnix-Parke aufge— deckten Cromleigh gefunden hat. Die Schädel der vormaligen Bewohner Ireland's bie- ten zwei verſchiedene und ſehr merkwuͤrdige Bildungsarten dar. Die erſtere zeichnet ſich durch den außerordentlich großen Durchmeſſer von Vorn nach Hinten, das ſtarke Heraustreten der Hinterhauptsgegend, eine maͤßige Entwik— kelung der Stirngegend nach Art des Caucaſiſchen Typus, ſtark hervortretende Augenbrauenboͤgen und Stirnhoͤhlen, ſo wie auch dadurch aus, daß die Schneidezaͤhne etwas ſchraͤger oder mehr vorwaͤrts ſtehen, als bei den Europaͤern (Caucaſiſcher Race 2). Schädel dieſer Art findet man ge: woͤhnlich in den alleraͤlteſten Graͤbern. Sie liegen mit dem ganzen übrigen Skeiette in großen ſteinernen Saͤrgen oder Sarkophagen, die aus ſechs Steinen beſtehen. Die Steine ſind oft Granit und aus weiter Ferne beigeſchafft, obgleich der Deckſtein haͤufig mehrere Tonnen (à 20 Ctnr.) wiegt. Neben den Skeletten findet man kleine Terracotta-Vaſen mit verkohlten Knochen, Pfeilſpitzen und Meſſer von Feuer— ſtein, Muſchelhalsbaͤnder und anderen Zierrath, aber keine eiſernen oder bronzenen Gegenſtaͤnde irgend einer Art. Dieſe Gräber nennt man in Gaͤliſcher Sprache Kistoachs, und über jedem derſelben befindet ſich ein betraͤchtlicher Erd: huͤgel, wie bei den ſogenannten Barrows oder Huͤnengraͤ bern. In Nordeuropa finden ſich unter ziemlich aͤhnlichen Umftänden Schädel, auf welche obige Beſchreibung genau paßt, und einer derſelben iſt von Profeſſor Eſchricht, in Kopenhagen, näher befchrieben worden. Herr W. Pentland hat unlaͤngſt ganz aͤhnliche Schaͤdel in einem etruskiſchen Grabmale gefunden, wodurch es mir ſehr wahrſcheinlich wird, daß vor Zeiten alle jene Länder (Itallen, Nordeuropa, Ireland ꝛc.) von Nationen Celtiſcher Race bewohnt waren, da dieſe Race eine ſolche Kopfbildung, wie die angegebene, darbietet. Dagegen ha— ben die Schaͤdel, welche man in Deutſchland aus alten Gräbern zu Tage gebracht hat (wenigſtens die, welche Herr Wilde auf ſeiner Reiſe durch Deutſchland geſehen) eine mehr kugelförmige Geſtalt und ſtehen daher der z wei— verkohlte Knochen und 296 ten Bildungsart iriſcher Schädel naͤher, die man gewoͤhnlich unter folgenden Umſtaͤnden findet: Die Grabkammer iſt ein kleiner, quadratiſcher, von Steinen eingeſchloſſener, roh uͤberwoͤlbter Raum, der ſich hart unter der Erdoberflaͤche befindet, und uͤber dem ſich nie ein Hügel erhebt. Auf dem Boden der Kammer liegen die kleinern unregelmäßigen Knochen in einem Haufen beiſam— men, uͤber dieſen die langen Knochen der Extremitaͤten und obenauf der Schaͤdel. Waffen und Zierrathen finden ſich in dieſen Gräbern ſelten; werden deren aber angetroffen, fo bekunden ſie eine ſpaͤtere Zeit, als die, wo die zuerſt be— ſchriebenen Grabmaͤler errichtet wurden. Die Schaͤdel der zweiten Bildungsform find uͤberdem meiſt dünn und porög, die der erſten dick und von dichtem Gefuͤge. Der bei Dunshauglin gefundene Schädel ſchien eher der zweiten, als der erſten Race anzugehoͤren. Die daſelbſt vorkommenden Alterthuͤmer zerfallen in Waffen, Kuͤchengeraͤthe und Zierrathen. Die eiſernen Schwerter waren von verſchiedener Laͤnge, geradſchneidig, winkelig zugeſpitzt und hatten mit den alten tömifchen Schwertern Aehnlichkeit. Viele Meſſer von ſehr verſchiede⸗ ner Geſtalt und Größe, eiſerne Speer, Jagdſpieß- und Dolchklingen, der Knauf oder Mittelzierrath eines Schildes wurden gefunden, aber nicht eine einzige Waffe von Bronze. Auf dem Maͤrgel, welcher die Sohle des Gehaͤges bildet, lagen auch zwei alte Handmuͤhlen, Wetz— ſteine, eiſerne Ketten, eine eiſerne Axt, ein meſſingener Topf und drei kleine meſſingene Naͤpfe von aͤußerſt zierlicher Ges ſtalt und Arbeit; mehrere Geraͤthſchaften von 3 Zoll Durch— meſſer, welche durchaus Bratpfannen im kleinen Maaßſtabe gleichen, vielleicht Raͤucherpfannen; gedrechſelte Scheiben von Knochen und Holz, auch Scheiben von Schiefer, gleich denen, welche ſich am Obertheile der alten Spinnroden oder Kunkeln befanden; kleine Scheeten, die in der Geſtalt mit den heutigen Schaafſcheeren Aehnlichkeit haben; meſſin— gene, eiferne und knoͤcherne Nadeln oder Stifte von 4 — 6 Zoll Laͤnge und von Meſſing ungemein ſchoͤn gearbeitet; Spangen und Theile von Schnallen mit Reſten von Email und Moſaik; Armbaͤnder, hölzerne (von Eibenholz) Kaͤmme, Zahnſtocher, Etuis und andere zum Toilettentiſche gehörende Artikel. Mehrere derſelben bekunden einen ungewoͤhnlich hoch entwickelten Stand der Kunſt zu der Zeit, wo ſie an— gefertigt wurden Der Verfaſſer ſetzt dieſelbe in den An— fang des 10ten Jahrhunderts. Beſonders mag noch eines ſehr merkwuͤrdigen Knochens gedacht werden, den Herr Wilde der Verſammlung vor— zeigte, und auf dem, gleichſam zur Uebung, eine Anzahl Figuren geſchnitten ſind, die in Schnoͤrkeln und aͤhnlichen Verzierungen beſtehen, wie man ſie an uralten Kreuzen, Grabſteinen u. ſ. w. in Ireland findet. Kreuze, Roſen— kranzkugeln oder ſonſtige auf einen chriſtlichen Urſprung hindeutende Gegenſtaͤnde, als heilige Gefäße ꝛc., waren in dem Gehaͤge nirgends zu finden; dagegen eine Anzahl durch— ſaͤgter Hirſchgeweihe, und auf der Sohle lagen eine Menge Haſelſtecken, die, wie es ſcheint, als Brennmaterial ver— wandt werden ſollten. 297 Auf der Oberflche des Huͤgels wurde ein Groſchen Robert's II. von Schottland gefunden, welche Münze jes doch hoͤchſtwahrſcheinlich mit dem Inhalte des Hügels in gar keiner Verbindung ſteht. Mehrere der von Herin Wilde vorgezeigten Gegen— ſtaͤnde gehören zur Sammlung des Dechanten zu St. Patrick in Dublin; die meiſten waren indeß von Herrn Barn⸗ wall zu Grennanstown, auf deſſen Grund und Boden die Ausgrabung ſtattgefunden, Herrn Wilde uͤbermacht wor— den, damit er fie der Academie zur Anſicht vorlegen moge. Herr Wilde hält für wahrſcheinlich, daß dieſer Huͤ gel bei Gelegenheit eines gewaltigen Opfers errichtet wor— den ſey, und forderte die Academie ſchließlich auf, den Ge. genſtand genauer unterſuchen zu laſſen und weitere For⸗ ſchungen nach aͤhnlichen Alterthuͤmern anzuſtellen. (Nach den Proceedings of the Royal Irish Academy, 1840, No. 22, fo wie directen brieflichen Mittheilungen des Herrn Wilde.) Miscellen. Saamen aus alter Zeit. „Als vor einiger Zeit auf dem Norway Wharf, Millbank ein Block Rothholz (rosewood) durch 298 ſaͤgt wurde, entdeckten die Arbeiter eine Hoͤhle gerade im Herzen des Blockes 5 in welcher einiger Saamen ſteckte. Herr Arnold, der Eigenthuͤmer des Werfts, zeigte uns einen Theil des letzteren, und wir haben uns überzeugt, daß es Saamen einer Art von Nux vomica und von einer zu den Euphorbiaceen gehörigen Pflanze, wahrſcheinlich Ricinus, war. Der erſte war durch die Säge ges brochen, ſchien aber ſo friſch, als waͤre er eben geſammelt. Die letzteren ſollen in dem Garten der Horticultural Society gefäet werden.“ (Gardener's Chronicle.) Eine Erderſchuͤtterung iſt am 22. März in der Rheins gegend vorgekommen. In Coblenz iſt fie Morgens 6; Ubr und 4 Minuten empfunden dauerte eine Secunde und war mit ſtarkem Geraͤuſche verbunden. Der Stoß ſchien von Nordoſt noch Suͤdweſt zu geben und war fo heftig, daß die Möbel erzitterten, Fenſter tlirrten, an einem Hauſe ein Theil des Schornſteins einſtürzte und in mehreren Laͤden Sachen herunterfielen. Barometerſtand nicht auffallend; Thermometer 8 Grad Wärme. Auch an der Moſel und Lahn wurde der Stoß verſpürt. Der Rudergaͤnger des Dampf⸗ ſchiffs Krorprinz, von Coͤlln kommend, will um Mitternacht in den vulcaniſchen Gebirgen um Brohl eine feurige, blaͤuliche Maſſe ger ſihen haben, die, einen hellen Glanz verbreitend, emporgeſtiegen und an derſelben Stelle ſich wieder niedergelaſſen habe. Necrolog. — Der Kreis⸗Medicinalrath, Leibarzt Dr. v. Frölich, auch für Naturkunde der Eingeweidewürmer thaͤtig, iſt am 11. Maͤrz zu Ellwangen geſtorben. En DE Le LE Schwarzes Dedem der Runge, Von Cruveilhier. Im 36. Hefte feiner Anatomie pathologique bils det Cruveilhier die Lunge einer Frau ab, welche 1831 in einer Puerperaltyphus-Epidemie geſtorben war. Dieſelbe Art der Veränderung hat er noch zweimal in demſelben Spitale (der Maternité) angetroffen, ſonſt niemals geſe— hen. Beſondere Symptome zeigten ſich in dem Puerperal⸗ typhus nicht, indem, wie immer, der Tod durch Peritonitis und Entzuͤndung des Subperitonaͤalzellgewebes und der Lymphgefaͤße des uterus und der Ovarien herbeigefuͤhrt wurde. Die Veränderung iſt als ſchwarzes Oedem bezeich⸗ net worden, und dieſer Name paßt vollkommen, indem eine ſehr große Menge ſchwarzen Serums in ein Gewebe ergoſſen iſt, welches ſich mit der groͤßten Leichtigkeit zerreißen laͤßt. Bei'm geringſten Drucke floß dieſe Fluͤſſigkeit zugleich durch Einſchnitte, die gemacht waren und durch die Bronchien ab. Gangraͤn war dieß nicht zu nennen, da der gangraͤ⸗ noͤſe Geruch fehlte und überdieß keine Entzuͤndung vor ausgegangen war, auch uͤbrigens ſich keine Spur einer Entzuͤndung an dem Organe vorfand. Sollte ich dieſe Veraͤnderung mit irgend einer andern Krankheitsform in Parallele bringen, ſo waͤre dieß am meiſten mit der gallert— artigen Entartung des Magens moͤglich, welche ebenfalls ohne eine Spur umgebender Entzuͤndung vorkoͤmmt und das her auch auf die Idee gebracht hat, als wenn dieſe Dege— neration erſt nach dem Tode ſtattfaͤnde. Eine Intoxication des Blutes kann man bei dem Puerperaltypus nicht laͤugnen, — ſollte dieſe etwa zur Er— klaͤrung dieſer eigenthuͤmlichen Veraͤnderung aufgeſtellt wer⸗ den? Ohne weiter in dieſe Frage einzugehen, welche mir wenigſtens bisjetzt unloͤsbar ſcheint, beſchraͤnke ich mich da» rauf, fie mit dem gewöhnlichen Oedem der Lungen zuſam⸗ menzuſtellen und ſie lieber ſchwarzes Oedem als Melaneſe zu nennen. Es iſt bekannt, daß die Lunge einer feröfen Infil⸗ tration oder vielmehr einer Exhalation von Serum unter— worfen iſt, welche wahrſcheinlich durch Störung des Kreis: laufs bedingt iſt. Das Serum füllt dabei die Lungenblaͤs— chen aus und unterbricht vollkommen den Durchgang der Luft. Der Tod durch Asphyxie iſt die unausbleibliche Folge dieſer Infiltration, naͤmlich des Oedems, welches ſich oft in wenigen Stunden ausbildet. Das die Luftblaͤschen auss füllende Serum unterſcheidet ſich von dem feröfen Erguſſe zwiſchen den Lungenblaͤschen und den Lungenlaͤppchen und zeigt verſchiedene Nuͤancen der Faͤrbung von der vollkommen⸗ ſten Durchſichtigkeit bis zu einer gelblichen, braͤunlichen Farbe; dieſe verſchiedenen Stufen der Faͤrbung, welche von verſchie— denen Nuͤancen des faͤrbenden Beſtandtheils des Blutes her— ruͤhren, erklaͤren nun die ſchwarze Faͤrbung, welche bloß der letzte Grad derſelben iſt. Die Einwirkung einer Saͤure auf den faͤrbenden Beſtandtheil des Blutes giebt eine ſehr ge— naue Idee von der ſchwarzen Färbung, welche die beſchrie— bene Lungenveraͤnderung zeigt. Bei einer andern Lunge fanden ſich auf der Oberfläche knorpelige oder vielmehr wachsaͤhnliche Flecke, welche aus: ſahen, als haͤtte man einen Tropfen Wachs auf die Obers flache der Lunge fallen laſſen. Die Flecke beſchraͤnkten ſich auf die Oberfläche. Zwiſchen ihnen veräftelten ſich mehrere weiße Linien, welche nichts Anderes ſind, als obliterirte und indurirte lymphatiſche Gefaͤße. Dieſe wachsaͤhnlichen Flecke auf der Oberflaͤche der Lungen ſind eine der gewoͤhnlichſten Formen des conſecutiven 299 Krebſes in dieſem Organe. Ich habe ſie ſehr haͤufig bei den Krebskranken der Salpéttière, beſonders bei Bruſtkrebs, ge: funden. Dieſe wa ſhsaͤhnlichen Flecke entgehen bisweilen eis ner minder aufmerkſamen Beobachtung, weil ſie halbdurch— ſichtig und außerordentlich duͤnn ſind. Was iſt der Sitz derſelben? Ohne Zweifel die pleura und in manchen Faͤl— len ſogar fo oberflichlih, daß die Degeneration nicht über die ſeroͤſe Haut hinausgeht; indeß fanden ſich doch meiſtens die oberflaͤchlichſten Schichten des Lungengewebes mit er: griffen, und es hat mir im Gegentheile geſchienen, als wenn die Veraͤnderung der pleura nur ſecundaͤr waͤre. Deswe— gen bin ich der Anſicht, daß dieſe wachsaͤhnlichen Flecke ei— gentlich ihren Sitz in den oberflaͤchlichſten Schichten der Lungen haben. Unmerkliche Grade fuͤhren von dieſen krebs— artigen Schichten, welche mehr oder minder dicht ſind und mehr oder minder mit der krebſigen Fluͤſigkeit angefuͤllt find, zu den krebſigen Knoten, welche vorzugsweiſe die ober- flaͤchlichen Lungenſchichten lieben, jedoch auch in den tiefern Theilen vorkommen. Ich laͤugne indeß keineswegs die Moͤglichkeit eines Scirrhus der pleura, unabhaͤngig von dem Lungenkrebſe. Ich habe im Gegentheile beſtimmte Beiſpiele von Krebs, der ſich auf die pleura beſchraͤnkt, ebenſg wie Beiſsiele ei— nes Krebſes des Peritonaͤums vorkommen, wobei nicht die geringſte Veraͤnderung der unter dieſer Bedeckung liegenden Eingeweide zu finden iſt. Ich habe ſogar einen ſehr merk— würdigen Fall beobachtet von Krebs der pleura, welcher zur Entſtehung eines Hydrothorax Veranlaſſung gab, und wobei ich zweimal, zu großer Erleichterung der Kranken, die Punction vorgenommen habe, wodurch das Leben der Kran— ken um mehrere Monate verlaͤngert wurde. In einem andern Falle fand ſich im obern Larpen der linken Lunge ein Acepbalocyſtenbalg. Die ſpeciellen Anga— ben verdanke ich der Mittheilung des Dr. Laferière. Eine Bauernfrau litt ſeit mehreren Monaten an außeror— dentlich ermuͤdenden Huſtenanfaͤllen. Beruhigende, milde Mittel blieben ohne Erfolg. Eines Tages warf die Kranke nach einem heftigen Huſtenanfalle eine weiße Haut aus, welche einer Acephalocyſtenhaut aͤhnlich ſah; dabei erzaͤhlte die Kranke, daß dieß nicht das erſte Mal ſey, daß ſolche Haͤute ausgeworfen wuͤrden, und daß ſie ſich jedesmal nach einem ſolchen Auswurfe erleichtert gefuͤhlt habe, einigemal auf laͤngere Zeit. Als kurze Zeit darauf die Kranke in ei— nem kramofigen Huſtenanfalle verſchied, wurde die Lunge herausgenommen und mir zugeſendet. Es fand ſich, daß die linke Lunge von einem Acephalocyſtenbalge ausgefüllt war, welcher ſehr dicke fibroͤſe Waͤnde hatte. Dieſer Balg enthielt eine große Menge von Acephalocyſten. Einzelne da— von ſind leer, andere voll; einige zerriſſen. Die Mehrzahl dieſer Haͤute find auf der Oberfläche rauh, und man ſieht mit einer ſtarken Lupe, daß dieſe Rauhigkeit von dicht an— einanderſitzenden Koͤrnchen herruͤhrt. Eine enge Oeffnung ging von dem Acephalocyſtenbalge in die trachea dicht uͤber die Bronchialtheilung. Die Geſchichte der Entwickelung dieſer Krankheit ſcheint mir ſehr einfach. Unter dem Einfluſſe einer unbekannten 300 Urſache hat ſich ein Acephalocyſtenbalg in der Dicke der Lunge entwickelt. Dieſer ganz oberflächliche Balg iſt mit dem benachbarten Theile der trachea verwachſen und hat ſich in denſelben geöffnet. So wie dieſe Oeffnung vorhan— den war, mußten die Acephalocyſten beſtaͤndig oisponirt ſeyn, in den ihnen geoͤffneten Weg einzutreten. Dieß war aber nicht moͤglich fuͤr unverſehrte Acephalocyſten, ſehr leicht da— gegen für ſolche, die ſich bereits entleert hatten. Man bee’ greift Übrigens, welche Reizung, welche Erſtickungsnoth von dem Vorhandenſeyn dieſer Membran in der trachea herruͤhren mußte, und wie die Anfaͤlle von convulſiviſchem Huſten, die dadurch veranlaßt wurden, den Durchgang der Haͤute durch die kleine Oeffnung in der trachea begünftigen mußten. Der Tod in einem ſolchen Anfalle erklaͤrt ſich durch mechaniſche Verſtopfung der trachea durch ſolche Haͤute. Bemerkenswerth iſt die Art der Fortpflanzung der Ace— phalocyſten an dieſem Praͤparate, da es unmoͤglich iſt, zu ver— kennen, daß die runden Körnchen auf der Oberfläche der Haͤute ebenſo viele ſich entwickelnde Acephalocyſten find. Waͤre der Balg kleiner geweſen und waͤren ſaͤmmtliche Acephalocpſten ausgeleert worden, fo begreift man, daß eine Heilung moͤglich, ja ich mochte ſagen, leicht geweſen wire; der fibroͤſe Balg haͤtte ſich danach zuſammengezogen und man haͤtte bei der Section eine Hoͤhle mit fibroͤſen Waͤn— den gefunden, deren wahrer Urſprung ſehr ſchwer zu bes ſtimmen geweſen wäre. Dieß iſt wahrſcheinlich in dem Falle vorgekommen, welchen Malouet in den Memoires de Academie royale des sciences 1732 mittheilt. Acephalocyſtenhaͤute find in der Beſchreibung nicht zu ver- kennen, welche dieſer Arzt von Hautſtuͤcken giebt, welche dem gekochten Eiweiße aͤhnlich, elaſtiſch und zitternd waren und von dem Kranken durch Expectoration entleert worden waren. (Dictionnaire de médecine et de chirurgie pratiques, Art. Acephalocistes. T. I., p. 245.) Woher koͤmmt es, daß die Aeephalocyſtenbaͤlge der Lungen bei den Wiederkaͤuern ſo haͤufig und bei den Men— ſchen ſo ſelten ſind? Dieß haͤngt wahrſcheinlich mehr von Verſchiedenheit der Nahrung, als von Verſchiedenheit der Organiſation ab. Die Erfahrung zeigt, daß feuchte Mais den faſt auf gleiche Weiſe bei dieſen Thieren die Entwicke—- lung der Tuberkeln und die Entwickelung der Acephalocyſten beguͤnſtigt. Man koͤnnte in der Praxis ausgehuſtete Acephalocyſten⸗ ſtuͤcke mit pſeudomembranoͤſen Stuͤcken verwechſeln. Die roͤhrige Form der Pſeudomembranen und die übrige Ver— ſchiedenheit im Ausſehen laſſen indeß doch einen Irrthum in dieſer Beziehung nicht zu. Aneurysma der arteria innominata durch Unter— bindung der carotis und subelavia behandelt. Ven W. Wickham. Dieſer Fall iſt bereits im vorigen Bande Nro. 361. S. 176. kurz erwähnt. Wir theilen hier das Ausführlichere aus Med, chi- rurg. transact, Vol. 23. mit. . - Richard Colt wurde am 17. September 1839 in dem Win- chester-County - Hospital aufgenommen; er war 55 Jahre alt, mager, blaß, früher Matrofe und hatte als folder 9 Jahre in ‚301 den Tropen zugebracht, wo er ausſchweifend lebte, jedoch immer gefund war. Nach feiner Ruͤckkehr verheirathete er ſich und lebte vier Jahre lang, bevor er in das Spital kam, zu Cymington. Bei ſeiner Aufnahme gab er an, daß er ſeit etwa 6 Monaten eine kleine Geſchwulſt von der Groͤße einer Haſelnuß beobachtet habe, gerade über dem rechten Schlüſſelbeine, etwa über der Mitte deſ— ſelben. Die Geſchwulſt pulſirte nicht und verſchwand nach etwa 8 Tagen wieder. Seitdem, bis etwa 4 Wochen vor feiner Auf nahme in das Spital, war die Geſchwulſt nicht wieder erſchienen, als feine Aufmerkſamkeit ploͤtzlich durch eine andere Geſchwulſt von 11515 Groͤße in Anſpruch genommen wurde, welche ſich gerade ber dem Sternalende der clavicula zeigte. Dieſe Geſchwulſt wurs de bald ſchmerzhaft, und der Schmerz wurde betraͤchtlich vermehrt bei liegender Stellung. Die Pulſationen wurden deutlich, und der Schmerz veranlaßte bei ihrer Vergroͤßerung Athembeſchwerden. Nach 4 Wochen zeigte der Kranke die Geſchwulſt Herrn Adams, dem Wundarzte in Lymington, welcher ihm ſagte, daß dieſelbe ein Aneurysma ſey und er ſich an ein Spital zu wenden habe. Bei der Aufnahme hatte die Geſchwulſt die Größe eines Huͤh⸗ nereis außerlich erreicht. Es ſchien, als wenn ſich die Geſchwulſt von unten her uͤber die carotis herlege und bis zu dem Uebergange des omohyoideus reiche. Sie neigte ſich etwas gegen die subela- via hinuͤber und hatte alle characteriſtiſchen Zeichen eines Aneurys⸗ ma's und zwar der a. innominata. Das Allgemeinbefinden ſchien ziemtich gut, mit Ausnahme einiger Störungen durch den anhal⸗ tenden Schmerz und die Reſpirationsbeſchwerden. Am 24. September wurde der Fall Sir Aſtley Cooper vor⸗ geſtellt, welcher an dieſem Tage zu Wincheſter war. Er beſtaͤtigte die Anſicht, daß ein Ancurysma der a. innominata zugegen ſey, und daß man einen Verſuch mit der Unterbindung der carotis und subelavia machen müjfe, Am 25. September wurde die carotis unmittelbar über dem omohyoideus, welcher durch die Geſchwulſt etwas in die Hoͤhe geho— ben war, ohne Schwierigkeit unterbunden. Der Blutlauf durch das Gefäß wurde dadurch vollkommen aufgehoben, was durchaus keine Stoͤrung oder Verminderung der Hirnfunctionen bewirkte. Der anecurysmatiſche Sack wurde bemerkbar kleiner, ſobald die Ligatur zugezogen war; die Pulfationen in demſelben dauerten fort, jedoch allerdings mit geringerer Stärke. Die trachea war faſt auf der Stelle von dem Drucke der Geſchwulſt befreit und dadurch der laͤ— ſtige Huſten und die Dyspnde betraͤchtlich vermindert. Der Kranke befand ſich den Tag über wohl und fühlte ſich dadurch ſehr er— leichtert, daß die unangenehmen Empfindungen aufgehoͤrt hatten, welche mehr durch den Druck des Aneurysma's veranlaßt waren. Am 26. September. Die Nacht war gut, und der Kranke hatte ruhiger geſchlafen, als ſeit mehreren Wochen. Eine Doſis Ricinusôl wirkte im Laufe des Tages: die Haut war nicht heiß, der Puls mäßig, regelmäßig und an beiden Handen gleich; die Pulſation in der Geſchwulſt offenbar weniger ſtark, als vor der Operation. Der Kranke erhielt alle vier Stunden folgende Mixtur: B. Tincturae digitalis gutt. x. — Syr. papav. 3j. — Mix- tur. camphorat. 3x. — Eisblaſen wurden auf die aneurysma— tiſche Geſchwulſt gelegt. Am 27ften. Er hatte eine gute Nacht, klagte aber über Kopfſchmerz; deßwegen wird der syrupus papaveris ausgeſetzt, die digita is und der Eisumſchlag aber beibehalten. Am 28ſten. Der Kopf war beſſer, Leib offen, uͤbrigens der gleiche Zuſtand. Am 29ften befindet ſich der Kranke gut; er erhaͤlt 2 Mal taͤglich digitalis, behaͤlt die Eisumſchlaͤge bei und bleibt bei ſpaͤr— licher Diät. Ohne daß irgend ein unguͤnſtiges Symptom waͤre, ging die Ligatur am l4ten Tage nach der Operation ab; hierauf durfte der Kranke aufſtehen und nach Ablauf der dritten Woche verließ er, gegen den Willen des Arztes, das Spital. Er gab vor, Geſchaͤfte zu Hauſe ordnen zu muͤſſen und verſprach, nach 8 — 10 Tagen zuruͤckzukebren. Zu dieſer Zeit hatte die Geſchwulſt den Umfang wie unmittelbar nach der Operation; die Pulſation war eben fo ſtark, wie vor der Unterbindung der carotis. 302 Der Patient kam nun wiederum in Behandlung des Herrn Adams, welcher es uͤbernahm, über die Zunahme der Geſchwulſt zu wachen und auf die Ruckkehr in das Spital zu dringen, damit die zweite Operation vorgenommen werden konne, welche eigentlich einen Monat nach der erſten Operation beabſichtigt war. Alle Vorſtellungen uͤber die Gefahren des Verzuges halfen indeß nichts, und der Kranke kam erſt am 27. November, zwei Monate nach der Unterbindung der carotis, in das Spital zuruck, und zwar in Folge von Athemsnoth, welche durch die raſche Zunahme der Ge— ſchwulſt herbeigefuͤhrt war. Bei ſeiner zweiten Aufnahme ſah der Kranke ſehr geſchwaͤcht aus; er hatte heftige Dyspnoͤe, ſehr haͤufigen Huſten; das Schluk— ken war ſehr erſchwert. Die Geſchwutlſt hatte ſich um mehr, als das Doppelte ihres fruͤhern Umfanges vergrößert und beſonders nach Außen ausgedehnt, fo daß fie faſt über die ganze Hälfte der clavicula heruͤberragte. Am 2. December wurde in einer Conſultation der Spitalaͤrzte beſchloſſen, daß die zweite Operation am folgenden Tage vorge— nommen werden ſollte. Am 3. December. Der Kranke hatte eine ſehr beſchwerliche Nacht gehabt und mehr, als je, durch die Athemsnoth gelitten. Als er in den Operationsſaal gebracht wurde, war er in Folge der Störung des Lungenblutlaufs ganz livid und fein Puls außeror— dentlich ſchwach. Er ſchien ſich in den letzten Augenblicken vor dem Erſticken zu befinden, und es wurde ſehr befuͤrchtet, daß er waͤh— rend der Operation verſcheiden koͤnne. Da indeß die Operation die einzige Ausſicht auf Rettung gab und da zu heffen war, daß die Geſchwulſt, wie nach der erſten Operation, auch jetzt durch Un⸗ terbindung der subelavia vermindert werden werde, fo wurde die Operation, ohne weiteren Aufſchub, auf folgende Weiſe ausgefuͤhrt. Der Patient wurde mit erhoͤhtem Kepfe und Schultern auf den Operationstiſch ſo gegen das Licht gelegt, daß das Tageslicht ge— rade in die Tiefe der Operationswunde einfallen konnte. Die Haut wurde nun nach Unten gezogen; ein Einſchnitt wurde durch die Haut bis auf das Schluͤſſelbein gemacht und vom acromion bis zu der Geſchwulſt fortgeführt, welche 4 der Claviculargegend einnahm; der Hautſchnitt wurde mit ſeinem vordern Ende an der Seite der v. jugularis externa etwas in die Hoͤhe gefuͤhrt; die Vene war, in Folge der Athemsnoth, ausgedehnt und deutlich ſicht— bar. Nach Durchſchneidung der Haut und des platysmamyoides wurde nun die Gervicalfascie auf der Hohlſonde vorſichtig ges trennt. Nachdem das lockere Zellgewebe zunaͤchſt auf die Seite ge— ſchoben war, wurde die Lage der Arterie bei ihrem Uebergange uͤber die erſte Rippe leicht entdeckt; aber ſie lag ſo tief unter der Geſchwulſt und dem Schluͤſſelbeine, daß dieſer Schritt der Opera— tion nicht ohne Schwierigkeit war. Zuerſt wurde einer der Cer⸗ vicalnerven, welcher durch die Berührung der Arterie eine pulſi— ſirende Bewegung erhielt, für die subelavia genommen und mit einer Ligatur umgeben. Da indeß der Irrthum ſogleich bemerkt wurde, ſo wurde die Ligatur nicht zugezogen, ſondern der Faden nur benutzt, um den Nerv bei Seite zu ziehen und die Arterie dadurch ſichtbar zu machen. Eine Ligatur wurde hierauf uns ter dem Gefaͤße durchgezogen, vermittelſt einer Aneurysmanadel, welche Weiß angefertigt hatte, mit einem Oehr am vordern Ende einer Stahlfeder, welche in einer auf einem Griffe befeſtigten Röhre ſich vorſchieben laßt; dieſe Nadel iſt außerordentlich zweck— mäßig ). Nachdem die Arterie feſt unterbunden war, hoͤrte der Puls an der Handwurzel auf; die Wunde wurde verbunden und der Kranke zu Bette gebracht. Die Erleichterung von der Dys⸗ pnde trat auf der Stelle ein, ſo daß der Mann mit Leichtigkeit zu feinem Krankenſaale zuruͤckkebren konnte. Von da an blieb er bis zu feinem Tode von jedem laͤſtigen Drucke auf die trachea frei, da die Richtung der Zunahme der Geſchwulſt ſpaͤter nach Außen gegen die rechte Schulter hinging. ; Am folgenden Tage befand ſich der Kranke in jeder Bezie: hung wohl; die Geſchwulſt war merklich vermindert; die Pulſation *) Offenbar die Langenbeck'ſche Aneurysmanadel, mit der unbedeutenden Abänderung, daß am vordern Ende der Feder ein Oehr anftatt eines Haͤkchens angebracht iſt. R. F. 803 in dem Sıde dauerte fort jedoch mit geringerer Kraft, als in dem früheren Falle; es war kein Puls an der Handwurzel zu fuͤhlenz die Wärme an dem Arme war größer, als die auf der andern Seite. Er wurde wie nach der erſten Operation behandelt. Es trat kein ungewoͤhnliches Symptom hinzu, bis zum 7. Dec., wo ploͤtzlich Delirium mit murmelndem Sprechen, betrachtliche Vergrößerung der aneurysmatiſchen Geſchwulſt und heftige Pulſation des Her⸗ zens und der linken carotis eintrat. Dieſe Pulſation war fo hefz tig, daß der ganze Körper dadurch erſchuͤttert und der Kopf von dem Kiſſen in die Hoͤhe gehoben wurde. Es wurde ſogleich ein Aderlaß von 12 Unzen gemacht und 3) Tropfen laudanum gege— ben. Erſt in der zweiten Hälfte der Nacht nahmen die Symptome allmälig ab, und am folgenden Abende wurde er wiederum ganz ru⸗ hig. Von dieſem Anfalle an nahm die Geſchwulſt nicht wie— der ab; im Gegentheil vergrößerte fie ſich allmälig, obwohl lang: ſam. Das Allgemeinbefinden beſſerte ſich und, mit Ausnahme bis⸗ weilen eintretender Schmerzen von Spannung der Geſchwulſt und von Druck auf die darunter liegenden Nerven, waren die Leiden des Kranken im Verhaͤltniſſe geringe. Am 23. Januar wurde er ploͤtzlich hinfällig, ſchwach, appetit— los, was einige Tage dauerte. Er erholte ſich ſoweit, daß er das Spital verlaſſen wollte. Am 25. Januar ging die Ligatur mit dem Verbande ab, und die Wunde heilte raſch. Er konnte ſich nun aufſetzen, rauchte ſeine Pfeife, hoffte, wiewohl dazu kein Grund vorhanden war, auf vollkommene Herſtellung und blieb bei ſeinem Verlangen, das Spi— tal zu verlaſſen. Am 5. Februar kehrte er nach Lymington zuruͤck. Am 15. Februar wurde Herr Adams wegen einer profuſen Blutung zu ihm gerufen, welche am Abende eintrat. Dieſe Blu— tung wurde durch Tamponiren gehemmt; aber am folgenden Mor— gen, am 16. Februar, trat fie auf's Neue ein, und der Kranke ſtarb ohne Todeskampf. Zwiſchen der erſten Operation und dem Tode des Kranken lag daher ein Zwiſchenraum von 4! Monat. Sectionsergebniß. Das Herz war groß und mit Fett bedeckt; die Pulmonararterie hatte ziemlich das Doppelte ihres nor— malen Umfanges; die aorta war vom Herzen bis zum Zwerchfell außerordentlich erweitert und enthielt verknoͤcherte Stellen in ihren Haͤuten. Die vena cava superior war ebenfalls betraͤchtlich er— weitert. Das Aneurysma ging von der a. innominata aus unter— halb ihrer Theilung in die aubelavia und carotis; ziemlich die Hälfte der innominata war durch den Anfang des Aneucysma's eingenommen. Eine Ligatur an dem übrigen Theile der innomi- nata angelegt, wuͤrde keinen Raum zwiſchen der Ligatur und dem arcus aortae zur Bildung eines thrombus oder der Adhaͤſion uͤbriggelaſſen haben. Das sternum war an ſeinem obern Ende ein Wenig abſorbirt; das Schluͤſſelbein hatte von dem fortdauern— den Drucke des Aneurysma's auf ſeine innere und untere Flaͤche eine ſtaͤrkere Abſorption erlitten; das Sternalgelenk deſſelben war zerſtoͤrt und die clavicula nach Oben gedraͤngt. Die rechte sub- clavia war vom Schluͤſſelbeine bis zur erſten Rippe obliterirt; die rechte carotis war, vom obern Rande des omohyoideus an, hinter der Geſchwulſt obliterirt. Der aneurysmatiſche Sack reichte von der a. innominata bis zum obern Rande des Schildknorpels; der Sack war auf der linken Seite geriſſen, obwohl er am ſtaͤrk— ſten nach der rechten Seite hinuͤberragte. 504 Miscellen. Ueber Heilung der After fiſſuren durch Monesia, hat Dr. Payen folgendes ſchlagendes Beiſpiel mitgetheilt, welches jedenfalls zu neuen Verſuchen mit dieſem Mittel gegen eine harte nädige und ſchwer zu behandelnde Krankheitsform auffordern muß. — Eine Frau, welche ich ſchon fruͤher behandelt hatte, ließ mich im vorigen Monate wegen zweier Afterſiſſuren zu ſich rufen. Durch Unterſuchung ergab ſich, daß die fruͤheren Fiſſuren mit einer liniene foͤrmigen, weißlichen Narbe vollkommen geheilt waren, während nach Vorn zwei neue Fiſſuren vorhanden waren, von 5 und 7 Mile limeter Länge, die eine gerade in der Mittellinie, die andere nach links. Der Grund derſelben war lebhaft roth, die Ränder grau, aber nicht callös. Dieſe Fiſſuren waren friſch, und die Kranke klagte auch erſt ſeit einigen Tagen. — Die Schleimhaut des Af— ters iſt aͤußerſt empfindlich, und dieß, in Verbindung mit der habi« tuellen Verſtopfung, erklärt, wie mir ſcheint, hinlaͤnglich die Bils dung dieſer Fiſſuren. Ich hoffte, daß ein einfaches Charpiebour— donnet, mit Munesia- Salbe überzogen und in den After eingeführt, genuͤgen werde, dieſe Fiſſuren gleich im Anfange der Krankheit zu heilen. Die Salbe hatte ſogleich die Schmerzen gelindert; aber die Fiſſuren nahmen an Lange und Tiefe zu, fo daß nach 5 Tagen die eine mindeſtens 14 Millimeter Laͤnge hatte und faſt ganz in den Sphincter ſich verbarg Die Vergroͤßerung der Fiſſuren dauerte noch einige Tage. Ich beſchloß nun, zur Vergleichung das Mone— fin (das ſcharfe Princip der Monesia) anzuwenden, während die Monesia-Bourdonnets noch angewendet wurden, Ich bedeckte die Oberflaͤche der einen Fiſſur mit dieſem Pulver, ohne etwas auf die andere kommen zu laſſen; dadurch entſtand ſogleich ein lebhafter Schmerz. Tags darauf war die Fiſſur mit einem grauen Ueber— zuge bedeckt, wie wenn ſie mit Hoͤllenſtein beruͤhrt worden waͤre. Dieſer breiartige Uberzug loͤſ'te ſich; ich wendete das Moneſin nochmals an, wodurch die Fiſſur breiter wurde, aber eine hellro— the Oberflaͤche und ein gutes Ausſehen bekam und in weniger als 12 Tagen geheilt war. Die andere Fiſſur hatte ſich etwas zufamz mengezogen, war aber ziemlich betraͤchtlich vergrößert. Ich machte nun auch auf dieſe eine zweimalige Anwendung des Moneſin. Dieß hatte denſelben Erfolg; die Wunde wurde gereizt, der Vernarbungs⸗ proceß ging raſch vor ſich, und 8 Tage nach der Heilung der er— ſten Fiſſur hielt ich die Vernarbung der zweiten fuͤr vollendet, als die Kranke bei'm Herausziehen der Meſche, welches ſie ſelbſt be— ſorgte, einen heftigen Schmerz wie den Schnitt eines Meſſers, fuͤhlte. Wahrſcheinlich hatte ein Faden die zarte Narbe einge— ſchnitten; wenigſtens fand ich ſie nach Oben verlaͤngert und blu— tend; ich ſetzte den Gebrauch der Meſchen noch 8 Tage fort, und nun, 5 Wochen nach Beginn der Behandlung, ſind beide Fiſſuren vollkommen geheilt, wobei die Narbe der einen nicht weniger als 18 Millimeter Laͤnge hat. — Es iſt dieß das erſte Mal, daß das Moneſin gegen Fiſſuren in Anwendung gebracht worden iſt; es ſcheint nach den bisherigen Erfahrungen nicht zu bezweifeln, daß die Monesia ohne oder mit Moneſin oder nach Cauteriſation mit Hoͤllenſtein die Afterfiſſuren heilt, welche ſonſt die Inciſion erfor— derlich gemacht haͤtten. (Gaz. méd., No 33.) Der von Guerin wegen mehrfacher Verkruͤmmun— gen operirte Kranke, an welchem 42 fubcutane Muskelſehnen— Durchſchneidungen gemacht worden ſind, befindet ſich, nach einer neueren Mittheilung ſehr gut und erlangt allmaͤlig die normale Form aller operirten Theile wieder. (Gaz. méd., No. 3) Nekrolog. — In Prag iſt der durch feine chirurgiſchen Apparate bekannte Mechaniker 3. A. Tober, 71 Jahre alt, am 11. Februar geſtorben. Bibliographische The Martyrs of Science, or the Lives of Galileo, Tycho Brahe and Keppler. By Sir David Brewster. London 1841. 8. Lives of eminent Naturalists. Vol. 1 — 3. London 1841. 12. Nei gkeite n. Pilgrimage to the Spas in pursuit of Health. By Dr. James Johnsonn. London 1841. 8. Treatise on Diseases ofthe Liver, By Dr. W. Thomson. London 1841. 8. | Neue Uotizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Mediemalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin. Noe. 372. (Nr. 20. des XVII. Bandes.) Maͤrz 1841. Gedruckt im Landes = Induftrie- Comptoir zu Weimar. preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 9 Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. eee ee e Neue Beobachtungen uͤber das electriſche Organ des Silurus electricus (Malapterurus electricus, Lucep.), von Herrn Valenciennes, wovon die Miscelle in Nr. 361. S. 136. vorlaͤufige Mel⸗ dung that, kann jetzt aus den Annales d’hist. naturel- les ausfuͤhrlich Platz finden. Der Fiſch, aus der Familie der Siluren, welcher mit dem Zitteraale und Zitterrochen die Eigenſchaft, electriſche Schlaͤge zu ertheilen, gemein hat, ward im Jahre 1756 von Adanſon in deſſen Reiſe auf dem Senegal zuerſt ge— nannt; allein dieſer beruͤhmte Reiſende hat denſelben weder naͤher beſchrieben, noch bildlich dargeſtellt. Man fand die— ſen zuerſt im Senegal entdeckten Fiſch ſpaͤter auch im Nile. Im Jahre 1775 machten die Herausgeber des literaͤriſchen Nachlaſſes Forskäl's eine ſehr umſtaͤndliche Beſchreibung dieſes Silurus bekannt, nannten ihn aber faͤlſchlich Raja Torpedo. Erſt 1782 tbeilte Brouſſonnet in den Memoires de l' Académie des Sciences eine Abbil: dung dieſer Species mit, welche er der Gattung Silurus beigeſellte. Spaͤter erhielt man durch Geoffroy Saint— Hilaire, der den Fiſch in Aegypten unterſuchte, die erſte Auskunft uͤber die anatomiſche Beſchaffenheit deſſelben. Die— ſer Naturforſcher beſchaͤftigte ſich namentlich mit dem Stu— dium des electriſchen Organs und beſchrieb daſſelbe in den Annales du Museum; ſpaͤter ließ er es auf den Tafeln des großen Werks uͤber Aegypten abbilden, zu welchen Iſi— dore Geoffroy Saint-Hilaite den beſchreibenden Text ge— liefert hat. Im Jahre 1824 ſtellte Rudolphi neue ana— tomiſche Unterſuchungen uͤber dieſen Siluroiden an, deren Reſultate er, mit ſehr ſchoͤnen erlaͤuternden Abbildungen, in den Denkſchriften der Berliner Academie bekannt machte, wodurch die Kenntniß des merkwuͤrdigen Organes, dem je— ner Fiſch eine im Thierreiche ſo ſeltene Eigenſchaft verdankt, weſentlich gefoͤrdert ward. Das electriſche Organ liegt unmittelbar unter der Haut und uͤber den Muskeln der beiden Seiten des Koͤrpers. No. 1472. a Te er Ma Geoffroy, welcher daſſelbe zuerſt befchrieben “), ſtellt es als eine dicke Anhaͤufung von dichtem Zellgewebe dar, welches aus wirklich ſehnenartigen Faſern beſtehe, die, ver— moͤge ihrer verſchiedenartigen Kreuzung, ein Netz bilden, deſ— ſen Maſchen nur unter der Lupe erkennbar und deren Zell— chen mit einer eiweiß⸗gallertartigen Maſſe gefüllt ſeyen. Von den mehr nach Innen liegenden Theilen iſt es durch eine ſehr ſtarke Aponeuroſe getrennt, die ſich nicht ohne Zerrei— ßung abloͤſen laͤßt und mit den Muskeln mittelſt eines lok— keren und muͤrben Zellgewebes zuſammenhaͤngt. Ein Aſt vom achten Nervenpaare ſteigt nach dem untern Theile der Bruſt hinab und ſtreicht unter die aponeurotiſche Schicht, die er begleitet und mittelſt rechts und links abgehender Zweige durchſetzt, die ſich in dem Zellgewebe des electri— ſchen Organes ausbreiten. Rudolphi““) hat dieſe von Geoffroy beſchriebene, zellige und aponeurotiſche tunica ebenfalls beobachtet und uͤberdem eine zweite dergleichen entdeckt. Als ich mich, behufs meiner Naturgeſchichte der Fiſche, mit Unterſuchung der Structur und ſonſtigen Beſchaffenheit des electriſchen Organs des Malapterurus beſchaͤftigte, er: kannte ich, gleich den beiden ebenerwaͤhnten Naturforſchern, die äußere tunica, welche, in der That, aus einer dicken Schicht eines ſchlammigen Zellgewebes beſteht, welche unmit— telbar unter der Lederhaut liegt und ſo feſt an dieſer haͤngt, daß man, um dieſe bloßzulegen, die Zellen der aͤußern Ober— fläche öffnen muß. Dieſe erſte tunica iſt an ihrer innern Ober flaͤche mit einer ſilberglaͤnzenden faſerigen Aponeuroſe gefuͤt— tert, mit welcher das ſchwammige Gewebe nicht weniger feſt zuſammenhaͤngt. Dieſe Membran erſtreckt ſich von der Stirn und den Kiemen bis zum letzten Strahle der After— floſſe, und ebendaſelbſt endigt auch die Aponeuroſe, ohne ſich uͤber den Schwanzkegel des Fiſches auszudehnen Unter dieſer tunica ziehen ſich die ſtarken Gefaͤß- und Nerven— ſtaͤmme bin, deren Aeſte die innere Aponeuroſe durchſetzen *) Annales du Museum, T. I. p. 392. ) Denkſchriften der Berliner Academie v. J. 1824, S. 139. 20 807 und ſich ſpaͤter in eine Menge ungemein feiner Fäden zer— theilen, denen man bald mit dem Scalpel und ſelbſt mit der Lupe nicht mehr folgen kann. Rudolphi hat diefel: ben voͤllig naturgetreu abgebildet. Zwiſchen dieſer Aponeuroſe und den Muskeln habe ich aber nicht nur eine, fondern zei einander ganz aͤhnliche tunicae gefunden, die ſich nach mehrtigiger Maceration in ſechs uͤbereinanderliegende Blaͤtter zertrennen ließen. Dieſe Blätter, welche die Duͤnnheit von Aponeurofen beſitzen, find vollkommen begraͤnzt und voneinander, wie von den ſie bedeckenden Muskeln, mit denen ſie nur mittelſt eines ziem— lich lockeren und ſpaͤrlichen Zellgewebes zuſammenhaͤngen, leicht zu trennen. Sie erſtrecken ſich ſaͤmmtlich uͤber die erſte tunica hinaus und bis an das Schwanzende, wo fie die Wurzeln der Strahlen der Schwanzfloſſe beruͤhren. Sie ſind, wenngleich duͤnn, doch dicht, und durch die Ab— ſorption von Waſſer wird ihre Oberflaͤche leicht flockig. An ihrer aͤußeren Oberflaͤche nehmen ſie Fiden von dem unter der Aponeuroſe hinſtreichenden großen Nerven auf; die ihrer innern Oberflaͤche zugehenden Nervenfaͤden entſpringen von den Zwiſchenrippennerven. Unter ſtarker Vergroͤßerung zeigt ſich das Gewebe die— ſer Membranen gleichartig und aus Faͤſerchen beſtehend, welche denen der Aponeuroſen aͤhnlich ſind, aber ſich in einer weniger dichten Art kreuzen, ſo daß zwiſchen ihnen zahlreiche Zellen bleiben. Ich weiſe alſo hierdurch nach, daß bei'im Malapter- urus zwiſchen der Haut und den Muskeln zwei tunicae vorhanden ſind, von denen man bei den nicht electriſchen Siluroiden keine Spur findet; daß die aͤußern derſelben, welche ich für den weſentlichſten Theil der electriſchen Bat— terie des Fiſches halte, ein nervoͤſes Organ iſt, welches, we— gen ſeiner Textur und des daſſelbe mit Blut verſorgenden großen Gefaͤßes, ziemlich dieſelbe Structur darbietet, wie die erectilen Gewebe; daß ferner die von Rudolphi beob— achtete zweite tunica nicht einfach iſt, ſondern aus wenig— ſtens ſechs uͤbereinanderliegenden, durch ein ſchlaffes Zellge— webe voneinander getrennten und durch Aufſaugen von Waſ— fer flockig werdenden Blittern beſteht Aus dieſer, die fruͤhern Beſchreibungen an Genauigkeit uͤbertreffenden Darlegung ergiebt ſich auch, daß der electri— ſche Apparat des Silurus weſentlich von dem des Zitter— aals und Zitterrochens verſchieden iſt, wiewohl er, wie bei dieſen beiden Fiſchen, ein weſentlich nervoͤſes Organ iſt. Liegt nun dieſen Membranen gleichzeitig die Function der Erzeugung der Electricitaͤt ob, oder haben die innern Blaͤtter die Beſtimmung, das erſte zu iſoliren und den Körper des Fiſches vor den Schlägen der in dieſem Falle nur durch die aͤußere Schicht repraͤſentirten Batterie zu ſchuͤzen? Dieß ſind Fragen die ſich mittelſt in Spiritus geſetzter Exemplare nicht erledigen laſſen, ſondern zu deren Aufklaͤrung Erperimente am lebenden Fiſche durchaus noͤthig ſind. (Annales des Sciences naturelles, Oct. 1840.) 308 Ueber Sturmwinde enthält das Athenaeum folgende ihm vor Kurzem von Paris, durch Herrn Espy aus Philadelphia, zugegangene Notiz: „Aus der unlaͤngſt von mir aufgeſtellten Theorie er— giebt ſich, daß bei einem von Regen oder Schnee beglei— teten Sturme der Wind an deſſen Rande uͤberall nach In— nen, und zwar, wenn der Sturm ein kreisrunder iſt, gegen eine im Mittelpuncte des Kreiſes gelegene Stelle, wenn er ein laͤnglicher oder elliptiſcher iſt, gegen eine Mittellinie hin wehen muͤſſe. Ich habe gefunden, daß dieß bei den ſieben— zehn von mir binnen der lesten ſechs Jahre beobachteten Stuͤrmen wirklich der Fall war. Sobald ich im letztverfloſ— ſenen December zu Paris eingetroffen war, begann ich, alle naͤhern Umſtaͤnde, in Be,ug auf den Sturm, zu er— mitteln, welcher in den letzten Tagen des Octobers ſo ge— waltigen Schaden in Oſt-Frankreich angerichtet hatte. Ich durchſuchte alle mir zugaͤnglichen Zeitungen und bat brief— lich viele in den obern Rhein-, Seine-, Loire- und Saone- Gegenden wohnende Perſonen um Auskunft hinſichtlich der Zeit, zu welcher in den letzten Tagen des Octobers es am ſtaͤrkſten geregnet habe. Aus den Zeitungen ergab ſich zur Genuͤge, daß ſuͤdlich von dem heftigſten Regen und an dem Rande des letztern der Wind hauptſaͤchlich aus Suͤden wehte; ſuͤdweſtlich von der Regenzone kam der Wind vor— zuͤglich aus Suͤdweſten, und dieß gitt von der ganzen Zeit, während der es heftig regnete. Dr. Lamont ſchreibt mir von Muͤnchen, daß waͤhrend derſelben Periode der Wind in dem Landſtriche von Tyrol bis Sachſen aus Suͤdoſten und Oſt geweht habe. Dieſer Landſtrich liegt aber oͤſtlich von der Zone, wo damals der Hauptregenguß ſtattfand und nicht ſo fern, daß der Sturm dort ſeinen Einfluß nicht hätte aͤußern koͤnnen. Zu Augsburg war damals, d. h. vom 28ſten bis 3 1ſten October incl., der Wind veraͤnder— lich, kam aber meiſt aus S. O., N. und N. O. Zu Stutt- gart war der Wind ebenfalls veraͤnderlich, indem er zwar mehrentheils aus S. O. wehte, aber ſich am zZiſten waͤh— rend eines Theils dieſes Tages nach N. W. umſetzte. Meine Correſpondenten zu Straßburg, Nancy, Epinal, Colmar, Beſangon u. ſ. w., welche Orte weſtlich und nordweſtlich von dem Striche des fraglichen Sturmes liegen, konnten mir uͤber die Richtung des Windes nichts Sicheres melden. Vielleicht laͤßt ſich mein Zweck, uͤber die Bedingungen die— ſes wichtigen Sturmes noch weitere zuverlaͤſſige Auskunft zu erlangen, durch eine oͤffentliche Aufforderung in Ihrem Blatte erreichen. Ich moͤchte vor meiner Ruͤckreiſe nach Nordamerica in dieſer Beziehung moͤglich viele Materialien ſammeln, obwohl mein Aufenthalt von zu kurzer Dauer ſeyn wird, als daß binnen deſſelben meiner Abſicht völlig Genuͤge geſchehen koͤnnte *). *) Unfere Leſer haben aus Nr. 301 der Neuen Notizen erſehen koͤnnen, daß Herrn Es py's Theorie, als ob bei Wirbel— winden der Wind von allen Seiten nach Innen wehe, in 809 Ueber die Boucherie ſche Erfindung, Holz mit verſchiedenen Fluͤſſigkeiten zu traͤnken. In der Sitzung der Academie der Wiſſenſchaften am 22. Februar theilte Herr Biot Bemerkungen über das Verfahren des Herrn Boucherie, verſchiedene Fluͤſſigkeiten durch Filtration in das Gewebe der Hoͤlzer einzufuͤhren, mit. In Betreff der aͤußerſt werthvollen Verſuche des zuletzt ge— nannten Herrn ergab ſich freilich aus den klaren Auseinan— derſetzungen des Herrn Biot, daß die erſte Idee, der wiſ— ſenſchaftliche Theil derſelben, ihm nicht angehoͤrt. Vor Herrn Boucherie hatten bereits Phyſiker dieſen fuͤr die Pflan— zenphyſiologie ſo aͤußerſt wichtigen Gegenſtand unterſucht, und vermöge der Aufſaugungskraft der Gewaͤchſe verſchiedenar— tige Fluͤſſigkeiten, als Waſſer, Alcohol, Sal zloͤſungen ꝛc., in das Gewebe der Hoͤlzer eindringen laſſen. Herr Boucherie ſcheint ſich ſogar ruͤckſichtlich der Be— dingungen der Au'ſaugungskraft der Pflanzen keine genuͤ— gende Rechenſchaft gegeben zu haben; denn er fuͤhrt in ſei— nen Aufſaͤtzen an, die Zeit, wo die Baͤume im vollen Safte ſtehen, ſey der Anwendung ſeiner Verfahrungsweiſe beſon— ders guͤnſtig, und auf der andern Seite giebt er an, man ſolle den Herbſt vorzugsweiſe dazu waͤhlen. Nun waͤre aber einestheils genau feſtzuſtellen, was unter dem vollen Safte der Baͤume gemeint iſt, und anderntheils iſt nichts veraͤnderlicher, als der Zuftand der Bäume im Herbſte in Betreff der Fluͤſſigkeiten, die ſie enthalten, und deren ſie ſich bei'm Herannahen des Winters theilweiſe entledigen. So ſah Herr Biot, als er gegen Ende October mehrere Birken abſaͤgen ließ, bei manchen Exemplaren den Saft noch reichlich aus der Schnittflaͤche laufen, waͤhrend andere ſich ſchon im Winterzuſtande befanden, ſo daß die Schnittflaͤche trocken blieb. Die Zeit, wo, wie man zu ſagen pflegt, die Baͤume im Safte ſtehen, iſt keineswegs diejenige, welche man zu wählen hat, um Fluͤſſigkeiten in das holzige Gewebe auf: ſteigen zu laſſen; denn dieſes ſtrotzt bereits von dem aus den Wurzeln in den Stamm, die Zweige und ſelbſt Blaͤt— ter geſtiegenen Pflanzenſafte. Um den aus der veraͤnderlichen Beſchaffenheit der Ge— waͤchſe entſpringenden Mißgriffen zu begegnen, ſtellte Herr Boucherie die in der letzten Sitzung erwaͤhnten Verſuche an. Er ſuchte die Hölzer durch einfache Filtration mit den— ſelben Dauer verleihenden Fluͤſſigkeiten zu traͤnken, indem er dieſe am obern Theile eines abgeſaͤgten Baumes in eine Art von Trichter brachte, da ſie denn bald am untern Theile herausliefen, nachdem fie den vorher ausgelaufenen Pflan— zenſaft verdraͤngt hatten, der durch den bloßen Druck der einſickernden Fluͤſſigkeit herausgetrieben ward. Allein auch in dieſer Beziehung iſt in wiſſenſchaftlicher und experimentaler Ruͤckſicht dem Herrn Boucherie die Nordamerica an Herrn Redfield einen eifrigen Gegner ge⸗ funden hat, der annimmt, daß der Wind bei den hier in Rede ſtehenden Stürmen von der Linken zur Rechten rotire. D. Ueberſ. 310 Priorität abzuſprechen, indem Herr Biot ſelbſt feit 1833 ahnliche Verſuche angeſtellt und deren Reſultate der Acades mie mitgetheilt hat. Herr Biot erfand uͤberdem damals einen Apparat, mittelſt deſſen ſich der Baumſaft im reinen Zuftande ſammeln läßt, was mittelſt des Filtrirens nicht der Fall iſt, wo der Saft mit der einſickernden Fluͤſſigkeit mehr oder weniger vermiſcht iſt Auf dieſe Weiſe erkennt Herr Boucherie dem Herrn Biot theils zu wenig, theils zu viel zu, wenn er in ſei— ner letzten Mittheilung meint, „dieſer Gelehrte würde wahr: ſcheinlich vor ihm (Herrn Boucher ie) zu denſelben Re— ſultaten gelangt ſeyn, wenn er auf dem von ihm betrete— nen Wege weiter vorgeſchritten waͤre.“ Inſofern es ſich nämlich von ber Traͤnkung des Holzes mit verſchiedenen Fluͤſ— ſigkeiten zu induſtriellen Zwecken, von der Wahl der Sub— ſtanzen handelt, welche ſich dazu eignen, mit dem Holzge— webe eine Verbindung einzugehen, die daſſelbe vor dem Ver— derben oder Inſecten ſchuͤtzt, biegſam erhaͤlt oder mit einem für Schreinerarbeiten werthvollen Geaͤder durchzieht, gehoͤ— ren alle dieſe ſinnreichen Anwendungen lediglich dem Herrn Boucherie an. Herr Biot eignet ſich davon nicht nur nichts zu, ſondern erklaͤrt fogar, daß wenn er ihre Mög: lichkeit erkannt haͤtte, er ſich darauf beſchraͤnkt haben wuͤrde, ſie anzudeuten, indem die Art ſeiner Beſchaͤftigungen und ſelbſt fein Geſchmack ihn von allen indufkciellen Speculatio— nen fern halte. Handelt es ſich dagegen von der wiſſenſchaftlichen Idee und den zur Demonſtration derſelben angeſtellten Verſuchen, ſo braucht Herr Biot dem Herrn Boucherie nicht das Geringſte abzutreten, indem ſeine Verſuche in Betreff des Durchſickerns von Fluͤſſigkeiten durch die Holzſubſtanz der Baumſtaͤmme ſo vollſtaͤndig ſind, als dieß fuͤr die Wiſſen— ſchaft und Theorie wuͤnſchenswerth erſcheint. Wenn man es aber fuͤr recht und billig haͤlt, Leuten, welche wiſſen— ſchaftliche Principien in einer wichtigen Weiſe zur Anwen— dung zu bringen verſtanden, auf Koſten der Nation Beloh— nungen zuzuerkennen, fo gebuͤhren dieſe gewiß ebenſowohl denjenigen Gelehrten, welche jene Grundſaͤtze dargelegt und zuerſt zur Kenntniß des Publicums gebracht haben. Auch Herr Gaudichaud las eine Mittheilung vor, in welcher er daran erinnerte, daß die Verſuche des Herrn Boucherie eine Beſtaͤtigung des Syſtemes der Entwicke— lung der Pflanzen enthielten, das er in feinen, der Acade— mie hinlaͤnglich bekannten Arbeiten dargelegt habe. Durch eben fo ſinnreich ausgedachte, als geſchickt ausgeführte ana— tomiſche Arbeiten hat dieſer gelehrte Botaniker die eigentliche Entwickelungsart der Pflanzen nachgewieſen. Seine Theo— rie läßt ſich auf folgende Hauptſaͤtze zuruͤckfuͤhren. Es giebt zwei Syſteme der Entwickelung der Pflanzen, das aufſtei— gende, mittelſt der ſich von der Wurzel nach dem Gipfel erhebenden Holzfaſern, und das niederſteigende, welches von den Knospen und Blättern ausgeht, von denen ſich eine Menge von wurzelaͤhnlichen Faſern nach dem untern Theile des Stammes zu verbreiten, welche letztern bald ganz um— huͤllen. Auf dieſe Weiſe bilden ſich abwechſelnd die Holz: ſchichten, und hieraus ergeben ſich wichtige phyſiologiſche Be⸗ 20 311 trachtungen, welche wir bei einer andern Gelegenheit aus⸗ einanderfegen werden. Allein dieſe Structur der Hoͤ zer laͤßt uns deutlich erkennen, wie die Fluͤſſigkeiten durch dieſelben ſickern koͤnnen, und Herr Gaudichaud iſt in feinen Ver⸗ ſuchen viel weiter vorgeſchritten, als Herr Boucherie, in— dem er Einſpritzungen, ja ſelbſt Haare, in die aufſteigenden Roͤhren einfuͤhrte und durch die abſteigenden wieder heraus⸗ fuͤhrte. Miscellen. Die Steinolquelle, welche vor 11—12 Jahren bei'm Boh⸗ ren auf Salz bei Burksville in der nordamericaniſchen Grafſchaft Kentucky geoͤffnet wurde, und die damals mehrere Tage lang 12 Fuß hoch ſprang, ſich in den Fluß Cumberland ergoß und als das aufſchwimmende Naphtha zufälig in Brand gerieth, weithin das prächtige Schauſpiel eines brennenden Stromes gewährte, ſprudelt noch immer periodiſch. Bald nach ihrer Entdeckung kam, wenn man Soole pumpte, immer etwas Naphtha mit herauf, und man hoff⸗ te, dieß werde fortwährend fo bleiben. Indeß war dieß nicht der Fall, und alle Muͤhe, ſich davon auf anderm Wege, als wenn dafs ſelbe von ſelbſt erſchien, zu verſchaffen, war vergebens. In den letzten zwei Jahren iſt die Quelle zweimal gefloſſen, das letztemal vom 4. Juli 1840 an etwa 6 Wochen lang, und man ſammelte 20 Tonnen Naphtha. Die Soole und das Steindl ſteigen vers miſcht auf und werden durch die ſtarke Gasentwickelung 200 F. hoch in den Pumpenroͤhren hinaufgetrieben, dann in ein bedecktes Baſſin geleitet und dort das obenaufſchwimmende Naphtha abge⸗ ſchoͤpft. ‚Während daſſelbe fließt, hört man beſtaͤndig unter der Erde ein Rollen und Krachen, wie von fernem Donner, und oben, 812 wo die Fluͤſſigkeit aus der Pumpe quillt, giebt ihr das fortwähr rend entweichende Gas das Anſehen, als ob ſie koche. Dieſes Steinoͤl iſt ungemein flüchtig und ſprengt oft die Flaſchen, auf die man es gezogen. Es brennt mit weißer glaͤnzender Flamme, wie Steinkohlengas. An der Luft färbt es ſich gruͤnlich; es riecht Aus ßerſt ſtechend und ſchmeckt faſt wie Tannenharz. (Vergl. Notizen, No. 529, No. 1 des 25. Bds. S. 10. 1829.) (Bibl. univ. de Ge- neve. Janv. 1841) Ueber die Enclopie hat Profeſſor W. Vrolick zu Am: ſterdam unlaͤngſt eine Monographie herausgegeben, in welcher er dieſe monstra, bei denen die Naſe entweder fehlt oder doch ver— fest und mißgebildet iſt und die Augen mehr oder weniger volls ſtandig mit einander verwachſen ſind, in s verſchiedene Claſſen bringt: 1) Solche mit aͤußerlich nicht ſichtbaren Augen und entwe— der gaaz fehlender oder ruͤſſelfoͤrmiger Naſe; 2) ſolche mit einer einzigen orbita und einem einzigen, aͤußerlich ſichtbaren Augapfel, zuweilen mit einem darüber befindlichen Ruͤſſel; 3) ſolche mit vi: nem aͤußerlich einfachen, inwendig doppelten, Augapfel mit oder ohne Ruͤſſel; 4) ſolche mit zwei, aber bald einander ſehr nahe liegenden, bald bloß durch eine Scheidewand getrennten Augaͤpfeln, uͤber denen ſich ein zuruͤckgebogener Ruͤſſel befindet; 5) ſolche mit niederwaͤrtsgekehrtem Ruͤſſel, der von einem Knochens gehaͤuſe geſtuͤtzt wird, durch das er ſich dem Anſehen einer gewoͤhn— lichen Naſe naͤhert manchmal mit 2 abgeſonderten, manchmal mit einem doppelten Auge. Neben dieſen Difformitäten der Geruchs- und Geſichtsorgane findet immer auch Mißbildung des Gehirns und ſeiner Anhaͤngſel in groͤßerm oder geringerm Umfange ſtatt. Zu— weilen fehlen die Geruchs- und Sehnerven ganz. Je vollſtaͤndiger der Ruͤſſel ausgebildet iſt, deſto weniger iſt das Gehirn defect. Der Verfaſſer nimmt an, die Cyclopie entſtehe durch mangelhafte Entwickelung des Gehirns und demzufolge der Geruchs- und Seh— nerven; das Gehirn bleibe bei den Cyclopen meiſt auf der niedern Stufe ſtehen, welche es bei den Fiſchen erreicht. r Ueber die Behandlung der Neuralgie durch Electricitaͤt. Von Herrn C. James. Magendie hat in neueſter Zeit die Neuralgieen auf ſehr gluͤckliche Weiſe mit Electricitaͤt behandelt, nachdem dieſes Mittel von den meiſten Aerzten wieder aufgegeben war, was daher ruͤhrt, daß es gewoͤhnlich von Leuten angewendet wurde, denen die erſten mediciniſchen Begriffe fremd ſind. Unter ſolchen Bedingungen kann es wenig helfen, ja es muß in vielen Faͤllen bloß durch die un⸗ richtige Anwendungsweiſe ſchaden. Gewoͤhnlich wirkt die Electri— cität bei ſolchen Verſuchen auf die Hautflaͤche; da aber die Epi— dermis ein ſchlechter Leiter iſt, ſo dringt die Fluͤſſigkeit nicht tief ein, es erfolgt eine Erſchuͤtterung des ganzen Theiles, ohne daß der Sitz der Neuralgie, der Nerv ſelbſt, eine ſtaͤrkere Erſchuͤtte— rung erhielte, als die umgebenden Theile. Dieß iſt ein wichtiger Uebelſtand Es ſollte eigentlich das electriſche Fluidum in Maſſe auf den Nerv allein wirken, ſo, daß man fuͤr dieſen die Doſis vermehren oder vermindern koͤnnte, ohne daß eine, faſt immer ſchaͤd— liche, allgemeine Erſchuͤtterung damit verbunden waͤre. Dieß vermeidet man und erreicht im Gegentheile jene Indicationen, wenn man bis zum Nerv eine Nadel einſticht, welche als Leiter des Fluidums dient. Dieſe Art der Anwendung der Electricitaͤt nennt man Elee— tropunctur; ſie iſt aber erſt durch Magendie ſpeciell fuͤr die Neuralgie des quintus nach den jetzt vorhandenen phyſiologiſchen Kenntniſſen bezeichnet worden. Das Verfahren bei dieſer kleinen Operation iſt folgendes: Man wählt ſehr feine, 5 — 6 Centimeter (2 Zoll) lange Nadeln von einem nicht oxydirbaren Metalle, am beſten aus Pla: tina; ftählerne Nadeln oder überhaupt orydirbare find nicht allein nachtheilig, weil fie durch Verluſt der Politur ſchmerzhaft fuͤr die Einführung werden, ſondern auch, weil fie bleibende Flecke verans laffen, indem das Oryd in der Wunde zuruͤckbleibt und einen blaͤu— lichen Punct veranlaßt, was bei Neuralgieen des Geſichtes beſon— ders bei Frauen, ſehr zu vermeiden iſt. Die Nadel wird mit einem Stoße bis zum Nerven eingeführt, nicht eingedreht. Man vermei- det dabei die Nähe wichtiger Gefaße. Es iſt übrigens nicht gerade noͤthig, den Nerv ſelbſt anzuſtechen; die Wirkung iſt bisweilen diefelbe, wenn man nur mit ihm im Contacte iſt. Gewöhnlich ſind zwei Nadeln erforderlich; eine in der Gegend des Urſprungs des Nerven, die andere gegen das Ende deſſelben. Bisweilen je— doch genuͤgt eine einzige. Die Einfuͤhrung der Nadel iſt kaum ſchmerzhaft zu nennen, und dennoch fuͤrchten ſich manche Kranke ſehr davor; ſelten verſchwindet ſogleich die Neuralgie: iſt dieß nicht der Fall, oder kehrt der Schmerz zuruͤck, fo nimmt man zur Elee— tricitaͤt feine Zuflucht. Der einfachſte electriſche Apparat iſt ein Volta'ſcher Trogap⸗ parat. Man füllt den Trog mit leicht geſaͤuerter Fluͤſſiagkeit (Waſ— ſer und Schwefelſaͤure) und legt nun in verſchiedene Troͤge die Metallplatte, welche jeden Leitungsdrath endet. Die Zahl der Plattenpaare zwiſchen dieſen beiden Platten mißt den Grad der Säule, weil man, je nach deren Anzahl, mehr oder weniger elecz triſches Fluidum erhaͤlt. Nun bringt man die Draͤthe mit den Nadeln in Beruͤhrung; der poſitive Pol entſpricht dem Nerven— ſtamme, der negative den Veraͤſtelungen. Zuerſt wirkt man mit wenigen Plattenpaaren; es genuͤgen fuͤnf oder ſechs. Die Kranken vergleichen die Empfindung mit einem Funken oder Blitze, welcher durch alle Nervenvertheilungen durchfahre; zugleich contrabiren ſich die Muskeln. Man verlaͤngert den Contact der Nadeln mit den Leitungsdraͤthen nicht über einige Secunden. Ich babe jedoch Faͤlle geſehen, in welchen der Schmerz nur dann glücklich bes 313 kämpft wurde, wenn man eine Art von anhaltender Strömung einwirken ließ. Der Schmerz iſt nicht derſelbe an beiden Nadeln, ſondern ge— woͤhnlich ſtaͤrker an dem negativen Pole. Es iſt nicht ſelten, daß die Neuralgie im erſten Momente der Berührung der Nadeln und Leitungsdraͤthe verſchwindet; man muß alsdann ſogleich aufhören, da eine electriſche Erſchuͤtterung nach dem Verſchwinden des Schmers zes denſelben ſogleich zurückführen koͤnnte. Häufig iſt man genoͤthigt, die Anwendung der Elcctricität mehrmals zu wiederholen; alsdann vermehrt man allmaͤlig die Plattenpaare; bisweilen wechſelt man auch mit den Polen; in welchem Falle jedoch jedesmal die Zahl der Platten vermindert werden muß, weil fonft jede Veränderung von einer heftigen Er- ſchuͤtterung begleitet ſeyn wird. Wenn die Neuralgie von dem urſpruͤnglichen Sitze auf einen andern Nerven oder Nervenaſt uͤber— ſpringt, ſo verfolgt man ihn mit denſelben Mitteln. Verſchwindet der Schmerz, ſo zieht man die Nadel nicht gleich wieder heraus, denn die Neuralgie koͤnnte wiederkehren; Magendie läßt gewöhnlich einige Bewegungen ausführen, welche, nach der Erfahrung der Kranken, beſonders leicht die Neuralgie hervorrufen. Erſcheint der Schmerz wieder, ſo wiederholt man die Anwendung des Galvanismus. Iſt der Schmerz ſicher verſchwunden, fo zieht man die Na- deln heraus; ſelten bluten die Stiche, hoͤchſtens geben ſie einige Tropfen Blut. Ein Verband iſt nicht noͤtbhig. Die Kranken fuͤh⸗ len nur noch ein leiſes Kriebeln im Verlaufe des Nerven; bäufig iſt jede Spur verſchwunden, und nach einer Stunde iſt ſelbſt der roͤthliche Kreis um den Nadelſtich herum nicht mehr zu feben. Magendie bedient ſich jetzt lieber der electromagnetiſchen Maſchine von Clarke, weil ſie bequemer iſt, milder wirkt und nicht den Gebrauch geſaͤuerter Fluͤſſigkeit erfordert. Die Anwen— dung iſt übrigens dieſelbe ruͤckſichttich der Nadeln und Leitungs⸗ draͤthe; je nachdem man das Rad raſcher oder langſamer dreht, erhält man mehr oder weniger Fluſſigkeit. Magendie hat bisweilen auch den kleinen Apparat von Herrn Le Breton angewendet; er wirkt wie die Clarke'ſche Maſchine, erfordert aber mehr Vorſicht, um nicht zu heftige Ere ſchuͤtterungen zu geben. So unſchuldig die Operation iſt, ſo regt ſich doch gewoͤhnlich die Einbildungskraft des Kranken ſehr auf; bisweilen erfolgen Ohn— machten, bevor noch die Electricität angewendet wird; dieß findet jedoch nur bei der erſten Sitzung ſtatt und wird vermieden, wenn man die Kranken zuſehen läßt, wenn bei einem Andern der Gal— vanismus angewendet wird. Ueber die Nerven, welche der Sitz von Neuralgieen ſeyn koͤn⸗ nen, ſind einige Bemerkungen im Allgemeinen vorauszuſchicken. Bloß ſenſitive Nerven find den Neuralgieen unterworfen, wenig— ſtens kommen ſie in rein motoriſchen nicht vor, und es iſt dieß ein neuer Beweis dieſes wichtigen Unterſchiedes zwiſchen den Nerven. Dieſe Anſicht wird zwar nicht allgemein angenommen; die Ein⸗ wuͤrfe finden aber ihre Erklaͤrung darin, daß Magendie gezeigt bat, wie einige Nerven, die man für rein motoriſche hielt, Sen: ſibilitat erhalten, jedoch nicht vom Centralnervenſyſteme aus, fons dern durch Anaſtomoſen von ſenſitiven Nerven. Uebrigens haben auch nicht alle ſenſitiven Nerven eine gleiche Dispofition zu Neu: ralgieen; die Nerven des Geſichtes gehen hierin den übrigen voran. Naͤchſt ihnen iſt der iſchiadiſche Nerv am wichtigſten. Auf dieſe un Neuralgieen follen nun einige fpecielle Mittheilungen ſich eziehen. Neuralgieen im Geſichte. Der Empfindung und der Bewegung im Geſichte ſind zwei Nerven, das fuͤnfte und ſiebente Paar, beſtimmt. Es fragt ſich, eb beide von Neuralgieen befallen werden können. In Bezug auf den quintus bezweifelt dieß Niemand; in Bezug auf den facialis iſt man daruͤber nicht einig. Ich bin jedoch daruͤber nicht in Zwei⸗ fel, denn ich habe mehrere Fälle beobachtet, in welchen die Neus ralgie offenbar in Aeſten des facialis ihren Sitz batte; niemals jedoch habe ich iſolirte Neuralgieen des facialis gefeben, fie waren immer nur Complicationen der Neuralgieen des quintus. Dieß 314 entſpricht der phyſiologiſchen Erfahrung, daß der facialis feine Senſibilitaͤt nur durch Anaſtomoſen von dem quintus erhält. Aus ßerdem hat Magendie ſchon lange nachgewieſen, daß das fünfte Nervenpaar, abgeſehen von feiner Empfindungsfunction, auch eine Einwirkung auf die Sinneswerkzeuge ausübt, fo daß dieſe in ih— ren Functionen geſtoͤrt ſind, ſobald das fünfte Nervenpaar krank iſt. Viele Amauroſen und Taubheiten waren Anfangs nur Neu— ralgieen des fuͤnften Paares, welche ihren Sitz in den Nervenaͤſten hatten, welche zum Geſichts- oder Gehoͤrorgan eine Beziehung haben. Auf gleiche Weiſe erklart ſich der Verluſt des Geruchs und Geſchmacks in manchen Fallen. Der Beweis, daß bisweilen eine genaue Beziehung zwiſchen den Neuralgieen und dem Ver— luſte der Sinnesfunctionen beſteht, liegt darin, daß durch Befeitis gung der Neuralgie bisweilen auch die Thaͤtigkeit der Sinneswerk— zeuge hergeſtellt wird. Viele ſolche Heilungen habe ich durch Elec— tricitaͤt ausführen ſehen. Daſſelbe läßt ſich von der Empfindungs— fähigkeit des Geſichtes als Taſtvermoͤgen ſagenz die Anäftbefie des Geſichtes iſt Anfangs häufig nichts, als eine einfache Neuralgie des fuͤnften Paares; der quintus hat, obwohl er nicht Bewe— gungsnerv iſt, doch auch einigen Einfluß auf die Bewegungen des Geſichtes. Die Muskeln, zu welchen neuralgiſch afficirte Nerven gelangen, contrahiren ſich convulſtviſch, ſogar wenn der facialis nicht afficirt iſt. Darauf bezieht ſich der Name tic douloureux. Anfangs contrahiren ſich die Muskeln nur waͤhrend der Anfaͤlle; aber wenn die Neuralgie zu lange anhaͤlt, ſo kann die Contraction auch in den freien Zwiſchenraͤumen fortdauern. Eine andere Folge dieſer Neuralgie iſt die Stoͤrung in der Ernaͤhrung der Theile des Geſichts; die Hornhaut wird undurch— ſichtig, fpäter erweicht, wird fie perforirt; die Zähne werden lok— ker; die Zunge ſchwillt an und wird riſſig; die Naſenſchleimhaut loͤſ't ſich in Lappen ab; die Muskeln werden atrophiſch; kurz, es treten die Folgen ein, welche man bei einem Thiere mittelſt Durch: fbneidung des fünften Paares willkuͤhrlich herbeiführen kann. Dieſe Complicationen ſind außerordentlich wichtig und koͤnnen eine Menge Zwiſchenſtufen darſtellen, von der einfachen Truͤbung der Hornhaut, bis zu der Modification der Weichtheile. Sie zeigen ſich nicht in den erſten Zeiten der Neuralgie, ſondern erſt, wenn organiſche Veraͤnderungen des Nerven eingetreten ſind. Selten ſind alle drei Aeſte des quintus gleichzeitig afficirt. Meiſtens iſt, wenn auch die Neuralgie nicht vollkommen auf einen Aſt ſich beſchraͤnkt, doch einer der Aeſte des quintus der Hauptſitz. Deswegen laſſe ich die Beſchreibung der Neuralgie der einzelnen Aeſte folgen. Da übrigens die Neuralgieen des facialis von denen des quintus ſich durch Symptome und Behandlung fo wenig unters ſcheiden, ſo werde ich ſie auch in der Beſchreibung nicht voneinan⸗ der trennen. 1) Neuralgieen des ramus ophthalmicus quinti. Dieſer Aſt vertheilt ſich in der Thraͤnendruͤſe, Augenlidern, Stirn, Schlafe und Naſenhoͤhlen; ein Faden geht auf eine eigenthuͤmliche Weiſe durch das Siebbein zur Naſenhoͤhle und ſcheint wichtig fuͤr den Geruch; uͤbrigens ſteht der ramus ophthalmicus durch die Ciliarnerven mit dem Geſichtsorgane in Verbindung, wodurch ſich die Blindheit in Folge von Verletzungen und Neuralgieen des quintus erklart. Die Symptome der Neuralgieen des ramus ophthalmicus find folgende: lebhafte Schmerzen vom foramen supraorbitale zu den Augenlidern, zur Thraͤnencarunkel, Stirn und Schlafe ſich verbreitend; aͤußerſte Empfindlichkeit des Auges, Lichtſcheu, krampf⸗ hafte Verengerung der Iris, ſchmerzhaftes Klopfen in der Tiefe der Augenboͤble und in den Schlaͤfen, Ergießung ſcharfer, heißer Thraͤnen; waͤhrend der Paroxysmen wird die Oberflaͤche des Au⸗ ges roth, die Augenlider koͤnnen ſich kaum öffnen, die entſpre⸗ chende, Naſenhoͤhle iſt trocken, und die Kranken klagen bisweilen über ein unangenehmes Kitzeln in derſelben; nicht ſelten dringt auch der Schmerz bis in die sinus frontales. Bisweilen iſt die Neuralgie auf den ramus frontalis beſchraͤnkt; alsdann zeigt ſich Schmerz in der Augenbraue, in der Stirn und Schlafe. Folgen⸗ des find einige einzelne Fälle von Neuralgie des ramus ophthal- micus: 315 Erſter Fall. Ein kroͤfliger Mann von 63 Jahren erlitt im Sunuur 1337 den erſten Anfall von Nruraigie; der Schmerz betcaf den u. infraorbitahs der rechten Seite und verbreitete ſich in dem entſprechenden Oberkiefer. Zwei geſunde Zabne, der erſte und zweite Backzahn, wurden ausgezogen; der Schmerz wurde aber nur um ſo heftiger. Beruhigende Mittel waren ganz erfolge los; nach drei Monaten hoͤrten die Schmerzen von ſelbſt auf. Im October 1838 zeigte ſich der Geſichtsſchmerz wieder; zuerſt wech⸗ ſelnd von einem Aſte zum andern, fixirte er ſich endlich in den Vertheilungen des ramus ophthalmicus der rechten Seite. Der Schmerz ging vom koramen supraorbitale aus und verbreitete ſich über die rechte Seite der Stirn und Schlafe; das Auge thrante und war roth; die Augenlider waren zuſammengeknuiffen, und bei'm Oeffnen derſelben wurde der Schmerz heftiger. Der Kranke vers glich ihn mit der Empfindung, welche durch Eiswaſſer hervorge— bracht werden würde, das man mit dem Finger gegen das Auge ſpritzt. Die ſtark contrahirte Pupille erweiterte eh im Schatten nicht. Magendie ſtach nun eine Nadel am foramen supraorbi- tale, eine andere in der Schlaͤfe ein; der Schmerz erlitt keine Aenderung. Nun ließen wir die Clark e'ſche Maſchine wirken, und nach fünf Minuten war die Neuralgie vollkommen verſchwun— den. Nachdem der Kranke einige Worte geſprochen hatte, kam der Schmerz wieder, jedoch mit verändertem Sitzez er hatte ſich am Zahnfleiſche da wo die Zähne ausgezogen waren, fixirt. Die Nadel aus der Schlaͤfe wurde nun ausgezogen, in die Alveole des erſten Backzahns gebracht; nach einigen galvaniſchen Erſchuͤt⸗ terungen war der Schmerz vertrieben, und ſeitdem hat ſich die Neuralgie nicht wieder eingeſtellt. Zweiter Fall. Herr L. hatte ſeit mehreren Jahren neu— ralgiſche Schmerzen in der Stirn und linken Schlaͤfe; ſie waren lancinirend und gingen von einem Puncte zum andern, aber der mindeſte Eindruck von Kälte bewirkte einen Rückfall. Der Schmerz wurde gewoͤhalich gemildert, wenn der Kranke den Theil mit Flanell bedeckte. Am 5. April 1838, nach der Einwirkung eines kalten Luftzuges, ſtellten ſich die wüthendften Schmerzen in der rechten Stirn und Schlaͤfengegend ein; Récamier gab Pillen von Campher und Opium; es folgte ein Wenig Erleichterung, aber in der Nacht kehrte die Neuralgie mit ſolcher Heftigkeit wieder, daß ſie dem uͤbrigens kraͤftigen Manne Schreie der Verzweiflung entriß. Récamier ſchickte mich zu dem Kranken; ich fand ihn in der Stellung aäußerſter Muthloſigkeit, den auf die Bruſt ges ſunkenen Kopf mit beiden Händen haltend, unverſtandlich ſtohnend. Der Schmerz iſt zu heftig als daß der Kranke ſelbſt Bericht er⸗ ſtatten konnte. Die Perſon, welche bei ihm iſt, ſagt mir, daß er feit mehreren Stunden weder ſprechen, noch die Kiefer öffnen koͤnne. Der Kranke beſtatigt mir durch Zeichen die Richtigkeit dieſer Anz gaben und beſchreibt mit dem Finger den Verlauf des Schmerzes vom foramen supraorbitale über die Stirn und Schlafe bis zur parotis. Das Auge iſt geſchloſſen, und die Augenlider laſſen ſich auf keine Weiſe öffnen. Das Geſicht druͤckte die größte Angſt aus. Ich hatte eine galvaniſche Saͤule von acht Paaren hergerichtet, ſtach eine Nadel am foramen supraorbitale, die andere in der parotis ein und brachte fie mit den Leitungsdraͤhten in Vers bindung; in drei Minuten war der Schmerz verſchwunden, die Muskeln haben ihre Contractilität wiederertangt, und der Kranke kann wieder ſprechen und die Kiefer bewegen. Nach zwei Tagen zeigten fih flüchtige Spuren des Schmer— zes, welche von ſelbſt verſchwanden. Einen Monat fpäter ſtellte ſich der erſte Anfall mit gleicher Heftigkeit und gleichen Symptomen wieder ein; ich wurde in gros ßer Eile gerufen und fand denſelben Zuſtand, jedoch den Schmerz etwas geringer. Durch die Electropunctur wurde in wenigen Minuten jede Spur der Nauralgie beſeitigt. Seitdem zeigen ſich nur bei Temperaturveraͤnderungen Spuren des Schmerzes und ſelbſt auf einen Augenblick ſich beſchraͤnkende Anfälle, jedoch fo une bedeutend, daß er nicht wieder Hülfe geſucht hat. Dritter Fall. Eine junge Dame litt ſeit mehreren Jah— ren an einer ſehr heftigen Neuralgie des Frontalaſtes der rechten Seite. Nach vielen vergeblichen Heilverſuchen unterwarf ſie ſich der Nervendurchſchneidung; das Uebel wurde dadurch jedoch ver— 816 mehrt. Ihr Zuſtand ſchien hoffnungslos, als Magendie con— fultiee wurde Er wendete die Electricitat an, und nach einigen Sitzun ien verließ die Kranke Paris ganz geheilt. Ich koͤnnte noch viele ähnliche Faͤlle anführen, welche ſich je— doch immer wiederholen. Die Nadeln werden gewoͤhnlich am Austritte des n. frontalis, deſſen Stelle man leicht durch eine kleine Vertiefung am innern Theile des margo supraorbitalis fühlt, eingeſtochen. Einigemal habe ich geſehen, wie Magendie den u. lacrymalis anſtach, an der Stelle, wo er in die Thränen— druſe eindringt; ein reichlicher Thränenausfluß bezeichnet, daß der Nerv getroffen iſt. Die Operation erfordert viel Geſchicklichkeit; doch genügt es für den Erfolg, wenn die Nadel nur in der Nähe des n. lacrymalis iſt, wohin man ſie im obern, äußern Winkel der orbita leicht bringt. 2) Neura'gieen des rams maxillaris superior. Dieſer Aft giebt auf dem Verlaufe vom foramen rotundum bis zum infraor- bitale zahlreiche Aeſte zur Naſenhoͤhle, zum Gaumenſeegel, zum Gaumengewoͤlbe, zum Zahnfleiſche und zu den Zähnen des Oberkie— fers; er giebt den vidianus ab, welcher für das Gehör von Wich— tigkeit zu ſeyn ſcheint, und durch welchen ſich manche Taubheiten erklaͤren, die in Folge von Geſichtsneuralgieen auftreten. Vom fo- ramen infraorbitale giebt der Nerv eine Menge Aeſte zu den Lips pen, zur Naſe und zu den Wangen ab. Die Symptome der Neuralgie des maxillaris superior find: Schmerz, vom foramen infraorbitale zur Naſe, Oberlippe und Wange ausſtrahlend; allgemeine oder partielle Convulſionen, bis— weilen tetaniſche Steifigkeit in den Muskeln derſelben Seite, haͤu— fig ein eigenthümliches Zittern der Oberlippe während des Anfalles, ſchießende Schmerzen im Zahnfleiſche, beſonders gegen die Zahn— wurzeln, nicht felten Brauſen und Klingen im Ogre, Schwerhoͤ— rigkeit und ſelbſt vollkommene Taubheit. Obwohl dieſer Zuſtand leicht zu erkennen zu ſeyn ſcheint, ſo iſt er doch haͤufig mit einfachem Zahnſchmerze verwechſelt worden. So erzählt Watford einen Fall, in welchem er erſt alle Zähne auszieht, dann das Zahnfleiſch abtraͤgt und, als während der Exfo— liatien des Knochens die Schmerzen fortdauern, zur Ableitung den Kopf mit einem Veſicator bedeckt, das Glüheifen und ein Haar— ſeil anwendet, eine Arterie oͤffnet u. ſ. w., bis der Tod dieſer Behandlung ein Ende machte. Eine ſo grauſame Behandlung wuͤrde heutzutage nicht mehr vorkommen; man beginnt indeß haͤu— fig genug mit Ausziehen einiger Zaͤhne, wedurch die neuralgiſchen Schmerzen nur vermehrt werden Bei der Neuralgie iſt der Schmerz blitzartig durchſchießend; er koͤmmt und verſchwindet, folgt dem Verlauf“ der Nerven, ift von Convulſionen des Geſichts begleitet; die Theile ſind wenig oder gar nicht geſchwollen, und durch Druck wird der Schmerz ver— mindert, anſtatt vermehrt zu werden. Bei'm Zahnſchmerze da— gegen iſt der Schmerz anhaltend, gleichfoͤrmig, ohne Criſen und Remiſſionen; bei laͤngerer Dauer wird die Wange roth und ge— ſchwollen, die Muskeln erleiden keine Convulſion, und bei auf— merkſamer Unterſuchung findet ſich ein cariöfer Zahn, von welchem der Schmerz ausgeht und ſelbſt, wenn alle Zähne geſund ſcheinen, erkennt man bei leichter Percuſſion derſelben, daß einer ſchmerz— hafter iſt, als die uͤbrigen. . Trotz dieſer Unterſcheidungsmerkmale iſt es dennoch bisweilen ſehr ſchwierig, die Diagnoſe feſtzuſtellen, beſonders bei Neuralgie des Maxillarnerven, welche bisweilen einen wahren Zahnſchmerz hervorbringt. Vierter Fall. Ein Artilleriehauptmann wurde im No— vember 1833 plotzlich von ſehr acuten Schmerzen in der Gegend des foramen infraorbitale der rechten Seite befallen. Dieſe Schmerzen verbreiteten ſich gegen die Lippe und Wange; Gatas plasmen und trockner Flanell blieben ebenſo ohne Erfolg, als das Opium, innerlich und endermatiſch gebraucht. Der Schmerz ver— breitete ſich beſonders nach dem sinus maxillaris und gegen die Wurzeln der beiden erſten Backzaͤhne. Dieſe beiden, fo wie der Eckzahn, wurden ohne Erfolg ausgezogen; im Gegentheile war danach der Schmerz nur um ſo heftiger. Der Zuſtand wurde bald hoͤchſt traurig; kein Schlaf, keine freien Zwiſchenraͤume, das Kauen wird unmoͤglich, und während der Anfälle vermag der 317 Kranke gar nichts zu ſchlucken. Das Allgemeinbefinden wurde bes trachtlich geftört, und der Kranke mußte aus dem activen Dienfte austreten. Alle Arten von Behandlung blieben erfolglos; endlich, im Jahre 1835, kam er nach Paris zu Magendie, wo er, da ihm das Sprechen unmoglich war, mittelſt einer Schiefertafel über ſeinen Zuſtand Bericht erſtattete. Seit drei Tagen waren die Schmerzen unertraͤglich, eben ſo lange hat er gar keine Nahrung zu ſich genommen; er litt beſonders in dem Zahnfleiſche der aus: gezogenen Zähne; vom foramen infraorbitale gingen ſchießende Schmerzen nach der Oberlippe und dem Najenflügel aus, und dieſe Theile waren durch leichte Convulſionen in Bewegung, gegen welche der Wille des Kranken nichts vermochte. Magendie brachte eine Nadel in die Alveole des erſten Backzahns; die andere in die Gegend des foramen infraorbitale und ließ die Clarke'ſche Maſchine einwirken; es waren mehrere clectriſche Schlage erfor— derlich, ehe die Neuralgie ganz beſeitigt war; ſie verſchwand einen Augenblick kehrte aber wieder; nach acht Minuten jedoch war ſie vollkommen verſchwunden. Es iſt unmoͤglich, die Gluckſeligkeit des Kranken zu beſchreiben Er hielt ſich fuͤr vollkommen geheilt, hatte auch, in der That keine Anfaͤlle mehr; doch machte eine Andeutung einſchießender Schmerzen in den früher afficirten Ner— ven die wiederholte Anwendung des Galvanismus noͤthig, ſo daß erſt nach zehn Sitzungen die Neuralgie vollkommen beſeitigt war. Fünfter Fall. Madam V. hatte ſeit mehreren Jahren uns beſtimmte Schmerzen in der rechten Geſichtsſeite, welche ſich im n. infraorbitalis concentrirten und von da gegen die Overlippe der Zähne und Wange ausſtrahlten; ein Arzt empfahl das Ausreißen des zweiten Backzahns; darauf folgte ein viel heftiger Anfall, wos rauf indeß die Schmerzen zu dem fruͤhern Grade zurückkehrten. So dauerte es mehrere Monate; bei einem neuen Anfalle wen— dete ſich die Kranke an einen andern Arzt, welcher Blutegel und Chinin anwendete, jedoch ohne Erfolg. Bei neuen Anfaͤllen blie— ben die verſchiedenſten Mittel ohne Nutzen; endlich wurde die Durchſchneidung des infraorbitalis empfoblen. Die Operation wurde am 12. Juni 1886 ausgeführt; darauf felate ein fürchtern⸗ cher Anfall, welcher erſt nach 14 Tagen nachljeß; trotz Bla⸗ ſenpflaſter, Morphium und Belladonnaſalbe blieb der Schmerz derſelbe. Am 15. September 1839 kam die Kranke zu Magendie mitten in einem Anfalle, wobei fie in ſaͤmmtlichen Zweigen des n. maxillaris superior der rechten Seite Schmerz hatte und uͤber ein ſehr laͤſtiges Oprenklingen klagte. Eine Narbe bezeichnete die frübere Operation. Die Theile, zu welchen ſich der infraorbitalis begiebt, beſaßen jedoch ihre vollkommene Empfindlichkeit. Ma— gendie wendete nun die Eiectricität an; eine Nadel wurde durch die Narbe auf das foramen infraorbitale, die andere in die Al— veole des zweiten Backzahns eingefuͤhrt. Die Kranke hält die Lippen auseinander, weil ihre Berührung mit der Nadel die Lei— tung des electriſchen Stromes verhindern würde. Die Clarke’: ſche Maſchine wurde in Wirkung geſetzt; der Schmerz ließ nach mehreren Schlagen nach und beftand bald nur noch in einem Ge— fühle von Betaͤubung. Magendie ließ es dabei bewenden, aus Furcht, die Neuralgie durch fortgeſetzte Anwendung der Elcctricirät wieder hervorzurufen; im Laufe des Abends verſchwand dieſes Ge— fühl von Betäubung; darauf war die Kranke 14 Tage vollkommen frei; danach zeigten ſich wieder Schmerzen, wie vor den heftigen Anfaͤllen, und die Kranke kam zu Magendie, welcher fie durch ein— malige Anwendung der Electricität hob. Die Schmerzen waren während der Operation plotzlich vom Zahnfleiſche auf die parotis uͤbergeſprungen, und Magendie fuͤhrte daher eine Nadel in die Drüfe ein und hob durch drei bis vier galvaniſche Schlaͤge die Neuralgie vollkommen. Seitdem hat ſich die Kranke nicht wieder feben laſſen, iſt alſo wahrſcheinlich von Schmerzen freig blieben. Sechster Fall. Herr Thelin iſt ein habitué unferer electriſchen Behandlungen der Neuralgie. Alle 2 — 5 Monate bat er außerordentlich ſchmerzhafte Anfälle im moxillaris superior, worauf er ſogleich zu Magendie koͤmmt und von feiner Neu⸗ ralgie wieder befreit wird. Er hatte bereits 5 Jahre gelitten und ſich mehrmals mit der Idee des Selbſtmordes beſchaͤftigt, als er zum erſten Male zu Magendie kam. Seine Anfälle beftanden 318 in heftigem, ſchießendem Schmerze im Zahnfleiſche, in der Mans ge, Oberlippe, Naſenflügel und parotis der fechten Seite. Das Kauen war unmoglich; er vermochte kaum einige Worte auszus ſprechen; in hochſter Angſt ſuchte er vergeblich eine Stellung, wels che ihm einige Augenblicke Linderung verſchaffen konnte. Es giebt keine Behandlungsmethode, der er nicht unterworfen worden ware, bevor er zu Magendie kam. Am 5. Marz 1838 endlich conſul⸗ tirte er Magendie, welcher in wenigen Tagen den Schmerz ver: trieb; das rechte Ohr, welches etwas ſchwerpdrig geworden war, erreichte nach einigen Tagen die frühere Feinheit wieder. Seitdem koͤmmt in Zwiſchenräͤumen von mehreren Monaten Herrn Thelin und wird jedesmal von ſeinem Anfalle befreit. Man ſieht aus dem Vorſtehenden, daß beſonders der infraor- bitalis und der denta,is hiden. Um auf den erſten einzuwirten, ſticht man in der Gegend des ſoramen infraorbitale ein und iſt bei der Reichlichkeit der Nervinäfte immer ſicher, den Nerven zu treffen. Bei der Neuralgie des dentalis bringt man die Nadel in das Zuhnfleifch des ſchmerzhaften Zahnes, oder man läßt auch die Nadel ganz weg und bringt nur den Knopf des Conductors in die Nahe des Zahnfleiſches. Die Feuchtigkeit der Schleimhaut und die Feinheit des Epitheliums geftatten die Einwirkung des electriſchen Fluidums auf den Nerven auch ohne Nadel. 3, Neuralgie des ramus maxillaris interior. Unter den zahle reichen Aeſten dieſes Nerven, welche ſämmtlich von einer Neural— gie ergriffen werden koͤnnen, verdienen beſonders 3 eine beſendere Beachtung: 1) der dentalis inferior, welcher nach Verſorgung der Zähne durch das foramen mentale hervertritt; 2) der u. auriculo-temporalis, welcher ohne Zweifel eine große Rolle bei den Neuralgicen des facialis ſpielt, da er der Hauptweg iſt, durch welchen der quintus dem facialis ſeine Senfibitität vertriht; 3) der n. lingualis leidet fehr oft. ä Die Diagnofe der Neuralgicen des maxillaris inferior iſt leicht, wenn man auf den Verlauf dieſes Nerven Ruͤckſicht nimmt; die Kranken klagen über Schmerzen in der Unterlippe, Kinn, Zahn— fleiſch, Schlaͤfen und Wangen; der m. orbicularis oris iſt contra— birt, die Commiſſur durch geringe Gonvuifionen nach Unten und Außen aczogen; bäufig firirt ſich der Schmerz in der Zunge und veranlaßt reichliche Speichelabſonderung. Die Bewegung des Kies fers iſt ſchwierig, bisweilen unmoͤglich; beſonders am foramen mentale ift der Schmerz am heftigſten; jedoch find die Einzelhei— ten der Symptome bis zum Unendlichen verſchieden. Siebenter Fall. Herr C. ertitt in dem Spaniſchen Kriege 1823 durch einen Sturz mit dem Pferde eine heftige Hirnerſchut— terung und einige Quetſchungen. Nach einem Aderlaſſe verſchwan⸗ den die Zufaͤlle. Kurze Zeit darauf ſpuͤrte er am foramen men- tale und in den Zähnen des Unterkiefers der linken Seite durch— ſchießende Schmerzen. Dieſe wurden allmaͤlig heftiger und traten anfallsweiſe ein. Es wurden drei geſunde Zähne ausgezogen und ſodann eine Reihe von Mitteln angewendet, ohne Erfolg. Die Schmerzen wurden heftiger, die Anfälle häufiger. 25 Jahre dauerte bereits dieſer Zuſtand, als im Juni 1838 der Kranke zu Magen: die kam. Er klagte über heftige Schmerzen im Innern des cana- lis dentalis der linken Seite, welche ſich zu den Zaͤhnen und den Alveolen der ausgezogenen Zähne fortſetzten. Der Schmerz ſchießt heftig gegen das foramen mentale; zu gleicher Zeit klagt der Kranke über Schmerzen des n. frontalis. Der Anfall dauerte bereits 2 Tage ohne einen Moment der Ruhe. Magendie brachte ſogleich eine Nadel am ſoramen mentale, eine zweite am foramen supraorbi- tale ein und ſetzte ſie mit den Conductoren der Clarke'ſchen Maſchine in Verbindung; bereits nach 4 Minuten war der Stirn: ſchmerz gehoben, die Nadel wurde daher von der Augenbraue nach der parotis verſetzt, worauf 2 — 3 galvaniſche Erſchütterungen genuͤgten, um den Schmerz ganz zu beſeitigen. Die Nacht ging vollkommen ruhig vorüber. Folgenden Tags fingen einige Andeu⸗ tungen des Schmerzes im dentalis inferior wieder an; nach Ein, bringung der Nadeln genuͤgten aber einige Drehungen des Rades der Clarke'ſchen Maſchine, um den Schmerz vollkemmen und bleibend zu beſeitigen. 2 Die folgenden 2 Beobachtungen find aus dem zweiten Bande von Magendie's Vorleſungen sur le systeme nerveux, pag. 319 236 entnommen. „Zwei Damen, „ſagt Magendie,“ kommen an demſelben Tage, um mich wegen neuralgiſchen Schmerzen zu befra— gen; bei beiden iſt die rechte Geſichtsſeite, am heftigſten aber die Zunge befallen. 8 Die eine dieſer Damen leidet ſeit 4 Jahren ununterbrochen, ohne einen einzigen Tag Ruhe. Die Neuralgie begann mit ſehr heftigen Shmerzen im Verlaufe des infraorbitalis; hierauf wurde der Frontalaſt befallen, ſodann der mentalis, endlich der lingualis, in welchem ſich zuletzt der Schmerz hauptſächlich fixirt hat. Es leiden indeß nicht bloß die Verzweigungen des quintus, ſondern auch die des facialis, beſonders der mittlere Aſt dieſes Nerven, welcher be— kanntlich die Anaſtomoſe des ramus auricularis aufnimmt. Die Kranke vergleicht ihren Schmerz mit Blitzen, welche durch die Nerven durchfahren. Sie iſt auf der Seite der Neuralgie faſt taub. (Schluß folgt.) Ein Fall von Paralyſe des trigeminus. Von Dr. Voigt zu Neufchatel. Madame Or zu Bern, 30 Jahre alt, von robuſter Conſtitu— tion und guter Geſundheit, war in einer Nacht des Juni 1839 der kalten Luft durch ein offengebliebenes Fenſter ausgeſetzt. Am naͤch— ſten Morgen war es ihr, als wenn ihre linke Wange etwas ge— ſchwollen ſey, obwohl durch Berubrung und Betrachtung im Spie— gel keine Anſchwellung zu bemerken war. Dieſe eigenthuͤmliche Empfindung nahm zu und verband ſich allmälig mit Verluſt der Empfindung der ganzen linken Hälfte des Kopfes, mit Ausnahme des Hinterhauptes und Ohres. Ende Juli's ſuchte fie Huͤlfe bei einem Arzte. Dieſer fand folgenden Zuſtand: Das Allgemeinbefinden iſt nicht veraͤndert; auch das Geſicht hat keine Veraͤnderung erlitten; die verſchiedenen Bewegungen der Lippen, der Zunge, der Augen— lider, des Augapfels werden auf der kranken Seite ebenſogut aus— gefuͤhrt, als auf der geſunden rechten Seite; die Kaubewegungen find nicht beeinträchtigt; der linke masseter ſcheint nicht erſchlafft, und der Unterkiefer haͤngt weder hinab, noch iſt er nach der Seite ezogen. a Die Empfindungsfaͤhigkeit in der linken Hälfte des Kopfes, von der Mittellinie bis zum Ohre, iſt vollkommen aufgehoben. Die Kranke empfindet nicht, wenn man fie an den Haaren der Stirn oder Schlaͤfe zieht. Wenn fie ſich die Haare macht, fo bifchreibt ſie ihre Senſationen auf eine eigenthuͤmliche Weiſe; es ſcheint ihr, als wenn die Haare, welche ſie beruͤhrt, ausfallen, um ihrer Hand oder dem Kamme zu folgen, waͤhrend, in der That, ſie jetzt nicht mehr Haare verliere, als waͤhrend vollkommener Geſundheit. Die Wange, die Augenlider, die Haͤlfte der Naſe, der Lippen, des Kinns und der Stirn auf der linken Seite ſind ganz empfindungs— los. Man kann die Theile mit einer Nadel ſtechenz man kann die conjunctiva der Augenlider und des Auges kratzen und ſtechen, ohne einen Schmerz zu verurſachen oder den Zufluß der Thraͤnen zu vermehren, deren Secretion uͤbrigens normal iſt. Die Pupille zeigt keine Veränderung, das Geſicht iſt ung ſtoͤrt; die innere Flaͤche des linken Naſenlochs iſt gegen Nadelſtiche unempfindlich, ebenſo gegen Tabak. Die Schleimhautſecretion iſt normal; die Kranke behauptet aber, daß der Geruch etwas gemindert ſey. Die linke Hälfte der Mundhöhle, Zahnfleiſch, Zähne und linke Hälfte des Gaumens befinden ſich in demſelben Zuſtande. Die linke Haͤlfte der Zunge fuͤhlt keinen Nadelſtich; aber die Bewegung, die Ge— 820 ſchmackfaͤhigkeit dieſes Organes ſind vollkommen ungeſtoͤrt. Die Kranke unterſcheidet jede Art von Geſchmack mit beiden Zungenfeis ten auf gleiche Weiſe; mit verbundenen Augen erkennt ſie, mit der linken Hälfte der Zunge ebenſowohl wie mit der rechten, die Bit⸗ terkeit der Coloquinte, den Geſchmack des Salzes oder des Pfef— fers. Die Kranke ſagt, daß ſie nie einen Unterſchied im Ge— ſchmacke der Speiſen auf beiden Zungenſeiten bemerkt habe, aber daß, wenn bei'm Kauen der Biſſen zwiſchen die linken Zaͤhne ge— rathe, es ihr ſey, als wenn er aus dem Munde herausgefallen ſey; fie kann ihn häufig gar nicht wiederfinden und iſt genoͤthigt, den Finger in den Mund einzufuͤhren, um den Biſſen wiederum zwi— ſchen die Zaͤhne der rechten Seite zu bringen. Deßwegen kaut ſie 15 nur mit dieſer Seite; Reſpiration und Sprache ſind nicht ver— ndert. In der Ueberzeugung, daß man es mit der Paralyſe des lin— ken trigeminus zu thun habe, ſuchte man mittelſt der Electricitaͤt auf dieſen Nerven zu wirken. Die Kranke wurde daher iſolirt, und es wurden aus allen gelähmten Theilen Funken gezogen, bes ſonders aber aus der Infraorbitalgegend und aus der Gegend des Unterkiefergelenkes, um, wo möglich, direct auf die beiden Haupt- aͤſte des Nerven bei ihrem Austritte aus der Schaͤdelhoͤhle einzu— wirken. Dieſe Behandlung veranlaßte anfangs eine leichte Formi— cation in den gelähmten Theilen und wurde nach zwei Monaten von dem vollftändigften Erfolge gekrönt. Dieſer Fall unterſtuͤtzt auf das Entſchiedenſte die Anſicht Pa— nizza's, Marſhall Halles und Valentin's, wonach der Ein: gualaſt des trigeminus nur die allgemeine Empfindlichkeit der Zunge, der glossopharyngeus allein die Geſchmacksthaͤtigkeit be— dingt. (Gaz. méd., No. 37.) Miscellen. Die ſtethoſcopiſchen Zeichen bei Lungenkrankhei— ten, welche Taennec aufgeſtellt hat, erſcheinen dem Dr. Rad ci— borski zu complicirt und nicht weſentlich verſchieden, da ſie bei einem und demſelben Subjecte wechſeln und mehrfach in einander übergeben. Er ſchlaͤgt daher, als einziges Geraͤuſch, das Blaſengeraͤuſch (rale bullaire) vor, indem es dasjenige ſey, von welchem alle übrigen Ge— raͤuſche ausgehen und welches im normalen Zuftande nichts Analoges habe. So oft man alſo ein Blaſengeraͤuſch hoͤrt, iſt man ſicher, daß ein krankhafter Zuſtand der Lungen zu Grunde liege. Hierauf erhaͤlt die Auscultation auch von den uͤbrigen Krankheitserſcheinun— gen ihre Erlaͤuterung, ebenſo wie durch die Auscultation die Dia— gnofe erleichtert wird. Durch dieſe Vereinfachung iſt zu hoffen, daß viele Schwierigkeiten der Auscultation verſchwinden werden. Ueber die Wirkungsweiſe der Gifte hat Herr James Blake eine Reihe von Experimenten angeſtellt, um darzuthun, daß die giftigen Subſtanzen durch Berührung mit dem Nervenſy— ſteme zur Wirkung kommen, waͤhrend ſie durch die Circulation verbreitet werden. Es find daraus folgende Schlußfäge abzuleiten: 1) die Zeit, welche noͤthig iſt, daß eine Subſtanz durch die Ca— pillargefaͤß waͤnde hindurchgehe, iſt nicht zu ermitteln; 2) der Zeit: rium zwiſchen der Abſorption durch die Capillargefaͤße und die Vertheilung des Giftes durch den ganzen Körper kann nicht länger als 9 Secunden dauern; 3) es iſt immer ein mehr als 9 Secun— den dauernder Zeitraum zwiſchen der Einfuhrung eines Giftes in die Capillargefaͤße oder Venen und der Erſcheinungen der erſten Symptome zu bemerken; 4) ein Gift wirkt um ſo raſcher, je naͤ— her dem Gehirn es in die Circulation eingebracht wird. — U p —————p— —— Gibliographis che RAR igkeite n. Nouveau Manuel complet de Mineralogie, ou Tableau de tou- tes les substances minerales. Par M. J. J. N. Huot. 2 Vols. 1841. 8. Mit 4 K Zoologie classique, ou Histoire naturelle du regne animal. Par J. A, Pouchet. 2. &d, 2. Vol. 1841. 8. M. Atlas. Maladies de la glande parotide et de la region parotidienne. Operations que ces maladies réclament. Par Y. A. Berard, Paris 1841. 8. Mit 4 K. Wien und Paris. Ein Beitrag zur Geſchichte und Beurtheilung der gegenwaͤrtigen Heilkunde in Deutſchland und Frankreich. Von Dr. C. Aug. Wunderlich, Privatdocent der Mebdicin zu Tuͤbingen. Stuttg. 1841, 12. ——— ——ꝛ — Neue Notizen aus dem Gebiele der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober-Medicinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinatrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 373. (Nr. 21. des XVII. Bandes.) Maͤrz 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gr. Malt u r Beobachtungen uͤber die Wirkungen der Kaͤlte auf die Pflanzen. Vom Profeſſor Der in London ungewoͤhnlich ſtrenge Winter 1887 bis 1838 veranlaßte die Abhandlung des Profeſſors Lind— ley uͤber die Wirkung der Kaͤlte auf die Pflanzen. Die meiſten Beobachtungen, die er zu dieſem Zwecke anſtellte, fanden im Garten der Gartenbaugeſellſchaft ſtatt, der ſich zu Chiswick unweit London befindet. Die mittlere Temperatur des Monats April 1837 be— trug 7° F. weniger, als die deſſelben Monats während der letzten zehn Jahre zuſammengenommen, und im Monat Mai 1837 hielt ſich die Temperatur im Mittel ebenfalls 6° tiefer, als ſonſt. Daher machte die Vegetation in die— ſen beiden Monaten nur ſehr geringe Fortſchritte und ward erſt im Juni kraͤftig, ſo daß die Gewaͤchſe erſt zu Ende des Sommers und im Herbſte ihre jaͤhrliche Entwickelung voll: endeten und da der Herbſt kalt war, ſo konnte ſich der Splint nicht vollſtaͤndig zu Holz umbilden. Auf der andern Seite wurde nach dem 15. December das Wetter ſo gelinde, wie ſonſt im Fruͤhjahre, und die Temperatur betrug die letzten 16 Tage des Jahres uͤber im Durchſchnitt + 469 F. (+ 6,39 R.). Am Weihs nachtstage ſtand das Thermometer im Schatten auf 545° F. (10,2 R.). Dieſe ungewoͤhnliche Wärme ſetzte die Ver getation von Neuem in Thaͤtigkeit, und an vielen Pflan: zen zeigten ſich junge Triebe. Das milde Wetter hielt bis zum 7. Januar an; aber alsbald trat ſtrenger Froſt ein, der bis zur Nacht vom 19. auf den 20ſten, wo das Ther— mometer bis — 12° F. (— 19,50 R.) fiel, immer hefti⸗ ger wurde. Lindley “). ) Aus den Transactions of the Horticultural Society. No. 1473. Bei ee Do Es iſt intereffant , die Wirkung diefer ſtarken Tempe⸗ raturwechſel ſorgfaͤltig zu ſtudiren, um zu beurtheilen, in wiefern die Einfuͤhrung einer auslaͤndiſchen Pflanze in ein kaͤlteres Land mit Erfolg geſchehen koͤnne; dem Profeſſor Lindley zufolge, iſt es ein eitles Beginnen, ausländifche Pflanzen acclimatiſiren zu wollen. Er glaubt, daß es nicht ein einziges Beiſpiel von wirklicher Acclimatiſirung eines Gewaͤchſes gäbe, d. h., daß kein einziges durch Gewoͤh— nung an ein Clima die Faͤhigkeit erlangt habe, demſelben beſſer zu widerſtehen. So wird, z. B., der Kirſchlorbeer, welcher ſeit ſo langer Zeit fort und fort aus dem Saamen in England gezogen worden iſt, dort noch jetzt durch den— ſelben Kaͤltegrad getödtet, wie zur Zeit feiner Einführung. Die Kartoffel und die Bohne haben eben ſo wenig den Froſt vertragen lernen. Nur durch Erzeugung von Baftar- den darf man hoffen, eine Art von Acclimatiſirung zu er— reichen, indem die haͤrtere Natur des einheimiſchen Gewaͤchſes zum Theil auf den Baſtard von jenem und einer exotiſchen Pflanze übergeht. Außer der Strenge der Kälte an ſich mußte im obi— gen Falle das kraͤftige Vegetiren, in welchem die Pflanzen begriffen waren und das ploͤtzlich gehemmt wurde, zu der ſchaͤdlichen Einwirkung des Froſtes beitragen. Deßhalb wurden auch ſolche Gewaͤchſe getoͤdtet, welche aus kaͤltern Laͤndern als England ſtammen und folglich ihrer Natur nach einen bedeutenden Kaͤltegrad vertragen koͤnnen. So litt, z. B., die Fraxinus americana im Garten der Garten: baugeſellſchaft bei — 44° F. (— 16,2 R.) ſehr bedeu— tend, obwohl fie aus dem Staate Neuyork ſtammt, wo man in demſelben Winter — 8 F. (— 17,8 R.) bis — 30° F. (— 27,5% R.) beobachtete. Andromeda polifolia, welche von Neuyork bis an die Ufer des Eismeeres vor: kommt, ging in demſelben Garten zu Grunde. Auf der andern Seite vertrugen IIlicium floridanum, welches in den waͤrmſten Gegenden der Vereinigten Staaten von Nord— america waͤchſ't, und Magnolia grandiflora, welche an 21 323 der Meereskuͤſte der Carolinas einheimiſch iſt, die Kälte je: nes Winters ſehr gut, und zwar wahrſcheinlich deßhalb, weil das fuͤr England zwar ungemein milde Wetter zu Anfang des Winters doch nicht warm genug war, um die Vegeta— tion dieſer Pflanzen in Gang zu bringen. Merkwuͤrdig iſt der Umſtand, daß die Pflanzen, welche der Kälte völlig bloßgeſtellt waren, weniger litten, als die, welche eines theilweiſen Schutzes gegen dieſelbe genoſſen. Dieſe ſcheinbare Anomalie erklaͤrt ſich ohne Schwierigkeit, wenn man bedenkt, daß der Froſt vorzugsweiſe verderblich auf diejenigen Pflanzen wirkt, deren Theile noch von Saft ſtrotzen, während die theilweiſe gefhüsten Pflanzen offenbar länger zu vegetiren fortfuhren, als die völlig bloßgeſtellten. Der intereſſanteſte Theil der Lin dley'ſchen Arbeit iſt der, in welchem er die Art und Weiſe, in welcher die Pflan— zen von dem Froſte getoͤdtet werden, d. h., die eigentliche Wirkung der Kälte auf die Pflanzenorgane, genau un— terſucht. Die dei den meiſten Phyſiologen geltende Anſicht iſt, die Kälte zerftöre die Pflanzen, indem die Wände ihrer Ge: faͤße oder Zellen durch die Ausdehnung des Waſſers bei'm Gefrieren zerriſſen würden. Profeſſor Morren zu Lüttich theilt dieſe Meinung nicht und iſt in der fraglichen Bezie— hung zu folgenden Schluͤſſen gelangt. 1) Durch den Froſt wird kein Pflanzenorgan zerriſſen, ſondern die Zellen werden nur von einander entfernt. 2) Weder das Chlorophyll, noch die Raphiden, Ele— mentarfaſern oder in dem Pflanzengewebe enthaltenen Cry: ſtalle erleiden die geringſte Veraͤnderung durch den Froſt. Nur das Staͤrkemehl wird zuweilen in Zucker umgebildet, und zwar wahrſcheinlich durch die bei Zerſetzung organiſcher Theile entſtehende Säure. 3) Der Froſt wirkt auf jedes Elementarorgan ein, ſo daß die Pflanze eben ſoviel Eiskluͤmpchen enthält, als mit Fluͤſſigkeit gefüllte Höhlungen vorhanden find, indem die Ausdehnung des Waſſers bei'm Gefrieren nicht bedeutend genug iſt, um die Wandungen dieſer Hoͤhlen zu zerreißen. 4) Die Ausdehnung iſt hauptſaͤchlich dem Freiwerden der im Waſſer enthaltenen Luft zuzuſchreiben. 5) Dieſes Freiwerden von Luft waͤhrend des Gefrie— rens des Waſſers iſt der ſchaͤdlichſte Umſtand bei'm Froſte, indem dadurch Gasarten in Organe eingefuͤhrt werden, welche zu deren Verarbeitung nicht geſchickt ſind, ſo daß dadurch ein Anfang der Zerſetzung des Saftes und der darin enthaltenen Stoffe begruͤndet wird und bei'm Aufthauen wiederum eine der Vegetation ſchaͤdliche chemiſche Wirkung eintritt. 6) Durch die Ausdehnung der Zellen und ſaftfuͤhren— den Gefaͤße gelangt ferner Waſſer in die Tracheen, ſo daß Organe, welche nur Waſſer enthalten ſollten, Luft und tropfbare Fluͤſſigkeit, und andere, welche nur Luft enthalten ſollten, ebenfalls tropfbare Fluͤſſigkeit in ſich aufnehmen. Dieſer Umkehrung der Functionen iſt, Herrn Morren's Anſicht zufolge, das Abſterben der gefrornen Pflanzen zuzu— ſchreiben, wenn man daſſelbe nicht unmittelbar auf Rech— nung der Zerſetzung ihrer Saͤfte ſetzen will. 324 Bringt man, in der That, ein Stuͤckchen gefrornen Apfels unter das Mikroſcop, ſo erkennt man leicht, daß es aus einem Moſaik von kleinen einzelnen Eisſtuͤcken beſteht. Die Birnen erlangen durch dieſe Eisbildung in ihnen eine gewaltige Härte. Bei'm Aufthauen ſieht man aus denfels ben eine Menge Luftblaͤschen entweichen, und der Saft hat neue chemifche Eigenſchaften angenommen. Bei näherer Uns terſuchung dieſer Erſcheinung hat Herr Morren gefunden, daß jede Zelle von einem Eiscryſtall ausgefuͤllt war, in deſ— ſen Mitte ſich ein Luftblaͤschen befand. Die Ausdehnung des gefrierenden Waſſers dehnt die Zellen aus, und die ganze Frucht gewinnt an Umfang. Bei'm Aufthauen ziehen ſich die haͤutigen Wandungen der Zellen wieder zuſammen, und die Frucht wird weich und ſehr runzelig. Setzt man ſehr zaͤrtliche Pflanzen einer niedrigen Tem— peratur aus, ſo hat man zu fuͤrchten, daß die zu beobach— tenden Erſcheinungen nicht nur in der unmittelbaren Wir— kung der Kaͤlte zur Toͤdtung des Gewaͤchſes beſtehen, ſon— dern zum Theil der Veraͤnderung der bereits todten vegeta— biliſchen Subſtanz durch die Kälte zuzuſchreiben find, Um dieſe beiden Claſſen von Wirkungen unterſcheiden zu koͤnnen, ſetzte Profeſſor Lindley Pflanzen, welche ſehr leicht er— frieren, einem Kältegrad aus, welcher nur um ein Gerin— ges bedeutender war, als der, bei dem das Waſſer gefriert. In dieſem Falle fand er, daß die am Staͤrkſten von Saͤf— ten ſtrotzenden Zellen der Pflanzen ſich nicht von einander trennten, und er ſchloß daraus, daß dieſe Erſcheinung nicht unmittelbar an die Toͤdtung der Pflanzen durch den Froſt— gebunden, ſondern eine Wirkung ſehr ſtrengen Froſtes fen. Indeß fand er in mehreren Faͤllen das Gewebe, anſcheinend durch die Ausdehnung der Fluͤſſigkeiten, zerriſſen. Junge Triebe von Haiden waren wie zerſtuͤckelt, und in manchen Faͤllen waren ſogar das Holz und die Rinde der Baͤume geborſten. Die Einführung der Luft in Gefaͤße, welche ihrer Ein: richtung nach dergleichen nicht enthalten duͤrfen, und die theilweiſe Austreibung der Luft aus den Tracheen gehoͤren zu den merkwuͤrdigen Erſcheinungen. Jedermann kann ſich davon Überzeugen, daß, wenn ein Blatt gefroren geweſen und wieder aufgethaut iſt, daſſelbe ſeine Farbe gleich nach dem Aufthauen aͤndert, indem es dunklergruͤn wird und auf beiden Seiten ziemlich denſelben Farbenton zeigt. Daſ— ſelbe geſchieht, wenn man ein Blatt unter den Recipienten einer Luftpumpe bringt und ein Vacuum erzeugt, und in beiden Faͤllen ruͤhrt die Veraͤnderung der Farbe daher, daß die in den Myriaden von Luftzellen des fleiſchigen Gewebes enthaltene Luft entweicht. Wenn man von dem Blatte des Hibiscus Rosa sinensis die Epidermis abreißt, fo ſieht man, daß die Sphincteren der Luftloͤcher (Stomata). die Zellen der Epidermis und die darunterliegenden Faͤcher ſaͤmmtlich mit Luft gefuͤllt ſind. Iſt dagegen das Blatt gefroren geweſen, ſo iſt die Luft gaͤnzlich verſchwunden. Man findet die Sphincteren leer, die Waͤnde der Zellen der Epi— dermis zuſammengefallen und einander beruͤhrend und das ganze darunter befindliche faͤcherige Fleiſch des Blattes ſo durchſichtig, als ob es mit Waſſer gefüllt wäre. Da die 825 stomata ihre Erregbarkeit verloren haben und häufig offen find, fo laͤßt ſich daraus ſchließen, daß das Blatt feine Luft zum Theil eingebuͤßt habe. Ueberdem enthaͤlt das Mark eines ſolchen Blattes faſt durchaus keine Luft in ge möhnlicher Form, während es nach dem Gefrieren davon ſtrotzt, wodurch wahrſcheinlich wird, daß ein Theil der durch das Gefrieren aus dem Blatte getriebenen Luft ſich durch den Blattſtiel in das Mark begeben habe. Die gewoͤhnlich mit Luft gefüllten ringfoͤrmigen Gefäße des Blattſtiels ſtroz— zen nach dem Gefrieren von Saft, gleichſam, als ob das gewaltſame Durchſtreichen der nun im Marke enthaltenen Luft ihnen die Faͤhigkeit benommen habe, dem Eindringen der tropfbaren Fluͤſſigkeit zu widerſtehen. Bei einigen gefroren geweſenen Euphorbien wurden die ringfoͤrmigen Gefaͤße ganz leer und deren Wandungen runzelig und zuſammengefallen gefunden. Die langen und haarfoͤrmigen Blätter der Erica sul- furea, welche im natürlichen Zuſtande feſt, hellgruͤn und mit einem ſteifen Blattſtiele verſehen ſind, laſſen, wenn man fie ſtark preßt, eine Menge Luft, hauptſaͤchlich durch den Blattſtiel, entweichen. Iſt dagegen dieſe Pflanze ge— froren geweſen, ſo ſind ihre Blaͤtter weicher, duͤſter oliven— gruͤn, mit einem ſchwachen Blattſtiele verſehen, und wenn man ſie preßt, ſo laſſen ſie ſich zwar leicht zuſammendruͤcken, aber faſt gar keine Luft entweichen. Zugleich findet man die langen Haare dieſer Pflanze, welche im normalen Zu— ſtande eine tropfbare Fluͤſſigkeit enthalten, nach dem Ge— frieren mit Luft gefuͤllt, ſelbſt wenn man dieſelben durchaus keinem Drucke unterworfen hat. Hierin liegt vielleicht der Grund der hinlaͤnglich be: kannten Thatſache, daß man gefrorne Pflanzen zuweilen da— durch retten kann, daß man ſie hoͤchſt langſam aufthauen laͤßt, waͤhrend fie, wenn dieß ſchnell geſchieht, faſt unaus— bleiblich ſterben. Im letztern Falle wird ſich das in Hoͤhlen, welche nicht dazu beſtimmt ſind, Luft zu enthalten, einge— drungene Gas ſtark ausdehnen und die Störung vermehren, waͤhrend es ſich, wenn die Waͤrme langſam zutritt, allmaͤlig wieder in die zu ſeiner Aufnahme geeigneten Gefaͤße ziehen und ſo die eingetretene Stoͤrung beſeitigen kann. Auf das Satzmehl ſcheint der Froſt in der Art zu wirken, daß er daſſelbe theilweiſe verſchwinden macht und daſſelbe mehr oder weniger bedeutend veraͤndert. Bei der Kartoffel in'sbeſondere ſcheint die theilweiſe Umbildung des Satz⸗ oder Staͤrkemehls der Grund zu ſeyn, weßhalb ge— frorne Kartoffeln ſuͤß ſchmecken und Zucker enthalten Endlich ſcheint das Gefrieren auf den latex oder eis genthümlichen Saft der Pflanzen die beſondere Wirkung zu äußern, daß es die Circulationsfaͤhigkeit deſſelben aufhebt. Wenn dieſe Fluͤſſigkeit, nach Profeſſor Schultz's Annahme, der Lebensſaft der Pflanzen iſt, ſo wuͤrde ſich ſchon hieraus das Abſterben derſelben durch das Gefrieren erklaͤren. In or Fällen gerinnt dadurch diefer Saft zu einer amorphen aſſe. Bei Stapelia, wo die den latex enthaltenden Ge⸗ faͤße ſehr deutlich ſind, iſt dieſe Fluͤſſigkeit ſo farblos, daß ſie ſich mit den ſtaͤrkſten Vergroͤßerungsglaͤſern kaum erken⸗ 326 nen laͤßt; allein nach dem Gefrieren ſieht man ſie deutlich, indem ſie ſich wie ein halbgallertartiges Waſſer ausnimmt. Bei dem Hibiscus iſt der Staͤngel mit langen einfachen Haaren bedeckt, die ein Geflechte von milchfuͤhrenden Gefaͤ— ßen enthalten, in denen man unter dem Mikroſcope die Circulation ſehr deutlich beobachten kann. Nach dem Ge— frieren iſt dieſer Apparat in getrennte formloſe Saͤcke ver— wandelt, die mit einer kluͤmperigen vollkommen unbeweglichen Maſſe angefuͤllt ſind. Daß dieſe Gefaͤße durch das Geftie— ren ihre Lebensthaͤtigkeit einbuͤßen, laͤßt ſich, ſelbſt ohne Mikroſcop, leicht nachweiſen, indem aus einem Staͤnzel der Ficus elastica oder einer Euphorbia, aus welchem, wenn man, waͤhrend er ſich im geſunden Zuſtande befand, in denſelben einſchnitt, ein milchiger Saft lief, nach dem Gefrieren auch nicht ein Tropfen mehr auslaͤuft. Aus dieſen Thatſachen folgert Profeſſor Lind ley, daß die Wirkungen des Gefrierens der Pflanzen complicirter ſeyen, als man gemeinhin annimmt, und er ſtellt die Haupt— wirkungen unter folgende Saͤtze zuſammen: 1. Ausdehnung des Zellgewebes der fleiſchigen Theile, welche, wenn ſie auch nicht immer das Berſten der letztern veranlaßt, doch deren Reizbarkeit ſtets zerftört. 2. Austreibung der Luft aus den Tracheen und Luft zellen. 3. Eindringen von Gaſen in Gefaͤße, in welchen ſich, der Beſtimmung der letztern nach, nur tropfbare Fluͤſſigkei— ten befinden ſollen. 4. Chemiſche Zerſetzung der Gewebe und der in ihnen enthaltenen Stoffe. 5. Zerſtoͤrung der Lebensthaͤtigkeit des latex und der ihn enthaltenden Gefaͤße. 6. Verſtopfung der Gefaͤße des Holzgewebes durch die Ausdehnung der Faſern. Dieſe Erſcheinungen ſind theils mechaniſcher, theils chemiſcher Art, theils in's Gebiet der Vitalitaͤt gehoͤrend. Die mechaniſche Thaͤtigkeit iſt die einzige, auf welche der Menſch Einfluß ausüben kann. Bekanntlich erfrieren die Pflanzen in einem feuchten Clima oder auf einem mit Feuch— tigkeit angeſchwaͤngerten Boden weit leichter, als wenn ſie ſich in einem trocknen Clima und Boden befinden. Alles, was darauf hinwirkt, die Pflanze ſaftiger zu machen, ſetzt dieſe auch dem Erfrieren mehr aus, indem es deren Leitungs— faͤhigkeit in Betreff der Waͤrme vermehrt. Dieſer Urſache allein ſchreibt Dr. Neuffer die nachtheilige Wirkung des Froſtes, zumal im Fruͤbjahre, auf die fleiſchigen Theile der Pflanzen zu. Er hat, in der That, gefunden, daß die Baͤume bei Tübingen im Monat März ſaͤmmtlich 8 Pro: cent mehr Waſſer enthielten, als im Januar. Im Win⸗ ter 1887 — 1838 hat ebenfalls die Erfahrung gelehrt, daß eine geſchuͤtzte Stellung bei exotiſchen Gewaͤchſen die Neigung beguͤnſtigt, durch warmes Herbſt- und Vorwinter⸗ Wetter in ſtaͤrkere Lebensthaͤtigkeit zu treten, daher ſie, wenn unter ſolchen Umſtaͤnden ſchnell ſtrenge Kaͤlte einfaͤllt, den nachtheiligen Wirkungen derſelben eben ſo ſehr unterworfen ſind, als wenn ſie auf einem W Boden erwachſen waͤ⸗ 1 327 ren. (Bibliotheque universelle de Genève. No. 61. Janvier, 1841.) Zuruͤckweichen der See (oder Erhebung des Landes 2) Die See, ſo lieſ't man in einer der neueſten Num— mern des Phare de la Rochelle, tritt an der Kuͤſte der Bucht von Bourg- neuf immer weiter zuruͤck. Die Rhede dieſes Staͤdtchens und deſſen Salzmarſchen verſanken ſo ſchnell, daß das Wrack eines im Jahre 1752 bei der Verfolgung eines franzofifhen Fahrzeugs auf einer Sand: bank geſtrandeten engliſchen Linienſchiffes von 64 Kanonen gegenwärtig mitten auf einer cultivirten Flaͤche liegt. Das Waſſer iſt ſeit jenem Jahre um mehr als 5 Meter gefal— len. Da jedoch das Waſſer ſich im Breſter Hafen ſtets auf gleicher Hoͤhe haͤlt, ſo kann kein Zuruͤckweichen der Hauptmaſſe des Meeres ſtattfinden. Langs des ganzen ſuͤdweſtlichen Theiles des Departements der untern Loire bildet ſich fortwaͤhrend ſo viel neues Land, daß in den letz— ten 25 Jahren nur in der Flur von Bourg- neuf mehr als 500 Hektaren culturfaͤhiger Boden da entſtanden ſind, wo fruͤher die See fluthete. Poigny, ein uraltes Staͤdtchen, deſſen Citadelle auf einer zwiſchen Bourg-neuf und Pornic liegenden Anhoͤhe ſteht, hatte ſonſt einen Hafen, in welchem die Schiffe an in den Felſen eingelaſſene und angeblich noch jetzt vorhandene Ringe befeſtigt wurden. Die Bouin-Inſel war durch die Rhede von Bourg-neuf durch eine früher, Etiez⸗du⸗Fresne gegenüber, 2500 Meter breite Rhede ges trennt, die gegenwaͤrtig nur noch ein 25 bis 30 Meter breiter Canal iſt, der eigentlich nur durch einige in denſel— ben muͤndende Baͤche und den Fluß Faleron offen gehalten wird und ſonſt gewiß ſchon ganz ausgefuͤllt waͤre. Vor— mals wurde zwiſchen Bourg-neuf und Bouin ein betraͤchtli— cher Handel mit Salz nach Holland betrieben. Die damit beſchaͤftigten Schiffe hielten 100 — 130 Tonnen und nah— men ihre Ladung bei Port-Raband ein, das gegenwärtig etwa 3000 Meter von der See entfernt iſt. Der Hafen von Saint⸗Giles verſandet mehr und mehr. Die ganze Mitte der herrlichen Barre, welche den Hafen von Sables- d'Olonne ſonſt ſchloß, liegt jetzt trocken und wird bald nur durch die hoͤchſten Fluthen unter Waſſer geſetzt werden. Der Hafen von La Gachere hat ſich erſt ganz vor Kurz zem völlig geſchloſſen. Das Städtchen Olonne, welches auf einem fruͤher von der See umfloſſenen Huͤgel ſteht, iſt gegenwärtig von Wieſen und Sümifen umgeben Solche bedeutende Veraͤnderungen konnte ein einziges Jahrhundert an der Kuͤſte der Vendée und des Departements der untern Loire bewirken. Der Grund derſelben ſind die durch das Meer ſelbſt gebildeten Anſchwemmungen an Schlamm, Sand und (ſeltenet) Steingeſchieben. Uebrigens iſt kaum erklaͤr— lich, wie eine ſo bedeutende Erhoͤhung des Bodens, wie die, welche man an der Stelle einer ehemaligen Auſternbank bei Bourg⸗neuf bemerkt, binnen 85 Jahren anders, als mit Hülfe einer Erhebung der Erdoberfläche von Unten hat be— wirkt werden koͤnnen. In dieſer Beziehung haben wir von einem gut beobachtenden Reiſenden erfahren, daß, als er 828 1823 durch Marrennes gekommen, ihm ein Ufer von Kalkfelſen gezeigt worden ſey, welches ſich binnen einigen Jahren um ein Bedeutendes erhoͤht habe. Auf der Inſel Oleron machte man ihn auf eine Salzmine aufmerkſam, an deren einem Ende ſich alle 25 Jahre ein neues Nivelli— ren des Stollens noͤthig mache; waͤhrend bei einer benach— baretn Muͤhle das eine Giebelende ſich von Zeit zu Zeit von dem Gebäude abtrennt, fo daß dadurch ſchon oͤfter für die Bewohner bedeutende Gefahren und koſtſpielige Repara— turen entfprungen find. are see Keane Das ausgeſtopfte Fell und den Schädel eines in der Menagerie der Londoner zoologiſchen Geſellſchaft geweſenen G üb— bon, der, wie fo viele Affen, im Laufe des Winters geſtorben war, zeigte Herr Ogilby der genannten Geſellſchaft vor. Der ganze Körper iſt dunkelſchwarz, mit Ausnahme der Kehle und Wangen, die von ei— nem Ohre zum andern mit langem weißen Haare bedeckt ſind, weß— halb Ogilby für dieſe Species den Namen Hylobates leucogenys vorſchlug. Ueber den Augen befindet ſich nicht, wie bei dem Hoolock, eine weiße Abzeichnung, und das Kinn und der Unter: kiefer ſind, wie der uͤbrige Koͤrper, ſchwarz. Der Kopf erhebt ſich pyramidenfoͤrmig, während er bei'm Hoolock gedruͤckt iſt. Herr Ogilby würde dieſen Affen unbedingt für eine eigne Spe— cies erklaren, wenn er es nicht für moglich hielte, daß er das Maͤnnchen der von Dr. Harlan unter dem Namen Hylobates ni- ger beſchriebenen Art ſey. Das Stirn- und Kopfhaar fällt hin— terwaͤrts und iſt auf dem Wirbel ſehr lang, wodurch der Kopf das erwaͤhnte pyramidenfoͤrmige Anſehen erhaͤlt. Nach dem Ske— lette und den Zahnen hat man das Exemplar für ein junges zu erklären, da die zweiten Zähne noch nicht zum Vorſcheine gekom⸗ men ſind. Die Länge des Schaͤdels vom Zwiſchenkieferknochen bis zum Hinterhaupte beträgt 4 Zoll, ſeine größte Breite 2 3. 72 L,; von der aͤußerſten Stelle einer orbita bis zu der der andern mißt er 2 3.; von der Baſis der Naſenknochen bis zur Spitze der Zwi⸗ ſchenkieferknochen 1 3. 13 L. Länge des humerus 7 3. 2 L.; der ulna 8 Zoll; des radius 7 3. 7 L.; des femur 6 3.; der tibia 5 3. 3 L.; der fibula 5 3. 18. Der aͤußerliche Character der Species laͤßt ſich etwa fo aufſtellen: Hylobates leucogenys Hyl. niger. pilis ad latera faciei et ad gulam albis; pilis verticis lon- gis et semi-erectis. (Aunals and Mag. of nat. hist. No. 36. Dec. 1840.) Ein merk wuͤrdiger Erdfall, welcher ſich in der Umge— gend von Strasburg ereignet hat, wird folgendermaaßen beſchrie— ben: „Am 22. Marz vernahmen die Bewohner der dem Gloͤckels— berge (etwa 21 Stunde von Strasburg) nahe gelegenen Dörfer einen fo fuͤrchterlichen Knall, daß in beinahe allen Haͤuſern eine, wenn auch geringe, Erſchuͤtterung empfunden wurde, die man aut: genblicklich dem gleichzeitigen Abfeuern vieler Kanonenſchuͤſſe haͤtte zuſchreiben koͤnnen. Bald aber klaͤrte ſich dieſe Exploſion auf, in: dem man an der einen Seite des Berges, unweit des Dorfes Bläsheim, einen Riß in der Erde von ungefähr 150 Fuß Lange und 9 - 10% Fuß Breite bemerkte. Eine unabſehbare Tiefe oͤffnete ſich vor den perbeigeeilten; Bäume, welche an jener Stelle ſtan— den, waren verſchwunden und keine Spur mehr davon zu entdek— ken. Dieſes Sprengen erneuerte ſich viermal; in der Nacht zum 25. zum letzten Male; indeß ſtets mit großer Verwuͤſtung; denn von dem dem Dorfe zugehoͤrenden Weinbergtheile blieb nur ein ein— ziger Acker verſchont; die andern ſind verſunken oder verwuͤſtet— Aus den Oeffnungen ſteigt ein ſchwacher Dampf herauf, und in dem Abgrunde glaubt man, ein Gerauſch wie ſiedendes Waſſer oder ein brauſendes Meer zu vernehmen. Bemerkenswerth iſt dabei, daß an der andern Seite des Berges, deſſen innere Beſtandtheile nicht Felſen, ſondern Lehm ſind und uͤber den die Landſtraße fuͤhrt, eine groͤßere Maſſe Grund aufgeworfen iſt.“ — — — — — — ,—, 329 550 ek end e. Krankheitszuſtand und Sterblichkeit bei der engli— ſchen Armee und Marine. Bei einer unlaͤngſt ſtattgehabten Zuſammenkunft der ſtatiſtiſchen Geſellſchaft ward ein Aufſatz vorgeleſen, welcher den Titel fuͤhrt: Ueber den Krankheitszuſtand und die Sterblichkeit der Soldaten und Matroſen, nach den officiel— len Berichten uͤber den Zuſtand der Landtruppen und See— leute; bearbeitet vom Major Tulloch. Da dem Parla— mente gegenwaͤrtig ein officieller Bericht uͤber den Geſund— heitszuftand der Marine vorgelegt worden iſt, fo beſitzt man zur Beurtheilung der verſchiedenen Art und Weiſe, wie die— ſelben eclimatiſchen Verhaͤltniſſe einestheils auf die Lande truppen und anderntheils auf die Seeleute einwirken, neue und ſchaͤtzbare Materialien. Es laſſen ſich demnach die früher aus Ähnlichen, aber beſchraͤnktern und auf wenigere Localitaͤten bezuͤglichen Berichten gezogenen Folgerungen con: troliren und in groͤßerm Umfange anwenden. Die dem Parlamente vorgelegte Schrift zerfaͤllt in drei Theile; der erſte enthaͤll die Einzelnheiten in Betreff des Geſundheitszu— ſtandes der zum Marinediftricte von Suͤdamerica gehörenden Seeleute; der zweite bezieht ſich auf Weſtindien und Nord— america und der dritte auf das Mittelmeer und Spanien. Da die Berichte der Marine nur die 1837 unmittelbar vorhergehenden ſieben Jahre betreffen, ſo iſt zu einer ge— nauen Vergleichung nothwendig, daß die uͤber die Landarmee vorliegenden Reſultate auch nur fuͤr dieſe Periode zu Rathe gezogen werden. Deßhalb find die ſaͤmmtlichen Berechnun— gen auf den Zeitraum von 1880 bis 1836 incl. beſchraͤnkt worden. Die allgemeinen Reſultate, welche ſich ergeben haben, ſind folgende: Verhaͤltnißzahlen auf's Jahr und auf 1000 Mann. Marine: Zahl der behandelten Faͤlle 1,304 leintauſenddreihundertundvier). Totalzahl der ter: befaͤlle 11,1. Zahl der Invaliden 25,7. Landheer. Zahl der behandelten Fälle 1,088 (eintauſendundachtund— achtzig). Totalzahl der Sterbefaͤlle 20,4. Zahl der Inva— liden 9,5. So erſieht man denn, daß bei der Marine jaͤhr— lich unter Tauſend Mann 1,304, bei dem Landheere dage— gen von einer gleichen Zahl nur 1,088 Krankheitsfaͤlle behan— delt wurden. Ehe man hieraus jedoch irgend einen Schluß zieht, muß nothwendig ein Umſtand beruͤckſichtigt werden, welcher die Haͤufigkeit des Vorkommens von Krankheiten in beiden Zweigen des Dienſtes mehr in's Gleiche zu bringen ſcheint. Die Matrofen find geringen aͤußern Verletzungen ausge fest, welche, namentlich bei ſtuͤrmiſchem Wetter, die Kran: kenliſte weſentlich verlängern, und wenn man alfo in Be: treff des Einfluſſes des Clima's auf die Geſundheit zu ei— nem buͤndigen Reſultate gelangen will, ſo muß man, ſo— wohl bei der Marine, als bei dem Landheere, alle diejeni⸗ gen Faͤlle in Abzug bringen, wo die aͤrztliche Behandlung in Folge aͤußerer Verletzungen ſtattfand. Wiewohl nun nach dieſer Berichtigung die Zahl der Krankheitsfaͤlle in bei— den Fällen ziemlich diefelbe iſt, fo bleibt doch die Sterblich— keit bei'm Landheere noch immer faſt noch einmal fo be— deutend, als bei der Marine, indem jenes jaͤhrlich von 1000 Mann ziemlich 18, letztere dagegen nur 9,3 Leute verlor. Dieſes Mißverhaͤltniß mag ſeinen Grund zum Theil in dem Umſtande haben, daß die Marine ihre Invaliden leichter nach England ſchicken kann. Mancher kranke Ma— troſe wird, nach dem Rathe des Arztes, auf einem nach England ſeegelnden Schiffe nach Hauſe geſchickt, wogegen bei den Landtruppen die Gelegenheit zu einer ſolchen Reiſe, würde dieſe auch vom Arzte bei chroniſchen Krankheitsfaͤllen für noch fo erſprießlich gehalten, ſich des Jahres hoͤchſtens ein bis zwei Mal darbietet. In dem hier in Rede ſtehen— den Artikel ward dieß durch die Angabe unterſtuͤtzt, daß bei der Marine von 1,000 Mann jaͤhrlich 25, bei dem Land— heere aber nur 94 nach England zuruͤckgeſchickt werden. Ueberdem hat auch die verhaͤltnißmaͤßig kurze Dienſtzeit der Matroſen auf die unter ihnen herrſchende geringere Sterb— lichkeit Einfluß. Die Landſoldaten werden auf Lebenszeit angeworben und dienen mehrentheils 21 bis 25 Jahre hin: tereinander, waͤhrend die Matroſen nur fuͤr die Zeit des ac— tiven Dienſtes irgend eines Schiffes angenommen werden, der ſelten laͤnger, als 3 bis 4 Jahre dauert, und nach Ablauf dieſer Zeit, wenn ſie fortdienen wollen, ſich wieder einer aͤrztlichen Unterſuchung zu unterwerfen haben. Der heilſame Einfluß, den die Seeluft in Betreff des Fernbal: tens von Leberkrankheiten hat, muß ebenfalls ſehr in Ans ſchlag gebracht werden. Die Hauptkrankheiten, denen die Land- und Seetrup⸗ pen im Bezirke des Mittellaͤndiſchen Meeres unterworfen waren, find: Fieber. Intermittirendes und remittiren— des; gewoͤhnliches anhaltendes Eintagsfieber Typhus ꝛc. Ausſchlagsfieber. Menſchenpocken, Kubpoden; Windpocken, Maſern, Scharlachfieber. Von dieſen Krankheiten wurden unter 55,709 Seeleuten 5,078 befal— len, von denen 92 ſtarben, während von 62,500 Landſol— daten 13,231 daran erkrankten und 405 ſtarben. Wegen Lungenſchwindſucht wurden von 1000 Seeleuten jaͤhrlich nur 5,1, von 1000 Landſoldaten 6,17 in Behandlung ge— nommen. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß die Sees luft ſehr auf Erleichterung der Symptome dieſer Krankheit hinwirkt. Viele Soldaten, welche mit allen Symptomen ausgebildeter Phthiſis von Malta nach England geſchickt wurden, langten daſelbſt in ſo guten Geſundheitsumſtaͤnden an, daß ſie alsbald wieder dienſtfaͤhig waren, und es iſt eine merkwuͤrdige Thatſache, daß, waͤhrend die engliſchen Aerzte ihre Schwindſuͤchtigen nach Malta ſchicken, die Aerzte auf Malta die ihrigen durch eine Reiſe nach England zu curi⸗ ren ſuchen, und da die Veraͤnderung des Aufenthaltsorts in beiden Fällen ſich als nuͤtzlich bewährt, fo iſt der Grund davon wohl in der Seereiſe zu ſuchen. Lederleiden find auf den Schiffen verhaͤltnißmaͤßig et was Seltenes, indem dort unter 1000 Mann jaͤhrlich nur 10, bei den Landtruppen dagegen 16 davon befallen wurs 831 den. Von den Letzteren ſtarben an Krankheiten dieſer Claſſe jaͤhrlich ziemlich noch einmal ſo viel, als bei den Seeleuten. In Anſehung der Magen- und Darmkrankheiten iſt das Ver— haͤltniß der Marine zum Landheere wie 155 : 188, dage⸗ gen die Sterblichkeit bei Erſterer kaum den dritten Theil fo groß, als bei'm Letzteren. Die Seeleute ſind dem Durch— falle weniger unterworfen, als die Landſoldaten, und es wer— den von Erſteren etwa ; weniger davon befallen, als von Letzteren. Dieß mag von der beſſern Bekoͤſtigung der See— leute herruͤhren, die nicht nur reichlichere, ſondern auch man— nichfaltigere Nahrungsſtoffe genießen, als die Landſoldaten. Ein dienſtfaͤhiger Matroſe erhaͤlt, außer ſeiner Ration, alle 4 Wochen an Sold 1 Pfd. St. 14 Sch., der Landſoldat dagegen nur 16 Sch. 4 P. Außerdem wird dem Letztern viel von ſeinem Solde zuruͤckgehalten, um ſeine Uniform— ſtuͤcke ie. in Ordnung zu erhalten, was bei'm Erſteren nicht der Fall iſt. Von Gehirnkrankheiten wurden unter den 55,709 See— leuten 958 befallen, von denen 52 ſtarben; unter den 62,300 Landſoldaten litten an ſolchen Krankheiten 656 und 67 ſtarben. Delirium tremens und Wahnſinn, welche, in der Regel, eine Folge der Unmäßigkeit im Genuſſe gei— ſtiger Getraͤnke ſind, kommen bei den Matroſen nicht ſo haͤu— fig vor, als bei den Soldaten, weil jenes Laſter, wenngleich viele Matroſen demſelben ergeben ſind, dennoch bei ihnen nicht ſo zur Gewohnheit werden kann, als bei den Solda— ten, weil, ſo oft ein Schiff unter Seegel geht, den Erſtern alle Gelegenheit abgeſchnitten iſt, ſich mehr von ſolchen Ge— traͤnken zu verſchaffen, als die Schiffsration austraͤgt. Bei dieſer Gelegenheit kann auch fuͤglich bemerkt wer— den, daß ſich in der fraglichen 7jaͤhrigen Periode bei der ganzen Marine des Mittelmeeres nur 2 Faͤlle von Selbſt— mord ausfindig machen ließen, waͤhrend die Zahl der aus— gemachten Faͤlle dieſer Art bei den Landtruppen wenigſtens 20 betrug, außerdem aber ſehr viele ertrunken gefunden worden ſind, von denen ſich nicht mit Gewißheit angeben laͤßt, ob ſie ihrem Leben freiwillig ein Ende gemacht haben. Rheumatismus kommt auf der Flotte oͤfter vor, als bei den Landtruppen, und dieß erklaͤrt ſich ſehr natürlich aus den haͤufigen Temperaturwechſeln, denen der Matroſe im Dienſte ausgeſetzt iſt. Erysipelas iſt ebenfalls bei der Marine ſehr häufig und vorzuͤglich gefaͤhrlich; und dieſe Krankheit, fo wie die durch dieſelbe veranlaßten Sterbefälle, kam bei den Seeleuten wenigſtens viermal ſo haͤufig vor, als bei den Landtruppen. Sie wird oft durch die geringſte Schramme oder Quetſchung veranlaßt, und oft entſteht fie auch ohne eine ſolche aͤußere Verletzung, indem ihr eine kleine Geſchwulſt vorhergeht. Gewoͤhnlich zeigt ſie ſich auf dieſem oder jenem Schiffe vorzugsweiſe, waͤhrend andere dicht daneben liegende und denſelben praͤdisponirenden Urſachen ſcheinbar ausgeſetzte Schiffe davon frei blieben. Sie graſ— ſirt auf der hohen See durchaus eben fo oft, als in Hi: ven und oft in großer Boͤsartigkeit. Fruͤher war ſie noch weit haͤufiger, als ſie es gegenwaͤrtig iſt; allein woher dieß ruͤhrte, hat ſich noch nicht mit Beſtimmtheit ermitteln laſſen. 332 Hoͤchſt merkwürdig iſt, daß am Scorbute weder ein Matroſe, noch ein Soldat geftorben iſt, und daß überhaupt nur ganz einzelne Faͤlle von dieſer Krankheit vorgekommen ſind, waͤhrend dieſelbe fruͤher unter unſern Matroſen und Landtruppen ſo furchtbar aufraͤumte. Unſtreitig ſind von dieſem guͤnſtigern Verhaͤltniſſe die im Allgemeinen ſo ſehr verbeſſerten Geſundheitsmaaßregeln der neuern Zeit die Urs ſache. Vor der Hand fehlt es noch an hinreichenden Mate— rialien, um die vorſtehende Vergleichung in Betreff der uͤb— rigen Militaͤrdiſtricte Großbritannien's und ſeiner Colonieen an zuſtellen, deren der dem Parlamente vorgelegte Bericht uͤber den Geſundheitszuſtand der Marine gedenkt; immer mag aber als intereſſantes Factum angefuͤhrt werden, daß in den obenerwaͤhnten 7 Jahren auf das Tauſend in Weſt— indien und Nordamerica dienender Seeleute jaͤhrlich 1486 Krankheitsfaͤlle und faſt 20 Sterbefaͤlle kamen. Da dieſer Diſtrict ſich jedoch von der Nachbarſchaft des Aequators bis zur Baffinsbai ausdehnt und Breiten, welche wegen ihres ungeſunden Clima's beruͤchtigt ſind, ſo wie deren andere um— faßt, die im Gegentheil fuͤr ungemein geſund gelten, ſo laͤßt ſich nicht wohl angeben, ob jene Verhaͤltnißzahlen als hoch oder niedrig erſcheinen. In Betreff des ſuͤdamericaniſchen Marinediſtricts laſſen ſich buͤndigere Schluͤſſe erlangen; denn dort ſind alle Gegenden zu den geſunden zu rechnen, moͤgen ſie zwiſchen den Wendekreiſen oder unter dem rauhen Him— melsſtriche des Caps Horn liegen. Die in dieſem Berichte ent— haltenen Thatſachen ſcheinen, in der That, allen den Theorieen, nach welchen man fruͤher den Grund der remittirenden und des gelben Fiebers in großer Hitze, uͤbermaͤßiger Feuchtigkeit, Sumpf— luft oder faulenden vegetabiliſchen Stoffen ſuchte, geradezu zu widerſprechen; denn der fragliche Marinediſtrict reicht vom 58ſten Grade ſuͤdl. Br. an der Oſtkuͤſte bis zum Aequator und an der Weſtkuͤſte America's bis an den Kuͤſten des ſtillen Weltmeers hin zum 30ſten Grade nördlicher Breite. Von den 10 von unſern Schiffen beſuchten Haͤben kommen dort auf die heiße Zone nicht weniger als 7, und doch ka— men auf eine im Durchſchnitt 2,465 Koͤpfe zaͤhlende See— mannſchaft binnen der fraglichen 7 Jahre nur 28 durch Fies ber aller Art veranlaßte Sterbefälle, was auf's Jahr 1,3 pro mille beträgt und folglich unter der Verhaͤltnißzahl des Marinediſtricts des Mittellaͤndiſchen Meeres, ja ſelbſt der hoͤhern Staͤnde in England bleibt. Es iſt, in der That, wunderbar, daß unter jenem Himmelsſtriche Schiffe in einem faſt rings vom Lande umſchloſſenen Haven mit moraſtigen und mit einer uͤppig wuchernden Vegetation bewachſenen Ufern Monate, ja Jahre lang liegen koͤnnen, ohne daß auf ihnen ein einziger Fall von heftigem Fieber vorkommt. Die Durchſchnittszahl der in jenem Diſtricte dienenden See— mannſchaft betrug in jenen 7 Jahren, wie geſagt, 2,465, alfo in allen 7 Jahren 17,254, und während dieſer gan— zen Periode ereigneten ſich unter ihr nur 134 durch Krank— heiten herbeigefuͤhrte Sterbefälle. So ſieht man denn, daß die Bewohner der noͤrdlichen gemaͤßigten Zone einen bedeu— tenden Theil der heißen durchſchweifen koͤnnen, ohne jenen gefaͤhrlichen Krankheiten ausgeſetzt zu ſeyn, welche an an— 833 dern tropiſchen Gegenden fo gewaltige Verheerungen anrich— ten, fo wie denn aus dieſen Berichten auch die Ueberzeu⸗ gung geſchoͤpft werden kann, daß der Beruf, dem England vorzugsweiſe Macht und Wohlſtand verdankt, zu den ge— ſunden Beſchaͤftigungen gehört. Ueber die Behandlung der Neuralgie durch Electricitaͤt. Von Herrn C. James. (Schluß.) Die andere Dame leidet erſt ſeit einem Jahre; der Schmerz hat in der Zunge begonnen, iſt auch in tiefer concentrirt gez blieben und hat nur einige Mal Excurſionen nach den übrigen Aeſten des quintus und des kacialis gemacht; der fixe Punct iſt der n. lingualis. Geht der Schmerz auf das Geſicht uber, fo ſcheint er aus dem foramen mentale, infraorbitale und frontale hervor: zukommen. Auch bei dieſer Dame iſt auf der Seite der Neural— gie das Gehoͤr geſchwaͤcht. Die verſchiedenen Behandlungsweiſen bei beiden Kranken war ren ziemlich heftig, jedoch durchaus erfolglos, zum Theil nachthei⸗ lig geweſen. Ich wendete den Galvanısmus an, indem ich eine feine Platinnadel in den Stamm des facialis in der parotis und eine andere in die der Neuralgie entſprechende Seite der Zunge ein— ſtach, um auf den ramus lingualis des quintus zu wirken. So viel als moͤglich iſt zu empfehlen, den electriſchen Strom gleichzei⸗ tig in die beiden Nerven des Geſichtes zu leiten, wegen der Ver: bindungsfaͤden, welche die Senfibilität des ſiebenten Nervenpaa— res vermitteln. Ich ließ nun die Clarke'ſche Maſchine wirken. Bei der einen Kranken verſchwand der Schmerz ſogleich aus der Zunge, ging aber auf den Mentalnerven über. Die Nadel aus der Zunge wurde am foramen mentale eingeſtochen; auch hier verſchwand der Schmerz, kehrte aber im n. intraorbitalis wieder; auch hier wurde die Nadel eingeſtochen, und ſo wurde der Schmerz endlich vollkommen vertrieben und die Kranke geheilt. Bei der andern Kranken ging der Zungenſckmerz auf den in- fraorbitalis über. Nachdem er aus dieſem Nerv vertrieben war, zeigte er ſich abermals in der Zunge; hier wurde er ohne Einſte— chung einer Nadel durch bloße Annaͤherung des Knopfes des Con— ductore vertrieben. Es koſtete Mühe den Schmerz aus dem lin- gualis zu vertreiben; indeß gelang es endlich; er ging auf die Vers theilungen des infraorbitalis über und wurde ſodann vollkommen beſeitigt. Magendie bringt mit dieſen beiden Beobachtungen einen Fall zuſammen, welchen Roux mitgetheilt hat. Dieſer hatte bei einem Kranken den n. mentalis wegen einer ſehr heftigen Neural⸗ ſch durchſchnitten. Der Schmerz geht in die Zunge über; Durch⸗ chneidung des lingualis; hierauf erſcheint er im infraorbitalis; auch dieſer wird durchſchnitten: er zeigt ſich im frontalis und es wird ebenfalls operirt; endlich flüchtet ſich der Schmerz in den Ethmoidalaſt, wo der Wundarzt genoͤthigt war, ihn ſich feltft zu überlaffen. „In einem ſolchen Falle,“ ſagt Magendie, „verfolge ich den Schmerz nicht mit dem Biſtouri, ſondern mit dem galvani⸗ ſchen Strome. Wenn, z. B., in dem angefuͤhrten Falle die Neu⸗ ralgie im ramus ethmoidalis ſich feſtſetzen würde, fo würde ich eine Nadel in die Naſe, eine andere in die orbita längs des obern Theils der innern Wand im Verlaufe des nasalis einbringen; fo wurde auf den Nervenaſt an feinem Urſprunge und an feinem En: de gewirkt. Fiuͤr die Einführung der Nadeln bei Neuralgieen des maxilla- ris inferior gelten folgende Regeln; für den n. mentalis ſticht man die Nadel in der Mitte einer Verticallinie ein, die von der Krone 334 des zweiten kleinen Backzahns zum Unterkieferrande gezogen wird. Selten iſt es noͤthig, den n. dentalis inferior da anzugreifen, wo er in den Unterkieferknochen eintritt; zweckmaͤßiger ift es gewöhns lich, ſich an das ſiebente Paar zu halten und die Nadel in der parotis einzuſtechen. Wäre es indeß nothwendig, fo ſteche man die Nadel etwa 2 Centimeter uͤber dem Unterkieferwinkel ein und fuͤhre ſie von Hinten nach Vorn zwiſchen dem Perioſt und dem m. pterygoideus internus hin. Sitzt die, Neuralgie in den Zaͤh⸗ nen, ſo ſticht man die Nadel in das Zahnfleiſch, an der Stelle, wo der Schmerz am heftigſten iſt; doch kann man ſich in dieſem Falle mit Annäherung des Knopfs des Conductors ohne Nadel be— gnuͤgen. Handelt es ſich endlich um den n. lingualis, ſo koͤmmt man leicht zu dieſem, wenn man ſich erinnert, daß er am Rande der Zunge hinlaͤuft, höher als der bypoglossus. Magendie hat in ſeiner großen Praxis nur zwei Faͤlle von Geſichtsſchmerz gehabt, in welchen die Electricität, auf dieſe Weiſe angewendet, erfolglos blieb: ein außerordentlich guͤnſtiges Reful: tat, wenn man mit den Erfolgen aller übrigen Behandlungswei⸗ ſen eine Vergleichung anſtellt. Die beiden Faͤlle ſind folgende: Eine Dame, 37 Jahre alt, kam am 28. December 1839 zu Magendie, wegen einer Neuralgie des linken dentalis inferior, an welcher fie ſeit 3 Jahren auf eine ſchreckliche Weiſe litt; wäh: rend der ganzen Zeit hat der Schmerz nicht feine Stelle verändert: er beginnt an der hintern Muͤndung des canalis dentalis zu den Zaͤhnen und durch das foramen mentale zu dem Kinne. So be— ſchreibt die Kranke den Verlauf des Schmerzes. Eine Menge Be— handlungsweiſen wurden ohne Erfolg angewendet, und man hat ſelbſt den mentalis bei ſeinem Austritte aus dem Canale durchſchnit— ten. Der Schmerz blieb derſelbe, und die Kinnhaut blieb ebenfo empfindlich auf der Seite der Durchſchneidung, wie auf der an⸗ dern Seite. Magendie ſtach eine Nadel in die parotis, eine andere in die Gegend des ſoramen mentale ein und ließ erſt die Maſchine von Clarke, ſodann den Apparat von Le Breton einwirken. Dieſe Behandlung blieb ohne Wirkung und mußte, nach mehreren erfolgloſen Sitzungen, aufgegeben werden. Der zweite, viel heftigere Fall betraf eine 60jaͤhrige Dame, bei der der ganze quintus der linken Seite von der Neuralgie er= griffen war. Die Sinne waren auf dieſer Seite ebenfalls betraͤcht⸗ lich geſchwaͤcht. Es giebt keine Behandlungsweiſe, die nicht ver ſucht worden war. Der Anblick der Kranken in einem Anfalle war ſchrecklich; fie warf convulſiviſch den Kopf nach Hinten, der ganze Körper war von tetaniſchen Erſchuͤtterungen bewegt, die Füße ſtie— ßen gegen den Boden, und zugleich ſtieß ſie ein lautes Geſchrei aus. Dieſe Criſen kehrten alle 5 Minuten wieder und dauerten mehrere Secunden; in der Zwiſchenzeit waren die Schmerzen er— traͤglich, wiewohl heftig. Der n. infraorbitalis war bereits eins mal erfolglos durchſchnitten, und jetzt wurde die Kranke durch einen Wundarzt zu Magendie geſchickt, „damit er die Durchſchneidung des quintus innerhalb der Schaͤdelhoͤhle mache.“ Magendie verſuchte den Galvanismus unter allen Formen, jedoch ohne allen Erfolg. Wahrſcheinlich lag hier eine organiſche Verletzung zu Grunde, zumal da die Kranke über, tief in der linken Kopffeite ſitzende, lancinirende Schmerzen klagte, welche der Neuralgie vor— ausgegangen waren. Es mögen hier noch einige Bemerkungen über die iſchiadiſchen Neuralgieen folgen. Der Verlauf von den letzten Lendenwirbeln durch die incisura ischiadica zwiſchen trochanter und tuber ischii bis zur fossa poplitea und von da mit dem popliteus externus zur Vorderſeite des Unterſchenkels und zum Fußruͤcken iſt bekannt. Selten iſt gleichzeitig der innere Aſt ergriffen und führt den Schmerz bis zur Fuß ſohle; bisweilen find nur wenige Aeſte des ischiadicus ſchmerzhafter. Bei ischias find die Schmerzen gewöhnlich anbale tend, exacerbiren des Abends, machen aber keine reinen Anfälle, wie die Geſichtsneuralgie. Erreicht die ischias eine gewiſſe Hef⸗ tigkeit, fo geſellt ſich Fieber dazu. Muskelcontractionen find meis ſtens permanent; die untere Extremität iſt in beiden Gelenken ſtark gebeugt und unbeweglich. Bei der ischias zeigt ſich ein Hinken, welches nicht ſelten ſogar anhält, nachdem die Neuralgie aufgehört 835 hat. Es bleibt dann eine Paralyſe der Muskeln zuruͤck. Die Kran— ken klagen über ein Gefühl von Schwaͤche in der Gegend der frü: hern Neuralgie, und bisweilen wird das Glied atrophiſch und zeigt ſich etwas verkuͤrzt. Sehr haͤufig nimmt die Senſibilitaͤt der Weichtheile ab, während der Schmerz in dem n. ischiadieus ſich entwickelt und die Senſibilitaͤt des Nerven ſelbſt zunimmt. Dieſe Verminderung der Empfindlichkeit bleibt bisweilen nach dem Ver⸗ ſchwinden der Neuralgie zuruͤck; dieſe Laͤhmungen der Empfindung und Bewegung ſind ſehr merkwuͤrdig, da man bei denſelben durch Electricität ſehr erfreuliche Beſſerungen herbeiführen kann. Was nun die Behandlung der ischias durch Electricität bes trifft, ſo verſchwindet nach Einſtechung der Nadeln an beiden Ens den des ſchmerzhaften Nerven und nach Einwirkung der galvaniſchen Erſchuͤtterung der Schmerz ſogleich, oder vielmehr, er wird durch ein allgemeines Gefuͤhl von Betaͤubung in dem Gliede erſetzt; der Kranke leidet nicht mehr, kann aber auch nicht ſagen, daß er ge— heilt ſey. Nach einigen Minuten ſchwindet dieſe Betaͤubung, und der Kranke iſt entweder wirklich geheilt, oder er muß die Electri— cität nochmals anwenden, bis der Schmerz ganz verſchwindet. Bisweilen iſt der Schmerz ſo hartnaͤckig, daß die electriſche Be— handlung keinen Erfolg hat; andere Male verſchwindet der Schmerz und kehrt nach einigen Stunden wieder; andere Male iſt die Hei— lung ſogleich vollſtändig; in den Faͤllen, wo die Electricität gegen die Neuralgie nichts leiſtet, it fie doch während der Criſen von Vortheil, indem ſie den Nerv, welcher der Sitz der Neuralgie iſt, betäubt. Man galvaniſirt am zweckmaͤßigſten zu der Zeit, wo der Schmerz am heftigſten iſt, alſo des Abends und waͤhrend eines Anfalles. Iſt Fieber vorhanden, fo ſchickt man einen Aderlaß vor: aus. Die Neuralgie wird durch Electricität am ſicherſten geheilt, wenn fie rein iſt; man muß daher zuerft die Complicationen be— ſeitigen. (Gaz. méd. 1840. No. 43 und 45.) Miscellen. Eine neue Operation der Blaſenſcheidenfiſtel hat Herr Moulinis angegeben und einmal (jedoch ohne gluͤcklichen Erfolg) in Ausführung gebracht. Seine Idee dabei iſt, die Kranke in diefelbe Lage zu verſetzen, in welcher ſich eine Perſon befindet, bei der der Veſico⸗Vaginal⸗Steinſchnitt gemacht worden iſt. Nachdem nämlich die Ränder der Fiſtelöffnung ſcarificirt und angefriſcht waren, fuͤhrt er eine gekruͤmmte Hohlſonde in die Harnroͤhre bis zur Blaſe ein, fuͤhrte fie durch die Kiftelöffnung in die Scheide und ſtuͤtzte fie gegen ein durch die Scheide eingefuͤhrtes Gorgeret, worauf mit ei⸗ nem Meſſerzuge von Oben nach Unten und von Vorn nach Hin⸗ ten die ganze Scheidewand zwiſchen Harnröhre und Scheide ger trennt wurde. Der Zweck war, zu veranlaſſen, daß dieſe Wunde von Hinten nach Vorn allmaͤlig ſich ſchließe; dieß geſchah aber nicht, ſondern die Fiſteloͤffnung blieb wie zuvor. (Gaz. méd. No. 35.) Ueber Revaccination zieht Herr Villeneuve aus Zu: ſammenſtellungen über ſaͤmmtliche Impfungen in 41 Departements 836 von Frankreich folgende Schluͤſſe: 1) das Verhaͤltniß der nicht an— ſchlagenden zu den anſchlagenden Impfungen, welche einige zu 128 annehmen, beträgt nur 1: 545; 2) von 2199 Revaccinationen ſchlugen 223 an, alſo ein Verhaͤltniß von beinahe 1: 135 3) un- ter 365 Faͤllen wahrer Pocken, welche mehr oder minder lang nach einer vollkommenen Vaccination ausbrachen, kamen 8 Todesfalle vor, alſo ein Todesfall unter 45 bis 46 Kranken, waͤhrend bei ſporadiſcher variola das Verhaͤltniß nur 1 : 8 oder 10 und bei nal bisweilen wie 1: 4 iſt. (Annales d’hyg. publ., Oct. Ueber die Ehre der Entdeckung der Lithotritie hat Profeſſor Rambelli auf's Neue Anſpruͤche fuͤr Italien er— hoben. Obwohl bis zu Civiale die Operation nicht in Gebrauch kam, fo wurde fie doch vorher ſchon von Gruithuifen u. A. vorgefhlagen. Ein Spanier, Bartholomeo Rodriguez, hat 1800 den Verſuch gemacht, Blaſenſteine zu zertruͤmmern und aufzuloͤſen. Percy erzäblt daſſelbe von einem Mönche zu Giteaur, welcher ſich ſelbſt durch Zertruͤmmerung von einem Blaſenſteine befreite. Daſſelbe erzählt man von einem englichen Oberſt; auch iſt es ge— wiß, daß es Georg Detharting (De calculo vesicae friabili, 1729) gelang, einen großen Stein in der Harnroͤhre zu durchboh— ren und zu zerbrechen. 1834 entdeckte Profeſſor Baggiolini in den Archiven zu Vercelli eine Handſchrift mit der Abbildung eines Steinzertruͤmmerungsinſtrumentes nach Art des Civiare'ſchen, wel⸗ ches er dem Johann de Romani zuzuſchreiben geneigt iſt. Jetzt behauptet Profeſſor Rambelli in Omodei’s annali universali, Vol. 93. pag. 613, daß Aleſſandro Benedetti zu Legnano (1535) die erſten Zertruͤmmerungsinſtrumente angegeben habe, worauf Santorio 1626 ein dreiarmiges Bohrinſtrument in einer Röhre angab. 1679 gab Anton Duicci zu Macerata fein Promptuarium chirurgicum heraus, wo er ein dreiarmiges Bohrinſtrument ber ſchreibt, mit dem er ſich ſelbſt hatte operiren laſſen. Der einzige Unterſchied von Civiale's Inſtrumente iſt der, daß bei dieſem die dreiarmige Zange hohl iſt, waͤhrend ſie bei jenem ſolid war. Nach Rambelli ſoll auch Baronio aus Cremona der erſte geweſen ſeyn, welcher 1614 Citronenſaft und andere ſeiner Meinung nach aufloͤſende Fluͤſſigkeiten in die Harnblaſe einſpritzte, und daß San— tarelli zu Rom zuerſt den geraden Catheter 1795 in Gebrauch gezogen habe. (Gaz. des Höpitaux No. 12.) Dr. Reid's Ventilations-Apparat, welcher auf dem zur Niger - Expedition beſtimmten Dampfſchiffe „Albert“ ange— bracht worden, verdient, wie es ſcheint, alle Aufmerkſamkeit. Bei einer vor Kurzem in Gegenwart des Prinzen Albert von Sach— ſen⸗Coburg angeſtellten Probe feiner Wirkſamkeit wurde aus ver: ſchiedenen Raͤumen die Luft ausgezogen und durch Umſtellung der Klappen mit friſcher Luft gefuͤllt. Es wurden nach einander ver— ſchiedene riechende Stoffe der Luft beigemiſcht und fo das Fortruͤk⸗ ken der Luft dargethan. Zum Schluſſe wurde das Unterdeck (wo die Beſatzung ſchlaͤft) mit einem dichten Rauche gefüllt, welcher ſchnell mittels der Faͤcher wieder ausgeleert und auseinander ge— trieben wurde. —— N BGE SS EEE NETTES Bibliographische neuigkeiten. Odontography or Description of the mieroscopie Structure of the Teeth in various existing and extinet species of verte- brated Animals. Part. II. By Richard Owen. London 1841. 8. Mit 50 K. Natural Philosophy, Book the First, Pneumatics, By Hugo Reid. London 1841. 8, Recherches statistiques sur l’ali&nation mentale, faites à l’hos- pice de Bicetre, Par H. Aubanel et A. M. Thore. Paris 1841. 8. Traité de pathologie jatrique ou medicale et de médecine pra- tique, professdes a la faculté de médecine de Paris en 1841. Par P. A. Piorry, Paris 1841. 8. Mit 1 Tabelle. — EEE Neue Motizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mitnetheilt von dem Ober-⸗Medieinalratde Fro rler zu Weimar, und dem Mediemalratht und Prefeſſer Frerier in Berun, Ne. 374. (Nr. 22. des XVII. Bandes.) Maͤrz 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirt Abbildungen 6 fGr. Naa f u 1 Anatomiſche Unterſuchung, Beſchreibung und Claſſification der Doppel-Mißgeburten. Von W. BB ro lik, D. M. und Profeſſor *). Unter obigem Titel iſt, auf Veranſtaltung des koͤnigl. niederlaͤndiſchen Inſtituts der Wiſſenſchaften, Literatur und ſchoͤnen Kuͤnſte, ein intereſſantes Werk erſchienen. G. Bro: lik und deſſen Sohn W. Vrolik ſind Profeſſoren zu Amſterdam, beſitzen ein reiches anatomiſches und naturhiſto— riſches Cabinet und haben ſich der gelehrten Welt bereits durch viele Schriften und Abhandlungen bekannt gemacht. Das Werk, uͤber welches wir hier berichten, zeugt von dem gruͤndlichſten Studium, und das Verzeichniß der dabei zu Rathe gezogenen Bücher nimmt allein zwölf große Quart⸗ ſeiten ein. Die Doppel-Mißgeburten waren ſchon ſeit langer Zeit der Gegenſtand zahlreicher Unterſuchungen, und in der naͤch— ſten Vergangenheit haben beſonders die ſiameſiſchen Zwillings⸗ bruͤder und Nitta : Chriftina die Aufmerkſamkeit der Ana- tomen in dieſer Beziehung auf ſich gezogen. Profeſſor Vro— lik wollte den Gegenſtand moͤglichſt erſchoͤpfend behandeln und hat deßhalb die Arbeiten ſeiner Vorgaͤnger und Zeitge— noſſen, ſo wie die pathologiſchen Cabinette der Univerſitaͤten Leyden und Utrecht und der Veterinaͤrſchule der letztgenann⸗ ten Stadt fleißig benutzt. Außerdem hat er Gelegenheit ge— habt, zwei hoͤchſt intereſſante Doppel-monstra zu ſeciren und zu zeichnen, die zum Museum Vrolikianum gehös ren. Dank ſeinen Unterſuchungen beſitzen wir nun eine vollſtaͤndige Monographie dieſer Art von Mißgeburten. Sie find vom Verfaſſer nach einer natuͤrlichen Ordnung claſſifi— eirt worden, welche auf deren innere Structur gegründet iſt. Die Nomenclatur betreffend, hat er die aus dem Griechi⸗ ) Ontleekundig Onderzoek etc. der dubbelde Misgeboorten, 1. Vol. in 4. 232 S. mit 9 lithographirten Tafeln. Amſter⸗ dam. 1840. No. 1474. Rahn dd ſchen gebildeten Zuſammenſetzungen vermieden, weil ſie ihm, wegen ihrer Laͤnge, unbequem und ſchwer zu merken er— ſchienen. Unter Doppel-monstra verſteht man bei den Thie— ren alle Mißbildungen, bei denen man, in Folge der Er— weiterung eines Organes oder eines ganzen Apparats von Organen, die Grundlagen zweier Koͤrper mehr oder weniger innig zu einem einzigen verbunden findet. Man unterſchei⸗ det heutzutage von dieſen Monſtroſitaͤten acht Hauptformen, die ſich wieder in mehrere Gruppen theilen. 1. Die Heteradelphen. Zwei Koͤrper ſind zu einem verbunden. Der eine Koͤrper iſt als Stamm zu betrachten, waͤhrend der andere, weniger vollkommene, meh— rentheils nur aus einem mit dem erſtern verwachſenen Dr: gane beſteht und einen bloßen Anhaͤngſel des Hauptkoͤrpers bildet (4 Gruppen). 2. Vordere Verdoppelung. Zwei deutlich ent— wickelte Koͤrper ſind ſo, daß ſie ſich einander anſehen, mit den Bruſtbeinen verwachſen (3 Gruppen),. 3. Seitliche Verdoppelung. Zwei nebeneinan⸗ der befindliche Körper communiciren mittelſt einer gemein: ſchaftlichen Bruſthoͤhle (14 Gruppen). 4. Untere Verdoppelung. Zwei Koͤrper ſind mittelſt des untern Theils des Rumpfes miteinander ver: wachſen (4 Gruppen). 5. Hintere Verdoppelung. Zwei vollſtaͤndige Körper find mittelſt ihrer hintern Oberflaͤchen miteinander verwachſen (3 Gruppen). 6. Obere Verdoppelung. Zwei vollſtaͤndige Körper find durch Verſchmelzung ihrer Schaͤdelhoͤhlen fo verwachſen, daß ſie einen gemeinſchaftlichen Kopf beſitzen. (4 Gruppen). 7. Vereinigung dreier Koͤr per. 8. Verdoppelung gewiſſer Theile an einem uͤbrigens einfachen Koͤrper (3 Gruppen). g 22 669 Dei jeder dieſer zahlreichen Abtheilungen und Unterab— theilungen geht der Verfaſſer in umſtaͤndliche Details ein. Er bringt, hinſichtlich aller Arten von dieſen Difformitaͤten, ſowohl was den Menſchen, als was die niedrigern Thiere anbetrifft, zahlreiche Beiſpiele bei, unterſucht dieſelben ana— tomiſch und zieht daraus phyſiologiſche Folgerungen vom hoͤchſten Intereſſe. Wir koͤnnten, ohne die Graͤnzen eines Journalaufſatzes zu uͤberſchreiten, nicht in alle dieſe Einzeln— heiten eingehen, ſondern muͤſſen uns darauf beſchraͤnken, ei— nige wenige darunter hervorzuheben. Bei Gelegenheit der zweiten Form der Doppel-mon— stra gedenkt Profeſſor Vrolik der beiden Siameſen Chang und Eng, welche mittelſt der beiden ſchwertfoͤrmigen Fort— füge miteinander verwachſen waren. Er bemerkt, daß der eine ſtaͤrker war, als der andere, und erörtert alsdann die oft zur Sprache gebrachte Frage, ob es moͤglich geweſen waͤre, ſie mittelſt einer chirurgiſchen Operation voneinander zu trennen. Er iſt der Anſicht, daß die Verwachſung ir— gend eines edlen Organs dieſe Trennung unausfuͤhrbar ge— macht habe. Zur Unterſtuͤtzung dieſer Anſicht theilt der Verfaſſer die Beſchreibung der anatomiſchen Beſchaffenheit einer mit den beiden Siameſen viel Aehnlichkeit darbieten— den Mißgeburt mit, welche ſich in dem Cabinette ſeines Vaters befindet. Aus dieſer Beſchreibung und den ſie be— gleitenden Tafeln geht klar hervor, daß die beiden Koͤrper dieſer Mißgeburt weit inniger miteinander verbunden ſind, als man auf den erſten Blick anzunehmen geneigt iſt. Das eine Ende der Bruſtbeine und ihrer Anhaͤngſel und die bei— den Zwerchfelle ſind mittelſt eines faſerigen Gewebes mitein— ander verbunden. Jede der beiden Abdominalhoͤhlen iſt in ihr Bauchfell eingeſchloſſen; aber dieſe beiden Membranen find nach dem Zwerchfelle zu miteinander zu einem gemein: ſchaftlichen Ligamente verwachſen, an welchem die Leber feſtſitzt. Es iſt nur eine einzige, wenngleich offenbar aus der Verwachſung zweier entſtandene, Leber vorhanden. Man bemerkt in derſelben zwei Gallenblaſen und zwei Nabelarte— rien. Außer dieſer Gemeinſchaftlichkeit der Leber ſind alle übrigen Organe der Rumpfhoͤhlen, fo wie auch die Köpfe und Extremitaͤten der beiden Kinder vollſtaͤndig voneinander getrennt. Indem wir aͤhnliche von dem Verfaſſer angeſtellte Erz oͤrterungen bei Seite laſſen, beſchraͤnken wir uns auf Mit— theilung der Folgerungen, zu denen er am Schluſſe ſeiner Arbeit gelangt. Die Beobachtung der Thatſachen belehrt uns daruͤber, daß der Körper eines Thieres ſich unter gewiſſen Umſtaͤnden und unter der Einwirkung bisjetzt noch nicht ermittelter Ur— ſachen ſich nach gewiſſen Richtungen verdoppeln kann, waͤh— rend wir uns durch die Anatomie davon uͤberzeugen, daß bei allen den ſo entſtehenden abnormen Formen ein Doppel— monstrum doch nur als ein in ſeiner Art einfaches und vollſtaͤndiges Weſen zu betrachten iſt. Hieraus folgt, daß die Bildung und fortfchreitende regelmäßige Entwickelung dieſer Monſtroſitaͤten gewiſſen Regeln unterworfen ſeyn muß, unter denen die vornehmlichſten folgende ſind: 340 Die Erblichkeit ſcheint auf die Entſtehung der Doppel— monstra einen ſehr bedeutenden Einfluß zu aͤußern. Sie ſind wahrſcheinlich das Reſultat einer eigenthuͤmli— chen Abnormitaͤt der Zeugungskraft, welche nicht thaͤtig ge— nug zu ſeyn ſcheint, um wirkliche Zwillinge zur Entwicke— lung zu bringen. Da aber ſchon dieſe bei der Menſchen— ſpecies etwas nicht ganz Gewoͤhnliches ſind, ſo muß natuͤr— lich die durch ſie bedingte Monſtroſitaͤt etwas ſehr Selte— nes ſeyn. Die Doppel-monstra bilden eine beſondere Claſſe von organiſirten Weſen und bieten, neben einer gewiſſen Con— ſtanz der Formen, verſchiedene Grade von Entwickelung, von der bloßen Verdoppelung eines Fingers oder einer Zehe, bis zum vollſtaͤndig doppelt vorhandenen Weſen mit zwei Koͤpfen und Ruͤmpfen und acht Extremitaͤten, dar. Die aͤußern Theile des Koͤrpers oder Gliedmaßen ſind oͤfter uͤberzaͤhlig vorhanden, als die innern Organe. Die obere Haͤlfte des Koͤrpers iſt oͤfter doppelt vorhan— den, als die untere. Die Verwachſung findet immer an zwei gleichnamigen Organen, z. B., den Koͤpfen, ſtatt. Je vollſtaͤndiger beide Ruͤmpfe eines Doppel-mon— strum ausgebildet ſind, deſto weniger innig iſt deren Verbindung. Die Lebensfaͤhigkeit eines Doppel-monstrum iſt um ſo bedeutender, je geringer die Ausdehnung und der Grad der Verwachſung iſt. Seine Organe ſind um ſo vollſtaͤndiger ausgebildet, je weiter ſie von der Verwachſungsſtelle der beiden Koͤrper ent— fernt liegen. Der eine der beiden Koͤrper iſt, in der Regel, weit weniger ſtark entwickelt, als der andere und in den meiſten Faͤllen hoͤchſt unvollkommen. Jedes Doppel-monstrum iſt endlich in Betreff man— cher Organe ein einfaches, und in Betreff anderer ein dop— peltes Weſen. Uebrigens ſind natuͤrlich die beiden Koͤrpet um ſo weniger voneinander unabhaͤngig, je ausgedehnter die Verwachſung iſt. (Bibliotheque universelle de Geneve, No. 61, Janvier 1841.) Zoo⸗geologiſche Betrachtungen über die Suͤßwaſ— ſerſchnecken. Von Edw. Forbes, Eſq. Die Weichthiere, welche in ſuͤßem Waſſer leben, haben ſaͤmmtlich Schaalen; diejenigen, welche nur eine dergleichen oder ein Gehaͤuſe beſitzen, ſind entweder lungenfuͤhrende oder kammkiemige Gaſteropoden; die zweiſchaaligen find Ace- phala lamellibranchia. Betrachtet man den Einfluß des Clima's auf die generiſchen und ſpecifiſchen Abaͤnderun— gen der Form und der vergleichenden geographiſchen Verthei— lung der jetzt lebenden Arten, ſo gelangt man zu Schluͤſſen, 841 die in Betreff mancher geologiſchen Puncte nicht unwich— tig ſind. Die genera der Suͤßwaſſer-Lungenſchnecken bieten wenige ſubgeneriſche Gruppen von Arten dar, und dieſe we— nigen ſind nicht climatiſch centraliſirt. So trifft man die Formen von Limneus überall auf der Erde und die Ver: theilung der Art iſt verhaͤltnißmaͤßig ausgedehnt. Die Ar— ten von Limneus ſind einander in England, Oſtindien, Auſtralien und America ſehr aͤhnlich und oft in dieſen ver— ſchiedenen Laͤndern identiſch. Planorbis bietet dieſelbe Er— ſcheinung dar und die Formabweichungen bei Physa koͤnnen kaum fuͤr Ausnahmen von dieſer Regel gelten. Daſſelbe gilt von Ancylus. Ja ſelbſt die beiden Charactere, auf wel— che das Clima den groͤßten Einfluß hat, die Groͤße und die Farbe, werden weder in Betreff der Arten derſelben Gat— tungen, noch der Exemplare derſelben Arten durch daſſelbe bedeutend modificirt. Einige der größten Formen von Lim- neus und Planorbis gehoͤren dem Norden an, und bei ihnen aͤndert die Farbe nie nach dem Clima ab. Die ne— gativen Einfluͤſſe, welche die Arten nach Norden zu erlei— den, betreffen mehr die Structur. Mit den kammkiemigen Gaſteropoden, welche im ſuͤßen Waſſer leben, verhaͤlt es ſich dagegen anders. Bei ihnen nimmt nach Suͤden zu die Zahl der Gattungen und Arten zu, und man bemerkt deutlich die den warmen Lindern ei— genthuͤmlichen Formen. Eine Paludina oder Melania von den waͤrmern Laͤndern der Erde giebt ſich ſchon durch ihr aͤußeres Anſehen als ſolche zu erkennen. Die Americaniſchen Formen unterſcheiden ſich von den Aſiatiſchen; die kleinern Gruppen ſind centraliſirt, und man koͤnnte nach der geo— graphiſchen Vertheilung der ſo centraliſirten Gruppen eine Charte illuminiren. Die Farbe aͤndert je nach dem Clima ab, und die Exemplare derſelben Arten, aber von verſchiede— nen Wohnorten, laſſen ſich nach den Abweichungen in der Groͤße unterſcheiden. Bei den in Suͤßwaſſerſeen und Fluͤſſen lebenden Gat— tungen der Acephala bemerken wir aͤhnliche Wirkungen vom Einfluſſe des Clima's. Die Gruppen der Najaden und Cy— claden ſind auf ein beſtimmtes Wohngebiet beſchraͤnkt, und die ſuͤdlichen Arten find oft an Geſtalt und Farbe ſchoͤner, als die noͤrdlichen. Die alte und die neue Welt beſitzen wenig oder keine Arten gemeinſchaftlich, und die Suͤßwaſſer— Acephala des Orients und Occidents weichen in den mei— ſten Faͤllen außerordentlich ſtark von einander ab. Dieſe Thatſachen laſſen ſich im Allgemeinen unter der Form zweier wahrſcheinlich guͤltigen Geſetze zuſammen— faſſen. 1) Die ſpecifiſchen und generiſchen Formabaͤnderungen haͤngen bei den lungenfuͤhrenden Suͤßwaſſer-Gaſteropoden we— niger vom Clima ab, als bei den kammkiemigen Gaſteropo— den und Acephalen. 2) Bei einer vom Einfluſſe des Clima's unabhaͤngigen Gattung iſt die Ausdehnung der geographiſchen Vertheilung um ſo bedeutender, je conſtanter die Formen ſind, und bei einer 3842 Gattung, auf welche das Clima einen bedeutenden Einfluß aͤußert, findet das umgekehrte Verhaͤltniß ſtatt. Aus dieſen Betrachtungen laſſen ſich in geologiſcher Beziehung nachſtehende Folterungen ziehen. 1) Sind obige Anſichten richtig, und liegt der Haupt: grund der Verſchiedenheit zwiſchen den Geſchoͤpfen der Vor— welt und der Jetztwelt in climatiſchen Verhaͤltniſſen, wie man allgemein annimmt, ſo muß der Unterſchied zwiſchen den ge— neriſchen und ſubgeneriſchen Formen der feſſilen und leben— den lungenfuͤhrenden Suͤßwaſſerſchnecken bei Weitem nicht ſo bedeutend ſeyn, als der zwiſchen der einſtigen und jetzigen Fauna des Meeres. Und ſo verhaͤlt es ſich auch in der That. Betrachten wir eine Sammlung foſſiler Suͤßwaſſer— Pulmonifera, fo fällt uns ſogleich der Umſtand auf, daß wir keine ausgeſtorbenen Gattungen darunter bemerken, und daß die Formen der foſſilen Schnecken denen der jetzt leben— den außerordentlich aͤhnlich ſind. 2) Dagegen hat man, ſowohl in Anſehung der geo— graphiſchen Vertheilung, als des Characters und der Zahl der Arten der kammkiemigen Gaſteropoden und Acephalen der Jetztzeit und Vorzeit einen bedeutendern Unterſchied zu vermuthen; und ſo muͤßte, z. B., da das Clima auf die Vertheilung der genera und Arten denſelben Einfluß hat, wenn Großbritannien ehemals eines waͤrmern Clima's theil— haftig geweſen waͤre, als gegenwaͤrtig, dieß durch die dort vorkommenden foſſilen Geſchoͤpfe dieſer Art dargethan wer— den. Auch hierin ſehen wir uns nicht getaͤuſcht. Von Arten von Melania, Melanopsis und Ampullaria wimmelten einſt unſere Seeen und Fluͤſſe; Paludinae waren einſt in Großbritannien weit haͤufiger, als ſie es gegenwaͤrtig ſind; Cyrena iſt ganz verſchwunden und Cyelas nur ausnahms⸗ weiſe noch vorhanden. Uebrigens iſt gar keine Ausſicht da— zu da, daß die climatiſchen Verhaͤltniſſe unſeres Landes dem Wiedererſcheinen jener von uns gewichenen 8 Be⸗ wohner guͤnſtiger werden koͤnnten. 3) Bei einem foſſilienfuͤhrenden Lager, welches zu einer Zeit abgeſetzt worden iſt, wo das Clima Großbritannien's nicht heißer war, als das der Tropenlaͤnder gegenwaͤrtig iſt, muͤßte im Vergleich mit der Gegenwart nicht derſelbe Un— terſchied in der Zahl der Arten der Suͤßwaſſerfaung anzu— treffen ſeyn, als in der Zahl der Meerfauna, und dieß muͤßte zumal auf die Suͤßwaſſer-Pulmonifera Anwendung finden In einem ſolchen Lager muͤßte man a priori die Suͤßwaſ— ſer⸗Mollusken mit den gegenwärtig lebenden Arten der wars men Climate ſehr nahe verwandt oder identiſch zu finden vermuthen. Unter dieſe Regel moͤchte ich die Erſcheinungen des von Herren Morris beſchriebenen Muſchellagers bei Grays in Effer bringen, da die in demſelben gefundenen kammkiemigen Gaſteropoden und Acephalen den Character heißer Laͤnder an ſich tragen, waͤhrend die Pulmonifera mit den jetzt lebenden großbritanniſchen Arten identiſch ſind. Nach dieſen Erſcheinungen moͤchte man dieſes Lager auch eher zur Pleiocene als zur Pleiſtocene ſtellen. 4) Wenn in einer tertiaͤren oder noch jüngern Suͤß— waſſerformation die vorweltliche Sauna nicht merklich von 22 843 der gegenwärtig lebenden abweicht, fo haben wir unſere Schluͤſſe in Betreff der Beſchaffenheit des Clima's zur Zeit der Bildung des Lagers hauptſaͤchlich darauf zu gruͤnden, ob die Abweſenheit des Unterſchieds in Betreff der Pulmo— nifera oder in Betreff der Pectinibranchia und Ace- phala ſtattfindet. Denn im erſtern Falle haben wahr: scheinlich ſecundaͤre Einfluͤſſe auf die Abweſenheit des Unterſchieds hingewirkt, waͤhrend im letzteren Falle nur die Moͤglichkeit ſolcher Einfluͤſſe anzunehmen iſt. 5) Wenn wir bei Berechnung der Procente Liſten zu Grunde legen, in welchen ſowohl Suͤßwaſſer- als Meer— Weichthiere aufgefuͤhrt ſind, ſo gelangen wir in Betreff der genera in den altern Formationen, fo wie der Arten in der Pleiocene und Pleiſtocene, zu trügerifchen Reſultaten. Zur Vermeidung dieſes Irrthums haben wir im erſtern Falle die Procente für die Suͤßwaſſer- und Meer-Species und im letztern Falle fuͤr die Suͤßwaſſer-Pulmonifera beſon— ders zu betrachten. (The Annals and Magazine of Natural history, No. 37, Dec. 1840) Mi s ee ble n. ueber die Temperatur der Luft in Abyſſinien iſt durch eine an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften gelangte 344 Abhandlung des Herrn Robert die boͤchſt merkwuͤrdige Thatſache bekannt geworden, daß das Maximum der Temperatur dort bis auf 48° Réaum. ſteigt. Herr Arago bemerkte mit Recht, daß man kaum begreife, wie man in einer ſolchen Hitze leben koͤnne. Die hoͤchſte Lufttemperatur, die man bisher kannte, war am ro— chen Meere beobachtet worden; die in Abyſſinien beobachtete ift viel hoͤher. Genaue Zeichnungen der einzelnen Blüthen und Fruchttheile der merkwuͤrdigen Chineſiſchen Si- phonostegia, Benth., hat Herr Profeſſor Bunge zu Dorpat in No. 163. des Bulletin scientifique publié par l’Academie Im- périale des sciences de Saint Petersbourg, vom 12. September 1840, geliefert, welche Figur 7—16 der mit No. 353. der N. Nos tizen (No. 1. dieſes Bandes) ausgegebenen Tafeln copirt worden ſind. Jetzt folgt hier mit Herrn B's Worten Kxplicatio iconis. a) Siphonostegiae flos auctus; b) ejusdem corolla aucta; c) ejd. labium inferius cum parte galeae explicata aucta; d) ejd. tubi antice fissi pars explanata, cum staminibus, m. a.; e) ejd. Au- thera, m. a; — J) ejd. Pistillum, m. a.; — g) Capsulae valva demto calyce, m. a.; h) semen valde auctum; c) hilus; f) cha- laza; ) testa vesicaeformis membranacea reticulata; Ö) nu- cleus tunica interna scrobiculata vestitus; s) testa in cornu incurvum producta, spermarhegmatis partem liberam inclu- dens; i) ejd. seminis, remota testa, sectio longitudinalis, m. v. a.; dc) chalaza cum spermorhegmatis parte; 6) tunica se- minis interna; y) albumen; d) embryo dissectus; k) embryo, m. v. a. a —————— He en u n d ee. Ueber die Bruchoperation ohne Eroͤffnung des Bruchſackes. Von Benjamin Travers. Folgende zwei Faͤlle von eingeklemmtem Bruche kamen mir im erſten Jahre nach meiner Erwaͤhlung zum Wund— arzte am St. Thomas-Spitale vor; durch dieſelben wurde mir die Frage uͤber die Repoſition des Bruches in die Un— terleibshoͤhle ohne Eroͤffnung des Bruchſackes definitiv ver— neint. John Kelf, 21 Jahr alt, hatte einen angebornen Bruch der linken Seite, gegen welchen er, in der Regel, ein Bruchband trug. Nachdem er dieſes indeß zerbrochen hatte, ſo hatte er vernachlaͤſſigt, ſich ein anderes zu ver— ſchaffen. Der Bruch war nach einem Falle am Abend des 20. Januar 1816 weit hervorgetreten; der Kranke war nicht im Stande, ihn, wie gewoͤhnlich, zuruͤckzubringen; er kam am folgenden Tage mit heftigem Erbrechen und an— dern Einklemmungsſymptomen in das St. Thomas-Spital. Die Geſchwulſt, welche ſowohl Darm, als Netz zu enthal— ten ſchien, war groß, geſpannt, gefaͤrbt und ſehr ſchmerz— haft bei Beruͤhrung. Warmes Bad, eine reichliche Blut— entziehung; kalte Umſchlaͤge über das serotum; ein Ta— backsclyſtir und zwei- oder dreimalige anhaltende Taxisver— ſuche blieben erfolglos; die Operation wurde um 1 Uhr am 21. Januar ausgefuͤhrt. Es fand ſich eine doppelte Strictur; die erſte an den Zwiſchenfaſern, durch welche der obere Rand des dufiern Bauchrings gebildet wird. Dieſe Faſern bildeten ein dich— tes halbmondfoͤrmiges Band auf dem Bruchſackhalſe und zeigten ſich ſehr deutlich, als ſie bloßgelegt waren; nach ih— rer Durchſchneidung war der Bruch nur theilweiſe beweg— lich. Nach einer zweiten Trennung des obern Pfeilers des aͤußern Bauchrings auf einer Hohlſonde trat der Inhalt des Bruchſackes raſch und vollkommen in die Unterleibs— hoͤhle zuruͤck, als nur ein leichter Druck auf die Seiten des Bruchſackes ausgeuͤbt wurde. Die Erleichterung fuͤr den Kranken trat auf der Stelle ein, und die Wunde heilte raſch, ſo daß der Kranke das Spital mit einem guten Bruchbande am 8. Februar verließ. In dieſem ſehr ermuthigenden Falle hatte die Ein— klemmung, ſo heftig ihre Symptome auch waren, nicht uͤber 18 Stunden gedauert. Am 22. October deſſelben Jahres wurde John Bi— ſhop, ein Mann von 55 Jahren, mit einem Schenkelbruche auf der rechten Seite aufgenommen. Seit drei Tagen wa— ren Symptome der Strangulation zugegen. Da die ge— woͤhnlichen Mittel fehlgeſchlagen hatten, ſo wurde die Ope— ration ohne Verzug verordnet. Außer einer eiternden Lymph— druͤſe fand ſich ein kleiner und ſehr geſpannter Bruchſack. Die Faſern des Cruralbogens wurden auf der Fingerſpitze getrennt; aber es zeigte ſich nothwendig, ein ſondenſpitziges Biſtouri unter den Faſern der fascia transversalis durch zuſchieben, um den Bruchinhalt frei zu machen; die Daͤrme traten mit einem gurgelnden Geraͤuſche in die Un— terleibshoͤhle zuruͤck. Das Zuruͤcktreten des Darmes und das Zuſammenfallen des Bruchſackes war vollſtaͤndig und befriedigend; der Bruchſack wurde daher nicht geöffnet. Der Kranke fuͤhlte ſich nur unvollkommen erleichtert, das 345 Erbrechen dauerte, mit Pauſen, den uͤbrigen Tag und die folgende Nacht fort, obwohl durch Klyſtire und kleine Do— fen von Abfuͤhrſalzen einige ſpaͤrliche dunkele, zuſammenge⸗ ballte Stuhlausleerungen erzielt wurden. Am zweiten Tage behielt er Hafergruͤtzbruͤhe bei ſich. Unterleibsſchmerz war nicht zugegen; aber der Puls war fadenfoͤrmig, und der Kranke erhielt daher ein Wenig Wein. Am dritten Tage war er ſehr unruhig, hatte aber mehrere copiöfe Ausleerungen und eine reine Zunge. Am vierten Tage kehrte das gallige Erbrechen wieder; er klagte uͤber Schmerz in der Wunde, der ſich uͤber den ganzen Unterleib ausbreitete; dabei war der Puls voller, 90; die Zunge belegt. Nachmittags nahmen der Schmerz und der Puls zu; ein Aderlaß von 16 Unzen und zwanzig Blutegel auf den Unterleib. Abends hatte der Schmerz noch nicht nachgelaſſen; nochmals ein Aderlaß von 8 Unzen. Das Blut war weder becherfoͤrmig, noch gewulſtet; der Puls 126 und klein; das Athmen beſchwerlich; die Wunde offen und ſauchig. Am fuͤnften Tage. Nach einer guten Nacht war er frei von Schmerz. Im Laufe des Tages erfolgte oͤfteres Erbrechen; Patient klagte wieder uͤber Schmerz im Unter: leibe. Puls 106, ſchwach; Athmen muͤhſam; Zunge be— legt; reichliche Darmausleerung. Am ſechsten Tage. Unterleib aufgetrieben und ge— ſpannt, kein Schmerz bei'm Drucke; gegen Abend leichtes Delirium; kalte Extremitaͤten. Der Bruchſack wurde dicht an dem Cruralbogen mit einer gekruͤmmten Scheere ab— getragen. Am fiebenten Tage. Erbrechen und Geſchwulſt haben nachgelaſſen; es iſt hinreichende Darmoͤffnung vorhanden; der Kranke iſt aber ſehr unruhig und hoffnungslos. Es wurden Blaſenpflaſter auf den Unterleib gelegt. Am 8. Tage. Nach einer unruhigen Nacht batte das Blaſenpflaſter gut gezogen; der Kranke ſchrie bisweilen auf vor Schmerz, welcher allgemein geworden war. Es war nur noch theilweiſe Empfindung vorhanden, und um 9 Uhr erfolgte der Tod. Leichenoͤffnung 12 Stunden nach dem Tode. Der Magen war ausgedehnt; die Duͤnndaͤrme ziemlich voll; das Peritonaͤum zeigte einige rothe Flecke an den Winkeln der Beruͤhrungsflaͤchen der Darmfalten. Ein Theil des Duͤnndarmes war desorganiſirt, von aſchgrauer Farbe Die— ſes Stuͤck wurde von einer Adhaͤſion an der Muͤndung des Bruchſackes umſchloſſen, ſo daß man es bei Eroͤffnung der Bauchhoͤhle nicht ſah, bis die Adhaͤſion zerriß, wobei eine Quantität breiig⸗faͤculenter Materie in die Beckenhoͤhle auss trat. Eine andere Darmſchlinge adhaͤrirte an der geſunden Seite dieſer Schlinge und drängte fie gegen den Bauch— ring. Etwa F des Canals des eingeſchnuͤrten Darmes war geſund und geſtattete den Durchgang einer Bougie, und durch dieſen Weg waren die Faͤces aus dem obern zu dem untern Theile des Darmcanales gelangt. Auf der Muͤn⸗ dung des Bruchſackes war eine Lippe oder ein erhoͤhter 346 Rand ſvon Lymphe abgelagert, welcher der Trennungslinie des brandigen Stuͤckes entſprach, ſo daß keine Ergießung in die Unterleibshoͤhle hätte ſtattfinden koͤnnen. Nach dem Zuſtande des abgeſtorbenen Theiles zu ur— theilen, welcher wie naſſes Papier einriß, wuͤrde ſich ein kuͤnſtlicher After in Zeit von 24 Stunden gebildet haben. Es war eine betraͤchtliche Quantität von fäculenter Materie bereits am Tage vor dem Tode des Patienten ausgeſickert. Der abgeſtorbene Darmtheil war eingeſchnuͤrt geweſen und zur Zeit der Operation zuruͤckgebracht worden; er ging in Gangraͤn über, während er der Mündung des Bruch— ſackes gegenuͤberlag. Dieſe und die benachbarte Darmſchlinge war fo gelagert, daß ſich ein kuͤnſtlicher After gebildet bätte, und waͤre dieſer gluͤcklicher Weiſe zu Stande gekommen, ſo wuͤrde der Mann hoͤchſt wahrſcheinlich mit dem Leben davon gekommen ſeyn. Es iſt nicht anzugeben, wie der Darm beſchaffen war, als er zuruͤckgebracht wurde, da der Bruchſack nicht geoͤffnet war; da er jedoch noch elaſtiſch war und noch keine Symptome von Gangraͤn ſich zeigten, ſo muͤſſen wir ſchließen, daß er in einem Zuſtande heftiger desorganiſirender Entzuͤndung war. Das Erbrechen wurde durch die Darmausleerungen gemindert; dennoch war die Thaͤtigkeit des Darmes unvollkommen in dem abgeſtorbenen Theile. Dadurch entſtand partielle Obſtruction und Wieder— kehr der Symptome. Waͤre der ganze Cylinder brandig geworden, ſo waͤre die Obſtruction vollſtaͤndig geweſen, und anſtatt einer noch eine Woche langen Fortdauer des Lebens, mit Erbrechen in Zwiſchenraͤumen, waͤre das Erbrechen an— haltend geweſen, und der Tod haͤtte in der Haͤlfte der Zeit ſtattgefunden, vorausgeſetzt, daß kein Abfluß in der Leiſten— gegend zu Stande gekommen waͤre. Ein ſolcher Abfluß haͤtte wahrſcheinlich in jedem Falle den Mann gerettet, weil er dem Magen Ruhe verſchafft haͤtte. Die Nichteroͤffnung des Peritonaͤalſackes hat in dieſem Falle nicht allein keinen Vortheil gewaͤhrt, ſondern im Gegentheile den Abſtoßungs— proceß verzoͤgert. Waͤre der Bruchſack, wie gewoͤhnlich, bei der Operation geöffnet worden, fo wuͤrde der Abſtoßungs— und Adhaͤſionsproceß fo beſchleunigt worden ſeyn, daß ein kuͤnſtlicher After noch in geeigneter Zeit zu Stande gekom— men und zuletzt vielleicht die Continuitaͤt des Darmcanals wiederum hergeſtellt worden waͤre Ich glaube, daß der Vortheil ganz hypothetiſch iſt, welcher davon herruͤhren ſoll, daß der Bruchſack ganz erhal— ten wird, wenn der Darm bloß paralyſirt und nicht im Stande iſt, ſeine Function wieder aufzunehmen, — die ge— woͤhnliche Urſache des Fehlſchlagens der Bruchoperation; ich glaube, daß dieſes Verfahren entſchieden nachtheilig iſt in allen Faͤllen, in welchen die Entzuͤndung bereits ſo lange gedauert hat, daß die Continuität des Canales dadurch ge⸗ faͤhrdet iſt. In ſolchen Fällen, bei denen der Ausgang im⸗ mer zweifelhaft iſt, beruht die einzige Ausſicht auf Ret— tung doch in der raſchen Beſeitigung der Symptome durch einen kuͤnſtlichen After. Der Einſchnitt in den Bruchſack bewirkt zugleich eine freie fiſtuloͤſe Oeffnung in die Peri— tondalhöhle und identificirt dieſelbe mit der aͤußern Wunde, 847 wodurch der Abſtoßungsproceß befchleunigt, der Verwachſungs— proceß verſtaͤrkt wird. Der vernichtete Darmtheil wird da— bei an der Bruchſacksmuͤndung in ſeiner Lage gelaſſen. Ich betrachte daher den erſten dieſer Faͤlle als eine ſeltene Ausnahme von einer allgemeinen practiſchen Regel. Nachdem die Strictur des aͤußern Ringes beſeitigt war, er— folgte die Ruͤckkehr des Darmes ganz von ſelbſt. Aber um nicht bei den zahlreichen Faͤllen ſtehen zu bleiben, bei wel— chen der Sitz der Strictur oder die Exiſtenz der Adhaͤſionen nicht geftattet, den Sack gan; zu laſſen, fo iſt das Verfah— ren auch deswegen zu verwerfen, wenn die Strictur fo feſt iſt, daß ſie mit dem Meſſer geloͤſ't werden muß, weil wir in dieſem Falle niemals den Zuſtand des Darmes erkennen koͤnnen, waͤhrend es doch die hauptſaͤchlichſte Pflicht fuͤr den Wendarzt iſt, ſich damit bekannt zu machen, um hiernach ſein Verfahren einzurichten. Ich habe von dem paralyſirten Zuſtande des einge— klemmten Darmes als von der gewoͤhnlichen Todesurſache nach der Beru hoperation geſprochen. Dieſe Anſicht, welche ich beinahe vor 30 Jahren bekannt gemacht habe ), ut durch eine groͤßere Erfahrung vollſtaͤndig beſtaͤtigt worden; dennoch iſt ſie, wie ich glaube, nicht allgemein angenommen. Der Tod wird gewoͤhnlich der allgemeinen Entzuͤndung der Peritonaͤalhoͤhle zugeſchrieben, wenn Gangraͤn des Darmes nach der Repoſition nicht eingetreten iſt; aber in nur we— nigen Faͤllen iſt die Entzuͤndung unuͤberwindlich, wenn auf die Operation reichliche Ausleerungen folgen und die Wie— decherftellung des Darmeanals beweiſen. Ich habe oft Pa— tienten nach der Operation geſehen, bei welchen nur geringe und ſelbſt gar keine Entzuͤndungsſymptome zu bemerken wa— ren, und habe viele Sectionen gemacht, bei welchen keine Verklebung die Function des Darmes hinderte oder irgend eine andere Erklärung für die anhaltende Obſtruction nach— zuweiſen war, außer die ungewoͤhnliche Atonie des mit Blut uͤberfuͤllten Darmtheils, welcher zuruͤckgebracht worden war; ein Theil, welcher dadurch bezeichnet wurde, daß er zwiſchen dem aufgetriebenen obern und dem collabirten untern Darm— theile lag. Um die Entzuͤndung zu bekaͤmpfen, hat mim, entſpre— chend den neueren Theorieen, in jedem moͤglichen Falle Mer— cur gegeben, ſelbſt bei Kopfverletzungen mit Stupor und Convulſion und nach der Steinoperation und Bruchoperas tion hat man das Mittel nicht geſpart, und ich kann einige Faͤlle anführen, in welchen daſſelbe entſchieden guͤnſtige Wir: kung hatte. Die Anwendung des Queckſilbers in dieſen Faͤllen iſt ebenfo, wie die Anwendung von Blutegeln und Scarificationen bei acuten Entzuͤndungen aͤußerer Theile, erſt in neuerer Zeit eingefuͤhrt. Unſere unmittelbaren Vorgaͤn— ger wuͤrden ein ſolches Verfahren ſelbſt in der Theorie nicht zulaͤſſig gefunden haben; ihnen waren aber die Kraft dieſer Mittel unbekannt. Die Ergießung der Galle in den Ma— gen iſt eins der beſtaͤndigſten Symptome einer mechaniſchen *, An Inquiry into the Process of Nature in repairing Inju- ries of the Intestines, illustrating the Treatment of Pene- trating Wounds and Strangulated Hernia. London 1812. 348 oder Bruchverſtopfung; eine Ableitung nach Unten iſt die Hauptindication nach der Repoſition des Darmes. Das Erbrechen, welches nach der Operation zuruͤckbleibt, beſchraͤnkt ſich faſt ganz auf die Wiederausſtoßung der von dem Pa— tienten zu ſich genommenen Fluͤſſigkeiten des Getraͤnkes oder der Medicin; nur in geringem Grade oder ſelbſt gar nicht iſt dieſes Erbrechen als ſpontan zu betrachten. Der Ueber— fluß der Gallenſecretion wird durch die Beſeitigung der Ein— klemmung beſchraͤnkt und die Leber wird verhaͤltnißmaͤßig uns thaͤtig. Ich habe Calomel mit einem Zuſatze von Opium in kurzen Zwiſchenraͤumen mit dem beſten Erfolge gegeben und habe, wie ich glaube, geſehen, wie das Leben durch dieſe Mittel gerettet worden iſt. Verſchafft man der Schleim? haut des Darmes ihren natuͤrlichen Reiz wieder, ſo muß dieß, wie ich glaube, am wirkſamſten ſeyn, um die Ruͤckkehr zur natuͤrlichen Thaͤtigkeit zu vermitteln. Das Mittel kann und wird fehlſchlagen; dennoch koͤnnen wir, wenn Entzuͤn— dung vorhanden iſt, dieſelbe nicht wirkſamer bekaͤmpfen, als wenn wir ſtuͤndlich oder alle zwei Stunden, je nach den Umſtaͤnden, 2 Gran Calomel mit 4 oder I Gran Opium geben. Und ſo, unterſtuͤtzt durch jede Hypotheſe, empfehle ich bei gewoͤhnlichen, aber hoffnungsloſen Faͤllen, wobei der Darm nach der Dyeration in feine Lage zuruͤckgebracht wor— den iſt, geſund von Textur, wenn auch im Zuſtande der Congeſtion, jedoch ohne die conſtitutionellen Zeichen der Gangraͤn, wie fadenfoͤrmiger Puls, kalte Schweiß und Uns empfindlichkeit gegen Schmerz, — in dieſen Faͤllen empfehle ich dieſes Mittel, wenn der Darm durch ſeine Kraft allein nicht im Stande iſt, den Symptomen ein Ende zu machen. (Medieo-chirurg. Transact. London 1840. Vol. 23.) Beobachtungen uͤber die wuthaͤhnliche Hydrophobie. Von E. Vautier. Da ſich mehrere Faͤlle wuthaͤhnlicher Hydrophobie in dem Zeitraume weniger Tage in dem Hötel Dieu gezeigt haben, welche in Bezug auf Symptomatologie und patholo— giſche Veraͤnderung Intereſſe gewaͤhrten, ſo werden dieſelben in der Gaz. méd. 1841. No. 2. mitgetheilt. Erſter Fall. Jean Baptiſt Paverie, 48 Jahr alt, ein Maurer-Geſell zu Villaine, wurde am 13. September 7 Uhr Morgens, in dem Hötel Dieu aufgenommen; in dem Briefe eines Arztes wird der Fall als ſpontane Hy— drophobie bezeichnet; und der Sohn, welcher den Kranken begleitete, gab an, daß ſein Vater nie von irgend einem Thiere gebiſſen worden ſey. Seit 8 Tagen fuͤhlt er ſich unwohl, jedoch ohne Schmerz, ſo daß er ſich uͤber ſein Unwohlſeyn auch nicht beunruhigte. Vor 4 Tagen trank er ein Glas Punſch und klagte bald darauf uͤber Hals— ſchmerzen. Er wollte auf's Neue trinken; das Schlucken war aber ſo ſchmerzhaft, daß er davon abſtehen mußte. Tags darauf zeigte ſich eine wahre Abneigung vor Fluͤſſig— keit; dennoch verlangte der Kranke noch zu trinken; wenn man ihm aber ein Glas gab, ſo fuͤhrt er es zwar noch nach dem Munde, ſtieß es aber auf der Stelle zuruͤck. Ein 349 Arzt ließ zur Ader und verfuchte mehrmals, trinken zu laſ— ſen; der Kranke ſchluckte aber nur ſehr wenig Fluͤſſigkeit mit der groͤßten Beſchwerde. Vor zwei Tagen eine neue Blutentziehung und 15 Blutegel an die Seiten des Hals ſes. Geſtern begann einige Störung der geiſtigen Faͤhigkei— ten; die Abneigung vor Fluͤſſigkeiten wurde groͤßer; er ſtieß mit Heftigkeit Diejenigen zuruͤck, welche ihm zu trinken reichten; wiederholte man das Anerbieten, ſo wurde Patient unwillig; die Bewegungen waren nicht ſicher, die Glieder wurden von einem convulſiviſchen Zittern bewegt. Bei der Aufnahme findet ſich folgender Zuſtand: das rothe aufgeregte Geſicht druͤckt einen Zuſtand von Unruhe aus; die Augen find glänzend, die Conjunctiva inficirt. Der Kranke ſpuckt oft; der Speichel iſt weiß, ſchaumig; die Reſpiration iſt frei; das Reſpirationsgeraͤuſch normal; Huſten iſt nicht vorhanden. Die Zunge, an der Spitze und an den Raͤndern roth, iſt in der Mitte mit einem gelben Ueberzuge belegt; der Puls iſt ſchwach, 95. Die Intelli— genz iſt ein Wenig geſtoͤrt. Der Kranke erkennt jedoch die ihn umgebenden Perſonen und weiß, daß er ſich im Spi— tale befindet; er behauptet, nicht krank zu ſeyn, klagt aber gleich darauf wiederum über einen lebhaften Schmerz im Halſe. Seine Antworten ſind kurz und heftig; er wirft ſich beſtaͤndig im Bette herum; ſeine Extremitaͤten zittern be— ſtaͤndig und find häufig convulſiviſch bewegt. Der Abſcheu vor Fluͤſſigkeiten ſcheint nicht groß zu ſeyn; dennoch wird Patient ungehalten, wenn man ihn zum Trinken noͤthigt. Einmal uͤberwand man ſeine Abneigung; ſo wie er aber ei— nen Mund voll Fluͤſſigkeiten genommen hatte, ſtieß er das Glas zuruͤck und fpie das Waſſer aus. Man verordnete eine Blutentziehung von 12 Unzen und jede halbe Stunde eine Pille aus 2 Decigramme gummoͤſen Opiumextracts. Das gelaſſene Blut coagulirt ſehr raſch und feſt ohne Cruſte. Spaͤter weigert ſich der Kranke, irgend etwas zu trinken und ſpeit auch die Pillen wieder aus. Um 4 Uhr Nachmittags iſt das Ausſpeien haͤufiger, als Morgens, die geiſtigen Störungen find auffallender; er weigert ſich, ir— gend etwas zu ſich zu nehmen. Die convulſiviſchen Bewe— gungen, ohne ſtaͤrker geworden zu ſeyn, ſind haͤufiger; Pa— roxysmen find nicht zu bemerken; der Puls iſt kleiner, ſchwaͤ— cher, 108. Um 9 Uhr Abends ſcheint der Kranke ruhiger, als am Morgen; er wirft ſich weniger herum; die convul— fivifchen Bewegungen find weniger ſtark, aber häufiger; der Kranke ſpuckt faſt fortwaͤhrend. Der geiſtige Zuſtand ſcheint abzunehmen; es erfolgt kaum eine Antwort auf Fra— gen; der Puls klein, 120. Der Tod erfolgt am naͤchſten Morgen um 3 Uhr, nach zunehmender Schwaͤche faſt ploͤtz— lich und ohne Agonie. So lange der Kranke im Spitale war, iſt keine Art von Paroxysmus zu bemerken geweſen; auch war es nicht noͤthig, den Kranken zu halten. Section, 30 Stunden nach dem Tode. Die Hirn⸗ haͤute, beſonders nach Hinten, etwas injicirt; das Gehirn etz was weniger conſiſtent, als gewoͤhnlich, ohne Spuren von Entzündung und ohne Injection in den plexus choroidei; das kleine Gehirn ſo erweicht, daß es unmoͤglich iſt, daſſelbe zu durchſchneiden, ohne es in eine Bruͤhe umzuwandeln; die 350 Markſubſtanz hat jedoch ihre normale Farbe; auch die Va— rolsbruͤcke und das verlaͤngerte Mark ſind, jedoch in gerin— gerem Grade, erweicht. Die Lungen normal; das Herz feſt zuſammengezogen. Die Baſis der Zunge iſt roth infi— cirt; die Papillen an derſelben find ungewöhnlich entwickelt und ragen ſtark hervor. Es zeigt ſich etwas Rothe im obern und ſeitlichen Theile des Pharynx Die Schleimhaut der Luftwege iſt nicht injicirt. Die Speiſeroͤhre ebenfalls nicht geroͤthet. Die innere Flaͤche des Magens iſt mit ei— ner leichten Schicht einer zaͤhen, gelben Fluͤſſigkeit uͤberzo— gen; der uͤbrige Darmcanal iſt, wie die uͤbrigen Unterleibs— organe, normal. Der zweite Fall betrifft einen Mann von 39 Jahren, von ſtarker Conſtitution, welcher einige Tage vor dem vori— gen Kranken aufgenommen wurde. Seine Begleiter verſi— cherten, daß er von keinem Thiere gebiſſen worden ſey. Die Symptome, welche bei ihm beobachtet wurden, waren denen des vorigen Falles ſehr aͤhnlich; er ſtarb noch am Tage feiner Aufnahme, und ebenſo, wie bei Paverie, fand ſich das kleine Gehirn, die Varolsbruͤcke und das ver— laͤngerte Mark erweicht, die Zungenwurzel geröthet und ihre Papillen aufgetrieben. Dritter Fall. Margarethe Burg, 30 Jahr alt, wurde am 15. September nach dem Hötel Dieu gebracht. Sie iſt von mittlerer Conſtitution und leidet an den Pek— ken; am fünften Tage nach dem Ausbrüche: fie kann, da ſie nur deutſch ſpricht, keine Auskunft uͤber ihre Krankheit geben. Die Perſonen, welche ſie begleiteten, erzaͤhlen, daß ſie ſeit zwei Tagen große Muͤhe habe, etwas zu ſchlucken; Tags zuvor und in der letzten Nacht hatte ſie mehrmals delirirt, und dabei war ihr Geſicht roth und belebt. Sie weigerte ſich ſtandhaft, irgend etwas zu trinken und ſtieß lebhaft Diejenigen zuruͤck, welche ihr Getraͤnk darreichten. Ihre Verwandten verſicherten, daß ſie niemals von irgend einem Thiere gebiſſen worden ſey, und daß auch der Arzt in dem vorhergehenden Tage gefunden habe, daß die Pocken ihren regelmaͤßigen Verlauf hatten. Bei der Aufnahme war das Geſicht roth, belebt; die Augen glaͤnzend, der Blick unruhig. Die Glieder werden von Zeit zu Zeit durch convulſiviſche Bewegungen erſchuͤt⸗ tert; ſie ſpuckt haͤufig; der Speichel iſt weiß und ſchaumig; die Reſpiration iſt frei und kein Huſten zugegen. Die Zunge iſt an der Spitze und an den Raͤndern etwas roth und in der Mitte von einem dicken gelben Ueberzuge be— deckt; der Unterleib iſt mäßig aufgetrieben, nicht empfind⸗ lich fuͤr Druck; der Puls iſt klein, 98. Die Pocken ſind wenig entwickelt, aber im Geſichte faſt confluirend. Das Trinken verweigert die Kranke und ftößt das Gefäß mit Heftigkeit zuruck. Gelingt es, ihr etwas Fluͤſſigkeit einzus flögen, fo wird dieſelbe fogleich wiederum ausgeſpuckt. Die Kranke wirft ſich unaufhoͤrlich im Bette herum, und will aufſtehen, ſo daß ſie mit Gewalt zuruͤckgehalten werden muß. Sie erhält eine diaphoretiſche Mixtur mit Minde⸗ rersgeiſt; die Symptome nehmen aber bis gegen Abend zu; das Delirium wird anhaltend und ſcheint ſich von Zeit zu 351 Zeit paroxysmenartig zu ſteigern. Die convulfivifchen Be: wegungen werden ſtaͤrker; das Spucken geſchieht faſt unauf— hörlich; das Geſicht wird lebhafter geroͤthet; die Kranke nimmt durchaus nichts zu ſich und ſpuckt die Medicin auf der Stelle wieder aus. Sie ſcheint gegen Perſonen, welche ſie zum Trinken noͤthigen wollen, ſehr heftig aufgeregt zu werden. Um 10 Uhr Abends ſcheint die Kranke ruhiger; das Geſicht iſt weniger roth; die convulſiviſchen Bewegun— gen weniger intenſiv; das Spucken iſt immer noch ſehr haͤu— fig; der Puls klein, ſchwach, 115; das Delirium dauert fort, und die Kranke weiſ't Alles zuruͤck, was man ſie zu ſich nehmen laſſen will. In der Nacht nahm die Schwaͤche zu; das Delirium hielt an; die Convulſionen verſchwanden allmaͤlig, und der Tod erfolgte Tags darauf um 10 Uhr ohne Agonie Die Section iſt nicht gemacht worden. Trotz vielen Verſuchen, iſt es noch nicht gelungen, die ſpontane Waſſerſcheu von der Wuthkrankheit zu unterſchei— den und nachzuweiſen, daß die letztere ſich nicht auch ſpon— tan bei'm Menſchen entwickeln koͤnne. Trotz mancher Aehn— lichkeit, ſind doch auch manche Verſchiedenheiten, wie ſich auch aus den mitgetheilten Beobachtungen ergiebt. Glaͤn— zende Gegenſtaͤnde, welche die Wuthkranken ſchon aufregen, beunruhigen unſere Kranken nicht; eine Neigung, zu beißen, iſt nicht beobachtet worden; auch fehlen die fuͤr die Wuth— krankheit ſo characteriſtiſchen paroxysmenartigen Anfaͤlle. Die nervoͤſen Zufaͤlle beſchraͤnken ſich, außer der Dysphagie, auf leichte Delirien, faſt anhaltendes Zittern mit convulſiviſchen Erſchuͤtterungen. Die Zufaͤlle ſteigern ſich aber nicht bis zum Tode, wie bei der Wuth, ſondern beginnen ſchon meh— rere Stunden vor dem Tode nachzulaſſen. Bei dem erſten Kranken war dieſer Nachlaß ſo auffallend, daß man an eine weſentliche Beſſerung haͤtte denken koͤnnen, wenn die Abnahme der geiſtigen Faͤhigkeit und die Kleinheit des Pul— ſes nicht die Gefahr bewieſen haͤtten. Beachtenswerth iſt der Mangel jeder Agonie, welche bei der Wuthkrankheit cha— racteriſtiſch iſt. Nach den vorliegenden Beobachtungen wird ein Unterſchied auch durch das Sectionsergebniß dargethan, da bei den zwei geöffneten Kranken eine ſehr beträchtliche Erweichung des kleinen Gehirns, der Varolsbruͤcke und des verlaͤngerten Markes zugegen war. Ich habe nirgends eine 852 Angabe gefunden, daß auch bei der Wuthkrankheit Hirner— weichung gefunden worden waͤre, bei welcher im Gegen— theile, nach Troilet, die Lungen mit Blut uͤberfuͤllt und häufig emphyſematoͤs find, was bei unſeren Kranken durch— aus nicht der Fall war. Bemerkenswerth iſt auch noch die ſtarke Auftreibung der Papillen an der Zungenwurzel, wel che ſich bei andern Kranken nicht findet und auch von den Wuthkranken nicht angeführt wird. (2) Miscellen. Die Reſection des Oberkiefers iſt von Herrn Flau— bert dem juͤngern, als Huͤlfsoperationsact (21), bloß zu dem Zwecke gemacht worden, um die Ligatur eines Polypen im hintern Theile der Naſenhoͤhle zu erleichtern; es iſt dieß wohl das erſte Mal, in welchem eine ſo wichtige Operation nach einer ſo untergeordneten Indication ausgeführt worden iſt. Der Kranke wurde geheilt ent: laſſenz ob aber der Polyp ſich nicht wieder entwickelte, iſt nicht an⸗ gegeben. (Arch. gen.) Mittelſt Arteriotomie behauptet Herr Trouſſeau mehrere Neuralgieen geheilt zu haben, unter andern bei einem cataleptiſchen Maͤdchen einen hartnaͤckigen Kopfſchmerz mittelſt der Durchſchneidung der temporalis und bei einem Hemiplegiſchen, wel⸗ cher ſpaͤter an einem Hirnabſceſſe ſtarb, ebenfalls einen Kopf— ſchmerz durch dieſelbe Operation, wobei, obgleich kein Tropfen Blut floß, der Schmerz auf der Stelle aufhoͤrte. — Von der dabei mit ausgeführten Durchſchneidung der Nervenzweige iſt in der Mittheis lung nicht die Rede. (Gaz. des Höpit., No. 10.) Als Zuruͤckweichen des collum uteri bezeichnet Herr Chaſſaig nac eine eigenthuͤmliche Veraͤnderung in der Scheide und am Mutterhalſe, welche in hoͤherem Alter vorkoͤmmt. Der in die Scheide eingeführte Finger fühlt eine Verengerung und ges langt hinter dieſer in eine ziemlich lange Hoͤhle, in welcher der Mutterhals keinen Vorſprung bildet. Der cul de sac in der Um⸗ gebung iſt ganz verſtrichen und der Mutterhals in der That nach Oben zuruͤckgewichen. (Malgaigne, Traité d' Anatom. chirurg. II., p. 369.) Bei der Operation des strabismus trennt Herr Phis lipps den Muskel zuerſt von dem Augapfel und ſchneidet alsdann das vordere Ende des Muskels mit der Scheere ab — Nach der Beobachtung des Herrn Philipps wird bei Durchſchneidung des trochlearis ein kurzſichtiges Auge ſogleich weitſichtig, ſo daß es ſcheint, als wenn die uͤbermaͤßige Convexitaͤt des Augapfels von dieſer Muskelcontraction abhaͤnge. (Gaz, des Höpit., No. 6.) Bibliographische Natural History of Man and Monkeys with Illustrations. J. Martin. London 1841. 8. Cours d’Anatomie médicale ou exposition de l’Anatomie appli- quee a la physiologie, à la pathologie et à la chirurgie. Dan J. L. Estor, Tome 1. part. 2. Paris et Montpellier By Neuigkeiten Die Unterfcheidung des Scheintodes vom wirklichen Tode; zur Bes ruhigung uͤber die Gefahr, lebendig begraben zu werden. Von Fr. Naſſe. Bonn 1841. 8. Recherches sur les causes, la nature et le traitement du cho- lera. Par le Docteur A. Petit de Maurienne. Paris 1841. 8. — — 0 R e a A A E zu dem ſiebenzehnten Bande der Neuen Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. (Die Roͤmiſchen Ziffern bezeichnen die Nummern, die Arabiſchen die Seiten.) A. Absceſſe bei Krankheiten der Harnwege. CCCLXII. 158. Abyſſinien, Lufttemperatur CCCLXXIV, 344. Aerolithenfall. CCCLV. 42. Agaſſiz's naturhiſtoriſche Arbeiten. CCCLV. 42. Alligator. CCCLXX, 280. Aloe, bei Thieren angewendet. CCCLIV, 32. Amputation über den Knoͤcheln. 48. Amuſſat's Stotteroperation. GCCLXVIII. 249. Anatomie der Aponeuroſen und Muskeln des Auges. CCCLXVI, 209. Aneurysma, durch die Brasdor' ſche Methode behandelt. CCCLVIII, 96. Aneurysma von eigenthuͤmlicher Form. CCCLIV. 30, daſelbſt. CCCLV. Anopleura Britannia. CCCLXIII. 170. Arſenik, gerichtlich-mediciniſche Unterſu— chungen über denſelben. CCCLXIV. 185. Arſenikvergiftung, CCCLXN. 153. Arteriotomie gegen Neuralgie. CCCLXXIV. 352. Arteſiſcher Brunnen an der Grenelle Bars rière zu Paris. CCCLXVI. 216. Ascidien und Salpen, maͤnnliche Zeugungs— theile derſelben. CCCLVI. 49. Asphyxie durch die Bettdecke. CCCLXVII. 239. Augenaͤhnliche Organe bei Spondylus. CCCLIV. 26. Auſternbaͤnke. CCCLXXI. 289. Behandlung derſelben. Pecten und B. Bäumen das Holz mit verſchiedenen Fluͤſ— ſigkeiten zu traͤnken. CCCLXXII. 309. Barlow, W. F., uͤber Aufhebung der willkuͤhrlichen Bewegung bei leichter Er⸗ regbarkeit der Reflerbewegung. CCCLIV. 25. Bazin, über die Verbindung der Hirn- nerven mit den Centraltheilen des Ge— hirns. CCCLXV. 193. Beleuchtung, kuͤnſtliche. CCCLV. 4x. CCCLVI. 52. CCCLVII. 27. CCCLVIII. 89. CCCLIX. 108. CCCLX. 121. Bewegung, willkuͤhrliche. CCCLIV. 28. Blaſenſcheidenfiſtel, Behandlung derſelben. CCCLXIV. 192. Blaſenſcheidenfiſtel, neue Operation derſ. CCCLXXIM. 338. Blennorrhagie, Sitz derſ. OCCLXVIII. 256. Blutegelbebrütung. CCCLXVI. 216. Bonnet, über die Anatomie der Aponeuro⸗ ſen und der Muskeln des Auges. CCCLXVI. 209. 354 Boucherie'ſche Erfindung, Bäume mit verſchiedenen Fluͤſſigkeiten zu tranken. CCCLXXII. 30). Bowman, uͤber die innerſte Structur und die Bewegungen der willkuhrlich beweg— lichen Muskeln. CCCLXVI. 212. Bruchoperation ohne Eröffnung des Bruch⸗ ſackes. CCCLXXIV. 343. Bruchus granarius. CCCLXX. 280. Buran. CCCLX 119. C. Gaderien, über die raſche Organiſation der Lymphe in denſelden. CCCLXIX. 265. Carbunkel, Behandlung deſſ. CCCLIV. 32. Garipe, Höhle von. CCCLXI. 135. Carotiden, Einfluß der Unterbindung derſ. CCCLIII. 15. Chromſaͤure, als Mittel bei mikroſcopiſchen Unterſuchungen. CCCLVI. 58. Civiale, uͤber Harnabsceſſe. CCCLXII. 158. Colibri, Nahrung deſſ. CCCLIV. 25. Grotonöl, gegen gewiſſe Nervenkrankhei⸗ ten. CCCLXVI. 212. Eruveilhier, über ſchwarzes Oedem der Lunge. CCCLXXI 207. Cueva del Guacharo. CCCLXI. 135. Cyclopie. CCCLXXII. 311. Cystocele vaginalis, neue Heilmethode derſ. CCCLIII. 9. D. Dalrymple, John, über die raſche Orga, niſation der Lymphe bei Cachexien. CCCLXX. 265. Danger und Flandin, gerichtlich-medicini— ſche Unterſuchungen über den Arſenik. CCCLXIV. 186. Dendy, uͤber die Anſicht, daß Hirndesor— ganiſation gewohnlich im umgekehrten Verhaͤltniſſe mit der Heftigkeit der Symptome ſtehe. CCCLXVII. 233. Deſor, E., über die zerſtreuten Bloͤcke. CCCLXX. 273. Holz lebender R eig i ite Dieffenbach, Stotteroperation. CCCLXVIII. 249. Doppel ⸗Mißgeburten, Beſchreibung und Claſſiſication derſ. CCCLXXIV. 337. Dronte (Didus ineptus), Schädel deſſ. CCCLXIV. 186. Duvernoy, über einen Schwamm, welcher ſich in den Auſternſchaalen eine Woh⸗ nung hoͤhlt. CCCLVII. 65. r. E. Eierſtocksbalggeſchwulſt, Exſtirpation derſ. CCCLXX. 282. Eierftodsentzündung , injectionen veranlaßt. Eisberginſel, rieſige. durch Gebaͤrmutter⸗ cCCLxIV. 192. CCCLXVIII. 250. Eisfeld, unterirdiſches im Weſterwalde. CCCLIX 105. Eiterablagerungen, ſecundaͤre. CCCLIII. 11. Electricität gegen Neuralgie. CCCLXXII. 311. CCCLXXIII. 333. Electriſches Organ des Malapterurus electricus, CCCLXXII. 305. Empyem, chroniſches. CCCLXI. 143 Entbindung, Erſchütterung des Nervenfy: ſtems bei derſelben. CCCLIV. 31. Entropium am obern Augenlide. CCCLVII. 80. Entzündung, ſecundaͤre. CCC LV. 46. Erſchuͤtterung in den Rheingegenden. CCCLXXI. 298. Erdfall, merkwuͤrdiget. CCCLXXIII. 328. Erhängungstod, Zeichen deſſ CCCLXIX. 271. Espy, J., über die Stürme. CCCLIII. 1. CCCLIV, 12. ueber Sturmwinde CCCLXXII. 308. F. Faͤrbeſtoff in der Haut der dunkelfarbigen Menſchenracen. CCCLXIII. 161. Filtrirmaſchine mit Wolle. CCCLXVI. 224. Fiſche, fliegende. CCCLVI. 56. Flecken an Glasphiolen, bei Anwendung des Marſhſchen Apparats, den Arſenik— flecken ahnlich. CCCLVI. 64. Fluth im Mittelmeere. CCCLxIII. 170. Forbes, Fred. uͤber die Verminderung der Temperatur nach Maaßgave der Höhe über der Meeresflaͤche. CGCCLIXK. 97. Zoo geolegiſche Betrachtungen über die Suͤͤßwaſſerſchnecken. CCCLXXIV. 340. Fracturen platter CCCLÄV. 201. Froſch in ſolider Steinkohle eingeſchloſſen. CCCLXIX. 266. Knochen. G. Galvanismus als Heilmittel einer Laͤhmung des n. quintus und der Sinnesnerven. CCCLVI. 64. Gehenkte, Experimente an denſ. CCCLV. 33. Gelenkdeformitaͤten, angeborne. CCCLXVII. 219. Gelenkkrankheiten, Lageveraͤnderung der Gliedmaaßen bei denſelben. CGCLXX. 285. Geoffroy Saint Hilaire, Iſidore. Von den Verſchiedenheiten in Anſehung der Körpers groͤße der Thiere. CCCLX. 113. CCCLXI. 129 CCCLXII. 115 — Verſchieden⸗ heit der Koͤrpergroͤße bei Hausthieren und Menſchenracen. CCCLXVI. 225. CCCLXVIII. 241. CCCLXIX. 257. Gibbon, Haare u. Schaͤdel deſſ. CCCLXXIII. 328. Gifte, Wirkungsweiſe derſ. 320. Gletſcher, welche vor Alters den ſuͤdlichen Abhang der Vogeſen bedeckt. CCCLXIV. 127. Glover, über die Functionen des Faͤrbe— ſtoffes in der Haut, bei den dunkelfarbi— gen Menſchenracen. CCCLXIII. 161. Guérin's Theorie der angebornen Gelenf: deformitäten. CCCLXVI. 219. CCCLXXII. Hall, Charl., über ſecundaͤre Eiterablage⸗ rungen. CCCLIII. II. Halswirbelluxation, nach 7 Monaten ein: gerichtet. CCCLXVIII. 256. Hanf ia Oſtindien, harziges Extr et deſ⸗ ſelben als narcotiſches Mittel. CCC LX. 128. Harriſon, uͤber Tuberkeln bei Mangel an järbenden Theilen des Blutes. CCCLXIII. 169. f Hautreize, Wirkung derſ. CCCLVIII, 96. Hecker's Aphorismen über Volkskrankhei— ten. CCCLXVIII. 253. Hernia inguinalis. CCCLXI. 144. Hernien, Unzulaͤnglichkeit der Radicalcuren. CCCLIX. zı2. Hingerichtete, durch den Strang. CCCLV. 33. Hirndesorganiſation in Beziehung auf ihr Verhaͤltniß zur Heftigkeit der Sympto⸗ me. CCCLXVII. 233. Hirnnerven in ihrer Verbindung mit den Centraltheilen des Hirns. CCCLXV. 193. Humerus, angeborne Luxation deſſelben. CCCLVII. 80, Hunter, Jam,, über den nachtheiligen Ein: fluß der kuͤnſtlichen Beleuchtung und bes ren Folgen. CCCLV. 4. CCCLVI. 57. CCCLVII. 21. CCCLVIII, 89. CCCLIX. 103. CCCLX. 121. CCCLXI. 135. g Hydrophobie, die wuthaͤhnliche. CCCLXXIV. CCCLXXIV, 348. J. James, über die Behandlung der Neurals gie durch Electricität. CCCLXXII. 311. CCCLXXIII. 333. — ueber Nervendurch⸗ ſchneidung bei Neuralgien. CCCLXVI. 222. Inſecten in Oſtindien, Laͤſtigkeit derſelben. CCCLVII. 22. K. Kaͤlte, Wirkung derſelben auf die Pflan⸗ zen. CCCLXXIII. 321. Kautſchuck (Faͤden und Baͤnder davon) zum chirurgiſchen Verband. CCC LIII. 16. Knochenanhaͤufung, merkwuͤrdige in Ireland. CCCLXXI. 292. Koͤrpergroͤße bei Hausthieren u. Menſchen⸗ racen. CCCLXVII. 225. CCCLXVIII. 234. eite Kohlenſaͤure durch Thilorier's Apparat zu verdichten. CCCLIII. 8. Krankheitszuſtand und Sterblichkeit bei der Engl. Armee u. Marine. CCCLXXIII 329. ; Kroͤyer, H., über die Daͤniſchen Auſtern. baͤnke. CCCLXXI. 289. Krohn, uber die männl. Zeugungsorgane der Ascidien und Salpen. CCCLVI. 39. Kuh mit hoͤlzernem Vorderbeine. CCCLIII. 16. L. Lactation mit 62 Jahren. CCCLVIII. ag. Lallemand's Behandlung der Blaſenſcheide— ſiſteln. CCCLXIII. 176. Lampenlicht, nachtheiliger Einfluß deſſelben auf das Auge. CCCLV. 41 Lampyris italica, Funkeln der Leucht⸗ organe. CCCLVI, 90. Land, Erhöhung deſſelben. CCCLXXIII. 321. Leberabsceß, ungeheurer hydatiſcher. CCCLXVI. 224. Leberhydatiden. CCCLXIII. 178. Letellier's mikroſcopiſche Unterſuchung. CCCLXIL. 153. Lindley, Becbadtungen über die Wirkung der Kälte. CCCLXXIII. 321. Lithotritie, zur Geſchichte derſ. CCCLXXIII. 336. Longet, über die Functionen und Eigen: ſchaften der Ruͤckgratsnervenwurzeln und der verſchiedenen Bündel des Rüden: marks. CCCLVI, 53. Luft abzukühlen, Mittel. CCCL. g. Lunge, ſchwarzes Oedem derſ. CCCLXXI. 297. Lungenkrankbeiten, ſtethoſcopiſche Zeichen derf. CCCLXXII. 320. Luxatio radii congenita. CCCLXX. 288. Luxation, angeborne. CCCLVII. 80. Luxation des Mittelfußes. CCCLIX. 112. Lymphe, über die raſche Organiſation der: ſelben bei Cachexien. CCCLXIX. 265. M. Macula lutea im menſchlichen Auge. CCCLXVII. 234. 855 Made, R. H., Experimente uͤber die Frat: turen der platten Knochen. CCCLXV. 201. Magenroͤhrenkerzen. CCCLXV. 208. Malapterurus oder Gymnotus electricus. CCCLXI. 136. GCCLXXII. 305. Maſtdarmvorfall, neue Operation deſſelben. CCCLXIV. 190. Medoro, uͤber eine neue Heilmethode der eystocele vaginalis. CCCLIII. g. Menſchenracen, große Verſchiedenheit derf. CCCLxVII. 225. CCCLXVIIL, 241. CCELKIX. 487. Mikroſcopiſche Unterfuhungen über das Blut ꝛc. CCCLxXII. 153. Milzanſchwellungen, Zertheilung derſelben. CCCLXII. 160. Mittelfuß, Luxation deſſ. CCCLIX. 112. Mollusken, Blut d. nachtkiemigen. CCCLXV. 202. Monesia gegen Afterfiſſuren. 304. Muskeln, innerfte Structur und Bewegung derſ. CCCLXVI. 212. Mpftification in der Naturkunde. CCCLV. 41. CCCLXXI. N. Nautilus pompilius, von Valenciennes unterſucht. CCCLXIX. 265. Nekrolog. Ch R. W Wiedemann. CCCLIII. 8. — Ignaz Döllinger. CCCLIV. 26. Domenico Viviani. CCCLVII. 72. — S. R. Parrot. CCCLIX. 106. — Franz Bauer. CCCLXI. 136. — Sir Aſtley Cooper. CCCLXII. 176. — L. v. Pommer. CCCLXV. 208. — Dan. Ellis. CCCLXVIII. 2:0. — Felir Ca: vart. CCCLXX. 280. — v. Frölich. CCCLXXI. 298. — J. A. Tober. cccLxxI. 304. Nervendurchſchneidung bei Niuralgieen. CCCLXVI. 222. Nervenſyſtem, Erſchuͤtterung deſſelben bei Entbindungen. CCCLIV. 31. Neuralgie durch Electricität behandelt. CCCLXXII. 311. CCCLXXIII. 333. Newbigging, uͤber die therapeutiſchen Ei: genſchaften des Crotonoͤls gegen gewiſſe Nervenkrankheiten. CCCLXVI. 212. 556 Nieren, ungewöhnlich große bei einem Kinde. CCCLX. 128. D. Oberkiefer, Reſection deſſelb. CCCLXXIV. 352. Obſervatorium, magnetiſches. 186. Oedem, ſchwarzes, der Lunge. CCCLXXI. 297. Drang-Dutang. CCCLXVII. 233. Orfila, über Behandlung der Arſenikver⸗ giftung. CCCLXII. 183. Owen, Rich., üb. Structur und Bildung der Zähne der Squaloiden. GCCLVII. 81. CCCLXIV. P. Paralyſe des n. trigeminus. GCCLXXII. 319. Pavan, uͤber Behandlung des diabetes. CCCXIX. 270. Pentacrinus caput Medusae, CCCLXV. 104. Pflanzen, Wirkung der Kaͤlte auf dieſelben. CCCLXXIIL 321. Pflanzenabdruͤcke aus dem Mombacher Suͤßwaſſerkalke. CCCLX. 122. Philipp's Exſtirpation einer Eierſtocksbalg⸗ geſchwulſt. CCCLXX. 282. Pirondi, uͤber Sclerotikotomie. 29. Proſtata-Anſchwellung alter Maͤnner, Be— handlung derſ. CCL. 48. CCCLIV. R. Reflerbewegung. CCCLIV. 25. Reid's Ventilationsapparat. CCCLXXIII. 336. Renoir, über die Gletſcher, welche vor Al— ters den ſuͤdlichen Abhang der Vogheſen bedeckten. CCCLXIV. 177. Ke ie Reſection des Oberkiefers. CCCLXXIV. 352. Revaccination in Frankreich. CCCLXXIII. 335 · Rippen, Hyperoſtoſe derf., bei chroniſchem Empyem. CCCLXI. 143. Robert, über Entzündung der Vaginal⸗ ſchleimbaͤlge. CCCLXVII. 237. Robert's neue Operation des Maſtdarm⸗ vorfalls. CCCLXIV. 190. Ruͤckenmark, Krankheit deſſelben in ſeinen hintern Straͤngen. CCCLXX. 279 Ruͤckenmarksbuͤndel, deren Functionen. CCCLVI. 53. Ruͤckgratsnervenwurzel, deren Functionen. CCCLVI, 53. ©. Saamen aus alter Zeit. CCCLXXI. 297. Salpen, maͤnnliche Zeugungstheile derſelb. CCCLVI. 40. Schall, Fortpflanzung und Leitung befjelb. GSL XI. 5. Schall, Wirkungsart deſſelben. CCCLVII. 67. See, Zuruͤckweichen def. CCCLXXIII. 327. Sehnendurchſchneidung bei Fracturen. CCCLxXIxX. 272. Sehnendurchſchneidung, ſubcutane. CCCLXII. 160. Seidenraupen. CCCLXV. 202. Shand, uͤber die Wirkungsart des Schal— les. CCCLVII. 67. Singultus bei einer Ruͤckenmarkskrankheit. CCCLX. 128. Sonnenſtrahlen, in excitatoriſche und cons tinuatoriſche unterſchieden. CCCLIX. 106. Stanley, E., über einen Fall von Krank: heit der hinteren Straͤnge des Ruͤcken— marks. CCCLXX. 279. Steinoͤlquelle im Staate Kentucky in Nord. america. CCC XXXII. 311. Sterblichkeit bei der Engliſchen Armee und Marine. CCCLXXIII. 329. Stethofcopifhe Zeichen der Lungenkrank⸗ heit. CCCLXXI. 320. Stokes, uͤber Hyperoſtoſis der Rippen bei chroniſchem Empyem. CCCLXI. 143. Stottern, Operationen zur Heilung deſſelb. CCCLXVIII. 249. Strabismus , Operation CCCLXXIV. 352. Stuͤrme, Geſetz derſ. CCCLV. 39. Stürme, über. CCCLIII. 1. CCCLIV, 12. Sturmwinde, über. CCCLXXII. 308. Suͤßwaſſerpolypen. CCCLXVI. 214. Suͤßwaſſerſchnecken, Zoo-geologiſche Be— trachtungen über dieſelb. CCCLXXIV. 340. deſſelben. T. Temperaturverminderung nach Maaßgabe der Höhe üb. der Meeresflaͤche. CCCLIX. 97. Thiere, Verſchiedenheiten der Körpergröße derſ. CCXLX. 113. — CCCLXI. 129. CCCLXII. 145. Tirefond, S chraubzieher bei verſchiedenen Operationen. CCCLXI. 144. Travers, uͤber die Bruchoperation ohne Eröffnung des Bruchſackes. CSCLXXIV. 343. Trigeminus , Paralyſe dieſes Nerven. CCCLXXII. 319. Tuberkeln in Verbindung mit Mangel an Farbe des Blutes. CCCLXIII. 174. U. Uteri collum, Zuruͤckweichen deſſelben im hoͤheren Alter. CCCLXXIV. 352. Uterus, carcinomatöfer , exſtirpirt. CCCLXVIL. 230. ; V. Vaginalſchleimbaͤlge, Entzuͤndung derſelb. CCCLXVII. 37. Valenciennes, über das electriſche Organ des Silurus electricus, CCCLXXII. 305. Vanbeneden, P. J., Beobachtungen in Betreff d. Suͤßwaſſerpolypen. CCCLXVI. 214. Vautier, E., uͤber die wuthaͤhnliche Hydro⸗ phobie. CCCLXXIV. 348. Vogel ⸗Fußtritt « Spuren in Suͤdamerita. CCCLXIV. 186. Voigt, uͤber einen Fall von Paralyſe des n. trigeminus. CCCLXXII. 319. Volkskrankheiten. CCCLXVIII. 253. 3 A. Aubanel, H. CCCLXXIII. 336. B. Berard, A. CCCLXXII. 320. Bertulus, Euariste. CCCLXVI. 224. Bienaime, L. CCCLXV. 208. Bonnet, Aug. CCCLIX. 112. Bossier, Edm. CCCLIV. 31. Bourdon, Hipp. CCCLXI. 144. Sir D. Brewster. CCCLXXI. 303. Brochant de Villiers, A. J. M. CCCLXV. 207. C. Calder, F. CCCLIV. 32. Camuno, G. Z. CCCLVII. 79. Casenave, J. J. CCCLVIII. 96. Chomel, A. F. CCCLVI. 64. Colin. CCCLXIII. 175. Colin, CCCLXIX. 271, Colson, E. CCCLXIII. 176. Cretzchmar, Ph. Jac. CCCLX, 127. Crowther, C. CCCLXVII. 240. D. Desdouits, CCCLVI. 63. Despréaux, Cousin, CCCLVI. 63, ſt e 1. Vrolick, W., Anatomiſche Unterſuchung, Beſchreiburg und Glaffification der Dop⸗ pel⸗Mißgeburten. CCCLXXIV. 337. Reg i W. Waſſer, Gefrieren deſſelben. 72. Waſſer, merkwuͤrdige Beſchaffenheit an der Weſtkuͤſte von Africa. CCCLXIII. 167. CCCLVII. b. Io er a 2; DB Dieffenbach, J. F. CCCLXI. 144. — CCCLXVII. 240. Dieffenbach, Ernſt. CCCLXX, 287. Doubovitski. P, CCCLXVIII. 256. Dubreuil-Helion, CCCLXIII. 176. Duncan, James. CCCLXI. 149. E. Eastlake, Ch. L. CCCLIV. 31. Estor, J. L. CCCLXXIV. 351. F. Fennel, Jam. H. CCCLIX. III. Forbes, Fred. CCCLV. 48. G. Gairal, J. V. CCCLXVI. 224. Gendrin, A. N. CCCLXIII. 176. Geromini, F. G. CCCLVII. 80. Gilbert, J. CCCLV. 47. Girard, J. CCCLXV. 208. Girardin, J. CCCLV. 47. Goͤppert, H. R. CCCLXVII. 239. Gras, Alb. CCCLXIX. 271. Greenwood, R. CCCLXVII. 239. Griffiths, T. GCCLXV. 207. Guepin, A. CCCLXIX. 272. Guerin, Jules. CCCLVI. 64. Guibourt, N. J. G. CCCLV. 48, 857 Wellen, größte Höhe derſ. CCCLIII. g. Wilde, uͤber eine merkwuͤrdige Anhaͤufung von unverſteinerten Knochen und Alter⸗ thuͤmern in Ireland. CCCLXXI. 292. Wolken, Höhe derſelben. CCCLIII. g. 3. Structur derſelben. CCCLVIII. * Zaͤhne, 81. Zinkvitriol, Wirkung deſſ. CCCLVII. 80, ie. H. Haſſe, C. E. CCCLXVIII. 256. Henry, N. E. CCCLV. 48. Hoblyn, R. D. CCCLXII. 159. Höfer, Ferd. CCCLxXVIII. 255. Hyot, J. J. N. CCCLXXII. 319. J. James, C. CCCLX. 128. Johnson, Jam, CCCLXXI. 304. K. Käppelin, R. CCCLXI. 189. L. Lauvergne, H. CCCLXVIII. 255. M. Magistretti. CCCLVII. 80. Malgaigne, J. F. CCCLXIX. 72. Marchal, Ch. CCCLV. 42. Martin, C. A. F. CCCLV. 47. Martin, J. CCCLXXIV. 351. Mercier, L. A. CCCLIX. 112. Michelin, Hardouiu, CCCLXIV. 191. Montain, G. CCCLVIII. 96. 358 N. Naſſe, Fr. CCCLXXIV. 352. Necker. CCCLXIV. 191. O. Owen, Rich. CCGLXxXIII. 335. P. Paccini, Phil. CCCLVII. go. Petit, A. CCCLXXIV. 352. Peyne, J. M. M. CCCLXVI. 223. Piorry, P. A. CCCLXXIII. 336. Poole, R. CCCLIV. 32. Pouchet, J. A, CCCLXXII. 319. Re 3 i fe R. Reid, Hugo. CCCLXXIII, 335. Ribes, F. CCCLXIII. 178. Rigby, Dr. CCCLXII. 160. Ruthe, F. CCCLIX. III. S. Sainte-Preuve. CCCLVIII. 95. Sedillot, C. CCCLXIII. 176. Shukard, W. E. CCCLIII. 18. Simonin, Edm. CC CLXX. 288. Swainson, W. CCCLIII. 15. T. Thierry. Alex. CCCLXX. 288. Thomson, W. CCCLXXI. 304. Thomson, Dr. CCCLXII. 160. Thore, A. M. CCCLXXIII. 336. de la Tour du Pin Chambly, le Com- te. CCCLXX. 287. Tuson, E. W. CCCLX. 128. V. Vallin, A. F. CCCLXIV. 192. W. Weatherhead, J. Hume. CCCLIII. 16. Webster, J. CCCLIII. 18. Westwood, J. O. CCCLXI. 144. Whistlecraft, C. CCCLVIII. 95. Wiegmann, A. F. A. CCCLIX. III. CCCLXI. 143. Wightman, R. CCCLIII. 16. Wimmer, Friedr. CCCLVI. 63. Wunderlich, C. Aug. CCCLXXII. 320. Ueue Motizen aus dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von Ludwig Friedrich v. Froriep, des Ordens der Wuͤrtembergiſchen Krone und des Großherzogl. S. Weimar. Falken- Ordens Ritter, der Philoſophie, Medicin und Chirurgie Doctor und G. H. S. Ober-Medicinalrathe zu Weimar; Director der Königl. Preuß. Academie gemeinnuͤtziger Wiſſenſchaften zu Erfurt; der Kaiſerl. Leopoldiniſch-Caroliniſchen Academie der Na: turforſcher, der Ruſſ. Kaiſerl. Academie der Naturforſcher zu Moskwa, der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, der Wetterauer Geſellſchaft fuͤr die geſammte Naturkunde, der phyſicaliſch-mediciniſchen Societät zu Erlangen, der mineralogiſchen Geſellſchaft zu Jena, der Niederrheiniſchen Geſellſchaft der phyſiſchen und mediciniſchen Wiſſenſchaften, des landwirthſchaftlichen Vereins im Koͤnigreiche Wuͤrtemberg, der Société d' Agriculture, Sciences et Arts du Departement du Bas-Rhin, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Leipzig, der Senken— bergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft zu Frankfurt am Main, der Societas physico- medica zu Braunſchweig, der Medical Society zu Philadelphia, des Apotheker-Vereins fuͤr das noͤrdliche Deutſchland, des Vereins zur Befoͤrderung des Gartenbaues in Preußen, des Vereins für Blumiſtik und Gartenbau in Weimar, der Geſellſchaft zur Beförderung der geſammten Naturwiſſenſchaften in Marburg, der Schleſiſchen Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Cultur zu Breslau, der Societas medico-chirurgica Berolinensis, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Halle, des Kunſt⸗ und Handwerksvereins des Herzogthums Altenburg, der Accademia Pontaniana zu Neapel, der naturforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes, der Geſellſchaft für Natur- und Heilwiſſenſchaft zu Heidelberg, der Svenska Läkare- Sällskapet zu Stockholm, der mediciniſchen Facultaͤt der K. U. Univerfität Peſth, der Reformed Medical Society of the United States of America zu New- York, der Académie Royale de Médecine zu Paris, der Geſellſchaft des vaterlaͤndiſchen Muſeums in Böhmen zu Prag, der Société d' Agriculture de Valachie zu Buchareſt, der mediciniſchen Geſellſchaft zu Warſchau, des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten für die Beförderung der Staats-Arzneikunde und der Kaiſerl. Königl. Geſellſchaft der Aerzte in Wien, Mitgliede und Ehrenmitgliede; und Dr. Robert Sroriep, Königl. Preußiſchem Medicinalrathe und Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputation für das Medicinalweſen im Miniſterium der Geiftlichen =, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten; Profeſſor an der Friedrich-Wilhelms-Univerſitaͤt, Proſector an der Charité-Heilanſtalt, Lehrer der Anatomie an der Academie der Kuͤnſte, Mitgliede der Koͤnigl. Ober-Examinations-Commiſſion, practiſchem Arzte und Wundarzte in Berlin; Mitgliede und Correſpondenten der Königlichen Academie gemeinnuͤtziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Académie royale de Médecine zu Paris, der Hufelandiſchen mediciniſchen chirurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins fuͤr Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft fuͤr Natur- und Heilkunde zu Berlin, der Geſellſchaft für Erdkunde zu Berlin, der Svenska Läkare-Sällskapet zu Stockholm, der Societas physico- medica zu Moskau, der K. K. Geſellſchaft der Aerzte in Wien und des ärztlichen Vereins zu Hamburg; Ehren-Mitgliede des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal Beamten für die Beförderung der Staats-Arzneikunde und des Apotheker-Vereins im nördlichen Deutſchland. Acht z e hn ter Ban d. zwei und zwanzig Stücke (Nro. 375 bis 396), zwei Tafeln Abbildungen in Quarto, Umſchlag und Regiſter enthaltend. April bis Juni 1841. Im Verlage des Landes-Induſtrie⸗-Comptoirs zu Weimar. 1. u: . hrsg e 5 E A re ien * 5 y Mat re ng, * ex v, dee e 0 3 aM url ene ert Ke un . 40 f ‚nis; 8 5 2. — tende 10 4 Y MY 9 we 7 272 0 304 bee 55 Win 5 2 | — 257 . ** 90 1 „ a an e @ ann 5 } er Dirt fe * e n. mlt ee ite e Heere az Ara LEER 120 08 9 voce M W Nane 9 20 1 Im sine — ine Ani, ER b nde uch. r et ee A rar 111 „%% nd DFP 2 ir e eee en nl. HE e Al * rk ri Fe eh 92 I a . 40 Be er mir ne „iK on tu a 4 N esc An W Ye Win (nor m im orig Neue Üotizen a us dem Gebiete der Natur- und Beilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober- Medicinalrathe Frorie p zu Weimar, und dem Metieinatrathe und Prefeſſor Froriep zu Berlin. Mo. 375. (Nr. 1. des XVIII. Bandes.) April 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. a t ue 1 Te Fragmentariſche Bemerkungen über die geographi- ſche Vertheilung der Thiere. Von Iſidore Geoffroy; Saint Hilaire. 1) Allgemeine Betrachtungen und hiſtoriſcher Abriß in Betreff dieſer Wiſſenſchaft. Die Geographie der Zoologie laͤßt ſich, wie alle Zweige der Naturgeſchichte der Thiere, aus zwei Geſichtspuncten betrachten, auf zweierlei Art ſtudiren, entweder poſitiv oder ſpeculativ. Entweder zieht ſie die Beobachtung, die Erfah— rung zu Rathe und erforſcht gruͤndlich das Vaterland jeder Art, ſo daß ſie fuͤr alle Bezirke der Erdoberflaͤche eine voll— ſtaͤndige Liſte der zoologiſchen Bevoͤlkerung aufzuſtellen ſucht, oder ſie vergleicht alle direct oder mittelbar durch die Beobachtung erlangten Reſultate mit einander und gelangt ſo, auf dem Wege der Induction, zu neuen Reſultaten, welche ihrerſeits wieder zweierlei Art ſind. Bei dieſen Ver— gleichungen und Folgerungen kann uns naͤmlich entweder die Feſtſtellung des allgemeinen Characters der Thierracen in Betreff des einen oder andern Bezirks der Erdoberflaͤche als Ziel vorſchweben, oder wir werden uns zu Betrachtungen weit umfaſſenderer und hoͤherer Natur erheben und den Ge— ſetzen nachforſchen, nach welchen die geographiſche Verthei— lung der Thiere ſtatthat. Die ſpecielle oder die ſich auf Beobachtung gruͤndende Geographie des Thierreichs iſt nothwendig der allgemeinen vorhergegangen, indem ſie ſich zu letzterer verhaͤlt, wie die Praͤmiſſen zum Schluſſe, den man aus ihnen zieht. Ohne bis zu den alten Autoren zuruͤckzugehen, welche dieſen wich— tigen Zweig der Naturgeſchichte faſt durchaus nicht beruͤck— ſichtigt haben, dürfen wir den Urſprung deſſelben in's 15te und 16te Jahrhundert ſetzen. Er entwickelte ſich während jener allgemeinen Bewegung der Geiſter nach beſſerer Er— kenntniß der Beſchaffenheit unſeres Erdballs, zu welcher hauptſaͤchlich der Prinz Heinrich von Portugal mit den erſten Anſtoß gab, indem er zwar ſelbſt wenig leiſtete, aber viel leiſten ließ. In dieſer merkwuͤrdigen Zeit eröffnete ſich No. 1475. der Menſch zugleich neue Wege zu unbekannten Weltthei— len und zu neuen geiſtigen Gebieten, ſo daß die Graͤn— zen der phyſiſchen wie der Gedankenwelt fuͤr ihn erweitert wurden. Mitten unter dieſen großen und glaͤnzenden Entdeckun— gen entſtanden auch die erſten Vorarbeiten zu einer Geogra⸗ phie des Thierreichs. Die Bekanntſchaft mit einem neuen Laͤndergebiete beſchraͤnkt ſich nicht nur auf deſſen allgemeines Anſehen, Bewohner, Ausdehnung und Lage, ſondern hat auch das Studium ſeiner Producte in ihrem Gefolge. Die Nothwendigkeit dieſer Ergaͤnzung unſeres Wiſſens liegt ſo auf der Hand, daß ſie von den erſten Reiſebeſchreibern er— kannt worden ift , daher ſchon fie Notizen über die Geographie des Thierreichs mit ihren Berichten uͤber die eigentliche Geographie Hand in Hand gehen laſſen. Da dieſe Autoren aber keine vorbereitenden naturgeſchichtlichen Studien gemacht hatten, ſo haben ihre Angaben faſt nur ein hiſtoriſches Intereſſe, indem ſie den Anfang der hier in Rede ſtehenden Wiſſenſchaft bezeichnen, die ſich eigentlich erſt in der zweiten Hälfte des 18ten *) und im 1gten Jahr: *) Vor dem 18ten Jahrhunderte haben, meinen Nachforſchungen zufolge, der Geographie des Thierreichs nur genüßt: The: vet, einer der erſten Erforſcher Braſilien's, Jean de ter ry, welcher bald nach ihm die Bekanntſchaft mit demſelben Lande erweiterte; Hernandez, den Philipp II. nach Me⸗ rico ſandte; Bélon, Piſon, Marggraff, Jak. Pon⸗ tius, dem man intereſſante Nachrichten uͤber die Zoologie Java's verdankt; Plumier, durch den manche Naturerzeug— niſſe der Antillen zuerſt in Europa bekannt wurden. Aus dem 18ten Jahrbunderte nenne ich u. A. Cates by in Bezug auf mehrere Länder Nordamerica's; Bosman in Betreff Gui⸗ nea's; Kolbe in Beziehung auf das Vorgebirge der guten Hoffnung; Valentin hinſichtlich Oſtindien's; Sparr⸗ mann ebenfalls in Betreff des Vorgebirges der guten Hoff— nung; Sonnerat, Madagascar angehend; Torskal und Haffelquift in Bezug auf Aegypten und Acabien; Mars⸗ den hinſichtlich Sumatra's; Thunberg binſichtlich Japan's; Pallas, den in fo vieler Ruͤckſicht verdienten, Lepechin und Gmelin hinſichtlich Rußland's. Durch Azara haben 1 8 hunderte als ſolche conſtituirte und in einer Intereſſe ers weckenden Weiſe ausbildete. Die allgemeine Geographie des Thierreichs iſt weit ſpaͤ⸗ tern Urſprungs, und dennoch hat ſie ſich bedeutend fruͤher geltend gemacht, als man es, nach dem natürlichen Laufe der Dinge, haͤtte erwarten ſollen. Denn Niemand wird Buffon den Ruhm abſprechen konnen, daß er fie geſchaf— fen und zwar ſchon zu einer Zeit, wo man deren Moͤglich— keit kaum ahnete, zu einer hohen Stufe entwickelt habe. Buffon, dem es an anatomiſchen Kenntniſſen gebrach, und der ſich durch vorgefaßte Theorieen verleiten ließ, den Einfluß des Clima's auf die Entwickelung der Thiere allzu— hoch anzuſchlagen, iſt allerdings in manche mehr oder weni— ger erhebliche Irrthuͤmer verfallen, die er jedoch zum Theil ſpaͤter ſelbſt erkannt und berichtigt hat. Deßhalb bleibt aber nichtsdeſtoweniger wahr, daß Buffon ſich durch die Erſchaffung der allgemeinen Geographie des Thierreichs ewi— gen Anſpruch auf hohe Anerkennung erworben, ja daß ſeine Schriften in keiner andern Beziehung ein ſo maͤchtiges Ab— ſtractionsvermoͤgen, ja ich moͤchte ſagen, Divinationsvermoͤ— gen bekunden. So oft man auch wiederholt hat, man ſolle ſich in der Naturgeſchichte lediglich an die Erfahrung halten, ſo ſind doch die von Buffon über die geographiſche Vertheilung der Thiere feſtgeſtellten oder angezeigten Geſetze durchaus keine ſtreng logiſchen duͤrren Schluͤſſe aus den zu ſeiner Zeit wiſſenſchaftlich anerkannten Thatſachen. Sie tragen viel— mehr den Character jener Abſtractionen oder Hypotheſen an ſich, welche auf noch vereinzelt daſtehende Umſtaͤnde hin ge— faßt und durch einige andere bekannte Dinge unterſtuͤtzt, aber keineswegs unwiderleglich erhaͤrtet wurden, folglich zur Demonſtration einigermaßen allgemeiner Beziehungen wir in der fraglichen Beziehung Nachrichten uͤber Braſilien, durch den, trotz ſeiner Unzuverlaͤſſigkeit, nicht zu uͤberſehenden Molina uͤber Chili, durch Steller und Otto Fabricius uͤber die noͤrdliche kalte Zone, durch Commerſon, Banks, Solander und Forſter, von denen der erſte Bougain— ville, die andern Cook auf Reiſen um die Welt begleiteten, uͤber viele Theile der Erde gewonnen. Spaͤter, auf der Graͤnze des 18ten und 19ten Jahrhunderts, haben mein Vater und Savigny Aegypten in der fraglichen Hinſicht ſo weit durch— forſcht, als der Sieg die franzoͤſiſchen Heere fuͤhrte. Von nun an werden die Namen der Forſcher immer gehaͤufter. Hum— boldt, Ehrenberg, der Prinz von Neuwied, Ruͤppel, Spix und Martius, Tileſius, Meyen, Kuhl, Van Haſſelt, Siebold, Bürger, Naccari, Nardo, Sco— resby, Chamiſſo, Raffles, Horsfield, Sykes, Ri⸗ chardſon, Sabine, Long, Franklin, Dr. Smith, Webb ꝛc. haben unſere Kenntniſſe weſentlich vermehrt. De: lalande allein lieferte vom Vorgebirge der guten Hoffnung über 14,000 Thiere in unſer Muſeum; Leſchenault, Du: vaucel, Jacquemont, Roux opferten ſich der Wiſſen⸗ ſchaft; Léſueur ward der wuͤrdige Mitarbeiter Pé roms; Aug. de Saint Hilaire, Bonpland, Gaimard, Quoy, D'Orbigny, Gaudichaud, Ménsétriés, Gay, Leſſon, Garnot, Duſſumier, Belanger, Verreaux, Rang, Joannis, Diard, de Caſtelnau, Bernier, Goudot, Sganzin, Berthelot ꝛc. find Männer, denen, wie die Zoologie uͤberhaupt, ſo auch die Geographie des Thier— reichs die ſchaͤtzbarſten Erwerbniſſe verdankt. 4 unzulaͤnglich waren. Man muß die Schriften jenes Zeit: raums, man muß Buffon ſelbſt leſen, um ſich zu uͤber— zeugen, von wie vielen der verhaͤltnißmaͤßig weniger damals bekannten Thieren man das Vaterland nicht angeben konn— te, und von wie vielen man es falſch angadz. Buffon hat alſo zu einer Zeit, wo die Geographie des Thierreichs noch ſehr unvollſtaͤndig und großentheils unrichtige Quellen darbot, Geſetze durchſchaut und veröffentlicht, deren Gültigs keit ſich ſpaͤter herausſtellte, und deren allgemeine Anwend— barkeit mehr und mehr einleuchten wird *). 2) Von den Beziehungen zwiſchen der Geographie des Thierreichs und der Palaͤontologie. Einer der wichtigſten, aber auch ſchwierigſten und bis jetzt noch am wenigſten unterſuchten Fragen der Geographie des Thierreichs iſt die urſpruͤngliche Vertheilung der Thiere auf der Erdoberfläche, Dieſes große Problem, welches durch ſo zahlreiche Umſtaͤnde verwickelt wird, wird unſtreitig noch lange ſeiner Erledigung harren, ja es moͤchte dem menſchli— chen Geiſte wohl nie gelingen, daſſelbe vollſtaͤndig zu loͤſen. Aber auch die bloße Annäherung an dieſes Ziel iſt nuͤtzlich und erſtrebenswerth, und wenn die Wiſſenſchaft den uͤber der Entſtehung der Thier- und Pflanzenſpecies liegenden Schleier auch nicht völlig aufheben kann, fo darf fie doch nicht darauf verzichten, ihn zu luͤften. Wer ſich in den engen Kreis der unmittelbaren Beob— achtung und der unmittelbar **) aus dieſer abzuleiten: den Schluͤſſe bannt, der kann ſich allerdings nie uͤber die, noch dazu ſehr luͤckenhafte, Erkenntniß des gegenwaͤrtigen Zu— ſtands der Dinge erheben. Fuͤr denjenigen aber, welcher ) Die Hauptgeſetze, welche Buffon in Betreff der geographis ſchen Vertheilung der Thiere aufgeſtellt hat, ſind zu bekannt, als daß ich es für noͤthig hielte, fie hier anzufuͤhren. Es ift dieß bereits in meinen Considerations jgenerales sur les Mammifeères, I. Vol. in 18. 1824, S. 241. geſchehen, fo wie auch der Artikel Mammiferes des Dictionnaire classique d'histoire naturelle, T. X., p. 123 darüber zu Rathe gezo— gen werden kann. Auch der unlaͤngſt von meinem Vater uͤber Buffon geſchriebene Artikel (S. Fragments biographiques, I. Vol. in 8. 1838. ©. 58.) kann in dieſer Beziehung nach— geſchlagen werden. Daſelbſt wird gezeigt, wie Buffon ſich bei feinen Forſchungen über die Geſetze der geographiſchen Vers theilung der Thiere häufig auf einen eben fo hohen als rich— tigen Standpunct ſtellte, indem er ſeine Schluͤſſe nicht nur auf Thatſachen von geringer Zahl gruͤndete, ſondern in man— chen Faͤllen den damals als wahr geltenden Thatſachen zum Trotze ſeine Anſichten bildete. %) Ich entlehne dieſen Ausdruck aus einer ſehr bemerkenswer— then Stelle, welche ſich in einer der letzten Schriften Cu: vier's findet. Bei Gelegenheit der Darlegung des Planes, den man bei einer neuen Sammlung von Abhandlungen uͤber die Naturgeſchichte zu befolgen gedenke, ſpricht er ſich folgen— dermaßen aus: „Ohne ſich des Rechts, die unmittelbaren Folgerungen, welche ſich aus den von ihnen beobachteten Thatſachen ergeben, anzufuͤhren, vollſtaͤndig zu begeben, beabſichtigen fie (die hier in Rede ſtehenden Schriftfteller), doch in dieſer Sammlung hauptſaͤchlich die Darlegung die: ſer Thatſachen nach allen ihren Einzelnheiten und Umftänden zu liefern, fo daß dieſes Magazin nur po: ſitive Thatſachen enthalten wird.“ 5 nicht nur beobachten und erperimentiren, ſondern auch In— ductionen vornehmen zu duͤrfen glaubt, oͤffnen ſich auf allen Seiten neue Bahnen; mit dem Zweck erweitern ſich auch die Mittel; Raum und Zeit beſchraͤnken den Forſcher nicht mehr. Die ganze Zoologie beſteht aus den drei Haupt— problemen: das Thierreich aufzufaſſen, wie es iſt; aus deſ— ſen gegenwaͤrtigen Zuſtande zu folgern, was es einſt ge— weſen; aus der Vergleichung des Geweſenen mit dem Ge— genwaͤrtigen zu erforſchen, was es ſeyn werde.) Den ganzen Umfang dieſer inhaltſchweren Fragen kann der menſch— liche Geiſt nicht faſſen, allein Jeder kann zur Loͤſung derſel— ben ſein Scherflein beitragen. Auf dieſe Art kann jene fuͤr die ſich auf trockene und unmittelbare Beobachtung beſchraͤnkenden Naturforſcher un— zugaͤngliche große Frage ruͤckſichtlich der geographiſchen Ver— theilung der Thiere in der Urzeit von denjenigen in das Gebiet der Forſchung gezogen werden, welche neben den Re— ſultaten der naturhiſtoriſchen Beobachtung alle gegenwaͤrtig zugaͤnglichen Quellen menſchlicher Erkenntniß benutzen, um ſich zu allgemeinen Folgerungen zu erheben. Aus den da— hingeſchwundenen Jahrhunderten, ſelbſt denen, welche der Exiſtenz des Menſchen vorangingen, ſind uns noch glaub— hafte Zeugen geblieben. Durch die graͤnzenloſe Macht des durch das Inductionsvermoͤgen unterſtuͤtzten Beobachtungs— geiſtes ſind die Truͤmmer der Vorzeit aus der tiefen Nacht, in der ſie begraben lagen, an's Tageslicht gebracht worden. Die alten Bewohner der Erde ſind wieder auferſtanden, und der Menſch hat ſich zum Zeitgenoſſen Derjenigen gemacht, welche viele Jahrtauſende vor ihm zu Grabe getragen worden. Buffon, Pallas, aber zumal Cuvier **) haben alle Zoologen berufen, ihnen zu folgen und aus jener an hohem Wiſſen ſo reichen Quelle Licht uͤber die einſtige geo— graphiſche Vertheilung der Thiere zu gewinnen. Allein waͤre dieß etwa die einzige uns eroͤffnete Bahn? Koͤnnen wir die Urbewohner der Erde nur aus den in den Schichten der Erdrinde der Ausgrabung harrenden Reſten derſelben erken— nen? Kann uns die Natur in ihrer gegenwärtigen Beſchaf— fenheit nicht auch uͤber ihre ehemaligen Verhaͤltniſſe auf— klaͤren? Faßt man die vorzuͤglichſten Elemente der Frage zu— ſammen; erwaͤgt man aufmerkſam die Beziehungen, welche die alte Ordnung der Dinge nothwendig zu der gegenwaͤr— tigen haben muß, ſo gelangt man vorerſt im Allgemeinen ) Herr Aug. Comte hat in ſeinem Cours de philosophie po- sitive ſehr deutlich dargethan, daß die Fähigkeit, in die Zus kunft zu ſchauen, ein characteriſtiſches Kennzeichen jeder aͤchten Wiſſenſchaft iſt. Daſſelbe hat neuerdings Herr de Blain— ville in folgendem durch ſeine Buͤndigkeit bemerkenswerthen Satze ausgeſprochen: „Die Vorausſicht iſt ein weſentlicher Character eines bis zum Range der Wiſſenſchaft ausgebildes ten Aggregats von Kenntniſſen.“ S. Comptes rendus des s6ances de Académie des sciences. T. IX. p. 645. **) Die Arbeiten Cuvier's über die Foſſilien find und bleiben ſtets die beredteſte Widerlegung der in der (oben in einer An— merkung) angezogenen Stelle ausgeſprochenen Anſichten jenes beruͤhmten Mannes. 6 zu der Erkenntniß, daß die Vergangenheit ſicher in der Ge— genwart tiefgehende Spuren zuruͤckgelaſſen hat. Warum ſollte alſo das Inductionsvermoͤgen, auf Beobachtungen ge— ftügt, dieſe Spuren nicht verfolgen duͤrfen, wie ein geuͤbtes Auge die Hauptzuͤge des einſtigen Kindesgeſichtes ſelbſt un— ter den Runzeln des Alters zu entdecken vermag? Verhaͤlt es ſich nicht im Großen mit der Entwickelung des Erdballs, wie im Kleinen mit der Entwickelung eines Menſchen? Eine Altersperiode folgt der andern und druͤckt dem Subjecte ſeinen eigenthuͤmlichen Staͤmpel auf; ſie modificirt und ver— aͤndert, aber bewirkt keinen Austauſch, und mitten unter allen dieſen Umbildungen findet man ſtets etwas Unveraͤn— derliches und Identiſches wieder. Wendet man dieſe allerdings vage und dunkele Analo— gie, dieſe zweifelhafte und beſtreitbare Folgerung im Allge— meinen auf die Vergleichung der Jetztwelt mit der Vorwelt an, ſo befindet man ſich alsbald auf dem feſten Boden der Gewißheit, wenn man ſich darauf beſchraͤnkt, die geogra— phiſche Vertheilung der jetzt lebenden Thierracen mit der der ausgeſtorbenen zu vergleichen. Hat man, in der That, den Urſprung der Erſtern nicht von den Letztern abzuleiten? Die heutigen Naturforſcher theilen ſich in dieſer Beziehung in Anhaͤnger zweier Syſteme, deren eines mein Vater in verſchiedenen Abhandlungen zu beweiſen geſucht hat *), und deren anderes Cuvier aufſtellte, die uns aber beide uͤber die hier eben aufgeſtellte Frage, im Grunde genommen, den: ſelben Beſcheid geben. Nach dem erſtern iſt das Ausſterben vieler Waſſer— thiere und die allmaͤlige Umbildung anderer durch Veraͤnde— rungen in der Temperatur, wahrſcheinlich auch in den che— miſchen Beſtandtheilen der Atmoſphaͤre, oder in den aͤußern Umſtaͤnden uͤberhaupt, veranlaßt worden. Die umgebildeten Thiere find in Anſehung der Größe, Verhaͤltniſſe, Formen nach und nach zu dem geworden, was ſie jetzt ſind. Auf dieſe Weiſe waͤren, z. B., die Elephanten und Crocodile, die jetzt leben, wenngleich ſie ſich von den vorweltlichen Thieren derſelben Gattung merklich unterſcheiden, dennoch die Nachkommen der letztern; ihr Organismus haͤtte ſich mit den gegenwaͤrtigen Bedingungen in's Gleichgewicht geſetzt, und waͤre, wenn man es ſo nennen will, ausgeartet oder verkruͤppelt. (Schluß folgt). Ueber die Wirkung des farbigen Lichtes auf die Pflanzen enthaͤlt das Journal of the Franklin Institute folgende, leider anonyme, Mittheilung. „Ich brachte in einen Kaſten ) S. u. A. das Meémoire sur le dégré d’influence du monde ambiant, in den M&m. de l’Acad, des Sciences. T. XII, p. 95. Derſelbe Band enthält mehrere andere wichtige Abhandlun⸗ gen meines Vaters uͤber die foſſilen Crocodile und die Zaͤhne der ausgeſtorbenen Nagethiere. 7 etwas Kreſſenſaamen und ſtellte Flaſchen, welche mit einer mit Carmin, mit Chromkali, eſſigſaurem Kupfer und ſchwe— felſaurem Ammonium bereiteten gefärbten Fluͤſſigkeit ges fuͤllt waren, fo (an den Kaſten), daß die ganze Erdoberfläche, mit Ausnahme eines kleinen Raumes, einem Lichte ausge— ſetzt war, welcher drei Viertheile eines Zolles dieſer Fluͤſſig— keit hatte durchlaufen muͤſſen. Einige Tage hindurch war der einzige wahrnehmbare Unterſchied, daß die Erde unter dem gruͤnen und blauen Lichte feucht blieb, dagegen unter dem rothen und gelben Lichte ſchnell trocknete. Die plu- mula brach unter den blauen und grünen Fluͤſſigkeiten fruͤ— her aus der Oberhaut hervor, ehe irgend eine Veraͤnderung in den andern Theilen bemerkbar ward. Nach zehn Tagen ſtand unter der blauen Fluͤſſigkeit ein Buͤſchel Kreſſe von fo hellem Grün, als irgend eine in vollem Lichte waͤchſ't, aber viel reichlicher. Unter der grünen Fluͤſſigkeit waren die Kreſſenſchoͤßlinge ſpaͤrlich und von blaſſer, ungeſunder Farbe. Unter der gelben Fluͤſſigkeit erſchienen nur zwei bis drei Pflanzen; doch waren dieſe weniger blaß, als die im gruͤnen Lichte aufgeſchoſſenen. Unter der rothen Flaſche war die Zahl der gewachſenen Pflanzen auch klein, doch aber etwas größer, als an der mit Gelb bedeckten Stelle; auch fie was ren von ungeſunder Farbe. Ich kehrte nun die Ordnung der Flaſchen um, ſtellte die rothe an die Stelle der blauen und die gelbe an die Stelle der gruͤnen. Nach einigen Tagen ſchien die geſunde Kreſſe bleich geworden, waͤhrend ei— nige wenige ungeſunde Pflanzen ſich zu zeigen anfingen, von dem Einfluſſe der blauen Strahlen auf die urſpruͤng— lich dem Roth unterworfen geweſenen Flecken. Es iſt hier— aus deutlich, daß die rothen und gelben Strahlen nicht al— lein das Keimen verzoͤgern, ſondern poſitiv als Lebensprin— cip in dem Saamen zerſtoͤren. Länger fortdauernde Aus— ſetzung ohne Bedeckung, mit paſſender Waͤrme und freier Luft, kurz Alles, was Wachsthum beguͤnſtigen kann, und es ſchlaͤgt fehl, die verkuͤmmerte Vegetation wieder zu bele— ben. Ich habe dieſe Verſuche vielmal wiederholt, mit den Fluͤſſigkeiten wechſelnd, allein die Reſultate waren die— ſelben. Gegenwärtig habe ich die obigen facta auffallend erlaͤutert vor mir, waͤhrend die unter dem chromſauren Kali befindlichen Saamen ganz ohne alle Pflanzen ſind. 8 Dieſe Reſultate verdienen die Aufmerkſamkeit derjenigen, welche mit dem Studium der Pflanzen- Oeconomie ſich bes ſchaͤftigen. Miscellen. Der Thanatometer iſt ein Inſtrument, welches Fr. Naſſe zur Unterſcheidung des wirklichen Todes vom Scheintode empfiehlt. Es iſt ein Fiſchbeinſtab, an deſſen einem Ende ein Eleis nes Thermometer in der Richtung des Stabes angebracht. Die in einer Glasroͤhre eingeſchloſſene Scale des Thermometers geht nur bis 40 Grad. Die Kugel iſt von einer durchbrochenen Capſel aus duͤnnem Blech umgeben.. Für Kinder find Länge des Stabes und Groͤße der Thermometerkugel nach Verhaͤltniß kleiner. Das Inſtrument wird durch den Schlund in den Magen eingefuͤhrt, um die Wärme des Magens, alſo die innere Wärme des Körpers, zu erforſchen. Mit dem wirklichen Tode iſt ein conſtantes Sinken der Temperatur vorhanden; bei dem Scheintode dagegen erhält ſich die Waͤrme in den innern Theilen auf einem betraͤchtlichen Grade, ſelbſt wenn die aͤußern Theile in der Umgebung ſehr be— traͤchtlich abgekuͤhlt worden ſind. Die Waͤrme des Koͤrpers kann unter noch dauerndem Athemholen bei warmbiütigen Thieren, und fo wahrſcheinlich auch bei'm Menſchen, bis auf 13! Grad hinabge— hen. Sinkt fie aber, welches auch ihr Stand bei'm Aufhören des Athmens geweſen ſeyn möge, nach dieſem Aufhoͤren fortwährend und auch bei'm Lufteinblaſen noch tiefer, fo iſt der Ausſpruch bes gruͤndet, daß der wirkliche Tod eingetreten ſey. Ein Unterſchied iſt zu machen, ob der Tod durch Krankheit oder durch ploͤtzliche Entziehung des Athemholens bewirkt iſt; in beiden Faͤllen iſt fort— waͤhrendes Sinken der innern Waͤrme ein Zeichen des Todes; im letzten Falle braucht dieſes Sinken nicht tiefer als 20, im erſten dagegen bis zu 13 Grad zu gehen. Bei ungewiſſer Todesart muß die Meſſung 13 Grad zeigen, um Gewißheit des Todes zu geben. Von einer, wie es ſcheint, beſonders für den Unter— richt ſehr nuͤtzlichen Einrichtung des Mikroſcops hat Herr Donne in ſeinen zu Paris gehaltenen Vorleſungen über mis kroſcopiſche Anatomie Nachricht gegeben: „Meine Mikroſcope,“ ſagt er, „bringen gleich ihr Licht mit: eine kleine Lampe ſteht in einer Art Blendlaterne, welche ſo an das Mikroſcop angepaßt iſt, daß ſie auf den reflectirenden Spiegel volles Licht wirft. Alle uͤbrigen Theile des Inſtrumentes find unverruͤckt feſt; z. B., das Object wird auf dem platinum durch eine kleine Compreſſe feſtgehalten, fo daß, wenn der focus einmal gehörig geſtellt iſt, das Inſtrument von einer Perſon an eine andere weiter gegeben werden kann, ohne daß irgend etwas Anderes weiter vonnöthen wäre, als das Auge auf den Gegenſtand zu richten. Für cliniſche Unterſuchung wird das ungemein vortheilhaft werden. ll un, Ueber die Behandlung der Myopie mittelſt Durch— ſchneidung des musc. obliquus inferior bei deſſen Einfuͤgung in die orbita. (Schreiben des Herrn Bonnet, Oberchirurgen am Hötel-Dieu, in Lyon, an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften.) „Unter'm 18. Februar 1841 richtete ich an die Aca— demie einen verſiegelten Brief, in welchem ich darzulegen ſuchte, daß die Myopie in Folge eines rings um das Auge ausgeuͤbten Druckes ſtattfinden koͤnne, daß die Zuſammen— druͤckung hauptſaͤchlich durch die beiden muse. obliqui aus- geuͤbt werde und ſich mittelſt der Durchſchneidung dieſer Muskeln an irgend einer Stelle ihrer Ausdehnung heben laſſe. Ich zeigte an, daß ich, nachdem mir die vordere In— ſertion des muse. obliquus inferior als der bequemſte Punct zur Zertruͤmmerung des, meiner Anſicht nach, das 9: Auge zuſammendruͤckenden Stranges erſchienen, die Durch ſchneidung dieſes Muskels am 14. Februar bei einem an amaurotiſcher Myopie leidenden jungen Manne bewirkt ha— be, und daß die unmittelbar darauf eintretende Verbeſſerung der Sehkraft mir die Richtigkeit der wiſſenſchaftlichen Ans ſicht, auf die ich mich bei der Operation geſtuͤtzt, dargethan habe. Obwohl mir jedoch die an drei mit durchaus nicht complicirter Myopie behafteten Individuen ausgeführten Ope— rationen die befriedigendſten Reſultate gegeben hatten, wollte ich dennoch neue Beobachtungen abwarten, bevor ich die in meinem Schreiben vom 18. Februar niedergelegten Reſul— tate der Oeffentlichkeit uͤbergaͤbe, als mir die am 15. März von Herrn Jul. Guerin der Academie gemachte Mitthei— lung zu Geſichte kam, in welchem dieſer Chirurg die Aca— demie von einer durch ihn zur Heilung der Myopie ohne strabismus ausgeführten Operation in Kenntniß ſetzt, wel: che in der Durchſchneidung der mm. rectus externus et internus des Auges beſteht. Obwohl ſich nun zwiſchen uns kein Streit wegen der Prioritaͤt erheben kann, weil die von uns angewandten Operationen eben ſo verſchieden ſind, als die wiffenfchaftlichen Anſichten, aus denen fie hervorge— gangen, ſo glaube ich doch das Reſultat meiner Unterſu— chungen uͤber die Urſachen der Myopie und uͤber die von mir zu deren Heilung erfundenen und ausgefuͤhrten neuen Operationen dem Publicum nicht laͤnger vorenthalten zu duͤrfen. Der Gedanke, mich mit der Heilung der fraglichen Krank— heit zu beſchaͤftigen, ward mir durch den von Herrn Philips gemachten Vorſchlag, zur Hebung der Myopie den muse. obliquus superior zu durchſchneiden, fo wie die von mir haͤufig bewaͤhrt gefundene und von allen denen, welche die Operation wegen strabismus oft ausgefuͤhrt, wahrge— nommene Bemerkung an die Hand gegeben, daß, wenn die Myopie vom Schielen begleitet iſt, fie durch die Durchſchnei— dung der verkuͤrzten Muskeln ebenfalls gehoben wird. Dieſe Heilung, welche ſich nach dem jetzigen Stande der Wiſſen— ſchaft nicht vorausſehen ließ, fuͤhrte mich zur Erkenntniß des Einfluſſes der Muskelverkuͤrzung auf Erzeugung der Myo— pie, ſo wie auf die naͤhere Ergruͤndung des zwiſchen beiden Er— ſcheinungen beſtehenden Verhaͤltniſſes. Nach einer Aufein— anderfolge von Schluͤſſen, deren Mittheilung mich hier zu weit führen würde, und die ſich hauptſaͤchlich auf die be— kannten Geſetze der Anpaſſung des Geſichtsorgans in Be— treff der naheliegenden Gegenſtaͤnde gruͤndete, mußte ich an— nehmen, daß der Zuſtand, in welchem ſich das Organ zum deutlichen Sehen dieſer Gegenſtaͤnde eignet, derjenige iſt, wo ſein Durchmeſſer, von Hinten nach Vorn gemeſſen, durch eine kreisfoͤrmige Zuſammendruͤckung verlängert wird, kurz derjenige, in welchem es die einem Operngucker aͤhnliche Einrichtung annimmt, deſſen Objectiv- und Ocularglas von einander entfernt worden ſind, und durch den man nur die nicht ſehr entfernt liegenden Gegenſtaͤnde deutlich erkennen kann. Folgender Verſuch ſtellte die Richtigkeit der theoretiſchen Gruͤnde, auf welche ſich dieſe Anſicht ſtuͤtzte, außer Zweifel. Ich nahm das Auge eines weißen Kaninchens (Kanin— chen⸗Albinos), und nachdem ich alle weichen Theile von dem— 10 ſelben abgeloͤſ't hatte, richtete ich deſſen Hornhaut gegen ein entferntes Fenſter. Als ich nun von Hinten gegen daſſelbe ſah, erblickte ich ein ſcharfes umgekehrtes Bild des Fenſters, welches ſich auf dem Hintergrunde des Auges darſtellte, wie Magendie bereits dargethan hat, von dem ich die Idee entlehnte, mich zum Studium der Einwirkung des Auges auf das Licht der Augen von Kaninchen-Albinos zu bedie— nen. Wenn ich jedoch das zwiſchen den Fingern gehaltene Auge zuſammendruͤckte, ſo wurde das vorher ſcharfe Bild alsbald verworren und wie mit einem Nebel bedeckt; ſo wie die Compreſſion aufhoͤrte, erhielt es ſeine Schaͤrfe wieder, und dieſe abwechſelnde Deutlichkeit und Undeutlichkeit ließen ſich mit der groͤßten Leichtigkeit wiederholt hervorrufen. Nachdem ich durch das Kaninchenauge ferne Gegen— ſtaͤnde angeſehen, verſuchte ich, ob ich durch daſſelbe die nur wenige Centimeter entfernte Flamme einer Kerze wahrneh— men koͤnne. Unter dieſen Umſtaͤnden wurde die Deutlich— keit des Bildes durch die Zuſammendruͤckung des Auges nicht vermindert, ja ſie ſchien mir in dem Grade zuzunehmen, daß die kreisförmige Compreſſion des Auges die Erſcheinun— gen der Myopie, naͤmlich das verworrene Sehen ferner und das deutliche Sehen naher Gegenſtaͤnde, ziemlich genau her— vorbrachte. Durch dieſen Verſuch in der Anſicht beſtaͤrkt, daß eine auf das Auge ausgeuͤbte kreisfoͤrmige Zufammendrüduug dieſes Organ in den Zuſtand verſetze, wo es lediglich fuͤr das deutliche Sehen benachbarter Gegenſtaͤnde geeignet iſt, forſchte ich nach, welches die Muskeln ſeyen, welche eine ſolche Wirkung hervorbringen koͤnnten, und ich glaubte mich davon zu uͤberzeugen, daß dieß einzig und allein die mm. obliqui wären. Dieſe beiden Muskeln ſtreichen gegen eins ander zu und vereinigen ſich an der Stelle der selerotica, welche mitten zwiſchen ihren beiden Enden liegt, ſo daß ſie eine Verſchlingung von Muskelfaſern und Aponeuroſen bil— den, welche die Haͤlfte des Auges umfaßt. Sie koͤnnen ſich nicht zugleich contrahiren, ohne dieſes Organ, welches ſie gleich— zeitig nach Innen und Vorne ziehen, zuſammenzudruͤcken. Von der Moͤglichkeit dieſer Zuſammendruͤckung uͤberzeugte ich mich, indem ich an einem Menſchenauge die beiden Enden dieſer Muskeln bloßlegte und die Art und Weiſe, wie die— ſelben auf das Auge einwirken, wenn man an ihren Faſern zieht, beobachtete. Nachdem mich alle dieſe Gruͤnde in der Anſicht beſtaͤrkt hatten, daß die Myopie wohl eine Folge einer durch die mm. obliqui auf das Auge ausgeuͤbten Compreſſion ſeyn koͤnne, verſuchte ich dieſe Zuſammendruͤckung mittelſt Durch—⸗ ſchneidung dieſer Muskeln an irgend einer Stelle ihrer Aus— dehnung zu heben. Ich wählte die innere Einfügungsftelle des m. obliquus inferior, um welche her ſich durchaus kein Nerv und keine Arterie befindet, und die man mittelſt der operatio subcutanea ſo leicht durchſchneiden kann. Zur Ausfuͤhrung dieſer Operation braucht man nur einen Stich in die Mitte des untern Augenlids zu bewirken und durch dieſen ein ſtumpfes geknoͤpftes? Tenotom einzufuͤhren, deſſen Ende man hinter- und innenwaͤrts an der untern Wand des Augapfels hin einführt. Sobald es 3 Centi— 11 meter weit eingedrungen iſt, führt man es vorwärts, bis man es unter der Haut fuͤhlt. Unter dieſen Umſtaͤnden wird nothwendig die Inſertion des muse. obliquus infe- rior durch das Tenotom angehakt und völlig durchſchnitten, zumal wenn man die Vorſicht gebraucht, daß man die Schneide des Inſtrumentes niederwaͤrts und vor die art. maxillaris superior richtet. Nachdem ich dieſe Operation an Leichen ſtudirt und mich durch Verſuche an lebenden Thieren von deren Unge— faͤhrlichkeit uͤberzeugt hatte, auch uͤber die Richtigkeit der phyſikaliſchen und anatomiſchen Grundlagen, auf welche ich die Operation wegen Myopie gruͤndete, durchaus keinen Zwei— fel mehr hegen konnte, ſo fuͤhrte ich ſie zum erſten Male den 14. Febr. 1841 an einem Patienten aus. In dieſem und allen ſpaͤtern Fällen fand ich, daß die Durchſchneidung des muse. obliquus inferior durchaus keine unguͤnſtigen Zufaͤlle in ihrem Gefolge hat. In dem Augenblicke, wo man das Tenotom herauszieht, laͤuft aus der Stichwunde eine gewiſſe Quantitaͤt Bluts und daſſelbe filtrirt in das Zellgewebe der Augenlider. Nach 24 — 48 Stunden hat ſich die dadurch veranlaßte Geſchwulſt geſetzt; allein die durch die Ecchymoſe hervorgebrachte blaͤuliche Faͤrbung verſchwin— det erſt nach 1 — 2 Wochen gaͤnzlich. Das Auge bleibt von den in ſeiner Nachbarſchaft vor ſich gehenden Veraͤnde— rungen gaͤnzlich unbetheiligt, oder die Bindehaut wird hoͤch— ſtens gegen den dritten oder vierten Tag hin, wo das ergoſ— fene Blut ſich während des Reſorptionsproceſſes verbreitet, ein Wenig ecchymotiſch. Was den heilſamen Erfolg der Operation anbetrifft, ſo war derſelbe, wie ſich leicht denken laͤßt, je nach der Be— ſchaffenheit des Krankheitsfalles, verſchieden. Ich ſuchte hauptſaͤchlich ſolche Kurzſichtige auf, die es in Folge des anhaltenden Betrachtens nahe liegender Gegenſtaͤnde gewor— den waren; denn auf dieſe Art von Myopie ſchien mir die Theorie von der Verkürzung der mm. obliqui beſonders zu paſſen, indem anzunehmen war, daß dieſe Muskeln nach und nach die Faͤhigkeit, ſich nach der, des Betrachtens naher Gegenſtaͤnde wegen bewirkten Contraction wieder zu verlaͤn— gern, eingebuͤßt haͤtten. Ich habe aber bis jetzt erſt einmal Gelegenheit gefunden, die Operation gegen dieſen Fall an— zuwenden, und zwar bei dem 22jährigen Studenten der Mes diein, Hrn. Louis Rie unf, der ſeit feinem 14. Jahre kurz— ſichtig war und bei dem ich die Durchſchneidung der beiden mm. obliqui inferiores vornahm. Der Erfolg trat unmittelbar nach der Operation ein. Der Kranke, welcher vorher mit beiden Augen gewoͤhnliche Druckſchrift in der Entfernung von nur 15 Centimeter leſen konnte, vermochte alsbald ſie bei einem Abſtande von 27 Centim., ja am fol— genden Tage bei einem ſolchen von 40 Cent. zu erkennen. Waͤhrend er fruͤher die Leute ohne Brille gar nicht erken— nen konnte ler trug fuͤr gewoͤhnlich Glaͤſer von N. 6 und zum Leſen ſolche von Nr. 2), war dieß ihm vom zweiten Tage nach der Operation an auf 20 Meter Entfernung moͤglich, und konnte er bei 7 bis 8 Schritte Abſtand Zah— len von 5 Cent. Hoͤhe leſen, die er fruͤher nur bei 2 bis 3 Schritte Entfernung erkannte. 12 In andern von mir operirten Fällen einfacher Myopie war das Leiden von fruͤheſter Kindheit an vorhanden gewe— ſen, und konnte daher von einer urſpruͤnglich fehlerhaften Geſtalt des Auges, ohne daß eine Verkuͤrzung der mm. ob- liqui vorhanden war, herruͤhren. In dergleichen Fällen waren die Reſultate weniger auffallend, dennoch aber hoͤchſt merkwuͤrdig. Einer dieſer Patienten, ein Seidenarbeiter, ward nur auf dem linken Auge operirt. Gleich nach der Operation ward dieſes Auge, mit dem er vorher nur auf eine Entfer— nung von 13 Gentim. leſen konnte, faſt eben fo ſtark, wie das andere, mit dem er bei einem Abſtande von 17 Cent. zu leſen vermochte. Seit er aus dem Hospital entlaſſen worden, arbeitet er ohne Brille, da er ſich fruͤher der Glaͤ— ſer Nr. 3 bediente, und ſehr merkwuͤrdig iſt der Umſtand, daß, waͤhrend er fruͤher bei kuͤnſtlicher Beleuchtung nicht länger, als 5 bis 1 Stunde arbeiten konnte, weil feine Aus gen ſo geſchwind ermuͤdeten, es ihm jetzt moͤglich iſt, den ganzen Abend ſeinem Berufsgeſchaͤfte obzuliegen. Der andere Patient iſt ein 40 jaͤhriger Kaufmann, den ich auf beiden Augen operirte. Die Veraͤnderung trat bei ihm nicht ſofort, ſondern erſt nach zwei Tagen ein, und zeigte ſich nur in Betreff ferner Gegenſtaͤnde, ruͤckſichtlich dieſer aber in hohem Grade. Zwei Tage nach der Opera- tion konnte der Patient ohne Brille Fahnen auf 100 Schritte Entfernung von ſeinem Fenſter erkennen, und eine Woche nach derſelben ohne Brille ausgehen, die ihm begegnenden Leute erkennen und alle Gefahren vermeiden, was ihm ſeit 18 Jahren nicht mehr moͤglich geweſen war. In zwei andern Faͤllen, wo die Myopie mit Sympto— men von Amauroſe, z. B., Blitzen vor den Augen, ſtarrem Blick ꝛc., complicirt war, leiſtete die Operation keinen Nutzen. Nur in einem Falle dieſer Art, dem erſten, den ich uͤber— haupt operirte, trat eine ſehr merkliche Beſſerung ein, die aber ſchon nach zwei Tagen wieder verſchwand. Obige Thatſachen zeigen, daß die Operation nie ſchaͤd— lich wirkt, daß ſie in allen nicht complicirten Faͤllen von Myopie einen guͤnſtigen Erfolg verſpricht, und in denjeni— gen, wo die Kurzſichtigkeit von uͤbermaͤßiger Anſtrengung der Augen herruͤhrt, auf der Stelle ein ſehr befriedigendes Re— ſultat hoffen laͤßt. Ueber die Operation des Stotterns mittelſt der unter dem Kinne bewirkten, ſubcutanen Durch— ſchneidung der mm. genio-glossi. In demſelben Briefe, in welchem Herr Bonnet, zu Lyon, der Academie der Pariſer Wiſſeuſchaften feine neue Methode, die Kurzſichtigkeit mittelſt Durchſchneidung der mm. petits obliques zu heben, auseinanderſetzte, ſprach er ſich über die in der Ueberſchrift genannte Operation fol⸗ gendermaaßen aus: 13 „Daß die Durchſchneidung der mm. genio-glossi Behufs der Heilung des Stotterns mit dem beſten Erfolge geſchehen kann, darf ich, nach meinen Erfahrungen, voll— kommen beſtaͤtigen. Ich habe dieſe Operation an fuͤnf Kranken vollzogen, von denen die drei erſten eine ſehr auf— fallende Beſſerung verſpuͤrten, die beiden letzten aber, ob— wohl bei ihnen gerade das Leiden im hoͤchſten Grade vor— handen war, auf der Stelle gaͤnzlich davon be— freit wurden. „Bei ſo vollſtaͤndigem und ſchnellem Erfolge wird man ſich denken koͤnnen, daß ich die Operation der Durchſchnei— dung der mm. genio-glossi in einer andern Weiſe aus: führe, als Herr Amuſſat. Statt dieſelbe nämlich von der Mundhoͤhle aus zu vollziehen, mache ich eine Stich— wunde unter dem Kinne und operire dann unter der Haut. Auf dieſe Weiſe wird die Schleimhaut der Mundhoͤhle nicht mit zur Mitleidenheit gezogen; man vermeidet alle Bluter— gießung in dieſe Hoͤhle und erlangt zugleich alle die Vor— theile, welche die Methode, unter der Haut zu durchſchnei— den, gewaͤhrt, naͤmlich die unmittelbare Vernarbung der Außen Wunde und das Wegfallen jeder eitererzeugenden Entzuͤndung. Ueberdem kann man verſichert ſeyn, daß man die mm. genio-glossi vollſtaͤndig durchſchneidet, ohne zu— gleich die m. genio-hyoidei zu verletzen, was ich durch oͤffentlich angeſtellte Sectionen nachgewieſen habe, und wo— für die bisher in Ausübung gebrachten Verfahrungsarten keine zuverlaͤſſige Buͤrgſchaft gewaͤhren. Ich ſteche auf der Medianlinie 3 — 4 Centimeter hinter dem Kinne ein. Durch die Stichwunde fuͤhre ich ein vorn ſtumpfes Teno— tom ein und laſſe daſſelbe von Unten nach Oben und ein Wenig von Hinten nach Vorn eindringen, waͤhrend die Schneide des Inſtruments gegen den Unterkiefer gerichtet iſt, und ſobald ſie bis unter die Schleimhaut der Mund— hoͤhle gelangt iſt, wovon ich mich durch Fuͤhlen mit dem in dieſe Hoͤhle eingefuͤhrten linken Zeigefinger uͤberzeuge, ſuche ich mit dem Finger die Stelle der apophysis geni und ſchneide rechts und links von dieſer Apophyſe, indem ich die Schneide des Tenotoms fortwaͤhrend gegen den Unterkiefer richte und nur auf den obern Theil der Convexitaͤt einwir— ken laſſe, welche derſelbe hinten auf der Medianlinie dar— bietet. Bei Beobachtung dieſer Vorſchrift durchſchneidet man nur die Inſertion der mm. genio- glossi und ver: letzt die m. genio- -hyoidei nicht. Damit dieß der Fall ſeyn koͤnnte, muͤßten die Inſertionen dieſer Muskeln zwi— ſchen dem Kiefer und der Schneide des Tenotoms liegen, was nicht ſeyn kann, weil dieſe Muskeln an dem untern Theile der Convexitaͤt eingefuͤgt ſind und das Inſtrument bei der von mir angegebenen Juͤhrung den untern Theil der Gonverität nicht berührt. Ich ziehe das Tenotom nicht eher aus der Wunde, als bis ich mich durch Fuͤhlen mit— telſt des in die Mundhoͤhle eingefuͤhrten Zeigefingers davon überzeugt habe, daß fein Ende bis hart unter die Schleim- haut gelangt, daß, wie Herr Amuſſat richtig verlangt, das faſerige Gewebe, welches dieſe Membran mit dem Kie— fer verbindet, auf der Medianlinie vollſtaͤndig durchſchnitten, und daß an der apophysis geni durchaus keine Muskel⸗ 14 faſer mehr angefügt iſt. Bei dieſem Verfahren werden demnach die mm. genio-glossi in ihrem aponeurotiſchen Theile durchſchnitten und nicht einmal die ihnen zur Seite liegende Zellgewebſchicht verletzt; die arteriae sub -lingua- les bleiben durchaus verſchont; aus der am Kinne ange— brachten Wunde läuft nur ſehr wenig Blut, und die Nach⸗ wehen find fo unbedeutend, daß ſpaͤteſtens am darauffolgen— den Tage die Operirten das Bett verlaſſen und ſprechen koͤnnen und hoͤchſtens bei'im Bewegen des Mundes ein Wer nig Unbehagen empfinden. Der erſte der von mir gruͤndlich geheilten Stotterer war 14 Jahr alt; ſein Fehler fand ebenſowohl bei'm De— clamiren, als bei'm Antworten auf ihm vorgelegte Fragen und zwar in ſo hohem Grade ſtatt, daß er zu einem aus fuͤnf Woͤrtern beſtehenden Satze, zu dem ein Anderer 2 Secunden brauchte, wenigſtens 15 Secunden, oft ſelbſt 20 Secunden, noͤthig hatte. Ich operirte ibn mit aller der Vorſicht, deren Nothwendigkeit ich durch zahlreiche, an Lei— chen vorgenommene Verſuche erkannt hatte. In dem Au— genblicke, wo ich das Inſtrumeut zuruͤckzog, rief er aus: „Ich danke Ihnen, mein Herr!“ und ſprach dieſe Worte ſo rein aus, daß alle Anweſenden ſich daruͤber verwunderten. Gleich darauf ſprach er mit Leichtigkeit mehrere andere Saͤtze, und vom naͤchſten Tage an war keine Spur von Stottern mehr zu bemerken. Er ging im Saale auf und ab und unterhielt ſich gelaͤufig mit den Perſonen, die ihm Beſuche abſtatteten. Dieſer Knabe ward, in Gegenwart der Herren Doctoren Pétrequin, Bouchacourt, Di: day, Gromier, der Huͤlfsaͤrzte (internes) unferes Ho: ſpitals und vieler Studenten, operirt. Vor der Operation ward er von allen am Hötel Dieu zu Lyon angeſtellten Aerzten beſichtigt, und drei Tage darauf uͤberzeugten ſich dieſelben ven deſſen gruͤndlicher Heilung. Der fuͤnfte Patient, den ich operirte, bot noch merk— wuͤrdigere Erſcheinungen dar. Derſelbe war 22 Jahr alt und ſtotterte in etwas geringerem Grade, als der ebener— waͤhnte. Er brauchte nur zwoͤlf Secunden zum Ausſprechen des obengedachten aus fuͤnf Woͤrtern beſtehenden Satzes; allein er ſtotterte bei jedem Worte, ſelbſt wenn er Verſe decla— mirte, zaͤhlte oder einzelne Sylben ausſprach. In dem Augenblicke, wo ich das Tenotom Aus der Wunde zog, rief er aus: „Sind Sie fertig“? und ſprach mehrere Saͤtze aus, ohne daß man dabei auch nur die geringſte Spur von Stottern bemerkte. Zwei Stunden nach der Operation ver— ließ er das Hoſpital, um ſelbſt ſeinen Aeltern der Ueber— bringer der frohen Botſchaft zu ſeyn, daß er von einem Leiden befreit ſey, welches ihn an den Rand der Verzweif— lung gebracht und an ſeinem Fortkommen in der Welt ſehr gehindert hatte. Die Operation wurde in Gegenwart der obenerwaͤhnten Perſonen, ſo wie der Herren Doctoren Po— liniere und Nichet, vollzogen. Bei den drei erſten von mir operirten Stotterern er— langte ich nicht gleichbefriedigende Reſultate. Der, bei welchem die Beſſerung am Geringſten war, war 39 Jahr alt. Das Alter der beiden andern betrug 21 und 23 Jahr, 15 und fie wurden von ihrem Gebrechen etwa um drei Vier— theile befreit. Waͤhrend ſie fruͤher nur mit der groͤßten Anſtrengung einige Worte hervorbringen konnten, unterhal— ten ſie ſich gegenwaͤrtig gelaͤufig bis auf gelegentliche Unter— brechungen, welche großentheils daher zu ruͤhren ſcheinen, daß ſie zur unrechten Zeit, mitten in dem Ausſprechen ei— nes Wortes, Athem holen. Woher ruͤhrt nun dieſe Verſchiedenheit in den Reſul— taten meiner fruͤhern und ſpaͤtern Operationen? Dem Grade des Stotterns laͤßt ſie ſich nicht beimeſſen; denn dieſer war bei den vollſtaͤndig Geheilten wenigſtens eben ſo bedeutend, als bei den nur theilweiſe Geheilten. Aus dem Alter der Operirten erklaͤrt ſich dieſelbe ebenfalls in keiner befriedigen— den Weiſe; denn einer der Geheilten war ungefaͤhr ebenſo alt, wie zwei von den nur Gebeſſerten. Meines Erachtens, liegt der Grund darin, daß die Operation nicht in allen Faͤllen gleich vollkommen ausgefuͤhrt worden iſt, und ich wuͤnſche, daß dieſe Anſicht durch die Erfahrung beſtaͤtigt werden moͤge; denn wenn dieß der Fall waͤre, ſo beſaͤße man gegen das Stottern eine in ihrer Ausfuͤhrung unge— mein einfache Operation, welche keine bedeutendern Nachwe— hen verurſachte, als die Durchſchneidung der Achillesſehne, und ein eben ſo vollſtaͤndiges und unmittelbares Reſultat berbeiführte, wie die Operation wegen des Schielens. Ich gedenke, der Academie ſpaͤter uͤber den Erfolg et— waiger kuͤnftiger und uͤber die Einzelnheiten der bereits aus— gefuͤhrten Operationen Mittheilungen zu machen. (Gazette des Höpitaux, I. Avr. 1841.) Miscellen. Drei Fälle von incontinentia urinae find durch Injection lauen Waſſers in die Harnroͤhre von Herrn Smyly geheilt worden. Ein Stallmeiſter hatte eine Art von Incontinenz, indem er alle 11 Stunde uriniren mußte, dabei etwas Blut ver— lor und uͤber Brennen und Schmerz in den Lenden klagte. Er be— geht häufig Exceſſe, iſt aber nie krank geweſen und hat keine Ver— engerung noch eine Spur vom Blaſenſteine. Der Urin iſt ſauer und etwas flockig. Blutegel, Doverspulver, Rhabarber und Baͤ— der, zugleich vorſichtige Injection von lauem Waſſer, zuerſt 2 Uns zen, Tags darauf 4 Unzen, welche er allmaͤlig laͤngere Zeit bei ſich behalten konnte. Am zwoͤlften Tage vermindert ſich der Schleim, der Schmerz hat aufgehoͤrt, und der Urin kann drei Stunden zu— ruͤckgehalten werden. Nun wird Leinſaamendecoct mit etwas Alaun eingeſpritzt. Die Beſſerung ſchreitet fort, und die Heilung iſt in ſechs Wochen erreicht. — Der zweite Fall betrifft einen 40jaͤhrigen 16 Mann, welcher alle zehn Minuten unter den heftigſten Schmerzen in der Blaſe und mit einem Gefuͤhle von Druck im Maſtdarme uriniren mußte. Er klagte uͤber Schmerzen in den Lenden bis zu den Fußſohlen. Es iſt keine organiſche Veraͤnderung irgend einer Art zu entdecken. Er hat fruͤher an Gonorrhoͤe gelitten. Man beginnt mit Injectionen von 2 Unzen, welche bloß 2 Minuten zus ruͤckgehalben werden. Am vierten Tage konnte der Kranke bereits drei Stunden, am ſiebenten Tage vier Stunden den Urin haltenz am zehnten Tage war er geheill. — Der dritte Fall betrifft einen 60jaͤhrigen Mann, welcher bereits ſeit einem Jahre Harnbeſchwer— den hatte und hierauf, nach einem Exceſſe im Eſſen, unwill— kuͤhrlichen Urinabgang in der Nacht bekam und am Tage den Urin hoͤchſtens R Stunde halten konnte. Er klagt über Druck im Peri⸗ naͤum, Tenesmus und Dispoſition zu Prolapſus. Der Urin geht tropfenweiſe ab, iſt ſauer und flodig. Einſpritzung von 3 Unzen lauen Waſſers; ſechs Blutegel an's Perinäum, Abfuͤhrmit— tel. Darauf kann er den Urin I Stunde halten. Tags darauf wurden 6 Unzen eingeſpritzt und ſo fort, bis nach acht Wochen die Heilung erreicht war. (Dublin Medical Press., Nov. 1840.) Ueber die Natur des grauen Staares hat Herr Malgaigne der Académie de méd. am 23. Februar eine Mit- theilung gemacht, welche ſich auf feine Unterſuchungen in dem Ho- spice de Biçeétre gründet, wo außer 800 Irren über 2000 Greiſe ſich befinden. Hier hat Herr Malgaigne in kurzer Zeit 25 cas taractöfe Augen zu unterſuchen Gelegenheit gehabt. Das Reſul— tat iſt, daß die Cataracte niemals von dem Kerne der Linſe aus— gehen und daß in jenen Faͤllen kein einziges Mal die Capſel truͤb geweſen ſey; immer fing die Truͤbung in den weichen Schichten zu- naͤchſt der Capſel an, und zwar meiſtens am aͤußern Umfange der Linſe. In der Mehrzahl der Fälle war die Truͤbung auf der vor— dern und hintern Fläche vollkommen, waͤhrend der Kern durchſich— tig blieb. In andern Faͤllen wurde auch der Kern braun, trok— ken, zerreiblich und vollkommen undurchſichtig. Sollte hiernach ein Ausſpruch uͤber die Natur des Staares gemacht werden, ſo müßte man behaupten, daß derſelbe in einer trüben Secretion der Linſencapſel beſtehe, welche ſelbſt ihre Durchſichtigkeit behalte und daß in manchen Faͤllen der Kern der Linſe gewiſſermaaßen necro— tiſch werde, indem er mitten in der krankhaften Secretion abe ſterbe. Ruͤckſichtlich der ſogenannten Capſelſtaare, bei welchen man bei'm Operiren gleichſam undurchſichtige Haͤute ſich um die Nadel herumlegen ſieht, haben directe Unterſuchungen ergeben, daß dieſe hautaͤhnlichen Lappen nichts ſind, als Theile der Cryſtalllinſe, welche ſich bei einer weichen Cataract in allen Richtungen durch— ſchneiden läßt. Herr Malgaigne glaubt, nach feinen Unterſu— chungen ſchon jetzt beweiſen zu koͤnnen, daß die Lehre von den Gapfelftaaren und den Centralſtaaren ohne hinlaͤnglichen Grund ſey. Fernere Unterſuchungen ſollen mitgetheilt werden. Zur Entfernung fremder Koͤrper aus den Gelen⸗ ken empfiehlt Herr Goyrand in den Annales de Chirurgie, No. 1., die ſubcutane Einſchneidung der Gelenkcapſel, worauf der fremde Koͤrper zuerſt nur in das ſubcutane Zellgewebe und erſt nach 10 — 12 Tagen durch einen Hautſchnitt ganz herausbefoͤr— dert werden ſollte. In zwei Faͤllen iſt das Verfahren mit guͤnſti⸗ gem Erfolge ausgefuͤhrt worden. Bibliographische neuigkeiten. Flore du centre de la France, ou Déscription des plantes qui croissent spontanément dans la région centrale de la France et de celles qui y sont cultivées en grand, avec l’analyse des genres et des espèces. Par A. Boreau. Paris 1841. 8 2 Vols. Traité élémentaire d’astronomie physique. Par J. B. Biot. Paris 1841. 8. Tome I. Mit einem Atlas in 4. The Physiognomy of Mental Diseases. London 1841. 8. M. K. A Treatise on the Sympathetie Relations between the Digestive and the Nervous Systems in the Causation and Cure of Dis- eases; with an Appendix. By Charles Wightman, M. D., Newcastle upon Tyne, London 1840, 12, By Sir A. Morison, — HD — Neue Uotizen aus dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medicinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Meditinatrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 376. (Nr. 2. des XVIII. Bandes.) April 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Wart u r Fragmentariſche Bemerkungen uͤber die geographi— ſche Vertheilung der Thiere Von Iſidore Geoffroy Saint Hilaire. (Schluß.) Cuvier's Anſicht zufolge, find dagegen die Species unveraͤnderlich, oder ſie veraͤndern ſich doch nur innerhalb aͤußerſt enger Graͤnzen, und nur in Anſehung ihrer Dimen— ſionen, des Characters ihrer Hautbedeckungen u. ſ. w. Die Umbildung der vorweltlichen Arten in die jetzigen waͤre dem— nach unmoͤglich geweſen. Die Elephanten, Crocodile und uͤber— haupt alle die Erdoberflaͤche gegenwaͤrtig bevoͤlkernden Thierar— ten koͤnnten nicht von den ihnen analogen Species abſtammen, deren Ueberreſte oder Fußtapfen in den Schichten der Erd— oberfläche entdeckt worden find. Alle dieſe analogen Arten waͤren ausgeſtorben und nach einer mehr oder weniger lan— gen Zwiſchenzeit durch andere erſetzt worden. Wenn aber die Vorfahren der letztern nicht die, allerdings ſpecifiſch verſchiedenen, aber analogen Thiere waren, welche wir durch ihre foſſilen Ueberreſte kennen, ſo waren deren Stammeltern doch nichtsdeſtoweniger in der Vorwelt vor— handen; nur exiſtirten ſie in andern Localitaͤten, wie ihre jetzt lebenden Nachkommen. Die auf der Erdoberflaͤche ſtatt— gefundenen Veraͤnderungen haͤtten eine mehr oder weniger bedeutende Anzahl von Species vernichtet, in Anſehung der uͤberlebenden aber nicht deren als unveraͤnderlich betrachtete Organiſation, ſondern deren geographiſche Vertheilung vers ändert. *) *) Cuvier hat, um feine Anſichten über dieſe wichtige Frage klar hervortreten zu laſſen, eine Vermuthung aufgeſtellt, deren Erwähnung an dieſem Orte uns nuͤtzlich ſcheint: „Wir wol⸗ len annehmen, ſagt er in feiner Vorleſung über die Umwaͤl⸗ zungen der Erdoberflache (vergl. das große Werk: Sur les ossemens fossiles. T. I. 2. edit, p. 63 et 64), ein großer Einbruch des Meeres bedecke Neubolland mit Sand und anderem Schutt, und begrabe ſo die Aeſer der Kaͤngurus, No. 1476. Run Dieſe beiden Syſteme, von denen das eine von der Veraͤnderbarkeit der Arten durch den Einfluß ſchroff entge— gengeſetzter climatiſcher Verhaͤltniſſe, das andere von der ſtrengen Unveraͤnderlichkeit der Species ausgeht, ſtehen of— fenbar zueinander im ſtrengſten Gegenſatze; allein hinſichtlich eines Punctes ſtimmen ſie miteinander uͤberein, und dieſer iſt in Betreff der hier ſpeciell von mir behandelten Frage von Wichtigkeit, daß naͤmlich vor Alters Species vorhanden Phascolomen, Daſyuren, Peramelen, fliegenden Phalangier, Echidnen und Ornithorhynchen, fo werden dieſe Geſchlechter allerdings ſammt und ſonders ausgerottet, weil ſie nirgends anders auf der Erdoderflaͤche vorkommen, als eben in Neus holland. Nehmen wir zugleich an, durch dieſelbe Revolution würden die vielen Meeresarme trocken gelegt, welche ſich zwi⸗ ſchen den Archipeln befinden, die von Neuholland bis Aſien reichen, fo werden die Elephanten, Rhinoceroſſe, Büffel, Pferde, Cameele, Tiger und andere aſiatiſche Vierfuͤßer trockenen Fu: ßes nach einem Feſtlande wandern und daſſelbe bevoͤlkern koͤn⸗ nen, wo ſie bisher nicht vorkamen. Wenn dann der Naturfor⸗ ſcher die lebenden Thiere Neuholland's mit denen vergliche, deren Ueberreſte ſich in der aufgeſchwemmten Erdſchicht finden wuͤr⸗ den, ſo wuͤrde es ſich zeigen, daß beide mit einander gar keine Aehnlichkeit haͤtten.“ „Wie es ſich, fügt Cuvier hinzu, mit Neubolland unter den hier angenommenen Umftänden verhalten würde, fo verhält es ſich mit Europa, Sibirien und einem großen Theile America's in der Wirklichkeit, und vielleicht findet man einſt bei der geologiſchen Unterſuchung der andern Länder und felbft Neu- holland's, daß fie ſaͤmmtlich ähnliche Umwaͤlzungen und einen gegenſeitigen Austauſch der Naturproducte erlitten haben.“ Nach einer in der berühmten Vorleſung über die Umwaͤlzun— gen der Erdoberfläche, welche Vorleſung dem Hauptwerke Cuvier's als Einleitung dient ſo unumwunden ausgeſpro⸗ chenen Erklaͤrung, nach den Verhandlungen und Streitſchrif⸗ ten, welche dieſelbe von Seiten ausgezeichneter Geologen vers anlaßt hat, begreift man nicht wohl, wie man Cuvier den Gruͤnder des Syſtems der aufeinanderfolgenden Schoͤpfungen hat nennen koͤnnen. Dennoch iſt dieß nicht nur in nur angeb⸗ lich wiſſenſchaftlichen Artikeln, wie man ſie tagtäglich auftau⸗ chen und wieder untergehen ficht, ſondern ſelbſt in Schriften geſchehen, die uͤbrigens ſo verdienſtlich ſind, daß man ihnen einen bleibenden Werth nicht e 19 waren, von denen nur ein Theil durch die Umwaͤlzungen auf der Erdoberflaͤche vernichtet ward, waͤhrend ein anderer Theil ſich bis auf unſere Zeit lebend erhalten hat. Aber hierin iſt auch der einzige Beruͤhrungspunct beider Syſteme ausgeſprochen; uͤbrigens gehen die Anſichten ſchnurſtracks auseinander, denn nach dem einen ſollen die Nachkommen der alten Thierarten ſich in die jetzigen Species verwandelt, nach dem andern eine bloße Verpflanzung ſtattgefunden ha— ben. Hinſichtlich der Beziehungen zwiſchen der ehemaligen und jetzigen geographiſchen Vertheilung der Species ſind je— doch aus der einen wie aus der andern Hypotheſe dieſelben Annahmen abzuleiten. Die eine gehört in dieſer Beziehung offenbar zu den Hauptvorderſaͤtzen der andern. Man neh— me, z. B., in Betreff einer beſtimmten Species an, ſie habe ihr Wohngebiet nie veraͤndert, nun, ſo iſt deren gegen— waͤrtige geographiſche Vertheilung nur die Fortſetzung der fruͤhern und folglich deren unmittelbare Folge. Dagegen mache man die Hypotheſe der Verpflanzung im hoͤchſtmoͤgli— chen Grade geltend, ſo wird auch in dieſem aͤußerſten Falle die ehemalige geographiſche Vertheilung der beiſpielsweiſe an— genommenen Species ſich zu ihrer jetzigen ungefaͤhr verhal— ten, wie die Praͤmiſſe zur Folgerung. Die geographiſche Vertheilung der mit uns gleichzeitig lebenden Geſchoͤpfe muß alſo, zwar je nach der einen oder der andern Hypotheſe, mehr oder weniger direct, aber doch unter jeder moglichen Vorausſetzung *), nothwene dig von der geographiſchen Vertheilung der Thiere der Vor— welt abgeleitet werden. Die Anordnung der Thiere auf der Erdoberflaͤche hat ſich mehr oder weniger oft geändert: allein jede naͤchſtfolgende Anordnung war nur die Wirkung der nächſtvorhergehenden, ſo wie ſie ſelbſt wieder die Bedin— gung der zunaͤchſt auf ſie folgenden Anordnung wurde, bis zuletzt diejenige entſtand, in welcher wir ſelbſt eine Stelle einnehmen. Wenn wir uns zu dieſem Geſichtspuncte erheben, ſo gewinnt das Studium der Geographie der Zoologie und ſelbſt der Geographie der Botanik ein noch groͤßeres Inter— eſſe, eine noch hoͤhere Wichtigkeit, als man dieſen Wiſſen— ſchaften bisher zuerkannte. Denn dieſelben ſtehen zu der Palaͤontologie in der engſten Beziehung, und es laͤßt ſich vorherſagen, daß die Zeit einſt kommen werde, wo man aus ihnen, wenn man ſie aus einem allgemeinen und verglei— chenden Geſichtspuncte betrachtet, die nuͤtzlichſten Folgerun— gen, die intereſſanteſten Reſultate ruͤckſichtlich der Entſte— hung der Species und deren geographiſche Vertheilung waͤhrend der verſchiedenen Epochen der Entwickelung unſerer Erde wird gewinnen koͤnnen. *) Ohne uns hier auf die weitere Darlegung einer moͤglichen, d. h. durch Thatſachen hinreichend unterftügten, Hypotheſe eins zulaſſen, die der Annahme irgend eines Cauſalnexus zwiſchen der frühern und jetzigen geographiſchen Vertheilung der Thiere durchaus widerſprechen würde, wollen wir erinnern, daß ges gen die allgemeine Guͤltigkeit obigen Satzes ſich doch wohl manche Einwendungen machen ließen. D. Ueberſ. 20 8) Bemerkungen über die Fauna Oſtindien's. “) Es giebt nur wenige natuͤrliche Familien, welche in Oſtindien, die dazu gehoͤrigen Inſeln mit einbegriffen, nicht ihre Repraͤſentanten haben. Fern von Europa, Oſtaſien (Nordaſien 2) und Africa, aber von dieſen Landſtrichen durch keine Meere getrennt; weit von Neuholland, aber mit die— ſem Erdtheile durch eine Menge von Inſeln gewiſſermaaßen verbunden, bildet Oſtindien gleichſam das Hauptquartier der Thiere aller Zonen, ſo daß faſt alle Typen dort vertre— ten ſind. Die meiſten Thiere Suͤdeuropa's finden ſich, manche darunter kaum bemerkbar verändert, auf dem Feſtlande oder den Inſeln Oſtindiens wieder. Sind auch die Arten nicht ſtreng dieſelben, ſo trifft man doch wenigſtens die naͤmlichen Gattungen. So verhaͤlt es ſich nicht nur in Betreff der auf der Erdoberflaͤche am ſtaͤrkſten verbreiteten Gattungen, ſondern ſelbſt mit denen, welche nur wenige oder wohl nur eine Species enthalten. Weſteuropa betreffend, finden ſich in Indien nicht haͤu— fig dieſelben Arten, wohl aber faſt durchgehends dieſelben Gattungen. Die oſtindiſchen Arten ſind haͤufig groͤßer, als die unſ— rigen, zumal als die nordeuropaͤiſchen und nordaſiatiſchen; dagegen ſind ſie aber auch zuweilen kleiner. Dieſes Reſul— tat ſtimmt mit der von mir in der Abhandlung uͤber die allgemeinen Abweichungen in der Statur der Thiere nachge— wieſenen allgemeinen Regel uͤberein, daß die Dimenſionen der Thiere der noͤrdlichen Halbkugel, was ſowohl die Spe— cies als die Genera anbetrifft, in manchen Faͤllen von der heißen nach der kalten, in andern von der kalten nach der heißen Zone zu abnehmen. Vergleicht man die indiſchen mit den europaͤiſchen Ar— ten in Betreff der Faͤrbung, ſo findet man, daß letztere ge— meiniglich weniger glaͤnzend und beſonders weniger mannig— faltig gefaͤrbt ſind, als erſtere. Die oſtindiſchen Voͤgel beſitzen haͤufig einen Feder— ſchmuck, welcher den analogen europaͤiſchen abgeht. Die Thiere Nordeuropa's und Nordaſien's ſind von den oſtindiſchen faſt durchgehends ſpecifiſch verſchieden. Faſt alle africaniſchen Gattungen haben in Oſtindien ihre Vertreter; und es finden in dieſer Beziehung faſt nur Ausnahmen ruͤckſichtlich der wenigen ſtatt, welche ſich nur an der Suͤdſpitze Africa's finden. **) *) Dieſer Abſchnitt iſt, bis auf wenige Abaͤnderungen und Zu— fäge, ein Auszug aus dem zoologifchen Theile von Belanger's Voyage aux Indes orientales. *) Zwiſchen den Thieren Nord- und Suͤdafrica's bemerkt man überhaupt eine große Aehnlichkeit, keineswegs aber eine voll- kommene Identitat. Davon find indeß diejenigen Species ausgenommen, die ſich vorzuͤglich geſchwind zund leicht von 21 Ein großer Theil der Vögel Aegypten's und Nubien's, ſo wie einige Thiere dieſer Laͤnder aus andern Claſſen, fin— det ſich in ſpecifiſcher Gleichheit in Oſtindien wieder. Dieß gilt in'sbeſondere von den meiſten Thieren, welchen die al— ten Aegypter goͤttliche Ehren zuerkannten, und deren ein— balſamirte Koͤrper man in den Catacomben und heiligen Grabkammern von Theben und Memphis findet. Isle de France hat ruͤckſichtlich ſeiner thieriſchen Be— voͤlkerung mit Oſtindien wenigſtens ebenſoviel Aehnlichkeit, als mit Africa, wenngleich es Africa ſehr (2) nahe liegt und dagegen von Oſtindien und den dazu gehoͤrenden großen Inſeln durch weite Meere getrennt iſt. Madagascar, welches zwiſchen Isle de France und dem africaniſchen Feſtlande und zwar letzterm ſehr nahe liegt, bietet dennoch, gegen Africa gehalten, große Verſchie— denheiten dar. Faſt alle Voͤgel dieſer Inſel, welche kurze oder ſelbſt mittellange Fluͤgel haben und folglich ihre Zuͤge nicht uͤber große Gebiete ausdehnen konnten, finden ſich nur dort. Daſſelbe gilt von den Fledermaͤuſen Madagascar's. Seine Reptilien, ſeine Inſecten haben faſt ſaͤmmtlich ein eigenthuͤmliches Gepraͤge. Seine Landthiere unterſcheiden ſich nicht nur ſpecifiſch, ſondern faſt durchgehends auch ge— neriſch von denen aller uͤbrigen Laͤnder. In Suͤdafrica findet ſich ſagar nicht eine einzige verwandte Gruppe, und nur in Oſtindien, die dazu gehoͤrenden Inſeln mit einbe— griffen, trifft man die in der Organiſation am naͤchſten ſtehenden Gattungen. Einige der letztern beſitzt Madagas— car mit den Molucken gemeinſchaftlich. Kurz, hätte man Madagascar nur nach feinen zoolo— giſchen Erzeugniſſen und ohne Beruͤckſichtigung ſeines Flaͤ— chengehalts und ſeiner geographiſchen Lage ſeine Stelle an— einem Orte zum andern begeben koͤnnen, in'sbeſondere alſo Vögel mit bedeutender Flugkraft, die demnach bald in Suͤd-, bald in Mittel-, bald in Nordafrica anzutreffen find. Allein uͤbrigens, und beſonders was die Saͤugethiere anbetrifft, gilt die obige Bemerkung in großer Ausdehnung. Zum Beweiſe führe ich hier nur die fo häufig Über die ſpecifiſche Identitat der nord- und ſuͤdafricaniſchen Thiere erhobenen Controverſen an, wie man denn, z. B., viel daruͤber geſtritten hat, ob die Giraffe und das Flußpferd Nordafrica's dieſelben Thierar— ten ſeyen, wie die gleichnamigen Thiere Suͤdafrica's. So bedeutend dieſe Schwierigkeit auch ſeyn mag, ſo kann ſie doch keinen Vergleich mit derjenigen aushalten, auf welche die Zoologen bei der Beſtimmung der Species der Saͤuge— thiere Suͤdamerica's ſtoßen. In Betreff dieſer glaube ich bes reits vor mehreren Jahren in meinen Vorleſungen nachgewie— ſen zu haben, daß es nicht nur ungemein ſchwer, ſondern durchaus unmöglich iſt, diejenigen ſuͤdamericaniſchen Gäu: gethiere, welche an Species reichen und uͤber ein großes Laͤn— dergebiet verbreiteten Gattungen angehören, ſpeciſiſch zu bez ſtimmen. Dahin gehoͤren, um nur einige bekannte Beiſpiele anzufuͤhren, die Bruͤllaffen, Sajus, Uiſtitis, Phylloſtomen, Coatis und tbeilweife die Katzen und Hirſche. Dieſe Unmoͤg— lichkeit, ſo wie die oben angedeutete, in Betreff der africani— ſchen Thiere ftattfindende Schwierigkeit, ſtimmt mit der Theo⸗ rie der Veraͤnderlichkeit der Arten unter dem Einfluſſe der äußern Umftände vollkommen und in dem Grade überein, daß 21. als eine nothwendige Folge dieſer Theorie zu betrach— en hat. 22 zuweiſen, fo dürfte man es nicht für eine zu Aftica gehoͤ— rende Inſel, ſondern muͤßte es fuͤr ein eignes Continent und zwar, in natuthiſtoriſcher Beziehung, für den vierten Welttheil erklaͤren, ſo daß man folgende Welttheile haͤtte: 1) die alte Welt (Europa, Aſien, Africa); 2) America; 3) Neuholland; 4) Madagascar. Dieſes Continent wuͤrde ſich aber in zoologiſcher Beziehung noch viel mehr von dem benachbarten Africa, als von dem fernen Oſtindien unter— ſcheiden. Neuholland bietet in vieler Beziehung Aehnlichkeit mit Madagascar dar; es beſitzt, gleich dieſer merkwuͤrdigen In— ſel, gleichſam ſeine eigne Schoͤpfung. Allein, wenn man in irgend einem Lande aͤhnliche Thiere findet, wie in Neu— holland, fo iſt dieß Land wiederum Oſtindien. Seine Wo: gel, mit Ausnahme der weitfliegenden, feine Fledermäufe unterſcheiden ſich ſpecifiſch, ja ſelbſt oft generiſch von denen al— ler uͤbrigen Laͤnder der Erde, Oſtindien ausgenommen. Alle ſeine Landſaͤugethiere, bis auf einige Nager und den eine ganz eigenthuͤmliche Ausnahme bildenden wilden Hund, ge— hoͤren entweder zu der Gruppe der Monotremen oder zu der der Marſupialen. Die erſtere hat in keinem andern Lande der Erde einen Vertreter; die letztere beſteht aus Gattun— gen, die theils Auſtralaſien eigenthuͤmlich ſind, theils ihm und dem oſtindiſchen Archipel gemeinſchaftlich angehoͤren. Naͤchſt den oſtindiſchen Inſeln bietet in zoologiſcher Hinſicht Suͤdamerica, welches doch von Neuholland ſo au— ßerordentlich entlegen iſt, aber wenigſtens gleichfalls der fuͤd— lichen Hemiſphaͤre angehoͤrt, mit Auſtralaſien die groͤßte Aehnlichkeit dar. America iſt, in der That, außer Neu— holland, den dazugehoͤrenden Inſeln und dem oſtindiſchen Archipel, das einzige Laͤndergebiet, wo ſich Marſupialen fin— den, wohin, z. B., die Didelphen, Hemiuren und Chiro— necten zu rechnen ſind, welche Thiere allerdings generiſch von allen uͤbrigen abweichen, aber doch durch ihre Organi— ſation mit den Auſtralaſien eigenthuͤmlichen Daſyuren ziem— lich nahe verwandt ſind. Endlich findet man auch in Suͤd— america diejenige Gattung, die durch ihre Organiſation den Myopotamen, als den moͤrkwuͤrdigſten unter den Nagern Auſtralaſien's, außer denen man dort lange Zeit gar keine Nager kannte, am Naͤchſten ſteht. Neuguinea, welches Neuholland und dem Moluckenar— chipel benachbart liegt, hat faſt nur ſolche Thiergattungen aufzuweiſen, welche ſich entweder auch auf jenem oder auf dieſem finden, und es haͤlt faſt durchgehends ſchwer, an den Thieren Neuguinea's feſte ſpecifiſche Charactere aufzu— finden, wenngleich ſie mehrentheils durch geringe Modifica— tionen ſowohl von denen Neuholland's, als von denen der Molucken, abweichen. Mit andern Worten, die Thiere Neuguinea's ſcheinen faſt durchgehends Varietaͤten von den Species der benachbarten Laͤnder zu ſeyn. Dieſe Bemerkungen finden auch auf die Voͤgel Neu— guinea's Anwendung, und nur die Paradiesvogel, fo wie alle diejenigen, welche ſich durch die außerordentlich ſtarke Entwickelung ihres Gefieders, ſo wie den Glanz ihrer Far— ben auszeichnen, machen davon eine Ausnahme. 2 * 23 Die kalten Laͤnder America's bieten in Anſehung der geographiſchen Vertheilung der Thiere durchaus keine Aehn— lichkeit mit Oſtindien dar, wogegen eine ſolche in Bezug auf Oſtindien und Suͤdamerica gewiſſermaaßen ſtattfindet. So entſprechen einander in dem einen Lande einerſeits und in dem andern andrerſeits die Orangs und die Semno— pitheken, die Atelen und Erioden, die Megadermen und Phylloſtomen, die Nyctinomen und Moloſſen, der oſtindi— ſche Baͤr und der Baͤr der Cordilleren, der Panther und Jaguar, die Pangolins und Myrmecophagen, die oſtindiſchen und americaniſchen Tapirs, ſo wie eine große Menge andere Saͤugethiere, die Calyptomenen und die Felſenhaͤhne, die oſt— indiſchen und americaniſchen Cucururus, der oſtindiſche Ca— ſuar und der Nandu, endlich eine Menge Thiere aus an— dern Claſſen. Oſtindien hat aber nicht nur Repraͤſentanten aus faſt allen Familien andrer Laͤnder, ſondern auch ſehr viele ihm ganz eigenthuͤmliche Gattungen aufzuweiſen. Man trifft, mit Ausnahme derjenigen Arten, die an gewiſſe, durch irgend einen eigenthuͤmlichen Umſtand ausge— zeichnete Localitaͤten gebunden ſind, dieſelben Species ziem— lich alle uͤber das ganze oſtindiſche Feſtland und haͤufig auch uͤber den oſtindiſchen Archipel verbreitet. Ceylon, dieſe dem Feſtlande ſo nahe liegende Inſel, hat faſt durchgehends die— ſelben Species aufzuweiſen, wie das letztere. Vergleicht man dagegen die Voͤgel Pegu's mit denen Ceylon's, ſo fin— det man, daß die mehrerer Ordnungen in Anſehung der Faͤrbung geringe Abweichungen darbieten und auf Ceylon nicht ganz ſo groß ſind, wie in Pegu, ſo daß in dieſen Faͤllen eine Feſtland- und eine Inſel-Varietaͤt vorhan— den iſt. “) Zwiſchen dieſem Umſtande und der allgemein geltenden Regel, daß die Dimenſionen der Thiere mit der Ausdeh— nung der von ihnen bewohnten Localitaͤt uͤbereinſtimmen, daß alſo die große Feſtlaͤnder und Meere bewohnenden Spe— cies größer find, als die auf Inſeln und in Fluͤſſen anzu: treffenden, findet demnach eine Beziehung ſtatt. Uebrigens muß daran erinnert werden, daß dieſe Regel nicht uͤberhaupt von den in der Naͤhe von Feſtlaͤndern liegenden großen In— ſeln gilt. Die auf letztern vorkommenden Arten ſcheinen von denen der fraglichen Feſtlaͤnder im Allgemeinen nicht ab— zuweichen. Die Inſel Ceylon bildet alſo in dieſer Bezie— hung eine Ausnahme, obwohl in Betreff der Zahl der ihr angehoͤrenden Arten, die an Größe den ihnen analogen Ar: ten auf dem Feſtlande gleichſtehen, die allgemeine Regel auf ſie Anwendung findet. Das weitlaͤuftige Continent, von welchem Oſtindien einen Theil bildet, bietet, als ein Ganzes betrachtet, eben— falls einen Beleg zu der oben angefuͤhrten allgemeinen Re— gel dar. Wie es an Umfang alle übrige Laͤndergebiete der Erde uͤbertrifft, fo übertreffen die daſſelbe bevoͤlkernden *) Die von Reynaud zuſammengebrachte reiche Sammlung hat mir die zu dieſer Vergleichung erforderlichen Materialien geliefert. R. begleitete die Expedition der Chevrette als Schiffs⸗Oberchirurg. 24 Thierarten auch faſt durchgehends an Groͤße diejenigen der— ſelben Gattungen oder Familien, die die uͤbrigen Iſother— mal⸗Gegenden beider Hemiſphaͤren bewohnen. (Essais de Zoologie generale, par Isid. Geoffroy Saint- Hi- laire. Paris 1841.) In Betreff eines weiblichen Rorquals (Balaeno- ptera Boops autor.), welcher am 5. Februar 1840 Fruͤhmorgens bei Charmouth in Dorſetſhire geſtrandet war, theilte R. H. Sweeting, Eſq. in der Sitzung der Londoner zoologiſchen Geſellſchaft am 11. Februar deſſelben Jahres durch Herrn Yarrell folgende Nachrichten mit: Die Totallaͤnge war 44 Fuß. Der Umfang 5 . 21 Fuß. Die Breite des Schwanzes 9 Fuß. Das Gewicht betrug nach der Schaͤtzung 20 bis 25 Tonnen (400 bis 500 Gentner). Kiefer lang und duͤnn, aber nicht ſcharf, Spitze ſtumpf und convex; Oberkiefer kuͤrzer und ſich bei'm Schließen in den Unterkiefer, der 9 Zoll daruͤber hinausragte, einlegend. Fiſchbeinplatten ſind zu jeder Seite des Kiefers uͤber 250 vorhanden; Gaumen und Zunge blaß roſaroth; keine War— zen an den Lippen; Ruͤcken ſchwarz, Unterkoͤrper weiß; Kehle faltig; Naſenloͤcher oder Spritzloͤcher zwei Laͤngsſpalten, de— ren vordere Enden einander faſt beruͤhren, die aber nach Hin— ten zu weiter auseinandertreten und mittelſt einer Furche von einander getrennt ſind. Augenoͤffnungen 6 Zoll lang, vom canthus bis zum Winkel gemeſſen; die Knochencapfel (orbita) vom vordern bis zum hintern Rande 8 Zoll; Aug— apfel 7 Zoll im Durchmeſſer; Pupille oval; Regenbogen— haut nußbraun. Von Augenlidern, welche manche Natur— forſcher den Walfiſchen zuſchreiben, war keine Spur wahr— zunehmen. Entfernung des Endes des Unterkiefers vom Anfang der Bruſtfloſſe 10 Fuß 9 Zoll; Laͤnge der Bruſtfloſſe 5 F. 6 Zoll; Breite 18 Zoll. Ruͤckenfloſſe klein, nur von Knor— pel, coniſch, an der Baſis 18 Zoll lang, 12 Zoll hoch, 11 Fuß vor dem Schwanze angeſetzt. Die Fettſchicht unter der Haut war 3—5 Zoll ſtark. Die Abbildung auf S. 521 von Bell's History of British Mammalia and Cetacea ward als eine ſehr treue ruͤhmend erwähnt. Die Maaße des Skelets ſind folgende: Geſammtlaͤnge 40 Fuß. Kopf © 10 Fuß. Der Wirbelbeine find 60, naͤmlich 7 Hals-, 15 Ruͤk⸗ ken⸗, 16 Lenden-, 15 Schwanzwirbel und 7 Schwanzkno— chen. An Rippen ſind 14 vorhanden, von denen die erſte einen doppelten Kopf hat und an die beiden erſten Ruͤcken— wirbel angeſetzt iſt; jede der uͤbrigen Rippen iſt an einen einzigen Wirbel angeſetzt und hat nur einen einzigen Kopf. Die Zahl der Ruͤckenwirbel uͤbertrifft alſo die der Rippen je— der Seite um 1. 25 Uebrigens ſtimmt die genauere Beſchreibung des Ske— lets durchaus mit der Dewhurſt'ſchen Beſchreibung und Ab— bildung des bei Oſtende geſtrandeten bedeutend groͤßern Exem⸗ plars derſelben Art uͤberein. (The Annals and Maga- zine of natural history, No. 37, Dec. 1840.) Miscellen. Ueber die phyſiologiſche Wirkung der galvani⸗ ſchen Stroͤmung und ihre Benutzung zu Heilzwecken, womit Herr Dr. Cruſell in Finnland ſich beſchaͤftigt hat, (vergl. Neue Notizen Nr. 349. [Nr. 19. des XVI. Bds.] S. 304.) haben die Commiſſarien der Academie der Wiſſenſchaften zu St. Peters⸗ burg Verſuche angeſtellt und davon einen Bericht erſtattet, worin ge— ſagt iſt, daß die Reſultate der Verſuche geeignet ſind, das Inter— eſſe der Academie in hohem Grade auf ſich zu ziehen, und daß die Vortheile, welche die Medicin von der Entdeckung ziehen kann, 26 wenn Herr Cruſell in eine Lage verſetzt wuͤrde, ſie weiter zu verfolgen, bedeutend genug erſchienen, um die Aufmerkſamkeit der Regierung zu verdienen. Die Commiſſarien ſchlagen vor, Herrn C. in den Stand zu ſetzen, in die Hauptſtadt zu kommen und daſelbſt feine Verſuche nach einem groͤßern Maaßſtaabe fortzupflanzen und in den Hoſpitaͤlern anzuwenden, ſo oft ſich Gelegenheit dazu dar— bietet. Die Academie beſchließt, Herrn C. und ſeine Entdeckung dem Grafen Rehbinder, Minifter: Staatöfecretär von Finnland und Mitglied der Academie, zu empfehlen. Triuris hyalina iſt der Name, welchen Herr John Miers einer völlig durchſichtigen und farbloſen Pflanze zu geben vor geſchlagen hat, die er in den Orgelbergen bei Rio Janeiro, un— ter dem Mooſe wachſend, gefunden und woruͤber er der Linnean Society zu London eine Mittheilung gemacht hat. Die Bluͤthe der Pflanze iſt dioeceos, gehoͤrt zu den Monocotyledonen und ſcheint den Typus einer neuen Familie abzugeben. Der Staubgefaͤße ſind drei, welche ſich zu einem coniſchen Koͤrper mit den Zellen der in ihrer Stellung veraͤnderten und offenbar ſtielloſen Antheren verei— nigt haben. (Lit. Gaz.) Hei Durchſchneidung des musculus bulbo - cavernosus zur Heilung von Harnroͤhrenſtricturen. Von Herrn Dufreſſe-Chaſſaigne. Die Idee zu dieſer Operation, welche uͤbrigens noch nicht am Lebenden ausgefuͤhrt iſt, gruͤndet ſich auf die phyſiologiſche Wirkung des m. bulbo- cavernosus, wel— cher, in der That, im Stande iſt, die Harnroͤhre platt zu drucken und den Durchfluß des Urins zu hindern. Der Verfaſſer ſucht außerdem durch Analogie und durch directe Beobachtungen nachzuweiſen, daß eine große Anzahl der Harnroͤhrenverengerungen von krampfhafter Contraction oder von temporaͤrer oder permanenter Retraction dieſer Muskeln herruͤhre. Seit einigen Jahren iſt die Muskelretraction als Urſache nicht allein von Contracturen am Gelenke, ſondern auch von Verengerung hohler, haͤutiger Organe erkannt worden, z. B., Verengerung des Maſtdarms zu der Spei— ſeroͤhre. Warum ſollte der bulbo-cavernosus nicht eben— falls ſich retrahiren koͤnnen? Rechnet man hierzu, daß Niemand temporäre krampfhafte Stricturen der Harnroͤhre laͤugnet; ferner, daß nach den Beobachtungen von Begin und Lallemand die krampfhaften Stricturen, in der Re— gel, ihren Sitz in der Tiefe von 5 Zoll haben, daß das Wachs der Abdruckſonden, in der Regel, nach Unten eine dicke Maſſe bildet und nach Oben einen dünnen, fadenförmi: gen Fortſatz zeigt, ſo ſcheint nicht zu bezweifeln, daß alle dieſe krampfhaften Stricturen durch den bulbo-caverno- sus veranlaßt worden. Der Verfaſſer ſucht ſodann noch feſtzuſtellen, daß auch noch die klappenartigen Stricturen, von denen Amuſſat ſpricht, nur von Gontraction des ges nannten Muskels herruͤhre. Amuſſat und Civiale ge: ben beide an, daß dieſe Art der Stricturen gerade am bul- bus urethrae, in der Regel, ihren Sitz haben; uͤberdieß meint Herr Chaffaigne, daß dieſe klappenartigen Vers Lain Ben dee. engerungen am bulbus nur von der Retraction des m. pulbo- cavernosus herruͤhren koͤnnen, weil weiter nach Vorn in dem ſpongioͤſen Theile keine Muskelfaſern vorhanden ſeyen und man bei vollkommener Spaltung der Harnröhre niemals im Stande ſey, die Strictur zu erhalten, indem ſie ſich abplatte, wenn an irgend einer Stelle des Umfan— ges der Muskelkreis, welcher ſich contrahirt hat, erſchlafft waͤre. Uebrigens hat Chaffaigne an der Leiche directe Verſuche angeſtellt, indem er den obern Theil der Harn— roͤhre in dem ſpongioͤſen Theile mit einem Faden von Caut— ſchuck umgab und auf dieſe Weiſe eine Verengerung bildete; er erhielt mit der Abdruckſonde denſelben Abdruck, wie er vorhin erwaͤhnt worden iſt; daſſelbe war der Fall, wenn der Faden bloß queer uͤber der Harnroͤhre heruͤber geſpannt wurde; dabei zeigte ſich in der geoͤffneten Harnroͤhre ganz dieſelbe klappenartige Strictur, wie ſie Amuſſat beſchreibt. Auch dieſes fand ſtatt, wenn der Faden uͤber der Harn— roͤhre durchgezogen, nach Unten aber nicht geknuͤpft wurde. Die Frage, ob man Stricturen durch Retraction der Muskelfaſern des bulbo- cavernosus beobachtet habe, be— antwortet der Verfaſſer dahin, daß alle krampfhaften Ver— engerungen entweder von Retraction des bulbo-caverno— sus oder der pars membranacea der Harnroͤhre abzu— leiten ſeyen, wie, z. B., bei der Strictur, an welcher Nouffeau litt, welcher ſelbſt berichtet, daß der berühmte Morand, trotz ſeiner Geſchicklichkeit, niemals die Sonde einzubringen im Stande war, und daß Frère Come erſt nach zwei Stunden vergeblicher Verſuche eine feine Sonde einbrachte und bei welchem von den zur Leichenoͤffnung ver: ſammelten Aerzten nicht eine Spur einer Verengerung auf— gefunden wurde. Aehnliche Beobachtungen giebt es in grö- ßerer Anzahl. Die heftigen Schmerzen bei'm Uriniren be: weiſen in ſolchen Faͤllen noch keinesweges das Vorhanden— 27 ſeyn einer entzündlichen Affection; dieß ift hinreichend be— kannt, ruͤckſichtlich der ſpaſtiſchen Strictur des sphineter ani, wobei mit oder ohne Fiſſur die heftigſten Schmerzen vorhanden ſind. Dieſe Afterſtricturen bilden in jeder Be— ziehung das vollkommenſte Analogon der krampfhaften Harn— roͤhrenſtrictur, bei denen aͤhnliche Schmerzen auch bloß durch Dilatation hervorgerufen werden. Aus allem dieſen glaubt der Verfaſſer, folgende Schluͤſſe ziehen zu koͤnnen: 1) daß der bulbo- cavernosus der Sitz einer tem— poraͤren Retraction ſeyn kann; 2) daß er auch eine permanente Retraction erleiden kann; 3) daß dieſe permanente Retraction zur Entſtehung von den Verengerungen Anlaß giebt, welche Amuffat die klappenartigen (valvulaire) nennt; 4) daß dieſe Retractionen ziemlich gewoͤhnlich ſind, aber die Aufmerkſamkeit der Wundaͤrzte noch nicht auf ſich gezo— gen haben; 5) daß die Verengerungen durch Retraction des bul- bo- cavernosus ſich haͤufig durch Bougies überwinden laſſen, daß ſie aber faſt immer ſogleich oder nach kurzer Zeit wieder entſtehen, nachdem man die Sonden herausge— nommen hat; 6) endlich, daß das wahre Heilmittel darin beſteht, die Muskelfaſern des bulbo- cavernosus zu durchſchneiden. Ueber die Ausfuͤhrung der hier vorgeſchlagenen Opera— tion ſagt der Verfaſſer: Er glaube, daß die ſubcutane Durchſchneidung, welche ſonſt fo zweckmaͤßig ſey, hier vers worfen werden muͤſſe, weil man ſo nahe bei einem Canale operirte, deſſen zufaͤllige Verletzung zur Entſtehung einer Urinfiſtel Veranlaſſung geben wuͤrde. Die Operation ſcheint ihm indicirt: 1) wenn die Verengerung in der pars bul- bosa ſitzt; 2) wenn der Catheter gar nicht oder nur nach großen Beſchwerden in die Blaſe gelangt; 3) endlich, wenn nach Entfernung der Sonde immer wieder dieſelbe Schwie— rigkeit zur Wiedereinfuͤhrung ſtattfindet. Das Operationsverfahren iſt folgendes: Man bringt den Kranken in die Steinſchnittslage, raſirt das Peri— naͤum, führt einen Gatheter bis zur Strictur ein und macht einen 1 Zoll langen Einſchnitt (bei groͤßerer Beleibtheit et— was groͤßer) in der Rapheoder 2 Linien vor derſelben und mit ihr parallel. Man beginnt den Einſchnitt 2 oder 3 Li— nien oberhalb des Punctes, an welchem der Catheter feſt— fist. Nach Trennung der Haut werden die Wundraͤnder mittelſt Haken auseinandergehalten, und man trennt nun die fibroͤſe Fettſchicht unter der Haut und endlich die apo— neurosis superficialis perinaei, worauf die Muskelfa— ſern bloßliegen. Alsdann iſt es leicht, zu ſehen, ob dieſe Faſern geſpannt ſind und das Eindringen der Sonde ver— hindert. Endlich ſchiebt man zwiſchen den Muskelfaſern und der Harnroͤhre eine Panaritiumfonde ein und trennt den Muskel mit dem Biſtouri. Statt der Hohlſonde und des Biſtouri's kann man ſich ebenfalls auch einer ſtumpf⸗ 28 ſpitzigen Scheere bedienen. Nach Trennung der Muskelfa— ſern ſchiebt man den Catheter in der Harnroͤhre vorwaͤrts, um zu ſehen, ob alle Faſern durchſchnitten ſind, welche das Hinderniß begruͤnden; iſt dieß der Fall, ſo wird der Cathe— ter leicht eindringen, außer, wenn das Hinderniß durch die Muskelfaſer bedingt ſeyn ſollte, welche die pars membra— nacea umgeben, oder durch die Faſern des levator ani, welche unter dem Namen des m. wilsonii den Blaſenhals umgeben, in welchem Falle man vielleicht auch die Tren— nung dieſer Muskelfaſern verſuchen koͤnnte. Dieß waͤre in— deß nicht ohne Gefahr einer Verletzung der Harnroͤhre oder der Blaſe, etwas, was in jedem Falle vermieden werden muß. Die hier beſchriebene Operation iſt einfach, da kein wichtigeres Gefäß verletzt werden kann, indem nur die a. superficialis perinaei in der Furche des corpus caver- nosum liegt, deren Durchſchneidung, wenn ſie vorkaͤme, ohne Bedenken ſeyn würde. Die a. bulbi, die transver- sa perinaei liegen beide zu tief. Die Wunde ſelbſt iſt einfach und wird wahrſcheinlich leicht per primam inten- tionem heilen; doch waͤre hieruͤber directe Erfahrung zu befragen. (Gaz. des Höpit. No. 25 et 27.) Zerreißung eines eingeklemmten Bruches durch den Kranken ſelbſt. Von Benjamin Travers. Um 3 Uhr Morgens, am 29. October 1839, wurde ich zu ei⸗ nem jungen Manne drei engliſche Meilen von der Stadt gerufen, welcher an einem eingeklemmten Bruche leiden ſollte. Ich fand den 20jaͤhrigen musculöfen Kranken auf dem Rüden liegend mit aͤngſtlich leidendem Geſichtsausdrucke, blaffer, kuͤhler Haut, lividen Lippen und Augenringen, angezogenen Beinen, einem nicht fühlbaren Radialpuls und mit beſchleunigter, undeutlicher Action des Herzens. Er hatte mehrmals gebrochen und Tags zuvor um 4 Uhr Nach— mittags Oeffnung gehabt; das scrotum war zur Größe eines Kin— derkopfes aufgetrieben, gangraͤnoͤs gefaͤrbt und bis zum Berſten ausgedehnt; das hypogastrium geſchwollen und geſpannt, der Schmerz heftig, ausgebreitet und durch Druck ſehr vermehrt. Ich erfuhr, daß der Kranke auf der rechten Seite ſeit ſeiner Geburt einen Bruch habe und vor Kurzem in Folge einer Gonorrhoe auf derſelben Seite eine Hodengeſchwulſt bekommen habe. Der Kranke hatte ſeit feiner Kindheit kein Bruchband getragen, ſondern hatte nur, wenn die vorgefallenen Daͤrme ihn belaͤſtigten, die Gewohn— heit, ſich niederzulegen und die Repoſition mit ſeiner Hand auszu— fuͤhren, waͤhrend er zugleich uͤber dieſe Krankheit ſtrenges Geheim— niß beobachtete. Bei weiterer Nachforſchung erfuhr ich, daß um 6 Uhr Abends zuvor der Umfang der Geſchwulſt ſo betraͤchtlich zugenommen hat— te, daß der junge Mann den Bruchinhalt nicht mehr zuruͤckbringen konnte. Außer fortgeſetzter heftiger Manipulation druͤckte er die Geſchwulſt zwiſchen den Händen und Schenkeln kraͤftig zuſammen und machte endlich, ganz unbekuͤmmert wegen eines üblen Ausgan— ges, einen Einſchnitt durch die Haut queer gegen den Saamen— ſtrang. Um Mitternacht ließ er feinen Vater rufen und erklärte dieſem, daß ein Hode aufarborften ſey und daß er, wenn ihm nicht geholfen wuͤrde, ſterben muͤſſe. Die Geſchwulſt hatte von jenem Momente bis zu der Zeit, wo ich ihn beſuchte, fortwaͤhrend zuge— nommen Nachdem ich die Gefaͤhrlichkeit des Zuſtandes dem Vater er— klaͤrt hatte, gab ich etwas warmen Branntwein mit Waſſer, um den elenden Puls zu heben und machte hierauf einen Einſchnitt in der Richtung des Saamenſtranges, gegen den Grund der Geſchwulſt 29 hin. Das ſubcutane Zellgewebe war durchaus mit einer dunkelge— faͤrbten Fluͤſſigkeit infiltrirt. welche faͤculent roch und reichlich aus der Wunde ausſickerte. Es wurde hierauf der cremaster getrennt und der collabirte Sack, welcher ſehr groß war, auf der Hohlſonde eingeſchnitten. Der Hode lag bloß und war etwas geſchwollen; eine ſchlaffe Darmſchlinge lag in der Bruchſacksmuͤndung und glitt in die Unterleibshoͤhle zuruͤck. Der Finger drang durch den erwei— terten Bruchſackhals leicht über die epigaſtriſchen Gefäße hinaus in die Unterleibshoͤhle ein. Von einer Strictur war nirgends etwas zu bemerken; an den Rändern des nach Hinten verdickten Bruch— fackes, welcher nach Vorn und an den Seiten von weicher zellge— webiger Textur war, wurde eine Knopfnath angelegt, und die Rän⸗ der der getrennten Hautdecken wurden ebenfalls durch eine Sutur über einem Charpi ebaͤuſchchen vereinigt. Durch die raphe wurde nach Hinten ein großer Hautſchnitt gefuͤhrt, wodurch ebenfalls ans beträchtliche Infiltration der Zellgewebsſchicht nachgewieſen urde. Dadurch war die Operation vollendet; die in großer Menge ausgefloſſene Flüffigkeit ſah aus wie fauliges Blut und wurde zu: erſt dafür gehalten; waͤhrend der Operation floß uͤbrigens kein Blut, und nachher folgte vorübergehende Beſſerung und Herſtellung der Circulation. Waͤhrend dieß vor ſich ging, erbrach der Kranke etwas ſchaumige, gallige Fluͤſſigkeit und hatte febr bald darauf zwei copiöfe, halbfluͤſſige Stühle von derſelben Farbe, wie die ers goffene Darmfluͤſſigkeit. Bald indeß ſtellte ſich wiederum Unruhe ein, und um 7 Uhr, 8 Stunden nach der Operation, ſtarb der Kranke. Section 10 Stunden nach dem Tode. Der Bauch war aufgetrieben; es entwich eine beträchtliche Quantität übel riechen— der Luft durch den gewoͤhnlichen Einſchnitt und durch die Scrotal⸗ wunde. 5 Als der Duͤnndarm verfolgt wurde, zeigte ſich an einem handbreiten Stuͤcke des untern Dritttheils des Duͤnndarms die Er⸗ ſcheinung einer friſchen Strangulation, begleitet von Zerreißung und Blutextravaſat zwiſchen der Peritonaͤal- und Muskelhaut. Die Falte war collabirt, von der Farbe des Rothweins, begraͤnzt mit einem blaſſen, aſchgrauen Striche und mit 3 oder 4 inſelfoͤrmigen grauen Flecken von beginnender Gangrän beſetzt. Eine unregelmaͤ⸗ ßige Oeffnung, 2 Zoll lang, fand ſich in der Nähe des Anſatzes des Gekroͤſes, parallel der Achſe des Darmes. Unmittelbar neben dieſer Wunde war die ſeroͤſe Haut etwa ein Zoll weit von der dars unterliegenden Schicht abgeloͤſ't, fo daß die Kreisfaſern der Mus— kelhaut wie präparirt vorlagen. Kleine Blutcoagula lagen an die— ſer Stelle, und zwiſchen den Blaͤttern des dieſer Stelle entſprechen⸗ den Meſenteriums hatte ebenfalls etwas Extravaſat ſtattgefunden. Der benachbarte Duͤnndarm war an mehreren Stellen entzuͤndet und bis zum Extravaſate unter der Peritondatbaut injicirt. Die Leber war von dunkelgruͤner Faͤrbung, gleichſam verſchrumpft und im Innern zaͤher und blaſſer, als dieß gewöhnlich bei jungen Leu— ten im normalen Zuſtande der Fall iſt. Bemerkungen. Die Zerreißung eines Darmes bei Repoſi⸗ tionsverſuchen iſt zum Glücke ſelten, und kommt, wie ich glaube, niemals vor, wenn der Darm ſich in einem geſunden Zuſtande be— findet. In dem mitgetheilten Falle wurde die Zerreißung des Dar— mes durch Gewaltthaͤtigkeit des Kranken ſelbſt herbeigefuͤhrt, wel⸗ cher wahrſcheinlich durch das Gelingen feiner fruͤhern Repoſitions- verſuche dazu ermuthigt und durch die Furcht vor den Folgen des Mißlingens in Angſt verſetzt war. Einige Wochen vor dem Tode hatte der Kranke ebenfalls Schwierigkeit gefunden, den Darm zur ruͤckzubringen und hatte zu einem warmen Bade ſeine Zuflucht ge— nommen. Damals litt er bereits an der Hodengeſchwulſt. Der Einſchnitt mit dem Raſirmeſſer in der Leiſtengegend deutete auf eine Verzweiflung, welche an Wahnſinn graͤnzte. Das Offenſtehen des Inguinalcanals, ſowohl außen als in— nen, die vollkommene Abweſenheit jeder Spur von einer Strictur in der tunica vaginalis, welche den Bruchſack bildete und die Ab⸗ weſenheit aller Adhaͤſionen veranlaffen die Frage nach der urſache der Einklemmung, welche fo hartnaͤckig die Repoſition verhinderte. Die Groͤße der Darmverletzung fuͤhrt auf die Frage, ob der Darm vorher wohl normal beſchaffen geweſen ſey. 30 Der Theil des Duͤnndarms, welcher in dem Sacke gelegen hatte und dem Drucke ausgeſetzt geweſen war, markirte ſich hin⸗ reichend deutlich durch Faͤrbung, gangrändſe Flecke und die graue begraͤnzende Linie. Die Ausdehnung dieſes Cylinders durch fäcu⸗ lente Fluͤſſigkeit, welche fi allmälig anſammelte, konnte allein zu einer Strangulation durch die offenſtehende Bruck muͤndung Ber: anlaſſung gegeben haben. Die Anſchwellung des Saamenſtranges, welche der Hodengeſchwulſt entſprach, mag den Umfang des Bruch⸗ canals etwas vermindert haben. Es war hier alfo eine Ein— klemmung durch Ueberfuͤllung (hernie par engouement) oder dieje— nige Einklemmung vorhanden, welcher Perſonen mit unbeweglichem Bruche am meiſten ausgeſetzt ſind, wiewohl ſie auch bei denjenigen vorkommen kann, welche kein Bruchband tragen und ſich auf ihre Wachſamkeit und Geſchicklichkeit bei Repoſitionen verlaſſen und je⸗ der Einklemmung zuvorkommen zu koͤnnen glauben; denn bei lan⸗ gem Beſtehen des Bruches, wo der Bruchring eine beträchtliche Ausdehnung hat, muß ein Theil des Darmes, in der Regel, bei aufrechter Stellung des Koͤrpers in dem Sacke liegen, alſo auch einer Ueberfüllung , beſonders bei krankhaft vermehrter Leber- und Darmabſonderung, ausgeſetzt ſeyn. Ein Darm in dieſer Lage wird alſo ſehr leicht ſich almaͤlig anfüllen und eine paſſive Strictur er⸗ leiden, d. h., eine Strickur nicht durch Verengerung der Bruch⸗ pforte, ſondern durch Vergroͤßerung des Darmes. Bis zu einer gewiſſen Ausdehnung zeigt ſich dieſe Art der Reaction in allen Käls len durch Gasentwickelung in dem vorgefallenen Darme; in der hier angefuͤhrten Art des Bruches, wird aber der Widerſtand da⸗ durch hervorgebracht, während er bei andern nur vermehrt wird. Bei dem vorliegenden Falle wurde durch vereinte Kraft der ad- Kuctores femoris und durch ruͤckſichtsloſe Manipulation ſowohl der Bruchſack, als der Darm zerriſſen; auf den Austritt des Inhaltes in das Zellgewebe des Scrotums folgte ſodann der collapsus des Darms. Ein Zuſtand von Gefäßcongeftion findet bei allen Ein: klemmungen ſtatt; ein Zeichen fruͤherer krankhafter Veraͤnderung, oder überhaupt eines Zuſtandes, welcher nicht durch die neuerdings eingetretene Gewalt zu erklaren wäre, war nicht aufzufinden. Die Ergießung adhaͤſiver Lymphe hatte, ſo raſch dieſer Proceß bei fe: roͤſen Haͤuten auch vorkommt, nicht ſtattgefunden. Der Zuſtand der Leber war nicht normal, und das profuſe und übel beſchaffene Secret des Darmes macht es wahrſcheinlich, daß der Kranke ein unordentliches Leben gefuͤhrt habe, wofuͤr auch die Gonorrhoͤe und einige Condylome ſprachen. Ich bedaure, daß die Schleimhaut des Darmes und Magens nicht unterſucht worden iſt. Waͤre gleich im erſten Momente, wo der junge Mann bemerkte, daß er den Darm nicht zuruͤckbringen könne, die Huͤlfe eines Wundarz: tes in Anſpruch genommen worden, ſo iſt nicht zu bezweifeln, daß der Bruch durch eine maͤßige Taxis zuruͤckgebracht worden wäre. Mir iſt ein Fall bekannt, in welchem der Darm durch die Taxis zerriſſen worden iſt; dabei waren aber bloß 2 des Darmey⸗ linders eingeklemmt, brandig und begannen durch Ulceration ſich ab⸗ zuloͤſen. Ein Mann erhielt einen heftigen Hammerſchlag auf die Pe— lotte feines Bruchbandes, während er ſich buͤckte; dadurch wurde der Darm zerriſſen. Dieß wurde allerdings durch die Stellung begünftigt, wäre aber doch nicht möglich geweſen, wenn das Bruch⸗ band den Darm vollkommen zuruͤckgehalten haͤtte. Durch Druck und Quetſchung, z. B., wenn ein Rad über den Körper geht, wenn der Leib gegen eine Wand gequetſcht wird, wenn ein Hufſchlag den Unterleib trifft, bei einem Falle queer uͤber einen Balken oder bei heftigem Anlaufen gegen einen Pfoſten in der Dunkelheit und bei ähnlichen Veranlaſſungen kommen Zerreißungen des Darmes vor, bisweilen auf mehreren Stellen, und bisweilen mit Milz⸗, Leber⸗ oder Nierenverletzungen complicirt, ja ſogar mit gleichzeitiger Zerreißung der Bauchwandungen. Unregelmaͤßige, hef⸗ tige Muskelactionen find hinreichend, um die Zerreißung des Ma⸗ gens, wenn derſelbe überladen iſt, hervorzubringen. So iſt mir ein Fall vorgekommen, in welchem ein Burſche, welcher kurz zuvor ſebr viel Aepfel und Branntwein zu ſich genommen hatte, wenige Minuten danach taumelnd niederſtürzte und eine Ergießung der Magenflüffigkeit in den Unterleib erlitt. 31 Niemals ift mir ein Fall von Zerreißung des Darmes durch Erbrechen oder Muskelaction vorgekommen, außer wo ſchon vorher Geſchwuͤre vorhanden waren, durch welche die innern Darmhaͤute zerſtoͤrt waren; in letzterm Falle wird wahrſcheinlich die allein noch die Oeffnung ſchließende Peritonaͤalſchicht zerriſſen; denn die Sym- ptome der Ergießung beginnen faſt in dem Augenblicke des Er— brechens ſelbſt. Der Act des Erbrechens wird, beilaͤufig bemerkt, nach Zerreißung des Darmcanals an irgend einer Stelle gewiſſer— maaßen abgekuͤrzt und gehindert. Es iſt alsdann noch halb Erbre— chen und halb Expectoration, als wenn die Muskeln ihren Stuͤtz— punct verloren hätten, was auch in der That eigentlich der Fall iſt; die Fluͤſſigkeit ſteigt alsdann bis in den Schlund herauf und wird mit einer convulſiviſchen Anſtrengung aus dem Munde aus— eſpieen. 905 Die auf eine Darmzerreißung folgenden Symptome ſind von dem Momente der Verletzung an tödtlih. Sie find ganz unaͤhalich denen der Entzündungen des Brandes; fie ſind wirklich eigens thuͤmlicher Natur. Der Geiſt iſt klar, aber deprimirt, gleichſam uͤberwältigt von der Unheilbarkeit der Verletzung. Das Ausſehen iſt blaß, die Zuͤge langgezogen, ſcharf; der Puls wird nicht ſogleich geftört, bald jedoch wird er beſchleunigt, ſchwach, unregelmäßig, intermittirend, fadenaͤhnlich und endlich unfuͤhlbar; die Hautober— fläche wird Eühl, bleibt aber trocken; es folgt nun eine unange— nehme Trockenheit des Mundes und Schlundes; es kommen haͤu— fige Anſtrengungen zum Erbrechen in der ſchon beſchriebenen Weiſe. Der Schmerz beginnt in verſchiedener Zeit, wird aber nie lang hin— ausgeſchoben; er iſt acut, anhaltend, verbreitet ſich uͤber die ganze Bauchgegend, und der Unterleib wird geſpannt und vermag nicht den leichteſten Druck zu ertragen. Auf dieſe Weiſe entſteht be— traͤchtliche Angſt und Unruhe, häufiges Verlangen nach Huͤlfe bis unmittelbar vor dem Tode. Die peritonaͤaloberflaͤche iſt geroͤthet; ſelten aber finden ſich hautartige oder feſte Lympherſudate, welche die benachbarten Theile an einander klebten; bloß kleine Ablage— rungen, in Form einzelner Faͤden und Fetzen, machen die Oberflaͤche rauh, obwohl die Fortdauer des Lebens nach der Verletzung von 12 — 36 Stunden variirt. Der Zuſtand des Darmcanals beſtimmt vielleicht dieſe Verſchiedenheit. Indem wir die Unrettbarkeit bei ſolchen Verletzungen zugeben, iſt es der Muͤhe werth, zu unterſuchen, woher es kommt, daß die Symptome gleich vom erſten Moment an ein ſo toͤdtliches Ausſe— hen haben. Die Veränderungen, welche von der Entzündung ab— hangen, entſprechen dem, was man in den meiſten Faͤllen von Pe— ritonismus und Hernie beobachtet. Die Symptome von Proſtra— tion beſeitigen ſogleich jeden Gedanken an Blutentziehung; Opiat— ſuppoſitorien haben nicht den mindeſten Einfluß; der Schmerz ift nicht allein unertraͤglich, ſondern er iſt auch ohne Nachlaß und auf keine Weiſe zu lindern, was bei den Faͤllen von Entzuͤndung ſonſt nicht leicht der Fall iſt. Der Nerveneindruck muß, wie man meinen ſollte, bei den nicht ſeltenen Ruͤckgratsbruͤchen eben fo groß ſeyn, bei welchen der Kranke plöglic des Gefuͤhls von dem Daſeyn feiner untern Koͤr— perhälfte vollkommen beraubt wird; er iſt auf Einmal zur Hälfte des Lebensgefuͤhls beraubt, als wenn er mitten durchgeſchnitten wäre. Hier iſt aber weder locale noch ausgebreitete Entzündung 82 vorhanden; weder Schmerz noch andere bedenkliche Symptome fol— gen in den naͤchſten Tagen und ſelbſt Wochen. Blutergießung iſt für die Peritonaͤaloberflaͤche unſchaͤdlich. Die Luft, welche aus dem Darmcanal entweicht, unmittelbar nach der Verletzung, wirkt da— gegen wahrſcheinlich giftaͤhnlich auf die Nerven und abſorbi— rende Flaͤchen, mit welchen dieſelbe in Beruͤhrung kommt; dieſer toͤdtliche Einfluß nimmt mit der Zeit zu und erklärt vielleicht die Eigenthuͤmlichkeit und den raſchen Fortſchritt der Symptome. Es iſt zu bemerken, daß mir Fälle bekannt find, in welchen das Sym⸗ ptom des Schmerzes um ein ſo Betraͤchtliches geringer war, als gewoͤhnlich, daß es zu Zweifeln uͤber die Natur der Verletzung Ver— anlaſſung geben konnte. Der einzigen Indication, welche in dieſen traurigen Fällen auf— zuſtellen iſt, wird ungluͤcklicher Weiſe gewoͤhnlich durch die Umge— bungen der Kranken entgegengehandelt, deren erſtes Beſtreben ge— woͤhnlich darin beſteht, etwas Staͤrkendes zu geben, z. B., Brannt— wein und Waſſer. Bisweilen handelt jedoch auch der Arzt da— wider, welcher bloß an Entzündungen oder an Abfuͤhren durch eine Purganz, als Vorbereitung zu den uͤbrigen Maaßregeln, denkt. Ich glaube, daß wenig oder nichts von der hinuntergeſchluckten Fluͤſſig— keit uͤber den Magen hinausgelangt, oder in demſelben bleibt, außer in dem eigentlichen Anfange des Falles. Abſolute Verweigerung jedes Getraͤnkes, ausgenommen ſo viel, als zur Befeuchtung des Mundes noͤthig iſt, wuͤrde mir dagegen immer als der richtigſte, rationelle Theil der Behandlung erſcheinen. (Medico -chirurg. transact. Vol. 23. London 1840.) Wise blen. Mayor's Verband zum Knieſcheibenbruche befteht: 1) aus einer Rinne von Eiſendraht von 325 Millimet. Laͤnge und einer Breite, welche dem Durchmeſſer des Schenkels entſpricht. Die Rinne wird mit mehreren Schichten Watte ſorgfaͤltig gepol— ſtert und reicht 162 Millimeter nach Oben und Unten an der Kniekehle; 2) aus 2 Cravatten, die mit Baumwolle gepolſtert ſind, wovon die eine mit ihrem Grunde an den obern, die andere an den untern Rand der Knieſcheibe angelegt wird. Sie werden ganz gerade nach Hinten gefuͤhrt, wo ſie ſich endlich ſchraͤg kreuzen, nach Vorn aufſteigen, uͤber der vordern Flaͤche des Gliedes ſich wiederum kreuzen und an den Seitenenden der Rinne befeſtigt werden. Hier— auf werden 3) uͤber der Knieſcheibe an die Raͤnder der Cravatte 3 Schnallen befeſtigt, welche über einer dicken Schicht von Baum: wolle zuſammengezogen werden und die Bruchſtuͤcke der Knieſcheibe auf eine ſichere Weiſe naͤhern. Umwandlung der Fibrine in Albumen. lier theilt mit, daß der Verſuch von Denis ihm haͤuſig gelun— gen ſey, indem er 46 Grs. Fibrine, die in 155 Grs. Waſſer mit 7 Grs. Natron carbonicum gewaſchen und ausgedrückt war, fo lange kochte, bis das magma, welches die Miſchung bildete, verſchwunden war. Dieſes Reſultat entſpricht der Anſicht Thomſon's zu Glass gow, welche er ſchon vor 30 Jahren ausgeſprochen, daß das Al— bumen ſeinen fluͤſſigen Zuſtand dem Vorhandenſeyn der Soda ver— danke. M. Letel⸗ Bibliographische Wild Sports of Southern Africa. don 1841. 8. Descriptive Catalogue of the Preparations in the Museum of the Royal College of Surgeons in Ireland. By John Houston, MD., Curator of the Museum, Dublin 1840. 8. By Captain Harris. Lon- Neuigkeiten. Practical Observations on the Pathology and Treatment of the strictures of the Urethra; with cases. By Robert Wade, London 1841. 8. Essays on the most important diseases of women. By Robert Ferguson, M., and Physician Accoucheur to the Queen. Part. I. Puerperal fever. London 1840. Te Neue Wotizen aus dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Meditinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Mediemalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin. No. 377. (Nr. 3. des XVIII. Bandes.) April 1841. Gedruckt im Landes -Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. nnr ene. Bemerkungen uͤber die Structur und das Wachs— thum der Fiſchſchuppen und Widerlegung der von Herrn Mandl vorgebrachten Einwuͤrfe. Von Herrn A gaſſiz. (Hierzu die Figuren 1. bis 23. der mit dieſer Nummer ausgegebenen „ Tafel.) Als ich im Jahre 1827 anfing, mich mit den foſſilen Fiſchen zu beſchaͤftigen, uͤberzeugte ich mich bald davon, daß man eines gruͤndlichen vergleichenden Studiums der Structur der Fiſchſchuppen bedarf, um die Arten zu beſtimmen, von denen ſich nur die Schup— penhuͤlle erhalten hat, und ſeitdem habe ich mir es ſehr angelegen ſeyn laſſen, alle Eigenthuͤmlichkeiten der Integumente, wie der Thiere uͤberhaupt, ſo beſonders der Fiſche, ſorgfaͤltig zu unter— uchen. Welche Anſicht ich von der Natur der Fiſchſchuppen hege, habe ich bereits in meinen Genera und Species der von Spix und Martius aus Braſilien heimgebrachten Fiſche (Muͤnchen 1829) angegeben. Spaͤter legte ich in meinen Recherches sur les Poissons fossiles die allgemeinen Reſultate dar, zu denen ich durch das Studium von faſt tauſend Arten aus allen Familien der Fiſche gelangt war, wobei die foſſilen Arten ſtets mit den leben— den verglichen wurden. Alle dieſe Beobachtungen ſtellte ich mit Huͤlfe eines trefflichen Frauenhofer'ſchen Mikroſcops an, wel— ches Profeſſor Dollinger in einem der Muͤnchner Academie der Wiſſenſchaften vorgetragenen Artikel uͤber die neueſten Vervoll— kommnungen des Mikroſcops beſchrieben hat. Einzelne kleine Feh— ler ungerechnet, glaubte ich, fuͤr die Richtigkeit meiner Beobach— tungen und der daraus gezogenen Schluͤſſe einſtehen und in dieſer Beziehung durchaus keinen Widerſpruch fuͤrchten zu duͤrfen; als unlaͤngſt in den Annales des Sciences naturelles eine von Figuren begleitete Abhandlung des Herrn Mandl erſchien, welche die Ueberſchrift: Unterſuchungen uͤber die innerſte Structur der Fiſchſchuppen, führte ). Der Verfaſſer ſetzt ſich vor, darzuthun, daß meine Anſichten über denſelben Gegenſtand durchaus irrig ſeyen, und ſucht andere geltend zu machen, zu welchen ich, ſeiner Behauptung nach, wegen der mangelhaften Befchaffenbeit meiner Unterſuchungsmittel nicht habe gelangen koͤnnen. Herrn Mandl zufolge, beſtehen die Fiſchſchuppen keineswegs aus uͤbereinanderlie— genden homogenen Lamellen. Jede Schuppe gilt ihm vielmehr fuͤr einen vollſtaͤndigen Organismus, der naͤhrende Stoffe aufnimmt und weiterleitet und mehrere Stadien der Entwickelung durchſchrei⸗ tet. Der Verfaſſer beſchreibt nacheinander die verſchiedenen Theile dieſes Organismus, welche er bei etwa zwanzig Species beobachtet haben will. Dieſe Zahl iſt allerdings etwas beſchraͤnkt, zumal *) S. Neue Notizen Nr. 279 — 281, auch Herrn Agaſſiz's vorlaͤufige Proteſtation in Nr. 298. No. 1477. wenn man bedenkt, daß Herr Mandl darauf Schluͤſſe in Bezug auf die ganze Ichthyologie gruͤrdet. Da es aber nicht meine Ab⸗ ſicht iſt, mich auf eine vage Critik der Mandl' chen Behauptun— gen zu beſchraͤnken, ſondern die von ihm angeblich entdeckten zahl— reichen Organe der Schuppen einer genauen Prüfung zu unters werfen gedenke, ſo habe ich meine fruͤhern Unterſuchungen dem groͤßten Theile nach neuerdings wiederholt, und namentlich auch die Schuppen aller der von Herrn Mandl in deſſen Abhandlung erwaͤhnten Arten gepruͤft und die Reſultate meiner Beobachtung mit den Behauptungen des Herrn Mandl verglichen. Auf dieſe Weiſe iſt es mir gelungen, den wahren Urſprung feiner vorgebli— chen Entdeckungen zu ergruͤnden; da es aber noͤthig iſt, daß man ſich mit der Beſchaffenheit der Haut genau bekannt mache, bevor man die der Schuppen ftudirt, fo will ich mit der Darlegung der Reſultate meiner mikroſcopiſchen Unterſuchung der Haut beginnen, wobei ich uͤbrigens in Betreff des bereits Bekannten auf die oben— angefuͤhrten Schriften verweiſe. Von der Structur der Haut. Die Structur der Haut iſt bei allen Cycloiden und Ctenoiden ziemlich dieſelbe. Derjenige Fiſch, welchen ich als Typus dieſer Beſchreibung zu Grunde gelegt habe, ift der Coregonus Palaea, Cu. Die Haut des Coregonus Palaea befteht überall, wo die— ſelbe mit Schuppen bedeckt iſt, aus drei Lagen, nämlich einer untern faſerigen, einer mittlern ſehnigen und einer obern epider— misartigen. Die durch ein ziemlich feſtes und dickes Zellgewebe mit den ſehnigen Lamellen, welche den großen ſeitlichen Muskel bedecken, verbundene untere Schicht iſt ſehr glatt und duͤnn und trennt ſich ungemein leicht von der mittleren, waͤhrend ſie mit dem un— ter der Haut liegenden Gewebe ſehr feſt zuſammenhaͤngt. Beiliegende Tafel Fig. 1. Die Faſern, aus denen ſie beſteht, und welche auf den erſten Blick mit denen des elaſtiſchen Gewebes große Aehnlich— keit haben, ſind breit, gerade, bandfoͤrmig, ſehr durchſichtig, aber ſtarr und ſproͤde. Sie vereinigen ſich zu Buͤndeln von verſchiede— ner Staͤrke, deren Anordnung ich noch nicht habe ermitteln koͤn— nen, da der die ganze Schicht uͤberziehende ſilberglaͤnzende Stoff fie fo undeutlich macht, daß man Mühe hat, ſich davon zu uͤber— zeugen, daß unter den Zellen, in welchen dieſer Stoff enthalten iſt, eine faſerige Schicht vorhanden iſt. Herr Mandl hat biefe Zellen abgebildet, ohne über deren Natur irgend eine Anſicht aufe zuſtellen. Ich, fuͤr mein Theil, halte ſie entſchieden fuͤr Epithe— lialzellen aus der Claſſe der geſchichteten, innern, abgeplatteten epithelia, deren man bei andern Epithelialbildungen fo häufig findet. Dieſelben mit ſilberglaͤnzendem Stoffe gefüllten Zellen trifft man auch, wenngleich in geringerer Zahl, unter der oberſten Schicht der Haut oder der Epidermis. Die mittlere Schicht, Fig. 2., bietet ein durchaus verſchiedenes Anſehen dar. Sie iſt ſtaͤrker, als die vorſtehend beſchriebene und 3 35 verleiht der Fiſchhaut ihre Feſtigkeit. Sie beſteht aus ſehr duͤn— nen Faſern, die ſich nicht zu Buͤndeln vereinigen, ſondern einan— der ziemlich unter rechten Winkeln kreuzen. Dieſelben gleichen den Faſern der Sehnen des Menſchen in dem Grade, daß ich der Muͤhe, ſie ferner zu beſchreiben, uͤberhoben zu ſeyn glaube. Die Schicht der Epidermis (Fig. 4. und 5.) muß uns haupt- ſaͤchlich intereſſiren, da ſie in directer und fortwaͤhrender Bezie— hung zu den Schuppen ſteht. Sie iſt ſehr dunn, ganz durchſich⸗ tig, und in ihr allein ſind die Beutel enthalten, in die die Schup— pen eingeſenkt ſind. Fig. 3. Man bemerkt in derſelben hier und da Flecken von ſchwarzem Pigmente, und ich habe darin auch Blutgefäße erkannt, welche an deren unterer Fläche netzartig ver— zweigt ſind; allein trotz der Durchſichtigkeit dieſer Hautſchicht habe ich darin, aller angewandten Muͤhe ungeachtet, keine Spur von Faſern entdecken koͤnnen. Dagegen unterſcheidet man darin con— centriſche Einien, welche denen der Schuppen ähnlich find, und ich habe mich ſogar davon uͤberzeugt, daß dieſe Linien in den Beuteln den concentriſchen Linien der Schuppen durchaus entſprechen Ebene ſo verhaͤlt es ſich mit den Laͤngsfalten, welche den faͤcherfoͤrmigen Furchen (den Laͤngscanaͤlen Mandl's) durchaus entſprechen. Wenn nun dieſe concentriſchen Linien von der Verſchmelzung der Zellen herruͤhrten, welche, Herrn Mandl zufolge, an der Ober— flaͤche der Schuppe ſtattfindet, fo müßte man, meines Erachtens, in dieſer ſo duͤnnen und durchſichtigen Hautſchicht weit leichter Spuren von Zellen bemerken, als in den Schuppen, welche, we— gen ihrer Dicke, weit ſchwieriger zu unterſuchen ſind. Ich habe zu dieſem Zwecke die allergenaueſten Pruͤfungen angeſtellt, und darf verſichern, daß ich nirgends die geringſte Spur einer ſolchen Organiſation gefunden habe. Im Gegentheile konnte ich mich, wenn ich das Innere des Beutels herauswendete, ſo daß der ge— faltete Rand ſichtbar wurde, davon uͤberzeugen, daß die Streifen nichts weiter, als kreisfoͤrmig geordnete Falten ſind, welche ſtets auf den Schuppen neu entſtehen. (Fig. 5.) Ich werde fpäter, bei Gelegenheit der Darlegung meiner Anſicht uͤber die Entwicke— lung der Schuppen, auf dieſen Gegenſtand zuruͤckkommen. Herr Mandl fuͤhrt 6 Hauptorgane der Schuppen an: 1) die Laͤngscanaͤle, 2) die Zellenlinien, 3) die Koͤrperchen, 4) die faſe— rige Schicht, 5) den Heerd, 6) die Zaͤhne. Wir wollen dieſe ver— ſchiedenen Organe nacheinander betrachten, die Functionen, welche ihnen der Verfaſſer beilegt, erwaͤgen und die noͤthigen Abbildungen hinzufuͤgen. Bei dieſer Gelegenheit wird es ſich zeigen, daß alle von Herrn Mandl ſeiner Abhandlung beigegebenen Figuren dieſe Organe nur von einer Seite, nämlich von oben geſehen, dar: ſtellen, und daß er nicht einmal den Verſuch gemacht zu haben ſcheint, die Richtigkeit ſeiner neuen Entdeckungen an Queerdurch— ſchnitten zu pruͤfen. Dieſem Mangel habe ich abgeholfen, indem ich in Betreff aller Schuppen, von denen die Rede iſt, Abbildun— gen von Queerdurchſchnitten mittheile. 1) Laͤngscanaͤle. Mit dieſem Namen bezeichnet Herr Mandl die Linien, wel— che ſich von dem Mittelpunete des Wachsthums der Schuppe faͤ— e nach deren Rande ziehen, und denen er die Functionen von Ernährungscanälen beimißt. „Sie durchwandern“, ſagt er, „alle Bildungsſtufen vom vollſtaͤndig geſchloſſenen Canale bis zur einfachen Rinne.“ Mir war, ich geſtehe es, dieſe Mannigfaltig— keit der Formen dieſer angeblichen Ernaährungscanaͤle unbekannt; in'sbeſondere wußte ich von dem Vorhandenſeyn der geſchloſſenen Canale nicht das Geringſte. Ich ließ es mir daher vor Allem an— gelegen ſeyn, mich von der Exiſtenz dieſer Canale bei dem einzi⸗ gen von Herrn Mandl angefuͤhrten Fiſche, der Acerina vulgaris, zu uͤberzeugen. Ich nahm zahlreiche Durchſchneidungen vor, allein keine ließ mich die vom Verfaſſer angegebene eigenthuͤmliche Struc— tur erkennen. Ich konnte, was Laͤngscanaͤle betrifft, durchaus nichts anders ermitteln, als die in Fig. 13. abgebildeten flachen Aushöhlungen, welche dieſen Canaͤlen entſprechen, während, wenn die Behauptung des Herrn Mandl gegründet wäre, ich deutliche Locher hätte ſehen muͤſſen. Allein dieſe Aushoͤhlungen find nicht einmal ſo tief, als bei den Schuppen des Mullus barbatus, Fig. 36 12., wo doch Herr Mandl ſelbſt keine geſchloſſenen Roͤhren hat auffinden koͤnnen. „Dieſe Canaͤle“, fährt Herr Mandl fort, „ſtehen in directer Beziehung zu der Haut und befinden ſich in dem endſtaͤndigen und Scitenfelde nur in den Fällen, wo dieſe Felder mit der Haut bedeckt ſind.“ Da nun aber der hinterſte Theil (das endſtaͤndige Feld) der Schuppe bei den dachziegelartig geordneten Schuppen ger woͤhnlich nicht mit der Haut uͤberzogen iſt, ſo wuͤrde daraus un— mittelbar folgen, daß bei den meiſten Fiſchen dieſer Theil der Schuppe ohne Linien ſeyn muͤßte. Aber leider iſt dieß keineswegs der Fall; man braucht nur einen Blick auf unſere Figur 7. zu werfen, welche die Schuppe eines jungen Karpfen darſtellt, um ſich davon zu uͤberzeugen, daß dieſe Furchen ebenſowohl am hin— tern, als am vordern Theile vorhanden, aber an jenem nur nicht immer fo deutlich find. Herr Mandl behauptet ferner, daß die Ernährungsgefäße der Schuppen von dem Heerde aus in die Schuppe eindrangenz allein wie ginge es dann zu, daß es Schuppen giebt, bei denen die Furchen ganz fehlen, und wo folglich die Function der Ernaͤh— rung nicht ftattfinden kann; andere, wo nur ſecundaͤre Furchen, d. h. ſolche, welche nicht bis an den Heerd reichen, vorhanden ſind? Sollen uns die Furchen der Schuppe des Hechtes, welche bekanntlich am Rande tiefe Einſchnitte veranlaſſen, fo daß die Schuppe als aus drei Lappen gebildet erſcheint, von denen der mittelſte weit uͤber die beiden ſeitlichen hinausragt, ebenfalls fuͤr Ernaͤhrungscanaͤle gelten? Es wäre übrigens nicht unmoͤglich, daß Herr Mandl einige Veraͤſtelungen der Röhre der oder jener Schuppe auf der Seiten— linie des Fiſches mit den Furchen des Feldes verwechſelt haͤtte, welches er das hintere nennt, und dieß iſt mir um fo wahrſcheinli⸗ cher, da Herr Mandl gar nicht zu wiſſen ſcheint, daß an den Seiten dee Rumpfes Schuppen von eigenthümlicher Geſtalt (wir theilen in Fig. 9. einen Durchſchnitt derſelben mit) vorhanden find, welche von einer Roͤhre durchſetzt werden, die ſich bei mehreren Ar— ten auf dem hintern Felde der Schuppe veraͤſtelt, und aus welcher die ſchleimige Materie ſchwitzt, welche den Koͤrper des Fiſches uͤberzieht. 2) Zellen linien. So nennt Herr Mandl die auf der Oberflaͤche der Schuppen bemerkbaren concentriſchen Linien. Bisher waren alle Naturfor— ſcher daruͤber einig, daß ſich in dieſen Linien die Raͤnder der uͤber— einanderliegenden Schichten der Schuppe darſtellten; allein nun er— fahren wir durch Herrn Mandl, daß dieſelben aus Zellen beſte— hen, welche ſich nach und nach fuͤllen, verlaͤngern und zuletzt mehr oder weniger breite Linien bilden! Er ſtuͤtzt ſeine Anſicht auf eine ſchlechte Abbildung der Schuppe von Cobitis fossilis,, wo ſich, ſei— ner Meinung nach, die Zellen unverſehrt darſtellen. Die vierecki— gen, in ſeiner Figur 4. (Fig. 20. der mit Nr 277. d Neuen No— tigen ausgegebenen Tafel) ſchattirten Räume wären die eigentlichen Zellen, und die hellgehaltenen concentriſchen Linien, welche die ſchattirten Felder voneinander trennen, haͤtte man als die Zwi— ſchenraͤume zwiſchen den Zellen zu betrachten; die ſich von dem Mittelpuncte aus faͤcherfoͤrmig nach der Peripherie ziehenden Linien endlich wären die Längscanäle. Demnach hätte man zu erwarten, dieſelbe allgemeine Structur bei allen Schuppen anzutreffen. Statt deſſen gewahrt man jedoch mit Verwunderung, daß Herr Mandl bei den uͤbrigen von ihm abgebildeten Schuppen die concentriſchen Linien ſchattirt, waͤhrend er die zwiſchen dieſen Linien liegenden Felder hell haͤlt. Auf dieſe Weiſe haben dieſe Theile die Rollen vollſtaͤndig vertauſcht. Aber Herr Mandl will dieſen Widerſpruch folgendermaaßen erklaͤren: „Die Zellen“, ſagt er, „ſind urſpruͤng— lich in allen Schuppen vorhanden; allein es kommt oft der Fall vor, daß ſie ſich verengern, und aus ihrer Verſchmelzung ent— ſtehen dann die concentriſchen Linien von dunklerer Farbe, waͤh— rend die fruͤher von den Zellen eingenommenen Zwiſchenraͤume de— ren nun nicht mehr enthalten und deßhalb eine hellere Faͤrbung annehmen. Auf dieſe Weiſe wuͤrden den bei Cobitis von Zellen eingenommenen Räumen bei andern Schuppen die Zwiſchenzellen— raͤume entſprechen, und umgekehrt. 87 Ich, meinestheils, kann durchaus nicht zugeben, daß zwiſchen den viereckigen Feldern auf der Oberflache der Schuppen von Cobi- tis (den angeblichen Zellen des Herrn Mandl), welche einzig und allein von dem Vorhandenſeyn einer großen Anzahl von Furchen herrühren, und den großen Zwiſchenzellenraͤumen der Schuppen von Mullus der geringſte weſentliche Unterſchied beſtehe. Man nehme an, daß, ſtatt daß bei Mullus, Serranus etc. drei bis fünf Kurs chen eriftiren, z. B., hundert Furchen vorhanden ſeyen, und man wird auf den Schuppen der ebengenannten Fiſche dieſelben Zellen bemerken, wie auf deren von Cobitis. Allein was wird in dieſem Falle aus den kleinen Zellen der Schuppen von Mullus, Serranus, Acerina etc., auf welche Herr Mandl ein ſolches Gewicht legt, und durch deren Verſchmelzung die concentriſchen Linien ent— ftanden ſeyn ſollen? Ich glaube, ohne Weiteres behaupten zu duͤrfen, daß Herr Mandl das Opfer einer eptiſchen Taͤuſchung geworden iſt und die leichten Auskerbungen am Rande der Wachs— thumsplatten der Fiſchſchuppe für Zellen angeſehen hat. Dieß er: giebt ſich mit unumſtoßli er Gewißbeit aus den Zeichnungen, wel: che ich von den verſchiedenen Fragmenten der Schuppen von Cor- vina, Serranus und Mullus habe anfertigen laſſen, und damit in dieſer Beziehung kein Zweifel obwalten koͤnne, iſt daſſelbe Frag⸗ ment bei verſchiedenen Hoͤhen des Brennpunctes meines Mikro— ſcops abgebildet worden, Fig. 21 — 23. Jeder, der mit mifrofco: pifchen Unterſuchungen einigermaaßen vertraut iſt, wird ohne Weis teres wiſſen, daß die Kerben am Rande der Wachsthumsplatten, je nach der Höhe des Brennpunctes, mehr oder weniger kräftige Schatten veranlaſſen. Hierin tiegt, wie geſagt, der Grund des Irrthums, in welchen Herr Mandl ein Betreff der innern Struc⸗ tur der Schuppen gerathen iſt, und auf dieſer optiſchen Taͤuſchung beruht die neue und wichtige Entdeckung, daß dieſelben aus neben einanderliegenden Zellen beſtehen ſollen. 3) Koͤrperchen. Herr Mandl zufolge, ſollen die Koͤrperchen, welche er in dem Heerde der Schuppen gefunden hat, zwiſchen der, ſeiner Angabe nach, die Schuppen bildenden obern und untern Schicht liegen; als lein uber die zwiſchen dieſen Koͤrperchen und den andern Theilen der Schuppe exiſtirenden Beziehungen erfahren wir durch ihn nicht das Geringſte. Da jedoch heutzutage zur Mode achört, überall Zellen und Kerne oder nuclei zu finden, wo man ſonſt Kügelchen ſah, fo betrachtet Herr Mandl dieſe Koͤrperchen als nuclei oder un vollkommene Zellen. Sie liegen, nach Herrn Mandl's Anſicht, nicht in der Mitte der Stärke der Schuppe, ſondern nahe an der obern und untern Flaͤche derſelben; denn wenn man dieſe oder jene nur leiſe abſchabt, oder durch gelinde Maceration nur einige Ras mellen beſeitigt, ſo verſchwinden die Koͤrperchen alsbald. Ich glaube demnach, daß wir es hier ganz einfach unten mit noch nicht völlig ausgebildeten, und oben mit durch die Reibung der Schup— pen aneinander abgenutzten Lamellen zu thun haben, bei welcher Annahme ſich auch die Verſchiedenheit in Geſtalt und Größe ohne Weiteres erklärt. Bei den Schuppen von Myripristis. Gobius und Mugil find fie fehr groß, und bei dieſen laſſen fie ſich demnach am bequemſten unterſuchen. 4) Die faſerige Schicht. Mit dieſer faſerigen Schicht, welche, nach Herrn Mand l's Beſchreibung, der Zellſubſtanz der Schuppen zur Grundlage dient, verhalt es ſich ungefähr wie mit den Zellen ſelbſt, d. h., ihre Erir ſtenz beruht lediglich auf einer Augentaͤuſchung. Bekanntlich ent⸗ wickelt ſich aus jedem faferigen Gewebe (Sehnen, Zellgewebe ꝛc) bei'm Kochen gluten; allein aus gut gereinigten Schuppen wird man dieſen Stoff nie ziehen koͤnnen. Ueberdem habe ich, mit Aus; nahme einiger wenigen, ſpaͤter anzufuͤhrenden Schuppen, auf dem Durchſchnitte dieſer Organe nie zwei verſchiedene Stoffe wahrneh⸗ men koͤnnen, im Gegentheile an der obern und untern Schicht ſtets dieſelbe Art der Zuſammenſetzung beobachtet. Herr Mandl behauptet bei'm Schaben oder Zerreißen der Schuppe Faſern ers kannt zu haben. Die Veranlaſſung zu dieſer Tauſchung kann in Folgendem liegen: Die untern Lamellen der Schuppe ſind immer die jüngften, und begreiflicherweiſe befigen dieſelben weniger Feſtig⸗ 38 keit, als die altern, fo daß, wenn man dieſe noch weiche, hornige Subſtanz ftabt oder zerreißt, man ſtets etwas Faſcrähnliches er⸗ langen wird. Herr Mandl bezieht ſich in'sbeſondere auf die Schuppen von Corvina, und allerdings find dieſe unter allen mir bekannten die einzigen, welche einen ſolchen Irrthum veranlaſſen koͤnnen, indem fie in ihrer Structur denen von Corniger, Myri- ripristis und Holocentrum gleichen, welche deutlich zwei verſchie— dene Subſtanzen erkennen laſſen, naͤmlich eine obere, ſehr harte, ſproͤde, durchſichtige, farbloſe und eine untere, weiche, hellgelbe, in Faſern zerreißbare. Die Lamellenlinien laſſen ſich bei der einen, wie bei der andern Subſtanz deutlich wahrnehmen. Daß die un⸗ tere Schicht ſtets aus den juͤngſten Lamellen beſteht, geht daraus hervor, daß dieſelbe nie über den Rand des Beutels binausragt, in welchen die Schuppe eingefuͤgt iſt, was ſich bei Unterſuchung ei⸗ ner Schuppe von Corniger leicht erkennen läßt. D Der dee nd. Der Heerd, welchem Herr Mandl eine ſo bedeutende Wich— tigkeit zuſchreibt, iſt nichts weiter, als der aͤlteſte Theil der Schup⸗ pe, deren obere Lamellen ſich durch Exfoliation oder Reibung ab— genutzt haben. Hiervon kann man ſich durch eine Vergleichung der Schuppen von jungen und von alten Fiſchen leicht uͤberzeugen. Ich habe Schuppen von jungen Forellen und Barſchen unterſucht, und an ihnen keinen Heerd gefunden, weil bei ihnen die Mitte in— forern unverſehrt war, als man den Umkreis der erſten Lamelle ger nau erkennen konnte. Die ganze Schuppe war noch nicht größer, als das, was Herr Mandl bei einem alten Fiſche den Heerd nennt. 6) Zaͤhne der Schuppen. Einer der wichtigſten Puncte in der Abhandlung des Herrn Mandı ift endlich deſſen Entdeckung von Zähnen an den Schup⸗ pen der Ctenoiden. Ihm zufolge, iſt jede Schuppe, ſo zu ſagen, ein von Zähnen ftarrender Rachen; denn die Zähne derſelben, bes hauptet er, entwickeln ſich aus Beuteln genau in derſelben Art, wie die Zähne der Saͤugethiere aus ihren Alveolen. Hieraus wird klar, daß Herr Mandl nicht eine einzige Schuppe unterſucht hat, auf der ſich nur eine einfache Reihe Zähne befindet. Hätte er eine Schuppe von Myripristis, Holocentrum, Corniger etc. (3. B., die in Fig. 14 abgebildete) vorgenommen, ſo wuͤrde er vielleicht nicht in den von ihm ſo pomphaft angekuͤndigten Irrthum gera⸗ then ſeyn, und ich bin verſichert, daß er ſelbſt mit feinen, die mei⸗ nigen angeblich weit uͤbertreffenden Beachtungsmitteln nicht eine Spur von Wurzeln oder cinhüllenden Saͤcken wuͤrde entdeckt ha⸗ ben. Allein wenn die Behauptung des Herrn Mandl! argründet wäre, müßte offenbar die Structur der Zaͤhne bei den Schuppen, deren Rand einfache Saͤgezaͤhne trägt und wo letztere folglich un⸗ gewoͤhnlich groß ſind, ſich weit deutlicher darſtellen, als bei den von ihm unterſuchten Schuppen, welche ſaͤmmtlich mehrere Reihen Zähne tragen, welcher Umftand offenbar einer genauern Unterſu⸗ chung Eintrag thut. Deßhalb habe ich zur Demonſtration der Schuppenzahnbildung die Schuppe des Corniger spinosus gewahlt. Die genaue Unterfuhung derſelben lehrt, daß dieſe angeblichen Zähne in der That nichts weiter ſind, als durch Einſchnitte in den bin⸗ tern Schuppenrand entftandene Hervorragungen, die bei verſchiede⸗ nen Arten verſchiedene Größen befigen, aber zumal bei den Schup⸗ pen der Familie der Holotentren zu einer ſehr bedeutenden Ent⸗ wickelung gelangen. Wenn wir uns von den Schuppen dieſer Fiſche zu denen des Gobius niger (Fig. 16) wenden, ſo finden wir an dieſen ſehr ſchwache und ſich ſchnell abnutzende Zaͤhne. Sie befinden ſich höͤ⸗ her, als die untern Lamellen der Schuppe; allein da die letztern oͤf⸗ ters über dieſe Zaͤhne hinausragen, ſo kann man leicht in einen Irrthum gerathen und annehmen, nur die obern Lamellen feyen gezäbnelt und die juͤngſten Lamellen ſeyen glattrandig. So findet man, z. B., manche Schuppen von Gobius, nach welchen man annehmen moͤchte, dieſer Fiſch gehöre in die Ordnung der Cycloi⸗ den. Durch dieſe Schuppen erhalten wir auch naͤhern Aufſchluß über die Koͤrperchen des Herrn Mandl, mit welchem Nas men er naͤmlich gewiſſe unregelmaͤßige Platten in der Naͤhe des Heerdes bezeichnet, welche offenbar K derſelben Beſchaffenheit 39 wie die in der Nähe der Zähne, alſo Lamellen find. Herr Mandl ſtraͤubt ſich aber gegen eine ſo naturgemaße Erklärung und betrach— tet die Platten hinter den Zaͤhnelungen (Fig. 16 c,c) als Säcke, welche erſt Zahnwurzeln enthalten, die unregelmaͤßigen Platten (6,5, ) als Koͤrperchen und die erſte Reihe (4, a) als eigentliche und vollig ausgebildete Zähne. Wiewohl er nur die Zahnelung der Schuppe von Corvina nigra abgebildet, ſo haben wir doch mittelſt dieſer Figur die Urſache ſeines Irrthums durchſchauen koͤnnen. In der That laufen die erſt viereckigen Zaͤhne nach den Enden zu ke— gelfoͤrmig ſpitz aus. Wenn man den Brennpunct des Mikroſcops ſenkt, fo ſieht man die Platte, welche dem Zähne als Baſis dient, ſehr deutlich; erhoͤht man ihn dagegen, ſo erkennt man die Spitze des Zahnes genauer, und die Platte erhält das Anfehen eines die Zahnwurzel umhuͤllenden Sackes. Allein der beſte Beweis, daß ein ſolcher Sack in der Wirklichkeit nicht vorhanden iſt, liegt in dem Umſtande, daß der obere Rand dieſes angeblichen Sackes, aus dem doch der Zahn hervorgewachſen ſeyn ſoll, nie queer über die Ober— flaͤche des letztern hin ſichtbar iſt. Ich habe in Figur 19. und 20. ein Stuͤck vom Rande der Schuppe von Corvina abbilden laſſen. Figur 20. gleicht der des Herrn Mandl ziemlich genau, und iſt bei niedrigem, jene dagegen bei ſehr erhoͤhtem Brennpuncte gezeichnet. Aus der Vergleichung dieſer beiden Figuren erhellt, daß die Saͤk— ke, Wurzeln und andern angeblich von Herrn Mandl entdeckten Organe nur auf optiſcher Täuſchung beruhen. Das mit hieruͤber nicht der geringſte Zweifel obwalten koͤnne, habe ich in Figur 15., 17. und 18. Langsdurchſchnitte der Schup⸗ pen von Corniger, Mullus and Corvina beigefügt, woſelbſt man ſieht, daß die den Zähnen zur Baſis dienenden Platten die— ſelben Lamellenſtreifen tragen, wie der Durchſchnitt der Schuppe ſelbſt, und daß die Zaͤhne bei Corniger nichts weiter ſind, als un— unterbrochene Ausläufer der Subſtanz der Schuppe, während ſich bei den Schuppen von Gobius, Mullus und Corvina, wo mehrere Zahnreihen vorhanden ſind, die Vorſpruͤnge aus den Platten nach dem Rande zu aufwaͤrts wenden, ſo daß mehrere Zahnreihen ent— ſtehen koͤnnen. Wenn die Wurzelplatten dieſer Zaͤhnelungen, wie Herr Mandl behauptet, Saͤcke bildeten, welche die Wurzeln der Zaͤhne umhuͤllen, ſo muͤßte man an dieſen Durchſchnitten die offe— nen Hoͤhlungen beſagter Saͤcke oder Alveolen ſehen. Um mir in dieſer Beziehung Gewißheit zu verſchaffen, habe ich alſo uͤber 100 durch die Wurzelplatten und die Zähne gehende Durchſchnitte un— terſucht, bei keinem aber eine Hoͤhlung oder eine in einem Sacke entwickelte Wurzel, wohl aber feſte, dieſelben Lamellenſtreifen, wie die Subſtanz des Zahnes ſelbſt, darbietende Platten beobachten koͤnnen. Was laͤßt ſich alſo nun aus allen dieſen vorgeblichen Entdeckungen folgern, als daß Alles, was Herr Mandl uͤber die in: nerſte Structur der Fiſchſchuppen geſagt hat, durch— aus irrig iſt? Eine wahre Bemerkung enthaͤlt jedoch ſeine Abhandlung, naͤmlich daß die Mugil, welche ich für Cycloiden ges halten, kammfoͤrmige Schuppen beſitzen. Nachdem ich in Obigem mehrfache Behauptungen des Herrn Mandl widerlegt, ſey es mir erlaubt, die Reſultate meiner eige— nen Beobachtungen uͤber die Zuſammenſetzung und Entwickelung der Fiſchſchuppen bei den von mir aufgeſtellten Cycloiden und Cte— noiden kuͤrzlich darzulegen. Von den Placoiden und Ganoiden werde ich hier nicht handeln; denn da Herr Mandl, dem ich die Antwort nicht ſchuldig bleiben durfte, uͤber dieſelben geſchwiegen, ſo fehlt es mir an einer ſpeciellen Veranlaſſung, jetzt etwas uͤber die neuen Thatſachen zu ſagen, die ich auch in Betreff der Stru— ctur der Schuppen dieſer Fiſche ermittelt habe, und die ich in mei— nem Werke Poissons fossiles bekannt zu machen gedenke. Ich betrachte die Fiſchſchuppen als eine Secretion der epi- dermis, die der der Nägel und anderer aͤhnlicher Gebilde höherer Thiere durchaus analog iſt. Sie beſtehen, gleich den Naͤgeln, aus ſehr duͤnnen, hornigen Lamellen, welche in der Aufeinanderfolge ih— rer Entſtehung uͤbereinanderliegen. Das ſecernirende Organ iſt der in der epidermis liegende Beutel, in welchen die Schuppe mit ihrem vordern Rande eingeſenkt iſt. Von der obern Wand dieſes Beutels wird eine größere oder kleinere Portion der Schuppe bes 40 deckt, wogegen die untere Wand deſſelben mehrentheils die ganze innere Oberfläche der Schuppe uͤberzieht, was nur bei einigen Cte⸗ noiden, wo die untere Fläche der Zähne davon frei ift, eine Aus— nahme erleidet. Die neugebildeten Lamellen ſind weicher, aber eben ſo zuſammengeſetzt, wie die aͤlteſten. Der Beutel wird in demſelben Maaße groͤßer, wie die Schuppe ſich entwickelt, ſo daß die neu hinzutretenden Lamellen immer ausgedehnter werden. Dieß iſt der Grund, daß man an dem Beutel concentriſche Streifen be— merkt, indem der Rand jeder neugebildeten Lamelle durch den auf. den Beutel ausgeuͤbten Druck eine Falte oder vielmehr einen fla— chen Eindruck erzeugt, welcher natuͤrlicherweiſe dem Rande der Las melle entſpricht. Die concentriſchen Streifen der Schuppe ſelbſt find der Reflex der Raͤnder der obern Lamellen, und demnach bei alten Fiſchen zahlreicher, als bei jungen. Ich werde in einer der nächſten Lieferungen meiner Poissons d'eau douce (Suͤßwaſſerfi— ſche), in welchem man Abbildungen von den Schuppen der Kar— pfen und Barſche finden wird, dieſen Gegenſtand mehr im Einzel: nen beleuchten. Die Schuppen nutzen ſich durch Reibung aneinander und durch Abblatterung hauptſaͤchlich um den Heerd her ab. Der Heerd und die Koͤrperchen an der aͤußern Oberflaͤche ſind nur das Reſultat dieſer Abnutzung. Bei den nicht dachziegelartig ge— ordneten Schuppen, z. B., denen des Aals, findet man ſie nicht. Daß die Schuppen aus Lamellen beſtehen, erkennt man ſehr leicht, wenn man Durchſchnitte unterſucht, auf deren Flaͤchen man uͤberein— anderſtreichende Horizontallinien und an der aͤußern Oberflaͤche leichte Auskerbungen bemerkt, von denen jede einer concentriſchen Linie entſpricht. Die angeblichen Zaͤhne ſind nur die Auszackung des hintern Randes der Lamellen. Bei den Schuppen mit einfach ſaͤgezaͤhnigem Rande entſpricht jeder Ausſchnitt jeder neuen Lamelle einem ſolchen der aͤltern Lamellen, und eben deßhalb iſt die Zah— nung einfach. Bei den Schuppen mit doppelter ꝛc. Zahnung entz ſprechen die Ausſchnitte der neuentſtehenden Schichten denen der aͤl— tern Schichten nicht, daher die quincunxartige Stellung der Zaͤhne. Die Zaͤhnelung nutzt ſich, gleich den Lamellen, vom Heerde nach dem Rande zu ab, daher denn, z. B., bei dem noch ganz jungen Barſche die Zaͤhne auf dem Heerde ſelbſt zu bemerken ſind, waͤh— rend man bei'm alten Barſche einen großen von Lamellenuͤberreſten ausgefuͤllten Heerd findet und die Zaͤhnelung nur in der Naͤhe des Randes der Schuppe ſichtbar iſt. Ich werde dieſes Alles in mei— nen Suͤßwaſſerfiſchen genau abbilden laſſen. Man findet in dieſem Werke bereits eine Figur, welche die Schuppe des jungen Barſches mit der Zaͤhnelung darſtellt, die ſich am hintern Rande jeder La— melle befindet. Die Zaͤhnelungen reichen dort bis in den Heerd ſelbſt zuruͤck, waͤhrend die ganze Schuppe nicht groͤßer iſt, als der durch Abnutzung entſtandene Heerd der Schuppe eines alten Bar— ſches. Die quincunxartig geordneten Zaͤhnelungen werden durch den Druck der neugebildeten Lamellen, deren Ausſchnitte denen der al— ten Lamellen nicht entſprecheu, aufwaͤrts getrieben, wogegen die einfachen Zaͤhne genau dieſelbe Richtung beibehalten, wie die Lamel— len der Schuppe ſelbſt. Der Durchſchnitt der gezaͤhnelten Schups pen bietet keine Spur von einer durch die Zahnwurzel ausgefuͤllten Höhle dar, woraus ich denn den ſchon oben angeführten Schluß ziehe, daß weder eine Zahnalveole, noch eine Zahnwurzel vorhan— den iſt. Alle dieſen Artikel begleitenden Zeichnungen ſind von der ge— ſchickten Hand des Dr. Vogt, der ſich auch, indem er mit mir ars beitete, von allen angeführten Thatſachen überzeugt hat, daher ſich deren Zuverlaͤſſigkeit um fo mehr verbuͤrgen läßt. Erklaͤrung der Figuren. Fig. 1. Untere Schicht der Haut. Fig. 2. Mittlere Schicht der Haut. Fig. 3. Durchſchnitt der Beutel der epidermis mit ihren Schuppen, von der Seite geſehen.! Fig. 4. Eine Portion von einer Schicht der epidermis, von oben geſehen. Fig. 5. Beutel der epidermis, auf ſich ſelbſt gefaltet. Fig. 6. Schuppe des Cobitis fossilis. N Fig. 7. Schuppe des jungen Cyprinus carpio, 41 Fig. 8. Queerdurchſchnitt einer Schuppe aus der Seitenlinie der Perca fluviatilis, von oben geſehen. Fig, 9. Derſelbe Durchſchnitt von der Seite gefehen. Fig. 10. Portion einer Schuppe des Cobitis fossilis, von oben geſehen. Fig. 11. Fig. 12. batus. Fig. 13. Dieſelbe Portion, von der Seite geſehen. Queerdurchſchnitt der Schuppe von Mullus bar- Aehnlicher Durchſchnitt von Acerina vulgaris. (Die Sternchen bezeichnen die entſprechenden Puncte der Fig. 8. und 9, 10. und 11. — Die Figuren 3, 4, 6. und 7. ſind nicht ſo ſtark vergroͤßert, als die übrigen, welche bei 250facher Durchmeſſſerverlaͤnge— rung gezeichnet ſind.) Harte Zaͤhne der Schuppe des Corniger spinosus. Fig. 15. Laͤngsdurchſchnitt derſelben Schuppe. Fig. 16. Schuppe von Gobius niger, , a fortbeſtehende Zaͤh⸗ nelungen, c,c abgenutzte Zaͤhnelungen. Fig. 14. 1 Fig. 17. Laͤngsdurchſchnitt der Schuppe von Mullus bar- atus. Fig. 18. Laͤngsdurchſchnitt der Schuppe der Corvina nigra. Fig. 19. Portion der Schuppe der Corvina nigra, bei ſehr hoch geſtelltem Brennpuncte geſehen. Fig. 20. Dieſelbe Portion, bei ſehr tief geſtelltem Brenn— puncte geſehen. Fig. 21 a u. 5. Concentriſche Linien der Bei verſchiede⸗ Schuppen von Corvina nigra. nen Hoͤhen des Fig. 22, a u. 5. Desgl. von Serranus scriba. Brennpunctes Fig. 23. a u. 5. Desgl. von Mullus bar- geſehen. batus. (Annales des sciences naturelles, Aoüt 1840.) Ueber freie Primitivfaſern im Blute. Vom Profeſſor Mayer in Bonn. Es iſt mir nicht bekannt, daß Jemand in dem Blute geſunder oder kranker Thiere, neben und mit den Blutkuͤgelchen frei herum— ſchwimmend, von ſelbſt in denſelben erſcheinend, und ohne durch me— chaniſche oder chemiſche Einwirkung hervorgebracht zu ſeyn, mikro⸗ Erle: oder primitive Faſerſtaͤbchen oder Primitivfaſern beobach⸗ tet haͤtte. Schon vor mehreren Jahren hatte ich hellweiße, klare, gerade, glatte oder etwas granulirte Faͤden von verſchiedener Länge von 185° und 35,“ (einige wenige die Länge 2 — 1 Linie erreichend) und von der Breite von 35’ in dem Blute verſchiedener Thiere unter dem Mikroſcope wahrgenommen, obne denſelben die verdiente Aufmerkſamkeit zu erweiſen, und unterließ bisher ihrer bei Aufzaͤh— lung der integrirenden Beſtandtheile des Blutes zu erwaͤhnen. — Ich fand dieſe Faͤden oder Faſern in geringer Anzahl im Blute vom Menſchen, namentlich auch im Blute von einem an diabetes Leidenden, in dem der Saͤugethiere und Voͤgel, in dem der Gans beſonders häufig; ſehr zahlreich aber in dem Blute der Lamprete, wo ſie ſehr freie Bewegungen, gleich einer Enchelis, zeigen. Auch 42 im Blute der Schnecke (Arcon) finde ich dieſelben wieder. Ich halte ſie fuͤr freie Primitivfaſern, welche ſich bereits im Blute zu bilden beginnen. Dieſe Erſcheinung des freien Faſernſtoffes im Blute wurde mir aber wichtiger, als ich das Blut eines an Entzuͤndung des Unter— leibes verſtorbenen Pfaues unterſuchte. Hier war die Zahl der Fa— ſern im Blute außerordentlich groß und eben ſo groß oder noch größer, als die Zahl der Blutkuͤgelchen. Ihre Länge war verſchie— den, von zöz““ bis zu 1 Linie. Ihre Breite 355. Sie erſchei⸗ nen meiſtens etwas eingekerbt oder granulirt. An den kleinern und kleinſten waren die Selbſtbewegungen ſehr deutlich wahrzu— nehmen. Es iſt dieſe Erſcheinung vielleicht bloß mechaniſche Folge der vermehrten Preſſung des Blutes bei ſeinem Umſchwunge durch die in dem Entzuͤndungsfieber ſchnellere und ſtaͤrkere Syſtole des Herzens und der Arterien. — So kann man ſchon mechaniſch dieſe Faſerſtaͤbe hervorbringen, wenn man das plasma des chylus auseinander oder in einen Faden zieht. Unter dem Mikroſcope ſieht man in dieſem Fadenbuͤndel die laͤnglichen Stäbe, Primitivfa- ferftäbe, aus den in die Länge gezogenen Lymphkuͤgelchen gebildet. Aber nicht bloß im Blute, ſondern auch in andern Beſtand— theilen des thieriſchen Koͤrpers habe ich dieſe Primitivfaſern wahr— genommen. So ſah ich ſie in ſehr großer Anzahl in der Galle der Gallenblaſe ſowohl, als auch in der des Lebergallenganges vom Ochſen. Auch das feine Faſergewebe des Parenchyms der Milz, der Niere u. ſ. f. ſcheint aus ſolchen Faſern gebildet zu ſeyn, in— dem die davon losgeriſſenen Faſern ganz die Groͤße und das An— ſehen jener Primitivfafern haben. Die beigefuͤgte Zeichnung Figur 28. zeigt die Blutkuͤgelchen und die zwiſchen ihnen liegenden Faſern in verſchiedener Groͤße. Miscellen. Ueber die Kapnea, ein neues genus aus der Fa⸗ milie der Actiniadae, hat Herr Forbes der Wernerian Society eine Abhandlung vorgeleſen. Herr Forbes ſtellte dieſelbe auf nach Empfang einer, aus tiefem Waſſer der Iriſchen See her— aufgebrachten Actinie und characteriſirt fie folgendermaaßen. Ka- pnea, von zarvn, ein Schornſtein, cylindriſcher Körper, zum Theil mit einer achtſpaltigen (8 —cleft) epidermis umkleidet und auf einer breiten Baſis ſitzend. Tentakeln einfach, zuruͤckziehbar, ſehr kurz, hoͤckerig und den Mund in drei Reihen umgebend. Art: Kaprea sanguinea, Forbes. Es find 16 Tentakeln in jeder Rei: he; Körper und Scheibe ſcharlachroth; epidermis braun; wohnt unter Millepora in tiefem Waſſer im friſchen Meere. Herr For: bes betrachtet die regelmäßige Form der epidermis als eine un⸗ vollkommene Röhre und bemerkte, daß die Spalten (elefts) in dies fer Röhre und die Zahl der Tentakeln multiples von 4 wären, wel che er für die typiſche Zahl der Actiniadae hält. Suͤß waſſer⸗Conchylien von Paris nach Odeſſa lebend zu verpflanzen, hat Herr Profeſſor Nordmann ei: nen Verſuch mit guͤnſtigem Erfolge angeſtellt und daruͤber der Kaiſerl. Academie der Wiſſenſchaften zu St. Petersburg eine Note zugeſendet. ei); Balggeſchwuͤlſte und Absceſſe der labia majora. Von Dr. Boys de Loury. Nach Beobachtungen in dem Höpital de Saint La- zare ſind Balggeſchwuͤlſte in den großen Schaamlippen bei Öffentlichen Mädchen etwas ſehr Häufiges, Sie nehmen ger woͤhnlich eine Seite, meiſtens die linke, ein; zeigen ſie ſich auf beiden Seiten, fo ſitzen fie oft in gleicher Höhe. Ha: ben ſie noch keine betraͤchtliche Groͤße erreicht, ſo kommt es vor, daß ſie aͤußerlich nicht bemerkbar ſind; die Schleimhaut wird von ihnen ebenfalls kaum in die Höhe gehoben. Wer: änderungen der Hautfarbe kommen dabei nicht vor. Im 48 Innern fuͤhlt man eine rundliche, glatte, haͤufig harte, bis— weilen elaſtiſche Geſchwulſt, bisweilen mit deutlicher Fluctua— tion. Die Geſchwuͤlſte find unemofindlich und koͤnnen Jahre lang beſtehen, ohne auf andere Weiſe, als durch das Ge— wicht und ihren Umfang zu belaͤſtigen. Es kommen Faͤlle vor, wobei die Geſchwulſt 20 Jahre beſtanden, ohne je— mals zu belaͤſtigen. Es kommen jedoch auch Balggeſchwuͤl— ſte vor, welche anſchwellen, und bei denen die bedeckende Haut roth und ſchmerzhaft iſt. Dieß wiederholt ſich nach Ermuͤdung, langem Gehen und zur Zeit der Regeln. Dieſe Geſchwuͤlſte liegen gewoͤhnlich unter der Schleim— haut; indeſſen findet man ſie auch tiefer mitten in den Geweben; meiſtens rund oder kugelfoͤrmig, doch ſind ſie mir auch in Form eines Paternoſters laͤngs der ganzen Scheide vorgekommen. Einmal operirte ich eine Geſchwulſt, die an der großen Lippe hervorragte, und in deren Grund ich erſt nach der Eröffnung eine kleine Mündung antraf, welche zu einem groͤßern Sacke fuͤhrte, der zur Seite der Scheidewand lag und eine dicke Fluͤſſigkeit ausfließen ließ; erſt nach vollkommener Spaltung dieſes zweiten Sackes in der Richtung der Scheide erfolgte vollkommene Heilung. Die Balggeſchwuͤlſte unterſcheiden ſich untereinander ebenſo durch ihren Umfang, als durch ihre Natur. Man findet ſie unter der Vaginalfhleimhaut von der Groͤße einer Erbſe bis zu ſehr betraͤchtlichem Umfange. Die erſten oͤff— nen ſich bisweilen von ſelbſt; ſie enthalten entweder eine ſe— roͤſe ungefaͤrbte Fluͤſſigkeit oder eine dicke, zaͤhe, gelbliche oder opaliſirende Feuchtigkeit, oder endlich purulente Mate— rie, wenn die Winde des Balges ſich entzuͤnden, worauf fie das Ausſehen eines Absceſſes annehmen. Oeffnen ſich die Geſchwuͤlſte von ſelbſt, ſo ſchließt ſich die Muͤndung nicht wieder; ſie verengert ſich; die Secretion dauert fort, fuͤlt den Sack und entleert ſich von Zeit zu Zeit. Die Folge iſt eine entzuͤndliche Reizung der benachbarten Theile, was man bloß dadurch vermeidet, daß man die Geſchwuͤlſte weit genug oͤffnet, damit ſie ſich von dem Grunde aus ſchließen. Dieſe Baͤlge koͤnnen ziemlich raſch einen großen Um: fang erreichen und uͤbertreffen leicht den Umfang einer Wall— nuß. Bisweilen iſt die Fluctuation deutlich; anderemale iſt die Balgmembran ſehr geſpannt, und die Geſchwulſt er— ſcheint hart, unelaſtiſch, obwohl Fluͤſſigkeiten verſchiedener Art darin ſind, die von der vollkommenſten Durchſichtigkeit bis zu einer dicken ſchwaͤrzlichen Materie, dem Meconium aͤhnlich, von eiteraͤhnlicher Fluͤſſigkeit bis zu blutiger Jauche variiren, bisweilen ſogar ſcheinbar reines Venenblut enthal- ten. Die Fluͤſſigkeit iſt häufig geruchlos, bisweilen uͤbelrie— chend, und ziemlich haͤufig nimmt ſie einen Faͤcalgeruch an, wie dieß auch von Absceſſen in der Naͤhe des Afters be— kannt iſt. Die innere Flaͤche iſt weiß, organiſirt, bisweilen mit kleinen Gefaͤßverzweigungen verſehen, glatt und ohne Zwi— ſchenwaͤnde, aͤhnlich den Synovial- oder ſeroͤſen Haͤuten. Die Dicke iſt verſchieden, jedoch nie beträchtlicher, als 2 Millimeter. 44 Andere Balggeſchwuͤlſte enthalten eine fettige Materie; fie find Melicſ res oder Steatome an der innern Fläche der großen Schaamlippe. Sie ind feſter, dicker, als die ſchon erwähnten Geſchwuͤlſte. Man fühlt keine Fluctuation. Sie find entweder hart oder unter dem Finger teigig, niemals eiaſtiſch; dieſe konnen ſehr groß werden; und das umgebende Zellgewebe verhaͤrtet ſich zu einer aͤußern Balghaut, waͤhrend die innere ſich mit Zotten bedeckt. Endlich giebt es noch Balggeſchwuͤlſte, welche man fibroͤs nennen koͤnnte, indem der Inhalt aus fibroͤſem Ge— webe beſteht, welches eine Fortſetzung der Membran zu ſeyn ſcheint. Außerdem findet man darin knechen- oder kalkartige Platten. Bisweilen beſtehen ſie auch theilweiſe aus einer durchſichtigen gallertartigen Subſtan;; auch hat man, wie in den Eierſtocksgeſchwuͤlſten, jedoch ſelten, Zaͤhne und Haare darin gefunden. Dieſe letztern Balggeſchwuͤlſte zeigen die complicirteſte Zuſammenſetzung und ſind die ge— faͤhrlichſten, weil ſie haͤufig in krebſige Degeneration uͤber— gehen. Es iſt nicht gewoͤhnlich, dieſe Balggeſchwuͤlſte ſo groß anzutreffen, daß ſie die aͤußern Schaamtheile tief herabzie— hen (wovon zwei Faͤlle in Detail mitgetheilt find). Die gewoͤhnlichſten Balggeſchwuͤlſte enthalten eine Fluͤſſigkeit und muͤſſen im Ganzen ausgeſchaͤlt werden, entweder indem man ſie uneroͤffnet frei praͤparirt, oder indem man ſie ſpal— tet und hierauf die Membran entfernt, was am bequemſten mit einer Pincette und einer gekruͤmmten Scheere geſchieht. Gelingt es nicht, die ganze Balgmembran auszuſchaͤlen, fo füllt man die Höhle mit Charpie und einer reizenden Salbe aus und bewirkt die Abſtoßung der Balghaͤute durch Eiterung. Haͤufig brechen dieſe Baͤlge in Folge von Entzuͤndung von ſelbſt auf; dann erfolgt meiſtens nicht vollkommene Ent— leerung, weil der Aufbruch nicht an dem tiefſten Puncte ftattfindet. Die Deffnung verengt ſich, aber nicht feſt ges nug, um wiederholten Abfluß zu verhindern. Es koͤmmt vor, daß bei der Menſtruation ein ſolcher Balg ſich oͤffnet, blutige Fluͤſſigkeit entleert und ſich dann wieder ſchließt. Allmaͤlig erweitert ſich alsdann die Mündung; fie ift nicht mehr im Stande, ſich zu ſchließen; es fließt fortwaͤhrend etwas ab, wodurch die Theile beſchmutzt und die Scheide gereizt und entzuͤndet wird. Eine andere Krankheitsform, welche mit jenen Balgge— ſchwuͤlſten, wegen ihres Verlaufs, verwechſelt werden kann, iſt der Absceß der großen Schaamlippe, welcher ſehr haͤufig vorkoͤmmt und baldige und weite Eroͤffnung erfordert. Nir— gends bildet ſich eine Geſchwuͤrmembran ſo raſch, als in den großen Schaamlippen; öffnet man daher die Absceffe ein Wenig ſpaͤt, ſo findet man bereits eine Balgmembran von dieſer Art, und man hat alle Folgen der Eröffnung eis ner Balggeſchwulſt zu fuͤrchten. Der einzige Unterſchied iſt, daß, wegen der raſchen Vergroͤßerung der Absceſſe nach der Eroͤffnung, die Tendenz zur Zuſammenziehung viel groͤßer iſt. In Folge davon verkleinert ſich die urſpruͤngliche Oeff— nung ſehr raſch; fie wird eng und bildet eine unvollkom. mene Fiſtel, welche aber zuletzt mit der Scheide oder mit 45 dem rectum in Verbindung treten kann. Deswegen iſt es um ſo wichtiger, namentlich bei dieſen Absceſſen, eine große Oeffnung zu machen; jemehr dieß der Fall iſt, um ſo ſchneller wird man eine vollkommene Verſchließung erreichen. Die Wunde muß bis auf ihren Grund mit Charpie ausge— fuͤlt werden, ſowohl um Eiterung und Abſtoßung der Balgmembran hervorzurufen, als auch, um die Vereinigung der Wundraͤnder vor Ausfuͤllung des Grundes zu verhüten. Ohne dieſe Vorſicht bilden ſich leicht vollkommene oder un— vollkommene Fiſteln. Hat ſich eine ſolche Fiſtel nach einer Balggeſchwulſt oder nach einem Absceſſe gebildet, ſo findet man ſie biswei— len von außerordentlicher Laͤnge bis zu 6 Centimeter (etwa 23 Zoll). Die Fiſteln find ſehr eng und werden am zweckmaͤ— ßigſten auf der Hohlſonde ihrer ganzen Laͤnge nach gefpals ten. Geſtatten die Kranken eine ſolche Spaltung nicht, fo bleibt nichts uͤbrig, als ſie durch haͤufiges Einſpritzen rein zu erhalten; dennoch iſt es ſelten, daß nach einiger Zeit die Fiſteln nicht vollkommen werden. Bisweilen bricht das blinde Ende einer Fiſtel in Folge ſecundaͤrer Entzuͤndung auf; es bleibt eine Hautbruͤcke zwiſchen den beiden Oeffnungen, welche entweder von ſelbſt zerſtoͤrt wird, oder geſpalten wer— den muß, wodurch der ganze Fiſtelcanal bloßgelegt und die vollkommene Heilung erreicht wird. Nach Balggeſchwuͤlſten oder Absceſſen der großen Schaam— lippen entwickeln ſich haͤufig mehrere kleine Absceſſe, welche ſich mebrere Monate lang einer nach dem andern entwik— keln und endlich alle mit dem erſten Fiſtelgange in Verbin— dung ſetzt. In dieſem Falle muß man jede Oeffnung mit der erſten in Verbindung ſetzen, dadurch die Geſammt— muͤndung offen erhalten und endlich die Heilung herbeifuͤb— ren. (Dieß findet, nach einer mitgetheilten Beobachtung, be— ſonders bei ſtarken ſyphilitiſchen Affectionen ſtatt). Dieß erinnert an eine nicht ſeltene Complication, indem man bei breiten Condylomen, die in groͤßern runden Flecken, bald einzeln, bald mehrere nebeneinander, zuſammenſtehen, kleine Wucherungen bemerkt, welche dicht aneinandergedraͤngt ſind, über die Hautflaͤche hervorragen uud in der Mitte einge— druͤckt find. Traͤgt man fie mit dem Schnitte ab, oder cauteriſirt man ſie oft und tief, ſo ſiebt man dieſe Wuche— rungen dennoch, trotz der antiſyphilitiſchen Behandlung und trotz der wiederholten Operationen, immer in gleicher Form wiederkehren. Unterſucht man den leicht eingedruͤckten Mit— telpunct, oder druͤckt man auf die Wucherung, ſo ſieht man aus der Mitte etwas eiteraͤhnliche Materie hervorgehen. Zieht man nun die Wucherungen in der Mitte auseinan— der, ſo findet man eine ſehr kleine Oeffnung, durch welche man mit einer Sonde mehr oder minder tief eindringen kann. Es iſt klar, daß man es alsdann mit einer Balgge— ſchwulſt oder einem alten Absceſſe zu thun hat, welche auf— gebrochen und fiſtuloͤs geblieben find, Raͤnder und Muͤn— dung der Fiſtel ſind mit Wucherung beſetzt, welche man nicht beſeitigen kann, wenn man die Balghoͤhle nicht ihrer ganzen Laͤnge nach ſpaltet. Nicht ſelten findet man als— dann die ganze innere Flaͤche der Balghaut mit Wuche— rungen bedeckt; aber in allen Faͤllen iſt man durch dieſe 46 geringe Operation, in Verbindung mit antiſyphilitiſcher Be: handlung, im Stande, die Krankheit zu beſeitigen les folgt eine Beobachtung eines ſolchen Falles). Ueberhaupt kann man als Regel annehmen, daß, wenn an der innern Flaͤche der großen Schaamlippen oder an der Vaginalmuͤndung eine runde, glatte, mit Wucherungen vorkommt, die Mitte der: ſelben immer mit einem Fiſtelcanale communicirt. Sind Balggeſchwuͤlſte oder alte Absceſſe geöffnet wor— den, ſo koͤnnen ſie eine vollkommene Fiſtel bilden, welche, wie ſchon erwähnt wurde, eine betraͤchtliche Länge haben kann. Wegen dieſer großen Ausdehnung entſchließt man ſich ſchwer zu der Operation. Eine etwa 30jaͤhrige Baͤue— rin kam in das Spital mit einer großen Fiſteloͤffnung an der innern Seite des untern Theiles der rechten Schaam— lippe, welche 8 Centimeter tief in das rectum hineinreichte. Die Kranke wuͤnſchte, durch Operation von dieſem laͤſtigen Uebel befreit zu werden. Nach der Operation bildete Scheide und Maſtdarm eine große Cloake; die Wunde blieb lange aefhwürig, und die Vernarbung iſt niemals vollſtaͤndig zu Stande gekommen. Dieß war vielleicht ein Fall fuͤr eine Erſatzoperation, wie bei der Ruptur des Perinaͤums, wies wohl dieſe Operation, nach dem, was ich davon geſehen habe, wenig verſpricht. Bei vollkommenen und tiefgehenden Fiſteln iſt, meiner Anſicht nach, die Spaltung nicht indi— cirt. Ich bediene mich in ſolchen Faͤllen der Einſpritzung cauſtiſcher Fluͤſſigkeiten in den Fiſtelcanal (ziemlich concen— trirte Aufloͤſung von ſalpeterſaurem Queckſilber); wenn dieſe Einſpritzungen auch nicht immer vollkommen helfen, fo ver: ſchlimmern ſie doch den Fall nie, und ich habe, in der That, ſehr guͤnſtige Beobachtungen daruͤber gemacht. Ein anderes Mal habe ich, jedoch ohne guͤnſtigen Erz folg, bei einer Rectovaginalfiſtel, wobei die Cauteriſation nicht guͤnſtig wirkte, die Rectalmuͤndung in eine friſche Wunde mit dem Biſtouri umgewandelt und zwei Nadeln eingelegt, um die Vereinigung herbeizufuͤhren, was indeß nicht gelang. Aus dem Bisherigen werden endlich folgende Schluͤſſe gezogen: 1) Balggeſchwuͤlſte und Absceſſe der großen Schaam— lippen ſind ziemlich gewoͤhnliche Krankheiten. Sie unter— ſcheiden ſich zwar ihrer Natur nach, koͤnnen jedoch zu einer gewiſſen Zeit nach Ausſehen, fo wie nach der erforderlichen Behandlung leicht miteinander verwechſelt werden. 2) Die Oeffnung dieſer Balggeſchwuͤlſte und Absceſſe muß in großer Ausdehnung geſchehen, und man darf ſich nicht fuͤrchten, möglichft viel von der den Grund auskleiden— den Hoͤhle zu entfernen. 3) Mehrere dieſer Balggeſchwuͤlſte, welche aus feſten Geweben gebildet find, koͤnnen einen übeln Character anz nehmen, ſeirrhoͤs werden und die Zerſtoͤrung auch auf die benachbarten Theile fortpflanzen. 4) Absceſſe der großen Schaamlippen muͤſſen ſehr früh geöffnet werden, wenn man verhindern will, daß ſie nicht ſehr tief gehen und eine Art von Balghaut bekommen. 5) Findet man auf einer Seite der Vaginalmuͤndung einen in der Mitte eingedruͤckten runden Fleck von Wuche— 47 rungen, fo kann man ſogleich behaupten, daß man es mit einem alten Absceſſe oder einer Balgmembran zu thun habe, deren Muͤndung in der Mitte dieſer Wucherung ver— borgen iſt 6) Unvollkommene Fiſteln der großen Schaamlippen, ſelbſt wenn ſie ſich bis zur Schleimhaut des Maſtdarms er— ſtrecken, werden durch eine bis auf ihren Grund gehende Inciſion geheilt, ſo tief auch der Grund liegen moͤge. 7) Sind dieſe Fiſteln vollkommen geworden, ſo ſcheint die beſte Operationsmethode darin zu beſtehen, daß man cauſtiſche Einſpritzungen in den Fiſtelcanal macht und den⸗ ſelben zugleich comprimirt. (Revue méd., Dec. 1840.) Ueber die Verfaͤlſchungen des Brodtes in Paris. Die Anwendung des Alauns, der Jalappe, des kohlen— ſauren Ammonium, der Magneſia, des Kali ze. iſt nicht neu in der Baͤckerei. Schon vor mehreren Jahren kam Alaun in dem Brodte zu London vor, und zwar in einer ſol— chen Menge, daß es häufig Krankheitsfaͤlle veranlaßte. Durch die Aerzte wurde dieſe Verfaͤlſchung beſeitigt. In noch neuerer Zeit haben die Belgiſchen Baͤcker dem Brodt— teig ſogar ein giftiges Kupferſalz beigemiſcht. Da dieſe Verfaͤlſchungen den Vortheil der Baͤcker bezwecken, ſo hat man auch anderwaͤrts dergleichen zu befürchten. Die Baͤckerei zu Paris bildet eine Ausnahme von der jetzt eingefuͤhrten Gewerbfreiheit; ſie iſt in Beſitz eines Privilegiums, wodurch die einmal beſtehenden Baͤckereien gegen die Errichtung ri— valiſirender Etabliſſements geſichert ſind. Die Zahl der Baͤk— ker iſt beſchraͤnkt, und ihre Berechtigung iſt, wie bei den No— taren und Advocaten, ein verkaufbares Eigenthum. Dieſe Privilegien haben zwar Einſchraͤnkungen erlitten, namentlich hat die Stadt das Recht, die Brodttaxe zu beſtimmen, um dadurch einigermaaßen die Vortheile der Concurrenz zu er— ſetzen; dadurch iſt aber der Conſument der Gefahr ausge— ſetzt, daß die Waare nur auf Koſten der Qualitaͤt wohlfeil wird. Der Baͤcker iſt gezwungen, das beſtimmte Gewicht fuͤr den feſtgeſetzten Preis zu liefern, da es leicht iſt, Un— richtigkeiten im Gewichte feſtzuſtellen. Er ſtrebt nun danach, das Gewicht zu erlangen, ohne deswegen mehr Mehl anzu— wenden. Gutes Mehl iſt im Stande, 2 Waſſer zu abſor— biren und um Z mehr Brodt zu geben, als das Gewicht des Mehles betrug. Der Preis des Waſſers iſt nicht zu rechnen, da es der Baͤcker nur zu ſchoͤpfen braucht, und eine Subſtanz, wodurch das Abſorptionsvermoͤgen des Teiges fuͤr SEE ————œ ũ 2 ————— 48 das Waſſer verdoppelt wuͤrde, gaͤbe, indem man alsdann weniger Mehl zu verwenden brauchte, um ein gleiches Gewicht des Brodtes zu erlangen, dem Baͤcker einen doppelten Vortheil. Von allen dazu verwendeten Subſtanzen iſt der Alaun derje— nige, welcher im hoͤchſten Grade dieſe Eigenſchaft beſitzt; er giebt uͤberdieß dem Teige Koͤrper und Zaͤhigkeit, wodurch dem Brodte nach dem Aufgehen durch die Gaͤhrung ein gu— tes Ausſehen geſichert wird. Es giebt vielleicht keinen Ort, wo das Brodt ſo verarbeitet und ſo poroͤs iſt, wie Paris; aber nirgends kommen auch wohl ſo viele Verfaͤlſchungen vor. Einer Beimiſchung von kohlenſaurem Kali verdanken haͤufig die ſogenannten Windbeutel ihre Leichtigkeit und Po— roſitaͤt, und es iſt nicht zu verwundern, daß ſie ſo haͤufig Magenſaͤure verurſachen, und die Coliken und Diarrhoͤen, welche in Paris ſo haͤufig die Neuankoͤmmlinge befallen, ſind nicht immer bloß Folge des Trinkwaſſers, ſondern wohl haͤu— fig Wirkung des am haͤufigſten genoſſenen Nahrungsmit— a des Brodtes. (Dr. Lefebure in Gaz. des Höpit., 0. 7.) SI BE | wen. Ueber einen Eingeweidewurm unter der conjunctiva befindet ſich in der Gaz. méd. No. 7. eine Mittheilung, wonach der von einer jungen Negerin fruͤher angefuͤhrte Fall weder zu den Cystices, noch zu den Filaria gehört, ſondern eine neue Art darſtellen ſoll. Das Negermaͤdchen, welches daran litt, hatte 2 Wuͤrmer, beide unter der conjunctiva des linken Auges, und bes hauptete, daß dieſe Wuͤrmer von einem Auge zum andern gelang— ten, was fie an dem ſtarken Prickeln merke, welches in den Thei— len zwiſchen den Augen und auf der Naſenwurzel alsdann ſtatt— finde (1) „Alles, was ich in dieſer Beziehung ſagen kann,“ ſagt Dr. Block, welcher die Extraction der Wuͤrmer machte, „beſteht darin, daß, als ich zu der Kranken gerufen wurde, um ihre Augen zu unterſuchen, ein Wurm in jedem Auge befindlich war; ich ex— trahirte ſogleich den des linken Auges und kam nach einigen Stun— den wieder, um auch den zweiten im andern Auge zu entfernen. Ich fand ihn im rechten Auge nicht; er war, wie mir die Kranke verſicherte, in das linke Auge gekommen, wo ich, in der That, einen zweiten Wurm bemerkte, den ich durch eine kleine Inciſion neben der Oeffnung, durch welche ich den erſten Wurm entfernt hatte, herauszog.“ Die Kranke befand ſich nachher gut; es hatte ſich kein neuer Wurm gezeigt. Das Ferrum tartaricum ammoniacatum empfiehlt Dr. Vardleworth in The Lancet als eines der vorzuͤglichſten Eiſenpräparate bei chlorotiſchen und ſcrophuloͤſen. Affectionen, bei Anemie und namentlich bei dem die chlorosis complicirenden Veits— tanze. Er giebt es in der Dofis von 15 Centigramm, meiſtens in Waſſer aufgeloͤſ't (eine Drachme auf 8 Unzen) eßloͤffelweiſe. Bibliographische neuigkeiten. Three Lectures on Agriculture delivered at Oxford during the year 1841 in which the chemical Operation of Mauure is par- ticularly considered and the scientific Principles explained upon which their efficacy appears to depend. By Charles Dauben) ete. London 1841. 8. A Dictionary of Science, Literature and Arts, comprising the History, Description and scientific Principles of every branch of Human Knowledge etc, General Editor; W, T. Brande —— ——— MZæÜWFWͤͤ etc. assisted by Joseph Cauvin ete. London 1841. 8. (Es ſind bisjetzt zwei Lieferungen erſchienen, denen noch zehn folgen werden.) A practical Treatise on the Diseases of the Liver and biliary passages. By Will. Thompson, M. D. Edinburgh 1841. 8. An Addres to the Medical Practitioners of Ireland on the sub- jeet of Vaccination. By Samuel B. Labatt, MD, Dublin 1840. 8. (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quarto.) Neue Notizen aus dem Gebiete der Hatur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Meditinalrathe Froriev zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin. Ne. 378. (Nr. 4. des XVIII. Bandes.) April 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 9 Gr. Die Tafel colorirté Abbildungen 6 gGr. eee eee Chemiſche Unterſuchungen uͤber Thier- und Menſchenblut. Von Dr. J. Franz Simon. Dr. J. Franz Simon, welcher ſich ſeit laͤngerer Zeit mit phyſiologiſch-chemiſchen Unterſuchungen beſchaͤftigt, hat eine Reihe von Analyſen des menſchlichen und thieri— ſchen Blutes geliefert, deren Reſultate fuͤr die phyſiologiſche und pathologiſche Chemie von Wichtigkeit ſind. Er bediente ſich zur Unterſuchung des Blutes einer eigenthuͤmlichen Me— thode, durch welche die bis jetzt ſo ſchwierige Trennung der Hauptbeſlandtheile dieſer thieriſchen Fluͤſſigkeit mit größerer Sicherheit erzielt wird. Das friſche aus der Ader fließende Blut wird in einem Gefäße gequirlt, bis das Fibrin abgeſchie— den iſt und ſein Gewicht beſtimmt. Das Fibrin wird, wie be— kannt, gewaſchen, getrocknet und gewogen. Ein gewiſſer Theil Blut (0,75 — 1,0 grmm.) wird aufgekocht, zur Trockne abge: dampft und der feingepulverte bis + 1100 erhitzte Ruͤckſtand gewogen, der Gewichtsverluſt als Waſſer beſtimmt. Das ſehr feine Blutpulver wird in einem Koͤlbchen ſo lange mit ſiedendem Aether extrahirt, bis das Fett entfernt iſt. Bei'm Verdam— pfen des Aethers bleibt das Fett zuruͤck. Hierauf wird das Blutpulver fo lange mit Spiritus von 0,915 ausge— kocht, als ſich dieſer noch roth faͤrbt; was zuruͤckbleibt, iſt das Blutalbumin, welches gewoͤhnlich eine ſchmuziggraue oder gruͤnlichgraue Farbe beſitzt. Die ſpirituoͤſen Abkochungen gießt man von den rothen Flocken, welche ſich daraus nie— dergeſchlagen haben und verdampft ſie. Der hierbeibleibende, fein zerriebene Ruͤckſtand wird mit den Flocken vermiſcht, mit nicht zu ſtarkem Alcohol uͤbergoſſen und damit einige Male gewaſchen Verdampft man die ſpirituoͤſen, wenig gefaͤrbten Fluͤſſigkeiten, ſo bleiben die extractiven Materien und Salze zuruͤck. Wenn man den wohlgewogenen und getrockneten Ruͤckſtand verbrennt und gluͤht, ſo kann man aus dem Gewichtsverluſte die Menge der extractiven Ma— terien beſtimmen und behaͤlt die Salze zuruͤck. Die rothen Flocken, welche noch übrig find, uͤbergießt man mit mög- No. 1478. R unde. lichſtſtarkem Alcohol, den man mit Schwefelſaͤure etwas angeſaͤuert hat. Der ſaure Alcohol nimmt den Blutfarbe— ſtoff auf und laͤßt das Globulin der Blutkoͤrperchen zuruͤck. Dieſes wird ſo lange mit neuen Quantitaͤten Alcohol gewa— ſchen, als dieſe ſich noch faͤrben. Das auf dieſe Weiſe ab— geſchiedene Globulin hat eine weißgraue Farbe, wird getrock— net und gewogen. Zu den blutrothen ſpirituoͤſen Loͤſungen ſetzt man Ammoniak in Ueberſchuß hinzu, läßt das ſchwefel— ſaure Ammoniak ſich abſcheiden, filtrirt und verdampft die rothen ammoniakaliſchen Fluͤſſigkeiten. Der ſchwarzbraune Ruͤck— ſtand enthält Haͤmatin und Haͤmaphaͤin. Alcohol loͤſ't 9 daraus auf und laͤßt das neutrale Haͤmatin zuruͤck. Es wurde auf dieſe Weiſe das Blut eines vollkommen geſunden jungen Mannes von 17 Jahren, ſanguiniſchen Temperaments und das Blut eines 28jährigen gefunden Maͤdchens unterſucht. Die Reſultate waren folgende: 1,000 Theile enthalten: Nro. 1. Nro. 2. Blut des jungen Mannes. Blut des Maͤdchens. — —— — —E— Waſſer 8 . 791,900 . . 798,656 Feſter Ruͤckſtand 208,100 5 „ 201,344 Fibrin . . 2,011 . . 2,208 Fett 1,978 tab, 2,713 Albumin 75,590 . . . 77,610 Globulin 105,165 . . 100,890 Haͤmatin 7,181 . . 5,237 Ertractive Materie und Salze 1 0 Der Verfaſſer hat die Unterſchiede aufzuſuchen ſich be— ſtrebt, welche in der Blutmiſchung verſchiedener Gefaͤße eines Individuums moͤglicher Weiſe ſtattfinden koͤnnen. Nach den Reſultaten, zu welchen er gelangt iſt, ſind ſolche Unter— ſchiede allerdings vorhanden, und zwar ſind ſie der Art, daß fie mit den Erſcheinungen, welche uns von den Einwirkun— gen der Organe auf das Blut und von dem Stoffwan— del des Blutes ſelbſt bekannt ſind, im beſten Einklange ſtehen. In zwei Unterſuchungen wurde der Unterſchied des 1 51 arteriöfen und venoͤſen Blutes nachgewieſen ). Die Ana⸗ lyſen ergaben folgende Reſultate: 1,000 Theile enthielten: Nro. 3. Nro. 4. Nro. 5. Nro. 6. Blut der Ca- Blut der Blut der Blut der rotis. Jugularis. Carotis. Jugularis. — —Ü— — — — — Waſſer 760,084 757,315 739,390 736,506 Feſter Ruͤckſtand 239,916 242,685 210,610 313,494 Fibrin . 11,200 11,350 6,050 5,080 le 1,856 2, 290 1,320 1,456 Albumin 78,880 85,875 113,100 113,350 Globulin 136,148 128 698 76,400 78,040 Haͤmatin . 4,872 5,176 3,640 3,952 Extractive Materie der Salze. 6,960 9,160 10,000 10,816 Das venoͤſe Blut iſt demnach reicher an feften Bes ſtandtheilen, wie das arterioͤſe, eben ſo reich an Fett, Albu— min und extractiven Materien. Dahingegen iſt der Ge— halt der Fibrine im venoͤſen Blute in dem einen Falle groͤ— ßer, in dem andern kleiner, als der des arterioͤſen Blutes, und ebenſo verhaͤlt es ſich mit den Blutkoͤrperchen. Die Unterſuchungen von andern Forſchern uͤber dieſen Gegenſtand bieten ganz aͤhnliche Abweichungen. Der Unterſchied in der Zuſammenſetzung des arterioͤ— fon und venoͤſen Blutes der Pfortader iſt augenfaͤlliger. Die Unterſuchungen ergaben folgende Reſultate, in welchen das Pfortaderblut mit dem arterioͤſen Blute verglichen iſt: 1,000 Theile enthalten: Nro. 7. Nro. 8. Nro. 9. Nro. 10. Arterioſes Pfortader- Arterioͤſes Pfortader— Blut. Blut. Blut. Blut. — — — — — — — — Waſſer 760,084 724,972 739,390 815,000 Feſter Ruͤckſtand 239,952 257,028 210,610 185,000 Fibrin . 11,200 8,370 6,050 3,285 Fett . 1390 3,136 1,320 1,845 Albumin 78,880 92,400 113,100 92,250 Globulin 136,148 152,592 76,400 72,690 Haͤmatin 4,872 6,600 3,640 3,900 Extractive Mater rien und Salze 6,960 11,880 10,000 11,623 Auch in diefen Analyſen findet man in Nro. 8. die Quantitat feſten Ruͤckſtand des Pfortaderb'uts größer, als die des arteriofen Bluts. In Nro. 10. dagegen kleiner. Es ſcheint die Ernaͤhrung oder eigentlich der Umſtand, ob das Thier vor dem Tode laͤngere Zeit nahrungslos, oder kurz vorher gefuͤttert worden war, Urſache der Miſchungsverſchie— denheit zu ſeyn, da das Pfortaderblut wohlgenaͤhrter Thiere reicher, das hungernder aͤrmer an feſten Beſtandtheilen iſt. Uebereinſtimmend mit den Erfahrungen anderer Forſcher ift der Fibrinegehalt des Pfortaderbluts geringer, als der des arteriöfen, das Verhaͤltniß der Blutkörperchen = Menge zum Albumin im Pfortaderblute groͤßer, als im arterioͤſen. End— lich enthaͤlt das Pfortaderblut auch mehr Fett und mehr extractive Materien, als das arterioͤſe Blut. Die Unterſchiede, welche in der Zuſammenſetzung des Lebervenenbluts und des Pfortaderbluts vom Verfaſſer beob— achtet worden find, dürften von noch groͤßerem Intereſſe ſeyn. ) Zu dieſen Unterſuchungen wurde das Blut von Pferden ger nommen. 52 Die Unterſuchungen gaben folgende Reſultate: 1,000 Theile enthalten: Nro. 10. Nro. 11. Nro. 12. Nro. 13. Pfortader-Lebervenen. Pfortader- Lebervenen⸗ blut. blut. blut. blut. — — — — — — — — Waſſer In 815,000 814,000 733,000 725,000 Feſter Ruͤckſtand 185,000 186,000 262,000 275,000 Fibrin . 3,285 2,650 3,500 2,500 Fett 88 . 1,845 1,408 1,968 1,560 Albumin 2 92,250 103,283 114,636 130,000 Globulin 72,690 57,134 116,558 112,580 Haͤmatin 85 3,900 3,020 4,920 4,400 Haͤmaphaͤin. — — 1,467 1,040 Extract. Materien und Salze 11,623 12,312 16,236 17,160 Man findet, daß im Lebervenenblute mehr feſte Be— ſtandtheile und mehr Albumin, aber weniger Globulin, als im Pfortaderblute enthalten find. Auch die Quantität ers tractiver Materien iſt im Lebervenenblute größer, als im Pfortaderblute, geringer dagegen die Quantitaͤt Fibrin. Eine Unterſuchung, welche mit dem Nierenvenenblute und mit dem Blute der Aorta angeſtellt wurde, ergab fol— gende Reſultate: 1,000 Theile enthalten: Nro. 14. Nro. 15. Blut der Aorta. Nierenvenenblut. Waſſer Y 790,000 718,000 Feſter Ruͤckſtand 210,000 222,000 Fibrin . 8,200 2 Albumin 90,300 99,230. Da aus dem Blute der Aorta in den Nieren der Harn abgeſchieden wird, ſo rechtfertigt ſich die groͤßere Quantitaͤt feſte Beſtandtheile, welche das Nierenvenenblut enthaͤlt. Was die Quantitaͤt Albumin anbetrifft, ſo ver— hält ſich das Nierenvenenblut zum Blute der Aorta, wie das Lebervenenblut zum Blute der Pfortader; es ſcheint darauf hinzudeuten, daß bei der Bildung des Hauptbeſtand— theils des Harns, das heißt des Harnſtoffs, mehr die Blut— koͤrperchen, als das Bluteiweiß betheiligt ſind. Von dem Blute geſunder Perſonen, deſſen Zuſammen— ſetzung Anal. 1. und 2. angegeben, weicht das Blut bei Entzuͤndungen ganz weſentlich und ziemlich uͤbereinſtimmend ab. Die Erklaͤrungen fuͤr dieſe Abweichungen finden ſich in dem zweiten Bande der medicinifchen Chemie von Dr. Simon. Nro. 16. Nro. 17. Blut eines 40jaͤhri⸗ Blut eines 60jaͤh⸗ gen Mannes mit rigen Mannes mit Nro. 18. Blut einer 40: jaͤhrigen Frau Pneumonie. Phthisis. mit Pneumonie. — —ę „— ̃—— —— — — Waſſer x 803,179 803,404 839,848 Feſter Ruͤckſtand 196,821 195,009 160,152 Fibrin . U 5,632 3,443 9,152 Fett 4,336 0,697 2,265 Albumin 121721 102,100 100,415 Globulin . 52,071 74,948 34,730 Haͤmatin 0 2,752 2,466 1,800 Extractive Mate: 11,258 8,003 rien und Salze 10,309 53 Nro. 22. Nro. 19. Nro. 20. Nro. 21. Blut ber: Blut einer Woͤch⸗ Br einer 015 einer ſelben meh- pn Woͤchnerin Woͤchnerin rere Stun: Aeitzeden ger in d 20ger mit Perito- den nach Jahren mit Phle- Jahren mit nitis. Ader- dem erſten 171 . Phlebitis laß J. Aderlaſſe. bitis uterina. uterina. Aderlaß II. — m — ni — — Waſſer » 836,360 785,560 784,941 787,064 Feſter Ruͤckſtand 136,640 214,440 215,059 212,936 Fibrin 7,640 4,440 4,459 4,366 Fett. 3,120 4,320 4,035 3,350 Albumin. 103,358 112,770 107,406 109,714 Globulin . 40,000 74,130 84,623 83,532 Haͤmatin 2,080 3,400 3,591 3,733 Extract. Materie der Salze . 7,649 12,390 10,350 9,440 Als ein in anderer Beziehung noch intereſſanter Fall findet hier noch die Analyſe des Blutes eines mit Leberthran behandelten Phthiſiſchen Platz, das auf eigenthuͤmliche Weiſe von dem gewoͤhnlichen Blute durch faſt gaͤnzlichen Mangel an Fibrin ſich unterſcheidet. Der Kranke war in der letzten Zeit wegen drohenden Bluthuſtens oͤfter zur Ader gelaſſen worden. Das Blut der letzten Venaͤſection war ſehr dunkel, dickfluͤſſig, ohne Blutkuchen, nur einzelne geringe Quantitaͤ— ten flockig ausgeſchiedenen Fibrins enthaltend. Das Fett war ſo reich an Delphinſaͤure, daß es unverkennbar und ſtark den Geruch des Leberthrans aushauchte. Die Zuſam— menſetzung dieſes Blutes war in 1,000. Waſſer . . 750,000 Feſter Rückſtand 9 + 250,000 Fibrin . H 3 2 Spuren Seit , in „e. 3,750 Albumin 2 > > 131,000 Globulin 0 5 94,500 Haͤmatin 5 2,750 Extract. Materien und Salze 15,250 Auffallend iſt noch in dieſem Blute die geringe Quan— titaͤt Haͤmatin, welche den Blutkörperchen beigemiſcht war, die nur 35 betrug. Dagegen enthielten die extractiven Ma— terien und Salze ziemlich viel Haͤmaphaͤin, wodurch ſie ſtark braun gefaͤrbt wurden. Das Blut Diabetiſcher zeigt keine beſonders characte— riſtiſchen Abweichungen. Zucker wurde darin beobachtet und zwar mehr in dem bald nach der Mahlzeit, als in dem fruͤh nuͤchtern gelaſſenen Blute. Das diabetiſche Blut war in 1000, wie folgt, zus ſammengeſetzt: Nr. 25. Blut eines 20jaͤhri⸗ Nr. 24. Blut eines 50jaͤhri⸗ gen Maͤdchens. — gen Mannes. — — Waſſer A F 5 794.663 789,490 Feſter Rücftand N 8 205,337 210,510 Fibrin 4 8 B 2432 2.370 Fett i eee ie 3,640 Albumin . . . . 114,570 86,000 Globulin 0 . . 606 330 98,500 Haͤmatin . . 5,425 5,100 Extractive Materien und Salze 11,570 14,900 Zucker e. = 3'150 . > 500 Spuren 54 Das Blut von an morbus Brighthii Leidenden fand der Verfaſſer in ſeiner Zuſammenſetzung gar verfchies den abwechſelnd, ſo daß ſich daraus kein beſtimmter fuͤr die Krankheit ſpecifiſcher Character entnehmen laͤßt. Im Allgemeinen wurde die Quantitaͤt des Bluteiweißes bedeu— tend groͤßer, als die der Blutkoͤrperchen gefunden. Ch ri— ſtiſon beobachtete dagegen in mehreren Faͤllen das umge— kehrte Verhaͤltniß. Als etwas Eigenthuͤmliches muß die große Menge des Haͤmatin angeführt werden, welche, nach des Verfaſſers Verſuchen, in den Blutkörperchen enthalten iſt und bis auf 9,5 8 beobachtet wurde. Das Blut eines 30jaͤhrigen an dieſer Krankheit leiden— den Mannes, deſſen Zuſammenſetzung in der Analyſe 28. mitgetheilt wird, zeichnet ſich noch dadurch aus, daß das Serum ein noch faſt milchiges Anſehen hatte, nicht etwa von ſuspendirtem Fette, ſondern von kleinen mikroſcopiſchen da— rin aufgeſchwemmten runden Kuͤgelchen, welche ſich, nach— dem ſie abgeſchieden waren, dem Fibrin aͤhnlich verhielten. Harnſtoff wurde in allen dieſen Blutarten nachgewieſen, und zwar in nicht ganz geringer Menge. 1000 Theile Blut enthielten: Nr. 26. Blut N IE. OB, eines Blut eines Blut eines 40jahrigen 20jaͤhrigen 30 faͤhrigen Mannes Mannes Mannes — — — — — — Waſſer + . 830,590 826,891 823,461 Feſter Rückſtand . . . 169,410 173,109 176,539 Fibrin . . . . 7,046 3,060 5,000 Fett 2 . . 2,403 1,860 2,520 Albumin . + + . 103,694 109,432 97,010 Globulin 5 . . 40,151 41,300 54,080 Haͤmatin . . 3,808 4,377 5,100 Extraclive Materien und Salze 12,348 13,280 12,819 Intereſſant iſt die Unterſuchung eines Blutes, welches bei Melaena erhalten worden war. Das Blut war von dunkler Farbe, unangenehmem Geruche, durchaus frei von Faſerſtoff und zeichnete ſich aus durch eine außerordentlich große Menge Fett, welches ſchmierig, ſehr uͤbelriechend und tief dunkelbraun von His maphaͤin gefaͤrbt war. Die Quantitaͤt Haͤmatin war ver— haͤltnißmaͤßig bedeutend, außerordentlich groß aber die Menge Haͤmaphaͤin, das theils rein, theils mit extractiver Materie verbunden, abgeſchieden wurde. Ebenſo war die Quantität extractiver Materie ſelbſt ſehr betraͤchtlich, geringe aber nur die Menge feſter Beſtandtheile uͤberhaupt. 1000 Theile enthielten: Pe 29. Waſſer . . . 886,200 Feſter Müuckſtand 2. 113,800 Fibrin . 8 . b — Fett * . * * * 9,000 Albumin s 5 39,830 Globulin P . 5 36,580 Haͤmatin 2 E R 8,018 Haͤmaphaͤin 8 2,220 Haͤmaphaͤin mit ertractiver Materie * 9,673 Extract. Materie und Salze 10,355 Es mag hier auch noch die Unterſuchung eines icteriſchen Bluts Platz finden. Das Serum war braunroth, faſt blut 4 * 55 roth gefärbt; in duͤnnen Schichten hatte es eitrongelbe Farbe. So bedeutend die Menge Biliphaͤin in dem Blute war, fo konnte doch keine Spur von Bilin oder ſei— ner Saͤure nachgewieſen werden. Dahingegen fand ſich in dem Harne der Kranken, der ſo ſehr reich an durch Gallen⸗ braun gefaͤrbte Harnſaͤure war, welcher das Sediment darin bildete, eine bedeutendende Quantitaͤt Gallenharz. Das Blut enthielt in 1000 Theilen: Nr. 30. Waſſer 8 770,000 Feſter Rückſtand . 0 230,000 Fibrin . . 5 . 1,500 Fett . . 2 . 2,640 Albumin . 0 . 126,500 Globulin 5 0 . 72,600 Haͤmatin » 8 2 0 4,840 Haͤmaphaͤin 2,640 Extractive Materien, Salze und Biliphaͤin = 8 16,500 Das Blut, welches bei morbus maculosus aus den Machen hohlen ſecernirt und mit einer nicht unbetraͤchtli— chen Menge Schleim- und Speichelmaterie durch den Mund entleert wurde, iſt ebenfalls vom Verfaſſer analyſirt worden. Das Blut hatte einen unangenehmen Geruch, enthielt keinen Faſerſtoff; die verhaͤltnißmaͤßig in geringer Menge aufgeſchwemmten Blutkoͤrperchen ſenkten ſich zu Boden, wo ſie mit den Schleimballen einen Niederſchlag bildeten. Die daruͤberſtehende Fluͤſſigkeit war roth gefaͤrbt und enthielt gelöfte Blutkörperchen. Das Mikroſcop zeigte die Blut: koͤrperchen in einem mehr aufgequollenen Zuſtande, wie man ſie im geſunden Blute zu beobachten pflegt. 1000 Theile des Blutes enthielten: 555 31. Waſſer B N 948,889 Feſter Rückſtand . > 51,111 Fibrin 0 . . . —— Sit . „ Albumin und Schleim . 34,032 Globulin 2 . 5,610 Haͤmatin . 8 . c 0,102 Alcoholextract , „ 55 Waſſerextract, mit Salzen und Ptyalin.. 20,350 Biliverdin . ° N « 0,366 Ganz überraſchend iſt die Gegenwart des Biliperdin in dieſem Blute. Aus einem genauen Examen der Kran— ken ging hervor, daß dieſe ſich waͤhrend der Abſonderung des Blutes aus dem Munde nicht erbrochen hatte. Sollte der Gallenfarbeſtoff wirklich dem Blute angehoͤren, ſo duͤrfte es wohl der Muͤhe werth ſeyn, darauf hinzudeuten, ob nicht moͤglicher Weiſe in dieſer Krankheit eine Anweſenheit von Galle im Blute zur Loͤſung der Blutkörperchen beige: tragen und eine ſogenannte Verfluͤſſigung des Blutes bewirkt haben koͤnnte. Das Menſtrualblut, zu einer Zeit geſammelt, wo Flimmer⸗Epithelien in demſelben nicht mehr beobachtet wer— den konnten, wurde auf folgende Weiſe zuſammengeſetzt ge— funden: 56 Nr. 32. Waſſer 8 5 785,000 Feſter Rüͤckſtand 8 8 215,000 Fibrin o . 8 . — Fett . 0 2,580 Albumin . 2 8 x 76,540 Globulin . 2 3 109,650 Hamatin 10,750 Extract. Materien und Salze 8,600 Fibrine iſt in dieſem Blute, wie bekannt, nicht vor— handen. Von Vaginalſchleim war es faſt vollkommen rein; nur wenige Epithelienzellen wurden mit dem Mikroſcope beobachtet. Folgende Analyſen von Thierblut moͤgen noch mit an— gefuͤhrt werden. Anal. 33. iſt das Blut eines an Ozaena leidenden Pferdes; Anal. 34. von demſelben Pferde, nach— dem es vier Tage ohne Nahrung gelaſſen worden war. Nr. 33. Nr. 34. Waſſer 8 . 8 « 818,900 808,809 Feſter Ruͤckſtand 8 0 1 132,100 191,191 Fibrin - 5 8 5 5,100 9,011 e ee ers 2818 4,820 Albumin . 0 8 0 62 140 103,740 Globulin 8 . . 8 80,960 4,900 Hämatin 6,500 4,360 Extractive Materien und Salze 12310 14,650 Das geſchlagene aus Arterien- und Venenſtaͤmmen zugleich ausfließende Blut eines Ochſen, das ebenſo gemiſchte friſch aufgefangene Blut eines Kalbes, das Blut eines Karpfen, Schleien und das Blut der grünen Kroͤte (Bufo variabilis) fand der Verfaſſer wie nachſtehend zuſammen— geſetzt: Nr. 35. Nr. 36. Nr. 37. Nr. 38. Nr. 39. Ochſen-Kalbs- Karpfen: Schleien-Kroͤten⸗ blut blut luke blut blut Waſſer 795 000 777,279 872,000 000 900,001 000 848,200 Feſter Rüͤckſtand 205,000 222,721 128,000 100,000 151,800 Fibrin . . n. beſtimmt 2,600 ger. Menge ger. M. ger. M. Fett . x 5,590 4,191 2,967 4,630 9,607 Albumin . B . 95,050 83,925 83,850 Globulin . 83,836 105,925 21,410 Hamatin „ e eee 773225 1,80 78 Extr. Materien u. Salze 11,1815 6,129 2,770 2,429 (Vorlaͤufige Mittheilung aus dem zweiten Bande der medi— ciniſchen Chemie von Dr. Fr. Simon.) 68,800 112,330 13,800 21,860 Eine Monographie der Gattung Ovis von Blyth, ward in der Sitzung der Londoner zoologiſchen Geſellſchaft am 11. Februar 1840 vorgeleſen. Der Ver— faſſer nimmt 9 Arten fuͤr gewiß, andere als mehr oder we— niger zweifelhaft an. Die Argalis Aſien's und America's wurden vorläufig fuͤr einerlei angenommen und Ovis Ammon genannt; eben dahin ward das Kamtſchatkaſche Schaaf, Eſchſcholtz, gerechnet, welches der Verfaſſer für eine geringe Varietaͤt er— klaͤrte, daher er die geographiſche Vertheilung dieſer Art von Aſien uͤber Kamtſchatka und die Aleutiſchen Inſeln nach dem Felſengebirge Nordamerica's und von da ſuͤdlich bis Califor— nien verfolgte, wo dieſelbe zugleich mit dem von Douglas beſchriebenen aͤchten Californiſchen Schaafe vorzukommen 57 ſcheint. In Aſien verfolgte er deren Spuren bis ſuͤdlich vom Himalayagebirge, vermuthete aber, daß das von mans chen Naturforſchern unter dem Namen Ovis Ammon auf: geführte Schaaf des Caucaſus und Taurus eine andere Art ſey, die er naͤher zu beſchreiben habe. Zunaͤchſt betrachtete er die Ovis Californiana und dann eine prächtige neuent⸗ deckte Art, die angeblich vom Taurusgebirge ſtammt. Ihre Hoͤrner ſollen genau dieſelbe Geſtalt haben, wie die, welche man an alten Bildern des Jupiter Ammon bemerkt, und der Verfaſſer nennt fie deßhalb Ovis sculptorum, Er be⸗ ſchrieb alsdann zwei Arten vom Himalaya, welche durch die eigenthuͤmliche Geſtalt der Hoͤrner characteriſirt ſind, naͤmlich Ovis Nahoor, Hodgson, groß, blaßfarbig, wie es ſcheint, nicht bedeutend hoch im Gebirge anzutreffen, und Ovis Burrhel, Blyth, ſehr dunkelfarbig und durch mehrere an— dere ſpecifiſche Charactere bezeichnet, auch höhere Orte be— wohnend. Ovis Aries betrachtet der Verfaſſer als eine eigene Art und als nicht vom Moufflon abſtammend. Von Ovis Musimon handelte er umſtaͤndlich; fuͤhrte jedoch an, daß die beiden angeblichen Varietaͤten dieſer Art noch nie gehoͤrig mit einander verglichen worden ſeyen. Der Ixalus pro- batus, Ogilby, ward für eine Art der Gattung Ovis er: klaͤrt, und Herr Blyth erwähnte, daß die Beſchaffenheit der Hufe des fraglichen Exemplars deutlich darauf hinwieſen, daß es lange im Zuſtande der Gefangenſchaft gelebt habe, daher man mit Wahrſcheinlichkeit annehmen dürfe, die eis genthuͤmliche verkruͤppelte Geſtalt ſeiner Hoͤrner ruͤhre von der im Jugendalter ausgefuͤhrten Caſtration her; denn eine ganz aͤhnliche Form der Hoͤrner bemerke man an vielen Ra— cen der aͤchten Schaafe und an den Laͤmmern aller gehoͤrn— ten Racen in einem gewiſſen Alter. Die letzte Art, die der Verfaſſer betrachtete, war Ovis Tragelaphus, Au- etor., von welcher Art ihm Ovis ornata, Geoffroy, nur ein Zwergexemplar zu ſeyn ſchien. Uebrigens ſchlug Herr Blyth vor, dieſe Art zum Typus einer Untergattung, Ammotragus, zu erheben. Er erlaͤuterte ſeinen Vortrag durch Abbildungen von Hoͤrnern und ganzen Thieren. (The 58 Annals and Magazine of natural History, No. 37. Dec. 1840.) isn Ichnologie. Die foſſilen Thierſpuren werden immer haͤufi⸗ ger aufgefunden. Zu den Fußtrittſpuren der Reptilien in dem neuen rothen Sandſteine bei Dumfries, zu dem Chirotherium bei Heß— berg und zu den Ornithichniten von Connecticut ſind in den letzten zwei Jahren mehrere Auffindungen in England hinzugekommen. Bei der Ausgrabung zu Pembray, bei Llanelly in Pembrokeſhire, hat man Trittſpuren von Hirſchen und großen Ochſen in einem un— ter einem Torfbette befindlichen Thonlager gefunden. Bei Liverpool hat Herr Cunningham in dem neuen rothen Sandſteine zu Store— ton Hill an der Weſtſeite des Merſey, Fußtritte des Chirotherium und anderer Thiere angetroffen. Eben ſo die Herren Sir P. Egerton, J. Taylor jun., Strickland und Dr. Ward, Fußtritte vom Chi⸗ rotherium und 5 bis 6 kleinen Reptilien in dem neuen rothen Sand— ſteine in Cheſhire und Salop. Vor Kurzem bei Blankenburg, im Fürs ſtenthum Rudolſtadt, Trittſpuren, wie zu Heßberg bei Hildburghauſen. Ganz neuerdings aber, in der vorigen Woche, find von einem Studi— renden, Herrn Feldmann, von dem Herrn Profeſſor Koch und Herrn Dr. Schmid zu Jena in dem neuen rothen Sandſteine am Fuße des Jenzigs ebenfalls Trittſpuren erkannt und ausgegraben, wovon die größten, nach einer mir vorgelegenen Zeichnung, ganz mit den Hildburghaͤuſern uͤbereinſtimmten, die kleineren aber den Spuren von Thieren mit geſpaltenen Klauen aͤhnlich ſehen und dem— nächſt von den genannten Herren beſchrieben werden ſollen. F. Ueber das fogenannte Bergmehl aus Umeä Lapp— mark, von Herrn Laing aus Schwediſch-Lappland 1838 mitgebracht, hat Profeſſor Trail! der Königlichen Gefell- ſchaft zu Edinburgh einen Bericht erſtattet. Es war dicht uns ter einer Lage verwitterten Mooſes, 40 engliſche Meilen uͤber Degersfors, in Umeä Lappmark, gefunden worden. Unter dem Mis kroſcope ergab ſich, daß es aus verſchiedenen Arten kleiner organi— ſcher Reſte beſteht, welche Ehrenberg als die kieſelerdigen Stutzen von Infuſorien betrachtet hat; der groͤßte maß von 0,0006 bis 0,0005 eines Zolles. Bei der Zerlegung erhielt Dr. Traill 22 pCt. organiſche, durch roͤthliche Hitze völlig zerſtoͤrbare Subſtanz; und er fand, daß das ſchneeweiße Reſiduum, welches immer noch die mikroſcopiſchen Formen beibehielt, aus 71,13 Kieſelerde, 5,31 Alaunerde und 0,15 Eiſenoxyd beſtand. Er haͤlt die organiſche Subſtanz und die Kieſelerde für die weſentlichen Ingredienzien und die andern wahrſcheinlich als zufällige. Als Beimiſchung zu Nah⸗ rungsmitteln, giebt die Quantität organiſcher Subſtanz dem Berg: mehle einen Vorzug vor den Steatiten und Thonarten, welche von einigen rohen Stämmen für gleiche Zwecke gebraucht werden,, — . ———p——————— U} DER enn BR Statiſtiſche Unterſuchungen über Amputationen. Von Profeſſor Lawrie. Folgende ſtatiſtiſche Zuſammenſtellungen ſind bei der letzten Verſammlung Britiſcher Naturforſcher vorgeleſen worden. Die Frequenz der Amputation, die zuruͤckbleibende Verſtuͤmmelung, die begleitenden Gefahren machen dieſe Operation zu einer der wichtig⸗ ſten, beſonders fuͤr den Spitalwundarzt. Denn waͤhrend in der Pri⸗ vatpraxis die Operation ſehr ſelten vorkommt, fo gehört fie in den Spitälern mit zu den haͤufigſten. Zu Glasgow und in der Umge⸗ bung disponirt das Clima zu Gelenkkrankheiten; die große Haͤu⸗ ſigkeit der Maſchinen und Manufacturen, die belebte Schifffahrt, der Betrieb der benachbarten Bergwerke geben außerordentlich haͤu⸗ ſige Gelegenheitsurſachen. Seit langer Zeit verhandelt man die Frage über die Vorzuͤge der primaͤren oder ſecundaͤren Amputation. Wiſeman war für die erſte, John Hunter für die letzte; die engliſchen Wundaͤrzte der neuern Zeit haben ſich einſtimmig für die primäre Amputation erklaͤrt; Guthrie hat folgende Zahlen bekannt gemacht. Secundaͤre Amputationen in den Milts tärfpitälern, Amputationen der obern Extremitaͤt 296, Tod 116, Heilung 105, in Behandlung verblieben 75. Amputationen der untern Extremitaͤt 255, Tod 149, Heilung 65, in Behandlung 41. unmittelbare Amputation auf dem Schlacht⸗ felde. Amputationen der obern Extremitaͤt 163, Tod 5, Heilung 64, in Behandlung 94. Amputationen der untern Extremitaͤt 128, Tod 19, Heilung 48, in Behandlung verblieben 66. Hieraus ers giebt ſich, daß von 551 ſecundaͤr Amputirten 265 geſtorben ſind, d. h., beinahe die Haͤlfte, waͤhrend von 291 primaͤr Amputirten nur 24, alſo ungefähr , geſtorben find. Für die obere Extremitaͤt verhaͤlt ſich die Mortalität der ſecundaͤren zur primären Amputation wie 12 zu 1, fuͤr die untere Extremitaͤt wie 8 zu 1. Dieſe Reſultate ſcheinen für die unmittelbare Amputation in der Militärpraris durch— aus günftigs doch laſſen die Angaben viel zu wuͤnſchen übrig, indem die in Behandlung Verbliebenen als geheilt betrachtet worden ſind. Da dieß 276 Faͤlle betrifft, ſo koͤnnen Guthrie's Reſultate nicht als beweiſend betrachtet werden. In der London Med. Gaz., June 1838, hat Dr. Philipps Beobachtungen über die Reſultate der Amputationen in perſchiede⸗ nen Laͤndern bekannt gemacht, in welchen er die Amputation des 59 Ober: und Unterfchenkels zuſammenfaßt, welche in den letzten 4 Jahren in den Civilſpitaͤlern und in der Privatpraxis ausgeführt worden ſind. Er kommt dabei zu folgenden Reſultaten: Operirte. Geſtorben. Procent. — — D In Frankreich 203 47 23208 In Deutſchland 109 26 23555 In America 95 24 25 15 In England 233 53 22,33 Summe 640 150 23} Die mittlere Mortalität wäre hiernach 231 Procent. Aus den weitern Unterſuchungen des Herrn Philipps ergiebt ſich, daß die Mortalität bei Vereinigung per primam intentionem 25 Procent betrug. Es iſt übrigens klar, daß die Erfahrung eines einzigen Wund- arztes zur Entſcheidung dieſer Frage nicht ausreicht; die Unterſu⸗ chungen muͤſſen in groͤßerem Maaßſtabe angeſtellt werden. Ich war der Anſicht, daß die Verzeichniſſe eines großen Spitales, wenn ſie eine lange Reihe von Jahren umfaſſen, geeignet ſeyen, Aus— kunft zu geben. Ich habe daher, mit Huͤlfe einiger Freunde, die Regiſter unſeres Spitales zu Glasgow von 1794 bis 1839 durch⸗ gegangen. Das Reſultat iſt nicht ſehr groß, die Details ſind nicht ſehr genau; dennoch iſt das Ganze intereſſant genug, um angeführt zu werden. Die ganze Zahl der Amputationen beträgt 276; darun⸗ ter waren 2 Geheilt 176 (63,7 pro Hundert). Geſtorben 100 (863 pro Hundert). Die Todesfaͤlle verhalten ſich alſo zu den Heilungen wie 1 zu 2,75. Im Ganzen waren es nach dem Geſchlechte Verhaͤltniß der Geſtorbenen zu Geheilt Geſtorben den Geheilten. — —⅛ — — — — Männer 217-130 8 1: 1.6 Weiber 60 — 46 14 123.3 Das Verhaͤltniß der Maͤnner zu den operirten Frauen iſt wie 35: 1 und das Verhaͤltniß der Mortalität zu der der Frauen wie 1,6 : 3,3. Die weniger große Mortalität unter den Männern er— klärt ſich dadurch, daß bei den meiſten die unmittelbare Amputation vorgenommen worden iſt. Nämlich bei 133 Fällen iſt die Zahl der Aufenthaltstage im Spitale nach der Amputation angegeben; 79 davon ſind geheilt, 54 davon geſtorben. Der Aufenthalt der Geheilten beträgt in mittlerer Zahl 42 im Minimum 8, im Maxi⸗ mum 128 Tage Die Mittelzahl fuͤr die Geſtorbenen iſt 13 Tage, das Minimum 3, das Maximum 199 Tage. Ich habe die Ampu⸗ tirten in 2 Claſſen getheilt: 1) ſolche, die wegen Krankheit; 2) ſolche, die wegen Verletzungen amputirt worden ſind. Die zweite Claſſe umfaßt einzeln die primär und ſecundaͤr Amputirten; pri— mar Amputirte find ſolche, welche unmittelbar nach der Verletzung oder kurze Zeit danach, ſobald es die Zufaͤlle geſtatteten, amputirt find, faft immer in den erſten 24 Stunden und jedenfalls ohne ei: nen vorherigen Verſuch zur Erhaltung des Gliedes. Unter ſecun— daͤrer Amputation verſtehe ich diejenigen Faͤlle, wo man vergeblich verſucht hat, das Glied zu retten, wo man alſo in Folge einer nutzloſen Behandlung amputirt. Amputationen wegen Krankheit waren 153, mehr als die Haͤlfte der Geſammtzahl; davon geheilt 118 (77.1 pro Hundert) geſtorben 35 (22.9 pro Hundert). Die Details dieſer 153 Amputationen ſind folgende: . Verhaͤltniß der Geſtorbenen geheilt. geſtorben. zu den Geheilten. — ee — — — Schulter . 2891 1 Lu A Oberarm 17. 14 3 15:7 Vorderarm 4 . 4 0 0:0 Schenkel 92 73 19 1 85 Unterſchenkel 85 23 12 1722 Fuß (theilweiſe) 3 3 0 0:0 Summe 153 118 35 60 Die Krankheiten, bei welchen dieſe Amputationen unternoms men wurden, geben folgende Tabelle: Maͤnner Frauen Summe Verhaͤltniß ge⸗ ges Summe der Ger der Geſtor— ge- ſtor⸗ ges ſtor- der Ge: ftorbes benen zud. heilt. ben. heilt. ben. heilten. nen. Geheilten. Gelenkkrank⸗ 7 heiten 98 60 11 23 4 83 15 126 Necroſe 17 1 2 2 9 3 1 Caries 21 13 4 8 * 16 5 11 Geſchwuͤlſte 12 6 2 8 9 3 128 Gangraͤn 5 1 1 2 l 3 2 23 Geſchwuͤre 5 1 4 0 0 1 4 4:1 In dieſer Ueberſicht der gewoͤhnlichſten Amputationen zeigen die unter dem Kniee das unguͤnſtigſte Reſultat, wahrſcheinlich we— gen unguͤnſtiger Bedingungen, unter denen dieſe Operationen vor= genommen worden find. Auffallend iſt es, daß unter den 30 Am⸗ putationen (von 1794 bis 1810) nur ein Todesfall war und 29 Heilungen, waͤhrend unter den nachfolgenden 30, 8 Todesfaͤlle und 22 Heilungen aufgezeichnet ſind. Unter der Vorausſetzung, daß dieſes Reſultat zufaͤllig ſeyn koͤnnte, habe ich die Mittelzahlen von 142 zu 209 genommen und dabei ein Verhaͤltniß gefunden von 19 Heilungen und 11 Todesfaͤllen. Es iſt ſchwer, dieſe Verſchie— denheit zu erklaͤren, wenn man ſie nicht der Operationsweiſe an— rechnen will. Bei den erſten 30 Operationen, bei denen das Ver— haͤltniß der Heilungen zu den Todesfaͤllen war wie 29: 1, iſt es wahrſcheinlich, daß die Amputation mit dem doppelten Cirkelſchnitte gemacht uud alle Stumpfe noch auf dem Operationstiſche verbun— den worden ſind, daß man den Verband nach den Regeln, ohne weitere Ruͤckſicht auf das Ausſehen des Stumpfes, abgenommen hat, und daß in allen Fällen das Tourniquet angelegt worden war; bei den letzten 80 Operationen (mit 8 Todesfaͤllen und 22 Heilungen) iſt der einfache oder doppelte Lappenſchnitt 28 Mal ges macht worden, und von dieſen 28 ſind 7 geſtorben und 21 geheilt, während die beiden übrigen nach dem doppelten Cirkelſchnitte ame putirt wurden und einen Todesfall und eine Heilung gaben. Ich muß eine Bemerkung uͤber den Verband machen. Man haͤlt es fuͤr ſehr wichtig, den Stumpf nicht ſogleich zu verbinden; man wartet 6 oder 8 Stunden, um zu ſehen, ob nicht eine fecuns daͤre Haͤmorrhagie eintrete. Dieſe Methode ſcheint mir unrichtig; man vermehrt dadurch die Leiden, waͤhrend, ſeitdem ich dieß Ver— fahren aufgegeben habe, ich niemals genoͤthigt worden bin, den Ver— band abzunehmen, um eine ſecundaͤre Blutung zu ſtillen. Bei dem fpäten Verbande hat man leicht von dem Verbande einen ebenfo heftigen Nerveneindruck, wie von der Amputation ſelbſt. Eine Blutung tritt ſelten ein, wenn der erſte Verband die Blutung une mittelbar gehoͤrig hemmt. Erfolgt ſpaͤter dennoch eine ſolche, ſo iſt es weniger nachtheilig, den Verband zu erneuern, als den Stumpf mehrere Stunden lang ohne Verband zu laſſen. Es iſt wahrſcheinlich, daß vor Brodie's Werke über die Ges lenkkrankheiten, beſonders am Kniee, man alles unter dem Namen des Tumor albus zuſammenwarf, als unheilbar erklaͤrte und daher weit fruͤher amputirte, als dieß jetzt geſchieht. Ich habe mich da— von nach den Noten in unſern Regiſtern uͤberzeugt. Die Amputa— tion iſt in Fällen ausgeführt worden, in welchen man die Opera— tion jetzt noch nicht für indicirt halten würde. Ich habe zu diefem Ende 71 Fälle von Gelenkkrankheit ſeit 1794 und ferner 82 Fälle ſeit 1833 ohne weitere Auswahl aus den Regiſtern ausgezogen, wobei dieſe Zahlen 71 und 82 ganz zufällig find. Es ergiebt ſich nun aus der nachfolgenden Tabelle, daß man unter den 71 Gelenk— krankheiten 20 in der erſten Periode, unter den 82 der zweiten Reihe nur 22 in der erſten Periode amputirt hat, alſo bei jenen 1: 2, bei dieſen 1:3. Noch auffallender iſt die Verſchiedenheit in Bes zug auf das Kniegelenk. Unter 44 Kranken aus der erſten Perio— de find 19 operirt worden, 11: 2,8, während von 57 aus der zweiten Periode nur 11 operirt wurden oder 1: 5,1. Von der Geſammtzahl der Amputirten in der erſten Periode iſt einer von 9 geſtorben, von der zweiten Periode dagegen 1: 32. Es ergiebt ſich aus meinen Unterſuchungen, daß die Zahl der Heilungen in der erſten und zweiten Periode genau dieſelbe iſt, mit dem Unterſchiede, 61 daß in der erften Periode die Heilung mit Huͤlfe des Biſtouri's und Pr ale in der zweiten ohne blutige Operation erlangt wor— en iſt. Ueberſicht der Reſultate von Gelenkkrankheiten, erſten Periode behandelt worden ſind. Erſte Periode. welche in der Amputirte Nichtamputirte ges geftors ger gebeſ⸗ geſtor⸗ Zahl der heilt. ben. heilt, ſert, ben. Falle. Ellenbogengelenk 5 — 1 6 —ð 12 Handgelenk 1 — 1 2 4 Kniegelenk 16 9 15 1 44 Fußgelenk. 784 1 44 — 11 5 Summe 27 Suns 27 1 71 Zweite Periode. Ellenbogengelenk 3 — 2 6 — 11 ö & 0 BE Re 2 5 Kniegelenk . 8 e eee 2 57 Fußgelenk . 4 2 2 1 — 9 Summe 17 5 81 27 2 82 Eine andere wichtige Bemerkung iſt, daß man bei den er⸗ wähnten Krankheiten, je fruher man amputirt, um fo mehr Aus⸗ ſicht auf Erfolg hat. Deswegen waren unſere Vorgaͤnger gluͤckli⸗ cher bei dieſer Operation. Die ganze Schwierigkeit liegt in der Diagnoſe, weil in der erſten Periode beſtimmt werden muß, ob die Krankheit ohne Operation heilbar ſey oder nicht. Der Irrthum der neueren Praxis beſteht darin, daß man zu ſehr die Amputa—⸗ tion verſchiebt, bloß weil der Kranke noch nicht im Sterben zu liegen ſcheint. Die Folge davon war die Verminderung der guͤn— ſtigen Erfolge der Amputation von 1: 30 auf 1 zu weniger als 3, nach der einen Berechnung, oder von 1: 9 auf 1: 32 nach der andern Berechnung. Unſere Vorgaͤnger amputirten, um das zu entfernen, was fie für unheilbar hielten, während das Allgemein— befinden noch gut war; während wir operiren, um das Leben zu retten, oder vielmehr um einem unmittelbaren Tode zuvorzukommen. Daraus erklären ſich hinreichend die ungünftigen Erfolge. Unmittelbare Amputation. Bei der Zahl von 276 finden wir 88 1 Kl oder 1: 3.5; darunter 38 Geheilte, eſtorbene; alſo eine beinahe gleiche Anzahl, im Ein folgender Ueberſicht: e W 9 Zahl der Verhaͤltniß der Amputa⸗ Geſtor⸗ Geſtorbenen zu tionen. Geheilt. ben. den Geheilten. Schulter uni 8 1 2 2 zu 1 Arm 1 23 12 11 11 12 Vorderarm 15 15 — — — Huͤftgelenk 1 1 be — 4 17 95 5 HIN — 11 — e — Unterſchenkel 22 7 15 Mittelfuß 2 2 4 2 5 * Summe 77 38 39 Auffallend iſt hier die große Mortalität, welche die Heilun⸗ gen übertrifft, und nimmt man die Operationen am Vorderarme, welche ſaͤmmtlich einen guten Ausgang hatten, aus, ſo wird das Verhaͤltniß noch auffallender. Vergleicht man hiermit Guthrie's Reſultate, ſo iſt der Unterſchied, in der That, ganz ungewoͤhn⸗ lich. Denn bei ſeinen Operationen verhielten ſich die Todesfälle u den Heilungen wie 1: 12, waͤhrend ſie bei den unſrigen die ahl der Heilungen übertreffen. Ich glaube, daß in der Militärs. chirurgie, beſonders auf dem Schlachtfelde, viele Glieder abgenom⸗ men werden, welche man in der Civilpraxis noch zu erhalten ſucht. In unſeren Spitälern amputiren wir wohl nie, ohne ſicher zu ſeyn, daß das Glied nicht mehr zu erhalten ſey. Es iſt uͤbri⸗ gens wahrſcheinlich, daß ein Patient, welcher faſt unmittelbar nach der Verwundung auf dem Schlachtfelde amputirt wird, ſich in eiz *) Dieß ſolle 12 ſeyn. Geheilt 1; geſtorben 12, wie weiter hin ten angegeben. > 62 nem zum Aushalten der Operation und zur Heilung günftigern Zuſtande befindet, als in der Civilpraxis, wo immer einige Zeit vergeht, ehe der Arzt den Verletzten ſieht, und wo dieſer erſt eis nen Transport aushalten muß, um zum Spitale zu gelangen. Ueberdieß find die Verletzungen, welche die Amputation verlangen, gewoͤhnlich ſehr complicirt, die Kranken daher kaum im Stande, die Amputation auszuhalten und zur Zeit der Reaction ſogleich tie nem typhoͤſen Fieber unterworfen. Guthrie macht auf das Unpaſſende der Operation aufmerkſam, fo lange noch die Nerven⸗ erſchuͤtterung fortwirkt. Das Reſultat der Schenkelamputation in obiger Tabelle iſt ſo auffallend, indem alle Operirten ſtarben, daß ich noch einmal ſaͤmmtliche Regiſter durchgegangen habe, wo⸗ bei ich einen einzigen, fruͤher überfehenen, gluͤcklichen Fall von einem Kinde von 12 Jahren gefunden habe. g Secundaͤre Amputationen. Unter 276 Faͤllen finden ſich de⸗ ren 46, d. h. einer von 6, darunter 20 Heilungen, 26 Todesfälle oder ein Verhaͤltniß der Geſtorbenen zu den Geheilten wie 2: 4. Zahl der Amputa- Geheilt. Geſtorben. Verhaͤltniß der tionen. Geſtorbenen zu den Geheilten. — — — — — — Schulter 1 1 — — zu — Oberarm 13 6 7 7 zu 6 Vorderarm 3 3 — — zu — Oberſchenkel 2⁴ 8 16 2 zu 1 Unterſchenkel 5 2 3 3 zu 2 ee —bH! :! Summe 46 20 26 2 4 Diefe Tabelle betätigt ſcheinbar die Erfahrung unſerer Ar⸗ meechirurgen, indem ſie die ſecundaͤren Amputationen unguͤnſtiger darftellt, als die primären, Es iſt aber eine genauere Wuͤrdigung erforderlich, wodurch im Gegentheile die ſecundaͤren Amputationen ſich als die guͤnſtigen herausſtellen. Vergleichen wir zuerſt in die⸗ ſer Beziehung die einzelnen Glieder, ſo ergiebt ſich Folgendes: Primäre. Secundaͤre. Verhaͤltniß der Geſtorbe— Verhaͤltniß der Geſterbe⸗ nen zu den Geheilten. nen zu den Geheilten. — — — — Schulter 1 0:0 Oberarm 11 : 42 7 26 Vorderarm 0: 0 0:0 Oberſchenkel 11728 —+ 2 21 Unterſchenkel I 2 1 5 Hieraus ergiebt ſich, daß am Schenkel die ſecundaͤre Ampu⸗ tation günftiger iſt, als die primäre; ebenſo am Unterſchenkel und Vorderarme. Es iſt merkwuͤrdig, daß von 22 Amputationen des Vorderarms 22 Heilungen erlangt ſind. Es waͤre voreilig, aus den mitgetheilten Zahlen irgend einen Schluß gegen die primäre Amputation im Vergleiche zur ſecundaͤren zu ziehen; indeß iſt nicht zu laͤugnen, daß in unſerm Spitale die Reſultate der primaren Amputation nicht ermuthigend ſind. Der Gegenſtand iſt von Wich⸗ tigkeit, und um ihn aufzuklaͤren, habe ich 40 Fälle complicirter Fracturen und Luxationen ausgezogen, bei welchen die Erhaltung des Gliedes verſucht worden iſt. 1 Reſultat der complicirten Fracturen und Luxationen, welche ohne Amputation geheilt wurden: Geſtorben. Verhaͤltniß der Geſtor⸗ Anzahl Geheilt. 0 der Fälle. benen zu den Geheilten, — — — ——— — — Oberſchenkel 5 1 4 221 Unterſchenkel 21 15 6 228 Fuß 5 2 8 8 Oberarm 5 3 2 5 Ellenbogen 2 1 1 List Vorderarm 2 1 1 1.1 Summe 40 23 17 Hiernach find alſo bei der Behandlung complicirter Fracturen und Luxationen weit mehr Heilungen, als Todesfälle. Die vor⸗ letzte Tabelle zeigt, daß, wenn der Verſuch zur Erhaltung des Gliedes fehlſchlaͤgt, die ſecundaͤre Amputation weit guͤnſtiger iſt, als die primare. Dieſe Reſultate zuſammengenommen ſcheinen zu 63 berechtigen, daß man auf Erhaltung des Gliedes ausgehe und ſich nöthigenfalls nur auf die ſecundaͤre Amputation beſchraͤnke. Zuſammenſtellung der Amputationen mit ihrem Ausgange nach Alter und Geſchlecht. . Männer. . Primäre Amputation. Secundaͤre Amputation. Geheilt. Geſtorben. Geheilt. Geſtorben. Alter. Krankheit. Ge⸗ Ge: heilt. ſtorb. — f—— — — — — 1 zu 10 90 a = 1 = 10 zu 20 30 2 5 8 3 7 20 zu 30 17 9 10 14 5 — 30 zu 40 15 6 10 4 2 6 40 zu 50 6 4 4 4 1 6 50 zu 60 3 1 1 5 2 3 60 zu 70 1 3 1 — = 1 70 zu 0 — — 2 — — — 80 zu go — — — 1 — == Summe 81 29 33 36 14 23 — — — — — — 110 69 37 Frauen. Alter. Krankheit. Primaͤre Amputation. Secundaͤre Amputation. Ge- Ge- Geheilt. Geſtorben. Geheilt. Geſtorben. heilt. ſtorb. s e II Tel all III leo ae Summe 34 | RS — =} 7 216 Männer 55 Frauen Im Ganzen: 271. (London. med. Gaz., Dec, 1840.) Miscellen. Einige Fälle von Hemeralopie, welche durch voͤl⸗ lige Entziehung von Licht geheilt wurden, erzaͤhlt Herr Wharton in dem American Journal of the Medical sciences, May 1840. Der Unterofficier W. und die Musketiers A. und R., vom zweiten Artillerieregimente, hatten mehrere Naͤchte hindurch an theilweiſem Blindſeyn gelitten, welches mit Eintritt der Nacht an- fing: in der naͤchſten Nacht waren ſie vollſtaͤndig blind geweſen. Ihre Geſundheit im Allgemeinen war gut; ſie klagten nur über ein leichtes Unbehagen in der Schlaͤfegegend. Die Pupillen der Augen waren ſehr erweitert, aber nicht beweglich (unbeweglich); 64 hingegen in der Nacht, wenn die Blindheit zuruͤckkehrte, waren die Pupillen mehr erweitert und wurden durch das ploͤtzliche Herein— bringen eines brennenden Lichtes in das Zimmer nicht afficirt. Ac tive allgemeine und locale Mittel wurden vom 3. bis 15. Februar 1834 vergebens angewendet. Nun entſchloß ſich Herr W., die Wirkung der voͤlligen Entziehung des auf das Auge als Reiz wir— kenden Lichtes zu verſuchen. Die Patienten mußten daher den gans zen Tag in einem dunklen Zimmer zubringen, und am Abend ergab ſich, daß das Sehvermoͤgen wieder zum Theil hergeſtellt war. Als man dieß am naͤchſten Tage wiederholte, ergab ſich, daß das Se— hen wieder voͤllig hergeſtellt war und die Patienten wieder ihren Dienſt antreten konnten. — Zwei andere aͤhnliche Faͤlle waren im Mai und September 1835 aufgezeichnet, wo 24 Stunden anhal— tendes Einſchließen in ein dunkles Zimmer hinreicht, die Heilung zu bewirken, waͤhrend eine Behandlung mit andern Mitteln fehlge— ſchlagen war. — Am 6. Februar 1839 waren ſieben Faͤlle unter Herrn Wharton's Behandlung, von welchen einer drei Monate lang, die uͤbrigen vierzehn Tage lang beſtanden hatten. Die Leute hatten in den gebirgigen Diſtricten Nord-Carolina's ſchweren Dienft thun muͤſſen, und ihre Augen waren durch die von dem Schnee zu— ruͤckgeworfenen Lichtſtrahlen ſehr angegriffen. Mit Ausnahme des einen Falles, wo allgemeiner Scorbut vorherrſchte, waren alle Pas tienten in voller Geſundheit. Die Pupillen der Augen Aller wa— ren erweitert und unbeweglich, beſonders gegen die Nacht hin. Es wurde keine Arznei gereicht; aber alle Patienten wurden ſechs und dreißig Stunden lang in einem dunklen Zimmer gehalten, und nach Verfluß dieſer Zeit war das Sehvermoͤgen von ſechs der Patienten wiederhergeſtellt; aber für den Scorbutiſchen waren 24 Stunden wei— ter nothwendig, worauf alle wieder ihren Dienſt thaten. Zur Behandlung der Thraͤnenfiſtel empfiehlt Dr. Rognetta folgendes Verfahren: Zuerſt wird die Geſchwulſt und die Umgebung derſelben mit einer Salbe aus 1 Theile Campher und 2 Theilen Mercurialſalbe uͤberzogen und mit einem kalten Ca⸗ taplasma aus Weißbrodt und Milch bedeckt; ein warmes Bad, Purganz aus Bitterſalz, leichte Koſt, Enthaltung geiſtiger Ge— traͤnke, und leichter Druck zur Entleerung der Geſchwulſt. Nach 5-6 Tagen iſt die Geſchwulſt kleiner, weniger roth und empfind—⸗ lich und nicht mehr ſo hart. Die Fiſteloͤffnungen ſind geſchloſſen, Der Inhalt des Thraͤnenſackes fließt bei'm Drucke durch die Thraͤ— nenpuncte zuruͤck; der Naſencanal iſt noch geſchloſſen. Nun wer— den einige Tropfen laues Waſſer durch den untern Thraͤnenpunct eingeſpritzt; die übrige kuͤhlend ableitende Behandlung wird fortge— fest. In den folgenden Tagen kommt zu der Einfprigung eine ſchwache Aufloͤſung von Kupfervitriol oder Hoͤllenſtein. Gegen den 10. Tag dringt die Einſpritzung durch den Naſencanal durch. Die Geſchwulſt iſt um? verkleinert, es bleibt immer etwas von der Einſpritzung im Sacke. Von nun an wird der aͤußere Verband waͤhrend des Tages weggelaſſen und nur in der Nacht fortgeſetzt und am Tage durch einige Fomentationen mit Roſenwaſſer und etwas Hoͤllenſtein (2 Gran auf 1 Unze) erſetzt. Von der dritten Woche an wird die Behandlung inſofern geſchwaͤcht, als man die Anwendung der Mittel ſeltener eintreten laͤßt. Auf dieſe Weiſe hat Herr Rognetta 9 Fälle behandelt und jedesmal geheilt, und geht fo weit, daß er behauptet, jede Operation der Thränenfiſtel, welcher Art ſie auch ſey, muͤſſe verworfen werden. (Gaz, des Höpit. No. 27.) — — Bibliographische Neuigkeiten. Tables of Analysis in the moist way, and by the Blow-pipe; together with the chemical Symbols and Equivalents. ; By Edward Brittan. Dublin 1840. Coloured Illustrations of British Birds with their Eggs. By H. L. Meyer, No. 1. London 1841. 8. Practical Treatise of venereal Disease, By F. C. Skey. Lon- don 1841. 12. The Anatomy and Diseases of the Testis. Dublin 1841. 8. By Robert Fogan. Mene Motizen aus dem Gebiete der Hatur- und Beilkunde, gefammelt und mitgetheilt von dem Ober « Medicinalrathe Froriep ju Weimar, und dem Medieinalrathe und Yrofefier Froriep zu Berlin. N. 379. Gedruckt im Landes⸗Induſtrie⸗Comptoir zu Weimar. (Nr. 5. des XVIII. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., April 1841. des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. na t u 1 Dan „ n. Ueber die Urſache der gruͤnen Farbe gewiſſer Auſtern. Von A. Valenciennes. Die von mir in Betteff der gruͤnen Auſtern unlaͤngſt angeſtellten Beobachtungen haben mich auf einige Reſultate gefuͤhrt, welche mir hinreichend merkwuͤrdig erſcheinen, um mitgetheilt zu werden. Bekanntlich iſt die Erſcheinung des Gruͤnwerdens der Auſtern noch keineswegs befriedigend erklärt. Manche ha— ben den Grund darin geſucht, daß die Auſtern ſich von ge— wiſſen Ulven naͤhrten; Andere haben die Abſorption gewiſſer mikroſcopiſchen Thierchen, die daher den Namen Vibrio ostrearum erhalten haben, fuͤr die Urſache erklaͤrt; endlich iſt behauptet worden, die Auſtern wuͤrden lediglich durch die Abſorption des gruͤnen Stoffes ſo gefaͤrbt, welcher ſich in den Behältern oder Gehaͤgen bilde, wo man fie aufbewahrt. Zuvoͤrderſt iſt zu bemerken. daß man ſich, wie Aehn— liches ſo haͤufig geſchieht, damit befaßt hat, eine ſonderbare Erſcheinung erklaͤren zu wollen, ohne ſich die Mühe zu ges ben, dieſelbe in ihrer Entſtehung an dem Thiere ſelbſt zu ſtudiren, wiewohl man ſich daſſelbe tagräglih zu Hunder⸗ ten von Exemplaren verſchaffen kann. Bei einer gruͤnen Auſter iſt aͤußerlich nur ein einziges Organ ſichtbar, welches dieſe Farbe annimmt, naͤmlich die vier Blaͤtter der Kiemen. Hebt man den obern Theil des Mantels auf, ſo ſieht man, daß nur die innere Oberflaͤche der Lippenpalpen gruͤn iſt, und unterſucht man die innern Theile, ſo erkennt man ohne Weiteres, daß nur der Darm⸗ canal jenſeits des Magens mit einem ſchoͤn gruͤnen Farbe⸗ ſtoff ausgeſpritzt iſt, der den Verlauf des Darms ſehr deut⸗ lich erkennbar macht, indem er gegen den weißen Fettgrund ſcharf abſticht. Die Leber iſt, ſtatt, wie gewoͤhnlich, roth⸗ braun, ſchwaͤrzlichgruͤn gefärbt; allein weder der große Ans heftemuskel, noch die Muskelfaſern des Mantels, noch die am Rande deſſelben ſtehenden Cirrhen, noch das weiße Herz, No. 1479. oder deſſen braͤunliches Ohr, noch das Blut, die Nerven und das Fett haben ihre Farbe geaͤndert. Der lediglich in den genannten Organen abgelagerte Farbeſtoff bietet bei der mikroſcopiſchen Unterſuchung nichts Merkwuͤrdiges dar, beſitzt aber folgende Eigenſchaften: Er iſt ſowohl in kaltem als in warmem Waſſer, Al⸗ cohol und Schwefelaͤther unaufloͤslich. Dieſe drei Reagen⸗ tien veraͤndern auch die Farbe deſſelben nicht im Mindeſten. Alle Saͤuren blaͤuen ihn, kalt langſam, warm ſchnell, Verduͤnnte Schwefel- oder Salzſaͤure, Citronenſaͤure, Eſ— figfäure ꝛe. bewirken dieſe Veränderung ebenmaͤßig. Durch Ammonium wird die grüne Farbe wiederher⸗ geſtellt. Verduͤnnte kalte Salpeterſaͤure bewirkt den Uebergang zur blauen Farbe; durch warme Salpeterſaͤure wird der Faͤrbeſtoff zerſetzt und nimmt jene gelbe Farbe an, die man bei'm Reagiren dieſer Saͤure auf thieriſche Stoffe ſo haͤufig wahrnimmt. Das Chlor bleicht den gruͤnen Farbeſtoff ſchleunig, ſo daß die Kiemenblaͤtter ganz weiß werden. Schwefelwaſſerſtoffgas laͤßt ihn gruͤn. Ammonium zer⸗ ftört ihn nach längerer Einwirkung und macht ihn ſehr ſchwach ſchmutzig olivengruͤn. Aetzkali loͤſ't die Kiemenblaͤtter auf und veranlaßt die Entſtehung einer braunen Fluͤſſigkeit, aus der Eſſigſaͤure ſchmutzig⸗gruͤnliche Flocken niederſchlaͤgt. Der Darmcanal verhält ſich, in Betreff der durch ver— ſchiedene Reagentien bei ihm bewirkten Farbenveraͤnderungen, wie die Kiemenblaͤtter. Dumas hat mehrere Verſuche angeſtellt, um in Er⸗ fahrung zu bringen, ob die gruͤne Farbe der Auſtern nicht theilweiſe von der Anweſenheit von Berliner Blau herruͤhre. Die Reſultate widerſprachen dieſer Vermuthung. Ich habe dieſe Beobachtungen an großen gruͤnen, ſogenannten Marennes - Auſtern „und die 67 hierbei vorgelegten, mit den verſchiedenen angezeigten Rea⸗ gentien behandelten Kiemen und Darmcanalportionen ruͤh⸗ ren von dieſer Auſtern-Varietaͤt her. Die ſogenannten grünen Oſtende ſchen Auſtern, welche ubrigens nicht fo ſtark gruͤn gefaͤrbt ſind, gaben mir ganz aͤhnliche Reſultate. Alle Umſtaͤnde deuten alſo darauf hin, daß die gruͤne Faͤrbung der Auſtern ihre Entſtehung einem thieriſchen Stoffe verdankt, welcher ſich von allen bisjetzt unterſuchten gruͤnen organiſchen Materien weſentlich unterſcheidet. Da derſelbe im Darmcanale auftritt, ſo laͤßt ſich vermuthen, daß er von einem eigenthuͤmlichen Zuſtande der Galle herruͤhre, die dann einen Faͤrbeſtoff ausſcheidet, der fih- durch Aſſimilation auf dem Parenchym der beiden lamellenfoͤrmigen Apparate der Auſter, den Kiemen- oder Lippenpalpen (und dem Darm: canale 2), vermoͤge einer phyſiologiſchen Erſcheinung fixirt, welche derjenigen analog iſt, die, nach Herrn Flourens's Beob— achtungen, bei der Aſſimilirung des Farbeſtoffs des Krapps ftattfindet, der ebenfalls nur eine Art von Organen, naͤm— lich die Knochen, der damit gefuͤtterten Thiere faͤrbt, waͤh— rend die Knorpel, Baͤnder und Sehnen weiß bleiben. (Com— ptes rendus des seances de l’Acad. d. Sciences. T. XII. No. 7. 15. Févr. 1841.) Kurzer Bericht über Beobachtungen von Nord: lihtern, die Herr Necker de Sauſſure in verſchiedenen Gegenden Schottland's angeftellt hat. (Der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften mitgetheilt von Herrn Arago) Daß die Lichtſcheine am 13. November und 31. De⸗ cember 1839 und am 5., 28. und 31. Januar, am 26. und 28. Februar, ſo wie am 2., 25. und 26. Maͤrz 1840 wirkliche Nordlichter waren, ſteht ſehr zu bezweifeln. Alle übrigen waren indeß aͤchte, mehr oder weniger ſchoͤne Nord— lichter. N Unter dieſen 25 Nordlichtern war nur ein einziges roth, naͤmlich das am 3. Januar 1840, welches bis Genf ſichtbar war. Die Nordlichter ſind auf der Inſel Sky ohne allen Vergleich groͤßer, ſchoͤner und zuſammengeſetzter, als zu Edinburgh, wo ſie ſelten bis zum Zenith reichen, waͤhrend ſie auf Sky ſich mehrentheils uͤber dieſes und uͤber den groͤßten Theil des Himmelsgewoͤlbes erſtrecken. Das vom 3. September 1839 war faſt ausſchließlich auf die ſuͤdliche Region des Himmels beſchraͤnkt; uͤbrigens das einzige dieſer Art, welches mir vorgekommen. Sowohl zu Edinburgh, als auf Sky, ereignete ſich öfters der Fall, daß zwei Abende hintereinander ſchoͤne und große Nordlichter ſich zeigten. Drei Mal ſah ich, daß das Nordlicht vor dem Ein— bruche der Dunkelheit begann und ſeine glaͤnzend weißen Strahlenbuͤndel uͤber den noch gelborangefarbenen weſtlichen Himmel ausbreitete, naͤmlich auf Sky am 4. September und 28. October 1839, ſo wie am 4. Januar 1840. 68 Ein eigenthuͤmliches Geraͤuſch zu vernehmen, iſt mir nie gegluͤckt, ſelbſt nicht bei den groͤßten und ſchoͤnſten Nordlichtern, die ich auf Sky bei voͤllig windſtillem Wetter und Abweſenheit alles Laͤrmes beobachtete. Uebrigens habe ich auf den Shelland-Inſeln eine Menge dahin einſchlagender Zeugenausſagen geſammelt, die um ſo beachtenswerther ſind, da ſie freiwillig, und ohne durch irgend eine Frage veran— laßt worden zu ſeyn, abgelegt wurden. “) Perſonen von verſchiedenen Profeſſionen und Staͤnden und von weit auseinandergelegenen Orten dieſer Inſeln ſtimmten in ihren Berichten darin überein, daß man bei. ſtarken Nordlichtern ein Geraͤuſch hoͤrt, welches ſie ſaͤmmt— lich demjenigen verglichen, welches man bei'm Schwingen des Getraides hoͤrt. Ein Mann, welcher, im Auftrage der Edinburgher Geſellſchaft zur Erhaltung der noͤrdlichen Leuchtthuͤrme, auf dem von Sumburgh-head, der Suͤdſpitze der Shetlandinſeln, meteorologiſche Beobachtungen anſtellte und folglich in der— gleichen Dingen Uebung hatte, theilte mir von freien Stuͤk— ken mit, dieſes Geraͤuſch ſey ſtets deutlich zu hoͤren, und verſicherte, er habe es ſogar in einem Zimmer des Leucht- thurms bei zugemachten Fenſtern vernommen, wodurch er erſt darauf aufmerkſam geworden ſey, daß gerade ein Nord— licht am Himmel geweſen. Mehrmals reifte es waͤhrend des Nordlichts, und groͤß— tentheils folgten auf dieſe Erſcheinung ſtarke Schnee- oder Regenfaͤlle, heftige Stoßwinde oder Stuͤrme. Demnach be— ftätigen in dieſer Beziehung meine Beobachtungen die in Schottland ziemlich allgemein geltende Anſicht, daß die Nordlichter die Vorlaͤufer uͤbler Witterung und ſtarker Winde ſeyen. 7 Ich hatte Herrn J. D. Forbes fagen hören, daß die Firfterne, ſelbſt die groͤßten, bei Edinburgh nie funkel— ten, als waͤhrend eines Nordlichts. Meine eigenen Beob— achtungen beſtaͤtigen dieß im Allgemeinen. In jener Ge— gend bemerkt man an den Fixſternen allerdings kein Fun— keln; wenigſtens habe ich es nur hoͤchſt ſelten und ſchwach an denen erſter Groͤße wahrgenommen. Auf der Inſel Sky dagegen glaͤnzen und funkeln alle Fixſterne fo lebhaft, wie in Frankreich und der Schweiz an den ſchoͤnſten Abenden. Ebenſo auf den uͤbrigen Hebriden, den Orkaden, Shetlandinfeln und der ganzen Meftküfte Nordſchottland's, fo wie in Hochſchottland uͤberhaupt. Nun iſt zu bemerken, daß es in allen dieſen Gegenden keine gro— ßen Städte, kaum Flecken oder große Dörfer, keine Fabri— ken, wo viele Steinkohlen gebrannt werden ꝛc. giebt. Die ſehr duͤnne Bevoͤlkerung wendet keine andern Brennſtoffe, als Torf oder Holz an, deren ſehr leichter Rauch ſich augen— blicklich zertheilt und die Luft nicht verdunkelt. Dort iſt auch der Himmel ſo rein, wie irgendwo auf dem Feſtlande Europa's. Dagegen wird in ganz Niederſchottland und auf ) Auch wiſſenſchaftlich gebildete Leute, z. B., Franklin, auf ſeiner erſten Expedition zur Erforſchung der Nordweſtpaſſage, haben ein rieſelndes Geraͤuſch bei'm ie ebe . Ueberf. 69 der Oft: und Nordoſtkuͤſte Schottland's, wo es von Doͤr— fern, Städten und Manufacturen wimmelt und man übers all Steinkohlen brennt, die Luft nicht nur in der unmittel⸗ baren Nachbarſchaft der Staͤdte verdunkelt, ſondern der Wind treibt den Rauch auch uͤber ganze Provinzen hin, und es laͤßt ſich dort zu jeder Jahreszeit eine Verduͤſterung der Atmoſphaͤre durch Steinkohlendampf wahrnehmen. Ebenſo verhaͤlt es ſich in ganz England, und ſo oft ich den der Oſtkuͤſte Großbritannien's benachbarten Theil der Nordſee be— fahren habe, iſt es mir aufgefallen, daß dort der Himmel ungemein duͤſter, oder die Luft ſehr wenig durchſichtig war. Nichts hat mir deutlicher beweiſen koͤnnen, daß dieſer Um: ſtand von dem Brennen von Steinkohlen herruͤhre, als daß ich von der Inſel Arran und zumal von den Bergſpitzen derſelben aus in den ſchoͤnſten Fruͤhlings- und Sommermo⸗ naten des Jahres 1889, waͤhrend auf Arran ſelbſt die Luft voͤllig rein und der Himmel ungemein heiter war, die gegenuͤberliegenden Kuͤſten der Grafſchaften Ayr und Ren— frew beſtaͤndig mit einem dichten Nebelſtreifen belegt ſah, der ſich, wie eine graue Wolke, 1 bis 12 Grad uͤber den Horizont erhob. Deßhalb braucht man ſich nicht daruͤber zu wundern, daß das Funkeln der Fixſterne dadurch bethei— ligt wird; allein durch welchen Einfluß das Nordlicht dieſes Funkeln wiederherſtellt, weiß ich nicht zu erklaͤren. (Com- ptes rendus des seances de l’Acad. d. Sciences, 15. Fevr. 1841.) Neues Verfahren, Fleiſch vor Faͤulniß zu bewahren. In der Sitzung der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften am 22. Maͤrz las Herr Gannal einen Bericht uͤber die von ihm zur Conſervirung des Fleiſches in Anwendung gebrachten neuen Mittel vor, wobei er Proben von Fleiſch vorlegte, die vor 2 und 3 Jah: ren von ihm in dieſer Weiſe behandelt worden waren. Hier folgt ein Auszug aus dieſem wichtigen Artikel. Herr Gannal erinnert daran, daß er in der 1836 von ihm herausgegebenen Abhandlung uͤber die Erhaltung der Cadaver be— reits von ſeinen Verſuchen hinſichtlich der Conſervirung des zur Nahrung des Menſchen dienenden Fleiſches geredet und den Grund angegeben habe, weßhalb dieſe Verſuche unterbrochen worden ſeyen. Spaͤter waren die Verhaͤltniſſe der Wiederaufnahme der Experi— mente guͤnſtig, und gegenwärtig ſcheinen dieſelben Herrn Gannal ſo weit vorgeſchritten zu ſeyn, daß er ſich getrauen darf, deren Re— ſultate der Academie vorzulegen. Der Verfaſſer hat in einer an— dern Abhandlung uͤber die Gelatine nachgewieſen, daß man mit dieſem Namen drei verſchiedene Subſtanzen bezeichne, die er Ger line, Gelee und Gelatine nennt. Herrn Gannal zufolge, beſitzt die Geline ganz eigenthuͤmliche phyſicaliſche und chemiſche Eigen⸗ ſchaften; die aus der Zerſetzung der Geline, wenn man dieſelbe zus gleich der Einwirkung des Waſſers und der Wärme ausſetzt, ger wonnene Gelee iſt ebenfalls ein eigenthuͤmlicher Stoff, und ein dritter ſolcher iſt die Gelatine oder der Leim, welcher ſich unter der Einwirkung von Luft und Waͤrme aus der Gelse bildet. Herr Gannal hat auch nachgewieſen, daß Geline und Ei— weißſtoff die einzigen beiden in die faulige Gaͤhrung uͤbergehenden Stoffe find, und daß die Faͤulniß, unter übrigens gleichen Umftäns den, um ſo ſchneller eintritt, in je groͤßerer Menge dieſe beiden Beſtandtheile vorhanden ſind. Nachdem der Verfaſſer an dieſe Grundſaͤtze erinnert hat, geht er die bis jetzt zur Verhinderung der fauligen Gaͤhrung angewandten Mittel wir Seit unvordenklichen Zeiten hat man ſich zur Erhaltung des Fleiſches des Kuͤchenſalzes 70 bedient, und dieß Verfahren wird auch noch jetzt faſt ausſchließlich angewandt. Er beſchreibt daſſelbe und gelangt durch deſſen criti⸗ ſche Unterfuhung zu dem Reſultate, daß 1) das Einſalzen den beabſichtigten Zweck nicht mit hinreichender Sicherheit erfuͤlltz 2) daß man das Fleiſch an der Oberfläche zu ſtark ſalzt, wodurch es der Geſundheit nachtheilig wird; 3) daß das Einſalzen eine muͤhſame und langwierige Arbeit iſt; 4) daß dieß Verfahren ſehr koſtſpielig iſt. Neuerdings hat Appert ein Verfahren zur Aufbewahrung nicht nur des Fleiſches, ſondern überhaupt aller Nahrungsſtoffe er funden und in Anwendung gebracht, welches jedoch ebenfalls ſehr koſtſpielig und mit vielen practiſchen Schwierigkeiten verknuͤpft iſt, daher es nie in allgemeinen Gebrauch kommen wird. Auf den Ins duſtrie-Ausſtellungen hat man dergleichen zum Theil hoͤchſt befriedi—⸗ gende Proben von ſo praͤparirtem Fleiſche geſehen; allein der Er— finder hat ſein Verfahren geheim gehalten, und es kann hier von demſelben nicht weiter die Rede ſeyn. Herr Gannal hatte bei ſeinen Verſuchen ſein Augenmerk hauptſaͤchlich darauf gerichtet, die Geline und den Eiweißſtoff in der Art zu modiſiciren, daß fie nicht in die faulige Gaͤhrung über: gehen koͤnnten. Dieſer Fall tritt mit völliger Zuverläffigkeit ein, wenn man dieſe Stoffe der Einwirkung eines aufloͤslichen Alaun— ſalzes unterwirft, und um dieſe Reaction zu erlangen, muß man begreiflicherweiſe Einſpritzungen vornehmen und zugleich daruͤber wachen, daß die zur Erhaltung des Fleiſches einzufuͤhrende falini= ſche Aufloͤſung demſelben keinen unangenehmen Beigeſchmack, über: haupt keine unguͤnſtige Eigenſchaft ertheile und ihm keine der ſchaͤtz— baren Eigenſchaften des friſchen Fleiſches entziehe. Der ſchwefelſaure Alaun, welcher zwar ſehr wohlfeil iſt, allein durch ſeine Reaction auf die im Fleiſche enthaltenen Salze, ſchwe— felſaures Natron, ſchwefelſaures Kali und ſchwefelſauren Kalk er— zeugt, welche Salze unangenehm ſchmecken und ſchaͤdlich wirken, durfte nicht angewandt werden. Der eſſigſaure Alaun iſt ſchwer zu bereiten, zumal wenn man ihn rein haben will; er hält ſich nicht lange und laͤßt ſich nicht gut transportiren, weil er immer fluͤſſig iſt. Auch riecht und ſchmeckt er unangenehm. Bei ſeinen erſten Verſuchen bediente ſich Herr Gannal des Aluminium⸗Chlorurs; allein da das von ihm angewandte Salz von ſchlechter Beſchaffenheit war, fo ſchlugen fie anfangs fehl. Da er jedoch von der Tauglichkeit deſſelben zu dieſem Zwecke uͤberzeugt war, fo wandte er beſſer bereitetes Aluminjium-Chlorur an, und gluͤcklicher. Es gelang ihm zu beſtimmen, welchen Grad von Con— centration die Fluͤſſigkeit beſizen muͤſſe, naͤmlich 10° nach Bau: mé's Araͤometer. Aus 1 Kilogramm jenes Salzes, wie man es aus dem Guerin’fhen Laboratorium erhält, und 6 Liter Waſſer erlangt man die Aufloͤſung von gehoͤriger Staͤrke. um das Fleiſch eines ganzen Ochſen zu praͤpariren, braucht man nur 11 Kilogr. Aluminium⸗Chlorur. Die Anwendung des Verfahrens iſt ungemein einfach. Man oͤffnet die art. carotis und vena jugularis der einen Seite mittelſt eines weiten Schnitts und laßt alles Blut auslaufen. Dann führt man einen Heber von Oben nach Unten in die carotis ein, legt an den obern Theil der carotis und an beide Enden der Halsvene eine Ligatur, damit die Einſpritzungsfluͤſſigkeit nicht entweichen koͤnne, und führt dann die Einfprigung aus. Sobald man wahrnimmt, daß genug von der Fluͤſſigkeit einge— ſpritzt worden, nimmt man den Heber aus der carotis und unter— bindet auch dieſes Ende der Pulsader. Zwanzig Minuten darauf zieht man dem Thiere die Haut ab, bricht es auf und zerlegt es wie gewoͤhnlich, ohne daß man jedoch, wie bei'm früher gebräuchlis chen Einſalzen, noͤthig hat, die Knochen und das Fett zu beſeitigen. Durch die Einfprigung erhalten nur die Lungen ein unverän⸗ dertes Anſehen; man findet dieſelben welk und entfaͤrbt. Sobald das Thier zerlegt iſt, laͤßt man das Fleiſch bis zum vollſtaͤndigen Verkuͤhlen an der Luft liegen, wobei man nur zu ver: hindern hat, daß die Fliegen ihre Eier daran legen. Soll es ſich nicht ſehr lange halten, ſo iſt nun nichts weiter noͤthig, als daß man es an einen trocknen, luftigen Ort bringt. Andernfalls hat man noch zu verfahren, wie folgt. 1 71 1) Man wäſcht das Fleiſch in einer 10» haltenden Aufloͤſung von Natron⸗Chlorur und Aluminium» Chlorur, von beiden Salzen gleichviel. Der Hauptzweck dabei iſt, das Fleiſch von dem daran⸗ hängenden Blute und Jauche zu reinigen, und den Schleim hins wegzuſchaffen, welcher ſonſt in Faͤulniß übergehen koͤnnte. 2) Alsdann haͤngt man das Fleiſch auf und laͤßt es in einem warmen Luftſtrom oder in einem Schlot, durch welchen Rauch ſtreicht, trocken werden. Selbſt an der freien Luft kann dieß ge⸗ ſchehen, wenn man nur die Fliegen vom Fleiſche abhalten kann. Alsdann bringt man das abgetrocknete Fleiſch in feſt vers ſchloſſene Faͤſſer und ſtellt dieſe an einen trocknen Ort. Will man dieſes Verfahren (bei Fleiſch, wie man es von den Metzgern erhält) anwenden, fo muß man das Fleiſch in der Fluͤſ⸗ ſigkeit 24 Stunden lang maceriren laſſen. Soll das Fleiſch friſch bleiben, ſo ſtampft man es in Faͤſſer ein, wie dieß in den Poͤkelanſtalten fuͤr die Marine geſchieht, und gießt dann, zur Verhinderung des Schimmelns, eine gefättigte Auf⸗ löfung von Natrium -Chlorur oder gemeinem Kuͤchenſalz darüber. Herr Gannal empfiehlt, ſo praͤparirtes Fleiſch nur halb ſo lange kochen zu laſſen, wle friſches. Schließlich bemerkt der Verfaſſer, daß man allerdings bei der Anwendung feines Verfahrens im Großen nöthig finden dürfte, in mancher Beziehung Abänderungen eintreten zu laſſen. Herr Gannal hat 12 Hunde drei Monate lang mit ſo zu⸗ bereitetem Fleiſche gefüttert, auch andere dahin einſchlagende Ver⸗ ſuche angeſtellt, und glaubt ſich nach deren Reſultate berechtigt, zu verſichern, daß ſolches Fleiſch der Geſundheit durchaus zuträglich bei auch nicht den geringſten unangenehmen Geruch oder Geſchmack beſitze. Die 2 und 3 ſehr alten Proben von dem ſo eingeſalzenen Fleiſche zeigten nirgends eine Spur von Zerſetzung, und bei'm Auf⸗ ſchneiden derſelben konnte man ſich überzeugen, daß fie durch und durch wohl erhalten waren und durchaus keinen unangenehmen Ges ruch entwickelten. Die Gannal'ſche Arbeit iſt einer Commiſſion 72 Miscellen. „Einen fonderbaren Zug in der Lebens weiſe eines Fiſches hat Herr Schomburgk niedergeſchrieben. „Waͤhrend ich mich zu San Jaaquim, am Rio Bremeo, aufhielt, wurde ich Häufig durch die Eingebornen gewarnt, mich bei'm Baden vor einem klei nen Fiſche, Cancliru genannt, in Acht zu nehmen, von welchem ſie erzählten, daß er in die urethra und rectum eindringe, vorzüglich wenn Jemand, während er im Waſſer befindlich ſey, feine Noth⸗ durft verrichte; daß das Herausziehen dieſes kleinen Fiſches ſehr ſchwierig ſey, der daher gefaͤhrliche Entzuͤndung und ſelbſt Tod veranlaſſe. Obgleich ich dieſe Nachrichten nur von zuverlaͤſſigen Perſonen, gegen die ich kein Mißtrauen haben konnte, vernahm, ſo konnte ich doch Niemand ausfindig machen, der ein Augenzeuge eis nes fo ungewoͤhnlichen Ereigniſſes geweſen waͤre und ich fing an, ſeine Moͤglichkeit zu bezweifeln. Seit meiner Ruͤckkehr nach Eu⸗ ropa habe ich Spir und Martius Reife nach Braſilien gele- ſen, wo Bd. III. S. 956 angegeben iſt, daß eine aͤhnliche Sage in Para beſteht: und dieß iſt auf Autoritaͤt eines Augenzeugen, des Dr. Lacerda mitgetheilt. Der Fiſch wurde mir als einen halben Zoll lang beſchrieben, Spix und Martius halten ihn fuͤr eine Art von Ctopsis.“ In Beziehung auf die Vegetationsverhaͤltniſſe in Suͤdamerica meldet ein Schreiben des Herrn Bonpland an Herrn Alex. v. Humboldt, aus Montevideo, vom 30. Dec. 1840: „Die wenige Sicherheit, welche auf den Straßen herrſcht, die von Corrientes nach der Kuͤſte führen, hat mich verhindert, die neuen naturhiſtoriſchen Sammlungen mitzunehmen, welche ich für das Muſeum der Naturgeſchichte zu Paris beſtimmt habe. Ich habe Alles geſammelt, was nur die reiche Vegetation des öftlicyen Ufers des Uruguay darbietet. Sehr viel Uebereinſtimmung herrſcht zwiſchen den Pflanzen der Provinz Corrientes, von Entre Rios, der Banda oriental und von Paraguay: das letztere Land iſt je— doch das reichſte von allen.“ (Herr Bonpland beabſichtigt, wo moͤglich, noch eine wiſſenſchaftliche Spatzierreiſe in einem Lande an- zur Prüfung und Berichterſtattung uͤberwieſen worden. (Le zuſtellen, das er neun Jahre als Gefangener bewohnt hat und Temps, 23. Mars.) von dem er nur einen Punct, und zwar noch dazu einen beſchraͤnkten, r kennen gelernt hat u. ſ. w.) — . a cn tk an, n p Unterſuchungen uͤber angeborene Luxationen. Von Herrn Dr. J. Gué rin. I. Die angeborenen Luxationen find, wie der Klumpfuß, der torticollis, die Ruͤckgratsverkruͤmmungen, das Pro: duct einer activen Muskelretraction. Dieſe Theorie läßt ſich auf dieſelbe Weiſe beweiſen, wie der Urſprung anderer Gelenkdifformitaͤten, indem erſtens die Thatſa⸗ chen zum Beweis der entfernten Urſache, d. h. einer Affection des Nervenſyſtems, zweitens, die Exiſtenz der naͤchſten Urſache, einer activen Muskelretraction, drittens, das Verhaͤltniß der Nervenafe fection zur Muskelxetraction, und viertens endlich die Beziehung der Muskelretraction zu der Difformität, alſo zu der Luxation, nachgewieſen wird. Die Beobachtung gewiſſer Mißgeburten zeigt uns auf eine auffallende Weiſe die Vereinigung dieſer vier Thatſachen; man be⸗ merkt gleichzeitig materielle Verletzungen der Nervencentra, Con— traction ſämmtlicher oder der meiſten Muskeln und begleitende Luxalion; eine genaue Beziehung zwiſchen Sitz, Ausdehnung und Grad der Nervenverletzung und Sitz, Ausdehnung und Grad der Netraction und endlich gegenſeitige Webereinftimmung der Richtung, Ausdehnung und des Grades diefer Retractionen und der beglei— tenden Luxationen. 1) Ich habe ſchon mehrmals bei Mißgeburten eine partielle oder totale Zerſtoͤrung des Centralnervenſyſtems mit einer mehr oder minder allgemeinen Retraction des Muskelſyſtems und Des formation faſt aller Theile des Skelettes, beſonders der Gelenke, nachgewieſen. Aus meinen Praͤparaten und Zeichnungen ergeben ſich Falle, wo die Veränderung der Nervencentra oberflächlich und vorübergehend iſt, andere, wo ſie theilweiſe zerſtoͤrt finds jedes— mal zeigen ſich gleichzeitig Muskelretractionen und Luxationen. Bei Mißbildungen mit vollkommener Zerſtoͤrung des Centralnervenſy⸗ ſtems iſt Retraction des geſammten Muskelſyſtems damit verbunden; ſo iſt bei einem Anencephalus ein Zuruͤckweichen des Kopfes nach Hinten, ungewoͤhnliche Kruͤmmung des Ruͤckgrats und Luxation ſaͤmmtlicher Hauptgelenke in verſchiedenem Grade vorhanden. Die angeborenen Luxationen gehoͤren daher zu einer großen Familie von Difformitäten, welche alle einen gemeinſchaftlichen Urſprung haben; ſie koͤnnen alſo nicht iſolirt betrachtet werden. Die begleitenden anatomiſchen Verhaͤltniſſe bei dieſem Mangel des Nervencentralorgans und bei der Muskelverkuͤrzung beweiſen, daß die erſtere das Reſultat eines pathologiſchen Zuſtandes und nicht einer Bildungshemmung iſt, und daß die zweite keinesweges eine bloß paſſive Retraction genannt werden kann. Bei Unterſu— chung der Nervenorgane in jenen Fällen kann man immer erken⸗ 73 nen, daß der mangelnde Theil vorhanden war und wiederum all⸗ mällg zerſtoͤrt worden iſt. Zu dieſem Ende muß man freilich alle fortſchreitende Grade der Mißbildungen in's Auge faſſen. Dabei ſind aber die Muskeln nicht bloß in begraͤnzter phyſiologiſcher Contraction verkürzt, ſondern die Verkürzung beträgt bei Weitem mehr, als ſie durch bloße Muskelanſtrengung ſeyn koͤnnte. Man ‚findet die Muskeln nur von 1 oder 4 ihrer normalen Länge; dieſe im hoͤchſten Grade gefpannten Muskeln wirken aber auf die Knochen, an welche ſie ſich anfuͤgen, mit großer Kraft, und man findet an den letztern Abreißungen und ſelbſt Fracturen. Außerdem bemerkt man an dieſen Muskeln, entſprechend ihrer Umwandlung in fibrös ſes Gewebe, eine außerordentliche Härte, die ganz im Widerſpru⸗ che ſteht mit der Weichheit conſecutiv verkuͤrzter und in Fettmaſſe umgewandelter Muskeln. Die Allgemeinheit der Retraction, das bäufig- gleichzeitig und ſymmetriſche Auftreten derſelben in beiden Koͤrperheiten an denſelben Gelenken beweiſen uͤberdieß, daß die Re⸗ traction nicht eine conſecutive und von aͤußern localen Urſachen ab— bängige genannt werden kann. Das Vorhandenſeyn einer Krankheit des Nervenſyſtems und einer Muskelretraction find hiernach nicht zweifelhaft. Der Zus ſammenhang beider untereinander zeigt ſich durch die beſtaͤndige Uebereinſtimmung bei den verſchiedenen Graden und den verſchie— denen Stellen, an welchen ſie im Nervenſyſteme und Muskelſy⸗ ſteme vorkommen. Daß die Contractilitaͤt des Muskelſyſtems der Action des Nervenſyſtems untergeordnet iſt, gilt fuͤr pathologiſche Zuſtaͤnde ebenſowohl, wie für den phyſiologiſchen Zuſtand; alſo, wo irgend eine krampfhafte Muskelcontractur vorhanden iſt, da kann man auf eine Affection des Nervenſyſtems ſchließen. Findet man nun auch Uebereinſtimmung des Sitzes und Grades zwiſchen den Affectionen der beiden Organe, ſo iſt es unmoͤglich, einen Zu— ſammenhang zwiſchen beiden nicht anzunehmen. Bei meinen Prär paraten zeigt ſich, daß mit Mangel des untern Theils des Ruͤcken⸗ marks, die Luxationen auf die untern Gliedmaaßen beſchraͤnkt find; mit Mangel des obern Theiles zeigt ſie ſich auch an den obern Gliedmaaßen und bei Mangel einer Hirnhaͤlfte findet man die Luxationen an den Gliedmaaßen einer Koͤrperſeite. Ich habe eine vollſtaͤndige, all— mälig abnehmende Reihe der Luxationen, Subluxationen und Pfcu— dolux ationen welche durch Muskelretraction entſtehen, bekannt ges macht, wodurch das erwaͤhnte Princip feſtgeſtellt wird. Das Verhaͤltniß der Muskelretraction und der Luxation wird nachgewieſen dadurch, daß letztere in der Richtung der Muskelwir— kung ſtattſinden, und daß die Ausdehnung der Luxation immer dem Grade und der Vertheilungsweiſe der Retraction entſpricht. Um die Einwirkung eines aͤußern Druckes hierbei als bedeutungslos zu erkennen, braucht man nur daran zu denken, daß die meiſten die- fer Luxationen ſymmetriſch vorkommen, daß dieſelben ſehr häufig nicht in der Richtung der normalen Bewegung ſich ausbilden, und daß fie immer die Richtung der Muskelaction beſtimmter retrahir: ter Muskeln beibehalten, und daß endlich Luxationen, welche durch ſtarre Muskelſpannung unbeweglich werden, ſich nicht aus dem Stegreife zurückbringen laſſen. Da hierdurch das im Eingange aufgeſtellte Axiom factiſch nachgewieſen iſt, ſo ſchließen ſich die angebornen Luxationen in Hinſicht auf Aetiologie an die Ruͤckgratsverkruͤmmung, den Klump⸗ fuß und den ſchiefen Hals an. II. Alle Mißbildungen, welche in die Categorie der anges borenen Luxationen, Subluxationen und Pfeudoluratios nen gehoͤren, ſind ebenſo, wie die Varietaͤten anderer Gelenkdifformitaͤten, das Product der activen Muskel: retraction oder der paralytiſchen Contractur in verfchies dener Vertheilung und Combination in den fuͤr die Gelenke beſtimmten Muskeln. In ätiologiſcher Beziehung iſt es von Wichtigkeit, die anges bornen Luxationen ihren Varietäten nach zu unterſcheiden: in volle kommene Luxation, wobei die Gelenkflaͤchen ganz auseinandergewi⸗ chen find, ferner in Subluxationen, wo die Verſchiebung der Flaͤ⸗ chen beginnt oder unvollkommen geblieben iſt; endlich kann man beobachtet. 74 Pſeudoluxationen aufftellen, wenn durch irgend eine Difformität eine wahre Luxation ſimulirt wird. Bisjetzt hat man dieſen ver⸗ ſchiedenen Difformitäten verſchiedene Urſachen untergelegt; fie find je= doch nur als verſchiedene Grade und Varietäten derſelben Wire kung zu betrachten, theils dadurch, daß die Muskelretraction in verſchiedener Kraft und Ausdehnung ſtattfindet, theils dadurch daß fie in verſchiedenen Epochen des Foͤtuslebens eintritt. Pſeudoluxa⸗ tionen beſteben in permanenter abnormer Richtung der Glieder, weiche nicht mehr, wie die übrigen Varietäten, davon abhängt, daß die Muskelaction mehr oder weniger energiſch iſt, ſondern da— von, daß ſie ſich in Muskeln localiſirt, deren Verkuͤrzung eine Verſchiebung der Gelenkflaͤche nicht zu bewerkſtelligen vermag und ſich daher nur auf eine bleibende Stellung beſchraͤnkt, welche der phyſiologiſchen Richtung und Wirkung des Muskels entſpricht. Die Pfendolurationen find daher mit den Luxationen durch gemein⸗ ſchaftlichen Urſprung und einige Aehnlichkeit des Ausſehens ver— bunden, unterſcheiden ſich davon aber dadurch, daß die Verſchie— bung der Gelenkflaͤchen fehlt. Alle drei Arten der Difformitaͤten koͤnnen das Reſultat einer activen Retraction, einer Contractur und eines paralytiſchen Nach— laſſes ſeyn; bei den beiden erſten wirken die afficirten Muskeln, bei der dritten Urſache dagegen die Antagoniſten der krankhaft erſchlafften Muskeln. Die Kraft der Muskelwirkung variirt in allen Fällen je nach dem Grade der Reſiſtenz und nach der Rich⸗ tung der Gelenkflaͤche So ſieht man am Fuß- und Handgelenk, überhaupt an den Diarthrodialgelenken in Folge paralytiſcher Er: ſchlaffung durch die Antagoniſten vollkommene Luxation entſtehen, während fie im Huͤftgelenk gewohnlich nur Subluxation zu veran⸗ laſſen vermag. Es ergiebt ſich aus dem Bisherigen, daß angeborne Luxatio— nen, Subluxatlonen und Pſeudoluxationen, welches auch ihr Sitz und ihr Grad ſey, nur ein mehrfacher Ausdruck derſelben Urſache ſey, ebenſo, wie auch der Klumpfuß, der ſchiefe Hals und die Rüde gratsverkruͤmmungen nichts find, als verſchiedene Vertheilungen, Combinationen und Grade der activen Muskelretraction. III. Die angebornen Luxationen Eönnen nach einander oder gleichzeitig alle Gelenke des Skeletts betreffen. Dieß ergiebt ſich aus dem Verzeichniſſe der Fälle, welche mir vorgekommen ſind, obwohl ich dieſes Verzeichniß noch keineswegs als erſchoͤpfend betrachte; kennt man aber einmal die Urſache einer Thatſache, fo iſt es auch leicht, alle möglichen Combinationen vor⸗ a Die Beiſpiele, welche mir bis jetzt vorgekommen, ſind olgende: 10 1) Subluxation zwiſchen Hinterhaupt und Atlas; zwei Varirs täten A. Nach Hinten, eine übertriebene Beugung des Kopfes gegen die Vorderflaͤche des Halſes und der Bruſt, mit Beginn eines Ab⸗ glejtens der Condylen des Hinterhaupts auf den Gelenkflaͤchen des Atlas nach Hinten. Ich habe zwei Faͤlle bei Anencephalus, B. Nach Vorn. Vor einem Jahre kam mir ein Kind von un: gefahr 2 — 3 Monaten vor, welches davon ein merkwürdiges Bei⸗ fpfel gab Der Kopf war genau an dem hintern Theile des Hal: ſes und obern Theile des Ruͤckens angelehnt; es war wahrſcheinlich ein Ausweichen der Condylen nach Vorn, mit Verlängerung der Baͤnder, vorhanden. 2) Sublurationen in andern Gegenden der Wirbelſaͤule habe ich mehrmals beobachtet. Unter andern einen Fötus, an deſſen Wirbelfäule, außer einer Subluxation zwiſchen Hinterhaupt und Atlas, ſich eine Reihe wirklicher Flexionen in der Richtung von Vorn nach Hinten mit Ausweichen der Gelenkflaͤchen fand. 3) Vollkommene Luxation des Unterkiefers. Dieſe habe ich bei einem Anencephalus mit Defect des Ruͤckenmarks in der Halsgegend Die Spannung und Verkuͤrzung der herabziehenden Muskeln, fo wie der pterigoidei, contraſtirte auf eine eigenthuͤm⸗ liche Weiſe mit der Verlängerung und Verduͤnnung der tempora- les und Maſſeteren. 4) Luxatio sterno-clavicularis, drei Warietäten: A. Luxation nach Innen und Vorn, wobei die olavicula vor dem manubrium sterni liegt. Ich habe einen Gypsabguß von einem 75 achtjaͤhrigen Mädchen, welcher merkwürdig iſt durch die Hervor⸗ ragung beider Sternalenden der Schluͤſſelbeine. B. Nach Innen und Oben: Ich beobachtete die Verſchiebung des Sternalendes des Schluͤſſelbeines in dieſer Richtung bei den Bewegungen des entſprechenden Gliedes und bei den Contractionen des cleidomastoideus bei einem jungen Maͤdchen von 11 Jahren. O. Subluxation nach Hinten, beobachtet bei einer Mißgeburt, mit Verſchmelzung der untern Ertremitäten, wobei dieſe Varietaͤt auf beiden Seiten vorhanden war. D. Luxation des Acromialendes der clavicula nach Oben und Außen, fo daß dadurch die Haut über der fossa supraspinata in die Höhe gehoben wird, habe ich bei einem Zmonatlichen Foͤtus beobachtet. 5) Luxatio scapulo-humeralis, drei Varietaͤten. A. Gerade nach Unten, wobei der Kopf des Oberarms beinahe einen Zoll unter dem untern Rande der cavitas glenoidea ſtand, bei einem Knaben von 10 Jahren, von dem ich einen Gypsabguß bewahre. Dieſe Luxation entſtand durch vollkommene Paralyſe des deltoideus und der Mehrzahl der übrigen vom Schulterblatt zum Oberarme gehenden Muskeln und durch Verlaͤngerung der Kapſel durch die Schwere des Gliedes allein. Die linke Schulter deſſelben Knaben war auf gleiche Weiſe, jedoch etwas weniger, verbildet. B. Luxation des humerus nach Innen und Unten, auf der einen Seite complet, auf der andern Seite incomplet, bei demſelben Individuum. Der Kopf des Oberarms ruhte auf den Rippen; die Arme ſtanden in faſt horizontaler Abduction, in Folge der Retrac⸗ tion der deltoidei. O. Subluxation nach Oben und Außen, characteriſirt durch ein Ausweichen des Oberarmkopfes in der bezeichneten Richtung. Dieſe Ausweichung wird durch Zuruͤckſtehen des processus coracoi- deus und des acromion beguͤnſtigt. Ich habe dieſe Varietaͤt bei einem jungen Manne von 15 Jahren beobachtet, von dem ich einen Gypsabguß bewahre. Dieſelbe Subluxation findet ſich bei einer Mißgeburt mit Verſchmelzung der Beine. ) Subluxatio cubito-humeralis nach Hinten, characteriſirt durch Flexion des Vorderarms gegen den Oberarm nach Hinten und durch einen gewiſſen Grad von Aufſteigen des cubitus längs der hintern Flaͤche des humerus mit Hervorragung der Oberarmrolle in der Armbeuge. Ich habe davon zwei Gypsabguͤſſe, von einem Mädchen von 14 und einem Knaben von 13 Jahren, ſo wie zwei noch ſtaͤrkere bei einem Monſtrum mit verſchmolzenen Beinen. 7) Luxation des Koͤpfchens des radius nach Vorn und Oben, wobei der radius vor dem humerus gegen die fossa coronoidea des letztern in die Hoͤhe gleitet damit iſt nothwendig eine Diaſtaſe des Radio⸗Cubitalgelenkes und eine Pſeudoluxation des carpus verbunden. Im vorigen Jahre habe ich ein 7jaͤhriges Mädchen be- handelt, welches dieſe Difformitaͤt auf beiden Seiten hat. 8) Luxationen der Handwurzel vier Varietaͤten. K Nach Vorn, characteriſirt durch das Ausweichen des car- pus auf der vordern Flaͤche der Vorderarmknochen und durch den Eindruck auf der vordern und die Hervorragung auf der hintern Seite, bewirkt durch das untere Ende des radius und cubitus, Ich habe einen Gypsabguß von einem Emonatlichen Kinde mit bes trächtlicher Retraction der Extenſoren und Flexoren; außerdem habe ich noch zwei Beiſpiele bei Erwachſenen geſehen. B. Nach Hinten und Oben, mit Ausweichen des carpus auf der hintern Flaͤche der Vorderarmknochen; davon habe ich ein Beis ſpiel bei einem Kinde von 6 Jahren geſehen, wobei eine unvoll— kommene Paralyſe ſaͤmmtlicher Muskeln des Vorderarms und der Hand zugegen war. Dieſe Luxation war nicht permanent. Nach Hinten und Außen. Ausweichen des carpus hinter der hintern und äußern Flache des radius, bei einem 14jaͤhrigen Mädchen, welche in meiner Anſtalt behandelt wurde, und wovon ich den Gypsabguß beſitze. Auch hierbei war eine unvollkommene Pa: ralyſe mit Retraction einiger Muskeln zugegen. D. Pſeudoluxationen der Handwurzel. Dieſe habe ich nur nach der Seite und nach Innen geſehen, in Folge eines Mangels einer Verkürzung oder eines Zurückweichens des radius nach Oben. Die Handwurzel iſt dabei vollkommen abducirt; bisweilen liegt die Hand laͤngs des Radialrandes des Vorderarmes ausgeſtreckt und 76 ſteigt faſt parallel der Richtung des letztern nach Oben zuruͤck. Auffallende Beiſpiele davon beſitze ich bei einer Mißgeburt mit Mangel des radius; daſſelbe habe ich dreimal beobachtet. Vor Kurzem wurde mein Rath wegen eines neugebornen Kindes ver— langt, welches eine ſcheinbare Luxation der Handwurzel nach In— nen hatte. Der radius war vorhanden; er war aber kuͤrzer, als der cubitus. Auch gehoͤrt hierher die ſcheinbare Luxation der Hands wurzel bei dem ſchon angeführten Maͤdchen mit Luxation des ra- dius auf den humerus. 9) Luxationen des Beckens, zwei Varietaͤten. A. Luxatio sacro-iliaca nach Oben und Hinten. Die Fälle, welche ich hiervon beobachtet habe, beſtanden in einem einfachen Hin- und Hergleiten des Darmbeines auf dem Heiligenbeine in der angegebenen Richtung, in Begleitung angeborner Schenkelluxa— tionen oder bei Ruͤckgratsverkruͤmmungen. 5 B. Diaſtaſe der Schambeine in betraͤchtlichem Grade und be— gleitet von einem gewiſſen Grade des Auseinanderweichens der symphysis sacro- iliaca und ſelbſt begleitet von Umbeugung der Schambeine auf die aͤußere Flaͤche der Sitzbeine, bei einer Mißge— burt mit Mangel der Harnwerkzeuge. 10) Luxatio coxo-femoralis, fünf Varietaͤten. : A. Nach Oben und Außen; der Schenkelkopf liegt vollkomme über dem Rande der Pfanne in der fossa iliaca. Es iſt dieß die gewoͤhnlichſte Varietaͤt der angebornen Schenkelluxationen. Ich habe davon mehr als 50 Beiſpiele an Lebenden und an Leichen ge— ſehen. Dieſelbe Varietaͤt zeigt ſich an einem Foͤtus mit Verſchmel⸗ zung der Beine in meiner Sammlung, und das junge Mädchen, deſſen Operation nachher vorgenommen und beſchrieben werden ſoll, zeigt dieſelbe Varietaͤt. B. Luxation gerade nach Oben. Der Schenkelkopf ſitzt un⸗ mittelbar an der äußern Seite der spina anterior inferior ossis ilium, wie bei der ſchon erwähnten Mißgeburt mit Diaſtaſe der Schambeine. C. Luxation nach Vorn und Oben. Der Kopf des Ober— ſchenkels ruht auf der crista-ilio-peetinaea und bildet eine ſtarke Geſchwulſt in der Leiſte, ebenfalls bei der fo eben erwähnten Miß— eburt. 8 D. Subluxation nach Hinten und Oben, characteriſirt durch unvollkommenes Austreten des Schenkelkopfs, welcher den Rand der Pfanne nicht uͤberſchreitet. Häufig bei Neugebornen und bei denen zu beobachten, wo Muskelluxationen ſpontan nach der Geburt ent⸗ ſtehen. Dieß habe ich beobachtet bei einer Mißgeburt mit Mangel der Harnorgane, ſodann bei zwei jungen Leuten, die zugleich an mehreren andern Difformitaͤten litten, und endlich an einer Leiche einer 40jährigen Frau wovon ich das Präparat aufbewahre. E. Pſeudoluxationen des Schenkels, zwei Varietäten; a. ſimulirt eine Luxation nach Oben und Außen, z. B., an einem Praͤparate mit Zerſtoͤrung des Schenkelkopfs und Ausfuͤllung der Pfanne durch ein fibrocartilaginoͤſes Gewebe; ; b. ſimulirt eine Luxation nach Unten und Vorn. Abduction und leichte Beugung des Gliedes mit ſcheinbarer Verlängerung wegen einer Neigung des Beckens und Abduction des Schenkels. Durch das Gefuͤhl erkennt man, daß keine Lageveränderung des Schenkelkopfes ftattfindet, und daß die Beſchränkung gewiſſer Be⸗ wegungen von der Retraction des tensor fasciae latae und eini⸗ ger andern Muskeln abhängt. Ich habe Beiſpiele dieſer Difformi— tät bei einem dreijährigen und bei einem 14jaͤhrigen Mädchen geſehen. 11) Luxationen des Kniees, vier Varietaͤten. 8 5 A. Subluration nach Vorn, characteriſirt durch eine Flexion des Kniees nach Vorn und durch ein Ausweichen der condyli ti- biae auf denen des femur nach Vorn; die letztern ragen gegen die fossa poplitea hervor. Dieß zeigt ſich, z. B., bei einem Mon— ſtrum mit verſchmolzenen Beinen. Die Exkenſoren des Unterſchen— kels und sartorius und gracilis find ebenfalls Ertenforen geworden. B. Subluxation nach Hinten, mit leichter Drehung nach Außen in der Richtung des biceps, characteriſirt durch eine permanente Beugung des Unterſchenkels gegen den Oberſchenkel mit Zuruͤckbeu⸗ gung der condyli tibiae nach Hinten, während die des kemur nach Vorn uͤberragen. Ich habe davon einen Gypsabguß von einem Maͤdchen von 14 Jahren, welches ich behandelt habe. 77 C. Subluxation nach Innen und Hinten, mit Rotation des Unterſchenkels nach Innen. Ich habe ganz vor Kurzem ein zwei⸗ jaͤhriges Kind wegen dieſer Subluxation operirt. D. Luxation nach Hinten und Außen, mit Rotation in derſel⸗ ben Richtung. Das Knie ſcheint nach Innen auszuweichen; der ins nere condylus femoris ragt über den der tibia heraus, waͤhrend der äußere platt gedruckt iſt und von dem condylus tibiae übers ragt wird. Dieſe Difformitaͤt iſt ſehr häufig, tritt hauptſaͤchlich nach der Geburt auf, obwohl die Agentien, wodurch fie hervorge- bracht werden, ſchon während des Uterinlebens den erſten Impuls gegeben haben moͤgen. 12) Luxationen des Fußes mit ſehr zahlreichen und mannig⸗ altigen Varietäten. Dieſe Luxationen find ſelten vollſtaͤndig; fie ilden einen Theil der zuſammengeſetztern Difformitaͤt des Klump⸗ fußes, und ihre Richtung varlirt nach den verſchiedenen Formen des letztern. Ich will nur die Hauptvarietäten andeuten. A. Subluxation zwiſchen tibia und astragalus nach Vorn, Hinten, Außen oder Innen. B. Subluxation zwiſchen calcaneus und astragalus nach Außen oder Innen. C. Subluxation zwiſchen astragalus und os naviculare nach Außen, Innen, Oben oder Unten. D. Subluration zwiſchen calcaneus und os cuboideum. E. Subluxation zwiſchen Phalangen und Mittelfußknochen, in Folge einer übermäßigen Extenſion oder Flexion der großen Zehe, deren Gelenkflaͤche nach Oben oder Hinten oder ſeitlich ausweichen kann; davon giebt es ſehr viele Beiſpiele. Dieß ſind die verſchiedenen Difformitaͤten, welche man als luxatio congenita bezeichnet, und welche ich zu ſehen Gelegenheit gehabt habe. Was die Pſeudoluxationen betrifft, ſo habe ich deren ebenfalls eine ziemlich große Anzahl geſehen; aber es iſt nicht ſo leicht, ſie in eine Ordnung zu bringen, da die Formen und Elemente derſel⸗ ben unendliche Varietäten geſtatten. Uebrigens habe ich fie nie allein, ſondern immer in Gemeinſchaft mit andern Difformitaͤten und beſonders mit Luxationen geſehen. Unter andern wurde ich einmal zu einem Kinde gerufen, bei welchem der rechte Schenkel ſtark gegen das Becken gebeugt und in die Abduction gebracht war. Mehrere Wundaͤrzte hatten eine Luxation des Schenkels nach Unten und Vorn diagnoſticirt, und ich ſelbſt konnte mich erſt durch eine genauere Unterſuchung uͤberzeugen, daß bloß eine Retraction des tensor fasciae, glutaeus minimus, sartorius und rectus femoris vorhanden war. Die Durchſchneidung dieſer Muskeln geſtattete die Streckung des Gliedes. Indem ich die weſentliche Aetiologie der angebornen Luxatio— nen ganz auf Muskelretraction zurücdführe, fo muß ich mich noch uͤber die mir vorgelegte Frage erklaͤren, ob ich nicht auch andere Urſachen zugebe. Ich gebe in der That zu, daß, jedoch ganz aus⸗ nahmsweiſe, noch im Uterus unter der Einwirkung irgend eines Krankheitsproceſſes, materielle Veränderungen der Gelenktheile vor— kommen koͤnnen, welche ein Auseinanderweichen der Gelenkflaͤchen Be auf dieſelbe Weiſe, wie Krankheiten der Fußgelenke durch eränderung der Gelenkflaͤchen zu eigenthuͤmlichen Difformitäten führen; aber die Charactere dieſer Difformitäten und die der zur faͤlligen Veraͤnderungen der Gelenke, welche man zu den Luxationen rechnen koͤnnte, unterſcheiden ſich vollkommen von dem Klumpfuße und der wahren luxatio congenita; z. B. habe ich ein Praͤparat einer Luxation im Huͤftgelenk, wobei das Ausſehen einer Luxation des Schenkels auf das Becken vorhanden iſt; die das Gelenk ums gebenden Muskeln find jedoch kaum auf eine paſſive Weiſe vers kuͤrzt. Dringt man nun in das Gelenk ein, fo ſieht man, daß ein Theil der Höhle fehlt und von einem ſibro⸗cartilaginoͤſen Gewebe ausgefüllt iſt, daß der Schenkelkopf theilweiſe zerftört war und die Charactere dieſer Zerftörung ſich von denen conſecutiver Deforma— tionen bei wahrer luxatio congenita durchaus unterſcheiden. Es iſt alfo eine Gelenkkrankheit vorhanden. Man mag nun aber, wenn es fo beliebt, dieſer und ähnlichen Difformitaͤten den Namen Luxa⸗ tionen geben, ſo bilden ſie doch immer eine beſondere Claſſe, welche nur eine oberflächliche Aehnlichkeit mit den Luxationen durch Muss kelcontraction hat. 78 IV. Verlauf und Entwickelung der angebornen Luxationen ſind denſelben unterſtuͤtzenden und ergaͤnzenden Urſachen unterworfen, wie der Klumpfuß und die Ruͤckgratsver⸗ kruͤmmung, d. h., dem Stillſtande der Entwickelung der retrahirten Muskeln, der phyſiologiſchen Contraction und der verticalen Einwirkung der Schwere. Die beiden erften Categorien der Difformitäten, welche wir ans genommen haben, ſind nicht abſolut von einander unterſchieden: es find nur zwei verſchiedene Grade derſelben Difformität. Es iſt fo: gar ſelten, daß eine Luxation unmittelbar vollkommen iſt, bloß durch die Wirkung der activen Muskelretraction. Es giebt indeß Bei⸗ ſpiele, welche jedoch von zwei Hauptbedingungen abhängen: 1) eine ſehr energiſche Retraction ſaͤmmtlicher oder der meiſten Muskeln, welche dem in feiner Lage veränderten Gelenk angehoͤ⸗ ren, was wiederum ein tiefes Leiden des Nervenſyſtems vorausſetzt, und 2) die Entſtehung in einer noch frühen Zeit des Uteruslebens, wie ſich dieß in der That aus meiner Sammlung ergiebt. Abgeſe⸗ hen von dieſen Bedingungen iſt es aber anders. Die Gelenkflächen erleiden zuerſt, in verſchiedener und von der Intenſitaͤt und Dauer der Retraction abhaͤngiger Geſchwindigkeit eine Lageveraͤnderung, welche während des Foͤtuslebens gewoͤhnlich das Verhältniß einer Subluxation nicht uͤberſchreitet; erſt ſpaͤter unter dem Einfluſſe er: gaͤnzender Urſachen und ganz allmaͤlig ſteigert ſich dieſelbe zu einer vollkommenen Luxation. Dieſe Bemerkungen finden ihre Anwendung ebenfalls auf die Pſeudoluxationen, welche man wenigſtens im ſtaͤrkeren Grade erſt gegen die Zeit der Geburt antrifft, und welche meiſtens ſogar erſt mehr oder minder lang nach der Geburt ganz deutlich werden. Aber durch welche Einflüffe wandeln ſich die Sublurationen in Luxationen um, und wodurch gelangen die Pſeudoluxationen ſo weit, daß fie wahre Verrenkungen ſimuliren? Unter denſelben acceſſori⸗ ſchen Einfluͤſſen, welche bei'm Verlauf und bei der Entwickelung des Klumpfußes, des ſchiefen Halſes und der Ruͤckgratsverkruͤmmun⸗ gen eigenthuͤmliche Modificationen veranlaſſen, welche mehr oder weniger die fpecififchen Wirkungen der weſentlichen Urſache come pliciven. Ich meine hierbei die Mitwirkung 1) von der Ent⸗ wickelungshemmung der Muskeln in Folge ihrer Retractionz 2) die phyſiologiſche Contraction; 3) die verticale Action der Schwere. Wir wiſſen, in der That, daß unter dem Einfluſſe dieſer drei Be— dingungen die genannten Difformitäten ſehr beträchtlich zunehmen, und daß ihre anatomiſchen Beſtandtheile ſogar ſecundaͤre Verände— rungen erleiden, welche die Schwierigkeiten der Einrichtung ſteigern und dieſe ſogar unmoͤglich machen, ſelbſt nach der Durchſchneidung der Muskeln. Daſſelbe gilt fuͤr die angebornen Luxationen. 1) Während des Intrauterinlebens find die angebornen Ver: renkungen gewoͤhnlich nur Subluxationenz entwickeln ſich im Ex⸗ trauterinleben bei'm Wachſen des Individuums die retrahirten Mus⸗ keln und die Knochen in gleichem Verhaͤltniſſe, ſo wuͤrde, abgeſehen von anderen Einwirkungen, das Verhaͤltniß der Gelenkflaͤchen keine neue Veränderung erleiden. Die erſte Wirkung der activen Retraction iſt nun aber gerade eine Hemmung der Entwickelung der Muskeln, welche dieſelbe angehen. Daher rührt ein Mifverhältniß der Länge zwiſchen den Muskeln und den zwiſchen den Anfägen befindlichen Knochentheilen, welches allmälig zunehmen muß; da nun die Kno⸗ chen bereits nicht mehr in normaler Verbindung ſtehen, ſo gleiten fie um ſo beträchtlicher über einander hin, und zwar genau in dem Grade des Mißverhältniſſes zwiſchen ihrer Laͤnge und der Länge der Muskelſtraͤnge. Die Einwirkung der Entwickelungshemmung der Muskeln auf den Verlauf der Luxationen und Sublurationen muß je nach den Gelenken variiren, an welchen die Luxation ſtattfindet. Wenn eine Subluxation in einem Gelenke ſtattfindet, deſſen Be⸗ feſtigungsmittel und Knochenformen ſich der Verſchiebung beträchts lich widerſetzen, fo werden die Knochenenden, anſtatt parallel über: einander zu gleiten, ſich in der Richtung der retrahirten Muskeln gegen einander beugen und ſo ihre Inſertionspuncte einander nä⸗ bern, wie, z. B., bei den ſeittichen Gublurationen des Kniegelenks; am Huͤftgelenke dagegen ſteigt der Schenkelkopf, ſobald er einmal den Rand der Pfanne erreicht hat, entſprechend der Straffheit der 79 Geſaͤßmuskeln in die fossa iliaca herauf. Dieſelben Bemerkungen paſſen auch auf die Pſeudoluxationen. 2) Der Einfluß der phyſiologiſchen Contraction auf eine voll⸗ ftändige Lagerung der Gelenkflaͤchen iſt nicht minder klar und ſicher. Da ſchon die erſte Luxation Folge der erſten Muskelwir— kung iſt, ſo wird natuͤrlich jede neue Contraction der retrahirten Muskeln in derſelben Richtung wirken und die Verſchiebung vers mehren. Dabei werden die Verhaͤltniſſe und Inſertionswinkel der Muskeln zu den aus der Lage geruͤckten Hebeln ebenſo wie bei dem Klumpfuße, dem Spitzfuße veraͤndert, und ſo kann es kommen, daß Extenſoren oder Flexoren die Einwirkung von Adductoren erlangen, welche alsdann zu der Kraft der normalen Adductoren hinzukom— men und die Difformitaͤt in immer neuer Weiſe ſteigern; z. B. bei einer angebornen Schenkelluxation nach Oben und Außen ſtreben alle Muskeln an der innern Seite des Schenkels fortwaͤhrend, die Verrenkung in verticaler Richtung zu vermehren, da die Reſiſtenz am obern Ende aufgehoͤrt hat und uͤberdieß die Inſertionswinkel ſich vergroͤßert haben. 3) endlich ſtrebt die verticale Wirkung der Schwere unablaͤſ— ſig, eine Vermehrung der urſpruͤnglichen Verrenkung, namentlich an den untern Ertremitäten, zu veranlaſſen; z. B., bei einer Wen⸗ dung des astragalus nach Außen, wobei der Fuß auf dem äußern Rande ruht, wirkt die Schwere ſchraͤg auf die Richtung der Ge— lenkflaͤche des astragalus und wirkt natürli immer auf eine Ver: ſtaͤrkung der Lageveraͤnderung dieſes Knochens hin. Bei der ange— bornen Schenkelluxation nach Oben und Außen, welche faft immer auf beiden Seiten ſtattfindet, drängt die Koͤrperſchwere das Becken, wie einen Keil, zwiſchen die beiden Schenkelkoͤpfe, und deswegen iſt auch dieſe Luxation diejenige, welche am leichteſten vollftändig wirkt, wodurch die Luxation verſtaͤrkt und gleichzeitig in Form und Richtung modificirt wird. Ebenſo verhält es ſich bei den übrigen Difformitaͤten derſelben Categorie. Die Zeit, in welcher ſo verſchiedene Veraͤnderungen bei dieſen Krankheiten eintreten und den hoͤchſten Grad erreichen, iſt nicht zu beſtimmen; indeß kann man behaupten, daß die Schenkel⸗ luxation, welche bei vielen Schriftſtellern die ganze Geſammtheit der angebornen Luxationen darſtellt, ſelten vor 3 oder 4 Jahren vollkommen iſt. Dieſer Umftand hat einige Wundaͤrzte zu dem Irrthume gefuͤhrt, als ſeyen dieſe Luxationen niemals angeboren, ſondern entwickelten ſich immer erſt in Folge beſtimmter Urſachen. (Schluß folgt.) Miscellen. Die Auflöfung der Harnſteine durch alkaliſche Mittel, welche in Frankreich in den letzten Jahren ſehr viel ver— ſucht worden iſt, wird von Leroy d'Etiolles ſehr unguͤnſtig beurtheilt, indem er ſagt, daß ſowohl die chemiſche Theorie als die Verſuche mittelſt Einlegen von Steinen in die Fluͤſſigkeit und die Anwendung bei'm Lebenden der Auftöfung entgegen find. Die Hälfte aller Steine find überhaupt in Alkalien unloslich; die andere Hälfte beſteht aus Harnfäure, welche durch Verbindung mit doppelt kohlenſaurem Natron nicht, wie man annimmt, ein ſaures, ſondern ein neutrales Urat bildet, welches ebenſo wenig loͤslich iſt, als die Harnfäure ſelbſt. Was die Verſuche mittelſt Einlegen von Stei« nen betrifft, fo haben dieſelben gezeigt, daß Stuͤcke von Harnſtei⸗ nen 40 Tage lang in dem Waſſer von Vichy liegen koͤnnen, ohne 80 zerſtoͤrt zu werden. Die Anwendung dieſes Waſſers bei Steinkran⸗ ken ergab folgende Reſultate: Einige unterlagen organiſchen Krank— heiten, welche ducch den Stein bewirkt wurden; andere erfuhren keine Erleichterung und unterwarfen ſich der Lithotritie oder dem Steinſchnitte; und die gluͤcklichſten ſind nach dreijaͤhrigem Gebrauche noch nicht geheilt. Da die Getränke und Baͤder nicht die zur Auf- loͤſung des Steins hinreichende Quantität Alkali in die Blaſe fuͤh— ren, fo mußte man auf die fortdauernden Beſpuͤlungen mittelſt des doppelroͤhrigen Catheters kommen. Dieß hat Leroy bei mehreren Kranken verſucht. 225 Litres Waſſer, welches 5 Kilogrammes Bicarbonat des Natron aufgeloͤſ't enthielten, gingen durch die Blafe durch, ohne daß der Stein das Mindeſte von ſeinem Umfange verloren hätte; bloß das Gewicht hatte ein Wenig abgenommen. Durch Experi⸗ mente von Pelouze iſt nachgewieſen, daß es nicht anders ſeyn kann. Die Frage, ob die alkaliſche Behandlung, wenn ſie unwirkſam ſey, wenigſtens auch unſchaͤdlich genannt werden koͤnne, wird von Le— roy verneint. Mehrere Perſonen, unter Andern zwei ausgezeich⸗ nete Mitglieder der Académie de médecine, haben geſehen, wie ſich Steine in ihrer Blaſe entwickelten, wenn auch nicht in Folge des Gebrauchs von Alkalien, doch wenigſtens während deſſelben; Leroy hat ſich durch Lithotritie befreit. Bei Andern ſchien die Behand⸗ lung die Ablagerung erdiger Phosphate und die Vergroͤßerung des Steines zu beguͤnſtigen. Was den rothen Gries betrifft, ſo be— trachtet Leroy die Alkalien dabei als in vielen Faͤllen, jedoch nicht immer nuͤtzlich. Er wirft die Frage auf, wie es komme, daß manche Perſonen, welche weder Gries, noch Steine 10 Monate lang von ſich geben, dieß während der 2 Monate, in welchen fie die alkali⸗ ſchen Waſſer gebrauchen, reichlich thun. Leroy ſagt ſchließlich, daß es zwar zu bedauern ſey, die Erfüllung einer fo oft wieder gehobenen Hoffnung auf's Neue hinausgeſchoben zu ſehen, daß aber das ſicherſte Mittel zur Erfüllung darin beſtehe, nachzuweiſen, daß die Aufgabe noch nicht gelöf’t ſey, und daß man im Nachforſchen nicht nachlaſſen dürfe. Ein Fall, wo wegen Neuralgie ein Theil einer Rippe exſtirpirt worden, iſt von Dr. E. H. Dixon im New York Journal of Medicine, July 1839 bekanntgemacht worden. Johanna Bailey, 30 Jahr alt, wurde aus dem Wagen geſchleudert und etwa eine halbe Stunde weit geſchleift. Sie wurde bewußts los aufgehoben, und obgleich tuͤchtig gequetſcht, blieb doch keine Verletzung zuruͤck. Doch klagte ſie uͤber ſtechenden Schmerz uͤber dem vordern oder Sternalende der zehnten Rippe, welcher durch ge— woͤhnliche Behandlung nicht gehoben wurde; und nach einigen Wo— chen wurde dieſer Punct der Sitz einer kleinen ungleichen Hervorra— gung, und der Schmerz blieb beſtaͤndig und ſehr heftig. Sie wurde mehrmals aefchröpft; aber nach zweijährigen Leiden entſchloß fie ſich, eher jeder Operation ſich zu unterwerfen, als den Schmerz laͤnger zu ertragen. Sie war in der letzten Zeit ſehr mager geworden und mit einem jezuweiligen trocknen Huſten geplagt und fortwaͤh— render Schlafloſigkeit. Der Schmerz ließ zuweilen einige Stunden nach, kehrte aber dann mit verſtaͤrkter Heftigkeit zurüd. — In Folge einer Conſultation wurde beſchloſſen, die vorragenden Theile der Rippe wegzunehmen. Dieß that Herr Dixon mit Vorſicht und nahm mit ſorgfaͤltigem Praͤpariren etwa zwei Zoll der Rippe weg, ohne den Pleuraſack zu oͤffnen. Der Knorpel war an dem uͤberragenden Sternalende nicht angegriffen gefunden. Kein uͤbler Zufall ſtellte ſich ein; die Wunde heilte binnen einer Woche; und die Perſon iſt wieder geſund und ſtark geworden. Bibliographische Iconographie vegetale ou Organisation des Végétaux illustrée aux moyens de figures analytiques. Par P. J. F. Turpin; avec un texte explicatif raisonné et une notice biographique sur M. Turpin. Par M. A. Richard, 1. Livraison. Paris 1841. 8. (Es werden 15 Lieferungen.) On the chemical and botanical Properties of Secale cornutum. By T. H. Wardleworth. London 1841. 12. Neuigkeiten. Discourses on the Enlarged and Pendulous Belly, showing it to be a Visceral Affectien, and attended with many important con- sequences in the human Economy with observations on Diet. By Richard Franknea. London 1841. 12. Essay sur la methode souscutande, comprenant deux mémoires sur les plaies souscutandes en général et sur les plaies sous-cutandes des articulations; pr6cddes d'une introduction historique sur l’origine et la constitution de cette méthode. Par le Docteur Jules Gudrin. Paris 1841. 8. ——— — . —ͤ— . — HMeue Uoti ein aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem ObersMedieinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin, No. 380. (Nr. 6. des XVIII. Bandes.) April 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Tylr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. arne Ueber Chylus und Lymphe. Von G. O. Rees. Chylus und Lymphe ſind zu verſchiedenen Zeiten Ge: genſtaͤnde der Unterſuchung fuͤr viele Phyſiologen und Che— miker geweſen, und in den durch ihre Unterſuchung erlangten Reſultaten ſind betraͤchtliche Abweichungen wahrzunehmen ge— weſen. Selbſt die Urſache der Farbe des Chylus iſt noch ein Gegenſtand des Zweifels, und beruͤhmte Beobachter diffe⸗ tiven darüber. Das große Intereſſe, welches dieſer Gegenſtand hat, veranlaßte mich, das Anerbieten meines talentreichen Freundes Lane anzunehmen, welcher mit mir gemeinſchaft— lich eine vollſtaͤndige Analyſe des Chylus und der Lymphe veranſtalten wollte, die von einem und demſelben Thiere un— mittelbar nach dem Tode entnommen wären, um fo eine volls ſtaͤndigere Vergleichung beider Fluͤſſigkeiten zu erlangen, als man ſie, meines Wiſſens, bis jetzt vorgenommen hat, und welche doch von großer Wichtigkeit zu ſeyn ſcheint. Um 5 Uhr Morgens wurde ein junger Eſel mit Boh— nen und Hafer gefuͤttert, wovon er tuͤchtig fraß, und um Mittag wurde er durch einen Schlag vor den Kopf getoͤdtet. Chylus und Lymphe wurden alſogleich und mit gewandter Hand durch Herrn Lane erlangt, erſterer aus den Milchge— fäßen, die von den Milchdruͤſen zu dem ductus thoraci- cus gehen, und die letztere aus den Lymphgefaͤßen der hin— tern Extremitaͤt. Ich ſchritt nun unmittelbar darauf zu einer ſorgfaͤlti⸗ gen Analyſe der Flüffigkeiten und bediente mich dabei immer ge⸗ nau derſelben Methode, damit die Vergleichung, welche ich anzuſtellen wuͤnſchte, fo vollſtaͤndig, als möglich, ſeyn möge. Bevor ich dieſe Analyſen erwaͤhne, will ich zunaͤchſt ei— nige Beobachtungen mittheilen, welche an einer Portion Chylus in der Abſicht gemacht wurden, um diejenigen Qua— litaͤten zu beſtimmen, welche in dem Fortſchreiten eines ana— lytiſchen Proceſſes nicht ſo gut aufgefunden werden. Fol— 7 0 war die Wirkung der Reagentien auf die Fluͤſſig⸗ eiten. 1) Eſſigſaͤure machte den Chylus durchſichtiger. No. 1480. FR m» de. 2) Farbige Probe- Papiere zeigten einen neutralen Zu— and. J 3) Salpeterſaͤure verurſachte eine ſtarke Coagulirung. 4) Die ſpecifiſche Schwere der Fluͤſſigkeit war 10.12 (hier war die Fluͤſſigkeit aus dem duct. thorac. ents nommen). 5) Kochen bewirkte eine feſte Coagulirung. 6) Starke Eſſigſaͤure machte durch Kochen bewirkte geronnene Maffe völlig durchſichtig, und wenn Waſſer zuge— ſetzt wurde, erfolgte eine partielle Aufloͤſung. Die Analyſe der auf eben beſchriebene Weiſe erlangten Quantitaͤten gab folgende Reſultate: Chylus. Lymphe. — — — Waſſer . . 98 . 90.237 96.536 Eiweißſtoff . 8 . . n 3 3.516 1.200 Faſerſtoff . . 2 — . . 0.370 0.120 Thieriſcher Extractivſtoff, in Waſſer und Alcohol aufloͤslich A 5 0.332 0.240 1.319 Thieriſcher Extractivſtoff, nur in Waſſer loͤslich 1.233 Fettſubſtanz 8 - 5 5 z 23.601 eine Spur Salze, alkaliſche Chloride, Sulphate und Gars bonate mit Spuren von alkaliſchen Phos» phaten, Eiſenoxyd . . 0.711 0.585 100.000 100.000 Die eiweißartige Subſtanz des Chylus, wie fie in dieſer Analyſe abgeſchaͤtzt iſt, war von einer todtweißen Farbe, welches wahrſcheinlich von der Beimiſchung einer ei— genthuͤmlichen, weiter unten beſchriebenen Subſtanz herruͤhrte. Der Eiweißſtoff der Lymphe zeigte keine Eigenthuͤmlichkeit; beide Arten gaben durch Einaͤſcherung ein erdiges Phos— phat; das von dem Chylus war mit einer betraͤchtlichen Proportion von Eifenoryd gemiſcht. Die Faſerſtoffſubſtanz vom Chylus und von der Lym⸗ phe reagirte chemiſch als Eiweißſtoff. In den mit Waſſer oder mit Alcohol aus den Flüf- ſigkeiten erhaltenen Extractivſtoffen zeigte ſich kein auffallen⸗ der Unterſchied. Die fettigen Subſtanzen waren Elain und Stearin und hinterließen durch Einaͤſcherung kelne wahrnehmbare Quantität von Aſche. 6 85 Das Ganze des in der Analyſe erwähnten alkaliſchen Carbonats wurde aus dem mit Alcohol erhaltenen Extractiv— ſtoffe erlangt, eine betraͤchtliche Proportion von milchſaurem Natron andeutend. — Die Anweſenheit von Eiſen in dem in Waſſer loslichen Extractivſtoffe iſt intereſſant und macht es zum Gegenſtande weiterer Erwägung, ob dieſe Verſchie— denheit in dem Vorhandenſeyn von Eiſen in dieſen Analyſen nicht einigermaßen mit der Abweſenheit der rothfaͤrbenden Subſtanz des Blutes in Verbindung ſteht. Ich habe angegeben, daß die Eiweißſubſtanz des Chy— lus eine Subſtanz beigemiſcht enthalten habe, welche ihr eine todtweiße Farbe gab. Dieſe iſt in der mitgetheilten Ana— lyſe mit dem Eiweiße verbunden abgeſchaͤtzt; ſie kann aber auch folgendermaßen abgetrennt dargeſtellt werden. Wenn Chylus mit Aether agitirt wird, ſo trennt ſich die Miſchung bald in drei verſchiedene Portionen; — die untere, eine klare, ſeroͤſe Flüffigkeit, die obere eine Aufloͤſung von fettiger Subſtanz, und die mittlere Portion eine Schicht von perlweißer ſchleimiger Subſtanz, die in Aether unauf— loͤslich iſt und, dem Anſcheine nach, ihre Abſcheidung aus dem Chylus der durch den Aether bewirkten Entziehung der Fette verdankt, da ſie von reinem Chylus durch bloßes Ruhen der Fluͤſſigkeit nicht ſich abtrennt; wenigſtens nicht eher, als bis Zerſetzung eintritt, wo ſie zu Boden faͤllt und durch Decanta— tion des oberhalb ſchwimmenden Serum geſammelt wer— den kann. Nachdem ich etwas von dieſer Subſtanz Behufs der Unterſuchung geſammelt hatte, fand ich, daß ſie folgender— maaßen reagire: Sie war unaufloͤslich in Alcohol, ſowohl in warmem, als kaltem, unloslich in Aether, miſchbar mit Waſſer und aufloͤslich in liquor Potassae. Nachdem fie auf einem Platinablech getrocknet war, machte hinzugebrachtes Waſſer fie breiig, und fie wurde immer noch mit dieſer Fluͤſſigkeit miſchbar gefunden, von welcher ſie ſich aber durch Zuſatz von eſſigſaurem Blei in Flocken trennte. Dieſe Eigenſchaften, in Verbindung mit ihren phyſiſchen Characteren, zeigten alſo— bald, daß ſie mit Schleim verwandt war, und nach einigen von mir angeſtellten vergleichenden Experimenten ſcheint ſie dem aus dem Speichel erhaltenen ſchleimartigen Stoffe zu gleichen. Ich kann hinzufuͤgen, daß dieſe von dem Chy— lus erhaltene Subſtanz waͤhrend des Trocknens genau den— ſelben Geruch verbreitet, wie Speichel, der demſelben Proceß unterworfen wird. Es iſt wahrſcheinlich, daß die weiße milchige Farbe des Chylus zum großen Theile von dem Ueberfluſſe an dieſer Subſtanz abhängt und nicht allein von dem Fette, wie Tiedemann und Gmelin angeben. Uns bezweifelt beſtaͤrken die Reſultate dieſer chemiſchen Unterſu— chung ſehr die Beobachtung Muͤller's. Da in den von verſchiedenen Schriftſtellern gegebenen Beſchreibungen von Speichelſchleim und Speichelſubſtanz bedeutende Abweichungen vorkommen, ſo halte ich fuͤr's Be— ſte, anzugeben, daß ich dieſe von dem Chylus durch Agita— tion mit Aether erhaltene Subſtanz mit einer thieriſchen Subſtanz vergleiche, welche von dem Speichel durch eine aͤhn— liche Operation erhalten werden kann. So wird, wenn Spei⸗ 84 chel oder Chylus mit Aether agitirt wird, die Fluͤſſigkeit in drei Schichten getrennt: die obere iſt, wenn Speichel behan— delt wird, faſt reiner Aether, waͤhrend ſie bei Behandlung des Chylus fettige Subſtanz enthält; die untere Schicht bes ſteht, in beiden Faͤllen, aus den Hauptbeſtandtheilen jeder Fluͤſſigkeit; die mittlere oder dazwiſchen befindliche Schicht beſteht aus einer thieriſchen Subſtanz, welche in Aether un— aufloͤslich iſt und auf der Oberflaͤche der unterſten Schicht ſchwimmt, und welche ich als ein und daſſelbe thieriſche Princip und als einen Beſtandtheil Beider, ſowohl des Chy— lus, als des Speichels, betrachte. Wenn dieſe Analyſen des Chylus und der Lymphe verglichen werden, ſo wird man Gelegenheit haben, ausfindig zu machen, welche Theile des Blutes es ſind, die am haͤufigſten erneuert werden muͤſſen, oder, um es anders auszudruͤcken, welche Theile des Bluts am reichlichſten in den Capillargefaͤßen, Behufs der Abſonde— rung oder des Wachsthums, conſumirt werden, da der Chylus die immer von Neuem dem Organismus dargebotene Nahrung, und die Lymphe derjenige Theil des Blutes iſt, welcher die Beimiſchung anderer Stoffe verlangt, ehe ſie der Ernaͤhrung wieder vorſtehen kann. Wir beobachten, daß das Waſſer des Chylus in Pro— portion übertroffen wird durch das der Lymphe und der Ab— gang ſolider Subſtanz in letzterer hauptſaͤchlich durch einen Mangel an Eiweiß, Faſerſtoff und fettiger Subſtanz erklaͤrt wird, wo der Verluſt in der letztern bei Weitem der groͤßte iſt. Der mit Alcohol zu loͤſende Extractivſtoff wird in der Nutrition des Koͤrpers bedeutend in Anſpruch genommen, da— gegen der in Waſſer loͤsliche Extractivſtoff wenig oder gar kei— nen Antheil an dieſen Proceſſen zu nehmen ſcheint. Die Salze ſind in der Lymphe bedeutend geringer. Die große Quantitaͤt fettiger Subſtanz, deren Bildung nothwen— dig zu ſeyn ſcheint, um den Ernaͤhrungsproceß zu unterhal— ten, muß nothwendig in Verwunderung ſetzen und zwingt uns zu dem Schluſſe, daß auf irgend eine Weiſe eine Ver— aͤnderung, durch eine Verſetzung letzter Elemente, in dem bei Weitem groͤßern Theile derſelben vorgehen muß, ehe ſie als ernaͤhrende Subſtanz dienen kann; denn Fett iſt nicht der auf's Reichlichſte durch die Abſonderungsgefaͤße abgeſetzte Stoff und exiſtirt in der That in dem Blute nur in kleinen Quan— titäten, wenn man fie mit dem Faſerſtoff und Eiweißſtoff der Fluͤſſigkeit vergleicht. Die Veraͤnderung eines fettigen oder hydrocarbonoͤſen Körpers in einem Koͤrper, welcher dem Eiweiße gleicht, kann nur bewirkt werden durch das Hinzutreten von Sauerſtoff und Salpeterſtoff; und wenn eine ſolche Umwandlung wirk— lich eintritt, welches mehr als wahrſcheinlich iſt, ſo wird es ein Gegenſtand von großem Intereſſe, zu unterſuchen, wie weit die Reſpiration bei dieſer Operation betheiligt iſt. Es iſt außer: ordentlich unwahrſcheinlich, daß chemiſche Analyſe jemals einen Unterſchied zwiſchen dem Blute der rechten Herzkammern, welches nur ſehr allmaͤlig den Chylus erhaͤlt und dem der Venen, bevor die Beimiſchung des Inhalts des ductus tho- racicus erfolgt iſt, follte nachweiſen koͤnnen, — unſere Huͤlfs— mittel zur Analyſe find dazu nicht delicat genug, — ohngeachtet 85 es unmöglich ſcheint, daß nicht wirklich einiger weſentlicher Un— terſchied exiſtiren ſollte. Es entſteht nun die Frage, beobachten wir waͤhrend der Reſpiration irgend eine Thaͤtigkeit, welche dazu dienen koͤnnte, das Blut, welches von dem rechten Ven— trikel nach den Lungen geſendet wird, von einem hydrocar— bonöfen Ingredienz zu befreien? Die widerſprechenden An— gaben verſchiedener Schriftſteller uͤber Reſpiration und die ſonderbare Verſchiedenheit der Reſultate, nicht allein in Be— zug auf die exſpirirte Kohlenfäure, ſondern auch in Bezug auf die Exiſtenz oder Nichteriftenz dieſer Säure in venoͤſem Blute, machen die Loͤſung dieſer Frage zu einer ganz unge— woͤhnlich ſchwierigen Aufgabe. Nach dem, was wir bis jetzt wiſſen, iſt es jedoch faſt gewiß, daß eine betraͤchtlich groͤßere Quantitat Serumſtoff von dem Blute abſorbirt wird, als in der Form von Kohlenſaͤure wieder erſcheint. Die Kraft die— ſer abſorbirenden Qualitaͤt des Blutes iſt gut bewieſen durch ein von Sir Humphrey Da vy gemachtes Experiment. Nun wird aber Alles, was zur Transformation der fettigen Be— ſtandtheile des Blutes noͤthig ſeyn wuͤrde, keineswegs durch die Darreichung von Sauerſtoff geliefert; denn Nitrogen muß auch noch geliefert werden, um diejenigen thieriſchen Stoffe zu bilden, aus welchen die große Maſſe des Organismus zuſammengeſetzt iſt. Wenn wir die von verſchiedenen Ex— perimentatoren erhaltenen Reſultate in Bezug auf die Ab— ſorption des Nitrogen unterſuchen, ſo finden wir Einige, wel— che erklaͤren, daß durch den Proceß der Reſpiration keiner ab— ſorbirt oder ausgehaucht werde; Andere, welche behaupten, daß Nitrogen ausgehaucht werde, und eine dritte Claſſe von Experimentatoren (worunter Sir Humphrey Davy), welche zu dem Schluſſe gekommen ſind, daß Nitrogen bis zu dem Betrage von einem Siebenzehntheile des aus der Atmoſphaͤre verſchwindenden Volums von Oxygen, abſorbirt werde. Es iſt ſehr zu beklagen, daß keine Experimente in Beziehung auf den Antheil des Nitrogen in der Reſpiration angeſtellt worden ſind, wo die Zeit angemerkt waͤre, wann Nahrung genoſſen worden, zumal da die widerſprechenden Reſultate, welche ich oben angefuͤhrt habe, den Beweis liefern, daß irgend eine Abweichungsurſache (welches vielleicht Chylification ſeyn mag) in Wirkſamkeit iſt. Wenn nachgewieſen werden koͤnnte, daß Nitrogen abs ſorbirt wuͤrde, waͤhrend der Zeit, wo man den Eintritt des Chylus in's Blut annehmen kann, ſo wuͤrde es ein ſtarker Beweis ſeyn, daß es, in Verbindung mit dem Oxygen, dazu diene, die hydrocarbonoͤſen Subſtanzen, von denen das Blut, wie es nothwendig ſcheint, gereinigt werden muß, zu zerſetzen und ſich mit ihnen zu verbinden. Obgleich viele Thatſachen und bezuͤgliche Bedingungen beobachtet werden muͤſſen, ehe eine Theorie dieſer Art auf irgend eine Weiſe allgemeine Annahme verdienen koͤnnte, ſo kann ich mich doch nicht enthalten, dieſe Anſicht des Gegen— ſtandes auszuſprechen, um ſo mehr, da ich glaube, daß zu— reichender Grund vorhanden iſt, um anzunehmen, daß ſie völlig beſtaͤtigt werden möge, wenn fernere Verſuche in der Richtung dieſes intereſſanten Zweiges der Phyſiologie ge— macht worden ſeyn werden. 86 Ueber die Dotterkugeln der Planarien hat Herr Profeſſor von Siebold (jetzt zu Erlangen) der K. A der Wiſſenſchaften zu Berlin folgende Mittheilung ge— macht: Waͤhrend ich im vorigen Fruͤhjahre (1840) mit der Anatomie und der Entwickelungs⸗Geſchichte der Planarien heſchaͤftigt war, wobei mir die bei Danzig hoͤufig vorkommende Planaria lactea, tentaculata und ſusca zu Gebote ſtanden, ſtieß ich auf ein hoͤchſt merkwuͤrdiges Phaͤnomen, womit ich Sie hiemit in Kuͤrze bekannt machen will, da mir der Gegenſtand zu intereſſant erſcheint. Bekanntlich ſetzen die Planarien zur Brunſtzeit mehrere un⸗ verhaͤltnißmaͤßig große Eier in einem Zwiſchenraume von einigen Tagen ab. Aus jedem einzelnen Eie entwickeln ſich mehrere Jun⸗ ge, deren Zahl und Größe ſehr varüirt, Die Größe der Jungen richtet ſich nach der Zahl der Geſchwiſter, mit denen fie das Ei zus gleich verlaſſen; je mehr Junge ſich in der gemeinſchaftlichen Eis huͤlle entwickeln, um ſo kleiner ſind die einzelnen Individuen einer ſolchen Brut, und umgekehrt. Man ſollte nun glauben, daß die braunen Eihuͤllen der Planarien bald mehr bald weniger Eierkeime enthielten, welche die ihnen beigegebene Dottermaſſe zur Entwicke— lung der Brut verbrauchten, wie man es, z. B., bei den abgeftreif: ten Eierbaͤlgen von Hirudo vulgaris beobachten kann; denn hier laͤßt ſich die Zahl der kuͤnftigen Jungen aus der Menge der vor— handenen Keimbläschen vorausſehen. Ganz anders verhält ſich dieß bei Planaria. Zerreißt man die Schaale eines vor Kurzem gelegten Eies, ſo fließt der Inhalt derſelben als eine milchweiße Maſſe aus. Dieſe beſteht aus einer zahlloſen Menge kleiner von einer farbloſen Feuchtigkeit umgebener Dotterkugeln; nirgends konnte ich bis jetzt eine deutliche Spur von Eierkeimen oder Keim blaͤschen auffinden; erſt nach laͤngerer Zeit, nach einigen Wochen, laſſen ſich in den Eiern verſchiedene Centralpuncte erkennen, um welche ſich zur Ernaͤhrung und Bildung des Embryo's Dotterkugeln grupptren. Sehr auffallend war es mir, daß die einzelnen Koͤrperchen, welche ich als Dotterkugeln anſehen mußte, ſich nicht, wie bei an— dern Thier-Eiern, als Oel- oder Fett-Kugeln zu erkennen gaben, ſondern daß jede einzelne Dotterkugel aus drei verſchiedenen Ele— mentartheilen zuſammengeſetzt war. Die Geſtalt der Dotterkugeln iſt rundlich, oft auch etwas oval; ſie erſcheinen bei durchfallendem Lichte farblos und find ſcharf umgraͤnzt. Eine jede Dotterkugel beſteht aus einer eiweißartigen Maſſe, zwiſchen welcher eine von dieſer verſchiedene, aͤußerſt feinkoͤrnige Maſſe und ein eigenthuͤmli— ches groͤßeres rundes Koͤrperchen eingeſenkt liegt. Das ebener— waͤhnte groͤßere Koͤrperchen nimmt ſich wie eine runde einen Kern einſchließende Zelle aus und erinnert auf den erſten Anblick an das Purkinjeſche Keimblaͤschen. Daß dieſe Zelle, welche einen Stich in's Gelbe beſitzt, die Bedeutung des Keimblaͤschens nicht hat, kann ich beſtimmt behaupten, denn es ſtreitet nicht allein die zahl leſe Menge dieſer Zellen gegen dieſe Annahme (jede Dotterkugel enthielte ja demnach ein Keimblaͤschen), ſondern auch der Umſtand, daß bei der Entwickelung der Jungen die gelblichen Zellen in den Embryonen wieder zu erkennen ſind. Man kann ſich bei genaue— rer Betrachtung der Embryonen deutlich uͤberzeugen, daß dieſelben aus dem Zuſammenſchmelzen mehrerer Dotterkugeln hervorgehen; denn ſie beſtehen in ihrer fruͤhſten Zeit aus einer groͤßeren Kugel, in welcher die eiweißartige Maſſe, die feinkoͤrnige Maſſe und die gelblichen Zellen wieder zu erkennen ſind. Erſt wenn eine ſolche Ku⸗ gel groͤßer geworden iſt und noch mehr Dotterkugeln in ſich aufge— nommen hat (was man beſonders an der vermehrten Anzahl der gelblichen Zellen wahrnimmt), dann laͤßt ſich eine in der Kugel durch eigenthuͤmliche Organiſation von der übrigen Maſſe abges graͤnzte Stelle unterſcheiden und als contractiler Schlundkopf er⸗ kennen. Zu gleicher Zeit nimmt die ganze Oberflache der Kugel das Anſehen einer epidermis an, auf welcher ſich leiſe Flimmerbe⸗ wegungen entdecken laſſen. Von jetzt ab kann das Wachſen und die weitere Ausbildung des Embryo's gewiß nicht anders vor ſich gehen, als durch directes von dem Schlundkopfe bewirktes Verſchlucken der noch übrigen in der gemeinſchaftlichen Eihuͤlle befindlichen Dot⸗ terkugeln. 6 * 87 Was nun mein Erftaunen noch ganz beſonders erregte, wa— ren die eigenthuͤmlichen Lebensaͤußerungen, welche jede einzelne Dots terkugel der friſch gelegten Planarien-Eier von ſich gab. Betrach⸗ tete ich naͤmlich dieſe Dotterkugeln, kurz nachdem ich ſie aus dem Eie genommen hatte, unter dem Mikroſcope, ſo konnte ich eine Art ziemlich lebhafter periſtaltiſcher und antiperiſtaltiſcher Bewe⸗ gung an ihnen wahrnehmen, wodurch die Beſtandtheile einer jeden Dotterkugel unaufhoͤrlich hin und her geſchoben wurden. Es dauern dieſe wechſelnden Zuſammenziehungen und Ausdehnungen der Dot— terkugeln viele Stunden lang fort (es verſteht ſich von ſelbſt, daß ich die Verdunſtung der Feuchtigkeit, welche die Dotterkugeln auf dem Objecttraͤger umgab, verhindern mußte, was ich durch ein mit— telſt Kautſchuckkuͤgelchen loſe daruͤber gedecktes Glasſcheibchen be— wirkte). Verduͤnnt man die aus dem Eie der Planarien erhaltene Feuchtigkeit mit Waſſer, fo hören die vorhin erwähnten Bewegun— gen der Dotterkugeln ſogleich auf, indem letztere Waſſer aufſaugen, ſich blaͤhen und dann mit einem Male, nach Art einer Seifenblaſe, platzen, wobei die eiweißartige Maſſe ſich ſchnell in der ſie umge— benden Feuchtigkeit auflöf’t und unter dem Auge des Beobachters verſchwindet, während die feinkörnige Maſſe und die gelbliche Zelle frei werden. Bei einem ſolchen Platzen der Dotterkugeln habe ich niemals eine Huͤlle oder Haut, welche die Dotterkugeln umſchloß, zuruͤckbleiben ſehen. Was ſoll man nun zu jenen Bewegungen der Dotterkugeln ſagen? Von Muskelfaſern kann hier natuͤrlich nicht die Rede ſeyn. Wir werden dieſe Erſcheinung, wie die Bewegungen der Flimmer— organe, als ein Urphaͤnomen betrachten muͤſſen, und es duͤrfte ſich wohl der Muͤhe verlohnen, zu unterſuchen, ob ſich in der uͤbrigen Thierwelt Analoga zu dieſem Urphänomen auffinden laſſen. Miscellen. In Beziehung auf das Erdbeben in Juͤtland, un⸗ ternimmt der Profeſſor Forchhammer auf Koͤnigl. Befehl eine Reiſe, um die Puncte, welche das Erdbeben getroffen, ſelbſt zu ſehen und die genaueſten Data daruͤber einzuſammeln. Vorlaͤufig hat Herr F. ſeine Anſicht dahin ausgeſprochen, daß die Richtung des Erd— 88 bebens (Weſtnordweſt nach Oſtſuͤdoſt) auf ſehr intereſſante Weiſe mit den Linien zuſammenſtimme, welche durch das Hervortreten der wenigen Bergmaſſen in Daͤnemark ausgedruͤckt wären. Die Erd— beben pflegten naͤmlich immer den Bergketten oder ſogenannten Hebungslinien zu folgen, welche ſelbſt nichts Anderes waͤren, als die Wirkungen aͤlterer Erdbewegungen, und die Erſchuͤtterungen pflegten ſich immer an denſelben Puncten wieder zu zeigen. Sol— cher Hebungslinien gäbe es nun in Daͤnemark zwei, eine von Nord— weft nach Suͤdoſt, welche der Juͤtſchen und Seelaͤndiſchen Kreidelage folge und in der genaueſten Verbindung mit den Schwediſchen Berg— ketten ſtehe, und eine andere von Norden nach Suͤden, welche der Halbinſel ihre Form gegeben und ſich in der Klippe von Helgoland wirkſam gezeigt habe. Vergleiche man nun die Beobachtungen ſo— wohl uͤber die Verbreitung der Erderſchuͤtterung, als uͤber die Richtung des Stoßes, ſo werde man verſucht, anzunehmen, daß die Bewegung ſich vom weſtlichern Theile der Lümfjords nach jenen beiden Linien hin verbreitet habe. Uebrigens ſey die Bewegung wellenfoͤrmig geweſen, was die häufigfte und unſchaͤdlichſte Art der Erdbeben ſey; waͤre ſie mit derſelben Staͤrke kreisfoͤrmig oder dre— hend geweſen, ſo wuͤrde die zerſtoͤrende Wirkung wahrſcheinlich weit größer geweſen feyn. Zur Aufbewahrung von Schmetterlingen empfiehlt Herr Karrig zu Magdeburg, ſie auf eine Glasplatte zu legen und mit einem durchſichtigen Lacke zu uͤbergießen. (Die in Bern ſtein eingeſchloſſenen Inſetten hatten ihn auf den Gedanken ge— bracht, und zur Ausführung bediente er ſich des von Dr. Lucas nus zu Halberſtadt erfundenen Dammerlacks.) Die Schmetter— linge blieben nicht allein ganz unverletzt, ſondern die Farben der— ſelben traten noch lebhafter hervor, wie die Farben der Oelge— maͤlde, welche mit einem waſſerhellen Lacke oder Firniß uͤberzogen werden. Be ri ch t ig un gz Nr. 378. S. 58. Zeile 17 und 18, von oben, ſtatt „bei Blankenburg im Fuͤrſtenthume Schwarzburg-Rudolſtadt,“ muß es heißen: „zu Poͤltzig bei Altenburg, im Herzogthume Sachſen-Alten— burg.“ „ i Unterſuchungen uͤber den eigentlichen Sitz der Brucheinklemmung. Von Herrn Dind ay. Die Wundaͤrzte geben allgemein zu, daß die Bruͤche entweder durch den Bruchſackhals oder durch die aponeuro— tiſche Oeffnung eingeklemmt werden koͤnnen, durch welche ſie hindurchgehen; Malgaigne hat in der Gaz. med. 1840. No. 37., 39. et 41., die Frage auf's Neue vor— genommen und als Reſultat aufgeſtellt, daß die Einklem— mung bloß durch den Bruchſackhals und niemals durch die Bauchringe gebildet werde. Dieſe Lehre iſt um ſo wichti— ger, als fie zur Folge haben würde, daß die Herniotomie ohne Einſchneidung des Sackes immer zu verwerfen ſey; und es iſt noͤthig, daß, Behufs einer vollſtaͤndigen Critik, die fruͤhern Anſichten vertheidigt werden. Außer den Ausnahmsfaͤllen (wo die Einklemmung durch Verſchlingung des Darms durch eine Ruptur des Bruchſackes oder durch ein pſeudomembranoͤſes Band gebil— det wird) erleidet ein Bruch ſeine Einklemmung nur durch den Bruchſackhals oder durch den Bauchring, fo daß, wo Lk ee nie eine dieſer beiden Urſachen nicht wirken kann, immer die an— dere als Urſache erſcheint. Der Weg fuͤr die Unterſuchung wird daher folgender ſeyn, daß wir zwei Fragen beantwor— ten: 1) ob die Einklemmung immer durch den Bruchſack— hals gebildet werde; 2) ob die Einklemmung niemals durch die aponeucotifche Bruchpforte bedingt fen. Eine Einklemmung durch den Bruchſackhals iſt bloß moͤglich, wenn ſeine Waͤnde eine Verdickung erlitten haben; denn das weiche, feine, normale Peritonaͤum kann einen Druck nicht ausuͤben. Findet nun eine ſolche Verdickung des Bruchſackhalſes immer ſtatt? Die Mehrzahl der Schriftſteller ſind dagegen, und ſelbſt Herr Malgaigne iſt der Anſicht, daß jeder große Inguinalbruch, welcher nicht zuruͤckgehalten worden iſt, mit Ausnahme der hernia con- genita, keinen Bruchſackhals dieſer Art darbietet. Ich bin gan; dieſer Anſicht, denn eine ſolche Structurveraͤnderung erfolgt nur langſam und unter gewiſſen Bedingungen, und ſie muß alſo bei gewiſſen Bruͤchen waͤhrend der ganzen Dauer, bei allen jedoch waͤhrend der erſten Zeit, fehlen. Man hat daher auch häufig genug Gelegenheit, bei Leichen— Öffnungen Bruchſaͤcke anzutreffen, deren Mündung dieſelbe 89 Textur, daſſelbe Anſehen hat, wie die Übrigen Theile des Bruchſackes. J. Cloquet zeigt, in ſeinen intereſſanten Recherches pathologiques sur les causes et l’ana- tomie des hernies abdominales, 1819, in den Faͤllen Nr. 5, 9, 12, 13, 16, 33, 41, 49, 66, ic. ſpeciell, daß bei den coniſchen Bruchſaͤcken von geringerer Ausdehnung das Peritonaͤum, in der Regel, an der Bruchſacksmuͤndung durchaus keine Veränderung der Dicke und Organiſation bemerken laſſe (pag. 32). Bei dieſen Bruͤchen würde alſo, nach Malgaigne's Anſicht, eine Einklemmung unmoͤg— lich ſeyn, und doch, wuͤrde wohl Herr Malgaigne ſelbſt den Muth haben, nach ſeiner Anſicht ſeinen Kranken zu ſagen, daß ſie ſich des Tragens eines Bruchbandes begeben koͤnnten, da ſie bei der Natur ihres Bruches eine Einklem— mung nicht zu befuͤrchten haͤtten? Noch mehr aber laͤßt ſich Malgaigne's Lehre nicht anwenden auf diejenigen Bruͤche, welche in dem Moment eingeklemmt ſind, wo ſie entſtehen. Die Bruchſacksmuͤndung hat in dieſen Faͤllen nothwendig dieſelbe Textur, wie das Peritonaͤum und hat alſo unmoͤglich die Einklemmung be— wirkt. M. ſucht hier den Ausweg, daß er die Thatſache ganz und gar laͤugnet, indem er ſagt, daß er bisjetzt nicht einen einzigen ganz authentiſchen Fall kenne, wobei der Bruch bei ſeiner Erſcheinung ſogleich eingeklemmt ſey, mit Aus— nahme der hernia tunicae vaginalis. Es iſt allerdings richtig, daß jener Zufall ſelten iſt und nicht, wie es nach mehreren claſſiſchen Buͤchern ſcheinen moͤchte, zu den ge— woͤhnlichen Zufaͤllen gehoͤrt; indeß giebt es allerdings authen— tiſche Beobachtungen, zu denen auch meine Beobachtung 201 6. zu rechnen iſt. Hierher gehoͤren auch folgende lle: Erſter Fall. Mulins, 28 Jahr alt, wollte die Haͤlfte eines geſchlachteten Ochſen aufheben und empfand einen heftigen Schmerz in der rechten Leiſte, wo auf der Stelle eine laͤngliche, fauſtgroße Geſchwulſt hervortrat. Der Kranke hatte an derſelben Stelle nie irgend eine Dis— poſition zu einer Hernie bemerkt; es folgte auf der Stelle Erbrechen; zehn Stunden danach wurde operirt; nach elf Stunden erfolgte der Tod. Bei der Section fand ſich die Darmſchlinge ſchwarz, zuſammengefallen. (Pelletan, Cli- nique chir. III. p. 364.) Zweiter Fall. Giraud, 18 Jahr alt, wollte eine große Laſt aufheben und bekam einen großen Druck, von welchem früher nie eine Spur vorhanden geweſen war. Faſt auf der Stelle erfolgten Einklemmungsſymptome; am Ende des zweiten Tages wurde operirt; wenige Stunden darauf ſtarb der Kranke. Bei der Section fand ſich der Darm gangraͤnoͤs, perforirt. (Pelletun, 1. c. p. 375. Eine ähnliche Beobachtung p. 385.) Bei dieſen Faͤllen koͤnnte man noch behaupten, daß die tunica vaginalis offen geblieben ſey. Deswegen hier ei— nige Faͤlle, wo dieſer Einwurf nicht gilt: Dritter Fall. Madame Berdet, 76 Jahr alt, fühlte bei'im Aufheben einer Matratze einen ploͤtzlichen leb— haften Schmerz in der Leiſte, begleitet von einem Krachen. Sie fuͤhlte jedoch erſt nach zwei Stunden nach der Stelle 90 hin und bemerkte zum erſten Male eine Geſchwulſt von der Größe einer Wallnuß. Früher hatte fie nie die mindeſte Anſchwellung bemerkt. Es erfolgte Erbrechen; 25 Stun— den danach operirt Herr Berard und findet eine ſchwarz— glaͤnzende Darmſchlinge. (Bull. de la soc. anatom. No. 16. pag. 301.) Vierter Fall. Eine Frau von 80 Jahren hatte ſeit drei Tagen einen Cruralbruch, welcher ploͤtzlich, in Folge einer heftigen Anſtrengung, zum Vorſcheine gekommen war. Vom erſten Moment an waren die Symptome einer Ein— klemmung vorhanden; der Cruralring wurde erweitert und die Kranke geheilt (Leblanc, Nouv. meth. d’operer des hernies, 1782, p. 57.) Fünfter Fall. Zum Beweiſe, daß man bei friſch— entſtandenen Bruͤchen die Operation nicht zu lange hinaus: ſchieben duͤrfe, fuͤhrt derſelbe folgenden Fall an: Ein un— verheirathetes Frauenzimmer von 40 Jahren bekam plotzlich einen kleinen Leiſtenbruch, mit allen Symptomen der Ein— klemmung. Man verſchob die Operation 24 Stunden; es folgte Gangraͤn und eine Kothfiſtel. (L. c. p. 67.) Laͤngere Details waͤren laͤſtig; ich erwaͤhne nur eines Falles von H. Bell (Theses de Paris 1834, No. 224. p. 33) und eines andern von Dr. Brenert (Ex- perience 1838, No. 40.) Beide betreffen Cruralbruͤche. Da es hinreichen wuͤrde, zur Widerlegung Malgaigne's nur einen einzigen beglaubigten Fall anzufuͤhren, ſo iſt es auch nicht noͤthig, hier mehr Beweiſe zuſammenzuhaͤufen. Man koͤnnte poſitwere Beweiſe, als die Angaben der Kranz ken verlangen. Wollte man ſo ſtreng ſeyn, ſo ließe ſich dieß noch weiter ausdehnen; denn die bei ihrem erſten Vor— treten eingeklemmten Bruͤche ſind nicht die einzigen, bei de— nen eine Verdickung des Bruchſackes nicht moͤglich iſt. Sehr haͤufig wird durch dieſelbe Anſtrengung, welche die Einklemmung veranlaßt, der Bruch ſtark vergroͤßert. War alſo wirklich eine fibroͤſe Verdickung des Bruchſackhalſes in der Bruchpforte vorhanden, ſo iſt dieſe Stelle weiter her— vorgetrieben worden, und der Theil des Bruchſackes, welcher die Stelle jener Verdickung eingenommen hat, kann nicht mehr Dicke haben, als das gewoͤhnliche Peritonaͤum, und dennoch findet gewoͤhnlich an dieſer Stelle die Einklem— mung ſtatt. Iſt wohl die duͤnne Beſchaffenheit des Bruchſackhalſes in der Gegend des Bauchrings durch anatomiſche Unterſu— chungen bisweilen nachgewieſen worden? Ich habe nirgends hinreichende Angaben daruͤber gefunden; aber ich beſitze zwei Beobachtungen, welche hieruͤber Auskunft geben. Die erſte iſt mir in Dupuytren's Clinik vorgekommen. Sechster Fall. Frau Lallemand, 70 Jahr alt, bekam durch Anſtrengungen bei'm Stublgange eine Ge— ſchwulſt in der linken Leiſte, wo ſie bis dahin keinen Bruch gehabt hatte. Auf der Stelle traten Coliken, Uebelkeiten, Erbrechen ein. Es war ein Cruralbruch; die Taxis blieb ohne Erfolg; Sanſon operirte vier Tage nach der Eins klemmung. Die ſchwaͤrzliche Darmſchlinge, welche nach X: ſung der Einſchnuͤrung vorgezogen wurde, zeigte auf dem obern Ende zwei kreisfoͤrmige, weißliche und tiefe Eindruͤcke. 91 Der Tod erfolgte nah 36 Stunden. Bei der Section fand ſich die Operationswunde, welche, der Reihe nach, Haut, Zellſchicht, fascia superficialis, Aponeuroſe des obliquus externus, oberflaͤchliches Blatt der fascia la- ta und einen ſehr dünnen Peritonaͤalſack trennte. Der Sack hat eine geringe Ausdehnung; iſt gegen den Bauch— ring hin ſehr zuſammengezogen, zeigt aber keinen weißlichen, fibroͤſen Strang unter der ſeroͤſen Flaͤche, wie es bei alten Bruͤchen häufig iſt. Außerdem fand ſich eine heftige Peri⸗ tonitis. 5 a Daſſelbe fand ich in folgendem Falle. Siebenter Fall. Eine Frau, 52 Jahr alt, litt an einem alten Bruche und kam im September 1840 mit allen Symptomen einer Einklemmung in dag Hötel-Dieu zu Lyon. Die Geſchwulſt ließ einige Zweifel zu; denn ſie war abgeplattet, nicht ſo hervorragend, wie ein gewoͤhnli— cher Bruch und ſchien auch weiter nach Außen zu liegen, als ein Leiſtenbruch und weiter nach Oben, als ein Crural— bruch. Die Reduction gelang nicht; Herr Bonnet machte die Operation. Er legte die Aponeuroſe des obliquus ex- ternus bloß; da er dieſelbe aber nicht in die Hoͤhe gehoben fand und keine Geſchwulſt weder in der Gegend des Lei— ſtenrings noch des Cruralrings antraf, fo ging er nicht weis ter. Es bot ſich indeß die Idee einer hernia intraparieta- lis dar, und nach zwei Tagen, in denen die Zufaͤlle fort— dauerten und Kothbrechen eintrat, ſchnitt er auch die Apo— neuroſe des obliquus externus durch; ohne genau einen Bruchſack erkannt zu haben, fand er eine kleine blaurothe Darmſchlinge, welche von der Bruchoͤffnung ſo feſt umfaßt war, daß die Hohlſonde nicht eingebracht werden konnte und man genöthigt war, von Vorn nach Hinten einzuſchnei— den. Der Tod erfolgte nach einigen Tagen. Section. Der Bruch war 3 — 4 Linien ober- und innerhalb des innern Bauchrings durchgedrungen und hatte ſich zwiſchen die Muskelfaſern des obliquus internus und transver- sus hinter die Aponeuroſe des obliquus externus gela— gert. Es war bei der Unterſuchung davon die Rede, daß die Einklemmung durch den Bruchſackhals bedingt ſeyn mochte. Ich konnte dieſe Anſicht leicht widerlegen, indem ich zeigte, daß das Peritonaͤum an der Bruchpforte durch— aus ſeine normale Dicke habe. Einen noch ſicherern Beweis gegen die Einklemmung durch den Bruchſackhals wird durch die Bruͤche gegeben, welche gar keinen Bruchſack beſitzen. Es ſind die Bruͤche des coecum und colon durch den Leiſtencanal hindurch bekannt, bei welchen der Darm außerhalb der herabgezoge— nen Peritonaͤalfalte liegen bleibt. In Bezug auf unfern Gegenſtand kann man dieſe Faͤlle recht wohl Bruͤche ohne Bruchſack nennen, weil derjenige, welcher vorhanden iſt, in der That, die Daͤrme nicht enthaͤlt. Wenn hierbei dennoch Einklemmung vorkoͤmmt, ſo kann dieſe nicht von dem Bruchſackhalſe herruͤhren, was uͤbrigens auch Scarpa in ſeinem Werke uͤber die Bruͤche ausdruͤcklich ſagt. Dieſe Brüche bilden ſich langſam, erſchlaffen dadurch den Bauch— ring durch allmaͤlige Ausdehnung und ſind daher auch der Einklemmung nicht ſehr unterworfen. Die Zufaͤlle bei ih: 92 nen ſind gewoͤhnlich Folge der Ueberfuͤllung, ſ. z. B., Pelle- tan, I. c. p. 350. Dennoch kommen wahre Einklem— mungen vor, wie, z. B., bei Petit (Traité des mal. chirurg. Tome 2. pag 253), wobei die Unterbrechung der Bewegung des Darminhaltes allerdings durch die Ver— engerung der Bruchpforte bedingt war, da nach der Erwei— terung derſelben Stuhlgaͤnge eintraten, obwohl man genoͤ⸗ thigt geweſen war, Blinddarm und eine Duͤnndarmſchlinge, welche vorgelegen hatte, außen liegen zu laſſen. Herr Mo— rand erzählt einen ähnlichen Fall in der Gaz. med. 1837. p. 621. Scarpa theilt ſogar zwei Faͤlle mit, in welchen die Strictur jo heftig war, daß Brand erfolgte (J. c. p. 190 und Supplement, p. 21). Ein Bruchſack kann alſo eine Einklemmung nur be⸗ wirken, wenn der Bruchſackhals fibroͤs iſt, wozu einige Zeit erforderlich ſeyn muß; dennoch finden ſich Einklemmungen, in welchen keine Zeit vorherging und Einklemmungen bei Bruͤchen, bei denen eine Verdickung nie moͤglich iſt (Bruͤche ohne Bruchſack); es ergiebt ſich daher, im Widerſpruche mit Malgaigne, daß der Grund der Einklemmung bei Inguinal- und Cruralbruͤchen keineswegs immer von dem Peritonaͤalſacke herruͤhrt. Es bleibt alſo kein anderer Grund uͤbrig, als die Einklemmung durch die aponeurotiſche Bruch— pforte; dieſe muß jedoch auf eine ſehr poſitive Weiſe nach— gewieſen werden. Die Frage, ob eine Einklemmung niemals durch die ſehnige Bruchpforte gebildet werde, hat etwas Auffallendes; denn wie haͤufig kommt nicht Gangraͤn einer durch eine Bauchwunde oder durch eine Oeffnung in dem Netze vorge— fallenen Darmſchlinge vor; und wenn ſogar ein umgeſtuͤlp— tes Darmſtuͤck bei einem kuͤnſtlichen After oder bei einer Invagination brandig werden kann, warum ſollte eine Ein— ſchnuͤrung derſelben Theile durch noch unnachgiebigere Raͤn— der eingeſchnuͤrt werden koͤnnen. Dennoch hat Malgai— gne ganz ausdruͤcklich behauptet, daß der Bruchring, ganz abgeſehen vom Bruchſackhalſe, niemals die Urſache einer Einſchnuͤrung werden koͤnne. Seine Gruͤnde ſind folgende: Bei eingeklemmten Leiſten- und Schenkelbruͤchen beobachtet man Hemmung des Blutlaufs weder im Hoden noch im Beine; und dennoch muͤßte dieß bei den gewoͤhnlichen An— ſichten uͤber die Brucheinklemmung der Fall ſeyn, oder es muͤßte wenigſtens erklaͤrt werden, warum die Cruralgefaͤße oder der Saamenſtrang, welche mit dem Bruchſacke in ei— ner gemeinſchaftlichen Oeffnung liegen, frei bleiben. Dieſe Luͤcke iſt allerdings ſchwer auszufuͤllen. Herr Laugier hat in dem Bulletin chir. Aoüt. 1840. p. 6. den Unterſchied hervorgehoben zwiſchen der Wirkung eines kreisrunden und eines ſeitlichen Druckes, welcher letztere viel geringer iſt. Daneben iſt aber auch noch zu bemerken, daß die Bedin— gungen der Structur und Vascularitaͤt bei'm Hoden und bei'm Darme durchaus nicht dieſelben ſind, und es iſt wohl anzunehmen, daß eine venoͤſe Blutſtockung im Darme weit bedeutendere Veränderungen verurſacht, und auf der andern Seite, daß die zahlreichen Anaſtomoſen, welche eine Stockung in den Blutgefaͤßen verhindern, gar nicht zu rechnen ſind, bei vorgefallenen Darmtheilen. Rechnet man dazu die Ver— 93 theilung der Saamenſtranggefaͤße, die lockere Lage derſelben, wodurch ſie leicht gegen die mindeſt zuſammengezogenen Theile der Bruchoͤffnung hingleiten, beruͤckſichtigt man die fibroͤſe Scheidewand zwiſchen dem Cruralringe und der v. crura- lis, ſo wird man die Erklaͤrung nicht ſo ſchwierig finden. Uebrigens iſt der Mangel einer Erklaͤrung noch durchaus kein Grund fuͤr die Verwerfung einer Thatſache. Ein peremto— riſcher Beweis fuͤr die Wirkung der Bruchringe bei der Ein— ſchnuͤrung iſt die Herniotomie ohne Eroͤffnung des Bruch— ſackes, welche in neuerer Zeit ſehr haͤufig in Frankreich und England wiederholt worden iſt, und welche hauptſaͤchlich das Intereſſe dieſer Unterſuchung begruͤndet. Herr Bonnet hat ſich ſeit 2 Jahren in dem Hötel-Dieu zu Lyon ſehr häufig dieſer Operationsmethode bedient; er wird ſelbſt all— gemeine Regeln dafuͤr bekannt machen, aber ſchon zum Vor— aus wird man die von ihm bisjetzt erlangten Reſultate mit Intereſſe kennen lernen. Ich laſſe die Beiſpiele, welche Arnot und Ledran zum Beweiſe der Einklemmung durch die Bruchringe ange— fuͤhrt haben, bei Seite, denn Herr Malgaigne ſtellt ihre Glaubwürdigkeit in Frage; dagegen muß ich ihn bekaͤm— pfen, wenn er die 59ſte Beobachtung von Ledran (Ob- Serv. de chir. T. 2. p. 22.) für feine Anſicht anfuͤhrt, waͤhrend ſie das Gegentheil beweiſ't. Der Operateur trennte den Bruchring ohne Oeffnung des Bruchſackes; es trat auf der Stelle der Darm zuruͤck; da aber die Bruchpforte nicht ganz frei ſchien, ſo oͤffnete er den Bruchſack und fand hier eine kleine angewachſene Parthie des Netzes. Dieſe blieb liegen, die Darmausleerungen ſtellten ſich eine Stunde da— nach ein, singultus hoͤrte auf, und der Kranke wurde ge— heilt. Malgaigne behauptet nun, daß dieſes Individuum ein Bruchband getragen, alſo ziemlich ſicher eine Verengung des Bruchſackhalſes erlitten habe. Hier fuͤgt er hinzu, daß nach der Einſchneidung der Bruchpforte die Reduction durch den verengten Bruchſackhals nur deswegen gelang, weil die taxis bei einem bloßliegenden Bruchſacke leichter iſt, als durch die Haut hindurch, und daß die Verengung des Bruch— ſackhalſes in jenem Falle nur leicht geweſen ſey, da erſt nach 3 Tagen bedenkliche Zufaͤlle eingetreten waren. Dieſe An— gaben ſind nicht ganz richtig; denn nach der Schilderung Ledran's kam der Kranke faſt ſterbend in die Charité; uͤberdieß ſtellte ſich 11 Tage nach der Operation ein kuͤnſt— licher After ein, es war alſo Gangraͤn vorhanden geweſen. (Schluß folgt.) Unterſuchungen uͤber angeborene Luxationen. Von Herrn Dr. J. Guérin. (Schluß.) V. Die angebornen Luxationen zeigen, unabhängig von den mechaniſchen Characteren, welche jede derſelben ei— genthuͤmlich und bei jedem Gelenke verſchieden find, ſpeci— fiſche locale und allgemeine Charactere, welche ihnen al— len gemein ſind, von ihrem gemeinſchaftlichen Urſprunge abhängen und die der Übrigen angebornen Gelenkdiffor— mitaͤten wiederholen. Iſt die Aetiologie, wie ich ſie auseinandergeſetzt, richtig, ſo muͤſſen die davon herruͤhrenden Thatſachen auch in ihrem Aeußern hungen der Gelenkflaͤche bei der Luxation abhängen. 94 die materiellen Umftände der Entſtehungsweiſe repräfentiren; es muß das Geſetz ſpeciſiſcher Wirkungen, in Folge ſpechſiſcher Urſa— chen, auch hier ſeine Anwendung finden. Dadurch erhalten wir die Kenntniß der mechaniſchen und ſpecifiſchen Merkmale der angebor⸗ nen Luxationen. Mechaniſche Merkmale der Luxationen nennen wir die unmit: telbaren materiellen Modificationen, welche von den neuen Bezies 0 Dieſe Merk⸗ male finden ſich bei allen Luxationen jeden Urſprungs. Mit der Lageveraͤnderung zweier Knochen gegeneinander iſt nothwendig eine entſprechende Veränderung des Ausſehens des Gelenkes verbunden, wodurch die mechaniſchen Merkmale der Luxation gebildet werden. Auf den erſten Blick koͤnnte man glauben, daß dieſe Charactere, welche für jedes Gelenk verſchieden find und ſelbſt für jede Art und Varietaͤt der Verſchiebung Verſchiedenheit zeigen, dieſelben ſeyn muͤßten für analoge Verrenkungen, welches auch die primitiven Urſachen derſelben ſeyn moͤgen; dieß iſt aber nicht fo: die mecha⸗ niſchen Erſcheinungen einer angebornen Luxation bekommen immer etwas von dem Specifiſchen ihrer Urſache, von der Muskelretrac— tion und machen dadurch die directen ſpecifiſchen Urſachen dieſer Wirkungen noch deutlicher. So, z. B., find die Formen der Hüfte, des Kniees, der Fußwurzel und der Zehen keinesweges dieſelben bei angebornen Luxationen dieſer Theile, wie bei Luxationen von äußerer urſache. Dieſe Form zeigt immer einige Eigenthuͤmlichkei⸗ ten des Sitzes, der Richtung, der Dimenſion, welche von der Lage, Richtung und Wirkung der Muskeln herruͤhrt, welche die Verren— kung hervorgerufen haben; z. B., eine Luxation des Kniees, wobei ein partielles Ausweichen der tibia nach Hinten auf den Condylen des femur mit einem gewiſſen Grade von Rotation und Flexion des Unterſchenkels gegen den Oberſchenkel ſtattfindet, hat als me— chaniſche Veraͤnderungen die beſtimmte Richtung der Verſchiebung, die Rotation und die Flexion; dabei aber iſt das Ausweichen der tibia nach Hinten in Verhaͤltniß mit der gleichzeitigen Retraction ſaͤmmtlicher Beugemuskeln des Unterſchenkels und eines gewiſſen Grades von Retraction des quadriceps ſemoris. Die fixe Flexion ſteht im Verhaͤltniſſe mit der Retraction derſelben Muskeln, welche in den Flexoren ſtaͤrker iſt, als in den Extenſoren, und endlich die partielle Retraction des Unterſchenkels auf dem Oberſchenkel ſteht im Verhältniſſe zu einer betraͤchtlichen Retraction in dem biceps, als in dem sartorius, gracilis, semitendinosus und semimembra- nosus. Aehnlich laſſen ſich beſtimmte Beziehungen bei allen auf gleiche Weiſe entſtehenden Luxationen nachweiſen. Immer wird man unter den geringſten aͤußern Umftänden den Character der Urſache auffinden. Die direct ſpecifiſchen Charactere angeborner Luxationen ſind diejenigen, welche ausſchließlich der Urfache ſelbſt angehören. Dieſe ſind local und allgemein. Die localen ſpecifiſchen Charactere ſind die Retraction; die allgemeinen dagegen diejenigen, welche die Spu— ren der Nervenaffection und der Muskelretraction nach außerhalb des afficirten Gelenkes bezeichnen. Die erſtern brauchen kaum naͤ— her bezeichnet zu werden. Die retrahirten Muskeln ſind hart, un⸗ ter der Haut hervorſpringend, zwiſchen den Inſertionspuncten ge— ſpannt, eine Beſchraͤnkung fuͤr die Gelenkbewegung und mehr oder minder von fibroͤſer Conſiſtenz. Die zweiten beſtehen ebenſo, wie bei Ruͤckgratsverkruͤmmungen, torticollis und Klumpfuß in den allgemeinen Reflexen der Nervenaffection, Spuren von Convulſio— nen in den Geſichtsmuskeln, in den Augen und den übrigen Mus— keln, außer denen, welche die Luxation beſtimmen. Dieß ſieht man bei Lebenden ſehr häufig, wo das gleichzeitige Vorhandenſeyn dies fer Erſcheinungen nichts iſt, als ein Diminutiv des Coincidens die⸗ ſer Erſcheinungen bei Mißgeburten und nicht lebensfaͤhigen Foͤtus, wie es aus der Reihe von Praͤparaten uͤber allgemeine und viel⸗ faͤltige Difformitäten erſichtlich iſt, womit ich (vor meinen Zuhoͤ⸗ rern) meine Theorieen begründet habe. Kurz, die mechaniſchen, wie die ſpeciſiſchen Merkmale geſtatten vollkommen das Erkennen angeborner Luxationen in Bezug auf ihre wahre Urſache, welche immer eine Muskelretraction iſt. Jemehr indeß intercurrente und conſecutive Urſachen allmaͤlig mitgewirkt haben, um ſo mehr ver⸗ lieren dieſe Charactere an ſpeciſiſcher Beſtimmtheit. Dieß iſt noch 95 mehr, als bei anderen Difformitäten, gerade bei angebornen Luxa— tionen der Fall. Die Folge davon iſt, daß mechaniſche und ſpeci⸗ ſiſche Symptome ſich allmaͤlig verwiſchen und endlich durch die cons ſecutiven Erſcheinungen ganz verdraͤngt werden. So, z. B., iſt zuletzt die Gelenkrichtung nicht mehr vollkommen entſprechend der Richtung der Muskelwirkung. Die Verrenkung entſpricht nicht mehr genau der Art und Summe der Wirkung der letztern, und die retrahirten Muskeln haben die Kennzeichen der Retraction ver— loren, ja fie koͤnnen ſogar erſchlafft, erweicht, eingedruͤckt und fett. erſcheinen. Dieſe conſecutiven Veraͤnderungen ſind aber durchaus kein Einwurf gegen die Nichtigkeit der Anſicht uͤber die urſpruͤng— liche Entſtehung. VI. Die Therapie der angebornen Luxationen muß zuſam— mengeſetzt ſeyn aus der Geſammtheit der Mittel, wel— che den verſchiedenen aͤtiologiſchen Elementen der Luxa— tion entſprechen, namentlich aus der fubcutanen Durch— ſchneidung der retrahirten Muskeln und der Hinzufuͤ— gung mechaniſcher Gebilde zur Vorbereitung, Ausfuͤh— rung und Befeſtigung der Reduction dieſer Luxation. Dieß braucht kaum weiter ausgeführt zu werden. Sit die Muskelretraction wirklich die primäre Urfahe der angebornen Lu— rationen, wie bei den übrigen Gelenkdifformitaͤten, fo ergiebt ſich daraus die Nothwendigkeit, die weſentliche chirurgiſche Behandlung darauf anzuwenden, die bei fo vielen andern Difformitäten mit jo vielem Gluͤcke angewendet worden iſt. Ich brauche in dieſer Ber ziehung nur zu bemerken, daß die Durchſchneidung der Schenkel⸗ muskeln mit ebenſo viel Grund, mit demſelben unmittelbaren Er— folge und mit ebenſowenig Gefahr ausgefuͤhrt werden kann, wie die Durchſchneidung der Muskeln des Ruͤckgrats oder der Extremi— täten, vorausgeſetzt, daß man mit derſelben Strenge die ſubcu— tane Methode anwendet; denn hier ſind die Wunden betraͤchtlicher und tiefer, um jede Gefahr der Entzuͤndung und Eiterung zu be— ſeitigen. Auf die Einzelnheiten brauche ich hier nicht weiter einzu— gehen; ich kann mich darauf beſchraͤnken, anzufuͤhren, daß ich be— reits 9 Mal die ſubcutane Muskeldurchſchneidung ohne irgend ei— nen Zufall und mit dem vollkommenſten Erfolge, d. h., mit voll⸗ kommener Beſeitigung der hauptſaͤchlichſten Hinderniſſe der Reduc— tion, ausgeführt habe. Mit der Muskeldurchſchneidung iſt aber die Behandlung nicht beendet; es iſt nicht einmal logiſch nothwendig, bei dieſer Behandlung durch Myotomie dieſelben Vortheile ſogleich zu erreichen, wie bei der Operation des Klumpfußes; ebenſo wie manche Klumpfuͤße eine nachfolgende mechaniſche Behandlung er— fordern, die nicht bei allen noͤthig iſt, ebenſo iſt auch bei angebor— nen Luxationen und Subluxationen noch eine verſchiedene Nachbe— handlung erforderlich. Bei einzelnen finden ſich Schwierigkeiten und Complicationen, wodurch ſie der Myotomie ganz widerſtehen und auch bei mechaniſcher Behandlung ſich unheilbar zeigen. Ueber die Einrichtbarkeit, Einrichtung und Erhaltung in eingerichtetem Zuſtande werde ich, ruͤckſichtlich der angebornen Luxationen, mich in einer andern Abhandlung ausſprechen. (Gaz. méd., No. 7.) 96 Miscellen. Die locale Urſache des Stotterns liegt, nach meinen Unterſuchungen, in einſeitiger Retraction der Zungenmuskeln (in den bisjetzt unterſuchten Fällen — des genio-glossus), welche ſich in den Symptomen und der Bildung der Zunge, ſo wie in den For— men des Halſes, nachweiſen laͤßt. Dieſe Urſache wird auch durch den Erfolg der von mir ausgeführten einſeitigen fubcutanen Durchſchneidung des m. genio-glossus auf das Befriedigendſte er— klaͤrt, während ſich danach einſehen läßt, warum bei Bonnet die Durchſchneidung auf beiden Seiten ein ſo unſicheres und verſchiede— nes Refuitat gegeben hat Ich fege die Unterſuchungen fort, wel— che ein befriedigendes wiſſenſchaftliches und practiſches Reſultat ver— ſprechen. (21. April 1841. R. Froriep.) Tinctura ferri muriatici gegen Harnroͤhrenblu⸗— tungen, wird von Herrn Clay in The Lancet Dec. 1840 em: pfohlen. Solche Falle find in der Praxis haufig ſehr ſchwierig, wegen der Unſicherheit, ob das Blut aus der Niere oder aus der Blaſe komme. Die bloße Entfernung der coagula durch Einſpriz— zung warmen Waſſers iſt bloß eine vorübergehende Huͤlfe und kann bei Blutung aus der Blaſe den Blutverluſt zu einem bedenklichen Grade ſteigern; kommt das Blut aus der Niere, was in neun Faͤllen unter zehn geſchieht, ſo werden die von Herrn Dengy empfohlenen Salzeinſpritzungen in die Blaſe nicht im Stande ſeyn, auf die Niere zu wirken, waͤhrend ſie die Reizung in der Harn— blaſe vermehren. Bei Blutungen aus der Harnroͤhre iſt gewoͤhn— lich die Quantität des Urines gering; dieß deutet auf Nierenaffec— tion, und in dieſen Faͤllen werden locale Mittel, welche auf die in— nere Fläche der Blaſe wirken, nichts helfen. Bei einem 60jährie gen Manne, welcher den Urin nicht laſſen konnte, ging jedesmal etwa ein Theeloͤffel voll Blut ab, ſo oft er Urin laſſen wollte. Die Blaſe war ausgedehnt, der Unterleib ſchmerzhaft. Durch den Catheter wurden 6 Unzen Blut abgelaſſen, welches nicht nach Urin roch. Der Catheter ſollte am naͤchſten Morgen wieder einge— bracht werden; einſtweilen wurden warme Umſchlaͤge uͤber den Un— terleib und folgende Mixtur verordnet: Tinct. ferri muriat. 3j, Tinct. Opii 3jß — Infus. Lichenis island. et infus, Gentian. aa Zjv. Alle vier Stunden zwei Eßloͤffel voll. Am folgenden Morgen, nach einer ſehr unruhigen Nacht, in welcher 26 Unzen ausgeleert wurden, war das Blut dunkel und waͤſſerig; die Mir: tur wurde fortgeſetzt. Am dritten Tage hatte er nur zweimal Drang zum Uriniren; der Urin war ſtark gefärbt, ohne Spuren von Blut. Nach etwa zehntaͤgigem Gebrauche der Mixtur war dieſes mehrjaͤhrige Leiden ganz beſeitigt. Auf gleiche Weiſe ſind mehrere ſolche Fälle geheilt worden. Blaſenpflaſter in der Nierens gegend waren ohne Erfolg. Daſſelbe Mittel, in Verbindung mit localen Einſpritzungen von Zinkvitriol, beſeitigt am beſten die Leu— corrhoͤen, welche in Fabriken, bei den Arbeiterinnen, die in übers maͤßig geheizten Raͤumen ſich befinden, unter dieſen Bedingungen ſo haͤufig entſtehen. Bibliographische Recherches générales sur l’organographie, la physiologie et Porganogénie des végétaux. Me&moire qui a partagé en 1835 le prix de physiologie experimental, Par Charles Gaudi- chaud, Paris 1841. 4. Mit 18 K. Theorie des Glaciers de la Savoie. Par M. le Chanoine Rendy. Chambery 1840, 8. Neuigkeiten Quelques observations sur b'aliénation mentale et sur la ma- niere dont le service medical doit &tre fait dans un asile consaeré aux alienes, Par M. le Dr. Machard, Paris 1841. 8. a An Inquiry into the Efficacy of Digitalis in the Treatment of the Idiopathis Epilepsy. By Edmond Sharkey. London 1841. 8. — — — — Neue Motizen aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medicinalratbe Froriep ju Weimar, und dem Medieinalrathe und Profefor Froriep zu Berlin, Noe. 381. (Rr. 7. des XVIII. Bandes.) April 1841. Gedruckt im Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoir zu Weimar. preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. N ker Dutrochet's Bericht an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften über Garcia's Abhandlung von der menſchlichen Stimme. In der Sitzung am 12. April ſtattete Herr D., in ſeinem, ſo wie der Herren Magendie und Savary Namen, über die Garcia'ſche Arbeit Bericht ab. Dieſer ausgezeichnete Saͤnger bezweckte bei ſeinem Aufſatz lediglich die Darlegung von Thatſachen und Beobachtungen, ohne es dabei auf deren Erklaͤrung oder die Aufſtellung einer neuen Theorie abzuſehen. Der Bericht der Commiſſion lautet im Weſentlichen folgendermaaßen: „Die Theorie der Erzeugung und Abaͤnderung der Toͤne durch das Stimmorgan iſt noch durchaus nicht vollſtaͤndig dargelegt. Man iſt ſogar nicht einmal daruͤber einig, wel— chem muſicaliſchen Inſtrumente das Stimmorgan entſpricht. Faſt alle Phyſiologen ſind der Meinung, es ſey der Art nach ein ſolches Blasinſtrument, bei welchem der Ton durch die Schwingungen gewiſſer feſter und elaftifch = flüffiger Körper erzeugt wird. Dagegen meinte Savart, es gehöre zu der Art derjenigen Inſtrumente, deren ſich die Jaͤger bedienen, um die Stimme gewiſſer Voͤgel nachzuahmen, und bei de⸗ nen der Ton lediglich durch die Schwingungen der Luft er⸗ zeugt wird, die ſich an den Waͤnden einer Hoͤhle oder an den ſcharfen Lefzen einer Orgelpfeife bricht. „So hoch auch die Autorität Savart's in Allem, was Acuſtik betrifft, zu achten war, ſo fand doch ſeine Theorie der menſchlichen Stimme wenig Beifall, und er ſelbſt erklaͤrte uns wenige Tage vor ſeinem Ableben, er wuͤrde daran aͤndern und ſie vervollſtaͤndigen. Hoffentlich enthalten ſeine nachgelaſſenen Papiere in dieſer Beziehung intereſſante Nachrichten.“ Herr Dutrochet iſt der Anſicht, das Organ der menſchlichen Stimme beſitze eine ſo hohe Vollkommenheit und ſey ſo bewunderungswuͤrdiger und mannichfaltiger Wir⸗ kungen faͤhig, daß man glauben moͤchte, es koͤnne ſich nach⸗ No. 1481. „ MR, D. . einander in eine Menge verſchiedener Inſtrumente verwan— deln. So laſſen ſich, z. B., die Fiſtel- und Bruſtſtimme als durch zwei verſchiedene Inſtrumente hervorgebracht be— trachten; denn es ſteht gegenwaͤrtig feſt, daß dieſe beiden Ar— ten von Stimmen durchaus verſchiedenartig ſind und nicht durch allmaͤlige Uebergaͤnge zuſammenhaͤngen. Da, wo dieſe beiden Stimmen oder Regiſter aneinander graͤnzen, wo die tiefften Töne der Fiſteltoͤne den hoͤchſten Zonen der Bruſt— ſtimme begegnen, liegen naͤmlich mehrere Noten, die man ſowohl mit der einen, als mit der andern Stimme erzeugen kann. Dieſe den Singkuͤnſtlern laͤngſt bekannte Thatſache iſt erſt ſeit wenigen Jahren von den Phyſiologen beobachtet worden ). Herrn Garcia's Verſuche beſtaͤtigen dieſelbe vollkommen. „Dieſer geſchickte Profeſſor des Geſanges hat Schüler gebildet, die ihr Stimmorgan ſo in der Gewalt haben, daß ſie die Toͤne der Bruſtſtimme ſcharf von denen der Fiſtel— ſtimme trennen koͤnnen. So wurden der Commiſſion ſowohl Maͤnner als Frauen vorgeſtellt, die, nachdem ſie bis zum hoͤchſten Tone der Bruſtſtimme hinaufgeſungen, dann in der Fiſtelſtimme einige Toͤne hoͤher und in derſelben Stimme wieder hinab eine gewiſſe Strecke tiefer gingen, als die Stelle der Tonleiter, bei welcher die Bruſtſtimme aufwaͤrts angehalten hatte, fo daß dieſelben Tone, welche bei'm Hin— aufgehen durch die Bruſtſtimme erzeugt worden waren, nun bei'm Herabgehen durch die Fiſtelſtimme hervorgebracht wur— den. Ja, manche Schuͤler Garcia's fangen hinterein— ander denſelben Ton erſt in der Bruſtſtimme und dann in der Fiſtelſtimme.“ Die Ausdehnung der Stelle in der Stufenleiter der Toͤne, welche der Fiſtel- und der Bruſtſtimme gemeinſchaft— lich angehoͤrt, bleibt ſich bei verſchiedenen Menſchen, je nach * Man findet fie zuerſt in des Dr. Ruſch Philoſophie der Menſchenſtimme (Philosophie de la voix humaine) dar: gelegt. 7 99 ihrer Organiſation und der von ihnen erworbenen Uebung in der beliebigen Anwendung der einen oder der andern Art von Stimme, nicht gleich. ö Unſtreitig wird ſowohl die Bruſt- als die Fiſtelſtimme durch eine wichtige Abaͤnderung an dem Stimminſtrumente erzeugt, und dieß findet ſich durch einen Verſuch des Herrn Garcia vollkommen beſtaͤtigt. Er hat beobachtet, daß bei Erzeugung der innerhalb der beiden Stimmen gemeinſchaft— lichen Strecke der Tonleiter liegenden Tone die Sänger ganz verſchiedene Quantitaͤten Luft verwenden, je nachdem ſie ſich des einen oder des andern Regiſters bedienen. „Dieß bewies Herr Garcia durch folgenden Verſuch: Ein Sänger fuͤllte ſeine Lunge ſo ſtark, als moͤglich, mit Luft und fang nun in der Bruſtſtimme einen gewiſſen, in: nerhalb des beiden Regiſtern gemeinſchaftlichen Bereichs lie— genden Ton ſo lange, bis ihm der Athem ausging. Die Dauer des Tons wurde mittelſt der Schwingungen eines Metronoms gemeſſen. Alsdann holte der Saͤnger wieder eben ſo tief Athem, wie fruͤher und ſang denſelben Ton in derſelben Weiſe in der Fiſtelſtimme. Der Verſuch ward vor der Commiſſion mehrmals wiederholt, und es ergab ſich dabei, daß waͤhrend der Anwendung der Bruſtſtimme das Metronom 24 bis 26, bei der Anwendung der Fiſtelſtimme aber nur 16 bis 18 Schwingungen machte, woraus ſich denn ergiebt, daß bei'm Singen durch die Fiſtel mehr Luft verwendet wird, als bei'm Singen in der Bruſtſtimme.“ Herr Garcia iſt der Anſicht, daß die Fiſtel = und die Kopfſtimme einem und demſelben Regiſter angehören, bei welchem nach ſeiner ganzen Ausdehnung die Erzeugung der Toͤne durch denſelben Mechanismus bewirkt werde. Er gründet dieſe Meinung auf den Umſtand, daß die Fiſtel⸗ und Kopfſtimme durch gleichfoͤrmige Uebergaͤnge mit einan— der zuſammenhaͤngen und auf der Graͤnze beider kein neu— trales Gebiet vorhanden iſt, deſſen Toͤne ſowohl durch die eine, als durch die andere Art von Stimme erzeugt werden können. Er nennt daher dieſes Regiſter die Fiſtel-Kopf—⸗ ſtimme, waͤhrend man bis jetzt gewoͤhnlich die Fiſtel- und Kopfſtimme fuͤr zwei beſondere Regiſter hielt, von denen jene das tiefere, dieſe das hoͤhere ſey. Sowohl die natuͤrliche oder Bruſtſtimme, als die Fi— ſtelſtimme kann, ohne deßhalb ihrer weſentlichen Erzeugungs— art verluſtig zu gehen, zwei Hauptvarietaͤten in Betreff des Klangs darbieten, welche Herr Garcia den hellen und den dunkeln Klang nennt. Während die Stimme die Tonleiter von den tiefern nach den hoͤhern Toͤnen zu durchſchreitet, beobachtet man for wohl bei der hellen Bruſt-, als bei der hellen Fiſtelſtimme eine fortwaͤhrende ſtufenweiſe Erhebung des Kehlkopfs, waͤh— rend das Gaumenſeegel ſich ſenkt. Dagegen behauptet bei Erzeugung der dunkeln Toͤne der Bruſtſtimme von unten weiter aufwaͤrts und ſo weit dieſes Regiſter reicht, der Kehl— kopf beſtaͤndig feine tiefſte und das Gaumenſeegel feine ges hobene Lage. Schreitet die Stimme des Saͤngers, immer im dunkeln Klange, bis zu den oberſten Toͤnen der eigentli— chen Fiſtelſtimme oder bis dahin vor, wo die Stimme zur 100 ſogenannten Kopfſtimme wird, ſo erhebt ſich der Kehlkopf ein Wenig, jedoch bei Weitem nicht ſo bedeutend, als wenn die Kopfſtimme den hellen Klang hat. „Um dieſen Unterſchied der Commiſſion anſchaulich zu machen, ſangen ihr Schuͤler des Herrn Garcia, welche Uebung darin hatten, ihrer Stimme beliebig den hellen oder dunkeln Klang zu geben, Abſchnitte aus der Tonleiter vor, in welchen jeder Ton abwechſelnd in der Fiſtelſtimme mit dem hellen und mit dem dunkeln Klange erzeugt ward. Man konnte ſich dabei in Anſehung der Verſchiedenheit des Klanges nicht irren, indem der eine weit gellender war, als der andere, und obgleich bei beiden Klängen derſelbe Fiſtel— ton erzeugt ward, ſo ſahen wir doch, wie der bei der Erzeu— gung dieſes Tons mit dem hellen Klange in einer hohen Lage feſtſtehende larynx ſich bedeutend ſenkte, ſobald der Ton mit dem dunkeln Klange hervorgebracht ward. Dieſe abwechſelnde Erhebung und Senkung des Kehlkopfs ließ ſich ſowohl mit dem Auge, als mit dem Finger verfolgen.“ Schließlich wollen wir bemerken, daß aus dieſen durch— aus neuen Beobachtungen des Herrn Garcia ſich ergiebt daß die Laͤnge der Stimmpfeife auf die Hoͤhe oder Tiefe der Toͤne nicht einen ſo bedeutenden Einfluß ausuͤbt, als man fruͤher annahm, daß aber die Verſchiedenheit in der Laͤnge der Stimmpfeife zu dem hellen oder dunkeln Klange der Stimme ein conſtantes Verhaͤltniß behauptet. Außer den mit hell und dunkel bezeichneten Klaͤn⸗ gen giebt es noch einige weniger erhebliche, den Kehlklang, den Naſenklang u. ſ. w. Herr Garcia hat verſucht, den Mechanismus dieſer Klaͤnge zu ermitteln; allein die Commiſſion hat ſich nicht von der Haltbarkeit der von ihm in dieſer Beziehung aufgeſtellten Anſichten uͤberzeugen koͤnnen. Am Schluſſe ſeines Artikels beingt Herr Garcia auch die ſo hoͤchſt ſonderbare Modification der Stimme zur Sprache, welche man die Contrabaßſtimme genannt hat, und die denjenigen, der ſie beſitzt, in den Stand ſetzt, noch einige Toͤne unter die gewoͤhnlichen Baßſtimmen hinabzugehen. „Die Toͤne dieſes Regiſters gehören unſtreitig einem eigenthuͤmlichen Stimminſtrumente an, welches von dem ſehr verſchieden iſt, mittelſt deſſen die Toͤne der Bruſtſtimme erzeugt werden. Bei Erzeugung der tiefſten Toͤne dieſes letztern Regiſters ſenkt ſich der Kehlkopf unter die Lage, die er im Zuſtande der Ruhe hat; bei der der tiefſten Toͤne des Contrabaß-Regiſters nimmt er dagegen feine hoͤchſtmoͤgliche Lage an. Herr Garcia konnte die Commiſſion aus dieſem Regiſter nur einen ſehr tiefen und unreinen Ton hören laſſen, welcher mehr einem thieris ſchen Brummen, als einem Tone der menſchlichen Stimme glich. Allein einer der Commiſſaͤre hatte Gelegenheit, die— ſes Contrabaß Regiſter an dem ruſſiſchen Sänger Iwa— noff zu ſtudiren, welcher bis zum g der Octave unter den tiefſten Toͤnen der gewoͤhnlichen Baſſiſten hinabſteigen kann; aber obwohl er dieſe Note viel reiner erzeugte, als die war, welche uns Herr Garcia hören ließ, fo dürfte fie ſich doch kaum auf dem Theater vernehmen laſſen.“ 101 Herr Dutrochet ſprach ſchließlich die Meinung der Commiſſion aus, daß Herr Garcia durch den Scharfſinn und die Genauigkeit, die er bei ſeinen Verſuchen angewandt, mehrere intereſſante Thatſachen beobachtet habe, welche kuͤnf⸗ tig bei der Theorie der Erzeugung der Stimme zu beach⸗ ten ſeyen, weßhalb die Commiſſion darauf antrage, daß dem Sänger Garcia der Dank der Academie zu erkennen ges geben werde. Ueber in Pflanzen vorkommende Infuſionsthierchen. Von Charles Morren, Profeſſor der Botanik an der Univerſitaͤt zu Luͤttich. Bei Durchleſung von Profeffor Roͤper's in den An- nales des Sciences naturelles, Tom. X., Nov. 1836 p. 314, mitgetheilten Unterſuchungen in Betreff der Zellen und Zellenporen von Sphagnum erinnerte ich mich einiger Umſtaͤnde, die ich bei Gelegenheit meiner Forſchun⸗ gen uͤber die einheimiſchen Algen in Erfahrung gebracht hatte, und deren Bekanntmachung ich auch jetzt noch fuͤr nuͤtzlich halte, da ſie zur Aufklaͤrung mancher zweifelhaften Puncte dienen zu koͤnnen ſcheinen. Aus Roͤper's ebenerwaͤhnten Unterſuchungen ergiebt ſich, daß die Zellen von Sphagnum zuweilen mit Oeffnun⸗ gen verſehen find, welche deren innere Hoͤhlung mit der ums gebenden Luft oder dem Waſſer in Verbindung ſetzen. Dies ſer geſchickte Beobachter uͤberzeugte ſich davon, daß unter guͤnſtigen Umſtaͤnden der Rotifer vulgaris, eines der In⸗ fuſionsthierchen, über deren Organiſation wir durch Eh ren— berg's Unterſuchungen Aufſchluß erhalten haben, in den Zellen von Sphagnum obtusifolium vorkommt. Dieſe Pflanze wuchs in der Luft mitten in einer Torfgrube; aber Roͤper führt an, daß das Laub unter Waſſer befindlich geweſen ſey, bemerkt jedoch nicht, ob das Infuſionsthierchen aus dem Waſſer in das Moos eingedrungen oder urſpruͤng— lich in den Zellen vorhanden geweſen ſey. Im Allgemeinen ſcheint ſich aus der Roͤper' ſchen Arbeit zu ergeben, daß dieſe Rotiferi in den der Luft ausgeſetzten Theilen der Pflanze vorkommen, und in dieſem Falle waͤre die Exiſtenz eines ſo complicirten Schmarotzerthierchens in den Beuteln eines in der Luft entwickelten Gewebes eine für die Pflan- zenphyſiologie ungemein merkwuͤrdige Erſcheinung, zumal da dieſes Thierchen im Waſſer lebt. Ich erinnere mich, im letzten Jahre meines Aufenthal— tes in Flandern bei Everghem, unweit Gent, an der Vau- cheria clavata etwas Aehnliches beobachtet zu haben. Herr Unger hat bereits im Jahre 1828 uͤber dieſe Pflanze Nachſtehendes bekannt gemacht: „Unter den entleerten Yu: berkeln und an mehreren Stellen des Hauptſtaͤngels entſprin⸗ gen unter verſchiedenen Winkeln Zweige, die etwas duͤnner ſind, als der Staͤngel, aber dieſen mehrentheils um ein Bedeutendes an Laͤnge uͤbertreffen. Zehn bis zwoͤlf Tage 102 nach deren Entwickelung bemerkt man gegen das eine oder das andere ihrer Enden hin, hier und da bei verſchiedenen Abſtaͤnden von deren Gipfel keulenfoͤrmige Ausläufer, die mehr oder weniger regelmaͤßig und gerade oder ein Wenig zuruͤckgebogen find. Dergleichen zeigen ſich auch an den Seiten des Staͤngels, welche die Geſtalt einer Capſel oder eines Blaͤschens darbieten. Dieſe Bläschen zeigen zuerſt eine gleichfoͤrmige gruͤne Farbe und nehmen ſpaͤter, ohne daß ſich deren Größe, welche mehr, als noch einmal fo bedeus tend iſt, als die der Zweige, vermehrte, immer eine ſchwaͤrz⸗ lichgruͤne Farbe an, die nach der Baſis zu am Dunkelſten iſt, und dann bemerkt man daſelbſt jederzeit deutlich einige, oft von kleinern Koͤrnchen umgebene Kuͤgelchen. Die Koͤrn⸗ chen ſind offenbar bewegungslos, wogegen ſich die Kuͤgelchen in der Capſel durch unregelmaͤßige Zuſammenziehung und Ausdehnung, wobei ſich ihre Geſtalt in einer merkwuͤrdigen Weiſe veraͤndert, langſam hin und her bewegen. Ich ſah dieſe Kuͤgelchen, acht bis zehn Tage nach deren erſtem Auf— treten, noch in der Capſel eingeſchloſſen, ſich immer langſa— mer bewegen und nicht entſchieden größer, wohl aber die Bas ſis der Capſel durchſichtiger werden. Endlich beobachtete ich, daß dieſe Kuͤgelchen nicht, wie ich erwartet hatte, aus der Capſel ausgetrieben wurden, ſondern daß nach einigen Tagen die Spitze der Capſel eine eckige Geſtalt bekam, und daß aus derſelben zwei Fortſaͤtze oder Hoͤrner hervorwuchſen. In dieſem Zuſtande verblieb ſie, immer blaſſer werdend, waͤhrend die Thierchen dunkler wurden und ſtarben. Die Capſel ſelbſt ſtarb zu derſelben Zeit, wie die uͤbrigen Theile der Conferve, ab.“ ) Durch keine ſpaͤtern Unterſuchungen haben wir über das von Unger beobachtete Thierchen weitere Aufſchluͤſſe erhalten. Da dieſer Schriftſteller auf die freiwillige Bewer gung der propagula der Vaucheria ſo viel Gewicht legte, und den Uebergang des Pflanzenlebens, deſſen Haupt⸗ character in der Unbeweglichkeit beftehen ſollte, zum Thier— leben, deſſen vorzuͤgliches Merkmal er in die Beweglichkeit ſetzte, ohne Weiteres annahm, ſo warf man die von ihm entdeckten Thierchen mit den propagula zuſammen, und Niemand beſchaͤftigte ſich ernſtlich mit der fernern Eroͤrte— rung dieſes wichtigen Gegenſtandes. Als ich demnach die Vaucheria elavata bei Ever⸗ ghem fand, gerieth ich in freudiges Erſtaunen, da ich die beweglichen Koͤrperchen Unger's an derſelben noch deutlis cher wahrnahm, als dieſer Naturforſcher. Mit Huͤlfe eines guten Vergroͤßerungsglaſes war es mir ein Leichtes, die wahre Natur des Thierchens zu ermitteln. Daſſelbe iſt kein propagulum oder Brutkorn, ſondern ein aͤchtes Thier, der Rotifer vulgaris, an dem man die radaͤhnlichen Wim⸗ pern, den Schwanz ꝛc. deutlich ſieht. Die erſten Hervorragungen oder Blaͤschen, in denen ich dieſes Thierchen bemerkte, enthielten nur ein Exemplar. Später legte dieſes Eier und vermehrte ſich. Allein es ) Annales des Sciences naturelles, ancienne série. T. XIII. 1828. p. 438. 7 103 ſcheint, als ob die Thierchen alsdann in den Nöhren der Vaucheria hinabſteigen und ſich in neuen Blaͤschen ein— niſten, deren Entwickelung ſie vielleicht beguͤnſtigen, wie die Gallaͤpfel ebenfalls organiſche Umbildungen ſind, welche durch Schmarotzerthiere veranlaßt werden. Der Rotifer vulgaris bewegt ſich in dieſen Hervor— ragungen ganz nach Belieben umher; er geht durch die Scheidewaͤnde, bringt die Chromuͤlekoͤrner in Unordnung und treibt ſie nach den beiden Enden des Blaͤschens, ſo daß daſſelbe an dieſen Theilen dunkler erſcheint. Eines Ta— ges oͤffnete ich eine Hervorragung vorſichtig, und erwartete, daß der Rotifer herauskommen und der allen Thieren, ſelbſt den Infuſorien, ſo lieben Freiheit ſich erfreuen werde; aber ich fand mich getaͤuſcht; er begrub ſich in ſein Gefaͤng— niß und ſtieg in die Roͤhre der Pflanze nieder, wo er ſich in eine Maſſe gruͤner Materie einwuͤhlte, ſtatt ſich der Ge— legenheit zu bedienen, in der Nachbarſchaft ſeines Wohn— orts frei umherzuſchwimmen. Bei mehrern dieſer Hervorragungen hingen an deren unbefeſtigten Enden gruͤnliche Fäden, bei andern war dieh nicht der Fall. Ich glaubte Anfangs, dieſe Faͤden beſtaͤnden aus Schleim, der von Innen herausdringe, und zwar durch eine Oeffnung, durch welche der Rotifer hereingekommen ſeyn koͤnnte. Allein durch aufmerkſame und laͤngere Beob— achtung uͤberzeugte ich mich davon, daß keine Continuitaͤts— trennung in den Hervorragungen ſich befinde, und daß das Vorkommen der Rotiferi in den Vaucheriae keinesweges auf dieſe Weiſe zu erklaͤren ſey. Wie entſtehen aber dieſe Schmarotzerthierchen darin? Dieß bleibt noch zu ermitteln. Einſtweilen halte ich es fuͤr nicht uͤberfluͤſſig, bekannt zu machen, daß das von Unger in den Vaucheriae ent⸗ deckte Thierchen der Rotifer vulgaris iſt. (Aus dem Bulletin de l’Acad, roy. de Bruxelles, Vol. VI. No. 4. Annals of Nat. Hist. No, XXXVII. Jan. 1841.) 104 Miscellen. Der Beſuch des Vulkans Kirauea auf Oweihi durch die nordamericaniſchen Capitaͤne Chaſe und Parker am 7. und 8. Mai 1838 macht uns mit manchen Umſtaͤnden bekannt, welche in unfern fruhern Mittheilungen über dieſen intereſſanten Vulkan nicht enthalten ſind. So beſuchten dieſelben einen 5 bis 600 Fuß vom Krater entfernten Spalt von etwa 30 Fuß Breite und 5 bis 600 Fuß Länge, aus welchem überall eine gewaltige Menge Waje ferdampf hervorquaimt, der fo heiß iſt, daß er in wenigen Minus ten Kartoffeln kocht. Dieſer Dampf ſchlaͤgt ſich nieder und bildet nicht weit und noͤrdlich vom Spalte einen Teich mit ſehr gutem trinkbaren Waſſer, der mit üppig wachſenden Bäumen umgeben iſt und von Waſſergefluͤgel wimmelt. Merkwuͤrdig iſt auch, daß ſich in dem großen Feuerſee des Kraters damals eine Inſel befand; dieſelbe war ziemlich in der Mitte des Sees und wurde von der aufwogenden Lava nie uͤberfluthet, obwohl ſie, wie ein Schiff, hin und her ſchwankte. Diefe Snfel war im Jahre 1839, wo Capi⸗ taͤn Shepherd den Vulkan beſuchte (Vergl. No. 346 der Neuen Notizen), nicht mehr vorhanden. Wie damals, ſo auch in der Nacht vom 8.—9. Mai 1838, verwandelte ſich ein großer Theil des am Tage ſchwarzen und nur von glühenden Spalten durchzo— genen Grundes des Kraters plotzlich in ein Feuermeer, zum Bes weiſe, wie gefaͤhrlich der Beſuch dieſes Kraters, und daß es nur einer beſondern Gunſt des Schickſals beizumeſſen iſt, wenn von den vielen europaͤiſchen Reiſenden, die bereits in denſelben geſtiegen ſind, noch keiner ein Opfer feiner Kuͤhnheit ward. Ueber die Temperatur in China in fruͤhern Zei⸗ ten hat Herr E. Biot Unterſuchungen angeſtellt. Indem er die gewoͤhnlich cultivirten Pflanzen, die Epochen der Erziehung des Seidenwurmes, die der Ankunft und des Abziehens der Zugvoͤgel und die meteorologiſchen Erſcheinungen zuſammenſtellte, kam er zu dem Schluſſe, daß die Temperatur ſeit den größten Perioden des Alterthums nicht weſentlich varürt hat. Er hat ſeine Zeugniſſe für neuere Zeiten aus den Beſchreibungen der Miſſionare und Eu— ropaͤiſchen Reiſenden geſammelt, und fir alte Zeiten aus den heili- _ A en Tschi-king und Tschu-king, und aus dem Tscheau- tschu. Necrolog. — Der durch ſeine Bemuͤhungen um die Ein⸗ balſamirung der Leichen verdiente Profeſſor der Chemie, zu Paris, J. N. Gannal, iſt daſelbſt im Januar geſtorben. DE ene Unterſuchungen uͤber den eigentlichen Sitz der Brucheinklemmung. Von Herrn Di nd a y. (Schluß.) Die gluͤcklichen Bruchoperationen ohne Eroͤffnung des Bruchſackes ſind uͤbrigens ſchon zahlreich: 4 erwaͤhnt A. Cooper in ſeinem Werke uͤber die Unterleibsbruͤche, einen Bransby Cooper, 6 Aſton Key, 1 Berard (Gaz. méd. 1839 p. 691.) und 9 hat Bonnet; im Ganzen alſo 22 guͤnſtige Faͤlle. Die letzten 9 verdienen, da fie noch nicht bekannt gemacht worden ſind, eine naͤhere Er— waͤhnung. Zuvoͤrderſt iſt zu bemerken, daß die taxis durch den bloßgelegten Bruchſack keinesweges, wie es Malgaigne behauptet, leichter gelingt, als durch die aͤußere Haut. Ich kenne keinen Fall, wo die Reduction durch den Sack allein gelungen waͤre, und Herr M. ſcheint ebenfalls keinen zu kennen, da er allen Wundaͤrzten den Vorwurf macht, dieſen Theil der Operation vernachlaͤſſigt zu haben. Es waͤre dieß ein großer Vorwurf, da hiernach alle, oder wenigſtens der 105 größte Theil der früheren Bruchoperationen unnöthig geweſen wäre und felbft bei den angeführten 22 Operationen die Einſchneidung des Bruchringes uͤberfluͤſſig ſeyn würde. Jene Behauptung iſt aber nicht richtig; denn es finden ſich, z. B., bei Cooper 2 Beobachtungen, wo die taxis bei bloßge— legtem, aber nicht geoͤffnetem Bruchſacke nicht gelang, ob— wohl der aͤußere Bruchring eingeſchnitten war, waͤhrend der Darm ganz leicht zuruͤckglitt, nachdem auch der innere Bruch— ring ohne Eroͤffnung des Bruchſackes eingeſchnitten war. Ebenſo bei einem Cruralbruche, welcher nach Einſchneidung des Poupartiſchen Bandes ohne Eröffnung des Bruchſack— halſes durchaus nicht zuruͤckgebracht werden konnte, dis noch eine Falte der fascia transversalis ebenfalls ohne Eroͤff⸗ nung des Bruchſackes getrennt war. Uebrigens giebt es auch noch Beobachtungen, in welchen vor Einſchneidung des Bruchringes der Bruchſack in feiner ganzen Laͤnge gefpalten war. Denn in dieſem Falle war der Darm gewiß freier von jeder andern Conſtriction, als die, welche durch den Bruchring gebildet wurde; hierher gehört die 209te Beob— achtung von A. Cooper, ſo wie folgender von mir bereits aer (Gaz. méd. 1839 No. 44.) bekannt gemachte all: Achter Fall. Ein eingeklemmter Cruraldarmnetz— bruch wurde am 13. Juli 1835 in der Salpétrière von Herrn A. Berard operirt. Als dieſer die Einklem— mung loͤſen wollte, war er nicht im Stande, eine Sonde zwiſchen den Bruchſack und den Darm einzubringen. Er legte daher den Cruralbogen bloß, ſchob das Biſtouri zwi— ſchen der aͤußern Flaͤche des Bruchſacks und dem Ligamente ein und ſchnitt das letztere mehrmals ein. Die Erweiterung des Bruchringes geſtattete alsdann das Hervorziehen des Darmes, welches ſo leicht gelang, obwohl es vorher ganz vergeblich verſucht worden war, daß man leicht einſah, wie die Einklemmung in dieſem Falle von dem Bruchſackhalſe ganz unabhaͤngig war. Neunter Fall. Philipp, ein junger Mann von 21 Jahren, hatte feit feinem 9ten Jahre einen beweglichen Leiſtenbruch, ohne ein Bruchband zu tragen. Bei einer Anz ſtrengung wurde derſelbe ploͤtzlich groͤßer, geſpannt und ſchmerzhaft; es folgte Fieber, Unruhe, am andern Morgen galliges Erbrechen, Colik, nervöfes Zittern. Dreißig Stun: den nach Beginn der Zufaͤlle kam er in das Hötel Dieu zu Lyon; der Puls war bereits klein, die Extremitaͤten kalt; die taxis blieb erfolglos, ſelbſt nach einem Bade und nach Anwendung von Eisumſchlaͤgen. Die Symptome nahmen zu; es wurde von Bonnet die Operation mittelſt eines Einſchnittes in der Gegend des innern Bruchringes begon— nen, welcher über die ganze Geſchwulſt herabgefuͤhrt wurde. Es wurde das Zellgewebe und die fibroͤſe Schicht durchſchnit— ten, welche vom aͤußern Bruchringe abgeht. Da die Re— duction noch nicht gelang, ſo wurde die Aponeuroſe des obliquus externus in der ganzen Laͤnge des Leiſtencanals geſpalten. Als dieſer Schnitt gemacht war, dehnte ſich der in dem Leiſtencanale liegende Theil faſt eben fo beträcht: lich aus, wie der weiter nach Unten liegende Theil des Brus 106 ches. Als nun die Faſern des eremaster und ber aͤußere Rand des innern Bruchringes eingeſchnitten war, ſo dehnte ſich der Bruchſack noch mehr aus, je mehr er von den Um— ſchnuͤrungen befreit wurde; da nun Herr Bonnet kein Hinderniß mehr für den Ruͤcktritt der Theile fühlen konnte, ſo beſchloß er, die Reduction ohne Oeffnung des Bruchſackes zu machen. Dieß gelang leicht, aber der Darm trat mit Leichtigkeit wieder hervor und konnte erſt bei dem dritten Verſuche zuruͤckgehalten werden; die Symptome verminder— ten ſich; dennoch erfolgte noch einmal Erbrechenz Stuhlgang trat erſt 22 Stunden nach der Operation, ein und es wa— ren noch zweimal 20 Blutegel und olige Abfuͤhrmittel noͤthig. Dieß waͤren alſo 4 Faͤlle, in welchen die Reduction durch den bloßgelegten Sack erſt gelang, nachdem der Bruch— ring erweitert war. Ein fuͤnfter Fall folgt weiter unten unter No. 16. Bemerkenswerth iſt die Ausdehnung des Bruchſackes, fo wie die fibröfen Faſern außerhalb deſſelben durchſchnitten wurden. Hier iſt von keiner fibroͤſen Degene— ration des Bruchſackhalſes, ſondern von Faſern die Rede, welche den Bruchſackhals zuſammenfalten und verengen. Dieſe aponeurotiſchen Streifen find bei dem Bruchſchnitte ohne Eröffnung des Bruchſacks von Wichtigkeit. Es iſt bekannt, wie ſehr die ſcheinbare Genauigkeit irre führt, womit man die Zahl der Huͤllen des Bruchſackes angeben wollte. In practiſcher Beziehung iſt es ebenſo nachtheilig, die Bruch— ringe als Oeffnungen mit einem regelmaͤßigen beſtimmten Rande zu beſchreiben. Die chirurgiſche Anatomie hat dieſen Irrthum beſeitigt. Um ſich indeß davon vollkommen zu uͤberzeugen, muß man eine Herniotomie außerhalb des Bruch— ſackes, beſonders bei einem Leiſtenbruche, mit angeſehen haben, wo die oberflaͤchlichen Theile ganz frei und ſichtbar daliegen. Die fibroͤſen Stränge, welche in der Gegend des Bruchſack— halſes haufig zu 6 oder 8 vorhanden find, meiſtens in der Queere, einzeln oder mit einander verwirrt verlaufen und durch den Bruchſack undeutlich gemacht werden, welcher ſich in ihre Zwiſchenraͤume eindraͤngt, dieſe fibroͤſen Straͤnge, welche die Reduction verhindern, zeigen hinreichend, daß die genaue Beſtimmung des Sitzes der Einklemmung mehr durch das Biſtouri des Wundarztes, als durch das Scalpell des Anatomen gegeben werden kann. Dadurch entſtehen Schwies rigkeiten fuͤr den Operateur; es folgt aber auch die Lehre, daß man die Operation in viele einzelne Schnitte einthei— len muß. Vor jeder neuen Loͤſung einer Einſchnuͤrung muß man auf's Neue die Reduction verſuchen und ſo Schritt fuͤr Schritt vorſchreiten. Solche Operationen ſind ſicherer und jedenfalls von gleichem Werthe, wie die alte Methode, wobei auf einmal und ohne Ruͤckſicht der Bruchſack und der Bruchring geſpalten wurden. Dieſe anatomiſche Eigenthuͤmlichkeit iſt eben ſo leicht nachzuweiſen, wenn man den Bruchring von Innen nach Außen fpaltet, als wenn man mit den tiefer liegenden Theis len anfaͤngt; wie man gleich ſehen wird. Zehnter Fall. Im März 1840 wurde Herr Bon- net durch Dr. Montain zu einer Dame gerufen, welche ſeit 16 Stunden an einem eingeklemmten Cruralbruche litt. Der 107 Bruch beſtand ſeit 15 — 16 Jahren und war immer gut zurückgehalten worden. Man verwendete 3 Stunden zu Reductionsverfuhen, unter Bihülfe von Eis und Blutegeln. Sie blieben erfolglos, und es wurde die Operation beſchloſ— ſen. Man trennte Haut und Zellgewebe; hierauf wurde ein kleiner Einſchnitt durch die aponeurotiſche Platte, welche nach Unten das Fallopiſche Band verlaͤngert, gemacht. Herr Bonnet ſchob eine Hohlſonde unter, durchſchnitt ſie und legte den Bruchſackhals bloß, welcher ſehr verengt war, ſich aber allmaͤlig ausdehnte, ſo wie die denſelben bedeckenden fibroͤſen Straͤnge getrennt wurden. Ihre Reduction gelang leicht; die Zufälfe verſchwanden bald, nur die Wunde brauchte lange Zeit zur Vernarbung. Auffallend iſt bei allen dieſen Beobachtungen die geringe Schwierigkeit der Reduction, welche unmittelbar nach Erwei— terung des Bruchrings durch den leichteſten Druck gelingt; dieß kann man nicht von der Entbloͤßung des Bruchſackes allein herleiten, wenn man bedenkt, welche Schwierigkeiten die gewoͤhnliche Taxis verurſacht. Schon dieß allein ſcheint ein Beweis fuͤr die Einklemmung durch den Bruchring. Eilfter Fall. Eine Frau Rafin, 45 Jahre alt, kraͤftig, hatte ſeit zwei Jahren einen unbeweglichen Crural— bruch. Am 22. Juni 1838 vergroͤßerte ſich derſelbe in ei— nem hyſteriſchen Anfalle; es folgten heftige Coliken und Er— brechen, welches die Nacht anhielt. Die Taxis gelang nicht, und die Kranke wurde nach dem Hötel-Dieu von Lyon geſchickt. Die Geſchwulſt iſt geſpannt, roth, empfindlich, der Unterleib aufgetrieben, das gallige Erbrechen haͤlt an, die Haut iſt kalt, der Puls klein, die Unruhe ſehr groß. Ein Bad, 30 Blutegel, Taxis ohne Erfolg und 20 Stunden nach der Einklemmung die Operation. Bonnet trennte die Haut, das Zellgewebe und die fibroͤſe Schicht. Er kam nun auf eine rundliche, ſchwarz-violette Maſſe, aͤhnlich einem venoͤs⸗infilirirten Darm; obgleich er den Sack noch nicht ein— geſchnitten hatte, ſo war Bonnet doch etwas unſicher uͤber die Beſchaffenheit dieſes Theiles und beſchloß, den Bruch— ring außerhalb des Bruchſacks zu erweitern. Er brachte, nicht ohne Schwierigkeit, eine Hohlſonde unter das ligam. Fallopiae, und in dem Momente, wo er einſchnitt, fühlte der Aſſiſtent, welcher die Geſchwulſt etwas nach Unten hal— ten mußte, eine Bewegung, woraus er vermuthete, daß der Bruch zuruͤckgebracht ſey. Dieß beſtaͤtigte ſich; die vorlie— gende Maſſe war ſchlaff geworden und beſtand offenbar aus dem durch einige Zellſchichten verdickten Bruchſacke. Die Heilung erfolgte ohne Stoͤrung. Ein noch ſichrerer Beweis dafür, daß die Einklemmung wirklich in dem Bruchringe ihren Sitz hat, wuͤrde dadurch gegeben, daß man nach Bloßlegung des Bruchſacks die Taxis verſuchte, bevor man den Bruchring einſchnitte; bleibt als— dann der Bruch unbeweglich, und wird er alsdann erſt nach Erweiterung des Bruchringes zuruͤckgebracht, fo bleibt kein Zweifel uber den Sitz der Einklemmung. Zwoͤlfter Fall. Madam David, 38 Jahr alt, hatte ſeit zwei Jahren einen Cruralbruch, welcher nur un— vollkommen durch ein Bruchband zuruͤckgehalten wurde. Am 108 24. Juni bemerkte ſie an heftigen Coliken, daß der Bruch herausgetreten ſey. Der Umfang war betraͤchlicher, als ges woͤhnlich; es folgte Uebelkeit und Erbrechen, welches noch 14 Stunden nach den erſten Zufaͤllen anhielt, als die Kranke in das Hötel-Dieu gebracht wurde. Der Unterleib war aufgetrieben, die Geſchwulſt von maͤßigem Umfange, aber hart, roth und von aͤußerſter Empfindlichkeit. Einige Taxis⸗ verſuche waren vergeblich angeſtellt worden; ein zweiter Ver— ſuch von Herrn Bonnet blieb ebenfalls erfolglos; nach Anwendung von 30 Blutegeln, einem Bad und bei ſchraͤger Lagerung ging es mit einem dritten Verſuche ebenſo. Die Operation wurde 17 Stunden nach der Einklemmung, wie bei dem zehnten Falle, ausgeführt, indem man von den tie— fern Schichten zu den oberflaͤchlicheren kam. Die Reduction gelang ohne Schwierigkeit. Die Heilung erfolgte ſehr raſch. Dreizehnter Fall. Joſeph Albin, 54 Jahre alt, hat ſeit 8 Jahren einen Leiſtenbruch, welcher bei einem ſchlechten Bruchbande haͤufig vorkam. Am 7. Maͤrz 1840 geſchah daſſelbe; die Reduction gelang nicht, es folgten Co— liken und Erbrechen; der Kranke wurde ſogleich in das Hö- tel-Dieu gebracht. Sein Geſicht hatte einen Ausdruck von Stupor, dabei allgemeines Zittern, kalte Extremitaͤten, ſchwa— cher Puls, anhaltender Schluchzen. Anhaltende Taxisverſu— che waren, ſelbſt bei erhoͤhtem Becken vergeblich. Herr Bon— net operirte nun ſo, daß er die Aponeuroſe des obliquus externus bloßlegte, ein Wenig oberhalb des aͤußern Bruch— rings eine kleine Oeffnung machte und durch dieſe eine Hohl— ſonde unter dem Leiſtenringe hervorſchob. Nach Erweiterung deſſelben trat der Darm leicht zuruͤck; der Stuhlgang ers folgte erſt am dritten Tage; dennoch war der Kranke in we— niger als einem Monate vollkommen geheilt. Vier zehnter Fall. Müller, 65 Jahre alt, hielt einen Leiſtenbruch, den er ſeit mehreren Jahren hatte, nur unregelmaͤßig mit einem Bruchbande zuruͤck. Am 6. Mai 1831 erfolgte eine Einklemmung; er kam erſt am zweiten Tage nach dem Hötel Dieu mit aufgetriebenem Unterleibe, Schluchzen und Kothbrechen. Die Taxis blieb erfolglos; die Gefahr nahm zu, und Bonnet operirte 50 Stunden nach der Einklemmung auf die angegebene Weiſe. Nach Durchſchneidung der ſehnigen Theile ging der Darm leicht zuruͤck; die Heilung erfolgte raſch, aber der Bruch trat nach— her ebenſo leicht hervor. Man koͤnnte mir den Einwurf machen, daß der Bruch— ſack bei allen dieſen Operationen nicht immer gefchont wor— den ſey, wie es vor Kurzem einem Pariſer Kliniker geſchehen ift, welcher behauptet hatte, den Bruchſack nicht eingeſchnit— ten zu haben, und welcher durch die Seetion widerlegt wurde. Eine ſolche Taͤuſchung muͤßte jedoch bewieſen wer— den, ſonſt koͤnnte man jedenfalls mit gleichem Rechte das Gegentheil feſthalten; und in der That, wie ſollte man glau— ben, daß unter 22 Faͤllen der Operateur nicht ein einziges Mal geſchickt genug geweſen ſeyn ſollte, den Bruchſack zu ſchonen, den er doch vor Augen hatte? Ueberdieß iſt zu be⸗ merken, daß Bonnet vorher alle fibroͤſen Theile, die durch— ſchnitten werden ſollen, bloßlegt und ſich einer ſehr ſtumpfen 109 Hohlſonde bedient. Herr Malgaigne giebt indeß keine anderen Beweiſe, als die durch die Section zu. Eine Sec⸗ tion kann hier auf doppelte Art beweiſend werden: entweder kann ſie zeigen, daß bei einem eingeklemmten Bruche der Bruchſack fo zart war, daß er eine Einſchnuͤrung nicht bes wirken konnte, oder ſie kann zeigen, daß nach einer erfolg— reichen Durchſchneidung des Bruchringes, der Bruchſackhals unverſehrt geblieben iſt. Der erſte Beweis findet ſich ſchon in den Faͤllen 6 und 7; der zweite Beweis, die Integrität = Bruchſackes nach dem Tode, findet fih in folgendem alle: Funfzehnter Fall. Anna Do ve, 48 Jahre alt, hatte ſeit fünf Jahren einen Cruralbruch, welcher ſich ein: klemmte. Drei Tage darauf kam ſie in das Spital; die Geſchwulſt war hart, ſchmerzhaft, unbeweglich; der Untere leib war geſpannt und ſehr empfindlich; Erbrechen, kleiner Puls, Angſt ꝛc. Herr Bransby Cooper machte die Ope⸗ ration. Er legt den Bruchſack bloß; er fuͤhrt ſeinen kleinen Finger zwiſchen ihm und dem engen Bruchringe ein und er: weitert mittelſt eines Bruchmeſſers. Die Reduction gelingt leicht; der Bruchſack bleibt leer zuruͤck. Drei Tage darauf erfolgte det Tod durch Peritonitis. Bei der Section fand ſich im Unterleibe eine chocoladenbraune Ergießung; der Darm war an mehreren Stellen brandig, an andern ulcerirt; eine Verletzung des Bruchſackes hatte nicht ſtattgefunden, denn derſelbe konnte mit Waſſer gefüllt werden (Gaz. med. 1837. p. 105). Bei dieſer Beobachtung koͤnnte man noch den Einwurf machen, daß die Operation ganz unnoͤthig war, in: dem man nach Bloßlegung des Bruchſackes die Taxis nicht verſucht hatte. Keine Art von Einwurf laͤßt ſich jedoch ge— gen folgende Beobachtung machen. Sechszehnter Fall. Claudine Renee, 37 Jahr alt, hatte ſeit acht Jahren einen Cruralbruch und hielt ihn nicht ſorgfaͤltig zuruck. Am 30. Juli 1838 trat der Bruch heraus; es erfolgte Colik und Erbrechen; die Taxis wurde vergeblich verſucht; die Kranke kam in das Krankenhaus, wo nach Blutentziehungen und Eisumſchlaͤ— gen die Taxis auf's Neue vergeblich verſucht wurde. Da Spannung und Empfindlichkeit der Geſchwulſt zunahm, fo machte Bonnet 20 Stunden nach der Einklemmung die Operation. Er legte zuerſt den Cruralbogen bloß, faßte die— ſen mit einer ſpitzen Pincette, hob ihn in die Hoͤhe und durchſchnitt ihn mit der Scheere, was muͤhſam war. Die Reduction gelang nachher nicht; es mußte zuerſt noch ein ſehniger Strang mit der Scheere durchſchnitten werden, wel⸗ cher den Hals der Bruchgeſchwulſt einſchnuͤrte. Hierauf trat der Darm bald nach einigen Preſſionen zuruͤck. Eine ziemlich betraͤchtliche Blutung noͤthigte zur Tamponade. Der Stuhlgang trat erſt am zweiten Tage ein, obgleich ſchon am erſten die Coliken und das Erbrechen aufge— hört hatten. Ein Schmerz mit ſtarker Spannung entwik⸗ kelte ſich in der Umgebung der Wunde, breitete ſich aus und complicirte ſich, trotz der antiphlogiſtiſchen Behandlung, mit heftigem Fieber. Die Kranke ſtarb am neunten Tage nach der Operation. Die Section wurde 24 Stunden nach 110 dem Tode gemacht. Es fand ſich keine Spur von Perito: nitis. Es war nicht einmal die früher eingeklemmte Darm— ſchlinge genau zu erkennen. Zwiſchen dem aͤußern und in⸗ nern ſchraͤgen Bauchmuskel fand ſich von der Leiſtenfalte bis zur Achſelhoͤhle eine Eiterinfiltration; an mehreren Stellen war das Zellgewebe gangraͤnoͤs. Der Bruchſack war auf feiner aͤußern Fläche mit einer grauen, pfeudomems branoͤſen Schicht bedeckt. Bei genauer Unterſuchung fand ſich, daß er nirgends verletzt war. Er zeigte zwei kreis— runde Stricturen, 7 Linien auseinander, entſprechend den beiden Muͤndungen des Cruralcanals. Zwiſchen dieſen bei— den Stellen war er wenig ausgedehnt, weiter nach Unten bekam er den Umfang des Daumens; die Hoͤhle enthielt einige Pſeudomembranen; die Wände deſſelben beſtanden aus dem Peritonaͤum, mit einer Fettzellgewebſchicht bedeckt und einer feinen fibröfen Schicht umkleidet; an den beiden ver: engten Stellen war durchaus keine Spur von Hypertrophie zu bemerken. Bei dieſer Beobachtung ſind alle Einwuͤrfe beſeitigt, ſo daß ſie fuͤr ſich allein hinreichen wuͤrde, zu beweiſen, daß die Brucheinklemmung von dem Bruchringe abhaͤnge. Alle Schriftſteller geben an, daß die Einklemmung des Bruchſackhalſes, beſonders bei alten Bruͤchen, welche nur unregelmaͤßig zuruͤckgehalten wurden, vorkomme; ich will dieß nicht beſtreiten, wenn man dieſer Behauptung nicht mehr, als einen bloß approximativen Werth beimeſſen will; eine abſolute Gültigkeit anzunehmen, wäre irrationell und gefährlich; denn man müßte alsdann in allen Faͤllen, wo der Bruch laͤnger beſteht und ſchlecht zuruͤckgehalten wurde, den Sitz der Einklemmung nur in dem Bruchſackhalſe fu: chen. Von vierzehn alten Bruͤchen war bei ſieben Faͤllen das Heraustreten der Daͤrme unvollkommen verhindert wor⸗ den, und doch hatte die Einklemmung nur ihren Sitz in dem Bruchringe. So auch in folgendem Falle: Siebenzehnter Fall. Pierre Boudoz, 28 Jahr alt, kam am 27. Februar 1840 in das Hötel- Dieu zu Lyon. Im achten Jahre hatte er durch einen Fußtritt einen Leiſtenbruch bekommen, welcher nur zwei Jahre lang durch ein Bruchband zuruͤckgehalten wurde, und nachher ohne Bruchband haͤufig hervortrat, aber leicht zuruͤckging. Am Morgen vor feiner Aufnahme war der Bruch vorgetres ten und unbeweglich geworden. Zwei Stunden darauf folgte Erbrechen, leichte Colik und zweimal Stuhlgang. Obgleich die Symptome nicht ſehr deutlich waren, ſo entſchloß ſich Bonnet, nach vergeblicher Taxis, dennoch zur Opera— tion, welche auf die angegebene Weiſe ausgefuͤhrt wurde. Stuhlgang ſtellte ſich zwei Tage danach ein, und der Kranke verließ geheilt das Spital. Das Wichtigſte bei dieſen Mittheilungen iſt die An⸗ wendung des Bruchſchnittes ohne Eröffnung des Bruchſak⸗ kes. Beſchraͤnken wir uns auf die Erfahrung von Bon: net, welcher auf neun Opetitte zwei todte Faͤlle hatte, (mo: von einer noch dazu nicht zu rechnen iſt, da die 62jährige Frau, am dritten Tage nach der Einklemmung, bei der Ope— ration bereits ſo erſchoͤpft war, daß ſelbſt die durchſchnit— 111 tenen Arterien kein Blut mehr gaben), fo ermuthigt dieß ſehr zur Annahme der neuen Operationsmethode, wonach der Zuſtand ganz wie bei einer gluͤcklichen Taxis iſt. *) (Gaz. med. No. 50.) Von der Luxation des Handgelenks nach Hinten (Sir A. Cooper's Luxation nach Vorn) iſt ein in dem Hötel des Invalides zu Paris vorgefommener Fall von Herrn Pasqufer, dem Sohne, beſchrieben worden: Jacob Colomb, 63 Jahr alt, that am 13. Februar einen en über welchen er einen genauen Bericht zu geben nicht vers mochte. Bei ſeiner Ankunft im Hoſpitale erkannte der Chirurg eine Luxation des Gelenks der Handwurzel mit dem Vorderarmknochen nach Hinten. Das untere Ende beider Knochen des Vorderarms bildet eine deutliche Hervorragung am vordern Theile des Handge— lenks; die Handwurzel bildet eine aͤhnliche Hervorragung nach Pins ten; oberhalb dieſer Vorragung bemerkte man einen Eindruck; die Hand war in gewaltſame Streckung gebracht, und ihre Axe wich von der des Vorderarmes ab. Die Reduction dieſer Luxation bot keine Schwierigkeit dar und wurde alfobald von dem Wundarzte, welcher die Wache hatte, bes werkſtelligt. Nachdem dieſer mit ſeiner rechten Hand die Hand des Kranken gefaßt und die linke den Vorderarm unterſtuͤtzt hatte, legte ein Gehülfe ſeine Haͤnde um den Ellenbogen und bewirkte die Contraindication. Kaum waren durch die Extenſion die Kno— chen etwas voneinander entfernt und frei, als die Normalverhaͤlt— niſſe des Gliedes von ſelbſt wieder ſich ordneten. Dieſe Luxationen ſind ſelten und zwar in ſolchem Grade, daß, der Meinung von Delpech, Monteggia, Sam. Cooper, Le— veille, Boyer und von Richerand entgegen, Dupuytren fie gänzlich laͤugnen zu koͤnnen glaubte. Ehemals ſah man nur Luxationen in den Unordnungen, welche an dem untern Theile der Knochen des Vorderarms, in Folge von Fallen auf die Handfläche, vorkommen und von Gewaltthaͤtigkeiten, die auf dieſelbe in der Richtung der Axe des Gliedes ausgeübt werden. Pouteau machte mit zuerſt darauf aufmerkſam, welchen Antheil bei dieſen Verlez⸗ zungen die Fracturen verdienen koͤnnten. Deſault ſprach ſehr ausführlich davon, daß die Fracturen der unteren Ertremität des radius ſehr oft mit Luxation derſelben Ertremität dieſes Knochens vers „) Bonnet hat außer jenen neun Fällen noch ſieben Mal die Bruchoperation ohne Eröffnung des Bruchſackes verſucht, war aber genoͤthigt, die Operation mit Oeffnung des Sackes zu beenden, indem zweimal eine Einklemmung durch den Bruch ſackhals, zweimal Verwachſung des Darmes und Bruchſacks, einmal dieſe beiden Umftände zugleich vorhanden, und zweimal (bei Cruralbruͤchen bei ſehr fetten Frauen) die Loͤſung der ein⸗ ſchnuͤrenden fibröfen Stränge außerhalb des Sackes zu ſchwie— rig war. Von dieſen ſieben Faͤllen endeten vier mit dem Tode; drei wurden geheilt. 112 wechſelt wurden. Die Arbeiten von Dupuytren uͤber dieſen Ge⸗ genſtand find zu bekannt, als daß es noͤthig wäre, fie hier in's Gedaͤcht⸗ niß zuruͤckzurufen; aber dadurch, daß er die Luxationen des Hand— gelenks voͤllig laͤugnete, hat Dupuytren ſich eben ſo weit von der Wahrheit entfernt, als er ihr auf einer andern Seite nahe kam, indem er bewies, daß in den meiſten Faͤllen die angeblichen Luxationen des Handgelenks nichts anders ſind, als Fracturen des untern Endes des radius. Wie dem nun auch ſey, ſo haben wir geſehen, daß die Re⸗ buction in dem vorliegenden Falle keine Schwierigkeit darbot. Den folgenden Tag ließ man dem Kranken zur Ader. Den darauf folgenden Tag legte man, bei völliger Abweſenheit aller Localent— zuͤndungszufaͤlle, einen feſtwerdenden Staͤrkemehlverband an, in der doppelten Abſicht, alle weitere Verruͤckung zu verhindern und die Articulation auf einige Tage zur noͤthigen voͤlligen Ruhe zu zwingen. Am 10. Mai wurde dieſer Verband abgenommen. Das Ges lenk hatte nothwendiger Weiſe damals einen gewiſſen Grad von Steifigkeit behalten, der ſich aber bald nachher, unter dem Eins fluſſe von opiathaltigen Linimenten, verloren hat. e ee Die Operation der Kurzſichtigkeit durch Myo⸗ tomie iſt, nach Casper' ns Wochenſchrift Nr. 15., auch in Deutſchland vom Prof. Kuh ſelbſtſtaͤndig am 6. Maͤrz und am 29. März d. J. ausgeführt worden. Sein Verfahren beſteht das rin, daß er alle vier geraden Augenmuskeln in zwei verſchiedenen Zeiten durchſchneidet, während Guerin zwei gerade Augenmus— keln, Philipps den obern ſchraͤgen Augenmuskel und Bonnet den untern ſchraͤgen Augenmuskel durchſchneidet. Der Erfolg ſei⸗ nes Verfahrens war, bei dem erſten Kranken, der, daß ein Auge, welches vor der Operation nur 4 Zoll weit Schrift erkannte, nach der Durchſchneidung des aͤußern und innern geraden Augenmuskels 5 Zoll weit, nach der Durchſchneidung des obern und untern gera- den Augenmuskels (drei Wochen ſpaͤter) 9 Zoll weit ſah. Bei der zweiten Kranken bewirkte die Durchſchneidung des geraden aͤußern und innern Muskels keine Verbeſſerung. Dr. Kuh verſpricht ſich von der Durchſchneidung des Rollmuskels keine Huͤlfe, indem dies fer Muskel den Augapfel in einer, die Sehaxe faſt ſenkrecht tref⸗ fenden Richtung anziehen, alſo eher eine Verkuͤrzung, als eine Verlaͤngerung derſelben bewirken koͤnne. Er wirft daher die Frage auf, ob nicht „in der Durchſchneidung der beiden ſchiefen Augen— muskeln die Verbeſſerung weitſichtiger Augen liege.“ Den Verſuch mit Kali hydroiodieum zur Beſeitigung der Färbungen, welche durch Hoͤllenſtein veranlaßt ſind, empfiehlt Herr Dawſon in dem Decemberhefte des Lancet. Weil das Kali hydroiodicum auf der Stelle die mit Hoͤllenſtein auf der Haut gemachten Flecke wegnimmt, fo meint er, ſey es des Verſu⸗ ches werth, ob durch innern Gebrauch des Kali hydroiodieum oder durch Anwendung deſſelben nach der endermatiſchen Methode nicht auch die durch innern Gebrauch des ſalpeterſauren Silbers entſtandenen allgemeinen Faͤrbungen zu beſeitigen ſeyn möchten. — — ——— ͤ— ———— ——ꝛ Bibliographische Notice sur les Glaciers, les Moraines et les Blocs erratiques des Alpes. Par Ch. Godefroy. Geneve 1840, 8. Sur la multiplication des sangsues. Par M. Huzard fils. ris 1841. 8. M. 1 K. Pa- mweuigkeite n. The mineral Springs in England and their curative effects: with remarks on Bathing and on artificial Mineral Waters. By Edwin Lee. London 1841. 12. Practical Essays. By Sir Charles Bell. Edinburgh 1841. 8. — — Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Beilkunde, geſammelt und mirgsıheits von dem Ober⸗Mebieinalratbe Fror ie in Weimar, und dem Mrebieinatrathe und Profsfior Froriep ju Bertin. Mo. 382. Gedruckt im Landes: Induftrie: Somptoir zu Weimar. (Nr. 8. des XVIII. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., April 1841. des einzelnen Stückes 3 9 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. RAin r R unde. Reſultate der Experimente uͤber die Bewegungen, Toͤne und Geraͤuſche des Herzens von der dazu niedergeſetzten Commiſſion der British-Association. Bewegungen. 1) Die Ordnung der Bewegungen der Vorhoͤfe und Herzkammern iſt die einer ununterbrochenen Aufeinanderfolge und nicht ſowohl ein Wechſel der Bewegung. Die Vorhoͤfe contrahiren ſich plotzlich nach der Ruhe oder Pauſe, und die Herzkammern unmittelbar nach den Vorhoͤfen ohne einen deutlichen Intervall zwiſchen den aufeinanderfolgenden Zus ſammenziehungen. Die Ausdehnungen der Höhlen folgen in ziemlich derſelben Ordnung, naͤmlich die Diaſtole der Vor— hoͤfe faͤlt mit der der Kammern zuſammen und dauert noch nachher fort. Die wahre Pauſe in der Herzthaͤtigkeit wird durch die Diaſtole der Vorhoͤfe und Kammern zuſammenge⸗ nommen gebildet und hört in der That, wiewohl nicht aͤu— ferlich merkbar, dei'm Eintritte der Syſtole wiederum auf. Dieſer Rhythmus der Herzbewegungen ſcheint allgemein zu ſeyn und warm: und kaltbluͤtigen Thieren gleichmaͤßig zus zukommen. (Bei dem Huͤhnchen im Eie allein ſcheinen die Diaſtole ſo kurz und die Zuſammenziehungen der Ventrikel ſo raſch aufeinanderfolgend, daß eine Zwiſchenzeit der Ruhe nicht mehr vorhanden zu ſeyn ſcheint, fo daß hier die eins zige ſcheinbare Ausnahme von der Regel einzutreten ſcheint, daß en Syſtole und Diaſtole eine Zeit der Ruhe eins tritt. 2) Die ſichtbaren Bewegungen der Syſtole und Dia⸗ ſtole bemerkt man zuerſt an der Baſis oder an den feſten Theilen der Höhlen, naͤmlich bei'm Vorhofe an dem sinus und bei den Kammern am fundus cordis; die Spitzen oder freien Theile der Vorhoͤfe oder Ventrikel treten nach den andern Theilen in volle Action, und zwar erſt unmittelbar vor dem Eintritte der entgegengeſetzten und zunaͤchſt folgen⸗ No. 1482. den Bedingung der betreffenden Hoͤhlen, mag eine Syſtole oder Diaſtole ſeyn. 3) Bei der Syſtole iſt das Herz in allen ſeinen Di⸗ menſionen vermindert, außer an ſolchen Stellen des Orga— nes, welche ſchon vorher comprimirt oder waͤhrend des ſchlaf— fen Zuſtandes der Diaſtole collabirt waren; die lange Axe beſonders wird betraͤchtlich und ohne Ausnahme verkuͤrzt. 4) Die normale Syſtole der Vorhoͤfe iſt energiſch, faſt plotzlich und ganz allgemein; die Zeichen der Contraction in dem appendix folgen ganz deutlich, obwohl in einem ſehr kleinen Zwiſchenraume, denen der Contraction des sinus nach; die normale Auricular-Diaſtole iſt allmaͤlig, anhal⸗ tend und ganz paſſiv, indem ſie durch das Einſtroͤmen des Blutes von der Hohlader aus erfolgt und allmaͤlig die Hoͤhle vom sinus gegen den apex hin ausdehnt, und zwar von dem Ende einer Syſtole der Hoͤhle bis zu dem Anfange der darauf folgenden Syſtole. 5) Die Syſtole der Herzkammern iſt allmaͤlig in ihrer Entwickelung und zuſammengeſetzt in ihren Erſcheinungen; ein Theil dieſer Erſcheinungen iſt von der Contraction der Muskelwaͤnde abhängig und ein Theil auf die Reaction ge: gen die Fluͤſſigkeit zu beziehen. Durch die Muskelcontra— etion wird von dem Herzen das Blut comprimirt, welches in allen Richtungen auf gleiche Weiſe Widerſtand leiſtet und die zuvor abgeplatteten oder collabirten Seiten der Ventrikel ausdehnt und großentheils die Verkuͤrzung des Herzens be— wirkt, welche noͤthig iſt, um die Verſchließung der Auricu— lar⸗Klappen zu geſtatten. Die Reaction der Fluͤſſigkeiten hauptſaͤchlich bewirkt, unter gewiſſen beguͤnſtigten Verhältnifs ſen der Lage ꝛc., die Bewegung, welche als Anſchlagen der Herzſpitze beſchrieben worden iſt, c. Dieſe Bewegung iſt hauptſaͤchlich (der Berichterſtatter, Dr. Glendining, meint ausſchließlich) das Reſultat der Erhebung der langen Axe des Herzens dei der Syſtole, wenn das Organ in der Mitte eine convere oder kugelige Form annimmt, anſtatt der nach Oben und Unten oder nach der Seite hin ſtattfindenden 8 dieſe Bedingung 115 Compreſſion bei der vorhergehenden Diaſtole — Ruͤckſicht— lich der Diaſtole ſcheint es, daß die Ventricularausdehnung ganz paſſiv iſt und keinen Einfluß auf den venöfen Strom oder die Bewegungen der Arterienklappen hat, ſondern zum Theil durch das Einſtroͤmen des Blutes aus den Venen be— wirkt wird, welches im Momente der Erſchlaffung der Wen: trikel beginnt und bis zu der darauffolgenden Syſtole an— haͤlt und uͤberdieß unmittelbar vor der letztern durch ein plötzliches Einſtroͤmen von den Vorhoͤfen verſtaͤrkt wird. 6) Die Venenpulſationen ſind, wenigſtens bei einigen Thieren, von zweierlei Art, naͤmlich activ und paſſiv; die paſſiven Palſationen, welche man, nach Haller, allen Thieren zuſchreiben kann, ſind einem Ruͤckfluſſe aus den Vorhoͤfen, bei deren Zuſammenziehung, zuzuſchreiben. 7) Die Präcordialpulfation wird unmittelbar durch die Undulation des Blutes bei feinem Widerſtande gegen ploͤtz— liche Muskelcompreſſion bei der Syſtole der Herzkammern verurſacht. Dieſe Reaction der Fluͤſſigkeiten bemerkt man zuerſt in der Gegend des Grundes der Ventrikel und ſo— dann in der Gegend des apex, gegen welchen hin daſſelbe durch eine anhaltende Undulation von dem fundus aus mit außerordentlicher Geſchwindigkeit fortgeſetzt wird. In Folge dieſer Reaction des Blutes werden die Herzwaͤnde conver, anſtatt zuſammengedruͤckt oder platt zu ſeyn, wie in der Dia— ſtole, und ſie werden in der Mitte ganz beſonders mit gro— ßer Kraft und plotzlich von dem Mittelpuncte aus nach Aus fien getrieben. So fühlt man auf allen Stellen der Ober— flaͤche des Organs einen Impuls während der Syſtole, und zwar am ſtaͤrkſten dy, wo außer der paſſiven Schlaffheit der Waͤnde ein collapsus in der Diaſtole vorhanden war (in den Centraltheilen), und welche geringer iſt, da, wo der col- lapsus vorher fehlte oder gering war (wie an der Spitze). Dieſer Impuls wird gewohnlich bei geſunden Perſonen bloß an der Herzſpitze gefuͤhlt, weil er an andern Stellen durch die dazwiſchenliegende dicke Maſſe der ſchwammigen Lunge verdeckt wird. — Das Herz bewegt ſich nicht an der aorta und weicht bei Syſtole und Diaftole in der Bruſt nicht hin und her; auch erleidet ſie keine Veraͤnderungen in der Lage durch die eigenen Herzbewegungen, nur durch die Bewegungen der Lunge und des Zwerchfells kann auch die Lage des Herzens veraͤndert werden. Die Bewegungen des Herzens bewirken nur eine Veraͤnderung in der Geſtalt deſſelben, in der Dicke und Spannung ſeiner Waͤnde und in der Capacitaͤt feiner Höhlen. Die Meinung, daß die Praͤcordialpulſation von einem Anſchlage an die Rippen durch das dagegenſtoßende Herz entſtehe, iſt unbegruͤndet. 8) Die arterielle Diaſtole oder der Puls folgt, faſt uͤberall außerhalb des Pericardiums deutlich bemerkbar, auf die Herzſyſtole, obwohl in der Naͤhe des Herzens der Zwi— ſchenraum zwiſchen beiden ſehr kurz und fuͤr ungeuͤbte Beob— achter ſchwer zu unterſcheiden iſt. Herztoͤne. 9) Der erſte Herzton haͤngt zum Theil, jedoch in ge— ringem Grade, von der ploͤtzlichen Schließung und voruͤber— gehenden Spannung der Auriventricularlappen ab, wodurch 116 der Ton einen feharfen deutlichen Anfang hat; hauptſaͤchlich aber iſt dieſer erſte Ton von der Anſpannung des Herzmus— kels abzuleiten, und feine verlängerte Dauer rührt großen— theils von der fortſchreitenden Entwickelung einer vollen Sy— ſtole, vom fundus gegen den apex hin, ab; dieſer Ton iſt aber in keiner Weiſe von einem Anſchlage des Herzens gegen die Rippen herzuleiten. 10) Die Auricularſyſtole wird von einem intenſiven Tone begleitet, welcher dem der Ventrikel gleicht, jedoch Fürs zer, ſtumpfer und ſchwaͤcher iſt. Dieſer Ton der Auricular— ſyſtele iſt auch ſchwer zu entdecken, ſelbſt an dem bloßgeleg— ten Herzen und bei ziemlich kraͤftiger Action der Vorhoͤfe, weil er fuͤr das unerfahrene Ohr von dem viel lautern und unmittelbar folgenden Tone der Ventricularſyſtole abſorbirt oder verſteckt wird. 11) Die Toͤne der Friction bei Pericarditis koͤnnen, wenn fie deutlich find und unter den gewohnlichen Verhaͤlt— niſſen beobachtet werden, wenigſtens als doppelte betrachtet werden, koͤnnen aber auch dreifach und noch mehrfaͤltig ſeyn. Bei der Syſtole bewegt ſich jede Herzhoͤhle, ſo daß ſie eine Reibung in einer Richtung an der daranliegenden Platte des Pericardiums bewirkt; bei der Diaſtole geht dieſe Reibung in entgegengeſetzter Richtung; da ſich nun die Auricularan— haͤnge unabhaͤngig von den Ventrikeln hin- und herbewegen, fo muͤſſen die normalen Pericardial-Frictionen, wie es auch die directe Beobachtung zeigt, vierfach ſeyn, naͤmlich doppelt fuͤr die Vorhoͤfe und doppelt fuͤr die Herzkammern. Wer— den daher dieſe Frictionen hoͤrbar, indem ſich eine rauhe Subſtanz zwiſchen die ſich bewegenden Flaͤchen zwiſchenlegt (3 B. Lymphe), und wenn die Herzthaͤtigkeiten kraftig genug ſind, ſo iſt unter den gewöhnlichen Verhaͤltniſſen mit Be— ſtimmtheit eine Verdoppelung der Geraͤuſche ſowohl für die Syſtole, als fuͤr die Diaſtole, zu erwarten. Dieſe Verdop— pelung der Toͤne iſt das Hauptelement bei acuſtiſcher Dia— gnoſe der Pericarditis, von welcher Beſchaffenheit und Lage auch die ergoſſene Lymphe ſeyn moͤge, wodurch Frictionstoͤne von dem verſchiedenſten Sitze, von verſchiedener Tiefe und Art entſtehen. Ein anderes phyſicaliſches Unterſcheidungs— merkmal von großer Wichtigkeit iſt die im Verhaͤltniß gleich— mäßige Vertheilung der Tone der Pericardialfriction und um die Stelle der Reibung herum und nicht bloß in der einen oder der andern Richtung. 12) Die Toͤne eines in der Structur geſunden Herzens erleiden Veraͤnderungen durch Abweichung von dem norma— len Zuſtande der Beſchaffenheit der Fluͤſſigkeit, und durch die Ordnung, Kraft und Gleichmaͤßigkeit der Thaͤtigkeiten der columnae carneae und anderer contractiler Theile, welche auf die Thaͤtigkeit der Klappen und die Schließung und Oeff— nung der Muͤndungen der Ventrikel einwirken. Dieſe Ab— haͤngigkeit der Herztoͤne von materiellen oder dynamiſchen Bedingungen, ohne Mitwirkung irgend einer Structurveraͤn— derung, iſt ſo betraͤchtlich, daß der zweite Ton bei einem nor— malen Herzen, fuͤr eine Zeitlang auf ſehr mannichfaltige Weiſe modificirt, durch fremdartige Geraͤuſche entdeckt oder ſelbſt ſcheinbar unterdruͤckt werden kann, in Folge von Blu— tung oder von Einfuͤhrung von Giften in die Venen. Der 117 erſte Herzton, obwohl er bei vorhandener Herzthaͤtigkeit niemals ganz fehlt, kann doch unter aͤhnlichen Umſtaͤnden variiren, fo kurz als der zweite Ton werden, anomale Geraͤuſche zeigen und ſonſt auffallend veraͤndert werden. 13) Andere, nach des Berichterſtatters Anſicht, mehr oder minder befriedigend abzuleitende Schluͤſſe aus den ange— gebenen Thatſachen ſind folgende: Daß die eigenthuͤmlichen Geraͤuſche bei Pericarditis, welche man von Pericardialreibuns gen ableitet, nicht allein von Gefaͤßturgescenz oder abnormer Trockenheit ꝛc. herruͤhren, ſondern von Lymphe, welche von dem Pericardium ergoſſen iſt und an dieſer Haut adhaͤrirt, oder von anderen aͤhnlichen Hinderniſſen, wodurch das leichte und geraͤuſchloſe Uebereinandergleiten der einander beruͤhrenden Theile des Pericardiums gehemmt wird. 14) Daß die Ventrikel waͤhrend des Lebens von glei— cher Gapacität find, und daß ihre Ungleichheit, wie man fie gewoͤhnlich nach dem Tode antrifft, auf einer Taͤuſchung be— ruht, wie ſchon laͤngſt von Harvey nachgewieſen iſt. 15) Daß der ſaugende Einfluß auf die Venencirculation, welcher von verſchiedenen Schriftſtellern die Inſpiration zu— geſchrieben wird, wohl begruͤndet iſt. 16) Daß die Action der langen Muskeln, beſonders der Bauchwandungen, von einem beſtimmten Tone begleitet iſt. Die Anfuͤhrung dieſes Factums iſt durch eine Critik hervorgerufen, welche uͤber ein Experiment der Londoner Com— miſſion fuͤr 1886 — 1837 in der letzten Ausgabe von Dr. Hope's Werk uͤber die Herzkrankheiten enthalten. 17) Daß die Herztoͤne, gleich den Bewegungen bei allen warmbluͤtigen Thieren, die bis jetzt unterſucht worden find, nach demſelben Geſetze vor ſich gehen, indem der erſte Ton laͤnger und dumpfer, der zweite kuͤrzer und ſchaͤrfer iſt; indem ferner dieſe Tone, wie bei dem menſchlichen Herze, der Syſtole und Diaſtole entſprechen; indem die Veranlaſſung fuͤr den erſten Ton in den Muskeln, fuͤr den zweiten in den Klap— pen liegt, und indem endlich dieſelbe gegenſeitige Abhaͤngigkeit und Beziehung zwiſchen dem Herz- und Arterienpulſe ſtatt— findet. (London, med. Gaz., Nov. 1840.) Der Himalaya -Steinbock— Vor einiger Zeit wurde der zoologifchen Geſellſchaft zu London der Schaͤdel und die Hörner eines praͤchtigen Exem⸗ plars des Himalayaſchen Steinbocks von Herrn Blyth vorgezeigt und erlaͤutert, welches der zweite Schaͤdel und das dritte Paar Hörner dieſer Art war, welche Herr Blyt h unters ſucht hatte, und welche ſaͤmmtlich untereinander uͤbereinſtimm— ten in den verſchiedenen Eigenthuͤmlichkeiten, durch welche ſie von dem Schweizer Steinbocke abweichen. Das Thier ſteht übrigens letzterem ſehr nahe, hat einen Ähnlichen, kleinen Bart und ähnliche Faͤrbung. Aber die Hörner ſind viel länger und divergiren weit weniger lein beſtͤndiges Unter: ſcheidungsmerkmal beider Arten) und gleichen dem Aegypti⸗ ſchen Steinbocke in der Kruͤmmung; ausgenommen gegen die Baſis hin, find fie weniger maſſiv, als die Hörner des 118 Schweizer Steinbocks, indem der mittlere Theil ſchmaͤler iſt, und die Spitzen, welche mehr ploͤtzlich nach Vorn und Innen geneigt ſind, ſind mehr verduͤnnt und in die Laͤnge gezogen. Das vorgelegte ſchoͤne Paar, aus dem zwölften Jahre ihres Wachsthums, und völlig ausgebildet, meſſen 4 Fuß über die Krümmung und 105 Zoll rund um die Baſis; divergi⸗ ren bis zu 23 Zoll von einander, an der aͤußern Seite ge— meſſen, bei etwa drei Viertel ihrer Laͤnge von der Baſis, und die Spitzen kruͤmmen ſich 16 Zell beſonders zuruͤck, in einer Entfernung von 20 Zoll von der Baſis an der innern Seite. Sie find 4 Zoll tief an der Baſis und vorn 24 Zoll breit, und 2 Zoll in der Entfernung eines Fußes von der Baſis; ſie tragen 26 Vorragungen und zaͤhlen, wie be— reits bemerkt, 12 Jahre Wachsthum, welche nacheinander 16, 7, 5, 4, 5, 4, 33, 2, 12 und die letzte (unvollſtaͤn— dige) 5 Zoll geben. Die aͤußerſte Länge des Schaͤdels iſt 12 Zoll oder 183 Zoll uͤber die Kruͤmmungen von der Spitze des Intermapillarknochens bis zum Hinterhauptsloche. Die Brei— tenqueere der Augenhoͤhlen iſt hinten 7 Zoll und die Total— länge des knoͤchernen Gaumens 61 Zoll. Die Maaße des größten Paares Hoͤ ner vom Schweizer Steinbocke, welche Herr Blyth unterſucht hat, und welche von den: gleichen Alter waren, wird folgendermaaßen angegeben. Laͤnge 32 Fuß uͤber die Kruͤmmung, wobei die Entfernung in gerader Linie von der innern Seite der Baſis bis zur Spitze 2 Fuß betrug: die Spitze 21 Fuß auseinanderſtehend, der Umkreis an der Baſis 104 Zoll. Die Zahl der Vorragungen iſt uͤber 20, von denen mehrere in den erſten 8 Zollen. Sie divergi— ren völlig regelmäßig und etwas ſpiralfoͤrmig, mehr aus— waͤrts von der Spitze. „Der Himalaya-Steinbock“ gab Herr Blyth an, „iſt der Skyn oder Skeen, Sakeen oder Sikeen (wie er ver⸗ ſchiedentlich geſchrieben wird) verſchiedener Theile des Ge— birgszuges und iſt in Klein-Tibet, nach Herrn Vigne's Angaben, zahlreich, wo er Skyn heißt. In Kaſchmir traͤgt er den Namen Kyl, Herr Moorcroft meldet, daß in Ladakh das männliche Thier Skyn, das weibliche Danma genannt werde; er beſchreibt es als die unzugaͤnglichſten Klippen der Berge bewohnend; und in andern Schriften (z. B. Jour— nal of a Trip through Kunawar in dem „Journal of the Asiatic Society of Bengal for 1839. p. 928°) wird feine Lebensweiſe als ganz der des Alpen » Steinbeds ähnlich beſchrieben. In Kaſchmir iſt, nach Herrn Vig⸗ ne's Mittheilung, fein posum (oder Untervlies von zarter Seidenwolle), welches bei allen wahren großboͤrnigen Stein— boͤcken im Winter erſtaunlich reich iſt, in hohem Preiſe gehalten. „Das von einem großen Steinbock« iſt gleich dem Producte von drei Shawl-Ziegen und außerdem noch wei— cher und feiner.“ „Ich habe,“ führe Herr Viqene fort, „eis nige Stuͤcke ſchoͤnes, aus dem poshm des Steinbockes ver: fertigtes Tuch.“ Das Thier iſt von ſepiabrauner Farbe. Es iſt ferner zu bemerken, daß in dem Journal of the Asia- tie Society of Bengal. Vol. V. p. 242. angegeben ift, der Major Kennedy habe ein Paar dieſer Thiere ausge⸗ ſtopft, zu Suhatu, in Kunawar. Ein Schaͤdel und Hoͤrner, welche Herr Blyth bei Herrn Leadbeater ſah, waren 8 * 119 wo jedoch die Art nicht von Herrn von Nepal gekommen, Dr. Fal⸗ Hodgſon verzeichnet worden zu ſeyn ſcheint. coner hat es wahrſcheinlich genannt. Himalaya Ibex. Capra Ibici Helvetico simillima, sed eornubus magis prolongatis, semper minus divergentibus, apieibus attenuatioribus et ad antrorsum abruptiori - eurvatis, — sie ut in plu- rimis speciebus hujus generis at vix in Capra Ibice vera,” In Beziehung auf Verpackung und Verſendung von Inſecten. Von W'ᷓe ſſt wo o d. Wenn man in fremden Laͤndern keine Gelegenheit hat, die Inſecten gehoͤrig mit Nadeln anzuſtecken, iſt es vorzuziehen, dünne Lagen von leinenen Lappen, ſtatt Baumwolle, zu gebraus chen, indem die letztere ſich in die Fußgliederhaͤkchen und Stacheln hängt und ſehr große Sorgfalt bei'm Auspacken erforderlich iſt. Sand in Flaſchen zu gebrauchen, iſt auch bedenklich, denn wenn die Flaſchen nicht vollſtaͤndig gefüllt find oder in dem Korke irgend ein kleines Loch vorkommt, durch welches der Sand theilweiſe auslaufen kann, ſo wuͤrden durch Erſchuͤtte— rung und Schütteln des übrigen die Inſecten beſchaͤdigt wer⸗ den. Moos oder Papierſchnitzel find auch gute Subſtitute fuͤr Baumwolle. Campher oder Pfeffer, als Subſtitut, ſoll— ten in die Glaͤſer oder Kiſtchen fuͤr trockene Inſecten ge— legt werden. Solche harte Inſecten, wie Käfer ꝛc., follten ſo getoͤdtet werden, daß man ſie in eine Flaſche thut, welche in kochendes Waſſer geſenkt wird; dieß erhellt die Farben beſſer, als wenn man ſie in Branntwein thut. Blaͤtter von Lorbeeren oder einer andern Pflanze dieſer Art, wenn ſie ge— quetſcht in einen Inſectenkaſten gelegt werden, wuͤrden auch ſie unmittelbar toͤdten; aber dieſer Proceß haͤrtet die Muskeln. Schmetterlinge koͤnnen ſehr gut erhalten werden, wenn man ihre Fluͤgel aneinanderlegt, mit den ruͤckwaͤrts geboge⸗ 120 nen Antennen zwiſchen ihnen und dann in ein Stuͤck Pas pier legt, welches in die Form eines Dreiecks flach zufame mengefaltet iſt. Betraͤchtliche Sammlungen hat man auf dieſe Weiſe gut erhalten. N Die Dornen der Acacia waren ein gutes Subſtitut für Nadeln. Zinnbüͤchſen ſollten, wo fie zu erlangen find, ſtatt hoͤlzerner Kaſten gebraucht werden, um die Angriffe weißer Ameiſen und Schaben abzuhalten: wenn ſie voll ſind, ſollten die Deckel oder oberſte Gegend der Kaſten mit Harz zus gegoſſen und ſomit völlig geſchloſſen werden. Sodawaſſerflaſchen haben ſich als eine bequemere Form bewaͤhrt, als viereckige Liqueurflaſchen. Rum und Arrak ſollten, wegen ihrer Zucker⸗ theile, nicht in Gebrauch gezogen werden. Es hat ſich auch als zweckmaͤßig bewieſen, Lagen von gezupftem Werge zwi— (hen die Inſecten in Spiritus zu thun und immer nur wer nige der letztern zuſammenzulegen, weil ſie, wenn ſie ſehr geſchuͤttelt werden, leicht in Stuͤcke zerbrachen. Miscellen. ueber das Junge des Kaͤnguruh iſt vor Kurzem die Beobachtung gemacht, daß ein ſolches Junges vor der gehoͤrigen Zeit aus dem Vauchſacke der Mutter herausgekommen und folglich unfähig war, dahin zuruͤckzukehren. Der Körper des Jungen war nackt und außer Stand, ſich zu bewegen; dieſer Koͤrper zeigte eine Menge Spuren von den Bemuͤhungen der Mutter, es wieder in den Sack zuruͤckzubringen. Es dauerte einige Stunden, ehe der Thierwaͤrter herbeikam, und als er kam, war das kleine Thier kaum noch lebend. Der Waͤrter nahm es mit ſich nach Hauſe, gab ihm Milch, und durch ſorgfaͤltige Behandlung wurde es ganz wieder belebt und in den Sack der Mutter zuruͤckgebracht, wo es fuͤnf Tage lang ſich ganz ruhig hielt. Als der Bericht erſtattet wurde, ſchien es völlig wohl und ſtreckte haͤuſig die Naſe hervor. Die Mutter verließ das Junge nicht und war offenbar in großer Aengſtlichkeit. Myrmecocystus mexicanus iſt eine neue Art Ameiſe. Nach Herrn Weſtwood's Angabe haben einige der dazugehorigen Geſchlechtsloſen die gewoͤhnliche Form, während bei andern das Abdomen unmaͤßig aufgetrieben und kugelfoͤrmig: die letzteren Ins dipiduen werden ſo geſchildert, daß ſie nie das Neſt verlaſſend und eine Art Honig bereitend ſeyn ſollen. RE Ueber die Operation des Empyems und die Behandlung penetrirender Bruſtwunden. Von Reybard zu Lyon. Die verſchiedenen Vorſchlaͤge, um das Eindringen der Luft in die Bruſthoͤhle zu verhuͤten, obwohl ihre Anzahl ziemlich groß iſt, find unzulänglich. Die Luft dringt dennoch während der Infpiras tion ein. Der Mechanismus iſt immer der, daß bei der Exſpira— tion die ergoſſenen Fluͤſſigkeiten austreten, bei der Inſpiration das gegen die äußere Luft eindringt. Es ſcheint ſich daraus die einfache Aufgabe zu ergeben, daß man die Wunde bei der Exſpiration oͤff— nen, bei der Inſpiration dagegen ſchließen muͤſſe. Dieß laͤßt ſich bei der Abhangigkeit der Reſpiratlionsbewegungen von der Willkuͤhr leicht bewerkſtelligen. Nach dieſer Indication verfuhr ich bei einem jungen Manne, welcher, in Folge einer penetrirenden Bruſtwunde, Lk u un de. an einer Blutergießung in die Pleurahöhle litt. Nach Oeffnung der Bruſthoͤhle brachte ich eine Canuͤle ein, deren Muͤndung ich mit dem Zeigefinger ſchloß. So wie nun der Kranke eine langfame Exſpiration ausfuͤhrte, hob ich den Finger und ſah ſogleich das Blut in einem anhaltenden Strahl berausfließen; ich ſchloß die Eamüle vor dem Anfange der Inſpiration. Dieß wurde fortgeſetzt, wobei der Kranke durch einen leichten Druck auf den Arm des Arztes ans zeigte, daß die Exſpiration zu Ende gehe. Nach jeder Exſpiration folgte eine kurze Ruhezeit, welche nöthig war, wegen der Ermü⸗ dung durch die Anftrengung, die der Kranke hatte, um die Fluͤſſig⸗ keit auszutreiben und zugleich Luft in der Bruſt zu behalten, wie bei dem Mechanismus zur Austreibung der Faͤcalmaſſe. Mit dies ſer Vorſicht hatte ich bereits die Haͤlfte des ergoſſenen Blutes her— ausgeſchafft, als unerwartet während eines Huſtenanfalles, der mit⸗ ten in einer Exſpiration eintrat, Luft eindrang. Derſelbe Zufall wiederholte ſich mehrmals, und ich erkannte die Unzulänglichkeit 121 meines Verfahrene. Nach einer nochmaligen moͤglichſt ſtarken Ex⸗ ſpiration, um moͤglichſt viel von der eingedrungenen Luft wieder zu entfernen, nahm ich daher die Ganüle heraus und verſchloß die Wunde mit einem Heftpflaſter. Der Kranke athmete freier, die Lunge hatte ſich ausgedehnt; ich hoffte, den Kranken zu retten; 8 Stunden ſpaͤter aber trat Schuͤttelfroſt und eine Pleuritis ein, welcher der Kranke am dritten Tage unterlag. Ich beſchloß nicht allein, dieſes unzulängliche Verfahren, ſon— dern auch die Operation des Empyems überhaupt, nicht wieder zu machen, bis ich ein Mittel kenne, wodurch das Eindringen der Luft, welches ich als Urſache der toͤdtlichen Pleuritis betrachtete, ſicher verhindert werde. Dieſes Mittel fand ich darin, daß ich eine feuchte, leere Thier blaſe an die Ganüle anfuͤgte; auch machte ich daſſelbe in meiner Abhandlung uͤber den kuͤnſtlichen After bekannt. Ich verſuchte die Canuͤle mit der Blaſe zum erſten Male bei einem jungen Menſchen mit Eiterergießung, welche nach Außen und in die Bronchien durchgebrochen war. Der ausfließende Eiter ſam— melte ſich allmälig in der Blaſe und wurde mit Hülfe eines ange— brachten Schließhahns entfernt, wenn die Blaſe gefüllt war. Der Apparat leiſtete vortreffliche Dienſte; er hatte aber den Nachtheil, daß die Luft, welche in der Bruſthoͤhle enthalten war, abwechſelnd mit der Fluͤſſigkeit hervortrat, aber nachher auch wiederum bei der Inſpiration durch die Röhre zurücktrat, während die Fluͤſſigkeit ſich am Boden der Blaſe anſammelte. Es war daher Aufgabe, eine Klappe anzubringen, welche im Stande ſey, Luft und Eiter heraus zulaſſen; aber das Eindringen der Luft zu verhindern, dazu ſchien es nur noͤthia, die Blaſe zu theilen und ein Stuͤck von etwa 81 Centimeter Lange an der Canüle zu befeſtigen. Dieſes Stuͤck von der Blaſe verhielt ſich, wie eine Klappe: während der Exſpiration drang Eiter und Luft hervor, indem ſie die weiche Haut ausdehn— ten; waͤhrend der Inſpiration faltete ſich die Haut und verſtopfte die Mündung der Röhre. Das innere Blaſenſtuͤck wurde ſpaͤter durch erweichtes Goldſchlaͤgerhaͤutchen erſetzt, welches noch zarter iſt und den Dienſt einer Klappe vollkommener verſieht. Die Röhre mit der Klappe beſteht alſo aus einer Roͤhre von etwa 81 Millm. und der gewohnlichen Sondendicke mit einem Rande an der vordern Oeffnung, ſo wie mit einem hinteren, abgerundeten und mit ſeitlichen Fenſtern verſehenen Ende, und zweitens aus einem erweichten Stück Kagendarm oder Goldſchlaͤgerhaͤutchen, welches auf beiden Seiten offen iſt. Die Röhre darf nicht zu tief einge— führt werden, um die Lunge nicht zu reizen. Eine Ergießung in die Bruſthoͤhle iſt immer toͤdtlich, wenn ſie nicht entfernt wird; die Entfernung dagegen iſt tödtlich, wenn Luft dabei eintritt. Dieß iſt der Grund der Vernachlaͤſſigung der Operation des Empyems von den Wundaͤrzten, da die vielen Mathſchlaͤge zur Vermeidung des Eindringens der Luft unzureichend ſind. Die Luft dringt aber nicht ein, waͤhrend der Verband liegt, wie man nach den verſchiedenen Vorſchlaͤgen luftdichter Verbands arten ſchließen ſollte, ſondern zu den Zeiten, wo der Verband ge— wechſelt und die Fluͤſſigkeiten aus der Bruſthoͤhle abgelaſſen wers den. Das, was ich bei meinen Operationen des Empyems beob— achtet habe, iſt Folgendes: Zuerſt fließt das Extravaſat in einem anhaltenden Strome durch die Canuͤle ab; bald darauf fließt fie nur noch ungleich und bloß während der Exſpiration. In dem erſten Momente, d. h., während der Abfluß ununterbrochen ſtattſindet, ſucht die Luft nicht von Außen einzudringen; dagegen fpäter ſucht ſie nach jeder Exſpiration den durch die Inſpirationsbewegung plotzlich ſich ausdehnenden Raum in der Bruſthoͤhle einzunehmen, und draͤngt die Klappenhaut mit Kraft gegen die Roͤhrenoͤffnung, welche dadurch verſtepft wird. Die Eroͤffnung der Bruſthoͤhle kann auf drei Weiſen geſche⸗ ben: 1) mit dem Zroicart; 2) durch einen Einfchnitt zwiſchen den Rippen; 3) mittelſt Durchbohrung einer Rippe. Ich habe alle drei Verfahrungsweiſen angewendet und dabei Folgendes beobachtet. Die Paracenteſe iſt leicht und nicht ſchmerzhaft; ſie wird aus dieſem Grunde haͤuſig, beſonders bei aͤngſtlichen Kranken, vorgezogen werden. Iſt die Ergießung friſch und ferds, fo genügt häufig eine einzige Punction, weil es moͤglich iſt, die Abſorption durch innere Mittel und beſonders durch Veſicatore, Fontanelle und Haarſeile 122 anzuregen, welche man ſelbſt vor der Operation auf der Bruft ans bringt. Das vorzuͤglichſte Mittel zur Erregung der Abſorptien von Ergießungen iſt, ohne Zweifel, das Auflegen heißer und häu— fig gewechſelter Steine oder kleiner Kiffen. Erreicht die erſte Punction ihren Zweck nicht vollkommen, fo erleichtert fie wenige ſtens den Kranken, ohne ihn einer Gefahr auszuſetzen; ſie wird das her wiederholt, oder mit der Inciſion, der eigentlichen Operation des Empyems, vertauſcht. Die Bruſtwaſſerſucht wird faſt immer von einer Entzuͤndung der Pleuren bedingt, und daher meiſtens durch eine einzige Punction geheilt, während dieſelbe Operation fat niemals die Heilung eines Ascites bewirkt, welcher von andern er— ganiſchen Krankheiten abhaͤngt. Als man den Eintritt der äußern Luft in die Bruſthoͤhle nicht zu verhindern im Stande war, ſo em— pfahl man, immer nur einen Theil der Ergieß ung durch wiederholte Punctionen abzulaſſen. Man begreift, wie wenig rationell dieſes Verfahren iſt. Es iſt leicht, eine Klappe an der Troicartroͤhre an— zubringen. Zu dieſem Ende befeſtigt man ein Stuck Goldſchlager— haͤutchen an dem hintern Ende, deſſen Pavillon man abgenommen hat. Dieſen kleinen Schlauch ſtreift man zuruck, bringt den Troi— cart ein und ſtreift bei dem Herausziehen des Troicarts den Schlauch zu gleicher Zeit wieder vor. Bei der Operation des Empyems durch Inciſion macht man eine Oeffnung zwiſchen zwei Rippen, welche entweder mehrere Tage offen bleibt, indem man eine Canuͤle einbringt, eder bloß eins oder zweimal in 24 Stunden zur Wiedereinführung der Roͤhre dient. Dieſe Oeffnung hat den Vorzug, daß das Serum oder der Eiter bis auf den letzten Tropfen ausfließen kann, wodurch Reci— dive verhuͤtet werden. Es hat keine Schwierigkeit, dieſe Oeffnung, ohne daß Luft eindringt, geſchloſſen zu erhalten oder auf's Neue rait einer Röhre zu verſehen. Man kann die Operation wie bis— her verrichten; doch iſt es nicht noͤthig, dem Einſchnitt eine ſchiefe Richtung zu geben. Die innere Mündung der Röhre muß immer ſehr klein ſeyn und der Dicke der Röhre entſprechen, alſo bloß 9 bis 11 Millimeter groß ſeyn. Aber ſelbſt wenn die innere Oeff— nung groͤßer waͤre, ſo kann man doch das Eindringen von Luft da— durch verhuͤten, daß man die Haut während des Einführens der Röhre von beiden Seiten her zuſammendruͤckt und in den Zwi— ſchenzeiten die Hautränder durch Heftpflaſter fo nahe vereinigt er» bält, was auch während des Darinliegens der Röhre geſchicht. Bei'm Herausnehmen der Roͤhre nimmt man zuerſt die Heftpflaſter ab, drängt die Hautraͤnder mit den Fingern ſtark zuſammen, zieht die Röhre heraus und legt ſodann neue Heſtpflaſter über. Es giebt auch noch eine dritte Art der Eroͤffnung der Bruſt— hoͤhle, welche bereits Hippokrates bekannt war, ven welcher ich aber nicht weiß, ob ſie ſeitdem viel ausgefuͤhrt werden iſt. Ich habe fie mit Erfolg bei dem jungen Jobert ausgeführt, bei wels chem ich bereits eine Punction gemacht hatte; ich gebe ihr folgende Vorzuͤge vor der Inciſion: 1) Sie iſt weniger ſchmerzhaft urd eben fo leicht, als die letzte; 2) ſie führt nicht die Gefahr einer Ver⸗ letzung der a. intercostalis mit ſich; 3) die liegenbleibende Röhre iſt leichter zu fixiren; 4) die oͤftere Wiedereinführung iſt minder ſchmerzhaft und erregt nicht ſo leicht entzuͤndliche Geſchwulſt der Wundraͤnder; 5) fo klein die Oeffnung in der Rippe iſt, fo vers narbt fie doch weniger ſchnell, als die Oeffnung in dem Empyem. Zur Ausfuͤhrung legt man durch einen Hautſchnitt die Rippe bloß, ſchabt den Knochen mit der Rugine und durchbohrt ſodann mit einem kleinen Perforativ, welches man nachher mit einem groͤßeren vers tauſcht, um der Oeffnung die Weite der Roͤhrendicke zu geben. Die Röhre, welche man in dieſe Oeffnung einbringt, unterſcheidet ſich von der gewoͤhnlichen Roͤhre durch einen Schraubengang, welcher auf der äußern Flaͤche der Röhre, etwa in der Länge von 27 Mils limetern, angebracht iſt. Man ſchraubt die Roͤhre in die Oeffnung ber Rippe ein und aus, wie den Hahn in einem Kaffe. Dieſe Ope⸗ ration verdient den Vorzug bei alten Ergießungen, wo man vermu⸗ thet, daß ſich die Lunge ſehr ſchwer wiederum entwickeln werde, oder mit einem Worte, wo man einen anhaltenden langſamen Ab— fluß wuͤnſcht. Die naͤchſte Frage iſt, ob man nach Eroͤffnung der Bruſthoͤhle die Ergießung auf einmal oder theilweiſe und in mehreren Tagen entfernen oder von ſelbſt durch die liegenbleibende Roͤhre abfließen 123 laſſen fol? Iſt die Ergießung friſch, fo macht man die Eatlee— rung auf Einmal, weil ſich die Lunge raſch wieder ausdehnen kann. Beſteht die Ergießung aber bereits ein halbes oder ein ganzes Jahr, ſo iſt es vortheilhaft, die ergoſſene Fluͤſſigkeit partiell auszu— leeren, weil ſonſt in der lange collabirten Lunge durch ploͤtzliche Ausdehnung Zerreißung des zarten Gewebes vorkommen kann. Iſt die Krankheit ſehr alt, ſo hat die Lunge gewiſſermaaßen das Ver— mögen, ſich zu bewegen, verloren, und wenn fie auch noch permea— bel iſt, ſo iſt ſie es doch nicht mehr in dem Grade, daß ſie ihre fruͤhere Ausdehnung erreichen koͤnnte; alsdann kann die Fluͤſſigkeit immer nur in demſelben Grade abgelaſſen werden, als die Lunge ſich entwickelt; und es iſt dann vortheilhaft, die mit der Klappe verſehene Röhre liegen zu laſſen und zu dieſem Ende die Opera: tion mit Durchbohrung der Rippe zu machen. War bei einem Ein— ſchnitte die Entleerung nicht vollkommen, ſo kann es kommen, daß der Abfluß fortdauert, obwohl die Wunde mit Heftpflaſtern ge— ſchloſſen iſt. Ein ſolches Durchſickern iſt vortheilhaft, und es iſt daher bisweilen raͤthlich, eine kleine Meſche in die Wunde einzule— gen. Obwohl ich einigemal die mit der Klappe verſehene Rohre mehrere Tage habe liegen laſſen, ſo iſt es, um Reizung zu ver— meiden, doch beſſer, die Roͤhre herauszuziehen und taͤglich wiederum einzulegen, um die Reſte der Ergießung zu entfernen. Gewoͤhnlich fließen die Extravaſate leicht durch die Roͤhre ab; ſollten aber Blutcoagula oder Fibrineflocken hinderlich ſeyn, ſo kann man trotz des Goldſchlaͤgerſäckchens mit Leichtigkeit Einſpritzungen von warmem Waſſer machen und das Eingeſpritzte mit der Spritze wieder herausziehen. Nachdem ſch meine Klappenvorrichtung mir ausgedacht hatte, beeilte ich mich, an Thieren Verſuche anzuſtellen. Ich machte, z. B., an der Bruſt eines Hundes eine Oeffnung, ſpritzte warmes Waſſer ein und entfernte dieſes wiederum mittelſt meiner Roͤhre. Dadurch machte ich mehrere Bemerkungen uͤber penetrirende Bruſt— und Lungenwunden, und da ich uͤberdieß geſehen hatte, daß Ergie— ßungen von Baut und Luft in der Bruſt, die gewoͤhnlichſte und ge— faͤhrlichſte Complication der Bruſtwunden, die größte Analogie mit ſerbs⸗ purulenten Ergjeßungen habe, fo glaubte ich die Eroͤr— terung beider nicht von einander trennen zu duͤrfen. Ich ſchicke daher der Erzählung von den Operationen des Empyems eine Be: ſchreibung der penetrirenden Bruſtwunden voraus, mit Andeutung der zahlreichen Modificationen, welche ich durch Nachdenken und Experimente an Thieren für die Behandlung der verſchiedenen Com— plicationen der Bruſtwunden erlangt habe. Penetrirende Bruſtwunden. Es iſt ſelten, oder faſt nie möglich, daß eine ſolche ohne Lungenverletzung vorkommt, fo daß alſo immer Luft und Blut in mehr oder minder betraͤchtlicher Menge austreten. Die gewoͤhnlichſten Erſcheinungen ſind daher Blutung, Blutextravaſat in der Bruſthoͤhle, Luftanſammlung in derſelben Höhle, Emphyſem, abwechſelndes Ein- und Ausdringen der aͤußern Luft in den Thorax. Das hervordringende Blut kann entweder von den Gefäßen der Bruſtwandung oder aus einer Vers letzung der Bruſtorgane oder der in der Bruſthoͤhle liegenden groͤ— ßern Gefaͤße herruͤhren. Im erſten Falle fließt das Blut entweder direct nach Außen, oder es ſammelt ſich erſt in der Bruſthoͤhle an und fließt ſodann ab. Bei einer großen Wunde kann man biswei— len das blutende Gefaͤß ſehen und unterbinden, bisweilen aber iſt es ſehr ſchwer, die Verwundung einer zu tief liegenden a. interco- stalis zu erkennen. Die für dieſen Fall empfohlene rinnenfoͤrmige Karte reicht nicht hin; ich empfehle an deren Stelle eine gerade Roͤhre von 103 — 135 Millimeter Laͤnge und 9 — 14 Millimeter Durchmeſſer, an der einen Seite mit Goldſchlaͤgerhaut verſehen, an der andern mit einem olivenfoͤrmigen Ende, welches auf einer Seite eine große Oeffnung hat. Man führt dieſes Inſtrument in die Wunde, fo daß die Seitenoͤffnung der getrennten Arterie entſpricht, worauf das Blut anhaltend während der Inſpiration und Exſpira— tion abfließt. Dieſes Mittel habe ich mehrmals mit Erfolg bei Thieren angewendet. Zur Compreſſion der intercostalis hat man viele Verfahrungsweiſen; alle ſind zu reizend. Ich bediene mich einer hakenfoͤrmigen Nadel, an welcher die zurückgebogene Nadel ungefähr 40 Millim. lang iſt. Sie articulirt in einer abgerunder ten Biegung mit dem langen, als Stiel dienenden Theile des In: 124 ſtruments, an deſſen Griff, auf der Seite gegen die Nadelſpitzen, ein weißer Punct angebracht iſt. Die Nadelſpitze iſt gerſtenkornfoͤr— mig, nicht ſehr ſcharf, von Vorn nach Hinten abgeplattet und mit einem Oehre verſehen. Die Nadel articulirt mit dem Stiele, damit man das Inſtrument in der Bruſthoͤhle ſchließen und leichter here ausziehen koͤnne. Das Gelenk kann übrigens durch Vorſchieben ei— ner Zwinge feſtgeſtellt werden. Die Länge der Nadel, fo wie die Weite des hakenfoͤrmigen Bogens, betraͤgt 7 Millimeter. Zur Un⸗ terbindung, ebenfo wie zur Compreſſion des Gefaͤßes, iſt gewohnlich eine Erweiterung der Hautwunde noͤthig, was in der Richtung nach Hinten geſchieht, um die Intercoſtalmuskeln bloßzulegen. Wenn die Wunde groß genug iſt, ſo operirt man auf folgende Weiſe. Die Nadel mit einem gewichſ'ten Faden, von etwa 650 Millimeter Laͤnge, wird geöffner in die Bruſthoͤhle eingefuhrt. Man hält die Nadel in den hintern Wundwinkel und richtet den weißen Punct etwas nach Oben und Hinten, ſo daß die Nadelſpitze etwa dem untern Dritt— theile der innern Flaͤche der Rippe entſprechend, 5 — 7 Millimeter uͤber und jenſeits der Oeffnung der Arterie, ſteht. Hierauf fuͤhrt man die Nadel ſchraͤg nach Außen, ein Wenig nach Unten und Vorn, durchſticht die pleura costalis und die Intercoſtalmuskeln. Sobald die Spitze erſcheint, faßt man den Faden, zieht das eine En de hervor, druckt die Nadel in die Bruſthoͤhle zurück, ſchließt fie und führt fie aus der Bruſtwunde mit dem andern Fadenende her- aus, worauf die Faden geknuͤpft werden. Es wird hierdurch die A. intercostalis mit einem Theile der Pleura- und der Intercoftals muskeln comprimirt. So einfach dieſe Operation erſcheint, ſo er— fordert fie doch viele Geſchicktichkkit und daher Uebung an der Leie che. Dieſelbe Nadel kann man auch zur Unterbindung der mamma- ria interna, der epigastrica und der perinealis gebrauchen. Da es bei einer engen Wunde unmoͤglich iſt, zu wiſſen, wo— her das Blut komme, ſo iſt die Erweiterung der Wunde vorzuneh— men, was auch bei Symptomen von Ergießung und bei Emphy— ſem geſchieht. Dieſe Erweiterungen beugen den heftigeren Entzüns dungs, und Nervenzufällen vor, verhindern das Emphyſem und erleichtern die Anwendung der Röhre mit der Klappe. Das Ein: dringen der Luft iſt durch Zuſammendruͤcken der Wundraͤnder leicht zu verhindern. Eine penetrirende Bruſtwunde von mittlerer Aus— dehnung, etwa 27 Millimeter, wird, wenn Luft von Außen in die Bruſthoͤhle eindringt, gleich nach Anwendung der Klappenroͤhre ge— ſchloſſen, und man kann die Vereinigung durch prima intentio her⸗ beifuͤhren, wenn nicht neue Ergießungsſymptome hinzukommen, ins dem man alsdann die Behandlung auf einige Aderlaͤſſe beſchraͤnkt. Wiederholen ſich die Ergießungsſymptome, ſo wird die Einfuͤhrung der Roͤhre ein- oder zweimal in 24 Stunden wiederholt, wie bei der Operation des Empyems. Iſt die penetrirende Wunde ſehr groß, und gleichzeitig die Lungenwunde von betraͤchtlicherer Ausdehnung, ſo hat man bemerkt, daß das Eindringen der aͤußern Luft die Blutung, wo nicht herz vorrufe, ſo doch wiederholte, weil die Kranken ſich betraͤchtlich an— ſtrengen muͤſſen, um zu reſpiriren. Man kann ſich hiervon uͤber— zeugen, wenn man Larrey's Beobachtungen von Verwundungen lieſit. In der That hörte die vor Schließung der Wunde betraͤcht— liche Blutung jedesmal auf der Stelle auf, ſobald die Wunde ver⸗ einigt war. Der Beweis fuͤr das Aufhoͤren der Blutung nach der Schließung der Wunde liegt in der raſchen Erholung der Kranken, welche geheilt werden, ohne Complication einer Ergießung in die Bruſthoͤhle. Das Hervordringen des Blutes aus der Wunde waͤh— rend der Inſpiration iſt ein Phaͤnomen, welches die Nothwendigkeit der geſchwinden Vereinigung der Wunde beweiſ't. Das Blut wird in dieſen Faͤllen durch die ſich ausdehnende Lunge herausgedraͤngt, und die Verwundeten muͤſſen um ſo ſtaͤrker ſich anſtrengen, je be: ſchwerlicher die Inſpiration iſt, und gerade von dieſer heftigen In— ſpiration haͤngt die Heraustreibung des Blutes aus der Wunde ab. Auch bei dieſen großen Bruſtwunden iſt die Vereinigung ein vor— treffliches Mittel, um zu machen, daß die aͤußere Blutung aufhoͤre. Ich glaube ſogar, daß dadurch die Heftigkeit dieſes Zufalles beträchte lich vermindert wird, und daß auch die Lungenwunde nach dieſer Operation weniger Blut giebt; ich glaube aber nicht, daß die Blu: tung ganz aufhoͤrt, wie man behaupten will. Meine Experimente an Thieren beweiſen es, daß auch nach der Vereinigung der aͤußern 125 Wunde aus der Lungenwunde noch Blut und Luft hervordringez wo dieß aber nicht in beträchtlicher Quantität geſchieht, da werden die Kranken durch Abſorption des Blutes geheilt. Iſt die Lungen⸗ wunde tief, und die Ergießung in der Bruſthoͤhle zu beträchtlich, als daß fie abſorbirt werden könnte, fo iſt meine Klappenroͤhre von ausgezeichnetem Nutzen, welche man zwiſchen den nicht auseinans dergezogenen Wundraͤndern einſchiebt, und welche allenfalls auch liegen bleiben kann, bis die Blutung fteht. Selbſt wenn man eine Verletzung des Herzens oder der Haupt— gefaͤße vermuthen muß, muß man die Wunde immer durch pri- ma intentio zu ſchließen ſuchen; das ergoſſene Blut coagulirt und kann durch Compreſſion der Gefaͤße den Tod der Verwundeten um einige Stunden und ſelbſt um Tage hinausſchieben; bei Erſtik⸗ kungsnoth kann man jedoch auch in dieſen Fallen eine gewiſſe Quantität des Blutes mit einer Röhre entfernen. Wenn man es bloß mit einer innern Blutung zu thun hat, FB B., bei engen, fchiefen, penetrirenden Wunden, welche durch prima intenuo geſchloſſen find, zeigen ſich die Symptome der ins nern Haͤmorrhagie, z. B.: kleiner, zuſammengezogener, beſchleu— nigter Puls, Kälte der Glieder, Blaͤſſe des Geſichtes, Zaͤhncklap— pern, kalter Schweiß u. ſ. w. In ſolchen Faͤllen ſollte man glau— ben, daß das Blut zwiſchen den Pleuraflaͤchen nach dem abhäns gigſten Puncte der Bruſthoͤhle herabſinke, um ſich hier anzuſam⸗ meln. Das Aneinanderliegen der Lungen- und Rippenpleura iſt immer ſo genau, daß, wenn keine Luft eingedrungen iſt, das Blut aus der Lungenwunde immer nach Außen abfließt, fo daß dieſe Äußere Blutung als ein günſtiges Symptom zu betrachten iſt. Die Bes rührung der Lunge mit der Rippenpleura iſt fogar fo genau, daß ſelbſt bei Ergißung von Blut oder bei Eindringen von Luft die gegenfiitige Beruͤhrung nicht ganz aufgehoben wird; die Lunge wird bloß in der Umgebung der äußern Wunde durch die Ergie⸗ ßung in gewiſſem Grade zuruͤckgedraͤngt. Durch dieſe gunſtige Diepofition werden die Ergießungen, in der Regel, in der Umge⸗ bung der Wunde umſchrieben. Um dieß zu beweiſen, habe ich fol⸗ gende Experimente angeſtellt. Ich madte eine Oeffnung in der Bruſt eines Hundes und legte eine ziemlich ſtarke Caruͤle ein, um welche herum die Wunde durch prima intentio geſchloſſen wurde; nun machte ich eine zweite Wunde, einige Millimeter von der erſten; führte den Finger in den Thorax ein und fand dadurch, daß die Lunge nur in der Um— gebung der Canuͤle durch die eindringende Luft zuruͤckgedrückt war, aber in der Gegend der zweiten Wunde noch genau an der Rips penpleura anlag. Das zweite Experiment iſt nicht weniger bewei⸗ ſend. Ich habe 8 Unzen bis zu 2 oder 3 Pfund flüffiges Blut in die Bruſthoͤhle eines Hundes eingeſpritzt und die Wunde durch ſehr dicht gelegte Nähte gefchleffen. Ich ließ den Hund noch acht Tage leben und oͤffnete alsdann die Bruſthoͤble mit Vorſicht. Das Blut harte ſich in der Umgebung und im Niveau der Wunde an⸗ gefanmelt; es war nickt abſorbirt, weil ich etwas Mehl darunter emifcht battez in der umgebung des Blutes war die Rippen» und ngenpleura verwachſen. Dieſe mit großer Vorſicht angeſtellten Experimente ſind mehrentheils wiederholt worden. Dringt dagegen Luft in die Bruſthoͤhle ein, ſo ſinkt eine er— offene tropfbare Fluͤſſigkeit wegen der groͤßern ſpeciſiſchen Schwere n dem zufällig zwiſchen Lunge und Rippen entſtandenen Raume nach Unten. In ſolchen Fällen wird die Luft fruͤher reſorbirt, als das Blut, und alsdann findet man letzteres ſpaͤter entweder auf dem Zwerchfelle oder wenigſtens mehr oder weniger entfernt von der Bruſtwunde. Dieß ruͤhrt aber bloß von der eingedrungenen Luft her, und es iſt daher von Wichtigkeit, eine Anſamm lung von Luft in der Bruſt zu verhuͤten. Man glaubt aber, daß durch den Abfluß des ergoſſenen Blu— tes nach Außen die Blutung unterbalten werde, und von dieſer An: nahme ausgehend, hat man gerathen, durch Schließung der oe das Blut in der Bruſt zurückzuhalten und daſſelbe als haͤmoſtatt— ſches Compreſſionsmittel zu gebrauchen. Ich ſetze wepig Vertrauen auf Schließung der Bruſtwunde, Behufs der Blutſtillung, wenn die Blutung nicht etwa durch das Eindringen der Luft in der Bruſthoͤhle unterhalten wird. durch den Bluterguß ausgeuͤbte Druck auf die getrennten Gefaͤße 126 ſo gering iſt, daß derſelbe kaum die Intenſitaͤt der Blutung zu mäßigen im Stande ſeyn würde; find aber große Gefäße verwun— det, ſo iſt der Tod gleich ſchnell, man mag das Blut nach Außen abfließen laſſen oder es in der Bruſthoͤhle zuruͤckhalten; im Ge— gentheile aber, d. h., wenn die Blutung bloß von einer Lungenver⸗ letzung abhängt, wird die Blutung von ſelbſt ſtehen; jedoch we⸗ der früher noch ſpater, das Blut mag nach Außen abfließen, oder ſich in der Bruſthoͤhle anſammeln. Daher darf man den Blutab— fluß durch die Wunde nicht verhindern; im Gegentheile muß man denſelben beguͤnſtigen, um zu verhindern, daß das ergoſſene Blut ſich nicht anſammele, ja das bereits angeſammelte Blut muß man moͤglichſt raſch entfernen. Ich betrachte den Blutaustritt als ei⸗ nen der gefaͤhrlichſten Zufaͤlle bei penetrirenden Bruſtwunden, wos durch das Leben der Verwundeten in vielen Faͤllen gefaͤhrdet wird, in welchen die Blutung, da ſie von ſelbſt haͤtte zum Stillſtande kommen koͤnnen, die Rettung des Kranken geſtattet. Der Streit der Wundaͤrzte über die Behandlung der penetri— renden Bruſtwunden, welche mit Blutung und mit Bluterguß com— plicirt ſind, erklaͤrt ſich durch die Schwierigkeit, das Ergoſſene zu entfernen, gleichzeitig aber den Eintritt der aͤußern Luft in der Bruſthoͤhle zu verhüten. Ein nicht minder gefaͤhrlicher Zufall iſt die Gegenwart der Luft in der Bruſthoͤhle. Die Luft kann auf verſchiedene Weiſe in die Bruſthoͤhle gelan— gen, unter andern durch die Äußere Wunde; aber in manchen Faͤl⸗ len iſt dieſelbe fo eng, daß fie ſich dem Eindringen der Luft widers ſetzt; alsdann kann die Luft auch durch die Lungenwunde aus den geöffneten Luftzellen eindringen. Es giebt alſo zwei verſchiedene Formen dieſes Zuſtandes; entweder dringt die Luft bei der Inſpi⸗ ration und Exſpiratien durch die Wunde ein und aus, oder ſie ſam⸗ melt ſich, von der Lungenwunde ausgehend, in der Bruſthoͤhle. Endlich kann aber auch die in der Bruſthoͤhle zuruͤckgehaltene Luft, woher ſie uͤbrigens auch kemmen moͤge, ſich in das Zellgewebe der Wundlappen ir filtriren und ein Emphyſem bedingen. Iſt die Bruſtwunde ſehr groß, ſo veranlaßt die Luft, welche leicht ein- und ausdringt, Oppreſſion, welche ſich bis zur Erſtik— kungsnoth ſteigert. Wenn dieſe Lungen in gleicher Ausdehnung, wie die Bruſtwandungen, verletzt ſind, was gewoͤhnlich der Fall iſt, ſo wird die reichliche Blutung nur durch den zu freien Eintritt der Luft unterhalten (rach Obigem); man wird daher die Zufoͤlle heben, wenn man die Wunden vereinigt, aber nicht einfach, wie bisjetzt, ſondern uͤber einer Klappenroͤhre oder, um die gaͤnzliche Vernarbung zu verhuͤten, uͤber einer ausgefaſerten Meſche, welche bei jedem Verbande gewechſelt wird. Lungenwunden, ſie moͤgen groß oder klein ſeyn, liefern immer eine mehr oder minder große Quantität Luft in den erſten drei oder vier Tagen, nicht bis zur vollkommenen Vernarbung, ſondern bis die Entzündung ſich der Wundraͤnder bemaͤchtigt und die geoͤff— neten Luftzellen verſtopft hat. Dieſe Verſtepfung geſchieht, nach meinen Experimenten, nicht allein durch die Congeſtionsfluͤſſigkeit und das Entzuͤndungsexſudat, ſondern auch durch das in die Luft⸗ zellen des Parenchyms ausgetretene Blut. Obgleich der Zeitpunct der Vernarbung der Lungenwunde nicht mit Beſtimmtheit anzuges ben iſt, ſo glaube ich doch, daß man denſelben bis auf einen gewiſ⸗ fen Punct abſchaͤtzen kann, wie es mir mehrmals bei meinen Expe⸗ rimenten gegluͤckt iſt. Nach Eröffnung der Bruſthoͤhle eines Hun— des habe ich die Lungen an vier verſchiedenen Orten verwundet und ſogleich die Wunden durch Suturen wiederum vereinigt. Tags darauf wiederkolte ich dieſelbe Operation auf der andern Seite der Bruſt. Zwei Tage nach der zweiten und drei Tage nach der erſten Operation babe ich das Thier mit der Vorſicht getoͤdtet und geöffnet, daß die Lungen dabei nicht verletzt wurden; ich nahm die Lungen aus der Bruſthoͤhle heraus, um fie unter Waſſer aufzu⸗ blaſen und auszudehner. Dabei ergab ſich, daß die Lungenwunden, welche vor zwei Tagen gemacht waren, die Luft durchließen, waͤh⸗ rend von den vor drei Tagen gemachten Verletzungen nur zwei Luft gaben, wahrend zwei andere keine Luftbläschen hervordringen ließen, obwohl ſie nech nicht vernarbt waren. Ein anderer Hund, Denn ich bin überzeugt, daß der der auf dieſelbe Weiſe verletzt wurde, wurde erſt am achten Tage getoͤdtet und geöffnet. Ven den vier Wunden, welche ich an einer 127 der Lungen fünf Tage zuvor gemacht hatte, ſchienen bloß zwei vernarbt und gaben keine Luft; die beiden andern tiefern und noch nicht vernarbten ließen nur bei zu ſtarker Ausdehnung der Lunge einige Luftblaͤschen durchdringen: die acht Tage zuvor der andern Lunge beigebrachten Wunden waren vollkommen vernarbt. Ich muß dabei hinzufügen, daß waͤhrend den erſten drei oder vier Ta⸗ gen ich mittelſt meiner Klappenroͤhren die ausgetretene Luft und das Blut durch eine der Bruſtwunden entleert habe. Aber, trotz dieſer Vorſicht, habe ich doch oft Luft in der Bruſthoͤhle der geöff: neten Thiere gefunden, ſeltener fand ich faulige Jauche von zer— ſegtem Blute. Dieſe mehrfach verſuchten Experimente haben mir immer daſſelbe Reſultat gegeben. Wird die Luft in der Bruſthoͤhle zuruͤckgehalten, ſo nennt man dieß einen traumatiſchen Pneumothorax, welcher häufig von Emphyſem begleitet iſt Solche Fälle find von Littre, Mery u. A. aufgezeichnet worden. Die Symptome treten raſch ein und ſind heftig; die Lunge der afficirten Seite kann ſich nur ſchwer oder gar nicht bewegen; der Kranke kann nur auf dieſer Seite lies gen; die Bruſt iſt ungleich dilatirt; das Geſicht iſt blaß. Es folgt Erſtickungsnoth, und bisweilen tritt nach einigen Stunden der Beaͤngſtigung, der Tod ein. Es iſt kein Zweifel, daß das beſte Mittel zur Beſeitigung aller dieſer Zufaͤlle darin beſteht, auf der Stelle die Bruſthoͤhle durch die Operation des Empyems zu eroͤff— nen, oder die ſchon vorhandene Bruſtwunde ſo zu erweitern, daß die Klappenroͤhre eingeführt und dadurch die Luft entfernt werden kann. Einer ſolchen Inciſion verdankten die Empyemkranken Hunter's und Sabatier's ihre Rettung, waͤhrend die von Littre und Méry, welchen die Bruſt nicht geöffnet wurde, ers ſtickten. Bloße Scarificationen des Emphyſems genügen nicht zu Rettung der Kranken. Die Vorſchrift, penetrirende Bruſtwunden zu vergrößern, wenn die aufgezaͤhlten Zufälle vorhanden ſind, iſt nicht allgemein angenommen. So macht John Bell, welcher viele Anhaͤnges ge— funden hat, entgegengeſetzte Vorſchlaͤge. Er behauptet, jedoch ganz unrichtig, daß im Moment der Verletzung einer Lunge dieſelbe collabire und in dieſem Collapſus verharre, bis die Wunden ge— heilt ſeyen; daß ferner während dieſer ganzen Zeit die Lungen zur Reſpiration unfähig ſeyen. und daß ihre Functionen aufgehoben ſey. Er verſichert, daß von dem Moment der Verletzung an, fie an der Wirbelſaͤule angedruͤckt liegen und ſich ebenfo wenig aus⸗ dehnen koͤnnen, wie eine zerriſſene Blaſe; dieſer Zuſtand, welcher nicht zu verhindern ſey und unausbleiblich mehrere Tage dauere, ſoll ein vortreffliches Mittel nicht allein zur Heilung der Lun— genwunden, ſondern auch zur Verhinderung der Blutung und Blutergießung ſeyn. Dieſer Collapſus wird nach ihm durch das austretende Blut und die Luft vermehrt. Er behauptet, daß Lun⸗ genwunden ſich nicht ſchließen koͤnnen, wenn dieſes Organ ſeine Bewegung behalte, weil die Luft fortwaͤhrend durch die Wunde hindurchdringe und die Vernarbung verhindere. Er behauptet auch, daß jedenfalls die Luft ſo frei durch die aͤußere Wunde ein— dringe, daß kein luftleerer Raum entſtehen koͤnne, was doch fuͤr die Bewegung der Lunge erforderlich ſey. Von dieſen Grundfäzs zen ausgehend, empfiehlt John Bell, man ſolle die ausgetretene Luft in der Bruſthoͤhoͤle zuruͤckhalten, und er tadelt Diejenigen, 128 welche durch Entfernung dieſer Luft die Lungen ſogleich zu ihrer Function zuruͤckfuͤhren wollten, weil, nach ſeiner Anſicht, nur an unbeweglichen Lungen Wunden vernarben koͤnnten; er tadelt des⸗ wegen Bramfield, welcher eine Röhre einführt und dieſelbe lie⸗ gen laͤßt; er tadelt aber auch Hewſon, welcher das Emphyſem als ein guͤnſtiges Symptom betrachtet, und deswegen, weil die Luft nicht in dem Thoraxe eingeſchloſſen bleibe, den Rath giebt, zur Ente fernung der ergoſſenen Fluſſigkeit die Wunde zu erweitern, um die Ergießungen herauszulaſſen, waͤhrend er Compreſſion der Wunde zur Heilung des Emphyſems tadelt. John Bell tadelt auch Ben⸗ jamin Bell, welcher zur Entfernung des Blutes und der Luft die Anwendung der Saugpumpe empfiehlt. Ich begreife nicht, auf welche Erfahrungen John Bell eine ſolche Idee von dem Zuftande der verletzten Lunge gruͤndet; aber ich kann ſagen, daß ſeine Theorie ebenſo, wie die daraus abgeleiteten Folgerungen, durchaus ungenau ſind; davon habe ich mich durch folgende Experimente überzeugt. (Schluß folgt.) Miscellen. Ueber eine Anordnung des Arterienſyſtems im uterus als Identitaͤtsbeweis in der gerichtlichen Medicin; von Herrn Bicquet. Alle Aerzte wiſſen, daß durch die Schwanger ſchaft in den Gefäßen des uterus beträchtliche Veränderungen her⸗ vorgerufen werden. Die Arterien erleiden außer einer Erweiterung auch eine Verlängerung, welche macht, daß ſie gewunden verlau⸗ fen, ſelbſt ehe der ausgedehnte uterus ſich wiederum auf ſich ſelbſt zuſammenzieht; ſobald aber dieſe Contraction beginnt, nachdem das Kind entfernt iſt, nehmen dieſe arteriellen Windungen ſo zu, daß ihre Convexitaͤten ſich gegenfeitig beruͤhren. Nimmt nun die Zuſammenziehung des uterus noch mehr zu, wenn die Windungen nicht weiter zunehmen koͤnnen, ſo geſchieht dieß in einer andern Richtung; die Arterien zeigen, anſtatt einfacher Sinuoſitaͤten, ſaͤmmt⸗ lich Spirale, welche von da an unverändert bleiben und ſich ime mer mehr zuſammenziehen, bis der uterus ſeinen normalen Zuſtand wiedererlangt hat. Sobald die Uterusarterien einmal dieſe ſchnek— kenfoͤrmige Anordnung angenommen haben, ſo behalten ſie dieſelbe fuͤr immer und werden zu einem ſichern Zeichen vorausgegangener Schwangerſchaft. Man findet dieſe ſchneckenfoͤrmig gewundenen Arterien auf beiden Uterusflaͤchen; ſie bilden in der Dicke der Schichten des Uterusgewebes eine gelbliche Schicht, welche der Aue Bern Fläche naͤher liegt, als der innern. Im jungfräulichen ute- rus findet man nichts Aehnliches. (Gaz. méd. No. 12.) Ein Bruchſack mit klappenartiger Zwiſchenwand vor dem Bauchringe. Im vorigen Jahrgange der Zeitſchrift Experience befindet ſich eine Beobachtung von eingeklemmtem Lei⸗ ſtenbruche, welcher operirt wurde, und wobei ſich in dem Bruchſacke eine fibrös-feröfe Queerwand zeigte, die wie eine breite Klappe ſich über den Bruchring herlegte, fo wie ein Druck der taxis gemacht wurde, fo daß die Zuruͤckbringung unmöglich blieb, bevor nicht dieſe Klappe durchſchnitten war. Bibliographische neuigkeiten. Cours élémentaire de Physique. Par M. Deguin. 3. edit. re- vue et corrigee, Tome 1. Paris 1841. 8. Florula Caprariae, sive Enumeratio Plantarum in Insula Capra- ria vel sponte nascentium vel ad utilitatem latius excultarum auctoribus J. Moris et J. de Notaris. Taurini 1839 Acce- dunt Stirpes Sardoae novae aut minus notae, auct. J. Mori. Du Begaiement et du Strabisme; Nouvelles recherches. Par le Dr. Ch. Philips (de Liege). Paris 1841. 8. Des operations que nécessitent les affections cancereuses eto. Par Alph. Robert, MD. Paris 1341. 8. — — . Neue Uotizen aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratte Froriev zu Weimar, und dem Medieimalratde und Profeſſor Frorie p zu Berlin. Noe. 383. (Nr. 9, des XVIII. Bandes.) Mai 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 fGr. Mund w ned Bericht uͤber Profeſſor Zantedeſchi's und Dr. Favio's Abhandlung über die electriſchen Stroͤ— mungen in warmbluͤtigen Thieren, der Koͤnigl. Academie der Wiſſenſchaften von Bruͤſſel am 4. April 1840 vorgelegt von Herrn Cantraine ). Die uns zugefertigte Abhandlung bezieht ſich auf elec— tro⸗phyſicaliſche Theorieen, und die obgenannten Herren ſtell— ten ihre Verſuche in der Abſicht an, zu ermitteln, ob in den warmbluͤtigen Thieren electriſche Stroͤmungen ſtattfinden; und um in dieſem Falle deren Beziehungen zum Leben, de— ren Staͤrke, Richtung, Zahl und die beſte Methode, ſie zu erkennen, in Erfahrung zu bringen. Die Electricitaͤt iſt, inſo— fern man ſie als die Urſache der Lebenserſcheinungen oder als die eigenthuͤmliche und tiefliegende Wirkung des Lebens betrachtet, noch wenig unterſucht, und dergleichen Forſchun— gen ſind uͤberdem ſo hoͤchſt ſchwierig und complicirt, daß, wie die Verfaſſer ſehr richtig bemerken, alle Zweige der Natur— wiſſenſchaften, namentlich auch die Medicin, in Betreff der dabei anzuwendenden Apparate, zu der richtigen Wuͤrdigung der Erſcheinungen und dem klaren Blick in die Geheimniſſe des lebenden Organismus unentbehrlich ſind. Profeſſor Zantedeſchi und Dr. Favio gehen bei ihren Unterſuchungen von den durch die gelehrten Piſa'ſchen Profeſſoren Pucinotti und Pacinotti aufgeſtellten und auf deren Experimente und Beobachtungen gegruͤndeten Saͤtzen aus, daß in lebenden Thieren eine electrosvitale oder neutro-electriſche Strömung ſtattfinde, welche die Wirkung einer entweder rein anatos miſchen oder willkürlichen Reaction, und wo nicht die Urſache des Lebens ſelbſt, doch eine unmittelbare und eigenthuͤmliche, ſtreng an das Leben gebundene Wirkung deſſelben ſeyz daß dieſe Strömung ſich, je nach der Beſchaf— fenheit der angewandten Metalle und Inftrus *) Bulletin de l’Acad. des Sciences de Bruxelles, 1840, No. 8. p. 43. The London, Edinburgh and Dublin Philosophi- cal Magazine. Third Series. April, 1841. No. 1483. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. . ed mente, in einer mehr oder weniger beſtimmten Weiſe ermitteln laſſe; daß fie in der Rich⸗ tung von den Nerven zu den Muskeln gehen; daß ſie mit der Energie und den phyſiologi⸗ ſchen Veränderungen des Lebens innig verbun— den fey; daß ſie von den electro-magnetiſchen oder thermo-electriſchen Strömungen durch— aus verſchieden fey; daß convulſiviſche Bewe⸗ gungen des Thieres diefelbe ſteigern, Schmerz dagegen dieſelbe ſchwaͤcht; daß in Betreff ih: rer dieſelbe Verſchiedenheit ſtattfinde, wie zwi— ſchen thieriſchem und organ iſchem Leben, ſo daß ſie im erſtern Falle den Phaſen des Thierlebens folge und mit dieſem erſterbe, und im letztern fo lange fortbeftebe, als das organiſche Leben, wenngleich das thieriſche bereits aufgehört hat. Der durch das organifche Leben zu erlangenden Stroͤ— mung geben die Piſa'ſchen Profefforen den Namen: Herz: fitömung (cardiac current). Nach obiger Zuſammenſtellung möchte man in der electro— phyſiologiſchen Theorie viel Aehnlichkeit mit der electros vitalen erkennen; der Unterſchied zwiſchen beiden iſt jedoch in der That bedeutend; die Verfaſſer unſerer Abhandlung neh— men die Lebenskraft für eine primäre, vermoͤge deren die unorganiſchen Stoffe, in Uebereinſtimmung mit den ihnen inwohnenden naturlichen Eigenſchaften, in belebten Stoff um: gebildet werden. Nachdem die Verfaſſer nachgewieſen, daß die Kraft der neuro⸗electriſchen Strömung ſich nach der Art der angewand— ten Metalle richte, bedienten ſie ſich erſt eiſerner, dann ſil— berner Inſtrumente. Sie rathen indeß, auch mit ſolchen von Platina zu experimentiren. Die von ihnen erlangten Reſultate wurden alſo mittelſt eiſerner und ſilberner Inſtru— mente gewonnen. Der zum Experimentiren erforderliche Apparat beſteht aus einem Galvanometer, zwei Metallnadeln, die den Na— men Sonden oder Reophoren fuͤhren, und, ſeyen ſie nun von Eiſen, Silber oder Platina, an die beiden Enden des Leildrahts angelöthet find, und aus 90 lebenden Thiere. 131 Der Galvanometer wird, fern von metallenen, insbe— ſondere eiſernen Gegenſtaͤnden irgend einer Art, auf ein Iſolirungsgeſtelle gebracht und ſo befeſtigt, daß er nicht wackelt. Nicht weit von demſelben muß ſich ein kleiner, nicht ſehr tiefer, durchaus hoͤlzerner Kaſten befinden, in welchen ein lebendes Thier feſtgebunden wird, das man auf folgende Weiſe in den Kreislauf des Galvanometers bringt. Einer der erwaͤhnten Reophoren, die mit einem iſoliren— den Griffe verſehen find, wird plöglich in irgend einen Theil des lebenden Thieres eingeſtochen, waͤhrend man den andern Reophor in einen andern Theil des Thieres einſenkt, fo daß die dazwiſchenliegenden Theile des Thieres die electriſche Kreis— ſtroͤmung des Galvanometers vervollſtaͤndigen. Sobald die beiden Reophoren in das Thier eingeſenkt ſind, wird von dem Strome des thieriſchen Lebens, vermoͤge der vitalen Reaction, eine electriſche Stroͤmung abgezweigt, die von ihren natuͤrlichen Leitern in die in die Organe ein— geſtochenen Sonden gelenkt wird und aus dieſen in den Draht und durch den Multiplicator des Galvanometers ſtricht, worauf die Abweichung der Magnetnadel des In— ſtruments die Intenſitaͤt und Richtung der Stroͤmung zu erkennen giebt. Dieß iſt die Darlegung, welche die Verfaſſer in Betreff ihres aͤußerſt einfachen Apparats und feiner Wirkungsart von ſich geſtellt haben. Uebrigens ſind hierin nicht alle, das gewuͤnſchte Reſultat ſicher herbeifuͤhrende Bedingungen ges geben. Mehrere Umſtaͤnde äußern auf daſſelbe einen ſehr entſchiedenen Einfluß, z. B., die Beſchaffenheit des Galva— nometers, die Metalle, aus denen die Inſtrumente angefer— tigt ſind, die Gleichartigkeit der Sonden, das Vorhandenſeyn irgend einer chemiſch wirkenden Subſtanz in dem electriſchen Kreiſe, die Jahreszeit und Witterung, uͤberhaupt der Zuſtand der Atmoſphaͤre, die Lage, in welche das Thier durch ſchmerz— bafte Vorbereitungen verſetzt iſt, die organiſche Entwickelung und das Alter, endlich der groͤßere oder geringere Grad von Empfindlichkeit deſſelben ꝛc., uͤberhaupt ſo zahlreiche Um— fiände, daß man daran verzweifeln möchte, durch Verſuche der Art zu ſichern Reſultaten zu gelangen, wenn das bereits Erreichte uns nicht eines Beſſern belehrte. Nachdem die Verfaſſer das Vorhandenſeyn electriſcher Stroͤmungen in warmbluͤtigen Thieren für genügend nachge— wieſen erkannt, werfen ſie die Frage auf, ob man dieſe Stroͤmungen vitale nennen duͤrfe? und nachdem ſie dieſelbe bejahend beantwortet, was man eigentlich unter einer vit a— len Strömung zu verſtehen habe? Sie machen die ganze derſelben von den Profeſſeren Pucinotti und Pacinotti beigelegte Definktion zu der ihrigen und geben der Strömung auch vor der Hand den Namen: electro-vitale S tr oͤ⸗ mung. Außer dieſer electro-vitalen Stroͤmung haben ſie in den warmbluͤtigen Thieren noch zwei, ebenfalls von den Pifa’s ſchen Profeſſoren ermittelte Strömungen verificitt, naͤmlich die gewöhnliche electro-chemüſche und die thermo— electriſche; die erſtere zerfällt wieder in die gemeine electro-chemiſche und die vitale electro-chemiſche. Dieſe Stroͤmung iſt diejenige, von welcher man annimmt, daß 132 fie von dem urfprünglid ften Chemismus des organiſchen und thieriſchen Lebens herruͤhre, welches in der Subſtanz der Or— gane und Gewebe feinen Sitz bat. Zur Unterſcheidung dieſer Stroͤmungen weiſen die Ver— faſſer daraef hin, daß man die dem Leben eigenthümliche electro chemiſche Strömung nicht für identiſch mit derjenigen halten duͤrfe, welche man durch Eintauchen der Sonden in die Producte oder verſchiedenen Secretienen der Organe er— langt. Die letztere Strömung nennen fie die gemeine electro-chemiſche, während die vitale electro-chemiſche Stroͤmung diejenige iſt, welche ſich vermoͤge des innerſten animaliſchen Chemismus entwickelt, der den gewoͤhnlichen Geſetzen der Chemie nicht unterworfen iſt, welche Stroͤmung die Verfaſſer zwar nicht als die Urſache des Lebens, wohl aber als die ſpecielle und lediglich durch das Leben bedingte Wirkung deſſelben gelten laſſen mochten. So erlangt man alſo die gemeine electro-chemiſche Stroͤmung dadurch, daß man die Sonden ganz einfach mit den Secretionen oder mit den von heterogenen Producten feuchten Oberflaͤchen der Organe in Beruͤhrung bringt. Die andere Stroͤmung laͤßt ſich dagegen nur dadurch erlangen, daß man mit Sonden in das innerſte Gefuͤge le— bender organiſcher Gewebe eindringt und letztere durch eine tiefgreifende Perturbation zu einer heftigen Ruͤckwirkung anregt. Mögen wir alſo dieſe letztere Strömung fo anſehen, als ob ſie aus der chemiſchen und eigenthuͤmlichen Einwirkung des Lebens auf die Materie entſpringe, oder nur fuͤr ein Symptom und Maaß dieſes thaͤtigen Princips gelten laffenz mögen wir fie im erſtern Falle chemiſch, im letztern phyſiolo— giſch betrachten, ſo werden wir doch immer zu dem Schluſſe gelangen, daß die vitale electro-chemiſche Stroͤ— mung entweder mit der ſogenannten neuro-electri— ſchen und electro-vitalen identiſch iſt, oder, wenn fie von dieſer verſchieden ſeyn ſollte, doch bei dem gegenwaͤrtigen Stande unſerer phyſiſchen und phyſiologiſchen Kenntniſſe, ſich nicht nachweisbar von denſelben unterſcheidet. Die dritte Art von Stroͤmung hat ihren Grund in der verſchiedenen Temperatur der bei dem Verſuche zur Mit— leidenheit gezogenen Theile des Thieres, und dieſem Um— ſtande iſt eben der Name ther mo-electriſche Strömung entnommen. Sie ruͤhrt lediglich von dem Mangel an Gleich: gewicht in den Temperaturen her und gehoͤrt demnach zu den Erſcheinungen der unorganiſchen Materie, hat folglich mit dem Leben an ſich gar nichts zu thun. Uebrigens iſt dieſe Stroͤmung hoͤchſt unbedeutend da ſich aus den neue— ſten, darauf abzielenden Unterſuchungen der Phyſiologen er— giebt, daß die Temperatur der Thiere in allen Koͤrpertheilen ziemlich dieſelbe iſt. Die Verfaſſer fuͤhren ferner an, daß ſie bei Meſſung der durch die Nadel des Galvanometers angezeigten Staͤrke der Stroͤmungen, ſtets die Abweichung beruͤckſichtigt haben, welche die Nadel von dem Augenblick an vollbrachte, wo die zweite Sonde eingeſenkt, wo alfo der electriſche Kreis ges ſchloſſen ward. So lang er dieß blieb, kehrte die Nadel nie in ihre erſte Lage zuruͤck, ſondern die Abweichung beſtand unausgeſetzt in einer Stärke von 8 — 15°, von dem Aus: 133 gangspuncte an gerechnet, fort. In der Abhandlung der Verfaſſer werden 27 Experimente beſchrieben, und die Re— ſultate derſelben in folgende fuͤnf Saͤtze zuſammengefaßt. 1) Bei warmbluͤtigen Thieren findet eine electro-vitale oder neuro-elettriſche Stroͤmung ſtatt, die wir die aͤußere oder Haut⸗Stroͤmung nennen wollen, die man in dem Hautgewebe antrifft, und die, nach den Anzeigen des Gal— vanometers, fortwaͤhrend von den Extremitaͤten nach der Ge— hirn⸗Ruͤckenmarks-Axe gerichtet iſt. Die Intenſitaͤt dieſer Stroͤ— mung iſt, den bisher angeſtellten Verſuchen zufolge, bei An— wendung eiſerner Sonden immer bedeutender, als bei Anwen— dung ſilberner Sonden. Die Richtigkeit dieſes Satzes wird durch ſechs Verſuche erhaͤrtet. 2) Bei warmbluͤtigen Thieren iſt eine electro-wvitale Stroͤmung vorhanden, welche von der Gehirn-Ruͤckenmarks— Axe nach den unter den Hautbedeckungen liegenden innern Organen ſtreicht, und die wir deßhalb die innere electro: vitale Stroͤmung nennen. Vermittelſt des Galvano— meters uͤberzeugen wir uns davon, daß ſie unausgeſetzt von der Gehirn-Ruͤckenmarks-Axe nach den Eingeweiden oder, wenn man will, von den Nerven nach den Muskeln gerichtet iſt. Die Intenſitaͤt der innern Strömung iſt im Allgemeinen bei Anwendung von eiſernen Sonden bedeutender, als bei Anwendung ſilberner. Acht Experimente beglaubigen die Wahrheit dieſes Satzes. 3) Die electro-vitale Strömung wird bei den warmbluͤti— gen Thieren in demſelben Vechaͤltniſſe ſchwaͤcher, wie die Lebenskraft abnimmt. Sobald der Tod eingetreten iſt, tritt ſie in der entgegengeſetzten Richtung zu derjenigen ein, welche ſie waͤhrend des Lebens behauptete. Fuͤr dieſen Satz ſprechen die Reſultate von acht Expe— rimenten. 4) Schmerz ſchwaͤcht oder unterbricht die electro— vitale Strömung und kann ſogar, wenn er heftig iſt, deren Richtung umkehren. Die willkuͤhrlichen oder convulſiviſchen automatifchen Bewegungen laſſen dagegen eine ſehr ſtarke Strömung entſtehen, die man eine Entladung nennen kann. Die Verfaſſer glaubten zur Beſtaͤtigung dieſes Satzes an einem einzigen Verſuche genug zu haben. 5) In verſchiedenen Theilen deſſelben innern Organs iſt die electro-vitale Strömung entweder nicht vorhanden, oder luͤßt fie ſich doch wenigſtens nicht ermitteln. Von einem in: nern Ocgane zum andern zeigt fie ſich ungemein ſchwach. Dieſer Satz wird durch vier Verſuche unterſtuͤtzt. Die Experimente, auf welche die Verfaſſer dieſe fuͤnf Site gründen, begleiten dieſelben mit kurzgefaßten Bemer— kungen, die jedoch mehr fuͤr diejenigen intereſſant ſind, welche ſich ſpeciell mit aͤhnlichen Forſchungen beſchaͤftigen. Die Verfaſſer wuͤnſchen, daß Andere ihre Verſuche wie: derholen und beſtaͤtigen moͤgen. Sie haben dieſelben ohne Partheigeiſt beſchrieben und betrachten die daraus abgeleiteten Schluͤſſe vor der Hand nur als phyſiologiſche Hypotheſen, die jedoch einer gruͤndlichen Pruͤfung wuͤrdig ſcheinen. 184 Ueber die Generationsorgane von Unio und Anodonta. Ven M. Neuwyler. Die Beſtimmtheit, mit welcher in der neueſten Zeit beſonders von Siebold und R. Wagner die Geſchlechts— verſchiedenheit, nicht nur unſerer Suͤßwaſſerbivalven, ſondern beinahe der ganzen Claſſe von zweiſchaaligen Mollusken ver— ſichern, und das gaͤnzliche Schweigen Anderer, welche nicht dieſer Anſicht ſind, veranlaßt mich, hier kur; die Reſultate meiner Unterſuchungen, die ausfuͤhrlicher in den dießjaͤhrigen Denkſchriften der allgem. Schweizeriſchen Geſellſchaft fuͤr die geſammten Naturwiſſenſchaften mit 3 Tafeln Abbildungen erſcheinen werden, mitzutheilen, und auf das wahre maͤnn— liche Organ, auf den Hoden unſerer Anodonten und Unio— nen, aufmerkſam zu machen. Bekanntlich herrſchten, ſeitdem man ſich mit der Ana: tomie der Muſcheln beſchaͤftigt, über die Geſchlechtsverhaͤlt— niſſe dieſer Thiere alle nur moͤglichen Anſichten. So be— trachteten Méry und Koelreuter tie aͤußern Kiemen als die Ovarien und erſterer die innern ais ſaamenbereitende Or— gane, indew beide die Entwickelung des Eies zur jungen Muſchel in den aͤußern Kiemen beobachteten, was ihnen, ohne ein anderes Organ zu unterſuchen, genuͤgte, dieſe Theile als die weiblichen zu erklaͤren. Durch Poli's vielfache und in ſeinem Prachtwerke niedergelegten Unterſuchungen, mußte zwar dieſe Anſicht auf der Stelle verſchwinden, indem er bei allen Muſcheln das ovarium, wie es ſchon Leeuwen— hoek kannte, nachwies; dagegen machte ſich nun diejenige geltend, nach welcher die Claſſe der Bivalven nur aus weib— lichen Thieren beſtuͤnde und für welche ſich entſchieden Oken, Blainville und Carus erklaͤrten. Dieſe nahmen zur Entwickelung der Muſcheleier eine ſogenannte geſchlechtsloſe Zeugung an, indem fie an eine Befruchtung derſelben obne maͤnnliches Princip glaubten. Die Gegner dieſer Anſicht, teionders Prevoſt, von Siebold und R. Wagner, hielten dagegen die Muſcheln für Thiere mit getrenntem Geſcklechte, weil fie bei einigen an der Stelle des ovarium ein ganz aͤhnlich gebautes Organ fanden, das aber, anſtatt Eier oder Eikeime zu enthalten, mit weißlichem, von S pers matozoön wimmelnden Safte, gefüllt war, welche Beob— achtung fie bewog, dieſen Zuſtand des ovarium als Hoden und dieſe Muſcheln als Maͤnnchen zu erklaͤren. Obgleich von Baer noch die Vermuthung aufſtellte, daß die Mu— ſcheln doch Zwitter ſeyn koͤnnten, indem er zu beobachten glaubte, daß ein Theil des ovarium Eier und der andere Saamen entwickele, ſo ſcheint ſich doch die Anſicht Pre— voſt's, welcher zuerſt wieder, nach Leeuwenhoek, Sper⸗ matogoön im ovarium beobachtete, jetzt am meiſten gel— tend zu machen, da fie durch von Siebold's und R. Wagner's Unterſuchungen unterſtuͤtzt wird, und man die befruchtenden Spermatozeén auch in andern Evertebraten nachgewieſen, ſo daß ſie nicht mehr, wie Purkinje und Valentin ftuͤher vermutheten, nur vibrirende Theile des ovarium, fondern wirklich, wie in den Vertebraten, auch hier zur Befruchtung der Eier nothwendig und vorhanden ſind. — 9 * 135 Allein alle dieſe Anſichten gründeten ſich auf bloße Beob— achtung des ovarium, und waͤhrend man dieß von allen Seiten unterſuchte und immer von hier Licht uͤber die Ge— ſchlechtsverhaͤltniſſe zu finden hoffte, blieb das wahre man: liche Organ, der Entwickelungsort der Spermatozoëén, der eigentliche Hoden, gaͤnzlich ununterſucht, indem man ihn, nicht auf genauere Beobachtung geſtuͤtzt, ſondern allein, weil es Oken, nach Analogie mit dem Dintenorgane der Cepha— lopoden, ſo vermuthete, allgemein als Niere betrachtete, be— ſonders noch, da Bojanus, den Gefaͤßreichthum deſſelben nachgewieſen. Dieſer Hoden naͤmlich iſt nichts Anderes, als die braune Druͤſe, welche Poli als ein, den Kalk zur Bil— dung der Schaalen abſonderndes Organ beſchrieb, die von Mery und Bojanus als Lunge, von Oken und den Neuern dagegen als eine Niere angeſehen wurde. — Im Laufe meiner Unterſuchungen entdeckte ich in den Roͤhrchen der zahlreichen Falten, aus denen dieſe Drüfe bei Unionen und Anodonten gebildet iſt, die Spermatozoén, wie dieſelben von Prevoſt, von Siebold und R. Wag— ner im ovarium dieſer Muſcheln beobachtet wurden und bemerkte ebenſo noch den Antheil, den ſie waͤhrend dem Le— gen der Eier an den Geſchlechtsfunctienen nimmt; indem aus ihren zwei, ſchon von Poli gekannten Oeffnungen, waͤhrend die Eier durch die Oviducte austreten, ein Schleim ausfließt, der diejelben nun einhuͤllt. Auf dieſe Weiſe mit: einander verbunden, gelangen ſie bekanntlich in einer Reihe nach Hinten, durch die weiten Oeffnungen der aͤußern Kie— mengänge in ihren Entwickelungsort, in die Fächer der Aus Bern Kiemen. Dieſe Beobachtungen veranlaffen mich, das braune Organ als maͤnnliches und die Muſcheln als Zwitter zu er— klaͤren, was auch mit ihrer Stellung im Syſteme und ih— ren Lebensverhaͤltniſſen uͤbereinſtimmt. Bekanntlich liegt die Hodenoͤffnung gerade neben der Muͤndung des Oviduct's und iſt, wie jene, mit weißlichen 136 Wuülſtchen, die gleichſam die Stelle von Schließmuskeln vera ſehen, umgeben. Der Befruchtungsact iſt daher leicht zu erklären. Sind die Spermatozoén im Hoden gebildet um die Zeit der Fortpflanzung, die bei den Unionen ſehr ver— ſchieden iſt, vorhanden, ſo legen ſich die Wuͤlſtchen ganz aneinander, und der Uebergang der Saamenthierchen beginnt. Wie aber das befruchtende Princip, bei der herrſchenden An— nahme vom Getrenntſeyn der Geſchlechter, durch die feinen Oeffnungen des Oviduct's von einem Exemplare in's andere uͤbergehen koͤnnten, moͤchte fuͤr die Vertheidiger derſelben eine nicht ſo leicht zu loͤſende Frage ſeyn, und ebenſo waͤre wohl ſchwer zu erklaͤren, warum die niedern Muſcheln ge— trennten Geſchlechtes und die hoͤher entwickelten Schnecken wieder Zwitter ſeyn ſollten. — Miscellen. Einige merkwürdige Beobachtungen über Electri⸗ citaͤt hat ein Officier vom Genie bei der Armee von Africa in Algier gemacht. Während eines ſehr heftigen Sturmes am 25. September 1840 beobachtete er: 1. Die in Pyramiden zuſammengeſtellten Gewehre zeigten keine Phosphorescenz, während die im Arme ger tragenen Gewehre der 3 bis 6 Fuß voneinander marſchirenden Soldaten an der Spitze der Bajonette faſt einen Zoll glänzten: doch gaben ſie keine Funken. 2. Die Regentropfen, welche am Ende der Augenbrauen und beſonders des Schnurrbarts hingen, waren phosphorescirend. Wenn die Haare abgetrocknet wurden, ſchwand die Erſcheinung, wiederholte ſich aber, ſo wie ſich wieder einige Tropfchen angehängt hatten. In Beziehung auf die Kaͤlte ſagen die Obſervationen, welche zu Niſchne-Taguilſk gemacht worden, und welche Herr Ana— tole Demidoff der Parifer Academie mittheilen ließ (das Ré a u— mur'ſche Thermometer ſank im December auf 33 Grad unter Null; das Mittel betrug 14 unter Null): Die heftige Kalte geſtattete mehrere Verſuche über die Haͤmmerbarkeit des Queck— ſilbers, welches ſtark genug gefroren war, um durch die Percuſ— ſion in Bleche geſchlagen zu werden. o Ueber delirium tremens und die verſchiedene Behandlung deſſelben. Von Dr. Ch o wn e. Bei Gelegenheit eines Falles in ſeiner Clinik machte Dr. Chowne einige allgemeine Bemerkungen, welche wir hier mittheilen. Man theilt das delirium tremens ge: wohnlich in drei, bisweilen auch vier Stadien ein. Dieſe Stadien ſind indeß nicht deutlich ausgedruͤckt, und die Sym— ptome derſelben kommen oft in umgekehrter Ordnung vor, fo daß die der ſogenannten ſpaͤten Stadien bisweilen früber kommen, als die der fruͤhern Stadien; bisweilen alterniren dieſelben. Meiſtens kann man ſie gar nicht als Stadien bezeichnen, ſondern nur als verſchiedene Grade der Heftig— keit. Obwohl es im Allgemeinen leicht iſt, das delirium tremens von andern Affectionen zu unterſcheiden, welche ebenfalls von delirium und Zittern begleitet find, fo iſt es doch ſchwierig, irgend ein Symptom anzugeben, welches als beſtimmtes diagnoſtiſches Merkmal der Krankheit betrachtet werden koͤnnte. Das Zittern der Haͤnde iſt nicht conſtant und im Gegentheile oft vorhanden, wo die Krankheit nicht exiſtirt. Nimmt man die uͤbrigen Symptome zuſammen, ſo wird man ſich nicht leicht taͤuſchen koͤnnen. Die Symptome werden ruͤckſichtlich der verſchiedenen Theile und Functionen, freilich, je nach den Umſtaͤnden, in verſchiedenem Grade, im Allgemeinen Folgendes zeigen: Im Geſichte alle Nuͤancen von bloßer Unruhe und Angſt, bis zur Wildheit; in den Augen: die Pupillen gewoͤhnlich contrahirt, nicht empfindlich gegen Licht, aͤngſtlich, mit dem Ausdrucke des Mißtrauens und entweder gegen die Stubendecke gerichtet oder auf einen andern Punct im Zimmer fixirt, oder herumgehend, als wenn ſie irgend einem Gegenſtande folgten; an den Ertremitäten Kälte in verſchiedenem Grade bis zur Eiskaͤlte, mit klebrigem Schweiße, bisweilen Muskelkraͤmpfe; in den Händen alle Verſchiedenheiten von bloßem Mangel an Staͤtigkeit bis zur Unſtaͤtheit und hef— 137 tigem Zittern; bei robuſten Leuten, wo der Anfall plöglich mehr nach einem einmaligen, als nach fortgeſetztem Cxceſſe eintritt, fehlt das Zittern haͤufig. Das Benehmen iſt verſchieden, von vermehrter Lebendigkeit bis zur Raſtloſig— keit, Angſt, Graͤmlichkeit, Mißtrauen, Zankſucht und Wild: heit. Der Seelen zuſtand variirt von bloßer Aengſtlich— keit bei der gewohnlichen Beſchaͤftigung, Mangel des Ge— daͤchtniſſes, falſchen Eindruͤcken bis zu vollſtaͤndigen Delirien und den ausſchweifendſten Geiſtes- und Sinnestaͤuſchungen. Der gewoͤhnlichſte Ausdruck iſt der, daß Perſenen, Inſec— ten, Thiere u. ſ. w. zugegen ſeyen, oder daß Geraͤuſche in größerer oder geringerer Entfernung gehört werden. Im Allgemeinen zeigen ſich die Entzuͤndungsſymptome weit leich ter in Füllen, wo das delirium nach irgend einem Erceffe innerhalb zwei oder drei Tagen ſich entwickelt. Das Nervenſyſtem war in ſeiner Thaͤtigkeit veraͤn— dert, von gewohnlicher Erregbarkeit an, bis zu der ſchmerz— hafteſten und peinigendſten Empfindlichkeit. Das Muskelſy⸗ ſtem ſchien oder war wirklich erſchoͤpft; zu andern Zeiten blieb aber, ſelbſt wenn es ſehr erſchoͤpft ſchien, dennoch große Muskelkraft zuruͤck. Die Zunge war, in der Regel, feucht, weiß, klebrig, bisweilen zitternd, bisweilen wurde ſie herausgeſtreckt; kam Entzuͤndung oder Congeſtion hinzu, fo variirte fie in allen Graden von Trockenheit und brauner Farbe. Der Magen litt an Ekel, beſtaͤndigem Wuͤrgen und Uebelkeit, gewoͤhnlich an Anorexie und Dyspepſie; oft war befonders Abneigung gegen thieriſche Nahrung und Be— duͤrfniß zu trinken vorhanden; die Darmfunction entweder gehemmt oder vermehrt; die Stühle normal, gewöhnlich je: doch dunkel und uͤbelriechend; Urin meiſtens ſpaͤrlich; die Hautausduͤnſtung gewöhnlich uͤbermaͤßig, ſchon nach geringer Anſtrengung; bisweilen mangelte ſie, wenn Symptome von Hirnreizung oder Congeſtion zugegen waren. Der Puls gewoͤhnlich beſchleunigt, klein und ſchwach, von 100 — 150 variirend. Bei Symptomen von Hirnentzuͤn— dung gewoͤhnlich langſamer und härter. Kepfſchmerz iſt in verſchiedenen Graden vorhanden. Die Behandlung der Krankheit erfordert große Um: ſicht: häufig find Symptome vorhanden, welche Blutentzie— hung zu fordern ſcheinen, waͤhrend, in der That, die ent— gegengeſetzte Behandlung die geeignete ſeyn wuͤrde. Die Frage nach der Anwendbarkeit der Blutentziehung iſt immer ſehr wichtig geweſen, und es iſt um ſo zweckmaͤßiger, einige Bemerkungen daruͤber mitzutheilen, als im Allgemeinen ein großes Vorurtheil gegen Blutentziehung bei delirium tre- mens bei den Aerzten beſteht, welches in manchen Faͤllen von unguͤnſtiger Einwirkung auf die Behandlung einzelner Faͤlle iſt. Die Tendenz zu delirium tremens und zu eis nem ſchwachen nervoͤs erregbaren Zuſtande iſt fuͤr die Be— handlung aller Krankheitsfoımen bei Trinkern von Wichtig keit und führt darauf, daß man immer die Lebens weiſe des Kranken beruͤckſichtige, wenn man Blutentziehung beabſich— tigt. Wollte man ſich erinnern, daß delirium tremens unter dreierlei ſehr verſchiedenen Umſtaͤnden verkommen kann, fo wird es nicht ſchwierig ſeyn, zu begreifen, daß auch fehr verſchiedene Behandlungsweiſen erforderlich ſeyn werden, in 138 dem einen Falle, z. B., Reizmittel, in einem andern Bluts entziehung. Die Krankheit koͤmmt naͤmlich vor: 1) Bei Perſonen, welche gewoͤhnlich und regelmaͤßig Exceſſe begehen und dieß ſeit laͤngerer oder kuͤrzerer Zeit, was große Schwaͤche herbeifuͤhrt und ſich durch Dyspepſie, Mattigkeit, Zittern der Haͤnde und allmaͤlige Steigerung der Krankheit zeigt. 8 2) Bei Perſonen, welche bloß zuweilen einen Exceß begehen, entweder bei großem Verdruſſe oder bei der Eins wirkung irgend einer andern Leidenſchaft, wobei, ohne ander— weitige Stoͤrung der Geſundheit, der Anfall zwei bis vier oder fünf Tage nach dem Exceſſe faſt plotzlich eintritt. 3) Bei Perſonen, welche dem Trunke ergeben ſind und von irgend einer acuten Krankheit befallen werden oder eine Verletzung erleiden, welche medicinifhe Behandlung, ſpaͤrliche Diät und Enthaltſamkeit von Reizmitteln erfordern. Was nun den Gebrauch der Lancette bei dieſen drei Formen des delirium tremens betrifft, fo iſt zu bemer— ken, daß in dem erſten Falle die Blutentziehung gar nicht anwendbar iſt, indem der Kranke bereits in einem geſchwaͤch— ten und ſehr reizbaren Zuſtande ſich befindet. Warum die Schwaͤche bei dieſer Krankheit von fo eigenthuͤmlicher Erres gung begleitet iſt, waͤhrend bei der Schwaͤche in andern Krankheiten, z. B., Phthiſis, ſo große geiſtige und koͤrper— liche Ruhe beobachtet wird, iſt ſchwer, wo nicht unmoͤglich, zu beſtimmen; dennoch lehrt die Erfahrung, daß die aͤußer— ſten Grade der Schwaͤche mit den aͤußerſten Graden der Er— regung ſich vereinigen koͤnnen, und daß weder große geiſtige Aufregung, noch große Koͤrperkraft ein wahres Zeichen von Entzündung auf der einen Seite, oder von ungeſtoͤrtem Zu: ſtande der Lebenskraͤfte auf der andern Seite genannt wer— den kann. Das heftigſte delirium und die größten Kör— peranſtrengungen koͤnnen unmittelbar nach einer bedenklichen Blutung eintreten. Deswegen muß man forgfältig die Faͤlle unterſcheiden, welche Blutentziehung indiciren und welche es nicht thun, und man muß nicht vergeſſen, daß Perſonen, welche lange dem Trunke ergeben ſind, allmaͤlig in eine Schwaͤche verfallen, bei der geiſtige Aufregung und ſelbſt große Koͤrperanſtrengung nicht unmoͤglich ſind. Die zweite Art des delirium tremens ſtellt ſich gleich unter ganz verſchiedenen Umſtaͤnden dar, indem der Koͤrper nicht durch Verminderung der Muskelkraͤfte oder der Energie des Nervenſyſtems vorher gelitten hat und der Anfall nur die Folge der Einwirkung des alcoboliſchen Reizes iſt, wodurch ein gereizter Zuſtand der Hirnhaͤute bedingt wird. Ein auf dieſe Weiſe bei uͤbrigens gefunden Perſonen herbeigefuͤhrter Anfall wird haͤufig von Congeſtion oder Entzündung beglei— tet ſeyn, wodurch, in der That, eine Complication von de— lirium tremens und meningitis bewükt wird. Auf eis nen ſolchen Fall kann das Vorurtheil gegen Blutentziehun⸗ gen nicht ohne großen Nachtheil fuͤr den Kranken bleiben. Es iſt hier die Blutentziehung nicht weniger nothwendig, als bei irgend einer andern Entzuͤndung, welche unter an— dern Umſtaͤnden eintritt. Der Character der Entzuͤndung und die uͤbrigen Umſtaͤnde koͤnnen wohl die Blutentziehung modificiren, koͤnnen jedoch nicht ganz davon diepenſiren. 139 Hieraus ergiebt ſich ein wichtiger Unterſchied zwiſchen einem nervoͤſen delirium tremens, welcher auf langfortge— ſetzte Unmaͤßigkeit folgt und von Dysdepſie, Schwaͤche und Zittern begleitet iſt und auf der andern Seite zwiſchen ei— nen entzündlichen delirium tremens, welches auf zufaͤllige Erceſſe folgt und von einem nichtgeſtoͤrten allgemeinen Kraͤftezu— ſtande begleitet iſt. Beide erfordern, ruͤckſichtlich der Blut— entziehungen, ein ganz verſchiedenes Verhalten. (Lancet., Dec. 1840.) Ueber die Urſache und chirurgiſche Behandlung der Kurzſichtigkeit. Von Dr. J. Gu érin. Unter dem 15. März 1841 ſchreibt Herr Guérin an den Praͤſidenten der Acad. des sciences: Ich bitte, der Academie einige Folgerungen aus einer Abhandlung uͤber die Kurzſichtigkeit mittheilen zu duͤrfen, welche ich in einer der naͤchſten Sitzungen voclegen wende. 1) Es giebt zwei Arten der Karzſichtigkeit, wie es auch zwei Arten des Schielens giebt, naͤmlich die mech aniſche Kurzſichtigkeit, welche von den Muskeln abhaͤngt, und die optiſche Kurzſichtigkeit, welche vom Auge ab— haͤngt. Die mechaniſche Kurzſichtigkeit entſteht, ebenſo wie das Schielen, von urſpruͤnglicher Kürze oder activer Retrac⸗ tion der Augenmuskeln. 2) Bei der mechaniſchen Kurzſichtigkeit ſind gleichzeitig vier gerade Muskeln verkürzt, oder auch nur zwei oder drei derſelben; jedoch auf die Weiſe, daß die Verkürzung in den affi:irten Muskeln in gleichem Verhaͤltniſſe ſteht. 3) Sehr haͤufig verbindet ſich die Kurzſichtigkeit mit dem Strabismus: dieß iſt dann der Fall, wenn mehrere der geraden Augenmaskeln retrahirt find und gleichzeitig einer derſelben verhaͤltniß maͤßig ſtaͤrker verkuͤrzt iſt, oder auch, wenn nur einer der geraden Muskeln retrahirt iſt, aber in ſchwa— chem Grade. 0 4) Die Merkmale der mehanifhen Myopie find, wie die des mechaniſchen Strabismus, in der Form des Aug— apfels und in den Bewegungen der Augen zu ſuchen. Die vordere Haͤlfte des Augapfels iſt coniſch; die Hornhaut bil: det einen Abſchnitt eines viel kleineren Kreiſes, als der Augapfel im Allgemeinen. Die ſeitlichen Theile des Aug— apfels find eingedruͤckt, gewiſſermaßen in der Richtung der verkürzten Muskeln abgeplattet. Die Bewegu igen beider Augen ſind nach Oben, nach Unten, nach Innen und nach Außen mehr oder weniger beſchraͤnkt, je nach dem Grade der Veckürzung der Muskeln und nach der Anzahl der verkuͤrz— ten Muskeln. 5) Die Behandlung der mechaniſchen Kurzſichtigkeit be: ſteht in der Sabconjunctivaldurchſchneidung der verkuͤrzten Muskeln. Ich habe dieſe Operation mehrmals mit Erfolg gemacht, theils bei Fillen, die mit Strabismus compliciet waren, theils bei einfacher Myopie. Unter den merkwuͤrdig— ſten Fällen erwaͤhne ich den eines 50jaͤhrigen Mannes, wel: cher an einem leichten Grade des divergirenden Strabismus litt und vor 30 Jahren wegen Kurzfichtigkeit aus dem Mi: litärdienſte ausſcheiden mußte. Er konnte leſen mit Brillen: 140 glaͤſern Nr. 3; dagegen 3 Tage nach der Operation ganz gelaͤufig ohne Brille. Ein anderer Fall iſt der eines 18jaͤh— rigen jun zen Mannes, deſſen Mutter und Großmutter ebenfalls kurzſichtig waren. Dieſer junge Mann war vor der Operation Herrn Arago vorgeſtellt worden. Gewoͤhn— liche Schrift konnte er nicht weiter als 12 Centimeter (5 Zoll) leſen; mit einer Brille, Nr. 7, jedoch gelaͤufig, ſelbſt noch ein Wenig weiter. Drei Tage nach Durchſchnei— dung der beiden innern und aͤußern geraden Augenmuskeln konnte er in derſelben Entfernung dieſelbe Schrift ohne Brille leſen und in einer Entfernung von 10 Meter Gegenſtaͤnde unterſcheiden, welche er vor der Operation gar nicht erken- nen konnte. Heute, am 9. Tage der Operation, kann der Kranke mit bloßem Auge dieſelbe Schrift in der Entfernung von 55 Centimeter leſen. Eine ſtarke Schrift lieſ't er in der Entfernung eines Meters; jedoch erſcheinen ihm die Buch— ſtaben etwas kleiner, als vor der Operation. Er unterſchei— det ziemlich deutlich in der Entfernung von 100 Meter groͤ⸗ fiere Gegenſtaͤnde, z. B., einen Hund, eine Statue, während er dieſelben gar nicht mit der Brille Nr. 7, und nur ſehr undeutlich mit der Brille Nr. 13 unterſcheidet. Indeß ſcheint ſich bis jetzt das Auge mit feinem focus noch nicht allen Zwiſchendiſtanzen anpaſſen zu wollen. Dieſer Umſtand entſpricht einer noch unvollkommenen Wiedervereinigung und Contraction der durchſchnittenen Muskeln. 6) Die Kenntniß der unmittelbaren Urſache der mecha— niſchen Mhopie zeigt, daß das Auge vermittelſt der Contrac— tion der geraden Augenmuskeln ſich durch Verkuͤrzung und Verlaͤngerung der Diſtanz der betrachteten Gegenſtaͤnde an— paßt. Directe Erfahrungen beweiſen, daß dieß wirklich ſo iſt. Ich habe Herrn Arago einen jungen Mann von 28 Jahren vorgeſtellt, bei welchem dieſe alternirenden Bewegun— gen von Anziehung und Erſchlaffung des Auges bei'm Nah— und Fernſehen ohne Huͤlfe eines Jaſtrumentes bemerkbar waren. 7) Dieſe Thatſa hen und Erfahrungen ſcheinen zu bes weiſen, daß die Kryſtalllinſe ihre Form nicht veraͤndert, um ſich den verſchiedenen Eatfernungen anzupaſſen, wie mehrere Schriftſteller zu beweiſen geſucht haben. Sie aͤndert bloß ihre Beziehung zue Netzhaut und zur Hornhaut, indem fie ſich von dieſen entfernt oder ihnen nähert (Gaz. med. No. 12.) Eine Geſchwulſt des nervus peronaeus. Von Thomas Gutteridge. Herr Doger, 64 Jahr alt, mager, wurde vor etwa 30 Jahren mit einem Kieſelſteine an den rechten Fuß ge— worfen; es folgte heftiger Schmerz, und die getroffene Stelle, 6 Zoll uͤber dem Knoͤchel und am obern Rande des soleus, blieb lange Zeit empfindlich. Nach etwa einem Jahre wurde an der Stelle eine fremdartige Sabſtanz bemerkt, von wel- cher bei'm Deucke ein Schmerz in dem Gliede in die Höhe ſchoß. Allmaͤlig vergrößerte ſich die Geſchwulſt, und etwa ſeit ſieben Jahren wurde ſie ſehr viel empfindlicher, als zu— vor. Abſichtlicher oder zufälliger Druck verurſachte einen bis 141 zum Kopfe in die Höhe ſchießenden Schmerz und eine Erz ſchuͤtterung des ganzen Koͤrpers. Der Kranke verglich die Empfindung ganz mit dem Schmerze, welcher entſteht, wenn der ulnaris am Ellenbogen einen Druck erleidet, nur viel heftiger. Der Theil des Gliedes unterhalb der Geſchwulſt war ganz davon afficirt und behielt ſeine normale Senſibili— taͤt. Nach einem langen Gange empfand der Kranke eine leichte Taubheit in der Geſchwulſt, jedoch niemals Schmerz, außer wenn die Geſchwulſt gedruͤckt wurde. Im Auguſt 1840 war die Geſchwulſt fo groß, wie ein Huͤhneref, faſt vollkemmen rund; ſie hatte alle Charactere einer Balgge— ſchwulſt, und man fuͤhlte deutlich Fluctuation in derſelben. Man nahm an, daß das Leiden von einer Geſchwulſt her— ruͤhre, welche auf den peronaeus druͤcke, und man ſchloß nach der Lage unter der Fascie und zum Theil unter dem soleus, daß nur durch Ausſchneiden der Geſchwutſt Huͤlfe geſchafft werden konne. Demgemaͤß wurde durch einen Eins ſchnitt die Geſchwulſt bloßgelegt; ſie war tief und feſt mit den benachbarten Theilen verbunden, und bei der Durchſchnei— dung des obern Theiles rief der Kranke: „das iſt der Nerv“ und beklagte ſich über acuten Schmerz. Dieſelbe Empfindung, ob» wohl im geringern Grade, zeigte ſich bei Durchſchneidung der untern Anheftung der Geſchwulſt. Die Wunde heilte langſam, obwohl durch prima intentio; in den Theilen unterhalb der Durchſchneidung des Nerven klagte der Kranke viel uͤber Schmerz, jedoch in der Richtung nach Oben war nicht mehr, wie fruͤher, ein Schmerz zu bemerken. Der untere Theil des Unterſchenkels und der Fuß waren ſehr kuͤhl; auffallend war, daß der Kranke, tretz ſeiner vortrefflichen Conſtitution, betraͤchtliche Stoͤrung ſeines Allgemeinbefindens erlitt. Es wurde noͤthig, feine Diet zu beſſern, ihm Wein zu geben; der untere Theil der Wunde zeigte Neigung, zu ulceriren, und der Kranke mußte Kruͤcken gebrauchen, um gehen zu können. Jetzt, 10 Wochen nach der Operation, befindet er ſich gut und geht aufrecht und ſicher. Die ein— zige Unbequemlichkeit, welche noch uͤbrig iſt, beſteht in dem Gefuͤhle, als wenn der aͤußere Fußrand eingeſchlafen ſey wodurch auch eine gewiſſe Unſicherheit in Bezug auf die Flaͤche, auf welcher er aufruht, bedingt iſt. Dieß nimmt indeß immer ab; das normale Gefuͤhl und die natuͤrliche Waͤrme ſtellen ſich allmaͤlig wieder her. Die Geſchwulſt. Der Balg konnte leicht abgezo— gen werden; er beſtand offenbar nur aus verdichtetem Zell⸗ gewebe, welches durch die urſpruͤngliche Scheide des n. pe- ronaeus gebildet wurde. Dieſer Balg umſchloß eine ei— förmige, weiße, glatte, glänzende Subſtanz, welche rahm— weiße Streifen zeigte. Dieſe Streifen waren deutlich, wie auseinandergeſpreizte Nervenfaſern, welche der Laͤnge nach regelmaͤßig verliefen, wie die Schichten einer Zwiebel. Die Durchſchnittsflaͤche der Geſchwulſt ſah ungefaͤhr ſo aus, wie der Glaskoͤrper des Auges, wenn man in demfelben die zar— ten Zellenwaͤnde verdicken und undurchſichtig machen könnte. Die Fluͤſſikeit in derſelben war zaͤhe, ſchluͤpfrig, ſtrobfar— ben und gab der ganzen Maſſe ein gruͤnliches Ausſehen. Die Anſchwellung begann 4 Zell tiefer, ale wo der Netv durch ſchnitten war; die Faſern wichen ploͤtzlich auseinander 142 und waren auf gleichmaͤßige Weiſe ausgebreitet. So wur⸗ de, mit Huͤlfe des verdickten Neurylems, ein Balg faſt ſo dick, wie die selerotica des Auges, gebildet, in welchem die vorhin beſchriebene Subſtanz eingeſchloſſen war, — eine Subſtanz, welche eine Ablagerung in der Mitte des Nerven darſtellte. As die Geſchwulſt in verdünntem Alcohol ges legt wurde, wurde ſie ſehr feſt und bekam durchaus eine gleichfoͤrmige rahmartige Faͤrbung. Dieſer Fall iſt intereſſant, da er zeigt, daß die Ner— venſtraͤnge denſelben Zufaͤllen unterworfen ſind, wie die uͤb— rigen Koͤrpertheile; auch in ihnen erfolgt nach einem aͤußern Reize Entzuͤndung. In dem vorliegenden Falle folgte ſe— roͤſe Ergießung in das Zellgewebe, welches die Nervenfaſern vereinigt. Die Reizung, welche mit dem Gehen verbunden iſt und auch durch zufaͤlligen Druck bisweilen geſteigert wurde, erklaͤrt, wie die krankhafte Thaͤtigkeit unterhalten wurde. Dieſe Symptome erklaͤren ſich übrigens hinreichend, nachdem die Unterſuchung gezeigt hat, daß ein Aſt des ischiadicus den Sitz der Geſchwulſt bildete. Intereſſant in Bezug auf Diagnoſe iſt der Fall wegen der Aehnlichkeit des Neurems mit einer gewoͤhnlichen Geſchwulſt in der Nähe des Nerven, welcher nur durch zufälligen Druck in feiner Function leidet. Das von Swan als characteriſtiſch angeführte Merkmal, daß ein Neurom nach der Seite frei beweglich ſey, aber in der Laͤngenrichtung unbeweglich liege, war in dieſem Falle nicht vorhanden; denn in dieſem Falle war die Bewegung nach der Seite und nach der Laͤnge in gleichem Grade vorhanden. Da die ſecundaͤren Symptome eines Neuroms und einer auf den Nerven druͤckenden, da— von unabhängigen Geſchwulſt dieſelben ind, fo iſt bisjett noch kein Unterſchied zwiſchen dieſen beiden Arten von Ge— ſchwulſt mit Sicherheit aufzuſtellen, wenn man auf das lo— cale Verhalten der Geſchwulſt in vorliegendem Falle Ruͤck— ſicht nimmt. (London med. Gaz.) Ueber die Operation des Empyems und die Behandlung penetrirender Bruſtwunden. Von Reybard zu Lyon. (Schluß.) Ich babe an der Bruſt eines Hundes eine Wunde mit Sub: ſtanzverluſt angelegt, indem ich mehr, als 54 Millim einer Rippe nebſt den Muskeln der benachbarten Intercoſtalrsume entfernte; nachdem ich hierauf eine große Wunde in den Lungen gemacht hatte, legte ich ein großes, flack gewoͤlbtes Glas, feſt in die Mus⸗ keln eingedruͤckt, über die Oeffnung; biereuf machte ich in der Nähe eine zweite Oeffnung in die Bruſtt ole und brachte meine Klappenroͤhre ein. Durch dieſe ließ ich Luft ein, wodurch die Hoͤble ausgefüllt und die Lunge comprimirt wurde. In demſelben Maaße nun, wie ich die Luft wiederum herausließ, ſah ich durch die Glasplatte hindurch die Lunge ſich ausdehnen und allmälig ihre gewoͤrnliche Bewegung wiederrum annehmen. Endlich, als alle Luft ausgelcert war, füllte die Lunge einen Augenblick lang die ganze Bruſtk oͤhle aus und folgte deren Bewegungen; aber allmä⸗ lig und in dem Maaße, wie die Lungenwunde Luft gab, fab ich fie fih widerum von den Rippen entfernen und gegen die Wirbel⸗ fäule zuſammenſinker, was hinreichend beweifr, daß der Collapſus der Lunge nur von der Anſammlung der Luft in der Bruſthoͤhle abhängt. Eine Erweiterurg oder Verengerung der Lungenwund⸗ raͤnder habe ich bierbei nick! bemerkt. Ebenſo fand ich nicht, daß 143 die Blutung waͤhrend der Inſoiration ftirkee wire, als wihrend der Exſpiration. Dagegen zeigte fih, daß bei einer ſehr großen und tiefen Lungenwunde die Lu't faſt fortwährend die Bruſt übers ſchwemmte, fo daß, um ein Ziſammenfallen in der Lunge zu ver— hüten (während welches die Biutung ebenſo ſtark war, wie bei'm ausgedehnten Zuſtande), ein unaufhoͤrliches Auspumpen nothwendig geweſen waͤre. Ich habe auch bemerkt, daß die Lungenwunden um fo weniger Luft geben, je mehr man fih von der Epoche der Operation entfernt, fo daß häufig nach 12 — 24 oder 35 Stun: den gar keine Luft mehr hervordrang, obwohl die Wunden noch nicht vernarbt waren. Dieſe Experimente, welche ich 5 — 6 Mal wiederholt habe, und welche mir immer daſſelbe Reſultat gegeben haben, genuͤgen vollkommen zur Widerlegung von John Bell's Theorie. Sie be— weiſen, daß der Collapſus der Lunge keinesweges eine unmittelbare Folge der Lungenwunde, fondern erſt eine Folge der Compreſſi on durch die ausgetretene und in der Bruſt zuruͤckgehaltene Luft ift. Es iſt ebenſo ungegruͤndet, daß der freie Eintritt der Luft in die Beuſthoͤhle genüge, um die Bewegungen ſelbſt einer gefunden Lunge aufzuheben; das G'gentheil davon iſt durch das Experiment bewies ſen, wobei ich zwei Bruſtwunden machte, durch die eine den Fin— ger einfuͤhrte, durch die andere mittelſt einer Roͤhre Luft eintreten ließ. Die eindringende Luft ging bei der Exſpiration wieder her— aus, und die Lunge entfernte ſich nicht von meinem Finger. Noch deutlicher war dieß, als ich durch eine weite Bruſtwunde eine fo weite Röhre einführte, daß ich dur h dieſelbe auch den Finger eins bringen konnte. Dabei bewegte fih die Lunge noch fortwährend und ſtieß bei jeder Inſpiration an meine Fin zerſpitze an. Dieß er: klaͤrt ſich, wie mir ſcheint, nur durch die verſchiedene Schnelligkeit, mit welcher die Luft in die Bruſthoͤhle durch eine Röhre und in die Lunge durch die glottis eindringt. Die Luft, welche in die Lunge gelangt, muß eine doppelte Geſchwindigkeit im Vergleiche zu der haben, welche in die Bruſthoͤhle eindringt (2). In der That, die beiden Bruſthoͤhlen erweitern ſich gleichzeitig und ziehen dieſelbe Luftſaͤule ein, deren Geſchwindigkeit noch zunimmt, und welche für die Lunge der kranken Seite ebenſo, wie für die der gefunden Scite, eintritt. Die Luft, welche mit groͤßerer Kraft und Schnel— ligkeit eintritt, erhebt die Lungen, bevor noch eine betraͤchtliche Quantitaͤt dieſes Gaſes die Zeit hat, durch die Wunde in die Bruſthoͤhle einzudringen, um dieſes Organ zu comprimiren und ſeine Bewegungen zu verhindern. Die von mir gegebene Erklaͤ— rung wird noch mehr dadurch bewieſen, was ich bei allen meinen Erperimenten mit Entfernung eines Stuͤckes aus einer Rippe, oder alſo mit einer großen Bruſtwunde geſehen habe. Die Lunge, wel— che zuſammengeſunken und gegen die Wirbelſaͤule coll abirt war, fo lange das Thier ruhig blieb, erhob ſich aus dieſem Zuſtande von Collapſus auf eine ſo raſche und kraͤftige Weiſe, daß ſie bei den Jaſpirationsanſtrengungen des Thieres durch die Bruſtwunde her— 3 ſobald das Thier aus Schmerz ſchrie oder zu entfliehen uchte. Aus allem bisher Geſagten ergiebt ſich, daß Luft, welche in die Bruſthoͤhle eindringt, nicht allein die Reſpirationsbewegung ſtoͤrt, ſondern auch Blutung beguͤnſtigt; daß die Luft, welche in der Hoͤhle zuruͤckgehalten wird, die Lunge comprimirt und deren Bibliographische Histoire chimique médicale et topographique de Peau minérale sulfureuse et de l’&tablissement thermal d’Allevard (Isère). Par Alphonse Dıpasquier. Lyon 1841. 8. Prof. Dr. Fr. Hünefeld, Der Chemismus in der thieriſchen Organiſation. Phyſiologiſch⸗chemiſche Unterſuchungen der mate— riellen Veränderungen oder des Bildungslebens im thieriſchen Organismus, in’sbefondere des Blutbildungsproceſſes, der Natur der Blutkörperchen und ihrer Kernchen. Ein Beitrag zur Phy— 144 Functionen ſuspendirt, und daß, um alle dieſe Zufälle zu beſeitigen und zugleich dem ſecundaͤren Emphyſem zu begegnen, im erſten Falle die Wunde durch prima intentio geheilt und mittelſt einer K:appenröhre die Ergießung mit ihren Symptomen beſcitigt wer— den muß, waͤhrend im zweiten Falle die Fluͤſſigkeit mit demſelben Inſtrumente entfernt und noͤthigenfalls ſo weit vergrößert werden muß, daß ſie die Roͤhre aufnimmt. In der That, die Lungenwun— de laßt nicht länger Luft durch und vernarbt auch nicht langſamer, das Ocgan mag ſich bewegen, oder gegen die Wirbelfäule zuſam— mengeſunken ſeyn. Man ſieht aus dieſen Experimenten, daß zur Entfernung ergoſſener Fluͤſſigkeiten ein Ausſaugen mit dem Munde noͤthig war, und daß bei ſehr großen Lungenwunden die Luft ſo reichlich eindrang, daß ich kaum im Stande war, ſie in gleichem Maaße zu entfernen. Dieß wuͤrde bei'm Menſchen nicht auf gleiche W ſiſe der Fall ſeyn; man wäre nicht genoͤthigt, mit dem Munde auszuſaugen, weil der Menſch mittelſt einer ſtarken Exſpiration willkuͤhrlich bei offener Bruſtwunde alle Luft aus der Bruft her— austreiben kann. Kommen Fälle vor, in welchen man gendͤthigt iſt, eine Klappenroͤhre in der Wunde liegen zu laſſen, ſo ſind es hauptſaͤchlich diejenigen, bei welchen die ergoſſene Fluͤſſigkeit ſich mit ſehr großer Leichtigkeit und Schnelligkeit nach ihrer Entfernung wiederum anſammelt. Man wird daher nicht bloß zur Entfernung des Blutes aus der Bruſt, ſondern auch zur Beſeitigung der un— aufhoͤrlich durch eine Lungenwunde eindringenden Luft eine liegenbleis bende Klappenroͤhre anwenden. Pneumothorax und Emphyſem beobachtet man ſelten bei pene— trirenden Bruſtwunden, bisweilen dagegen bei Rippenbruͤchen. Ein Kaochenſtuͤck zerreißt die pleura und das Lungengewebe; die hervor— dringende Luft ſammelt ſich in der Bruſthoͤhle oder infiltrirt ſich in das Zellgewebe (meiſtens geſchieht beides); beide Erſcheinungen ers fordern ziemlich dieſelbe Behandlung; man wird fie beſeitigen, in⸗ dem man die Bruſt oberhalb der Fractur oͤffnet und eine Klappen— roͤhre einlegt, damit die hervordringende Luft entweichen Fönne, (Die Fortſetzung, welche die directen Beobachtungen uͤber die Operation des Empyems enthaͤlt, wird in einem der naͤchſten Stuͤcke nachfolgen). Miscellen. Herr Bennet⸗Lucas hat zur Operation des Stot⸗ terns 14 Fälle gewählt, bei welchen die Zunge entweder durch das frenulum oder die Muskeln unter der Zunge an dem Boden der Mındhöhle „feſtgehalten wurde und feine Operation beſteht in dem Verfahren, deſſen ſich Amuffat vor ihm bediente, nämlich in einer Trennung des Zungenbaͤndchens und der vordern Faſern der mm. geniohyglossi. (Lancet 27. March 1841.) Aehnlich ift die Operationsweiſe von Baudens. Als speculum auris zum Vorziehen der verdick⸗ ten Haut des knoͤchernen Gehoͤrganges empfiehlt Herr Yearsley den gewoͤhnlichen Ohrſpiegel, vorn mit einem Rande verſehen, ſo daß er nach Außen einen Widerhalt bietet. Durch ſolche Spannung der Haut des Gehoͤrganges ſoll ſie verduͤnnt und der Anblick des Trommelfelles erleichtert werden. neuigkeiten. ſiologie und Heilmittellehre. Gekroͤnte Preisſchrift. 1840. 8 en Prelegons de pathologie experimentale. Ire partie. Observations et expériences sur l'hypsr&mie capillaire. Par E. Fred. Dubois (d’Amiens). Paris, 1841. 8. Mit 3 K. A practical treatise on the new Operation for lateral curvature of the Spine, shewing those cases in which alone the ope- ration is adwissible. By G. B. Childs etc. London, 1841. 8. Leipzig, — . . ñę ñ ꝗ— Vene Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober s Medicinalraihe Frorie p zu Weimar, und dem Medieingtrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Mo. 384. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 9 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. (Nr. 10. des XVIII. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Mai 1841. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. ane abe ra Betrachtungen über die urſpruͤngliche Quelle des in den Pflanzen und Thieren anzutreffenden Kohlenſtoffes und Stickſtoffes. Von Charles Daubeny, M. D. 9) Dr. Daubeny bemerkt: Ich kann nicht umhin, darauf aufmerkſam zu machen, daß Kohlenſaͤure und Ammo— nium, aus welchen erwieſenermaßen der Kohlenſtoff und Stickſtoff der Pflanzen entſteht, auf der einen Seite in ſo veraͤnderlichen Verhaͤltnißtheilen in der atmoſphaͤriſchen Luft vorkommen, daß ſie ſchon aus dieſem Grunde keine weſentli— chen Beſtandtheile derſelben bilden koͤnnen, auf der andern aber ſelbſt noch heutzutage an vielen Orten aus dem In— nern der Erde hervorquellen. Wer die mit Vulcanen in Verbindung ſtehenden Er— ſcheinungen irgend unterſucht hat, dem iſt hinreichend bekannt, daß ſich beſtaͤndig Kohlenſaͤuregas aus der Erde erhebt, und zwar nicht nur an den Orten, wo ſich wirklich vulcaniſches Feuer offenbart, ſondern auch an denen, wo daſſelbe fruͤher = un und gegenwärtig, wenigſtens ſcheinbar, erſtor— en iſt. Auch bei dem Beſuche noch brennender Vulcane kann uns die Bemerkung nicht entgehen, daß ſich aus den friſch ausgefloſſenen Lavaſtroͤmen eine große Quantitaͤt Salmiak ſublimirt, welche Subſtanz auch in Dampfform aus den Spalten eines gerade in Thaͤtigkeit begriffenen Vulcans in Menge entweicht. **) ») Dieſe intereſſanten Betrachtungen des Dr. Daubeny find aus deſſen trefflichen Vorleſungen uͤber Landwirthſchaft, die ſo eben erſchienen, ausgezogen worden. Lange vor der Heraus— gabe von Prof. Liebig's Werke (organiſche Chemie) trugen wir in unſern Vorleſungen aͤhnliche Anſichten vor, die ſich auf geologifche Gründe ftügten. Der Herausg. des Edinb. new philos, Journal (Prof. Samefon). ) Vergleiche meine Abhandlung über den Ausbruch des Veſuvs im Jahre 1834. Philosophical Transactions, 1835. No. 1484. Ru ned ee. Prof. Liebig hat auch nachgewieſen, daß ſich Ammo— nium ſtets in Geſellſchaft der Boraxſaͤure vorfindet, welche die vulcaniſche Thaͤtigkeit aus den Lagunen im Toscaniſchen entbindet, und es iſt mir lieb, zu erfahren, daß dieſer aus— gezeichnete Chemiker die von mir laͤngſt gehegte Anſicht beſtaͤ— tigt, daß in dieſem Falle das Ammonium unmoͤglich von der Zerſetzung organiſcher Stoffe herruͤhren koͤnne, indem kein Geſchoͤpf in einer ſo hohen Temperatur leben kann, wie ſie die das Ammonium enthaltenden Daͤmpfe anzeigen. Demnach muß das Ammonium, gleich der Kohlenfäure, von gewiſſen im Innern der Erde vorgehenden Proceſſen her— ruͤhren“), welche ſchon vor der Exiſtenz lebender Geſchoͤpfe ſtattgefunden und bei der Erzeugung und Erhaltung der letz— tern eine wichtige Rolle geſpielt haben duͤrften. So auf— fallend eine ſolche Meinung auch ſcheinen moͤchte, ſo finde ich doch, da ein Liebig derſelben beipflichtet, kein Bedenken, es wenigſtens als eine wahrſcheinliche Conjectur aufzuſtellen, daß aller Kohlenftoff und Stickſtoff, welcher den Organismus der Pflanzen und Thiere bilden hilft und dieſe Beſtimmung entweder jetzt bat oder von der Urzeit an gehabt hat, ur— ſpruͤnglich aus dem Innern der Erde gekommen ſey. Dieſer Folgerung koͤnnen wir auf keine andere Weiſe entgehen, als wenn wir annehmen: 1) Als es dem All— maͤchtigen gefallen, die Pflanzen zu ſchaffen, habe er die Erde ohne Weiteres mit denſelben uͤberzogen, ohne ſich zu deren Verbreitung ſecundaͤrer Urſachen zu bedienen; 2) die in den ſo geſchaffenen Pflanzen enthaltene Menge Kohlenſtoff und Stickſtoff habe hingereicht, um das ganze Thierreich, in dem Maaße, wie es ſich entwickelte, mit der ihm noͤthigen organiſchen Materie zu verſorgen; 3) es habe ſeit der ur— ſpruͤnglichen Entſtehung der Pflanzen und Thiere keine Ver— mehrung des vorhandenen vegetabiliſchen und animaliſchen Stoffes, beide als ein Ganzes zuſammengenommen, ſtattge— ) Liebig, S. 112. 10 147 funden. Entſcheidet man ſich nicht für alle dieſe drei Saͤtze, fo laͤßt ſich ſchwer erklaͤren, wie die organiſchen Stoffe, aus denen ſowohl die Pflanzen, als die Thiere beſtehen, anders als durch Gaſe entſtanden ſeyn koͤnnten, die aus unorgani— ſchen Quellen ſtammen. Manchem Leſer duͤrfte es unnuͤtz und ſelbſt anmaßend ſcheinen, wenn ich in die Daͤmmerung der Schoͤpfung zu blicken und Betrachtungen uͤber die bei'm erſten Entſtehen des organiſchen Lebens ſtattfindenden Ereigniſſe anzuſtellen wage. Demungeachtet darf ich mir zu bemerken erlauben, die Analogie ſpreche dafuͤr, daß jede Pflanzenſpecies ſich ur— ſpruͤnglich in einer beſtimmten Localitaͤt entwickelt und von dort aus allmaͤlig uͤber ein gewiſſes Areal verbreitet habe, und daß die Erde nicht ploͤtzlich, auf das Geheiß des Schoͤp— fers, in der jetzt beſtehenden Weiſe mit Pflanzen bedeckt worden ſey *). Das Menſchengeſchlecht ſtammt, wie uns die ehrwuͤr— digſte Urkunde des Alterthums lehrt, von einem einzigen Paare ab, und die Art der Vertheilung der Pflanzen und Tbiere über ein beſtimmtes Areal ſpricht dafuͤr, daß in Be— treff ihrer daſſelbe der Fall war. Nach der Analogie haben wir auch zu vermuthen, daß die Verbreitung der Species uͤber die Erdoberflaͤche urſpruͤnglich in derſelben Weiſe ge— ſchah, wie heutzutage, wenn eine neue Inſel im Ocean, entweder durch das Anwachſen eines Corallenriffs oder einen vulcaniſchen Ausbruch entſteht. In dergleichen Faͤllen ſehen wir nicht alsbald die ganze Oberflaͤche mit Pflanzen uͤber— wachſen, ſondern das Fortſchreiten der Vegetation laͤßt ſich vom zufälligen Dahingerathen eines angeſchwemmten oder angewehten Saamens an ſtufenweiſe verfolgen. Auch iſt es durchaus unwahrſcheinlich, daß eine uͤbernatuͤrliche Urſache zur Bedeckung der Erde mit Pflanzen in Thaͤtigkeit geweſen ſey, da man doch zur Erklaͤrung der Entſtehung der Erd— ſchichten, auf denen ſie wachſen, mit natuͤrlichen Urſachen ausreicht. Da dieſe letztern ſich allmaͤlig durch Anhaͤufung mineraliſcher und organiſcher Stoffe gebildet haben, ohne daß die Allmacht dabei unmittelbar und perſoͤnlich eingriff, fo finden wir ſehr wahrſcheinlich, daß ſich die Pflanzen ganz allmaͤlig durch Saamenausſtreuung und in Uebereinſtimmung mit natuͤrlichen Geſetzen verbreitet haben, und daß nur die urſpruͤngliche Entſtehung jeder Species einer unmittel: baren Einwirkung der Gottheit zuzuſchreiben ſey. Eine ſolche Aeußerung der Schoͤpferkraft, wie ſie die ploͤtzliche Entſtehung ſaͤmmtlicher Pflanzen zu gleicher Zeit vorausſetzen wuͤrde, wird um ſo unwahrſcheinlicher, wenn wir in Betracht zieben, daß ſie ſich in verſchiedenen Perioden er— neuert haben muͤßte, da ſich nicht annehmen laͤßt, die Ober— ) Nach Lyell waͤre nachſtehende Hypotheſe mit den jetzt wiſ— ſenſchaftlich feſtgeſtellten Thatſachen vereinbar: Jede Pflanze entſtand urſpruͤnglich als ein einziges Paar oder, wenn ein Individuum zur Fortpflanzung hinreichte, Exemplar, und die Species entſtanden nach einander zu ſolchen Zeiten und an ſol— chen Orten, die geeignet waren, ihre Vermehrung, Verbreitung und Fortdauer während einer gewiſſen Zeit zu ſichern. Prin- ciples of Geology. Vol. II. chap. 8. 148 flaͤche der Erde ſey je an allen Puncten in ihrer Entwicke— lung gleich weit vorgeſchritten geweſen, ſo daß uͤberall eine reichliche Vegetation habe eintreten koͤnnen. Wollten wir indeß zugeben, die ganze urſpruͤngliche Pflanzenwelt ſey auf einmal in's Daſeyn gezaubert worden, als der Zuſtand der Erdoberflaͤche dieß geſtattete, fo müßten wir wenigſtens an— nehmen, der damalige Zuſtand der Vegetation habe mehr demjenigen geglichen, wie wir ihn in den Naturlaͤndern fin— den, als demjenigen in civiliſirten und cultivirten Laͤndern. Nun iſt aber zu bemerken, daß die den hoͤhern Thier— claſſen nuͤtzlichſten, d. h., den meiſten Nahrungsſtoff enthal- tenden Pflanzen in Naturlaͤndern verhaͤltnißmaͤßig ſelten und, wenn ſie vorkommen, doch verhaͤltnißmaͤßig weniger reich an denjenigen Beſtandtheilen ſind, auf denen ihr Werth als Nah— rungsartikel hauptſaͤchlich beruht. Die Waͤlder, welche, unter ſolchen Umſtaͤnden, einen ſo betraͤchtlichen Theil der Erdoberflaͤche überziehen, enthalten verhaͤltnißmaͤßig nur wenig Stickſtoff; denn in der Holzfa— ſer, welche deren Hauptbeſtandtheil bildet, findet ſich dieſer Stoff gar nicht. Die Kreuzblumen, die verſchiedenen Arten von Graͤſern, welche man unter dem Namen von Cerealien oder Getraidepflanzen zuſammenfaßt, und andere an Stick— ſtoff reiche Pflanzen beduͤrfen zu ihrer voͤlligen Ausbildung des thieriſchen Duͤngers und muͤßten daher, wenn ſie zu jener fruͤhen Zeit ſchon exiſtirt haͤtten, verkuͤmmert und wenig ver— breitet geweſen ſeyn. Es laͤßt ſich demnach billigerweiſe bezweifeln, daß die ſaͤmmtlichen einſt zugleich auf der Erdoberflaͤche vorhandenen Pflanzen fuͤr die Thiere irgend einer gegebenen Periode hin— reichenden Stickſtoff enthalten haben koͤnnen. Drittens ſcheint die Annahme vernuͤnftig, daß die Ci— viliſation die Totalſumme des thieriſchen Lebens, ſo wie der— jenigen Pflanzen, welche den meiſten Nahrungsſtoff enthals ten, vermehrt habe. Ich begreife vollkommen, wie ſchwer es haͤlt, dieß mathematiſch nachzuweiſen, weil mit der Ver— mehrung der Menſchen die Verminderung der nicht von denſelben abhaͤngigen Thiere und Pflanzen Hand in Hand geht und ſich Verluſt und Gewinn hier nicht ſtreng abwaͤ— gen laſſen. Nichtsdeſtoweniger moͤchten folgende Betrach— tungen fuͤr die eben aufgeſtellte Anſicht ſprechen. Es kann kaum ein Zweifel daruͤber obwalten, daß auf dem in Cultur genommenen Areal um ſo mehr Nahrungs— ſtoff erzeugt wird, je mehr Sor,falt man auf deſſen Bear: beitung verwendet, und daß folglich ſich um ſo mehr Thiere von demſelben naͤhren koͤnnen. Dieß iſt, z. B., auf einem richtig bewirthſchafteten Gute der Fall, ſelbſt wenn, wie bei Guͤtern, die fern von Staͤdten liegen, nur der auf dem Gute ſelbſt erzeugte Duͤnger zur Verbeſſerung des Bodens verwendet wird. Nach Verlauf eines Jahrhunderts wird der Viehſtand und die Aerndte bedeutender ſeyn, als vorher, und dennoch iſt alle Jahre eine große Quantitaͤt Kohlenſtoff und Stickſtoff mit dem verkauften Getraide und Vieh von dem— ſelben entfernt worden. Woher kommt nun aber dieſer Zu— wachs an Kohlenſtoff und Stickſtoff? Ruͤhrte er von der Zerſetzung von nicht zu dem Gute gehoͤrenden Pflanzen und 149 Thieren her, fo müßte andern Theilen der Erde dasjenige entzogen werden, was das cultivirte Areal gewinnt, und demnach wuͤrde die Summe des Pflanzen- und Thierlebens in den noch im Naturſtande befindlichen Laͤndern in dem— ſelben Verhaͤltniſſe abnehmen, wie ſie in den vom Menſchen in Cultur genommenen Gegenden zunimmt. Es liegt aber nicht der geringſte Grund zu einer ſol— chen Annahme vor, und eben fo wenig zu der, daß mild» wachſende Pflanzen weniger faͤhig ſeyen, ſich die zu ihrer Exiſtenz noͤthigen Stoffe anzueignen, als cultivirte; wiewohl allerdings der Menſch, indem er ſolche Pflanzen zur Cultur auswaͤhlt, welche ihn mit der größten Menge Nahrungs: ſtoff verſorgen, eine groͤßere Conſumtion von Stickſtoff aus der Luft veranlaßt, als ohne ſeine Einwirkung ſtattfin— den wuͤrde. Der Haupteinwurf iſt jedoch, meiner Anſicht nach, fol— gender. Nehmen wir mit Liebig an, der in den Pflan— zen enthaltene Stickſtoff koͤnne nur von der Zerſetzung von Ammonium herruͤhren, ſo muͤßte, inſofern dieſes nicht in Gasform aus der Erde hervordraͤnge, die Summe des orga— niſchen Stoffes, von welchem Ammonium einen Beſtand— theil bildet, auf der Erdoberfläche immer geringer werden. Denn uns iſt kein auf der Erdoberflaͤche ſtattfindender Pro— ceß bekannt, welcher Ammonium erzeugte, ausgenommen die Zerſetzung von Pflanzen- unb Thierſtoffen, waͤhrend durch viele Proceſſe, z. B., die Verbrennung organiſcher Materie, Koͤrper, welche Stickſtoff enthalten, in ihre urſpruͤnglichen Beſtandtheile aufgeloͤſ't werden, wodurch folglich die Total— ſumme der früher vorhandenen Körper dieſer Art ſtets ver— mindert werden wuͤrde. Irgend ein Erſatz leiſtender Proceß iſt alſo ſchlechter— dings noͤthig, und nichts iſt natürlicher, als die Annahme, daß derſelbe in dem Ausſtroͤmen ammoniakaliſcher Duͤnſte aus dem Innern der Erde beſtehe. Uebrigens koͤnnte man ſagen, es waͤre auch moͤglich, daß die zur Exiſtenz der gan— zen Pflanzen- und Thierwelt bei deren Entſtehung erfor— derliche Quantitaͤt der beiden fraglichen Gaſe, ſo wie die zur Erſetzung des durch Verbrennung verloren gehenden Ammo— niums ꝛc. noͤthige Menge ſchon vor der organiſchen Schöpfung fuͤr alle Zeiten in der Atmoſphaͤre aufgeſpeichert vorhanden geweſen ſey. llein abgeſehen von der Schwierigkeit, die es hat, zu erklären, wie die Partikelchen des Waſſerſtoffgaſes und Stick— gaſes ſich, ohne ihres elaſtiſch-fluͤſſigen Zuſtandes entkleidet worden zu ſeyn, an der Erdoberflaͤche zu Ammonium haͤtten verbinden koͤnnen, muͤßten die Vertheidiger der letztern Hypo— theſe auch nachweiſen, daß eine mit den fraglichen Gaſen ſo ſtark angeſchwaͤngerte Atmoſphaͤre nicht als ein toͤdtliches Gift auf aͤhnliche Organismen, wie die jetzt lebenden, gewirkt haben wuͤrden Um bei dem Ammonium fteben zu bleiben, fo haben die DD. Turner und Ch riſtiſon nachgewieſen, daß 188 dieſes mit der atmoſphaͤriſchen Luft vermiſchten Gases binnen 10 Stunden das Verſchrumpfen und Abfallen der Blaͤtter und fpäter den Tod einer Pflanze herbeiführte, Es 150 laͤßt ſich daher faſt bezweifeln, daß die Pflanzenwelt ihre Functionen normal erfuͤllen koͤnnte, wenn die Luft auch nur 47005 Ammonium enthielte, indem die Säfte der Gewaͤchſe und die Feuchtigkeit des Bodens, auf dem letztere wachſen, ſtets einen in Waſſer fo aufkoͤslichen und in ſolcher Menge in der Atmoſphaͤre enthaltenen Beſtandtheil an ſich ziehen wuͤrden. Die Beſtimmung des Totalbetrags des in allen auf der Oberflache der Erde lebenden oder vor Zerſetzung be— wahrten Pflanzen und Thieren enthaltenen Stickſtoffs unter— liegt großer Schwierigkeit; allein, läßt man Liebig's Uns ſichten gelten, ſo repraͤſentirt die in der Atmoſphaͤre wirklich vorhandene Menge ven Ammonium das Durchſchnittsquan— tum von dieſem Koͤrper, das in jedem Augenblicke durch die Zerſetzung organiſcher Stoffe aller Art entbunden wird. Die dermalen in der Atmoſphaͤre vorhandene Menge des Ammoniums verhielte ſich alſo zu der zur Erhaltung des geſammten Pflanzen- und Thierlebens noͤthigen Quantitat, wie die Geſammtſumme des gerade vorhandenen in Zerſetzung begriffenen organiſchen Stoffes zu der Geſammtſumme der lebenden oder vor Zerſetzung bewahrten Organismen. Nun ergiebt ſich aber aus Liebig's Unterſuchungen, daß 1 Pfund Regenwaſſer zuweilen 4 Gran oder 7888 feines Gewichts an Ammonium enthaͤlt. Ließe ſich alſo die Proportionalzahl des in Zerſetzung begriffenen, im Vergleich mit dem lebenden und geſunden organiſchen Stoffe ermitteln, ſo wuͤrden wir beurtheilen koͤnnen, ob der ſaͤmmtliche auf der Erde vorhan— dene Stickſtoff, wenn er auf einmal in der Atmoſphaͤre ent— halten wäre, dieſer nicht giftige Eigenſchaften ertheilen würde, Die Obliegenheit, dieß darzulegen, kommt uͤbrigens den— jenigen zu, welche für die zuletzt erwähnte Hypotheſe ſtim— men, weil offenbar die Praͤſumtion fuͤr die von mir verthei— digte Anſicht iſt, indem ſich nachweiſen läßt, daß ein unaus— geſetztes Ausſtroͤmen der fraglichen Gaſe aus dem Innern der Erde wirklich ſtattfindet. Demnach ſcheint es ſehr zu— laͤſſig, einer ebenſo conftauten als allgemeinen Erſcheinung eine Beſtimmung im Naturhaushalte anzuweiſen und anzu— nehmen, daß dieſelbe, gleich den ihr zu Grunde liegenden vulcaniſchen Proceſſen, von Anbeginn der Dinge ununter— brochen ſtattgefunden habe. Nehmen wir alſo Dasjenige an, was, unter Anerken— nung der Liebig'ſchen Anſichten, der Analogie am meiſten entſpricht, daß nämlich das Ammonium, fo wie die Koh: lenſaͤure, welche die Nahrung der erſten Pflanzen bildeten, nicht durch Zerſetzung thieriſcher Stoffe, ſondern durch Pro— ceſſe erzeugt worden ſeyen, die ſchon vor der Exiſtenz le— bender Weſen im Innern der Erde vor ſich gingen, ſo wird man ſich vielleicht fuͤr die Anſicht, daß dieſe beiden Be— ſtandtheile von der Urzeit an ſich fortwaͤhrend langſam ent— bunden haben, als fuͤr diejenige entſcheiden, durch welche ſich deren unausgeſetzte Zufuͤhrung in der wahrſcheinlichſten Weiſe erklaͤren laſſe. Wir werden dadurch der Annahme uͤberhoben, daß die Atmoſphaͤre zu irgend einer Zeit mit dieſen Gaſen uͤberladen geweſen ſey, und zugleich auf er— habene und intereſſante Anſichten ruͤckſichtlich der Vorſorge der Gottheit geleitet, welche auf ſolche Weiſe alle Dinge 10 151 auf einen gemeinſchaftlichen Zweck hinwirken und die im Innern der Erde arbeitenden verheerenden Kraͤfte zugleich zur Erhaltung der lebenden Weſen auf der Erdoberflache thaͤtig ſeyn ließ. Ueber die Beſchaffenheit der Proceſſe, welche die Ent— bindung der fraglichen Gaſe veranlaßten, habe ich mich in meinem Werke über die Vulcane *) und ſpaͤtern Schriften umſtaͤndlich ausgeſprochen; hier will ich nur bemerken, daß, während die Entbindung von Kohlenſaͤure vielleicht nur die Wirkſamkeit unterirdiſcher Hitze anzeigt, das Entweichen von, eines Theiles ihres Sauerſtoffgaſes beraubter, atmo— ſphaͤriſcher Luft darauf hinzudeuten ſcheint, daß jene Hitze durch einen Verbrennungsproceß entſtehe, welcher den Ver⸗ brauch von Sauerſtoff veranlaßt; und die Entbindung von Ammonium duͤrfte die Anſicht rechtfertigen, daß bei dieſer Verbrennung eine Zerſetzung von Waſſer ſtattfindet. Der letztere Schluß ſcheint unvermeidlich, wenn wir uns erinnern, daß Ammonium eine Zuſammenſetzung von Stickſtoff und Waſſerſtoff iſt, und daß der einzige Koͤr— per, von dem im Innern der Erde Waſſerſtoff erlangt wer— den kann, das Waſſer ſeyn duͤrfte, welches bekanntlich dort auch in Menge vorhanden iſt. Das Waſſer wird durch mehrere jener Körper, die als Oxyde von den Vulcanen ausgeworfen werden, leicht zer— ſetzt, und es ſcheint deßhalb die Anſicht ſehr glaubwuͤrdig, daß die Einwirkung des Waſſers auf die wahrſcheinlich noch im Innern der Erde vorhandenen Baſen der Erden und Alkalien die erſte Urſache der vulcaniſchen Erſcheinungen ſey. Vorzüglich liegt mir aber daran, bei dieſer Gelegen— heit die teleologiſche Urſache der Entbindung jener Gaſe nachzuweiſen, welche ich und Andere, bei Unterſuchung der Vulcane ſo haͤufig wahrgenommen haben; indem nur dadurch die Anſicht begruͤndet werden kann, daß die frag— liche Erſcheinung keine zufällige oder locale fey, ſondern vom Urbeginne aller Zeiten in jenem rieſigen Maaßſtabe ſtatt— gefunden habe, welcher mit der Großartigkeit der ihr zu Grunde liegenden Proceſſe und dem von uns angenommenen Zwecke derſelben uͤbereinſtimmen würde. So viel ſcheint wenigſtens klar, daß, wenn wir, wie Viele auf's Gerathewohl thun, den von den Pflanzen ab— ſorbirten Stiffſtoff zu den Producten der Zerſetzung thieri— ſcher Stoffe zaͤhlen, waͤhrend hinwiederum die Thiere ſelbſt ihren Stickſtoff von den ihnen zur Nahrung dienenden Pflanzen erlangt haben ſollen, wir uns in einem falſchen Kettenſchluſſe bewegen und unwiederbringlich zu dem Schluſſe hingedraͤngt werden, daß, wenn ſich die Pflanzen durch na— tuͤrliche Urſachen zu irgend einer Zeit vermehrt haben, ſie damals ihre Nahrung ausſchließlich aus unorganiſchen Vor⸗ raͤthen bezogen haben muͤſſen; und daß ſelbſt gegenwärtig eine Vermehrung des in beiden organifchen Reichen aufge— *) Description of active and extinct Volcanos, London. 1826. 152 ſpeicherten Vorraths nur aus dem Reiche der unorganifchen Stoffe erlangt werden kann. Schließlich darf ich alſo bemerken, daß bei'm Gegen— einanderhalten der beiden zur Erklaͤrung der vulcaniſchen Er— ſcheinungen aufgeſtellten Haupttheorieen auch ſolche Erſchei— nungen beruͤckſichtigt werden muͤſſen, welche, wie die Ent— bindung von Ammonium, in ſo ausgedehntem Maaßſtabe vorkommen und zu ſo wichtigen Zwecken beſtimmt zu ſeyn ſcheinen, und daß, wenn die chemiſche Theorie faͤhig iſt (was wohl Wenige zu laͤugnen geneigt ſeyn moͤchten), “) die Entſtehung dieſes und anderer Producte vulcaniſcher Ausbruͤche zu erklaͤren, dieſelbe, weil ſie hinreichenden Auf— ſchluß uͤber die im Innern der Erde vorhandene Hitze giebt, vor der Hand wenigſtens mehr Beifall verdient, als die Theorie, welche dieſe Hitze lediglich als den Ueberreſt jenes gluͤhenden Zuſtandes betrachtet, in welchem ſich die Erde einſt befunden haben ſoll, welche aber die chemiſchen vulcas niſchen Erſcheinungen gar keiner Beruͤckſichtigung würdigt. (Schluß folgt.) „) Erſt, als dieſe Vorleſung in die Druckerei geſchickt worden, gelangte ich zu der Anſicht einer in Jameſon's Journal, Januar 1841, abgedruckten Abhandlung des Profeſſor Bis ſchof, zu Bonn, welche die Ueberſchrift: „Gruͤnde gegen die chemiſche Theorie der Vulcane“ fuͤhrt. Ich wuͤrde aber die mir hinſichtlich des Umfanges dieſer Vorleſungen geſteckten Graͤnzen überfchreiten, wenn ich dieſe Streitfrage hier weit— laͤufig eroͤrterte, und da Profeſſor Biſchof in einer ſpaͤtern Nummer jenes Journals ſich noch weiter uͤber dieſen Gegen— ſtand auszulaſſen gedenkt, fo werde ich ihn erſt vollſtaͤndig ausreden laſſen, bevor ich verſuche, ihn zu widerlegen. e e Heuſchrecken über der See. Das „Essex (Massachu- setts) Register“ enthält folgende Angabe, nach einem Briefe von dem Schiffsfuͤhrer der Brigg „Levant“ aus Boſton, an einen Freund in Beverley, dd. Montevideo, 17 Januar. Der Briefe ſteller ſchreibt, daß, nachdem ſie unter dem 18. Grade noͤrdl. Breite am 13. Sept., waͤhrend das naͤchſte Land uͤber 450 Meilen entfernt war, einen heftigen Sturm ausgehalten hatten, ſie zwei Tage hin— durch von großen Schwaͤrmen von Heuſchrecken von betraͤchtticher Größe umgeben waren; und am Nachmittage des zweiten Tages war, bei einem Windſtoße von Nordweſt, der Himmel ganz von ihnen verdunkelt. Sie bedeckten alſobald jeden Theil der Brigg, Seegel, Tauwerk, Cajuͤte ꝛc. Es iſt ſchwer begreiflich, wie fie ſich ſo lange in der Luft ſchwebend hatten erhalten koͤnnen, da nach Nordweſten hin für mehrere tauſend Meilen kein Land vorhanden war. Zwei Tage ſpaͤter, wo der Wind nachgelaſſen hatte, ſeegelte die Brigg durch Schwaͤrme derſelben, welche todt auf der Ober— fläche des Waſſers ſchwammen. Ruͤckſichtlich der Zäͤhlebigkeit der Froͤſche bemerkt Bell in ſeiner Naturgeſchichte Großbritannien's, daß dieſelben, wenn ſie von Nattern verſchluckt worden oft noch mehrere Minu— ten lang in deren Magen quaken, ja daß er ſelbſt geſehen, wie ein kleiner Froſch einer Ringelnatter bei'm Gaͤhnen (was bei den Nat⸗ tern nach dem Fraße haͤuſig vorkommt) wieder aus dem Maule gehuͤpft ſeyn. — Ein Hund hatte, wie der Naturforſcher Harlan in Philadelphia berichtet, zufällig einen Froſch verſchluckt, der über eine halbe Stunde lang, zur großen Beluſtigung der Zuſchauer und zum großen Aerger des Hundes, in deſſen Magen zu quaken fort⸗ fuhr. (American Journ., July 1840, No. 79.) 153 Git, Kauen d e. Ueber die Behandlung der angebornen Luxation. Von Dr. J. Gué rin. Als zweiter Theil des in Nr. 379. der Neuen Notizen enthals tenen Aufiaßes des Dr. Gué rin giebt derſelbe eine ausführliche Abhandlung, in welcher er zuerſt die anatomiſchen Bedingungen betrachtet, wodurch die Einrichtung des eingerichteten Knochens bei der angebornen Luxation erleichtert oder erſchwert wird, wobei be— ſonders die Veraͤnderungen der Muskeln und der übrigen Weich— theile, die Gelenkparthien und endlich die Theile des Knochenſy— ſtems in der Nähe der Gelenke beruͤckſichtigt werden. Die Muskeln, welche primitiv retrahirt und in fibröfen Zuſtand übergegangen find, bilden meiſtens unüberfteigliche Hinderniſſe für die Einrichtung angeborner Luxationen. Die mechaniſche Ausdehnung dies ſer Muskeln kann ihnen nur momentan die hinreichende Laͤnge geben, um die Gelenkflaͤchen in normale Lage zu bringen. Ihre fibröfe Conſiſtenz, welche durch die Retractionen noch vermehrt wird, fo wie die confecutive Entwickelungshemmung find Bedingungen, welche nach der Reduction zunehmen müffen, alſo die Bewegungen des Ges lenkes beſchraͤnken und eine Dispoſition, wo nicht die Nothwendigkeit der Wiederentſtehung der Difformitaͤt bedingen. Es iſt daher die ſubcutane Durchſchneidung dieſer Muskeln nicht minder unerlaͤßlich bei der Behandlung angeborner Luxation, wie bei der des Klump— fußes und anderer Gelenkdifformitaͤten. Die paſſiv und confecutiv verkuͤrzten Muskeln koͤnnen manch mal durch mechaniſche Extenſion hinreichend verlaͤngert werden, um die Einrichtung zu geſtatten; wenn jedoch die Verkürzung zu bes trächtlich iſt, ſo bilden ſie unuͤberwindliche Hinderniſſe fuͤr die Ein— richtung und erleiden durch zu lange fortgeſetzte und zu ſtarke Re— tractionen eine Umwandlung in fibroͤſes Gewebe, worauf ſie den— ſelben Regeln unterliegen, wie die primitiv retrahirten Muskeln, ſo daß ſie, wie dieſe letztern, ebenfalls unter der Haut durchſchnitten werden muͤſſen. Die Fettumwandlung einiger Muskeln und die Hypertrophie anderer hat keinen Einfluß auf die Einrichtbarkeit und Einrichtung der angebornen Luxationen. Ihr Zuſtand kann hoͤchſtens die Re: gelmaͤßigkeit der Bewegungen nach der Einrichtung ſtoͤren; aber durch Wiederherſtellung der normalen Beziehungen und Bewegungen erlangen dieſe Muskeln ſpaͤter ihre normale Textur und den nor— malen Antheil an der Ausfuͤhrung der Bewegungen in dem einge— richteten Gelenke wieder. Die Arterien werden an den Ausweichungsſtellen nicht geſpannt, ſondern gewunden und zu gleicher Zeit in verſchiedenem Grade ver— engt, ſo daß ſie oft uͤber die Haͤlfte ihres normalen Calibers ver— lieren; beſonders der gewundene Verlauf der Arterien iſt wichtig, indem ſich daraus ergiebt, daß bei Reductionen die Arterien immer die hinreichende Laͤnge haben werden. Die Venen werden nicht, wie die Arterien, gewunden, ſondern fie biegen ſich in der Gegend der Gelenkverkrümmung einwaͤrts und erweitern ſich ziemlich im Verhaͤltniſſe der Verengung der Arterie. Die Nerven verkuͤrzen ſich und verlaufen oft in geradegeſtreck— ter Linie an der Verkruͤmmung vorüber; dieſe Verkürzung iſt oft beträchtlich und ſtellt alsdann ein wichtiges Hinderniß für die Ein⸗ richtung der luxirten Theile dar, im Verhäͤltniſſe zu der Reſiſtenz und Schmerzhaftigkeit, welche ſie bei den Tractionen veranlaſſen. Das Zellgewebe iſt im Allgemeinen reichlicher und fetthaltiger in der Umgebung der angebornen Luxation; es fuͤllt die durch die— ſelbe entſtandenen leeren Räume aus und durchzieht und umgiebt die erſchlafften Muskeln. Dieß kann in dem Grade geſchehen, daß die Muskelfaſer in dem Fettgewebe ganz verſchwindet, ſo daß nur einige unregelmäßige blaßgelbe Faſern zurückbleiben, welche ſich in einer formloſen Maſſe von Fettſubſtanz verlieren. Auch die Haut ſchmiegt ſich, entſprechend ihrer Elaſticitaͤt, den abnormen Verhaͤltniſſen des luxirten Theiles an, wobei nur die in der Tiefe entſtandenen leeren Raͤume gewoͤhnlich von Fettzellgewebe ausgefüllt find, Dieſe Veränderungen des Zellgewebes und der Haut find niemals ein ernſtliches Hinderniß für die Einrichtung der Luxation; ihre Kenntniß iſt aber ruͤckſichtlich ihrer vorläufigen Be: handlung von Wichtigkeit, indem es hiernach von Nutzen iſt, zuerſt eine Extenſion vorausgehen zu laſſen, um theils das Fettgewebe in den angefülten Räumen durch Druck zu beſeitigen und in den leer gewordenen Zwifchenräumen dagegen ſich ftärker entwickeln zu laſ— fen, theils die Haut zu einer Rückkehr zu den normalen Verhaͤlt— niſſen zu beſtimmen und dadurch die Zuruͤckhaltung an der einge— richteten Stelle zu erleichtern. Die Gelenkbaͤnder und Gelenkcapſeln koͤnnen verkuͤrzt und ver⸗ längert ſeyn; die Verkürzung iſt bisweilen Folge activer Retractionz dieß ſieht man beſonders haͤufig bei Luxationen des Fußes und Kniees: z. B., bei dem Klumpfuße iſt das innere Seitenband zwi— ſchen der tibia und dem tarsus geſpannt und hart, und wird dafs ſelbe durchſchnitten, ſo findet man auch noch eine Retraction der Gelenkcapfel ſelbſt. Paſſive Verkuͤrzungen find eine faft nothwen— dige Folge der Gelenkausweichungen; die Baͤnder haben immer die Tendenz, zwiſchen ihren beiden Anheftungspuacten ſich zu ſpannen und koͤnnen alſo ſpaͤter ein bleibendes Hinderniß fuͤr die Einrichtung werden. Die Baͤnder, deren Inſertionspuncte voneinander entfernt werden, paſſen ſich dieſen veraͤnderten Verhaͤltniſſen an, und dadurch unterſcheiden ſich ſchon in den erſten Jahren die angebornen Luxa— tionen von den traumatiſchen, bei welchen die Baͤnder und Capſeln immer zerriſſen ſind. Eine merkwuͤrdige Anordnung, welche bei angebornen Luxationen ein Hinderniß der Einrichtung werden kann und keineswegs dem Huͤftgelenk allein eigen iſt, bei dieſem aber vorzugsweiſe ſtark ſich ausbildet, iſt die Verlängerung des Capſel— bandes in eine Art von haͤutiger Röhre, welche durch den atmo— ſphaͤriſchen Druck und durch conſecutive concentriſche Retraction ſich verengt und dadurch allmälig die Form einer Sanduhr annimmt. Die Baͤnder erleiden uͤbrigens auch Texturveraͤnderungen, aͤhnlich denen der Muskeln. Sie werden fetthaltig und durch die Unthaͤ— tigkeit atrophiſch, jedoch nicht ſo raſch und in geringerem Grade, als die Muskeln. Da, wo die Muskeln fibrös werden, werden die ſchon fibroͤſen Bänder in den Gelenkcapſeln knoͤchern. Dieß iſt je— doch bloß der Fall, wo eine vollftändige Unbeweglichkeit ſtattfindet. Man ſieht leicht, daß bei Reductionen angeborner Luxationen der Zuſtand der Bänder und Gelenkcapſeln auf das Sorgfaͤltigſte in Be: tracht gezogen werden muß. Bei Beruͤckſichtigung der Veraͤnderung der Weichtheile in der Nähe angeborner Luxationen ift die Aufeinanderfolge und der Grad dieſer zahlreichen Veränderungen von Wichtigkeft. Iſt namlich die active Muskelretraction eingetreten, ſo entwickeln ſich alle davon herruͤhrenden Veränderungen immer nur allmaͤlig; die Unbekannt: ſchaft mit dieſer Regel hat ſehr irrige Ideen über die Einrichtbar— keit der angebornen Luxationen hervorgerufen. Die Luxationen find, in der Regel, zuerſt Subluxationen, und daraus folgt, daß die Vers kuͤrzung der Muskeln ihre Spannung und Erſchlaffung nebſt den davon abhängigen Zerturveränderungen ebenfalls, je nach der Dauer der einwirkenden Urſache, verſchieden ſeyn kann. So kann ein in ſeiner Entwickelung gehemmter Muskel eine Traction erleiden und allmaͤlig immer ſtarker in fibroͤſes Gewebe umgewandelt werden, wenn ſich die Theile des Skelettes, woran der Muskel angeheftet iſt, allmälig durch das Wachsthum verlängern. Daſſelbe paßt auf die Bänder und Gelenkkapſeln. So iſt im Anfayge der angebornen Schenkelluxation das runde Band zuerſt nur ſchwach verlaͤngert. Dieſe Verlängerung nimmt zu; es ſchwindet und zerreißt und ver⸗ ſchwindet endlich ganz, alles nur unter dem Einfluſſe allmaͤlig zu⸗ nehmender Urſachen der Luxation. Beſonders eine Veraͤnderung muß mit Ruͤckſicht auf dieſes allmaͤlige Fortſchreiten betrachtet wer⸗ den, naͤmlich die Obliteration des haͤutigen Cylinders, welcher ſich durch Verlängerung der Gelenkcapſel bildet, und wodurch endlich, namentlich am Huͤftgelenke, die Gelenkhoͤhle für den Schenkelkopf von der der Pfanne ganz getrennt iſt. Man hatte ſolche Kranke in vorgeruͤcktem Alter unterſucht und gefunden, daß durch Obliteration der Gelenkcapſeln die genannte Trennung zu Stande gekommen war, hatte dieſe Beobachtung generaliſirt und war ſo zu dem 155 Schluſſe gekommen, daß dieſe Luxation nicht eingerichtet werden konne. Nun zeigt aber directe Beobachtung, daß in der erſten Lebenszeit nicht einmal eine Einſchnuͤrung der Gelenkcapſel vorhan— den ſey, und daß dieſelbe ſpaͤter nur langſam zunehme. Erſt gegen das zwoͤlfte bis vierzehnte Jahr hin ſtellt die Verengung ein wirk— liches Hinderniß fuͤr die Reduction des Gelenkkopfes dar. Eine Aufhebung der Communication zwiſchen den beiden Enden der Ge— lenkcapſel kommt aber erſt im hoͤhern Alter vor. Ich habe noch in dem Alter von 20 und 25 Jahren die Communication offen gefun— den, und Herr Sedillot hat auch bei einem Menſchen von mehr als 30 Jahren die Reduction bewerkſtelligt. Die Mitwirkung unterſtuͤtzender Urſachen in verſchiedenem Grade und verſchiedener Dauer bedingt Mopvificationen in Veraͤn— derung der Weichtheile; ſo vermehrt die Entwickelungshemmung der retrahirten Muskeln die phyſiologiſche Contraction, und die verti— cale Wirkung der Schwere nothwendig die Verſchiebung der Ge— lenkflachen, gleichzeitig aber auch den Grad der Spannung und fiöröfen Umwandlung der Muskeln, deren Snfertionspuncte fi voneinander entfernt haben, und den Grad der Erſchlaffung und fettartigen Umwandlung der Muskeln, deren Endpuncte einander genähert worden find. So find bei der Subluration der tibia nach Außen durch energiſche, aber iſolirte Retraction des tensor fasciae der Grad der Spannung des ligam, laterale internum und der Grad der Erſchlaffung des biceps und des ligam. laterale exter- num, fo wie die entſprechenden Structurveraͤnderungen, untergeord— net dem immer zunehmenden Grade der Ausweichung des Unter— ſchenkels unter der mehr oder minder langdauernden Einwirkung jener drei unterftügenden Urſachen. Andererſeits kann dieſe Wir: kung, oder vielmehr die Wirkung von zweien derſelben, mit der Zeit die Spannung eines oder mehrerer Muskeln in eine Erſchlaffung umwandeln und demzufolge die fibröfe Entartung in eine fibroͤs— fettartige Umwandlung uͤbergehen. Bleiben wir bei dem Beiſpiele der Retraction des tensor fasciae und des lig un, laterale exter- num des Kniegelenks, fo wird die Spannung dieſes Muskels und der Bänder, deren Entwickelung gehemmt ift, durch das Wachs— thum der uͤbrigen Theile vermehrt, und wenn endlich das Wachs— thum vollſtaͤndig iſt, ſo wird die phyſiologiſche Contraction und die Wirkung der Schwere immer noch weiter gehen, und es wird nun der tensor fasciae und das Ligament bei Zunahme der Verkruͤm— mung erſchlafft und aus fibroͤſem Gewebe in eine fettartige Maſſe umgewandelt. Hier ſieht man, wie einander grade entgegengeſetzte Urſachen aufeinanderfolgen und die entſprechenden entgegengeſetzten Wirkungen herbeifuͤhren. Aus dieſen Gruͤnden findet man auch bei Greiſen, welche an angebornen Luxationen litten, bei der Section die erſchlafften Muskeln in ſtaͤrkerem Grade fettartig entartet, als bei Kindern, und haͤufig ſogar die retrahirten Muskeln fibroͤs-fett— artig oder ganz und gar fettartig degenerirt. Veränderungen der Gelenkenden ſiad ebenfalls in Bezug auf Einrichtbarkeit wichtig; ſie ſind entweder allgemein, d. h., allen Gelenken gemein, oder local, und dadurch entſtanden, daß das eine Gelenkende gegen eine ungewöhnliche Knochenflähe druͤckte und durch die Muskelcontraction und die verticale Wirkung der Schwere noch feſter angedruͤckt wurde. J. Veraͤnderungen der Gelenkkoͤpfe. Der Gelenkkopf verliert ſeine normale Beſchaffenheit ſchon dadurch, daß er nicht mehr in den gewoͤhnlichen Verhaͤltniſſen der Coaptation ſich befindet: z. B., bei der luxatio lemoris congenita findet man den Schenkelkopf hoͤckerig und hie und da mit Furchen überzogen in unendlichen Ver— ſch'edenheiten. Aus der runden Form verliert der Schenkelkopf auch an Volumen, welche Verminderung ſich nicht auf den Shenkelkopf allein beſchränkt, ſondern auch den Schenkelhals mit betrifft. Es findet eine Verkrüppelung nicht nach dem Grade der ſecundaͤren Urſachen, ſondern nach dem Alter der Lurztion ſtatt. Ebenſo, wie bei beträchtlichem Spigfuße die Gelenkfläche des astragalus endlich ihres Knorpels beraubt iſt, ebenſo ſchwindet der Knorpel auf dem Schenkelkopfe, welcher nicht mehr durch die synovia ſchluͤpfrig er: halten wird. Das Schwinden des Knorpels bemerkt man bei Zer— reißung der Capſel beſonders an der Berührungsſtelle des Schen— kelkopfs mit dem Darmbeine. An dieſer Stelle verſch vindet häufig der Knorpel ganz und läßt eine elfenbeinartige Flaͤche zurück, 156 Was die localen Veränderungen betrifft, fo erleiden die Ge: lenkkoͤpfe, indem ſie beſtaͤndig gegen eine Knochenflaͤche gedruͤckt werden, eine Abplattung, okt bloß furchenartig, wenn der Schenkel— kopf durch den Rand der Gelenkpfanne gedruͤckt wird. Der Ein— fluß des localen Druckes beſchraͤnkt ſich aber nicht auf die Gelenk: fläche, ſondern macht ſich auch in den entfernteren Theilen des Ger lenkendes geltend; z. B., der Schenkelkopf ſteht nicht mehr ſo ſchief, ſondern die Inſertion wird mit zunehmendem Alter immer mehr horizontal; der Schenkelhals dagegen nimmt eine immer mehr ver— ticale Stellung ein. II. Veranderungen der Gelenkhoͤh len. Dieſe find denen der Gelenkkoͤpfe analog; ſie veraͤndern ihre Form und ſtreben ſich auszufuͤllen; dieß iſt um ſo auffallender, je tiefere Gelenkhoͤhlen man vor ſich hat. Die Verengerung der Huͤftgelenkpfanne, z. B., iſt am auffallendſten; ſie ahmt gewiſſermaßen die Verhältniſſe der erſten Entwickelung nach, wobei dieſe Gelenkhoͤhle zuerſt dreieckig und oberflaͤchlich iſt, und bei der Verengung ſtrebt nun die Pfanne dieſe dreieckige Form wieder anzunehmen. Das Gleichzeitige in den Veränderungen in den Gelenkkopfen und Gelenkpfannen iſt ſehr merkwuͤrdig und fo conftant, daß Gelenkkopf und Gelenkhoͤhle faſt in denfelben Verhaͤltniſſen ſich verändern. Dieß iſt nicht eine ver» einzelte Bemerkung; ſie ſtuͤtzt ſich auf eine Vergleichung von vierzig Fällen angeborner Schenkelluxation, bei welchen ich mit moͤglichſter Strenge die gegenſeitigen Maaße des Schenkelkopfs und der Schen— kelpfanne genommen habe. Das Aufhoͤren der gegenſeitigen Ein— wirkung iſt ſo ſehr die weſentliche Bedingung der genannten Ver— aͤnderungen, daß der luxirte Schenkelkopf ſeine Form nicht weiter verändert und das normale Volumen beibehaͤlt, ſobald ſich eine neue Pfanne bildet, wobei ſogar der Schenkelkopf bisweilen an Umfang zunimmt. Ich habe ein Praͤparat von doppelter Schenkelluxation, wobei auf der einen Seite keine neue Gelenkpfanne gebildet iſt und der Schenkelkopf ſich verkleinert, waͤhrend auf der andern Seite, wo ſich eine neue Pfanne ausgebildet hat, auch der Schenkelkopf ſeine Form behalten und an Umfang zugenommen hat. Die Ge— lenkhoͤhlen ſtreben, ſich auszufüllen, indem einestheits der Grund gewiſſermaßen hervorwaͤchſ't, während anderntheils eine Entwicke— lung von Fettzellgewebe in den Vertiefungen ſtattfindet. Die localen Veraͤnderungen der Gelenkhoͤhlen find weniger haͤufig, als die der Gelenkkoͤpfe. Man findet fie nur bei Gubluras tionen, wo der Gelenkkopf auf den Rand der Gelenkflaͤche druͤckt, wobei der Rand entweder niedergedruͤckt iſt, ſo daß die Gelenkflaͤche mit der benachbarten Knochenflaͤche eine zuſammenhaͤngende Flaͤche darſtellt, oder wobei die Gelenkhoͤhle ſich in der Richtung des Druckes erweitert. Faſſen wir das Bisherige zuſammen, ſo ergiebt ſich in Bezug auf Einrichtbarkeit Folgendes. 1) Wenn durch Mangel einer neuen Gelenkhoͤhle der luxirte Gelenkkopf ſich verkleinert, waͤhrend gleichzeitig die Gelenkhoͤhle ſich verengt, fo bleibt wegen des genauen Verhaͤltniſſes, welches dieſe beiden Theile beobachten, waͤhrend der ganzen Dauer die Einrichtung moͤglich; das Zuruͤckhalten des eingerichteten Theiles wird aber da— durch in demſelben Grade erſchwert. Waren die Veränderungen betraͤchtlich, ſo erfolgt eine Wiederholung der Luxation ſehr leicht durch Muskelcontraction oder durch Einwirkung der Schwere; bei minderem Grade merkt man nur einen Mangel an Sicherheit und Regelmaͤßigkeit in den Bewegungen des Gelenkes; indeß ſind dieſe Schwierigkeiten doch nicht allein nach den anatomiſchen Verhaͤltniſ— ſen abzumeſſen; denn ſo wie die Gelenkenden wieder miteinander in Berührung gebracht find, fo erfolgt in ihrer Ernährung eine der fruͤhern entgegengeſetzte Veraͤnderung, und die Gelenkenden koͤn— nen mehr oder minder vollkommen zu den normalen Verhaͤltniſſen zuruͤckkehren. Es iſt ſchwer, die Zeit vorauszuſehen, in welcher die Veraͤnderungen ſo weit vorgeſchritten ſeyn werden, daß ſie ein vollkommenes Hinderniß der Einrichtung bilden; im Allgemeinen kann man aber behaupten, daß ſie, wenn es ſo weit gekommen waͤre, an Wichtigkeit verlieren, indem alsdann andere Hinderniſſe eintre— ten, wodurch die Einrichtbarkeit, oder die Sicherung der Ein— richtung verhindert wird. Jedenfalls iſt alſo eine nachfolgende Behandlung nothwendig, um die eingerichteten Theile feſtzuhal— ten und in der Coaptation zu befeſtigen. 157 2) Wenn in Folge der Bildung einer neuen Gelenkhoͤhle der Schenkelkopf an Form und Volumen nichts verloren hat, noch mehr, wenn derſelbe ſich vergrößert und gleichzeitig die Gelenthoͤhle ſich verkleinert hat, fo entſteht dadurch abſolute Unmöglichkeit der Einrichtung. Wir werden uͤbrigens ſogleich ſehen, daß dieß nicht das einzige Hinderniß iſt, welches bei der Bildung neuer Gelenfflär chen eintritt. 3) Was die localen Veraͤnderungen der Gelenkflaͤchen betrifft, fo find dieſe kein Hinderniß für die Einrichtung; aber einestheils kann durch die partiellen Depreſſionen die Sicherheit der Coapta— tion vermindert werden, anderntheils bedingen die Richtungs- und Dimenſionsverſchiedenheiten in den Gelenkenden fo beträchtliche Veraͤnderungen in der Länge der Gliedmaßen, daß die Wiederher— ſtellung der regelmaͤßigen Bewegungen unmoͤglich wird. So bleibt wegen horizontaler Stellung des Schenkelhalſes bei Einrichtung einer einſeitigen Luxation immer ein leichtes Hinken zurücd. 4) Die Veraͤnderung der Gelenkenden und die Erſchlaffung der Gelenkcapfeln bewirken zufammengenemmen einen neuen Zuſtand, wobei forldauernd Tendenz zur Wiedereniftebung der Luxation vor— handen iſt. Es iſt bekannt, daß die Gelenkenden hauptſachlich durch den atmoſphäriſchen Druck zuſammengehalten werden. Dieſer Druck erfordert aber: 1) Daß die Gelenkflaͤchen ſich genau in allen Puncten entſprechen, und daß 2) dieſelben durch die Gelenkcapſeln ſo umgeben werden, daß zwiſchen allen Theilen eine hermetiſche Coaptation ſtattfindet. Dieſe beiden Bedingungen find bei Diffor— mirät der Gelenkenden und Erſchlaffung der Capſelbänder unmoͤg— lich; es iſt alfo eine beſtandige Tendenz zur Wiederentſtehung der Luxation vorhanden, welche bei der mindeſten Bewegung erfolgt. Alle Veränderungen der Gelenkenden find ebenſo, wie die der Weichtheile, dem Grade und Alter der Luxation untergeordnet. Zu der Zeit, wo die Verſchiebung eintritt, iſt noch keine Veraͤnderung vorhanden; von da an beginnt fie und ſchreitet langſam fort, fo daß alle dieſe Veraͤnderungen erſt in ſpaͤterer Zeit bemerkbar werden. Dieß fuͤhrt zu zwei wichtigen Folgerungen; die erſte iſt, daß ange— borne Luxatſonen zu einer gewiſſen Zeit uneinrichtbar werden koͤn— nen, während fie dieß früher nicht waren, fo daß ich angeborne Schenkelluxationen bis zum Alter von 10 Jahren und Herr Gail— lard einmal bei einem Mädchen von 16 Jahren bleibend einrichten konnte. Die zweite Folgerung iſt die, daß alle von der allmäligen Veraͤnderung der Gelenkenden abzuleitenden Thatſachen bei ange— bornen Luxationen den aͤltern Theorieen entgingen. Man ſah in demſelben eine Entwickelungshemmung, wiewohl man bei aufmerk— ſamer Verfolgung aller aufeinanderfolgenden Veraͤnderungen leicht die Unrichtigkeit dieſer Theorie erkennen kann. Manche Einzeln— heit, z. B., die dreieckige Form der Gelenkpfanne, welche man, als Beweis für die Entwicelungebemmungen betrachtete, iſt für die Folge nichts, als eine ſecundaͤre Einwirkung. III. Veraͤnderungen der Knochentheile in der Umgebung der angebornen Luxationen. 1) Neue Gelenkhoͤhlen find bei angebornen Luxationen nicht conſtant vorhanden, ſelbſt bei 60: und 70 jaͤhrigen Perſonen fand ſich kein neues Gelenk. Nach einer großen Anzahl von Unterſu— chungen kann ich behaupten, daß die Bedingung einer nicht kuͤnſt— lichen Gelenkkoͤhle in der Integritaͤt der Gelenkcapſel und dem Mangel der unmittelbaren Beruͤhrung zwiſchen Gelenkkopf und Knochenflaͤche, worauf er ſich ſtuͤtzt, liegt, während zur Bildung eines neuen Gelenkes die Zerreißung oder Abnutzung der Gelenk: capſel und die gegenſeitige Beruͤhrung beider Knochen fuͤhrt. An den anatomiſchen Proͤparaten von angebornen Schenkelluxationen findet man kuͤnſtliche Gelenkpfannen von vollkommner Bildung und von normaler Tiefe; bei andern kaum eine Spur, obgleich die Praͤparate ſich in Hinſicht des Lebensalters entſprechenz immer findet man alsdann eine conftante Beziehung zwiſchen dem Vor: handenſeyn neuer Gelenkhoͤhlen und der Integrität oder Perfera— tion der Gelenkcapſel. Dick iſt ein fo ſicheres Geſetz, daß man es von der leichteſten Abnutzung der Capſelmembran (mit einfacher Aufwulſtung an der Darmbeinflaͤche bis zu vollkommener Durch— bohrung der Capſelhaut mit Bildung einer tiefen neuen Pfanne) verfolgen kann. Die Unterſuchung traumatiſcher Luxationen beſtaͤ⸗ — 158 tigt daſſelbe Geſetz, indem bei dieſen, wo die Capſel immer zer- riſſen iſt, ſchon nach wenigen Monaten tuͤnſtliche Gelenke gebildet find, welche bereits nach einem Jahre eine vollkommene Entwicke— lung zeigen. Bei den angebornen Luxationen variirt daher der Beginn der Bildung eines kunſtlichen Gelenkes nach der verſchiede— nen Geſchwindigkeit, womit die Gelenkcapſel abgenutzt wird. Im Allgemeinen entſpricht dieß einem Alter von 12 — 14 Jahren; mindeſtens iſt es ſelten, vor dieſem Alter eine irgend betrachtliche neue Gelenkhoͤhle zu finden. Dieſe Regel hat indeß nichts Siche— res und Praͤciſes; denn es kann die Gelenkcapſel kurzer oder laͤn⸗ ger widerſtehen, ja ſogar das ganze Leben hindurch ganz bleiben, wie ich denn das Becken einer 73jährigen Frau mit doppelter an— geborner Schenkelluxation beſitze, an welchem auf der einen Seite die Gelenkcapſel in großer Ausdehnung perforirt iſt und der Schen— kelkopf in einer vollkommenen neuen Pfanne ruht, waͤhrend auf der andern Seite die Capſel unverſehrt und keine Spur einer Ge— lenkpfanne zu bemerken iſt. Eine andere Beobachtungsthatſache iſt es, daß die Raͤnder der zerriſſenen Gelenkcapfel allmälig mit den Rändern der neuen Ge— lenkhohle verwachſen, wodurch der luxirte Gelenkkopf endlich in ſei— ner normalen Lage feſtgehalten wird. Die unmittelbare Folge hiervon iſt ein unuͤberwindliches Hinderniß für das Zurückweichen des luxirten Gelenkkopfes, man muͤßte denn, wie bei einer trau— matiſchen Luxation, eine gewaltſame Zerreißung dieſer fibröfen Verbindungen bewirken. Dieß wäre ſchwer auszufuͤhren und ge— faͤhrlich, uͤberdieß auch in dem Erfolge unſicher, da bei fo vielfa— cher Zerreißung der Gelenkcapſel das coaptirte Gelenk nur geringe Feſtigteit mit unvollkommenen Bewegungen gewähren würde. Die zerriſſene Gelenkcapſel verwaͤchſt aber nicht nur durch ihren Rand mit dem Rande der kuͤnſtlichen Gelenkhoͤhle, ſondern vermiſcht ſich auch durch ihre aͤußere Fläche mit den umgebenden Weichtheilen. So findet man den glutaeus minimus bisweilen ganz mit der Ge— lenkcapſel verwachſen; bevor jedoch die Gelenkcapſel vollkommen durchbohrt iſt, bildet ſie mit den Knochenflaͤchen, gegen welche ſie angedruͤckt iſt, fibroͤs-zellgewebige Verwachſungen, die erſten Anz faͤnge für die Bedingungen der Nichteinrichtbarkeit, indem dieſe Verwachſungen bisweilen unüberfteigbare Hinderniſſe darſtellen, wel— che nur zuweilen durch ſubcutane Incifionen überwunden werden koͤnnen. Indeß iſt zu bemerken, daß dieſe Verwachſungen erſt in der ſpaͤtern Zeit einen feſten Widerſtand leiſten und in den erſten Jahren mehr cellulös find. 2) Veränderungen der Knochen in der Nähe der Difformität. Die benachbarten Knochentheile erleiden Form- und Richtungsver— änderungen, welche den meiſten angebornen Luxationen gemein ſind, am ſtaͤrkſten aber ſich bei den Huͤftgelenksluxationen nach Oben und Außen zeigen. Die fruͤbheren Unterſucher hatten dieſe Veränderungen uͤberſehen, und Dupuytren u. A. glaubten, daß ſie keinen Einfluß auf Form und Richtung der Beckenknochen aus— üben. Herr Sedillot hat zuerſt gezeigt, daß auch die übrigen Theile des Beckens Formveraͤnderungen erleiden; ſeine Unterſu— chungen bleiben jedoch zu ſpeciell und fuͤhren nicht auf allgemeine Saͤtze zuruck. Um ſich eine richtige Idee von dieſen Veraͤnderun— gen zu machen, muß man ſie unmittelbar auf ihre allgemeinſten Urſachen zurücführen. Die unmittelbaren und mechaniſchen Urſa— chen conſccutiver Beckenveraͤnderungen koͤnnen nichts Anderes ſeyn, als die mechaniſche Wirkung der retrahirten Muskeln, die ſecundäre phyſiologiſche Contraction der in ihrer Lage veraͤnderten Muskeln und die verticale Wirkung der Schwere. Hiernach ergeben ſich fol— gende allgemeine Deformatienen: 1) In den Fällen von Luxation eines Schenkelbeins nach Oben und Außen iſt die entſprechende Becker haͤlfte nach Hinten, nach Oben und nach Außen gezogen, fo daß alle Theile diefer Beckenhaͤlfte im Verbältniffe zur andern Seite hoͤher und weiter nach Hinten ſteben; 2) außerdem findet fi noch eine gewiſſe Abplattung in der Richtung des ſchroͤgen Durchmeſſers, mit Verergerung des Beckeneingangs, in der Gegend des horizon— talen Schaombeinaſtee, während an der gefunden Seite der hori⸗ zontale Edaambeinaft etwas nach Vorn geſchoben iſt, wodurch das Schaambein im Gonzen etwas über die linen mediana her: uͤberruͤckt; 3) die der Luxation entſprechende Beckenhaͤlſte erleidet eine doppelte Bewegung; nach Oben concentriſch, nach Unten ex— 159 centriſch; dadurch koͤmmt das Darmbein etwas mehr vertical zu ſtehen, waͤhrend der aufſteigende Sitzbeinaſt ſich etwas nach Oben, Vorn und Außen wendet; 4) die Haͤlften des Becken-Ein- und Ausganges, welche der luxirten Seite entſprechen, erleiden Form- und Dimenſionsveraͤnderung, welche den vorhergehenden allgemei— nen Veraͤnderungen entſprechen. Der Beckeneingang iſt ſeitlich eingedrückt und nach Oben und Hinten verſchoben; der Beckenaus— gang iſt ausgeweitet und nach Außen, Oben und Vorn gerichtet; 5) das Becken ſteht im Ganzen auf der luxirten Seite hoͤher. Als Folgen dieſer allgemeinen Veraͤnderungen finden ſich noch verſchiedene Eigenthuͤmlichkeiten; das Darmbein der luxirten Seite iſt ſeitlich und nach Hinten zuruͤckgedruͤckt; der vordere obere Huͤftbeinſtachel iſt merklich nach Innen und Hinten gerichtet; der horizontale Schaambeinaſt iſt länger und dünner und mehr nach Oben und Hinten gerichtet, als der der andern Seite, deſſen vor— deres Ende nach Vorn vorſpringt; an der Verbindungsſtelle mit dem Darmbeine, neben der eminentia ileo-pectinea, bildet er einen rinnenartigen Eindruck, über welchen ſich die Sehne des psoas und iliacus überlegt. Der Körper des Schaambeins iſt verduͤnnt und in verticaler Richtung verkuͤrzt. Das Sitzbein iſt nach Oben und Vorn gebogen, ſo daß der Sitzbeinknorren mehr nach Vorn und Außen gerichtet ift, als auf der andern Seite; das foramen ovale iſt dadurch nach der Seite hin verlaͤngert, ſo daß der groͤßte Durchmeſſer eine queere Richtung zeigt. Der aufſteigende Sitzbein— aſt iſt dabei verduͤnnt, verlaͤngert und ſtaͤrker horizontal gerichtet, wodurch der Schaambogen vergrößert wird. Außerdem ſind alle Theile des Beckens auf der luxirten Seite in ihrer Entwickelung gehemmt, ſo daß die Durchmeſſer aller durch ſie gebildeten Oeff— nungen eine merkliche Verminderung erleiden. Iſt nun die Luxation auf beiden Seiten gleich, ſo findet man auch die Veraͤnderungen in den Beckenhaͤlften auf beiden Seiten wieder, welche bei einfacher Luxation ſich auf eine Seite beſchraͤn— ken. In dieſem Falle iſt das Becken ſymmetriſch veraͤndert; beide Darmbeine ſind gleichmaͤßig nach Innen, Oben und Hinten zuruͤck— gedraͤngt; der obere Beckeneingang iſt transverſal verengt und von Vorn nach Hinten vergroͤßert; das Heiligenbein iſt von einer Seite gegen die andere ſtärker gekruͤmmt; das Schaambein ſpringt ſtaͤr— ker vor, hat aber auf beiden Seiten eine geringere Hoͤhe. Die horizontalen Shaambeinäfte von gleicher Länge übertreffen die nor— male Länge oft um ein Drittel; die eirunden Loͤcher find beide in verticaler Richtung verengt, in horizontaler vergroͤßert; beide Sitz— beinknorren ſpringen nach Außen und Vorn hervor; die Furche fuͤr die Sehnen des psoas und iliacus iſt auf beiden Seiten vorhanden, und um ſo tiefer, je laͤnger der horizontale Aſt des Schaambeins iſt, und dieſer iſt um ſo laͤnger, je weiter der Schenkelkopf nach Oben und Hinten ausgewichen iſt. Kurz, die Difformitaͤten wie— derholen ſich auf jeder Seite und ſind um ſo ſtaͤrker, je betraͤcht— licher die Lageveraͤnderung des Schenkels iſt, woraus man ſchlie— ßen kann, daß die Urſache dieſer Difformitaͤten direct von der Luxation abhaͤngt und, ihrem Grade nach, nicht nur der Ausdeh— nung, ſondern dem Alter der Difformitaͤt untergeordnet ſind. Die Urſachen beſtehen aber in conſecutiver Entwickelungshem— mung der retrahirten Muskeln und in der combinirten Wirkung der Muskelcontraction und der Wirkung der Schwere. Dieſe drei Urſachen wirken immer gleichzeitig. Dennoch iſt es bis auf einen gewiſſen Punct moͤglich, jeder einzelnen Urſache ihre ſpecielle und ei— genthuͤmliche Wirkung zuzuweiſen. 160 Die erſte Wirkung der Luxation iſt eine Anſpannung des psoas und iliacus, des pectineus, der Obturatoren und der ge- melli, deren Urſprungspuncte dadurch nach Vorn und Außen gezo— gen werden, wodurch der Sitzbeinknorren in die Höhe ſteigt, das eirunde Loch in der Queere verlängert wird und das Schaamhein hoͤher zu ſtehen koͤmmt, waͤhrend ſich der Beckenausgang erweitert. Die Sehnen des psoas und iliacus bilden den rinnenartigen Ein— druck auf den Beckenrand. Die Wirkung der einzelnen Muskeln wird durch die Schwere und durch die phyſiologiſche Contraction noch vermehrt; dadurch wird der Schenkelkopf immer weiter nach Oben und Außen gedrängt, wobei der quadratus femoris, die ge- melli und die obturatores nur um fo mehr die Theile des Sitz beins nach Außen ziehen und, dem entſprechend, dem Darmbeine eine mehr verticale Richtung durch Einwaͤrtswendung geben. Die verticale Wirkung der Schwere hat uͤbrigens beſonders die Wir— kung, daß die ſeitlichen Theile des Beckens ſich ſchraͤg nach Oben und Hinten biegen, in der Richtung, welche das Subject bei'm Stehen einnimmt. Zu dieſer Wirkung der Schwere kommt noch die Thaͤtigkeit der in ihrer Lage veraͤnderten Muskeln hinzu; ei— nige der Muskeln wirken ſogar auf eine kraͤftigere Weiſe in Folge der veränderten Richtung auf das Becken ein, z. B., die Addue— toren. (Schluß folgt.) Miscellen. Zur Diagnoſe des Diabetes mellitus empfiehlt Herr Biot das optiſche Phaͤnomen der Ablenkung der Polariſations— Ebene nach Rechts. Die Unterſuchung mit einem Polariſations⸗ Apparate iſt, wegen der Durchſichtigkeit des Urins, ſehr leicht und der Deviationspunct wegen der plöglihen Oppoſition blauer und rothgelber Farben vor und nach dem Durchgangspuncte, mit einer großen Praͤciſion zu bemerken. Die Abweichung betrug in einem Falle bei einer Röhre von 347 mm. 6, einmal 10°, 6, das andere Mal 139,5. Da das Blutſerum im geſunden Zuſtande eine Devia— tion nach Links bewirkt, ſo wird, wenn bei Diabetiſchen etwas von dem Staͤrkezucker darin aufgenommen iſt, dieſe Deviation aufge— hoben und ſelbſt umgekehrt werden. Doch iſt die Unterſuchung bei dem Blutſerum viel ſchwieriger, da es nicht leicht durchſichtig zu erhalten iſt. (Gaz. méd. No. 2.) Ueber die Wirkſamkeit der Digitalis bei Epilep⸗ ſie hat Dr. Sharkey ein Schriftchen herausgegeben, worin er zu folgenden Schlußſaͤtzen gelangt: 1) Daß bei der Behandlung wah— rer idiopathiſcher Epilepſie große Gaben von Digitalis ebenſoviel Erfolg gehabt haben (in Verhaͤltniß zu der Anzahl der angeſtellten Verſuche), als Hoͤllenſtein oder Terpentinoͤlz und daß die Digitalis uͤberdieß in Faͤllen guͤnſtig wirkte, in welchen dieſe und andere Mittel bereits vergeblich verſucht worden waren; 2) daß die Ber handlung mit Digitalis keineswegs ſo gefaͤhrlich ſey, als es auf den erſten Blick ſcheinen koͤnnte; 3) daß bloß bei nicht complicirten Formen der Krankheit das Mittel einen guͤnſtigen Erfolg verſpricht und (als specificum) anzuwenden iſt. — (An Inquiry into the Efficacy of Digitalis in the Treatment of Idiopathic Epilepsy. By Eduard Sharkey. A. B., M. D. etc, London, 1841.) Brit ige chez; ite At. The Birds of Australia. 1840. Fol. Electrotype Manipulation: Being the Theory and Plain In- structions in the Art of working in Metals by precipitating them from their solutions, through the agency of galvanie . electricity. By Charles V. Walker etc. London, By John Gould. Part. I. London, Specielle pathologifche Anatomie. I. Bd.: Anatomiſche Beſchrei— bung der Krankheiten der Circulations- und Reſpirationsorgane— Von Dr. K. E. Haſſe ꝛc. Leipzig, 1841. 8. Observations on the religious Delusions of Insane Persons and on the Practicability, Savety and Expedieney of impar- ting to them Christian Instruction etc. By Nathaniel Bing- ham. London, 1841. 8. — —— — Neue Uotizen aus dem Gebiele der Nakur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medicinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 385. (Nr. 11. des XVIII. Bandes.) Mai 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 80 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Wat ur k un rn Bemerkungen über das Feuerland Y. Schwammart, welche einen Hauptnahrungsartikel bildet. Ein auf dem Feuerlande wildwachſender Schwamm wird von den Eingebornen in Menge genoſſen Es iſt ein kugelrunder fungus von hellgelber Farbe und dem Umfange eines kleinen Apfels, welcher in großer Menge aus der Rinde der Buchen hervorwaͤchſ't. Es iſt wahrſcheinlich der Typus einer neuen, mit der Morchel verwandten Gattung. Jung iſt er elaſtiſch und von Feuchtigkeit ſtrotzend. Die aͤußere Haut iſt glatt, doch mit kleinen, runden, den Pocken— narben ähnlichen, flachen Vertiefungen verſtehen. Schneidet man den Schwamm auf, ſo zeigt ſich inwendig eine weiche fleiſchige Subſtanz, die ſich, weil fie voller fadenfoͤrmiger cylindriſcher Koͤrper iſt, unter einem ſtark vergroͤßernden Mi— kroſcope wie Fadennudeln ausnimmt. Dicht unter der Ober— flaͤche bemerkt man mit regelmaͤßigen Zwiſchenraͤumen becher— foͤrmige Kuͤgelchen von einer Linie Durchmeſſer. Die Hoͤh— lung derſelben iſt mit einer etwas klebrigen, aber doch ela— ſtiſchen, farbloſen und gan; durchſichtigen Maſſe angefuͤllt und eben wegen dieſer letzten Eigenſchaft ſchienen die Becher Anfangs ganz leer. Dieſe kleinen gallertartigen Kugeln lie— ßen ſich leicht aus der ſie umgebenden Maſſe herausloͤſen, was nur am obern Ende derſelben nicht der Fall war, wo der Rand ſich in Faͤden zertheilte, die ſich mit der uͤbrigen fadenfoͤrmigen Maſſe vermiſchten. Ueber jedem der Kuͤgel— chen befindet ſich in der aͤußern Haut eine jener Vertiefun— gen, von denen oben die Rede geweſen, und wenn der Schwamm alt wird, platzen dieſelben auf, und die gallert— artige Maſſe, welche, ohne Zweifel, die Sporuln enthaͤlt, verbreitet ſich nach Außen Nachdem dieſer Fructifications— proceß ſtattgefunden hat, zeigt ſich die ganze Oberflaͤche zel— lig, der Schwamm ſchrumpft ein und wird zaͤher. In die— ſem Zuſtande wird er von den Feuerlaͤndern gegeſſen. Sie genießen ihn roh und in Menge, und gehoͤrig durchgekaut, hat ) Ausgezogen aus Darwin's hoͤchſt werthvollem: Journal and Remarks made during the Exploratory u expedition of the Adventure and Beagle, London, 1839; in Jameson's Edinb. new philosoph. Journal, Janu, — April, 1841, No. 1485. er einen ſchleimig⸗ſuͤßlichen Geſchmack und ſchwach champi— gnonartigen Geruch. Außer einigen kaum in Betracht kom— menden Beeren kennen dieſe Wilden ſonſt keinen vegetabili— ſchen Nahrungsartikel. *) Weich ils dae v. Der Character der Waͤlder iſt aͤußerſt duͤſter und ein— foͤrmig, und ſie beſtehen aus nicht mehr als zwei bis drei Baumarten. **) Ueber der Waldregion findet man viele zwergartige Alpenpflanzen, welche ſaͤmmtlich auf Torfboden ſtehen und denſelben bilden helfen. Der mittlere Theil des Feuerlandes, wo die Thonſchieferformation ſich findet, iſt dem Baumwuchſe am Guͤnſtigſten; an der Kuͤſte koͤnnen die Baͤume, wegen des aͤrmern Granitbodens und der den bef— tigen Winden mehr ausgeſetzten Lage, keine bedeutende Größe erlangen. Bei dem Hungerhafen (Port Famine) habe ich mehr große Baͤume geſehen, als irgendwo anders. Ich maaß eine Winter's bark, welche 43 F. im Umfange hatte, und mehrere Buchen hatten 13 F. im Umfange. Capitaͤn King fuͤhrt an, er habe dort eine Buche gefunden, welche, 17 F. uͤber der Wurzel, 7 F. im Durchmeſſer ge— habt habe. ono ng eis e Die Zoologie des Feuerlandes iſt, wie ſich nach der Beſchaffenheit des Clima's und Pflanzenreichs erwarten laͤßt, ungemein arm. An Saͤugethieren finden ſich, außer Ceta— ceen und Phoken, eine Fledermaus, eine Maus mit gerief— ten Schneidezaͤhnen (Reithrodon, Waterhouse), ein *) In Neufeeland wurde vor der Einführung der Kartoffel eine Farrenkrautwurzel in großer Menge genoſſen. Heutzutage moͤchte das Feuerland die einzige Gegend in der Welt ſeyn, wo eine cryptogamiſche Pflanze einen Hauptnahrungsartikel des Menſchen bildet. n ) Vom Capitaͤn Fitzroy erfahre ich, daß im April (der uns ſerm October entſpricht) die Blaͤtter der in der Nahe des Fu⸗ ßes der Berge wachſenden Baͤume, nicht aber die an hoͤbern Stellen ſtehenden, ihre Farbe verändern, Ich erinnere mich, geleſen zu haben, daß in England in einem warmen ſchoͤnen Herbſte das Laub fruher abfällt, als in einem ſpaͤten und kal⸗ ten. Daß der Farbenwechſel des Laubes in den höhern und folglich kaͤltern Gegenden ſich verfpätet, muß einen ähnlichen Grund haben. Die Bäume des Feuerlandes find zu keiner Jahreszeit ganz ohne Laub. 11 163 Fuchs, eine Seeotter, ein Guanaco und eine Hirſchart. Das letztgenannte Thier iſt ſelten und wird nicht, gleich den übrigen, ſuͤdlich von der Magelhaensſtraße getroffen. (Alſo nicht im Feuerlande; obgleich es ſo eben als dort exiſtirend ange— geben wurde.) Wenn man ſieht, daß die einander gegenuͤberlie— den Uferwaͤnde von weichem Sandſteine, Schlamm und Ge— ſchieben, fo wie die mehrerer dazwiſchenliegenden Inſeln einander entſprechen, ſo fuͤhlt man ſich ſtark zu dem Glauben veranlaßt, daß die Inſeln einſt mit dem Feſtlande zuſammenhingen, fo daß fo zarte Thiere, wie der Tucutuco und Reithrodon auf jene gelangen konnten. Uebrigens giebt die Uebereinſtim— mung der Uferwaͤnde keineswegs den Beweis fuͤr eine frühere Verbindung derſelben ab; denn dergleichen Waͤnde bilden ſich ſehr allgemein, mittelſt der Durchkreuzung abhaͤngiger Schich— ten, welche vor der Erhebung des Landes in der Naͤhe der damaligen Kuͤſten abgeſetzt worden waren. Indeß iſt der Umſtand bemerkenswerth, daß von den durch die Beagle = Straße von dem uͤbrigen Feuerlande getrennten beiden gro— ßen Inſeln die eine Uferwaͤnde beſitzt, welche aus geſchich— tetem Alluvium beſtehen, waͤhrend dieſen Waͤnden auf der andern Inſel lediglich ſolche aus aͤltern Gebirgsarten gegen— uͤberliegen. Auf der erſtern, der ſogenannten Navarino-In— ſel, trifft man ſowohl Fuͤchſe, als Guanaco's; auf der letz tern dagegen, der ſogenannten Hoſte-Inſel, die jener uͤbri— gens in jeder Beziehung aͤhnlich und von ihr nur durch eine + Stunde breite Straße getrennt iſt, finden ſich, nach Jemmy Button's Ausſage, dieſe beiden Thiere nicht. Eine kleine Maͤuſeart trifft man auch in Patagonien. Nur wenige Vögel hauſen in den duͤſtern Waͤldern; zuweilen laͤßt der weißhaubige Tyrann, eine Art Fliegenfaͤn— ger, aus dem Wipfel der hoͤchſten Baͤume ſeine klagende Stimme ertönen, und dann und wann erfhallt das laute Geſchrei eines ſchwarzen Spechts mit ſchoͤner ſcharlachrother Haube. Ein kleiner duͤſtergefaͤrbter Zaunkoͤnig (Seytalo— pus fuscus) ſchluͤpft zwiſchen den umgefallenen vermodern— den Baumſtämmen hin und her; aber der Baumlaͤufer (Synallaxis Tupinieri) iſt der gemeinfte Vogel des Lanz des. Man trifft ihn in allen Buchenwaͤldern, auf Berg und in Thal, in den duͤſterſten, feuchteſten und undurch— dringlichſten Schluchten. Dieſer kleine Vogel ſcheint indeß ge— wiß dadurch noch haͤufiger, als er es wirklich iſt, weil er, wie aus Neugier, Jedem, der dieſe ſchweigenden Waͤlder betritt, unter gellendem Gezwitſcher folgt und wenige Fuß vor dem Wanderer von einem Baume zum andern flattert. Er ver— birgt ſich keineswegs, wie der europaͤiſche Baumlaͤufer (Cer— thia familiaris), hinter den Stämmen, und rutſcht auch nicht, wie dieſer, an letztern hinauf und hinab, ſondern huͤpft, wie das Laubvoͤgelchen, eifrig auf den Zweigen um— her, waͤhrend er Inſecten ſucht. An den offnern Stellen trifft man drei bis vier Finkenarten, eine Droſſel, einen Staar (leterus), zwei Furnarii und mehrere Falken und Eulen. Ein merkwuͤrdiger Umſtand in der Zoologie des Feuer— landes, wie auch der Falklandsinſeln, iſt die Abweſenheit aller Reptilien. Ich gruͤnde dieſe Angabe nicht nur auf meine eignen Unterſuchungen, ſondern die ſpaniſchen Bewoh— ner der Falklandsinſeln, ſo wie Jemmy Button, in Be— 164 treff des Feuerlandes, haben mir dieſelbe beſtaͤtigt. An den Ufern des St. Cruz, unter 50° ſ. Br., ſah ich einen Froſch, und Froͤſche, ſo wie Eidechſen, duͤrften wohl bis an die Magelhaensſtraße zu finden ſeyn, indem bis dahin das Land den Character Patagonien's behauptet; allein in der naß⸗ kalten Region des Feuerlandes ſind dergleichen Thiere nicht anzutreffen. Daß das Clima den Eidechſen nicht zuſagen koͤnnte, ließ ſich vorausſehen; ruͤckſichtlich der Froͤſche aber lag dieſe Wahrſcheinlichkeit nicht gleich offen vor. Unter den Inſecten ſind die Coleoptera ſehr ſelten. Bevor ich die eifrigſten Nachforſchungen dieſerhalb angeſtellt hatte, wuͤrde ich nie geglaubt haben, daß ein Land, ſo groß wie Schottland, das mit Vegetation bedeckt iſt und man— nigfache Abwechſelung in der Beſchaffenheit des Bodens dar— bietet, fo arm an Kaͤtern ſeyn koͤnnte. Meine Sammlung beſteht großentheils in Alpeninſecten, Harpalidae und He- teromera, die ſich uͤber der Waldregion unter Steinen aufhaſ ten. Tiefer trifft man, außer einigen Cureuliones, kaum irgend einen Käfer. An den zwiſchen den Wendekrei— ſen ſo haͤufigen Chrysomelidae fehlt es dem Feuerlande faſt durchaus.) Der Grund hiervon muß im Clima lies gen; denn an vegetabiliſchen Stoffen iſt eine große Fuͤlle vorhanden. Im heißeſten Sommer war das Mittel der Maxima des Thermometerftandes für 37 aufeinanderfolgende Tage nur 558 F. An manchen dieſer Tage flieg das Thermometer bis 609; dennoch fanden ſich keine Ortho- ptera und nur ſehr wenige Diptera, Lepidoptera und Hymenoptera. In den Teichen fand ich nur wenige Waſſerkaͤfer und durchaus keine Suͤßwaſſerſchnecken. Sue— eina ſchien Anfangs in dieſer Beziehung eine Ausnahme zu bilden; allein dieſelbe iſt hier eine Landſchnecke, da ſie ſich weit vom Waſſer von feuchten Kraͤutern naͤhrt. Land— ſchnecken ließen ſich nur in denſelben Localitaͤten ermitteln, wie die Alpenkaͤfer. Der Abſtich des feuerlaͤndiſchen von dem patagoniſchen Clima zeigt ſich in Hinſicht auf die En— tomologie beider Regionen hoͤchſt auffallend. Ich glaube nicht, daß eine einzige Art beiden gemeinſchaftlich iſt, und die Inſectenwelt hat uͤberhaupt in beiden einen durchaus verſchiedenen Character. Wenden wir uns vom Lande zur See, ſo finden wir die letztere eben ſo reich mit lebenden Geſchoͤpfen ausgeſtattet, als das erſtere arm daran iſt. Auf der ganzen Erde findet man wohl an felſigen und theil— weiſe geſchuͤtzten Uferwaͤnden die groͤßte Menge von Meer— thieren zuſammengedraͤngt. Hier wimmelt es unter jedem Uferſteine von Cruſtaceen, meiſt aus der Familie der Cymo- thoades. Die Menge von Sphaeroma war wirklich ſtau— nenerregend, und da dieſe Thiere, wenn ſie zuſammengerollt „) Ich muß ausnahmsweiſe wohl einer Alpen-Haltica und tis nes einzigen Exemplars eines Nelasoma gedenken. Herr Waterhoufe, welcher die Güte hatte, meine feuerlaͤndiſche Sammlung durchzugehen, fand von Harpalidae 8 bis 9 Spe— cies, worunter die meiſten eine hoͤchſt eigenthuͤmliche Geſtalt darboten; von Heteromera 4 bis 5 Species; von Rhynco- phora 6 bis 7 und eine Art aus jeder der folgenden Fami⸗ lien: Staphylinidae, Blateridae, Cebrionidae, Melolonthi- dae. Aus andern Ordnungen fanden ſich die Species noch ſel— tener. Uebrigens war durchgehends die Armuth an Exempla— ren noch auffallender, als die an Arten. 165 find, einige Aehnlichkeit mit Trilobiten haben, fo war bes ren Anblick dem Geologen vorzuͤglich intereſſant. Auf den von der Fluth beſpuͤlten Felſen zeigten ſich viele und große tellerfoͤrmige Muſcheln. Selbſt in einer Tiefe von 40 — 50 Faden war der Meeresgrund noch ſtark bevoͤlkert, wie ſich aus dem Reichthume an kleinen, feſten Corallinen ergab. Die Meerwaͤlder der ſuͤdlichen Halbkugel. Es giebt bei Feuerland ein Meergewaͤchs, welches, we— gen ſeiner Wichtigkeit, Gegenſtand einer Monographie zu werden verdiente, nämlich das Kelp oder der Fucus gi- ganteus, Solander. Dieſer Tang waͤchſ't auf jeder Klippe von dem Niveau der Ebbe bis zu einer bedeutenden Tiefe hinab, ſowohl an der aͤußern Kuͤſte, als innerhalb der Meerengen. Auf der Fahrt der Adventure und des Bea- gle iſt mir kein einziger Felſen in der Naͤhe der Meeres— oberflaͤche vorgekommen, welcher nicht mit dieſem Tange be— deckt geweſen waͤre. Es dient auf dieſe Weiſe als Boje und leiſtet für die Schifffahrt weſentliche Dienfte, indem, ohne eine ſelche Warnung, gewiß ſchon manches Schiff in dieſen ſtuͤrmiſchen Gewaͤſſern geſcheitert waͤre. Es iſt ge— wiß merkwuͤrdig, daß dieſes Gewaͤchs mitten in einer Bran— dung beſtehen und wuchern kann, welche die haͤrteſten Fel— ſen zerſtoͤrt. Der Staͤngel iſt rund, ſchleimig und glatt und hat ſelten 1 Zoll im Durchmeſſer. Mehrere derſelben ſind, zuſammengenommen, ſtark genug, um das Gewicht der groſſen loſen Steine zu tragen, an welche fie in den Meer— engen zwiſchen den Inſeln angewachſen ſind, und doch ſind manche dieſer Steine ſo ſchwer, daß ſie ein einzelner Mann kaum aus dem Waſſer in ein Boot heben kann. Capitain Cook fuͤhrt an: „Bei dem Kerguelenlande erreicht der Tang zuweilen eine ungeheure Laͤnge, obwohl der Staͤngel nicht viel dicker, als der Daumen eines Man— nes iſt. An manchen Stellen, wo derſelbe waͤchſ't, gelangte das Senkblei mit einer Schnur von 24 Faden Laͤnge nicht auf den Grund, und da die Pflanze nicht gerade in die Hoͤhe waͤchſ't, ſondern mit ihrer Anhefteſtelle einen ſehr ſpitzen Winkel bildet, und da ein großer Theil derſelben ſich viele Faden weit auf der Oberflaͤche des Meeres ausbreitet, ſo kann ich dreiſt behaupten, daß ſie oft uͤber 60 Faden lang wird.“ Bei den Falklandsinſeln und dem Feuerlande wachſen allerdings ſolche Tangwaͤlder oft aus 10 bis 15 F. Tiefe hervor, und gewiß errreicht der Staͤngel keiner andern Pflanze eine Laͤnge von 360 F., wie der dieſes Tangs, nach Cook's Berechnung, es thut. Seine geographifche Verbreitung iſt ungemein bedeutend, indem man ihn von den Inſein am Cap Horn laͤngs der Oſtkuͤſte America's bis zum 4öften Breitengrade (nach Stokes's Angabe) findet, und derſelbe an der Weſtkuͤſte bei Childe unter dem 42ſten Breitegrade ziemlich haͤufig iſt, aber keineswegs uͤppig wu⸗ chert. Vielleicht geht die Species auch noch etwas weiter gegen Norden hinauf; allein bald treten andere Arten an deren Stelle. So haben wir eine Ausdehnung von 15 Breitegraden, und da Cook, welcher die Species wohl ge— nau kennen mußte, dieſelbe am Kerguelenlande antraf, eine ſolche von 140 Laͤngengraden. Die Zahl der Geſchoͤpfe 166 verſchiedener Art, deren Exiſtenz ſtreng an die des Fueus giganteus gebunden iſt, muß Staunen erregen. Ueber die Bewohner eines ſolchen Tangwaldes ließe ſich ein dicker Band ſchreiben. Faſt jedes Blatt, mit Ausnahme der auf der Oberflaͤche ſchwimmenden, iſt ſo dick mit Corallinen incruſtirt, daß es ganz weiß erſcheint. Wir finden darunter ungemein zarte Bildungsformen, von denen einige durch ein— fache hydraaͤhnliche Polypen, andre durch hoͤher organiſirte Geſchoͤpfe und ſchoͤn zuſammengeſetzte Afeidien bewohnt wer: den. ) Auf den platten Oberflächen der Blätter fisen ver— ſchiedene tellerfoͤrmige Muſcheln, Trochi, nackte Weichthie— re, ſo wie einige Bivalven feſt. Jeder Theil der Pflanze wimmelt von zahlloſen Cruſtenthieren. Schuͤttelt man an den großen zuſammengewirrten Wurzeln, ſo fallen eine Menge kleiner Fiſche, Muſcheln, Sepien, Krabben aller Art, Seeeier, Seeſterne, ſchoͤne Holothurien (von denen manche in der Geſtalt mit den nacktkiemigen Mollusken Aehnlichkeit haben), Planarien und kriechende nereidenartige Thiere von den mannigfaltigſten Formen heraus. Bei Chir (oe, wo, wie geſagt, der Kelp nicht beſonders gedeiht, fehl— ten die zahlreichen Muſcheln, Corallinen und Gruftenthiere an demſelben; allein man fand daran einige Flustraceae und zuſammengeſetzte Ascidiae, welche letztere jedoch an— dern Species angehoͤrten, als die des Feuerlandes. Der Tang hat alſo eine groͤßere geographiſche Verbreitung, als die ihn bewohnenden Thiere. Dieſe großen Meerwaͤlder der ſuͤdlichen Hemiſphaͤre laſſen ſich nur mit den Landwaͤldern der heißen Zone ver— gleichen. Sollten die letztern je durch die Menſchen ausge— rottet werden, ſo wuͤrden, meiner Anſicht nach, bei Weitem nicht ſo viel Thierſpecies zu Grunde gehen, als die Kelp— waͤlder deren hegen. Zwiſchen dem Laube der letztern hal— ten ſich eine Menge Fiſcharten auf, welche nirgends anders Nahrung und Schutz finden wuͤrden, und verſchwaͤnden dieſe unter Waſſer ſtehenden Waldungen, ſo wuͤrde dieß den Untergang der vielen Cormorans, Taucher und andrer von Fiſchen lebenden Voͤgel, der Seeottern, Phoken, Delphine u. ſ. w., nach ſich ziehen; endlich würde der wilde Feuer— laͤnder, ſeines Hauptnahrungsmittels beraubt, mit verdop— peltem Eifer der Menſchenfreſſerei obliegen und ſeinem Aus— ſterben um ſo ſchneller entgegengehen. Betrachtungen uͤber die urſpruͤngliche Quelle des in den Pflanzen und Thieren anzutreffenden Kohlenſtoffes und Stickſtoffes. Von Charles Dauben y, M. D. (Schluß) Ich haͤtte mich vielleicht daruͤber zu rechtfertigen, daß ich bei dieſer Gelegenheit mich ſolchen Betrachtungen uͤber⸗ laſſe; allein die vulcaniſchen Erſcheinungen ſind in Bezug auf Agricultur keineswegs ohne Intereſſe, was ſchon daraus hervorgeht, daß viele Gegenden ihre vorzuͤgliche Fruchtbar— keit den Producten des unterirdiſchen Feuers zu verdanken ſcheinen. Wem fallen nicht die uͤppigen Gefilde Campas ) Ich habe Gründe zu der Annahme, daß viele derſelben durch⸗ aus nur an jenem Fundorte doreeſee 11 167 nien's, die vicina Vesevo arva jugo ein, die zu Pli— nius Zeiten alljährlich drei Aerndten brachten, einmal mit Hirſe, dann mit Waizen beſtellt wurden und, wenn man e zwiſchen den beiden Aerndten ruhen ließ, wilde Roſen erzeugten, dle koͤſtlicher duftzten, als die kuͤnſtlich gezogenenz unde vulgo dietum plus apud Campanos unguenti, quam apud caeteros olei fieri, wie Plinius ſagt. Auch verloren dieſe Gefilde nicht, wie wir es bei vie— len in neuerer Zeit in Nordamerica zum erſten Male in Cultur genommenen Landſtrichen bemerken, ihre Fruchtbar— keit durch die unausgeſetzte Beſtellung, ſondern fie zeichnen ſich noch heutzutage durch ihre außerordentliche Ergiebigkeit aus. „Quantum autem universas terras campus Campanus antecedit, tantum ipsum pars ejus, quae Laboreae vocantur, quem Phlegraeum Grae- ci appellant.““ „Dennoch,“ ſagt Liebig, „liegen dort die Meierhoͤfe und Dorfer viele Meilen voneinander, und da es an Land— wegen fehlt, fo iſt an Duͤngerzufuhr nicht zu denken.“ Er mißt demnach die unverwuͤſtliche Fruchtbarkeit des Bodens um Neapel ber der Anweſenheit des Alkali vulsanifhen Ur— ſprungs in demſelben bei; allein alle feldſpathartigen Ge— birgsarten beſitzen dieſen Beſtandtheil, und manche darunter laſſen ihn unter der Einwirkung der ge voͤhnlichen zerſetzen— den Agentien eben ſo leicht fahren; auch haben wir geſehen, daß alkaliniſche Stoffe keineswegs hinreichen, um die Vege— ta ion mit allem ihr noͤthigen Nahrungsſtoff zu verſorgen. Kann nicht alſo die fortgehende Entbindung ammoniacaliſcher Salze und von Kohlenſaͤure aus den Spalten des Berges zur Befruchtung des Bodens das Ihrige beitragen? Dieſe Materialien duͤrften, indem ſie Stickſtoff und Kohlenſtoff liefern, den animaliſchen Duͤnger großentheils entbehrlich ma— chen, und wenn die Gebirgsart zufaͤllig auch phosphorſaure E den enthält, fo begreift man, wie die berühmte Terra del Lavoro unausgeſetzt die reichſten Getraideaͤrndten liefern kann, ſo oft die Bearbeitung des Bodens die Wiederholung einer neuen Ausſaat geſtattet, ſolange nur die unterirdiſchen Pro— ceſſe ihren Fortgang haben, welche die unausgeſetzte Entbin— dung und das Zuſtroͤmen der fraglichen Gaſe vermitteln. Die ausgezeichnete Güte des in dieſem Theile von Campa— nien gebauten Waizens ſpricht ebenfalls fuͤr die Richtigkeit unſerer Hypotheſe. Es ſcheint, als ob das Mehl aus war— men Ländern überhaupt mehr gluten enthalte, als das kaͤt— terer Laͤnder, ) und der Grund hiervon liegt vielleicht das ) ©. Davy's agricultural Chemistry, p. 141, ſo wie Hy⸗ ett's intereſſante Mittheilung in dem English agricultural Journal, January. 1841. Bouffingault ſagt in den Annales de Chimie, p. 65 — 301: Violetgranniger Waizen aus dem Elſaß enthält: 17,3 P. C. Derſelbe, im Pariſer Pflanzengarten gebaut, enthaͤlt: 26,7 — Winterwaizen, ebendaſelbſt gebaut, enthält: .. 33,3 — Hermbſtädt hat in den Annalen der Landwirthſchaft, Bd. XXII. S. 1 folgende tabellariſche Ueberſicht mitgetheilt: 100 Theile Walzen, der in mit Gluten. Stärkemehl. Menſchenharn (getrocknet) gedüngtem Bor a; den gebaut ift, enthalten „ 8 Ochſenblut (getrocknet) 35,1 39,1 41,3 168 n, daß die Hitze die Zerſezung organifcher Stoffe befchleus nigt und folglich den Zugang von Ammonium in groͤßerer Fuͤlle bewirkt. Dem Reichthum an gluten ſchreibt man es zu, daß ſich der neapolitaniſche Waizen fo vorzüglich zur Fabrication der Maccaroni eignet, und dieſer große Reich— thum des dortigen Waizens an dem genannten Beſtand— theile mag wohl auch daher ruͤhren, daß der Boden ammo— niacaliſche Salze in großer Menge enthaͤlt. Darf ich Großes mit Kleinem vergleichen, ſo finde ich die Einrichtung in der Natur, vermoͤge deren die Pflanzen aus dem Innern der Erde mit gasfoͤrmigem Nahrungsſtoffe verſorgt werden, dem von vielen Gaͤrtnern angewandten Ver— fahren aͤhnlich, wo man unter den Blumentopf in einen Unterſatz thieriſchen Duͤnger bringt, deſſen Duͤnſte der Pflanze dieſelben gasfoͤrmigen naͤhrenden Stoffe zufuͤhren. Sollten dieſe Anſichten durch ſpaͤtere Forſchungen be— ſtaͤtigt werden, ſo wuͤrde ſich des Mehreren ergeben, daß die Geologie, ebenſowohl als die Chemie und Pflanzenphyſiolo— gie, Aufſchluͤſſe über landwirthſchaftliche Fragen zu geben vermag. Uebrigens braucht man die Belege zu dieſer Wahr: beit nicht fo weit und aus Laͤndern herzuholen, wo ſich Er— ſcheinungen zutragen, mit denen der engliſche Landwirth aluͤcklicherweiſe unbekannt iſt. Es kommen ihm, in der That, in der Praxis des taͤglichen Lebens viele Fälle vor, wo die Geologie ihm Aufſchluß uͤber die Wahl der beſten Duͤngmittel in dieſer oder jener Erdſchicht, oder uͤber die beſten Entwaͤſſerungsmethoden, je nach den verſchiedenen For— mationen ſeiner Gegend, geben kann, waͤhrend die Beſtim— mung der Verſchiedenheit in den Bodenarten und der Mit— tel, dieſelben durch Mischung mit entſprechenden Stoffen kuͤnſtlich zu verbeſſern, der Chemie anheimfaͤllt. (Jame- son’s Edinb. new philos. Journal. Janu. — April. 1841.) 7 Gluten. Staͤrkemehl. — — — — Menſchenexcrementen (getrocknet) 8 33,1 41,4 Schaafmiſt 22,9 42,8 Taubenmiſt (welcher ſonderbarerweiſe weni⸗ — ger gut duͤngen lol, als Basıtaiß) 12,2 63,2 Kuh miſt 5 0 CA) 63,3 Pflanzenhumus . . . . . 9 2 55,9 Derſelbe Boden ungeduͤngt . 667 Nach Sir H. Davy's Beobachtungen Wah 100 Theile gutentwickelten Waizens: wenn derſelbe im Herbſte A iſt & 19 77 wenn im Frühling . . 24 70 von Sicilianifchen Waizen N 21 75 von Waizen aus der Berberei 5 23 74 von guter Norfolk'ſcher Gerſte . 85 6 79 von Suffolk'ſchem Roggen 2 a - 5 6 ms ce | la Ueber die Carinaria (Carinaria Mediterraneae) hat Herr de Boſſet folgende Mittheilung der naturforfchenden Ger ſellſchaft zu Neufchatel gemacht: „Die Zeichnungen, welche bis— jetzt von dieſem ſchoͤnen Mollusk bekannt geworden ſind, ſind ſo ungenau, daß eine nach einem lebenden und nicht in Spiritus zu⸗ ſammengezogenen Thiere gefertigten, wahrſcheinlich willkommen ſeyn wird. (Man ſehe die Memoires de la société des sciences naturelles de Neufchatel. Tome II. letzte Tafel J. Fig. 1. 1889. 4.) Ich habe oft lebende Carinarien mehrere Tage hindurch le— bend aufbewahrt. Sie ſind wenig vertraͤglich. Es iſt ſelten, daß 169 zwei ſich in einem und demfelben Glaſe vertragen. Oft ſogar ſieht man ſie aus ihrer natürlichen Indolenz herausgehen und ſich in Kampf einlaſſen, welcher zuweilen ſich mit dem Tode des einen und mit der Zerftörung der Conchylien endigen. Folgendes find einige Details über die Art, das Thier zu fiſchen und die Schaale zu ers langen, welche in den Sammlungen ſehr ſelten ſind, — eine Selten— heit, welche nicht ſo ſehr von der geringen Zahl der ſie tragenden Mollusken, als von deren Zerbrechlichkeit herruͤhrt. Dieſe Zer— brechlichkeit iſt ſo groß, daß ich erſt nach vielen vergeblichen Ver— ſuchen und nachdem ich eine Menge zerbrochen hatte, dahin ge— langt bin, einige ſchoͤne Exemplare zu erlangen, welche man jetzt in den Muſeen von Neufchatel, dem British Museum, und in den Sammlungen von Bern, Solothurn und Genf ſehen kann — Die Carinaria ift gewöhnlich einzelnlebend und findet ſich meiſt einige hundert Fuß vom Ufer und von den davorliegenden Felſen in einer Tiefe von 1 — 6 Fuß. Zöre Bewegungen find fo langſam, daß ſie mehr zu flottiren, als zu ſchwimmen ſcheint. Die Conchylie, welche unterhalb des Thieres ſitzt, ſcheint mit den in ihr enthalte— nen Eingeweiden gleichſam wie ein Ballaſt zu ſeyn, um es in ei: ner verticalen Stellung zu erhalten. Es gleicht in Etwas einem Vogel, was ihm von den italieniſchen Fiſchern den Namen uccello di mare verſchafft hat. Nur bei voͤllig ruhigem Wetter kann man es unterſcheiden. Der Fiſcher, welcher ſich deſſelben bemaͤchtigen will, muß ſich aufrechtſtehend am Ende einer kleinen Barke befin— den, welche durch einen Schiffer geführt wird. Da die Bewegungs— organe der Carinaria ihr nicht erlauben, der Gefahr durch die Flucht zu entgehen, ſo kann man ſie ohne Schwierigkeit fangen. 170 Man bedient ſich dazu eines wenig tiefen und von ſehr feinen Mouslin verfertigten Fangnetzes (truble a long manche), mittelſt welchem man fie langſam aus dem Waſſer nimmt. — Der Fiſcher faßt das Thier dann an der Mitte des Koͤrpers, und indem er die Con— chylie ganz leicht auf eine vorher in Bereitſchaft geſetzte Lage Baumwolle in eine Schachtel aufliegen läßt, ſchneidet er mit einer Scheere die Haut durch, die ſie mit dem Koͤrper des Thieres ver— bindet. Erſt nach ſechs bis acht Stunden kann man die Conchy— lie leeren, an welcher die darinliegenden Eingeweide Anfangs zu ſehr feſthaͤngen. Aber man muß ſich in Acht nehmen, länger zu ſaͤumen, und, z. E., einen Tag zu warten, denn ſonſt wird die ſich zerfegende Leber der Conchylie ihre naturliche Durchſichtigkeit rauben und ihr eine mehr oder minder dunkle Farbe mittheilen. — Einige Naturalienhaͤndler geben dieſe fo veränderten Conchylien für eine verſchiedene und feltenere Art aus, die fie theuer verkaufen. Man muß ſehr vorſichtig mit den aͤußerſt zerbrechlichen Conchylien verfahren, fie nur mittelſt eines Malerpinſels reinigen, forgfältig in Baumwolle vor Druck ſichern ꝛc.“ Pinel's Schädel war 1826 von Esquirol, aus Pietaͤt gegen feinen berühmten Lehrer, präparirt und aufbewahrt worden; der Sohn, Scipio Pinel, hatte denſelben, aus Achtung fuͤr Es— quirol, ihm gelaſſen und nicht abgefordert. Nach dem Tode Esquirol's hat jetzt Herr Scipio Pinel den Schaͤdel ſeines Vaters, als natuͤrlicher Erbe, zuruͤckverlangt und, da feinem Ver: langen nicht entſprochen worden iſt, ſeinen Anſpruch vor die Gerichte gebracht. Me Ueber hernia inguinalis. ROH DIE, eee Ne DET, Zu den Ideen, welche die Chirurgen von jeher mit der größten Ausdauer verfolgten, gehort die radicale Heilung der Hernien. Prof. Michael Jaͤger hat in feiner vortreffli— chen Abhandlung die ſo zahlreichen Methoden einer ſtrengen Critik unterworfen, und nur Ger dy's Methode erfreut ſich ſeiner Billigung; er, nennt ſie die einfachſte und am wenig— ſten gefaͤhrliche, welche zugleich auch die meiſte Hoffnung der Heilung fuͤr Leiſtenbruͤche gewaͤhrt. Die Meinung die— ſes ausgezeichneten Gelehrten, welcher indeß keine Verſuche mit Ger dy's Verfahren machte, theilen augenblicklich viele Chirurgen. Um ſo mehr mag ich nicht unterlaſſen, Einiges von dem mit zutheilen, was ich uͤber dieſen Gegenſtand zu beobachten Gelegenheit hatte. Langenbeck machte im Jahre 1836 einmal den Verſuch bei einem Knaben von 16 Jahren. Als man im Begriffe ſtand, die Cur fuͤr be— endet zu erklaͤren, erfolgte ein Recidiv, und auch die wieder— holte Befeſtigung der invaginirten Parthie war nicht von Dauer. In Wien habe ich bei verſchiedenen Chirurgen dieſe Operation wiederholt machen ſehen. Bei einem derſelben wurden waͤhrend meiner Anweſenheit drei Recidive behan— delt. Einer der Patienten unterzog ſich der Operation zum dritten Male. Ueber das Schickſal der meiſten Operirten war nichts in Erfahrung zu bringen. Wenn ihr Nichter— ſcheinen als ein vollguͤltiger Beweis radicaler Heilung ange— ſehen werden darf, fo muͤſſen allerdings mehrere derſelben geheilt ſeyn. Ein anderer Chirurg erlebte es, daß von drei Operirten zwei ſtarben und der dritte kaum von einer in Folge der Operation entſtandenen Peritonktis gerettet wurde. E k ng u Di Dieſe Facta, welche mit leichter Mühe vermehrt werden koͤnnten, zeigten, daß dieſe Operationsweiſe keineswegs fo ſicher und gefahrlos ſey, daß man ſie fuͤr den Schlußſtein aller andern Verſuche halten duͤrfte. Der durch die Erfah— rung gefuͤhrte Beweis laͤßt ſich aber auch à priori fuͤhren. Die Verwachſung feröfer und ſeroͤs fibroͤſer Haͤute hat nicht die gehoͤrige Feſtigkeit, um dem Drucke der Eingeweide zu widerſtehen. Ich erinnere hier an die Heilung der Koth— fiſteln. Das mit der Bauchwand verwachſene Stuͤck des Darms entfernt ſich allmaͤlig von derſelben, es bildet ſich ein duͤnner Strang, welcher oft ganz abreißt. Ebenſo dehnbar zeigt ſich das plaftifche Product, welches bei'm chroniſchen Magengeſchwuͤre die Vorlegung bei der Perforation beſorgt: entweder wird es zugleich zerriſſen, oder erſt, nachdem durch die allmaͤlige Ausdehnung ſich ein Divertikel gebildet hat. Auch bei den im Typhus und bei der Tuberculoſe vorkom— menden Perforationen der intestina iſt eine dauernde Hei— lung durch Verwachſung kaum zu Stande gekommen. Will man bei fo mannigfachen, groͤßtentheils vergebli— chen Verſuchen die Hoffnung auf ein endliches Gelingen nicht aufgeben, ſo iſt es noͤthig, ſich bei jedem zu operiren— den Falle recht klar zu machen, welchen Indicationen zu ge— nügen fey, um eine radicale Heilung zu Stande zu bringen. Es ift nicht genug, den canalis inguinalis zu ſchließenz denn ſo wie unvollkommene Schließung oder Offenbleiben des canalis inguinalis zur Bildung von Hernien praͤdisponi⸗ ren, ſo thun es auch (nach Jaͤger) ein zu weites oder zu ſtark inclinirtes Becken, Schlaffheit und Schwaͤche der Mus: keln, in'sbeſondere der des Bauches, beſondere Stellungen des Koͤrpers. 171 Das Zuſammentreffen aller oder der meiſten dieſer Mo: mente giebt in den meiſten Fällen erſt die Praͤdispoſition zur Entſtehung der Hernien; einzelne koͤnnen vorhanden ſeyn, ohne daß bei hinreichender Gelegenheitsurſache ſich Bruͤche ausbildeten. Einen Beweis lieferte noch vor Kurzem das Reſultat einer Section. Ich fand bei einem Manne von 36 Jahren, einem Schneider, den processus tunicae va- ginalis nicht geſchloſſen, aber ſo eng, daß nur im obern Theile des canalis inguinalis ſich eine kleine Schlinge hatte legen koͤnnen. Der Cadaver war kraͤftig gebaut; die Mus— keln waren ſtark entwickelt, und die Neigung ſeines Beckens war die normale. Dieſe Momente, wie die Art ſeiner Be— ſchaͤftigung, ſchienen bei dieſem Manne das Entſtehen eines Bruches verhindert zu haben. So wie nun einzelne praͤdisponirende Momente nicht hinreichen, bei paſſender Gelegenheit das Zuſammenkommen von Bruͤchen hinreichend zu unterſtuͤtzen, ſo duͤrfte die Be— ſeitigung eines Moments nicht hinreichen, eine radicale Hei— lung zu bewerkſtelligen. Man erzielt bei Kindern nicht ſelten durch die allgemeine Verſchließung des canalis inguinalis radicale Heilung, ein Umſtand, welcher indeſſen nur die aus— geſprochene Meinung beſtaͤtigt. Bei Kindern iſt die Neigung des Beckens eine weit bedeutendere, als bei Erwachſenen; die Abdominal-Organe ſind bedeutend entwickelt, die natuͤrliche Folge iſt ein Haͤn— gebauch, und ſomit laſtet der größte Druck der intestina auf der regio inguinalis. Muskeln uad Baͤnder haben noch nicht den gehoͤrigen Tonus, die normalen Oeffnungen für Nerven und Gefaͤße find noch gar nicht oder nur unvoll— kommen geſchloſſen; mithin iſt die Praͤdispoſition zur Ent— ſtehung der Hernien vollkommen vorhanden. Mehrere dieſer Momente verſchwinden indeß im normalen Gange der Ent— wickelung ganz oder theilweiſe. Die Abdominal-Organe hoͤren auf, in dem fruͤhern Maaße zu praͤvaliren. Muskeln und Binder nehmen zu an Tonus, und die Neigung des Beckens wird eine geringere; mithin bleibt es der Kunſt nur vorbe— halten, den canalis inguinalis zu ſchließen; gelingt das Beſtreben und bilden ſich ſpaͤter keine neue Anlagen aus, ſo bleibt die Heilung dauernd. Das gewoͤhnliche Verfahren be— ſteht in Anlegung eines Bruchbandes; man gelangt oft da— mit zum Ziele; Profeſſor Malgaigne (Froriep's Neue Notizen, No. 272. Jan. 1840) giebt die Zahl der durch Beuchb nder erzielten Heilungen nur auf Z an, und ver— muthet, daß dieſer geringe Erfolg in der unzureichenden Größe der Pelotten ihren Grund finde, welche nur den äußern Bauchring ſchließe: „Iſt gluͤcklicher Weiſe die Pelotte ſchlecht gemacht, d. h., wenn ſie fuͤr den beabſichtigten Zweck zu groß geraͤth, ſo ruht ſie auch auf dem Leiſtencanale, und alsdann kann eine Obliteration dadurch bewirkt werden.“ Bei jungen Subjecten iſt der Canal ſo kurz, daß er durch eine Pelotte von mäßiger Groͤße, ſelbſt wenn dieſe ſchlecht ange— legt iſt, leicht comprimirt wird; bei Erwachſenen wuͤrden fuͤr denſelben Erfolg ſehr große Pelotten erforderlich ſeyÿn. Wenn auch dieſer Umſtand nicht ohne Einfluß ſeyn kann, ſo muß dennoch die vermehrte Kraft der Muskeln und Binder als ein für die radicale Heilung der Hernien wichtiger Punct 172 angeſehen werden, da von den Muskeln auch die Neigung des Beckens bedingt und dadurch für die intestina ein ans derer Ruhepunct, als die regio inguinalis, gewonnen wird. Der Erfolg, welcher an manchen Orten, z. B., in der Clinik zu Wuͤrzburg, durch die Verbindung der Bruchbaͤnde mit dynamiſchen Mitteln erzielt wird, ſo wie das Entſtehen der Bruͤche bei allen den Veranlaſſungen, welche die Muskeln, namentlich die des Bauches, erſchlaffen, z. B., Schwanger- ſchaft, Waſſerſucht, ſchnelles Magerwerden zc., beftätigen die aus— geſprochene Meinung von der Wichtigkeit des Muskeltonus. Wir haben oben gewiſſe Stellungen als ein praͤdispo— nirendes Moment angefuͤhrt. Wir wollen ſehen, worin die Schaͤdlichkeit derſelben beſteht. Sie ſind von bedeutendem Einfluſſe; Jaͤger ſagt, „daß bei den arbeitenden Claſſen das Zuſammenkommen der Bruͤche dadurch mehr bedingt werde, als durch die Anlage.“ Aſtley Cooper erzaͤhlt, daß keine Claſſe haͤufiger, als die Hafenarbeiter, welche öfter in gebuͤckter Stellung anſtren— gende Arbeiten verrichten, an Bruͤchen leide. Aehnliche Be— obachtungen hat man an vielen andern Orten gemacht, z. B., am Harz, wo die in den Wildern beſchaͤftigten Arbeiter meiſt an Bruͤchen leiden. Dieſe Erſcheinung erklärt ſich leicht, wenn man das Anſtrengende der Arbeiten, die aͤrmli— che Lebensweiſe dieſer Leute in Erwaͤgung zieht; allein auch die anatomiſchen Verhaͤltniſſe weiſen nach, daß dieſe Arbeiten in gebuͤckter Stellung etwas beſonders Schaͤdliches haben. Die Beweglichkeit der Lendenwirbel erlaubt naͤmlich dem obern Theile des Rumpfes einige Bewegungen; allein groͤ— ßere und raſchere Bewegungen werden von dem ganzen Rum— pfe dadurch ausgefuͤhrt, daß ſich das Becken auf den Schen— kelkoͤpfen dreht, auf denen es ſehr beweglich iſt. Steht nur ein Bein feſt, ſo kann das Becken ſich leicht nach allen Sei— ten drehen; ſind beide Beine fixirt, ſo kann ſich das Becken nur noch in einer Ebene auf derſelben drehen, naͤmlich in der ſenkrechten, von Vorn nach Hinten gehenden, Ebene um eine Axe, die durch beide Schenkelkoͤpfe geht. Dieſe Einrich— tung ſetzt die regio inguinalis einem beſtaͤndigen Drucke aus, welcher nicht wenig zur Entſtehung der Hernien beitragen muß. Nach den gemachten Erörterungen wird die Hoffnung auf eine radicale Heilung der Brüche eine weit geringere ſeyn muͤſſen, als wenn man die genannten Schaͤdlichkeiten nicht in dem Maaße wuͤrdigt und von der Schließung des canalis inguinalis alles Heil erwartet. Wir ſind indeſſen keineswegs geneigt, darum in vielen Fillen, wo eine Beſeitigung dieſer Momente nicht in unſerm Vermögen ſteht, von der Unternehmung einer Radicaleur ab zuſtehen. So, z. B., bei Arbeitern, welche ihre Lebens— weiſe nicht aufgeben koͤnnen; allein wir werden ſie dann nur unternehmen, um eine weitere Ausbildung des Uebels zu ver— hindern, oder um das Zuruͤckhalten des Bruches moͤglich zu machen; wir wider es indeſſen nicht wagen, die Patienten von dem Tragen eines Bruchbandes zu dispenſiren. Um den aus den vorausgegangenen Bemerkungen ſich ergebenden Sadicationen zu genügen, würden vielleicht bei ge— hoͤriger Auswahl der paſſenden Fälle einige der aͤltern Me— thoden genuͤgen, z. B., das Verfahren von Boyer. Man 173 kann, ſagt Boyer, die radicale Heilung verſuchen, indem man die Haut durch einen kleinen, ſehr converen Druckballen zuſammendruͤckt, alsdann einen Reiz und eine Entzuͤndung auf der Haut und im Bruchſacke mittelſt eines Blaſenpfla— ſters, oder eines kleinen in weſentliches Terpentinoͤl einge— tauchten Schwammes hervorbringt und waͤhrend der Wir— kung des oͤrtlichen Mittels ein ſehr geſchloſſenes Bruchband anlegt; man vermindert allmaͤlig den Druck des Bruchban— des, deſſen Anwendung jedoch mehrere Monate fortgeſetzt werden muß. Dr. Moͤsner in Geildorf (Wuͤrt. Correſp. 4. Bd. 39.) hat dieſes Verfahren auf die Vehandlung der Nabelbruͤche angewandt, und hat davon einen ſehr guten Erfolg gehabt. Das Verfahren iſt folgendes: Man legt eine, der Groͤße des Nabels entſprechende, mit Canthariden— ſalbe oder Pflaſter uͤberzogene Pelotte auf die Mitte des umgeſtuͤlpten Nabels, nachdem der Bruch reponirt. Nach 22 Stunden wird die Pelotte entfernt und nur wiederholt, wenn Entzuͤndung und Aetzung nicht ſtark genug ſind. In der Regel iſt die Erneuerung erſt nach einigen Tagen noͤthigtz alsdann verbindet man mit Digeſtivſalbe. Alle 24 Stun— den wird der Verband erneuert, und wenn die Oberflaͤche nicht mehr wund genug iſt, die Aetzung wiederholt. Nach 8 Tagen iſt, in Folge dieſer erregten Nabelentzuͤndung, die in— nere Flaͤche der Haut feſt mit dem Nabelringe verwachſen, wenn der Bruch nicht groͤßer war, als eine welſche Nuß, wie Nabelbruͤche gewohnlich in den erſten Jahren und die Oeff— nung beinahe ſchon ganz geſchloſſen. Man unterhaͤlt Druck und Entzuͤndung in maͤßigem Grade noch 8 Tage, und man bat fo nach 14 Tagen einen feſt und ſchoͤn vernarbter Nabel und ganz geſchloſſenen Nabelring und femit radicale Heilung erreicht. Folgendes bei einem Kaninchen gemachte Experiment liefert einen Beweis von der kraͤftigen Wirkſam— keit der Veſicantien. Wir hatten bei demſelben das Kniege— lenk mit Blaſenpflaſtern umgeben: das Thier ſtreifte dieſel— ben ab; daher impraͤgnirten wir die Stelle zweimal mit Tinct. Cantharid. und fanden am Tage darauf die Muskeln im hohen Grade retrahirt und das Tibiotarſalgelenk, an welchem fie ſich feſtſetzen, verrenkt. Bei der Unter ſuchung fanden wir die Haut feſter mit dem unterliegenden Gewebe verbunden; die contrahiıten Wadenmuskeln waren um drei Linien fürs zer, als die gefunden, ohne dicker zu ſeyn; (die Muskeln waren um 2, die Sehne um 1 Linie verkuͤrzt;) zugleich hatten ſie eine gelbere Farbe, die Sehne war ſaftloſer, duͤn— ner und haͤrter anzufuͤhlen. Das Gewebe des kranken Mus— kels, unter dem Mikroſcope betrachtet, zeigte die characteriſti— ſchen Queerlinien deutlicher und ſchaͤrfer hervortretend, als an den entſprechenden geſunden Muskeln. Im Sehnenge— webe ließ ſich kein Unterſchied erkennen. Ein anderes Verfahren, welches vielleicht nicht ohne Erfolg wäre, iſt jenes von Dr. Pauli empfohlene. Man ſoll, nach ihm, mehrere Queerfalten der Haut über dem ca— nalis inguinalis ausſchneiden und dadurch ein Paar lange Narben erzielen, welche durch das, dieſem Gewebe eigenthuͤm— liche Contractionsvermoͤgen, vielleicht auch durch den Reiz, welchen ſie auf die benachbarten Muskeln ausüben, die Vers ſchließung des canalis zu Stande bringen ſollen. 174 Die bedeutende Kraft, welche die durch Verbrennen er— zeugten Narben entwickeln, eine Kraft, welche im Stande iſt, z. B., die Flexoren des Armes ganz zu uͤberwinden, laͤßt vermuthen, daß das ferrum candens bei der Radicalcur der Hernien mit Nutzen angewendet werden koͤnne. Aeltere Chirurgen, welche auch der Arzneimittel ſich be— dienten, verſchmaͤhten den Gebrauch des ferrum candens nicht; allein ſie applicirten das Gluͤheiſen nach der Repoſition der Eingeweide auf den Leiſtenring, ſo daß ſich ein ſtarker Brandſchorf bildete und der Knochen ſich ſpaͤter exfolürte. Dieſes Verfahren iſt wohl nicht ſehr empfehlenswerth; allein wenn man den Gebrauch des ferrum candens mit mehr Vorſicht unternaͤhme, ſo wuͤrde man es vielleicht nicht ohne Erfolg anwenden, wenn man, z. B., über dem canalis in- guinalis einige Brandnarben erzeugte. Der Erfolg des terrum candens bei'm prolapsus uteri und prolapsus ani duͤrfte wohl dazu ermuntern. Man verwerfe dieſen Vorſchlag nicht von vorn herein, weil bei fruͤhern Verſuchen keine glaͤnzenden Reſultate ge— wonnen wurden. Hat man erſt die rechte Applications— weiſe gefunden, ſo wird es hier wie mit vielen andern Mit— teln gehen, welche in Verruf gekommen ſind, weil man ihre Anwendung nicht gehoͤrig zu leiten wußte, ein Factum, deſſen Wahrheit die Geſchichte der Tenotomie auf's Glaͤnzendſte be— währt hat. (Aus der Inaugural-Diſſert.: Ueber Atonie fibroͤ— ſer Gewebe von E. Stromeyer. Wuͤrzburg, 1840. 8.) Ueber die Behandlung der angebornen Luxation. Von Dr. J Gus rin. (Schluß.) Zu dieſen Einwirkungen kommt noch eine Hemmung der Ent: wickelung im Ganzen, eine Atrophie in den Theilen, welche Sitz der Difformität find. Dieß beruht in einer Verminderung der Innervation, fo wie in einer Verkleinerung der in ihrer Lage ver— aͤnderten Gefaͤße. Wie nun auch alle dieſe conſecutiven Deformationen beſchaffen ſeyn mögen; fie üben immer in gewiſſen Gränzen einen Einfluß auf die Heilbarkeit der Luxationen aus, und bloß in dieſer Bezie⸗ hung find fie bier kurz angedeutet werden; namentlich bleibt auch nach der Einrichtung das Verbaͤltniß der umgebenden Theile mehr oder minder geſtoͤrt, die Gelenkflaͤchen berühren ſich nicht in der ganz normalen Richtung, und die Muskeln verlaufen und wirken nicht mehr in der normalen Lage. Das gegenſeitige Verhaͤltniß der Gelenkflaͤchen und die Richtung der Muskeln iſt aber von der Natur fo genau beftimmt, daß die mindeſte Veraͤnderung in dieſen Beziehungen eine Verminderung der Feſtigkeit der Gelenke und eine Prädiepofition zu neuen Luxationen veranlaßt. An dieſe Be⸗ merkung ließen ſich noch eine Reihe von Folgerungen anknuͤpfen, was jedoch der Raum nicht geſtattet. Es iſt nun aber gewiß, daß auch nach der Einrichtung der Luxationen conſecutive Diffor⸗ mitäten zuruͤckbleiben, gegen welche das Einrichtungsverfahren nichts vermag, fo daß, in Folge dieſer zuruͤckbleibenden Difformi⸗ tät der Beckenhaͤlfte, bei einſeitiger Luxation eine Bedingung zum Hinken bleibt, welche den Schein erwecken kann, als wenn die Luxation gar nicht eingerichtet ſey. Die höhere Stellung der Bek⸗ kenſeite, welche eine Folge des Zuruͤckruͤcens des untern Endes des psoas in der aͤußern Darmbeingrube ift, bört auf, da durch die Einrichtung der Luxation der genannte Muskel wieder dieſelbe Laͤnge bekommt, wie der der entgegengeſetzten Seite. Die allgemeinfte Folge der bisherigen Eroͤrterungen iſt, daß die angebornen Luxationen unter gewiffen Bedingungen einrichtbar ſind, daß der Grad der Einrichtbarkeit mit dem Grade und Alter der Difformitaͤt abnimmt, daß ſehr alte angeborne Luxationen gar nicht 175 mehr einrichtbar find, beſonders wenn fie von Bildung neuer Gelenkflaͤ— chen begleitet werden; die Erhaltung in eingerichteten Luxationen ſelbſt iſt denfelben Bedingungen unterworfen, als die Einrichtbarkeit ſelbſt. Ueber die Mittel zur Vorbereitung, Ausfuhrung, Befeſtigung und zum Erſatze der Einrichtung anges borner Luxationen. — Die Hauptindicationen fuͤr die ange— bornen Luxationen ergeben ſich bereits aus dem Fruͤhern, indem meine Therapie der Mißbildungen uͤberhaupt nichts Anderes iſt, als eine umgewandte Aetiologie, ſo daß mit Nachweiſung der Huͤlfs⸗ und der unterſtuͤtzenden Urſache der angebornen Luxationen auch die Mittel angegeben find, wodurch jedes dieſer aͤtiologiſchen Elemente neutraliſirt werden koͤnnte. Dieſe Mittel, welche jetzt beſtimmter angezeigt werden ſollen, variiren nothwendig in ihrer Anwendung, je nach dem Sitze, der Richtung und dem Grade der Verrenkung, fo daß eine detaillirte Beſchreibung der Specialge: ſchichte der verſchiedenen Luxationen angehoͤren wuͤrde. Da ich hier nur das Allgemeine anzugeben habe, jo werde ich mich auch auf die Hauptindicationen bei allen dieſen Difformitaͤten beſchraͤnken konnen. Hierhin gehören: 1) Die vorbereitende Ausdehnung, welche man an— haltend einwirken laͤßt, um ſo viel, als moͤglich, die activ oder paſſiv verkuͤrzten Muskeln zu verlaͤngern und die Muskelſtroͤnge durch Spannung hervorzuheben, ſo wie die Difformitaͤt und alles das zu vermindern, was von ſecundaͤren und complementaͤren Ur— ſachen (3. B., von der Schwere) herruͤbrt. 2) Die fubceutane Durchſchneid ung der Muskeln, welche durch mechaniſche Ausdehnung nicht hinrei— chend verlaͤngert ſind. 3) Die anhaltende Extenſion der Baͤnder, welche activ oder paſſiv verkürzt find; wenn die Extenſion nicht genügt, fo macht man auch hier die fubcutane Durchſchneidung 4) Die Manipulationen zur Bewerkſtelligung der Einrichtung. 5) Die conſecutive Behandlung, Behufs der Conſo— lidation des eingerichteten Gelenks, welche zuerſt in der Anwen— dung geeigneter Apparate zur Verlaͤngerung der nicht durchſchnit— tenen Muskeln und zum Auseinanderhalten der durchſchnittenen Muskeln und Baͤnder beſtimmt ſind, waͤhrend gleichzeitig die ein— gerichteten Gelenkflaͤchen in ihrer Lage gehalten werden ſollen. Hierauf beſteht aber die Nachbehandlung auch noch in der allmaͤ— ligen Ausfuͤhrung von Bewegungen, welche geeignet ſind, die Coaptation der Gelenkflaͤchen vollſtaͤndiger zu machen und allmaͤlig die normalen Bewegungen des Gelenkes herzuſtellen. Dieß ſind die verſchiedenen Mittel, welche eine genaue Kennt— niß aller bei der Entſtehung angeborner Luxationen mitwirkenden Umſtände anwenden lehrt. Bisjetzt beſchraͤnkte man ſich auf die Einrichtung und uͤberließ die Luxationen ſich ſelbſt, welche man fuͤr uneinrichtbar hielt; aber auch in ſolchen Faͤllen gewaͤhrt die Kunſt noch Mittel, wodurch bis zu einem gewiſſen Grade die nor— malen Bedingungen der Gelenke erſetzt werden, d. h., man fixirt das luxirte Gelenkende moͤglichſt nahe bei der Gelenkhoͤhle und ver— anlaßt hier die Bildung eines neuen Gelenkes, wodurch man im Stande iſt, den luxirten Gelenkkopf feſtzuhalten und ihm an dieſer Stelle Bewegungen zu verſtatten, welche den normalen Bewegun— gen analog find. Die Hülfsmittel, deren ich mich in dieſer Beziehung bedient habe, ſtuͤtzen ſich auf die Kenntniß der Verfahrungsweiſen, welche die Natur zu demſelben Zwecke anwendet. Sie ſind eine Nachah— mung derſelben. Ich habe gezeigt, daß die weſentliche Bedingung der Bildung kuͤnſtlicher Gelenke eine Perforation der Gelenkcapſel 176 und gegenſeitige Berührung des luxirten Gelenkendes und einer Knochenflaͤche iſt, und daß die Bedingung zur Erhaltung der ab— normen Beziehung in der Verwachſung der Raͤnder des Riſſes mit der Umgebung des neuen Gelenkes beſteht. Dieſe Bedingungen laſſen ſich kuͤnſtlich bewerkſtelligen. Zu dieſem Entzwecke beginne ich unter der Haut und an der zur Fixirung des luxirten Gelenk— endes paſſenden Stelle mit Scarification der Gelenkcapſel bis auf den Knochen, womit dieſelbe zuſammenhaͤngt. Durch dieſes Mittel gelangt das luxirte Gelenkende leicht mit der Knochenflaͤche, auf welcher es ruht, in unmittelbarer Beruͤhrung; es beginnt an die— ſer Stelle ein Organiſationsproceß, durch Verwachſung und Ver— ſchmelzung der ſcarificirten und perforirten Theile der Capſel mit den entſprechenden Puncten dieſer Oberfläche. So ſind bereits die erſten Bedingungen zur Bildung eines kuͤnſtlichen Gelenkes erfuͤllt. Um nun das luxirte Gelenkende an dieſem Orte der Wahl zu um— ſchreiben und einzuſchließen, mache ich im ganzen Umfange deſſelben tiefe Scarificationen, welche die Bedeutung haben, denſelben Orga— niſationsproceß und die Bildung fibrös:zellgewebiger Verwachſun— gen zwiſchen den Raͤndern des Schnittes in der Capſel und den daranſtoßenden Knochenflaͤchen zu bewerkſtelligen. Sobald man nun dieſe fibroͤs-zellgewebigen Verwachſungen fuͤr feſt genug haͤlt, um den Bewegungen des neuen Gelenkes zu widerſtehen, ſo beguͤnſtigt man die Entwickelung der Gelenkhoͤhle, welche das luxirte Gelenkende aufnehmen ſoll, durch dieſelben Mit— tel, welche die Natur unter ſolchen Verhaͤltniſſen anwendet, d. h., durch häufige und umſchriebene Bewegungen um dieſes Gelerk. Ich gehe hier nicht auf alle anatomiſchen und phyſiologiſchen Bedingungen ein, wodurch dieſes neue therapeutiſche Reſultat er— langt wird; dieß wird Gegenſtand einer ſpeciellen Arbeit ſeyn; ich beſchraͤnke mich, anzufuͤhren, daß die Erfahrung bereits in zwei Fällen von Schenkelluxation und in einem Falle von Luxation der clavicula alles das beftätigt hat, was die Theorie verſprach. (Gaz. méd., No. 10.) Mi Scſe hlein⸗ Ueber die Auclandia, eine neue Gattung aus der Familie Cynareae, hat Dr. Falconer, Superintendent des botanifchen Gartens der oſtindiſchen Geſellſchaft zu Saharumpore, eine Ab— handlung verfaßt, welche durch Dr. Royle der Linnean Society mitgetheilt wurde. Die Pflanze wird von Dr. F. für den lange beſtrittenen Costus des Dioscorides gehalten, iſt in Caſhmir eins heimiſch, wo fie unter dem Namen Koot einen ſehr wichtigen Handelsartikel abgiebt. Die Wurzeln naͤmlich, welche einen ſtark aromatiſchen und ſtechenden Geruch haben, werden in großen Quanti— täten, jährlich an 2,000,000 Pfund, geſammelt. In China, wo ſie ſehr geachtet wird, als aphrodisiacum und als Raͤucherwerk in den Tempeln, bezahlt man den Centner mit 2 L. 7 Sh. 5 D., waͤhrend in Kaſhmir der Koſtenpreis nur 2 Sh. 4 D. ift. Von Abreißung des Kopfhaares ſammt der Kopf— ſchwarte iſt der K Académie de médecine am 11. Mai durch Herrn Leroy d'tiolles ein merkwuͤrdiger Fall, nach der Erfah— rung eines Provinzialarztes, unter Vorzeigung der Kopfbedeckung, mit— getbeilt. Einer Frau, welche mit ihren langen Haaren einer Wollkamm— Maſchinerie von großer Gewalt zu nahe gekommen war, wurde der ganze Haarwuchs ſammt Kopfhaut und einem Theile der Ohr ren abgeriſſen; die Haut iſt jetzt trocken und dunn und hat die Form einer wahren Perruͤcke. Die Wunde hat geeitert, es haben regelmaͤ— ige Knochen-Exfoliationen ſtattgehabt, aber es hat ſich nichts vers narbt. Die Frau iſt vierzehn Monate nachher in Folge von Sympto⸗ men eines hectiſchen Fiebers geſtorben. Der Fall iſt vielleicht einzig. Bibliographische Neuigkeiten. Le Jardin des Plantes: d&scription et moeurs des Mammiferes de la Mönagerie et du Museum d'histoire naturelle. Par M. Boitard. 1. Livraison 1841. gr. 8. (Es werden 50 Lieferungen a 30 C.) Ge era plantarum secundum ordines naturales disposita Auctore Stephano Endlicher. Fasc. I — XVIII. Wien, 1836 — 1840. Lex. Form. (Die wichtige und dankenswerth brauchbare Werk iſt nun vollſtändig.) Ejusdem Iconographia generum planta- rum. Fasc. 1 — X. 4. — A complete practical treatise on venerenl Diseases and their im- mediate and remote consequences, including observations on certain affections of the uterus attended by discharges. By Will. Acton etc. London, 1841. 8. Mit einem Atlas in Queer⸗Folio. 5 Guide du Medeein dans l’empoisonnement par l’acide arsenieux vulgairement appel& arsenic, Par Paulin Fabrege. Paris, 1841. 8. —ä. — Menue Üotizen a u s dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober-Medicinalrathe Frorie p zu Weimar, und dem Medieinatrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin, Mo. 386. (Nr. 12. des XVIII. Bandes.) Mai 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 39 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. N. ter Gould's ornithologiſche Reiſe 1838 — 1840. Der beruͤhmte Ornitholog, Herr Gould, welcher ſchon fruͤher, durch eine auserleſene Sammlung von auſtralaſiati— ſchen Voͤgeln unterſtuͤtzt, viel Gediegenes uͤber die Ornitho— logie jenes Welttbeils geſchrieben hatte und den Wunſch hegte, ein moͤglichſt vollſtaͤndiges Werk uͤber dieſen Gegen— ſtand zu verfaſſen, beſchloß, von dem Geiſte Audubon's und Wilſon's beſeelt, und überzeugt, daß ohne eigne Forſchungen, Beobachtungen und neue Entdeckungen in Au— ſtralien ſelbſt nichts Befriedigendes zu erreichen ſtehe, die weite Reiſe dahin anzutreten und laͤngere Zeit allen Be— quemlichkeiten des civiliſirten Lebens zu entſagen, um die Wiſſenſchaft zu foͤrdern. Von ſeiner Frau, die ihm auch als geſchickte Zeichne— rin hoͤchſt nuͤtzlich zu werden verſprach, und einigen tuͤchti— gen Gehülfen begleitet, verließ er im Mai 1838 England und langte im September deſſelben Jahres gluͤcklich auf Vandiemensland an. Auf die Unterſuchung dieſer, ſo wie der Inſeln in der Baß Straße verwandte er zehn Monate, waͤhrend deren er jedoch auch Neuſuͤdwallis auf kurze Zeit beſuchte. Auf dieſem Abſtecher drang er bis zum Liverpool⸗Gebirge vor und bereitete ſich dadurch auf feine groͤßere Reiſe in's Innere jenes Welttheils vor, ſam— melte auch ſchon bei dieſer Gelegenheit ſeltene Voͤgel, u. U. ganze Exemplare und Haͤute von dem Leier-Vogel (Maenura superba), und ſandte die erſtern dem Profeſſor Owen zur anatomiſchen Unterſuchung zu. Auf Vandiemensland fand er von Seiten des Gouver— neurs, den durch feine Polarreiſen fo berühmten Sir J. Franklin, der, als wiſſenſchaftlich gebildeter Mann, die Beſtrebungen des Herrn Gould zu ſchaͤtzen wußte, die thaͤ— tigſte und zuvorkommendſte Unterſtuͤtzung. Waͤhrend Herr Gould ſich mit Unterſuchung von Vandiemensland und der Baßſtraße beſchaͤftigte, nahm er auch die Gelegenheit wahr, die Flinder's-Inſel zu beſuchen, wo noch ſchwache Ueberreſte der einſtigen Papuſchen Bevoͤlke⸗ No. 1486. in Auſtralien, kl un de. rung, eines fonft zahlreichen und nun dem Ausſterben na— hen Volksſtammes, zu finden ſind. Fuͤr den Zoologen hat dieſe Inſel ein beſonderes Intereſſe, weil ſie eine Mittel— ftation zwiſchen dem auſtraliſchen Feſtlande und Vandiemens— land bildet. Manche ihrer Thiere trifft man ſowohl hier, wie dort; doch hat ihre Fauna im Allgemeinen mit der von Vandiemensland die größere Aehnlichkeit. Von Vandiemensland aus ſchickte Herr Gould ſeinen Hauptgehuͤlfen, Herrn J. Gilbert, nach der Weſtlkuͤſte Auſtralien's oder Neuholland's, waͤhrend er ſelbſt ſich an die Suͤdkuͤſte begab und verfuͤgte, daß ſie in Adelaide wieder zuſammentreffen wuͤrden. Von Seiten des dortigen Gou— verneurs, Oberſten Gawler, ſo wie des Capitain Sturt, ward ſein Unternehmen in jeder Hinſicht beguͤnſtigt, und fie verſchafften ihm namentlich die zu einer Landreiſe noͤthi— gen Gegenſtaͤnde und Diener Dem Rathe des Capit. Sturt zufolge, begann Herr Gould ſeine dortigen Forſchungen mit der Unterſuchung des ſogenannten Buſches oder Great-Serub, der ſich auf 100 engl. Meilen weit am Ufer des Murray hinzieht, und er drang faſt bis an die weſtliche Kruͤmmung dieſes maje— ſtaͤtiſchen Stromes vor. Der Buſch bedeckt eine völlig horizontale Ebene und hat etwa 20 engl. M. Breite. Er beſteht aus dichtſtehenden buſchartigen Baͤumen, unter denen hauptſaͤchlich Zwerg-Eucalypti und Pittosporum häufig find. In dieſer weiten Ebene, durch welche Capit. Sturt auf ſeiner Reiſe zu Lande von Sydney nach Adelaide ge— kommen war, brachte Herr Gould zwei bis drei Monate zu und bereicherte daſelbſt ſeine zoologiſchen Sammlungen ungemein. Dieſe menſchenleere Wildniß war fuͤr ihn keine Einöde, weil ſich daſelbſt eine Menge der intereſſanteſten Voͤgel und Saͤugethiere finden, zumal da ſie vor ſeiner An— weſenheit noch von keinem Naturforſcher betreten worden war. Von dem Buſche begab ſich Herr Gould wieder an die Kuͤſte und ließ ſich nach der Kaͤnguruhinſel uͤberſetzen. Dieſelbe iſt mit dichten Eucalyptus-Waͤldern bedeckt, hat aber fuͤr Coloniſten wenig Reiz, indem Waldungen hier 0 — 179 nicht, wie in America, einen culturfaͤhigen Boden bezeich— nen. Die Honigſauger umſchwaͤrmten die Blumen, und Habichte und Adler umkreiſ'ten die Kuͤſte, wo ſie in unge— ſtoͤrter Sicherheit horſten. Das Wallaby-Kaͤnguruh zeigte ſich heerdenweiſe, und auch an andern Saͤugethieren war kein Mangel. Um die Brutzeit der Vögel in Neufüdwallis nicht zu verfehlen, mußte ſich Herr Gould fruͤher, als er gewuͤnſcht, von der Suͤdkuͤſte ttennen. Im Auguft langte er zu Syd— ney an und fand auch dort von Seiten des Gouverneurs, Sir G. Gipps, die freundlichſte Aufnahme, den bereit— willigſten und foͤrderlichſten Beiſtand. Drei zuverlaͤſſige Verwieſene wurden ihm als Diener uͤberlaſſen, und aus den Magazinen der Regierung erhielt er Zelte und Geraͤthſchaf— ten, wie ſie ein laͤngerer Aufenthalt im Walde erheiſcht. Zuvoͤrderſt richtete er feine Aufmerkſamkeit auf die dichtbebuſchten Landſtriche und Inſelchen an der Muͤndung des Hunterfluſſes. Dieſe Inſelchen beſtehen aus einem tie— fen angeſchwemmten Boden und ſind mit der uͤppigſten Ve— getation bedeckt. Aus dem dichten Niederwalde erheben ſich ſchlanke Palmen und rieſige Fichten, zwiſchen denen Klet— tergewaͤchſe von den zierlichſten und phantaſtiſchſten Formen von einem Baume zum andern ranken. Voͤgel mit dem glaͤnzendſten Gefieder, Honigſauger, Regentenvoͤgel, Atlas— voͤgel und praͤchtige Holztauben (Vinago) beleben die ſchat— tige Wildniß, und hier traf Herr Gould jene merkwuͤrdige Species, den Kragen-Talegalla (wattle-talegalla) oder den Buſch-Truthahn der Coloniſten, von welchem die Na- turforſcher bisher ſo wenig wußten, daß die Meinungen da— ruͤber getheilt waren, ob er zu den Geiern oder huͤhnerarti— gen Vögeln gehöre. Von der Mündung des Hunterfluſſes verfolgte Herr Gould den Lauf deſſelben bis zu deſſen Quelle im Liver— pool⸗Gebirge, indem er an mehrern Puncten laͤngere Zeit verweilte. Ein guͤnſtiger Umſtand war, daß Herrn Gould's Schwager, S. Copen Esg., ein ſehr beguͤterter Mann, an dem Dartbrook, einem Nebenfluſſe des Hunter, etwa 9 engl. Meilen vom Fuße des Gebirges ſeinen Wohnſitz hatte. Hier ſchlug Herr Gould eine Zeitlang ſein Hauptquartier auf und machte von da aus in die fuͤr ſeine Forſchungen ſehr guͤnſtige Umgegend Ausfluͤge, ſowohl in das flache Land, als in das Gebirge, in deſſen Schluchten er vielfaͤl— tig ſein Lager aufſchlug. Dieſes Gebirge wimmelt von Leiervoͤgeln, ſchwarzen Kakadus und vielen Kaͤnguruhſpecies. Die See bei New— caftle iſt etwa 160 engl. M., und Sidney (weſtlich) 230 M. davon entfernt. Es bildet im Oſten die Graͤnzmarke der Colonie. Bisher hatte Herr Gould nur das Land zwiſchen der Meereskuͤſte und dieſem Gebirge durchforſcht; allein die da— hinterliegende Gegend war zu lockend und verſprach an Neuem und Seltenem reiche Ausbeute. Er traf daher Vor— bereitungen zu einem gröfern Ausfluge in's Innere, wobei ihm fein Schwager die weſentlichſte Huͤlfe leiſtete, indem er ihn mit Ochſen und Rollwagen verſah. Er brach, von fünf Europäern und zwei ſehr geſcheidten Eingebornen, die 180 ihm die erſprießlichſten Dienſte leiſteten, begleitet, im De— cember 1839 auf. Nachdem er einige Zeit an den Fluͤſſen Mokai und Peal gelagert, verfolgte er den Namoi abwärts bis auf etwa 200 engl. M. vom Gebirge. Wie zu erwar- ten ſtand, fand er die Producte jenſeits des Gebirges von denen des Landſtrichs zwiſchen dem Gebirge und der See— kuͤſte hoͤchſt abweichend. An die Stelle der mit Nieder- und Hochwald beſtandenen Landſtriche traten hier meiſt of— fene, mit beſondern Graͤſern bedeckte und hier und da mit lichten Waͤldern verſehene Gegenden. Tauſende von ſchoͤnen Gras-Parrakits und Schwaͤrme von dem kleinhaubigen Pa— pagei (Nymphicus) und rothbruͤſtigen Kakadus flogen hin und her. Der zierliche Halskrauſenvogel (Calodera nu— chalis), deſſen Lebensweiſe hoͤchſt ſonderbar iſt, war hier in den Waͤldern zu ſehen; aber der Atlasvogel, der Regen— tenvogel und die Holztaube waren verſchwunden. Emus durchwanderten mit dumpfem Getrommel die Ebenen, auf denen ſich Kaͤnguruhs im tieſten Frieden aͤtzten. Von den letztern entdeckte Herr Gould hier noch mehrere neue Spe— cies, unter denen einige von rieſiger Groͤße, welchen der ſtaͤrkſte und kuͤhnſte Hund nichts anhaben konnte. Am Namoi hin findet man einzelne Huͤtten, in wel— chen die Hirten der Viehzuͤchter ſich aufhalten, die ihr Vieh auf dieſe grasreichen Waidegruͤnde treiben laſſen und ſich zu— weilen, zur Zeit der Schaafſchur oder ſonſt, in eigner Per— ſon hierher begeben, daher Herr Gould in einer derſelben mit Lieutenant Lowe und deſſen Neffen zuſammentraf, die ihn gaſtfrei empfingen, und bei denen er auf der Ruͤckreiſe laͤngere Zeit verweilte. Sieben Tage, nachdem er ſich zum zweiten Male von dieſen ihm liebgewordenen Freunden getrennt hatte, fiel plotz— lich heftiges Regenwetter ein. Die Schluchten fuͤllten ſich mit ſchaͤumenden Gießbaͤchen; die Fluͤſſe ſtiegen zum Theil um 40 Fuß und riſſen Alles mit ſich fort. Der Namoi uͤberſchwemmte die Umgegend weit und breit, nahm die Hirtenhaͤuſer mit fort und trieb die Bewohner ſammt dem Vieh auf die Anhoͤhen. Lieutenant Lowe wurde vom Mafs ſer in ſeiner Huͤtte uͤberraſcht; der Strom riß dieſelbe fort, und der Neffe, ſammt zwei Hirten, verſchwanden alsbald in den Wellen. Der Lieutenant fand Zeit, ſich zu entklei— den und wollte ſich durch Schwimmen retten; er faßte einen auf dem Fluſſe treibenden Baum, und da er weit und breit nur Waſſer ſah, ließ er ſich mit demſelben ſtromabwaͤrts floͤßen. Der Regen hatte nachgelaſſen; die Sonne ſendete ihm bei einer Temperatur von vielleicht 1009 F. ihre gluͤ— henden Strahlen auf die nackte Haut und verwandelte die— ſelbe in Blaſen und Schorf. Endlich war ihm menſchliche Huͤlfe nah; aber ſie kam zu ſpaͤt; er hauchte den Reſt ſei— nes Lebens faſt unmittelbar, nachdem er aufgefiſcht worden war, aus. Tiefe trockene oder halbtrockene Waſſerriſſe ſollten den Coloniſten am Fuße großer Bergketten ſtets als Warnungs— tafeln dienen, damit fie ihre Wohnſitze nur an Stellen auf— ſchlagen, wohin das Waſſer der ploͤtzlich hereinbrechenden wuͤthenden Regenbaͤche nicht reicht. 181 Nach ſechsmonatlicher Abweſenheit langte Herr Gould wieder in Sydney an, wo er Briefe und andere Zuſendun⸗ gen von Herrn Gilbert erhielt, der ſich ſpaͤter nach dem noͤrdlichen Neuholland wandte, Port Eſſington zu feiner Hauptſtation machte und dort noch thaͤtig forſcht. Wir haben oben bemerkt, daß Herr Gould von Van— diemensland aus eine vorlaͤufige Excurſion nach Neuſuͤdwal— lis machte, wo damals eine der groͤßten Duͤrrungen ſtatt— fand, die man dort je erlebt hat. Seit funfzehn Monaten hatte es nicht oder doch nur hoͤchſt wenig geregnet; Fluͤſſe und Teiche waren ſaͤmmtlich ausgetrocknet; das Land eine verſengte Wuͤſte, nirgends ein gruͤnes Kraut zu ſehen, und Hungersnoth wuͤthete mit allen ihren Schrecken. Das Graͤßliche einer ſolchen Scene laͤßt ſich leichter vorſtellen, als beſchreiben. Schaafe und Rinder fielen zu Tauſenden; die Ochſen lagen todt an der Landſtraße hin oder in den ver— trockneten Waſſergruben, zu denen ſie ſich durſtend hinge— ſchleppt hatten. Man faͤllte Baͤume, um mit deren Laube zu fuͤttern, trieb die Heerden in's Gebirge und that alles Moͤgliche, um die Colonie vom drohenden Verderben zu ret— ten. Dennoch waren die Verluſte ungeheuer. Ebendahin kehrte Herr Gould nach einer Abweſenheit von fuͤnf Monaten zuruͤck, und mittlerweile war eine gluͤck— liche Veraͤnderung mit dem Lande vorgegangen. Es hatte reichlich geregnet, und die Ebenen gruͤnten wieder. Orchideen und tauſend liebliche Blumen ſchmuͤckten die Auen, und auf den Feldern verſprach die Saat eine reichliche Aernte. Ploͤtzlich erſchienen Schaaren von Raupen, welche das ganze Land uͤberzogen und verheerten. Ihnen zogen Schwaͤr— me von Voͤgeln nach, die die Reihen der Raupen lichteten Habichte von drei bis vier Species fielen zu Hunderten ein und verſchlangen das Ungeziefer, und Tauſende von ſtroh— halſigen Ibiſſen (Ibis spinicollis) und andern Voͤgeln halfen ihnen die Feinde des Menſchen vernichten. Herr Gould hatte ſich nun bereits zwei Jahre der Erledigung feiner Aufgabe in Auſtralien mit Eifer gewid— met und eine reiche Aerndte an Voͤgeln, Saͤugethieren und andern Naturproducten eingetragen. Er ſelbſt mußte nun, aus triftigen Gruͤnden, nach England zuruͤckkehren; allein er ließ Herrn Gilbert zuruͤck, welcher nach den mit Herrn Gould getroffenen Verabredungen die Forſchungen fort— ſetzt und Letzterm die Ergebniſſe mittheilt. Nach einer gluͤcklichen Fahrt langte Herr Gould im Auguſt 1840, wohl mit der merkwuͤrdigſten und reichſten Naturalienſammlung, die je ein Reiſender zuſammengebracht, wieder in London an. Ein hoͤchſt intereſſanter Theil derfels ben beſteht in den Neſtern und Eiern faſt aller der großen— theils neuentdeckten Voͤgel, von denen er Exemplare in allen Stadien des Gefieders mitgebracht hat. Nach feiner Ankunft begann Herr Gould, mit fo reichhaltigen Materialien und Erfahrungen ausgeruͤſtet, ſo— gleich die Aufſetzung ſeines großen ornithologiſchen Werkes, von welchem, unter dem Titel: The Birds of Austra- lia, ſchon am 1. December 1840 der erſte Band erſchie⸗ 182 nen iſt. (The Westminster Review, No. LXIX., April 1841). Ueber die Ernährung der Pflanzen. Am 21. December 1840 wurde ein von Herrn Mad— den abgefaßter Artikel uͤber obigen Gegenſtand der K. Ge— ſellſchaft zu Edinburgh vorgetragen. Der Verfaſſer bemüht ſich, nachzuweiſen, daß der Theil ihrer Nahrung, welchen die Pflanzen aus dem Boden beziehen, und der, wie der Verfaſſer darzuthun ſucht, mit demſelben chemiſch verbunden iſt, wenn er gleich in allen Bodenarten, der Art nach, ziem— lich derſelbe zu ſeyn ſcheint, nicht, wie Manche annehmen, unter allen Umſtaͤnden derſelbe Elementarſtoff iſt, ſondern aus verſchiedenen Grundftoffen beſteht, welche in Anſehung der Verhaͤltnißtheile bei verſchiedenen Bodenarten verſchieden ſind. Er verſucht ferner, den allgemeinen Satz feſtzuſtellen, daß in dem wechſelnden Verhaͤltniſſe dieſer Grundſtoffe die Haupturſache zu ſuchen ſey, weßhalb verſchiedene Bodenar— ten ſich zur Cultur und Ernaͤhrung verſchiedener Pflanzen— arten mehr oder weniger gut eignen. Bei Darlegung dieſer meiſt durch theoretifhe und hy— pothetiſche Betrachtungen unterſtuͤtzten Anſichten, die der Verfaſſer jedoch durch ſeine gegenwaͤrtig im Gange befindli— chen Experimente zu beſtaͤtigen hofft, wies er unter Anderm auf die unlaͤngſt von Liebig aufgeſtellte Theorie hin, daß die relative Geeignetheit verſchiedener Bodenarten fuͤr ver— ſchiedene Pflanzen nicht von dem in jenen enthaltenen orga— niſchen Stoffe, ſondern großentheils von deren ſaliniſchen Beſtandtheilen, ſo wie davon abhaͤngig ſeyn ſoll, ob dieſel— ben mit den zur Entwickelung der Pflanzen noͤthigen, we— ſentliche Beſtandtheile der letztern bildenden, ſaliniſchen Stof— fen uͤbereinſtimmen oder nicht. Der Verfaſſer beſtreitet die— ſen Satz und ſucht deſſen Unhaltbarkeit namentlich durch eine vergleichende Unterſuchung derjenigen Bodenarten dar— zuthun, in welchem Waizen gedeiht und nicht gedeiht. Bekanntlich eignet ſich Sandboden, welcher nach einmaliger Duͤngung hintereinander treffliche Aerndten von Ruͤben, Gerſte, Heu und Hafer erzeugt, zum Waizenbau durchaus nicht, dem dagegen ein thoniger Boden trefflich zuſagt. Nach Liebig, liegt der Grund dieſer Verſchiedenheit da— rin, daß Sandboden nicht hinreichend viele von den ſalini— ſchen Beſtandtheilen, namentlich Kali, enthält, welche we— ſentliche Beſtandtheile des Waizens bilden. Der Verfaſſer weiſ't dagegen durch Berechnungen, die ſich meiſt auf von Liebig ſelbſt angeſtellte, fo wie auch eigne Verſuche grüne den, nach, daß der Sandboden, nachdem er mit Stallduͤn⸗ ger gehoͤrig verſetzt worden, nicht nur weit mehr ſaliniſche Stoffe, in’sbefondere Kali, enthält, als zu einer reichlichen Waizenaͤrndte an Stroh und Koͤrnern gehoͤrt, ſondern daß er an die hintereinander von demſelben bezogenen Rüben =, Gerfter, Heu- und Haferaͤrndten dreimal fo viel Salze (in'sbeſondere Kali) abgiebt, als zu einer reichlichen Waizen⸗ aͤrndte gehören, und daß er den Rüben allein doppelt fo viel Kali liefert, als der Walzen noͤthig hätte. Dieß er⸗ giebt ſich aus nachſtehender * 7 183 Salze in der Aerndte von einem Morgen Imperialmaaß. Geſammtſumme der Salze. Kali, Waizen . 358,3 Pfd. 50 Pfd. Turnus der (Ruͤben (Turnips) 389,7 — 92,4 — Wechſelfruͤchte) Gerſte . . 510,0 — 40,0 — nach einmali-)Heu . . . 200,0 — 20,0 — ger Düngung: Hafen. 207,0 — 20.0 — Summa 1106,7 — 172,4 — (The Edinb. new Philos. Journal, Jan. — April. 1841.) Miscellen. Ueber Blutegel. Die Blutegelbändler in Calcutta, welche den Bedarf fuͤr das große Hoſpital liefern, halten ihre Blutegel— vorraͤthe nicht in Waſſer. Sie gebrauchen große irdene Gefaͤße, die etwa vier Galloyen halten und eine Oeffnung von faft einem Fuß Durchmeſſer haben. In einen ſolchen irdenen Topf (pan) werden von 500 — 1000 Blutegel gethan und etwa 5 Pfd. trok— ken gewordener Schlamm oder Erde, welche von den Seiten der 184 Teiche genommen iſt, woher die Blutegel bezogen werden: der Schlamm wird in Stuͤckchen zerbrochen, halb ſo groß, als ein (nutmeg) und, ein ſtarkes, grobes Tuch wird über die Mündung des Zopres gebunden. Die Blutegel, welche beftändig unter den Stuͤckchen Erde herumkriechen, werden dadurch rein und geſund er— halten. Der Schleim von ihren Körpern macht die Erde einiger— maaßen feucht. Einmal die Woche werden die Egel in ein Tuch gelegt und einige Minuten lang in reinem Waſſer gewaſchen, und dann wieder in das irdene Gefäß gelegt Auf dieſe Weiſe gehal- ten, ſterben wenige. In der heißen, trocknen Zeit (April und Mai) wird taglich ein klein Wenig Waſſer auf die Blutegel ge— fprengt. Die eingeborenen Blutegelhandter nehmen an, daß die Blutegel in dem Schlamme ſich fortpflanzen. — Blutegel koͤn— nen auch ſehr gut gehalten werden, wenn ſie in einem ſtarken, gro— ben Stuͤcke von leinenem oder baumwollenem Zeuge feſt zu einem Bun⸗ del gebunden werden, das Bündel taglich einmal in friſches Waſſer getaucht wird und die Blutegel einmal die Woche herausgenom— men und gewaſchen werden. (Transactions of the medical and physical Society of Bombay. Vo. 1. p. 316.) Ein junges Crocodil iſt in Lyon aus einem der Croco— dileier gekrochen, welche der Director des dortigen Naturalien— cabinets, Herr Jourdan, aus Aegypten erhalten und einer geeig- neten Brutwaͤrme ausgeſetzt hatte. e e e un: Dei Ueber die Veraͤnderungen der Quantitaͤt des Faſerſtoffs, der Blutkuͤgelchen, feſten Beſtand— theile des Serums u. ſ. w. in Krankheiten. In der Gaz. méd., No. 9., findet ſich folgende Mittheilung aus Andral's Vorträgen: Krankheiten, bei welchen die Fibrine vermindert iſt. Hier kommen Krankheiten zuſammen, welche ſonſt in den Syſtemen weit voneinander entfernt bleiben, z. B. Haͤmorrhagieen, Typhus, Schar— lach u. ſ. w. Die Urſache mancher Hämorrhagicen iſt Verminderung der Fi— brine, welche aber abſolut oder relativ ſeyn kann; 1) vermindert ſich die Fibrine bei unveränderter Menge der Blutkuͤgelchen (127); oder 2) die Quantität der Fibrine bleibt normal, und die der Blut: kuͤgelchen erhebt ſich uͤber 127 (alſo relative Verminderung der Fi— brine); der dritte Fall iſt der, wo gleichzeitig die Fibrine ſich ver: mindert, die Blutkuͤgelchen ſich vermehren. In allen Fällen iſt das Gleichgewicht zwiſchen den Hauptbeſtandtheilen des Blutes aufgehoben und die Fluͤſſigkeit verändert. Die Veränderung kann ſpontan ſeyn, oder durch Blutentziehung hervorgebracht werden. Damit die Fibrine ſich vermindere, iſt es noͤthig, daß die Blut— entziehung ſehr weit getrieben werde; denn zuerſt wirken ſie nur auf die Kuͤgelchen ein, bevor fie die Fibrine vermindern. Dieſe Verminderung ſtellt einen weſentlichen Unterſchied zwiſchen Blut— entziehungen und Entzündungen dar, bei welchen letztern die Fi— brine immer vermehrt iſt. Bei Fiebern iſt die Fibrine normal oder vermindert, niemals vermehrt; dadurch unterſcheiden ſie ſich ſehr gut von Entzuͤndung. St das Fieber Symptom einer Entzündung, ſo richtet ſich das Blut nach dieſer, d. h, die Fibrine iſt vermehrt; aber bei Fiebern ohne Entzuͤndung erleidet das Blut ſeine eigenthuͤmliche Veraͤnde— rung. Es iſt zu bemerken, daß das Fieber auf doppelte Weiſe mit Entzündung vorkommen kann; 1) mit einer Entzündung, wel⸗ che ihren Ausgangspunct in der gemeinſchaftlichen Urſache hat, wel— che auch das Fieber hervorruft; wie bei Hautausſchlaͤgen, Pocken, Scharlach; in dieſem Falle iſt die locale Störung von einer allge— meinen Urſache abhängig, und die Hautentzuͤndung bleibt ohne Ein- fluß auf die Zuſammenſetzung des Blutes; die Fibrine iſt nicht vermehrt. 2) Anders verhalt es ſich bei den Fiebern, wo die Entzündung als Complication auftritt. Hier findet man die Cha- ractere der Entzuͤndung; die Fibrine iſt vermehrt. Ohne in zu lange Details einzugehen, folgen hier nur einige Beiſpiele zum Beweiſe. Hirncongeſtion iſt eine bisjetzt nicht gut beſtimmte Krank heit, deren anatomiſche Veränderungen nicht immer dieſelben ſind, da alle Symptome der Krankheit bald mit ſtarker Injection, bald mit auffallender Blaͤſſe des Gehirns verbunden ſind In 15 Faͤllen fand ich die Fibrine häufig in normaler Quantität und niemals merklich uͤber die normale Zahl hinausgegangen, während ſie in mehr, als einem Falle betrachtlich vermindert war. Ruͤckſichtlich der Zuſammenſetzung des Blutes und der Symptome iſt mehr als eine Analogie zwiſchen typhoͤſem Fieber und Hirncongeſtion aufzu— ſtellen; bei beiden find die Vorläufer ziemlich dieſerben, und bei bei: den findet ſich Verminderung der Fibrine. Blutſchlagfluß: In ſieben Fallen iſt am conſtanteſten Ver— minderung der Fibrine und Vermehrung der Kugelchen gefunden worden. Bei einem ſehr merkwuͤrdigen Falle ſank die Fibrine auf 1,9, während die Kuͤgelchen zu der enormen Zahl von 175,5 ſtieg; einige Tage darauf beſſerten ſich die Symptome, es wurde ein zweiter Aderlaß gemacht; die Fibrine hatte ſich zu 3,5 gehobenz die Kuͤgelchen, immer noch im Exceſſe, waren auf 137,7 geſunken. Fibrine und Kügelchen find hier kein Effect der Krankheit, fondern haben zu ihrer Entſtehung beigetragen, wegen der Leichtigkeit, mit welcher das an Fibrine arme Blut ſtrebt, ſein Cohaͤſion zu verlie— ren und aus den Gefäßen auszutreten. Die Verminderung der Fibrine kann nicht von dem Blutverluſte abhängen, welcher in dies ſem Falle für ein ſolches Reſultat zu gering iſt; fie iſt daher wahr— ſcheinlich die Urſache einer gewiſſen Anzahl von Hirnblutungen, welche man der Verminderung der Plaſticitaͤt des Blutes zuge— ſchrieben hat. Blutung. Die Verminderung der Fibrine veranlaßt am haͤufigſten Blutungen, was auch Mag endie's Erfahrungen über die Defibrination des Blutes entſpricht; doch iſt dieſe keinesweges die einzige Urſache. Es giebt Faͤlle, wo die Blutung von einem Ueberſchuſſe der Kügelchen bei normaler Fibrine abhaͤngt; durch Stoͤrung des phyſiologiſchen Verhaͤltniſſes beider Elemente erfolgt ein wahrer Krankheitszuſtand des Blutes. Dieß iſt der Fall bei der plethora. Bei wahren Entzündungen, z. B., bei Pneu— monie, find Blutungen ſehr ſelten; dieſelben zeigen ſich dagegen ſehr haͤufig bei typhoͤſem Fieber und Scharlach, wo die Fibrine vermindert ift. Iſt durch Aderlaß ein Schwaͤchezuſtand herbeigefuͤhrt, jedoch von mittlerem Grade, ſo beobachtet man keine Blutung, weil 185 Kuͤgelchen und Fibrine noch keine Veränderung erlitten haben; ift aber der Blutverluſt betrachtlich, jo ſtellen ſich Blutungen durch verſchiedene Wege ein; es erſcheinen Petecchien, Ecchymoſen, Epi— ſtaxis; dieß hangt von der Verminderung der Fibrine ab, welche indeß erſt eintritt, nachdem bereits die Blutkugelchen ſich betraͤcht— lich vermindert haben. Bei dem gewoͤhnlichen Verlaufe chroniſcher Krankheiten beobachtet man ſelten Hamorrhagieen; wenn aber das Allgemeinbefinden tief ergriffen iſt, entweder durch Störung der Verdauung (Magenkrebs), oder auf irgend eine andere Weite, fo vermindern ſich die Kugelchen, und endlich trifft dieſe Verminderung auch die Fiorine Die Haut bedeckt ſich mit Petecchien; es ent— ſtehen Ecchſymoſen, und das Blut dringt durch verſchiedene Organe hervor. Man kann annehmen, daß bei Scorbutiſchen die Verminde— rung der Fibrine die wahre Urſache der Hämorrhagieen iſt; doch kann daruͤder nur die Analyſe Aufſchluß geben Iſt das Blut bei Scor— butiſchen und Chlorotiſchen auf glriche Weiſe verandert? Ohne ſich wegen der Seltenheit des Scorbuts in Spitaͤlern auf Analyſen ſtutzen zu konnen, kann man doch mit Sicherheit behaupten, daß das Blut nicht auf gleiche Weiſe veraͤndert ſey. In der That, be— ſtehen, trotz der Achnlichkrit in den Symptomen (außerſte Schwäche, Schwindel, Ohrenſauſen, Ohnmacht, Dyspnde, Herzklopfen, her— umziehende Schmerzen u. ſ. w.), dennoch ſehr große Verſchieden— heiten. Bei der Chloroſe finder ſich niemals betrachtliche Blutung, Petecchien, Ecchymoſen; dagegen iſt das Blaſengeraͤuſch conſtant, welches ſich in drei Fällen von Scorbut nicht auffinden ließ. Es iſt daher zu ſchließen, daß bei ſo großen Unterſchieden auch der Zu— ſtand des Blutes nicht derfeibe ſey. Die Fieber geben nicht ſogleich beſtimmt bezeichnete Sym⸗ ptome; wahrend der Prodrome der Fieber, und namenttich des ty— phoͤſen Fiebers, zeigt das Blut keine ausgeſprochenen Veraͤnderun— gen; die Fibrine iſt normal; bisweilen nimmt fie etwas ab, nie— mals iſt ſie vermehrt, dagegen ſcheinen die Blutkuͤgelchen immer vermehrt. Es giebt Fieber, bei denen der Sitz und die Natur der Verletzung nicht zu beſtimmen ſind; ein Theil derſelben geht in die Geſund heit über, dabei iſt das Verhaͤltniß der Fibrine normal; ans dere endigen in einer Entzündung , ſobald dieſe bemerkbar wird, fo hebt ſich das Verhältniß der Fibrine, und häufig vermehren ſich auch die Blutkuͤgelchen. Typhoͤſe Fieber. Man hat 52 Aderlaͤſſe bei 21 Kranken gemacht. In einem Falle hatte die Fibrine zugenommen, weil eine vollkommene Pneumonie vorhanden war; bei allen übrigen Faͤllen, ohne Ausnahme, war die Fibrine vermindert, oder ſie blieb nor— mal. Die hoͤchſte Zahlt war 34, die niedrigſte 0,9; dieß iſt über: haupt die geringſte Quantitaͤt von Fibrine, welche man bisjetzt in Krankheiten angetreffen hat Anfangs und in der erſten Woche bleibt die Fibrine normal oder vermindert ſich: das letztere iſt buch der Fall, wenn das tyrhoͤſe Fieber vom erſten Anfange an die adynamiſche Form hat. In demſelben Maaße, wie die Krankheit vorſchreitet und die Symptame bedenklicher werden, vermindert ſich die Fibrine; dieß geſchieht beſonders in der Periode der Proſtra— tion. Bei einiger Uebung kann man ſogar durch aufmerkſame Un— terſuckung der Symptome die Zahl der Verminderung der Fibrine feſtſtellen; dieſe Verminderung iſt nicht fo beträchtlich bei der ent⸗ zuͤndlichen, als bei der adynamiſchen und ataxoadynamiſchen Form. Diefe Verminderung der Fibrine kann man nicht von der Diät oder von Blutentzuͤndungen herleiten. Bei guͤnſtigem Ausgange der Krankheit und bei'm Eintritte der Convalescenz ſteigt wieder die Fibrine und erreicht wieder ihren normalen Punct. Indeß darf man nicht glauben, daß eine betrachtliche Verminderung ein Hin— derniß für die Herſtellung ſey. Nach dem Geſagten «ft es leicht zu ſehen, daß ein umgekehr— tes Verhaͤltniß der Fibrine bei Entzündung und typhoͤſen Fiebern vorhanden ſey: waͤhrend das Verhaͤltniß der Fibrine vom erſten Anfange der Entzuͤndung beſtaͤndig zunimmt, vermindert ſie ſich oder bleibt normal bei der zweiten. Nach der Analogie iſt zu ſchlie— ßen, daß das Blut auf gleiche Weiſe veraͤndert ſeyn muß bei dem gelben Fieber, welches ſich unter andern Symptomen durch häufige und beträchtliche Haͤmorrhagieen characteriſirt. Ausſchlagsfieber. Hierbei ſteigt die Fibrine nie bis zu der Zahl in den Entzündungen; fie ift nie überhaupt beträchtlich 186 vermehrt und dieß zeigt ſchon den Unterſchied zwiſchen den einfa= gen Entzündungen und dieſen ſogenannten ſpeciſiſchen Entzundun⸗ gen der Haut. Bei zwei Fällen ſank zur Zeit des Ausbruches die Fibrine beträchtlich unter die normale Quantität; in dieſen Faͤllen zeigte ſich eine große Aehnlichkeit zwiſchen den Symptomen der Pocken und des typhoͤſen Fiebers. Einer dieſer Kranken mit Ver: minderung der Fibrine erlitt eine Hamorrhagie, wodurch die Achn— lichkeit der Zufalle beider Krankheiten noch auffallender wurde. Röĩtheln. Bei neun Fällen blieb die Fibrine ganz normal. Scharlach. Ebenſo war es bei dieſer Krankheit. Einmal erreichte die Fibrine das Verhaͤltniß, wie bei Entzuͤndungen; es war eine Nephritis dabei. Ein andermal ſank die Fibrine unter die Normalzahl; es zeigte ſich ein typhoͤſer Zuſtand. Wechſelfieber. Bei dieſer Krankheit bekommt man nur negative Refultate, das Blut mag während des Anfalls oder in der Apyrexie entzogen ſeyn. Bevor wir dieſen Gegenſtand verlaſſen, iſt zu bemerken, daß fuͤr den geſunden Zuſtand die Zahl 3 oder ein dieſer Zahl ſehr nahe ſtehendes Verhaͤltniß gefunden wurde; das Alter, die Conſtitution und Starke des Subjectes, die Nahrungsweiſe und die Zahl der Ader laͤſſe mochte übrigens ſeyn, wie fie wollte; die Krankheiten allein haben Einfluß auf dieſes Element des Blutes. Blutkugelchen. Die Kuͤgelchen enthalten 1) einen thieri⸗ ſchen Beſtandtheil, den Einige fur Fibrine, Andere fuͤr Albumin nehmen; 2) einen faͤrbenden Stoff, Haͤmatoſine, welche den inte— grirenden Bıftandtbeil des Kuͤgelchens ausmacht; 3) Eiſen. Bei einem gefunden Subjecte kann das Verhältniß der Kür gelchen, welches 127 in tauſend Theilen Blut iſt, varliren. Die⸗ ſes Verhaͤltniß iſt betraͤchtlicher bei plethoriſchen, robuſten Subjec⸗ ten, bei denen man bisjetzt ein größeres Verhaͤltniß der Fibrine angenommen hat; geſchwaͤchte, blaſſe, anaͤmiſche Perſonen, welche gegen aͤußere Einfluͤſſe weniger zu reagiren ſcheinen, haben weniger Blulkuͤgelchen, als die andern. Die Variation der Kuͤgelchen, welche noch mit dem Zuſtande der Geſundheit vereinbar iſt, iſt ziemlich groß. Zunahme der Kuͤgelchen. Die Anzahl der Kuͤgelchen wird auf eine auffallende Weiſe durch Blutentziehung und Entzie— burg von Nahrungsmitteln verändert, woraus folgt, daß man ſich ſehr irren würde, wenn man bei Beurtheitung der Anzahl der Blutkuͤgelchen nicht auf dieſe beiden Einfluſſe Ruͤckſicht nahme Bei jeder acuten Krankheit, welche einige Zeit gedauert hat, ſind die Kuͤgeichen vermindert. Sie koͤnnen vermahrt ſeynz aber dieß iſt alsdann fo der Fall, daß fie ihre normale Zahl 127 uͤberſchreiten und durch die beiden genannten Urſachen abnehmen, (?) Die Kuͤgelchen ſtehen mit dem Entzuͤndungszuſtande in keinem Verhaltniſſe. Ein In⸗ divituum mit 150 an Blutkügeichen iſt von Entzündung weiter ent⸗ fernt, als ein Individuum mit 80 — 100, weil in dieſem Falle die Fi⸗ brine verhaͤltnißmaͤßig vermehrt iſt. Wahre Entzündungen mit Ver⸗ mihrung der Kügelchen find ſehr ſelten. Das Geſetz der Blutverän— derungen ruͤckſichtlich der Kuͤgelchen bei den Entzündungen iſt der normale Zuſtand mit Ruͤckſicht auf die Tendenz, unter die nor⸗ male Zahl zu ſinken. ER Bei vierzehn Fällen von Rheumatismus ſchwankten die Ku⸗ gelchen zwiſchen 100 und 120, ja ſie ſanken dreimal bis auf 90. Bei Kranken mit Lungenentzuͤndung war die Zahl nicht weniger tief. Eine Entzündung kann entſtehen und fortdauern, obwohl die Verhaͤltnißzahl der Kuͤgelchen ſehr geſunken iſt, z. B., auf 76. Bei einem Rheumatismus, bei dem zum ſechstenmale zur Ader ge: laſſen wurde, fanden ſich 76, während bei dem erften Aderlaſſe die Kügelchen 114 betrugen. Die Anzahl der Blutentziehungen allein und nicht die Entzündung waren die Urſache dieſer Verminderung der Kuͤgelchen. 8 , Diefelbe beobachtete man bei einer gewiſſen Anzahl von Hirncon⸗ geſtionen und Blutung. Die Fibrine iſt normal oder vermindert; bei den Prodromen der anhaltenden Fieber ſinken die Kuͤgelchen nicht unter ihre Normalzablz bei einem einfachen anhaltenden Fie— ber heben ſie ſich auf die außerordentliche Zahl von 185. Typhoͤſes Fieber. Man muß bier die Reſultate der erſten und fpätern Aderlaͤſſe unterſcheiden. Die Zahl der Kügelchen iſt um ſo beträchtlicher, je näher dem Anfange der Krankheit die Blut⸗ 187 entziehungen gemacht wurden; fie variiren zwiſchen 130 und 149; fpäter ſinken die Kuͤgelchen unter 130, jedoch allein unter dem Eins fluſſe der Blutentziehung und der Diät, und nicht unter dem Ein— fluſſe der Krankheit. Dieſer Urſache allein muß man die Abnahme der Kuͤgelchen bei der zweiten zuſchreiben. Dieſe Aenderung in Bezug auf die Blutkuͤgelchen iſt nicht ſo auffallend, wie die der Fibrine bei der Entzuͤndung; im Beginne der letztern zeigt ſich eine Zunahme der Fidrine bereits ſehr deutlich, während bei dem typhoͤ— fen Fieber die Zunahme der Fisrine weit entfernt iſt, fo conſtant und deutlich zu ſeyn. Die Zunahme der Fibrine iſt unerlaͤßlich bei Entzuͤndung. Dieſelbe Zunahme in Bezug auf Kuͤgelchen iſt dieß nicht bei'm typhöfen Fieber; ſie iſt nur eines der zahlreichen Ele— mente der Krankheit und kann auch vollkommen fehlen. Man kann über dieſen Unterſchied nicht erſtaunt ſeyn, wenn man über die zahl: reichen Verſchiedenheiten nachdenkt, welche uͤberhaupt bei den Sym— ptomen des typhoͤſen Fiebers vorkommen; das Auffallendſte bei der Veränderung in Bezug auf die Kugelchen beſteht darin, daß fie niemals unter die Normalzahl ſinkt. Bei einer Ueberſicht, die man in dieſer Beziehung zuſammengeſtellt hat, uͤberſchritt das Verhaͤlt— niß der Kuͤgelchen 130 bei 2 der Falle von Entzündung, aber bei mehr als der Haͤlfte der Faͤlle von typhoͤſem Fieber. Ausſchlagsfieber. Bei den Pocken weicht die Zahl der Kuͤgelchen nur wenig vom Normalzuſtande ab. Sie iſt ziemlich ſtark vermehrt (137, 140, 146) bei Roͤtheln und Scharlach. Bei dem Wechſelſieber nehmen die Kuͤgelchen niemals bloß durch das Vorhanden ſeyn des Fiebers zu, fie bleiben bei ihrer normalen Zahl, oder nehmen fpäter ab; jedoch ſchwach und nur in Folge des Ader— laſſes. Bei denjenigen, welche keine Fieberanfaͤlle mehr haben, aber in den nach veralteten Wechſelſiebern fo häufigen cachektiſchen 088 verfallen, ſinken die Kuͤgelchen ſehr betraͤchtlich, einmal bis auf 68. Verminderung der Blutkuͤgelchen findet ruͤckſichtlich der Quan— tität auf eine conftante Weiſe ſtatt in Fülen, welche man in ein: zelne Claſſen theilen kann, und welche alle durch dieſe Art der Ver— aͤnderung des Butes characteriſirt ſind. Erſte Claſſe. Pre voſt und Dumas haben geſehen, daß ſich die Blutkuͤgelchen bei Thieren verminderten, denen wiederholt zur Ader gelaſſen. Dieſelbe Verminderung beobachtet man bei'm Men— ſchen in Folge von Blutverluſten, dieſe mögen bei Gefunden zufaͤl— lig oder bei einer beſtimmten Krankheit auftreten; die Verminde— zung iſt um fo auffallender, je häufiger und raſcher die Blutent— ziehungen in Blutungen fih wiederholen, die Verminderung entſteht bisweilen von einer reichlichen Blutung, welche ploͤtzlich bei einem Kranken auftritt, andere Male bei periodiſchen Blutungen, z. B, bei Frauen, welche monatlich zu ſtark menſtruiren oder an einem Mutterkrebſe leiden. Bei der letzten Krankheit fand ſich die aͤußerſte Grenze der Verminderung der Kuͤgelchen, nämlich 21. Zweite Claſſe. Die Entziehung der Nihrungsmittel iſt eine conſtante Urſache der Verminderung der Blutkuͤgelchen, wobei die Fibrine unverändert ſeyn kann. Es kommen Fälle von Magenkrebs vor, wobei die Verminderung der Kuͤgelchen vorhanden iſt und nicht von der organiſchen Krankheit, ſondern von der Unvollkommenheit der Chymiſication abhängt. Bei einem Manne mit Magenkrebs fand ſich bloß ein Verhaͤltniß von 49. Dritte Claſſe. Kann Lungenſchwindſucht, welche die regel: mäßige Himatofe hindert, die B’utkügelchen vermindern? Anfangs, wenn die Tuberkeln noch im Zuſtande der Rohheit ſich befinden, haben die Blutkuͤgelchen einige Tendenz, ſich zu vermindern: ihre Zahl ſteigt nicht über 122 und ſinkt bisweilen bis auf 102. Dieſes Reſultat iſt ziemlich intereſſant, es beweiſ't eine Verwandtſchaft zwiſchen Phthiſis und Chloroſe. Im Anfange der erſten Krankheit findet man, wie bei der erſten, Blaͤſſe des Geſichts, Verminderung der Kräfte, Aſthenle, und häufig ift es nicht gleich bloß nach den allge— meinen Erſcheinungen anzugeben, mit welchen von beiden Krank— heiten man es zu thun hat. Vierte Claſſe. In der zweiten Periode der Phthiſis wird die Abnahme der Kügeldyen betrachtlich; aber in dieſer Epoche giebt es mehrere Veränderungen, welche zuſammenwirken, um dieſes Ne: ſultat hervorzubringen. Haut⸗, Darm und Rungenfecretionen find ſehr reichlich, und es iſt klar, daß das Blut dadurch veraͤndert wer— 188 den muß. Man findet dieſe Verminderung von Blutkuͤgelchen bei Frauen, welche an uͤbermaͤßigem weißen Fluß leiden; man findet ſie auch bei der ſogenannten ſeroͤſen Diatheſe, wobei die Kuͤgelchen bisweilen bis auf 68 und 60 ſinken. Dieß iſt aber nicht das Ge— wohnliche, und man kann die Waſſerſuchten keineswegs als eine der haͤufigern Bedingungen der Verminderung der Blutkuͤgelchen betrachten. So ſinken bei Chlorotiſchen, wo nur ſelten Waſſerſucht als Complication hinzukoͤmmt, die Kuͤgelchen zu einer ſehr niedri— gen Zahl. Oedem und Waſſerinfiltration find überhaupt bei Chlor rotiſchen nicht ſo gewoͤhnlich, wie man behauptet, und jedenfalls wird es ſich darum handeln, zu wiſſen, ob eine Complication mit Herz⸗ oder Nierenkrankheit vorhanden waͤre. Nich Blutentziehung ſieht man ſowohl ber Erwachſenen, als auch beſonders bei Kindern Jnfiltrationen, welche man von einer Verminderung der Kuͤgelchen herleiten kann. Sind vielleicht von der— ſelben Urſache die waſſerſuͤchtigen Anſchwellungen herzuleiten, welche man mehrmals bei Hungersnoth, die von Zeit zu Zeit in einigen Provinzen Frankreich's geherrſcht hat, beobachtete? In Bezug auf dieſe Epidemie ſind wir zu wenig unterrichtet. Man darf anneh— men, daß noch andere Krankheitsurſachen vorhanden waren. Fünfte Claſſe. Die Quantität der Blutkuͤgelchen iſt bei der Brightſchen Krankheit nicht vorhanden; ſie ſanken betraͤchtlich, bis auf 86 bei einem diabetes mellitus. Herr Lecanu, welcher einen Fall von diabetes unterſucht hat, fand Blutkuͤgelchen 122, was dem Obigen entſpricht. Sechste Claſſe. Arbeiter, welche lange Zeit den Einwir— kungen von Bleitheilchen ausgeſetzt waren, erleiden endlich eine eigen— thuͤmliche Cachexie, wobei das Blut eine betraͤchtliche Verminderung der Kuͤgelchen erleidet (88, 80). Dieſe Verminderung iſt nicht zu erklaͤren; ſie iſt ſo auffallend, wie in der zweiten Periode der Lun— genſchwindſucht. Zu dieſen beiden Faͤllen gehoͤrt auch noch die Wechſelſiebercachexie, wo einmal die Verhaͤltnißzahl nur 68 betrug. Siebente Claſſe. Das Blut ſchwangerer Frauen iſt in ſeiner Zuſammenſetzung veraͤndert. Die allgemeine Mittelzahl be— trug bei 28 Frauen 114; waͤhrend der erſten fuͤnf Monate etwas mehr, naͤmlich 117, während der letzten vier Monate nur 111, und ſogar waͤhrend der letzten drei Monate nur 108. Dieß ſind indeß nur vorläufige Angaben, auf welche wir wieder zuruͤckkommen müffen.. Achte Claſſe. Die Verminderung der Kügelchen findet auf ſpontane Weiſe ſtatt, ohne daß man den Ausgangspunct dieſer Ver— Anderung nachweiſen koͤnnte. Bei der Chloroſe erleiden bloß die Kügelchen eine Veränderung, ohne daß die übrigen Beſtandtheile des Blutes, ruͤckſichtlich ihrer Quantitaͤt, eine Veränderung erlit— ten. Bei keiner Krankheit iſt die Verminderung der Kuͤgelchen ſo betraͤchtlich, wie bei der Chloroſe. Bei einer Chlorotiſchen ſanken fie auf 33; indeß betrug bei einer durch Gebaͤrmutterblutungen ge— ſchwaͤchten Frau die Quantität der Kuͤgelchen nur 21. Bei 11 Faͤllen von Chloroſe waren die Zahlen folgende: 77, 70, 68, 56 50, 49, 45, 43; bei einem ganz friſchen Falle fanden ſich bloß 279, eine ganz außerordentliche Verminderung, indem das Verhaͤltniß an Kuͤgelchen 100 weniger betrug, als im normalen Zuſtande. Die Behandlung übt einen deutlichen Einfluß auf die Blut⸗ kuͤgelchen aus. Bei einer Frau, welcher zum erſten Male zur Ader gelaſſen wurde, betrugen die Kuͤgelchen 49; man gab einige Zeit Eiſenſalze und fand bei einem zweiten Aderlaſſe 64; die Behand- lung wurde länger fortgeſetzt; bei einer andern Frau, deren Blut bei'm erſten Aderlaſſe an Kuͤgelchen 46 enthielt; als ſich die Kraͤfte gehoben hatten und die Symptome der Chloroſe faſt vollkommen beſeitigt waren, ergab ein neuer Aderlaß 95. Man ſieht daher, daß das Eiſen einen großen Einfluß auf die Kuͤgelchen übt, aber keineswegs deßwegen, weil es auf die Fibrine, ſondern weil es auf die Kügelchen wirkt. Die Eifenpräparate haben einen fo auffallene den Erfolg, indem fie den Kuͤgelchen das mangelnde oder vermin— derte Eiſen wiedergeben. Dieß kann man annehmen, ohne daß die Wahrheit dieſer Behauptung bis jegt nachgewieſen waͤre. In der That, man giebt nach einer bloßen Hypotheſe auch die Verminde— rung der normalen Quantität des Eiſens in den Kuͤgelchen zu. Noch keine directe Erfahrung hat dieß erwieſen. Man citirt oͤfters eine Blutanalyſe von De. Fediſch. Die neuern Unterſuchungen von Andral und Gavarret haben bewieſen, daß man derſelben 189 kein Vertrauen ſchenken kann. Wie ſoll man annehmen, daß die Fibrine im normalen Blute 20 Theile in 1000 betrage, wenn man doch jetzt weiß, daß fie hoͤchſtens 3 — 4 in 1000 im gefunden Zus ſtande beträgt und 20 bei Entzuͤndungen nicht uͤberſchreitet. Die Cyloroſe iſt keine dem weiblichen Geſchlecht eigenthuͤmliche Krankheit, man nennt fie nur Anämie, wenn fie ſich bei'im Manne zeigt; gewoͤhnlich iſt ſie bei ihm nicht ſo ſtark ausgebildet. In einem Falle betrugen die Kuͤgelchen 77, im andern 78. Die cliniſche Beobachtung hat ſeit langer Zeit gezeigt, daß Subjecte mit allen Zeichen der Plethora und einer kraftigen Con— ſtitution dennoch keine Blutentziehungen ertragen, indem unter dem Einfluſſe dieſer ſchwaͤchenden Agentien ihr Zuſtand ſich verfchlims mert und ſchwindet, Herzklopfen und allgemeine Schwache eintritt. Von jeher unterſcheidet man die falſche Plethora von der wahren; bei ihr find die Blutkuͤgelchen vermindert. Warum dieſer Zuſtand die wahre Plethora ſimutirt, iſt nicht anzugeben. Lecanu zeigt, daß die Vermehrung der Blutkuͤgelchen größer iſt bei'm Manne, als beim Weibe, und Herr Denis nimmt an, daß dieſer Beſtandtheil von der Geburt bis zum 40. Jahre in grös ßerer Quantität vorhanden ſey, als nach dieſem Alter. Veranderungen, welche die übrigen Beſtandtheile des Blutes betreffen. Es giebt in dem Serum 2 verſchiedene Theile, einen fluͤſſigen und einen feſten, welcher bei'm Verdampfen des erſten zurückbleibt. Der ſolide Theil ſtellt die feſten Beſtand— theile des Serum dar, in mittlerer Quantität 80 auf 1000, welche auf 104 ſteigen und auf 60 ſinken können. Dieſe feſten Beſtand— theile, welche in Krankheiten viele Veraͤnderungen erleiden, ſind ſehr zuſammengeſetzt, ſo daß einzelne zunehmen, andere abnehmen koͤn— nen, ohne daß deßwegen die Blutmenge eine Veraͤnderung erleide. Deßwegen wird man über dieſe Variation auch erſt dann etwas Beſtimmtes erfahren, wenn es erſt gelungen iſt, bei der Analyſe die verſchiedenen feſten Beſtandtheile des Serums zu iſoliren, wie es mit der Fibrine oder den Kuͤgelchen geſchieht. Die feſten Be— ſtandtheile des Serums find: 1) organiſche, 2) unorganiſche. Die organiſchen Beſtandtheile werden durch die Albu— mine dargeſtellt, welche den größten Theil bildet, und 68 von der Totalmaſſe der feſten Beſtandtheile, welche 72 beträgt, ausmacht. Man trennt ſie durch Coagulation. Die unorganiſchen Beſtand— theile find verſchieden; fie machen eine geringe Quantität aus, naͤm— lich 4, und haben für die Albumine dieſelbe Bedeutung, wie die Fibrine fuͤr die Kuͤgelchen. Bei betraͤchtlichem Blutverluſte durch Blutung oder Aderlaß nimmt die Albumine ebenſo ab, wie die uͤbrigen Beſtandtheile des Blutes. Daſſelbe findet bei ſtrengem Faſten ſtatt; jedoch iſt dieß nicht ſo auffallend, wie bei den Kuͤgelchen. Bei einem Krebe, wo die Kuͤgelchen betraͤchtlich vermindert waren, hielt ſich die Albumine noch auf 6% Bei acuten Entzuͤndungen ſteht die Zahl der organiſchen Be— ſtandtheile des Serums uͤber der Mittelzahl 72. Das Maximum iſt 96 geweſen (oder 92, wenn man wegnimmt, was nicht Albu⸗ mine iſt); das Minimum beträgt 60, iſt aber ſo ſelten, daß ſie wohl von irgend einer Eigenthuͤmlichkeit abbängen koͤnne. Bei acutem Gelenkrheumatismus fanden ſich feſte Beſtandtheile 96, und im Minimum 73; die Mebrzahl zwiſchen 73 und 96; unter dieſen waren 6 Fälle über SO. Bei der Pncumenie iſt die Zahl der feſten Beſtandtheile weniger hoch, als beim Rheumatismus; das Mini: mum ſank aber auf 60 bei einer Woͤchnerin, welche unmittelbar nach der Entbindung von einer Pucumonie befallen wurde. Ge: wohnlich ſchwankt die Zahl zwiſchen 70 und 80; es iſt aber uns möglich, anzugeben, wovon die Verſchiedenheiten abhängen, welche zwi— ſchen der Zahl der Pneumonie und der des Rheumatismus ſtattfindet. Bei allen uͤbrigen acuten Entzuͤndungen ſteigt die Zahl der organiſchen Beſtandtheile eher, als daß ſie ſaͤnke. Bei einem Phthiſiſchen ſank die Zahl auf 64, bei einem andern auf 58. Bei dem typhoͤſen Fieber iſt das Maximum der feſten Beſtandtheile betraͤchtlicher, als bei der Pneumonie (91 64), aber geringer, als bei'm Rheumatismus; bei der Chloroſe find die Re— ſultate nicht auffallend; indeß gehen die feſten Beſtandtheile doch über die Mittelzahl, und man würde doch das Gegentheil nach der Theorie angenommen haben. 190 Jedesmal, wenn ſich in der Bright'ſchen Krankheit die Albu⸗ mine auf conſtante Weiſe und in großem Verhaͤltniſſe zeigt, fin— det nan eine betrachtliche Verminderung der organiſchen Beſtand— theile des Serums im Blute, was ſich durch den Uebergang des Eiweißes aus dem Blut in den Urin erklaͤrt. Bei 3 Fällen wur» den die Zahlen 61, 60 und 57 beobachtet. Hierin ſtimmen Anz dral's Unterſuchungen mit denen von Chriſtiſon und Rayer überein. Die Übrigen Beſtandtheile, welche 4 von den 72 der feften Be⸗ ſtandtheile bilden, find: 1) eine fette Materie, 2) Ertractivftoff, 3) Seroline, welche nicht von allen Schriftſtellern zugegeben wird. Chriſtiſon ſagt, daß er in einigen Fällen von acutem Gelenk: rheumatismus die fette Materie vermehrt gefunden habe; ſollte dieß vielleicht mit der Vermehrung der organiſchen Beſtandtheile, welche man bei'm Rheumatismus antrifft im Verhäaͤltniſſe ſtehen? Dieß iſt nur eine Vermuthung. Man hat auch von einer Vermeh⸗ rung des fetten Beſtandtheils bei Leberkrankheiten geſprochen. unorganiſche Beſtandtheile. Dieſe kann man in zwei Theile eintheilen: 1) das Alkali, 2) die Salze. Man legt jetzt der alkaliſchen Natur des Blutes eine große Wichtigkeit bei; man glaubt allgemein, daß Verſchiedenheit in der Quantität des Alkali's eine Rolle bei Hervorbringung der Krankhei— ten ſpiele. Man kann, z. B., fragen, ob die Fibrine nicht gerade in dem Maaße der Quantität des Alkali's, welches die Fibrine aufe löfen wurde, zu- oder abachme; dieß ſcheint durch einige, jedoch noch nicht zahlreiche, Thatſachen bewieſen zu werden. Herr Fremy hat Gelegenheit gehabt, einmal das Blut eines Skorbutiſchen zu analyſiren; er hat dabei die Quantitaͤt des Alkali's vermehrt gefun— den. Man kann annehmen, ohne es beweiſen zu koͤnnen, daß ein an Alkali reiches Blut wenig coagulabel ſey. Das ſtarke Verhaͤlt— niß des Waſſers im Blute iſt keineswegs, wie man gewoͤhnlich glaubt, eine Urſache des Zuſtandes der Aufloͤſung des Blutes; ein wäfleriges Blut iſt keineswegs ein aufgeloͤſ'tes Blut. Dieß bes weiſ't das Blut der Chlorotiſchen. Aufloͤſung des Blutes hängt von abſoluter oder relativer Verminderung des Alkali's ab. Davon wird ſpaͤter die Rede ſeyn. Die Grundidee der Humoralpathologen des 17. Jahrhunderts war die Aufſuchung des Grades der alkaliſchen Beſchaffenbeit des Blutes; ſie haben aber kein directes und poſitives Experiment zu dieſem Beweiſe angeſtellt. Sylvius de Leboe iſt zu dieſem merkwuͤrdigen Reſultate gelangt, welches richtig iſt, wenn man ihm die wahre Auslegung giebt; nämlich, daß bei putriden Fiebern eine Zunahme des Sal volabile, des Alkali's ſtattfindet. Er behauptet auch, daß bei der Peſt das Blut fluͤſſiger ſey, und daß die Urſache von Blutfluͤſſen und von dem Mangel an Coagulabilitaͤt des Blutes eine in dieſer Fluͤſſigkeit entbaltene Säure fiy. In der Zeit, wo Sylvius dieſe Ideen ausſprach, waren die Aerzte ſehr geneigt, dieſelben anzunehmen. Von den Salzen und dem Serum des Blutes. Die Kügeichen find in einer waͤſſerigen Flüffigkeit ſuspendirt, welcke viel Eiweiß und Satze enthält. Bringt man die Blutkuͤgelchen in reis nes Waſſer, ſo werden ſie betraͤchtlich vereitert; und dieſe Veraͤn— derung tritt auch ein, wenn man Waſſer in die Venen von Thie⸗ ren einſpritzt; dos Blut wird dadurch nicht bloß verdünnt, ſondern es wird einer feiner Beſtandtheile, das Blutkuͤgelchen, in feiner Be— ſchaffenbeit umgeaͤndert. Das Waſſer iſt im Blute um ſo reichlicher, in je geringerem Verhaͤltniſſe die übrigen Beſtandtbeile vorhanden find. Das Prins cip, deſſen Quantität am wichtigſten ift, jind die Blutkuͤgelchenz vermehren fich diefe, fo nimmt das Waſſer ab. Das Blut Pletho⸗ riſcher enthält weniger Waſſer, als das Blut derjenigen, welche unter ganz andern Bedingungen eine geringere Quantität von Blutkügelcken haben. Nervoͤſe Perſonen haben in ihrem Blute einen ziemlich betroͤcktlichen Antbeil Waſſer, und dadurch erklart ſich, warum fie Blutentzieb ungen fo ſchlecht vertragen. Das Waſſer iſt in dem Blute des Weibes in demſelben Verhaͤltniſſe, wie in dem des Mannes. Denis fand, daß nach dem vierzigſten Jahre die Quantität der Blutkuͤgelchen geringer werde; daraus iſt zu ſchlie⸗ ßen, daß das Waſſer des Blutes vermehrt iſt. 191 Man kann das Waſſer im Blute nicht nach Willkuͤhr vermeh— ren; Laien glauben, daß durch vieles Getraͤnk das Blut waͤſſeriger werde. Dieß iſt ein Jerthum; es kann allerdings das Blut, jedoch nur auf ſehr kurze Zeit, waͤſſeriger werden; ſehr bald aber nehmen die Secretionen zu und befreien das Blut von dieſem Ueberſchuſſe an Wiſſer. Macht man wäſſerige Einſpritzungen in die Venen eines Thieres, fo erhält man daſſelbe Reſultat; treibt man dieſe Injectionen ſehr weit, ſo ergießen ſich die Fluͤſſigkeiten in das Zellgewebe, und es erfolgt der Tod, wenn die Quantitaͤt des Waſ— ſers betraͤchtlich war. Der Tod erklaͤrt ſich in dieſem Falle durch die Veraͤnderung des Blutes. Außer den phyſiologiſchen und pathologiſchen Bedingungen, wodurch die Zuſammenſetzung des Blutes ruͤckſichtlich der Quanti— taͤt des Waſſers veraͤndert wird, giebt es noch zwei große Einfluͤſſe, nämlich Blutentziehung und Faſten. Schon bei maͤßigen Blutent— ziehungen bemerkt man eine Zunahme des Serums, noch mehr, wenn man ſie etwas weiter treibt. Blutungen haben dieſelben Folgen. Bei einer Frau, welche durch einen Gebaͤrmutterblutfluß ſehr viel B’ut verlor, ſtieg das Waſſer von der normalen Zahl (790 in 1000) auf 915; fie kann auf 725 ſinken. Die Zahl 915 iſt bloß in Folge zufaͤlliger Blutungen und der davon abhaͤngigen Verblutung bemerkt worden. Die Zahl 886 bezeichnet das Mari: mum einer ſpontanen, krankhaften Vermehrung des Waſſers. Das Waſſer kann weit ſtaͤrker vermehrt werden, als es ſich vermindert; die Differenz nach Oben beträgt 125, die nach Unten nur 75. Bei den erſten Blutentziehungen bei einem Rheumatismus be— traͤgt das Waſſer mehr als die Mittelzahl, ſehr ſelten weniger; bei'm zweiten Aderlaſſe hat das Waſſer jedesmal zugenommen, jedoch in ſehr verfhi.dener Proportion. Bei den folgenden Blutentziehun— gen nimmt das Waſſer conſtant zu; die Variationen find aber ſehr groß. Dieſe Zunahme von Waſſer erklaͤrt ſich durch Verminderung von Blutkuͤgelchen, welche immer unter dem Einfluſſe lang fortge— ſetzter Aderlaͤſſe eintritt. Aus dem Vorangehenden läßt ſich auch ſchließen, daß nicht alle Subjecte auf gleiche Weiſe Biutentziehuns gen vertragen, was man übrigens laͤngſt durch die cliniſche Beob— achtung weiß. In der Reconvalescenz nimmt die Quantitaͤt des Waſſers im Blute ab, und zwar häufig ſehr raſch und bald, nah: dem die Kranken wieder angefangen haben, zu eſſen. In dieſer Be— ziehung kommen aber große Verſchiedenheiten vor; manchmal erfolgt der Erfolg nicht ſo raſch. Bei der Pneumonie find die Reſultate nicht fo ſchlagend, wie bei'm Rheumatismus: von 21 Fällen blieben 13 unter der Mittels zahl; die niedrigſte Zahl war 791, die hoͤchſte 880. Bei andern Eatzündungen ergab ſich daſſelbe Reſultat. Bei 21 Fällen von Lungentuberkeln ſtieg das Waſſer meiſtens uͤber die Mittelzahl, nur in 4 Faͤllen blieb es darunter. Das allgemeine Reſultat iſt, daß das Waſſer Tendenz habe, zuzunehmen bei den Entzuͤndungen und namentlich bei'm Rheu natismus. Bei den Fiebern iſt die Regel, daß das Waſſer abnimmt; bei'm entzuͤndlichen Fieber ſank es bis zur Zahl 725, die niedrigſte Zahl, die überhaupt in irgend einer Krankheit beobachtet worden iſt. Dieſe Verminderung des Waſſers beobachtet man auch bei ty— phöfem Fieber und bei Ausſchlagsfieber. Im Allgemeinen findet ſich mehr Waſſer in dem Blute von Pockenkranken, als in dem von Maſern- und Scharlachkranken, was im Verhaͤltniſſe mit der Zunahme von Kügelchen ſteht. Bei Entzündungen iſt mehr Waſſer vorhanden, ais bei Fiebern. Bei zehn Chlorotiſchen deren Blut unterſucht wurde, hielt ſich das Waſſer immer uͤber der normalen Graͤnze und uͤber der Zahl, welche man bei andern Krankheiten beobachtet. Bei Subjecten, welche alle Symptome einer falſchen Plethora haben, findet ſich 192 Zunahme an Waſſer, obwohl man das Gegentheil annehmen Eönnte, Bei der Bright'ſchen Krankheit wird das Eiweiß durch Waſſer er— zt, und es ſteht dieß mit der Verminderung der Kuͤgelchen im Verhaͤltniſſe, wie ſie durch die langen Leiden bedingt iſt. Die Unterſuchung des Blutes, wie fie hier von And ral ange⸗ ſtellt iſt, zeigt die Veränderung, welche in dem Verhaͤltniſſe der vers ſchiedenen Elemente, z. B., der Fibrine, der Blutkuͤgelchen und der feſten Beſtandtheile des Serums, des Waſſers ꝛc., eintreten koͤnnen; es iſt aber wichtig, zu wiſſen, ob ſich die Elemente des Blutes auch ihrer Qualität nach verändern. Die Fibrine, z. B., hat nicht im⸗ mer dieſelbe Conſiſtenz. Die, welche aus dem Blute des letzten Aderlaſſes gewonnen wird, iſt weicher und hat eine geringere Nefie ſtenz, als die Fibrine aus dem erſten Aderlaſſe; jene gleicht in mancher Beziehung der Fibrine der jungen Thiere. Es giebt viele leicht in den Krankheiten auch Veraͤnderungen der Blutkuͤgelchen; dieß wird nur das Mikroſcop nachzuweiſen im Stande ſeyn. Bis jetzt aber weiß man wenig über die Veränderungen der Qualität der Beſtandtheile des Blutes. In einem ſpaͤtern Artikel verſpricht der Berichterſtatter, Herr Monneret, eine Zuſammenſtellung uͤber die Veränderungen des Blutes, welche durch Beimiſchung fremder Subſtanzen, z. B., Galle, Urin, Milch, Eiter und Markſchwamm⸗ ſubſtanz, entſtehen. (Gaz. med. No, 9.) ie e lh e n. Ueber Lockerwerden der Zähne, macht Dr. Graves im Dublin Journ. folgende Bemerkungen: Bisweilen liegt der Grund des Lockerwerdens in einer Entzuͤndung des Perioſtes der Alveolarfortſaͤtze, welche ſich auf's Zahnfleiſch fortpflanzt, Geſchwulſt und betraͤchtlichen Schmerz verurſacht. Dabei wird das Zahnfleiſch um den Hals des Zahnes herum locker, und die Zaͤhne fallen aus, ohne daß ſie eine Spur von Verderbniß an ſich truͤgen. Haͤufig werden in ſolchen Fallen Blutegel an das Zahnfleiſch und Scarifi— cationen gemacht, oder man zieht wegen des heftigen Schmerzes ſelbſt den übrigens gefunden Zahn aus, worauf jedoch der Schmerz nicht nachläßt, indem ſich derſelbe Proceß an den benach— barten Zähnen wiederholt. In ſolchen Fällen liegen Affectionen des Perioſtes, bisweilen auch anderer Knochen, zu Grunde, und keine locale Behandlung iſt im Stande, Huͤlfe zu ſchaffen. In einem ſehr ſchweren Falle dieſer Art, bei welchem ein Jahr zuvor eine Affection des Perioſts des Bruſtbeins und der Rippen mit Kali hydriodicum beſeitigt worden war, wurde 3 Mal taͤglich 10 Gran von dieſem Mittel gegeben und unter taͤglicher Beſſerung die Ent— zuͤndung und der Schmerz beſeitigt, ſo daß in etwa 10 Tagen die Zähne wiederum alle feſt waren. Die periostitis war in dieſem Falle rheumatiſcher Natur, der Kranke nur 34 Jahr alt, uͤbrigens von geſunder Conſtitution. Gegen übermäßige Schweiße empfiehlt Dr. Charvet in der Zeitſchrift L Expérience das reine Tannin in der Doſis von 1 — 2 Gran in 24 Stunden, welche Doſis gewöhnlich Abends mit oder ohne Opium gegeben wird. Die Verſuche, welche Dr. Ch. angeſtellt hat, betreffen Kranke im letzten Stadium der Phthiſis, bei welchen die Schweiße ein ebenſo bedenkliches als läftiaes Sym— ptom ſind, waͤhrend das dagegen haͤufig angewendete eſſigſaure Blei ſelbſt nicht ohne Bedenken iſt. Necrolog. — Die verdiente Madame Boivin, früher Obergeburtshelferin am Hospice de la maternité zu Paris, und durch ihre Schriften über Entbindungskunſt und Frauenzimmer— krankheiten beruͤhmt geworden, iſt zu Verſailles, wohin ſie ſich ſeit einigen Jahren zuruͤckgezogen hatte, geſtorben. Sie war 1774 geboren. Bibliographische Neuigkeiten Cours &lämentaire d’histoire naturelle; par M. Milne Edwards, Zoologie par M. Milne Edwards, A. de Jussieu et Beudant, 1. partie. Anatomie et Physiologie. ä Paris 1841. 8. Memoires et observations du médecin vétérinaire. st. à Pau 1841, 8. Par B. Mou- Des maladies de l’oeil, confondues sous les noms d’amaurose, goutte sereine, Paralysie, Amblyopie etc. Par M. T. Drouot. a Paris 1841. 8. L Etudes hygieniques sur la santé, la beauté et le bonheur les femmes. Par V. Raymond etc. Paris 1841. 8. —ͤͤ v—u—̃u— — Nene Motion aus dem Gebiete der Hatur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin. No. 387. (Nr. 13. des XVIII. Bandes.) Mai 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 g r. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 9 Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. eee e ee Ueber die Art und Weiſe, wie Flintenkugeln und andre fremde Koͤrper in der Subſtanz der Hau— zaͤhne des Elephanten eingehuͤllt werden. Von John Goodſir, Es. (Der K. Geſellſchaft zu Edinburgh mitgetheilt am 8. Januar 1841 durch Profeſſor Syme.) In allen vom Verfaſſer unterſuchten Faͤllen dieſer Art lagen zuvoͤrderſt zwei Umſtaͤnde vor: 1) daß die Koͤrper nicht von aͤchtem Elfenbeine, ſondern von einer abnormen Structur umhuͤllt waren; 2) daß in den Faͤllen, wo die Wunden die Alveole betheiligten, die Loͤcher, durch welche die Kugel eingedrungen, entweder ganz oder theilweiſe ver— narbt waren, woraus denn der Verfaſſer ſchloß, daß, da der Hauzahn eine zweifache Art von Wachsthum darbietet, die Membran des follieulus und die weiche Zahnſubſtanz (pulp) beide bei dem Proceſſe der Einhuͤllung eine wichtige Rolle ſpielen, und daß keine Wiedererzeugung der aͤchten Elfenbeinſubſtanz ſtattfinde, welche Vermuthung ſpaͤter durch Beobachtungen beſtaͤtigt ward. Unter Erwaͤgung der Anſichten Camper's, Blu— menbach's, Lawrence's und Cuvier's ſcheinen Ver— wundungen der Hauzaͤhne nicht wohl vernarben zu koͤnnen, weil eine nicht mit Gefaͤßen verſehene Subſtanz, wie das Elfenbein, dieſes Proceſſes nicht faͤhig ſeyn duͤrfte. Um die— ſen Gegenſtand mit Erfolg zu unterſuchen, muß man zwei Puncte im Auge behalten: 1) daß der Hauzahn ſich von Innen nach Außen, ſo wie von Außen nach Innen ent— wickelt; 2) daß das Elfenbein, gleich dem Caͤment, nach deren urfprünglicher Ablagerung, durch die Lebensthaͤtigkeit weder in Form noch Subſtanz veraͤndert wird. Unter ſteter Beruͤckſichtigung dieſer beiden Vorderſfaͤtze, ſuchte nun der Verfaſſer zu erklaͤren, wie die verſchiedenen Wunden der Hauzaͤhne heilen und die Kugeln oder andere fremdartige Koͤrper eingehuͤllt werden, indem er die Entwik— kelung und Structur der in der weichen Zahnſubſtanz (pulp) nach Verwundungen erſcheinenden knochigen Maſſe im Einzelnen beſchrieb. Er fuͤhrte an: Auf Wunden, No. 1487. S welche die Oberflaͤche der weichen Zahnſubſtanz (pulp) be— theiligen, folgt eine Verknoͤcherung um die verletzte Stelle her; 2) das durch eine Kugel, die durch die weiche Zahn— ſubſtanz (pulp) gefahren, hinterlaſſene Loch verknoͤchert an den beiden Enden, nicht aber nothwendig nach ſeiner gan— zen Länge, wenn ein Abſceß entſteht oder daſſelbe fiſtuloͤs wird; 4) Kugeln und fremdartige Koͤrper werden ſtets in eine Maſſe verknoͤcherter Zahnſubſtanz (pulp) eingehuͤllt. Dieſe verknoͤcherte Zahnſubſtanz bietet, wenn man duͤnne Abſchnitte derſelben unter dem Mikroſcope betrachtet, dieſelbe Structur dar, wie die unregelmaͤßige Elfenbeinſubſtanz, welche bei den Hauzaͤhnen des Walroſſes und der Ceta— ceen die Höhle der weichen Zahnſubſtanz (pulp cavi- ty?) ausfuͤllt, und beſteht aus anaſtomoſirenden Havers'- iſchen Canaͤlen, ſecundaͤren Mark-Canaͤlen und wellenförmigen Buͤndeln von Retzius' ſchen Roͤhren. Dieſe Canaͤle und Roͤhren liegen in einer durchſichtigen Gangart, in welcher ſich ſtellenweiſe grobe Zellen befinden, mittelſt deren die Retziu s'ſchen Roͤhren untereinander und mit den Roͤhren des regelmaͤßigen Elfenbeins in Verbindung ſtehen. Die Bil— dung des unregelmaͤßigen Elfenbeins, welches Wunden, Ab— ſceſſe und fremde Körper in der weichen Zahnſubſtanz (pulp) umgiebt, ſchreitet nicht unbegraͤnzt fort, ſondern es wied ihr durch die Verſchließung der Havers'iſchen Canaͤle und die dadurch begruͤndete Trennung der ſie enthaltenden ſich veraͤſtelnden weichen Zahnſubſtanz von dem allgemeinen Zahngebilde ein Ziel geſetzt. Das unregelmaͤßige Elfen— bein verhaͤlt ſich demnach zu der allgemeinen weichen Zahn— ſubſtanz des Hauzahns, wie das regelmaͤßige Elfenbein und wird zuletzt durch die Umbildung der weichen Zahn⸗ ſubſtanz an deren Oberflaͤche von dem Elfenbeine um— ſchloſſen. Hierauf gab der Verfaſſer an, daß fremde Koͤrper auf dreierlei Art in die weiche Zahnſubſtanz (pulp) eindringen koͤnnen: 1) durch die Baſis dieſer Subſtanz, ohne Verlez— zung des Elfenbeins; 2) durch die freie Portion des Elfen— beins; 3) durch die Waͤnde der Alveole. Einen Fall der erſten Art hat Herr Combe in den Philosophical Transac- 13 195 tions beſchrieben. Wunden der zweiten Art, wo fih von dem durch die Kugel verurſachten Loche keine Spur mehr fand, ſind, abgeſehen von der Entwickelung des unregelmaͤ— ßigen Elfenbeins, von fruͤhern Phyſiologen genuͤgend erklaͤrt worden. Was die Wunden der dritten Art betrifft, ſo wies Herr Goodfir nach, daß theilweiſe und vollſtändige Ver— narbung wirklich vorkommt und das Loch ſich dabei von Innen durch unregelmaͤßiges Elfenbein oder verknoͤcherte weiche Zahnſubſtanz (pulp), von Außen durch Caͤment aus— fuͤllt, welches durch die Membran des folliculus ſecer— nirt wird. Schließlich fuͤhrt der Verfaſſer an, jeder Fall von Verletzung und Bruch der Elfenbeinſubſtanz, ſo wie vom Einhuͤllen fremder Koͤrper in derſelben, finde ſeine Erklaͤ— rung in dem Umſtande, daß der Hauzahn eine doppelte Art von Wachsthum beſitze, und daß deſſen folliculus bei'm Heilen der durch die Alveole ſtattfindenden Wunden eine wichtige Rolle ſpiele. (The Edinb. new philos. Journ. Jan. — April. 1841). Ueber den Eisvogel (Alcedo ispida) finden ſich Mittheilungen von Herrn Ch. Coward in the Annals and Magazine of Natural History. Sept. 1840. p. 75: „Von dieſem ſchoͤnen, aber dummen Vo— gel habe ich neun lebende Exemplare gehabt; ſieben junge und zwei alte. Am 14. April 1837 brachte mir ein Knabe ein lebendes Eisvogelweibchen, welches er auf dem Neſte bei'm Legen eines Eies gefangen hatte, was ich bei der Zergliederung mit der Schaale bedeckt und reif und fertig vorfand. Ich begab mich ſofort zu dem Neſte, um deſſen Structur zu unterſuchen. Es war in einer etwa Fuß tie— ton Höhle in einem uͤberhaͤngenden Ufer angebracht. Es war durch ein Buͤſchel langen Graſes dem Blicke verborgen; aber da das Maͤnnchen beſtaͤndig auf einem Zweige in der Nahe des Neſtes ſaß, fo führte die Anhaͤufung von fae- ces zur Entdeckung des verſteckten Platzes. — Das Neſt ſelbſt war groß und von befonderer Structur, indem es ausſchließlich von den Aus wurfreſten der kleinen Fiſche, die er verſchlungen hatte, vermiſcht mit Floſſen, Schuppen ıc. und den Schaalen und Füßen eines kleinen Cruſtaceums, welches in fließenden Waſſern an Steinen ꝛc. feſthaͤngt, zus ſammengeſetzt war. Von dieſer Subſtanz war ſo viel vor— handen, um etwa ein Noͤſel zu fuͤllen. Die innere eigent— liche Höhlung des Neſtes iſt klein: die Eier find weiß, rund, mäßig groß und ſechs bis ſieben an der Zahl. Im Fruͤhjahre 1857 brachte mir ein Knabe vier junge halb— fluͤgge Eisvogel, welche er fo eben aus einem in der Nähe befindlichen Neſte genommen hatte. Ich behielt ſie zwei Monate und fuͤtterte ſie ausſchließlich mit Fiſch und badete fie taͤglich in lauwarmem Waſſer. Unter dieſer Behand— lung gediehen ſie vortrefflich, und das Gefieder wurde ſo hell und glaͤnzend, als im Naturzuſtande Sie wurden wirklich allgemein bewundert; aber ich war doch zuletzt ge— zwungen, ſie wegzugeben, wegen der vielen Sorgfalt und Zeit, die ich ihnen widmen mußte. 196 Der junge Eisvogel iſt ein ſehr dummer und unthaͤti— ger Vogel. Er kann zwei bis drei Stunden in einer und derſelben Stellung verharren, ohne einen Muskel zu bewegen, und ſeine Genuͤſſe ſind in dem kleinen Cirkel des Freſſens und Schlafens begriffen. Wenn man das Ende des Schna— bels beruͤhrt, ſo oͤffnet er das Maul und wenn er den Biſ— fen ganz ernſthaft verſchlungen bat, ſchließt er es wieder und ſieht ſich mit einer laͤcherlichen Langſamkeit nach einem zweiten Maulvoll um. Er wird ohne Unbequemlichkeit eis nen Fiſch verſchlingen, der halb ſo ſchwer iſt, als er ſelbſt, und im Laufe des Tages wird er zehn bis zwoͤlf dergleichen verſchlingen. Graͤthen und Floſſen der Fiſche wirft er in der Form des Gerölles wieder aus, wie die Eulen und Ha— bichte; und von dieſem Geroͤlle wird das Neſt bereitet. Der erwachſene Eisvogel iſt ſehr ſchwierig zu behandeln und will in der Gefangenſchaft nicht freſſen. Der Eisvogel em— pfiehlt ſich nur hinſichtlich der Schoͤnheit ſeines Gefieders.“ Ueber die Lichterſcheinungen bei der Cryſtallbildung. Von Herrn H. Roſe. Vor längerer Zeit fand ich, daß das Eryſtalliſiren der glass artigen arſenichten Säure durch's Erkalten ihrer heißen ge— fättigten Aufloͤſung in Ehlorwajferitoffiäure mit einer ſtarken Lichts erſcheinung begleitet ſey. Ich fand, daß weder die porcellanartige Modification der arſenichten Saͤure, welche durch laͤngeres Liegen ſich bildet, noch die Cryſtalle, welche man durch's Erkalten einer geſaͤttigten chlorwaſſerſtoffſauren Aufloͤſung der glasartigen oder por— cellanartigen Säure erhält in ihrer Aufloͤſung in Chlorwaſſerſtoffſaure unter ähnlichen Umſtaͤnden eine Lichterſcheinung hervorbringen konnen. Ich ſchloß hieraus, daß das Leuchten bei'm Anſchießen der Cryſtalle der arſenichten Saure dadurch entſtehe, daß aus der Aufiöfung der glasartigen Saure dieſelbe ſich beim Cryſtalliſiren in porcellanartige verwandle. Die erhaltenen Cryſtalle gehoͤren der porcellanartigen Modification an, und das Porcellanartigwerden der glasartigen Saͤure beſteht in nichts Anderem, als darin, daß die Saure aus einem vollkommen unceryſtalliniſchen in einen cry— ſtalliniſchen Zuſtand uͤbergeht. Man hatte ſchon fruher bei'm Anſchießen von Cryſtallen meh— rerer Salze ein Leuchten bemerkt, aber immer war dieſe Erſchei— nung nur eine zufaͤllige geweſen; nie konnte man ſie willkuͤhrlich hervorrufen. Das Leuchten bei'm Cryſtalliſiren der arſenichten Saͤure unterſchied ſich daher weſentlich von dem anderer Subſtan— zen, als man es willkuͤhrlich und zu jeder Zeit hervorzubringen im Stande iſt. Das Leuchten bei'm Cryſtalliſiren der arſenichten Säure ift vielleicht einer der einfachſten Fälle unter den Lichterſcheinungen, welche gewiſſe Cryſtalle bei ihrer Bildung zeigen. Man hat ſchon früher bisweilen Lichtentwickelung bei'm Anſchießen des ſchwe— felſauren Kali's beobachtet. Ich habe meine Unterſuchungen beſonders mit dieſem Salze angeſtellt; aber erſt nach vielen vergebr lichen Bemühungen iſt es mir gelungen, die Lichterſcheinung beim Cryſtalliſiren des ſchwefelſauren Kali's willkuͤhrlich hervorzubrin— gen. Die Urſache dieſer Erſcheinung iſt verwickelter, und man hat auch mehr Vorſichtsmaaßregeln zu beobachten, wenn man ſie erzeugen will, als dieß bei der Hervorbringung der Licht— entwickelung bei'm Cryſtalliſiren der arſenichten Säure der Fall iſt. Schwefelſaures Kali. — Weder wenn Cryſtalle des ſchwefelſauren Kali's, noch wenn geſchmolzenes ſchwefelſaures Kali in heißem Waſſer aufgeloͤſ't werden, konnten Lichterſcheinungen beobachtet werden, obgleich die Verſuche mannigfaltig modificirt wurden. Aber ſie konnten nicht fuͤglich erwartet werden, auch nicht beim geſchmolzenen Salze, da daſſelbe vollkommen eryſtalliniſch iſt und dieſelben Blaͤtterdurchgaͤnge, wie das aus waͤſſerigen Auf— loͤſungen cryſtalliſirte Salz, zeigt. 197 Man erhält das ſchwefelſaure Kali in einem geſchmolzenen amorphen, glasartigen Zuſtande, wenn man es mit ſchwefelſaurem Natron mengt und das Gemenge ſchmilzt. Das Gemenge iſt auffallend leichter ſchmelzbar, als jedes der einzelnen Salze, aus denen es beſteht. Gleiche Atomgewichte beider Salze gaben, im Platintiegel geſchmolzen, eine glasartige Maſſe, die aber bei'm Erkalten uns aͤhlige Riſſe bekommt, zerſpringt und broͤcklich wird. Man könnte ſie fuͤr cryſtalliniſch halten, aber ſie iſt es nicht; nur durch un— gleiche Zuſammenziehung bei'm Erkalten entſteht die große Menge von Spruͤngen, welche bei'm erſten Anblicke für Blaͤtterdurchgaͤnge gehalten werden koͤnnen. Wird das geſchmolzene Salzgemenge mit Waſſer gekocht, die gefättigte Aufloͤſung moͤglichſt heiß filtrirt, und läßt man dieſelbe ſeyr langſam erkalten, fo finden im Dunkeln bei der Cryſtalliſa— tion dieſelben Lichterſcheinungen ſtatt, wie bei der Cryſtalliſation der glasartigen arſenichten Saͤure. Die Bildung von jedem Cry— ſtalle iſt mit einem Lichtfunken begleitet. Werden die erhaltenen Cryſtalle noch einmal aufgeloͤſ't und auf dieſelbe Weiſe behandelt, ſo bemerkt man bei der Cryſtallbil— dung nie eine Lichterſcheinung. Die unter Lichtentwicklung ausgeſchiedenen Cryſtalle des Sal— zes phosphoresciren, wenn man fie aus der Fluͤſſigkeit nimmt und reibt, oder auch nur ſtark beruͤhrt. Das Licht, welches durch's Reiben entſteht, iſt aber bedeutend ſchwaͤcher, als das, welches ſich bei der Cryſtalliſation gezeigt hat. Nach einigen Stunden zeigen aber auch durch's Reiben die Gryftalle kein phosphorescirendes Licht mehr. Die Cryſtalle der arſenichten Saͤure, welche ſich aus der chlorwaſſerſtoffſauren Aufloͤſung der glasartigen Modification unter Lichterſcheinung abgeſchieden haben, behalten die Eigenſchaft, 7155 Reiben ein phosphorescirendes Licht hervorzubringen, weit laͤnger. Die erhaltenen Cryſtalle haben vollſtaͤndig die Form des ge— woͤhnlichen ſchwefelſauren Kali's. Die Lichterſcheinung ſcheint hier durch dieſelben Umſtaͤnde bedingt zu ſeyn, wie die ſind, welche bei der Cryſtalliſation der glasartigen arſenichten Säure ſtattfinden. Durch das Schmelzen mit ſchwefelſaurem Natron iſt das ſchwefel— ſaure Kali in den glasartigen Zuſtand verſetzt worden; wird das geſchmolzene Salz in Waſſer aufgelöf’t, fo ſcheidet es ſich bei'm Erkalten im cryſtalliſirten Zuſtande aus. Die Lichterſcheinung bei der Cryſtalliſation des ſchwefelſauren Kali's kann aber in vielen Faͤllen nicht mit der Beſtimmtheit herz vorgebracht werden, wie die bei der Cryſtalliſation der arſenichten Säure. Es erforderte eine große Reihe von Verſuchen, um die ver: ſchiedenen Urſachen des Nichtgelingens dieſer Erſcheinung unter ſcheinbar gleichen Umſtaͤnden aufzufinden. Das geſchmolzene Salzgemenge muß bald einige Stunden nach dem Erkalten, mit Waſſer behandelt werden, wenn die Licht⸗ erſcheinung bei der Cryſtalliſation ftattfinden fol. Läßt man es 24 Stunden liegen, ſo zeigt ſich bei der Cryſtalliſation nur bei der Bildung weniger Cryſtalle ein Leuchten, und laͤßt man ſie noch langere Zeit, einige Tage, liegen, ſo iſt bei der Cryſtalliſation gar keine Lichterſcheinung zu bemerken. Durch's Liegen ſcheint die ge— ſchmolzene Maſſe aus dem glasartigen Zuſtande in den eryſtallini— ſchen überzugehen. Wenn die Lichterſcheinung bei'm Cryſtalliren der geſchmolze— nen Maſſe ſich nicht zeigte, ſo konnte man deutlich ſehen, daß die Cryſtalliſation des Salzes eine andere war, als die, wenn die Lichterſcheinung ſtattgefunden hatte. Im letztern Falle war kein waſſerhaltiges ſchwefelſaures Natron mit ſeiner bekannten Form herauscryſtalliſirt, oder nur wenig davon und dieß erſt ſpaͤt. War aber die Lichterſcheinung nicht bemerkt worden, ſo hatte neben den Eryſtallen des ſchwefelſauren Kali's ſich eine große Menge IH nr ſchwefelſauren Natron durch's Erkalten abge— eden. Vielfältige Unterfuchungen zeigten, daß die unter Lichterſchei— nung ausgeſchiedenen Cryſtalle nicht aus ſchwefelſaurem Kali bes ſtehen, ſondern ein Doppelſalz aus ſchwefelſaurem Kali und ſchwe— felſaurem Natron, letzteres im waſſerfreien Zuſtande, ſind, das nicht nur vollkommen die Cryſtallform des reinen ſchwefelſauren 198 Kali's hat, ſondern auch das aͤußere Anſehen und viele feiner Eis genſchaften mit ihm theilt. Bei mehreren Analyſen wurde das Doppelſalz aus zwei Ato⸗ men ſchwefelſaurem Kali und einem Atom ſchwefelſaurem Natron beſtehend gefunden. Es ſcheinen indeſſen die beiden näheren Bes ſtandtheile ſich in verſchiedenen Verhaͤltniſſen zu verbinden, denn nach anderen Analyſen ſchien das Doppelſalz aus drei Atomen von ſchwefelſaurem Kali und zwei des ſchwefelſauren Natrons zu beſte— hen. Ich laſſe es unentſchieden, ob das Salz, welches unter Licht⸗ erſcheinung cryſtalliſirt, nach einem beſtimmten Verhältniffe zuſam⸗ mengeſetzt ſey, und daß die verſchiedenen Reſultate der Analyſen davon herrühren, daß daſſelbe, mit freiem ſchwefelſauren Kali ges mengt, ſich abgeſchieden hat, oder ob in dem Doppelſalze die naͤ⸗ heren Beſtandtheile, als iſomorph, ſich in mannigfaltigen Verhält⸗ niſſen verbinden koͤnnen. Die Lichtentwickelung bei der Cryſtalliſation wird alſo in die— ſem Falle dadurch bedingt, daß ein Doppelſalz aus ſchwefelſaurem Kali und ſchwefelſaurem Natron, nicht reines ſchwefelſaures Kali, in einem geſchmolzenen glasartigen Zuſtande, aufgeloͤſ't wird und aus dieſem Zuſtande in den cryſtalliſirten übergeht, Die Lichtent⸗ wicklung findet alſo unter gleichen Umſtaͤnden ſtatt, wie die bei der Cryſtalliſation der arſenichten Saͤure. Aber da die naͤheren Beſtandtheile des Doppelſalzes nicht durch ſtarke Verwandtſchaft gebunden ſind, ſo ſcheiden ſich oft in der Aufloͤſung dieſelben voneinander, und die Salze, aus denen jenes Doppelſalz beſteht, cryſtalliſiren dann einzeln, das eine als waſſer— freies, das andere als waſſerhaltiges Salz. Wenn dieß aber der Fall iſt, fo findet bei der Cryſtalliſation der einzelnen Salze keine Lichtentwicklung ſtatt. Dieß iſt der Grund, weßhalb dieſe Lichter— ſcheinung bisweilen, wenn man ſie willkuͤhrlich hervorrufen will, nicht ftatifindet, was bei der, die bei der arſenichten Säure ſich zeigt, nicht der Fall iſt. In fruͤheren Zeiten wurde bei vielen techniſch-chemiſchen Pro— ceſſen ſchwefelſaures Kali in ſo großen Maſſen als Nebenproduct gewonnen, daß die Fabricanten wegen der zweckmaͤßigen Anwen— dung dieſes Salzes in Verlegenheit kamen. Nach der allgemeinen Anwendung des in Chili vorkommenden ſalpeterſauren Natrong iſt indeſſen das ſchwefelſaure Kali ſo bedeutend im Preiſe geſtiegen, daß dieſer Umſtand, namentlich bei der Alaunfabrication, von gro— ßer Wichtigkeit geworden iſt. Nach diefer Zeit habe ich beſtaͤn— dig das im Handel vorkommende Salz ſehr natronhaltig gefun— den. Das kaͤufliche Salz hatte dann vollkommen die Form des ſchwefelſauren, Kali's und enthielt das Natron als waſſerfreics ſchwefelſaures Natron. Das käufliche Salz enthielt alſo das be— ſchriebene Doppelſalz. In dieſem Doppelſalze iſt das Kali mit dem Natron ſſomorph, was ſonſt nicht der Fall iſt, denn auch das in der Natur vorkom— mende waſſerfreie ſchwefelſaure Natron (Thenardit) hat nicht die Form des ſchwefelſauren Kali's. Es ſcheint, daß, wenn ein Kali— ſalz mit einem entſprechenden Natronſalze verbunden iſt, die Ver— bindung in den Faͤllen die Form des Kaliſalzes annimmt, wenn in demſelben mehr Atome des Kaliſalzes, als Atome des Natron— ſalzes enthalten find, Durch neuere Unterſuchungen wiſſen wir, daß in den gemeinen Feldſpathen, auch ſelbſt im Adular, Natron enthalten iſt, daß alſo dieſe Feldſpathe eigentlich Verbindungen von Kalifeldſpath und von Natronfeldſpath (Albit) find. Aber da in allen mehr Atome des erſtern, als des letztern, enthalten ſind, ſo haben ſie die Form des Kalifeldſpaths, und nicht die des Albits. Das Doppelſalz aus ſchwefelſaurem Kali und ſchwefelſau— rem Natron entſteht, außer durch unmittelbares Zuſammenſchmel⸗ zen beider naͤherer Beſtandtheile, noch auf mannigfaltige andere Weiſe, und immer wird die Cryſtalliſation aus einer heißen Auf⸗ sp des geſchmolzenen Doppelfalzes mit einer Lichterſcheinung egleitet. Es entſteht beſonders, wenn ſchwefelſaures Kali mit Chlorna: trium zuſammengeſchmolzen wird. Es ſcheint ſogar, als wenn das Doppelſalz aus dieſem geſchmolzenen Gemenge beſſer entſtebt, als aus dem aus ſchwefelſaurem Kali und ſchwefelſaurem Natron enthaltenen. Die Lichterſcheinung bei der Cryſtalliſation erfolgt 19. 199 wenigſtens regelmäßiger, und es ſcheiden ſich nicht Cryſtalle von waſſerhaltigem ſchwefelſauren Natron ab. Auch durch's Zuſammenſchmelzen von ſchwefelſaurem Kali mit kohlenſaurem Natron, fo wie von Chlorkalium mit ſchwefelſaͤurem Natron, und Aufloͤſung der geſchmolzenen Maſſen, erhalt man bei der Cryſtalliſation das Doppelſalz unter ſtarker Lichterſcheinung. Durch vielfaͤltige Verſuche habe ich mich uͤberzeugt, daß das ſchwefelſaure Kali bei der Eryſtalliſation nie eine Lichterſcheinung giebt, wenn es mit Salzen, welche nicht Natron enthalten, zuſam— mengeſchmolzen wird. Chromſaures Kali. — Gleiche Atomgewichte von neu— tralem chromſauren Kali und waſſerfreiem ſchwefelſauren Natron gaben bei'm Zuſammenſchmelzen eine Maſſe, welche der durch Schmelzen von ſchwefelſaurem Kali und ſchwefelſaurem Natron erhaltenen aͤhnlich war. Mit Waſſer gekocht, erhielt ich bei'm Er— kalten, unter ſtarker Lichterſcheinung, Cryſtalle von gelber Farbe und von der Form des chromſauren Kali's, welche bekanntlich der des ſchwefelſauren Kali's gleich iſt. Bei der Analyſe zeigte es ſich, daß fie aus Schwefelſaͤure, Chromſaͤure, Kali und Natron bejtans den. Die Baſen enthielten ein Drittel von dem Sauerſtoffe der Saͤuren. Indeſſen auch das reine Doppelſalz aus chromſaurem Kali und chromſaurem Natron zeigt, auch wenn es nichts von ſchwefel— ſauren Salzen enthält, bei der Cryſtalliſation, unter denſelben Be: dingungen, wie das ſchwefelſaure Doppelſalz, eine ſtarke Lichter: ſcheinung. Man erhaͤlt jenes Salz am Beſten durch's Zuſammen— ſchmelzen von doppelt chromſaurem Kali mit kohlenſaurem Natron. Das unter Lichtentwickelung cryſtalliſirte Doppelſalz zeigte ganz die Form des ſchwefelſauren Kali's und fand ſich durch eine Ana— lyſe aus einem Atom chromſaurem Natron und drei Atomen rom: ſaurem Kali beſtehend. Selenſaures Kali — Der hohe Preis des Selens ver— hinderte, die Verſuche mit dieſem Salze auf ſo mannigfaltige Weiſe zu wiederholen, wie es bei den ſchwefelſauren und chromſauren Salzen geſchehen iſt. Reines ſelenſaures Kalt, deſſen Cryſtalle vollkommen die Form des ſchwefelſauren Kali's hatte, gab bei der Cxyſtalliſa— tion eben ſo wenig eine Lichterſcheinung, wie reines ſchwefelſau— res Kali. Es wurden gleiche Atomgewichte von ſelenſaurem Kali und ſchwefelſaurem Natron zuſammengeſchmolzen. Die geſchmolzene Maſſe gab, mit Waſſer gekocht, unter ſtarker Lichterſcheinung, Cryſtalle von der Form des ſchwefelſauren Kali's. Sie beſtanden aus Schwefelſaͤure, Selenſaͤure, Kali und Natron Mangel an Selen verhinderte, ſelenſaures Kali mit ſelenſau— rem Natron zuſammenzuſchmelzen, um das ſelenſaure Doppelſalz, frei von ſchwefelſaurem Salze, zu erhalten. Unſtreitig aber würde es unter denſelben Bedingungen, wie das ſchwefelſaure und chrom— 200 ſaure Doppelſalz, bei der Cryſtalliſation eine Lichterſcheinung ges eigt haben. ; Die Lichterſcheinungen, welche ſich bei'm Eryſtalliſiren ges wiſſer Körper zeigen, werden, wie ſich aus dem Vorhergehen— den ergiebt, dadurch bedingt, daß das Salz aus einem Zuſtande in einen andern, iſomeren, uͤbergeht. Ein ſolcher Uebergang iſt haͤufig mit Erſcheinungen begleitet, welche von aͤhnlicher Natur zu ſeyn ſcheinen, wie das Leuchten bei der Eryſtalliſation einiger Salze. Die bekannteſte Erſcheinung dieſer Art iſt das ploͤtzliche Er— gluͤhen gewiſſer Oxyde, wie das des Chromoxyds, der Titanſaͤure u. ſ. w., fo wie auch einiger Mineralien, wie das des Gadolinits. Vor dem Erglüuͤhen find dieſelben leicht in Säuren loͤslich oder durch dieſelben zerſetzbarz nach demſelben find ſie entweder in denſel— ben unloͤslich, oder doch wenigſtens ſehr ſchwer loͤslich und zere etzbar. 5 Bei den beiden iſomeriſchen Zuſtaͤnden der arſenichten Saͤure zeigen ſich Verſchiedenheiten im ſpecifiſchen Gewichte und in der Aufloͤslichkeit im Waſſer. Auch bei den erwähnten Mineralien findet ein Unterſchied im ſpecifiſchen Gewichte derſelben vor und nach dem Ergluͤhen ſtatt. Daſſelbe iſt nach der Feuererſcheinung aber nicht immer, wie man vermuthen ſollte, groͤßer, als vor der— ſelben, ſondern bisweilen auch leichter. Dieſer Umſtand gab mir Veranlaſſung, zu unterſuchen, ob ſowohl bei der Lichtentwicklung bei der Cryſtalliſation, als auch bei der Feuererſcheinung, welche gewiſſe Oryde und Mineralien zeigen, Warme frei wird. Durch mannigfaltige Verſuche konnte weder bei der Lichterſcheinung bei'm Cryſtalliſiren der glasartigen arſenichten Saͤure, noch bei der Feuerſcheinung, welche das Chromexyd bei'm Erhitzen zeigt, eine bemerkbare Waͤrmeentwicktung wahrgenommen werden. Beide Lichtentwicklungen, welche vielleicht identiſch zu ſeyn ſcheinen, ſchei⸗ nen nicht in einem Verhaͤltniſſe zu der Veraͤnderung zu ſtehen, welche jene Subſtanzen vor und nach der Cryſtalliſation und dem Erhitzen zeigen. Mies ee dle m: Ueber die Aufnahme der Elemente bei'm Keimen der Pflanzen in Kieſelſäure bei völlig abgehaltenem ats moſphaͤriſchen Staube, hat Herr Dr. Marchand der Geſellſchaft naturforſchender Freunde, in Berlin, am 18. Mai einen Vortrag gehalten, nach welchem die Aſche der Pflanzen, außer den Beſtand— theilen der Saamen-Aſche, noch eine geringe Menge von Kieſel— fäure enthielt. Ueber die intenſiv blaue und gelbe Farbe der dickwerdenden Milch der Kuͤhe, als Product von blauen und gelben Infuſorien, hat Herr Fuchs, Repetitor an der Thier— arzneiſchule zu Berlin, eine Abhandlung in das Magazin für die Thierheilkunde mitgetheilt. Hei Ueber Asphyxie nach Halsverwundungen. Von Dr. Gabriel Stokes. Selbſtmord durch Halsverwundungen kann entweder erſt nach mehreren Tagen und Wochen mit dem Tode en— den, oder auch ſogleich nach Beibringung der Wunde und im letzten Falle durch Blutung aus den verwundeten Hals— gefaͤßen. Es kommt ſehr haͤufig vor, daß bei Queerwun— den des Halſes der Tod nicht unmittelbar folgt, und ge— wohnlich iſt dieß dann der Fall, wenn der Queerſchnitt hoch oben am Halſe beigebracht worden iſt. Man hat des— wegen behauptet, daß Wunden im obern Theile des Halſes Fk u n d beim Selbſtmorde nicht fo leicht und raſch den Tod zur Folge haben, wie die Wunden tiefer unten am Halſe; dieß iſt richtig, inſofern es ſich um den Tod durch Verblutung handelt; dagegen ſcheint es mir doch, daß bei einer tiefen Queerwunde zwiſchen Schildknorpel und Zungenbein ohne Verletzung groͤßerer Gefaͤße der Tod fo ſicher und ſo ploͤtz— lich eintreten muͤſſe, als wenn die carotis und jugularis durchſchnitten waͤren, indem in dieſen Faͤllen der Tod durch Asphyxie erfolgt, dadurch, daß die epiglottis auf die Stimmritze herabſinkt und wie eine Klappe die Reſpirationen hemmt. Dieß iſt zuerſt in einem Falle im 5. Bande der Dublin-Hospital-Reports von Herrn Houſton nachge— 201 wieſen, wo es heißt: Im März 1828 ſah ich einen Bes dienten, welcher ſich den Hals abgeſchnitten hatte, etwa zehn Minuten nach der Verwundung und fand ihn bereits leblos, ohne Puls mit kalten Gliedern; die ſehr tiefe Wunde ging mehr gegen das linke, als gegen das rechte Ohr hin. Das Meſſer war zwiſchen dem Zungenbeine und dem Schildknor— pel eingedrungen, ſo daß das Zungenbein mit der Zunge in die Mundhoͤhle gezogen war. Der Pharynx war weit geöffnet, und die von der Zunge getrennte epiglottis ging uͤber die hintere Flaͤche des Kehlkopfs herab; die Blutung war unbedeutend geweſen, und es ſchien ſchwierig, die Ur— ſache des ploͤtzlichen Todes anzugeben. Die Symptome waren die der Erſtickung; die Urſache derſelben war aber nicht ſogleich klar, bis ich den Finger in die Wunde fuͤhrte und bemerkte, daß die herabgeſunkene epiglottis die Stimm— tige vollkommen ſchloß; ich erhob fie und zog fie vor— waͤrts, worauf ſogleich die Bruſt ſich zu heben begann, Herz und Puls wieder ſchlugen, die Reſpiration ſich herſtellte und Bewußtſeyn und Empfindung wieder erwachten. Bei jeder Inſpiration zeigte die epiglottis Neigung, ſich nach Hinten zu ziehen und in die gefaͤhrliche Lage zuruͤckzukehren. Mittelſt einer Sutur wurde der Kehldeckel befeſtigt. Der Mann wurde gerettet; das delirium aber, in welchem er den Selbſtmord begangen hatte, dauerte fort und nach acht Tagen entwickelte ſich Eryſipelas am Halſe und machte dem Leben ein Ende. — Ein aͤhnlicher Fall iſt mir vor Kurzem vorgekommen. Am 29. Juli 1840 wurde ich Morgens zu einem Manne gerufen, welcher ſich in einem Anfalle von Wahnſinn den Hals abgeſchnitten hatte. Als ich in das Haus trat, wurde mir geſagt, daß er bereits todt ſey, obwohl erſt 12 — 15 Minuten ſeit der That verfloſſen waren. Ich fand den Koͤrper im Bette und mehrere Perſonen in dem Zimmer, unter denen ſich der Wundarzt Williams und der Apo— theker O' Reilly befand. Eine klaffende, zerriſſene Wunde zeigte ſich am obern Theile des Halſes; nicht mehr, als 8 bis 10 Unzen Blut ſchienen ausgefloſſen zu ſeyn. Das Geſicht war livid, die Lippen blau, das Auge glaͤnzend. Sogleich vermuthete ich, daß der Tod, wie in dem Falle von Herrn Houſton, erfolgt ſey; ich unterſuchte die Wun— de, welche ſchraͤg zwiſchen Zungenbein und Kehlkopf durch— ging. Das rechte Horn des Zungenbeins war von dem Körper des Knochens getrennt. Die Anheftung der epi- glottis war vollkommen abgeloͤſ't, und dieſer Knorpel lag platt auf der Stimmritze. So viel ich ſehen konnte, wa— ren keine großen Blutgefaͤße getrennt. Herr O'Reilly hatte den Kranken wenige Minuten nach der Verwundung geſehen und hatte das Herz noch ſchwach ſchlagend gefunden und auch noch leicht die convul— ſiviſchen Reſpirationsbewegungen bemerkt, waͤhrend welcher die Venen am Halſe betraͤchtlich anſchwollen, was jedoch bald aufhoͤrte. Bei der Section war das Geſicht noch livid, die Koͤr— peroberflaͤche kalt, die Leichenſtarrheit ſehr betraͤchtlich. Bei Unterſuchung der Wunde fand ſich, daß dieſelbe ſchraͤg durch den obern Theil des Halſes ging und etwa 3 Zoll lang 202 war. Alle Verbindungen zwiſchen dem Schildknorpel und dem Zungenbeine waren getrennt, und die Verbindung des rechten Hornes mit dieſem Knochen, ſo wie der epiglottis mit dem Zungenbeine, war aufgehoben, waͤhrend der Schildknorpel unberuͤhrt blieb. Das frenulum epiglotti dis war durchſchnitten, und die epiglottis lag ſo auf der Stimmritze, daß ſie dieſelbe vollkommen ſchloß. Die venae jugulares externae waren unverſehrt und nur ungewoͤhnlich ſtark mit dunkelem venöfen Blute angefuͤllt, ſo daß ſie, in Bezug auf Ausdehnung, den innern Droſſeladern glichen. Die Carotiden mit den begleitenden Venen und Nerven waren unverſehrt, die Venen beträchtlich ausgedehnt; die a. lingualis und die thyreoidea supe- rior, nebſt dem n. lingualis, waren durchſchnitten. Bei Eroͤffnung des thorax collabirten die Lungen, und die ent— weichende Luft hob die epiglottis in die Hohe; die Lungen waren geſund und nur wenig mit Blut angefuͤllt. Der rechte Vorhof war betraͤchtlich mit dunkelm Blute ausge— dehnt, ebenſo der rechte Ventrikel und beſonders ſtark die V. coronariae. Die Unterleibseingeweide waren normal, Magen und Darmcanal beträchtlich contrahirt; die Kopf— hoͤhle wurde nicht geöffnet. Das Niederfallen der epiglottis auf die Stimmritze wird man verſtehen, wenn man auf die Anatomie der Ge— gend zwiſchen Schildknorpel und Zungenbein Ruͤckſicht nimmt. Die epiglottis iſt mit dieſen beiden Theilen durch zwei li— gamentöfe Stränge verbunden, wovon das zwiſchen epi— glottis und Zungenbein einen beträchtlichen Grad von Ela— ſticitaͤt beſitzt. Die epiglottis wird dadurch und durch die Schleimhautfalten, welche zur Zunge gehen, auftecht erhal— ten und wenn ſie bei'm Schlucken niedergelegt wird, ſo werden dieſe Theile ausgedehnt; ſobald aber der Druck aufs hoͤrt, ſteigt die epiglottis durch die Elaſticitaͤt des Ban⸗ des zur normalen Stellung wieder in die Hoͤhe; bei Durch: ſchneidung des Bandes ſinkt aber die epiglottis wieder und wird bei der Inſpiration grade auf die rima glotti- dis gelegt. Dieſer Zufall ſcheint bisjetzt der Beobachtung der chi— rurgiſchen und gerichtsaͤrztlichen Schriftſteller entgangen zu ſeyn. Beck beſchreibt einen Fall aus dem 3. Bande des Medical-Magazine von einem Manne, welcher ſich erhaͤn— gen wollte, und da dieß nicht ging, ein Stuͤck Fenſterglas ausbrach und ſich durch viele Schnitte unter dem Unterkie— fer von einer Seite zur andern heruͤber verwundete, aber plöglih in die Arme eines Gefährten ſank und nach zwei— oder dreimaligem Schnappen nach Luft todt war. Es wa⸗ ren nicht mehr, als 16 Unzen Blut verloren. Die Plot lichkeit des Todes wurde hier dem Eindringen der Luft in die Aufere Jugularvene zugeſchrieben; aber ich bin übers zeugt, daß der Tod von Asphyprie durch ein Niederſinken der epiglottis bewirkt war. Blandin ſpricht in ſeiner Anatomie topographique von der Möglichkeit einer Ge— fahr durch das Niederfallen der epiglottis auf den larynx; er ſcheint aber von keinem Falle der Art zu wiſſen. Die Wichtigkeit einer Kenntniß dieſer Fälle für den Wundarzt iſt klar. Hätte, z. B., nicht Herr Houſton in dem er: 203 ſten Falle entdeckt, was die Urfache der Asphyxie war, fo waͤre der Mann auf der Stelle und in Gegenwart des Arztes verſchieden, und haͤtte der Wundarzt, welcher in dem von mir mitgetheilten Falle zuerſt zu dem Verletzten kam, die Art der Veraͤnderung erkannt, ſo wuͤrde wahrſcheinlich das Leben des Kranken gerettet worden ſeyn. Von beſonderer Wichtigkeit iſt aber die Kenntniß dieſer Fälle für den Gerichtsarzt; denn wo Eeine beträchtliche Blu: tung ſtattgefunden hat, wied man nach andern Todesurſa— chen fragen und kann leicht in großen Ierthum gerathen, wenn man nicht die Moͤglichkeit der von mir beſchriebenen Asphyxie kennt. (Dublin Journ., March 1841). Einige Bemerkungen gegen den Gebrauch der Bougies bei Stricturen des oesophagus. Von Dr. Hodgkin. Dieſe Einwuͤrfe gruͤnden ſich auf die pathologiſche Ana— tomie der betreffenden Theile und auf die Beſchaffenheit der bei der Krankheit afficirten Gewebe, und ſie beziehen ſich nicht bloß auf Speiſeroͤhrenverengerungen, ſondern auf den Ge— brauch von Bougies bei Verengerung irgend eines Canals, der mit Schleimhaut ausgekleidet iſt. Die Wirkung der Entzündung des fubmucöfen Zellge— webes beſteht in Ablagerung plaſtiſcher Lymphe, wodurch Anſchwellung bedingt und die Ausdehnbarkeit faſt ganz auf— gehoben und das Caliber des Canals vermindert iſt. Bei Unterſuchung eines oesophagus in dieſem Zuſtande finden wir, daß, in Verbindung mit dieſen Veraͤnderungen, auch die Schleimhaut an den darunter befindlichen Geweben feſt und unbeweglich anhaͤngt. Die veraͤnderte Zellhaut hat ein car— tilaginöfes Ausſehen bekommen. Beruͤckſichtigen wir nun die Wirkung, welche eine Bougie in einem ſo beſchaffenen Schleimhautcanale haben kann, ſo koͤnnen wir es kaum fuͤr möglich halten, daß ſelbſt bei größter Sorgfalt und bei Anz wendung eines glatten, mit einer milden Salbe uͤberzogenen Jaſtrumentes, die Schleimhaut gewaltſamer Compreſſion entgehe, wodurch der verengerte Canal erweitert werden ſoll. In der That muß die Schleimhaut wie von einem Keile comprimirt werden, da die krankhafte Verdickung der Zellhaut in der Nähe der Mitte des verdickten Theiles am ſtaͤrkſten verdickt ſeyn muß und ſich gegen die normalen Theile hin allmälig verdünnt. Jede Wiederholung der Einführung der Bougie muß die Gewaltthaͤtigkeit an demſelben Puncte er: neuern, da ſich die Schleimhaut auf den darunterliegenden Geweben nicht bewegen kann. Die Wirkung ſolcher We— derholungen einer Reizung muͤſſen nothwendig mehr oder minder ſtarke Entzuͤndung, wo nicht Ulceration der Schleim haut, veranlaſſen. Die darunter liegenden Gewebe muͤſſen daran Theil nehmen; die bereits verdickten Theile muͤſſen dicker und feſter werden (2), und die krankhafte Veraͤnderung wird ſich auf Theile des Zellgewebes ausbreiten, welche bis dahin der Veraͤnderung entgangen waren. Eine andere zu befuͤrchtende Wirkung der Operation mit der Bougie beſteht darin, daß die damit verbundene Gewalt einen Einfluß auf Erregung ſcirrhoͤſer oder fungoͤſer Wucherung haben möge, 204 wozu der oesophagus, wenn er einmal der Sitz von Struce turveraͤnderung geworden iſt, ganz beſonders geneigt zu ſeyn ſcheint, und zwar wahrſcheinlich wegen der natuͤrlichen Be— weglichkeit des Theiles, welche man nicht aufzuheben im Stande iſt. Dieſe unguͤnſtige Bedingung muß indeß im Verhaͤltniß unſchaͤdlich ſeyÿn, wenn man fie mit der Einwir— kung der Bougie auf die Widerſtand leiſtenden Theile vergleicht. Ich habe bereits bemerkt, daß die Symptome der Strictur des oesophagus von andern Urſachen herruͤhren moͤgen, als von dem zuletzt Angefuͤhrten, und es wird paſſend ſeyn, dieſelben hier aufzuzaͤhlen, mit Ruͤckſicht auf die Ver— letzung, welche durch die Bougie dabei veranlaßt werden kann. 1) Es kann vorkommen, daß gar keine Verengerung in dem oesophagus vorhanden iſt; die Schlingbeſchwerden koͤnnen von einer Krankheit in der trachea herruͤhren, welche, wie wir früher geſehen haben, eine Tendenz zur Fortpflan⸗ zung auf den oesophagus haben. Der Durchgang der Bougie kann dabei deſſenungeachtet durch die krampfhafte Conſtriction, welche durch den Druck der Bougie erregt wird, gehemmt werden; es iſt moͤglich, daß auf dieſe Weiſe eine Strictur ſimulirt wird; eine wiederholte Anwendung der Bougie in dieſen Faͤllen würde die Krankheit nur verſchlim— mern und den Zeitpunct beſchleunigen, zu welchem der oeso— phagus in der That daran Theil nimmt. 2) Geſchwuͤre des oesophagus veranlaſſen Symptome, welche faſt in jeder Beziehung denen der einfachen Strictur gleichen, und obwohl bisweilen andere Symptome auftreten, welche zu einer richtigen Diagnoſe fuͤhren koͤnnen, ſo iſt doch große Gefahr, daß fie uͤberſehen werden, daß fie nicht hinrei— chend ausgebildet ſind, um zu einer Unterſcheidung dienen zu koͤnnen, bevor durch die Bougie Schaden gethan iſt. 3) Jh habe bereits bemerkt, wie leicht durch die Anz wendung einer Bougie die Entwickelung eines boͤsartigen Characters der Krankheit beguͤnſtigt wird. Wo die Strictur des oesophagus von boͤsartiger Beſchaffenheit iſt, da muß nothwendig der Gebrauch der Bougie die Krankheit verſchlim— mern und die Durchbohrung benachbarter Theile beſchleuni— gen, was in der That bei der Anwendung der Bougie be— ſonders leicht ſtattfindet, indem hier das Inſtrument das vollends zu Stande bringt, was durch die Krankheit allmaͤ— lig bewirkt wird, 4) Wo das Hinderniß fuͤr den Durchgang der Nah— rungsmittel durch die Speiſeroͤhre durch den Druck benach— batter Geſchwuͤlſte bewirkt wird, welche entweder durch Neu— bildung oder durch Entartung normaler Koͤrpertheile entſtan— den find, da kann natürlich die Bougie nicht guͤnſtig wirken; im Gegentheile kann betraͤchtlicher Schade geſchehen, indem die Schleimhaut und die darunter liegenden Gewebe verletzt werden. Ein ſolcher Fall, wenn die Geſchwulſt aͤußerlich nicht fuͤhlbar iſt, kann ſehr leicht fuͤr eine einfache Strictur gehalten werden und wird alsdann um ſo mehr mit Kraft und Ausdauer mittelſt der Bougie behandelt werden, jemehr die Schleimhaut als normal beſchaffen erkannt iſt und eine kraͤftige Einwirkung dadurch gerechtfertigt ſcheint. (Hodgkin, Lectures on the Morbid Anatomy of the serous and mucous membranes. Vol. II. London, 1840.) 205 Beobachtung von Lähmung der Extenſoren der obern und untern Extremitaͤten in einem Falle der Cayenne-Colik. Von Herrn Tanquerel des Planches. Die Climate praͤgen den Menſchen nicht allein anatomiſche, phyſicaliſche und moraliſche Eigenthuͤmlichkeiten auf, fie veranlaſſen auch eigenthuͤmliche Krankheitsformen. So herrſcht das Typhoid in Europa, die Peſt in Aegypten, das gelbe Fieber zu Neu-Orleans, der Typhus in America und die Colique vegetale zu Cayenne. Man erinnert ſich, daß noch vor Kurzem feſtgeſtellt worden iſt, daß das Clima von Cayenne und von Madrid eine eigenthumliche, den Metallcoliken gegenüberftehende, Krankheitsform veranlaßt. Man iſt nun zwar übereingefommen, daß das Clima von Cayenne in den Unterleibsorganen und im Cerebroſpinalſyſteme ganz eigen— thuͤmliche Veraͤnderungen hervorruft, man iſt aber noch im Uns klaren über die Symptome. Herr Bouvier bat der Geſell— ſchaft der Medicin einen früher in Cayenne garniſonirenden Un— terofficier vorgeſtellt, welcher noch an Symptomen jener ende— miſchen Gotik zu leiden hat. Ein genauerer Bericht über dieſen Kranken, in Gemeinſchaft mit den vor Kurzem von Dr. Hyſern uͤber die Colik von Madrid mitgetheilten Bemerkungen (vergl. N. Notizen B. 16. S. 222. No. 344.), wird im Stande ſeyn, die Geſchichte einer fo intereffanten Krankheitsform aufzuklaͤren. Coudray Sergeant der Marine-Infanterir, jetzt im Hotel des Invalides, 37 Jahre, von großer Statur, hatte ſich immer einer guten Geſundheit erfreut, bis er im Jahr 1832 mit feinem Regi⸗ mente nach Cayenne kam. Der Wein, welchen dieſer Soldat trank, war aus den Regierungsdepots, und nie iſt über Berfälfchung dies ſer Weine geklagt worden; auch hoͤrt man in Cayenne nichts von Vergiftung durch verfaͤlſchte Weine. Der Taffia, das gewoͤhnliche Getraͤnk des Landes, wird in Steingutflaſchen aufbewahrt. Cou— dray hatte bis zum Anfange der noch jetzt fortwirkenden Krank— beilszufälle kein Arzneimittel irgend einer Art gebraucht und hatte auch in neugemalten Zimmern weder gewohnt noch geſchlafen. Die Keſſel der Soldaten ſind allerdings mit einer bleihaltigem Maſſe geloͤthet; dieß iſt aber ebenſo in der ganzen Franzoͤſiſchen Armee der Fall. Vor dem Eintritt in das Militär (1825) war der Mann Buchdrucker, aber bloß an der Preſſe beſchaͤftigt, ſo daß er mit den Lettern nichts zu thun hatte. Fruͤher hatte er nie eine Spur von Bleikrankheit gehabt. Zu Cayenne fuͤhrte der Mann ein regelmäßiges Leben, trank täglich eine Bouteille Wein, nahm hoͤchſt ſelten etwas Taffia zu ſich und vermied alle Geſchlechtsaus— ſchweifungen. 1834, bei ſehr guter Geſundheit, wurde er detachirt, um ent— laufene Neger zu verfolgenz er war in einem ſumpfigen, naſſen Lande, den Savannes de la Gabrielle, häufig dem Regen ausge— ſetzt, und mußte Stunden und ſelbſt Tage lang mit den Fuͤßen bis zu den Schenkeln herauf in truͤbem Waſſer waten. Seine Nah— rung beſtand aus geſalzenem Fleiſch, welches in Holzkiſten ohne Bleiüberzug aufbewahrt wurde und in ſchlechtem Zwieback. Zum Getränk hatte er etwas Taffia. In Folge dieſer Beſchwerden und dieſer Lebensweiſe zeigte ſich einen Monat nach ſeiner Ruͤck— kehr in die Stadt ein Gefuͤhl von Ermuͤdung, Appetitloſigkeit, Druck in der Magengegend und Uebelkeit. Einige Tage darauf genießt er eine Taſſe Kaffee, welcher von einer Negerin bereitet war (man behauptet in der Colonie, daß durch Negerinnen haͤufig Weiße vergiftet werden). Eine Viertelſtunde danach ſtellt ſich heftiger Schmerz und hartnaͤckiges Erbrechen ein; er koͤmmt nach dem Spi— tale. Ein Camerad hatte gleichzeitig eine Taſſe Kaffe bekommen ur ſteht nicht feſt, ob aus demſelben Topfe); dieſer erlitt durchaus ein Krankheitsſymptom. Uebrigens war kein Grund, warum man glauben ſollte, daß jene Negerin einen Vergiftungsanſchlag gegen den Coudrapy gehabt habe. Bei der Aufnahme in das Spital klagte er uͤber heftige, zer— reißende, grimmende Bauchſchmerzen, welche nur momentan durch Druck vermindert wurden. Die Schmerzanfaͤlle waren fo heftig, daß er ſich platt auf den Bauch legte, ſich kruͤmmte, waͤlzte, ſchrie ꝛc. Der Unterleib war etwas aufgetrieben und härter, als gewöhnlich. 206 Durch Aufſtoßen gingen viele Gaſe ab; es war Erbrechen, Tenes⸗ mus, Appetitloſigkeit und heftiger Durſt zugegen; die Urinabiondes rung war normal. Schmerzen längs des Ruckgrats waren nicht gegen. — Nach dem Gebrauche zahlreicher, verſchiedener Mittel wurde Coudray am 10. Dec. 1834 geheilt aus dem Spitale entlaſſen. Am 15 Dec. wurde er, ohne bekannte Urſache, faſt ploͤtzlich von lancinirenden Schmerzen in den Gliedern, begleitet von ſchmerzhaf— ter Contraction, befallen. Er kam wiederum in das Spital. Acht Tage ſpaͤter geſellte ſich zu den Schmerzen Mattigkeit, ein Gefühl von Schwere und Auftreibung, welches bald in Paralyſe überging. Die Aufhebung der Bewegungsfaͤhigkeit begann in den obern Glied⸗ maaßen; zugleich zeigte ſich Stottern und Stimmloſigkeit. Die Gotik kehrte auf's Neue zurück, verſchwand aber nach Zwoͤchentli— cher Behandlung auf's Neue, während Schmerz und Lähmung bis zur Ruͤckkehr nach Frankreich fortdauerten, welche im Mai 1835 ſtattfand, Zu diefir Zeit war die Lähmung fo ſtark, daß Coudray ſich nicht auf den Beinen zu halten im Stande war, um ſich ans zukleiden, um zu eſſen u. ſ. w Seit feiner Ankunft auf dem Continente find die Gliederſchmer— zen allmälig verſchwunden; die Colik kehrte aber zu verſchiedenen Malen wieder; ebenſo nahm die Paralyſe mehrmals zu und wieder ab. Mit Hülfe von Dampfbädern und von innerlicher Anwendung des Strychnins kam bie Lähmung endlich bis zu dem Grade, wel— chen ich jetzt näher beſchreiben will. Zuſtand im Mai 1840. Noch ziemlich kraftige Conſtitu— tion, erdig gelbe Geſichtsfarbe, gelbe Augenbindehaut, welche etwas blaͤulich durchſcheint; das Zahnfleiſch, etwas violett, zeigt Blutcon⸗ geſtion; von den mit Weinſtein bedeckten Zähnen ift das Zahnfleiſch etwas abgeloͤſ't, die Zunge blaßroth, feucht, der Appetit gut, Durſt maͤßig, Verdauung leicht, Stuhlgang regelmaͤßig, Unterleib weich und gut geformt, Leber und Milz normal, kein Huſten und Aus⸗ wurf, die Reſpiration normal, die Urinausſcheidung ſchmerzlos, der Urin gelblich, in hinreichender Quantität, wird leicht gelaſſen; der Zuſtand des Herzens iſt normal; der Puls weich und regeimäßig, die Hautwaͤrme normal, kein Kopfſchmerz, leichter Schlaf, unge ſtörter Zuſtand des Geiſtes. f Obere Extremitäten rechter Seite. Im Zuſtande der Ruhe permanente Flexion, faſt in einem reckten Winkel, in dem Handwurzelgelenk, an den Fingern und am Vorderarme. Der Zeigefinger und kleine Finger find etwas weniger gekruͤmmt, als die übrigen Finger; die Bewegungen der Strackung der Dandwur: zel exiſtiren nicht mehr; der Kranke kann die Hand ſchließen, es iſt ihm aber unmoͤglich, Gegenſtaͤnde von ſehr geringem Umfange zu faffen. Die Bewegung der Finger iſt nur in der Richtung der Beu— gung moͤglich; eine Extenſion derfilben iſt ganz aufgehoben. An dem halbgebeugten Daumen ſind die Bewegungen der Adduction, Abduction und Oppoſition aufgehoben; alle übrigen Bewegungen find frei. Der Thenar und Hypothenar ſind atrophiſch und aufs fallend eingeſunkenz an der Vereinjgung der Handwurzel und der Mittelhandknochen bemerkt man auf der Dorſalflaͤche der Hand am Radialrande zwei Knochenhervorragungen. Am hintern Theile des Vorderarmes zeigt ſich auffallende Atrophie; die Muskelhervorra— gungen ſind verſchwunden. Die Empfindung iſt unverſehrt. Linke Seite. Die Hand iſt leicht gegen den Vorderarm gebeugt, kann aber nach vorheriger Schließung vollkommen geſtreckt werden. Die ſtark gebeugten Finger haben das Vermögen der Ex: tenfion verloren; der Zeigefinger und kleine Finger find etdas we— niger gebeugt, als die beiden mittleren Finger; der halbgebeugte Daumen iſt zu den Bewegungen der Abduction, Adduction und Ops pofition nicht mehr frei; Thenar und Hypotbenar find nicht fo ſtark atrophiſch, wie auf der rechten Seite, und auf der Dorſalflaͤche der Hand iſt keine Knochenhervorragung zu bemerken; die hintere Flaͤche des Vorderarmes iſt zwar atrophiſch, jedoch nicht ſo ſtark, als auf der rechten Seite; die Empfindungsfähigkeit iſt ungeſtoͤrt. 4 Untere Gliedmaßen. Die Zeben ſind beſtaͤndig gegen die Fußſohle gekruͤmmt; der Kranke kann ſie weder ſtrecken, noch aus⸗ einanderſpreizen; der Fuß iſt gegen den Unterſchenkel geſtreckt, die Dorſalflaͤche ſtark gewoͤlbt, die Plantarfläche ſtark concav, Bewer gung der Flexion aufgehoben. Wenn der Kranke geht, ſo geſchieht 207 dieß ſpringend; er hebt die untern Gliedmaßen gleich unthaͤtigen Maſſen in die Hoͤhe; die Fußſpitze richtet ſich ſtark nach Unten, die Ferſe nach Oben, und nur auf eine mechaniſche Weiſe wird die Fußſpitze, nachdem ſie auf den Boden aufgeſetzt war, wiederum gegen den Unterſchenkel gebeugt. Die mindeſte Ungleichheit des Bodens ſetzt den Kranken dem Fallen aus, und er erhebt daher feine Füße fo ſtark, als möglich, vom Boden Die verſchiedenen Bir wegungen find aufgehoben; jedoch links etwas weniger, als rechts. Die Muskeln in der Schienveingegend find vollkommen atrophiſch; die übrigen Bewegungen der untern Extremitaͤten find noch erhal— ten; die Senſibilitaͤt iſt ungeſtoͤrt; um die Knoͤchel findet etwas ddematöfe Jafiltration ſtatt. 5 Auf dieſe Weiſe iſt alſo eine Laͤhmung vorhanden, welche ſich auf die Extenſionsmuskeln der obern und untern Extremitaͤten be— ſchraͤnkt. . Verſchiedene Mittel ſind ohne Nutzen angewendet worden, als Schwefelbaͤder, Dampfbaͤder, Blutentziehungen, Blaſenpflaſter, Frictionen, Schwefelſaͤure-Limonade, Douchen von Bareges- Waſſer ꝛc. 5 . Die Geſammtheit der aufgefuͤhrten Krankheitserſcheinungen gleicht vollkommen denen der Bleilaͤhmung, während die fruͤhern Coliken auch der Bleicolik ahnlich find. Es iſt indeß nicht anzu= nehmen, daß die Krankheit in der fruͤhern Beſchaͤftigung des Co u— dray als Buchdrucker ihren Grund habe, indem er damals mit den Lettern ſelbſt nichts zu thun hatte und auch eine ziemlich lange Zeit nach dieſer Beſchäftigung vollkommen geſund blieb. Das Letz⸗ tere koͤmmt indeß allerdings bei Bleicoliken auch ſonſt wohl vor. Am meiſten ſcheinen die atmoſphaͤriſchen Einfluͤſſe als Krankheitsurſache betrachtet werden zu muͤſſen. Ueber den Verdacht, daß der Kaffee, welchen Coudray von einer Negerin erhalten habe, vergiftet ge: weſen ſey, laͤßt ſich nichts ſagen. Zur Zeit der Unterſuchung iſt allerdings an ein Vorhandenſeyn von Blei in dem Organismus nach den Symptomen nicht mehr zu denken Uebrigens iſt nach dieſer einzigen Beobachtung noch keines⸗ wegs zu ſchließen, daß die von dem Clima abhängige‘ Krankheit der Bleivergiftung aͤhnlich ſey. Noch immer iſt dieſer Punct ziem⸗ lich in Dunkel gehuͤllt, und es bedarf neuer Forſchungen über die Exiſtenz der Symptomatologie und der Aetiologie der Cocik von Cayenne. (Rev, méd. Oct. 1840.) Miscellen. Ueber fibrinöfe Ablagerungen in dem Teſtikel. — Herr Smith zeigt mehrere anatomiſche Praͤparate vor, welche Cuſack's Beobachtungen über diejenige Art von chroniſcher Hyper— trophie, welche von mehreren Autoren tuberculöfer Teſtikel oder Hoden-Tuberkel genannt wird, beſtaͤtigen. Herr Cuſack iſt der Meinung, daß ſie in keiner Beziehung mit den Scropheln oder mit der Syphilis ſtehe, ſondern daß ſie ganz einfach von einem inflammatoriſchen Zuſtande herruͤhre, von welchem das Organ fruͤ— her befallen war. Die hier in Rede ſtehende Krankheit zeigt Cha— ractere, welche ſich von denen des wirklichen ſcrophuloͤſen oder tu— berculöfen Hodens unterſcheiden, und beginnt gewöhnlich in der Subſtanz des Organs, unter der Form einer gelblichen, ſoliden und 208 feſten Maſſe. Herr Smith glaubt, daß dieſer Zuſtand von einer Ablagerung von Fibrine in das Zellgewebe des Teſtikels herruͤhre. Er zeigt eine Reihe von Zeichnungen, welche die verfchiedenen Pe— rioden der Krankheit darſtellen, und fügt hinzu, daß dieſe faſt im— mer von Hpdrocele begleitet ſey. Er konnte nicht mit Sicherheit behaupten, daß der Kranke an einer ſyphilitiſchen Affection gelitten habe; aber er war überzeugt, daß keine Scropheln zu Grunde las gen: er hatte die Leiche, von welcher er die Präparate genommen hatte, genau unterſucht und in den Eingeweiden keine tuberculöfe Entwickelung wahrgenommen. Nach Herrn Smith iſt die Affee— tion durch chroniſche Entzündung entſtanden und faft immer von Obliteration der tunica vaginalis begleitet, mit Ausnahme am obern Theile, wo eine Hoͤhle zuruͤckbleibt, in welcher ſich die Hydrocele bildet. Sir Aſtley Cooper hat dieſelbe Affection beſchrieben; er ſagt, daß bei ihrem Entſtehen eine gelbe, ſehr conſiſtente, adhaͤſive Subſtanz ſich in das Gewebe des Organs ablagere. Dieſe Abla— gerung kann waͤhrend des ganzen Lebens ohne Veraͤnderung beſtehen oder durch Suppuration endigen. Wenn dieſe Suppuration im Centrum des Teſtikels beginnt, erreicht fie bald die Oberflache, und es bildet ſich eine Geſchwulſt aus, welche Sir Aſtley Cooper aranulöfer Tumor des Teſtikels nennt. Herr Smith ſtuͤtzt ſich auf die haͤufigen Mißgriffe, welche ein großer Theil der Chirur— gen bei dieſer Affection begehen. Man hat ſie haͤufig fuͤr boͤsartig und unheilbar gehalten, und die Exſtirpation der Druͤſe war oft die traurige Felge dieſes Irrthums. Indeß iſt ſie weder boͤsartig noch unheilbar, und in der Mehrzahl der Faͤlle weicht ſie der Anwen— dung der Mercurialien. Zuletzt zeigt Herr Smith der Geſellſchaft einen ſcrophuloͤſen Teſtikel, um den Unterſchied zwiſchen dieſem und der granuloͤſen Verſtopfung dieſes Organs zu zeigen. Die bloße Anſchauung reichte hin, um bei beiden Affectionen zahlreich verſchie— 95 Charactere wahrzunehmen. (Pathologiſche Geſellſchaft zu ublin.) Als Operation zur Heilung des Stotterns beſchreibt Herr Yearsley die Exſtirpation der Mandeln und die Abkürzung der uvula. Er verrichtet die Operation urſpruͤnglich zur Hebung von Taubheit bei Mandelanſchwellung und bemerkte bei einigen Kranken nicht bloß eine Verbeſſerung der etwas dicken, undeutlichen Stimme, ſondern auch die Heilung des Stotterns, womit ſie vor— her behaftet waren. Die Erklaͤrung, welche er davon giebt, be— ſteht darin, daß er meint, eine Perſon ſtottere deswegen, weil keine Luft durch den Mund herauskommt, was daher ruͤhre, daß die Mandeln und die Zungenwurzel an den Gaumen angedruͤckt ſeyen, während die Bauchmuskeln ebenſo, wie die übrigen Exſpirations— muskeln, die heftigſten Anſtrengungen machen, um die Luft heraus zutreiben. (Warum geht ſie denn in dieſem Falle nicht durch die Naſe?) Herr Yearsley iſt nun der Anſicht, daß das Stottern aufhoͤre, wenn man der Luft Raum ſchaffe, um durch die Mund— hoͤhle hervorzudringen. Er hat etwa 120 Perſonen auf dieſe Weiſe operirt, von denen, nach ihm, alle eine Beſſerung, die Mehrzahl Heilung erlangten. Meiſtens wurde die ganze uvula abgetragen. — Herr Alcock hat viele von dieſen Operationen mit angeſehen und bemerkt in einer Westminster-Medical-Society, daß bei einigen Faͤllen keine, bei andern ſehr uͤberraſchende Beſſerung eintrat, waͤh— rend bei andern zweifelhaft blieb, ob ſich der Zuſtand gebeſſert habe. (Lancet, 20, und 27. March 1841.) Bibliographische Elémens d’Anatomie et de Physiologie compardes, ou Etude succincte des ressorts et des ph@nomenes de la vie chez homme et chez les animaux, avec des observations physi- ques et morales. Par G. P. Emile de Tarade, Paris 1841. 8. M. 8 K. Azais. Explication des puits artésiens et à ce sujet, quelques unes des grandes vues générales. Paris 1841. 8. Rer. Revue des faits chirurgicaux observés à I'hötel Saint André de Bordeaux pendant les cing derniers mois de l’annde 1838. Par M, Eugene Bermond, Bordeaux 1341. 8. Traité complet de bandages et d’anatomie appliquee à l’etude des fractures et luxations, avec les appareils qui leur con- viennent. Par Michel Iivet. 8. et derniere partie, Paris 1841. 8. M. K. Menue Uotizen a us dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medicinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Medieinatrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Mo. 388. (Nr. 14. des XVIII. Bandes.) Mai 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. e ee Pa eee e e Allgemeine Unterſuchungen uͤber die Organographie, Phyſiologie und Organogenie der Pflanzen. 8 Von Herrn Gaudichaud. Dieſe Abhandlung, welche der Verfaſſer der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften in deren Sitzung am 12. April d. J. vortrug, erhielt im Jahre 1835 den halben Mon— thyon' ſchen Preis für die Experimentalphyſiologie und iſt unlängft im Sten Bde. der Savants etrangers ab— gedruckt worden. Der Verfaſſer theilte bei dieſer Gelegen— heit der Academie auch Nachrichten uͤber ſeine ſpaͤtern, die erſte ergaͤnzenden Arbeiten mit. „Wenn ich,“ bemerkte derſelbe, „ſage, daß meine Ar— beit ſich nacheinander mit der Organographie, Phyſiologie und Organogenie der Pflanzen beſchaͤftigt, ſo habe ich da— mit den Umfang und die Wichtigkeit des von mir behan— delten Gegenſtandes genugſam angedeutet. Keineswegs habe ich mich erdreiſtet, dieſe Aufgabe allein und aus eigenen Mitteln zu loͤſen; Niemand, wer er auch ſey, moͤchte der— ſelben gewachſen ſeyn, wenn er nicht die Arbeiten ſeiner Vorgaͤnger und Zeitgenoſſen zu Huͤlfe naͤhme, wenn er ſich nicht auf eine, durch Andere und zum Theil durch ihn ge— wonnene, feſte Grund'age ſtuͤtzen koͤnnte. „Bevor ich jedoch die verſchiedenen Elemente, aus de— nen der fragliche Zweig der Wiſſenſchaft gegenwaͤrtig be— ſteht, darzulegen verſuche, habe ich für noͤthig erachtet, nicht nur diejenigen hervorzuheben, welche ich zur Baſis meiner Forſchungen gemacht habe, ſondern auch die aus denſelben abzuleitenden Theorieen und das von mir in's Auge gefaßte Ziel zu bezeichnen. „Dieſes Ziel habe ich mir nicht ſo hoch geſteckt, als Manche zu glauben geneigt ſind; ich beabſichtige, in der Wiſſenſchaft keine nothwendige Reform zu veranlaſſen; ich bringe nur eine mir gegenwaͤrtig zeitgemaͤß ſcheinende Re— form in Vorſchlag und unterwerfe dieſelbe hiermit dem Ur— theile der Academie und der ganzen gelehrten Welt. Allein ich erklaͤre beſtimmt, daß ich dieſelbe nicht aus perſoͤnlichem No. 1488. Ehrgeize zur Sprache bringe, und wenn man mir beweiſ't, wie man es zu thun ſich geruͤhmt hat, daß ich mich irre, daß die bisherige wiſſenſchaftliche Anſicht uͤber den fraglichen Gegenſtand mehr fuͤr ſich hat, als die meinige, ſo bin ich vollkommen bereit, dieſe aufzugeben. „Die von mir, in der Hoffnung, unſere Kenntniffe uͤber das Pflanzenreich zu vervollkommnen, unternommenen Arbeiten wurden beſonders im Jahre 1830 erledigt. Ich wurde durch dieſelben zu Reſultaten gefuͤhrt, die mir wich— tig ſchienen und die, als ich fie im Jahre 18383 bekannt machte, den Beifall der erſten Organographen und Pflan— zenphyſiologen erlangten, und nur ihrem Rathe zufolge, legte ich fie im Jahre 1835 der Academie vor, welche mir noch in demſelben Jahre dafür die Hälfte des Monthyon’ ſchen Preiſes fuͤr Experimentalphyſiologie zuerkannte. „Damals war ruͤckſichtlich der allgemeinen Organogra— phie der Pflanzen noch keine Frage als erledigt zu betrach— ten. Die gewaltigen Arbeiten der alten und die noch wich— tigern der neuen Phyſtiologen bezogen ſich auf, wenngleich ſehr bedeutende, doch vereinzelt daſtehende Puncte, daher ruͤckſichtlich der allgemeinen Organiſation der Pflanzen und der directen Beziehungen der dieſe bildenden Theile ſo wenig feſtgeſtellt war, als uͤber deren Functionen und die ſie er— zeugenden Kraͤfte. Der Punct, welcher damals als Haupt— gegenſtand der Forſchungen behandelt wurde, war das Wachs— thum der Staͤngel, gewiß ein intereſſantes Capitel, uͤber welches mancher nuͤtzliche Aufſchluß erlangt ward, deſſen Erledigung jedoch aus dem einfachen Grunde nicht geſchehen konnte, weil dieſe ohne die Loͤſung einer viel tieferliegenden Frage, die man eigentlich noch gar nicht in's Auge gefaßt hatte, nicht zu erlangen war; ich meine die allgemeine Or— ganiſation der Pflanzen. „Der Academie iſt gewiß noch jener edle Streit erin— nerlich, welcher ſich damals vor ihr entſpann und in deſſen Verlaufe ſo viel Talent entfaltet, ſo viele wichtige Thatſa— chen dargelegt wurden; der jedoch nicht zu einem definitiven Reſultate führte, und in dem zwar einer der eifrigſten Strei— 14 211 ter unterlag, aber ſich nicht für befiegt erkannte und das Bewußtſeyn mit ſich nahm, fuͤr die Sache der Wahrheit und ſeine innige religioͤſe und wiſſenſchaftliche Ueberzeugung gekaͤmpft zu haben. „Auf dieſen Kampfplatz, von dem Aubert Du Pe— tit⸗Thouars ermattet abtrat, ward ich, ganz gegen meine Neigung, durch meine Forſchungen gefuͤhrt. Allein es ge— ſchah dieß in Folge der Ermittelung fo zahlreicher ſchoͤner und beweiſender Thatſachen, daß jeder Unbefangene mir zu— geben wird, daß ich mich nicht zuruͤckziehen konnte, ohne der Wiſſenſchaft etwas zu vergeben, ſelbſt wenn ich mich im Itrthume befunden hätte. „Meine Anſichten ſind zwar nicht ganz dieſelben (wie die Du Petit-Thouars's), ſie beruhen nicht ganz auf den gleichen Grundlagen, fie find aber nicht weniger feft begruͤndet. „Ich ging bei meinen Forſchungen von zwei Grund— fäsen aus, deren Richtigkeit hoffentlich Niemand in Zwei: fel ziehen wird. 1) Alle Vegetation beginnt mit einer Knospe; 2) Jede Knospe beginnt mit einem einfachen, dop— pelten oder vielfachen Individuum. Eine einfache Knospe (ein einfaches phyton) nenne ich, z. B., die der Monocoty— ledonen, welche urfprünglid aus einem einzigen gefaͤßreichen Individuum beſteht, d. h. nur ein Gefaßſyſtem und einen einzigen Saamenlappen oder Blatt beſitzt. „Dieſes Individuum iſt, wie auch immer deſſen beſon— dere Entwickelungsart beſchaffen ſeyn mag, jederzeit aus 4 deutlich erkennbaren Theilen zuſammengeſetzt. 1) Dem Staͤngelchen (tigillum) oder dem merithal- lus des Staͤngelchens; 2) dem Blattſtiele (petiolus) oder merithallus defz ſelben; 3) dem Saume (limbus) oder merithallus deſſelben; 4) dem Wuͤrzelchen (radicula). Dieſes entwickelt ſich, in der Regel, erſt waͤhrend des Keimproceſſes und ge— hoͤrt alſo der urſpruͤnglichen Organiſation nicht an. Die uͤbrigen Theile unterliegen zahlreichen Modificationen. „Doppelte oder vielfache Knospe nenne ich, z. B., die der Dicotyledonen, welche urſpruͤnglich (in der Regel) aus zwei oder (ausnahmsweiſe) mehr einfachen Individuen zu— ſammengeſetzt iſt; daß heißt, aus zwei oder mehr einfachen, aber mit einander verbundenen Gefaͤßſyſtemen, aus zwei oder mehr Cotyledonen oder Blaͤttern beſteht, die mehr oder weniger unabhaͤngig voneinander exiſtiren. „Dieſes doppelte oder vielfache Individuum (phyton) beſteht ebenfalls, wie es ſich auch uͤbrigens mit deſſen be— ſonderer Entwickelung verhalten mag, aus vier veraͤnderlichen Theilen, von denen zwei doppelt, dreifach u. ſ. w. ſind. 1. Dem anſcheinend einfachen Staͤngelchen oder dem merithallus deſſelben, das jedoch aus zwei oder mehr Gefaͤßſyſtemen hervorgeht; 2) zwei oder mehr Blattſtielen oder deren Merithallen, deren Zahl ſtets mit der der Gefaͤßſyſteme des Staͤngelchens uͤbereinſtimmt; 3) zwei oder mehr Saͤumen oder deren Merithallen; 212 4) einem ebenfalls erſt im Laufe des Keimproceffes entſtehenden Wuͤrzelchen. „Bei der einfachen, wie bei der doppelten ꝛc. Knospe bilden die die Tracheen einſchließenden Merithallen das auf— ſteigende, und das Wuͤrzelchen das abſteigende Syſtem der Pflanze. „Ich unterlaſſe abſichtlich, hier von den haͤufig vor— kommenden Modificationen zu reden, deren Grund im Fehl— ſchlagen oder in der ungleichen Entwickelung mancher Theile zu ſuchen iſt. Sobald die einfache, doppelte oder vielfache Knospe entſtanden iſt, bevor noch die Elementargewebe der— ſelben vollſtaͤndig entwickelt ſind, ſieht man ſchon eine zwei— te, dritte, vierte, kurz eine Anzahl Knospen ſich bilden, wie ſie jedes Alter und jeder Theil der Pflanze mit ſich bringt. „Beobachtet man die Knospe eines Monocotyledonen, fo bemerkt man, daß die dieſelbe bildenden phyta zuerſt in— einander eingeſchachtelt und einander in der organiſchen Zu— ſammenſetzung durchaus ähnlich find, d. h., jedes ein mehr oder weniger vollſtaͤndig abgeſondertes Gefaͤßſyſtem, einen Staͤngelchen-merithallus und einen Saum :merithallus beſitzt. „Dieſe Theile, beſonders die untern, ſind mehrentheils in der erſten Entwickelungsperiode bei Gewaͤchſen mit ſehr kurzen Staͤngelchen-Merithallen, z. B., die Cocos- und Areca-Palmen, deren ausgewachſene Blaͤtter gemeiniglich aufeinanderliegen, ſchwer zu erkennen. Oefter jedoch verlaͤn— gern ſich dieſe in Beruͤhrung miteinander entwickelten Staͤn— gelchen-Merithallen und ſetzen ſich in der Art regelmaͤßig uͤbereinander, daß die Staͤngel deutlich gegliedert oder gerin— gelt werden. Viele Palmen, Orchideen, Gramineen u. ſ. w. bieten Beiſpiele dieſer Art dar, und die Bambusrohre gehoͤ— ren ebenfalls zu den auffallendern Faͤllen dieſer Art. Bei dieſen laͤßt ſich dieſe Erſcheinung an den in unſern Ge— waͤchshaͤuſern gezogenen Exemplaren beobachten: die Staͤn— gel beſtehen aus den uͤbereinanderſitzenden Staͤngelchen-Me— rithallen einer beträchtlichen Anzahl von phyta, deren ſchup— pige Blattſtiel-Merithallen ſehr zuſammengeſchrumpft und deren Saum-Merithallen groͤßtentheils oder ſaͤmmtlich fehl— geſchlagen ſind. Die langen Staͤngel oder Schaͤfte dieſer Pflanzen, von denen manche an gewiſſen Standoͤrtern nicht weniger, als 100 Fuß meſſen, beſtehen alſo in ihrer urſpruͤnglichen Zu— ſammenſetzung aus uͤbereinanderliegenden Blättern oder phy- ta, die einander in Geſtalt und organiſcher Zuſammenſez— zung von der Wurzel bis zum Gipfel durchaus aͤhnlich ſind. „Dieß nenne ich das aufſteigende Syſtem der Pflan— zen, welches mittelſt eines feiner Theile, des Staͤngelchen⸗ merithallus, das Wachsthum nach Oben bewirkt. „Wenn alſo das Individuum aus dem Keimproceffe ſich entwickelt, ſo hat es anfangs nur ein Wuͤrzelchen, das des erſten Phyton; allein bald entſteht ein zweites, das des zweiten phyton; ein drittes, das des dritten phy- ton, und ſo nacheinander eine der Zahl der Blaͤtter oder phyta gleiche Menge von Wurzeln oder Wuͤrzelchen. „Dieſe von der Baſis der Merithallen jedes Blattes oder Phyton ausgehenden Wurzeln entſpringen meiſt aus de— 213 ren hinterem Theil und ſtreichen in den Boden, das Waſ— ſer oder ſelbſt die Luft, wenn die aͤußern Bedingungen eben fo guͤnſtig oder noch guͤnſtiger find, als die der Stängel „Das Ur-phyton das des cotyledon deſſen Knospe verkuͤmmerte oder ſtark entwickelte Merithallen gebildet hat, ſtellt deßhalb feine eigenthuͤmlichen oder individuellen phyſto— logiſchen Functionen nicht ein und verliert ebenſowenig je die Fähigkeit, ſich zu reproduciren; *) es behält ſtets fein beſonderes, wenngleich durch den Zeugungsproceß geſchwaͤch— tes Leben bei. Nachdem die von ihm producirten Indivi— duen ihre eigene organiſche Vitalität erlangt haben, hoͤrt es, ſo zu ſagen, wenigſtens theilweiſe auf, ſie zu ernaͤhren, und ſeine beſondere Lebensthaͤtigkeit, ſeine Reproductions— kraft ſchlaͤgt eine andere Richtung ein. „Da es ſich nicht mehr durch eine Knospung in der Richtung der Axe reproduciren kann, weil dieß durch die Uebereinanderftel: lung der Staͤngelchen-Merithallen ſaͤmmtlicher phyta der Urknospe, ſo wie wahrſcheinlich auch durch den Widerſtand, welchen dieſe ihrer Durchſetzung von Unten nach Oben entgegenſetzen und durch den nothwendigen mehr oder weniger unmittelbaren Zutritt von Luft und Licht unmöglich gemacht wird, fo richtet ſich der Trieb der Knospe nach deren achfelftändiger Stelle, welche nun der Mit— telpunct ihrer organiſchen Thaͤtigkeit wird, und es bildet ſich nun eine achſelſtaͤndige Knospe. „Die aus der nach der Richtung der Axe treibenden und aus der achſelſtaͤndigen Knospe ſich entwickelnden Individuen würden, wenngleich die von der letztern ſtammenden ſehr verſchrumpft ſind, die Lebenskraft des Mutter⸗phyton bald erſchoͤpfen, wenn die Na— tur nicht jedem dieſer neuen Individuen die Faͤhigkeit verliehen haͤtte, feine Nahrung durch das Blattſyſtem aus der Luft, durch ſeine Wurzeln aus der Erde oder dem Waſſer zu ziehen, moͤgen nun die Wurzeln ganz ausgebildet unmittelbar aus der Baſis jedes phyton hervorgehen oder, wie dieß, zumal bei den holzigen zäh: lebigen Monocotyledonen oft der Fall iſt, die zertheilten Elemente (Faͤſerchen) dieſer Wurzeln erſt die Staͤngel-Merithallen der un: tern phyta von Oben nach Unten durchſetzen und ſich an der wirk— lichen Baſis der Pflanze zu eigentlichen Wurzeln verbinden. „Bei den dicotyledoniſchen und vielen monocotyledonifchen Pflanzen dringen folglich die zur Wurzel gehörenden Gefäße der obern phyta zwiſchen die Gewebe des aufſteigenden Syſtems der untern Staͤngel-Merithallen durch eigens zu ihrer Durchlaſſung vorhandene Canaͤle, ſo daß die Wurzelgefaͤße des zweiten Phyton auf den Staͤngel-merithallus des erſten, die des dritten auf den des zweiten und erſten, die des vierten auf den des dritten, zwei— ten und erſten ꝛc. niederſteigen und ſich ſo an der Baſis des erſten Staͤngel⸗merithallus vereinigen, wo fie wirkliche Wurzeln bilden, welche dort an der eigentlichen Baſis des Staͤngels heraustreten und in den Boden ſtreichen. „Die Wurzeln der Monocotyledonen ſind gemeiniglich einfach oder faſerig. Wie fie aus der Baſis je ihres beſondern merithal- lus hervordringen koͤnnen, ſo koͤnnen ſie auch an der irgend eines tieferliegenden merithallus weit früher heraustreten, als fie den Boden erreicht haben. „Da jedes Blatt ſeine eigne Wurzel hat, ſo kann auch dieſe, vereinigt oder in Wuͤrzelchen zertrennt, ganz oder theilweife herz austreten. „Die Wurzeln der phyta der Dicotyledonen befinden ſich in dem naͤmlichen Falle; allein fie ſteigen gemeiniglich im Zuſtande vereinzelter Gefäße herab und vergrößern, nachdem ſie den Stamm haben verdicken helfen, auch den Durchmeſſer der Hauptwurzeln und der Wuͤrzelchen oder der Verzweigungen der Wurzeln. „Mittelſt des abſteigenden oder Wurzelſyſtems glaube ich, alle befondern Erſcheinungen der aͤußern Organiſation der Stängel und Wurzeln, die Bildung der holzigen Scheidewaͤnde oder Diaphrag— ) Ich werde einige Ausnahmen von dieſer Regel anfuͤhren. 214 men gewiſſer gegliederter Stängel erklären zu Eönnen, wie ſich mit Huͤlfe des aufſteigenden Syſtems alle Erſcheinungen des Wachs— thums der Stängel nach Oben, die ſymmetriſche Anordnung der Gefäße der Merithallen und deren ſammtliche aͤußerlich ſichtbare Modiſicationen, ſo wie alle auf die Organiſation der Bluͤthen, Fruͤchte, Saamen ꝛc. bezügliche Erſcheinungen erklaͤren laſſen. „Die dem Holze und der Rinde angeboͤrenden Bundel der Merithallen find bei jeder Pflanzengruppe in Anſehung der Zuſam— menſetzung und Vertheilung verſchieden. Sie bleiben oft nach der ganzen Ausdehnung der Merithallen vereinigt und bilden ſo den Markcanal oder innern entweder einfachen oder zuſammengeſetzten Kreis des Holzkoͤrpers, wie man es bei den Monocotyledonen und bei einer Menge von Dicotyledonen mit abwechſelnd ſtehenden Baͤttern ꝛc. ſieht. Mehrentheils, und zumal bei den meiſten Di— cotyledonen, trennen fie ſich jedoch in zwei Theile, von denen der eine, innere, ſeine Stelle behauptet und den Markcanal bildet, der andere, aͤußere, dagegen jedes Jahr nach der Peripherie des Stän— gels oder Stammes zu gedraͤngt wird und dort die Faſern der Rinde, des Baſtes ꝛc. bildet. Sedo darf nicht uͤberſehen werden, daß in dieſer Beziehung keine feſte Regel ſtattfindet, und daß jede natuͤrliche Gruppe ihren beſondern Typus darbietet, weßhalb ich im Jahre 1833 bemerkte: „Nicht nur bietet jede natuͤrliche Gruppe eine beſondere Organiſation dar, ſondern die Grundformation fin— det ſich bei jeder Gattung, ja jeder Species mehr oder weniger veraͤndert.“ „Die Gefaͤßbuͤndel der Merithallen find zuweilen in mehrere concentriſchen Reiben geordnet. Zuweilen bleiben ſie auch in der Mitte des Stammes, im Marke, iſolirt (Markgefaͤße); in andern Fällen werden fie, theilweiſe oder ſaͤmmtlich, nach Außen gedrängt; mehrentheils begraͤnzen ſie jedoch das Mark und trennen daſſelbe von dem Holzkoͤrper. Ihre Zuſammenſetzung iſt unendlich verſchie— den. Bei den meiſten Dicotyledonen ſcheiden ſich, wie geſagt, die Gefaͤßbuͤndel der Merithallen in zwei Theile, von denen der eine in der Mitte bleibt und den Markcanal bildet, der die Tracheen enthaͤlt; der andere ſich nach der Peripherie begiebt und dort die verſchiedenen Faſern der Rinde bildet. Zwiſchen dieſen beiden Theilen ſteigen in dem fuͤr das Cambium bleibenden Raume die Wurzelgewebe hinab, welche dem Holze und dem Baſte neue Schichten hinzufügen. „Wenn ſich die Merithallen-Buͤndel des Holzes nach Außen richten, ſo wird der Markcanal unterbrochen. So oft dieſer alſo ganz, derb und regelmäßig iſt, kann man denſelben beſtimmt für geſchloſſen erklaͤren, und wenn man in dieſem Falle nach der Per ripherie des Staͤngels zu Gefaͤße findet, die ſich abwickeln laſſen, ſo koͤnnen dieſelben keine Tracheen ſeyn. „Die Rindenbuͤndel der Merithallen ſtreichen, in der Regel, vereinigt und regelmaͤßig nach der Peripherie des Staͤngels; allein es finden in dieſer Beziehung zahlreiche Ausnahmen ftatt (Stech— palme, italieniſche Pappel, weiße Pappel u. ſ. w.). „Ich habe bemerkt, daß ſich in der Achſel jedes Blattes oder phyton der Monocotyledonen und an der Spitze jedes Stängel: chen-merithallus eine achfelftändige Knospe entwickelt, die bald zu einem Zweige wird. Dieſe Zweige, welche ebenfalls aus aufeinan— derfolgenden phyta beſtehen, entwickeln ſich ſowohl nach der Dicke, als nach der Höhe auf dieſelbe Weiſe, wie der Staͤngel oder Schaft, und ſchicken dieſem bald ihre Wurzelauslaͤufer zu, wodurch deſſen Durchmeſſer bedeutend verſtaͤrkt wird. „Das Wachsthum der Stängel der Dicotyledonen findet, fo— wohl der Dicke, als der Hoͤhe nach, in derſelben Weiſe ſtatt, d. h. mittelſt eines aufſteigenden Syſtems, welches aus regelmäßig oder unregelmäßig verbundenen und übereinandergefegten Staͤngelchen- Merithallen beſteht, die den Markcanal bilden und den Wuchs nach Oben bewirken; und mittelſt eines herabſteigenden Syſtems, welches die excentriſchen und concentriſchen Schichten des Holzes und der Rinde, des Stängels und der Wurzel großentheils bildet, und auf dem das Wachsthum in die Dicke hauptſaͤchlich beruht. „Aus dieſer vielleicht etwas weitſchweifigen, aber hoffentlich deutlichen Darlegung erſieht man, daß die übrigens in der Organiſa⸗ tion ſo verſchiedenen Monocotyledonen urſpruͤnglich nur darin von⸗ einander abweichen, daß die erſtern anfangs nur ein einfaches Urs 147 215 phyton befigen, in deſſen Schooſe ſich ein zweites, dann ein drittes u. ſ. f. ebenfalls einfaches phyton entwickelt, während bei den Dicotyledonen die phyta oder Cotyledonen durchgehends urſprüng— lich doppelt oder vielfach ſind und ſich in ihrer Mitte ein zwei— tes, drittes 2c. ebenfalls doppeltes oder vielfaches phyton entwik⸗ kelt, die ſich voneinander nur in Betreff der Gruppirung und Ent— faltungsweiſe unterſcheiden. Hieraus entſpringen ſammtliche orga— niſche und phyſiologiſche Verſchiedenheiten der Pflanzen und ihrer Theile. „Jedermann wird zugeben, daß, wenn die ſich miteinander in Beruͤhrung bildenden und unmittelbar aufeinander pfropfenden phyta ſich abgeſondert entwickelten, wie eben ſo viele Embryonen, jedes derſelben eine beſondere Pflanze bilden und ſeine Wurzelchen, ſo wie feine endſtaͤndige und in der Richtung der Axe treibende Knospe erzeugen wuͤrde. „Da dieſe Knospe ſich in dem gewoͤhnlichen Falle, wo zahl— reiche Merithallen übereinandergefegt ſind, nicht in der Mitte des Staͤngels organiſiren kann, fo entwickelt fie ſich in der Achſel des Blattes. Sie wird nicht durch die Lebensthaͤtigkeit der ganzen Pflanze, ſondern durch die individuelle Lebenskraft jedes phy ton gebildet, welches nie oder doch nur hoͤchſt ſelten ſeine Reproduc— tionskraft einbußt und fie verlieren würde, wenn die Entwickelung der obern phyta und ihrer Endknospe vermoge der Ausdehnung oder Entfaltung der ganzen Pflanze, wie Manche behaupten, und nicht vermoͤge der aufeinanderfolgenden Zeugung neuer Individuen ſtattfände, welche einer eigenthumlichen Lebensthaͤtigkeit theilhaf— tig werden. 5 „Die Charactere, durch welche ſich die Monocotyledonen von den Dicotyledonen unterſcheiden, ſind eben ſo hervorſtechend, als zahlreich. Bei Ueberblickung der Pflanzengruppen finden wir je— doch, daß die Staͤngel von gewiſſen Dicotyledonen nicht weniger voneinander abweichen. Ich werde verſuchen, einige der Urſachen, von denen dieſe Modificationen herrühren, zu erlaͤutern. „Die Organographie der Pflanzen würde, aus dieſem Ge— ſichtspuncte betrachtet, auf einer ungemein einfachen Grundlage beruhen, wenn alle phyta dieſelbe organiſche Zuſammenſetzung dar— boͤten, wenn ſie ſaͤmmtlich denſelben Entwickelungsgrad beſaͤßen. Allein dieſe Organiſation und Entwickelung find nicht nur bei eie nem phyton anders, als bei dem andern, ſondern daſſelbe gilt auch von den einzelnen Theilen der phyta ohne alle feſte Ber ſchränkung. „Mit den organiſchen Verſchiedenheiten ſind aber auch ſolche in den phyſiologiſchen Functionen vergeſellſchaftet, und hierin ift die Hauptgrundlage der von mir feſtgeſtellten phyſiologiſchen Grund— ſaͤtze zu ſuchen. „Nichtsdeſtoweniger betrachte ich die Pflanzenſtaͤngel im All— gemeinen als Geſchoͤpfe, welche aus zahlreichen Individuen (pbyta) beſtehen, die eine, dem Typus nach analoge, aber ver— anderliche Organiſation beſitzen und nach gewiſſen in ihrem auf— ſteigenden und abſteigenden Syſteme begruͤndeten Bedingungen der Anordnung aufeinandergeſetzt oder gepfropft ſind, ſo daß ein Gan— zes entſteht, deſſen Theile durch verſchiedene Modificationen von Zellgewebe miteinander verbunden ſind. Die Anhaͤngſel der Indi— viduen, z. B., der Blätter, loͤſen ſich, nachdem fie ein gewiſſes Alter erreicht haben, unter Bedingungen ab, deren Urſachen ſich leicht nachweiſen laſſen duͤrften (Urſachen der Erſchoͤpfung). „Die Baͤume, welche man bisher, meines Erachtens mit Un: recht, als Individuen betrachtet hat, treiben alſo nicht als Ge— ſammtweſen ihre Blaͤtter hervor, ſondern ſie ſelbſt beſtehen aus uͤbereinandergeſetzten Individuen oder phyta, die, im Ganzen ge— nommen, ziemlich dieſelbe Organiſation darbieten und mit blattfoͤr— migen Anhaͤngſeln verſehen ſind, und deren einer Theil, das Staͤn— gel» oder aufſteigende Syſtem, deren Wachsthum in die Hoͤhe be: wirkt, waͤhrend deren anderer Theil, das Wurzel- oder abſtei— gende Syſtem, deren Wachsthum in die Dicke zu Wege bringt. „Die nach ihren Blattſtielen und Saͤumen oder den verſchie— denen Abaͤnderungen dieſer beiden Theile betrachteten Blätter, übers haupt alle blattfoͤrmigen Anhaͤngſel bilden alſo keine Individuen, ſondern Theile (Glieder, Organe, wenn man will) eines Haupt— weſens, welche gewiſſe Functionen zu vollziehen beſtimmt ſind, und 216 denen ein eigenthumliches kraͤftiges Leben inwohnt, welches erſt durch deren Desorganiſation verloren geht, und deſſen Kraft im Allgemeinen erſt dann abnimmt, wenn nach dem Abfallen der blastförmigen Anhaͤngſel, deren verſchiedenartig eingehullte Stän— gelchen-Merithallen ihre Functionen mehr direct dem Leben des ganzen Gewaͤchſes zuwenden. „Allein obwohl dieſe untern Staͤngelchen- oder Staͤngel-Meri— thallen, oder wie man fie fonft nennen will, ihre phyſiologiſchen Functionen verändern, ſo behalten ſie nichtsdeſtoweniger, ſelbſt nachdem ſie ihre endſtändigen, blattfoͤrmigen Anhaͤngſel abgeworfen haben, ihre individuelle Lebensthaͤtigkeit und die Fahigkeit bei, ſo— wohl für ihre eigne Exiſtenz, als für das allgemeine Leben des ganzen Gewachſes, wie groß oder wie klein daſſelbe auch ſey, Functionen zu erfüllen. „Wir werden ſpaͤter in dieſer organiſchen und phyſiologiſchen Complication die Erklaͤrung einer Menge von wichtigen Erſchei— nungen finden. Dieſe Forſchungen werden alſo, wenn mich nicht Alles taͤuſcht, den entſchiedenſten Einfluß auf die Fortſchritte der Organographie, Phyſiolegie und eigentlichen Botanik haben. „Schon mehrere der ausgezeichnetſten Forſcher haben ſich um Förderung der Organographie, die ich die des Lebens nennen möche te, eifrig bemuht, und einer der wichtigſten Verſuche dieſer Art iſt der Academie in ihrer vorletzten Sitzung vorgelegt worden. Herr Adrien de Juſſieu, welcher in Frankreich der Repräſen⸗ tant der ſogenannten natuͤrlichen Methoden iſt, konnte dieſen For— ſchungen nicht fremd bleiben, und hat ſoeben in einer gelehrten Abhandlung uͤber die Malpighiaceen einige Puncte der Organogra— phie und Anatomie dieſer wichtigen Gruppe behandelt. Von dem Beduͤrfniſſe zu generaliſiren gedrängt und, ohne Zweifel, durch die Verſpaͤtung der Bekanntmachung meiner Arbeit ungeduldig ges macht, hat er ſich nicht auf die Betrachtung der Lianen aus der Familie der Malpighiaceen beſchraͤnkt, ſondern ſich über die inter eſſanten Formen vieler Leguminoſen, Bignoniaceen, Sapindaceen, Ariſtolocheen, Meniſpermeen, Gnetaccen ꝛc. verbreitet, und fo eine ſchoͤne Zuſammenſtellung von Entdeckungen geliefert, die mir großentheils angehören, und welche die Grundlage meiner ſaͤmmt— lichen Arbeiten, namentlich dieſer, bilden. Dieſem Gelehrten mußte ganz beſonders einleuchten, daß die Methoden um fo mehr Werth gewinnen, je gruͤndlicher wir mit den Geſetzen der Organifation bekannt werden, und je mehr wir die hohe Rolle würdigen, welche die Organe in Betreff der Botanik, im eigentlichen Sinne des Wortes, ſpielen. Ich habe feine Arbeit aufmerkſam durchgeleſen und glaube, mich davon uͤberzeugt zu haben, daß alles von ihm Geſagte, ungeachtet einiger ſcheinbaren Abweichungen, dem von mir aufgeſtellten organiſchen Syſteme angehört und zur Unterſtuͤz⸗ zung dient. Der zu meiner Abhandlung gehörende Atlas enthält 18 zum Theil colorirte Tafeln mit 330 — 34) Figuren, unter denen ſich die von Herrn A. de Zuffieu angeführten anomalen Stängel groͤßtentheils befinden. Andere ſind in den Archives de Botani- que, Dec. 1833 abgebildet worden. (Comptes rendus des sdan- ces de l’Acad. d. Sc. Tom XII. No. 15, 12, Avril 1841). Aihecelie:n. Ueber die Zuſammenſetzung der Mineralwaſſer Deutſchland's, Belgien's, der Schweiz und Frank reich's hat Herr Fontan der Pariſer Academie der Wiſſen— ſchaften eine Abhandlung uͤberreicht, worüber die Commiſſarien der letztern, Thenard, Elie de Beaumont, Pelouze und Dus mas, ein ſehr guͤnſtiges Urtheil fällen. — Zur Erleichterung hat Herr Fontan die von ihm unterſuchten Heilquellen in mehrere Abs theilungen claſſiſicirt, nämlich in eiſenhaltige, gashaltige, in chlor⸗ſalpeterſtoffhaltige, in ſalpeterſtoff-gashaltige, in gypshaltige, in iod- und bromhaltige und in ſaliniſche Waſſer Er hat gefunden, daß alle dieſe Quellen, unter gewiſſen Umſtaͤnden, faͤhig ſind, ſchweflicht zu werden, aber in außerordentlich verſchiedenen Vers haͤltniſſen; meiſtens jedoch enthalten ſie den Schwefel in mittleren Proportionen. — Herr Fontan theilt nun die ſchwefelhaltigen Waſſer in natuͤrlich-ſchweflichte Waſſer und in zufällige 217 ſchweflichte Waſſer. Die erfteren find die, welche aus Urge— birgen wahrhaft ſchwefelhaltig hervordringen. Die zweiten dieje— nigen, welche dieſe Eigenſchaft durch die Zerſetzung eines ihrer Grundſtoffe, unter dem Einfluſſe organiſcher ſehr zerſetzender Stoffe, annehmen; dieſe kommen nie aus Urgebirgen. — In einer fruͤheren Arbeit hat Herr Fontan gefunden, daß die Schwe— felquellen in den Pyrenaͤen, bis auf zwei oder drei Ausnahmen, natürliche Schwefelquellen ſind, waͤhrend die uͤbrigen, von ihm in den übrigen Localitaten unterſuchten, zu den zufaͤllig-ſchweflichten Quellen gehören. Folgende Charactere giebt Herr Fontan für die Unterſcheidung der beiden Abtheilungen an: 1. Die naluͤrlich⸗ ſchweflichten Waſſer entſpringen ſaͤmmtlich in Urgebirgen oder auf der Graͤnze der Uebergangsgebirge; die zufaͤllig-ſchweflichten Waſ— fer entſpringen in fecundären oder tertiären Gebirgen. 2. Die natuͤrlich-ſchweflichten Waſſer entfpringen allein, von anderen Quellen entfernt und enthalten, außer dem ſchweflichten Principe, nur eine ſehr kleine Quantität ſalziger Subſtanz; und in den Py⸗ renden find die ſalzigen Subſtanzen der natüurlich-ſchweflichten Waſſer immer ſchwefelſaures Natrum, Chlor-Natrum, kieſelſaures Natrum, ohne ſchwefel- eder falzfaure Kalk- oder Bittererde. Die zufällig ſchweflichten Waſſer enthalten im Allgemeinen eine ſtarke Propor— tion von ſalzigen Subſtanzen, von ſchwefelſaurer Kalk- und Bitter— erde, mit Chior-Kalk und Chlor-Bittererde und zuweilen ande— ren Supſtanzen. Dieſe Quellen entſpringen meiſt neben ſalzigen Quellen, welche dieſelbe Zuſammenſetzung haben, wie ſie und von denen ſie ſtammen, und oft finden ſie ſich in der Nachbarſchaft von eiſenhaltigen Quellen. 3. Die natuͤrlich-ſchweflichten Quellen ent- ſpringen meiſt heiß und in jeder Localitaͤt, wenn deren mehrere vorhanden ſind, iſt auch die heißeſte die am meiſten ſchweflichte und wird um ſo mehr ſchwefelhaltig, als man ſie tiefer ausfaßt. 218 Die zufallig: ſchweflichten Quellen entſpringen meiſt kalt, und wenn ſie warm ſind, ſo werden ſie um ſo mehr ſchwefelhaltig, je mehr fie ſich in jeder Localität abkühlen, und je mehr man ji den Hauptquellen nähert, deſto weniger find fie ſchweflicht. 4. Das Gas, weiches ſich von freien Stuͤcken aus den naturlichen Schwer felquellen entwickelt, iſt reines Stickgas. Das, welches ſich durch Kochen! entwickelt, iſt Stickgas, mit Spuren von Schwefel: waſſerſtoffgas vermiſcht. — Das Gas, welches ſich aus dem zu— faͤllig⸗ſchwefelhaltigen Waſſer ſpontan entwickelt, iſt eine Miſchung von Kohlenfäure, Schwefelwaſſerſtoffgas und Stickſtoff; das durch Kochen entwickelte iſt ebenfals eine Miſchung dieſer drei Gasarten. 5. Die natürlich⸗ſchwefelhaltigen Waſſer enthalten eine merkliche Quantität von einer ſtickſtoffhaltigen Subſtanz, welche ſich zuwei⸗ len als eine Gallerte abfıgt und Baregin genannt worden iſt. — Die zufaͤllig⸗ſchweflichten Waſſer enthalten kein Baregin, und wenn fie eine organiſche Subſtanz enthalten, fo iſt dieſe acide ereni- que. (?) Dieſe verſchiedenen neuen Charactere ſtimmen vollig überein mit den früheren Unterſuchungen des Herrn Fontan über die Pyrenaen-Waſſer, und mit den Unterſuchungen des Herrn Henry uͤber das Waſſer von Enghien. Ueber die Ernährung des foetus haben die Herren Prevoſt und Ant. Morin ermittelt, daß die zur Nutrition be— ſtimmte, in den Gotyledonen der Leibesfrucht ſecernirte Fluͤſſigkeit bei den Wiederkaͤuern in vorzüglich bedeutender Quantität produ— cirt wird. Sie ſchwitzt bei dem halbausgetragenen foetus durch die die Alveolen auskleidende Membran und läßt ſich daher dann ſammeln. Die chemiſche Analyſe wies nach, daß fie in 36,78 Grammen 30,88 Grammen Eiweißſtoff, in Vermiſchung mit Fi— brine und Blutfaͤrbeſtoff, 0,35 Kaͤſeſtoff, 1,45 Gallertſtoff, 2,00 Osmazem und 2,10 Grammen fetten Steffs enthält, Hei Operationen des Empyems nach einem neuen Verfahren. Von Rey b ard. (Fortſetzung des in No. 382. und 383. mitgetheilten Aufſotzes.) Erſter Fall. Purulentes Empyem, welches ſich nach Außen und in die Bronchien oͤffnete. Der erſte Kranke, bei welchem ich meine Klappenroͤhre anwendete, war ein junger Mann von 24 Jahren, Namens André. Ich wurde am 3. Mai 1825 zu ihm gerufen und fand ihn auf der linken Seite liegend, mit ſolcher Oppreſſion, daß er ſich nicht zu bewegen ges traute, aus Furcht zu erſticken. Er huſtete häufig, warf viel aus und erbrach Eiter in großer Menge alle 10—12 Tage. Er war im aͤußerſten Grade abgemagert, litt an übermäßigen Schweißen und beſtaͤndiger Diarrrde. Neben dem Bruſtbeine fand ſich eine kleine Fiſtel, durch weiche ſich viel Eiter ausgelecrt hatte, und durch welche bei'm Huſten Eiter und Luft in Menge hervordrang. Hier: nach war nicht zu zweifeln, daß die Fiſtel in die Bruſthoͤhle führte, Nach der Erzählung des Kranken, war fein Zuſtand Folge einer in Eiterung uͤbergegangenen pleuritis, bei welcher endlich der Kranke zu Bette bleiben mußte, bis nach zwei Monaten ein Durch— bruch durch die Bronchien ftattfand, Erbrechen und Eiteraus— wurf eintrat und der Kranke ſich wieder freier fühlte. Bald kehrte die Oppreſſion zuruͤck, bis endlich wieder ein Durchbruch ſtattfand. So oͤffnete und ſchloß ſich das Depöt in Zeit von mehreren Monaten 4 — 5 Mal. Dieſer Weg der Heilung blieb ungenügend, die Natur verſuchte noch einen zweiten, welcher aber ebenfalls nicht ausreichte. Die Entzuͤndung verbreitete ſich von dem Depot über die ganze Bruſtſeite, und es erfolgte neben dem ſiebenten Rip— penknorpel ein neuer Durchbruch, welcher eine große Quantität Eiter gab. Der Kranke fühlte ſich febr erleichtert; aber auch hier zeigte ſich die Oeffnung ungenuͤgend, die Beklemmung nahm wieder zu, und der Kranke mußte auf's Neue das Bette huͤten. Der junge Mann war bereits uͤber ein halbes Jahr krank, als ich ge— rufen wurde; bereits ſeit 4 Monaten hat er Eiter erbrochen und n ausgehuſtet, und fiit 2 Monaten war das Depot nach Außen geöffs net. Die filtulöfe Oeffnung ging ſchraͤg bis zur ſechsten Rippe; dort machte ich eine Incifion, um einen directen Weg in die Bruſt— höhle zu erlangen. Die innere Oeffnung des fiftulöfen Ganges be— ſtand aus mehreren ſehr feinen Oeffnungen, welche ich mit dem Biſtouri vereinigte. In dieſe gerade Oeffnung legte ich meine Klappenröhre ein, durch welche ſogleich viel Eiter mit einigen Luft⸗ blaſen hervordrang. Die Röhre wurde mit Heftpflaſter fixirt und der Kranke hierauf auf die operirte Seite gelegt, wobei in der Ge— gend der Röhre ein Ausſchnitt in dem Bette angebracht war. Die Menge des Eiters war fo beträchtlich, daß während der erſten 12 Tage das Bett davon uͤberſchwemmt und die Matratzen ganz da⸗ von durchdrungen wurden. Allmaͤlig verminderte ſich der Ausfluß. Am achten Tage war die Trarfpiration ſehr mäßig, und es war nun moglich, den Eiter bloß bei jeder Erneuerung des Verbandes berauszulaſſen. Die Oppreſſien hoͤrte auf, der Schlaf wurde gut, das Fieber verminderte ſich, Appetit und Kraͤfte ſtellten ſich wieder her. Nun wurde bloß Morgens und Abends die Röhre in die Wunde eingelegt; in der Regel genuͤgte eine geneigte Stellung zur Erleichterung des Eiterabfluſſes; deſſenungeachtet machte ich faſt jedesmal Einſpritzungen mit warmem Waſſer und ſpaͤter mit etwas Honigwaſſer, dem ein Wenig Wein beigemiſcht war. Nach 14 Ta⸗ gen befand ſich der Kranke ſo gut, daß er aufſtehen und im Zim⸗ mer herumgeben konnte. Der Anfangs uͤbelriechende Eiter nahm nach und nach eine gute Befchaffenheit an. 25 Tage nach der Operation floß nur noch ein Wenig ſehr klarer Eiter ab, feröfer Fluͤſſigkeit ähnlich, und endlich floß gar nichts mehr durch die Sonde aus. Nach einem Monate haͤtte man die Heilung vollkommen nennen konnen, wenn die Oeffnung in der Bruſtwand vernarbt ges weſen wäre; Appetit, Schlaf, Beleibtheit und Kräfte kehrten mic: der, und das Verſchwinden des Fiebers, der Oppreſſion und des Hu- ſtens bewieſen die Heilung. Ungluͤcklicherweiſe wollte der Kranke, aller Vorſtellungen ungeachtet, ſogleich zu feinen Eltern zuruͤck— kehren. Er verſprach zwar, alle 2 Tage wiederzukommen, ſtellte ſich aber erſt nach 12 Tagen ein, mit Froͤſteln, mit einem trocke⸗ nen Huſten und mit etwas Oppreſſion. Die Fiſtel war nicht ver⸗ 219 narbt, und dadurch gelang es mir, die Röhre einzuführen und etwa ein Glas voll ſehr uͤbelriechenden, weißen E'ters auszuleeren. Dieſe Art des Verbandes wurde Morgens und Abends wiederholt, und nach 6 Tagen floß nur noch ein Wenig eiweißartige Fluſſigkeit ab, fo daß ich glaubte, die Fiſtel werde ſich ſchließen. Ih führte die Roͤhre mit aͤußerſter Vorſicht ein; es floß aber am achten Tage unerwartet eine große Quantität weißen, dicken Eiters ab, wor— aus ich zu meinem Bedauern ſchließen mußte, daß ſich in der Lun— genſubſtanz in der Nähe der Bruſtwunde ein Eiterdepot gebildet habe. Dieß wurde dadurch beſtaͤtigt, daß nach 14 Tagen ein zwei— ter Abſceß ſich entleerte. Seit dieſer Zeit war der Abfluß des Ei— ters viel ſchwieriger, und ich bedurfte häufig der Hülfe einer Spritze, und der Kranke mußte durch Erfpirationsbewegung die Austreibung befoͤrdern. Bei jedem Verbande machte ich Einſpritzungen von lau— warmem Waſſer mit etwas Honig; aber ſey es, daß die Ulcera— lion tiefer, oder daß der Eiterausfluß ſehr ſchwer zu Stande kam, die Krankheit widerſtand einer regelmäßigen Behandlung dieſer Art mit täglich zweimal wiederholter Einfuͤhrung der Klappenroͤhre, welche die Mutter des Kranken beſorgte. Nach 6 Monaten, als ich den Kranken wiederſah, war er noch nicht geheilt. Als ich darauf erkannt hatte, daß die Ulceration in den Lungen nur durch die Exſpirationsbeſtrebungen bei jedem Ver— bande unterhalten wurde, ſo rieth ich, dieſe Bewegungen nicht mehr zu machen. Der Kranke ließ daher von nun an den Eiter durch die Roͤhre abfließen, ohne dieſen Abfluß durch irgend etwas zu be— fördern. Dieß wirkte guͤnſtig. Nah 5 Monaten floß gar kein Eiter mehr ab, und die Fiſtel war auf dem Puncte, zu vernarben. Ich empfahl nun, den Verband nur einmal alle Tage, hierauf alle zwei Tage und endlich alle 3 Tage zu erneuern. Dieß geſchah mit Erfolg; einen Monat ſpaͤter hoͤrte ich, daß er geheilt ſey. Zweiter Fall. Hydrothorax. Ih beſuchte am 12. October 1829 einen I4jäbrigen Burſchen, Namens Lajard, wel— cher ſich durch einen Fall auf den Rand eines Kahnes die Seite heftig gequetſcht hatte. Dieſer Fall veranlaßte lebhaften Schmerz in der ganzen Seite und pleuritis, worauf Ergießung in die rechte Bruſthoͤhle folgte. Obwohl die Krankheit erſt ſeit 3 Monaten be— ſtand, ſo war die Ergießung doch ſo betraͤchtlich, daß der Kranke mit der größten Schwierigkeit athmete; er konnte ſich nur auf die rechte Seite legen oder mußte in ſeinem Bette ſitzen. Die rechte Bruſtſeite war ſtark aufgetrieben, die Rippen ſtanden weit ausein— ander, und trotz großer Magerkeit, ſchienen die Intercoſtalraͤume doch nicht eingeſunken. Die Abmagerung hatte den hoͤchſten Grad erreicht; Appetit war nicht vorhanden; ein tiefer, dumpfer Schmerz wurde in der ganzen Bruſtſeite bei der Percuſſion gefühlt. Reſpi— rationsgeraͤuſch war nicht vorhanden. Ich verordnete kuͤhlendes Getraͤnk, ein Veſicator auf den Arm und machte 3 Tage danach die Operation des Empyems. Der Kranke ſaß auf dem Rande eine Bettes, mit herabhaͤn— genden Fuͤßen, den Koͤrper etwas nach Links geneigt. Ich machte einen Hautſchnitt von etwa 67 Millim. und trennte in derſelben Ausdehnung das Zellgewebe und die Muskeln in der Richtung der Rippen. Joh durchſchnitt hierauf die Intercoſtalmuskeln in immer geringerer Ausdehnung, ſo daß die Oeffnung in der pleura nur noch die Größe hatte, daß fie gerade die Spitze meiner Klappen— röhre aufnahm. Dieſe wurde eingeführt, fo wie das Hervordrin— gen des Eiters anzeigte, daß die Bruſthoͤhle geoͤffnel war. Ueber der Röhre wurden die Wundraͤnder zuſammengezogen; es floß eine puriforme, weißliche, duͤnne und geruchloſe Fluͤſſigkeit ab. Als der Eiter mit geringerer Kraft hervordrang, ließ ich den Kranken auf die Seite legen, ſo daß die Oeffnung den tiefſten Punct bildete. Auf dieſe Weiſe floß der Eiter leicht und vollkommen aus. Das Bette wurde darauf ſo gemacht, daß die Roͤhre, welche kaum einen Zoll hervorragte, waͤhrend des Schlafs nicht verſchoben werden konnte. Der mehrere Stunden lang tropfenweiſe abfließende Eiter wurde in untergelegten Tüchern aufgefangen. Der Kranke war etwas ermübet, fühlte ſich aber ſehr erleich— tert, und es wurde durch warme Getraͤnke und Ueberlegen heißer Kleienſaͤckchen über die Bruſt eine leichte Tranſpiration herbei— gefuͤhrt. 220 Am zweiten Tage befand ſich der Kranke in einem guten Zu— ſtande ; er hatte geſchlafen und huſtete nur ſelten; fein Puls war ruhiger und kraͤftiger; der Appetit kehrte zuruͤck. Ich wechſelte vorſichtig den Verband, erneuerte das Goldſchlaͤgerſäckchen, weil es ein Wenig roch und brachte ſodann die Röhre ſo ein, daß ſie kaum in die Bruſthoͤhle hineinragte. Der Kranke erhielt nun Suppe, gekochtes Obſt; da aber die Tranſpiration fortdauerte, ſo ließ ich das Veſicator weg. Vier Tage nach der Operation hatte der Kranke guten Appe— tit; die Kräfte waren wiedergekehrt. Der Verband wurde wiederum erneuert, etwas kraͤftigere Diaͤt verordnet, nebſt diuretiſchen Ge— traͤnken; ftatt des Veſicators legte ich ein Fontanell auf der Bruſt, 54 Millim. über der Operationsöffnung, an; am achten Tage nahm ich die Roͤhre heraus, weil nur noch einige Tropfen eines hellen Etters abfloſſen; ſtatt deſſen legte ich eine kleine, feine Meſche ein. Vierzehn Stunden danach wurde der Verband zum erſtenmale ge— wechſelt, und da hierbei kaum 2 Loͤffel voll eines klaren, leicht roͤth— lichen Eiters ſich zeigten, ſo nahm ich an, daß die Heilung bald erfolgen werde. Schon nach acht Tagen gab die Wunde nur ſo viel Eiter, als ſie ſelbſt ſecerniren konnte; ich ließ jedoch aus Vor— ſicht die Wunde noch acht Tage laͤnger offen halten. Die Lunge, welche keine organiſche Veraͤnderung erlitten und auch keine lange Compreſſion ausgehalten hatte, hatte raſch ihre Dimenſionen wieder erlangt und war mit der Coſtalpleura verwach— fen; man kann daher annehmen, daß die Heilung dieſes Empyems in 15 Tagen erreicht war, da die Röhre, durch welche die Kiftel« oͤffnung unterhalten wurde, ſchon längere Zeit keinen Eiter mehr gegeben hat. Die Heilung war vollkommen; denn jetzt befindet ſich der Menſch geſund und hat weder Schmerz noch Difformitaͤt der Bruſt zuruͤckbehalten. Dritter Fall. Empyem. Balandrot, ein Maurer, etwa 40 Jahre alt, von kraͤftiger Conſtitution, erhielt am 17. Febr. 1833 einen Meſſerſtich in die vordere rechte Bruſtſeite; er wurde um Mitternacht blaß, zitternd und mit kaltem Schweiße bedeckt zu mir gebracht. Das Inſtrument, welches durch den Intercoſtalraum zwiſchen dem dritten und vierten Rippenknorpel eingedrungen war, hatte in ſehr ſchraͤger Richtung den vierten Rippenknorpel und die benachbarten Intercoſtalmuskeln getrennt. Die Wunde, aͤußerlich 53 Millim. lang, ging ſchraͤg von Oben nach Unten; die rechte Lunge war mehr oder minder tief mit verletzt, denn der Kranke hatte zwei Tage (ſoll wohl heißen Stunden) lang rothes, ſchau— miges Blut ausgeworfen. Aus der Wunde war viel Blut hervor— gedrungen, die Kleider des Kranken waren davon getränkt; aber die Blutung hatte aufgehoͤrt, als ich den Kranken ſah. Aus einer andern Wunde am Schenkel hatte der Kranke ebenfalls viel Blut verloren. Als ich erkannt hatte, daß die Bruſtwunde penetrirte, bedeckte ich fie zunächft mit einem Heftpflaſter, ſchloß auch die Wunde am Schenkel und ſchickte den Kranken nach dem Spitale, wo ich etwa zwei Stunden bei ihm blieb, um das Ende des Krampfes und die Wiederkehr der Waͤrme abzuwarten. Waͤhrend dieſer Zeit war ich mehrmals verſucht, die Wunde zu erweitern, um die Uns terbindung der intercostalis und mammaria vorzunehmen. Aber wenn einerſeits durch den ſchwachen Puls und die Fortdauer der Kaͤlte eine innere Blutung wahrſcheinlich erſchien, ſo betrachtete ich andererſeits die Bildung des Blutpfropfs, welcher die Wunde ſchloß, als ein vortreffliches Mittel zur Hemmung der Blutung. Die große Schwaͤche des Kranken und die Furcht, daß die Blutung aus einem der groͤßeren Herzgefaͤße kommen moͤchte, veranlaßten mich um ſo mehr, von dem Verſuche einer Unterbindung der Arte— rien abzuſtehen. Anderthalb Stunden nach der Aufnahme in das Spital wurde der Kranke, welcher betrunken war und vor ſeiner Verletzung zu Abend gegeſſen hatte durch Erbrechen ſehr erleichtertz eine halbe Stunde danach hob ſich der Puls, und die Waͤrme ſchien wiederzukehren; dennoch fuhr man fort, warme Tuͤcher um die Extremitaͤten zu legen und einige Loͤffel Lindenbluͤththee zu reichen. Am naͤchſten Tage blieb der Puls, der ſich ein Wenig gehoben hatte, immer noch ſehr ſchwach; die Waͤrme war in den Extremi— täten hergeſtellt, welche jedoch noch mit einem klebrigen kalten Schweiße bedeckt waren; der Kranke lag niedrig auf dem Ruͤcken und ſchien nicht an Beklemmung zu leiden; er huſtete wenig, und 221 der Auswurf war häufig mit Blut gefärbt; die Wunde war zwar groß, ließ aber dennoch keine Luft eindringen, weil ihre Ränder nicht auseinander ſtanden. Ich hätte gern eine gekruͤmmte Klap— penröhre in die Bruſt eingeführt, um dem ausgetretenen Blute Abfluß zu verſchaffen; aber die Furcht, das Coagulum abzuloͤſen, welches die Blutung gehemmt hatte, und die Unmoͤglichkeit, bei der hohen Lage der Wunde das Blut ganz zu entfernen, ließ mich von dieſem Plane abſtehen. Um daher meinen Entſchluß faſſen zu koͤn— nen, wartete ich andere Symptome ab und erwartete jedenfalls, daß der Kranke ſich leichter bewegen koͤnne; denn in den erſten Tagen war die Schwaͤche fo groß, daß der Kranke feine Lage zu verändern weder vermochte, noch wagte. Ich war genoͤthigt, ihn durch Fleiſchbruͤhen 8 Tage lang zu ſtarken. Nach dieſer Zeit zeigte ſich Frdſteln, Fieber, Oppreſſion und Schmerz in der Bruſt; die Percuffion gab, außer in dem obern vordern Theile, einen dumpfen Ton; Reſpirationsgerauſch war in der an die Wirbılfäule angedruckten Lunge nicht zu hoͤren; helle rothviolette Flecke von den falſchen Rippen bis zur Lendengegend deuteten auf das Vorhandenſeyn der Ecchymoſen von Valen— tin (2); die rechte Bruſtſeite war offenbar ſtärker aufgetrieben, als die linke Hiernach war an eine Blutergießung in die Bruſthoͤhle, wahrſcheinlich aus der intercostalis oder mammaria, nicht zu zwei⸗ feln. Ich ließ die Bruſtwunde zuheilen und machte die Operation des Empyems an dem Orte der Wahl. In die Operationswunde legte ich eine Klappenroͤhre von etwas beträchtliherer Dicke und ließ 23 Litre zerſetztes, ſehr uͤbelriechen— des, einer dicken Weinhefe ähnliches Blut heraus. Es gingen eiz nige Blaſen uͤbelriechender Luft mit ab. Als die ganze Menge der Ergießung ausgeleert war, ſpritzte ich laues Waſſer in die Bruſt ein, um die Blutcoagula aufzulöfen, welche ich noch in der Hoͤhle glaubte; hierauf ließ ich die Roͤhre in der Wunde liegen und befeſtigte ſie mit Heftpflaſter. Die Operation bewirkte keine Er⸗ leichterung; im Gegentheil nahm am andern Morgen das Fieber zu, die Zunge war trocken, gelb und braͤunlich, die Lippe rußig, das Auge ſtarr, der Geſichtsausdruck verwirrt; es war beträchtliche Proſtration zu bemerken. Ich verordnete 20 Blutegel an die Seite, einen Senfteig an die Waden und ein Clyſtir mit Ricinusöl, wodurch der Meteorismus vermindert wurde; ſtatt der Roͤhre legte ich eine feine Meſche ein, uͤber welcher ein Heftpflaſter angebracht wurde. Am 3. Tage nach der Operation ſind die Symptome die— ſelben; der Kranke vermag ſeine Tiſane nicht zu ſchluckenz es wird ein erweichendes Lavement verordnet und wegen Zunahme des Hu— ſtens Bruſt⸗ und Bauchflaͤche mit geoͤlten Cataplasmen bedeckt; die Expectoration wird dadurch erleichtert, der Auswurf iſt dick und nicht blutig; bis zum 6. Tage bleiben Symptome und Behandlung dieſelben. Am 7. Tage wird ein Veſicator auf den rechten Arm gelegt; der leichte Schweiß, welchen die Cataplasmen bewirkt ha⸗ ben, wird allgemein, der Zuſtand beſſert ſich, das Delirium wird ſchwaͤcher Vom 8. bis zum 10. Tage nimmt die Beſſerung zu, das Fieber vermindert ſich, der Kranke kemmt wieder zum Ber wußtſeyn. Von dieſem Moment an beginnt gewiſſermaßen die Reconvalescenz. Der Huſten iſt ſelten; es wird Bouillon mit etwas Citronenſaft und Morgens ein Loͤffel voll Chininſyrup verordnet. Ich habe bereits bemerkt, daß ich am Tage nach der Opera— tion die Röhre mit einer Meſche vertauſcht hatte, um die Neigung nicht zu ſteigern; ich beſchraͤnkte mich darauf, von dieſem Mement an, den Kranken einmal in 24 Stunden zu verbinden, d. h., eine Roͤhre in die Wunde einzuführen, die Flüffigkeit abzulaſſen und hierauf Meſche und Pflafter zu erneuern. Jedesmal wurde eine verſchiedene Quantität jauchiger, roͤthlicher, gewöhnlich übelriechenz der Materie entfernt. Auch in den Zwiſchenzeiten ſickerte etwas aus. So lange das Fieber dauerte, lag der Kranke auf dem Ruͤcken. Vom 12. Tage an konnte er auf der Seite liegen; bis zum 15. verminderte ſich die Ejterung, die Fluͤſſigkeit wurde dün⸗ ner, weißlich und weniger uͤbelriechend. Nun unterließ ich die Eins ſpritzungenz die dünne F uͤſſigkeit ſickerte fortwährend aus, und es wurde faſt nichts mehr durch die Röhre ausgeleert, welche ich am 20. Tage gar nicht mehr brauchte. Es koſtete Muͤhe, die Wunde bis zum 35. Tage offen zu erhalten. An dieſem Tage ſchleß fie ſich, und der Kranke war vollkommen geheilt. 222 Vierter Fall. Empyem. Unter den Armen, welche ich in der Gemeinde Ste. Claire beſuchte, traf ich am 12. Juni 1834 einen jungen Menſchen, Namens Jobert, 17 Jahre alt, ſeit zwei Monaten krank und in einer feuchten Hütte aller Zugluft auf einem Strehlager ausgeſetzt. Er hatte Fieber, der Puls war ſehr fre— quent und ſtark, die Zunge an der Spitze roth, Durſt lebhaft und die epigaſtriſche Gegend gegen Druck empfindlich. Er litt bäufig an Diarrhoͤe, wahrſcheinlich in Folge der ſchlechten Nahrung; der Kranke war blaß, abgemagert, das Geſicht gedunſen, die Geſichts— farbe gelblich, der Körper ddematös; beſonders auf der Seite, auf welcher der Kranke lag, war die oͤdematoͤſe Auftreibung nach Hin— ten und Vorn an der Bruſt ſo betraͤchtlich, daß es ausſah, als wenn der Kranke in hohem Grade verfrümmt ſey. Seit einem Monate konnte er nicht mehr aufſtehen, war ſchwach und litt an betraͤchtlicher Oppreſſion; der Huſten kehrte haͤufig wieder und machte beſonders laͤſtige Anfaͤlle, wenn ſich der Kranke in ſeinem Bette umdrehte. Der Auswurf war ſpaͤrlich, ſchleimig. Jobert erzählte, daß ſeine Krankheit mit einer pleuritis und Bluthuſten begonnen habe, und daß er, als er nach ſechs Tagen das Bette wieder verlaſſen wollte, nicht im Stande geweſen war, zu ſeiner Arbeit zuruͤckzukehren; er verließ alsdann feinen Meifter und ging nach Ste. Claire zu einer alten, ſehr armen Großmutter. Die Diagnoſe war nicht zweifelhaft. Der Kranke kam nach dem Spital, wo in den erſten vierzehn Tagen die Ergießung in die rechte Bruſthoͤhle ſo zunahm, daß er ſich nicht mehr bewegen konnte, ohne einen Huſtenanfall mit Erſtickungsnoth zu bekommen. Das Herz war nach Links gedraͤngt, ſo daß einige Collegen an eine Herzkrankheit glaubten und ich wenig Hoffnung für die Operation hatte. Ich machte deswegen nur eine Punction zwiſchen der 6. und 7. Rippe, gerade an der Seite, wodurch ich 41 Kilos einer ſeroͤs⸗albuminoͤſen, trüben, leicht flockigen Fluͤſſigkeit abliez. Bei dem Zuruͤckzieben des Troicarts ſpritzte die Fluſſigkeit 10 Fuß weit hervor. In dem Maaße, wie die Fluͤſſigkeit abging, befand ſich der Kranke wohler; es war ibm, als wenn er wieder zum Leben komme. Als die Fluͤſſigkeit ganz entleert war, nahm ich die Röhre heraus und legte ein Heftpflaſter uͤber. Anfangs war das Exſu— dat in anhaltendem Strem, fpäter aber ſtoßweiſe während der Exſpiration ausgefloſſen. Waͤre daher die Roͤhre nicht mit einer Klappe verſehen geweſen, fo würde die Luft, ohne Zweifel, in die Bruſt eingedrungen ſeyn und eine ncue pleuritis veranlaßt haben. Der Umſtand, daß der Abfluß bloß waͤhrend der Exſpiration ſtatt⸗ fand, bewies übrigens, daß die zuſammengedruͤckte Lunge ſich all⸗ maͤlig hob. Der Kranke wurde erwärmt, erhielt etwas Bouillon, ſchlief gut, erwachte mit leichter Tranfpiration und befand ſich bei dem Gebrauche ſchleimiger Getraͤnke mit Nitrum, eines Veſicators auf dem Arme, und ſehr heißer Cataplasmen auf der Bruſt, ſehr gut. Der Auswurf wurde conſiſtent, und der Huſten hoͤrte nach drei Tagen vollkommen auf. Es wurden noch Veficatore auf die Bruſt gelegt; die Heilung ſchien radicat, bis am achtzehnten Tage nach der Operation die Reſpiration wieder etwas beengt wurde, ſich ein trockner Huſten einſtellte und die Bruſt einen matten Ton bekam. Funfzehn Tage nahmen dieſe Erſcheinungen zuz ich konnte die Operation, wegen einer Reife, jedoch erſt am vierzigften Tage machen. Er buſtete bereits fünf oder ſechs Tage Eiter aus, wel cher entweder durch Ulceration nach den Bronchien durchgebrochen, oder in einem Abſceſſe in dem Lungenparenchym gefammelt war. Ich machte dießmal die Operatien vermittelſt Trepanation der Rippe Bei der erſten Operation war es mir gefcheben, daß der kleine Schlauch ven der Röhre abging, als ich letztere herausziehen wolle te, worauf ſegleich ein Wenig Luft in die Bruſthoͤhle eindrang. Ich betrachtete dieß Anfongs als ſehr unerheblich, erkannte aber nachher, daß einige Luftblaſen gerade hinreichten, um das Serum in der Brufiböhle zu zerſetzen und die Abſorption zu hindern. Ein fertwaͤhrender Abfluß nach der Operation iſt nothwendig, und des⸗ wegen muß man die Klappenröbre liegen laſſen, was am beſten zur Vermeidung ven Reizung der Lunge dadurch geſchieht, daß man die Rippe anbehrt und in dieſer die Röhre firirt Die Einfüh: rung geſchieht, wie ich ſchen angeführt habe, vermittelſt eines 223 Schraubenganges, bracht iſt. So wie nun dieſe Roͤhre bei dem Kranken eingebracht war, floß eine dicke, uͤbelriechende, weiße Materie ab, wonach ſogleich der Huſten ſeltener und der Auswurf weniger reichlich wurde. Die Roͤhre blieb vierzehn Tage, ohne eine Verſchiebung, liegen, und ich nahm ſie bloß von Zeit zu Zeit heraus, um ſie zu reinigen und das Goldſchlaͤgerhaurchen zu wechſeln. Allmaͤlig nahm die Quanti— tät des abfließenden Eiters ab; nach vierzehn Tagen legte ich nur noch Morgens und Abends die Röhre ein, um das Angefammelte zu entfernen und Einſpritzungen zu machen; in der Zwiſchenzeit legte ich eine Meſche oder ein Stuͤckchen preßſchwamm ein, wodurch die Oeffnung auch hinreichend geſchloſſen wurde. Der Eiter der zweiten Ergießung war ſcharf geworden und hatte die Lunge ge: reizt und ulcerirt. Wäre der Eiter von einem Lungenabſceſſe her— gekommen ſo wuͤrde er ſich nach der erſten Operation nicht ſo voll— kommen wohl befunden haben; uͤberdieß war der Durchbruch der Lunge von der Pleurahoͤhle zu den Brondien hin bewieſen, indem mit dem abfließenden Eiter Luftblaſen durch die Roͤhre hindurch— drangen, ſobald der Kranke huſtete. N Dieſe Complication iſt immer bedenklich, weil nicht allein das Serum zerſetzt, ſondern auch die Lunge comprimirt wird, und ge— rade in dieſen Faͤllen iſt es von Wichtigkeit, die Klappenroͤhre lie— gen zu laſſen, um die Anſammlung von Eiter und Luft zwiſchen den beiden Pleuraflaͤchen zu verhuͤten. Wichtig iſt es, daß ſich die äußere Bruſtwunde nicht früher ſchließe, als bis die Eiterung aufgehoͤrt hat; denn es genuͤgen einige Tropfen, um zu einer neuen Eiteranfammlung Veranlaſſung zu geben. Die Verſchließung der äußern Wunde verhütet man durch Meſchen, bei ſtarker Tendenz zur Vernarbung durch Preßſchwamm oder, zweckmaͤßiger und wenis ger ſchmerzhaft, durch einen wieberholten Einſchnitt. Zwei Monate nach der Operation ſtockte der Eiterabfluß ploͤtz⸗ lich; nach vier Tagen, während welcher die Röhre dennoch einge— fuͤhrt wurde, ging ein Glas voll weißen, ſehr uͤbelriechenden Eiters ab. Von da an ging die Eiterung ihren normalen Verlauf, hörte aber erſt nach vier Monaten ganz auf; wodurch die Heilung voll: kommen war Die lange Dauer dieſes Falles hing offenbar von der Ulceration in der Lunge und der daherruͤhrenden Luft ab. Wenn die Lunge fuͤr die Luft bereits impermeabel iſt, ſo muß der Raum zwiſchen der Lunge und den Rippen durch allmälig ent: ſtehende neue Gewebe ausgefuͤllt werden. Durch dieſe allmaͤlig ſich organiſirenden Narbenmaſſen werden ſehr betraͤchtliche Deformatio— nen der Rippenwand und der Wirbelſaͤule gebildet. Solche Ver— kruͤmmungen verhuͤtet man dadurch, daß man den Kranken immer auf der Seite der Ergießung liegen laͤßt. — Nun folgt in dem Driginalauffage noch eine Beobachtung der Operation des Empyems von Bonnet, welche ſich dadurch auszeichnet, daß durch eine ſehr heftige pleuritis in kurzer Zeit ein ſtarkes Empyem ausgebildet war, und daß bei der Operation die pleuritis noch in acutem Zuſtande fortdauerte. Die Ergießung wies derholte ſich in den naͤchſten Tagenz fie war roͤthlich; das Fieber ſehr heftig, und der Tod erfolgte nach mehrmaliger Ausleerung der Pleurahoͤhle am achten Tage, wahrſcheinlich in Folge einer neuen Erkältung, die ſich der Kranke dadurch zuzog, daß er in ſtarkem Schweiße aus dem Bette aufſtand. Der ſechste ausfuͤhrlich mitge— theilte Fall iſt endlich eine Beobachtung von Empyem mit zwei Fiſteloͤffnungen, welche, in Folge einer pleuritis, bereits ſechs Jahre der auf der aͤußern Fläche der Röhre anges 224 vorhanden waren. Durch die untere Fiſtel floß Eiter ab, durch die obere wurden Injectionen gemacht. Jedesmal bei dem Verbande drang Luft ein, und dadurch war die Anſammlung in der Bruſt— hoͤhle ſo lange Zeit und in ſo betraͤchtlicher Ausdehnung erhalten worden. Zwiſchen jedesmaligem Verbande ſammelte ſich eine große Quantität Eiter an, und es iſt daraus zu ſchließen, daß es nicht immer ganz zweckmaͤßig iſt, in der ſpaͤtern Zeit der Behandlung bloß Morgens und Abends die Roͤhre einzulegen. Die Indication in dem erwaͤhnten Falle beſtand darin, einen fortdauernden Abfluß zu erzielen, und gleichzeitig das Eindringen der Luft zu verhindern. Dieß wurde durch die Klappenroͤhre erreicht, welche liegen blieb und nur alle fuͤnf bis ſechs Tage, wenn das Goldſchlaͤgerhaͤutchen verdarb, gewechſelt wurde. In 11 Monaten war die Höhle bei— nahe geſchloſſen; es drang bei Einſpritzungen außerordentlich wenig Waſſer ein, und es war bei der noch uͤbrigen Fiſtel das Eindringen der Luft nicht mehr zu befürchten, Der Kranke wurde daher zus letzt mit einer kleinen Fiſtel in der Bruſtwand entlaſſen, war uͤbri— gens aber vollkommen hergeſtellt. (Gaz. méd. No. 4.) Nie eier Heilung einer Luxation der Halswirbel wird im 30. Bande der öfterreichifhen Jahrbuͤcher von Dr. Schuh beſchrie— ben. Ein 24jähriger Mann drehte in der Ueberraſchung den Kopf ſehr raſch; empfand auf der Stelle eine Zerreißung und konnte den Kopf nicht mehr bewegen. Am naͤchſten Morgen war das Geſicht geſchwollen und der Kopf rechts und abwärts gedreht. Ueber dem dritten bis fuͤnften Halswirbel war der Druck ſchmerz— haft. Jeder Verſuch zur Bewegung war durch Schmerz unmoͤg— lich. Die Richtung der Dornfortſaͤtze war nicht zu ermitteln. Der Kranke klagte uͤber Schwaͤche des rechten Arms, welchen er nur ſchwer aufheben konnte; die uͤbrigen Koͤrperfunctionen waren nicht geſtoͤrt. Es war klar, daß partielle Luxation einiger Hals— wirbel vorhanden war, welche man durch Anziehen des Kopfes gerade nach Oben zu heben ſuchte. Dieß war vergeblich, jedoch ſchmerzlos. Am 7. Dec. war die Schwaͤche und Taubheit des rech— ten Armes betraͤchtlicher. Die Einrichtung der Luxation wurde auf's Neue verſucht, indem man den Kranken horizontal legte und die Schultern mit zuſammengefalteten Tuͤchern fixirte, dagegen, Behufs der Extenſion, ein Tuch unter dem Kinne herum führte und den Hinterkopf durch die Haͤnde eines Aſſiſtenten unterſtuͤtzen ließ. Die Extenſion wurde nun allmaͤlig geſteigert, bis der Kranke und der Aſſiſtent ein Einſchnappen zweier Knochen fuͤhlte, worauf man die Extenſion allmaͤlig nachließ und fand, daß der Kopf ſeine nor— male Stellung und Bewegungsfaͤhigkeit wiedererlangt hatte. Die Schwaͤche dee Armes war jedoch am folgenden Tage noch ſchlim— mer. Am 9. klagte er uͤber Schwindel, Zuſammenfahren im Shlafe und hatte einen beſchleunigten Puls. Es wurde ein ſtarker Aderlaß gemacht, worauf Ohnmacht und Convulſionen folgte, der Zuſtand ſich aber beſſerte, der Gebrauch des Armes ſich herſtellte und der Kranke am 13. geheilt das Spital verließ. Das milchſaure Eifenoryd wird von den Herren Ges Iys und Conté bei Chloroſen und davon abhängigen Krankheits— formen als vorzuͤgliches Mittel empfohlen, welches eine größere Aufloͤslichkeit, als die uͤbrigen Eiſenmittel hat und leichter abſorbirt wird. Das Praͤparat wird durch Behandlung von Eiſenfeile mit verduͤnnter Milchſaͤure hergeſtellt. Bibliographische Neuigkeiten. Otto, Ad. Guil., Monstrorum sexcentorum descriptio anatomica. Acced. CL. imagines XXX. tabulis inscriptas etc. Vratisla- viae 1841. Fol. Dipteres exotiques nouveaux ou peu connus. Par J. Macquart. Tome II, 1. partie. Paris 1841. 8. M. 21 T. Researches in operative Midwifery. wood Churchill. Dublin 1841. 8. Sir James Clarke, on the Sanative Influence of Climate, com- prising Notices of the principal diseases benefited by Climate. particularly Diseases of the Chest and Digestive Organs; and account of the best places of resort for invalids in Eng- land, the South of Europe etc. With an Appendix on the Mi- neral Waters of Germany etc. 3th edition. London 1841. 8. With plates. By Fleet- iA — Neue Notizen aus deem Gebiete der Nakur- und Beilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin, No. 389. (Nr. 15. des XVIII. Bandes.) Mai 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gr. Nit en Ueber die gefrornen Erdſchichten in Nordamerica. Von Herrn J. Richardſon. Gegen die Theorie, daß im Innern der Erde Feuer ſey, welche ſich auf die Zunahme der Temperatur der Erd— ſchichten mit der Zunahme der Tiefe gruͤndet, hatte man die Beobachtung geltend gemacht, daß man in Sibirien, wegen der beſtaͤndig gefrornen Erdſchichten unter der ober— flaͤchlichen durch die Sommerwaͤrme aufgethauten Erdlage, keine Ziehbrunnen graben koͤnne. Die Beobachtungen Er— man's haben bekanntlich dieſen Einwurf gegen dieſe Theo— rie in eine Beſtaͤtigung der letztern verwandelt, indem er nachgewieſen, daß, wenn man die die mittlere Temperatur der Atmoſphaͤre in jenen kalten Gegenden repraͤſentirende Erdſchicht durchbohrt habe, man auf eisfreie Schichten kom— me, deren Temperatur mit der Tiefe ſteige Hierdurch wurden die Phyſiker veranlaßt, die Tiefe, bis zu welcher in den Polarlaͤndern die Erde beſtaͤndig gefroren iſt, genau zu meſſen und dadurch ein neues Element zur Ermittelung der innern Erdwaͤrme zu gewinnen. Dieſe Unterſuchungen bieten große Schwierigkeiten dar; denn einestheils iſt der Aufenthalt in jenen rauhen Laͤndern mit vielem Ungemache verknuͤpft, anderntheils bedarf es gro— ßer Sorgfalt, um ſich davon zu überzeugen, ob eine Erd— ſchicht wirklich gefroren iſt oder nicht. Herr Baer hat be— merkt, daß, wenn eine Gebirgsart wenig Waſſer enthaͤlt, das Erkennen des darin befindlichen Eiſes ſehr ſchwierig iſt. Erſt bei Anweſenheit von mehr Waſſer bemerkt man darin kleine Eiscryſtalle, welche zumal in den, zwiſchen den tie— fern gefrornen und den obern von der Sommerwaͤrme auf: gethauten befindlichen Schichten haͤufig vorkommen. Herr Richardſon hat an den Ufern des Mackenziefluſſes in Nordamerica eine Erdſchicht geſehen, von der er Stuͤcke mit dem Hammer abſchlug und die ſich ganz wie ein derber, har— ter Sandſtein ausnahm. Er ſteckte die vermeintlichen Steine, mit Etiketten verſehen, in die Taſche, in der ſie ſich bald, durch den Hinzutritt der Waͤrme, in ſchlammigen Sand verwandelten, welchem das vorher damit vermiſchte Eis dieſe No. 1489. k u taͤuſchende Feſtigkeit ertheilt hatte. Man muß ſich alſo ent— weder mittelſt des Thermometers von der wirklichen Tem— peratur der Erdſchichten, die man fuͤr gefroren haͤlt, uͤber— zeugen oder wenigſtens Proben von denſelben der Einwir— kung des Feuers ausſetzen. Profeſſor Baer hat beobachtet, daß die Linie, bis zu welcher man den Boden in der Tiefe Jahr aus Jahr ein gefroren findet, ſich immer mehr ſuͤdlich zieht, je weiter man in Sibirien gegen Weſten geht. In Lappland findet man dieſe Erſcheinung nur im Gebirge, und weder bei Archan— gel, noch bei Tobolſk, unter 58° n. Br., ſcheint davon ein Beiſpiel anzutreffen zu ſeyn. Humboldt hat allerdings bei Boguslowſk am Fuße des Ural, unter 593% n. Br., im Sommer bei 6 Fuß Tiefe unter der Erdoberflache Eis gefunden; allein dieſe Gegend liegt ſehr hoch. Bei Bereſov, unter 64° n. Br., fand man im Jahre 1821 ein Cada— ver, das ſeit zweiundneunzig Jahren ſich in gefrorner Erde unverweſ't erhalten hatte, und, nach Belawſki, tbauen die dortigen Niederungen niemals vollſtaͤndig auf. Bereſov liegt alſo der Graͤnze der ewig gefrornen Erdſchich— ten ſehr nahe. Weiter oͤſtlich geht dieſe Graͤnze weit mehr gegen Suͤden. So haͤlt ſich, z. B., in der Gegend des Baikal⸗Sees, unter 52° n. Br. und 106° d. L., das Eis das ganze Jahr uͤber. Im Diſtrict von Nertſchinſk, unter 52° n. Br., thaut die Erdrinde, je nach der Himmelsge— gend, im Sommer nur 2 bis 9 F. tief auf; darunter fand man den Boden aber bis zu 42 F. Tiefe, wo feſtes Geſtein das Weiterbohren verhinderte, gefroren. In einem Falle ſtieß Capitain Frehn, nachdem er 6 F. tief in den Boden eingedrungen, auf eine 245 F. ſtarke Schicht Eis, in welcher Steine verſchiedener Art eingehuͤllt waren. Es war von Intereſſe, daß aͤhnliche Beobachtungen an verſchiedenen Orten angeſtellt wuͤrden, und Herr Ri— chardſon erhielt von der Hudſonsbaigeſellſchaft die Erlaub— niß, dergleichen bei ihren Niederlaſſungen in Nordamerica vorzunehmen. Leider gingen von den 36 zu dieſem Zwecke von Newman gearbeiteten Thermometern die meiſten durch das Werfen der daran befindlichen — in Folge 1 ad rg, 227 der heftigen Kälte, zu Grunde. Künftig wird man ſich al: fo zu ähnlichen Unterſuchungen der Thermometer mit metal: lenen Scalen bedienen. Sehr viele Brunnen wurden bis zu verſchiedenen Tiefen gegraben und dadurch die Staͤrke der gefrornen Schicht in vielen Gegenden des engliſchen Nordamerica ermittelt. Bei ſieben zwiſchen 49 und 51 O26 n. Breite angeſtellten Verſuchen fand man keinen beſtaͤndig gefrornen Boden. Die Laͤnge wechſelte zwiſchen 769 25“ und 30° 55 W. Die meiſten Bohrlöcher in noͤrdlichern Breiten zeigten ges frorne Erdſchichten, wenn uͤbrigens die Umſtaͤnde guͤnſtig waren. Man gelangte zu denſelben bei verſchiedenen Tie— fen, und die Staͤrke derſelben ließ ſich nicht immer ermit— teln. Unter allen dieſen Beobachtungen theilen wir nur die bei Fort Simpſon gemachte mit, welche, da der Ort ziem— lich unter derſelben Breite liegt, wie Jakutzk in Sibirien, zu intereſſanten Vergleichungen Gelegenheit bietet. Erman bohrte bei Jakutzk 32 Fuß tief in gefrornen Boden. Die Breite der Stadt iſt 629 1“ 30“ N. Die Temperatur des Bodens, welche einige Fuß unter der Ober fl iche — 6° R. betrug, hob ſich bis zur Sohle des Bohr— loches bis 0. Dort war das Erdreich aufgethaut und mußte geſtuͤtzt werden, was in der gefrornen Schicht nicht noͤthig war. Die mittlere Temperatur der Luft iſt zu Jakutzk —55 bis — 0 R. Die Erhöhung der Temperatur betraͤgt auf 65 F. 1° R., alſo mehr, als man gewoͤhnlich ans nimmt. Die Staͤrke der gefrornen Schicht war in dieſem Falle ungemein bedeutend. Fort Simpſon am Mackenziefluſſe liegt unter 629 117 n. Br., und die mittlere Jahrestemperatur betraͤgt daſelbſt ungefähre 3, 19 R. Man bohrte daſelbſt im October 1837 in einer Entfernung von etwa 250 F. vom Fluſſe. Der Boden war hart und beſtand aus einem mit Sand vers miſchten Thone. Man erreichte den gefrornen Boden bei 10 F. 7 3. Tiefe und bohrte dann 6 F. 3 3. tiefer in gefrornem Thonboden, dann 8 F. in leichtem Sande, wo— rauf man einen Stock noch 4 Fuß tiefer eintrieb, wieder herauszog und in das Loch einen Thermometer brachte, das fortwaͤhrend eine hoͤhere Temperatur, als die der Atmoſphaͤre zeigte, welche im October dort im Durchſchnitte — 49 beträgt. Der Beobachter, Herr Macpherſon, hat nicht genau ermittelt, ob der unter dem Thone befindliche Sand ganz frei von Eis war; allein wenn dieß, wie er glaubt, der Fall iſt, ſo wuͤrde die beſtaͤndig gefrorne Schicht in Nord— america weit weniger ſtark ſeyn, als in Nordaſien unter gleicher Breite. Uebrigens kann die Naͤhe eines bedeutenden Stromes auf die Temperatur der Erdrinde einen erheblichen Einfluß aͤußern. Nichtsdeſtoweniger beobachtete man bei der Pork⸗Factorei, unter 57° n. Br., im October 1835, daß die obere aufgethaute Schicht nur 3 Fuß ſtark war, während die darunter befindliche gefrorne 174 F. Dicke be: ſaß, unter welcher man dann auf eine ſchlammige Schicht gelangte, in der das Thermometer fortwährend + 0, 2° R. zeigte. Das Wetter war bereits ſehr kalt, und Eis uͤberzog ſchon die Fluͤſſe, 228 Dieſe allerdings ſehr unvollſtaͤndigen Reſultate ſcheinen doch zu beweiſen, daß die gefrorne Erdſchicht überall eine ſehr erreichbare Tiefe hat, aber auf dem aſiatiſchen Feſt— lande bedeutend ſtaͤrker iſt, als auf dem americaniſchen. (Edinb. new Philos. Journ., Jan. 1541. Bibl. univ. de Geneve, Avril 1841.) Ueber die Fortpflanzung der Flechten durch Keimkorner hat Herr Dr. Körber der Verſammlung der botaniſchen Section der Schleſiſchen Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Cultur eine Abhandlung vorgeleſen, wovon Folgendes ein Refume ift: „Es wird wohl allgemein angenommen, daß das Organ der individuellen Fortpflanzung der Flechten in jenen ſchmutzig dunkelgruͤ⸗— nen, urſpruͤnglich runden, innerhalb der Schichten des thallus ent⸗ weder ſelbſt ſchichtweiſe oder zerſtreut gelagerten Zellchen zu finden ſey, die durch ihre Structur und Farbe ſich von den heteromeri— ſchen Zellen (d. i. den Zellen der Rinden- und Markſchicht) auf den erſten Blick unterſcheiden, und die unter dem von Wallrot h aufgeſtellten Namen Gonidien (gonidium) oder Brutzellen den Lichenologen hinlänglich bekannt ſind. Dieſe Zellchen zeigen ſich in dieſem eingelagerten untergeordneten Zuſtande als vollkom— men ſphaäroidiſche, im ausgewachſenen Zuſtande ziemlich große, Zellen, deren Membran waſſerhell, ſomit durchſichtig iſt, und ei— nen Anfangs klaren, dann immer mehr getrubten geiarindfen Stoff umſchließt. Dieſer Stoff iſt in der Mitte der Zelle am intenjiv« ſten gefarbt und am concentrirteſten, verſchwindet aber gegen die Membran der Zelle hin immer mehr, ſo daß es bisweilen aus— ſieht, als ſchwebe der Inhalt der Zelle abgeſondert von der Mem— bran in der Mitte der Zelle, waͤhrend derſelbe die ganze Zelle er— fuͤllt, nur gegen die Peripherie derſelben hin duͤnner wird und in's Farbloſe uͤbergeht; er eben iſt es, welcher der ganzen Zelle die grüne Farbe giebt, die um fo dunkler iſt, je größer die Zelle iſt. In dieſem Zuſtande heißt nun eben die beſchriebene Zelle ſchlecht⸗ hin ein gonidium (Gonidie, Brutzelle), und ſie hat ihre erſte Lebensperiode durchlaufen.“ „Wir ſehen nunmehr aber, wenn das Flechten Individuum alt genug iſt, um ſich fortpflanzen zu koͤnnen (denn bei den Flech— ten ſcheint, in der That, die Fruchtbarkeit nicht gleich in den er— ſten Jahren ihrer Exiſtenz einzutreten), wenn wir einen Vertical— ſchnitt durch eine erwachſene Flechte machen, wie die einzelnen Gonidien angeſchwollen find, ſich vergroͤßert haben, durch die Anz ſammlung Mehrerer aus der Schicht herausgetreten ſind und an die Oberflaͤche der Flechte ſich draͤngen, welche ſie endlich durch eine nach dem Lichte ſtrebende Kraft durchbrechen. So über die durch— brochene Oberfläche ergoſſen, zeigen fie ih nunmehr gänzlich ver— ändert: das einzelne gonidium, auch abgeſehen davon, daß es ſich mit andern innig zu einer Maſſe vereinigen kann, hat feine kugel— runde Geſtalt verlaͤugnet, der ſchleimige gruͤne Inhalt hat die Zellmembran durchbrochen und alle Spur der letzten verſchwindet; das gonidium iſt ein unregelmaͤßiger, texturloſer, intenſiv grün gefaͤrbter, verhaͤltnißmaͤßig ſehr großer Klumpen geworden, und in dieſem Zuſtande nennen wir es ein soredium. Eine Menge ſol— cher herausgetretener Gonidien nennen wir dann (im Gegenſatze zum einzelnen soredium) Soredien, und verftchen darunter jez nen koͤrnig⸗ſtaubigen, urſpruͤnglich ſtets grünen, ſpaͤter different gefärbten, maſſenhaften Ueberzug einer Flechte, der endlich bei alls zugroßer Ueberhandnehmung der gonimifchen Ueberbettung den Tod der Flechte herbeifuͤhrt, indem ihre zellige Textur voͤllig aufge— Löf’t wird.“ „Aber wie das gonidium in dieſem zweiten Zuſtande eine Mer tamorphoſe durchlaufen hat, ſo erſcheint auch das phyſiologiſche Moment der Soredien ein anderes, als das der urſpruͤnglichen Gonidien. Die Gonidien im Innern des Flechtenlagers ſind wahr— ſcheinlich dazu beſtimmt, die Flechte im Allgemeinen zu ernähren, da fie ihrer Natur nach im Stande ſind, die aufgenommene atmo— ſphaͤriſche Fluͤſſigkeit fur ſich und fuͤr die umgebenden heteromeriſchen Zellen auf laͤngere Zeit aufzubewahren; die Soredien dagegen (d. \ 229 i. Gonidien, welche zur Ernährung nicht verwendet wurden und ihre Metamorphoſe eingehen konnten) haben den Zweck der indivi— duellen Fortpflanzung, d. h., der Sproſſung und der Erzeugung neuer Flechtengebilde, normaliter auf der Mutterpflanze. Dieß finde nun in Folgendem ſeine nähere Beſtaͤtigung:“ „Im thallus ſaͤmmtlicher Gallertflechten [homoͤomeriſchen Flech— ten, Collemaccue] ') ſieht man neben den gewöhnlichen Gonidien noch eine große Menge kleinerer, großtentheils blaßgruͤnlicher Zell⸗ chen, deren je ſechs bis acht ſich ſchnur- oder halsbandfoͤrmig ver⸗ bunden zeigen. In den meiſten Fällen find dieſe kleineren Goni— dien in unzaͤhlbarer Menge verhanden; fie liegen in einem farblo— fen Schleime und bilden mit dieſem das Innerſte des thallus; ges gen die Raͤnder der Flechte hin verdichtet ſich die Subſtanz und verſchmilzt allmaͤlig in eine dunkelgruͤne, ſtructurloſe Maſſe, in der nur größere Gonidien, aber keine Gonidienfhnüre mehr zu ſe— hen ſind. Es erſcheinen die einzelnen Kuͤgelchen der Gonidien— ſchnuͤre jetzt noch nur mittelbar miteinander verbunden, indem fie mittelſt des farbloſen Schleimes der Gallertflechten (der pulpoͤſen Subſtanz im engeren Sinne) zuſammenhängen, ſo daß man ſehr deutlich bei ſtaͤrkerer Vergrößerung die Zwiſchenräume der einzel: nen gleichmaͤßig runden Kuͤgelchen wahrnehmen kann.“ „Weitere mikroſcopiſche Unterſuchungen lehren uns aber, daß dieſe Gonidienſchnüͤre nur der ausgetretene Inhalt einer Mutter- zelle ſeyen, und dieſe Mutterzelle iſt das gonidium in der Pe— riode, wo es ein soredium geworden iſt. Die Soredienbildung gebt ſtets noch im Innern des thallus vor; es darf aber bei'm gallertartigen thallus eben wegen feiner ſchleimigen Conſiſtenz kein Wunder nehmen, wenn die innen gebildeten Soredien nicht aus dem Innern heraustreten, ſondern ſchon in dieſem ihren Inhalt entleeren, eben fo wie bei der dadurch ausgezeichneten Verrucaria rhyponta, 4g., deren thallus nur aus zerfloſſenen heteromeriſchen Zellen beſteht und ſich ſomit der gallertartigen nähert. Dieſe Eo: zedien nun, als Mutterzellen, zeigen oft ſchon recht deutlich die einzelnen Kügelchen als ihren Inbalt, fie find dann blaͤſſer gefärbt und loͤſen ſich dann bei'm Austritte ihres Inhaltes auf. Es laſſen ſich jetzt, im weiteren Verlaufe der Sache, zwei Bildungsgefi se ahnen, nach denen die reproductive Kraft der Soredien neue Ge— bilde ſchafft“: „1) Die ſchnur- oder kettenfoͤrmig gereiheken, aus dem Mut: terſoredium herausgetretenen Gonidienkuͤgelchen, die anfaͤnglich nur durch einen farbloſen Schleim verbunden find, zichen ſich mehr in's Laͤngliche, berühren und verbinden ſich auf dieſe Weiſe unmit— telbar, und als das Product dieſes Actes ergiebt ſich das Elemen— targebilde der Flechten, welches die Verwandtſchaft derſelben mit den Algen und Pilzen den Schimmelarten wenigſtens) naͤber an- deutet, und welches uns ſehr oft als ein residuum des Bildungs— actes im fogenannten hypothallus entgegentritt: Die Gonidien— ſchnuͤre bilden ſich in Faden: oder Roͤhrenzellen um, und be: reiten da eine ideale Markſchicht vor, wo wir dieſelbe, wie eben bei den Collemaceis, nicht wirklich als integranten Theil des Zel— lengefuͤges antreffen. Bei Collema coccodes Fw. ad int. zeigten ſich eine große Menge ſolcher Roͤhrenzellen, aber keine Gonidien⸗ ſchnuͤre mehr; auch erſchien das Innere des thallus gar nicht mehr gallertartig, denn die die Gonidienſchnuͤre umgebende Gelatine war wahrſcheinlich zur Bildung der Zellen mit verwandt worden bei mehrern andern Collemen ſah ich Gonidienfchnüre und Roͤhrenzellen gemiſcht, bei einer Art endlich ſah ich ein partielles Aus— wachſen der Eettenförmigen Gonidien in dieſen Fadenzellen. Hier— her beziehen ſich nun auch die Beobachtungen des Herrn v. Flo: tow, welcher bei Collema auriculatum, Hoffm., aus kugeligen Gliedern beſtehende Gonidienfaͤden, die an den Enden in trauben— foͤrmige Köpfchen gebäufte (alfo noch nicht zur Fadenzelle umgebildete) Gonidien beſaßen, vorfand, wogegen der'elbe bei Collema derma- tinum, Funck, die Gonidienfaͤden aus ovalen oder etwas laͤngli— „) Zu dieſer Flechten⸗Tribus ziehe ich auch die Algengattung Nostoe, die nicht nur mit dem achten Collema ganz gleichen anatomiſchen Bau zeigt, ſondern die auch Flechten: (Throm: bien) Fruͤchte zeigen ſoll! 230 chen Gliedern zuſammengeſetzt fand, an deren Enden nur zwei bis drei Gonidien beiſammen ſaßen.“ „Ein zweiter Bildungsgang aber iſt: „) daß die in dem Mutter:soredium bisher enthaltenen, nun: mehr herausgetretenen, aber wicht durch einen gallertartigen Schleim zu Schnuͤren verbundenen, ſondern einzeln oder in unre— gelmaͤßigen Haͤufchen auftretenden Gonidienkuͤgelchen eine ruͤckſchrei— lende Bildung eingehen, d. h., durch Coagulation unter ſich wies der zu Mutterſoredien werden. Wir fihen dieſe Bildung bei den mehr häutigen, den vorigen Bildungsgang dagegen bei den mehr pulpoͤſen Gollemaceen vorherrſchend.““ „Alles hier Geſagte bezog ſich zunächft nur auf den thallus der Collemaccen und den einiger Verrucarien, deren Lage daher auch Wallroth (Comp. Fl. Germ. Crypt.) für homdomeriſch ausgiebt. Iſt nun gleichwohl eine jede Entwickelung und Umbil⸗ dung von noch im thallus eingeſchloſſenen Soredien als ein Ernaͤhrungs- oder Aſſimilationsproceß, nicht aber als Act einer Fortpflanzung anzuſehen (weßhalb ſich auch muthmaßen läßt, daß ſich die Cullemaceae, im gefunden Zuftande, nur durch Sporen fortpflanzen), fo mußte doch dieſer Proceß hier erörtert werden, denn er giebt uns den beſten Aufſchluß über die wahrſcheinliche 17059 Weiſe, wie die Flechten durch Soredien fortgepflanzt werden. Der Verfaſſer gab nun eine umſtaͤndliche Eroͤrterung ſeiner Anſichten über die Fortpflanzung der Flechten durch Soredien; es iſt bier kein Raum dazu, ſie in ihrem Detail anzufuͤhren, es mö— gen daher nur die Hauptpuncte derſelben in einer kurzen Ueber— ſicht gegeben werden: 71) Die individuelle Fortpflanzung der Flechten geſchieht vermittelſt Soredien, die ſich durch eine inner zel lige Entwickelung zu neuen Individuen geſtalten. Dieſe innerzel— lige Entwickelung wird ſchon im Innern der Mutterflechte da— durch vorbereitet, daß das einfache (primaire) gonidium, das noch eine deutlich ſphaͤriſche Zelle iſt, ſeinen in ihm enthaltenen organiſirbaren ſchleimigen Stoff zu Elementarkuͤgelchen ausbildet; daß ferner, ſobald dieß geſchehen und das gonidium dann als so- redium aus dem thallus herausgetreten iſt, die urſpruͤngliche Mutterzelle abſorbirt wird, und das soredium ſomit nichts Ande— res iſt, als der freigewordene Inhalt der Mutterzelle, welcher ein ſtetig verbundenes Zellgewebe durch jene neuen mittelft des Bil: dungsſchleimes verbundenen Zellchen (Kuͤgelchen) vorbereitet. Dieſe neuen Zellen ſcheinen ſomit eine Art Cytoblaſten der urſpruͤng— lichen jetzt abſorbirten Mutterzelle zu ſeyn, die jedoch, immer meh— matt aus einer Mutterzelle, ſich ſelbſt noch umzubilden fähig ind.“ „) Der Inhalt der Mutterzelle zeigt ſich entweder als ein Conglomerat aus kleinen blaßgruͤnlichen ıfebr ſelten grauen) Kuͤ— gelchen oder Zellchen, oder als eine unregelmaͤßig geformte Schleim— maſſe, die hie und da ſchwarze Puͤnclchen zeigt. Im erſtern Falle ſind die Zellchen entweder zu Schnuͤren verbunden und wachſen dann in Faden-⸗(Roͤhren-) Zellen aus, oder ſie bilden wiederum nur die Grundlage zu neuen Soredien; im letztern Falle aber laßt ſich vermuthen, daß der ausgetretene Inhalt des soredium feine zur Fortpflanzung noͤthige Ausbildung noch nicht erlangt hatte.“ „3) Die Fortpflanzung der Flechten durch Soredien geſchieht entweder typiſch auf der Mutterflechte, als oberflaͤchliche (nicht bloß ſeitliche) Sproſſung, oder atypiſch entfernt von derſel— ben auf fremdem Subſtrate. In beiden Fällen wird nur das Individuum als ſolches fortgepflanzt, aber im letztern Falle hat die Flechte mehr Gelegenheit zu monftröfen Bildungen.“ „4) Die Fortpflanzung durch Soredien iſt im Allgemeinen häufiger, als die durch Sporen, im Beſonderen bei den Laubflech— ten häufiger, als bei den Cruſtenflechten. Bei den gallertartigen (ho⸗ moͤomeriſchen Flechten) findet fie wahrſcheinlich gar nicht Statt, daher die naturgemaͤße Entwickelung der Soredien bei dieſen Flech— ten ſchon im Innern des thallus vor ſich geht!“ „5) Da alle Verſuche der Ausſaat von Soredien bisher miß⸗ glückt find, fo laſſen ſich die wahrſcheinlichen Bildungsgeſetze der gonimiſchen Fortpflanzung nur aus den Lebenserſcheinungen ſchlie— ßen, welche eine evident aus Soredien erzeugte Flechte zeigt. 15 * 231 Letztere aber giebt ſich bald durch das üppige Wuchern der Sores dien, durch das Vorherrſchen des challus und das Zuruckereten der Apothecien, endlich aber auch durch ihren feuchten, ſchatligen Stand— ort zu erkennen. Wir wiſſen auf directem Wege nur, daß ſich aus den Soredien Fadenzellen, und dann auch wiederum Gonidien (folglich ſpater Soredien) bilden.“ „6) Der pulverförmige Leprarien, und die Iſidien⸗ thallus, repräſentirt durch die und Variolarien- Formen, find Pros ducte einer vereitelten gonimiſchen Fortpflanzung, daher keine ſelbſtſtaͤndigen Pflanzen. (Es bleibt dabei unbenommen, daß, z. B., die Leprarien einer Verwitterung und Aufiöfung eines voll: ftändig gebildeten Lagers den Urſprung verdanken). Alle andern für ſich ex'ſtirenden Soredien bilden ſich dagegen, wenn auch nach jahrelangen Zwiſchenraunen, in Flechtengebilde um, wie die To— rula (NMonilia) cinnabarina beweiſ't, welche nur in einer ange— häuften Maſſe von Chryſogonidien beſteht, deren ſpaͤtere Ausbil: dung in die Parmelia parietina der Verfaſſer zu beobachten Gele— genheit hatte.“ *) ) Dieß ſcheint unglaublich da Parm. parietina Chlorogonidien, aber keine Chryſogonidien, hat; doch iſt eben durch dieſe Beobachtung, der keine Taͤuſchung zu Grunde lag, jener oyne— dieß laxe Unterſchied zwiſchen dieſen beiden Fardenverſchieden— heiten der Gonidien aufgehoben. Die Gonidien koͤnnen ihre Farbe durchaus wechſeln, und jene deiden von den Autoren (namentlich Waltroch) geſetzten Extreme gehen ineinander uber. n Ein Optometer wird, nach dem von Peterfield angegebenen Principe, von Dr. James Hunter auf fol: gende Weiſe beſchrieben: Auf einem 14 Zell langen und 1! Zoll breiten Streifen weißer Pappe, wird in der Mitte eine ſchwarze 232 Linie gezogen; 2 Zoll von einem Ende des Streifens macht man, Zoll von jeder Seite der Linie entfernt, zwer Nadelſtiche und knickt den Pappſtreifen an demſelben Ende 1 Zoll lang, in einen rechten Winkel, um. Legt man die Vorrichtung nun gerade hin und blickt durch die heiden Nadelſtichoͤffnungen, fo ſieht man ſtatt einer Linie zwei, welche ſich in irgend eisem Puncte durchſchneiden. Dieſer Durchſchneidungspunct und der Grad der Convergenz der Linien varürt nach der Sehweite; bei kurzem Focus des Auges iſt die Neigung der Linien größer und der Durchſchneidungspunct daher naher, als bei einem gewöhnlichen oder weitſichtigen Auge. Man laßt die Perſon, uͤber deren Auge man Verſuche anſtellen will, mit einem Bleiſtifte die Stelle bezeichnen, wo ſich die Linien durchſchneiden. Macht man bei einer und derſelben Perſon wie— derholte Verſuche, fo iſt das Reſultat immer daſſelbe, nur mit dem Unterſchiede, daß Variationen von etwa 4 Zoll vorkommen. Laßt man einen Fernſichtigen mit einer convexen Brille durch den DOptometer ſehen, ſo ruckt der Durchſchnittspunct der Linie näher. (Edinburgh med. and surg. Journal, Jan. 1841.) Die magnetiſchen Obſervatorien, auf welchen, vor— zuͤglich durch Verwendung des Freiherrn Alexander v. Humboldt, gegenwartig Beobachtungen angeſtellt werden, ſind: 1. Ruſſiſche: St Petersburg, Catharinenburg, Barnaoul, Nertſchinsk, Kaſan, Nicolafeff, Tiflis, Sitka (an der Nordweſtkuſte von America), Helſingtors und Peking. 2. Großbritanniſche: Dublin, Green— wich, St. Helena, Vorgebirge der guten Hoffnung, Vandiemens— land, Toronto (Canada), Madras, Singapore, Simia (auf dem Himalaya) und Aden (am Arabiſchen Meerbuſen). Dazu kom⸗ men noch folgende Stationen, ur das Engliſche F bverd e mit Inſtrumenten veriehen hat: reslau, Hammerfeſt (in Nor: wegen), Cairo und Algier, und Noli die magnetiſchen Obſerva— torien zu Berlin, Breda, Brüjfel, Copenhagen, Göttingen, Go— tha, Hannover, Heidelberg, Leipzig, Marburg, Mailand, Mun— chen, Philadelphia, Prag und Upfala. G Ueber die Durchſchneidung fibroͤſer Straͤnge bei orthopaͤdiſchen Behandlungen. Von Dr. Ernſt Stromeyer. Das haͤufige Vorkommen von zufaͤlligem fibroͤſen Ge— webe macht es auffallend, daß die neuern Orthopaͤden bis jetzt noch wenig daruͤber mitzutheilen gewußt haben. Dr. Krauß erwaͤhnt beilaͤufig in ſeiner Abhandlung uͤber die Arbeiten Bouvier's und Guérin's, daß er ſich genoͤ— thigt geſehen habe, fibrͤͤſe Stränge zu durchſchneiden; auch Dr. Pauli ſpricht von der Nothwendigkeit, Baͤnder zu durchſchneiden. Allein von Neubildung war bei keinem der Schriftſteller bisher die Rede. Bei der Operation eines ta— limanus haben wir zuerſt beobachtet, daß es noͤthig befun— den wurde, fibröfe Stränge zu durchſchneiden, welche, unſerer Meinung nach, als Neubildungen an;ufeben find, Ein Schneidergeſelle aus der bairiſchen Pfalz, 20 Jahre alt, hatte vor 10 Jahren eine Verrenkung der linken Hand nach Unten erlitten, welche zwar ſogleich eingerichtet wurde, allein der angelegte Verband wurde vom Patienten geloͤſ't, und man war fpäter nicht mehr im Stande, den Arm ges rade zu richten. Die Hand war im rechten Winkel gebogen und konnte von dem Patienten nur ſehr wenig geſtreckt werden. Die Beugung der Finger war ſo ſtark, daß die Hand feſt geſchloſſen war. Beim Verſuche, die Hand zu luck un de ſtrecken, vermehrte ſich die Contraction der Finger. Die Sehnen der Flexoren ſprangen auf der Volarſeite des Vor— derarms ſtark hervor und waren ſtraff anzufuͤhlen. Die Hand ſtand zwiſchen Pronation und Supination. Patient hielt den Arm, in der Regel, gebogen; auch war es nicht moͤglich, den Arm zu ſtrecken. Die ganze Extremitaͤt war in ihrer Entwickelung zuruͤckgeblieben und kuͤrzer, als die andere. Es wurden die Flexoren einzeln an jedem Finger durchſchnitten. Nach Verheilung der Wunden wurde die Hand extendirt. Allein es war noch nicht moͤglich, die Hand vollkommen gerade zu richten, und es war nachtraͤg— lich noch erforderlich, einzelne vom Vorderarme zur Hand ge— hende fibroͤſe Stränge zu durchſchneiden. Nach dieſer Dres ration ward zwar die Beugung der Hand und der Finger gehoben, auch die gehoͤrige Beweglichkeit wiederhergeſtellt, allein die beiden Flexoren waren mit einander an der Ope— rationsſtelle verwachſen, und dadurch ward der Gebrauch der Finger nur unvollkommen. Dieſe Beobachtung iſt in mancher Beziehung lehrreich; offenbar ruͤhrte das theilweiſe Mißlingen der Operation von der Durchſchneidung der Flexoren her, und haͤtte man nur die fibroͤſen Neubildungen durchſchnitten, fo wuͤrde wahr: ſcheinlich der Erfolg ein glaͤnzenderer geweſen ſeyn. Es fand ſich bald wieder Gelegenheit, die gemachte Erfahrung zu benutzen. 253 N N., Bauer aus der Nähe von Ansbach, gegen 25 Jahre alt, hatte ſich als Kind bei'm Fallen am rechten Handgelenke verletzt. Er wurde von einem Quackſalber einige Zeit lang mit Salben behandelt, und am Ende der Kur ſtand die Hand in einem rechten Winkel zum Vorderarme; die Finger waren gekruͤmmt. Im Winter 1840 ſuchte er in Erlangen Huͤlfe. Bei dem Verſuche zur Extenſion ſchien es, als ob der flexor carpi radialis und ulnaris ſehr ges ſpannt hervortraͤten; allein bei genauerer Unterſuchung, und beſonders während der Operation, uͤberzeugte man ſich, daß man es nur mit oberflaͤchlich liegendem, in die Haut ſich verlieren— dem, fibroͤſen Gebilde zu thun habe. Die Durchſchneidung des Gewebes gelang zum Theil ſubeutan, wobei man das Meſſer der Haut ſo nahe bringen mußte, daß man es ganz deutlich unter derſelben erkennen konnte An andern Stellen war das fibroͤſe Gewebe ſo innig mit der Haut verbunden, daß man ſich genoͤthigt ſah, die Haut zugleich mit demſelben zu durchſchneiden. Nach der Operation ward ein einfacher Extenſions apparat angewendet, und auf die noch widerſtehen— den Parthien fpäter ein emplastrum saponis gelegt, mit deren Huͤlfe Hand und Finger nach Verlauf von 6 Wochen gerade gerichtet wurden. Die Bewegungen waren nach Ab— nahme bes Verbandes ziemlich frei, und wurden es von Tag zu Tage immer mehr. Wir verließen ihn vollkommen her— geſtellt, und als er ſich nach ein Paar Monaten wieder ſehen ließ, fanden wir ſeine Hand, der er ſich ſeither ohne irgend eine Beſchwerde bedient hatte, ganz ſo gut als zur Zeit der Entlaſſung. Ein dem erzaͤhlten aͤhnlicher Fall findet ſich bei Dupuy— tren. Ein Mann von 74 Jahren verletzte ſich vor 5— 6 Jahren mittelſt eines Stuͤckes Holz; erſt ſeit 2 Jahren bes merkte er, daß ſich der Mittel- und Ringfinger zuruͤckziehen wollten. Die Finger waren ſtark zuruͤckgebogen und bei dem ſtaͤrkſten Kraftaufwande nicht zurückzubringen. Zwei geſpannte, hervorſtehende und harte Straͤnge gingen von der Mitte der hohlen Hand zur Baſis der zuruͤckgezogenen Fin— ger hin. Machte man Verſuche zur Extenſion, ſo wurden dieſe Straͤnge nech deutlicher, und man ſah ſie laͤngs des untern Theils des Vorderarms und des musculus palma- ris longus ſich bewegen und ſpannen. Die hier erwaͤhn— ten Straͤnge kann man wohl fuͤr Neubildungen erklaͤren. Bei einer Einwaͤrtskruͤmmung der großen Zehe ſahen wir dieſelbe von einem ſtarken Strange gehalten, welchen wir fuͤr eine Neubildung erklaͤren zu muͤſſen alauben; daſſelbe fand bei einer ſeitlichen Verkruͤmmung des Zeigefingers ſtatt. Bei der wiederholten Durchſchneidung der Achillesſehne eines kleinen Knaben ſpannte ſich nur ein duͤnner Strang, und erſt, nachdem dieſer durchſchnitten war, trat die Achillesſehne deutlich als ein breiter Strang hervor: andere Male ſahen wir die Achillesſehne nach der Durchſchneidung ſich nicht retra— biren, und der Operateur war genoͤthigt, zuvor einzelne zu derſelben gehende Straͤnge, welche ſie an der Haut befeſtig⸗ ten, zu trennen. Faßt man Alles zuſammen, was wir von der Eigen— thuͤmlichkeit der fibroͤſen Gewebe geſagt haben, ſo ergiebt ſich Folgendes: Die fibroͤſen Gewebe laſſen ſich auf einen bes 234 deutenden Grad ausdehnen, wenn dieſe Ausdehnung langſam und beſtaͤndig fortgeſetzt wird; läßt die Ausdehnung nach, fo koͤnnen fie unter günftigen Umſtaͤnden ſich wieder zuſammen⸗ ziehen; unter ähnlichen Verhaͤltniſſen verkürzen ſich auch die Bänder im normalen Zuſtande. Manniyfache wiederholte Reize veranlaſſen die Baͤnder, ſich zu contrahiren, und die Faſern derſelben werden hypertrophiſch, oder es bilden fich neue Baͤnder. Wie wir von dieſen Eigenthuͤmlichkeiten Ge— brauch gemacht haben, um Zuſtaͤnde zu beſeitigen, welche auf Atonie der Baͤnder beruhen, werden die folgenden Abhand— lungen auseinanderſetzen. (Ueber Atonie fibroͤſer Gewebe, von E. Stromeyer. Wuͤrzburg, 1840. 8.) Ueber das Seefieber von Granada. Von Dr. Stratton. An den Küften des Ontario- und Erie-See's werden intermit— tirende und remittirende Fieber das Seefieber genannt; tiefer im Lande nennt man fie kalte Fieber. Da die Graͤnzlinie der Ein— wanderung nach Weſten vorſchreitet, ſo ziehen ſich die einheimi— ſchen Krankyeiten in derſelben Richtung zuruͤck. Kingston, am oͤſtlichen Ende des Ontario-See's, iſt 1840 weit gefunder ats 1830; und Dunville, 200 Meilen und Amhertsburg, 430 engl. Meilen weiter weſtwaͤrts, wo jetzt in jedem Hauſe einige Fieberfaͤlle im Jahre vorkommen, wird in 10 oder 20 Jahren ſo geſund ſeyn, als Kingston jetzt iſt. Ueberdieß ſind die Fieber, welche jetzt in Kingston noch vorkommen, intermittirende, die in Dunville und Am— hertsburg vorkommenden, remittirende. Clegborn, Fordyce und einige andere Schkriftſteller betrachten das Fieber als anſteckend; ich habe niemals finden koͤnnen, daß daſſelbe ſich durch Infection oder Contagion fortgepflanzt hätte, Das ſchwefelſaure Chinin macht, wenn es die Anfaͤlle nicht ganz abſchneidet, doch den Eintritt um eine Stunde ſpaͤter; z. B. Peter Heaton, 30 Jahr alt, hatte am 14. September den An— fall um 1 Uhr; am 15. um 2 Uhr, am 16. um 3 Uhr, am 17. um 45 Uhr, am 18. um 5} Uhr, am 19. keinen Anfall; am 21. war er geheilt. In einigen Faͤllen kommen die Paroxysmen zu derſelben Stunde waͤhrend der ganzen Dauer der Krankheit, z. B., in folgendem Falle, welcher auch das vorausgehende Gaͤhnen zeigte, William Glover, 29 Jahr alt, hat 12. Sept. Gaͤhnen von 9 bis 12 uhr und Froſt 13. — — — — — 14. 15. 16 17 18. — 19. nichts 1 21. geheilt nichts Das Gaͤhnen, welches etwa in „I; der Fälle vorausgeht, rührt wahrſcheinlich daher, daß durch Congeſtion nach Iunen die Senſi⸗ dilitaͤt des Gehirns vermindert und für die Reſpiration unzulängs lich gemacht wird. Auf ähnliche Weiſe erklaͤrt ſich der bisweilen ein oder zwei Stunden vor dem Anfalle eintretende Huſten aus Congeſtion nach den Lungen. Erbrechen waͤhrend des Froſtes iſt oft ſehr heftig und in der letzten Zeit iſt mir ein Fall vorgekommen, in welchem ein Bruch dadurch entſtand; ift dieſes Symptom ſehr laͤſtig, fo hebt man daſſelbe oft durch Opium. Wenn die Kaͤlte lange anhaͤlt, ſo wird der Kranke durch 10 bis 15 Gran Campher ſehr erleichtert. In dem Hitzeſtadium iſt das beftiafte Symptom der Kopfſchmerz. Dieſen habe ich häufig durch ſtarken Luftzug, zu andern Zeiten, nach Lind, durch 20 — 30 Tropfen Laudanum gehoben; durch Opium wird alsdann kein Schlaf gemacht. = = 85 zZ E A II | | | | | | It! Eier EEEE ÜERBEI Peiselstt | a — 0 — 235 In manchen Fällen ift der Gebrauch der Brechmittel unnöthig, wegen des häufigen Erbrechens im Kälteſtadium; in andern Faͤllen nützten dieſelben nichts, und Kranke, welche kein Brechmittel erhal— ten hatten, wurden ebenſo raſch geheilt. Die raſcheſte Heilung habe ich durch Calomel und Extract. Colocynthidis compositum und nach drei bis vier Ausleerungen durch eine große Doſis ſchwefelſaures Chinin, ohne weitere Rüde ſicht auf die Intermiſſionen, erlangt. Einige empfehlen, das Coinin nur in den Intermiſſionen, Andere, die ganze Quantität in einer Doſis unmittelbar vor dem Paroxysmus zu geben; da das Mittel aber leicht zwei Stunden zur Einwirkung fordert, ſo iſt die Anwendung waͤhrend der Paroxysmen nicht contraindicirt; das Warten auf die Intermiſſion hebt aber die Wirkung auf den naͤchſten Anfall ganz auf. Venaſection waͤhrend des Froſtes kuͤrzt denſelben, nach Dr. Macintoſh, ab und unterbricht das Habituelle der Krankheit. In vier Fällen habe ich nur eine Linderung des Hitzeſtadiums, je: doch keine Einwirkung auf die Krankheit, beobachtet. Da die Mehrzahl der Fieberkranken mager und ſchwach iſt, ſo macht die Venaͤſection, wenn fie die Krankheit nicht abſchneidet, die Cur ge— FH viel langwieriger. Derſelben Anſicht find die Aerzte des andes. Bei den populären Beh andlungsweiſen des Wechſelſiebers fpie: len Brechmittel eine große Rolle, und die käuflichen Mittel mit Quackſalbernamen beſtehen meiſtens aus ſchwefelſaurem Chinin. Zur Zeit der Wiederherſtellung kommt häufig ein Ausſchlag an den Lippen zum Vorſcheine. In Kingston Fanen in zehn Monaten vom Juli 1838 und April 1839 unter 150 Menſchen ſieben Wechſelfieberfalle vor; vor zehn oder zwölf Jahren aber litt jede dritte oder vierte Perſon da— ſelbſt am Fieber. Zu Dunville und Amhertsburg erkrankten in zehn Monaten von Mai 1839 bis Februar 1840 von 70 Perſonen 51 an Sumpffieber. Kingston, 44° 18° nördlicher Breite und 759 41° weſtlicher Länge, 234“ über der See, mit einer Population von 6000 E., iſt von einer hugeligen, meiſtens cultivirten und nicht ſumpfigen Gegend umge— ben. Durch eine Bruͤcke hängt die Stadt mit einer Halbinſel zus ſammen, auf welcher viele tiefe Stellen unter der Wafferfliche des Sce's liegen und mit Waſſer gefüllt oder trocken werden, je nach⸗ dem der See hoch oder tief ſteht. Da durch die Schifffahrt die Paſſage der Bruͤcke bisweilen unterbrochen wird, ſo beabſich— tigt man einen Canal duch die Landenge der Halbinſel. Ge— ſchieht dieß, fo kann mit der ausgegrabenen Erde jede Vertiefung auf der Haldinſel aufgehoͤht werden, wodurch vollends alle Fieber verſchwinden. Gewoͤhnlich ſteht eins, häufig ſtehen zwei Regimen— ter in der Stadt. Danville, 42 33“ n. Br., 79° w. L., 364 Fuß über der Mee⸗ resflache, liegt auf dem linken Ufer des Grand-River, fünf engl. Meilen über der Einmuͤndunz in das oͤſtliche Ende des Erie-See's. Der Fluß iſt etwa 50 Yırds breit; die umgebende Gegend dick. bewaldet, niedrig und ſaͤmpfig; die Flußufer an vielen Stellen kaum 1 Fuß hoͤher, als die Waſſerfläche. Durch einen Damm und durch Zurückſtauen des Waſſers aus dem See, welches früher das Waſſer wohl 20 Meilen zuruͤcktrieb, jetzt aber wegen dem Dam— me auf 5 Meilen beſchraͤnkte, werden die Ufer betraͤchtlich über: ſchwemmt, und Sumpffizber find ſehr Häufig, fo daß jaͤhrlich meh: rere Kranke in jeder Familie vorkommen. Die Unzefundheit dieſes Ortes wird fih ſchwerlich vermindern, da es nicht wahrſcheinlich iſt, daß der Damm weggenommen werde, welcher auch noch ober— halb Ueberſchwemmungen veranlaßte. Amhertsburg, 42° 36 noͤrdlicher Breite, 829 56“ weſtlicher Länge, 364 Fuß über der Meeresflähe, auf dem linken Ufer des Detroit-Fluſſes, 1 Engliſche Meile über deſſen Einmündung in das weſtliche Ende des Ecieſee's, mit niedriger Umgebung, wo die Wıldung zur Hälfte weg zenommen iſt. Dicht bei der Stadt be: findet ſih eine Niederung, welche durch Ueberſchwem mung gefüllt, durch Verdunſtung wieder trocken gelegt wird. Durch Abdaͤm mung wurde man dieſen Su npf beſeitigen koͤnnen, was in 10 bis 20 Jahren, wenn das Land erſt mehr Werth haben wird, gewiß ge— ſchieht. Jatermittirende und remittirende Fieber find ſehr allge: 236 mein, da während des Sommers und Herbſtes in den meiſten Far milien ein Kranker zu finden iſt. Im Sommer iſt die Hitze fehr druckend; im Winter kommt nicht leicht ein ernſter Anfall vor, weil die Suͤmpfe zugefroren ſind; doch kann durch jede Erkältung bei feuchtem Wetter ein Anfall veranlaßt werden, wenn Praͤdispo— ſition, durch vorausgegangenes Sommerfieber, vorhanden iſt. Ich war im Winter 1839 bis 1840 zu Amhertsburg; es gab ſehr we— nig Fieberkranke, aber am 17. Februar trat Thauwetter ein, das Eis wurde weggeloͤſ't, und am naͤchſten Morgen waren mehrer Perſonen, in den Haͤuſern laͤngs des Ufers, vom Fieber befallen. Es ſteht hier ein Regiment. Sandwich iſt eine kleine Stadt, 14 Engliſche Meilen noͤrdlich von Amhertsburg, mit ganz aͤhnlicher ſumpfiger Lage. 1840 wurs den dort Barracken errichtet und zwei Compagnieen ſtationirt, und jetzt ſoll un gefahr die Hälfte der Mannſchaft zugleich an Fieber leiden; auch die Einwohner ſind den Sumpffiebern ſehr unterworfen. Windſor iſt ein kleines Dorf, 2 Engliſche Meilen noͤrdlicher, ebenfalls am Detroit; die Ufer ſind ſehr hoch, es ſind keine Suͤmpfe vorhanden, und 1840 wurden Barracken erbaut, welche jetzt mit Miliz belegt find. Hier findet ſich kein Wechſelſieber, obs gleich nur 2 Meilen davon dieſelben ſehr häufig und bisweilen ſo— gar toͤdtlich ſind. Es iſt wahrſcheinlich, daß das gasfoͤrmige Gift, welches die intermittirenden Fieber verurſacht, mit der atmoſphaͤ— riſchen Luft nicht chemiſch verbunden, ſondern nur beigemiſcht iſt. (!) Oft habe ich in dieſen Suͤmpfen fruͤh Morgens eine 2 bis 3 Fuß hohe Luftſchicht bemerkt, von dunkler Farbe und uͤbelem Geruche. Daſſelbe habe ich oft am Abende bemerkt alsdann begleitet von einer eigenthuͤmlichen Empfindung von Hitze Dieſe drei Erſchei— nungen ſind auch von Anderen bemerkt worden, welche vielleicht nicht ſo aufmerkſam darauf waren. (Edinburgh med. and surg. Journal, Apr. 1841.) Einrichtung einer 7 Monate alten traumatiſchen Luxation des zweiten Halswirbels, nach einer eigen— thuͤmlichen Methode. Von Dr. Jules Guerin Dieſen Fall haben wir bereits kurz erwaͤhnt; er verdient aber wegen ſeiner Seltenheit eine ausfuͤhrlichere Mittheilung welche wir jetzt der Gu. met. No. 42. entnehmen. Es wird dadurch ein Beitrag zu der noch ſo vernachlaͤſſigten Lehre von den Luxationen der Wirbel gegeben, und gezeigt, wie wichtig es iſt, bei der Be— ſchreibung und Unterſuchung dieſer Verletzungen mit groͤßter Ge— nauigkeit zu Werke zu gehen. A. L., ein Mädchen von 101 Jahren, aus St. Quentin, hat geſunde Eltern und drei g’funde Bruͤder. Das Maͤdchen ſelbſt war, mit Ausnahme einiger Kinderkrankheiten, bis zum Tage ihrer Verletzung ebenfalls vollkommen geſund geweſen; ſie iſt von ziemlich zarter Conſtitution, lymphatiſch-nervoſem Temperament und hat braune Augen und blonde Haare. Am 23. Mai 1839 fiel ſie hin und ſchlug dabei mit dem Kinn auf das Pflaſter auf. Die unmittelbare Folge war eine ſehr ſchmerzhafte Quetſchung am Kinn; ob ſogleich auch Schmerzen im Halſe geſpuͤrt wurden, erin« nerte ſich die kleine Kranke nicht, vielleicht wurde der Halsſchmerz auch durch die Heftigkeit des Schmerzes am Kinne maskirt. Es ſcheint, daß ſchon an demſelben Tage der Kopf anfing, ſich nach Links zu neigen und nach Rechts zu wenden. Der Schmerz im Halſe wucde in zwei Tagen ſehr heftig; er ging von der obern Hals— gegend der Wirbelſaͤule aus und verbreitete ſich in den Weichthei— len des Halſes, beſonders in den Muskeln des Nadens Die Difs formität bildete ſih anfangs langſam und allmälig, ſcheint aber am fuͤnften Tage ploͤtzlich einen betraͤchtlichen Grad erreicht zu haben, worauf der Sch nerz aufhoͤrte. Zuerſt wurden antiphlogiſtiſche Mittel, Blutegel, Cataplasmen, ſpaͤrliche Diät und Ruhe verord— net und Einreibungen mit einer narcotiſchen Salbe gemachtz fpäter folgten erfolgloſe Einrichtungsverſuche, indem man den Kopf mit den Händen gerade richten und mit Bandagen gerade erhalten wollte. Nach fünf Monaten kamen die Eltern der kleinen Kranken mit derſelben nach Paris und conſultirten die Herren Ma rjolien, 237 Bouvier und Sanſon; die beiden Erſten erkannten die Luxation und hielten orthopaͤdiſche Behandlung für zu gefaͤhrlich; der Letztere blieb über die Natur der Verletzung unbeſtimmt, empfahl aber eis nen Verſuch mit einer orthopaͤdiſchen Behandlung. Sechs Wochen ſpäter wurde auch ich confultirt, conſtatirte das Vorhandenſeyn einer Luxation und gab ruͤckſichtlich der Eins richtbarkeit eine den Herren Marjolin und Bouvier wider: ſprechende Anſicht ab. Deswegen verlangte ich eine neue Conſul— tation, ehe ich etwas begoͤnne und es wurde Hr. Lisfranc zuges zogen, der nebſt dem Hausarzt ſich meiner Anſicht anſchloß und 145 langſamen allmäligen Reductionsverſuch für unſchadlich ers lärte Am 15 Nov. 1839, ſechs Monate nach der Verletzung, fand ich 1) eine Luxation des zweiten Halswirbels auf den dritten, von fols genden Erſcheinungen begleitet; Neigung des Kopfes nach Links mit Drehung nach Rechts; 2) eine Neigung der Halswirbelſäule, entges gengeſetzt der Richtung der Kopfneigung, wodurch alſo der ganze Kopf etwas richts von der Achſe des Rumpfes geruckt wurde; 3) Geſchwulſt in dem obern hintern Theile der rechten Halsſeite durch den Querfortſatz des zweiten Halswirbels und ein merklicher Eindruck an der entgegengeſetzten Seite des Nackens; 4) unters ſucht man die Kranke von Vorn, ſo zeigt der Kopf eine Neigung nach Links, wodurch mit der Verticallinie ein Winkel von 25 Grad gebildet wird. Dieſe Neigung iſt mit einer Drebung des Geſichts nach Rechts verbunden, ſo daß man bei Betrachtung gerade von Vorn nur eine + Anſicht des Geſichts erhält. Bei der Betrachtung von Hinten zeigt die Wirbelſaute eine ſeitliche Abweichung mit 3 Kruͤmmungen, wovon die beiden untern bei horizontaler Lage verſchwin— den, die obere in der Halsgegend aber permanent iſt. Die untere Krümmung betrifft den Lendentheil der Wirbelfäule und geht nach Rechts; ſie iſt nur durch ein ſtaͤrkeres Herverragen der gemeins ſchaftlichen Muskelmaſſe der rechten Seite bemerkbar; die mittlere Krümmung, welche durch die Abweichung der Reihe der Dornfort— ſaͤtze markirt iſt, iſt mit ihrer Convexität nach Links gerichtet, umfaßt den ganzen Ruͤckentheil der Wirbelſaͤule und iſt beſonders durch ſtärkere Woͤlbung der linken und Einſinken der rechten Rip⸗ pen bemerkbar; die Biegung beſchreibt einen großen Bogen und verſchwindet nach Oben allmaͤlig. In der Cervicodorſalgegend fuͤhlt man eine ploͤtzliche Neigung nach Rechts, fo daß die Halswir⸗ bel mit den Ruͤckenwirbeln einen Winkel von 18 Grad bilden. Saͤmmtliche Cervicalwirbel tragen zu einer ſehr ſtarken Krümmung bei, welche nach Rechts conver iſt, und deren boͤchſter Punct der Vers bindung des zweiten und dritten Wirbels entſpricht. Dieſe Krum⸗ mung iſt zualeich von einer ſtarken Drebung begleitet, die beſon— ders durch die Herverraaung der rechten und das Einſinken der lin— ken Seite der Nackenmuskeln angedcutet iſt. In der Höhe der ſtaͤrkſten Biegung dieſer Verkruͤmmung und an der Verbindungsſtelle der hintern und der rechten ſcitlick en Fläche des Halſes ſiebt und fühlt man eine harte, ſcharf hervorragende Geſchwulſt, welche von dem rechten Querfortſatze des zweiten Hals- wirbels gebildet wird, der nach Hinten in die Höhe gehoben iſt und in derſelben Richtung die auf ihm aufliegenden Muskeln verſchiabt. Folgendes find, nach einer ſehr genauen Unterſuchung, die Verhaͤlt— niſſe der einzelnen Theile der Halswirbelſaͤule. Die Neigung der Halswirbel nach der Sekte beginnt nickt plötzlich, ſondern fie bildet die Fortſetzung der mittlern Kruͤmmung. Aber dieſe Kruͤmmung macht doch einen Bogen eines viel kleinern Kreiſes aus. Obgleich der Hals wirbeltheil des Rückarats eine ſehr ſtarke Krümmung, zeigt ſo ſcheint doch keine Depreſſion der linken Hälfte der Wirbel ſtattzuſinden. Wahrſcheinlich iſt keine andere Verletzung vorhanden, als eine Ausdehnung und theilweiſe Ruptur der Bänder, welche den zweiten mit dem dritten Hatswirbel ver⸗ binden, zugleich mit einer Fractur des linken obern fchräaen Fort— ſatzes des dritten Wirbels, indem offenbor der zweite Wirbel auf dem dritten ſich verſchiebt und eine Rotation bildet, welche die, durch die normalen Geleykflaͤchen geſetzten Graͤnzen beträchtlich uͤberſchrei⸗ tet und ohne Fractur des genannten Knochenfortlatzes nicht auszu⸗ führen ſeyn würde; dieſe Rotation beträgt beinahe F eines Kreis ſes (ungefähr 20%); Symptome einer Compreſſion des Rücken⸗ marks ſind nicht vorhanden; man muß annehmen, daß der Faſer⸗ 258 knorpel zwiſchen den beiden Wirbelkörpern ſtark ausgedehnt oder vielleicht zerriffen iſt. Dadurch iſt der Körper des zweiten Hals⸗ wirbels aus dem Einſchnitte, welchen der dritte Wirbeikörper dar⸗ bietet, herausgewichen und elwas nach Rechts gerückt. Dieſe abs norme Rotation iſt von einer fihr ſtarten Neigung deſſelben Wir- bels nach Links und Vorn begleitet, einem neuen Zeichen, daß der entſprechende Gelenkfortſatz gebrochen iſt, weil ohne dieſen Bruch die Neigung nach der enigegengeſetzten Seite ſtattfinden mußte. Es iſt leicht, durch das Gefühl die Lage des Dornfortſatzes des epistropheus zu bemerken. Derſelbe liegt nicht in der Reihe der nach Unten folgenden Dornfortfäge, ſondern ift nach Links und Unten gerichtet und entſpricht der Mitte der linken Hälfte des Wirbelbogens des dritten Wirbels. In Folge der Cervicodorſalneigung iſt der ganze Kopf etwa um 3 Centim. nach der rechten Seite neben der Numpfaxe geruͤckt. Die Halsmuskeln zeigen folgende Anordnung: Die vordern oberflachlichen Halsmuskeln haben einiger maaßen das Ausſehen krampf⸗ hafter Contrackur; ihre Spannung kann aber nur als eine paſſive Wirkung der Lageveränderung des Kopfes und Halſes betrachtet werden. So iſt der sterno-cleido-mastoideus der linken Seite geſpannt und verhindert ein Aufheben und Ruͤckwaͤrtsbeugen des Kopfes; der der rechten Seite iſt ebenfalls geſpannt, jedoch nur durch die Verlängerung, welche er bei der Lageveraͤnderung des Kopfes erleiden mußte. Die scaleni ſcheinen directer zur Hervor⸗ bringung der conſecutiven Difformitaͤt mitzuwirken, wenigſtens die der rechten Seite, welche ſtark contrahirt, hart und unnachgiebig find; fie ſcheinen hauptſächlich die Cervicoderſalneigung nach der rechten Seite zu bewirken. Die trapezii ſcheinen nur paſſiv afe ficirt, indem durch die Neigung des Halſes die Cervicalfaſern des Muskels eine veränderte Richtung angenommen haben; die des lin⸗ ken trapezius verlaufen faſt horizontal, die des rechten dagegen nähern ſich der verticalen Richtung. Die splenii und complexi tragen auf eine activere Weiſe zur Difformitär bei. Auf der rech⸗ ten Seite find fie nach Hinten in die Höhe gehoben, beſonders der complexus; ihre Spannung iſt ſtark, ſcheint jedoch mehr paſſiv; links find fie eingedruͤckt, aber noch ſtärker geſpannt, als rechts; fie bilden die Sebne des Bogens der Halskrummung. Die tie⸗ fern Nackenmuskeln ſind nicht zu erforſchen; jedoch ſcheint es mir klar, daß einige derſelben die active Urſache der Verſchiebung des zweiten Halswirbels ſind. Nachdem ich mich aus allen Umftänden überzeugt hatte, daß es ſich hier um eine traumatiſche und Muscular- Luxation des zwei⸗ ten Halswirbels auf den dritten handele, fo ſchien es mir zur Re: duction nöttig, den umgekehrten Gang zu verfolgen, wie den, wel⸗ chen die Natur zur Hervorbringung der Luxation gemacht bat, in⸗ dem fie, nach Ausdehnung der Baͤnder und Zerftörung der Gelenk: flächen, durch eine krampfhafte Contractur der Muskeln der linken Halsſeite entſtanden waren; es mußten dabır die entgegengeſetzten Urſachen in Thaͤtigkeit gerufen werden. Zuerſt war daher der Krampf der die Contractur bildenden Muskeln zu überwinden; dieß geſchah durch Einreibung von Brechweinſteinſalbe auf der lin⸗ ken Seite des Halſts und durch Ausdehnung mit gleichzeitigem Kneten und Klopfen der contrabirten Muskeln. Nach einigen Zar gen batte ſich die Neigung des Kopfes um $ vermindert, obwohl die Luxation des zweiten Halswirbels unverändert geblieben war. Dieſes erſte Reſultat befeſtigte mich in der Anſicht, daß die Mus⸗ kelcontractur die mechaniſche Urſache der Luxation ſey; denn Aus⸗ debnungsverſuche veranlaßten einestheils einen ziemlich lebhaften Schmerz, und anderntbeile ſetzten die Muskeln der Streckung des Kopfes einen großen Widerſtand entgegen. Indeß hatte ich nach 5 oder 6 Tagen die erſte Indication vollkommen erfüllt, der Hals war gerade gerichtet; es blüb nun die zweite Indication zu er⸗ füllen, namlich die Einrichtung des luxirten Wirbels. Dieß wurde auf folgende Weiſe aufgeführt. Die Schultern des Kindes wurden vollkommen horizontal firirt; ich zog mit beiden Händen den mittleren bervorragendfien Thril des Halſes in horizontaler Richtung von Rechts nach Links, während ein Gchülfe den Kopf in die Höbe hob und mit ihm eine Rotation von Rechts nach Links ausfuͤhrte. Dieſes Manöver hatte zur Folge, daß die nach Rechts gerichtete Halswirbelſaͤule gehoben 239 wurde, und daß ſich bei der Bewegung nach Links die obern Inſer— tionspuncte des trapezius, der scaleni und des levator scapulae entfernten, ſo daß Tractionen auf dieſe Puncte ausgeuͤbt wurden. Vom erſten Verſuche an, bemerkte ich ein deutliches Einſinken der Hervorragung, welche vom Quzerfortfage des zweiten Halswirbels entſtand. Ich ſetzte dieſelbe Behandlung 3 Mal täglich fort, und in den Zwiſchenzeiten blieb die Kranke auf dem Streckbette, wel— ches zur Behandlung des ſchiefen Halſes mit einer geneigten Flaͤ⸗ che verfeben iſt. Nach 8 Tage lang fortgeſetzter Behandlung dies fer Art war der zweite Halswirbel im Stande, ſeine normale Lage anzunehmen; aber er blieb noch nicht in derſelben. Nach jeder Manipulation war die Knochenhervorragung faſt vollkommen verz ſchwunden, aber unter dem Einfluſſe der Muskelcontractur erſchien ſie bald wieder, jedoch immer weniger auffallend. Die conſecutive Behandlung beſtand in der Anwendung einer Bandage, ähnlich der, welche ich gegen einen alten ſchiefen Hals nach Durchſchneidung der Muskeln anwende; naͤmlich eine Kopfbe— deckung mit Bändern, welche den Kopf in entgegengeſetzter Rich⸗ tung gegen die frühere ſchiefe Stellung erhalten, nebſt einem Rie⸗ men, welcher über der Halswirbelſaͤule angebracht iſt, um die Nei— gung derſelben zu überwinden. Die Streckung des Kopfes und feſté Stellung des eingerichte— ten Halswirbels wurde erſt nach dreimonatlicher Behandlung er— reicht. Während dieſer Zeitraums und ſelbſt nach der Heilung ber merkte man in dem sterno-cleido-mastoideus und scalenus der lin= ken Seite noch eine leichte Contractur als Andeutung der eigentli— chen Urſache der Luxation. Dieß iſt aber die einzige Abweichung vom normalen Zuftande, die noch zu bemerken ift. Jetzt, 5 Monate nach Beginn der Behandlung, 2 Monate nach der Heilung, haben die Theile ihre normalen Beziehungen behalten; Kopf und Hals fuͤhren faſt vollkommen alle normalen Bewegun⸗ gen aus, es iſt nur noch die Rotation des Kopfes nach Links ein Wenig durch einen Reit von Verkürzung des sterno-cleido-mastoi- deus beſchraͤnkt; auch zeigt ſich im Nacken die rechte Seite etwas ſtärker, als die linke, indem der Queerfortſatz des linken Wirbels immer noch ein Wenig in die Hoͤhe gehoben iſt. Bei dieſem intereſſanten Falle iſt zuerſt die Frage aufzuwer⸗ fen, ob in der That eine Luxation des zweiten Halswirbels auf den dritten vorhanden geweſen ſey; daran iſt nicht zu zweifeln, bei der abnormen Beweglichkeit der Wirbel und bei den beſchriebenen Be— ziehungen der umgebenden Theile zu einander, ſo wie bei den con— fecutiven Veränderungen, welche am Halſe und Kopfe beobachtet worden find. Min konnte fogar, durch einen Druck auf den her— vorragenden Queerfortfag, dem zweiten Halswirbel eine ziemlich ſtarke ſchwankende Bewegung mittheilen, waͤhrend gleichzeitig der vorher in die Weichtheile eingeſunkene Dornfortſatz gerade nach Hinten gerichtet wurdez doch gelang dabei weder eine Fixirung des Wirbels in feiner neuen Stellung, noch eine vollſtaͤndige Zuruͤck— führung des linken Queerfortſatzes bis zur Höhe des rechten. Die Luxation war aber in der Richtung der Axe der Wirbelſaͤule er— folgt; der Hervorragung auf der rechten Seite entſprach eine Ein- ſenkung auf der linken, und die Hervorragung auf der rechten Seite war in der That durch den Queerfortſatz gebildet; denn waͤre es, 240 wie Marjolin annimmt, der Dornfortſatz geweſen, ſo haͤtte auf der linken Seite eine Hervorragung durch den linken Queerfortſatz gebildet ſeyn muͤſſen. Die Behandlung hat uͤberdieß die Diagnoſe vollkommen beſtaͤtigt; uͤberdieß konnte die vorhandene Drehung des Kopfes nicht ftattfinden, wenn der zweite Halswirbel ſich fo ge: dreht haͤtte, daß der Dornfortſatz nach der rechten Seite hervorge— treten waͤre. Obwohl ein einziger Fall noch nicht zureicht, um allgemeine Regeln feſtzuſtellen, ſo ſind doch die in dieſem Falle beſchriebenen Symptome, jo wie das Einrichtungsverfahren ganz geeignet, in ähn— lichen Faͤllen wiederum die Diagnoſe und Behandlung zu beſtim— men. In dieſer Beziehung iſt daher nur auf das zu verweiſen, was oben ausfuͤhrlich mitgetheilt worden iſt Miscellen. Ploͤtzliche, aber vorübergehende, Fernſichtigkeit bei einem neunjaͤhrigen Knaben beobachtete De. James Hunter zu Edinburgh. Der Knabe beſuchte die Schule, und das Sehvermoͤgen aͤnderte ſich in vier Tagen ohne irgend eine nach— weisbare Urſache, ſo daß gewoͤhnliche Druckſchrift mit bloßen Au— gen nicht mehr geleſen werden konnte; entfernte Gegenſtaͤnde ſah der Kranke wie fruͤher, nahe dagegen waren ganz undeutlich; mit einer converen Brille dagegen, von 9L Zoll Focusweite, konnte er mit Leichtigkeit leſen. Abführmittel und Ruhe der Augen ftelle ten den Kranken in drei Wochen vollkommen wieder her. Wuͤrmer waren bei der Behandlung nicht abgegangen. Presbiopie bei jun⸗ gen Subjecten hat man oͤfters und unter ſolchen Bedingungen beob— achtet, wobei an einem krampfhaften Zuſtande kaum zu zweifeln iſt, z. B., bei Helminthiaſis, Epilepſie und Gehirnkrankheiten; immer leiden beide Augen zugleich, und nur in Bezug auf Acommo⸗ dationsvermoͤgen der Augen, in Bezug auf die verſchiedenen Dis ſtanzen, ohne eine Zrübung der Senſibilitaͤt der retina. Einen Catheter zur Behandlung enger Harnröhs renſtricturen giebt A. Buchanan an, weider aus drei leicht gebogenen Catheterroͤhren beſteht, welche ineinanderpaſſen. Die weiteſt ift 10 Zoll lang und 4 Zoll dick; die zweite 11 Zoll lang und 4 Zoll dick; die dritte 12 Zoll lang und + Zoll dick. In die— fer liegt noch ein dünnes geknoͤpftes Stilett. Die Aufgabe iſt, bei engen Stricturen ſich zu ſichern, daß das vordere Ende des Cathe— ters nicht neben der Stricturoͤffnung andruͤcke, und dieß erreicht man dadurch, daß man die Roͤhren mit dem Stilette ſaͤmmtlich ineinanderſteckt, ſo daß ſie vorn ein abgerundetes Catheterende dar— ſtellen. Dieſen Apparat bringt man bis zu der Verengerung ein und verſucht nun, mit den duͤnnern Roͤhren oder endlich mit dem Stilette einzudringen. Bisweilen zieht man auch das Stilett zu⸗ ruͤck und führt durch eine der duͤnnern Röhren eine elaſtiſche Bou⸗ gie ein. Nekrolog. — Der Director der med. chirurg. Joſephs⸗ Academie, Oberſt- Feldarzt der Armee, Dr. v. Ißfording, zu Wien, iſt geſtorben. — IE UNEeTBEPSE or EIBEIERBEEEE ERS) Bibliographische Neuigkeiten. Beiträge zur Geognoſie des Ruſſiſchen Reichs. Von Chr. H. Pander St. Petersburg 1841. 4. Lecons el&mentaires de physique. Par MM. Victor Baume et ©. Poirrier. Paris 1841. 12. Mit Kupf. Considerations physiologiques et pathologiques sur les affections nerveuses, dites hysteriques. Par Henry Girard. Paris 1841. 8. Traité de la catalepsie. Par C. E. St. Bourdin. Paris 1841. 8. — — — ſ2:«ü◻ Ueue lotizen a us dee m Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober-Medieinalrathe Fror ep zu Weimar, und dem Metiefnatrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 390. (Nr. 16. des XVIII. Bandes.) Mai 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 9 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr Rr Sen Ueber einen mit guͤnſtigem Erfolge angeſtellten Verſuch, Suͤßwaſſerpolypen von Paris nach Odeſſa zu verpflanzen. Von Dr, Alex. v. Nordmann. Waͤhrend meines Aufenthalts in Paris und beſonders waͤhrend der drei Wochen, welche ich im Juli 1839 das Vergnuͤgen hatte, mit dem trefflichen Beobachter, Herrn Profeſſor Milne⸗Edwards, an der Kuͤſte der Normandie zuzubringen, beſchaͤftigten mich vorzugsweiſe detaillirte Unter: ſuchungen uͤber die Structurverhaͤltniſſe verſchiedener Formen von Polypen. Aus einem Landſee bei Pleſſis-Piquet, un— fern Paris, und aus dem Waſſer des Canals St.-Martin ou de l'Qurꝗ, gegenüber dem Jardin des plantes, fam» melte ich, bis auf Cristatella mirabilis, alle daſelbſt vorkommende Formen und erhielt fie Wochen und Monate hindurch lebend auf meinem Zimmer, ſo daß, bei Gelegen— heit eines Beſuches von dem wuͤrdigen Robert Brown, welcher mir foſſile aus England mitgebrachte Polypennien vorzeigte, wir dieſe mit den friſchen Eiern der vorraͤthigen Arten vergleichen konnten. Die lebenden Polypenſtoͤcke wa— ren folgende: 1) Plumatella campanulata, Lamk., Varietaͤt. 2) Pl. repens. 3) Halcyonella fluviatilis oder Aleyonella stag- norum, Lamk. 4) Tubularia sultana, ohne allen Zweifel die im Goͤttinger Stadtgraben entdeckte aͤchte Blumenbach'ſche Art, aus welcher Herr Gervais mit vollkommenem Rechte eine eigene Gattung, Friderieilla genannt, gemacht hat. 5) Meine in Wiegmann's Handbuch angezeigte Aleyonella diaphana, identiſch mit Paludicella artieu— lata, Gerv. Von dieſen enthielten, bei meiner Abreiſe im October 1839 aus Paris, alle Winter-Eier oder die wohlbekannten braunen Koͤrper, und in den meiſten Zellen ließen ſich dichte No. 1490. mit der Haufen von hin und ber ſich ſchlaͤngelnden Saamenthier— chen entdecken. Von Plumatella campanulata hatte ich den groͤßten Vorrath und konnte daher eine Partie Eier, trocken in Papier verwahrt, eine andere, und zwar die groö— ßere Portion, in den Polypenzellen noch ſteckend, in kleine Probirglaͤſer mitnehmen. Letztere Art des Transportes wurde auch den andern Arten zu Theil. Auf dem Wege von Paris bis nach Freiburg im Breis— gau wechſelte ich fleißig und mit gehoͤriger Vorſicht das Waſſer. In Freiburg wurden bei dem mir befreundeten Profeſſor Leuckart die Flaſchen unterſucht. Von den Polypen lebten jedoch nur die der zarten Paludicella dia- phana; ich wechſelte daher ſpaͤter, bis zur Ankunft in Odeſſa, den 14ten November, nur das Waſſer, in welchem dieſe ſich befanden. In Wien, ſechs Tage nach der Abreiſe von Freiburg, packte ich meine beiden trefflichen Mikroſcope, verfertigt von G. Oberhaͤuſer in Paris, abermals aus und verglich ſie mit einem neuen Ploͤſſelſchen Inſtrumente; bei welcher Gelegenheit es ſich ergab, daß ſowehl die mei— ſten Polypen von der erwaͤhnten Paludicella als auch ein— zelne der Tubularia sultana noch lebten. Die erſtere hatte unterdeſſen neue Sproſſen getrieben, in welchen eine Blut- oder Saftbewegung, wie ich ſchon 1832 angegeben habe, ſehr deutlich zu ſehen war. Mit Unrecht hat man geglaubt, daß ich dieſe mit der Speiſebewegung innerhald der verdauenden Hoͤhle verwechſelt haͤtte, woruͤber naͤchſtens ein Mehreres. Diesmal nur fo viel: am deutlichſten nimmt man die Blutbewegung wahr, wenn, wie es bei Tubularia sultana und der Plumatella ſehr oft geſchieht, die Saa— menthierchen in den Blutſtrom gerathen und nun von die— ſem fortgezogen werden. Angekommen in Odeſſa, ſenkte ich die offenen Prodir— glaͤſer mit ihrem Inhalte in große Zuckerglaͤſer: damit je⸗ doch die einzelnen Eier einzeln fixirt und wiedergefunden werden konnten, richtete ich es ſo ein, daß ſie an den Raͤn— dern und Seiten der kleineren Glaͤſer kleben blieben und, ohne Veraͤnderung ihrer Lage, mit dem horizontalen Mikro— 16 243 ſcope unterſucht wurden. Einige der Zuckerflaſchen blieben in der Stube; andere ſtellte ich in's Freie. Im Laufe des Tages fror und thaute das Waſſer in denſelben mehreremal, bis um die Mitte des Maͤrz eine anhaltendere gelinde Wit— terung eintrat. Die trocken mitgebrachten Eier von Plumatella cam— panulata ließ ich bis zum 10. April im Papiere liegen, worauf ich ſie ebenfalls wie die anderen behandelte. Bei gewoͤhnlicher Stubenwaͤrme und indem ich die Zuckerglaͤſer von Zeit zu Zeit in die Sonne ſtellte, fingen einzelne Eier von Plumatella campanulata den 12ten Februar, alſo etwa vier Monate, nachdem ich ſie in Paris geſammelt hatte, zu meiner großen Freude an, ſich zu ent— wickeln. Die beiden braunen Schaalen des Eis klafften, thaten ſich auf, und es draͤngte ſich allmaͤlig eine weißliche Blaſenhuͤlle hervor, welcher ſich bald als der Baſaltheil der ſich bildenden Polypenzelle zu erkennen gab, *) Am [Aten Februar waren ſchon die Inſertionsſtellen der, die Fuͤhler— krone herunterziehenden Muskelfaͤden ſichtbar; den 1öten traten die Eiſchaalen voͤllig auseinander, klebten jedoch im— mer an der, in ihrem ganzen Umfange beweglichen und zu— ſammenziehbaren Zelle; den 17. bewegte ſich der noch ein— geſchloſſene junge Polyp, und den 20. ſtreckten ihrer ſchon mehrere die kurzen und dicken Fuͤhler heraus. Die Anzahl der Fuͤhler an dem ſo eben hervorbrechenden jungen Polypen ſchwankte von 10 — 40, waͤhrend dem ausgewachſenen Thiere deren 44 — 60 zukommen. Zu bemerken iſt noch, daß die Tentakelkrone bei allen jungen Individuen an der Baſis mit einer ſehr duͤnnen und glashellen Membran ver— ſehen war, welche die einzelnen Fuͤhler unter ſich verband. Nach drei bis vier Tagen war auch die Fuͤhleranzahl bei allen vollſtaͤndig. Die Thierchen brauchten alſo bis zur vollſtaͤndigen Entwickelung im Februar und in der Stuben— wärme zehn bis zwölf Tage. Nach dem 20. März aber ging die Entwickelung viel raſcher vor ſich und wurde, in— dem die Zuckerglaͤſer dem Einwirken der Sonnenwaͤrme blei— bend ausgeſetzt wurden, in vier bis fuͤnf Tagen beendigt. Zum 26. hatte ich ſchon uͤber 200 Individuen, von wel— chen auch ſchon mehrere durch Sproſſenbildung ſich vermehrt hatten. Vom 17. bis zum 21. Februar entwickelten ſich des— gleichen die Eier der, bisjetzt noch immer ſelten gefundenen, Tubularia sultana. und zwar bringt der junge Polyp ſchon aus der Zelle den vollſtaͤndiggebildeten zierlichen Hals— kragen mit, welcher die Baſis der Fuͤhlerkone ſchmuͤckt. Ein ungefaͤhr analoger Bau, jedoch mit ſehr bedeutenden Modificationen, ift von Farre bei Boverbankia und Ha- lodactylus und von mir bei Paludicella diaphana, bei mehreren Arten von Flustra Membranipora und Escha- ra gefunden. In den erſten Tagen von Maͤrz lieferten auch die Eier von Haleyonella fluviatilis mehrere junge Polyen. Dieſe Art iſt uͤbrigens ſchwer in kleinen Glaͤſern lange le— „) Vergl. Bonnet, Considé rat, sur les corps organisés. T. 2. p. 155 244 bend zu bewahren, beſonders wenn der Polypenſtock etwas größer iſt, oder wenn zwiſchen den Zellen, wie es ſehr haͤu— fig der Fall iſt, eine Portion spongilla ſich befindet, wel— che ſo leicht in Faͤulniß uͤbergeht. Aus den Eiern der Paludicella diaphana, von welcher ich nur wenige hatte, haben ſich keine Polypen ent— wickelt. Was hingegen die trocken in Papier mitgebrachten Eier der Plumatella campanulata und repens anbes trifft, ſo litten ſie, wie leicht vorauszuſehen war, vom Froſte gar nicht und entwickelten ſich außerhalb der Stube in den erſten Tagen von April. Die meiſten Glaͤſer mit meinen Zoͤglingen ſenkte ich im Mai in einen nahe am Meeresufer befindlichen Teich, welcher bei einem Erdſturze 1857 ſich ges bildet hat. Der Verſuch, die erwaͤhnten Polypenarten aus der Seine und aus dem Teiche von Pleſſis-Piquet nach Odeſſa zu verpflanzen, iſt mir ſomit vollkommen gelungen, und es waͤre zu wuͤnſchen, daß man mit den Meerwaſſer— formen aus der Untiefe ebenfalls Verſuche der Art anſtellen mochte. Einige zierliche Cellularien, darunter auch die mit den merkwuͤrdigen acceſſoriſchen Organen, in der Geſtalt von ſchwingenden Geißeln und beweglichen Vogelkoͤpfen *), ferner die Saar’fhe Gattung Pedicellina, drei bis vier Arten Campanularien, eine fleiſchrothe Eschara, eine kleine Actinie ſammelte ich in der Mitte des Juli in St.-Vaaſt an der Kuͤſte der Normandie und erhielt die meiſten davon vierzehn Tage lebend in Paris. In dieſem Augenblicke le— ben bei mir eine Balanus-Art, eine Boverbankia und Farella, Membranipora, Campanularia, Symoryne, zwei Arten von Mollusken, naͤmlich Cavolina und mehrere kleine Krebſe, welche ich vor 25 Monat gefiſcht habe. Odeſſa, den 24. November 1840. Bemerkungen uͤber die Lebensweiſe des großen Seehunds, (Halichaerus griseus, Nilss.) Von P. J. Selby, Esg. Die nachſtehenden Beobachtungen ſtellte ich theils ſelbſt bei Gelegenheit der vielen Beſuche an, die ich auf den Farn-Inſeln machte, theis wurden fie mir von einem ſehr glaubwuͤrdigen Greiſe, Namens Blacket, erzaͤhlt, der ſei— nem Vater im Pachte jener Inſeln nachgefolgt war und ſich bis vor acht bis zehn Jahren im Beſitze derſelben befand. Vor 40 — 50 Jahren waren die Seehunde dort noch weit häufiger, als fie es gegenwaͤrtig find. Theils hatte mein Berichterſtatter, ein geſchickter Jaͤger, ſelbſt ſehr zu ihrer Verminderung beigetragen, theils ſind ſie durch den aͤußern Leuchtthurm verſcheucht worden, der auf einem In— ſelchen ſteht, auf welchem ſie ſich zur Zeit der Ebbe auszu— ruhen pflegten. Im Jahre 1772 erlegte mein Berichterſtatter auf dem Crimſton-Felſen, einer kleinen Inſel, wo fie mehrentheils ihre Jungen zur Welt bringen, an einem Tage 72 Junge *) Vergl. meine Observations sur la Faune Pontique, Vol. II. Polypi Tab. 3. 245 und an einem andern Tage 14 Alte. Da die Werfzeit in den November und der Anfang der Ranzzeit in die letzte Woche des Februars fällt, fo trägt der Halichaerus gri- seus 83 bis 9 Monate lang. Bei der Geburt ſind die Jungen ſchon faſt 3 Fuß lang, und fie wachſen die erſten 14 Tage lang, nach denen ſie der Mutter in's Waſſer fol— gen, ungemein ſchnell. Sie ſind Anfangs mit einer ziem— lich langen, weichen Wolle von gelblichweißer Farbe bedeckt, die, bevor ſie in's Waſſer gehen, durch kurzes, grauliches Haar erſetzt wird. Bei ſchicklichen Gelegenheiten befeſtigt man ſie mittelſt eines Seils an die Klippe, ſo daß ſie dort ein Paar Wochen laͤnger bleiben muͤſſen und vor dem Schlachten recht groß und fett werden. Indeß darf dieß nicht zu lange geſchehen, weil die Alte ſie ſonſt leicht im Stiche laͤßt und nicht mehr ſaͤugt. Der Halichaerus griseus naͤhrt ſich durchaus von Fiſchen aller Art, giebt aber dem Cyelostoma lumpus den Vorzug vor allen uͤbrigen. Von dieſem frißt er wieder das Weibchen viel lieber, als das Maͤnnchen. Dieſer Fiſch kommt im Fruͤhjahre und in den erſten Sommermonaten, des Laichens wegen, in Menge an die Kuͤſten der Farn-In— ſeln und ich ſah dann die ausgeſchaͤlten Haͤute deſſelben in großer Zahl umherſchwimmen. Voͤllig ausgewachſen iſt der maͤnnliche Halichaerus uͤber 8 Fuß lang. Der groͤßte, den der alte Blacket je geſchoſſen, maaß 9 Fuß in der Laͤnge und hatte gleich hin— ter den Vorderfloſſen 7 Fuß im Umfange. Er wog gegen 65 Centner und hatte 20 Gallonen trefflichen Thrans. Die Menge dieſes werthvollen Productes richtet ſich uͤbri— gens mehr nach der Feiſtigkeit, als nach der Groͤße des Thieres. Die Weibchen ſind kleiner, als die Maͤnnchen und an der lichtern graulichweißen, ſelten ſchaͤckigen Faͤr— bung leicht von den letztern zu unterſcheiden, die dunkelgrau oder faſt ſchwarz ſind. Dieſer Seehund ſchwimmt ungemein kraͤftig und ge— ſchwind, und oft 2 — 3 Minuten lang unter dem Waſ— ſer, ſo daß er mehrere Buͤchſenſchuͤſſe weit von der Stelle, wo er untergetaucht, wieder zum Vorſcheine kommt. Sie ſcheinen ſich in den zwiſchen den Inſeln anzutreffenden rei— ßenden Stroͤmungen mit Luſt umherzutummeln. Fremdartige Gegenſtaͤnde betrachten ſie mit großer Neugier, und oft ſieht man ſie minutenlang den Kopf und Hals aus dem Waſſer recken, um einen Schiffer zu beobachten. Auf dieſe Weiſe hitte ich in Gegenden, wo ſie weniger verfolgt wer— den, oft Gelegenheit, mit der Buͤchſe nach ihnen zu ſchie— ſſen. Wenn ich zur Zeit der Ebbe eine Heerde von 20—30 Stuͤck auf den Klippen ſich ſonnen ſah, ſo landete ich in einiger Entfernung und lief, fo geſchwind als möglich, auf fie zu. Nun waren ſie zwar viel fruher im Waſſer, als ich mich ihnen auf Schußweite genaͤhert hatte; aber nach dem erſten Male Untertauchen zwang ſie ihre Neugierde je— desmal ſehr bald und vollkommen innerhalb der Schußweite, den Kopf aus dem Waſſer zu recken. Auf dieſe Weiſe habe ich mehrere geſchoſſen, nie aber das Gluͤck gehabt, eis nen zu bekommen. Denn wenngleich einige darunter bald darauf todt auf der Oberflaͤche des Waſſers erſchienen, ſo 246 wurden ſie doch jedesmal von der heftigen Stroͤmung, die an den Klippen hinfluthete, ſo ſchnell fortgeriſſen, daß ich ihrer nicht habhaft werden konnte. Einſt toͤdtete ich ein großes Exemplar in einer ſtillen Bucht mittelſt eines Schuſ— ſes durch den Hals; es zappelte kurze Zeit auf der Ober— flaͤche des Waſſers, allein bevor wir mit dem Boote an die Stelle kamen, fing es an zu ſinken, ſo daß wir es nicht mehr mit den Rudern erreichen konnten, und wir hatten den Verdruß, es bei etwa 40 Fuß Tiefe in einem Walde von Seetang ſinken zu ſehen, ohne irgend ein Fangzeug bei uns zu haben, mittelſt deſſen wir es haͤtten heraufziehen koͤnnen. a Der große Seehund entfernt ſich ſelten weit von den Farninſeln, und man ſieht ihn nur gelegentlich ſo weit nördlich, als die Berwick-Bai oder fo weit ſuͤdlich, wie Dun— ſtanborough oder die Coquet-Inſel. Er ſcheint auch in ſei— nem Reviere keine andere Species ſeiner Gattung zu dul— den, und den gemeinen Seehund (Phoca vitulina), der doch an dem gegenuͤberliegenden Feſtlande auf der Barre der Budle-Bai und auf der Holy-Inſel in kleinen Heerden vor— kommt, findet man faſt nie auf den Farn-Inſeln. Der gemeine Seehund, welcher ſeine Jungen im Auguſt gebiert, war ſonſt auf der Holy-Inſel ungemein haͤufig; die beſtaͤn— digen Nachſtellungen haben ihn aber dort ziemlich ſelten gemacht. Ich ſelbſt habe, außer dieſen beiden Species, keine an jenen Kuͤſten getroffen, obgleich deren Vorkommen nicht un— wahrſcheinlich iſt, da man dem Gegenſtand bisher ſehr we— nig Aufmerkſamkeit geſchenkt hat und die Thiere ſo ſchwer zu erlangen ſind. Uebrigens bezweifle ich, daß die aͤchte Phoca barbata je an den Kuͤſten Großbritannien's vor— kommt. (Annals and Mag. of nat. Hist., Feb. 1841.) Wanderungen und Lebensweiſe des Lemming's, Mus Lemmus, L. Von Herrn Martins. ) Olaus Magnus, Erzbiſchof von Upſala, war der Erſte, der uͤber die Lemmings ſichere Nachrichten bekannt machte, obwohl er einer von Wormius herruͤhrenden Monographie gedenkt, in welcher die Meinung vertheidigt wird, daß dieſe Thiere vom Himmel herabfallen. Spaͤter haben Samuel Rheen, Sir Paul Ryeaut, Linné, Hoegſtroem, Pallas, Fabricius und Zetterſtadt intereſſante Beitraͤge zu der Naturgeſchichte des Lemming's geliefert. Keiner dieſer Schriftſteller, mit Ausnahme Hoeg⸗— ſtroem's, hat jedoch eine Wanderung dieſes Thieres mit angeſehen. Herr Bravais und ich waren gluͤcklicher, und ich will hier einen kurzen Bericht über unſere Beobachtun— gen mittheilen. Viele der Mitglieder der wiſſenſchaftlichen Commiſſion, welche, auf Befehl der franzoͤſiſchen Regierung, „) Der philomathiſchen Geſellſchaft zu Paris vorgeleſen und im Institut abgedruckt. Edinb. new Philos. Journal, January — April 1841. 16. 247 Nordeuropa bereiten, u. A. die Herren Gaimard und Sundevall, durchzogen im September 1838 Lappland und bekamen keinen einzigen Lemming zu ſehen. Im Sep— tember 1839 ſahen wir ſie zu Myriaden auf der Hochebene von Lappland. Bei Boſſekop, unter 70° un. Br., waren ſie ziemlich ſelten, und als wir unter die Region der weißen Birke kamen, wurden ſie dieß uͤberhaupt. Dagegen trafen wir fie in der Nachbarſchaft von Karaſuando am Ufer des Muonio wieder in Menge; aber auf der rechten Seite die— ſes Fluſſes, etwas unterhalb Muonioniſka, unter 67° 55“ n. Br., zeigten ſie ſich in zahlloſen Schwaͤrmen, und wo— hin man auch blickte, wimmelte es von ihnen, waͤhrend ſie ſich ſaͤmmtlich in derſelben Richtung, parallel mit dem Fluſſe, fortbewegten. Hier fing alſo die Wanderung an; die Armee hatte ſich in Marſch geſetzt. Auf der Hochebene dagegen liefen ſie hin und her, ohne ſich fuͤr eine beſtimmte Richtung entſchieden zu haben. Als ſie tiefer in die Ebene hinabgeſtiegen waren, ſchritten ſie in gedraͤngten Reihen vorwaͤrts. Linné ſagt: „Sie treten geradlinige, viele Ellen voneinander entfernte parallelſtreichende Furchen von 2 — 3 Zoll Tiefe. Unterwegs verzehren fie Alles, was ſie finden, Kraut und Wurzeln, und nichts kann ſie vermoͤ— gen, von ihrer Richtung abzuweichen. Steht ihnen ein Menſch im Wege, ſo ſchluͤpfen ſie zwiſchen ſeinen Beinen durch. Kommen fie an einen Heuſchober, ſo freſſen fie ſich mitten durch denſelben. Stellt ſich ihnen ein Felſen in den Weg, ſo laufen ſie um denſelben herum, und ſetzen auf der andern Seite die Reiſe in derſelben Richtung fort. Seen durchſchwimmen ſie in gerader Linie und oft nach dem groͤßten Durchmeſſer. Kommen ſie dabei zufaͤllig an ein Boot, ſo klettern ſie uͤber daſſelbe und ſpringen auf der andern Seite wieder in's Waſſer. Selbſt der reißendſte Strom ſchreckt ſie nicht; ſie werfen ſich hinein, um durch— zuſchwimmen, und ſollten ſie auch ſaͤmmtlich darin um— kommen.“ Alle dieſe Einzelnheiten werden durch ſpaͤtere Schrift— ſteller beglaubigt, und im Jahre 1853 wird behauptet, fie ſeyen ſogar bei Dupvig unfern Boſſekop in die Boote ge— klettert und bis nach Hernoeſand in Schweden gelangt. Wenn die Lemmings nicht wandern, halten ſie ſich in entweder einfachen oder verzweigten Hoͤhlen mit einer oder mehrern Oeffnungen auf, die fie in die, in Lappland fo ge: wohnlichen kleinen Erdhuͤgel wuͤhlen, welche letztere gewoͤhn— lich daher ruͤhren, daß ſich der Wurzelſtock einer Fichte in Pflanzenerde verwandelt hat. Conſtantin Gloger fuͤhrt unter den Arten der Gattung Mus, L., nur fuͤnf Spe— cies auf, welche Neſter bauen, naͤmlich: M. messorius, M. musculus, M. agrarius, M. sylvaticus und M. minutus. Der Lemming muß offenbar dieſen beigezaͤhlt werden. Sein Neſt iſt cylindriſch, etwa 18 Gentim. lang und 6 Gentim. breit; unten weiter, als oben und am vor— dern Ende mit einer Oeffnung verſehen Eines dieſer Ne— ſter, welches uns gebracht wurde, beſtand aus den Blaͤttern einer Grasart, die wir nicht beſtimmen konnten, vermiſcht mit Stuͤckchen von Betula nana, Empetrum nigrum, Vaccinium Vitis Idaea, Cenomyce rangiferina, C. 248 pyxidata, Cladonia deformis und Stereocaulon to- mentosum. Die Lemmings find ungemein muthig. Sie ſtellen ſich jedem Feinde unter Pfeifen und Bellen entgegen und kaͤmpfen auch wuͤthend miteinander. Zwei in demſel— ben Kaͤfig eingeſperrte kaͤmpfen ſo lange, bis einer unter— liegt. Baͤren, Fuͤchſe, Woͤlfe, Marder, Hermeline, Hunde, Raubvoͤgel und ſelbſt Rennthiere tödten deren in Menge. Ihre Temperatur iſt ziemlich bedeutend, indem die Mit— telzahl von vier Beobachtungen ſich auf + 89, 5° C. ſ1tellte. Die Angabe des Herrn Martins, daß Rennthiere zuweilen Lemmings freſſen, betreffend, erwähnte Herr Nous hin, daß ſich, in Bezug auf andere Grasfreſſer, aͤhnliche Beiſpiele anfuͤhren ließen, und der Uebergang zu animali— ſchen Nahrungsſtoffen, wenn es an vegetabiliſchen feble, keine ſo große Schwierigkeit habe. So freſſen Schaafe und Kuͤhe die Wanderheuſchrecke gierig, und vielleicht ſind hierdurch zuweilen Seuchen entſtanden. Ferner kommt zu einer gewiſſen Jahreszeit in Neuholland nicht ſelten der Fall vor, daß Schaafe ihre Jungen freſſen. Uebrigens, bemerkte Herr Roulin, der Lemming ſey nicht das ein— zige Saͤugethier, welches plotzlich in zahlloſer Menge erſchei— ne, indem die kurzgeſchwaͤnzte Feldmaus, die Ratte ꝛc. die— ſes ebenfalls thaͤten. Auch andere Thiere, z. B., die Heu— ſchrecken, wandern ſtets in derſelben Richtung “); auch die Kaͤmpfe, die die Lemmings einander auf ihren Wanderun— gen liefern, ſind keineswegs eine Eigenthuͤmlichkeit dieſer einzigen Species. Bei den Heerden von Hunden, welche in manchen Laͤndern zum Ziehen der Schlitten gebraucht werden, kommt Aehnliches vor. Trifft den einen Hund die Peitſche des Fuhrmanns, ſo beißt er gewohnlich ſeinen Nachbar; dieſer faͤllt einen dritten an, und zuletzt entſteht ein allgemeiner Kampf. Herr Roulin bemerkte ſchließlich, die große Empfindlichkeit der Lemmings gegen Kaͤlte koͤnne wohl eine der Urſachen ſeyn, welche die Wanderungen die— ſes Thieres veranlaſſen. — „) Die Wanderungen der Libellen folgen der Richtung der Fluͤſſe, in deren Nähe die Inſecten fliegen, wovon der Ueberf. ſich durch Vergleichung vieler an verſchiedenen Orten, bei Gelegenheit der letzten, 1838 vorgekommenen, großen Wande— rung der Libellula depressa in ganz Norddeutſchland, ange— ſtellten Beobachtungen uͤberzeugt hat. Miscellen. Eine Luftſpiegelung, Fata Morgana oder Mira- ge, iſt am 20. Mai Morgens zwiſchen 5 und 6 Uhr von Herrn Paſtor Claus witzer, in Endfchüg, wahrgenommen worden, der daruͤber in der Weimariſchen Zeitung berichtet hat, daß er die ganze entfernte Gegend, bis auf 18 und 20 Meilen, Plauen, Schleitz, Neuſtadt, Roda ꝛc. mit den Thuͤrmen, Dörfern, Burgen u. ſ. w. etwa in 15° Höhe am Horizonte, als ein ſchoͤnes Rund— gemaͤlde geſehen habe. 2) iſt am 31. Mai Nachmittags zwiſchen 5 und 6 Uhr von einer zahlreichen Geſellſchaft in Heringsdorff bei Swinemünde, eine Pata Morgana in ihrem ganzen Ber: laufe beobachtet worden. Die im Oſten liegende Kuͤſte der Inſel Wollin erhob ſich anſcheinend um mindeſtens 200 Fuß über ihre gewöhnliche fcheinhare Höhe aus dem Waſſer, und wurde um etwa 3 Meilen weiter, nordoͤſtlich ſich erſtreckend, in bedeutender Hoͤhe 249 ſichtbar. Das ſchroffe Ufer war von mehreren horizontalen, ſchma⸗ len, blauen Streifen durchzogen, und etwa 2 Meilen oſtlich von der Banke bei Warnow zeigte ſich auf der Höhe ein glänzend weißer Gegenſtand, der ſich im Meere zu ſpiegeln ſchien, jedoch in ſeinen Umriſſen nicht genau erkannt werden konnte, obwohl meh— rere ſehr gute Fernglaͤſer zur Hand waren. In der See ſelbſt ſtand in N. O. eine Nebelbank. Die in der Nähe derſelben befinds lichen Schiffe wechſelten unaufhoͤrlich ihre Geſtalt, indem ſie ſich bald in der Laͤnge auszudehnen und dann wieder in die Hoͤhe ges ruckt zu werden ſchienen. Eine kaum 1 Meile vom Beobachtungs— orte entfernte Jacht, mit weißen von der Sonne beſchienenen See— geln, wuchs bis etwa zur dreifachen Hoͤhe ihrer Maſten, wurde dann oben breiter und zeigte ſich endlich doppelt, naͤmlich einmal in ihrer natuͤrlichen Geſtalt auf der See ſchwimmend, und gleich— zeitig verkehrt, mit den Maſten nach Unten, darüber in der Ne— belbank. Nach 6 Uhr aͤnderte ſich die Scene. Die Nebelbank ſetzte ſich in Bewegung, loͤſ'te ſich in lichtes Gewoͤlk auf, trieb in Form eines gekraͤuſelten weißen Dampfes unmittelbar auf dem Waſſer— ſpiegel landwaͤrts und verſchwand, bevor es das Ufer erreichte. Gleichzeitig wurden die dunkeln Horizontal-Streifen an der Wolli— 250 ner Küfte breiter und die Strandberge niedriger, bis die Streifen mit dem Waſſerſpiegel zuſammenſielen und die Küfte ihre alte Geſtalt nach Höhe und Ränge annahm, indem der zum Vorſcheine gekommene oͤſtliche Theil hinter dem Meeresſpiegel verſchwand. Waͤhrend der ganzen Erſcheinung war der Himmel durchaus wol— kenfrei, ein mäßiger Wind wehete aus N. O., das Thermometer hatte in der Stadt am Mittag 22 und Abends 18° R. gezeigt, und trat auch am folgenden Tage weder eine merkliche Aende— rung in der Temperatur, noch ein bewoͤlkter Himmel ein. Zu einer naturhiſtoriſchen Reiſe in die Aequi⸗ noctialgegenden ift dem Botaniker J. J. Linden, zu Bruͤſ⸗ ſel, von der Belgiſchen Regierung eine jährliche Unterſtuͤtzung von 4,000 Franken bewilligt worden. Ergaͤnzung. — Die in Nr. 388. (Seite 218, Zeile 16 von oben, des gegenwärtigen Bandes) mit einem Fragezeichen vers ſehene acide crenique, iſt die, aus Eiſenocher und Sumpfer⸗ zen, und aus Bergmehl zu erhaltende, ſogenannte Quell oder Brunnenſaͤure. (Siehe Berzelius, Lehrbuch der Chemie. 8. Band.) - er Se ee Wr un e. Ueber Bluterdiatheſe. Von Dr. David Burnes. Es iſt fruͤher angegeben worden, daß Bluter haupt— ſaͤchlich unter den Männern vorkommen und ſehr haͤufig einer Familie angehoͤren. Ich will hier die Beobachtung von drei Bruͤdern anfuͤhren, wovon ich zwei behandelt habe und von dem dritten, welchen Herr Hooper behandelte, der Sectionsbericht mitgetheilt werden kann. Erſter Fall. Carl N, 30, Jahr alt, ſchlank, von großer Muskelkraft, kam im Maͤrz 1837, wegen einer En— teritis, in meine Behandlung. Ich verordnete ſechs Blut— egel auf den Unterleib, da er einen Aderlaß ablehnte, indem er mir mittheilte, daß er und ſeine ganze Familie große Dispoſition zu Blutungen haben. Durch die Blutegel und die uͤbrige Behandlung wurde die Enteritis ſogleich beſei— tigt; aber acht Tage lang hoͤrte das Blut nicht auf, aus den Blutegelſtichen auszuſickern oder bei neuen Störungen auszufließen. Bei aller Muͤhe, die ich mir gab, das Blut zu ſtillen, bildete ſich zweimal ein leckeres coagulum von der Größe eines kleinen Apfels: Uber den blutenden Sellen. Dieſes coagulum ließ ich endlich zwei Tage lang liegen und nahm es ſodann vorſichtig und von Oben ber ſchichten— weiſe mit dem Meſſer ab. Dieß gelang, es folgte aber Ulceration der Stellen. Patient wurde erſt nach einem laͤn— geren Krankenlager geheilt, welches mehr durch das Mittel, als durch die Krankheit bedingt war. Im Juli 1840 be⸗ klagte ſich der Kranke Über eine angeborne Phimoſis, und ich conſultirte Herrn Liſton daruͤber, ob es geeignet ſey, die— ſelbe mit dem Meſſer zu beſeitigen. Herr Liston gab der Ligatur den Vorzug, welche er ohne unguͤnſtigen Zufall an— wendete. Zweiter Fall. Sein Bruder William, 44 Jahr all, mager, wurde im Juli 1829 von einer Orchitis be— fallen. Ich empfahl die gewöhnlichen Mittel und unter ans dern vier Blutegel an das serotum. Bei dieſer Behand— lung war die Krankheit bald beſeitigt; aber das Ausſickern von Blut aus den Blutegelbiſſen dauerte mehrere Tage fort und ſchwaͤchte den Kranken ſo, daß ich nach 14 Tagen froh war, ihn, zu ſeiner Erholung, nach Ramsgate ſchicken zu können. Nach 14 Tagen hatte er ſich bereits ſehr er— holt, als er ungluͤcklicherweiſe eine Fenſterſcheibe zerbrach und ſich dabei in die aͤußere Seite des Daumens ſchnitt. Die darauffolgende reichliche Blutung wurde vor der Hand durch Heftpflaſterſtreifen ꝛc. geſtillt; es ſtellte ſich in den naͤchſten Tagen Entzuͤndung ein, welche die Abnahme der Heftpflaſter noͤthig machte, worauf die Blutung wiederkehrte und, trotz aller Mittel, fortdauerte. Druck auf die Radial— arterie oder Umſchnuͤrung des Gliedes veranlaßte Herzklo— pfen und große Unbehaglichkeit. Nun brachten ihn ſeine Verwandten, welche in Angſt um ihn geriethen, nach London, wo er in meine Behandlung kam. Bei dieſer Reiſe wurde er durch die erſchuͤtternde Bewegung des Dampfbootes ſehr belaͤſtigt; die Blutung wurde dadurch vermehrt, und er ver: fiel in einen ſehr reizbaren Zuſtand. Ich fand den Kran— ken ſehr geſchwaͤcht, ganz bleich; das Blut ſickerte reichlich aus der Wunde aus, ohne jedoch jemals zu ſpritzen. Ich machte die Wunde frei, ließ den Kranken zu Bette bringen, verordnete Digitalis, Ipecacuanha, Nitrum und ließ die Wunde beſtaͤndig mit einem Waſchwaſſer aus Weingeiſt mit Salmiak befeuchten. Es bildete ſich ein Blutklumpen, wels chen ich nach vier Tagen theilweiſe von Außen her weg— nahm, was ohne Nachtheil gelang. Die Blutung hatte nun aufgehoͤrt, und die Wunde heilte am ſiebenzehnten Tage nach der Ruͤckkehr in die Stadt und am vierundzwanzigſten noch der Verletzung vollſtaͤndig zu. Bei einer andern Ges legenheit, nachdem der Kranke drei oder vier Tage lang blaue Pillen genommen hatte, folgte eine profuſe Blutung aus dem Zahnfleiſche und der Naſe, mit Klopfen der Schlaͤfe u. ſ. w., worauf ſogleich die Mediein ausgeſetzt werden mußte. Als ich ſpaͤter wieder verſuchte, eine kleine 251 Quantitaͤt dieſes Mittels ſelbe Wirkung. Dritter Fall. John N., 25 Jahr alt, Bruder der beiden vorigen, ſtuͤrzte im October 1827 auf der Jagd von ſeinem Pferde und erlitt eine Verletzung am Arme. Als Dr. Hooper ihn Tags darauf ſah, fand er den Arm betraͤchtlich geſchwollen und uͤber dem biceps ungewoͤhnlich ſtark entzuͤndet. Die Haut war unverſehrt und der Vor— derarm vom Ellenbogen bis zur Handwurzel gequetſcht, ohne dem Kranken jedoch Schmerz zu verurſachen. Es ſchien, als wenn einige Faſern des biceps zerriſſen ſeyn moͤchten; indem die Schmerzen außerordentlich heftig waren, beſonders wenn das Glied bewegt wurde. Es wurden zwölf Blut— ezel verordnet, wonach die Blutung duch warme Fomenta— tionen unterhalten werden ſollte; innerlich abfuͤhrende und andere Mittel. Der Kranke machte die Bemerkung, daß es vielleicht ſchwierig ſeyn wuͤrde, die Blutung zu hemmen, da der leichteſte Riß bei ihm immer profuſe Blutungen ver— anlaſſe und er vor zwei Jahren nach Extraction eines Zah— nes faſt verblutet ſey. Die Blutegel wurden indeß geſetzt, und am folgenden Tage fand Dr. Hooper, daß die Blu— tung nicht betcachtlich geweſen war, bis fi) gegen Morgen die Gefhmwulft verminderte, worauf alle Bemühungen der Anweſenden, durch Druck, Alaun, Mehl, Spinnwebe ıc. die Blutung zu hemmen, vergeblich war. Dr. H. betupfte die blutenden Stellen mit Höollenſtein. Nach einigen Ta— gen ſchien der Kranke ganz wohl, er konnte ſeinen Arm wieder bewegen; nach drei oder vier Tagen aber wurde der Arzt wieder gerufen, weil ſich der vordere innere Theil des Oberarms geroͤthet hatte und ſehr geſchwollen und ſchmerz— haft war; nach wenigen Tagen ging dieſe Stelle in Eite— rung uͤber; es entleerte ſich eine geringe Quantitaͤt purulen— ter Materie, die Abſonderung wurde taͤglich duͤnner und mit Arterienblut gemiſcht, welches niemals hervorſpritzte, aber beſtaͤndig mit einer duͤnnen feröfen Fluͤſſigkeit heraus— ſickerte. Die Kräfte ſanken immer mehr; es wurde eine Conſultation gehalten; aber die Familie gab ihre Einwilli— gung zu keiner Operation, weil die Bluterdiatheſe die Wahr: ſcheinlichkeit der Rettung des Kranken allerdings gering machte. Section. Der Arm erſchien ſehr duͤnn; die Wande war nicht groß; mitten in derſelben hatte ſich ein brandiger Theil beinahe abgelöft. Bei ſorgfaͤltiger Peaͤparation der Gefaͤße wurde eine O ffaung in der a. brachialis am untern Rande der Sehne des latissimus dorsi gemacht, und eine Sonde 3 — 4 Zoll weit nach Unten eingeführt. Es fanden ſich zahlreiche durchſichtige Stellen an der gan— zen Arterie, durch welche hindurch man die Sonde ſehen konnte. An den ben ichbarten Aeſten und Anaſtomoſen zeigte ſich eine aͤhnliche Veränderung. Es war offenbar ein Mangel dee fibroͤſen Faſer vorhanden. Dieß beſt tigt Hrn. Wilfon’ 3 Aıfiht, daß die Bluterdiatheſe von einem M eingel an contractiler Kraft der Arterien herruͤhre. Ein oder zwei Verwandte des Kranken muͤtterlicher Seits hatten dieſelbe Diatheſe. zu geben folgte ſogleich die— 252 Dieſe Faͤlle beſtaͤtigen die Anſicht, daß die Bluterdia— theſe dem maͤnnlichen Geſchlechte eigenthuͤmlich iſt und ſich in den Familien von der muͤtterlichen Seite fortpflanzt. Die Mutter der drei Kranken hatte ſelbſt zwei Bruͤder, welche an dieſer Diatheſe litten, waͤhrend weder ſie, noch ihre vier Toͤchter jemals die mindeſte Dispoſition dazu ge— zeigt hatten. Es iſt aber zu bemerken, daß ſich bei drei andern Bruͤdern jener Kranken dieſe Eigenthuͤmlichkeit noch nicht entwickelt hat, obwohl ſie ſaͤmmtlich das zwanzigſte Jahr bereits uͤberſchritten hatten. Bei zwei Faͤllen ſchien das Blut eine geringere Dispoſition zur Coagulation zu has ben und hatte das Ausſehen, als wenn es mit Waſſer ge— miſcht waͤre. Eine andere Eigenthuͤmlichkeit in dieſen bei— den Faͤllen war die Ungeduld, ich moͤchte ſagen die Reiz— barkeit, welche durch jeden Verſuch, Druck anzuwenden, veranlaßt wurde. In beiden Fällen entſtand Pulſiren in den Theilen, und große Unbequemlichkeit, ſo daß man ge— noͤthigt war, den Druck aufzugeben. Der guͤnſtige Erfolg des zweiten Falles war vielleicht mehr einer ſpontanen Coagulation des Blutes in der Wunde bei einem ſchon beinahe blutleeren Individuum zuzuſchreiben, als den ange— wendeten Mitteln. (The Lancet, 12. Dec. 1840.) Ueber den Tod durch Asphyxie hat Dr. Reid Experimente angeſtellt, welche er in The Edinburgh med. and. surg. Journ. Apr. 1841 mit: theilt. Den Schluß feiner Unterfuhungen macht er mit folgenden Bemerkungen. Aus den angefuͤhrten Thatſachen ergiebt ſich, daß die Aufhebung der Gehirnfunction haupt— ſaͤchlich, wo nicht ganz, von der Circulation venoͤſen Blutes in den Arterien abhaͤngt. Damit iſt jedoch nicht geſagt, daß das venoͤſe Blut einen nachtheiligen Einfluß auf die Function der Merventertur habe, ſondern nur, daß die Wirkung von mangelhafter Erregung des Organes abhaͤngt. Denn beginnt die Circulation des Arterienblutes wieder, ſo erfolgen auch ſehr raſch die Functionen des Gehirns, voraus— geſetzt, daß dieß Alles innerhalb einer gegebenen Zeit ſtattfindet. Es folgen alſo bei Asphyrie die einzelnen Unterbre— chungen des Lebensproceſſes in folgender Reihe: — Das Venenblut geht zuerſt reichlich durch die Lungen hindurch, gelangt zur linken Herzſeite und wird von da durch alle Koͤrpertheile getrieben. In dem Maaße, als das Blut eine mehr vende Beſchaffenheit bekoͤmmt, verändert ſich die Cir— culation deſſelben durch die Gehirngefaͤße die Sinnesfunctio— nen und ſuspendirt dieſelben raſch, ſo daß das Individuum das Bewußtſeyn aͤußerer Eindruͤcke verliert. Die Functio— nen der medulla oblongata ſind etwa zur ſelben Zeit geſch vaͤcht, wo die Sinnesfunctionen gehemmt ſind; ſie ſind aber nicht leicht laͤngece Zeit ſuspendirt. Unmittelbar nach— dem die Sinnesfunctionen aufgehoben ſind und das Blut noch venoͤſer geworden iſt, dringt es nur ſchwer durch die Capillargefaͤße der Lungen und ſammelt fi daher in der rechten Herzhaͤlfte. Es gelangt nothwendig von nun an eine 253 geringere Quantität Blut in die linke Herzſeite. Dieſe Verminderung der durch die Arterien dringenden Blutmenge, verbunden mit dem venoͤſen Character des Blutes und der endlichen Hemmung der Circulation, ſind mit Lebensaͤuße— rungen in andern Koͤrpergeweben nicht vereinbar; es folgt alſo früher oder ſpaͤter der Tod. Die Fortdauer der Muskeltontractilitaͤt noch nach Hem— mung der Circulation variirt, wie ſich gezeigt hat, nach Alter und Kraft des Individuum's, ſo wie auf eine auffal— lende Weiſe nach unbekannten conſtitutionellen Bedingungen; dadurch erklaͤrt ſich, warum in einigen Faͤllen ſo lange nach dem ſcheinbaren Tode die Herzthaͤtigkeit wieder erneuert wer— den kann, waͤhrend in andern Faͤllen alle Verſuche zur Wie— derbelebung, ſelbſt wenn fie kurz nach dem Aufhören der Sinnesthaͤtigkeiten beginnen, fehlſchlagen. Es iſt klar, daß die erſte und Hauptaufgabe bei Behandlung der Asphyxie in der Wiederherſtellung der Circulation durch die Lungen geſchieht. Gelingt dieß, tritt die Herzaction wieder ein, wird das Arterienblut wieder zum Gehirn und zu den uͤb— rigen Körpergeweben geführt, fo zeigen ſich die Functionen der medulla oblongata wieder, die Sinnesthätiyfeiten treten allmaͤlig wieder ein, und die thieriſche Waͤrme kehrt zuruͤck. Die Störung der Function der medulla oblongata und der Sinnesfunctionen ſind nicht nothwendig von gleicher Ausdehnung und niemals von gleicher Wichtigkeit bei der Asphyxie; dieß ſieht man beſonders bei denjenigen Todesfaͤl— len durch Krankheit oder durch narkotiſche Gifte, wo der Proceß der Asphyxie mehr langſam und allmaͤlig eintritt, Hierbei findet man nicht ſelten die Sinnes functionen beinahe oder gaͤnzlich ſuspendirt, waͤhrend die Reſpiration noch vor— trefflich ver ſich geht; es iſt aus verſchiedenen Thatſachen klar, daß das Aufhoͤren der reſpiratoriſchen Muskelbewegun— gen nicht ven einer Hemmung der Sinnesfunction, ſondern von Unterbrechung der Thaͤtigkeit der medulla oblongata abhaͤngt. Hier ſind einige Bemerkungen uͤber die verſtaͤrkte Kraft beizufuͤgen, womit das Blut bei Muskelcontraction durch die Arterien getrieben wird. Es iſt bereits nachgewieſen worden, daß das Blut mit groͤßerer Geſchwindigkeit und vermehrter Kraft durch die Arterien waͤhrend der Contraction der Muskeln der Extremitaͤten und des Rumpfes durchge— trieben wird, wie bei Koͤrperbewegungen. Dieß findet bei heftigen Exſpirationsbeſtrebungen auf eine auffallendere Weiſe ſtatt. Auf der andern Seite wird bei gewaltſamer Inſpi— ration der Puls langfamer, ſchwach und weich. Bei meinen Verſuchen mittelſt des Haͤmatodynamometer ſtieg die Queck— ſilberſaͤule in einem Falle bis zum 11ten, in einem andern Falle bis zum 1 2ten Zolle der Scala, während gewaltfamer Erfpiration und während der ſtraͤubenden Bewegungen des Thieres; dagegen fiel es bis zum zweiten Zolle, waͤhrend hef— tiger Inſpirationsbewegungen. Bei dieſen verſchiedenen Be— dingungen muß der Druck auf die aͤußere Herzflaͤche und ihre Lage in der Bruſt etwas veraͤndert werden. Eine ge— wiſſe Zunahme des Druckes auf die Außere Flaͤche tritt 254 während der Exſpiration hinzu und wird bei der Inſpiration wieder gehoben ; das Herz ſinkt alſo bei der Inſpiration tie— fer in die Bruſthoͤhle hinab und tritt bei der Exſpiration mehr hervor. Dieſe Bedingungen koͤnnen indeß bei der Un— terſuchung uͤber den Einfluß auf die einzelnen Erſcheinungen bei Seite gelaſſen werden. Muͤller glaubt, die vermehr— ten Herzcontractionen bei vermehrter Muskelanſtrengung des Rumpfes und der Glieder als ſympathiſche- oder Re— fleraction betrachten zu koͤnnen; da dieß indeß nicht direct bewieſen wird, fo bin ich nicht geneigt von der alten Erklaͤ— tung abzugehen, wonach dieß nur von einer mechanifchen Beſchleunigung des Blutlaufes durch den von den umge— benden Muskeln bei ihrer Contraction auf die Blutgefaͤße ausgeuͤbten Druck bewirkt werde, um ſo mehr, als ich meh— rere Beobachtungen gemacht, welche beweiſen, daß mindeſtens ein großer Theil der Erſcheinungen von dieſer Urſache her— ruͤhren mag. Ich habe z. B., haͤufig bemerkt, daß, wenn ein Thier ſehr ſchnell, ſelbſt mehr als 100 Mal in einer Minute, durch eine Roͤhre in der trachea athmete, das Qucckſilber in dem Inſtrument nicht höher, als zuvor, flieg, und daß der Gang deſſelben immer beſchraͤnkt war, wenn die Ex— fpirationen kurz blieben und alſo nicht mit ſtarker Com— preſſion der Blutgefaͤße im thorax und Unterleib ver— bunden waren. Andererſeits ſtieg das Qucckſilber betraͤcht— lich, ſo oft eine verſtaͤrkte Exſpiration ſtattfand, ſo lang— ſam dieſe auch ausgefuͤhrt werden moechte; es ſtand uͤbrigens, wenn ein Inſtrument mit der Schenkelarterie und ein anderes mit der Schenkelvene der entgegengeſetzten Seite in Verbindung gebracht wurde, das Queckſilber be— traͤchtlich hoͤher, als in dem mit der Arterie verbundenen Inſtrumente, wenn das Thier anfing, ſich heftig zu ſtraͤu— ben; ſelten erreichte das Queckſilber von der Arterie aus eine Hoͤhe von 11 Zoll, waͤhrend es von der Vene aus oft mit betraͤchtlicher Kraft bei einer Roͤhre von 12 Zell Hoͤhe uͤberlief, was eine etwa 3 — 4 Pfund auf den Quadratzoll betragende Zunahme des Druckes auf die innere Flaͤche des Venenſyſtems beweiſ't. Dieſe betraͤchtlichere Hoͤhe des Queckſilbers in dem Inſtrumente an der Vene kann nur durch mechaniſchen Druck der umgebenden Mus— keln erklaͤrt werden, wiewohl es auch ſchwer iſt, zu beſtim— men, inwiefern verſtaͤrkte Herzcontractionen dazu beitragen. Die verſtaͤrkten Herzcontractionen bei heftiger Exſpiration kann man zum Theil von dem Drucke auf die Blutgefaͤße der Lungen und von dem Uebergange einer groͤßern Menge Blut zu der linken Herzſeite ableiten, während die Vermin— derung der Kraft und Frequenz des Pulſes waͤhrend der Inſpiration wenigſtens großentheils von dem ploͤtzlichen Auf— hoͤren dieſes Druckes herruͤhrt, wonach ein großer Theil des Blutes waͤhrend einiger Contractionen des rechten Herzens unmittelbar nach Erweiterung des thorax nur die Blutge— faͤße der Lungen ausfuͤllt, und zwar in demſelben Grade, wie vor der vorhergehenden Exſriration, wobei nur eine geringe Quantität zur rechten Herzſeite gelangt. Es ift wohl nicht noͤthig, Bemerkungen über die Frage zu machen ob das Blut in den Lungen ſtagnire, wenn die che— miſche Umaͤnderung des Blutes durch die atmoſphaͤriſche 255 Luft aufhört, oder über eine Einwirkung des Venenblutes auf die Contractilitaͤt der Capillargefaͤße der Lungen. Dr. Aliſon hat bereits gezeigt, daß ſich dieſe Erſcheinungen auf ein wichtiges allgemeines Geſetz in der Phyſiologie beziehen, welches bisjetzt nicht die Beachtung erlangt hat, die es vers dient, wonach die Bewegung der Ernaͤhrungsfluͤſſigkeiten von der chemiſchen Umaͤnderung abhaͤngt oder, wie er es nennt, von den vitalen Attractionen, die mit den chemiſchen Umaͤn— derungen verbunden ſind, welche letztere beſtaͤndig in den Capillargefaͤßen zwiſchen dieſen Fluͤſſigkeiten und den umge— benden Geweben vorkommen, zur Vermittelung der Ernaͤh— rung und Secretion. Die Exiſtenz einer ſolchen beweglichen Kraft, unabhaͤngig von irgend einer Einwirkung der feſten Subſtanzen, iſt nicht zu bezweifeln. Bevor das Arterienblut frei durch irgend ein Gewebe oder Ocgan durchgeht, iſt es noͤthig, daß nicht allein die Herzcontractionen mit einer ges wiſſen Kraft ausgeführt werden, ſondern auch die Thaͤtig— keiten der Nutrition und Secretion im Gange ſind. So iſt auch, bevor das Blut durch die Lungen durchgehen kann, nicht allein noͤthig, daß die rechte Seite des Herzens ihre Contractilitaͤt behalte, ſondern auch, daß die chemiſchen Ver— aͤnderungen zwiſchen Blut und atmoſphaͤriſcher Luft vor ſich gehen. Dieß wird auch durch eine Thatſache bewieſen, die ich feſtgeſtellt habe, naͤmlich, daß, wenn das Blut in dem Kreislaufe entſchieden venoͤs und fuͤr die Ernaͤhrung untaug— lich wird, daſſelbe weniger frei durch die Capillararterien in die Venen eintritt. eee h e . ueber Länge und Stärke des Nabelſtranges am Ende der Schwangerſchaft hat Dr. Negrier in den Anna- les d’hygiene, publique Jan. 1841, Unterſuchungen bekannt ge— macht, welche er in Folge eines Unterſuchungsfalles angeſtellt hatte und bei welchem ein Maͤdchen ihr Kind mit dem Nabelſtrange vor der Vollendung der Geburt erdroſſelt haben ſollte. Bei 166 Faͤl— len bemerkte er, daß bei 144 Faͤllen der Nabelſtrang frei im uterus flottirte, in 20 Faͤllen um den Hals des Kindes gewunden war, in einem um die Schultern und in einem zwiſchen den Beinen durchging. 98 Mal war der Nabelſtrang nicht varicoͤs; 63 Mal war er varicös. Die Länge betrug bei 28 Fͤͤllen 17 Zoll; bei 112 Fallen 17 — 251 Zoll und in 26 Fällen mehr als dieſe Länge. Die Reſiſtenz gegen die an das Placentalende angehaͤngte und bis zum Zerreißen geſteigerten Gewichte wurde ſo unterſucht, daß man etwa die Hälfte der Nabelſtraͤnge in ihrer Mitte über einen run— den Queerbalken legte und dann Gewichte bis zum Zerreißen an— hing, während man die andere Hälfte 14 Mal um den Balken 256 herumwand, welchen man bis zur Dicke eines Kindshalſes mit Leinwand umwickelt hatte. Dieſe letztere Parthien trug ein größes res Gewicht, als die erſte. Waricöfe Stränge riſſen leichter durch, als geſunde, und zwar gewoͤhnlich an einer der varicoͤs erweiterten Stellen. Das mittlere Gewicht, wobei dieſe varicoͤſen Straͤnge zerriſſen, betrug 8 Pfd.; der ſtaͤrkſte Nabelſtrang betrug 14 Pfd. 7 Unzen; die mittlere Tragkraft nicht varicöfer Straͤnge, betrug 14 Pfd. 4 Unzen, einer zerriß aber erſt bei 25 Pfd. 3 Unzen. Dr. Negrier machte nun zunaͤchſt einige Verſuche, um zu be— ſtimmen, wie groß das Gewicht ſeyn muͤſſe, um bei Umfchlingung um den Hals eines Erwachſenen ein Gefuͤhl von Erdroſſelung hervorzurufen; ein Gewicht von 8 Pfd., welches an einer 14 Mal um den Hals geſchlungenen Schnur aufgehaͤngt war, waͤh— rend der Nacken nach Oben gerichtet war, bewirkte Reſpirations— beſchwerde und Congeſtion nach dem Kopfe in zwei Minuten, wo— nach bald Schwindel eintrat, die Reſpiration jedoch mit Beſchwerde fortgeſetzt werden konnte. Wurde das Geſicht dabei nach Oben gewendet, ſo trat die Congeſtion raſcher ein, und Dr. Negrier meint, daß, wenn das Experiment eine Viertelſtunde lang fortge— ſetzt worden waͤre, der Tod erfolgt ſeyn wuͤrde. Mit einem Ge— wichte von 13 Pfd. folgte, bei nach Unten gewandtem Geſichte, die Congeſtion ſehr raſch. Die Reſpiration war ſehr beſchwerlich, je— doch noch moͤglich; es waͤre aber gefaͤhrlich geweſen, das Experi— ment laͤnger, als zwei Minuten fortzuſetzen. Bei nach Oben ge— wendetem Geſichte war die Strangulation faſt vollkommen, und Dr. N. meint, daß der Tod in weniger, als 5 Minuten erfolgt ſeyn würde, Hieraus zieht Dr. N. den Schluß, daß der Nabel— ſtrang hinreichend lang und ſtark iſt, um ein neugebornes Kind, nach dem Gebaͤren des Kopfes deſſelben, durch Umſchlingung des Halſes zu erdroſſeln. Eine Unterſuchung der Augenmuskeln einen Mo— nat nach der Operation des Schielens hat, nach London medical Gazette, Herr Babington im St. George's Hospital anſtellen koͤnnen. G Clarke, 30 Jahr alt, war am 1. Dec. mittelſt Durchſchneidung des mus. rect, externus operirt. Es ſtellte ſich eine heftigere Enkzuͤndung ein, als gewoͤhnlich, die aber doch nach einigen Tagen, ohne weitere Behandlung, verging. Gleich nach der Operation ſchien der Erfolg vollſtaͤndig, aber nach— dem die eingetretene Entzuͤndung voruͤber war, ergab ſich, daß die Difformität zwar vermindert, aber nicht ganz beſeitigt war, und daß die Axen der beiden Augen nicht voͤllig parallel waren. In— zwiſchen wurde der Unterſchied immer geringer und war ſehr we— nig mehr bemerkbar, als der Operirte von einer Lungenentzuͤndung befallen wurde und am 1. Januar 1841 ſtarb. — Man untere ſuchte das Auge mit der größten Sorgfalt. Der m. rectus exter- nus war vollſtaͤndig zerſchnitten, an der Stelle wo ſeine Faſern anfingen, ſehnig zu werden. Der Bauch des Muskels war etwa drei Viertel Zoll zuſammengezogen; er hing aber immer noch mit dem Augapfel zuſammen, durch einen ſtarken Strang Zellgewebe, welches etwa 3 Linien Breite und 6 Linien Laͤnge haben konnte und etwa 2 Linien weit von der erſten Inſertion des Muskels an dem Augapfel befeſtigt war. Herr B. meint, daß dieſes membra— noͤſe Band von der verdichteten celluloͤſen Scheide des Muskels ger bildet ſey. Bibliographische Geology and Mineralogy. By J. Trimmer. London 1841. 8. Influence met&orologique des montagnes et des forèts. Réponse A quelques questions adressdes par S. E. Mr. le Ministre de l’Interieur, Par M. Maurel. Paris 1841. 8. Reiten. Medical Guide to Nice, By Dr. Farr, London 1841. 12. Hippopathology, a Treatise on Disorders of the Horse, J. Percival, Vol. 2, London 1841 8. By ——— ͤ ͤww“öàEAm u Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 391. (Nr. 17. des XVIII. Bandes.) Juni 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 9 Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Wa td u r Ueber die Reizbarkeit und Beweglichkeit der Blätter der Oxalis - Arten Von Ch. Morren, D. M., Mitglied der Bruͤſſeler Academie der Wiſſenſchaften c *) Mein Freund Giov. de Brignoli de Brunnhof, Profeſſor der Naturwiſſenſchaften an der Univerfität zu Mo: dena, theilte mir unter'm 23. Mai 1839 intereſſante Beob— achtungen mit, welche von ihm und zweien ſeiner Schuͤler im Jahre 1838 ruͤckſichtlich der Reizbarkeit und freiwilligen Bewegung der Blätter von Oxalis strieta, einer auch bei uns einheimiſchen Pflanze, angeſtellt worden waren. Es giebt hier zu Lande ſo wenig in dieſem Grade empfindliche oder erregbare Pflanzen, daß ich mich alsbald zur Wieder— holung der Verſuche Brignoli's entſchleß, und dabei fand ich die von ihm erlangten Reſultate in jeder Beziehung richtig. Die Umſtaͤnde, unter denen die erſte auf die Bewegung der Blätter der Oxalis strieta bezuͤgliche Beobachtung an: geſtellt wurde, ſind keineswegs zu uͤberſehen, indem ſich aus denſelben zugleich ergiebt, weßhalb dieſe Erſcheinung ſo lange unbekannt geblieben iſt, und wie ſich dieſelbe auf die ein— fachſte Weiſe hervorrufen laͤßt. Ich hebe alſo aus dem Briefe meines gelehrten Cellegen folgende Stelle aus. „Ich theile Ihnen eine im vergangenen Sommer zu— fällig durch zwei meiner Schuͤler gemachte Beobachtung mit, die ich fuͤr durchaus neu halte. Sie gingen eines Tages im offentlichen Garten ſpazieren; einer derſelben hatte ein Stöckchen in der Hand und vertrieb ſich die Zeit damit, daß er damit den wildwachſenden Pflanzen uͤbel mitſpielte Bald darauf bemerkten ſie, daß ſich an einer derſelben die Stellung der Blätter geändert hatte, und fie vermutheten alsbald, daß dieß eine reizbare Pflanze ſey, deren ich in mei— nen Vorleſungen nicht erwaͤhnt habe. Ich befand mich ge— rade in dem benachbarten botaniſchen Garten, und ſie kamen ) Bulletins de Acad. roy. de Bruxelles, T. VI. Annales des Sc. natur. Decembre, 1840, No. 1491. ru de dahin, um mir den Vorfall anzuzeigen, der mir nicht weni— ger unerwartet war, als ihnen. Ich begab mich an die be— zeichnete Stelle und fand, daß es ſich von der Oxalis strieta handle, die im Verzeichniſſe der ſogenannten Senſiti— ven fehlt. Ich machte alsbald den Verſuch mit andern Ex— emplaren und erhielt daſſelbe Reſultat; allein man muß das Gewaͤchs lange reizen, weil deſſen Bewegungen noch weit langſamer find, als die der Mimosa pigra. Ich glaube, wenn man anhaltend beobachtete, wuͤrde man finden, daß dieſe Art der Erregbarkeit der Pflanzen weniger ſelten iſt, als man glaubt. Die Irritabilitaͤt der Oxalis sensitiva iſt bekannt genug. Nun ſtellte ich mit allen andern in un— ſerem botaniſchen Garten cultivirten Oxalis-Arten Verſuche an, konnte es jedoch bei keiner dahin bringen, daß die Stel— lung der Blaͤtter ſich aͤnderte. Meiner Anſicht nach, ſpielt die Temperatur dabei eine Hauptrolle, indem ſelbſt die Be— wegungen des Hedysarum gyrans in den Wermhaͤuſern im Herbſt und Winter traͤge werden, und ich moͤchte anneh— men, daß alle Oxalis-Arten die Fähigkeit beſitzen, ihre Blaͤt— ter zuſammenzuſchlagen, wenn man ſie reizt. Da aber die meiſten vom Vorgebirge der guten Hoffnung ſtammen, ſo gehorchen ſie dem Reiz in unſern Climaten nicht, wo die Hitze nie denſelben Grad erreicht, wie auf dem Cap. In der Gegend um Modena fehlen Oxalis acetosella und O. corniculata, daher ich mit dieſen beiden Species nicht experimentiren konnte.“ Die hier erwaͤhnte, in China einheimiſche Oxalis sen- sitiva, iſt ihrer Reizbarkeit wegen von de Candolle Biophytum sensitivum genannt worden. Sie hat, wie die Mimoſen, gefiederte Blätter. Die Averrhoa bilimbi aus Oſtindien gehoͤrt ebenfalls zu den Oralideen mit reizba— ren und beweglichen Blättern. Bei der Averrhoa caram- bola find, wie Bruce gezeigt hat, *) die Blattſtiele beweg- lich, und ſo ſpricht die Analogie dafuͤr, daß dieſelbe Erſchei— ) Philos. Transactions T. LXXV., p. 356. An account of the sensitive qualities of the tree of Averrhoa carambola. 17 259 nung bei vielen Arten der an Species fo reihen Gattung Oxalis ſtattfinde. *) Waͤhrend der heißeſten Junitage, als das Reaumuͤr'ſche Thermometer in der Sonne bis + 35° ſtieg, waren die Reizbarkeit und die Bewegung der Blaͤtter bei unſern drei einheimiſchen Oxalis-Species; O. acetosella, O. stricta und O. corniculata ſehr deutlich wahrzunehmen. Wenn die Strahlen der Mittagsſonne direct auf die Blätter dieſer Pflanzen fallen, fo find die drei verkehrtherzfoͤrmigen Blaͤtt— chen eben, horizontal und ſo geſtellt, daß die der Spitze des Herzens oder die, dem ſehr kurzen Blättchenftiele zugekehrten Ränder einander beinahe berühren, fo daß zwiſchen den Blaͤtt— chen faſt kein leerer Raum bleibt. Dieß iſt die ruhende Stellung. Klopft man nun leiſe, aber oft, an den gemein— ſchaftlichen Blattſtiel oder ruͤttelt man in derſelben Weiſe an der ganzen Pflanze, ſo bemerkt man nach Verlauf einer Minute (nach kuͤrzerer Zeit, wenn es ſehr heißes, nach län: gerer, wenn es etwas kuͤhles Wetter iſt) folgende drei Er— ſcheinungen: 1) Die Blätter biegen ſich längs ihrer Mittelrippe, ge— rade fo wie auf dem beweglichen limbus der Dionaea muscipula, in der Art um, daß die oberen Flaͤchen ihrer beiden Haͤlften ſich einander naͤhern. Die Bewegung findet alſo von Unten nach Oben ſtatt, und die Blaͤttchen fallen zuſammen. 2) Jeder Lappen des Blaͤttchens legt ſich nach Innen um, ſo daß deſſen aͤußere Oberflaͤche ſich mehr oder weniger conver darſtellt. Es findet alſo eine Krümmung nach In— nen ſtatt. 3) Jeder der ſehr kurzen Blaͤttchenſtiele biegt ſich von Oben nach Unten, ſo daß die Blaͤttchen herabhaͤngen und einander nun um den gemeinſchaftlichen, ihre Axe bildenden Blattſtiel her mit den untern Flaͤchen beinahe beruͤhren. Dieſe Bewegung entſpricht derjenigen, welche ſich des Abends, wenn der Schlaf der Pflanze beginnt, ereignet, weßhalb man die Blaͤttchen als foliola dependentia bezeichnet hat. Unter den drei einheimiſchen Arten haben die Oxalis strieta und corniculata mir dieſe Erſcheinungen im hoͤhern Grade dargeboten, als die Oxalis acetosella. Vielleicht ſind dieſelben aber bei dieſer letztern zur Zeit der Bluͤthe, wo ich die Pflanze nicht beobachtet habe, eben ſo bedeutend. Jede Art von reizender Einwirkung kann dieſe Veraͤn— derungen in der Stellung der Blaͤttchen veranlaſſen; z. B, der Wind und in'sbeſondere eine gelinde Zuſammendruͤckung ) Herr Virey iſt in feinem Artikel: Quelques coneidéra- tions nouvelles sur Pacidité dans les plantes irritables (Journal de Pharmacie, Paris 1839, No. 5, 25 me année, Mai, p. 289) in drei Irrthuͤmer verfallen. Zuvoͤrderſt ver— wechſelt er die Gattungen indem er faͤlſchlich Averrhoa bi- limbi und carambola zu Biophytum ſtellt. Da ferner Oxalis sensitiva mit Biophytum sensitivum Decandolle identiſch iſt, fo find nicht deren Staubfaͤden, ſondern deren Blätter, nach dem uͤbereinſtimmenden Zeugniſſe ſaͤmmtlicher Autoren, empfinds lich. Endlich Hält Herr Virey die oxalis sensitiva für eine von Biophytum verſchiedene Pflanze. 260 der Stelle, wo die drei Blattſtielchen einander begegnen, zwiſchen dem Daumen und dem Zeigefinger. Außerdem beobachtete ich im botanifhen Garten zu Luͤttich die beiden ebenfalls mit drei Blaͤttchen verſehenen Ar— ten Oxalis purpurea W. und Oxalis carnosa Mol. Die erſtere zeigte im Gewaͤchshauſe die Erſcheinungen der Reizbarkeit in einem außerordentlich hohen Grade. Die drei Blaͤttchen kruͤmmten ſich zwar nicht fehr ſtark nach Innen, bogen ſich aber ſo ſtark abwaͤrts, daß ſie ſich mit der Haͤlfte ihres limbus wechfelfeitig beruͤhrten, während ſich ihre un— tern Flaͤchen gegeneinanderlegten. Die Oxalis carnosa iſt traͤger. Die alten Blaͤtter zeigten ſich bei ihr ganz unbeweglich; die jungen, namentlich diejenigen am aufſteigenden Theile des Staͤngels, bieten da— gegen dieſelbe Reizbarkeit dar; indeß iſt die Kruͤmmung nach Innen ebenfalls nicht beſonders markirt. Bei einer ſechsten dreiblaͤttrigen Art, Oxalis tortuosa, waren die Blaͤttchen nicht unverſehrt genug, als daß ein ent— ſcheidender Verſuch mit denſelben hätte angeſtellt werden koͤnnen. Die mit vier Blaͤttchen auf demſelben Blattſtiele ver: ſehene Oxalis Deppei *) bietet eine weit deutlichere Reiz— barkeit dar, als die uͤbrigen weiter oben erwaͤhnten Arten. Im gewöhnlichen Zuſtande berühren die vollkommen ausein— andergelegten, ebenen und in derſelben Ebene liegenden Blaͤtt— chen einander beinahe, von dem roͤthlichen Guͤrtel an, wel— cher dann auf einem tief geſchlitzten Blatte einen fortlaufen— den Kreis zu bilden ſcheint. Verſetzt man aber dem Blatt— ſtiele einige leichte Stoͤße, fo ſieht man binnen J oder £ Minute, wenn die Sonne die Pflanze gerade beſcheint, die Blaͤttchen ſich laͤngs der Mittelrippe falten und zuletzt die Blaͤttchenſtiele ſich abwaͤrtsbiegen, ſo daß die Blaͤttchen her— abhängen. Zwei bis drei Minuten nach dem Ruͤtteln bes findet ſich die Pflanze in der Stellung, die ſie im Zuſtande des Schlafes hat. Bei einem Blatte, bei welchem ſich aus teratologiſchen Urſachen 5 Blaͤttchen entwickelt hatten, beobachtete ich die— ſelben Erſcheinungen, die ſich uͤberhaupt bei dieſer Art am Beſten wahrnehmen laſſen. Dieß ſind die einzigen Arten, die mir zu Gebote ſtan— den. Bei allen geht die Bewegung nicht ruckweiſe oder ſtuͤrmiſch, ſondern allmaͤlig von Statten; allein die Beob— achtung wird dadurch ſehr erleichtert, wenn man zwei Blaͤt— ter miteinander vergleicht, von denen das eine die Blaͤttchen horizontal, das andre ſenkrecht gerichtet hat. Unſere einheimiſchen Arten eignen ſich, wegen ihrer ge— ringen Groͤße, nicht wohl zur Beobachtung der dieſe Bewe— gung vermittelnden Organe. Dagegen laſſen ſich bei der *) Die 1827 von Mexiko nach England gebrachte und von Lo d⸗ diges in deſſen Botanical-Cabinet unter Nr. 1500 abgebil⸗ dete Oxalis Deppei iſt dieſelbe Art, welche von unſerm Colle— gen Herrn Lejeune im Bulletin de Académie, T. 2, p. 334, 1835, unter dem Namen Oxalis zonata abgebildet wor: den iſt. Ich habe ihr die aͤltere Benennung laſſen zu muͤſſen geglaubt. 261 Oxalis Deppei anatomiſche Unterfuhungen mit Erfolg vornehmen. Wie bei allen ſich durch Reizung bewegenden Pflanzen, haben die Organe der Bewegung ihren Sitz in den ſich be— wegenden Apparaten ſelbſt. Dieſe ſind nun hier: 1) der "limbus des Blattes ſelbſt, welcher die Krümmung (Woͤl— bung) nach Innen vermittelt; 2) die dicke Mittelrippe, welche die Faltung des Blaͤttchens veranlaßt; 3) der Blaͤtt— chenſtiel, welcher die Senkung des Blaͤttchens bewirkt. “) Der limbus des Blattes beſteht aber oben aus einer Haut (dermis) mit pinenchymatoͤſen, d. h., tafelfoͤrmigen Zellen (Meyen); unten aus einer Haut, (dermis) mit merenchymatoͤſen, aufgetriebenen, blaſenfoͤrmigen Zellen mit zahlreichen kleinen linienfoͤrmigen Stomaten zwiſchen allen aufgeblühten Zellen, fo daß manche derſelben von 6 Stoma: ten umgeben iſt; in der Mitte aus einem doppelten Dia— chym, deſſen obere Schicht durch prismatiſche oder eifoͤrmige ſenkrecht geſtellte Zellen gebildet wird, deren Volum von der Art iſt, daß ſechs Utrikeln des Diachyms auf eine tafelfoͤr— mige Zelle der obern dermis kommen. Die untere Schicht des Diachyms beſteht aus eifoͤrmigen, nach der Queere ge— richteten Zellen von ſolchem Volum, daß der Durchmeſſer von zweien dem einer merenchymatoͤſen Zelle der untern dermis gleichkommt, der etwa 2 bis + ſo ſtark iſt, wie der der tafelfoͤrmigen Zellen der obern Haut. Aus dieſer Structur folgt, daß die Zellen des untern Meſophyll's doppelt fo breit find, als die des obern. Ueber: dem iſt das Diachym an Chlorophyll und rundlichen Gips ſtallhaͤufchen, welche die Axe der Zellen einnehmen, ſehr reich. Es ſcheint mir, nach der Analogie der uͤbrigen durch Reizung bewegbaren Pflanzen zu ſchließen, klar, daß die Urſache der Kruͤmmung des limbus nach Innen im untern Meſophyll zu ſuchen iſt, deſſen Zellen durch Inturgescen; die untere Schicht des Blattes ausdehnen und ſo die obere Schicht oder das obere Meſophyll concav machen. Das Zellgewebe iſt hier noch das weſentliche Organ der Bewe— gung und jede Zelle ein durch Reizung anſchwellender Koͤrper. Die Mittelrippe iſt bei dieſer Pflanze ungemein ſtark, 3 bis 4 Mal dicker, als die Nebenrippen, und laͤuft gerade und ſtarr von der Baſis bis zum Gipfel des Blaͤttchens. Sie iſt durchſcheinend und ſaftig. Die Structur dieſer Mittelrippe erinnerte mich an diejenige, welche ich früher bei der Section von Dionaea museipula beobachtet hatte. Die dermis beſteht aus kleinen, eben ſo hohen, als breiten, faſt wuͤrfelfoͤrmigen Zellen mit ſehr ſtarken Wan— dungen. Vier bis fuͤnf derſelben haben zuſammen ungefaͤhr den Durchmeſſer einer einzigen der darunterliegenden Zellen. Dieſe Structur geſtattet der dermis ſchon, ſich allen Aus— dehnungen, welche deren innere Maſſe erleiden duͤrfte, hin— zugeben. Gleich nach dieſer dermis folgt nach Innen zu *) So haben wir die entſprechende, in ihrer ganzen Faſſung nicht ganz verſtaͤndliche und mit den Reſultaten der Beobachtung nicht recht im Einklange ſtehende Stelle in Betreff der fungiren— den Theile und der Functionen übertragen zu muͤſſen geglaubt. Der Ueberſ. 262 eine ſehr ſtark entwickelte Schicht von Zellgewebe, das aus großen, unregelmäßig merenchymatoͤſen Zellen mit ſtarken Wandungen beſteht, zwiſchen denen ſich Canaͤle befinden, deren Durchſchnitt dreieckig iſt. Es findet ſich zwiſchen den Zellen wenig Chromuͤle, aber viel Fluͤſſigkeit. Jede Zelle iſt doppelt ſo groß, wie die einer mehr nach Innen liegen— den Zellſchicht, und 4 bis 5 Mal ſo groß, wie die der aͤu— fern dermis. Dieſe Schicht mit großen Zellen hat davon vier bis fuͤnf Reihen. Hierauf kommen, nach dem obern Theile der Rippe zu, chromuͤlehaltende Zellen, welche eine gefaͤßreiche roͤhrenfoͤrmige Schicht unmittelbar umgeben. Hoͤhlung der Roͤhre iſt nach Oben gerichtet und mit kleinen Zellen und feröfen Gefäßen gefüllt. Dieſe Structur erinnert an die des Blattſtiels der Mimosa pudica. Die Turgescenz der großen Zellen der untern Schicht der Mittelrippe muß die beiden halben limbi des Blattes ſich einander zu naͤhern zwingen, und dieſe durch die Reizbarkeit erzeugte und durch die Zwiſchenzellca— naͤle geſtattete Volumvermehrung wird auf dieſe Weiſe die Anfangsurſache der laͤngs der Mittelrippe des Blaͤttchens der Oxalis Deppei fattfindenden Zuſammenfaltung. Bei der Dionaea muscipula findet man denſelben Mechanis— mus und eine ganz aͤhnliche Structur. An der Baſis der Blaͤttchen der Oxalis findet ſich nicht, wie bei den Mimosae, ein Polfter, allein dieſer Theil beſitzt eine eigenthuͤmliche Structur, welche daſſelbe er— ſetzt. Wenn man genau beobachtet, wie das Blaͤttchen un— ten an den Blattſtiel gelenkartig angefuͤgt iſt, ſo findet man, daß die Mittelrippe in einen Halbmond ausgeht, deſſen Concavitaͤt dem Blattſtiele zugekehrt iſt. Dieſer geht ſei— nerſeits ebenfalls halbmondfoͤrmig aus; allein hier iſt die Concavitaͤt nach dem Blaͤttchen zugekehrt, ſo daß der ſehr kurze, hoͤchſtens 14 Millimeter lange Blaͤttchenſtiel in zwei halbmondfoͤrmige Articulationen ausgeht, deren Convexitaͤten gegeneinandergekehrt ſind. So viel uͤber die untere Seite des Blattes. Auf der obern werden die beiden Raͤnder des Blaͤtt— chens, welche nach der Baſis deſſelben hin convergiren, um dort die Spitze der Herzform zu bilden, allmaͤlig dicker und vereinigen ſich zu einer Art von halbmondfoͤrmigem Zaum, deſſen Concavitaͤt nach dem Blaͤttchen zugekehrt iſt. Der gemeinſchaftliche Blattſtiel nimmt ſeinerſeits den partiellen Blattſtiel (Blaͤttchenſtiel) mittelſt einer halbmondfoͤrmigen Articulation auf, deren Concavitaͤt aber in dieſem Falle eben— falls nach dem Blaͤttchen zugewendet iſt, d. h., dieſer Halb- mond liegt mit dem vorhererwaͤhnten parallel. Zwiſchen beiden liegt eine rothe Membran, die ſtarke Queerfalten darbietet. Der Queerdurchſchnitt dieſes Organs nimmt ſich aus, wie der eines niedrigen Cylinders, der aus einer ſehr feſten Membran beſteht, die aus flach aufliegenden eifoͤrmigen Zellen gebildet iſt, deren Wandungen ungemein ſtark ſind. Hierauf kommt eine ſehr ſtark entwickelte Schicht Zellge⸗ webe, deren Zellen durchaus merenchymatoͤs find und we— nigſtens ein Dutzend Reihen bilden. Mitten in jeder Zelle findet ſich eine Anhaͤufung von Chromuͤle. Nach dem obern 173 Die 263 Theile des Blattſtielchens zu find der Zellreihen weniger (8 — 9). Bei der Mitte deſſelben, jedoch etwas uͤber dem geometriſchen Mittelpuncte, findet man unten lufthaltende Gefaͤße (Tracheen) und oben ſaftfuͤhrende Gefaͤße, welche von kleinern und tiefergefaͤrbten Zellen umgeben ſind. Dieſe Organiſation iſt im Weſentlichen dieſelbe, wie bei dem pulvinus (Polſter) der Mimosa pudica. Wenn die merenchymatoſen Zellen der rindenartigen Portion und der untern Zone ausgedehnt oder in Turgescenz begriffen ſind, ſo iſt die Richtung der Blaͤttchen horizontal; hoͤrt die Turgescenz auf und erhaͤlt die der Zellen der obern Zone die Oberhand, ſo ſenken ſich die Blaͤttchen, wie bei'm naturlichen Schlafe der Oxalis, und wie nach der kuͤnſtli— chen Erſchuͤtterung derſelben. Jedenfalls muß man zur Erklaͤrung der verſchiedenen Stellungen, die die Blätter der Oxalis, wenn man da: ran klopft, annehmen, ſich zu der Anſicht bekennen, daß die Zellſchichten und jede Zelle für ſich Reizbarkeit beſitzen und dieſe durch Turgescen; kundgeben. Die Bewegung der Blätter der Oxalis iſt allerdings langſamer, als bei den eigentlichen Senſitiven, aber dennoch hoͤchſt merkwuͤrdig; fuͤr uns zumal um ſo intereſſanter, da ſie ſich bei einheimiſchen Pflanzen findet. Das Studium der Phyſiologie gewinnt dadurch einen neuen Reiz, und die Entdeckung der Schuͤler des Profeſſor Brignoli hat uns eine Analogie in der Structur der Oxalideen und der Mi— moſen erkennen laſſen, die gewiß nicht leicht Jemand ver— muthet haͤtte. Die Beweglichkeit der Oxalis iſt ein um fo ſonderbarerer Umſtand, da Decandolle den Schlaf dieſer (der?) Pflan⸗ zen weder durch Dunkelheit noch durch Licht zu modificiren vermochte, weßhalb er die bei'm Einſchlafen und Erwachen ftattfindenden Bewegungen einer der Pflanze inwohnenden Prädispofition zur periodiſchen Bewegung zuſchrieb.“) Den— noch ſehen wir, daß man durch bloßes Klopfen es dahin bringen kann, daß die Blaͤttchen einer Pflanze aus der wa— chenden in die ſchlafende Stellung uͤbergehen. Here Virey hat in feinen Considerations nouvel- les etc. **) gezeigt, daß die meiften Pflanzen, an denen man die fragliche Beweglichkeit beobachtet, ſauer ſind. Dieſe Analogie iſt allerdings merkwuͤrdig, beweiſ't aber nichts, weil der Cauſalnexus zwiſchen der Saͤure und der Bewegung nicht nachgewieſen iſt. Bei dieſer Gelegenheit bemerkt Herr Virey, es ſey ihm keine blaue (alkaliniſche) Blume bekannt, die ſich bewege. Wir wollen ihn auf die Goldfussia anisophylla aufmerkſam machen, deren Bluͤthe blau und deren Griffel ungemein beweglich ift. ***) In Betreff dieſer reizbaren Pflanzen hat Herr Virey unſere Beobachtungen über Stylidium graminifolium 5) eitirt, Physiologie, T. II. p. 861. ) Journal de Pharmacie, 1839, Mai, p. 289. % Morren, Recherches sur le monvement et anatomie du Goldfussia anisophylla, 4., Bruxelles 1839. Me&moires de VAcad. T. XII. +) Morren, Recherches sur le mouvement et l’anatomie du Stylidium graminifolium. Bruxelles, 4. 1838. Mem, de Acad. T. XI. 264 allein uns gaͤnzlich mißverſtanden. Wir haben, z. B., kei— neswegs behauptet, die gynandriſche Säule der Stylidieen ſey an ihrer Baſis mittelſt zweier entgegengeſetzten und an— tagoniſtiſchen Faſern oder Muskeln angelenkt (articulirt). Es iſt uns nie in den Sinn gekommen, vegetabiliſche Fi— bern fuͤr Muskeln zu erklaͤren, und wir haben (a. a. O., S. 15, 16, 17 und 18) bemerkt, dieſe Faſern ſeyen rechts und links nach der ganzen Laͤnge der Saͤule vorhanden. Wir haben durchaus nicht behauptet, die Saͤule ſey an ihrer Baſis reizbar, denn dieß iſt nicht der Fall; ſie iſt es viel— mehr an ihrem Kniee. So ſchreibt uns auch Herr Vie rey ganz willkuͤrlich die Behauptung zu, es ſey Satzmehl in dieſen Muskeln. Wir haben S. 18 ausdruͤcklich bes merkt, die Faſern hätten mit der Bewegung durchaus nichts zu ſchaffen, denn man koͤnne ſie durchſchneiden, ohne daß die Beweglichkeit aufhoͤre. Unſere Anſicht iſt ganz klar: Die Satzmehl enthaltende Portion der Saͤule bewegt ſich, und Daſſelbe findet bei allen Arten der Gattung Stylidium ſtatt. Dieß iſt eine unbeſtreitbare Thatſache. Ob es ſich mit den beliebten Theorieen vertraͤgt oder nicht, geht uns nichts an. In der Naturgeſchichte entſcheiden die That— ſachen. Miss lien. Ueber das Clima von St. Michael, zu den Azoren gehörig, geben die Herren Joſeph und Henry Bullar in ihrem ebem erſchienenen „A winter in the Azores and a summer at tlie Bath of Furnas“ folgende Tabelle (im Hauſe: Maximum. — —_ 60° Fhrh. (115 R.) 63? (12! R.) Minimum. — — 1838 December 57° Fhrh. (11° R.) 60° 1839 Januar — Februar 63° 60° — März 64° 60° — April 63° 59° Durchſchnitt alfo: 625° 5978 In der freien Luft iſt die Variation nicht ſehr bedeutend: im Fe— bruar, März und April war der Stand um 1 Uhr Mittags 66° (14° R.). — Im December 1833 gab es 17 Regentage bei N. O. Wind, im Januar 13 bei S. O., im Februar 10 bei S. W., und im März 14 ebenfalls bei S. W. Die mittlere Winter: Tone peratur auf St. Michael iſt, nach den angeſtellten Beobachtungen, um 2° kalter, als auf Madeira, dagegen um 5° wärmer, als in Liſſabon, um 13° wärmer, als in Nizza, um 12° wärmer, als in Rom, und um 12? wärmer, als in Neapel. Im December weht der Wind gewoͤhnlich aus N. O., im Januar, Februar, Marz und April aber aus Süden. Die Suͤd- und Weſtwinde find mild, abfpannend und warm; die Nord Oſtwinde kaͤlter und erfriſchender, nie aber ſcharf und ſchneidend. — Was die Regentage betrifft, ſo hat man berechnet, daß ſie im Winter auf Villa Franca 10 im Monate betragen, auf Madeira nur 6, in London und Penzance (Cornwall) 15, in Rom 12 und in Neapel 9. — Ein wolkenloſer Himmel iſt auf St. Michael faſt eine Seltenheit, wodurch man aber auf der andern Seite den Vortheil gewinnt, daß man ſelbſt in den heißen Monaten faſt den ganzen Tag in freier Luft zubrins gen kann. Die Einrichtung eines zoologiſchen Gartens in der Nähe von Berlin iſt von des Königs Majeftät genehmigt und wird an der Oberaufſicht über die Leitung dieſes Unterneh⸗ mens die koͤnigliche Academie der Wiſſenſchaften theilnehmen, . ———— 265 266 rn Beobachtungen uͤber diffuſe Entzündung. Von Dr. H. Kennedy. Diffuſe Entzündung iſt zwar bereits von vielen Autoren abge: handelt worden, manche Puncte ſind indeß noch zu unterſuchenz es iſt eine ſeyr raſch verlaufende Krankheit, welche ſich leicht mit andern, ſowohl innern, als aͤußern Krankheiten verbindet und, während Alles gut zu gehen ſcheint, die größte Gefahr herbei— führt. In Bezug auf Gefährlichkeit kann man dieſe Krankheit mit Hydrophobie auf eine Stufe ſtellen. Deswegen habe ich meine Beobachtungen aufgeſetzt und auch die wichtigſten Schriftſteller über dieſen Gegenſtand nachgeſehen (Duncan, Dupuytren, Lee, Colles, Davis, M'Dowell, Benſon, Lendrick, Car— michael, Graves, Arnott, Travers, Roſe, Gulliver, Quesney, Dance, Cruveilhier und John Hunter). Ich ſelbſt habe betrachtliche Erfahrungen über dieſe Krankheit in den letzten fuͤnf Jahren gemacht. Die Urſachen ſind ſehr zahlreich; die leichteſte Venenwunde, wie die groͤßte chirurgiſche Operation, ein Dorn im Finger, eine Quetſchung, eine Verbrennung, eine Sectionswunde ebenſowohl, als Fracturen, haben fie veranlaßt; man findet ſie bei Rotzkrank⸗ heit, Scharlach und Maſern. Eine Praͤdispoſition ſcheinen Kälte, Koͤrperanſtrengung, Niedergeſchlagenheit zu geben; nicht ſelten folgt fie auf Erſchuͤtterungen des Nervenſyſtems, z. B., bei Ge— hirnerſchuͤtterung, in welchem Falle man ſodann ſchon ſeit langer a Abſceſſe in innern Organen, befonders in der Leber, gefun— en hat. Ich erinnere mich ſehr wohl eines Falles, wo ein junger Menſch von der Klippe Lambay herabgeſtuͤrzt war und mehrere Knochen gebrochen hatte. Er fturb nach einer Woche, und es fand ſich buchſtaͤblich nicht ein einziger Knochenbruch und kein Gelenk, in und um welche nicht Eiter ergoſſen geweſen waͤre. Daſſelbe, je— doch nicht in ſolcher Ausdehnung, ſah ich bei einem Burſchen, der von dem Dache eines Hauſes herabgeſtuͤrzt war. Es iſt indeß klar, daß dieſe Urſachen für ſich nicht zureichen, die Krankheit hervorzurufen; denn dieſe Urſachen kommen taͤglich vor, während diffuſe Entzündung verhaͤltnißmaͤßig ſelten iſt. Man hat eine Ur⸗ ſache ſpecieller hervorgehoben, naͤmlich Venenentzundung, und Erus veilhier nawentlich beobachtet dieſe als die conditio sine qua non. Nach Folgendem muß ich dieß jedoch als fekr fraglich ber trachten; in der Mehrzahl der Faͤlle, welche ich geſehen habe, wa— ren die Venen geſund, ſelbſt wenn dieſelben durch die Mitte einer krankkaften Stelle hindurchgingen, und wenn ihre Haͤute auch ver— dickt waren, ſo war es klar, daß dieß bloß ſecundaͤr der Fall war, da ihre auskleidende Membran ganz geſund war. Ich meine kei⸗ nesweges, daß wahre Venenentzuͤndung nie vorkemme, ich habe fie mehrmals ſeltſt geſehen, ich meine nur, daß fie, wo fie vor— kommt, eine Ausnahme von der Regel ſey. Fünf eder ſechs Fälle von unzweifelhafter Venenentzuͤndung find mir vorgekommen, und in dieſen entwickelte ſich keine diffuſe Entzündung. Phlegmasia dolens wird jetzt ziemlich allgemein als Folge von Venenentzun⸗ dung betrachtet, und dennoch iſt fie in jeder Beziehung cine ſehr verſchiedene Krankheit, welche ſelbſt in den ſchwerſten Faͤllen nicht leicht mit Tod endet, während eine diffuſe Entzündung an den uns tern Extremitäten kaum Ausſicht auf Rettung des Kranken giebt. Das Fieber bei Phlebitis iſt, in der Regel, typhoͤs; es kemmen aber zahlreiche Fälle von diffuſer Entzündung vor, bei welchen das Fieber keine typhoͤſe Beimiſchung hat. Vortreffliche Bemer⸗ kungen über dieſen Gegenftard finden ſich in einer Vorleſung von Dr. Graves, in dem London med. and surg. Journ., June 1835. Ferner babe ich Fälle geſehen, in welchen die Krankheit ſich ganz auf die Gelenke beſchraͤnkt hat, wo kein Grund war, ein Leiden der Venen anzunehmen. Daſſelbe bezieht ſich auf die Fälle, welche nach Fiebern auftreten. Duncan erwähnt zweier Fälle, wo Venaͤſection die Krankheit verurſachte und bei der Leichenoͤffnung dennoch die Venen gefund gefunden wurden, Nichts kann als ein ſichererer Beweis betrachtet werden. Hieraus im Allgemeinen glaube ich ſchließen zu konnen, daß diffuſe Entzündung nicht noth⸗ wendig von Venenentzuͤndung begleitet oder verurſacht iſt, und daß, wenn das letztere dabei vorkoͤmmt, ſie in keinem andern Verhaͤltniſſe dazu ſteht, als in dem einer praͤdisponirenden Urſache, wie in einer Quetſchung u. dergl. Die Frage daruͤber, ob Eiter im Blute circulire, iſt von zu großer Wichtigkeit und mit dem gegenwärtigen Objecte zu genau verbunden, als daß ich fie mit Stillſchweigen übergehen koͤnnte. Die Unterſuchungen von Gulliver über Eiterung beweiſen ger nügend, daß Eiter in gewiſſen Zuftänden im Circulationsſyſteme gefunden werden kann. Dance hatte dieß ſchon früher über alle Zweifel erhoben. Ebenſo find die Experimente von Eruveilhier wichtig, wonach bei Injectionen irgend eines fremden Stoffes, z. B., des Merkur in das Gefäß ſyſtem, ſelbſt innerhalb des Mark: gewebes langer Knochen, die Lungen immer die zuerſt leidenden Organe ſind. Die Unterſuchungen dieſer drei Maͤnner gehoͤren, meiner Anſicht nach, zu den werthvollſten Unterſuchungen der neus ern Zeit. Gulliver hat bereits angegeben, daß fie wahrſchein— lich die verſchiedenen Formen ron Fieber (typhoͤſes, hectiſches und Eiterungs fieber) erktaͤren, je nachdem mehr oder weniger Eiter in dem Circulationsſyſteme ſich befindet, wovon auch neue Anſichten uͤber die Behandlung abgeleitet werden koͤnnen. Erklären nicht Cruveilhier's Experimente, warum die Lungen ſo geneigt ſind, im Typhus zu leiden, und warum fo leicht eine derſelben ſich das bei raſch bepatifirt. Erklären ſie nicht auch die Phthiſis, indem ſie zeigen, warum die Lungen vorzugsweiſe in den Faͤllen leiden, wo Tuberkelmaterie entſteht, ja koͤnnte dadurch nicht eine neue Behandlungsweiſe dieſer bisjetzt nicht zu behandelnden Krankheit ausgemittelt werden. Ich glaube auch, daß ſie auf beſtimmte Weiſe die Behandlung anzeigen, welche am geeignerften für die Krankheit iſt, von der ich jetzt mehr im Speciellen ſprechen will. Ich habe bereits angegeben, daß das Allgemeinbefinden bereits geftört ſeyn muß, und daß ohnedieß die Krankheit nicht durch die verſchiedenen Urſachen hervorgerufen werden kann, von denen die Rede war, gerade ſo, wie bei gichtiſcher Diatheſis ein Kranker lange von einer Krankheit frei bleiben kann, aber bei einer zufalli⸗ gen Verſtauchung plötzlich von dem Ausbruche der Gicht befallen wird. Unter allen prätisponirenden Affectionen ſcheint mir Ver⸗ dauungsſtoͤrung die haͤuſigſte zu ſeyn. Vor zwei Jahren habe ich darüber der Medico-chirurg. Society eine Mittheilung ruͤckſicht— lich der Diagnoſe der Abdeminalficber gemacht. Eine ausgebreite— tere Erfahrung bat meine Anſicht nun beftätigt. Unter einer gro— ßen Anzahl von Faͤllen iſt mir kein einziger Fall vorgekommen, wobei der Zuſtand des Darmcanals normal geweſen wäre; war auch täglich Oeffnung vorhanden, fo war fie jedenfalls von ſehr dunkelgrüner, oft ſchwarzer Farbe und ſehr uͤbelriechend; bei den meiſten Faͤllen dagegen waren Durchfaͤlle vorausgegangen, der Körper war fehr geſchwaͤcht, worauf durch Hinzutritt einer noch unbekannten Bedingung dieſe nech ungewoͤhnliche Krankheit aufs trat; in andern Fällen war eine Woche lang und länger Verſto⸗ pfung vorhanden, worauf die Krankheit folgte; jedoch muß ich bes merken, daß in dieſem Falle die Krankheit in der gürftiaften Form auftritt, welche ich geſehen babe; es iſt diejenige Form, welche auf eine fo ausgezeichnete Weiſe von Pr. MDomell unter dem Namen Perioſtitis beſchrieben worden ift. *) Obwohl Störungen der Thaͤtigkeit des Darmcanals mehr, als eine andere Urſache zu dieſer Krankheit zu praͤdisponiren ſcheinen, fo wird fie doch durch Alles, was überhaupt die Kräfte des Organismus herunterbringt, hervorgebracht, z. B., Blutungen nach Entbindungen, beſonders ) Vor Kurzem habe ich drei Faͤlle von Perioſtitis geſehen, wel⸗ che alle jedoch ſich auf einen einzelnen Koͤrpertheil beſchraͤnk⸗ ten; in zwei Fallen ging Diarrhoe voraus, im dritten war Verſtopfung vorhanden. Alle drei waren Knaben. 267 bei gleichzeitiger Störung der Darmthaͤtigkeit oder bei deprimirter Gemüthsſtimmung. Auch die gewöhnliche Diät des Kranken hat darauf Einfluß, wovon noch weiter unten die Rede ſeyn wird. Die Ergebniſſe bei dieſer Krankheit ſind ſehr verſchieden; ich habe alte Gelenke mit Eiter gefuͤllt gefunden, ebenſo einige klei— nere, und dieß kann alsdann mit und ohne entſprechende Entzuͤn— dung der Synovialhaut der Fall ſeyn. Der Eiter iſt gewoͤhnlich gut beſchaffen, zeigt ſich jedoch auch bisweilen unter der Form ei— ner dünnen blutigen Jauche. Zeigt ſich Ulceration der Knorpel, fo iſt dieß gewoͤhnlich in geringer Ausdehnung, gleichſam in Flecken und ohne umgebende Entzündung; in einigen Fällen bildete ſich Ancholoſe; es iſt ſelten, daß die Gelenke allein afficirt find, mei— ſtens leiden die benachbarten Theile mit *); in der That iſt das Zellgewebe vorzugsweiſe der Sitz der Krankheit; wenn es mitleidet, wird es raſch von serum infiltrirt, oft von dunkeler Farbe, und darauf folgt eben ſo raſch eine Ergießung von Eiter und Blut. In mehreren Fällen habe ich weder serum noch Eiter ergoſſen ge— funden, aber das Zellgewebe hatte ſich, durch Ergießung von Lym— phe, in eine ſolide Maſſe umgewandelt; bisweilen bildeten ſich Abſceſſe in verſchiedenen Koͤrpertheilen (richtiger hieße es wohl Eiterdepots, da man in der Umgebung nicht eine Spur von Ent— zündung findet). Geht die Krankheit von dem Theile, welchen fie zuerſt befällt, weiter, fo geſchieht dieſe Ausbreitung mit erſtaun— licher Geſchwindigkeit; ſo beginnt ſie in der Romweite, verbreitet ſich über die ganze Koͤrperſeite und erreicht das scrotum innerhalb dreier Tage; ſo befaͤllt ſie ſehr haͤufig den Oberſchenkel und ver— breitet ſich mit gleicher Schnelligkeit bis zum Fuße. Bei einigen beſonders boͤsartigen Formen der Krankheit gingen die ergriffenen Theile ſehr raſch in einen der Gangrän nahe kommenden Zuſtand uͤber, indem der Organismus nicht Kraft genug zu haben ſchien, um Eiter zu bilden. In ſolchen Faͤllen werden ſelbſt die Muskeln desorganiſirt. Dieſe bösartigen Faͤlle zeigen ſich hauptſaͤchlich nach Entbindungen, doch habe ich fie auch bei Männern geſehen. Das Perioſt iſt haͤufig der Sitz der Krankheit; dietz iſt alsdann eine der ſchmerzhafteſten Affectionen, die ich jemals geſehen habe. Das Perioſt des Beckens iſt vorzugsweiſe dieſer Krankheit unterworfen; ich habe dieſelbe aber auch an den Kopfknochen und an den langen Knochen geſehen, ſo daß alsdann die Weichtheile von den Knochen mit der größten Leichtigkeit abgeloͤſ't werden koͤnnen und die Epi: phyſen bereits getrennt gefunden werden. Die Haut ſelbſt leidet nur wenig in dieſer Krankheit, wenigſtens in den fruͤheren Sta— dien. Sehr oft behaͤlt ſie ihre natuͤrliche Faͤrbung; andere Male hat fie einen Anflug von Roͤthung, jedoch nicht in dem Grade, wie bei einem erysipelas; dieß muß man im Gedaͤchtniſſe behalten, da dieß die Diagnoſe der Krankheit unterſtuͤtzt; die Roͤthe kann auch bisweilen fleckig erſcheinen, wie es Dupuytren beſchreibt; es kann dieſelbe in Verjauchung uͤbergehen, was indeß nicht haͤufig vorkommt, da die Kranken ſterben, ehe ſie eintritt. Blaſen, wie bei'm erysipelas, bilden ſich ſelten, Puſteln noch ſeltener. Bis— weilen habe ich große purpura- Flecke geſehen. Die pathologiſchen Veränderungen beſchraͤnken ſich aber nicht auf die bisjetzt beſchrie— benen, die Krankheit ergreift faſt immer eins der wichtigeren Or— gane und verurſacht fuͤrchterliche Zerſtoͤrungen. Das Gehirn habe ich bloß ein einziges Mal verandert gefunden, es war der bereits in der Abhandlung von Dr. M' Dowell beſchriebene Fall, wo das periosteum beider Augenhoͤhlen ergriffen war; dabei fanden ſich zwei bis drei Abſceſſe im Gehirne; beträchtliche feröfe Ergie⸗ ung unter der arachnoidea und in die Ventrikel, jedoch haͤufiger; auch das Auge wird ergriffen. Die parotis mit dem fie umgeben— ) Ein Mann litt an ſehr heftigen Schmerzen und hatte einen Anfall von Bruſtkrankheit, weßwegen ihm zur Ader gelaſſen wurde. Die Urſache der Schmerzen wurde bald klar, es zeigte ſich diffuſe Entzündung des Hand- und Huͤftgelenkes, der Kranke ſtarb, und bei der Section fanden wir, daß das Huͤft— gelenk, außer einer ſehr heftigen Form der diffufen Entzuͤn— dung, früher an morbus coxae senilis gelitten habe; das acetabulum war viel größer, als im normalen Zuſtande und flacher, das runde Band war geſchwunden und der Gelenkkopf in ſeiner Form ganz verändert, 268 den Zellgewebe kann ergriffen ſeyn, und dann koͤmmt ſehr leicht oedema glottidis hinzu; in anderen Fällen breitet ſich die Kranke heit fo aus, daß fie das vordere mediastinum erreicht und peri- carditis veranlaßt. Merkwuͤrdig iſt es, daß, wenn eine feröfe Haut afficirt iſt, in der Regel auch ſehr leicht die anderen ergrif— fen werden. Ich habe reinen Eiter in der pleura, im pericar- dium und im peritonaeum bei demſelben Kranken gefunden. Die gewoͤhnlichen Wirkungen bei pleuritis ſind ſehr haͤufig; die Lungen, welche bei weitem am haͤufigſten von allen inneren Organen ers griffen find, zeigen verſchiedene krankhafte Veraͤnderungen; fie find mehr oder weniger feſt, bisweilen eiterig infiltrirt, was ſelbſt bis zu einer Art von Faͤulniß ſteigt; dieſe Zuftände kommen am leich— teſten vor, wo die Außere Krankheit die Bruſtwandungen betrifft, fie treten mit großer Schnelligkeit ein, und in anderen Fällen fine den ſich eine Menge kleiner Abſceſſe mit gutem Eiter gefuͤllt, in deren Umgebung die Lungenſubſtanz normal iſt; verlaͤuft indeß die Krankheit langſamer ſo wird das umgebende Parenchym indurirt, und es treten Tuberkeln, oder vielmehr Tuberkel-Infiltrationen, auf. In ſelteneren Faͤllen iſt der Eiter uͤbel beſchaffen, die Ab— ſceſſe haben ein verjauchtes Anſehen, und dieſe Abſceſſe ſitzen, in der Regel, in den oberflaͤchlicheren Theilen der Lungen und, fo viel ich geſehen habe, auch gegen die Baſis der Lungen zu. In einem Falle bildete ſich pneumothorax, durch Aufbruch eines dieſer Abſceſſe in die pleura; nicht ſelten findet man Lymphablagerun— gen durch die Lungen vertheilt, fo wie die Erſcheinungen der bron- chitis ). Im Unterleibe finden ſich in der Leber, in der Milz und in den Nieren Lymphablagerungen und, beſonders in der Les ber, die eigenthuͤmlichen, ſchon erwaͤhnten, Abſceſſe. Ein Mal fand ich die Nieren durch eine eiterige Infiltration breiig erweicht und in einem Ureter mit Eiter gefüllt. Kein Organ aber leidet häufie ger, als die Becken-Organe. Abſceſſe jeder Groͤße und Art fin— den ſich am uterus und an feinen Anhängen, in Verbindung mit einer Desorganiſation der Schleimhaut, beſonders mit jener ſchwar— zen Erweichung, welche, wie ich glaube, Burns zuerſt beſchrie— ben hat. Die Venen des uterus ſind haͤufig afficirt, und auch die Urinblaſe leidet durch Contiguitaͤt mit *). Im Darmcanale ſind die krankhaften Veraͤnderungen nicht ſo betraͤchtlich, als man nach den Erſcheinungen während des Lebens vermuthen follte, und zwar wahrſcheinlich deßwegen, weil die Affection des Darmcanals ſich bereits wieder gelegt hatte, bevor der Kranke geſtorben war. Ich habe indeß bisweilen Ulcerationen im unteren Theile des Duͤnn— darmes und ſehr häufig geröthete Stellen im Darmcanale gefunden. Aus vorſtehender Skizze wird man ſehen, daß viele Krankhei— ten, welche wenigſtens als ſolche beſchrieben worden ſind, wegen ihrer Aehnlichkeit hier zuſammengeſtellt wurden. Die Tendenz aller iſt: Eiter und Lymphablagerung in verſchiedenen Koͤrpertheilen zu gleicher Zeit. Sie ſtellen, in der That, Beiſpiele der ſogenannten diathesis purulenta dar und ſehen ſich, in Bezug auf ihren trau— rigen Ausgang, nur zu aͤhnlich. | Die Krankheit iſt in ihren Erſcheinungen fo aͤußerſt mannich— faltig, daß ich fuͤrchte, es wird kaum moͤglich ſeyn, eine genaue *) Ein Mal beobachtete ich Eiterergießung in den Lungen vor einer Eiterablagerung im Huͤftgelenke; ein Mal ſogar fand ich die der diffuſen Entzuͤndung eigenthuͤmlichen Abſceſſe in den Lungen allein. Dieſe Faͤlle ſind wichtig, weil ſie die verſchie— denen Formen der typhoͤſen Pneumonie, mit diffuſer Entzüns dung, in Verbindung bringen. Dr. Stokes erwähnt in feis nem vortrefflichen Werke die Complication typhoͤſer Pneumos nie mit diffuſer Entzuͤndung. ) Mir iſt kein Blutcoagulum in einer Vene vorgekommen, welches Eiter in feiner Mitte enthalten hätte; es iſt dieß jes doch beobachtet worden. In den Med. chirurg. transact. fine det ſich eine intereſſante Abhandlung des Herrn Gulliver über Erweichung des Faſerſtoffs, wo er zeigt, daß die Er— ſcheinungen der phlebitis davon ganz unabhaͤngig ſind. Daß dieſe Erſcheinungen in Faͤllen von diffuſer Entzuͤndung gefun— den worden ſind und als Urſache dieſer Krankheit betrachtet werden muͤſſen, iſt keinem Zweifel unterworfen 269 Beſchreibung davon zu geben. Sie hat in einem Falle ihren Vers lauf in 17 Stunden gemacht, in einem anderen dagegen 5 Mo— nate gedauert. Einige wenige Fälle ſind ſogar in Geneſung uͤber⸗ gegangen. Die Fälle, welche ich geſehen habe, ließen ſich wohl in zwei große Claſſen eintheilen: Diejenigen, wobei die Conſtitution, allem Anſcheine nach, geſund war, als die Krankheit auftrat, und diejenigen, wobei das Allgemeinbefinden bereits vorher durch irgend eine Urſache heruntergebracht war. Zu der erſten Claſſe gehoͤrt die Krankheit, welche Dr. M'Dowell fo gut unter dem Namen periostitis und synovitis beſchrieben hat. Es iſt eine Krankheit des Jugendalters, mit ſtarkem Entzuͤndungsſieber und delirium, großen Schmerzen und Verſtopfung. Die Beſchaffenheit des Pe⸗ rioſtes bei Erwachſenen mag der Grund ſeyn, warum die Krank— beit häufiger bei jungen Leuten vorkommt. Delirium iſt dabei ſtarker, als bei irgend einer anderen Form dieſer Krankheit. Individuen aus den hoͤheren Claſſin, welche Anlage zur Core pulenz haben und ein gutes Leben führen, find einer „ungeſunden Art von Entzundung“ unterworfen, welche nichts Anderes iſt, als eine Modification der hier in Rede ſtehenden Krankheit: ſie befällt gewöhnlich die Umgebungen des Maſtdarms, breitet ſich mit gro: ßer Schnelligkeit aus und reichte in einem Falle ſogar bis zur Achſelhoͤyle, bevor der Kranke ſtarb. Dieſelbe Entzuͤndungsform kommt bisweilen vor, in Folge einer leichten Verletzung des Schien⸗ beines. Ich habe drei oder vier Fälle geſehen, bei Karrnern, wel— che an einer ſchrecklichen Form dieſer Krankheit ſtarben; fie waren ſaͤmmtlich Leute von ſebr kräftigem Koͤrperbaue und waren ſehr an Biertrinken gewohnt; die parotis wurde zuerſt ergriffen, ſchwoll ſehr an, bekam bald eine livide Färbung und wurde endlich bran⸗ dig. Schwarze Branddlaſen zeigten ſich auch auf anderen Körper: theilen, beſonders auf dem Fußruͤcken. Aehnliche Faͤlle ſind von Travers in feinem ausgezeichneten Werke über conftitutionelle Reizung mitgetheilt worden. Auch die Wirkungen, welche Sections: wunden bisweilen haben, muͤſſen zu dieſer Claſſe von Fallen ges rechnet werden, da fie bei Perſonen von verhaͤltnißmaͤßig guter Conſtitution vorkommen; indeſſen iſt diffuſe Entzündung keines weges eine gewöhnliche Wirkung der Sectionswunden; denn wenn dieſe gefährlich und toͤdtlich werden, fo ſcheint dieß durch directe Abſorption des Giftes und nicht durch locale Entzündung bewirkt zu werden; es erfolgt zwar Eiterung, jedoch nur in geringer Quantität und immer erſt in einer ſpaͤteren Periode der Krankheit. Dieß find nun die Varietäten der Krankheit, welche bei ſcheinbar geſunden Perſonen vorkommen. Sie ſind bei weitem ſeltener, als die Faͤlle der zweiten Claſſe, namentlich wenn der Kraͤftezuſtand durch irgend eine Urſache, beſonders durch Diarrhoͤe, ſehr herun- tergebracht iſt, bevor die Krankheit auftritt; hierher gehoͤren die Fälle im Wochenbette. Dieſe zeigen größere Varietäten, als irgend eine andere Form der Krankheit; der vorbin erwaͤhnte Fall, wel: cher nur 17 Stunden dauerte, kam im Wochenbette vor; in ans deren Faͤllen zog ſich die Krankheit mehrere Monate hin, und dieſe Falle namentlich find es, bei welchen Anchyloſen vorkommen. Die letzte Form, auf welche ich aufmerkſam machen will, iſt die, wel⸗ che man nach Fieber antrifft, wonach die diffuſe Entzündung haͤu⸗ figer vorkommt. Auf ſolche bezieht ſich die folgende Beſchreibung der diffuſen Entzuͤndung, welche in einem ſehr guten Berichte des Cork Street- Fever- Hospital, von Dr. George Kennedy, ent⸗ halten iſt. Der Kranke iſt gewoͤhnlich ein Reconvalescent nach einem Fitz ber mit gereiztem Zuſtande des Darmcanals; auf einmal ſtellt ſich ein Schuͤttelfroſt ein; in einzelnen Faͤllen iſt dieſer außerordentlich beftig und erneuert ſich drei bis vier Mal in 24 Stunden; ein Patient beſchrieb denſelben ſo, als wenn er von einer unwiderſteh⸗ lichen Macht oder Kraft am Lendentheile des Ruͤckens gefaßt wor⸗ den wäre, die ihn mit unwiderſteblicher Gewalt geſchuͤttelt haͤtte; bloß ein einziges Mal babe ich die Krankheit ohne Schüͤttelfroſt auftreten ſehen. Dupuytren hat die Bemerkung gemacht, daß der Schuͤttelfroſt leicht für ein Wechſelſieber gehalten und mit Chi— nin behandelt werden koͤnne; ich habe ſolche Faͤlle geſchen, und es iſt bemerkenswerth, daß die Anfaͤlle unter dem Einfluſſe dieſes Arzneimittels waren. Zugleich iſt Uebelkeit und Erbrechen vort an⸗ den, und wie durch einen Zauberſchlag bekoͤmmt das Geſicht einen 270 Ausdruck von Angſt, welcher ganz hinreicht, den uͤbeln Zuſtand zu bezeichnen. In unbeſtimmter Zeit, jedoch gewoͤhnlich innerhalb der erſten ſechs Stunden nach dem Schuͤttelfroſte, klagt der Kranke über einen heftigen Schmerz in irgend einem Theile des Körpers (es ſind auch Faͤlle bekannt, wo drei Tage daruͤber vergingen). Das Huͤftgelenk iſt einer der gewoͤhnlichſten Theile, in welchem der Schmerz auftritt; unterſucht man den Theil, ſo findet man weder Geſchwulſt noch Rothe, dagegen Hitze und heftigen Schmerz, welcher durch Druck ſehr zunimmt; der Schmerz kann indeſſen auch mäßig ſeyn, und es iſt ſogar ganz gewöhnlich, daß man Geſchwulſte an verſchiedenen Theilen des Koͤrpers findet, welche Eiter enthal— ten, von denen aber der Kranke gar nichts weiß. Beſchraͤnkt ſich die Krankheit auf das Zellgewebe, fo iſt das Leiden verhaͤltnißmaͤ⸗ ßig viel geringer, als wenn die Gelenke und das Perioſt ergriffen werden; in diefer frühen Zeit kann nun die Krankheit einen dop⸗ pelten Verlauf nehmen: entweder breitet ſie ſich von den zuerſt er⸗ griffenen Theilen aus, ſo daß ſie das ganze Glied einnimmt, oder fie befällt mehrere Theile des Körpers in raſcher Aufeinanderfolge. Dieſer Unterſchied iſt prognoſtiſch wichtig, da die erſtere Form guͤnſtiger iſt, als die letzte. Wenn die Krankheit im Begriffe iſt, ſich auszubreiten, fo findet man nach 24 Stunden einige Anſchwel- lung. Dieſe iſt oft ſehr leicht, aber doch nicht ohne Wichtigkeit; in einigen Faͤllen war bloß etwas Schmerz vorhanden, wodurch die Aufmerkſamkeit auf einen Theil gerichtet wurde, in welchem gerade die heftigſten Zerſtoͤrungen vor ſich gingen. Fruͤher oder ſpaͤter wird indeß auch Geſchwulſt bemerklich, welche etwa bis zum vier- ten Tage zunimmt, wo ſie ſehr beträchtlich geworden iſt; fo viel ich geſehen habe, fo iſt eine auffallende Röthung der Haut immer nur eine Ausnahme von der Regel; Dupuytren ſagt zwar, daß in dem weitern Verlaufe die Haut mißfarbig werde und brandig abſterbe, weil die Gefaͤßzufuhr abgeſchnitten ſey; dieß habe ich nicht aefchen, dagegen habe ich nicht ſelten nach dem fünften Tage eine Abnahme der Geſchwulſt gefunden. Iſt der Eiter dabei ſehr verbreitet, ſo iſt es ſehr ſchwierig, Fluctuation zu entdecken; mir iſt dieß indeß gelungen, wenn ich den Eiter zwiſchen zwei Stellen fixirte; bisweilen zeigt ſich bei Druck auf die Theile ein ſehr ſtarkes Gefühl von Elaſticität. Es ift leicht zu denken, daß eine fo ſchreckliche Krankheit große Aufregung im Organismus hervor— bringen muͤſſe; dieß iſt indeß nicht ſo conſtant, als man erwarten moͤchte. Bei etwa 4 der von mir beobachteten Fälle war das Fie⸗ ber im Verhaͤltniſſe mäßig, der Puls nicht über SO, die Zunge nur leicht belegt, Durſt und Hautwaͤrme wenig vermehrt. Gewoͤhnlich glaubt man, die Patienten leiden an typhoͤſem Fieber; aber gewiß kommen viele Fälle vor, in welchen die Fieberſymptome bis zu 1 — 2 Stunden vor dem Tode ſo ſind, wie ich angegeben habe. Wenn das Venenſyſtem mit ergriffen iſt, ſo ſind, wie ich glaube, die typhöfer Symptome am ftärkften ausgebildet; die Fälle, in welchen das Fieber nur leicht war, kamen alle bei Maͤnnern vor. In der Mehrzahl war das Fieber aber heftiger, der Puls ſtieg bis 130 und felbft bis 150; der Durſt wurde heftig; die Hautwärme ſehr groß; die Lunge bedeckt mit weißem Schleime oder im Gegentheile trocken und roth; in einigen Fällen war fie auf eine krankhafte Weiſe rein und ſehr roth, was uͤbrigens auch der vorhergehende Zuſtand der Gedaͤrme geweſen ſeyn mag; faſt unausbleiblich ſtellte ſich im weitern Verlaufe Diarrhoͤe mit Tym— panitis ein. Die Darmausleerungen waren bisweilen hellgelb, in andern Fällen grün oder ſelbſt ſchwarz und ſehr uͤbelriechend; bis— weilen ſchien es wohl, als wenn Verſtopfung zugegen ſey, aber fo wie dieſe aufhoͤrte, fo war man ſicher, daß zu reichliche Darmz ausleerungen eintraten. Sehr ſelten machte ein Fall ſeinen ganzen Verlauf durch, ohne daß die Bruſt auf dieſe oder jene Weiſe anges griffen geweſen waͤre, und dennoch geben die Kranken ſehr ſelten au, daß ſie auf irgend eine Weiſe ſich übel befänden. Bisweilen lagten fie über fluͤchtige Stiche, aber über nichts mehr zu einer Zeit, wo die Reſpiratien offenbar ſehr beengt war und die Naſenoͤffnun⸗ gen ſich gewaltſam erweiterten. Es kommen viele Fälle vor, in welchen die Kranken den Arzt verſichern, daß ſie ganz frei von Schmerzen ſeyen und ſich ganz wobl befänden; wenn man aber von einzelnen Fällen diffuſer Entzündung ſagen kann, daß ſie bes denklicher erfcheinen, als die andern, fo iſt dieß bei dieſen der 271 Fall. Unterſucht man die Bruft, fo findet man mehr oder minder deutliche Zeichen von bronchitis oder Hepatiſation der Lungen, welche in einer ſehr kurzen Zeit zu Stande gekommen iſt. Haͤlt dieß der Kranke aus, ſo geht der feſtgewordene Theil der Lunge in Erweichung uͤber. Die Lunge zeigt ſodann den Zuſtand puru— lenter Infiltration mit den entſprechenden phyſicaliſchen Zeichen; in einigen Faͤllen habe ich, trotz der aufmerkſamſten Unterſuchung, in der Bruſt nichts Krankhaftes entdecken koͤnnen, worauf ich nach dem Tode eine größere Anzahl von einzelnen Abſceſſen in der Lun— genſubſtanz fand. Delirien von einiger Bedeutung waren ſelten. In der Mehrzahl der Fälle behielten die Kranken ungeſtoͤrtes Be— wußtſeyn. Das Geſicht collabirte raſch, wurde gelb, und wenn die Krankheit 8 — 10 Tage lang dauerte, fo erlangte die Haut ein Ausſehen, wie in der Phthiſis. Die Prognoſe dieſer Krank— heit muß immer ſehr uͤbel geſtellt werden, da ſie mit ſehr wenigen Ausnahmen, in der Regel, mit dem Tode endet. Auf die weni— gen Faͤlle von Geneſung, welche mir vorgekommen ſind, will ich weiter unten zuruͤckkommen. Die fuͤr andere Krankheiten guͤltigen Regeln der Prognoſe ſind hier vollkommen unrichtig ſollte ich ei— nige Puncte aufſtellen, wonach man Ausſicht auf Herſtellung haͤtte, ſo moͤchten dieß folgende ſeyn: 1) Es muͤſſen wenig Koͤrpertheile ergriffen ſeyn; 2) die Thätigkeit des Darmcanals muß normal ſeyn; Verſtopfung iſt guͤnſtiger, als Durchfall; 3) der Kranke muß bereits erwachſen ſeyn, und 4) die Krankheit muß von ihrem Anfange behandelt werd Die Diagnoſe der diffuſen Entzuͤndung iſt, in der Regel, leicht. Die große und ploͤtzliche Veraͤnderung in dem Zuſtande des Kran— ken innerhalb 2 oder 3 Stunden iſt zu auffallend, als daß fie ſelbſt dem oberflaͤchlichen Beobachter entgehen ſollte. Auch findet ſich eine Gleichfoͤrmigkeit der Symptome, welche im Vergleich mit andern Krankheiten ſehr characteriſtiſch iſt. Der Schuͤttelfroſt mit ſeinen haͤufigen Wiederholungen, der angſtvolle Geſichtsausdruck, die große Zunahme des Pulſes, das ploͤtzliche Auftreten anderer Fieberſym— ptome in Gemeinſchaft mit dem Allgemeinbefinden des Kranken feh— len faſt nie; indeß darf man doch nicht glauben, daß die Krankheit nicht mißkannt werden koͤnnte; ich weiß von vielen Faͤllen, in wel— chen ſie nicht allein verkannt, ſondern, was noch auffallender iſt, vollkommen uͤberſehen worden iſt. Acuter Rheumatismus kann leicht für diffuſe Entzündung gehalten werden, und umgekehrt. In Bouillaud's Werk uͤber die Herzkrankheiten finden ſich zwei Faͤlle, welche als Rheumatismen durch reichliche Aderlaͤſſe behandelt wurden. Bei der Leichenoͤffnung fand ſich jedoch Eiter in mehre— ren Gelenken. Wenn die Krankheit verſchiedene andere Koͤrpertheile und nicht die Gelenke befällt, fo iſt es kaum moͤglich, fie zu ver— kennen. Es iſt mir indeß ein Fall bekannt, in welchem ſie fuͤr ein erythema nodosum gehalten wurde; in einem andern Falle wurde die Krankheit fuͤr eine Entzuͤndung des Knieſcheibenſchleimbeutels genommen, in einem dritten bloß als ein nervoͤſer Schmerz behan— delt. Phlegmasia dolens und acutes anasarea koͤnnen für dieſelbe Krankheit gehalten werden; ob die letzte Krankheit nur ein leichter Grad der diffuſen Entzündung ſey, kann ich nicht ſagen. Mir find drei Falle vorgekommen, bei welchen allen die untere Extremitaͤt allein afficirt war. Das Fieber hatte den Grad des Reizfiebers; in allen folgte die Herſtellung. Das Fieber, welches von Sections— wunden herruͤhrt, kann zuerſt für ein einfaches Fieber gehalten werden; daſſelbe gilt von dem Schmerz, welchen der Kranke auf das S hultergelenk bezieht, er mag von einer Sectionswunde oder von einer Venaſection herruͤhren. Eine heftige paronychia kann die Krankheit ſehr leicht ſimulicen; ebenſo iſt die Entzündung der 272 Lymphgefaͤße moͤglicher Weiſe mit diffuſer Entzuͤndung zu verwech— ſeln. Bevor die Krankgheit ſich vollſtaͤndig erklärt, kann der Zu— ftand für den Arzt ſehr unklar ſeyn. So wurde, z. B., ein Mann von etwa 50 Jahren, waͤhrend er ſich gerade in einem ſehr depri— mirten Gemuͤthszuſtande befand, von Diarrhoͤe befallen. Vierzehn Tage nach ſeiner Aufnahme klagte er uͤber Schmerzen in verſchiede— nen Koͤrpertheilen; bei der Unterſuchung war keine Geſchwulſt zu bemerken; Druck vermehrte den Schmerz nicht, uͤberhaupt war das Leiden nicht betraͤchtlich. Dieſer Zuſtand dauerte mehrere Tage, waͤhrend welcher das einzige Symptom, welches die Aufmerkſamkeit auf ſich zog, ein ſehr ſchwacher und beſchleunigter Puls (140) war; endlich ſchwollen beide Vorderarme, hierauf das rechte Knie und das linke Fußgelenk, und der Kranke ſtarb nach 48 Stunden. Herr Gordon fand bei der Section durchaus nichts von dem gewoͤhn— lichen Befunde bei diffuſer Entzuͤndung Abweichendes. Schließlich fuͤge ich nur noch die Bemerkung hinzu, daß es wenige Krankheiten giebt, bei welchen mir correcte Diagnoſe wichtiger waͤre, als bei dieſer. Ein Irrthum muß, da die Krankheit ſo haͤuſig toͤdtlich ab— laͤuft, von den groͤßten Folgen fuͤr das Leben des Kranken ſeyn, und kann ſehr leicht den Ruf des Arztes untergraben. (Schluß folgt.) is e e lle n. Ein Fall von Zerreißung der tuba Fallopii durch zuruͤckgehaltene Menſtrualfluͤſſigkeit von Dr. Munk zu London. Am 24. October 1837 wurde er zu einer 18jaͤhrigen Perſon gerufen, welche bereits im Sterben lag. Er hoͤrte nur, daß ſie ſeit 18 Monaten, unter Entwickelung der uͤbrigen Zeichen der Mannbarkeit, alle fuͤnf oder ſechs Wochen Ruͤckenſchmerz, Druck im Becken, Kopfſchmerz und kalte Extremitaͤten gehabt habe; allmaͤlig wurden die Intermiſſionen kuͤrzer, endlich ſchwoll der Unterleib, ihr Allgemeinbefinden wurde uͤbler und vier Tage vor dem Tode hatte ſie das Gefuͤhl, als wenn Etwas in ihrem Leibe, zerreiße; die Anſchwellung des Unterleibes verminderte ſich, gegen Abend ſtellte ſich jedoch Schmerz in der ganzen Bauchhoͤhle ein, welcher unter heftigem Fieber, Beklemmung und krampfhaf— ter Contraction der Beine, Erbrechen und Harnbeſchwerde allmaͤ— lig vollkommenen Collapſus herbeifuͤhrte. Bei der Section fand ſich viel dickliches Blut in der Bauchhoͤhle, Roͤthung des peritonaeum, Ausſchwitzung von coagulabler Lymphe, Auftreibung des uterus bis zur Größe einer Mannsfauſt, jedoch ſchlaff. Er enthielt noch 4 oder 5 Unzen jenes dicktichen Blutes. Die fallopiſchen Roͤhren waren ſo betraͤchtlich ausgedehnt, daß man leicht den Finger ein— fuͤhren konnte, und in der Nähe der Fimbrien fand ſich an der linken tuba ein Riß von 2 Linien Länge, durch welche die Ergießung ſtattgehabt hat. Die Zuruͤckhaltung der Menſtrualfluͤſſigkeit ruͤhrte von einer feſten Vernarbung in der Mitte der vagina her, welche eine knorpelige Beſchaffenheit hatte, waͤhrend von einem Hymen keine Spur zu bemerken war. (London med. Gaz, March 1841). Ueber die Wirkung des Mutterkorns auf träde tige Thiere hat Herr Samuel Wight eine Reihe von Experi— menten an Kaninchen und Hunden bekannt gemacht, aus welchen hervorgeht, daß das Mittel auf die Contraction des uterus keinen Einfluß uͤbte, dagegen für die Jungen ſehr ſchaͤdlich war, indem ſaͤmmtliche, oder die Mehrzahl der darnach geworfenen Jungen ent— Gibliographis che Physiology of Vision, By Dr. W. Mackenzie. London 1841. 8. Unterſuchungen uͤber das Nervenſyſtem. Erſtes Heft. Einfluß der Centraltheile des Nervenſyſtems auf die Bewegung des thieri— ſchen Körpers. Von Dr. Jul. Budge, practiſchem Arzte zu Altkirchen am Weſterwald. Frankfurt a. M. 1841. (Stutzen ſich auf ſehr viele Zergliederungen und Verſuche.) weder todt oder ſehr lebensſchwah waren und bald ſtarben. (Edin— burgh med. and surg. Journal, leiten. Cyclopedia of practical Surgery. Conducted by W. B. Co- stello. Vol, I. London 1841. gr. 8. Sea Side Manual for Invalid, By Dr. J. Bigsby. London 1341. Wen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medicinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Medieinglratbhe und Profeſſor Frorſep zu Berlin. No. 392. (Nr. 18. des XVIII. Bandes.) Juni 1841. Gedruckt im Landes⸗Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. N at u r Zur Naturgeſchichte und Anatomie von Thalassema und Echiurus. Von Edw. Forbes, Esq. und John Goodſir, Esq. (Hierzu die Figuren 11. bis 23. auf der mit dieſer Nummer ausgege⸗ benen Tafel.) Unter den Strahlthieren (Radiata) der britifchen Meere befinden ſich zwei, welche im Allgemeinen aͤußerlich mehr Aehnlichkeit mit den Anneliden, als mit den Echino— dermen darbieten, obwohl ſie in anatomiſcher Hinſicht zu den letztern gehoͤren. Dieſe ſind Thalassema Neptuni und Echiurus vulgaris, Glieder der Familie Thalasse- maceae aus der Ordnung der Sipunculidae, und wir haben gegenwaͤrtig das Vergnuͤgen, der Werner'ſchen Ge— ſellſchaft eine anatomiſche Beſchreibung dieſer beiden Thiere vorzutragen *). Die Familie der Thalassemacea umfaßt eine Gruppe ſich nach Art der Würmer fortbewegender (vermigrader) Echi- nodermata, die dadurch characteriſirt ſind, daß ſie einen cylindriſchen wurmfoͤrmigen Koͤrper beſitzen, an deſſen einem Ende ſich der Mund befindet, der ſich an der Spitze eines Ruͤſſels Öffnet, welcher ein merkwuͤrdiges ſcheidenfoͤrmiges Anhaͤngſel trägt, während ſich an dem, am andern Körpers ende befindlichen After keine aͤußeren Anhaͤngſel zeigen. Durch dieſe Charactere unterſcheiden ſich die Thalas- semaceae von den übrigen Familien der Ordnung; von den Sipunculaceae, welche einen mit Tentakeln beſetzten Ruͤſſel ohne ſcheidenfoͤrmiges Anhaͤngſel beſitzen, an deſſen Baſis ſich der After Öffnet, fo wie von den Priapulaceae, deren Ruͤſſel tentakellos und ohne Mundanhaͤngſel iſt, waͤh— rend ſich der After am entgegengeſetzten Koͤrperende an der Spitze eines langen, fadenfoͤrmigen Schwanzanhaͤngſels be— findet, welches manche Naturforſcher für ein Reſpirations— organ gehalten haben. ) Der Vortrag fand am 23. Januar 1841 ſtatt. No. 1492. k un de. Die Gattungen Thalassema, Echiurus, Bonel- lia und Sternaspis bilden die Familie. Die erſte beſitzt ein einfaches Mundanhaͤngſel, und der After iſt bei ihr nicht mit hornartigen Borſten umgeben. Die zweite hat eben— falls ein einfaches Mundanhaͤngſel, aber das hintere Koͤr— perende iſt bei ihr mit Kreiſen von hornigen Borſten umge— ben. Die dritte characteriſirt ſich durch das gabelfoͤrmig geſpaltene Mundanhaͤngſel, und die vierte durch eine hor— nige Scheibe, welche von Borſten umgeben iſt, die ſich in der Naͤhe des vordern Koͤrperendes befinden. Dieſe vier Gattungen ſind arm an Species. Von Thalassema iſt nur eine einzige bekannt; von Echiurus find zwei beſchrie— ben, von denen die eine die britiſchen Meere bewohnt, die andere im noͤrdlichen ſtillen Ocean zu finden iſt. Bonellia beſitzt zwei bekannte Arten, die beide das Mittellaͤndiſche Meer bewohnen, woſelbſt auch die einzige uns bekannte Species von Sternaspis hauſ't. Thalassema Neptuni wohnt an den Kuͤſten von Cornwall und Devon, wo ſie an Klippen unter dem Waſ— ſer ſich aufhaͤlt. Deswegen wurde ſie von Lamarck, in deſſen Naturgeſchichte der wirbelloſen Thiere, Thalassema rupium genannt. Sie ward von Gaertner, jenem auf: merkſamen Naturforſcher, entdeckt und unter dem Namen, den ſie gegenwaͤrtig fuͤhrt, an Pallas geſendet. Dieſer erklaͤrte ſie jedoch fuͤr eine Annelide, fuͤr ein dem Regen— wurme verwandtes Geſchoͤpf und nannte ſie Lumbricus Thalassema, unter welchem Namen man fie in feinen Spicilegia zoologica beſchrieben und abgebildet findet “). Montagu fand dieſes Thier ſpaͤter, und beſchrieb daſſelbe unter der Benennung Thalassina mutatoria **), wobei er die Meinung aͤußerte, es ſey mit den von Pallas be— ſchriebenen identiſch, aber die von dieſem mitgetheilte Ab— bildung ſey unrichtig. Dieß iſt jedoch nicht der Fall; die von Pallas beſorgte Abbildung ſtellt das Thier treu dar, *) Fascic. X. Tab. I., Fig. 6. ) Linnaean Transact. Vol. Sn 24, Tab. V. Fig. 2. 275 wie es ſich nach längerer Aufbewahrung in Weingeiſt auss nimmt, und wahrſcheinlich hatte er nie Gelegenheit, ein anderes Exemplar zu ſehen. Unlaͤngſt ward es von Herrn Harvey bei Teign— mouth gefangen, und nach ſeinem Exemplare haben wir die Anatomie der Thalassema zuſammengeſtellt. Was die aͤußeren Charactere anbetrifft, fo braucht den von Pal— las und Montagu gelieferten Beſchreibungen nur hinzu— gefügt zu werden, daß das Thier einen kurzen, zurüd,iehbaren Ruͤſſel und ein Mundanhaͤngſel beſitzt. Ueber die Lebens— weiſe des Thieres wiſſen wir nichts weiter, als was Mon— tagu davon berichtet; allein was dieſer Forſcher in dieſer Hinſicht in den Linnaean Transactions mitgetheilt hat, iſt ungemein intereffant und vollſtaͤndig. Echiurus vulgaris iſt ein weit groͤßeres und merk: wuͤrdigeres Thier. Eine große Anzahl von Exemplaren wurde vergangenen Winter durch einen Sturm auf das ſandige Ufer bei St. Andrews geworfen. Die groͤßten darunter maaßen etwa 6 Zoll und hatten einen halben Zoll im Durchmeſſer. Der Koͤrper des Geſchoͤpfes iſt cylindriſch, ge— ringelt und mit kleinen flachen Tuberkeln beſetzt, welche nach den beiden Enden zu flockig waren. Am vordern Ende ragte ein etwa 2 Zoll langer Ruͤſſel ohne Tentakel hervor, an deſſen Gipfel ſich ein tiefrother Rand wahrnehmen ließ. Dieſer Ruͤſſel iſt zuruͤckziehbar, allein ein ſonderbares, ge— furchtes, fleiſchiges Anhaͤngſel, welches ſich laͤngs des Ruͤſſels befindet, iſt nicht zuruͤckziehbar. Daſſelbe iſt ungemein dehn— bar und bildet eine Art von Ruͤſſelſcheide. In geringer Entfernung von deſſen Vereinigungsſtelle mit dem Koͤrper bemerkt man zwei glaͤnzendgelbe knorpelige Borſten, die kurz, lancettfoͤrmig, gekruͤmmt, ſpitz und zuruͤckziehbar ſind. Dieß find die Begattungshaken (genitalhooks). Zwiſchen ihnen beginnt eine rothe Linie, die ſich, am Koͤrper hinab, bis zum After zieht und den Lauf eines innern Gefaͤßes an— deutet. Der ganze Körper iſt hellfleiſchfarben und mit wes nig deutlichen, blaſſergefaͤrbten ſchmalen Ringen und Flecken verſehen, welche daher ruͤhren, daß die Tuberkeln der Haut blaſſer gefaͤrbt ſind, als der uͤbrige Koͤrper. Der After be— findet ſich am hintern Ende auf einer etwas abgeplatteten Scheibe, welche von zwei Kreiſen horniger Borſten umgeben iſt, welche in der Structur mit den Begattungshaken Aehn— lichkeit haben, aber kuͤrzer ſind. In jedem Kreiſe ſtehen zehn derſelben. Der After iſt rund und roth. Die Scheide des Ruͤſſels unterſcheidet ſich in der Farbe von dem Reſte des Koͤrpers, indem fie grell ſcharlachroth iſt. Sie hängt mit dem Koͤrper ſo wenig feſt zuſammen, daß ſie bei der geringſten Beruͤhrung abbricht; nur an wenigen Exemplaren war ſie vorhanden, und auch von dieſen loͤſ'te ſie ſich gleich bei'm Einſammeln der letztern ab. Als man den Echiurus lebend in einem Gefaͤße mit Seewaſſer hielt, veraͤnderte er ſeine Geſtalt fortwaͤhrend, in— dem er ſich an verſchiedenen Stellen verdickte, ſo daß er hoͤchſt ſonderbare phantaſtiſche Formen annahm. Goß man friſches Seewaſſer zu, fo wurde er plößlic ungemein lebhaft, ſchoß an die Oberflaͤche und ſchwamm, nach Art einer An— 276 nelide, in ſpiralfoͤrmigen Windungen umher. Dann ſank er auf den Boden des Gefaͤßes und ſog ſich ſo voll Waſ— ſer, daß der Koͤrper ſtark anſchwoll. Der Echiurus wurde, gleich der Thalassema, zu⸗ erſt von Pallas abgebildet, der ihn von der belgiſchen Kuͤſte erhielt. Die Figur, die Pallas mittheilt, iſt un— gemein treu, nur fehlt, ſonderbarer Weiſe, der eigentliche Ruͤſſel daran, und von allen ſpaͤtern Naturforſchern iſt, nicht nur in dieſem Falle, ſondern bei der Beſchreibung faſt aller übrigen Thalassemaceae die Scheide als der Ruͤſſel beſchrieben worden. Montagu erfaßte zuerſt die wahre Natur von Tha- lassema und bemerkte in ſeiner Abhandlung, dieß Ge— ſchoͤpf ſey unmittelbar vor die Holorhurien zu ſtellen. Dies fer Anſicht huldigten fräter auch Cuvier und Brandt. Lamarck dagegen ſtellte Thalassema und Echiurus in ſeine erſte Abtheilung der Anneliden, welche durch die feh— lenden Füße characteriſirt iſt und zu der die Familien Hi- rudines und Echiureae gehören. Zu den letztern werden die uns hier beſchaͤftigenden Thiere in Geſellſchaft des Re— genwurms und Cirratulus gerechnet. Viele ſpaͤtere Na: turforſcher haben dieſelben als Wuͤrmer betrachtet; allein die hiernaͤchſt folgende anatomiſche Beſchreibung beweiſ't, daß ſie den Anneliden wohl analog, aber nicht verwandt ſind, und daß ihnen ihre richtige Stelle unter den Echinoder- mata in der Ordnung Vermigrada oder Sipunculidae anzuweiſen iſt. *) E chiur us. Verdauungsſyſtem. — Der Nahrungsſchlauch bes ginnt mit einem Munde von rundlicher Geſtalt, der im Zu— ſtande der Contraction ungemein klein und in dem der Aus— dehnung trichterfoͤrmig iſt. Die Mundoͤffnung ſetzt ſich in einen Canal fort, der abwechſelnd ſackfoͤrmig aufgetrieben und eingeſchnuͤrt iſt, was vorzuͤglich in der hintern Haͤlfte der Fall iſt. Dieſe erſte Portion des Darmapparates, die man den pharynx nennen konnte, bietet zwei Windungen dar, ſo daß ſie der Ziffer 8 in der Geſtalt ziemlich gleicht. Dieſe Windungen werden von den Muskeln der Mundhaken und von den Blutgefaͤßen, welche an dieſer Stelle des Koͤr— pers eine verwickelte Anordnung darbieten, zuſammengedruͤckt und in ihrer Lage erhalten. Der Nahrungsſchlauch zieht ſich dann zu einer ſehr musculoͤſen, aber engen Speiſeroͤhre zuſammen. Dieſe erweitert ſich dann faſt ploͤtzlich zu der hintern Portion des Nahrungsſchlauches, einem ziemlich gleichweiten Canale von ſehr duͤnner und zarter Structur, der ſich mit ziemlich ſpiralfoͤrmigen Windungen bis in die Nähe des hin— tern Koͤrperendes hinabzieht, dann umkehrt und in aͤhnlichen Windungen bis zu zwei Dritteln der Koͤrperlaͤnge hinan— ſteigt und endlich, als eine gerade und ziemlich enge Roͤhre, ſich in die Cloake begiebt. Die Cloake iſt von geringerm Umfange, als bei den Holothuriadae. Vom Munde bis zum After mißt der Nahrungsſchlauch 3 bis 4 Fuß. Der *) Vergl. Forbes, British Echinodermata. 277 pharynx ift zwei Zoll, der oesophagus 4 Zoll lang, und der Übrige Nahrungsſchlauch hat einen fo gleichförmi- gen Durchmeſſer, daß er ſich nicht in einen Magen, Daͤrme u. ſ. w. abtheilen laͤßt, und iſt dabei ſo muͤrbe, daß es ſehr ſchwer haͤlt, ihn zu meſſen. Der pharynx bietet deutliche kreisfoͤcmige Muskelfaſern dar, welche an dem oe- sophagus fo ſtark und dergeſtalt zu Buͤndeln vereinigt find, daß ſich derſelbe wie eine Luftroͤhre ausnimmt. Der Nahrungsſchlauch hänge nicht durch ein Gekroͤſe, ſondern mittelſt zahlreicher zarter, unregelmaͤßg laufender und mit winzigen Blutgefaͤßen vermiſchter Muskelfaſern mit den Koͤr— perwandungen zuſammen. Gegen die Mitte des Koͤrpers hin ſind die Falten des Darmes mit einer gelben gallertar— tigen Maſſe gefuͤllt; aber von einer Leber oder druͤſigen Structur in den Wandungen des Darmes konnten wir keine Spur entdecken Die Athmungsſfaͤcke öffnen ſich zu beiden Seiten des Maſtdarms in die Cloake. Dieſe Saͤcke veraͤſteln ſich nicht und haben etwa den dritten Theil der Laͤnge des Koͤr— pers. Bei'm lebenden Thiere bemerkt man an denſelben lebhafte Bewegungen, indem ſie ſich zuſammenziehen, aus— dehnen, ſich verlaͤngern und winden. Von den in ihnen vertheilten zahlreichen Gefaͤßen erhalten ſie eine lebhafte rothe Faͤrbung und von den vielen an ihre aͤußere Oberflaͤche angehefteten mikroſcopiſchen Organen ein geſprenkeltes Anſe— hen. Schneidet man von dem lebenden Thiere ein kleines Stuͤck des Reſpirationsorganes ab und bringt man es in etwas Seewaſſer unter das Mikroſcop, ſo zeigen die mit unbewaffnetem Auge an deſſen aͤußerer oder Peritonaͤal-Ober— flache bemerkbaren Flecken das Anſehen einer Anzahl Trich— ter, die mit den Haͤlſen befeſtigt ſind, und deren becherfoͤr— miger Theil aufrecht ſteht. Jeder dieſer Trichter beſitzt ſeine aͤußere Oberflaͤche, ſeinen Rand und ſeine innere Oberflaͤche oder Hoͤhlung, die mit Wimpern beſetzt iſt, welche ſich lebhaft bewegen. An der innern oder Schleimhaut-Ober— flaͤche des Athmungsſacks, bemerkt man eine Anzahl rund— licher, etwas gelappter Erhoͤhungen, von denen jede einem der Trichter auf der aͤußern Oberflaͤche entſpricht. Dieſe Erhabenheiten ſind mit Wimpern bedeckt, die auf der Membran zwiſchen ihnen nicht zu finden waren. Die ge— wimperten Trichter laſſen ſich in die Beutel einziehen, welche den gewimperten Erhabenheiten auf der innern Oberflaͤche entſprechen; allein durch den Augenſchein konnten wir uns nicht von der Richtigkeit unſerer Vermuthung uͤberzeugen, daß die Hoͤhlungen der Trichter mit den gemeinſchaftlichen Reſpirationshoͤhlen communiciren, und daß die Erhabenhei— ten auf der innern Oberfläche verſchwinden, wenn die Triche ter an der aͤußern Oberflaͤche ſich ausbreiten, und umge— kehrt, ſo daß zwiſchen den Reſpirationshoͤhlen und der mit Seewaſſer gefüllten allgemeinen Koͤrperhoͤhle des Thieres eine Stroͤmung ſtattfinden wuͤrde. Die Muskelfaſern der zwei Athmungsſaͤcke zeigen eine eigenthuͤmliche Anordnung. So— wohl die Qucer- als die Laͤngsfaſern haben einen wellenfoͤr— migen Lauf, fo daß fie die Hälfte aller jener trichterförmis gen Organe in derſelben Weiſe umfaſſen, wie die Faſern des ſchwangern menſchlichen uterus die sinus deſſelben ums 278 ſpannen. Wenn durch dieſe Trichter Seewaſſer ſtroͤmt, ſo kann durch die Contraction dieſer Muskelfaſern die Stroͤ— mung gehemmt und das Thier in den Stand geſetzt wer— den, die Athmungsſaͤcke auf folgende Weiſe zu füllen. In— dem es den vordern Theil ſeines Koͤrpers zuſammenzieht und das darin enthaltene Seewaſſer zuruͤcktreibt, wird der hintere Theil des Körpers knollenartig aufgetrieben, fo daß die zwi— ſchen den Afterdornen liegenden Stellen weit auseinandertre— ten und, wegen deren Verbindung mit der Cloake, dieſe Hoͤhle ſtark ausgedehnt wird und, nach Art einer Saugpumpe, ſich ftärker mit Waſſer füllt. Alsdann ſchließt das Thier den After und zieht die Cloake zuſammen, wodurch das in ſei— nem Körper enthaltene Waſſer vorwärts gedrängt wird. Durch dieſe zuſammengeſetzte Thaͤtigkeit tritt das in der Cloake befindliche Waſſer in die Reſpirationsſaͤcke und wird durch deren kraͤftige wurmfoͤrmige oder periſtaltiſche Bewe— gung in denſelben weitergetrieben. Vermoͤge einer geringen Erſchlaffung der Muskelfaſern der Saͤcke und der Aufrich— tung der gewimperten Trichter kann dann das Waſſer in die Koͤrperhoͤhle einſtreichen, waͤhrend die Thaͤtigkeit der Wimpern es durch dieſelben Canaͤle in entgegengeſetzter Rich— tung ausfuͤhren würde, Das Gefaͤßſyſtem beſteht aus zwei Längsgefaͤßen, von denen ſich eines an der Bauchoberflaͤche des Koͤrpers, das andere laͤngs der unbefeſtigten Oberfläche des Darms hinzieht. Der Gefaͤßſtamm des Darmes iſt, wenn das Thier ſchwach oder todt iſt, ſtets voll Blut, der Bauchſtamm ſtets leer oder zuſammengefallen. Dieſer Umſtand, ſo wie die allgemeine Anordnung des Gefäßſyſtems und die Lage der Reſpirationsorgane, veranlaßt uns zu der Meinung (von deren Richtigkeit wir uns uͤbrigens durch den Augenſchein nicht überzeugen konnten), daß das erſtere Gefäß der Venen-, das letztere der Arterienſtamm ſey. Der Venenſtamm entſprinat aus zahlrei— chen Wuͤrzelchen an der Oeſophagus-Portion des Nahrungsſchlau— ches und zieht ſich laͤngs der Wandung des Darms hin, indem er unterwegs Aeſte aufnimmt. Am Maſtdarme verſchwindet der Stamm, indem er ſich in unzählige Aeſte zertheilt, welche anſcheinend arte rieller Natur find und ſich zu den Reſpirationsſaͤcken begeben, die, wie eben angegeben worden, außerordentlich gefäßreich find. Das Arterien- oder Bauchgefaͤß wird, wie es ſcheint, durch Wuͤrzelchen aus den Reſpirationsſaͤcken (Kiemenvenen) gebildet. Seine Wan— dungen ſind dünn und auf der Oberflaͤche des Nervenſtranges nur ſchwer wahrzunehmen. In ſeinem Verlaufe giebt es Aeſte an den Darm ab, und wenn es an den Windungen des pharynx angelangt iſt, geht von ihm ein ſtarker Stamm rechter Hand nach dem rech— ten Mundhaken ab, der ſich theilt, um den Haken und deſſen Mus- keln herumzieht und auf der anderen Seite wieder vereinigt. Dann ſtreicht er nach dem vordern Ende des desophagus und verbindet ſich dort mit einem gleich zu beſchreibenden Gefaͤße. Nachdem das Bauchgefaͤß dieſen großen Stamm abgegeben hat, begiebt es ſich nach dem dem Munde zugewendeten Ende des pharynx, um wel- ches her es einen Gefaͤßkreis bildet. Dieſer giebt ruͤckwaͤrts einen Aſt ab, welcher einen zweiten Kreis oder Gefaͤßguͤrtel um die Lippe her und auf der Oberfläche eines Nervenrings bildet; ein ſtarker Stamm läuft gegen die Mitte des pharynx und erweitert ſich zu einem aus mehreren ſackfoͤrmigen Erweiterungen beftehenden (saceu- lated) sinus, der fein eigentbümliches Anſehen wahrſcheinlich den nach der Queere gerichteten Einſchnuͤrungen verdankt, die ſich an dſe⸗ fer Portion des Nahrungsſchlauches überhaupt finden. Dieſer si- nus zieht ſich an der zweiten (hintern) Portion des pharynx hin und nimmt am vordern Ende des oesophagus den früher erwaͤhn⸗ ten. von dem Bauchgefaͤße abgehenden Stamm auf, worauf er ſich auf dem desophagus veraͤſtelt und dieſe Portion des Nabrungs⸗ ſchlauchs mit Arterien-Blute verſorgt. Die Beſtimmung des von dem Bauchgefaͤße kommenden ſtarken 9 iſt offenbar, den 1 * 279 Mund, Nüffel und vordern Theil des Nahrungsſchlauchs mit Arte rienblut zu verfehen, wenn die Zufammenfchnürung der Schnauze, während das Thier ſich in den Sand einbohrt, die freie Circulation in den beiden Gefäßkreiſen zu einer Zeit hemmt, wo ſich, wegen der erhöhten Muskelthaͤtigkeit, eine ſolche Verſorgung durchaus nös thig macht. Das Nervenſyſtem iſt ungemein einfach und beſteht nur aus einem Ringe, der den vordern Theil des pharynx umſchließt und ſich dann in das Hautgebilde verlaͤuft. Von dieſem Ringe geht ein Nervenſtrang von der untern Seite des Thieres hin bis zum hintern Ende des Koͤrpers, wo er unter Ausſendung einiger Aeſte plotzlich ein Ende nimmt. In dieſem feinen Verlaufe giebt der Strang zahlreiche Seitenzweige ab, die nicht ſymmetriſch ſind und bis auf eine kurze Strecke von ihrem Urſprunge frei ſtreichen, worauf fie in den musculöfen Wandungen des Körpers verſchwin— den. Iſt das Thier zuſammengezogen, ſo zeigt der Nervenſtrang zuſammengedraͤngte, wellenfoͤrmige Biegungen und keine ganglien— artige Knoten. Er beſteht aus einer maͤßig langen Scheide, von welcher die ſehr weiche Nervenſubſtanz umhuͤllt iſt. Das Reproductionsſyſtem beſteht aus vier Saͤcken, welche ſich an der Bauchoberflache mittelſt winziger Muͤndungen öffnen, zwei gleich hinter den Begattungshaken, die andern beiden etwa 1 Zoll weiter ruͤckwaͤrts, und beide Paare etwa I Zoll von der Medianlinie. Außer der Fortpflanzungszeit find fie etwa 11 Zoll lang, 1 Zoll ſtark, ungemein durchſichtig, fo daß man fie kaum erkennen kann, und mit der Faͤhigkeit begabt, ſich nach allen Rich: tungen zu winden. Bei dem begattungsfaͤhigen Maͤnnchen zeigen ſie lich um Vieles größer, 4 Zoll lang, 4 Zoll dick und mit einigen Einſchnuͤrungen verſehen. Die in ihnen enthaltene Fluͤſſigkeit iſt milchweiß und ziemlich dicklich; bei ſtarker Vergrößerung ſieht man, daß ſie von ungemein lebhaften Saamenthierchen wimmelt, die ſich geſchwind und kreiſend bewegen. In dieſem Zuſtande nehmen ſich die männlichen Organe ungemein ſchoͤn aus, indem ſie mit ſtarken, zwirnartigen, durchſcheinenden, ſcharlachrothen Blutgefaͤßen bedeckt ſind, die von den rahmfarbigen Organen ſelbſt ſtark abſtechen. Die weiblichen Saͤcke haben wir nie voͤllig angeſchwollen gefunden; ſind ſie in einem maͤßigen Grade ausgedehnt, ſo ſcheinen die Eier darin ſo geordnet wie bei den Knochenfiſchen. Die Eier haben etwa die Größe von Hirſenkoͤrnen. Unter dem Mikroſcop erſcheinen fie als hoͤchſt durchſichtige Kügelchen, in denen ſich gegen den Mittelpunet hin eine Anzahl kleinerer Kuͤgelchen oder Zellen eingeſchloſſen be— finden. h Die Structur der Thalassema Neptuni iſt in jeder Beziehung dieſelbe, wie die des Echiurus, mit dem unwichtigen Unterſchiede, daß der Nahrungsſchlauch eine einfachere Bildung zeigt. Die Mund- und After⸗Haken und Dornen des Echiurus, fo wie die Mundhaken von Thalassema, laſſen ſich ganz auf dieſelbe Weiſe vorſtrecken und einziehen, wie die Borften und Haͤkchen der Ans neliden. Aus der eben mitgetheilten anatomiſchen Beſchreibung ergiebt ſich deutlich, daß die Gattungen Echiurus und Thalassema in die Glaffe der Echinodermata gehören, Der mit Seewaſſer gefüllte Koͤrper, der Reſpirationsapparat, das Verdauungsſyſtem und der den Darm begleitende Venenſtamm ſind die vornehmlichſten anato— miſchen Charactere, welche den Echinodermata eigen. Die Farbe und Circulation des Blutes, die Abweſenheit eines waſſerleitenden Syſtems, der Bauchnervenſtrang und das Muskelſyſtem beweiſen, daß dieſe Thiere mit den Anneliden verwandt ſind, ſo wie, daß der Uebergang von einem wurmfoͤrmigen Strahlthiere (radiate animal) zu einem achten Gliederthiere durch die ſymmetriſche Atrophie und Hyperlrophie gewiſſer in jedem Ringe vorhandener ſtrahliger Ele— mente bewirkt wird. Erklaͤrung der Figuren. Figur 11. Echiurus vulgaris, in natuͤrlicher Groͤße, von der Bauchſeite geſehen. Figur 12. Echiurus vulgaris, von der Rückenſeite aus aufge: ſchnitten und auseinandergelegt; die Hautbedeckungen find ausge: 280 ſpannt und der groͤßte Theil des Darmcanals iſt beſeitigt: a, die Pharynx-Portion des Nahrungsſchlauchs; b, die Oeſophagus-Por— tion; , c, die Portion, welche dem Magen und den Daͤrmen ent— ſpricht, und welche bei dieſem Thiere eine ungemeine Länge beſitzt. Man ſieht, wie der Venenſtamm an deren Rande hinlaͤuft, und wie Aeſte von dem Bauchgefaͤße (dem Arterienſtamme) nach deren be— feſtigtem oder Gekroͤsrande ſtreichenz d, der Maſtdarm; e, e, Re- ſpirationsſaͤcke, die mit gewimperten Erhabenheiten (Trichtern) be⸗ ſetzt ſind; k, k, k, t, Zeugungsſäacke; g, g, Bauchgefaͤß oder Arte= rienſtamm; h, der Arterienaſt, welcher den rechten Begattungsha— ken umgiebt und ſich dann nach der Pharynx-Portion des Nah⸗ rungsſchlauchs begiebt, um das Thier, waͤhrend daſſelbe bohrt, mit Arterienblut zu verſorgen; i, i, i, die Schlundkopfarterie (pharyn- geal a.) und die beiden Arterienguͤrtel des Mundes; k, k, der Ners venſtrang, welcher unſymmetriſche Nerven abgiebt und ſich in einen den pharynx umgebenden Ring endigt; J, J, die beiden Begattungs⸗ haken mit ihren Muskeln, von denen einer beiden Haken gemein— ſchaftlich und dazu beſtimmt iſt, die obern Enden der Haken einan⸗ der zu naͤhern. Figur 13. Der Nervenring, ein Theil des Nervenſtranges und das Ende des letztern, vergroͤßert. Figur 14. Durchſchnitt eines Theils der musculoͤſen Koͤrper⸗ wandungen und der Scheide eines der Begattungshaken; um dar— zutbun, daß der letztere ein in einem Beutel (follicle) entwickeltes Hautorgan und, gleich aͤhnlichen Organen bei den Anneliden, mit einem Muskelapparate verſehen iſt. Figur 15. Eine Portion eines der Reſpirationsſaͤcke, vergrößert, fo daß man die trichterfoͤrmigen Fortſaͤtze im Zuſtande der Erec— tion fieht. Figur 16. Eine auseinandergebreitete Portion eines der Reſpi— rationsſäcke, an welcher man die gewimperten Erhabenheiten auf der innern Oberflache wahrnimmt, von denen jede Figur einem der trichterförmigen Fortſaͤtze auf der aͤußern Oberflaͤche entſpricht. Figuren 17. 18. 19. Figuren zur Erlaͤuterung der Art und Weiſe, wie wahrſcheinlich das Seewaſſer durch die gewimperten Organe der Reſpirationsſaͤcke in die Bauchhoͤhle und aus derſelben ſtreicht. Figur 17. Das Organ im Zuſtande der Erection, wo deſſen Canal offen iſt; Figur 18. das Organ halb zurückgezogen; Figur 19. das Organ völlig zuruͤckgezogen; die Muskelfaſern über demſelben contrahirt, der Canal geſchloſſen und die gewimperte Erhabenheit ſich auf der innern Oberflaͤche des Sackes darftellend. Figur 20. Maͤnnliche Organe zur Paarungszeit. Figur 21. Saamenthierchen. Figur 22. Weibliche Organe zur Fortpflanzungszeit. Figur 23. Eier, vergroͤßert, ſo daß man die im Innern be— findlichen Zellen ſieht. (Edinb. new philos. Journ, by Jameson; Jan. — Apr. 1841). Miscellen. Ueber den ſogenannten Queerwald (Cross timber) in Texas, in Nordamerica, berichtet Herr W. Kennedy Fol— gendes: Dieſer Queerwald beſteht aus einer zuſammenhaͤngen— den Reihe von Forſten, welche aus der Waldgegend von den Quellen des Trinidad-Fluſſes in gerader Linie nach Norden, durch die verſchiedenen unabſehbaren Prairieen (Wieſenflaͤchen) des nördlichen Texas und das Dzark-Gebiet, bis zum ſuͤdlichen Ufer des Arkanſas-Fluſſes geht. Dieſer Waldguͤrtel hat eine verſchie— dene Breite von 5 bis 50 (Engliſche) Meilen. Zwiſchen dem Tri— nidad und dem Red River (rothen Fluſſe), gegen Oſten, iſt er ges wöhnlich 5 bie 9 Meilen breit und fo gerade und regelmäßtg, als ob es eine kuͤnſtliche Anlage waͤre. Wenn man den Queerwald von den benachbarten Prairieen gegen Oſten oder Weſten betrachtet, ſo erſcheint er, in der Entfernung, wie eine ungeheure Mauer von Wald, die ſich in gerader Linie von Suͤden nach Norden hinzieht, und deren äußerſte Enden ſich am Horizonte verlieren. In der Beſchaffenheit des Grundes und Bodens, auf welchem der Queer— 281 wald hinlaͤuft, ſcheint durchaus nichts zu liegen, was ihn von dem benachbarten Terrain unterſcheidet: da, wo das Land flach iſt, iſt auch die Gegend, wo der Queerwald hindurchgeht, flach, wo es wellenfoͤrmig oder huͤgelig iſt, hat auch die Waldgegend dieſelbe Bildung. Die Bäume, welche in dieſem Forſte wachſen, unterſchei⸗ den ſich in nichts von denen, die man hie und da auf den benach— barten Prairicen, oder in den Gründen, welche an den, durch den Queerwald fließenden Stroͤmen liegen, findet. Eichen, Nußbaͤume (Juglans alba), weiße Eichen, Pfoſt- Eichen?) (post oak), Stech⸗ palmen und dergleichen Bäume werden darin gefunden. Die Ulme finder man oft ſehr üppig in großer Entfernung von irgend einem Strome und in einem, dem Anſcheine nach, ſehr magern und fans digen Boden. Der black -jack (Quercus nigra), eine Eichen-Art, wird in dem ganzen Umfange des Queerwaldes, von dem Arkanſas— Fluſſe bis zu den ſogenannten Black-jack- ridges am Trinidad s Fluſſe gefunden. Der Queerwald folgt, in ſeiner allgemeinen Rich⸗ tung, fo ziemlich der wahren Mittagslinie. Dr. Irion, früher Staatsſecretaͤr der Republik, begleitete vor einigen Jahren eine Geſell— ſchaft von Feldmeſſern, die eine Linie beſtimmen mußte, die fi 40 Engliſche Meilen in gerader Richtung nach Suͤden, von den Ufern des rothen Fluſſes, in der Naͤhe des Queerwaldes hinzog, und fand zu ſei— nem großen Erſtaunen, daß die Weſtgraͤnze des Qucerwaldes auf dies ſer ganzen Entfernung hin in vollkommen gleicher Linie mit jener blieb. Wie man ſich denken kann, bildet der Queerwald die große Graͤnz⸗ ſcheide der weſtlichen Prairieen, und die Indianer und Jaͤger be— ſtimmen, wenn ſie ihre Wege durch das Land bezeichnen, immer nach dem Queerwalde, wie die Europaͤiſchen Seefahrer nach dem 282 Meridian von Greenwich rechnen. Wenn fie irgend eine einges ſchlagene Straße bei einer Expedition bezeichnen wollen, ſo zeich⸗ nen ſie zuerſt eine Linie, welche den Queerwald bedeutet, und dann eine zweite, welche qucer durch dieſen geht und ihren Weg an⸗ deuten ſoll. (B. N.) Eine neue Rattenart, Mus leucogaster, Pictet, iſt von Herrn Pictet, zu Genf, entdeckt und in einem umſtaͤnd⸗ lichen Artikel, dem eine Abbildung beigegeben, beſchrieben worden. Sie iſt kleiner, als die Wanderratte, hat aber größere nackte Oh⸗ ren und einen Schwanz, der kuͤrzer iſt, als der Körper und weni⸗ gere Schuppenringe trägt. Sie ſteht, den weſentlichen Characte⸗ ren nach, der Hausratte (Mus rattus) näher, hat aber eine andere Farbe (3. B., einen weißen Bauch, wovon ihr ſpeciſiſcher Name), ſeidenartigere Haare und einen kuͤrzeren Schwanz, der aber nicht 30, ſondern 36 Wirbelbeine darbietet. Auch mit der Dachratte (Mus tectorum, Savi) bat fie viel Aehnlichkeit; allein ihr Schwanz iſt kürzer, die Haare find ſteifer (roides), die Schnurrhaare weni⸗ ger entwickelt und das ganze Thier iſt kleiner. Mus leucogaster mißt von der Naſenſpitze bis zur Schwanzwurzel 6 Zoll, der Schwanz 6 Zoll 3 Linien und die Ohren 10 Zoll (Linien 2). Der Ge⸗ ſtalt nach ftcht fie der Hausratte am naͤchſten. Die Haare ſind weich und gleichartig. Die weiße Farbe des Bauches, die grauen Seiten und der braune Ruͤcken geben dem Thiere ein huͤbſches An⸗ ſehen. (Bibl. univ. de Geneve, Mars 1841.) — Man wird in obiger Beſchreibung (namentlich in Betreff der Länge des Schwan⸗ zes, im Vergleiche mit dem Körper, und ruͤckſichtlich der Beſchaf⸗ feuheit der Haare,) mehrere Widerſpruͤche entdecken. fa ea SE = 0 2 Banana .. Renk Sud. Beobachtungen über diffuſe Entzündung. Von Dr. H. Kennedy. (Schluß.) Ruͤckſichtlich der Behandlung dieſer gefaͤhrlichen Krankheit, möchte ich noch auf kurze Zeit die Aufmerkſamkeit in Anſpruch nehmen; nicht als haͤtte ich etwas beſonders Wichtiges mitzutheilen, ſondern weil zugegeben werden muß, daß die beftangeordnete und wiſſenſchaftlichſte Behandlung in der Mehrzahl der Fälle fehlſchlaͤgt, fo daß eine veſonders aufmerkſame Beachtung dieſes Gegenſtandes von um fo groͤßerer Wichtigkeit iſt. Man kann die allgemeine und locale Bebandlung unterſcheiden. Die Aufgabe aller Behandlung bei einer Krankheit, wie dieſe beſteht darin, dieſelbe kurz abzu⸗ ſchneiden, oder wie die Franzoſen ſich ausdrucken, ſich zu erdreſſeln (erſticken)ſ. Wenn daher, wie gewöhnlich zu dieſem Zwecke, zuerſt Blutegel angewendet werden, fo reicht es nicht hin, 20- 30 Blut: egel an den afficirten Theil zu ſetzen und dann Breiumſchlaͤge zu machen und fo den Fall 24 Stunden ſich ſelbſt zu überlaffen. Da: durch wird die Krankheit nicht allein nicht abgeſchnitten, ſondern es geht, was viel ſchlimmer iſt, die Zeit unbenuͤtzt vorüber; ſollen Blut⸗ egel helfen, ſo muͤſſen ſie mindeſtens dreimal in 24 Stunden geſetzt wer⸗ den, natürlich aber im Verhaͤltniß zu der Heftigkeit des Anfalles und der Conſtitution des Kranken. Auf diefe Weiſe wird gewiffermaaßen ein forte dauernder Blutfluß unterhalten; es entſteht die Moͤglichkeit, dadurch die Krankheit abzuſchneiden. Gewoͤhnlich folgt auf das Anſetzen der Blutegel ein merkbarer Nachlaß, welcher 836—48 Stunden anhal⸗ ten kann; es kommen Faͤlle vor, in welchen nach dem Anſetzen der Blutegel der Schmerz ſo unbedeutend wird, daß der Kranke kaum noch daruͤber klagt. Man laſſe ſich dadurch nicht zur Sorgloſig⸗ keit verleiten. Die Krankheit iſt um nichts weniger gefaͤhrlich, wenn fie latent geworden iſt, und die Verſicherung des Kranken, daß er ſich viel beſſer befaͤnde und frei von Schmerzen ſey, muß mit der größten Vorſicht aufgenommen werden. Glaubt in einem ſolchen Falle der Arzt ſeinem Kranken, ſo wird er nachher den Kummer haben, zu ſehen, wie ſich allmälig eine Geſchwulſt ent⸗ wickelt, auf welche er nicht vorbereitet war, und wonach der Fall den beſchriebenen Verkauf nimmt. Auf die Blutegel ſollte man, je nach dem Gefühle des Kran⸗ ken, entweder Cataplasmen oder kalte Umſchläge folgen laſſen. Obwohl ich aber die Art, wie die Blutegel angewendet werden muͤſſen, genau angegeben habe, ſo muß ich geſtehen, daß ich mich auf die Blutegel doch wenig verlaſſen wuͤrde, da ſie ſelten, wenn jemals, einen bleibend guten Effect haben. Die Krankheit wird dadurch hinausgezogen, der Kranke aber ſtirbt nichtsdeſtoweniger eben fo ſicher; wenn indeß die Venen allein afſicirt find, fo find Blutegel von dem entſchiedenſten Nutzen. Nach Verlauf von acht Stunden, oder bei ſchweren Fällen ſogar noch früher, muß man zu andern Mitteln ſchreiten. Zunaͤchſt Gegenreize, ſobald die Blutegel guͤnſtig wirken, doch muͤſſen dieſe, wenn ſie nuͤtzlich ſeyn ſollen, ſehr kraͤftig angewendet werden; Dupuptren fagt, daß Blaſenpflaſter bisweilen helfen, oft aber ſchaden; die Aufgabe aber iſt, eine Eräftige revulſoriſche Wirkung hervorzubringen, und dieß erreicht man nicht durch gewoͤhnliche Blaſenpflaſter; Morand fand das Glüheifen nuͤtzlich, und ich glaube, in der That, daß man davon am meiſten erwarten kann. Dr. Ebori Kennedy hat mir mittgetheilt, daß es ihm in zwei Faͤllen gelungen ſey, die Krank⸗ beit abzuſchneiden, dadurch, daß er das Glübeifen im erſten Aus⸗ bruche angewendet habe, und wenn man bedenkt, daß die Fälle, welche nach Entbindungen auftreten, faft immer äußerft heftig ſind, ſo muͤſſen auch zwei Faͤlle von Heilung als ein wichtiges Reſultat betrachtet werden. In jedem Falle, wo er einen Verſuch damit machte, beſtand unmittelbar danach der Erfolg darin, daß der beftige Schmerz nachließ, und daß die Krankheit gewiſſermaa⸗ ßen localiſirt wurde. Wir wiſſen übrigens, daß die Anwendung des Gluͤheiſens gar nicht fo ſchmerzhaft iſt, als man gewohnlich an⸗ nimmt; unglücklicher Weiſe beſteht ein großes Vorurtheil dagegen, wodurch der allgemeine Gedrauch deſſelben verhindert wird; wo es aber irgend moglich ift, ſollte man ſich deſſelben in reichlicher Aus⸗ dehnung bedienen; nehmen wir an, daß die Umgebung des Huͤft⸗ gelenkes oder die Wade der Sitz des Uebels iſt, ſo ſollte man vier bis ſechs Striche von etwa 6 Zoll dicht nebeneinander daruͤber fuͤh⸗ 283 ren und hierauf den Theil mit kaltem Waſſer fomentiren; man koͤnnte auch Blafendildung durch heißes Wiſſer anwenden, obgleich mir nicht bekannt iſt, daß dieſe Behandlungsweiſe angewendlt aa es iſt dieß indeß viel ſchmerzhafter, als das Gluͤheiſen ſelbſt. Keines der bisjetzt angefuͤhrten Mittel kann indeß, meiner Anſicht nach, mit der Anwendung großer Einſchnitte in den er— krankten Theil verglichen werden. Ich weiß zwar, daß große Autoritäten gegen dieſe Behandlungsweiſe geſchrieben haben, aber in dieſem Falle muß die Autorität der Erfahrung weichen. Man leſe die große Anzahl von Faͤllen von diffuſer Entzündung , welche mitgetheilt worden ſind, ſo wird man finden, daß diejenigen, wel— che geheilt worden ſind, immer auf dieſe Weiſe behandelt wurden. Ich behaupte nicht, daß der Fall gut verlaufe, weil Einſchnitte gemacht wurden, ſondern nur, daß dieſe Behandlung noch einen guͤnſtigern Erfolg hatte, wo alles Andere ſonſt fehlſchlug. Ich habe ſelbſt fünf gluͤcktiche Falle gehabt: alle wurden mittelſt Ein- ſchnitten behandelt; drei derſelben find bereits von Dr. M'Dſo— well beſchrieben und gehoͤren zu der Form von Perioſtitis. Der vierte Fall war kurz folgender: Einem 60jaͤhrigen Manne wurde wegen eines Rheumatismus eine Moxa auf der innern Seite des Kafees abgebrannt. Das Zell zewebe des ganzen Schenkels wurde brandig, ebenſo ein kleiner Theil der Haut. In dieſem Zuftande wurde der Kranke in Sir Patrik-Duns-Hoſpital auf die cliniſche Abtheilung des Dr. Graves aufgenommen und ſodann auf die chirurgiſche Abtheilung des Herrn Houſton gebracht und mit großen Einſchnitten behandelt. Es bildeten ſich zahlreiche Eiter— ablagerungen über der ganzen Koͤrperflache; alle wurden geöffnet, ſobald ſie entdeckt wurden; der Kranke war in groͤßter Lebensge— fahr, kam aber endlich gluͤcklich davon, zur Verwunderung Aller, welche den Fall beobachteten. Der fuͤnfte Fall betraf eine Frau, Names Wulwey, welche in dem Hartwicke-Hoſpital auf der Ab— theilung des Dr. John Crampton, wegen einer milden Fieber: form mit gleichzeitiger diffuſer Entzündung des rechten Handge— lenks und der umgebenden Theile, ſo wie des linken Ellenbogens, aufgenommen wurde. Sie war bereits ſeit einer Woche verſtopft. Dr. Rouſſel machte einen großen Einſchnitt über dem kranken Handgelenke und Ellenbogengelenke; die Frau war nach drei bis vier Monaten mit einer Anchyloſe des Handgelenkes, jedoch mit beweglichem Ellenbogengelenke, geheilt. Zu bemerken iſt, daß, ſelbſt unter den guͤnſtigſten Umſtaͤnden, die Rückkehr der Kranken zur Geſundheit ungewoͤhnlich langſam vor ſich geht. Selbſt unabhaͤn— gig von der Erfahrung, ſcheint mir ſchon die einfache Reflexion zu dem Schluſſe zu fuͤhren, daß die Behandlung durch Einſchnitte am meiſten Gutes verſpricht. Es hat mich oft uͤberraſcht, daß dieſe Behandlungsweiſe nicht mehr im Gebrauche iſt. Die Natur der diffuſen Entzündung möge ſeyn, welche fie wolle, fo wiſſen wir, daß ſie die Tendenz hat, mit großer Schnelligkeit Eiter abzula— gern und mit dem Tode zu enden. Was kann hier geeigneter ſeyn, als die Anlegung einer großen Eiterungsfläche; es wird dadurch ein Abzugscanal eroͤffnet und die Ablagerung von Lymphe und Ei— ter in Lungen und andern Organen verhindert. Außerdem haben die Einſchnitte noch den Nutzen, daß ſie in manchen Faͤllen be— teächtlihe Quantitäten von Lymphe und Eiter ausleeren, zu wel: chem Zwecke fie auch bei andern Krankheitsformen, namlich dem phlegmondſen Eryſipelas, den Urinextravaſaten und den Perinsal— abſceſſen, ſehr nuͤtzlich find. Es iſt dadurch möglich, die Krankheit im Entſtehen abzuſchneiden, ganz nach dem Principe, wie man die Einſchnitte bei'm Anthrax anwendet. Bei der Krankheitsform, wobei das Perioſt hauptſaͤchlich leidet, find Einſchnitte von un: zweifelhaftem Nutzen; ſie erleichtern auf der Stelle die heftigſten Schmerzen und ſind, fruͤh angewendet, oft im Stande, die Krank— heit im Entſtehen zu erſticken. Befaͤllt die Perioſtitis die Zahn: r inder, was oft mit großer Heftigkeit der Fall iſt, fo kann man fie bei jeder Stufe des Verlaufes durch einen gehörigen Einſchnitt unterbrechen. (Sir Philipp Crampton über Behandlung der Perioſtitis durch Einſchnitte in den Dublin Hosp. Reports). Aus noch einem andern Geſichtspuacte ſcheint mir die Behandlung durch Einſchnitte von Wichtigkeit; ehe ſie eingetreten iſt, kann man nach allgemeinern Klugheitsregeln, in der Regel, nicht die innere Bes 284 handlung anwenden, von welcher am meiſten bei dieſer Krankheit ankoͤmmt, namlich die Behandlung durch Reizmittel. Thut man dieß dennoch, wie es oft geſchehen iſt, ſo beſchleunigt man nur den Verlauf einer Krankheit, welche ſchon an und fuͤr ſich raſch genug verlaͤuft; iſt aber bereits Lymphe oder Eiter durch einen Einſchnitt ausgeleert, ſind bereits große Eiterungsflaͤchen dadurch angelegt, fo wird die innere Behandlung vom beſten Erfolge ſeyn. Endlich kann man dadurch das brandige Abſtoßen der Haut ver— hüten und, wo es noͤthig iſt, auch eine beträchtliche Quantität Blut aus den Einſchnittswunden erhalten. In dieſer Beziehung ſind ſie jedoch ſorgfaͤltig zu bewachen. Es braucht hiernach kaum noch hinzugefuͤgt zu werden, daß die Einſchnitte, um von gutem Erfolge zu ſeyn, auch wirklich groß und tief ſeyn muͤſſen. Bloße Einſtiche ſind nicht allein nutzlos, ſondern wirklich ſchaͤdlich, ſie vermehren die Reizung, ohne dem Organismus und dem Gefuͤhle des Kranken Erleichterung zu ſchaffen. Sit bloß das Zellgewebe der Sitz der Krankheit, fo machen die Einſchnitte wenig Schmerz; anders iſt es bei der Perioſtitis. Die Gruͤnde davon liegen auf der Hand, indem bei Perioſtitis viel mehr und durchaus entzuͤndete Gewebe durchſchnitten werden; um uͤbrigens das Gefuͤhl des Kranken einigermaaßen zu ſchonen, ſollte man fo viel, als möglich, die Einſchnitte von Janen nach Außen erweitern; außerdem müffen die Einſchnitte fo gemacht werden, daß ſie den Abfluß beguͤnſtigen, denn oft koͤmmt Anfangs nur wenig heraus; laͤßt ſich dieß nicht ausfuͤhren, ſo muß man denſelben Zweck durch die Lagerung des Kranken erzielen. Auf die Einſchnitte laͤßt man Breiumſchlaͤge folgen; es iſt aber merk— würdig, wie wenig Neigung in vielen Fällen zur Herſtellung einer geſunden Eiterung vorhanden zu ſeyn ſcheint. Ich habe geſehen, daß eine ganze Woche verging, bevor die Eiterung zu Stande kam; eine gute chirurgiſche Behandlung wird zuletzt großen Antheil an der endlichen Heilung des Kranken haben, doch kann ich hierauf nicht weiter eingehen. Wenn die Gelenke allein ergriffen ſind, ſo iſt der Fall faſt als hoffaungslos zu betrachten; die einzige Aus ſicht auf Rettung iſt gegeben, wenn man die Krankheit bei ihrem erſten Beginne durch Gegenreize behandelt, wie vorhin angegeben wurde. Die Wirkung von Sectionswunden iſt in mancher Beziehung eigenthuͤmlich; bisweilen veranlaſſen fie diffuſe Entzündung, wie dieß bei jeder Wunde möglich iſt, und dann muͤſſen fie demgemäß wie alle übrigen Falle behandelt werden; andere Male ſcheint wirk— lich ein Gift in den Koͤrper aufgenommen zu werden, welches durch das erregte Reisfieber den Tod herbeifuͤhrt. Zwei Puacte find ruͤckſichtlich der Sectionswunden bemerkenswerth: 1) daß vollkom⸗ men geſunde Individuen kaum empfänglich find für Erkrankung durch eine Seclionswunde und 2) daß, wenn Jemand nach der In— fection geheilt wird, dieß von einer localen Eiterung unter unge— hinderter Ausleerung des Eiters herzuruͤhren ſcheint. Es iſt hin— reichend bekannt, daß in einem fruͤhern Stadium der Krankheit das Schwarzaͤtzen der innern Armflaͤche mit Hoͤllenſtein oft hin— reicht, den weitern Verlauf zu hemmen; ſelbſt eine Lig tur um den Arm hat daſſelbe bewirkt; der innere Gebrauch des Mor— phiums hat, nach Stafford (Med. chir. transaet.), den ent- ſchiedenſten Nugen. Dieß führt nun zu der innern oder, richtiger, zu der allgemeinen Behandlung der diffuſen Entzuͤndung. Wied der Arzt gerufen, fo lange der Schuͤttelfroſt noch anhalt, fo muß er ſich moͤglichſt bemuͤhen, demſelben Einhalt zu thun, da, nach Armſtrong's vortreffiihem Werke über den Typhus während eines Shüttelfroftes, innere Congeſtionen vorkommen. Man giebt deßwegen ein reichliches Oofat mit erregendem warmen Getränke und wendet Hitze auf die Fuͤße und das Ruͤckgrat an. Ein Ano— dynum hält man für den Fall, daß der Schuͤttelfroſt wiederkehren ſollte, bereit. Hat ſich die Krankheit vollkommen ausgebildet, fo hat man viele Mittel verfuht, alle ſcheinen jedoch fehlgeſchlagen zu haben. Allgemeine Blutentziehungen haben ſi ch nachtheilig er⸗ wieſen. Hͤufiz wird dadurch das Reizfieber typhoͤs; bloß in ei— nem Fulle ſcheint mir dieſes Mittel zu rechtfertigen zu ſeyn: wenn man naͤmlich entſchloſſen iſt, durch Blutegel die Krankheit zum Stehen zu bringen, da wird bei Entzündungsfiebern, wie in den 285 Faͤllen von Perioſtitis, die vorherige Anwendung eines Aderlaſſes von 12 Unzen die darauffolgende Wirkung der Blutegel ſehr ver: ftärten. Sowohl allgemeine, als locale Blutentziehung iſt zu vers werfen, wenn erſt Geſchwulſt vorhanden oder Eiter oder Lymphe abgelagert iſt. Opium iſt von großem Nutzen, bei vielen Fallen von diffuſer Entzündung, beſonders bei großem Schmerze und Reizfieber. Eine ſpeciſiſche Wirkung ſcheint daſſelbe nicht zu haben; jedoch afficirt es den Kopf nicht ſo, wie in manchen andern Fal⸗ len, und man giebt es daher in ſtarken und wiederholten Doſen. Mer⸗ cur, welcher von Herrn Colles bei Sectionswunden vorgeſchlagen worden iſt, hat ſich nicht bewaͤhrt; ich habe ihn haͤufig anwenden ſehen, jedoch nie mit Nutzen. Meiſtens konnte Salivation nicht zu Stande gebracht werden, und wenn dieß der Fall war, ſo machte die Krankheit dennoch ihren Weg fort. Einen ſehr merkwürdigen Fall habe ich beobachtet, wo diffuſe Entzündung auftrat, wahrend der Kranke ſich eben unter dem Einfluſſe einer Mercurialbehand⸗ lung befand. Iſt das Perioſt ergriffen, fo ſcheint das Queckſilber gut zu thun; aver auch hier wird dadurch nur ſelten die Eiterung verhindert. Bei den ſich mehr in die Länge ziehenden Fallen kann man den Calomel, als alterans, mit gutem Erfolge reichen; es muß jedoch immer mit Opium verbunden werden. Der Zuſtand des Darmcanals fordert vorzugsweiſe Aufmerk— ſamkeit; Verſtopfung muß durch die mildeſten Mittel gehoben wer— den oder durch Warmwaſſerclyſtire. Werden Abfuͤhrmittel gegeben, fo veranlaſſen ſie faſt gewiß Durchfälle, welche, nach Dupuys tren, ein Symptom der ubelſten Bedeutung ſind. Die Tendenz zum Abführen iſt ſehr auffallend; nicht ſelten treten zu reichliche Stuhlgange ein, felbft waͤhrend der Kranke betraͤchtlicke Doſen Opium nimmt, ja ſogar fo, als wenn das Opium die Durchfälle hervorbringe. Indeß ſind doch Gründe vorhanden, anzunchmen, daß eine ungehinderte Thaͤtigkeit des Darmcanals wohlthatiger iſt, als das Gegentheil. Cruveilhier hat mehrmals das Experi— ment gemacht, Eiter in die Venen eines Hundes einzuſpritzen; war die Quantitat davon groß, ſo ſtarb das Thier, war ſie klein, ſo kam es durch, und die Geneſung ſchien von einer milden Diarrhoe abzuhaͤngen, welche eintrat und durch welche der Krankheitsſtoff. aus dem Koͤrper herausgeſchafft wurde. Reiben der Koͤrperober— fläche mit dem warmen Schwamme follte immer angewendet wer: den, um fo viel, als moͤglich, die Abſonderungsthatigkeit der Haut in Gang zu erhalten; Duncan erwahnt eines Falles, in welchem nach einem ſehr reichlichen und uͤbelriechenden Schweiße der Kranke genas. In den raſcher verlaufenden Krankheitsfaͤllen muß der Puls durch Reizmittel unterſtuͤtzt werden, z. B., durch Porter, Wein und kohlenſaures Ammonium. Da jedoch der Por: ter haͤufig abfuͤhrt, fo iſt es raͤthlich, demſelben einige Trepfen Opiumtinctur beizufuͤgen. Das Ammonium iſt, ſo viel ich beob— achtet habe, ein ſehr werthvolles Mittel und verdient in groͤßerer Ausdet nung verſucht zu werden, als es bisjetzt geſchehen iſt. Wenn ſich die Krankheit in die Länge zieht, wenn fie gleich ſam einen chroniſchen Character annimmt, fo wird es immer zweckmaͤß'g ſeyn, wenn es möglich iſt, dem Kranken die Luft wechfein zu laſ⸗ ſen; jedenfalls muß ein in jeder Beziehung naͤhrendes Regimen eingeleitet werden. Bringt man alle dieſe, ſowohl localen, als allgemeinen Mittel in Anwendung, ſo iſt es gewiß, daß die Toͤdt— lichkeit dieſer ſchrecklichen Kronkheit etwas vermindert werden wird; Alles indeß kemmt, wie ich glaube, auf die Raſck heit und Ente ſchiedenheit des Wundarztes, befonders bei der localen Behandlung und waͤhrend der erſten Stunden an. Schließlich leite ich aus vorſtehenden Beobachtungen folgende Schlußſaͤte ab: 1) Diffufe Entzündung befällt keine vollkemmen geſunde Perſon; 2) der uͤbele Zuſtand der Geſundheit, welcher der Entzündung vorausgeht, hängt hauptſaͤchlich von geiſtiger Baaͤng— ſtigung, großer körperlicher Ermuͤdung, von Nervenerfdütterungen, von unpaſſender Diät, überhaupt von Allem ab, was eine Ver: minderung des allgemeinen geſunden Kraͤftezuſtandes des Organis— mus bewirkt; 3) dieſe Störung der Geſundheit zeigt ſich haupt: ſaͤchlich durch Stoͤrung des Zuſtandes des Darmcanals; 4) iſt ein— mal dieſe ungeſunde Anlage vorhanden, fo reicht die leichteſte ur ſache hin, diffuſe Entzündung herbeizuführen; 5) Venenentzuͤndung 286 verurſacht nicht nothwendig diffuſe Entzündung; 6) eine Venaͤſec⸗ tion kann diffuſe Entzundung veranlaſſen, wenn auch die Vene geſund bleibt; 7) iſt Venenentzuͤndung vorhanden, fo iſt das be: gleitende Fieber mehr typhoͤſer Art, als wenn die diffuſe Entzüns dung allein vorhanden iſt; 8) diffuſe Entzündung kann verſchiedene Koͤrpertheile in raſcher Aufeinanderfolge befallen, fie kann ſich aber auch auf einen Theil, z. B., das Hüftgelenk oder auf ein Organ, z. B., die Lunge, beſchraͤnken; 9) Eiter kann in die Gelenke, in die feröfen Höhlen oder in das Zellgewebe abgeſetzt werden, ohne eine Spur der umgebenden Entzündung; 10) bei dem erſten Ein: tritte des Anfalles giebt eine ausgedehnte Anwendung des Glüheis ſens ziemlich wahrſcheinliche Ausſicht zur Unterbrechung der Krank heit; hat ſich aber einmal dieſe ausgebildet, ſo ſind große und tiefe Einſchnitte das einzige, worauf man einigermaaßen ſich vers laſſen kann. (Dublin Journal), Behandlung der Afterfiſſuren durch die Ratanhia. Von Dr. Trouſſeau. Die erſten Verſuche mit dieſer Behandlung ſcheinen von Herrn Brétonne au gemacht worden zu ſeyn. Dieſer ſah, daß in vie— len Faͤllen Verſtopfung die Urſache der Fiſſur iſt und ſich der Hei: lung am meiſten widerſetzt; die Verſtopfung iſt haͤufig mit einer beträchtlichen Ausdehnung des untern Theiles des Maſtdarms, un— mittelbar uͤber dem Sphincter, verbunden. In dieſer flaſchenartigen Ausdehnung ſammeln ſich die Faͤces an, und bilden eine Kugel von betraͤchtlicher Groͤße, deren Ausſcheidung Anſtrengungen noͤthig macht, welche der Geburtsarbeit nicht unaͤhnlich find. Herr Breé— tonncau war nun der Anſicht, daß, um dieſe Verſtopfungen zu heben, ſie mochten von Fiſſuren ſeyn oder nicht, es paſſend ſey, dem untern Theil des Darms die Spannkraft wiederzugeben. Er bes nutzte hierzu die Ratanhia in Form des Clyſtires, wozu eine waͤſſe⸗ rige Auflöfung des Extractes, mit Zuſatz von Ratanhiatinctur, ans gewendet wurde. Aber es ſcheint, daß dieſes Mittel nicht bloß bei den Fiſſuren, welche mit Verſtopfung complicirt find, ſondern auch da von Nutzen iſt, wo bei einer Fiſſur die Darmausleerungen mit Leichtigkeit vor ſich gehen. Seit dem Januar 1889 hat nun Herr Trouſſeau, nach ſeiner Mittheilung, 5 Kranke mit Afterfiſſur behandelt, wovon 4 geheilt ſind. Herr Marjolin hat 2, Hr. Berard 2, auf gleiche Weiſe geheilt; ein Scher des Herrn Brétonneau hat eine Dame nach wenigen Tagen auf gleiche Weiſe geheilt. Herr Trouſſeau theilt fuͤnf Beobachturgen mit, wovon hier eine hinreichen wird, die Art der Behandlung und ihre Wirkſamkeit zu beurtheilen. Joſephine Michel, 21 Jahre alt, eine Näherin, wurde am 1. November 1889 im Hoſpital St. Antoine aufgenommen. Sie war am 6. April nietergefommen und hatte 6 Tage darauf an— gefangen, an einer fissura ani zu leiden. gegen welche Sitzbaͤder, kuͤhlende Tiſanen, Belladonnaſalbe und ſelbſt die Operation erfolge los blieben. Bei der Unterſuchung om 12. November zeigte ſich eine Fiſſur am hintern Theile des Afters gegen das Steißbein; der After iſt ſehr eng zuſammengezogen, die Einführung des Fingers veranlaßt heftige Schmerzen. Bei'm Stuhlgang zeigen ſich, außer bedeutenden Schmerzen, jedesmal einige Tropfen Blut; die ausgeleerten Faͤcal— maſſen ſind, in der Regel, ſehr dick und feſt, und auf einen Stuhlgang folgte jedesmal Blaſſe, Uebelkeit und große allgemeine Abgeſchlagen— heit; der ganze Umfang des Afters iſt fortwaͤhrend der Sitz eines heftigen Juckens und ſchießender Schmerzen. Vor 3 Monaten wurde die Operation der Fiſſur gemacht; es ſcheint aber, als wenn ſich die Kranke nicht hinlänglich lange dem entſprechenden Verbande unterworfen habe, ſo daß die Operation ohne Erfolg blieb. Sieben Monate waren ſeitdem verfleſſen, ohne daß Bäder, Raͤucherung und Lavements Erleichterung hätten verſchaffen konnen. Am Tage nach der Aufnahme erhielt fie ein Lavement, welches einen Eßloͤffel voll von (iner Aufloͤſung von 20 Gramm Ratanhia—⸗ extract in 5 Gramm Alcohol enthielt. Durch dieſe mehrere Tage fortgeſetzte Behandlung wurden die Schmerzen raſch vermindert, welche bei'm Stuhlgang und bei'm Jucken am After vorhanden waren. 287 Am 22. November, 11 Tage nach der Aufnahme der Kranken, verz ſchwanden die Schmerzen ganz und gar. Die Ratanhiaclyſtire wurden ſeitdem fortgeſetzt, Schmerzen ſind nicht wieder eingetreten, die Kranke ſpuͤrt nur einige Schwere im Maſtdarme, beſonders vor der Defaͤ— cation. Die Stuhlgaͤnge ſind ſelten und beſtehen aus harten Maſſen. Am 30. November wurde die Kranke geheilt entlaſſen. Acht Tage ſpaͤter kam ſie, um zu berichten, daß der Stuhlgang jetzt leicht und ohne Schmerz ſey, und daß ſie nicht einmal mehr die Schwere im After ſpuͤre. Bei der Unterſuchung des Maſtdarms fuͤhlt man noch eine kleine linienfoͤrmige Vertiefung an der Stelle der fruͤhern Fiſſur, wo auch ein ſtarker Druck ein leichtes Gefuͤhl von Schmerz veranlaßt. Herr Trouſſeau hat ſich vorgenommen, auch mit andern toniſch⸗adſtringirenden Mitteln, dem Tannin, Catechu, Kino, Dra⸗ chenblut und der Bistorta Verſuche anzuſtellen, von denen er ſich eben fd viel verſpricht, da die Verſuche des Herrn Payen und Manec mit der Monoesia gegen die Maſtdarmfiſſur ebenfalls vom beſten Erfolg geweſen ſind. Die einfachſte und leichteſte Art der Anwendung der Ratanhia beſteht nach Herrn Trouſſeau darin, daß man jeden Morgen den Kranken ein Lavement aus Kleienwaſſer oder Altheendecoct oder Oliven- oder Mandeloͤl nehmen läßt, um den Darm auszu— leeren. Eine halbe Stunde nach deſſen Wirkung wird ein Viertels— Lavement aus 150 Gramm Waſſer, 4 - 10 Gramm Ratanhiaexr⸗ tract und 2 Gramm Alcohol gegeben, welches der Kranke bei ſich behaͤlt, um alle Abend ein Gleiches zu nehmen. Sind die Schmer— zen ganz beruhigt, ſo nimmt der Kranke bloß noch ein Ratanhia⸗ Lavement taͤglich; ſcheint endlich die Heilung erreicht, ſo giebt er 14 Tage lang nur noch alle 2 Tage eins. Suppoſitorien aus 5 Gramm Cacaobutter mit 1 — 2 Gramm Ratanhia ſind ohne Nutzen verſucht worden; Meſchen mit einer Pomade aus einem Theile Ratanhiaertract auf 6 — 8 Theile Fett, ſcheinen in einigen Fällen empfehlungswerth. (Journ, des connaiss. med, chir. Aoüt. 1840.) Miscellen. Ueber die geringe Sterblichkeit in London hat Link in der Hufeland'ſchen Geſellſchaft, zu Berlin, einen Vor— trag gehalten, wonach die Bevoͤlkerung 1,444,069 betraͤgt, Todes⸗ fälle die Zahl von 28,363 in einem Cholerajahre (1831) betragen, alſo auf 100 Lebende 1,9 Todesfaͤlle; in andern Jahren iſt die Sterblichkeit noch geringer; in Liverpool beträgt fie 1,95; in Man: cheſter 1,61; in Berlin dagegen iſt die mittlere Zahl der Todes- faͤlle 2,64, und dieſe iſt in den Cholerajahren auf 3,82 geſtiegen. Dieſe verhaͤltnißmaͤßig geſunde Beſchaffenheit London's hat man unrichtiger Weiſe von dem Steinkohlenſtoffe hergeleitet, welcher Anſteckungsſtoſſe zerſtoͤre; aber die Geſammtſterblichkeit hängt kei⸗ nesweges von anſteckenden Krankheiten ab, abgeſehen davon, daß die Anſteckungen nicht durch die Luft bewirkt werden; uͤberdieß kann man ſelbſt eine Veraͤnderung der Epidemieen durch den Kohlen— dampf ſich nicht denken. Die Gruͤnde, welche man gegen die Rich— tigkeit der Volkszaͤhlung in London hat anfuͤhren wollen, wie der 288 Ausfall durch das Findethaus, durch Aushebung zum Kriegs- und Seedienſte und durch die vom Handel abhaͤngenden Fluctuationen ſind nicht haltbar; ſie ſind uͤberdieß zu unbedeutend, um einen Ausſchlag zu geben. Die Gruͤnde der geringen Sterblichkeit liegen, nach Link, erſtens im Clima; der Sommer iſt nicht heiß, der Winter nicht ſehr kalt; Rheumatismen waͤhrend der Regenzeit werden nicht toͤdtlich; auch bei uns iſt die Sterblichkeit in der kal⸗ ten und heißen Jahreszeit am größten. Dagegen ſcheint zu fpres chen, daß in Amſterdam, welches ein aͤhnliches Clima, wie Lon— don hat, die Sterblichkeit 408 auf 100 beträgt, wobei man aber nicht aus den Augen laſſen darf, daß die Gegend um London keine Suͤmpfe hat, woran Holland ſehr reich iſt; zweitens in der Art zu wohnen in London und in England uͤberhaupt, wodurch dem zuſammengedraͤngten Wohnen und der Verderbniß der Luft vorge— beugt iſt, welche wahrſcheinlich durch Ausduͤnſtung eines eigenthuͤm— lichen thieriſchen Stoffes, welcher ſchwaͤchend auf die Nerven zu wirken ſcheint, Krankheiten erzeugt. Zugleich wird durch die Art des Wohnens in England eine freie Bewegung der Kinder in dem ganzen Hauſe moͤglich und die Ueberfuͤllung der Schlafzimmer ver— mieden; drittens in der Lebensart, welche in England, und bes ſonders in London, geſunder iſt, als bei uns. Es wird nicht ſo viel Branntwein getrunken, ſondern das geſunde Bier; auch iſt der tägliche Genuß des Weines bei Tiſche nicht gebraͤuchlich. Aus ßerdem naͤhren ſich die Englaͤnder hauptſaͤchlich von Fleiſchſpeiſen und genießen wenig Vegetabilien, mit Ausnahme der das Brot er— ſetzenden Kartoffeln; überhaupt iſt die Koſt Eräftig und nicht maſ— ſenreich, ſelbſt bei der arbeitenden Claſſe. (Hufeland's Jour⸗ nal, Febr. 1841.) Sehr langſamer Puls nach einer ſpättoͤdtlichen Ruͤckenmarks verletzung. Herr Olberton erzählt von eis nem 64jährigen Herrn, welcher fünf Jahre vor feinem Tode mit dem Pferde ſtuͤrzte und ſich eine Verletzung am Halſe zuzog, wo— von er ſich langſam erholte und noch nach einem Jahre etwas Beſchwerde bei der Bewegung des Kopfes hatte. Drei Jahre da= nach bekam er eine Ohnmacht mit einem Pulſe von 20 Schlaͤgen. Dieſe Anfaͤlle wiederholten ſich mehrmals. Im dritten Jahre nach der Verletzung war der Puls gewoͤhnlich 33, wurde indeß durch Aufregung leicht beſchleunigt und bei dem Eintreten einer Ohnmacht noch langſamer gemacht. Der Puls war uͤbrigens feſt und voll, nur ſelten etwas intermittirend. Ohnmachten traten gewoͤhnlich bei Ueberfuͤllung des Magens ein. Im vierten Jahre wiederhols ten ſich die Anfaͤlle häufiger, und der Puls fiel mehrmals auf 12, ſogar bis auf acht Schlaͤge in der Minute. Bei der Section fand ſich das foramen magnum verkleinert, der proc. odontoideus nach Hinten getrieben, die dura mater verdickt, das Ruͤckenmark duͤnn und feſt, der erſte Halswirbel mit dem Hinterhauptsbeine an- chyloſirt. Eine Paralyſe oder alkaliſche Beſchaffenheit des Urines und andere Zeichen einer Desorganiſation des Ruͤckenmarks waren nicht zugegen. (Wahrſcheinlich haͤngt in dieſem Falle der langſame Puls und das Ruͤckenmarksleiden gar nicht zuſammen; indeß iſt zu bemerken, daß langſamer Puls mit Compreſſion des Gehirns und Stoͤrung der Herzthaͤtigkeit mit Verletzung des Ruͤckenmarks bereits häufig bei Krankheitsfaͤllen, fo wie bei Experimenten, z. B., von Le 41% beobachtet worden find.) (London med, Gaz., March 1841.) Bibliographische neuigkeiten. Des Roches considérées minéralogiquement. Par J. J. d’Oma- lius d’Halloy. Paris 1841. 8. Elémens de physique. Par PAbbé Henri Gras. Paris 1841. 8. Mit 8 Kupf. La chirurgie populaire, ou l’art de porter de prompts secours et d’appliquer des moyens simples de pansement dans les ac- cidens graves et en attendant l’arrivee d'un chirurgien. Par le Docteur Mayor. Paris 1841. 8. La chirurgie simplifiee, ou Mémoires pour servir a la reforme et au perfectionnement de la médecine operatoire. Par Ma- thias Mayor. Tome ler. Paris 1841. 8. Mit Kupf. — — — (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quart.) auß Vene Üotizen dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetbeilt von dem ObersMedieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalratbe und Profeſſor Frorie v zu Berlin. W 393. (Nr. 19. des XVIII. Bandes.) Juni 1841. Gedruckt im Landes -Induſtrie-Comptoir zu Weimar. preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 fGr. rn ene Ueber die anatomiſchen Beziehungen der Blutge— faͤße der Mutter zu denen des foetus. Von John Reed. (Hierzu die Figuren 5. bis 10. der mit voriger Nummer ausgege— benen Tafel). Die beſondere Art und Weiſe, in welcher die Blutge— fäße der Mutter und des foetus angeordnet find an der innern Oberflaͤche des uterus und im Innern der Placenta, vermoͤge welcher die in beiden enthaltenen Fluͤſſigkeiten auf einander einwirken und reagiren, und wodurch das Blut des foetus zu dem Proceſſe der Ernährung geſchickt gemacht wird, ein Gegenſtand mannigfaltiger Discuſſion und vielfaͤl— tiger Unterſuchung geworden. (Der Verfaſſer giebt nun eine geſchichtliche Ueberſicht der Arbeiten und Anſichten von Cooper, Vieuſſens, Noortwyk, Haller, Senac, Flourens, Monro primus, den beiden Hunter, Monro secundus und deſſen Bruder Dr. D. Monro, Wrisberg, Lauth, Dr. R. Lee, Velpeau, Dr. Radford, Seiler, Ramsbotham, Millard, Noble, Weber, Dr. Hugh Ley, Eſchricht, Owen, Mayo und Stan— ley, und geht dann zur Auseinanderſetzung der von ihm ſelbſt angeſtellten Unterſuchung uͤber). Der uterus gehoͤrte einer Frau, welche in der Mitte Maͤrz 1839, an einer durch entzuͤndliche Erweichung des Hirns veranlaßten Apoplexie, im ſiebenten Monat der Schwan— gerſchaft ſtarb. Der Uterus wurde zuerſt geöffnet, der foe— tus dann entfernt und ein Theil des uterus mit dem Gan— zen der anhaͤngenden placenta forgfältig aufbewahrt. Die Haupt⸗Thatſachen, welche in der folgenden Beſchreibung ent— halten find, wurden erſt Auguſt 1840 auseinandergeſetzt. Indem ich die anhaͤngende Oberflaͤche des uterus langſam und vorſichtig unter Waſſer voneinander zog, uͤberzeugte ich mich, aber nicht ohne bedeutende Schwierigkeit, von der Exi— ſtenz der von den Hunter beſchriebenen Utero Placental— Gefaͤße. Nachdem in dieſer Weiſe eine Portion der pla— No. 1493. centa losgetrennt worden war, ward meine Aufmerkſamkeit auf eine Anzahl von rundlichen Baͤndern, welche zwiſchen der Uterinoberflaͤche der placenta und der innern Oberfläche des uterus laufen. Dieſe Baͤnder zeigten ſich im Allgemei— nen verlaͤngert, duͤnner und von zelligem Anſehen, wenn ſie geſtreckt werden, und wurden leicht queer durchgeriſſen; waͤhrend zu andern Zeiten, obgleich ſeltner, ſie in der Form von Quaſten aus den Muͤndungen der Uterinssinus herausgezogen werden konnten. Wenn man einige der Uterin-sinus mit der Scheere aufſchnitt, ſo konnte man ſehen, wie die Quaſten im Innern ſich zeraͤſtelten und mehr oder weniger langge— ſtreckt waren; einige von ihnen ſchienen ſich in die offenen Muͤndungen der sinus nur einzuſenken, waͤhrend andere zZ Zoll bis einen ganzen Zoll von der offenen Mündung der sinus, durch welche ſie eingetreten waren, fortliefen und in einigen Faͤllen ſich in einen der benachbarten sinus erſtrecken. (Figur 5. und 6.) Die naͤchſte Aufgabe war, durch Injection und mikroſcopiſche Unterſuchung über die Natur dieſer Quaſten in's Reine zu kommen. Eine Injection von gefaͤrbtem Leim wurde in die Nabelvene ein— geſpritzt, und obgleich ſie wegen der Verletzung, welche die losgetrennten Portionen der placenta bei der Nach— forſchung über den Lauf der Utero-Placentalgefaͤße er— litten hatten, nur unvollſtaͤndig eindrang, ſo waren doch mehrere der Zeraͤſtelungen der in den Uterin- sinus ent— haltenen Quaſten mit Injectionsmaſſe gefüllt und deren Zuſammenhang mit den Umbilical - Placentalgefäßen klaͤr— lich dargethan. Indem man Portionen dieſer Quaſten zugleich mit Portionen der aus verſchiedenen Theilen des Innern der placenta entnommenen Placentalgefaͤße unter das Mikroſcop brachte, wurde deren Identitaͤt auf einmal erſichtlich. Nachdem ſo entſchieden war, daß dieſe in den Uterin⸗sinus der Mutter beobachteten Quaſten, Verlaͤnge— rungen der Foͤtal-Placentalgefaͤße ſeyen, ging ich nun weis ter, um ihr anatomiſches Verhalten zu dieſen sinus in's Klare zu ſetzen. Von dieſen Gefaͤßquaſten ergab ſich, daß ſie nur in die offenen Muͤndungen gewiſſer sinus hineinragten, 19 291 und es braucht kaum erinnert zu werden, daß fie nur in den zunaͤchſt der innern Oberflaͤche gelegenen sinus und nicht in einem der tieferen sinus der Beobachtung unterworfen wur— den. Dieſe Quaſten waren aͤußerlich von einer weichen Rohre umgeben, der weichen Umgebung (wall) der Utero— Placentalgefaͤße aͤhnlich, welche zwiſchen dem Rande der offenen Muͤndung der Uterin sinus und den Raͤndern der Oeffnungen in der decidua hindurchliefen, durch welche die Quaſten ſich in die sinus vordrängten Die Größe dieſer Quaſten variirte betraͤchtlich. Einige derſelben ſchienen die offenen Muͤndungen der sinus, durch welche ſie eindrangen, völlig auszufüllen; während andere fie nur theils weiſe ausfüllten (die Muͤndungen der sinus bilden runde Oeffnungen, welche viel enger ſind, als das Innere der Hoͤhlen, in welche ſie fuͤhren). Bei der Unterſuchung dieſer Quaſten, ſo wie ſie in den sinus lagen, war es klar, daß, obgleich ſie ſoweit locker waren und herumflottiren konn— ten, ſie doch an verſchiedenen Stellen befeſtiget waren durch Umſchlagungen der innern Haut des venoͤſen Syſtems der Mutter auf ihre aͤußere Oberflaͤche. Dieſes Umſchlagen der innern Haut der Uterin-sinus auf die Quaſten wurde zuweilen an der Stelle bemerkt, wo letztere in die offenen Muͤndungen der sinus eindrangen; ein anderes Mal fand es ſich an oder in der Naͤhe der Spitze derſelben und war, in der Regel, ſo ſtark, daß die Quaſten queer abgeriſſen wurden, wenn man ſich bemuͤhte, ſie durch Zerren loszutren— nen. Wir ſetzten alſo in dieſem uterus in's Klare, daß, während einige der Utero-Placentar-Venen keine Verlaͤngerun— gen der Foͤtal-Placentargefaͤße enthielten, dieſe in ande— ren in's Innere drangen und in den Uterin-sinus vorrags ten. Indem man diejenigen Utero-Placentar-Venen, welche keine Foͤtalgefaͤße enthielten, bis an die Placentarober— flaͤche der decidua verfolgte, ſah man, wie die innere Haut des venöfen Syſtems ſich auf einige der in der unmittel— baren Nachbarſchaft befindlichen Quaſten von Foͤtal-Placen— targefaͤßen verlaͤngerte. Indem man eine der groͤßeren gewundenen Arterien durch die deeidua verfolgte, beobach— tete man auch, daß, wenn ſie die Placentaroberflaͤche dieſer Membran erreichte, die innere Haut des arteriellen Syſtems der Mutter ſich auf einige der Quaſten der Foͤtal-Placen— targefaͤße verlängerte, welche in ihren Oeffnungen vorragten. Dieſe zahlreichen Zweige der Foͤtal-Placentargefaͤße, welche die Placentaroberflaͤche der decidua erreichen und nicht in die Uterin sinus oder in die Oeffnungen der Utero— Placentargefaͤße hineindringen, ſind durch ihre Spitzen an die Placentaroberflaͤche jener Membran befeſtiget. Indem einige der Filamente, welche dieſe in einigen Uterin⸗sinus gefundenen Quaſten von Foͤtal-Placentarge— faͤßen bilden, unter das Mikroſcop gebracht wurden, ſah man, wie ſie ſich theilen und in mehr oder weniger verlaͤngerte Zweige unterabtheilen, welche ſaͤmmtlich mit ſtumpfen Enden ausgehen. Fig. 7. iſt eine getreue Darſtellung eines Zweiges von einer dieſen Quaſten, die er unter dem Mi: kroſcop geſehen und von einem Fremden, John Goodſir, gezeichnet worden ſind. Jedoch zeigten wenige der Zweige eine ſo ſehr guͤnſtige Gelegenheit, denn ſie ſind faſt immer 292 mehr lang und gewunden als ſie hier dargeſtellt ſind, und da ſie gewoͤhnlich verſchlungen ſind, ſo iſt es meiſtens un— moglich, fie von- und auseinander zu loͤſen, ohne fie zu zer— reißen, oder anderweitig ihre Form zu veraͤndern. Eine ähnliche Unterſuchung der die Maſſe der placenta zuſam— menſetzenden Gefäße zeigte, daß dieſe dieſelben anato— miſchen Charactere darbieten, obgleich, wegen der verwickelten Weiſe, in welcher ihre Zweige daſelbſt verflochten ſind, ohne daß ſie jedoch eine wirkliche Befeſtigung aneinander haͤtten, wo ſie einander kreuzen und wiederkreuzen, es ſehr ſchwer ge— weſen ſeyn wuͤrde, dieß außer Zweifel zu ſetzen, wenn nicht die in den Uterinssinus gefundenen zuerſt unterſucht wor— den waͤren, weil ſie daſelbſt im Allgemeinen viel kuͤrzer und weniger verwebt find, als in der placenta ſelbſt.“) Es würde außerordentlich ſchwer ſeyn, eine genaue Darſtellung oder Beſchreibung oder Anordnung der Foͤtal-Placentalgefaͤße zu geben, denn die Unterabtheilungen der groͤßeren Zweige ſind ſo zahlreich und variiren fo ſehr in Laͤnge und geſchlaͤngeltem Laufe, und der einzige Punct, den ich jetzt feſtzuſtellen bes muͤht bin, iſt, daß, ohngeachtet dieſer Varietaͤten in den Un— terabtheilungen ihrer Zweige, ſie alle mit ſtumpfen Enden aufhoͤrend gefunden werden. Es iſt gar kein Zellgewebe oder anderes Gewebe vorhanden, welches die Zwiſchenraͤume zwiſchen den Zweigen der Placentalgefaͤße ausfuͤllte; und die Schwierigkeit, ſie zu entwirren, ruͤhrt nicht von der Anweſen— heit eines verbindenden Mediums her, ſondern von der Kreuzung und Durchkreuzung der Zweige verſchiedener Buͤſchel und der deſſelden Buͤſchels untereinander Die äußere Oberfläche der Placentalgefaͤße hat ein glattes Anſehen, und ſie ſind, wie wir annehmen dürfen überall von der innern Haut des Vascular-Syſtems der Mutter umhuͤllt, welche, wie wir oben geſehen haben, auf ſie zuruͤckgeſchlagen ſind. Da die Blutgefäße, welche die placenta bilden, und auch die davon in den Uterin-sinus verlängerten ſich in zahl- reiche Zweige theilen und unterabtheilen, welche nicht mit— einander anaſtomoſiren, ſondern mit ſtumpfen Enden endi— gen, ſo durfte ich aus theoretiſchen Gruͤnden und nach der von Anderen gegebenen Beſchreibung folgern, daß in jedem dieſer Zweige eine Arterie und eine Vene miteinander vereis nigt ſeyen. Dieſer Schluß wurde voͤllig beſtaͤtigt durch die mikroſcopiſche Unterſuchung einiger der injicirten Zweige der Buͤſchel der placenta, welche in die Uterin Sinus über: ging und dreier anderen placentae, in welchen die Arterien und Venen mit verſchiedengefaͤrbter Leim-Injec— tionsmaſſe angefuͤllt waren. Ich uͤberzeugte mich, daß jede der kleineren Zweige der Placental-Arterien mit einem andern „) Nach ſehr zahlreichen mikroſcopiſchen Unterſuchungen der Ges fäße der placenta ſtehe ich nicht an auszuſprechen, daß die Dar⸗ ſtellung dieſer Gefäße in Wagner's Icones physiologieae T. XI. Fig. 2. keineswegs correct ſind. Die Placentalgefaͤße haben eine auffallende Aehnlichkeit mit der Darſtellung des flockigen chorion, wie fie von Raynal (Chimie orga- nique. Pl. XIII. Fig. 9), von Ritgen (Beiträge zur Aufhellung der Verbindung der menſchlichen Frucht mit dem ruchthaͤlter T. III. Fig 5. und 6. 1835) und von Seiler Die Gebärmutter und das Ei des Menſchen T. XI. 1832) gegeben ſind. 295 Zweige von einer der Placental-Venen vereinigt ift, welche fie genau begleitet und, unter dem Mikroſcope geſehen, ein ein— ziges Gefaͤß mit ihm zu bilden ſcheint. Jeder Zweig der Umbilical-Arterie iſt auf dieſe Art dicht vereint mit einem Zweige der Umbilical-Vene; beide von ihnen theilen und unter— abtheilen ſich genau in derſelben Weiſe und endigen in ſtumpfen Enden, welche aber wirklich das Ende der Arterien und den Anfang der Venen bilden (Fig. 8). Das Innere der placenta iſt auf dieſe Weiſe aus zahlreichen Stämmen und Zweigen zuſammengeſetzt (jede eine Arterie und beglei— tende Vene einſchließend), von welcher jede, wie ich glaube, genau ſcheidenartig eingeſchloſſen iſt in Verlaͤngerungen der inneren Haut des Vascular-Syſtems der Mutter oder wenigſtens in einer von ihr die Fortſetzung bils denden Membran. Wenn wir dieſe Anſicht der Struc: tur der placenta annehmen, ſo iſt die innere Haut des Gefaͤßſyſtems der Mutter uͤber jeden einzelnen Buͤſchel ver— laͤngert, ſo daß, wenn das Blut der Mutter durch die ge— wundenen Arterien des uterus in die placenta fließt, es in einen großen von der inneren Haut des Vascularſyſtems der Mutter gebildeten Sack gelangt, welcher in vielen tauſend verſchiedenen Richtungen, von den Placentalbuͤſcheln unter— brochen iſt, welche wie Franſen in ihn hineinragen und ſeine duͤnnen Wandungen vor ſich hertreiben in der Form von Scheiden, welche ſowohl Stamm als die einzelnen Zweige dieſer Buͤſchel genau umhuͤllen. Aus dieſem Sacke wird das muͤtterliche Blut durch die Utero-Placental-Venen zu: ruͤckgefuͤhrt, ohne extravaſirt worden zu ſeyn, oder fein eige— nes Gefaͤßſyſtem verlaſſen zu haben. (Man ſehe Fig. 9.) In dieſem muͤtterliches Blut enthaltenden Sacke haͤngen die Buͤſchel der placenta wie die Kiemengefaͤße gewiſſer Waſ— ſerthiere, zu denen ſie eine entſchiedene Analogie haben. (Fig. 10.) Dieſer Sack iſt geſchuͤtzt und verſtaͤrkt, an der Foͤtalſeite der placenta, durch das chorion; an der Uterin⸗Oberflaͤche durch die decidua vera und an den Raͤndern durch die decidua refle xa. *) Das in dieſem Placental-Sack enthaltene Blut der Mut— ter und das in den Umbilical-Gefaͤßen enthaltene Blut des foetus kann leicht aufeinander einwirken und reagiren, durch die ſchwammigen und celluloͤſen Waͤnde der Placentalgefaͤße und den fie einſchließenden dünnen Sack hindurch, eben fo wie auf das Blut in den Kiemen der Waſſerthiere von dem Waſſer eingewirkt wird, in welchem ſie flottiren. Nach dieſer Anſicht der Structur der placenta ſind die foͤtalen und muͤtterlichen Portionen der placenta allentbalben in— nig untereinander gemengt, und wir finden Buͤndel von „) Ich nehme keinen Anſtand, William Hunter zu folgen, und die Haut an der Uterinoberflaͤche der placenta als die de ei- dua vera zu betrachten, ohngeachtet aller Verſicherungen Velpeau's für das Gegentheil. Ich beſitze das Präparat eines uterus aus der fünften Woche der Schwangerſchaft, wo eine dicke Lage der decidua ganz augenſcheinlich zwiſchen das das Ei umgebende zottige chorion und die innere Ober⸗ flaͤche des uterus hineintritt; und es iſt auch bemerkt worden, daß einige Buͤſchel des zottigen chorion ſich in die Oeffnun⸗ gen in der decidua eingeſenkt hatten. 294 kleinſten Placentalgefaͤßen mit ihren ſtumpfen Endigungen unmittelbar unter dem chorion, welches feine Foͤtal-Ober—⸗ flaͤche ebenſowohl als ſeine Uterin-Oberflaͤche deckt. Wenn die die placenta in Lappen theilenden Spalten ſo tief ſind, daß ſie durch die ganze Dicke der placenta hindurchgehen, fo koͤnnen zwei oder mehrere dieſer Side ſtatt eines vor— handen ſeyn. Die Entdeckung der Verlaͤngerungen der Foͤ— tal⸗Placentalgefaͤße in einige der Uterin-sinus iſt beſonders wichtig, da ſie uns eine Art von Miniatur-Darſtellung der ganzen Structur der placenta liefert (Fig. 5. a) und uns in den Stand ſetzt, ſie leicht zu begreifen, denn wir haben daſelbſt die foͤtalen Blutgefäße, die den Kiemengefaͤßen ahnlich ſind, eingehuͤllt von der inneren Haut des Gefaͤßſy— ſtems der Mutter und von dem muͤtterlichen Blute gebadet, gefunden. Die placenta iſt daher in ihrer Structur nicht den Lungen analog, ſondern dem Kiemenapparate gewiſſer Waſſerthiere. Anfangs mag es auffallen, daß, wenn Buͤſchel von den Placental-Gefaͤßen in die Uterin-sinus verlaͤngert ſind, dieſe nicht von der Uterin-Oberflaͤche hervorragend gefunden werden, nachdem dieſe bei der Geburt von dem uterus aus— getrieben worden iſt. Dieß wird jedoch durch die Thatſache erklart, daß fie durch das Zuruͤckgeſchlagenſeyn der innern Haut der Uterin:sinus fo feſtgehalten werden, daß fie queer durchgeriſſen ſind. Da eine Blutung aus durchgeriſſenen ſo kleinen Gefaͤßen nicht erfolgt, ſo erklaͤrt ſich auch, wie feine Injectionsmaſſe, die in die Placental-Gefaͤße getrieben wird, nicht durch die abgebrochenen Enden hervordringt, und wie in gewiſſen Faͤllen, wo placenta und Kind zugleich ausge— trieben worden, und wo die Circulation noch eine gewiſſe Zeit fortdauerte, das Blut nicht an der Uterin-Oberflaͤche austrat. In einem uterus von einer Frau, welche 24 Stunden nach der Entbindung ſtarb, und welche ich durch Güte von Profeſſor Simpſon zu unterſuchen Gelegenheit erbielt, bemerkte ich, daß, waͤhrend ein Theil der Muͤndung der Uterin-sinus mit Blut⸗coagula ausgefuͤllt war, eine betraͤchtliche Anzahl derſelben leer war. In denen, welche leer waren, konnte ich keine Buͤſchel entdecken, waͤhrend in den mit coagula gefüllten ich deutlich mehrere Buͤſchel von Placental-Gefaͤßen in die coagula eingchuͤllt beobachtete, wenn dieſe unter das Mikroſcop gebracht und voneinander— gebrochen wurden. Bei der Lostrennung der placenta von dem uterus wurden die Puncte des feſteſten Anhaͤngens da gefunden, wo die Buͤndel durch das Zuruͤckgeſchlagenſeyn der innern Haut des Uterin-sinus angeheftet waren, und es iſt moͤg— lich, daß, in einigen Faͤllen, widernatuͤrliche Verwachſun— gen der placenta dadurch moͤgen hervorgebracht worden ſeyn, daß dieſe Buͤndel eine knorpelige Degeneration erleiden und nicht allein ſelbſt feſter werden, ſondern auch eine Ver— dickung der auf fie zuruͤckgeſchlagenen Membran veranlaſſen.“) *) In einer einige cartilaginoͤſe Maſſen enthaltenden placenta, in welche ich eine feine Injection geſpritzt hatte, beobachtete ich, indem ich eine derſelben, nachdem fie einige Tage im Waf- ſer macerirt hatten, frei machte (unravelling one), daß die Injection nur in die großen Gefaͤßſtaͤmme gedrungen war, und 19 295 Ich beklage, daß ich nicht Gelegenheit hatte, dieſe Beobachtungen an andern ſchwangern uteri zu unterſuchen, denn mehrere Bemühungen dieſerhalb find vergeblich gewefen. “) (Nun folgt eine zweite geſchichtliche Ueberſicht uͤber die die Gefaͤß verbindungen zwiſchen Mutter und Kind betreffenden Anſichten von Brendel, Trew, Rouhault, Vater, Noortwyk, Monro (primus, J. G. D. Michaelis, den beiden Hunter, Owen, Burns, Meckel, Eſch— richt, Weber und Wagner, welche in dem Originale nachgeſehen werden kann.) Anmerkung. Die Queerdurchſchnitte des uterus und der pla- centa in meinem Beſitze ſind von Vielen, welche dieſem Gegen— ſtande Aufmerkſamkeit widmen, unterſucht worden, unter welchen ich die Profeſſoren Aliſon, Allen Thomſon und J. Y. Simpſon aufführe, und alle haben ſich als davon uͤberzeugt erklärt, daß die Placental-Buͤſchel ſich in die Uterin⸗sinus verlaͤn⸗ gern, und daß die innere Haut der Venen ſich auf ſie verlaͤn— gere. Ich erfahre ſoeben von Profeſſor Sharpey, welcher fo gütig war, auf mein Erſuchen, zwei in feinem Bejige befindliche ſchwangere uteri zu unterſuchen, daß in dem einen derſelben (wel— cher, allem Anſcheine nach, das Ende der Schwangerſchaft er— reicht hatte und in einem fuͤr die Unterſuchung guͤnſtigeren Zuſtande war), daß er in dieſem die Placental-Buͤndel deutlich in die Mundungen der Uterin:sinus hineintretend (projecting bemerkte. Erlaͤuterung der Figuren. Figur 5. Diagrammatiſche Zeichnung eines Queerdurchſchnittes des uterus und der pla— centa. d und 0 Üterinssinus mit den in ſie verlaͤnger— ten Buͤſcheln von Foͤtal-Placental Gefaͤßen. a Eine ges wundene, durch die deeidua vera hindurchgehende Arterie. c decidua vera. e Buͤſchel von Placental-Gefaͤßen. Figur 6. Wirkliche Darſtellung eines Ute— tin-sinus, welcher Buͤſchel von Foͤtal-Placen⸗ tal⸗Gefaͤßen enthält. a Membrana deeidua vera, von der innern Oberflaͤche des uterus hinaufgezogen. e Wände des uterus. 5 Buͤſchel von Placental-Gefaͤßen in den Uterin-sinus. d Wand des Uterin-sinus durchſchnit⸗ ten und zuruͤckgelegt. e Oeffnung in der decidua, durch welche die Placental-Gefaͤße in den sinus drangen. 9 Oeffnungen, durch welche andere Buͤſchel in denſelben sinus drangen. Figur 7. Wirkliche Darſtellung eines der Zweige ei— nes, aus einem sinus herausgenommenen Buͤſchels, durch ein einfaches Mikroſcop geſehen. Figur 8. Arterie und Vene, in jedem Zweige eines Buͤſchels enthalten. a Arterie. D Vene (dun= kelſchattirt). daß alle kleinern undurchgaͤnglich waren und Farbe und Gon: ſiſtenz der cartilaginöfen Maſſe hatten, welche wirklich ganz aus derſelben beſtand. ) Es iſt ſehr moͤglich, daß dieſe Bündel nicht allgemein fo weit in das Innere des Uterin-sinus eindringen, als in dem von mir unterſuchten uterus. 296 Figur 9. Diagramm, um die hier gegebene Anſicht der Structur der placenta zu er laͤu⸗ tern. 4 Gewundene Arterie. db Uterin-Vene. c placen- ta. ( Placental-Buͤſchel, von der innern Haut des Ge— faͤßſyſtems der Mutter umgeben. Figur 10. Erlaͤuterung der Branchial-Gefaͤße einiger Waſſerthiere. Arterie. 5 Vene. Miscellen. Ueber die Beſchaffenheit der atmofphärifhen Luft haben die Herren Dumas und Bouſſingault neue Une terſuchungen angeſtellt, und die Reſultate derſelben der Academie der Wiſſenſchaften, zu Paris, am 7. Juni mitgetheilt. Bei den abweichenden Anſichten der Phyſiker, von denen einige ſie fuͤr eine rein chemiſche Zuſammenſetzung aus 20 Theilen Sauerſtoff und 80 Theilen Stickſtoff, andere für eine conſtante Miſchung von 21 Theis len Sauerſtoff und 79 Theilen Stickſtoff halten, und noch andere eine, nach der verſchiedenen Höhe ſich aͤndernde, Zuſammenſetzung annehmen, hielten die Herren Dumas und Bouſſingault neue Experimente fuͤr noͤthig. Folgendes iſt das, zur Ermittelung des Gewichts der beiden Gasarten, von ihnen angewandte Verfahren: Ein luftleerer Ballon wird mit einer, mit metalliſchem Kupfer ans gefuͤllten, Roͤhre in Verbindung geſetzt, welche mit Haͤhnen verſe— hen ift, um ſie gleichfalls luftleer zu erhalten. Das Gewicht der Noͤhre wird genau beſtimmt. Nachdem das Kupfer rothgluͤhend gemacht worden, wird der Hahn geöffnet, welcher der Luft den Zur tritt geſtattet; dieſe ſtroͤmt hinein und tritt in demſelben Augenblicke ihren Sauerſtoff dem Metalle ab; nach einigen Minuten wind dann auch der zweite Hahn geöffnet, und der allein übrig bleibende Stickſtoff erfüllt den Ballon Nachdem dieſer gefüllt iſt, ſchließt man die Haͤhne, wiegt, einzeln, den Ballon und die Roͤhre, ent— fernt ſodann aus beiden die Luft und wiegt fie wieders Die Diffe— renz der Gewichte giebt das Gewicht des Stickſtoffs, waͤhrend das des Sauerſtoffs aus dem Mehrgewichte der Roͤhre, nach dem Expe— rimente, hervorgeht. Wiederholte, nach dieſem Verfahren mit der hoͤchſten Genauigkeit angeſtellte Verſuche haben die von den fran— zoͤſiſchen Phyſikern angenommene Zuſammenſetzung der Luft, die ſich auf die, vor 35 Jahren angeſtellten, eudiometriſchen Beobach— tungen der Herren Alex, v. Humboldt und Gay Luͤſſac grüne det, ohne Ausnahme beſtaͤtigt. Unter hundert Gewichtstheilen Luft befanden ſich, nach dem Mittel von ſechs Beobachtungen, 23,01 Theile Sauerſtoff und 76,99 Theile Stickſtoff, alſo faſt genau 25 und 77. Die Dichtigkeit (densité) des Sauerſtoffs war, nach dem Mittel von drei Beobachtungen, 1,1057, die des Stickſtoffs 0,972, woraus ſich, für hundert Volumentheile Luft das Volumen des Sauerſtoffs = 20 80 und das des Stickſtoffs = 79,22 ergiebt (Summa 100,02 Theile Luft); ein Reſultat, das bis auf einen ganz geringen Bruch die Dichtigkeit der Luft, als Einheit genommen, repräfentirt. Bei den, während des Regens angeſtellten Verſuchen bat man nur hoͤchſt unbedeutende Veraͤnderungen gefunden: die Quantitaͤt des Sauerſtoffs variirte nicht um ein Tauſendtheil. Aus der Vergleichung mit den früheren Beobachtungen von Gay Luſ— fac, Dalton u. A. m. ergiebt ſich ferner, daß die Zuſammen— ſetzung der Luft in allen Hoͤhen dieſelbe bleibt, ſo wie ſie ſich auch ſeit vierzig Jahren nicht merklich veraͤndert hat. Ueber den Veſuv jind am 3. Mai der Parifer Academie der Wiſſenſchaften von Herrn L. Pilla Beobachtungen mitgetheilt worden, nach welchen derſelbe jetzt eine Menge von Salzſaͤure reis chen Daͤmpfen ausſtoͤßt. Vor einiger Zeit fiel aus dem ausftrömene den Rauche ein Regen und ſchlug ſo viel Salzſaͤure daraus nieder, daß die Feldfruͤchte, die er traf, ganz verbrannt wurden. 297 Ueber eine auffallende Verkleinerung der medul- la oblongata und der angraͤnzenden Portion des Ruͤckenmarks, in Folge einer ſpontanen Disloca- tion des processus odontoideus und Anchyloſe am obern Theile des Ruͤckgrats, doch unbegleitet von irgend einem Symptome von Paralyſis. Von P. D. Handyſide. (Hierzu Figur 2. der mit voriger Nummer ausgegebenen Tafel). W. Craigie, ein Meſſerſchmidt ſeines Geſchaͤfts, litt, 22 Jahre alt, an einem langwierigen theumatiſchen Fieber und war demzufolge etwa ſieben Wochen bettlaͤgerig. Waͤh— rend eines Theils dieſer Zeit war er ſo geſchwaͤcht, daß er weder Kopf noch Koͤrper drehen konnte und faſt immer auf der linken Seite lag. Als er ſich von der Krankheit erholte, war offenbar Anchyloſe zwiſchen Hinterhauptsbein, atlas und benachbarten Wirbeln eingetreten, indem der Kopf un— beweglich vorwaͤrts und etwas nach rechts geneigt war. Deſſenungeachtet konnte er bald wieder zu ſeinem Ge— ſchaͤfte zurückkehren und vollbrachte in der That gleichgut die ſchwere Arbeit in ſeiner Schmiede als die feinen eines chirurgiſchen Inſtrumentenmachers, als welcher er ungewoͤhn— lich geſchickt war. Vier Jahre vor ſeinem Tode litt er unter heftiger bronchitis. Nach wiederholtem Anfalle dieſer Krankheit, welcher die Schwere ſeiner Arbeit und die Abwechſelung der Temperatur, welche er ſo haͤufig ertragen mußte, ihn ſehr ausſetzten, erlag er endlich, nach einem Tage anhaltender koͤrperlicher Anſtrengung, einem ſehr ploͤtzlichen Anfalle von Asphyxie. Section Bei Unterſuchung des obern Theils des Ruͤckgrats fand ſich, wie vermuthet worden war, das Hins terhauptsbein feſt mit dem atlas anchyloſirt. Beide Kno— chen waren an drei Stellen unbeweglich vereinigt.“) Die Anchyloſe verbindet den processus condyloideus und das hintere Viertheil des foramen magnum des Hinterhauptbeins mit der entſprechenden Oberfläche des at- las; und der Umſtand, daß der Kopf des Mannes unbe— weglich in einer Richtung nach Unten und Vorwärts und rechts gehalten war, wird durch den Umſtand erklaͤrt, daß die rechte untere Gelenkoberflaͤche nach Unten und Vorn uͤber die entſprechende Gelenkflaͤche des epistrophaeus dislo⸗ cirt war und durch eine ſtarke Knochenvereinigung in dieſer fehlerhaften Lage feſtgehalten wurde. „) Man febe Fig. 2., wo die obere Oberfläche des atlas und epistrophaeus getreu dargeſtellt ift, nachdem das Hinterhaupts⸗ bein gewaltſam von dem atlas mittels einer ſchneidenden Zange entfernt worden. 298 ilk u ed e. Die Verruͤckung zwiſchen atlas und axis iſt ſo, daß die vordere Portion des Ringes des erſteren Knochens bis zu neun Linien von der entſprechenden Portion des zweiten Knochens nach Vorn und Rechts vorragt. Der Raum fuͤr die Aufnahme der medulla oblongata, welcher zwiſchen der hintern Oberflaͤche des processus odontoideus des axis und der vordern Flaͤche des hintern Segments des atlas ſich findet, iſt auf der mittleren Ebene (in the me- sian plane) auf zwei Linien reducirt, während auf der rech— ten Seite der Mittellinie, wo eigentlich die medulla ob- longata lag, ſie nicht uͤber 33 Linien in ihrem von Vorn nach Hinten gerichteten Durchmeſſer uͤberſtieg. Die Synovial-Membran der Atlanto-Odontoid-Arti⸗ culation fehlt, was davon herruͤhrt, daß die Oberflaͤche ge— trennt und in ihrer Richtung fo ſehr geſtoͤrt und verändert iſt. Demohngeachtet iſt der Zwiſchenraum, welcher durch die Dislocation entſtanden iſt, von einem ſehr ſtarken fibro-carti— laginöſen, wuͤrfelfoͤrmigen, 6 Linien langen, 5 Linien breiten Bande ausgefüllt, welches in feiner ganzen Laͤnge vier ver: ticale knochige Blaͤtter in ſeiner dichten Textur enthaͤlt, welche die vormals gegenuͤberliegenden Gelenkflaͤchen unbeweglich hal— ten. Das Queerband des atlas fehlt gaͤnzlich, aber die Hoͤcker, welche zu deſſen Anſatze dienten, ſind durch weiches fibroͤſes Zellgewebe mit dem beſchriebenen zwiſchenliegenden Faſerknorpel verbunden. Das ligamentum subflavum, was ſich zwiſchen atlas und axis erſtreckt, iſt feblend, aus— genommen in der Mittellinie, wo ein langes, ſchmales, ſehr dichtes Band feſt und widerſtandleiſtend, aber nichts von ſeiner urſpruͤnglichen Elaſticitaͤt zeigend, hinten zwiſchen den beiden Knochen an der Stelle liegt, wo dieſe 13 Zoll vons einander ſtehen. Die Gelenke zwiſchen dem zweiten, dritten, vierten und fuͤnften Halswirbel ſind nicht ſehr frei in ihren Bewegungen, was von der in den die Oberflaͤche bedeckenden Faſerknorpeln abgeſetzten kalkerdigen Subſtanz herruͤhrt. Eine Annaͤherung zur Anchyloſe iſt in dem Zuſtande dieſer Theile hinlaͤnglich deutlich. Die Membranen und Gefaͤße der medulla oblon- gata und des benachbarten Ruͤckenmarks ſind natuͤrlich. Die medulla oblongata ſelbſt erſchien natuͤrlich, mit Ausnahme einer betraͤchtlichen Alteration in dem von Vorn nach Hinten gerichteten Durchmeſſer ihrer unteren Portion, welche von den ungewöhnlich verengten Graͤnzen des cana- lis spinalis an ſeinem oberen Theile, auf nur drei Linien Dicke reducirt war. Sie war auch merklich in ihrer Lage verändert, denn fie ruhete ſchraͤg auf der Baſilar-Portion des Hinterhauptsbeins, waͤhrend ihre untere Portion ganz und gar auf der rechten Seite des processus odontoideus und des Atlasbogens in einem beſchraͤnkten Raume lag, deſ— ſen Durchmeſſer von Vorn nach Hinten, wie bereits bemerkt, nicht 33 Linien überftieg, und deſſen Queerdurchmeſſer nur 6 Linien maaß. 299 Die von der medulla oblongata abgehenden Nerven waren von natuͤrlicher Größe, Conſiſtenz und Farbe und fo auch die Cervicalnerven. Keine Paralyſis, nicht einmal eine Andeutung des Vor— handenſeyns dieſes Zuſtandes oder einer anderen Affection des Nervenſyſtems zeigte ſich in irgend einem Theile des Koͤrpers. Erklaͤrung der Abbildung: Fig. 2. a. atlas. Y. axis. c. processus odontoideus. Ueber den Zuſammenhang von gaſtriſchen Stoͤ— rungen und Epilepſie. Von Dr. Wi Die Affection des Gehirns wird, obwohl ſie anfangs nur ſympathiſch iſt, dennoch durch oͤftere Wiederholung der Anfaͤlle die Reizung des Gehirnes wirklich local, und es findet alsdann Blutandrang ſtatt, welcher zu ſeiner Beſeitigung Blutentleerung durch Aderlaß, Blutegel oder Schroͤpfen er— fordert. Sind die Symptome der Paroxysmen ſehr heftig, ſo ſind Blutentziehungen bei dem Eintritte der Paroxysmen dringend nothwendig, und wenn in den Zwiſchenzeiten der Kranke Symptome von Gefaͤßuͤberfuͤllung des Gehirns, stupor, Betaͤubung, Dilatation der Papillen, Schwindel, Zuſammenfahren im Schlafe u. ſ. w. hat, ſo wird die Wiederholung von Blutentziehung von Zeit zu Zeit erfor— derlich; ſind jedoch die dringenden Symptome gemildert, ſo iſt Alles, was noch erforderlich waͤre, durch wiederholtes Anſetzen von Blutegeln oder, beſſer, an die innere Flaͤche der Naſenſcheidewand oder hinter die Ohren zu erreichen. Au— ßerdem muß man auch zu den uͤbrigen unterſtuͤtzenden Mit— teln zur Ecleichterung der Ueberfuͤllung der Hirngefaͤße ſeine Zuflucht nehmen, als kalte Umſchlaͤge uͤber den Kopf, hohe Lagerung des Kopfes, Sorge fuͤr warme Fuͤße und ſanfte Ecregung der Hautoberflaͤche, vor Allem aber, als derivi— rende Maaßregel, reiche Entleerung des ſeroͤſen Theiles des Blutes durch kraͤftige Abfuͤhrmittel. Bei Anfaͤllen dieſer Krankheit, bei'm erſten Auftreten und den erſten Wiederholungen der Paroxysmen muß man, wie in allen Fällen von Congeſtion nach dem Kopfe, mit Brechmitteln ſehr vorſichtig ſeyn. Dieſe muß man niemals ohne ſorgfaͤltige Ueberlegung und Umſicht anwenden. Wurde die Krankheit offenbar durch unverdauliche oder giftige Sub— ſtanzen erregt, fo find allerdings Brechmittel dringend no: thig. Wenn die Krankheit nach häufigen Wiederholungen immer wiederkehrt, ohne Symptome von Hirnuͤberfuͤllung, ſondern im Gegentheile bei atoniſcher Conſtitution, blaſſem Ausſehen und ſchlaffer Faſer, wo die Wederholung der An: fälle mehr Folge einer Gewohnheit iſt, da giebt man, wenn die Vorläufer lang genug vorauskommen, um noch die Wirkung eines Brechmittels zu geſtatten, mit Vortheil ein ſolches, um den Paroxysmus zu hindern und dadurch die Grobe te ee 300 Micht der Gewohnheit zu brechen. Iſt der Kranke ein ſtarker Eſſer und dadurch haͤufig der Dyspepſie unterworfen, ſo giebt man in den Zwiſchenzeiten von Zeit zu Zeit ein Brechmittel, theils zur Ausleerung des Magens, theils zur Aenderung der Lebensweiſe. Sind Brechmittel durch den Zuſtand des Magens indicirt, waͤhrend gleichzeitig Symptome von Blutandrang nach dem Kopfe vorhanden ſind, ſo muß man die Blutuͤberfuͤllung immer zuerſt durch allgemeine oder oͤrtliche Blutentziehung und reichliche Abfuͤhrmittel, je nach dem Grade der Blutuͤberfuͤllung, beſeitigen. Es giebt Faͤlle von Epilepſie, in welchen die Darrei— chung von Terpenthinoͤl beſonders vortheilhaft iſt; dieſe Faͤlle ſind ein ganz ſpecieller und hinreichender Beweis von der ſympathiſchen Beziehung zwiſchen den Verdauungsorganen und dem Gehirne, da dieſe dadurch entſtehen, daß, in Folge krankhafter Beſchaffenheit des Nahrungscanales entweder durch Einwirkung veraͤnderter Secretionen oder anderer ſchaͤdlicher Stoffe, die Nerven der Schleimhaut abnorm ge— reizt werden. Die guͤnſtige Einwirkung dieſes Mittels ruͤhrt wohl zum Theil von ſeiner Wirkung als Abfuͤhrmittel her. Dieſe Wirkung wuͤrde jedoch durch die andern Abfuͤhrmittel mit Calomel oder durch eine Doſis Calomel vor dem Ter— penthinoͤl ſicherer erzielt werden; aber die Wirkſamkeit die— ſes Mittels in wiederholten kleinen Doſen muß man der wohlthaͤtigen Erregung der Nerven des Darmcanals zuſchrei— ben. Ich kann Dr. Berichard's Beobachtung beſtaͤtigen, daß das Mittel ſehr bald die Schleimhaut des Darmcanals materiell veraͤndert, indem es regelmaͤßige Ausleerungen be— wirkt und die Tendenz zu haͤufigen colikartigen Stublauslee— rungen beſeitigt, zugleich aber das Nervenſyſtem auf eine eigenthuͤmliche Weiſe beruhigt, die Irritabilitaͤt vermindert, die Dspofition zum Zuſammenfahren und zu krampfartigen Muskelcontractionen beſeitigt und den Schlaf befördert. Dieſe Einwirkung ruͤhrt ebenſo, wie das Uebel, welches da— durch beſeitigt wird, von einer Sympathie des Gehirns mit den Verdauungsorganen her, und fo wird ihre gegenſeitige Einwirkung aufeinander ſowohl durch die Cur, als durch die Entſtehung der Krankheit bewieſen. Iſt die Krankheit urſpruͤnglich idiopathiſch, oder iſt ſie durch haͤufige Wieder— holung vom Darmcanale auf das Gehirn uͤbergegangen, ſo daß ſie auf dieſe ſecundaͤre Weiſe ebenſo eine reine Hirn— krankheit iſt, als wenn ſie dieß von Anfang geweſen waͤre, ſo wird auch das Terpenthinoͤl keinen wohlthaͤtigen Einfluß uͤben; in dieſen Fällen iſt zwar ein Verſuch mit dem Mit— tel nicht zu verwerfen; bleiben aber nach anhaltendem Ge— brauche die Paroxysmen eben fo heftig und eben fo häufig, als zuvor, ſo hat man Grund, anzunehmen, daß das Ge— hirn weſentlich bei der Krankheit betheiligt iſt, wobei das genannte Mttel nicht allein nutzlos iſt, ſondern nachtheilig werden kann. Bei der mit Darmcanalſtoͤrung ſympathiſch verbunde— nen Epilepſie kann, nach zweckmaͤßiger Anwendung der Ab— fuͤhrmittel und Brechmittel, vortheilhaft ein Uebergang zu den antiſpasmodiſchen Mitteln, den ſogenannten Nervinis, gemacht werden, z. B., zur Asa foetida, Campher und 301 Valeriana, gleichzeitig mit Tonicis als China, ſchwefel— ſaurem Chinin und kohlenſaurem Eiſen. Man achtet den Werth ſolcher Antispasmodica häufig zu gering; dennoch kommen Fälle vor, welche der Anwendung dieſer Mittel weis chen, welche vorher anderen Behandlungen hartnaͤckig wider— ſtanden. Dieſe Wirkung iſt alsdann, ohne Zweifel, da— durch zu erklaͤren, daß die Mittel auf das Nervenſyſtem und dadurch ſecundaͤr auf die Nerven des Verdauungscana— les einwirken. (Dr. Wightman, a treatise on the sympathetie relation between the Stomach and the Brain. Lond. 1840. S. 88.) Anſammlung von Fluͤſſigkeit in der Schilddruͤſe. Von Herrn J. Maſſey. Ein Mann von 30 Jahren, von guter Geſundheit, bemerkte an der rechten Seite der Luftroͤhre eine Anſchwellung, welche fuͤnf Jahre brauchte, um die Groͤße des jetzigen Umfanges zu erreichen. Es wurden ſechs Blutegel geſetzt, und Einreibungen von Unguen- tum Kali hydroiodici und eine Jodſolution innerlich verordnet. Fluſſigkeit war in der Geſchwulſt nicht zu bemerken. Nach drei— monatlicher Behandlung war der Kranke der Meinung, daß die Geſchwulſt etwas weicher und kleiner geworden ſey. Es unterblieb nun, da auch kein Schmerz vorhanden war, jede Behandlung. Am 30. October 1840 lag die vergrößerte Geſchwulſt rechts vom Schildknorpel bis unter dem sterno-cleido-mastoideus, ohne Empfindlichkeit, jedoch durch den Umfang belaͤſtigt. Der Umfang des Halſes, uͤber die hoͤchſte Stelle der Geſchwulſt gemeſſen, be— trug 18 Zoll. Nach Vorn und Unten bemerkt man deutliche Fluc— tuation und in Folge der Nähe der Parotis eine Pulſation, wodurch die Geſchwulſt Einigen als aneurysma erſchien. Die Pulſation hoͤrte jedoch auf, wenn man die Geſchwulſt nach Vorn moͤglichſt von der Arterie entfernte. Die Geſichtsfarbe iſt fahl, die conjunc- tiva etwas gelblich, wiewohl der Kranke an Gelbſucht nie gelitten hat. Der Kranke hat öfters an Verſtopfung und Hartleibigkeit gelitten, jedoch ohne daß die Faͤces weißlich geweſen waͤren und der Urin die Waͤſche gefärbt hätte. Die Lebensweiſe iſt immer ge: ordnet geweſen; der Athem iſt etwas beſchwerlich, pfeifend, beſon— ders bei Anſtrengungen; er hat das Gefühl, als wenn eine Rigas tur um den Hals gelegt waͤre, klagt uͤber Trockenheit des Halſes und etwas Huſten, über Schwindel, häufige Palpitation und übers maͤßigen Schweiß bei Anſtrengungen. Ich ließ auf's Neue Jod brauchen, was vier Wochen fortger ſetzt wurde. Ich ſtach daher eine Explorationsnadel hinein und entleerte 5 Unzen einer dünnen, Galle ähnlichen, braunen Fluͤſſig— keit, mit einer oͤlig⸗eryſtalliniſchen Ablagerung auf der Oberfläche. Der Hals erlangte ſeinen normalen Umfang wieder. Am 1. December. Die Wunde war unmittelbar zugeheilt; heute, am dritten Tage, hat die Geſchwulſt die Hälfte des frühes ren Umfanges. Ich beſchloß, eine groͤßere Anſammlung abzuwar⸗ ten und ſodann den Sack zu oͤffnen, um den Ausfluß durch Wieken im Gange zu erhalten. Am 4. batte die Anſchwellung den fruͤhern Umfang erreicht; ich machte daher einen 5 Zoll langen Einſchnitt und entleerte 5 Unzen gleiche Fluͤſſigkeit. Der eingefuͤhrte Finger konnte oben uͤber den Rand des Schildknorpels, nach Unten bis beinahe zum Bruft- beine und nach Außen bis beinahe zum sterno-cleido-mastoideus geführt werden. Die Schilddruͤſe war in einen großen Balg ums gewandelt. Es wurde eine Wieke eingelegt und durch Heftpflaſter feſtgehalten. Behufs der Analyſe wurde nachher ein Wenig Blut aus der Armvene gezogen. Am 5. Aus der Wunde fand waͤhrend der Nacht ein reichli— cher Ausfluß ſtatt. Bei Abnahme des Verbandes entleerten fi etwa 4 Unzen Fluͤſſigkeit von dunkelrother Farbe, welche mit Blut gemiſcht war. 302 Am 6. etwas Anſchwellung; der Ausfluß weniger blutig; Vers ſtopfung; Calomel und Jalappe. Am 7. Der Ausfluß iſt ſehr uͤbelriechend und betraͤgt im Laufe des Tages ungefähr 8 Unzen. Am 9. Die Wunde wird täglich verbunden; der Ausfluß iſt reichlich. Am 14. Der Ausfluß wird mehr eiterig, von geringerer Quantitat; jedoch immer noch ſehr uͤbelriechend. Die Schilddruͤſe iſt ſtaͤrker, und die umgebenden Theile find ſtaͤrker angeſchwollen, als unmittelbar nach der Operation. Verſtopfung feit vier Tagen. Ein Abführmittel und dreimal taglich 3 Gran ſchwefelſaures Chi— nin mit 36 Bitterſalz und 3 ß Waſſer; über die Charpiewieke ein Cataplasma. Am 17. Der Ausfluß vermindert ſich taͤglich; er iſt jetzt mehr feröss purulent; Stuhlgang träg, braun; Appetit gut; Athem freier; die Palpitationen und der Huſten find viel beſſer; die Ems pfindung einer Umſchnürung des Halſes iſt nicht mehr vorhanden. Morgens 33 Jalappe; außerdem das tonicum und täglich eine Einſpritzung von einer Solution von Kali hy droiodicum 3j; Jod 3 Gran; aqua destillata Zxvj; hierauf wird ein Gataplasma übergelegt, Am 22. Bei der Injection wurde der Ausfluß vermindert; die conjunctiva bekommt eine gallige Faͤrbung; der Unterleib iſt frei; der Umfang des Halſes betraͤgt zwei Zoll weniger. Am 28. Der Zuſtand beſſert ſich; der Ausfluß iſt ſehr gering, mehr ſeroͤs; das Allgemeinbefinden beſſert ſich; der Unterleib iſt traͤg; die Behandlung wird fortgeſetzt. Da wir mit den Functionen der Schilddruͤſe noch nicht be— kannt find, fo wird jede pathologiſche Erſcheinung, die mit einer Structurveraͤnderung oder Secretionsſtoͤrung zuſammenhaͤngt, in⸗ tereſſant ſeyn, als ein Beitrag zur Aufklärung über dieſes Organ. Fett und Urin, ſo wie deren hauptſaͤchliche Beſtandtheile, hat man an abnormen Localitaͤten beobachtet; andere Organe konnen auch außerhalb der Leber bisweilen Choleſterine und andere Bes ſtandtheile der Galle reichlich ausſcheiden, wie ſich hauptſaͤchlich durch vorliegenden Fall zeigen wird. 0 Es iſt wahrſcheinlich, daß die Vergroͤßerung der Schilddruͤſe zuerſt von Veränderung der Zellenſtructur mit vermehrter Exhala— tion in die Zellen abhaͤngt, wodurch ſich dieſe partiell oder im All— gemeinen dilatiren oder verdicken. Indem der fruͤhere krankhafte Reiz fortdauerte, erfelgte eine verſtaͤrkte Secretien in die Zellen mit Ausdehnung und Zerreißung derſelben, fo daß die zellig-lap— pige Structur des Druͤſenkoͤrpers endlich in einen großen Sack um: gewandelt wurde, welcher die neugebildete Fluſſigkeit enthielt. Die folgenden Analyſen der Fluͤſſigkeit und des Blutes find von Dr. Wright, der ſich durch Arbeiten uͤber Alcohol in reifen Fruͤchten und uͤber das Mutterkorn bereits als tuͤchtiger Chemiker gezeigt hat. Die erſte Fluͤſſigkeit vom 27. November. Sie war leicht alkaliſch, von 1,0242 ſpec. Gew. Waſſer . 8 . . . . . . 905,140 Schleim . * * 4 5 . . A 19,830 Eiweiß > A 0 8 5 0 5 8 5,210 Galle . . E . F ö 0 . 11,100 Eiweiß, mit Natron verbunden . . . 8,350 Choleſterine . 5 a 0 a a 8 . 10,640 Deliger Stoff . 1 8 . 5 5 . - 5,200 Faͤrbender Stoff, in Waſſer und Alcohol loͤslich . 8,250 Gallenſtoff . . - : r 8 . . 9,730 Chlorid von Natron und Kale! . 6210 Koblenfaurer Kalk und Natron - 5 * 4,380 Eiſen a E 5 . . E 8 8 x 250 Verluſt A . 8 5 . 8 8 = 5,710 1,000,000 303 Zweite Fluͤſſigkeit vom 4. December. Alkaliſch und Schwefelwaſſerſtoff-Ammonium enthallend, ſpec. Gew. 10,356 Waſſer . . 0 . . 5 2 ® « 896,310 Schleim . . . . . . 0 34,270 Natron: Abuminat & 0 8 . 9 . © 7,920 Fibrine . . . . . . . . . 1.840 Choleſterine 2 . S 9 560 In Waſſer und Alcohol löslicher Fͤrbeſtoff 0 . 16 340 Gallerte > 10,830 Harz, durch Salpeterſäure und Satzfäure nit afterbar 5,820 Natron- und Kalichlorid . & 1 7,460 Phosphorſaurer Kalk und Natron . 2 5 8 . 3,210 Eine Spur von Eifen e . R 0 2 Me Verluſt . . 3 2 5 8 8 8 6,440 1,000,000 Blut am 4. December entzogen, von 1,0435 ſp. Gew. Waſſer 8 . 8 3 . e B 8 810,520 Fibrine 1 3 - - . . . . . 2,890 Eiweiß © ö 8 . . = 8 e 43,740 Faͤrbeſtoff . 104,950 Cryſtalliniſcher fettiger Sof, wabeſc nde Sheisfterine 12,620 Oeliger Stoff . . . 6,350 Gallenſtoff . 5,820 Salzſaure, phosphorſaure und füncfelfaure Sal von Natron und Kalk - 5 8 8 38,310 Berluft . 5 . 8 5 - B R 4,800 1,000,000 Die verſchiedenen Reſultate der Analyſen der erſten und zwei— ten Fluͤſſigkeit rühren wahrſcheinlich daher, daß der zweiten Fluͤſ⸗ ſigkeit etwas Blut beigemiſcht war, und daß eine mediciniſche Be— handlung eingewirkt hatte. Auffallend iſt die Anweſenheit der Be— ſtandtheile der Galle in der Schilddruͤſe. Es fragt ſich nun in dies ſem Falle: 1) ob die gallige Faͤrbung der conjunctiva ganz oder zum Theil von Abſorption der Fluͤſſigkeit aus dem Sacke abhing, oder ob es wahrſcheinlicher ſey, daß ſie ganz von dem Zuſtande der Köber abgehangen habe. Bemerkenswerth war, daß, ſobald Fluͤſſigkeit vollkommen aus— geleert war, auch die gelbe Faͤrbung der conjunctiva verſchwand. Hing das Herzklopfen und der Huſten wohl von einem Drucke der Geſchwulſt auf den vagus und auf die Cervicalaͤſte des sympa- thicus ab? (Edinburgh med. and surg. Journ., April 1841). ide en een. Von vollſtaͤndigem Abreißen der allgemeinen Hautdecken der aͤuß eren Geſchlechtstheile hat Herr De. Demarquette, zu Hening⸗Lietard einen Fall beobachtet, der gewiſſermaaßen ein Gegenſtuͤck zu dem Nro. 335. S. 176 erzähl: 304 ten abgiebt. Ein junger Menſch von vierzehn Jahren aus der Commune Montigny, in einer Runkelruͤbenzuckerfabrik beſchaͤftigt, um den Brei von der Raſpel zu nehmen, wurde von dem (Sar- ran), dem vorragendſten Theile der Achſe der Maſchine, ergriffen und im Augenblicke in dieſe enorme Rotationsbewegung ge— ſchleudert. Gluͤcklicherweiſe gab der Theil feiner Kleidungsſtuͤcke, welcher den vordern Theil des Koͤrpers bedeckte, nach und der Menſch wurde, wie durch ein Wunder, frei, jedoch mit Verluſt eines Theiles ſeiner Haut, welche man mitten unter den Kleidungs— lappen um die Achſe gewickelt fand. Erſt nach einigen Stunden ſah Herr D. den Verungluͤckten; er war ruhig, obgleich unter dem Einfluſſe einer ſtarken Reaction. Eine ungeheure, ſcharfbegraͤnzte, nichtblutende Wunde begriff alle aͤußere Geſchlechtstheile in ſich und zeigte bloßgelegt, wie nach einer muͤhſamen anatomifchen Praͤparation, den penis, die Teſtikel und die Saamenſtraͤnge. Dieſe auffallend regelmaͤßige Wunde erſtreckte ſich von dem obern Ende der regio pubis bis Zweifingerbreit vom anus und hatte auf jeder Seite die Leiſtenfalte zur Graͤnze. Die Geſchlechtstheile bo— ten den ſonderbarſten Anblick dar, ſchienen uͤbrigens, außer einer betraͤchtlichen Verlaͤngerung, welche ſie erfahren hatten, geſund. — Waͤhrend der erſten Tage wurden kuͤhlende Mittel auf die Wunde geſchlagen und einige Aderlaͤſſe angewendet. Herr D. beſchraͤnkte den Verband auf eine mit Cerat beſtrichene, gefenſterte und mit viel Charpie bedeckte Compreſſe. Während ſechs Wochen war die Eiterung enorm. Nach dieſer Zeit verkleinerte ſich die Wunde all— mälia, indem ſie die Haut der benachbarten Theile herbeizog. Die Teſtikel und Saamenſtraͤnge, unter den Fleiſchwarzen ganz verborgen, ſtiegen gegen den Bauchring in die Hoͤhe und fixirten ſich, indem ſie daſelbſt auf jeder Seite eine Geſchwulſt bildeten. Es dauerte nicht lange, ſo erreichte die vom Umfange herbeige— ruͤckte Paut den Mittelpunct und bildete daſelbſt einen harten, ge— runzelten Wulſt, in deſſen Mitte die verkruͤppelte, kleine, mit einem duͤnnen Haͤutchen bedeckte Ruthe erſchien. Uebrigens wurde der junge Menſch wiederhergeſtellt, iſt jetzt, fünf Jahre ſpaͤter, groß, kraͤftig und ſeine Organe ſind faͤhig, ihre Function zu voll⸗ bringen. (Gazette médicale vom 25. Mai 1841). Ueber den Gebrauch des Crotonoͤls bei Nerven: krankheiten hat Dr. Newbigging der British - Association einen für das Mittel nach vielen Beobachtungen ſehr günftigen Bes richt gemacht, wonach dem Mittel, außer der abfuͤhrenden Eigen— ſchaft, eine ſpecifiſche Einwirkung auf das Nervenſyſtem zugeſchrie— ben wird. Das Mittel bewaͤhrte ſich beſonders bei hartnäckiger ischias, bei Convulſionen der Kinder und in vielen Faͤllen der Epilepfie. wobei ſelbſt, wenn die Krankheit auf einer organiſchen Veraͤnderung des Gehirns beruht, dennoch die Anfaͤlle ſeltener werden. Bei einem Falle von heftigem laryngismus stridulus wen⸗ dete Andral das Mittel in kleinen Doſen bei einem 9 Monate alten Kinde mit vollkommenem Erfolge an. Nach Bell ſind die Neuralgieen in den Fingern und Zehen durch Crotonoͤl nicht zu heilen, waͤhrend Neuralgieen des Geſichtes, ſelbſt mit Zeichen von Hirnaffection, dadurch gehoben wurden. Gibliographis ch Della feconditä e della proporzione dei sessi nelle nascite degli animali vectebrati, e Mastologia con considerazioni anato- mico-fisiologiche sul numero e posizione delle mammelle. Per C. F. Bellingeri etc. Torino 1840. Alcune osservazioni microscopiche sulla membrana interna dei vasi. Di Carlo Cipelli. Parma 1840. e Neuigkeiten. Exereitatio pathologica seu multorum morborum historia per ana- tomen illustrata. Auctore Jacobo Folchi ete. Volumen pri- mum. Romae 1840. Manuale di chirurgia minore, Ado ediz. Napoli 1840. Di Pasquale Monterossi. Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Fror lep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Fro rie p zu Berlin. No. 394. (Nr, 20. des XVIII. Bandes.) Juni 1841. Gedruckt im Landes- Induftrie- Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 39 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Reg A unf Ueber die Veraͤnderung, welche die atmoſphaͤriſche Luft während der Waͤrmeentwickelung im spadix von Colocasia odora erleidet. Mitgetheilt von den Profeſſoren G. Vrolik und W. H. De Vrieſe. Nachdem wir vergangenes Jahr das Reſultat unſerer Verſuche uͤber den Einfluß des spadix der Colocasia odora auf die umgebende Luft, der erſten Claſſe des koͤnigl. Inſtituts der Niederlande mitgetheilt, haben wir bei Wie— derholung der Experimente durchgehends dieſelben Erfolge er— reicht, und da wir auf dieſe Weiſe die Reſultate als wiſſen— ſchaftlich feſtgeſtellt anſehen duͤrfen, ſo theilen wir hier eine Ueberſicht derſelben mit. Wir bedienten uns zu den Verſuchen des in der Tijd- schrift voor Nat. Gesch. en Phys. Deel V. p. 139 pl. V. beſchriebenen und abgebildeten Apparats, wandten aber zum Schließen des Gasrecipienten kein Waſſer, ſondern Queckſüber an, wie wir auch bei den Experimenten verfuh— ren, uͤber die wir vergangenes Jahr berichteten. Wir brachten die Bluͤthen in dieſen Apparat, nachdem wir zuvor den größten Theil der spatha weggefchnitten und den Reſt derſelben ſo mit Firniß uͤberzogen hatten, daß da— ſelbſt weder eine Aushauchung noch eine Auffaugung ſtatt— finden und die gruͤne Oberflaͤche in dieſer Weiſe nicht den geringſten Einfluß aͤußern konnte. Wir beſtimmten den Waͤrmegrad auf die gewoͤhnliche Weiſe, fuͤhrten daruͤber aber kein ſo vollſtaͤndiges Regiſter wie fruͤher, da es uns hier nicht ſowohl auf Ermittelung dieſes Punctes, ſondern hauptſaͤchlich darauf ankam, die Art der Veraͤnderung der Atmoſphaͤre in Erfahrung zu bringen, welche waͤhrend der Waͤrmeentwickelung ſtattfindet. Aus dieſem Grunde haben wir auch vieler der von uns angeſtell— ten Verſuche gar nicht erwaͤhnt. Den 9. Juli 1839. Verſuch mit einer in dem Beete eines Gewaͤchshauſes ſtehenden Pflanze, No. 1494. R u Wie aͤußerſt kraͤftig das auf dieſe Weiſe behandelte Exem— plar vegetirte, kann man ſich kaum vorſtellen. Die meiſten Blattſtiele waren 1,6 Hollaͤndiſche Elle oder Meter (5 Fuß) lang. Von der Stelle, wo der Blattſtiel an den Stamm (das Blatt?) angeſetzt war, bis zum Gipfel der Mittelrippe betrug die Entfernung 0,66 bis 0,80 hollaͤndiſche Elle. Die groͤßte Breite der Blaͤtter war 0,68. Der spadix war faſt noch einmal ſo groß, als gewoͤhnlich. Wir muͤſſen bei dieſer Gelegenheit die Bemerkung wie— derholen, daß wir die Colocasia odora fuͤr dieſelbe Pflanze halten, wie das von Bory St. Vincent beſchriebene Arum cordifolium ). Dieſer Gelehrte hat die von uns in der erſten Abhandlung vom Jahre 1835 **) über die hohe Tem—⸗ peratur der Colocasia odora ausgeſprochene Anſicht durch— aus beſtaͤtigt. Sie ward in der den Herausgebern der An— nales des Sciences naturelles zugefertigten Ueberſetzung unſeres Artikels vollſtaͤndig ausgeſprochen, und wenn alſo ein botaniſcher Schnitzer untergelaufen iſt (Vergl. Institut Mai 30, 1839, No. 283, p. 184; Sept. 5, 1838, No. 297, p. 312), ſo ſind wir daran unſchuldig. In Fro⸗ riep's Notizen **) vom Jahre 1886 wurde unſer Artikel, aus der Tijdschrift voor Natuurlijke Geschiedenis uͤberſetzt, mitgetheilt, und auch dort kann ſich Jedermann Überzeugen, daß wir über die Identitaͤt der Colocasia odora und des Arum cordifolium nicht den mindeſten Zweifel hegten. Wir werden vielleicht fpäter auf dieſen Ges genſtand zuruͤckkommen. Nach dieſer kurzen Abſchweifung theilen wir nun die Tabelle über unſere am 9. Juli 1839 angeſtellten Beob⸗ achtungen mit. „ ud ) Voyage dans les quatre grandes iles de la mer d' Afrique, fait en 1802. II. Par. 1804. p. 66. ) Siehe Notizen 1055. Nr. 21 d. XLVIII. Bandes. %) Nr. 1055 oder Nr. 21 d. XLVIII. Bandes, S. 321. 20 807 Stunde der Beob. Temp. des spadix. Temp. des Gaſes im Recipienten. Vormitt. 9% — 18° E. — 18° E. 11 — 21 — 185 112 — desgl. — desgl. 114 — 217 — desgl. Nachm. 123 — 22 — desgl. 1111 — desgl. 14 — desgl. — desgl. 255 — 235 — 18 3 — 22 — desgl. 4 — 21 — desgl. Noch an dieſem Tage nahm die Waͤrmeentwickelung ſehr ab, und am folgenden war ſie um Mittag kaum eine halbe Stunde lang bemerkbar. Die Luft im Recipienten ward alsdann chemiſch unterſucht, da ſich denn in ihr kein Sauerſtoffgas vorfand, ſondern Kohlenſaͤuregas an die Stelle deſſelben getreten war. Hoͤchſt merkwürdig ift der Umſtand, daß, während ſonſt die Wärmeentwickelung drei Tage lang im Steigen begrif— fen war, dieſelbe in dieſem Falle ſchon am erſten faſt auf— hoͤrte. Der Grund dieſer Erſcheinung iſt, unſerer Anſicht nach, in dem Verſchwinden des Sauerſtoffgaſes und in der Anweſenheit des Kohlenſaͤuregaſes zu ſuchen. Nachdem das in dem Mecipienten enthalten geweſene Quantum Sauer: ſtoffgas einmal abſorbirt worden, konnte der zur Waͤrmeent⸗ wickelung noͤthige Reiz nicht mehr ſtattfinden, und fo mußte dieſelbe nothwendig aufhoͤren. Da uns dieſes Experiment wohl zu der richtigen Er— klaͤrung verholfen haben moͤchte, ſo glauben wir unſere fruͤ⸗ hern Verſuche, namentlich den im Jahre 1838 ruͤckſichtlich des Einfluſſes des Stickgaſes auf den spadix derſelben Species angeſtellten ), mit demſelben vergleichen zu müſſen. Damals fand, bei Abweſenheit von Sauerſtoffgas, nicht die geringſte Waͤrmeentwickelung ſtatt; hier hörte dieſelbe nach Verlauf von wenigen Stunden auf, weil aus der ab— geſperrten Luft alles Sauerſtoffgas aufgeſogen worden war. Bei Erwaͤgung dieſer Erſcheinung dringt ſich alsbald die Frage auf: Verbindet ſich der das Freiwerden des Waͤrme— ſtoffs veranlaſſende Sauerſtoff mit dem Kohlenſtoffe zur Bit: dung von Kohlenſaͤure, und iſt folglich die Wäͤrmeentwicke— lung in einem Verbrennungsproceſſe zu ſuchen? Uns ſcheint dieſe Anſicht die richtige: denn wenn die Waͤrmeentwickelung ihr maximum erreicht hat, was um Mittag der Fall iſt, erreicht auch die Veraͤnderung der eingeſchloſſenen Luft den hoͤchſten Grad, wovon wir uns durch ein, eigens zu dieſem Ende am 27. Juni 1840 angeſtelltes Experiment uͤberzeugt haben. Zu dieſem Zwecke brachten wir unter den Recipien— ten, in welchem ein spadix eingeſchloſſen war, etwas Kali, damit die Kohlenfäure, fo wie fie ſich bildete, abſorbirt wer: den moͤge. Während dieſe Abſorbtion ſtattfand, ſahen wir ) Vergl. Tijdschrift voor Nat, Gesch. ete. Deel V. p. 222. 308 das Queckſilber im Verlaufe einer Stunde um mehrere Zolle (Grade?) ſteigen. Bisher hatten wir dieſe Verſuche ſaͤmmtlich mit der naͤmlichen Art von Thermometer angeſtellt, wie die fruͤhern. Allein wir wuͤnſchten dieſelben mit dem thermo : electriſchen Apparate zu wiederholen. Zu dieſem Ende ließen wir uns vom Mechanicus Becker zu Groningen einen ſolchen Ap— parat mit Becquerel'ſcher Nadel anfertigen. Bei Anwendung deſſelben fanden wir, daß allerdings am zweiten Tage noch eine geringe Waͤrmeentwickelung ſtatt— fand, die jedoch zu unbedeutend war, als daß ſie in Anſchlag gebracht werden dürfte, weßhalb wir zu der Annahme berech— tigt ſind, daß am erſten Tage der ſaͤmmtliche Sauerſtoff aus der abgeſperrten Luftmenge ausgezogen worden ſey. Die Verſuche mit dem thermo-electriſchen Apparate wur— den, wie alle fruͤhern, in einem Zimmer angeſtellt, deſſen Temperatur ſich faſt durchgehends auf derſelben Hoͤhe erhielt. Mochte daſſelbe nun dunkel oder hell ſeyn, ſo zeigte ſich in den Reſultaten der Experimente doch kaum ein merklicher Unterſchied. Die Nadel wurde 1 Millimeter tief in den spadix eingeftochen, der zu dieſem Ende durch eine kupferne Kugel eingefuͤhrt wurde, die in eine im Recipienten befind— liche Oeffnung eingepaßt war und ſich nach allen Richtungen drehen ließ ). Dieſer Theil des Apparats war mit der groͤßten Genauigkeit von dem geſchickten Mechanicus E. Wenkebach zu Amſterdam angefertigt. Die chemiſche Analyſe der Luft ergab dieſelben Reſul— tate, wie früher, naͤmlich, daß Kohlenfäuregas an die Stelle des Sauerſtoffgaſes getreten war. Wir gedenken, dieſe Verſuche ſpaͤter in der Weiſe fort— zuſetzen, daß wir das unter dem Recipienten abſorbirte Sauer— ſtoffgas ſtets durch neues aus der Atmoſphaͤre erſetzen, waͤh— rend wir für Beſeitigung der friſcherzeugten Kohlenſaͤure ſorgen. Auf dieſe Weiſe duͤrfte die Erhoͤhung der Tempe— ratur des spadix der Colocasia odora noch am zweiten und dritten Tage, ja vielleicht noch laͤncer fortdauern Am— ſterdam, 13. Auguſt 1840. (Annals and Mag. of nat. hist. May, 1841). Beobachtungen uͤber einen weſentlichen Antheil mikroſcopiſcher Organismen am Verſchlaͤmmen der Seehaͤfen in Wismar und Pillau, ſo wie am Schlick des Flußbettes der Elbe bei Cuxhafen, und uͤber die Mitwirkung aͤhnlicher Erſcheinungen an der Bildung des Nilbodens in Dongala, Nu— bien und im Delta von Aegypten hat Herr Profeſſor Ehrenberg der K. Academie der Wiſſen— ſchaften in Berlin mitgetheilt. *) So heißt es im Originale; doch hat man wohl anzunehmen, daß die Nadel und nicht der spadix durch dieſe in einem Kapſelgelenke bewegliche Kugel oder Nuß eingeführt wurde. Der Ueberſ. 809 Der Verfaſſer ſpricht zuerſt von der uralten Betrachtung, daß alle, und beſonders die ſchwellenden Fluͤſſe, Schlamm und Sand aus dem obern Flußgebiete in das untere fuͤhren und dort abſetzen, und ſtellt die vorhandenen directen Meſſungen dieſer mechaniſchen Flußthaͤtigkeiten uͤberſichtlich zuſammen, wobei er der neueſten Theil⸗ nahme der deutſchen Waſſerbau-Adminiſtratoren ſowohl, als der engliſchen Geologen an dieſen Unterſuchungen gedenkt. Beſonders erinnert er an die 1834 von Leonhard Horner am Rheine bei Bonn angeſtellten Unterſuchungen, wonach der Rhein täglich 145,981 engliſche Cubikfuß feſter Subſtanz bei Bonn vorbeiführt, was, irgendwo beiſammen abgeſetzt, in den letzten offenbar gleichfoͤr⸗ mig verlaufenen 1000 Jahren eine Schicht bilden muͤſſe, die eine Fläche von 36 Quadratmeilen Länge 3 Fuß hoch bedecken würde. Dann wird die Mittheilung hinzugefügt, daß 1838 die geolo— giſche Section der engliſchen Naturforſcher bei der Verſammlung in New⸗Caſtle Herrn Pates zur Unterſuchung der Quantität des Schlammes in den Fluſſen eine Geldſumme ausſetzte, über deren Verwendung und Reſultate noch keine Anzeige bekannt ſey. Hierauf werden neuere Meinungen uͤber die Bildung des Schlammes aus Miſchung verſchiedenartiger Gewaͤſſer als chemiſche Niederſchlaͤge und aus primitiver ſpontaner Bildung, nach Bory de St. Vincent und Anderen, zuſammengeſtellt, worauf dann der Verfaſſer zu den eigenen Unterſuchungen uͤbergeht. Der Verfaſſer machte zuerſt 1839 directe ſpeciellere Unterſu— chungen uͤber die Form des Verſchlaͤmmens im Hafen zu Wismar an der Oſtſee und fand das ſchon am 18. Februar 1840 (Ber: liner Zeitung vom 26. Februar) in der hieſigen Geſellſchaft na— turforſchenden Freunde vorläufig mitgetheilte Reſultat, daß 72 bis 4 der Maſſe des ausgebaggerten Schlammes theils aus leben⸗ den, theils aus leeren Schaalen der todten kieſelſchaaligen Infuſo— rien beſtehe. Im folgenden Jahre hat der Verfaſſer dieſe Unter— ſuchungen dort ſpeciell wiederholt und dieſelben Reſultate ziemlich gleichartig wiedergefunden. Im Hafen von Wismar werden, den von Herrn Dr. Roſe daſelbſt mitgetheilten officiellen Nachrichten zufolge, woͤchentlich 36 Laſt Modde (Schlamm), die Laſt zu 6,000 Pfund (nicht 4000 Pfd.), ausgebaggert, das macht bei fieben und halbmonatlicher Thaͤtigkeit regelmäßig jaͤhrlich 1080 Laſt oder 64.800 Centner zu 100 Pfund, und, den Centner zu 1 Cubikfuß gerechnet, 64.800 Cubikfuß. Seit hundert, vielleicht zweihundert Jahren iſt dieß un— unterbrochen fortgeſetzt worden: within find ſeit hundert Jahren in Wismar 108,000 Laſt = 6,480,000 Centner eder eben fo viel Cubikfuß Schlamm aus dem Fahrwaſſer entfernt worden. Nimmt man, wie es wohl annähernd richtig ſcheint, im Mittel „I; des Volumens als ſichtlich organiſch an, fo hatten in Wismar in den letzten hundert Jahren die mikroſcopiſchen kieſelſchaaligen Organis: men ganz allein doch 648 000 Cubikfuß, oder jährlich 6,840 Cu⸗ bikfuß, d. i. 45 Schachtruthen, zu jener Maſſe beigetragen, was im trocknen Zuſtande dem Gewichte nach jedoch nicht 15, ſondern etwa 75 und weniger betragen mag Jene 1840 ſchon mitgetheilten Reſultate von Wismar hatten den Herrn Geh. Oberbaurath Hagen bewogen, auch etwas von dem Schlamme aus Pillau ſelbſt zu entnehmen und mitzubringen, zu deſſen Wegſchaffung daſelbſt eine Pferde-Baggermaſchine im Gange iſt, welche, chemals unter feiner Inſpection, jährlich etwa 2,000 Schachtruthen Schlamm entfernt. Die dem Verfaſſer zur Unterſuchung überfandte Probe des Schlammes war noch kei: cher an organiſchen Weſen, als der von Wismar. Sie bildete bei vierzig Unterſuchungen verſchiedener Theile offenbar oft J, zuweilen die Hälfte des vorliegenden Volumens, wonach alfo in Pillau jaͤhr— lich 500 bis 1000 Schachtruthen (S 72,000 bis 144,000 Cubik⸗ fuß) reine mikroſcopiſche Organismen entfernt worden ſind, was in hundert Jahren durchſchnittlich eine Production dieſes kleinen Punctes von circa 7,200,000 bis 14,400,000 Cubikfuß, d. i., N bis 100,000 Schachtruthen Infuſorien-Erde oder Tri: pel giebt. In Wismar ſowohl, als in Pillau fanden ſich viele, zum Theil auch ganz neue, Secwaſſer-Formen unter den organiſchen Beſtandtheilen, was fuͤr den letzteren Hafen, welcher im Haffe 310 liegt, auffallend und wohl Folge der oft das Seewaſſer in den Fluß drängenden Nordwinde iſt. 1 Ferner wiederholte der Verfaſſer feine Unterſuchung des Schlik⸗ kes aus der Elbe bei Cuxhafen, die er 1839 der Academie vorge— tragen, indem er im November vorigen Jahres durch die Vermitt⸗ lung des Herrn Kaufmann Sommer in Altona wiederum eine Weinflaſche, mit dergleichen gefüllt, erbielt. Auch hier zeigte ſich der Schlick des Fluſſes wieder als in faſt der Hälfte feines Volu⸗ mens aus kleinen, theils kieſelſchaaligen Infuſorien, theils kalkſchaa— ligen Polythalamien gebildet. An dieſe Beobachtungen reiht nun der Verfaſſer die Reſultate ſeiner neueren Unterſuchungen des Nilſchlammes, deſſen Ablagerung ſckon in den aͤlteſten Zeiten die Aufmerkſamkeft der Gelehrten fo ſehr befchäftigt hat. Er hat, theils abſichtlich, theils nebenbei, der— gleichen Schlamm aus Africa mitgebracht, von Dacbbe und Am— bukohl in Dongala, ven Tangur in Nubien, von Theben und Gy— zeh in Oberaͤgypten, von Bulak bei Cabira und von Damiatte in Unteraͤgypten. Er bat uͤvberdieß Fragmente alter bemalter Nil— ſchlammwaͤnde, welche Herr Dr. Partbey und Herr Generals Lieutenant v. Minutoli nach Berlin mitgebracht haben, eben— falls revidirt. Es fand ſich, daß in allen dieſen Proben, theils Spengien, theils kieſelſchaalige Inſuſorien, theils auch, namentlich bei Damiatte, kalkſchaalige Polythalamien im Ackerlande am Nil, zwar nickt vorherrſchend, aber doch in ſolcher Zahl vorhanden ſind, daß man nicht leicht ein Theilchen der Erde von halber Nadel— knopfgroͤße unterſucht, ohne deren — alles zum Unkenntlichen che- miſch Veraͤnderte abgerechnet — einige, zuweilen ſogar viele, wohl erhalten zu finden. Ein wichtiges Mement iſt die oft ſtattgehabte ſichtliche theil— weiſe und mithin wohl noch öfter ganze Auflöfung und Um⸗ formung der organiſchen Geſtalt in ſchaumartig rauhe und un— foͤrmliche Koͤrnchen (Sand) von zum Theil eryſtalliniſchem Bruce, welche Erſcheinung erlaubt, dem organiſchen Bereiche ein noch ſehr viel ausgedehnteres Wirken zuzugeſtehen, als die an ſich ſchon rei— che directe Anſchauung der Formen gebietet. So wäre denn alſo das Berfhlämmen von Häfen, ſo wie Zunahme und Fruchtbarkeit des Nillandes, und vielleicht aller Flußgebiete, völlig ſicher nicht bloß ein -Act der Zerſtoͤrung und mechaniſcher paffiver Orts veränderung der feften Theile, auch nicht des Pflanzenwuchſes allein, fondern intenſiv und auffal— lend auch ein bisher unerfanntes Wirken und Bauen des unfihtboren thieriſch-organiſchen Lebens, deffen weitere quantitative Abgraͤnzung fpäterer Unterfu- chung vorbehalten werden muß, deſſenſchon ermittel- ter Einfluß aber zu den großen Thärigfeiten der Natur gehoͤrt. Nachtraͤgliche Beobachtungen uͤber die Cryſtalle enthaltenden Blaͤschen am Schlundringe der Mol— lusken. Seit meiner erſten Mittbeisung über die in der Ueberſchrift bezeichneten Organe (fiebe neue Notizen f. 1840), welche ſich auf die Gattungen Hyalea, Cymbulia, Helix, Limax, Arion, Pleuro- brincbhsen, Doris, Thetys, Tritonia und Eolidia beſchraͤnkte, und wobei ich die Vermuthung aͤußerte, ſelbige moͤchten auch in unſern Suͤßwaſſerſchnecken Limnaeus, Planorbis und Paludina vor- banden ſeyn, hat ſich mir erſt unlaͤngſt die Gelegenheit dargeboten, dieſe Vermuthung vollkommen zu beſtaͤtigen. In jener Notiz wurde als Norm feſtgeſtellt, daß, wo der Schlundring außer den obern Knoten noch mit untern verfeben iſt, die beiden Bläschen immer auf den letztern oder in deren Naͤhe zu finden ſeyen. Dieſe Norm bewährt ſich auch an der Lage derſelben in den letztgenann⸗ ten Schnecken. In Planorbis liegt naͤmlich jedes an der Stelle des reſpectiven untern und vordern, vorzuͤglich den Fuß mit Nerven verſorgenden Knotens, wo die Commiſſur von ihm abgeht, welche ihn mit den hinter ihm gelagerten Ganglien verbindet. Aeynlich 20 * 511 verhalten ſich die Bläschen bei Limnaeus. Bei beiden find ſie von außerſt geringem Umfang. Compreſſion der angeführten Knoten zwiſchen Glastafeln iſt anfangs das rathſamſte Verfahren, um ſich von ihrer Anweſenheit zu überzeugen. Werd ein mäßiger Druck angewandt, ſo bemerkt man, wie ich dieß ſchon fruher bei Acion beobachtete, eine lebhafte Bewegung einzelner, namentlich der mehr oberflachlich gelagerten Cryſtalle, ein wechſelſeitiges Anziehen und Abſtoßen. Anfangs moͤchte man glauben, daß dieſe Erſcheinung von vibrirenden Wimpern, die etwa der innern Blaͤschenwand an— ſitzen, herrühre. Indeß unterſcheidet man ſolche Wimpern nicht, und man kann das Phaͤnomen nicht anders, als aus der bekann— ten Brown'ſchen Molecularbewegung erklaͤren. Merkwuͤrdigerweiſe beſchraͤnkt fie ſich nicht allein auf die kleinern Cryſtalle, denn es ſchwingen mitunter auch recht große, deren Länge nach einer unge— fahren Schatzung rs Wien. M., die Breite 38 beträgt. Den innigeren Zuſammenhang der Blaͤschen mit den Knoten oder ihren Nerven zu ermitteln, dürfte hier eben ſo ſchwer ſeyn, wie bei den früher unterſuchten Gafteropoden, mit Ausnahme von Pleuro- branchaea, wo ihre Nerven von mir nachgewieſen worden ſind. Bedeutend ſtaͤrker entwickelt, und ſchon mit bloßem Auge ficht⸗ bar, ſind die Bläschen der Paludina vivipara. Sie find hier von den untern Schlundringknoten ganz getrennt und liegen, wie bei Pleurobranchaea, in der Nähe des aͤußern Randes derſelben. Man erkennt ſie ſogleich an ihrem kreideweißen Inhalte, den Eryſtallen, wenn man vorher, durch ſchichtenweiſe geſchehendes Abtragen der Fleiſchmaſſe des Fußes, jene Knoten entbloͤßt hat. Jedes Blaͤschen befteht aus zwei Membranen, einer aͤuß ern dickern, aus einem Ge— fuͤge von großen Zellen gebildeten, den Zellen aͤhnlich, die man in den Stützplatten der ſogenannten Zunge deſſelben Thieres antrifft. Sie iſt ſtark mit jenen runden Kalkconcrementen incruſtirt, die man feit Spallanzani, als in den Interſtitien der meiſten Gewebe und Organe abgelagert, kennt. Die zweite Membran, welche die Hoͤhle des Blaͤschens begraͤnzt, iſt viel dünner. In dieſer Höhle find die Cryſtalle in einen Haufen angeſammelt, der nur den geringern Theil derſelben ausfüllt, während, wie es ſcheint, eine Fluͤſſigkeit den übrigen Raum einnimmt. Die Cryſtalle liegen, ihrer groͤßern Schwere wegen, ſtets auf dem Boden der Hoͤhle, und verändern daher, bei'm Umwaͤlzen der von ihren Umgebungen geloͤſ'ten Blaͤs— chen, ihren Ort. Ihre Geſtalt, obgleich regelmaͤßig, zeigt doch keine deutlich markirten Facetten. Sie find meiſtens cylindriſch, an bei: den Enden abgerundet. Die groͤßten moͤgen in der Laͤngenachſe 1 „in der Queerachſe 2, meſſen, die kleinſten find ungefähr e lang und 1g breit. Jene übertreffen demnach die größern des Limnaeus und Planorbis um das Zehnfache. Häufig trifft man mehr oder weniger durchwachſene Cryſtalle an: ſehr zierliche kreuzfoͤrmige Geſtaltungen, die man nicht ſelten auch bei den früher unterſuchten Gaſteropoden beobachten wird. — Deutlich iſt der Zuſammenhang der Blaͤschen mit dem Nervenſyſtem. Aus der dickern Commiſſur nämlich), die jeden untern Schlundringknoten mit dem obern ſeiner Seite verbindet, und zwar nicht weit von dem untern Knoten, entſpringt ein kurzer Nerve, der ſich gegen das Bläschen herabſenkt, feine aͤußere zellige Membran durchbohrt und auf der innern in zwei Aeſte ſich zu theilen ſcheint. Beide Nerven ſind, in der Regel, in Bezug auf Urſprung und Verlauf ſymmetriſch. Zuweilen geht der eine hoͤher von ſeiner Commiſſur ab. In einem der von mir unterſuchten Exemplare wurzelten beide 812 Nerven in den obern Knoten, zeigten ſich etwas ftärfer als ſonſt, ſchienen aber auch in ihrem Verlaufe feine Reiſer an andere Theile abzugeben. In einem zweiten hatte der eine ſeinen gewoͤhnlichen Urſprung, während der andere vom obern Knoten ſtammte. Ich habe ſchon in meiner erſten Notiz mehrere Gründe anges führe, die mich bewegen, diefe Bläschen für Hoͤrwerkzeuge anzuſe— hen. In dieſer Anſicht bin ich durch das beſchriebene Verhalten derſelben bei Paludina, und in der Vermuthung, daß ihre Anweſen⸗ heit bei den Mollusken conſtant ſey, nur noch mehr beſtaͤrkt wor— den. Zwar liegen keine ſichern Erfahrungen uͤber das Gehoͤr dieſer Thiere vor, das nach dem einfachen Baue der Organe unvollkom⸗ men genug ſeyn mag. Auch duͤrften Verſuche vielleicht eben ſo fruchtlos ausfallen, wie die Mehrzahl derjenigen, die man in Be— treff des Sehvermoͤgens der Schnecken angeſtellt hat. Alle dieſe Zweifel und Einwendungen moͤchten indeß, meiner Ueberzeugung nach, von weit geringerer Geltung ſeyn, als die unverkennbaren Analo— gien, die in den morphologiſchen Verhaͤltniſſen ausgeſprochen ſind. St. Petersburg, den 26. Mai 1841. Dr. Krohn. Miscellen. Eine Mißgeburt mit zwei Koͤpfen iſt im vorigen Jahre zu London geboren worden. Das Kind war bei der Ge— burt, welche langſam verlief, bereits todt. Die Koͤpfe ſind wohl— gebildet, feſt in den Knochen und mit Haaren, wie gewoͤhnlich, bedeckt. Das Kind war ausgetragen. Die Bruſt etwas breiter, als gewoͤhnlich; der uͤbrige Koͤrper gut geformt; zwiſchen beiden Haͤlſen befand ſich eine dritte clavicula, welche nach Oben ohne Articulation frei lag und zum Anſatze der sterno-cleido-mastoidei und der sterno-thyreoidei jedes Halſes diente; das Herz war in der Mitte der Bruſthoͤhle und beſtand bloß aus zwei Hoͤhlen, ei— nem Vorhofe zwiſchen beiden Aorten und einer großen Herzkam— mer. Die vena cava superior entſteht durch Verbindung der ne— beneinanderliegenden jugularis beider Haͤlſe und nimmt die subela- via von beiden Seiten auf; die vena cava inferior hat den ge- wöhnlichen Verlauf; die Lungen in jeder Bruſthoͤhle beſtehen aus drei Lappen. Es fanden ſich zwei Speiferöbren, zwei Magen und zwei Duodenum's. Der übrige Darmcanal iſt einfach. (Edinburgh med. and surg. Journ. April 1841.) Ueber das Vorkommen mikroſcopiſcher kieſel⸗ ſchaaliger, jetzt lebender Organismen in rothem, wie es ſcheint, primaͤren Steinſalze von Berchtesgaden, hat Herr Profeſſor Ehrenberg am 15. Juni der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin eine Mittheilung gemacht. Dabei bemerkt Herr Profeſſor Ehrenberg, daß er zwar Eiſen als feinkoͤrnige Faͤrbung, wie ſie auch in Achaten haͤuſig iſt, erkannt habe, aber die neuerlich von anderen Beobachtern als weſentlicher Theil angegebene rothe Monas Dunalii weder im Steinſalze, noch im Kieſelſinter von Island, noch im Polirſchiefer u. ſ. w. habe auffinden koͤnnen. Nekrolog. — Der verdiente Profeſſor der mediciniſchen Botanik zu Freiburg, Fridolin Leopold Spenner, iſt, 42 Jahre alt, am 5. Juli plotzlich geſtorben. H ei Erſtickung waͤhrend des Zuſtandes von Trunkenheit. Von Skal, Profeſſor der gerichtl. Medicin zu Edinburg. (Hierzu die Figur k. auf der mit Nr. 392. [Nr. 18. dieſes Bandes! aus gegebenen Tafel). e Am 18. Januar 1839 wurde ich veranlaßt, die Leiche eines Mannes zu unterſuchen, von welchem die Verwandten, aa in Folge der Umſtaͤnde, unter welchen er geſtorben war, annahmen, daß er vergiftet worden ſey. Er war ein Mau: rer geweſen und der Unmaͤßigkeit ergeben. Am Morgen des Tages, wo er ſtarb, hatte er Beefſteak gefruͤhſtuͤckt, und ſpaͤter daſſelbe Gericht auch zum Mittageſſen in einem Hauſe in der Naͤhe des Fleiſchmarkts. Es ergab ſich ferner aus der Erzaͤhlung ſeiner Freunde, daß er den groͤßten Theil 813 des Tages in einer gemeinen Kneipe geſeſſen und mit den Gaͤſten, welche kamen, getrunken hatte, und daß er etwa fuͤnf Uhr Abends, wo er im Zuſtande der Trunkenheit war, von Erbrechen befallen wurde. Er erbrach ſich ein oder zwei Mal, und waͤhrend des Actes fiel er beſinnungslos zu Bo— den. Man brachte ihn ſchnell in einen Wagen, und dann nach Hauſe. Es war angenommen worden, daß er todt ge— weſen ſey, ehe er noch in den Wagen gebracht worden. Zwei Tage nach dem Tode wurde die Leiche durch Dr. J. 9. Simpfon und mich ſelbſt unterſucht. Der Körper war, wie der eines ſtarken, muskuloͤſen und wohlgebildeten Mannes, 45 Jahre alt, und gewaͤhrt das aͤußere Anſehen von kraͤftiger Geſundheit. Die Extremitaͤten waren ſteif, und betraͤchtliche blaͤulichte Faͤrbung der hintern Oberflaͤche des Koͤrpers vorhanden. Das Antlitz war eher blaß, die Augen etwas eingeſunken. Die Zunge war in ihrer natuͤrlichen Lage und die Schleimmembran des Mundes von gewoͤhnlicher Farbe. In dem Rachen fand ſich ein ziemlich großes Stuͤck von rohem Fleiſche. Indem der larynx und die trachea herausgezogen wurden, ſah man, wie mehrere Stuͤcke Nah— rungs mittel durch die Stimmritze herausragten. Bei weites rer Unterſuchung ergab ſich, daß Luftroͤhrenkopf, Luftroͤhre und etwa zwei Zoll von den Bronchen mit Nahrungsmitteln gefüllt waren, beſonders mit rohem Fleiſch in Stuͤcken von betraͤchtlicher Groͤße, welche wahrſcheinlich unzerkleinert ver— ſchlungen worden waren. *) Die hintern Theile der Lunge enthielten eine große Quantitaͤt Blut. Die Herzventrikel waren faſt leer, die linke Seite ſehr hypertrophiſch, und die Aur'culo-Ventricular— Oeffnung fo groß, daß fie fünf Finger einließ. Die Schleimmembran des hintern Theiles des Magen— Einganges war mit rothen Puncten und kleinen Ertravafas ten von Blut bedeckt, hatte uͤbrigens ihre natuͤrliche Durch— ſichtigkeit und Dicke. Das Hirn, etwas weicher als gewoͤhnlich, war auch ge— faͤßreicher und zeigte, in Schichten durchſchnitten, zahlreiche blutige Puncte, Erſcheinungen, welche in dem cerebellum deutlicher ausgeprägt waren, als in dem cerebrum. Der Tod mußte, meines Erachtens, in dieſem Falle auf Rechnung einer Asphyxie kommen, welche dadurch entſtanden war, daß die von dem Magen unvollkommen ausgebroche: nen Subſtanzen bei ein- oder mehrmaliger Anſtrengung des Einathmens in die Luftwege geführt waren. Es iſt wahrſcheinlich, daß oft unter aͤhnlichen Umſtaͤn— den ploͤtzlicher Tod eingetreten iſt, beſonders waͤhrend der durch Trunkenheit hervorgebrachten Unempfindlichkeit, und der Tob iſt dann entweder andern Umſtaͤnden zugeſchrieben, oder ſeine Urſachen ſind unbekannt geblieben, wenn eine Unterſu— chung der Luftroͤhre das Geheimniß erklaͤrt haben wuͤrde; weßhalb die Unterſuchung der Luftwege nie unterlaſſen wer— den ſollte. Dr. Paris hat, indem er der Moͤglichkeit ei— nes ſolchen waͤhrend Trunkenheit oder Krampfzufaͤllen vorkom— menden Ereigniſſes, wie das erwaͤhnte, gedenkt, einen Fall mit— getheilt, wo der Tod waͤhrend eines epileptiſchen Anfalles ) Man ſehe Fig. 1. der mit Nr. 392 ausgegebenen Tafel. 314 aus ahnlichen Urſachen erfolgte. Es kam im St. James Arbeitshauſe vor, und wurde von Hrn, Alcock unterſucht. Der Patient bekam nach einem reichlichen Mahle von Schweinefleiſch einen epileptiſchen Anfall, worin er ſtarb; nach Eröffnung der trachea fand ſich darin eine Quanti— tät thieriſche Suͤbſtanz, welche dem Schweinefleiſch, woraus fein Mittageſſen beſtanden hatte, entſprach. “) Einer der bemerkenswertheſten Umſtaͤnde in dem von mir mitgetheilten Falle iſt die große Quantitaͤt Nahrungs— mittel, welche in den larynx gedrungen war, indem fie fich: von der epiglottis bis an die Bronchenſpaltung erſtreckte. Die gewoͤhnlichſten Faͤlle von fremden Koͤrpern in der Luftroͤhre find die, in welchen während des Actes des Schluk— kens, oder waͤhrend mit einem Koͤrper in dem Munde ge— ſpielt wird, eine durch Huſten, Lachen oder Sprechen veran- laßte, ſtarke Inſpiration von kleinen Koͤrpern mit der in— ſpirirten Luft in den larynx zieht. Unzählige Fälle dieſer Art find verzeichnet, wo Stuͤckchen von Knochen, Zähnen, Mandelſchalen, Kirſch- oder Pflaumenſteinen, Perlen, Knoͤ⸗ pfen, Bohnen ıc. in den larynx, die Luftröhre oder den rechten Luftroͤhrenaſt gelangt find und auf verſchiedene Weiſe den Tod veranlaßt haben. In einigen Faͤllen erfolgte dieſer in kurzer Zeit, unter großer Athemsbeſchwerde, oder Gonvul- ſionen mit anderen Anzeichen von gewiſſen Störungen im Gehirne, welche durch die Dyspnoͤe und anhaltenden Huſten veranlaßt wurden. In anderen Fällen erfolgte der tödtliche Ausgang erſt nach längerer Zeit durch laryngitis, bron- chitis, Pneumonie oder andere Affectionen. In anderen wurden die fremden Koͤrper ausgehuſtet oder durch chirurgi— ſche Operation entfernt. \ In einer anderen Claſſe von Fällen wird der Tod bis rect durch Suffocation veranlaßt, wenn, während des Actes des Schlingens, große Stuͤcken, welche verſchluckt werden ſollen, in dem pharynx fo feſtſtecken, daß fie auf die epi- glottis drucken, fie verſchloſſen halten, und fo unmittelbaren Tod veranlaſſen. Ein ſolcher Fall wird von Bartholi ans gefuͤhrt. (Cist. Med. p. 450). Der Poet Gilbert ver— lor das Leben in dieſer Weiſe. Dr. F. A. Thomſon erzählt einen Fall von einem Knaben, welcher ploͤtzlich aus dieſer Urſache ſtarb, waͤhrend er ein großes Stuͤck Rind⸗ leiſch herabzuwuͤrgen ſtrebte. (Lancet. 1836 — 37. II. S. 213). Mehrere Faͤlle der Art, wo der Tod augenblick— lich erfolgte, ſind von Porter in ſeinem ſchaͤtzbaren Werke: Observations on the surgical Pathology of the Larynx and Trachea, p. 223 — 228, aufgeführt. In einem derſelben wurde die Verſtopfung durch einige Scharpie— Pfroͤpfe bewirkt, welche ein Loch im Gaumen verſchloſſen, und mit einem Biſſen, der verſchluckt werden ſollte, verwik⸗ kelt unmittelbar über der epiglottis ſich feſtſetzte und dieſe abwaͤrts druͤckte und verſchloſſen hielt. In dieſem Falle war gleich nach dem Zufalle ein elaſtiſcher Schlundraͤumer in den Magen gefuͤhrt worden, ohne auf das verſchließende Hinder⸗ niß zu ſtoßen. Herr Porter macht auf die, ſolche Bälle begleitende Dunkelheit und die Schwierigkeit, die fremden „) Paris and Fonblanque, Med, Jurisprudence II. 58. 315 Körper zu befeitigen, aufmerkſam und empfiehlt die Opera: tion der Tracheotomie als in der außerordentlichen Dring: lichkeit des Falles das paſſendſte und wahrſcheinlich auch Huͤlfe bringende Mittel. Wenn man zu kuͤnſtlicher Reſpi— ration ſchreiten muß, ſo kann ſie durch die kuͤnſtliche Oeffnung viel leichter angewendet werden, oder, wenn der Patient im Stande iſt, zu athmen, ſo wird die erſte, durch die kuͤnſtliche Deffaung gemachte Inſpiration, ihn wahre ſcheinlich in den Stand ſetzen, mit hinlaͤnglicher Gewalt den fremden Koͤrper in den Mund zu ſtoßen. In ſo einem Falle, als in dem von mir verzeichneten, koͤnnte der Umſtand, daß das Individuum damals nicht mit Eſſen beſchaͤftiget war, oder nichts im Munde hatte, und daß die Symptome dunkel find und der Tod ploͤtzlich erfolgte, den Chirurg über die Urſache des Unfalls in Unwiſſenheit laſſen, bis der Leichnam geöffnet wird. Wenn er indeß hinlaͤnglich zeitig gerufen wird, fo iſt es möglich, daß eine genaue Diagnoſe gebildet werden kann, aus den Umſtaͤnden, unter welchen der Unfall erfolgte, aus den Symptomen, aus den unwirkſamen An— ſtrengungen, zu athmen (wobei das Herz zu ſchlagen fort— fährt), und aus dem Auffinden ausgebrochener Subſtanzen im Munde. In dieſen Unſtaͤnden moͤchte eine hinlaͤnglich zuverſichtliche Anſicht gewonnen werden, um die Operation der Teacheotomie zu rechtfertigen; aber es wird die Frage ſeyn, ob in einem ſolchen Falle, wie er hier verzeichnet wurde, die Operation etwas nutzen koͤnne, wegen der großen Strecke, in welcher die Luftwege verſtopft ſind. Alle dieſe Arten ſind vielleicht in ihrer gerichtlich-medi— ciniſchen Beziehung von großem Intereſſe. Sie ereignen ſich faſt immer unter ſolchen Umſtaͤnden, welche Verdacht von Vergiftung erregen. Das Individuum hat dem Trunke ob— gelegen, vielleicht mit Perſonen von liederlicher Lebensweiſe und verdaͤchtigem Character und nachdem er, z. B., faſt be— wußtlos geworden, erbricht er ſich und ſtirbt ploͤtzlich. Ein intereſſanter Fall aͤhnlicher Art kam neuerlich zu Newraſtle vor, woruͤber ich die Einzelnheiten dem Herrn Glover, Lehrer der Chemie an der Newcastle Medical- School, verdanke. Ein Gemeiner vom 8. Regiment ſtirbt plotzlich in einem uͤbelberuͤchtigten Haufe in Sandgate. Das Maͤdchen, in deren Geſellſchaft der Mann zur Zeit des To— des geweſen war, fluͤchtete und verbarg ſich, wurde aber ſpaͤter zur Haft gebracht, bis nach dem Leichengericht. Es ergab ſich bei letzterem, welches an den zwei naͤchſten Tagen ſeine Sitzung hielt, daß der Soldat getrunken hatte, und in einem taumelnden Zuſtande war, zu der Zeit, als er das Haus beſuchte, worin er ſtarb. Er hatte ſich auf das Kopfende des Bettes niedergelegt, wo er fuͤnf Minuten lang eine Pfeife rauchte und dann ſeinen Kopf, mit der Hand unter demſelben, aufgelegt. Das Mädchen, welches in ber: ſelben Stube am Kamine geſeſſen hatte, ging nach einer Viectelſtunde zu ihm, um ihn zu wecken, fand ihn aber kalt und ſteif. Als der Chirurg herbeikam, ſchlug das Herz noch ſchwach, obgleich der Puls nicht mehr am Handgelenke gefühlt werden konnte; er verſuchte einen Aderlaß, aber nach— dem ein Eßloͤffel voll Blut gefloſſen, hatte der Herz— ſchlag ganz aufgehoͤrt. 816 Die Leiche wurde am anderen Tage von Dr. Embles ton und Herrn Glover geöffnet. Geſicht, Schulter und Obertheil der Bruſt waren von blaͤulichter Farbe; das Hirn war geſund. Das Herz und die großen Blutgefaͤße enthiel— ten viel dunkles, flüffiges Blut. Im Munde fand ſich eine Quantitaͤt halb verdautes Blut auf der Zunge liegend, In dem larynx und der trachea fand ſich eine Quanti— taͤt ſchaumigen, mit Blut gefaͤrbten Schleimes, in welchen eine Anzahl halbdurchſichtiger, weißer Koͤrperchen eingehuͤllt war, welche wie kleine Stuͤckchen Brod ausſahen. Dieſe Parti- kelchen wurden in groͤßerer Zahl in den bronchi gefunden, von welchen einige ganz davon verſtopft waren. In den bronchi waren dieſe Partikelchen in eine braune Subſtanz gehuͤllt, welche alle Charactere von chymus hatte, indem fie ſauer war und mit ſalpeterſaurem Silber einen Niederſchlag gab. Die im Magen vorhandenen Stoffe glichen ſehr den in den Luftwegen aufgefundenen. Nach allen Umſtaͤnden des Falles kann kaum bezweifelt werden, daß der Tod durch halberbrochenen Mageninhalt erfolg— te, welcher waͤhrend der Inſpiration in die Luftwege gelangte. Ich habe in den Annalen der Mediein andere aͤhnliche Faͤlle nicht auffinden koͤnnen. Es iſt mir nicht unwahr— ſcheinlich, daß in vielen Faͤllen von ploͤtzlichem Tode waͤhrend Betrunkenheit, die Urſache uͤberſehen worden ſeyn mag, wegen Unaufmerkſamkeit auf die Moͤglichkeit eines ſolchen Ereig— niſſes, und wegen Unterlaſſung der Unterſuchung der Luftwege. Zwei von Bonel verzeichnete Fälle find den vorherge— henden einigermaaßen aͤhnlich. (Sepulchret. Anat. Lib. II. Sec. II. Obs. VIII). Indem er der Urſache des Todes bei einem Kalbe nachforſchte, fand er die Luftroͤhre ganz mit Futterreſten gefüllt. In der trachea eines Kna— ben fand er in aͤhnlicher Weiſe die Luft abgeſchloſſen durch eine Quantitaͤt halb fauler Nahrung. Er giebt an, daß in beiden Fallen die epiglottis zu klein war, um die obere Oeffnung des larynx zu bedecken und ſchließt daraus und aus dem halbfaulen Zuſtande der in der Luftroͤhre gefun— denen Subſtanzen, daß ſie allmaͤlig eingedrungen ſeyn muß— ten und ſo den Weg verſtopft hatten; eine Meinung, gegen deren Richtigkeit Zweifel entſtehen, wenn man die Senſibi— litaͤt der Theile und die große Reizung, die durch fremde Koͤrper veranlaßt wird, in Anſchlag bringen. Wahrſcheinlicher iſt, daß der Tod ploͤtzlich erfolgte von dem aufeinmal ſich er: eignenden Eintritt halbverdauter Magen-Contenta in die Luft— roͤhre, durch deren Einathmung während des Erbrechens. Apparat zur Transfuſion. Von Samuel Lane, Lector der Anatomie und Chirurgie an der St. Georg⸗Schule zu London. ren 24. und 25. auf der mit Nr. 392. [Nr. 18. dieſes VBanbes] ausgegebenen Jafel.) Die Transfuſion wurde am ſechsten Tage nach Voll— ziehung der Dieffenbach'ſchen Operation wegen des Schielens bei einem 1 ljaͤhrigen Knaben vorgenommen, der ſich wegen der nicht zu ſtillenden Blutung dem Tode nahe befand, indem die Haut ſchon ſo bleich und kalt, wie bei einer Leiche und der Puls am Handgelenke völlig unfühlbar war. (Hierzu die Fi 317 „Man wählte eine Vene in der Beuge des Ellenbogens, bildete nach der Queere derſelben eine Hautfalte, ſtach mit einem Biſtourie durch dieſe und ſchnitt dann aufwaͤrts durch die ganze Falte. So erhielt man einen zolllangen, mit der Vene parallelſtreichenden und ſich uͤber derſelben hin— ziehenden Einſchnitt in die Haut. Nun wurde am un— tern Theile des Einſchnitts eine Anel'ſche Sonde unter die Vene geführt, wodurch das Gefäß gehoben und feſtgehalten, zugleich aber auch verhindert ward, daß nach der Oeffnung deſſelben mittelſt einer gewoͤhnlichen Lancette irgend Blut— verluſt ſtattfand. Der Apparat war vorher in warmem Waſſer erwaͤrmt worden, und man fuͤhrte vorlaͤufig die an der Spritze befeſtigte Roͤhre in die Vene des Patienten ein, um ſich davon zu uͤberzeugen, daß kein Hinderniß vorhan— den ſey. Dann ward ſie wieder herausgezogen, um die Spritze mit Blut zu fuͤllen. Nun oͤffnete man die Vene der Perſon leines jungen, geſunden und ſtaͤmmigen Frauen— zimmers), von der das Blut bezogen werden ſollte, und nachdem etwa zwei Unzen davon in einem Trichter aufge— fangen worden, ließ man etwas davon in die Spritze ſau— gen, worauf man dieſelbe ſenkrecht mit dem Mundſtuͤck nach Oben hielt, den Kolben ſo weit vorſchob, daß die Luft ausgetrieben wurde, und die Roͤhre dann wieder in die ge— oͤffnete Vene des Knaben einfuͤhrte. Das Blut hatte je— doch ſchon zu gerinnen angefangen, weßhalb ich daſſelbe nicht einſpritzte. Der ganze Apparat wurde nun in war— mem Waſſer gewaſchen. „Es fiel mir nun bei, daß ſich aller Zeitverluſt da— durch vermeiden laſſe, daß man zur Austreibung der Luft, ſtatt des Blutes, Waſſer anwende, ſo daß die Spritze in der Vene liegen bleiben und der ganze Apparat zum ſofor— tigen Gebrauch in Bereitſchaft gehalten werden koͤnne. Dieß Verfahren ward in Anwendung gebracht, und nachdem man den Arm der jungen Frau uͤber den Trichter gehalten, ließ man das Blut hineintroͤpfeln. Sobald eine Unze Blut ein— gefloſſen war, zog man den mit einer Gradſcale verſehenen Kolben ſo weit zuruͤck, daß eine halbe Unze eingeſaugt wurde, und ſpritzte dann das Blut in die Vene des Kna— ben. So wurden, unter ſteter Beobachtung des Patien— ten in Betreff der Reſpiration und Gehirnfunctionen, wie beide durch die Bewegung des thorax, die Hautfarbe, den Zuſtand der Augen, Lippen und Geſichtszuͤge zu erkennen waren, 55 Unzen Blut eingeſpritzt. Hierbei fanden jedoch einige Unterbrechungen ſtatt. Viermal wurde, da das Blut Neigung zum Coaguliren zeigte, der ganze Apparat heraus: genommen und warmes Waſſer durch denſelben getrieben. Nachdem die junge Frau 10 — 12 Unzen Blut verloren hatte, fing es langſamer zu rinnen an, und man mußte ſich mit der bereits transfundirten Menge begnuͤgen. Die wohlthaͤtigen Wirkungen zeigten ſich, wenngleich der Puls am Fauſtgelenke alsbald wieder eintrat, nicht unmittelbar in hervorſtechender Weiſe; allein nach ein bis zwei Stunden konnte der Knabe wieder aufrecht im Bette ſitzen und ohne fremde Unterſtuͤtzung ein Glas Waſſer mit Wein trinken. Sein Zuſtand verhielt ſich, im Vergleiche mit dem frübern, faſt wie das Leben zum Tode. Das Auge blutete nicht 818 wieder; die Wunde in der Ellenbogenbeuge heilte binnen etwa zehn Tagen zu, und der Knabe erhielt, nachdem er in ei— nem Waͤgelchen öfters im Freien herumgefahren worden war, bald Appetit und Kraft wieder, ſo daß er auf's Land gehen konnte, von wo er dann binnen wenigen Tagen voͤl— lig geſund zuruͤckkehrte, waͤhrend das Auge keine Spur von Schielen mehr zeigte. Erklaͤrung der Abbildungen. Figur 24 zeigt die Spritze mit ihrer Mundſtuͤckroͤhre und dem Trichter vollſtaͤndig, wie ſie ſich zum Gebrauche eignet. a, der Cylinder oder Stiefel; 0, der mit einem Griffe verſehene Kolben; c, die Mundſtuͤckroͤhre, deren Ende in die Vene eingeführt wird; d, der Trichter; e, ein Druͤk— ker, welcher auf den Hahn 7 wirkt, und mittelſt deſſen ſich derſelbe beliebig oͤffnen und ſchließen, ſomit die Verbindung der Spritze mit dem Trichter bewirken und aufheben laͤßt. Figur 25. Der Hahn, deſſen Drehung dadurch be— wirkt wird, daß man den Druͤcker oder kleinen Schwengel e, Figur 24, niederdruͤckt. Ueber die Anwendung von Federharzzwirn zum Nähen von Wunden ıc. Von Th. Nunneley, Esg., Chirurg am allgemeinen Hofpital für Augen- und Gehoͤrkrankheiten zu Leeds. Ziemlich alle practiſche Wundaͤrzte moͤgen wohl die Mangelhaftigkeit der jetzt Behufs der Ligaturen angewand— ten Stoffe bei der oder jener Gelegenheit gefuͤhlt haben, da— her denn auch vielfach neue Subſtanzen und neue Anwen⸗ dungsarten der alten, z. B., verſchiedene Heftmethoden oder das Einlegen andrer Stoffe, als Federkiele oder Bougies, zwiſchen die Hautbedeckungen, in Vorſchlag gebracht worden ſind, um die getrennten Integumente genauer aneinanderzu— paſſen oder zu verhindern, daß die Hefte vor Erlangung eis ner hinreichend feſten Verwachſung durchſchneiden und her— ausfallen. Aller angewandten Vorſicht ungeachtet, kommt doch haͤufig der Fall vor, daß die Ligaturen, entweder wegen der allzuſtarken Reizung, die ſie veranlaſſen, oder weil nach der Einfuͤhrung der Ligaturen ſich eine ſtarke Geſchwulſt der Theile eingeſtellt hat und dieſe demnach zu ſehr zuſammen— gefchnürt werden, oder, um die ulcerative Entzündung zu lindern, durch welche die Hefte ohnehin bald herausſchwaͤren würden, vor der Zeit herausgenommen werden muͤſſen. Vor laͤnger als einem Jahre fuͤhlte ich mich veranlaßt, den Verſuch mit mehreren Stoffen anzuſtellen, um einen ſolchen zu entdecken, welcher von den Fehlern der gewoͤhnlich zu Ligaturen verwandten Subftanzen frei wäre. Dieß iſt mir nun gelungen, oder ich habe wenigſtens einen ausfindig gemacht, welcher vor den im allgemeinen Gebrauche ſtehenden faſerigen Stoffen viele Vorzuͤge beſitzt. Es iſt dieß das jetzt in den Künften fo vielfach angewandte, zu feinen Fäden ausgeſponnene Federharz. Bisher habe ich mir dieſe Faͤden verſchafft, indem ich von denſelben die Hülle von Baumwolle oder Seide entfernte, mit welcher das Federharz in dem jetzt zu Bandagen ſo gebraͤuchlichen Zeuche umſponnen iſt. Ue⸗ 319 brigens kann es nicht ſchwer halten, dieſe Faͤden von den Fabricationsorten direct zu beziehen. Die Vorzuͤge, welche dieſes Material bei deſſen Anwen— dung zu Ligaturen beſitzt, ſind: 1) daß es weit laͤnger lie— gen bleiben kann, ohne die Theile zu ſtark zu reizen; 2) daß es wegen ſeiner Elaſticitaͤt die Theile weit genauer zuſam— menhaͤlt, ohne ſie zu ſtark zu ſchnuͤren, und daß es, wenn ſie anſchwellen, nachgiebt, ſo daß die Spannung immer ziem— lich dieſelbe bleibt; ſo wie es auch, wenn ſie wieder zuſam— menfallen, ſich mit ihnen zuſammenzieht und alſo den Schluß ſtets gehoͤrig bewirkt; 8) daß es, weil es wegen ſeiner Glaͤtte wenig Reizung hervorbringt, auch ſo geringe Stoͤrungen ver— anlaßt, daß man ohne Nachtheile eine groͤßere Anzahl von Ligaturen anbringen kann, und 4) daß, wegen der wegfal— lenden Ulceration, die nach der Heilung zuruͤckbleibenden Narben weniger groß ſind, was zumal bei Wunden im Ge— ſicht und am Halſe von Wichtigkeit iſt. Wiewohl ich bis jetzt noch keine Gelegenheit hatte, die Federharzhefte bei der Operation der Haſenſcharte zu benutzen, ſo bin ich doch zu der Anſicht geneigt, daß man ſie ſtatt der gewundenen Math anbringen und fo der Stecknadeln (pins) entbehren koͤnne, welche immer Spuren zuruͤcklaſſen. Bei Anwendung der Federharzfaͤden hat man nicht au— ßer Acht zu laſſen, daß ſie bei einigermaßen ſtarker Anſpan— nung bedeutend duͤnner werden, weßhalb man Faͤden waͤhlen muß, die etwas dicker ſind, als ſie waͤhrend der Anwendung ſeyn ſollen. Man hat ſie ein Wenig einzuoͤlen, da ſie ſich dann ungemein leicht durchziehen laſſen, wogegen man ſich davor huͤten muß, zu viel Oel anzuwenden, weil ſonſt der Knoten leicht rutſcht, ſo daß die Ligatur locker wird. Bei'm Zuſchnuͤren derſelden hat man ſie ſo feſt anzu— ziehen, daß die Wundlefzen genau an einander liegen, ohne doch den Faden irgend feſt zu ſpannen, und den Knoten drei- bis vierfach zu binden, damit er durchaus nicht auf: gleiten koͤnne. Dieß wird man um fo wirkſamer verhin— dern, wenn man bei'm Binden des erſten Knotens den Fa— den ein Paar Mal windet, wie Manche auch bei den Ligaturen mit gewohnlichen Faͤden oder Schnuren zu verfahren pflegen. Ich brauche kaum hinzuzufügen, daß das Federharz, gerade derſelben Eigenſchaften wegen, welche es zum Heften der Wunden ſo geeignet machen, zum Unterbinden von Ge— faͤßen durchaus unbrauchbar iſt; denn hier kommt es darauf an, daß ein ſcharf angezogener unelaſtiſcher Faden die innern Wandungen des Gefaͤßes zertrenne und genau miteinander in Berührung halte. (The Lancet. March 3, 1841). 820 Miscellen. Ueber gaſtriſche und ner voͤſe Apoplexie bemerkt Dr, Wightman in feinem Buche über Sympathie des Magens und Gehirns: Es iſt keinesweges bewieſen, daß eine nervoͤſe Apoples xie wirklich exiſtire, und ich glaube, daß in den Faͤllen, welche Dr. Kirkland anfuͤhrt, bei der Section ein Druck auf das Gehirn durch Extravaſat von Blut oder Serum nachzuweiſen geweſen waͤre. Seine Beſchreibung der Krankheit iſt ganz allgemein, ohne ſich auf ſpecielle Fälle und auf Leichenoͤffnungen zu ftügen. Es iſt aber wohlbekannt, daß in vielen Faͤllen von Apoplerie mit unzweifel— haften Symptomen derſelben und bei der ausgeſprochenſten Dis— poſition dennoch keine Veraͤnderungen in der Leiche aufgefunden werden; dieſen Zuſtand bezeichnet Abercrombie als einfache Apoplerie. Es iſt dabei zu bemerken, daß in manchen Fällen das Geſicht ganz blaß, bisweilen leichenartig iſt (wahrſcheinlich von Anſammlung des Blutes in den innern Kopfaefäßen), wobei Beſ— ſerung eintrat, fobald das Blut bei der Venäfection floß; die Symptome von Druck auf das Gehirn verminderten ſich hierbei all— maͤlig, und die Blaͤſſe des Geſichtes machte der normalen Farbe Platz. Noch mehr, bei manchen tödtiihen Fällen dieſer Art hat man Ausdehnungen der Gefaͤße des Gehirns, Zerreißung derſelben und davon abhaͤngiges Extravaſat beobachtet. Die Angaben uͤber nervoͤſe Apoplexie ſind daher mit Vorſicht aufzunehmen, indem da— durch die ungluͤcklichſten Reſultate in Fällen bedingt werden koͤn— nen, wo ſie noch zu verhindern geweſen waͤren, weil man das wichtige Mittel der Blutentziehung nicht anwendet und weil man ſtatt dieſer Brechmittel anwendet, wodurch der Blutandrang nach dem Kopfe vermehrt und dadurch Schaden angerichtet wird. Ne— ben der heftigen, jedesmal toͤdtlichen Form von nervoͤſer Apoplexie beſchreibt Dr. Kirkland auch eine mildere Form, welche er in einigen Fällen geheilt habe, wiewohl dieß nicht leicht geſchehe; eine ſolche mildere Form ſey es, wonach ſehr häufig Hemiplegie zuruͤckbleibt. Dieſer letzte Umſtand beweiſ't aber, meiner Anſicht nach, hinreichend, daß ein Druck auf das Gehirn ſtattfand; und in jedem Falle, wo Hemiplegie in fruͤherer Zeit vorhanden war, wird bei einem neuen Anfalle von Apoplexie und bei derjenigen Behandlung derſelben, welche nur gegen Reikzuſtaͤnde der Magens nerven gerichtet iſt in der Praxis immer bedeutend gefehlt werden, ſowohl direct, als durch Unterlaſſung, wenn man Brechmittel giebt und Blutentziehungen unterläßt. Eine neue Operation gegen das Stottern wird von Herrn James Braid, zu Mancheſter, in The London med. Gaz, 19. Maͤrz 1841, angefuͤhrt. Nachdem er bemerkt hatte, daß in der Mehrzahl der Faͤlle bei'm Stottern ein ſteifer Zuſtand der Zunge vorhanden ſey, wodurch eine freie Bewegung der epiglottis gehin— dert werde, ſo beſchloß er, eine betraͤchtliche Trennung des Zun— genbaͤndchens vorzunehmen. Dieß geſchah bei vielen Kranken, und zwar mit großem Erfolge. In anderen Fällen war eine Vergroͤ— ßerung der Mandeln der Grund einer Niederdrückung der epiglot- tis, wogegen die Exſtirpation der Mandeln mit dem vollkommen— ſten Erfolg ausgefuͤhrt wurde. Herr Braid ſagt, daß einige Male das Zungenbaͤndchen wieder zuſammengewachſen und dadurch das Stottern wieder eingetreten ſey, in welchen Faͤllen aber die Wie— derholung der Operation das Leiden ſogleich wieder beſeitigte. Bis— weilen fand er Stottern und Huſten, veranlaßt durch Verlaͤngerung der uvula; in dieſen Faͤllen wurde die uvula abgekuͤrzt und die Zuruͤckziehung durch adſtringirende Gargarismen unterſtuͤtzt, worauf ebenfalls die Heilung erfolgte. Bibliographische neuigkeiten. Die Faͤhrten-Abdrücke im bunten Sandſteine bei Jena Von Dr. K. Koch, Profeſſor, und Dr. E. Schmid, Privatdocent an der Univerſitaͤt zu Jena. Jena 1841. 4. Mit 4 Steindruck⸗ tafeln. (Genaue Beſchreibung des in Nr. 378. [Nr. 4. dieſes Bandes] S. 58 Erwaͤhnten.) A selection of the physiological and horticultural Papers in the Transactions of the Royal and Horticultural Societies. By the late F. A. Knight, Esg. With a sketh of his Life. London 1841. 8. Mit Kupf. Manuale dei casi urgenti in medicina. Luigi Malavasi. Modena 1840. Delle alienazioni mentali e del migliore metodo di curarle, Dott. Baletti. Genova 1841. 8. Compilato dal Dottore Dal —— —-— — ſ—ſ— Menue Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Medicinalrathe Fror ep zu Weimar, und dem Medicinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. ’ 3 Mo. 395. (Nr. 21. des XVIII. Bandes.) Juni 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Nat unn Nachrichten uͤber die Herbarien Europa's, zumal diejenigen, welche fuͤr den Nordamericaniſchen Botaniker beſonderes Intereſſe haben. *) Die vegetabiliſchen Erzeugniſſe Nordamerica's ſind, gleich denen aller Ränder der Erde, mehrentheils zuerſt von Eu— ropaͤiſchen Botanikern beſchrieben worden, und zwar entwe— der nach den von Reiſenden mitgebrachten Sammlungen oder nach den ihnen von Bewohnern Nordamerica's mitge— theilten Exemplaren, welche die Blumiſtik oder Botanik ih— res Vaterlandes zu foͤrdern gedachten. Da ſich die Zahl der bekannten Pflanzen beſtaͤndig vermehrt, ſo kommt der Fall ſehr haͤuſig vor, daß man die kurze Beſchreibung und ſelbſt Abbildung aͤlterer Botaniker zur ſichern Beſtimmung der von ihnen im Auge gehabten Species durchaus ungenuͤgend fin— det, ſo daß ein Zuruͤckgehen auf die Herbarien, in denen ſich die Exemplare befinden, nach welchen jene aͤltern Schrift— ſteller ihre Beſchreibungen urſpruͤnglich entwarfen, ſich nöthig macht. In dieſer Beziehung beſitzen die Kraͤuterſammlungen jener Botaniker eine weit hoͤhere Wichtigkeit, als ſie, in Betracht ihres meiſt geringen Umfanges und der ſchlechten Beſchaffenheit der Exemplare, ſonſt in Anſpruch nehmen duͤrften. Mit der Einführung der Linné'iſchen Nomenclatur ward auch eine Regel aufgeſtellt, welche zur nachhaltigen Siche— rung der Vorzuͤge jener Nomenclatur durchaus erforderlich war, daß naͤmlich in allen Fällen, wo nicht hochwichtige Ruͤckſichten es verbieten, der Name, unter welchem eine Gattung und Art zuerſt bekannt geworden, fuͤr alle Zeiten beibehalten wird. Die genaue Beſtimmung der von Linné aufgeſtellten Species iſt demnach ungemein wichtig, und die— ſer Zweck läßt ſich in vielen Faͤllen nur durch Beſichtigung ») Mittheilung an Silliman's Journal von Seiten des Verfaſſers (wahrſcheinlich des Dr. Gray), und wieder abges druckt in den Annals and Magazine of Natural History, No. XLII., April 1841. No. 1495. R u N do. vg: der Herbarien Linné's oder derjenigen Botaniker erlangen, nach deren Beſchreibungen oder Abbildungen er viele ſeiner Species aufgeſtellt hat. Unſere Ueberſicht wird demnach naturlich mit dem Herbarium des unſterblichen Linné beginnen, der dasjenige Syſtem der Nomenclatur ſchuf, von welchem die Botanik, wie die Naturgeſchichte uͤberhaupt, ſo außerordentlichen Nutzen gezogen hat. Dieß Herbarium gelangte bekanntlich nach dem Tode Linné's, des Sohnes, nach England, wo es wohl auch bleiben wird. Der verſtorbene Sir James Edward Smith, damals ein junger Student der Medicin und eiftiger Bota— niker, erfuhr eines Tages von Sir Joſeph Banks, daß die Erben Linné's, des Sohnes, ihm ſoeben das Her— barium des alten Linné, nebſt deſſen uͤbrigen Sammlun— gen und Bibliothek, für die Summe von 1,000 Guineen angeboten haͤtten. Da Sir Joſeph Banks ſelbſt keine Luſt zu dem Ankaufe hatte, ſo empfahl er denſelben Herrn Smith, und dieſer entſchied ſich, wie es ſcheint, alsbald dafuͤr, ſeine Ausſichten auf eine durch Vermoͤgen ziemlich unabhaͤngige Stellung im Leben daranzuſetzen, um jene Schaͤtze fuͤr ſich und ſein Vaterland zu erwerben, und ſchrieb noch denſelben Tag nach Upſala, um ſich einen vollſtaͤndigen Catalog der Gegenſtaͤnde zu erbitten und zu erklären, daß er für den angebotenen Preis dieſelben zu erwerben gedenke, wenn die Sammlungen nicht unter feinen Erwartungen zurüdblieben. *) „) Am folgenden Tage ſchrieb Smith Nachſtehendes an ſeinem Vater, um ihn mit ſeinem Schritte bekannt zu machen und um ſeinen Beiſtand zum Gelingen des Unternehmens zu bitten: „Es iſt Ihnen wohl bekannt geworden, daß der jüngere Linné unlängft mit Tode abgegangen ift. Sein und feines Vaters Bibliothek ſind gegenwaͤrtig zu verkaufen. Das Ganze beſteht aus einem gewaltigen Herbarium mit Doubletten, aus Inſecten. Muſcheln, Corallen, einer Materia medica, Feſſi⸗ lien, einer ſehr ſchoͤnen Bibliothek, allen ungedruckten Manu⸗ ſcripten, kurz den ſaͤmmtlichen naturhiſtoriſchen und medicini⸗ ſchen Schaͤtzen, die Vater und Sohn zuſammengebracht. Es iſt ſoeben dem Sir Joſ. Banks für 1,000 Guineen angebo⸗ ten worden; derſelbe will aber nicht darauf eingehen. Der 21 323 Daß er feinen Zweck erreichte, verdankte er lediglich dem Umſtande, daß er die Sache keinen Augenblick verſchob; denn gleich darauf gingen andere hoͤchſt dringende Anerbietungen ein. Allein der ungemein rechtlichdenkende Dr. Acrel, der dem Herrn Smith das Vorkaufsrecht zugeſtanden, weigerte ſich, ſo lange er mit dem Letztern in Verhandlung ſtand, auf irgend einen andern Vorſchlag einzugehen. Der Ver— kauf wurde endlich auf 900 Gumeen abgeſchloſſen, und nur das von dem juͤngern Linné vor feines Vaters Tode angelegte Herbarium davon ausgeſchloſſen, welches angeblich nichts enthielt, was nicht auch in dem großen Herbarium vorkommt. Die Pflanzenſammlung des Sohnes erhielt Ba— ron Alstroemer, als Entſchaͤdigung für eine geringe Forderung. Kaum war das mit dieſen Schaͤtzen beladene Schiff unter Seegel, als der Koͤnig von Schweden, welcher, außer Landes, in Frankreich, geweſen war, zucuͤckkehrte und angeblich ein Kriegsſchiff abſchickte, um jenes Schiff aufzu— bringen. Obgleich dieß in den Memoiren und in der Cor— reſpondenz des Sir J. E. Smith fo erzählt wird, hat man doch in neuerer Zeit gegruͤndete Zweifel dagegen erho— ben. Wie dem auch ſey, fo waren doch der König und alle Gelehrten Sweden's mit Recht hochlich Darüber ent— ruͤſtet, daß die Teſtamentsvollſtrecker die Sammlungen hats ten außer Landes gehen laſſen; allein die Schmach trifft wohl eher die Schwediſche Regierung *) ſelbſt und die Uni— Antrag wurde ihm durch meinen Freund, Dr. Engelhart, auf den Wunſch eines Dr, Acrel zu Upfala gemacht, der die Aufſicht über den Nachlaß hat. Ich bin nun ehrgeizig ger nug, um den Wunſch zu hegen, dieſe Sammlungen zu beſitzen, mich in London als Arzt niederzulaſſen und Vorleſungen uber Naturgeſchichte zu harten. Sir Banks und andere Freunde finden dieſen Plan hoͤchſt zweckmäßig. Ich habe an den Dr. Acrel, dem ich durch Dr. Engelhart empfohlen worden, geſchrieben und ihn erſucht, mir nahere Auskunft zu erthei— len, fo wie das Vorkaufsrecht einzuräumen, wobei ich ihm zugleich verſichert, ich wurde, wenn das Vorhandene meinen Erwartungen entſpreche, ein aaſehnliches Gebot thun. Hof— fentlich ſehen Sie und die liebe Mutter dieſe Angelegenheit in einem nicht weniger günftigen Lichte, als meine hieſigen Freunde. Es iſt keine Zeit zu verlieren, da von der Sache in allen Geſellſchaften geſprochen wird und ſich viele Kauflieb— haber finden. Die Kaiſerin von Rußland fol darauf reflecti— ren. Die Manuſcripte, Briefe ꝛc. müſſen unfhäßbar ſeyn, und wahrſcheinlich enthält die Bibliothek eine vollſtändige Samm— lung aller zu Upfala herausgekommenen Inauguraldiſſertatio— nen, von denen nur eine geringe Anzahl unter dem Titel Amoenitates Academicae, welches ſchatzbare Werk ſich hoͤchſt ſelten macht, wiederabgedruckt worden find. Alle dirfe Dif: fertationen haben Linne zum Verfaſſer und ſind von un: ſchaͤtzbarem Werthe. Kurz, jemehr ich uͤber die Sache nach— denke, deſto beherzigungswerther ſcheint ſie mir, und ich ver— traue ihrer pülfe. Könnte ich nur eine halbe Stunde lang mit Ihnen ſprechen! aber dieß iſt unmoͤglich.“ Correspondence of Sir J. E Smith. Vol. I. p. 93. Der Vater willigte ein. Leider geſtatten uns die Graͤnzen dieſes Blattes nicht, die ganze intereſſante Correſpondenz über dieſen Gegenſtand mitzutheilen. „) Derſelbe Tadel trifft auch die Eng:iihe Regierung, welche ſich nach dem Tode des Sir J. E. Smith weigerte, das ge— ringſte Gebot auf die Sammlungen zu thun, welche folglich auch England wieder hätte einbüßen Eönnen, wenn die Linné'i⸗ ſche Geſellſchaft ſie nicht erworben haͤtte. 324 verſitaͤt Upſala, die doch Linns faſt einzig ihre große Bes ruͤhmtheit verdankte. Uebrigens kann man der Wiſſenſchaft nur dazu Gluͤck wuͤnſchen, daß dieſe Schaͤtze aus einem we— nig beſuchten Lande in den Mittelpunct wiſſenſchafilicher Beſtrebungen und Intereſſen verſetzt wurden, wo ſie gewiß viel mehr zugaͤnglich ſind. Zwar klagt der verſtorbene Pro— feſſor Schultes in feinem ſebr unterhaltenden Tagebuche einer botaniſchen Reiſe nach England darüber, daß fie in den Beſitz der toto disjunctos orbe Britannos gefallen ſeyen; allein ſelbſt von Landshut aus kann man wohl leich— ter nach London, als nach Upjala reiſen. Nach Sir J. E. Smith's Ableben wurden die durch die Smith'ſchen bereicherten Linné'iſchen Sammlungen von der Linné'iſchen Geſellſchaft in London gekauft. Das Her— barium befindet ſich noch in denſelben Kaͤſten, in denen es zu Upſala aufbewahrt wurde und wird ſorgfaͤltig im ur— ſpruͤnglichen Zuſtande erhalten. Nur hat man es, um es ver dem durchdringenden ſchwarzen Staube London's zu bewahren, in kleinere Abtheilungen gebracht und dieſe mit einem Ueberzuge von mit Leinwand gefuͤttertem ſtarken Pa— piere verſehen. Die Umſchlaͤge ſind in Uebereinſtimmung mit dem vollſtaͤndigen handſchriftlichen Cataloge numme— rirt, fo daß man die ohnehin im Vergleiche mit vielen neu— ern Herbarien keineswegs umfangsreiche Sammlung mit großer Bequemlichkeit benutzen kann. In den Unterhandlungen mit Smith gab Dr. Acrel die Zahl der Species zu 8,000 an, obwohl deren wahr— ſcheinlich viel mehr vorhanden waren. Die meiſt kleinen, aber trefflich erhaltenen Exemplare ſind auf halbe Bogen einer keineswegs feinen Papierſorte von der Größe des Fool’scap- Papiers (oder Pro patria, welches nach jetzigen Anſichten zu klein iſt) geheftet ') und alle zu vecielben Gattung ge— hörenden Species auf die gewoͤhnliche Weiſe in einen dop— pelt zuſammengelegten Bogen geſchlagen. Die Namen ſind gewoͤhnlich auf die halben Bogen ſelbſt geſchrieben, und es iſt zugleich in abgekuͤrzten Worten angegeben, woher die Exemplare ſtammen. So ſind die aus dem botaniſchen Garten zu Upfala bezogenen mit II. U., die von Kalm geſchenkten mit K., die von Gronovius beigeſteuerten mit Gron. bezeichnet u. ſ. w. Die verhandenen Zettel find faſt durchaus von Lin ns ſelbſt geſchrieben; nur einige da— runter tragen die Handſchrift des Sohnes oder gelegentliche Bemerkungen Smith's. Dieſelben ſind leicht zu erken— nen und auch gewoͤhnlich durch die betreffenden Anfangsbuch— ſtaben bezeichnet. Bei Weitem die meiſten in dieſem Her— barium enthaltenen Nordamericaniſchen Pflanzen rühren von Kalm her oder ſind aus von dieſem Botaniker geſammel— tem Saamen gezogen. Dieſer unternehmende Schuͤler Lin— *) Hieruͤber ſchreibt br Acrel in der dem Sir J. E Smith über die Linne'iſchen Sammlungen ertheilten Auskunft Folgen— des: „Ut vero vir illustrissimus, dum vixit, nihil ad osten- tationem habuit, omnia vero suum in usum accommodata; ita etiam in hoc herbario, quod per XL annos sedulo col- legit, frustra quaesiveris papyri Insignia ornamenta, mar- gines inauratas etc,, quae ostentationis gratia in omnibus fere herbariis nunc vulgaria sunt.“ 325 né's bereiſ'te Nordamerica, auf Koſten der Schwediſchen Regierung, drei Jahre lang und beſuchte die Staaten Neuyork, Neu-Jerſey, Pennſylvania und Niedercanada, weß— halb die von ihm geſammelten Pflanzen faſt durchgehends aus den nördlichen Staaten herruͤhren *). Der Gouverneur Golden, an welchen Kalm einen Empfehlungsbrief von Linné hatte, war damals durch ſeine Correſpondenz mit Peter Collinſon und Grono— vius als Botaniker bekannt. Auch hatte er eine Flora der Gegend von Coldenham im Staate Neuyork geſchrieben und dieſelbe dem Grono v zugeſendet, von dem fie Linné erhielt, welcher ſie in den Acta Upsalensia abdrucken ließ. Er ſuchte ſich früh mit Linné in directe Correſpen— denz zu ſetzen; allein das Schiff, auf welchem er dieſem ein Herbarium und Bemerkungen Über daſſelbe uͤberſandte, ward eine Beute der Seeraͤuber *), und in einem durch Kal m bei deſſen Ruͤckkehr nach Schweden uͤberſandten Briefe theilte Colden Linné mit, Kalm babe fo eifrig geſammelt, daß er (Colden) ihm (Linné) nicht viel mehr nuͤtzen koͤnne. Wahrſcheinlich hat alſo Linné nie Pflanzen von Colden erhalten, und im Herbarium des Erſtern iſt auch keine Spur von ſolchen zu entdecken. *“) Von Gero no— *) Ex his Kalmium, naturae eximium scrutatorem, itinere suo per Pennsylvaniam, Novum Eboracum et Canadam, regiones Americae ad septentrionem vergentes, trium anno- rum decursu dextre confecto, in patriam inde nuper redu- cem laeti recipimus: ingentem enim ab istis terris reporta— vit thesaurum, non conchyliorum, solum, insectorum et am. phibiorum, sed herbarum ctiam diversi generis ac usus, quas, tam sicens quam vivas, allatis etiam seminibus corum recentibus et incorruptis, adduxit. — Linn. Amoen. Acad. Vol. III. p. 4. ) S. den Brief Linné's an Haller vom 24. September 6. ) Das Holosteum succulentum L. (A'sine foliis ellipticis carnosis, Colden,) iſt indeß in Linné's eignem Exemplare der Species Plantarum mit dem Zeichen verfehen, durch wel— ches er die damals in ſeinem Beſitze befindlichen Species zu bezeichnen pflegte, wogegen man in ſeinem Herbarium kein entfprechendes Exemplar findet. Dieſe Pflanze hat den Ame— ricaniſchen Botanikern lange Zeit zu ſchaffen gemacht, obwohl ſich aus Colden's Beſchreibung offenbar ergiebt, daß Dr. Torrey ſie in ſeiner Flora of the Northern and Middle States ganz richtig auf Stellaria media bezogen hat. Die Tochter des Gouverneurs Colden ſcheint des Lobes, welches ihr Collinſon, Ellis u. A. geſpendet, vollkommen wuͤr— dig geweſen zu ſeyn Ellis ſagt in einem Briefe vom April 1753 an Linné: „Herr Colden zu Neuvork hat dem Dr. Fothergill eine von feiner Tochter beſch iebene neue Pflanze, die Fibraurea oder der Goldfaden, geſchickt. Es iſt ein Eici- nes kriechendes, auf Suͤmpfen vorkommendes Gewaͤchs, deſſen Wurzel von den Landleuten zu Decocten gegen Wundheit des Mundes und Halſes gebraucht wird. Wurzeln und Blätter find ungemein bitter u. ſ. w.“ Hierauf folgt der von Miß Colden aufgeſetzte generiſche Character, der keinem Botani— ker unſerer Zeit Schande machen würde. Leider nahm Linns den der Gattung von Miß Colden gegebenen Namen nicht an, obwohl er paſſender iſt, als Salisbury's Coptis. „Dieſe junge Dame hat Anſpruch auf Ihre Achtung und macht Ihrer Methode Ehre. Sie hat 400 Pflanzen gezeichnet und nach Ihrem Syſteme beſchrieben. Uebrigens bedient ſie ſich nur der engliſchen Sprache. Nach ihrem Vater wird eine 326 vius hatte Linné vor der Herausgabe der Species Plan- tarum eine geringe Anzahl von Clayton' s Pflanzen ers halten; aber die meiſten Species der Flora Virginica wurden nach den bloßen Beſchreibungen aufgeſtellt oder auf andere Pflanzen bezogen. An Dr. John Mitchell hatte Lin ns ebenfalls eis nen americaniſchen Correſpondenten . Mitchell lebte mehrere Jahre in Virginien und ſammelte daſelbſt ſehr flei— ßig. Leider wurde das Schiff, auf welchem er nach Eng— land zuruͤckkehrte, von Sceraͤubern genommen, und bei dies ſer Gelegenheit gingen ſowohl ſeine, als des Gouverneurs Colden Sammlungen großentheils zu Grunde. Uebrigens batte Linn é ſchon früher von ihm einige getrocknete Pflan— zen erhalten, z. B., diejenigen, auf welche die Genera Proserpinaca, Polypremum, Galax etc. gegrüns det find. Außerdem verdankte Linn é damals noch zwei Ameri— caniſchen Botanikern, theils direct, theils indirect, viele ſchaͤtz— bare Beitraͤge, naͤmlich dem John Bartram und dem Dr. Alexander Garden von Charleston in Suͤdcarolina. Der erſtere ſammelte uͤber zwanzig Jahre lang Saamen und le— bende Pflanzen far Collinſon und dehnte ſchon damals ſeine muͤhſeligen Forſchungen von den Graͤnzen Canada's bis zum ſuͤdlichen Florida und zum Miſſiſippi aus. Alle feine Sammlungen wurden an Collinſon gefendet **), bis Pflanze Coldenia benannt; ginge es nicht an, daß dieſe (bier giebt Ellis den generiſchen Character eines neuentdeckten Gewaͤchſes) nach ihr Coldenella genannt wuͤrde?“ Ellis, Letter to Linn eus, I. c. *) Ihm wurde die huͤbſche Mitchella repens gewidmet. Dr. Mitchell hatte wohl ſchon im Jahre 1840 einen Artikel an Collinſon geſendet, in welchem er 80 Genera Virginiſcher Pflanzen aufſtellte. Dieſen fandte Collinſon an Trem(?) in Nuͤrnberg, welcher ihn in den Ephemerides Acad. Natur. Curiosorum v. J. 1748 bekannt machte Indeß waren mitt- lerweile die meiſten Genera ſchon unter andern Namen von Linné und Gronov aufgefuͤhrt worden. Unter den von Mitchell in Vorſchlag gebrachten befand ſich eines, Namens Chamaedaphne; dieſes bezog Linné auf Lonicera; da der ältere Juſſieu (Bernard) ihm aber in einem Briefe vom 19 Februar 1751 nachwies, daß es ſowohl von Lonicera, als von Linnaca, durchaus verſchieden ſey, ja ſogar zu einer andern natürlichen Ordnung gehöre, fo nannte er es fpäter Mitchella. ) Collin ſon ſtand mit allen Botanikern Nordamerica's, 3 B., dem Gouverneur Colden, Bartram, Mitchell, Clay: ton und Dr. Garden, fortwährend in Correſpondenz und bewirkte durch ſie die Einführung einer greßen Menge nord— americapiſcher Pflanzen in die Gärten Enaland's. „Ihr Sy⸗ ſtem“, ſchreibt er an Linné, „findet in America vielen Bei— fall Herr Clayton und Dr. Colden zu Albany am Hudſon im Staate Neuvork, fo wie Dr. Miclch ell zu Urs bana am Rapabanock in Virginien, find wahre Profeſſoren der Botanik. Der letzte hat in der Pflanzenwelt viele und bedeutende Entdeckungen gemacht.“ Ferner: „Ich babe erſt neulich Nachrichten von Herrn Golden erhalten; er befindet ſich wohl. Uebrigens iſt ſeine Tochter vielleicht die erſte Dame, welche ſich Ihr Syſtem vollkommen zu eigen gemacht hat. Sie verdient, ausgezeichnet zu werden.“ — „Im zweyten Bande der Edinburgh Essays ift eine lateiniſche Diſſertation * 327 diefer einfache und liebenswuͤrdige Gelehrte im J. 1768 ſtarb; und von Collinſon wurden dem Linné viele Saamen, lebende Pflanzen und intereſſante Bemerkungen, dagegen wenige oder vielleicht gar keine getrocknete Erem— plare mitgetheilt. Dr. Garden, ein geborner Schotte, wohnte zu Charleston in Suͤdcarolina von 1745 bis zum Beginne der Nordamericaniſchen Revolution und widmete jeden Augenblick, den ihm feine ausgedreitete aͤrztliche Pra— xis uͤbrig ließ, dem Studium der Botanik und Zoologie. Sein Hauptcorreſpondent war Ellis zu London, durch deſ— fon Vermittlung er jedoch auch mit Linné in Briefwechſel trat. An Beide ſandte er Beſchreibungen neuer Pflanzen und Thiere ein, die er mit vielen trefflichen critiſchen Be— merkungen ausſtattete. Keines der Naturproducte, die er dem Letztern zufertigte, erreichte jedoch den Ort ſeiner Be— ſtimmung; das Schiff, auf dem ſie ſich befanden, wurde von den Franzoſen gekapert, und Linné beklagte ſich haͤu— fig darüber, daß er die von Dr. Garden aufgeſtellten Ge— nera nicht beſtaͤtigen koͤnne, weil ihm die Pflanzen ſelbſt abgingen. Ellis ſcheint manchmal gluͤcklicher geweſen zu ſeyn; da er aber dem Linné nur die Beſchreibungen Gar: den's zuzufertigen pflegte, ſo finden wir im ganzen Linné— iſchen Herbarium keine einzige Pflanze, von der ſich mit Beſtimmtheit nachweiſen ließe, daß ſie von Dr. Garden herruͤhre. botaniſchen Inhalts von Miß Colden abgedruckt; Sie koͤn— nen auf dieſe Anhaͤngerin Ihres Syſtems ſtolz ſeyn.“ — Nach dem Allen ſcheint es, als ob die Botanik damals in den Nordamericaniſchen Colonicen eifrig betrieben worden ſey— Indeß ſchreibt Dr. Garden um dieſelbe Zeit an feinen Freund Ellis, wie folgt: „So lange ich nun in Carolina bin, habe ich noch kein einziges menſchliches Weſen getroffen, das ſich um die Botanik bekuͤmmerte. Oft habe ich mit Verwunde— rung bedacht, daß die Natur hier ſo viel Herrliches entfaltet, ohne daß ein verſtaͤndiges Auge darauf blickt, und daß dieſes Land von Pflanzen und Thieren wimmelt, ohne daß es der Vorſehung gefallen hat, einen Erforſcher derſelben zu erwek— ken.“ Um aber auf Eollinfon zurückzukommen, ſo beſteht der unterhaltendfte Theil feiner Correſpondenz mit Linné in den Briefen, die er kurz nach dem Erſcheinen der Species Plantarum an den Letztern ſchrieb, und in welchen er den gro— ßen Schwediſchen Naturforſckher wegen ſeiner Neuerungen ta: delt und dieſelben Gründe geltend macht, welche ein einge— fleiſchter Linnéiſt gegen einen Botaniker der neueſten Zeit vor: bringen koͤnnte. „Ich habe“, ſchreibt Collinſon, „Ihre Species Plantarum, ein ſehr nuͤtzliches und muͤhevolles Werk, mit Vergnügen geleſen. Aber, lieber Freund, wir, die wir Sie bewundern, bedauern ſehr, daß Sie die edle Wiſſenſchaft der Botanik dadurch verwirren, daß Sie althergebrachte Na: men verbannen und neue an deren Stelle ſetzen, die Niemand kennt. So iſt die Botanik aus einem angenehmen und Jeder— mann zugänglichen Studium durch die neue Nomenclatur das Studium eines Menſchenlebens geworden und nur noch wirkli— chen Profeſſoren der Botanik erreichbar. Da ich Sie lieb habe, ſo ſage ich Ihnen meine wahre Meinung.“ Brief v. 20. April 1754: „Sie haben mit Ihren Species Plantarum den Anfang gemacht; allein wenn das immer ſo fortgeht und Sie ſtets an die Stelle alter guter Namen ſo ſchwere ſetzen, die keinen Begriff von der Pflanze geben, ſo kann Niemand es in der Botanik zu etwas Vollſtaͤndigem bringen.“ Brief v. 10. April 1755: Smith’s Selection from the Correspondence of Linnaeus. 328 Dieß waͤren wahrſcheinlich alle Botaniker America's, mit denen Linné je in Verbindung geftanden hat; denn Dr. Kuhn, welcher ihm bloß lebende Exemplare der nach ihm benannten Pflanze gebracht zu haben ſcheint, und Ca— tesby, welcher kurz vor ſeinem Tode einige lebende Pflan— zen einfandte, die fein Freund Lawſon in Carelina geſam— melt hatte, verdienen in dieſer Beziehung kaum erwaͤhnt zu werden. *) Die Linné'iſche Geſellſchaft beſitzt ferner das eigne Her: barium ihres Gruͤnders und erſten Praͤſidenten Sir James E. Smith, eine ſchoͤne und trefflich erhaltene Sammlung. Die Exemplare ſind, nach dem jetzt in England uͤblichen, Verfahren, auf ſchoͤnes ſtarkes Papier geheftet. Was die Flora Nordamerica's betrifft, fo rühren die vorzuͤglichſten Beiträge von Menzie8 (Californien und Nordweſkluͤſte), Muͤhlenberg, Bigelow, Torrey und Boott (Booth?) (Vereinigte Staaten) her. Hier finden wir auch die ecrypto— gamiſche Sammlung des Acharius, welche die authenti— ſchen Exemplare enthaͤlt, nach denen ſein Werk uͤber die Lichenen abgefaßt ward, ſo wie das praͤchtige oſtindiſche Herbarium von Wallich, welches die Geſellſchaft vor nicht gar langer Zeit ven der oſtindiſchen Geſellſchaft zum Ge— ſchenk echielt. Die im Britiſchen Muſeum aufbewahrten Sammlun— gen ſtehen an Wichtigkeit dem Linné'iſchen Herbarium kaum nach, inſofern es ſich um Beſtimmung der von Linne und andern aͤltern Botanikern aufgeſtellten Species handelt. Wir finden daſelbſt das aͤchte Herbarium des Hortus Clif- fortianus, eines der erſten Werke Linné's, und es ent— hält daſſelbe mehrere, im Linné'iſchen Herbarium fehlende Pflanzen. Ebendaſelbſt iſt das Herbarium von Plunke— net, welches aus einer großen Menge, ohne beſtimmte Ordnung auf die Seiten eines Dutzends Foliobaͤnde gehef— teter kleiner Exemplare beſteht. Bei genauerer Unterſuchung erkennt man die Originale vieler im Almagestum und Amaltheum Botanieum enthaltener Abbildungen, wonach ſich viele Linné'iſche Species beſtimmen laſſen. Das Her— barium von Sloane hat ebenfalls fuͤr den Nordamericani— ſchen Botaniker Intereſſe, indem viele in der Voyage to Jamaica und dem Catalogue of the Plants of Ja- maica beſchriebene Pflanzen von Linné, faſt in allen Faͤl— len unrichtig, auf Species bezogen wurden, welche in den Vereinigten Staaten und Canada wachſen. Noch wichtiger iſt jedoch die Pflanzenſammlung Clayton's, nach deſſen ſchriftlichen Bemerkungen und Exemplaren Gronov feine *) In einem, Leyden d. 23. Jan. 1738 datirten Briefe, ſchreibt Linné: „Man kann kaum glauben, wie viele Pflanzen Virginien's mit denen Europa's identiſch ſind. Es giebt im Staate Neuyork Alpen, d. h. Berge, auf denen der Schnee Jahr aus Jahr ein liegen bleibt. Ich habe einem Nordame— ricaner, der hier Medicin ſtudirt und in einem Jahre wieder in fein Vaterland zuruͤckkehren wird, den Auftrag gegeben, jene Berge zu beſuchen und mich davon zu benachrichtigen, ob die dort wachſenden Alpenpflanzen dieſelben ſeyen, wie die europaͤiſchen.“ Wer mag dieſer Student aus America gewe— fen ſeyn? Kuhn beſuchte Rinne erft 15 Jahre nach dem Datum dieſes Briefes. 529 Flora Virginica ) herausgab. Viele von Linné aufs geſtellten Species gruͤnden ſich auf die in dieſem Herbarium enthaltenen Exemplare, und in Betreff dieſer bildet daſſelbe den einzigen authentiſchen Anhaltepunet. Die Sammlung iſt noch faſt vollſtaͤndig, allein die Pflanzen ſind nicht be— ſonders gut eingelegt und auch nicht im beſten Stande der Erhaltung. Das Britiſche Muſeum beſitzt auch ein Herba— rium von Cates by; doch iſt das zu Oxford von demſelben Botaniker wohl bedeutender. Unter den beſondern Samm— lungen findet ſich auch eine kleine, aber intereſſante, welche der ältere Bartram aus feinen vor faſt hundert Jahren in Georgia und Florida zuſammengetragenen Pflanzen aus— waͤhlte und mit einem Schreiben, deſſen Einfachheit unge— mein anſpricht, der Königin Charlotte uͤberſandte. Da— mals waren faſt alle in dieſem Fascikel enthaltenen Pflan» zen noch unbeſchrieben, und viele derſelben gehoͤren Genera an, die damals noch keine Namen hatten. Mehrere darun— ter ſind erſt ganz neuerdings dem Publicum bekannt ge— worden, und einige fehlen in der Nordamericaniſchen Flora noch jetzt. Unter dieſen letztern koͤnnen wir die Petiveria alliacea und die Ximinea Americana nennen, welche letztere man erſt ganz neuerdings in derſelben Gegend wie— deraufgefunden bat. Das Fascikel enthält: Elliottia, Muhl., Polypteris, Nutt., Baldwinia, Nutt., Ma- cranthera, Torr., Glottidium, Mayaca, Chaptalia, Befaria, Eriogonum tomentosum, Polygonum po- Iygamum, Vent., Gardoquia Hookeri, Benth., Sa- tureja (Pyenothymus) rigida, Cliftonia, Hypericum aureum, Galactia Elliottii, Krameria lanceolata, Torr.. Waldsteinia (Comaropsis) lobata, Torr. et Gr., Chapmannia, Torr. et Gr., Delichos (?) mul- ) „Flora Virginica, exhibens plantas quas J. Clayton in Vir- ginia gollegit.“ Lugd. Bat. 8. 1743. El. 2. 4. 1762. Die erſte Ausgabe wird in Lin né's Species Plantarum citirt; dagegen ſind in der zweiten die ſpecifiſchen Charactere nach inne aufgeführt. 330 tiflorus, Torr. et Gr., Psoralea Lupinellus und an: dere ziemlich ebenfo intereffante und feltene Pflanzen, welche urfprünglic von Bartram entdeckt, aber lange ganz unbe: kannt geblieben ſind. (Schluß folgt). Miscellen. Ueber die Fortpflanzung der Mo notremen iſt jeder Beitrag willkommen. In den Vorleſungen über die Reproductions— organe im Thierreiche, welche Herr Owen im vorigen Jahre in dim College of Surgeons zu London gehalten und in the Lancet mitgetheilt find, findet ſich in Nro. 25 vom 13. März 1841 p. 847 Folgendes: „Wenige Thatſachen find bisjetzt über die Repro— duction des Ornithorynchus ſicher bekannt: entſchieden aber iſt, daß die Eier dieſer Thiere viel wen'ger Dotterſubſtanz enthalten, als die Eier der Voͤgel. Wenn die Eier einige Tage lang in dem uterus geweſen find, fo find fie nicht größer, als eine mäßig große Erbſe. Der Dotter ift von Eiweiß umgeben, und beide find in ein bäutiges chorion eingeſchloſſen. Der Dotter ift aus kernartig aneinanders liegenden Zellen und oͤlartigen Theilen zuſammengeſetzt und von ei: ner Lage kleiner Koͤrnerchen umgeben, welche mit der Dotterhaut in Berührung find. Dieſe Beobachtungen wurden an einigen Eiern gemacht, welche in ſchwachem Weingeiſt nach England geſchickt worden find. Der Ornithorynchus iſt ein warmbluͤtiges Thier und wenn er eierlegend iſt, ſo iſt klar, daß er ſein Ei bebrüten muß. Aber die zum Bruͤten noͤthigen Bedingungen fehlen; es iſt eine zu kleine Quantität Dotter und ein gaͤnzlicher Mangel des eis aenthümlihen Apparates, welcher bei'm Vogel darauf berechnet iſt, das Keimblaͤschen an den hoͤchſten Theil des Dotters zu brin⸗ gen, naͤmlich die chalazae. Aus dieſem Umſtande werden wir na⸗ tuͤrlich zu dem Schluſſe gefuhrt, daß die Eier im uterus ausge⸗ brütet werden und in einem intereſſanten Exemplare eines Orni- thorynchus, welchen Herr George Bennet aus Auſtralien nach London geſendet hat, ſieht man die Eier in der Höhle des uterus. — Die Begattungszeit des Thieres iſt im Monat September; im De— cember hat man das Junge ſchon etwa 1 Zoll lang gefunden. Wenn daher ein traͤchtiges Weibchen in den Monaten October oder November geſchoſſen wird, ſo koͤnnte die Thatſache der Entwicke⸗ lung im uterus außer Zweifel geſetzt werden. Ein lebender Tupinambis (Lacerta) Monitor iſt aus Braſilien in der Menagerie des Jardin des Plantes zu Pa: ris angekommen. R e Ueber Molluscum und deſſen Behandlung. Von Dr. Jacobowics. Zu Paris iſt eine Monographie uͤber dieſe Hautkrankbeit er— ſchienen, worin fruͤhere Beobachtungen zuſammengeſtellt ſind und eine neue Form des Molluscum beſchrieben iſt. Wir entneh⸗ men daraus folgende Bemerkungen: — Es ſind vielleicht große Reformen in Bezug auf die Pathologie der Hautkrankheiten zu er— warten; man hat ſich bereits überzeugt, daß die wirkſame Urſache des Abdominaltyphus uns ganz unbekannt ift, obwohl die patholos giſchen Veraͤnderungen der Darmſchleimbaut genau beſchrieben find. Magendie erforſcht jetzt das Blut dieſer Kranken, und es iſt zu hoffen, daß er die Natur der genannten Krankheit dadurch mehr aufklaͤren werde. Die Dermatologen ſehen auch ein, daß ſie nur die pathologiſche Anatomie der Haut beruͤckſichtigt baben, während die Kenntniß von der Natur und Behandlung der Hautkrankheiten noch weit zuruck iſt. Die Diagnoſe iſt dadurch vorwaͤrtsgeſchritten; man iſt im Stande, anzugeben, ob eine ſyphilitiſche, oder ſcrophu— loͤſe Dyscraſie zu Grunde liegt, ob das Uebel angeboren, erworben, durch Anſteckung mitgetheilt ꝛc. iſt. Dieſe Kenntniß der Formen wird immer nöthig ſeyn, beſonders bei Ausſchlaͤgen, deren ganze Krankheitsaͤußerung bloß in der Ausſchlagsform beruht. Die tu: berculoͤſe Krankheit, welche man mit dem Namen Molluscum bes zeichnet, bat 3 Varietäten, naͤmlich: 1) Fungoͤſe Knoten (Tubercula fungosa); 2) atberomatöfe Knoten (Tubercu- la atheromatesa); 3) bunte Knoten (Tubercula variegata). Die erfte Varietät, die von Bontius beſchriebene Krank: beit von Amboyna dufert ſich durch Geſchwuͤlſte, welche anfangs hart, gleichſam ſcirrtds find und eine große Parthie des Körpers bedecken, baͤufig in Eiterung übergeben und tiefe und bartnaͤckige Ulccrationen bilden. Die von Tileſius beſchriebene Hautkrank⸗ beit, die Mycosis fungoide, von Alibert, die Eruption mollus- eiforme, das nicht contaniöfe Molluscum von Bateman, Biett, Cazenave und Schedel find ähnliche Krankheitsformen mit folgendem gemeinſamen Character: Knoten von der Größe einer 331 Erbſe, bis zu der eines Taudeneies, bis veilen ſogar einer oder zweier Faͤuſte; gewohnlich breit aufjigen), bis weilen auch geſtielt; die kleinern von normaler Hautfarbe, ohne krankhafte Secretion, die groͤßern allmaͤlig roth, braun, livid, weich verdend und eine ſharfe, zaͤhe und uͤbelriechende Seroſitaͤt abſondernd; anderemal erweicht ſich ihr Mittelpunct, er geht in Eiterung über, die Haut wird durch— bohrt und fo ift das Geſchwae gebildet. Den Sitz geben die ver— ſchiedenen Autoren verſchieden aa. Was die Dauer betrifft, fo litt der Kranke von Tileſius das ganze Leben hindurch, und zwar von feinem 50 ſten Jahre an, noch uͤßberdieß an habituell beſchleu— nigtem Pals und monatlichen Fieder-Exacerbationen. Der Kranke von Alibert litt 5 Jahre und ftarb in der aͤußerſten Abmagerung. Die uͤbrigen Beobachter geben nichts Genaueres uͤber die Dauer dieſer chronifhen Krankgeit an. Die Krankheit befaͤllt ſowohl, Männer als Frauen und, wie es ſcheigt, beſonders im Alter. Ue— ber die Urſachen ſind die Angaben ſehr unbeſtimmt. Die Aetiologie iſt noch im Dunkeln. Die Krankheit kann endemiſch werden, bei einer für die Hautfuſiction ungünftigen Nahrung, Lebensweiſe und einem aͤhnlichen Cima. Didurh wird ungenuͤgender chymus und chylus gebildet, das Blut wird verändert, und erfährt uͤberdieß in der Lunge nur eine u wollkommene Umänderung durch die feuchte, heiße und mit mephitiſchen Dänften imprignirte Luft. Auf dieſe Weiiſe iſt die Aſſimilation im Körper geſtoͤrt, es erfolgen abnorme Ausſcheidungsproceſſe, wozu auch unter Aaderm die Haut beitragen muß. Diefe Hantausſheidung wird noch durch die heiße, feuchte Luft beguͤnſtigt; es erfolgt eine reichliche, zähe und ſtark riechende Teanſpiration; genügt dieſe nicht, und dringt ein uͤbelbeſchaffenes Blut anhaltend nich der Hut, ſo folgt eine krankhafte Ernährung in Form kleiner, harter Knoten, welche groͤßer werden und ſich er— weichen, worauf die Haut eine Menge Aahaͤnge zeigt, welche eine zähe, uͤbelriechende Fiufit 1keit ſecer iren und die ungenuͤzende Trans ſpiration ergänzen. Dadurch werden indeß nicht bloß die ſchaͤdli— chen Theile aus dem Blute ausgeſchieden, ſondern auch die zur Er— haltung nothwendigen, es leidet die Ernahrung, endlich ſtellt ſich Fieber ein, welches den Tod herbeifuͤhren kann. Dieſe Anſichten herrſchten fruͤher, wurden aber von der pathologiſchen Anatomie ruͤckſihtslos verworfen; jetzt aber kehren die Pathologen zur Che— mie zuruͤck und betrachten das Blut und die ührigen Fluͤſſigkeiten als Ausgangspunct einer großen Zahl von Krankheiten; ihre Nach— forſchungen werden ohne Zveifel viel zur Geuͤndung einer fihern Therapie beitragen. Da man bis jetzt über die Nitur dieſer Krankheit wenig weiß, ſo muß man ſich an die Form halten: die Krankheit bildet aufſizende oder geſtielte Knoten in Form von Champignons, und deßwegen erhält dieſe Varietaͤt den Namen Molluscum fungosum. S'e iſt leicht zu unterſcheiden von E'ephintiasis Graecorum, wobei die Knoten dick, ru nzlig, grau livid oder braͤunlich ſi w, das Gefühl aufgehoben iſt und die Haare ausfallen; von ſyphilitiſchen Condylomen durch den beſchraͤnkten Sitz der letztern am Uebergange der Haut zu den Schleimhäuten; von andern ſypzilitiſchen Tuber— keln durch Aetiologie und Verlauf der Krankheit, Framboisia durch den beſchraͤnkten Raum, welchen dieſe einnimnt. Die zweite Vrrietaäͤt iſt das Tubereulu n athecomatosum (Bateman's Mollu:cum eontagiosumı. Unterfuht man die verſchiedenen Beſchreibungen dieſer Form, fo findet man immer kleine, harte, halbdurchſichtige, g'atte und auf der Oberfliche glaͤn— zende Kıoten, welche mit einer ſch naͤlern Baſis oder einem dickern Stiele aufſitzen, von der gewöhnlichen Hautfarbe, welche bei einem Druck etwas milchähnliche Flüſſigkeit duch eine kleine Oeffnung ausſickern laſſen, welche vorher nicht zu erkennen war. Gena' ift die Form nirgends beſchrieben, obgleich min fie 12—13 Mal beob— achtet hat. Meiftens ſaßen die Kioten im Geſichte, einmal auf den Brülten, zweimal auf den Händen Ueber die Urſachen herrſcht ein Dunkel. In z veien Fällen von Bateman ſchien eine Anſteckung zu Grunde zu liegen; ebenſo in einem Falle von Carswell; doch iſt die Quelle der Anſt ckung nicht weiter zurückverfolgt. Die Diagnofe iſt leicht: Acne induratum hat dicke, rothe, undurchſichtige Knoten, welche von ihrem ſchmeerartigen Inhalte nichts herauslaſſen, bevor nicht eine kleine Puſtel, die ſich bisweilen und von der 332 auf der Spige bildet, aufgebrochen iſt; die atheromatoͤſen Knoten ſind viel kleiner, als die fungoͤſen, und es unterſcheiden ſich die letz— tern durch ihre Feſtigkeit, ihren Umfang und die zaͤhe, übelriechende Secretion auf der Oberflache, während jene eine milchartige Flüfs ſigkeit enthalten, die ſich herausdruͤcken läßt. Ueber die Dauer dieſer Krankheit und uͤber ihr Ende weiß man nichts; das einzige was Bateman angiebt, iſt, daß in eie nem Falle die Knoten in Eiterung uͤbergingen, die Halsdruͤſen ſich entzuͤndeten und eine Abmagerung und allgemeine Schwaͤche ſich auspildeten. : Die dritte Varietaͤt wird erſt von dem Verfaſſer aufge: ſtellt, und bildet das bunte Molluscum, Tubercules bigırres, Mo!luscum variegıtun. Es fand ſich dieſe Krankheit bei einem 55 jaͤhrigen Manne im Hoptal St. Louis; er war das 19te Kind aus einer glük.ihen Eye, und feine Eltern erreichten ein hohes Alter. Sie waren nie krank, doch führte eine der Schweſtern des Kranken an, daß die Mutter am Halfe eine Hautaffection gehabt, welche fie, gigen den Landesgebrauch, immer mit einem Dale: tuch bedeckt gehilten habe, dieſe Affection hatte niemals Einfluß auf das Allgemeinbefinden. Ein Bruder, welcher an einer zufaͤl— liger Vergiftung ſtarb, hatte im Geſicht eine Eieienartige Flechte; eine Schweſter, welche im 28. Jahre an einer Pneumonie ſtarb, hatte einige Tubercula am Ha ſſe und in der Armbeuge. Dieſelbe Hautaffection hatte eine Schweſter, welche im 62ſten Jahre geſtor— ben und eine Tochter hinterlaſſen hat, welche am Halſe und in der Armbeuge aͤhnliche Knoten hatte. Eine Störung des Allgemeinbe— findens wurde durch dieſe Affection nie bewirkt. Die übrigen Kin— der hatten keine Hautkrankheit. 5 Der Kranke ſelbſt iſt nicht vaccinirt; als Kind uͤberſteht er die Pocken; im 12ten Jihre zeigte ſich Anſchwellung der Halsdruͤ— fen, welche aber durch Citaplasmen wieder zertheilt wurden. Er wuchs im Walde, in einer geſunden Wohnung, bei guter Nahrung auf. Vom 15 ten bis zum 30 ten Jahre arbeitete er in einer Mis litairſchule als Schneider; im 27ſten Jahre heirathete er eine ges ſunde Frau und hatte 3 Kinder, welche an keiner Hautkrankheit gelitten haben. Im Ganzen lebte der Kranke regelmäßig im 29 ten Jahre; jedoch bekam er eine ſyphilitiſche Blennorrhoͤe mie Schanker, welche durch den Gebrauch von 8 Bouteillen einer Tiſane vertrie⸗ ben wurden, die ihm ein Charlatan gab. Am 15ten Tage dieſer B haadlung entwickelten ſich am Halſe, Ruͤcken und Bruſt blaße rothe Fecken, welche fortdauerten, natdem die primitiven Sym— prome beſeitigt waren. Es war im Sommer, und er gebrauchte nur gewöhnliche Bader. Im Anfange des folgenden Winters bes kam er eine heftige Pneumonie, woran er durch Medicin und große Blaſenpflaſter in 3 Wochen hergeſtellt wurde. Dabei verſchwanden die Flecke, nachdem ſie etwa 6 Monate beſtanden hatten. Durch feine ſitzende Lebensweiſe entwickelten ſich Haͤmorrhoiden, welche ſich durch eine einmalige Blutung entſchieden. Vor etwa 19 Jahren, in dem Alter von 37 oder 7 Jahre nah dem Verſchwinden der ſyphilitiſchen Affection, bemerkt der Kranke auf dem Halſe gelbliche, runde Flecke von 2— 3 Linien Durchmeſſer, welche ſich bald über die Hautflaͤche erhoben und unter der zarten Epidermis weißliche Pancte zeigten. Zugleich ers ſchienen am Ellenbogen roͤthliche Knoten. Dieſe S'ellen jucken ſehr in Sommer, und die Affection macht ſehr lungſame Fortſchritte. Drei Iihre danach hatte er durch den Verluſt eines Kindes und durch den Ver uſt feiner Erſparniſſe großen Kummer, was auf feine Krankheit nachtheilig einwirkte. Die Flecke breiteten ſich aus, bes deckten den Hals, die Bruſt und den Rüden, erhoben ſich betraͤcht— lich über die Hautflihe, bildeten kleine, runde oder unregelmäßige Geſchwuͤlſte, von denen einige eine weißgelbliche Färbung behielten, andere ſich roͤtheten und fih mit einem Kreiſe kleiner Kruſten umgaben; und andere endlich eine ſchwaͤrzlichlivide Faͤrbung an: nahmen und eine leichte Deſquamation auf der Oberflache zeiten. Das im Sommer heftige Jucken hort im Winter auf. Das Allge— meinbefinden wurde auf keine Weiſe geſtoͤrt, und der Kranke wende— te ſich 13 Jahre lang an keinen Arzt, was erſt geſchah, als die Hautaffection zu auffallend und das Jucken zu heftig wurde. Im Juli 1333 kam er in das Höpital St. Louis, welches er nach 19 Tagen jedoch wieder verließ, ſo daß die Behandlung mit 333 ſalzſaurem Golde keinen Erfolg haben konnte. Zu Hauſe gebrauchte er lange Zeit ein decoctum Fumariae, ohne daß dadurch die Aus: breitung der Affection gehemmt worden ware. Im Mai 1839 kam er in das Spital zuruck. Einfache Bäder, Dampfbaͤder, Ferrum hydriothicum blicben ohne Nutzen. Nach 2 Monaten verließ der Kranke das Spital, und einen Monat fpäter kam er in die Ber handlung des Verfaſſers. Status praesens. Der Kranke iſt von bilioͤs-ſanguini⸗ ſchem Temperament, 56 Jahre alt, ſie ng jet och jünger aus und iſt von mittlerer Körpergröße. Unter den' reichlichen, dunkelbraunen Haaren ſchuppt ſich die Haut beträchtlich ab; auf der rechten Schlafe befinden ſich zwei Knoten von der Größe einer Bohne, roͤthlich gelb, weich, runzlig, mit feinen Schuppen bedeckt und mit einigen ſteifen Haaren beſezt. Der obere Theil der Schläfe unter den Haaren iſt mit linſengroßen, ſchmutziggelben, etwas erhabenen Puncten beſetzt, welche ſich auf der Oberfläche ebenfalls abſchuppen. Ueber dem Jochbeine bemerkt man eine lebhaft rothe Ertöhung von der Größe eines Nadelkopfs; am Hinterhaupt 5 oder 6 braunliche, linſengroße Knotchenz auf der linten Seite zeigen ſich ähnliche Kno— ten, wie auf der rechten, darunter ein lb haft rother, ſtarter, her⸗ vorragender Fleck. Aehnliche Knoten uͤber dem Ohr und auf dem Hinterhauptsbeine. In dem Geſicht bemerkt man, außer einer durch die Sonne gebräunten Färbung, daß die Muͤndungen der Follikel an der Stirn und Naſe ſehr groß ſind und durch ſchmeerartige Materien verſtopft werden, wie bei der Acne Außerdem fiett man im Geſichte ſchmutziggelbe Flecke, von der Groͤße einer Linſe. Der braune Bart iſt ſehr ſtark und unter ihm ebenfalls Deſquamation zu be— merken. Beſonders am Halſe finden ſich Knoͤtchen von allen Formen. Die Knoͤrchen vorn am Halſe ſind ſchmutziggelb und mit einigen Haaren beſetzt. Hie und da bemerkt man zwiſchen ihnen weiße Puncte. Am untern Theile der vordern Seite des Halſes hat die Haut eine blaßgruͤnliche Färbung, ſtark entwickelte Follikel, deren Muͤndungen mit kleinen, verbärteten, halbdurchſichtigen Goncretios nen verftopft find, die ſich ſehr leicht abloͤſen. Die Haut fuͤhlt ſich ungewoͤhnlich weich und klebrig an; die epidermis erſcheint etwas gerunzelt. In dieſer Gegend finden ſich Tuberkeln von jeder Art und jeder Farbe, außer den ſchwaͤrzlichen, welche auf dem Ruͤcken vorherrſchen. Die Mehrzahl liegt zerſtreut und hat eine gelbliche graue oder blaͤuliche Faͤrbung mit Spuren von Entzuͤndung; an einigen bemerkt man in der Mitte ein größeres bläuliches Knöt: chen, von anderen kleinen, gelblichweißen umgeben. Auf der linken Seite des Schildknorpels ſitzt ein ovaler Tuberkel mit runzliger, blaurother Oberflaͤche und von einigen Schuppen bedeckt. Er hat 6—10 Linien im Durchmeſſer und ragt in der Mitte 2 — 3 Linien hervor; er iſt von kleinen Kruſten umgeben welche durch Vertrock— nung einer ferde-purulenten Materie entſtanden. Der dickere Theil des Ovals iſt halbgeſtielt und ragt über die Hautflaͤche hervor. In der Schluͤſſelbeingegend zeigen ſich iſolirte Tuberkeln unter denen die gelblichen mit weißen Puncten vorherrſchen; mehrere in der Naͤhe des Bruſtbeins ſind lebbaft entzuͤndet und mit Kruſten bedeckt Die Haut auf der Bruſt iſt ſehr zart. weiß und blaͤulich durchſcheinendz bie und da zeigen ſich ähnliche Koͤrnchen vertreckne— ten Sebums, wie am Halſe. In dieſer Gegend zeigen ſich keine Haare auf den Knoten; die folliculi sebacei der Bruſtwarze find ſtark entwickelt und mit weißlichen Puncten bedeckt; unter der line ken Bruſtwarze iſt ein Knoͤtchen, welches ſehr juckt und in Folge des Kratzens mit einer gelblichen Kruſte bedeckt iſt. Auf der Bauchflaͤche find die Knoten feltener, kleiner, groͤßten— theils gelblich weiß, einige jedoch ſchwaͤrzlich. Rechts von der linen mediana befindet ſich ein rother, unregelmaͤßiger Fleck von z Zoll Höhe und 1 Zoll Breite. Dieſer Fleck beſtand fruͤher aus gelbli- chen Knoten, welche aufgekratzt wurden, ſich mit Kruſten bedeckten, worunter rothe Flecke zum Vorſcheine kamen, welche dieſer Stelle das Anſehen eines Eezema impetiginosum gaben. Im Nacken iſt die Hautfarbe dunkler, als auf dem Rüden; die Verbindung zwiſchen epidermis und chorium ſind erſchlafft, ſo daß die epidermis runzlig aufliegt; die follieuli sebacei bilden auffallende Vertiefungen; am Nacken ſteigen die Haare tief herab 384 und find von ſteiferer Beſchaffenheit, als am Kopfe. Die Haut iſt mit ſehr vielen Knoten von allen Farben beſetzt, wie an der Vor— derflache des Halſes. Auf den Schultern iſt die Zahl der Knoten gering; auf der übrigens normalen Haut des Rückens befindet ſich eine große Anzahl von Flecken, welche meiſters 3—6 Linien Durch⸗ meſſer und etwa 1 Linie Hoͤhe haben; ſie ſind hellbraun, hie und da mit Kruſten bedeckt. In der Mitte des Rückens befinden ſich 10- 15 lebhaft rothe Flecke; viele von den Kndtchen haben eine ſchwarze Farbe. Die Haut der Ertremitäten iſt normal, und nur in den Ges lenkbeugen zeigen ſich einige bräunliche und ſchwaͤrzliche Flecke. Faſt alle dieſe Tuberkeln beginnen als gelblich weißer Fleck, von der Größe eines Hirſekorns, ohne Hervorragung, für das Ges fuͤhl etwas feſter und leicht juckend. Dieſe Flecke koͤnnen Jahre lang unverändert bleiben; daneben finden ſich andere groͤßere, et⸗ was hervorragende, welche nichts ſind, als Conglomerationen jener einzelnen Puncte. Allmaͤlig verwandeln ſich dieſelben in wahre Knoten, meiſtens von der Größe einer Behne, braͤunlich gelb mit weißen Puncten, wodurch die Tuberkeln ein buntes Anſehen bekom— men; fie find feſt, und wenn man die epidermis mit einer Nadel aufritzt, fo kann man durch einen leichten Druck etwas ſchmecrar— tige Materie heraus drucken. Später bedecken ſich dieſe mit braus nen und blaͤulichen Kruſten. Eine andere Form dieſer Knoten iſt die, wobei dieſelben Furchen bekommen und dem ganzen Knoten ein ſchlaffes, lappiges Anfıhen geben; aus dieſen läßt ſich keine ſchmecrartige Materie herausdruͤcken, dagegen bluten fie leicht in den Furchen. Auf dem Rüden fanden ſich ovale Knoten, ohne weiße Puncte, im Gegentheil von ſchwaͤrzlicher Faͤrbung; ifolirt, runzlig und hart. Dieſe vertrocknen allmälig und bilden zuletzt eine ſchwarze Krufte, deren Oberfläche in einzelne Polygone getheilt iſt. Dieſe Knoten find nicht unempfindlich, ein Nadelſtich iſt ſchmerz— haft, und in feiner Umgebung infiltrirt ſich allmälig das Gewebe mit Blut. Von dieſen ſchwarzen Knoten wird etwas ſeroͤs⸗puru— lente Materie abgeſondert, wodurch ſich impetigoaͤhnliche Kruſten bilden, welche ſich leicht abſchuppen. Durch Abtrocknung der gelbe lichen Tuberkeln bilden ſich andere, feſt anhaͤngende, gelbgruͤnliche Kruſten, welche in der Mitte ſtaͤrker heiverragen. Die Hauptform unter allen dieſen Varietaͤten ſcheint durch jene braͤunlichen Tuber— fein mit weißen Puncten, aus denen materia sebacea ausgedrückt werden kann, gebildet zu werden. Die bläulichen und ſchwaͤrzli⸗ chen Tuberkeln, die Kruſten und die nachfolgenden Flecke ſind nichts als ſecundaͤre Formen. Außerdem kommen noch kleine Fleiſchwucherungen, unregelmä- ßig an den Rändern aufgeworfene Kruſten vor, wobei die Haut in der umgebung entzuͤndet iſt und ſtark juckt, und neben den uͤbrigen Knoͤtchen finden ſich ſcharf umſchriebene, lebraftrotbe Flecke von verſchiedener Größe, von ſehr ſtarker epidermis bedeckt. Sie find indolent, und bei einem Nadelſtiche ſickern einige Tropfchen Blut aus. Was nun den verſchiedenen Sitz der drei Varictaͤten dieſer Hautkrankheit betrifft, ſo ſcheint das Molluscum ſungosum in dem Zellgewebe der Haut zu ſitzen. Ueber das Molluscum atheroma- tosum find die Angaben unvollkommen, fo daß ſich über den Sitz nichts fagen läßt. Bei dem Molluscum variegatum iſt die epi- dermis normal, die Veränderung geht im chorium vor; wenn die Knoten jedoch die braͤunliche Faͤrbung annehmen, ſo nimmt die epidermis an der Krankheit Theil, welche Anfangs nur in einem veränderten Zuſtande der folliculi sebacei zu beſtehen ſcheint. Die lebhaft rothen Flecke entſteben durch Blutextravaſat unter der epi- dermis (2) und ſcheinen ihre lebhafte Färbung durch die Einwir⸗ kung der Luft auf das Blut durch die verduͤnnte epidermis hin⸗ durch zu behalten. Die rothen und blaͤulichen Knoten beſtehen in einer entzündlichen Veränderung der oberflaͤchlichen Schichten des Hautgewebes. Bei chroniſchen Krankheiten, welche ſelten vorkommen und hartnaͤckig ſind, werden faſt eben ſo viel Mittel empfohlen, als be⸗ reits Fälle becbachtet find. Die Natur dieſer Krankbeit ift noch ein Raͤthſelz indeß ſollte man dennoch, ſtatt irgend ein willkuͤhrliches Mittel zu waͤhlen, einer Behandlung den Vorzug geben, welche ſich auf eine Hypotheſe ſtuͤtzt und conſequent wiſſenſchaftlich durch— 335 gefuͤhrt iſt. Dieſe Hypotheſe beſteht in Bezug auf die Hautaus— ſchlaͤge darin, daß eine Veränderung des Blutes zu Grunde liegt, und daß, wenn die Hautkrankheit einmal vorhanden iſt, immer dieſe doppelte Affection bekämpft werden muß. Man muß alſo erſtens die Conſtitution und namentlich das Blut umändern, und zweitens, gegen den Krankheitszuſtand der Haut agiren. Dies geſchieht prophylactiſch dadurch, daß man bei erblicher Anlage um ſo mehr die Vorſchriften der Hygieine beobachtet: gute Verdauung, Vermeidung gewuͤrziger, ſaurer und fpirituöfer Nah: rungsmittel, mäßige und häufige Bewegung, Bäder, beſonders kalte Bäder in jeder Form, kalte Wiſchungen des Morgens 5 — 10 Mi: nuten lang. Sollten ih Spuren der chroniſchen Krankheit, zu welcher die erbliche Anlage vorhanden iſt, einſtellen, ſo giebt man Rhabarber, Alos und erregt die Hautthaͤtigkeit durch warmes Zu— decken oder durch warme Bäder, Nach den kalten Waſchungen iſt ein Spaziergang unerlaͤßlich, und iſt dieſer des Morgens nicht an— zuſtellen, ſo verſchiebt man lieber das Bad auf eine andere Stunde des Tages. Von Wichtigkeit iſt die mildeſte Diät. Hat ſich die Hautkrankheit ausgebildet, ſo iſt zu unterſcheiden, ob ſie das wichtigſte Symptom iſt, oder ob ein allgemeinerer Zu— ſtand dringender die Hülfe in Anſpruch nimmt. Die, gegen die Hautkrankheit gerichtete, ſpecielle Behandlung iſt je nach den For— men derſelben verſchieden. Bei dem Molluscum fungosum wird, wenn eine ſyphilitiſche Anſteckung zu Grunde liegt, eine Mercurialbehandlung eingeleitet. Läßt ſich eine ſyphilitiſche Grundlage nicht nachweiſen, und bleibt die Affection ſtationaͤr, fo kann man ſich auf die allgemeinen Vor— ſchriften der Hygieine beſchraͤnken. Solche Knoten koͤnnen, wie Naevi, das ganze Leben unverändert bleiben. Iſt bei Erwachſenen die Krankheit zufällig entſtanden, ſo forſcht man nach den Urſa— chen, beſonders Hämorrhoiden, welche bei torpiden Subjecten mit Aloe bei reizbaren hingegen mit Schwefel bekaͤmpft werden. Entwickelt ſich die Krankheit bei Woͤchnerinnen, fo rührt dieß entweder von einer Verminderung der Lochien oder vom Verſchwin— den der Milch oder von Ueberreizung der Haut her; im erſten Falle Cataplasmen auf den Unterleib und Ableitung nach den Fuͤ— ßen; in den beiden andern Fällen leichte Abfuͤhrmittel, beſonders das Kali s ilphat. St keine Contraindication, fo kann man auch adſtringirende Waſchungen anwenden; z. B, das Mittel von Biett, Eiſenvitriol 3 jjj in deſtillirtem Waſſer Zvj, oder dreimal täglich zu Wıfhungen 10 Minuten lang. Zur Zeit der climacteriſchen Jahre leichte Abfuͤhrmittel und Erregung der Zranfpiration. Ent: wickelt ſich das Molluscum im Verlaufe einer anderen Hautkrank— heit, z. B., Prurig», fo verfaͤhrt man gegen die allgemeine Dia: theſe und giebt zur Verminderung der Hautreizung ein inkusum Hyosciami mit Kali carbonicum (3j auf Zv)). Bei Eiterung der Tuberkeln und gutem Kraͤftezuſtand verordnet man fchmale Diät. Erregung der Hautthaͤtigkeit, Baͤder und beginnt hierauf mit Alo& oder Rhabacberpillen, laßt ſodann den Kranken das Bett büten und außer den Pillen eine Cur mit Holztraͤnken (Sassapa- rill. 3j, Gaaſac und Dulcamara za 36, 12 Stunden gekocht zu 3 vi, mit Zuſatz eines corrigens eintreten) Abends werden die afficirten Theile gewaſchen (Salz und Salpeterſaͤure aa 56 auf Zvj Wale ſer). Am loten Tage nach dieſer Behandlung nimmt der Kranke ein Abführmittel, in der Woche darauf die Holztraͤnke und hierauf 8 Tage lang die Pillen mit ſchmaler Diaͤt, welche nach der Con— 836 ſtitution modificirt wird. In hartnäckigen Fällen nimmt man zu dem rothen Präcipitat feine Zuflucht, welchen man mit Spießglanz und Schwefel verbindet. (Hydr. oxydat. rubr. grj. — Flor. sulph — Oxydi antim., Sacch. albi a grxx zu 12 Pulvern, 4 Tage lang 1, fodann 4 Tage 2 zu nehmen; wöchentlich ſteigt man um 1 Gran bis auf 3 Gran und endet in der fünften Woche wieder mit 1 Gran). Dieſe 45 Tage dauernde Behandlung iſt ſehr energiſch, und man muß dabei auf hinzukommende Krankheits- zufälle Ruͤckſicht nehmen. Als ein kraͤftiges Mittel bei chroniſchen Hautausſchlaͤgen ſind auch die Waſſercuren zu betrachten. In den— ſelben Krankheiten empfiehlt Dr. Polya das Anthraco- Kali. Zur Behandlung des Mo!luscum contagiosum s. atheromato- sum vermeidet man die Anſteckung und läßt die atheromatoͤſen Knoten mit geſaͤuertem Waſſer waſchen, nachdem die einzelnen Knoten mit Vorſicht ausgedruͤckt ſind; dauert die Krankheit bereits länger, fo empfiehlt man eine diaphoretiſche Behandlung (Ammo- nium carbonicum ), mildes Regimen und, wenn die Krankheit hartnaͤckig iſt, eine energiſch-umwandelnde Behandlung, wozu die vorhin empfohlene Cur paſſend iſt. Die Behandlung des Molluscum variegatum. Bei dem Kran— ken, deſſen Fall oben mitgetheilt iſt, wurde eine gemilderte Form der angeführten Behandlungsweiſe mittelſt Abfuͤhrmittel, Dolzträns ken und rothem Präcipitat und Waſchungen mit ſchwarzer Seife angewendet; letztere reizten, und es wurden ftatt derſelben Waſchun— gen mit Eſſig und Schwefel gebraucht. Nach Anwendung dieſer Mittel 10 Wochen lang, verlor die Haut ihre gruͤnliche Faͤrbung, die klebrige Abſonderung hoͤrte auf, die Knoten wurden flach, einige fingen an, abzuſchuppen, die kruſtenartigen, ſchwarzen Knoten eiter— ten und ſtießen ſich ab, worauf rothe Flecke zuruͤckblieben. Die Entzuͤndung in der Umgebung der blaͤulichen Knoten verminderten ſich; die Knoten ſelbſt blieben unverändert. (Du molluscum: re- cherches critiques par M. M. Jacobovics, avec 4 planches, Pa- ris, 1840. 8.) Miscellen. Bei der Operation des Strabismus ſah Herr Phi: lipps einmal das Auge unbeweglich in ſeiner fehlerhaften Stel— lung verbleiben, obwohl der innere gerade und der obere ſchräͤge Augenmuskel bereits durchſchnitten waren. Dieß waren Ausnahms— fälle, in welchen die Antagoniſten nicht in Thätigkeit waren. Hier bediente ſich Herr Philipps einer orthopaͤdiſchen Behand— lung; er zog einen Seidenfaden durch die conjunctiva bulbi, 3 Linien nach Außen von der Hornhaut und befeſtigte die Fadenenden mit einem Heftpflaſter auf der Schlaͤfe, ſo daß das Auge geradge— ſtellt war. Der aͤußere gerade Augenmuskel erlangte dabei bald ſeine Action wieder, und der Erfolg war vollkommen befriedigend. (Gaz des Höpit. No. 6). Eine gluͤckliche Erarticulation des Oberarms mit Wegnahme der scapula hat Gaetani-Beyan einem Aegyp⸗ ter ausgeführt, welchem durch eine Exploſion die obere Ertremis tät mit der scıpula und einem Theile der clavicula zerſchmettert wurde. Die Exſtirpation der clavicula wurde zugleich vorgenom— men und die Wunde geſchloſſen, fo daß der Kranke nach 45 Ta⸗ gen das Spital verlaſſen konnte. (Bulletin de Acad. royale de méd., Juillet 1340.) Bibliographische neuigkeiten. Histoire physiologique des Plantes d’Europe. Par J. P. Fau- cher. Tome I. — IV Paris 1841. 8. Ausführliche geographiſch-ſt itiſtiſche topographiſche Beſchreibung des Regierungsbezirkes Erfurt. Auf Anordnung der Koͤniglichen Regierung nach amtlichen und anderen zuverläffigen Quellen, fo wie nach den vom Profeffor Voͤlker hinterlaſſenen Materialien bearbeitet und herausgegeben von Carl Aug. Noback. Erfurt 1840. 4. Im Salbſtverlage des Verfaſſers. (Vorzuͤglich hier wegen des geognoſtiſchen Abſchnittes aufzuführen.) Deu la Tenotomie sous coutande, ou des opérations qui se pra- tiquent pour la guérison des pieds-bots, du torticolis, de la contracture de la main et des doig!s, des fausses ankyloses angulaires du g:nou, du strabism». de la myopie, du bég le- ment ete. Par le Docteur Phillips. Paris 1841. 8. Mit 12 Kupf. Pensieri sopra la dotinenteria esposti agli scienziati che com- poneans la sezione medica del secondo congresso italieno, Dal Cavaliere Lorenz» Ghiglini, Dottore in medicina. Ge- nova 1841. 8. ) —y— ͤ—ͤ— —— Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalratbe und Profeſſor Frorie p zu Berlin. No. 396. (Nr. 22. des XVIII. Bandes.) Juni 1841. Gedruckt im Landes = Induftrie- Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 ger. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 fGr. ea enen Bir u ee . Nachrichten uͤber die Herbarien Europa's, zumal diejenigen, welche fuͤr den Nordamericaniſchen Botaniker beſonderes Intereſſe haben. (Schluß.) Das gegenwaͤrtig im Britiſchen Muſeum befindliche Herbarium des Sir Joſeph Banks iſt wohl das aͤlteſte, welches nach der noch jetzt in England uͤblichen Weiſe ange— legt iſt, und hat inſofern beſondern hiſtoriſchen Werth. Die Pflanzen ſind auf halbe Bogen eines ſehr feſten und ſchoͤnen Papieres (welches dem zu den Hauptbuͤchern der Kaufleute ꝛc. angewandten aͤhnlich iſt und meiſt 16% Zoll Höhe bei 103 Zoll Breite hat) geklebt, und der Name ſteht in der untern Ecke rechter Hand. Die ſaͤmmtlichen zu demſelben Genus gehoͤrenden Species, wenn derſelben nicht zu viele, oder, in dieſem Falle, paſſende Unterabthei— lungen ſind in einem ganzen Bogen derſelben Papierſorte zuſammengefaßt und an der untern Ecke linker Hand mit einem Zettel verſehen. Dieſe gehörig geordneten Fascikel befinden ſich in Kaͤſten mit Fluͤgelthuͤren, die genau ſchlie— ßen, und liegen in dieſen Kaͤſten in Faͤchern, in welche ſie genau paffen, und welche ſich wie Schublaͤden herauszieben laſſen. Dieſe Aufbewahrungsart iſt ebenſo elegant, als fuͤr Den, der Etwas im Herbarium nachzuſehen hat, beg em. Es laͤßt ſich dagegen nichts einwenden, als die Koftfpielig: keit, da das Ries von dem Papiere 10 Dollars koſtet und es wohlfeilere Sorten giebt, die eben ſo zweckmaͤßig ſind. Im Banks'iſchen Herbarium findet man faſt die ſaͤmmtli— chen authentiſchen Exemplare von Aiton's Hortus Ke- wensis, in welchem viele Nordamericaniſche Pflanzen zu— erſt aufgeſtellt wurden. Uebrigens werden der aͤltere und jüngere Aiton oft unrichtig als die Begruͤnder vieler die— ſer Species angegeben, da die erſte Ausgabe von Solan— der beſorgt, bei der zweiten aber der 1. und 2 Bd. von Dryander, die Übrigen von Bro wn durchgeſehen wurden. Viele Nordamericaniſche Pflanzen des medicinifhen Gartens zu Chelſea, welche Miller benannt hat, werden nebſt ſel— chen aus den Gaͤrten Collinſon's, Dr. Fothergill's (mit dem Bartram nach Collinſon's Tode correſpon⸗ dirte), Dr. Pitcairne's ic. daſelbſt aufbewahrt, fo wie No. 1496. dieſes Herbarium auch viele Beitraͤge aus Nordamerica von Bartram, Dr. Mitchell, Dr. Garden, Fraſer, Marſhall und andern altern Botanikern der Vereinigten Staaten aufzuweiſen hat. Es beſitzt auch viele Pflanzen aus Labrador und Neufundland, von denen ein Theil von Sir Joſeph Banks ſelbſt geſammelt ward. Was die Flora des arctiſchen America's betrifft, ſo ſind die Samm— lungen von Parry, Roß und Dr. Richardſon mit dem Banks'iſchen Herbarium vereinigt worden. Ferner fin— det man im Britiſchen Muſeum zwei Sortimente der von Menzies auf Vancouver's Reiſe geſammelten und getrock— neten Pflanzen, von denen das eine zu der Banks'iſchen Sammlung geſchlagen iſt, das andere abgeſondert aufbewahrt wird. Die darin enthaltenen Nordamericaniſchen Pflanzen ſtammen von der Nordweſtkuͤſte, der Muͤndung des Oregan und Californien. Viele der von Purſh aufgeſtellten Spe— cies wurden nach in dieſem Herbarium befindlichen Exempla— ren beſchrieben, und dieß gilt zumal von denen, die Men: zies am Oregan, fo wie Bartram u. A. in den ſuͤdli— chern Gegenden der Vereinigten Staaten geſammelt, in die Purſh nie gekommen iſt, wiewohl er mit der Chiffre v. v. (vidi vivam) oft Species bezeichnet, die man nur ſuͤdlich von Virginien antrifft. Das Herbarium Walther's befindet ſich noch im Beſitze der Fraſer'ſchen Familie und in demſelben Stande, wie damals, als Purſh es zu Rathe zog. Es iſt eine kleine, in einem einzigen großen Bande enthaltene Samm— lung. Die oft aus bloßen Fragmenten beſtehenden Erxem— plare koͤnnen häufig zur Identificirung der Species der Flora Caroliniana dienen, wiewohl deren Zettel ſich nicht immer mit dieſem Werke in Uebereinſtimmung befinden. Die Sammlungen von Purſh, welche der Flora Americae Septentrionalis zu Grunde liegen, beſitzt Herr Lambert, und ſie bilden einen Theil ſeines gewaltigen Herbariums. Außer dieſen enthält es aus Nordamerica noch einige von Lewis und Clark aus Oregan und dem Felſengebirge, und von Nuttall aus der Gegend des Miſ— ſouri mitgebracht, auch manche der von Bradbury, Fra— ſer und Lyon geſammelten Pflanzen. Auch eine kleine, von Purſh nach der Herausgabe ſeiner Flora angelegte 22 339 Sammlung Canadifher Pflanzen, eine anſehnliche Anzahl von Menzies's Exemplaren und andere minder wichtige Bei— traͤge ſind daſelbſt zu finden. Fuͤr den Botaniker im All— gemeinen moͤchte das ſchoͤne Pallas'ſche Herbarium und die prachtvolle Sammlung von Ruiz und Pavon, die beide von Herrn Lambert zu hohen Preiſen angekauft worden, vom hoͤchſten Intereſſe ſeyn, und auch fuͤr die Nordameri— caniſche Flora ſind ſie keineswegs unwichtig, da die erſte zahl— reiche Pflanzen von der Nordweſtkuͤſte und viele verwandte Pflanzen aus Sibirien enthaͤlt, waͤhrend unſere Californi— ſche Flora haͤufiger Vergleichungen mit den Chiliſchen und Peruaniſchen Pflanzen der letztern Sammlung bedarf. Außer den bereits genannten Herbarien befinden ſich in London noch zwei, die einer neuern Zeit angehoͤren, und die fuͤr jeden, namentlich auch fuͤr den Nordamericaniſchen Bo— taniker, das hoͤchſte Intereſſe haben, naͤmlich das des Pro— feſſor Lindley und das des Herrn Bentham. Beide enthalten vollſtaͤndige Sortimente von den Pflanzen, die Douglas in Oregan, Californien und dem Felſengebirge ſammelte, ſo wie von denen, die aus den von Douglas uͤberſandten Saͤmereien gezogen wurden, und die großen— theils von jenen Herren der gelehrten Welt zuerſt bekannt gemacht worden find. Herrn Bentham's Sammlung iſt in Betreff der Labiatae wohl die reichſte und zuverlaͤſſigſte, die es uͤberhaupt giebt, ſo wie ſie auch ruͤckſichtlich der Le— guminosae, Scrophularineae und andrer natürlichen Ordnungen, denen Bentham beſondere Aufmerkſamkeit ge— widmet hat, ziemlich unerreicht daſteht, und was Europaͤi— ſche Pflanzen überhaupt anbetrifft, hoͤchſt vollſtaͤndig und au: thentiſch iſt. Dagegen hat Profeſſor Lindley' s Herbarium, während es in jeder Hinſicht ungemein reich iſt, in Bezug auf die Oechideen nirgends feines Gleichen. Die Bogen, in welche die Genera eingeſchlagen ſind, beſtehen aus einem ſtarken und geglätteten Packpapiere, und der Name der Ge: nera iſt auf einen, in einer der untern Ecken aufgeklebten Zettel geſchrieben. Dieß iſt ſehr empfehlungswerth, da Hüllen von weißem Papiere beim öftern Gebrauche unſau— ber werden. Das von Lindley angewandte Papier iſt 18% 3. hoch und 11% 3. breit, und er ſelbſt geſteht zu, daß es, ſtreng genommen, weder von ſo großem Formate, noch ſo fein und theuer zu ſeyn brauche. Das Herbarium des Sir William Hooker zu Glas— gow iſt nicht nur die groͤßte und werthvollſte Sammlung in der Welt, die ein Privatmann beſitzt, ſondern enthaͤlt zugleich auch das vollſtaͤndigſte Sortiment von Nordamerica— niſchen Pflanzen, das in Europa zu finden iſt. Man ſieht dort ziemlich vollſtaͤndige Sortimente von den auf den Po— lar⸗Entdeckungsreiſen geſammelten Herbarien, von Frank— lin's Landerpedition an's Eismeer, Drummond's und Douglas's Ausfluͤgen in die Felſengebirge, in Oregan, Ca— lifornien u. ſ. w., fo wie von Profeſſor Scoul er's, Hrn. Tolmie's und Dr. Gairdner's Wanderungen in dem gewaltigen Gebiete, das die Pelzhandels-Geſellſchaft der Hudſonsbai ausbeuten laͤßt, und das ſich von einem Oceane bis zum andern erſtreckt. Durch lange und eifrige Corre— ſpondenz mit faſt allen anerkannten Botanikern der Verei— nigten Staaten und Canada's hat der Beſitzer dieſes Cabi— 840 nets daſſelbe mit Nordamericaniſchen Pflanzen ungemein reich auszuſtatten gewußt, waͤhrend die von Drummond in Texas gemachten Sammlungen und die Beitraͤge von Nultall und Andern es auch in Betreff der ſüdlichſten Laͤnder Nordamerica's gut bedacht haben. Zugleich ſind dieſe Schaͤtze nicht vergraben, ſondern durch Werke, wie die Flora Boreali-Americana, das Botanical Magazine, Bota- nieal Miscellany, Journal of Botany, die Icones plantarum etc. vom Beſitzer der wiſſenſchaftlichen Welt zugaͤnglich gemacht worden, und wer die Nordamericaniſche Flora ſtudiren will, findet nirgends reichere Materialien, als ihm das Herbarium des Sir William Hooker bietet. Das Herbarium des Dr. Arnott zu Arlary iſt zwar ruͤckſichtlich der oſtindiſchen Flora am reichſten ausgeftattet, hat aber auch fuͤr Den, der ſich fuͤr die Nordamericaniſche Flora beſonders intereſſirt, viel Intereſſe, da es die von Hooker und Dr. Arnott in der Botany of Captain Beechey’s Voyage bekannt gemachten Pflanzen, fo wie die von Drum mond und Andern geſammelten Sortimente enthaͤlt, die der ausgezeichnete Botaniker, dem dieſes Her— barium gehoͤrt, ſaͤmmtlich ſorgfaͤltig ſtudirt hat. Die wichtigſte botaniſche Sammlung in Paris und wohl in der Welt iſt die des koͤniglichen Muſeums im Pflanzengarten. Wir koͤnnen hier dem Garten und den prächtigen neuen Gewaͤchshaͤuſern dieſes Inſtituts, fo wie den den übrigen Zweigen der Naturgeſchichte gewidmeten Sammlungen und Einrichtungen nicht einmal einen fluͤchti— gen Ueberblick widmen, ſondern uns nur mit den getrockne— ten botaniſchen Sammlungen beſchaͤftigen. Dieſe befinden ſich in dem unlaͤngſt aufgeführten Gebäude des Muſeums. Ein großes mit Glaskaͤſten ſchoͤn ausgeſtattetes Zimmer ent— haͤlt die Sammlungen von Fruͤchten, Saamen, Hoͤlzern und vegetabiliſchen Monſtroſitaͤten oder ſonſtigen merkwuͤrdi— gen Bildungen aus allen Gegenden der Welt. Darunter befindet ſich eine intereſſante Suite von Nordamericaniſchen Hoͤlzern und Baumfruͤchten, welche vom juͤngern Mich aur geſammelt und geordnet worden iſt. Die Herbarien neh— men jetzt einen geraͤumigen Saal ein, der ſich uͤber dem eben beſchriebenen Zimmer befindet, etwa 80 Fuß lang und 30 Fuß breit iſt und fein Licht von Oben empfünut. Un— ter den Gallerieen deſſelben ziehen ſich vier bis fuͤnf kleine von der Seite aus erhellte Gemaͤcher hin, die als Studir— zimmer und zum Aufbewahren beſonderer Herbarien dienen, und uͤber dieſen iſt eine gleiche Anzahl von Zimmern mit Doubletten und noch nicht geordneten Herbarien angefuͤllt. Die Kaͤſten, in welchen ſich die getrockneten Pflanzen be— finden, ſtehen im Saale und in den kleinern Zimmern an der Wand und find nach dem in Frankreich allgemein uͤb— lichen Syſteme geordnet. Die Repoſituren ſind naͤmlich in der gewöhnlichen Weiſe in Fächer getheilt; ſtatt durch Thuͤ— ren ſind ſie aber durch Vorhaͤnge von dicker brauner Lein— wand verdeckt, die durch unten eingenaͤhte ſchwere eiſerne Staͤbe geradegezogen werden. Mittelſt eines Gegengewichts und Rollenzugs kann man dieſe Vorhaͤnge bequem in die Hoͤhe ziehen und niederlaſſen. Das Papier iſt durchgehends ziemlich gering, und die Pflanzen find mit Gummipapier⸗ ſtreifen oder Stecknadeln an ganze oder halbe Bogen gehef— 541 tet, oft auch ſelbſt daraufgeklebt. Die Genera oder ſonſti— gen Abtheilungen ſind durch dazwiſchengelegte und durch eine vorſtehende Etikette ſichtbar gemachte Bogen voneinanderge— trennt und bezeichnet. Nach dem von Desfontaines herruͤhrenden, hoͤchſt empfehiungswerthen Plane, find im koͤniglichen Muſeum drei Arten von Herbarien angelegt: 1) das allgemeine Her— barium; 2) die Herbarien beſonderer Werke oder Au: toren, welche abgeſondert aufbewahrt werden, und deren Doubletten nur der allgemeinen Sammlung einverleibt ſind; 3) die beſonderen Sammlungen verſchiedener Laͤnder, welche mit den Doubletten des allgemeinen Herbariums zu Stande gebracht ſind. Zu dieſen kommen dann die von Zeit zu Zeit aus dieſen verſchiedenen Laͤndern eingehenden Sendungen, nachdem das etwa im allgemeinen Herbarium Fehlende in dieſes eingeſchaltet worden iſt. Dieſem großen Herbarium liegt die alte Sammlung Le Vaillant's zu Grunde. Die ſaͤmmtlich mit von dieſem ſelbſt geſchriebenen Etiketten verſehenen Pflan en deſſelben ſind trefflich erhalten, und man findet darunter hie und da eine, welche von Cor: nuti oder Dr. Sarraſin herruͤhrt. Dieß durch die Sammlungen von Commerſon, Dombey, Poiteau, Leſchenault u. ſ. w. und durch Doubletten aus den Spe— cialſammlungen vermehrte Herbarium mag gegenwaͤrtig 30 bis 40 Tauſend Species enthalten. Unter den Special: ſammlungen hat fuͤr den Nordamerikaner die vom aͤltern Michaux zuſammengetragene das meiſte Intereſſe, und nach ihr, fo wie nach Mich aux's handſchriftlichen Bemer— kungen, verfaßte der gelehrte Rich ard ſeine Flora Bo— reali-Americana. Michaux ſelbſt eignete ſich, fo trefflich er beobachtete und ſammelte, nicht zum Schriftſteller, und die ſcharfſinni— gen Bemerkungen, ſo wie die eben ſo buͤndig als gewandt aufgeftellten ſpecifiſchen Charactere in dem genannten Werke ruͤhren einzig von L. C. Richard her. Auch findet man daſelbſt die hoͤchſt vollſtaͤndige Neukundlaͤndiſche Sammlung von La Pylaie, die etwa 300 Species zaͤhlt, und eine Parthie von Berlandier's Pflanzen aus Texas und Mexico, fo wie viele weniger direct mit der Nordamericani— ſchen Flora zuſammenhaͤngende Herbarien, zu deren Aufzaͤh— lung es uns hier an Raum gebricht. Dagegen vermißt man diejenigen mancher Schriftſteller, die man doch hier ſuchen zu muͤſſen glaubt; ſo, z. B., befindet ſich das von Lamarck im Beſitz des Profeſſor Roeper zu Roſtock, das von Poi— ret in dem des Herrn Moquin-Tandon zu Toulouſe, das von Bosc in dem des Profeſſor Moretti zu Pavia, und ſelbſt das von Desfontaines iſt zwar noch in Paris, aber der ſehr großen und werthvollen Sammlung des Hrn. Webb einverleibt. Herrn Webb's Herbarium ſteht indeß gegen das des Baron Deleſſert zuruͤck. Dieſe beiden Herren haben unter allen Privatleuten Frankreich's die reichſten Pflanzen ſammlungen, denen viele der Altern Herbarien zu Grunde liegen, waͤhrend ſie ſo viel, als moͤglich, ſtets durch vollſtaͤn— dige Sortimente der neueren Sammler auf der Hoͤhe der Wiſſenſchaft erhalten werden. Das erſtere enthaͤlt viele, aus Desfontaines's Herbarium ſtammende Pflanzen, 342 die Michaux eingetragen hat, ein von Nuttall an den verftorbenen Herrn Mercier zu Genf geſandtes Nordame— ricaniſches Herbarium, ein vollſtaͤndiges Sortiment der Drum mond'ſchen Sammlungen aus den vereinigten Staa= ten und Texas ıc.; das letztere ebenfalls viele von Mich aux geſammelte und zunaͤchſt aus Ventenat's Sammlung her— ruͤhrende Pflanzen, vollſtaͤndige Sertimente der Drums mond'ſchen Pflanzen 1c. Ein wichtigeres, wahrſcheinlich ganz vellſtaͤndiges und jedenfalls authentiſches Sortiment der Michaufſchen Sammlungen enthaͤlt jedoch das Her— barium des verſtorbenen Richard, welches jetzt deſſen Sohn, Profeſſor Achille Richard beſitzt, und das ſogar manche im Herbarium des koͤnigl. Muſeums fehlende Spe— cies aufzuweiſen hat. — Das ſchoͤne Herbarium des be— ruͤhmten Juſſieu, welches von deſſen wuͤrdigem Sohne und Nachfolger, Profeſſor Adrien Juſſieu, gewiſſenhaft im urſpruͤnglichen Zuſtande erhalten wird, enthaͤlt zahlreiche von aͤltern Sammlern eingetragene Nerdamericaniſche Pflan— zen, unter denen viele, in Betreff der von Lamarck, Poi— ret, Caſſini und A. aufgeſtellten Species für authentiſch gelten muͤſſen. Das waͤhrend des langen und thaͤtigen Lebens des be— ruͤhmten De Candolle zu Genf, theils durch eigne Sammlungen, theils durch zahlreiche Zuſendungen gebildete Herbarium iſt eines der größten und wichtigſten, die es übers haupt giebt. Um es in Bezug auf die von ihm herausge— gebenen Werke, namentlich den Prodromus, ſo authentiſch, als moͤglich, zu erhalten, werden in die bereits aufgeſtellten Familien keine neuen Species eingetragen, ſondern dieſe kom— men in ein beſonderes Herbarium. Das Hauptherbarium enthaͤlt alſo ſaͤmmtliche ſeiner Zeit im Beſitze des Profeſſor De Candolle geweſene Materialien, nach denen deſſen Prodromus abgefaßt wurde. Da ſeit dem Anfange dieſer wahrhaft herkuliſchen Arbeit bereits uͤber 20 Jahre verfloſ— ſen ſind, ſo iſt natuͤrlich das authentiſche Herbarium in den zuerſt beſchriebenen Familien weit aͤrmer, als in den ſpaͤter abgehandelten. Die Compositae, auf welche 7 Jahre an⸗ geſtrengter Bemuͤhungen verwandt wurden, bilden ſchon fuͤr ſich ein nicht unbedeutendes Herbarium. Mit der Aufzaͤh— lung der Botaniker, die Beitraͤge zu dieſer Sammlung ge— liefert haben, koͤnnen wir uns hier nicht befaſſen, da die Liſte zu lang ausfallen wuͤrde, und weil De Condolle ſelbſt in ſeinem Prodromus die Quellen ſeiner Materialien ſo vollſtaͤndig, als der Plan des Werkes es nur immer ge— ſtattete, angezeigt hat. Das Papier des Herbariums iſt von der gewoͤhnlichen Feinheit, aber kleiner, als bei den mei— ſten engliſchen Sammlungen, etwa 15 Zoll hoch und 10 Zoll breit, und die Exemplare ſind mittelſt Papierſtreifen, die mit Stecknadeln befeſtigt, auf halbe Bogen geheftet, ſo daß fie ſich, der genauern Beſichtigung wegen, bequem abs nehmen laſſen. Wo moͤglich, ſind immer mehrere Exemplare derſelben Speties von verſchiedenen Localitaͤten oder Varie⸗ täten zuſammengeſtellt, und jede Species beſitzt ihren befon- dern Umfchlag mit einem an der Ecke aufgeklebten Zettel, auf welchem der Name und die Verweiſung auf die Stelle des Prodromus ſteht, wo dieſelbe abgehandelt iſt. Die Abgraͤnzung der Genera, Abſchnitte, Gruppen ꝛc. iſt durch . 22° 343 ee dazwiſchengelegte halbe Bogen mit vorſtehenden Etiketten bezeichnet. Die in jedem Fache der wohlgefuͤllten Repoſitu— ren liegenden Fascikel ſind mit einem Pappumſchlage mit Schnuren zum Zubinden verſehen, was um ſo noͤthiger iſt, da ſich vor den Faͤchern keine Thuͤren oder Vorhaͤnge befinden. Das koͤnigl. bayeriſche Herbarium in Muͤnchen ift hauptſaͤchlich durch ſeine braſilianiſchen Pflanzen wichtig, die es den muͤhevollen Reiſen des eifrigen Sammlers Martius verdankt. Fuͤr den Nordamericaniſchen Botaniker hat noch beſonders das Schreberſche Herbarium Intereſſe, welches ſich ebendaſelbſt befindet und in Bezug auf die in Schres ber's Werk uͤber die Graͤſer neu aufgeſtellten Species, von denen die Americaniſchen meiſt von Muͤhlenberg herruͤh— ren, als Autorität gilt. Die Gramineae dieſer Samm— lung und des allgemeinen Herbariums ſind von Nees van Eſenbeck und ſpaͤter von Trinius revidirt worden. Der letztere, der ſich viele Jahre lang faſt ausſchließlich dem Studium der Graͤſer gewidmet und Behufs ſeiner beabſich— tigten Agroſtographie die Durchſicht faſt ſaͤmmtlicher Herba— rien des Europäiſchen Feſtlandes beinahe vollendet hatte, wurde in Muͤnchen vom Schlage geruͤhrt und iſt durch die— ſen Zufall wahrſcheinlich fuͤr immer fuͤr die Wiſſenſchaft todt. Das kaiſerlich-koͤnigliche Herbarium in Wien gewinnt unter der Leitung des verdienſtvollen Profeſſor Endlicher und deſſen Gehuͤlfen Dr. Fenzl ſchnell an Ausdehnung und innerem Gehalt, ſo daß es bald eine der reichſten und wichtigſten Sammlungen Europa's ſeyn duͤrfte. Die ver— ſchiedenen Herbarien, aus denen es beſteht, wurden unlaͤngſt zu einem einzigen verſchmol en und nach der in England uͤblichen Weiſe geordnet. An Nordamericaniſchen Pflanzen iſt es jedoch ziemlich arm, indem es, außer der von Ens hin, welcher Nordamerica auf Koften des Fuͤrſten von Liechten— ſtein bereiſ'te, und von dem Pursh viele Pflanzen aus den ſuͤdlichen Staaten erhielt, geſammelten und einigen neuerdings von Hooker beigeſteuerten Pflanzen, wenig auf— zuweiſen hat. Man findet jedoch auch ein unvollſtaͤndiges Sortiment der von Haenke (zum Theil in Dregan und Californien) geſammelten Pflanzen, deren Beſchreibung man in Presl's Reliquiae Haenkianae nachſehen kann, der, als Cuſtos des Nationalmuſeums zu Prag, die Original— ſammlung Haenke's unter ſeiner Obhut hat. Das Herbarium des verſtorbenen Profeſſors Spren— gel befindet ſich noch im Beſitze ſeines Sohnes, Dr. Ant. Sprengel's, zu Halle, iſt aber zum Verkauf ausgeboten. Es befinden ſich darin viele von Muͤhlenberg und Tor— rey geſammelte Nordamericaniſche Pflanzen. Schkuhr hatte ſein Herbarium der Univerſitaͤt zu Wittenberg ver— macht, und als dieſe mit der Univerſitaͤt zu Halle vereinigt wurde, gelangte es an den letztgenannten Ort, wo es ſich unter der Aufſicht des Profeſſors v. Schlechtendal befindet. Es enthaͤlt eine große Anzahl der von Schkuhr in deſſen bekanntem Werke beſchriebenen und abgebildeten Carices und hat alſo fuͤr die, welche ſich mit dem Studium dieſes großen und ſchwierigen Genus befaſſen, beſonderes Intereſſe. Die Americaniſchen Species erhielt Schkuhr mehrentheils von Willdenow, der ſie ſelbſt meiſt Muͤhlenberg verdankte. 344 Das koͤnigl. Preußiſche Herbarium befindet ſich in dem Dorfe Schöneberg unweit Berlin, dem koͤnigl. botaniſchen Garten gegenuͤber, im Garten der Gartenbaugeſellſchaft. Es iſt fuͤr daſſelbe ein eignes, ſehr zweckmaͤßig eingerichtetes Ge— baͤude aufge uͤhrt worden, und die Aufjiht daruͤber Führt Dr. Klotzſch, ein ſehr thaͤtiger und vielverſprechender Botaniker. Es beſteht aus drei beſonderen Herbarien, dem allgemeinen, dem Willdenowſchen und dem Braſilianiſchen von Sello. An Amerikaniſchen Pflanzen enthaͤlt das allge— meine Herbarium, abgeſehen von den aus dem botaniſchen Garten gewonnenen, hauptſaͤchlich die Sammlung des ver— ſtorbenen Beyrich, der bei der Expedition des Oberſten Dodge in Arkanſas um's Leben kam, ferner die des ge— genwaͤrtig zu St. Louis lebenden Dr. Engelmann, welche die Flora von Arkanſas und Miſſouri umfaßt; end— lich ein neuerdings von Sir William Hooker beigeſteuer— tes ſchkoͤns Sortiment Nordamericaniſcher Pflanzen. Durch die von Chamiſſo, welcher die Romanzoffſche Reiſe um die Welt mitmachte, zuſammengetragenen Pflanzen iſt dieſem Herbarium ebenfalls eine ſehr werthvolle Bereicherung geworden; viele derſelben gehoͤren dem Ruſſiſchen America und Californien an, und ſie wurden meiſt von dem ſeligen Chamiſſo und Profeſſor von Schlechtendal in der vom Letzteren herausgegebenen Linnaea zur Kenntniß des wiſſenſchaftlichen Publicums gebracht. Der ſel. Profeſſor Willdenow ftand viele Jahre lang mit Muͤhlenberg in Correſpondenz und erhielt von dieſem eine große Anzahl Nordamericaniſcher Pflanzen, von denen die meiſten in Betreff der in Willdenow's Species Plan- tarum zuerſt aufgeſtellten Arten als Autoritaͤt gelten. Au— ßerdem findet man in Willdenow's Herbarium viele Bei— träge von Michaux, welche Desfontaines beigeſteuert hat; ferner mehrere von dem deutſchen Sammler Kinn und wehl alle im Berliner botaniſchen Garten befindlich geweſe— nen Species, die Willdenow beſchrieben hat. Auch ent: haͤlt es einen Theil der Pallas 'ſchen Sammlung die Si— biriſchen Pflanzen von Stephen und ein ziemlich reichhal— tiges Sortiment der von Humboldt geſammelten Pflan— zen Dieſes Herbarium iſt wohl erhalten und wird mit der größten Sorgfalt und Sauberkeit gepflegt. Als es von MWilldenom übernommen wurde, lagen die getrockneten Exem— plare loſe in den Bogen, und es waren haͤufig neue Exem— plare dazu gelegt worden und die Zettel untereinandergekom— men, ſo daß man mit großer Vorſicht zu Werke gehen muß, wenn man die wirklichen, in Betreff der Willdenow— ſchen Werke beweiſenden Exemplare zu beſtimmen hat. Um ferneren Veranlaſſungen zu Irrthuͤmern vorzubeugen und die Sammlung vor Schaden zu bewahren, wurde ſie zu der Zeit, wo von Schlechtendal die Aufſicht uͤber dieſelbe hatte, von dieſem Botaniker ſorgfaͤltig revidirt und die Pflan— zen mit Papierſtreifen an die Bogen geheftet, ſo wie alle von Willdenow als derſelben Species angehoͤrig betrach— teten Exemplare in einen Bogen blauen Papiers geſchlagen. Dieſe Umſchlaͤge führen durch das ganze Herbarium fortlau— fende Nummern, und die einzelnen Bogen oder Exemplare in dieſen Umſchlaͤgen ſind gleichfalls nummerirt, ſo daß ſich jedes Exemplar mittelſt des Regiſters leicht auffinden laͤßt. 345 Die Anordnung des Herbariums ſtimmt durchaus mit Will denow's Species Plantarum überein. Es befindet ſich, gleich dem allgemeinen Herbarium, in ſaubern Mappen, de— ren Ruͤcken aus drei Stuͤcken breiten Bandes beſteht, die durch Spalten in der Naͤhe des Randes der Deckel gehen und vorne zuſammengebunden werden. Auf dieſe Weiſe laͤßt ſich die Dicke der Mappen beliebig vermehren, was zwar bei einem in demſelben Stande verbleibenden Herbarium keinen Vortheil bringt, aber bei einem ſtets im Wachſen begriffenen hoͤchſt bequem iſt. Die Mappen liegen in mit Glasıhüren verſehenen Repoſituren, und der Inhalt einer jeden iſt auf einem am Ruͤcken befeſtigten Zettel bemerkt. Die Herbarien definden ſich in einer, von den Studirzimmern abgeſonderten Suite von kleinen Gemaͤchern, welche man ſo viel, als moͤg— lich, vor Staub ſchuͤtzt. Ein anderes wichtiges Herbarium in Berlin iſt das des Profeſſor Kunth. Es giebt dem koͤnigl. Herbarium zu Schoͤneberg an Umfang wenig nach, hat aber keine gleich— große Anzahl von authentiſchen Exemplaren aus der Flora Nordamerica's. Uebrigens beſitzt es das größte und am meiſten authentiſche Sortiment der Humboldt'ſchen Pflan— zen und viele vom juͤngern Richard beigeſteuerte, von Mich aux geſammelte Exemplare. Je weiter die Enume- ratio plantarum dieſes fleißigen Botanikers vorruͤckt, um deſto mehr Wichtigkeit wird auch deſſen Herbarium ge— winnen. Ruͤckſichtlich eines ausfuͤhrlichen Berichtes uͤber die Her— barien und Botaniker Rußland's, koͤnnen wir auf die von Bongard, Cuſtos des Herbariums der kaiſerl. Academie zu St. Petersburg, in dem Recueil des Actes dieſes Inſtituts vom Jahre 1834 mitgetheilte hiſtoriſche Ueber— ſicht von den Fortſchritten der Botanik im Ruſſiſchen Kai— ſerreiche verweiſen. Penis von Trichocephalus dispar. Von Profeſſor Mayer in Bonn. (Hierzu die Figuren 3. und 3. auf der mit Nr. 392. [Nr. 18. k dieſes Bandes] ausgegebenen Tafel) Der anatomiſche Bau von Trichocephalus iſt, ungeachtet ſei— ner Kleinheit, complicirter, als der mancher großen Entozosn. Be⸗ ſonders moͤchte der Bau des penis, von Trichocephalus dispar fo: wohl, als wahrſcheinlich von allen andern speciebus diefts Einges weidewurmes (ich habe bister nur T. dispar und T. affinis unter- ſucht), einer nähern Erwähnung verdienen, um fo mehr, als die bisherigen Abbildungen und Beſchreibungen dieſes Organs ͤußerſt mangelhaft ſind und von den einzelnen Theilen deſſelben keinen Be— 346 griff geben. Wenn der penis bei den uͤbrigen Nematoideen aus einer einfachen gekruͤmmten spicula mit feinem Canale beſteht, fo bemerken wir an dem penis von Trichocephalus dispar einen weit zuſammengeſetzteren Bau. Er beſteht aus folgenden Attributen: 1) Einer aͤußern, mit Stacheln oder Dornen beſetzten, rauhen Scheide, welche, der Reihe nach, mit rückwaͤrtsſtehenden Spitzen rings den penis umgeben. Die Zahl dieſer Stacheln moͤchte weit uͤber 5,000 bis 6,000 betragen. 2) Einer dünnhautigen Scheide, welche über jene ziemlich weit hinausreicht, wenn der penis hervorgeſtreckt iſt. 3) Aus dem corpus cavernosum oder erectile ſelbſt, welches ſehr lang und nach Hinten mit einem Muskel umgeben iſt, der als sustentator oder accelerator anzufchen ift. 4) Aus dem Saamen- gange, welcher über die Spitze des corpus erectile hervorragt, und in welchen die Saamenblaſe einmuͤndet. Auch das corpus erectile erſcheint in der Mitte mit einem Canale verfeben, welcher mit jenem zuſammenhaͤngt. Iſt der penis ganz hervorgetreten, fo ragt das corpus erectile mit dem Saamengange weit über zwei heraus und man ficht an der Spitze des Saamenganges eine kleine Oeff— nung. — Merkwuͤrdig iſt, daß auch bei dem Weibchen an der vulva ſowohl, als in die vagina und in den uterus hinein, aͤhnliche Dor— nen oder Stacheln faſt in eben ſo großer Anzahl ſtattfinden, welche ebenfalls nach Einwaͤrts gerichtet find, wodurch das Feſthalten des penis in der vagina wohl ermittelt wird. — Die beigefuͤgte Abbildung wird das Geſagte deutlich machen. Erklaͤrung der Abbildungen. Figur 3. Penis von Trichocephalus dispar, in feiner Sta: chelſcheide zurückgezogen, bei 140maliger Vergrößerung. a Schwanz» Ende des Wurmes; b Stachelſcheide; e haͤutige Scheide; d Saamengang; e corpus erectile, Figur 4. Stacheln des penis, bei 800maliger Vergrößerung. Miscellen. Rotationsbewegungen bei den Embryonen im Eie der Wirbelthiere beobachtet zu haben, hat Herr Dr. Reichert der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin verſichert. Bei Saͤugethieren, Voͤgeln und beſchuppten Amphibien ſah er keine; unter den nackten Amphibien ſah er ſie bei Froͤſchen, Pelobates fuscus, Rana temporaria, nicht bei Rana esculenta. Die Bewegungen geſcheben durch Wimperzellen von runder Form, aus denen, wenigſtens zum groͤßten Theile, die Umhuͤllungshaut der genannten Froſchlarven zuſammeng fegt iſt. Tiefe, in welcher feſtſizende Thiere in dem Meere vorhanden ſind. Nach Broderip ſind die Terebrateln die in der groͤßten Tiefe lebenden Mollusken. Man hat ſie in der Tiefe von 90 Klaftern, oder 165 Metern (nach Ehrenberg und Dar— win ꝛc.), gefunden. Die feſtſitzenden Polypen ſteigen nicht tief binab. Herr Milne Edwards hat in der Nähe von Bona, in Algier, Corallen aus der Tiefe von 162 Meter erhalten. Die Co— rallenfifcher meinen, daß fie nicht tiefer als 244 Meter vorkaͤmen. Herr Ellis fing eine Madrepore zu Grönland aus einer Tiefe von 420 Metern; aber es war eine nicht feſtſitzende Madrepore. Heer ek ande Unterſuchungen über den Harn ruͤckſichtlich ver— ſchiedener Krankheiten und des Zuſtandes der Schwangerſchaft; Verſuche uͤber die Einſpritzung von Milch in die Venen. Von Herrn Donns. Ich werde der Academie mit Naͤchſtem eine Abhand— lung uͤber den Harn der an verſchiedenen Krankheiten leiden— * den und im Zuſtande der Schwangerſchaft befindlichen Per— fonen vorlegen, ſchon jetzt derſelben aber einige Nefultate dieſer ſehr umfangsreichen Arbeit mittheilen. Was zuvoͤrderſt die Schwangerſchaft anbetrifft, deren Kennzeichen man ſo haͤufig im Harne zu finden geſucht hat, fo bietet dieſe Fluͤſſigkeit allerdings Modificationen dar, welche in den meiſten Faͤllen geſtatten, jenen Zuſtand ohne Unter— ſuchung der Frauensperſon ſelbſt zu erkennen. Ich habe 347 durch ſehr zahlreiche Verſuche ermittelt, daß der Urin der Schwangern merklich weniger freie Saͤure, fo wie phosphor— ſauren und ſchwefelſauren Kalk enthaͤlt, als derjenige von Perſonen, die ſich in gewoͤhnlichen Leibesumſtaͤnden befinden, und dieß ließ ſich erwarten, da ein Theil dieſer Stoffe zur Bildung der Knochen und der uͤbrigen Organe des Embryo verwandt wird. Die Schwanzerſchaft modifieirt a ich die Ceyſtalliſation der im Harne enthaltenen Salze auf eine be— ſondere Weiſe, ſo daß, wenn man den gewöhnlichen durch— ſchnittlichen Vorhaͤltnißtheil dieſer Beſtandtheile im normalen Harn der nicht ſchwangern Frauen kennt, man auch auf die— ſem Wege den Zuſtand der Sch vangerſchaft, wo nicht mit voller Sicherheit, doch mit großer Wahrſcheinlichkeit ermit— teln kann, ohne die Frauensperſon ſelbſt einer unmittelbaren unangenehmen Unterſu hung zu unterwerfen. Ich habe dieß Präfungsmittel in mehr als dreißig Fillen in verſchiedenen Stadien der Schwangerſchaft mit Ecfolg angewandt. In Betreff der Krankheiten, werde ich mich in dieſem Briefe darauf beſchraͤnken, die Haustthitfahen ruͤckſichtlich der Chlorofis. Phthiſis des typhören Fiebers, der Paeumonſe, des acuten Rheumatismus und der gallichten Krankheiten bemerklich zu machen. Die Unterſuchung des Harns der chlorotiſchen Frauen giebt ein für die Diagnofe und die Behandlung ungemein ſicheres und werthvolles Reſultat. Im Zuſtande der Geſund— heit enthaͤlt der Hirn eine gewiſſe Menge Eiſen, die ſich mittelſt blauſauren Kali's und des Abkochens leicht darſtellen läßt. Bei der Chloroſis dagegen findet man im Urine keine erkennbare Spur dieſes Metalles, welches jedoch wiederer— ſcheint, ſobald die Patientin nur einige Gaben von Eiſen— praͤparaten erhalten hat, da ein Theil der Medicin durch die Harnwerkzeuge ausgeſchieden wird.“) Die Heilung der Chloroſis laͤßt ſich erſt dann als voll— ſtaͤndig betcachten, wenn ſich der Harn, nachdem mehre Tage lang keine eiſenbaltigen Medicamente gereicht worden find, im nor nalen Zuſtande befindet. Was ſich aus dieſem Um: ſtande ruͤckſi ptlich der Aetiologie und der Diagnoſe, fo wie der Wirkungsart der eiſenhaltigen Mittel bei der Behand: lung der Chloroſis fuͤr Folgerungen ziehen laſſen, wird man leicht einſehen. Ich werde mich uͤber dieſe Dinge in meiner Abhandlung weiter ausſprechen und hier nur anfuͤhren, daß ich eine merkliche Menge Eiſen in dem Harne gemwiffer für chlorotiſch ge'tender Patienten gefunden habe, bei denen die Eiſenpräparate nicht anſchlugen. Daß ſich aber in ihrem „) Man darf die blaue Färbung, welche ſich wahrnehmen läßt, wenn man den normalen Harn mit blaufaurem Kali behan— delt, nicht mit derjenigen verwechſeln, die ſich zeigt, wenn min dieſes Reagens mit einer Siure von gewiſſer Stärke in Be— ruͤhrung bringt. Der Harn wirkt in dieſem Falle nicht durch feine, immer ziemlich ſchwache Säure, und überdieß iſt der Harn der Calorotiſchen fo gut ſauer, wie der normale Harn, und es iſt kein Grund vorhanden, weßhalb in dem einen Falle eher Berlinerblau erzeugt werden ſollte, als in dem andern. Ich werde in meiner Abhandlung nachweiſen, daß dieſer Cha— racter, welcher immer nur einen ganz relativen Werth hat, ganz von der Anweſenheit des Eiſens abhängig iſt. 348 Urin, ſo gut wie im normalen, Eiſen vorfand, bewies eben, daß ſie nicht chlorotiſch waren. Bei der Lungenſchwindſucht zeigen ſich, wenn man den Harn abraußt, nicht die Eryſtalliſationen, die ſich bei'm Harne geſunder Perſonen wahrnehmen laſſen, ſondern eine zaͤhe, klebrige Materie, die derjenigen ganz ähnlich iſt, welche nach dem Verdampfen des Urins der an Diabetes leidenden Perſonen zuruͤckbleibt. Iſt nun dieſer Stoff wirklich Zucker, oder eine eigenthuͤmliche animaliſche Subſtanz? Hieruͤber wage ich noch nicht, mich beſtimmt auszuſprechen; doch darf ich bemerken, daß der Harn der Phthiſiker ſich durch Bier— hefe nicht in Gaͤhrung bringen laͤßt und bei dem Biotſchen Aparat keine Verſetzung der Pole bewirkt. Iſt etwa der Zucker in ſolchem Harne in zu geringer Menge vorhanden oder mit zu vielen ſaliniſchen Stoffen vermiſcht, als daß ſich ſeine Anweſenheit kund geben koͤnnte? Ich weiß es nicht; allein jener klebrige Ruͤckſtand, jene Art von Syrop ver— dient gewiß beachtet zu werden, zumal ſeit die Beobachtun— gen des Herrn Rayer eine gewiſſe Verwandtſchaft zwiſchen Diabetes und P)thiſis herausgeſtellt haben, indem ſich dar— aus ergeben hat, daß auf die ſcheinbare Heilung der erſtern Krankheit gemeiniglich die letztere folgt. In allen Fällen iſt jener Character fo conſtant, daß er ſchon allein hinreicht, das Vorhandenſeyn von Tuberkeln in den Lungen zu conſta— tiren, ohne daß man den Kranken geſehen zu haben braucht, und begreiflicher Weiſe kann oft viel darauf ankommen, daß man die Nitur der Krankheit auf dieſem Wege erforſcht, ohne daß man den Patienten ſelbſt einer fuͤr ihn beunruhi— genden Unterſuchung zu unterwerfen braucht. Die aus dem Harne der an typhoͤſem Fieber Leidenden darſtellbaren mikroſcopiſchen Cryſtalliſationen ſind hoͤchſt merkwuͤrdig. Es laͤßt ſich von denfilben durch bloße Be: ſchreibung kein deutlicher Begriff geben, indeß kann man doch anführen, daß dieſe Cryſtallform ſich ſtrahlenfoͤrmig und perl— mutterartig und faſt wie eryſtalliſirtes phosphorſaures Am: monium ausnimmt Aus geſundem Harne erhaͤlt man nie etwas Aehnliches, und dagegen war dieſes Kennzeichen bei dem typhoͤſen Fieber, welches ich in dieſer Beziehung ſchon ſeit mehrern I ihren ſtudirt habe, durchaus conſtant. Indeß iſt dieſe Krankheit nicht die einzige, bei der es vorkommt. Die Pneumonie und der acute Rheumatismus gleichen ihr in dieſer Hinſicht, und wenn ich noch weiter generaliſiren darf, fo möchte ich ſagen, daß dieſe Art der Eryſtalliſation uͤberhaupt bei ſehr hitzigen Fiebern vorkomme, ſelbſt wenn der typhoͤſe Character fehlt. Bevor ich mich zu einem andern Gegenſtande wende, will ich noch anfuͤhren, daß ich zum Erkennen von im Harne aufgeloͤſ'ter Galle ein empfindlicheres Reagens entdeckt habe, als die nach Ber zelius's Methode angewandte Salpeter— ſaͤure. Ich behandle den Harn naͤmlich mit Aether, welcher ſich eines Theils des Faͤrbeſtoffs der Galle bemaͤchtigt und an der Oberflaͤche der Fluͤſſigkeit eine mehr oder weniger in's Geuͤnliche ziehende gelbe Decke bildet, wenn ſich im Harn auch noch ſo wenig Galle befindet, waͤhrend dieſes Reagens bei jeder andern Beſchaffenheit des Urins ſeine Farbe nicht Ändert. 349 Da in meinen baldigſt zu eroͤffnenden Vorleſungen über Mikroſcopie von dieſen Erſcheinungen die Rede ſeyn wird, ſo benutze ich dieſe Gelegenheit, vorlaͤufig darauf hin— zuweiſen. Ich wende mich nun zu einem andern Gegenſtande, und erſuche die Academie eine Commiſſion zu beſtellen, da— mit die Reſultate von Verſuchen conſtatirt werden, welche ich mit einer Reihe von Thieren angeſtellt habe, um die durch meine früheren Unterſuchungen luͤckſichtlich der organifchen Natur der Milch von mir gewonnenen Anſichten zur Ge: wißheit zu erheben. Zur Vervellſtaͤndigung dieſer meiner Forſchungen ernaͤhrte ich zuvörderft junge Hunde je mit ver— ſchiedenen Arten von Milch, andere mit Suppen. Dabei zeigte es ſich denn, daß die letztern ſtets ſchwaͤcher und mage— rer blieben, als die erſtern. Hierauf nahm ich Einſpritzun— gen von verſchiedenen Arten von Milch in die Venen und Arterien, fo wie auch in die Haupthohlen des Körpers, bei Hunden, Ziegen, Kaninchen, Pferden und Froͤſchen vor, bei welchem letztgenannten Thiere man die Milchkuͤgelchen mit den Blutkuͤgelchen circuliren ſehen kann. Durch dieſe Vers ſuche werden die Anſichten, welche man bisher uͤber die Ge— faͤhrlichkeit des Einſpritzens dieſer Fluͤſſigkeit in das Circula— tionsſyſtem, ſo wie der Vermiſchung der Milch mit dem Blute hegte, durchaus umgeſtoßen. Reine und gut beſchaf⸗ fene Milch brachte niemals, ausgenommen bei alten Pferden, nachtheilige Wirkungen hervor, und kann, wie eine Art von Chylus, mit dem Blute circuliren, ohne irgend ein beunruhi— gendes Symptom zu veranlaſſen, waͤhrend verdorbene Milch allerdings ſchlimme Zufaͤlle und ſelbſt den Tod herbeifuͤhrt. Dieſe Verſuche gedenke ich in einer ausgedehnten Ar— beit uͤber die Milch auseinanderzuſetzen, welche ich ſeiner Zeit der Academie vorzulegen hoffe; während ich den Wunſch hegen muß, ſchon jetzt einer Commiſſion diejenigen Thiere zeigen zu koͤnnen, welche jenen Experimenten unterworfen worden find, und die ich nicht allzulange erhalten mochte. Dieſe Thiere, an denen eine Menge Operationen vorgenom— men worden find, denen ich mehrfach bedeutende Quantitäs ten Milch in die Venen, Arterien, Pleuren, das Bauch fell ꝛc. eingeſpritzt habe, dürften das Intereſſe einer Commiſſion in hohem Grade in Anſpruch nehmen. (Zur Pruͤfung die— fer letztern Forſchungen des Herrn Donn é ward eine, aus den Herren Chevreul, Flourens und Breſchet be— ſtehende Commiſſion ernannt.) (Comptes rendus des Séances de l’Acad. d. Sciences, T. XII., No. 21, 24. Mai 1841.) Unterſuchungen über einige Varietaͤten des Stotterns, fo wie über ein neues Sperations— verfahren. Von Herrn J. E. petrequin“ (Bericht der Commiſſion wegen des Stotterns.) „Das Stottern“ (ſagt Herr Pétrequin) „kann von ſeht verſchiedenen Urſachen herruͤhren. In manchen Fällen iſt es die Folge eines unheilbaren Gehirnleidens, folglich 850 ſelbſt unheilbar; in andern ruͤhrt es hauptſaͤchlich von einem Krampfe der den Kehlkopf umgebenden Muskeln und des Reſpirationsapparates her, und wiewohl dann verſchiedene Behandlungsarten mit Erfolg angewandt werden koͤnnen, fo wird man doch im Allgemeinen durch die Sublingual > Tenotomie (ténotomie sublinguale) wenige Vortheile er: langen. Haͤufig haͤngt jedoch das Stottern von Urſachen ab, die ſich durch eine chirurgiſche Operation befeitigen laffen, die jedoch nicht in allen Faͤllen dieſelbe ſeyn darf, da ſehr verſchiedene Bildungsfehler an der Zunge daſſelbe Reſultat, naͤmlich eine Behinderung im Sprechen, zur Folge haben koͤnnen. „Unter den verſchiedenen Operationen, die, je nachdem man die eine oder die andere Varietaͤt des Stotterns zu be— kaͤmpfen hat, anzuwenden ſind, werde ich hier nur von der Durchſchneidung der mm. genio-glossi handeln. „Anatomiſche Darlegung. Aus der chirurgi— ſchen Anatomie dieſer Gegend ergiebt ſich, daß die mm. genio-glossi ſich am bequemften und wirkſamſten von Vorn und nach dem os mazxillare hin angreifen laſſen. Man findet hintereinander das vordere Ende des Zungens baͤndchens, die Schleimhaut der Mundboͤhle, die mehr oder minder ſtarke Zellgewebſchicht und eine eigenthuͤmliche Scheide, uͤber die ich mich weiter unten mehr verbreiten werde, und hat auf dieſe Weiſe die Anatomie der verſchiedenen Schichten. Tiefer liegen die mm. ge- nio-glossi, welche, indem ſie nach den oberen inneren Kinn-Apephyſen gegeneinander convergiren, zuvoͤrderſt durch eine duͤnne Zellgewebſchicht voneinander getrennt ſind, dann zu einem faſerigen Gewebe ausarten, und endlich mittelſt ihrer miteinanderverbundenen Sebnen an die erwähnten Apophyſen angefuͤgt ſind. Dieſe doppelte faſerige Erweite— rung iſt ziemlich ſchmal. Uebrigens iſt tie Höhe des Unter- Kiefers ſelbſt, fo wie die Tiefe und Hervorragung der Aros phyſen, je nach den Individuen, ſehr verſchieden, und man hat ſich von der jedesmaligen Beſchaffenheit dieſer Theile vermittelſt der weiter unten angegebenen Unterſuchung zu überzeugen, Von dieſem Puncte aus bis zur Zunge wird der Muskel immer breiter, und bald durch ein Anhängfel der Unterzungendruͤſe bedeckt, deſſen Verletzung, meiner An— ſicht nach, zu veimeiden iſt. Die beiden mm. genio-glos- si ſind uͤberdem von einer zellig-faſerigen Scheide umhuͤllt, welche ſie von den benachbarten Organen abſondert, um die Inſertion der Muskeln ſelbſt her angefuͤgt iſt und ſie von den mm. genio-hyoidei trennt, die gleich darunter an das os maxillare angeſetzt find. Die art. sublinguales liegen dieſer Stelle ziemlich fern. „Operatlons verfahren. Zwiſchen die Zahnbögen der rechten Seite bringe ich einen Pfropf. Hierauf un- terſuche ich die Mundgegend. Mit dem unter der Baſis des Kiefers liegenden Daumen der Linken fühle ich die uns teren Kinn-Apophyſen, während ich mich mit dem in die Mundhoͤhle eingefuͤhrten Zeigefinger derſelben Hand von der Lage der oberen Kinn- Axophyſen überzeuge und fo zwiſchen meinen beiden erwaͤhnten Fingern den Abſtand und die Geſtalt dieſer Organe meſſe. Hiermit ſind zugleich die 351 Graͤnzen gegeben, innerhalb welcher die Operation fih hal— ten muß, um gefaͤhrliche Folgen, Entzuͤndung oder Blutung zu verhuͤten. „Sobald dieß geſchehen, ſteche ich linker Hand 4 Mil— limeter (1,8 Linie rheinl.) ſowohl vom frenulum, als vom Kieferknochen, ein zweiſchneidiges Biſtouri ein, welches ich 10 — 12 Millim tief bis in die eigenthuͤmliche Scheide der mm. genio-glossi eindringen laſſe. In die fo ge— machte Oeffnung fuͤhre ich dann ſogleich einen beſonders vorgerichteten ſtumpfen Haken ein, den ich eine Hebelbewe— gung ausfuͤhren laſſe, wodurch ich den einen, wie den an— dern Muskel faſſe und anſpanne, worauf ich die Sehne hart an der hintern Flaͤche des Kieferknochens mit einer krummen, auf's Blatt gebogenen Scheere durchſchneide. Dieſe Durchſchneidung iſt im Augenblicke geſchehen, und die Loͤ— fung des Hakens bekundet (wie die der Canuͤle bei der Ope— ration der Afterfiſtel), daß die Operation vollendet iſt. Sie betrifft den ganzen m. genio-glossus und nur ihn, ohne daß man auf einen Abweg gerathen könnte; denn der ſtum— pfe Haken, deſſen Einfuͤhrung nach der vorhergegangenen Unterſuchung nicht die geringſte Schwierigkeit hat, dient als untruͤglicher Fuͤhrer. „Ich habe dieſem Haken eine doppelte Kruͤmmung ge— ben laſſen. Die eine bezieht ſich lediglich auf das Ende des Inſtrumentes, das dadurch einen mit der Breite der beiden Muskelbuͤndel an jener Stelle uͤbereinſtimmenden Schnabel erhaͤlt; die andere betrifft den ganzen Schaft des Inſtru— ments, ſo daß, wenn es angeſetzt iſt, die Convexitaͤt nach der Mundhoͤhle gekehrt iſt, waͤhrend deſſen Concavitaͤt einen freien Raum zwiſchen dem Inſtrumente und dem Unterkie— ferknochen bildet, ſo daß man bequem mit der Scheere operiren kann. Dieſe Einrichtung hat ſich als vollkommen zweckmaͤßig bewaͤhrt. „Die Ausfuͤhrung der Operation iſt ſicher und ge: ſchwind. Die oberen Kinn-Apophyſen ſind binnen wenigen Secunden bloßgelegt; man läuft nicht Gefahr, die Enden der Unterzungendruͤſen zu verletzen; man haͤlt ſich inner— halb der gleichnamigen Arterien, und da die mm. genio- glossi nur in ihrer ſehnigen Ausbreitung durchſchnitten werden, ſo kann nicht einmal durch die Verletzung der den Muskel ernaͤhrenden Arterien eine bedeutende Blutung ent— ſtehen. Dieſe war, in der That, ſo unbedeutend, daß ich mich um dieſelbe gar nicht zu bekuͤmmern und kein Tam— ponniren in Anwendung zu bringen brauchte. Die Opera— 352 tion veranlaßt ferner nur ſehr wenig Schmerzen, und man kann ſich augenblicklich von deren Gelingen uͤberzeugen, in— dem man den Finger in die Wunde einfuͤhrt, da man dann die Kinn-Apophyſen frei und entbloͤßt findet.“ (Comptes rendus des Séances de l'Acad. d. Sciences. T. XII. No 19, 10. Mai 1841.) Miscellen. Eine neue Punction des hydrocephalus chroni- cus hat Malgaigne im Bulletin gen, de therap., Sept. 1840, bekannt gemacht. Auch in diefem Falle bei einem ſiebenmonatlichen Kinde war die unmittelbare Folge ſehr guͤnſtig; es wurde eine zweite Punction am zehnten Tage unternommen ebenfalls mit zu— naͤchſt günftiger Einwirkung, aber am vierzehnten Tage danach folgte der Tod. Der Einſchnitt war über dem Schloͤfenbeine mit einem gewöhnlichen Hydrocclentroſcart gemacht. Malg aigne iſt der Anſicht, daß eine wahre Heilung des hydrocephalus durch die Punction nicht moͤglich ſey, weil es nicht gelinge, das Volu— men des Kopfes durch Druck vollkommen zu reduciren. Die größte Verminderung, welche man bisjetzt bei ſolchen Faͤllen erlangt hat, beträgt 103 Millimeter für den ganzen Umfang des Kopfes nach vier Punctionen innerhalb eines halben Jahres bei einem drei Mo— nate alten Maͤdchen, welches vor der Operation 23 Zoll, ein halb Jahr darauf nach den Operationen 19 Zoll im großen Umfange des Kopfes hatte. Aus feinen Unterſuchungen ſchließt Herr Mal: gaigne: 1) daß man die „anſpruchsvollen“ Behauptungen von Heilung des hydrocephalus durch Punction ſtreichen muͤſſe; 2) daß die Operation die Ergießung hemmen und ſtationaͤr machen und bei jungen Kindern ſelbſt den Umfang des Kopfes etwas ver— mindern koͤnne; 3) daß die Operation gerechtfertigt ſey, bei einem Kinde von drei bis vier Monat; 4) oder ſelbſt noch fpäter, als vier Monate, ohne andere Beſchraͤnkung, als die durch eingetre— tene Verknoͤcherung des Schaͤdels, immer dann, wenn der hydro- cephalus merklich zunimmt und das Leben des Kranken bedroht. Durchſchneidung des n. auricularis bei Proſo— palgie iſt von Herrn Lambert, zu Hull, in einem Falle vor— genommen worden, wo bei einer 63jähriaen Frau wegen außer— ordentlich heftiger und allen Mitteln widerſtehender Neuralgie, welche gerade im Verlaufe der Aeſte des facialis ſich auszubreiten ſchien, der letzte Nerv zwiſchen der parotis und dem proc. ma- stoideus durchſchnitten werden ſollte. Nach Durchſchneidung der Haut kam der auricularis zum Vorſcheine und wurde, als er ge— faßt und gezerrt wurde, von der Kranken als der Nerv bezeich— net, von dem der Schmerz ausgeht. Er wurde daher durchſchnit⸗ ten, mit ſogleich eintretendem und ſeitdem vier Monat unverändert bleibendem guten Erfolge. Herr Lambert ſchließt daraus, daß die heftigſten Neuralgieen von einer zu großen Quantitaͤt der Ner— venenergie herruͤhren, und daß dieſe mittelſt Durchſchneidung eines Collateralaſtes ebenſowohl, wie mittelſt Durchſchneidung des Haupt— canales abgeleitet werden koͤnne. (London med. Gaz., March 1841). Bibliographis ch Beiträge zur Kenntniss der Geschlechtsverhältnisse und der Saamenflüssigkeit wirbelloser Thiere, nebst einem Versuch über das Wesen und die Bedeutung der sogenannten Saamen- thiere. Von Albert Kölliker. Mit 3 Kupf Berlin 1841. 4. (Ein wichtiges Schriften, auf welches ich demnaͤchſt zurüczu: kommen gedenke.) Etude des fleurs, botanique @l@mentaire, descriptive et usuelle. Par Ludovic Chirat. Tome I. Lyon 1841. 18. Mit Kupf. E Neu i ite n. Specimen pathologiae generalis et nosologiae: aetiologiae, s) m- ptomatolocae, semeioticae et therapeutiche notiones generales; quas a praestantioribus auctoribus excerptas et ad unitatem desteinae perductas suis auditoribus proponit A. B. M. Schina. Taurini 1840. 8. Semeiotique des urines, ou Trait des alterations de Purine dans les maladies; suivi d'un Traité de la Maladie de Bright aux divers ages de la vie. Par Alfred Becquerel. Paris 1841. 8. TEE T——— — Re n . zu dem achtzehnten Bande der Neuen Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. (Die Röͤmiſchen Ziffern bezeichnen die Nummern, die Arabiſchen die Seiten.) A. Abfceſſe in den großen Schaamlefzen. CCCLXXVII. 41. Afterſiſtel, durch Ratanhia behandelt. CCCXCII. 286. Atmoſphaͤriſche Luft, Beſchaffenheit derſelb. CCCXCIII. 296. Agaſſiz, über Structur und Wachsthum der Fiſchſchuppen. CCCLXXVII. 41. Amputationen. CCCLXXVIII. 57. Anodonta, Generationsorgane derſelben. CCCLXXXIII. 134. Apoplexie, gaſtriſche und nervoͤfe. GECKXEIV. 320. Arterien im Uterus. CCCLXXXII. 128. Aſphyxie. CCCXI, 252. Auclandia. CCCLXXXV. 126. Augenmuskeln, zerſchnittene, einen Monat nach der Operation gegen das Schielen unterſucht. CCCXC. 256. Auſtern von grüner Farbe und Urfache dieſer Farbe. CCCLXXIX. 65. Auftratiens Ornithologie. CCCLXXXVI. 17. B. Balggeſchwuͤlſte in den großen Schaamlef— zen. CCCLXXVII. 41. Bergmehl aus umed in CCCLXXVIII. 58. Blut, freie Primitivfafern in demfelben. CCCLxXXxVII. gr. Blut, von Menſchen und von Thieren, de: miſch unterſucht. CCCLXXVIII. 49. Blut, und die Veränderung der Quantität des Faſerſtoffs, der Blutkuͤgelchen und d. Serums in Krankheiten. CCCLXXXVI. 183. Blutegelzucht. Bluterdiatheſe. Lappland. CCCLXXXVI. 183. CCCKXC. 249. Blutgefäße der Mutter und des foetus, in ihren anatomiſchen Beziehungen. CCCXCIII. 289. Blyth, uͤber die CCCLXXVIII. 36. Bonnet, über Behandlung der Myopie mit: tels Durchſchneidung des m. obliquus inferior. CCCLXXV. 2. — Ueber Operation gegen das Stottern. CCCLXXV. S. 12. Bougies bei Stricturen des oesophagus verworfen. CCCLXXXVI. 203. Boys de Loury, über Balggeſchwuͤlſte u. Abſceſſe der labia majora. CCCLXXVII. 41. Brod, Verfaͤlſchung deſſelben. CCCLXXVII. 47. Bruch, eingeklemmter, durch den Kranken ſelbſt zerriſſen. CCCLXXV. 28. Brucheinklemmung, uͤber den eigentlichen Sitz derſelben. CCCLXXX. 87. Gattung Ovis. 354 Bruchſack mit Elappenartiger Zwiſchenwand vor dem Bauchringe. CGCLXXXII. 128. Bruſtwunden, Behandlung der penetriren: den. CCCLXXXIII. 142. Burnes, uͤber Bluterdiatheſe. 249. CCCAXC. C. Cancliru, weiſe. Fiſch von ſonderbarer Lebens— CCCLXXIX,. 72. Carinaria mediterranea. CCCLXXXV. 168. Catheter, neuer, zur Behandlung enger Harnroͤhreſtricturen. CCCLXXXIX. 240. Cayenne⸗Colik, von Lähmung der Extenſo— ren der obern und untern Extremitaͤten begleitet. CCCLXXXVII. 208. Chowne, über delirium tremens und die verſchiedene Behandlung deſſelben. CCCLXXKXIII. 135. Chylus. CCCLXXX. gr. Clima von St. Michael, COX CCI. 264. Colocasia odora, Veränderungen der at— moſphariſchen Luft während der Wär: meentwickelung im spadix derſelben. CCCXCIV. 305. Crocodilei in CCCLXXXVI. der Azoren. Lyon 184. ausgebruͤtet. Cross timber (Queerwald) in Texas. CCCXCII. 280. Crotonoͤl bei Nerven = Krankheiten. CCCXCIIL. 304. Cryſtallbildung von Lichterſcheinungen be: gleitet. CCCLXXXVII. 196. Cryſtalle enthaltende Blaͤschen am Schlund— ringe der Mollusken. CCCXCIV. 310, D. Daubeny, uͤber die urſpruͤngliche Quelle des in Pflanzen und Thieren anzutref— fenden Kohlen- und Stickſtoffs. CCCLXXXIV. 145, CCCLXXXV, 165. Delirium tremens und die verſchiedene Behandlung deſſelben. CCOLXXXIII. 135. % e Mine Diabetes mellitus, zur Diagnoſe deſſelb. CCCLXXXIV. 160. Diday, uͤber den eigentlichen Sitz der Brucheinklemmung CCCLXXX. 87. CCCLXXXI, 103. Digitalis bei Epilepſie. CCCLXXXIV. 160. Donne, Unterſuchungen über den Harn ruͤckſichtlich verſchiedener Krankheiten u. des Zuſtandes der Schwangerſchaft. Verſuche über Einspritzung von Milch in die Venen. CCCXCVI. 345. Dotterkugeln der Planarien. CCCLXXX, 86. Dufreſſe-Chaſſaigne's Durchſchneidung des m. bulbo- cavernosus gegen Harnroͤh— renftricturen CCCLXXV. 25. Durchſchneidung fibröfer Stränge bei ortho- paͤdiſchen Behandlungen. CCCLXXXIX. 23 l. E. Echiurus, Naturgeſchichte und Anatomie derſ. CCCXCII. 275 Ehrenberg, über einen weſentlichen Antheil mikroſcopiſcher Organismen am Ver ſchlaͤmmen der Seehaͤven ꝛc. CCCxClv. 308. Eingeweidewurm unter der Gonjunctiva. CCCLXXVII. 48. Einhuͤllung der Flintenkugeln oder anderer fremden Koͤrper in der Subſtanz der Elephantenzaͤhne. CCCLXXXVII. 193. Eiſenoxyd, milchſaures, gegen Chloroſe. CCCLXXxXVIII. 224. Eisvogel (Alcedo ispida). CCCLXXXVII, 195. Electricit. in d. Atmoſphaͤre. CCCLXXXIIL. 136. Electriſche Strömungen in warmbluͤtigen Thieren. CCCLXXXIII 129. Embryonen im Eie der Wirbelthiere zeigen Rotationsbewegungen. CCCXVI. 34€. Empyem, Operation deſſ. CCCLXXXIII. CCCLXXXVIIL. 142. 217. Entzündung, diffuſe. CCC CI. 265. CCCXCII. 282. Erdbeben in Juͤtland. CCCLXXX. 87. Erdmagnet, Obſervatorien. CCCLXXXIX. 232. Erdſchichten, gefrorne, in Nerdamerica. CCGLXXXIX. 225. Erſtickung waͤhrend des Zuſtandes von Trunkenheit. CCCXCIV. Zit. Erarticulation des Oberarms - Kopfes. CCCXCV. 336. F. Favio und Zantedeſchi, über die electri⸗ ſchen Strömungen in warmbluͤtigen Thieren. CCCLXXXIII. 129. Federharz-Zwirn und Anwendung deſſelben zum Nähen der Wunden ꝛc. CCCXCIV. 318. Fernſichtigkeit, plotzlich entſtanden, aber voruͤbergehend. CCCLXXXIX. 240. Ferri muriatici tinetura gegen Harnroͤh⸗ renblutungen. CCCLXXX. 96. Ferrum tartarico - ammoniacatum. CCCLXXVII. 48. Feuerland, zur Naturgeſchichte deſſelben. CCCLXXXV. 161. Fibrine in Albumen umgewandelt. GCCLXXVI, 32. Fibrinoͤſe Ablagerungen in den Teſtikeln. CCCLXXXVII. 207. Fiſchſchuppen, Structur und Wachsthum derſelben. CCCLXXVII. 33. Flechten, Fortpflanzung derſelben durch Keimkoͤrner. CCCLXXXIX. 228. Fleiſch, Verfahren, es vor Faͤulniß zu be— wahren. CCCXXIX, 69. Foetus, Ernaͤhrung deſſ. CCCLXXXVIII. 218. Fontan über die Zuſammenſetzung der Mir neralwaſſer. CCCLXXXVIII. 216. Forbes, Edw. und Goodſir zur Naturge— ſchichte und Anatomie von Thalassema und Echiurus. CCCXCHI. 273. Froͤſche, Zaͤhlebigkeit derſ. CCCLXXXIV. 152. Froriep, Rob., uͤber die locale Urſache des Stotterns. CCCLXXX. 96. G. Galvaniſche Stroͤmung zu Heilzwecken von Dr. Cruſell benutzt. CCCLXXV. 25. Gennal's Verkahren, Fleiſch vor Fäulnig zu bewahren. CSCLXXIX. 69. Garcia, uͤber die menſchliche Stimme. Seen. 5. Gaſtriſche Stoͤrungen und Epilepſie. COOxCIII. 299. Gan dich zud, uͤber die Organographie, Phys ſiologie und Organogenie der Pflanzen. CCCLXXXVIII. 209. Gelenke, fremde Koͤrper CCCLXXV. 16. Geoffroy, (Iſidore), Saint Hilaire, über geographiſche Vertheilung der Thiere. CCGLXIXV. 1. CCCLXXV. 12. Geographiſche Vertheilung der Thiere. CCCLXXV. 1. CCCLXXV. 12. Goodſir, uͤber die Art und Weiſe, wie Flintenkugeln u. andere fremde Koͤrper in der Subſtanz der Hauzaͤhne des Elephan— ten eingehuͤllt werden. CCCLXXXVII. 193. Gootſir und Forbes, zur Naturgeſchichte und Anatomie von Thalassema und Echiurus. CCCXCII. 273. Gould's ornithologiſche Reiſe in Auſtralien. CCCLXXXVL 177. Gruithuiſen, über Flecken und Rotation der in denſelben. Sonne. CCCXCVI. 346. Guerin, über angeborene Luxation. eee Einrichtung einer 7 Monat alten trau— matiihen Luxation des zweiten Halswir— bels. CCCLXXXIX. 236. — Ueber die Behandlung angeborener Luxationen. CCCLXXXIV. 153. CCCLXXXV. 174. — Ueber die Urſache und Behand— lung der Kurzſichtigkeit. CCCLXXXIII. 139. Gutteridge, Thom., uͤber eine Geſchwulſt des nervus peronaeus. CCCLXXXIII. 140. H. Handyſide, über eine auffallende Verklei⸗ nerung der medulla oblongata ꝛc in Folge einer ſpontanen Dislocation des processus odontoideus ꝛc. CCCXCIIL 207. Harnroͤhrenblutung mit muriatici behandelt. Tinctura ferri CCCLXKXX. 96, un ee ie Harnroͤhrenſtricturen mit Durchſchneidung des m. bulbo cavernosus behandelt. CCCLXXV. 25. Harnſteine, Aufloͤſung derſ. durch alkaliſche Mittel. CCCLXXIX. 79. Hautdecke der Äußeren Geſchlechtstheile vollſtaͤndig abgeriſſen. CCCXCIII. 303. Hemeralople durch Entziehung von Licht geheilt. GCCLXXVIIL 63. Herbarien, die, in Europa. CCCXCV. 321. CCCXCVI. 337. Hernia inguinalis. CCCLXXXV. 169. Herz, Bewegungen, Töne und Geraͤuſche deſſelben. CCCLXXXII. 113, Heuſchrecken uͤber der See. CCCLXXXIV. 152. Himalaya⸗Steinbock. CCCLXXXII. 117. Hodgkin, Bemerkungen gegen den Gebrauch der bougies bei Stricturen des oeso- phagus. CCCLXXXVI. 20g. J. Ichnologie. CCCLXXVIII. 58. Incontinentia nrinae durch Injection lauen Waſſers geheilt. CCCLXXV. 15. Infuſionsthierchen in Pflanzen vorkommend. CCCLXXXI, 101. Inſecten, Verpackung und Verſendung der— ſelben. CCCLXXXII. 119. Jacobowics, über Molluscum und deſſen Behandlung. CCCXCV. 329. K. Kälte zu Niſchne-Taguilsk. CCCLXXXIII. 136. Kaͤnguruh, Jungen deſſelben. CCCLXXXII. 120. Kali hydroiodieum gegen Flecken von Hoͤllenſtein. CCCLXXXI. 112. Kapnea, eine Gattung aus den Actiniaden. CCCLXXVIL 42. Kennedy, über diffuſe Entzündungen, CCCXCI. 265. CCCXCII. 282. Knieſcheibenbruch mit Mayor’d Verband geheilt. CCCLXXVI, 32. 355 Körber, über die Fortpflanzung der Flech— ten durch Keimkoͤrner. CCCLXXXIX. 228. Kohlenſtoff in organiſchen Körpern. CCCLAXKIV. 145. CCCLXXXV. 168. Kopfhaar ſammt der Kopfſchwarte abge: riſſen. CCCLXXXV. 176. Krohn, nachtraͤgliche Beobachtungen uͤber die Cryſtalle enthaltenden Blaͤschen om Schlundringe der Mollusken. CCCXCIV. 310. Kurzſichtigkeit mit Durchſchneidung der ge— raden Augenmuskeln behandelt. CCCLXXXI. 112. Kurzſichtigkeit, urſache und chirurgiſche Behandlung derſ. CCCLXXXIII. 139. Labia majora, Balggeſchwulſte und Ab— ſceſſe in denſelben. CCCLXXVII. ar. Lane, über einen Apparat zur Trans fuſion. CCCXCIV. 316. Carrie, über Amputationen. CCCLXXVIII. 57. Lemming, Lebensweiſe deſſ. CCCLXXXIX. 246. Licht, farbiges, in ſeiner Wirkung auf die pflanzen. CCCLXXV. 6. Lichterſcheinungen bei Eryſtallbildung. CCCLXXXVII, 196. Lichtſpiegelung (Fata Morgana). CCCLXXXIX. 248. Linden, belgiſcher Botaniker in den Aequi— noctial⸗ Gegenden. CCCXC. 250. Luxation der Halswirbel geheilt. CCCLXXXVIII. 223. Luxation des zweiten Halswirbels nach 7 Monaten wieder eingerichtet. CCCLXXXIX. 236. Luxation des Handgelenkes. CCCLXXXI. 111. Luxationen, angeborene. CCCLXXIX. 21. CCOLXXX. 93. Luxationen, angeborene, und deren Behandl. CCCLXXXIV. 153. CCCLXXXV. 174. Lymphe. CCCLXXX. 87. M. Madden, über Ernährung der Pflanzen. CCCLXXXVI. 182. Martins, uͤber die Wanderungen und Le— bensweiſe des Lemmings. CCCXC. 246. Maſſey, über Anſammlung von Fluͤſſigkeit in der Schilddruͤſe. CCCXCIII. 301. Mayer, über freie Primitivfaſern im Blute. CCCLXXVII. 41. Mayer, über den penis von Trichocepha- lus dispar. CCC CVI. 349. Medulla oblongata, auffallend verkleis nert in Folge einer ſpontanen Disloca. tion des processus odontoideus. c cXOIII. 297. Mikroſcop, eine fuͤr den Unterricht nuͤtzliche Einrichtung. CCCLXXV. 8. Mikroſcopiſche kieſelſchaalige Organismen im rothen Steinſalze. CCCXCIV. 312. Milch, von blauer und gelber Farbe. CCCLXXXVI. 200. Mollusken, conchylientragende, zu ver: pflanzen. CCCLXXVII. 42. Molluscum und deſſen Behandlung. CCCXCV. 329. Monotremen, Fo tpflınzung derſelben. CCCXCV. 330. Monftrofität mit zwei Köpfen. CCCXCIV. 312. Merren, über die Reizbarkeit und Beweg lichkeit der Blätter der Oxalis- Arten. CCCXCI. 257. Mus leucogaster. GGCXCII. 282. Mutterkorn, in ſeiner Wirkung auf traͤch— tige Thiere. CCCXCI. 272. Myrmecoeystus mexican, CCCLXXXII. 120. N. Nabelſchnur, Länge und Stärke verfetsn am Ende der Schwangerſchaft. GCCAC. 255 Necker de Sauſſure, über in Schottlar d beobachtete Nordlichter. CCCLXXIX. 67. Negrier, über Länge und Stärke der Nas belfhnur am Ende der Schwangerſchaft. CCCXC. 235. R e 7 i e Necrolog: Gannal. CCCLXXXI. 104. — Mad. Boivin. CCCLXXXVI. 192. — v. Isfording. CCCLXXXIX, 240. Fr. L. Spenner. CGCXCIV. 312. Nervus peronaeus, Geſchwulſt in demſ. CCCLXXXIII. 140. Neuralgie, Veranlaſſung zur Exſtirpation einer Rippe. CCCLXXIX. 80. Neuwyter, M., über die Generationsor— gane von Unio und Anodonta. CCCLXXXIII. 134. Nordlichter, in Schottland beobachtet. CCOCLXXIX. 67. Nordmann, v., uͤber einen mit guͤnſtigem Erfolg angeſtellten Verſuch, Suͤßwaſſer⸗ polypen von Paris nach Odeſſa zu ver⸗ rflanzen. CCCXC. 241. Nunneley, uͤber die Anwendung von Feder— harzzwirn zum Nähen von Wunden 2C. CCCXCIV. 318. O. Ohrſpiegel CCCLXXXIII. 144. Optometer. CCCLXXXIX. 231. Ornithologiſche Reiſe in Auſtralien. CCCLXXXVI. 122. Ovis, Monographie dieſer Gattung. CCCLXXVIII 56. Oxalis-Arten, Beweglichkeit CCCXCI. 257. uͤber der die Reizbarkeit und Blaͤrter derſelben. P. Paterſon, über Einführung des Catheters in ſchwierigen Faͤlen. CCCXCVL 350. Pasquier, uͤser Luxation des Handgelenks nach Hinten. CCCLXXXI. III. Pflanzen, Ernährung derſ. CCCLXXXVI. 182. Pflanzen, in Kieſelſaͤure CCCLXXXVII. 200. Pflanzen, Infuſionsthierchen in denſelben. CCCLXXXI. 101, Pflanzen, Organographie, Phypſiologie und Organogenie derſelben. OCCLXXXVIII. 209. keimend. Pflanzen, Wirkung des farbigen Lichts auf dieſelben. CCCLXXV. 6. Pinel's Schädel. CCCLXXXV. 170. Planarien, Dotterkugeln derſ. CCCLXXX. 86. Proſopalgie, Durchſchneidung des n. auri- cularis in derſelben. CCCX CVI. 352. Puls, ſehr langſamer, nach einer ſpaͤttoͤdtli⸗ chen Ruͤckenmarksverletzung. CCCÄCH, 288. Punction des hydrocephalus chronicus. CCCXCVI. 252. R. Reed, uͤber die anatomiſchen Beziehungen der Blutgefaͤße der Mutter zu denen des foetus. CCCXCIII. 289. Rees, G. O., über Chylus und Lymphe. CCCLXXX. 81. Reid, Dr., Experimente uͤber den Tod durch Aſphyxie. CCC XC. 252. Neybard, über Empyem und penetrirende Bruſtwunden. CCCLXXXII. 110. COCLXXXIII. 142. CCCLXXXVIII. 217 Nidyardfon, uͤber die gefrornen Erdſchichten in Nordamerica. CCCLXXXIX. 225, Rippen, theilweiſe Exſtirpation Neuralgie. CCCLXXIX. 80. Rorqual (Balaenoptera Bog.) CCCLXXV. 25. Reſe, über die Lichterſcheinungen bei Cry⸗ ſtallbildung. CCCLXXXVII. 196. Ruͤckenmarksverletzung, ſpaͤttoͤdtliche, ven ſebr langſamem Pu s begleitet. GCGCXGH. 288. wegen S. Schielen, Operation zur Beſeitigung deff. GCCXCV. 356. Schilddruͤſe, Anſammlung von Fluͤfſigkeit in derſelben. CCCX GIII. 301. Schmetterlinge, von einem Lacke umgoſſen, aufzubewahren. CCCLXXX. 88. Schweiße, uͤbermaͤßige. GOCLAXXVI. 102. Seeſieber, von Granada. CCCLXXXIX. 234. Seehund, Lebensweiſe des großen. CCCLXXXIX. 24% Selby, uͤber die Lebensweiſe des großen Seehunds. CCCXC. 244. v. Siebold, über Dotterkugeln der Plana— rien. CCCLXXX. 86. Simon, Franz, chemiſche Unterſuchun⸗ gen Über Thier - und Menſchenblut. CCCLXXVIII, 49. Skal, über Erſtickung während des Zus ſtandes von Trunkenheit. CCCXCIV. 311. Sonnenflecken. CCCX CVI. 346. Staar, grauer, über die Natur deſſelben, von Mal gaigne. CCCLXXV. 16. Steinbock vom Himalaya. CCCLXXXII. 117. Sterblichkeit in London. CCCXCII. 287. Stickſtoff, Quelle deſſelben im organi— ſchen Körper. CCCLXXXIV. 145. CCCLXXKV. 165. Stimme, menſchliche. CCCLXXXI 097. Stokes, G., über Asphyxie nach Hals— wunden. CCCLXXXVI. 199. Stottern, Braid's Operation zur Beſeiti— gung deſſelben. CCCXCIV. 320. Stottern, locale Urſache deſſ. CCCLXXX. 96. Stottern, Operation deſſelben durch ſubcu— tane Ducchſchneidung der mm. genio- glossi. CCCLXXV. 12. Stottern, Operation zur Beſeitigung deſſ. CCCLXXXIII. 144. Stottern, Yearsley's Operation zur Hei— lung deſſelben. CCCLXXXVII. 208. Stratton, über das Seeſieber von Gra— nada. CCCLXXXIX. 234. Stromeyer, E., uͤber hernia inguinalis. CCCLXXxXV. 169. Regie ſts er, Stromcyer, Über die Durchſchneidung fir broͤſer Stränge bei orthopaͤdiſcher Be: handlung. CCCLXXXIX. 231. Suͤßwaſſerpolypen, von Paris nach Odeſſa verpflanzt. CCCLXXXIX. 241. Sweeting, über einen weiblichen Rorqual. CCCLXXVI. 25. T. Tang Wälder der ſuͤdlichen Halbkugel. CCCLXXXV. 165. Tanquerel des Planches, uͤber Laͤhmung der Extenſoren der obern und untern Extremitaͤten in einem Falle der Cayen— ne⸗Colik. CCCLXXXVII. 205. Temperatur in China. CCCLXXXI. 104. Thelassema, Naturgeſchichte und Anato— mie deſſelben. CCCXCII. 274. Thanatometer. CCCLXXV. 8. Thiere, geographiſche Vertheilung derſelben. CCCLXXV. 1. Thiere, warmbluͤtige, und die electriſchen Strömungen in denſ. CCCLXXXIII. 329. Thraͤnenfiſtel. CCCLXXVIII. 64. Transfuſion, Apparat zu ſelb. CCCXCIV 316. Travers, Benj., uͤber Zerreißung eines eingeklemmten Bruches durch den Kran— ken ſelbſt. CCCLXXV. 28. Trichocephalus dispar, penis deſſelben. CCCXCVT. 349. Triuris hyalina, eine durchſichtige farb: lofe Pflanze. CCCLXXV. 26. Zrouffeau, Behandlung der Afterfiſſuren durch Ratanhia. CCCXCII. 286. Tuba Fallopi, Zerreißung derſelben. CCCKGI. 272. . Tupinambis, lebender, zu Paris. CCCXCV. 330. Bi bl i onger a p h A. Acton, Will, CCCLXXXV. 176. Azais. CCCLXXXVI. 207. B. CCCXCIV. 320. CCCLXXXIX, 239. Baletti. Baume, Vict, 357 U. Urinae incontinentia, mit lauem Waſſer. durch Jajection CCCLXXV. 15. Unio, über die Generationsorgane derſelben. CCCLXXXIII. 134. V. Valenciennes, A., über die Urſache der gruͤnen Farbe gewiſſer Auſtern. CCCLXXIX. 65. Vegetationsverhaͤltniſſe CCCLXXIxX. 62. Veſuv. CCCXCIII. 296. Vrolik, G., und W. H. de Vrieſe, uͤber die Veränderungen, welche die atm o— ſphaͤriſche Luft während der Wärmeent: wickelung im spadix von Colocasia odora erleidet. CCCXCIV. 205. Vulkan Kirauea auf Oweihi. CCCLXXXI. 103. in Suͤdamerica. W. Weſtwood, über Verpackung und Verſen— dung von Inſecten. CCCLXXXII. 119. Wharton, über Hemeralopie. CCCLXVIII. 63. g Wightman, uͤber den Zuſammenhang von gaſtriſchen Stoͤrungen und Epilepſie. CCCxCCIII. 299. 3. Zähne, Lockerwerden derſ. CCCLXXXVI. 192. Zantedeſchi und Favio, über die electri— ſchen Strömungen in warmblütigen Thies ren. CCCLXXXIII. 129. Zoologiſcher Garten zu Berlin. CCCXCl. 264. i es Becquerel, Alfr. CCCXCVI. 352. Bell, Sir Charl. CCCLXXXI. 112. Bellingeri, C. F. CCCXCIII. 303. Bermond, Eug. CCCLXXXVII. 208. 558 Bigsby, J. CCCXCI. 272. Bingham, N. CCCLXXXIV. 160. Biot, J. B. CCCLXXV. 18. Boitard. CCCLXXXV. 175. Boreau, A. CCCLXXV. 13. Bourdin, C. E. St. CCCLXXXIX. 240. Brande, W. T. CCCLXXVII. 42. Brittan, Edw, CCCLXXVIII. 63. Budge, Jul. CCCXCI. 221. C. Cauvin, Jos. CCCLXXVII. 42. Childs, G. B. CCcLXXxIII. 144. Churchill, Fl. CCCLXXXVIII. 224. Cipelli, C. CCCXCIII. 303. Clarke, Jam. CCCLXXXVIII. 224. Costello, W. B. CC CCI. 272. D. Daubeny, Charl. CCCLXXVII, 37. Deguin, N. CCCXCVI. 351. Deguin. CCCLXXXII. 127. Drouot, T. CCCLXXXVI. 192. Dubois, E. Fred. CCCLXXXIII. 144. Dupasquier, A, CCCLXXXIII. 143. E. Endlicher, St. CCCLXXXV. 175. Ex Fabrege, P. CCCLXXXV. 176. Farr. CCCLXXXIX. 256. Ferguson, Rob. CCCLXXV, 32. Franknea, Rich, CCCLXXIX. 80. Folchi, Jac. CCCXCIII, 304. G. Gaudichaud, Ch. CCCLXXX. 95. Ghiglini, C. A. L. CGCXCV. 336, R eig ig la er. Girard, Henr, CCCLXXXIX. 240. Godefroy, Ch. CCCLXXXI. III. Gould, J. CCCLXXXIV. 159. Gras, Henry. CCCXCII. 282. Guerin, Jul. CCCLXXIX. go. H. Harris, Capt. CCCLXXVI. 31. Hasse, K. E. CCCLXXXIV. 160. Houston, John. CCCLXXVI. 31. Hünefeld, Fr. CCCLXXXIH. 143. Huzard, fils. CCCLXXXI. III. K. Knight, F. A. CCCXCIV: 310. Koelliker. CCCXCVI. 35r, Koch, K. et E. Schmid. CCCXCIV. 319 L. Labatt, Sam. B. CCCLXXVII. 48. Lee, Edw. CCCLXXXI. 112. M. Machard. CCCLXXX. 96. Mackenzie, W. CCCXCI. 271. Macquart, J. CCCLXXXVIII. 223. Malacasi, Luigi. CCCXCIV, 320. Maurel. CCCLXXXIX. 255. Mayor, le Docteur. CCCXCII. 288. Mayor, Matthias. CCCXCI. 288. Meyer, H. L. CCCLXXVIII. 63. Milne Edwards. CCCLXXXVI. ir. Monterossi, Pas. CCCXCIII. 304. Moris, J. CCCLXXXII. 27. Morison, Sir A. CCCLXXV. 16. Mousu, B. CCCLXXXVI. 191. N. Noback. CCCXCV. 335. Notaris, de, J. CCCLXXXII. 177. O0. d’Omalius d’Halloy. J. J. 287 · Otto, Ad. W. CCCLXXXVIII. 223. CCCXCCII. P. Pander, Chr. H. CCCLXXXIX. 239. Percival, J. CCCLXXXIX. 256. Phillips, Ch. CCCLXXXII. CCCX CV. 336. Poirrier, C. CCCLXXXIX. 239. 128. R. Raymond, V. CCCLXXXVI. 192. Rendy, CCCLXXX. 95. Richard, A. CCCLXXIX. 79. Robert, Alph. CCCLXXXII. 128. 8. Schina, A. B. M CCCXCVI. 352. Sharkey, Edm, CCCLXXX. 96. Skey, F. C. CCCLXXVIII. 64. I Tarade, Emile de. CCCLXXXVII. 202. Thivet, Mich. CCCLXXXVII. 208. Thompson, Will. CCCLXXVII. 48. Trimmer, J. CCCLXXXIX. 255 Turpin, J. P. F. CCCLXXIX. 29. V. Vaucher, J. P. CCCXCV. 335. Voelker, CCCXCV, 335. Vogan, Rob. CCGLXXVIII. 64. W. Wade, Rob. CCCLXXV. 32. Walker, Charl. CCCLXXXIV. 159. Wightman, Ch, CCCLXXV. 16. Neue Notizen Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von Ludwig Friedrich v. Froriep, des Ordens der Wuͤrtembergiſchen Krone und des Großherzogl. S. Weimar. Falken- Ordens Ritter, der Philoſophie, Medicin und Chirurgie Doctor und G. H. S. Ober-Medicinalrathe zu Weimar; Director der Koͤnigl. Preuß. Academie gemeinnuͤtziger Wiſſenſchaften zu Erfurt; der Kaiſerl. Leopoldiniſch-Caroliniſchen Academie der Na: turforſcher, der Ruſſ. Kaiſerl. Academie der Naturforſcher zu Moskwa, der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, der Wetterauer Geſellſchaft fuͤr die geſammte Naturkunde, der phyſicaliſch-mediciniſchen Societaͤt zu Erlangen, der mineralogiſchen Geſellſchaft zu Jena, der Niederrheiniſchen Geſellſchaft der phyſiſchen und mediciniſchen Wiſſenſchaften, des landwirthſchaftlichen Vereins im Königreiche Wuͤrtemberg, der Société d' Agriculture, Sciences et Arts du Departement du Bas-Rhin, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Leipzig, der Senken⸗ bergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft zu Frankfurt am Main, der Societas physico- medica zu Braunſchweig, der Medical Society zu Philadelphia, des Apotheker-Vereins für das nördliche Deutſchland, des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in Preußen, des Vereins für Blumiſtik und Gartenbau in Weimar, der Geſellſchaft zur Beförderung der geſammten Naturwiſſenſchaften in Marburg, der Schleſiſchen Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Cultur zu Breslau, der Societas medico - chirurgica Berolinensis, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Halle, des Kunft= und Handwerksvereins des Herzogthums Altenburg, der Accademia Pontaniana zu Neapel, der naturforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes, der Geſellſchaft für Natur- und Heilwiſſenſchaft zu Heidelberg, der Svenska Läkare- Sällskapet zu Stockholm, der mediciniſchen Facultät der K. U. Univerfität Peſth, der Reformed Medical Society of the United States of America zu New- Vork, der Académie Royale de Medecine zu Paris, der Geſellſchaft des vaterländifchen Muſeums in Böhmen zu Prag, der Société d' Agriculture de Valachie zu Buchareſt, der mediciniſchen Geſellſchaft zu Warſchau, des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten für die Befoͤrderung der Staats-Arzneikunde, der Kaiſerl. Koͤnigl. Geſellſchaft der Aerzte in Wien und des naturwiſſenſchaftlichen Vereines des Harzes Mitgliede und Ehrenmitgliede; und Dr. Rahe Fr orie p, Königl. Preußiſchem Medicinalrathe und Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputation fuͤr das Medicinalweſen im Minifterium der Geiſtlichen-, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten; Profeſſor an der Friedrich-Wilhelms-Univerſitaͤt, Proſector an der Charite» Heilanftalt, Lehrer der Anatomie an der Academie der Kuͤnſte, Mitgliede der Koͤnigl. Ober-Examinations-Commiſſion, practiſchem Arzte und Wundarzte in Berlin; Mitgliede und Correſpondenten der Königlichen Academie gemeinnüsiger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Académie royale de Médecine zu Paris, der Hufelandiſchen mediciniſchen chirurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins für Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft für Natur- und Heilkunde zu Berlin, der Geſellſchaft für Erdkunde zu Berlin, der Svenska Läkare-Sällskapet zu Stockholm, der Societas physico-medica zu Moskau, der K. K. Geſellſchaft der Aerzte in Wien, des aͤrztlichen Vereins zu Hamburg und der Louisiana Society of Natural History and Sciences zu Neu⸗Orleans; Ehren-Mitgliede des Vereins Großherzog! Badiſcher Medicinal-Beamten für die Beförderung der Staats-Arzneikunde, des Apotheker-Vereins im nördlichen Debeſchland und des naturwiſſenſchaftlichen Vereines des Harzes. Waeun z ier Da, zwei und zwanzig Stuͤcke (Nro. 397 bis 418), eine Tafel Abbildungen in Quarto, Umſchlag und Regiſter enthaltend. Juli bis September 1841. Im Verlage des Landes-Induſtrie⸗-Comptoirs zu Weimar. 1. 2 3 * 5 * — 1 5 2 33 0. Huh IEL 1154 sun 95 Y 4 \ N sur “ ne 0 FN 8 e 1 a * N REN e MR dae sh ee d eee , ea sad % nee un Seite E. 4 Y agu ne su a 1900 ee NE 1 mak haabiin 90 T N g eee 5 1 356 Ft 128 Mae J nat ug ruh 6 zeit 53 get 3,2 ent ! 4 mar en 10 ee ee a9 0 1. eh Stat rad i ub Ss , eie e, e A 9 1 e 5 1 gl ws ne Wee ö . aeg «2 Er BLUT n 2 art N 20 f n nen gas BAT U LEHE ene an An 0 72 2 " 2709 N 1951 d jur. str Bi * 5 . n eee e ee 18 1 m (dt ee TE en ea er z; El von! 24 sms naudım DEN 25 ni Ara E. 1 rn * fich \ 1521 e = turdD ed pr 4 | ei Ac K 5 wu . Ne . * — —. nen d e W W es 10 2 10 az we. aug ni PR “ Ve . — ve 55 d 6 1 8 Neue Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medicinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Mebieinalratbe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 397. (Nr. 1. des XIX. Bandes.) Juli 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr Naar Bemerkungen uͤber eine hornige Spongie Auſtraliens. Von J. S. Bowerbank, Esg. (Hierzu die Figuren 2. bik 9. auf der mit dieſer Nummer ausgege⸗ benen Tafel.) Meines Wiſſens hat in neuern Zeiten kein Naturfor— ſcher die Reſultate einer Unterſuchung der Structur der hor— nigen oder keratoſen Spongien im friſchen oder demjenigen Zuſtande bekannt gemacht, in welchem ſie ſich unmittelbar nach der Entfernung aus ihrem natürlichen Elemente befin— den. Das Skelet dieſer merkwuͤrdigen Geſchoͤpfe iſt den Naturforſchern zur Genuͤge bekannt, allein in dieſem Zu— ſtande find die weichern Theile der Spongie zerſetzt und be— ſeitigt, und die uns von fruͤhern Naturforſchern uͤberlieferten Beſchreibungen, die ſich auf die Unterſuchung ſolcher Exem— plare gruͤnden, ſind offenbar die Veranlaſſung zu unrichtigen Anſichten uͤber die wahre Beſchaffenheit und Structur dieſer Geſchoͤpfe geworden. In einem der Mikroſcopiſchen Geſell— ſchaft am 27. Januar 1841 vorgetragenen Artikel habe ich gezeigt, daß ſie ſelbſt in dieſem Zuſtande eine weit zu— ſammengeſetztere Organiſation darbieten, als man ihnen bis— her zuerkannte, und daß ſie, der allgemein geltenden Anſicht entgegen, mit kieſigen Nadeln verſehen ſind, welche ſich in betraͤchtlicher Menge in manchen der ſtaͤrkern Faſern ihrer maſſiven hornigen Skelete eingelagert finden. Seit der Bekanntmachung dieſer Beobachtungen ver— ſchaffte mir Herr J. C. Gray Gelegenheit, ein Exemplar aus dieſer Gruppe der Spongien zu unterſuchen, welches jener unermuͤdliche Forſcher, Herr Gould, aus der Gegend des Schwanenfluſſes in Auſtralien mitgebracht hat. Das— ſelbe ward, gleich nachdem es aus der See geholt worden, in Spiritus geſetzt. Es iſt ein junges Exemplar von einer wohlbekannten auſtraliſchen Species, von der ich felbfl meh: rere beſitze, und Figur 2. der mit gegenwaͤrtiger Nummer ausgegebenen Tafel ſtellt daſſelbe in ſeiner wahren Groͤße dar. Es ſitzt auf einem kurzen Stiele, der, gleich dem gan— zen Körper, plattgedruͤckt iſt. Die groͤßte Breite des fragli— No. 1497. Faun chen Exemplars mißt nur wenig mehr, als deſſen Höhe *); allein bei mehrern in meiner Sammlung befindlichen Exem— plaren iſt die Höhe weit betraͤchtlicher, ja bei einem beträgt ſie, mit Einſchluß des etwa 2 Zoll hohen Stiels, etwas uͤber 13 Zoll. Bei dieſem erwachſenen Exemplare verhaͤlt ſich die Hoͤhe zur Breite, wie 3 zu 1. Aus dem Spiritus genommen, hat die Spongie ein dichtes, undurchſichtiges und fleiſchiges Anſehen und ſie er— ſcheint dem Geſichte feſt und ſchwer. Einige ſehr duͤnne Schichten, die ich ziemlich aus der Mitte der Stelle geſchnit— ten hatte, wo die Spongie die groͤßte Breite darbot, zeigten unter dem Mikroſcope, dei 120 facher Vergroͤßerung nach ei— ner Dimenſion und bei durchfallendem Lichte beobachtet, eine hoͤchſt intereſſante Structur. Ich ſah, wie ſich die hornigen Faſern, genau wie dei den in meinem Beſitze befindlichen Exemplaren, nach allen Seiten in Geſtalt eines bernſtein— farbenen Netzes verzweigten, deſſen Maſchen mit einer fleiſchi— gen Subſtanz ausgefuͤllt waren, die große Aehnlichkeit mit derjenigen zeigte, welche man bei den Suͤßwaſſer-Spongillen in bedeutender Menge findet, auch bei vielen aͤhnlich gebilde— ten See⸗Spongien der Weſt- und Nordkuͤſten England's trifft; und dieſes ganze Fleiſch war mit einer Menge von Kiesnadeln angefüllt, wie aus Figur 3. der Tafel erſicht— lich iſt. Bei Spongilla und den See » Spongien der von Fleming aufgeſtellten Gattung Halichondria ſind die Nadeln regelmaͤßig zu Buͤndeln geordnet, ſo daß ein Skelet entſteht, welches den weichern Theilen als Geſtell dient; al— lein bei dieſer Auſtraliſchen Art ſcheinen ſie durchaus keine beftimmte Anordnung zu beſitzen, ſondern ohne alle Regel in der Subſtanz dieſes zelligen oder fleiſchigen Theils des *) Da die Abbildung dieſes Exemplars wohl nicht von der ſchma · len Seite aus gezeichnet iſt, ſo ſtimmt dieſe Angabe nicht mit der Figur überein, die augenfaͤllig mehr Höhe als Breite be⸗ ſitzt. Auch ſcheint aus dem Folgenden hervorzugeben, daß der Verfaſſer ſagen wollte: Bei dem fraglichen Exemplare mißt die Höhe nur unbedeutend mehr, als die Breite. Der Ueberſ. 1 5 = Thieres zerſtreut zu liegen. Die Nadeln ſind durchſichtig und hohl, wie bei Halichondria, aber in Größe und Ge— ſtalt außerordentlich verſchieden. Manche find am Ende deutlich gabelfoͤrmig (ſiehe Figur 4. und bieten alſo den Character der dreiſtrahligen kreidigen Nadeln der von Fle— ming aufgeſtellten Gattung Grantia dar; während bei andern die Zinken der Gabel ſich umbiegen und ſich wie ein Anker mit kurzen Widerhaken ausnehmen (ſiehe Figur 5. ); noch andere bieten große Aehnlichkeit mit der Hauptform der Nadeln vieler Species von Halichondria dar, indem ſie ſich als krumme doppeltzugeſpitzte Nadeln oder wie der Durchſchnitt eines Meniskus (ſiehe Figur 6.) ausnehmen. Hinſichtlich ihres Durchmeſſers weichen ſie außerordentlich von einander ab, indem er bei einer der Kleinſten nur 7788 Zoll, bei einer ganz in ihrer Naͤhe eingelagerten dagegen (ſiehe Figur 7.) 288 Zoll betrug. Neben den Nadeln find viele Sandkoͤrner und andere fremdartige Stoffe in die fleiſchige Subſtanz eingeſprengt. Als ich die außere Oberflaͤche der kleinen Portionen, die ich von der Spongie abgeſchnitten hatte, unter 500 facher Vergroͤßerung nach einer Dimenſion unterſuchte, bemerkte ich ſtellenweiſe eine ſehr feine, netzfoͤrmige Structur, welche der Zeichner, Herr Aldous in Figur 8. ſehr treu und ſchoͤn darge— ſtellt hat. Sie beſteht aus ſehr winzigen, in eine durchſchei— nende Membran eingelagerten Faſern. Die Zwiſchenraͤume ſind bei der abgebildeten Portion unregelmaͤßig ſechseckig; allein an einer andern Stelle derſelben kleinern Portion des Schwammes, deren Fänge nicht über z Zoll betrug, waren manche darunter quadratiſch, andere langgeſtreckt und ziem— lich oval. Die Faſern dieſes haͤutigen Netzwerks ſcheinen nicht hohl zu ſeyn und ſind ungemein duͤnn, indem ſie noch nicht einmal 7535 Zoll im Durchmeſſer haben. Die Ma: ſchen des hier abgebildeten Theiles dieſes Netzwerkes haben durchſchnittlich >55 Zoll im Durchmeſſer, während der der Faſern der Maſſe der Spongie 38 8 bis 38 Zoll beträgt, und die kleinſte Nadel, die ich auffinden konnte, wie bereits oben bemerkt, ß Zoll im Durchmeſſer hatte. Alle dieſe Umſtaͤnde machen es ſehr glaubhaft, daß dieſe Feine netzfoͤr— mige Membran die wahre epidermis der Spongie iſt. Als ich eine kleine von der Baſis des Körpers der Spongie abgeſchnittene Schicht unterſuchte, bemerkte ich mit Vergnuͤ— gen die in Figur 9. dargeſtellte Gruppe von Knoͤspchen, Brutkoͤrnern oder Eiernz allein ob dieſelben an der fleiſchigen Subſtanz oder an dem faſerigen Skelette feſtſaßen, konnte ich nicht genau unterſcheiden, wenngleich bei 500facher Ver— groͤßerung des Durchmeſſers bei einigen, wahrſcheinlich bei'm Abſchneiden zufällig abgeſtoßenen Knöspchen die Anheftungs— ſtelle ſehr deutlich zu erkennen war. Der Durchmeſſer dieſer Knoͤspchen war ſehr verſchieden; bei den größten, die ich auf: finden konnte, maß er 3 53 Zoll, bei den Kleinſten Ping Zoll. Als ich eine andere Species der hornigen Spongien unterſuchte, welche ebenfalls in Spiritus aufbewahrt wird und ſich im Naturaliencabinette des Britiſchen Muſeums be: finder, erkannte ich durchaus dieſelbe Structur. Die horni— gen Faſern waren von einem fleiſchigen oder zelligen Gewebe, in welches zahlreiche, duͤnne, kieſige Nadeln eingeſprengt wa— ren, durchaus umhüllt. 4 Nach der Beſchaffenheit der Structur dieſer beiden ke— ratoſen ) Spongien und der großen Menge der in dem fleiſchigen oder zelligen Gewebe, welches die hornigen Faſern umgiebt, eingelagerten kieſigen Nadeln, hat man zu vermu— then, daß die Faſern des im Handel vorkommenden Waſch— ſchwammes im natuͤrlichen Zuſtande von einer ähnlichen fleiſchigen Subſtanz umgeben ſeyen, und daß man darin ebenſowohl kieſige Nadeln finden koͤnne, wie in dem Fleiſche der beiden von mir unterſuchten hornigen Arten. Beſchreibung der Figuren. Figur 2. Die Spongie in Naturgroͤße. Figur 3. Die innere Structur der Spongie bei 120 facher Vergrößerung des Durchmeſſers. a, bornige Faſer, welche von der fleiſchigen Subſtanz umgeben iſt; b, b, Na: deln, welche in dieſe Subſtanz eingelagert ſind. Figur 4. 5. 6. 7. Verſchiedene Formen der fleiſchige Subſtanz eingeſprengten Nadeln. Figur 8. Anſicht der epidermis der Spongie, bei 120 facher Vergroͤßerung des Durchmeſſers. Figur 9. Anſicht der innern Structur mit den in die fleiſchige Subſtanz eingelagerten Knoͤspchen, bei 120 facher Vergroͤßerung des Durchmeſſers. (Annals and Mag. of Nat. Hist. No. XLII., April 1841). in die Ueber das Weſen der ſogenannten Saamenthiere. Von Dr. Albert Koͤlliker ). Dr. Koͤlliker giebt zunächſt eine Ueberſicht der jetzigen Kenntniſſe von der Saamenfluſſigkeit der Thiere und erlaͤutert und belegt folgende Saͤtze *): 1) Im Saamen aller Thiere, mit wenigen Ausnahmen, finz den ſich bewegliche Theile, die Saamenfaden (ſogenannten Saa— menthiere.) 2) Die Saamenfaden find der weſentlichſte, beinahe einzige, Beſtandtheil des Saamens. 3) Die Saamenfaden finden ſich nur im Saamen derjenigen Thiere, welche einer fruchtbaren Begattung faͤhig find, in ihrem vollkommen entwickelten Zuſtande, bei denen, die ſich periodiſch be- gatten, nur zur Brunſtzeit. Sie fehlen bei jungen und alten Thieren; bei allen hybriden Thieren, die der Zeugung unfähig ſind, fehlen ſie ganz, nur bei wenigen derſelben finden ſie ſich, jedoch mißbildet. 4) Damit eine Begattung fruchtbar ſey, muß der Saame, d. h. die Saamenfaden, deſſen weſentlichſter Theil, mit den Eiern in directe Berührung kommen 5) Die Saamenfaden entwickeln ſich aus oder in Zellen, die ſich zur Zeit der Geſchlechtsreife oder der Brunft in den Hoden bil— den, durch Vorgaͤnge, die den bei der Eatwickelung thieriſcher Ele— mentartheile ftattfindenden analog find, von der gewöhnlichen Ent: wickelung der Thiere aus Eiern dagegen bedeutend abweichen, und zwar moͤchten ſich die verſchiedenen Entwickelungsweiſen der Saa— menfaden, die man bisjetzt kennt, auf folgende zurückführen laſſen. Typus A. Jeder Saamenfaden entſteht aus einer beſonderen Zelle, indem dieſelbe an einer oder zwei Seiten auswächſ't und ganz in einen Faden übergeht. B. Aus jeder im Hoden gebildeten Zelle *) Der Ausdruck kerates ſcheint unpaſſend, wenngleich er ſchon ziemlich allgemein platz gegriffen hat; denn os oder dͤs iſt keine richtige Endung für aus dem Griechiſchen abgeleitete Adjectiva Gornös oder keratiniſch oder ceratiniſch würde an— gemeſſener ſehn. (Der Herausgeber der Mag. Nat. Hist). „% Aus der in der letzten Nummer verzeichneten Schrift. ) Indem er vorzüglich auf die Arbeiten der Neueren, R. W ag: ner, v Siebold, Valentin, Henle, Ehrenberg, Pre: voſt und Dumas, Biſchoff, Barry und Anderer, fußt. 5 entſteht ein Buͤndel von Saamenfaden, indem die Zelle in einen Cylinder auswaͤchſ't, der ſich in feine Faden aufloͤſt. C. Die Saamenfaden bilden ſich innerhalb großer Zellen in Menge, wahr— ſcheinlich analog den Muskelprimitivfaſern. D. Jeder Saamenfa: den bildet ſich innerhalb einer beſondern Zelle. E. Die Saamen— faden bilden ſich bündehveife aus feinkoͤrnigen Zellen, indem die feinen Koͤrner miteinander verſchmelzen und zu feinen Faſern aus— wachſen. 6) Die Formen der Saamenfaden ſind, trotz mannigfacher Verſchiedenheiten, in ziemlich enge Graͤnzen eingeſchloſſen. Bei— nahe immer ſind ſie bei den Gattungen, meiſt bei Familien und Claſſen, einander ſehr aͤhnlich. Jede Art Thiere hat nur einerlei Saamenfaden. 7) An den Saamenfaden iſt mit Beſtimmtheit keinerlei thieri— ſche Organiſation und keine Fortpflanzung nachzuweiſen. 8) Die Bewegungen der Saamenfaden zeichnen ſich durch eine, thieriſchen Bewegungen fremde, Einfoͤrmigkeit aus. 9) Die Bewegungen der Saamenfaden ſtehen mit der Zeu— gungsfaͤhigkeit des Saamens in genauem Zuſammenhange. Sie treten meiſt erſt nach der Begattung innerhalb der weiblichen Ge— ſchlechtstheile, oder wo eine ſolche nicht ftattfindet, in dem die Eier umgebendem Medium auf. 10) Die entfernteren Momente, die auf das Leben der Saa— menfaden Einfluß haben, ſind im Allgemeinen dieſelben, die auch auf das Leben organiſcher Elementartheile oder ganzer Organis— men wirken. 11. Die Bewegungen der Saamenfaden ſind mehr oder weni— ger an den Organismus gebunden, in dem ſie ſich finden. Herr Koͤlliker ſchließt ſich dann an diejenigen Phyſiologen an, welche die Saamenfaden für organiſche Elementartheile, den weſentlichſten befruchtenden Theil des Saamens, halten und ſpricht feine Ueber: zeugung im Folgenden aus: Ueber das Weſen der Saamenfaden. In einer lebenden Fluͤſſigkeit des thieriſchen Or ganismus koͤnnen als normaler oder weſentlicher Beſtandtheil keine anderen individuellen thieriſchen Organismen vorkommen. Dieſer Satz iſt als die Hauptſtuͤtze der Anſicht zu betrachten, welche die Saamenfaden nicht fuͤr Thiere haͤlt. Es iſt naͤmlich ei— nerſeits in dem Fruͤheren gezeigt worden, daß die Saamenfaden durchgehends bei den Thieren ſich finden, (die Luͤcken unferer Erz fahrungen find angegeben worden) und zwar einen regelmäßi— gen, immer vorhandenen Theil des Saamens bilden, anderz ſeits auch, daß fie als weſentlich dem Saamen innewohnend betrachtet werden muͤſſen. um letzteres einzuſehen, moͤge man ſich erinnern, wie ſie, ſo zu ſagen, der einzige Beſtandtheil des reifen Saamens ſind, wie ſie mit der Periode der Brunſt und der Zeu— gungsfaͤhigkeit der Thiere ſich entwickeln, mit dem periodifchen oder gaͤnzlichen Erloͤſchen derſelben ebenfalls ſchwinden; wie fie bei zeu⸗ gungsunfaͤhigen Baſtardthieren gaͤnzlich mangeln, oder verkuͤm— mern und ſpaͤrlich vorkommen, und hoͤchſt wahrſcheinlich bei den zeugungsfaͤhigen Baſtarden ſich finden; man bedenke, wie Beweg— lichkeit der Saamenfaden und Befruchtungskraft des Saamens eins ander zu bedingen ſcheinen, und wie ſonderbare Vorrichtungen die Natur bei manchen Thieren (Cephalopoden, Cyclops, Ligia) ge: troffen hat, um die Saamenfaden und nur die Saamenfaden zu den Eiern zu bringen; man bringe ſich endlich noch die Verſuche von Prevoſt mit filtrirtem Saamen in Erinnerung, und man wird, glaube ich, den Satz für erwieſen halten dürfen, daß die Saamenfaden nicht bloß normale, ſondern auch weſentliche, Hauptbeſtandtheile des Saamens find, Ich weiß zwar wohl, es wird immerhin Einigen einfallen, zu beſtreiten, nicht die Nor⸗ malität ihres Vorkommens im Saamen, denn das iſt unmoͤglich, ſon— dern ihre Weſentlichkeit. Man wird ſagen, die Saamenfluͤſſigkeit iſt es, in der die Zeugungskraft liegt, und daß das ganze Auftre— ten, Entſtehen und Vergehen der Saamenfaden fo eng an die Befruch— tungsfaͤhigkeit des Saamens gebunden iſt, kommt nicht daher, daß dieſe dabei die wichtigſte Rolle ſpielen, ſondern dieß hängt Alles davon ab, daß dieſe Infuſorien oder Eingeweidewurmchen ganz an die Beſchaffenheit der Saamenfluͤſſigkeit gebunden find, in welcher ſie eben zu befruchten vermag. Ich will nicht davon reden, daß dieſe Saamenfluͤſſigkeit im günftigften Falle, in Betracht der Unzahl der Saamenfaden, nur ſparlich vorhanden iſt, daß ſie bei vielen Thieren in ſo geringer Menge ſich findet, daß von ihr gar nicht die Rede ſeyn kann, wie beſonders auch bei den Thieren (Flustra, Valkeria?), wo der ganze Hode aus ein Paar großen Zellen voll kleiner Zellen beſteht, von denen jede einzelne nach dem Platzen der Mutterzelle zu einem Saamenfaden ſich entwickelt, die dann alle frei im Leibe des Thieres ſich finden; ich will auch nicht davon re— den, daß man nicht begreift, wie dieſe geringe Menge von Saa— menfluͤſſigkeit bis zu den Eiern in die Eierſtoͤcke kommen koͤnnte, da doch bewiefen ift, daß Berührung der Eier und des Saamens zur Befruchtung durchaus nothwendig iſt, während man häufig ges nug die Saamenfaden in den Eierleitern, auf den Eierſtocken und neulich Biſchoff (Müller's Arckiv 1841. Heft 1.) bei Kanin- chen ſelbſt auf den ſchon befruchteten Eiern, obſchon nicht mehr ſich bewegend, getroffen hat. Auch den Umſtand will ich nicht einmal zu Gunſten meiner Anſicht auslegen, daß ich wenigſtens von ſolchen Infuſorien oder Entozoén keinen Begriff habe, welche un— ter ſo merkwuͤrdigen Verhaͤltniſſen vorkommen ſollen, die an einen ſo engen Kreis aͤußerer Momente gebunden ſind, daß ſie nur im Saamen und fonft in keiner tnierifen Fluſſigkeit, daß fie felbfr nur zur Brunſtzeit, nicht bei Baftarden, nur im Alter der Zeu— gungsfaͤhigkeit ſich finden u. ſ. w., und doch iſt der Saame eine ſo einfache Fluͤſſigkeit, enthaͤlt nichts, als etwas Eiweiß mit Sal— zen und Waſſer, wie auch andere thieriſche Fluͤſſigkeiten mehr: als lein darin muͤſſen wohl die Saamenfaden von ihren infuſoriellen und entozoiſchen Bruͤdern abweichen, daß ſie nicht, wie dieſe, un— ter den manniafachſten äußeren Bedingungen vorkommen, fondern eine ſehr ausgeſprochene Vorliebe fuͤr den maͤnnlichen Saamen der Thiere zeigen. Ich koͤnnte auch noch der Länge und Breite nach zeigen, in was für abſtruſe Vorſtellungen und bizarre Annahmen man verfiele, wollte man beweiſen, wie die hypothetiſchen Eier der Saamenfaden in die männlichen Geſchlechtstheile hereinkommen, gerade nur zur Brunſtzeit ſich entwickeln, Baſtarde verſchmaͤhen, nur in den letzten Endigungen des Hodens ſich ausbilden u. ſ. w., denn von genecatio aequivoca kann ja, nach den neueſten Unter— ſuchungen, keine Rede mehr ſeyn. Alles deſſen bedarf es jedoch nicht, ſondern ich hoffe, auf einem anderen Wege, wenn auch nicht ſicherer, doch überzeugender und unbeſtreilbarer darzulegen, daß die Saamenfaden keine Thiere find. Es wird Niemand laͤugnen koͤnnen, daß die Saamenfaden nor— maler Beftandtbeil des Saamens der Thiere find. Nun bitte ich aber, zu bedenken, was das heißt, eine organiſche Bildung iſt normaler Beſtandtheil einer lebenden Fluͤſſigkeit eines thieriſchen Organismus (daß der Saame ein lebendiger Saft iſt, ſo gut wie das Blut, wird wohl von keinem Phyſiologen bezweifelt werden), dieß heißt doch wohl nichts Anderes, als dieſe organiſche Bildung ſteht unter dem Einheitsprincipe, das den ganzen Organismus umfaßt, oder unter der Idee des Organismus. Und unter der Herrſchaft dieſer Idee eines thieriſchen Organismus ſoll ſich in ei— nem Theile deſſelben eine neue, individuell thieriſche Bildung er— zeugen koͤnnen? Wird man glauben, daß eine Fluͤſſigkeit eines Organismus geſund, normal beſchaffen ſeyn koͤnnte, daß ſie ihren Functionen vorzuſtehen vermoͤchte, wenn ſie nicht mehr der Idee des Geſammtorganismus untertbänig wäre, ſondern der Entwicke— lung und dem Leben einer Unzahl fremdartiger Organismen dienen muͤßte? Man denke ſich geſunden Saamen, in den Eier von Saa— menfaden hineinkaͤmen, ſich darin entwickelten und fortlebten, wie müßte nicht dadurch dieſe Fluͤſſigkeit verändert werden! fie würde offenbar dem Organismus, dem fie urſpruͤnglich anachörte, ente fremdet, und waͤre gewiß nicht mehr im Stande, eine ſo wichtige Beſtimmung zu vollzieben, wie die iſt, die Gattung fortzupflan⸗ zen. Offenbar iſt der Saame neben dem Blute die hoͤchſt organiſirte Fluͤſſigkeit des thieriſchen Körpers, in ihm concentrirt ſich nicht nur das ganze vegetative und animaliſche Leben, ſondern auch das ſee⸗ liſche und ſelbſt das geiſtige Leben uͤbt auf ihn, wie auf den gan⸗ zen Leib, ſeinen Einfluß aus; und dieſer eigentliche Lebensſaft des Geſchlechtslebens, dieſer ſollte nicht ganz dem Organismus eigen— thümlich ſeyn, der ibn hervorgebracht hat! Dieſer Saft ſollte von einer Menge thieriſcher Bildungen zerſetzt und aufgebraucht 1 * 7 5 werden koͤnnen, und doch noch faͤhig ſeyn, koͤrperliche und ſelbſt geiſtige Eigenſchaften des Individuums, dem er angehoͤrt, bei der Berührung mit dem Eie demſelben mitzutheilen! Ich daͤchte, das Unyaltbare dieſer Meinung, die noch dazu auf der durch keine eins zige Thatſache erwieſenen Annahme von Eiern von Saamenfaden und der ſonderbaren Anſicht vom Hereindringen dieſer Eier in die maͤnnlichen Geſchlechtstheile baſirt iſt, waͤre genugſam erwieſen. Iſt aber dieſes klar geworden, daß die Saamenfaden, als normaler Beſtandtheil, Beſtandtheil des Saamens, nicht von Außen hereingekommene Thiere ſeyn koͤnnen, jo wird es noch leichter zu beweiſen ſeyn, daß ſie auch nicht durch generatio aequivoca im Hoden entſtandene Thiere ſind. Es thut mir zwar leid, den Anz bängern dieſer Urzeugung, deren es doch unter den Deutſchen, wie ich glaube, noch einige Achtungswerthe giebt, dieſen Grund, der freilich ſchhagend genug wäre, hinwegnehmen zu muͤſſen; doch glaube ich, fie werden an den Entozoén noch für einige Zeit hin— längliche, auch der Erfahrung entnommene, Stuͤtzpuncte haben. Derſelbe Grund, den ich oben anfuͤhrte, daß der Saame, als dieſe fo hoch ſtehende, wichtige Fluͤſſigkeit, durch und durch von dem ide— ellen Momente des Organismus durchdrungen und belebt ſeyn müſſe, gilt auch hier und macht es unmoͤglich, daß fremde, in: dividuell belebte Weſen normal in ihm entſtehen koͤnnen. Die Idee eines Organismus iſt zwar nicht eine Eine und Untheilbare, dieß beweiſ't uns hinlänglich die Fortpflanzung durch Sproſſenbildung und Theilung ſowohl, als durch Zeugung, allein fo entſtehen im— mer nur Individuen derſelben Gattung. Davon aber, daß ein thieriſches Individuum ein anderes, oder andere einer fremden Gat— tung erzeugt oder hervorgebracht hätte, ſteht wohl in den Erfah— rungen der Naturforſcher aller Zeiten nichts geſchrieben, ſo daß man wohl den Satz als ſicher hinſtellen darf, daß im thieriſchen Organismus, als normaler Beſtandtheil eines Lebensſaftes, keine fremdartigen, individuell belebten Weſen vorkommen, noch entſte— hen tonnen, und damit iſt auch die Animalitaͤt der Saamenfaden verworfen, ob man ſie nun für Infuſionsthierchen, Eingeweide— wuͤrmer oder epiorganiſche Weſen ausſpreche. Man hat fie zwar immer wieder befonders mit den Entozoen verglichen, dabei aber ſtets vergeſſen, daß dieſe nie als normale Theile der thieriſchen Organismen vorkommen, daß ſich in vielen Fallen der Schaden, den ſie dem Organis— mus zufügen, ſehr leicht nachweiſen läßt. und man daher annehmen muß, daß, wenn fie durch generatio aequivoca entitänden, dieß nur in einer nicht mehr geſunden, alſo in einer der Idee des Organismus mehr oder weniger entfremdeten Fluͤſſigkeit ſtattfinde; daß fie ferner, je le— benskraͤftiger eine Fluͤſſigkeit iſt, um fo ſeltener vorkommen, fo, z. B., im Blute ſehr ſelten getroffen werden, wohl aber haͤufig im Sahalte der Gedaͤrme ſich finden, der aus einem Gemenge von ſehr wenig organiſirten Materien und von Auswurfsſtoffen beſteht. Hiermit waͤre alſo ſchon bewieſen, daß die beweglichen Faden im Saamen der Thiere keine Thiere ſeyn koͤnnen, ſondern daß ſie organiſirte Theile der Saamenfluͤſſigkeit ſind, alſo Elementartheile, analog den Blutkörperchen oder den Eiern. Fragen wir uns je— doch, ob es nicht noch andere Gründe gebe, um dieſen Satz, der uͤbrigens durch das Angefuͤhrte allein feſtſteht, zu bewahrheiten, ſo finden wir zur Beſtätigung deſſelben die Thatſachen, daß an den Saamenfaden mit Sicherheit eine thieriſche Organiſation durchaus nicht nachgewieſen werden konnte, ebenſowenig, als man an ihnen irgend eine Fortpflanzung beobachtet hat, und daß, wie oben ge— zeigt wurde, ihre Entwickelung ganz bedeutend von der Entſtehung der Thiere aus Eiern abweicht. Auch der Grund endlich, der als beinahe der einzige oder unbedingt wichtigſte für die Animalitaͤt der Saamenfaden angefuͤhrt wurde, ihre Bewegung, iſt nur halb ſtich— haltig. Man findet nämlich bei vielen Thieren, daß die Saamen⸗ faden, weit entfernt, die große Mannigfaltigkeit nicht der Art der Bewegung, ſondern der Richtungen derſelben, wie die Thiere, zu beſitzen, vielmehr große Einfoͤrmigkeit in derſelben zu ihrem Merk— male haben, wie ſie bei Thieren, die die Außenwelt mannigfach em— pfinden und auf dieſe Empfindungen reagiren, nicht ftatthaben kann. Dieſe letzteren Gründe, ich weiß es wohl, ſind nicht fuͤr Alle beweiſend, und ich lege daher auch auf den erſten, der von der Einheit des Organismus in allen ſeinen Theilen ausgeht, das meiſte Gewicht, und halte ihn allein nicht bloß für hinlaͤnglich, die ausgeſprochene Anſicht über das Weſen der Saamenfaden feſtzuſtel⸗ en, ſondern auch, um bei manchem, durch die Erfahrungen noch 8 nicht hinlaͤnglich ſicheren, den richtigen Weg zu zeigen; dieß bitte ich Die, zu bedenken, die ſich vielleicht Muͤhe geben wollten, das zuletzt Angefuͤhrte in Zweifel zu ziehen, um fo meine Anſicht von der nicht thieriſchen Natur der Saamenfaden umzuſtoßen. Da wir jetzt wiſſen, daß die Saamenfaden Elementartheile der thieriſchen Organismen find, fo begreifen wir auch die Analogien, die ſich zwiſchen ihrer und anderer Elementartheile Entwickelung nach⸗ weiſen ließen. Die Mannigfaltigkeit, die darin herrſcht, die Ab— weichungen von bisher bekannten Normen zeigen uns, daß die Les benskraft im Saamen ſehr groß iſt, da hier nicht nur neue Bil— dungsproceſſe auftreten, ſondern auch Aehnliches, auf verſchiedene Weiſe erzielt werden kann, wie man dieß etwa auch bei den Zellen findet, die ſich im Cytoblaſtem oder in Mutterzellen oder durch Theilung einer Koͤrpermaſſe und Umhuͤllung der Koͤrner mit Mem— branen, wie es Dr. Bergmann neuerlich (Muͤller's Archiv 1841, pag. 89 seg.) an den Dottern der Batrachiereier nachge— wieſen hat, bilden koͤnnen. Auch die Form der entwickelten Saas menfaden ſcheint auf intereſſante Weiſe die bisher bekannten Ele— mentargewebe des Organismus zu vermehren. Man kannte zwar freie Zellen nnd Zellenkerne in den Blut-, Milch-, Lymph und Eiterkoͤrperchen, allein freie, in Fluͤſſigkeiten vorkommende, Faſern und Wimperzellen analoge Gebilde waren bisher unbekannt. Man ſieht nun auch ein, warum die Saamenfaden der Thiere, trotz bedeutender Aehnlichkeit, doch fo manche Verſchiedenheiten zei— gen koͤnnen. Sie ſchließen ſich hierin an andere Elementartheile der Thiere an, die ebenfalls bei den einzelnen Gruppen oft bis auf die Gattungen herunter verſchieden ſind. Man denke nur an die Blutkörperchen und ihren mit den Abtheilungen der Thiere aͤndern— den Typus; man denke auch an die Eier, die, obſchon bei den meiſten Thieren nur durch geringe Unterſchiede, wie Farbe, Groͤße, bezeichnet, doch bei vielen Entozoen durch ihre eigenthuͤmlichen Formen bis auf die Genera ſcharfe Graͤnzen ziehen. Man vers gleiche einmal die Eier von Oxyuris, Ascaris mit denen des Echi- norhynchus oder der Taenia, jo wird man ſolche Unterſchiede fin— den, wie ſich bei den Saamenfaden verſchiedener Ordnungen einer Thierfamilie kaum groͤßere werden nachweiſen laſſen. Es reden zwar einige Phyſiologen, beſonders R. Wagner, von den ſo gro— ßen Verſchiedenheiten der Saamenfaden; doch ſcheint dieſer For— ſcher beſonders durch die bei den Rückgratsthieren gewonnenen Ans ſchauungen zu dieſer Anſicht beſtimmt worden zu ſeyn, wo aller— dings, wie ich gern zugebe, die größten Verſchiedenheiten derſelben obwalten, und wenigitens die Saamenfaden der Saͤugethiere bei verſchiedenen Gattungen nicht bloß durch Größe und geringfügige Formunterſchiede, wie die der meiſten niedern Thiere, ſondern oft durch recht frappante Merkmale ſich unterſcheiden. Faßt man aber das Ganze in's Auge, ſo wird man wohl zu der Ueberzeugung gelangen, daß die Saamenfaden, obſchon unter bedeutend mannig— faltigen Formen auftretend, doch darin von manchen organiſchen Elementartheilen, wie Blutkoͤrperchen, Eier, nicht weſentlich ver— ſchieden ſich zeigen. “) elle n. Ueber die Ausbruͤtung der Eier einer Boa-Schlange hat man vor Kurzem auch in der Menagerie des Jardin des Plantes zu Paris, Beobachtungen gemacht. Die Mutter, obgleich ſie ſelbſt „) Es ſey mir hier erlaubt, Einiges uͤber die ſogenannten Saas menthierchen der Pflanzen zu bemerken. Vor Allem ſteht es durch die Ausſpruͤche von Wagner und beſonders von Valen— tin (Repertorium 1839. S. 45. und folg) feft, daß die Saas menthierchen der Charen, Laub- und Lebermooſe Gebilde ſind, welche die groͤßte Analogie mit den thieriſchen Saamenfaden haben. Nicht nur kommt ihnen dieſelbe Entſtehungsweiſe zu, wie ich ſie bei einigen Saͤugethieren geſehen habe, ſondern ſie ſtimmen auch in Groͤße, Geſtalt, Bewegungen auffallend mit den beweglichen Theilen im Saamen der Thiere uͤberein, denn die Unterſchiede, die ſich finden, wie gruͤnliche Farbe des Koͤr— pers, einfachere Entwickelung, Ausgehen der Bewegungen vom Fadenende, koͤnnen nicht weſentliche Verſchiedenheiten be— gruͤnden, ebenſowenig, als ſolche zwiſchen einer pflanzlichen und thieriſchen Zelle beſtehen, aus denen ſowohl die einen, als die andern hervorgehen. — Faßt man nun noch in's Auge, eigentlich Feine Wärme entwickelt, legt ſich jedoch auf die Eier, wie ein Vogel, der bruͤtet, vertheidigt ſie gegen die Hand, welche fie nehmen wollte und erhält um fie herum die höhere Tempera⸗ tur, in welcher ſie ſich waͤhrend der ganzen Zeit dieſer Art von Brutung befinden, obgleich letztere durchaus von der der Vögel verſchieden iſt, welche die Eigenſchaft beſitzen, durch ihre eigens daß dieſe Saamenthierchen der Cryptogamen nur zur Zeit der Begattung der Pflanzen ihre vollkommene Entwickelung er⸗ langen, daß ſie ein normaler Beſtandtheil des Inhaltes der Anthıren find, fo wird man nicht umhin koͤnnen, in ihnen daſſelbe Weſen anzuerkennen, wie ich es den analogen Gebil— den der Thiere zugeſchrieben habe, daß ſie naͤmlich keine Thiere, ſondern ſehr entwickelte Elementartheile der Pflanzen ſind. Die Gruͤnde, die mich zu dieſem Ausſpruche bewegen, ſind den oben angeführten ahnlich, und ich will nur noch erwäh⸗ nen, daß hier don einer Entſtehung der pflanzlichen Saamen— faden aus Eiern noch viel weniger die Rede ſeyn kann, als bei den Thieren, wie auch die Annahme einer Entſtehung der— ſelben durch Urzeugung hier noch weit ſonderbarer erſcheint, als dort. Demzufolge und nach Analogie mit den Thieren halte ich auch die Saamenfaden der Cryptogamen nicht bloß für normal, ſondern auch für weſentliche Beſtandtheile des Saamens der Pflanzen, und ſchreibe ihnen eine analoge Be— deutung fuͤr die Zeugung zu, da es ja erwieſen iſt, daß der Inhalt der Antheren mit den Sporen in materielle Beruͤh— rung kommen muß, damit letztere Ecimfähig werden. — Wie ſich die Sache bei den hoͤhern Pflanzen verhalte, vermag ich aus eigner Anſchauung nicht zu entſcheiden. Nur ſo viel ſcheint mir gewiß, daß, wenn, wie Schleiden es will, das Pollenkorn zum Embryo wird, und ſomit den Sporen der Cryptogamen und dem Eir der Thiere entſpricht, man dann den Soamen und etwa vorhandene Saamenfaden nicht im In— halte des Pollenſchlauches ſuchen müffe, ſondern in einem ans deren Gebilde, das der Anthere der Mooſe und Charen ent— ſpraͤche. Nimmt man aber mit Meyen an, daß die Körpers chen in der fovilla eine eigenthuͤmliche, von Molecular-Bewe— 10 thuͤmliche Wärme auch ihre Eier zu erwärmen. — Von funfzehn Eiern, weiche die Schlange gelegt hatte, wurden nur acht ausge⸗ brütet, und zwar bei dem erſten Eie 57 Tage nach dem Legen. Nunmehr erſt entfernte ſich die Mutter und fraß, was ſie ſeit zwei Monaten nicht gethan. Sie verzehrte ein Kaninchen von mittlerer Größe und vier Pfund Ochſenfleiſch. — In vier Tagen und in verſchiedenen Zwiſchenraͤumen ſind alle junge Schlangen aus ihren Eierſchaalen hervorgekommen, was ihnen oft ſchwierig war. Kaum ausgekrochen, waren fie bereits 55 bis 60 Centime⸗ ter lang und fo dick, wie die gemeine Natter, ſchienen den Ge: brauch aller Sinnesorgane zu haben, zeigten in ihren Bewegun— gen viel Gewandtheit und verſuchten zu beißen, oder vielmehr mit den Kinnladen zu klemmen. Cie find regelmäßig gefleckt, ihrer Mutter völlig aͤhnlich und ſcheinen ſich gut zu entwickeln. Das genaue Studium ihres Wachsthums iſt vorzüglich deßhalb wichtig, weil man dabei vielleicht einige Umftände beobachten wird, welche, genau aufgefaßt, fpäter zur Beſtimmung des Alters dieſer Thiere werden dienen koͤnnen. Ueber die Tubularia Sultana hat Herr Coſte, als Ergänzung feiner fruͤhern Mittheilung über die Suͤßwaſſerpolypen, der Academie der Wiſſenſchaften in Paris in deren Sitzung am 5. Mai d. J. Folgendes bekannt gemacht: „Die Tubularia Sultana hat in ihrer Organifation im Allgemeinen große Aehnlichkeit mit den hufeiſenfoͤrmigen Buͤſchelpolypen, es fehlen ihr aber durchaus die beiden Arme (oder Schenkel des Hufeiſens), auf welchen die Tens takel jener Polypen ſitzen. Bei genauer anatomiſcher Unterſuchung habe ich jedoch bei dieſer Species die Exiſtenz dieſer Arme im ru: dimentären Zuſtande bemerkt, fo daß fie den natuͤrlichen Uebergang von den hufeiſenfoͤrmigen Buͤſchelpolypen zu den trichterfoͤrmigen Polypen bildet. gung abweichende Bewegung haben und den Saamenfaden der niederen Pflanzen analog ſind, ſo muͤſſen wohl Anthere, Pol— lenkorn und deſſen Inhalt als maͤnnliche Theile der Phanero— gamen betrachtet werden, und Schleiden's Anſicht von der Entſtehung des Pflanzenembryo kann dann nicht die richtige ſeyn. r Ueber practiſche Anwendung der excito-motoriſchen Nerven-Theorie *) hat am 20. Februar 1841 Herr Dr. Marſhall Hall der Westminster Medical Society einen Vortrag gehalten. Zuerſt betrachtete er Die Natur und Behandlung des Erſtickungsgeſuͤhls oder der durch die Anweſenheit eines fremden Koͤrpers veran— laßten Erſtickungszufaͤlle. Man hat es in dieſem Falle mit einer Form der auch bei'm Croup vorkommenden convulſiviſchen Anfaͤlle zu thun, die aber von der Einwirkung mehr ploͤtzlich eintretender und weniger andauernder Urſachen auf andere excitoriſche Ner— ven herruͤhren. Die Behandlung beruht aber durchaus auf denſelben Grundſaͤtzen, wie die des Groups; die Urſache muß naͤmlich gründlich und fo ſchnell, wie mögs lich, beſeitigt werden. Vor Kurzem kam mir ein Fall von Erſtickungsgefuͤhl (Sticken, choking) vor; die Reſpiration ſtockte, der Pa— tient muͤhte ſich in einer graͤßlichen Weiſe ab, um Athem zu holen; es war kein Augenblick zu verlieren. Ich nahm den Knaben ſo zwiſchen meine Kniee, daß ich kraͤftigen Druck auf den Unterleib ausuͤben konnte, waͤhrend ich die eine flache Hand auf den hintern Theil des Bruſtkaſtens *) The Lancet, No. 24, March 6, 1841. legte, worauf ich mit dem platten Theile der andern, die ich wenig feſt geſchloſſen hatte, ſchnell und kraͤftig an den vordern Theil des Thorax klopfte. Der kleine Patient fuͤhlte ſich unverzuͤglich erleichtert. Untängft bekam die Mutter einer hoͤchſt einſichtsvollen Dame, deren Gemahl an Epilepſie leidet, ploͤtzlich einen Anfall von Erſtickungsgefuͤhl (Sticken). Die Erſcheinungen waren genau dieſelben, wie die, welche einem Anfalle von Epilepſie vorhergehen, oder mit welchen derſelbe beginnt. Dieß wurde von der erwaͤhnten Dame beobachtet, welche mit den graͤßlichen Symptomen jener Krankheit nur zu gut bekannt war. Ich muß hier eines, in den Dublin Hospital Re- ports, Vol. II. p. 224., von Herrn Kirby beſchriebenen Falles gedenken: „Eines Abends, im November 1815, ward ich zu einer armen Frau gerufen, welche von men— ſchenfreundlichen Leuten, die dieſelbe faſt leblos auf der Straße gefunden, nach dem St. Peter's and St. Brid- get’s-Hofpitale gebracht worden war. Es war eines jener bedauernswuͤrdigen Geſchoͤpfe, welche ſich auf der Straße von den Abfaͤllen naͤhern, die ihnen Dienſtboten an den Thuͤren reichen. Indem ſie gierig uͤber ihr Mahl berfiel, waren ihr Stuͤckchen davon in der Speiſeroͤhre ſtecken geblieben. Als ich im Hoſpitale anlangte, war ſie, allem Anſcheine nach, todt; dennoch nahm ich die Tracheotomie über dem 11 sternum vor und blies eine beträchtlich lange Zeit, ohne Erfolg, Luft in die Lunge. Zu beiden Seiten des Halſes bemerkte ich eine betraͤchtliche Auftreibung, deren Urjachen ſich erſt fpäter bei Unterſuchung dieſer Theile ergab. „Am folgenden Tage fand die gerichtliche Leichenſchau ſtatt, und Herr Michael Daniel vollzog die Section. Es fanden ſich in der Speiſeroͤhre drei große Stuͤcke Speiſe. Das oberſte, welches das größte war, lag gleich hinter der cartilago cri- coidea; das unterſte ſaß im oesophagus ziemlich ſo tief, wie das obere Ende des Bruſtbeins, und enthielt einen Knochen von 15 Zoll Laͤnge, deſſen eines Ende ſehr ſpitz und ſcharf war. „Der Knochen lag ſchraͤg nach der Queere und hatte die Speiſeroͤhre an ihrer linken hintern Wand durchſtochen und die rechte arteria subelavia verletzt, welche ſich ab— normer Weiſe an dieſer Stelle befand, indem ſie links von ihrer Urſprungsſtelle am Bogen der aorta nach der rech— ten Schulter ſtrich. Die umgebende Zellmembran war mit Blut gefuͤllt, welches ſich hauptſaͤchlich zu beiden Seiten des Halſes angehaͤuft und dadurch die an der Oberflaͤche ſichtbare Geſchwulſt veranlaßt hatte. In die Speiſe- und Luftröhre war kein Blut eingedrungen; die letztere war nicht geſchloſſen, und ihr Durchmeſſer ſchien durch den Druck der fremden Körper nicht vermindert. Die epiglottis verbarg die Hoͤhlung der glottis faſt durchaus, welche durch die vorwͤrtsgerichtete Neigung der cartilagines arytaenoi- deae ſo verengt war, daß man ſie kaum ſah. Die Stimm⸗ ritze war durchaus geſchloſſen. „Dieſer Fall gehoͤrt zu denjenigen, welche uns mehr durch ihre Sonderbarkeit intereſſiren, als daß ſie uns ruͤck— ſichtlich der chirurgiſchen Praxis irgend einen nuͤtzlichen Auf— ſchluß gewaͤhrten. Er ſcheint indeß die Anſicht zu beſtaͤti— tigen, daß die unmittelbare Urſache des Todes nicht ſowohl in der mechaniſchen Verſtopfung der Luftroͤhre, als in der krampfhaften Zuſammenziehung der Muskeln der glottis zu ſuchen ſey, welche, wenn ein feſter Koͤrper bei'm Hinabglei— ten durch den obern Theil der Speiſeroͤhre ſtecken bleibt, ploͤtzlich und heftig gereizt werden. „Weder die Verwundung der Arterie, noch die darauf— folgende Blutergießung ſcheinen zu der Erſtickung beigetra— gen zu haben.“ Ich kann dem Herrn Kirby in der Anſicht, daß die— fer Fall dem Wundarzte keine nuͤtzliche Aufſchluͤſſe für die Praxis geben koͤnne, nicht beipflichten. Allerdings kann man unter dieſen Umſtaͤnden von der biegſamen Roͤhre (die ſich wohl ſelten ſchnell genug herbeiſchaffen laͤßt) und von der Einfuͤhrung des Fingers keinen Nutzen erwarten; aber man hat die Muskeln zu erregen, welche Erbrechen veranlaſſen, fo daß der obere Magenmund ſich öffnet und entweder wirkli— ches Vomiren oder die Art von kuͤnſtlichem Erbrechen erfolgt, welches durch kraͤftiges Klopfen auf den thorax erregt wird. Schlaͤgt dieß Verfahren nicht an. fo hat man die bieg— ſame Roͤhre einzuführen und noͤthigenfalls die Tracheotomie anzuwenden. Verfahren bei'm Einfuͤhren der Magenroͤhre. Das Einführen einer Rohre in den Magen macht ſich bei Vergiftung oft möthig. Hierbei kommt es nun haupt⸗ 12 ſaͤchlich darauf an, daß man die das Brechen erregenden Nerven und Muskeln nicht reizt. Dieß erreicht man, in⸗ dem man die Roͤhre ſtracks durch den isthmus faucium (unter Vermeidung aller Berührung der Zungenwurzel, der hintern Gaumenwandungen und des Gaumenſeegels) bis zum hintern Theile des Schlundkopfes einfuͤhrt. An dieſer letz— tern Stelle befinden ſich nur ſolche Nerven, welche die Schlingbewegungen erregen, ſo daß, unter Beobachtung dieſer Vorſichtsmaaßtegeln, die Roͤhre ſich ohne Schwierigkeit in den oesophagus und bis in den Magen einſchieben laͤßt. Anwendung der Schlundkopfroͤhre. In Faͤllen, wo die Kehle durchſchnitten worden, in ſolchen von Wahnſinn u. ſ. w. hat man, zur Bewirkung der Ernährung, ebenfalls öfters eine Roͤhre durch den oesopha- gus bis in den Magen ſelbſt eingefuͤhrt. Aus der Phyſio— logie des Schlingens, welches man gegenwaͤrtig, namentlich inſofern der Schlundkopf dabei intereſſirt iſt, fuͤr einen durch die Reaction des Ruͤckenmarks erzeugten Act ers kannt hat, ſchien ſich mir zu ergeben, daß dieſe Maaßregel unnoͤthig ſey, und daß man damit ausreiche, wenn man eine ſogenannte Schlund kopfroͤhre nur bis zu der Stelle einfuͤhre, wo die das Schlingen erregenden Nerven und die mm. constrietores pharyngis ihre Thaͤtigkeit aͤußern. Dieſer intereſſante Verſuch ward von Herrn Ar— thur Stilwell auf Moorcroft-House an einem Wahn— ſinnigen angeſtellt, der keine Nahrung zu ſich nehmen wollte, und der bisher mittelſt der Magenroͤhre geſpeiſ't worden war. Die Sache gelang, wie ich vorausgeſagt, vollkommen. In Faͤllen von Vergiftung hat man die Magen— roͤhre anzuwenden. Doch muß ich mir in dieſer Beziehung eine Bemerkung geſtatten: Haͤufig machen Patienten, unter dem zufammengefesten Einfluſſe eines Brechmittels und ei— nes narcotiſchen Giftes, vergebliche Anſtrengungen zu vomi— ren, und wenn in dieſem Falle die Magenroͤhre eingeführt wird, erfolgt das Erbrechen oft fofort durch die Nöhre ſelbſt, ſo wie an derſelben hin, weil die Roͤhre auf die das Bre— chen erregenden Nerven und durch dieſe auf den obern Ma— genmund einwirkt. Alsdann macht ſich die Anwendung der Pumpe gar nicht noͤthig, wenn der Vergiftungsfall nicht ſehr bedenklich iſt, ſo daß der Magen durch eingefuͤhrte und wiederausgepumpte Fluͤſſigkeiten ausgeſpuͤlt werden muß. Moͤgen wir nun die Schlundkopf- oder die Magen— roͤhre anwenden, ſo haben wir uns doch mit der Verthei— lung der excitoriſchen Nerven genau bekannt zu machen. Die dem weichen Gaumen, dem hintern Theile des Zabn— fleiſches und wahrſcheinlich auch der Zunge zugebenden (oder dort entſpringenden) Zweige des nervus trifacialis ſind die das Vomiren erregenden Nerven und muͤſſen vermieden werden. Dagegen find die Zweige des n. glosso-pharyn- geus und pneumogastricus, welche am pharynx ent⸗ ſpringen, die Erreger des Schlingens, und dieſe muͤſſen in Thaͤtigkeit geſetzt werden. Daher hat man die Roͤhre vor ſichtig durch den isthmus faucium und dann ſtracks bes zum hintern Theile des pharynx einzufuͤhren. Auf dieſe Weiſe gelingt die Operation ohne alle Schwierigkeit. Bei Wahnſinnigen macht ſich indes das gewaltſame 13 Oeffnen und Offenerhalten des Mundes mehrentheils noͤ— thig. Um dieß zu vermeiden, ſchlage ich vor, eine duͤnnere Roͤhre auf der Sohle der Naſenhoͤhle hin einzufuͤhren, welche auf dieſe Weiſe unter den an die Naſe abgehenden Zweigen des trifacialis (welche das Nieſen erregen) und über den dem Gaumen zugehenden Zweigen deſſelben Nerven hinglei— tet, welche letztere, wie geſagt, die Erreger des Erbrechens find. Auf dieſen Vorſchlag ging Herr Stilwell ebenfalls ein. Er wandte eine lange biegſame Roͤhre von dem Durch— meſſer eines ſtarken maͤnnlichen Catheters an, welche gerade 7 Zoll weit durch die Naſenhoͤhle eingefuͤhrt und nach dem pharynx hinabgebogen wurde. Der Patient zeigte waͤh— rend dieſer Operation nicht das geringſte Unbehagen. Als— dann ward die fluͤſſige Speiſe durch die Roͤhre eingetragen, und die gewoͤhnlichen Bewegungen des larynx zeigten an, daß der Patient fie regelmäßig verſchluckte. Vergebens bes ſtrebte ſich derſelbe, fie auszuwerfen; es erſchien nur Spei— chel an den Liopen. Die Speiſe befand ſich, jenſeits des Bereichs des Wollens, innerhalb desjenigen der durch Er: regung oder Reizung thaͤtigen Bewegungskraͤfte und gelangte ſo ungehindert in den Magen. Ueber die Reizung der fauces, behufs des Erregens von Erbrechen. Durch Unbekanntſchaft mit der Phyſiologie dieſer Theile ereignete ſich ein merkwuͤrdiger Fall. Ein Patient, der ſich zum Vomiren bringen wollte, fuͤhrte eine Feder zu tief in die Rachenhoͤhle und zwar jenſeits der das Erbrechen erregen— den Nerven, welche zur Thaͤtigkeit haͤtten gereizt werden ſol— len, bis zu den Erregern des Schlingens ein, welche ſich der Feder bemaͤchtigten, ſo daß dieſelbe wirklich verſchluckt wurde. Zwei Faͤlle dieſer Art ſind in den Medical Obser— vations and Inquiries, Vol. III. p. 7, und Vol. VI. p. 231, angefuͤhrt. Ein Patient wuͤnſchte, ſeine Arznei zu ſchlucken, ohne daß er fie ſchmeckte, und führte deßhalb einen Theeloͤffel fo weit in die Rachenhoͤhle, daß das Inſtrument von den bei'm Schlingen wirkenden mm. constrietores gefaßt und, gleich der Feder, verſchluckt ward. Hereingezogenwerden einer Bougie in den Maſtdarm. Falle dieſer Art find keineswegs ſehr ſelten. Am ans dern Ende des Nahrungsſchlauches kommt die Erſcheinung in einer ganz aͤhnlichen Weiſe vor. Die Wirkung dieſes Theils des menſchlichen Organismus iſt hoͤchſt eigenthuͤmlich. Nach der Auftreibung der faeces übt der Maſtdarm mittelſt des innern sphincter et levator ani eine entgegengeſetzte Thaͤtigkeit aus, und es iſt vorgekommen, daß das zur Erz leichterung der Austreibung der Excremente eingefuͤhrte In— ſtrument dem Operateur aus der Hand gezogen und in das rectum und colon hinaufgeführt ward! Ein Ereigniß der Art wurde mir von Herrn Perry erzaͤhlt. Nachſtehen— der Fall kam dem beruͤhmten Scarpa vor. Ein 28 Jahr alter, haͤufig an Verſtopfung leidender Landmann fühlte nach ungewöhnlich langwieriger Conſtipa⸗ tion heftige Schmerzen, und da es ihm unmoͤglich war, Darmentleerungen zu Wege zu bringen, ſo fuͤhrte er ein langes Stuͤck Rohr in den After ein, indem er ſo das ſich 14 der Austreibung der faeces entgegenſtellende Hinderniß auf mechaniſchem Wege zu beſeitigen hoffte. Dieß gelang ihm auch; um aber die Darmentlerung vollftändiger zu machen, fuͤhrte er das Rohr zum zweitenmale, und zwar tiefer ein, wobei es ihm aus der Hand glitt und in den Darm gezo— gen wurde. Er machte hierauf vergebens die heftigſten An— ſtrengungen, um es wieder auszutreiben. Bald traten die fuͤrchterlichſten Schmerzen ein, welche die ganze Nacht uͤber anhielten. Am folgenden Tage ward der Patient in's Ho⸗ ſpital geſchafft, wo ſich der Chirurg vergebens bemuͤhte, den fremden Körper mit dem Finger und mit der Zange zu faſſen. Heſtiger Schmerz im Maſtdarme und deſſen Hebung. Es treten zuweilen im Maſtdarme eigenthuͤmliche hef— tige Schmerzen ein, welche ſich, mehrentheils wenn man eben einſchlafen will, paroxysmenartig aͤußern, und deren, meines Wiſſens, keine Schrift über Heilkunde erwähnt. Sie ſcheinen mir daher zu ruͤhren, daß irgend eine haͤ— morrhoidaliſche Geſchwulſt durch den sphincter aui com- primirt wird. Ein ganz untruͤgliches Mittel dagegen iſt, daß man ſogleich aufſteht und kraͤftige, anhaltende Anſtren— gungen macht, eine Darmausleerung zu Wege zu bringen. Durch die Veraͤnderung in der Lage der Haͤmorrhoide und die unter der Herrſchaft des Willens bewirkte Erſchlaffung und Heraustreibung des sphineter ani werden die ſchmerzhaf— ten Paroxysmen vollkommen beſeitigt. Noch will ich Folgendes hinzufuͤgen. Das Zuruͤckbrin— gen von Haͤmorrhoidal-Geſchwuͤlſten hat zuweilen ſehr große Schwierigkeit fuͤr den Chirurgen und Beſchwerden fuͤr den Kran— ken. Druck allein wird vergeblich angewendet. Aber wenn der Patient die Anweiſung erhaͤlt, anhaltend, wie zur Unterſtuͤtzung des Stublgangs, zu preſſen, und zugleich der chirurgiſche Druck zum Zuruͤckbringen angewendet wird, ſo weicht die Geſchwulſt oft unmittelbar zuruͤck. Der sphincter wird entſchieden era ſchlafft, und die Einſchließung, welche derſelbe auf die Geſchwulſt ausuͤbt, beſeitigt, und ſo iſt die Zuruͤckbringung der Ge— ſchwulſt leicht. Vermoͤchte wohl ein ähnliches Verfahren dem Geburtshel— fer zu Zuruͤckbringung des prolapsus uteri forderlich zu ſeyn? Einwaͤrtsgezogenwerden des weiblichen Catheters. Einwaͤrtsgezogenwerden der Maſtdarmroͤhre iſt nicht das einzige Factum dieſer Art. Der weibliche Catheter ift plotzlich an den Fingern des Chirurgen in die Höhle der Urinblaſe gezogen worden, woruͤber ein ſehr intereſſanter Fall in den Medical facts and observations von Dr. Edw. Ford erzaͤhlt iſt. Der dort erwaͤhnte Catheter befindet ſich jetzt durch Herrn Copeland's Gefaͤlligkeit in meinem Beſitze. Das beſchriebene Ereigniß iſt übrigens keineswegs ſelten. Zwei Fälle find meinem Freunde, Herrn Toogood, zu Bridgewater, vorgekommen, welcher zu Huͤlfe gerufen wurde, um Catheter, die unter ſolchen Umſtaͤnden in die Blaſe ge— langt waren, auszuziehen. Dem Zufalle muͤſſen aufeinander: folgende und gleichzeitige Contractionen des cervix vesi- cae und des m. levator ani zugeſchrieben werden, welche durch Ineident- und Reflexnerven, in Verbindung mit dem Ruͤckenmarke, zu Contractionen erregt werden. 15 Ueber Einführung des Catheters bei ſchwierigen Fallen. Von Charles Patterſon. Dr. O' Beirne ſagt, ruͤckſichtlich der Einführung der elaſti— ſchen Röhre in das rectum, daß man, wenn dieſe nicht weiter zu bringen ſey, eine Spritze in die Roͤhre einſetzen und zwei oder drei Mal mit einem kraͤftigen Drucke Fluͤſſigkeiten eintreiben laſſen ſolle, waͤhrend der Wundarzt ſelbſt die Roͤhre vorwaͤrts ſchiebe. (Dublin med. Journ., vol. 14. p. 125.) Dieſes Verfahren ſchien mir auch anwendbar, wenn der Catheter bei Proſtata-Anſchwel— lungen nicht einzubringen ſey. Dieſes Manöver gelang in einem ſolchen Falle ſehr leicht. Bald darauf wurde ich zu einem alten Manne gerufen, welcher 48 Stunden lang das Waſſer nicht hatte laſſen koͤnnen, und wobei ein mit dem Catheteriſiren ſehr vertrau- ter Wundarzt nicht im Stande geweſen war, den Catheter einzu— bringen, was auch mir nicht gelang, bis ich Waſſer durchtrieb, wobei, nachdem etwa 3 Unzen eingedrungen waren, die urethra ſich ſehr erweitert zeigte und der Catheter ohne Schwierigkeit ein— drang. Dieſes Verfahren habe ich ſeitdem mehrmals wiederholt und gefunden, daß es die Operation ſehr erleichtert. Dieſelben Manoͤvers bediente ich mich bei einem davon ver— ſchiedenen Falle. Der Kranke litt an einer ſehr ſchmerzhaften Eut— zuͤndung der Harnroͤhren-Schleimhaut; die Blaſe war übermäßig ausgedehnt und der Urin ging nur tropfenweiſe mit heftigen Schmerzen und unter unertraͤglichem Draͤngen ab, welches letzte wahrſcheinlich daher ruͤhrte, daß die Blaſenſchleimhaut an der Entzuͤndung Theil nahm. Die krankhafte Empfindlichkeit der Harnroͤhre war ſo groß, daß kein Inſtrument einzufuͤhren war. Die Ungeduld des Kranken aber wollte eine Verminderung der Entzündung unter der Anwendung der gewöhnlichen antiphlogiſti— ſchen Mittel nicht abwarten. In dieſem Falle befeſtigte ich eine Spritze an einen gekruͤmmten elaſtiſchen Catheter, ſchob die Spitze des letztern ein Wenig in die Muͤndung der Harnroͤhre ein, ſpritzte ein Wenig warmes Leinſaamendecoct ein, ſo daß gerade die Harn— rohre nur ein Wenig ausgedehnt wurde; hierauf ſchob ich den Ca: theter allmaͤlig etwas vorwaͤrts, und auf dieſe Weiſe gelang es, faſt ohne Schmerz, das Inſtrument in die Blaſe zu bringen. Der Apparat iſt ſehr einfach. Ich brachte eine kleine Blaſe an dem Ende des Catheters an; man waͤhlt dazu dicke Catheter, theils um einen kraͤftigeren Waſſerſtrahl zu erhalten, theils um durch vollſtaͤndigere Ausfuͤllung der Harnroͤhre den Ruͤckfluß der Fluͤſſigkeit zur Seite des Catheters zu verhindern. Die Augen des Catheters muͤſſen groß und moͤglichſt nahe an dem vorderen Ende an in dem letztern ſelbſt ſeyn. Auch muß ein Silbercatheter oder ein elaſtiſcher Catheter mit bleibender Kruͤmmung gewaͤhlt werden, weil es wegen des Injectionsapparates nicht moͤglich iſt, das Stilet eines gewoͤhnlichen elaſtiſchen Catheters zuruͤckzuziehen. Man führt nun den Catheter bis zu der Verengung ein, läßt ihn hier durch einen Aſſiſtenten feſthalten, umfaßt mit der linken Hand die Harnroͤhre, fo daß dieſe an den Catheter angedrückt wird, umgiebt hierauf die mit 6 Unzen warmen Waſſers gefuͤllte Blaſe mit der rechten Hand und druͤckt mit einem gleichmäßigen kraͤftigen Drucke die Fluͤſſigkeit ein, während man das hintere Ende des Catheters ſenkt, wobei mit Leichtigkeit die Sonde vollends in die Blaſe ein— dringt. Weder durch die linke, noch durch die bloß an die mit Waſſer angefuͤllte Blaſe angelegte rechte Hand, muß man die Be: 16 wegung des Catheters beſchraͤnken, fo daß dieſer gewiſſermaßen freis willig den Weg einſchlägt, welchen der Waſſerſtrom vor ihm oͤffnet. Die Wirkung des Apparates beſteht darin, daß die Harnroͤhre aus— gedehnt wird, daß dieſelbe eine normalere Richtung erlangt, und daß der angeſchwollene Proſtata- Lappen etwas auf die Seite ge— draͤngt wird. Während des Druckes auf die Injectionsblaſe klagt der Kranke über Spannung im hypogastrium; man braucht deßwegen laber nicht zu befuͤrchten, daß durch die Ausdehnung eine Zerreißung der Blaſe bewirkt werde. Die Blaſenwaͤnde ſind ſo ſtark und werden von den umgebenden Organen ſo ſehr unterftüst, daß man, außer bei brandiger Zerſtoͤrung, uͤberhaupt keine Zerreißung der Blaſe zu befuͤrchten hat. Auf das Verlangen des Kranken, ſein Waſſer zu laſſen, ſo dringend dieß auch ſey, nimmt man bei der Operation keine Ruͤckſicht, ſondern man faͤhrt in der Einfuͤhrung des Inſtru— mentes ruhig fort. Bei Harnröhrenftricturen hat Amuſſat durch forcirte Eine ſoritzung von Waſſer den Weg erweitert und dann den Urin von dem Patienten ſelbſt austreiben laſſen. Es braucht nicht bemerkt zu werden, daß dieſes Verfahren bei Proſtata-Anſchwellungen nicht anwendbar iſt, da die prostata klappenartig den Blaſenhals ſogleich wieder ſchließen würde, (Dublin Journal, March 1841.) Miscellen. Fortpflanzung der Hydrophobie durch die Mut: t'eermilch. Herr Steele erzählt in der London med. Gaz., daß zwei Mutterſchaafe von einem wuͤthenden Hunde gebiſſen worden ſeyen, wovon das eine zwei, das andere ein Lamm ſaͤugte. Die Laͤmmer blieben noch zwei Wochen nach dem Biſſe und wurden erſt alsdann von den Mutterſchaafen getrennt. Sechs Wochen nach dem Biſſe wurde das eine Mutterſchaaf krank, ſtampfte auf den Boden und ſtieß die andern Schaafe, bekam Convulſionen, drehte den Kopf immer con— vulſiviſch nach den Seiten, war verftopft, hatte bisweilen rothe Darme ausleerung undfraß nicht. Dieſe Symptome ſteigerten ſich acht Tage, bis das Schaaf ſtarb. Zwei Tage danach wurde das andere Schaaf auf gleiche Weiſe afficirt und ſtarb in ſieben Tagen. Etwa zehn Tage nach dem Tode des letzten Schaafes erkrankten die Laͤmmer zu— gleich, ſtießen andere Schaafe und Alles, was ihnen in den Weg kam und riſſen ſich beftändig die Wolle aus den Seiten. Der Anblick des Waſſers bewirkte keine Zufaͤlle. Die Thiere wurden eine Woche nach der Erkrankung getödtet. Ein Reſpirations-Apparat bei Scheintod, iſt von Dr. Dalziel, zu Drumlannig in Schottland, angegeben und wird von De. Lewins, zu Leith, in dem Kdinb. med. and surg. Journ., beſchrieben. Das Princip, worauf der Apparat beruht, beſteht darin, daß der Koͤrper, mit Ausnahme des Kopfes, ſich in einem Vacuum befindet, indem er in eine luftdichte Kiſte gebracht wird, welche um den Hals luftdicht ſchtließt und an deren oberem Theile eine große Saugpumpe angebracht iſt. Erhebt man den Stempel derſelben, ſo entſteht ein theilweiſe leerer Raum, die Luft dringt in die Lungen ein und dehnt die Bruſt aus. Die Exſpira— tion erfolgt durch Niederdruͤcken des Stempels. Eine Leiche wurde in dem Apparate ſo vollkommen zu Athembewegungen gebracht, daß man an den Lippen, und ſelbſt an der Naſe, deutlich das Ein- und Ausdringen der Luft bemerken konnte und daß ein angebranntes Licht, vor eine Nafenöffnung gehalten, ausgeblaſen wurde. . — — — Bibliographische Nouvelles recherches physiologiques sur la vie. einthe Deschamps, D. M. Paris 1841. 4. Par Mich. Hya- Ebauche du plan d'un traité complet de physiologie humaine. Par le Professeur Lordat. Montpellier 1841. 8. Neuigkeiten Hygiene des femmes nerveuses, ou Conseils aux femmes pour les &poques critiques de leur vie. Par le Docteur T. U. E. Edouard Auber. Paris 1841. 12. Les affections du sang et du traitement des maladies qui sont occasionnées par ces altérations. Par E. Combes, de Tou- louse. Paris 1841. 8. —— —— — — (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quart.) Neue Üotizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriev zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin, Noe. 398. (Nr. 2. des XVIX. Bandes.) Juli 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. 20 va ap Ya 1a Unterſuchungen über die mechaniſchen Functionen des Ohres. Von Dr. James Sym. I. Von den mechaniſchen Functionen des aͤußern Ohres. Man nimmt gewoͤhnlich an, daß das aͤußere Ohr die Beſtimmung habe, die Intenſitaͤt des Tones zu vermehren; dieß erklaͤrt man auf verſchiedene Weiſe: nach der aͤltern Anſicht wirkt es als Ohrtrompete zur Concentration der Luftſchwingungen auf das Trommelfell, waͤhrend neuere Phyſiologen annebmen, daß die Knorpel des aͤußern Ohres durch die Luftſchwingungen vibriren und in Folge groͤßerer Ausdehnung dieſe Vibrationen mit groͤßerer Staͤrke auf das Trommelfell weiter leiten. Da jedoch einige Thiere ſcharf hoͤren, obwohl ihr aͤußeres Ohr zum Dienſte einer Ohr— trompete nicht geeignet iſt (wie, z. B., das menſchliche Ohr, welches ebenſowohl den Ton zu zerſtreuen, als zu ſammeln, im Stande waͤre); und da Andere ebenſo gut hoͤren, ob— wohl ihr aͤußeres Ohr aus nicht vibrirender Subſtanz be— ſteht (z. B. die Fledermaus), und da ſehr viele Thiere gut bören, ohne ein Äußeres Ohr überhaupt, fo, glaube ich, ſind wir zu dem Schluſſe berechtigt, daß die Beſtimmung des aͤußern Ohres eine andere ſey, als die, den Ton zu verſtaͤrken. Die Organe des Geruchs und Geſichtes ſind mit ei— nem aͤhnlichen aͤußern Apparate verſehen, wie das Ohr. Die aͤußere Naſe beſteht aus einem knoͤchernen Gange mit angefuͤgten Knorpelplatten, innen ausgekleidet mit einer Haut, welche Schleimbaͤlge enthaͤlt, eine zaͤhe Abſonderung hat und auch durch Haare geſchuͤtzt wird; die Muskeln der Naſenfluͤgel entſprechen denen der Ohrknorpel. Eine aͤhnliche Analogie haben die Anatomen zwiſchen den aͤußern Appara— ten des Ohres und des Auges gefunden. Es laͤßt ſich da— raus ſchließen, daß bei dieſen drei Sinnesorganen der aͤußere Apparat auch eine analoge Beſtimmung habe. Der weſentliche Nutzen der aͤußern Naſe, fo wie der Augenbrauen und Augenlider, iſt ein Schutz fuͤr die Organe, No. 1498. n an welchen ſie angeheftet ſind. Unter dem Dache der Naſe koͤnnen die von der Stirn herabfließenden Feuchtigkeiten nicht zur Schleimhaut gelangen; Regen und Schnee, welche durch den Wind angetrieben werden, ſind dadurch ausgeſchloſſen, und durch die Haare und die zaͤhen Abſonderungen werden Inſecten, Staub und andere in der Luft herumfliegende Koͤrperchen abgehalten. Die Augenbrauen und Augenlider haben eine ganz aͤhnliche Beſtimmung fuͤr die Augen, waͤh— rend die Augenlider noch uͤberdieß die Function haben, durch ihre Bewegungen die Thraͤnen weiter zu ſchaffen, welche reizend wirken wuͤrden, wenn ihr ſalziger Beſtandtheil durch die Verdunſtung mehr concentrirt wuͤrde. Bei dem Menſchen, welcher den Kopf aufrecht traͤgt, haben die Ohren einen ſolchen Sitz und eine ſolche Geſtalt, daß die von dem Kopfe herabtraͤufelnden Fluͤſſigkeiten von dem meatus abgehalten und neben dem Ohre abgeleitet werden. Hierbei iſt aber eine ſo geringe Beweglichkeit der Ohren, daß zum Schutz gegen Schnee, Regen und Inſecten in der Luft der ganze Kopf zur Seite gedreht werden muß. Dieß iſt nicht wohl moͤglich bei Vierfuͤßern, deren Hals horizon— tal ſteht; bei ihnen, ſo wie bei den eine aͤhnliche Lebens— weiſe fuͤhrenden Vierhaͤndern, beſitzen die Ohren eine ſehr ausgedehnte Beweglichkeit, wodurch das Eindringen fremder Körper verhindert wird. Die im Waſſer lebenden Saͤuge— thiere haben gar keine aͤußern Ohren, weil es kein Mittel giebt, die Unreinlichkeiten des Waſſers von der membrana tympani abzuhalten, ohne das Waſſer ſelbſt, welches den Ton vermittelt, auszuſchließen. Bei'm Maulwurfe (deffen ſehr enger Gehoͤrgang durch Haare vor dem Eindringen der Erde geſchuͤtzt ift) und bei Reptilien (welche gar keinen Ges hoͤrgang, ſondern nur einen Schutz durch haͤutigen oder knorpeligen Ueberzug des Trommelfells haben) wuͤrde ein hervorragendes Ohr die Bewegungen gehemmt haben und manchen Verletzungen ausgeſetzt geweſen ſeyn. Daſſelbe wäre in Bezug auf den Flug der Vögel der Fall geweſen, und deßwegen find ihre Gehoͤrgaͤnge nur durch Federn ge- ſchuͤtzt, durch deren Zwiſchenraͤume Luftſchwingungen noch leicht hindurchdringen koͤnnen. o — 19 Hiernach ſcheint es, daß die Nothwendigkeit eines Schutzes für das Gehoͤrorgan der eines aͤhnlichen Anhanges fuͤr den Geſichts- und Geruchsſinn entſpricht, und daß bei verſchiedenen Thieren Form und Eigenſchaft des aͤußern Oh— res ſich verändert, je nachdem die Ledensweiſe der Thiere einen ſolchen hinzukommenden Schutz noͤthig oder unnoͤthig macht. Wie wir aber ſelten finden, daß die Functionen eines Organes auf einen einzigen Gegenſtand beſchraͤnkt ſind, ſo iſt es auch bei dieſen Huͤlfsapparaten des Auges in der Naſe, als Schutzmittel der betreffenden Organe, der Fall. Die Naſe beſteht aus Knorpel, welche durch eigenthuͤmliche Muskeln bewegt werden und iſt im Stande, den Zugang zu den Nervenpapillen zu verengen oder zu erweitern und dadurch das Vergnuͤgen oder die Schnelligkeit des Eindrin— gens riechender Subſtanzen zu verändern. Belm Menſchen ſind dieſe Bewegungen in engen Graͤnzen beſchraͤnkt, weil die Oeffnungen der Naſenloͤcher mit Leichtigkeit durch Dre— hung des Kopfes nach der Stelle hingewendet werden kon— nen, wo die Effluvien am ſtaͤrkſten find. Bei Vierfüßern, beſonders bei ſolchen mit ſteifem Halſe, wie die Pachy- dermata, haben die Naſenloͤcher ein weit größeres Feld der Bewegung, ſo daß dieſe Thiere im Stande ſeyn muͤſſen, ſehr genau die verſchiedene Intenſitaͤt der Effluvien in ver: ſchiedenen Richtungen hin zu beurtheilen, bloß dadurch, daß ſie die Muskeln ihrer Schnauze gebrauchen, ohne genoͤthigt zu ſeyn, ihren unnachgiebigen Hals zu winden. Die Beur— theilung uͤber die Richtung, in welcher Geruͤche ſich darbie— ten, ſtellt alſo eine ſecundaͤre Function der aͤußern Naſe dar. (Die Augenlider reguliren die Quantität des einfals lenden Lichtes; die Beurtheilung der Richtung iſt aber bei'm Geſichtsſinne von ſo großer Wichtigkeit, daß dieſe Function nicht bloß einem Hülfsorgan anvertraut werden konnte.) Die Ohren ſcheinen mir nun eine der Naſe ganz aͤhn— liche ſecundaͤre Function zu haben. Die aͤußern Ohren vie— ler Thiere ſind ſo gebaut, daß die Intenſitaͤt des Tones vermehrt oder vermindert werden kann, je nachdem die Oeff— nung gegen die Quelle des Tones hin- oder weggerichtet iſt; bei den Menſchen und bei den meiſten hoͤhern Thieren, eben— ſo bei den Voͤgeln, geſchieht dieß hauptſaͤchlich durch Bewe— gung des Kopfes. Bei Vierfüßern dagegen und bei einigen Vierhaͤndern find die aͤu zern Ohren fo ausgedehnter Bewegung durch eigene Muskeln faͤhig, daß daraus eine große Verſchieden— heit in der Intenſitaͤt der Töne bloß durch die verſchiedene Rich— tung der Oeffnung ihrer Ohrtrichter bedingt werden muß. (Haſen und andere furchtſame Thiere koͤnnen waͤhrend der Flucht den Kopf nicht drehen, aber durch Bewegung der Ohren jede Verinderung in Bezug auf das von ihrem Ver— folger herruͤhrende Geraͤuſch beurtheilen. Maulwuͤrfe, Rep— tilien und Amphibien beduͤrfen einer ſolchen Vorrichtung nicht, weil ſie, ſtatt der Flucht vor einem Verfolger, ſich ſogleich in ein Element verſenken, in welches ſie nicht ver— folgt werden koͤnnen). Kurz, Thiere ſcheinen kein anderes Mittel zur Beurtheilung der Richtung der Toͤne zu haben, als die Bemerkung der verſchiedenen Intenſitaͤt des Tones bei verſchiedener Richtung der Ohroͤffnungen, fo daß in dieſer 20 Beziehung das aͤußere Ohr der aͤußern Naſe vollkommen ahnlich iſt, theils in Bezug auf die Beurtheilung der Rich— tung, theils ruͤckſichtlich der Unbeſtimmtheit dieſer Beurthei— lung. Jch ſchließe daher, daß die hauptſachlichſte Function des aͤußern Ohres darin beſteht, die membrana tympani vor aͤußern ſtoͤrenden Einfluͤſſen zu beſchutzen, und daß die ſecundaͤre Function darin beſteht, die Richtung der Toͤne, wenn auch unvollkommen, anzuzeigen. II. Ueber die mechaniſche Function der membrana tympani. Große Verwirrung iſt dadurch in die Theorie des Hörens ges bracht worden, daß man das Trommelfell mit dem Pergamente auf einer Trommel wirklich verglich und annahm, daß es durch feine Spannung vibrirte. Savart's Experimente beweiſen: 1) daß, wenn Toͤne auf eine Haut von geringer Ausdehnung wirken, fie nicht im Stande ind, ſie fo in Vibration zu ſetzen, daß Schwiagungsknoten entſtehen und 2) daß Häute von geringer Stei— ſigkeit leichter durch die Undulationen der Luft bewegt werden, als diejenigen, welche fc geſpannt find, daß ſie durch ihre Elaſticität zu Vibrationen gebracht werden konnen. Iſt der tensor tympaui erſchlafft, ſo giebt die Haut, als ein Ganzes, der Wellenbewegung der Lust nach, und eine geringere Kraft wird hinreichen, dieſe paſ— ſive Bewegung der Haut mitzutheilen, als erforderlich ſeyn würde, dieſelbe in den Zuſtand activer Vibrationen zu verſetzen. Dieß konnte man ſchon a priori behaupten, weil bei Vibration der mem- brana tympani durch eigene Elaſticitat zugleich mit jedem Zons eindrucke die Haut nicht allein fortfahren wurde, zu vibriren, nach⸗ dem die erregende Urſache bereits aufgehört hat, wodurch ein con— fuſes Singen in den Ogren entſtehen würde, ſondern weil das Trommelfell auch überhaupt unfähig ſeyn wurde, zu vidriren, bis ein beſtimmter Grad der Spannung vorbereitet waͤre, ſo daß zum Voraus die Uebereinſtimmung mit jedem einzelnen Tone, welcher das Ohr erſt afficiren fol, hergeſtellt werden müßte. 5 Es waͤre daher gut, wenn man den Ausdruck Vibration ganz bei der Beſchreibung der Bewegungen der membrana tympanı vermiede, welche vielmehr ein vollkommen paſſives Medium dar— ſtellt jeder eindringenden Undulation nachgebend, jedoch im norma— len Zuſtande ) nicht im Stande, eine einzige Oscillation durch eigene Elaſticität auszuführen, nachdem die Wirtung aufgehört hat. Auch die Luft ſelbſt vibrirt nicht, außer bei Exploſionen und ähnlichen Urſachen; die Tgeilchen werden einfach vorwarts geſcho— ben bei jeder vordringenden Vibration des klingenden Koͤrpers und weichen zuruck durch den Druck der Artmoſphaͤre, fo wie jene Vi— bration ihre ruͤckgangige Bewegung macht, kurz, die Fortdauer eines Tones hänge ganz und gar von der Elaſticitaͤt des toͤnenden Korpers ab, und ſowohl die Luft, als die membran; tympani ſind ganz paſſive Mittheilungsmittel, welche aufhören, ſich zu bewegen, fo wie der toͤnende Körper ruhig wird. Beachten wir nun aufmerkſam den Effect der Einwirkung der Luft auf eine paſſive Haut von der Geſtalt der membrana tympani bei Säugethieren, fo werden wir finden, daß die Spitze derſelben, anftatt bei jedem Eindrucke weiter nach Janen getrieben zu were den, vielmehr gegen den meatus externus nach Außen gezogen werden wird, in der entgegengeſetzten Richtung gegen die Wirkung des tensor, welcher gegen den toͤnenden Eindruck antagoniſtiſch wirkt, anftatt ihn in feiner Wirkung zu unterftügen. Wäre dieſe Haut ſehr ausdehnbar und wuͤrden die ſtrahlenfoͤrmig auseinander— gehenden Faſern durch eine geringere Kraft, als die Wirkung des tensor verlängert, fo wuͤrde die Einwirkung der Luftbewegungen die Oberflache dieſer Haut vergrößern und das Ganze, mit Ein: Wirkt ein ſehr ſcharfer und lauter Ton ein, ſo dauert ein noch ſchaͤrferer Ton (wie mir ſcheint die Octave) nach dem Aufhoͤren des erſten Tones fort. In dieſem Falle iſt die membrana tympani durch die heftige Gegenwirkung des ten- sor ſo ſtark geſpannt, daß ſie die Action einer elaſtiſchen Haut anzunehmen im Stande iſt. 21 ſchluß der Spitze, nach Innen getrieben werden. Wenn aber der Hammer durch eine geringere Kraft mit feiner Spitze nach Außen gezogen wird, als noͤthig waͤre, um die radienaͤhnlichen Faſern der Haut zu verlängern, fo wird nothwendig jene Auswärteziebung der Spitze des Hammers ſtattfinden müffen. Sind die beiden Ens den einer Schnur befeſtigt und die Mitte durch ein angchängtes Gewicht herabgezogen, ſo wird ein Druck nach Unten, zu jeder Seite des Gewichtes auf die Schnur einwirkend, das Gewicht er— heben. Ebenſo müffen Eindruͤcke auf zwei der nach entgegengeſetzten Puncten vom Handgriffe des Hammers zum Umkreiſe der Trom— meloͤffnung hingehenden Faſern den Griff in entgegengeſetzter Rich— tung nach Außen ziehen. Iſt das eine Ende einer Schnur an ei— nem Hebel befeſtigt, der ſich nach allen Richtungen hin bewegen kann und wird das andere Ende der Schnur oberhalb und jenſceits des Hebels befeſtigt, ſo wird durch Abwaͤrtsdruͤcken der Schnur der Hebel vorwärts gezogen. Ich habe verſucht, dieſe Anſichten auch durch das Experiment zu beweiſen, indem ich das Trommel— fell eines Kalbes bloßlegte und einen anhaltenden wiewohl leichten Druck auf einer Seite des Handgriffes des Hammers anbrachte, waͤhrend ich leichte, aber raſche Eindruͤcke auf die entgegengeſetzte Seite mit dem duͤnnen Ende einer Sonde ausfuͤhrte. Bei einer Profilanſicht erkannte ich dabei deutlich, daß ſich bei jedem Drucke der Sonde der Handgriff des Hammers etwas auswaͤrts hob, und daß der tensor dabei geftredt ward. Wurde der Druck nur auf einer Seite angewendet, ſo wich der Griff des Hammers etwas nach dieſer Seite, ſo daß, in Folge der zwei Arten des Eindruk— kes, naͤmlich deſſen zur Seite des Knochens und deſſen an der un— tern Seite, der Hammer etwas nach Außen gegen den meatus ex- ternus und ein Wenig nach Unten in der Oeffnung der Trommel— hoͤhle gezogen werden muß. Wenn man einen Druck auf die Spitze des Hammers von Innen aus anwendet, in der Richtung nach Außen und Unten, ſo wird er leicht in der Ausdehnung einer Linie bewegt; in entgegengeſetzter Richtung iſt er jedoch weit ſchwe— rer und in geringerer Ausdehnung zu bewegen, ſo daß man die erſte Richtung als die normale betrachten kann. III. Ueber die mechaniſche Function der Gehoͤrknoͤchelchen. Leichte, jedoch noch ſichtbare Bewegungen der membrana tym- pani und der Spitze des Hammers wirken fo wenig auf den sta- pes, daß die Richtung ſeiner Bewegung nicht leicht mit dem blo— ßen Auge beſtimmt werden kann. Um dieſe zu bemerken, muß man einen Druck auf die Spitze des Hammers von der Trommelhoͤble aus anwenden. Eine Anſicht vom Steigbuͤgel erlangte ich dadurch, daß ich einen Theil des Schlaͤfenbeins eines Kalbes durch die cel- lulae mastoideae abfägte; indem ich nun die Spitze des Hammers mit einer Sonde nach Außen und Vorn draͤngte, bemerkte ich eine Bewegung in dem Gelenke zwiſchen Steiabügel und Ambos in glei— cher Richtung, wie die Bewegung der Spitze des Hammers, d. h. ſchraͤg nach Außen und Unten; hierdurch wurde die Baſis des sta— pes von der fenestra ovalis weggezogen, indem der obere Rand einen laͤngern Bogen, als der untere befchriebs dadurch würde der Steigbuͤgel eine ſaugende Wirkung auf das Waſſer des Labyrinths ausüben und nicht einen Druck, wie man es gewöhnlich meint. Nach dieſen beiden direct beobachteten Bewegungen der Enden der Reibe der Gehoͤrknoͤchelchen laßt ſich leicht die Bewegung der da: zwiſchenliegenden Theile ermitteln. Die Mitte der Bewegung des Hammers iſt der proc. styloideus derſelben, welcher auf dem Schlaͤfenbeine dicht neben dem Anſatze des Trommelfells befeftigt iſt; dieſer Fortſatz kann Kreisbewegungen und Achſeldrehungen machen, der Handgriff des Hammers wird daher Bogen in zwei Richtungen beſchreiben koͤnnen, einen Bogen in der Richtung nach Unten, einen andern nach Außen, oder alſo im Ganzen eine Be— wegung in der Curve nach Unten und Außen. Dieß iſt aber ae: rade die Richtung welche durch eine Einwirkung von Außen her auf das Trommelfell bedingt wird, und wir finden daher, daß die bezeichnete Thaͤtigkeit auch mit den Bedingungen, welche durch die Beſchaffenheit des Hammers gegeben find , übereinftimmen. Der Ambos bewegt ſich auf ſeinem langen Schenkel ganz auf dieſelbe Weiſe, wie der Hammer auf feinen proc. styloideus. Da dieß aber Radien in verſchiedenen Ebenen ſind, ſo koͤnnen die 22 beiden Knochen als zwei ſchraͤg ineinander eingreifende Zahnraͤder betrachtet werden, wovon die Rotation des einen auch eine Bewe— gung in dem andern in gleicher Richtung bedingt. Wenn daher die Spitze des Hammers ſich nach Unten und Außen bewegt, fo wird die Gelenkverbindung des Steigbugels und Amboſes dieſelbe Bewegung machen. Endlich da der kurze Schenkel des Amboſes oder vielmehr die Sehne der Curve deſſelben einen ſtumpfen Winkel mit der Fläche der Schenkel des Stiigbügels beſchreibt, fo wird durch eine ſchraͤge Bewegung des erſtern dieſer Winkel weniger ſtumpf werden; und in demſelben Verhaͤltniſſe, wie ſich derſelbe mehr einem rechten Win: kel nähert, wird die Baſis des Steigbuͤgels ſich mit dem Ambos parallel zu ſtellen ſuchen, wodurch bedingt wird, daß der obere Rand von der fenestra ovalis nach Außen bewegt wird. Außer der Richtung dieſer Bewegungen iſt aber die Ausdeh⸗ nung und der Zeitpunct derſelben von Wichtigkeit. Die Entfernung vom Griffe bis zum Griffelfortfage des Hammers iſt größer, als die perpendiculaͤre oder arcisbogen-Entfernung von dem Ambosge⸗ lenke bis zum Griffelfortſatze; und deswegen iſt die Rotationsbewe— gung des Griffes ebenſo, wie die Kreisb wegung um den Griffel fortſatz größer, als die entſprechende Bewegung in dem Hammer— Ambosgelenke. Das Gegentheil finder ftatt, in Bezug auf die Bewegungen des Amboſes, weil ſowohl die Spitze, als die Achſe des langen Schenkels naͤher an dem Steigbuͤgelgelenke, als an dem Hammergelenke liegen; deßwegen iſt jedes von den Beſtandtheilen der zuſammengeſetzten Bewegung des Griffes des Hammers zwei Verminderungen bis zur Spitze des Steigbuͤgels unterworfen; eine neue Verminderung findet alsdann durch das Verhältnig der Hoͤhe des Steigbuͤgels zu der Breite ſeiner Baſis ſtatt, welche die letzte Einwirkung auf die fenestra ovalis bedingt. Die Undulationen der Luft erleiden daher drei Verminderungen, bevor ſie auf das Waſſer des Labyrinths einwirken, und wenn wir nach einer Berech— nung die relativen Dimenſionen gleich 8 zu 1 annehmen, fo wird, welches Gewicht auch auf die membrana tympani einwirke, dieſelbe jedenfalls achtmal mehr Gewicht aushalten, als an der Baſis des stapes einwirkt. Es giebt jedoch noch eine zweite Kraft außer den Luftſchwin— gungen, welche auf den Apparat des Trommelfells und nament⸗ lich die willkuͤhrlichen Muskeln deſſelben einwirkt. Der tensor tympani zieht den Griff des Hammers direct nach Innen, der faͤlſch— lich ſogenannte laxator tympani zieht ihn nach Oben, und der m. stapedius zieht den obern Rand der Baſis des stapes nach In⸗ nen auf die fenestra ovalis. Dieſe Muskeln ſteben alſo genau im Antagonismus zu den Einwirkungen tönınder Eindrücke und ſtellen in allen Knochen und Membranen die Lage der Ruhe wieder her. Dieß iſt ganz analog der Wirkung der willkuͤhrlichen Muskeln des Taſtſinns, welche auf den Gegenſtand reagiren, der die Senfation hervorbringt. Wir haben bisjetzt angenommen, daß die primaͤre anregende Kraft auf das Trommelfell einwirkt und von da zu den Knoͤchel⸗ chen weitergefuͤhrt wird; Vibrationen koͤnnen aber auch dem Schlä: fenbeine mitgetheilt und von da auf den Griffelfortſatz des Ham: mers und den langen Schenkel des Amboſes fortgepflanzt werden. In dieſem Falle ſtellt der Griff des Hammers den erſten Stuͤtz— punct dar, waͤhrend die Reſiſtenz an dem Gelenke mit dem Ambos ftattfindet. Erhalt der lange Schenkel des Amboſes einen Anſtoß, ſo befindet ſich das zweite Bewegungscentrum zwiſchen dieſem und dem Hammergelenke, und das Steigbuͤgelgelenk wird eine größere Be— deutung haben, als irgend eine der wirkenden Kräfte. Ein kleine res Gewicht an der Baſis des Steigbuͤgels wird daher ein groͤßeres Gewicht am langen Schenkel des Amboſes oder am proc. styloideus aufwiegen. IV. Ueber die mechaniſchen Functionen des Labyrinthwaſſers. Der Ton verliert ebenſo wie das Licht einen Theil feiner Ins tenfität, wenn er von einem Medium zum andern übergeht, gleich⸗ viel ob von einem duͤnnern zu einem dichtern oder umgekehrt. Der Verluſt findet immer auf der Beruͤhrungsflaͤche der beiden Medien ſtatt; wenn, z. B., Luft das Medium iſt, durch welches die 2 * 23 Vibrationen eines toͤnenden Körpers auf Waſſer wirken, fo wird jedes Lufttheilchen ebenſo vor- und ruckwarts vibriren, wie der LO: nende Korper felöft; es wird dabei nur eine ſchwache Abnahme durch die interſtitielle Compreſſion der Luft ſtattfinden. Nehmen wir an, daß der toͤnende Koͤrper ganz durch Druck auf die Luft wirkt, fo wird in dem Vacuum eine etwas geringere Geſchwindig— keit in der Bewegung der Lufttheilchen ſtattfinden, und deswegen wird das Moment der Undulationen der Luft geringer ſeyn, als das der Vibrationen, welches dem toͤnenden Koͤrper in etwas größerem Verhältniffe zukommt, als in dem umgekehrten Verhaͤltniſſe ihrer reſpectiven Dichtigkeit. Es wird gleicher Weiſe ein Verluſt des Moments ſtattfinden, bei dem Uebergange der Bewegung aus der Luft in das Waſſer, weil die duͤnnere Luft nicht im Stande iſt, dem dichtern Waſſer eine gleiche Geſchwindigkeit mitzutheilen. Die Bewegung der Luftſchicht, welche mit dem Waſſer in Beruͤh— rung iſt, wird daher gehemmt, und die verſchiedenen Schichten were den uͤbereinander condenſirt, bis ſie einen hinreichenden Raum für eine Wiederausdehnung durch die zuruͤckgehende Vibration des toͤ⸗ nenden Körpers oder durch Ausbreitung ihrer Bewegung auf die umgebende Luft erlangen. Die Undulationen der Luft werden das her zum Theil gehemmt und zum Theil zuruͤckgeworfen durch ihre eigene Condenſation, wozu ein Theil der bewegenden Kraft ver⸗ wendet wird; nur der uͤbrige Theil der Kraft kann daher auf das Waſſer einwirken. Dieſer Mangel an Intenſitaͤt iſt zu gleicher Zeit mit einer Störung der Gleichmaͤßigkeit der Geſchwindigkeit waͤhrend jeder Undulation verbunden; denn ſtatt auf einmal in voller Kraft dem neuen Medium mitgetheilt zu werden, findet Ver— zug ſtatt, während deſſen die Luft allmälig vermehrte elaſtiſche Kraft erlangt, deren Einwirkung auf das Waller ebenfalls allmi: lig zunehmen muß, bis ſie ihr maximum erreicht. Man begreift leicht, daß dieß von weſentlichſtem Einfluß iſt in Bezug auf Unter: ſcheidung der Eigenſchaften des Tones. Wie aber in dem Uebergange des Lichtes aus der Dichtigkeits— verſchiedenheit zur Concentration der Strahlen Vortheil gezogen werden kann, ſo kann man die Luftſchwingungen auch auf eine große Flache, die fih leicht bewegt, ſammeln und nicht allein ihre vereinigte Kraft auf einen kleinern Punct concentriren, ſondern auch ihre Geſchwindigkeit vermindern, waͤhrend ihre bewegende Kraft erhalten wird, ſo daß ſie der Differenz der Dichtigkeit zwiſchen der Luft und dem neuen Medium entſpricht wodurch auf gleiche Weife Verluſt an Kraft und Verluſt an Präcifion durch Concentration vermieden wird. Verhaͤlt ſich die Flaͤchenausdehnung des Trom— melfells zu der der membrana ovalis wie 100 zu 1, und läßt man die Einwirkungen auf das erſtere auch fuͤr die letztere wirkſam ſeyn, fo werden die Undulationen ohne Condenſationsverluſt auf ein Fluidum uͤbertragen, welches 100 Mal dichter iſt, als die Luft, weil das Gewicht um das Hundertfaͤltige durch die größere Aus: dehnung der aufnehmenden Fläche verſtaͤrkt iſt. Ebenſo wäre es bei einem Verhältniſſe der Be vegungsausdehnung des Trommelfells zu der mit der membrana ovalis gleich 8 zu 1. Hier würde die Luftſchwingung einer Fluͤſſigkeit mitgetheilt, die 8 mal dichter waͤre, als die Luft. Combinirt man dieſe zwei Verhaͤltniſſe, fo ergiebt ſich, daß die Luftſchwingungen, welche auf das Trommelfell ein— wirken, ohne Verluſt oder Verzoͤgerung durch die Condenſation auf eine 800 Mal dichtere Fluͤſſigkeit ihre Einwirkung fortpflanzt. Dieß iſt aber beinahe das Verhaͤltniß des ſpecifiſchen Gewichtes des Waſſers zu dem der Luft, und es wird eine ſehr intereſſante Aufgabe, die genauen Reſultate der Kette von Hebeln nachzuwei— ſen, welche durch die Gehoͤrknoͤchelchen dargeſtellt werden und das genaue Reſultat der verhaͤltnißmäßigen Flaͤchenausdehnung des Trommelfells und der fenestra ovalis zu zeigen. Obwohl ich nur einen rohen Verſuch gemacht habe, die wirklichen Meſſungen uͤber dieſen wichtigen Punct zu erſetzen, ſo kann ich dennoch einſtweilen behaupten, daß die Natur hier dieſelbe Sparſamkeit in Bezug auf Kraft angewendet hat, wie bei allen ihren Werken; und daß die mechaniſche Anordnung der Art iſt, daß bei Uebertragung der Luft— eindrücke auf dem Trommelfell bis zu dem Waſſer des Labyrinths ein Verluſt ſtattfindet. Die Fluͤſſigkeit wird nun durch die ſaugende Einwirkung der Baſis des Steigbügels in Bewegung geſetzt, und der Druck der at— 24 moſphaͤriſchen Luft durch die tuba Eustachii hindurch auf das runde Fenſter iſt ein weſentliches Element bei dieſer mechaniſchen Operation. Da wir wiſſen, daß laute Toͤne ſolche ſind, welche von ausgedehnter Vibration in dem toͤnenden Körper herrühren, fo koͤnnen wir auch annehmen, daß die Intenſitaͤt der Empfindung von der Ausdehnung der Oscillation des vabyrinthwaſſers über der Fläche des haͤutigen Labyrinthes abhängt, welches letztere als eigentliches oder als unmittelbares Gehörorgan zu betrachten iſt. Wird, z. B., durch Erhebung des stapes die Fauſſigkeit aus dem Labyrinth gegen die fenestra ovalis hingezogen, fo wird, um den leeren Raum auszufüllen, die Haut der fenestra rotunda durch den atmoſphaͤriſchen Druck einwärts gedruͤckt werden. Es muß hierbei fo viel Waſſer aus der scala cochieae durch das helico- trema durchgehen, als durch den stapes ausgepumpt wird. Geht die Dscilation zuruͤck, fo wird ſich der atmoſphaͤriſche Druck auf die beiden Fenſter ausgleichen, und der m. stapedius wird die Fluͤſſigkeit auf demſelben Wege zurücdrängen, bis die fenestra rotunda wiederum in dem Zuftande der Ruhe angekommen iſt. Die Action fernerer Undulationen und die Reaction der akuſtiſchen Muskein ſind daber zwei Krafte, welche abwechſel dd einen Fluß und Ruͤckfluß des Labyrinthwaſſers über die haͤutigen Bälge, welche die zarten Ausbreitungen des Gehoͤrnerven tragen, zu bewirken im Stande ſind. Dieß ſcheint die weſentliche Bedingung zu einer Tonempfindung. Die Aehnlichkeit der cochlea in Bezug auf Structur und Lage mit der iris hat die Aufmerkſamkeit der Anatomen in An— ſpruch genommen. Die Frage, ob eine Analogie der Functionen ſtattfinde, iſt in der That keine muͤſſige Speculation. Faͤllt das Licht mit großer Intenſitaͤt auf die Irisflaͤche, fo breitet ſich die iris aus, die Pupille wird verengt, und die Quantitaͤt der zur retina dringenden Lichtſtrahlen vermindert; es ſcheint wahrfcheine lich, daß dieſe Expanſion nicht ſowohl Effect der Muskelaction, als vielmehr der Gefaͤßcoageſtion iſt; fo daß nicht bloß eine Dilatation, ſondern eine poſitive Vergroͤßerung der iris ftattfindet. Auf gleiche Weiſe koͤnnen wir annehmen, daß die Friction ausgedehnter Osci'llationen längs der scala cochleae eine aͤhnliche Erregung der Spiralplatten, Blutzufluß zu ihrem erectilen Gewebe und dadurch eine Verengung der Canaͤle der scala, fo wie der Oeffnung des helicotrema bewirkt. Dadurch werden die Bewegungen des Laby— rinthwaſſers gehemmt, und die Ausdehnung der Undulationen wird durch die eigene Action regulirt. Wenn aber ein Blutandrang das verticale Gewebe der coch- lea anfüllt, fo muß das Labyrinth durch übermäßige Ausdehnung leiden, und es muͤßte durch Hervortreibung der Haͤute der beiden Fenſter, die Function derſelben hemmen, wenn nicht irgend eine Vorrichtung zur Abhuͤlfe gegen dieſes Uebel getroffen wird. Eine ſolche Abhuͤlfe ſcheint in dem aquaeductus Cotunnii gegeben zu ſeyn, wodurch eine Oeffnung in jeder scala cochleae ſich findet, durch welche die Fluͤſſigkeit des inneren Ohres, die durch Auftreir bung der haͤutigen Schichten verdrängt wird, aus der inneren Ohrhoͤhle in die Schaͤdelhoͤhle gelangt. Die Kraft, wodurch dieſe Fluͤſſigkeit herausgetrieben wird, iſt der Exceß der erectiten Thaͤ— tigkeit in den Gefäßen der cochlea über die normale Gehirncircu- lation, und ſo wie dieſe exceſſive Thaͤtigkeit aufhoͤrt und das Gleich— gewicht wiederhergeſtellt wird, ſo genuͤgt auch die normale Thaͤ— tigkeit innerhalb der Schaͤdelhoͤhle zum Zuruͤckbringen der genann— ten Fluͤſſigkeit. Die retina des Auges wird vor der Einwirkung ſolcher Lichtſtrahlen, welche nicht zuvor durch Hornhaut und Linſe gegangen und concentrirt worden, durch das pigmentum nigrum geſchuͤtzt, wodurch die sclerotica undurchſichtig gemacht und der hintere Theil des Auges dunkel gehalten wird. Auf gleiche Weiſe iſt eine Vorrichtung getroffen, um den Gehoͤrnerven vor jeder Vi— bration zu fhügen, mit Ausnahme derjenigen, welche mit hinrei— chender Praͤciſion durch die Gehoͤrknoͤchelchen zu der fenestra ova- lis hingeleitet wird. Die Knochen des Schaͤdels ſind vortreffliche Conductoren fuͤr die Vibrationen, welche ihnen von feſten Koͤr— pern mitgetheilt werden. Die Stimme wird durch die Vibrationen der Kehlkopfsknorpel zu jedem Horne des Zungenbeins und von da, längs eines ſtraffen Bandes, zu dem proc. atyloideus des Schlaͤfen— beins hingefuͤhrt; von da gelangen die Vibrationen zu dem ſchwam— 25 migen oder cellulöfen Theile des Knochens, beſonders zu den Zel— len des proc. mastoideus, in welchen die Zellenwaͤnde eine Art von Reſonnanzboden geben. Wir haben geſehen, wie Pammer und Ambos mit dem Schlaͤfenbeine verbunden find, und wie ihre De: belaction ſo eingerichtet iſt, daß die Vibrationen des feſten Kno— chens zu der inneren Ohrfluͤſſigkeit fortgefegt werden. Wurden aber dieſe Vibrationen zugleich durch die Wände des Labyrinthes zu der Ohrfluͤſſigkeit hingeleitet, fo wuͤrde das Ohr mit confuſen Vibra⸗ tionen gefuͤllt, deren Richtung keine Beziehung haben wuͤrde zu einem regelmäßigen Zu- und Ruͤckfluſſe der Ohrfluſſigkeit uber die Gehoͤrnervenmaſſe, und das Ohr wuͤrde alsdann in demſelben Zu— ftande ſich befinden, wie das Auge, wenn die retina dem Zugange des Lichtes durch die sclerotica hindurch ausgeſetzt ware. Ebenſo wie das pigmentum nigrum zur Verdunkelung des Auges beſtimmt iſt, ebenſo hat das Felſenbein die Beſtimmung einer Vertaubung des Ohres. Seine Dichtigkeit, im Vergleiche zu dem zelligen Theile der umgebenden Knochen, dient dazu, die Toͤne abzuſtumpfen. Die Dichtigkeit dieſes Knochens kann nicht die Bedeutung eines Schutzes fuͤr das Ohr haben, weil die Lage dieſes Organes daſ— ſelbe bereits vor aͤußerer Gewaltthaͤtigkeit ſchuͤtzt; Thiere ohne larynx, und deßwegen auch ohne Stimme, haben auch kein Fel— ſenbein, obwohl ihr inneres Ohr ebenſowohl eines Schutzes bedarf, wie das Gchörorgan von Thieren mit einem larynx. Resume 1) Das äußere Ohr dient zum Schutze der membrana tym- pani und träat zu gleicher Zeit einigermaßen zur Kenntniß der Richtung der Toͤne bei. 2) Die membrana tympani bietet eine große aufnehmende Oberflache für Klangeindruͤcke dar, welche die Wirkung haben, die durch den Griff des Hammers gebildete Erhoͤhung oder Spitze derſelben nach Außen zu bewegen. 3) Die Geghoͤrknoͤchelchen ſtellen ein Syſtem von Hebeln dar, wodurch die Bewegungen der membrana tympani der fenestra ovalis mitgetheilt werden, mit verminderter Ausdehnung, jedoch in unveraͤnderter Zeit, 4) Die Lamellen der zelligen Knochen, welche das Ohr ums geben, leiten die Vibrationen vom larynx, vermittelſt der Gehoͤr knoͤchelchen, zu der fenestra ovalis, und dadurch iſt ihre Ausdeh—⸗ nung vermehrt, waͤhrend ihr Zeitmoment daſſelbe bleibt. 5) Die vereinte Wirkung einer Verſchiedenheit der Ausdeh— nung der membrana tympani und der fenestra ovalis, und die Verſchiedenheit der Bewegungen von der Spitze des Hammers bis zur Baſis des Steigbuͤgels, dient dazu, die Eindrüde der Luft zu concentriren und dieſelbe geeignet zu machen, daß ſie ohne Verluſt einem dichteren Fluidum mitgetheilt werden. 6) Der stapes wird aus der fenestra ovalis durch fonore Undulation erhoben. 7) Die Muskeln der Trommelhoͤhle ſtellen die ruhige Lage der membrana tympani und der Baſis des stapes wieder her. 8) Die fenestra rotunda geftattet dem Drucke der Atmoſphaͤre, durch die tuba Eustachii auf das Waſſer des Labyrinths zu wir⸗ ken, ſo daß die Baſis des stapes erhoben wird. 9) Das Waſſer des Labyrinths oscillirt über die Ausbreitung des Gehirnnerven durch alternirenden Zug und Druck des stapes, und dieß bewirkt die Empfindung des Hoͤrens. 26 10) Die Ausdehnung der Oscillation wird durch die cochlea regulirt, deren Lamellen ſich expandiren und contrahiren, je nach dem Grade der Reibung, weicher fie ausgeſetzt find. 11) Die aquaeductus ſind diverticula zur Aufnahme des Waſſers, welches durch Ausdehnung der Lamellen verdrängt wird. 12) Das Felſenbein macht das innere Ohr taub fuͤr die eigene Stimme, indem es alle Vibrationen abhält, welche nicht durch die Gehoͤrknoͤchelchen mitgetheilt werden. (Edinburgh med. and surg. Journal, Jan. 1841.) Mis ce lil een. In Beziehung auf Sonnenflecken theilt Herr Pros feſſor Gruithuiſen in der Münchner polit. Zeitung Folgendes mit: „Nachdem ſeit Scheiner's reichlichen Sonnendeobachtun⸗ gen bis auf unſere Zeit, wegen der Unſtetigkeit der Sonnenflecken in ihren Bewegungen und Geſtalten, durch eine Menge der ausgeſuchteſten Beobachtungsmethoden und Berechnungen alle Be— muͤhungen, die wahre Umdrehungszeit der Sonne zu finden, frucht los blieben, iſt es endlich mir gelungen, den Proteus zu bannen. Den fpäter erſt entſtandenen Gedanken, daß, wenn es je mögs lich wäre, dieſe Zeit durch Perioden zwiſchen den Erſcheinungen der größten Sonnenflecke, die Jahrhunderte umfaſſen, allein gefuns den werden koͤnnte, brachten die ungeheuren und ſolitaͤr auf der Oberflaͤche der Sonne im Juli und November 1840 erſchienenen Flecke zur Reife. Meine ſeit dreißig Jahren gemachten und mit Zeichnungen belegten Beobachtungen boten Stoff in Fulle, und die Beobachtungen Hevel's (1642), damit verglichen, und auch die des Scheiner (1626), beſtaͤtigten und rectificirten den ſicheren Fund der Rotationszeit der Sonne um ihre Axe. Sie iſt ſideriſch, oder im Vergleich der Zuſammenkunft eines Punctes der Oberflache der Sonne mit einem Fixſterne, gleich 25 Tagen 14 Stunden 54 Minuten 5 Sccunden; ſynodiſch aber, oder im Vergleich der Zur ſammenkunft eines Punctes der Oberflache der Sonne mit der Erde, gleich 27 Tagen 13 Stunden 17 Minuten 19 Secunden. Die Daten und Ergebniſſe der Berechnungen haben gezeigt, daß die Heerde der Revolutionen auf der ſichtbaren Oberflaͤche der Sonne, unter dieſer und unter dem großen atmofphärifchen Abgrunde, erſt in der ungeheuerſten Tiefe des feſten Kerns des Sonnenkoͤrpers ſelbſt ihre Lage, und deßhalb einen conſtanten Ort haben müßten, weßhalb es nun moͤglich wurde, ihre untere Conjunction voraus zu beſtimmen, und eben fo die Lage eines großen folitären Fleckens auf der ſichtbaren Oberfläche der Sonne. Noch füge ich die Be— merkung an: daß, nach meinen Sonnenbeobachtungen, im dießjäb: rigen April-Ende und Mais Anfang der Fruͤhlingſommer, und im Juli zuerſt der Sommerwinter und zuletzt der Doppelſommer, ſo wie der vorigjaͤhrige Herbſtſommer im November offenbar von den verſchiedenen Mengen und Größen und von der fehr verfcies denen Heftigkeit in der Veraͤnderung der auf der Sonnenoberflaͤche erſchienenen Flecken und Fackeln herkamen.“ Eine junge männliche Giraffe iſt am 27. Mai in den Gärten der Zoologiſchen Geſellſchaft zu London geboren worden. Heinen d. Vergleichende Unterſuchung uͤber die Durchboh— rung des Magens durch Einwirkung des Magen— ſaftes, durch ein einfaches chroniſches Geſchwuͤr, und durch corroſive Gifte. Von Dr. Williamſon. Bei Perforationen durch Einwirkung des Magenſaftes, oder bei der ſogenannten Magenerweichung wird, da ſie nicht Folge von Entzuͤndung ſind, auch keine Congeſtion, noch entzuͤndliche Exſudation gefunden, und dadurch unter— ſcheidet ſich, nach dem Urtheile aller Schriftſteller, von allen andern Perforationen die Durchbohrung, welche „Hunter's verdauten Magen“ darſtellt. Daſſelbe hat ſich auch bei den Unterſuchungen des Verfaſſers beſtaͤtigt Ebenſo ſtimmen die Ergebniſſe ſehr ausgedehnter Experimente mit dem Ma: gen von Thieren damit uͤberein. Nicht ſelten fand ſich an 27 dem Magen, welcher verſuchsweiſe der Einwirkung des Magenſaftes ausgeſetzt wurde, in der Schleimhaut außer Erofion und Perforation deutliche rothe Farbung nicht bloß von verſchiedener Ausdehnung, ſondern auch von verſchiede— ner Intenſitaͤt, von Hellroth bis zu tiefem Purpurroth. Ein unterſcheidendes Merkmal zwiſchen dieſen Flecken und der entzuͤndlich en Faͤrbung iſt jedoch Folgendes: in dem erſtern farbigen Flecke findet man niemals deutliche Blutgefaͤßcami— ficationen in der Schleimhaut, waͤhrend in der letzten ent— zuͤndlichen Faͤrbung immer feine Veraͤſtelungen ausgedehnter Cipillargefaͤße zu bemerken find; kurz, das eine iſt indirectes Reſultat paſſiver, das andere Folge directer activer Conge— ſtionen Dieſe pſeudokrankhaften Flecke liegen immer uͤber einem Zuge groͤßerer Blutgefaͤße, welche im Moment des Todes ſich im Zuſtande der Turgescenz oder Congeſtion be— fanden; es iſt durch Erperimente nachgewieſen, daß nach dem Tode die Winde der Blutgefaͤße das Vermoͤgen, das Blut zuruͤckzuhalten, gewiſſermaßen verlieren, fo daß ein Theil des faͤrbenden Stoffes tranſudirt und die mit den Gefäßen in Berührung ſtehenden Gewebe roth färbt. Dieß Geſetz wirkt auch in dieſem ſpeciellen Fille; denn es finden ſich jene Faͤrbungen uͤberall, wo irgend groͤßere Gefaͤße in dem ſubmucoͤſen Gewebe verlaufen; und es find die Tran— ſud itionen bisweilen fo ſtark, daß nicht bloß die Schleim» haut gefärbt wird, ſondern daß ſogar eine gewiſſe Quanti— tät grumsfes But auf der Oberflaͤche dieſer Flecke erſcheint. Wenn die Ecſcheinungen bei Thieren auf die bei Menſchen zu übertragen find, fo giebt es noch eine andere Eigenthüms lichkeit, wodurch ſich die Färbungen bei Magenerweichung unterſcheiden; denn bei allen Experimenten fand ſich, daß, wenn die Perforation ſtattgefunden hatte, jedesmal die Schleimhaut nicht allein an allen Stellen, wo der Magen— ſaft damit in Beruͤhrung war, abgeloͤſ't gefunden wurde, ſondern daß auch große Maſſen davon zuſammengeru zelt zwiſchen den ingesta lagen. Wegen der eigenthuͤmlichen Textur der Epidermis des Magens iſt es nicht ſchwierig, dıffelbe immer genau zu erkennen, an welcher Stelle man es auch findet. Wenn man dieſe Maſſen nun aber auch mit der größten Aufmeckſamkeit und Genauigkeit unterſucht, ſo findet man doch nicht eine Spur von Gefaͤßbilbung; ſie ſind immer gleichförmig blaß, einer Schicht von elaſtiſchem Leim aͤhnlich. Obwohl ich nun dieſen Zuſtand der Schleim— haut nur in dem letzten Stadium der bereits zu Stande gekommenen Perforation gefunden habe, ſo beſteht derſelbe doch ſchon fruͤher, wie ſich aus Carswell's Schilderung ergiebt, welcher ſagt: „In dem erſten Stadium zeigt die Schleimhaut, die zuerſt aufgeloͤſ't wird, eine leichte Vermin— derung der Conſiſtenz und einen gewiſſen Grad von Durch— ſihtigkeit. Will min ſie faſſen, fo zerreißt fie ſogleich, oder wird zwiſchen den Fingern zu einem dünnen Brei zerdruͤckt. In zweiten Stadium liegt die Shleimhaut wie eine Schicht von Ei veiß auf dem ſubmucoͤſen Gewebe und kann duch Ab viſchen oder Abspülen entfernt werden; im letzten Sta: diun iſt die Schleimhaut in größerer Ausdehnung ganz ver: ſchwunden, laͤßt das fubmucöfe Gewebe entbloͤßt, welches alsdann ein ſilbergraues Anſehen hat; dieſelben Grade der 28 Erweichung zeigen ſich auch in den andern Magenhaͤuten.“ Dr. Carswell giebt hier zu, daß die Schleimhaut im letzten Stadium von dem ſubmucoͤſen Gewebe entfernt werde; aber er nimmt keine Notiz davon, daß dieſelbe ſodann in abgetrennten Miſſen in der Hoͤhle des Magens gefunden werde. Grade in dieſem letzten Stadium habe ich ebenfalls das Verſchwinden der Schleimhaut beobachtet, außerdem aber auch das Vorkommen derſelben in dem Mageninhalte bemerkt. Nach Carswell's Schilderung ſcheint es, daß im zweiten Stadium die Loͤſung dieſer Maſſen ſtattfinde, indem zu dieſer Zeit die Schleimhaut bereits wie eine Schicht von Eiweiß auf dem ſubmucoͤſen Gewebe liegt. Wenn durch die Einwirkung des Magenſaftes auch die übrigen Hiute des Magens aufgeloͤſ't und perforirt find, fo iſt die ſo entſtehende Oeffnung meiſtens einfach, und ſie liegt an dem Theile des Magens, welcher die tiefſte Stelle ein— nimmt, und gegen welche daher die Magenfluͤſſigkeiten hin— druͤcken Gewoͤhnlich iſt daher dieſe Stelle im fundus oder an der großen Curvatur des Magens, mit Ausnahme des beruͤhmten Falles der Miß Burns, bei welchem Herr Charles Angus von dem Verdachte des Mordes frei- geſprochen wurde, und bei welchem auch Gründe nachzuweiſen waren, warum die normale Lage des Magens veraͤndert war. Wis nun den Zuſtand der Schleimhaut und die Lage der Oeffnung bei der Perforation durch ein einfaches chroni— ſches Geſchwuͤr betrifft, fo finden ſich niemals die für die M. zenerweichung angeführten Erſcheinungen. Es fehlen Stuͤcke der Schleimhaut; dieß iſt aber Folge der geſchwuͤri— gen Zerſtoͤrung, und es bleiben daher keine Spuren zuruͤck. Die Zerſtoͤrung dieſer Schleimhaut beſchraͤnkt ſich genau auf die Ausdehnung der Geſchwuͤre, zwiſchen denen die Zwi— ſchenraͤume durchaus nicht von einer Schleimhautbedeckung entblößt ſind. Gewoͤhnlich findet ſich in der Umgebung die— ſer Perforationen die unzweideutigſte entzuͤndliche Veraͤnde— rung, vermehrte Viscularitaͤt, ein feines Gefaͤnnetz und In— duration der die Oeffaung umgebenden Gewebe Ebenſo wenig, als man nach dem gefaͤßreichen Ausſehen der Schleim— haut eine Perforation unmittelbar fuͤr Folge eines entzuͤnd— lichen Peoceſſes erklären kann, ebenſo iſt das blaſſe Ausſehen der Schleimhaut hinreichend, zu behaupten, daß die Perfora— tion nicht das Reſultat dieſes Proceſſes fen; denn die Con— geſtion kann paſſiv ſeyn, und Blaͤſſe der Schleimhaut findet ſich nicht ſelten (in der Leiche) bei unzweifelhaft geſchwuͤri— ger und entzuͤndlicher Perforation. Bei dem Magenge— ſchwuͤre kann Übrigens die Schleimhaut hypertrophiſch ſeyn, ſie kann aber auch durchaus die normale Dicke haben, und im letztern Falle findet man bisweilen das ſubmucoſe Ge— webe ungewoͤhnlich verdickt und durch Ablagerung entzuͤnd— licher Producte veraͤndert, immer Erſcheinungen, welche auf chroniſche Gaſtritis hinweiſen. Andral hat nachgewieſen, daß die Schleimhaut ſcheinbeir unverändert ſeyn kann, ob— wohl ſie der Sitz einer Entzuͤndung war, welche zu den übrigen Geweben uͤberging, nachdem fie in der Schleimhaut reſolvirt worden war. Sehr haͤufig zeigt die Schleimhaut in der Umgebung um die Geſchwuͤrsoͤffnung herum eine braune Farbe, welche entweder in einen ſcharf abgeſchnittenen 29 Rand verliert. Die mucoͤſe Bedeckung im Gegentheil von einem Mas gen, in welchen ein corroſives oder reizendes Gift hineinges kommen, bietet wiederum ganz andere Erſcheinungen dar; dadurch wird haͤufig theils auf chemiſchem, theils auf mecha— niſchem Wege noch waͤhrend des Lebens Perforation und Zerſtörung der Magenhaͤute bewirkt. Ich habe in dem fruͤ— heren Theile der Abhandlung (welcher bier weggelaſſen iſt) ſchon auf die allgemeinen Wirkungen der Oxalſaͤure im Ma— gen hingedeutet; es kommt aber auch noch eine eigenthuͤm— liche Wirkung hinzu, welche von dieſem Gift abhaͤngt und genau zu beachten iſt, eine Wirkung, welche durch die ſorg— fältigen Unterſuchungen der Herren Chriſtiſon und Coin— det feſtgeſtellt iſt und einige Umſtaͤnde bei der Vergiftung durch dieſes Gift erlaͤutert, welche bis dahin nicht wohl zu verſtehen waren. Es iſt uͤbrigens zu bemerken, daß bei Ver— giftungen mit dieſer Säure die Perforationen meiſtens nur indirecte Folge des Giftes ſind. Es iſt naͤmlich bewieſen, daß ſelbſt concentrirte Oxalſaͤure waͤhrend des Lebens nur eine Brüchigkeit und Abloͤſung der Epidermis des Magens hervorbringt, was man ſieht, wenn die Leiche unmittelbar nach dem Tode unterſucht wird. Wird die Unterſuchung je— doch einige Stunden verſchoben, ſo findet man nicht bloß die Schleimhaut, ſondern auch die übrigen Haͤute vollkom— men perforirt; dieß iſt aber alsdann als eine erſt nach dem Tode eintretende Erſcheinung zu betrachten, und die Oxal— ſaͤure ſcheint fo kraͤftig nur todte Gewebe anzugreifen. Im Allgemeinen findet man bei den Perforationen durch aͤtzende Gifte, außer der Deforganifation der verſchiede— nen Magenhaͤute, auch vermehrten Gefaͤßreichthum der Schleimhaut; ſtatt der blaßroſenrothen Faͤrbung findet ſich lebhafte Scharlachroͤthe, hie und da mit dunkeln Flecken von extravaſirtem Blute; es kann aber dieſe Haut auch in iſo— lirten Stuͤcken abgeben. mit auffallenden Erſcheinungen von Entzündung und ohne gerade auf den abhaͤngigſten Theil des Magens beſchraͤnkt zu ſeyn; zwei Umſtaͤnde, wodurch dieſe Eroſienen von denen durch den Magenſaft unterſchieden ſind; bisweilen zeigen ſich auch auf der aͤußern ſeroͤſen Flache entzuͤndliche Erſcheinungen. Das Ausſehen und die Lage der Perforation, welche durch die chemiſche Wirkung des Magenſaftes bewirkt wird, möge nun in Verbindung oder in Vergleich mit Perfotatio— nen durch andere Urſachen betrachtet werden. 1) Die Oeffnung durch Einwirkung des Magenſaftes iſt im Allgemeinen immer einfach, obwohl in einiger Entfer— nung von der hauptſaͤchlichſten Perforation die Magenhaͤute ſo duͤnn werden koͤnnen, daß ſie das Ausſehen einer unregel— mäßig zerriſſenen Oeffnung veranlaſſen; dieſe Oeffnung iſt niemals regelmaͤßig zu nennen; die Magenhaͤute ſind verdickt und in einer gewiſſen Ausdehnung rund herum erweicht, die Ränder fleckig und ausgefranzt, und dieſe Flecken ſcheinen Ueberbleibſel der ſeroͤſen, Muskel- und Zellgewebs-Schicht zu ſeyn, indem die aͤußere Schicht immer weiter hervorragt, als die naͤchſte innere. Eine blaͤulichweiße, halbdurchſichtige Faͤr— dung geht eine Strecke weit rund um die Oeffnung herum endet, oder ſich allmaͤlig in die normale Farbe 30 und verliert ſich allmälig in die natürliche Farbe der Mas’ genhaͤute, während in andern Fällen dieſe blaͤuliche Färbung plotzlich aufhört, fo daß ein ſcharf umſchriebener runder oder elliptiſcher Rand die Perforation umgiebt. Die Schleim⸗ haut kann in der Umgebung dieſer Oeffnung entweder er— weicht oder zerſtoͤrt ſeyn, ohne einen beſtimmten Rand zu bilden, oder fie kann mit einem regelmaͤßigen Rande den Ans fang jener fleckigen Verengerungen umgeben. Rund um die durch Verdauung entſtandene Oeffnung findet ſich keine Spur von Entzündung, und obwohl manchmal verſchiedene Nuͤan— cen rother Faͤrbung zu bemerken ſind, ſo kann man dieß doch faſt niemals mit dem Zuſtande einer activen Congeſtion verwechſeln, da nach dem ſchon oben Angefuͤhrten die Unters ſcheidung beider leicht iſt. Was die Lage dieſer Oeffnungen betrifft, ſo laͤßt ſich ſowohl nach der Kenntniß von dem Agens, welches dieſelben hervorbringt, als nach den Geſetzen der Schwere uͤberhaupt mit Beſtimmtheit behaupten, daß fie immer den tiefſtliegen— den Theil des Magens einnehmen muͤſſen, meiſtens daher die Milzgegend oder den fundus ventriculi, wenigſtens unter den gewoͤhnlichen Umſtaͤnden, d. h., wo nicht zufaͤllige Einwirkungen die Lage des Magens veraͤndert haben, wie z. B., Vergroͤßerungen der Milz, Ausdehnung des Colons oder aͤhnliche zufaͤllige Veraͤnderungen. Es kommen daher nicht leicht Fälle vor, wo die Perforation der Magenermweis chung weit von dem fundus ventriculi entfernt iſt; viel— leicht nur der berühmte Fall der Miß Burns und ein anderer Fall in Watson's Medico-legal Treatise on homicide, p. 190. 2) Das Ausſehen der Perforation durch chroniſche Entzuͤndung iſt mit Magenerweichung nicht leicht zu ver— wechſeln, indem ſie immer eine regelmaͤßige Form hat, auch häufig mehrere beſtimmte Perforationen nebeneinander vor— kommen, wiewohl meiſtens nur eine vorhanden iſt, wobei es ausſieht, als wenn die Magenhaͤute mit irgend einem ova— len ſcharfen Inſtrument ausgeſchritten ſeyen. Die innern Raͤnder der Perforation find gewoͤhnlich durch den Heilungs⸗ proceß abgerundet, bisweilen mit kleinen runden Granulatio— nen bedeckt, an denen die blutigen Muͤndungen kleiner Ge— faͤßchen deutlich zu erkennen ſind. Zu gleicher Zeit iſt die Zerftörung innen großer, als außen; ja man findet bisweilen einen weitern Geſchwuͤrsrand an der Schleimhaut und eis nen engern auf den ſubmucoͤſen Schichten und einen noch engern in der ſeroͤſen Haut. Es folgt indeß daraus nicht immer, daß die Perforation der feröfen Haut wirklich volls kommen kreisrund ſey, ſie kann auch elliptiſch und ſelbſt et— was unregelmäßig ſeyn; ſehr haͤufig aber iſt eine ſtarke Spannung der Haut in der Umgebung der Oeffnung vor— handen, fo daß die leichteſte Berührung mit dem Scalpell eine Zerreißung bewirkt; dieß findet ſich niemals bei den Magenerweichungen. Außerdem ſind die deutlichſten Zeichen der Entzündung Verdickung und Induration in der Umges bung, braune Färbung der Schleimhaut und nicht ſelten eine feine Gefuͤßveraͤſtelung rund um die Raͤnder der Oeff— nung zu bemerken. In einem Falle fand ſich Emphyſem in der Umgebung der Oeffnung, dieß kann aber leicht noch erſt 81 nach dem Tode entftanden ſeyn; die Lage der Perforation, welche durch Geſchwuͤre entſteht, iſt von der der Magener— weichung ſehr verſchieden, indem die Geſchwuͤre meiſtens die kleine Curvatur einnehmen, naͤher der Cardia, bald an der anderen bald an der hinteren Wand des Magens, bald zur Haͤlfte an der andern. 3) Iſt noch der Zuſtand corroſiver Perforationen zu betrachten. Aus dem Ausſehen laͤßt ſich nicht leicht das Gift beſtimmen, welches die Oeffnung bewirkt hat. Bis— weilen gelingt es jedoch mit ziemlicher Beſtimmtheit, ſelbſt wenn die Analyſe des Mageninhalts nichts mehr nachwies. Bei Vergleichung einer Perforation mit einer andern ſagt Dr. Chriſtiſon: „Die gallertartigen Durchbohrungen und die Perforationen durch corroſive Gifte unterſcheiden ſich da— durch, daß die Raͤnder der letztern gewoͤhnlich von eigen— thuͤmlicher Farbe ſind, z. B., gelb bei Salpeterſaͤure, braun bei Schwefelſaͤure oder Alkalien, orange bei Jodine. Ein beſſeres, ja ich glaube ein untruͤgliches und allgemein ans wendbares Criterium iſt aber folgendes: entweder ſtirbt die Perſon ſehr bald, nachdem das Gift eingebracht iſt, und in dieſem Falle findet ſich keine Reaction im Magen, oder ſie lebt lange genug, daß die gewoͤhnlichen Folgen einer hefti— gen Reizung eintreten koͤnnen. Im erſten Falle muß viel Gift. genommen worden ſeyn; es konnte nicht viel ausge— brochen werden, und es wird ſich ein Theil des Giftes im Magen finden; im letztern Falle wird der große Gefaͤßreich— thum und das dunkele Extravaſat in der Umgebung der Oeffnung und an andern Stellen des Magens den Unter— ſchied von einer ſpontanen Oeffnung feſtſtellen“. Waͤhrend nun das ſchwarze Extravaſat und andere Erſcheinungen eine corrodirte Oeffnung von Magenerweichung unterſcheiden, fo iſt die zweite Varietaͤt von der dritten auch noch durch un— gewoͤhnliche Blaͤſſe unterſchieden, welche die Schleimhaut darbietet; vor Allem aber durch die Producte chroniſcher Entzuͤndung als Verdickung und Induration. Die Lage corrodirter Oeffnungen varürt, findet indeß haͤufiger an der basis oder am fundus ventrieuli ftatt; haͤufig find mehrere Perforationen zugleich vorhanden, jedoch ſaͤmmtlich von gleichem Grade der Entwickelung, waͤhrend geſchwuͤrige Perforationen auf verſchiedenen Stufen der Entwickelung gefunden werden. So merklich dieſe Unterſchiede find, fo kann nach dem bloßen Ausſehen eine Perforation mit Si cherheit nicht zu der dritten Varietaͤt gezaͤhlt werden, man kann hoͤchſtens eine negative Beſtimmung geben; nur die chemiſche Unterſuchung giebt hinreichende Praͤciſion und Si— cherheit. (Dublin Journ. May 1841.) 82 Miscellen. Unterfuhungen, um die Nichtgefäßführung (non- vascularity) gewiſſer thieriſcher Gewebe zu ermweis ſen und die eigenthumliche gleichfoͤrmige Art ihrer Organifation und Nutrition darzuthun, hat Herr Joſeph Toynbee der K. Geſellſchaft der Wiſſenſchaften mitgetheilt. Herr T. beabſichtigte, ein Geſetz der Phyſiologie der Thiere aufzuſtellen, nach wel— chem Gewebe ernährt werden und an Groͤße zunehmen koͤnnen, ohne daß Blutgefäße innerhalb ihrer Subſtanz vorhanden find, Er wies die Analogie nach, welche zwiſchen den nichtgefäßfuͤhren— den thieriſchen und den nichtgefäßführenden vegetabiliſchen Geweben obwaltet. Er hofft, daß die Anwendung des obigen Geſetzes auf Chirurgie, in Beziehung auf die in Krankheiten eintretende Ver— längerung von Blutgefaͤßen in die nichtgefäßführenden Gewebe, und auf Pathologie, bei Unterſuchungen uͤber die Natur krankhafter Structuren, befonders der Claſſen, welche keine Blutgefaͤße ent- halten, nicht ohne Intereſſe und einigermaaßen vortheilhaft ſeyn wird. Ueber die Umwandlung des Calomels in Sublimat hat Herr Miache im Journ. de Pharmacie Fevr. 1840 Ver- ſuche bekannt gemacht, welche dadurch veranlaßt wurden, daß ein Kind ſtarb, nachdem es die von einem Arzt verordneten Pulver aus 5 Gran Salmiak, ebenſoviel Zucker und 1 Gran Calomel ei— nige Male genommen hatte. Der Tod erfolgte unter den Sym⸗ ptomen einer Sublimatvergiftung, und der Apotheker wurde ange— kligt, Sublimat ſtatt des Calomels genommen zu haben. Durch Experimente wurde von Herrn Peten-Koffer nachgewieſen, daß wenigſtens ein Theil des Calomels durch den Salmiak in Su— blimat umgewandelt worden war. Ein beruͤhmter franzoͤſiſcher Profeſſor leugnete dies dennoch, und Herr Miathe wiederholte mit großer Sorgfalt die Experimente, durch welche er zu folgenden Reſultaten kam: 1) der Calomel (Protochlorid von Mercur) wird bei der Miſchung mit Salmiak oder mit dem Natrium- oder Po— taſſium- Chlorid und deſtillirtem Waſſer in Sublimat (Deutochlo— rid des Mercur) und metalliſches Queckſilber umgewandelt, und zwar in wenigen Augenblicken bei der Koͤrpertemperatur und ſelbſt bei der gewoͤhnlichen Lufttemperatur. Um ſich davon zu uͤberzeu— gen, braucht man nur eine kleine Quantität Calomel einige Minus ten im Munde zu behalten, wobei ſich bald ein intenſiver Queck— ſi'bergeſchmack entwickelt, in Folge einer gegenſeitigen Reaction des Moercurialchlorids und der alkaliſchen Chloride, welche im Spei— chel enthalten ſind. 2) Von der Umwandlung des Calomels in Sublimat und metalliſches Queckſilber durch die Salzſaͤure und ſalzſauren Salze im Darmcanal iſt auch der Mercurialſpeichelfluß zu erklären, welcher bei'm inneren Gebrauche des Calomels cins tritt. Dieß ergiebt ſich daraus, daß der Calomel, wenn er richt abfuͤhrt, alſo im Darmcanal längere Zeit zuruͤckbleibt, Speichel— fluß erregt, indem ſich nun eine größere Quantität Sublimat bil: den kann. 3) Da die Quantität des ſich innerhalb des Körpers bildenden Sublimats von der Quantität der alkaliſchen Chloride im Darmcanal abhaͤngt, ſo werden diejenigen, welche gewoͤhnlich große Quantitaͤten Salz zu ſich nehmen, unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden leichter ſaliviren, als andere. 4) Die antiſyphilitiſche Wirkung des Calomels ruͤhrt wahrſcheinlich ganz von dem Subli— mat und metalliſchen Mercur her, in welche jenes Präparat um: gewandelt wird Ohne Zweifel haͤngt ſeine anthelmintiſche Wir— kung von demſelben Umſtande ab, indem beide Subſtanzen, in welche der Calomel umgewandelt wird, als ein Gift auf die Ein— geweidewuͤrmer wirken. 5) Was von dem Calomel geſagt iſt, paßt auf gleiche Weiſe auf das Protoioduret des Mercur, indem es un— ter gleichen Umſtaͤnden ni Deutoioduret umgewandelt wird. . nn a m Bibliographische Neuigkeiten. Cours &l&mentaire de physique, à l’usage des Colleges etc. Par N. Deguin. Tome 1. et 2. Ze edition. Memoires de la société philomathique de Tome I. Verdun 1840. 8. Paris 1841. 8. Verdun (Meuse). On Gout; its Cause, Nature, and Treatment, kiss. London 1841. 8. A Treatise on Pyrosis idiopathica or Water-Brash etc. By Thomas West, MD. London 1841. 8. 8 By John Par- — (—vy— — — — Menue Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober-Medicinalraihe Froriep zu Weimar, und dem Merieinatrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin, No. 39. (Nr. 3. des XIX. Bandes.) Juli 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Natur Bemerkungen uͤber den Sturmwind, welcher Neu— Braunſchweig, im Staate Neu-Jerſey, am 19. Juni 1835 heimſuchte, nebſt einem Grundriſſe, ſo wie Tabellen uͤber die Richtung der auf einer ſeine Bahn durchſchneidenden Strecke niedergewor— fenen Gegenſtaͤnde. Von W. C. Redfield, Esg. *) (Hierzu die Figuren 1. und 13. auf der mit Nr. 397 [Nr. 1. Bandes] ausgegebenen Tafel) dieſes In einem, im American Journal of Science ab: gedruckten Artikel, in welchem ich mich auf die, von Pro— feſſor Bache der von Herrn Es py aufgeſtellten, auf Be: obachtung des Neu-Braunſchweiger Sturmwindes gegruͤnde— ten Theorie der Sturmwinde oder Orkane, bei Gelegenheit der Verſammlung der British Association im Jahre 1838, gewährte Unterſtuͤtzung bezog, babe ich bereits er— waͤhnt, daß ſich aus meinen eignen Unterſuchungen zahle reiche Thatſachen ergeben, welche fuͤr den wirbelnden Character jenes Sturmes, ſo wie fuͤr den Umſtand ſprechen, daß die Richtung jenes Wirbelwindes zugleich in der Naͤhe der Erdoberfläche nach Innen ging, ferner, daß die rotirende Bes wegung, wie uͤberhaupt bei den auf dem noͤrdlichen Atlan— tiſchen Ocean vorkommenden Stuͤrmen, von der Rechten nach der Linken gerichtet war. *) Profeſſor Bache haͤtte billigerweiſe meiner Beobachtungen erwaͤhnen ſollen, was derſelbe, zum Theil in der Abſicht, ſeine Folgerungen einer neuen Prüfung zu unterwerfen, ſchon zu lange vers ſchoben hat. Die hier dargelegten Thatſachen bilden einen Theil der Beweisgruͤnde, auf die ich mich damals bezog. ) Mitgetheilt von Sir John F. W. Herſchel. Dieſer Auf: ſatz batte urfprünglich die Beſtimmung, der British Associa- tion zu Glasgow vorgetragen zu en langte aber nicht zur rechten Zeit an. Sir J. F. W. **) Americ, Journ, of Sc. Oct, 1838. und 207. No. 1499. Vol. XXXV., p. 206 R u e. Wenn die hier von mir angefuͤhrten Wirkungen, wie Profeſſor Bache behauptet *), „von einer in der Nähe des Erdbodens ohne alle rotirende Bewegung fortruͤckenden Säule verdunnter Luft“ herruͤhren, fo dürfen wir erwarten, an den beiden einander gegenuͤberliegenden Seiten oder Raͤndern des Weges eine relative Gleichfoͤrmigkeit in den Wirkungen zu finden. Inwiefern dieß der Fall iſt, davon kann man ſich durch die Anſicht der auf Figur 1. unſerer Tafel mitge— theilten Skizze uͤberzeugen. Das Vorkommen dieſer Wirbelwinde ſcheint ſchon in den aͤlteſten Zeiten beobachtet worden zu ſeyn, und man hat von jeher deren Heftigkeit als die Wirkung einer kraͤftigen drehenden Bewegung der zum Wirbelwinde gehörenden Luft— maſſe betrachtet, indem dieſe eigenthuͤmliche Wirkung durch das Zeugniß unzaͤhliger Perſonen beglaubigt ward. Dagegen wollen Profeſſor Bache, Herr Espy **) und Profeſſor Walter R. Johnſon ***) aus den vers ſchiedenen Nachrichten uͤber den in Neu-Braunſchweig vorge— kommenen Sturm den wirbelnden Character nicht erkannt haben. Dieſe Schriftſteller haben ſich veranlaßt geſehen, eine Theorie aufzuſtellen oder zu unterflüsen, nach welcher ſich, in Folge der die Niederſchlagung von Daͤmpfen beglei— tenden Freiwerdung von Waͤrme, erhitzte und verduͤnnte Luft— ſaͤulen aufwaͤrts bewegen ſollen Merkwuͤrdigerweiſe find bis jetzt die Beweiſe fuͤr die rotirende Bewegung oder characteriſtiſche Wirkung der Wir— belwinde nicht von wiſſenſchaftlich gebildeten Forſchern beob= achtet oder zu Papiere gebracht worden. Es iſt alſo uns vorbehalten, die eigenthuͤmliche Thaͤtigkeit derſelben durch Er— mittelung der Richtung, in welcher die Gegenſtaͤnde vor ihnen fallen, und anderer Umſtaͤnde zu unterſuchen, und indem wir ſo die vom Sturmwinde ſelbſt gegebenen Fingerzeige wahr— ) Transactions of the American Philos. Society. Vol. V. p. 417. New Series. *) Transact. Amer. Phil. Soc. Vol. V. New Series. **) Journal of the Academy of the Natural Sciences of Philadelphia, Vo!. VII., Part. Il. 3 35 nehmen und Folgerungen daraus ableiten, dürfen wir hoffen zu bündigen Reſultaten zu gelangen. Wenn die vielen auf dem Wege des Sturmwindes umgeworfenen Baͤume und andere Gegenſtaͤnde durch einen heftigen Wirbel niedergeſtrecket worden ſind, ſo ſcheint ſich die Folgerung als die naͤchſte darzubieten, daß es ſich mit dieſem Wirbel verhalte, wie mit allen engen und heftigen Strudeln, daß er naͤmlich eine ſpiralfoͤrmige, nach Innen ge— wundene Bewegung habe, welche nach dem Mittelpuncte oder Axe des Strudels zu an Geſchwindigkeit zunehme und daſelbſt (im Falle des Wirbelwindes) ſpiralfoͤrmig aufwaͤrts gehe, aber ſich oben wieder bis zu der aͤußerſten Graͤnze der ſich drehenden Luftmaſſe erweitere. Betrachten wir nun die Wirkung, welche dieſe wirbelnde Luftmaſſe, waͤhrend ſie ſich ſchnell weiterbewegt, auf die an beſonderen Stellen ihres Weges befindlichen Gegenſtaͤnde aͤußert, ſo duͤrfen wir uns, in'sbeſondere was die Linien der Richtung anbetrifft, auf ſehr complieirte Erſcheinungen ges faßt machen, dennoch aber hoffen, daß wir mitten in dieſer Verwirrung Anhaltepuncte finden koͤnnen, die uns uͤber den wahren Character der Einwirkung Aufſchluß geben. Wir wollen hier einige der zu erwartenden und wirklich deobach— teten Wirkungen naͤher betrachten. 1) Wir dürfen vorausſetzen, auf der Bahn des Wir— belwindes ſchlagende Beweiſe für die einwaͤrts gerichtete oder ſtrudelnde Bewegung der Luft anzutreffen, und die Heftig— keit dieſer nach Innen gerichteten Bewegung geht deutlich aus der Kraft hervor, mit welcher oft bedeutend ſchwere Körper um die Axe der ſtrudelnden Luftmaſſe her ſpiralfoͤr— mig in die Hoͤhe gefuͤhrt werden. Die Wirkungen dieſer einwaͤrtsgerichteten ſtrudelnden Bewegung geben ſich aber in den uns vor Augen liegenden Fällen deutlich kund, und werden auch in Profeſſor Bache's Artikel uͤber den fraglichen Sturmwind buͤndig dargelegt, obwohl er fie auf eine andere Art von Thaͤtigkeit bezieht “). 2) Da die an verſchiedenen Stellen des Weges des Sturmes zu beobachtenden Wirkungen zu verſchiedenen Zei— ten und durch Kraͤfte von verſchiedenen Richtungen und Staͤrke hervorgebracht wurden, ſo duͤrfen wir in Anſehung der Richtung, nach welcher die umgeworfenen Baͤume und andren Gegenſtaͤnde gefallen waren, große Verſchiedenheiten anzutreffen erwarten; und da ferner dieſe ſaͤmmtlichen Kraͤfte, außer ihrer nach Innen gehenden Richtung, ſaͤmmtlich ei— nen Zug nach der Richtung hatten, in welcher der ganze Sturmwind ſich fortbewegte, ſo duͤrfen wir auch erwarten, in der Richtung der niedergeworfenen Gegenſtaͤnde einen voll— guͤltigen Beweis von dieſer Fortbewegung zu finden. Ich brauche kaum zu bemerken, daß wir in dem vor— liegenden Falle dieſe Wirkungen deutlich wahrnehmen koͤnnen, und auch ſie ergeben ſich aus den Beobachtungen des Pro— feſſor Bache. Die bereits bemerklich gemachten Reſultate ſtellen ſich auch auf dem Wege anderer Sturmwinde her— aus, ſo daß alſo alle Beobachter, die ſich mit der Unterſu— chung dieſes Gegenſtandes beſchaͤftigt haben, mitten in der *) Transactions of the Americ, Philos. Soc. Vol. V. 86 verworrenen Richtung der niedergeworfenen Koͤrper, einen all— gemeinen Zug nach Innen und Vorwaͤrts beobachtet haben. 3) Es iſt oft wahrgenommen worden, daß, wenn zwei umgeworfene Baͤume kreuzweis uͤbereinanderliegen, der oberſte oder zuletzt umgefallene am meiſten nach der Richtung der Fortbewegung des Sturmwindes liegt. Unter Beruͤckſichtigung des obenerwaͤhnten Umſtandes hat man ſich viel Muͤhe gegeben, eine nach der Mitte ge— hende, aber nicht ſtrudelnde Bewegung der Luft eines Wir— belwindes herauszukluͤgeln; eine ſolche, die erſt nach Innen und dann nach Oben geht, wie die durch ein im Freien brennendes Feuer erzeugte Bewegung der Luft. Ich gedenke mich hier nicht Über die unuͤberſteiglichen Schwierigkeiten auszuſprechen, die der Annahme einer ſolchen Hypotheſe ent— gegenſtehen; indeß darf ich doch nicht unerwaͤhnt laſſen, daß die ſaͤmmtlichen oben erwaͤhnten Wirkungen, theoretiſch bes trachtet, ſich mit der Annahme, daß die Bewegung ſpiral— foͤrmig nach Innen und zugleich fortſchreitend ſtattfinde, vollkommen eben fo gut vertragen. Dieſe wichtige That— ſache haben die Vertheidiger der Theorie der nicht ſtrudeln— den Bewegung ganz außer Acht gelaſſen. Indeß werden wir ſpaͤter auf noch andere und mehr characteriſtiſche Um— ſtaͤnde aufmerkſam machen, welche für die wirbelnde Bewe— gung ſprechen. 4) Es ift auch bemerkt worden, daß die durch die wechſelnden Richtungen des Luftzugs bei'm Dahinfahren des Wirbelwindes den abgebrochenen Aeſten und anderen Koͤr— pern ertheilten Bewegungen an den beiden entgegengeſetzten Raͤndern der Bahn nach entgegengeſetzten Himmelsgegenden ftattfanden. Auch diefen Umſtand hat man mit großem Nachdrucke geltend machen wollen, um die kreiſende Bewegung der Sturmwinde zu laͤugnen. Allein dieſer Einwurf iſt voͤllig abſurd, weil dieſe Wirkung durchaus diejenige iſt, welche eine wirbelnde und zugleich fortſchreitende Luftmaſſe hervor— bringen muß, wie allen denen, die die Theorie der kreiſen— den Sturmwinde richtig erfaßt haben, zur Genuͤge be— kannt iſt. Bei allen ſolchen wirbelnden Luftmaſſen werden alle diejenigen aufeinanderfolgenden Veraͤnderungen in der Rich— tung des Windes, welche lediglich von der fortſchreitenden Bewegung der ganzen Luftmaſſe abhaͤngen, nothwendig an zwei einander gegenuͤberliegenden Puncten, zwiſchen denen ſich die ſich fortbewegende Axe des Wirbelwindes befindet, entgegengeſetzten Himmelsgegenden zugekehrt ſeyn muͤſſen. Dieſer Umſtand laͤßt ſich alſo weder fuͤr die eine, noch fuͤr die andere Theorie anfuͤhren, und ich will nun andrer gedenken, die nur bei einer fortſchreitenden und zugleich ſtru— delnden Bewegung der Luft ſtattfinden koͤnnen. 5) Betrachten wir die weitern Wirkungen einer ſolchen Kraftaͤußerung, ſo werden wir zu finden erwarten, daß die in der Naͤhe der Axe eines Strudels geſteigerte Geſchwin— digkeit der drehenden Bewegung ſich durch eine heftigere und weniger regelmaͤßige Thaͤtigkeit auf und neben dem von der Axe verfolgten Wege kund giebt, und daß die Bewegung 57 in den mehr peripheriſchen Theilen des Wirbels langſamer und geregelter ſeyn werde. Dieſe Wirkung ſtellt ſich auf dem von Wirbelwinden eingeſchlagenen Wege oft in einer auffallenden Weiſe dar, waͤhrend, wenn wir es mit einer aufwaͤrtsfahrenden nicht wir— belnden Luftſaͤule zu thun haͤtten, gerade die der Axe der— ſelben am naͤchſten befindlichen Puncte der Erdoberflaͤche die geringſte Einwirkung erleiden wuͤrden. 6) Da eine wirbelnde Luftmaſſe auf der einen Seite der fortruͤckenden Axe ſich offenbar in einer, der Fortbewe— gung der ganzen Luftmaſſe diametriſch entgegengeſetzten Richtung bewegen muß, ſo wird unſtreitig auf dieſer Seite der Wirbelwind mit viel geringerer Kraft wehen, folglich auch weniger Baͤume ꝛc. umſtuͤrzen, und manche darunter wenigſtens werden verkehrt, d. h., der Richtung der Fortbe— wegung des ganzen Sturmes mehr oder weniger genau ent— gegengeſetzt liegen. An dieſem Kennzeichen laͤßt ſich nicht nur die wirbelnde Bewegung, ſondern auch die Richtung der Drehung deutlich wahrnehmen. Dieſe Wirkung laͤßt ſich am Beſten beobachten, wenn man die beiden entgegengeſetzten Raͤnder der Bahn mit ein— ander vergleicht, und in dem vorliegenden Falle iſt fie un: verkennbar vorhanden. Hier finden wir, daß die meiſten innerhalb 110 Yards vom nördlichen oder linken Rande der Bahn umgeworfenen Baͤume nach Richtungen liegen, welche der des Sturmes mehr oder weniger entgegengeſetzt ſind. Auch ſind die Windbruͤche auf dieſem Theile der Bahn mehrentheils weniger allgemein, als auf der entgegengeſetzten Seite der Axe *), fo daß daſelbſt mehr Bäume ſtehen ger blieben ſind. Zuweilen tritt, vielleicht weil die nach Innen gerich— tete Schraubenbewegung an einer beſtimmten Stelle der fortſchreitenden Bewegung vorgegriffen hat, der Fall ein, daß die durch den vordern Theil des Strudels niedergewor: fenen Baͤume ein Wenig ruͤckwaͤrts geneigt ſind, wie man in der Figur bei Nr. 77 und 80 bemerkt. Allein dieſe ſel— tenen Faͤlle find mit den zahlteichen ruͤckwaͤrts und zuweilen auswärts gerichteten Windbruͤchen, die ſich auf der ent- gegengeſetzten Seite des Wirbels finden, wovon Nr. 1, 3, 4, 7, 9, 10, 12, 13 ꝛc., auf der linken Seite der Bahn Beiſpiele abgeben, gar nicht zu vergleichen. So finden wir denn hier Beweiſe genug, daß dieſer Sturm ein Wirbelwind war, und daß die Richtung der Kreisbewegung am vordern Theile deſſelben linker Hand ging. 7) Es ergiebt ſich auch deutlich, daß ein Wirbelwind an der Seite, wo, wie wir eben geſehen, deſſen Bewegung in Bezug auf das Fortruͤcken des ganzen Sturmes verkehrt iſt, die Gegenſtaͤnde auf einer kuͤrzeren Strecke zu Boden werfen wird, als auf der entgegengeſetzten oder mit der Axe vorwaͤrtsſchreitenden Seite. ) In dem Waldguͤrtel befand ſich gleich rechts von der Linie CC oder Axe des Wirbelwindes eine Luͤcke, fo daß die mehr: eb Wirkung in der Figur nicht fo deutlich in die Augen pringt. 38 Dieß wird aus der beſchraͤnkteren Ausdehnung der Windbruͤche an dem noͤrdlichen oder linken Rande der Bahn erſichtlich, wenn man dieſelben mit denjenigen vergleicht, die auf der rechten Seite der Axe nach Innen ſtattgefunden haben. Jenſeits des noͤrdlichen Randes der Bahn war die Gegend ſtark bewaldet, allein kein Baum niedergeriſſen 8) Gleicherweiſe ergiebt ſich, daß auf derjenigen Seite eines Wirbelwindes, wo die Kreisbewegung mit der vor— ruͤckenden dieſelbe Richtung hat, die Kraft des Wirbels ſich nicht nur maͤchtiger im Niederreißen, ſondern auch auf einer ausgedehntern Strecke aͤußern wird, ſo wie, daß dort wenige oder keine der umgeworfenen Gegenſtaͤnde tuͤckwaͤrts fallen. In dem vorliegenden Falle erſieht man aus der Skizze, daß ſich die Windbruͤche ſuͤdlich oder rechts von der Axe uͤber eine beinahe doppelt ſo große Entfernung erſtrecken, als auf der linken Seite. Daſſelbe Reſultat hat ſich im Allgemeinen auch bei andern von mir unterſuchten Wirbel— winden ergeben. Die hier beigebrachten Thatſachen verdienen, ihrer Wichtigkeit wegen, gewiß alle Beachtung und ſcheinen ganz unwiderleglich fuͤr die Kreisbewegung der Sturmwinde zu ſprechen. 9) Wenn eine ſtrudelnde Bewegung ſtattfindet, fo wird die mittlere Richtung ſaͤmmtlicher Windbruͤche auf einer der beiden entgegengeſetzten Seiten einen ganz an— dern Winkel mit der Linie der fortſchreitenden Bewegung bilden, als auf der andern, und man wird finden, daß die mittlere Richtung der Windbruͤche auf der verkehrten Seite des Wirbels mehr ruͤckwaͤrts gewendet iſt, als auf der ent— gegengeſetzten Seite, wo die Drehung mit dem Fortruͤcken des Sturmes zuſammentrifft. In dem fraglichen Falle findet man, daß die mittlere Richtung ſaͤmmtlicher Windbruͤche auf der rechten Seite der Bahn mit der Linie des Fortruͤckens nach Innen einen Winkel von 57° bildet. Es wird hier angenommen, daß der Sturmwind gegen Oſten vorruͤcke, obwohl er die letzte halbe Meile nicht rein gegen Oſten, ſondern etwas gegen den Nordpunct fortgeſchritten iſt. Auf der linken Seite findet man die mittlere Richtung S. 6° W., oder 96° nach Innen und Ruͤckwaͤrts, ſo daß der Unterſchied zwiſchen der Abweichung der mittlern Richtungen beider Seiten von der Bahn des Sturmes 479 beträgt Y. Beobachten wir nun die Erſcheinungen an beiden aͤu— Bern Portionen der Bahn in einer Breite von 110 Vards dieſſeits und jenſeits, wo die Wirkungen den entſchiedenſten Character darbieten, ſo finden wir auf der rechten Seite eine mittlere Neigung von 49° einwaͤrts, während die mitte lere Richtung N. 41 O. iſt, dagegen zeigt ſich auf der linken Seite der Bahn die mittlere Neigung nicht nur ein— waͤrts, ſondern auch ruͤckwaͤrts, waͤhrend die mittlere Rich— tung S. 47° W. if. So haben wir denn zwiſchen der Neigung der umgeriſſenen Bäume der beiderſeitigen aͤußern ») Die Winkel, welche die umgefallnen Bäume mit der Bahn des Sturmwindes bildeten, wurden auf beiden Seiten nach Innen und Ruͤckwaͤrts gemeſſen. 3 * 9 “w Portionen der Bahn einen Unterſchied von nicht weniger als 88s. Dieſe Erſcheinungen duͤnken mich auch in Betreff der Kreisbewegung von der rechten nach der linken Hand voll: kommen beweiſend zu ſeyn. 10) Wenngleich von minderer Wichtigkeit, iſt doch der Umſtand nicht ganz zu uͤberſehen, daß Sturmwinde gemei— niglich an den Waͤnden und auf den Gipfeln der Berge, uͤber die ſie hinfahren, weniger ſtarke Wirkungen aͤußern, als auf der Sohle der Thaͤler und ſelbſt tiefer Schluchten; indem dieß ſehr gegen die Annahme ſpricht, daß ſich dabei eine Saͤule verduͤnnter Luft aufwaͤrts bewege. Eine ſolche muͤßte doch gewiß an Bergwaͤnden und auf Berggipfeln hef— tiger wirken, als in der Tiefe der Thaͤler und Schluchten. Daß es ſich uͤbrigens im Allgemeinen ſo verhalte, wie eben angefuͤhrt worden, ſteht wohl vollkommen feſt. 11) Die plöglihe und außerordentliche Verminderung des Druckes der Atmoſphaͤre, welche angeblich nacheinander an den Stellen eintritt, uͤber welche der Sturmwind faͤhrt, ſo daß Fenſter und Thuͤren nach Außen aufgeſprengt wer— den, ſcheint ſehr fuͤr das Stattfinden einer heftigen wirbeln— den Bewegung zu ſprechen, denn der centrifugale und aufs waͤrtsgehende Zug einer ſtrudelnden Luftmaſſe muß offenbar aͤhnliche Wirkungen zur Folge haben. Man kennt kein an— deres Mittel, durch welche eine ſolche Druckentziehung im Freien hervorgebracht werden koͤnnte. Eine Erhoͤhung der Elaſticitaͤt der Luft würde, wenn eine ſolche allgemein oder local auch wirklich eintraͤte, das Gleichgewicht des Druckes nicht bedeutend ſtoͤren, weil die Schwere der umgebenden und daruͤberbefindlichen Luftmaſſen entgegenwirken und die Störung ausgleichen wuͤrde. Die unmittelbare Wirkung einer ſolchen Erhoͤhung der Elaſticitaͤt wuͤrde ſich uͤbrigens dadurch aͤußern, daß die Thuͤren und Fenſter der Haͤuſer, welche im Bereiche der elaſtiſcher gewordenen Luft liegen, nach Innen aufgeſprengt wuͤrden. *) Mehrere der wichtigern unter den oben angefuͤhrten Merkmalen ergeben ſich auch aus Profeſſor Bacche's Beob— achtungen, wiewohl dieſelben ruͤckſichtlich der aͤußerſten Raͤn— der des Sturmwindes nicht richtig beſtimmt ſind. So fin— den wir nach Figur 7 des Bache'ſchen Artikels, wenn wir annehmen, die Richtung des Sturmes ſey eine oͤſtliche ge— weſen und wenn wir einige der Mitte derſelben naheliegende Beobachtungsſtellen weglaſſen, bei 20 Beobachtungen auf der rechten Seite der Bahn eine mittlere Neigung von 64” nach Innen, ſo wie bei neun Beobachtungen auf der linken Seite eine mittlere Neigung von 104° nach Innen und Rückwaͤrts in Betreff der fortſchreitenden Richtung des Sturmes, was 14° ruͤckwaͤrts austraͤgt. Profeſſor Bache giebt an, „die ſenkrecht gegen die Bahn des Sturmes liegenden Baͤume ſeyen nicht diejenigen, welche ſich am Entfernteſten von der Mitte der Bahn be— ) Ein Sprengen der Thüren, Fenſter ꝛc. nach Innen koͤnnte auch nach der Espy'ſchen Theorie der Stürme nie ſtattfinden, da ja nach ihr ein durch die fpecififche Leichtigkeit der ver— dünnten Luft veranlaßter Zug nach Oben, keineswegs aber eine Folge von Exploſionen in der Naͤhe der Erdoberflaͤche eintritt. Die Unhaltbarkeit dieſer Theorie ſcheint aber ſonſt genuͤgend dargethan. D. Ueberf, 40 faͤnden.“ Dieß ſtimmt im Allgemeinen mit meinen Beob— achtungen uͤberein, läßt ſich aber ſchwerlich mit der An— nahme vereinigen, daß der Luftzug im Sturme ſelbſt ohne kreiſende Bewegung nach Innen gerichtet ſey. Es dürfte Manchen ſcheinen, als ob, wenn eine wir— belnde Bewegung ſtattfaͤnde, die meiſten Windbruͤche auf der verkehrten Seite des Kreiſes ruͤckwaͤrtsgewendet ſeyn muͤßten, und dieß wuͤrde allerdings der Fall ſeyn, wenn nicht zugleich eine Bewegung nach Innen und Vorwaͤrts ſtattfaͤnde. Allein die Heftigkeit des Windes wird hier durch die obenerwaͤhnte verkehrte Stroͤmung ſo gemildert, daß ver— haͤltnißmaͤßig nur wenige Baͤume in dieſer Richtung nieder— geriſſen werden, waͤhrend der Wirbelwind auf dieſer Seite ſeine ſtaͤrkſte Kraft an ſeiner hinterſten Portion und nach der Axe zu aͤußert, wo der nach Innen gerichtete Zug ſich mit der ſtrudelnden und fortſchreitenden Bewegung verbindet und auf dieſe Weiſe ein gewaltiger Andrang von Hinten nach der Mitte des ſich fortbewegenden Wirbels ſtattfindet. So ſcheinen ſich die ziemlich diametriſch entgegengeſetzten Windbruͤche auf dieſer Seite zu erklaͤren, und dieſer gewal— tigen Wucht am Schweife des Wirbelwinds iſt es wohl zuzuſchreiben, daß viele Baͤume, welche zuerſt nach einer ſenkrecht zur Mitte der Bahn gerichteten Linie niedergeriſſen worden, noch einmal erfaßt und umgekehrt, auch wohl ziem— lich in der Richtung der Bahn fortgefuͤhrt werden. Ich darf hier nicht unerwaͤhnt laſſen, daß ich mich durch auf— merkſame Unterſuchung dieſer Wirkung uͤberzeugt habe, daß rechter Hand von der Bahn und in der Naͤhe des mittlern Theils derſelben die Windbruͤche meiſt gleich bei der Ankunft oder gegen die Mitte des Wehens des Wirbelwindes ſtatt— finden, waͤhrend ſie auf der linken oder verkehrten Seite bis zur Linie der Axe und zuweilen noch über dieſe hinaus meh— rentheils auf die obenbeſchriebene Weiſe am Schluſſe des Wirbelwindes zu Wege gebracht werden. Man gewahrt im— mer gewaltſamere Wirkungen, jemehr man ſich vom linken Rande des Wirbelwindes der Mitte oder Axe deſſelben nähert. (Schluß folgt) MisS det else en: Abplattung des Schädels der Americaniſchen In- dianer. Darüber ſagt Herr J. K. Towuſhend in feinen Spor- ting excursions in the Rocky Mountains, Folgendes: Ein be— liebter und faft allgemeiner Gebrauch unter dieſen Indianern (den Klikatats) iſt der der Abplattung oder Eindruͤckung der ganzen Stirn, vom Supraciliarbogen bis zur Kranznath. Das Ausſehen, welches von dieſer unnatuͤrlichen Operation zuruͤckbleibt, iſt ſehr haͤßlich, und man ſollte glauben, daß die geiſtigen Fähigkeiten we— ſentlich dadurch leiden müßten; dieß iſt indeß nicht der Fall, denn ich habe nie, mit Ausnahme der Kayouſen, einen Stamm geſehen, welcher ſchlauer und intelligenter geſchienen haͤtte Ich hatte vor einigen Tagen daruͤber eine Unterhaltung mit einem Chef, welcher Engliſch ſpricht. Er ſagte, daß er ſich ſelbſt Muͤhe gegeben habe, dieſen Gebrauch in ſeinem Stamme abzubringen, aber, obwohl feine Leute in faft Allem feinem Worte Folge leiſteten, fo ſeyen ihre Ohren doch feſt verſchloſſen geweſen, ſo oft er davon etwas erwaͤhnt habe; ſie haͤtten einzeln nacheinander die Sitze am Be— rathungsfeuer verlaſſen, ſo daß zuletzt nur noch ein Paar Kinder übrig geblieben ſeyen, um auf die Worte des Oberhauptes zu hoͤ— ren. Es iſt bei denſelben eine Degradation, einen runden Kopf zu bejigen, und ein Ungluͤcklicher, deſſen Kopf in der Kindheit zufällig 41 vernachlaͤſſigt worden iſt, kann niemals ſelbſt nur ein lnteran- führer des Stammes werden und wird mit Gleichgulligteit und Mißachtung behandelt, als unwuͤrdig eines Platzes unter ihnen. Dieſes Abplatten des Kopfes wird mindeſtens von zehn oder zwoͤlf einzelnen Stämmen der niedrigeren Gegenden ausgeübt, namlich von den Klikatats, Kalapooyahs und Multnomahs, aus dem Wal⸗ lamet; den Chinooks, Klatsays, Klatstonis, Kowalitsks, Kat- lammets, Killamooks und Chekalis von Unter: Columbia und den Tribut bezahlenden Stämmen, wahrſcheinlich auch noch von ans deren, noͤrdlich und ſuͤdlich. Der Stamm der Plattkoͤpfe Salish, welche in der Nähe der Quellen des Origen wohnen, hat dieſen Gebrauch laͤngſtens abgeſchafft. Die Art, wie das Abplatten aus: gefuhrt wird, iſt bei den verſchiedenen Stämmen ſehr verſchieden; die Wallamet⸗Indianer legen das Kind, bald nach der Geburt, auf ein Bret, an welchem Oeſen von Leder zu beiden Seiten an— gebracht find; durch dieſe wird das Kind angeſchnuͤrt; am oberen Ende des Bretes, in welchem ein Eindruck den Hinterkopf auf— nimmt, wird ein kleines Bret, welches durch ein Paar Riemen befeſtigt iſt, ſchraͤg auf die Stirne gelegt und durch ein Paar Ries men gegen das Hauptbret herabgedruckt. Das Verfahren der Chinooks und Anderer, in der Nahe der Seckuſte, erſcheint etwas weniger barbariſch. Es wird eine Art von Wiege durch Aushoͤh— len eines Stuck Baumſtammes, bis zu der Tiefe von 8 bis 10 Zell, gebildet, das Kind in Grasmatten gehüllt und auf die ſchon bes ſchriebene Weiſe eingefhnürt, worauf ein Stuck dichtes Grasge— webe über der Stirne befeſtigt und ebenfalls durch Schnüren nie: dergedruckt wird. So bleibt das Kind vier bis acht Monate, bis 42 die Naͤthe des Schaͤdels einigermaaßen vereinigt und die Knochen derb und feft werden. In der Zwiſctenzeit wird es ſelten oder niemals aus der Wiege genommen, bis die Abplattung vollkommen iſt, es müßte denn eine ſchwere Krankheit eintreten. Ich habe heute ein Kind geſchen, von deſſen Kopf das Bret ſoeben abge— nommen war; es war unbedingt der unangenehm ſſte und widerwär— tigſte Anblick, den ich jemals hatte. Die ganze Stirn war voll⸗ kommen abgeflacht und die Maſſe des Gehirns nach Hinten ge— druckt, wodurch nach Hinten eine enorme Hervorragung gebildet wurde. Die Augen des kleinen ungluͤcklichen Geſchoͤpfes ſtanden etwa um 1 Zoll vor und ſahen ebenſo, wie alle umgebenden Theile, entzüntet und mißfarbig aus. Obwohl es mich kalt uͤberrirſelte, als ich eine ſo ſcheußliche Entſtellung betrachtete, ſo lag doch etwas ſo vollkommen Fremdartiges und Sonderbarcs in der Phyſiogno— mie, daß ich ein Lächeln nicht zuruͤckdruͤcken konnte; als aber die Mutter das kleine Ding zum Lachen brachte, ſah es ſo unwider— ſtehlich laͤcherlich und übermäßig poſſirlich aus, daß ich und meine Begleiter zugleich in ein Lachen ausbrachen, wodurch das Kind er— ſcrickt und zum Weinen gebracht wurde, wobei es aber weniger ſchrecklich ausſah, als zuvor. Ueber den Inhalt der Sexualtheile einer friſch unterſuchten hermaphroditiſchen Sphinx populi hat Herr Profiffor Müller Unterſuchungen angeſtellt und gefunden, daß beiderlei Formen der Organe vorhanden, aber ſehr verkuͤmmert waren, und weder Spermatozoen noch Eier, ſondern nur Schleim und Schleimkoͤrner enthielten. Den sah me BD . Ueber den Collapſus während acuter Pneumonicen. Von William Kerr. Durch die folgenden Zeilen fell die Aufmerkſamkeit der Aerzte auf eine gefaͤhrliche Symptomenreihe gelenkt werden, welche in manchen Fällen unmittelbar auf das entzündliche Stadium der Pneumonie und Pleuritis folgt. Es zeigt ſich plotzlich und unerwartet ein oder zwei Tage nach Ber ſeitigung des Schmerzes, wenn ſich der Kranke viel wohler fuͤhlt und bald ganz geheilt zu ſeyn hofft, ein Sinken der Kraͤfte. Ich wuͤrde die folgenden Faͤlle nicht publicirt ha— ben, wenn ich nicht in der Unterhaltung mit mehreren un— ſerer erſten Aerzte bemerkte, daß ihnen nicht nur die Be— handlung, ſondern ſelbſt das Vorkommen dieſer bedenklichen Erſcheinungen bei Pneumonie unbekannt ſey. Erſter Fall. Im Maͤrz 1836 wurde ich zu einem ſehr regelmaͤßiglebenden Weber, 50 Jahr alt, gerufen. Ich fand ihn mit heftigem Schmerze in der rechten Bruſtſeite, welcher bei'm Einathmen und Huſten zunahm und den Kran— ken verhinderte, horizontal zu liegen. Der Schmerz war einige Tage zuvor durch Erkaͤltung eingetreten, aber erſt ſeit 24 Stunden heftig geworden. Es wurden ſogleich 16 Unzen Blut entzogen, mit fo großer und unmittelbarer Er— leichterung, daß ich mir ſchmeichelte, die Krankheit uͤber— wunden zu haben. Ich gab eine Doſis Calomel, welche ich zufaͤllig bei mir hatte und ließ den Koͤrper durch eine Flanelljacke und eine Waͤrmflaſche warm halten. Tags da— rauf wurde, da der Schmerz in der Nacht wiedergekehrt war, ein Aderlaß von 16 Unzen gemacht, mit unmittelbar eintretender Erleichterung. Nach einigen Stunden kehrte in— deß der Schmerz wieder, jedoch in geringerm Grade, und es wurde dagegen ein Blaſenpflaſter aufgelegt. Tags darauf befand ſich der Kranke beſſer, jedoch nicht frei von Schmerz; am vierten Tage befand er ſich ſo wohl, daß ich ihn allein zu Hauſe fand; er erzaͤhlte mir, daß ſeine Reſpiration, wel— che in der Nacht zuvor immer noch etwas opprimirt war, nun ganz leicht geworden ſey. Waͤhrend des ganzen Krank— ſeyns hatte er wenig geſchlafen; am fuͤnften Tage fand ich ihn, zu meiner Verwunderung, viel ſchwaͤcher, den Puls fre— quent, ſein Benehmen, wie das eines Kranken im Typhus; gegen Abend fing er an, zu deliriren. Am ſechsten Tage war er bewußtlos. In Verlegenheit uͤber die Symptome, welche ich nicht erwartet hatte und mir nicht erklaͤren konn— te, wußte ich nicht, was ich thun ſollte. In 24 Stunden war er todt. Zweiter Fall. Am 2. Auguſt 1836 wurde ich in großer Eile zu einem Paͤchter gerufen, welcher ein exemplariſches Leben gefuͤhrt hatte, 58 Jahr alt war und noch Abends zuvor mehr als eine engl. Meile weit zu einem andern Paͤchter zum Thee gegangen war. Als er nach dem Thee mit feinem Freunde durch die Felder ging, wurde er von eis nem ſo heftigen Schmerze in der linken Bruſtſeite befallen, daß er in das naͤchſte Haus gebracht werden mußte. Der Schmerz nahm bald betraͤchtlich ab; bei'm Nachhauſefahren erklärte er, daß er ſich viel beſſer fühle, und zu Haufe im Bette wurde dafuͤr geſorgt, daß er durch Flanellkleidung und Waͤrmflaſchen warm wurde. Dennoch wurde der Schmerz plotzlich wieder ſehr heftig, zwar ohne Huſten, jedoch bei jes der Inſpiration und bei der leichteſten Koͤrperbewegung, ſo wie bei dem Liegen auf der kranken Seite, ſehr viel heftiger. Ich oͤffnete eine Vene, ließ aber, da mich der vorige Fall aͤngſtlich gemacht hatte, kaum einen Teller voll Blut, mit ſehr geringer Erleichterung des Schmerzes. Um den noch uͤbrigen Schmerz zu beſeitigen, gab ich eine Doſis Opium, 43 welche in der Nacht wiederholt wurde; jedoch ohne Beſſe— rung. Der Unterleib wurde durch Abfuͤhrmittel und Cly— ſtire offen gehalten. Zwei Sinapismen und ein Blaſenpfla— ſter waren ebenfalls erfolglos, und der Kranke ſtarb 84 Stunden nach Beginn der Krankheit. Etwa 24 Stunden vor dem Tode war der Schmerz etwas geringer, aber das Athmen beſchleunigt und die Oppreſſion vermehrt. Zu die— ſer Zeit wuͤnſchte er, daß ihm etwas Wein erlaubt werden moͤge, was bis zu dem Quantum von drei oder vier Wein— gläfern geſchah. Das Bewußtſeyn war nie geſtoͤrt. Waͤh— rend der ganzen Krankheit hat er nicht geſchlafen, wiewohl er einigemal in Folge des Opiums ſchlummerte. Am Tage ſeines Todes war er zum erſten Male im Stande, auf der linken Seite zu liegen und glaubte, daß er viel beſſer ſey. Dritter Fall. Am 17. Juni 1837 wurde ich zu einem 41jaͤhrigen Paͤchter, von früher guter Geſundheit und ordent— licher Lebensweiſe, gerufen. Ich fand kein ausgeſprochenes Krankheitsſymptom; er fuͤhlte ſich unwohl; der Koͤrper war im Allgemeinen ſchmerzhaft, der Appetit ſchlecht. Dieß lei— tete er davon ab, daß er zwei Tage zuvor ſtark ſchwitzend in der Abendluft ohne Rock geſtanden und mit einem Freunde geſprochen habe. Ich verordnete ein Abfuͤhrmittel, eine Flanelljacke und eine Waͤrmflaſche an die Füße. Am naͤch— ſten Morgen erfuhr ich, daß ſich in der Nacht ein heftiger Schmerz im untern Theile der linken Bruſtſeite eingeſtellt habe. Ich gab einen Gran Opium und ließ einen Senf— teig auflegen. Zwei Stunden danach war durchaus keine Erleichterung eingetreten. Der Schmerz in der Bruſt war heftig, hinderte das tiefe Einathmen, noͤthigte auf der an— dern Seite zu liegen und war von Huſten begleitet, der den Schmerz betraͤchtlich ſteigerte. Da ich vermuthete, daß in dem vorigen Falle die Ent— zuͤndung nicht ganz gebrochen geweſen ſey, weil ich zu ängftlih mit der Blutentziehung war, waͤhrend ich im Ge— gentheile im erſten Falle vielleicht zu viel genommen hatte, fo war ich der Meinung, daß der toͤdtliche Collapſus viel— leicht verhindert worden waͤre, wenn bei den erſten Sym— ptomen einer Veraͤnderung Reizmittel gegeben worden waͤren. Ich beſchloß daher im gegenwärtigen Falle, die Entzündung möglihft raſch und mit einem moͤglichſt geringen Blutver— luſte zu brechen und reichlich Wein zu reichen, ſobald Deli— rium eintreten ſollte. Ich ließ daher ungefaͤhr einen Sup— penteller voll Blut aus der Vene und oͤffnete nach einer Stunde, da der Schmerz gemildert, aber nicht ganz beſei— tigt war, die Wunde auf's Neue, und ließ das Blut flie— ßen, bis im Ganzen 24 Unzen entzogen war. Hierauf folgte große Erleichterung; auch Tags darauf war der Schmerz zwar noch bemerkbar, aber ſehr unbedeutend, der Kranke befand ſich offenbar viel beſſer. Tags darauf, am 21., war der Schmerz nicht ganz beſeitigt, und es wurden kleine Doſen von Brechweinſtein verordnet, welche, da ſie Uebelkeit erregten, der Kranke nicht ferner nahm. Am Abend erhielt der Kranke einen Gran Opium, weil er ſeit Anfang der Krankheit ſchlecht geſchlafen hatte. Am Mor— gen des 22. wirkte ein Abfuͤhrmittel 6 — 7 Mal, der Kranke fuͤhlte ſich, ſeiner Anſicht nach, weit beſſer, und es 44 wurde zu mir geſchickt, daß ich ihn an dieſem Tage nicht zu beſuchen brauche Da ich indeß die truͤgeriſche Natur dieſer Krankheit kannte, ſo beachtete ich dieſe Nachricht nicht und fand den Kranken auf eine muͤrriſche Weiſe uͤber das Opium klagend, welches ihm eine unruhige, durch Traͤume geſtoͤrte Nacht gemacht habe. Einige ſeiner Aus— druͤcke waren offenbar unzuſammenhaͤngend; ſein Puls war beſchleunigt, und nun erfuhr ich auch, daß vom Abend des 19. Juli an der Kranke im Schlummer geſprochen habe, und daß er muͤrriſch und unfolgſam geweſen ſey. Er hatte ſeit dem erſten Tage keinen Appetit. Ich verordnete nun dreiſtuͤndlich ein Glas Wein und gab alle 6 Stunden 10 Tropfen von Battley's Liquor opii. Zwei Stunden nach Beginn dieſer Behandlung fand ich die Frequenz des Pulſes etwas vermindert. Am 23. erfuhr ich, daß erſt nach der dritten Doſis Opium ein geſunder Schlaf eingetre— ten ſey. Er nahm den Wein, welcher verordnet war, ſehr gern. In der nun folgenden Nacht ſchlief er ohne Opium; Tags darauf ſprach er nur wenig unzuſammenhaͤngend. Am 26. hatte er etwas Appetit und genoß etwas Fleiſchbruͤhe, und zu dieſer Zeit zeigte er auch weniger Neigung zum Weine, und da die Symptome betraͤchtlich ſich gebeſſert hat— ten, ſo ſchien es auch nicht noͤthig, darauf zu dringen. Wenige Tage darauf ſetzte er den Wein ganz aus. Am 1. Juli befand er ſich viel beſſer; ich ſetzte meine Beſuche aus; er erholte ſich aber ſehr langſam und erlangte ſeine fruͤhere Kraft nicht wieder, bis er einige Wochen lang taͤg— lich einigemal ein Glas Wein nahm. Vierter und fuͤnfter Fall. Außer den bereits geſchilderten Faͤllen habe ich von einigen derſelben Art ge— hoͤrt, bei denen Aderlaͤſſe mit guͤnſtigem Erfolge angewendet waren, welche aber ploͤtzlich collabirten. Vor nicht gar lan— ger Zeit ſind mir uͤberdieß noch zwei Faͤlle vorgekommen, welche dadurch geheilt wurden daß Reizmittel reichlich an— gewendet wurden, ſobald die erſten Symptome von Collap— ſus ſich zeigten, nachdem die entzuͤndlichen Symptome durch Blutentziehungen beſeitigt waren Der eine Fall betraf ein Dienſtmaͤdchen von mittlerem Alter, welche zuerſt an Pleu— ritis, ſodann an Empyem der linken Bruſthoͤhle litt, wel— ches endlich in die Bronchien aufbrach. Der andere Fall betraf einen aͤltlichen Mann, welchen ich bei einer Conſul— tation ſah und welchem alle drei Stunden ein Weinglas voll Wein gegeben wurde, nachdem zuvor die Delirien in einen ganz bewußtloſen Zuſtand uͤbergegangen waren. Wein mit kleinen Gaben Opium, um Schlaf zu bewirken, und ein gut geluͤftetes Zimmer hatten den gewuͤnſchten Erfolg und fuͤhrten vollkommene Heilung herbei. Ich nehme nicht an, daß der Collapſus auf die pneu— moniſchen Affectionen beſchraͤnkt ſey; er kann leicht auch auf andere entzuͤndliche Krankheiten folgen, wenn deren Heftigkeit betraͤchtlichere Blutentziehungen noͤthig machte, als die Con— ſtitution ertragen kann. Vor einigen Jahren mußte ich bei einer Enteritis, welche in weniger als einer Woche zwei heftige Anfaͤlle machte, eine betraͤchtliche Quantitaͤt Blut entziehen. Es folgten bald typhoͤſe Symptome, und da ich damals die geeignete Behandlungsweiſe noch nicht kannte, fo 45 ſtarb der Kranke, nachdem er in Delirien verfallen und zuletzt ganz bewußtlos geworden war. Seitdem ich Vorſtehendes niedergeſchrieben hatte, iſt mir noch ein neuer Fall, in welchem ſich die reichliche Dar: reichung von Wein huͤlfreich erwies, vorgekommen. Sechster Fall. Ende Mai's wurde ein junger Mann von 24 Jahren von Schmerzen in der linken Bruſt— ſeite befallen, welche zuerſt krampfhafter Art ſchienen und ſich bei Anwendung von Opium und Wärme ſo betraͤchtlich verminderten, daß am 4. Tage kein Opium mehr noͤthig war. Am 5. Tage fuͤhlte der Kranke etwas Schmerz in der linken Bruſtſeite, wodurch das Huſten gemindert wurde, und in der Nacht ſteigerte ſich der Schmerz ſo betraͤchtlich, daß der Kranke kaum zu huſten vermochte und auf dem Rüden, mit betraͤchtlich erhöhtem Kopfe und Schultern, lie- gen mußte. Der Auswurf hatte jedech keine töthliche Faͤr— bung; der Puls war 120. Dieſer Kranke war mehrere Jahre mit phthiſiſchen Symptomen in der rechten Lunge krank geweſen und hatte erſt ſeit einem oder zwei Jahren einigermaaßen ſeine Geſundheit wieder erlangt. Aus dieſem Grunde wurden kaum 10 Unzen Blut entzogen. Der Schmerz wurde auf der Stelle ſo vermindert, daß der Kranke wieder niedrig liegen konnte. Das Blut zeigte eine aufges worfene Entzuͤndungshaut. Trotz der Beſſerung war den— noch der Kranke in der Nacht ſehr unruhig und unbehaglich. Am darauffolgenden Tage wurde zur Minderung dieſer Sym— ptome Opium gegeben; jedoch mit unvollkommenem Er» folge. Am naͤchſten Morgen, 36 Stunden nach der Blut— entziehung, hoͤrte ich, daß der Kranke nicht uͤber 5 oder 10 Minuten geſchlafen hatte, und daß er noch einige Zeit nach dem Erwachen unzuſammenhaͤngend ſpreche (Symptome, welche den erſten Anfang des Collapſus bezeichnen); fo vers ordnete ich dreiſtuͤndlich ein Glas Wein. Er war noch nicht ganz frei von Schmerz in der Bruſt, und der Huſten waͤre ſehr ſtuͤrmend geweſen, haͤtte der Kranke nicht Opium genommen. Puls 126; betraͤchtlicher Durſt, jedoch keine trockene Zunge. Im Verlaufe des Tages, nachdem mit dem Wein angefangen war, ſchlief der Kranke laͤnger und ſprach weniger unzuſammenhaͤngend bei'm Erwachen. Am naͤchſten Morgen war der Puls 116. Der Kranke nahm den Wein gern und fuͤhlte ſich kraͤftiger. Am darauffolgenden Tage war der Puls 104; das Unzuſammenhaͤngende im Spre— chen war verſchwunden; der Kranke nahm den Wein noch gern und in gleicher Quantitaͤt. Nach Verlauf einer Woche befand ſich der Kranke ſo viel beſſer, daß die Doſe des Weines betraͤchtlich vermindert wurde. Im Sommer ging der Kranke an die Seekuͤſte und wurde hier kraͤftig genug, um taͤglich auszugehen. Zu Anfang des Winters wurde der Huſten ſehr beunruhigend, und der Kranke war genoͤ— thigt, das Bett zu huͤten. Etwa vor drei Monaten (im November 1839) bildete ſich ein kleiner Abſceß über der Stelle des erſten Schmerzes in der rechten Seite. Durch Eröffnung dieſes Abſceſſes wurde purulente Materie ausge: leert, welche dem Auswurfe ganz aͤhnlich ſah. Dieſer neue Abfluß war von großem Nutzen; denn ſeit er ſtattfand, hat ſich die Quantität des purulenten Secretes allmaͤlig vers 46 mindert und iſt jetzt, im Januar 1840, ſo gering, daß die Wunde ſich beinahe geſchloſſen hat. (Edinburgh med. and surg. Journ.) Ueber den Zuſtand der Arterien nach dem Tode ſagt Holland in einem Aufſatze über die Beziehung der Arterien zu der Blutcirculation (Edinb. med. and surg. Journ., Jan. 1841), daß der gewöhnlich leere Zuſtand der Arterien nach dem Tode eine Erſcheinung ſey, welche wei⸗ tere Unterſuchungen erfordere. Die zur Erklaͤrung gegebe⸗ nen Anſichten ſind verſchieden; Einige behaupten, die elaſti⸗ ſche Beſchaffenheit der Arterien treibe im Moment des To⸗ des das darin enthaltene Blut vorwaͤrts; Andere nehmen eine toniſche Contraction der Arterien an, noch Andere be⸗ ziehen den Zuſtand auf die Wiedererhebung der Lungen und der Arterienhaͤute, und endlich ſprechen Einige von einer At⸗ tractionskraft der Capillargefuaͤße. Alle Schriftſteller uͤberge⸗ ben aber die allmaͤligen Veraͤnderungen mit Stillſchweigen, welche meiſtens ſchon ſtundenlang vor dem Tode ſtattfinden. Dieſe Unterſuchung iſt außerordentlich wichtig und beſeitigt manche Schwierigkeiten, welche ſcheinbar bei dieſem Phaͤno⸗ men vorhanden ſind. Waͤhrend des Todeskampfes wird die Herzthaͤtigkeit allmaͤig ſchwach und meiſtens beſchleunigt, bis fie zuletzt in dem kleinen Strome, der durch die Arterien fließt, nicht mehr bemerkt werden kann; obwohl ſie noch zu entdecken iſt, wenn man das Ohr auf die Bruſt auflegt. Dieſe Pe⸗ riode mag lange oder kurze Zeit dauern, der Inhalt des Venenſyſtems erlangt allmaͤlig ein Uebergewicht über den des Arterienſyſtems, nicht in Folge von einer der Urſachen, welche gewoͤhnlich von den Phyſiologen aufgezaͤhlt werden, ſondern durch die Thaͤtigkeit der gewohnlichen Kraͤfte des Kreislaufs. In dem Moment des Todes enthaͤlt unter ſolchen Umſtaͤn⸗ den das Arterienſyſtem kaum etwas Blut. So weit bedarf es gar nicht der Huͤlfe einer der für die Erklärung des Phaͤnomens aufgefuͤhrten Urſachen; das Athmen iſt zu die— fer Zeit oft aͤußerſt beſchwerlich und beſchleunigt, ein Um⸗ ſtand, welcher nach der Hypotheſe des Dr. Carſon fuͤr die Anſammlung von Blut in der Vene ſehr unguͤnſtig ſeyn wuͤtde und von dem Zuſammenſinken der Lungen ganz ver⸗ ſchieden, welches er für die Hauptbedingung jenes Effec⸗ tes betrachtet. Faſt der ganze Effect geht dem wirklichen Tode bereits voraus; erfolgt dieſer plöglich, fo enthalten die Arterien faſt ehne Ausnahme mehr Blut, als wenn der Tod langſam erfolgt. Waͤren die Urſachen, welche die Phy⸗ fiotogen anführen, in der That, das Wirkſame, fo wuͤrde ſich keine Verſchiedenheit in den Reſultaten herausſtellen; warum ſollte die Renitenz der Lungen, die Elaſticitaͤt oder toniſche Conttactilitaͤt der Arterien nicht in allen Faͤllen gleich wirken? Findet eine Verſchiedenheit ſtatt, ſo muͤßte dieſe zu Gunſten einer groͤßern Activitaͤt ausfallen, wenn der Tod plotzlich iſt, wie bei'm Erhaͤngen, Ertrinken oder dem Erſticken durch irreſpirabele Gasarten; denn unter ſol⸗ chen Umſtaͤnden find die normalen Eigenſchaften ber Lungen und der Arterien durch vorausgehende Krankheit durchaus nicht geſtoͤrt oder vermindert. Langdauernde und ſchwere orz 47 ganiſche oder dynamiſche Krankheiten ſchwaͤchen und erfchd: pfen die Lebenskraͤfte, die Eigenſchaften, welche dem anima⸗ liſchen Syſteme eigentlich zukommen; wenn ſie daher am wenigſten geſtoͤrt find, fo werden die, welche noch einige Zeit nach dem Tode fortwirken, eine größere Activitaͤt und Energie zeigen, als in Faͤllen vorausgehenden Collapſus und laͤnger dauernder Erſchoͤpfung. Es giebt nicht allein eine Verſchiedenheit in der Art des Todes, wodurch theilmeife die Abweichung in Bezug auf die Reſultate zu erklaͤren iſt; es findet ſich auch eine auffallende Verſchiedenheit in Bezug auf das Verhaͤltniß des Blutes zu den Gefaͤßen vor dem Eintritte dieſer Einwirkungen, worauf noch kein Schrift— ſteller aufmerkſam gemacht hat, obwohl eine Kenntniß der— ſelben ſehr nothwendig iſt, um ſich eine richtige Anſicht von dieſem Phaͤnomen zu bilden. Wenn der Tod durch Krank— heit herbeigefuͤhrt iſt, welche Wochen oder Monate lang anhielt, fo iſt die circulirende Fluͤſſigkeit haufig ſelbſt bis zur Haͤlfte vermindert. Es findet nun keine fortdauernde Abnahme in der Capacitaͤt der Venen ſtatt, welche dieſer Veranderung entſprechen; man kann alſo ungefähr anneh— men, daß Verminderung des Blutes und unveraͤnderte Ca— pacität der Venen oder aufnehmenden Gefäße ſtattfinde. Bei ploͤtzlichem Tode findet keine Verminderung in der Quantitaͤt der circulirenden Fluͤſſigkeit ſtatt und deßwegen iſt kaum zu erwarten, was auch immer für Urſachen ange⸗ nommen werden, daß das Blut eben ſo leicht aus den Ar— terien in die Venen gelangen follte, wie in den zuvor anges gebenen Faͤllen Beide Arten von Gefaͤßen ſind gefuͤllt, und zwar in dem Grade der normalen Ausdehnung während der Geſundheit, was ſehr verſchieden iſt von dem Zuſtande, wel— chen man nach laͤnger dauernder Krankheit antrifft. Die Hauptverſchiedenheiten in dem Zuſtande des Cir— culationsſyſtems in den unterſuchten Faͤllen laͤßt ſich nun auf folgende Weiſe kurz zuſammenfaſſen: 1) das Arterienſy— ſtem findet man nach dem Tode durch Krankheit gewoͤhnlich leer, und faſt der ganze Effect iſt bereits vor dem Erloͤſchen des Lebens vorhanden; 2) der aͤußerſt geringe Blutſtrom, welcher noch uͤbrig ſeyn kann, iſt gewiß von zu geringer Quantitaͤt, um von der Elaſticitaͤt oder toniſchen Contrac— tilitaͤt der Arterien noch weiter geſchafft werden zu koͤnnen. Die Arterien finden ſich nach dem Tode auch keineswegs im Zuſtande eines einfachen Stranges, und nichts koͤnnte weni— ger den ſchwachen, fadenaͤhnlichen Strom bewirken, als eine Contraction der Arterien; das Arterien- und Venenſyſtem findet ſich nach dem Tode durch Erhaͤngen, Ertrinken ꝛc. ſelten oder niemals ganz leer. Dieß wird allgemein bei den Schriftſtellern angenommen. 4) Da dieſe beiden Gefaͤßſy— 48 ſteme vor dem Tode bereits in dem Grade der gewoͤhnlichen Ausdehnung der Geſundheit gefüllt find, fo iſt es kaum an— zunehmen, daß das bereits ſo ausgedehnte Nervenſyſtem noch mit Leichtigkeit auch den ganzen Inhalt des Arterien— ſyſtems aufnehmen ſollte. 5) Die genannten zwei Todesarten zeigen auch einen merkwuͤrdigen Unterſchied in Bezug auf den Zuſtand der Capillargefaͤße. Wir wollen annehmen, daß ihre Wirkung noch nach dem Tode fortgeht; erfolgt der Tod langſam und allmaͤlig, ſo haben ſie offenbar in Gemein— ſchaft mit den uͤbrigen Koͤrpertheilen faſt aufgehoͤrt, ihre Function zu uͤben. Wenn, im Gegentheile, der Tod ploͤtz— lich erfolgt, ſo ſind dieſe Functionen durch vorausgehende Krankheit nicht beeintraͤchtigt, ſie werden lange anhalten und der Effect wird ſeyn, daß ſie das Blut aus den Arte— rien an ſich ziehen und an die Venen abgeben. In einem andern Theile unſerer Unterſuchungen werde ich zeigen, daß die Thaͤtigkeit der Capillargefaͤße zwiſchen beiden Gefaͤß ſy- ſtemen nothwendig auf dieſe Weiſe fuͤr den Inhalt beider von Einfluß ſeyn muß. Die Hypotheſe des Dr. Carſon iſt keineswegs erforderlich, um den Zuſtand der Arterien nach dem Tode zu erklaͤren. Bei allmaͤlig eintretendem Tode iſt der Athem bisweilen unmittelbar davor ſo ſanft und leicht, daß es ſchwer iſt, ihn zu bemerken, und die Lungen collabiren gewiß ganz allmaͤlig, ſo daß ihre Wieder— erhebung nach der letzten Exſpiration keine weſentliche Ver— ſchiedenheit bewirken kann. Bei ploͤtzlichem Tode muͤßte der von ihm behauptete Effect am groͤßten ſeyn, indem vorher keine allmaͤlige Verminderung der Elaſticitaͤt ſtattgefunden hat. Zum Ungluͤck fuͤr dieſe Hypotheſe wird indeß unter ſolchen Umſtaͤnden das Arterienſyſtem ſelten leer gefunden. Mi see lle n. Die Behandlung der Hydrophobie, nach Dr. Miroff, beſteht darin, daß die gebiſſene Perſon moͤglichſt bald in ein Dampf— bad von 50° C. gebracht wird und ein ſtarkes Decoct von Saſſa— parille und Guajac erhält, während die Wunde mit einer Salbe aus rothem Praͤcipitat eingerieben wird. Zwei Pinten dieſes ſtar— ken Decocts muͤſſen täalih getrunken werden, und die Wunde wird fortwaͤhrend mit der Salbe verbunden; in der erſten Woche be— koͤmmt der Kranke jeden zweiten Tag ein Bad, in der zweiten und dritten Woche jeden dritten Tag und dann bis zum Ende des zweiten Monats woͤchentlich ein Bad. Die Nichtgerinnbarkeit des Menſtrualblutes haͤngt, nach Retzius, nicht von Mangel an Fibrine, ſondern vom Vor— handenſeyn freier Phosphor- und Milchſaͤure ab, welche in den Saamen- und Uterinarterien bei der Menſtrualcongeſtion ſich bils den und dem Blute beigemiſcht werden und deswegen auch bei ſehr reichlicher Menſtrualſecretion ſo zu erſchoͤpfen ſind, daß die Secre⸗ tion zuletzt alkaliſch und coagulabel wird. (Siebold's Journal f. Geburtshlf.) — ———— Bibliographische An easy Introduction to Chemistry. By George Sparkes, late in the Madras Civil Service. A concise outline of the Theo- ry and Practice of the Science, illustrated by a series of simple and interesting Experiments. London 1841. Kl. 8. A Winter in the Azores and a Summer at the Bath of the Fur- nas. By J. Bullar, MD., and H. Bullar. London 1841. 8. Nam geritten Traité de la mort apparente. Des principales maladies qui peuvent donner lieu aux inhumations precipitées. Des Si- gnes de la mort. Par J. B. Fign. Paris 1841. 8. The Prescriber's Pharmacopeia, London 1841. 32. — —— Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Beilkunde, geſammelt und murgerbeilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Mediemalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Ne. 400. (Nr. 4. des XIX. Bandes.) Juli 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 39 Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 fGr. Var 7 Bemerkungen über den Sturmwind, welcher Neu— Braunſchweig, im Staate Neu-Jerſey, am 19. Juni 1835 heimſuchte, nebſt einem Grundriſſe, ſo wie Tabellen uͤber die Richtung der auf einer ſeine Bahn durchſchneidenden Strecke niedergewor— fenen Gegenſtaͤnde. Von W. C. Redfield, Esg. (Hierzu die Figuren 1. und 13. auf der mit Nr. 397 [Nr. 1. bie: ſes Bandes] ausgegebenen Tafel.) (Schluß.) Aus den obenerwaͤhnten Gruͤnden und wegen der um die Axe des Wirbelwindes her wirkenden Hebekraft des Strudels, ſind die Wirkungen laͤngſt des Striches, uͤber welchem die Axe ſich hinbewegt hat, gewoͤhnlich heftiger, als an andern Stellen der Bahn. Die Linie der groͤßten Heftigkeit füllt ziemlich mit derjenigen zuſammen, welche die einwaͤrtsgeneigten Windbruͤche der beiden einander entgegen— geſetzten Seiten der Bahn ſcheidet. ) Die letztere Linie oder ſcheinbare Axe der Bahn nennt man zuweilen die Li— nie der Convergenz, und wir haben ſie in Figur 18 durch den Pfeil ce bezeichnet. Laͤngs dieſer Linie werden, unter Beguͤnſtigung der Hebekraft der ſtrudelnden Luft, viele Baͤume vorwärts gefuͤhrt und ſo zuruͤckgelaſſen, daß ſie mit der Bahn des Sturmwindes ziemlich parallel liegen, fo daß ſie im Vergleiche mit der mehr ſchraͤgen und ſeitlichen Rich— tung der meiſten zu Anfang des Wirbelwindes in der Naͤhe der mittlern Portion der Bahn niedergeriſſenen Baͤume, ſcheinbar eine abnorme Lage haben. Der ſich fortbewegende Wirbelwind uͤbt, in der That, hier, an ſeinem Schweife oder Schluſſe, eine ſolche Gewalt aus, daß die Baͤume oft entwur zelt und betraͤchtlich weit fortgefuͤhrt werden. ) Die Linie der größten Heftigkeit fällt gewohnlich etwas mehr rechter Hand, als die Scheidelinie der Convergenz. No. 1500. nde. Ich muß hier anfuͤhren, daß bei allen von mir unter— ſuchten Wirbelwinden, ſo wie wenigſtens bei einigen von Andern beobachteten, die Drehung in derſelben Richtung ſtattfand, wie bei dem uns hier beſchaͤftigenden.“) Um die Wirkungen eines Sturmwindes richtig und genuͤgend zu unterſuchen, hat man ſeine Aufmerkſamkeit auf ſolche Theile der Bahn zu richten, die ſtark genug bewaldet ſind, daß zu beiden Seiten die aͤußerſten Graͤnzen der zum Niederreißen der Baͤume erforderlichen Kraft deutlich ſicht— bar werden und zugleich die zu beiden Seiten der Axe ver— anlaßten Wirkungen ſich klar darſtellen. Zunaͤchſt haben wir ſo genau, wie moͤglich, die Linie zu ermitteln, welche die beiderſeitig convergirenden Windbruͤche voneinander ſcheidet und welche wir oben die Linie der Convergenz genannt ha— ben. Dann iſt die allgemeine Richtung dieſer Linie, ſo wie der Bahn an der unterſuchten Stelle in Erfahrung zu brin— gen, und ſobald dieß geſchehen, haben wir die Breite der Bahn, das iſt, den Abſtand der beiderſeitigen Graͤnzen, zu meſſen, bis zu welchen Windbruͤche ſtattfinden; endlich aber die Richtung, in welcher ſaͤmmtliche Gegenſtaͤnde niederge— worfen worden, unter Beruͤckſichtigung aller ſonſtigen Auf— ſchluß gewaͤhrenden Puncte, ſorgfaͤltig wahrzunehmen. So erhalten wir fiber ſchaͤßzbare Materialien für ſpaͤtere Unter: ſuchungen, und wenn man dieß Verfahren in allen Faͤllen gewiſſenhaft verfolgt, wird man gewiß zuletzt dahin gelan— gen, daß die wirbelnde Bewegung der Sturmwinde außer allen Zweifel geſtellt wird. Die Unterſuchung der Entſte— hungsurſachen der Orkane, ſo wie der Agentien, welche de— ren Dauer und Heftigkeit unterhalten, gehoͤrt nicht hierher. Neu-⸗NYork, d. 20. Juli 1840. *) 3. B. bei dem Wirbelwinde, welcher am 25. Juli 1838 durch die Grafſchaft Allegany im Staate Neuyork fuhr und den Herr Gaylord im American Journal of Science, Vol. XXXVII. p. 92, befchrieben hat. 4 51 Tabellariſche Ueberſicht der Beobachtungen in Betreff der Richtungen, in welchen die Baͤume durch den am 19. Juni 1835 unfern Neu -Braunſchweig ſtattgehabten Sturmwind niedergeworfen wurden. Die Fortbewegung des Sturmwindes ging von Weſten nach Oſten. Erſte Tabelle. Abſchnitt der Bahn links von der Linie bb. Breite 110 Yards. Nr. Richtung des Neigung nach Innen a. S. 20 W̃ 110° b. S 8 W - . 5 ld 1. Se W . 1 . 157 2. Suͤd g 8 8 2 90 3. Weſt 180 4. S. 80 W. 170 5. S. 0 W. 130 6. S. 40 W. 150 , e e ee . s 170 8 10 D. 5 . 100 9. S. 50 W. . . & 140 107 S. 50 W. 5 . b 140 S 26 W. . 0 8 116 12 ee ee e . f 140 „ E h , . . 0 155 14. Si 0 9 Mittlere Richtung S. 479 W., oder 157° nach Innen und Nüds Sechszehn Faͤlle. naͤmlich 47° ruͤckwaͤrts waͤrts. Zweite Tabelle. Links von der Mitte oder Axe, von bb bis c; Breite 33 Yards, mit Einſchluß der Nummern 32 und 33, aber mit Ausſchluß von Nr. 34 und 35. Nr. Richtung des Neigung nach Innen Los Falles. und Rückwärts. S . . 88° 10°..07071247907 , 102 F 0 55 e e 79. 28 E e e 0 65 20. N. 80 W. 190 S. 20 O. : 70 S. 80 O. A 8 10 15 9. 45 d. 45 220 D. 5 70 29. 60 D. . 30 SO D ee. 30 31. Oſt . 00 82. 15 383. 8 97 . Ä R 34 Sechszehn Fälle. Mittlere Richtung S. 35° O., d. i., 55 nach Innen. Mittel der beiden Abtheilungen linker Hand, 32 Faͤlle, S. 6° W., naͤmlich 6° ruͤckwaͤrts oder 96° einwaͤrts und ruͤckwaͤrts gerechnet. 52 Dritte Tabelle. Zweifelhafte oder ſolche Faͤlle, die ſo— wohl auf die eine, als auf die andere Seite bezogen werden koͤnnen. Nr. Richtung des Neigung nach Innen Falles. und Ruͤckwaͤrts. 35. Oſt . . . 00° 36. N. 85 O. 0 - 0 8 05 37. Oſt, zwei Faͤlle 5 00 Vier Fälle. Mittlere Richtung: O. 19 N. Vierte Tabelle. Rechts von der Axe von cc bis W. O., Breite 66 Yards, mit Einſchluß von Nr. 84 und mit Ausſchluß von Nr. 32, 33, 36 und 37. Nr. Richtung des Neigung nach Innen Falles. und Ruͤckwärts. i de 560! 54° N. N. 60 DO. 30 265. N. 10 O. 80 354 No 0 2 8 10 38. Oſt 8 0 5 00 SI N O S 2 9 60 400 N 1 D. 20 a N. 58 8 35 42. N. 50 O. 40 . Ns 12 44. N. 45 O. 45 45. N. 45 O. 45 46. N. 25 O. 65 47. N. 35 O. 55 48. N. 40 W 8 0 5 50 Funfzehn Faͤlle. Mittlere Richtung Nr. 519 O., naͤmlich 39° einwaͤrts in Bezug auf die Richtung der Bahn. Fünfte Tabelle. Rechts von der Are von WO bis aa, Breite 99 Yards Nr. Richtung des Neigung nach Innen Falles. und Vorwaͤrts. — — 49. N. 67 O. 23° 50. N. 45 O. 45 51. N. 22 63 52 N. 3 D E ° % 87 53. N. 30 O. ; . 5 60 54. N. 100 2 g 80 55. N. 33 D. 55 56. Nord 5 90 ee e D 80 58. N. 8 O. 87 59 N. 45 O. 45 60. N. 10 D. 80 61. N. 35 O. 8 55 62. N. 60 O. 0 30 64. N. 40 O. 50 65. N. 20 D. 70 66. 0 O. 80 67. N. 20 O. 70 68. N. 40 O. 50 69. N. 70 O. 20 70. N. 50 O. 40 58 Nr. Richtung des Neigung nach Innen . 9 ee e eee 5 x “ 55 Nod. 5 . 3 60 7 N S. 5 3 N 40 74. Nord (zwei Faͤlle) k . 90 75. Nod x ; B - 90 76. Nord 8 R . 5 90 77. N 20 W. (Baumgruppe) 110 W. - 125 Zu 2730. W. 120 80. N. 10 W. 1 5 100 N. 65 .,. 0 , R 25 82 N. 70 D. bi 8 20 Dreiunddreißig Fälle. Mittlere Richtung N. 24° O., nämlich 66° nach Innen. Sechste Tabelle. Rechte Abtheilung der Bahn von aa bis zum ſuͤdlichen Rande. Nr. Richtung des Neigung nach Innen Falles. und Ruͤckwaͤrts. 65. N. 35% B. 55° 88. N. 45 O. 4 2 x 45 Na O. 2 1 8 50 N 70 D. 8 2 2 ed 86. N. 23 O. 4 8 5 67 87. N. 31 O. 5 58859 88. N. 20 O. 70 89. N. 22 O 5 g „ 98 90. N. 10 O. 3. k N 80 HAN. 55. O. e 4883 92. N. 70 O. 1 8 5 20 99 N. 55 D. 8 0 8 5 g. N. 68 O. 0 5 . 22 M25 O. 65 Vierzehn Fälle. Mittlere Richtung N. 419 O., d i. 49 einwaͤrts. Mittlere Richtung der drei Abtheilungen rechter Hand von der Axe, 62 Fälle, N 383 O., was eine Neigung von ziemlich 579 nach Innen austrägt. Erklarung der Abbildungen. Die Figuren ſtellen eine Skizze der Windbruͤche dar, wel— che der Ockan des 15. Decembers 1839 in dem Waldguͤr— tel auf dem oͤſtlichen Ufer des Fluſſes Rariton, der Stadt Neubraunſchweig, im Staate Neu-Jerſey, gegenüber, veran— laßt hat. Das Flußufer iſt daſelbſt mit einem Forſte von ungleicher Breite beſtanden, an welchen gegen Oſten offnes Land ſtoͤßt, deſſen weſtliche Graͤnzlinie ſehr unregelmaͤßig iſt. Die Linie CC ſtellt den Weg der ſcheinbaren Axe des Orkanes dar Die Puncte bezeichnen das Wurzelende der Baͤume; ein Theil der Wurzeln ſitzt in allen Faͤllen noch in der Erde feſt. Der Orkan ruͤckte gegen Oſten vor. 54 Erklaͤrung eines Landkaͤrtchens, auf welchem die Rich— tung, welche der Wind bei dem am 15. December 1839 vorgekommenen Sturme, nach vielfachen Beobachtungen, um Mittag hatte, dargeſtellt iſt. Von W. C. Redfield, Esg. Die Pfeile auf der Karte geben apprerimativ die Rich- tung an, welche der Wind an den verſchiedenen Puncten, wo Beobachtungen ſtattfanden, um Mittag hatte. Die in Abſtaͤnden von 30 englichen Meilen gezogenen Kreiſe ſollen nicht die wahre Richtung des Windes andeuten, ſondern nur die Vergleichung der verſchiedenen Beobachtungen er— leichtern. Die vermuthliche Axe des Orkanes zu der angegebenen Tageszeit haͤtte wohl mehr weſtlich gelegt werden und mit dem Morriſon und der Cape Cod Bay zuſammenfallen ſollen, an welche Puncten der Orkan um Mittag nach entgegengeſetzten Richtungen mit der groͤßten Heftigkeit wehte. Der Mor— riſon befand ſich auf der Fahrt von China nach Newyork, und ich habe Grund zu glauben, daß der Ort, wo er damals war, auf eine zuverlaͤſſige Weiſe beſtimmt worden ſey Das Schiff lavirte um Mittag mit Einziehung aller Segel und war um 7 Uhr Morgens plögli von dem weſtlichen Theile des Sturmes uͤderfallen worden. Faſt die ſaͤmmtlichen auf der Karte verzeichneten Landſtriche, mit Ausnahme des nord» weſtlichen und aͤußerſten noͤrdlichen Theiles, wurden von dem Drfane hart mitgenommen, obwohl die Umgegend der Buzzard-Bay u. ſ. w. Nachmittags und Abends nur von den um die Axe her wehenden ſchwaͤchern Winden getroffen wurde. In den Staaten Connecticut, Rhode-Island, Maſſachuſetts, Neu-Hampſhire und Maine, fo wie theil— weiſe in den Staaten New=Vorf und Vermont, fiel wäh: rend des Orkanes ſehr viel Schnee. In den weſtlichen und nördlichen Gegenden der Staaten New- Vork und Vermont fiel ebenfalls etwas Schnee; allein der Wind wehte dort, meiſt aus Nord und Nordweſt, nur mit maͤ— iger Kraft. Abkuͤrzungen in nachſtehender Tabelle: N. H. New-Hampſhire; Me. Maine; Ms. Maſſachuſetts; R. J. Rhode Island, der Staat; Ct. Connecticut; L. J. Long- Island; N. Y. New: York, der Staat; N. J. New: Jerſey. NB. Meine Beobachtung in Be: zug auf den 15. Nachmittags iſt früher irrizerweiſe zu N. W. zu W. angegeben worden; es muß heißen N. W. zu N. ). (Lond. Edinb. and Dublin Philosoph. Mag. Third Series, No. 114. January 184l.) ) Wahrſcheinlich meint hier der Verfaſſer, welcher den fragli⸗ chen Orkan zu New Hork beobachtete, die in Nr. 301, S. 229 unter Nr 23 d Neuen Notizen aufgefuͤhrte Beobachtung. In der eben angezogenen Nummer d. Bl. findet man uͤber⸗ haupt ruͤckſichtlich des Sturmes vom 15. Dec. 1839 nähere Auskunft. Der Ueberſ. 4 * 55 56 Tabelle über die Beobachtungen in Betreff der Richtung des Windes bei dem Orkane vom 15. Dec. 1839, wie ſie auf der Karte, Figur 1. der mit Nr. 397 d. Bl. ausgegebenen Tafel verzeichnet ſind. Nr.] Orte der Beobachtung. 1. | Nantucket, Ns. 2. | Barnſtable, Ms. 3. | New Bedford, Ms. Newport, R. J. Cape Cod Bai. . | Sare Lod, Provincetown, Ms. Providence R. J. 8. Norwich, Ct. 9. | Lulloden Point, L. J. 10. | Boſton, Ms. } 11. | Bloucefier, Cape Ann, Ms. 1% alem, Ms. 13. Walidam Me. 14. | Worceſter, Me, 15. | Naſhua, N. H. 16. | Middleiownu, Et. 17. | Schif! Morriſon unter 390 35 N. B., 71 50 L. 18. | Perismoulh, N. Y. Northampion, Mes. Amherst, Yes. News Haven, Et. Concord, N. H. Keene, N. H. Liichfield, Et. Stratford, Et. Küfte der Feuer» Juſel (Firc- Lland), L. 3 Portland, Me. Kinderhoek, N. Y. Weſt, Point, N. Y. News Vork, Stadt. Fort Wood am Hafen von New» York. Flatbuſh, L. J. 31. ] Sandy Hook Bay, N. Y. 32. | Honover, N. H. 33. Salem, Waſbington E., N. 9. Albany, N. Y. 34. Lauſingburgb, N. Y. 35. | Kingston, N. Y. 36, | Geſhen, N. Y. 37. [ Die Barte Aung Louiſa auf der Höhe von Abſecund, N. 3. 38, Hartwich, Drfege 4%. R. 9. 39. | Oxford, Ehenango C., N. Y. 40. | Lape Map, N. 3. Vormittags. Mittags. O. S. O. um 1 Uhr Nachm. N. O. um 7 Uh) Morg. fiarfer Wine (O. S. O.) aus S. O. Sornenaufg. N. O. mäßig. Sonnenaufgang O. 9 zumlich ſtart. N. O. (N. o.) O. S. O. O. S. O. O. S. O. O. S. O. Eh >h N. O. N. O. N. D. Der Wind ſetzt ſichf um Mitiag nach N. W. um. N. O. b. Sonnen- N. O. (o. zu R aufgang. er 855 Ari D. zu N. Vorm. n e e O. S. D. O. S. O. Oſtwarts. Oſtwarts. N. O. O. N. 8 N. O. N. . N. 3 N. O. N 4 N. 1 (N. zu O.) S. O. W. N. W. W. N. W. O. (d.) N. N. ju 28. N AN. O.) 5 (Mittel R. 30 9.) N. Nordöstlich. | N. O. D N. O. 2.9 In der Nacht des (R. N. O.) 14. N. O. ar N. zu W. N. zu W. um Mitternadr 5 N. O., ſich zu W. N. umſetzend. N. O. um 11 Ubr . (2. 6° S.) N. o. N. O. N. N. N. S. W N N. W. EN; N. (N. N. W.) N. (N. N. w) N. N. W. N. o. (N. 2.) N. d. N. o. N. o. ? N. N. O. * (N. 280 O.) N. O. N. O. N. O. (N. N. 2.) W. N. W. N. 18. N. O. R. O. R. N. N. W. N. W. Nachmittags. S. W. DO. um 2 Uhr Nadını. D. b. Sonuenuntg. Nachm. Enns nenunt., Himmel hell. D. N. J. 2u. Nachm S. 3 JI. U. Nachm. D. 2 lor Nachm. S. S. O. Sonnenunt. N. O. O. S. O. um 2 Rachm. O. S. N. O. N. O. D. S. O. b. nenunterg. Son: O. 3. N. Nachm. D 0 Oſtwärts. D. N. O. DO. N. . In. W. N. W. O. N. O. N. zu W. | . N. W. N N. N. O. dis 11/2 Uhr Nachm. N. O. u. mehr nordl. N. O. N. in der Nacht d. 15. W. N. zu — Becbachter und fonftige Autoritaͤten. Bericht von J. Mitchell, migetbeilt von Hrn. Es pey. Bericht aun den 5 8 des Boſt ericht au den Herausgeber oſton Sch meme das Mitt Jrwiſch en Courier. x h Blur von Wu. H. Brownzudarns ( und S. O. fur die wahre ſiabie. Richtung um Mittag an. Joſeph Congdon's mctcorologiſches Tagebuch. Ich nehme O. zu N. als die milte Samuel Rod man's do., mitgetheilt von Hrn. Es pe y. Profeſſor Cas wells meleorelogiſches Tagebuch. Bericht des Lap. Stemmer von der Brigg Letlumbus. lere Richtung um Mittag an. Sceberichte in den Boſtoner Seitungen. Profeſſor Tas wells meteorologiſches Tagebuch. Norwich Courier. Capi. Green’ s Bericht, mitgetheilt von Hrn. Es pv. Wm. Cranch Bond's meteorolo giſches Tagebuch. Robert Treat Paine. Brief aus Glouseſter in den Boſtonet Zeitungen. Salem Gazette. Monthly met, Journ. (Meteorologijher Monatsbericht) von C. F. in dem Boston daily Sentincl, Mereorol. Tagebuch, geführt im Irrenhauſe des Staates und veröffentlicht in der National Aegis. Nashua Telegraph. Bericht des Profeſſot S mit d. Dr. Bar rates meteorologijhes Tage duch. Das Logbuch des Schiffes, jo wie die Ausſage des Capt. Benfon und feiner Offictere. Wöchentliches mereorologijches Tagebuch, das zu Portsmouth erſcheint. W. Am wille u. A. nach ihm Angenommenes approximaltdes 1 S 1s teorol, Tagebuch, Me 7 5 En 15 Mitte R. N. O. miigetheilt don Profeſſor Hich co d. Bericht des Capit. Woolſey dem Damprboot Providence. Richter Darlung's meteorologiſches Tagebuch. Brief von Toncerd an Hrn. S. G. Arnold. Aus des Predigers 3. S. Barfiow meteorologiſchem Tagebuch. Litchfield Inquirer. Aus des Predigers J. R. Lin sley meteerelegiſchem Tagehuche, Capifſ. Cartwright und Cap. Skiddy von der Kuſten wache, Meteo rologiſcher Bericht des Lonſervators der Marine» Sternwarle, feutucht zu Portland. Silas Metcalf' s meteorologiſches Tagebuch. Meleotologiſches Tagebuch des Phyſicus. Meteorologiſches Tagebuch von W. C. Nedfietr. werdfe Meteorologiſches Tagebuch det Phyficus. Des Predigers T. N. Strong meitorolegiſches Tagebuch. Logbuch der Varke Oſceola, weiche in der Bucht vor Anker Ing. Prof. Young’s meteorol. Tagebuch, mitgetheilt von Prof, Dubbarp Meteorologiſches Tagebuch von Wm. Brand und Wm. Larken. Meteorol. Tageb. v. T. R. Bec M. D. (Angenommen es Mittel N. o Meteorol. Tageb. von E. T. Foo e. O. Meteorologiſches Tagebuch vou Iſaae Vlau vel. Meteorolog. Tagebuch den Nattaniel Webb und Dr. John S. Crane. Logbuch des Schiffs und Stugniß des Lapu. Wilfon. Des Predigers G. B. Miller und s. Sternberg e meteorol. Tayeb. MNerut. c. Mac Nees mictestolegiſchte Tagebuch. Seebetichte und Briefe in den Zenungen ven Phltodelpbia. New Pork, den 6. July 1840. Die Zahlen in dieſer Tabelle entſprechen denen auf der Karte. Miscellen. Eine neue Methode, Fleiſch ſchnell mit Salzlake zu durchdringen, bat Herr Paine ausgeſonnen und ſich durch ein Patent geſichert. Das Fleiſch wird in ein ſtarkes eiſernes Gefäß ges than, welches luftdicht verſchloſſen und, mittelſt einer Pumpe, luftleer gemacht wird. Dann wird eine Verbindung mit dem Salzgefaße ge⸗ oͤffnet und die Salzlake in das eiſerne Gefaͤß eingelaſſen, bis daſſelbe zur Halfte gefuͤlt iſt. Nachdem noch ein Mal die Pumpe in Bewe⸗ gung gefigt worden, um die noch übrige Luft von dem Fleiſche zu entfernen, wird die Salzlake nicht allein weiter in das eiſerne Ges fäß eingelaſſen, ſondern mittelſt einer Druck-Pumpe eingetrieben (die Sicherheitsklappe mit einem Gewichte von 100 oder 150 Pfund auf den Quadratzoll beſchwert). Nachdem es etwa 15 Minuten unter dieſem Drucke geftanden, kann das Fleiſch vollſtaͤndig gefa'zen aus dem Gefaͤße genommen werden. 58 Von einer Naturbrücke berichtet ein Nordamericaniſcher Reiſender, Herr Smith, in der von ihm herausgegebenen Reiſe durch Kleinaſien folgendes Auffallende: Dieſe Brucke führt zwi⸗ ſchen Erzerum und Trapezunt über ein rauſchendes Berggewaſſer, am Fuße des Taurus. In Folge ſtarker Gasentwickelungen (?) bil: dete ſich naͤmlich an beiden Ufern ein Geſchiebe von Tuff und Sta: lactiten und thuͤrmte und verlängerte ſich allmälig fo weit, daß es endlich in Form eines Gewoͤlbes zuſammentraf und eine Straße von 40 bis 50 Fuß Breite uͤber den Fluß ſpannte, uͤber die auch die chwerſten Laſten geführt werden können. Noch weiter ſtrom⸗ abw arts beginnt eine andere Brüde, auf ahnliche Weiſe, ſich zu bilden. (B. N.) Nekrolog. — Der verdiente Profeſſor der Botanik, zu Copenhagen, Etatsrath Hornemann, Herausgeber der Flora Danica, iſt am 28. Juli mit Tode abgegangen. eil n u m d e. Ueber Ausdehnung des Magens. Von Dr. J. H. Peebles. Der Verfaffer theilt zuerſt die verſchiedenen Beobach— tungen von Vergroͤßerung des Magens mit, welche ſich in der Literatur vorfinden; hierauf geht er zu folgenden Aus— einanderſetzungen uͤber. Es iſt zu bemerken, daß mit der Vergrößerung des Magens bisweilen ein krankhafter Zuſtand der Magenhaͤute und des pylorus, ſo wie Contractionen an verſchiedenen Stellen des Darmcanals und Ergießung von Fluͤſſigkeit in den Magen verbunden iſt, welche letzte bis— weilen ſehr betraͤchtlich wird, waͤhrend andere Male, wiewohl ſelten, das Organ leer gefunden wird. Bisweilen iſt indeß der ausgedehnte Magen auch ganz geſund und ebenfalls bald mit Fluͤſſigkeit gefuͤllt, bald leer. Bei der erſten Reihe der zuſammengeſtellten Faͤlle fin— den ſich Veraͤnderungen und Deforganifationen der Magens haͤute von der verſchiedenſten Art. Im erſten Falle, z. B., waren die Magenhaͤute nicht dicker a's ein Blatt Papier, gegen den pylorus hin etwas verdickt, jedoch chne Ver— engung diefer Magenoͤffnung; bei'm zweiten Falle war der pylorus nicht degenerirt, aber durch eine laͤngliche Balgge— ſchwulſt verſtopft, welche in das duodenum hinabreichte, während die aͤußere Magenbaut mit zahlreichen Hydatiden beſetzt war und die beiden Magenmuͤndungen einander fehr nahe lagen; bei'm dritten Falle knorplige Verdickung des verengten pylorus, Zuſammenziehung der Dickdaͤrmez bei'm vierten Falle Contraction des Magens, etwa eine Handbreit uͤber dem pylorus, durch eine harte, fingerbreite Maſſe, bei betraͤchtlicher Vergroͤßerung der Druͤſen, Hervorragung vieler Druͤſenkoͤrper auf der Oberflache, und beträchtliche Contraction der Daͤrme; bei'm fünften Falle iſt der pylo- rus ſeirthoͤs, Enorpelig: beim ſechsten Falle findet ſich py— lorus und Anfang des duodenum bart und in der Laͤnge von 2% Zoll bis auf Federkieldicke verengt, die Subſtanz des Magens weich und muͤrbe, die Muskelfaſern betraͤchtlich voneinander entfernt; bei'm ſiebenten Falle war die innere Flaͤche vollkommen weiß, die ganze Schleimhaut ſehr weich und innerhalb einer gewiſſen Ausdehnung vom pylorus an zerſtoͤrt, indem ſich hier unregelmaͤßige, weiße, breiige Maſſen erhoben hatten, welche ulcerirt waren und die Muskelfaſer an diefer Stelle zerftört hatten. Der Darmcanal war cons trahirt. Im achten Falle war die innere Flaͤche mißfarbig, theulweiſe breiig erweicht, die Magenwaͤnde ſehr dünn und muͤrbe, die Muskelhaut betraͤchtlich verdünnt und der Darm: canal contrabirt; bei'm neunten Falle waren die Haͤute et— was verdickt, die Schleimhaut undurchſichtig hoͤckrig, an einer Stelle vernarbt, das duodenum contrahirt. Bei der zweiten Reihe von Faͤllen fand ſich der Ma— gen immer in geſundem Zuſtande, und bei der dritten Reihe der zuſammengeſtellten Faͤlle ſind die Angaben uͤber den Zu— ſtand der Organe zu unvollkommen, als daß man etwas Anderes, als die ungewöhnliche Ausdehnung des Magens, dar— aus entnehmen koͤnnte. Einige Schriftſteller haben dieſe „Vergroͤßerung des Magens mit betraͤchtlicher Anſammlung von Fluͤſſigkeit“ ein⸗ fach von einer allmaͤligen Anſammlung fluͤſſiger und feſter ingesta abgeleitet. Andere, wie Frank, Valentini x., betrachten dieſe krankhafte Beſchaff nheit als eine Art von Waſſerſucht. Der abnorme Zuſtand des Magens iſt nach drei Bedingungen unterſchieden worden: 1) als seirrhus mit Verengerung des pylorus; 2) als krankhafte Hyper trophie oder Verduͤnnung der Magentäute, beſonders der Muskelhaut; 3) als eine Paralyſe der Magenhaͤute, welche uͤbrigens im normalen Zuſtande gefunden wurden. Chauſſier, Dubled u. A. haben dieſe Magens krankheit mit Anſammlung ven Fluͤͤſſigkeiten hauptſaͤchlich von der erſten dieſer Bedingungen abgeleitet, wodurch der Mageninhalt verhindert wird, in dem Darmcanal weiterge— ſchafft zu werden. Unter der ganzen Anzabl von Fällen finden ſich in deß nur fünfe mit krankhafter Verengerung des pylorus. Andere haben eine uͤbermaͤßige Ausdehnung und Verdünnung der Magenhaͤute als Urſache bezeichnet, wobei die Muskelhaut nicht mehr zur Fortſchaffung wirken kann; es iſt jedoch zu bemerken, daß dieſer Zuſtand firden Mal nachgewieſen iſt, und davon fallen drei mit Verengerung des pylorus zuſammen. Beruͤckſichtigt man uͤberdieß die Haͤu⸗ figkeit ſcirrhoͤſer Degeneration des pylorus oder Ausdeh— nung des Magens und Anſammlung von Fluͤſſigkeit, fo muß man zu dem Schluſſe kommen, daß eine andere Ur— ſache jenem Zuſtande zu Grunde liegen muͤſſe. Bei der zweiten Reihe finden wir uͤberdieß dieſelbe Ausdehnung dei ganz normalem Zuſtande des pylorus und 59 der Magenhaͤute. Hier hat man eine Paralyſe als Ueſache betrachtet, aͤhnlich den Ausdehnungen der Harnblaſe durch Lähmung der Muskelhaut derſelben. Eine fo große Aehn— lichkeit der Blaſe und des Migens iſt indeß nicht zuzugeben; die Blaſe iſt nur als receptaculum zu betrachten, der Magen dagegen hat wichtige Functionen. Wr miſſen mit den Schriftſtellern, welche die Krankheit unter die Hydropſieen rechnen, zugeben, daß ſich haͤufiz Veraͤnderungen finden, welche auf fruͤhere ſubacute Entzuͤndung hindeuten, wie ſie auch in andern Geweben die Wiſſerſuchten begleitet. Hier find die Hydatiden zu erwähnen, welche eine zureichende Urs ſache fuͤr die Ergießung bei manchen Waſſerſuchten abgeben, und obwohl wir nicht verkennen, daß die in den Migen aufgenommenen Fluͤſſigkeiten die Anſammlung vermehren, fo iſt doch nicht zu leugnen, daß die Hauptmaſſe der anyes ſammelten Fluͤſſigkeit von einem abnormen Secretions- und geftörten Abſocptionsproceß im Migen herruͤbren könne. Es iſt bei der Ueberſicht der 25 Fälle zu bemerken, diß haufiger Contractionen an irgend einer Stelle des Darmcanals vorhanden waren, als irgend eine krankhafte Vrrinderung des Migens; dieß mag zur Steigerung der Fille und zur Störung der Be vegungsthaͤtigkeit des Darm: canals mit beigetragen haben. In Ganzen mäffen wir in: deß dieſen Zuſt and des Magens (Er weiterung und Anſamm— lung von Flüͤſ igkeit darin) als abhängig von einem eigen: thuͤmlichen Zuſtande des Allgemeinbefindens betrachten, wo: durch unter beſondern Bedingungen, namentlich bei einem veraͤnderten Zuflande des Blutes, auch ohne organiſche Ver— Änderung der Magenhaͤute eine Ausdehnung des Organes mit Anſammlung von Fluͤſſigkeit vorkommen kann. Es iſt zu bedauern, daß der Zuftand der Urinſecretion ſo ſehr uͤberſehen worden iſt. Bei drei Faͤllen, wo derſelben Erwähnung geſchieht, war die Quantität des Urines ver: mindert (Falle von Vielfceſſern und von maniacis, welche übermäßige Quantitaͤten Speife oder Getraͤnk verſchlingen, ſind hier nicht weiter berüdjihtigt, da bei dieſen die Urſache der Ausdehnung des Magens hilnlaͤnglich klar it. Diagnoſe. — Es iſt wichtig, dieſe Magenaffection von andern Unterleibskrankheiten unterſcheiden zu koͤnnen; denn man hat fie für aseites, für Sackwaſſerſucht und ſelbſt für Schwangerſchaft gehalten. Bei den gewoͤhnlichen Faͤl— len wird es nicht ſchwer ſeyn, die Natur der Krankheit zu erkennen, obwohl es vorkommen kann, wegen der Lagesder— Anderung des Magens und der neuen Beziehung zu anderen Unterleibsorganen, daß der Arzt in Verlegenheit geraͤth, be— ſonders, wenn der Verlauf der Krankheit nicht klar iſt. Bei den zuſammengeſtellten Fällen, bei denen freilich die Natur der Krankheit haͤufig erſt nach dem Tode erkannt wurde, waren im Allgemeinen folgende Symptome zugegen: Die Symptome des Beginnes der Krankheit waren Verdauungsſtoͤrung, Flatulenz, Aufſtoßen, Erbrechen, un: regelmaͤßiger an tit, bisweilen Uebelkeit oder Druck im epi- gastrium, Verſtopfung oder alle gewöhnlichen Symptome eines seirrhus pylori, chroniſche gastritis oder Neuroſen des Magens mit allgemeiner Abmagerung. Hat ſich aber eine betrachtliche Vergrößerung des Magens mit der gewoͤhn— 60 lich ſehr betraͤchtlichen Anſammlung von Fluͤſſigkeit ausge— bildet, ſo koͤnnen wir ſie leicht durch die folgenden Zeichen nach 1 Sinan oder Anſchwellung des Unter⸗ leibs. Unterſucht man den Kranken in horizontaler Lage, ſo Neft ſich die Geſchwulſt, in Geſtalt einer laͤng— lichen Hervorragung, von der linken falſchen Rippe zur rechten kossa iliaca; ſteht der Kranke, fo ragt das epi— gastrium weniger hervor, als der untere Theil des Unter— leibes, die Geſchwulſt fluctuirt uͤberall und haͤngt in ihrer Ausdehnung ganz von der Vergrößerung des Magens ab, wel ber dabei bis zum Schaambogen herabreichen kann. Die Hervorragung iſt weich und nachgiebig, ſelten oder niemals hart, außer wenn irgend eine der ſeltenen Complicationen von Degeneration eines Organes damit verbunden iſt. Erbrechen. — Dieß iſt ein conſtantes Symptom; es beſteht entweder aus Fluͤſſi keit allein, oder aus Fluͤſſigkeit mit Speiſen gemeiſcht. Es kann periodenweiſe wiederkehren, ſo daß es entweder mehrmals taͤglich, oder alle zwei, drei oder vier Tage, oder ſelbſt nur alle acht Tage, eintritt. Es geht haͤufig ein Gefuͤhl von Ueberfuͤllung voraus, und es folgt Erleichterung mit augenblickticher Verminderung des Umfanges des Leibes. Bisweilen beſteht das Erbrechen in einer Art von Regurgitation, und die hierdurch ausgelkerten Maſſen find oft ſehr betraͤchtlich. Der Magen wird indeß niemals ganz entleert. Gegen das Ende der Krankheit wird das Erbrechen bisweilen weniger häufig; gewöhnlich dagegen wird es häufiger. Die Farbe der ausgeworfenen Fluͤſſigkeit iſt in der Mehrzahl der Faͤlle dunkel, ſelbſt wenn gar keine Krankheit der Magenhaͤute oder des pylorus vorhan— den iſt. Große Abmagerung tritt faſt beſtaͤndig ein, wenn die Krankheit fortſchreitet. Die Diagnoſe wird dadurch erleichtert, da man alsdann den ausgedehnten Magen leichter durch die Bauchdecken hindurch fühlen kann. Bei vorgeſchrittenem Zuſtande der Krankheit findet ſich auch ein Gefühl von Schwere und Druck im epigastrium, bisweilen Schmerz in dieſer Gegend. In den Fallen, in welchen die Zunge unterſucht wors den iſt, war ſie nur wenig veraͤndert, gewoͤhnlich blaß; der Puls war ſchwach und unregelmaͤßig, feberhaft und der Ap⸗ petit wechſelnd. Herr Dubled hat Anleitung gegeben, wie bei dieſer Krankheit die aͤußere Unterſuchung des Unterleibes vorge— nommen werden foll, durch Berührung, Druck, Percuſſion und Erſchuͤtterung; das ſicherſte Zeichen giebt die letztere, welche dadurch ausgefuͤhrt wird, daß man eine Hand auf jede Seite des Unterleibes auflegt, wobei man einen Ton erhält, wie von einer Blaſe, die mit Luft oder Waſſer ge— fuͤllt iſt. Ducch die angegebenen Zeichen laͤßt ſich leicht die Ausdehnung des Magens von anderen Geſchwuͤlſten im Un— terleibe unterſcheiden. Mit aseites iſt ſie nicht zu verwech— ſeln, da die Anſchwellung nicht auf dieſelbe Weiſe vorſchrei— tet. Bei der Ausdehnung des Magens ruͤckt er von dem oberen bis zu dem unteren Theile des Bauches herab, na— mentlich der Grund des Organes, welcher die Fluͤſſigkeit 61 enthält; bei'm ascites ſammelt ſich dagegen die Fluͤſſigkeit zuerſt im hypogastrium, und man findet die Fluctuation an dem hinteren Theile der Seiten. Die Verſchiedenheit in der Ausdehnung des Unterleibes, wie ſie bei Anfuͤllung und Ausleerung des Magens ſtattfindet, hilft bei der Unterſchei— dung dieſer beiden Krankheiten. Außer den der Sackwaſſerſucht eigenthuͤmlichen Erſchei— nungen, laͤßt ſich dieſelbe leicht durch obige Zeichen unterſchei— den, welche als pathognomoniſche Merkmale der Magenkrank— heit betrachtet werden koͤnnen. Schwangerſchaft wird damit, außer bei großer Nachlaͤſſigkeit und Unwiſſenheit, nicht ver— wechfelt werden koͤnnen. Form und allmaͤlige Veränderung des Unterleibes, Auscultation und innere Unterſuchung ſichern vor Verwechſelung Behandlung. — Die Möglichkeit einer Hemmung dieſer Krankheit iſt meiſtens dadurch verhindert, daß ſie an— fangs undeutlich iſt, ſehr allgemein fortſchreitet, und daß der Kranke erſt ſehr ſpaͤt ſich nach Hülfe umſieht. Nach fo langer Dauer iſt keine bleibende Huͤlfe von Arzeneimitteln zu erwarten; beſonders wenn die Ausdehnung mit einer Krankheit der Magenhaͤute verbunden iſt und wenn die Kräfte des Kranken bereits beinahe erſchoͤpft iſt. Findet man die Kräfte noch nicht ſehr beeinträchtigt und iſt der Druck im epigastrium ſchmerzhaft, der Puls fieberhaft, die Zunge belegt, fo wendet man eine antiphlogi— ſtiſche Behandlung an, locale Blutentziehung nach dem Grade des Schmerzes und der Kraͤfte, öfters wiederholte Blaſenpflaſter oder Moren, auf die epigaſtriſche Gegend ans gewendet, den Gebrauch milder Laxanzen und eroͤffnender Clyſtire. Fehlen alle Spuren localer gastritis, fo giebt man tonica, leichte bittere Mittel, Magisterium Bismuthi und leichte Abfuͤhrmittel und elysmata, animaliſche Diät in geringen Quantitaͤten und verbietet alle Flüffiykeiten; anodyna dienen zur Beruhigung und zur Beſeitigung ſchmerzhafter Gefuͤhle. Zur Unterſtuͤtzung und Kraͤftigung des Magens braucht man Binden. Diuretica find viel: leicht von Nutzen, wenn eine betraͤchtliche Menge Fluͤſſig— keit ſich anſammelt, da durch Erregung der Nierenthaͤtig— keit, wie bei Waſſerſuchten, der Magen ſehr erleichtert wer— den kann. Indeß läßt ſich auf eine bleibende Beſſerung nicht rech— nen. Der Kranke unterliegt nach langem Leiden der ſich hinausziehenden Krankheit und dem Mangel an Nahrung, und es iſt merkwuͤrdig, wie raſch und ploͤtzlich, ohne voraus: gehende Veraͤnderung, der Tod dem Zuſtande ein Ende macht. (Edinburgh. med. and surg. Journ., Juli 1849). Zwei Fälle von Punction bei hydrocephalus chronicus, Von Dr. Kilgour. Die Bekanntmachung von Dr. Conqueſt's Fällen von Punction des Gehirns bei chroniſchem hydrocephalus hat gewiß manche Practiker veranlaßt, daſſelbe Mittel bei dieſen unglüͤckli⸗ chen Krankheitsfällen anzuwenden. Die beiden folgenden Fälle zuir gen, daß die Operation nur wenig Einwirkung auf den Kranken 62 hat, daß aber SI von den Fallen, wo das Mittel verſucht wurde, einen gaͤnzlichen Mangel an Erfolg beweifen. Erſter Fall. Catharina M'Donald, 2 Monate 11 Tage alt, wurde am 7. März 1839 in das Spital zu Aberdeen aufge— nommen. Das Kind litt an chroniſchem hy drocephalus. Die Mutter hatte 4 Monate vor der Entbindung einen Anfall von Pocken. Das Kind wurde ausgetragen und zeigte bei der Geburt auf der linken Geſichtsſeite zwei deutliche Narben, welche noch eri« ſtiren. Die Anſchwellung des Kopfes des Kindes wurde unmittel- bar nach der Geburt bemerkt und von der Mutter davon abgelei⸗ tet, daß ſie waͤhrend der Entbindung die Pocken gehabt habe. Der Kopf hatte ſich allmälig vergrößert und maaß bei der Auf: nahme 205 Zoll Umfang und 12! von einem Ohre zum andern. Die Kopfknochen ſtehen weit auseinander, und die Fluctuation iſt ſehr leicht zu fühlen. Es ſcheint keiner der Sinne des Kindes mangelhaft zu ſeyn, und daſſelbe iſt wohl genaͤhrt. Am 10. März. Das Kind hat Hydrargyrum cum creta ge- nommen, und es wurde nun mit einem von Dr. Conqueſt's Troicarts auf der rechten Kopfſeite in der Mitte zwiſchen dem Ohre und der vordern Fontanalle ein Einſtich gemacht. 15 Unzen einer klaren, durchſichtigen, farbloſen Fluͤſſigkeit gingen in vollem Strome ab. So wie der Abfluß ſich verminderte, wurde das Kind blaß und ohnmaͤchtig und brach etwas Milch aus. Nach Entfernung der Roͤhre wurde die Wunde mit Heftpflaſter geſchloſ— fin und der durch die Hande des Alſiſtenten während des Abfluſſes zuſammengedruückte Kopf durch breite Heftpflaſterſtreifen und eine Rollbinde in dieſem verminderten Volumen erhalten. Als das Kind wieder die Bruſt bekam, ſaugte es leicht. um 7 Uhr Abends brach das Kind; es hatte aber geſchlafen. Am andern Morgen liegt das Kind ruhig auf dem Schooße der Mutter und blickt nach den Dingen, die ihm gezeigt werden, wie ein einige Monate aͤlte— res Kind Es erhalt 2 Gran Mercur mit Kreide Abends und Morgens Am 18. Der Kepf mißt 20 Zoll im Umfange und 114 in der Quere; das Kind iſt lebhaft und befindet ſich wohl. Am 25. Der Kopf war am 23. punctirt, und es waren 10 Unzen Flüfligkeit, von derſelben Beſchaffenbeit, wie früher, abge— laſſen. Das Kind erbrach ſich ebenſo, wie das erſte Mal, und als die Heftpflaſter und Binden angelegt waren, verfiel es ſogleich in Schlaf. Am Abend lachte es und nahm die Bruſt. Das Maaß vor der Operation betrug 213 in der Rundung und 12 von einem Ohre zum andern. Die abgelaſſene Fluſſigkeit hatte ein ſpecifi⸗ ſches Gewicht von 1.015, reagirte alkauſch und enthielt eine be« trächtliche Menge ſalzſaures Natron und Eiweiß, letzteres jedoch nicht in großer Quantitaͤt. Am 2. April. Es waren Tags zuvor durch abermalige Punc— tion 11 Unzen entfernt worden. Das Kind war fihr unruhig wäbs rend der Nacht, jedoch am Morgen wieder ganz munter; es wurde einige Tage darauf mit nach Haufe genommen. Am 26. Der Kopf maaß in der Rundung 22 Zoll und queer herüber 10. Es wurde auf's Neue purctirtz es wurden 15 Unzen abgelaſſen und die Wunde geſchloſſen, als das Kind zu erbrechen anfing. Es wurde daſſelbe Nachmittags wieder nach Hauſe ge— nommen Das Kind wurde von nun an mehrmals zur Anſicht nach dem Spitale gebracht; es bekam zwei Zaͤhne, bei deren Durchbruch die Gerundheit ſehr geſtoͤrt war. Am 21. Auguſt befand ſich das Kind wohl, es war gut genaͤhrt und im Beſitze aller Sinne; die Augen waren beſonders lebendig. Der Kopf mißt 263 Zoll in der Rune dung und 17 von einem Ohre zum andern. Ich hatte keine Luſt, die Operation zu wiederholen; ſie war bis dahin obne Erfolg und wuͤrde ſelbſt bei woͤchentlicher Wieder⸗ holung chne Erfolg geblieben ſeyn. Es war übrigens neben der Operation alles Erforderliche geſchehen, d. h., das Kind erhielt Mercurialien, es wurde Jodinſalbe eingerieben und Compreſſion mit Heftpflaſtern ausgeführt. Man ſagt wohl: Anceps remedium melius quam nullum: es mag auch Fälle geben, wobei die Operation von Erfolg ift, wie bei Dr. Conqueſt. Wo die Flüffigkeit ſich in einem Balge oder wo fie ſich im Sacke der arachnoidea befin⸗ det und einige Monate oder Jahre nach der Geburt vorkoͤmmt, da mag man fie verſuchen; wo ſich aber die Fluͤſſigkeit in den Ge: 63 hirnzoͤhlen befindet, wo die Nervenfusftang eine Capſel von eini— gen Linien Dicke bildet, welche das Waſſer unſchließt und an wel— cher auf der Schaͤdelbaſis nur einige unbeſtimmte Spuren der ana— tomiſchen Beſtandtheile des Gehirnes ſich vorfinden, da muß die Operation ohne Erfolg bleiben Was De. Ferriar üser den Gebrauch der Digitalis bei der Phthiſis ſagt, naͤmlich „daß die große Maſſe der Krankheit und die fremdartige Bildung der kran— ken Theile in den Lungen zur Wiederherſtellung eine eben ſo große Anſtrengung der Natur erfordern würde, wie bei der urſpruͤngli— chen Bildung des Koͤrpers;“ dieß laͤßt ſich ebenſowohl auf die Fälle anwenden, wo bei faſt vollkommener Zerſtoͤrung des Gehirns, bei chroniſchem hydrocephalus von dem Werthe jener Operation die Rede iſt. Zweiter Fall. Alexander Dow, 8 Monate alt, wurde am 7. April 1838 auf der Astheilung des De. Dyce wegen chro— niſchem hydrocephalus aufgenommen, welches begonnen hatte, als das Kind zehn Wochen alt war. Bis dahin ſoll es ganz geſund geweſen ſeyn. Die Geſchwulſt hatte in der letzten Zeit raſch zuge— nommen, und es waren wiederholt Biafenpflaiter angewendet wor: den. Der Kopf mißt 221 in der Rundung und 14! von einem Ohre zum andern. Die Augen rollen beſtaͤndig herum, aber die Mutter verſichert, daß das Kind ſehe Die Darmfunction iſt in Ordnung und das Ausſehen des Kindes ziemlich gut; das Fleiſch nicht ſchlaff. Die beiden obern Scneidezaͤhne waren etwa vor ei— nem Monate leicht durchgebrochen; uͤberhaupt hat das Kind nie Convulſionen gehabt. Am 12. wurde der Kopf punctirt, indem der Troikart etwa 1 Zoll tief in der Mitte der linken sutura coronalis in das Ge: hiro eingeftoßen war. Es wurden 20 Unzen klare Fluͤſſigkeit ab⸗ gelaſſen und Heftpflaſter und Binden feſt umgelegt. Am Nachmittag erfolgte zweimal Erbrechen, und das Kind ſchrie heftig. Das Er— brechen wurde zum Theil dem Unſtande zugeſchrieben, daß die Mutter, trotz aller Gegenvorſtellungen, das Kind uͤberfuͤtterte. Am 16. war der Knabe heiß und fieberte. Am 17. war der Um— fang des Kopfes ziemlich, wie zuvor; die Darmausleerungen gruͤn. Am 22. zeigten ſich einige Andeutungen von Convulſionen. Durch Abfuͤhrmittel wurde der Stuhlgang verbeſſert, das Fieber beſeitigt, und am 28. wurde, da der Kopf ſo groß war, wie zuvor, die Operation wiederholt. Es wurden 23 Unzen einer dunkel ge— faͤrbten Fluͤſſigkeit entfernt Das Kind erbrach ſich während der Anlegung der Binden, ſchien aber ſonſt nicht zu leiden. Am 6. Mai heißt es im Journal, das Kind habe ſeitdem durchaus nicht gelitten, die Hautbedeckungen ſeyen länger, als nach der erften Operation ſchlaff geblieben, aber die Fluͤſſigkeit habe ſich offenbar raſcher innerhalb der zwei erſten Tage geſammelt. Die geiſtigen Fihigkeiten nehmen zu. Am zwölften wurde durch eine neue Punction auf der rechten Seite eine Quantitaͤt von 22 Unzen entfernt, ohne daß irgend ein ungewoͤhnliches Symptom eingetreten wäre. Die Kopfhaut zeigte ih darauf ſchlaffer, als irgend zuvor; es war aber offen: bar noch mehr Fluſſigkeit vorhanden, als man im Stande war, zu entfernen. Am 19. wurde die Punction wiederholt und dadurch die Quan— tität von 19 Unzen truͤber, roͤthlicher Fluͤſſigkeit entfernt, ohne daß irgend ein Ohnmachtsſymptom eingetreten waͤre. Der Kopf wurde bei beiden Gelegenheiten ganz, wie das erſte Mal, behandelt. Am 29. war der Umfang des Kopfes nur um % Zoll gerin— ger, als vor der erſten Operation. Die Behandlung beſchraͤnkte ſich auf Queckſilber Am 1. Juni war der Kopf ebenſo groß, wie zuerſt; am 2. wurde das Kind unruhig, es ſchrie mit Bibliographische 64 ſchva her Stimme und hitte öfters Anfälle von Athembeſchwer— den; es ſtellten ſich krampfhafte Contractionen der Extremitäten ein; der Puls wurde faſt unmerklich; das Kind nahm keine Nah— rung mehr, und der Tod erfolgte am naͤchſten Morgen. Section. Die dura miter wurde bloßgelegt und vorſichtig angeſtochen, und da F uſſigkeit hervordrang, fo wurde ſie nach Hinten geöffnet und es wurden 90 Unzen ſtrohgelbe klare Fluͤſſig— keit gefammelt. Bis dahin war von dem Gehirne nichts zu ſehen, bis in der Mitte der basis cranii zwei große, hervorragende, weiße Koͤrper zum Vorſcheine kamen, die nach Hinten mit zwei kleinern, röthlihen Strängen zuſammenhingen. Das letztere waren die ple- xus choroidei, das erſtere die thalami. Die linke Seite des cra- nium enthielt gar kein Gehirn mehr. Die einzigen Ueberbleibſel dieſer Hemiſphaͤre fanden ſich auf dem tentorium cerebelli und beſtanden aus einem dünnen Stückchen des vordern Lappens, wel— ches durch einige Markſtreifen mit dem linken thalamus zuſammen— hing. Die aͤußere Fläche dieſes Teiles war weiß und glatt. Das Stuͤck gehoͤrte zur äußern Wand des Ventrikels und war wahr— ſheinlich bei Entleerung des Waſſers umgeſchlagen; die falx cerebri fand ſih, ſtatt in der normalen Stelle, tief unten an der rechten Seite des Schaͤdels, dicht an dem fibröfen Theile des Schlaͤfen— beins, horizontal gegen die Mitte der Baſis hin gerichtet. Die dura mater war durchſichtig und an mehreren Stellen durch zohrt Eine Spur des sinus longitudinalis war nicht zu bemerken. Als die falx nun weggenommen war, kam die rechte Hemiſphare zum Vorſ peine; fie war comprimirt, aber in allen Theilen unverſehrt. Der linke olfactorius fehlte ganz, der rechte beinahe ganz; beide optici waren ausgedehnt und fibrös und von bräunlicher Färbung. Die uͤbrigen Nerven zeigten nichts Ungewoͤhnliches. Das kleine Gehirn war normal, der sinus transversalis ungewoͤhnlich groß. Im Spinalcanale fand ſich kein Waſſer. Im erften diefer Fälle wurden 51 Unzen Fluſſigkeit in vier Operationen, in dem zweiten Falle 84 Unzen in derſelben Zeit entfernt, was, wie ich glaube, eine größere Quantitat iſt, als jemals abgelaſſen worden ift. (Edinburgı med. and surg. Journ., Apr. 1840.) Ai is ee len. Zur Behandlung der retroversio uteri empfiehlt Herr Charles Halpin in Dublin Journ, March 1840 ein neues Verfahren. Bei einer 23jährigen im fünften Monate ſchwangern Frau mit Uterinbeſchwerden fand ſich der fundus uteri tief unten im Becken. Nach Entleerung des Urins durch den Catheter wurde die Repoſition des uterus verſucht; dieſe gelang bis zu der Hoͤhe des promontorium jedesmal, jedoch wich der uterus ſogleich in die abnorme Lage zuruͤck. Es kam nun darauf an, dem uterus in allen Theilen Unterftügung zu gewähren und ihn in die Bauch: hoͤhle in die Höhe zu heben. Zu dieſem Ende brachte De. Halpin eine friſ che Thierblaſe in die Scheide zwiſchen fundus uteri und rectum, hielt ſie hier feſt und blies ſie vorſichtig auf, bis die Kranke uͤber ein Gefühl von (nicht ſchmerzhafter) Spannung klagte. Nach 5 Mir nuten wurde mehr Luft eingeblaſen, worauf die Kranke ſagte, daß etwas aus dem Becken gegen den Magen in die Hoͤhe gedraͤngt werde; nach einiger Zeit ließ De. H. etwas Luft entweichen, um einen Finger einführen zu koͤnnen; er fühlte den uterus nicht mehr im Becken, konnte dagegen das os uteri in normaler Lage und Richtung erkennen; darauf wurde der Apparat weggenommen. Gegen laryngismus stridulus empfiehlt Abercrome bie als das Wirkſamſte eine Verbindung von Eohlenfaurem Eifen, Rhabarber und Moſchus. Neuigkeiten. Ar Attempt to develop the Law of Storms, by means of facts arrang>d according to Place and Time and hence to point out a Case for the variable Winds with the view to practi- cal use in navigıtion. By Lieut-Colon. W. Reid ete. 2 edition, with considerable additions London 1841. M. K. Ag cana Entomologiea: or illustrations of new, rare and inter- esting exotic Iusects. By J. O. Westwood. No. 1. 1341. 8. (Eathalt vier colorirte Tafeln mit Beſchreibung). Observations on the surgical Pathology and Treatment of Aneu- rism; being the substance of a Course of Lectures on that Disease, delivered in the School of the Royal College of Surgeons in Ireland during the Session 1839—40. Part. I. By Will. Porter ete. Dublin 1841. 8. A Treatise on Amaurosis an] Amaurotic Affections, By Edw. Octav, Hocken. London 1840. 8. — nn Neue Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober s Medicinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medielnalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 401. (Nr. 5. des XIX. Bandes.) Juli 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stückes 3 gGr. e Verwandlung von Kohlenſtoff in Silicium. Unter den Gelehrten Edinburgh's hat die letzten Wo— chen her die angebliche Entdeckung eines dortigen jungen Arztes viel Aufſehen gemacht, die, wenn ſie ſich beſtaͤtigen ſollte, eine vollſtaͤndige Umwaͤlzung in der Chemie zu Wege bringen muͤßte. Man behauptete, ein gewiſſer Dr. Brown babe Kohlenſtoff in Silicium verwandelt, Profeſſor Chris ſtiſon aber die Verſuche wiederholt und fuͤr fehlerfrei an— erkannt; ferner: Dr. Brown befchäftige ſich mit der Um— wandlung noch anderer ſogenannter einfacher Stoffe, und es ſey ihm bereits gelungen, aus Eiſen Rhodium zu machen Ja, man ſoll wirklich Proben von dem verwandelten Metalle öffentlich gezeigt haben, obwohl man den Proceß, welchen Dr. Brown angewandt, nicht genau anzugeben wußte. Geruͤchte liefen auch um, es ſey aus Sauerſtoff Schwefel, aus Mangan Calcium gemacht und der Arſenik zerſ tzt worden “). Schon ſeit einer Reihe von Jahren iſt den Chemikern bekannt, daß zwei, ja drei einander in Anſehung der phyſi— ſchen und chemiſchen Eigenſchaften durchaus unaͤhnliche Koͤr— per ſich aus denſelben, in gleichen Verhaͤltniſſen gemiſchten Grundſtoffen darſtellen laſſen. So iſt das Cyanogengas eine Miſchung von: ) Wir bemerken bei dieſer Gelegenheit, daß Dr. Lambe (Me- dical and Experimental Inquiry into the Origin. Symptoms and Cure of Constitutional Diseases, London 1805) ſchon vor langer Zeit behauptete, durch die Faͤulniß organiſcher Stoffe werde arſenige Saͤure erzeugt, und im Jahre 1828 kuͤndigte derſelbe (An Investigation of the Properties of the Thames Water, p. 14) an, Arſenik oder eine demſelben durch- aus aͤhnliche Subſtanz laſſe ſich aus dem Waſſer der Themſe darſtellen. Die neuerdings von Orfila aufgeſtellte Behaup— tung, daß ſich in den Knochen der Menſchen Arſenik befinde (gegen welche Behauptung Dr. O. Rees unlänaft Wider⸗ ſpruch eingelegt hat), ſo wie die angebliche Entdeckung des Dr Brown, geben der Angabe des Dr. Lambe, welche faſt in Vergeſſenheit gerathen war, neues Intereſſe. No. 1501. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. KAnn rt, 2 Atomen Kohlenftoff = 12 1 Atom Stickſtoff = 1 1 Atom Cyanogen S 26; das Paracyanogen aber, ein brauner feſter Koͤrper, beſteht, dem Profeſſor Johnſtone zufolge, aus: 8 Atomen Kohlenſtoff — 48 4 Atomen Stickſtoff = 56 1 Atom Paracyanogen — 104. Nun verhält ſich aber 12: 14 = 48 : 56, fo daß in dieſen beiden Körpern der Kohlenſtoff und Stickſtoff in gleichen Proportionaltheilen gemiſcht ſind. Dergleichen Sub— ſtanzen nennt man bekanntlich iſomeriſch (von 7608, gleich, und uepos, Theil). Am 15. Februar 1840 ward der koͤniglichen Geſell⸗ ſchaft (Royal Society) zu Edinburgh ein Aufſatz mit fol- gender Ueberſchrift vorgetragen: Ueber die Bereitung des Paracyanogen's, ſo wie den Iſomerismus des Cyanogen's und Paracyanogen's, von Sa— muel M. Brown, M. D. In dieſem wies der Verfaſſer, nachdem er uͤber die Geſchichte der Entdeckung dieſes merkwuͤrdigen Koͤrpers (des Paracyanogen's) einige critiſche Bemerkungen gemacht, durch eine Auswahl von Verſuchen nach, daß, wenn ſich derſelbe einmal gebildet hat, er ſich nie wieder in Cyanogen verwan— deln laſſe, und daß das vom Profeſſor Johnſtone dar⸗ aus gewonnene Cyanogen (Philos. Trans. 1838) nur vermoͤge der Abſorptionskraft des Paracyanogen's in dieſem enthalten geweſen ſey. Der Hauptzweck des Aufſatzes be— ſtand jedoch darin, durch eine Reihe von Experimenten dar⸗ zuthun, daß, wenn man Queckſilber-Bicyanuret unter hohem Druck zerſetzt, daſſelbe ſich in Queckſilber und Paracyanogen ſcheidet; und im Laufe der Darlegung feiner Verſuche beſchrieb Dr. Brown ein Differential-Barometer, deſſen er ſich bediene, um den 5 67 Grad des Druckes (1,78) zu meſſen, bei welchem ſich das Cpanogen unter der Geſtalt von Paracyanogen vom Queckſilber abſcheidet. Der intereſſanteſte Theil dieſes neuen Beitrags zur wiſſenſchaftlichen Chemie beſtand wohl in den Anſichten, welche der Verfaſſer uͤber die Natur des Paracyanogen's, ſo wie der iſomeriſchen Korper uͤberhaupt, aufſtellte. Er erklärt das Paracyanogen für ein Cyanid des Cyanogen, Cy-+ Cy, eine Verbindung von zwei Atomen gleicher Art. Zur wei— tern Auseinanderſetzung dieſer Theorie fehlt es uns hier an Raum; allein wenn ſie durchgeht, ſo werden die jetzt hin— ſichtlich der Wahlverwandtſchaft und Zuſammenſetzung gel— tenden Anſichten ſehr weſentlich modificirt werden muͤſſen, und zugleich iſt damit die practiſche Grundlage fuͤr eine Hy— potheſe in Betreff der Zuſammenſetzung der ſogenannten ein— fachen oder Grundſtoffe gegeben, deren Beſtaͤtigung oder Wi— derlegung durch Verſuche zu bewerkſtelligen waͤre. Als Dr. Forbes bemerkte, daß die chemiſche Verbin— dung zweier ganz gleichen Atome aus mathematiſchen Gruͤn— den bezweifelt werden duͤrfe, erwiderte Dr. Brown, gerade dieſe Schwierigkeit habe ihm den erſten Anſtoß zur Anſtel— lung ſeiner Verſuche gegeben. Auf dieſe erſte Mittheilung des Dr. Brown folgte nun am 3. Mai 1841 die nachſtehende: Unterſuchungen uͤber die Erzeugung von Silicium aus Paracyanogen. Von S. Brown, M. D. (Mitgetheilt der Royal Society zu Edinburgh am 3. Mai 1341.) Der Verfaſſer hatte in einer fruͤhern Mittheilung ſchon angegeben, er ſey durch Verſuche zu dem Schluſſe gelangt, daß zwei allgemein bekannte und fuͤr ganz verſchiedene Grundſtoffe geltende Subſtanzen nur verſchiedene Formen deſſelben Grundſtoffes ſeyen, und nachdem er ſeine Unterſu— chungen ausgedehnt hat, getraut er ſich nun zu behaupten, daß Kohlenſtoff und Silicium ifomerifche Körper ſeyen. Das Verfahren, durch welches er dieſen Satz zu beweiſen ſucht, iſt ungemein einfach und beſteht in der Beſchreibung einer Anzahl von Proceſſen, mittelſt deren ſich Kohlenſtoff in Silicium verwandeln laͤßt, ſo wie von Gegenverſuchen, durch welche dargethan werden ſoll, daß bei jenen Proceſſen kein Irrthum vorgekommen ſeyn koͤnne. Die gegenwärtige Mittheilung iſt demnach rein practiſcher Art. Sie beſteht aus fünf Abſchnitten. Der erſte handelt von der Erzeugung von Silicium aus freiem Paracyanogen; der zweite von der Darſtellung amorpher vermiſchter Siliciure von Kupfer, Eiſen und Platina, vermöge der Einwirkung des Paracya— nogen's auf die genannten Metalle; der dritte von dem Ver— haͤltnißtheile des Stickſtoffs, der aus dem Paracyanogen ausge— ſchieden wird, wenn ſich daſſelbe in Stickſtoff und Kieſel— ſtoff verwandelt; in dem vierten werden Proceſſe beſchrieben, mittelſt deren ſich cryſtalliniſche Eiſen-Siliciure von beſtimm— ter Form aus Eiſen-Paracyanid und Kali-Ferrocyanid leiſen— blauſaurem Kali) darſtellen laſſen, und im fuͤnften werden bequeme Vorſchriften mitgetheilt, nach denen ſich, durch die 68 Einwirkung von kohlenſaurem Kali, Kieſelſaͤure aus eiſen⸗ blauſaurem Kali gewinnen laͤßt. Wenn Dr. Brown's Beobachtungen von denjenigen, die deſſen merkwuͤrdige Experimente wiederholen, beſtaͤtigt werden ſollten, ſo wird dadurch fuͤr das Studium der Geo— logie eine neue Ausſicht von hoͤchſtem Intereſſe eroͤffnet. Wenn es der Chemie gelingt, bis uͤber die ſogenannten Grundſtoffe hinauszudringen (und wie wir hoͤren, will Dr. Brown noch mehrere andere Elementarſtoffe, außer dem Kohlenſtoff, umgebildet haben), fo iſt uns das Studium der Geneſis der Molekulen, aus denen der Erdball beſteht, nicht mehr verſchloſſen, und gewiß find die geologiſchen Bes ziehungen des Kohlenſtoffs und der Kieſelerde auffallend ge— nug, um in dieſer Ruͤckſicht zu außerordentlichen Erwartun— gen zu berechtigen. Ueberhaupt duͤrfte durch die hier in Rede ſtehende Verwandlung des einen Elementarſtoffs in den andern uͤber mehrere wichtige naturhiſtoriſche Puncte Licht verbreitet werden. Beiſpielsweiſe wollen wir hier nur anführen, daß viele organiſche Ueberreſte unter Umſtaͤnden in Kieſelerde verwandelt erſcheinen, wo man durchaus nicht begreift, wo dieſelbe hat herkommen konnen. In der auf die Mittheilung des Dr. Brown folgen— den Beſorechung bemerkte Profeſſor Traill, obwohl er keine Gelegenheit zur Wiederholung der Bromnfchen Ver— ſuche gehabt, ſo ſey er doch, nach der Perſoͤnlichkeit des Dr. Brown zu urtheilen, von deren Werthe uͤberzeugt, wenn auch die daraus ab jzuleitenden Folgerungen allerdings außerordentlich auffallend ſeyen. Er ſtehe nicht an, ſeine Meinung dahin auszuſprechen, daß ſeit der Entdeckung der Metalloide durch Sir Humphrey Davy nicht ein de: miſches Reſultat gewonnen worden ſey, welches ſich an Wichtigkeit irgend mit dem hier in Rede ſtehenden verglei— chen laſſe. Die Bekanntmachung deſſelben werde fuͤr die Geſellſchaft ehrenvoll ſeyn, und daſſelbe habe fuͤr Botanik, Palaͤontologie und Geologie ein gan; unberechenbares In— tereſſe. Profeſſor Chriſtiſon erbat ſich das Wort, um die Angabe zu widerlegen, als ob er ſich für die Richtigkeit der Browenſchen Entdeckungen verbuͤrgt habe. Dieß Gerücht ſey durchaus grundlos. In der That ſey er durch andere Beſchaͤftigungen ſchon längere Zeit von aͤhnlichen Unterſu— chungen abgezogen worden und deßhalb ganz unfähig, ein buͤndiges Urtheil uͤber die Sache zu faͤllen. Niemand ſey hierzu qualificirt, als ein in der analytiſchen Chemie hoͤchſt bewanderter und mit den neueſten Proceſſen der Laboratorien vollkommen vertrauter Mann, und er moͤchte Jeden davor warnen, ohne eine ſolche vorhergaͤngige gruͤndliche Unterſu— chung, ſich irgend fuͤr oder gegen dieſe allerdings auffal— lenden Reſultate entſcheiden zu wollen. Uebrigens ſey ſo viel richtig, daß ihm die Einzelnheiten der Unterſuchungen genau dargelegt worden; er habe, in Gemeinſchaft mit dem Dr. Brown, vergebens nach verborgenen Fehlern in den fraglichen Verſuchen geforſcht, und er ſey von deren hoher Wichtigkeit auf's Vollkommenſte überzeugt. (Annals and Magazine of Natural History, Vol. VII. No. 44., June 1841). 69 Für diejenigen Leſer, welche die Browſchen Ente deckungen zum Gegenſtande ihrer eignen Pruͤfung zu machen wuͤnſchen, laſſen wir nachſtehende Vorſchrift zur Darſtellung von Kieſelſaͤure aus eiſenblauſaurem Kalium abdrucken “). „Man miſche miteinander gleiche Gewichtstheile waſ— ſerfreien eiſenblauſauren Kaliums und kohlenſauren Kali's und erhalte die Miſchung (dei Anwendung von 2000 Gran des eiſenblauſauren Salzes) fünf Stunden lang in einem wohlverſchloſſenen Tiegel von geſchmiedetem Eiſen bei voller Weißgluͤhhitze. Das Product giebt, mit Waſſer behandelt, eine gemiſchte Auflöfung von blauſaurem Kalium, unzerſetztem koh— lenſauren Kali und kieſelſaurem Kali. Die Abſcheidung der Kieſelſaͤure geſchieht durch Zuſetzung von Hydrochlorſaͤure im Ueberſchuß, Verpuffung (ignition) und Waſchen.“ Es wuͤrde voreilig ſeyn, wenn man Dr. Brown's Arbeiten ſchon jetzt einer critiſchen Beurtheilung unterwerfen wollte; denn mit theorctiſchen Gründen reicht man in der— gleichen Dingen nicht aus; es gehoͤren dazu durchaus Ver— ſuche. Zu bedauern iſt jedenfalls, daß in den bisher be— kannt gewordenen Nachrichten nichts daruͤber angegeben iſt, wie viel Kiefelfüure man aus einem gegebenen Gewichte der zur Darſtellung derſelben angewandten Ingredienzien erhäͤlt; denn wenn die Quantitaͤt relativ gering waͤre, ſo wuͤrde die Wahrſcheinlichkeit dafuͤr ſprechen, daß die Folgerungen des Verfaſſers irrig ſeyen, indem eine geringe Quantität Kieſelſaͤure bei den Verſuchen Brown's offenbar ſich aus dem glaͤſernen Gefäße (das er wahrſcheinlich bei dem oder jenem Theile des Proceſſes angewandt hat), dem eiſernen Tiegel, dem Eohlenfauren Kali, wie es im Handel vor: kommt, endlich aus dem eiſenblauſauren Kalium gebildet haben koͤnnte *). (London medical Gazette. June 1841). Nach einer in der Augsburger allgemeinen Zeitung mit— getheilten, auf muͤndlicher Angabe Faraday's beruhenden Nachricht, hat Dr. Brown auf einmal mehrere Unzen Kieſelſaͤure dargeſtellt. Verhaͤlt ſich dieß fo, dann wären die Befuͤrchtniſſe des Herausgebers der London "medical Gazette, daß Dr. Brown aus dem obenangegebenen Grunde zu einem irrigen Reſultate gelangt ſeyn koͤnne, als beſeitigt zu betrachten. Der Ueberf. Ueber die Anatomie des Amphioxus lanceolatus, Yarrell. Von Herrn Goodfir, (Mitgetheilt der Royal Society zu Edinburgh am 3. Mai 1841 vom Herrn Profeſſor Sy me.) Nach einer kurzgefaßten Ueberſicht der Arbeiten eines Varrell, Couch, Retzius und Muͤller theilte der Verfaſſer eine genaue Beſchreibung der Anatomie des Am- phioxus, nach der Section zweier von Herrn Forbes in *) Edinburgh Monthly Journal of Medical Science. June 1841. %) Es iſt keineswegs unwahrſcheinlich, daß dieſes Salz, wie es im Handel vorkommt, Spuren von Kieſelſaͤure enthalte, wel⸗ che aus der bei Bereitung deſſelben angewandten Pottaſche oder dem dabei gebrauchten eiſernen Topfe ſtammen. 70 der Iriſchen See gefangenen Exemplare, mit. Die Bauch falten, ſo wie die vordern und hintern Afterfloſſen, wurden beſchrieben und das Vorhandenſeyn einer Floſſe vor dem After durch eine Beobachtung des Profeſſors Agaſſiz ruͤck⸗ ſichtlich der temporären Exiſtenz einer ähnlichen Floſſe bei'm Embryo gewiſſer Suͤßwaſſerfiſche erläutert. Das Knochenſyſtem bot zwei Abtheilungen dar: das achte oder Nerven-Skelet und das Eingeweide-Skelet. Das aͤchte Skelet beſtand aus einer nach beiden Enden zu ebenmaͤßig ſpitz ausgehenden chorda dorsalis ohne die ge— ringſte Spur eines eranium, an dem auch alle Spuren der Wirbelbein-Umgebungs⸗Elemente fehlten, mit Ausnahme einer Reihe von Zellen, welche ſich laͤngs der Baſis der Ruͤcken— und Afterfloſſen hinziehen und fuͤr Keime der Zwiſchendorn— fortſaͤtze und Floſſenſtrahlen gelten muͤſſen. Das Gewebe dieſes Nervenſk lets war nicht einmal knorpelartig, indem es lediglich aus einer Membran und kugeligen Kernen be— ſtand, die durch Eiementarzellen gebildet wurden. Das Ein— geweideſkelet beſtand aus einem apparatus hyoideus und 70 — 80 Paaren elaſtiſcher faſeriger Rippen. Der appa- ratus hyoideus, aus zwei Abtheilungen von je 17 Stuͤ— cken gebildet, zeigte 34 einwaͤrts gerichtete Strahlen, von denen jeder aus einem der 34 Baſis-Elemente des os hyoi- deum entſprang. Dieſe Strahlen betrachtete der Verfaſſer als aus der fortſchreitenden Entwickelung der Tuberkeln und Zaͤhne der Centralſeite des Kiemenapparats der hoͤher orga— niſirten Fiſche entſtanden, und nicht als branchioſtegiſche Strahlen. Die Rippen waren in die Schleimmembran des Darmcanals eingehuͤllt, und jedes alternirende Paar bot unten eine gabelfoͤrmige Spaltung dar, in welcher das Ab— dominal⸗Laͤngegefaͤß oder das Herz lag. Nach dieſen und andern Umſtaͤnden betrachtete der Verfaſſer die Rippen des Amphioxus nicht als aͤchte Rippen, fondern als Einge— weide-Rippen, Wiederholungen des os hyoideum und den Knorpeln der Luftroͤhre und Bronchen der hoͤher organiſirten Wirbelthiere analog. Das Gewebe des Eingeweideſkelets iſt in der Entwickelung weiter vorgeſchritten, als das des Ner— venſkelets; die Rippen ſind knorpelig und die ossa hyoi- dea hohle Knorpel mit vereinzelten in ihre Subſtanz einge: lagerten Zellen oder Kernen. Das Nervenſyſtem bietet nichts weiter als einen Ruͤ⸗ ckenmarkſtrang, an dem jede Spur von der Entwickelung eines Gehirns fehlt, und 60 — 70 Paar Ruͤckenmarksner— ven dar. Der Strang des Ruͤckenmarks war bandfoͤrmig, lief nach beiden Enden zu ſpitz aus, zeigte auf der Ruͤcken— ſeite eine Medianfurche, ſo wie eine Linie von ſchwarzer oder grauer Subſtanz, beſtand aus kernartigen Zellen ohne Roͤhren und Faſern, und die Nerven entſprangen aus dem— ſelben nur mit einfachen Wurzeln. Die Nerven waren ſaͤmmtlich ſymmetriſch und theilten ſich in Ruͤcken- und Bauchaͤſte. Das zweite Paar gab ruͤckwaͤrts einen Nüdene und Bauchaſt an die entſprechenden Aeſte der uͤbrigen Ner— ven laͤngs der Seiten des Koͤrpers und laͤngs der Baſis der Ruͤcken- und Afterfloſſen ab, und aus dieſer Vertheilungs⸗ art war der Verfaſſer geneigt zu ſchließen, daß, wenngleich das zweite Nervenpaar des Amphioxus gewiſſermaßen mit 5 * 71 dem nervus vagus Aehnlichkeit hat, daſſelbe doch eigent— lich dem nervus trifacialis entfpreche. Das Gefaͤßſyſtem beſtand aus einem geraden Abdomi— nalgefaͤße, der Kiemenarterie oder dem Herzen, ohne eine Spur von Klappen oder Abtheilung in mehrere Hoͤhlen. Dieß Gefaͤß gab Seitenaͤſte ab, welche nach der innern Oberflache des Darmes laͤngs den Rippen in die Hoͤhe ſtie— gen und mittelſt eines Reſpirationsſyſtems von capillariſchen Gefäßen mit einem Ruͤckenſtamm oder der aorta communi— cirten. Der Nahrungsſchlauch war vom Munde bis zum Af— ter gerade, die vordere Haͤlfte etwas erweitert, von den Rip— pen in der eben angegebenen Weiſe geſtuͤtzt und der Ein— gang durch die radii hyoidei geſchirmt. Dieſe erweiterte Portion des Canals nahm, wie bei den Aſcidien, Seewaſſer ein, um auf die zur Reſpiration mitwirkenden Gefaͤßver⸗ aͤſtelungen auf deſſen innerer Oberflaͤche einzuwirken, welche deim lebenden Thiere ohne Zweifel gewimpert iſt. Die zur Verdauung dienende Portion des Canals iſt eng und zeigt keine Spur von einer Leber oder ſonſt einem zur Chylifica— tion mitwirkenden Organe. Da von Kiemenſpalten keine Spur zu ſehen war, da die Rippen zu zahlreich waren, um für achte Kiemenboͤgen zu gelten (fuͤr Kiemenboͤgen, die mit Kiemenſpalten abwech— ſeln), und da die übrigen organiſchen Syſteme ſich in dem ſelben Zuſtande befanden, wie bei einem Embryo vor dem Erſcheinen der Kiemenſpalten, ſo ſchloß der Verfaſſer, daß der Amphioxus in keinem Stadium ſeiner Exiſtenz Kie— menſpalten beſeſſen habe, daß er ein Thier ſey, welches vor dem Auftreten der Kiemenſpalten feine volle organiſche Ent: wickelung vollende und folglich ein unvollſtaͤndiges Knochen— und Nervenſyſtem, ein Herz mit nur einer Kammer und keine Leber beſitze. Nach der Unterſuchung des Zeugungsapparats und an— derer anatomiſchen Verhaͤltniſſe ſtellte der Verfaſſer Betrach— tungen uͤber die zoologiſche Stellung des Amphioxus an 72 und bemerkte, daß er ſeinen Platz nicht mehr neben Pe— tromyzon und Myxine behalten dürfe, ſondern eine eig— ne Oednung derſelben Claſſe bilden muͤſſe. Schließlich machte er darauf aufmerkſam, daß, wenngleich gegenwärtig, wenig genera mit Amphioxus verwandt ſeyn moͤchten, doch in fruͤheren Schoͤpfungsperioden kiemenloſe Fiſche häufiger geweſen ſeyn dürften, worüber die palaͤontologiſchen Unterſuchungen vielleicht einſt genuͤgendere Aufſchluͤſſe geben würden. (Annals and Magazine of Nat. Hist. Vol. VII., June 1841). Miscellen. Zur Kenntniß der Menſchenracen ſind durch die letzte Reiſcexpedition der Schiffe l'Astrolabe und Zelée, unter Commando des Herrn Dumont Durville, beſſere Beiträge, als die bisher gewoͤhnlichen, erlangt worden, indem bei der Ausſtellung der von der erwahnten Expedition mitgebrachten Ausbeute ſich funfzig Buſten, meiſtens von Suͤdſeebewohnern, befinden. Dieſe Koͤpfe find mit der größten Sorgfalt nach der Natur modellirt, und man hat ſich bemüht, alle Farbennuancen ihrer Haut wiederzugeben. Graͤulich Häßliches iſt nichts darunter, obgleich ſich die Köpfe der wilden Bewohner der Carolinen, der Malayen mit von Betel geroͤtheten Lippen, die tatowirten Neufeeländer und die Anthropo— phagen der Fidgi-Inſeln darunter finden. Neun Buſten der gelben Race aus Mikrongſien, zehn Buͤſten aus Polyneſien, zum Theil von dunkelgelber Farbe, die übrigen von Kupferfarbe. Zwei Köpfe von Rußfarbe gehoͤren nach Melaneſien. Aus Melaneſien eilf Bu— ſten: Zwei Weiber und zwei Männer der Fidgi Inſeln; zwei Metis und zwei Schwarze der Salomons-Inſeln, ein junger Papous neger, endlich zwei Schwarze von der Torresſtraße und ſechs Wilde von Tasmanien. Ueber Phosphoreſcenz der Seethiere hat Herr Edw. Forbes an der Griechiſchen Kuͤſte Beobachtungen zu machen Ge— legenheit gehabt und gefunden, daß ſie nur Licht ausgeden, wenn fie irritirt werden; daß, z. E., die Salpae, ſelbſt nicht leuchten, obwohl ſie zuweilen Licht auszuſtroͤmen ſcheinen, in Folge leuchtene der Gruftaceen, die in ihrem Innern ihren Aufenthalt genommen haben; daß kleine Cruſtaceen die Hauptquelle der Phosphoreſcenz des Meeres find; und daß das phosphoriſche Licht der Acrelia Forsk liana von der Baſis der Tentakeln ausftrömt, das Licht der Beroé von den Gefäßen unter den Leiſten der Wimpern 2c. . Wan dee Ueber die Structur der Menſchenpocke; nebſt Beleuchtung der verſchiedenen, zur Verhinderung von Pockengruben und ſonſtigen Difformitaͤten angewandten Mittel. Von Will. Henry Judd, Militaͤrchirurg ꝛc. „Aus Veranlaſſung einer unlaͤngſt von Dr. Olliffe von Cork der medieiniſchen Facultaͤt zu Paris vorgelegten Inauguraldiſſertation uͤber die zur Verhinderung der Pocken— gruben angewandten Mittel uͤbermache ich Ihnen, da dieſer Gegenſtand einer gruͤndlichen Eroͤrterung wohl wuͤrdig iſt, nachſtehende Bemerkungen. Der erſte Schritt, den man zur Erforſchung deſſelben zu thun hat, iſt, daß man ſich mit dem Gange der Veränderungen, welche die Pocke in der Structur des Hautgebildes hervorbringt, genau bekannt mache. Vor einigen Jahren beſchaͤftigte ich mich mit der Phyſiologie und der Structur der verſchiedenen Hautaus— fhläge und ſonſtigen Hautkrankheiten, und bei dieſer Gele: genhelt ſecirte ich die Haut in den verſchiedenen Stadien der Entwickelung der Pocken, wobei ich eine ſehr merkwuͤr— dige Scheidewand in den Puſteln entdeckte. Mir iſt uͤbri— gens nicht bekannt, daß irgend ein Arzt nach anatomiſchen Unterſuchungen eine genaue Beſchreibung von der Structur und Entwickelung der Pocken mitgetheilt hätte. “) Dieſer Ausſchlag beginnt mit kleinen rothen Puncten auf der Haut, die Flohſtichen gleichen, wie Hooper **) und Andere ***) bereits angegeben haben. Dieſes Anſehen ruͤhrt von vermehrtem Gefaͤßreichthume her, indem ſich ) Siehe das Vade Mecum, p. 110. ) Leider hat Bateman keine Beſchreibung von dieſer Krank: heit geliefert. %) Sogar Rhazes verwechſelte variola mit rubeola. Unter allen Beſchreibungen der variolae, die mir vorgekommen, iſt Rayer's die beſte. 73 Gürtel von winzigen Aederchen ausbreiten und uͤber die Oberflaͤche der Lederhaut erheben. Dieſe ſecerniren ein duͤn— nes Serum, welches allmaͤlig einen Ring der epidermis in die Höhe treibt und vom rete mucosum abhebt, fo daß ein Blaͤschen entſteht, ohne daß jedoch einige zwirnartige Baͤnder und Canaͤle zerriſſen werden, die in der Mitte des Blaͤschens die Verbindung zwiſchen der cutis, dem rete und der epidermis unterhalten. Die durch das Oberhaͤut— chen gebildete Decke des Blaͤschens wird auf dieſe Weiſe in der Mitte deſſelben durch ein fadenfoͤrmiges Band gegen die Lederhaut niedergehalten, fo daß daſelbſt das Blaͤschen eine Verſenkung darbivtet. Waͤhrend des Fortſchreitens der Krank— heit nehmen der Ausſchlag und die Entzündung zu, das Serum wird allmaͤlig weniger durchſichtig, und es wird coagulable Lymphe ausgeſondert, die alsbald Feſtigkeit ge— winnt und eine duͤnne Schicht der Platte von der Geſtalt einer Cymbel bildet, in deren Mitte ſich eine Oeffnung befindet, die daher ruͤhrt, daß die Lymphe um das fruͤher erwaͤhnte faden— foͤrmige Band her gerinnt. In dieſem Stadium treten Fieber und Entzuͤndung in geſteigertem Grade auf und bil— den das ſogenannte ſecundaͤre oder Eiterungsfieber, und da nun, ſtatt Lymphe, Eiter ſecernirt wird, fo hebt ſich die erwähnte cymbelfoͤrmige Platte und die Hoͤhlung der Puftel ſcheidet ſich in horizontaler Richtung in zwei Zellen, eine obere und eine untere. Waͤhrend die Krankheit weitere Fortſchritte macht, bringt die fernere Ausdehnung das Band zwiſchen der Lederhaut und dem Oberhaͤutchen zum Zerrei— fen; der in der untern Zelle befindliche Eiter fließt durch das Loch in der daruͤberbefindlichen cymbelfoͤrmigen Platte oder der Scheidewand, vermiſcht ſich mit der Seroſitaͤt in dem Blaͤschen und verwandelt daſſelbe in eine Puſtel (das Stadium des Reifens). Um dieſe Zeit vollendet auch der untere Theil der Puſtel ſeine Entwickelung dadurch, daß ſich das rete mucosum außerordentlich verdickt, wodurch eine erhoͤhte Lefze oder ein Naͤpfchen entſteht, welches die Baſis des Puſtel bildet, ſo daß, in der Regel, die Leder— haut vor der Beruͤhrung mit dem Eiter und der Ulceration geſchuͤtzt iſt, Daher kann man in den meiſten Fällen die Puſtel ſammt der epidermis und dem rete mucosum abſtreifen ohne die eutis zu verletzen. Jedoch findet ſich auch in der eigentlichen Lederhaut oft eine Verſenkung, wel— che dadurch entſtanden iſt, daß die Ulceration das rete mu— cosum zerſtoͤrt und die eutis zur Mitleidenheit gezogen hat, und zuweilen ragen eine oder ein Paar Papillen der eutis in die Mitte der Puſtel hinein, und an dieſen Pa: pillen haͤngt dann das fadenfoͤrmige Band, welches fruͤher bis an die epidermis reichte, noch feſt. Die Beſchrei— bung wird durch die nachſtehenden Figuren unſtreitig ver— deutlicht werden. 1 . Sy : . 2 1 Gefaͤßguͤrtel, welcher die Baſis der Puſtel verſorgt, nach einem ausgeſpritzten Präparate gezeichnet. 2 Stellt dar, wie das Oberhaͤutchen von dem rete mucosum abgehoben und eine innere Lage Lymphe unter der gefaͤßreichen Baſis, aber über der Leder— haut ausgeſchwitzt iſt. 74 Queerdurchſchnitt der Puſtel, vergroͤßert: 1 Obere Zelle. 2 Cymbelfoͤrmige Platte oder Scheidewand. 3 Untere Zelle. 4 Vergroͤßerte Papillen nach der Ulceration. 1 Deckel, durch die epidermis gebildet. 2 Platte oder Schei⸗ dewand. 8 Weißes Band oder Faden. 4 Napffoͤrmige Hoͤhlung oder Baſis der Puſtel. Wenn man die Structur der Puſteln betrachtet, muß man ſich, bei deren Lage waͤhrend der aufrechten Stellung des Koͤrpers, in der That, wundern, daß die Lymphe oder der Eiter, vermoͤge der Schwerkraft, nicht den tiefſten Theil der Puſtel anſchwellen macht, ſondern daß ſie unter allen Umſtaͤnden ihre halbkugelige Geſtalt behaͤlt, was unſtreitig in Folge irgend einer vitalen Thaͤtigkeit der Fall iſt. In der obengegegebenen Beſchreibung koͤnnen wir vier Stadien der Entzündung unterſcheiden: das milde, wo Se— roſitaͤt ſecernirt wird; das kräftigere, wo «oagulable Lymphe ausſchwitzt; das heftigere, wo Eiterfecretion ſtattfindet, und endlich das intenſive, wo Ulceratien und Aufloͤſung der da— von ergriffenen Theile eintritt. Nachdem ich die Entſtehung und Entwickelung des Blaͤschens bis zur vollſtaͤndigen Ausbildung zu einer Puſtel beſchrieben und die verſchiedenen Stadien der Entzuͤndung bezeichnet habe, wende ich mich zu dem Gegenſtande, der uns hier beſonders intereſſiren muß, naͤmlich der Abnahme der Krankheit und ihren Folgen. Um den elften Tag (nach dem Character der jedesmaligen Epidemie um einen Tag früher oder fpäter) platzt der aus epidermis beſtehende Deckel auf der einen Seite des Gipfels jeder Puſtel ein Wenig, und die darin enthaltene Fluͤſſigkeit läuft allmaͤlig aus. Hat die Krankheit einen milden Verlauf gehabt, ſo beſteht die auslaufende Materie meiſt aus truͤber Lymphe, die bei'm Auftrocknen einen dunkeln Grund bildet. Waren die Pocken dagegen boͤsartig und zuſammenfließend, ſo kommt aus denſelben ein ckelhafter Eiter, welcher die Stelle, die er beruͤhrt, wund frißt und Geſchwuͤre veranlaßt. In ſolchen bösartigen Fällen hat in Folge der heftigen Entzündung nicht nur der Eiter ſich bis zur Lederhaut an der Baſis jeder Puſtel durchgefreſſen, ſondern auch abgeſtorbene Fetzen von der eutis abgeloͤſ't, fo daß daſelbſt lebenslaͤnglich weiße Gruben bleiben. Vorübergehend bleiben jedesmal rothe Flecken auf der Haut zuruͤck, und dieſe rühren von erhöhter Vasculari— tät, fo wie Verdickung und Anſchwellung des rete muco- sum her; allein dieſelben verſchwinden, wenn keine Ulcera— tion eintritt. 75 Nachdem wir die Urſache auf anatomiſchem Wege un: terſucht haben, ſind wir nun zur Ergruͤndung des zweiten Theils unſerer Aufgabe vollkommen vorbereitet, wie ſich naͤm— lich die in Gruben und andern Verunſtaltungen beſtehenden Wirkungen der Pocken verhindern laſſen. Zuvoͤrderſt will ich bemerken, daß man gleich bei'm Auftreten der Krankheit das Fieber und die Hitze durch jedes zweckmaͤßige Mittel zu lindern habe; denn die Hoͤhe, bis zu welcher die Raͤnder des Naͤpfchens oder der Narbe ſich erheben, und die Tiefe, bis zu der ſich das Schwaͤren und die Zerſetzung der Ge— webe erſtrecken, richten ſich großentheils nach dem Grade der Entzuͤndung und des Fiebers, wiewohl bei manchen Familien offenbar eigenthuͤmliche conſtitutionale Praͤdispoſitionen vor— walten. ) In der Regel iſt jedoch Blutentziehung, we— nigſtens in irgend bedeutender Staͤrke, meiner Anſicht nach, nicht zulaͤſſig, weil auf dieſe Krankheit jederzeit eine große Schwaͤche folgt. Auch Antimonialmittel und andere Arze— neien, welche ſchweißtreibend wirken, kann ich nicht anrathen, weil durch die Vermehrung der Circulation in der Haut eine ſtaͤrkere Entwickelung der Puſteln veranlaßt wird. Mei— ner Meinung nach, verordnet man mit dem beſten Erfolge und ohne alle Gefahr ein kraͤftig wirkendes abfuͤhrendes Mittel von Calomel nud Jalappe, wobei man den Patien— ten eine ſtrenge antiphlogiſtiſche Diaͤt beobachten, das Zim— mer nicht heitzen und das Bett leicht bedecken laͤßt, ſo daß die Temperatur des Patienten nach dem Ther— mometer, ſo viel moͤglich, dieſelbe bleibt, wie im geſunden Zuftande, jedoch ſich auch nicht in dem Grade erniedrigt, daß die gehoͤrige Entwickelung der Puſteln an den meiſten Koͤrpertheilen verhindert wird. Auch dürfen die Nahrungs— ſtoffe dem Kranken nicht ſo viele Tage hindereinander ver— kuͤrzt werden, daß der Organismus dadurch kraftlos wird; denn ein gewiſſer Grad von Kraft thut ihm Noth; allein Alles, was darüber hinausgeht, iſt vom Uebel. Unmittel: bar nach dem Reifen der Pocken verlangt der Koͤrper Staͤr— kung, ſo daß in manchen Faͤllen Fleiſch, Wein und ſelbſt Chinarinde angezeigt ſind Ich wuͤrde der Behandlung nicht erwaͤhnt haben, wenn nicht die Groͤße der Puſteln, ſo wie der darauffolgenden Gruben und ſonſtigen Verunſtaltungen ſo ſehr von derſelben abhingen, waͤhrend durch dieſelbe auch den Gehirnleiden vorgebeugt werden muß, welche oͤfters da— durch eintreten ſollen, diß man den Hautausſchlag in fer ner gehoͤrigen Entwickelung ſtoͤrt. Ich will zunaͤchſt darauf hinweiſen, daß das Geſicht, die Arme und uͤberhaupt diejenigen Theile, die dem Lichte und der Luft am Meiſten ausgeſetzt werden, der Entſtel— lung durch Pockennarben ſtets im vorzuͤglichen Grade un— terworfen ſind. Licht und Luft beguͤnſtigen die Thaͤtigkeit der Arterien; wie ſie das Blatt faͤrben, ſo erhoͤhen ſie auch die Farbe der menſchlichen Wange und der Pockennarben an dergleichen Koͤrpertheilen. Wenn daher Pocken auf der Zunge, im Halſe und an ſonſtigen Stellen vorkommen, wo Licht und Luft nicht einwirken koͤnnen, fo find fie fafl weiß ) Wie ich in meiner Treatise on Syphilis p. 22 näher darge: legt habe, 76 und ſelten vollſtaͤndig entwickelt. Deßhalb iſt Dr. Pelion’s Mittel, zur Vermeidung der Ulceration, der Pockennarben und Flecken auf der Haut die Fenſterladen des Krankenzim— mers zu ſchließen, von fo gutem Erfolge begleitet. Allein hierbei muß das entgegengeſetzte Extrem vermieden werden; denn bekanntlich ſind Waͤrme und Feuchtigkeit der Eiterung ſehr foͤrderlich, wie ſie denn auch auf die Entwickelung aller Hautausſchlaͤge einen bedeutenden Einfluß aͤußern, und durch Ausſchließung der Luft werden wohl faſt immer die Waͤrme und Feuchtigkeit vermehrt. Legt man auf das Blaͤschen einer Kuhpode einen Breiumſchlag, fo wird die Thaͤtigkeit der ſecernirenden Gefaͤße dadurch ſo geſteigert, daß es binnen 24 Stunden zu einer Puſtel wird. Der bei dieſer Kranke heit von Dr. Serres mit Erfolg zur Zerſtoͤrung der Pos ren und der Durchſichtigkeit der Haut angewandte Hoͤllen— ſtein wirkt, meiner Anſicht nach, lediglich vermoͤge der Ausſchließung des Lichts und der Luft. Le Grand's Verfahren, die Haut mit Gummiſchleim zu beſtreichen und Goldſchlaͤgerhaͤutchen darüber zu legen, vermindert ebenfalls die Einwirkung des Lichts und ſchließt die Luft aus; allein es wirkt auch außerdem durch Ausuͤ— bung eines gleichfoͤrmigen Druckes. Es erinnert mich an ein Mittel, welches ich ſeit Jahren zur Heilung von Pu— ſteln, Blaͤschen und die Gewebe zerſtoͤrenden Geſchwuͤren im Geſichte u. ſ. w. mit Erfolg anwende, nachdem die ver— ſchiedenſten Curen dagegen nichts ausgerichtet haben, daß ich ſie naͤmlich mit einer Lage von einer erwaͤrmten Mi— ſchung von gelbem Wachſe und Oel (Baumoͤl) bedeckte, die hernach ſteif wird. Herrn George's Methode, die Haut mit einem Galmeifladen zu belegen, wirkt ebenſowohl durch Ausſchlie— ßung des Lichts und der Luft, als durch die Abſorption von Feuchtigkeit und indem die adſtringirenden Kraͤfte des Mittels die Zuſammenziehung der noch lebensthaͤtigen Pu— ſtel veranlaſſen. Ich habe ſchon lange das weiße Zinkoryd in derſelben Weiſe angewandt und gefunden, daß es bei Blaͤschen das Aufbrechen, Ausfließen der darin enthaltenen Materie und Zuheilen zu Wege bringt. Ein Ueberzug von bloßem liquor plumbi wirkt faſt in derſelben Weiſe, und viele hartnaͤckige Ausſchlaͤge im Geſichte, an den Haͤnden und am Halſe laſſen ſich bloß dadurch heilen und verban— nen, daß man Licht und Luft abſperrt und einen gleichfoͤr— migen Druck auf die Oberflaͤche ausuͤbt, ſo daß die Beweg— lichkeit der Gewebe vermindert wird. Bloßes Heftpflaſter und eine Rollbinde leiſten in dieſer Beziehung ſchon die be— ſten Dienfte.*) So gelangen wir allmälig zu dem von Dr. Olliffe empfohlenen Mittel, welches in dem Auflegen des emplastrum ammoniaci cum hydrargyro beſteht und die Heilkraͤfte der meiſten andern Methoden mit der ſchaͤtz— baren Eigenſchaft zu verbinden ſcheint, daß es, in einem fruͤhen Stadium der Krankheit angewandt, die Abſorption der Lymphe, ja ſelbſt der hohen Raͤnder der Naͤpfchen im *) Des zeitigen Aufſtechens jeder Puſtel, welches in Betreff der Vermeidung von Pockengruben nuͤtzlich iſt und der Ab— ſicht der Natur nur vorgreift, habe ich nicht beſonders erwähnt, 77 Grunde der Puſteln, welche ſpaͤter zu Gruben, Narben und Wuͤlſtchen Veranlaſſung geben, bewerkſtelligen kann. Merz den die Serofität und Lymphe auf dieſe Weiſe aufgeſogen, ſo gelangen die Blaͤschen nicht zu ihrer vollſtaͤndigen Aus— bildung, und es koͤnnen daher keine Puſteln entſtehen. Und dieſe Kraft uͤber die Krankheit duͤrfen wir dem Mittel wohl zutrauen, wenn wir bedenken, daß die Abſorption neu— gebildeter Theile ſich weit leichter bewirken laͤßt, als die ur— ſpruͤnglich vorhandener Structuren. Jede andere ſpecifiſche Wirkung des Mercurs oder Ammoniums ſcheint kaum anzu— nehmen zu ſeyn, und was die von Dr Olliffe für wahrſchein— lich gehaltene Einwirkung von mikroſcopiſchen Thierchen anbe— trifft, welche allerdings in allen lange eingeſchloſſen bleiben— den Secretionen des menſchlichen Körpers vorkommen, fo iſt gewiß kein Gedanke daran, daß dieſe in der fraglichen Beziehung nachtheilig wirken koͤnnten. Nach zahlreichen anatomiſchen und mikroſcopiſchen Un— terſuchungen kann ich verſichern, daß dieſer Hautausſchlag nicht durch Vergroͤßerung der Papillen beginnt, ſondern daß ſich, wie bereits angegeben, zuerſt bloß ein Guͤrtel von winzigen, Über die cutis hervorragenden Gefaͤßen zeigt, welche Seroſitaͤt ausſcheiden und die Bildung eines Blaͤschens vers anlaſſen, und daß, obgleich die rothen Ablagerungen unter der epidermis hervortreten, ſo daß ſie ſich an der Ober— flaͤche fuͤhlen laſſen, dieß nur in Folge der Ausdehnung der Gewebe der Fall iſt. Vergroͤßerte Papillen ſind erſt nach dem Stadium der Reife und ſelbſt dann nur an der Baſis der Puſteln und nur, wenn die Ulceration bis in die Le— derhaut eingedrungen iſt, zu entdecken. In vielen Fällen wird man, ſelbſt wenn bleibende Pockengruben und Verun— ſtaltungen entſtehen, nicht finden, daß der Abſterbungspro— ceß und die Ulceration durch das corium in die darunter— liegende Zellmembran eingedrungen ſind. Ich beſpreche uͤb— rigens dieſe Puncte lediglich, um einigen in der neulich er— ſchienenen Diſſertation des Dr. Olliffe aufgeſtellten irri— gen Theorieen zu begegnen. Daß man in einem fehr frühen Stadium der Krank— heit das Geſicht mit einer Maske oder einem Pflaſter zu bedecken habe, wird von Dr. Olliffe mit Recht empfoh— len. Man hat zu dieſem Mittel zu greifen, ſobald die Natur des Ausſchlags voͤllig außer Zweifel geſtellt iſt und ſich am dritten Tage die rothen Erhoͤhungen durch das Ge— fuͤhl erkennen laſſen, und man hat das Pflaſter ſo lange ununterbrochen liegen zu laſſen, bis die Puſteln an andern Koͤrpertheilen das Stadium der Reife vollſtaͤndig erreicht haben, alſo ungefähr fünf Tage lang. Daß auf dieſe Weiſe der vollſtaͤndigen Entwickelung der Puſteln wirk— ſam vorgebeugt werde, unterliegt keinem Zweifel, und dieſes Verfahren iſt daher allen practiſchen Aerzten, denen an Er— haltung des guten Aeußern ihrer Patienten, fo wie an Foͤr— derung der Wiſſenſchaft liegt, recht ſehr zu empfehlen. (The Lancet, June 12. 1841). 78 Von dem Einfluſſe einer fißenden Lebensweiſe, ſo wie unbewegter und mit Feuchtigkeit geſaͤttigter Luft auf Erzeugung chroniſcher Krankheiten, na— mentlich der Knotenſchwindſucht; nebſt Angabe von Vorkehrungsmitteln gegen die Entwickelung dieſer Krankheiten. Von Herrn Fourcault. „Ich lege in dieſer Abhandlung die Reſultate dar, zu de— nen ich mit Huͤlfe eigener Beobachtungen und der vergleichenden Statiſtik in Betreff der Wirkungen gelangt bin, welche mir zwei allgemeine die uͤbrigen beherrſchende Urſachen auf die phyſiſche Conſtitution des Menſchen auszuüben ſcheinen. Durch For— ſchungen jener zweifachen Art erlangt man naͤmlich die Gewiß— heit, daß auf der einen Seite die ſitzende Lebensweiſe, auf der andern die ruhende und mit Waſſerdunſt geſaͤttigte Luft eine Menge von chroniſchen Krankheiten erzeugen, zu denen vor allen die Knotenſchwindſucht, die Scropheln, der Ra— chitismus und die Difformitaͤten in der Structur zu rech— nen ſind. In der That kommen in großen Staͤdten in demſelben Verhaͤltniſſe mehr Faͤlle von phthisis vor, wie die Zahl der ſitzende Profeſſionen betreibenden Einwohner ſich mehrt, waͤhrend dieſe Krankheit unter einer gleich ſtar— ken ländlichen Bevoͤlkerung, fo wie unter denjenigen Hand: werkern, welche in luftigern Raͤumen arbeiten und ihre Muskelkraͤfte gehörig anſtrengen, verhaͤltnißmaͤßig weit ſelte— ner iſt. „Nach den bereits dem Publicum vorliegenden ſtatiſti— ſchen Unterſuchungen rafft die Knotenſchwindſucht in Paris ein Fünftel und in London ein Viertel der Bevölkerung da— hin. Dieß Verhaͤltniß iſt ſicher uͤbertrieben. Allein ſelbſt wenn man es fuͤr die erſtere Hauptſtadt auf ein Zehntel und für die letztere auf ein Achtel oder Neuntel herabſetzen wollte, würde man immer im Vergleiche mit dünn bevoͤlker— ten Localitaͤten noch einen bedeutenden Unterſchied finden. In Staͤdten, die 2,000 oder weniger Einwohner haben, ſtirbt erſt immer der 40ſte oder 50ſte Menſch an der Kno— tenſchwindſucht, vorausgeſetzt, daß ſie in einer hohen und trockenen Gegend liegen, und in Doͤrfern von derſelben guͤn— ſtigen Lage hat erſt das 60ſte, 80ſte, ja 100ſte Individuum der beſtaͤndig ruͤhrigen Bevölkerung das gleiche Schickſal. „Liegen dagegen dieſe Staͤdtchen in tiefen, engen, wal— digen Thaͤlern, wo die Luft wenig bewegt und dagegen mit Feuchtigkeit geſaͤttigt iſt, ſo zeigen ſich auch phthisis und Scropheln wieder im hoͤchſten Grade haͤufig. Dergleichen Oertlichkeiten ſind wahre Treibhaͤuſer fuͤr chroniſche Krank— heiten, die dagegen ſeltener werden, je mehr man zu den luftigen und trockenen, namentlich ſandigen Hochebenen oder Berggipfeln hinanſteigt. In wenig tiefen Thaͤlern, wo die Luft ungehindert circulirt und ſich wenig Feuchtigkeit darin anhaͤuft, erzeugen ſich auch nur wenige chroniſche Krankheis ten, wogegen dort, wie an allen Orten, die ſtarken Luft: ſtroͤmungen ausgeſetzt find, die acuten Krankheiten vorherr— ſchen. Manche dieſer letztern ſcheinen mir jedoch von der Einwirkung unbewegter und feuchter Luft auf die Haut her⸗ 79 zuruͤhren; die typhoͤſen Fieber mit adynamiſchem Character ſind in Paris, London, Rouen, in manchen Thaͤlern, an den ſumpfigen Ufern mancher Fluͤſſe haͤufig, und treten im Herbſte, alſo zu der Jahreszeit, wo der menſchliche Körper an jenen Localitaͤten am wenigſten ausduͤnſtet, am öfter: ſten auf. „Die Richtigkeit obiger Bemerkungen habe ich auf ei: ner zu Ende des Jahres 1840 unternommenen Reiſe durch Belgien nnd England beſtaͤtigt gefunden. Aller Orten er— zeugen ſitzende Lebensart und Profeſſionen dieſelben Reſul— tate. Von den Weibsperſonen, die ſich vom Spitzenkloͤp— peln, Spinnen, Stricken, Nähen ꝛc. naͤhren, kurz, die faſt beftändig ohne kraͤftige Bewegung in den Stuben bleiben, ſterben eine große Anzahl an Knotenſchwindſucht. In den Central-Zuchthaͤuſern von Vilvorde und Gent ſtirbt die Hälfte der Straͤflinge an dieſer Krankheit. Bringt man den Einfluß einiger auf eingeſperrte Weſen einwirkenden ſchwaͤchenden Urſachen in Anſchlag, ſo wird man es begreif— lich finden, daß die Knotenſchwindſucht unter den Menſchen in den Gefaͤngniſſen, ſo wie unter den Thieren bei ſtrenger Stallfuͤtterung und in Menagerieen, ſo bedeutend viel Opfer fordert. „Durch den Einfluß niedriger und feuchter Localitaͤten bilden ſich in England, Belgien und Frankreich eine Menge chroniſcher Krankheiten aus; nach der Seekuͤſte zu werden dieſe jedoch bedeutend ſeltner, indem ich dort, namentlich in Belgien, die Knotenſchwindſucht, Scropheln, ſo wie ſcirr— hoͤſe und krebsartige Uebel ſelten antraf. Dem wohlthaͤti— gen Einfluſſe der Luftſtroͤmungen auf die Haut ſind dieſe gluͤcklichen Reſultate, ſo wie zum Theil die phyſiologiſchen und therapeutiſchen Wirkungen zuzuſchreiben, welche die See— baͤder hervorbringen. „Aus dieſen Thatſachen ergiebt ſich, daß die beiden von mir angezeigten allgemeinen Urſachen ſehr tief auf die Leibesbeſchaffenheit des Menſchen einwirken und eine Menge von Krankheiten erzeugen, deren Grund man in andern Um— ſtaͤnden ſucht. Durch die Erperimental-Phyſiologie kann man ſich von dem Einfluſſe dieſer Urſachen ebenfalls deut— lich uͤberzeugen. Ich habe bei Thieren Krankheiten und den Tod herbeigefuͤhrt, indem ich mittelſt verſchiedener Anſtriche die Athmungs- und Setretions-Verrichtungen, die der Haut obliegen, auf mechaniſchem Wege zum Stillſtande brachte. So wurden denn die Reſultate der Beobachtung durch Ver— ſuche beſtaͤtigt. „Bei Verfolgung dieſer Forſchungen und indem man ſtets die Beobachtung und Verſuche Hand in Hand gehen läßt, wird man ſicher dahin gelangen, mehrere pathologiſche und therapeutiſche Fragen zu erledigen. Schon die von mir 80 angezeigten Thatſachen und die theoretiſchen Schluͤſſe, die ſich daraus ableiten laſſen, erklaͤren den gluͤcklichen Einfluß der Muskelthaͤtigkeit, der Gymnaſtik, des Reitens, Fech— tens, Ruderns, Wanderns, Tanzens u. ſ. w. auf Perfos nen, die Anlage zur Phthiſis, Scropheln und Verunſtaltung des Wuchſes zeigen; ſie zeigen uns den Weg, den wir zur Vermeidung und Bekaͤmpfung einer Menge gefaͤhrlicher Krankheiten einzuſchlagen haben.“ (Comptes rendus des Séances de Acad. d. Sc. T. XII. No. 22., 31. Mai 1841.) AUTS cc, el ven Muskelſteifigkeit durch Tenotomie geheilt. Herr Annandale erzählt in dem ETdinb. med. and surg. Journ, Apr. einen Fall von Spitzfuß durch Paralyſe der Muskeln an der vor— dern Fläche des Unterſchenkels, welche durch eine ſchwere Ver: letzung des Kniegelenkes 14 Jahr zuvor bei einem jungen Manne entftanden war. Die Operation der Durchſchneidung der Achilles ſehne wurde verworfen, und es ſollte die Lähmung der Muskeln zu— erſt durch Anwendung der Blaſenpflaſter, des Strychnin's ꝛc. ats hoben werden. Vier Jahre lang dlich dieſe Behandlung ohne Ers folg, endlich wurde die Achillesſehne durchſchnitten. Die Ferſe ſenkte ſich ſogleich, und es wurde nun die gewoͤhnliche Nachbehand— lung zur Verlaͤngerung der Achillesſehne angewendet. Auch jetzt wurden Blaſenpflaſter und Strychnin ohne den mindeſten Erfolg angewendet. Dagegen gewann das Glied an Kraft, und der Kranke fing an, den Fuß zum Gehen vollkommen zu gebrauchen, obwohl die Taubheit und Paralyſe der vordern Muskeln noch fortdauert. Die gastrocnemii zeigen keine Tendenz zur Contractur, und die paralyſirten Muskeln gewinnen allm lig ihre Contractionskraft fo, daß an dem Gange nichts Mangelhaftes zu bemerken iſt. Ueber die Wirkung des Eiſenoxrydhydrates bei Ars ſenikvergiftung find von Herrn Douglas-Maclagan auf's Neue Experimente angeſtellt worden, welche ebenfalls guͤnſtig aus— gefallen find, und aus denen er folgende Schlüffe zieht: 1) das Eiſenoxydhydrat iſt ein wahres chemiſches Gegengift gegen den weißen Arſenik, welchen es dadurch aus Aufkoͤſungen und loͤslichen Verbindungen entfernt, daß es ſich chemiſch damit verbindet; 2) es ſcheint zur Entfernung des Arſeniks geeigneter, wenn es durch Ammonium, als wenn es durch Kali praͤcipitirt iſt und wirkt auch beſſer im Zuſtande eines feuchten magma, als wenn es bei 65 Grad R. getrocknet iſt, obwohl es, auch wenn es auf dieſe Weiſe ge— trocknet wird, immer noch einen ziemlich betraͤchtlichen Antheil da— rangebundenen Waſſers enthaͤlt; 3) da, wo das Eiſenoxydhydrat bei Thieren oder bei Menſchen die Wirkung des Giftes aufhob, hat es nicht als mechaniſcher Schutz fuͤr den Magen, ſondern als che— miſches Gegengift gewirkt, und die noͤthig befundenen großen Quan— tiräten hatten nicht die Bedeutung eines mechaniſchen Schutzes, ſon⸗ dern waren erforderlich, um das Gift chemiſch unwirkſam zu ma— chen. So weit chemiſche Beſtimmung geht, find mindeſtens zwölf Theile des durch Ammonjum bereiteten und feuchten Eiſenoxydhy— drates fuͤr einen Theil Arſenik noͤthig, und wenn man durch Kali präcipitirtes, oder ſelbſt bei niedriger Temperatur getrocknetes Eis ſenoxydhydrat anwendet, fo braucht man 3—4 Mal größere Quan⸗ titäten. (Edinb. med. and surg. Journ., July 1840.) Bibliographische neuigkeiten. Vraite &l&mentaire de Physique: Lumière. 1er vol., imité en partie de l’anglais. Par Aj. de Gr. Paris 1841. 18. Histoire acad&mique du Magnetisme animal, accompagnde de notes et de remarques eritiques sur toutes les observations et expériences faites jusgu'à ce jour. Par MM. Burdin jeune et Fred. Dubois (d’Amiens). Paris 1841. 8. By Ro- Elenents of Medicine. Vol. II. on! morbid Poisons. bert Williams, MD. London and Paris 1841. 8. Ou the Diseases and Derangements of the Nervous System in their Primary Forms an] in their Modifioitions by Age, Sex, Constitution, hereditary Disposition, Receasses, General Disorders and Organic Disense. By Marshall Hall, MD, London, Paris and Leipzig 1841. 8. —— ——— Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Meditinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Noe: 402. (Nr. 6. des XIX. Bandes.) Juli 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. igen er Experimente über die Functionen der Kehlfopfs - Nerven und Muskeln, ſo wie uͤber die Rolle, welche der nervus accessorius, Willisii, bei der Erzeugung der Töne ſpielt. *) Von A. Longet, Dr. M. Bekanntlich haben ruͤckſichtlich der Vertheilung der Kehlkopfs⸗ nerven vielfältig gelehrte Streitigkeiten ſtattgefunden. Manche Anatomen behaupteten, der obere Kehlkopfsnerv verzweige ſich in den Muskeln, welche die Stimmritze verengern, ſo wie der untere lediglich in diejenigen, welche ſie erweitern; nach andern ſoll der untere Kehlkopfsnerv allen Muskeln des Kehlkopfs, ſowohl denen, welche die Stimmritze verengern, als denen, welche ſie erweitern, mit Ausnahme des m. crico-thyreoideus, Fäden zuſenden. Die Anſichten Derer, welche den Gegenſtand durch Experimente zu er— ledigen ſuchten, befinden ſich ebenfalls keineswegs miteinander im Einklange; denn die Einen betrachten den nervus recurrens als den einzigen bei Erzeugung der Stimme thaͤtigen Nerven, waͤh— rend Andere auch den n. laryngeus superior eine wichtige Rolle das bei ſpielen laſſen. Was die dem Kehlkopfe eigenthuͤmlich angehoͤ— renden neun kleinen Muskeln *) anbetrifft fo herrſcht ebenfalls keine vollkommene Uebercinſtimmung in den Anſichten über deren Functionen, und daß die, welche man als die Dilatatoren der Stimmrige betrachtet, dieſe Rolle wirklich ſpielen, iſt noch kei— neswegs genuͤgend erwieſen. Denn waͤhrend Manche dafuͤr halten, der m. crico-arytaenoideus lateralis erweitere die Stimmritze, ſind andere angeſehene Phyſiologen der Meinung, er verengere ſie; und hat nicht ein neuerer Anatom dem arytaenoideus, dem doch dieſe letztere Function ſo deutlich obliegt, dieſelbe abgeſprochen und eine ganz entgegengeſetzte zuerkannt? Wer moͤchte glauben, daß einer der ausgezeichnetſten Forſcher Deutſchland's, Profeſſor Mayer zu Bonn, in feinen Vorleſungen lehrt, der m. erico-thyreoideus diene, in Gemeinſchaft mit dem thyreo-hyoideus, zum Schlaffma⸗ chen der bei'm Ertoͤnen der Stimme ſchwingenden Falten oder der ſogenannten Stimmfaiten, zur Erweiterung der Stimmritze? waͤh⸗ „) Bei den wichtigſten der hier dargelegten Verſuche waren die Herren Flourens und De Blainville als Zeugen zuge— gen. Später wurden dieſelben öfters vor den Studenten wie— derholt, welche meine Privatvorleſungen in der Clinik (Ecole pratique) beſuchen. „) Ich ſehe hier von andern Muskelbuͤndeln, z. B., vom m. arytaeno- epiglotticus, dem thyreo-epiglotticus etc, ab, welche man bei gewiſſen Thieren antrifft. Vo. 1502. RK M N d e. rend in Frankreich vom Catheder gelehrt wird, der n laryngeus superior belebe lediglich die die Stimmritze verengernden Muskeln und man dabei gerade den m. arytaenoideus und m. crico-thyreoideus im Sinne hat. h Ich glaube, durch meine Forſchungen dieſen Gegenſtand eini— germaaßen aufgehellt zu haben, und da man hier bloß Augen braucht, um zu ſehen, und Ohren, um zu hoͤren, ſo habe ich mich gehuͤtet, die Einbildungskraft in's Spiel treten zu laſſen, was von manchen andern Forſchern geſchehen iſt. Indem ich mich bemuͤhte, durch Verſuche die Urſachen der Verſchiedenheit in den Meinungen oder Behauptungen aufzudecken, iſt es mir bisweilen gelungen, die von verſchiedenen Beobachtern erlangten abweichenden Reſultate nach Belieben hervorzurufen, ſo wie andere, die ihnen entgangen ſind, zum erſten Male zu beobachten. Um mittelſt des Galvanis⸗ mus an friſchgetoͤdteten Thieren die Thaͤtigkeit jedes einzelnen Muss keis bündig und ohne Schwierigkeit zu ſtudiren, mußte ich begreifs licherweiſe große Thiere, z. B., das Pferd, oder das Rind, in Anwendung bringen, während ſich der Hund *) vorzüglich zur Uns terſuchung des Einfluſſes der Kehlkopfsnerven auf die Stimme und Reſpiration eignete. I. Verſuche in Betreff der nn. laryngei superiores. Thaͤtigkeit der m. m. crico-thyreoidei. A. Wirkungen der Durchſchneidung jener Nerven. Ich habe vor nicht langer Zeit mitgetheilt *), daß, meinen Verſuchen zufolge, die mm. laryngei superiores auf die Erzeugung der Stimme keinen Einfluß zu haben ſcheinen. Dieſe mit derjeni— gen mancher Phyſiologen, z. B., Biſchoff's (dem wir fo gründe liche Unterſuchungen über den nerv. accessorius, Willisii, verdan— ken )), uͤbereinſtimmende Anſicht ſtand mit der mehrerer andern Experimentatoren, unter denen ich nur Dupuytren +) anführen will, im Widerſpruche. Der erwaͤhnte deutſche Phyſiolog druͤckt ſich, I. c. pag. 27, folgendermaaßen aus: Duobus canibus laryngeum superiorem utrimque dissecui, sed neutrius ca- nis vox nec post plures quiden dies mutata est. Hu- ) Einige vergleichende Verſuche wurden an Katzen und Kanin- chen vorgenommen. ) Comptes rendus de l’Ac. 10. Mai 1841. %) Nervi accessorii Willisii anatomia et physiologia. Hei- delberg 1832. ) Experiences touchant l'influence que les nerfs du poumon exercent sur la respiration, Biblioth, med. T. XVII., 1807, 6 83 | jus rei testes erant Tiedemannus et Arnoldus. Dagegen fagt Dupuytren, I. c. p 19. die Durchſchneidung der un. laryngei superiores habe bei Hunden eine Schwächung und unangenehme Heiſerkeit der Stimme zur Folge.“ Wenn ich, wie bei meinen fruͤhern Verſuchen, die beiden nn, laryngei superiores über der cartilago thyreoidea und zwar an der Stelle durchſchnitt, wo ſie über die membrana thyreo-hyvi- dea ſtreichen, um in das Janere des larynx einzudringen, konnte ich nie eine Veraͤnderung der Stimme zu Wege bringen; bewirkte ich dagegen die Durchſchaeidung dieſer Nerven an einer höhern Stelle, bevor fie ſich in den ramus laryngeus internus und exter- nus getrennt haben, ſo ward die Stimme jedesmal heiſer. Da ſich bei'm Hunde dieſe beiden Aeſte zuweilen einzeln von der Hals— portion des n. pneumo-gastricus abzweigen und der ram. internus der ſtärkere und am Leichteſten aufzufindende iſt, fo iſt es manchen Phyſiologen begegnet, daß ſie nur dieſen Aſt bemerkten und durch— ſchnitten, während fie den ganzen n. laryngeus superior zu zer: trennen glaubten. So ſieht man denn, daß, je nachdem höher oder tiefer, oder nur an dem einen Aſte oder an beiden operirt wurde, eine Veraͤnderung des Tons der Stimme eintreten mußte eder nicht. Hierin liegt ganz einfach der Grund der abweichenden Anſichten, die man über die Einwirkung des u. laryngeus supe- rior auf die Stimme aufgeſtellt hat; allein aus den verſchiedenen Verſuchen, die wir mit dieſen Nerven angeſtellt haben, ergiebt ſich das intereſſante Reſultat, daß von ſeinen beiden Aeſten nur der äußere, deſſen Faden nach dem m. constrictor pharyungis inferior und dem m. crico-thyreoideus gehen, Einfluß auf die Stimme übt. Da nun der erſtere dieſer beiden Muskeln kaum bemerkbar auf dieſelbe einwirkt ») und, wie ich ſpater zei— gen werde, der ram. laryngeus internus (ram. internus des n. laryngeus superior?) nicht auf den m. arytaenoideus einwirkt, fo liegt auf der Hand, daß die Heiſerkeit der Stimme unter den frage lichen Umſt anden lediglich der Lahmung der mm. crico -thyreoi- dei zuzuſchreiben iſt. Ih weiſe dieß in einer unwiderleglichen Weiſe nach, indem ich ihre Nervenfäden nur an der Stelle durch— ſchneide, wo ſie an der untern und innern Seite der mm ster- no-thyreoidei ſichtbar werden. Nach der Durchſchneidung bloß dieſer Faden bemerkt man, in der That, ſtets dieſelbe Veraͤnde— rung der Stimme, welche die Zerſchneidung der ganzen nervi la- ryngei superiores erzeugt. Uebrigens läßt ſich die Wirkungsart der mm. erico-thyreoi- dei an lebenden Thieren ohne Schwierigkeit nachweiſen. Wenn das Thier einen Schrei ausſtoͤßt, ſo ſieht man, wie dieß bereits von frühern Beobachtern bemerklich gemacht worden iſt, den vor— dern Bogen der eartilago cricoidea ſich ſtark erheben und dem untern Rande der cart thyreoidea nähern, ja bei manchen Thie— ren ſich bis unter dieſen Rand ſchieben, während der von den ce. arytaenoideae**), an welche die untern Lefzen der Stimmritze an⸗ gefuͤgt find, uͤberragte hintere Rand der cart. cricoidea ſich nach Hinten zu umfchlägt und folglich vom innern Winkel der cart. thy reoidea entfernt, was eine mechaniſche Anſpannung der Stimm: falten zur Folge hat. Da dieſe Spannung eine weſentliche Be— „) Galenus, Fabricius von Aquapendente und meh: rere neuere Phyſiologen haben angenommen, daß dieſer Muse kel (constrictor pharyngis inferior), indem er die Schenkel des m. thyreoideus einander nähere, zur Verengerung der glottis und folglich zur Erhoͤhung der Toͤne beitragen koͤnne. Nun habe ich aber bei Hunden, indem ich dieſen Knorpel zwiſchen den Fingern zuſammendruͤckte, gewiß eine bedeu— tendere Wirkung hervorgebracht, als der constrictor pharyn- gis inferior zu aͤußern im Stande iſt, und dennoch konnte ich dadurch nur eine kaum merkliche Erhöhung der Töne bewir— ken, welche, wenn die cartilago thyreoidea zugleich von Vorn nach Hinten gedruͤckt ward, vielmehr tiefer wurden. ) Wenn dieſe ſich feſtgeſtellt haben, fo folgen fie den der hin— tern Platte der cart. criecoidea ertheilten Bewegungen. 84 dingung der Stimme iſt, ſo muß ſich die Beſchaffenheit der letztern wenn dieſe Bedingung wegfaͤllt, nothwendig aͤndern, und wegen der Schlaffheit der Stimnifaiten wird fie dann heiſer ſeyn. Auch mit dem Kehlkopfe todter Thiere kann man mehr oder weniger heiſere Toͤne erzeugen, wenn man, während man ſtark durch den— ſelben biaf’t, die Stimmſaiten mehr oder weniger abjpannt, woge— gen die Töne immer höher werden, wenn man die Stimmfaiten immer ſtarker anſpannt, indem man fie zugleich einander ein We— nig naͤhert. Ich verdanke daher der von mir weiter, als es vor mir ge— ſchehen, ausgedehnten experimentalen Analyſe die Erkenntniß, daß die nn. laryngei superiores ihren Einfluß auf die Stimme ledig— lich vermittelſt der an die mm crico-thyreoidei abgehenden Ner- venfaͤden aͤußern, durch welgſe Muskeln die Stimmſaiten ange— ſpannt werden, indem ſich dieſe ihre Einwirkung auf die Stimme durch ein einfaches und directes Experiment darlegen läßt. Die Durchſchneidung der nn. laryngei superiores thut der Reſpiration keinen Eintrag und legt dem Ernſtreichen der Luft in die Neſpirationswege durchaus kein Hinderniß in den Weg. Dieß wird man ohne Schwierigkeit begreifen, wenn man ſich erinnert, daß die mm erico-arytaenoidei posteriores, die der nerv. recurrens in Thaͤtigkeit fest, und welche die Reſpirationsfunctionen des larynx einzig zu vermitteln ſcheinen, fortfahren konnen, die Stimmritze bei jeder Inſpiration zu erweitern. Allein wenn man bei einem Thiere, wo man den nervus recurrens durchſchnitten hat und wo das Ath— men noch ohne bedeutende Behinderung ſeinen Fortgang hat, die un lJaryngei superiores oder nur deren den mm. crico-thyreoidei zuzehende Fäden durchſchneidet, fo wird die Reſpiration alsbald in einer fo beunruhigenden Art gehemmt"), daß man die Tracheo— lomie vollziehen muß, wenn man das Thier am Leben erhalten will. Dieſes merkwuͤrdige Reſultat werden wir bei Darlegung der Functionen der nn. laryngei inferiores näher beleuchten. B. Wirkungen, welche durch mechaniſche Reize und Gal— vanismus zu Wege gebracht werden. Wenn man den ramus laryngeus internus kneipt, fo entſtehen bedeutende Schmerzen, was leicht zu begreifen iſt, wenn man be— denkt, daß dieſer Aſt der Schleimhaut des Kehlkopfs ihre außer— ordentliche Empfindlichkeit ertheilt. Dagegen zeigte ſich der ra— mus externus gegen das Kneipen faſt ganz gefühllos. Bei mehrern Hunden, Pferden und Rindern galvaniſirte ich den ramus internus des n. lar, superior internus, ohne in dem m. ary- taenoideus die geringſten Zuckungen zu Wege zu bringen. Dieſem, meinen Unterfuchungen zufolge, lediglich zur Vermittlung der Em— pfindung dienenden Aeſte liegt alſo nicht die Function ob, die Zu— ſammenziehung des m. arytaenoideus zu bewirken, welche ihm Magendie (Elem de Physiol. 1835, J J., p. 288 et passim) zuerkennt. Gewiß wird man auch bei'm Menſchen ohne Schwie— rigkeit die bei'm Pferde und Rinde ſehr deutlichen Fäden des ram. internus des n lar superior bemerken, welche in das Ins nere des m arytaenoideus eindringen; allein ſieht man nicht auch zahlreiche Veraͤſtelungen der un. quinti paris in die Geſichtsmus— keln eindringen? und dennoch wird man durch Galvaniſiren dieſer Veraͤſtelungen ſo wenig Zuckungen in dieſen Muskeln hervorrufen koͤnnen, als dieß durch das Galvaniſiren der fraglichen Faͤden in Betreff des m. "arytaenoideus möglich ift. **) Dagegen veranlaßt der Galvanismus, wenn er bei einem gewiſſen Aſte des nervus re ) Dieſe Erſcheinung bemerkt man nur bei ziemlich jungen Thie— ren; zumal zeigt ſie ſich bei'm Kaninchen deutlich. **) Dieſe Fäden ſcheinen ſich zuletzt in die Schleimhaut zu bege— ben, welche den Kehlkopf inwendig auskleidet; allein waͤre es erwieſen, daß einige derſelben im in arytaenoideus ausgehen, ſo muͤßte man nothwendig annehmen, daß ſie lediglich die Beſtimmung haͤtten, das Gefuͤhl und die Ernaͤhrung dieſes Muskels zu vermitteln. Daſſelbe gilt von den Faͤden, welche von dem fuͤnften Nervenpaare an die Geſichtsmuskeln abgege— ben zu werden ſcheinen. 85 currens (dem laryngeus inferior) angewandt wird, wie ich fpäter nachweiſen werde, die deutlichſten Zuſammenziehungen. Das negative Reſultat, welches ſich bei'm Galvaniſiren des ramus laryngeus internus ergiebt, ſtimmt demnach vollkommen da— mit uͤberein, daß, wie man fruͤher geſehen, die Durchſchneidung dieſes Nerven auf die Stimme keinen Einfluß aͤußert. Folglich ſcheint es mir durchaus unſtatthaft, mit dem letztgenannten Phy— ſiologen anzunehmen, daß die mittelſt Durchſchneidung der un. laryngei superiores bewirkte Veränderung der Stimme von der Laͤhmung des musc. arytaenoideus herrühre. (Op. cit., p. 302.) Ich habe dagegen bewieſen, daß dieſe Veraͤnderung lediglich von der Lähmung der mm. crico-thyreoidei herruͤhrt. Bringt man dagegen den Galvanismus bei dem ramus laryn- geus externus in Anwendung, fo zieht ſich der m. constrictor in- ferior pharyngis auf der Stelle zuſammen, und wenn man bei'm Pferde oder Rinde *) das Verhalten der Stimmſaiten beobachtet, fo ſieht man, wie ſich dieſelben, in Folge der Contractionen der mm. crico-thyreoidei, deutlich anſpannen. Uebrigens habe ich nicht bemerkt, daß alsdann deutliche Bewegungen bei der Hoͤhe der glottis oder der cartilagines arytaenoideae ftattgefunden hätten. Nach Valentin's und Krimer's Darlegungen würde ſich die Sache anders verhalten. Der Erſtere ſpricht ſich in ſeiner Schrift: De function, nerv. cerebral. et nerv. sympath., Bernae 1839, p. 47, indem er vom n. laryngeus superior redet, folgen: dermaßen aus: „Simul vero vis ejus motoria aliqua dubitari nequit; sin enim in cadavere equi irritatur, minores laryngis musculi convelluntur“; während der Letztere in feinen Phyſtologi— ſchen Unterſuchungen, 1820, S. 142, behauptet, als er die un. laryngei superiores mit einem ſpitzigen Inſtrumente gereizt, habe er geſehen, „wie die Knorpel der glottis ſich bewegt und dieſe ſich, wie bei'm Athmen, geoͤffnet und geſchloſſen habe“. Man thut dem Berner Phyſiologen gewiß nicht Unrecht, wenn man von ihm mehr Beſtimmtheit und Genauigkeit im Ausdrucke verlangt. Mit den Worten: minores laryngis musculi convelluntur, hat er unmoͤglich ſagen wollen, daß ſaͤmmtliche Muskeln des larynx ſich convulſiviſch zuſammenziehen, wenn man die oberen Kehlkopfs-Nerven reizt; allein welche Muskeln befinden ſich in dieſem Falle? Valentin bezeichnet dieſelben nicht naͤher. Jene Nerven verzweigen ſich, nach den Unterſuchungen aller Anatomen, nicht in die Muskeln, welche die glottis erweitern; wie haͤtte alſo Krimer letztere ſich, wie bei dem Athmen, öffnen feben koͤnnen, als er die nn. laryngei supe- riores reizte? Die Behauptungen jener Schriftſteller muͤſſen mich um ſo mehr Wunder nehmen, da ſie bei ihren Verſuchen einfache mechaniſche Reize anwandten, welche weit weniger kraͤftige und deutliche Muskelcontractionen zu erregen vermoͤgen, als der Gal— vanismus. Wie kommt es nun, daß ich mit dem letzteren Agens und bei großen Thieren, alſo unter vortheilhafteren Umſtaͤnden, vor ſachverſtaͤndigen Zeugen nie eines der von jenen Experimenta— toren erlangten Reſultate zu Wege bringen konnte? II. Verſuche uͤber die nervi larymgei inferiores S. recurrentes. Functionen der mm. arytaenoideus, erico- arytaenoideus lateralis, erico-arytaenoi- deus posterior und thyreo-arytaenoideus. A. Wirkungen des Durchſchneidens jener Nerven. Bei den Thieren tritt nach Durchſchneidung der nn. recurren- tes jederzeit eine nachtheilige Veränderung oder der Verluſt der Stimme, fo wie eine mehr oder weniger auffallende Störung der Reſpiration ein; und bei'm Menſchen hat dieſe Verletzung ganz ähnliche Folgen. **) ) Der larynx des Rindes bietet weder obere Stimmfaiten, noch Ventrikel dar. ) Profeſſor Cruveilhier hatte Gelegenheit, bei'm Menſchen einen intereſſanten Fall von Zuſammendruͤckung der nu. re- currentes, durch eine aneurysmatiſche Geſchwulſt, zu beobach— 86 Es find bald zwei Jahrhunderte (Jahrtauſende?), daß Gas lenus ), dem man die Entdeckung jener Nerven zuſchreibt, fie bei'm Schweine durchſchnitt und beobachtete, daß dieſes Thier da— durch die Stimme verlor. Die Phyſiologen, welche dieſen Verſuch nach ihm wiederholten, z. B., Veſalius “), Riolan .), Bidloo +), Drelincourt ++) u. ſ. w. hatten dabei lediglich die Aphonie im Auge. Erſt Legallois erwähnt des Einfluſſes, welchen die nn. recurrentes auf die Reſpfration Außern; hier wols len wir jedoch zuerſt denjenigen betrachten, den ſie auf die Erzeugung der Stimme haben. 1) Einfluß auf die Stimme. — Hat die Durchſchnei⸗ dung beider un. laryngei interiores den gänzlichen Verluſt der Stimme zur Folge, oder nicht? Haller (Klem. Physiol., T. III. p. 409.) nimmt an, daß in manchen Fällen die un. laryngei superiores zur Erzeugung der Stimme binrichen. „Nervus la- ryngeus (superior) naturae sufficit.“ Müller theilt dieſe Anz ſicht. „Durch die Zerſchneidung der nn. reécurrentes“, ſagt er, „werden die kleinen Kehlkopf-Muskeln nur unvollſtaͤndig gelähmt, und wenn die Stimme erliſcht, ſo kehrt ſie doch nach einigen Ta— gen zuruck, indem der n. laryngeus superior feinen Einfluß aus⸗ zuüben fortfaͤhrt“. (Phyſiologie des Nervenſyſtems, Bd. J.) Se dillot, welcher die nn. recurrentes bei vier Hunden ausgeſchnit— ten hatte, kuͤndigte (These inaug. N. 274, 1829.) an: „einer dieſer Hunde habe deutlich gebellt, ein anderer gellende und Eläfz fende Laute ausgeſtoßen, die beiden anderen feyen aber ſtumm ae: bliiben “ Magendie hat (Elém. de Physiol. T. I., p. 294.) gehoͤrt, wie mehrere Thiere, bei denen die nn. recurrentes durch⸗ ſchnitten worden waren, wenn ihnen heftiger Schmerz verurſacht wurde, ziemlich hohe oder gellende Toͤne hervorbrachten.“ Dieſe Toͤne hatten, wie derſelbe Phyſiolog angiebt, viel Aehnlichkeit mit denjenigen, die man erzeugt, wenn man in die Luftroͤhre eines todten Thieres blaͤſ't und dabei die cartilagines arytaenoideae des Kehlkopfs durch mechaniſchen Druck einander naͤhert. „Dieſe Er— ſcheinung“, fuͤgt er hinzu, „erklaͤrt ſich ohne Weiteres aus der Vertheilung der Kehlkopf-Nerven. Der musc. arytaenoideus, welcher von dem n. laryngeus superior verſorgt wird, zieht ſich zuſammen und druͤckt, in dem Augenblicke, wo eine kraͤftige Expiration ſtattfindet, die cartil. arytaenoideae ſtark ge⸗ gen einander; die glottis iſt eng genug, daß die Luft die mm. thyreo-arytaenoidei, wenngleich dieſelben nicht zuſammengezogen ſind, in Schwingung ſetzen kann“. Ehe wir dieſe Theorie durch Experimente pruͤfen, wollen wir unterſuchen, ob es gegründet ſey, daß die der un. laryngei infe- riores beraubten Thiere noch gellende oder hohe Töne ausſtoßen koͤnnen. Für manche Fälle wird unfere Antwort bejahend, für ans dere verneinend ausfallen muͤſſen. Wir wollen indeß bemerken, daß Hunde und Kaninchen, die man für der Stimme ganz beraubt ge— halten, weil fie unter mäßig ſtarken Schmerzen nur eine Art von Roͤcheln hervorbrachten, vielleicht klaͤffende Toͤne hervorgebracht ha— ben würden, wenn man fie heftiger gepeinigt hätte. Ich kann ten. Die Stimme war, lange bevor man den Grund davon gewahr wurde, verloren gegangen; die Reſpfration ging ſchwer von Statten. (Anatomie pathologique.) Gaubric bat uns längft einen merkwuͤrdigen Fall bekannt gemacht, wo Aspbyrie dadurch verantaßt ward, daß beide un. laryngei inferiores durch eine Markgeſchwulſt der glans thyreoidea ſtrichen. (Bul- letin de la Soc. anat. de Paris. Juin 1841.) Hat man nicht öfters geſehen, daß ganz junge Leute ihr Leben durch eine Schwerathmigkeit einbuͤßten, die nur dadurch veranlaßt ward, daß die nn. recurrentes von den übermäßig angeſchwollenen Bronchenganglien zuſammengedruͤckt wurden? ) De Hippocratis et Platonis decretis. L. II., c. 6. De locis aflectis. L. I., c. 6 Venetiis 1576. ) De humani corporis fabrica. Basileae 1555, p. 823. *) Encheiridium anat. Parisiis 1562, p. 243. +) Exercitationes anat. chirurg. Lugd. Batav. 1708, p. 2. ++) Experim. anat. Lugd. Batav. 1681, p. 11. 6* 87 Herrn Müller nicht zugeben, daß, wenn, vermöge der Durch— ſchneidung der nn. recurrentes, die Stimme einmal vollſtan— dig erloſchen iſt, dieſelbe nach einigen Tagen ſich aus dem Grunde wieder einſtellen konne, weil der n laryngeus su- perior noch in Thätigkeit iſt; denn da, wie wir nachgewie— fen haben, der n. laryngeus superior (der ramus externus) bei der Erzeugung der Stimme mitwirkt, fo ſehe ich keinen Grund, wars um er einige Tage lang dieſe Function ausſetzen ſollte. Wahr— ſcheinlich ſind Herrn Muͤller ahnliche Fälle vorgekommen, wie die nachſtehend beſprochenen: Als ich bei drei bis vier Monate alten, faſt beſtaͤndig winſelnden Hunden die nn. recurrentes beide durchſchnitten hatte, verhielten fie ſich allerdings drei bis vier Tage lang ſtill und nahmen faſt keine Nahrung zu ſich; nach dieſer Zeit aber fingen ſie wieder an zu freſſen und ließen von ſelbſt einige hohe und zuweilen ziemlich heiſere Toͤne hoͤren; allein daraus Schloß ich nicht, daß ſie während jener vier bis fünf Tage unfahig geweſen ſeyen, dergleichen Toͤne hervorzubringen; im Gegentheile thaten ſie dieß, wenn man ſie ſtark in den Schwanz kneipte. Das allgemeine Unbehagen und der oͤrtliche Schmerz, welche die Wunde an der Halsgegend und die geringſte Bewegung dieſer letzteren er— zeugten, erklären die Lautloſigkeit, welche die jungen Hunde meh— rere Tage lang beobachteten und nie von ſelbſt unterbrachen. Nur durch einen ſehr heftigen phyſiſcheu Eindruck konnten fie dazu ver— mocht werden, und wenn ich ſie alfo, wie der Profeſſor Müller es gethan zu haben ſcheint, ganz ſich ſelbſt uͤberlaſſen haͤtte, ſo wurde auch ich vielleicht in den Irrthum verfallen ſeyn, zu glau— ben, ſie fiyen nach der Operation mehrere Tage der Stimme voͤl— lig beraubt geweſen. Nachdem man die beiden nn. laryngei inferiores bei Thieren durchſchnitten hat, koͤnnen dieſe alſo zuweilen noch ziemlich hohe Toͤne hervorbringen, die ſich jedoch von der eigentlichen Stimme ſehr unterſcheiden und im Grunde wohl nichts weiter ſind, als die Toͤne, die man kuͤnſtlich erzeugt, indem man kraͤftig durch den Kehlkopf eines todten Thieres blaſ't. Herr Magendie hält in dieſem Falle die gegenſeitige Annäherung der cartil. arytaenoideae für nothwendig und hinreichend *) und glaubt, daß dieſelbe bei'm lebenden Thiere, in dem fraglichen Falle, durch den musc, arytae- noideus bewirkt werde, der feine Nerven vom n. laryugeus supe- rior erhält. Wir haben jedoch mit dem larynx junger Thiere, nachdem dieſe getoͤdtet worden, mittelſt einer ſchnellen Luftſtroͤmung ziemlich hohe oder gellende Toͤne erzeugt, indem wir nur die Stimmſaiten anſpannten, wobei ſich dieſelben allerdings einander ein Wenig naͤhern, und Muͤller beſtaͤtigt, daß zur Erzeugung von Toͤnen dieſer Art eine faſt unmittelbare gegenſeitige Beruͤh— rung der cartil. arytaenoideae nicht nothwendig ſey. Auf der einen Seite kann nun aber der mus. arytaenoideus nicht, wie man doch annimmt, auf jene Knorpel einwirken, weil er durch die Zertrennung des n. recurrens gelähmt iſt **); auf der andern find die noch durch den n. laryngeus superior (ramus externus) ber lebten mm. crico-thyreoidei recht wohl für ſich im Stande, die Stimmfalten durch den angezeigten Mechanismus auszuſpannen und die glottis in der zur Erzeugung hoher Toͤne erforderlichen Lage zu erhalten; welche Thatſache ich beftätigt gefunden habe, als ich dieſe Muskeln mittelſt Durchſchneidung der ihnen zugehenden Nervenfaͤden lähmte. Wenn dieß geſchehen war, konnte das Thier nicht mehr, wie früher, ſchreſen **), wozu es doch noch faͤhig iſt, nachdem die rami interni der nn. laryngei superiores durchſchnit— ten find. Demnach ſpielen in dieſem Falle nur die mm. crico- thyreoidei die mit Unrecht dem m. arytaenoideus zugeſchriebene Role. Man wird bemerken, daß dieſe letztern Verſuche den früher von mir, mittelſt Durchſchneidens der nn. laryngei superiores, er: langten Reſultaten ſehr zur Beftätigung dienen. „) Von der Anſpannung der Stimmſaiten iſt in der That gar nicht die Rede. (Magendie, I. c. T. I., p. 294.) ) Wir haben weiter oben gezeigt, daß der n. laryngeus su- perior die Contraction dieſes Muskels durchaus nicht vermittelt. *) Das dann noch vernehmbare Geraͤuſch hat feinen Grund darin, daß die Luft bei'm Ausathmen über die erſchlafften Stimmſaiten hinfaͤhrt. 88 Es wird indeß dem Leſer nicht entgangen ſeyn, daß diejenigen Schriftſteller weiche, gleich uns, annehmen, daß nach der Durchs ſchneidung der nn. recurrentes noch hohe Töne ausgeſtoßen werden koͤnnen, zugleich ſagen, ſie haͤtten dieſe Erſcheinung nicht bei allen, ſondern nur bei einigen Thieren bemerkt. Wirklich haben wir Hunde, bei denen ein Stuck aus den beiden nn. laryngei inferiores ausgeſchnitten worden war, 5 bis 6 Wochen lang beobachtet, ohne daß ſich deren Stimme wieder eingefunden haͤtte; es war ihnen unmoͤglich, einen hohen Ton zu erzeugen, und wenn ſie heftig aus— athmeten, um zu ſchreien, ſo hoͤrte man im Kehlkopf nur ein Roͤ— cheln, welches durchaus demjenigen glich, das man hoͤrt, wenn man mit einem Blaſebalge die Luft kräftig durch den Kehlkopf eis nes todten Thieres treibt, bei welchem die glottis etwas weit iſt. Die Hunde, mit welchen wir dieſe letztern Verſuche anſtellten, wa— ren nun groß von Statur und erwachſen, waͤhrend diejenigen, welche nach der Durchſchneidung der nn. recurrentes noch hohe Toͤne here vorbringen konnten, ſaͤmmtlich nur wenige Monate alt waren ). Wenn nun auch Legallois bemerkte, daß der Einfluß der Ner— ven auf die Reſpirationsthaͤtigkeit des larynx durch das Alter des Thieres in einer merkwürdigen Weiſe modificirt wird, fo hat doch, meines Wiſſens kein einziger Phyſiologe geahnet, daß es ſich mit der Stimme ebenſo verhalte. Uebrigens liefert uns ſchon Legallois, wenigſtens theilweiſe, die Erklaͤrung dieſer Verſchie— denheit. Vorzuͤglich gellende Toͤne koͤnnen in dem fraglichen Falle nur unter der Bedingung erzeugt werden, daß die Luft durch eine enge Oeffnung ſtreicht, und den Beobachtungen jenes Phyſiologen zufolge iſt die glottis gerade bei jungen Thieren, im Vergleich mit der Geraͤumigkeit der Lungen, weit enger, als bei alten. Zu die: fer, der Erzeugung gellender Toͤne offenbar hoͤchſt günftigen Bes dingung tritt dann noch die bereits erwaͤhnte Anſpannung der Stimmfalten hinzu ). 2) Einfluß auf die Reſpiration. Wir wollen nun die mehr oder weniger bedenklichen Stoͤrungen des Athmens betrachten, welche durch die Zertrennung der nn. recurrentes veranlaßt wer: den, und von denen, wie geſagt, Galen und die meiſten Phyfios logen bis auf Legallois herab nichts wußten. Indeß war oͤfters der Fall beobachtet worden, daß Thiere unmittelbar nach der Durchſchneidung oder Unterbindung der un. pneumogastrici geſter⸗ ben waren. Dieß hatten Piccolomini, Molinelli, Sénac, Haller ꝛc. bemerkt, ohne die Erſcheinung genügend erklaͤren zu koͤnnen. Nachdem Legallois (Oeuvres T. I., p. 170 seg.) dieſelbe an zwei Tage alten Hunden beobachtet, ſuchte er die Ur— ſache zu ergruͤnden, als er, da ihm einſt das Geſchrei eines jungen Hundes laͤſtig fiel, bei dem er die arteriae carotides unterbinden wollte, darauf verfiel, den Verſuch des Galen anzuſtellen, naͤm⸗ lich die bereits bloßgelegten beiden nn. recurrentes zu durchſchnei— den. Augenblicklich machte der Hund die heftigſten Anſtrengungen, um zu athmen, verfiel in Convulſionen und gab bald kein Lebens— zeichen mehr von ſich. Legallois mußte demnach den Grund des ploͤtzlichen Verendens des Thieres im Kehlkopfe ſuchen, und vermu— thete, daß eine ploͤtzliche und bedeutende Verengerung der glottis daran Schuld ſey. Um die Richtigkeit dieſer Anſicht zu beitätigen, machte er eine weite Oeffnung in die Luftroͤhre unter dem Kehl— kopfe, nachdem er die nn. recurrentes oder pneumogastriei durch⸗ ſchnitten hatte. Da auf dieſe Weiſe die Luft, ohne durch die glottis geſtrichen zu ſeyn, ungebindert in die Lungen eindringen konnte, ſo durften, wenn ſeine Vermuthung gegruͤndet war, die ſaͤmmtlichen von ihm beobachteten Erſtickungszufaͤlle nicht mehr ftattfinden, und das Reſultat des Verſuchs betätigte feine Anſichten vollkommen. Legallois ſtellte feſt, daß die Erſtickungszufaͤlle bei Thieren, denen man die nn. recurrentes durchſchnitten bat, um fo weniger gefährlich find, je höher das Alter der Thiere iſt. Dieſe Thatſache erklaͤrte er durch den Unfftand, daß mit dem Vorruͤcken des Alters „) Wir haben dieſe Verſuche an Kaninchen wiederholt und dier ſelben Reſultate erlangt. ) Weiter unten werde ich eine jungen Thieren eigenthuͤmliche Structur der glottis darlegen, welche die Erzeugung von Toͤ⸗ nen dieſer Art außerordentlich beguͤnſtigen muß. 89 die Weite der glottis, im Vergleich mit dem cubiſchen Inhalte der Lungen, immer bedeutender wird. Daß mehr oder weniger unmittelbar nach der Durchſchneidung der un. recurrentes die glottis ſich krampfhaft verengert, iſt eine in wiſſenſchaftlicher Beziehung wichtige Thatſache; wir wollen nun ſehen, ob wir die Urſache derſelben in einer befriedigenden Weiſe darthun koͤnnen. x Unterſucht man bei einem lebenden Thiere das Innere eines des Einfluſſes feiner Nerven beraubten Kehlkopfs, fo ſieht man, wie jedesmal, wenn ſich das Thier bemüht, einzuathmen, die glottis ſich ſchließt oder verengert, ſtatt ſich, wie im normalen Zuſtande der Reſpiration, zu oͤffnen, und dieſe Neigung zum Verſchließen läßt ſich auch kuͤnſtlich zur Anſchauung bringen, wenn man das Mundſtuͤck eines Blaſebalgs in die Luftroͤhre eines todten Thieres einfuͤhrt und den Balg ausdehnt, ſo daß Luft in den Kehlkopf durch die glottis einſtreicht. ) Dieſer Neigung wird bei'm lebenden Thiere durch die Thaͤtigkeit der um crico-arytaenoidei posteriores entgegengewirkt, welche die Lefzen der glottis voneinander entfernt halten und fo dem bei'm Einathmen ftattfindenden atmofphärifchen Drucke das Gleichgewicht halten. Offenbar iſt alſo die mehr oder weniger vollſtaͤndige Verſchließung der glottis der Lähmung der meiſten Kehlkopfmuskeln und dem Luftdrucke zuzuſchreiben, da ſich dieſelbe Erſcheinung am larynx todter Thiere, wo folglich die Muskelthätigkeit ganz aufgehoben iſt, hervorbringen läßt. Dieß iſt die vom Profeſſor Bérard und von uns ein Wenig modificirte Anſicht von Legallois. Indeß lehrt Magendie, die Verſchlie— ßung der glottis rühre von gewiſſen Muskeln her, die nach der Durchſchneidung der nn. recurrentes ihre Thaͤtigkeit noch aͤußerten. Nachdem er an die Verſuche erinnert bat, wo nach jener Durch— ſchneidung die Lefzen der glottis ſich ſo feſt ſchloſſen, daß der Tod erfolgen mußte, fahrt er alſo fort: „Damals, als dieſe Beobach— tung zuerſt gemacht wurde, war eine wiſſenſchaftliche Erklarung der Erſcheinung kaum moͤglich; allein ſeitdem ich demon⸗ ſtrirt habe, wie ſich die nn. recurrentes und laryn- gei in die Kehlkopfmuskeln vertheilen, hat dieſe Er⸗ klärung nicht mehr die geringſte Schwierigkeit. Durch die Zertrennung des achten Paares an der untern Halsge— gend (oder der nn. recurıentes welche nur Aeſte jenes Paares find) werden die die glottis erweiternden Muskeln gelähmt; die Stimmrige öffnet ſich, wenn das Thier einathmen will, nicht mehr, wahrend die mm. constrictores, welche ihre Nervenfaͤden von den un. laryngei superiores erhalten, ihre volle Lebensthaͤtigkeit beibehalten und die glottis mehr eder weniger voll⸗ ftändig ſchließen (Elem. de Physiol. T. II., p. 354, 3ème édit.). Es handelt ſich am Ende hier von den mm. erico-thyreoidei und arytaenoidei, und damit dem Leſer über die Wirkung dieſes letz: tern, angeblich unter dem Einfluſſe des n. Jaryngeus superior ſte⸗ henden Muskels durchaus kein Zweifel beigehen konne, ſagt Ma: gendie (Il. o. T. I., p. 295) noch: „Die Wirkung dieſer Zur ſammenziebung iſt der Art, daß junge Thiere, bei denen man die nn. recurrentes durchſchnitten hat, an Aſphyrie ſterben“. (Fortſetzung folgt). 9 Legallois hatte daſſelbe Reſultat erlangt, indem er, ſtatt eines Blaſebalgs, eine Spritze anwandte. Bei'm larynx junger Thiere gelang der Verſuch am Beſten. (Oeuvres, T I, p. 19). een. ueber die Structur der Rindenſubſtanz des Ger hirns hat Dr. Baillarger der Academie zu Paris im vorigen 90 Jahre Unterſuchungen mitgetheilt, (vergl. N. Notizen Nr. 272. [Bd. XIII. Nr. 8. S. 122.) welche zu folgenden Schluͤſſen rühren: 1) Im Gehirne der Saͤugethiere beſteyt die graue Gorticals ſubſtanz aus ſechs aufeinanderfolgenden grauen und weißen Schichten. Ein dunner Durchſchnitt, zwiſchen Glasplatten unterſucht, zeigt, daß dieſe ſechs Schichten abwechſelnd durchſichtig und undurchſichtig ſind; 2) die weiße Centralſubſtanz iſt beſonders auf der Hoͤhe der Win⸗ dungen mit der Corticalſchicht durch eine große Anzahl von Faſern vers bunden; 3) die beiden weißen Schichten in der Dicke der grauen Corticalſubſtanz befteben aus zwei Reihen verticaler Faſern; 4) von dieſen find einige bloß Umbiegungen derjenigen, welche von der weißen Centralmaſſe des Gehirns kommen; andere dagegen ſcheinen den intermediaͤren Schichten eigenthuͤmlich; 5) es befindet ſich in der Corticalſchicht des Gehirns der niedern Saͤugethiere eine zweite Ordnung transverſeller Faſern, welche die erſtern unter eis nem rechten Winkel kreuzen und eine Art von Netzwerk bilden; 6) die oberflaͤchlichſte oder ſechste Schicht der grauen Corticalſubſtanz kann bisweilen ifolirt werden; 7) dieſe oberflächliche Schicht unter⸗ ſcheidet ſich von der unmittelbar darunterliegenden grauen Sub— ſtanz dadurch, daß dieſelbe eine weißliche Färbung beſitzt und häus ſig etwas undurchſichtig erſcheint; 8) die Corticalſchicht exiſtirt be⸗ reits in dem Gehirne des Foͤtus; 9) die pia mater fecernirt die Hirnſubſtanz nicht in aufeinanderfolgenden Schichten, wie Reid, Tiedemann und Desmoulins behauptet haben; 10) die ge— ſchichtete Structur im Gehirne der Saͤugethiere findet ſich nicht in den Gehirnlappen der Voͤgel, der Reptilien oder der Fiſche; ſie findet ſich jedoch in den lobi optici, wie Serres längft gezeigt hat; 11) die theilweiſe krankhaften Faͤrbungen in den Schichten der grauen Subſtanz, welche bisweilen beobachtet werden, erklaͤ— ren ſich durch ihre Structur; 12) die Uebereinanderlagerung der abwechſelnd grauen und weißen Schichten in der Rindenſubſtanz des Gehirns erinnert an die galvaniſche Saͤule. Ueber die Erhaltung von Gegenftänden der Na turkunde hat Herr Hyde Clarcke der Linné'ſchen Geſellſchaft in London eine Mittheilung gemacht. Herr Clarcke empfiehlt die Anwendung des „Paynes'ſchen Apparats zur Aufbewahrung thierie ſcher Subſtanzen für oͤconomiſche Zwecke“ zur Erhaltung von Ge— genſtaͤnden der Naturgeſchichte. Der Apparat beſteht aus einem eiſernen Cylinder, in welchen der Gegenſtand, der zur Aufbewah— rung geſchickt gemacht werden ſoll, hineingethan und uͤber welchem der luftdichte Deckel feſtgeſchraubt wird. Die Luft wird dann mit⸗ telſt einer Luftpumpe ausgepumpt, und wenn das hinlaͤnglich ge— ſcheben ift, fo wird ein Hahn geöffnet, der mit einem Gefäße commur nicirt, worin die antiſeptiſche Fluͤſſigkeit ſich befindet, welche, wenn ſie zugelaſſen wird, den aufzubewahrenden Gegenſtand durchdringt und ſelbſt in das Mark der Knochen eindringt. Herr C. fügt bins zu, daß das Verfahren nicht allein zur Verhuͤtung der Faͤulniß dient, ſondern auch zum Aufhalten des Fortſchreitens derſelben, ins dem die während der Faͤulniß entwickelten Gaſe ſammt der Luft aus dem Recipienten entfernt und durch die antiſeptiſche Fluͤſſig— keit erſetzt wird. In Beziehung auf die auffallenden Angaben uͤber Verwandlung von Kohlenſtoff in Silicium (Neue Notizen Nr. 401. [Nr. 5. dieſes Bandes), hat in dieſen Tagen ein hier durch: reiſender beruͤhmter Engliſcher Chemiker verſichert: 1) daß ſie das Product der krankhaftlebhaften Phantaſie ſeines Landsmannes ſeyen; 2) daß auch die Verſuche in Lie big’s Laboratorium in Gießen dies ſelben als unbegruͤndet dargethan haͤtten. F. ei Ueber die Radicalcur der spina bifida mittelſt einer neuen Operation hat Herr Dubourg, Arzt des Hoſpitals zu Marmande, (Depart. Lot⸗et⸗Garonne) folgende Saͤtze mitgetheilt: 1) Es giebt Faͤlle von spina bifida, welche einer radicalen Heilung fähig find. 2) Statt den groͤßten Theil der mit einem Bildungs⸗ fehler dieſer Art gebornen Kinder ihrem Schickſale zu über: 91 laſſen, muß man diejenigen auswählen, bei Kunſt mit Erfolg wirkſam ſeyn kann. 3) Obgleich die Graͤnzen der Unheilbarkeit ſchwer feſt— zuftellen find und nichts Abſolutes mit ſich führen, fo muß doch jedes Kind mit einer von Spina bifida herruͤhrenden Geſchwulſt, deren Communicationsoͤffnung mit dem Ruͤck— grate nicht uͤber einen Zoll Durchmeſſer hat, einer Operation unterworfen werden, deren Zweck iſt, den Abfluß der Fluͤſ— ſigkeit aus dem Canale zu unterbrechen und die Oſſification und Annaͤherung der Dornfortſaͤtze zu beguͤnſtigen. 4) Von allen bisher mit verſchiedenem Erfolge verſuch— ten, im Ganzen aber unwirkſamen Mitteln iſt die umſchlun— gene Naht, nach vorgenommener Abtragung der Geſchwulſt, das ſicherſte, vorausgefißt, daß man mit gehoͤriger Vor— ſicht verfaͤhrt 5) Nach der kleinen Zahl von Thatſachen, welche mit— getheilt werden koͤnnen, vermag man noch nicht ganz, abſo— lute Operationsregeln feſtzuſetzen; doch würde zu wuͤnſchen ſeyn, daß man ſich nach dem in dem zweiten nachfolgenden Falle beobachteten Verfahren richten koͤnne, welches haupts ſaͤchlich darin beſteht, nicht gleich in dem erſten Tempo den Rüͤckgratscanal zu öffnen; aber, um fo verfahren zu koͤnnen, iſt nöthig, daß der haͤutige Canal, welcher der Fluͤſſigkeit den Durchgang verſtattet, hinlaͤnglich eng ſey; im entge— gengeſetzten Falle muß man einen raſchen und reinen Schnitt durch den ganzen Stiel machen. 6) Wenn aber die Fluͤſſigkeit in einen bloß von den Rüͤckenmarkshaͤuten gebildeten Sack ergoſſen iſt und die Haut atrophiſch und auswärts von der Continuitaͤtstren— nung zurückgezogen iſt, fo wird man gezwungen ſeyn, die Haut auf allen Seiten loszupraͤpariren, indem man die Flaͤchen der Wirbel gleichſchneidet, und die Raͤnder dieſer Hautdecken friſch wund zu machen, wie man bei Haſen— ſcharte verfaͤhrt. 7) Die Wäͤhrſcheinlichkeit des gluͤcklichen Erfolgs iſt im Verhaͤltniſſe mit den Dimenſionen der Knochenſpalten und mit dem allgemeinen Geſundheitszuſtande des Subjects. 8) Die mitgetheilten Thatſachen beweiſen, daß man ohne nachtheilige Folgen den; Ruͤckgratscanal öffnen, das Rüuͤckenmark bloßlegen und keine merkliche Portion der das wichtige Organ umgebende Fluͤſſigkeit ausfließen laſſen kann. Erſte Beobachtung, mit guͤnſtigem Aus: gange. — Im Fruͤhjahre 1837 wurde ich auf das Landgut des Herrn D. (in der Gemeinde Birac des Ar— rondiſſements Marmande) gerufen, um ein kleines, vor etwa acht Tagen gebornes Maͤdchen mit einer angebor— nen in der Lendengegend befindlichen Geſchwulſt zu un— terſuchen, welche zwei anderen Kunſtverſtaͤndigen, die ſie vor mir geſehen hatten, ungewoͤhnlich vorgekommen, war. In der That hatte dieſe Geſchwulſt bei'm erſten Anblicke, ihrer Be⸗ ſchaffenheit nach, ein zweideutiges Anſehen; von der Größe eines mäßigen Apfels, leicht abgeplattet nnd hoͤckerig, hing ſie an einem Stiele von 13 Millim., leiſtete nach allen Richtungen der Beruͤhrung ziemlichen Widerſtand, war an der Oberflache von ſehr entwickelten Venen überzogen und gefleckt, welche ihr eine faſt livide Farbe und einigermaaßen welchen die 92 das Anſehen eines Gefaͤßſchwammes gaben. Wenn man die Dicke der Geſchwulſt mit den Fingern umfaßte und den Stiel aufzuheben und ſeine Inſertion zu erforſchen ſuchte, ſo fand man auf beiden Seiten zwei kleine Knochenleiſten und in dem Mittelpuncte einen Mangel an Widerſtand, welcher offenbar in dem Ruͤckgratscanal durch eine ovale Oeffnung, welche die Spitze des Zeigefingers einließ, bewirkt wurde. Die Geſchwulſt war uͤbrigens nicht voͤllig durchſichtig, und wenn man nach der Unterbrechung des Zuſammenhanges, wel— cher an der Stelle der Dornfortſaͤtze vorhanden war, berech— tigt war, im Innern der kleinen Sphaͤre eine Anſamm— lung von ſeroͤſer Fluͤſſigkeit anzunebmen, ſo konnte man auch nicht verkennen, daß der Sack ſehr dicke Waͤnde hatte und beſonders viel dickere, als man ſie in den Faͤllen von Ruͤckgratswaſſerſucht im hoͤchſten Grade findet. Was den eigentlichen Sitz der Geſchwulſt anlangt, ſo ſchien er ſich an den letzten Lendenwirbeln zu befinden und, mit Ausnahme dieſer mangelhaften Stelle der Wirbelſaͤule, zeigte der ganze uͤbrige Theil derſelben ſich in völliger Integrität. Das Kind mit dieſer localen Anomalie zeigte im Ueb— rigen durchaus keine weitern Bildungsfehler: Größe, Staͤrke, ſeine Proportionen und beſonders ſeine Kopfenden, welche gewoͤhnlich in ſo innigem Verhaͤltniſſe mit dem phyſiologi— ſchen oder pathologiſchen Zuſtande der Wirbelſaͤule ſtehen, alle Functionen, das ganze Individuum, mit einem Worte, zeigte alle Charactere einer vollkommenen Ausbildung. Va— ter und Mutter, gut und ſtark gebildet, hatten ſchon meh— rere kraͤftige Kinder erzeugt und das letztere, weit entfernt, das Benehmen eines rachitiſchen Subjects zu zeigen, trug, in der That, keinen andern Stempel von Unvollkommenheit, als dieſe Bildungshemmung in einer Reihe der Fortſaͤtze an den Lendenwirbeln. Die Operation, wovon ich den Plan entworfen und die Folgen erwogen hatte, konnte daber hier ſich auf ratio— nelle Gruͤnde ſtuͤtzen und mit Hoffnung eines guͤnſtigen Aus— ganges unternommen werden. Herr Dalliez, officier de Santé, welcher den klei⸗ nen Kranken fruͤher geſehen und meine Zuziehung verlangt hatte, hatte ſich dazu verſtanden, das Biſtouri zu fuͤhren und mir den Theil von Handgriffen zu uͤberlaſſen, den ich mir gewaͤhlt hatte. Da ich, in der That, ungewiß war, ob die der Hauptſache nach waͤſſerige Geſchwulſt nicht durch einige ab— norme Entwickelung der Blutgefaͤße complicirt ſey, welche eine bedenkliche Haͤmorrhagie herbeifuͤhren, veranlaſſen konnte, beherrſcht uͤbrigens unwillkuͤhrlich von jener durch Tradi— tion uͤberkommenen Furcht, daß die einfache Oeffnung des Ruͤckgratscanals und der alleinige Abfluß der Ruͤckgrats— Rückenmarks-Fluͤſſigkeit oder der Eintritt der atmoſphaͤ⸗ riſchen Luft augenblicklichen Tod veranlaſſen koͤnne, hielt ich Alles in Bereitſchaft, einerſeits ein Gluͤheiſen und an— drerſeits meinen Finger, um augenblicklich das Hervor— ſprudeln der Ruͤckgratsfluͤſſigkeit zu verhindern. Es ereignete ſich nur ein Theil deſſen, was erwartet worden: es wurde ein elliptiſcher Schnitt an der Baſis der Geſchwulſt gefuͤhrt; allein ſo wie die duͤnne Haut ange— 93 ſchnitten worden, drängte ſich ein Erguß von roͤthlichem Serum aus dem Schnitte hervor, der mit einem Meſſer— zuge beendigt wurde; ich brachte ſchnell meinen Zeigefinger auf das ſeiner Huͤlle beraubte Ruͤckenmark. Ich faßte nun die Lefzen der von Oben nach Unten ein Oval bilden— den Wunde, brachte ſie genau aneinander und hielt ſie ſo vereinigt durch vier feine Nadeln, und ſchritt nun zur umſchlungenen Naht, wie bei der Haſenſcharte. Der Verband wurde ſelbſt mit noch groͤßerer Sorgfalt vorgenom— men, as bei letztgenannter. Ich vermehrte die Zahl der Umſchlingungen des Fadens, um einen weiter hinauswirken— den Zug auf die benachbarten Theile auszuuͤben. Kleine viereckige Compreſſen wurden unter die ſpitzen Enden der Nadel geſchoben, um dieſelben von der Haut zu entfernen, ud eine Kö:perbinde befeſtigte Alles auf den kleinen Kranz ken, um ſie ohne Nachtheil bewegen und umkehren zu koͤnnen. Das Kind, welches bei'm Anfange der Operation laute Schreie ausſtieß, waͤhrend der Vater es, mit dem Antlitze nach Unten gewendet, auf dem Schooße hielt, ließ weiter keine erſchallen, von dem Augenblicke an, wo die Fluͤſſigkeit ausfloß, und blieb einige Minuten lang wie todt. Inzwi— ſchen fing es wieder an, Bewegung zu zeigen und ſeine Klagen laut werden zu laſſen, von dem Augenblicke an, wo die Haut von den Nadeln durchſtochen wurde. Wie man ſich verſtellen kann, folgte ich mit Intereſſe, aber auch mit Unruhe, den Folgen dieſer Operation. Ich mußte allerdings fürchten, daß die Ruͤckgratsfluͤſſigkeit, durch ſeine immerwaͤhrende Einwirkung, die Wundlefzen ausein— andertriebe, oder in die benachbarten Gewebe infiltrirte, wo nicht, waͤhrend die Nadeln an ihrer Stelle waͤren, wenig— ſtens nachdem man ſie haͤtte herausnehmen muͤſſen. In— zwiſchen dieſe nachtheiligen Befuͤrch tungen beſtaͤtigten ſich nicht. Die Nadeln und Alles, was zu den Naͤthen gehoͤrte, wurden nach vier Tagen weggenommen, und die durch Adhaͤſivent— zuͤndung angeſchwollenen Wundlefzen blieben vollſtaͤndig in Beruͤhrung. Heftpflaſterſtreifen unterſtuͤtzten die heilſamen Dispoſitionen der Natur, und nach vierzehn Tagen war eine ſtarke, blaßrothe Narbe, welche uͤber der klaffenden Oeffnung zwiſchen den Fortſaͤtzen der Wirbelknochen eine Art feſter Decke bildete, Alles, was man als Spuren einer für unheilbar gehaltenen Krankheit annahm. Ich habe das Kind ſeitdem mehreremale geſehen, und die Heilung hat Beſtand gehabt. Die anatomiſche Unters ſuchung der abgeſchnittenen Geſchwulſt überzeugte uns, daß es wirklich ein von Waſſer ausgedehnter und mit dem Ruͤk— kenmarke communicirender Balg war, der außen von den allgemeinen Hautdecken und innen von einer Ausbreitung der dura mater und arachnoidea ausgekleidet war; doch war die Hoͤhle nicht mit der Groͤße der Geſchwulſt in gleichem Verhaͤltniſſe, denn zwiſchen den innern und aͤußern Flaͤchen defanden ſich mehrere Lagen zelligen und fettigen Gewebes; dieſe Zuſammenſetzung war die Urſache der geringen Durch— ſichtigkeit der Geſchwulſt; aber das unterliegt keinem Zwei— fel, daß, wenn ſie ſich allmaͤlig auf Keſten dieſer Gewebe entwickelte, ſie duͤnn und durchſichtig geworden waͤre, wie ſich das in den ausgebildetſten Fällen wahrnehmen läßt. 94 Zweite Beobachtung, mit guͤnſtigem Aus— gange. — In den erſten Tagen des Septembers 1888 wurde eine junge Frau aus dem Dorfe Longueville, eine Stunde von Marmande, von einem zeitigen Mädchen entbunden, welches unmittelbar uͤber den Schultern eine Rundgeſchwulſt von der Groͤße einer kleinen Apfelſine trug. Das Kind wurde alſobald in der Umgegend als eine Mißgeburt bezeichnet und zog die Aufmerkſamkeit um ſo mehr auf ſich, weil dieſelbe Frau das Jahr zuvor eben— falls ein kleines Maͤdchen geboren hatte, welches in derſel— ben Gegend eine aͤhnliche, nur noch viel groͤßere, Geſchwulſt trug, aber in der Geburt ſtarb. Die Nachrichten, welche ich mit großer Sorgfalt bei meiner Ankunft einzog, ließen mir keinen Zweifel uͤber die Anomalie, welche das erſte Kind dargeboten habe, und meine Diagnoſe uͤber den letzten Fall ſtellte ich bald und ohne Schwierigkeit. Die Geſchwulſt, welche ich zu unterſuchen hatte, war rund und oben auf dem Scheitel etwas platt und blaͤulich, nicht oder wenig durchſichtig und auf der Ver— einigung der letzten Hals- und erſten Ruͤckenwirbel durch einen dicken Stiel aufſitzend, welcher in ſeiner ganzen Dicke, ausgenommen in der Mitte, weich war, wo man eine harte Schnur, von der Dicke einer Schreibfeder, fuͤhlte. Man konnte ihn bis an eine winklichte Spalte verfolgen, welche durch knochige Leiſten begraͤnzt war; hier fand dann der Finger einen Mangel an Widerſtand und gelangte durch ei— nen leichten Druck, aber nicht ohne Schmerz fuͤr das Kind, auf die Oberflache des Ruͤckenmarks. Obgleich ſeit der Geburt nur elf Tage verfloſſen wa— ren, ſo ſagte man mir doch, daß die Geſchwulſt merklich an Groͤße zugenommen habe, und daß der ſchwarze Fleck, den ich an der oberſten Stelle wahrnahm, ganz neu fen; durch die Anſatzſtellen beläftigte die Geſchwulſt das Kind ſehr, welches ſeine große Ungeduld zu erkennen gab, ſo wie man es auf den Ruͤcken legte. Der Druck bei'm Liegen auf den Ruͤcken hatte, ohne Zweifel, die Art Ecchymoſe her: vorgebracht und die Ulceration der Haut ſchien mir nahe drohend. Der allgemeine Zuſtand des Kindes war Übrigens be: ruhigend; keine Spur von Rachitism, von Hydrocephalie, keine ſichtliche Spur in dem Knochenſyſteme ſprachen gegen die Lebensfaͤhigkeit Vater und Mutter waren geſund und wohlgebildet. Aufgemuntert durch den einen Fall, ſtand ich nicht an, der Familie die Operation vorzuſchlagen, welche ich fuͤr paſ— ſend hielt und allein Ausſicht zur Erhaltung des Kindes darbot. Die Erinnerung des Vorhergegangenen, die Hoff— nung, welche ich den Augen des Vaters und der Mutter leuchten ließ, die bereits fuͤrchteten, daß ihre Nachkommen— ſchaft einer Art von Unheil geweiht ſey, beſtimmten ſie, mir ein abfolutes Vertrauen zu gewähren. Alſobald, untsrftügt von demſelben Chirurgen, wie bei der vorigen Operation, das Kind mit dem Antlitze abwärts gerichtet, auf dem Schooße eines zweiten Gehuͤlfen liegend, und auf alle Zufälle vorbe— reitet, ergriff ich mit der linken Hand die Geſchwulſt, und nachdem ich ſie in die Hoͤhe gehoben hatte, ſenkte ich die Klinge eines ſchmalen Biſtouri's queer in den Stiel und 95 ſchnitt erſt einen Lappen von Innen nach Außen, aber ſo, daß der Ruͤckgratscanal in dieſem erſten Tempo uneröffnet blieb; in einem zweiten Tempo ſchnitt ich das, was noch von dem Stiele uͤbrig war und auch die erwaͤhnte dicke und widerſtandleiſtende Schnur ab; die Fluͤſſigkeit drang ſogleich in einem hellen und nicht mit Blut gemiſchten Strahle hervor. Ich ergriff nun mit Kraft die Wundlefzen, um fo weit, wie möglich, weder Luft eindringen, noch Fluͤſſigkeit hervordrin— gen zu laſſen. Ich durchſtach die Baſis der ſo gezogenen Hautdecke in einer gewiſſen Entfernung von den Raͤndern der Wunde mit vier kleinen Nadeln mit Lanzenſpitzen und ſchritt zur umſchlungenen Naht mit aller Sorgfalt. Das Kind gab Zeichen von Schmerz waͤhrend des gan— zen Verlaufs der Operation und des Verbandes, aber, wie das erſtere, nahm es die Bruſt unmittelbar nachher. Die Zergliederung der Geſchwulſt zeigte uns Daſſelbe, was der vorhergehende Fall ergeben hatte: der Balg, der mit dem Ruͤckgratscanale communicirte, war gebildet von der Vereinigung der Ruͤckenmarkshaͤute, der Haut und von einem dicken, wie Faſerſchicht, widerſtandleiſtenden Ge— webe. Die Durchſichtigkeit war noch geringer, und die dicke Schnur, welche ich vor der Operation gefuͤhlt und mir einige Sorge eingeflößt hatte, kam von einem Bündel Fa— ſern der dura mater. Die Hoͤhle, welche das Ende des Daumens einließ, war glatt und polirt. Das umgebende Gefaͤßſyſtem war weniger augenfaͤllig, wie in dem erſten Falle. Der Bluterguß war nicht bedeutend. Der erſte Verband wurde am fuͤnften Tage nach der Operation erneuert. Es trat einige Turgescenz in der Naͤhe der Wunde ein, aber die Wundlefzen waren vollſtaͤndig aneinanderhaͤngend. Waͤhrend der erſten Tage empfand das Kind faſt gar keine Agitation oder Schlafloſigkeit. Die Narbe bildete ſich ſchnell und feſt, ohne daß das mindeſte Durchſchwitzen der Seroſitaͤt ſtatt hatte. Ich habe das Kind ſeitdem bis heute (Januar 1841) oft geſehen. Die Heilung hat Beſtand gehabt: das Kind hat fit) ſehr entwickelt und zeigt alle Bedingungen einer kraͤftigen Geſundheit. Miscellen. Ploͤtzlicher Tod durch Zerreißung der vena sper- matica wurde bei einer 38jaͤhrigen, bis dahin gefunden Frau von De. M'Naughtan in dem Amer. Journ. of med. sciences, Aug. 1840 beſchrieben. Nach einer unruhigen Naht fühlte fie ſich unwohl, nahm etwas Glauberſalz, erbrach dieſes aber gleich wieder 96 und bekam heftige Schmerzen im Unterleibe. Der Arzt fand ſie blaß, mit kuͤhler Haut, Blaͤſſe der Lippen und Zunge und Schmerz im Unterleibe und Thorax, Athembeſchwerden, Ohnmachtsgefuͤhl und Dringen nach Unten; der Puls klein und ſchwach; ſie erhielt kleine Gaben von Calomel und Opium; die Symptome nahmen zu, es fand fih eine runde elaſtiſche Geſchwulſt von 2 Zoll Durch⸗ meſſer in der Naͤhe des Nabels, welche indeß bereits 16 Jahre beſtehen fol. Nun kam Dr. M'Naughtan hinzu. Er fand die Kranke faſt pulslos, mit Schmerz im Becken und Drang zum Urintaſſen; der Unterleib geſpannt und empfindlich in der Gegend des Nabels. Es fand ſich hier eine Bruchgeſchwulſt, die bei Druck ſehr ſchmerzhaft war. Der Bruch wurde unter heftigem Schmerze zuruͤckgebracht, worauf Erbrechen mit Erleichterung folgte und der Puls ſich etwas hob. Am naͤchſten Morgen waren die Hände etwas waͤrmer, der Puls deutlicher, das Geſicht blaß, oͤdematoͤs; an der Nıbelöffnung fand ſich eine weiche Geſchwulſt, welche, wie die Operation derſelben ergab, aus einigen Fettklumpen des Nez— zes beſtand. Die Operation nutzte nichts und, die Symptome ſtan— den mit der Annahme eines ſolchen Bruches nicht im Verhaͤltniſſe. Der Uterus, von normaler Groͤße, ſtand tief, es war beſtaͤndiger Drang zum Uriniren vorhanden. Am 4. Tage der Erkrankung erfolgte der Tod. Die Fettmaſſe am Nabel war kein Theil des Netzes, ſondern war außerhalb des Peritonaͤums in der Nabelöffs nung; 4 Zoll tiefer, an der linea alba, fand ſich der Bruchſack des reponirten Bruchs; an der Operationsſtelle, außerhalb des Perito— naͤums, fand ſich etwas Eiter, das Bauchfell war nicht entzuͤndet; Duͤnn- und Dickdaͤrme waren von Luft ſehr ausgedehnt; zwiſchen den Darmwindungen und im Becken fand ſich Blutcoagulum, wel— ches, als es herausgenommen war, einen großen Nachttopf füllte. Die Quelle bieſer Blutung fand ſich in der rechten y. spermatica, Der obere Theil des jejunum war dunkel gefärbt und wahrſchein— lich eingeklemmt geweſen. Aus einer ſtatiſtiſchen Unterſuchung über 120 Fälle von carcinoma uteri zieht Herr Lever in den Lon- don med. chir. Transactions, Vol. 22 , folgende Schluͤſſe: Das Alter vom 40. bis zum 50. Jahre iſt dieſer Krankheit am meiſten unterworfen. 55 waren unverheirathet, 7 Proc. Wittwen, 86 Proc. verheirathete Frauen, was hinreichend die Meinung wider— legt, daß das Coͤlibat die Entwickelung dieſer Krankheit begüns ſtige. 34 Proc. waren zwiſchen dem 15. und 20. Jahre verheira— thet, 26 zwiſchen dem 20 und 25., 20 Proc. zwiſchen dem 25. und 30., nur 1 Proc. zwiſchen dem 30. und 45. Unfruchtbar waren 10 Frauen von den 113 Verheiratheten oder 8 Proc.; in der Mittelzahl hatten die 103 fruchtbaren Frauen jede 54 Kinder gehabt. Bei 40 Frauen, welche abortirt hatten, kamen in der Mitte 21 abortus auf jede oder beinahe 17 Proc. ſämmtlicher Gone ceptionen der 103 fruchtbaren Frauen. 20 Proc. waren blond, 71 bruͤnett. Bloß 20 Proc. fanden ſich, deren uterus früher ganz normal geweſen war. Bei 15 Proc. waren Menſtruationsbeſchwer— den, bei 54 Proc. Amennorrhoͤe und bei 21 Proc. eine andere Uteruskrankheit vorausgegangen. Der Tod erfolgte bei 107. Die mittlere Dauer der Krankheit vor 204 Monat. Die Mehr— zahl der Flle dauerte 19 und 22 Monate. Nach den Liſten der geburtshuͤlflichen Patienten des Guy’s Hospital außerhalb des Krankenhauſes iſt das Verhaͤltniß des careinoma uteri zu andern Uteruskrankheiten wie 1: 7 oder beinahe 13 Procent. Giblioeg rah ies che Weusgckeite:n. Cours élémentaire d'histoire naturelle par MM. F. S. Beudant, A. de Jussieu et Milne Edwards. Mineralogie. Geologie. Par M. F. S. Beudant. Paris 1841. 12. Physique et Chimie des &coles primaires, Par C. L. Bergery. 3. edition. Metz 1841. 12. Clinique iconographique de I’höpital des vénériens. Recueil d’observations sur les maladies qui ont e&t& traité dans cet höpital. Par P. Ricord. 1. Livraison. Paris 1841. 4 M. 3 K. (Das Werk wird, in 15 bis 20 Lieferungen, einen Quartz band mit 50 Kupfertafeln bilden.) Considérations sur les formes de l’alienation mentale, obseryées dans lasile départementale d’alienes de Stephansfeld, pen- dant les années 1836, 1837, 1833, 1839. Par L. F. E. Re- naudin. Strasbourg 1841. 8. — —.ĩ l rèͤ⸗ é a us Menue Notizen dee m Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober = Medicinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Medieinafratbe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Mo. 403. (Nr. 7. des XIX. Bandes.) Juli 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. R Experimente uͤber die Functionen der Kehlkopfs— Nerven und Muskeln, ſo wie uͤber die Rolle, welche der nervus accessorius Willisii bei der Erzeugung der Toͤne ſpielt. Von A. Longet, Dr. N. (Fortſetzung.) Wir finden demnach in den angefuͤhrten Stellen folgende zwei Behauptungen aufgeſtellt: 1) Der muse. arytaenoideus wird durch den n. laryngeus superior in Thaͤtigkeit geſetzt, und 2) dieſer Muskel iſt es, der bei Thieren, deren nn. recurrentes durchſchnit— ten worden find, die glottis mehr oder weniger vollſtaͤndig ſchließt. Dieſe beiden Behauptungen bedingen einander ſo ſtreng, daß, wenn man die Unſtatthaftigkeit der einen nachgewieſen hat, die andere ohne Weiteres uͤber den Haufen faͤllt. Indem ich mich alſo zu— naͤchſt an die erſtere halte, erinnere ich zuvoͤrderſt an den bereits dargelegten Verſuch, wo es mir bii'm Galvaniſiren des ramus in— ternus nervi laryngei superioris an der dem m. arytaenoideus zunaͤchſt liegenden Stelle, weder bei Hunden, noch bei Pferden und Rindern gelang, dieſem Muskel die leiſeſte Contraction abzuge— winnen, während derſelbe ſich ungemein kraͤftig zuſammenzog, wenn ein weiter unten näher bezeichneter Aſt des n. recurrens galva— niſirt wurde. Folglich waͤren wir ſchon durch dieſen Verſuch zu dem Schluſſe berechtigt daß die Behauptung, der m. arytaenoideus ziehe ſich unter dem Einfluſſe des n. laryngeus superior zuſammen, voͤllig unbegruͤndet ſey. Allein fuͤr die, welche hierdurch noch nicht uͤberzeugt ſeyn duͤrften, habe ich noch mehr Beweiſe. Ich durch— ſchneide bei lebenden Hunden oder Pferden die membrana thıyreo-hyo- idea und zugleich die beiden rami interni der nervi laryngei superio- res, welche ſich angeblich in den musc. arytaenoideus verzweigen ſollen; hierauf drehe ich den laryux vor den Hals des Thieres, indem ich jede Verletzung der nn recurrentes hoͤchſt vorſichtig vermeide. Auf dieſe Weiſe laſſen ſich die Bewegungen der glottis bequem beobachten. Man fiebt, wie ſie ſich bei jeder Inſpiration erweitert und bei jeder Expiration verengert. Die Luft wird kraͤftig oder vielmehr (beitm Hunde) kreiſchend ausge: athmet; die Verengerung der glottis ift ungemein auffallend, und die cartilagines arytaenoideae nähern ſich einan⸗ der kräftia. Nach der einſtimmigen Anſicht aller Poyſiologen kann aber die gegenſeitige Annäherung dieſer Knorpel lediglich durch den m. arytaenoideus bewirkt werden; dieſer Muskel iſt al— fo nicht gelaͤhmt, und weil ich die rami interni der nn. laryngei superiores durchſchnitten hatte, fo kann die Contraction deſſelben nicht durch dieſe bewirkt werden, ſondern die nn. recurrentes ſetzen ſowohl die Muskeln, welche die glottis ſchließen, als die, welche No. 1503. R e. dieſelbe erweitern, in Thaͤtigkeit. Auch haben wir ſo eben geſehen, daß die Stimmritze ſich nach der Durchſchneidung der nn. laryn- gei superiores, welche unter den innerlichen Muskeln des Kehl: kopfs nur diejenigen bethaͤtigen, welche die Stimmſaiten anſpan— nen (die mm. crico-thyreoidei), ohne alle Behinderung zu veren— gern und zu erweitern fortfährt. Dieſe Experimente liefern uns alſo den Beweis, daß Magen— die's erſte Behauptung, nämlich, daß der m. arytaenoideus von den nn, laryngei superiores in Thaͤtigkeit geſetzt werde, falſch iſt. Da auf der andern Seite der m. arytaenoideus mittelft der Durch- ſchneidung der nn. recurrentes gelähmt wird, fo braucht nicht noch bewieſen zu werden, daß Magendie Unrecht hat, wenn er (Op. cit. T I, p. 295; T. II, p. 354) ſagt: „nach dieſer Operation koͤnne die Verſchließung der glottis nicht in Folge der Contraction dieſes Muskels ſtatt⸗ finden“. Indeß haben wir doch in dieſer Beziehung folgenden Verſuch angeſtellt: Wir durchſchneiden zuvoͤrderſt die beiden nn. laryngei supe- riores und ziehen hierauf den larynx in der Art vorwärts, daß, wie oben gezeigt, die Bewegungen der glottis voͤllig deutlich beob— achtet werden koͤnnen. Durchſchneidet man dann einen der nn. re- currentes, ſo ſind jene Bewegungen an der entſprechenden Seite nicht mehr zu bemerken, und die Oeffnung der glottis wird um die Hälfte geringer Hat man beide nn, laryngei inferiores durch— ſchnitten, ſo hoͤren die Bewegungen der glottis ganz auf und deren Oeffnung ſchließt ſich völlig ), indem die Lefzen ſich, jedesmal wenn das Thier einathmen will, aneinanderlegen. Wir fragen nun, welche Muskeln dieſe Verſchließung unter den angegebenen Umſtaͤn— den bewirken? Will man etwa noch behaupten, der m. arytaeno- ideus oder ein andrer constrictor ſey hier im Spiele? Aber haben wir denn nicht die vier Kehlkopfnerven ſaͤmmtlich durchſchnitten und folglich alle dem Kehlkopf eigentbuͤmlichen Muskeln gelaͤhmt? Da wir nun einestheils an lebenden Thieren ſeben, wie die Verſchlie— ßung der glottis bei Abweſenheit aller Muskelkräfte ſtattfindet, und wir anderntheils dieſe Verſchließung am Kehlkopf todter Thiere, nach dem oben angezeigten Verfahren, beliebig bewirken koͤnnen, ſo muß nothwendig die von uns bekaͤmpfte Theorie als voͤllig ent— kraͤftet betrachtet word ı **). Wir haben nach Legallois's Vorgange dargeſtellt, daß die Zuſchnuͤrung der glottis und folglich die Erſtickung, welche mit⸗ telſt der Durchſchneidung der un. recurrentes eintreten, bei jungen Thieren weit deutlicher oder entſchiedener find, als bei aͤltern. Wo⸗ rin liegt nun der Grund dieſes Unterſchiedes? Zuvoͤrderſt bemerkt „) Je nach dem Alter und ſelbſt der Art des Thieres. „) Die von uns vertheidigte Theorie iſt weiter oben dargelegt worden. 7 99 mon an der glottis: 1) einen verdern oder Stimm Theil, der mit den Stimmfairen gefüttert iſt 5); 2) einen hintern oder Re⸗ ſpirations⸗Theil, der zwiſchen die cartil. aryraenoidene fallt“). Die v erhaͤltnißmaͤßige Ausdehnung dieſer beiden Portionen iſt, je nach der Species, zumal aber nach dem Alter des Thieres, ver— ſchieden. Bei'm erwachſenen Menſchen macht die Reſpirations— Rinne nur etwa den dritten Theil der ganzen Oeffnung der glottis aus, während bei den Thierſpecſes, von denen wir erwachſene Er: emplare unterſucht haben (Pferd, Rind, Schaaf, Hund, Katze, Ka: ninchen), die Refpirations- Portion der glottis deren ganze hintere Halfte einnimmt. Unterſucht man den larynx des Menſchen und dieſer Thiere im ſehr jugendlichen Alter, ſo findet man, daß der zwiſchen den cart. arytaenoideae liegende Theil der glottis im Vergleiche mit dem Stimmraume außerordentlich klein iſt, was da— her rührt, daß die vordern Apophyſen der cart. arytaenoideae noch beinahe ganz fehlen. Bii dieſer anatomiſchen Beſchaffer heit ſind denn im ſehr jugendlichen Alter die Wandungen der glottis, ſo zu ſagen, durchaus haͤutig und nur in einer ungemein geringen Aus⸗ dehnung mit Knorpeln bekleidet, die überdem ſehr weich ſind und leicht zuſammenfallen. In Folge dieſer anatomiſchen Beſchaffen— heit der Theile werden nothwendig, ſobald mittelſt Durchſchneidung der un. recurrentes die Lähmung der nun. erico-arytaenoidei pos- teriores erfolgt iſt, die Raͤnder der glottis ſich beim Einathmen ihrer ganzen Länge nach leicht und vollig anenanderlegen; denn hier waren dieſe mm. dilatatores die einzigen wirkenden Organe, durch welche die glottis offen erhalten und dem bei'm Einathmen auf Schließung derſelben hinwirkenden Luftdruck entgegengearbeitet werden konnte *:) Im ſpatern Lebensalter verhindern jedoch, außer den mm. crico-arytaenoidei pos'eriores, noch andere Ur: ſachen während der Inſpiration das Schließen der g ottis; denn diefe nimmt alsdann im Zuſtande der Ruhe folgende Geſtalt an: Vorn geht ſie ſpitzig aus, nach Hinten zu erweitert ſie ſich, und in der Mitte bietet ſie eine geringe Verengerung 7) dar, wels che von den nun fehr bedeutend entwickelten und ſogar ein Wenig nach Innen gebogenen apophyses arytaenoideae anteriores herz rührt. Wenn nun die mm, erico-arytaenvidei laterales ſich zu: ſammenziehen, ſo naͤhern ſich die Gipfel jener Apophyſen einander und koͤnnen ſich ſogar berühren, wie wir dieß durch einen weiter unten beſchriebenen directen Verſuch dargethan haben. Alsdann iſt die Stimmportion der glottis verengert oder verſchloſſen, waͤhrend die Reſpirationsportion offen bleibt und mit krummlinigen, feſten, knorpeligen Rändern eingefaßt iſt, welche mit der Zeit ſogar ver: knöchern koͤnnen. Die Luft kann alſo noch fortwaͤhrend durch dieſe letztere mit wenig zuſammendruͤckbaren und ſchlecht ſchwingenden Wandungen verfebene Oeffnung ſtreichen, und deßwegen veranlaßt die Durchſchneiduug der un. recurrentes bei erwachſenen und zu: mal ſehr alten Thieren eine fo geringe Störung der Reſpiration, fo wie dieſe eben daher unter ſolchen Umftänden unfähig find, hohe oder gellende Laute hervorzubringen. Dieſes letztere negative Reſultat läßt ſich leicht künſtlich darſtellen, wenn man kräftig durch den laryun eines getödteten erwachſenen Thieres bläf t. Bleibt der Raum zwiſchen den cart. arytaenoideae weit geöffnet, ſo wird es, trotz der Anſpannung der Stimmſaiten, nicht gelingen, hohe Toͤne zu erzeugen, wogegen ſich dieſe ſogleich bilden laſſen, wenn jener Raum verengert iſt. Dieß iſt aber bei jüngern Thieren der Fall, und dieſe koͤnnen, wegen der natuͤrlichen Engheit der Re⸗ ſpirations⸗Portion ihrer glottis, trotz der Durchſchneidung der nn. reourrentes, hohe Toͤne hervorbringen, was, wie wir durch Ver— *) Die eigenthuͤmlichen Stimmſaiten find die untern, indem bei vielen Thieren die oberen Falten oder ſogenannten obern Stimme ſaiten fehlen. „) Nur Herr Malgaigne hat dieſe beiden Theile der glottis bis jetzt gehörig unterſchieden. Siehe deſſen Abhandlung: Nouvelle theorie de la voix humaine in den Archives gen. de Med., 1831. ) Die Wirkungen dieſes Druckes auf jene Mündung find ber reits oben auseinandergeſetzt worden. 9 1 Verengerung iſt bei jungen Thieren gar nicht vor: anden. 100 ſuche nachgewieſen haben, cinzig dadurch moͤglich wird, daß die noch durch die un. laryngei superiores belebten mm. erico-thy- rebidei die Stimmfaitin anfpannın. Denn dieſe Toͤne hörten auf der Stelle vollſtandig auf, als wir die Thaͤtigkeit dieſer Muskeln mittelſt directer Durchſchneidung ihrer Nervenſtraͤnge unterdruͤckten. Abgeſehen von dieſer volitändigen Stimmloſigkeit, die durch— aus nichts Befremdendes hat, da alle Nerven *) des Kehlkopfs durchſchnitten und ſaͤmmtliche Muskeln deſſelben gelaͤhmt waren, haben wir, wenn wir bei jungen Thieren, deren Reſpiration be: reits, vermoͤge der Durchſchneidung der nn. recurrentes, bedeutend geſtoͤrt war, die Thaͤtigkeit der um. crico-thyreoidei aufhoben, fo gefährliche Erſtickungszufaͤlle hervorgebracht, daß der Tod nur mit⸗ telſt der Tracheotomie verhindert werden konnte. Wie läßt ſich aber dieſe merkwuͤrdige Erſcheinung erklaͤren? Unſerer Anſicht nach verhindern die mm. crico-thyreoidei, indem fie die Stimmſaiten ſtraff anſpannen, ohne jedoch deren gegenſeitige Berührung zu verz anlaſſen, eben vermoͤge jener Spannung, daß der atmoſphaͤriſche Druck deren voͤlliges Zuſammenfallen bewirken kann. Die glottis bildet alſo eine Art von Spalte, die zugleich die Erzeugung hoher Töne beguünſtigt und eine ſehr geringe Quantitaͤt Luft einſtreichen laͤßt, fo daß die Reſpiration nur ſchwierig von ftatten gehen kann. Sobald jedoch, vermoͤge der Laͤhmung der mm. crico-thyreoidei die Stimmſaiten ſchlaff werden, kann der Luftdruck dieſelben leich— ter ganz aneinanderpreſſen, fo daß ſogleich bedenkliche Erſtickungs— zufälle eintreten **). Eine andere nicht wen’ger intereſſante Erſcheinung ſtellt ſich uns dar, wenn wir Thiere in's Auge faſſen, bei welchen die nn. laryngei interiores durchgeſchnitten worden find. Wir bemerken dann nämlich, daß binnen derſelben Zeit eine groͤßere Zahl von Athemzuͤgen ſtattfindet. Die Reſpiration wird dadurch ſicher in allen Fällen beſchleunigt, nur ſtellt ſich das Reſultat, je nach den Umftänden, zumal dem Alter, ſehr berſchieden dar. Die Zahl der Inſpirationen, welche bei dem erwachſenen Hunde ſich in der Minute auf 18 20 beläuft, wird durch die Operation im Durch- ſchnitte bis auf SO 32 gefteigert. Etwa drei Monate alte Hunde athmen vor der Operation in der Minute 22 — 25 Mal, nach derſelben weht 45 Mal; erwachſene Kaninchen, vor der Operation 60 - 70 Mal, nach derſelbden 100 — 108 Mal. Alle dieſe Veob— achtungen muß man fo anſtellen, daß die Thiere nicht gewahr werden, daß man ſich um ſie bekuͤmmert; weil ſonſt das Athemho— len noch ſtärker beſchleunigt und keuchend wird, z. B., wenn man ſie zum Gehen oder Laufen zwingt, in welchem letztern Falle ſie zuweilen wie erſtickt zuſammenbrechen 7). Der Grund, weßhalb die Thiere nach dem Durchſchneiden der nn. recurrentes ſchneller athmen, laͤßt ſich leicht darlegen. Von Natur ſind die Maaße der glottis fo eingerichtet, daß fie, unter normalen Umitänden, bin— nen einer gegebenen Zeit gerade fo viel Luft durchtaͤßt, als dazu gehört, um eine beſtimmte Menge Venenblut in Arterienbiut zu verwandeln. Wenn nun nach der Operation die glottis um die Haͤlfte weniger weit iſt, ſo muß offenbar, wenn die Blutbereitung ihren gehoͤrigen Fortgang haben ſoll, die Zahl der Inſpirationen noch einmal ſo bedeutend ſeyn, wie fruͤher Wie kommt es nun aber, daß, wenn man die beiden pneumo— gaſtriſchen Nerven, bei der Höhe des Halſes durchſchneidet (wo— durch zugleich die Thaͤtigkeit der un. recurrentes aufgehoben wird), das Athmen nicht beſchleunigt, ſondern vielmehr bedeutend langſa— mer wird? So zaͤhlt man, z. B., nach dieſer Operation bei'm er: wachſenen Hunde in der Minute nicht mehr 18 — 20, ſondern nur 6 7 Athemzuͤge, ja zuweilen nur 5. Dennoch hat ſich in dieſem *) Ausgenommen der n. laryngeus, der, wie ſich aus un⸗ ſern Verſuchen ergiebt, keinen einzigen Muskel in Thaͤtigkeit ſetzt und ſich in die Schleimhaut des Kehlkopfs zertheilt. ) Bei erwachſenen Hunden und Kaninchen find dieſe Wirkungen, ſelbſt wenn dieſelben fo tief, als möglich, einathmen, ſelten zu beobachten. ) Bon ganz jungen Thieren, bei denen die Durchſchneidung der nn, recurrentes das Erjtiden faſt unmittelbar zur Folge hat, kann hier nicht die Rede ſeyn. 101 Falle die glottis fo gut verengert, wie in dem, wo nur bie nn. laryngei inferiores durchſchnitten worden find. Allein nach diefer letztern Operation findet das Beduͤrfniß des Athemholens noch in demſelben Grade ſtatt, wie vorher; weßhalb es ſich beſchleunigen muß, um dieſem Beduͤrfniſſe bei verengerter glottis zu entſprechen; wogegen, wie Herr Brachet nachgewieſen hat “), ſobald der Ein⸗ fluß der nn. pneumogistriei auf die Lungen beſeitigt iſt, die Re: ſpiration ihre Rechte nicht mehr mit derſelben Strenge geltend macht und folglich bei Thieren, wo jene Nerven durchſchnitten wor— den, langſamer wird. Kann nun, ungeachtet der durch die Laͤhmung der nn. recur- rentes veranlaßten Beſchleunigung der Reſpiration, ein Thier noch lange leben? Abgeſehen von denjenigen Fällen, wo die glottis ſich ſogleich hinreichend verengert hat, um binnen wenigen Tagen die Blutbereitung bedeutend zu ſtoͤren, koͤnnen wir, beſonders in Be— treff der erwachſenen Hunde, anfuͤhren, daß dieſe wegen der Durch— ſchneidung jener Nerven nicht gerade dem Tode verfallen. Wir haben ſolche Hunde nach der Operation noch 5 Wochen lang ge— fuͤttert, und ſie befanden ſich, allem Anſcheine nach, wohl. Nachdem wir ſie getoͤdtet, fanden wir deren Lungen voͤllig frei, ohne die ge— ringſte Verſtopfung. Der Hund einer Obſtfrau, dem die Studen— ten am Hoſpital Beaujon vor faſt einem Jahre die beiden nn. la- ryngei inferiores durchſchnitten haben, iſt fortwährend wohlauf und wohlbeleibt; uͤberdem iſt er binnen dieſer langen Friſt fort— waͤhrend ſtumm geblieben. Dieſe beiden Umſtaͤnde, daß dem Hunde die Operation nicht lebensgefährlich geworden, und daß ſie bei ihm eine dauernde Aphonie herbeigefuͤhrt, beweiſen, daß derſelbe zur Zeit, wo die Operation ſtattfand, bereits erwachſen war. Aus der Entwickelung des Reſpirations-Theils der glottis bei erwach— ſenen Thieren erklaͤren ſich, wie oben gezeigt worden, dieſe beiden Erſcheinungen zur Genuͤge. Aus Allem, was wir ruͤckſichtlich des veraͤnderlichen Einfluſſes der un. recurrentes auf den Grad der Oeffnung der glottis geſagt haben, ergiebt ſich, daß zur Würdigung der Wirkung des Durch- ſchneidens der nn. pneumo-gastrici zunächſt auf die Eingeweide der Bruſthoͤhle die vorläufige Bekanntſchaft mit der Wirkung des Durch: ſchneidens der nn. recurrentes nöthig iſt. Ich will hier nur ein einziges Beiſpiel anführen: Man durchſchneide beide nervi vagi, um deren Einfluß auf die Blutbereitung in Erfahrung zu bringen und verſaͤume, den Einfluß der nn. laryngei inferiores auf die glottis zu beobachten; wenn nun das Blut, ſtatt hellroth aus einer geöffneten Arterie herauszuſpritzen, dunkelroth und faſt ſchwarz aus derſelben ſpringt, ſo wird man nothwendig daraus folgern, daß der n. pneumo gastrieus auf die Wiederbelebung des Venen— bluts einen weſentlichen Einfluß aͤußerez und ein anderer Beobach— ter, der damit angefangen hat, daß er die Einwirkung der un. recurrentes auf die géottis beſeitigte, indem er (zugleich) eine große Oeffnung in der Luftroͤhre (mittelſt Subſtanzverluſtes) anz brachte, wird zu einem entgegengeſetzten Schluſſe gelangen. Ueber— dem ift, in dem fraglichen Falle, wenn man die Trachcotomie nicht vornimmt, die Beachtung des Alters des Thieres von der groͤßten Wichtigkeit. Ich habe in der That zu Montfaucon an alten Pfer— den den Verſuch wiederholt, den Dupuytren zu Alfort an viel jüngern Pferden vorgenommen hatte, naͤmlich die arteria facialis gleichzeitig mit der Durchſchneidung der beiden nervi pneumo-gas- trici geöffnet. Jener berühmte Phyſiolog beobachtete, daß faſt augenblicklich eine deutliche Veraͤnderung in der Farbe des Arte— rienblutes eintrat, wogegen ich nur eine kaum erkennbare Veräns derung wahrnehmen konnte. Woran liegt nun dieſe Verſchieden— beit der Reſultate? Ich operirte alte Pferde, bei denen die Reſpi— rations Portion der glottis, weil ſie weit und mit faſt knochigen Knorpeln eingefaßt war durch den Luftdruck nicht geſchloſſen were den konnte, folglich noch bedeutend viel Luft durchließ; Dupupy: tren dagegen machte den Verſuch mit weit juͤngern Pferden, bei denen die ſchon an ſich weil engere Reſpirations Portion der g'ot- tis von weichen und nachgiebigen Knorpeln umgeben war, die ſich alſo bei jeder Beſtrebung, einzuathmen, leicht faſt oder voͤllig anein— *) Fonctions du systeme nerveux ganglionnaire, 2° Edit. Art. Respiration. 102 anderlegen konnten, daher viel weniger Luft durchließen. Demnach war die Blutbereitung geftört, und das Arterienblut zeigte ſich dun= kelfarbig. An jungen ſowohl als an alten Hunden habe ich uͤbri— gens das Gegentheil von dem eben angezeigten Reſultate bewirkt. . Wirkungen des Galvanismus Wir wollen nun durch Verſuche die Thaͤtigkeit der verſchiedenen, dem larynx eigen— thümlichen Muskeln darzulegen ſuchen ») über welchen Punct, wie wir zu Anfange dieſes Artikels bereits erwähnt haben, die Phyſio— logen hoͤchſt abweichender und widerſprechender Meinung find. Um denſelben zugleich ſicher und leicht zu unterſuchen, haben wir haupt: ſachlich große Thiere angewandt (Pferde und Rinder) ). Zu dieſem Zwecke galvaniſirten wir gleich nach dem Verenden des Thieres dieſen oder jenen Aſt des n. recurreus, welcher dieſen oder jenen Kehlkopfsmuskel in Thaͤtigkeit ſetzt, und dann beobachteten wir, indem wir den Kehlkopf ſich ſelbſt uͤberließen, die phyſiologiſche Wirkung, welche der Muskel bei ſeiner Contraction hervorruft. Die auf dieſe Weiſe erlangten Reſultate ſchienen uns zuverläffiger und deutlicher, als diejenigen, welche man erhält, wenn man die Muskeln bloßlegt und an ihnen angeblich in der Richtung ihrer Faſern zerrt. Dieß Verfahren muß gewiß bedeutende Maͤngel und Unſicherheit darbieten, weil die Beobachter, die ſich deſſelben ber dienten, zu ſo verſchiedenen Ergebniſſen gelangt ſind. Von den dem Kehlkopfe eigenthuͤmlich angehoͤrenden neun Muskeln find vier paarig (1) die crico-arytaenoidei posteriores, 2) die crico-arytaenoidei laterales, 3) die thyreo arytaenoidei, 4) die crico-thyreoidei), und nur ein einziger, der m. arytaenoi- deus, iſt unpaarig. Bekanntlich geben die nn. recurrentes an alle dieſe Muskeln, mit Ausnahme der crico arytaenoidei, Zweige ab. Magendie behauptet jedoch (Elém. de Physiol, 1836, T. I. p. 288), „es laſſen ſich keine Zweige dieſer Nerven ermit— teln, die ſich nach dem m. arytaenoideus begeben.“ Allein mehrere Anatomen haben klar nachgewieſen, Naß beim Menſchen ein Zweig des n. recurrens dieſem Muskel zugeht, und namentlich iſt dieß vom Profeſſor Blandin geſchehen, der den Lauf des fraglichen Nervenfadens zuerſt genau beſchrieben hat. Ich habe denſelben ebenfalls bei'm Hunde, der Katze, dem Schafe, Rinde und Pferde gefunden, und bei allen dieſen Thieren ſchlaͤngelt er ſich zwiſchen der Platte der cartilago thyreoidea und dem m. crico-arytacnoi- deus posterior hin. Auf folgende Weiſe thue ich dar, daß die Contraction des m. arytaenoideus von den nn. laryngei inferiores und nicht von den nn. laryngei superiores herruͤhrt, fo wie, daß er ganz ausgemacht ein constrictor ift. Nachdem ich an dem larynx eines friſchgetoͤd— teten Pferdes die Inſertionen der mm. crico-arytaenoidei an der Platte der cart. cricoidea ſchnell getrennt hatte, legte ich die dem m. arytaenoideus zugehenden fraglichen Nervenftränge bloß und dann kreuzweis übereinander, worauf ich die beiden Voie einer gal— vaniſchen Säule von 10 — 15 Plattenpaaren an der Kreuzungs— ſtelle mit ihnen in Verbindung brachte. Sogleich verengerte ſich die glottis, und die cartilagines arytaenoideae näherten ſich einander kraͤftig. „Es ſcheint, ſagt Cruveilhier, auf den erſten Blick, als ob dieſer Muskel die beiden cartil. arytaenoideae ein: ander kraͤftig nähern muͤſſe, und als ob er der m. constrictor der glottis ſey; allein wenn man bedenkt, daß er an den aͤußern Rand der Knorpel inſerirt iſt, ſo ſieht man ein, daß er, wenngleich er die Knorpel einander naͤhert, ſie doch eine Hebelbewegung ausfuͤh— ren läßt, durch welche der Gipfel der an der Baſis befindlichen apophysis pyramidalis nach Außen gedreht und die Stimmſaite angefpannt, aber von der Are entfernt wird.“ Der eben erwähnte Verſuch geftattet uns nicht, der Anſicht des Profeſſors Cruveilhier heizupflichten, welche, wie wir weiter unten nach⸗ ) Die des m. crico-thyreoideus iſt bereits bei Gelegenheit der un. laryngei superiores dargelegt worden. ) Da ſich durch vergleichende Sectionen durchaus kein ſehr weſentlicher Unterſchied zwiſchen dem Kehlkopfe dieſer Thiere, ſo wie des Hundes Schafes ꝛc., und demjenigen des Menſchen darthun laͤßt, ſo darf man annehmen, daß die mit jenen er⸗ langten Reſultate auch in Betreff des Letztern Gültigkeit haben. 7 * 103 weiſen werden, nicht auf den m. arytaenoideus, wohl aber auf den m. crico-arytaenoideus superior paßt. Was die durch Verſuche gelieferten Beweiſe betrifft, daß die un laryugei superiores auf die Contraction des m. arytacnoıdeus nicht den geringſten Einfluß äußern, fo ſind dieſelben bei Gelegen— heit der Unterſuchung dieſer Nerven ſchon genugend dargelegt worden. Um die Wirkungsweiſe der mm. crico-arytaenoidei laterales, welche Haller (Klem. Physiol. 1. III, p. 536), und die meiſten Pyyſtologen für die Erweiterer der g’ottis, Bichat und Muller dagegen für die Conſtrictoren derſelden halten, genau zu ermitteln, verfuhr ich folgendermaßen: Ich durchſchnitt forgfäirig die ſammt⸗ lichen Zweige, welche von den un. recurrentes nach dem m. arytae- noideus, fo wie den mm. crico arytaenoidei posteriores und Lhy- reo-arytaenoidei geſendet werden *), fo daß einzig die Ner- venfäoen verſchont blieben, welche den mm. crico-arytaenoidei laterales zugehen, deren Wirkungsart ich gerade zu ermitteln bes abſichtigre. Indeß beobachtete ich die wichtige Vorſichtsmaaßregel, daß ich auf beiden Seiten den ganzen Stamm des n. recurrens an der Stelle, wo derſelbe unter den m. constrictor pharyngis in- terior ſtreicht, unverſehrt ließ, indem ich mir dadurch die Möge lichkeit vorbehielt, dieſe beiden Stämme hinten auf der Medianlinte zu kreuzen, wie ich es bereits in Betreff der dem m arylaenol- deus zugehenden Nervenfäden gehalten hatte. Dieſe Theile wurden ſchnell praparirt, um der allzuſtarken Verkuͤhlung des Cadavers zuvorzukommen, und nun brachte ich die beiden Pole einer galvam— ſchen Säule von 10 — 15 Plattenpaaren zuerſt mit nur einem der nn. recurrentes in Verbindung, während ich den Blick feſt auf die glottis heftete. Der larynx war dabei gehörig unterſtutzt. Nun lab ich, wie die apophysis anterior der Baſis der cart. arytaenoi- dea, an welche der m. thyreo-arytaenoideus theilweiſe angefügt iſt, nach Innen bewegt ward. Kreuzt man die beiden Stämme der un. recurrentes und berührt man ſie an dem Puncte, wo ſie übereinander hinſtreichen, mit den beiden Polen, ſo fahren die Spitzen der apophyses arytaenoideae anteriores ruckweiſe zuſammen und berühren einander, ſo daß, während der Reſpirations-Theil “e) der glottis nach hinten zu offen bleibt, der Stimmtheil derſelben ſich durch das Aneinanderlegen der Stimmſaiten nach deren ganzer Lange ſchließt. Wegen dieſer ſo unwiderleglich dargelegten Function des m, crico-arytaenoideus lateralis ſchlage ich für dieſen Muskel den Namen musculus con- strictor glottidis vocalis vor, fo wie ich musculus constrictor glottidis respiratoriae für die paſſendſte Benennung des m. ary- taenoideus halte. Uebrigens werde ich gleich auf den Einfluß zus ruͤckkommen, welchen dieſer letztere Muskel nichtsdeſtoweniger auf die Erzeugung der Stimme ausuͤbt. Um auf die mm. erico-arytaenoidei posteriores und thyreo- arytaenoidei mittelſt ihrer Nerven einzuwirken, haben wir daſſelbe Verfahren befolgt, wie bei der phyſiologiſchen Unterſuchung der mm. crico-arytaenoidei laterales, indem wir nämlich, unter Schonung der Stämme der nn. laryngei inferiores, deren fämmt: liche Aeſte durchſchnitten, mit Ausnahme derjenigen, welche ſich nach den zu unterſuchenden Muskeln begeben. Wenn man alſo nur die Nervenfäden, die die mm. crico-arytaenoidei posteriores verſorgen, mit den nn. recurrentes in Communication gelaffen hat und nun die hinten auf der Medianlinie gꝗckreuzten Nervenftamme an ihrer Beruͤhrungsſtelle zugleich galvaniſirt, fo führen ſogleich die cart, arytaenoideae eine Bewegung aus, vermoͤge deren die Gipfel der an ihrer Baſis ſitzenden apophyses *) Dieſe vorläufige Operation, welche ſicher bei dem Hunde und Thieren von ahnlicher Größe ganz unausführbar ſeyn würde, läßt ſich bei dem friſchgetoͤdteten Pferde und Rinde ohne Schwierigkeit vornehmen, zumal wenn man einige fuͤr dieſen Zweck vorlaͤufig praͤparirte Kehlkoͤpfe derſelben Thiere zur Hand hat. ) Oder der zwiſchen den cart. arytaenoideae liegende Theil. 104 anteriores nach Außen gewendet und die Stimm faiten ein Wenig angeſpannt, zumal aber von der Are entfernt werden. So ſieht man denn, daß dieſen Muse kein die Function obliegt, welche man fälſchlicherweiſe dem muse. arytaenoideus zugeſchlieben hat. Was die mm. thyreo-arytaeno- idei betrifft, mit denen man, wie Cowper und Albinus be— merken, die um. erico-«rytaenoidei laterales ja nicht zu identifi— ciren hat, fo erkennt man, durch das Galvaniſtren ihrer Nerven— faden, daß innen die Function obliegt, die Stimmſaiten ſtarrer zu machen, jo daß ſie beſſer ſchwingen, und ſie ein Wenig zum Ans ſchwellen zu bringen, jo daß dadurch die Oeffnung der g.ottis ger wiſſermaßen verengt wird. So haben wir denn Muskeln, welche die Stimmſaiten an— ſpannen (die mm. crico-thyreoidei); ſolche, welche dieſelben ſtar⸗ rer oder weicher machen (die mm. thyreo-arytaenoidei); andere, welche die ganze glottis oder nur deren Stimm oder Reſpirations⸗ Portion erweitern mm. erico-arytaenoidei posteriores); einige, die nur die Stimmportion verengern (mm. erico-arytaenoidei la- terales) und einen, der weſenteich dazu beſtimmt ilt, die Reipiras tionsportion zuſammenzuziehen (der m. ar taenoideus). Man beachte wohl, daß dieſe ſammtlichen Angaben ſich auf die Beobach- tung der Wirkung der Muskeln, waͤhrend dieſe noch, ſo zu ſagen, von der Lebenskraft durchdrungen ſind, keineswegs auf bloße Un terſuchung ihrer Anfügeftellen und daraus abgeleitete ſehr truͤge— riſche Folgerungen ſtutzen. Gewiß kann man ſich leicht vorſtellen, daß ein musculus constrictor glottidis zur Erzeugung der hohen Toͤne hoͤchſt noth— wendig iſt; ebenſo wird man die Zweckmäßigkeit eines eigens für die Reſpiration beſtimmten Kehlkopfmuskels begreifen, der die ganze glottis erweitern kann, fo oft ſich bei'im Athmen das Einſtromen einer moͤglich großen Luftmenge in die Reſpirationswege nothig macht; dagegen leuchtet die Nothwendigkeit des Vorhandenſeyns ei— nes eignen m. constrictor für die zwiſchen den cartilagines arg tae- noideae liegende Portion der glottis auf den erſten Slick weniger ein; denn da dieſe Portion lediglich für die Zwecke der Reſpiration dient, ſo ſcheint ſie weit mehr eines Muskels, der ſie erweitert, als eines ſolchen, der ſie verengert, zu bedürfen. Den Grund die: fer organiſchen Anordnung wird man indeß durch folgenden Ver— ſuch beſſer würdigen lernen. Man treibe Luft kräftig in den la- rynx eines todten Thieres ein, und wenn die Reſpirationsportion der glottis klafft und (wie bei alten Thieren) im Vergleich mit der Stimmportion weit genug iſt, ſo wird man es, trotz der Spannung und gegenſeitigen Annäherung der Stimmſaiten, un— moͤglich finden, ſehr hohe Toͤne hervorzubringen. Die Weite der Reſpirationsportion iſt offenbar daran Schuld, denn wenn man ſie verengt, ſo werden ſich die verlangten Toͤne alsbald bilden. Ein constrictor der Stimmportion war alſo nicht ausreichend; es mußte, ſelbſt der Stimme wegen, ein constrictor der innerhalb der cartilagines arytaenoideae liegenden Portion der glottis vorbanz den ſeyn, und die Natur hat daher für jeden dieſer beiden wichti— gen Theile der glottis einen beſonderen Muskel geſchaffen. Muß übrigens nicht bei jeder nur irgend beftigen Anſtrengung deren vollſtaͤndige Verſchließung eintreten? ) So bemerken wir die: ſelbe, z. B., ſo oft wir eine Laſt heben, bei'm Stuhlgange, Harnen, Vomiren ꝛc. „In allen dieſen Fallen, ſagt Fabricius von Aquapendente, bleibt die glottis vollkommen verſchloſſen die Re⸗ ſpiration unterbrochen und es tritt eine Art von Kampf zwiſchen den Muskeln der glottis und den Conſtrictoren des Unterleibs und der Bruſt ein.“ Nach Bourdon (Op. cit.) vermehrt dieſe Thäs tigkeit der glottis die Kraft der Anſtrengungen und ſie iſt, nach den von dem genannten Phyſiologen mit Thieren angeſtellten Ver: ſuchen, ſo unumgaͤnglich nothwendig, daß eine ſtarke Anſtrengung ) Fabricius von Aquapendente; Pars II, g. 9. De voce, de secunda laryngis actione quae est spiritus cohibitio. Dodart, M&moires de l’Acad. d. Sciences, an 1706. Isid. Bourdon, Recherches sur le mecanisme de Ja respiration, 1820, c. 4. 105 ehne dieſe Thaͤtigkeit und Stüge von Seiten der glottis gar nickt moglich iſt. Somit wäre die Exiſtenz des m. arytaenoideus, deſ⸗ ſen Functionen in der von uns erläuterten doppelten Ruͤckſicht zu wuͤrdigen waren, genügend motivirt. (Schluß folgt.) Mise len. Ueber einen Fiſchregen, der in der Nacht vom 29. auf den 30. Juni d. J. in der Ükermark, auf dem Gute des Herrn v. Holtzendorff Jagow, bei einem heftigen Gewitter ſtattge— funden hat, theilte der z. Director, Herr Profeſſor Auguſt, am 20. Juli der Geſellſchaft naturforſchender Freunde in Berlin fol— genden Bericht mit: „Schon gegen Abend zog ſich im Weſten des Dorfes Jagow ein Gewitter zuſammen, das ſich nach einigen ſchwankenden Bewegungen gegen N. endlich in der Richtung aus W'e N. W. langfam näherte, faſt eine Stunde im Zenith verweilte und ſich gegen 9 Uhr wieder zertheilte. Darauf zeigten ſich nur noch Blige im fernen Weſten, gegen 11 Uhr wurde auch Donner börbar, der Regen hatte aufgehört. Ploͤtzlich ſturzte um 2 Uhr Nachts (30 Juni) ein heftiger Regen nieder und hielt anderthalb Stunden fo lebhaft an, daß der Ort auf eine den ältıften Bewoh⸗ nern unerhoͤrte Art uͤberſchwemmt wurde. Am 30. Juni Abends brachten Hirten, in ihren Huͤten, eine Menge kleiner Fiſche mit nach Haufe, um ihre Enten damit zu fuͤttern. Sie hatten dieſel— den auf der Schaafweide, auf den hoͤchſten Huͤgeln, in den da— ſelbſt durch Regen erfüllten kleinen Vertiefungen aufgeleſen, und erzählten, daß ſich den Tag über mehr als 60 Stoͤrche, eine Un: zahl von Krahen und andern Vögeln dort von den Fiſchen gefätz ligt haͤtten, und in den Regenlachen wären überall noch ſehr viele lebende Fiſche. Der Gutsherr, welcher dieß erſt am 1. Juli er: fuhr, kennte ſich nicht vor dem 2. Juli an Ort und Stelle von dem Vorgange überzeugen. Er fand aber auch dann noch viele Fiſche an den bezeichneten Stellen, die groͤßeſten 5 Zoll lang, größ: tentheils als Brut einheimiſcher Gattungen erkenntlich. Die klei— nen Lachen, in denen ſie munter umherſchwammen, waren auf dem hochgelegenen Brachlande ſichtlich erſt durch den erwaͤhnten Regen entftanden, nnd hatten durchaus keine Verbindung mit irgend «is rem fiſchreichen Waſſer. Die Ausdehnung des Raumes, auf dem ſich die Fiſche vorfanden, hatte uͤber 200 Schritt Laͤnge und 50 Schritt Breite und erſtreckte ſich der Laͤnge nach in der Richtung des Gewitterzuges. Die von dem Herrn v. Holtzendorff ange: 106 ſtellten Unterſuchungen ſetzen es außer Zweifel, daß dieſe Fiſche durch die Luft an jene Stelle gebracht ſeyn mußten. Merkwurdig iſt, daß die Waſſerhoſe, die ſie fortwirbelte, keine Spuren ſonſti⸗ ger Windverherrung zuruͤckgelaſſen hat, daß auch in der Nacht felbſt kein erheblicher Wind bemerkt wurde; ſondern der Regen⸗ ſtrom ruhig herabzufallen ſchien. In dem Dorfe ſelbſt und an als len uͤbrigen uͤberſchwemmten Stellen, die mit Wieſenbaͤchen und durch dieſe mit näheren oder entfernteren Teichen und Eeeen zus ſammenhaͤngen, fand ſich keine Spur ſolcher Fiſche. Die von dem Herrn v. Holtzendorff mit dieſem Berichte zugleich eingeſchick⸗ ten Fiſche find in unſern Landſeeen gewoͤhnlich re ‚als: Hecht (Esox lucius), Barſch (Perca fluviatilis), Plöße (Cypri- nus rutilus), Stichling (Gasterosteus pungitius), wie ein anwe⸗ ſendes Mitglied, Herr Dr. Troſchel, der ſie genauer unterſucht hatte, angab. Ein Fall, wo Luft von der Oberflache der Haut abgeſondert wurde, hat Sir Francis Smith beobachtet und in dem Dublin Journal of medical Science, January 1841 be⸗ ſchrieben. Ein hypochondriſcher Herr, 35 Jahr alt, meldete Sir F. Smith, daß er an ungeheurer Gasentwickelung im Magen Kide; daß er auch zuweilen Luft aus der Urinblaſe ausleere, und daß er auch, wenn er ſich im Baden unter Waſſer befinde, Luftaus— ſtoßung von der Oberflaͤche des Koͤrpers bemerkt habe. Dieſer letzten Angabe wurde wenig Vertrauen geſchenkt, bis zum 15. Mai 1840, wo Sir F. Smith eilig zu dem Bade gerufen wurde, um die Erfcheinungen der Luftentwickelung von der Haut feines Pas tienten zu beobachten. Dieſer befand ſich in einem Bade von 79° F., und ſeine Bruſt, Unterleib, Schultern und Haͤnde waren buch⸗ ſtäblich von kleinen Luftbläschen bedeckt. Wenn er feine Haͤnde aus dem Bade hervorſtreckte, fo verſchwanden die Luftblaͤschen; aber wenn er die Haͤnde wieder unter das Waſſer brachte, ſo be— merkte man, daß die Luftblaͤschen wiedererſchienen, welche zuerſt ſehr klein waren, aber allmaͤlig an Größe zunahmen, bis die Hands flächen wieder ganz davon bedeckt waren. Er wiſchte bäufig die Bläschen von Haͤnden und Bruſt weg; aber in jedem Falle wur⸗ den fie bald durch andere erſetzt. Die Luftblaͤschen gingen, wie Queckſilberkuͤgeichen, ineinander über, wenn ſie mit den Fingern fortgetrieben wurden, ohne die Haut zu verlaffen oder im Waſſer ſich loszumachen. Dieſe Umſtaͤnde wurden von Sir F. Smith zwanzig Minuten lang beobachtet, und gegen des Ende dieſer Zeit waren die Ränder des Oberendes der Badewanne, da wo die Schultern geweſen waren, rundherum 2 Zoll tief mit kleinen Luft⸗ blaͤschen belegt. 5 Ueber ſubcutane chirurgiſche Operationen. Von Dr. Robert Hunter. Die Anwendbarkeit ſubcutaner Operationen iſt bis auf die letzte Zeit auf die Durchſchneidung einiger Muskeln und die Eröffnung einiger Abſceſſe und Balggeſchwuͤlſte be— ſchraͤnkt geblieben; fie verdienen aber eine weit größere Ver— breitung. Die Vortheile fubeutaner Operationen find: 1) Geringerer Schmerz; 2) geringere Entzündung; 3) keine Eiterung; 4) wenig oder gar keine conſtitutionelle Stoͤ⸗ rung und 5) raſche Ruͤckkehr der operirten Theile zum normalen Zuſtande. Die Gefahren einer unvorſichtigen Eroͤffnung eines Pſoasabſceſſes ſind hinreichend bekannt. Mit Vortheil iſt eine theilweiſe ſubcutane Operation von Abernethy dage— gen empfohlen worden. Daſſelbe gilt ven der ſubcutanen aun de. Durchſchneidung der Ruͤckenmuskeln bei Scolioſen. Ich habe dieſe vorzuͤgliche Operation 25 Mal ausgefuͤhrt und dabei geſehen, daß der Schmerz für die Kranken auferors dentlich gering war, daß die Blutung nie mehr, als einige Tropfen beträgt, daß keine Sugillationen eintraten, keine Eis terung folgte, uͤberhaupt keine allgemeine Stoͤrungen hervor gerufen wurden und in hoͤchſtens drei oder vier Tagen die Narbe gebildet und jede Spur der Operation verwiſcht war. Guerin’s gluͤckliche Operation, wobei 44 Muskeln durch⸗ ſchnitten und im Ganzen zur Operation etwa eine Stunde gebraucht wurde, habe ich mit angeſehen und habe mich überzeugt, daß der Kranke von der Operation kaum affi⸗ cirt wurde, keinen beſchleunigten Puls hatte und bald nach der Operation ſchlafen kornte. Die milde Einwirkung ſub⸗ cutaner Operationen iſt nur von zwei Urſachen abzuleiten; 1) von der Ausſchließung der atmoſphaͤriſchen Luft und 2) von der geringen Verletzung der fo erregbaren Haut. 107 Ich will nun zunähft diejenigen ſubeutanen Dperatios nen anführen, welche bereits ausgefuhrt worden ſind, und zweitens dieſenigen Krankheiten namhaft mithen, bei wel— chen die fubcutane Operationsweiſe angewendet werden koͤnnte. 1) Keankheiten, welche fubcutan operirt worden find. Hier find diejenigen voranzuſtellen, bei de: nen eine Durchſchneidung von Muskeln oder Sehnen erfor: derlich iſt Die Muskein eignen fih beſonders zu ſubcuta— ner Operation, weil ihre Lage, Form und gegenſeitiges Ver— haͤltaiß fo leicht zu beſtim nen find, und weil fie bei ihrer Durchſchneidung den gehörigen Widerſtand leiſten, fo daß die Ausführung der Operation leicht iſt. Muskeldurchſchnei— dungen ſind jetzt in taͤglichem G übrauche bei ſchiefem Halſe, Rickgratsverkruͤmmungen, Gelenkſteifigkeit durch Musselcon— tractur, Klumpfuß jeder Art und Strabismus, welcher zwar noch nicht allgemein ſubeutan operirt wird, jedoch nicht früher als eine vollkommene Operation angeſehen werden kann, bis nicht das Peincip der ſubeutanen Operation auch hier ange: wendet ift. Da ich die Durchſchneidung der Dorſalmuskeln in Eng: land angewendet und ſeitdem mir eine ziemliche Erfahrung darüber verſchafft habe, fo will ich einige Bemerkungen da— ruͤber hier mittheilen. In keinem einzigen Falle hat die Operation fuͤr ſich allein die Heilung bewerkſtelligt, aber, mit einer einzigen Ausnahme, hat dieſelbe in allen von mir operirten Fillen den Kranken in einen der Heilung guͤnſti— gen Zuſtand verſetzt. De Dyeration ſcheint mir nue die Bedeutung zu haben, daß ſie die Kraft der Muskeln auf— hebt, welche die Kruͤmmung unterhalten, und daß ſie das Rückgrat dem Einfluſſe mechaniſcher und phyſiologiſcher Ein— wirkungen mehr unterwirft. Die Fille, welche ich fo be- handelt habe, hatten alle bereits lange gedauert, zwiſchen 7 und 20 Jahren; ſie waren alle mit beträchtlicher Drehung und ſeitlicher Abweichung verbunden, kurz, Faͤlle, die man entweder als unheilbar betrachten mußte, oder welche bereits J ihre lang faſt ohne Ecfolg behandelt worden waren. Ji einigen Faͤllen folgte auf Durchſchneidung der Muskeln auf der Stelle eine merkliche Beſſerung; in andern war eine Veraͤnderung nicht zu bemerken. Ich verrichtete die ſubcutane Durchſchneidung der Ruͤk— kenmuskeln an vier verſchiedenen Stellen: 1) hebe ich die Spannung der tiefſten Schicht des Muskels maultifidus Spinae mittelſt Dichfhneidung des dick ten Teiles des Muskels, welcher auf dem Kreuzbeine verhaͤltnißmaͤßig ober: flaͤhlich liegt, in der Gegend des hintern obern Hü’tbeinftr: held; 2) und 3) hebe ich die Spannung der mittlern Schicht der Ruͤckenmuskeln des m. longissimus dorsi und sacro- lumbaris, bald in der Lendengegend, bald in der Rückengegend ausgeführt, je nach den einzelnen Fällen; am haͤufigſten je— doch in der Lumbargegend in der Nähe des Urſprungs die— ſer Muskeln. 4) Um die Spannung der platten, mehr oberflaͤchlichen Muskeln zu heben, trenne ich dieſe Muskeln durch einen Längenfchnitt dicht an den Dornfortſaͤtzen der Wirbel, da wo dieſe Spannung der Webel am groͤßten erſcheint. Einmal durchſchnitt ich mit beträchtlichem Er: folge den latissimus dorsi an der Seite des Bruſtkaſtens 108 und hierauf noch in einiger Entfernung vom Ruͤckgrate. Der Muskel kreuzte die contrahirte concave Seite des Stam— mes und ſchien mitzuwirken, daß die Rippen der Seite ein— gedruͤckt wurden; wenn der Kranke dieſe Seite zu ſtrecken erfuhte, fo erhob ſich ein fingerdicker Strang von dem Huktbeinkamme bis zur scapula; ſobald dieſer Strang durchſchnitten war, ließ ſich die Seite betraͤchtlich verlaͤngern, und die Rippen blieben weniger aukeinandergedraͤngt. Bei Durchſchneidung der Dorſalmuskeln habe ich vor— zugsweiſe, jedoch nicht ausſchließlich, die Methode von Gu é— rin befolgt. Dieſer bedient fih jedesmal zweier Inſtru— mente und ſchneidet von Auen nach Janen. Ich bediene mich hiufig bloß eines Inſtrumentes und führe den Schnitt gegen die Haut. Da Guérin indeß ruͤckſichtlich dieſer Dpera'ion eine bedeutende Autorität iſt, fo iſt es der Mühe werth, fein Operations verfahren gen zu anzugeben. Er macht den Einſtich mit einem ſchmalen, ſcharf ſpitzigen Bi— ſtouri und fuͤhrt durch die Oeffnung ſodann ein ſichelfoͤrmi— ges Meſſer von gleicher Breite und Laͤnge ein, deſſen con— vorer Rind der ſchneidende iſt; iſt nun dieſes Meſſer queer über den Muskel hingeſchoben, fo wendet er den converen Rand gegen den Muskel und ſchneidet nicht mit einem Zuge durch, ſondern durch eine Anzahl aufeinanderfolgender Beruͤhrungen, wihrend der Kranke gleichzeitig feine Ruͤcken— muskeln in Thätigkeit bringt, indem er den Kopf gewalt— ſam nach Hinten uͤberzieht; auf dieſe Weiſe wird der Ein: ſchnitt theils durch den Druck des Meſſers, theils durch den Gegendruck ausgefuͤhrt. Die Darchſchneidung der Raͤcken— muskeln iſt bloß der erſte, obwohl wichtigſte Schritt bei der Behandlung der Ruͤckgratsverkeuͤnnmungen; nachher wer— den theils mechaniſche, theils phyſiologiſche Mittel angewen: det; die erſten beſtehen in Anwendung des Deuckes, welcher, auf verſchiedene Wege und durch verſchiedene Mittel ausge— fuͤhrt, die Rückkehr der Theile zur normalen Lage vermit— telt, wihrend durch die zweiten die geſch vaͤchten Muskeln mittelſt haͤufiger Erregung geuͤbt und geſtaͤrkt werden. Guerin operirt die verſchiedenen Formen des Klump— fußes mittelſt ſubcutanee Maskeldurchſchneidung mit außer— ordentlichem Erfolge. SH habe die Dyecation dreimal bei varus ausgefuͤhrt; zwei der Patienten waren Kinder, der dritte eine dreißigjaͤhrige Frau, welche von ihrer Geburt an mißgebildet war. Nach Dutrchſchneidu ig der Achillesſehne bei den Kindern war ich ſogleich im Stande, die Ferſe nach Unten zu bringen und den Fuß durch den geeigneten Appa— rat in der norm ilen Stellung zu erhalten. Bei der Frau war die Mißbildung ſehr betraͤchelich, ein varus des dritten Grades, naͤmlich die Ferſe in die Hohe, der Fuß queer nach J inen gezogen, fo daß er auf den Fibularrand aufgeſetzt wurde und die Zehen nach Janen und gegen die Ferſe ge: dreht waren. Hier dutchſchnitt ich zuerſt die Achillesſehne, wodurch die Ferſe ſogleich herab zebracht wurde; hierauf trennte ich ſogleich einen verkuͤrzten tibialis antieus, was indeß nicht fo viel wirkte, als ich a priori erwartet hatte; der Fuß blieb ſtark nach Janen gewendet; ich durchſchnitt daher die Plantaraponeuroſe, den abductor hallueis, fle- xor brevis hallucis und flexor longus hallueis. 109 Dieß hatte einen merkwuͤrdigen Erfolg, indem ſich der Fuß ſo— gleich entfaltete und die Sohle platt auf den Boden auf— ſetzen ließ. Hierauf wurde der Fuß in einen entſprechenden Apparat gebracht, und die Heilung ſchritt nach Wunſche vorwaͤrts. Die Entleerung von Fluͤſſigkeiten aus Balggeſchwuͤlſten u. ſ. w. iſt ſchon ſeit laͤngerer Zeit ebenfalls nach dem Principe der ſubcutanen Operationen ausgefuͤhrt worden und iſt wahrſcheinlich in noch groͤßerer Ausdehnung anwendbar. Pſoasabsceſſe und umſchriebene Absceſſe von ſpecifiſchem Character ſollten immer auf dieſe Weiſe behandelt werden. Mein Freund, Herr Watt, entleert ſeit Jahren auf dieſe Weiſe eiternde Bubonen; er ſticht eine ſchmale Lanzette durch die geſunde Haut in einiger Entfernung von dem bubo bis in den Absceß ein, ziebt alsdann die Lanzette zurück und führt durch dieſen Canal eine gefurckte Nadel ein, durch deren Furchen der Eiter leicht abfließt, bis der Absceß hinlaͤnglich entleert iſt; hierauf wird die Nadel ent— fernt und die Oeffnung mit e nem kleinen Stuͤckchen Go:ds ſchlaͤgerhaͤutchen bedeckt. Auf dieſe Weiſe wird der Eter, ſo oft es noͤthig iſt, entfernt, ohne daß eine eiternde Wunde, ein Geſchwuͤr oder eine auffallende Narbe erfolgen. Gang ien und Meliceresgeſchwuͤſte werden ebenfalls ſeit e niger Zeit ſubcutan operikt. Dr. Cu min, zu Glas— gow, hat dieß zuerſt vorgeſchlegen. Er führte eine Staar— nadel eine Strecke weit unter der Haut fort bis zu den Geſchwuͤlſten und druͤckte ſod nn die Fluͤſſigkeit in dae um: gebende Zellgewebe au’, Der Balg kann auf dieſe Weiſe nicht allein in mehreren Richtungen von einer Hautwunde aus durchſtochen werden, ſondern man kann auch fei e in— nere Flaͤche reichlich fearificiren eder ganz und gar zerſtoͤten. Auf aͤhnliche Weiſe läßt ſich die fubeutare Operations— weiſe auch auf Geſchwuͤlſte verſchiedener Art ausdehnen, be— ſonders auf Geſchwuͤlſte von ei facher, nicht boͤsartiger Na— tur, welche in ihrer Entwickelung von dem umgebenden Balge abhängen. So möchte, z. B., bei Feltgeſchwuͤlſten, Atheromen und Steatomen die Zerſtoͤrung der Theile mit: telſt einer Staarnadel, welche unter der Haut eingefuͤhrt iſt, das Abſterben der Geſchwulſt und ihre allmd ıge Ab: ſorption vermitteln und ſo den Schmerz und die Verunſtal— tung einer Exſtirpation erſparen. Herr George Maclead, aus Glas gew, hat ſeit Jahren auf dieſe Weiſe Geſchwuͤlſte in den Augenlidern zerſtoͤrt und den Vorſchlag gemacht, dieſe Behand'ungsweiſe auf Geſchwuͤlſte jeder Art auszu— dehnen. Börartige Geſchwuͤlſte find allerdings nicht hier— her zu rechnen, bei deren vollſtaͤndige Exſtirpation alles Krankhaften die unerlaͤßliche Bedingung zur Heilung iſt, obwohl ſie auf dieſe Weiſe leider nicht immer bewerkſtelligt wer— den kann. 2) Krankheiten, auf welche die fubcutane Operationsweiſe noch ausgedehnt werden fann. Ich bin uͤberzeugt, daß bei dem We tervorſchreiten der Chi- rurgie als Wiſſenſchaft, auch das Princip der ſubcutanen Operation immer mehr Anwendung finden wird. Ich will zunaͤchſt nur einige dazu geeignete Fälle namhaft machen. 110 Subcutane Inciſionen find überall bei Entzündung fibroͤſer Haͤute anzuwenden, wo dieſe von der aͤußern Haut zu den Knochenflaͤchen hingehen, und von denen es bekannt iſt, daß nur mittelſt ihrer Durchſchneidung der Schmerz und die Heftigkeit der Entzuͤndung zu entfernen iſt. Dieß iſt laͤngſt bekannt; bis jetzt hat mn aber immer auch die aͤußere Haut mit durchſchnitten, nicht, um auf die Haut ſelbſt zu wirken, ſondern offenbar nur, um zu dem © ße der Krankheit zu gelangen. Der Zweck dieſer Einſchnitte iſt ein doppelter; man will die Spannung heben und die überfüllten Gefäße entleeren. Daſſelbe laͤßt ſich aber auch durch ſubcutane Operation erreichen. Bei Entzündung der Farcien und unter den Fascien, bei periostitis, parony- chia und andern die fibroͤſen Haͤute direct oder indirect af— ficirenden Krankheitsformen wuͤrde ich vorſchlagen, die Durch— ſchneidung ſubeutan mittelſt eines durch die Haut eingeſto— denen ſchmalen Meſſerchens zu machen, wodurch man dem Kranken Schmerzen ſparte und aͤußere Verunſtaltungen umginge. Auch bei Hautentzuͤndungen, kei Phlegmone und um— ſchriebenem Pſeudoeryſipelas iſt dieſe Behandlung anwendbar. Statt des Anſetzens von Blutegeln, ſtatt zahlreicher Scari— ficatienen oder ſtatt langer Hautſchnitte, wie fie Hutchi— fon empfiehlt, würde ich Scarification der innern Haut— flaͤche empfehlen, eine Operation, welche weniger ſchmerzhaft wäre und Gefäße öffnen wuͤrde, wodurch mehr auf die Ent: zuͤndurg gewirkt werden koͤnnte, als von der freien Haut— flaͤce aus. Bei den fruͤhern Stadien phlegmonoͤſer urd eryſipelatoͤſer Entzuͤndungen, fo wie bei manchen Hautaus— ſchlaͤgen, wuͤrde ich in der Naͤhe des Ausgangspunctes der Entzündung eine Staarnadel einſtechen und die innere Fläche des chorium reichlich ſcarificircen; die Gefaͤße würden ihren Inhalt in das ſubcutane Zellgewebe entleeren; das ergoffene Blut würde auf verfchedene Weiſe, wie ich glaube, die Hautentzuͤndung mäßigen, theils durch die Quantität des Erguſſes, theils durch mechaniſche Compreſſien der Hautge— faͤße, theils durch Anregung des Abſorptiensproceſſes. Gelenkwaſſerſucht und eiterige Ergießung in die Ge— lenke läßt ſich ebenfalls durch ſubcutane Operation heben. Wenn eine Gelenkwaſſerſucht nicht raſch durch allgemeine und locale Behandlung (Blaſenpflaſter, Cempreſſion und Friction) gehoben wird, fo wuͤrde ich eine ſubcutane Puncz tur vornehmen und geſtatten, daß ſich die Fluͤſſigkeit in das ſubcutane Zellgewebe ergieße, ganz wie nach dem Verfah— ren, deſſen man ſich ſo zweckmaͤßig jetzt bei der Hydrocele bedient. Man fürchtet ſich jetzt allgemein, die Höhle ir— gend eines groͤßern Gelenkes zu oͤffnen, und wegen dieſer Furcht iſt gewiß haͤufig die Übrigens dringend indicirte Aus» leerung von Fluͤſſigkeiten unterblieten, welche die Haut ſpannten und in den uͤbrigen Geweben mechaniſche und cenſtitutionelle Störungen hervorbrachten. Die Gefahr der Eröffnung eines Gelenkes ſteht immer in directem Verhaͤlt— niſſe der Einwirkung der atmoſphaͤriſchen Luft auf die Ge: lenkhoͤhle; ſchließt man die atmoſphaͤriſche Luft hinreichend aus, fo iſt die Gefahr der Eröffnung eines Gelenkes nicht betraͤchtlich. Dieſe Behauptung ſtuͤtzt ſich auf unmittelbare 111 Beobachtung. Jules Gué vin durchſchnitt häufig die ſeit— lichen Binder des Fuß- und Kniegelenks und öffnete die Gelenke dabei, ohne daß jemals die mindeſte Gefahr daraus folgte. Zur Eroͤffnung einer Gelenkhoͤhle ſollte man ſich immer einer ſehr kleinen Oeffnung bedienen, deren aͤußere und innere Muͤndung einander nicht direct entſpraͤchen. Bei Kniegelenkwaſſerſucht, z. B, wuͤrde ich ein ſchmales Meſ— ſerchen neben dem untern Theile des ligam. patellae ein: ſtechen, daſſelbe 1 bis 15 Zoll weit unter der Haut fort ſchieben und dann erſt in die Capſel eindringen; ich würde hierauf das Jaſtrument wiederum herausziehen, die aͤußere Winde ſorgfaͤltig verſchließen und durch Druck die Fluͤſſig— keit aus der Gelenkeapſel in das umgebende Zellgewebe herz ausſchaffen. Bei der Operation von Waſſerſucht irgend ei— ner Art iſt die ſubcutane Operation empfehlenswerth, ſelbſt da, wo nach dem Sitze der Quantitaͤt und der Urſache der Anſammlung die Jadication beſteht, auf einmal alle Fluͤſ— ſigkeit zu entfernen. Bei der gewoͤhnlichen Punction des Ascites folgt bisweilen Peritonitis; dieß wuͤrde nicht der Fall ſeyn, wenn mim einen ſehr feinen Troicart mit ſeiner Roͤhre eine Strecke weit hinter der Haut einſchoͤbe, bevor man in die Bauchhoͤhle eindraͤnge. Die Behandlung varicoͤſer Venen mittelſt ſubcutaner Durchſchneidung würde, meiner Anſicht nach, eine Verbeſſe— rung in der Chirurgie ſeyn. Nich der Ligatur der Varicen entſteht leicht eine gefährliche Pylebitis, und ſelbſt die Ge— fahren der gewoͤhnlich angewendeten Durchſchneidung der Venen wuͤrden gemindert, wo nicht ganz beſeitigt, wenn man die Venendurchſchneidung mittelſt einer Staarnadel, welche etwa einen Zoll davon eingeſtochen worden waͤre, mit moͤglichſter Schonung der umgebenden Theile bewerkſtelli— gen wuͤrde. Dieſe Anſicht wird dadurch beſtaͤtigt, daß man felbft die Ligatur varicoͤſer Venen, fubeutan ausgefuͤhrt, gez fahrlos gefunden hat. Ricord hat auf dieſe Weiſe die Ligatur bei der Varico tele 12 Mal, ohne einen unguͤnſtigen Zufall, ausgefuͤhrt. Neuralgieen ſind auch nach dieſem Principe zu ope— riren; die Trennung des Nerven muß beſonders bei Neu: ralgieen des quintus mit moͤglichſt wenig Entſtellung im äußern Ausſehen ausgeführt werden. Am zweckmaͤhigſten iſt es, die fubeutane Durchſchneidung des infraorbitalis und des mentalis durch die Schleimhaut des Mundes hin— durch zu machen. (London. med. Gaz., April 1841.) 112 Miscellen Bei hiſtoriſchen Unterſuchungen, ob der Typhus zu den Ausſchlags fiebern gehöre, kommt Dr. Weſt in The Edinb med. and surg. Journ , Apr. 1840 zu folgenden Re— ſultaten: 1) Die Krankheit koͤmmt häufig mehr als einmal waͤh— rend des Lebens eines Individuums vor, worauf Card anus, ei— ner der erſten Schriftſteller uͤber den Typhus, als auf ein Unter— ſcheidungsmerkmal zwiſchen ihm und den Maſern aufmerkſam macht und die Beobachtungen auch aller ſpaͤtern Aerzte wieder hinfuͤhren. 2) Ein Ausſchlag iſt nicht immer vorhanden; Riverius und Wil— his fagen bereits, daß die Krankheit ohne Ausſchlag auftrete und erſt ſpaͤter den Character einer exanthematoͤſen Krankheit annehme; bei der kebris nova Sydenham's waren nicht immer Flecke vor— handen, und Ramazini erwaͤhnt ausdruͤcklich, daß die Flecke in drei aufeinanderfolgenden Jahren jedesmal in der Hoͤhe des Som— mers verſchwanden, ohne daß uͤbrigens eine Veraͤnderung in dem Character der Krankheit eingetreten waͤre. 3) Der Ausſchlag hat nicht immer denſelben Character und zeigt auch nicht einen regel— mäßigen Verlauf mit beſtimmten Perioden der Zunahme, der Acme und der Abnahme. Der Ausbruch variirt vom 2. bis zum 17. Tige, bisweilen kommen zwei Gruppen von verſchiedenem Ver— laufe vor; auch iſt der Ausſchlag des Typhus bei der Bubonenpeſt vorgekommen, woraus folgt, daß entweder beide Krankheiten iden— tiſch ſind, oder daß der Ausſchlag fuͤr keine derſelben eine patho— gnomoniſche Bedeutung habe. 4) Der Typus des Fiebers ſelbſt variirt und iſt bald intermittirend, bald anhaltend und geht auch wohl aus einer in die andere Form uͤber. Es gehen die Typhus— faͤlle in Peſt und Peſtfaͤlle in Typhus uͤber; auch iſt es gar nicht ſelten, daß dieſelbe Gelegenheitsurſache beide Krankheiten hervor— ruft, während das gleichzeitige Vorkommen des engliſchen Schwei— ßes in nördlichen Gegenden und des Petecchialfiebers in den füdlis chern Laͤndern nur eines von den vielen Beiſpielen abgiebt, daß das Clima auf die Form der Peſt Einfluß habe. Durchſchneidung des ischiadicus wegen einer Neuralgic deſſelben hat De. Malagodi bei einem 30jaͤh⸗ rigen Minne ausgeführt, bei dem die ischias allen Mitteln wider— ſt ind und fo zugenommen hatte, daß der Kranke die Amputation des Schenkels wuͤnſchte. Ein 2 Zoll langer Hautſchnitt wurde oberhalb der fossa poplitea gemacht und der Nerv bloßgelegt. Der Kranke hatte den heftigſten Schmerz und fiel in Ohnmacht; als er ſich erholte, klagte er über ein laͤſtiges kriechendes Gefühl in dem ganzen Gliede; es wurde ein Zoll langes Stuͤck des Ner— ven ohne weitern Schmerz ausgeſchnitten. Am 15. Tage konnte der Kranke wieder gehen; vollkommene Vernarbung erfolgte aher erſt nach 5 Monaten. Vor der Operation machte De. M. Expe⸗ rimente an Hunden, welche folgende Reſultate hatten: 1) Die Durchſchneidung des ischiadieus am untern Dritttheile des Ober— ſchenkels veranlaßt Lihmung und Atrophie der Muskeln, aber keine Gangraͤn; 2 dieſe Paralyſe erſtreckt ſich von der Mitte des Beins bis zu den Zehenſpitzen; 3) das Bein iſt noch im Stande, den Körper zu tragen und die gewöhnlichen Bewegungen auszuführen, indem die dazu tauglichen Muskeln nicht gelaͤhmt und das Knie geſund bleibt. „ ³ AAA ³ 6A h A Bibliographische Elémens d'histoire naturelle, conténant etc. Par F. de Guernel. 1. et 2. partie. Paris 1841. 12. Histoire des sciences naturelles, depuis leur origine jusqu’äa nos jours, chez tous les peuples connus, professce au college de France par Georges Cuvier; complétée, rédigée, annotée et publiee par M. Magdaleine de Saint-Agy. Paris 1841. 8. Vols. 8. eiten. Spinal Diseases; with an improved Plan of Cure, Including what are commonly called Nervous Complaints and numerous Examples from upwards of One Hundred and fifty Cases. By John Hey Robertson, MD. Glasgow 1841. 8. Hygiene du Soldat, en Espagne, en Portugal et en Afrique (Nord), applicable au soldat dans les parties méridionales de la France suivie d'un Essai sur la colique, dite de Madrid, considerde comme n&uralgie splanchnique. Par J. C. Foisin. Paris 1841. 8. — — — Neue Notizen aus dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem ObersMedieinafrathe Froriep zu Weimar, und dem Medicinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Ne. 404. (Nr. 8. des XIX. Bandes.) Juli 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. nnr dee. Betrachtungen uͤber den Schaͤdel bei den Men— fihenragen. Von Herrn J. Pucheran. Allen Anatomen iſt bekannt, daß die Schaͤdelform eine der Hauptmerkmale fuͤr die Unterſcheidung der Menſchen— racen bildet; alle geben auch als allgemeinen Satz zu, daß die Verſchiedenheit hauptſaͤchlich von dem Verhaͤltniſſe des Schaͤdeltheiles zum Geſichtstheile abhaͤnge. Es war aber nöthig, dieß durch das Studium der Veränderungen auf den einzelnen Stufen, ſo wie ſich die Formen von der kaukaſi— ſchen Race entfernen, nachzuweiſen und beſonders die Strucz turveraͤnderungen anzugeben, durch deren Aneinanderreihen der Schaͤdel allmaͤlig ſo auffallend veraͤndert werden kann. Dieß bildet den Gegenſtand der Inauguraldiſſertation, wel— che unter Mitwirkung des Herrn Serres verfaßt iſt und zum Theil als Bekanntmachung der Anſichten dieſes Ge— lehrten betrachtet werden kann. Die Hauptidee iſt, daß die Hirnhoͤhle um ſo weniger entwickelt iſt, im Verhaͤltniſſe zu den Hoͤhlen fuͤr die Sinnesorgane, je mehr ſich das In— dividuum von der kaukaſiſchen Race entfernt. Bei dem Europaͤer iſt die Schaͤdelform des Erwachſe— nen verſchieden von der des foetus; anfangs iſt fie beinahe kugelig, ſpaͤter wird ſie oval, hinten dicker. Dieſelbe Diffe— renz beſteht zwiſchen der kaukaſiſchen und der mongoliſchen Race und bildet den eigentlichen Unterſchied zwiſchen beiden. Die geringere Hervotragung und größere Breite des Hinter: hauptsbeins giebt bei'm Baſchkiren und Chineſen dem Schaͤdel in der That das ſphaͤriſche Anſehen eines kindlichen Schaͤdels. Bei der malayiſchen und aͤthiopiſchen Race zeigen ſich immer mehr Merkmale, welche ihren Schaͤdel dem der nie— deren Saͤugethiere naͤhern; dieſe beſtehen beſonders in der laͤnglichen Form, welche durch Abplattung der Seitenflaͤchen entſteht. Dieſe Verlaͤngerung erreicht das maximum bei'm Hottentotten; dieß hatte bereits Desmoulins erkannt, welcher ſagt, daß es keine Menſchenrace gebe, welche einen fo betraͤchtlichen Occipito-Frontal-Durchmeſſer habe. Nach dieſer gedraͤngten Auseinanderſetzung ſieht man, daß die Schaͤdelbildung bei den uͤbrigen Racen, außer den kaukaſiſchen, Vo. 1504. Aehnlichkeit zeigt, entweder mit kindlichen oder mit thie— riſchen Formen. Herr Pucheran hat befonders die Reihe von Ver— änderungen ſtudirt, welche man in der fossa temporalis und am proc. zygomaticus bemerkt. Dieſe Theile ſind beſonders wichtig, wegen der Verbindungen dieſer Gegend mit den Kauorganen. So iſt es bekannt, daß zwiſchen dem proc. zygomaticus und dem Schuppentheile des Schlaͤfen— beins eine Furche für die hinteren Bündel des m. tempo- ralis ſich befindet. Wird die Wurzel des Fortſatzes dicker, waͤhrend ſich gleichzeitig der Fortſatz mehr nach Außen wen— det, ſo folgt daraus offenbar ein Breiterwerden der Rinne fuͤr die Muskelfaſern und ein Breiterwerden der Gelenkhoͤhle. Dieß ſind aber gerade die Veraͤnderungen, welche bei dem Chineſen, bei'm Baſchkiren und beſonders bei'm Malayen auf— fallen. Der m. temporalis hat aber nach Vorn eine ähnliche Rinne, nach Oben im aͤußern Theile des Stirn— beins, nach Unten in der Vereinigung zwiſchen dem großen Keilbeinfluͤgel mit dem Oberkiefer- und Wangenbeine. Es iſt nicht unintereſſant, zu feben, daß die Queerdurchmeſſer auch dieſer Rinne bei den Racenſchaͤdeln aͤhnliche Modifica— tionen erleiden, wie die Rinnen zwiſchen dem Jochbeine und dem Schuppentheile. Dieſe Capacitaͤtszunahme der Theile, welche als receptaculum fuͤr die Kauwerkzeuge dienen, be— zeichnet ſchon das Vorherrſchen der Inſtincte des vegetativen Lebens. Ein noch auffallenderes Zeichen findet ſich in der Anordnung des obern Randes der orbita. Waͤhrend dei der kaukaſiſchen Race die Superciliarbogen und der Orbital— rand des Stirnbeins gebogen ſind, erhebt ſich im Gegen— theil der Superciliarbogen bei'm Malayen und Neger direct nach Oben und Außen, ohne ſich wiederum nieder zubeugen; der aͤußere Orbitalfortſatz iſt dadurch mehr gehoben und nach Außen gewendet. Die Folge davon iſt eine Vergröße— rung des Queerdurchmeſſers der orbita, während der si— nus frontalis und die Naſenhoͤhle überhaupt an Fläche gewinnen, was nur zum Nachtheile der Gehirnhoͤhle der Fall ſeyn kann Alle Veränderungen, welche durch Racenverſchiedenheit in der Geſichtsbildung ausgedruͤckt ſind, laſſen ſich auf die 8 115 Bildung der orbita bezſehen Bei Auswärtswendung des aͤußeren Orbitalfortſatzes wurde der obere Rand verlängert; aus demſelben Grunde nimmt das Stirnbein nicht mehr ſo viel Antheil an der Bildung der äußeren Wand der orbita, aber das Wangenbein tritt an die Stelle, um die aͤußere Orbitalwand zu bilden; das lestere gewinnt in vertikaler Richtung an Ausdehnung, was der Orbttalfortſatz verliert, fo daß zwiſchen den beiden Knochen eine Art von Antago— nismus beſteht, eine Beſtaͤtigung des Peincipes des Gleich— gewichtes der Organe, welches Geoffroy Saint Hi: laire aufgeſtellt hat. Was die innere Wand betrifft, welche durch das Stirn— bein gebildet wird, ſo iſt die Dimenſion derſelben bei den niedern Racen viel betraͤchtlicher. Ebenſo iſt der große Keil— beinfluͤgel ganz nach Hinten gedrängt; und dieſe Anordnung, ahnlich der bei den Affen, bewirkt eine Vergrößerung der DOrbitaihöhle, indem der Durchmeſſer von Vorn nach Hinten vergrößert iſt. So erleiden alſo die Are, ebenſo wie der aͤußere, in— nere und obere Rand der orbita eine fortſchreitende Ver— größerung, ſobald man die kaukaſiſche Race verläßt. Die untere Wand iſt in dieſer Beziehung nicht weniger merk— würdig, fie nimmt ebenfalls an Laͤnge zu; dieß iſt aber nicht das Bemerkenswertheſte. Es tragen bekanntlich zwei Knochen zu ihrer Bildung bei: das Wangendein und der Oberkiefer. Der letzte Knochen nun enthält den sinus maxillaris, eine Höhle, welche einen Theil der Geruchs- organe bildet, fein unterer Fortſatz bildet nun uͤberdieß den Boden der Naſenboͤhle und das Gaumengewoͤlbe. Nach den Beziehungen dieſes Knochens zu den Sinnesorganen iſt daher a priori zu ſchließen, daß eine Verlaͤngerung der untern Wand der orbita bei den niedern Racen mehr von einer Vergroͤßerung des Oberkieferbeines, als von der des Wangenbeines abhaͤngt. Dieß iſt in der That der Fall, und Ser res hat ſich uͤberzeugt, daß das Wangendein zur Bildung des untern Randes der orbita weniger beitrage bei'm Neger, als bei dem Malayen, und bei dem Malayen weniger, als bei dem Chineſen ꝛc— Es iſt das Verdienſt der angeführten Arbeit, eine bis dahin angenommene Thatſache, daß naͤmlich durch das Uebergewicht des Schaͤdels uͤber die Geſichtsformen die Ra— cenverſchiedenheiten gebildet werden, durch zahlreiche und uͤberzeugende Beweiſe nachgewieſen zu haben. Forſchungen uͤber die Hydren. Von Herrn Laurent. Folgerungen aus ſeinem erſten Aufſatze in Betreff der drei Fortpflanzungsweiſen der Hydren. Die Hydren pflanzen ſich mittelſt drei Arten von Reproductions— körpern, Knospen, Eiern und Schnittlingen, d. h. Bruchſtuͤcken ihrer Gewebe, fort. Fortpflanzung durch Knospen. — Es ergiebt ſich aus unſern, die des Trembley beftätigenden Beobachtungen, fo wie aus den von uns angeſtellten Verſuchen: 1) daß man der Hydra zuvoͤrderſt eine Art von Knospen zu: erkennen muß, welche ſich auf normale Weiſe an der Baſis des Fußes entwickeln, ferner zwei Arten von abnormen Knospen, die 116 am ganzen Körper, ausgenommen an den Armen und am Fuße, zum Vorſcheine kommen; 2) daß die eine Art der abnormen Knospen entſteht, wenn man die Hydren mit Thierchen von eckiger Geſtalt füttert, welche den Magenſack an verſchiedenen Stellen ungleich ſtark ausdehnen; 3) daß die andre Art von abnormen Knospen ſich auf den puſtelfoͤrmigen Auswuͤchſen ſelbſt, nicht in den Räumen zwiſchen denſelben, und zwar dann entwickelt, wenn die Anfangs undurch— ſichtigen Auswuͤchſe durchſcheinend geworden ſind; 4: daß, wenngleich irgend eine zwiſchen der Mundoͤffnung und der Baſis des Fußes der Hydra liegende Stelle die zur Reproduc- tion geeignete Organiſation ſpeciell nicht beſitzt, dennoch die ana— tomiſche Structur des Magenſackes oder Nahrungsſchlauches dieſer Thiere nach deſſen ganzer Ausdehnung fähig iſt, unter der Ein— wirkung gewiſſer phyſiologiſchen Potenzen, welche in den Zuſam— mentreffen einer, Hypertrophie erzeugenden, p'ethora mit der durch die Ausdehnung der verſchiedenen Stellen des Magenſackes erzeugten Reizung und gewiſſen armoſphariſchen Bedingungen zu beſtehen ſcheinen, Knospen und ſelbſt Eier zu erzeugen. Fortpflanzung durch Eier. — Aus den in unſerer Ab- handlung ruͤckſichtlich der Reproduction der Hydren durch Eier dar— gelegten Thatſachen dürfen wir ſchließen: 1) daß dieſe Thiere ſich durch dieſe zweite Art von Reproduc— tionskoͤrpern meiſt zu Ende des Sommers, ſelten im Frußjahre, nach Maaß gabe der Thätigkeit ihrer Ernährung fortpflanzen: 2) daß, wenn ihre Ernaͤhrung auch nur maͤßig, kraͤftig von Statten geht, und wenn wahrſcheinlich zugleich keine ſtellenweiſe Ausdehnung des Magenſackes durch verſchluckte eckige Thierchen ſtattfindet, die Reproduction durch Eier bei den in ihrer naturge— maͤßen Localitaͤt lebenden Hydren unausgeſetzt an der Balls ihres Fußes ihren Fortgang habe. (Die Zahl der Eier ſcheint, in der R gel, ſich auf 4 zu belaufen, und diefelben find ſaͤmmtlich von gleicher Größe; unter ſolchen Umjtänden iſt die Fortpflanzung durch Eier die normale; allein dieß berechtigt nicht zu dem Schluſſe, daß die ſpeciell auf Erzeugung der Eier berechnete Organiſation auf die Balls des Fußes der Hydren beſchraͤnkt ſey); 3) daß, wenn die Ernaͤhrung der Hydren mit runden oder eckigen Thierchen vorzüglich reichlich von Statten geht, aͤchte Eier an allen Puncten der den Magenſack umbüllensen Haut enritenen, und daß dieſe Eier gemeiniglich in großer Zahl (5 oder 7 bis 12, 15 und 20) vorhanden und von ſehr verſchiedener Größe ſind, fo daß fie Durchmeſſer von L oder + bis 1 Millim. darbieten; 4) daß aus jedem Eie nur ein einziges Individuum hervor— kommt, deſſen Größe ſich gerade verhält, wie die des Eies, und das hinſichtlich ſeiner Embryonen Entwickelung mehr oder weniger vergeſchritten iſt. 1 Fortpflanzung durch Fragmente. — 1) Die natürliche oder durch eine Ligatur bewirkte Trennung in zwe Hälften kann als ein Beiſpiel der Wiedererzeugung eines volle kommenen Geſchoͤpfs aus einem ſeiner Theile gelten. 2) Zerſchneidet man eine Hydra in zwei Haͤlften und nach der Queere in Abſchnitte, die ein Stuͤck von dem Magenſacke ente halten, ſo kann ſich aus jedem dieſer Fragmente wieder eine voll— ſtaͤndige Hydra entwickeln. 3) Trennt man die Hydren nach der Laͤnge in Fragmente, de⸗ ren Ränder ſich einander naͤhern und fo einen neuen geſchloſſenen Nahrungsſchlauch bilden koͤnnen, ſo hat man wieder einen Fall, in welchem Schnittlinge, oder Fragmente ſich zu einem vollftändigen Individuum ausbilden. 4) Treibt man die Theilung der Hydren ſo weit, daß man ffe in ganz kleine Stuͤcke zertrennt, deren Ränder ſich nicht mehr einander gegenüber biegen und zuſammenwachſen koͤnnen, fo erbält man Fragmente, deren fernere Entwickelung nach Art der Eier oder wenigſtens der Embryonen, die ſich in einer ovalen Schaale ausbilden, ſtattzufinden ſcheint. Folgerungen aus feinem zweiten Auflage, in Betreff der vollſtaͤndigen Entwickelung der Hydren. Die vollſtaͤndige Entwickelung dieſes Geſchoͤpfes umfaßt, wie bei Spongilla, deſſen Ovologie, Embryologie und ſelbſtſtaͤndiges Leben. 117 Der vollftändige Lebenskreis der Hydra laßt ſich alſo paſſend in drei Hauptphaſen theilen, die jede wieder in drei Alter zerfallen. Erſte Phaſe. Verborgenes Leben der Reproductionskoͤrper und des Eies. Leben des eben im Anſetzen begriffenen Eies. Leben des in der Entwickelung begriffenen Eies. Leben des vollkommen ausgebildeten Eies. Zweite Phaſe. Embryonen ⸗ Leben. Erſtes Alter: Leben des Embryo, deſſen Bildung eben beginnt. Zweites Alter: Leben des Embryo, deſſen Embryonenbildung ſeine verſchiedenen Stadien durchlaͤuft. Leben des Embryo, der ſeine Embryonenbildung vollendet. Dritte Phaſe. Leben des geborenen Thieres, welches ſeinem voll— kommenſten Zuſtande entgegenreift. Erſtes Alter: Leben des geborenen Thieres, welches vor dem Freſſen an Größe zuzunehmen beginnt. Zweites Alter: Leben des geborenen Thieres, welches ſich reichlich naͤhrt und ſich durch Knospen oder Stecklinge fortpflanzt. Leben des geborenen Thieres, welches weniger reichliche Nahrung zu ſich nimmt, ſich durch Eier fortpflanzt nnd ſtirbt. Die in dem fraglichen Abſchnitte dargelegten mikroſcopiſchen Uns terſuchungen und Experimente berechtigen uͤberdieß zu folgenden Schluͤſſen: 1) Ruͤckſichtlich der Reproductionskoͤrper: Zwi⸗ ſchen dem einfachen oder nur aus einem Bläschen beſtehenden Eie der Hydra und dem der mehr oder weniger hoͤher organiſirten Thiere beſteht nur eine Aehnlichkeit, in Betreff der mehr oder we— niger plaſtiſchen Globuline des Keimbläschens dieſer Thiere; woge— gen die beiden anderen Arten von Reproductionskoͤrpern (die Knos— pen und Schnittlinge) nichts weiter als Portionen des, entweder noch mit dem Mutterthiere zuſammenhaͤngenden oder von dieſem abgeloͤſ'ten, Gewebes find und mit der Subſtanz des Blaͤschens des Keimes oder Keimblaͤschens anderer Thiere boͤchſtens inſofern Aehnlichkeit baben, als beide weich und plaſtiſch ſind und die Nei⸗ gung zu keimen befigen. Die Analogie der Form läßt ſich jedoch durchaus nicht nachweiſen. 2) Rück ſichtlich der Embryonen: Man hat zwiſchen Knospen, Eier: und Schnittlings-⸗Embryonen zu entſcheiden, welche theils gemeinſchafttiche, theils abweichende Charactere dar⸗ bieten. Sie ſtimmen inſofern miteinander überein, als mun weder zur Zeit ihres Entſtehens, noch im Laufe ihrer Entwickelung als Embryonen bei ihnen, wie an dem Blaſtoderm der höber ergani⸗ ſirten Thiere, die drei Membranen oder Hüllen, die ſeroͤſe, mucöfe und gefaͤßreiche, oder überhaupt andere ſpecielle Organiſationen erkennen kann, als diejenigen, welche man äußerlich, und zwar an den Knospen» und Schnittlings⸗ Embryonen ſehr leicht, dagegen bei den Eier: Embryonen nur mit großer Schwierigkeit unterſcheidet. 3) Ruͤckſichtlich der ſelbſtſtaͤndig lebenden Thiere: A, Die Hydren bieten auch, je nachdem fie aus Knospen, Eiern oder Schnittlingen entſtanden ſind, Unterſchiede dar. B. In den drei Altern ihrer ſelbſtſtaͤndigen Exiſtenz wachſen dieſe Geſchoͤpfe, je nach der Fuͤlle ibrer Nahrung, mehr oder weniger ſtark, ſo wie ſich denn auch die Zahl ihrer Arme vermehrt, welche, in der Regel, bei der grünen Hydra bedeutender iſt, als bei den Arten oder Va— rietäten, die unter den Benennungen: graue Hydra, blaßorangen— farbene Hydra 2c. bekannt find; daher ſich denn das Alter dieſer ſelbſtſtaͤndig exiſtirenden Hydren ſchwer ſchaͤtzen läßt. (Comptes 18 des séances de l’Acad. des Sc. T. XII. Nr. 22. 31. Mai 1841. Erſtes Alter: Zweites Alter: Drittes Alter: Drittes Alter: Drittes Alter: 118 Experimente über die Functionen der Kehlkopfs— Nerven und Muskeln, fo mie über die Rolle, welche der nervus accessorius, Willisii, bei der Erzeugung der Töne ſpielt. Von A. Longet, Dr. N. (Schluß.) Ich darf dieſe phyſiologiſche Unterſuchung der Nerven und Muskeln des Kehlkopfs nicht beſchließen, ohne der Reſultate der von mir angeſtellten Verſuche kurzlich zu gedenken, die den Zweck hatten, zu ermitteln, ob die Contraction dieſer Muskeln und die außerordentliche Empfindlichkeit der Schleimhaut des Kehlkopfs durch daſſelbe Nervenpaar vermittelt werden. Bis zu den von Biſchoff angeſtellten denkwuͤrdigen Unterſuchungen über den ner- vus accessorius Willisii ), hatten alle Phyſiologen dem nervus vagus dieſe doppelte Function zugeſchrieben. Indeß hatten ſchen Arnold *) und Scarpa ***) die Richtigkeit diefer Anſicht «ie nigermaaßen in Zweifel gezogen, indem ſie den erſtern Nerven mit der vordern, und den letzteren mit der hintern Wurzel eines Ruͤ⸗ ckenmarksnerven verglichen. Da in der That die hintern Wurzeln lediglich das Gefühl vermitteln, und die vordern nur die Bewe— gung angehen +), fo ließ dieſe Vergleichung gewiſſermaaßen vermu⸗ then, daß der n. pneumo-gastricus lediglich die Empfindlichkeit und der n. accessorius Willisu nur die Beweglichkeit des larzux ver⸗ mittle. In einer fpäter. als die Biſchoffſche, erſchienenen Ab: handlung behauptet ein daͤniſcher Anatom, Namens Bendz ++), er habe längs der ganzen Cervicalportion des nervus vagus einen Aſt des n. accessorius Willisii verfolgen koͤnnen, der ſich dann die rect in den n. laryngeus superior fortgeſetzt habe, ſo daß, dieſem Schriftſteller zufolge, anatomiſch nachgewieſen wäre, daß der we— ſentlichſte Nerv des Stimmorganes vom nervus accessorius Wil- lisii und nicht vom n. vagus ſtammt. Wir ſelbſt haben, wenn⸗ gleich wir das Neurilem durch Maceration abfaulen ließen, ſtets vergebens verſucht, ein ſolches Präparat zu Wege zu bringen, und den fraglichen Aſt nie weiter deutlich verfolgen koͤnnen, als bis zu zwei Dritttheilen des Halſes hinab. Uebrigens beweiſ't dieß nur, daß ſich weiter unten die Straͤnge des n. pneumo-gastricus mit denen des n. accessorius Willisii inniger vermengen, und der n. laryngeus inferior kann deßhalb immer ein Aſt des letztern ſeyn. Was den n. laryngeus superior anbetrifft, fo verdankt er feine Entſtehung offenbar hauptſächlich dem nervus vagus, und erhält von dem n. accessorius Willisii nur einige Stränge, fo daß, wenn man den erſtern als den Nerven betrachtet, der das Gefühl aus« ſchließlich vermittelt, dem laryngeus superior diefilbe Eigenſchaft zuerkannt werden muß. Ueberdieß verdankt die Schleimhaut des larynx demſelben ihre außerordentliche Empfindlichkeit. Doch wir wenden uns zu den auf Experimente ſich ſtuͤtzenden Reſultaten. III. Verſuche hinſichtlich des nervus accessorius MWillisü. Nach mehreren vergeblichen Verſuchen, die Biſchoff gemacht, um bei'm Hunde den nervus accessorius Willisii auf beiden Sei— ten zu durchſchneiden, gelang ihm die Operation bei einem Boͤck— chen, und das Thier verlor dadurch ganzlich die Stim— *) Nervi accessorii Willisii anatomia et physiolegia. Heidel- berg, 1332, ) Journal für Phyſiologie von Tiedemann und Trevira⸗ nus, Bd. III. S. 148, 1828. Bemerkungen uͤber den Bau des Hirns und Ruͤckenmarks. Zürich, 1838. ) Annali universali di Modena, 1831. 7) Man ſehe in den Heften der Archives gen. de méd. vom Avril, Mai, Juin und Juillet 1841 unfere Abhandlung: Re- cherches exper. et pathol. sur les fonctions des faisceaux de la moelle épinière et des racines des nerfs rachidiens. It) De connexu inter nervum vagum et nervum accessorium Willisü. Copenhagen, 1837. 8 * 119 me. Dieſem Experimentator zufolge, ſtammt daher der Nerv der Stimme oder der n. recurrens, d. h derjenige Nerv, welcher die ſämmtlichen Muskeln des larynx, mit Ausnahme der mm. crico- thyreoidei, in Thaͤtigkeit ſetzt, nicht aus dem n. pneumo-gastricus, ſondern aus dem n. accessorius Willisii. Das ein einziges Mal von Biſchoff mit Erfolg vorgenom— mene Experiment iſt, meines Wiſſens, von keinem Phyſiologen wiederholt worden. Ich will nun die Reſultate anfuͤhren, zu de— nen ich mit mehreren Hunden, zwei Boͤckchen und einem Pferde gelangt bin. Vier Hunde und ein Boͤckchen ſtarben durch den Blutverluſt, bevor ich irgend etwas Triftiges haͤtte beobachten koͤnnen; bei zwei andern Hunden trat dagegen eine deutliche Hei— ſerkeit der Stimme ein. Bei der Section fand ſich, daß die nervi accessorii Willisii nicht vollſtaͤndig durchſchnitten waren. Die völlige Zerſchneidung der obern Stränge, welche kleine, dem Ur— ſprunge des n. pneumo gastricus ſehr benachbarte Bündel bilden, bält ungemein ſchwer. Bei einem ſiebenten Hunde war jedoch das Reſultat, wenngleich daſſelbe nicht vollſtaͤndig genannt werden konnte, nach meiner und aller Anweſenden Anſicht, der Meinung Biſchoff's guͤnſtig. Nachdem wir nämlich den n. accessorius Wirlisii auf der rechten Seite durchſchnitten hatten, ſtellte ſich eine viel auffallendere Heiſerkeit der Stimme ein, als bei den fruͤhern beiden Verſuchen, und dieſelbe vermehrte ſich nach Durchſchneidung des linken n accessorius Willisü noch bedeutend. Demungeachtet erlangte ich noch keine vollkommene Aphonie. Ich verfiel nun dar: auf, die membrana thyreo-hyoidea zu durchſchneiden und, unter ferafältiger Verſchonung der beiden nn. recurrentes, den larynx vor den Hals des Thieres zu ſchlagen, um die Bewegungen der glottis zu beobachten, da wir denn nicht wenig daruͤber verwun— dert waren, daß auf der rechten Seite die Lähmung vollſtaͤndig ſtattfand, waͤhrend ſich auf der linken noch geringe Bewegungen zeigten. Ich bemerkte nun den Anweſenden, daß wir, wenn die Anſicht Biſchoff's gegruͤndet ſey, bei der Section den rechten nervus accessorius Willisii vollkommen, den linken aber nur theil— weiſe durchſchnitten finden wuͤrden. Dieß beſtaͤtigte ſich denn auch auf's Unverkennbarſte. Dieſer Verſuch ſcheint mir durchaus be— weiſend Folgender, an einem Pferde angeſtellte, iſt dieß wenig— ſtens eben fo ſehr in Betreff des Umſtandes, daß der n. pneumo- gastrieus mit den Bewegungen des Kehlkopfs nicht das Geringſte zu ſchaffen hat. Ich ließ zu Monfaucon, in Gegenwart mehrerer Studenten, die meine Vorleſungen uͤber Viviſectionen hoͤren, ein Pferd todtſtechen. Ich beſeitigte die beiden Gehirnlappen und legte den n. accessorius Willisii und den u. pneumo-gastrieus bloß. Dann fpaltete ich die membrana thyreo-hyoidea und ſtuͤlpte den larynx ver den Hals, fo daß die Oeffnung der glottis deutlich ſichtbar war. Nun brachte ich die beiden Pole einer galvaniſchen Säule von 20 Plattenpaaren mit dem n. accessorius Willisii in Berührung, und zwar an der Stelle, wo derfelte aus dem fora- men lacerum posterius tritt, und nun ſahen wir ſämmtlich auf der entſprechenden Seite der glottis mehrmals convulſiviſche Be: wegungen eintreten, wogegen wir nichts Aehnliches wahrnah— men, als wir den n. pneumo-gastricus an derſelben Stelle gal: vaniſirten. Ehe man die Wurzeln des n. vagus galvaniſirt, hat man mit der größten Sorgfalt alle diejenigen des n. accessorius Willisii zu beſeitigen Obgleich wir bei allen dieſen Verſuchen keine abſolut beweiſende Reſultate erlangt haben, ſo muß doch zugegeben werden, daß einige darunter die Anſicht beftätigen, daß ein Theil des n. accessorius Willisii die Muskeln des Kehlkopfs bewege, In nachſtehenden Sägen wollen wir einige der von uns durch Verſuche feſtgeſtellten und in obigem Artikel dargelegten Thatſa— chen kurz zuſammenfaſſen. 1) Die nn. laryngei superiores und inferiores haben Einfluß auf die Erzeugung der Stimme. 2) Von den beiden Aeſten des n. laryngeus superior hat nur einer, der äußere, auf die Bildung der Stimme Einfluß; der in— nere dagegen vermittelt keineswegs die Bewegung des m. arytae- noideus, ſondern nur die Empfindlichkeit der Schleimhaut des Kehlkopfs. 120 3) Durchſchneidet man nur die Nervenfaͤden der mm. erico- thyreoidei, d. h. mit andern Worten: lahmt man nur dieſe Mus: keln, fo entſteht eine unangenehme Heiſerkeit der Stimme, und dieſe Lähmung verhindert (bei jungen Thieren, die nach der Durchſchnei— dung der nn. recurrentes noch hohe Toͤne hervorbringen können) theils die Erzeugung hoher Toͤne, theils werden dadurch die Ath— mungsbeſchwerden bedeutend geſteigert. 4) In der That koͤnnen ziemlich junge Hunde ſelbſt nach Durch— ſchneidung der un, recurrentes noch Tone hervorbringen, welche ziem— lich hoch oder gellend ſind, waͤhrend alte Hunde nach dieſer Opera— tion voͤllig lautlos bleiben. Der Grund dieſer Verſchiedenheit erklärt ſich aus der beſondern Bildung der Stimm- und Refpirationspors tion der glottis, deren relative Maaße je nach dem Alter verſchie— den ſind. 5) Aus dieſen Abweichungen in dem relativen Umfang dieſer beiden Portionen, in ihrer Geſtalt, in der Feſtigkeit der cartila- gines arytaenoideae in verſchiedenen Lebensaltern erklärt es ſich, weßhalb in dem einen Alter die Erſtickungszufaͤlle hoͤchſt bedenklich und in dem andern nicht beunruhigend ſind. 6) Diejenigen Thiere, bei denen man die nn. laryngei inferi- ores durchſchnitten bat, athmen ſchneller, als vor der Operation. 7) Die Zuſammenziehung des m. arytaenoideus geſchieht unter dem Einfluffe des n. recurrens und nicht unter dem des n. Jaryn- geus superior. Dieſem Muskel liegt vor Allem die Function ob, die Reſpirations-Portion der glottis zu verengern. 8) Die gleichfalls durch den n. recurrens in Chaͤtigkeit geſetz— ten mm. erico-arytaenoidei laterales erweitern nicht, wie die mei— ſten Phyſiologen behaupten, die glottis, ſondern verengern dieſelbe vielmehr und dienen beſonders als Conſtrictoren der Stimmpor— tion der glottis. 9) Demnach iſt es falſch, wenn man behauptet, die mm. con- strietores glottidis erhielten ihre Nerven von den nn. laryngei superiores, und dieſe Muskeln behielten nach der Durchſchneidung 15 nn. recurrentes ihre Thaͤtigkeit noch bei und verſchloͤſſen die glottis. 10) Der nervus pneumo-gastrieus vermittelt das Gefühl des larynx, und die innerlichen Bewegungen dieſes Organes ſtehen unter der Herrſchaft des nervus accessorius Willisii. (Gazette medi- cale de Paris, 24. Juillet, 1841). rr Eine Sammlung bei Brandenburg aufgefundener Bernſteinſtuͤcke, welche der Lehrer, Herr Schirmeiſter, in Brandenburg, dem Herrn Profeſſor Ehrenberg uͤberſandte, legte Letzterer am 20. Juli der Geſellſchaft naturforſchender Freunde in Berlin vor. Sie enthalten, wie die aus Oſtpreußen, viele Infec— ten. Beſonders bemerkenswerth, neu und inſtructiv war ein Muͤk— kenpaͤrchen der Gattung Ceratopogon, welches im Zuftande der Paarung, ungetrennt, uͤberfloſſen und eingeſchloſſen worden war, wodurch ſich nothwendig ein anfangs ſehr wenig zäher Zuſtand des fluͤſſigen Bernſteins erweiſ't. Uebrigens waren unter den Inſecten Phryganeen, ein Gryllus, die dickkoͤpfige Ameiſe ſammt noch einer andern Art und andere, ſchon bekannte, dem Bernſtein eigen— thuͤmliche Thierchen. Ueber das Fortfuͤhren von Thieren durch Wind hat man auch in Derby eine merkwuͤrdige Erfahrung gemacht. Waͤhrend eines ſtarken Gewitterſturmes flel der Regen in Stroͤmen, mit halbgeſchmolzenem Eiſe und Hunderten von kleinen Fiſchen und kleinen Froͤſchen gemengt, nieder. Die Fiſche waren einen halben bis zwei Zoll lang und einige wenige beträchtlich größer, einer zwei Unzen wiegend; einige der Fiſche waren ſogenannte Stichlinge. Viele wurden noch lebend aufgenommen. Die Froͤſche waren noch ſo klein wie Bohnen; viele von ihnen kamen noch lebend herab und huͤpften ſchnell weiter. Aber die meiſten waren durch den Fall auf das harte Pflaſter getoͤdtet. Einige, welche man gleich aufgefan— gen und in ein Gefaͤß mit Waſſer und Blättern gethan hatle, be— finden ſich fortwährend wohl. (Sheffield Patriot.) 121 122 ee ch Rd € Ueber einige in Frankreich nicht gebräuchliche the- rapeutiſche Mittel, in'sbeſondere das Kneten. Von Dr. B. Dreyfus, vormaligem Arzte bei der franzoͤſiſchen Geſandtſchaft zu St. Petersburg. Artem experientia fecit. Gewiß hat man nur mit der groͤßten Vorſicht an die Beleuch— tung von Fragen zu gehen, die allerdings in dem Bereiche wiſſen— ſchaftlicher Beobachtung liegen, aber nur zu leicht von Quackſal— bern ausgebeutet werden koͤnnen und folglich auch der uͤbeln Nach— rede von Seiten Derjenigen bloßgeſtellt ſind, die kein Mittel ſcheuen, um, ſo weit ihr Einfluß reicht, alles Gute zu hindern und herabzuſetzen. Wenn aber auf der einen Seite die Wahrheit und die Ueber— zeugung der Unpartheiiſchen doch zuletzt über die Bosheit triumphi— ren und ich auf der andern die zuverſichtliche Hoffnung hege, daß mein Beginnen der Heilkunde foͤrderlich ſeyn werde, ſo muͤſſen mich dieſe Betrachtungen uͤber alle Bedenklichkeiten erheben. Ue— brigens wende ich mich nur an die es ernſt und redlich meinenden Maͤnner, die durch ihr Wiſſen und Talent uͤber kleinlich eigen— nuͤtzige Ruͤckſichten erhaben find, und die ſich für Alles intereſſiren, was die Wiſſenſchaft und, durch dieſe, Menſchenwohl foͤrdern kann. Ich bin lange mit mir daruͤber zu Rathe gegangen, ob ich meine Beobachtungen hinſichtlich des Knetens der Oeffentlichkeit uͤbergeben ſolle. Ich habe mir nicht verhehlt, daß ſchon der Name dieſes Verfahrens der Empfindſamkeit und dem gelehrten Duͤnkel ſelbſt in einem Lande Aergerniß geben duͤrfte, wo der thieriſche Magnetismus, die Homdopathie und die Waſſerſchwitzmethode (oder Hydroſudopathie, wie die Franzoſen die jetzt im Schwange gehende Waſſerheilmethode nennen), ſo viele Leute auch ſchon ein Opfer derſelben geworden ſind, ihre Verehrer haben. Aber ſoll ſich die Wahrheit verſtecken, weil es Menſchen giebt, die Alles, trotz der ſchlagendſten Gruͤnde und bewaͤhrteſten Thatſachen, in Abrede ſtellen? Jedoch muß ich mich gleich von Vorne herein vor dem Verdachte verwahren, als ob ich in meinem Mittel eine Panacee oder Specificum erblicke. Ich will ihm nur als therapeutiſches Mittel eine Stelle erwirken und meine Collegen erſuchen, es erfah— rungsmaͤßig und wiſſenſchaftlich zu pruͤfen. Die Anwendung des Knetens laͤßt ſich mit mehr Sicherheit regeln, als die des Galvanismus und der Electricitaͤt, und die Falle, in denen es angezeigt iſt, find beſtimmter. Ich will Nie— mandem meine Anſichten aufdraͤngen, ſondern verlange nur, daß man ſie nicht unbedingt verwerfe, und ſie, wenn die Erfahrung ſie bewaͤhrt, annehme, waͤhrend ich, im entgegengeſetzten Falle, voll— kommen bereit bin, ſie ſelbſt aufzugeben. In mediciniſchen Schriften, ſowohl alten als neuen, findet man über das Kneten, deſſen Theorie, Anwendung und die Faͤlle, in denen es angezeigt iſt, faſt gar nichts. Nur Profeſſor Ré ca- mier hat in der Revue médicale, Janvier 1838, dreizehn merk: wuͤrdige Faͤlle angefuͤhrt, durch welche dieſes Verfahren der Auf— merkſamkeit der Aerzte empfohlen wird. Profeſſor Capol ſagt in dieſer Beziehung: „Jedem in der Beobachtung und Behandlung der Nervenkrankheiten bewanderten Arzte, dem bekannt iſt, wie ſchwer es haͤlt, Mittel ausfindig zu machen, durch welche ſich jene fo proteusartigen, ſonderbaren und oft verwickelten Anomalicen in der Fortpflanzung der Nervenſtroͤmungen bekaͤmpfen laſſen, wird bei aufmerkſamer Erwaͤgung der in dieſem Artikel dargelegten Umſtaͤnde gleichſam ein neues Licht aufgehen. Wir haben ſeit Ber kanntmachung derſelben bereits einige Verſuche mit dem tactmaͤßi— gen Kneten gemacht, und namentlich in einem Falle von constric- tio ani, fo wie in einem andern von hartnäckiger Gaſtralgie, außerordentlich gute Erfolge dadurch erlangt.“ Réveillé-Pariſe ſagt in feinem Guide pratique des Goutteux et des Rhumatisants, p. 145: „Das Kneten kann auch, ſowohl zur Verhinderung, als zur Heilung der Gicht, mit Nutzen angewandt werden.“ Wenn ich mich zur Unterftügung meiner eignen Beobachtungen nur auf dieſe Autoritäten berufe, ſo liegt der Grund darin, daß man in andern mediciniſchen Schriften nur einige allgemeine Be: merkungen über das Kneten findet, aus denen ſich ergiebt, daß die Aerzte die Anwendungsart und Wirkungen dieſes Heilverfahrens noch wenig beachtet haben. Mit Unrecht belegt man mit dieſem Namen einige in Frank; reich gebräuchliche alberne und unmethodiſche Handgriffe, welche, wie Reveille:Parife bemerkt, zuweilen bedenkliche Zufälle veranlaſſen. Die Wiſſenſchaft hat mit dieſen nichts zu thun, wo— gegen bei dem aͤchten Kneten das Verfahren hoͤchſt mannigfach, die Indicationen zuverläffig und die Wirkungen augenfällig find. Indem ich nun die auf meinen Reiſen hieruͤber geſammelten Beobachtungen bekannt mache, glaube ich den practiſchen Arzt auf 1 ihn ſehr beachtungswerthes Heilmittel aufmerkſam zu machen. Im October 1837 begleitete ich Se. Excellenz Herrn D. nach Helſingfors, der Hauptſtadt Finland's. Zwei Tage nach un⸗ ſerer Ankunft ſtellte ſich bei Herrn D. ein heftiger Anfall von Gicht ein. Da unſere Kunſt gegen dieſes Uebel ſo wenig zuver— laͤſſige Mittel beſizt und die Schmerzen ſehr heftig waren, fo fehlte es unter den Perſonen, die den Patienten beſuchten, nicht an Rathgebern. Wie viele specifica wurden da nicht empfohlen! Die dadurch bewirkten Wunderkuren beſtaͤtigten deren Uatruͤg— lichkeit. Gluͤcklicherweiſe glaubte der Patient nicht Alles, was ihm verſichert ward und zog ſeinen Arzt zu Rathe. Der beſte Vorſchlag ſchien mir das Kneten, und fuͤr dieſes beſtimmte ſich denn auch Se. Excellenz. Dieſes Mittel gab dem Kranken einige Linderung, und in der Hoffnung, ſpaͤter davon Nutzen zu ziehen, beſchloß ich, die Klinik des Herrn Duroug, Vorſtehers des gym— naſtiſchen Inſtituts zu Helſingfors, wo das Kneten bei Perfonen jeden Geſchlechts und Alters, die ſich dort curiren laſſen, ange— wandt wird, zu beſuchen. Ich wohnte waͤhrend 6 Wochen ſehr vielen Sitzungen bei und konnte mich von der Wirkſamkeit dieſes, gegen ſehr viele oͤrtliche und conftitutionale Krankheiten dort ange— wandten Verfahrens vollkommen uͤberzeugen. In dieſer Anſtalt ſind die Mannsperſonen von den Frauens— perſonen getrennt; letztere werden, unter der Oberaufſicht des Herrn Duroug, von Frauen gekneten. Herr Duroug practicirt auch in der Stadt, entweder allein oder von feinen Gehuͤlfen begleitet. Ich ſelbſt unterwarf mich dieſem Verfahren, hauptſaͤchlich in der Abſicht, die Handgriffe und Wirkungen an mir ſelbſt kennen zu lernen. Vom Verfahren bei'm Kneten. Stoßweiſer Druck, welcher auf die obern und un⸗ tern Extremitäten ausgeübt wird. Herr Duroug ließ mich auf einen Stuhl niederſitzen, zog wildlederne Handſchuhe an, ſtellte ſich vor mich, faßte meinen rechten Arm, ſtreckte denſelben horizontal aus und uͤbte auf die innere Flaͤche deſſelben, von oben nach unten und dem Laufe der ſtarken Adern folgend, ſtoßweiſe Druck aus oder knetete denſelben ſtoßweiſe durch. Hierauf wurden der linke Arm und die beiden Schenkel in derſelben Richtung auf gleiche Weiſe behandelt. Dieß mit den einander genäberten Fingers ſpitzen bewirkte Kneten wird, je nach den Umſtaͤnden, mehr oder weniger lang fortgeſeßzt. Kneten zur Erregung der Thaͤtigkeit der Mole cuͤlen. Herr Duroug legte nun feine inneren Handflaͤchen nach⸗ einander auf mehrere Stellen des hypogastrium und epigastrium, ſo daß die aͤußern Raͤnder der Daumen einander beruͤhrten und die Spigen der Finger nach Oben gerichtet waren. Er knetete oder walkte auf dieſe Weiſe gelinde die in der Abdominalhoͤhle be⸗ findlichen Organe, denen er, indem er feine Arme ſtreckte und des ren Muskeln kraͤftig zuſammenzog, eine wellenfoͤrmige Bewegung 123 ertheilte. Wihrend dieſer Procedur liegt man auf einem Bette oder Divan auf dem Rüden. Bei dieſem Verfahren ſtuͤtzt ſich Herr Duroug auf ein, nur auf die feſten Körper anwendbares, phyſicaliſches Geſetz. Die wel— lenfoͤrmige oder oscillirende Bewegung wird dabei durch die ver— ſchiedene Dichtigkeit der Gewebe und F euſſigkeiten, durch die ſie fortgepflanzt wird, beträchtlich modiſtcirt und gedämpft. Sie pflanzt ſich, ſeiner Anſicht nach, bis zu allen Organen fort, welche ſich unter der Region befinden, auf welche die Haͤnde einwirken, und erregt in ihnen eine Bewegung der Molecuͤlen, welche die or— ganiſche Thaͤtigkeit ſehr beguͤnſtigt, indem fie die Abſorption, Cir— culation ꝛc. anregt. Percuſſion des Ruͤckgrats. Un dem Dperateur den Rüden darzubieren, hat man nicht no’hig, ſich zu entkleiden. Ich ſtellte mich aufrecht hin; Herr Duroug legte eine Hand flach auf die andere, fo daß die Finger geſtreckt waren, richtete dieſe gegen die rechte oder linke Ruͤckgratsrinne und übte, von Oben nach Un— ten fortſchreitend, erſt auf der einen, dann auf der andern Seite, Stoͤße gegen die Stellen aus, welche dem Urſprunge der Ruͤcken⸗ marksnerven entſprechen. Die Haͤnde gleiten in der eben angezeig— ten Lage ſchnell auf einander hin, ſo daß bald die Spitze des ei— nen, bald die des andern Mittelfingers den Stoß ausübt. So einfach dieſe Procedur auch ſcheint, ſo verlangt ſie doch Uebung und Geſchick; denn die Percuſſion des Ruͤckgrats muß ſanft, aleich« foͤrmig und geſchwind vollzogen werden. Nituͤrlich werden zie Kraft, Geſchwindigkeit und der ganze Character der Stoͤße je nach den Umſtaͤnden modiſicirt. Dehnen der Gelenke. Am Shlufe der Sitzung unter: warf Herr Duroug die großen und kleinen Gelenke der obern und untern Extremitaͤten verſchiedenen Dehnungen und Biegungen. Das Reiben der Gelenkflächen aneinander erzeugt verſchiedene Ar— ten von Geraͤuſch und in’sbefondere das Gefühl außerordentlicher Mattigkeit. Dieſe Operation iſt anfangs ziemlich ſchmerzhaft, und man kann fie nicht lange aushalten. Zuletzt verträgt man fie gut, und fir bringt ſogar eine angenehme Empfindung hervor. Ich ließ mich ſechs Wochen lang jeden Tag regelmaͤßig kneten, und Herr Dur oug erlaubte mir in feiner Anſtalt den Sitzungen derjenigen Patienten beizuwohnen, welche nichts dawider einzuwen— den hatten. Dieſe Proceduren werden auf ſehr mannigfaltige Weiſe abge— aͤndert. Sie ſind einfach oder complicirt und werden nach der Idioſyncraſie, der Krankheit, dem Alter und Geſchlecht des Pati— enten eingerichtet. Der Druck wird fanft und geeichfoͤrmig, lang: ſam oder geſchwind, ſtoßweiſe, ſtark oder ſchwach, oberflaͤchlich oder tiefgreifend, innerhalb weiter oder enger Grenzen, allgemein oder oͤrtlich ausuͤbt. Es giebt Geſchwuͤlſte, z. B., der Kropf, welche ungleich und wulſtig find, und welche man zwiſchen die Finger faſſen kann. Bei dieſen muß der Druck dann auf einander entgegengeſetzte Stellen der Wülſte zu gleicher Zeit ausgeübt werden, wodurch die Aufloͤ— ſung der Geſchwülſte ungemein befoͤrdert wird. Die Kraft und Dauer des Knetens wird in dieſem Falle der Haͤrte, Empfindlich— keit und Größe der Wiülfte angepaßt. Das Kneten kann in Bezug auf den ganzen Organismus oder nur auf eine beſondere Function, einen Apparat oder ein Organ unternommen werden. Die Dauer und Haͤufigkeit der Sitzungen richten ſich nach einer Menge von Umſtaͤnden, deren Beurtheilung dem Arzte zukommt. Der Arzt kann dem Patienten manchmal den Willen laſſen oder hat die Stellen, wo das Kneten vorzunehmen iſt, ſelbſt zu beſtimmen. Die allgemeine oder oͤrtliche Empfindlichkeit muͤſſen ihn in erſterer verſchiedene Jadicationen in letzterer Hinſicht leiten. Unter der Aufſicht des Arztes, welcher in jedem Falle uͤber die Art und die Dauer der Operation zu entſcheiden hat, wird die Anwendung des Kactens, ſowahl in den Hofpitälern, als in der Privatpraxis, durchaus keine Schwierigkeiten haben. Die Wirkung des Knetens muß zuweilen durch Anlegung eines oder mehrerer Blutegel begünſtigt werden, fo wie man auch andre Örtliche oder allgemeine therapeutiſche Mittel dabei keineswegs zu vernachlaſſigen hat. Auf dieſe Weiſe kann die Eur durch innerlich 124 oder äußerlich angewandte narkotiſche, reizende, kuͤhlende (alterans,: blutreinigende?), auflöſende Medicamente weſentlich befördert wer— den, obwohl dergleichen in vielen Fallen durchaus entbehrlich ſind. Aus der phyſiologiſchen Wirkung des Knetens laſſen ſich die daraus zu gewinnenden therapeutiſchen Vortheile entnehmen; woge— gen die Erfahrung uns hauptſaͤchlich darüber belehren muß, für welche pathologiſche Zuſtaͤnde es paßt. Wie bei jedem andern therapeutiſchen Agens, gehoͤrt zu deſſen Anwendung Tact in Er— greifung des rechten Augenblickes. Unbedachtſamerweiſe verordnet, kann es ſehr nachtheilige Folgen haben, wie, z. B., bei entzuͤndli⸗ chen, namentlich krebsartigen Geſchwuͤlſten ic. In allen Faͤllen, wo die Gewebe in einer boͤsartigen Weiſe krankhaft verändert find, it das Kneten gefährlich, indem es die Desorganiſation nur bes ſchleunigen kann. Réveillé-Pariſe druͤcket ſich in feinem Guide pratique des Goutteux et des Rhumatisants folgendermaaßen aus: „Dieſes Heilmittel iſt in Frankreich in den Haͤnden von Leuten, die davon nicht den geringſten Begriff haben. Deßhalb habe ich in Folge ſolchen, aller Methode entbehrenden Knetens Schmerzen in den Muskeln und Gelenken, Steifheit und allgemeines Uebelbefinden eintreten ſehen, welche dem Arzte dieß Mittel wohl verleiden muͤſ— fen.” Ganz anders verhalt ſich die Sache, wenn das Kneten auf eine methodiſche und rationelle Weiſe angewandt wird. Es be— ſchleunigt die Circulation in den Venen und Lymphgefäßen, veran— laßt einen Andrang der Saͤfte nach der Peripherie des Koͤrpers, ein Scrozen der Capillargefaͤße, eine möglich weite Ausdehnung der Nervenſtroͤmungen, eine allgemeine Thaͤtigkeit des Organismus, in Folge deren die Functionen Eräftiger und regelmäßiger von Statten gehen. „Das Kneten, ſagt Roſtan (Diet. de Med. 1ère édit.“ Vol. XIV, p. 2 und 3) erhöht die Thätigkeit der Haut und vers anlaßt einen ſtarken Andrang von Saͤften nach dieſem Gewebe, in— dem es daſſelbe reizt. Dieſes wird dadurch geſchmeidig, und ſeine Poren öffnen ſich. Die allgemeine Gircuiation, fo wie beſonders die in den Capillargefaͤßen, wird dadurch beſchleunigt, und dieß wirkt guͤnſtig auf die Thaͤtigkeit der Reſpiration, auf den Appetit und die Verdauung, daher denn der durch dieſes Verfahren veran— laßte Kraft: und Subſtanzverluſt ſchnell wieder erſetzt wird. Eben⸗ ſo wird dadurch die Abſorption im Innern der Gewebe, ſo wie überhaupt alle Functionen des Organismus, befördert, weil eine immer der andern die Hand bietet und keine verbeſſert werden kann, ohne daß die uͤbrigen alle dadurch gewinnen. Die Muskeln bewegen ſich leichter, die Gelenke werden reichlicher mit Synovia verſehen und dadurch beweglicher, ꝛc.“ Dieß gilt von dem allgemeinen Kneten. Es ſtellt die ge— ſchwaͤchte oder gehemmte organiſche Thaͤtigkeit wieder her und kann gewiſſen Krankheiten vorbeugen oder dieſelben heben. Es paßt fuͤr allgemeine Kraftloſigkeit, Chloroſe, langwierige Reconvalescenz, allgemeine oder locale Atrophie oder Abmagerung, welche ihren Grund in der Stoͤrung der Nervenſtroͤmungen oder Hemmung der Blutcirculation hat. Indem die Fluͤſſigkeiten angeregt werden, der Peripherie des Koͤrpers zuzuſtroͤmen, wird der Andrang derſelben nach den innern Organen gemildert, ſo daß dieſe weniger ſtrotzen und das Gleichgewicht des Organismus befoͤrdert wird Vorzuͤglich kann in den hoͤhern Claſſen der Geſellſchaft, bei den Frauen, die aus den aufregenden Vergnuͤgungen der großen Welt eine geſchwaͤchte Conſtitution, eine krankhaft erhöhte neu voͤſe Erregbarkeit nach Hauſe bringen, welche die normale Thaͤtiakeit des Organismus ſtoͤrt, bei ſolchen, welche die Nacht auf Baͤllen, den Tag im Bette verbringen, das Kneten die Stelle der Koͤrper— bewegung vertreten und die erſchlafften Functionen neu beleben und regeln. Es iſt eine paſſive Gymnaſtik, welche dem Körper wohlthaͤtig iſt ohne von Seiten der Damen Anſtrengung zu er— heſſchen. Deßhalb laſſen fie ſich im Orient, fo wie in Rußland, bei ihrer übrigens ſybaritiſchen Lebensweiſe, dieſe Proceduren gern gefallen und beugen fo den uͤblen Wirkungen ihrer unnatürlichen Gewohnheiten theilweiſe vor. Bei der von unbefriedigtem Geſchlechtstrieb (oligamie) oder chlorotiſcher Cachekie herrührenden Amenorrhoe iſt dieß Verfahren wohl rationeller, als die Blutentziehungen, die in dem allgemeinen 125 Körperzuftande eine fo offenbare Gegenindicatjen finden. Das ſchon magere und in fernen chemiſchen Beſtanctheilen ungünftig veraͤnderte Blut wird durch Verminderung feiner Quantitat nicht verbeſſert, und dieſe Methode ſteht außerdem mit den in dergleichen Fällen anzuwendenden toniſchen und metaſynkritiſchen Mitteln im Widerſpruche. Regte man dagegen durch das Kneten oder Walken der Theile, welche das Gefäßſyſtem des uterus und der vagina umgeben, die Bewegung der Moleculen an, fo würde dadurch eine Thaͤtigkeit der Circulation veranlaßt werden, welche ſich durch Blutegel durchaus nicht erreichen läßt. Lymphatiſche Geſchwuͤlſte, arthritiſche Sandgeſchwuͤlſte, gewiſſe Hypertrophieen oder Verhaͤrtungen der Leber oder Milz, ſerophu— loͤſe Knoten am Halſe, den Bruͤſten ꝛc. find, nachdem ſie lange allen andern Mitteln hartnaͤck'g widerſtanden hatten, durch eine rationelle und methodifche Anwendung des Knetens gehoben worden. Die im Innern der Organe abgelagerten krankhaften Producte werden durch die geſteigerte Abſorption beſeitigt, und die Ge— ſchwuͤlſte, auf welche dieſes Verfahren paßt, allmaͤlig, oft auch unerwartet ſchnell, kleiner. Es giebt Verſtopfungen, welche den beſten diaͤtetiſchen und therapeutiſchen Maaßregeln nicht weichen, aber durch das auf Er— regung der Bewegung der Molkcülen abzielende tactmaͤßize Kneten (nach dem Ausdrucke des Profeſſors Récamier) gehoben werden. Die Schleimhaut des Darmcanals wird durch den oͤftern Gübrauch der abfuͤhrenden Mittel, Clyſtire ꝛc. abgeſtumpft, fo daß diefe zus letzt nicht mehr wirken. Dagegen wird jener Zuſtand von Unthaͤ⸗ tigkeit der Daͤrme durch das Kneten des Unterleibs faſt ſtets be: feitiat. Die Secretion der an den innern Wandungen derſelben ausſchwitzenden und zum Schluͤpfrigmachen derſelben beſtimmten Fluſſigkeiten wird durch die Wiederherſtellung der periſtaltiſchen Bewegung befoͤrtert. Die faeces werden durch dieſe Fluͤſſigkeiten befeuchtet, erweicht und koͤnnen zuletzt ausgetrieben werden. Nach und nach tritt regelmäßiger Stuhlgang ein, und die Anhäufung der Excremente oder Verſtopfung findet nicht mehr ſtatt Durch gewiſſe Arten von Verſtopfung werden ſehr ſchmerz— hafte haͤmorrboidaliſche Geſchwuͤlſte veranlaßt oder unterhalten und andre mehr oder weniger bedenkliche Zufaͤlle herbeigeführt. Durch die ſympathiſche Rückwirkung von Seiten der im Darmcanal ange— haͤuften Kothſtoffe werden andre Fanctjonen geſtoͤrt, und bald lei— det der ganze Koͤrper darunter. Durch das Kneten werden der— gleichen hartnäckige Verſtopfungen gehoben, die Circulation im Uns terleibe wiederhergeſtellt und die innerlichen und aͤußerlichen kamor— rhoidaliſchen Congeſtionen zertheilt. In dergleichen Fällen hat Herr Duroug durch das auf Erregung der Molecuͤlar-Thaͤtig— keit abzweckende Walken die allerbeſten Erfolge erreicht, fo daß er daſſelbe als prophylactiſches und heilendes Mittel vollkommen em⸗ pfehlen kann Das nordiſche Clima wirkt augenſcheinlich praͤdis⸗ ponirend in Betreff der haͤmorrhoidalſſchen Leiden, und diefe bat er demnach auch am oͤfteſten zu behandeln. Meinen Beobachtungen zufolge, ſind zwei Drittheile der Einwohner von St. Petersburg, Moskau, Penſa und Helſingfors mit Haͤmorrboiden behaftet. Die arthritiſchen und rheumatiſchen Leiden laſſen ſich zuweilen durch die rationelle Anwendung des Knetens ganz heben, immer aber lindern. Abmagerung, weſentliche, d. h. nicht von der Erkrankung eines Organes, ſondern von ungleicher oder unzureichender Vers tbeilung der organiſchen Thaͤtigkeit herruͤhrende und unterhaltene Aſthenie, fo wie viele krampfhafte Leiden, werden durch richt'ggelei⸗ tetes allgemeines oder locales Kneten befeitigt. In diefer Bezie— hung berufe ich mich auf die vom Profiffor Recamier darge— legten dreizehn Fälle, denen Profeſſor Sayol a. a. O noch zwei hinzugefuͤgt hat Zur Bekraͤftigung dieſer allgemeinen Bemerkun— gen uͤber das Kneten, will ich nun noch einige von mir ſelbſt auf meinen Reiſen geſammelte Beobachtungen mittheilen. Erſte Beobachtung. — Ich litt feit mebreren Jahren an haͤmerrhoidaliſchen Zufaͤllen, die ſich jährlich zwei- bis dreimal durch, bald aͤußerlich, bald innerlich ſich bildende Knoten und hart— naͤckige Verſtopfung äußerten, welche letztere oft ſehr unguͤpſtig auf den ganzen Organismus zuruͤckwirkte und ziemlich bedenkliche Symptome veranlaßte. Das nordiſche Clima hatte dieſe unerfreu— 128 liche Veränderung in meiner Leibesbeſckaffenheit kerbeigefürrt. Die Verſtopfung war bereits ſeit mehreren Tagen vorhanden, und die Knoten fanden ſich ein Herr Duroug verordnete mir das Walz ken des Unterleibes. Schon nach der zweiten Sitzung hatte ich Lri⸗ beseroͤffnung, der Stuhlgang ward regelmäßig und die Congeſtion nach dem After zetheilte ſich, nebſt allen durch dieſelbe berbeige: führten Zufällen. Seit dieſer Zeit knetete ich mir mehrmals unter ähnlichen Umſtaͤnden, ſelbſt den Unterleib, und ſtets mit Erfolg. Zweite Beobachtung. — Frau von .. 89 Jahre alt, von ziemlich ſchwaͤchlicher Conſtitution und nervoͤſem Temps ramente, empfand zu Ende des Jahres 1886, als Folge mer rerer fruher gehabter Wechſelſieber, leichte Schmerzen im linken hy po- chondrium. Didfe Region ward allmaͤlig voluminöfer, und der Arzt theilte der Patientin mit, daß ein Fieber⸗ Kuchen ſich ausgebildet habe. Das Fieber ſtellte ſich nicht wieder ein; allein die Milz blieb geſa wollen und veranlaßte ein Gefühl von Schwere. Von Zeit zu Zeit traten dumpfe Schmerzen ein; übrigens war die Geſundheit nicht merklich geftort. Sege⸗ nannte altérantia, zertheilende Medicamente, als Cicuta, 30: dine ꝛc., wurden innerlich und aͤußerlich angewandt, blieben aber, gleich Blutegeln und Cataplasmen, ohne Wirkung. Dieſe Aufklds rungen wurden mir uͤber die Geſchichte des Falles gegeben, als Frau von ... mich am 18 Mai 1838 rufen ließ. Ich fand die Milz gegen Druck wenig empfindlich, aber ſehr vergrößert und vom Rande der falſchen Rippen bis faſt zu der regio iligca weis chend. Die organiſchen Functionen batten ihren regelmäßigen Fort⸗ gang. Ich verordnete dreimal taͤglich das auf Befoͤrderung der Molecuͤlar-Thaͤtigkeit abzweckende ſtoßende Kneten des linken hy- pochondrium. Die Operation ſollte jedesmal 6 Minuten lang dauern. Ich beſchrieb dem Kammermaͤdchen, wie fie dabei zu ver⸗ fahren babe, und übertrug dieſem das Geſchaͤft. Drei Tage dar rauf beſuchte ich die Kranke abermats. Das Kneten hatte Schmer— zen erzeugt, fo daß die Kranke die Procedur kaum ertragen konnte. Sh ließ nun 20 Blutegel anlegen, und die ſchmerzhafte Stelle mit erweichenden Breiumſchlaͤgen behandeln. Zwei Tage darauf ward das Kneten wieder vorſichtig angewandt, ſo daß es keine Reizung erzeugen konnte. Am 30. Mai machten ſich abermals Blutegel noͤtbig. Zwei Tage darauf ward das Kneten von Neuem vorgenommen, und von nun an nahm die Geſchwulſt ſichtbar an Größe ab. Am 28. Juni batte die Milz ihr normales Volumen wiedererlangt, und nach 8 Monaten fühlte ſich die Patientin voll: kommen wohl. Dritte Beobachtung. — Mlle. ..., 24 Jahre alt, von lpmphatiſchem Temperamente, genoß bis zum 17. October 1837 einer guten Gefundbeit. Damals geriethen ihre Menſes, welche fiit dem Tage vorher im Fluſſe waren, in Folge einer heftigen Gemuͤthsbewegung, plöglid in's Stocken; zwei Tage darauf ſtullte ſich aber, ſtatt der Menſes, eine Blutung ein, welche ſecks Mo⸗ nate lang die Stelle der Menſes zu vertreten fortfuhr, wahrend, als fecundäre Symptome dieſer Störung, nur einige nervoͤſe Zufälle eintraten. Ableitende Mittel, oͤrtliche Blutentziebungen und krampf⸗ ſtillende Mittel bewirkten keine Beſſerung, und als mich am 25. April 1838 die Mutter der Patientin zu Rathe zog, hatten die Menſes noch immer nicht wieder ihren normalen Lauf angenom⸗ men. Ich rieth das die Erregung der Molecular-Thaͤtigkeit ber zweckende ſtoßweiſe Kneten des hypogastrium, der Weichen und Schenkel an, und ſchon am 20. Mai ſtellten ſich die Menſes wie— der ein Seitdem befindet ſich Mlle. ... vollkommen wohl. Vierte Beobahtung — © ..., 18 Jabre alt, von lymphatiſchem Temperamente, ſchwacher Gonftitution, von ſcro⸗ phulöfen Aeltern erzeugt, hatte feit drei Jahren unter dem rechten Ohre zwiſchen dem Winkel des Unterkiefers und dem m sterno- mastoideus eine ᷑ymphdruͤſengeſchwulſt von der Größe eines Gaͤn⸗ feeies. Sie ließ ſich unter der Haut verſchieben, war ſchmerzles und feit zwei Jahren nicht großer geworden, entſtellte aber die junge Perſon und veranlaßte den Arltern um fo mehr Beſorgniß, als drei Aerzte bereits ihre Kunſt vergebens dagegen verſucht hat⸗ ten. Jodine war in allen Formen, fowobl innerlich, als außer⸗ lich, dagegen angewandt worden. Dieß Medicament batte auf den allgemeinen Zuſtand der C. guͤnſtig gewirkt, ohne daß ſich 127 jedoch die Geſchwulſt verkleinert hätte. Auf meinen Rath Enetete die Mutter dieſelbe täglich drei- bis viermal gelinde durch, indem ſie die Druͤſe nach allen Richtungen zwiſchen den Fingern welgerte. Nach einem Monate ward die Geſchwulſt weich und bedeutend klei— ner; indeß machte ſich die Anlegung von ſechs Blutegeln noͤthig. Ich glaubte nun, unter Fortſetzung des Knetens, hydriodinſaures Kali anwenden zu muͤſſen, und nach drei Monaten war die Druͤſe nicht mehr ſichtbar. Fuͤnfte Beobachtung. — Mad. A., 28 Jahre alt, war ſeit ſechs Jahren am vordern und untern Theile des Halſes mit einem ziemlich ſtarken Kropfe behaftet, den ſie den Anſtrengungen bei ihrer erſten Entbindung zuſchrieb. Die Stimme der Dame ward dadurch unangenehm veraͤndert, und alle Mittel gegen den Kropf wollten nicht anſchlagen. Die ſchoͤne und bluͤhende Frau fürchtete uͤberdieß, daß das Jod ihrem Buſen ſchaden koͤnnte, und konnte ſich daher nicht zur Anwendung dieſes Medicaments ent— ſchließen. Mehrere oͤrtliche Mittel hatte fie dagegen ohne Erfolg gebraucht. Seit zwei Jahren etwa war die Geſchwulſt ſtationaͤr geblieben. Nachdem ſie mich zu Rathe gezogen, unterwarf ſie ſich gern täglich 3—4 Mal dem Kneten. Sie vollzog die Operation ſelbſt, jedoch mit ſolchem Eifer, daß die Druͤſe bald bedeutend entzuͤndet ward. Nun wurden zehn Blutegel, ſo wie erweichende Breium— ſchlaͤge, verordnet; das Kneten ward ausgeſetzt. Nach einigen Ta— gen hatte ſich die glans thyreoidea um etwa; verkleinert. Ich veranlaßte nun Mad. A., das Kneten wieder vorzunehmen, aber dabei vorſichtiger zu verfahren und, ſo wie ſich Symptome von Entzuͤndung einſtellten, Blutegel anzulegen. Alsdann reiſ'te ich nach Italien, wo ich zwei Monate ſpaͤter zu Florenz einen Brief von jener Dame erhielt, in welchem ſie mir anzeigte, daß ihr Kropf voͤllig verſchwunden ſey. Sechste Beobachtung. — Mlle. N., 15 Jahr alt, von ſchwaͤchlicher Conſtitution und nervoͤſem Temperamente, war ſeit einem Jahre, in Folge der vergeblichen Anſtrengungen der Natur, die Menſtruation zu Wege zu bringen, verſchiedenen Zufällen uns terworfen. Bis zum 18. October 1839 waren mancherlei Mittel, ohne Erfolg angewandt worden. Ich verordnete das ſtoßweiſe Kneten des hypogastrium, der Weichen und Schenkel. Nach ſechs Wochen ſtellten ſich, in Folge des rationell bewirkten Andranges von Saͤften nach jener Region, die Menſes ein, die darauf in re— gelmaͤßigen Gang kamen. In aͤhnlichen Fällen hat das Kneten vor den uͤbrigen, ſo oft nachtheilige Folgen veranlaſſenden die Menſtruation befoͤrdernden Mitteln, wegen ſeiner voͤlligen Gefahr— loſigkeit, einen unbeſtreitbaren Vorzug. (Revue médicale, Mai 1841.) Miscellen. Eine neue Methode zur Analyſe der ſchweflicht⸗ ſauren Mineralwaſſer hat Herr Dupasquier, zu Lyon, in Anwendung gebracht, über welche Herr Dumas in ei: nem Berichte ſich ſehr guͤnſtig geaͤußert hat. Die bisher im 128 Gebrauche geweſenen Methoden zur Analyſe der ſchweflichtſau— ren Mineralwaſſer, ſagt der Berichterſtatter, ſind nicht al— lein langwierig und ſchwierig in der Anwendung, ſondern ſie find auch ganz unvollſtaͤndig hinſichtlich ihrer Reſultate. Die Procedur des Herrn Dupasquier iſt verſchieden in Beziehung auf ihren Zweck und ihre Wirkungen. Sie beſteht dem Weſentlichen nach darin, bei der Operation das Jod den metalliſchen Auflöfuns gen zu ſubſtituiren. Man weiß, daß das Jod das Schwefelwaſ— ſerſtoffgas und die Schwefelmetallverbindungen leicht zerſetzt, um hydriodiſche Säure und eine Jodurmetallverbindung hervorzubrin⸗ gen, waͤhrend der iſolirte Schwefel von dem Waſſerſtoffgaſe oder dem Metalle, mit welchem er verbunden war, ſich trennt und nieder— ſchlaͤgt. Wenn es daher moͤgtich iſt, den Zeitpunct wahrzuneb— men, wo die Zerſetzung des ſchweflichten Princips vollſtaͤndig iſt, ſo wird es, um ein exactes Reſultat zu erlangen, genuͤgen, die Quantität des angewendeten Jod's zu kennen, weil ein Aequivalent dieſes Elementes ein ſolches des Schwefels verdrängen wird. — Man weiß, daß die hydriodiſche Säure und die Jodmetallverbin— dungen nicht auf das Staͤrkemehl einwirken, während das Jod im freien Zuſtande, wie gering auch feine Quantität ſeyn mag, ſich leicht vermittelſt des Staͤrkemehls erkennen läßt, welches es blau faͤrbt. Alſo, wenn man eine alcoholiſche Aufloͤſung des Jod's mit einem ſchweflichtſauren Waſſer in Beruͤhrung bringt, welchem man etwas Stärkemehl zugeſetzt hatte, fo wird, fo lange das Jod das ſchweflichte Princip nicht ganz zerſetzt hat, keine Portion deſſelben frei bleiben, und die blaue Farbe wird nicht erſcheinen, oder wenn ſie 'ſich zeigt, fo wird fie leicht verſchwinden, wenn man die Fluͤſ— ſigkeit agitirt. Dagegen wird fie ſich plotzlich zeigen, ſobald die letzte Spur der ſchweflichtſauren Verbindung verſchwunden iſt. Es wird alſo die allergeringſte Spur freigebliebenen Jod's hinreichen, um alſobald jene blaue Farbe hervorzubringen, welche ein ſicheres Anzeichen iſt von dem Puncte, wo die Zerſetzung vollſtaͤndig iſt. — Der Apparat des Herrn Dupasquier iſt nicht complicirt. Alle Inſtrumente, die zu einer Analyſe, wie er fie vorſchlaͤgt, noͤthig find, koͤnnen in einem Kaſten von geringem Umfange Plag finden. Die Einfachheit der Methode wird alſo geſtatten, ſie an Ort und Stelle ſelbſt anzuwenden, wo man die Mineralwaſſer ſchoͤpft, und wird, ohne Zweifel, zur Berichtigung vieler Irrthuͤmer fuͤhren, die man bisher aus Mangel genauer Proceduren nicht hatte ver— meiden koͤnnen. Eine neue Behandlungsweiſe der Verengerungen der Harnroͤhren muͤndung iſt von Colles, in feiner Ab— handluug uͤber die ſyphilitiſchen Krankheiten, angegeben worden. Dieſes Verfahren beſteht in folgender Operation. Es wird die Haut des vordern Endes der Harnroͤhre, mit welcher der Canal innig zuſammenhaͤngt, abgeloͤſ't und die Harnroͤhre z Zoll weit nach Unten geſpalten; die mucosa wird von jeder Wundlippe et— was abpräparirt und hierauf ein Theil des bloßgelegten corpus cavernosum in hinreichender Ausdehnung abgetragen, damit die Wunde mit der abpraͤparirten mucosa bedeckt werden kann. Nun wird dieſe Haut auf dem corpus cavernosum durch die Naht ver— einigt und dafür geſorgt, daß nicht eine neue Verengerung ein: trete. ö Bibliographische Proceedings of the London electrical Society. First Quarterly Part. London 1841. 8. Mit Kupf. Lectures on Chemistry including its application in the arts. By H. M. Noad etc. Part I. London 1841. neh eite n. Traité du strabisme et du bégaiement; suivi de quelques con- siderations nouvelles sur la guérison de la myopie, de la maurose par rétraction musculaire et du mouvement convulsif des yeux par la division des muscles de l’oeil. Par J. E. Dufresse- Chassaigne. Paris 1841. 8. Nouveau traité théorique et pratique sur l’art du dentiste. J. Lefoulon. Paris 1841. 8. Par — — — — — Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Deilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober-Medicinalrathe Fror ie p zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin, Mo. 405. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. (Nr. 9. des XIX. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Auguſt 1841. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Watt r Ueber die Wolkenbildung, namentlich die Bildung des Cumulus. Von Thomas Hopkins, Esg. *) Im Sommer des Jahres 1839 beſtieg ich den Gipfel des Snowdon und fand denſelben durchaus mit dickem Nebel oder Wolken belegt. Als ich um 2 Uhr Nachmit— tags ein Stuͤck hinabgeſtiegen war und mich umſah, erſchien der Gipfel durchaus wolkenlos. Im Juni 1840 beftieg ich den Berg abermals und fand auf ihm wieder die dicke Ne— belſchicht; da ich mich aber erinnerte, daß bei meinem vori— gen Beſuche ſich der Nebel am Nachmittage zertheilt hatte, beſchloß ich, dieß auf dem Gipfel abzuwarten. Um 2 Uhr Nachmittags fing der Nebel an, ſich zu brechen und von Suͤdweſten aus an dem Gipfel des Berges herumzubewegen. Der Wind war maͤßig ſtark, und eine Zeitlang verbarg der Nebel noch im Oſten und Norden die tieferliegenden Gegen— den; bald verſchwand er aber ganz, ſo daß man uͤberall weit in's Land hinausſchauen konnte. Gegen das Ende des Auguſt's hielt ich mich zu New— Brighton und Waterloo bei Liverpool auf. Maͤßig ſtarke Winde wehten damals meiſt aus Suͤd, Suͤdweſt oder Weſt, und ich benutzte die ſich mir darbietende Gelegenheit zur Beobachtung der Wolkenbildung, uͤber die ich ein Tagebuch fuͤhrte, aus welchem ich folgende Probe mittheile. „New Brighton, den 26, Auguſt 1840. Um 6 Uhr Morgens ſchwacher Wind aus Weſten; die See mit einer dunkel gefaͤrbten Wolke belegt, die, dem Anſcheine nach, das Waſſer beruͤhrt; das Land ebenfalls mit tief hinabreichenden Wolken bedeckt, die jedoch weniger ſchwer ſind, als die uͤber der See ſchwebenden. Indem die Sonne hoͤher ſtieg, ver— ſchwand der untere Theil der uͤber der See liegenden Wolke und uͤber dem Lande bildeten ſich Cumuli, wie es ſchien in der Nachbarſchaft der Bergketten von Lancaſhire und ») Mitgetheilt vom Verfaſſer, nachdem der Artikel der Literary and Philosophical Society zu Mancheſter vorgeleſen worden. No. 1505. k u nu de. Wales. Von etwa 9 Uhr Morgens bis 1 Uhr Nachmit⸗ tags geſtalteten ſich dieſe Cumuli, immer größer werdend, zu ſchoͤnen Wolkenmaſſen. Ein ſchwacher Weſtwind trieb ſie langſam oſtwaͤrts, wo ſie ein dunkleres Anſehen erhielten. Andere Cumuli, welche waͤhrend des Nachmittags uͤber der See blieben, ſtiegen mehr in die hoͤheren Regionen der Atmoſphaͤre; ihre Kuppen ſchwanden allmaͤlig und die ganze Maſſe nahm eine geſtreckte Form an, ſo daß ſie ſich aus— nahm, wie ein in der Luft ſchwimmender gewaltiger Fiſch. Als die Sonne im Weſten ſich ſenkte, nahmen dieſe Wolken mehr die Geſtalt dunkler Linien an, und als ſie wirklich untergegangen war, heiterte ſich der Himmel bald völlig auf, ſo daß die Sterne hell glaͤnzten. Zwei Wochen lang behielt das Wetter im Allgemeinen denſelben Character, der ſich folgendermaaßen beſchreiben läft: Bei Sonnenaufgang ruhte ein dicker Nebel auf der Iriſchen See, ſo daß der groͤßte Theil derſelben dem Blicke verborgen war. Die nach jener Richtung ſichtbaren, nicht allzuentfernten Schiffe ſchienen ſaͤmmtlich in der Luft zu ſchwimmen. Sobald die Sonne mehr Kraft erlangte, er— ſchien zwiſchen dem Waſſer und dem daraufliegenden Nebel ein durchſichtiger Streif, und der Nebel nahm mehr ent— ſchieden das Anſehen einer dichten Wolke an. Dieſer durch— ſichtige Streif ward ſtufenweiſe breiter, und die Wolke ge— wann, indem ſie ſich erhob, das Anſehen eines dunklen Streifens. Zwiſchen 8 und 9 Uhr begannen auf der obern Begraͤnzung der ſtreifenfoͤrmigen Wolke kleine unregelmaͤßige Hervorragungen oder Zapfen ſich zu bilden. Dieſe nahmen ſowohl aufwaͤrts als ſeitwaͤrts an Umfang zu. Wenn ich den Kopf an einen feſten Gegenſtand lehnte und gerade vor mich hinblickte, konnte ich das allmaͤlige Anſchwellen der Maſſen deutlich ſehen. Sie hatten rauhe, unregelmaͤßige, blumenkohlfoͤrmige Gipfel, und die beſonderen Geſtalten veraͤn⸗ derten ſich, waͤhrend jene ſich vergroͤßerten. Der untere Theil der Wolke hielt ſich zugleich auf derſelben horizontalen Linie, nahm aber ein dunkleres Anſehen an. Dieſer Pros ceß hatte ſeinen Fortgang, bis große Cumuli entſtanden 9 131 waren, die ſich, wie es ſchien, von dem Gebirge von Wa— les bis zu dem von Weſtmoreland erſtreckten. Mittlerweile ſtieg die ganze Maſſe hoͤher, und gegen Mittag befand ſie ſich in einer bedeutend hohen Luftregion. Der obere Theil derſelben nahm ſich aus wie eine Anzahl unregelmaͤßiger Haufen flockiger Baumwolle. Je hoͤher dieſe Haufen wa— ren, deſto dunkler zeigte ſich unter ihnen die Faͤrbung der Wolke, und die wogende Bewegung derſelben glich derjeni— gen des Rauches, fand aber weit langſamer ſtatt. Der leichte Weſt- oder Suͤdweſtwind, welcher gewoͤhnlich wehte, trieb dieſe Wolkenmaſſen gegen Oſten, wo ſie ſich anzuhaͤu— fen ſchienen und dunkler wurden. Um Mittag oder bald darauf zeigten ſich mehrentheils zwei voneinandergetrennte Ketten ſchoͤner kuͤhn aufgebauter Cumuli, von denen die eine ſich uͤber das Meer von dem großen Orme's-Vorgebirge bis zu den Bergen Weſtmoreland's, die andere über Wales und Cheſhire bis zu den Bergen Vorkſhire's erſtreckte. Als ich mich der Wolken erinnerte, deren Bildung ich auf dem Gipfel des Snowdon mit angeſehen, faßte ich die Anſicht, daß dieſe Cumulus-Ketten von dem Snowdon und andern benachbarten Bergen ſtammten. Um dieſelbe Tageszeit, wo ich fruͤher den Nebel vom Gipfel des Snowdon hatte ſchwinden ſehen, naͤmlich um 2 — 3 Uhr Nachmittags, hoͤr— ten dieſe Wolken gewoͤhnlich auf, aus jener Himmelsgegend heranzuziehen, und die bereits gebildeten ſtiegen hoͤher und ſchienen eine Neigung zu haben, ſich zu getrennten Maſſen zu geſtalten. Noch ſpaͤter wurden ſie gewoͤhnlich leichter und loͤſ'ten ſich meiſt allmaͤlig auf, ſo daß ſie oft bei Son— nenuntergang durchaus verſchwunden waren. Hatten die Wolken eine ungewoͤhnliche Schwere, ſo zeigte ſich ein ande— res Ergebniß, indem ſie ſich miteinander verbanden und Spruͤhregen veranlaßten, auf welche waͤhrend der Nacht mehr oder weniger Schauer folgten. Ueber den Landſtrichen Lancaſhire's und Cheſhire's bildeten ſich aͤhnliche Wolken, welche indeß mehr zerkluͤftet und unregelmaͤßig waren Ein— mal, als ſich der Morgennebel ſcheinbar etwa 300 — 450 Fuß uͤber die Meeresflaͤche erhoben hatte, ſtellte ſich ein ungemein praͤchtiges Schauſpiel dar. Eine Menge duͤnner Wolken ſchienen ſenkrecht in der Luft zu haͤngen. Sie waren in verſchiedenem Grade durchſcheinend, und zwiſchen ihnen befanden ſich lichte Raͤume, ſo daß der untere Theil jeder duͤnnen Wolkenſchicht hinreichend deutlich ſichtbar blieb. Das Ganze nahm ſich aus wie ein Rieſenſaal, der oben abwechſelnd mit Fenſtern und Muslinvorhaͤngen beſetzt war, und deſſen Draperie ſich von einer Minute zur andern ver— aͤnderte. Zwiſchen dieſen ſenkrecht herabhaͤngenden zarten Wolkenſtreifen ſchien ſich die Luft leicht ſchwankend oder ſchwingend aufwaͤrts zu bewegen, wie man es bei heißem Wetter auf der Erdoberfläche oder auch über einem Kohlen: feuer bemerkt. Aehnliche Erſcheinungen beobachtete ich oͤfters, obwohl nicht in gleicher Deutlichkeit. Der auffallendſte Umſtand, welcher ſich mir bei der Beobachtung dieſer Naturerſcheinungen darbot, war die Bil— dung der Cumuli. Die Cumulus- Wolke nimmt eine fo beſtimmte Geſtalt an, bleibt ſich in ihrem Character fo gleich, bildet ſich vor unſern Augen ſo deutlich, erhebt ſich 132 ſo ſtaͤtig vom Lande oder Meere in eine hohe Luftregion und bietet ein ſo großartiges Schauſpiel dar, daß ſie unſer Intereſſe ganz beſonders in Anſpruch nehmen muß. Nuͤck— ſichtlich der Bildung der Wolken hat man, meines Wiſſens, ſeit langer Zeit ziemlich allgemein angenommen, daß ſie durch eine Vermiſchung verſchiedener Luftſtroͤme entſtaͤnden, und daß die kleinen Waſſertheilchen, aus denen ſie beſtehen, wenngleich der Schein dagegen ſpreche, dennoch nicht im Widerſpruch mit den Geſetzen der Schwerkraft, hoͤher ſtie— gen. Wer ſich indeß die Muͤhe geben will, die Bildung der Cumulus- Wolken über dem Iriſchen Meere von 8 — 12 Uhr Morgens und zwar gegen das Ende des Sommers hin zu beobachten, wird ſich faſt durch den Augenſchein da— von uͤberzeugen koͤnnen, daß ſie wirklich in der Luft in die Höhe ſteigen. Dieſelbe Wolkenmaſſe läßt ſich oft von der Oberflaͤche des Meeres aus deutlich mit dem Blicke verfol— gen, bis ſie hoch uͤber unſerm Haupte ſchwebt, und die an— ſchwellenden Hervorragungen am Obertheile derſelben haben, im Profil geſehen, mit dem aus einem Schornſteine kom— menden Rauch oder mit dem aus einem Keſſel entweichen— den Dampfe in Form und Bewegung ſo taͤuſchende Aehn— lichkeit, daß man der Anſicht kaum ausweichen kann, daß aͤhnliche Urſachen alle dieſe Wirkungen hervorbringen. Herr Espy hat in feinen unlaͤngſt zu Manchefter gehaltenen Vor— leſungen die Cumulus - Bildung erklären wollen; allein viele ſeiner Zuhoͤrer haben ſich durch die von ihm aufgeſtellte Er— klaͤrung ſo wenig befriedigt gefunden, daß die naͤhere Pruͤ— fung ſeiner Theorie wuͤnſchenswerth iſt. Herr Espy ſagt, die Sonne erhoͤhe, wahrend ſie ſteigt, die Temperatur der unmittelbar auf der Erdoberflaͤche ruhenden Luftſchicht, da— her dieſe ſpecifiſch leichter werde und in die Hoͤhe ſteige Dieſer Umſtand war ſchon fruͤher bekannt und wird, ſo viel ich weiß, allgemein als richtig angenommen. Nun enthaͤlt die auf dieſe Weiſe ſich erhebende Luft eine gewiſſe Quan— titaͤt elaſtiſchen Waſſerdunſtes. Wenn die Luft eine gewiffe Hoͤhe erreicht hat und in einem gewiſſen Grade abgekuͤhlt worden iſt, wird dieſer Dunſt niedergeſchlagen. Nun findet ein neuer Proceß ſtatt. Bei der Niederſchlagung dieſer Duͤnſte wird gebundener Waͤrmeſtoff, der Waͤrmeſtoff, wel— cher den elaſtiſchen Zuſtand des Waſſerdunſtes bedingte, frei und erhoͤht die Temperatur der benachbarten Koͤrper. Auf dieſe Weiſe bilden ſich warme Luftſchichten in verſchiedenen Hoͤhen. Wenn aber der freigewordene Waͤrmeſtoff die Tempe— ratur von Luftmaſſen in den obern Regionen der Atmo— ſphaͤre erhoͤht, ſo muͤſſen ſich dieſe Luftmaſſen, wegen der Vermehrung ihrer Elaſticitaͤt, ausdehnen. Die ſo geſchaf— fene elaſtiſche Kraft wird aber nach allen Richtungen wirken, und da nach Oben der geringſte Widerſtand ſtattfindet, fo wird die Wirkung zuerſt hauptſaͤchlich aufwaͤrts ſich aͤußern, daher die ganze obere Luftſaͤule gehoben und genoͤthigt wer— den wird, ſich in den hoͤhern Regionen der Atmoſphaͤre ſeit— waͤrts auszubreiten. Wenn dieſe, von der Niederſchlagung der Duͤnſte herruͤhrende ſecundaͤre Waͤrmeentwickelung ſtatt— findet und ein Theil der Atmoſphaͤre gehoben worden iſt und ſich ſeitlich ausbreitet, wird die von einem Theile des 133 auf ihr laſtenden Druckes befreite untere Luft ſich durch ihre Federkraft aufwaͤrts bewegen und die umgebende Luft in der Nähe der Erdoberfläche nachſtroͤmen, um das Gleichge— wicht des atmoſphaͤriſchen Druckes wiederherzuſtellen. So wird voruͤbergehend eine locale Stroͤmung nach Oben er— zeugt, und da dieſe aufwaͤrts gerichtete Stroͤmung Duͤnſte aus der Nähe der Erdoberflaͤche mit ſich führt, fo finden nacheinander verſchiedene Niederſchlagungs- und Ausdehnungs— proceſſe ſtatt, und indem der niedergeſchlagene Waſſerdunſt zur Wolke wird, nimmt er die Cumulus-Form an und ſchwillt und waͤchſt in der Art an, wie wir es eben zu be— ſchreiben verſucht haben. Daß ſich die Wolken ſo langſam bilden und das Reſultat gewoͤhnlich fo unbedeutend iſt, rührt wahrſcheinlich daher, daß die in der Luft aufgeloͤſ'ten Duͤnſte quantitativ nicht ſehr bedeutend ſind. Fehlt es der ſich er— hebenden Luft an Waſſerdunſt, ſo findet keine Wolkenbil— dung ſtatt; enthält fie deſſen ſehr viel, fo entſtehen ſchwere Wolken und Regen. Das Freiwerden des Waͤrmeſtoffs durch Niederſchlagung von Duͤnſten kann offenbar nach Um— ſtaͤnden in einem ungemein geringen Grade flattfinden und der befchriebene Proceß einen hoͤchſt traͤgen Fortgang haben, ſo daß nur ſehr kleine Portionen Luft in den obern Regio— nen der Atmoſphaͤre in derſelben Weiſe erwaͤrmt werden, wie die Temperatur der Luft in den Tropengegenden geſtei— gert wird. Durch die ſtarke Verdunſtung wird zwiſchen den Wendekreiſen die Luft bedeutend mit Duͤnſten geſchwaͤngert, und wenn dieſe Duͤnſte hoͤher ſteigen, findet eine geringe Niederſchlagung derſelben ſtatt, welche die Temperatur und Elaſtititaͤt der Luftmaſſe ſteigert und dieſe in hoͤhere Regio— nen der Atmoſphaͤre ſich erheben laͤßt. Da dieß oft hinter— einander und anhaltend geſchieht, ſo wird die ganze obere Reglon hinreichend erwärmt und ausgedehnt, um die kleinen niedergeſchlagenen Dunſttheilchen, den noch elaſtiſchen Dunſt und die atmoſphaͤriſchen Gaſe ſo hoch zu treiben, daß ſie zuſammen nach Norden und Suͤden abfließen koͤnnen. Die duͤſtere Atmoſphaͤre uͤber den tropiſchen Meeren iſt wahr— ſcheinlich nichts weiter, als eine gewaltige Cumulus-Wolke, die ſich beſtaͤndig bildet und erhebt, um dem Nord- und Suͤd-Pole zuzuſtreichen, während die dieſelben erzeugenden Urſachen ſo gleichfoͤrmig wirken, daß ſich die Wolke nicht zertheilt. An den aͤußern Raͤndern dieſer tropiſchen Wolke finden aͤhnliche Stoͤrungen ſtatt, wie wir ſie an den Cu— muli bemerken, welche ſich in gemaͤßigten Himmelsſtrichen bilden. Iſt der Dunſt ſehr reichlich vorhanden, und ſind die Stoͤrungen in der Atmoſphaͤre bedeutend, ſo kann der Cumulus-Wolken bildende Proceß eine ſolche Entwickelung erlangen, daß ſtarker Regen und wahrſcheinlich auch Gewit— ter entſtehen. Ob dieſer Proceß ſtets die einzige oder vor— zuͤglichſte Urſache der Gewitter iſt, verdient unterſucht zu werden, bildet aber keinen der hier von mir zu beleuchtenden Gegenſtaͤnde. Manche, denen die hier dargelegte Theorie nicht plau— ſibel ſcheint, haben dagegen bemerkt, daß, wenn Duͤnſte em— vorſteigen, bis fie durch die Ausdehnung hinreichend abge— kuͤhlt ſind, um niedergeſchlagen zu werden, die Verkuͤhlung durch die geringſte Quantität von freiwerdendem Waͤrmeſtoffe 154 gehemmt werden müffe. Sie behaupten demnach, der Nies derſchlagungsproceß koͤnne feinen Fortgang nicht haben, da er durch ſich ſelbſt zerſtoͤrt werden wuͤrde. Dieß wuͤrde aller— dings haltbar ſeyn, wenn die ganze Atmoſphaͤre aus Dunſt beſtaͤnde. Wire nur Waſſerdampf vorhanden, fo koͤnnte keine beträchtliche oder fortgehende Erhöhung der Temperatur durch Niederſchlagung erfolgen, weil jede, auch die geringſte Steigerung der Temperatur die Niederſchlagung aufhalten und ſo die einzige Urſache der Temperaturerhoͤhung beſeitigen wuͤrde. Allein mit dem Dampfe ſind zugleich Gasarten vor— handen, die mit ihm eine innige mechaniſche Vermengung bilden, und wenn die Niederſchlagung des Dampfes Waͤrme— ſtoff frei macht, ſo geht dieſer ebenſowohl an die Gaſe, als an den noch vorhandenen Dampf über, fleigert alfo die Ela— ſticitaͤt der Gaſe, ſo daß ſie ſich hoͤher begeben und den mit ihnen vermiſchten Dampf oder Dunſt mit binaufführen. Der Waſſerdunſt bildet, was nicht zu uͤberſehen iſt, nur einen geringen Verhaͤltnißtheil der Atmoſphaͤre. Wenn die Temperatur des Thaupunctes + 32° F. (0° R.) beträgt, bildet der Waſſerdunſt nur 3 der Luft; bei 529 F. (89 R.) 72 bei 73 F. (183 R.) s; und ſelbſt bei 80° F. (215° R.) nur g. Da nun der Thau⸗ punct in unſerm Clima ſelten über 52° F. (85° R.) liegt, ſo bildet der Waſſerdunſt nicht leicht uͤber 1 P. C. der atmoſphaͤriſchen Luft. Setzt man nun die Gaſe gleich 99 und den Dunſt gleich 1, fo wird der freigewordene Waͤrmeſtoff in weit bedeutenderm Maaße an die Gaſe, als an den zuruͤckgebliebenen Dunſt abgeſetzt werden. Die Ela— fticität der Gaſe wird dadurch alſo geſteigert, fie erheben ſich und fuͤhren den noch vorhandenen Dunſt hoch genug, daß eine abermalige Niederſchlagung ſtattfinden und der Proceß ſeinen Fortgang haben kann. Außerdem, daß der Waſſerdunſt einen ſo geringen Verhaͤltnißtheil der Atmo— ſphaͤre bildet, kuͤhlt er ſich auch nach einem andern Geſetz ab, als die Gaſe, und zwar iſt die Verſchiedenheit in der Verkuͤhlungsweiſe von der Art, daß die Gaſe den Dampf abkuͤhlen. Wenn man ſich in der Luft erhebt, ohne daß deren Gleichgewicht gerade durch Niederſchlagung von Duͤn— ſten bedeutend geſtoͤrt worden iſt, ſo findet man, daß ſich deren Temperatur auf 300 F. groͤßere Hoͤhe jedesmal um etwa 19 F. (3 R.) erniedrigt. Allein der Waſſerdampf und die Gaſe, einzeln genommen, kuͤhlen ſich ziemlich in dem Maaße ab, wie es in runden Zahlen, welche fuͤr un— ſere Zwecke hinreichend genau ſcheinen, in nachſtehender Ta— belle angegeben iſt. Bei der Hoͤhe von kuͤhlt ſich Dampf ab um die Gaſe um 1° F. 1700 Fuß 5° F. 3400 — 20 — 10° — 5000 — 88 15° — 10,000 — 66 — 300 — So ſehen wir denn, daß, wenn Dampf und Gaſe ver— miſcht in einer Luftfäule aufſteigen, der erſtere ſich durch die Ausdehnung um 19 abkuͤhlt, waͤhrend ſich die letztern um 50 abkuͤhlen. Die Gaſe wuͤrden alſo auf den Dampf abkuͤhlend wirken. Bei der innigen Vermiſchung beider Koͤr— per muß der kuͤltere dem ene Waͤrmeſtoff entziehen, 135 — und im gegebenen Falle muͤſſen die Gaſe, wenn ſie ſich er— heben, den mit ihnen vermiſchten Dunſt abkuͤhlen. Waͤh— rend nun der Dampf niedergeſchlagen wird, entbindet ſich Waͤrmeſtoff, der den Gaſen wieder eine hoͤhere Temperatur und Elaſticitaͤt ertheilt, und ſo wirken dieſe verſchiedenen, niederſchlagbaren und nichtniederſchlagbaren elaſtiſchen Fluͤſ— ſigkeiten gegenſeitig aufeinander ein und veranlaſſen ganz andere Reſultate, als die, welche ſtattfinden wuͤrden, wenn ſie getrennt von einander im Himmelsraum exiſtirten. Wenn eine mit Waſſerdampf geſaͤttigte Luftmaſſe durch irgend eine von Unten wirkende Kraft um 1700 Fuß gehoben wird, ſo kuͤhlt ſich der darin enthaltene Dampf, ſeinem eignen Geſetze folgend, um 1° ab; die Gaſe verlieren dagegen, nach ihrem Geſetze, 5° Waͤrme, und da dieſe beiden Fluͤſ— ſigkeiten innig mit einander gemiſcht ſind, ſo wird ſich die niedrigere Temperatur der Gaſe dem Dampfe mehr oder weniger mittheilen und der letztere theilweiſe niedergeſchlagen werden. Durch dieſe Niederſchlagung wird, wie öfter be— merkt, Waͤrmeſtoff frei, der allerdings auch die Temperatur des noch vorhandenen Dampfes erhoͤht und auf Verhinde— rung der fernern Niederſchlagung hinwirkt. Allein zugleich wird die Temperatur der Gaſe erhoͤht und deren Elaſticitaͤt vermehrt; ſie ſteigen deßhalb hoͤher, und der uͤbrige Dampf wird mit ihnen hinreichend hoch gefuͤhrt, um wieder einen Theil durch Niederſchlagung einzubuͤßen. Daß der freiwerdende Waͤrmeſtoff vollkommen hinreicht, um die Gaſe zu befaͤhigen, hoͤher zu ſteigen, iſt durchaus glaubhaft, da die Elaſticitaͤt derſelben durch eine ſehr geringe Erhoͤhung der Temperatur bedeutend vermehrt wird, waͤhrend zugleich bei der Nieder— ſchlagung von Daͤmpfen verhaͤltnißmaͤßig eine ſehr bedeutende Menge Waͤrmeſtoff entbunden wird, und daher die Hervor— bringung der erwaͤhnten Wirkung gar keinem Zweifel unter— liegt. Man hat berechnet, daß durch die Niederſchlagung von 12 Waſſerdampf ſo viel Waͤrmeſtoff frei wird als da— zu gehört, um die Temperatur von 3657 Cub. F. Luft um 10° zu erhöhen. Jedes Pfund Regen oder Wolke, das ſich bildet, erhoͤht alſo die Temperatur einer ſolchen Luft— maſſe um 10° F. oder 45 R. Dieſe Anſicht ſtuͤtzt ſich uͤbrigens nicht nur auf theore— tiſche Folgerungen, ſondern die von Luftſchiffern und Berg— beſteigern angeſtellten Beobachtungen beweiſen die Thatſache, daß in den hoͤhern Regionen der Atmoſphaͤre warme, mit ſchwebenden Waſſertheilchen geſchwaͤngerte Luftſchichten wirk— lich vorkommen. Herr Green hat eine ſolche Luftſchicht bei faſt 10,000 Fuß uͤber der Erdoberflaͤche getroffen, wo der Thaupunct bei 649 F. (143° R.) derſelbe war, wie gleichzeitig an der Oberfläche der Erde. Bei 11,060 Fuß Hoͤhe, alſo nur 1,060 Fuß hoͤher, war der Thaupunct bis 329 F. (0° R.) gefallen, und offenbar nur deßhalb, weil der Ballon ſich nun in einer Region befand, wo der er— waͤrmende Einfluß der Niederſchlagung der Duͤnſte wegfiel. Eine practiſche Verwendung des bei'm Niederſchlagen von Dampf freiwerdenden Waͤrmeſtoffs finden wir da, wo man Waſſer dadurch erhitzt, daß man Dampf in daſſelbe einſtrei— chen laͤßt. Ein Pfund Dampf erhoͤht die Temperatur von 136 1,000 Pfund Waſſer um 19 F., und Herr Espy hat mittelſt des von ihm erfundenen Nepheloſcops nachgewieſen, daß, waͤhrend die Verkuͤhlung der Luft durch Verminderung des Druckes nach einem gewiſſen Geſetze ſtattfindet, dieſes Geſetz alsbald geſtoͤrt ward, wenn Niederſchlagung von Duͤnſten erfolgt. Die Niederſchlagung hob die abkuͤhlende Wirkung der Ausdehnung ziemlich um die Haͤlfte auf, wo— raus ſich denn ergab, daß, wenn eine Luftſaͤule, in welcher ſoeben Daͤmpfe niedergeſchlagen worden ſind, unterſucht wuͤrde, man bei'm Aufſteigen in dieſelben finden wuͤrde, daß die Temperatur nur halb ſo ſchnell abnehme, als in einer benachbarten Luftſaͤule, in welcher kein Niederſchlagungspro— ceß ſtattgefunden hat. Angenommen, in dieſer letztern vers mindere ſich die Temperatur bei je 300 Fuß Höhe um 18 F., wuͤrde ſich alſo in der erſtern Luftſaͤule auf einen gleich großen Unterſchied im Niveau nur 3 Temperaturerniedri— gung ergeben. Laͤßt man die oben angeführten Thatſachen und Folgerungen gelten, ſo ergiebt ſich, daß, wenn in der Atmoſphaͤre Duͤnſte niedergeſchlagen werden, eine Stroͤmung nach Oben entſtehen muß, die einen abermaligen Nieder— ſchlagungsproceß und eine neue Strömung aufwärts herbei— fuͤhrt, und in Folge dieſes Proceſſes duͤrfte die Cumulus— Wolke entſtehen, die ſich mehr oder weniger hoch erheben kann und, je nach der in der Atmoſphaͤre enthaltenen Dunſt— menge, ſo wie der Niederſchlagungskraft der Kaͤlte, ſich ent— weder zertheilen oder als Regen herabfallen wird. Die ſo eben betrachteten Bewegungen in der Atmo— ſphaͤre ſollen, nach Herrn Es py, ihren Veranlaſſungsgrund in der erwaͤrmenden Kraft der Sonnenſtrahlen haben; allein die Wirkung der Sonne duͤrfte nicht die einzige Urſache dieſer Erſcheinungen ſeyn. Jede Thaͤtigkeit, durch welche eine Luftſaͤule hinreichend weit in die Hoͤhe getrieben wird, daß Niederſchlagung ſtattfindet, kann den Anfang des be— ſchriebenen Proceſſes veranlaſſen und zur Bildung von Cu- mulus- Wolken den erſten Anſtoß geben. Wenn, z. B, ein Luftſtrom, der die ſeiner Temperatur entſprechende Saͤt— tigung mit Waſſerdampf darbietet, in Folge des Geſetzes der Traͤgheit gegen eine Bergkette antreibt, ſo muß deſſen vor— derer Theil ſich aufwaͤrts bewegen und die ganze daruͤber befindliche Luftſaͤule heben. Die von Unten wirkende Kraft kann nun ſtark genug ſeyn, um die Saͤule ſo hoch zu trei— ben, daß ein Theil des darin enthaltenen Waſſerdunſtes niedergeſchlagen wird, und in dieſem Falle werden alle die eben beſchriebenen Wechſelwirkungen ſo gut eintreten, als wenn die auf die Erdoberflaͤche einwirkenden Sonnenſtrahlen den erſten Anſtoß gegeben haͤtten. Auf dieſe Weiſe koͤnnen die Bergketten in Caernarvonſhire und Merionethſhire den von Suͤd-Weſten aus gegen fie antreibenden Wind aufs waͤrts kehren, bis der Proceß der Niederſchlagung beginnt und Wolkenbildung ſtattfindet. Die langen Reihen von Cumuli, welche aus der Gegend des Snowdon nordwaͤrts gegen Weſtmoreland oder oſtwaͤrts gegen Vorkfhire ziehen, koͤnnen ſich an den dortigen Bergen ſtoßen und einen neuen Antrieb nach Oben erhalten, dadurch aber, vermoͤge neuer Niederſchlaͤge, ſo ſchwer werden, daß der haͤufige Regen, 137 welcher in jenen Gegenden fällt, in dieſem Umſtand feine Erklaͤrung findet. Wenn auf der einen Seite Berge Luft— ſtroͤme nach Oben wenden koͤnnen, ſo leuchtet auf der an— dern ein, daß nach verſchiedenen Richtungen ſtreichende Luft— ſtroͤme, wenn ſie aufeinanderſtoßen, dieß ebenfalls zu thun vermoͤgen. Der eine Luftſtrom kann ſehr wohl ſo unter den andern fahren, daß er dieſen in die Hoͤhe treibt und ſo zum Beginne der Niederſchlagung von Duͤnſten den Anſtoß giebt. So koͤnnen ſich über dem Lande, wie Über dem Meere, Cumulus-Wolken bilden, Regen ergießen und wahrſchein— lich auch Gewitter entwickeln, wenn eine hinreichende Menge von Duͤnſten in der Luft enthalten iſt, und dieß Alles kann ſich ereignen, waͤhrend die Sonne ſich unter dem Horizonte befindet. Wenn verſchiedene Luftſtroͤme bei verſchiedenen Hoͤhen uͤber der Erdoberflaͤche in einander eindringen, ſo kann zu gleicher Zeit in verſchiedenen Hoͤhen Wolkenbildung ſtattfinden, und jede der Wolkenmaſſen wird ſich nach Maaßgabe der Dunſtmenge und Niederſchlagungskraft der Luftſchicht und des Niveau's, dem ſie angehoͤrt, entwickeln. In unſerer Gegend kommen die Cumuli mehrentheils aus Weſten, weil die aus dieſer Himmelsgegend wehenden Luft— ſtroͤme am ſtaͤrkſten mit Duͤnſten geſchwaͤngert ſind. Zu— weilen ſieht man deren aber auch aus Oſten uͤber die Berge von Vorkfhire anruͤcken, und in dieſem Falle dürften fie ihre Entſtehung der Sonne oder den Bergen verdanken, welche, wie oben gezeigt, beide die Erhebung von Luftmaſſen veran— laſſen koͤnnen. Wenn kleine Cumuli uͤber eine Gegend hinziehen, ſo aͤußert dieß auf das Barometer keine erhebliche Wirkung. Dagegen laͤßt ſich, wenn ein Cumulus von beträchtlicher Größe uͤber einen Ort hingezogen iſt, eine Veraͤnderung in der Flachheit der Oberflaͤche des Queckſil— bers wahrnehmen. Sehr große, an der untern Seite ſchwarze Cumuli druͤcken das Queckſilber zuweilen ein Wenig hinab; allein zu einem entſchiedenen Sinken des Barometers — — 158 ift erforderlich, daß die Wolke den ganzen Horizont bebede. (London, Edinburgh and Dublin Philosophical Ma- gazine, Aug. 1841.) Mi se e e Ueber die Wirkung der Gifte auf die thieriſche Oeconomie hat Herr Blacke neue Verſuche angeſtellt und die Frage zu beantworten verſucht, ob die Gifte durch ihren Eindruck auf die Nervenmittelpuncte wirkten, oder ob es zur Hervorbringung ihrer Wirkung nöthig ſey, daß ſie durch das Blut gegangen ſeyen? Herr Blacke ſtimmt fuͤr die letztere Anſicht und um darzuthun, wie ſie ſich mit der Augenblicklichkeit der Wirkungen, welche durch die Einfuͤhrung gewiſſer giftiger Subſtanzen hervorgebracht werden, vereinigen laſſen, hat er Verſuche angeſtellt, um die Schnelligkeit nachzuweiſen, mit welcher das Blut von einem Ende zum andern des Circulations— ſtammes gelange. Er hat zu dieſem Behufe das von Herrn Poi— ſeuille angegebene Inſtrument angewendet und hat ſich über: zeugt, daß eine Subſtanz (die er nur durch die Bemerkung be— zeichnet, daß fie das Herz paralyſire) nur eine ſehr kurze Zeit bes dürfe, um von der vena jugularis bis an die Capillarenden der Kranzarterien zu gelangen. Dieſe Zeit hat, z. E., betragen: Bei'm Pferde 16 Secunden — Hunde 10 — — Kaninchen 11 — — Huͤhnchen 6 — Er hat auch mit dem Strychnin operirt, und die Erſcheinungen has ben daſelbſt mit gleicher Schnelligkeit ſtattgehabt. Intereſſante Beobachtungen uͤber das Vermoͤgen der Spitzen lebender Pflanzen, der Atmoſpare Elec⸗ teicität „zu entziehen“, find von Herrn Thomas Pine der London Electrical Society mitgetheilt worden. Daß mehrere wichtige Functionen in der Vegetation hieraus hervorgehen, ſchloß Herr Pine aus dem fonderbaren Umſtande, daß der Thau ſich nur an den Enden der Spitzen, oder Blaͤtter, abſetzt. Alle, dem Anſcheine nach, glatte Blaͤtter findet man, wenn man ſie mit einem Mikroſcop unterſucht, mit dieſen natürlichen Attractoren verſehen, und was in Beziehung auf die vorliegende Frage noch intereſſanter ſeyn mochte, iſt, daß Pflanzen mit größerer Kraft in einer electriſir— ten Atmoſphaͤre, als in einem electriſirten Boden, wachſen. Herr Pine wird etwas Naͤheres daruͤber bekannt machen. Br Zu; Ueber die Benachtheiligung der Geſundheit durch das Athmen unreiner Luft in engen Stuben. Von Dr. Elmore. So erfindungsreich unſere Zeit auch iſt, ſo iſt bisjetzt ſuͤr die Luͤftung der Zimmer noch immer ſehr ſchlecht ge— ſorgt, und doch iſt dieſer Punct in Betreff des Lebensge— nuſſes und der Dauer des Lebens von ſo außerordentlicher Wichtigkeit. Entweder haben die Baumeiſter nicht die gehoͤrige all— gemeine Bildung, um dieß zu begreifen, oder ſie glauben, die Beruͤckſichtigung jenes Punctes koͤnne der architectoniſchen Schoͤnheit der Gebaͤude Eintrag thun. Auch mag wohl Manchen die Befuͤrchtniß abhalten, etwas Neues der Art in Gang zu bringen, weil Modeleute es fuͤr geſchmacklos erklaͤren duͤrften. Wenn ſie unſere Thuͤren und Fenſter ſo genau arbeiten laſſen, daß kaum fuͤr das winzigſte Luft— Punk, u n de theilchen ein Ritz zum Einſtreichen uͤbrig bleibt, glauben ſie beſſere Baumeiſter zu ſeyn, als Griechen und Roͤmer, und ſollten ſie es je dahin bringen, ein Zimmer uͤberall luftdicht zu verſchließen, ſo werden ſie ſich um habſuͤchtige Aerzte, ungeduldige Erben und Rentenbaͤnke ein großes Verdienſt erwerben. Uebrigens ſollten ſie nie uͤberſehen, daß bei den alten Bauten von claſſiſcher Schoͤnheit die Luft, zwar in waͤrmern Laͤndern, ſehr frei aus- und einſtreichen konnte, ſo wie, daß eine gehoͤrige Circulation dieſer Fluͤſſigkeit zu der Fortſetzung des Lebens fo nothwendig iſt, wie zur Vers brennung der zum Heitzen dienenden Stoffe. Unſere Baus meiſter forgen jedoch nur für das letztere Beduͤrfniß und be— kuͤmmern ſich um das erſtere kaum. Sie halten den Zug durch's Kamin fuͤr beide Zwecke ausreichend, waͤhrend er nicht einmal dem letzteren in der geeigneten Weiſe entſpricht; indem bei Weitem der groͤßte Theil der auf unſern offenen Kaminheerden erzeugten Waͤrme durch den heftigen Zug, 139 welcher entfteht, fo oft eine Thuͤre geöffnet wird, und der ſonſt durch Ritzen ſtattfindet, durch den Schlot hinaufge— jagt wird, wobei noch obendrein ſchwaͤchliche Perſonen ſehr leicht großen Schaden an ihrer Geſundheit leiden; denn die plotzlich eindringende kalte Luft ſtreicht, ohne angemeſſene Luͤftung zu bewirken, wegen ihrer fpecififhen Schwere, am Boden hin und erkaͤltet die vom Caminfeuer abgewandte Seite der im Zimmer befindlichen Perſonen, waͤhrend die dem Feuer zugekehrte vielleicht uͤbermaͤßig erwaͤrmt wird. Wir duͤrfen auch nicht uͤberſehen, daß, da der Rauch— fang unſerer Kamine ſelten hoͤher, als 3 — 4 F. vom Fußboden beginnt, die obere Luftſchicht, in der wir athmen, durch ſolche untere Stroͤmungen keineswegs fortgefuͤhrt oder gereinigt wird, ſondern wiederholt ein- und ausgeathmet und dadurch zuletzt wirklich verpeſtet werden muß, wozu Abends die kuͤnſtliche Beleuchtung das Ihrige beitraͤgt. Ein Mann von gewoͤhnlicher Statur athmet in der Stunde etwa 2,000 Cubikfuß Luft, und zwei gewoͤhnliche Kerzen— flammen conſumiren ungefaͤhr ebenſoviel Sauerſtoff, wie ein Menſch. Das zuruͤckbleibende Stickgas und das erzeugte Kohlenſaͤuregas ſind der Geſundheit bekanntlich hoͤchſt nach— theilig, und werden dieſelben durch die vermoͤge des Ver— brennungsproceſſes und der Reſpiration ſtattfindenden Stroͤ— mungen in die Hoͤhe gefuͤhrt, ſo werden ſie ſich in der Luft— ſchicht, in welcher die im Zimmer befindlichen Perſonen ath— men, leicht lange verhalten und wiederholt eingeathmet wer— den, bevor ſie durch das Kamin, als die einzige Oeffnung, welche unſere Zimmer, in der Regel, zum Luͤften beſitzen, hinausgefuͤhrt werden koͤnnen. Es iſt auch nicht zu uͤberſehen, daß die ſo erzeugte Waͤrme zu der der atmoſphaͤriſchen Luft entzogenen Quan— titaͤt Sauerſtoffgas im geraden Verhaͤltniſſe ſteht, welche Gasart ſich mit dem Kohlenwaſſerſtoffgaſe der Flamme der Kerzen, des Kohlengaſes, Oels oder andern Beleuch— tungsſtoffes verbindet; daß jeder Cubikfuß Kohlenwaſſerſtoff— gas ſich bei'm Verbrennen im Durchſchnitte mit 2 Cubik— fuß Sauerſtoffgas verbindet, und daß das Product dieſer Verbindung in etwa 25 Cubikzoll Waſſer und 1 Cubikzoll Kohlenſaͤuregas beſteht, welches letztere, unvermiſcht einge: athmet, auf der Stelle toͤdtend wirkt, und einen je groͤßern Verhaͤltnißtheil dieſes Gaſes wir in Vermiſchung mit den ſich aus den Lungen und der Haut entwickelnden Duͤnſten einathmen, um deſto nachtheiliger iſt die Wirkung. Angenommen, z. B., die vollſtändige Beleuchtung ei— nes Zimmers von gewoͤhnlicher Groͤße erfordere in der Stunde 15 Cubikfuß Kohlenwaſſerſtoffgas, ſo wuͤrde daraus etwa Z Pinte Waſſer und 15 Cubikf. Kohlenſaͤuregas entſtehen. Denn ſo oft Kohlenwaſſerſtoffgas in Beruͤhrung mit Sauer— ſtoffgas oder atmoſphaͤriſcher Luft verbrannt wird, ſind dieß die Producte der Verbrennung, das Kohlenwaſſerſtoffgas mag nun von Wachs, Talg, Oel oder Steinkohlen herruͤh— ren Hat nun dieſe Beleuchtung 7 Stunden lang in einem ungeluͤfteten Zimmer ihren Fortgang, ſo iſt eine Gallone Waſſer entſtanden, das ſich meiſt an den Fenſterſcheiben und andern kalten Oberflaͤchen, mit denen es in Beruͤhrung gekommen, wird niedergeſchlagen haben. Allein ein großer 140 Theil deſſelben bleibt doch in der Luft zuruͤck und ſchadet der Geſundheit. Eine der vorzuͤglichſten Functionen, welche die Luft bei'm Athmen zu uͤbernehmen hat, iſt naͤmlich, daß fie eine beträchtliche Menge Duͤnſte aus den Lungen fuͤhrt, damit jene ſich in dieſen nicht zu ſehr anhaͤufen. Iſt nun aber die eingeathmete Luft ſehr ſtark mit Daͤmpfen ges ſchwaͤngert, ſo kann ſie natuͤrlich jenen Zweck nicht gehoͤrig erfüllen; daraus kann Auszehrung, fo wie andere Krankhei— ten entſtehen. Die nachtheiligen Wirkungen des Kohlenſaͤuregaſes (welches dieſelbe Gasart iſt, wie die, welche ſich in Kellern, Bergwerken, Brunnen u. ſ. w. anhaͤuft und Erſtickungszu⸗ faͤlle veranlaßt) und Stickgaſes, welches in viermal groͤßerer Menge in der Atmoſphaͤre enthalten iſt, als das Sauer— ſtoffgas, und durch Abſorption des letztern bei Verbren— nungsproceſſen frei wird, ſind hinlaͤnglich bekannt, und man hat ſich vor denſelben ſo viel, wie moͤglich, zu ſchuͤtzen. In den letzten Jahren iſt dieſer Punct in unſern oͤffentli⸗ chen Spitaͤlern beruͤckſichtigt worden, und die Sterblichkeit hat ſich dadurch um ein Bedeutendes vermindert. Auch in mehreren Fabriken hat man auf dieſe Weiſe den Geſund— heitszuſtand der dort beſchaͤftigten Perſonen weſentlich verbeſſert. Im Unterhauſe unſeres Parlamentes, wo die Luft durch die vielen anweſenden Perſonen und brennenden Lichter außerordentlich verdorben wurde, hat man ſowohl hinſichtlich der Beleuchtung, als der Luͤftung in den letzten Jahren bedeutend beſſere Einrichtungen getroffen; allein in unſerm Hausweſen iſt dieſer Gegenſtand, ungeachtet ſeiner Wichtigkeit, noch wenig beruͤckſichtigt worden, und beſon— ders wird auch in Ball- und Geſellſchaftszimmern eine ſo verdorbene Luft eingeathmet, daß daraus die nachtheiligſten Wirkungen fuͤr die Geſundheit entſtehen muͤſſen. Die ſtockende Luft in unſern Kirchen ꝛc. iſt nothwen— dig ebenfalls aͤußerſt ſchaͤdlich; denn wegen mangelnder Luͤf— tung iſt im Sommer die Temperatur in den Kirchen oft 6 — 8 R' niedriger, als im Freien, und die durch die andaͤchtige Gemeinde verderbte Luft bleibt von einem Sonn— tage zum andern eingeſchloſſen und wird immer ungeſunder. Selbſt in Privathaͤuſern wird bei ſchwuͤler Witterung die Luft leicht ſtickend und ungeſund, wenn keine paſſenden Einrichtungen zum Luͤften vorhanden ſind. Oefen, die im Zimmer keine Oeff— nung haben, namentlich eiſerne und Blechoͤfen, wirken ebenfalls ſchaͤdlich, da fie im erſtern Falle die Lüftung nicht befoͤr— dern und im letztern, wenn ſie zu heiß werden, den Sauer— ſtoff der Luft verbrennen, waͤhrend ſich aus dem freiwerden— den Stickgaſe und dem durch die Beleuchtungsſtoffe erzeug— ten?) Waſſerſtoffgas Ammoniakalgas bildet, das auf uns ſere Conſtitution, wie auf die Geruchsnerven, ſeine Wirkung aͤußert. Mauerte man dagegen die Oefen, wie in Rußland, Oſtpreußen ꝛc., aus Backſteinen auf, oder ſetzte man fie durchaus aus Kacheln, unter Anbringung geeigneter Zuͤge, ſo wuͤrde man dadurch weit beſſer fuͤr die Geſundheit ſor— gen, als durch Kamine. Dergleichen Oefen aus unvollkomm— nern Waͤrmeleitern verbrennen die Luft nicht und halten die Waͤrme laͤnger an ſich. Allein man hat einmal eine 141 Vorliebe für metallne Möbeln, wo dieſe irgend anzubringen find, und der Vortheil der Eiſenhaͤndler, denen man die Be— ſorgung von Oefen gewoͤhnlich uͤberlaͤßt, geht mit dieſem Geſchmacke Hand in Hand. Uebrigens laͤßt ſich Kachelöfen ein hinreichend geſchmackvolles Aeußere geben, und wenn es Zugöfen find, oder wenn Züge, die durch die Decke in den Schlot gehen, die verdorbene Zimmerluft in dem gehoͤrigen Maaße ableiten, wird die Geſundheit der Bewohner nicht durch ſtockende Luft leiden koͤnnen. Das geſunde Ausſehen Derer, welche ſich mehrentheils in der freien Luft aufhalten, ſpricht hinlaͤnglich fuͤr den wohlthaͤtigen Einfluß der Letztern. Auch haben bekanntlich die Armeen, wenn ſie in Garniſon liegen, mehr Leute auf der Krankenliſte, als wenn ſie auf dem Marſche vielleicht Monate lang bivouaquiren muͤſſen und Muͤhſeligkeiten aller Art zu erdulden haben. Aus dieſen und aͤhnlichen Thatſa— chen ergiebt ſich, wie wichtig es iſt, daß wir zu allen Jah— reszeiten fuͤr hinreichenden Luftwechſel in unſern Zimmern ſorgen, und lieber ein Wenig frieren, als daß wir unſere Geſundheit durch das beſtaͤndige Einathmen einer ſtockenden und verdorbenen Luft untergraben laſſen. Laͤßt ſich die Luͤftung in großen Anſtalten oder oͤffent— lichen Gebaͤuden nur durch beſondere Vorrichtungen bewerk— ftelligen, fo dürfen dieſe nicht fehlen. So kann man einen Windfang durch eine (ſchon vorhandene) Dampfmaſchine in Bewegung und dadurch abgekuͤhlte, erwaͤrmte oder gewoͤhn— liche Luft in Circulation ſetzen, indem man zugleich am Boden, in den Waͤnden oder an der Decke des Zimmers geeignete Oeffnungen und Zuͤge anbringt. In den Berg— werken thun Schloͤte oder Schachtroͤhren gute Dienſte, in de— nen man durch die Verbrennung von Kohlengas oder an— dern Brennſtoffen einen angemeſſenen ſtarken Zug unter— haͤlt. Dieſe ſogenannten Appellſchloͤte ließen ſich auch in vie— len Faͤllen zum Luͤften menſchlicher Wohnungen mit Vor— theil in Anwendung bringen. Die Wichtigkeit des hier beſprochenen Gegenſtandes iſt ſchon haͤufig von wiſſenſchaftlich gebildeten Maͤnnern darge— legt worden, ohne daß dadurch das Publicum veranlaßt worden waͤre, demſelben die gehoͤrige Aufmerkſamkeit zu ſchenken. Die Sache muß daher ſo lange wiederholt in Anregung gebracht werden, bis der wohlthaͤtige Erfolg des beſſern theoretiſchen Wiſſens ſich im Leben geltend gemacht hat und namentlich die Baumeiſter die dringende Nothwen— digkeit, jenen Uebelſtaͤnden abzuhelfen, eingeſehen haben. Ließe ſich nicht die bei der Beleuchtung entwickelte Waͤrme zur vollſtaͤndigen Luͤftung der Zimmer benutzen ). Wer *) In Räumen, wo ſich größere Geſellſchaften verſammeln, in Billardzimmern ꝛc. iſt dieß bereits dadurch geſchehen, daß man uͤber den von der Decke herabhaͤngenden Lampen, dem Kron— leuchter ꝛc. einen Trichter angebracht hat, deſſen Roͤhre durch die Decke auf den Dachboden oder in's Freie geleitet iſt. Hat ſich dieſe Einrichtung auch nicht als ausreichend gezeigt, um in einem mit Tabacksrauchern überfüllten Zimmer die Luft ges hoͤrig durchſichtig zu erhalten, ſo iſt ſie doch dem Zwecke der Erhaltung einer gehörigen Reſpirabilitaͤt der Luft unter allen Umſtaͤnden voͤllig entſprechend. Der Ueberſ. 142 dieß in der gehörigen Weiſe bewirkte, würde ſich um die Menſchheit ungemein verdient machen. Wir duͤrfen uns uͤb— rigens nicht darüber wundern, daß die häuslichen Einrich— tungen in dieſer Beziehung noch ſo weit zuruͤck ſind. Wie viele Jahrhunderte ſind nicht, z. B., verfloſſen, bevor man zu der Erkenntniß gelangt iſt, daß reines Quell- und Brun— nenwaſſer, als Getraͤnk, der Geſundheit und irdiſchen Gluͤck— ſeligkeit foͤrderlicher iſt, als jede kuͤnſtlichbereitete Fluͤſſigkeit? Aber waͤhrend man jetzt uͤberall thaͤtig bemuͤht iſt, dem Waſſertrinken ſein Recht zu vindiciren, hat man gewiß auch alle Urfache, darauf bedacht zu ſeyn, daß dem Menſchen das Einathmen reiner Luft nicht laͤnger verkuͤmmert werde, da dieſe Fluͤſſigkeit uns zu unſerer Exiſtenz noch weit uns entbehrlicher iſt, als reines Waſſer, und deßhalb die nach— theiligſten Folgen daraus entſpringen muͤſſen, wenn ſie fuͤr gewoͤhnlich in einem verdorbenen Zuſtande in den Körper eingeführt wird. (The Lancet, June 19. 1841.) Angeborne Blindheit im achtzehnten Lebensjahre gluͤcklich durch eine Operation beſeitigt. Von J. C. Auguſt Franz, NM. D. Am 13. Mai trug Sir Benjamin C. Brodie der Royal Society folgenden Artikel des Herrn Franz vor: Der junge Mann, an welchem die nachſtehenden Beob— achtungen angeſtellt worden, war von Geburt an mit stra- bismus beider Augen behaftet. Das rechte Auge war amaurotiſch, das linke durch Verdunkelung der Eryſtalllinſe und ihrer Capſel zum Sehen untuͤchtig. Nach zuruͤckgeleg— tem ſiebenzehnten Lebensjahre ward der Patient vom Ver— faſſer durch eine Operation gluͤcklich vom grauen Staar be— freit. Als er das Auge am dritten Tage nach der Opera— tion zum erſten Male oͤffnete, erblickte er vor ſich ein weites Geſichtsfeld, in welchem ſich alle, ihm übrigens nicht erkenn— baren, Gegenſtaͤnde verworren zu bewegen ſchienen. Als der Verſuch zwei Tage ſpaͤter wiederholt wurde, glaubte er eine Anzahl undurchſichtiger Kugeln zu ſehen, die ſich mit dem Auge hin und her bewegten, aber, wenn das Auge feſtſtand, zu ruhen und mit den Raͤndern übereinanderzus greifen ſchienen. Zwei Tage ſpaͤter waren die Erſcheinungen noch dieſelben; allein die Kugeln waren etwas weniger un— durchſichtig, in ihren Bewegungen ſtaͤtiger und ſchienen ein— ander in ſtaͤtkerem Grade zu decken, wie früher. Er fügte, er koͤnne jetzt zum erſten Male durch dieſe Kugeln hindurch: ſehen und einen geringen Unterſchied zwiſchen den ihn um— gebenden Gegenſtaͤnden wahrnehmen. Die Kugeln erſchienen nun von Tage zu Tage kleiner und durchſichtiger, ſo daß die wirklichen Gegenſtaͤnde deutlicher erkannt werden konnten, und nach Verlauf von zwei Wochen verſchwanden die Ku— geln ganz. Sobald die Empfindlichkeit der Netzhaut in dem Grade abgenommen hatte, daß der Patient die Gegenſtaͤnde ohne Schmerz feſt in's Auge faſſen konnte, legte man ihm Baͤnder von verſchiedenen Farben vor. Er konnte die Far⸗ ben, dis auf Gelb und Gruͤn, bald erkennen; dieſe ver— wechſelte er haͤufig miteinander, wenn ihm jede fuͤr ſich vor— 143 gelegt wurde, obwohl er fie voneinander unterſcheiden konnte, wenn ſie ſich zugleich vor ihm befanden. Unter allen Far— ben verurſachte ihm Grau die angenehmſte Empfindung. Roth, Orange und Gelb veranlaßten ihm zwar ein peinli— ches Gefuͤhl, waren ihm aber ſonſt nicht widerwaͤrtig; wo— gegen Violet und Braun ihm unangenehm waren, ohne ihm Augenfhmerz zu verurſachen. Braun nannte er haͤß— lich, Schwarz erzeugte fubjective Farben und Weiß eine Menge muscae volitantes. Geometriſche Figuren be— ſtimmte er richtig, griff aber mit der Hand nie gerade und entſchieden nach denſelben, ſondern fuͤhlte ſehr vorſichtig darnach. Legte man ihm einen Wuͤrfel und eine Kugel vor, ſo ſagte er, nachdem er die Koͤrper ſehr aufmerkſam betrach— tet, er ſehe eine viereckige und kreisrunde Figur, und nach weiterer Ueberlegung beſchrieb er den einen als ein Quadrat, den anderen als eine Scheibe; doch geſtand er ein, daß er dieſe Begriffe ſich erſt habe bilden koͤnnen, nachdem er die Empfindung des Geſehenen in den Fingerſpitzen gehabt, als ob er die Koͤrper wirklich beruͤhrt haͤtte. Spaͤtere Verſuche bewieſen, daß er einen cubiſchen Koͤrper von einer ebenen Oberflaͤche aͤhnlicher Geſtalt nicht zu unterſcheiden vermochte, indem ihm, z B., eine mit der einen Seite ihm zugewen— dete Pyramide als ein ebnes Dreieck erſchien. Zwei Monate nach der Operation wurden beide Augen wegen des angebornen Strabismus operirt, indem die Durchs ſchneidung der mm. recti interni ausgeführt ward, was eine ſehr heilſame Wirkung auf die Sehkraft des linken Au— ges hervorbrachte. Ja, ſelbſt das amaurotiſche rechte Auge gewann die Fähigkeit, das Licht zu erkennen, in geringem Grade und trat, nachdem es bisher atrophiſch geweſen, ein Wenig weiter hervor. Uebrigens erlangte der Patient das Vermoͤgen, die wahre Geſtalt, Groͤße und Lage der aͤußeren Gegenſtaͤnde richtig zu beurtheilen, nur ganz allmaͤlig. Mit der Zeit gewann jedoch das Auge mehr und mehr die Faͤhig— keit, ſcharfe Bilder aufzunehmen, wie man aus der immer groͤßeren Deutlichkeit des Sehens mit geeigneten Brillen er— kennen konnte. (London, Edinburgh and Dublin Phil. Magaz., Aug. 1841.) Miscellen. Die Schilderung eines Perſiſchen Arztes wird von Hrn. G. Fowler in ſeinem kuͤrzlich erſchienenen Werke Three Years in Persia; with Travelling Adventures in Koordistan London 1841. 8. folgendermaaßen gegeben: „Ich ſchickte,“ nachdem er in dem Dorfe 144 Kand' ernſtlich krank geworden war, „um Huͤlfe zu einem Mohame— daniſchen Doctor Mirza Abu Thalub, dem beruͤhmteſten „Ha- kim‘ des Ortes. Um ſechs Uhr des folgenden Morgens trat ein ehrwuͤrdig ausſehender Herr mit langem Barte in meine Zelle, hielt ſich aber vorſichtig in aͤußerſter Entfernung, um allen Con— tact zu vermeiden. Von Fuͤhlen meines Pulſes war keine Rede. Er war ein Mohamedaner der alten Schule, und von dieſen wuͤr— den einige eben ſo leicht einen Hund in die Cur nehmen, als ei— nen Chriſten. Aber der „Mirza“ hatte Mitleiden mit mir, und obgleich ich ſeine Geſchicklichkeit ſehr bezweifelte, ſo floͤßte mir doch ſein freundliches Benehmen und ſeine nachforſchenden Fragen uͤber meine Krankheitsſymptome ein gewiſſes Vertrauen ein, welches ſchon auf Heilung hinwirkt. Er verbot mir Alles und Jedes, was nicht er ſelbſt ſende. „„Nicht einmal Waſſer werde ich ihnen be— willigen und ich werde fie in drei Tagen curiren.““ „Inſchallah.“ ſagte ich, „und moͤge Euer Schatten nie abnehmen!“ (Es ſcheint, der Doctor hat mehr die Diaͤt ſeines Patienten geregelt, als Arz— neimittel gegeben und einen Diener gefendet, der über die Diät wachen mußte, und nicht weniger unerbittlich war mit Verweige— rung von Nahrungsmitteln, als der Doctor, welcher Sancho Pansa auf der Inſel Barataria plagte.) Ich muß geſtehen, daß ich den Diener nie ſowohl leiden konnte, als ſeinen Herrn; aber er ſtieg allmaͤlig in meinem Vertrauen. Wenn ich in der Haſt meinen Brei verſchluckt hatte, verlangte ich zuweilen eine zweite Portion. „„Marschallah barikallah, “se ſagte er; aber ich konnte ihn nie beſtechen. Mein Trank ſchien eine Abkochung von Kraͤu— tern und mein Brei von Waizen zu ſeyn. Welches die Geheim— niſſe der Kunſt des Doctors waren, weiß ich nicht; genug, er heilte oder verhungerte die Krankheit, und wunderbar ſchien es mir, daß ich in zehn Tagen wieder zu meinen gewoͤhnlichen Kraͤften gebracht war. Wie ich den Mirza bezahlen ſollte, ohne ihn zu beleidigen, war nun die Schwierigkeit. Bei ſeinem letzten Verſuche erklaͤrte er mich fuͤr geneſen und geſtattete mir, meine Reiſe fortzuſetzen. Ich äußerte wiederholt mein „zhameth, kali zhamets“ und that Alles, was ich konnte, um auszudruͤcken, wie ſehr ich ihn bemuͤht haͤtte. „„Ganz und gar nicht,““ ſagte er, „„ich bin Euer Sclave und Alles, was ich beſitze, iſt Euer,““ und nahm Abſchied von mir mit „Khoda hafız schuma!““e (Möge Gott Euch ſchuͤtzen!) Ganz uͤberwaͤltigt durch Sprache und Freundlichkeit, fuͤhlte ich mich ganz niedergedruͤckt durch Verpflichtung. Aber die Perſer befreien Euch bald von ſolchem Alpdruͤcken. Er hatte meinem Waͤrter zu verſtehen gegeben, was ihm als „Geſchenk“ (peisch- kusch) angenehm ſeyn wuͤrde. Ich war ſehr gluͤcklich, meine Schuld abzutragen, obgleich ich fand, daß es mir mehr koſtete, als ein Londoner Arzt. Auch vergaß ich nicht den Waͤrter, deſſen Augen glaͤnzten, als er meine Geldſtuͤcke durch die Finger gleiteu ließ, indem er mir dankte mit feinem „Alham dulillah!“ („Gott ſey geprieſen!“) Eine Erziehungsanſtalt für ſchwachſinnige Kin⸗ der iſt zu Wildberg, Oberamts Nagold, in Wuͤrtemberg, einge— richtet und mit gutem Erfolge beſtehend. Necrolog. — Der verdiente und beruͤhmte Chirurg, Sanſon, zu Paris, iſt den 2. Auguſt daſelbſt geſtorben. — O —— —-— Bibliographische The Phytologist, a new botanical Journal. No. 1. London 1841. 8. (Die Auffäge find von den Herren Newman, Weſtcott, H. C. Wat ſon ꝛc.) Resumés d'histoire naturelle. Par N. Meissas. Meteorologie, ou Histoire des grands ph@nom£nes de la nature, Paris 1841. 12. Della Peste e della necessita di una riforma nella legislazione sanitaria dei porti commerciali d' Europa. Memoria del dott, Pier Francesco Buffa. Torino 1841. 8. Re keiten. Grosse Zusammenstellung über die Kräfte der bekannten ein- fachen Heil- und Nahrungsmittel von Abu Mohammed Abda- lah Ben Ahmed, aus Malaga, bekannt unter dem Namen Ebn Baithar. Aus dem Arabiſchen überfegt von Dr. Jo— ſeph v. Sontheimer, K. Wuͤrtembergiſchem Generalſtabs— arzte ic. Erſter Band. Stuttgard 1740. 8. (Eine ſehr dans kenswerthe Uebertragung eines Werkes, von welchem Herr Dr. v. S. in der Vorrede mit Recht ſagt „daß es in der Geſchichte der Arzneimittellehre eine Luͤcke ausfüllen und jedem Freunde der Wiſſenſchaft eine willkommene Erſcheinung ſeyn werde.“) — —— — Neue Üotizen a u s dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt oon dem Ober = Medicinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medicfnatrathe und Profeſſer Froriep zu Berlin. No. 406. (Nr. 10. des XIX. Bandes.) Auguſt 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 9 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. anette Unterſuchungen, aus denen ſich zu ergeben ſcheint, daß gewiſſe thieriſche Gewebe keine Blutgefaͤße beſitzen, ſondern eine eigenthuͤmliche homogene Structur und Ernaͤhrung darbieten. Von Joſeph Toynbee, Esg. (Mitgetheilt der Royal Society zu Edinburgh von Sir Benjamin C. Brodie am 27. Mai dieſes Jahres.) In der Einleitung des Aufſatzes handelt der Verfaſſer zuvoͤrderſt von dem Proceſſe der Ernaͤhrung der thieriſchen Gewebe, durch welche ſich Blutgefaͤße verzweigen, wobei er auf den Umſtand aufmerkſam macht, daß ſelbſt bei ihnen ein bedeutender Verhaͤltnißtheil der Subſtanz ernaͤhrt wird, ohne ſich mit Blutgefaͤßen in unmittelbarer Beruͤhrung zu befinden. Die Erkenntniß dieſer Thatſache fuͤhrt uns auf das Studium des Proceſſes der Ernaͤhrung der nicht mit Gefaͤßen verſehenen Gewebe, welche ſich in drei Claſſen zu— ſammenſtellen laſſen: 1) Gelenkknorpel und die verſchiedenen Arten von faſerigen Knorpeln; 2) die Hornhaut, Eryſtall— linſe und die Glasfeuchtigkeit; 3) die Hautanhaͤngſel, naͤm— lich das Epithelium, die Epidermis, Naͤgel, Klauen, Hufe, Haare und Borſten, Federn, Hoͤrner und Zaͤhne. Der Verfaſſer ſucht nun darzuthun, daß aus ſolchen Geweben beſtehende Organe ihre Functionen gar nicht ge— hoͤrig ausfuͤhren koͤnnten, wenn ſie Blutgefaͤße beſaͤßen. Um zu beweiſen, daß dergleichen nicht in ihnen vorkommen, führt er an, er habe ſich durch Ausſchwitzungen davon Übers zeugt, daß die Arterien, von denen fruͤhere Anatomen an— nahmen, ſie draͤngen, entweder in ſeroͤſe Gefaͤße umgebildet, oder als zum Ausſpritzen zu winzige Gefäße mit rothem Blute, in die Subſtanz jener Gewebe ein, wirklich in Ve— nen einmuͤnden, bevor ſie bis zu den fraglichen Geweben gelangen. Dann zeigte er, wie um dieſe gefaͤßloſen Gewebe her ſich zahlreiche Gefaͤße winden, und ſtarke Erweiterungen und Geflechte von Blutgefaͤßen vorkommen, denen er die Beſtimmung zuſchreibt, die Circulation des Blutes an jenen Stellen zu verzögern, fo daß ein bedeutender Verhaͤltnißtheil ſeiner ernaͤhrenden Feuchtigkeit in jene Gewebe eindringen No. 1506. Bin und ſich durch dieſelben verbreiten koͤnne. Der Verfaſſer be— merkt, alle gefaͤßloſen Gewebe befäßen eine ähnliche Struc— tur und beſtaͤnden aus Koͤrperchen, denen er die in Betreff des Ernaͤhrungsproceſſes ſo hoͤchſt wichtige Function zuſchrei— ben moͤchte, daß ſie durch das ganze Gewebe circuliren und vielleicht die Beſchaffenheit der von den Blutgefaͤßen an def- ſen Oberflaͤche gefuͤhrten ernaͤhrenden Feuchtigkeit veraͤndern. Alsdann bringt der Verfaſſer Thatſachen bei, welche die Thaͤtigkeit und Vitalitaͤt dieſer Koͤrperchen beweiſen ſollen, und bemerkt am Schluſſe der Einleitung, es ſcheine ihm der einzige Unterſchied in der Ernährung der gefaͤßreichen und gefaͤßloſen Gewebe darin zu liegen, daß bei den erſtern die ſie ernaͤhrende Fluͤſſigkeit aus dem Blute koͤmmt, wel— ches durch die in ihnen veraͤſtelten Capillargefaͤße circulirt, wogegen bei den letztern jene Fluͤſſigkeit unmittelbar aus den um ſie her vertheilten großen und erweiterten Gefaͤßen in ſie einſickert, waͤhrend in beiden Faͤllen die Theilchen, aus welchen die Gewebe beſtehen, die ſie ernaͤhrenden Elemente aus dieſer Fluͤſſigkeit beziehen. Der Verfaſſer unterſucht hierauf die Structur und Ernaͤhrungsart der verſchiedenen Gewebe jener fruͤher aufge— ſtellten drei Claſſen. Aus der erſten betrachtet er zuerſt die Gelenkknorpel, die er in ihren verſchiedenen Entwickelungs— perioden und in den verſchiedenen Lebensperioden umſtaͤnd⸗ lich beſchreibt. Er legt die Ergebniſſe zahlreicher Sectionen des Eies und Foͤtus im Einzelnen dar, und beweiſ't da— durch, daß im erſten Stadium keine der zu einem Gelenke gehoͤrenden Texturen Blutgefäße enthalte; ſondern daß die Veraͤnderung ihrer Beſtandtheile durch die aus den großen Blutgefaͤßen, von denen in dieſem Stadium jedes Gelenk umgeben iſt, ausſchwitzende Nahrungsfeuchtigkeit bewirkt werde. In Betreff des zweiten Stadiums der Entwicke⸗ lung der Gelenkknorpel legt der Verfaſſer durch zahlreiche Sectionen den Proceß dar, vermoͤge deſſen die Blutgefäße ſich in die Subſtanz des Epiphyſalknorpels ausdehnen und gegen die feſtſitzende Oberfläche des Gelenkknorpels convergi— ren, und wie ſich zu gleicher Zeit Blutgefäße über eine ges wiſſe Portion der freien Oberfläche dieſes Knorpels verbrei— 10 147 Biene ten. Er weiſ't nach, daß keine von dieſen Blutgefaͤßen in die Subſtan; des Gelenkknorpels eindringen, fondern daß die Arterien in die Venen einmuͤnden, und zwar auf verſchie— dene Weiſe: 1) indem ſie in ein einfaches Gefaͤß ausgehen, aus welchem die Venen entſpringen; 2) indem ſie ſtarke Erweiterungen bilden, aus denen Venen ſtreichen; 3) indem ſie, ohne alle Abgraͤn zung, ſich unmittelbar in Venen fort— ſetzen, indem ſie Verſchlingungen verſchiedener Art bilden. — Im dritten Stadium, welches der voͤllig ausgebildete Orga— nismus darbietet, verwandelt ſich der Epiphyſalknorpel in knochige cancelli. Dieſe enthalten große Blutgefaͤße, welche von dem Gelenkknorpel durch eine Schicht von Knochenſub— ſtanz getrennt ſind, die aus Koͤrperchen beſteht, und der Verfaſſer iſt der Meinung, dieſes Gewebe (der Gelenkknor— pel) werde hauptiächlich durch die aus jenen Gefäßen aus: ſchwitzende und jene Gelenkſchicht durchdringende Feuchtigkeit ernaͤhrt. Die Ernaͤhrung der freien Oberflaͤche des vollig ausgebildeten Gelenkknorpels geſchieht durch Gefaͤße, welche ſich uͤber eine geringe Portion derſelben erſtrecken. Der Verfaſſer weiſ't das Vorhandenſeyn feiner Roͤhren nach, wel— che die befeſtigte Portion des ausgebildeten Gelenkknorpels durchdringen, und dieſen ſchreibt er die Function zu, die aus den Gefüßen der cancelli ſchwitzende Nahrungsfeuchtigkeit durch die Subſtanz jener Portion zu vertheilen. Auch ſtellt er die Anſicht auf, der Gelenkknorpel werde, indem er all— mälig verknoͤchere, im Laufe der ganzen Lebenszeit dünner. In Betreff der Faſerknorpel, welche das zweite Ge— webe der erſten Claſſe bilden, unterſucht der Verfaſſer zu— voͤrderſt die Art ihrer Structur, und um in dieſer Bezie— hung buͤndige Folgerungen zu ziehen, waͤhrend die Anatomen aller Zeiten zu ſo verſchiedenen Anſichten gelangt ſind, nahm er an Thieren aller Claſſen und Alter vielfache Sectionen der Faſerknorpel vor. Die Reſultate dieſer anatomiſchen Arbeiten fuͤhrten ihn zu dem Schluſſe, daß dieſes Gewebe aus knorpeligen Koͤrperchen und Faſern beſtehe; daß die letz— tern bei erwachſenen, die erſtern bei jungen Thieren das Uebergewicht haben, und daß im Laufe des Lebens die Koͤr— perchen allmaͤlig in Faſern verwandelt werden. Er betrach- tet die Frage, ob dieſe Knorpelgefaͤße enthalten, nach allen Seiten und gelangt durch das ſorgfaͤltige Studium vieler vom Menſchen und von Thieren in verſchiedenen Alterspe— rioden herruͤhrenden ausgeſpritzten Praͤparate zu dem Schluſſe, daß Blutgefäße nur in der faſerigen Portion jener Knorpel exiſtiren und zugleich die Enorpelartige Portion mit zu er: naͤhren haben, welche den Formveraͤnderungen durch Druck und Stoß zu ſehr ausgeſetzt ſey, als daß ſie Blutgefaͤße enthalten duͤrfe. Aus der zweiten Claſſe der gefaͤßloſen Gewebe betrach— tet der Verfaſſer zuerſt die Hornhaut, die, ſeiner Beſchrei— bung nach, eine ſehr lockere Structur und nur eine geringe Menge Koͤrperchen beſitzt. Er beſtreitet die Anſicht, daß ſie Gefaͤße enthalte, und weiſ't nach, daß die nach ihrem befe— ſtigten Rande convergirenden Blutgefaͤße, aus denen die Nahrungsfeuchtigkeit hauptſaͤchlich ſtammt, ſtark und zahl— reich ſind, und daß die Arterien ſich an dem Umkreiſe die: ſes Gewebes ohne die geringſte Verminderung in ihrem Ca— 148 liber umſchlagen und in die Venen fortſetzen. Auch wird eine zweite, zur Ernaͤhrung der Hornhaut dienende, Parthie von Gefaͤßen beſchrieben. Dieſe erſtrecken ſich eine kleine Strecke weit uͤber das Gewebe hin, dringen aber nicht in deſſen Subſtanz ein. Die Coyſtalllinſe beſchreibt der Verfaſſer als aus Körper: chen beſtehend, welche die ſtrahlenartig geordneten Faſern bilden. Die mittlere Arterie der Netzhaut verzweigt ſich uͤber die hintere Oberflaͤche der Capſel und bildet daſelbſt ſtarke Aeſte. Dieſe gehen um den Umkreis der Cryſtalllinſe auf deren vordere Oberflaͤche, an deren Peripherie ſie gerade werden. Die Arterien gehen in haͤufig erweiterte Schlingen aus und ſetzen ſich in die Venen fort. Was die Glasfeuch— tigkeit betrifft, ſo bemerkt der Verfaſſer gegen die Behaup— tung vieler Anatomen, als ob die arteria centralis reti- nae in ihrem Laufe durch dieſes Organ winzige Zweige in deſſen Subſtanz ſende, daß man auch bei der genaueſten Unterſuchung keine ſolche Zweige ermitteln koͤnne. Er iſt der Meinung, die Ernaͤhrung dieſer Feuchtigkeit geſchehe durch die Fluͤſſigkeit, welche durch die processus eiliares der choroidea an deren Oberflaͤche geleitet und mittelſt der Koͤrperchen, aus denen deren Membran beſteht, ſo wie wegen der halbfluͤſſigen Beſchaffenheit der Glasfeuchtigkeit ſelbſt, leicht durch deren ganze Subſtanz verbreitet werde. Die ſaͤmmtlichen Gewebe der dritten Claſſe oder Haut— anhaͤngſel beſtehen, dem Verfaſſer zufolge, aus Koͤrperchen, welche da, wo fie ſich mit dem gefaͤßreichen chorion in Beruͤhrung befinden, rund und weich, weiter von dieſem aber zuſammengedruͤckt oder abgeplattet ſind. In der Subſtanz des Pferdehufs weiſ't er kleine Canaͤle nach, von denen er annimmt, daß ſie die Nahrungsfeuchtigkeit fortleiten, und er meint, die Ausduͤnſtungscanaͤle des Menſchen beſaͤßen eine aͤhnliche Structur, wie die Spiralgefaͤße der Pflanzen. Der Verfaſſer beſchreibt jedes Gewebe dieſer Claſſe umſtaͤnd— lich und zeigt, wie die verſchiedenen Modificationen der Ge— faͤßſyſteme, mit denen ſich die verſchiedenen Gewebe in Be— ruͤhrung befinden, lediglich die Beſtimmung haben, zu bewir— ken, daß eine bedeutende Quantitaͤt Blut in die Naͤhe ih— rer Oberflaͤche gelange und dort langſam circulire. Auch legt er beilaͤufig die merkwuͤrdigen vitalen Eigenſchaften dar, welche jedes dieſer gefaͤßloſen Gewebe darbietet. Am Schluſſe feines Auffages bemerkt der Verfaſſer, es ſey ſein Zweck geweſen, das ruͤckſichtlich der Phyſiologie der Thiere wichtige Geſetz feſtzuſtellen, daß Gewebe auch ohne in ihre Subſtanz eindringende Blutgefaͤße ernaͤhrt werden und an Volumen zunehmen koͤnnen. Er zeigt die Aehn— lichkeit zwiſchen den gefaͤßloſen Geweben der Pflanzen und Thiere und druͤckt die Hoffnung aus, daß die Beruͤckſichti— gung dieſes Geſetzes dem Chirurgen, weil in gewiſſen Krank— heiten Blutgefaͤße in die ſonſt gefaͤßloſen Gewebe eindringen, ſo wie dem Pathologen in Betreff der Unterſuchung krank— hafter Gebilde, zumal der Art, welche keine Blutgefaͤße enthalten, von Intereſſe und einigem practiſchen Werthe ſeyn werde. (The London, Edinburgh and Dublin Philosophical Magazine. August 1841.) 149 Unterſuchungen über die Anordnung der Nerven der Gebaͤrmutter. Mit Beruͤckſichtigung der Phyſiologie und Pathologie dieſes Orga— nes, von M. Jobert ”). „Der uterus, ſagt Herr Jobert, iſt unter allen Organen dasjenige, welches von den Anatomen am Haͤufig— ſten unterſucht worden iſt, und dennoch iſt man uͤber deſſen innerſte Zuſammenſetzung, ſo wie die Beſchaffenheit der zu ſeiner Structur gehoͤrenden Gewebe, noch keineswegs im Reinen. Ich, meines Theils, habe die Vertheilung der demſelben zugehenden Nerven und die Modificationen, welche dieſelben, je nach den verſchiedenen Lebensaltern, erleiden koͤnnen, zur Aufgabe eines ſpeciellen Studium's gemacht, deſſen Reſultate ich der Academie in der gegenwaͤrtigen Ab— handlung vorlege.“ „Ich ſetze in dieſer Schrift, nachdem ich die ſeit Gas len bis auf unſere Tage uͤber dieſen Gegenſtand unternom— menen Forſchungen kurz uͤberblickt und auf die noch unter den Anatomen herrſchenden Meinungsverſchiedenheiten auf— merkſam gemacht habe, die mir eigenthuͤmlichen Unterſu— chungen auseinander. Indem ich, mit allen Anatomen, zwei Arten von dem uterus zugehenden Nerven annehme, von denen die eine dem ſogenannten Nervenſyſteme des Thier— lebens, die andere dem des organiſchen Lebens oder dem großen ſympathiſchen Nerven angehoͤrt, beſchreibe ich den Lauf dieſer Nerven, von denen die einen oberflächlich, die andern tief liegen, waͤhrend ich die letztern nur bis zur Schleimhaut zu verfolgen im Stande war.“ 5 Mehrere Anatomen behaupten, die aus dem plexus— sacralis entſpringenden Fäden begeben ſich nach dem Mut— terhalſe. Ich halte das deutliche Unterſcheiden dieſer Ner— ven fuͤr rein unmoͤglich, und die menſchliche, wie die ver— gleichende Anatomie ſcheinen mir zu beweiſen, daß dieſem fuͤr ungemein empfindlich geltenden Theile in der That durch— aus keine Nerven zugehen. Uebrigens habe ich hier nur denjenigen Theil des Mutterhalſes im Auge, welchen man das os tincae nennt, indem die ganze über der Anfuͤ— gungsſtelle der vagina liegende Portion von ungemein vielen Nervenzweigen durchzogen iſt, welche gleichſam plexus bilden.“ „Ich wende mich alsdann zur Unterſuchung der Frage, ob die Nerven des uterus waͤhrend der Schwangerſchaft dicker werden, wie mehrere Anatomen annehmen und Herr Robert Lee noch neuerdings in einer zu London erſchienenen Schrift behauptet hat.“ „Am uterus des Menſchen, ſo wie mehrerer Thiere, habe ich die Nerven, ſowohl im nichtſchwangeren, als ſchwangern Zuſtande des Organes verfolgt und nie in An— ſehung ihrer phyſiſchen Eigenſchaften die geringſte Veraͤnde— rung bemerken koͤnnen. Sie ſcheinen, wegen der Infiltra⸗ tion des ſie umgebenden Zellgewebes, waͤhrend der Schwan— gerſchaft ftärker, find es aber in der That nicht.“ *) Bericht der Commiſſaͤre Dumeril, Double und Roux, an die Academie der Wiſſenſchaften zu Paris. Comptes ren- dus des séances de Academie des Sciences. T. XII., No. 20, 17. Mai, 1841. 150 „Ich habe die Nerven der Gebaͤrmuͤtter von Frauen verſchiedenen Alters und ſowohl im ſchwangern, als nicht— ſchwangern Zuſtande auf mehreren Tafeln abbilden laſſen, welche ich der Academie hiermit vorlege.“ „Ich ſetze die Reſultate der zahlreichen Sectionen auss einander, die ich an einer Reihe von Thieren, z. B., Af— fenweibchen, Stuten, Kaninchen-, Murmelthier-, Eichhorn⸗ Weibchen ꝛc., vorgenommen habe: Bei allen dieſen Thieren habe ich die Anordnung des plexus hypogastricus genau unterſucht und ohne Ausnahme gefunden, daß die meiſten Faͤden dieſes wichtigen Geflechtes der vagina zugehen (was ſich bei der Frau anders verhaͤlt), weßhalb ich fuͤr denſelben den Namen: plexus vaginalis vorſchlage.“ „Uebrigens wiederhole ich, daß ich bei keiner einzigen Section in dem vorſpringenden Theile des Mutterhalſes Nerven entdeckt habe.“ „In dem der Phyſiologie des Organes gewidmeten zweiten Theile meiner Arbeit theile ich ebenfalls einen hiſto— riſchen Ueberblick uͤber unſere Bekanntſchaft mit dieſem Ge— genftande mit. Ich gebe zu, daß ſich der uterus unter dem Einfluſſe der Nerven zuſammenziehen koͤnne, und laſſe auch die durch den Taſtſinn erkennbare Empfindlichkeit die— ſes Organes, abgeſehen von der nicht mit Nerven verſehe— nen Portion des Mutterhalſes, gelten. In der Unempfind— lichkeit dieſer Portion liegt aber der Grund, weßhalb ſich in derſelben bedenkliche Uebel ausbilden koͤnnen, ohne Sym— ptome zu veranlaſſen, welche der Gefaͤhrlichkeit des Leidens entſprechen. Wegen dieſer Abweſenheit von Empfindlichkeit konnte ich auch bei den oft ſo hartnaͤckigen Krankheiten, die ihren Sitz in dieſer Portion haben, unbedenklich das Gluͤh— eiſen zur Anwendung bringen.“ „In dem dritten Theile meiner Arbeit gehe ich in die Details ruͤckſichtlich der Anwendung des Gluͤheiſens gegen krebsartige Geſchwuͤre, hartnaͤckige Blutungen ꝛc. ein: Sechs meiner Abhandlung angehaͤngte Krankheitsgeſchichten beweiſen die gluͤcklichen Wirkungen des Brennens, ſo wie, daß in keinem einzigen Falle die Frauen, ſelbſt bei mehrmaliger Anwendung dieſes Mittels, uͤber Schmerzen geklagt haben. Natuͤrlich muͤſſen bei der Operation die aͤußerſt empfindlichen Wandungen der vagina mittelſt eines ſchlechten Waͤrme— leiters gefchügt werden. Ich habe zu dieſem Behufe mit dem elfenbeinernen Speculum vollkommen ausgereicht.“ Erklaͤrung der Figuren 14. bis 18. auf der mit Nr. 397. (Nr. 1. dieſes Bandes) ausgegebenen Tafel, die „Saa⸗ menfaͤden und deren Bildung bei verſchiedenen Thieren“ darſtellend. (Man vergleiche den Auszug aus dem Aufſatze des Dr. Koͤlliker in Nr. 397. [Nr. 1. dieſes Bandes] Seite 5.) Figur 14. Inhalt der maͤnnlichen Geſchlechtstheile von Turbo neritoides. a Ein Buͤſchel von Saamenfäden, an einer koͤrnigen Kugel ſitzend; b größere und kleinere koͤrnige Kugeln; e entwickelte Saamenfaͤden, 800mal vergroͤßert; d große, mit Zellchen erfuͤllte Kugeln aus dem Hoden; 10/7 151 e einzelne dieſer Zellchen: At) noch unverändert, 2) in der erſten Entwickelung zu Saamenfaͤden begriffen; 8 g F weitere Entwickelungszuſtände derſelben: 1) einige buͤſchelweiſe zuſammenhaͤngende, 2) nach beiden Seiten auswachſende, 3) nach einer Seite ausgewachſene Zellchen; h g ziemlich entwickelte Saamenfäden, haufenweiſe beiſammenliegendz h beinahe ganz entwickelte, ſchon ſich bewegende Saamenfaͤden. Figur 15. Saamenfaͤden der Actinia holsatica. a Einzelne Saamenfaͤden; b ein Haͤufchen derſelben. Figur 16. Entwickelung der Saamenfaͤden von Branchio- bdella parasita. a Haufen von kleinen Zellen, die um eine feinkoͤrnige Kugel her— umliegen, die an der einen Seite in einen Buͤndel von Saa⸗ menfaͤden ausgewachſen ſind, an der anderen Seite ſich noch nicht veraͤndert haben: 1) die Zellchen, 2) der ſpiralige Theil der Saamenfaͤden, 3) der fadenfoͤrmige Theil derſelben, 4) der an denſelben graͤnzende ſpiralige Theil mit dichter aneinander liegenden Windungen, 5) die feinkoͤrnige Kugel; b eine Kugel mit den im Auswachſen zu Saamenfaͤden begriffe— nen kleineren Zellen erfuͤllt: 1) die Zellenmembran der großen Kugel; die uͤbrigen Zahlen haben dieſelbe Bedeutung wie bei a. Ebendaſſelbe gilt von e, wo die Zellen, die um die koͤrnige Kugel ſaßen, ſich beinahe alle zu Saamenfaͤden entwickelt habenz d ein Haufen dieſer kleinen Zellen; e eine frei gewordene feinkoͤrnige Kugel; b in der Entwickelung begriffene Saamenfaͤden, ſehr vergrößert; 1) die Ueberreſte der Zellchen, 2) der Theil des Spiralfadens, wo die Windungen dichter liegen; Figur 17. Entwickelung der Saamenfaͤden von Flustra carnosa. a Entwickelte Saamenfaͤden; b Hodenſaͤckchen, im Leibe des Polypen liegend, mit kleinen Zel⸗ len erfuͤllt; ec dieſelben Zellen auch frei ſich vorfindend; d 21 Zellen mannigfach im Auswachſen zu Saamenfaͤden ber griffen; e ſchon ſehr in der Entwickelung vorgeruͤckte Saamenfaͤden. Figur 18. Entwickelung der Saamenfaden von Cavia cobaya. a Körnige Zellen aus dem Hoden; b ſolche Zellen, in denen ein Saamenfaden ſich gebildet hat, auf ihrer flachen Seite liegend; e dieſelben, auf ihrer ſchmaͤleren Seite liegend, in welcher Lage die einzelnen Windungen des Saamenfadens erkannt werden: 1) Koͤrper, 2) Windungen des Fadens; 152 d entwickelte, aber noch zuſammengerollte Saamenfaden, wo weder von der fruͤheren Zellenmembran, noch vom Zelleninhalte, eine Spur zu ſehen iſt; e f ahnliche Zellen, wie bei b und e, die Saamenfaͤden enthalten, ſehr vergroͤßert dargeſtellt. Miscellen. Ueber den Monſoon und die Ebbe und Fluth in Madras bemerkt der Aſtronom Herr Taylor dafelbft, als Durchſchnitt von vierzig Jahren, daß der Nordoſt-Monſoon am 19. October anfaͤngt und nur ſehr ſelten bis auf zehn Tage fruͤher oder ſpaͤter; obgleich der Nordoſtwind bis zur Mitte Februars weht, fo erſtrecken ſich doch feine Wirkungen felten über den 10. Decems ber. Zugleich mit dem Winde findet ſich eine Stroͤmung laͤngs des Ufers ein, welche waͤhrend des Tages zu- und waͤhrend der Nacht abnimmt. Der Monſoon erreicht am 1. November das Maximum der Geſchwindigkeit, naͤmlich 3 Meilen die Stunde. Von da an nimmt er ab bis zum 10. December, wo er durchſchnittlich 1 Meile in der Stunde zurücklegt. Während dieſer Zwiſchenzeit ſteigt das Meer 2% Fuß über und ſinkt 24 Fuß unter feiner mittleren Hoͤhe; und im Falle eines Windſturms (gale) kann es moͤglicherweiſe das Doppelte erreichen. Um Neu- und Vollmond iſt die Fluth 2 Fuß 10 Zoll, um die Zeit der Viertel 1 Fuß 9 Zoll. Der hoͤchſte Waſſerſtand tritt 4 Stunden 26 Minuten vor dem Culminiren des Mondes ein. Mittlere Thermometerhoͤhe zu Madras iſt 819 7, und mittlere Barometerhoͤhe 29° 964k. Die größte Regenmenge iſt 48,75 Zoll. (Madras Journal of Science.) Ueber die Identitat des Eiweißſtoffes und Faſer— ſtoffes nach Liebig's Unterſuchungen, hat Herr Denis der Academie der Wiſſenſchaften zu Paris Mittheilungen gemacht. Hiernach iſt die vollkommene Auflöfung reinen Faſerſtoffes in einer geſaͤttigten Aufloͤſung von Salpeter, bei einer Temperatur von 50 bis 56 Centigrad, gelungen. Der Faſerſtoff wird zuerſt gelsefoͤr— mig und läßt nur einige unloͤsliche Flocken zuruck. Die filtrirte Fluͤſſigkeit beſitzt alle Eigenſchaften des Eiweißſtoffes. Setzt man eine hinreichende Quantitat Waſſer zum Serum hinzu, welches durch eine Säure neutral gemacht worden war, fo gelingt, nach Liebig, die Praͤcipitation des Eiweißſtoffes in Form von Kuͤgel⸗ chen; endlich zeigt die elementäre Analyſe aufgelöfter Fibrine, wenn man fie mit der der Albumine und der gewöhnlichen Fibrine vers gleicht, die Identitaͤt der Zuſammenſetzung unzweifelhaft an. (Arch. gen., Juin 1841.) Eine zoologiſche Geſellſchaft hat fih zu Antwerpen vereinigt und die Anlage eines zoologiſchen Muſeums und eines zoologiſchen Gartens beſchloſſen. in non. Beitraͤge zur Semiotik der Saͤuglinge nach Beob— achtungen im Necker-Hoſpitale zu Paris. Von Herrn Trouſſeau. Bevor wir uns ſpeciell mit den verſchiedenen Krankhei— ten beſchaͤftigen, die wir an den Kindern in unſern Saͤlen zu beobachten Gelegenheit haben, wollen wir einige Be— trachtungen uͤber die Semiotik der Krankheiten der Saͤug— linge anſtellen; denn ohne Diagnoſe iſt die Therapie ohne allen Halt. Wenn man es mit ganz jungen Kindern zu thun hat, fo kann man begreiflicherweiſe über die Zuſtaͤnde derſelben nur ſehr unbeſtimmte, ja truͤgeriſche Auskunft erlangen, Der Arzt iſt hier faſt auf die Huͤlfsquellen des Thierarztes beſchraͤnkt; er muß nach einem gewiſſen ſymptomatiſchen Ausdrucke der Geſichtszuͤge, nach gewiſſen Veraͤnderungen der Stimme, den Gebehrden, der Art des Schreiens oder Wimmerns ꝛc. urtheilen. Der Ausdruck des Kindes kann je nach deſſen natuͤrli— chem Character, dem Zuſtande von unbehaglichen Gefuͤhlen, die es empfindet, den Theilen, die man zu unterſuchen hat, den Schmerzen, die es fruͤher erlitten, der Zeit, zu welcher man die Unterſuchung vornimmt, ein verſchiedener ſeyn. Was den Character anbetrifft, ſo iſt, z. B., das eine Kind heiter oder fuͤr gewoͤhnlich gut gelaunt, laͤßt ſich leicht behandeln, unterſuchen und zeigt ſich nicht widerſpenſtig oder ungeduldig; ein anderes dagegen wird durch die Unterſuchung boͤſe gemacht, ſo daß ſein Blutumlauf ſich beſchleunigt, ſein Geſicht ſich roͤthet ꝛc. In Betreff des unbehaglichen Gefuͤhls iſt der Aus— druck der Kinder ſelbſt dann verſchiedener Art, wenn das Uebelbefinden von oͤrtlichen Symptomen irgend einer Art 153 unabhängig ift, fo daß fie, z. B., bei der Unterſuchung je— des Theils, wie der Bruſt, des Bauches ꝛc., zu ſchreien anfangen. Uebrigens bemerkt man dieſe Verſchiedenheiten in der Laune auch bei den Erwachſenen, nur ſind dieſelben bei letztern anders auszulegen. Was die Theile anbetrifft, welche man der Unterſu— chung unterwirft, ſo laſſen ſich die Kinder ohne Schwie— rigkeit den Mund unterſuchen, wogegen dieß in Betreff der Augen, der Kehle, des Bauches ꝛc. ungemein ſchwer haͤlt. Sie geben dabei Zeichen des heftigſten Schmerzes zu erken— nen, ſelbſt wenn ſie denſelben nicht empfinden. Ruͤckſichtlich der fruͤher empfundenen Schmerzen, wird, z. B., ein Kind, das an Augenentzuͤndung leidet, und das man wegen dieſes Leidens cauteriſirt, ſehr viel Schmerzen auszuhalten haben. Wenn man nun ſpaͤter verſucht, die Augenlider bei ihm auseinanderzuziehen, fo wird es ſich hef— tig ſtraͤuben und, weil es ſich vor neuen Schmerzen fuͤrchtet, gewaltig ſchreien. In Bezug auf die Zeit der Unterſuchung iſt zu be— merken, daß, wenn man letztere vornimmt, wenn das Kind eben aufwacht, daſſelbe ſchreit und ſich ſtraͤubt. Iſt es da— gegen ſchon laͤngere Zeit wach, ſaugt es, iſt ſein Gemuͤths— zuſtand ruhig, ſo wird es ſich willig unterſuchen laſſen. Welchen Zeitpunct hat man zur Unterſuchung eines Kindes zu waͤhlen? Will man den Puls, die Temperatur der Haut, die verſchiedenen Faͤrbungen, welche dieſe darbieten kann, pruͤfen, ſo thut man dieß am Beſten, wenn das Kind ſchlaͤft; wogegen man die Unterſuchung des Bauches und der Bruſt nur vorzunehmen hat, waͤhrend das Kind wacht. Nun iſt noch zu bemerken, daß, wenn man ein Kind zum erſten Male beſichtigt, daſſelbe, wenn es ſich auch wohl befindet und fuͤr gewoͤhnlich gut gelaunt iſt, faſt alle— mal ſchreit, wogegen es, wenn es ſich nach einem Paar Tagen an den Arzt gewoͤhnt hat, in ſeiner gewoͤhnlichen Gemuͤthsverfaſſung bleibt, wenn er ſich ihm naͤhert. Ausdruck der Phyſiognomie. Die Geſichtszuͤge des neugebornen Kindes ſind beinahe voͤllig ausdrucklos. Daffelbe iſt, fo zu ſagen, ein automatifhes Weſen, das den ihm ertheilten Antrieben folgt, nur weniger Aeußerun— gen faͤhig iſt und fuͤr alle ſeine Empfindungen ziemlich den— ſelben Ausdruck beſitzt. Jadelot hat geſucht, den Haupt: ſitz der Krankheiten, von denen die Kinder befallen werden, nach dem Ausdrucke der Phyſiognomie zu beſtimmen; allein Billard, Guerſent, Baron, Valleix, Ledibar— der 2c. finden dieſe auf die Phyſiognomie gegründete Se— miotik truͤgeriſch; ſie wollen zwar keineswegs behaupten, daß ſich in den Geſichtszuͤgen ganz kleiner Kinder kein Schmerz ausdruͤcken koͤnne; allein ſie halten es fuͤr unmoͤglich, nach dieſem Ausdrucke das Organ zu beſtimmen, in welchem der Schmerz ſeinen Sitz hat. Uebrigens giebt es einige Krank— heiten, bei denen die Phyſiognomie einen ganz eigenthuͤmli— chen Ausdruck anzunehmen ſcheint. Farbung der Haut. Wenn das Kind eben gebo— ren iſt, bietet deſſen Haut eine in's Violette ziehende rothe Faͤrbung dar, welche nach 7 — 8 Tagen blaſſer wird und bald einer gelblichen Faͤrbung (faſt wie man ſie bei der 154 Gelbſucht bemerkt) Platz macht. Billard betrachtet dieſe in's Violette ziehende Färbung der Gewebe, als eine Art von allgemeiner Ecchymoſe, welche, indem ſie ſich zertheilt, die jener Art von krankhaftem Zuſtande eigenthuͤmliche gelbe Faͤrbung zuruͤcklaſſe. Wie es auch um die Richtigkeit die— ſer Erklaͤrung ſtehen moͤge, ſo iſt es doch factiſch, daß auf die dunkelrothe Faͤrbung der Haut eine gelbe, icteriſche folgt. Dieſer Umſtand zeigt alſo keinen regelwidrigen Zuſtand an. Iſt aber die gelbe Farbe von Beſtand, ſo kuͤndigt ſie das Eintreten einer Verhaͤrtung des Zellgewebes, ja vielleicht der Bright'ſchen Krankheit an. Wenn auf der andern Seite, flatt daß jene am 7. oder 8. Tage zu erwartende gelbliche Faͤrbung eintritt, die rothe Faͤrbung fortbeſteht und immer ſtaͤrker in's Violette zieht, fo ift Cyanoſis vorhanden, welche in den meiſten Fällen daher rührt, daß ſich der ductus Botalli nicht geſchloſſen hat. Veraͤnderung in der Faͤrbung des Geſichts. An dem Geſichte der Kinder ſind, je nach der Verſchieden— heit und Veraͤnderlichkeit ihres Characters, merkliche Veraͤn— derungen der Farbe wahrzunehmen, welche man in voruͤber⸗ gehende und beſtaͤndige eintheilen kann. Die voruͤbergehende Veraͤnderung beſteht darin, daß das Geſicht abwechſelnd blaß und geroͤthet wird, ohne daß irgend eine aͤußere oder innere Bewegung, von welcher dieſe Erſcheinung abhaͤngen koͤnnte, zu erkennen iſt. So bemerkt man alſo, wie ein ruhig daliegendes Kind plöglih von einer Congeſtion des Blutes nach dem Geſichte befallen wird, welche 1 — 35 Minuten anhaͤlt und dann wieder ohne erkennbare Urſache verſchwindet. Dieſer Fall tritt bei acutem Waſſerkopfe, me— ningitis granulosa und den Convulſionen der Eclampſieen ein, wenn letztere ihre groͤßte Hoͤhe nicht erreichen und ſich nur unter dem Einfluſſe eines Andranges des Blutes nach dem Kopfe aͤußern. Auch bei Ueblichkeiten laͤßt ſich dieſe mit Blaͤſſe wechſelnde Roͤthung des Geſichts wahrnehmen, und dieß Symptom kann auf die Erkenntniß einer Unterleibskrankheit hinleiten, wenn dieſe nicht von Durchfall begleitet iſt. In manchen Fällen ändert ſich die Geſichtsfarbe ploͤt— lich, aber dieſes Symptom iſt von Beſtand, wenn, z. B., Abmagerung, Blaͤſſe, Hohlaͤugigkeit auf einmal Platz grei— fen, wenn ein Kind, das den Tag vorher noch volle, geſund gefärbte Wangen zeigte, ſchnell ein ſolches unguͤnſtiges An— ſehen bekommt. Mit dieſen Symptomen iſt dann eine wäf: ſerige Diarrhoͤe vergeſellſchaftet, und fie ſtellen ſich nach ſchon laͤnger vorhanden geweſenem Durchfalle ein. Sie deuten auf eine bedenkliche Unterleibskrankheit, auf Erwei— chung der Schleimhaͤute des Magens oder Darmcanals hin. Wenn dieſe unguͤnſtige Veraͤnderung, dieſe Alterationen der Geſichtsfarbe ohne Durchfall eintritt, ſo iſt ſie ein Zei⸗ chen von vorhandener Pneumonie, welche, nach Billard und Valleix, den Tod ſchnell herbeifuͤhren muß. Bei einem von uns erſt geſtern (24. Mai) ferirten Kinde hatten wir aus dieſer Veraͤnderung der Geſichtsfarbe auf deſſen nahes Ende geſchloſſen, wenngleich das Fieber weniger heftig geworden war, ja beinahe ganz aufgehoͤrt hatte. Blick. Ganz junge Kinder verfolgen die Gegenſtaͤnde, die man ihnen vorhaͤlt, nicht mit den Augen, waͤhrend ſie 155 dieſelben etwas ſpaͤter feſt anblicken. Wenn dann ein fol- ches Kind aufhoͤrt, die ihm vorgehaltenen Gegenſtaͤnde mit den Augen zu fixiren, fo iſt dieß ein uͤbeles Zeichen, welches auf das Vorhandenſeyn einer bedenklichen Affection ſchlie— ßen laͤßt. Verſchließ ung der Augenlider. Die richtige Wuͤrdigung dieſes Symptomes iſt von Belang. Das ge— ſunde Kind ſchlaͤft mit ein Wenig klaffenden Augenlidern. Wenn dagegen der Augapfel ſich hinterwaͤrts dreht, wenn es, nachdem man es aufgeweckt hat, gleich wieder einſchlaͤft, ſo laͤßt ſich auf das Vorhandenſeyn eines ſchweren Gehirn— leidens ſchließen. Beweglichkeit der Augen. Wenn die Augaͤpfel ſich unſtaͤt hin und her bewegen, ſo iſt dieß ein Zeichen, daß deren Muskeln ſich convulſiviſch zuſammenziehen, und man hat dann ſehr zu befuͤrchten, daß dieſer convulſiviſche Zu— ſtand ſich weiter verbreitet und die ſaͤmmtlichen Muskeln ergreift. Trockenheit der Augen. Wenn die Augen trok— ken und die Hornhaͤute wenig durchſichtig ſind, ſo iſt dieß ein uͤbeles Zeichen; bemerkt man aber zugleich Roͤthung der Bindehaͤute, fo iſt faſt immer eine toͤdtliche Gehirnkrankheit vorhanden. Thraͤnen. Dieſe verdienen um ſo mehr beachtet zu werden, als ſie bei neugebornen Kindern hinſichtlich der Prognoſe ungemein nuͤtzliche Anhaltepuncte gewaͤhren. Ja, dieſer Gegenſtand iſt ſo wichtig, daß ihm ein ganz beſonde— res Studium gewidmet werden ſollte. In den erſten Tagen des aͤußern Lebens vergießt das Kind keine Thraͤnen. Erſt nach 14 Tagen bis drei Wochen faͤngt es an, zu weinen, und zwar, wenn es Schmerzen empfindet oder ſich ihm ein Beduͤrfniß fuͤhlbar macht. Wenn das Kind von einer Krankheit befallen iſt und keine Thraͤ— nen vergießen kann, ſo iſt dieß in Betreff des Ausganges der Krankheit ein uͤbles Symptom. Fahren dagegen Thraͤ— nen fort, zu fließen, ſo iſt dieß von guͤnſtiger Vorbedeu— tung. Im erſtern Falle wird das Leiden nur zu oft toͤdt— lich, im letztern darf man auf einen guten Ausgang deſſel— ben hoffen. Stellen ſich im Verlaufe einer bedenklichen Krankheit die Thraͤnen wieder ein, waͤhrend ſie fruͤher ver— ſchwunden waren, ſo kann man mit ziemlicher Gewißheit verkuͤnden, daß das Kind am Leben bleiben werde. Dieſe Beobachtung haben wir in unſerer Praxis ſehr häufig zu machen Gelegenheit gehabt, und unſerer Prognoſe entſprach dann der Erfolg faſt immer. Das eben Geſagte gilt lediglich von Kindern, die von einer acuten Krankheit befallen ſind. Ruͤckſichtlich der chro— niſchen Krankheiten haben die Beobachtungen in Betreff der Thraͤnen nicht denſelben Werth. Schreien. — Das Schreien iſt, in Bezug auf ganz junge Kinder, von ſehr bedeutender Wichtigkeit fuͤr die Semiotik. Die erſten Arbeiten uͤber dieſen Punct verdankt man Billard, und nach ihm hat kein Arzt etwas Neues daruͤber geſagt. Da jedoch ſeine Beobachtungen nur im Findelhauſe angeſtellt worden ſind, fo erſtrecken fie ſich nicht auf ältere, aber noch ſaugende Kinder. Dieß gilt auch von den Arbeiten eines Lediberder, Valleix, Vernois ꝛc. Die neugebornen Kinder ſchreien in der That an— ders, als ältere Kinder; fo wie auch der Verlauf der Pneumonie, der Aphthen ꝛc. bei jenen ein ganz anderer iſt, als bei dieſen. 156 Das Schreien zerfällt in zwei deutliche Tempo's, das des Einathmens und das des Ausathmens. Erwachſene ſchreien nur, wenn ſie ausathmen; bei Kindern iſt das Schreien ſowohl bei'm Einathmen, als bei'm Ausathmen zu hören; und es bietet waͤhrend des Tempo's des Einathmens verſchiedene Grade von Staͤrke dar. Man hat die Frage aufgeworfen: ob die Stimme bei dieſen beiden Tempo's an derſelben Stelle erzeugt werde? Bei'm Aus— athmen iſt offenbar das gewoͤhnliche Stimmorgan thaͤtig, und das Schreien wird dann durch die Stimmſaiten erzeugt; das Schreien bei'm Einathmen dagegen wird durch die ligamenta arytaeno- epiglottica vermittelt. Die Betrachtung des Mechanismus, der hier in's Spiel tritt, hat indeß fuͤr uns hier keinen Werth, da es ſich hier von der ſemiotiſchen Bedeutung der Erſcheinung handelt. Bei zweijaͤhrigen Kindern, z. B., findet das Schreien, in der Regel, nur bei'm Ausathmen ſtatt; iſt jedoch der Schmerz ſehr heftig, oder die Betruͤbniß ſehr tief, ſo hoͤrt man das Schreien auch bei'm Einathmen, und es läßt ſich dann unterbrochen und ſtoßweiſe vernehmen, wie bei den Anfaͤllen des Keuchhuſtens. Die Abweſenheit dieſes bei'm Einathmen erzeugten ſchluchzen— den Schreiens iſt fuͤr die Semiotik nicht von dem geringſten Werthe, wogegen das Vorherrſchen deſſelben, im Vergleich mit dem Schreien bei'm Ausathmen, ſehr viel auf ſich hat. So oft, bemerkt Billard, bei einem Kinde das Schreien erſtickt und das Schluchzen bei'm Einathmen heftig iſt, laͤßt ſich auf das Vorhan⸗ denſeyn einer activen oder paſſiven Congeſtion nach der Lunge, oder einer Pneumonie, fließen, und die Richtigkeit dieſer Be- merkung iſt durch vielfache Leichenoͤffnungen beſtaͤtigt. Wenn dieß aber von neugeborenen Kindern gilt, ſo verhaͤlt es ſich doch mit einjaͤhrigen Kindern anders, was wir mit verfchiedenen Beiſpielen belegen koͤnnen. Das Kind Nr. 7. des Sainte-Julie- Saales, wel⸗ ches an, im Verlauf einer Keuchhuſten- Krankheit entſtandener Pneumonie fo eben gefterben iſt, und von dem weiter unten wie— der die Rede ſeyn wird, hatte binnen 24 Stunden funfzehn bis zwanzig Anfaͤlle vom Keuchhuſten. Daſſelbe ſchrie aber nur bei'm Ausathmen, und um mich davon beſtimmt zu uͤberzeugen, habe ich das Kind öfters geplagt. Wenn alfo das Schreien bei'm Einath— men bei neugeborenen Kindern fuͤr die Semiotik von großem Werthe iſt, ſo verliert es denſelben doch großentheils bei etwas aͤlteren Kindern, bei denen nur das zur Zeit des Ausathmens hoͤrbare Ge— ſchrei an Kraft gewinnt. Bei Kindern und ſelbſt bei Erwachſenen, bemerkt man unter gewiſſen Umſtaͤnden waͤhrend des Einathmens ein ſehr gellendes Geſchrei, naͤmlich das croupartige Geſchrei. Es entſteht in dem Falle von Kehlkopf-Catarrh, wenn die ligamenta arytaeno- epi- glottica bedeutend geſchwollen find. Es hat über das weit ſchwaͤ— chere Geſchrei bei'm Ausathmen in hohem Grade das Uebergewicht, und ſo oft man bemerkt, daß ein Patient bei'm Einathmen ſtaͤrker ſchreit, als bei'm Ausathmen, hat man auf das Vorhandenſeyn einer Kehlkopf-Braͤune oder einer acuten Kehlkopf-Entzuͤndung zu ſchließen. Es giebt noch eine ganz eigenthuͤmliche und ſehr merkwuͤrdige Art des Schreiens, welche man das Waſſerkopf- Schreien, oder das hydrencephaliſche Schreien genannt hat. Es fehlt (bei hydro- cephalus) haͤufig, allein wenn es vorhanden iſt, ſo iſt es fuͤr die Semiotik von der groͤßten Wichtigkeit. Es zeiat ſich unter folgens den Umſtaͤnden und auf folgende Weiſe: Waͤhrend ein Kind, das ſich noch an der Bruſt naͤhrt, oder ein Alteres auf dem Rüden liegt und ruhig ſcheint, roͤthet ſich plotzlich fein Geſicht und es ſtoͤßt einen, auch zwei Schreie aus und iſt dann wieder ſtill. Dieſe Art des Schreiens zeigt ſich bei acuten Hirnkrankheiten und iſt zu— weilen der nahe Vorlaͤufer eines Anfalles von Eclampſie. Unter den mediciniſchen Schriftſtellern ſchreiben manche, z. B., Coin⸗ dret, dieſe Erſcheinung dem uͤbermaͤßigen Schmerze, andere einer ploͤtzlichen Congeſtion nach dem Kopfe zu, wie ſie auch bei der Epilepſie ſtattfindet. (Das hydrencephaliſche Geſchrei hat mit dem— jenigen viel Aehnlichkeit, welches einem Anfalle von Epilepſie vor— hergeht.) Die letztere Anſicht ſcheint uns die richtigere. Wir haben nun noch eine Art des Schreiens, eine Art von Jammern zu beſchreiben, welches wir ohne Weiteres das Winſeln oder Wimmern nennen wollen, um unnoͤthige Auseinanderſetzungen 157 zu vermeiden. Bei nicht gefährlich kranken Kindern vernimmt man daſſelbe nur waͤhrend des Ausathmens; iſt der Zuſtand der kleinen Patienten aber bedenklich, fo findet es ebenſowohl bei'm Einath— men, als bei'm Ausathmen ſtatt. Es iſt dann faſt jedesmal das Kennzeichen einer ſchlimmen Lungenkrankheit. Das einfache Win— ſeln bemerkt man bei Kindern, welche an allgemeinem Fieber leiden, ohne daß ſich die Krankheit auf ein beſonderes Organ geworfen und daſſelbe angegriffen hat. Wenn ein Kind, welches von keiner Gehirnkrankheit befallen iſt, plotzlich ſchreit, fo deutet dieß auf einen heftigen Schmerz, der ſeinen Sitz oft in den Zaͤhnen hat. Solche Schreie werden auch bei Colikſchmerzen ausgeſtoßen und ſind ſelten anhaltend. Gewoͤhnlich erfolgen darauf Gasentleerungen durch den Mund oder den After. Bei Darmkrankheiten ſchreien die Kinder mehrentheils auf dieſe Weiſe in dem Augenblicke, wo der Durchfall aufgehoͤrt bat. In dieſem Falle iſt das Schreien von keinem Beſtande, waͤh— rend es bei Zahnweh länger anhält. (Gazette des Höpitaux, Nr. 99. Aoüt 17. 1841.) Ueber einige Anomalieen der Reſpirationsthaͤtigkeit. Von John Gairdner. In einem früheren Aufſatze (Edinb. med. and surg. Journal, Vol. 48, pag. 257,) habe ich mehrere verſchiedene convulſiviſche Thaͤtigkeiten der Reſpirationsmuskeln als zuſammengehoͤrig aufge— fuͤhrt, namentlich das Aufſchluchzen, Nieſen und Schreien. Dieſe kommen darin überein: 1) daß fie convulſiviſche Thätigkeiten der Reſpirationsmuskeln mit in kurzen Zwiſchenraͤumen wiederholter, plögliger ſonorer Exſpiration ſind, nicht eine raſche Aufeinander— folge von Exſpirationen, wie bei'm Huſten; 2) fie peinigen den Kranken, obne oder mit ſehr kurzen Unterbrechungen waͤhrend des Wachens; 3) fie hören waͤhrend des Schlafes ganz auf; 4) fie dauern mehrere Tage, bisweilen Wochen und wiederholen ſich ſehr leicht bei Perſonen, die einmal davon befallen waren. Seit jener erſten Mittheilung iſt mir ein neuer Fall von krampfhaftem Schreien vorgekommen, und obwohl die Krankheit ſelten iſt, ſo kommt ſie alſo doch in der Praxis ſo oft vor, daß eine Andeutung fuͤr die Behandlung nicht ohne Intereſſe fuͤr den Practiker ſeyn wird. Eine Dame, welche ſich den dreißiger Jahren nähert, von uns gewoͤhnlich beweglichem Temperamente, wurde im September 1836 von heftigem Kopfſchmerze befallen, auf welchem ſonore Exſpira⸗ tionen in ſehr kurzen Zwiſchenraͤumen ohne Unterbrechung wieder— kehrend folgten. Jede derſelben beſtand aus einer ploͤtzlichen con— vulſiviſchen Anſtrengung der Reſpirationsmuskeln mit einer merk⸗ würdigen Contraction der recti abdominis. Die verſchiedenſten antispasmodica innerlich und in Clyſtirform, aus Morphium, Hyoscyamus, Castoreum, Safran und aͤhnlichen, abwechſelnd mit Abfuͤhrmitteln, blieben ohne alle Wirkung. Zu dem Kopfſchmerze geſellte ſich eine große Empfindlichkeit gegen Geraͤuſch, ſo daß ſehr mäßige Geraͤuſche die Frau erſchreckten und die Convulſionen her— vorriefen; es ſtellte ſich eine Verwirrung der Gedanken mit Be— ſchleunigung des Pulſes ein, und ich befürchtete, daß ſich eine Hirnhautentzuͤndung entwickeln möge. Ich ließ zweimal am Kopfe ſchroͤpfen, ſo nahe, als moͤglich, an dem Sitze des Schmerzes und entleerte jedesmal eine beträchtliche Quantität Blut. Dieß erleich⸗ terte, und das Leiden hoͤrte Anfangs October auf, nachdem es etwa 14 Tage gedauert hatte. Die ploͤtzlichen Exſpirationen glichen mehr dem Aufſchreien bei einem plötzlichen Schrecke, als dem grellen Schreie oder Geheule des erſten Falles. Anfangs November rief ein die Kranke erſchreckender Lärm auf der Straße das Auffahren wieder hervor, welches jedoch einem Opiate mit darauffolgender Purganz wich. Etwa drei Wochen ſpaͤter kehrten die fruͤhern Somptome wie— der, zwar nicht fo ſchlimm, wie zuerſt, jedoch mit ſolcher Heftig⸗ keit, daß ich durch Schroͤpfen am Kopfe 12 Unzen Blut entziehen ließ. Dieß wirkte ſehr guͤnſtig, und die Kranke machte nach ihrer Wiederherſtellung nach einigen Tagen im Januar die Influenza, im April die Maſern durch, ohne daß die Symptome wieder einger treten waͤren. 158 Mitte Februar 1838, zu Ende der Menſtruationszeit, hatte ſie heftigen Kopfſchmerz und ſtieß bei der ploͤtzlichen Nachricht von der Krankheit einer Freundin einen unwillkuͤhrlichen Schrei mit einer convulſiviſchen Drehung des Kopfes aus, welcher gewiſſermaaßen gegen eine Schulter heruͤberſprang; dieß wiederholte ſich alle 2— 3 Minuten während des Wachens und hörte auf während des Schla— fes; der Ton war viel lauter, als 1836; es fehlte dagegen Vers wirrung der Gedanken und Fieber, und die Krankheit wich Abfuͤhr— mitteln in wenigen Tagen. Dieſer Fall gleicht ſehr dem fruͤher mitgetheilten; bei beiden war der Schrei ſehr ploͤtzlich, grell und laut; in dem fruͤhern Falle jedoch wiederholten ſich die Anfälle raſcher, in den letzten zwei Jahren traten fie zehn bis zwölf Mal ein und dauerten mins deſtens zwei bis drei Tage, oͤfters laͤnger, als eine Woche, wobei jede Minute, ſo lange die Kranke wacht, ein Schrei ausgeſtoßen wird. Bisweilen hoͤrt er wohl einige Stunden auf, fängt aber nachher wieder an. Die Behandlung beſteht hauptſaͤchlich aus Abführmitteln mit tonieis, Landaufenthalt im Sommer wirkte einmal ſehr guͤnſtig, als prophylacticun, Im März 1840 hatte die Kranke einen ſehr hartnaͤckigen Ans fall, welcher allen frübern Mitteln widerſtand. Da alle Reſpira— tionsmuskeln mit dem obern Theile des Ruͤckenmarks in Verbin: dung ſtehen, fo legte ich ein Blafenpflafter auf den Nacken, wo— achn die Krankheit ſogleich aufhoͤrte; ſie ſtellte ſich jedoch einige Tage ſpaͤter wiederum ein und war ſo ſchlimm, als zuvor. Ich rieth vergeblich wiederum zu einem Blaſenpflaſter; es wurden Opiate und krampfwidrige Injectionen in das rectum und die va- gina verſucht, welche ohne allen Nutzen blieben; endlich geſtattete ſie wieder die Anlegung eines Blaſenpflaſters dicht am Hinter— haupte und ſobald dieſes wirkte, fo hörte das Schreien, welches ſeit mehreren Tagen fortgedauert hatte, wiederum auf. Dieß war am 23. Maͤrz. Die Blaſe wurde mehrere Tage durch Unguentum Sa- binae offen gehalten, und jetzt, am 10. April, iſt fie noch vollkom⸗ men frei von ihrem Leiden. Seitdem habe ich in der Literatur nachgeſucht und einige aͤhn⸗ liche Fälle gefunden, bei welchen dieſelbe Behandlung gleichen Er: folg hatte. Ein Fall findet ſich in den Annals of Med. Vol. 7 p. 351 bis 358. Daſſelbe Mittel wendet Shortt, nach dem 39. Bande des Edinb. med. and surg. Journ. p. 305 bis 513, bei singultus an. Dr. Bright, im zweiten Bande feiner Reports of med. Cases (p. 457), führt zwei ähnliche Fälle an, bei welchen ebenfalls das Blaſenpflaſter im Nacken half. Aehnlich iſt der cenvulſiviſche Huſten (ohne Keuchhuſten oder organiſche Krankheit), welcher wahrſcheinlich von ähnlichen Urſa⸗ chen abhaͤngt und derſelben Behandlung weicht. Ein guter Fall dieſer Art findet ſich in dem Edinb. med. and surg Journ. Vol. 6. p. 499.; ahnliche auch in andern Schriften; ein intereſſantes Beiſpiel von dieſer Art des Huſtens, namentlich im ſechsten Bande der Medical Commentaries, p. 348, von Dr. Charles Leith. Ein Mädchen von 14 Jahren hatte in Zwiſchenraͤumen von Z bis 3 Stunden Anfälle convulſiviſchen Huſtens, welche 5 — 20 Minuten dauerten, von dem Character des heftigſten Keuchhuſtens, abwech— ſelnd mit ſehr lauter Inſpiration. Den wahren Keuchhuſten hatte das Kind zwei Jahre zuvor gehabt. Ob der Huſten im Schlafe ganz aufhoͤrte, iſt nicht angegeben. Es wurde 1 Gran weißes Zinkoxyd alle 6 Stunden gegeben, außerdem Blut entzogen und ein Blaſenpflaſter in den Nacken gelegt. Nach unſeren jetzigen Kenntniſſen wird man nicht annehmen, daß dieſe geringe Doſis Zinkoxpd den Erfolg gehabt habe, daß nur noch ein einziger Ans fall auf dem Wege nach Hauſe eintrat. Das Blaſenpflaſter ſcheint dieſe Wirkung gehabt zu haben. Ich gebe zwar vollkommen zu, daß Vorſicht nothwendig iſt, wenn man allgemeine Schluͤſſe aus ſo wenig Faͤllen zieben will; da es indeß, wie Cullen ſagt, ſicher iſt, daß falſche Theorieen weniger ſchaͤdlich ſeyen, als falſche Thatſachen, fo will ich doch mit einigen allgemeinen Folgerungen ſchließen. Pe: 1) Da die befchriebenen verſchiedenen Thaͤtigkeiten, Huſten, Schluchzen, Nieſen, Aufſchreien oder eine Verbindung zweier oder mehrerer derſelben die gleichzeitige Bewegung verſchiedener mit dem Reſpirationsapparate verbundener Muskeln noͤthig machen, und da 159 dieſe Muskeln hauptſaͤchlich vom phrenicus und vagus erregt wer⸗ den, fo ſcheint es ſehr wahrſcheinlich, daß die Wirkung der Bla⸗ ſenpflaſter bei dieſen Leiden von einem Einfluſſe auf den obern Theil des Ruͤckenmarks abhaͤngt; dieß erſcheint um ſo richtiger, als bei einem der obigen Faͤlle Blaſenpflaſter an andern Koͤrper— ſtellen ganz unwirkſam waren. 2) Es ſcheint mir nicht thatſaͤchlich begründet, noch auch theo— retiſch wahrſcheinlich, daß eine Anlegung von Blaſenpflaſtern rund um den groͤßern Theil des Halſes, ſo daß ſie dem Verlaufe des phrenicus folgen (nach der Empfehlung des Dr. Shortt), fuͤr den Erfolg weſentlich iſt. Es iſt offenbar ein ſchmerzhaftes und keinesweges immer nothwendiges Verfahren, deſſen Erfolg man auch erreicht, wenn man die Blaſenpflaſter nur uͤber dem Ruͤcken— marke anlegt. 3) Es ſcheint mir wahrſcheinlich, daß die pathologiſchen und therapeutiſchen Principien, welche ich hier angedeutet habe, wenn fie überhaupt gegründet find, eine allgemeinere Anwendung finden koͤnnen, und daß, z. B., alle krampfhaften Affectionen der Re— ſpirationsmuskeln, welche nicht durch Entzuͤndung oder organiſche Veränderung in irgend einem Theile des Reſpirationsapparates oder durch mechaniſche Reizung der Luftwege erregt werden, durch aͤhnliche Behandlung eine Erleichterung finden. Ich moͤchte daher auffordern, die Anwendung der Blaſenpflaſter auf den obern Theil der Cervico⸗Spinalgegend bei zwei Krankheiten dieſer Art zu verſuchen, nämlich bei'm Keuchhuſten und bei'm laryngismus stri- dulus. Dieſe beiden erregen heftige krampfhafte Thaͤtigkeit der Reſpirationsmuskeln, und beide find lebensgefährlich, würden alſo ſelbſt ein noch eingreifenderes Heilmittel rechtfertigen, vorausge— fest, daß man einige Ausſicht auf Heilung haben konnte. Durch die Unterſuchungen von Watt u. A. iſt es hinreichend nachgewieſen, daß der Keuchhuſten oft von entzuͤndlicher Affection der trachea und der Bronchien begleitet iſt; doch iſt es nicht nachgewieſen, daß dieſe Affection die wahre Urſache des heftigen Huſtens ſey, deſſen Character mehr auf eine unregelmäßige Thaͤtigkeit des Ner— venſyſtems hindeutet. Die Theorie des laryngismus von Dr. Hugh Ley mag bisweilen richtig ſeyn, trifft aber auch jedenfalls nicht in allen Faͤllen zu, wie ich bei einer Section geſehen habe; Ley's angeſchwollene Bronchialdruͤſen, welche auf den recurrens drucken, find oft auch bei der ſorgfaͤltigſten Zergliederung nicht zu finden, und es iſt hierbei mindeſtens in dieſen Faͤllen noͤthig, einen Einfluß auf die reſpiratoriſchen Nerven an ihrem Umfange anzuneh— men. Daſſelbe äußert Dr. Marſh in den Dublin-Hospital- Re- ports Vol. 5 p. 616, wo er über den Krampf der glottis ſagt: „Es wäre intereffant, kuͤnftig genau den Zuſtand des vagus zu une terſuchen; der Sitz der Krankheit kann vielleicht am Urſprunge die— ſes Nerven gefunden werden, und oͤrtliche Anwendung von Mitteln moͤglichſt nahe am Urſprunge dieſes Nerven kann einen wichtigen Theil der Behandlung ausmachen.“ Mir ſcheint es nun, daß une ter allen ortlichen Mitteln die Blaſenpflaſter am meiſten verſpre⸗ chen. Eine aͤhnliche Folgerung liegt Bright's Vorſchlage zu Grunde, welcher bei Hydrophobie hauptſaͤchlich Blutentziehung, Moren und Blaſenpflaſter am obern Theile des Nackens empfiehlt. (Edinburgh med. and surg. Journ. July 1840.) 160 Miscellen. Ueber die Folgen des Klapperſchlangen-Biſſes findet ſich in einer, aus dem Journal de Commerce mitgetheilten Geſchichte eines „Ausſaͤtzigen in Braſilien“, welcher ſich, als ver— zweifelndem Heilverſuche, dem, von dem Volks-Vorurtheile gegen den Ausſatz empfohlenen, Biſſe der Klapperſchlange ſelbſt ausgeſetzt hatte, folgende Angabe: Er packte die Schlange, welche, als ſie ſich gewaltſam gedruͤckt fühlte, ſich raſch umwendete und ihn zwi— ſchen der Verbindung des kleinen Fingers und des Goldfingers mit dem Handgelenke biß. „Sie ſind gebiſſen“, riefen mehr als zehn Stimmen auf einmal. „Ich fühle nichts“, ſagte der Kranke, Nas mens Marianno, und zog die Hand zurück, welche leicht ge— ſchwollen ſchien, an welcher er aber nicht den mindeſten Schmerz empfand. Nur ein kleiner Tropfen Blut zeigte das Vorhandenſeyn der Wunde. Sein Puls ging regelmaͤßig, feine Ruhe war ſich durchaus gleich. Nach fünf Minuten fühlte er einen leichten Sroft und einen gelinden Schmerz in der Flaͤche der Hand. Nach ſie— benzehn Minuten erſtreckte ſich der Schmerz bis an die Handwur— zel, in zwanzig Minuten war die ganze Hand bedeutend geſchwol— len, und mit dreißig Minuten wurde der Puls voller und ſchneller. Seine Geiſtesruhe blieb ſich gleich. „Nach dem, was ich fuͤhle“, ſagte er zu den Aerzten, die ihm riethen, ſich zu Bette zu legen, „werde ich es wohl bald thun — baͤlder, als ich es wuͤnſche — laſſen Sie mich den kurzen Lebensreſt noch ein Wenig genießen.“ Dann kam er auf mich zu, bat mich nochmals, im Fall ſeines Todes, gewiß nach Goiaz zu gehen und feine Auftraͤge zu beſor— gen. Es war jetzt ungefaͤhr eine Stunde, ſeit er gebiſſen worden war. Er hatte ſchon mehrmals ein Zuſammenziehen der Kehle, voruͤbergehende Verfinſterung der Augen und ein ſtechendes Krie— beln auf der Oberflaͤche der Haut empfunden. Die Haut war noch mehr angeſchwollen, und ein heftiger Schmerz erſtreckte ſich uͤber den ganzen Oberarm. Ploͤtzlich laͤhmte eine allgemeine Erſtarrung den ganzen Koͤrper, man brachte ihn zu Bette, und bald folgte ein convulſiviſches Zittern dieſem Zuſtande der Betaͤubung. — Ich bin unfähig, Stunde für Stunde, Minute für Minute das Pro: tocoll dieſes ſchrecklichen Todeskampfes zu fuͤhren. Mir graut, wenn ich daran denke; mir iſt, als hoͤrte ich noch immer das herz⸗ zerreißende Roͤcheln des Ungluͤcklichen, als ſaͤhe ich noch feine ſchwarzblauen Glieder, die von den furchtbarſten Kraͤmpfen verzerrt wurden und aus allen Poren braunfarbiges Blut ausſchwitzten. Das ſo geruͤhmte Guaco, alle die geprieſenſten Gegengifte, welche die Kunſt kennt, wurden fruchtlos verſucht. Er ſtarb vierunds zwanzig Stunden nach dem unſeligen Verſuche. Eine angeborne Thraͤnenfiſtel durch Mangel des Naſencanals erwähnt Herr Berard in der Gaz. des Höpi- taux No. 71.: Bei einem Burſchen von 21 Jahren hatte man einige Tage nach der Geburt am innern Augenwinkel des rechten Auges eine längliche, nicht ſchmerzhafte und weiche Geſchwulſt beobachtet, welche ſich vergroͤßerte, roͤthete und aufbrach. Das Auge war ſeitdem gereizt; die rechte Seite der Naſenhoͤhle fortwaͤh— rend trocken. Nach mehreren vergeblichen Verſuchen wurde der Kranke mittelſt Durchbohrung des Thraͤnenbeines vollkommen geheilt. w —-4 ——⅜ Bibliographische Description complete, historique et pittoresque du Museum, de la Meénagerie, des Serres, des Galeries de Minéralogie et d’Anatomie, de la Vallse Suisse eto. Par MM. P. Bernard et L. Couailhac et MM. les aides Naturalistes et Prépara- teurs au Muséum d'histoire naturelle. Paris 1841. 8. Figures and descriptions of the paleozoic fossils of Cornwall, Devon and West-Somerset; observed in the Ordnance Geo- Heu eiten. logical Survey of that District. By John Phillips etc. Lon- don 1841. 8. Pharmaceutical Transactions. Edited by Jacob Bell. Num- bers 1. et 2, London 1841. Des affections gangréneuses observées chez les nouvelles Ac- couchées. Par le Docteur Raynaud. Paris 1841. 4. —ů——— ———— Menue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, gefammelt und miigelheitt von dem Ober» Meticinalratbe Fror ier zu Weimar, und dem Medieinatrathe und Profehor Frerier ju Berlin. 3 ’ 7 No 407. (Nr. 11. des XIX. Bandes.) Auguſt 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie⸗-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stückes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 9Gr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. ee ee e : Ueber die Benutzung der Luftſchiffahrt fuͤr Meteorologie. (Bericht der von der British Association for the Promotion of Science ernannten Commiſſion, welche zu ermitteln hatte, inwiefern die Lücken in unſerer Bekanntſchaft mit der Beſchaffenheit der hoͤ⸗ hern Luftſchichten durch die Luftbeſchiffung in Ballons oder durch ſonſtige Mittel gefördert werden koͤnne, wie hoch ſich die Koften ſolcher Verſuche belaufen dürften, und welche Inſtructionen den dazu verwandten Beobachtern zu ertheilen ſeyen.) Wiewohl durch in Luftballons anzuſtellende Beobach— tungen viele ſchaͤtzbare Aufklaͤrungen erlangt werden duͤrften, fo iſt doch der Aufwand, den dergleichen Experimente verur: ſachen wuͤrden, ſo bedeutend, daß die Commiſſion vor der Hand nicht dazu rathen kann, Gelder aus den Mitteln der British Association auf dieſen Zweck zu verwenden, oder gar die Regierung bittweiſe anzugehen, damit ſie die Koſten uͤbernehme. Bevor dieſes geſchehen darf, muß man ſich uͤber den beſten Plan erſt vollſtaͤndig verſtaͤndigt haben. Dagegen find Erfahrungen, die bei Gelegenheit anderer, un: ter den gewöhnlichen Umſtaͤnden unternommenen Luftſchiff— fahrten gewonnen werden duͤrften, oder ſchon gewonnen worden ſind, hoͤchſt willkommen, indem ſich danach die beſte Einrichtung und Anwendung der Inſtrumente, die ſpeciell zu beruͤckſichtigenden Puncte, der Grad von Uebereinſtim— mung, den man in Betreff der an verſchiedenen Orten und zu verſchiedenen Zeiten, fo wie bei verſchiedenen Zu: ſtaͤnden der Atmoſphaͤre erlangten Reſultate erwerten darf, mit mehr Sicherheit werden beſtimmen laſſen. Es koͤmmt hauptſaͤchlich darauf an, das ſtufenweiſe Abnehmen oder Verhalten der Temperatur und das Geſetz, nach welchem der Waſſerdunſt in verſchiedenen Regionen der Atmoſphaͤre verbreitet iſt, zu ermitteln. Unſtreitig würden wir, wenn die Atmoſphaͤre durchaus trocken und ruhig wäre, finden, daß ſich die Temperatur derfelben nach Oben genau in dem= ſelben Maaße verminderte, wie deren Dichtigkeit, und dieß muß auch als ihr normaler Zuſtand betrachtet werden, dem ſie inmitten aller Schwankungen zuſtrebt. Die Abnahme der Dichtigkeit iſt jedoch der Einwirkung mancher ftörenden No. 1507. e Urſachen unterworfen, und unter dieſen find das Freiwerden des Waͤrmeſtoffs durch locale Niederſchlagung von Waſſer— duͤnſten und die Bindung des Waͤrmeſtoffs durch die Auf⸗ löfung der Wolken in unſichtbaren Dunſt die erheblichſten. Das Geſetz der Verminderung der Temperatur wuͤrde ſich wahrſcheinlich aus dem mittlern Reſultate einer großen An⸗ zahl forgfältiger Beobachtungen ergeben, wo ſich die Stös rungen gegenſeitig compenſiren würden, wogegen eine ſolche Ausgleichung ruͤckſichtlich der bei einer einzigen Luftfahrt ge⸗ wonnenen Reſultate nicht ſtattfinden kann. Wenn man dabei nach kurzen Zwiſchenzeiten beobachtete, wuͤrden die Temperaturen wahrſcheinlich keine regelmaͤßige ſtufenweiſe Abnahme, ſondern große Unregelmaͤßigkeiten darbieten; ſie wuͤrden, z. B., wenn Windſtille herrſchte, ſich bis zu einem gewiſſen Grade vermindern, dann eine Zeitlang ſtationaͤr bleiben oder vielleicht wieder ſteigen, zumal wenn man ge— rade durch eine Wolke ſchiffte oder in eine Luftſtroͤmung ein⸗ draͤnge, die ſich nach einer andern Richtung bewegt, als die in der Naͤhe der Erdoberflaͤche ſtreichende. Oder wenn durch das Eindringen eines kalten Luftſtroms in eine mit Waſſer⸗ dunſt gefättigte Luftmaſſe, eine Niederſchlagung des Dunſtes ſtattfaͤnde, würde man, ſtatt der regelmaͤßig und nach dem Maaße der abnehmenden Dichtigkeit der Luft ſinkenden Tem⸗ peratur, eine ploͤtzliche Verminderung derſelben beobachten. Dem Einfluſſe, welchen Wolken oder die Veraͤnderung in der Richtung der Luftſtroͤmungen auf das Thermometer aus⸗ üben, hat der Beobachter beſondere Aufmerkſamkeit zu wid⸗ men. Herr Green hat gefunden, daß die iforhermaln Schichten mit der Erdoberflaͤche ziemlich parallel ſtreichen, ſo daß der Aéronaut mehrentheils, ſelbſt wenn ihm die Erd— oberfläche durch Wolken unſichtbar gemacht wird, bemerkt, daß er uͤber eine Bergkette hinſchifft, zumal da die obere Geftaltung der Wolken den Unregelmaͤßigkeiten auf der Erd: oberfläche gewohnlich entſpricht. „Die obere Flaͤche det Wolken,“ ſagt er, „welche in maͤßiger Höhe über der Erde ſchweben, ſcheint ſich allen wechſelnden Geſtalten der Bo- denoberflaͤche ſelbſt anzupaſſen.“ Herr Green hat auch ge⸗ funden, daß man bei bewoͤlktem Himmel gewöhnlich hoher 11 163 aufſteigen muß, um dieſelbe Temperaturverminderung zu er: langen, als bei heiterm. Herrn Mond Maſon zufolge, findet eine merkwuͤrdige Beziehung zwiſchen der Bildung und Niederſchlagung von Regen und dem Zuſtande des Über den Wolken, die denſelben enthalten, befindlichen Theils des Himmels ſtatt. „So oft es, bemerkt er, von einem ganz mit Wolken uͤberzogenen Himmel regnet, iſt bei einer ge— wiſſen Hoͤhe eine zweite Wolkenſchicht vorhanden, durch welche die Sonnenſtrahlen von der tiefern Schicht abgehal— ten werden, und ſo oft dagegen, waͤhrend der Himmel, von Unten geſehen, dieſelbe Beſchaffenheit darbietet, kein oder nur ſehr wenig Regen faͤllt, befindet ſich uͤber der, von der Erdoberflache aus ſichtbaren Wolkenſchicht heiterer He me mel, ſo daß man als ein allgemein guͤltiges Factum anneh— men kann, daß, wenn ſich Regen aus den Wolken ergießt, die Sonnenſtrahlen auf die Regenwolken nicht direct fallen, ſo wie, daß ſich kein Regen aus Wolken ergießen kann, deren obere Flaͤche direct von der Sonne beſchienen wird.“ Demſelben Forſcher, welcher darin mit Herrn Green uͤber— einſtimmt, zufolge, ſcheint es, daß in England der Wind in den hoͤhern Gegenden der Atmoſphaͤre, z. B., bis zu 10,000 F. über der Erdoberfläche, beſtaͤndig von einer zwi— ſchen dem Nord- und Weſtpuncte liegenden Himmelsgegend her weht, mag er auch tiefer eine Richtung haben, welche er wolle. Aus Herrn Green's Beobachtungen ergiebt ſich, daß die Aenderung in der Richtung des Windes bei'm Auf— ſteigen des Ballons von einer entſprechenden Veraͤnderung in der Geſchwindigkeit des Windes begleitet war, indem ein anfangs gelinder Wind, indem er ſeine Richtung aͤnderte, heftig ward, und umgekehrt. Dergleichen wichtige meteorologiſche Thatſachen haͤtten durch an der Erdoberflaͤche angeſtellte Beobachtungen durch— aus nicht ermittelt werden koͤnnen und geben ein ſehr ge— wichtiges Zeugniß dafür ab, daß aus gut geleiteten aéro— nautiſchen Unternehmungen große Vortheile fuͤr die Wiſſen— ſchaft entſpringen koͤnnen. Was die Dunftitmofphäre anbetrifft, fo herrſcht in ihr wahrſcheinlich ein aͤhnliches Beſtreben, wie in der Gas— atmoſphaͤre, ſich, obwohl nach einem ganz verſchiedenen Ge— ſetze, mit der von Unten nach Oben abnehmenden Dichtig— keit und Temperatur i 's Gleichgewicht zu ſetzen; da fie ſich jedoch durch de Gasatmoſphaͤre verbreiten muß, ſo ſteht ſie natuͤrlich unter dem Einfluſſe der Temperatur der letztern. Die Elaſticitaͤt, mit welcher ſich der Dunſt alſo bei ſeiner Bildung in der Atmoſphaͤre erhebt, wird durch die Tempe— ratur irgend einer hoͤheren Luftſchicht bedingt, wo derſelbe niedergeſchlagen wird, und dieſe Luftſchicht uͤbt demnach auf die Kraft, mit welcher die Verdunſtung an der Erdober— fläche ihren Fortgang hat, einen Einfluß aus. Zwiſchen einer ſolchen Luftſchicht und der Oberflaͤche, wo die Ver— dunſtung ſtattfindet, wird folg eich der Thaupunct ſich ziem— lich ſtaͤtig zeigen oder nur nach einer ſehr langſamen Pro— greſſion verändern. Wenn der Ballon aber durch eine Wolke hindurch geſtiegen iſt, darf man erwarten, daß der Thau— punct ploͤtz ich um mehrere Gr de fällt, indem die Elaſtici— tät des Dunſtes über der Wolke wihrſcheinlich durch einen 164 neuen Niederſchlagungepunct in eirer hoͤhern Region der Atmoſphaͤre bedingt wird, gerade wie der Thaupunct an der Erdoberflaͤche, unſerer Annahme zufolge, durch die Tempe— ratur der Grenze der unterſten Verdunſtungsregion beſtimmt wird. Hiernach duͤrfte, waͤhrend an der einen Seite einer Wolkenſchicht Niederſchlagung ſtattfindet, an der andern ein kraͤftiger Verdunſtungsproceß fernen Fortgang haben. Dieſe Proceſſe der Niederſchlagung und Verdunſtung koͤnnten zu— gleich ein ſolches Verhaͤltniß zu einander beobachten, daß ſie ſich genau im Gleichgewicht halten, und die Grenze der Verdu: ſtungsregion dürfte alſo nicht immer gerade durch eine Wolke, z. B., nur durch eine Nebelſchicht, angezeigt werden; waͤhrend der Thaupunct nichtsdeſtowen'ger jenſeits derſelben ploͤtzlich fallen wuͤrde. Auf dieſen Umſtand hat der Beobachter ſeine Aufmerkſamkeit ganz beſonders zu rich— ten. Wahrſcheinlich wuͤrde man, wenn der Ballon ſehr hoch ſtiege, mehrere dergleichen Verdunſtungsregionen durch— ſchneiden, und wenn dieſe Hypotheſe ihre Beſtaͤtigung faͤnde, ſo wuͤrde dieß fuͤr die wiſſenſchaftliche Erkenntniß der Be— ſchaffenheit der Atmoſphaͤre von großem Belang ſeyn. Of— fenbar iſt in dieſer Beziehung zu wuͤnſchen, daß die Beob— achtungen des Thermometers und des Thaupunctes waͤhrend der ganze! Dauer der Auf- und Niederfahrt, wo moͤglich, ununterbrochen ſtattfaͤnden, und zu gleicher Zeit müßte natuͤr— lich auch von dem Barometerſtande fortwährend Kenntniß genommen werden. Einer der Luftſchiffer würde ſich alſo lediglich dieſen Beobachtungen zu widmen haben, und deß— halb muͤßten Einrichtungen getroffen werden, in Folge deren er dieſem Geſchaͤft ganz ungeſtoͤrt obliegen koͤnnte. Die vorherrſchendn Formen und die Structur der Wolken; ihre etwaigen innerlichen Bewegungen; die Zahl der zu entdeckenden Schichten und die Zahl und Richtung der durch die Bewegung der Wolken bezeichneten Luftſtroͤ— mungen wuͤrden ebenfalls intereſſante Gegenſtaͤnde der Be— obachtung darbieten. Waͤhrend der Ballon in der Luft ſchwebt, muͤſſen na— tuͤrlich an der Oberflaͤche der Erde vergleichende Beobach— tungen ſtattfinden, und die Ergebniſſe der Luftſchiffahrt wuͤrden offenbar dadurch bedeutend an Werth gewinnen, wenn letztere an einem der Tage unternommen wuͤrde, wo, nach dem Vorſchlage Sir John Herſchel's, allſtuͤndlich meteorologiſche Beobachtungen auf allen Hauptſternwarten der Erde angeſtellt werden. Aus den hoͤchſten Regionen muͤſſen Luftproben mit herabgebracht werden, damit dieſelben chemiſch unterſucht werden koͤnnen, und am Bequemſten geſchaͤhe dieß wohl in Glasballons oder genau gemeſſenen Flaſchen, die mit einge— ſchliffenen Stoͤpſeln oder Haͤhnen zu verſehen und mit Waſſer zu fuͤllen waͤren. Bei angemeſſenen Hoͤhen wuͤrde man dann das Waſſer auslaufen laſſen und den Hahn ſchließen. Ferner waͤre anzurathen, daß ein andrer Beobachter Erperimente uͤber die Ausſtrahlung der Waͤrme anſtellte, ob— wohl es unmöglich ſeyn dürfte, dieſelben mit der wuͤnſchene— werthen Genauigkeit auszufuͤhren. Mit Sir John Her— ſchel's Actinometer ließen ſich Beobachtungen über die 165 Kraft der Sonnenſtrahlen in verſchiedenen Höhen der At— moſphaͤre anſtellen, wogegen ſich das Inſtrument zum Meſ— ſen der von der Erde ausſtrahlenden Waͤrme nicht eignen wuͤrde. Wenn man ein empfindliches Thermometer, deſſen Kugel mit Lampenſchwarz beſchlagen iſt, in den Brennpunet eines paraboliſchen Reflectors bringt und dieſen ſelbſt bei Tage, gegen den heitern Himmel kehrt, ſo wird er einen Theil ſeines Waͤrmeſtoffs gegen den Weltraum ausſtrahlen. Derſelbe Apparat koͤnnte, gegen die Erdoberflaͤche oder eine Wolkenſchicht gekehrt, dazu dienen, die Waͤrmeſtrahlen auf der Thermometerkugel zu concentriren und deren Kraft auf dieſe Weiſe zu beurtheilen. Dergleichen in verſchiedenen Hoͤhen und zu verſchiedenen Tageszeiten angeſtellte Beobach— tungen wuͤrden belehrend, obwohl nicht ſo wichtig ſeyn, wie die ſonſt mit dem Thermometer und Hygrometer anzuſtel— lenden. Neben dieſen Beobachtungen ließen ſich andere hoͤchſt intereſſante uͤber die Electricitaͤt der Atmoſphaͤre vornehmen, indem man Draͤhte in die Wolken niederſteigen ließe, oder bei wolkenloſer Luft es mit einer Schicht derſelben zur andern ſo hielte und mittelſt eines ſehr empfindlichen Electroſcops den Zuſtand der Electricitaͤt der Enden dieſer Draͤhte ermit— telte. Allein ſo viel Intereſſe dieſe Unterſuchungen auch dar— bieten moͤgen, ſo weiſ't doch die Commiſſion eindringlich darauf hin, daß, wenn eine Reihe von Luftreiſen von einem oder mehrern Phyſikern unternommen werden ſollte, die Aufmerkſamkeit der Beobachter nie durch zu viele Gegen: ſtaͤnde getheilt werden darf, ſondern daß vor der Hand le— diglich die Frage hinſichtlich der Abnahme der Temperatur durch Erlangung von genauen gleichzeitigen Beobachtungen des Thermometers und Barometers in verſchiedenen Hoͤhen zu erledigen waͤre. Offenbar waͤre wuͤnſchenswerth, daß waͤhrend im Ballon die Beobachtung der Temperatur und des Druckes der Atmoſphaͤre von Statten ginge, zwei an den Endpuncten einer genau gemeſſenen Standlinie befind— liche und mit Theodoliten der beſten Art verſehene Gehuͤlfen durch geometriſche Meſſung zu beſtimmen ſuchten, wie hoch ſich der Ballon zur Zeit, wo die Beobachtungen in demſel— ben angeſtellt werden, befindet. Dieß würde jedoch wahr— ſcheinlich ausgedehntere Maaßregeln des Zuſammenwirkens und eine größere Anzahl von Menſchen und Inſtrumenten erfordern, als ſich zu dieſem Ende gleichzeitig in Anwendung bringen ließen. Es wird demnach wohl das Beſte ſeyn, wenn man die Beobachtungen lediglich auf gleichzeitige Er— mittelung der Temperatur und des Druckes der Luft abzie— len läßt, zu welchem Zwecke weiter nichts gehoͤrt, als ber quem eingerichtete und zuverlaͤſſige Inſtrumente. Vom Hygrometer. Zwei Hygrometer machen ſich noͤ— tbig, welche man nebeneinander auf den Deckel des Kaſtens, in dem ſie gewoͤhnlich aufbewahrt werden, muß befeſtigen koͤnnen. Der Beobachter hat nicht nur die Temperatur zu ermitteln, bei welcher der Thau ſich zuerſt zeigt, ſondern auch diejenige, bei wel— cher er wieder verſchwindet, und während er an dem einen Inſtru— ment das letztere Reſultat abwartet, kann er mit dem andern eine neue Beobachtung beginnen. Man hat ſich mit einem Vorrath des beften Aethers (Schwefelaͤthers), fo wie mit einem guten Tropf flaͤſchchen zu verſehen. Die Wirkung des verminderten Druckes auf den Siedepunct des Aethers wuͤrde ſich eben ſo richtig zeigen, 166 wenn man die Fluͤſſigkeit in eine Flaſche brachte, welche die durch beiſtehende Figur erläuterte Einrichtung hat: a b die Flaſche, ed die Oberflache des Aethers, e f eine in den Hals eingepaßte, bis in die Naͤhe des Bodens reichende und bei e mit einem Hahne ver— d ſehene Röhre. So wie ſich der von der Luft auf den Canal des giöffneten Hahns ausgrübte Druck verminderte, würde der Druck der eingeſchloſſenen Daͤmpfe einen Aetherſtrahl austreiben, den man reguliren koͤnnte, und die Geſchwindigkeit, in welcher die Flüfs ſigkeit dann verduͤnſten wuͤrde, waͤre von ungemein großem Nutzen. Da jedoch wahrſcheinlich die obern Luftregionen hin und wieder außerordentlich trocken ſind, ſo ſollte man ſich mit kleinern, mit tropfbarfluͤſſiger ſchwefeliger Saͤure gefuͤllten Roͤhren verſehen, die man durch Eis kuͤhl zu erhalten haͤtte, und indem man davon auf die Kugel des Hygrometers troͤpfeln ließe, wuͤrde ſich eine außerordentliche Kälte erzeugen laſſen. Auch würde eine kleine blanke ſilberne Schaale und ein empfindliches Weingeiſtthermometer zu empfehlen ſeyn, mittelſt deren ſich der Thaupunct vermoͤge der unmittelbaren Verdunſtung der Säure beobachten ließe. Noch volls ſtaͤndiger wuͤrde man dieſen Zweck erreichen koͤnnen, wenn man ſich mit Flaͤſchchen verfähe, die eine Miſchung von tropfbar flüffiger Kohlenſaͤure und Aether enthielten. Da die Ermittelung des Ver— haͤltniſſes zwiſchen der, durch die an der feuchten Kugel eines Ther— mometers ſtattfindende Verdunſtung erzeugten Kaͤlte und dem Thaupunct von großem Intereſſe ſeyn würde, und da dieſe Beob— achtung die Aufgabe des Beobachters nicht bedeutend verwickeln wuͤrde, ſo ſchlagen wir vor, daß das zu dieſem Zwecke ſehr be— quem eingerichtete Hygrometer des Dr. Maſon gleich hinter den beiden erwähnten Hygrometern auf einem ebenfalls auf dem Deckel des Kaſtens angebrachten Stativ befeſtigt werde, wobei man die Temperatur der beiden Thermometer in Erfahrung zu bringen hätte. Sobald jedoch in den hoͤhern Regionen das Waſſer gefroͤre, wuͤrde dieſen Beobachtungen ein Ziel geſetzt ſeyn. An dem Stativ der Thermometer waͤre auch ein beweglicher, auswendig mit Gold— papier uͤberzogener Schirm von Pappe anzubringen, der die ſaͤmmt⸗ lichen Inſtrumente vor der ſtrahlenden Wärme fügte. Vom Barometer. Das einzige fuͤr derartige Verſuche an— wendbare und zuverlaͤſſige Barometer ſcheint das von Bunten in Paris (Quai Pelletier No. 26) angefertigte Heberbarometer zu ſeyn, welches auch bei Robinſon in London zu finden iſt. Die Buntenſchen Roͤhren ſcheinen ſehr genau gearbeitet zu ſeyn; die Queckſilberſaͤule ſtellt ſich deutlich dar, und die langſame Bewe— gung der Nonien, die zwar nicht ſo fein gearbeitet ſind, als die Robinſonſchen, laͤßt ſich bequem regeln, was in dieſem Falle von Wichtigkeit iſt. Die Barometer muͤſſen neu und deren Scalen nur in Millimeter getheilt ſeyn. Manche Scalen find nach eng— liſchen Zollen eingetheilt, was, wegen eines hinſichtlich der mitt— lern Temperatur begangenen Fehlers, zu unzuverlaͤſſigen Reſulta— ten fuͤhrt. Die Barometer muͤſſen, außer wenn man ſie wirklich in Anwendung bringt, jederzeit in verkehrter Stellung gehalten werden. Laͤßt man ſie, wie gewoͤhnlich, haͤngen, ſo oxydirt das Queckſilber in der kurzen Roͤhre; das Glas bedeckt ſich mit dem pulverförmigen Oxyd, und die aus der Haarroͤhrchen-Anziehung entſpringende Senkung wird dadurch bedeutend vermehrt, ſo daß das Inſtrument gar nicht zu gebrauchen iſt. Bei dem Gefaͤßba— rometer, wo die Hoͤhe des Queckſilbers im Gefäße ſich nicht beob— achten laßt, veranlaſſen die wegen der Veraͤnderungen in der Höhe des Queckſilbers im Gefäße noͤthigen Berichtigungen bei kleinen Abweichungen des atmoſphaͤriſchen Druckes ungemein ſchwierige Berechnungen, und bei ſtarken Abweichungen muͤſſen letztere ſehr ungenau ausfallen. Troughton's Verfahren zur Ausmittlung der Hoͤhe des untern Queckſilberſtandes taugt durchaus nichts. Die Gefaͤßbarometer, bei denen die Hoͤhe der untern Queckſilber⸗ oberflaͤche durch das Zuſammentreffen einer Spitze mit dieſer Ober⸗ fläche ermittelt wird, koͤnnen nur für gute vergleichende oder Differential-Barometer gelten. Vom Thermometer. Die beſten und bequemſten Thermo: meter ſcheinen die von Greiner in Berlin angefertigten mit in einer aͤußern Roͤhre eingeſchloſſener Papierſcale oder einer Scale auf Milchglas zu ſeyn. Die Kugeln reichen über die äußere Röhre 1 167 hinaus, und die Scalen koͤnnen, wenn man die Kugeln oder das ganze Inſtrument der Vergleichung wegen in Waſſer taucht, nicht leiden. Die Grade muͤſſen von — 85° F. bis etwa + 100° F. reichen. Bei Gay⸗Luſſac's Luftreiſe ſank das Thermometer bis - 40° 25, Nicht leicht möchte wohl ein Beobachter höher ſtei— gen, als Gay-Luſſac, oder eine Luftfahrt zu einer Zeit unternehe men. wo das Thermometer an der Erdoberfläche unter — 10? Centigr. ſteht. Bei'm Aufſteigen in dem Ballon hat man die Thermometer in blanke Blechroͤhren zu bringen die mit einem Spalte verſehen ſind, durch welchen man die Scalen ſehen kann. Die Roͤhren ſind an beiden Enden offen, und in geringer Entfernung von dieſen befinden ſich Blech— ſcheiben, welche die ſtrahlende Wärme abhalten. (S. die beiſtehende Figur.) So geſchuͤtzte Thermo— meter wurden auf der Cambridger Sternwarte be— nutzt und für gut befunden. Wenn die Tempera- tur der Luft bereits ermittelt iſt, ſo wird ein Ther— mometer mit befeuchteter Kugel hinreichen, um den Druck des Dampfes fuͤr jede beliebige Hoͤhe zu be— > ſtimmen. Vorſchriften wegen des Beobachtens. Wenn ſich der Ballon in ſenkrechter Richtung langſam bewegt. 1) Man be— obachte das an dem Barometer befeſtigte Thermometer. 2) Man laſſe den untern Rand des obern Ringes das obere Ende der Queck— filberfäute berühren. 3) Man laſſe den untern Rand des untern Ringes auf das untere Ende der Queckſilberſaͤule aufjigen. 4) Man beobachte das Thermometer in dem Blechgehaͤuſe wegen der Luft⸗ temperatur und merke auch die Zeit an, wo dieß geſchieht. 5) Man leſe den Stand des Barometers an den beiden Nonien ab. 6) Man beobachte am Pſychrometer und Daniell's Hygrometer. Die Beobachtungen an der Oberfläche der Erde muͤſſen in derſelben Ordnung angeſtellt werden. Die Beobachter muͤſſen fo viel als moͤg⸗ lich vermeiden, ſich dem Barometer und Thermometer zu naͤhern, damit jede Einwirkung der von ihnen ausftrahlenden Wärme auf den Stand der Inſtrumente verbannt werde. Der Luftſchiffer muß in Anſehung des genauen Stellens der Ringe ſo daß deren unterer Rand mit der Queckſilberoberflaͤche genau zuſammenfaͤllt, fo wie auch ruckſichtlich des Ableſens von den Nonien, die gehörige Uebung haben. Koſtenbetrag der Inſtrumente. Pfd. Sterl. Schill. Zwei Buntenſche Barometer à 4 Pfd. 8 Sch. 8 16 Eingangszoll a 238 2 4 Zwei Thermometer a 1 Pfd. 1141 Sch. . 3 3 Eingangszoll 3 8888 0 16 Dergleichen, bei denen die Kugeln zu befeuch— fr! 1 6 3 Eingangszoll a 28 nn 5 16 Summa. 18 18 Außerdem Blechkapſeln für die Thermometer, ferner Da: niell's Hygrometer ıc. Offenbar würde es unvorſichtig ſeyn, wenn man die Verſuche mit einem ſo beſchraͤnkten Vorrathe ſo zerbrechlicher Inſtrumente beginnen wollte. Die Barometer und Thermometer mußten in doppelter Anzahl vorhanden ſeyn, daher ſich die Koſten fuͤr In— ſtrumente im Ganzen auf 50 Pfd. St. belaufen wuͤrden. Zu den obengenannten konnte auch noch ein Sympiezometer, das zu die— tem Ende mit nicht verfchiebbarer Scale anzufertigen wäre, ein Thermometrograph oder Maximum- und Minimum: Thermometer, ſo groß wie eine Taſchenuhr, wie dergleichen Breguet anfertigt, 2c. hinzugefügt werden Unterzeichnet von David Brewſter, J. F. W. Herſchel, J. W. Lubbock, T. R. Robinſon, Edward Sabine, W. Whewell. Dr. Robinſon hatte gegen dieſen Bericht mancherlei einzu— wenden, obwohl er ihn mit unterzeichnet hatte. Im Allgemeinen war er wohl mit demſelben einverſtanden; allein ihm mißfiel die kleinmüthige Abfaſſung deſſelben. Der gelehrte Praͤſident der Com— miſſion, meinte er, habe die Wichtigkeit der auf dieſem noch ſo wenig durchforſchten Gebiete zu machenden Entdeckungen buͤndig 168 hervorgehoben, auch die dabei zu uͤberwindenden großen Schwierig⸗ keiten ſehr klar auseinandergeſetzt, aber nicht gleich entſchieden den Entſchluß bekundet, dieſelben zu beſiegen. So groß dieſelben auch ſeyn moͤchten, wären ſie doch nicht bedeutender, als diejenigen, welche noch vor wenigen Jahren das Gebiet, auf welchem der be— ruͤhmte Praͤſident feine ſchoͤnſten Lorbeern erworben, unzugaͤnglich zu machen geſchienen. Die Theorie der Ebbe und Fluth habe für ein unerforſchliches Labyrinth gegolten, in welchem die groͤßten Phyſiker ſich verirrt hätten; allein durch beharrliches und hoch— wiſſenſchaftliches Forſchen ſey es dem Präfidenten dennoch gelungen, es auszubeuten. Vielleicht laſſe ſich in Betreff des Luftoccans nicht Daſſelbe erlangen, was Herrn Whewell ruckſichtlich des Waſſer— oceans gelungen ſey; allein der Verſuch ſollte doch gemacht und werde, aller Wahrſcheinlichkeit nach, mit Erfolg gekroͤnt werden. Schluͤge er fehl, fo würde ſelbſt dieß die Wiſſenſchaft durch ein nes gatives Reſultat bereichern. Was die Unterſuchung der hoͤhern Luftregionen anbetreffe, ſtimme er mit den im Berichte ausgedruͤck— ten Anſichten vollkommen überein. Das Reſultat der berühmten Luftreiſe Gay-Luſſac's rechtfertige dieſelben vollkommenz die Koſten fiyen aus den durch Napoleon's Freigebigkeit dem Inſtitut zur Verfuͤgung geſtellten Mitteln beſtritten, aber der Verſuch ſey nicht wiederholt worden, woraus ſich ergebe, daß Napoleon die er— langten Reſultate nicht fuͤr beſonders wichtig gehalten habe. Die Schwierigkeit des Beobachtens unter ſo ungewohnten Umſtaͤnden und der Mangel an Uebereinſtimmung in den Geſetzen, weiche Biot, Sir J. Lubbock u. A. aus den Ergebniſſen jener Luft— reiſe abgeleitet, ſpraͤchen dafuͤr, daß bedeutende Fehler untergelaufen ſeyen. Allein der Bericht erwaͤhne gar nicht der durch Seile feſt— gehaltenen Ballons, deren man ſich doch zu militairiſchen und geodaͤtiſchen Zwecken bediene. Arago habe dieſeiben haͤufig empfohlen, und auch in England ſeyen ſie in Anwendung gekom— men. Unſere Bekanntſchaft mit der Beſchaffenheit der Atmoſphaͤre ſey noch gar zu beſchraͤnkt. Capit James Roß habe ſich bereit er— Elärt. auf feiner Expedition, die ihn in die Nähe des Suͤdpols fuͤhren werde, aͤhnliche Forſchungen anzuſtellen. Eine ſolche Ge— legenheit duͤrfte nicht leicht wiederkehren, und die Unterſtuͤtzung des Herrn Roß von Seiten der British Association ſey daher wuͤn— ſchenswerth. — Dr. Robinſon bemerkte ferner, er habe Grund zu glauben, daß die Regierung geſtatten werde, die Forſchungen zu Woo wich anzuſtellen und wenn Oberſt Sabine dabei mite wirkte und die von Profeſſor Wheatſtone angegebenen hoͤchſt ſinnreichen Beobachtungsmittel in Anwendung kaͤmen, wuͤrde die Sache gewiß zu guten Ergebniſſen fuͤhren, ſo daß die Regierung ſich zu ferneren Opfern bereitwillig zeigen dürfte. — Profeſſor Whewell gab dem Dr. Robinſon darin Recht, daß der Ton des Berichts zu kleinlaut ſey. Er bege nicht den geringſten Zwei— fel darüber, daß das zu hoffende Reſultat den erforderlichen Auf— wand vollkommen rechtfertigen wurde. Man wiſſe auch, daß die Regierung, von dem Geiſte beſeelt, welche ſich fuͤr Perſonen ſchicke, denen die Oberleitung der Angelegenheiten einer großen Nation anvertraut ſey, ſich ſchon bereit erklärt habe, dem Capitän J. Roß die nöthigen Apparate zukommen zu laſſen, um Unterſuchun— gen uͤber die Beſchaffenheit der hoͤhern Luftregionen anzuſtellen, ſo— bald durch competente wiſſenſchaftliche Autoritaͤten feſtgeſtellt ſey, daß die Wichtigkeit des Gegenſtandes ſolche Maaßnahmen rechtfertige. Desgleichen bezwecke die Regierung, ſobald eine ſolche Buͤrgſchaft geleiſtet ſey, Geldmittel anzuweiſen, auf daß un— ter der Leitung des Oberſten Sabine zu Greenwich ähnliche For— ſchungen angeſtellt würden, (The Athenaeum.) scene In Beziehung auf die Eigenſchaft des Waſſers, Tone zu leiten, hat Profeffor Colladon zu Genf ein Jele— ſcop des Tons erfunden, mittelſt deſſen er unter dem Waſſer hervorgebrachte Toͤne vernimmt, welche nach Verſuchen, die er zwiſchen Rolle und Thonon angeſtellt hat, auf die Entfernung einer Stunde in 3 Secunden hoͤrbar ſind. Herr C. glaubt, daß es ihm in günftigen Faͤllen moͤglich ſeyn werde, im Meere Mitthei— lungen auf 50 bis 60 Stunden weit zu machen. 169 ueber den Einfluß der Aus dünſtung thieriſcher Subſtanzen auf lebende Pflanzen hat pr. Ball der Ber: ſammlung der Geſellſchaft zur Vervollkommnung der Wiſſenſchaften zu Plymouth folgende Bemerkungen mitgetheilt. „Nachdem ich ein ganz junges Meerſchwein (Delphinus phocaena) wenige Stunden, nachdem es getoͤdtet worden, erhalten hatte, wünfchte ich ſehr, die noch unausgebildeten Knochen des Schaͤdels, ohne beſchwerliche Zer⸗ gliederung und Maceration, zu erhalten. Ich that daher den Kopf in ein irdenes Gefäß und ſchuͤttete eine Maſſe (1 Quart) großer Larven von Musca vomitoria darüber und ſtellte dann das Gefäß in ein Farrnkraut-Haus, d. i., ein ganz kleines Gewaͤchs— haus von etwa 30 Cubikfuß-Gehalt, in der Abſicht, die Larven, wenn fie ſich in große blaue Fleiſchfliegen verwandelt haben würden, ur Fütterung einiger Kroͤten (Bufo vulgaris und Bufo rubeta), die in dem Gewaͤchshauſe eingeſperrt waren, zu verwenden. Ich vers ließ ſie ſo, und als ich nach ſechs Stunden zuruͤckkehrte, mußte ich 170 uͤber die Veränderung, welche das Gruͤn meiner Pflanzen erfahren hatte, erſtaunen. Das Farrnkraut, Osmunda regalis, war rothbraun gewerden, Adianthum capillus Veneris war ganz ſchlaff daliegend; verſchicdene Arten von Aspidium und andere Farren waren, als wenn ſie in kochendes Waſſer getaucht worden waͤren; eben ſo war es mit Rubus corylifolius, während Oxalis acetosella ganz gelb geworden war, und deſſen Blattchen bei der leiſeſten Berührung abſielen: Kurz, keines der Gewaächſe in den Behaͤltern entging der Zerſtoͤrung oder Beſchaͤdigung. Der verbreitete Geruch war nicht der der Faͤulniß, ſondern derjenige, der den Seeſaͤugethieren fo characteriſtiſch iſt. Von Ammonium ſchien kein Geruch bemerkbar. Ich beſcheide mich, nichts daruͤber weiter angeben zu koͤnnen; Herr Dr. Lankester meint, daß der Schaden durch eine Gasart ange— richtet ſeyn möge, welche ſich waͤhrend der Zerſetzung gebildet hatte — da, nach Dr. Turner's und Chriſtiſon's Verſuchen, oft ſehr geringe Quantitäten unorganiſcher Gaſe für Pflanzen giftig wirken. Hei Ueber die Behandlung beginnender Phthiſis. Von Dr. H. Marſhall Hughes. Man nimmt an, daß Tuberkelſchwindſucht in England minde— ſtens ein Fuͤnftel der ganzen Population hinwegrafft. Hat die Krankheit erſt weitere Fortſchritte gemacht, bis zu beträchtlicher Ablagerung, zu Erweichung und ulceration und beſonders zu Hoͤh⸗ lenbildung, fo iſt die Ausſicht auf Heilung durch die Behandlung faft hoffnungstos. Das Aeußerſte, was zu erreichen iſt, ſcheint Er— leichterung der Symptome und Verlangſamung des Verlaufes. Nach den pathologiſchen Unterſuchungen von Laennec u. A. hat man indeß die Contraction von Tuberkelhoͤhlen und die Verwach— jung derſelben als moͤglich erkannt, wodurch eine ſpontane Heilung weit vorgeſchrittener Phthiſis herbeigeführt werden kann. Four— net hat dieß zwar, als nicht hinreichend bewieſen, in neueſter Zeit bezweifelt, und es mag Manches etwas zu oberflächlich unterſucht ſeyn; dennoch iſt die Moͤglichkeit, daß Tuberkelhoͤhlen collabiren und unſchaͤdlich werden, hinreichend begruͤndet. Dem mag aber ſeyn, wie ihm welle, fo iſt gewiß, daß die Heilung einer weit vors geſchrittenen Phthiſis aͤußerſt ſelten und immer nur ſpontan erfolgt. Obwohl wir aber gegen zahlreiche erweichte und bereits aus— gehoͤhlte Lungentuberkeln kein Mittel haben, ſo iſt doch nicht hin— reichender Grund vorhanden, zu glauben, daß Scrophelmaterie nicht abſorbirt oder ſo veraͤndert werden koͤnne, daß ſie in den Lungen nicht länger reize, ebenſogut wie dieß in andern Koͤrper— theilen, z. B., in dem Halſe und Meſenterialdruͤſen der Fall iſt. Wir dürfen annehmen, daß Phtbhiſis in ihren fruͤhern Stadien ge— heilt oder mindeſtens auf unbeſtimmte Zeit ſuspendirt werden kann. Es iſt auch jetzt eine allgemeine und, wie ich glaube, ſich raſch ver— breitende Anſicht, daß durch fruͤhzeitige Anwendung allgemeiner und localer Behandlung mittelſt diaͤtetiſcher und arzeneilicher Mittel die beginnende Krankheit uͤberwaͤltigt und fernere Tuberkelablagerung verhindert werden koͤnne. Das Haupthinderniß für erfolgreiche Behandlung beginnender Phthiſis iſt die Schwierigkeit der Dia— gnoſe, welche man ſelbſt noch vor wenigen Jahren fo anſah, als wenn ſie durch Auscultation und Percuſſion gar nicht vermindert worden wäre. Neuere Blobachtung hat das Geͤgentheil gelehrt, und mit Huͤlfe meines Aufſatzes über die Diaanofe der beginnenden Pyhthiſis (N. Notiz. B. 13. No. 283 S. 295) wird ein mit der Auscultation vertrauter Arzt von feinem Gefuͤhl und gutem Au— genmaaß im Stande ſeyn, die Gegenwart von Lungentuberkeln viel früher zu erkennen, als man bis jetzt für möglich gehalten hat Noch genauer, jedoch zu detaillirt, iſt die Abhandlung von Fournet. . Zweck dieſer Abhandlung iſt nur, das Reſultat meiner eigenen Erfahrung über eine Behandlung mitzutheilen, deren Ideen von Sir James Clark's vortrefflichem Werke über die Schwindſucht und von Carswell's Anſichten über den Hauptſitz des Tuber— kels abgeleitet ſind. Obwohl ich nun dieſe Anſichten dem Weſent— aan lichen nach fuͤr durchaus richtig halte, und obwohl das Reſultat der Behandlung dieſelben noch beſtaͤtigt, fo werden die hier mitzuthei— lenden Thatſachen jedenfalls feſtſtehen bleiben, ſpaͤtere Unterſuchun— gen mögen auf Carswell's Anſichten einwirken, wie fie wollen. Tuberkelphthiſis iſt eine conſtitutionelle Krankheit (hereditär oder erworben), bei welcher unorganiſirbare Materie in fluͤſſigem Zuſtande aus dem Blute ausgeſchieden wird, und zwar zugleich mit den natuͤrlichen Secretionen des Theiles; das Exſudat wird durch Abſorption der fluͤſſigen Beſtandtheſie mit der Zeit feſt und wird entweder auf den Oberflaͤchen zuruͤckgeholten, oder von ihnen ra— ſcher oder langſamer weiter geſchafft, je nachdem dieſe Flachen mit den normalen Ausfuͤhrungsgaͤngen des Koͤrpers in Verbindung ſte— hen; der Hauptſitz iſt die freie Oberflache mucöfer oder ſeroͤſer Haͤute, am haͤufigſten in den Lungen die Schleimhautflaͤche der Luftzellen und kleinern Bronchialroͤhren. Ich glaube uͤberdieß, daß das Secret, obwehl es nicht ſelten ohne geſteigerte Gefaͤßthaͤtigkeit vorkoͤmmt, doch bei beſtebender Praͤdispoſition häufig durch Bron— chitis und andere entzuͤndliche Affectionen befoͤrdert und vermehrt werden. Man wird mir in Bezug auf dieſe Mittheilung vielleicht den Vorwurf machen, daß ich mich zu ausſchließlich auf die Lun— genkrankheit beſchraͤnkt und im Verhaͤltniſſe die conftitutionelle Afs fection, wovon das Localleiden abhängt, zu wenig beachtet hube, Meine Mittheilung fol aber vorzugsweiſe practiſch ſeyn und ſtuͤtzt ſich hauptſaͤchlich auf Spitalbeobachtung an Kranken der ärmern Claſſe, welche nach Beſeitigung des Localleidens ſogleich zu ihren frühern Beſchaͤftigungen zuruͤckkehrten; meine Bemerkungen werden daher uͤber die allgemeine diaͤtetiſche Behandlung nur ſeyr kurz ſeyn koͤnnen. Ich will zuerſt einige Beobachtungen uͤber die einzelnen angewendeten Mittel machen und hierauf von der Combination derſelben bei den verſchiedenen Krankheitsformen ſprechen. Brechmittel find ſchon haͤufig gegen die Symptome und ſelbſt zur Heilung der Phthiſis empfohlen worden. In der neues ren Zeit hat man ſie indeß bauptſaͤchlich nur zur Entleerung der Bronchialaͤſte und der Tuberkelhoͤhten als Erleichterungsmittel in der ſpaͤtern Zeit der Krankheit angewendet. Da uͤberdieß die Dias gnoſe der fruͤhern Stadien bis auf die letzten Jahre ſehr zweifel haft war, da man Eiter im Auswurf als den einzigen ſichern Bes weis der Schwindſucht betrachtete, und da bekanntlich eiterige Mas terie auch auf Schleimhaͤuten ſecernirt werden kann, ſo iſt es mehr als wahrſcheinlich, daß viele Faͤlle, welche als geheilt oder dere mindert nach dem Gebrauche der Brechmittel angeführt wurden, nur chroniſche Bronchitis geweſen ſey. Fruͤher bediente ich mich derſelben nur, um angeſammelte Bronchjalſecrete zu entfernen. Seit ich mit Carswell's Anſicht uͤber den Sitz des Tuberkels bekannt wurde, ſchien es mir aber möglich, durch Brechmittel in der fruͤ⸗ bern Zeit der Krankheit mindeſtens einen Theil der Tuberkelabla⸗ gerung wegzuſchaffen, und es ſchien mir wahrſcheinlich, daß auf dieſe Weiſe der Verlauf der Krankheit weſentlich verlangſamt wer: 171 den koͤnne, wenn es nicht möglich ſey, die naͤchſte Urſache derfel: ben ganz zu entfernen. Ich habe die Brech mittel daher ſehr haͤu— ſig angewendet, leider ohne ſpecielle Bemerkungen daruͤber aufzu— zeichnen. Ich kann daher auch genau die Zahl nicht angeben, glaube aber ziemlich correct zu ſeyn, wenn ich annehme, daß ich die Brechmittel in 120 — 150 Fällen wahrer oder angenommener beginnender Phthiſis verordnet habe. Die angewendeten Mittel waren von verſchiedener Art und Quantität. Ich wollte ein-oder zweimal Erbrechen erregen und fo viel wie möglich alle nachfol— gende Anſtrengung und Erſchoͤpfung vermindern. Anfangs verband ich 5 Gran Kupfervitriol mit 5 Gran Ipecacuanha; da dieß aber haͤufig anhaltendes Wuͤrgen verurſachte, ſo verordnete ich ſpaͤter 6 —8 Gran Kupfervitriol allein oder 10 — 12 Gran Ipecacuanha, je nach der Stärke und Empfaͤnglichkeit des Kranken. Später verordnete ich 10 — 12 Gran Zinkoitriol und noch ſpaͤter 6 Gran Ipecacuanha mit 2 Gran Kupfervitriol. Antimonialien habe ich nicht angewendet, weil ſie leicht Erſchoͤpfung herbeifuͤhren und, wo fie nicht ganz ausgebrochen werden, zu Darmreizung und Diarrhoͤe Veranlaſſung geben; ich bediente mich derſelben nur, wo Verdacht auf Bronchitis oder leichte Paeumonie war. Dieſe Verſuche haben gezeigt, daß bei verſchiedenen Perſonen daſſelbe Mittel nicht auf gleiche Weiſe wirkte; doch ſcheint es nach der Mehrzahl der Faͤlle, daß entweder Z’nkvitriol allein, oder Ipecacuanha zu 12 Gran oder eine Verbindung von 6 Gran Ipecacuanha mit 2 Gran Ku: pfervitriol am beſten wirken. Kleinere Doſen haben bisweilen die Wirkung verſagt und nur Ekel oder Diarrhoͤe veranlaßt. Ich habe das Brechmittel in einigen Unzen warmen Waſſers jeden Morgen nuͤchtern und bei ſchwaͤchern Kranken bloß alle 2 oder 3 Tage nehmen laſſen. Die allgemeine Wirkung, mit einer einzigen Ausnahme, war die, daß der Huſten ſehr weſentlich erleichert und in vielen Faͤllen ganz beſeitigt wurde. Bisweilen, wenn das Brechmittel nicht taͤglich genommen wurde, bemerkten die Kranken, daß der Huſten an den Tagen des Brechmittels beſſer ſey. Indeß war die Abnahme des Huſtens keinesweges der einzige Vortheil, den der Gebrauch der Brechmittel gewaͤhrte; die Erleichterung der Dyspnoͤe, der Beklemmung und des Druckes in der Herzgrube iſt oft ſehr uͤberraſchend geweſen, der Appetit wurde verbeſſert und der ganze Koͤrper geſtärkt. Die Einwirkung auf den Auswurf war ſehr auffallend, jedoch verſchieden; in einigen Faͤllen wurde der profuſe Auswurf vermindert, in andern ganz gehemmt; bei andern erfolgte er leichter, und noch andere fanden, daß der vorher trockene Huſten durch vermehrte Bronchialſecretion ſehr verbeſſert wurde. Ich muß indeß auch erwaͤhnen, daß ſich einige Kranke uͤber die einen groͤßern Theil des Tages fortdauernde Mattigkeit und Uebelkeit und über die bisweilen eintretende Erſchoͤpfung beklagten, obwohl ich auch in dieſen Faͤllen niemals eine anhaltende ſchaͤdliche Folge von der haͤufigen Anwendung der Brechmittel geſehen habe. Dennoch halte ich keinesweges Brechmittel bei allen Faͤllen von Pythiſis und ſelbſt von beginnender Phthiſis für paſſend. Als allgemeine Regel mag gelten, daß, je fruͤher das Stadium und je mehr chroniſch der Character der Krankheit iſt, um ſo vortheilhaf— ter die Brechmittel wirken. In manchen Faͤllen von beginnender Phthiſis haben die Brechmittel, in Verbindung mit andern fpäter zu erwaͤhnenden Mitteln, die Krankheit unterbrochen und, dem Anz ſcheine nach, beſeitigt; in einigen alten chroniſchen Fällen, begleitet von Dumpfheit unter einem oder beiden Schluͤſſelbeinen, jedoch ohne Zeichen von Tuberkelerweichung oder Tuberkelhoͤhlen, hat der Gebrauch jener Mittel großen und auffallenden Vortheil gewaͤhrt. Bei acuter oder fieberhafter Phthiſis haben ſie, ebenſo wenig wie andere Mittel, wenig oder nichts Gutes geſtiftet; bei betraͤchtlicher Schwaͤche oder ſtarkem Schweiß iſt die Wirkung derſelben ſehr zweifelhaft, und wenn bereits Hectik und Erweichung begonnen hatten, fo ſchienen fie den Fortſchritt der Krankheit nicht zu uns terbrechen; obwohl indeß der Vortheil von dem anhaltenden Ge— brauch in ſolchen Faͤllen ſehr fraglich war, ſo haben ſie doch nicht ſelten betraͤchtliche vorübergehende Erleichterung gewaͤhrt. Kurz, Brechmittel ſind bei Weitem die wirkſamſten Heilmittel, welche ich in den frühern Stadien der Phthiſis angewendet habe und anwen- den ſah, und der anhaltende Gebrauch derſelben, in Verbindung mit andern Mitteln ſcheint mir, der Theorie und Erfahrung nach, am 172 meiſten Hoffnung auf Heilung oder wenigſtens auf Hemmung der Krankheit zu gewaͤhren. Blutentziehung. Obwohl Aderlaß bei Phthiſis von Morton und Andern ſehr gelobt worden iſt, ſo habe ich, da ich Phthiſis nicht als eine entzuͤndliche Krankheit betrachte, ſelbſt in fruͤhern Stadien, niemals Venaͤſectionen verordnet, wenn nicht et— wa einzelne Symptome, wie Haͤmoptyſis oder Pneumonie dieß verlangten. Locale Blutentziehungen find indeß häufig mit Vor— theil angewendet worden, beſonders wenn nach den phyſicaliſchen Zeichen der tuberculoͤſe Theil zugleich von Bronchitis oder Pneu— monie befallen war. Drei oder 4 Unzen wurden alsdann durch Schroͤpfen entzogen, oder es wurden 6 oder 8 Blutegel unter ei— nem oder unter beiden Schluͤſſelbeinen angeſetzt; dieß wurde nach 3 —4 Tagen oder nach einer Woche wiederholt, wenn die Auscul— tation bewies, daß die locale Entzuͤndung noch nicht beſeitigt war. Die naͤchſte Folge war Verminderung oder Aufhoͤren der Zuſam— menſchnuͤrung der Bruſt und des dumpfen druͤckenden Schmerzes, welcher durch die Schulterblaͤtter durchging; Verminderung der fieberhaften Erregung und des Huſtens und beſonders Beſeitigung des Gefuͤhles von Rauhigkeit bei'm Huſten, woruͤber Bronchitiſche ſo haͤufig klagen. Obwohl indeß bisweilen locale Congeſtion, Bronchitis oder Pneumonie vorhanden war, ſo wurde doch ſelbſt locale Blutentziehung nicht verordnet; indem ſie nicht zur Beſeitigung der von Tuberkeln abhaͤngigen Symptome, ſondern bei zufaͤlligen Complicationen oder bei ſolcher Beſchaffenheit der Lungengewebes oder der Bronchialhaut angewendet wurden, welche eine baldige Erweichung oder vermehrte Ablagerung der Tuberkelmaterie be— fuͤrchten ließen. Bei reiner chroniſcher Phthiſis, wenn ſie auch noch friſch war, wurden andere Mittel vorgezogen. Hautreize wurden in verſchiedenen Formen angewendet, z. B., bei Complication mit localer Bronchitis; nach oder bisweilen auch ohne Blutentziehung wurden kleine Blaſenpflaſter unter der clavicula ein- oder mehrmal angewendet; bei der mehr chroniſchen Form wurde Brechweinſteinſalbe vorgezogen, waͤhrend ich Sto— tes’s Liniment aus Eſſigſaͤure und Terpentingeiſt Morgens und Abends in die Bruſt einreiben ließ, bei Kranken, welche ſchwaͤchlich und reizbar waren, und bei denen eine mehr oder min— der reichliche klare, ſeroͤſe Bronchialſecretion, bisweilen mit Blut— ſtreifen gemiſcht, vorhanden war; es mochten die Zeichen von Lun— gentuberkeln vorliegen, oder nur die Ablagerung derſelben wahr— ſcheinlich ſeyn oder Erweichungen bereits begonnen haben. Die Wirkung der Blaſenpflaſter war hier, wie bei gewoͤhnlicher Bron— chitis, faſt immer guͤnſtig. Das Liniment, aus einer Unze ſtarker Eſſigſaͤure und zwei Unzen Terpenthinſpiritus, miteinander geſchuͤt— telt, bewirkte nicht allein eine Erleichterung der Symptome durch Verminderung der Dyspnoͤe und freiere Ausdehnung der Bruſt, ſon— dern auch wohl dadurch, daß die Kranken fuͤr atmoſphaͤriſche und andere aͤußere Einfluͤſſe weniger empfindlich wurden. Nach der ganz enthuſiaſtiſchen Weiſe, in welcher einige Kranke von der Erleichterung geſprochen haben, die ſie bei Bronchitis oder in den fruͤhern Stadien der Phthiſis davon erfuhren, kann ich nur glau— ben, daß der Nutzen der Einreibung bisweilen groͤßer war, als man bloß nach der Wirkung derſelben als Gegenreiz erklaͤren konnte. Der Nutzen der Brechweinſteinſalbe und anderer Gegen— reize bei chroniſchen Fällen war weit weniger merklich. Es find mir jedoch Zweifel vorgekommen, ob in dieſen Faͤllen, wo die Uls ceration noch nicht begonnen hat, irgend ein poſitiver Vortheil von ihrer Anwendung hergeleitet werden konnte. Antimonialien habe ich, wie die beiden letzten Claſſen von Mitteln, mehr gegen Complicationen als gegen Phthiſis ſelbſt an— gewendet, beſonders bei Complicatioß mit Bronchitis und Erpec: toration eines zaͤben ſchaumigen Schleimes. Unter ſolchen Umſtaͤn— den habe ich Tart. stibiatus in Dofen von z oder 4 Gran mit oder ohne einige Gran Extr. Conii mit gutem Erfolge gegeben, jedoch unmittelbar ausgeſetzt, ſobald die entzuͤndlichen Symptome aufhoͤrten. In andern und in mancher Beziehung entgegengeſetzten Faͤllen mit einem beſonders trockenen und reizenden Bronchialhu— ſten habe ich den Goldſchwefel zu 5 — 8 Gran dreimal täglich ver- ordnet, obwohl bisweilen das Vorhandenſeyn von Tuberkeln wahr: ſcheinlich war, während in andern Faͤllen phyſicaliſche Zeichen ba» 173 von nicht zu bemerken waren. Die Wirkung des Mittels war un« ſicher; in einigen Faͤllen hatte es gar keine Einwirkung, während in andern gleichzeitig mit der Bronchialſecretion fehr merkliche Er⸗ leichterung eintrat. Jodine. Die vortreffliche Wirkung der Jodpraͤparate zur Erregung der Abſorption, der auffallende Vortheil von ihrem Ger brauche bei Druſenanſchwellungen und andern Ablagerungen ſcro— phuldfer Materien, die Aehnlichkeit oder vollkommene Gleichheit ferophulöfer und Tuberkelmaterie, die entſchieden alterirende Wir kung, die guͤnſtige Wirkung bei struma, Alles deutet darauf hin, daß Jodpräparate in der frühern Periode der Phthiſis verſucht zu werden verdienen. Die Einwirkung dieſes Mittels auf ſcrophuldſe Anſchwellungen iſt bekannt. Betrachtliche Ablagerungen verſchwin— den während des Gebrauchs, und es läßt ſich nicht einſchen, warum daſſelbe unter gleich günftigen Umfländen nicht auch gleich günftig auf ſcrophuldſe Ablagerungen in der Lunge wirken ſollte. Ich habe daher den Verſuch in einigen Fallen mit dem auffallendſten Erfolge gemacht; in andern Fällen war wenig oder kein Nutzen von dies ſem Mittel zu ſehen, und in wenigen Faͤllen wurde der Huſten ver⸗ ſchlimmert und der Magen ſelbſt gegen kleine Doſen des Mittels empfindlich. Ich habe es zu „ — 1 Grammen mit 2 — 4 Gran Kali hydroiodieum und 3 — 3 Drachmen Syrupi capitum papa- veris entweder in einfachem Waſſer oder in einem Columbo : Infu⸗ ſum gegeben. Die Wirkung des Mittels iſt, in der Regel, lang⸗ ſam, und ich habe ſelten oder nie in dem Dispensary, wo die Kran» ken nicht mehr kommen, ſobold fie wieder im Stande find, zu ar— beiten, Gelegenheit gehabt, die Abſorption der Tuberkeln durch Aufbören der phyſicaliſchen Zeichen derſelben zu conſtatiren; aber nach dem verbeſſerten Ausſchen und der Zunahme der Kräfte bei mehreren der Patienten bin ich uͤberzeugt, daß Jod und ſeine Prä: parate bei der Behandlung beginnender Phthiſis ſehr wertt volle Mittel ſind. Sedativa habe ich nur ſelten angewendet, zur Beſchwich— tigung des Huſtens und um Ruhe zu verſchaffen; ich glaube, daß einige, die viel geruͤhmt werden, in dem Anfangsſtadium weniger, als nutzlos find. Bei Huſtenparoxyemen iſt die Blauſaͤure von voruͤbergehendem Nutzen, wiewohl keinesweges in dem Grade, wie einige italienifche Aerzte behauptet haben; in andern Faͤllen habe ich den wichtigern Mitteln einige Gran Conium zugeſetzt; und die— ſes, Hyoscyamus oder ſalzſaures Morphium babe ich bisweilen gegeben, um Schlaf zu verſchaffen. Digitalis habe ich bei begin⸗ nender Phthiſis nie gegeben, außer wenn fie von profuſer Haͤmo— ptyſis begleitet war. Tonic. Nach Beſeitigung der localen Reizung durch die Tuberkeln habe ich reichlich tonica angewendet, in der Hoffnung, das Allgemeinbifinden des Kranken zu verbeſſern, und die krank— bafte Beſchaffenheit der fluͤſſigen und feſten Theile des Körpers um zuaͤndern, worauf die Abſonderung der Tuberkelmaterie wahr: ſcheinlich berubt. Gewoͤhnlich gab ich fie mit Jod; wo dieſes Mit: tel aber nicht paßte, verordnete ich entweder Eiſenoxyd oder Tinet, Ferri muriatiei in einem bittern Infuſum, oder einen Gran Eis ſenvitriol, oder 2 Gran ſchwefelſaures Chinin mit einem Rofenaufs guſſe. Daneben die nabrbaftefte Diät, welche der Magen vertrug, mäßige Bewegung in freier Luft, wo moͤglich Reiten, Landaufent— halt in einer milden, trockenen Luft, deren fortdauernden Einfluß ich bei Weitem für das beſte toniſche Mittel bei beginnender Phthi— ſis halte. Da das Leiden in feiner Entwickelung und in feinen Sympto— men fehr verſchieden iſt, fo find auch dieſelben Mittel nicht in je— dem Falle gleich anwendbar; deßwegen mögen noch einige Bemer— kungen über die einzelnen Krankheitsformen beigefügt werden. Es iſt zu bemerken, daß bei Weitem die groͤßte Anzahl der ſo behan— delten Kranken Maͤnner waren, theils weil in dem Spitale dieſel⸗ ben mir zugetheilt waren, theils weil es bei der Praxis im Dis- pensary leichter war, die Männer, als die Frauen, einer ſtetho— fcopifchen Unterſuckung zu unterwerfen. Ich beſchraͤnke mich auf die drei gewoͤhnlichſten Formen, mit Uebergebung der fieberhaften Phthiſis, gegen welche ich kein nur einigermaaßen guͤnſtiges Vers fahren anzugeben im Stande bin. 174 1) Beginnende Phthiſis mit Bronchitis, bei erblis cher Anlage durch große Dispofition zu Catarrhen und durch ei⸗ nen nach Erkaͤltung eintretenden anhaltenden Huſten mit ſchaumi⸗ ger sputa, beſchleunigter Reſpiration und leichtem Fieber ſich zei⸗ gend. Ueber der Lungenſpitze bört man ein ſchleimiges Raſſeln, welches man bei hinreichender Uebung von dem feuchten ſprudeln— den Geräufche erweichter Zuberfein leicht unterſcheidet; vermehrte Reſonnanz der Stimme in den obern Theilen der Bruſt und auch eine leichte Abſtumpfung des Percuſſionstones in dieſer Gegend. Zuerſt verordnete ich in ſolchen Faͤllen Schroͤpfkoͤpfe oder Blutegel unter dem Schlüffelbeine, 1 oder 1 Gran Tart. stibiatus, biswei⸗ len mit 2 oder 3 Gran Extr. Conii und ſalzigen Abführmitteln. Wenn dadurch in einer Woche die entzündlichen Symptome nicht weſentlich vermindert wurden, ſo wurden die Mittel wiederholt, oder die Blutentzichung durch kleine Blaſenpflaſter erſetzt. Traten die bronchitiſchen Symptome zuruck, was bei dieſer Behandlung in wenigen Tagen zu geſchehen pflegte, und blieb nur ein rauher, trockener Huſten mit heiſerer Inſpiration, größerer Intenfität des Exſpirationegeräuſches und leichter Veränderung der Stimme zus ruck, fo gab ich Brechmittel jeden zweiten Morgen, eine Mixtur mit Jod und das Liniment aus Efjigfäure und Terpentindl mit vortrefflicher Wirtung. Hiernach blieb nach wenigen Wochen ges woͤhntich bloß noch blaſſes Geſicht und leicht beſchleunigter Puls zuruck. Nun empfahl ich konica, Landluft und naͤhrende Diät, worauf Beſſerung des Allgemeinbefindens, der Ernährung und Farbe und bisweilen abſolute Beſeitigung jedes phyſicaliſchen Zei— chens einer Tuberkelablagerung folgte, außer, daß vielleicht ein Wenig Heiſerkeit der Reſpiration zurückblieb. Dieß war das Reſultat bei den günftigen Faͤllen; bisweilen jedoch wurden die Bronchialſymptome durch die Behandlung nicht gebeſſert, das Allgemeinbefinden verſchlimmerte ſich, die Erweichung fing an, der Auswurf wurde ſchleimig, purulent, weißgeſtreift, und es folgte Hectik; in andern feltenern Fällen breitete ſich die Bronz chitis aus; es entwickelte ſich Dyspnoe und die traurige Form der fieberhaften Phthiſis. Daünnoch kann man mit Zuverſicht behaup— ten, daß man bei der empfohlenen Behandlung und bei gehoͤriger Bekaͤmpfung der localen Entzündung manche Perſonen heilen wird, welche nach dem Verlaufe und nach allen Erſcheinungen unzweifel— haft an beginnender Phtgiſis leiden. 2) Die Form mit Bluthuſten. Wenn bei einer kraͤfti⸗ gen Perſon mit freier Reſpiration oder fo allmaͤlig ſich entwickeln der Dyspnoͤe, daß ſie der Aufmerkſamkrit des Kranken und feiner Angehörigen entgeht, plotzlich ein betraͤck tlicher Bluthuſten aufge— treten war, der bereits durch eine angemeſſene Behandlung beſei— tigt worden und nicht wieder eingetreten ift, und wenn ſeit dem Bluthuſten der Kranke von andauerndem Huſten, der fruͤher nicht vorhanden war, gepeinigt wird; wenn Lungencongeſtionen durch Dyspnde, partielle Turgescenz des Geſichtes, vollen weichen Puls, ein pfeifendes oder ſonores Roſſeln und ſtellenweiſe weiche Crepi— tation angezeigt wird, fo verordne ich zuerſt Venäſection mit ſal⸗ zigen Abfuͤhrmitteln und Mineralfäuren, hierauf örtliche Blutent⸗ ziebungen und Blaſenpflaſter. Hat ſich der Blutbuſten wieder ein— geſtellt, oder iſt er erſt neuerdings eingetreten fo habe ich biswei— len eine Mixtur mit eſſigſaurem Blei, Eſſigſaͤure und Opium zu den bereits genannten Mitteln hinzugefuͤgt; in andern Fällen ließ ich bei'm Eintritte der Blutung einen Theeloͤffel voll Terpenthin— geiſt nehmen; dieſes letzte Mittel ſchlug bisweilen auf der Stelle an, wenn andere Mittel nicht im Stande geweſen waren, die Blutung zu hemmen. In anderen Faͤllen, in welchen nach einer geringen Quantität Blutbuſten die sputa gefärbt blieben oder überhaupt nur einige Blutftrrifen ſich zeigten und wo der Kranke zugleich ſchlaff war, einen kleinen, ſchwachen Puls und kein Fieber batte, da gab ich neben ſalzigen Abfuͤhrmitteln und Blaſenpflaſtern 8 — 10 Tropfen Tinct. Ferii muriatici, drei oder viermal täglich, mit großem Vortheile. Ich fand es nicht gerathen, Kranken den haufigen Gebrauch der Brechmittel zu empfehlen, welche ich woͤ— chentlich nur ein oder zwei Mal zu ſehen bekam, waͤhrend ſie an Hämeptyſis in milderer oder ſchwererer Form litten; dennoch muß ich bemerken, daß mir kein einziger Fall bekannt iſt, wo Brechmittel den Bluthuſten wieder erregt haͤtten. Wenn jedoch 175 der Bluthuſten aufgehoͤrt hatte, die allgemeinen und örtlichen Zeichen beginnender Pothiſis aber fortdauerten, fo begann ich mit dem Gebrauche der Brechmittel und der auch bei den andern For— men angewendeten Behandlung. 8) Die einfache chroniſche Phthiſis. Dazu gehoͤren alle langſam fortſchreitenden Faͤlle ohne Bronchitis oder Haͤmopty— ſis. Der Kranke, welcher entweder wegen angeborner phthiſiſcher Anlage oder wegen der Einwirkung nachtheiliger Einfluͤſſe (wie eingeſchloſſene, unreine Luft, mangelhafte Kleidung, ſchlechte Nah: rung) uͤbel ausſieht, wie bei Tuberkelcachexie, klagt oft nur uͤber Huften und Abmagerung. Bei Unterſuchung der Bruſt findet man geringe Woͤlbung der obern Rippen, welche ſich nicht einzeln, ſon— dern nur en masse bewegen. Dieß iſt entweder auf eine Seite beſchraͤnkt, oder wenigſtens auf einer Seite ſtaͤrker entwickelt; haus fir findet ſich dabei Abplattung der Infraclavicular-Gegend. Der Percuſſionston iſt bisweilen veraͤndert, bisweilen nicht, und beſteht bisweilen nicht in einer Verminderung der Klarheit des Tones, ſondern in einer Veraͤnderung des Characters deſſelben. Die In— fpiration iſt heiſer, trocken, das weiche Reſpirationsgeraͤuſch iſt kaum bemerkbar, das Exſpirationsgeraͤuſch verftärft, und bisweilen ſelbſt non größerer Dauer, als die Inſpiration. Die Stimme iſt nicht weſentlich verändert, jedoch an dem obern Theile des tho- rax ſchaͤrfer und lauter, als an andern Theilen und bisweileu ſo— gar mit den Fingern ebenſowohl zu erkennen, wie mit dem Ohre. In dieſen Fallen habe ich die Behandlung durch emetica om ausgedehnteſten angewendet und ſehr bülfreich gefunden. Ich habe ſie drei bis vier Wochen lang jeden Morgen nehmen laſſen und die Haͤufigkeit der Anwendung, ſo wie die Dauer derſelben, nach der Dauer oder Abnahme der Symptome beſtimmt. Ihre Wirkung auf den Huſten war, in der That, Erſtaunen erregend und bei den uͤbrigen Symptomen, wenn auch weniger bemerkbar, doch eben— falls ſehr nuͤtzlich. Schon nach einer Woche fortgeſetztem Gebrau— che war bisweilen der Huſten ganz verſchwunden, obwohl er vorher Monate lang gedauert hat; war die Wirkung des Erbrechens vor— bei, ſo war der Appetit gewoͤhnlich vermehrt. Nur wenige Kranke wuͤnſchten, obwohl ſie die vortheilhafte Wirkung anerkannten, we— gen der andern unangenehmen Beiwirkungen das Mittel auszuſez— zen. In Verbindung mit haͤufigen Brechmilteln, habe ich das Jod in der erwähnten Form und Brechweinſteinſalbe in der Jafraclavi— culargegend angewendet; ich kann daher nicht mit Beſtimmth leit fagen, welches dieſer drei Mitte, oder ob dieſe nur in Verbin— dung fo guͤnſtig wirken. Aus der Erfahrung über Fälle aus eis ner andern Claſſe bin ich aber geneigt, anzunehmen, daß der Hu— ſten hauptſaͤchlich durch die Brechmittel beſeitigt worden iſt, und daß die Reizfalbe nur wenig dazu beigetragen hat. Nach vollkom— mener Beſeitigung des Huſtens und der meiſten phyſcaliſchen Zei— chen habe ich tonica, Jodeiſen oder Eiſenvitriol, naͤhrende Diät und Landluft empfohlen. Durch dieſe Behandlung habe ich nicht ſelten ſedes Symptom beginnender Phthiſis beſeitigt und das Allgemeinbefinden verbeſſert; freilich nicht bei allen Fällen, wenn Erweichung oder Ulceration bereits begonnen hatte, in welchem Falle man aber auch nicht mehr von beginnender Pyothiſis ſprechen kann, wovon ih bier allein et— was mittheilen und wofuͤr ich meine Behandlung empfehlen wollte. 176 Wenn ich aber auch nicht behaupten kann, die beginnende Phthiſis geheilt zu haben, (denn dazu mußte das Vorhandenſeyn und die nachherige Beſeitigung der Lungentuberkeln beſtimmt nachgewieſen werden koͤnnen), fo glaube ich doch, ſowohl nach meiner Beobach— tung, als nach der Theorie, daß meine Behandlungsweiſe die Hei— lung zu Stande bringen kann jedenfalls wurde der Fortſchritt der Krankheit gehemmt und das Wichtige erreicht, daß Zeit für die Verbeſſerung der conſtitutionellen Krankheit gewonnen wurde. (Guy’s Hospital Reports. Vol. 5.) Miscellen. Heilung des tetanus traumaticus durch Nerven⸗ durchſchneidung iſt von Herrn Pecchioli in zwei Faͤllen er: reiht worden. Der erſte betraf einen Bauerburſchen, welcher eine zerriſſene Wunde der großen Zehe hatte und ſeit 24 Stunden an tetanus litt; es wurde an der Stelle, wo der nervus saphenus in- ternus Über das os cuneiforme primum hinweglaͤuft, ein Einſchnitt. von 8 Linien gemacht und ſodann die Spitze des Meſſers bis auf den Knochen eingeſtoßen, um ſicher zu ſeyn, daß der Nerv voll— kommen getrennt ſey. Kaum war die Operation beendet, ſo hoͤr— ten die Schmerzen im Fuße auf, die krampfhaften Contractionen verminderten ſich und verſchwanden bald gaͤnzlich. Fuͤnf Monate darauf kam ein Menſch von dreißig Jahren in das Spital, mit einer Schnittwunde der Weichtheile uͤber den beiden erſten Meta— tarſalknochen; zugleich litt der Kranke an tetaniſchen Kraͤmpfen und an lebhaften Schmerzen im Grunde der Wunde. Ein Ein: ſchnitt von 10 Linjen, in der Richtung von Vorn nach Hinten, 1 Zoll oberhalb des innern Knoͤchels, trennte den nervus saphenus internus gleichzeitig mit der vena saphena magna. Dieſe Durch- ſchneidung war ſehr ſchmerzhaft; auch hoͤrten die Schmerzen in der Wunde und die tetaniſchen Contractionen nicht ebenſo ſchnell auf, wie bei dem erſten Kranken. Die venoͤſe Blutung wurde leicht geſtillt Zuerſt glaubte man, daß einige Nervenſtraͤnge un— getrennt geblieben ſeyen; ehe eine neue Operation unternommen wurde, wollte man jedoch etwas warten, und man that wohl daran, denn am zweiten Tage waren alle Zufaͤlle verſchwunden. (Aus dem Bulletino delle scienze mediche in der Gaz. med, Juillet 1841.) Ueber Louvrier's Behandlung der wahren Anchy⸗ loſen durch den gewaltſamen Ertenſionsapparat hat Herr Berard der Acad. Royal de méd. einen ſehr unguͤnſtigen Bericht abgeſtattet; ungluͤcklicher Weiſe waren die erſten Verſuche, welche in Paris damit gemacht wurden, von guͤnſtigem Erfolge; bald kamen die uͤbeln Falle nach; zwei Kranke ſtarben an nachfol— gender Gelenkentzuͤndung; bei einem wurde der Unterſchenkel in Folge einer Zerreißung der poplitea brandig, und bei den übrigen Kranken wurde der Fuß doch nicht gerade, das Glied blieb lahm oder ſchmerzhaft. Das Reſultat des Berichtes iſt der Vorfchlag, die Louvrier'ſche Maſchine, wegen ihrer Gefährlichkeit, aus dem chirurgiſchen Apparate ganz zu verbannen. (Arch. geu., June 1841.) Bibliographische The History and Ethnography of the Nations of Europe and Asia, forming Vol. III. of Researches into the physical Hi- story of Mankind By J. C. Prichard ete. London 1841. 8. Traité &l&mentaire des Réactifs, leurs préparations, leurs em- plois spéciaux et leur application à l’analyse; par A. Payen 1805 Chevallier. Supplement par A. Chevallier. Paris 1841. 8 Nei ite. De l’anaplastie des lèvres, des joues et des paupieres. Par Ph. Rigaud Paris 1841. 8. M K La chirurgie simplifide, ou M&moires pour servir à la reforme et au perfectionnement de la médecine opératoire. Par Mat- thias Mayor. Tome second. Paris 1841 8. Mit zwei K. (Vergl. N. Notizen Nr. 392. [Nr. 18. des XVIII. Bds.]) — — . Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratte Froriev zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſer Frorier zu Berlin. Ne. 408. (Nr. 12. des XIX. Bandes.) Auguſt 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. e en "6. Ueber den Einfluß, den die Berge in verſchiedenen Theilen der noͤrdlichen Halbkugel zur Winterszeit auf die Temperatur ausuͤben. Von T. Hopkins. Zuvoͤrderſt bemerkte Herr Hopkins, daß man zwi— ſchen 40° und 70° n Br. unter demſelben Breitegrade, vorzuͤglich im Winter, eine große Verſchiedenheit der Tem— peratur beobachte, welche bis 40 und 50“ F. betragen koͤnne. Die weſtlichen Kuͤſten der beiden Continente, fuhr er fort, haben ein bedeutend milderes Clima, als die oͤſtli— chen, und da der Wind an den erſtern gemeiniglich von der See her weht, waͤhrend er an den letztern mehrentheils von der Landſeite kommt, ſo hat man in dieſem Umſtande den Grund der climatiſchen Verſchiedenheit erkennen wollen. Dieſer Schluß vertraͤgt ſich jedoch nicht mit den übrigen Umſtaͤnden; denn die Niedrigkeit der Temperatur iſt der Entfernung von der Weſtkuͤſte nicht proportional. In der ganzen noͤrdlichen Halbkugel ſteht das Clima zu der Erhe— bung der Bodenoberflaͤche in einer gewiſſen Beziehung, und der Grund davon liegt nicht lediglich in der localen Erhe— bung uͤber der Meeresflaͤche an ſich, ſondern auch in dem Einfluſſe, welchen die Erhabenheiten auf der Erdoberflaͤche auf die Atmoſphaͤre aͤußert. [Hier hat Herr Hopkins der Verſammlung in Plymouth eine Zeichnung vorge— zeigt, welche Hadley's Theorie der Strömungen in der Atmoſphaͤre erlaͤuterte.) ach dieſer Theorie erhebt ſich die Luft in den Tropengegenden, fließt oben nach den Polargegenden zu uͤber und kehrt, abgekuͤhlt an der Ober— fläche hinſtreichend, nach den Wendekreiſen zuruck In Folge dieſer Ungleichheit in der Verſchiedenheit der Tempe— ratur der Luft wuͤrde demnach auf der noͤrdlichen Erdhalb— kugel oben eine Strömung gegen Norden und unten eine gegen Suͤden ſtattfinden. Die Bewegung dieſer Stroͤmun— gen wird aber durch die Ungleichheit in der Geſchwindigkeit, mit welcher ſich verſchiedene Stellen der Erdoberfläche, No. 1508. r vom Aequator bis zum Pole betrachtet, um die Erdaxe drehen, veraͤndert, ſo daß die obere Stroͤmung gegen Nord— oſt und die untere gegen Suͤdweſt geht. Dieſe an ſich richtige Theorie erklaͤrt indeß die an der Erdoberflaͤche vor— kommenden Erſcheinungen nicht, indem ſie nicht alle daſelbſt in Wirkſamkeit ſtehende Thaͤtigkeiten beruͤckſichtigt, durch welche die allgemeinen Reſultate bedeutend modificirt werden. Indem die Polarſtroͤmung aus Nordoſt gegen Suͤdweſt geht, trifft fie auf Erhabenheiten an der Erdoberfläche und wird folglich, wenn ſie auf eine zu der Richtung der allgemeinen Strömungen nach der Queere ſtreichende Anhöhe oder Berg: kette ſtoͤßt, in ihrem Fortſchreiten behindert, ja vielleicht ges hemmt und genoͤthigt, als eine obere Stroͤmung nach dem Pole zuruͤckzukehren, waͤhrend jenſeits des Hinderniſſes, naͤm— lich naͤher am Aequator, die tropiſche oder obere Stroͤmung in dieſer Gegend keine Gegenſtroͤmung vom Pole her trifft, daher gegen jenes Hinderniß zu ſich niederſenkt und von dort aus, theilweiſe abgekuͤhlt, als eine untere Stroͤmung zu— ruͤckkehrt. Die Folge davon wird ſeyn, daß, fo weit ein ſolcher Hoͤhenzug ſich erſtreckt, die großen atmoſphaͤriſchen Strömungen, ſtatt vom Aequator nach dem Pole und zu— ruͤck zu ſtreichen, an der Ruͤckſeite des Hinderniſſes vom Pole bis zu dem Hinderniſſe und dann wieder nach dem Pole zuruͤck, an der Seite aber vom Aequator bis zum Hinderniſſe und wieder nach dem Aequator zuruͤckgehen, ſo daß ein ſolcher Hoͤhenzug im Winter die Scheidelinie zweier, in climatiſcher Ruͤckſicht ſehr verſchiedener Landſtriche bilden wird. In America erſtreckt ſich eine hohe Bergkette von Mexico bis zum Eismeere, und manche Gipfel des Felſen— gebirges ſollen bis 25,000 F. Hoͤhe erreichen. Dieſe Kette ſtreicht queer durch die ſchraͤge Linie der atmoſphaͤriſchen Hauptſtromungen und bildet ein ſolches Hinderniß, wie wir oben beſchrieben haben. In der alten Welt dehnen ſich mehrere ſolche Bergketten, naͤmlich der Himalapa, Hindu— Kuſch, die Berge Mittelaſiens und Kleinaſiens, nebſt dem Caucaſus, der Balkan, die Illyriſchen, Noriſchen ꝛc Alpen, 12 179 —— von dem ſuͤdlichen Ende des Himalapa bis zu den Alpen in der Schweiz aus, und das auf der Mordoſt eite dieſer Ket— ten anzutreffende Clima iſt von dem auf der Suͤdweſtſeite berrſchenden weſentlich verſchieden. Am ſtaͤrkſten zeigt ſich dieſer Unterſchied zu Anfang des Winters, und man ſchreibt dieß den verſchiedenen Quantitaͤten von hier und dort aus der Atmoſphaͤre niedergeſchlagenem Waſſerdunſte zu. Ueber dem Meere enthaͤlt zwiſchen den Wendekreiſen die Luft fo viel Waſſerdunſt, daß der Thaupunct bei + 99 F. iſt und der Dunſt u der ganzen Atmoſphaͤre ausmacht. Wenn dieſer ſämmtliche Dunſt niedergeſchlagen würde, fo erhielte man eine Hohe von ctwa 9 Zell Waſſer. Dieſer Dunſt wird im Herbſte und zu Winters Anfang, wo die nördliche Hemiſphaͤre ſich abkuͤhlt, regelmäßig von dem Ae— quator gegen Nordoſten nach dem Pole zu oder gegen ir— gend eine hemmende Erhoͤhung der Erdoberflaͤche getrieben und großentheils niedergeſchlagen, und der Niederſchlagung dieſes Dunſtes iſt die große Verſchiedenheit in dem Winter— clima verſchiedener Stellen deſſelben Breitegrades der noͤrdli⸗ chen Halbkugel hauptſaͤchlich zuzuſchreiben. Der Dunſt aus den tropiſchen Gegenden des ſtillen Weltmeers, welcher mit den in jenen Regionen herrſchenden Suͤd- und Suͤdweſt— winden gegen Nordoſt zieht, wird gegen die Mordamericanis ſche Bergkette getrieben und dort niedergeſchlagen. Die Folge davon iſt, daß die Länder auf der Suͤdweſtſeite dieſer Kette im Winter ein feuchtes und warmes Clima haben, welches ſich von der heißen Zone bis zum Nootka-Sunde und noch weiter gegen Norden erſtreckt. Capitaͤn Cook, Lewis und Clarke, Capit Baſil Hall und Hum— boldt beſchreiben das Clima jener Gegenden in der Weiſe, daß über die erwähnte Thatſache kein Zweifel befteben kann. Auf der entgegengeſetzten oder nordoͤſtlichen Seite jener Berg— kette findet man aber im Winter ein ganz anderes Clima, nämlich ein ſich durch Trockenheit und Kälte auszeichnen des. Nach den Berichten des Capit ins Parry, des Ca— pitaͤns Back, Lewis und Clarke's iſt der Winter von den Kuͤſten des Eismeers bis zum Miſſuri außerordentlich ſtreng und mehrentheils trocken. Hier haben wir alſo ein ſchlagendes Beiſpiel, wie einestheils die Niederſchlagung, und anderntheils die Abweſenheit der Duͤnſte auf die Be— ſchaffenheit des Ciima's verſchiedener Länder einwirkt. In der alten Welt bringen die ſelben Urſachen dieſelben Werkun— gen hervor An der Suͤdweſtſeite der verſchiedenen Haupt— gebirge iſt im Herbſte und zu Anfang des Winters die Witterung im Verhältniſſe zur Breite ungemein warm und feucht. Dieß zeigt ſich zumal in Hindoſtan und an der Südweſtkuͤſte Italiens, während nordöftlih von jenen Ge: birgen, in dem Striche von Polen, durch Rußland, Mit: telaſien und Sibirien, das Clima kalt und trocken iſt Die ſehr ſchweren Regengüſſe, welche ſuͤdlich vom Himalaya herabfallen, deuten auf eine in jenen Gegenden ſtattfindende ungewoͤhnlich ſtarke Niederſchlagung von Duͤnſten hin, und die Wirkung, welche dieſer Umſtand auf das Clima aͤußert, iſt ſehr auff lend. Die Thaͤler find bis zu einer ſehr be— deutenden Höhe hinauf bewohnbar, fo daß, nach des Ma: jors Archer Angabe, unter 32° n. Br. bis zu 13,000 180 F Uber der Meeresflaͤche Waizenbau ſtattſi det, wahrend Humboldt berichtet, daß auf Teneriffa, 4% ſuͤdlicher, über 1,300 F. hinaus, der Waizen nicht mehr gedeiht, Allein wenn die in der Atmoſphaͤre aufgeloͤſ'ten Duͤnſte ſaͤmmtlich oder faſt ſaͤmmtlich an hohen Bergketten nieder: geſchlagen worden ſind, ſo koͤnnen ſich deren erwaͤrmende Einfluͤſſe natuͤrlich nicht uͤber jene Bergketten hinaus erſtrek— ken. Deßhalb finden wir die zwiſchen letztern und dem Pole liegenden Landſtriche im Herbſte und Winter trocken und ungemein kalt. Man nehme, z B, an, die aſiati— [hen Hauptgebirge lägen weiter noͤrdlich, 3 B., in Nord» ſibirien, dann würden zwiſchen dem Argrator und Sibirien ſich keine Linien befinden, wo die Duͤnſte niedergeſchlagen und von Sibirien abgehalten werden; und dies jetzt im Winter ſo kalte und trockene Land wuͤrde ſich gewiß dann eines verhaͤltnißmaͤßig feuchten milden Ctima's erfreuen. Die Britiſchen Inſeln werden gegenwaͤrtig im Herbſte und zu Anfang des Winters durch den aus den Tropengegenden herbeigefuͤhrten Waſſerdunſt erwaͤrmt; erſtreckte ſich aber eine hohe Bergkette von den Canariſchen Inſeln bis Newyork, fo würde der jetzt bis uͤber 50° n Br. hinausgelangende Dunſt 10 bis 15° ſuͤdlicher niedergeſchlagen werden und die Br'- tiſchen Inſeln im Winter ſo kalt ſeyn, als Aſien und Nord— america es unter denſelben Breitegraden ſind. Daß die re— lative Lage des Waſſers und Landes an der großen clima— tiſchen Verſchiedenheit nicht allein Schuld ſind, laͤßt ſich darthun, indem man gewiſſe Veränderungen in der Beſchaf— fenheit der Erdoberflaͤche in gewiſſen Gegenden annimmt. Wurde Mittelaſien zu einem Ocean, fo würde deßhalb der von den Tropengegenden heraufgefuͤhrte Waſſerdunſt noch immer vom Himalaya 2c niedergeſchlagen werden, und jez ner Grad von Trockenheit und Kälte, welcher dem Auffan⸗ ger der Duͤnſte durch jene Hochgebirge zugeſchrieben werden meiß, wuͤrde in Mittelaſien nichtsdeſtoweniger fortbeſtehen, wenngleich ſich dort nicht mehr Land, ſondern Meer befinde. Auf der andern Seite nehme man an, es erſtrecke ſich von Spanien bis zur Davisſtraße, an der Stelle, wo jetzt der atlantiſche Ocean wogt, ein Strich flachen Landes, fo wuͤrde dieſer ſo wenig, wie das Meer, den Zug des Waſ— ſerdunſtes aus den Tropengegenden nach den Britiſchen In— ſeln hemmen, und erſt dann wuͤrden weniger Duͤnſte Eng— land erreichen, wenn dieſer Landſtrich im Spaͤtwinter de— deutend kaͤlter geworden waͤre, als der Ocean es unter den gegenwaͤrtigen Umſtaͤnden im Durchſchnitte iſt, da dann al— lerdings ein Theil der tropiſchen Duͤnſte ſuͤdlich von Groß» britannien niedergeſchlagen werden würde. Nach dieſen vers ſchiedenen Betrachtungen muͤſſen wir zu dem Schluſſe ge— langen, daß die Verſchiedenheiten in dem Clima derſelben geographiſchen Breite auf der noͤrdlichen Halbkugel haupt— ſaͤchlich den Gebirgsketten zu uſchreiben ſeyen, welche den in der Atmoſphaͤre aufgelöften, aus der heißen Zone ſtammen— den Dunſt auffangen und niederſchlagen und fo die auf der einen ihrer Seiten liegenden Landſtriche feucht und warm, ſo wie die auf der andern Seite befindlichen trocken und kalt machen. (The Athenaeum.) 131 Anmerkungen über das Phosphoreſciren einiger Gliederthiere, veranlaßt durch einen Brief des Herrn Foreſter uͤber das Phosphoreſciren der Regenwuͤrmer. Von V. Audouin. (Aus den Annales des sc. nat., 2de série, Zool., T. XV., uͤberſetzt von Dr. Creplin.) Bei Gelegenheit eines an die Academie der Wiſſen— ſchaften am 2 November 1840 adreſſirten Briefes vom Hrn Foreſter über das Phosphoreſciren der Regenwuͤrmer *) äußerte ich einen Zweifel, welcher als ein zu foͤrmlicher Wider pruch gegen die vorgetragene Thatſache betrachtet werden würde, wenn man glaubte, ich haͤtte die Abſicht gehabt, die Waklichkeit dieſes Phosphoreſcitens förmlich zu laͤugnen; das habe ich aber nicht. Ich weiß in der That beſſer, als irgend ſonſt Jemand, daß dieſes Phaͤnomen gar nicht unmoͤglich iſt, da ich es auf experimen⸗ telle Weiſe an mehreren Gliederthieren, und zwar ſehr cft, ſtudirt habe; aber ich habe geſagt, daß ich bis dahin nicht fo gluͤcklich geweſen fen. Zeuge deſſelben an den Regen— wuͤrmern oder dem Lumbricus terrester zu ſeyn. Es war mir nicht unbekannt, daß Herr v. Flauger— gues vor 60 Jahren im Recueil de l’abbe Rozier (Oetbr. 1780) Beobachtungen uͤber das Phosphoreſciren der Regenwürmer veroffentlicht und 12 Jahre ſpaͤter, im Jahre 1792, Bruguier eine analoge Thatſache dargelegt hatte. Seit langer Zeit hatte ich geſucht, dieß Phaͤnomen zu beſtaͤligen und glaubte am Ende, dahin gelangt zu ſeyn, als ich durch die Entdeckung des Phosphoreſcirens bei einem Gliederthiere aus einer ganz andern Ordnung, als der der Regenwuͤrmer, enttaͤuſcht wurde. Ich befand mich naͤmlich im Jahre 1814 zu Choiſy— le-Roi bei Paris, wo ich gewöhnlich die Zeit der Ferien zubrachte, und beſchaͤftigte mich dort mit Beobachtungen uͤber die Gewohnheiten der Inſecten, welche mich in haͤufi— gen Verkehr mit den Ackerarbeitern brachten. Von dieſen kam Einer am 16. Auguſt um 9 Uhr Abends zu mir und berichtete mir von einem fuͤr ihn voͤllig neuen Ereigniſſe, namlich von einer zahlloſen Menge von Regenwuͤrmern, welche, wie er ſagte, auf einem mit Cichorie ber flanzten Beete lebten und ein Licht verbreiteten, wie das von weiß— gluͤhenden Kohlen. Er brachte mir einen dieſer Wuͤr— mer in einem Blumentopfe, und es war ein Lumbricus. Dieſer leuchtete aber nicht; der Arbeiter wunderte ſich dar— uͤber, und ich meines Theils erſtaunte, als ich, bei ſorgfaͤl— tiger Unterſuchung des mit Erde gefuͤllten Topfes, in dieſem 5 bis 6 kleine Scolopender, von fihe duͤnnem Körper, **) entdeckte, welche einen lebhaften Phosphorſchein verbrei— ») Der Briefſteller berichtete, während einer dunkeln und ſehr regnigen Nacht eine große Anzahl von Regenwuͤrmern geſe— hen zu haben, welche mit einem weißen, dem des weißgluͤhen⸗ den Eiſens zu vergleichenden Lichte geleuchtet haͤtten. ») Dieſe Scolopender gehörten zu der Species, welche Linne mit dem Namen electrica bezeichnet hat. Leach errichtete für fie und einige andere Myriapoden die Gattung Geophilus. (Trausact. of the Liun. Soc., T. XI) 182 teten. Begierig, dieſes Phaͤnomen mehr im Großen zu be obachten, begab ich mich ſogleich nach den bezeichneten Stel— len. Hier ſah ich zuerſt phosphoriſche Scheine auf der Oberflaͤche des Bodens; nachdem ich dieſen aber hatte auf— graben laſſen, zeigte ſich mir ein wahrhaft blendendes Schauſpiel. Die aufgeworfene Erde war von phospho— riſchen Tropfchen wie bethauet, und an gewiſſen Stellen ſchien die Fluͤſſigkeit wie kleine Waſſerfaͤden dahinzurinnen; wurden die Erdkioͤße zerbrochen, fo verbreiteten fie ein lebz haftes phosphoriſches Licht, und zerdruͤckte man Erdtheilchen in der Hand, ſo hinterließen dieſe hier leuchtende Striche, welche erſt nach 8, 10 und 20 Secunden verſchwanden. Jetzt war es mir leicht, feſtzuſtellen, daß dieſes Phosphore— ſeiren einzig und allein von ſehr kleinen Scolopendern und keineswegs von Regenwuͤrmern oder Lumbrieis herz ruͤhrte, welche letzteren indeſſen in dieſer Erde im Ueberfluſſe vorhanden waren. Lange hat der Eindruck gedauert, welchen dieſe That— ſache auf mich machte, und wenn man mir bisweilen von leuchtenden Lumbrici terrestres erzählte, die man ange— troffen hätte, fo führte ich meine Beobachtung an und for— derte diejenigen, welche mich verſicherten, Zeugen von dieſer ſehr ſenderbaren Erſcheinung geweſen zu ſeyn, auf, ſich zu überzeugen , eb nicht eine Verwechſelung ftattgefunden hätte, und ob die in Rede ſtehenden Lumbriei nicht viel— mehr kleine Scolopender geweſen ſeyn moͤchten. Ich beeile mich jedoch, der Academie zu ſagen, daß ich jetzt, und zwar nur ſeit der letzten Sitzung, keinen Zweifel mehr über das Ph osphoreſciren gewiſſer Lumbriei oder Regenwür— mer hege. Offenbar beſitzen dieſe Annulaten jene Eigenſchaft eben ſo gut, wie die Scolopender; und auffallend iſt es mir, daß die Lumbriei #8 mit den S olopendern gemein haben, daß fie die Faͤl igkeit, einen phosphoriſchen Schein zu verbreiten, in ſtaͤrkerm Grade im Augenblick ihrer Reproduction beſitzen. Dem Herrn Moquin-Tandon, Profeffer der Botanik bei der Facultät der Wiſſenſcharten zu Toulouſe und ſehr ausgezeichnetem Zoelogen, verdanke ich die gründlichen Be— lehrungen, welche meine Ueberzeugung feſtgeſtellt haben. Ich will von denſelben hier einen kurzen Abriß geben. Es zeigte ſich vor 3 Jahren, in einer Gartenallee des Herrn Puymaurin zu Toulouſe eine große Anzahl kleiner phesphereſcirender Thiere, welche die Herren Saget und Moquin-Tandon unterfuchten und deutlich als der Gattung Lumbricus angehoͤrend erkannten. Sie hatten eine Ränge von ungefaͤhr 40—50 Millimetern. Das Licht, welches ſie ausſtrahlten, erſchien weißlich und glich ſehr demjenigen des weißgluͤhenden Eiſens. Ders trat man einen dieſer Wuͤrmer, ſo verbreitete ſich die Phos— phoreſcenz über den Boden; man konnte ſelbſt nach Belie- ben einen langen laufenden Strich durch ſie hervorbringen, wie wenn der Erdboden mit einem Stuͤcke Phosphor gerie— ben worden waͤre. Jeder dieſer Regenwuͤrmer zeigte ein ziemlich entwickel⸗ tes elitellum, ein Beweis, daß die beobachteten Indivi⸗ duen erwachſen und im Begriffe, ie zu begatten, waren. 1 * 183 Herr Moguin: Tandon fammelte einige dieſer Würmer und erhielt fie mehrere Tage hindurch am Leben; er beobachtete, daß ihre Eigenſchaft zu leuchten in der Sub: ſtanz der Genitalanſchwellung oder des clitellum, von welchem ich eben ſprach, ihren Sitz habe, und daß dieſe Eigenſchaft unmittelbar nach der Begattung aufhoͤre zu exiſtiren. Die letztere Thatſache wird anderweitig durch die fol: gende Beobachtung beſtatigt, welche ein allgemein bekanntes Inſect, das Johanniswuͤrmchen (Lampyris nocti- luca), betrifft. An einem ſchoͤnen Sommerabende hatte Herr Berard zu Montpellier mehrere befreundete Profeſſoren und Natur— forſcher bei ſich. Herr Dr. Lallemand, welcher ſich un— ter denſelben befand, machte die Gegenwärtigen zu Zeugen eines ſehr ſonderbaren Phaͤnomens. Er nahm ein Weib— chen des Johanniswuͤrmchens in die Hand und ſtreckte den Arm aus der Sualthüre, welche in einen Garten führte; kaum waren einige Augenblicke verfloſſen, ſo flog eine maͤnn— liche Lampyris auf das Weibchen, weiches bekanntlich wurmfoͤrmig iſt, und begattete ſich ſogleich mit dieſem; ſo— bald aber das Geſchaͤft abgemacht war, exloſch das Licht des Weibchens. Zeugen dieſes ſonderbaxen phyſiologiſchen Phänomens find die ſehr ausgezeichneten Gelehrten, Be— rard, Dugus, Dubreuil, Balard und Moquin— Tandon gewefen. Ueber das Reinigen der im Gruͤnſande und den ſandigen Mergeln vorkommenden Petrefacten. Von Herrn Yrem in Quedlinburg. Seit mehreren Jahren ſammelte ich in Mußeſtunden Verſtei⸗ nerungen in Quedlinburg's Umgegend. Auf gewoͤhnliche Weiſe lies ßen ſich dieſelben nicht reinigen. Ich wollte, da ich mich von dem außern und innern Baue dex Petrefacten zu unterxichten ſtrebte, auch die groͤßeſte äußere Reinheit erzielen; allein dieb ging fo leicht nicht. Mit Sauren gelang es mir nicht; ich verſuchte alſo die Auf- und Yblöfung der anhängenden Gebirgsart mittelſt Wärme und Kälte, und nahm nur theilweiſe meine Zuflucht zu Säuren, Wie weit es mix damit gelungen, darüber ſprechen die dem na— turwiſſenſchaftlichen Vereine des Harzes vorgelegten Petrefacten, beſonders Corallinen. Bei der Reinigung gehe ich auf folgende Art zu Werke: Zu: erſt unterſuche ich die anklebende Gebirgsart mittelſt Säuren; finde ich vielen Kalk im Bindemittel, ſo arbeite ich mit Meißel, Zange und Grabſtichel ſo behutſam und ſo viel als moͤglich das Ueber— flüffige weg; dann tauche ich das ganze Stuͤck in fließendes, ware mes Waſſer, bis die Waͤrme ſich dem Stucke mitgetheilt hat; dann bringe ich es in kaltes, weiches Waſſer und laſſe es ſo lange darin liegen, bis kein Blaſenwerfen mehr ſtattfindet. Hierauf bringe ich es in ein Sandbad (welches ich mir in einer blechernen Schaale über einer Spirituslampe bereite) von 20 bis 30 R., ber ſprenge den Sand mit kaltem, fließendem Waſſer fo, daß fortwäh⸗ rend Dämpfe aufſteigen, ohne daß jedoch die Wärme merklich ver: mindert wird. Nach einiger Zeit nehme ich das zu reinigende Stück heraus und ſehe zu, ob ich mit dem Grabſtichel ſchiefrige Theile ablöfen kann; iſt dieß noch nicht der Fall, fo fahre ich mit der beſchriebenen Manipulation fort, bis ich leicht die anklebende Gebirgsart in ſchiefrigen Stückchen abzuſprengen vermag. Zum legten Reinigen einzelner Stellen nehme ich ſchwache Säuren, oder wechſelnd warmes und kaltes Waſſer unter Anwendung der Buͤrſte, und trockne die nun gereinigte Verſteinerung im Schatten auf Fließpapier, 184 Die erſte Behandlung mit warmem und kaltem Waſſer ſcheint das Zerkluften der Verſteinerung zu verhindern; denn alle Stücke, welche ich gleich dem Proceſſe im Sandbade unterwarf, zerkluͤfte— ten ſtark. Bei einzelnen Muſchelklappen, welche leicht bei Ausdehnung und Zuſammenziehung zerkluͤften, iſt es nothwendig, daß die Seis ten, beſonders die innern, ſo viel als moglich von anhaͤngender Gebirgsart befreit werden, ebe man ſolche der beſchriebenen Be— handlung unterwirft. Enthält die anklebende Gebirgsart mehr fetten Letten und feinen Sand, ſo befeuchte ich die Stuͤcke oft wechſelnd mit lauwarmem und kaltem Waſſer, bis fo viel Gebirgs— art als moͤglich entfernt und die Geſtalt der Verſteinerung mehr ſichtbar wird; dann vollende ich die Reinigung mit Grabſtichel und Zange und zuletzt mit einer ſteifen, kurzhaarigen Buͤrſte oder Pins ſel und weichem Waſſer, mit Zuſatz von etwas Salpeterſaͤure. Bei lockerer, ſandiger, lehmiger Gebirgsart gebrauche ich nur abs wechſelnd warmes und kaltes Waſſer, unter Anwendung der Buͤrſte. Zum Kitten der zerbrochenen Petrefacten bediene ich mich des Leinoͤlfirniſſes mit Bleiweiß, oder einer wit Gummi arabicum vers ſetzten Leimauf oͤſung. Durch dieſe Art zu reinigen iſt meine Sammlung reich ge— worden an reinen Exemplaren, beſonders Corallen und Rinden, und ich bin gern erbörig, in Tauſch oder gegen billige Vergütung, die in hieſiger Gegend vorkommenden Verſteinerungen in fo viel als moͤgtich ſchoͤnen Exemplaren abzulaſſen. (Aus dem Berichte des natuxwiſſenſchaftlichen Vereins des Harzes.) Nieser en Von einem neuen Nagethiere aus Mexico hat Herr J. E. Gray der Verſammlung zur Vervollkommnung der Wiſſen— ſchaften, zu Plymouth, eine Mittheilung gemacht. „Das von Herrn J. Phillips mitgebrachte Thier“, ſagt Herr Gray, „zeichnet ſich dadurch aus, daß es große Backentaſchen hat, deren Oeffnung ſich aͤußerlich an den Seiten der Wangen befindet. Dieſe Bildung war bisher an vier, ausſchließlich im noͤrdlſchen Theile des Americaniſchen Feſtlandes einheimtſchen Gattungen: Saccopho- rus, Saccomys, Authomys und Heteromys, wahrgenommen wor— den. Dieſe Wangentaſchen werden ven den Thieren gebraucht, um ihre Nahrung aufzubewahren, wie auch die Affen der alten Welt ihre inneren Backentaſchen auf dieſe Art verwenden. Die erſte dieſer Gattungen iſt ſeit lange bekannt, und man hatte geglaubt, daß dieſe Wangentaſchen aͤußerlich von den Wangen hervorhingen; dieß ſcheint aber nicht der Fall zu ſeyn mit der jetzt vorgelegten Gattung, ebenſowenig wie mit Anthomys, welche von Freder. Cuvier ſo genannt wurde, weil er die Wangenſaͤcke mit Blumen gefüllt fand. Wenn nicht dieſe Wangentaſchen wären, fo koͤnnte das neue Thier für ein Gerboa gehalten werden, mit welchem es voͤllig uͤbereinſtimmt durch Weichheit und Farbung des Pelzes und durch Laͤnge der Hinterfuͤße und des Schwanzes, welcher einen Haarbuͤſchel trägt, fo daß es alſobald von den oben erwähnten uͤbrigen Americaniſchen Gattungen zu unterſcheiden iſt, welche ent— weder einen langen ſchuppigen Schwanz, wie eine Ratte, oder einen ſehr kurzen haben, wie ein kemming. Ich bin daher ge— neigt, dieſes Thier als einen Repraͤſentanten des, in den gemäßigten Theilen von Africa einbeimifchen Dipus anzuſchen, wie Harpalotis ein ſolcher Repraͤſentant in Auſtralien if.” Herr Gray ſchlaͤgt vor, das Thier Dipodomys zu nennen und die Art, ſeinem Ent— decker zu Ehren, Dipodomys Phillipsii. Die Knorpel, welche die Einmündung der Haupt Bronchialroͤhren offen halten, find von Horner als halb— mondfoͤrmige Knorpelblaͤttchen befchrieben worden. Herr Jonas King hat ſie mehrfach unterſucht und verſchiedene andere Formen gefunden; in der Regel fand er ebenfalls einen platten Faſerknor— pel, von der Form eines Halbmondes, mit dem cencaven Rande nach Oben gerichtet; mit dem convexen nach Unten, zwiſchen der Bifurcation. Der obere Rand iſt ſcharf, der untere convexe dick. Bisweilen verlängert ſich der untere convere Rand in eine Spitze, bisweilen iſt der ganze Knorpel von gleichmaͤßiger Dicke, bisweilen 185 find auch die Spitzen des Halbmondes durch ſchmale faſerknorpelige Baͤnder untereinander verbunden. Gehen drei Aeſte an einer Stelle auseinander, ſo findet man entweder zwei Halbmonde, mit den Spitzen miteinander verbunden, oder eine einzige Knorpelplatte mit drei von dem Centrum ausgehenden Hoͤrnern, als wenn drei Halb— 186 monde verwachſen waͤren, und auch dieſe Spitzen ſind bisweilen untereinander verbunden, ſo daß zwei oder drei ringfoͤrmige Knor⸗ pel am Anfange der Ramification entſtehen. Dieſe Form findet ſich beſonders an der Theilung des Hauptaſtes, welcher zu dem oberen Lungenlappen geht. (Guy’s Hospital Reports, Vol. 5.) ine. Ueber die ſyphilitiſchen Lungenkrankheiten Von Dr. William Munk. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts iſt durch Hun— ter's Schrift on the venereal Diseases gioßes Licht uͤber dieſe Krankheit verbreitet worden. Er hat nur einige untergeordnete Puncte zu fernerer Unterſuchung uͤbrig gelaſ— ſen; doch war Hunter Wundarzt und beſchraͤnkte ſich auf das Feld der Chirurgie und hat daher die ſyyhilitiſchen Krankheiten, welche mehr in das Gebiet des Arztes fallen, weniger beachtet. Dieß erklaͤrt, warum einige innere ſyphi— litiſche Affectionen, welche den altern Aerzten ſehr wohl bes kannt waren, in der neuern Zeit weniger beachtet wurden. Von beſonderer Wichtigkeit find hier die ſyphilitiſchen Affec— tionen der Lungen, auf welche meine Aufmerkſamkeit durch Schröder van der Kolk's Schrift (Erſtes Heft der Observationes anatomico-patholog. p. 130) gerichtet worden iſt. Graves, in dem Lond. med. and surg. Journ. Vol. 7, hat jedoch hauptſaͤchlich in England die Aufmerkſamkeit auf dieſen wichtigen Gegenſtand gelenkt. 1835 machte er einige wichtige Bemerkungen darüber in einer, ſeiner cliniſchen Vorleſungen; er fügt, daß er von Hewſon darauf aufmerkſam gemacht worden ſey, und ſich wundere, daß der Gegenſtand von den Aerzten ſo lange Zeit uͤberſehen wurde. Die mediciniſche Literatur iſt indeß ſehr reich an Hin— weiſungen auf die ſyphilitiſche Lungenkrankheit; Morton, in ſeiner Phthisiologia, widmet ein ganzes Capitel der Phthisis a lue venerea orta und ſchließt feine Bemer— kungen mit einem Falle der Art, welcher durch Mercur und Sarſavarille gebeilt wurde. Sauvage führt in feiner Nosologia methodica, als achte Species einer ſecundaͤren Phthiſis, die ſyphilitiſche Phthiſis auf, Portal handelt in feinen Observations sur la nature et sur le traite- ment de la phthisie pulmonaire, Paris 1792, die zehnte Abtheilung dieſer Krankheit ab. Dr. James Sims ſpricht p- 117 ſeiner Observations on epidemie disorders ausfuͤhrlich daruͤber; außerdem finden fi Faͤlle in Acta medicorum Berolinensium II. p. 92, 1718. — Bor mann: Opera omnia III. p. 424. — Morgagni: De sedib. et caus. morbor. epist. XXII. Art. II. — Tode: Societ. med. Havniensis Collect. I. 1774. Art. 21. — Schwarze: Dissertatio observ. quas- dam medicas contin. Goetting. 1787. pag. 13. Mera: Acta reg. societ. Havniens. II. p. 211. — Saucerotte: Journ. de med. par Corvisart 1812, p. 350. Von allen Schriftſtellern, außer Graves, wird die ſyphilitiſche Lungenkrankheit für identiſch der Phthiſis ange— ſehen; weswegen man ſie auch meiſtens phthisis venerea genannt hat; ſeitdem man indeß den Ausdruck Phthiſis en— ger begraͤnzt, auf Lungentuberkeln, iſt auch der Name ſyphi— litiſche Phthiſis weniger paſſend. Man haͤlt jetzt wenig von der Anſicht, daß Tuberkeln durch Syphilis entſtehen, weiß dagegen, daß immer eine ſerephuloͤſe Cacherie der Tuberkel— bildung vorausgeht. Die Eniſtehung der Tuberkeln durch Syphilis kann man daher nur unter zwei Bedingungen zu— geben, entweder wenn durch Syphilis die ferophulöfe Cache— rie hervorgerufen wird, oder wenn bei einem ſcrophuloͤſen Subjecte Syphilis hinzukoͤmmt. Ruͤckſichtlich der erſten dieſer Bedingungen iſt einzus wenden, daß es ſehr zweifelhaft iſt, ob die Syphilis mehr, als irgend eine andere ſchwere Krankheit die Neigung hat, materiell die Conſtitution zu verderben und einen ſcrophuloͤ— ſen Zuſtand herbeizufuͤhren; nehmen wir aber an, daß dieß der Fall iſt, ſo iſt es auch zweifelhaft, ob der dadurch ent— ſtehende Zuſtand auf irgend eine materielle Weiſe, was ihre Natur und Behandlung betrifft, von den gewoͤhnlichen Faͤl— len abweiche, und doch wuͤrde bloß eine ſolche Abweichung die Unterſcheidung ſolcher Faͤlle rechtfertigen. Dieß iſt nur eine Andeutung von den Schwierigkeiten bei der Annahme einer ſyphilitiſchen Pbthiſis. Zu einer genuͤgenden Entſcheidung beſitzen wir noch nicht hinreichende Thatſachen; zuerſt wäre es noͤthig, zu be— ſtimmen, was man eigentlich unter dem Ausdrucke ſyphiliti— ſche Phthiſis verſtebt, und ſodann muͤßte man den Gegen— ſtand durch fortgeſetzte und ſorgfaͤltige Beobachtung einzelner Faͤlle zu ergruͤnden ſuchen. Da der Gegenſtand dieſer Ab— handlung eine Erörterung derjenigen Lungenkrankheiten iſt, welche direct und unmittelbar von Syphilis herruͤhren, fo kann eine ſyphilitiſche Tuberkelphthiſis nicht ſogleich Gegen— ſtand der Beobachtung ſeyn Dieß iſt der Grund, warum zu behaupten iſt, daß die bisjetzt aufgeführten ſyphilitiſchen Lungenkrankheiten unrichtiger Weiſe als Phthiſis bezeichnet worden ſind. Man wird nun fragen, was denn die eigentliche Na: tur des Krankheitsproceſſes ſey, welcher durch Syphilis in den Lungen hervorgerufen wird, wenn derſelbe nicht Tuber— kelbildung ſeyn fol? Meine eigenen Beobachtungen und eine forgfältige Beurtheilung der von den Schriftſtellern auf: gefuͤhrten Faͤlle berechtigen mich, wie ich glaube, zu der Behauptung, daß dieß Entzuͤndung fen, entweder der Bron— chialſchleimhaut oder des Lungenparenchyms, oder, mit ans dern Worten, daß die Syphilis ſich in den Lungen unter der verſchiedenen Form der Bronchitis, Pneumonie oder Bronchopneumonie entwickele. Dr. Graves fuͤgt hinzu, daß er nicht im Stande fen, anzugeben, welches der Lun⸗ 157 gengewebe verzugsweiſe von der Syphilis ergriffen werde, daß er aber glaube, die Schleimhaut ſey ihr vorzugsgeiſe uns terworfen, obwohl nie durch andere thieriſche Gifte, z. B., Maſeen und Scharlach, bisweilen auch Pneumonie hervor— gerufen werden koͤnne. Die Bemerkang des Dr. Graves, welche ſich auf die chroniſchen Formen der ſyphilitiſchen Bronchitis beziehen, werden in ganzer Ausdehnung von Dr. Stokes beſtaͤtigt, welcher uͤberdieß durch feine Angaben uͤber die acute Form derſelben Krankheit eine wichtige Bereicherung unſerer fruͤ— hern Kenntniſſe geliefert hat. Er ſagt, in Bezug auf das Btonchialſyſtem koͤnne man eine acute und eine mehr chro— niſche Affection unterſcheiden; im erſten Falle iſt fie aͤhnlich der Bronchialreizung bei Exanthemen, während bei'm zwei— ten eine chroniſche Reizung vorhanden iſt, welche, in Ver— bindung mit der ſyphilitiſchen Hectik und mit Perioſtitis der Bruſtwandung, mit wahrer Lungenphthiſis auf das Genaueſte uͤbereinſtimmt. In dem erſten dieſer Faͤlle ſah ich, daß nach einiger nicht genauer beſtimmter Zeit nach der Anſteckung der Kranke in einen fieberhaften Zuſtand geraͤth und die Symptome einer Bronchialreizung darbietet. Nachdem dieß einige Tage gedauert hat, erſcheint ein reichlicher braunro— ther Hautausſchlag, wodurch die innere Affection entweder ganz verſchwindet, oder weniaſtens betraͤchtlich abnimmt. Hierdei ſehen wir, daß die Bronchialſchleimhaut eine Thaͤtig— keit hat, welche eigenthuͤmlich iſt und ſich von den gewoͤhn— lichen Reizungen ſehr unterſcheidet Die Entzuͤndung bat nur Analogie mit den Exanthemen und iſt, ohne Zweifel, mit dem ſyphilitiſchen Gifte in Verbindung. Dr. Byrne, an dem Lock-Hospital für ſyphilitiſche Krankheiten, fügt mir, daß er manchmal Patienten geſehen habe, welche nach fruͤhern Infectionen abermals wegen neuer Geſchwuͤre oder wegen Gonorrhoe aufgenommen wurden und gleichzeitig an heftiger Bronchitis mit Fieber litten. Dieſe Anfälle traten plotzlich ein und waren fo heftig, daß Blutentfiehungen ers forderlich waren; der Erfolg war, daß bald darauf eine reichliche Eruption (zuſammengeſetzt aus Bläschen und Schup— pen) auftrat, mit vollkommener Erleichterung der Bruſt; bei einigen dieſer Patienten erkannte man am Tage vor der Eruption mit dem Stethoſcope die heftigfte Schleimbaut— reizung, und dennoch wurde, ſo wie die Hautkrankheit auf— trat, die Reſpiration entweder vollkommen rein, oder bloß mit einem zufälligen Raſſeln in den Bionchialftimmen ge— miſcht. Derſelbe Arzt hat indeß auch im Gegentheil beob: achtet, daß bei'm Zuruͤcktreiben einer ſyphilitiſchen Ecuption die Bronchialſchleimhaut ſehr afficirt wurde und der Kranke allgemeine fieberhafte Symptome zeigte. Dieſe Erſcheinun— gen ließen nach Blutentziehung und milden diaphoretiſchen Mitteln nach, waͤhrend zugleich der Hautausſchlag wieder— hergeſtellt wurde. Dieß iſt ein neuer Beweis fuͤr die Ana— logie der ſyphilitiſchen Bronchitis und der exanthematiſchen Bronchitis. Die chroniſche Form der ſyphilitiſchen Bronchitis iſt in jeder Beziehung die wichtigere und intereſſantere. Sie iſt die gewoͤhnlichere Form und kann, wenn ſie ſich mit an— dern krankhaften Bedingungen complicirt, außerordentlich 183 leicht für wahre Phthiſis gehalten werden und auf dieſe Weiſe zu einer unnöͤthig ſchlechten Prognofe, fo wie zu uns richtizer und erfolglofer Behandlung Veranlaſſung geben. Ebenſo, wie ſecundaͤre Symptome in ſehr verſchiedener Zeit nach der primaren Infection auftreten können, fo kann auch chroniſche ſyppilitiſche Bronchitis früher oder ſpaͤter auftreten. Ihr Verhaͤltniß zu den ſecundaͤren Erſcheinun— gen kann, was den Eintritt betrifft, nach dem jetzigen Stande unſerer Kenntniſſe noch nicht mit Beſtimmtheit an⸗ gegeben werden: doch ſcheint es mir, daß ſie gewoͤhnlich ſpaͤt in der Reihe auftritt. Ich habe zwar beobachtet, daß die Bronchitis der Halsaffection vorausgeht, häufiger aber folgt ſie ihr nach, indem die krankhafte Affection allmaͤlig langſam laͤngs des larynx und der trachea bis zu den Bronchialroͤhren fortgeht. Dieſe Faͤlle nehmen ziemlich den— ſelben Verlauf, wie gewöhnliche Catarrhe; das erſte ift dabei die Halsaffıction, welche ſich durch Veraͤnderung der Farbe, leichte Anſchwellung, ein Gefühl von Rauhigkeit und Schmerzhaftigkeit des Theiles und etwas Schlingbeſchwerden kund giebt. Hiernach kann zunaͤchſt die Stimme etwas hei— fer werden; es folgt Kitzeln im larynx, haͤufiger kurzer, trockener und reizender Huſten und nach einiger Zeit ein Gefühl von leichter Hitze innerhalb der Bruſt, Wundſeyn unter dem sternum und mehr oder weniger Zuſammen— ſchnürung. Der Character des Huſtens wird nun entweder modificirt, oder ganz und gar umgeaͤndert, was von der Fortdauer oder dem Aufhoͤren der Schleimhautaffection im larynx abhaͤngt; dauert dieſe fort, ſo verbinden ſich die davon abhaͤngigen Symptome mit denen der Bronchialaffec— tion und werden je nach ihrer verſchiedenen Heftigkeit grad— weiſe veraͤndert; der Huſten, obwohl noch häufig kurz und reizend, iſt von Zeit zu Zeit mehr oder weniger ein Bron— chialhuſten; er iſt von Auswurf begleitet, ſcheint die ganze Bruſt zu betreffen, bekommt einen tiefern, mehr ſonoren Ton, und es geht ihm eine ziemlich kraͤftige Inſpiration voraus. Laͤßt die Larynrreizung ganz nach, fo hören auch die zuerſtgenannten Eigenthumlichkeiten des Huſtens auf, und die zuletztgenannten herrſchen vor und ſtehen zuletzt noch ganz allein. Dieß iſt indeß nur ſelten der Fall; denn das Erythem des laryn dauert, in der Regel, fort und giebt zu einem kurzen, abgebrochenen Huſten Veranlaſſang, mit bisweilen dazwiſchenkommenden Anfaͤllen eines Bronchialhu— ſtens, wodurch eben eine Aehnlichkeit mit Phthiſis und die Ver— wechſelung in der Diagnoſe bewirkt wird Von der innern Haut der Luftwege wird nun dald eine Secretion ausgeſtoßen, und es kommt vom lar yu zu: erft ein zaͤher klarer Schleim, welcher ſchwer ausgeworfen wird, von den Bronchien en duͤnneres aber doch zihes und reichliches Secret, welches durch Verſtopfung der Bronchial— roͤhre zu Kurzathmigkeit und keuchendem Athem Veranlaſ— ſung giebt. Das Secret aͤndert ſich mit der Zeit: es ver— liert mehr oder weniger raſch den ſchleimigen Character, wird reichlich, purulent und zerfließend, was von den mei— ſten Schriftſtellern angefuͤhrt worden iſt. Eine kurze Dauer dieſes reichlichen purulenten Auswurfes genügt, um Hettik hervorzurufen, ſelbſt wenn die ſyphilitiſche Hectik noch nicht 189 zum Vorſcheine gekommen iſt. Gewöhnlich indeß laſſen fich einige Spuren fieberhafter Affection bemerken, che die Ex— ſpiration bis zu dieſem Stadium gekommen iſt. In allen Fällen wird ſich, in der That, zeigen, daß nach dem Ein— tritte purulenter Expectoration hectiſche Symptome auftreten oder, wenn fie bereits vorhanden waren, weſentlich verſchlim— mert werden. Bei dieſer Skizze des Fortſchrittes dieſer Krankheit habe ich als Beiſpiel einen ausgebildeten, etwas raſch verlaufens den Fall genommen. In der Mehrzahl der Faͤlle zeigt fi, daß die Symptome von Laryngeal- oder Trachealrei— zung einige Zeit lang allein beſtehen und nur allmaͤlig und langfam mit denen von Bronchialentzuͤndung ſich verbinden. Nach eigener Beobachtung kann ich nur wenig uͤber die krankhaften Erſcheinungen, welche auf der Bronchial— ſchleimbaut bei ſyphilitiſcher Entzuͤndung vorkommen, anfuͤh— ren. Ich führe daher die Anfichten eines Arztes an, wel— cher ſich ſeit mehreren Jahren mit beſonderer Aufmerkſam— keit mit den Einwirkungen der Syphilis auf das Lungenge— webe beſchaͤftigte. Dr. Sadowsky ſchreibt mir im Juli 1840 aus Prag, daß eine ſehr gewohnliche Folge der ſy— philitiſchen Bronchitis eine Ulceration der Schleimhaut iſt, daß die einzelnen Geſchwuͤre klein, aber ſehr zahlreich ſind und manchmal den größten Theil der Schleimhaut ſelbſt in den kleinſten Bronchien bedecken. Der folgende Fall, welcher im September 1839 mit Tod endigte, wachdem er ſechs Wochen lang in meiner Behandlung geweſen war, be— ſtätigt dieſe Anficht. Ein junger Mann von 19 Jahren wurde zu Paris im Sommer 1837 ſypbilitiſch; er hatte mit ſeinen Eltern und ſeinen zwei Schweſtern eben eine Tour, welche einen großen Theil des Continents umkaſſen ſollte, begonnen; die Verheimlichung des Leidens und der fortdauernd raſche Wechſel des Aufenthaltsortes hinderten eine gehoͤrige Behandlung; der Kranke nahm Mercur, jedoch unregelmaͤßig und erfolglos. Die primären Symptome hoͤr— ten auf, und als der Kranke Wien erreichte, wo er den Winter zubrachte, machte er eine Sarſaparillecur durch Dieſe that eire gute Wirkung; aber im Herbſte 1858, im nördlichen Italien ſich aufhaltend, wurde er von Hals— ſchmerzen befallen; zu dieſen kam Heiſerkeit, Ulceration des weichen Gaumens, Huſten, kupferiger Hautausſchlag, Kno— ten, naͤchtliche Schmerzen und ſtarker Schweiß hinzu. Der Zuſtand verſchlimmerte ſich allmaͤlig, zuerſt im Auguſt 1839, etwa drei Monate nach ſeiner Ruͤckkehr nach England. Er mußte damals das Bett huͤten, war außerordentlich abge— magert und geſchwaͤcht, hatte einen haͤufigen, ſehr laͤſtigen Huſten, reichlichen eiterigen Auswurf, in Verbindung mit Symptomen, welche über die Exiſtenz einer Kehlkopfskrank— heit keinen Zweifel ließen. Die Bruſt war vollkommen ſo— nor, aber ein ſtarkes ſchleimiges Raſſeln war uͤber der ganzen Lunge zu hoͤren. Der Kranke erhielt Chinin und Jodkalium, mit anodynis des Abends; aber er ſtarb voll kommen erſchoͤpft am 15. September. Zahlreiche kleine Geſchwuͤrchen zeigten ſich auf der Schleimhaut des larynxz in der trachea waren keine, aber unter der Bifurcation traten ſie wieder auf und wurden um ſo zahlreicher, je klei— 1750 ner die Möhren waren. In den kleirſten Bronchien war eine fortlaufende Reihe von Geſchwuͤren, die in einander übergegangen waren. Die Bronchien waren mit eiteriger Materie gefüllt, und die untern Lungenlappen befanden ſich in einem Zuſtande leichter Cengeſtion. Die Syphilis aͤußert ſich in den Lungen bisweilen in Form der Pneumonie, wie ich in zwei Fällen geſehen habe, und wie ſich auch in manchen Faͤllen, die in der Literatur mitgetheilt find, nachweiſen laͤßt. Die Acta medieorum Berolinensium enthalten einen Fall von einem Soldaten, ex mala curata lue venerea phthisieus factus: da— rin heißt es: In thorace dexter pulmonum lobus ma— ximam partem erat consumtus, pars residua pure scatebat. cujus etiam magna quantitas in cavitate hujus lateris apparebat. Sinister pulmonum lobus pleurae erat adnatus substantia ejus extima appa- rebit integra, interior autem vesiculosa substan- tia erat purulenta et hine inde pure re- pletis obsita. Bei den Fällen von ſyphilitiſcher Preus monie, welche mir vorgekommen find, habe ich ſowohl die lͤcalen, als die allgemeinen Symptome heftiger gefunden, als in den gewoͤhnlichen Fällen von ſyphilitiſcher Bronchitis. Die Reſpiration iſt auffallender geſtoͤrt, der Geſichtsausdruck ſehr gedruckt, das Fieber anhaltend, mit auffallender Hitze der Haut. Urſprung und Fortſchritt dieſer Faͤlle babe ich nicht ſelbſt beobachtet, da die beiden mir vorgekommenen Kranken erſt einige Wochen nach Beginn ihres Leidens in meine Behandlung kamen. Die Reſpiration war bei beiden beträchtlich beſchleunigt, was durch koͤrperliche und geiſtige Aufregung noch vermehrt wurde; dabei haͤufiger Huſten, ſpaͤrlicher zaͤher Auswurf, Schmerz in den Seiten und im Ruͤcken, welcher ſich Abends verſchlimmert, durch Druck zu: nimmt und der Perioſtitis der Rippen nicht unaͤhnlich ift. In einem Falle traten krampfhafte, dem Aſthma ähnlich ſehende Zufaͤlle mit dem erſten Schlafe ein Der Puls war klein, beſchleunigt und ſchnell, die Haut heiß und trok— ken; in der Nacht traten partielle Schweiße, deſonders in der Gegend der Bruſt, ein Die phyſicaliſchen Zeichen wa— ren crepitirendes Geraͤuſch, dumpfe Percuſſion, Mangel des Reſpirationsgeraͤuſches, blaſende Reſpiration und Broncho— phonie. Ein Umſtand iſt mir bei dieſen Anfaͤllen aufgefal— len, naͤmlich daß das crepitirende Geraͤuſch ſo lange Zeit anhalten kann, ohne zu Hepatiſation zu fuͤhren. Der erſte der erwaͤhnten Faͤlle betraf einen Mann von 31 Jahren, der, als er im Januar 1839 in meine Be: handlung kam, bereits uͤber drei Monate mehr oder weniger gelitten hatte an Huſten, beſchwerlicher Erpectoration, de— ſchleunigtem Athmen, welcher durch Bewegung noch ſchnellet wird einem Gefühle von Engigkeit und Hitze in der Bruſt, heftigem Schmerz im Ruͤcken und in den Seiten, welcher in der Nacht ſchlimmer und durch Druck auf die Rippen ſehr vermehrt wird. Das Fieber war ziemlich ſtark, der Puls 96, klein und ſchnell, die Haut, in der Regel, heiß und trocken, jedoch feucht auf der Bruſt; die Zunge gelb: lich, weiß und belegt; ein kupferfardiger Ausſchlag bedeckte die Stirn und andere Theile; es fand ſich eine dunkele Roͤ— 191 the im Halſe mit leichter Ulceration. Der untere Theil der Bruſt zeigte nach Hinten eine dumpfe Percuſſion, und dieſer Stelle entſprach Bronchialreſpiration und Bronchophonie. Höher nach Oben fand ſich deutliches ruonchus erepi- tans, rechts weiter ausgebreitet, als links; auf beiden Sei— ten jedoch gleich deutlich und allmaͤlig den Zeichen der He— patiſation weichend. Dieſer Mann war ein Jahr ſpphili⸗ tiſch geworden und deswegen von einem Wundarzte in Li⸗ verpool mit Mercur behandelt. Im Auguſt erſchien der Hautausſchlag und zu Ende Septembers traten die Bruſt— ſymptome auf, ohne daß jedoch dieſelben irgend einer aͤußern Urſache haͤtten zugeſchrieben werden koͤnnen. Dieſe gingen der Halsaffection etwa zwei Monate voraus. Der Kranke wurde zwiſchen den Schultern geſchroͤpft, bekam zwei oder drei ſalzige Abfuͤhrungsmittel und erhielt dann blaue Pillen mit Opium. Es folgte darauf betraͤchtliche conſtitutionelle Reizung, und obwohl der Mercur in verſchiedenen Formen und Verbindungen gegeben wurde, ſo that er doch mehr Schaden, indem die Lungenaffection nicht erleichtert wurde, während der Darmcanal in Unordnung und der ganze Or— ganismus in einen gereizten Zuſtand gerieth. Der Kranke erhielt nun Kali hydroiodieum 5 Gran pro dosi in einem Sarſaparilledecoct dreimal taͤglich und die zuſammen— geſetzten Seifenpillen Abends. In vierzehn Tagen war die Beſſerung auffallend, und in zehn Wochen war die Heilung vollkommen erreicht. Der zweite Fall betraf einen jungen Mann von 25 Jahren. Die Symptome bei demſelben waren faſt dieſel— ben, ſo daß es nicht noͤthig iſt, darauf zuruͤckzukommen; die Lungenſymptome hatten etwa ſechs Wochen gedauert; man hörte im untern linken Lungenlappen einen deutlichen rhon- chus erepitans, ebenfo in der Mitte der rechten Bruſt nach Hinten. Von Bronhophonie und Bronchialreſpira— tion war nichts zu entdecken. Faſt jede Nacht trat entwe— der gleich nach dem Niederlegen oder waͤhrend des erſten Schlafes ein Gefühl von Zufammenfhnüren der Bruſt mit Erſlickungsnoth ein. Dieſe Symptome ließen nach einiger Zeit nach, und die uͤbrige Nacht war der Schlaf ruhig. Der Kranke hatte acht Monate zuvor an Syphilis gelitten, und die Lungenſymptome waren faſt zugleich mit Knoten in der Haut eingetreten. Der Kranke nahm Kali hydroio- dicum, Abends eine antiſpasmodiſche Mediein und bekam Mercurialeinreibungen auf der tibia. Unter dieſer Behand: lung beſſerte ſich der Zuſtand langſam; aber endlich wurde der rhonchus erepitans von normalem Reſpirationsge— raͤuſch erſetzt. Nach Van der Kolk beſtehen die anato— 192 miſchen Veraͤnderungen im Lungengewebe nach langdauern— der ſyphilitiſcher Pneumonie in Abſceßbildungen. Er fagt p. 150: Etenim non raro in perscrutando cadavera syphiliticorum qui dum vivebant, phthisiei videban- tur, juveni in pulmonibus praeeipue in med'o lobo ulcus quoddam seu pus colleetum sine ullo tuber- culo eingente, ita ut pus quadam cavo continere- tur neque membrana eingens aut induratio posset distingui; in ejusmodi pulmonibus nulla pleurae pulmonalis exsudatio erat ut externe et tactu etiam pulmones sanissimos erederes; nisi saltem uleus nimium adesset. nunquam in lobo superiori pulmonum quod phthisi purulenta semper fere ac- eidit,. has ulcerationes juveni sed non longe ab initio bronchiarum, ita tamen ut medium pulmonis parenchyma occuparet. (Schluß folgt.) ieee een Heilung einer Taubheit durch Zerſtoͤrung von Verwachſungen im pharynx, wurde von einem Dr. Da Camin bewerkſtelligt. Ein Kranker hatte 15 Jahre vorher durch eine chroniſche coryza eine vollſtaͤndige Verwachſung des Gaumen— ſeegels mit der hintern Wand des pharynx erlitten, wodurch nur eine kleine Oeffnung fuͤr die Communication zur Mund- und Na⸗ ſenhoͤhle blieb. Die tuba Eustachü war vollkommen verſtopft, und der Kranke konnte nur noch die ſtaͤrkſten Toͤne hoͤren. Zur Heilung der Taubheit wurde folgende Operation gemacht: Unter der Oeffnung in dem Gaumenſeegel wurde durch einen Queerſchnitt das letztere abgetrennt und ſodann von hier aus nach Oben losprä— parirt. Hierauf wurden mit der Bellocq'ſchen Sonde zwei Char: piewieken eingefuͤhrt, welche die Wiedervereinigung verhinderten. Unmittelbar darauf konnte der Kranke nicht allein frei athmen, ſondern hatte auch das Gehoͤr vollkommen wiedererlangt. (Gaz. med , 10. Juill.) Zur Verhinderung der Gichtknoten empfiehlt Herr A. Ure in dem Prov. med. and surg. Journal, March 1841, das Acidum benzoicum. Er gründet feinen Vorſchlag, welcher noch nicht durch die Erfahrung beſtaͤtigt iſt, auf folgende Beobachtung: Nimmt man eine Stunde nach der Mahlzeit einen Scrupel Benz zosſaͤure, fo liefert der, zwei Stunden danach zu 5 bis 6 Unzen gelaſſene urin, wenn man einige Tropfen Salzſaͤure hinzugießt, einen reichlichen Niederſchlag von ſchoͤnen rothen Erypſtallen, wel— che, wenn man ſie 24 Stunden ſich ablagern laͤßt, bis zu 15 Gramm betragen können. Der Niederſchlag beſteht aus Acid. hip- puricum an der Stelle des Acid. uricum im Urin, indem man von dieſer letztern Säure keine Spur findet. Der Verfaſſer glaubt, daß, wenn man das außerordentlich losliche Natron hippuricum an die Stelle des weniger loͤslichen harnfauren Alkali's bringe, man die Bildung von Gichtknoten verhindern werde. Bibliographische The Old Red Sandstone. By Hugh Miller. London 1841. 8. A popular Cyclopaedia of natural science. Part I. Vegetable Physiology. By the Society for the Promotion of popular Instruction. London 1841. 8. Heß ite n. Essai sur les erreurs populaires rélatives a la médeeine et aux personnes qui exeroent hart de guérir. Par V. Nivet. Gler- mont-Ferrand 1841. 8. Instruction pour l’usage du lacto -densimetre, suivi d'une Notice sur le lait. Par T. A. Queveune. Paris 1838. 8. mm ——ß?xꝛE Neue Üotizen a us dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober-Medieinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Mediefnatrathe und Profeſſor Froriey zu Berlin. No. 409. (Nr. 13. des XIX. Bandes.) Auguſt 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 9 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. e Ueber die Kiemen der jungen Caͤcilien, ſo wie eine Abänderung und Ausdehnung der Claſſifica— tion der Amphibien nach Kiemen. *) Von John Hogg, Esg. Als ich im letztverfloſſenen November die Comptes rendus der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften vom Jahre 1839 durchging, ſtieß ich auf den Bericht uͤber einen Ar— tikel des Herrn v. Blainville, betitelt: Notice his- torique sur la place assignee aux Cecilies dans la serie Zoologique, woſelbſt (No. 22 p. 673) fol: gende Stelle vorkommt: „Mittlerweile, im Jahre 1836, theilte ich bei Gelegenheit der Beſchreibung einiger von Herrn P. E. Botta aus Californien mitgebrachten Rep— tilien die Charactere meines Syſtems der Herpetologie und Amphibiologie mit und fuͤhrte zur Rechtfertigung der von mir den Gäcilien angewieſenen Stelle die merkwürdige That: ſache an, daß Profeſſor Müller im Leydner Muſeum eine mit Kiemenoͤffnungen verſehene junge Caͤcilia entdeckt habe.“ „1839. Wiewohl dieſe Thatſache (ſo wenig wie meine eignen Arbeiten uͤber denſelben Gegenſtand) dem Herrn John Hogg, welcher ſo eben im Juniheft 1839 des Charlesworthſchen Magazine of Nat. Hist. ei⸗ nen ausführlichen Artikel über die Claſſification der Amphi— bien mitgetheilt hat (deſſen Schluß ſich im Auguſthefte deſſelben Journ., befindet), wahrſcheinlich nicht bekannt geworden iſt, ſo iſt dieſer Naturforſcher dennoch zu demſelben Schluſſe ge— langt, wie wir, d. h., er hat ebenfalls unter dem Namen Amphibia eine beſondere Claſſe aus den Batrachiern, fo wie aus den Caeciliae eine befondere Ordnung unter dem Namen Abranchia gebildet, weil er die Atbmungsorgane ſeiner Claſſification hauptſaͤchlich zu Grunde gelegt hat; nur ſtellt er ſie, um ſie an die Ophidier anzuſchließen, an die *) Die Herausgeber der Annals and Magazine of Nat. History (aus deren diesjaͤhrigem Julibefte obiger Artikel entlehnt iſt) erhielten Herrn Hogg's Arbeit ſchon im Februar, ließen die: ſelbe jedoch nicht vor deſſen Ruͤckkehr nach London abdrucken, damit er noch Herrn Milne Edwards's und Sir W. Jar— dine's Artikel über Lepidosiren vergleichen koͤnnte. 0. 1509. R. „ n d. Spitze der Claſſe, ſtatt ſie, wie wir, an das Ende derſel— ben zu bringen.“ *) Durch dieſe Stelle ward ich erſt mit Profeſſor J. Muͤller's Entdeckung der Kiemenoͤff nungen an einer jungen Caecilia bekannt, und als ich weiter las, fand ich, daß die Blainvilleſche Arbeit eine Entgegnung und wei— tere Ausführung in Betreff Dumeril’s Memoire sur la Classification et la structure des Ophiosomes ou Cécilioides, famille de Reptiles qui participent des Ophidiens et des Batraciens, relativement à la forme et à l’organisation ſeyn follte, welche Ab— handlung der Academie früher vorgetragen, und über die S. 581, No. 20 deſſelben Bandes der Comptes rendus berichtet worden war. Herr Dumeril hat eine kurze Beſchreibung dieſer hoͤchſt intereſſanten Entdeckung mitgetheilt, wogegen Profeſ— for J Muͤller's eigner Bericht über dieſelbe ſich in Oken's Iſis vom Jahre 1831 ©. 710 findet und folgen— dermaaßen lautet: **) Kiemenloͤcher an einer jungen Caecilia hypocyanea, im Muſeum der Naturgeſchichte zu Leyden beobachtet von Profeſſor Joh. Müller. „Im Fruͤhling dieſes Jahres beſuchte ich die großen Muſeen für Zoologie und Anatomie zu Leyden, wo mir die außerordentliche Güte der Herren Tem minck, van der Hoeven, Sandifort, Broͤrs, Schlegel, Dr. Haan einen kurzen Aufenthalt aͤußerſt fruchtbar und nuͤtzlich machte. Bei der Reviſion der Caͤcilien, welche ſich in dem unendlich ) Comptes rendus des seances de l’Acad. de Sciences, T. IX, No. 22. 2e Semestre 1839. ) Bei der Wichtigkeit des Gegenſtandes begnuͤgen wir uns nicht damit, auf die, das Weſentliche der Entdeckung enthal⸗ tende Nummer der Notizen, No. 675 (No. 15 des XXXI Ban⸗ des) S. 232 zu verweiſen, ſondern laſſen den eignen Bericht des Herrn Profeffor J. Müller (da der Jahrgang 1831 der Iſis gerade nicht zur Hand iſt), der Kuͤrze wegen aus dem Engliſchen zurüdüberfegt, hier ebenfalls folgen, obgleich die Originalquelle dem deutſchen Leſer zugaͤnglicher iſt, als dem eng⸗ liſchen, zumal da der Verfaſſer im Folgenden auf die vom Profeſ⸗ for Müller aufgeftellte Claſſiſication zuruͤckkommt. Der Ueberf. 13 195 reihen Muſeum der Naturgeſchichte befinden, entdeckte ich an einer ganz jungen Caecilia hypocyanea auf jeder Seite des Halſes, einige Linien von dem Ende der Mund— ſpalte, ein Loch von der Größe einer Linie. Dieſe Oeffnung iſt in der Ringe etwas größer, als in der Höhe, liegt in dem gelben Streifen, der die Seiten der Caecilia hypoeyanea auszeichnet, und dieſer gelbe Streifen iſt gerade hier viel breiter. Der Saum des Loches iſt ſcharf; im Innern des Loches ſind ſchwarze Franſen bemerklich, welche an den Hörnern des Zungenbeins oder der Kiemenboͤgen feſtzuſitzen ſcheinen, aber nicht aus den Löchern hervorhaͤngen. Die Loͤcher ſelbſt ſtehen in offener Communication mit der Mund— hohle. Dieſe junge Caecilia, welche als einziges Exem— plar nicht ſecirt werden konnte, mißt 45 Zoll Laͤnge; ein ausgewachſenes Exemplar derſe ben Species, welches keine Spur dieſer Loͤcher zeigt, hat mehr als 1 Fuß Laͤnge. „Es iſt alſo nunmehr ausgemacht, daß die Caͤcilien, welche fo viele anıtomifhe Aehnlichkeit mit den nackten Am— phibien haben, wirklich zu dieſen gehoͤren, und daß ſie ſich verwandeln. Sie gleichen auch im aͤußern Bau den Am— phiumen, welche bei einer wurmfoͤrmigen Bildung des Kor: pers ihre Kiemenloͤcher durch's ganze Leben behalten, ohne daß die Kiemen bleiben. Die Abtheilung der Batrachier iſt zu eng und einſeitig. Alle beſchuppten oder beſchildeten Amphibien (Crocodile, Eidechſen, Schlangen, Schildkroͤten) haben als gemeinſame Charactere einen deutlichen penis oder zwei, einen doppe z ten Vorhof, zwei Fenſter am Gehör: organe und eine Schnecke.) Dieſe muͤſſen eine Abthei— tung bilden. Alle nackten Amphibien digegen haben keinen penis, nur einen Vorhof, nur ein Fenſter und keine Schnecke am Gehörorgan. Alle Amphibia nuda hben entweder fruͤher Kiemen, ſpaͤter Lungen oder beide durch's ganze Le— ben. Die Ordnungen der Amphibia nuda ſind folgende: I. Gymnophidia seu Caeciliae. Fußlos, Kiemenloͤcher in der Jugend. il. Derotremata, von Ge /, Hals, und S , Loch. Vier Fußrudimente, Locher am Halſe durch's ganze Le— ben ohne Kiemen. Hieher gehoͤrt Amphiuma (auch Menopoma). III. Proteidea. Kiemen und Lungen durch's ganze Leben. Proteus, Axolotl, Menobranchus, Siren. IV. Salamandrina. V. Batrachia. „Die Herren Schlegel und van der Hoeven wer: den gerne die Richtigkeit der obigen Angabe von den Kies menlöchern der jungen Caecilia bezeugen. Dieſes Thier bleibt im Muſeum zu Leyden aufbewahrt. Die Anatomie der Caecilia lumbricalis und mehrerer zweifelhafter oder anomaler Schlangen habe ich in einem beſondern Aufſatze gegeben, der in Meckel's Archiv erſcheint. In einem ) Sieh' über das analogon der Schnecke des Labyrinthes dieſer Thiere die eben erſchienene Monographie über das Gehoͤror— gan der Amphibien: Carol. Mindischmann de auris peni- tiori structura in amphibiis commentatio anatomica, Bonnue 1831, 4. cum tab. III. In Commiſſion bei Leopold Voß zu Leipzig. 196 Nachtrage dazu werde ich die Abbildung der jungen Caecilia hypocyanea mit Kiemenloͤchern mittheilen Dort habe ich auch die Eintheilung der anomalen und die Eintheilung der nackten Amph e bien, als zweite Hauptabtheilung der Am— phibien, in die oben aufgefuͤhrten fuͤnf Ordnungen aus aus— fuͤhrlichern anatomiſchen Unterſuchungen gerechtfertigt. Dieſe Ordnungen der Amphibia nuda bieten in der Form der Thiere eben ſolche Unterſchiede dar, wie die Schlangen, Ei: dechſen, Crocodile, Schildkroͤten in der Abtheilung der Am- phibia squamata.“ Die daſelbſt vom Profeſſor J. Muͤller beſchriebene Species von Caecilia iſt die Caecilia hypocyanea van Haſſelt's, welche wegen ihrer blaßblauen Für: bung am untern Theile des Bauches ihren fpecififchen Namen erhalten hat. Linné nannte dieſelbe Caecilia glutinosa und Wagler: Epierium Hasseltii. Sie iſt ſowohl auf Ceylon, als auf Java einheimiſch. Merkwuͤrdigerweiſe iſt dieſer ſchon vor 10 Jahren ge— machten Entdeckung in keinem der mir bekannten engliſchen Werke uͤber Naturgeſchichte gedacht worden; außer im ſechsten und letzten Theile von Dr. Grant's Outlines of Comparative Anatomy, welcher 1840 erſchien, und wo S. 551, unter der Ueberſchrift: „Reſpirationsorgane“ dieſer Entdeckung ganz kurz gedacht iſt. Das Vorkommen der Kiemen bei der jungen Caecilia noͤthigt mich demnach, die von mir vor einigen Jahren aufgeſtellte Cliſſification der Amphibia einigermaaßen abzu— ändern. (Vergl Charlesworth's Mag. of Nat. Hist., New Series, Vol. III. p. 265 und 367.) Meine Ord— nung I. Abranchia muß alfo ganz wegfallen, weil jetzt klar bewieſen iſt, daß jedes Genus der Amphibia ent we— der im jugendlichen Alter irgend eine Art von Kiemenappa— rat beſitzt, welcher ſpaͤter durch einen Lunge apparat erſetzt wird, oder beide Arten von Apparaten waͤhrend der ganzen Lebenszeit beibehaͤlt. Die vom Profeſſor J. Muͤller gemachte Entdeckung hat den Umftand, auf deffer Wahrſcheinlichkeit ſchon die Anweſenheit der ossa hyoidea ber erwachſenen Caͤcilien hindeutete, zur Gewißheit erhoben, daß die Caeciliadae früher Kiemenoͤffnungen oder Kiemenfranfen beſitzen muͤſſen, welche im ſpaͤtern Lebensalter eine Umbildung erleiden. *) Deßhalb muß dieſe Familie nunmehr in der Claſſification nach Kiemen ihre Stelle unter den Cadueibranchia oder unter denjenigen Amphibia erhalten, die ihre Kiemen im fruͤhen Lebensalter einbuͤßen; wenngleich ſich aus der vom Profeſſor Muͤller gelieferten Beſchreibung ergiebt, daß die Kiemen ſelbſt oder die Franſen innerhalb der Kiemenoͤff— nungen verborgen liegen, nicht aber aus denſelben her— aushaͤngen, wie es bei den Übrigen Familien der Caduci— branchia der Fall iſt. Demnach macht ſich die Trennung der letztern in zwei beſondere Sippen noͤthig, von denen ich die erſte Celatibranchia oder Amphibien mit abfallenden aber verborgenen Franſen, und die zweite Prolati- of Nat. Hist. Vol. *) Vergl. meinen Artikel im Mag. III., New Series, p. 368. 197 branchia oder Amphibien mit abfallenden aber ſich t ba— ren Kiemenbüfheln nenne. Nichtsdeſtoweniger bleibt in Betreff der fruͤheſten Lebensweiſe, des Waſſerathmens, der Entwickelung der Lungen und der Veraͤnderung der Cir— culationsorgane der Caeciliadae noch viel zu erforſchen. In Profeſſor J. Muͤller's oben mitgetheilter Claſſi— fication ſtehen die Caeciliae in der erſten Ordnung der Amphibia nuda unter dem Namen Gymnophidia oder nackte Schlangen; ich muß jedoch bemerken, daß dieſe Benennung auf dieſe ſchlangenaͤhnlichen Amphibien, ſtreng genommen, nicht paßt, weil ſie in der That nicht ganz nackt, ſondern mit zahlreichen kleinen Schuppen verſe— hen ſind. Herr Dumeril bemerkt auch in feiner Abhandlung: „Herr Bibron und er ſelbſt haben in dem gegenwärtig uns ter der Preſſe befindlichen achten Bande der Histoire na— turelle des Reptiles eine erſte Unterordnung der Batra— chier unter dem Namen Peromeles aufgeſtellt, welche alle fußlofen Genera umfaſſe. Dieſer find vier, und fie bilden eine Familie, die wir Ophiosomes oder Ceeci- lioides nennen, da dieſe Namen auf deren Aehnlichkeit mit den Schlangen hindeuten und zugleich an das an Species zahlreichſte erſte und Haupt: Genus Caecilia erinnern.“ *) Ich muß jedoch hier bemerken, daß dieſe Unterordnung Peromeles (von ⁰ os, fehlend und „eos, Gliedmaße eder Fuß) mit Oppel's Familie Apoda ganz ſynonym iſt, welche Oppel im Jahre 1811 aus dem Genus Cae— eilia bildete (wiewohl ſchon Linné eine Ordnung der Fiſche ſo genannt hatte), und welche nach ihm von mehre— ren Zoologen anerkannt worden iſt. Allein in welche Ord— nung oder Familie Herr v. Blainville neuerdings die Caeciliae in ſeinem, bei Gelegenheit der Beſchreibung der von Herrn Botta aus Californien mitgebrachten Reptilien aufgeſtellten Syſteme gebracht hat, iſt mir nicht bekannt, da ich nicht ſein Werk ſelbſt, ſondern nur die fruͤher ange— zogene, in den Comptes rendus p. 673 mitgetheilte, hi— ſtoriſche Nachricht uͤber daſſelbe geſehen habe. Uebrigens ſehe ich mit vielem Vergnuͤgen, daß Herr von Blain ville, gleich mir, die Batrachier (der franzoͤſiſchen Naturforſcher) zu einer eignen Claſſe unter dem Namen Amphibia erhebt und nicht nur als die vierte Ordnung der Claſſe Repti- lia fortbeſtehen läßt, wie es die alte Claſſification Bron— gniart's und feiner Anhänger, z B., Daudin's, Dus meril’s, Cuvier's ꝛc., mit ſich brachte. Ferner muß, meines Erachtens, meine frühere Claſſifi— cation inſofern abgeaͤndert werden, als eine Trennung der Kroͤten von den Froͤſchen (Ranidae) und, nach Bell's Vorgange **), die Aufſtellung einer beſondern Familie Bufonidae, deren vorzuͤglichſtes unterſcheidendes Kennzeichen in der Abweſenheit der Zaͤhne beſteht, als angemeſſen erſcheint. Demnaͤchſt erheiſcht die unlaͤngſt ſtattgefundene Ent⸗ deckung eines hoͤchſt merkwuͤrdigen und anomalen Geſchoͤpfes Comptes rendus 1839, T. IX. No. 20, p. 5838. **) History of British Reptiles, p. 105. 198 durchaus eine Ausdehnung der von mir vorgeſchlagenen Claſ— ſification. Ich meine das Thier, welches Fitzinger *) und Natterer **) Lepidosiren nennen und als den Typus eines neuen Genus der fiſchaͤhnlichen Amphibien betrachten, waͤhrend Profeſſor Owen daſſelbe, ſo wie eine zweite Spe— cies deſſelben, als den Fiſchen näher ſtehend betrachtet. ***) Es mag hier die Bemerkung eine Stelle finden, daß die Lepidosiren paradoxa, die in den Suͤmpfen am Ama— zonenſtrom in Suͤdamerica einheimiſch iſt und dort Cara- muru genannt wird, in Anſehung des allgemeinen Charac— ters und der Geſtalt mit Siren große Aehnlichkeit hat, während Lepidosiren annectens, die im Fluſſe Gambia in Africa lebt, dem Siredon pisciformis eder Axolotl Mexico's in der Geſtalt naͤher kommt, und von den Negern genoſſen wird, wie es auch die Mericaner mit dem Axolotl halten. Da aber dieſe beiden Thiere deutliche Lungen haben, fo kann ich der Anſicht des letztgenannten Naturforfchers durchaus nicht beitreten, indem durch dieſen Umſtand die Frage, ob ſie Amphibien oder Fiſche ſeyen, ohne Weiteres erledigt ſcheint. Dernoch entſcheidet ſich Profeffor Owen dafür, daß es Fiſche ſeyen und beruft ſich in dieſer Beziehung vor— zuͤglich auf deren Naſe, welche aus zwei haͤutigen Saͤcken beſteht, die innerlich Falten zeigen und ſich an der Ober— lippe öffnen, ohne jedoch (wie er ſelbſt bemerkt) mit der Rachen- oder der Mundhöhle zu communiciren. +) Die uͤbrigen Charactere, nach denen ſie ſich in ihrer Organiſa— tion den Fiſchen naͤhern, halte ich fuͤr wenig bedeutend. Meines Erachtens muͤſſen wir alfo diefe Geſchoͤpfe ent: weder fuͤr Fiſche mit aͤchten, gut entwickelten, durch ihre gefaͤfreiche und zell'ge Structur zum Luftarhmen eingerich— teten Lungen, wie ſie die Amphibia und Reptilia ha⸗ ben, fo wie mit einigen andern, eben alls den Amphibien eignen Characteren, oder für Amphibia mit Nafenfüden erklaͤren, die nach Owen nur eine Oeffnung nach Außen beſitzen und, wie die der Fiſche, zum Riechen beſtimmt ſind, waͤhrend jene Thiere ebenfalls noch einige andere Cha— ractere mit den Fiſchen gemein haben. Kuͤrzer geſagt, dieſe Thiere ſind entweder Fiſche mit Lungen und einigen andern Hauotkennzeichen der Amphibien, oder Amphibien mit der Naſe und einigen andern untergeordneten Kennzeichen der Fiſche. ) Froriep's Notizen, Bd. L, S. 90, und Wiegmann's Arck iv, 1837, S. 327. ) Lepidosiren paradoxa; eine neue Gattung aus der Familie der fiſchaͤhnlichen Reptilien, von Joh. Natterer. Annalen 4 Wiener Muſeums der Naturgeſchichte, 1837, Bd. II, . 165. **) Description of the Lepidosiren annectens. Vol. XVIII, p. 327. +) Herr Milne Edwards äußert ſich in feinem Artikel über die naturlichen Verwandtſchaften der Lepidosiren, Annales des Sciences naturelles, Sept. 1840, folgendermaaßen: „Einer der Gruͤnde, wegen deren Profeſſor Owen hauptſaͤch⸗ lich darauf dringt, Lepidosiren unter die Fiſche zu rechnen, iſt der Mangel einer Verbindung zwiſchen der Naſen- und 13 * Linn. Trans. 199 Wir haben hier alfo zu beſtimmen, ob die Lungen oder die Naſe ruͤckſichtlich der Unterbringung dieſer Geſchoͤ— pfe in die eine oder die andere Claſſe der Wirbelthiere das entſcheidendere Organ find. Und hier möchten wohl faſt alle Naturforſcher der Anſicht beipflichten, daß die Reſpi— rationsorgane in dieſer Beziehung viel wichtiger ſeyen, als die Geruchsorgane, weßhalb wir Lepidosiren ohne Frage für ein Amphibium zu erklaͤren haben. ) Ein Am— phibium mit Naſenſaͤcken, wie ein Fiſch, bildet eine weit geringere Anomalie, als ein Fiſch mit Amphibienlungen, da ja das Athmen durch Kiemen allen uͤbrigen Characteren der Fiſche voranſteht, wenngleich die Schwimmhaͤute einiger Ge— nera der Familie Clupeidae ziemlich dieſelbe zellige Strue— tur darbieten, wie die Lungen der Reptilien. Deßhalb pflichte ich Fitzinger, Natterer und Jo— nes **) bei, welche die fraglichen Thiere für zwei befondere Species eines neuen Genus gelten laſſen, das eher zu den Amphibien mit bleibenden Kiemen (Manentibranchia), als zu der Ordnung der Fiſche zu rechnen ſey. Auch Biſchoff iſt durch ſeine geſchickte anatomiſche Unterſuchung der Lepidosiren paradoxa zu dem Schluſſe gelangt, daß dieſelbe zu den Amphibien und nicht zu den Fiſchen zu zaͤhlen ſey. Vergl. deſſen zu Leipzig erſchienene Schrift, in der man lieſ't, daß die Naſenhoͤhlen der L. der Mundhoͤhle; allein Herr Biſchoff behauptet, bei der von ihm ſecirten Species ſeyen hintere Nafenlöcher vorhanden, welche ſich in der Nähe des Lippenbandes in die Mundhöhle öffneten. Dieſe hintere Naſenoffnungen ſah ich auch bei dem von Herrn Bibron ſecirten Exemplare der Lepidosiren pa- radoxa, und deren abnorme Lage ſcheint ſich zum Theil aus der Abweſenheit der obern Backenknochen (ossa maxillaria su- periora) zu erklären.“ Dieſer Artikel iſt mir erſt zu Geſicht gekommen, als bereits das Manuſcript des vorliegenden ſich in den Händen der Herausgeber dieſes Journals (Annals and Mag. of Nat. Hist.) befand. Ich muß hier darauf aufmerk- ſam machen, daß Profeſſor Owen die Lepidosiren annec- tens und nicht, wie Herr Biſchoff und Herr Bibron, die Lepidosiren paradoxa ſecirt hat. ) Herr Milne Edwards hat in dem bereits angezogenen Artikel noch zwei andere der Lepidosiren paradoxa eigene Charactere angefuͤhrt, welche ſehr dafuͤr ſprechen, daß dieſes Thier am richtigſten für ein Amphibium zu halten ſey. „Er— ſtens hat ſich Herr Bibron von dem Vorhandenſeyn zweier Herzohren (welche Biſchoff ſchon früher entdeckt hatte) überzeugt, fo daß auch in dieſer wichtigen Beziehung Lepido- siren von den Fiſchen abweicht und mit den meiſten Reptilien uͤbereinſtimmt; zweitens entwickeln ſich die Lungen bei den Saͤugethieren, Voͤgeln und Reptilien bekanntlich immer an der dem Bauche zugekehrten Seite des Nahrungsſchlauches, mögen fie übrigens in der Eingeweidehöhle eine Lage haben, welche ſie wollen, ſo wie ſich denn die Oeffnung der glottis auch jederzeit auf der Bauchſeite des pharynx befindet. Daſ— ſelbe ift denn auch bei Lepidosiren der Fall.“ Wenn ſich nun bei genauerer Unterſuchung der Lepidosiren annectens finden ſollte, daß ſie keine hintern, mit der Mund— hoͤhle communicirenden Naſenoffnungen beſitzt, und daß deren Herz nur ein einziges Ohr hat, ſo wäre ſie, meiner Anſicht nach, als ein anderes Genus, wie Lepidosiren paradoxa, zu betrachten, für welches ich den Namen Protomelus vorſchlagen wuͤrde. Uebrigens iſt nicht zu überfehen, daß die Lepidosiren aradoxa fünfundfunfzig Rippenpaare beſitzt, waͤhrend die epidosiren annectens deren nur ſechsunddreißig hat. **) General outline of the animal Kingdom, p. 538. 200 paradoxa hinten mit der Mundhöhle communiciren *), daß das Herz mit zwei Ohren verſehen iſt, daß die Lungen nicht für Schwimmblaſen gelten koͤnnen, und daß die Dis ganiſation der meiſten weichen Theile, namentlich der Circula— tions- und Reſpirationsorgane, mit der der Fiſche nichts gemein hat. Ueberdem ſoll dieſes Thier Toͤne hervorbringen, wie die einer Katze. Da ferner der dieſem Genus von Fitzinger beigelegte Name Lepidosiren ſo viel ſagen will, als „ſchuppige Sirene,“ ſo kann derſelbe nicht fuͤr voͤllig paſſend gelten, indem er darauf hinzudeuten ſcheint, daß keine andern Amphibien Schuppen beſaͤßen, waͤhrend doch bekanntlich die Caeciliae ebenfalls mit kleinen Schup— pen bedeckt find. Profeſſor Owen erwähnt, p. 332 des XVIII. Bos der Linn. Transactions, er habe in dem hand» ſchriftlichen Cataloge des Muſeums des K. Collegiums der Wundaͤrzte in London die Lepidosiren unter dem Namen Protopterus (unftreitig von PwTros, der erſte, und zrERos, Floſſe, um die rudimentaͤre Beſchaffenheit ihrer vier Floſſen zu bezeichnen) eingetragen; da ich jedoch der Anſicht bin, daß dieſes Genus eigentlich zu den Amphibien gehoͤre, ſo paßt dieſer Name durchaus nicht fuͤr daſſelbe, und Protomelus wuͤrde geeigneter ſeyn, weil dieſes Wort auf die rudimentaͤre Beſchaffenheit der Fuͤße hindeutet. Ue— brigens wuͤrde ich der Benennung Amphibichthys noch den Vorzug vor Protomelus geben, da dieſelbe ein Ge— ſchoͤpf bezeichnet, welches ein Amphibium iſt, aber ſich den Fiſchen ſehr nähert **), oder welches zwiſchen dieſen bei— den Claſſen die Mitte haͤlt. (Schluß folgt.) *) Sir William Jardine betrachtet dagegen die Structur der Naſenhoͤhlen, als der bei den Fiſchen durchaus ahnlich und bemerkt, fie ſeyen keine Reſpirationsorgane, ſondern die dop— pelte Oeffnung entſpreche nur der Trennung des Sackes durch Klappen, wie man fie bei den Fiſchen bemerke. Vergl. Re- marks on the structure and habits of Lepidosiren annec- tens in den Annals and Mag. of Nat. Hist., March 1841 p. 26. Dieß iſt jedoch ein offenbarer Irrthum, wie ſich aus fol: gender nachtraͤglich von Biſchoff gelieferten Nachricht ergiebt. „Was die Naſenhoͤhlen betrifft, über die ſchon fo viel hin und her geſtritten worden iſt, ſo will ich bemerken, daß mein Schwiegervater, Herr Tiedemann, dieſelben ebenfalls bei einem ſehr kleinen Exemplare unterſucht hat. Der Canal hatte 51 rheinl. Linien Lange, zog ſich ſchräg nach Hinten und Außen und öffnete ſich in die Mundhoͤhle. Dagegen bie: ten die bei Wien vorkommenden Arten des Genus Conger durchaus keinen aͤhnlichen Canal dar.“ . ) um dieſes zu bezeichnen, müßte der Name in Ichthyamphi- bium umgeſtaltet werden; denn Amphibichthys bedeutet ein Fiſch, der ſich den Amphibien naͤhert. D. Ueberſ. Miscellen. Beobachtungen uͤber die kryſtalliniſchen und kry⸗ ſtalloidiſchen Formen des Eiſes hat Herr Dr. Schuma— cher zu Goͤttingen angeſtellt und in großem Umfange verfolgt. Er wird eine Ueberſicht derſelben der Verſammlung der Aerzte und Naturforſcher, welche am 15. September in Braunſchweig, unter der Leitung des Herrn Geheimerath v. Strombeck und des Herrn De. Mansfeld daſelbſt, ihre Sitzungen beginnt, mitthei: len und durch Vorlegung von Zeichnungen erlaͤutern, von welchen ich einige mit großem Intereſſe zu ſehen Gelegenheit gehabt habe. Herr Dr. Schumacher hat die Eis formationen an en: ſterſcheiben, nach Claſſen, Gattungen und Arten, beobachtet, und 201 unterſcheidet: I. in Primärfiguren: a. Grundſtuͤcke, b. Laub⸗ werb und s. figurirten Anflug; II. in ſoliden Figuren: a. Faͤ⸗ cherſtrahlung, b. Palmenformen und c. Krautformen; III. über: legte Figuren. — Den Schnee betreffend, der zum Theil unförmig iſt, fo theilt Herr Dr. Schumacher die regelmäßig und kryſtallographiſch bedeutſamen Figuren deſſelben ebenfalls bes ſonders ab: Erſtens nach Art der Structur, zweitens nach Art und Stufe der Ausbildung, und drittens nach der inneren Gleich— foͤrmigkeit der Geſtalt. F. 202 Eine Erſteigung der höchſten Spitze des Furka iſt am 7. Auguſt bewerkſtelligt worden durch Herrn Profeſſor Agaſ— ſiz, in Begleitung der Herren Profeſſoren Forbes, aus Edin— vurgh, und Heath, von Cambridge, und der Herren Duchate— lier, von Nantes, und E. Deſſor und Pury, von Neufchatel. Von den ſechs Fuͤhrern verdankten ſie vorzuͤglich dem einen, Jacob Leuthold, das Gelingen des Unternehmens, wobei auf der ober— ſten Spitze jeder Tritt muͤhſam in's Eis gehauen werden mußte. Auf der Hoͤhe wurden einige meteorologiſche Beobachtungen gemacht. He i Ueber Ruͤckgratsverkruͤmmung durch Ausdehnung des Unterleibs bei Kindern. Von John Snow. Ich will hier nicht im Allgemeinen uͤber Ruͤckgratsver— kruͤmmungen der Kinder ſprechen, ſondern nur uͤber die Difformitaͤt, welche eine Folge der Auftreibung des Unter— leibes iſt und, fo viel ich finden kann, bisjetzt von den Schriftſtellern noch nicht als Urſache anerkannt worden iſt. Ich will nur einen einzigen Fall von denen, welche mir vorgekommen ſind, vorausſchicken, indem er hinreichen wird, das zu beweiſen, was ich hier aufſtellen moͤchte. Den 16. Auguſt 1839. Hugh Lynch, ein Zwillings— kind, 2 Jahre und 5 Monate alt, hat ſeit der Geburt eis, nen doppelten Scrotalbruch. Der Knabe befindet ſich ſeit 4 Monaten unwohl. Der Unterleib iſt ſtark aufgetrieben und tympanitiſch; die Bruſt iſt hinten breit, vorn ſehr ſchmal, auf den Seiten abgeflacht; das Bruſtbein ragt ſtark nach Vorne, beſonders mit ſeinem untern Ende. Die Rip— penknorpel ſind nicht nach Außen gewoͤlbt, ſondern gehen zu beiden Seiten des Bruſtbeins unter einem Winkel nach Hinten und vereinigen ſich mit den Rippen ebenfalls unter einem Winkel. Die Knorpel der falſchen Rippen ragen da— gegen ſeitlich hervor, ſo daß der untere Theil der Bruſt ſehr ausgedehnt iſt da, wo ſie ſich mit dem aufgetriebenen Unterleibe verbindet. Die unterſten Ruͤcken- und erſten Lendenwirbel ragen nach Hinten, die untern Lendenwirbel nach Vorne und das Heiligenbein nach Hinten hervor. Das Kind iſt abgemagert, fiebert, die Function des Darmcanals iſt geſtoͤrt, der Appetit verſchwunden. Es wird hauptſaͤch— lich mit Kartoffeln genaͤhrt; der Athem iſt beſchleunigt, die Inſpiration leicht, die Exſpiration ſchwierig und mit einer Huſten aͤhnlichen Anſtrengung verbunden. Das obere Ende der Luftwege ſcheint ſich nach jeder Inſpiration zu ſchließen, und dann entweicht die Luft mit einem leichten Ton, aͤhn— lich, wie wenn der Athem bei einer Muskelanſtrengung an— gehalten wird. Waͤhrend jeder Inſpiration wird der Unter— leib vorgetrieben, und die Rippenknorpel ſinken auf jeder Seite des Bruſtbeins ein; bei der Exſpiration dagegen zieht ſich der Unterleib ein und die Rippen kehren in ihre fruͤhere Lage zuruͤck. Dabei findet ſich lautes, pueriles Reſpirationsge— raͤuſch, und die Bruſt giebt uͤberall einen klaren Ton bei der Percuſſion; es wird etwas Hydargyrum cum erxeta und zweckmaͤßige Diät verordnet. ek A ee . Den 27. Sept. Das Kind iſt ſtaͤrker abgemagert, der Unterleib noch aufgetrieben, jedoch weit weniger, als zus vor; die Bruſt hat dieſelbe Form, aber die Knorpel der wahren Rippen fallen bei der Inſpiration nicht fo tief ein; die der falſchen Rippen dagegen ſind durch das Zwerchfell bei jeder Inſpiration nach Innen gezogen und ragen an dem untern Ende des Sternums hervor, waͤhrend unmittel— bar darunter an der Herzgrube eine Vertiefung ſichtbar iſt. Der thorax giebt einen klaren Percuſſions-Ton, obwohl ſchleimiges Raſſeln zugegen iſt. Das Kind ſtirbt am 29. October. Leichenoͤffnung 7 Stunden nach dem Tode. Das Ruͤckgrat iſt nun ganz gerade, der Unterleib weit weniger, als früher, doch immer noch, aufgetrieben. Die Bruft giebt eine dumpfe Percuſſion uͤber den groͤßern Theil ihrer Ausdehnung, obwohl ſie wenige Stunden vor dem Tode bell war. Bei Eröffnung des Unterleibs fand ſich das Zwerchfell, ſtatt ſeiner gewoͤhnlich gewoͤlbten Form, queer her— über geſpannt, fo daß es nicht bis zur ſiebenten Rippe ber: abreichte. Die Lungen ſind von geſunder Structur, aber die ganze linke Lunge und der untere Lappen der rechten ſind collabirt und ganz luftleer und mit dunklem fluͤſſigen Blut angefuͤllt. Der uͤbrige Theil der rechten Lunge iſt crepitirend und geſund; das Herz iſt normal, aber der Herz— beutel enthält 3 oder 4 Drachmen Serum. Jede Rippe iſt an der Verbindungsſtelle mit dem Knorpel zu einem ſpon— giöfen Knoͤpfchen aufgetrieben. Der Dickdarm iſt von Gas aufgetrieben, außer an einigen Stellen, wo der Darm feſt und auf abnorme Weiſe contrahirt iſt. Der Dickdarm iſt fo beträchtlich verlängert, daß er 3 oder 4 Mal queer durch die Unterleibshoͤhle läuft. Das coecum findet ſich in feiner gewoͤhnlichen Lage, von da geht der Dickdarm nach Links und wieder zuruͤck; er geht hierauf nach Oben zum Magen, queer durch den Unterleib und in der linken Seite, wie ge— woͤhnlich, nach Unten zur lexura sigmoidea, welche ſich in der rechten Darmbeingrube ausdehnt, bis zur Medianli— nie zuruͤckgeht und da in den Maſtdarm uͤbergeht. Die uͤbrigen Unterleibseingeweide ſind normal; der Kopf iſt nicht unterſucht worden. Um überzeugend nachzuweiſen, daß dieſe Difformität der Bruſt durch eine Auftreibung des Unterleibes veranlaßt iſt, muß ich beweiſen, daß der Raum im thorax durch Vergroͤßerung des Unterleibes ebenfalls vergroͤßert und nicht verengt iſt, wie man gewoͤhnlich annimmt. Wenn der Un⸗ terleib an Umfang zunimmt, ſo werden die falſchen Rippen 205 mit ihren Knorpeln nach Oben gedrängt und bilden beinahe einen rechten Winkel mit dem Ruͤckgrat. Dadurch wird der Umfang der Btuſt vergrößert; die Bauchmuskeln, welche durch Herabziehen der Rippen hauptſaͤchlich die Exſpiration dewirken, find nur wenig im Stande, ihrer Function zu ge: nuͤgen. Sie werden durch die Maſſe des Inhaltes des Un: terleibes geſpannt erhalten. Ueberdieß werden die Raͤnder des an der Baſis des Bruſtringes herum angehefteten Zwerchfells durch Ausdehnung des Thoraxumfanges ausein— andergezogen. Die Woͤlbung deſſelben wird vermindert, und der ſenkrechte Durchmeſſer der Bruſthoͤhle iſt vergroͤßert. Athembeſchwerden von Ausdehnung des Unterleibes aͤußern ſich bei Menſchen und bei Thieren immer durch erſchwerte Erſpiration. Der Unterleib iſt bei Kindern verhaͤltnißmaͤßig weit betraͤchtlicherer Ausdehnung unterworfen, als ſie jemals bei Erwachſenen vorkoͤmmt, und da namentlich die Knorpel und Bänder der Rippen biegſam er find, fo wird die Baſis des thorax außerordentlich ſtark ausgedehnt; da nun die Lungen durch den Luftdruck genoͤthigt werden, jeden Theil der Bruſthoͤhle auszufüllen, fo muß entweder eine unnatür— liche Ausdehnung der Lungen, oder eine Zuſammendruͤckung der Bruſt in einer andern Richtung ſtattfinden. Wegen der Biegſamkeit der Rippen und Rippenknospel findet das letztere ſtatt. Die Bruſt wird ſeitlich zuſammengedruͤckt, das sternum ragt nach Vorne, und es bildet ſich an jeder Seite eine vertiefte Rinne am vordern Ende der Rippe. Die Thaͤtigkeit des Zwerchfells, welches bei jeder Inſopiration gegen die Unterleibshoͤhle herabruͤckt, ſchafft Raum für mehr Luft, als die Lungen aufzus nehmen geneigt ſind, und die Seiten der Bruſt werden deswegen bei jeder Inſpiration noch weiter eingedruͤckt und kehren bei jeder Exſpiration in ihre frühere Lage zuruͤck; fo iſt die Bewegung der Rippen der normalen Bewegung ge— rade entgegengeſetzt. Dieß iſt nicht Folge mechaniſchen Wi— derftandes der Lungen, ſondern entſteht durch die ploͤtzliche Verſchließung der Luftroͤhre fuͤr fernern Luftzutritt, welche bei dieſer Difformitaͤt mit umgekehrter Rippenbewegung nie: mals fehlt und ſich durch den leichten, explodirenden Ton bei der Wiedereroͤffnung der Luftwege zur Ex'piration kund giebt. Dieſe Unterbrechung fernern Lufteintrittes iſt, ohne Zweifel, eine willkuͤhrliche oder inſtinctmaͤßige Anſtrengung, um die unangenenme Empfindung einer übermäßigen Aus— dehnung der Lungen zu vermeiden. Dieß beſteht nicht in einer Verſchließung der glottis, ſondern in einer Annaͤhe— rung der hintern Gaumenboͤgen und in einem Drucke der Zungenwurzel gegen den Gaumen, wodurch, nach Dzondi, der Athem angehalten werden kann Die Bruſtſeiten wer— den durch den serratus magnus und die peetorales bei der J iſpiration ausgedehnt. da aber das Zwerchfell die Bruſt in anderer Richtung Eräftiger erweitert, fo geben dieſe Muskeln dem atmoſphaͤriſchen Drucke nach und werden, ſo weit es die Reſpiration betrifft, paralyſirt. Ich habe niemals eine betraͤchtliche Ausdehnung des Unterleibes bei einem weniger als drei Jahre alten Kinde ohne dieſe Difformitaͤt des thorax geſehen Der Grad der Difformitaͤt ſteht immer im Verhaͤltniſſe zur Ausdehnung. 204 Nach dem Alter von 3 oder 4 Jahren habe ich die Diffor- mitaͤt nicht mehr beginnen ſehen, wahrſcheinlich, weil als— dann die Rippen eine Staͤrke erlangen, welche dieß verhin— dert; außerdem iſt alsdann auch der Unterleib den Ausdeh— nungen nicht mehr ſo ſehr unterworfen. Die andere Difformität, naͤmlich die des Ruͤckgrates, ſcheint nicht conſtant die Auftreibung des Unterleibes zu be— gleiten. Ich glaube, daß ſie bloß bei den ſchlimmſten Faͤl— len eintritt. Sie beſteht in einer, haͤufig winkligen, Her— vorragung der untern Dorſal und obern Lendenwirbel. In dem von mir mitgetheilten Falle kam noch eine ſecundaͤre Hervorragung des Kreuzbeins hinzu; ein anderes Mal zeigte ſich zugleich eine leichte ſeitliche Ausweichung. Dieſe Her— vorragung entſteht wahrſcheinlich dadurch, daß die geſpann— ten Bauchmuskeln vermittelſt des Beckens und thorax an den entgegengeſetzten Enden der Wirbelſaͤule ziehen, waͤhrend der Inhalt der Bauchhoͤhle in der Mitte einen Widerſtand leiſtet. Ein Leiden der Wirbelkoͤrper liegt nicht zu Grunde; denn die Hervorragung hoͤrt auf, ſo wie die Ausdehnung des Unterleibes abnimmt. Bei einem Kinde, bei welchem wegen der winkligen Hervorragung der Wirbelſaͤule Fonta— nellen empfohlen worden waren, verſchwand die Verkruͤm— mung, als das Kind durch toniſche und alterirende Mittel, zweckmaͤßige Diaͤt und Bandagirung des Unterleibes uͤbrigens feine Geſundheit wieder erlangt hat. Wahrſcheinlich hängt die Verkruͤmmung von partieller Abſorption der Interverte— bralſubſtanz ab, oder von einer Neigung der Wirbelkoͤrper nach der afficirten Stelle hin und es kann dieß ohne Zwei— fel zu einer bleibenden Ruͤckgratsverkruͤmmung fuͤhren. Dupuytren beſchrieb 1828 in dem Repertoire general d' Anatomie et de Physiologie eine Diffor— mitaͤt der Bruſt der Kinder, welche, wie ich glaube, zu der hier beſchriebenen gehoͤrt. Bei ſchlecht genaͤhrten, ungeſun— den, in feuchter Wohnung aufgezogenen Kindern mit ange— ſchwollenen Tonſillen fand er das Bruſtbein vorragend, die Rippen abgeplattet und eingedruͤckt, die Reſpiration verhin— dert. Ausdehnung des Unterleibes iſt bloß einmal bemerkt, ein Andermal wird die Weite der Bruſt an ihrer Baſis an— geführt Er leitet die Difformitaͤt von gehemmter Oſſifica— tion und Weichheit der Knochen ab. Er empfahl mechani— ſche Uebungen neben der medieiniſchen Behandlung. Er fuͤhrt jedoch auch einige Faͤlle bei neugebornen Kindern an, welche, wie ich glaube, nicht denſelben Urſprung haben, wie die von mir erwaͤhnten Faͤlle. Die Natur der Verbin— dung zwiſchen dieſen Difformitaͤten und der Anſchwellung der Tonſillen konnte er nicht erklaͤren. Ich habe nur ein einziges Mal bei dieſer Difformitaͤt Anſchwellung der Manz deln gefeben; ich kann mir aber wohl denken, wie eine Hemmung der Inſpiration durch geſchwollene Mandeln ein Zuſammendruͤcken der Rippen eines Kindes durch den atmo— ſphaͤriſchen Druck veranlaſſen kann. In The medical Gaz. 12. Jan. 1839 beſchreibt Herr Rees in einem Briefe dieſelbe Difformität der Bruſt, nach 4 oder 5 Kindern, welche er im Tower Hamlets Dispensary gefeben hat. Er erwähnt dabei der umgekehr— ten Action der Rippen, fuͤhrt aber nur beilaͤufig an, daß 205 der Unterleib aufgetrieben war. Er leitet die Krankheit von chroniſcher Pneumonie mit Hepatiſation der Lungen her, wobei dieſe zuſammenſinken und die Rippen durch den at— moſphaͤriſchen Druck genoͤthigt werden, ihren Platz einzu— nehmen. Dieß kann vorkommen, aber in den von mir be— obachteten Faͤllen war keine Lungenkrankheit vorhanden, mit Ausnahme eines Kindes, welches Keuchhuſten hatte. Amesbury ſpricht ebenfalls von dieſer Difformität und erwaͤhnt dabei die Auftreibung des Unterleibes, ſpricht aber davon nicht wie von Urſachen und Wirkung; er leitet die Verkruͤmmung nur von Muskelſchwaͤche her. Er ſagt: „Eine Difformitaͤt der Bruſt, welche von Muskelſchwaͤche herruͤhrt, bildet ſich gewoͤhnlich während des Zahnens, kann aber auch durch jedes Leiden herbeigefuͤhrt werden, welches geeignet iſt, die Conſtitution zu ſchwaͤchen. Dieſe Verkruͤm— mung nennt man gewoͤhnlich Huͤhnerbruſt. Bei dieſer Dif— formitaͤt iſt die Bruſt ſeitlich eingedruͤckt, das sternum vor: geſchoben und der Unterleib ausgedehnt. Die Intercoſtal— muskeln wirken ſehr wenig bei der Reſpiration mit, und das Athmen iſt hauptſaͤchlich ein Bauchathmen.“ Außer bei all— gemeiner Behandlung zur Beſſerung des Allgemeinbefindens empfiehlt Amesbury Binden des Unterleibes. Bei 2 oder 3 der Faͤlle, welche ich geſehen habe, wur— den die untern Extremitaͤten unter dem Gewicht des aukge— triebenen Unterleibes verkruͤmmt; es waren aber die Gelenke und nicht die Knochenroͤhren, welche nachgaben, und bloß in einem Falle war dabei rhachitiſche Auftreibung der Ge— lenkenden zu bemerken; Rhachitis, wo ſie vorhanden iſt, wird wohl die Difformitaͤt verſchlimmern, iſt aber nicht al— lein Urſache der Verkruͤmmung. Scrophulöfe Diatheſe, welche zu Meſenterial-Anſchwellungen Veranlaſſung giebt, muß der Entwickelung der erwaͤhnten Difformitaͤt guͤnſtig ſeyn; in den von mir beobachteten Faͤllen waren aber keine entſcheidenden Zeichen von Scropheln vorhanden, und in den zwei Faͤllen, welche ich nach dem Tode unterſucht habe, fand ſich keine Krankheit der Meſenterialdruͤſen, ſondern haupt— ſaͤchlich nur eine Verlängerung und Ausdehnung des Dickdarms. Im Allgemeinen war die Auftreibung des Unterleibes von der ungeeigneten Nahrung abzuleiten und fand ſich be— ſonders bei Kindern, welche nach dem Entwoͤhnen faſt nur Kartoffeln erhielten. Die beſte Behandlung beſteht in alte— rirenden und toniſchen Mitteln mit oͤfteren Purganzen und Vermeidung roher, ſchwerverdaulicher Speiſen; zugleich laͤßt man den Unterleib feſt binden, wodurch das Athmen erleich— tert, das Zwerchfell in die Hoͤhe gedruͤckt, die Baſis des thorax verkleinert und die Urſache der Contraction hoͤher oben vermindert wird. Wird der Difformitaͤt nicht abge: holfen, ſo erlangen die Reſpirationsmuskeln ihre Kraft nicht wieder, die Rippen behalten ihre abnorme Geſtalt, und die Difformitaͤt des thorax bleibt, auch wenn ſpaͤter die Auftrei— bung des Unterleibes, welche die Veranlaſſung dazu gab, wieder geſchwunden iſt. Ich habe 2 oder 3 Faͤlle dieſer Difformitaͤt bei Erwachſenen geſehen, wobei die Verkruͤm— mung ſich, ſoweit dieß noch zu ermitteln war, auf die an— gegebene Weiſe gebildet hatte. (London med. Gaz. Apr. 1841.) 206 Ueber die ſyphilitiſchen Lungenkrankheiten. Von Dr. William Munk. (Schluß.) Es wird in vielen Faͤllen der Unterſuchung werth ſeyn, ob der Ausgang einer Pneumonie in Abſceßbildung nicht einer ſyphilitiſchen Pneumonie zuzuſchreiben ſey. Laennec, Brouſſais und Andral erklären dieſen Ausgang für hoͤchſt ſelten, und Andral erweckt Verdacht gegen alle ſolche Falle, indem er anfuͤhrt, wie leicht durch unvorſichtiges Verfahren bei der Leichenoͤffnung das Ausſehen eines Abſceſ— ſes hervorgebracht werden koͤnne. Solche Einwuͤrfe laſſen ſich indeß gegen Schroͤder van der Kolk's ſorgfaͤltige Unterſuchungen nicht aufſtellen. Nimmt man dazu die neu— ern Beobachtungen von Dr. Stokes, ſo muͤſſen alle Zwei— fel ſchwinden. In der Mittheilung, welche mir Dr. Sadowsky gemacht hat, finden ſich folgende Bemerkungen: „Befaͤllt lues jemals die pleura““? Ich hatte vor einigen Jahren einen Mann in der Cur, welcher an Syphilis ſtarb. Er hatte den Gaumen verloren, es waren Knochenſtuͤcke aus der Naſe abgegangen, und er litt an ſyphilitiſcher Necroſis einer tibia. Seit einigen Wochen klagt er ſehr uͤber hef— tige Schmerzen an verſchiedenen Stellen der Bruſt, welche durch Athmen und durch Druck zwiſchen den Rippen zunah— men. Er buftete ſcharf, hatte aber wenig, oder keinen Auswurf. Nach dem Tode fand ich in der rechten Bruſt— ſeite eine betraͤchtliche Quantitaͤt ſeroͤs-purulenter Fluͤſſigkeit; die pleura war an neun Stellen durch einen dicken, honig— art gen, gelben Erguß unter der pleura zu Blaſen in die Höhe gehoben. Derſelbe Befund zeigte ſich, nach einer an— dern zuverlaͤſſigen Mittheilung, in der Leiche einer Frau, welche ploͤtzlich geſtorben war, waͤhrend ſie gerade heftig an ſecun— daͤrer lues litt. Die Umſtaͤnde, wodurch die ſyphilitiſche Affection gerade ihre Richtung auf die Reſpirationsorgane erhält, find noch zu erforſchen. Eine andere practiſch wich: tige Frage iſt die, ob Lungenkrankheiten, welche durch die gewoͤhnlichen Urſachen bei einem gerade an ſecundaͤrer Syphi— lis leidenden Subjerte entſtehen, durch dieſe Dyscraſie eine Modification erleiden. In ſeiner Vorleſung hat Dr. Graves uͤber die ſy— philitiſche Lungenkrankheit die Frage aufgeworfen, wie ſie zu erkennen ſey, und antwortet darauf: „hauptſaͤchlich durch die Krankheitsgeſchichte.“ Wenn das Leiden einige Zeit nach dem Vorhandenſeyn primaͤrer Geſchwuͤre an den Ge— ſchlechtstheiln begonnen hat, zu einer Zeit, wo gewoͤhnlich ſe— cundaͤre Symptome auftreten; wenn einige ſeiner Leiden ſich offenbar auf dieſe Quelle zuruͤckfuͤhren laſſen; wenn ſich außer der Schwaͤche, den Nachtſchweißen, der Abmagerung, der nervoͤſen Reizbarkeit und der Unruhe in der Nacht auch Huſten findet, und wenn dieſe Symptomgruppen ſich mit andern offenbar ſyphilitiſchen, z. B., Perioſtitis, Halsent— zuͤndung und Hautausſchlaͤgen verbinden, dann laͤßt ſich mit Sicherheit Alles auf einen gemeinſchaftlichen Urſprung zuruͤckfuhren, und wir koͤnnen den Kranken als einen ſolchen betrachten, bei welchen die ſyphilitiſche Cachexie die Lungen ebenſo, wie die uͤbrigen Theile ergriffen hat.“ Dieſe Skizze kann uns vortrefflich bei der Diagnoſe leiten; indeß iſt da— 207 bei doch eine Erſcheinung weggelaſſen, welche bei allen mei— nen Faͤllen, ohne Ausnahme, zugegen war; naͤmlich das Ausſehen des Kranken, welches oft ſo eigenthuͤmlich iſt, daß man ſchon auf den erſten Blick die Natur der Krankheit erkennt, oder wenigſtens berechtigt iſt, anzunehmen, daß die Lungenaffection, auf welche Weiſe fie auch entſtanden ſeyn moͤge, durch allgemeine ſyphilitiſche Affection complicirt und modificirt fen. Das Geſicht iſt melancholiſch und zuſammengefallen, trüb und ſchmutzig ausſehend, abgemagert und dadurch mit ein— geſunkenem, ſchwachem Auge und Blick. Haltung und Be— nehmen des Kranken, ſelbſt in der Ruhe, zeigt Energielo— ſigkeit und Schlaff heit; die Schwaͤche und die Unfähigkeit zu Anſtrengung iſt groͤßer, als man nach der Abmagerung vermuthen ſollte. Nichtsdeſtoweniger muß man bei der Diagnoſe ſehr vorſichtig zu Werke gehen; man darf fie nicht ſtellen, bevor man nicht mehrmals die Bruſt mittelſt Auscultation und Percuſſion unterſucht hat. Iſt man da— durch nicht im Stande, ſichere Zeichen der Tuberkeln auf— zufinden, ſo kann man mit mehr Vertrauen zu der Entſchei— dung kommen und vorſichtig zu einem auferordentlichen Gebrauche des Mercurs greifen. Dieß fuͤhrt uns ganz einfach zu der Behandlung der fraglichen Krankheitsformen. Beſondere Faͤlle mit Verſchie— denheit der Symptome verlangen natuͤrlich entſprechende Modificationen der Behandlung; das Weſentliche iſt aber, zu beſtimmen, ob die drei Hauptmittel der ſecundaͤren Sy— philis, Mercur, Jodcali und Saſſaparille, auch hier ange— zeigt ſind. Morton und Dr. Sims, ebenſo wie Dr. Graves, erklaͤren ſich fuͤr das Queckſilber, und der Letztere ſagt: Unter ſeinem Gebrauche bemerkt man eine raſche Verbeſſerung in dem Ausſehen und in den Symptomen des Kranken; Fieber, Nachtſchweiße und Schlafloſigkeit vermin— dert; der Kranke erlangt Fleiſch und Kraͤfte wieder, und mit den Symptomen der lues verſchwindet Huſten und Bruſt— affection. Vom Mercure habe auch ich raſche und ſehr befrie— digende Erfolge geſehen; ich habe uͤber die Anwendung deſ— ſelben jedoch weit weniger erfahren, als uͤber die des Kali hydroiodicum. Ich bin der Anſicht, daß dieſelben Re— geln, wonach man Mercur oder Kali hydroiodieum bei ſecundaͤren Krankheitsformen uͤberhaupt waͤhlt, auch bei der Cur der ſyphilitiſchen Lungenkrankheit leiten muͤſſen. Da jene Regeln aber allgemein bekannt ſind, ſo iſt es nicht noͤ— thig, hier darauf zuruͤckzukommen; ich moͤchte nur den einen Rath beifuͤgen, daß man den Mercur bloß gebe, ehe die Kräfte durch die lange Krankheitsdauer bereits gebrochen find, 208 Ausgebreitete und ſich täglich vermehrende Erfahrung ſpricht für den Werth des Kali hydroiodieum bei ſecun— daͤrer Syphilis, und ich glaube, daß ſich das Mittel nir— gends auffallender wohlthaͤtig beweiſen wird, als bei den hier erwaͤhnten Faͤllen. Das Lob, welches Dr. Graves dem Mercur ſpendet, laͤßt ſich mit demſelben Rechte auch dieſer Medicin geben, welche uͤberdieß nicht die ſchaͤdlichen Folgen hat, welche bisweilen auf den Gebrauch des Mer— curs folgen, und ſie muß, obwohl nicht uͤberall anwendbar, doch im Allgemeinen als ein werthvolleres Arzeneimittel betrachtet werden. Mit dem Mercur oder mit dem Kali hydroiodicum habe ich gewöhnlich die Sarſaparille verbunden; die beruhi— gende Einwirkung dieſes Mittels auf das Nervenſyſtem noch außer ſeiner ſpecifiſchen Einwirkung ſcheint mir weniger all— gemein bekannt, als es verdient Ich wende dieſes Mittel in Ruͤckſicht auf ſeinen vorzuͤglichen Werth in Verbindung mit andern Mitteln, ſowohl bei primärer, als bei ſecundaͤ— rer Syphilis, faſt ohne Ausnahme an. Denen, welche daſ— ſelbe in Bezug auf ſyphilitiſche Lungenkrankheit mit Zweifel betrachten, moͤchte ich daſſelbe ſagen, was Dr. William Hunter in Bezug auf kleine Blutentziehungen bei drohen— dem abortus ausgeſprochen hat: es kann nicht ſchaden, es kann gut thun und ſollte deßwegen niemals vernachlaͤſſigt werden. (London. med. Gaz. Apr. 1841.) Mise e hben Einen Fall von umſchriebener Oſteomalacie hat Herr Scouteten der Academie zu Paris mitgetheilt. Ein Schnei— der von fuͤnfundzwanzig Jahren bekam, ohne vorher krank zu ſeyn, Schmerzen im unteren Theile des Unterſchenkels, wogegen Blut— egel und erweichende Mittel nichts wirkten; der Unterſchenkel beugte ſich allmaͤlig, ſo daß er endlich einen rechten Winkel bildete, wobei der untere Theil nach Außen gerichtet iſt. In dieſer Kruͤmmung conſolidirten ſich die Knochen, und der Kranke kann ſo gut gehen, daß er taͤglich acht bis zehn Stunden machen kann. Auf den er— ſten Blick ſieht der Fuß wie ein Plattfuß aus; genaue Unterſuch— ung zeigt aber, daß die Verkruͤmmung uͤber den Knoͤcheln ihren Sitz hat. (Gaz. méd., 3. Juin 1841.) Ueber Verſuche, um zu entſcheiden: in welchem ſchemiſchen Zuſtande die in den Magen eingebrachten Mercurial⸗ präparate durch die Abſorption in das Blut uͤber⸗ giengen, hat Herr Mialhe am 30. Auguſt der Academie der Wiſſenſchaften zu Paris eine Note eingeſendet. Er iſt zu dem Schluſſe gelangt: daß, welches Praͤparat man auch anwende, es immer die Form des Sublimats oder deutochloruretum mereurii ſey, unter welcher das Queckſilber in's Blut uͤbergehe. Selbſt das metalliſche Queckſilber würde, nach Herrn Mialhe, keine Aus» nahme von dieſem Geſetze machen. — ——— Bibliographische Du systeme nerveux de la vie animale et de la vie végétative, de leurs connexions anatomiques, et des rapports physiolo- giques, psychologiques et zoologiques, qui existent entre eux. Par A. Bazin, Docteur en médecine et des sciences naturel- les des facultés de Paris, Professeur de physiologie animale et de zoologie à la faculté des sciences de Bordeaux. 1841. 4. Mit K. L'art de préparer, monter et conserver les oiseaux, suivi de la Paris ite . maniere de prendre, préparer et conserver les papillons et autres insectes Par P. Evans. Paris 1841. 8. Manuel des Myopes et des Presbyopes, conténant des re- cherches historiques sur l’origine des lunettes ou besicles, les moyens de conserver et d’ameliorer Ja vue et un chapitre spécialement consacre aux l’orgnettes des spectacles. Par Charles Chevalier. Paris 1341. 8. Mit 1 K. Frammenti per l’istoria della medicina italiana del secolo deei- monono. Di A. Pignacca. Pavia 1840. 8. — — Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Nalur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinal ratte Froriep zu Weimar, und dem Medicmalrathe und Profefor Froriep zu Berlin. No. 410. (Nr. 14. des XIX. Bandes.) Auguſt 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. tt k Ueber die geographiſche Vertheilung der Thiere in Neuholland hat Herr J. E. Gray der dießjaͤhrigen zu Plymouth ge— haltenen Engliſchen Verſammlung zur Foͤrderung der Wiſ— ſenſchaft eine Abhandlung mitgetheilt, woraus Folgendes entnommen iſt. Wenn, ſagt Herr Gray, wir in unfern Sammlun— gen und Catalogen alle in Europa gefundenen Arten als aus England gekommen bezeichneten, ſo wuͤrde das faſt eben ſo genau ſeyn, als wir es jetzt in Beziehung auf die Beſtim— mung der Localitaͤten der Auſtraliſchen Thiere ſind, denn faſt alle, tragen die Bezeichnung als von Neubolland kommend. Dieß ift nicht allein der Fall mit den in den Muſeum befindlichen Exem— plaren, ſondern auch in Beziehung auf die Beobachtungen mehrerer neuen Reiſenden. Da wir neuerlich im Britiſchen Muſeum eine vollſtaͤndige Reihe aller Saͤugethiere erhalten haben, die ſchon Herr Gould waͤhrend ſeines Beſuchs in Auſtralien geſammelt, und die ſein Sammler, Herr Gil— bert, aus dem weſtlichen Aſien geſendet hat, wovon alle Exemplare zu der Zeit bezeichnet wurden, wo ſie gefangen waren, ſo bin ich veranlaßt, einige wenige Bemerkungen uͤber die geographiſche Vertheilung dieſer Thiere niederzu— ſchreiben. Es ſind hiernach jetzt, glaube ich, 94 in Auſtralien gefundene Saͤugethierarten vorhanden, die zu 38 Gattungen gehoͤren. Von dieſen ſind 70 Arten, zu 21 Gattungen ge— hoͤrig, Beutelthiere, Marsupialia; 3 Arten und 2 Gat— tungen find Monotremata und 21 Arten, aus 10 Gat— tungen ſtammend, ſind keine Beutelthiere. 8 von dieſen Arten (4 Gattungen) ſind Fledermaͤuſe, 2 Arten (2 Gat⸗ tungen) find Ferae, z. E., Hund und Seehund; und die übrigen 11 Arten (unter 4 Gattungen gebracht) find Maͤuſe und gehören zu den Nagetzb ieren. Von dieſen in Auſtralien gefundenen 33 Gattungen ſind 6, als Chaeropus, Acrobates, Lagochestes, Phas- colarctos, Pseudomys und Harpalotes eigenthuͤmlich No. 1510. K u d fuͤr Neu-Suͤdwales; auch Belideus moͤchte hierher geſtellt werden, allein eine einzige Art wird auch in Norfolk-Inſel gefunden, wo ſie das einzige bekannte Saͤugethier iſt: Ei— nige ſind der Meinung, daß es von Sydney eingefuͤhrt wor— den ſey, zumal es ſich in Vandiemensland nicht findet. — Die Gattungen Macropus, Bettongia und Petrogalea werden nur in Neu-Suͤdwales, Suͤd-Auſtralien und auf der Nordkuͤſte gefunden, wie die Gattung Myrmecobius dem weft: lichen Auſtralien eigenthuͤmlich iſt, fo daß dieſe 10 Gattun— gen alſo dem Auſtralcontinente angehoͤren. Die Gattungen Thylacinus, Diabolus, Dromicea und Phascolar- ctos ſind Vandiemensland angehoͤrig. Die Gattungen Da— syurus und Perameles find Vandiemensland und dem Continente gemeinſchaftlich, aber im erſteren viel haͤufiger. Die Gattungen Nyetophilus, Phalangista, Ptenos, Phascogalea, Halmaturus, Hypsiprymnus und Hy- dromys ſcheinen dem Auſtrallande und Vandiemensland gemeinſchaftlich, wie es auch mit den Gattungen Echidna und Ornithorhynchus der Fall zu ſeyn ſcheint. Aber die beiden letztern Gattungen ſind noch nicht in Suͤd-Auſtralien gefunden. — Einige Arten finden ſich in Auſtralien, wel— che zu Gattungen gehören, wie Pteropus und Rhinolo- phus, welche in verſchiedenen Theilen der alten Welt ange— troffen werden, und andere, wie Canis, Mus, Scolophilus, welche Auſtralien und beiden Hemiſphaͤren gemeinſchaftlich ſind. Eine Gattung, Halmaturus, hat eine Art, die in Neu-Guinea gefunden wird; allein wahrſcheinlich wird, wenn dieſe Art forgfältiger unterſucht worden ſeyn wird, ſich erge— ben, daß es eine, einer auſtraliſchen verwandte, beſon— dere Gattung bildet, wie es mit dem Baum-Kaͤngu— ruh (Dendrolegus) und den Phalangern (Cuscus) dies ſes Landes der Fall iſt; und das iſt wahrſcheinlich auch der Fall mit dem Perameles. der ſich in Neu-Guinea fin— den ſoll. Wenn wir die Vertheilung dieſer 94 Arten uͤber die verſchledenen Theile des Erdtheils verfolgen, fo finden wir, daß 58 Arten Neu-Suͤdwales bewohnen, wovon 41 dieſem 14 n k. 211 eigenthuͤmlich und 13 demſelben und andern Theilen des Lan⸗ des gemeinſchaftlich ſind. 12 Arten bewohnen Suͤd-⸗Auſtralien (6 eigenthuͤmlich und 6 gemeinſchaftlich auf andern Theilen); 19 Arten bewohnen Weſtauſtralien: 12 eigenthuͤmlich und 7 gemeinſchaftlich. — 5 Arten bewohnen die Nordweſtkuͤſte, ſaͤmmtlich eigenthuͤmlich für dieſelben; 2 Arten die Nord— kuͤſte, von welchen die eine nirgends anderswo gefunden wirb. 21 Arten werden in Vandiemensland gefunden: von dieſen find 11 nur dieſer Inſel eigen; 10 find derſelben mit dem Continente gemeinſchaftlich. Eine Art wird in Nor— folkinſel gefunden, welche auch in Neu-Suͤdwales angetrof— fen wird, aber nicht in Vandiemensland. Die den Nordweſtkuͤſten eigenthuͤmlichen Arten ſind: Macropus unguifer, Halmaturus Bennettii, II. fa- seiatus, Petrogalea brachyotus. Suͤd Auſtralien eigenthümlich find: Phascogalea ru- fogaster. Macropus fuliginosus, Halmaturus Derbi- anus, Mus Cunningham und M. Adeloderses. Weſt⸗Auſtralien eigene: Myrmecobius fasciatus, Phascogalea leucogaster. Perameles fuscoventer, P. obesula. und P lagotis. Halmaturus manica- tus, I. brevicaudatus, Petrogalea lateralis, Ma- eropus lunatus, Hypsiprymnus Gilberti, und Bet- tongia Ogilvii. Macropus laniger und Mus lutreola find den Oſt⸗ und Suͤdſeiten des Continents gemeinſchaftlich. Scotophilus’ australis, Hydromys chrysogaster, Phalangista vulpina und Ptenos Cookii, haben die groͤßte Ausbreitung, da fie auf der Suͤdweſt- und Oſtſeite des Continents und die zwei letzten auch in Vandiemensland gefunden werden. Bei der Discuſſion uͤber die Abhandlung bemerkte Dr. Richardſon, daß kein Land Gegenſt einde von größerem In— tereſſe fuͤr den Naturforſcher dargeboten habe, als Neu— Holland, und jetzt wo das Land mit Niederlaſſungen be— ſetzt werde, fen es wuͤnſchenswerth, daß die Muffe des Wiſſenswerthen aus den verſchiedenen Quellen zuſammenge— ſtellt werden moͤge. Profeſſor Owen bemerkte, daß in einem neuherausge— kommenen Hollaͤndiſchen Werke von einem Kaͤnguruh in Neu— Guinen Nachricht gegeben ſey: es unterſcheide ſich von den übrigen Känguruh's durch die eigenthuͤmliche Ferm der Klauen, welche verlaͤngert ſeyen und das Thier in den Stand ſetzten, auf Baͤume zu klettern; wegen dieſes Umſtandes wird es Baumkaͤnguruh genannt und habe eine neue Gat— tung gebildet. Die typiſche Gattung dieſer merkwuͤrdigen Familie ſey jedoch Neu-Holland eigenthuͤmlich. Auch das Genus Perameles exiſtire ganz, ohne allen Zweifel, auch in Neu-Guinea. — Herr Gray bezweifelt die Autorität des Hollaͤndiſchen Naturforſchers uͤber dieſen Gegenſtand. Ein Känguruh von Neu Guinea werde, meinte er, ohne Zweifel, eine neue Gattung ſeyn. Er gedachte, in Bezie— hung auf dieſe Familie, der Schwierigkeit, die ſich bei Aufſtellung der neuen Gattungen zeigten. Einige der Thiere, mit gan; verſchiedener Lebensweiſe, hatten faſt ganz dieſelbe 212 Structur, oder eine ſo wenig verſchiedene, daß ſie nur mit Schwierigkeit bemerkt werden koͤnne. Profeſſor Owen michte auf die Thatſache aufmerk— ſam, daß heut utage das hundskoͤpfige Opoſſum und der große Dasyurus für Neuholland eigenthuͤmlich ſeyen, doch aber die Ueberreſte dieſer Thiere oder einiger ſehr aͤhnlichen von Capt. Mitchell in den Hoͤhlen des Wellington Val— ley's gefunden worden ſeyen. Herr Gould habe ein großes Kaͤnguruh mitgebracht, allein es ſey doch noch viel kleiner, als dasjenige muͤſſe geweſen ſeyn, von welchem die Reſte durch Capt. Mitchell gefunden worden waͤren. Ueber die Kiemen der jungen Gäcilien, fo wie eine Abaͤnderung und Ausdehnung der Claſſifica— tion der Amphibien nach Kiemen. Von John Hogg, Esq (Schluß) Wenn dieſes neue Genus jedoch Annahme finden ſoll, iſt auch der Typus einer neuen Familie in der Ordo III Ma- nentibranchia meiner Claſſification nach den Kiemen er— forderlich, damit dieſe Ordnung in zwei Gruppen oder Sip— pen zerfalle, weil die Kiemen bei Amphibichthys inſo⸗ fern eine eigenthuͤmliche Beſchaffenheit darbieten. als fie nur Franſen ſind, welche, wie bei den meiſten Fiſchen, unter den Kiemenoöͤffnungen verborgen liegen, und nicht, wie bi Siren oder Proteus, aͤſtig oder buͤſchelfoͤrmig und aͤußerlich bleibend vorhanden find, weßhalb ich die erſtere Sippe unter dem Namen Fimbribranchia und die letztere als Ramibranchia aufſtelle. Ich laſſe nun hier meine, auf die Reſpirations— organe gegruͤndete, Claſſification der Amphibia folgen, wie ſie nach den neueſten wiſſenſchaftlichen Entdeckungen auf— zuſtellen ſeyn moͤchte. Erſte Abtheilung. Vierte Claſſe. Amphibia. Erſte Unterclaſſe. Monopneumena. Auf ei: nerlei Art, entweder nur durch Kiemen, oder nur durch Lungen athmend. Erſte Ordnung. denden Kiemen. Erſte Sippe. nen Kiemenfranſen. Erſte Familie. Caeciliadae. Körper geſtreckt, dünn, ſchlangenartig; Haut glatt, runzlig, meiſt mit win: zigen Schuppen bedeckt; Schwanz ſehr kurz; Beine fehlen. Vertebrata. Cadueibranchia, mit ſchwin— Celatibranchia, mit verborge— Gattung: Caecilia. Zweite Sippe. Prolatibranchia. Kiemenbuͤſchel bloßliegend. Erfte Familie. Ranidae. Körper beim erwach— ſenen Thiere ſchlank, oval; Haut glatt oder koͤrnig; Schwanz fehlt; Beine vier, Zunge lang; Zähne winzig, fein; Trom— melfell offen. 213 — Gattungen. Rana, Ceratophrys, Hyla. Zweite Familie. Bufonidae. Körper beim er wachſenen Thiere kurz, rundlich, dick, froſchartig; Haut warzig; Schwanz fehlt; Beine vier; Zunge lang; Zaͤhne fehlen; Trommelfell offen. Gattungen. Bufo, Rhinella, Otilopha. Dritte Familie. Dactylethridae. Körper bei'm erwachſenen Thiere kurz, zuweilen oval, froſchfoͤrmig; Haut glatt oder warzig; Schwanz fehlt; Beine vier: Zunge fehlt oder deutlich (undeutlich 2); Zähne winzig oder theilweiſe feh— lend; Trommelfell verborgen. Gattungen: Dactylethra, Bombina- tor, Breviceps. . Vierte Familie. Astrodactylidae. Körper bei'm erwachſenen Thiere kurz, abgeplattet, froſchartig, unge— ſchwaͤnzt; Haut warzig; Beine vier; Zunge fehlt; Zaͤhne fehlen, Trommelfell verborgen. Gattung. Astrodactylus. (Pipa.) Fünfte Familie. Salamandridae. Körper bei'm erwachſenen Thiere lang; eidechfenartig; Schwanz lang, rund oder zuſammengedruͤckt; Trommelfell fehlt; Beine vier. Gattungen: Salamandra, Salamandri- na, Molge, Triton. Zweite Unterclaſſe. Diplopneumena. Auf zweierlei Art, ſowohl durch Kiemen, als durch Lungen ath— mend. Zweite Ordnung. men unvollkommen. Erſte Familie. Menopomatidae. eidechſenartig, oder geſtreckt, ſchlangenartig; Beine vier; kiemenartige Organe innerlich. Imperfectibranchia. Kie⸗ Koͤrper lang, geſchwaͤnzt; Gattungen: Menopoma, Amphi uma. Dritte Ordnung. Manentibranchia. Kiemen bleibend. Erſte Sippe. Ramibranchia. Kiemen aͤſtig oder buͤſchelfoͤrmig. Erſte Familie. Sirenidae, Körper geſtreckt, ſchlangenartig, geſchwaͤnzt; Beine zwei, vorn; Kiemen buͤ— ſchelfoͤrmig, aͤußerlich. Gattungen: Siren, Par vibranchus. Zweite Familie. Proteidae. Koͤrper lang, ei— dechſenartig oder fiſchartig; geſchwaͤnzt; Beine vier; Kiemen aͤſtig, aͤußerlich. Gattungen: Sire don. Proteus, Menobronchus, Zweite Sippe. Fimbribranchia. Kiemen ge⸗ franſ't. Erſte Familie. Amphibichtyidae. Körper ges ſtreckt oder lang, fiſchartig; mit Schuppen bedeckt, ges ſchwaͤnzt; Ruͤcken und Schwanzmembranen floſſenartig, durch weiche Strahlen geſtuͤtzt; Beine vier, rudimentaͤr; Kiemen gefranſ't, innerlich. 214 Gattung: Amphibichthys (Lepidosi- ren). Wir müffen bemerken, daß bei der Vergleichung der Modificationen der Organiſation bei dieſer ſehr natuͤrlichen Claſſe viele ſonderbare Aehnlichkeiten ſelbſt bei den am Wei— teſten voneinander entfernten Gruppen, naͤmlich den Caeci- liadae und den Amphibichtyidae, anzutreffen find, in: dem beide Schuppen beſitzen, und die erſtern ebenfalls im jugendlichen Alter mit jenen in der Kiemenhoͤhle verborgenen franſenartigen Kiemen verſehen zu ſeyn ſcheinen, welche die letztern waͤhrend ihrer ganzen Lebensdauer behalten; und waͤh— rend auf der einen Seite die Caeciliadae in der Geſtalt und Lebensweiſe den Schlangen aͤhneln und ſo den Ueber— gang von den Reptilia zu den Amphibia bilden, verbin⸗ den auf der andern Seite die Amphibichtyidae, wegen ihrer fiſchaͤhnlichen Geſtalt und ſonſtigen Charactere, ebenfo deutlich und ſtufenweiſe die Claſſe der Amphibia mit der der Pisces, und beide Uebergaͤnge ſtellen ſich uns in einer eben ſo uͤberraſchenden als uͤberzeugenden Weiſe dar. Ich habe ſchon fruͤher darauf aufmerkſam gemacht, daß die Ord— nung Abranchia, welche lediglich einem Genus dieſer Claſſe zu Gefallen aufgeſtellt worden iſt, fuͤr kein einziges Amphibium paßt; denn man weiß jetzt mit Beſtimmtheit, daß alle zu dieſer Claſſe gehoͤrenden Thiere, wenigſtens waͤh— rend eines Theiles ihres Lebens, irgend einen Kie men ap— parat beſitzen, woraus ſich, inſofern die Lungen bleibend ſind, vollkommen ergiebt, daß dieſe Thiere, ihrer natuͤrlichen Organiſation zufolge, eine beſondere Claſſe und nicht nur eine eigene Ordnung der Claſſe Reptilia bilden. Deßhalb beſtehen die Hauptcharactere der drei letzten Claſſen der Wirbelthiere, der Reptilia, Amphibia und Pisces, inſofern die Reſpirationsorgane der Claſſification zu Grunde gelegt werden, für die erſte Claſſe in haͤutigen und zel— ligen Lungen und in der gaͤnzlichen Abweſenbeit der Kiemen; für die zweite entweder in Kiemen im fruͤheſten und zelli— gen Lungen im erwachfenen Zuſtande, oder in Kiemen oder irgend einem kiemenartigen Apparate, welcher neben zelligen Lungen waͤhrend des ganzen Lebens fortbeſteht, und fuͤr die dritte Claſſe in bloßen Kiemen, ohne daß alſo irgend eine Lunge vorhanden iſt. Nachtraͤgliche Bemerkung des Herausgebers der Annals and Mag. of nat. History. — Profeſſor Owen nimmt keineswegs an, daß die Naſe, an ſich be— trachtet, einen eben fo wichtigen zoologiſchen Character ab- geben koͤnne, wie die Lungen; da er aber mit andern Ana— tomen die Schwimmblaſe der Fiſche, ihrem Weſen nach, fuͤr eine Lunge haͤlt und im Stande iſt, die aͤchte Lungen— ſtructur unzweifelhaft bis in die Claſſe der Fiſche hinein nachzuweiſen, ſo will er nicht anerkennen, daß das Reſpi⸗ rationsorgan ruͤckſichtlich der Claſſification der Lepidosiren eine ſo wichtige Rolle ſpielen duͤrfe, als die Organiſation der Naſe, welche in der Claſſe der Fiſche keine weſentliche Structurverſchiedenheit darbietet, und zugleich in dieſer gan: zen Claſſe weſentlich anders organiſirt iſt, als bei den Rep: tilien. Herrn Owen's Gruͤnde fuͤr den weſentlich fiſchar— 14 * 215 tigen Character der Lepidosiren beruhen auf dem überein: ſtimmenden Zeugniſſe der Haut-, Zahn-, Knochen-, Verdau— ungsſyſtem -, Gefuͤhlsſyſtem- und Zeugungsapparat-Bildung, nicht aber auf einem einzigen willkuͤhrlich hervorgehobenen Character. Vergl. ſeine Schlußbemerkungen in den Linn. Trans. Vol. XVIII. p. 350; desgl. die Verhandlungen der mikroſcopiſchen Geſellſchaft p. 211 des laufenden Ban— des unſerer Annals and Mag. of nat. IIist., woſelbſt er die auf mikroſcopiſche Unterſuchungen gegruͤndete Beſchrei— bung der Zähne von Lepidosiren mitgetheilt hat, welche weſentlich durchaus denen der Fiſche gleichen. Daß die Gattung einen neuen Namen erhalten hat, koͤnnen wir nicht billigen. ee n. Ueber die electrifhen Erſcheinungen bei Thieren bat Herr Matteucci eine neue Arbeit unternommen und der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften die Reſultate neuer Verſuche an Froͤ— ſchen mitgetheilt, welche, ſeiner Behauptung zufolge, mehrere Er— 216 ſcheinungen erlaͤutern, die bisher unerklaͤrt geblieben waren. „Das allgemeine Reſultat“, heißt es, „iſt Folgendes: Der innere Theil eines lebenden oder beinahe lebenden Muskels in Verbindung ge— ſetzt, entweder durch einen galvanometriſchen Drath oder durch den Nervenfaden eines Froſches, mit irgend einem anderen Theile deſ— ſelben Thieres, z. B., Nerv, Muskeloberflaͤche, Haut und der— gleichen, bringt eine Stroͤmung zuwege, welche in dem Thiere von der musculöfen Parthie zu der anderen geht, die es nicht iſt. Der Nerv dient als Conductor der electriſchen Zuſtaͤnde, welche allen den Puncten der musculoͤſen Maſſe angehoͤren in welche er ſich verbreitet, und dieß erklaͤrt alle Fälle”, Zunaͤchſt ſind deutlichere und mehr in's Einzelne gehende Angaben abzuwarten! In Beziehung auf ein Huͤhnerei mit zwei Dot⸗ tern erwaͤhnt Herr Breſchet, daß zu der Zeit, als er mit Dupuytren, behufs anatomiſch-chirurgiſcher Verſuche, die große Abdeckerei in der Naͤhe von Paris beſuchte, einer der Arbeiter, Namens Duſſauſſoy, ihnen geſagt habe, indem er eine gewiſſe Henne bezeichnete, daß alle Eier derſelben zwei Dotter haͤtten, und daß dieß ſich bei Unterſuchung eines der Eier beſtaͤtigt habe: wahrſcheinlich ſey dieß daher gekommen, weil das Thier uͤberreich— lich genaͤhrt geweſen und ſeine Functionen mit Schnelligkeit und Kraft vor ſich gegangen ſeyen, ſo daß mehrere Dottern zugleich in den Oviduct gelangt und daſelbſt von dem Eiweiß und ſeinen Haͤuten umhuͤllt worden ſeyen. Hie. iet Zur Diagnoſe der Unterleibsentzuͤndungen. Von Dr. W. Griffin. Die folgenden Faͤlle geben neue und ſchlagende Beiſpiele fuͤr eine Thatſache ab, welche ich bereits fruͤher feſtzuſtellen geſucht habe, nämlich, daß entzündliche und andere Affectio: nen des Ruͤckenmarks oder ſeiner Nerven an ihrem Urſprunge häufiger Unterleibs- und Bruſtent uͤndungen ſimuliren und haͤufiger falſch behandelt werden, als man ſich irgend denkt. Ich halte die Mittheilung meiner Faͤlle um ſo mehr fuͤr gerechtfertigt, als ich kaum irgend einen Fall kenne, wo die Diagnoſe ohne vollſtaͤndige Kenntniß des Gegenſtandes fo ſchwierig und die Folgen eines Irrthums ſo traurig ſind. Drei Wirkungen ſind den Entzuͤndungen und krank— haften Affectionen des Ruͤckenmarks oder ſeiner Nerven— ſtaͤmme gemein: 1) Oberflaͤchliche Empfindlichkeit gegen Druck, entweder auf die Hautſtelle uͤber dem afficirten Theile des Rückenmarksſtranges beſchränkt, oder nach der Vor: derfläche des Rumpfes ſich ausbreitend in der Richtung der Spinalnerven, oder uͤber die ganze Hautflaͤche des unterhalb der afficirten Stelle liegenden Koͤrpertheils; 2) Schmerz entweder an dem afficirten Theile des Ruͤckenmarks, oder an den Nervenenden, oder in den Nervengeflechten der Einge— weide, welche mit dem erkrankten Theile des Ruͤckenmarkes in Verbindung ſtehen; 3) Abnahme der Kraͤfte, welche ſich durch partielle oder vollſtaͤndige Laͤhmung der Theile oder Organe ausſpricht, zu welchen die Nerven hingehen. Dieſe Wirkungen treten oft gleichzeitig auf; es kann aber auch eine einzelne, unabhängig von den Übrigen, den Beweis ges ben, daß die Hautſenſibilitaͤt, ſo wie die Empfindung in ins R Bra De nern Organen, von den Nerven abhängt, welche, obwohl Empfindungsnerven, dennoch ſich ebenſo ſtreng von einander unterſcheiden, wie die Nerven der Bewegung. Behaͤlt man dieſe gewöhnliche Wirkung von Ruͤckenmarksleiden im Auge, ſo iſt es natuͤrlich, daß bei Empfindlichkeit eines Druckes in der Leber- oder Milzgegend, oder in dem untern Theile des Unterleibes großer Werth darauf gelegt wird, feſtzuſtel— len, ob die Empfindlichkeit bei'm Drucke oberflaͤchlich oder tief ſizt, was immer durch eine ſorgſame Unterſuchung zu erreichen iſt. Wird uͤber Schmerz in der Lebergegend oder in den tiefern Theilen des Unterleibes geklagt, ſo iſt es ebenfalls wichtig zu beſtimmen, ob derſelbe oberflächlich ſitzt und ob er bei tiefem Sitz nur eine Nervenaffection (vom Ruͤckenmark abhaͤngig) darſtellt, oder ob das innere Organ ſich in einem Zuſtande acuter oder chroniſcher Entzündung befindet. Schließlich iſt es von Wichtigkeit, bei Reſpira— tionsbeſchwerden feſtzuſtellen, ob die Oppreſſion von einer mangelhaften Thaͤtigkeit der reſpiratoriſchen Nerven und al— fo von un vollkommener Action der reſpiratoriſchen Muskeln, oder von unzureichender Ausführung des Orygenationspro— ceſſes des Blutes in den Lungen, oder von wirklicher Ent— zuͤndung oder organiſcher Krankheit der Schleimhaut oder des Parenchmees dieſer Organe, oder ob die vorhandene hart— naͤckige Darmverſtopfung von einem Krampf, oder von Darm— entzuͤndung, oder bloß von theilweiſer Laͤhmung der Muskel: faſern der Gedaͤrme abhängt. Mir iſt kein Fall bekannt, welcher ſo haͤufig unerfahrene oder mangelhaft unterrichtete Practiker irre führt, als hartnaͤckige Darmverſtopfung, wel— che von einer Laͤhmung der Nerven herrührt, wenn dieſelbe gleichzeitig mit Unterleibsſchmerz und Empfindlichkeit bei'm 217 Drucke verbunden iſt. Der folgende Fall ſcheint mir ſehr belehrend in Bezug auf dieſes Factum. Der Capitaͤn eines Kauffartheiſchifſes, ein hagerer, kraͤftiger Mann, 45 Jahre alt, wurde, waͤhrend er auf der See war, von Schmerzen im Ruͤcken und im Unterleibe und von hartnaͤckiger Verſtopfung befallen. Da er keinen aͤrztlichen Rath hatte, ſo nahm er hintereinander ſteigende Doſen von Purganzen, bis er ohne allen Erfolg ſaͤmmtliche Mittel dieſer Art aus feinem Arzneikaſten erſchoͤpft hatte. Nach 9 oder 10 Tagen erreichte er das Land, worauf ein Apotheker ihm große Doſen von Crotonol gab, welche kraͤf— tig purgirten, ohne jedoch die mindeſte Erleichterung des Schmerzes zu ſchaffen. Die Darmverftopfung trat auf's Neue ein, und nach einigen Tagen der heftigſten Leiden wurde nach einem Arzte geſchickt, welcher reichlich zur Ader ließ und auf's Neue Purganzen, theils innerlich, th ils durch Ciyſtire, gab. Die Blutentziehung erleichterte beträchtlich, aber die Verſtopfung dauerte fort, und der Schmerz kehrte am folgenden Abend in einem heftigen Grade wieder, weß— wegen ich zu einer Conſultation mit dem behandelnden Arzte aufgefordert wurde. Der Kranke klagte uͤber heftigen Schmerz im Unterleibe und in der Lendengegend, mit Schmerz bei'm Waſſerlaſſen und hartnaͤckiger Verſtopfung. Die ganze Bauchflaͤche war ſehr empfindlich gegen Beruͤh— rung, und dieſe Schmerzhaftigkeit zeigte ſich auch in der regio pubica; ferner fand ſich über faſt die ganze Koͤr— perfläche verbreitet, beſonders aber an den Hüften und uns tern Extremitaͤten, eine ſo große Empfindlichkeit der Haut, daß es dem Kranken ſchmerzhaft war, ſich im Bette herr umzudrehen, oder ſich dabei helfen zu laſſen. Laͤngs der ganzen Wirbelſaͤule war der Druck ſehr ſchmerzhaft; der Kranke beklagte ſich aber nur über den Schmerz in der Len dengegend und an dem entſprechenden Puncte der vordern Bauchflaͤche; feine Haut war heiß, die Zunge ſchmutzig, der Puls klein, ſchwach, 128; es war ihm am Abend zuvor eine betraͤchtliche Menge Blut entzogen worden und er brauchte die Abführmittel und Clyſtire noch fort. Waͤre in dieſem Falle die allgemeine Empfindlichkeit der Hautflaͤche (wovon die Schmerzhaftigkeit des Unterleibes nur einen Theil ausmachte) und die allgemeine Empfind— lichkeit der Wirbelſaͤule unbeachtet geblieben, was bei allen Practikern der Fall geweſen waͤre, die nicht ganz beſonders nach dieſem Symptome ſich umgeſehen haͤtten, ſo iſt kein Symptom vorhanden, welches auf die Anſicht hätte führen koͤnnen, daß die Krankheit etwas Anderes ſey, als eine Pe— ritonitis, die in Enteritis uͤbergehe. Die Erſcheinungen waren in der That fuͤr dieſe genannten Krankheiten ſo cha— racteriſtiſch, daß ich ſelbſt in meiner Anſicht zögerte, ob— wohl ich vom erſten Moment an der Meinung war, daß die Krankheit in einer entzuͤndlichen Affection des Ruͤcken— markes oder ſeiner Haͤute beſtehe, wodurch Schmerz im Ruͤcken und in den Gedaͤrmen entſtand, begleitet von jener oberflaͤchlichen Entzuͤndlichkeit, welche faſt alle Ruͤckenmarks— Affectionen begleitet, außerdem auch noch begleitet von der Verſtopfung, welche die gewoͤhnliche Folge mangelhafter 218 Kraft in der Muskelfaſer iſt, deren motoriſche Nerven ſich in einem entzuͤndeten oder ſonſt veraͤnderten Zuſtande befin— den. Der behandelnde Arzt war geneigt, das Crotonöl aus— zuſetzen, als ich ihm meine Anſicht des Falles auseinander: ſetzte und wiederholte Doſen von Opium mit Calomel em— pfahl; um ſeiner Anſicht jedech zu genuͤgen, wurden 24 Blutegel uͤber der Schamgegend, anſtatt in der Lumbarge— gend, wie es meine Meinung war, angeſetzt und ein ein— faches ausleerendes Clyſtir gegeben. Die Blutegel bluteten betraͤchtlich einen großen Theil der Nacht hindurch, und der Kranke nahm 12 Pillen in 12 Stunden, wovon jede 2 Gran Calomel und 14 Gran Opium enthielt. Es erfolgte keine Erleichterung; der Kranke bekam kein Kopfweh von dem Opium, aber es ſtellte ſich etwas Uebelkeit ein. Das Clyſtir war ohne alle Beimiſchung wieder abgegangen; die Empfindlichkeit der Hautflaͤche, Hauttemperatur, Zunge und Puls blieben, wie zuvor Es wurden nun Pillen von 1 Gran Opium allein ſtuͤndlich gegeben; das Ciyſtir wurde wiederholt, und mit Widerſtreben fuͤgte ich mich dem Wunſche meines Collegen, ein Blaſenpflaſter auf die Unterleibsflaͤche zu legen, wovon ich mir wenig Gutes verſprach. Gegen Abend hatte das Pflaſter gezogen, aber die Symptome blie— ben unverändert; am folgenden Morgen fanden wir, daß er eine unruhige Nacht mit Schmerzen hingebracht hatte; der Schmerz im Unterleibe hatte ſich gelegt, aber der Ruͤcken— ſchmerz war ſo empfindlich, wie zuvor und veranlaßte fort— waͤhrende Klagen. Der Kranke hatte nun in 36 Stunden 42 Gran Opium genommen, ohne Erleichterung und ohne daß Schlaf oder ſelbſt Schlaͤfrigkeit und Kopfſchmerz erfolgt wäre. Nur ſchwer brachte ich meinen Collegen dazu, bei der Opium— behandlung zu bleiben, da dieſelbe ſcheinbar nicht gut that und Abfuͤhrmittel ſo viel dringender indicirt ſchienen. Da ich indeß mit Zuverſicht meine Anſicht auseinanderſetzte, daß das Opium im Stande fen, entzuͤndliche Proceſſe im Ruͤk— kenmark oder in den Gedaͤrmen zu beſchraͤnken, und daß die letztern ſehr leicht ihre Thaͤtigkeit beginnen wuͤrden, wenn nur erſt ihre Entzuͤndlichkeit uͤberwunden ſey, ſo geſtattete mein College die Fortſetzung der Opiumbehandlung noch etwas laͤnger. Da es moͤglich war, daß das Opium nicht von guter Qualitaͤt geweſen war, ſo verordneten wir eine Mixtur mit 1 Gran eſſigſaurem Morphium und 1 Drachme Tinct. Hyoseyami, und eine ähnliche Doſis, wenn nach 2 oder 3 Stunden noch keine Linderung des Schmerzes oder kein Schlaf erfolgt ſeyp. Zu unſerer großen Beftiedi— gung folgte ein ruhiger, mehrere Stunden anhaltender Schlaf, nich welchem der Kranke unruhig und unbehaglich wurde; auf die zweite Doſis aber ſchlief er auf's Neue ru— hig die ganze Nacht. Am Morgen fanden wir ihn zum erſten Male ſchmerzfrei, mit langſamerem Pulſe und geringe⸗ rem Fieber. Wir verordneten eine Unze Ricinusol, und eiz nige Stunden danach ein ausleerendes Ciyſtir Meine ſichere Annahme, daß, wenn nur erſt Schmerz und entzuͤnd⸗ liche Symptome beſeitigt ſeyen, auch milde Mittel wirken würden, während zuvor die ſtaͤrkſten fehlſchlugen, beſtaͤtigte ſich; das Oel und das Clyſtir bewirkten reichliche Auslee— rungen; der Trank wurde am Abend wiederholt und vers 219 ſchaffte eine zweite ganz gute Nacht. Am darauffolgenden Morgen war der Puls 100, die Zunge reiner und der Urin weniger trüb. Zum erſten Male aͤußerte der Kranke auch einige Neigung zum Eſſen. Der Unterleib war immer noch außerordentlich empfindlich, obwohl der Kranke nicht uͤber Schmerz klagte. Wir verordneten Wiederholung des Rici— nusoͤls und nach deſſen Wirkung die Haͤlfte des anodynen Trankes am Abend. Manche meiner Leſer werden vielleicht der Anſicht ſeyn, daß ich ganz ohne Grund hier ein Ruͤckenmarksleiden ange— nommen habe, indem das Ganze eine Colik ſey, mit Ueber— gang in Enteritis, welche bekanntlich nach ſtarken Blutent— ziehungen durch die angefuͤhrte Behandlung mit Gluͤck ge— hoben werden. Ich wuͤrde vielleicht auch nicht ſo feſt bei meiner Anſicht verharren, wenn nicht die Folge bewieſe, daß meine Anſicht die richtige geweſen ſey. Am 15. November naͤmlich, bei der naͤchſten Viſite, fanden wir, daß der Puls auf 85 gefallen ſey; die Zunge war noch reiner, Darm- und Urinausleerungen waren frei; das Ruͤckgrat war jedoch noch empfindlich gegen Beruͤhrung und die Empfindlichkeit des Unterleibes, wie zuvor; zugleich klagte der Kranke uͤber Empfindlichkeit und Schwaͤche im linken Arme, was er davon herleitete, daß er darauf gelegen habe. Er erhielt etwas Fleiſchbruͤhe und keine Medicin. Am 16. November war der ganze Zuſtand gebeſſert, mit Ausnahme des linken Armes, welcher nun ganz ge— laͤhmt uud gegen Berührung aͤußerſt empfindlich war. Er lag bewegungslos an der Seite des Kranken, doch konnte dieſer die Finger ſtrecken und beugen; der Appetit war gut, die Haut kuͤhl, der Puls normal. Es wurde nun eine ſtarke Reizſalbe uͤber dem Ruͤckgrat Morgens und Abends eingerieben und ein Wenig Fleiſch und Wein verordnet. Die naͤchſten 3 Tage beſſerte ſich der Zuſtand; der Arm blieb jedoch immer noch gelaͤhmt. Am 19. verſchlimmerte ſich der Fall: der Kranke klagte uͤber Schwaͤche, beſonders im rechten Arme, welcher fruͤher nicht afficirt war. Der Puls wurde beſchleunigt, der Ap— petit geſtoͤrt, der Urin dunkel gefaͤrbt, mit einem reichlichen rothen Niederſchlage bei'm Abgehen; wir erfuhren, daß er in den letzten Tagen uͤber ſeine Privatangelegenheiten viel Aerger gehabt und am Abend zuvor uͤbermaͤßig gegeſſen und getrunken habe. Am 20. November war auch der rechte Arm gelaͤhmt; es blieb nur noch Beweglichkeit der Finger zuruͤck; der Puls betrug 120, die Haut war warm und feucht, keine Fieberhitze; dagegen war Patient ohne Schmerz und ohne Uebelkeit; der Appetit war verſchwunden und Verſtopfung eingetreten. Es iſt nicht noͤthig, auf alle Einzelnheiten die— ſes langdauernden Falles einzugehen; es genuͤgt, anzufuͤhren, daß auch die untern Extremitaͤten nach und nach gelaͤhmt wurden, daß auch fein Hals affieirt wurde und er endlich mit einem heiſern Wispern ſprach. Den Tag darauf klagte er über Schwindel und etwas Kopfſchmerz. Die Behand: lung beſtand in Blaſenpflaſtern laͤngs des Ruͤckgrats und 220 Abfuͤhrmittein und dreimal taͤglich Kali hydroiodieum. Nachdem das Fieber ganz beſeitigt und der Puls wieder normal war, kehrte der Appetit zuruͤck, und es wurden bit— tere Mittel mit 5 Gran Strychnin alle 6 Stunden vers ordnet. Unter dieſer Behandlung kehrte die Kraft in den untern Gliedmaßen allmaͤlig wieder zuruͤck, und die Arme erlangten ſo viel Kraft, daß ſie etwas in die Hoͤhe gehoben werden konnten; die Finger beider Haͤnde jedoch blieben ge— beugt und ließen ſich, wegen Schwaͤche der Extenſoren, nicht mehr grade machen. Jetzt geht der Kranke herum, die Arme in der Schlinge; dieſelben beſſern ſich fortwaͤhrend, wenn auch langſam, und es iſt daher zu hoffen, daß die vollſtaͤndige Heilung zu erlangen ſeyn werde. Ich will nun noch einen andern ebenſo uͤberzeugenden Fall anfuͤhren. Ein Herr von etwa 40 Jahren, hager, aber von kraͤf— tiger Conſtitution, bekam durch Erkaͤltung auf einer langen Reiſe einen heftigen Fieberanfall mit Kopfweh, Uebelkeit, ſehr laͤſtigem Gaͤhnen und mehrere Tage anhaltender Vers ſtopfung. Ein Dutzend Blutegel an dem Kopfe bewirkten zweimal reichlichen Blutabgang. Das Haar wurde abge— ſchnitten und Stirn und Scheitel beſtaͤndig mit kalten Um— ſchlaͤgen bedeckt und mehrmals ſtark purgirt. Die Haut war nicht beſonders heiß, der Puls beſchleunigt, aber nie— mals voll oder hart, ſondern vielmehr ſchwach. In der er— ſten Woche der Krankheit war er ohne aͤrztliche Behand— lung; in der zweiten ging es offenbar beſſer; der Puls war langſamer, die Zunge etwas reiner, die Uebelkeit geringer, die Haut ganz kuͤhl. Der Kranke klagt indeß noch immer ſehr ſtark uͤber ſeinen Kopf, namentlich uͤber das eigenthuͤm— liche Gefuͤhl, als wenn ſein Kopf fuͤr den Koͤrper zu groß ſey; er litt an Ohrenbrauſen und, ohne allen Ekel, doch an vollkommener Appetitloſigkeit. Es waren ſehr ſtarke Abfuͤhr— mittel erforderlich, um Oeffnung zu ſchaffen, und jedesmal, ſo lange dieſelben wirkten, 18 oder 20 Stunden lang, be— merkte ich, daß der Kranke ſich uͤbeler befand; das unange— nehme Gefuͤhl im Kopfe, das Brauſen und die Uebelkeit waren ſtaͤrker, obgleich der Kranke ſich Tags darauf beſſer befand. Der Kranke ſchien mir ſehr nervoͤs und verſicherte, daß, wenn er in geſunden Tagen ein Abfuͤhrmittel genommen habe, er jedesmal den Tag krank geweſen ſey. Da er je— desmal das unangenehme Gefuͤgl einer Verdauungsſtoͤrung und einer Ueberfüllung der Daͤrme hatte, wenn nicht vor Kurzem Oeffnung vorhanden geweſen war, ſo wuͤnſchte er doch, Abfuͤhrmittel zu erhalten, fo ſehr fie ihn beläftigten. Nachdem er nun ein ſehr kraͤftiges Abfuͤhrmittel genommen hatte, welches ſtark wirkte, folgte eine ertraͤgliche Nacht; aber in der Mitte des naͤchſten Tages wurde er ploͤtzlich von dem heftigſten Shmerze im Unterleibe und Mücken bes fallen, welchen ich jemals mit angeſehen habe; der Schmerz war anhaltend und am ſchlimmſten am Nabel; am peini— gendſten jedoch in der Lendengegend. Die Haut war kuͤhl, der Puls beſchleunigt und ſchwach, das Geſicht feucht, kleb⸗ richt, hoͤchſt leidend; der Unterleib empfindlich gegen Beruͤh— rung, beſonders da, wo der Schmerz am heitigiten war, dabei Uebelkeit, jedoch ohne Aufſtoßen. Es war, in der 221 That, ſchwer, den Fall von einer heftigen Enteritis zu un— terſcheiden, welche gleich mit betraͤchtlicher Depreſſion ein— tritt, wobei ſich aber der Puls während beträchtlicher Ader— laͤſſe hebt. Ich möchte den Rath geben, in ſolchen Fällen niemals zur Ader zu laſſen, obwohl ſelbſt noch in den neue— ſten Handbuͤchern angefuͤhrt wird, daß man ſich durch den Zuſtand des Pulſes nicht einſchuͤchtern laffen dürfe. Opium iſt das große und allein zu rechtfertigende Mittel, wenn ir— gend uͤber die Natur der Krankheit oder die Kraͤfte des Kranken Zweifel beſtehen. Hat man es mit einer reinen Entzuͤndung zu thun, ſo wird dieſelbe durch das Mittel ebenſowohl uͤberwaͤltigt, als durch eine Blutentziehung, waͤh— rend, wenn entweder keine Entzündung vorhanden, oder die Entzündung mit großer Schwaͤche complicirt iſt, ein großer Aderlaß den Tod des Kranken unvermeidlich herbei— fuͤhrt. Ich habe einen traurigen Fall dieſer Art geſehen, wo nicht einmal die Natur des Falles verkannt wurde. In unſerem Falle gab ich 30 Tropfen Laudanum und 1 Gran Opium, ließ Campher und Laudanum in den Ruͤcken und Unterleib einreiben und große Breiumſchlaͤge in Flanell auf— legen; hierauf verordnete ich halbſtuͤndlich ? Gran Opium, bis der Stimer; erleichtert fen, was erſt der Fall war, nach— dem in Allem etwa 6 Gran Opium verbraucht waren. Nach: dem ſich der Schmerz ganz gelegt hatte, folgte Eingenom— menheit des Kopfes, ein Gefühl von Zuſammenſinken, Uebelkeit und Aufſtoßen; der Puls war ſchwach, faͤdenfoͤr— mig, die Haut kalt und klebrig, auf der Stirn ſtanden große Tropfen kalten Schweißes. Der Kranke hatte Be— duͤrfniß zum Schlafe; ſobald er aber einſchlief, ſtellte ſich die Uebelkeit ein und der Kranke war gendibigt, ſich aufzu— richten und nach einem Waſchbecken zu rufen Ich verord— nete nun gebrannten Rum, theeloͤffelweiſe in kurzen Zwi— ſchenraͤumen, bis das Aufſtoßen aufhoͤrte. Dieß geſchah nach zwei oder drei Stunden, worauf der Kranke ruhig ſchlief bis zum Morgen. Er ſchien nun in jeder Beziehung beſſer, klagte aber uͤber Empfindlichkeit gegen Druck in der Nähe des Nabels, wo der heftigſte Schmerz geweſen war: Auch der Magen war noch nicht in Ordnung, der Kopf leidend, wie fruͤher, und dabei fehlte der Appetit. Er klagte auch uͤber Schwierigkeit, das Waſſer zu laſſen, eine ge— wöhnliche Folge großer Doſen Opium. Er erhaͤlt Spiritus Nitri duleis und Hühnerbruͤhe mit etwas Arrow-root. Es ging nun zwei Tage beffer, worauf er wieder Liber Schmerz und Empfindlichkeit klagte. Die Empfindlichkeit gegen Berührung war aͤußerſt heftig, beſonders über der Gallenblaſengegend und von da laͤngs der Rippen bis zum Ruͤcken. Ein anderer Theil des Unterleibes war nicht ſchmerzhaft; ebenſo klagte der Kranke nicht uͤber Schmerz im Ruͤckgrate. Es war kaum moͤglich, den Kranken zu überzeugen, daß er keine Leberkrankheit habe, und wenn man bloß den Sitz des Schmerzes, das beſtaͤndige Uebelſeyn, das Aufſtoßen, die belegte Zunge, was alles von Anfang der Krankheit vorhanden war, berüͤckſichtigte, fo würden auch wenige Aerzte anderer Anſicht geweſen ſeyn. Auch ich ſelbſt kam nicht ohne Schwierigkeit zu voller Ueberzeugung. Bei dem Beſtreben, die Graͤnzen der Empfindlichkeit genau zu 222 beftimmen, fand ich, daß dieſelben unter den Rand der Rippen herab bis zum Kreuzbeine und Darm— beine reichten, was außer bei beträchtlicher Vergrößerung nicht leicht bei einer chronifchen Leberentzuͤndung vorkoͤmmt. Ueberdieß konnte ich, obwohl der Kranke bei leichter Beruͤh— rung aufſchrie, mit den Fingern von beiden Seiten in die Tiefe auf die Leber eindringen und ſo heftig druͤcken, als ich wollte, wenn ich dabei nur die empfindlichen Muskeln von dem Drucke unberuͤhrt liegen ließ. Sobald ich nun geſehen hatte, daß der Schmerz ganz ſeinen Sitz in den Bedeckungen habe, fo gab ich, anftatt den Kranken mit un— angenehmen, ſchwaͤchenden Mitteln zu plagen, tonica und legte ein Belladonnapflaſter über den ſchmerzhaften Theil. Nach zwei oder drei Tagen fuͤhlte ſich der Kranke viel kraͤf— tiger und frei von Schmerz. Einige Tage ſpaͤter ſtellte ſich jedoch ein neues Leiden ein, naͤmlich Schmerz und Empfind— lichkeit in der Blaſengegend, im Verlaufe der Saamenſtraͤnge und in den Hoden, ſo wie ein Gefuͤhl von Unvermoͤgen, das Waſſer auszutreiben und allgemeine Hitze. Es wurde ein Belladonnapflaſter uͤber die Schaam- und Leiſtengegen— den gelegt, nachdem durch ein Dutzend Blutegel, welche ich hier anſetzte, da kein Schmerz am Ruͤckgrate vorhanden war, die Hautwaͤrme und Empfindlichkeit beſeitigt war. Der Kranke konnte ohne Suspenſorium nicht gehen. Einige Zeit hatte er 15 Gran ſchwefelſaures Chinin mit 4 Gran Bil: ſenkrautertract dreimal taͤglich genommen. Appetit und Kraͤfte waren taͤglich beſſer. Da nun der Schmerz ſehr heftig fortdauerte, ſo unterſuchte ich das Ruͤckgrat noch einmal und fand am obern Theile des Kreuzbeins eine kleine außerordentlich empfindliche Stelle, deren Druck den Schmerz an der vordern Seite des Koͤrpers hervorrief. Ueberzeugt, daß an dieſer Stelle das Uebel liege, legte ich ein kleines Blafenpflafter auf und fand, daß am folgenden Morgen aller Schmerz verſchwunden war. Es blieb nur ein Gefühl, als wenn das Waſſer nicht ſo kraͤftig, wie gewoͤhnlich, ausgetrieben werden koͤnne, zuruͤck, welches ſich allmaͤlig verlor. Ich bin bei meiner Mittheilung ſehr ausfuͤhrlich gewe— ſen; dieß findet ſeine Entſchuldigung darin, daß Empfind— lichkeit gegen Druck bei Unterleibsentzuͤndung von Aber— crombie u. A. als das ſicherſte Zeichen betrachtet wird, obwohl es (als conſtanter Begleiter von Affectionen des Ruͤckenmarks und feiner Haute) fuͤr ſich als das unſicherſte Zeichen bei Unterleibsentzuͤndungen anzuſehen iſt. Bei der Diagnoſe von Unterleibsentzuͤndung, wo Schmerz und Empfindlichkeit gegen Druck ſich findet, ſollten wir immer feſtzuſtellen ſuchen: 1) Ob Schmerz oder Empfindlichkeit bei'm Drucke an der entſprechenden Stelle des Ruͤckgrates zu bemerken ſey, weil, wenn danach auch Über das Vorhandenſeyn der Ent— zuͤndung nicht mit Sicherheit zu entſcheiden iſt, dennoch eine hinreichende Erklaͤrung fuͤr den Schmerz und Empfindlich— keit ohne irgend eine Entzuͤndung vorliegt. 2) Ob da, wo kein Ruͤckenſchmerz aufzufinden, die Empfindlichkeit des Unterleibes oberflaͤchlich oder tief ſitzt 223 was in allen Fällen mit ziemlicher Sicherheit zu beſtimmen iſt. Und ob, wenn der Schmerz oberflaͤchlich und tief ſitzt, wie es bei Peritonitis gewoͤhnlich iſt, ein ſanfter, ſteter Druck mit der flachen Hand leichter aus zuhalten iſt, als mit den Fingerſpitzen; bei nervoͤſem Schmerze wird dieſer Druck gewoͤhnlich ausgehalten, waͤhrend bei Peritonitis jeder Druck, ſelbſt der der Bettdecken, ſehr empfindlich iſt. 3) Ob die Graͤnzen des Schmerzes über den Raum der vermutheten Entzuͤndung hinausreichen, wie, z. B., bei der vermutheten Leberentzuͤndung, wo der Schmerz das Darmbein und die Leiſtengegend oder die linke Bauchſeite mit einnimmt. Iſt der Schmerz uͤber die ganze Unterleibs— flaͤche, wie bei Peritonitis, verbreitet, aber nicht auf den Unterle lb beſchraͤnkt, fo koͤnnen wir ebenfalls keinen großen Werth darauf, als Entzuͤndungsſymptom, legen. 4) Endlich ſollte man ſich daran erinnern, daß Ver— ſtopfuug auch von Schwaͤche der Eingeweidsnerven, von Krampf und nicht allein von Entzuͤndung herruͤhren kann und danach verſchieden behandelt werden muß. (Dublin Journ., May 1841). Miscellen. Unterfuhung eines aneurysma primitiva der carotis, welches vor ſieben Jahren durch Unterbindung geheilt wurde, von Herrn Porter. — Am 2. Auguſt 1819, ſagt er, habe ich bei der Frau Bourke die rechte carotis primitiva, an welcher ſich ein Aneurysma befand, unterbunden. Folgende Details dieſer Operation habe ich zu dieſer Zeit in den Dublin hospital reports bekannt gemacht: Die Geſchwulſt beſtand ſeit funfzehn Jahren; ſie war feſt, hart und reſiſtent; die Folgen der Opera— tion beunruhigten mich etwas; und in der That, hatten ſich die Pulſationen einige Stunden nach der Operation wieder eingeſtellt; ſpaͤter hatte ſich der Sack entzuͤndet und war in Eiterung uͤberge— gangen Deſſenungeachtet genas die Kranke und konnte ihren Dienſt wieder beginnen. Im Jahre 1836 ſtarb fie am 7. Sep: tember, nachdem ſich eine Affection der rechten Bruſtſeite eingeſtellt hatte. Sie hatte mir ihren Leichnam im Teſtamente vermacht. Bei der Leichenoͤffnung fand ich Folgendes: Die unteren Anheftun— gen des m. sterno-cleido-mastoideus waren gegen das Schluͤſſel— bein und sternum hin bei der Operation gelöſ't; indeß hatte nach— her die Kranke kein Hinderniß an diefer Seite wahrgenommen, und die Bewegungen des Halſes waren ungeſtoͤrt. Wir unterſuchten daher dieſen Muskel und fanden an dem untern Theile des und in einer Ausdehnung von 2 Zoll uͤber dem Schluͤſſelbeine, keine Spu— ren von Muskelfaſern. Der ganze Raum iſt mit einem ſehr dich— ten aponeurotiſchen Gewebe ausgefuͤllt, welches mit einem Theile an der clavicula, mit dem andern an dem unteren Ende des Mus: 224 kels angeheftet iſt. Bei der Durchſchneidung des Muskels fanden wir über der ſoeben beſchriebenen fibroͤſen Portion die a. carotis primitiva und die v. jugularis interna untereinander vereinigt und an der inneren Flaͤche des Gewebes angewachſen. Die Gefaͤße wa— ren in eine ligamentoͤſe Snbſtanz umgewandelt; der Reſt der Ars terie erſchien als ein ununterbrochener Strang, von der Theilung des truncus brachio - cephalieus ab, fo daß wir annehmen mußten, die durch die Ligatur getrennten Gefaͤßenden haben ſich wieder ver— einigt, nachdem der Faden abgefallen war. So viele Muͤhe wir uns auch gaben, fo war es uns doch, unmoͤglich, den Punct aufzu— finden, an welchem die Arterie dabei haͤtte durchſchnitten werden muͤſſen. Die carotis interna war ebenfalls obliterirt bis zur Stelle, wo die ophthalmica entfpringt, Der an den beſchriebenen Strang ſtark angeheftete Reſt des Sackes ſtellt eine kleine Geſchwulſt, von der Groͤße einer Mandel, dar; er war von harter und fibroͤſer Conſiſtenz; dieſe Geſchwulſt war durch einige lockere und wenig ausgebreitete Adhaͤrenzen mit dem oberen Bauche des m. digastri- cus verbunden. Die carotis externa ſelbſt war frei, aber viel kleiner, als die der geſunden Seite. Alle ihre Aeſte zeigten dieſelbe Verminderung der Gröfe, mit Ausnahme der thyreoidea superior, welche normal war. Da die Injection dieſer Gefaͤße nicht gelang, konnten wir ſchwer den Zuſtand der Anaſtomoſen, gegen die oberen Theile des Halſes hin, beſtimmen. Indeß konnten wir doch nach— weiſen, daß die Communication mit der subclavia durch die thyreoidea superior und die thyreoidea inferior ſehr ſtark und zahlreich war, ſowohl auf der aͤußern Flaͤche als im Innern der thvreoidea. Die rechte art. subelavia ift wenigſtens um die Hälfte größer, als die der anderen Seite; die vertebralis iſt in eben dem Verhaͤltniſſe erweitert. Daſſelbe iſt der Fall mit dem abfteigenden Cervicalaſte der thyreoidea inferior. Im Allgemei— nen ſchienen die a. thyreoideae superiores und inferiores das anaſtomotiſche Mittel zur Communication zwiſchen den verſchiede— nen Gefaͤßzweigen zu ſeyn. Die Pulſation, welche wir nach der Operation bemerkt haben, konnte nur durch die retrograde Bewe— gung hervorgebracht werden, welche das Blut bei dem Uebertritt aus der carotis interna machte. Das anatomiſche Praͤparat wird in dem chirurgiſchen Muſeum aufbewahrt, (Dublin Medical Press.) In Bezug auf die Wirkungsweiſe der Cubeben und des Copaivs zeigte Herr Ricord die Zeichnung einer, in Folge eines Urinabſceſſes entftandenen, Oeffnung der Harnroͤhre nach Unten. Der mit einer Blennorrhagie behaftete Kranke gab zu mannichfachen Verſuchen Gelegenheit. Anfangs zeigte ſich der Ausfluß in dem Blaſentheile der urethra, dann war der Theil vor der Oeffnung ergriffen. Die Behandlung mit Copaiva bewirkte raſche Heilung in dem Blaſentheile; aber im anderen Theile dauerte die Krankheit fort, und nachher theilte dieſer Theil ſelbſt die Krankheit wieder der ſchon geheilten Parthie mit. Die Cubeben wurden nun angewendet; der Ausfluß hoͤrte wiederum in dem hin— teren Theile des Canales auf. Dieſe Thatſachen beweiſen, nach Herrn Ricord, daß die Cubeben und der Copaiva die ſyphiliti— ſchen Ausfluͤſſe dadurch heilen, daß ſich die Mittel mit dem Urine verbinden und ihre Wirkung auf die urethra, bei'm Durchgange durch dieſelbe, geltend machen. (Arch. gen. de med.) Bib io g rasch e Histoire naturelle, générale et particuliere, des Insectes neu- roptères. Par M. F. J. Pictet. re monographie, famille des Perlides. Ire Livraison. Geneve 1841. 8. Esquisse organographique et physiologique sur la classe des Champignons. Par M. Montagne. Paris 1841. 8. Neu eiten. Sul clavismo cancrenoso e sul morbo convulsivo epidemico, Ri- cherche storico-mediche del Cav. Salvatore de Renzi. Na- poli 1841. 8. Hints for Invalids about to visit Naples; being a sketch of the medica topography of that city; also an account of the mi- neral waters of the Bay of Naples. By J. C. Cox, NM. D. eto. London, Paris and Nottingham 1841, 8. — — — — Neue Notizen aus dem Gebiete der Nakur - und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober» Medicinalratite Froriep zu Weimar, und dem Medicinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin, 3 D No. 411. (Nr. 15. des XIX. Bandes.) Auguſt 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. e e ee, Ueber die Unterſuchung der nordiſchen Walfiſche. Von Profeſſor Eſchricht. Die Walfiſche verdienen eine weit groͤßere Aufmerk— ſamkeit in naturhiſtoriſcher Hinſicht, als man ihnen bisjetzt geſchenkt hat. Ihre genauere Unterſuchung verſpricht außer— ordentliche Ausbeute fuͤr die Wiſſenſchaft, beſonders vielleicht in phyſiologiſcher Hinſicht. Soll aber unſere Kenntniß der— ſelben die naͤmliche Hoͤhe erreichen, wie diejenige der meiſten andern Saͤugethierfamilien, fo iſt vor Allem ein Zuſammen— wirken der nordiſchen Naturforſcher erforderlich. Selbſt Scandinavien's Kuͤſten bieten eine treffliche Ge— legenheit zur Unterſuchung gewiſſer Arten von Delphinen, namentlich des Delphines, dar, welcher ſich regelmaͤßig jeden Fruͤhling in großen Zuͤgen, z. B., im Iſſefjord und an gewiſſen Stellen der fuͤhniſchen Kuͤſten, einfindet. Auch Bartenwalfiſche (Bardehvaler), namentlich von einer gewiſ— fen kleinen Art (die nebſt allen andern kleinen Arten Balae- noptera bisjetzt den Namen Balaena rostrata, Fabr., fuͤhrt) beſuchen Juͤtland's und vorzuͤglich Norwegen's Weſt— kuͤſte ſehr oft, beſonders aber die Umgegend von Bergen. Bisweilen ſtranden auch groͤßere Arten von Walfiſchen uͤberall, wo Scandinavien's Kuͤſten dem großen Weltmeere erponirt find; vorzüglich aber find es die Kuͤſten von Daͤne— mark's hochnordiſchen Colonieen, die Faroͤer-Inſeln, Island und vor allen andern Groͤnland's Weſtkuͤſte, wo Walfiſche ſich haͤufig einfinden. Blicken wir auf alle dieſe Kuͤſten, ſo koͤnnen wir mit einem gewiſſen Rechte die Walfiſche vorzugsweiſe zu der Fauna der ſcandinaviſchen Reiche rechnen, und beruͤckſichti— gen wir, von wie vielen Zoologen des erſten Ranges dieſe behandelt worden iſt, ſo koͤnnte es Mancher wohl bezwei— feln, daß unſere Kenntniß dieſes groͤßtentheils coloſſalen ee noch fo hoͤchſt mangelhaft fey. Aber die Verwun— derung faͤllt weg, wenn man die außerordentlichen Schwie— rigkeiten in Anſchlag bringt, welche die Unterſuchung dieſes Thieres oͤfters darbietet. No. 1511. Aa n Dn.üe Nur von gewiſſen Delphinarten gilt dieſes nicht; denn man muß bekennen, daß kaum eine beſſere Gelegenheit zur Unterſuchung eines Thieres vorhanden iſt, als diejenige, welche der Delphinfang, z. B, am Iſſefjord, darbietet, und daß es unſere eigene Schuld iſt, wenn auch in dieſes Thieres Naturgeſchichte noch viele Puncte ſehr unvollſtaͤndig bekannt ſind. Nicht ſo verhaͤlt es ſich dagegen mit den meiſten größeren Delphinarten (den Delphinus globiceps der Faroͤer, dort Grindehval genannt, allein ausgenommen) und ganz beſonders mit den Bartenwalfiſchen (Bardehva— lerne). Was den eigentlichen Walfiſch, den Bardehval ohne Ruͤckenfloſſe (Balaena mysticetus), anlangt, fo ſcheint derſelbe jetzt ziemlich ſelten im Norden zu werden. Von Scandinavien aus wird derſelbe nicht gejagt, und zu— faͤlige Strandungen deſſelben ſind auf keiner der Kuͤſten, die von Scandinaviern bewohnt werden, ſeit vielen Jahren vorgekommen. Sehr gewoͤhnlich ſind allerdings Bartenwal⸗ fiſche mit Ruͤckenfloſſen, ſogenannte Finnfiſche (Balaenop- tera); aber dieſe werden nirgends gejagt; ſie ſind, in der Regel, aͤußerſt ſchwierig zu fangen, und mit Ausnahme der Bergenſchen Art, bekommt man ſie nur durch zufaͤllige Strandungen. Gelegenheiten zu ihrer Unterſuchung kommen alſo jedesmal unerwartet. Ein Gluͤck iſt es dann immer, wenn ein Naturforſcher ſich gerade in der Naͤhe des Stran— dungsplatzes befindet, wenn er zugleich auch Alles bei Seite ſetzen kann, um die Gelegenheit zu benutzen, und wenn er einigermaaßen vorbereitet iſt, um den reichen Stoff, welchen das coloſſale Thier darbietet, zu benutzen. Wenn er an den Strandungsplatz kommt, findet er den außerordentlich gro— ßen Koͤrper gewoͤhnlich halb aufgeloͤſ't; denn die Faͤulniß ſtelt ſich in dieſem großen, warmen, blutreichen Körper ſehr raſch ein. Ein unertraͤglicher Geſtank zieht ihm ſchon aus weiter Entfernung entgegen. Er findet den Coloß mit Schaaren von Voͤgeln, großen und kleinen Seethieren und — was die gefaͤhrlichſte Concurrenz bildet — mit gierigen Menſchen beſetzt, die alle ihren Antheil an der großen Beute haben wollen. Er kann hier noch ſo ſehr bitten, die inter— eſſanteſten Stuͤcke zu ſchonen; ſein Antheil wird ſelten ſon— 15 227 derlich groß ſeyn. Aber wenn er nun auch einige wichtige Stucke, Herz, Lunge, Magen — bekommt, fo werden ihm alle ſeine Meſſer bei'm Ausſchneiden derſelben ſtumpf; er vermag nicht irgend eins der Stuͤcke zu heben, geſchweige denn fie, ohne Anderer Huͤlfe, fort zu tragen. Wee fie aufbewahren? Wee ſie ſchnell unterſuchen, bevor die Faͤul— niß fie zerſtoͤrt hat? Welchen Theil zuerſt vornehmen? Die ganze Geſtalt und Groͤße des Thieres kann er ſchwerlich unterſuchen, da ein Theil im Wiſſer oder im Sande ver— borgen liegt und was daſelbſt zu Tage liegt, ſicherlich vor feiner Ankunft ſchon ſehr verſtuͤmmelt if. Wee ſchwierig iſt es außerdem, die Formen eines jo coloffalen Thieres richtig aufzufaſſen, welches ſo liegen bleiben muß, wie es der Zufall hingeſchleudert hat! So groß ſind die erwaͤhnten Schwierigkeiten, daß man ſich niyt wundern darf, wenn unſere Kenntniß von dieſen coloſſalen Thieren noch ſehr unvollſtaͤndig iſt, und daß dieſe Kenntniß nie zufriedenſtellend werden kann, außer bei einem Zuſammenwirken der Naturforſcher Scandinavien's. Ich hatte vielleicht ſogar ſagen ſollen (bei einem Zuſammensoir— ken) aller Scandinavier uͤberhaupt; denn in Wihrheit bes darf es hier nicht allein einer gegenſeitigen Unterſt itzung der Naturforſcher, einer gemeinſchaftlichen Arbeit der verſchiede— nen Gelehrten, jeder in ſeinee Richtung, der Zoologen, Ana: tomen, Chemiker, Phyſiker, ſondern auch der Kuͤnſtler, be— ſonders der Zeichner und außerdem der Obrigkeit, des rei— chen Kaufmanns, des erfahrenen Fiſchers und Tagloͤhners. Aber nicht allein die als Wrack am Strande liegenden Wufiſche laden zu einer Unterſuchung ein; auch indem fie frei im Meere ſchvimmen, oder indem fie von den Wal— fiſchfaͤngern verfolgt werden, geben fie einen reichen Stoff zu Beobachtungen Es gilt hier, von jedem Seefahrer un— terſtuͤtzt zu werden, ſowohl von dem wiſſenſchaftlich gebilde— ten, als von dem ſchlichten Seemanne, ſofern er nur, was nicht feiten iſt, eine geſunde Beobachtungsfaͤhigkeit beſitzt. Wo und wenn der Wallfiſch ſich zeigte, bei welcher Witte— rung, bei welcher Stroͤmung, bei welchem Winde, bei wel— cher Temperatur; wie derſelbe geſtaltet war, welche Größe und welche Farbe er hatte; wie derſelbe ſchwamm, wie lange derſelbe ſich unter dem Waſſer aufhielt, ehe und waͤhrend er verfolgt wurde, ſo wie auch nachdem er verwundet wor— den war; wie er Waſſer ausblies, wie hoch der Strahl war, wie hoch der Wirmegrad, den er hatte ꝛc. ꝛc.: alle ſolche Anmerkungen ſind in vielen Faͤllen ſehr wichtig, und Niemand kann ſie, in der Regel, beſſer uns mittheilen, als die Seefahrer uͤberhaupt, ganz beſonders richtig aber die Walfiſchfaͤnger. Davon uͤberzeugt, welcher großen Huͤlfe die Naturfor— ſcher in dieſem Puncte beduͤrfen, habe ich geglaubt, daß dieſer Gegenſtand nirgends beſſer in Erwähnung gebracht werden koͤnnte, als vor dieſer ) Verſammlung von Naturfor— ſchern und Gelehrten aus den drei ſcandingviſchen Reichen, unter welchen ſich die ausgezeichnetſten Manner aus allen Zweigen der Naturwiſſenſchaften befinden. Vielleicht liegt *) Die Verſammlung, welche vom 3. bis 9, Juli 1840 zu Copen— hagen ſtatt hatte. 228 es auch nicht außerhalb meines Weges, auf einige der Un— terſuchungen aufmerkſam zu machen, zu denen die Walz fiſche beſonders Veranlaſſung geben. Der erſte Pinct, der im hoͤchſten Grade einer Auf— kl irung bedarf, iſt die Beſtimmung der Arten. Hinſicht— lich des nordiſchen Finnfiſches (Balaenoptera) oder des Bar- tenwalfiſches mit Ruͤckenfloſſe herrſcht eine ſolche Unſicherheit in dieſem Betreffe, daß mehrere der neueſten Schriftſteller über die Walfiſche der Meinung geweſen ſind, fie gehörten alle zu einer Art. Inzwiſchen ſtreitet dieſe Meinung gaͤnz— lich gegen die Angaben aller aͤlteren Beobachter, unter denen ſich Naturforſcher vom erſten Range befanden. Der Daͤni— ſche Zoolog Kroyer hat auch neulich dargethan, daß zum Wenigſten die Bergenſche Art verſchieden ſeyn muͤſſe von dem großen Groͤnlaͤndiſchen B. Boops, weil alle die bei Ber— gen gefangenen Individuen verhaͤltnißmaͤßig klein und die Weibchen nichtsdeſtoweniger ſehr gewoͤhnlich traͤchtig wa— ren. Auf einem anderen Wege bin ich zu demſelben Reſul— tate gelangt, und ich halte denſelben uͤberhaupt fuͤr den ſicherſten und naͤchſten zur Beſtimmung der Arten dieſes co: loſſalen Thieres Derſelbe beſteht darin, die Foͤtus gegen— ſeitig mit einander zu vergleichen. Die Foͤtus dieſes Thie: res ſind keinesweges ſo ſehr ſchwierig zu erlangen; denn die geſtrandeten Thiere ſind ſehr haͤufig traͤchtige Weibchen, und die Foͤtus gehoͤren nicht zu den Theilen, welche viele Lieb— haber haben, aber die Foͤtus gewaͤhren dem Zoologen erſt— lich den großen Vortheil, daß das Thier vor ihm bequem uͤberſichtlich und mit allen ſeinen Theilen liegt, ferner den nicht minder wichtigen, daß mehrere Arten von Walfiſchen zur Vergleichung auf einmal vor ihm liegen koͤnnen. Die Formen des Foͤtus koͤnnen in manchen Hinſichten von denen des erwachſenen Thieres abweichen; aber die Abweichungen zwiſchen dem Foͤtus und dem Mutterthier werden bei allen Acten wohl Eins ſeyn, und aus den conſtanten Verſchiedenhei— ten zwiſchen den Foͤtus gegenſeitig kann man immer mit Sicher— heit auf die Verſchiedenheit der Art der Mutterthiere ſchließen. Es iſt mir auch bereits gelungen, mir zwei Foͤtus der Walfiſchart zu verſchaffen, die man in Grönland Kepokak nennt, und zwei von der Bergenſchen Art. Die erſte ver— danke ich dem nun leider verſchiedenen Kaufmanne Egede, den anderen meinem Freunde, dem Gapitän = Lieutenant Holboͤll in Grönland, und den letzten dem Herrn Stifte: amtmann Chriſtie in Bergen. An dieſen Foͤtus zeigen ſich ſehr deutlich Verſchiedenheiten der Art. Der Grönlän: diſche zeichnet ſich vor dem Bergenſchen durch weit laͤngere Haͤnde (Bruſtfloſſen) aus, die außerdem an ihrem vordern Rande wellenfoͤrmig ausgeſchnitten ſind, und ebenſo hat auch der ſtark gabelfoͤrmige Schwanz den hinteren Rand ge— zackt; die Ruͤckenfloſſen find verfchieden in ihrer Form, und ferner zeichnen ſich die Groͤnlaͤndiſchen Foͤtus durch eine Art von Bart und langes Haar (Veidehaar) um die Spritzoͤff— nung und laͤngs der Kiefer aus. Auch ſind ſie weit groͤßer, als die Bergenſchen, in demſelben Verhaͤltniſſe, wie die Mutterthiere. Nachdem dieſe Verſchiedenheiten bei den Fon tus nachgewieſen ſind, wird es nicht ſchwer halten, zu er— fahren, inwiefern fie ſich bei dem erwachſenen Thiere beſtaͤ— 229 tigen. So viel ift bereits gewiß, daß dieſe beiden Arten wirklich, wie Kroyer auch aus anderen Gründen gefolgert hat, weſentlich verſchieden ſind. Aber aus den an den Ke— pokak - Fötus gefundenen characteriſtiſchen Merkmalen laſ— ſen ſich noch weitere Folgerungen ziehen. Dieſe Merkmale paſſen naͤmlich nicht auf die meiſten größeren Finnfiſche, die ab und zu an den Kuͤſten der Nordſee geftrandet find; fie paſſen nur auf den einen großen Finnfiſch, der im Jahre 1824 an der Muͤndung der Elbe ſtrandete und deſſen Ske— lett im Berliner Muſeum unter der Benennung B. longi- mana aufgeſtellt iſt. Kepokak oder B. Boops, Fabr. iſt alſo wohl am erſten mit dieſer Art identiſch und verſchie— den von allen den Individuen, welche in ſpaͤterer Zeit Boops genannt worden find. Die kleineren Arten, die gewoͤhnlich B. rostrata genannt werden, ſind ſo weit da— von entfernt, identiſch mit jenen groͤßeren zu ſeyn, daß hier weit zuverlaͤſſiger nicht ſo ganz wenige gegenſeitig verſchie— dene Arten kleinerer Finnfiſche gefunden werden. [Diefes iſt ganz neuerdings durch eine kurze Beſchreibung, welche Capt.⸗Lieutenant Holboͤll mir geſendet hat, auf das Be— ſtimmteſte beſtaͤtigt werden. In derſelben ſind fuͤnf verſchie— dene Arten Groͤnlaͤndiſcher Finnfiſche angeführt. Ihre Cha— racterverſchiedenheit hat er hauptſaͤchlich aus der verſchiedenen Geſtalt und Stellung der Ruͤckenfloſſe abgeleitet.] Nach dieſem Allen kann ich alle Scandinaviſche Naturforſcher, welche auf die eine oder die andere Art, mittelbar oder un— mittelbar, Gelegenheit bekommen koͤnnen, die nordiſchen Finn— fiſche zu beobachten, nicht genugſam auffordern, 1) zu achten auf Laͤnge und Geſtalt der Arme und des Schwanzes, auf die Gegenwart oder den Mangel ſteifer Borſten an der Sprigöffnung und am Maule, und auf die Form und Stellung der Ruͤckenfloſſe; es wird in manchen Faͤllen gewiß auch moͤglich ſeyn, ſich dieſe weichen Theile aufbewahrt zu verſchaffen, woraus man, nach meiner Ue— berzeugung, eine Menge ſo ſichere Charactere, wie aus dem Gebaͤude des Skelettes ableiten kann; 2) von dem traͤchtigen Weibchen immer den Foͤtus aufzubewahren. Dieſes wird ſich ſicherlich ſehr nuͤtzlich er— weiſen, wenn alle hierher gehoͤrige Materialien an einem Orte geſammelt werden; da ich aber keinen andern Ort fuͤr dieſen Zweck vorſchlagen moͤchte, als Kopenhagen, ſo wage ich nicht, aus Furcht, fuͤr unbeſcheiden zu gelten, mit mei— nem Vorſchlage hervorzutreten. Eine genauere Unterſuchung der Bartenwalfiſche mit Ruͤk— kenfloſſe (Balaenoptera) wird alſo wohl ganz gewiß eine reiche Ausbeute fuͤr den Zoologen geben; aber ſie wird viel— leicht keine geringere Ausbeute fuͤr den Phyſiologen ge— waͤhren. In den Walfiſchen hat die Natur die große Aufgabe geloͤſ't, ein Saͤugethier zu ſchaffen, welches fähig iſt, uns unterbrochen im Waſſer zu leben. Eine fuͤr Saͤugethiere ſo hoͤchſt eigenthuͤmliche Lebensart mußte nothwendig mit weſentlichen Eigenthuͤmlichkeiten im Baue aller Organe und in allen Lebensaͤußerungen, jedoch mit Beibehaltung aller characteriſtiſchen Merkmale der Saͤugethierclaſſe, verbunden ſeyn. Der ganze Koͤrper bekam eine Fiſchform; der Kopf, 230 vorn keilfoͤrmig zugeſpitzt oder rund, verliert fih nach Hin— ten zu im Koͤrper, ohne daß ein etwas eingeſchnuͤrter Theil den Hals bezeichnete. Der vorderſte Theil des Rumpfes wurde durch die Zuſammenſchmelzung der Halswirbel bei— nahe unbeweglich; die ganze Bewegung iſt in den Schwanz gelegt worden, der zu einem ſchwankenden Steuerruder die- nen ſollte; die Vorderbeine wurden zu einfachen Rudern, die Hinterbeine zu einfachen Seitenfluͤgeln des Schwanzes ohne Knochen und waſſerpaß liegend, nicht auftechtſtehend, mie die Schwanzfloſſe des Fiſches. Dieſes Verhalten faͤllt gleich in die Augen und iſt ſchon laͤngſt beſchrieben. Man hat auch angedeutet, wie Augen und Ohren eingerichtet ſind, um im Waſſer zu ſehen und zu hoͤren, und nachgewieſen glei— che merkwuͤrdige Eigenthuͤmlichkeiten in andern Organen die— ſes Thieres; aber noch iſt beſonders viel hierin zu thun, und jeder Theil vom Koͤrper des Walfiſches iſt ein willkom— mener Gegenſtand fuͤr den vergleichenden Anatomen und Phyſiologen. Eine der groͤßten Schwierigkeiten bei der eigenthuͤmli— chen Lebensweiſe der Walfiſche mußte das Athemholen dar— bieten. Obſchon im Meere lebend und oft genoͤthigt, in die tiefſte Tiefe deſſelben niederzuſteigen, muͤſſen ſie doch Luft athmen, wie alle anderen Saͤugethiere. Bei ihnen muß denn Alles, was dazu dient, den Athem zu halten, im allerhoͤchſten Grade hervortreten, und mehrere Eigen— thuͤmlichkeiten bei den Walfiſchen muͤſſen auf dieſe Weiſe erklaͤrt werden. Der erſte Schritt, das Athmen der Wal— fiſche zu verſtehen, beſteht in der Ueberzeugung, daß ſie nicht Waſſer aus ihren Spritzloͤchern ſpritzen, ſondern, daß ſie Luft durch dieſelben blaſen oder puſten. Die Walfiſche ſind Thiere, welche ſo gut, wie der Menſch, oder jedes an— dere Saͤugethier, mit Lungen athmen. Sie kommen auf einen Augenblick bis zur Oberflaͤche des Waſſers, um Athem zu holen; wie ſollten ſie dieſen koſtbaren Augenblick verlie— ren, um Waſſer durch die Oeffnung zu ſpritzen, durch wel— che ihr Athemzug geht? Aber Viele wollen doch geſehen haben, daß ſie hohe Waſſerſtrahlen aus ihren Blaſeloͤchern ausgeſpritzt haben. Auch in Betreff der Delphine, nament— lich in Betreff unſeres Meeresſchweines (Marſviin), hat ein ver— ſtorbener beruͤhmter Naturforſcher (Faber) dieſe Behaup— tung geaͤußert; und doch iſt es wenigſtens hinſichtlich dieſer aus— gemacht gewiß, daß ſie kein Waſſer ausſpritzen. Ich allein habe ſie ſelbſt vielmals dicht neben mir ſchwimmen ſehen, ohne daß ſie jemals Waſſer ausgeſpritzt haͤtten; die Fiſcher am Iſſefjord, welche ihnen zu gewiſſen Jahreszeiten beſtaͤn dig auflauern, haben mir die Verſicherung gegeben, niemals ein Waſſerausſpritzen bei ihnen beobachtet zu haben. Nur bei den Bartenwalfiſchen iſt Etwas in dieſer Hinſicht vor— handen, was irre führen kann. Wenn ein fo coloſſales Thier mit einem außerordentlich hohen Waͤrmegrade die warme feuchte Luft aus ſeiner Lunge hinaus in die kalte Atmoſphaͤre blaͤſ't, fo iſt es kein Wunder, wenn dieſe feuchte Luft ſich wie eine Waſſerdampfſaͤule zeigt, welche Erſchei— nung auch ſtattfindet, wenn, z. B., ein Pferd nach einem anſtrengenden Laufe in der kalten Winterluft tief athmet, oder auch, obſchon in weit geringerm Grade, ſo oft wir Io 231 ſelbſt unter gleichen Umſtänden athmen. Man hat gehört, daß das Blaſen des Walfiſches von einem Knalle begleitet werde, der einem Kanonenſchuſſe gleicht; aber dieſes erklärt ſich leicht durch die bedeutende Luftmaſſe, welche ein ſo co— loſſales Thier, nach langem Tauchen, mit ſeiner ganzen Ausathmungskraft durch die Waſſerdecke ausitößt. Man hat geſehen, daß das Waſſer von dem aus der Blas— oͤffnung ausgeſtoßenen Strahle wie ein Regen nieder— fiel, man hat das Plaͤtſchern deſſelben gehört; aber die große Menge Waſſerdampf, den die ausgeſtoßene Luft enthält, muß, indem fie in der kalten Luft verdichtet wird, ganz gewiß wie ein Regen in Tropfen niederfallen. Es giebt außerdem Beobachter, genug und zwar Beobachter vom erſten Range, die geſehen haben, daß die Strahlen der Walfiſche nicht aus Waſſer, ſondern aus Waſſerdampf, oder, mit andern Worten, aus warmer, feuchter Luft be— ſtanden. Ich brauche bloß Otto Fabricius, Scoresby, von Baer zu nennen, und trage kein Bedenken, Hol— boͤlle's Namen neben dieſen berühmten Beobachtern zu nennen. Aus dieſem Allen ergiebt ſich, daß es ausgemacht iſt, daß die Walfiſche durch ihre ſogenannten Spritzloͤcher, oder richtiger Blaſeloͤcher, athmen, und daß ſie, in der Regel, von dem Grunde des Meeres bis an die Oberflaͤche des Waſ— ſers kommen. Sie ſtoßen dann die mit Kohlenſaͤure und Waſſerdampf gefättigte warme Luft aus und ſaugen friſche, ſauerſtoffhaltigere (iltholdige) kalte Luft ein. Denn, um ihnen dieſes Athmen zu erleichtern, hat die Natur zum Theil ihren Athmungswerkzeugen eine eigenthuͤmliche Lage und Form gegeben. Nichts iſt ungereimter, als die Be— hauptung eines neuern Schriftſtellers in einer Monographie der Walfiſche, daß das Waſſerausſpritzen der Walfiſche durch die anatomiſche Unterſuchung der Athmungswerkzeuge werde dargethan werden. Gerade das Gegentheil! Das Blaſeloch (welches bei den Bartenwalfiſchen doppelt ift) iſt eigentlich des Thieres Naſenoͤffnung; auch athmen die Walfiſche ganz gewoͤhnlich, gleich den Saͤugethieren. Aber die Natur legte dieſe Naſenoͤffnung, ſtatt dicht uͤber das Maul, weit zuruͤck, ſcheinbar herauf auf die Stirn und wirklich an die Stelle des Kopfes, welche bei des Thieres horizontaler Lage am meiſten aus dem Waſſer vorragt. Hierbei wird es den Thieren moͤglich gemacht, zu athmen, waͤhrend ſie nur an der Oberflaͤche des Waſſers liegen, ohne ihre gewoͤhnliche Lage beim Schwimmen zu verändern. Das Ausathmen kann vor ſich gehen, waͤhrend der Walfiſch ſich noch unter der Oberflaͤche des Waſſers befindet; das Einathmen dagegen erſt, nachdem das Spritzloch uͤber die Oberflaͤche gehoben iſt. Die Natur hat mehrere Mittel in Bereitſchaft geſetzt, damit das Waſſer nicht in die Luftwege eindringe. Sogar das Blaſeloch hat eine Klappe, die ge— öffnet werden kann, waͤhrend das Thier die Luft kraͤftig aus— ftößt, oder dieſelbe einpumpt, und folglich außer dem Ath— men des Thieres den Zutritt des Waſſers abſperrt. Die Luftröhre iſt ſehr dicht durch die epiglottis und die carti- lagines arytaenoideae verſchloſſen, welche drei Knorpel zuſammengenommen eine hohe, ſchmale Vorragung hinter 232 der Zunge und vor dem Schlunde bilden ſo daß alle Speiſe (ſeitwaͤrts) um dieſelbe herumgehen muß, ſtatt daß dieſe Knorpel bei'm Menſchen während des Niederganges der Speife von der Zungenwurzel bedeckt werden. Aber das vorſtehende oberſte Ende der Luftroͤhre hat noch mehr eigene ſtarke Hebemus— keln, beſonders bei den Bartenwalfiſchen, wodurch bewirkt wird, daß die Luftroͤhre waͤhrend des Athmens dicht bis an die hinterſte Naſenoͤffnung gebracht werden kann. Rechnet man nun dazu, daß die Naſe ein ziemlich ſchmaler Gang iſt, ſo iſt es ganz begreiflich, daß auch nicht das Waſſer, welches vielleicht beim Ausathmen in der Mundhoͤhle ſeyn koͤnnte, mit dem Athem ausgeſpritzt werden kann, aber in jedem Falle nur die hoͤchſt unbedeutende Waſſermaſſe, die vor dem Ausathmen zufaͤlligerweiſe aus dem Munde in die Naſe ge— kommen ſeyn koͤnnte. Die Frage, ob die Walfiſche Luft ausblaſen oder Waſſer aus ihren Blaſeloͤchern ſpritzen, muß ich, in Folge aller dieſer Erfahrungen, fuͤr abgemacht anſehen; aber da noch viele Andere der entgegengeſetzten Meinung ſind, ſo wird es immer nuͤtzlich ſeyn, wenn Jeder, der Gelegenheit hat, le— bendige Walfiſche zu beobachten, dieſe Frage ſorgfaͤltiger Aufmerkſamkeit wuͤrdigt. Hat die Natur beſondere Aufmerkſamkeit darauf ver— wendet, den Ein- und Austritt der Luft in und aus den Lungen bei dieſen im Meere lebenden Thieren zu erleichtern, ſo hat ſie nicht minder dafuͤr geſorgt, daß ſie im Stande ſind, das Athmen ſo lange, als moͤglich, zu entbehren. Daß ſie den Athem lange halten koͤnnen, muß bei ihnen wichtiger ſeyn, als bei irgend einem anderen Thiere. Fra— gen wir zuerſt, wie lange wohl die Walfiſche den Athem halten koͤnnen, ſo muß die Antwort fuͤr die verſchiedenen Arten fuͤr's Erſte etwas verſchieden ausfallen. So koͤnnen die kleineren Arten der Delphine in dieſer Hinſicht ſich ver— muthlich nicht mit den großen Bartenwalfiſchen meſſen. Aber die Antwort muß hiernaͤchſt ſehr verſchieden auffallen, je nachdem man entweder darauf ſieht, wie viel Zeit gewoͤhn— lich vergeht, ehe das Thier von Neuem athmet, oder da— rauf, wie lange Zeit das Thier im Stande iſt, im Augen— blicke der Gefahr ſich unter dem Waſſer zu halten; in der Angſt, zu erſticken, hat die Furcht, ſich an der Oberflaͤche des Waſſers einem Feinde bloßzugeben, noch das Ueberge— wicht. Man kann hier fhon im Voraus annehmen, daß der Unterſchied gerade ſo groß ſey, wie, z. B., bei einem Menſchen, der in dem ruhigen Zuſtande ungefaͤhr 14 Mal in einer Minute athmet, aber zur Noth den Athem eine oder zwei Minuten lang halten kann. Wie haͤufig ein Walfiſch in dem ruhigen Zuſtande Athem holt, iſt ſehr leicht zu beobachten. Man braucht nur die Zahl der Mi— nuten oder Secunden zu zaͤhlen, die jedesmal verlaufen, ehe das ſchwimmende Thier uͤber der Waſſeroberflaͤche wieder ſichtbar wird, und ich kann nicht genugſam Jeden aufmuntern, der Gelegenheit hat, Walfiſche im freien Zuſtande zu beobach— ten, hierauf Acht zu geben. An Delphinen habe ich ſelbſt dieſe Unterſuchung, mit der Secundenuhr in der Hand, an— geſtellt, waͤhrend ich mich in dieſem Fruͤhjahre am Iſſe— fiord aufhielt. Ich fand ihr Athmen weit raſcher, als ich 233 erwartet hatte. Es verging naͤmlich gewoͤhnlich nicht mehr, als z bis 1 Minute, nach Verlauf welcher Zeit ein im Meerbuſen ſich zeigender Delphin auftauchte. Sein Athmen war alſo ungefaͤhr dreimal langſamer, als dasjenige eines Menſchen, ein Unterſchied, der nicht ſonderlich groͤßer iſt, als man ihn auch zwiſchen anderen Saͤugethieren, beſonders zwiſchen größeren und kleineren Thieren, findet. Hierbei iſt inzwiſchen ein ganz beſonderer Zweifel entſtanden. Son— derbar genug herrſcht unter den Delphinen faſt allgemein eine eigene Lungenkrankheit, darin beſtehend, daß die Luft— roͤhre oft in allen ihren Veraͤſtelungen mehr oder weniger mit zwei Arten von Eingeweidewuͤrmern G. E. Strongylus inflexus) gefüllt iſt, wovon die langen ſich vom Eingange der Luftroͤhre bis in die entfernteſten blinden Enden der Luftwege erſtrecken und hier zufammengerollt mit ihrem Kopfende liegen, indem ſie einen harten Knoten bilden, der ſehr häufig auf der Lungenoberflaͤche vorragt Dieſe Würmer muͤſſen offenbar die Thiere verhindern, ſo viel Luft in die Lungen aufzunehmen, als ſie ſonſt zu faſſen vermoͤgen; ſie muͤſſen alſo die Thiere zum großen Theile ihrer Faͤhigkeit berauben, ſich lange unter dem Waſſer aufzuhalten; gleich— wohl iſt die Krankheit ſehr verbreitet; die allermeiſten er— wachſenen Individuen leiden daran, und es iſt erwieſen, daß ſie unter ihnen ſchon viele Jahre geherrſcht hat, denn ſchon Bartholin gedenkt dieſer Wuͤrmer bei dem Del— phin, den er in König Friedrich's III. Gegenwart zer— gliederte. Man hat ſie auch bei Delphinen gefunden, die in der Nordſee und an den Ruſſiſchen Kuͤſten in der Oſt— ſee gefangen worden ſind. Die Wuͤrmer kommen auch, beſonders bei den juͤnge— ren Individuen, in den Blutadern vor. Sie ſcheinen uns ter den Eingeweidewuͤrmern eine eigene Familie zu bilden, eben ſo eigenthuͤmlich in ihrem Baue, wie hinſichtlich des Ortes, wo fie leben. Es war mir wichtig zu wiſſen, ob auch andere Walfiſche von dieſen Wuͤrmern geplagt wuͤrden. Holboͤll hat keine gefunden bei dem Groͤnlaͤndiſchen Walz fiſche, und hat mir Lungen von zwei Walfiſchen und von einem Weißfiſche (Delphinus albicans) gefendet, aus de— nen ich mich ſelbſt uͤberzeugt habe, daß dergleichen Wuͤrmer nicht darin zu finden waren. Gleichwohl wird es aͤußerſt wichtig ſeyn, daruͤber weitere Aufklaͤrung zu bekommen, in— wiefern auch andere Arten von Walfiſchen an dieſer Krank— heit leiden, und beſonders zu welcher Jahreszeit und in wel— cher Himmelsgegend. Wenn dieſe Plage den Delphinen ei— gen ſeyn ſollte, fo koͤnnte man annehmen, daß ihr Taudı- vermoͤgen dabei um Vieles ſchwaͤcher wird und Schluͤſſe von ihnen auf andere Walfiſcharten duͤrften unrichtig bleiben. — 234 Hinſichtlich des Groͤnlaͤndiſchen Walfiſches (B. mysti- cetus) giebt Scoresby an, daß er im ruhigen Zuſtande vier bis fünf Mal athme, Holboͤll dagegen, nur ein Mal in der Minute. Die Zeit, wie lange er den Athem halten kann, wird auf 15 bis 20 Minuten, von Holboͤll, in Folge einer einzigen Beobachtung, ſogar auf 273 Minute angegeben. Alle Delphine ſcheinen im ruhigen Zuſtande ziemlich haͤufig zu athmen, aber den Athem 15 Minuten lang halten zu koͤnnen; die Seehunde halten ihn vielleicht eben fo lange, und mehrere Waſſervoͤgel (nach Faber und Holboͤll) 6 bis 8 Minuten, ja Anas spectabilis (nach Holboͤll) bis I Minuten. (Fortſetzung folgt.) Miscellen. „Weber eine Eigenthuͤmlichkeit des lymphatiſchen Syſtems des Land: oder gefleckten Salamanders“ iſt der Titel einer, dem Italieniſchen Inſtitute zu Mailand vorgetefenen, Abhandlung des Dr. Mauro Rus coni. Dieſe Eigenthuͤmlichkeit wurde von ihm beobachtet, als er bei ein und demſelben Thiere eine weiße Flüffigkeit in das lymphatiſche Syſtem, und eine rothe Fluͤſſig⸗ keit in das arteridſe Syſtem injicirte. Er hat gefunden, daß jedes lymphatiſche Gefäß im mesenterio eine Scheide (guaina) iſt, die eine Arterie in ſich einſchließt, welche letztere den Centraltheil des Gefͤßes einnimmt und gleichſam die Seele deſſelben iſt; ſo daß in jedem Lymphgefäße zwei Fluͤſſigkeiten in entgegengeſetzter Richtung fließen, das Blut und der Chylus: das erſte geht von der in dem Lymphbe— halter eingeſchloſſenen aorta (chiusa nel serbatojo) in den Darmcas nal; das zweite, welches zwiſchen der von dem Lymphgefäße dar⸗ geſtellten Scheide der Arterie und der Arterie ſelbſt fließt, kommt von den Daͤrmen und dringt in den Behaͤlter. (Giornale dell' J. R. Istituto Lombardo di scienze, lettere ed arti e Biblioteca Italiana. Fascicolo I. [Juli.] Milano 1841. Pag. 40.) ueber den Character der großen Ebenen von Neu⸗ Suͤd⸗Wales hat Dr. Ehotsky der botaniſchen Geſellſchaft in London einen Auffag mitgetheilt Dr. Shotsky macht darauf aufmerkſam, welch’ ſehr verſchiedenen Anblick dieſe Ebenen in den verſchiedenen Jahreszeiten gewähren In den Monaten Octo— ber und November, dem Fruͤhlinge der ſuͤdlichen Halbkugel, bieten ſie das ſchoͤnſte Ausſehen dar, indem die Vegetation, worunter die Gattungen Craspedia, Cotula, Prunella, Thymus, Calotis, dann am kraͤftigſten treibt. Dieß dauert in verſchiedenen Gras dationen bis Februar und Maͤrz, bis wohin, durch die Strahlen einer halbtropiſchen Sonne, Alles ausgetrocknet und verſengt iſt; und am Ende des Sommers iſt der Anblick hoͤchſt widerwaͤrtig und oͤde. Man trifft kaum einen Wald, wo nicht die Bäume bis zu einem gewiſſen Grade verſengt oder verbrannt ſind, dem Anſcheine nach von der Hitze der Sonne; da das Thermome⸗ ter häufig auf 120° ſteigt, fo nimmt man an, daß die Baͤume von ſelbſt Feuer fangen. Die großen Ebenen Neuholland's ſind faſt alles Zimmerholzes entbloͤßt, und die ganze Vegetation beſteht faſt ganzlich aus kleinen Sträuchern und Geſtruͤppe. — —— na He i⸗ Jak ü n d. A Myopie und Augenſchwaͤche. Ueber dieſe beiden Gegenſtaͤnde hat Herr Bonnet von Lyon der Academie der Wiſſenſchaften zu Paris eine Ab— handlung in zwei Abtheilungen, phyſiologiſchen und patho— logiſchen Inhalts, zugeſendet. Im phyſiologiſchen Theile, ſagt der Verfaffer, betrachte ich die ſo haͤufig beſtrittene Frage in Betreff der Fahigkeit des Auges, ſich dem Sehen auf verſchiedene Entfernungen anzupaſſen, und zumal ſuche ich zu beweiſen, daß die Uns paſſung für geringe Entfernungen das Refultat der Form⸗ veraͤnderungen ſey, welche das Auge durch die Zuſammen⸗ 255 druͤckung, von Seiten der daſſelbe umgebenden Muskeln, erleidet. Zur Unterſtuͤtzung dieſer Anſicht, welche allerdings keineswegs neu iſt, bringe ich eine Reihe von Verſuchen bei, aus denen ſich ergiebt, daß man an Leichen weder einen der mm. recti, noch einen der mm. obliqui, nach ihrer Ins ſertion an der orbita hin ziehen kann, ohne daß das Auge comprimirt würde, und daß, in Folge dieſer Zuſammen— druͤckung, das Auge ſich, von Hinten nach Vorn gemeſſen, verlängert, ſowie daß die Hornhaut converer wird. Was nun von einem dieſer Muskeln gilt, muß offenbar in noch weit ſtaͤrkerem Grade von deren vereinigter Wirkung gelten. Sie haben, ruͤckſichtlich der Formveraͤnderungen, welche fie dem Auge ertheilen, ſaͤmmtlich dieſelbe Wirkung, und die Gegenwirkung wird lediglich durch die Elaſticitaͤt der Wan— dungen und der Feuchtigkeiten des Auges ausgeübt. Der zweite Theil meiner Arbeit iſt dem Studium der Myopie, ſo wie jener, bei ziemlich vielen Perſonen anzutref— fenden, Beſchaffenheit der Augen gewidmet, in Folge deren ſie nur ganz kurze Zeit leſen koͤnnen, weil ihr Sehen bald verworren und das Organ ermuͤdet wird, ohne daß man an dem letztern irgend eine Structurveraͤnderung bemerkt. Ich ſuche nachzuweiſen, daß die Myopie, zumal die nicht angeborene, das Reſultat einer, von der Zuſammen— ziehung ſaͤmmtlicher gerader und ſchiefer Augenmuskeln her— ruͤhrenden, andauernden Compreſſion des Augapfels iſt Die Kurzſichtigkeit beſteht ihrem Weſen nach darin, daß das Auge beſtaͤndig nur dem Sehen auf geringe Entfernungen angepaßt iſt. Im normalen Zuſtande ruͤhrt dieſe Anpaſſung daher, daß der von Hinten nach Vorn gerichtete Durchmeſ— fer des Auges vorübergehend verlängert und die Gonverität der Hornhaut voruͤbergehend ſtaͤrker wird. Ich weiſe nach, daß bei der Myopie dieſelbe Formveraͤnderung des Auges, aber in Folge der permanenten Zuſammenziehung der Mus— keln, ſtattfindet, ſo daß dieſe alſo, waͤhrend ihre phyſiologi— ſchen Functionen darin beſtehen, daß ſie, je nach dem Be— duͤrfniſſe des Geſichtsſinns, bald mehr oder weniger zuſam— mengezogen, bald ſchlaff ſind, im pathologiſchen Zuſtande beftändig zuſammengezogen bleiben. Die Augenſchwaͤche giebt ſich erſt kund, wenn man kleine und naheliegende Gegenſtaͤnde betrachtet, das heißt, wenn die Muskeln, um das Auge dem Sehen dieſer Gegen— ſtaͤnde anzupaſſen, einen Druck auf daſſelbe ausuͤben. Die Ermuͤdung ſcheint mir in dieſem Falle daher zu ruͤhren, daß die Compreſſion des Auges bis zu einem Grade getrieben wird, welcher Schmerzen veranlaßt. Von dieſen theoretifchen Betrachtungen ausgehend, weile ich nach, daß zur Heilung der Kurzſichtigkeit und Augen— ſchwaͤche die, durch jene Muskeln bewirkte Zuſammendruͤk— kung des Auges vermindert werden muͤſſe, was man mittelft der Durchſchneidung eines oder mehrerer dieſer Muskeln er— langt. Welchen derſelben man auch durchſchneiden mag, im— mer wird die Compreſſion des Augapfels geringer werden, weil alle Augenmuskeln auf dieſelbe hinwirken. Wenn alſo der durchſchnittene Muskel permanent contrahirt war, ſo be— ſeitigt man durch deſſen Durchſchneidung eine andauernde Urſache der Zuſammendruͤckung; war er es nicht, ſo beſei— 236 tigt man dadurch immer eine Stuͤtze der Seitenwandungen des Augapfels. Unter allen Durchſchneidungen, die ſich vornehmen laſ— ſen, gebe ich jederzeit der des m. obliquus minor, bei deſſen Inſertion an der orbita, den Vorzug, da ſich bei ihm die Operation am leichteſten, ſchnellſten und gefahrloſe— ſten bewirken laͤßt. Ich theile hier das Reſultat, welches ich durch dieſelbe bei zehn Patienten erlangt habe, die ich wegen Kurzſichtig— keil oder Augenſchwaͤche operirte, in wenig Worten mit. Bei einigen durchſchnitt ich beide mm. obliqui minores, bei andern nur einen dieſer Muskeln. Diejenigen Patienten, welche ich auf beiden Seiten ope— rirt habe, ſind: Herr Deyriatz, . 42 Jahre alt, operirt am 2. Maͤrz 1841. — Rieurk , . 22 — — — — 22. —H— — — Andre Serve, 44 — — — — 22. Mai — — Paradis, 22 — — — — 21. Juni — Louiſe Richerand, . 13 — — — — 10. Juli — Herr Antoine Accary, 35 — — — — 15. — — — Leon Dulac, . 16 — — — — 29. — — Eugenie Borel, . . 18 — — — 29. — — Die Patienten, bei denen ich den m. obliquus minor nur auf der einen Seite durchſchnitt, ſind: Benoit Thévenin, . 18 Jahre alt, operirt den 23. Febr. 1841. Jean Pierre Orſat, 51 — — — 23. April — Alle dieſe Patienten, ein einziger ausgenommen, wur— den im Hötel-Dieu, in Gegenwart vieler Aerzte und Stu— denten, operirt. Bei keinem einzigen ereignete ſich irgend ein unguͤnſtiger Zufall. Nachdem man den m. obliquus minor, bei ſeiner Inſertion an der orbita, mit einem Te— notom durchſchnitten, welches in der Haut nur eine einfache Stichwunde bewirkt, ſchwellen die Augenlider, vermoͤge des in das Zellgewebe infiltrirenden Blutes, an. Nach zwei bis drei Tagen zertheilt ſich die Geſchwulſt, fo daß die Aus genlider nur noch eine leichte blaͤuliche Faͤrbung darbieten, die zwei bis drei Wochen anhaͤlt. Das Auge behaͤlt ſeine normale Richtung und bewegt ſich leicht nach allen Seiten. Vom drit'en oder vierten Tage nach der Operation an koͤn— nen die Patienten mehrere Stunden lang, ohne Ermuͤdung der Augen, leſen, und nur die bei'm Aderlaſſe ſtattfindende Operation kann ſich, ruͤckſichtlich der Gefahrloſigkeit, mit der Durchſchneidung des m. obliquus minor meſſen. Von den beiden Patienten, bei welchen ich den m. obliquus minor nur auf der einen Seite durchſchnitt, er— langte der Eine, Jean Pierre Orſat, durch die Operation nicht die geringſte Abnahme ſeines Uebels, und auch bei Benoit Thévenin war die Beſſerung ſehr unbedeutend. Anders verhielt ſich dagegen die Sache bei den acht Pa— tienten, wo ich die Durchſchneidung auf beiden Seiten vornahm. Ich werde die bei ihnen erlangten Reſultate kurz zu— ſammenſtellen: 1) Ruͤckſichtlich der größten Entfernung, in welcher die Operirten leſen koͤnnen; 237 2) ruͤckſichtlich der groͤßten Entfernung, in welcher ſie Perſonen erkennen koͤnnen; 3) ruͤckſichtlich der ihnen noͤthigen Brillen; 4) ruͤckſichtlich der Leichtigkeit, mit welcher ihre Augen ermuͤden. In den alsbald mitzutheilenden Tabellen werde ich den Zuſtand der Patienten vor der Operation, mit demjenigen vergleichen, in welchem ſie ſich vom 10. bis 15. Auguſt be— fanden, da ich binnen dieſer fuͤnf Tage ſie ſaͤmmtlich geſehen und unterſucht habe. Indem ich ſo nur die erſten und letz— ten Beobachtungen, zwiſchen denen ſich Zeitraͤume befinden, die in manchen Faͤllen mehrere Monate betragen, zur Kennt niß des Leſers bringe, ſetze ich denſelben in den Stand, das Endreſultat, ſo weit dieß ſich bisjetzt herausgeſtellt hat, zu beurtheilen. Uebrigens darf ich angeben, daß der Zuſtand, in welchem ich die Patienten mehrere Wochen, oder meh— rere Monate, nach der Durchſchneidung der mm. obliqui minores gefunden habe, durchaus derſelbe war, wie der, welchen fie am zweiten oder dritten Tage (in Betreff der Sehkraft) darboten. Im Allgemeinen laͤßt ſich ſchon am Tage nach der Operation, oder ſogar gleich nach dieſer, wenn die Augen durch die Unterlaufung mit Blut nicht veraͤndert find, die geſammte Vergrößerung der Entfernung, in welcher der Patient deutlich ſieht, mit hinreichender Sicherheit beur— theilen. Die Wirkung tritt auf der Stelle ein und ver— mehrt ſich ſpaͤter ſo wenig, als ſie ſich vermindert. Die aͤußerſte Entfernung, in welcher der Patient leſen konnte, vergroͤßerte ſich: bei Herrn Rie ux 33 Centimeter; — — Serve — 15 — — 39 —3 — — Paradis — 38 — — 61 — — Louiſe Richerand — 28 — — 60 — — Herrn Accary — 13 — — 25 —3 — — Dulac . 17 — — 81 —; — — Deyriatz blieb ſie Eugenie Borel war nicht kurzſichtig. Hieraus ergiebt ſich alſo, daß bei allen Patienten, mit Ausnahme eines einzigen, die Entfernung des deutlichen Sehens nach der Operation beinahe noch einmal ſo bedeu— tend war, als vor derſelben. Die groͤßte Entfernung, in welcher die Operirten Per— ſonen erkennen konnten, vergroͤßerte ſich: 17 = bei Herrn Rieux von 4 Schritten bis zu 30; — — Serve — 5 — — — 355; — — Paradis — 25 — — — 60; — Louiſe Richerand — 15 — — — 65 — Herrn Accar y. — 4 — — — 25. — — Dulac — 6 — — — 50; — Deyriaz — 2 — — — 4 bis 5. Die eben angegebenen Entfernungen bieten allerdings nicht die wuͤnſchenswerthe Genauigkeit dar, theils weil ich mich, in Betreff derſelben, auf die Ausſagen der Kranken verließ, welche wohl keine ſtrengen Meſſungen angeſtellt hats ten, theils weil man Perſonen, die man taͤulich ſieht, auf größere Entfernungen erkennt, als ſolche, die man weniger genau kennt; allein um dieſe Reſultate beſtimmter darzule— gen, haͤtte ich mich zu Maaßregeln genoͤthigt geſehen, zu 238 deren Veranſtaltung es mir gerade an Zeit gebrach. Wie bedeutend aber auch die aus obigen Gründen untergelaufes nen Fehler ſeyn moͤgen, ſo ergiebt ſich doch aus den er— langten Reſultaten mit hinreichender Sicherheit, daß die Entfernungen, in welchen nach der Operation Perſonen ers kannt werden konnten, in weit bedeutenderm Grade zuge— nommen hatten, als die, in welchen die Patienten leſen konnten; denn waͤhrend im letztern Falle nur das Zweifache gewonnen ward, erlangten im erſteren die meiſten Patienten eine vier- bis fuͤnffach bedeutendere Sehkraft. Ich muß noch darauf hinweiſen, daß die Erweiterung des Geſichtskreiſes verhaͤltnißmaͤßig um ſo bedeutender war, je entfernter die Gegenſtaͤnde waren, welche die Operirten in's Auge faßten; ſo daß ſie ihre Sehkraft, vorzuͤglich in Betreff der ſcharfen Begraͤnzung der Wolken, Baͤume, Haͤu— ſer und uͤberhaupt entfernter Maſſen von Gegenſtaͤnden, ſehr erheblich geſtaͤrkt finden. Ruͤckſichtlich der Veraͤnderungen, welche ſich bei den Kurzſichtigen, in Betreff der für fie paſſenden. Brillen, ein— ſtellen, habe ich bei meinen Patienten nur wenige Beobach— tungen anſtellen koͤnnen, weil mehrere darunter ſich vor der Operation keiner Brillen bedienten. Nur drei darunter fuͤhr— ten welche, und ſie konnten nach der Operation dieſelben entweder bei Seite legen, oder ſich ſchwaͤcherer Nummern bedienen. Im erſteren Falle befinden ſich die Herren Nieur und Dulac, von denen der Erſtere vor der Operation Glaͤſer von Nummer 10, der Letztere ſolche von Nummer 9 fuͤhrte. Im letzteren Falle war Herr Deyriatz, welcher, obwohl er durch die Operation die geringſte Beſſerung erlangte, ſtatt der vorher geführten Glaͤſer von Nummer 53, ſolche von Nummer 9 anwenden konnte. Am wichtigſten und auffallendſten zeigten ſich die Re— ſultate in Betreff der Verminderung der Augenſchwaͤche. Herr Paradis, der nicht laͤnger als eine Viertelſtunde leſen durfte, wenn das Sehen nicht verworren werden ſollte, las vier Tage nach der Operation und lieſ't noch jetzt we— nigſtens zwei und eine halbe Stunde hintereinander ohne Ermuͤdung der Augen zu verſpuͤren. Er ſah ſich genoͤthigt, feine Studien im Seminar aufzugeben, welche er gegenwärs tig ohne Behinderung fortſetzt. Herr Accary konnte nur eine halbe Stunde lang leſen und kann gegenwärtig dieſer Beſchäftigung ohne Er— muͤdung uͤber drei Stunden hintereinander obliegen. Louiſe Richerand, welche nicht uͤber zwei Seiten hintereinander leſen konnte, las am vierten Tage nach der Operation deren vierzig, und waͤhrend ſie, wegen Augen— ſchwaͤche, ihr fruͤheres Geſchaͤft als Seidenſtickerin hatte auf— geben muͤſſen, kann ſie demſelben gegenwaͤrtig den ganzen Tag uͤber unbehindert obliegen. Dieſe Patientin iſt unter andern von Herrn Phillips befichtigt worden. Herr Dulac hatte, nachdem er alle gewöhnlichen Mit: tel gebraucht, ſeine Univerſitaͤtsſtudien aufgeben muͤſſen, und kann gegenwärtig, bei Tag wie bei Nacht, mehrere Stun: den hintereinander leſen, ohne daß ſeine Augen ermuͤden. Hert Deyriatz konnte vor der Operation nur wenige Zeilen leſen, ohne daß verworrenes Sehen eintrat. Schrei— ben konnte er gar nicht mehr, und nachdem er innere Mit⸗ 239 tel und mehrmonatliche völlige Geſchaͤftsloſigkeit angewandt hatte, ſah er ſich genoͤthigt, ſeinem Berufe als Kaufmann zu entſagen. Seitdem ich ihn operirt habe, kann er eine halbe Stunde hintereinander leſen, mehrere Stunden lang ſchreiben und iſt er wieder fuͤr ſeinen fruͤheren Beruf tuͤchtigz nur muß er die Vorſicht anwenden, nicht zu lange zu leſen. Bei Eugenie Borel endlich, von welcher bisher nicht ausfuͤhrlich die Rede geweſen iſt, weil ſie nicht an dem Feh— ler der Kurzſichtigkeit litt, wurde das Sehen, wenn ſie laͤn— ger als zehn Minuten ſtrickte oder nähere, fo verworren, daß ſie Alles wie im Nebel ſah; dagegen konnte ſie ſchon am vierten Tage nach der Operation, ſo wie waͤhrend der ganzen Woche, die ſie noch im Hoſpitale verweilte, den gan— zen Tag über ſich mit Nadelarbeiten beſchaͤftigen, ohne daß ihre Augen im Geringſten waͤren ermuͤdet worden. Die eben erwaͤhnten Subjecte waren unter meinen Pa— tienten die einzigen, die an Augenſchwaͤche litten. Die Ope— ration hatte demnach bei Allen den guͤnſtigſten Erfolg und, mit Ausnahme des Herrn Deyriatz, bei dem nicht völlig der wuͤnſchenswerthe Grad der Beſſerung erreicht ward, konnte die Heilung fuͤr vollſtaͤndig gelten. Ich kann nicht eindringlich genug darauf hinweiſen, daß diejenigen Aerzte, welche von der Academie zur Pruͤfung meiner Abhandlung beauftragt werden duͤrften, die Durch— ſchneidung der mm. obliqui minores vornehmen mögen. Wollten ſie jedoch zu ihren Verſuchen nur ſolche Kurzſichtige wählen, deren Geſichtsfehler durch Brillen wirkſam vermin— dert werden kann, ſo duͤrften ſie gegenwaͤrtig nicht leicht Perſonen finden, welche geneigt ſind, ſich der Operation zu unterwerfen. Mein Operationsverfahren empfiehlt ſich vor— zuͤglich für ſolche Augenkranke, die durchaus keiner Beſchaͤf— tigung im Zimmer lange obliegen koͤnnen, die alſo ihre Augen bei'm Leſen, Naͤhen u. ſ. w. nicht lange anſtrengen duͤrfen und, weil ſie zu voͤlliger Unthaͤtigkeit verdammt ſind, ſich gerne jeder Operation unterwerfen, welche ihnen die Hoffnung bietet, daß ſie wieder brauchbare Mitglieder der menſchlichen Geſellſchaft werden koͤnnen. Die Operation der Durchſchneidung der mm. obliqui minores wird gewiß für die Fälle, wo Kurzfichtigkeit bei großer Augenſchwaͤche ſtattfindet, allgemeinen Eingang in die chirurgiſche Praxis finden. Denn die von mir beige— brachten Krankengeſchichten beweiſen, wie bedeutend die Seh— kraft ſowohl hinſichtlich der Entfernung, in welcher Gegen— ſtaͤnde erkannt werden koͤnnen, als hinſichtlich der Dauer, in 240 welcher die Augen ohne Ermuͤdung benutzt werden koͤnnen, durch dieſe Operation verbeſſert ward; und ſobald dieß eins mal anerkannt iſt, werden auch Perſonen, die an einfacher Kurzſichtigkeit leiden, kein Bedenken tragen, ſich derſelben zu unterwerfen. (Gazette des Höpitaux, 28. Aoüt 1841.) Mis oe en Ueber das Verhaͤltniß des Ohrentoͤnens zu an⸗ dern Ohrenkrankheiten hat Dr. Kramer in Berlin aus feiner Praxis 1000 Fälle zuſammengeſtellt, und fie in zwei Rus briken geordnet, je nachdem ſie von Ohrentoͤnen begleitet oder frei waren; unter ihnen litten: mit ohne Ohrenklingen. — — a. An roſenartiger Entzündung des Gehoͤrganges und Verſtopfung mit Ohrenſchmalz x 0 x b. An Entzündung der drüfigten Haut des Gehör: ganges 8 8 3 2 5 8 . 11 10 c. An Entzündung des Zellgewebes im Gehörgange 3 — d. An Entzuͤndung der Knochenhaut im Gehoͤr— 22 gange . 5 . 8 f . . x 1 3 e. An acuter Entzündung des Trommelfels . 3 1 f. An chroniſcher Entzündung des Trommelfells 95 81 g. An Verſchleimung der Euſtachiſchen Trompete 40 44 h. An Verengung der Euſtachiſchen Trompete 1 8 i. An Verwachſung derſelben . . . . 2 — k. An Entzuͤndung des Zellgewebes in der Trom— melhoͤhle > 0 5 . . . 2 1 245 170 J. Un erhöhter Reizbarkeit der Hoͤrnerven . 462 123 707 293 1000 Es ergiebt ſich hieraus, daß ſich, ruͤckſichtlich des Ohrentoͤnens, durchaus keine Regel, noch irgend eine diagnoſtiſche oder progno— ſtiſche Bedeutung deſſelben angeben läßt. (Caſper's Wochenſchr., Nr. 33. 1841.) Eine Zerſchmetterung der Knieſcheibe durch eine Schuß wunde, mit vollkommener Eröffnung des Knie⸗ gelenkes, wird in Guy’s Hospital Reports, Vol. 5., mitge- theilt, wobei die Amputation nicht vorgenommen wurde, weil femur und tibia nicht verletzt und die Weichtheile nicht gequetſcht waren. Der Kranke wurde mit leichtgebeugtem Knie auf den Ruͤcken gelegt und die Wunde mit einem großen Breiumſchlage bedeckt. Die Brei— umſchlaͤge wurden fortgeſetzt, bis Granulationen ſich gebildet hat— ten, worauf die Wundflaͤche nur noch mit Oelcompreſſen bedeckt wurde. In zwei Monaten war die Wunde geheilt; der Keanke ging einige Zeit mit Unterftügung durch Schienen und Krücken; nach zwei Monaten aber kam der Kranke zu Pferde ohne irgend einen Verband, und konnte ohne Stock gehen und laufen. Einige Monate ſpaͤter ſah ihn der Arzt ſogar auf einem Balle tanzen; die Narbe war feſt und das Geleak frei beweglich. Bibliographische Enchiridium botanicum exhibens classes et ordines plantarum, accedit nomenclator generum et officinalium vel usualium in- dicatio. Auctore Stephano Endlicher etc. Lipsiae (Engel- mann). 1341. 8. Ein hoͤchſt brauchbares Handbuch! Classes und ordines find kurz characteriſirt, die genera vollftändig den Namen nach aufgeführt und dann ift, unter den Rubriken: Ali nitates, Geographia und Qualitates et usus, auf alles in dieſer Hinſicht Wichtigere hingewieſen.) Three memoirs on the development and structure of the Teeth and Epithelium etc. By Alexander Nasmyth ete. London 1841. 8. Reet ten. A practical Trreatise on the Causes, Nature and Treatmemt of strictures in the urethra, with a Review of the different mo- des of cure, and an account of that method of Treatment which the Author has found most efficacious. By Francis Burdett Courtenay. London 1841. 8. Malta, considered with reference to its eligibility as a place of Residence for Invalids. By Francis Sankey. Edinburgh 1841. 8. nn Er — Neue Wotizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem ObersMedieinafratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Ne. 412. (Nr. 16. des XIX. Bandes.) Auguſt 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 g r. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 g Gr. Narr Ueber die Unterſuchung der nordiſchen Walfiſche. Von Profeſſor Eſchricht. (Fortſetzung.) Soviel geht aus dieſen Beobachtungen hervor, daß die Walfiſche (und die Seehunde) im Stande ſind, den Athem laͤnger zu halten, als irgend ein anderes Saͤugethier, und es iſt nun von phyſiologiſcher Wichtigkeit, auszumitteln, durch welche Mittel die Natur ihnen dieſe Faͤhigkeit gege— ben hat. Die Faͤhigkeit, die Erneuerung der Luft lange Zeit entbehren zu koͤnnen, muß theils in der Geraͤumigkeit der Lunge geſucht werden, wodurch eine größere Luftmaſſe auf: genommen werden kann, als die Conſumtion in einem kuͤr— zeren Zeitraume verbraucht, theils in eigenen Anordnungen in den Blutadern, wodurch der Blutlauf unterdruͤckt oder befördert wird, je nachdem die Lungen eine kleinere oder groͤßere Menge eigentlicher Lebensluft oder Sauerſtoff ent— halten. Hinſichtlich der Geraͤumigkeit der Walfiſchlungen habe ich Gelegenheit gehabt, dieſelben in den obenerwaͤhnten Exemplaren, welche Capit.- Lieutenant Holboͤll mir ge— ſendet hat, zu bewundern; aber das Meſſen der Geraͤumig— keit der Lungen erhaͤlt erſt wahre Bedeutung, ſobald eine Vergleichung mit dem Umfange des ganzen Körpers ange— ſtellt wird; aber nur bei Delphinen und Seehunden habe ich dieſe Berechnung anſtellen koͤnnen, die meinen Erwar— tungen ganz entſprochen hat. Ihre Lungen nehmen wir lich einen ſehr großen Raum im Koͤrper ein; ſie erſtrecken ſich uͤbermaͤßig weit längs dem Ruͤckgrate, und alle Luft— ee entſpringen aus dem hinterſten Theile der Luft— roͤhre. Hinſichtlich der eigenen Einrichtungen, die in den Blut— gefäßen getroffen werden muͤſſen, um das Untertauchen zu erleichtern, will ich zuerſt der fruͤheren Meinung erwaͤhnen, daß das Tauchvermoͤgen herruͤhre von einer offenen Verbin— dung zwiſchen den beiden Abtheilungen des Herzens, eine e die nicht den Beifall der Pyyſielegen hat und 1512. k u durchaus gegen anatomiſche Erfahrungen ſtreitet. Das Herz der Walfiſche iſt wie dasjenige des Menſchen oder anderer Saͤugethiere gebildet; ſeine beiden Abtheilungen, von denen die eine das Blut den Lungen zufuͤhrt, die andere es von ihnen empfaͤngt, ſind voneinander vollkommen getrennt. Eine andere Eigenthuͤmlichkeit bei den tauchenden Saͤu— gethieren, naͤmlich nicht allein bei den Walfiſchen, ſondern auch bei den Seehunden und Fifhottern, auf welche man ſchon lange aufmerkſam geweſen iſt, beſteht in großen Er— weiterungen der Venenſtaͤmme im Unterleibe, welche das Blut zum Herzen fuͤhren, von wo es den Lungen zugefuͤhrt wird. Man hat mit Recht bemerkt, daß das Blut in ſeinem Laufe nach den Lungen dadurch zuruͤckgehalten werden koͤnne, waͤhrend die Luft in letzteren Mangel an Sauerſtoff hat, und auch ſo bei langem Untertauchen. Man hat auch aufmerkſam gemacht auf eine Art Schnuͤr— muskel, der im Stande ſeyn ſoll, den Durchgang durch das Zwerchfell zu verſchließen, ſo daß der Blutlauf durch die Lungen eine Zeitlang, vielleicht gaͤnzlich, gehemmt werden kann. Inzwiſchen glaube ich, wenn ich mich nicht ſehr irre, daß man dabei das Wichtigſte in der ganzen Einrichtung uͤberſehen hat. Es wuͤrde nur wenig nuͤtzen, daß das Blut zuruͤckgehalten wird, waͤhrend die Lungen Mangel an ſauer— ſtoffhaltiger Luft haben, wenn es nicht auch um deſto ſtaͤrker nach den Lungen getrieben werden koͤnnte, waͤhrend das Athmen im Gange iſt. Auch wuͤrden die großen Erweite— rungen der Unterleibsvenenſtaͤmme (Vena cava) in dieſem Zeitraume eben fo nachtheilig, als in dem vorigen vortheils haft wirken; denn eine bloße Erweiterung an einem Venen— ſtamme, der das Blut dem Herzen unmittelbar zufuͤhrt, muß eine ſtetige Verzoͤgerung des Blutlaufes in demſelben verurfahen Es verurfachte mir deßhalb eine große Genug— thuung, als ich bei genauerer Unterſuchung dieſer Venener— weiterungen, beſonders bei Sechunden, deren innerer Haut ſehr ſtarke Faſern, gewiß Muskelfaſern, fand, an ſo ſtarke, daß dieſe Erweiterungen, nach meiner Meinung, mit der Vorkammer des Herzens verglichen werden koͤnnen, ins dem ſie, gleich dieſer, im Stande ſind, das Blut nach dem 16 ane: 248 Herzen zu treiben, und zwar um ſo kraͤftiger, je ſtaͤrker fie gefüllt find. Durch dieſe Venenerweiterungen wird alſo nicht allein erreicht, daß der Luftlauf ſich moderirt, während der Sau— erſtoffborrath in den Lungen gering iſt, ſondern auch, daß er raſcher wird, ſobald der Sauerſtoffvorrath in denſelben be— deutend iſt. Es giebt nun noch eine Ruͤckſicht, welche bisjetzt, ſo viel mir bekannt, bei der Unterſuchung der Lebensart der Wufiſche ſehr verſaͤumt worden iſt, ich meine die Ruͤckſicht auf ihre Koͤrperwaͤrme. Es iſt eine allgemeine Regel, daß jedes Thier einen gewiſſen Wirmegrad ſeines Koͤrpers bedarf, wenn die Lebensaͤußerungen gehoͤrigermaaßen vor ſich gehen ſollen, und daß dieſer Waͤrmegrad fuͤr die Saͤugethiere ſehr hoch iſt (naͤmlich 86 bis 39° C.), welches ungefähr des menſchlichen Körpers natuͤrliche Wärme iſt. Da nun alle Saͤugethiere gleichwohl, in der Regel, in einer viel kaͤl— teren Luft leben und eine ununterbrochene Waͤrmeleitung aus ihrem Körper ſtattfindet, fo iſt eine nothwendige Folge, daß ununterbrochen eine ſtarke Waͤrmeentwickelung bei ihnen ſtattfinden muͤſſe, um den Verluſt zu erſetzen; aber die aͤu— ſiere Luft iſt weit kaͤlter, als der Körper, z. B., Os oder darunter; deshalb muß man nicht allein durch Bewegung, kräftige Speiſen, warme Getraͤnke u. ſ. w. die Waͤrmeent— wickelung zu befördern ſuchen, ſondern muß auch, wie wir Alle ſattſam aus der Erfahrung wiſſen, ſich mit warmen Kleidern umhuͤllen, d. h. mit ſchlechten Waͤrmeleitern. Was nun für den Aufenthalt in kalter Luft gilt, das gilt noch mehr fuͤr den Aufenthalt im Waſſer; denn das Waſſer lei— tet die Waͤrme aus dem Koͤrper weit beſſer, als die Luft. Ein Bid von 13 bis 14° iſt noch kalt; im Waſſer von 8 bis 10° Wärme halten wir es nicht lange aus; der Koͤr— per verliert mehr Waͤrme, als er im Stande iſt, auf's Neue zu entwickeln, und der Wärmeverluſt wird, ſelbſt bei kraͤfti— ger Bewegung des Körpers (wodurch die Wirmeentwickelung gar ſehr befoͤrdert wird), doch immer ſo groß ſeyn, daß die Lebensaͤußerungen ſtocken und der Scheintod eintritt. Aber die Walfiſche leben gewoͤhnlich in Waſſer, deſſen Waͤrme— grad bedeutend unter 10 bis 12° ſteht. Im Polarmeere iſt das Waſſer auch im Sommer ſelten über 6 bis 85, ges gen den Winter wohl ſehr oft nahe am Gefrierpuncte, und in dieſem Waſſer bringen die Walfiſche ihr ganzes Leben zu. Wie ſind ſie nun im Stande, dieſes auszuhalten? Bevor man die Frage zu beantworten ſucht, iſt es vielleicht keine Abſchweifung, zuerſt ſich daruͤber Sicherheit zu verſchaffen, ob ſie wirklich ſo warm ſind, wie andere Saͤugethiere. Ein Zweifel in dieſem Betreffe entſteht wohl ziemlich natuͤrlich, aber dabei geht es zu, wie bei ſo man— chen Gelegenheiten, wo wir bei'm Studium der Natur zwei— feln, weil wir auf Schwierigkeiten ſtoßen, die uns als unuͤberwindlich vorkommen. Die Walfiſche ſind nicht al— lein eben ſo warm, als andere Saͤugethiere, ſondern in ihrem kalten Elemente waͤrmer, als die meiſten, vielleicht waͤrmer, als alle andere Saͤugethiere, ſogar waͤrmer, als als diejenigen, welche unter den guͤnſtigſtem Verhaͤltniſſe le— ben. Schon als ich der ausgeathmeten feuchten Luft, und 244 früher, der raſchen Zerſetzung Erwähnung that, deutete ich ihren hohen Waͤrmegrad an. Wele Beobachter geben dieſes ausdruͤcklich an, und ich habe Gelegenheit gehabt, mich da— von bei den Delphinen zu Überzeugen. An drei lebendigen Delphinen habe ich das Thermometer an mehreren Stellen des Koͤrders eingebracht, ſowohl während fie noch kraͤftig, als auch während fie im Sterben begriffen waren, ſowohl als ſie aus dem Waſſer genommen worden, als auch laͤn— gere Zeit, ſogar 16 Stunden, nachher, und immer zeigte es über 42°, fogar beinahe 449, alſo beſtimmt eine höhere Waͤrme, als die natürliche Wirme des menſchlichen Körpers. Steckte ich meine Hand in des ebengetödteten Thieres Koͤr— per, oder legte ich fie bloß auswendig auf die Haut, de on— ders auf den Unterleib, ſo fuͤhlte ich die Theile immer warm, und zwar von einem hoͤhern Waͤrmegrade, als demjenigen mei— ner Hand. Dieſe Erfahrungen, welche ganz mit denjenigen Ande— rer uͤbereinſtimmen, ſind ſehr wichtig. Ich kann deßhalb diejenigen, welche Gelegenheit haben, dieſelben zu wiederho— len, nicht genug aufmuntern, die Richtigkeit derſelben zu prüfen und neue Beiträge zur Beſtaͤtigung der Regel zu liefern, daß der Wiirmegrad der Walfiſche höher iſt, als derjenige der meiſten, vielleicht aller anderer Saͤugethiere, ſelbſt derjenigen, welche unter dem guͤnſtigſten aͤußern Ver— haͤltniſſe leben. Da es inzwiſchen unerſchuͤttert feſt ſteht, daß die Walfiſche, trotz des unguͤnſtigen aͤußern Verhaͤltniſ— ſes, in welchem ſie leben, eine ſehr hohe eigenthuͤmliche Wiirme haben, fo iſt es von großem phyſiologiſchen Inter— eſſe, zu unterſuchen, worauf dieſelbe beruhe. Wir muͤſſen im Voraus erwarten, hier nicht allein alle die Bedingungen zu treffen, durch welche die Waͤrmeentwickelung vermehrt wird, ſondern auch diejenigen im hoͤchſten Grade erfüllt zu ſehen, durch welche die Waͤrmeleitung vermindert wird. Eine genauere Unterſuchung wird dieſes auf das Vollkom— menſte beſtaͤtigen. Der hohe Waͤrmegrad bei den Saͤugethieren und Voͤ— geln liegt eigentlich in dem Blute; jedes Organ hat ſeine Wärme von ihm und iſt immer um deſto wärmer, je voll— bluͤtiger. Aber die Walfiſche ſind gerade außerordentlich vollbluͤtige Thiere. Die Pulsadern, und beſonders die Ve— nenſtaͤmme, ſind bei ihnen nicht allein abſolut, ſondern auch, im Verhaͤltniſſe zu dem großen Körper, ungewöhnlich geraͤumig: Aeſte entſpringen aus ihnen, wie bei keinem an— dern Thiere, in mannichfaltigen Schlingungen; um das Ruͤckgrat und die Rippen bilden die Pulsadern fogar fo dicke Buͤndel von zuſammengedrehten Aeſten, daß dieſe Knochen in denſelben gleichſam begraben liegen; an vielfaͤl— tigen Stellen theilen größere Aeſte ſich in Netze von gerin— gern Zweigen, die ſich wieder in groͤßere vereinigen, wodurch die ſogenannten retia mirabilia entſtehen; ähnliche Netze werden von den Venen an mehreren Stellen gebildet; von der ungeheuer großen Erweiterung an den Venenſtaͤmmen des Unterleibes iſt bereits weiter oben die Rede geweſen Der Koͤrper der Walfiſche enthaͤlt alſo im Verhaͤltniſſe zu den Theilen, die ernaͤhrt werden ſollen, eine außerordentlich große Menge Blut. Durch die Toͤdtung eines ſolchen Thie— 245 res wird dieſe Regel auf das Beſtimmteſte beſtaͤtige. Wenn ein Walfiſch erlegt wird, ſo kann das Meer in einem gro— ßen Umfange roth gefaͤrbt werden. Bei'm Walfiſchfange in den Buchten der Faroͤer-Inſeln iſt das ganze Waſſer ziemlich ſo roth, wie das Blut ſelbſt. Fuͤr die Phyſiologie wuͤrde es von großem Intereſſe ſeyn, dieſe Blutmenge auf eine richtige Weiſe beſtimmt zu erhalten. Profeſſor Valentin in Bern hat eine hoͤchſt ſinnreiche Art angegeben, dieſes durch Berechnung auszu— mitteln. Sie beſteht darin, von einem lebenden Thiere zu— erſt eine gewiſſe Menge ſeines Blutes zu waͤgen, ſodann eine gewiſſe Menge Waſſer in feine Blutgefaͤße einzuſpritzen, und nachdem man dieſe unter die ganze Blutmaſſe vertheilt annehmen kann, wiederum eine gleiche Blutmenge zu waͤgen. Man erfaͤhrt dadurch, welche ſtarke Verduͤnnung die gegebene Menge Waſſer auf die ganze Blutmaſſe hervorgebracht hat, und daraus laͤßt ſich dann die Blutmaſſe ſelbſt mathema— tiſch berechnen. Als ich im Sommer 1839 bei mir zu Hauſe einen lebenden Delphin hatte, welchen Herr Bonde, Arzt in Frederiksſund, mir uͤberſendet hatte, verſuchte ich, dieſe Methode anzuwenden; aber das Thier ſtarb waͤhrend dem Einſpritzen des Waſſers. Vielleicht duͤrfte ein Anderer hierin gluͤcklicher ſeyn, und die Wiſſenſchaft wuͤrde ihm da— fuͤr beſondern Dank ſchuldig ſeyn. Es wuͤrde mich zu weit fuͤhren, wenn ich wiederum bis zu den Urſachen des großen Blutreichthums zuruͤckgehen, wenn ich hier namentlich die Gefraͤßigkeit und die ſtarke Verdauungskraft der Walfiſche genauer beſch reiben wollte; es iſt eine nothwendige Folge, daß die ſtarke Blutbildung einen reichlichen Nahrungsſtoff erheiſcht. Dagegen muß ich wieder bei dieſer Gelegenheit zur Betrachtung des Athmens der Walfiſche zuruͤckgehen. Es iſt eine ſattſam bekannte Sache, daß das Athmen einen weſentlichen Einfluß auf die Entwickelung der thieri— ſchen Waͤrme hat; aber welchen Einfluß es hierauf habe, iſt großem Stieite unterworfen geweſen. Auf der einen Seite lehrt die vergleichende Anatomie, daß, je vollkomme— ner die Athmungswerkzeuge ausgebildet find, wie bei den Voͤgeln und Saͤugethieren, deſto hoͤher ſey auch die Koͤr— perwaͤrme; auf der andern Seite lehrt die Erfahrung, daß, je haͤufiger und tiefer wir Athem ſchoͤpfen, wir um deſto mehr dadurch abgekuͤhlt werden. Dieſer ſcheinbare Wider— ſpruch kann nach ziem'ich genauen Unterſuchungen, als durch die Theorie geloͤſ't, betrachtet werden, daß naͤmlich der chemi— ſche Austauſch zwiſchen Luft und Blut waͤhrend des Athmens die weſentliche Quelle der Koͤrperwaͤrme ſey, daß aber alle Luft, welche eingeathmet wird, ohne chemiſch verbraucht zu wer— den, ſich abkuͤhlt, ſelbſt wenn ſie gewaͤrmt wird. Wenn wir inſtinetmaͤßig in ſtarker Wärme haͤufiger athmen, fo vermeh— ren wir dadurch nicht den chemiſchen Erfolg, ſondern laſſen eine phyſiſche Einwirkung damit in Verbindung treten; und wenn wir in der Kälte ſeltener oder weniger tief athmen, fo verringern wir nicht den Sauerſtoffverbrauch, ſondern vermei— den nur, mehr von der kalten Luft einzunehmen, als fuͤr den Chemismus des Athmens nothwendig iſt. Sehen wir nun auf das Athmen der Walfiſche zuruͤck, welches weiter 246 oben beſchrieben worden iſt, ſo werden wir bald finden, daß dieſes ganz nach den Regeln geſchieht, welche wir ſelbſt in der Kaͤlte inſtinctmaͤßig in Anwendung bringen, folglich, um die Koͤrperwaͤrme zu befördern, Kein Saͤugethier athmet fo ſelten, und doch verbraucht vielleicht kein Thier mehr Sauer— ſtoff belim Athmen. Indem ich ſo die verſchiedenen Lebensaͤußerungen bei den Walfiſchen durchgegangen bin, fand ich ſie alle in dem guͤnſtigſten Verhaͤltniſſe zur Waͤrmeentwickelung. Hinſicht— lich einer Lebensaͤußerung blieb ich lange im Zweifel, naͤm— lich hinſichtlich des Biutumlaufes. Es iſt eine Regel, daß der raſche Puls, d. h. der haͤufige Herzſchlag, in geradem Verhaͤltniſſe zur Waͤrmeentwickelung ſteht. Dieſe Regel wird beſtaͤtigt, wir moͤgen nun Kinder mit Erwachſenen, Fieberkranke mit Phlegmatiſchen, oder Voͤgel mit Saͤuge— tbieren im Allgemeinen vergleichen. Haben denn auch die Walfiſche einen raſchen Puls, d. h. einen haͤufigen Herz— ſchlag? Ich weiß dieſes nicht; aber viel ſcheint mir fuͤr das Gegentheil zu ſprechen, namentlich das langſame Ath— men und die Schwierigkeiten bei'm Blutlaufe; inzwiſchen muß die Frage bloß durch Beobachtungen geloͤſ't werden, und dieſer Wunſch fuͤhrte mich beſonders im letzten Fruͤh— jahre zu der Stelle hin, wo die Delphine gefangen wer— den. Meine ganzen Ferien von fuͤnf Tagen waren bereits verlaufen, und kein lebender Delphin war mir in die Hände gefallen; auf dem Ruͤckwege ging ich nochmals an der Fangſtelle voruͤber, und ein lebendiges Thier war eben ge— fangen worden. Meine rechte Hand legte ich auf ſeine Bruſt, in der linken hielt ich die Secundenuhr; der Puls ſchlug 156 Mal in der Minute, wie in der ſtaͤrkſten Fie— berhitze des Menſchen. Es bleibt deshalb die Regel, daß die Raſchheit des Pulſes im Verhaͤltniſſe ſtehe mit der Waͤrmeentwickelung, nicht aber mit der Haͤufigkeit des Ath— mens. Dieſe Regel von mehreren Puncten her beſtaͤtigt zu erhalten, wäre nun etwas ſehr Erwuͤnſchtes. Wir wellen uns nun zu den Bedingungen einer moͤg— lichſt geringen Waͤrmeleitung wenden, welche fuͤr die im kalten Meere lebenden Saͤugethiere von der groͤßten Wich— tigkeit ſeyn muß, und wir werden dieſe Bedingungen bei keinem andern Thiere vollſtaͤndiger erfuͤllt finden. Wir werden zuerſt veranlaßt, an die unmaͤßige Fett— anſammlung unter der Haut zu denken, die vorzugsweiſe dieſes Thier zum Gegenſtande menſchlicher Nachſtellungen gemacht hat. Aber dieſe Fettdecke, in welche die Walfiſche eingehuͤllt find, dient ihnen offenbar auf gleiche Weiſe, wie der dicke Haarpelz dem hochnordiſchen Landthiere. Das Fett iſt eben ſo waͤrmebindend, wie das Haar. Beruͤckſichtigen wir die Koͤrperform der Walfiſche, ſo iſt ſie die guͤnſtigſte fuͤr die Verhinderung der Waͤrmelei— tung. Ein warmer Koͤrper verliert naͤmlich um deſto we— niger Waͤrme durch Leitung, je geringer die Oberfläche deſ⸗ ſelben im Verhaͤltniſſe zu feiner Maſſe iſt. Kugelformen muͤſſen alſo hierzu am Guͤnſtigſten ſeyn; aber welches an— dere Thier kommt wohl der Kugelform naͤher? Kopf und Rumpf bilden einen Cylinder, der nur vorn mehr oder we— niger zugeſpitzt iſt, um deſto beſſer das Waſſer zu ſchnei— 16 * 247 den. und keine anderen Vorragungen hat, als die ruderfoͤr— migen Hände und den ſteuecruderfoͤrmigen Schwanz. Aber das Verhaͤltniß bleibt deſto guͤnſtiger, je groͤßer der runde Körper iſt; denn in demſelben Verhaͤltniſſe kommen die in— nerſten waͤrmſten Theile (das Herz und die großen Blutge— füße) entfernt von der Oberflache zu liegen, welche das kalte Wiſſer beruͤhrt. Ith weiß nicht, ob ich mich irre, wenn ich annehme, daß hierin zum Theil eine Erklärung für das coloſſale Groͤßenverhaͤltniß dieſer Thierfamilie im Ganzen ges ſucht werden kann. Ein das Meer bewohnendes Siuge— thier von der Größe einer Maus oder eines Kaninchens würde, ſchon von dieſer Seite betrachtet, ein Unding ſeyn; denn wie lange wuͤrde dieſer kleine Koͤrper ſeine 36 — 40 Grad Waͤrme behalten koͤnnen, ſelbſt wenn feine Wärme: entwickelung ſtaͤrker, als bei irgend einem andern Thiere wäre. Ein Körper dagegen von dem Umfange des Wılft: ſches und noch dazu beſonders auswendig aus ſchlechten Wärmeleitern conſtruirt, würde im Stande ſeyn, feine Wirme auf nicht ganz kurze Zeit zu behalten, ſelbſt nach— dem die Wirmeentwickelung in ſeinem Janern ſchon aufge- hoͤrt haͤtte. Daß dieſe Anſicht, wodurch man auf irgend eine Art einen Grund bekommt, weshalb die Familie der Walfiſche im Ganzen aus fo coloffılen Individuen beſtehen, nicht ganz unrichtig ſey, laͤßt ſich vielleicht durch ihre Groͤße gleich nach der Geburt beweiſen. Die erwachſenen Wufi— ſche find coloſſal gegen die meiſten andern Thiere; aber die neuzebornen Wulfiſche koͤnnen mit noch größerem Rechte ge— gen die andern neugebornen Thiere Coloſſe genannt werden. Ein erwachſener Delphin wiegt ungefihr 5 Liespfund; aber ein großes Junges, aus dem Mutterleibe geſchnitten, kann uͤber 13 Liespfund wiegen, alſo ziemlich den dritten Theil vom Gewichte der Mutter, während das neugeborne Kind ungefaͤhr den achtzehnten dis zwanzigſten Theil des Gewich— tes ſeiner Mutter wiegen kann lein Verhaͤltniß von 7 Pfund zu 126 bis 140 Pfund). Bei dem recht eigentlich coloſſalen Bartenwalfiſche ſcheint das Verhaͤltniß ungefaͤhr daſ— ſelbe zu ſeyn. Wie groß ein neugeborner Walfiſch ſey, weiß ich zwar nicht genau; die vier mir zugeſendeten Foͤtus find ſicherlich alle ſehr weit davon entfernt, ausgetragen zu ſeyn, — der k einſte wiegt jedoch nur ungefähr 5 Pfund! Aber es iſt gewiß, daß die jungen Walfiſche, welche noch geſaͤugt werden, oft fo coloſſal find, daß die Groͤßenverhaͤlt— niſſe in dieſer Familie ſich nirgends auffallender darſtellen konnen. Capt. ⸗ Lieutenant Holboͤll ſendete mir vor vier Jahren die Kopfknochen und das Herz eines ſolchen großen jungen Thieres, welches man erlegt hatte, indem es ſich weit von ſeiner Mutter in die Bucht gewagt hatte, worauf die Mutter, die ſich bald nach ihrem Jungen ſehnte, ſich an der Muͤndung der Bucht drei Tage ſo unruhig gehalten hatte, daß kein Groͤnlaͤnder ſich in feinem Boote hinaus: wagte! Das Herz dieſes kleinen verirrten Jungen war fo ſchwer, daß ein Mann nicht im Stande war, daſſelbe hin— auf auf den Boden zu ſchleppen, wo es, um trocken zu werden, aufgehangen werden ſollte. Daß alſo die Walfiſche ſchon ſehr groß von der Geburt an ſind, ſpricht fuͤr die bier aufgeſtellte Meinung, daß die Seeſaͤugethiere uͤberhaupt nicht klein ſeyn koͤnnen. Aber um zu erklaͤren, daß ſie 218 von der Geburt an im Stande ſind, ihren nothwendig ho— hen Wirmegrad zu unterhalten, muͤſſen wir noch darauf Ruͤckſicht nehmen, daß die Geburt vermuthlich zu einer Jahreszeit ſtattfindet, in welcher das Waſſer weniger kalt iſt, und daß die Mutterthiere gerade gegen die Geburt hin ſich nach den Kuͤſten und nach den lauern Meeresbuchten ziehen, weshalb auch die erlegten Delphine und Walfiſche überhaupt fo ſehr häufig mit großen Jungen traͤchtig find. Ferner muͤſſen wir darauf Ruͤckſicht nehmen, daß die Jun⸗ gen beſtaͤndig die Matter begleiten und, ohne Zweifel, von dieſer erwaͤrmt werden, namentlich waͤhrend des Saͤugens, welches, wie ich große Vermuthung habe, auf dieſelbe Weiſe geſchieht, wie bei andern Saͤugethieren. Fuͤr wie ſicher ich aber auch alle dieſe Vermuthungen halte, fo muͤſſen doch Beſtaͤtigun— gen derſelben aus unmittelbarer Beobachtung als aͤußerſt erwuͤnſcht angeſehen werden. Zum Schluſſe will ich mir noch ein Paar Worte uͤber den Standpunct der Walfiſche in der Reihe der Thiere erlauben. Der ſicherſte Character fuͤr Alles, was die Natur ſchuf, iſt Vollkommenheit, und da Vollkommenheit keine Grade hat oder haben kann, ſo iſt Alles in der ge— ſchaffenen Welt gleich vollkommen. Die Walfiſche ſind Saͤugethiere, beſtimmt, im Meere zu leben; es kann alfo nicht bezweifelt werden, daß ſie auf das Vollkommenſte ge— baut ſind, um dieſe Beſtimmung zu erfuͤllen; aber um eine Beſtimmung zu erfuͤllen, kann zum Wenigſten ſcheinbar eine große Complication im Baue und mehr ausgebildete Formen, als zu einer andern erforderlich ſeyn, und in dieſer Hinſicht iſt es ein ſehr allgemein verbreiteter Glaube, daß die Wal— fiſche ziemlich niedrig, wenigſtens auf der niedrigſten Stufe in der Reihe der Saͤugethiere, ſtehen. „Ihr unfoͤrmlicher Koͤrper“, wie man ſich uͤber ſie zu aͤußern pflegt, „iſt un— gefaͤhr, gleich dem Foͤtus anderer Saͤugethiere, in ſeinem erſten Entwickelungsgrade; ihre Organe ſind zum großen Theile ſo unvollkommen gebaut, als wenn ſie waͤhrend ihrer Entwickelung einen Stillſtand erfahren haͤtten. Die Nie— ren, z. B., ſind in viele Lappen getbeilt; die aͤußeren Oh— ren fehlen, die Linſe im Auge iſt kugelrund, lauter For— men, welche man bei den meiſten Saͤugethieren nur im Foͤ— tuskoͤrper vorfindet. Ebenſo mangelt das eigentliche Ge— ruchsorg ein, und ſtatt der Zähne, muͤſſen die Bieten walfiſche ſich hornartiger Blätter (Barten) bedienen, offenbar die nie— drigſte Form der Kauwerkzeuge.“ Dieſe Anſichten, nach welchen die Walfiſche tiefer, als alle anderen Saͤugethiere auf der Stufenleiter geſtellt wer— den, deren oberſte Sproſſe der menſchliche Organismus ein— nehmen ſoll, haben ſo gut, wie allgemein, Beifall gefun— den. Meine Unterſuchungen haben mich inzwiſchen zu der Ueberzeugung gebracht, daß ſich jene Anſichten nur auf eine ſehr einſeitige Betrachtungsweiſe gruͤnden koͤnnen. Die Walfiſche ſind wirklich ganz und durchgehends ſo vollkom— men gebaut und ſo hoch ſtehend, als nur irgend ein ande— res Saͤugethier. Das Eigenthuͤmliche in ihrer Form und in ihrem Baue iſt fo gut, wie in allen Fallen, auf ihre Beſtimmung, im Meere zu leben, gegruͤndet, und es iſt ein Vorzug bei ihnen, wie die Flugwerkzeuge ein Vorzug bei den Voͤgeln ſind, Dieſes gilt namentlich von ihrer 249 Fiſchform im Ganzen, von ihrer ruberartigen Form der Haͤnde, von der ſteuerruderartigen Form ihres Schwanzes, von dem Baue ihrer Ohren und Augen x. ic. Jede Der: aͤnderung in der Form und dem Baue dieſer Theile, wenn man ſie den auf dem Lande lebenden Saͤugethieren nach— bilden wollte, wuͤrde ihnen mehr zum Nachtheile, als zum Nutzen gereichen. „Aber“, ſagt man, „dieſe Formen, welche die Walfiſche ſo geſchickt machen, im Waſſer zu le— ben, ſind an und fuͤr ſich und auch fuͤr ſie unvollkommener, wie auch das Waſſer ſelbſt das rechte Element fuͤr die nie— deren Thiere iſt; es ſind zum Theil noch dieſelben Formen, welche die Foͤtus der hoͤhern Thiere durchgehen muͤſſen, fo lange ſie im Eie leben.“ (Schluß folgt.) r. Ueber die Anatomie und Phyſiologie gewifſer, bis— jetzt nicht befchriebener, Structuren in der orbita hat Herr J. M Ferrall der Londoner Academie der Wiſſenſchaften eine Mittheilung gemacht. Er beſchreibt darin eine eigene fibröfe Haut, welche er tunica vaginalis oculi nennt, als eine Fortſetzung der Tarſalknorpel und vorn liegenden Ligamente und nach Hinten 250 ſich an den Hintergrund oder Spitze der Augenhöhle erſtreckend, und ſo den Augapfel vollig iſolirend und von den ihn bewegenden Augenmuskeln entfernt haltend. Der Augapfel iſt mit dieſer fibroͤ⸗ ſen Umkleidung durch ein fo ſchlaffes und feines Zellgewebe verbun— den, daß es eine leichte und gleitende Bewegung zwiſchen ihnen geſtattet. Herr Ferrall giebt als den Nutzen diefer tunica an, daß fie den Augapfel vor dem Drucke feiner Muskeln ſchuͤtze, wäh: rend dieſe ſich bewegen. Dicſe tunica iſt, an ihrem Umfange und einige Linien hinter ihrem vorderen Rande, von ſecks Oeffnungen durchbohrt, durch welche die Sehnen der Muskeln dringen, indem ſie zu ihren Inſertionen gehen und uͤber welche ſie ſich wie uͤber Rollen bewegen. Eine Folge dieſer Bildung ift, daß die recti in den Stand geſetzt werden, dem Auge rotatoriſche Bewegungen zu geben, ohne deſſen Zuruͤckziehen in die orbita oder einen nachthei— ligen Druck auf das Auge auszuuͤben. Bei den Thieren, welche mit einem eigenen Retracter-Muskel verfchen find, find die mm. recti, vermittelſt dieſes eigenthuͤmlichen Mechanismus, in den Stand geſetzt, als Antagoniſten jenes Muskels zu wirken. Ueber das Periodiſche in der Lebensweiſe der Voͤ— gel wollen die Naturforſcher in Belgien eine Reihe genauerer Beob— achtungen anſtellen, und Herr Edmond de Selys Longchamps, zu Brüffel, ladet auch die Ornithologen anderer Länder zur Mit: wirkung ein. Fuͤr die Flora Danica iſt jetzt der Mag. S. Dreyer, in Copenhagen, als Herausgeber beſtellt worden. H. „e „ W n D. e. Practiſche Bemerkungen uͤber die Behandlung der Stricturen. Von Bransby Cooper. Man theilt die Stricturen gewoͤhnlich in bleibende und krampfhafte; Einige fuͤgen noch eine dritte Claſſe hinzu, naͤmlich die gemiſchten. Die Lehre von den krampfhaften Stricturen beruht jedoch, wie mir ſcheint, nur auf der Hy— potheſe, daß die Harnroͤhre zum Theil aus Muskelfaſern beſteht, was, meines Beduͤnkens, noch nicht ausgemacht iſt. Howſhip führe dafür als Beweis an, daß dieſer Canal im Stande ſey, durch eigene Kraft eine Bougie aus— zutreiben; dieß habe ich aber nie geſehen, außer wenn die Bougie bis zu dem bulbus eingebracht war, welchem al— lerdings ein Muskelapparat eigenthuͤmlich iſt. Ueberdieß beweiſen Sir Charles Bell's Experimente hinreichend, wie mir ſcheint, das Nichtvorhandenſeyn der Muskelthaͤtigkeit in dem Theile vor dem bulbus. Der Irrthum kommt, ohne Zweifel, daher, daß die Erſcheinungen, welche ploͤtzliche Verſtopfung der Harnroͤhre begleiten, ſehr aͤhnlich, wo nicht ganz gleich ſind den Erſcheinungen der Muskelcontraction. Iſt ein Theil des erertilen Gewebes des corpus spongio— sum plotzlich auf krankhafte Weiſe ausgedehnt, ganz auf die Weiſe, wie es durch den Geſchlechtsreiz im normalen Zuſtande ausgedehnt werden kann, fo wird die Harnröhre auf dieſelbe Weiſe partiell contrahirt, wie bei der letzten Veranlaſſung in ihrem ganzen Verlaufe, und dieſe Contrac— tion kann, weil ſie ploͤtzlich eintritt, der Wirkung von Mue— kelfaſern zugeſchrieben werden. Die Wahrheit iſt, daß jede Urſache, welche einen partiellen Blutandrang gegen das corpus spongiosum bedingt, auch nothwendig eine ploͤt— liche partielle Verſtopfung der Harnroͤhre zu Wege bringt. Man hat dieſelben um ſo mehr fuͤr krampfhafte Contractio— nen gehalten, als man ſah, daß ſie durch aͤhnliche Heilmit— tel zu heben waren, naͤmlich Blutentziehungen, Abfuͤhrmit— tel, nauseosa, warme Baͤder u. ſ. w. Es iſt uͤbrigens ſicher, daß bei Ausdehnungen des Schwammkoͤrpers am bul- bus oder der pars membranacea auch Muskelfaſern fe: cundaͤr afficirt werden koͤnnen, da dieſe beiden Theile unter dem Einfluſſe von Muskelfaſern ſtehen. Die Art von Verſtopfung, welche ich ſoeben beſchrieben habe, wird ſpeciell die „reizbare Strictur“ genannt, da es eine Affection iſt, welche haͤufig bloß von einem reizbaren Zuſtande des Koͤrpers im Allgemeinen herruͤhrt und auch im Allgemeinen die Anwendung der sedativa erfordert. Eine Harnroͤhrenſtrictur kann auch von Krankheiten der um— gebenden Theile, z. B., der prostata, des rectum oder der Blaſe, herruͤhrenz oder endlich, was am haͤufigſten der Fall iſt, als Effect einer krankhaften Thaͤtigkeit, namentlich einer Entzuͤndung in der Harnroͤhre, auftreten, z. B., bei laͤngerdauernder Gonorrhoͤe. Die erſte Aufgabe iſt daher, die Urſache der Verengerung zu erforſchen. Am haͤufigſten findet man die Strictur an den reizbarſten Theilen, naͤmlich an der pars membranacea und dem bulbus. Bei der Behandlung von Stricturen muß man zuerſt beruͤckſichtigen, daß es noͤthig iſt, nicht bloß an die Beſeiti— gung der mech niſchen Verengerung zu denken. Die Ans wendung von Inſtrumenten wirkt zur Radicalheilung, in der Regel, wenig, wenn ſie nicht durch allgemeine Mittel unterftügt wird. Friſche Stricturen laſſen ſich, in der Ne: gel, durch milde Mittel, haͤufig durch allgemeine Behandlung allein beſeitigen und ſelbſt wenn die Strictur bereits perma— nent geworden iſt, fo läßt ſich die Heilung bewerkſtelligen, ohne bei der Einfuͤhrung der Inſtrumente Gewalt anzuwen⸗ 251 den. Bei der Behandlung der Stricturen durch die Bougie beſteht, meiner Anſicht nach, die Aufgabe nicht darin, das Inſtrument durch die Verengerung hindurchzudruͤcken, ſon— dern es ſo auf die Subſtanz derſelben einwirken zu laſſen, daß die Lebensthaͤtigkeit in derſelben verändert und Entzuͤn— dung, Erweichung und endliche Beſeitigung duch Abſorp— tion herbeigefuͤhrt wird; kurz, man ſoll das Inſtrument an— wenden arte non vi, wie der große Dupuytren em— pfahl; zu gleicher Zeit muͤſſen entſprechende allgemeine Mit— tel in Anwendung kommen. Bei einer reizbaren Strictur, durch Neigung zum Bluten und durch die eigenthuͤmliche Diatheſe des Kranken bezeichnet, wendet man Opiate, war— mes Bad und Aetzbougies an; bei vorherrſchender Dispoſi— tion zu Krampf ſind Blutentziehungen, Opiate und Bella— donnainjectionen nuͤtzlich. Widerſteht die Strictur durch ihre Dicke der milden Anwendung der Bougies, ſo habe ich ſie dadurch permeabel gemacht, daß ich marmes Waſſer mit— telſt einer langen Roͤhre, an welcher die Spritze angefuͤgt war, einſpritzte und mit dieſem Inſtrumente einen anhalten— den leichten Druck anbrachte. Bei der reizbaren Strictur ſollten Sedativa angewendet werden, um die allgemeine Reizung zu vermindern, hierauf Blutegel an's Perinaͤum, Belladonnafomentationen und der milde Gebrauch der Bou— gies; ſollte aber bei deren Anwendung Blutung und hefti— ger Schmerz fo'gen, fo bringt man ein kleines Stuͤck Kali causticum fusum bis zur Strictur ein, und wir finden, daß dieß ein unttuͤgliches Mittel gegen die Symptome der Reizbarkeit iſt. Niemals darf man Gewalt anwenden, denn dieſe zerftört die Gewebe der Harnroͤhre und bringt dem Kranken Gefahr. Die gewaltſame Einfuͤhrung eines Catheters oder einer Sonde in die Harnblaſe laͤßt ſich nur in wenigen Fällen rechtfertigen, aber niemals da, wo ſie nicht ohne große Ge— waltthaͤtigkeit und ohne die Gefahr einer Zerreißung aus— gefuͤhrt werden kann. Wenn ein Kranker an heftigen Er— ſcheinungen der Hrnverhaltung leidet, welche dringend Ab: huͤlfe erfordern, z. B., ſtarke Ausdehnung der Blaſe, große allgemeine Aufregung und heftiger Schmerz, ſo kann man einen Verſuch machen, ob man mit dem Gatheter durch— kommt. Bringt man denſelben bis zu einem rechten Win— kel der Körperaxe des liegenden Kranken und findet man erſt dann ein Hinderniß, fo iſt es klar, daß daſſelbe in der pars membranacea urethrae ſitzt, — alsdann kann der Operateur auf eine geſchickte Weiſe Gewalt brauchen, indem er den Griff des Inſtrumentes ſenkt. Die Gerahr, welche an andern Stellen der Harnroͤhre ein ſolches Ver— fahren begleiten wuͤrde, iſt hier groͤßtentheils ausgeſchloſſen, weil die Harnröhre an dieſer Stelle mit den umgebenden Theilen der tiefern fascia perinaealis feſt verbunden if, und weil das Inſtrument durch die Schaambeine ſelbſt ge— leitet wird. Aber ſelbſt in dieſen Faͤllen iſt es unmoͤglich, den Grad der anzuwendenden Kraft zu beſchreiben. Jeder Fall fordert ein verſchiedenes Verfahren; nur Erfahrung und Tact, in Verbindung mit genauer Kenntniß der Anatomie der Theile, kann hier leiten. Einige empfehlen fuͤr ſolche 252 Faͤlle die Anwendung eines Grades von Kraft, wodurch das Inſtrument bis in die Blaſe eingezwaͤngt wuͤrde; ich bin aber verſichert, daß dieß ein ſchlechtes Verfahren iſt; es ift weit ſicherer, die pars membranacea urethrae durch einen Schnitt bloßzulegen, als ſich der Gefahr einer Zerrei— fung des Canales, einer Perforation der prostata oder einer Verwundung des Maſtdarms auszuſetzen; dieſe Faͤlle kommen bei gewaltſamem Cgtheteriſiren nicht ſelten vor. Eine zerriſſene Strictur macht uͤberdieß faſt gewiß einen Ruͤckfall, ja fie verengt ſich noch mehr, als zuvor, fobald das Inſtrument nicht laͤnger eingefuhrt wird. Man laͤuft alſo nicht allein Gefahr, ſondern hat nicht einmal Ausſicht auf einen guͤnſtigen Ausgang. Zum Beweiſe für meine Anſichten uͤber die Umſtaͤnde, welche die Anwendung von Gewalt rechtfertigen, will ich einen Fall mittheilen, bei welchem ich dieſe Methode einer Operation vorzog. Ein Mann wurde im Guy’s Hospi- tal mit einer Strictur aufgenommen, welche nach ihrem Urſprunge eine traumatiſche Strictur genannt werden koͤnnte, die ſie aber doch nicht eigentlich war, da die aͤußere Ein— wirkung nicht eine Zerreißung der Harnroͤhre, ſondern nur eine Entzuͤndung der umgebenden Theile, nachfolgende Ver— dickung und Verminderung des Calibers des Canales, wie gewoͤhnlich, herbeigefuͤhrt hatte. Es iſt zu bemerken, daß eine Quetſchung in jedem Theile der Harnroͤhre Strictur bewirken kann, waͤhrend ſie nach einer krankhaften Veraͤnde— rung immer im bulbus oder in der pars membranacea vorkoͤmmt. Das eigenthuͤmliche Symptom bei dieſem Manne war beſtaͤndiges Harntraͤufeln, fo daß es keinesweges den Anſchein hatte, als wenn er an Harnverhaltung leide, ob— wohl, in der That, mehrere dringende Symptome dafuͤr ſprachen, z. B., Schmerz in der Blaſengegend, Schmerz in den Lenden, Taubheit der Schenkel, hoͤchſt ammoniakaliſcher Urin mit ſtarker Beimiſchung von Schleim. Es giebt kein Symptom andauernder Stricturen, welches dringender die Aufmerkſamkeit des Wundarztes in Anſpruch naͤhme, als dieß unwillkuͤhrliche Harntraͤufeln, welches zwar keine Ope— ration zur unmittelbaren Erleichterung des Kranken erfor— dert, wie die vollkommene Harnverhaltung, aber dennoch durch die gefaͤhrlichſten Symptome der Dyſurie langſam, aber ſicher, den Tod des Kranken herbeifuͤhrt. Hiervon uͤberzeugt und bei ſpecieller Unterſuchung durch den Geruch des Urins, die Ausdehnung der Blaſe und die Empfindlich— keit der Blaſengegend in meiner Anſicht von der Gefaͤhrlich— keit des Falles befeſtigt, verſuchte ich ſogleich, einen ſtarken Catheter (Nr. 8) in die Blaſe einzuführen, Das Inſtru— ment drang, ohne Schwierigkeit, bis zum hintern Theile der pars membranacea ein, begegnete hier einem ploͤtzlichen Hinderniſſe, welches ich mit Gewalt endlich uͤberwand, ſo daß das Inſtrument plotzlich in die Blaſe eindrang. Die Veranlaſſung zur Anwendung der Gewalt war folgende: 1) der Kranke litt bereits ſo lange an bedenklichen Sym— ptomen permanenter Strictur, daß ſein Zuſtand bereits ſehr gefaͤhrlich war; 2) obwohl die Harnverhaltung hier nicht, wie gewoͤhnlich, das dringendſte Symptom war, ſo war doch ein freier Eintritt in die Blaſe zur Heilung unerlaͤßlich; 3) 253 endlich war die prostata gefund, wie die exploratio per rectum zeigte, und die Lage der Verengerung war der An— wendung von Gewalt guͤnſtig; denn indem ich den linken Zeigefinger in den Maſtdarm einfuͤhrte und die tiefe fas— cia perinaealis zum Stuͤtzpuncte für das Inſtrument machte, war es mir moͤglich, mit Sicherheit in die Blaſe einzudringen, fo daß die Operation nicht gefährlicher war, als der Harnroͤhrenſchnitt oder die Anwendung des Aetzmit— tels, waͤhrend eine von dieſen Behandlungsweiſen erforder— lich geweſen waͤre, wenn ich nicht den Catheter einbrachte. Ich halte daher dafuͤr, daß in dringenden Faͤllen, wenn die Strictur hinter der tiefen Perinaͤalfascie liegt, Gewalt an— gewendet werden kann, daß aber bei einer Strictur am bulbus, ſelbſt wenn die Symptome nicht dringender ſind, eine Operation anzuwenden iſt. Die anzuwendende Gewalt darf indeß ſelbſt, wo ſie indicirt iſt, einen gewiſſen Grad nicht uͤberſchreiten; wo dieſer ohne Erfolg bleibt, und wo Verzug moͤglich iſt, da koͤnnen warme Baͤder, elysmata, Blutentziehung, Opium mit kleinen Doſen Tart. stibiatus als allgemeine Mittel gegeben werden, in Gemeinſchaft mit aͤhnlichen localen Mitteln, wie Injectionen von Belladonna— auflöfung oder Einreibung mit Mercurial- oder Jadſalbe. Wo dieſe Symptome dringend find und ſelbſt nach diefen Mitteln die Verſuche zum Einbringen des Catheters (vorn immer vorſichtiger, als hinter der pars membranacea) erfolglos geblieben ſind, da muß der Operateur ſogleich zur Operation der Eröffnung der pars membranacea ſchrei⸗ ten, welche auf folgende Weiſe ausgefuͤhrt wird. Der Kranke wird in die Stellung wie zum Steinſchnitte gebracht und ein Einſchnitt, von etwa zwei Zoll Laͤnge, in der raphe des peritonaeum, bis durch die fascia su- perfieialis gemacht. Bei dem Steinſchnitte ſchneidet man immer links, ſchraͤg nach Unten und Außen; bei der Ope— ration der Strictur dagegen, wo keine Leitungsſonde zur pars membranacea führt, iſt es vortheilhaft, ſich an die raphe zu halten und durch dieſe leiten zu laſſen. Nach: dem man nun den Einſchnitt gemacht hat, beſteht der zweite Schnitt der Operation darin, daß man den linken Zeigefin— ger im oberen Theile der Wunde gegen den Schaambogen richtet, worauf man die Harnroͤhre leicht fühlt, beſonders wenn man den Kranken draͤngen laͤßt, um Waſſer zu laſſen; man ſchneidet hierauf in den ausgedehnten und fluctuirenden Ca⸗ nal ein und bringt durch dieſe Oeffnung einen weiblichen Catheter in die Blaſe. Der Kranke wird auf dieſe Weiſe durch eine ſehr einfache und fuͤr einen, mit der Anatomie vertrauten Operateur leicht auszufuͤhrende Operation, erleich— tert; die Operation iſt aber bloß palliativ und traͤgt gar nicht zur Radicalcur bei, da die Strictur, welche zur Operation Ver— anlaſſung gab, noch bleibt. Die Ausfuͤhrung der vollſtaͤn— digen Cur haͤngt von der Lage der Strictur ab. Wenn, wie gewöhnlich, die Strictur hinter dem serotum liegt, fo bedient man ſich folgenden Verfahrens: Iſt der Urin, wie beſchrieben, durch den weiblichen Catheter entleert, fo führt man einen maͤnnlichen Catheter durch den penis bis zur Strictur; hier fühlt man ihn mit dem Finger in der Wunde des peritonaeum durch die Dicke der Strictur hindurch, 254 und der Zwiſchenraum zwiſchen dem Catheter und dem Fin— ger zeigt zugleich die Tiefe der zufaͤllig entſtandenen Maſſe an, welche die Strictur darſtellt; dieſe wird nun mit dem Meſſer getrennt; der maͤnnliche Catheter wird darauf durch die zu⸗ erſtgemachte Oeffnung bis in die Blaſe eingefuͤhrt. Man befeſtigt nun das Inſtrument in der Blaſe und bringt den Kranken zu Bette. Ich empfehle auf das Beſtimmteſte, den Catheter in der Blaſe zu laſſen, obwohl man dieß ge— tadelt hat; ohne dieſes wuͤrde aber ſicher die durchſchnittene Strictur ſich wiederum ſchließen und feſter, als je, werden; der Urin würde in das perinaeum austreten und der Kranke neuen Krankheiten ausgeſetzt werden, wenn die Natur nicht die Peritonaͤaloͤffnung in einen bleibenden Fiſtelgang verwan— delt, welcher bisweilen durch die Bildung einer neuen Schleimhaut zu Stande koͤmmt und den Abgang des Urines unſchaͤdlich macht. Wo die Strictur am penis vor dem scrotum liegt, da iſt es gefährlich, fie mit dem Meſſer zu trennen, weil es ſchwierig iſt, nachher die Wunde wieder zu ſchließen; es iſt daher beſſer, in dieſem Falle nur den Urin durch einen Einſchnitt in die pars membranacea abzulaſſen, hier einen weiblichen Catheter einzulegen und ſo— dann die Strictur mittelſt der Bougie zu behandeln, ganz, als wenn es nicht noͤthig wäre, auf der Stelle Hülfe zu leiſten. Stricturen geben den mechaniſchen Mitteln bei Weitem leichter nach, wenn die Harnroͤhre hinter denſelben geöffnet iſt, weil ſie alsdann von der Reizung durch das beſtaͤndige Draͤngen und von den andern Nebenwirkungen befreit iſt, welche die Harnverhaltung und die wahrſcheinlich bisweilen eintretende leichte Unterdruͤckung des Urines beglei— ten. Die Schwierigkeit, mit Inſtrumenten durchzukommen und die daraus folgende Nothwendigkeit einer der beſchriebe— nen Operationen entſteht nur durch nachlaͤſſige Sorgloſigkeit des Kranken oder durch die Furcht vor dem Heilverfahren zu der Zeit, wo die erſten Symptome der Harnroͤhrenver— ſtopfung ſich darbieten; denn, wie ich ſchon fruͤher geſagt habe, es giebt keine Strictur, welche nicht leicht ohne An— wendung von Gewalt geheilt werden koͤnnte, wenn nicht Harnverhaltung eintritt und es noͤthig macht, auf der Stelle zu unmittelbarer Erleichterung des Kranken zu ope— tiven. (Guy's Hosp. Reports, Vol. 5.) Behandlung der ſeitlichen Knieverkruͤmmungen. Von Herrn W. Tamplin. Erſter Fall. H. G., 16 Jahre alt, von zartem, unge— ſundem Ausſehen, gab an: daß im ſechsten Jahre bemerkt worden ſey, daß feine Fuͤße auseinanderweichen und die Kniee beim Ger ben aneinanderftoßen. Dieß nahm allmälig zu und verhinderte das Geben in weiteren Entfernungen. Seit ſechs Jahren fühlt er einen Schmerz in der inneren Seite des Kniees, welcher ihn noͤthigt, immer nach ein Paar Schritten auszuruhen. Seit den letzten an⸗ dertbalb Jahren bat die Difformitaͤt raſch zugenommen; und außer den Schmerzen in dem Kniee, klagt er auch uͤber Schmerz in den Fußgelenken, zugleich mit einer Erampfbaften Contraction der Scheykelmuskeln, welche den Kranken bisweilen noͤthigt, eine Vier⸗ telſtunde lang ſich auszuruhen. Jetzt iſt die Verkruͤmmung fo ſtark, daß, wenn die Knice aneinander gebracht werden, die Fuͤße 18 Zoll auseinanderſtehen, und, wegen dieſer Stellung, haben die 255 Fuͤße das Anſehen eines Klumpfußes. Bei'm Gehen rollen ſich die Fuͤße vollkommen um einander herum, und es ſah ganz aus, als wenn eine Verbildung der Knochen zu Grunde liege. Nachdem ich nun durch eine ſehr forafältige Unterſuchung mich uͤberzeugt hatte, daß die Difformitaͤt hauptſächlich von einer Contraction des vastus externus, der fascia lata und des biceps abhaͤnge, ſo machte ich am 3. December 1840 folgende Operation: Ich trennte den vastus externus und die fascia lata des rechten Fußes, welche über 2 Zoll auseinanderwichen. Die Wunde wurde durch Suturen und Bin— den geſchloſſen, vereinigte ſich aber, wegen einer leichten Blutung, nicht durch prima intentio, ſo daß ich verhindert wurde, fruͤher als nach vierzehn Tagen einen Schienenverband anzulegen. End— lich wurde eine Extenſions-Schiene mit einem Scharnier am Knie— gelenke angelegt, welche bis zum 15. Januar durch Schraubendruck vollkommen geſtreckt war. An dieſem Tage wurden auch die Mus— keln des linken Beines getrennt, und da hier nichts Störendes da— zwiſchen kam, ſo wurde die Extenſions-Schiene nach wenigen Ta— gen angelegt, und am 5. Februar war der Fuß ganz gerade. Es wurden nun noch gerade Stuͤtzen von der Äußeren Seite der Huͤf— ten angebracht, um die Beine geſtreckt zu erhalten und den Baͤn— dern und Muskeln an der inneren Seite Gelegenheit zur Con— traction zu geben. Zuerſt klagte der Kranke uͤber einige Schwie— rigkeit bei'm Gehen; aber am 24. März theilte er mir mit, daß er ohne Schmerz jede Entfernung zurücklegen konne. Das Allge— meinbefinden war gebeſſert und die Körpergröße, durch Befeirigung der Difformitaͤt, um 4 Zoll vermehrt. Zweiter Fall. J. E., 25 Jahre alt, gab an, daß er an feiner Difformität ſeit neun Jahren leide: er leitete ſie daher, daß er waͤhrend ſeiner Lehrlingszeit ſehr ſchwere Laſten getragen habe. Die Einwaͤrtsneigung der Kniee nahm allmaͤlig zu, machte ihm großen Schmerz, erſchwerte das Gehen und gab ihm das Gefuͤhl, als wenn ſeine Beine mehr nach Hinten als nach Vorn, ſich be— wegten. Die Fuͤße ſtanden, wenn die Kniee nebeneinander gebracht wurden, 13 Zoll auseinander und ſahen ebenfalls wie ein leichter Klumpfuß aus. Einige Verſuche mit Streckapparaten ſind erfolglos geblieben. Am 19. April trennte ich den vastus externus, die fascia lata und den biceps an beiden Beinen. Am 26ſten wurden die Schienen angelegt, und durch allmälige Extenſion wurden die Beine am 15. Mai in gerade Richtung gebracht; am 22ften war der Kranke im Stande, mit Huͤlfe einer Unterſtuͤtzung, zu gehen. Dritter Fall. E. H., 27 Jahre alt, giebt an: daß er in feinen zehnten Jahre in eine Baumwollenſpinnerei gekommen ſey, und vier Jahre danach bemerkt habe, daß ſich das rechte Knie nach einwaͤrts biege, was allmälig, bis zum letzten Jahre, zunahm; ſeitdem hat er keine Veraͤnderung bemerkt. Bemerkenswerth iſt, daß am anderen Fuße die entgegengeſetzte Difformität, nämlich eine Auswärtsbiegung des Kniees, vorhanden war. Die Hauptbe⸗ ſchwerde beim Gehen iſt für ihn die Leichtigkeit, mit der er, bei dem geringſten Anſtoße, fällt, indem er dabei ein außerordentlich ſchmerzhaftes Gefühl, als wenn das Knie lucirt oder gebrochen ſey, hat. Eine Linie vom trochanter major bis zum äußeren Knudchel blieb vom Kniegelenke 5 Zoll, an der Seite deſſelben, entfernt. Am Bibliographische Manual of British Algae. By the Hon. W. H. Harvey. Lon- don 1841. 8. British Salmonidae. By Sir W. Jardine, Part I. and II. Lon- don 1841. Fol. 256 31. Mai trennte ich den vastus externus und die fascia lata. Die Schienen wurden zwei Tage danach angelegt, und am 21. Juni war der Fuß vollkommen gerade. Mittelſt einer Unterſtuͤtzung uͤbt er ſich taͤglich im Gehen. In allen Faͤllen, wo die tibia ihre natuͤrliche Lage auf der Gelenkflaͤche des femur verläßt, bildet der condylus internus eine ſtarke Hervorragung; meiſtens nimmt man an, daß eine wirkliche Vergrößerung des condylus vorhanden ſey, und auch bei den oben mitgetheilten Faͤllen hatten mehrere Aerzte dieſe Anſicht ausgeſpro— chen. Außer dieſen ſchwereren Faͤllen habe ich noch eine große An— zahl unterſucht und immer gefunden, daß eine Veraͤnderung in den Gelenkenden nicht vorhanden ſey. Keine Difformitaͤt iſt haufiger, als dieſe bei jungen, zarten Kindern, haͤufig in Verbindung mit ſchwaͤcherer oder ſtaͤrkerer Krümmung der Knochen. Solche Faͤlle werden, in der Regel, ein— fachen Extenſionsmitteln, ohne Operation, weichen; aber bei Er⸗ wachſenen, wo die Gewebe bereits ihre normale Feſtigkeit bekom— men haben, findet ſich großer Widerſtand in den contrahirten Mus— keln, und die Krankheit iſt nun durch Operation zu beſeitigen. (The Lancet, 17. July 1841.) Mise e lee n Fuͤr die Operation des Empyems ſtellt Herr Se— dillot, in Bezug auf die Wahl und Zeit, folgende Regelu auf: 1) Man operire nicht in dem acuten Stadium; 2) man operire bei chroniſcher Ergießung, bevor die Lungen die Möglichkeit, ſich auszudehnen, verloren haben; 3) man verſchiebe die Operation ſo lange, als moͤglich, wenn unheilbare Complicationen vorhanden ſind und betrachte fie hier nur als Palliativoperation. Herr Sedil— lot geht uͤbrigens ſo weit, die Abweſenheit des Reſpirationsgeraͤu— ſches als abſolute Contraindication zu betrachten. Seine Opera— tion beſteht in einer großen Oeffnung des Intercoſtalraumes (2 Zoll in den Weichtheilen, 6 Linien in der pleura) und in allmäliger Entleerung, ſo daß das Eindringen der Luft verhindert werde, waͤhrend die Bruſtwandungen doch durch die Fluͤſſigkeit nicht mehr auseinander gedraͤngt ſind. Das Verfahren iſt uͤbrigens in der Praxis noch nicht geprüft. (De opération de l’empieme, par NI. Sédillot. Paris 1841.) Von einem ſehr ſtarken Schaͤdeleindrucke erzaͤhlt John Adamſon in The Lancet, July 1841. Er ſah denſelben an einem fünfundvierzigjährigen Manne, welcher auf Befragen an— gab: daß ihm funfzehn Jahre zuvor in Nordamerica, bei'm Holz— faͤllen, ein Baumaſt auf den Kopf geſtürzt ſey und ihn bewußtlos niedergeworfen habe. Er wurde nach Hauſe gebracht, blieb aber, wegen der großen Entfernung vom naͤchſten Arzte, ohne alle aͤrzt— liche Huͤlfe. Das linke Seitenwandbein war ſo tief eingedruͤckt, daß faſt die ganze Fauſt dazu gehoͤrte, um die Vertiefung zwiſchen dem Stirnbeine und Hinterhauptsbeine auszufuͤllen. Es lehrt auch dieſer Fall, daß man bei Verletzungen nicht zu raſch operiren muß. NlMeuig keiten. Statistica medica di Milano del secolo XV. fino ai nostri gior- ni. Del Dottore Giuseppe Ferrario. Vol. I. et II. Milano 1841. 8. Elementi di farmacologia medico - chirurgica compilati da Giov. Paolo Argenziano. Tomi 3, Napoli 1840. 8. —— — Menue Uotizen a us dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medicinalratbe Frorie ep zu Weimar, und dem Medieinalratbe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 413. (Nr. 17. des XIX. Bandes.) September 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Tr. a Ueber die im Sunde von Plymouth durch die Saxi- cava rugosa bewirkten geologiſchen Veränderungen iſt von Herrn W. Walker in der Verſammlung zu Ply— mouth eine Abhandlung verleſen und diſcutirt worden. Von der Saxicava rugosa ſcheint hauptſaͤchlich die Durchbohrung der Kalkſteinfelſen herzuruͤhren, und Hr. Walz ker iſt der Anſicht, dieſe Thaͤtigkeit habe ihren Fortgang bereits ſo lange gehabt, daß „Felſen zerſtoͤrt worden ſeyen und ſich jetzt da tiefes Waſſer befinde, wo fruͤher Klippen und Untiefen waren.“ Hierauf beſchrieb er die verſchiedenen Stellen, wo die Durchbohrung in großer Ausdehnung ſtatt— gefunden hat, oder wo man dieſe Erſcheinung gegenwaͤrtig am Beſten unterſuchen kann. Die Portlandſteinbloͤcke, an welche man die Bojen befeſtigt, zeigten ſich nach 2 — 3 Jahren von der Saxicava angebohrt, ja tief durchloͤchert, und in der ebenfalls aus Portlandſtein aufgefuͤhrten Mauer der Schiffsdocken zu Devonport ſind die Steine unter dem Waſſerſtande der Ebbe bei Springfluthen ſiebartig durchloͤ— chert und zerkruͤmelt. Zwiſchen Devil's Point und Mount Edgecumbe iſt die Straße 200 Fuß breit und drei bis vier Mal ſo tief, als im Sunde. Als man dort, behufs der Gewinnung von Felſen fuͤr die Seemauer des Koͤnig Wil— helms-Verproviantirungs-Werfts, die Taucherglocke anwand— te, fand man das Geſtein ſehr loͤcherig, und ſogar aus Tie— fen von 20 — 25 Klaftern wurden durchbohrte Steine heraufgezogen. Die Waͤnde und der Grund dieſes Canales beſtehen aus Kalkſtein, und bei der Schnelligkeit der Stroͤ— mung iſt deſſen Oberflaͤche ſtets rein. Wo dieß der Fall iſt, findet man den Grund im ganzen Sunde von der Sa— xicava angebohrt. Herr W. wies dann nach, daß überall im Sunde das Waſſer uͤber den Kalkſteinfelſen tiefer iſt, als uͤber dem rothen Kalkſteine, und dieſe groͤßere Tiefe ſchreibt er der Thaͤtigkeit der Saxicava zu. Die felſigen Untiefen, welche man in der geraden Linie von Mount Edgecumbe uͤber Drake Island bis Mount Batten findet, enthalten nur No. 1513. R unn d, e; Sandſteinklippen und haben bei Spring-Ebben nur 12 — 17 Fuß Tiefe. Innerhalb des Wellenbrechers ſteht das Waſſer uͤber dem Ankerplatze 27 — 36 Fuß hoch; allein ſobald man gegen Norden über die Linie des Sandſteinfel⸗ ſens hinausgelangt iſt, wird das Waſſer tiefer, und wo die Geſchwindigkeit der durch Ebbe und Fluth erzeugten Stroͤ— mungen die Ablagerung vor Schlamm und Sand verhin— dert, ſteht das Waſſer uͤber dem Kalkfelſen 50 — 120 Fuß hoch. Zunaͤchſt wurden die Kalkſteinberge um Plymouth be— ſchrieben und bemerkt, daß deren Hoͤhe im Allgemeinen ge— ringer ſey, als die des Sandſteins der Umgegend. Dieſe Kalkſteinberge bei Stonehouſe, Plymouth, Mount Batten und Oreſton haben ſaͤmmtlich ziemlich dieſelbe Höhe. Ge— hobene Baͤnke, abgerundete Steine und vom Waſſer zer— freſſene Oberflaͤchen bezeugen, daß ſie einſtens von der See uͤberfluthet waren. Am nordweſtlichen Ende von Drake Island findet ſich ein kleiner Kalkfelſen in derſelben Hoͤhe, wie die Fluth ſie gewoͤhnlich hat, an welchem man die Bohrloͤcher der Saxicava deutlich wahrnimmt, und die fel— ſigen Uferwaͤnde bei der Citadelle von Plymouth zeigen von dem Niveau der Spring-Ebben (Ebben bei Springfluthen) on bis 15 — 20 Fuß über die Fluthhoͤhe Spuren von denſelben Verwuͤſtungen. Bei 15 — 20 F. Hoͤhe uͤber der See findet ſich ein Conglemerat von gefchobenen Kieſel— ſteinen, Sand, Muſcheln und einigen geſchobenen Kalkſtei— nen, welche von der Saxicava durchbohrt find. Bei der Hoͤhe der Ebbe findet man die Thiere in ihren Loͤchern, weiter oben deren leere Schaalen und uͤber der Fluthhoͤhe nur deren Bohrloͤcher. In dem Kalkſteine am Hoe-See fand Hr. Walker unlaͤngſt Bohrloͤcher, die von Pholas herruͤhrten, bei 100 F. Hoͤhe uͤber dem Niveau der Ebbe bei Springfluthen. Eine Lage Erde und Vegetation ſchuͤtzte den Stein vor dem Verwittern. Aus dieſen Umſtaͤnden ergiebt ſich, dem Ver— faſſer zufolge, daß ſaͤmmtliche Kalkſteinfelſen in der Umge— gend von Plymouth während der Periode, wo die Saxi- 17 259 — cava ihr Zerſtoͤrungswerk in vorzuͤglich großer Ausdehnung betrieb, unter Waſſer ſtanden. In manchen Faͤllen ſind die Felſen vor dieſer Art von Beſchaͤdigung durch einen Ue— berzug von Balani etc. geſchuͤtzt, und an andern Stellen bilden ſich uͤber dem Felſengrunde Ablagerungen von Schlamm und Sand, ſo daß die Saxicava und Pholas dort dem Geſteine nichts anhaben koͤnnen. Seit der Errichtung des Wellenbrechers iſt das Waſſer uͤber den Klippen in der Naͤhe der Citadelle durch Anhaͤufung von Schlamm und Sand ſeichter geworden, und es bildet ſich jetzt an Stellen mit fruͤher durchaus felſigem Grunde ein ſolcher, der ſich zum Ankern eignet. N Zuletzt handelte Hr. Walker von den Zerſtoͤrungen, welche die Bohrmuſcheln am Hafendamme von Caſtellamare in der Bucht von Neapel und an andern Waſſerbauten an— gerichtet haben, und machte die Architecten darauf aufmerk— ſam, daß bei Auffuͤhrung ſolcher Werke, die Jahrhunderte lang dauern ſollen, nie unter dem Niveau der Ebbe bei Springfluthen Kalkſteine irgend einer Art angewendet wer— den ſollten. Herr De la Beche bemerkte, daß die gehobenen Baͤnke und deren Nebenerſcheinungen bei Plymouth ſchon vor vielen Jahren von Herrn Hennah entdeckt worden ſeyen. Dieſe Bohrloͤcher ruͤhrten offenbar noch von mehre— ren andern Thierarten, außer der Saxicava, her und wirkten, feiner Anſicht nach, vorzuͤglich deshalb fo zerſtoͤ— rend, weil dadurch eine groͤßere Oberflaͤche des Steines der Einwirkung anderer Agentien, z. B., der Kohlenſaͤure, aus— geſetzt werde. Dr. Budland bemerkte in Betreff der von Herrn Walker gegebenen practiſchen Winke, daß Granit das beſte Material zu Waſſerbauten unter dem Niveau der Ebbe ſey. Ruͤckſichtlich der von Herrn Walker vorgezeig— ten Proben, führte er an, daß die von Mount Batten keines wegs von Saxicava oder Pholas durchlö bert ſeyen, fondern durchaus denen glichen, welche Herr Gren ough bei Boulogne aufgefunden habe, und bei denen die Anboh— rung von der gemeinen Gartenſchnecke (Helix aspersa) berrühre. Zu Tenby haben Dr. Buckland und Herr Phillips dieſelbe Art von Beſchaͤdigung von Steinen beobachtet, und Herrn Sopwith's Wahrneh nungen zu: folge, findet dieſelbde in Northu nberland ſehr haufig an der untern Seite Überhängender Felſen von Bergkalk ſtatt. Die von Saxicava und Pholas herruͤhrenden Loͤcher has ben engere Oeffaungen und nehmen nach Janen an Weite zu, fo wie die Mafhel waͤchſ't, indem fie immer die Ge— ftalt der letztern annehmen. Die von Schnecken herruͤhren— den Löcher find dagegen an der Mündung am Weiteſten und unregelmäßig in der Geſtalt und Richtung, fo daß fie oft ineinander einmuͤnden. Dr. Buckland ſchreibt die Bohrfaͤhigkeit von Pholas der auflöfenden Kraft einer ſau— ren Secretion zu, welche das Geſtein erweicht, welches dann durch die raſpelnde Thaͤtigkeit der Schale weggeſchabt wird. Die der Landſchnecken rührt, feiner Anſicht nach, ebenfalls von der Einwirkung einer Siure her, welche in ſehr gerin— ger Menge durch den Fuß der Schnecke ausgeſondert wird, — 260 und indem ſich die Thiere fort und fort taͤglich in ihre Loͤ— cher zuruͤckziehen, vertiefen ſich letztere allmaͤlig. Löcher die— ſer Art, die man bei großen Hoͤhen weit landeinwaͤrts an— trifft, dürften alſo hinfuͤr nicht mehr als Zeugniſſe zu Guns ſten der Erhebungstheorie angeführt werden. Profeſſor Owen machte gegen die Anſicht, daß das Bohren von Seiten der Pholaden und anderer Bohrmol— lusken durch eine ſaure Secretion bewirkt werde, den Um— ſtand geltend, daß Steinarten, welche nicht kalkhaltig ſind, ebenfalls von Bivalven angegriffen werden. Er ſchrieb die Entſtehung dieſer Loͤcher den beſtaͤndigen Stroͤmungen zu, welche durch die ſchnelle Schwingung winziger Wimpern, die ſich, unabhaͤngig von dem Willen des Thieres, fortwaͤh— rend bewegen, um die Muſcheln her ſtattfinden. Die Wim: pern bedecken die ganzen Kiemen und andere Theile des Thieres und veranlaſſen in dem zu deſſen Exiſtenz noͤthigen Waſſer Stroͤmungen. Sobald die Muſchel einmal in den Stein eingedrungen iſt, werden die Stroͤmungen, je tiefer ſie ruͤckt, immer ſtaͤrker. Herr J. Phillips ſchrieb die an der Oberflaͤche meh— rerer der vorgezeigten Steine bemerkbaren Vertiefungen an— dern Urſachen zu, als die tiefen Roͤhren, in denen die Sa— xicava und Pholas ſitzen. Außer den Bohrmuſcheln kennt man noch mehrere andere Geſchoͤpfe, welche die Fel— ſen in eigenthuͤmlicher Weiſe durchloͤchern. Er machte auf die ſchoͤne Regelmaͤßigkeit der von Pholas herruͤhrenden Loͤcher aufmerkſam, um dadurch zu beweiſen, daß ſie mit— telſt der Schalen und nicht durch Strömungen hervorge— bracht ſeyen. Herr De la Beche bemerkte, wenn freie Kohlenſaͤure auf Kalkſtein einwirke, ſo werde derſelbe dadurch in ein in Wiſſer aufloͤsliches Bicarbonat verwandelt, und es koͤnne wohl der Fall ſeyn, daß die bei'm Ausathmen frei werdende Kohlenfäure zur Erweichung des Steines verwandt werde. Dr. Buckland entgegnete auf die Bemerkungeu des Profeſſor Owen, daß, wenn die Bohrloͤcher von Stroͤmun— gen herruͤhrten, die größte Stärke der Wirkung an der Muͤndung ſtattfinden, dieſe folglich die weiteſte Stelle ſeyn wuͤrde. Zu Lyme Regis bemerke man im Innern der Bohrloͤ her der Pholaden parallellaufende kreisrunde Furchen, welche von der mechaniſchen Einwirkung der Muſchel herruͤh— ren, die das Geſtein wegſchabe und die Weite des Loches naturlich genau in demſelben Maaße vergroͤßere, wie die Muſchel ſelbſt wachſe. In dem andern Falle, wo die Loͤ— cher von Landſchnecken herruͤhren, finde eine rein chemiſche Einwirkung ſtatt, und er habe dieſes Falles nur gedacht, um Erſcheinungen zu erklaͤren, an denen die Pholaden un— möglich Antheil haben koͤnnten. Prof. Henslow erwähnte gewiſſer im Cambridger Muſeum befindlicher Loͤcher in Kalkſteinen, die von der che— miſchen Einwirkung von ſalzſaurem Kalke herruͤhren, wodurch minche Stellen in kohlenſaures Natron verwandelt wor— den ſeyen. Herr R. A. C. Auſten war der Anſicht, die Bohr— loͤcher der Muſcheln koͤnnten nicht der Einwirkung einer Säure zugeſchrieben werden, da die von der Saxicava 251 rugosa herrührenden Zerſtoͤrungen ſich nicht auf den Kalkſtein beſchraͤnken. In der Zor:Bai ſeyen auch die Trappfelſen durchbohrt, und auch den alten rothen Sandſtein finde man haͤufig von Pholaden durchlocht. Auch wollte er nicht zu— geben, daß die andern Hoͤhlen von Landſchnecken herruͤhrten, indem dieſe ſich nur waͤhrend eines Theiles des Jahres an derſelben Stelle verhielten und die Muͤndung des Gehaͤuſes dann mit einer Schicht (epiphragma) geſchloſſen ſey, die dann an dem Steine oder ſonſtigen Koͤrper ſitzen bleibe, weshalb ſich wahrſcheinlich nicht wieder ein anderes Exem— plar an derſelben Stelle feſtſetze. Auf eine Frage eines Mitgliedes (des Herrn H. E. Strickland) erwiderte Dr. Buckland, der Ort, wo ſich die von Schnecken herruͤhrenden Bohrloͤcher bei Bou— logne faͤnden, liege 6 engl. Meilen landeinwaͤrts; auch Alston Moor und andre Fundoͤrter ſeyen von der See ent— fernt. (Verhandlungen der British Association, 1841, im Athenaeum.) Ueber die Beſtimmung der Saamenthiere. Von Profeſſor Mayer in Bonn. 1) Das Vorkommen der Saamenthierchen im Saa— men ſteht mit der Zeugungskraft deſſelben im geraden Ver— haͤltniſſe. 2) Außer den Saamenthieren ſind aber noch andere Beſtandtheile im Saamen vorhanden, welche, vermoͤge ih— ter Organiſation und Vitalitaͤt, als fo weſentliche Partikel chen ſich characteriſiren, um zum Zeugungsacte concurriren zu koͤnnen. Dahin gehoͤren die großen gekoͤrnten Kugeln und die kleinen Saamenmonaden, endlich und wahrſchein— lichſt die vitalſten Theile, die Monaden der Flimmerſub— ſtanz (S. Notizen Nr. 29. 1837.) 3) Nach Spallanzani's Verſuchen war auch der— jenige flüffige Theil des (Froſch-) Saamens am Rande be— fruchtend, von welchem ſich die Saamenthiere zuruͤckgezogen hatten. 4) Prevoſt und Dumas haben behauptet, das (ein) Saamenthier bilde den erſten Keimſtreiſen des neuen Thieres. Die Anatomie lehrt aber, daß dieſer Streifen kein Thier, ſondern eine Spalte ſey und der Urkeim aus einem relativ ſehr breiten Keimblatte beſtehe, welches ſich allmaͤlig concentrire. Eine Umwandlung des Saamenthie— res in die Keimlage iſt alſo anatomiſch und ſomit vital unmoͤglich. 5) Das Saamenthier kann alſo nur durch ſeine Stoffabgabe an die Keimanlage befruchtend auf ihn wirken. Die Keimanlage aſſimilirt dieſen Stoff, vielleicht die ganze Subſtanz des (abfterbenden) Sagamenthieres. 6) Vermoͤge des Baues der weiblichen Geſchlechtsor— gane zeigen ſich große Schwierigkeiten, daß der Saamen zu dem Sitze des weiblichen Fruchtſtoffes gelange. Wenn auch eine im Zeitpuncte der Begattung oder ſpaͤter momentan vorkommende suctio der ganzen weiblichen Geſchlechtsroͤhre und ein eigenthuͤmlicher motus antiperistalticus aus ziemlich beweiſenden Erfahrungsgruͤnden angenommen werden 262 duͤrfte, ſo reichen ſolche Bewegungen doch nicht, bei der großen Weite der einzelnen Saͤcke dieſer Roͤhre, ihren feinen Muͤndungen und winkligen Einſenkungen, zu. 7) Es iſt daher dem Saamen ſelbſt eine Bewegung noͤthig, welche er in den ihm einwohnenden Saamenthieren befigt, deren Bewegung ſchlangenartig vorwaͤrts fo häufig ſich zeigt. 8) Das Saamenthier iſt und wirkt aber (4) nur als Traͤger der Saamenſubſtanz. 9) Des Saamenthieres Beſtimmung iſt alſo, die Saamenſubſtanz (und zwar den feinſten befruchtenden Theil deſſelben, die Flimmerſubſtanz deſſelben) dem weiblichen Fruchtſtoffe entgegenzutragen. Sie ſetzen dabei nicht nur die an ihnen klebende, zwi⸗ ſchen den Spiralen ihres um den Leib gewickelten feinen Endes (Schwanzes oder Vordertheiles ?) ſich hygroſcopiſch an— haͤufende Saamenflimmerſubſtanz in den Fruchtſtoff (Dotter zunaͤchſt und zwiſchen ihm und der Keimlage) ab, ſondern bohren auch in dem Fruchtlager (Dotter) Canaͤle, durch welche die Saamenſubſtanz zu der Keimlage zufließen kann. Es hat alſo die Natur die Saamenthiere zu derſelben Beſtimmung benutzt, wie ſie die Inſecten benutzt, um ſiche— rer den Pollen des Staubbeutels auf die Narbe der weibli— chen Narbe zu tragen. Hat das Saamenthier dieſe Be— ſtimmung erfuͤllt, ſo ſtirbt es ab und wird aſſimilirt. Duͤrfte man annehmen, daß der feine Faden des Saamen— thiers das Kopfende, der dicke Theil der Leib deſſelben ſey, ſo koͤnnte man denken, daß ſie ſich mit jenem an den Frucht— ſtoff feſtſaugten und aus dem Leibe die Saamenſubſtanz in die Keimlage ergoͤſſen, den Vorticellen oder den Trichocepha— len ähnlich, Es wird dieſe Anſicht noch dadurch unterſtuͤtzt, daß eine Ähnliche Einrichtung im Großen bei den ſogenannten Ueber die Unterſuchung der nordiſchen Walfiſche. Von Profeſſor Eſchricht. (Schluß) So ſpricht der Menſch, der natürlicher Weiſe von der Ueberzeugung ausgeht, daß ſeine eignen Koͤrperformen die vollkommenſten ſind. Ich muß indeſſen bekennen, daß ich kein Zutrauen habe zu dem Verſuche, die Thiere in eine fortlaufende Reihe aufzuſtellen, wobei ſie als vollkommenere oder unvollkommenere betrachtet werden, je nachdem ſie dem Menſchen mehr oder weniger unaͤhnlich ſind. In jeder Aufſtellung dieſer Art herrſcht große Einſeitigkeit und Will⸗ kuͤhrlichkeit. Um dieſe meine Behauptung zu beweiſen, will ich mich in Gedanken einen Augenblick an die Stelle der Walfiſche verſetzen und von dieſem Standpuncte aus eine Vergleichung mit dem menſchlichen Koͤrper anſtellen, wobei ich dieſelben Principien benutze, die ſonſt unſere Naturphi⸗ loſophen anzuwenden pflegen, und ſie wenigſtens mit nicht groͤßerer Einſeitigkeit benutze. „Die Formen der Walliſche, würde ich da ſagen, find die edelſten. Denn gleich wie das Kantige und Scharfe 1 263 ein Character der Mineralien iſt, das Verzweigte ein Cha— racter der Pflanzen, fo iſt das Glatte, das Abgerundete der Character für die hoͤhere, edlere Thierform. Der Menſch ſelbſt erkennt dieſes an. Ee findet zwar feinen eigenen Koͤr— per am ſchoͤnſten in der Fuͤlle der Jugend, indem die ſchaͤr— feren Vorragungen noch verborgen werden von abgerundeten Oberflaͤchen. Aber das Kantige und Scharfe kommt doch immer mehr oder weniger am menſchlichen Koͤrper vor. Gegenſaͤtze zu den Formen der Mineralien finden ſich nir— gends ſo ſtark, wie bei den Walfiſchen. Auch wird in den Fingern und Zehen, die ſich gleich den Aeſten eines Bau— mes ausbreiten, ein gewiſſes Pflanzenanſehen aufrecht erhal— ten, waͤhrend dieſe bei den Walfiſchen in den abgerundeten Floſſen verborgen liegen. Ueberhaupt zeichnen ſich die hoͤhern Organismen dadurch vor den niedern aus, daß die Entwickelungen mehr nach Innen, als nach Außen vor ſich gehen. Bei den Pflanzen liegen ganze Organentwickelungen zu Tage; bei den Thieren treten ſie immer deſto mehr nach Innen, je hoͤher das Thier ſteht. Der menſchliche Körper iſt in dieſer Hinſicht voll— kommener, als derjenige der meiſten anderen Thiere. Seine Haut iſt ziemlich nackt; er hat wenig Haare, ſchwache Naͤ— gel, kleine Ohren, doch ſteht der menſchliche Körper in als len dieſen Hinſichten noch hinter dem Koͤrper der Walfiſche zuruͤck, an welchem alle dieſe aͤußern Theile verſchwun— den ſind. Erſtrecken wir nun die Vergleichungen bis auf die in— neren Organe, ſo wird ſie auch da bei den allermeiſten zum Vortheile für die Walfiſche ausfallen. Hinſichtlich des Ge: hirns laͤßt ſich zum Wenigſten beweiſen, daß die Walfiſche keinesweges in der Reihe der Saͤugethiere tief geſtellt wer— den duͤrfen. Vergleicht man in dieſer Hinſicht einen großen Bartenwalfiſch mit dem Menſchen, fo konnte es ſcheinen, als ob ſein niedriger Standpunct handgreiflich zu Tage laͤge; denn in dieſem coloſſalen Koͤrper, der tauſendmal mehr wiegt, als der menſchliche Körper, iſt das Gehirn knapp zwei oder drei Mal größer! Aber es iſt ſehr zweifelhaft, ob das Gewichtsverhaͤltniß zwiſchen dem Gehirne und dem ganzen Körper wirklich einen einigermaaßen annehmbaren Maaßſtab fuͤr des Thieres geiſtigen Standpunct giebt. In Folge dieſes Maaßſtabes wuͤrden naͤmlich uͤberhaupt alle großen Arten und alle großen Individuen weit zuruͤck, alle kleinen dagegen ſehr hoch ſtehen. Eine Maus und ein Ca— narienvogel, z. B., haben ein relativ groͤßeres Gehirn, als der Menſch; Weiber, in der Regel, ein eben ſo großes Ge— hirn, als ein Mann, alſo ein relativ größeres, da ihr Koͤr— per gewoͤhnlich kleiner iſt; und jedes Individuum hat im— mer ein verhaͤltnißmaͤßig um deſto größeres Gehirn, je juͤn— ger es iſt. Das Gehirn eines neugebornen Kindes beträgt, z. B., an Gewicht den zehnten Theil des ganzen Koͤrpers und das Gehirn eines Erwachſenen nur den vierzigſten Theil ſeines Koͤrpers In Bezug auf die Walfiſche giebt es eine ſehr einſeitige Beurtheilung, gerade auf die aller— größten Arten und auf deren ausgewachſene Individuen den Blick zu richten. Waͤhlen wir die kleinern Delphinarten, ſo bekommen wir ſchon ein ganz anderes Reſultat. Das 264 Gewichtsverhaͤltniß ihres Gehirnes zum ganzen Koͤrper iſt nicht allein gunſtiger, als bei allen größeren Saͤugethieren, ſondern ſagar guͤnſtiger, als bei allen Saͤugethieren von glei— cher Groͤße, ja ſogar guͤnſtiger, als bei den meiſten der klei— neren, namlich nicht allein vortheilhafter, als, z. B., bei Pferden, ſondern auch vortheilhafter als bei Hunden (von den groͤßern Racen) und bei einigen Affen. Blicken wir dagegen auf das abſolute Gewicht des Gehlrnes, fo bleibt das Verhaͤllniß wiederum ſehr günftig für die Walfiſche. Das Gehirn des großen Walfiſches iſt groͤßer, das Gehirn der Delphine iſt zum Wenigſten 4 oder 3 fo groß, als dass jenige des Menſchen, in welcher Hinſicht nur wenig Thiere ſich mit ihm meſſen koͤnnen. Aber blicken wir endlich auf den Bau des Gehirns, ſo ſcheint das Verhaͤltniß nicht min— der guͤnſtig für die Walfiſche zu ſeyn. Die Hemiſphaͤren, welche gewoͤhnlich als die Theile des Gehirnes betrachtet werden, durch deren hoͤhere Entwickelung der Menſch vor— zugsweiſe von den Thieren ausgezeichnet iſt, ſind bei den Walfiſchen, wenn ich mich nicht ſehr irre, vielleicht mehr ausgebildet, als bei irgend einem anderen Saͤugethiere. Zwar erſtrecken ſie ſich nicht ſo weit zuruͤck, um das kleine Gehirn zu bedecken, aber ſie zeichnen ſich beſonders durch außerordentlich zahlreiche Falten an der Oberflaͤche (Syri, aus, welche mit Recht als das Zeichen eines hoͤhern Entwicke— lungsgrades betrachtet werden. Es iſt wahr, daß das Ge— hirn der Walfiſche, beſonders der Delphine, eine ſonderlich kurze, breite Form bekommt, indem es vorn ganz dick und klein, wie abgeſchnitten, iſt; aber das ruͤhrt offenbar von Mangel (oder vielleicht richtiger von der Unvollkommenheit) des zu den Geruchsnerven gehörenden Hirntheiles (proces- sus mammillares bei den meiſten Saugethieren) herz und auf die Unvollkommenheit der Geruchsorgane wird der Menſch wohl ſchwerlich ein ſonderliches Gewicht legen, da er ſelbſt naͤchſt den Walfiſchen in dieſer Hinſicht hinter allen uͤbrigen Saͤugethieren ſteht. Wir haben bereits gehoͤrt, daß die Athmungswerkzeuge und das ganze Gefaͤßſyſtem, wie auch die Waͤrmeentwicke— lung, einer der Hauptcharactere für die beiden hochſten Thierclaſſen, bei den Walfiſchen ſo ausgezeichnet iſt. Hin— ſichtlich der groͤßern Ausbildung der Verdauungswerkzeuge zeichnen ſich beſonders die Vartenwalfiſche vor allen andern Saͤugethieren aus, den Menſchen eingerechnet. Daß ſie ei— nen drei- oder vierfachen Magen haben, wird man vielleicht — denn der Menſch hat nur einen einzigen — gerade als eine Unvollkemmmenheit auslegen. Für eine Vollkommen— heit ſieht man dagegen die gleichzeitige Gegenwart der Darm— faſern oder Klappen in den Daͤrmen an; denn fie kommen gerade bei den Menſchen vor. Die Bartenwalfiſche haben inzwiſchen ebenfalls beide Theile; die Klappen derſelben ſind jedoch in allen Hinſichten weit mehr ausgebildet, als dieje— nigen bei'm Menſchen. Aber in der Entwickelung der anderen Organe ſtehen doch die Walfiſche zuruͤck! ihre Nieren ſind ja in viele Lap— pen getheilt, wie bei dem menſchlichen Foͤtus, und ſtatt der Zaͤhne haben ſie nur Fiſchbein! Wollen die Naturphiloſo— phen darauf beſtehen, ſo koͤnnen ſie ſehr leicht mit ihren 265 eignen Waffen geſchlagen werden. Nach den Beobachtun— gen, die ich an meinem Walfiſchfötus zu machen Gelegen— heit gehabt habe, koͤnnte ich naͤmlich nach denſelben Prin⸗ cipien ſagen: aber beſonders ſtehen doch die uͤbrigen Saͤuge— thiere und ſogar der Menſch hinſichtlich der Kauwerkzeuge weit hinter den Walfiſchen zuruͤck, denn waͤhrend die Bartenwalfiſche im Mutterleibe ſind, haben ſie Zaͤhne, und zwar gegen 80 in jedem Kiefer, aber ſie verlieren ſie ſpaͤter und bekommen Fiſchbein. Fiſchbein muß alſo, nach der Phyſiologen gewoͤhnlichem Maaßſtabe zu urtheilen, die hoͤhere Form, Zaͤhne eine niederere, eine Foͤtusform, ſeyn, in welche Cate— gorie auch die gelappten Nieren geſetzt werdenz denn einige Saͤu— gethierfoͤtus haben fie gelappt, ungeachtet ſelbſt die aller meiſten Saͤugethiere niemals gelappte Nieren haben. Soll ich nun wirklich die Walfiſche in der Reihe der Saͤugethiere obenan ſetzen? Keinesweges; im Gegentheile, wenn irgend Jemand dieſes thun wollte, wuͤrde ich es auf alle Weiſe tadeln. Ich wuͤrde es tadeln, als auf eine ganz einſeitige und deshalb irrige Betrachtung weiſe baſirt; aber ſo wie ich die einſeitige Betrachtungsweiſe in dieſem Falle tadeln wuͤrde, fo muͤßte ich fie auch in dem aͤhnlichen nur allzuhaͤufigen Falle tadeln, wo man die Walfiſche in der Reihe der Saͤugethiere ganz untenan ſtellt. Es war gerade meine Meinung, daß uͤberhaupt das Syſtem keines— weges als eine Art Rangordnung fuͤr die Thiere betrachtet werden kann, daß es nur nach der Willkuͤhr der Syſtema— tiker exiſtirt, und daß ich namentlich proteſtiren muß gegen 266 die den Walfiſchen zuertheilte Rangordnung (Forhand- linger ved de skandinaviske Naturforskeres andet Möde der holdtes i Kjöbenhavn fra den 3die til den gde Juli 1840. Kjobenhavn 1841. 8, Side Miscellen. ueber ein Lager foſſiler Organismen in Berlin, das bereits auf drei Puncten: in der Louiſenſtraße, hinter dem neuen Muſeum und in der Kochſtraße, als ein ſogenanntes, ſich wahrſcheinlich noch weiter ausdehnendes Torflager erſchienen iſt und 4 bis 8 Fuß tiefer als der Boden der Spree liegt, gab Herr Profeſſor Ehrenberg, am 1. September, in der Academie der Wiſſenſchaften zu Berlin eine vorläufige Nachricht. Das Lager iſt 5 Fuß und ſehr dick, und ein Drittel bis zwei Drittel ſeiner Maſſe beſteht aus kieſelſchaaligen, zum Theil noch lebenden Infuſorien; es iſt das maͤchtigſte bis jetzt bekannte Lager der Art, und der Schlamm zu den Schlammbädırn in der Louiſenſtraße wird dem⸗ ſeiben entnommen. Auf mehreren Stellen ift die Maſſe fo tief, daß man bei 70 Fuß noch keinen feſten Boden erreicht hat und das Lager wohl 100 Fuß tief ſeyn kann. (B. N.) Das Reihergeſchlecht hat vor der Bruſt, uͤber dem Schluͤſſelbeine und unter den Schenkeln ſchwammige, oder filzige Hautflaͤchen, welche Außerlih mit einer eigenen Art Flaum be— wadjen find. Herr Rimrod wirft, in dem neueſten Berichte des naturwiſſenſchaftlichen Vereins des Harzes, die Frage auf: ob dieſe Einrichtung wohl damit in Verbindung ſtehe, daß daſelbſt Aeſung aufbewahrt und ſolckhe ſowohl zum Horſte, als auch auf der Reiſe, mitgenommen werde? Zwei wahrgenommene Faͤlle ſpraͤchen fuͤr dieſe Vermuthung. Nekrolog. — Der um Botanik ſo verdiente Naturfor⸗ ſcher, De Candolle zu Genf, ift, 60 Jahre alt, am 10. Sep— tember mit Tod abgegangen. r k e d Ueber Verbindung der Auscultation und Percuſſion. Von Dr. P. Camman und Dr. A. Clark. Unter dieſem Titel haben die genannten Aerzte, aus New-Vork, einen langen Aufſatz bekannt gemacht, welchen wir hier kurz zuſammenfaſſen. „Wenn wir durch die gewoͤhnliche Percuſſion auf dem menſchlichen Koͤrper einen Ton vernehmen, ſo gehen vielleicht tauſend Theile deſſelben verloren, und nur einer gelangt zu unſerem Ohre; koͤnnten wir aber die ſonoren Vibrationen mit dem Ende eines feſten, elaſtiſchen, homogenen Stabes aufnehmen, ſo wuͤrde ſich durch Strahlung wenig verlieren, und faſt der ganze Ten wuͤrde bis zum anderen Ende des Stabes gelangen. Man lege das eine Ende eines hoͤlzernen, in der Richtung ſeiner Faſern geſchnittenen, Cylinders auf eine Koͤrperſtelle, z. B., auf die Lebergegend, oder auf die vordere Flaͤche der tibia, und lege das Ohr an das andere Ende an; alsdann percutire Jemand auf die gewoͤhnliche Weiſe auf dieſelbe Gegend, oder in der Laͤnge des Kno— chens, einen oder zwei Zoll von dem Puncte entfernt, wo der Cylinder aufliegt, ſo wird der dem Ohre mitgetheilte Ton intenſiv, ſelbſt empfindlich fuͤr daſſelbe und viel ſtaͤrker ſeyn, als wenn die Vibrationen durch die freie Luft gegan— gen waͤren. Vergleicht man die durch die Percuſſion des Knochen = oder Lebergewebes erhaltenen Toͤne, fo wird man finden, daß ſie, in Bezug auf Reſonnanz und Ton, ſehr verſchieden ſind. Aehnliche Verſchiedenheiten werden ſich zei— gen, wenn Fluͤſſigkeit in der Bruſt, oder in dem Unterleibe, ſich befindet und wenn man die Toͤne mit einander ver— gleicht, und im Allgemeinen kann man fagen, daß jedesmal, wenn die Eingeweide in ihrer Form und Textur differiren, man dieſe Verſchiedenheiten auch meiſtens wiedererkennen werde. Geſetzt, man auscultirt das Herz und percutirt es auf derſelben Gegend, ſo vernimmt das Ohr einen ſchnellen, klaren, intenſiven, etwas lauten Ton, begleitet von einem faſt empfindlichen Anſchlage, welcher unmittelbar unter dem Inſtrumente, oder in ſeinem Inneren hervorgebracht zu ſeyn ſcheint; dieſer Anſchlag iſt kurz und endet plotzlich. Jetzt ſuche man, waͤhrend das Herz mit den Waͤnden der Bruſt in Berührung ftebt, den laͤngſten Durchmeſſer (ungefähr drei Zoll); wan hoͤre nun an dem einen Ende und percutire am anderen; der Ton wird denſelben Character und wenig von ſeiner Staͤrke verloren haben; man percutire da, wo die Lunge anfaͤngt, das Herz zu bedecken, ſo iſt der Ton ſogleich verändert, er iſt, fo zu ſagen, gemiſcht; indeß beſteht fein Herztypus nech fort. Geht man alsdann mit der Percuſ⸗ fion nach und nach weiter, bis man endlich nur noch die 267 Lungenmaſſe percutirt, fo verändert ſich der Ton an einem beſtimmten Puncte ploͤtzlich, er verliert ſeine Intenſitaͤt, iſt nicht mehr ſo laut und bewirkt kein Anſchlagen; aber er iſt maͤchtig, fern und durch das bloße Ohr leichter zu verneh— men, als mit dem Inſtrumente. Unterſucht man ebenſo die Lebergegend, ſo iſt der Ton, in geringer Entfernung, raſch, laut, ſtark und erſcheint unmittelbar unter dem Sn: ſtrumente, wie zuvor; er iſt jedoch weniger ſtark, weniger ſcharf und laͤnger andauernd; in dem Maaße, als die Ent— fernung zwiſchen den Auscultations- und Percuſſionspuncten geſteigert wird, verringert ſich der Ton raſcher, als auf dem Herzen, obwohl er ſich nicht ganz verliert, ſondern nur erſt dann verſchwindet, wenn die Percuſſion auf ein anderes Eingeweide uͤbergeht. Durch dieſe Unterſuchungsweiſe wer— den das Herz und die Leber durch Zeichen erkennbar, wie man ſie bisjetzt nicht erwarten konnte“. Mittelſt ihres Verfahrens wollen die Herren Camman und Clark im Stande ſeyn: 1) Das Herz in allen ſeinen Durchmeſ— ſern zu meſſen, mit Ausnahme des Durchmeſſers von Vorn nach Hinten, und zwar in faſt allen Zuſtaͤnden von Geſundheit und Krankheit, mit eben der Genauigkeit, als wenn fie das Organ vor Augen haͤtten. Sie konnten, ſagen ſie, die Graͤnzen des Her— zens beſtimmen, wenn das ganze Organ durch gefunde Lunge vers deckt war; wenn die Lunge vor dem Herzen, oder um daſſelbe, hepatiſirt, oder durch Tuberkeln indurirt war; wenn mit dieſer tu— berculdſen Induration die pleura in der Präcordialgegend merklich verdickt war; wenn durch eine Ergießung das Herz oder die Lunge denſelben matten Ton zeigen; wenn eine beträchtliche Ergießung links! das Herz nach Rechts von der lines mediana und auf die convexe Oberflache der Leber gedraͤngt hat; wenn Emphyſem und Paeumothorax der linken Seite, Atrophie des Herzens, Hyper: trophie und Dilatation, einzeln, oder mit einander combinirt, Erz weichung oder fettartige Degeneration vorhanden waren; wenn pericarditis mit Adhärenzen vorhanden war; wenn der Magen mit Speiſen, der Unterleib mit Fluͤſſigkeit angefüllt waren. 2) Edenſo wollen fie die Leber in ihren verſchiedenartigſten Zuftänden wieder— erkannt haben; unter Andern konnten ſie den linken Lappen und den unteren Rand bis zu den Stellen hin verfolgen, wo er ſehr dünn iſt; die obere Flache der Leber von der rechten hepatiſirten Lunge, oder von einem Erguß der pleura, unterſcheiden; den un— teren Leberrand im ascites begraͤnzen; die Trennungslinie der Le— ber und der Milz bezeichnen, wenn die letztere hypertrophirt und beide Organe im Contact waren. Die Herren Camman und Clark ſcheinen dieſelben Re— ſultate für die Milz, und ſelbſt für die Nieren, erhalten zu haben, welche letztere fie bei'm ascites erkennen und von der vergroͤßerten Milz unterſcheiden konnen. Die Verfaſſer haben Typen, oder Muſter, fuͤr die Toͤne auf: zuftellen gefucht, entweder durch gewiſſe Organe des Körpers, oder durch gewiſſe Producte von Neubildungen, auf welche man die an— deren zuruckfuhren kann. Sie nehmen für die Außerften Puncte der Scale die, durch das Waſſer und durch einen Knochen hervor— gebrachten Töne an und nennen fie, zur groͤßeren Bequemlichkeit, Waſſer⸗ und Knochentoͤne. Der Köochenton unterſcheidet ſich am leichteſten von den andern: ſein Klang iſt ſehr ſcharf, ſehr ſtark er fchlägt an das Ohr und pflanzt ſich auf eine große Strecke fort. Eine im Unterleibe, und vorzüglich im thorax, ent: haltene Fluͤſſigkeit ſcheint den ihm eigenthümtichen Ton durch die Wände ſehr unvollkommen durchzulaſſen Obgleich Fluͤſſigkeit ein guter Leiter iſt, ſo verlſert der Ton doch viel bei'm Durch— gange durch einen feſtern Koͤrper. Daher kann man ihn, obgleich er poſitive und leicht zu bemerkende Eigenſchaften hat, doch am Beſten nach feinen negativen Eigenthuͤmlichkeſten beurtheilen. Im Unterleibe iſt der Ton bei kurzer Entfernung rapid, unmittelbar (wie unter dem Ohre), von einer mäßigen Sntenfität, kurz, viel weniger fortleitbar, als der Knochenton. In der Bruſt ſind feine 268 Charactere ſchwer zu unterſcheiden. Die nach dieſer Methode uns terſuchten Toͤne einer Fluſſigkeit und die Tone der gefunden Zunge gleichen einander durch die Bruſtwandungen hindurch ſo ſehr, daß es wahrſcheinlich wird, daß weder der eine noch der andere Ton ſeine Vibrationen dieſen Waͤnden mittheilen kann, und daß das Ohr hauptſaͤchlich nur den Wandton vernimmt. Daher ruͤhrt auch die Schwierigkeit, ein feſtes und indurirtes Organ von einer in der Bruſt enthaltenen Fluͤſſigkeit zu unterſcheiden, und ebendaher auch der Vorzug der gewoͤhnlichen Percuſſion bei Unterſuchung der mehr aufgelockerten Gewebe. Die Herz- und Lebertoͤne halten die Mitte der angegebenen Muſtertoͤne. Der Herzton nähert ſich ſehr dem Knochentone; er hat deſſen ſcharfen, klaren Klang; er iſt raſch, unmittelbar, intenſiv, von einem Anſtoße begleitet. Der Leberton, verglichen mit dem Herztone, iſt ſchwerer, anhaltender und wird weniger frei durch das hervorbringende Organ durchgelaſſen; aber er iſt ebenſo klar, intenſiv, unmittelbar und von einem Anſtoße begleitet. Vergleicht man mit dieſen Toͤnen diejenigen, welche man bei andern krankhaften Zuſtaͤnden ſtudiren kann, ſo findet man, daß man Waſſer in der Bauchhöhle durch einen raſchen, rauhen Ton und durch eine Art von bleierner Zaͤhigkeit unterſcheidet; den Kno— chen durch ſeinen lauten, klaren Klang und ſeine große Leitbarkeit; die Leber durch ihren ſchwereren Ton und geringere Leitbarkeit. Das Eigenthuͤmliche der Methode der Herren Ca mman und Clark, welches fie indeß nicht gerade ſehr deutlich auseinans dergeſetzt haben, beſteht demnach in der Weiſe, wie ſie die durch Per— cuſſion der feſten Theile des Körpers erhaltenen Toͤne zum Ohre gelangen laſſen. Das Inſtrument, welches ihnen am zweckmaͤßig⸗ ſten und zum allgemeinen Gebrauche paſſend zu ſeyn ſchien, iſt ein Cylinder von Cedernholz, in der Richtung der Holzfaſern ges ſchnitten, 6 Zoll lang und von 10 — 12 Linien Durchmeſſer, mit einer Platte, um das Ohr darauf zu legen, jedoch fo, daß der Eylins der das Niveau dieſer Platte ein Wenig uͤberragt und direct an das Ohr applicirt wird. Um ſo viel, als moͤglich, die Toͤne der Bruſtwaͤnde zu vermeiden, wurde das Inſtrument ſo abgeaͤndert, daß man das eine Ende in einen abgeſtumpften Rand auslaufen ließ und dieſes Ende auf den Koͤrper applicirt, und zwar zwiſchen die Intercoſtalraͤume, ſo daß es die Seiten der Rippen nicht be— rührte und zugleich dem zu unterſuchenden Organe noch näher kam. (The New-York Journal of Medicine and Surgery, July 1840). Ueber die verſchiedenen Operationsweiſen zur Heilung des Stotterns. Von Edwin Lee. In einem laͤngern, in der London Med. Gaz., May und Juny, enthaltenen Aufſatze, ſchildert der Verfaſſer zuerſt die vers ſchiedenen, über das Stottern aufgeftellten Theorieen, ſodann die früheren Heilbeſtrebungen durch Unterricht ꝛc. und koͤmmt endlich zu einer Ueberſicht der, (hauptſächlich in Paris) gegen das Stottern unternommenen, Operationen. Die erſte Operation wurde bekanntlich von Dieffenbach in Berlin, im Januar 1841, ausgefuͤhrt. Am 9. Februar kam eine Nachricht davon nach Paris, worauf, obwohl die Art der Opera- tion nicht bekannt war, mehrere Wundaͤrzte zu operiren begannen. Herr Philipps führte zuerſt die Durchſchneidung der genio- glossi, unter der Zunge, privatim aus und übergab der Academie des sciences verſiegelt eine Beſchreibung ſeines Verfahrens. Herr Lee ſah den Operirten einige Tage nach der Operation und fand, daß er mit ziemlicher Leichtigkeit ſprechen und leſen konnte. Herr Velpeau machte die Operation zuerſt oͤffentlich, nachdem er fie beſchrieben hatte, am 14. Februar. — Herr Amuſſat, welcher ſeine Aufmerkſamkeit auf den Gegenſtand gerichtet hatte, ſchon ehe eine Notiz von Dieffenbach's Operation nach Paris gekommen war, ſprach bei Gelegenheit eines Schielenden, der zugleich ſtot— terte, die Meinung aus, daß eine Durchſchneidung der Muskeln unter der Zunge wahrſcheinlich das Stottern heben werde. Er verrichtete die Operation an mehreren Kranken, welche der Acad, 269 de med. vorgeftellt wurden. — Herr Baudens und Andere operirten ebenfalls in mehreren Faͤllen mit Gluck. Herrn Philipps's Operation iſt folgende: Der Kranke ſitzt und lehnt feinen Kopf an die Bruſt eines Aſſiſtenten; der Opera— teur faßt nun das Zungenbaͤndchen mit einem kleinen Haken, nahe an der Zunge; ein zweiter Haken wird etwas tiefer eingeſetzt; zwi— ſchen beiden wird die Haut mit der Scheere durchſchnitten; hierauf wird ein ſpitziges, gekruͤmmtes Biſtourie eingefuͤhrt und zur Ab— trennung der Muskeln von dem Unterkiefer, von einer Seite bis zur andern, verwendet. Die Blutung iſt bisweilen beträchtlich, je: doch vortheilhaft. Ein Stuͤck Schwamm, mit Weineſſig getraͤnkt, wird zur Blutſtillung in die Wunde gelegt. Herr Baudens ſticht eine ſcharf ſpitzige Scheere, die unter einem, faſt ſpitzigen, Winkel gebogen iſt, mit maͤßig geoͤffneten Blättern, unter der Zunge, unmittelbar hinter der symphysis des Unterkiefers, ein und ſchneidet mit einem einzigen Schnitte die An— heftung der genio-glossi durch. Die Blutung iſt, in der Regel, gering, da der Schnitt dicht an dem Knochen geführt wird. Ein mit Weineſſig getraͤnkter Schwamm wird in die Wunde gelegt und zwei oder drei Tage darin zuruͤckgehalten, wodurch einigemal Ent: zuͤndung und Eiterung veranlaßt worden iſt. Herr Baudens trennt auch die genio-hyoidei in den Faͤllen, in welchen die Muss keln des Halſes an der krampfhaften Thaͤtigkeit Theil nehmen. Amuſſat theilt die Operation in zwei Perioden. Bei weit: geoͤffnetem Munde und zuruͤckgewandter Zunge wird die Schleim: haut des unteren Theiles des krenulum, zwiſchen den Whar— toniſchen Gaͤngen, mit einer kleinen Scheere eingeſchnitten; der Schnitt wird zu beiden Seiten verlaͤngert, waͤhrend die Zunge vor— geſtreckt (aufgehoben) wird; dadurch werden die genio- glossi bloß: gelegt, welche ſodann mit einer großen, auf das Blatt gekruͤmm— ten, Scheere durchſchnitten werden. Dabei werden nur die fibroͤ— fen Bündel des Urſprungs des Muskels durchſchnitten, — an einer Stelle wo alfo noch wenig Gefäße die Muskelbundel umgeben. Bei einigen Kranken fand ich die Durchſchneidung des frenulum und der Sublingualſchleimhaut hinreichend zur Heilung; unter fünf: undfunfzig Operirten war dieß bei achtzehn der Fall. Gewoͤhnlich folgt keine betraͤchtliche Blutung; ſollte fie aber ungewoͤbnlich ſtark werden, ſo ſtillt man ſie durch Eiswaſſer und kleine Eisſtuͤckchen, welche unter die Zunge gelegt werden. Einer der erſten von Amuſ— ſat Operirten war ein Mann von achtundvierzig Jahren, welcher ſeit ſeiner Kindheit ſtotterte, und welchem zu verſchiedenen Zeiten zwei Mal das frenulum, ohne allen Nutzen, durchſchnitten worden war. Das Stottern gehoͤrte zu der ſchlimmſten Art. Die Bewe— gungen der Zunge waren ſehr beſchraͤnkt; ſie wendete ſich nach Rechts, und der Kranke konnte ſie nicht uͤber die Oberlippe her— aufbringen. Nach Durchſchneidung des Zungenbändchens und der Sublingualhaut konnte er einige Worte leichter ausſprechen, als zuvor; bei Andern fand er aber betraͤchtliche Schwierigkeiten. Die genio-glossi wurden nun getrennt; es folgte beträchtliche Beſſe— rung, obwohl das Stottern nicht ganz beſeitigt war; man fuͤhlte noch einige Muskelfaſern, und als dieſe nachtraͤglich durchſchnitten waren, ſo wurde die Ausſprache frei und leicht; es blieb kaum eine Spur des Stotterns uͤbrig. Die ſeitliche Abweichung der Zunge war ebenfalls verbeſſert. Victorie Gourgeot, ſechszehn Jahre alt, ſtottert ſeit ihrer Kindheit, ebenſo wie ihre Schweſter, bei der ſich das Uebel im funfzehnten Jahre verlor. Der Vater dieſer Mädchen war eben— falls ein Stotterer, ſo daß hiernach die Meinung Beſtaͤtigung er— bält, daß bei dem weiblichen Geſchlechte das Stottern Folge der Nachahmung fen; bei der Victorie genügte eine Trennung der Sub: lingualhaut zu ihrer Heilung. Eine etwas andere Operation wurde von Velpeau, einige Tage, bevor Herr Lee Paris verließ, vorgenommen. Der Kranke batte eine ungewoͤhnlich große Zunge, mit welcher er die Naſen— ſpige und das Kinn zu beruͤhren im Stande war. Ein kleines, dreieckiges Stuͤck wurde aus der Zungenſpitze ausgeſchnitten, ohne die Schleimhaut unterhalb der Zunge zu trennen. Die Wunde wurde durch Suturen vereinigt. Es folgte ſogleich einige Beſſe— rung, nach Heilung der Wunde kehrte aber das Stottern wieder, obwohl nicht ſo ſchlimm, als zuvor. —d 270 Derſelbe Wundarzt hat neuerdings noch eine andere Opera— tionsweiſe verſucht. Der Kranke war ein junger Mann, welcher fo wenig zu ſprechen im Stande war, daß man ihn für taubſtumm gehalten hätte, wäre man nicht durch feine heftigen Bemühungen, zu articuliren, auf feinen Zuſtand aufmerkſam geworden. Die Zunge war in diefem Falle ebenfalls ſehr lang, fo daß fie bis zum unteren Theile der Naſe reichte. Vor der Operation machte Vel— peau den Verſuch, die Zunge mit einer gewohnlichen Zange aufzus heben, wodurch der Kranke im Stande war, einige Worte aus— zuſprechen; man ſchloß daraus auf einen guͤnſtigen Erfolg der Operation; der Operateur zog nun die Zunge aus den Mund und durchſtach fie an der Verbindung des hintern mit dem mitt- lern Dritttheil mit einer Nadel, die mit vier Ligaturen verſehen war; zwei derſelben wurden ſo weit, als moͤglich, nach Hinten, zwei andere weiter nach Vorn, unterbunden, und umſchrieben auf dieſe Weiſe ein Stuͤck der Zunge, welches nach ſeinem Abſterben einen Subſtanzverluſt, wie bei der Dieffenbaſch'ſchen Operation, bes wirkte. Der Patient ſchien nicht ſtark zu leiden und konnte uns mittelbar nach der Operation einige Worte deutlich ausſprechen. Er wollte nicht in dem Spitale bleiben, verſprach aber, alle zwei Tage ſich einzufinden. Waͤhrend der erſten vier Tage war die Zunge beträchtlich angeſchwollen; Blutegel und Gurgelwaſſer ge— nuͤgten, dieſes zu beſeitigen. Eine Woche nach der Operation war das Stottern groͤßtentheils beſeitigt, ſo daß Patient mit ziemlicher Leichtigkeit ſprechen konnte. Die Operation an den genio-glossi, wie fie Herr Lucas in London ausfuͤhrt, unterſcheidet ſich nicht betraͤchtlich von den be— reits erwaͤhnten Operationen, mit der Ausnahme, daß er ein Stuͤck des Muskels ausſchneidet. Verſchieden iſt aber die ſubcutane Ope— ration, welche Bonnet in Lyon ausgefuͤhrt hat, welcher einen Einſtich unter dem Kinne macht, durch dieſen ein geknöpftes Te— notem bis unter die Mundſchleimhaut einfuͤhrt, und ſodann die Muskeln nach Rechts und Links, dicht an dem Knochen, abtrennt, ohne die genio-hyoidei zu verletzen. Die Erfolge von fünf Operas tionen dieſer Art ſind bereits fruͤher in den Neuen Notizen mitgetheilt; zwei wurden vollkommen geheilt, drei gebeſſert. Folgende Fälle werden die beiden Varietäten des Stotterns erklaͤren: Rein nervoͤſes Stottern. — Ein junger Mann, wel⸗ cher ſeit ſeiner Kindheit geſtottert hat, giebt ſelbſt an, daß er ſehr nervoͤs ſey. Wenn er allein iſt, oder bei Perſonen, die ihm ſehr bekannt find, fo ſpricht er ſehr gut, ſtottert aber faſt immer vor Fremden, bisweilen mehr, bisweilen weniger; am ſtaͤrkſten, wenn er glaubt, daß fein Stottern bemerkt werde, oder wenn er darüber gefragt wird. Das Stottern iſt indeß nicht von einem ſehr ſchlim⸗ men Grade; an den Muskeln der Zunge bemerkt man keine be— ſondere Spannung, ſie kann mit der Spitze nach Oben gerichtet werden; auch iſt ſonſt nichts Abnormes im Munde, oder im Rachen, zu bemerken. Zwei Couſins von ihm ſind auf gleiche Weiſe afficirt. Organiſches Stottern. — Ein damit behafteter Mann findet immer Schwierigkeit im Ausſprechen gewiſſer Worte, be: ſonders ſolcher, die mit K oder N beginnen; es entſtehen immer betraͤchtliche krampfhafte Bewegungen der Geſichts- und Lippen— muskeln, ſo wie ein Verſuch gemacht wird, eins der ſchwierigen Worte auszuſprechen. Die Schwierigkeit iſt gleich groß, er mag allein oder in Geſellſchaft ſeyn; er kann die Zunge nicht weit her⸗ ausſtrecken und ſie nicht uͤber die Oberlippe hinaufbringen. Nach Durchſchneidung der Sublingualhaut nnd der zellgewebigen Textu⸗ ren an dem Boden der Mundhoͤhle war er im Stande, die Zunge hervorzuſtrecken, und konnte die fruͤher ſchwierigen Worte mit eich. tigkeit ausſprechen. Herrn Pearley's Operation beſteht in Ausſchneidung der gan⸗ zen uvola und auch der Tonſillen, wenn dieſe vergrößert find, Die uvula wird mit einem Tenaculum gefaßt und mit der Scheere, und die Tonſille mit dem Meſſer ausgeſchnitten; das neue guillo⸗ tineartige Inſtrument zur Exſtirpation der Mandeln iſt, wegen der Verhaͤrtung derſelben, wahrſcheinlich nicht anwendbar; ubrigens iſt eine Blutung auch nur bei weichen, vergroͤßerten Tonſillen zu be⸗ fuͤrchten. Die Operation iſt faſt ſchmerzlos, und ſelbſt die Exſtir⸗ pation der uvula macht nur wenig Schmerz; auch entſteht durch 271 den Verluſt dieſes Theiles kein Nachtheil, obwohl man ſagt, daß Singer, an denen dieſe Operation gemacht ſey, höfem Halſe und Huſten mehr unterworfen ſeyen, was Herr Mearley bloß zu— giebt für den Fall, daß nicht die ganze uvula abgetragen worden. In einigen Fällen, wenn der Gaumenbogen zu tief herabſteigt, ſchneidet man den Rand zu beiden Seiten etwas ein, ehe man die uvula entfernt. Einer der erfolgreichſten Fälle dieſer Operation, welchen ich geſehen habe, iſt der des Patienten Crawley (der ſiebente Fall in Herrn Pearley's Schrift), welcher an der ſchlimmſten Art des Stotterns litt und mittelſt Exſtirpation der Tonſillen und der uvula ſogleich betraͤchtlich erleichtert war, was ſich nicht ver— mindert hat, indem er jetzt, zwei Monate nach der Operation, mit Leichtigkeit und ohne Stottern ſpricht. Bei dem Knaben Wright ſtellte ſich das Stottern ein, als er in dem Alter zwiſchen zwei und drei Jahren war. Er hatte bis⸗ weilen Remiſſionen von mehreren Wochen, und da er laͤngere Zeit nicht geſtottert hatte, fo glauste ſchon feine Mutter, daß er von dem Uebel befreit ſey. Vor drei Monaten indeß ſtarb ſein Vater, und nun ſtellte ſich das Stottern wieder ein. Nichts Abnormes war am Munde oder am Halſe zu bemerken. So wie die uvula abgeſchnitten war, ſprach er frei und ungehindert; ich kann indeß nicht ſagen, ob die Beſſerung bleibend ſeyn wird. Ein vierzigjaͤhriger Mann ſprach, wenn er allein war, vollkom⸗ men gut und ſtotterte im Geſpraͤche mit ſeinen Cameraden nicht ſo ſtark, wie mit Fremden, vor denen das Uebel bisweilen ſehr heftig tt; er ſtottert nicht, wenn er mit ſingender Stimme ſpricht. Die uvula wurde exſtirpirt; das Stottern blieb aber, wenn auch nicht ſo ſtark, als zuvor. Ein Mann, Namens Partridge, hat beſonders Schwierigkeit bei dem P, und kann kaum ſeinen Namen ausſpre— chen; ſagt er ihn jedoch, ohne daran zu denken, ſo geht es ſehr gut. Snelling, ein junger Mann, welcher in dem Zimmer war, als der Knabe Wright operirt wurde, ſprach, als er den Effect der Operation ſah, ebenfalls ohne Stottern; als er jedoch einige Zeit im Nebenzimmer gewartet hatte, ſtotterte er wieder ſtark. Es fand ſich eine warzige Excrescenz an der linken Tonſille. Er ſprach fließend, wenn er nicht uͤber ſein Stottern befragt wurde. Nach Abtragung der Warze hielt er ſich fuͤr gebeſſert, ſtotterte aber noch, wie zuvor; nach Entfernung der uyula ſprach und las er beſſer und hatte nur bisweilen einige Schwierigkeit. Ein Knabe konnte Worte mit L und T nicht ausſprechen. Nur nach einer kräftigen Inſpiration ging dieß, während der Exſpira— tion, ziemlich gut. Nach Entfernung der uvula konnte er die Worte leicht articuliren, auch ohne den Athem vorher einzuziehen. Nun folgt ein Fall, wo die uvula ohne bemerkbaren Nutzen entfernt worden war, bei einer Frau, deren Zunge in ihren Bewe— gungen etwas beſchraͤnkt war, und die, ſelbſt wenn ſie allein war, ſtotterte. Bei einem Manne, deſſen Gaumenſeegel durch einen anz deren Wundarzt in großer Ausdehnung geſpalten worden war, ohne den mindeſten Erfolg, wurde ebenfalls erfolglos von Herrn Yearley die uvula abgetragen. Henry Gee, ein ſtarker Stotterer, ſprach beſſer, nachdem das Gaumenſeegel auf der einen Seite eingeſchnit— ten war. Zwei Tage lang ging es betraͤchtlich beſſer, in den darauf folgenden Tagen etwas weniger gut; nach acht Tagen ſtotterte er nicht mehr fo ſtark, wie vor der Operation und, nachdem nun die uyula abgetragen worden war, ſprach er bei weitem leichter, als zuvor. Wilkinſon, ein Mann mit einer ſehr großen Zunge, ſtotterte unverändert, nachdem die uvula ausgeſchnitten war. Henry Smith 272 ſtotterte und hatte angeſchwollene Tonſillen, nach deren Ausſchnei— dung er ohne große Schwierigkeit ſprechen konnte; nachher wurde auch die uvula exſtirpirt, ohne jedoch noch weitere Beſſerung das durch zu bewirken. (London med. Gaz., May 1841.) Mis c eil lie n. Eine Unbeweglichkeit des Unterkiefers mittelſt Durchſchneidung des masseter der rechten Seite ge⸗ heilt, kam bei einem jungen Matroſen vor, welcher bei einem Fieber heftig ſalivirt und einen Theil der Weichtheile an der in— neren Seite der Mundhoͤhle verloren hatte. Er war nachher nicht im Stande, den Mund zu oͤffnen, indem die Kiefer durch ein Nar— benband feſt aufeinander gehalten wurden. Im Auguſt 1839 zeigte ſich folgender Zuſtand: Die rechte Backe war geſchwollen, Haut und Zellgewebe über dem masseter beweglich, der masseter bei jeder Con— traction unter der Haut fuͤhlbar, im Zuſtande der Ruhe hart und geſpannt. An der inneren Seite der Wange ging ein feſter calloͤſer Strang von dem oberen Zahnrande, am zweiten Backenzahne, zu dem erſten unteren Backenzahne, ſo ſtraff, daß man nicht zwiſchen den Zähnen und dieſem Bande mit dem Finger durchdringen konnte. Die Kiefer konnten ſeitliche Bewegungen ausführen und zeigten dadurch, daß das rechte Kiefergelenk beweglich war. Der obere Zahnrand ſtand ein Wenig vor dem unteren, und durch dieſe feine Spalte mußte das feingeſchnittene Eſſen eingebracht werden. Zur Operation wurde eine, zwei Finger breite, Binde zwiſchen die Kie— fer gebracht und nach Unten als Schleife zuſammengebunden, wo— mit der Unterkiefer herabgezogen wurde. Der Zeigefinger der lin— ken Hand wurde nun untergeſchoben und durch mehrere Schnitte von Innen nach Außen Raum geſchafft, ſo daß der Finger bis zum letzten Backenzahne gefuͤhrt werden konnte. Nun konnte ein Spe— culum eingeführt werden; die ſich ſpannenden Bänder wurden all maͤlig eingeſchnitten und ſo endlich Raum zum Einbringen von zwei Fingern geſchafft. Dabei wurde die ganze Dicke des masse- ter getrennt, welcher ſich ſtellenweiſe knirſchend, wie Knorpel, durchſchnitt. Es wurde nun ein Holzkeil zwiſchen die Zaͤhne ge— legt und, waͤhrend der Nachbehandlung, damit und mit dem Spe— culum die Oeffnung des Mundes noch geſteigert. Dieſe ausdeh— nende Behandlung mußte fünf Monate fortgefegt werden, und im dritten Monate war ſogar eine zweite Trennung neu gebildeter Baͤnder nothwendig geworden. Zu dieſer Zeit ging ein Stuͤck des proc. coronoideus ab. Nach ſechs Monaten konnte Patient den Mund noch fingerbreit öffnen; aber man fühlte, daß noch ein Stuͤck des Oberkiefers ſich exfolſiren wollte. (London med. Gaz., 1841.) Heilung einer doppelten Harnroͤhrenfiſtel, nach einem neuen Verfahren, hat Herr Ricord der Académie de méd. mitgetheilt. Es war eine doppelte Harnroͤhrenfiſtel am penis, und ſein Verfahren beſtand darin, daß er kuͤnſtlich eine Fiſtel in dem Perinaͤaltheile der Harnroͤhre, mit dem Meſſer, und einen liegenbleibenden Catheter anlegte. Nachdem nun der Urin den neuen Weg genommen hatte, ging er zur Sutur der Fiſtel am penis uͤber. Ein erſter Verſuch wurde zu fruͤh gemacht und ſchlug fehl, weil der Urin noch nicht ganz den Weg durch das pe— rinaeum nahm; ein zweiter Verſuch gelang vollkommen. Sobald nun die Fiſteln am penis geheilt waren, wurde auch die Perinaͤal⸗ fiſtel mittelſt eines, von der Eichel aus eingefuͤhrten, liegenbleiben— den Catheters vollſtaͤndig geheilt. (Revue méd., Mai 1841.) Bibliographische Considérations générales sur la Regeneration des parties molles du corps humain. Par. H. Kuhnholtz. Montpellier 1841. 8. Ueber die Pferde: Züchtung, den Pferde- und Fuͤllen-Handel und die Remontirung der Cavalerie des Koͤnigreichs Hannover. Vom Rittmeiſter von Haſſel. Hannover 1841. 8. (Sehr lehr— reich in Beziehung auf Naturgeſchichte des Pferdes.) Rh eiten Traité de la législation des travaux publics et de la voierie en France. Par Armand Hlusson. 2 vols. Paris 1841. 8 Handbuch der mediciniſchen Klinik. Von Dr. Carl Cannſtatt. J. Bd. Erlangen 1841. 8. (Eine ſehr fleißige Bearbeitung, welche beſonders die neueren Reſultate aus der Phyſiologie, mit der Pathologie zu vereinigen ſtrebt.) — Z—ͤ—— — Neue Motizen aus dem Gebiete der Nakur - und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Mebdicinalratbe und Profeſſor Froriep zu Berlin. 0 Ne. 414. (Nr. 18. des XIX. Bandes.) September 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 g r. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 9g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. inn kun d e. Ueber die Species des Genus Ovis. Von Edward Blyth, Esg. *) Durch die Erlangung von Haͤuten mehrerer wilden Schaafarten bin ich, ſeitdem ich der Zoologiſchen Geſellſchaft meine fruͤhere Arbeit uͤber dieſes Genus vorgeleſen, in den Stand geſetzt worden, mehrere damals unentſchieden gelaſ— ſene Puncte aufzuklaͤren und der Liſte der Species einige neue Nummern hinzuzufuͤgen, ſo wie andere, als wahr— ſcheinlich ſpecifiſch verſchieden, der Aufmerkſamkeit reiſender Naturforſcher zu empfehlen. 1) Ovis Polii, nobis (das Pamir-Schaaf). In dem Reiſeberichte des beruͤhmten Venetianers Marco Polo leſen wir auf S. 142 der Mars de n'ſchen Ausgabe, auf der Hochebene Pamir, oͤſtlich von Bokhara, die 16,000 F. uͤber der Meeresoberflaͤche liegt, treffe man Wild in Menge, namentlich eine große Art Schaafe, deren Hoͤrner 3, 4, ja 6 Palmen lang ſeyen. Die Schaͤfer machen daraus Schoͤpf— loͤffel und Naͤpfe, aus denen fie eſſen. Sie ſtellen auch Zaͤune her, um ihr Vieh gegen die Woͤlfe zu ſchuͤtzen, die dort haͤufig ſeyn ſollen, und die auch unter den wilden Schaafen und Ziegen (moutoni v. becchi oder boucs) große Verheerungen anrichten. In neueſter Zeit hat Sir Alexander Burns (Travels in Bokhara, II., 208) nach den Ausſagen der Eingebornen uͤber ein gewiſſes Thier, Rasse genannt, berichtet, deſſen Hoͤrner ſpaͤter vom Lieute— nant Wood, einem Begleiter Burnes's, durch Herrn G. T. Vigne der K. aſiatiſchen Geſellſchaft uͤbermacht worden find. **) In dieſem prächtigen Schädel erkenne ich, ) Der Zoological Society in London vorgeleſen am 28. Juli 1840 und ſeitdem, mit mehreren Zuſaͤtzen bereichert, abgedruckt im Mais und Junihefte 1841 der Annals and Magazine of nat. history. ) Dieſes Paar Hörner war mit der Etikette „Rass oder Rush“ bezeichnet, und Sir Alexander Burnes ſchreibt über das fragliche Geſchoͤpf: „Ich hoͤrte von einem Thiere, wel— ches die Kirghiſen Rasse und die Bewohner des Unterlandes No. 1514. wenngleich nicht mit voͤlliger Sicherheit, die fruͤher von mir nach einem im Muſeum des Koͤnigl. Collegiums der Wund— ärzte befindlichen Horne beſchriebene Ovis sculptorum; da Kuschgar nennen; jedoch unterſcheidet Lieutenant Wood in feiner Reife nach der Quelle des Oxus (Narrative of a Jour- ney to the source of the Oxus p., 368) zwiſchen dem Rass und dem Kutsch-gar und ſchreibt dem erſteren geradeabſtehende fpiralförmig gewundene Hoͤrner, fo wie eine ſchmutzigbraune in's Roͤthliche ziehende Farbe zu. Herr Vigne hält dieſes Thier identiſch mit dem Markbur (p. 155), welcher, feiner Angabe zufolge, auf den Bergen von Budukſchan lebt, und den ich fuͤr eine verwilderte Ziegenrace halte, die ſich von der Kaſchmirziege nur durch ihre weit bedeutendere Größe unter- ſcheiden duͤrfte. Ueber ein Exemplar des Kutsch-gar oder wilden Schaafes bemerkt Lieutenant Wood: „Es war ein prächtiges Thier, fo hoch wie ein zweijähriges Fohlen (von der Kirghiſiſchen Ponyrace 2) mit ehrwuͤrdigem Barte und herr— lichen gewundenen Hoͤrnern, die, mit Einſchluß des Kopfes, eine ſolche Laſt hatten, daß man fie nur mit Mühe erheben konnte. Obgleich das Exemplar nicht gut bei Leibe war, bil⸗ dete deſſen Koͤrper doch, nachdem er ausgewaidet war, eine volle Ladung fuͤr ein Bagagepferd. Das Fleiſch war zaͤh und von ſchlechtem Geſchmacke; uͤbrigens ſagte man uns, daß es im Herbſte, wo das wilde Schaaf feiſt iſt, kein beſſeres Wild⸗ pret gebe. Der Kutsch-gar lebt in Heerden oder Rudeln von mehreren hundert Stuͤcken. Das Haar iſt von ſchmutzig— brauner oder fahler Farbe und gleicht mehr dem einer Kuh, als der Wolle eines (zahmen) Schaafes. Ein Skelett von dieſem Thiere und mehrere vollſtaͤndige Schädel wurden, meis nes Wiſſens, zu Indiana aufbewahrt.“ Dieſer Reiſende bes ftätigt Marco Polo's Angabe, welcher berichtet: „Wir ſahen überall Hörner umherliegen, welche die Kirghiſiſchen Jaͤger weggeworfen hatten Manche darunter waren ungez heuer groß. Die über den Schnee hervorragenden Spitzen zeigten uns oft die Richtung des Weges an, und wo deren ein großer Haufe lag, erkannten unſere Fuͤhrer die Stelle ei⸗ nes ehemaligen Sommerlagers der Kirgbiſen.“ Dieſe Gegend lag 14,400 F. über der Meeresfläche. Sonderbarerweiſe bes ſchlagen die Kirghiſen ihre Pferde mit dem Horne von dieſem Schaafe und machen auch Steiabügel daraus. „Das Hufei⸗ fen beſteht nur aus einem halbkreisfoͤrmigen Stuͤcke Schaaf⸗ horn, welches unter den vordern Theil des Hufes gelegt wird. Wenn das Pferd beſtaͤndig arbeiten muß, ſo hat es jede Woche wenigſtens einen neuen Beſchlag noͤthig.“ Burnes ward berichtet, der Rass ſey groͤßer, als eine Kuh, und kleiner, als 18 275 = jedoch der von mir aufgeftellte Character dieſer Species noch nicht im Drucke bekannt gmacht worden iſt, di fer er die Biegung des Hornes, wegen deren ich den Namen Scul- ptorum angenommen habe, wahrſcheinlich eine weniger ausgedehnte Spirale bildet, als gewoͤhnlich, und auch der Wohnort (der Taurus, in welchem ſich, meiner Vermu— thung nach, eine große, noch nicht beſchriebene Schaafart aufhaͤlt) verſchieden iſt, ſo ſchlage ich vor, das hier in Rede ſtehende prächtige Thier, unter dem Namen Ovis Po- lii, dem beruͤhmten venetianiſchen Reiſenden des dreizehnten Jahrhunderts zu widmen. Von dem Schaafe des Nordamericaniſchen Felſengebir— ges unterſcheidet ſich der Rass oder Rusch von Pamir durch die weit mehr hohlen und laͤngern Hörner, die mit denen des Hausſchaafes mehr Aehnlichkeit haben, aber ſich von dieſem wieder dadurch unterſcheiden, daß fie weit gro: ßer ſind, und daß ihre beiden vordern Kanten gleich ſtark entwickelt ſind. Wie bei dem Schaafe des Felſengebirges, und auch wohl der Normalbildung nach bei'm Hausſchaafe— (Ovis Aries), divergiren die beiden Hoͤrner zuerſt hinter— waͤrts, ſteigen dann abwaͤrts und winden ſich hierauf parallel mit der Körperare (Medianebene 2), worauf fie ſich, während fie ſich wieder ruͤckwaͤrts drehen, bis zur Spitze mehr aus waͤrts winden. Die beſchriebenen Hörner hatten zu ihrem Wahs— thume 6 bis 7 Jahre gebraucht und haben, laͤngs der Krümmung hin gemeſſen, jedes 4 F. 8 3. Laͤnge und an der Baſis 144 3. im Umfange. Die Spitzen, wel be ſchraͤg nach Hinten ſtehen, find 33 Fuß voneinander entfernt. Die obere Fläche der Hörner hat an der Baſis 35 3., 1 Fuß von der Baſis 24 3., und 2 F. von der Baſis 21 3. Breite. Die Hörner find an der Baſis oder Wurzel an der innern Seite 5 Zoll ſtark oder tief, und die Stellen, wo die Hoͤrner ſich parallel miteinander vorwaͤrts winden, liegen, auf den aͤußern Seiten gemeſſen, 14 F. voneinan— der. Die Lange der Jahreswuͤchſe betraͤgt 155, 105, 13, 8, 5, 3 und bei dem letzten, unvollendet gebliebenen, 1 3. Das einzelne Horn im Muſeum des Collegiums der Wind» ärzte hat zu feiner Entwickelung 7 bis 8 Jahre gebraucht, mißt aber laͤngs der Kruͤmmung nur 4 F. 4 3. An der Baſis iſt daſſelbe 6 Zoll ſtark oder hoch, und feine größte Breite, etwa bei der Mitte feiner Laͤnge, beträgt 23 Zoll. Die Länge der aufeinanderfolgenden Jahreswuͤchſe iſt 124, 9, 8, 8, 7, 5, 3 und der letzte unvollendete mißt 1 Zoll. Es iſt 3 eines Kreiſes weit ſpiralfoͤrmig und kaum nach Außen gewendet, nimmt dann aber ſeine Richtung bis zur Spitze ſtaͤrker nach Außen und beſchreibt im Ganzen etwa 14 Kreis. Als es auf dem Kopfe ſaß, mußte es ſich folg— das Pferd, von Farbe weiß und mit einem vom Kinne herab— haͤngenden Barte verſehen. Die Kirghiſen lieben deſſen Fleiſch ſehr und erlegen das Thier mit ihren Pfeilen. Es ſoll ſich am liebſten in den kaͤlteſten Berggegenden aufhalten, und zum Transporte des Fleiſches eines gewoͤhnlichen Exemplares ſind zwei Pferde (Kirghiſiſche Ponies) noͤthig. Uebrigens führt auch eine kleine Zibethkatze (Viverra Rasse, Horsfield, oder Viverra indica, Is, Geoffroy) den Namen Rasse. D. Verf. 276 lich bedeutend nach Innen winden und nicht parallel mit dem andern Horne berabſteigen, wie wir es faſt immer bei dem Hausſchaafe (Ovis Aries) finden. Beide Hoͤrner-Exem— plare find blaß gefärbt und tragen rauhe Queerfurchen, die im Allgemeinen einen Zoll voneinander entfernt ſind. Von dem Thiere iſt weiter nichts bekannt In Betracht der an beiden Exemplaren zu beobachtenden Ver chiedenheiten, iſt es keinesweges unwahrſcheinlich, daß ſie nicht derſelben Species, ſondern nur nahe verwandten Arten angehören, und in die— ſem Falle koͤnnte der von mir vorgeſchlagene Name Ovis sculptorum beibehalten werden 2), 3) und 4) Die Naturaliencabinette des weſtli— chen Europa haben, meines Wiſſens, nichts vom Sibiri— ſchen Argali (Ovis Ammon, Pallas ı aufzuweiſen, wo— rauf ſich eine Vergleichung mit dem Schaafe des Felſenge— birges (Ovis montana, Desmarest) gründen ließe; da aber Eſchſcholtz in feinem Zooloziſchen Atlas den Kamt— ſchatkaſchen Argali (Ovis nivicola) als eine beſondere Species beſchreibt die kleiner, als die beiden ebengenannten iſt, und bei welcher der an jenen beiden ſo auffallende blaß— gefärbte ſcheibenfoͤrmige Spiegel um den Schwan; fehlt, fo wird es um fo wahrſcheinlicher, daß die Sibiriſche Art nicht dieſelbe iſt, wie die des Felſengebirges, ſo aͤhnlich beide ein— ander auch ſeyn mögen. Die Beſchreibungen des Ovis Ammon ſcheinen in jeder Beziehung auf Ovis montana zu paſſen, wiewohl die wirkliche Vergleichung von Exempla— ren manche Abweichungen entdecken laſſen dürfte, wie dieß in aͤhnlichen Faͤllen mehrentheils, obwohl nicht immer, vor— kommt. Nach Herrn Drummond's Bericht erreichen die Hörner alter Widder von Ovis montana eine jo gewaltige Groͤße und biegen ſich ſo weit nieder und vorwaͤrts, daß dis Thier auf ebenem Boden nicht graſen kann. *) Daſ— ſelbe hatte früher Strahlenberg in Betreff des Sibiri— ſchen Argali bemerkt *), und es gilt, ohne Zweifel, auch vom Rass in Pamir. Das ſchoͤnſte Exemplar unter ſieben Shädeln vom erwachſenen Maͤnn chen der Felſengebirgsart befindet ſich in dem Cabinette unſerer Geſellſchaft und bietet folgende Maaße dar: Hoͤrner, uͤber der vordern Woͤlbung hin gemeſſen, 3 F. 5. 3 lang und an der Baſis, woſelbſt die vordern Kanten 43 Zoll auseinanderſtehen, 1 F. 54 im Umfange. Dieſe Hoͤrner bieten neun Jahreswuͤchſe von reſp. 9, 7%, 6%, 5, 45, 4, 2%, 14 und 1 Zoll Laͤnge dar. Ihr Durchſchnitt bildet ein ziemlich gleichſeitiges Dreieck; allein zwiſchen den Winkeln ſind die Seitenlinien ein We— nig auswaͤrts gewoͤlbt, die innere oder vordere Kante ragt ſtumpfwinklig hervor; die hintere iſt, ſo zu ſagen, doppelt, d. h., es iſt dort eine zweite Flaͤche, welche von der obern ſchwach abſetzt, und die untere Kante iſt ſo ſtark abgerundet, daß fie kaum den Namen Kante verdient. Die größte Tiefe des Horns betraͤgt etwa 6 Zoll. Von der Baſis der vor— dern Kante iſt die Spitze des Hornes in gerader Linie 11 Zoll entfernt. Der Abſtand beider Spitzen voneinander be— traͤgt 2 F. 2 3. Die Hoͤrner ſind uͤberall nach der Queere *) Fauna Americana-borealis. *) Beſchreibung der noͤrdlichſten Theile Europa's und Aſien's. 277 tief gefurcht, zumal vorne, und die Streifen zwiſchen den Furchen treten ſtark hervor. Wie bei allen Species dieſes Genus, werden die Streifen nach der Spitze zu mehr zu: ſammengedruͤckt. Ueber die Ovis nivicola, Eschscholtz, ſchreibt die- for Naturforſcher: „Unſer Exemplar iſt ein Männchen im Winteckleide, welches 5 Franzoͤſiſche?) Fuß lang und 2 F. 5 Z. hoch iſt. Die Stichelhaare ſind gelblichgrau, an den untern Theilen heller und am Kopfe und Halſe in's Stroh— gelbe ziehend. An der Vorderſeite ſind die Beine roſtbraun. Die Hörner find gleichſeitig dreieckig, an der Baſis 3 Zoll ſtark, und winden ſich auswaͤrts, ſo daß ſie einen vollſtaͤn— digen Kreis von 10 Zell Durchmeſſer bilden und ihre Spiz— zen nach Außen und Vorne ſtehen. Die obern und hintern Theile der Hörner find eben und mit tiefen Jahrringen oder Furchen verſehen, welche reſp. 7, 6, 5, 4, 3, 2, 2 und 13 3. voneinander abſtehen, ſo daß die Herner zu ihrem Wachs— thume 8 Jahre gebraucht haden. Außerdem bemerkt man daran noch viele ſchwache Queerfurchen, aber dazwiſchen keine Hervorragungen.“ Nach der Abbildung zu urtheilen, ſcheinen die Hoͤrner zwiſchen den Kanten keine Woͤlbung zu beſitzen, was doch bei der Art des Felſengebirges gewoͤhnlich, obwohl nicht allemal, der Fall iſt; auch ſcheint die Spiral— linie etwas gedehnter zu fern, naͤmlich ſich ein Wenig mehr nach Außen zu ziehen. Das befondere Anſehen an der Bas ſis der Vorderfuͤße, welches ſowohl durch die Beſchreibung, als die Abbildung, erläutert worden iſt, möchte wohl nur daher rühren, daß die axilla bei'm Aufſtellen des Eremplas res widernatuͤrlich auswarts gedreht worden iſt. Eſch— ſcholtz ſagt, dieſes Thier ſey in den Gebirgen Kamtſchat— ka's ungemein haͤufig und halte ſich im Sommer auf den mit ewigem Schnee bedeckten Hoͤhen auf, ſteige aber im Winter in die tiefern Gegenden herab. Der gemſenartigen Dehendigke t deſſelben wird in Kotzebue's Beſchreibung der in den Jahren 1823 — 26 ausgeführten Reiſe um die Welt gedacht. Im 18. Bande der Asiatic Researches, T. II., theilt Herr Hodgſon die Abbildung des gehoͤrnten Weid— chens des Nahur⸗Schaafes, ſo wie auch des Schaͤdels und der Hoͤrner eines jungen Widders mit, welchen er irriger— weiſe zu dieſer Species rechnet, wie er dieſelbe ſpaͤter auf— geſtellt und beſchrieben hat. Er fuͤhrt auch an, er habe einſt ein Paar Hörner beſeſſen, „die er kaum vom Boden haͤtte aufheben koͤnnen.“ Wir muͤſſen jedoch bemerken, daß die Beſchreibung, welche er am angefuͤhrten Orte von dem ſchadhaften Felle eines jungen Widders mittheilt, das er ſich mitten im Winter verſchaffte, offenbar auf das Natur Schaaf und nicht auf die Species mit Hoͤrnern paßt, deren Durchſchnitt ein Dreieck bildet, und von welcher wir bisher gehandelt haben. Nach Herrn Hodgſon's Beſchreibung waren die Hörner dieſes jungen Exemplars gleichſeitig drei— eckig, und die Abbildung ſtellt ſie ebenfalls ſo dar, waͤhrend die Species des Felſengebirges in demſelben Lebensalter ſehr ſtark zuſammengedruͤckte und keineswegs gleichſeitig dreieckige Hörner haben würde, Hätten wir es, was durchaus nicht unwahrſcheinlich iſt, hier mit einer eigenen, von Ovis Am- 278 mon verſchiedenen Species zu thun, fo wuͤrde ich fur dies ſelbe, jenem unermuͤdlichen Erforſcher der Zoclogie Nepal's zu Ehren, den Namen Ovis Hodgsonii vorſchlagen. 5) Ovis Californiana, Douglas. Der Jeſuiten— Miſſionaͤr Venegos deobachtete in Californien „eine Art wilder Schaafe von der Große eines ein- bis zweijährigen Kalbes mit außerordentlich dicken, wie die des gemeinen Widders geſtalteten Hoͤrnern und einem Schwanze, der kuͤrzer war, als der des Hirſches, woraus man ſchließen duͤrfte, daß die Species des Felſengebirges oder eine dieſer ſehr naheſtehende Art gemeint ſey. Nach der Be— ſchreibung des Herrn Douglas iſt der Schwanz des Cali⸗ forniſchen Argali 18 Zoll lang (S. Zoological Journal, IV., 332). „Das Thier,“ ſagt er, „mißt von der Schnau⸗ tzenſpitze bis zur Schwanzwurzel 5 F. 10 3.; iſt an der Schulter 2 F. 8 3. hoch und hat hinter den Schultern 6 F. im Umfange. Der Kopf ift 16 Zoll lang, mißt 7 Zoll zwiſchen (bis zu?) den Augen und 9 Zoll zwiſchen (bis zu?) den Hörnern. Die Ohren ſteben aufrecht und find 15 (44?) 3. lang und ſtumpf.“ Die im Naturaliencabinette unſerer Geſellſchaft befindlichen Hoͤrner dieſer Species haben mit denen der Species des Felſengebirges viel Aehnlichkeit, ſind aber glaͤtter und bilden eine weit gedehntere Spirale. Das endſtaͤndige Drittel iſt ſehr ſtark zuſammengedruͤckt, das Mit— telſtuͤck mittelmaͤßig und das Wurzelſtuͤck ſehr dick und drei— eckig. Die Hörner ſind erſt 4 — 5 jährig und wuͤrden gewiß bedeutend groͤßer geworden ſeyn. Sie ſind, laͤngs der vordern Echabenheit hin gemeſſen, 32 Zoll lang und haben an der Wurzel einen Umfang von 145 Zoll. Der Abſtand der innern Seite der Wurzel von der Spitze beträgt 12 Zell. Von der Spitze bis zur erſten Jahresfurche meſſen fie 122 Zoll, dann 64, 55, 43 und der begonnene fuͤnfte Jahreswuchs mißt 2 Zoll. Zwiſchen den ziemlich ſtumpfen und, wie gewöhnlich, nach der Queere geſtreiften Kanten bieten ſie keine Woͤlbung dar. Die Spitzen ſtehen ungefaͤhr 33 Zoll weit voneinander ab. „Nach den Ausſagen der um die großen Waſſeffaͤlle des Columbiafluſſes her wohnenden Indianer, bemerkt Herr Douglas, ſcheint dieſe Species die Vorberge des Moods, St. Helena» und Vancouver-Gebirges zu bewohnen; aber in den bergigen Gegenden, im Innern Californien's, iſt ſie am Haͤufigſten. Die einzige gute Haut, die mir je zu Ge⸗ ſichte gekommen, erhielt ich unter 46° 14“ 55" n. Br. und 121° 17 0“ d. L.“ Forbes ſcheint dieſe Species im Sinne zu haben, wenn er in ſeiner kuͤrzlich erſchienenen Schrift über Californien von dem Berindo ſpricht, welcher Name in Mexico der Antilocapra furcifera beigelegt wird. Er beruft ſich indeß auf die Beſchreibung des Vene— gos, gedenkt auch des kurzen Schwanzes, und bemerkt fers ner, daß dieß Thier an dem Fuße der Gebirge noch haͤu⸗ ſig und ſtets in großen Heerden zu finden ſey. Nach der Beſchreibung ſcheint es mir nicht, daß Forbes das Thier mit gabelfoͤrmigem Gehirne meint. Hiernähft koͤnnten wir erſt das zahme Schaaf, Ovis Aries, und dann den Corſicaniſchen Mouflon anführen ; al: lein ich halte es für paſſender, hier die kleine Gruppe vom 18 * 279 Himalaya und, wie es ſcheint, auch vom Caucaſus einzu— ſchalten, welche durch glatte und faſt cylindriſche Hörner characteriſirt iſt, welche einen kuͤhnen Bogen beſchreiben, der zu der Koͤrperaxe beinahe rechtwinklich gerichtet iſt, und de— ren Spitze hinterwaͤrts ſteht. Dahin gehoͤrt die 6) Ovis Nahoor, Hodgson, der Nahur oder Ner— vati und Sna (nicht Scha) Thibet's. Er hat die Groͤße der ſtaͤrkern zahmen Schaafracen, blaſſe Hoͤrner und erwachſen im Allgemeinen eine ſchmutzig braͤunlichgraue Farbe mit den gewoͤhnlichen, mehr oder weniger ſtark markirten dunkeln Abzeichnungen auf dem Geſicht, der Bruſt und an den Bei— nen. Bei den jüngern Thieren beſonders iſt das Haar, wenn es ſich erneuert, an den Spitzen heil rothbraun und auf der Mittellinie des Ruͤckens dunkler. Der Schwanz iſt buſchig und ſticht durch ſeine weiße Farbe ab, waͤhrend deſſen Medinnlinie mehrentheils ſchwarz iſt. Hodgſon giebt die Laͤnge des Thiers von der Schnauzenſpitze bis zur Schwanzwurzel zu 4 F. und die Hoͤhe am Ruͤcken zu 32 Zoll an. Ein Weibchen maaß von der Naſenſpitze bis zur Schwanzwurzel 3 Fuß 4 Zoll, und die Höhe der Schulter betrug 29 Zoll. Von der Naſenſpitze bis zwiſchen die Hoͤr— ner maaß ein Widder 84 Zoll; die Ohren waren 41, der Schwanz 4 oder bis an die Spitzen der Haare 7 Zoll lang. Ein Paar Hörner, die das Naturaliencabinet unſerer Ge: ſellſchaft beſitzt, die aber bei weitem nicht ausgewachſen ſind, haben an der Wurzel 12 Zoll im Umfang und an der Krümmung hin gemeſſen 20% Zoll Laͤnge. Ihre Spitzen ſtehen 27 Zoll weit von einander ab. Die Laͤnge der ver— ſchiedenen Jahreswuͤchſe betrug 68, 4, 3, 23, 23 und 13 Zoll. Hr. Hodgſon gedenkt eines Paars Hoͤrner, von des nen jedes 32 3. lang war. Die eines ſehr alten Weibchens, welches ſich in dem Britiſchen Muſeum befindet, haben ge— nau dieſelbe Kruͤmmung wie bei'm Maͤnnchen, nur ſind die Spitzen weniger ſtark nach Hinten gekehrt. Sie ſind jedoch ſehr ſtark zuſammengedruͤckt. Ihre Länge beträgt 94 Zoll, ihr Umfang an der Wurzel 43 Zoll, und die Spitzen ſtehen 14 Zoll von einander entfernt. Bei einem andern, in un— ſerm Cabinette befindlichen Weibchen fehlen die Hoͤrner ganz Dieſes Weibchen und ein junges Maͤnnchen, welches ich un— laͤngſt bei Hrn. Leadbeater unterſuchte, ſtimmen genau mit Hrn. Hodgſon's Beſchreibung uͤberein, indem ſie blaß ſchieferblaues Haar haben, das auf dem Ruͤcken dunkler war und, zumal auf dem Ruͤcken, rothbraune Spitzen hat, wodurch das Thier im Allgemeinen ein faſt iſa— bellfarbenes Anſehen erhaͤlt. Ein altes, im Naturalienca— binette der Linneiſchen Geſellſchaft befindliches Maͤnnchen “) und das alte Weibchen im Britiſchen Muſeum, ſo wie ein andres mir zu Geſicht gekommenes Fell, haben in ihrem gegenwaͤrtigen Zuſtande eine durchaus andre Faͤrbung und waren wohl auch im friſchen Zuſtande ſehr verſchieden ge— ) Welches in der Fauna Americana-borealis fälſchlich als Ovis Ammon (Vergl. Vol. I. p. 274) und in Part. 6, p. 79 der Verhandlungen unſerer Geſellſchaft (v. 10. Juli 1838) fuͤr ein zweites Exemplar der Ovis Burrhel erklart wird. 280 fürbt. Sie bieten alle drei eine ſchmutzig graubraune Farbe dar, die ſich ſchwer durch Worte beſchreiben laͤßt. Die Hoͤrner des Nahur haben ziemlich dieſelbe Art von Biegung, wie die der naͤchſten Species, bieten aber den— noch viele ſtark hervortretende Verſchiedenheiten dar. Sie find weit größer, an der Wurzelhaͤlfte verhaͤltnißmaͤßig ſtaͤr— ker und nach der Spitze zu ſich ſchnell verduͤnnend; die hin— tere Seite nimmt ſich ſehr platt aus und die Erhabenheit tritt laͤngs ihrer Mitte weit deutlicher hervor; auch ſind alle Kanten verhaͤltnißmaͤßig ſchaͤrfer, und es ſind, beſonders nach den zuſammengedruͤckten endſtaͤndigen Theilen zu, meh— rentheils Spuren von Queerſtreifen vorhanden, waͤhrend die Hoͤrner des Burrhel-Schaafs weit weniger ſcharfkantig, von tief rothbrauner Farbe und ganz glatt ſind. Die des be— ſchriebenen Nahur-Schaafweibchens waren ganz ohne Queerfurchen; allein bei allen Exemplaren ſind die Jahres— wuͤchſe durch tiefe Einſchnitte deutlich bezeichnet. Dieſe Species wohnt, nach Hrn. Hodgſons Anga— be, in dem Nepalſchen Diſtrict Kachar (Katſchar), nördlich von dem Wohngebiete der Iharal-Ziege, mitten unter den Gletſchern des Himalaya- Gebirges, ſowohl nördlich, als ſuͤdlich von dejen Kamme. Von Hen. Vigne erfahre ich, daß ſie in Groß-, aber nicht in Klein-Thibet haͤufig iſt; doch habe ich Grund zu glauben, daß ſie nie in ſo bedeu— tenden Hoͤhen angetroffen wurde, als die zunaͤchſt zu erwaͤh— nende Art. (Fortſetzung folgt.) Mise elle n. Ueber die iris hat Herr Grimelli fein Injections-Ver⸗ fahren und die Reſultate feiner Arbeiten (in den Memor, dell’ med. contem.) bekannt gemacht. Die Subſtanzen, welche Herr Gri— melli für die ſehr feinen Ingjectionen dieſes Organes am geeig— netſten fand, find das, mit verſchiedenen Sudftangen gefärbte, Oli— ven⸗ oder Nußoͤl; fie gewaͤhren den Vortheil, daß fie bis in die feinſten Gefaͤßaſtchen eindringen, ohne durch deren Wände zu err travaſiren, und daß fie die von ihnen imprägnirten Theile ziemlich lange Zeit erhalten. — Bei'm Injiciren von Kinderleichen fand Herr Grimelli, daß die iris, von dem weichen und dilatirten Zuſtande, in welchem ſie ſich befand, anſchwoll und ſich um mehr als die Haͤlfte ihres Diameters zuſammenzog, ebenſo, wie wenn während des Lebens das Licht auf die retina einwirkt. Dieſe Thatſache ſcheint alſo zu beweiſen, daß die iris aus einer Vereini— gung von Gefaͤßen zuſammengeſetzt iſt, welche eine Scheibe bilden, in deren Mitte ſich die Pupille befindet, und deren groͤßter Um— fang ſich an den Rand der sclerotica anlegt und befeſtigt, da, wo diefe ſich mit der Hornhaut vereinfgt und wo ſich der circulus ci- liaris befindet. Mittelſt der Loͤupe und des Mikroſcops ſieht man, daß dieſe ſehr feinen Gefäße, welche die iris bilden, zwiſchen den Pupillar- und Ciliarkreiſen, unter der Form von geradlinigten, krummlinigten, in Zickzack gekruͤmmten und auf eine unzertrenn⸗ bare Weiſe zuſammengehaͤuften Strahlen geordnet ſind. Auch be— merkt man einige, aber niemals zahlreiche Zeraͤſtelungen, welche zwiſchen dem kleinen Pupillarrande und dem großen Ciliarkreiſe, mehr oder minder nahe aneinander liegend, geordnet find, Aus einer ſolchen Anordnung von ſtrahlenartig gelagerten, am großen Kreiſe befeſtigten und am kleinen beweglichen Gefaͤßen geht hervor, daß der Zufluß und die Turgescenz des Blutes die iris auftreiben, ins dem ſie die Pupille verengern, und daß dagegen der Ruͤckfluß des Blutes, die Verminderung der Turgescenz die Membranen zuſam— menlegen, indem fie die Pupillaröffnung erweitern. — Es iſt alſo, 281 den Experimenten des Herrn Grimelli zufolge und der ange: nommenen Meinung über die musculöfe Natur der iris entgegen, dieß Organ aus einem auftreibungsfahigen Gefaͤßgewebe zuſam⸗ mengeſetzt, in welchem die arteriöfen Gefäße praͤdominiren; Herr Grimelli iſt uͤberdem auf den Gedanken gefuͤhrt worden, daß die Muskeln der Gefaͤßknoͤchelchen in aͤhnlicher Weiſe gebildet ſind. Ueber die vesicula prostatica, das heißt, über ein Rudiment des uterus, welches Herr Profeſſor Weber, 282 in Leipzig, im männlichen Körper des Menſchen und des Biebers entdeckt hat, hat derſelbe in der Verſammlung der Naturforſcher und Aerzte zu Braunſchweig, am 19. September, einen, durch Präparate erläuterten, Vortrag gehalten. Dieſe vesicula prosta- tica liegt zwiſchen den Ausführungsgängen der Saamenblaſen und dient bei'm Menſchen als Veutil-Einrichtung, mittelſt deren ver— hindert wird, daß kein Harn ruͤckwaͤrts in die ductus ejaculato- rios eindringen kann. in Abe Bildung knorpeliger Platten und atheromatoͤſer Ablagerungen auf und zwiſchen den Arterien— haͤuten. Von Dr. K. E. Haſſe. Was die Bildung der halbknorpeligen Platten betrifft, ſo laͤßt ſie ſich durch das ganze Arterienſyſtem verfolgen und kommt auf der freien Oberflaͤche der innern Haut zu Stande. Es entwickeln ſich dieſelben hoͤchſt wahrſcheinlich aus einer halbfluͤſſigen, beinahe gallertartigen Maſſe von manchmal blaßgelblicher oder blaßroͤth— licher Faͤrbung, welche eine mehr oder weniger ausgebreitete Schicht auf der innern Oberflaͤche der Arterie bildet, Dieſe Schicht iſt in der Aorta und in den groͤßeren Gefaͤßen in ziemlicher Menge, fo daß, z. B., Bizot einen großen Theil der Art. tibi- alis antica beinahe ganz von ihr ausgefüllt fah. Es iſt ungewiß, ob dieſe Schicht durch eine krankhafte Ausſchwitzung der innern Arterienhaut gebildet, oder ob ſie unmittelbar aus der Blutmaſſe abgeſetzt wird. Die letztere Meinung hat mehr Wahrſcheinlichkeit fuͤr ſich, wenn man bedenkt, daß die innere Gefaͤßhaut, ſo wie die uͤbrigen Haͤute dabei im Anfange durchaus unveraͤndert gefunden werden, daß die gallertartige Schicht meiſtens an ſolchen Stellen der größern Gefaͤße vorkommt, wo Aeſte von ihnen abgehen, daß ſie haͤufiger und in groͤßerer Menge in den kleinern und von dem Herzen entferntern Arterien, wo der Blutſtrom weniger maͤchtiger iſt, angetroffen, und daß ſie nur auf der freien Oberflaͤche der Ar— terien, niemals (obgleich dies einige Anatomen angeben) aber zwi— ſchen ihren Haͤuten gebildet wird. — Bizot haͤlt ſie fuͤr ein Product der krankhaften Secretion der innern Haut, für eine ent: zuͤndliche Erſcheinung. Neben dieſen ganz weichen Ablagerungen findet man zuweilen in demſelben Individuum etwas feſtere, welche zu gleicher Zeit in— niger mit der innern Gefaͤßhaut zuſammenhaͤngen, andere von noch größerer Conſiſtenz, welche weißlich und mehr undurchſichtig find, noch andere, welche mit gekochtem Eiweiß die groͤßte Aehnlichkeit haben; endlich zeigen ſich haͤutige Platten von beinahe knorpeliger Beſchaffenheit, ſo daß man, wenn auch nicht in dem naͤmlichen Subjecte, doch nach und nach den deutlichen Uebergang von der gallertartigen Schicht bis zu den halbknorpeligen Platten beobach— ten kann und die Entſtehung der letztern aus den erſtern kaum ei— nem Zweifel unterliegen dürfte. Dies wird noch mehr beſtaͤtigt durch die Erfahrung von Bizot, welcher bei jüngern Individuen haͤufiger die weichen, bei ältern die haͤrteren Ablagerungen fand. Meiſtentheils iſt es nicht moͤglich, unter dieſen Platten eine Spur der innern Haut aufzufinden; denn wenn man bei'm vorſichtigen Abziehen dieſer Haut den gallertartigen Ueberzug zugleich mit ent— fernen konnte, ſo pflegt ſie an den Graͤnzen der knorpeligen Plat— ten abzureißen; es find dieſelben demnach in unmittelbarer Beruͤh— rung mit der mittleren Arterienhaut. Bei einigen Präparaten habe ich indeſſen deutlich beobachtet, daß die innere Haut ſich un— ter der Platte noch unverändert fortſetze. Zuweilen löfen ſich ſolche halbknorpelartige Platten theilweiſe von ihrer Unterlage ab und geben dann Gelegenheit zur Abſetzung von faſerſtoffigem Ger rinnſel an ihrem in die Arterienhoͤhle hineinragenden Rande. Ich habe dies zweimal in der Aorta abdominalis geſehen. Dieſe halbknorpeligen Platten verharren fpäter in demſelben Zuſtande, fie ſcheinen nur an Dicke zuzunehmen; der Verknoͤche— rung aber find fie niemals ausgeſetzt, obgleich Andral u. A., faͤlſchlich das Gegentheil annehmen. Wenn mehrere Platten ſich nahe bei einander befinden, ſo wird oft die ganze Arterienober— flaͤche in ziemlicher Ausdehnung von einer duͤnnen, durchſcheinen— den Pſeudomembran bedeckt, wodurch es das Anſehen bekommt, als beftände die innere Haut aus mehreren Lamellen, und als ſetze ſich dieſelbe uͤber die halbknorpeligen Platten fort Unter ſolchen Umſtaͤnden bekommen die Arterienwaͤnde eine ungewoͤhnliche Dicke, ſie werden ſteifer, minder elaſtiſch, und ihre freie Oberflaͤche nimmt eine zartrunzlige oder faltige Beſchaffenheit an, ohne des— wegen ihre Glaͤtte zu verlieren. Ganz anders geht die Ablagerung des atheromatöfen Stoffes vor ſich. Derſelbe erzeugt ſich zwiſchen der innern und mittleren Haut und ſelbſt zwiſchen den Faſern der letztern; durch ſeine wei— tere Umbildung wird ſowohl ſeine Haut theilweiſe zerſtoͤrt, als auch ſpaͤter die innere, und es entſtehen zugleich die ſogenannten Verknoͤcherungen der Gefäße. Den erſten Anfang dieſer krankhaften Vorgaͤnge erkennt man in kleinen, mehr oder weniger deutlich umſchriebenen, rundlichen Flecken, welche dieſelbe gelblichweiße Farbe wie die Arterien, nur in einem intenſivern Grade, zeigen. Man findet dieſe Flecken bei jüngern Individuen am gewoͤhnlichſten in der Aorta thoracica, wo ſie in der Naͤhe des Urſprunges der Intercoſtalarterien ſo gruppirt ſind, daß ſie zu beiden Seiten in zwei unterbrochenen Linien der Laͤnge nach verlaufen. Anfaͤnglich ſind ſie ganz flach, nach und nach aber bilden ſie leichte Erhoͤhungen. Wenn man unter dieſen Umſtaͤnden die innerſte Haut abzieht, ſo bemerkt man, daß ein weißlicher, dem gekochten Eiweiße einigermaaßen aͤhnlicher Stoff zugleich mit derſelben theilweiſe emporgehoben wird, theil— weiſe an der mittleren Haut haͤngen bleibt. Dieſe Haut ſelbſt er— ſcheint an ſolchen Stellen von hellgelber Farbe, ziemlich ſproͤder Beſchaffenheit, und ihre faferige Structur läßt ſich viel weniger deutlich erkennen. Selten bleibt die Degeneration auf der angegebenen Stufe ſtehen, indem ſie ſich nur der Flaͤchenrichtung nach ausbreitet und oft ausgedehnte Strecken der Arterien einnimmt; in der Regel treten weitere Veränderungen ein, welche vorzüglich dem mittleren und hoͤhern Alter eigenthuͤmlich find. — Die oben beſchriebene zwiſchen der inneren und mittleren Haut befindliche Maſſe erweicht ſich naͤmlich und nimmt an Menge zu, ſo daß ſie bucklige Hervor— ragungen auf der freien Oberfläche der Arterien bewirkt. Mau findet dann das krankhafte Product von allen Graden der Con- ſiſtenz zwiſchen der des gekochten Eiweißes und des Eiters; mei: ſtens gleicht es in ſeinem Anſehen ganz dem Erbſenmus. Bizot hat oft darin glänzende, dem Goldpulver aͤhnliche Koͤrperchen ger feben, und Cruveilhier Anhaͤufungen, welche ganz dem Chole⸗ ſterineblaͤttchen mancher Gallenſteine glichen. Dieſe Maſſen ſind von Gluge “) mikroſcopiſch unterſucht und als Anhaͤufungen von Fettkuͤgelchen erkannt werden. — In demſelben Maaße, als die Erweichung fortſchreitet, wird nun die mittlere Arterienhaut eben⸗ falls erweicht und aufgeloͤſ't, ſo daß nur ein Reſt ihrer Faſern, ) Anatomiſch⸗mikroſcop. Unterf. 1839. Heft 1., S. 130. 283 gan: nah Außen, noch unverändert bleibt und endlich wohl auch zerftöre werden kann. Die innere Haut widerſteht ziemlich langes zuletzt aber ſpaltet ſie ſich und laͤßt den fluſſigen Theil der unter kor aageſammelten Maſſe allmälig austreten. In vielen Fallen loͤſ't fie ſich im ganzen Umfange der ergriffenen Stelle, und es bildet ſich dann ein mehr oder weniger ausgedehntes Geſchwuͤr, deſſen von den Reiten der mittleren und von der äußern Arterien— haut gebildeter Grund unmittelbar von dem Blutſtrome beipült wird. Oft findet man eine ziemliche Anzahl ſolcher Geſchwuͤre zu: gleich in der Aorta (namentlich in der A. abdominalis), in welcher fie häufiger vorkommen, wahrend fie in den kleinern Arterien zu den ſeltenern Erſcheinungen gehören. In der patholog. Samml. des Jacobshoſpitales zu Leipzig befindet ſich eine Aorta, die in ih— rer ganzen Laͤnge eine beinahe fortlaufende Reihe von Geſchwuͤren zeigt. Es ſind dieſelben von ſehr unregelmaͤßiger Geſtalt mit flachen, ſcharfen, riſſigen Raͤndern und einem ungleichen, bald flachen, bald plotzlich in die Tiefe reichenden Grunde. In ihrer Umgebung findet man in der mittleren und innern Haut keine Spur von Entzündung oder Gefaßbildung; häufig aber zeigen ihre Ränder und zum Theil auch ihr Grund eine ziemlich intenſive graue oder ſchwarze F irbung, und man bemerkt in ihrem Um⸗ fange kleine Faſerſtoffgerinnſel, welche ſich manchmal zu anſehn⸗ lichen geſchichteten Maſſen anhaͤufen. — An allen dieſen Veraͤnde⸗ rungen nimmt die Zellhaut der Arterien fortwährenden Antheil, in— dem fie ſich nach Verhaͤltniß des Fortſchreitens der atheromatäfen Entartung verdickt, und indem ſich zugleich ein ziemlich dichtes Netz von feinen Gefaͤßen in ihr entwickelt. Anſtatt daß jene zwiſchen der mittleren und innern Haut ab— geſetzte Subſtanz den eben beſchriebenen Erweichungsproceß durch— macht, kann ſie auch der Verknoͤcherung unterliegen, und zwar ge— ſchieht es haͤufig, daß ſolche deſorganiſirte Stellen zum Theil ver— Enöchern, zum Theil durch den Uebergang in Erweichung zerſtoͤrt werden. während zugleich der erſte Grad der atheromatöfen Bile dung in immer weiterer Ausdehnung die naͤchſtgelegenen Stellen der Arterien ergreift. Dergleichen Verknoͤcherungen zeigen ſich un— ter der Form meiſtens dünner, ſehr zerreiblicher Blaͤttchen, welche eine blaßgelbliche Farbe haben. Die innere Haut geht unveräns dert über dieſelben hinweg; verſchwindet aber zuweilen völlig, To daß der Blutſtrom in unmittelbare Beruͤhrung mit dem Knochen: blaͤttchen kommt. Daſſelbe vergrößert ſich auf Koſten der mittle— ren Haut, deren Faſern zuſammengedraͤngt und immer duͤnner, trockner und ganz atrophiſch werden, oder unterhalb der Virknoͤ— cherung durch Ablagerung jener fluͤſſigen atheromatoͤſen Maſſe ver— ſchwinden. Obgleich die Knochenſchuppen an ihren Raͤndern ziem— lich feſt mit den Arterienhaͤuten zuſammenhaͤngen, ſo bekommen ſie doch zuweilen in ihrer Mitte Spruͤnge und Riſſe, beguͤnſtigen ſo die ulceröfe Beſchaffenheit der Gefäße und ragen theilweiſe abge— loͤſ't in ihr lumen hinein. Oft vermehren fie ſich in allen Dimen— ſionen und bilden rauhe, erhabene Hoͤcker auf der innern Flaͤche der groͤßern Staͤmme. Valentin, der die krankhaften knoͤchernen und erdigen Con— cremente im menſchlichen Körper einer mikroſcopiſchen Unterſuchung unterworfen hat '), weiſ't nach, daß die fogenannten Verknoͤcherun— gen der Gefaͤße ſich durchaus von der eigentlichen Knochenſubſtanz unterſcheiden; er nennt fie organifirte Kalkablagerung, inſofern als in ihnen die erdige Subſtanz in Form runder, ringartiger oder un— regelmaͤßiger, compacter Koͤrper mit nach allen Richtungen aus— ſtrahlenden Verlaͤngerungen in eine helle, mehr oder weniger la— mellöfe und ſehr fein gekoͤrnte organiſche Grundlage abgeſetzt wird. In ſeltenern Fällen geht die Rückbildung der atheromatoͤſen Ablagerungen und der durch ihr Erweichen entſtandenen Geſchwuͤre ohne Ablagerung von Knochenerde durch bloße Vernarbung vor ſich. Man findet alsdann auf den Arterienhaͤuten inwendig ſchwaͤrzliche, vertiefte Flecken, in deren Bereich ſaͤmmtliche Haͤute verduͤnnt und narbenartig verſchrumpft find. Nicht allein die einzelnen Formen und Grade des atheromato— ſen Krankheitsproceſſes finden ſich haͤnſig an einem Puncte verei— nigt, ſondern es iſt auch ſehr gewoͤhnlich, zugleich die halbknor— „) Repert. f. Anat. und Phyſ. Bd. 1. Hft 8 u. 4. Seite 817. 284 peligen Platten an ſolchen Stellen anzutreffen, fo daß man das durch allerdings verleitet werden konnte, bei einer weniger genauen Unterſuchung den Uebergang dieſer letztern in Verknoͤcherung anzu— nehmen. Wir haben indeſſen geſehen, wie ſehr ſich beide durch ih— ren Sitz und ihre Entſtehungsweiſe von einander unterſcheiden. Die atheromatöfen Ablagerungen werden ſowehl in der aorta als auch in den Eleinern Gefäßen deobachtet, mit dem Unterſchiede, daß in den letztern der Uebergang in völlige Erweichung und Ulce— ration ungleich ſeltener vorkam. Dagegen kann die Abſonderung des krankhaften Stoffes an einzelnen Stellen ſich beinahe bis zur Verſtopfung des Gefäaßcanales ſteigern “). In der aorta iſt, aus den gegebenen Grunden, nur in ſeltenen Ausnahmen Verengerung oder Obliteration zu erwarten, fondern die gleichzeitige Bildung der halbknorpeligen Platten und der atheromatdoͤſen Veränderungen fuͤhrt eher eine Erweiterung herbei, immer wenigſtens eine Verminde— rung oder Aufhebung der Elaſticitaͤt der Arterienhaͤute in Folge der völligen oder faſt völligen Zerſtorung der mittleren Haut und der Erzeu— gung der cartilaginöfen Maſſe, welche faſt gar keine Elaſticität bejigt. Die aorta iſt dann ein inertes Rohr, welches ſich durch den Stoß des Blutſtromes kaum erweitern und darauf nicht wieder zuſammenzie— hen kann. Daher der Urſprung mancher Erweiterungen der aoıta ohne ancurysmatiſchen Sack, in welchen Fällen ſtets ſehr viele knorpelige Platten und ausgebreitete atheromatoͤſe Degenerationen ſtattfinden, ſo daß nur die aͤußere zellige Haut unveraͤndert bleibt. Eine feine Pfeudomembran überzieht zwar meiſtentheils die knor— peligen Platten; fie iſt aber an Conſiſtenz, Farbe und Durchſich— tigkeit von der innerften Haut verſchieden und fest ſich nicht uns mittelbar in die letzte fort. Außer der oben beſchriebenen Art der Gefaͤßverknoͤcherungen findet ſich in den kleinen Arterien, vorzuͤglich in denen der un— tern Extremitaͤten, noch eine andere, welche von den atheroma— toͤſen Ablagerungen unabhängig iſt, und die ſchon von Andral und Lobſtein ſehr richtig unterſchieden wird. Hierbei wird ſehr ſelten die innere Haut in Mitleidenſchaft gezogen und nur die Fa— ſern der mittleren erleiden eine Veraͤnderung. Dieſe Haut, welche im gefunden Zuftande eine glatte, dichte, aue innig mit einander verbundenen Faſern beſtehende Schicht bildet, verliert ihr gleichmaͤ— ßiges Anſehen, indem einzelne ihrer Faſern atrophiſch werden, verſchrumpfen, eine feinkoͤrnige Oberfläche bekommen und, anſtatt elaſtiſch zu fiyn, leicht zerreißlich und fpröde werden. Die Arterie erſcheint hierdurch ſchon von. Außen, namentlich aber von Innen, runzlig und faltig und iſt deutlich erweitert. Schneidet man ſie von einander, fo läßt fie ſich nur ſchwer ausbreiten und die Schnitte raͤnder ſehen franzig und wie zerriſſen aus, was offenbar von den verſchjedenen Faſern der mittleren Haut herruͤhrt, deren einige ihre elaſtiſche Beſchaffenheit behalten, waͤhrend andere dieſelbe verloren haben. Wird die Mehrzahl der Faſern atrophiſch und ſproͤde, ſo weichen ſie auch wohl theilweiſe aus einander, die Arterie wird dann ungleichmaͤßig erweitert und bekommt ein duͤnnhaͤutiges, hie und da eingeſchnuͤrtes Anſehen. Dieſe Veraͤnderung beobachtet man am haͤufigſten an den art. iliacis und namentlich an der art. eruralis. In vielen Faͤllen fest ſich nun in dieſe atrophiſchen Fa— fern phosphorſaurer und kohlenſaurer Kalk, in Form von dicht an einander gereihten Koͤrnchen, ab, ſo daß ſie in knoͤcherne, lineaͤre Leiſten verwandelt werden, die endlich ringfoͤrmig das ganze lumen der Arterien umgeben, welche Verknoͤcherung ſich in weiter Ausdeh— nung über den ganzen Verlauf einzelner Gefäße und ihrer Aeſte erſtrecken kann und ihrer innern Oberflaͤche ein rauhes, koͤrniges Anſehen geben. Endlich hat Bizot (a. a. O. S. 346) eine dritte ſehr ſeltene Art von Verknoͤcherung an den art. tibialis articae post. und an der a. peronea beobachtet, welche in kleinen kalkigen Koͤrnchen beſteht, die ſich in lineaͤrer Richtung auf der innern Haut anhaͤu— fen und anfangs elliptiſche Gruppen bilden, nach und nach aber ſich zu unregelmaͤßigen Koͤrnern vereinigen und urſpruͤnglich um queerlaufende Fiſſuren der innern Arterienhaut abgelagert werden. *) Eine Abbildung dieſes Verhaͤltniſſes findet ſich aus J. Clo⸗ quet's Patholog. chirurg. Pl. II. in R. Froriep's dir, Kupfertafeln wiedergegeben, T. 289. 285 Es iſt bereits in dem Vorhergehenden erwähnt worden, daß nicht in allen Arterien die beſchriebenen Veranderungen uberhaupt oder gleich häufig vorkommen. So finden ſich ſammtliche Formen der Erkrankung vorzugsweiſe oft auf der hintern Flache der aorta, und die Ulcerationen werden gewöhnlich nur in der gorta abdomi- nalis beobachtet. Was die Häufigkeit der ſecundaͤren Formen (atheromatoͤſe Erweichung und Verknocherung) in den übrigen Ar— terien betrifft, ſo ſtellt Bizot ſie in die folgende aufſteigende Rei— he: Tibialis postica, carotis cerebralis, tibialis antica, pero- nea, subelavia, coronaria cordis, poplitea, cruralis, iliaca com- munis, radialis, anonyma, brachialis, axillaris, ulnaris, carotis facialis, carotis communis. Für die Knochen giebt Lobſtein (Traite d’anat, path. T. II. p. 558) eine aͤhnliche Reihenfolge: Arcus aortae, extremitas iliaca aortae, aorta thoracica, liena'is, aorta abdom., cruralis und ihre Aeſte, spermatica, hypogastrica und ihre Aeſte, coronaria cordis, Aeſte der subelavia, Theilung der carotis comm., Windungen der carotis cerebr,, Aeſte der ca- rotis exter., Arterien der Bruſt und Bauchwandungen, brachialis und ihre Aeſte, Zweige der umbilicalis, Arterien der Hirnſubſtanz, art. pulmonalis. Sehr merkwuͤrdig iſt die Beobachtung von Bizot, welcher als ein beſtimmtes Geſetz das ſymmetriſche Vorkommen der ver— ſviedenen Artertenleiden fand, fo daß in den entſprechenden Arte: rien der beiden Koͤrperhaͤlften an derſelben Stelle dieſelbe krankhafte Veraͤnderung beinahe in dem naͤmlichen Grade und derſelben Aus: dehnung zur Entwickelung zu kommen pflegt. Das Geſchlecht ſcheint keinen weſentlichen Einfluß auf die be— ſchriebenen Läſionen zu haben, außer daß dieſelben bei Weibern erft in einem ſpaͤtern Alter und felten in bedeutender Ausbildung ge— funden werden, und daß bei Männern die art. coronariae cordis und die Arterien der untern Extremitaͤten ungleich häufiger er: kranken, waͤhrend bei Weibern in der aorta abdom. (an ihrer Theilung und am Urſprunge der a. mesenterica infr.) und in den Arterien der obern Extremitaͤten die Verknoͤcherungen öfter als bei Maͤnnern vorkommen. Das Alter dagegen iſt in dieſer Hinſicht von der auffallend— ſten Bedeutung. Alle die einzelnen krankhaften Erſcheinungen neh— men an Häufigkeit und Ausdehnung in immer ſteigendem Verhaͤlt— niſſe zu, je älter die Individuen find, die man unterſucht; und zwar findet man bei jüngern Perſonen die erſten Entwickelungsſtu— fen der Krankheiten allein, waͤhrend man bei aͤltern dieſe ſich im— mer mehr mit den ausgebildeten Formen und den Ausgaͤngen ver— binden ſieht. Nichtsdeſtoweniger finden ſich Faͤlle aufgezeichnet *), wo man bei Kindern von 15 Monaten, von 3 und 8 Jahren, im Alter von 18 und 24 Jahren mehr oder minder ausgebreitete Vers knoͤcherungen der Arterien beobachtet hat; doch find fie immer ſel— ten und nur als Ausnahme zu betrachten. — Obgleich nun aber die Verknoͤcherungen im hoͤhern Alter zu den gewoͤhnlichſten Er— ſcheinungen gebören, fo hat man fie doch keinesweges als nothwen— dige Altersveraͤnderungen anzuſehen; denn es giebt eine große An— zahl von Beiſpielen, wo man dieſelben in Leichen ſehr alter Perſo— nen vermißte. Welcher Krankheitsproceß aber allen dieſen organiſchen Vers änderungen zum Grunde liegt, läßt ſich bei dem jetzigen Stande unſerer Kenntniſſe nicht mit einiger Genauigkeit beſtimmen. Ans dral und Lobſtein bringen damit eine eigenthuͤmliche Verderbniß der Saͤftemaſſe in Verbindung, welche die groͤßte Aehnlichkeit mit der arthritiſchen Dyscraſie habe. Jedenfalls iſt keine oͤrtliche Krankheit der Arterien, fondern allgemeinere Verhaͤltniſſe die Urs ſache ihrer Entſtehung. — Ich bedaure, daß mir keine hinlaͤngli⸗ che Anzahl genau notirter Thatſachen zu Gebote ſtehen, um we— nigſtens eine Ueberſicht der gleichzeitig in den uͤbrigen Organen vorkommenden Affectionen geben zu können, (X E. Hafſe's ſpecielle pathologiſche Anatomie. Bd. I. Epzg. 1841.) *) Andral, Precis d'anat. path. Brux. 1837 T. II. p. 64. 286 Chroniſche Gaſtritis, welche einen Leberabſceß ſimulirt. Von James F. Duncan. Ein Matroſe, 27 Jahre alt, robuſt, wurde im Februar 1841 in das Spital aufgenommen. Er hatte drei Jahre zuvor wegen Gelbſucht und Wechſelfieber in Weſtindien eine Mercurialcur durch— gemacht; ſeine jetzige Krankheit begann vor 18 Monaten mit Schmerz in der rechten Seite, Verſtopfung und Froͤſteln; endlich kam er nach Dublin und mußte hier in das Arbeitshaus aufge— nommen werden. Etwa 7 Monate, ehe ich ihn ſah, hatte er plotzlich in der rechten Seite Reißen gefuͤhlt und verlor unmittel— bar darauf Blut, mit ſehr uͤbelriechendem Eiter gemiſcht, durch den Stuhl. Dieſer Abgang dauerte während feiner übrigen Krankheit in unregelmaßigen Zwiſchenraͤumen fort; zugleich gab er durch den Mund eine dicke Fluſſigkeit von Dunkelpurpurfarbe und unerträgs lichem Geſtanke von ſich, welche uncoagulirtem, faulendem Blute aͤhnlich ſah und jedesmal etwa! Pinte betrug. Es war ſchwierig feſtzuſtellen, ob dieſe Ausleerung aus den Lungen, oder aus dem Magen gekommen ſey; aber nach genauerer Nachfrage bei dem Kranken ſelbſt und bei den übrigen Patienten mußte ich ſchließen, daß, obwohl ein Anfall von Huſten vorausgegangen ſey, die Fluſ— ſigkeit doch eigentlich ausgebrochen wurde, wie es oͤfters bei'm K euchhuſten der Fall iſt. Der Kranke behauptete zwar, die Mas tirie ausgehuſtet zu haben; zwei Umſtaͤnde ſprechen mir aber für das Gegentheil: erſtens ſah ich auf der Oberflaͤche ganz deutlich unterſchieden bronchitiſche sputa aufſchwimmen; zweitens fand ich bei genauer Unterſuchung der Bruſt kein Merkmal einer entſpre— chenden Lungenkrankheit Die Symptome zu der Zeit, als er in meine Behandlung kam, beſtanden in Froſtanfaͤllen, welche regel: mäßig jeden Morgen von 2—4 Uhr eintraten und von ſo heftigem Schmerz in der Lebergegend begleitet waren, daß er ſich auf das Geſicht legen, aufknieen und mit beiden Haͤnden auf das rechte Hypochondrium gegen das Epigaſtrium hin drücken mußte. That er dies, fo fühlte er ſogleich etwas von der erſten Gegend gegen die letz— tere abfließen, und darauf folgte ſogleich die ſchon beſchriebene Aus— lecrung; hierauf hatte er Erleichterung, fiel in gefunden Schlaf und bekam leichte Hautausduͤnſtung. Er ſchlief uͤbrigens ſchlecht, konnte kaum auf der rechten Seite liegen, ſah icteriſch aus, hatte indeß guten Appetit, ſtarken Durſt, regelmaͤßigen Stuhlgang, reine Zunge, Pule von 96, normalgefaͤrbten Urin. Bei aͤußerer Unterſuchung erſchien das rechte Hypochondrium etwas aufgetrieben, beſonders in einem etwa drei Zoll Durchmeſſer haltenden Raume. Es fand ſich eine Vertiefung zwiſchen dieſer Stelle und dem Rippenrande, und der Rand der Leber war weiter unten als die Geſchwulſt zu fuͤhlen. Dieſe ganze Gegend war außerordentlich empfindlich gegen Druck, beſonders die Geſchwulſt, welche ein teigiges Gefühl gab, aber nicht deutlich fluctuirte. Die Intercoſtalraͤume waren deutlich; die Percuffion bis zum Thorax— rande herab ganz hell, das Reſpirationsgeraͤuſch überall normal, mit Aus nahme eines leichten Bronchialraſſelns an der Baſis der rechten Lunge. Er war im Allgemeinen ſehr unruhig und niemals zu— frieden. Ich will die Geſchichte dieſes Falles nicht im Einzelnen fortfuͤhren. Bis zum 7. April fand wenig Veraͤnderung ſtatt; bisweilen zeigte ſich voruͤbergehende Erleichterung; einige Tage lang war auch Durchfall mit Blutabgang vorhanden. Am 7. April ſtellte ſich ſtarke Gelbſucht ein, alle Symptome verſchlimmerten ſich; er war außerordentlich unruhig, klagte ſehr über Schwaͤche und war nicht im Stande, irgend etwas von Nah- rungsmitteln im Magen zu behalten. Der Schmerz war fo hef— tig, daß auch die uͤbrigen Kranken im Saale geſtoͤrt wurden; der Huſten wurde laͤſtiger, und der Kranke bezog den Sitz des Schmer⸗ zes auf die Magengrube in der Naͤhe des Herzens. Da ich den Kranken ſchon vorher faſt ebenſo ſtark hatte leiden ſehen, ohne daß eine Urſache des Schmerzes nachzuweiſen geweſen wäre, fo beach— tete ich eine beginnende Entzuͤndung der linken Lunge und Pleura nicht hinlaͤnglich, welche ohne Zweifel zu dieſer Zeit begann, ob— wohl die pneumoniſchen Symptome nicht ſo deutlich waren, daß ſie fruͤher als zwei oder drei Tage nachher die Aufmerkſamkeit auf 287 ſich zogen; die ganze linke Lunge fand ſich fpäter vollkommen he— patiſirt, und die Krankheit war uͤberhaupt ſo weit vorgeſchritten, daß ſie jeder Behandlung widerſtand und am 13. April den Tod herbeifuͤhrte. Bei der Section fand ſich die rechte Lunge ungewoͤhnlich ausgedehnt, durchaus emphyſematoͤs, ohne Adhäſion oder Ergie— ßung auf dieſer Seite; die linke Lunge war angewachſen und mit einer gelben Lymphe bedeckt; die Leber war blaß, groß, die Gal— lenblaſe ſtark ausgedehnt, der Magen ungewoͤhnlich groß, die Milz vollkommen geſund, alle Gewebe gelb gefaͤrbt. Die linke Lunge ließ ſich nur ſchwer aus der Bruſthoͤhle herausnehmen, da die Lymphe ſowohl auf der Coſtal- als Pulmonalfläche dick abgelagert war. Nach Hinten und Unten war die Lunge ſehr muͤrb, die Fin— ger drangen leicht und ohne Gewalt ein; die Farbe dieſes Lungen— theils war dunkelbraun, und aus der Shnittjläche drang nur wenig Fluͤſſigkeit hervor; die Lungenſpitze war derb, dicht und ſehr feſt; die Durchſchnittsflaͤche in dieſem Theile zeigte das dritte Stadium der Pneumonie; es ließ ſich blutig-eiterige Fluͤſſigkeit mit Leichtig— keit mittelſt des Scalpells herausſtreichen. Herz und Pericardium ſahen normal aus. In der Leber war kein Aöſceß zu finden; die Leberſubſtanz war blaß, von normaler Conſiſtenz, die geibe Struc— tur herrſchte vor; das Polorusende des Mıgens und die kleine Curvatur zeigten eine dunkelbraune Faͤrbung mit roͤthlichen Flecken, die übrigen Theile waren gruͤnlich-gelb; die Schleimhaut fand ſich beträchtlich verdickt und erweicht. Die Ausführungsgänge der Gallenblaſe waren nicht verſchloſſen, aber die Schleimhaut des Duodenums war entzuͤndet. Die runde, umſchriebene Geſchwulſt im rechten Hypochondrium beſtand nur aus einem Bündel des N. rectus abdominis. Ich hielt dieſen Fall der Mittheilung werth wegen der auf— fallenden Abweichung zwiſchen den Symptomen waͤhrend des Le— bens und den Erſcheinungen nach dem Tode, indem nach dem Fruͤhern ein nach Innen aufgebrochener Leberabſceß erwartet wer— den mußte. Der fixe Schmerz in der rechten Seite, die Froſtan— faͤlle, welche, außer in der Morgenſtunde, auch haͤufig zu andern Tageszeiten kamen, das ploͤtzliche Gefühl von einer Zerreißung mit darauffolgender eitriger Darmausleerung, Alles ſprach fo auffallend für jene Anſicht, daß kaum noch eine weitere Beſtaͤtigung noͤthig ſchien, mit Ausnahme des Umſtandes, daß auch alle widerſprechen— den Symptome fehlten. Außerdem fand ſich auch taͤglich eine Ausleerung von ungeſunder, uͤbelriechender Materie, zeitweiſe von ſolcher Quantität, mit fo eigenthuͤmlicher Ausleerungsweiſe und fo merklicher darauf folgender Erleichterung ein, daß dadurch die Hy— potheſe auf eine auffallende Weiſe beſtaͤtigt ſchien; und dennoch wurde die ganze Maſſe von Symptomen nur durch eine ſehr hef— tige Form chroniſcher Gaſtritis veranlaßt. Die Behandlung war durchaus palliativ; Blutegel und Breiumſchlaͤge über dem Gike des Schmerzes, Chinin, China, Opium in großen Doſen, Alles bewirkte voruͤhergehende Erleichterung, beſonders das letzte Mittel, welches niemals narkotiſirte. Es iſt zweifelhaft, ob irgend eine andere Behandlungsweiſe im Stande geweſen waͤre, eine fo invete— rirte Krankheitsform zu heilen. (Dublin Journ., July 1841.) 288 Miscellen. Eine neue Beftätigung von der Bedeutung des glosso-pharyngeus als Geſchmacksnerv, nach Paniz⸗ za, iſt in dem Bulletino de la scienze mediche, nebſt einer Zus ſammenſtellung aͤhnlicher Falle aus anderen Schriften, mitgetheilt. Ein Militär, zweiundfunfzig Jahre alt, mager, nervös, klagte uͤber eine Art Taubheit der linken Geſichtsſeite, welche ſeit zehn Monaten begonnen und allmaͤlig auf beide Geſichtsſeiten ſich aus— gebreitet hatte. Bei aufmerkſamer Unterſuchung fand ſich, daß alle Bewegungen im Geſichte regelmaͤßig vor fih gingen, mit Ausnah— me der Bewegungen der Lippen, welche unſicher waren, und der Zunge, welche etwas zitterte, uͤbrigens aber ſich frei in jeder Rich— tung bewegte. Die Haut des Geſichtes war durchaus unempfind— lich, ebenſo wie der Gaumen, die innere Flaͤche der Wangen und der Zunge. Anaͤſtheſie des ganzen quintus. Geſicht, Gehoͤr und Geruch waren unverſehrt. Was den Geſchmack betraf, ſo wurde derſelbe beſonders genau geprüft. Nach dem Verbinden der Augen wurden verſchiedene ſchmeckende Subſtanzen auf verſchiedene Stel— len der Zunge aufgebracht. Immer unterſchied er ſie vollkommen; auch in Bezug auf die Speiſen und Getraͤnke hatte der Kranke einen durchaus richtigen Geſchmack. Nach einiger Zeit jedoch nah— men die Speiſen an Geſchmack ab, und es drang bisweilen etwas von denſelben wiederum aus dem Munde hervor; auch hatte der Kranke einige Schwierigkeit bei'm Trinken, namentlich war er nicht im Stande, das Glas vollkommen zu leeren, ohne eine be— ſondere Anſtrengung zu machen. Blutentziehung und Veſicatore blieben erfolglos; man wendete nun den Galvanismus, mit einer Säule von 50 dreizoͤlligen Paaren, an, wodurch zuerſt einige Beſ— ſerung herbeigefuͤhrt wurde; welche indeß nicht anhielt. Der Kranke ſtarb ein Jahr darauf an einer fieberhaften Unterleibskrankheit; die Section wurde nicht gemacht. (Gaz med. Nr. 28., 10. Juill. 1841.) Zur Heilung geringerer Grade des Schielens em⸗ pfieblt Dieffenbach, in Caſper's Wochenſchrift Nr. 36 , die Exciſion einer, mehrere Linien breiten, Conjunctivafalte, mit dem darunter liegenden Zellgewebe, auf der der ſchielenden Richtung des Auges entgegengeſetzten Seite. Denſelben Erfolg, wie vom Aus— ſchneiden einer Bindehaut-Falte, ſoll man indeſſen auch durch das Betupfen des entgegengeſetzten Augenwinkels, von dem der bulbus abgewendet iſt, mit Hoͤllenſtein erreichen; welches Verfahren jedoch meiſtens einigemal wiederholt werden muͤſſe. Das Verfahren ift folgendes: Ein Aſſiſtent zieht die Augenlider auseinander und der, aus einer Röhre hervorſehende, lapis wird nun in den Aus genwinkel ſchnell, aber tief, eingedruͤckt, ſchnell zuruͤckgezogen und unmittelbar darauf das Auge mit kaltem Waſſer ausgewaſchen und kalte Umſchlaͤge gemacht. Heftige Augenentzuͤndungen hat Dief— fenbach nie eintreten geſehen. Die Errichtung einer medieiniſchen Academie zu Bruͤſſel iſt von dem Koͤnige genehmigt und hat zum Zweck, alle Fragen der Regierung, die ſich auf oͤffentliche Geſundheitspflege, auf gerichtliche Medicin und Thierheilkunde beziehen, zu beantwor— ten, und ſich mit denjenigen Studien und Unterſuchungen zu be— ſchaͤftigen, die zur Foͤrderung der verſchiedenen Zweige der Heilkunde dienen koͤnnen. Gibliegeaß ische neuf ien. De la supériorité de la vision sur les autres sensations. Par le Professeur Gerdy. Paris 1841. 8. The natural history of Marsupialia or pouched Animals. By G. R. Waterhouse. London and Edinburgh 1841. 8. Mit Kupf. Description historique, théorique et pratique de l’ophthalmie purulente, obvervée de 1835 à 1839 à l’höpital militaire de St. Petersbourg. Par Pierre Florio. Paris 1841. 8. Mit 5 Kupf. Sull' incertezza della peritonitide e sopra un nuovo carattere di questa malattia. Memoria di Luigi Sementini, Profes- sore etc. Ada edizione. Napoli 1840. 8. —— — w'5 Mene Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, gefammelt und mitgetheilt von dem Ober-Medicinalrathe Frorie p zu Weimar, und dem Medicinatrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 415. (Nr. 19. des XIX. Bandes.) September 1841. TTT: y 77 17 7 er BERNER FE c Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 9 r. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Nn t u er Ueber die Species des Genus Ovis. Von Edward Blyth, Esg. (Fortſetzung.) 7) Ovis Burrhel, nobis. Kleiner und ſtaͤmmiger gebaut, als Ovis Nahoor, mit kuͤrzern Ohren und ſehr dunkelgefaͤrbten Hoͤrnern. Dieß Schaaf iſt durchaus ohne weiße Abzeichnung. Seine allgemeine Farbe iſt ein volles Kaſtanienbraun; die gewoͤhnlichen ſchwarzen Abzeichnungen auf dem Geſichte, der Bruſt und der Vorderſeite der Beine ſtellen ſich ſehr deutlich dar; der Schwanz iſt verhaͤltnißmaͤ— ßig ſehr kurz. Dieß nette Schaaf verhaͤlt ſich, dem Anſehen nach, zum Nahoor ungefähr wie die engliſche South-Down⸗ Race zur Leiceſter- oder Diſhley-Race, nur iſt der Unter: ſchied in der Groͤße nicht ſo auffallend. Das einzige in dem Naturaliencabinet unſerer Geſellſchaft befindliche ausge— ſtopfte Exemplar mißt von der Naſe bis an den Schwanz 4 Fuß 6 Zoll; allein das lebende Thier mag wehl einen Fuß kuͤrzer geweſen ſeyn, da die Haut offenbar gewaltig in die Laͤnge gezogen iſt. Die Hoͤhe des Ruͤckens betraͤgt 32 Zoll, von denen ſich auch wohl 2 Zoll abziehen laſſen. Die Entfernung der Hoͤrner von der Naſenſpitze iſt 8 Zoll, und die Ohren find 34 Zoll lang. Die Hörner find, über den obern Ruͤcken hin gemeſſen, 20 Zoll lang und haben an der Wurzel 10 Zoll im Umfang; ihre Spitzen ſind 25 Zoll von einander entfernt. Die eines im Bengal sporting Magazine (1839, p. 295) erwaͤhnten Exemplars waren aber 255 Zoll lang und hatten 114 Zoll im Umfang, und bei einem Horne von dieſer Species, das ich bei Herrn Leadbeater unterſuchte, war die Spitze von der innern Seite der Wurzel 14 Zoll weit entfernt; ſeine Laͤnge be— trug 2 Fuß und fein Umfang 11 Zoll. Es ließen ſich dar— an 10 Jahrringe deutlich wahrnehmen, und nach der Spitze zu fand ſich noch einer, der indeß weniger erkennbar war. Die reſpectiven Maaße der Jahrwuͤchſe ergaben ſich zu 104, 25, 2, 14, 14, 13, 1, 1, 4, und bei dem der Wurzel Vo. 1515. Run de. zunaͤchſt liegenden zu 3 Zoll. Das Stichelhaar des Burr— hel iſt ziemlich lang und haͤrter, als bei'm Nahoor-Schaafe, und unter demſelben findet ſich weniger Grundwolle oder Fuͤllhaar, als bei'm Mouflon und dem Schaafe des Felſen— gebirges. Das Weibchen iſt noch nicht beſchrieben, und mir ſind uͤberhaupt keine andern Exemplare vorgekommen, als die bereits erwaͤhnten. Bei der Beſchreibung der naͤchſtvorhergehenden Species ſind die Hauptunterſchiede der Hoͤrner beider Arten bereits angegeben worden. An den Hoͤrnern des Burrhel ſind ſaͤmmtliche Kanten abgerundet, aber doch noch ziemlich deutlich, die Jahrringe tief eingeſchnitten und die Hornmaſſe zwiſchen ihnen ein Wenig aufgetrieben. Sieht man das Thier von Vorn, ſo bemerkt man gar nicht, daß die Spitzen nach hinten gekruͤmmt ſind, und es bietet ein drohendes und ſchoͤneres Anſehen, als der Nahur dar. Seine Farbe iſt weit dunkler, als die des Mouflon. Der Burrhel ſcheint eine weit hoͤhere Region des Hi— malaya zu bewohnen, als der Nahur, woſelbſt er uͤber die Schneefelder leicht weggaloppirt, waͤhrend der Jaͤger in ſo feiner Luft kaum athmen kann. Das Schaaf bloͤkt, wie alle ſeine Gattungsgenoſſen, nach Art des Hausſchaafes, und iſt ausnehmend ſcheu und ſchwer zu beſchleichen. Die Rus del von 10 — 20 Stuͤck werden von einem alten Widder gefuͤhrt und fluͤchten, wenn Gefahr droht, nach einem Schneeberge, waͤhrend der Leitwidder auf eine Anhoͤhe klet— tert, um den Feind zu beobachten, und wenn man nach ihm ſchießt und ihn fehlt, ein Paar Saͤtze weiter thut und wie— der ſtill ſteht, um zu ſchauen (ſichern). Sie waiden in gras reichen Thaͤlern und Schluchten. Das Exemplar, wel— ches unſere Geſellſchaft beſitzt, ſtammt vom Burendo-Paſſe, wo es in einer Höhe von 15,000 bis 17,000 Fuß erlegt ward. Die im Bengal sporting Magazine enthaltene Nachricht betrifft diefelbe Localitat, und eine Stelle in Lieutenant Hutton's Bericht uͤber ſeine Reiſe durch Ku— nawar (Vergl. Journal of the Bengal Asiatie Socie- 19 291 ty, 1839, p. 994 *) betrifft wahrſcheinlich dieſelbe Species. Endlich hat mir Hr. Leadbeater mitgetheilt, daß das in ſeinem Beſitze befindliche Horn ihm unter Exemplaren von Nahur⸗- und Moſchus-Thierhoͤrnern, fo wie einem Schädel und Hoͤrnern vom Himalaya» Steinbode, die ich gleichfalls unterſucht habe, von Nepal zugeſandt worden ſey. 8) Ovis eylindricornis, nobis. Der Caucaſi⸗ ſche Argali. Oberſt Hamilton Smith erwaͤhnt dieſes Thieres in feiner Beſchreibung des Ovis Ammon (©. Griffith's englifhe Ausgabe des Regne animal, Vol. IV. p. 317), und ſchrieb mir, daß ein Exemplar bei'm Landen zu Toulon geſtorben ſey, wohin es von einem fran— zoͤſſchen Conſul gebracht ward, der die Haut und den Schaͤ— del nicht aufbewahrte, ſondern nur die Hoͤrner faſſen ließ, die, als Oberſt Smith ſie ſah, noch ganz friſch waren. „Jedes Horn war etwa 3 Fuß lang, gebogen, rund, an der Spitze ſo dick, als an der Wurzel, beinahe glatt, braun von Farbe und etwa 15 Zoll im Umfange haltend. Die Hörner waren fo ſchwer und plump, daß ich fie nicht zuſam— men vom Boden aufheben, oder gegen einander in die Lage halten konnte, welche mir einen Begriff davon verſchafft ha— ben wuͤrde, wie ſie ſich auf dem Kopfe des Thieres ausnah— men. Ich konnte nicht genau beſtimmen, welches das rechte und welches das linke Horn war. Durch Umſtaͤnde wurde ich verhindert, dieſe Hoͤrner nochmals zu beſichtigen, da ſie den Tag vor meiner Abreiſe von Paris anlangten; allein ohne Zweifel befinden fie ſich in dem Muſeum daſelbſt.“ In meinem frühern Artikel erwähnte ich dieſes Thieres als einer wahrſcheinlich eigenthümlichen und mit dem Burrhel verwandten Species. Obige Angaben beſtaͤtigen dieſe meine Anſicht, indem ſie in Betreff der ſpecifiſchen Verſchiedenheit jeden Zweifel heben; denn auf keine einzige andre Schaaf— art paßt die Beſchreibung des Oberſten Smith. Die Zeichnung, welche mir derſelbe uͤbermachte, ſtellt ein Schaaf— horn dar, welches ziemlich dieſelbe Geſtalt hat, wie das des Burrhel und Nahur; allein in der Groͤße uͤbertrifft das Horn vom Caucaſus das der beiden Schaafarten des Hima— lapa gewaltig, und ich muß faſt glauben, daß die (ruͤckwaͤrts— gekehrten?) Spitzen abgebrochen worden ſind und die Stuͤm— pfe ſich glatt abgeführt haben. Die wilden Schaafe des Cauca—⸗ ſus und Taurus ſind uns jetzt beinahe noch unbekannt, und *) In der Fortſetzung deſſelben Journals (1840, p. 568) wirft Lieutenant Hutton den „Burul“ vom Burendo-Paſſe mit Hrn. Hodgſon's Nahur zuſammen. Wahrſcheinlich werden beide Species dort angetroffen; allein ſchon aus einer Ver— gleichung der Hoͤrner ergiebt ſich, daß beide Arten beſtimmt verſchieden ſind. „ueber Ovis Ammon, bemerkt Hr. Hutton, konnte ich durchaus nichts weiter erfahren, als daß ein der Beſchreibung, wie es ſcheint, entſprechendes Thier in der chi— neſiſchen Tartarei vorkommt, und ich ſah ein gewaltiges Hoͤr— nerpaar dieſer Species, das unter andern Hoͤrnerarten als ein Weihgeſchenk für den Devi an einen Baum genagelt war.“ Dieſes Hörnerpaar konnte jedoch von 0. Polii herruͤhren. D. Verf. 292 in der von Hrn Menetries mitgetheilten Lifte der Cau— caſiſchen Thiere kommt gar kein Schaaf vor, obwohl aus den gelegentlichen Anmerkungen der Reiſenden hervor ugehen ſcheint, daß dort einige, ja vielleicht viele Arten exiſtiren. Hr Ainsworth (Travels in Assyria, Babylonia and Chaldea, p. 42) erzaͤhlt, er habe zu Azaz am Fuße des Taurus ein Thier geſehen, welches er für Ovis Ammon halten muͤſſe *). 9) Ovis Gmelini, nobis. Das armeniſche Schaaf. Dieſe Species gehoͤrt zu der Gruppe der Mouflons, weicht jedoch von dem Corſicaniſchen Mouflon ſehr ab. Die Be— ſchreibung und eine rohe Abbildung deſſelben findet ſich auf S. 480. des dritten Bandes, fo wie auf Tafel LV. von des juͤngern Gmelin Reiſe durch Rußland. Der Schaͤdel und die Horner des von dieſem Naturforſcher nach St. Petersburg gefandten Exemplars ſind von Pallas (Spi— cilegia, fasc. XII. p. 15 und tab. V. fig. 1) beſchrin⸗ ben und abgebildet worden. Die HHen. Brandt und Ratzeburg haben dieſes Schaaf, auf Prof. Lichten— ſtein's Autorität hin, irrigerweiſe für daſſelbe wie die wil— de Cypriſche Species erklaͤrt, deren Hoͤrner eine ziemlich gleiche Biegung darbieten. Die ſchoͤnen Exemplare vom Maͤnnchen, Weibchen und Lamm, welche die zoologiſche Ge— ſellſchaft unlaͤngſt von Erzerum erhalten hat, ſetzen mich in den Stand, dieſe Art ausfuͤhrlich zu befchreiben. Größe wie bei'm gemeinen zahmen Schaafe; Haare uns gemein kurz, hell kaſtaniendraun, in's Braunrothe ziehend, auf dem Ruͤcken am dunkelſten; Beine und Unterleib weiß— lich mit wenigen dunkeln Abzeichnungen; doch hat das Maͤnnchen vorn am Halſe einen ſtark abſtechenden Streifen laͤngern ſchwarzen Haares, das auf der Bruſt einen großen Flecken bildet. Bei beiden Geſchlechtern zieht ſich ferner vorne uͤber das Mittelgelenk der Vorderbeine ein Streifen von etwas laͤngern, halb weißen und halb ſchwarzen Haaren, welcher dem Buͤſchel der Ovis Tragelaphus entſpricht, Schwanz kurz und ſehr duͤnn, die Hoͤrner des Maͤnnchens (von Oben nach Unten gemeſſen, ſehr ſtark) ſind faſt drei— eckig, zuſammengedruͤckt und ſehr tief, mit ſtark markirten Kanten und Queerſtreifen, nach Hinten zu divergirend und ſich nach den einwaͤrts gerichteten Spitzen zu ein Wenig kruͤmmend. Zieht man nur die Biegung der Hoͤrner, aber nicht deren allgemeinen Character, welcher dem des gemeinen Widders ſich naͤhert, in Betracht, ſo verbindet dieſe nette Species die Gruppe der Mouflons mit der des Burrhel und Nahur. Länge von der Naſe bis zum Schwanze 5 Fuß; Schwanz 4 Zoll; von der Naſe bis zur Wurzel der Hoͤr— ner 8 Zoll, Ohren 34 Zoll. Hoͤrner, ziemlich vollwuͤchſig, 20 Zoll uͤber die Kruͤmmung gemeſſen, an der Wurzel 10 Zoll im Umfang und an der Innenſeite 4 Zoll tief. Da, *) Daß die Species Ovis cylindricornis auf ſehr problematis ſche Data hin aufgeſtellt ſey, wird jedem kundigen Leſer ein— leuchten. D. ueberſ. 293 wo ſie am weiteſten von einander abſtehen, betraͤgt deren Entfernung 2 Fuß, an den Spitzen 21 Zoll; von der Wur— zel iſt die Spitze jedes Hornes 133 Zoll entfernt; die Far— be der Hoͤrner iſt blaß. Um die Augen und die Schnauze her iſt die Farbe des Haares weißlich. Die Gegend :mwis ſchen Stirn und Naſenſpitze und die vordere Seite der Beine iſt mehr oder weniger dunkel gezeichnet. Das Haar iſt ziemlich hart und wird, bevor es ausfaͤllt, um Vieles bleicher gefaͤrbt. Das Weibchen iſt dem Maͤnnchen aͤhnlich, aber kleiner, hat vor dem Halſe keine ſchwarzen Grundhaare und bei dem mir zu Geſicht gekommenen Exemplare keine Hoͤrner. Das ſchwarze Stichelhaar des Maͤnnchens iſt nur 1 Zoll lang und das an dem Buͤſchel der Vorderbeine fo geordnet, daß der Buͤſchel in der Mitte weiß und rings herum ſchwaͤrzlich ausſieht. Gmelin zufolge, findet man dieſe Species lediglich auf den hoͤchſten Gebirgen Perſiens. Die Brunſtzeit findet im September ſtatt und dauert einen Monat. Das Schaaf lammt im Maͤrz, und zwar 2 bis 3 Junge auf einmal Die Widder kaͤmpfen wuͤthend mit einander, ſo daß man Plaͤtze findet, auf denen Haare und Hoͤrner, die dabei verloren gegangen ſind, in Menge umherliegen, daher ein ſo ſorgfaͤltiger Naturforſcher, wie Gmelin, es gewiß nicht unbeachtet gelaſſen haben wuͤrde, wenn die Hoͤrner Verſchie— denheiten in der Krümmung darboͤten. Sir John Mac Neill theilte mir mit, „dieſe Art ſcheine in den Gebirgen Armeniens die gemeinſte zu ſeyn und komme auch im nord— weſtlichen Perſien vor: dagegen iſt das gewoͤhnliche wilde Schaaf Mittelperſiens offenbar eine andere Art, da deſſen Hörner denen des Hauswidders viel aͤhnlicher, nämlich ſpi— ralfoͤrmig gebogen ſind und mehr als einen vollſtaͤndigen Kreis beſchreiben. Ich glaube mich nicht zu irren, fuͤgt Sir John hinzu, wenn ich annehme, daß mir oͤfters ven den Jaͤgern auch Weibchen dieſer Species gebracht worden ſind, welche kleine Hoͤrner hatten, wie die der zahmen Mut— terſchaafe; wiewohl ich dieß nicht beſtimmt behaupten will, da ich mich des Umſtandes nicht mehr genau erinnere.“ Wahrſcheinlich iſt hier von der wilden Stammrace der Ovis Kries die Rede, welche demnaͤchſt dieſelben Gebirge bewoh— nen wuͤrde, wie die Urrace (Capra Aegagrus) der Haus— ziege, und was die an den Schaafweibchen vorkommenden Hörner anbetrifft, ſo muß ich bemerken, daß in dieſer gan— zen Gruppe dieſes Kennzeichen wenig Conſtanz darbietet. Bei Gelegenheit des Nahur habe ich bereits auf dieſen Um— ſtand aufmerkſam gemacht, und der aͤltere Gmelin giebt an, die Weibchen der Ovis Ammon ſeyen zuweilen unge— börnt, waͤhrend dieß bei denen der Corſicaniſchen Ovis Mu- simon die Regel iſt Dieß iſt auch bei mehreren wilden Ziegenarten, bei'm Indiſchen Goral und bei der Nordame— ricaniſchen Species mit gabelfoͤrmigen Hoͤrnern der Fall; ja ſelbſt bei den Gazellen und andern ſchaafnaſigen Species des fo viele verſchiedene Typen vereinigenden Genus der An— tilopen trifft man nicht ſelten ungehoͤrnte Maͤnnchen und Weibchen. Einen maͤnnlichen Springbock dieſer Art beſaß, wie mir Oberſt Hamilton Smith mittheilt, die Kaiſerin Joſephine längere Zeit, und das Exemplar des Ixalus Pro— 294 baton, Ogilby, welches ſich im Muſeum unſerer Geſell— ſchaft befindet, bietet wahrſcheinlich ebenfalls ein Beiſpiel dieſer Art dar. 10) Ovis Vignei, nobis. Der Scha (nicht Sna) *) von Kleinthibet, der Koch **) (Kotsch) des Sulimani-Ge⸗ birges zwiſchen Indien und Khoraſſan. Dieſe ſchoͤne Spe— cies ſteht dem Corſicaniſchen Mouflon ſehr nahe, iſt aber bedeutend groͤßer und hat verhaͤltnißmaͤßig laͤngere Beine und eine auffallende Krauſe von längerem ſchwaͤrzlichen Haare vorn am Halſe hinab, welche nicht, wie bei'm Mou— flon, dicht anliegt. ***) In der Größe kommt dieſes Schaaf, wie mir Herr Vigne mittheilt, einem ſtarken Dammhirſche gleich, „und nach dem allgemeinen Anſehen dieſes Thieres, ſeinen langen Beinen und der Geſchwindigkeit, mit welcher es auf den Bergen lief, haͤtte ich es eher fuͤr einen Hirſch, als für ein Schaaf halten moͤgen!“ (Worte des Herren Vigne). Die allgemeine Farbe dieſes Schaafes iſt, nach einer trefflichen colorirten Abbildung, welche Herr Vigne nach einem lebenden Exemplare im Vaterlande deſſelben zeichnete, ein Rothbraun, welches jedoch nicht ſo dunkel iſt, wie bei'm Mouflon; das Geſicht iſt bleifarben und ermangelt der roth— braunen Faͤrbung des Rumpfes; die Naſe iſt nicht, wie bei'm Mouflon, weiß. Der weiße Bauch iſt durch einen ſchwar— zen Streifen an der Seite vom Oberkoͤrper getrennt und die Beine ſind braun, nicht, wie bei'm Mouflon, fleckig, ſondern haben unmittelbar uͤber dem Hufe einen weißlichen Ring; dann kommt ein dunkler Ring und uͤber dieſem hin— terwaͤrts eine kleine weiße Stelle, wie bei'm Nylghau Die Krauſe vor dem Halſe iſt unſtreitig nur dem Maͤnn— chen eigen, und die Haare derſelben ſcheinen 4 — 5 Zoll lang zu ſeyn und locker herabzuhaͤngen. Der Schwanz iſt etwa 6 Zoll lang, dünn und mehr dem der Armeniſchen Art, als dem des Mouflon aͤhnlich. Ein vollwuͤchſiges Horn mißt an der Kruͤmmung hin 32 Zoll und hat an der Wurzel 11 Zoll im Umfange. Die Entfernung der am Weiteſten voneinander abſtehenden Theile der Hoͤrner iſt 2 Fuß; die Spitzen naͤhern ſich ein— ander bis auf 8 Zoll und find in gerader Linie von der Wurzel ebenfalls 8 Zoll entfernt. Sie ſind ziemlich dreiek— kig, ſeitlich ſtark zuſammengedruͤckt, und die vordere Ober— fläche iſt an der Wurzel 23 Zoll breit. Die Seitenkanten derſelben ſind ungefaͤhr gleich ſtark entwickelt, und der hin— ) Oben, unter Nr. 6) bemerkt der Verfaſſer umgekehrt: der Sna (nicht Scha); was iſt nun richtig? D. Ueberſ. **) Koch ſcheint ein generiſcher Name für Schaaf und derſelbe Ausdruck wie Kutsch in Kutsch-gar oder Kusch in Kusch- gar, die landesuͤbliche Benennung der Ovis Polii. D. Ueberſ. ) Wenigſtens bei'im Mouflon im Sommerkleide; denn im Winterkleide haͤngt die Krauſe auch bei dieſer Species locker herab, aber weit voller, als bei Ovis Vignei, ſo wie ſie auch dem an demſelben Koͤrpertheile der Ovis Tragelaphus herab: haͤngenden Haare weniger gleicht. Der Verf. 1 295 tere Theil des Durchſchnittes verjuͤngt ſich ziemlich jaͤh zu einem etwas ſpitzen Winkel. Man bemerkt deutlich 8 Jahr⸗ wuͤchſe, welche nacheinander 12, 7, 4, 3, 3, 13, 12 und 3 Zoll Länge darbieten. Die Hörner haben mit denen des Mouflon viel Aehnlichkeit, find aber bedeutend größer und unterſcheiden ſich von denen der zuletzt genannten Species auch dadurch, daß die aͤußere vordere Kante ſo ſtark entwik— kelt iſt, als die innere. Eine Neigung zur ſpiralfoͤrmigen Windung bieten ſie durchaus nicht dar, ſondern ſie beſchrei— ben drei Viertheile eines Kreiſes, indem ſie erſt, wie die des gemeinen Widders, divergiren und ſich dann, etwa wie bei Ovis Tragelaphus, ruͤckwaͤrts nach dem Halſe zu ziehen. Bei einem andern juͤngern Exemplare bemerkt man jedoch eine entſchiedene fpiralformige Biegung nach Außen, die zus mal nach der Spitze hin auffallend iſt, und die aͤußere Kante iſt auch weit weniger ſtark entwickelt, als bei der entſprechenden endſtaͤndigen Portion des zuerſtbeſchriebenen Eremplars. Dieſes Hoͤrnerpaar war nur 11 Zoll lang, und die Spitzen boten einen Abſtand von 145 Zoll dar. Uebri— gens zeigt ſich nur ein, nicht einmal vollendeter Jahrwuchs, und die Krümmung iſt auch geringer, als bei dem alten Exemplare. Das daranhaͤngende Stud Schädel iſt auch um ſo viel kleiner, daß ich faſt Anſtand nehmen moͤchte, beide Exemplare fuͤr Thiere derſelben Species zu halten. Die hintern Ränder der Augenhoͤhlen liegen nur 45 Zoll voneinander, waͤhrend bei dem andern Exemplare die Ent⸗ fernung 55 Zoll beträgt. Uebrigens fehlt es an Materia- lien zur Fortſetzung der Vergleichung; indeß will ich noch einige Maaße von dem kleinern Exemplare mittheilen. Die groͤßte Breite des Schaͤdels betraͤgt an der hintern Portion des zygoma 5 Zoll, und da, wo ſich die Augen⸗ hoͤhlen einander am Meiſten naͤhern, betraͤgt deren Abſtand 37 Zoll. Die Reihe von 5 entwickelten Backenzaͤhnen iſt 23 Zoll lang. Der Abſtand der zweiten achten Backenzaͤhne (beider Seiten?) iſt, hinten und außerhalb gemeſſen, 2; au der der vordern falſchen Backenzaͤhne, vorn und außerhalb ges meſſen, 14 3.; die größte Breite des Gaumens beträgt 14 3.; und die Vorderſeite des erſten falſchen Backenzahns ſteht von dem vordern Rande des foramen oceipitale 5} Zoll ab. Herrn Vigné's Angabe zufolge, hat das vollwuͤchſige Maͤnnchen, wie der Chirew, auf jeder Seite beider Kie— fer nur 5 Backenzaͤhne, und wenn dieß die Regel iſt, fo würde dadurch allerdings ein wichtiger Unterſchied begruͤndet ſeyn, da ſich bei'm kleinern Exemplare, ohne Zweifel, ein dritter achter Backenzahn entwickelt haben wuͤrde und daſ— ſelbe drei falſche beſitzt, waͤhrend dem Chirew einer der letztern fehlt. Uebrigens mochte ich doch beide Exemplare derſelben Species zuweiſen, da mir aͤhnliche Abweichungen in der bloßen Biegung der Hörner bei verſchiedenen Corſi— caniſchen Mouflons vorgekommen ſind. Jedenfalls war es aber angemeſſen, auf die vorliegenden Unterſchiede aufmerkſam zu machen. „Im Winter,“ berichtet Herr Vigné, „werden gewal— tige Heerden dieſer Schaafe durch den Schnee an die Quell— flüffe des Indus, z. B., in die Gegend von Aſtor, am ſuͤd⸗ lichen Ende von Klein-Thibet, wo der Fluß die Himalaya⸗ 296 kette durchbricht, hinabgetrieben. Ih ſah einſt in Perſien ein junges Schaaf, welches wahrſcheinlich zu dieſer Species gehörte; es war ſchmutzig und abgetrieben, aber, fo viel ich mich erinnere, mit kurzer Wolle bedeckt.“ Es macht mir viel Vergnügen, dieſe Art nach Herrn Wigné benennen zu koͤnnen. ) *) Das im Journal der Bengal Asiatie Society, 1840, p. 440, beſchriebene wilde Schaaf des Paropamiſus oder Hindu— Kuſch⸗Gebirges iſt, nach Herrn Vigné's Anſicht, unſtreitig daſſelbe, wie Ovis Vignei, wenngleich es ſcheinbar einige Ab— weichungen von dieſem darbietet. „Das erwachſene Maͤnnchen iſt an den Schuttern 3 F. 4 3. hoch und mißt von der Schnau⸗ zenſpitze bis zur Schwanzwurzel 5 F 4 3. Hinter den Schui⸗ tern betraͤgt der Koͤrperumfang 4 F. Der Kopf iſt 1 F. lang; die Hoͤrner meſſen längs der Krümmung 2 F. und an der Wurzel 1 Fuß im Umfange. Sie drehen ſich ſpiralfoͤrmig hinterwaͤrts und niederwärts, und die Spitzen ſind vorwärts geneigt. Ein großer, in zwei Zwickel getheilter Bart haͤngt von den Wangen und dem Unterkiefer herab. Hals ſchwer, 14 Zoll lang und 24 Zoll im Umfange, hat oben keine Mähne. Allgemeine Farbe blaß rothbraun, in's Graue ziehend, nach Unten bis zum Weiß verbleichend. Schnauze weiß; Bart weiß und mit einem Streifen langen zottigen ſchwarzen Haa— res verbunden, welcher bis zur Bruſt ninabreiht. Beine mit weißem kurzen Haare bedeckt; Bauch weiß; Schwanz klein, kurz und, wie der Buͤrzel, weiß. Das Weibchen iſt kleiner und nicht fo rothbraun (bläffer gefaͤrbt?) mit kleinen Hoͤrnern, die ſich hinterwaͤrts und auswärts neigen und etwa 6 Zoll lang find Die Laͤmmer, welche im Mai und Juni geſetzt werden, ſind wie die Weibchen gefaͤrbt, haben aber auf dem Rüden und an der Vorderſeite der Vorderbeine hinab einen dunkeln Streifen. „Ich habe,“ ſchreibt Capt. Hay, „gegen— waͤrtig drei Laͤmmer von dieſer Species in meinem Zimmer, die durchaus zahm ſind. An ihren Verſuchen, an ſteilen Ge— genſtaͤnden hinanzuklettern, erkennt man jedoch, daß ſie ſteile Gebirge zu bewohnen beſtimmt ſind. Was ſagen Sie dazu, daß ein Paar davon ſich in den Kopf geſetzt hatten, in mei— nen faſt ſenkrechten Schlot hinaufzuklettern, an dem indeß hier und da ein Backſtein hervorragt?“ Es wird auch angefuͤhrt, daß dieſes Thier die gewoͤhnliche Anzahl von Backenzaͤhnen, nämlich ſechs auf jeder Seite beider Kiefer, habe, und, wie ich vernehme, beſitzt das Pariſer Muſeum ein ausgeftopftes Erem- plar davon. Der Verf. (Fortſetzung folgt.) re . ueber die Function der Haut bei dem Menſchen und den Thieren hat Herr Ducros erperimentirende Unter: ſuchungen angeſtellt und der Academie der Wiſſenſchaften zu Paris eine Abhandlung überreicht, durch welche Das beftätigt wird, was uͤber Exhalation und Abſorption, ſo wie nach Bichat's Verſuchen über die in der Haut vorgehende Reſpiration, bekannt war. Er ſcheint uͤbrigens einige gluͤckliche Anwendungen fuͤr die Therapie ge— macht zu haben. Er verſichert, conſtatirt zu haben: 1) Daß das Leben aufhoͤrt bei den Thieren, auf deren Haut er eine Lage Gum— milack anbrachte; 2) daß der Tod mehr oder weniger ſchnell eins trat, je nachdem der Gummilack die ganze Hautoberfläche, oder nur gewiſſe Theile, bedeckte; 3) daß die Symptome von Unbehags lichkeit und Uebelbefinden einige Minuten nach Anbringung dieſer Suvpſtanz eintraten; 4) daß der Tod ſchneller eintrat, wenn man die Thiere der Einwirkung der Electricität ausſetzt; und 5) daß die Thiere nach dem Tode einen auffallenden Meteorismus zeigten und ſchnell in Faͤulniß uͤbergingen. Herr Ducros hat auch beob— 297 achtet, daß man mit, über die Haut ars zebreiteten Metallplatten ebenfalls den Tod der Thiere veranlaßte, und daß, durch Uebers ziehen dieſer Metallplatten mit Gummilack, der Tod noch ſchneller erfolgte. Der Kalte ausgeſetzt, mit ihrer Metallumgebung, ſtarben die Thiere ſchneller, während unter einem Gummilackuͤberzuge der Tod langſamer eintritt. Der Bericht der Commiſſarien, der Her— ren Magendie, Breſchet und Double, iſt zu erwarten. 298 In Beziehung auf Braunkohlen hat Herr Profeſſor Schröller (aus Gelegenheit, daß Herr Dr. Petzold der Section für Chemie in Braunſchweig Kohle vorzeigte, die er durch Er— hitzen von Holz in luftdicht verſchloſſenen Gefäßen gewonnen hatte) die Mittheilung gemacht, daß in einem, ſeit achtzig Jah— ren verſchloſſenen Schachte, das Holz der Zimmerung der Braune kohle aͤhnlich geworden ſey. ned. Ueber veraͤnderliche Krankheitsformen und deren practiſche Bedeutung. Von T. Wilkinſon King. Es iſt in der Medicin wichtig, allgemeine Geſichtspuncte auf— zuſuchen, ſelbſt wenn dieſe anfangs zu weit zu gehen ſcheinen und kein neues Detail beibringen; es iſt ſchon ein Gewinn, wenn be— kannte mannigfaltige Thatſachen in eine zuſammenhaͤngende Ord— nung gebracht werden. Dieſe Bemerkungen ermuthigen zu folgen— dem Verſuche. — Man wird leicht bemerken, daß es eine be— traͤchtliche Anzahl von Krankheiten giebt, bei welchen Veraͤnder— lichkeit characteriſtiſch iſt. Manche davon werden chroniſch ge— nannt, ohne hinreichenden Grund; denn viele veraͤnderliche Krank— heiten ſind acut, und viele chroniſche Krankheiten ſind nicht veraͤn— derlich. Der Ausdruck bedarf kaum einer Definition. Faſt Alles, was bei nicht nothwendig toͤdtlichen Krankheiten den Practiker neckt und herumzieht, gehoͤrt hierher. Veraͤnderliche Krankheit iſt eine ſolche, wo der Zuſtand bald beſſer bald ſchlechter iſt, heute ganz gut ſcheint und morgen einen Ruͤckfall macht, langſam ſich beſſert und plotzlich zurückfaͤllt. Beruͤckſichtigt man dabei Urſachen und Heilindication, ſo wird man leicht die Nothwendigkeit einſehen, dieſe ganze Claſſe von andern Krankheiten zu unterſcheiden. Diejenigen, welche ſo manche ſcheinbar langſam fortſchreitende Formen ſcrophuloͤſer Krankheiten im Auge, im Knie, in der Bruſt, oder ſonſtwo geſehen haben, werden, wie ich glaube, leicht meine De— finition von veränderliher Krankheit verſtehen, welche ich indeß noch durch einige Bemerkungen begruͤnden muß. Der Ausdruck chroniſche Krankheit ſcheint mir nach der ges woͤhnlichen Bedeutung zu allgemein und unbeſtimmt; vielleicht iſt dieſer Ausdruck auch bereits, in der Abnahme und ich halte es fuͤr gewiß, daß die meiſten Krankheiten, welche man chroniſche ge— nannt hat, aus mehr oder weniger acuten Ruͤckfaͤllen beſtehen, mit ſehr allmäliger Erhebung, die indeß nicht immer langſam fort— ſchreitet, wie, z. B., alle chroniſche Catarrhe. Bei dem Ausdrucke chroniſche Krankheit muß man die Idee einer fertigen Desorganiſa— tion durchaus ausſchließen; die Krankheit iſt weſentlich ein Pro— ceß, die Störung in einer Thaͤtigkeit, aber nicht die Veraͤnderung in dem thätigen Theile. Chroniſche Entzündung mit Anſchwellung der Leber endet gewoͤhnlich mit Contraction und Verhaͤrtung, und dann iſt die ſogenannte chroniſche Krankheit zu Ende und es bleibt eine unveraͤnderliche Desorganiſation, welche freilich bisweilen wie— derum eine wahre chronifche Krankheit unterhält, z. B. ascites; ebenſo iſt bei vorgeſchrittener Necroſis der abgeſtorbene Knochen die unterhaltende Urſache. Die umgebende Induration iſt das Re— ſultat, die eigentliche Krankheit iſt die ulceration. Wenn man auf ſolche Unterſcheidung von Stadien auch kein großes Gewicht legt, fo muß man doch zugeben, daß man überhaupt pathologiſche Eroͤr— terungen nicht vornehmen kann, ohne die Annahme, daß die pris maͤre krankhafte Thaͤtigkeit nichts iſt, als eine veränderte natürliche Function, und es iſt um ſo wichtiger, dieſe von dem endlichen Re— ſultat oder der Desorganiſation zu unterſcheiden, als beide ſo oft innig vereinigt und auf mannigfaltige Weiſe zuſammengeſetzt ſind. Häufig kann auch eine acute veränderliche oder chroniſche Krank, heit mit einer Desorganifation enden, welche nicht weſentlich nach⸗ theilig oder gefährlich iſt, wie, z. B., bei Contractionen der Herz— klappen, Verdickung der Gehirnhaͤute, oder Obliteration eines Theie les der Lungen. Sehr viele ſogenannte chroniſche Krankheiten has ben einen veraͤnderlichen Verlauf, laſſen nur langſam nach, oder werden, wenn dieß geſchehen iſt, leicht wieder erneuert. Betraͤcht— lich desorganiſirte Theile koͤnnen auf's Neue von einem Krankheits— proceß ergriffen und weiter veraͤndert werden; an und fuͤr ſich iſt aber ihr Zuſtand gewoͤhnlich permanent, wenigſtens giebt es un— zählige Fälle dieſer Art, auf welche meine Beobachtungen bes ſchraͤnkt werden moͤgen. Die Mehrzahl beſonders der chroniſchen Krankheiten unterſcheidet ſich am auffallendſten durch das fort— dauernde Heilbeſtreben mit öfteren Ruͤckfaͤllen durch temporär ftör rende Urſachen. Bisweilen ſagt man, die Krankheit habe ſich er— ſchoͤpft, d. h., die Heilbeſtrebungen gewinnen das Uebergewicht, ente weder durch die Behandlung, oder durch die Abweſenheit ſtoͤrender Einfluͤſſe, beſonders in gewiſſen Lebensperioden; der Einfluß des Alters iſt in der That ſo groß, daß es bisweilen ſcheint, ſolche Faͤlle werden ohne Mitwirkung anderer guͤnſtiger Urſachen geheilt; dieß iſt aber nicht wirklich, ſondern nur ſcheinbar der Fall, wie ſich noch ſpaͤter zeigen wird. Als Beiſpiele der heilenden chroniſchen Affectionen koͤnnen viele Geſchwuͤre angefuͤhrt werden, beſonders das wandernde Geſchwuͤr, welches auf der einen Seite heilt, waͤhrend es auf der andern wei— ter geht; eben ſo zahlreiche ſchmerzhafte und dyspeptiſche Krank— heiten mit dem Character der Veraͤnderlichkeit. Nichts iſt ſicherer, als daß wir haͤufig anhaltende Krankheiten und ſelbſt Desorganiſa⸗ tionen ſehen, welche, wenn ſie nicht wirklich hergeſtellt werden, we— nigſtens einen deutlichen Grad von Beſſerung zeigen und deſſenun— geachtet zuletzt dem Leben ein Ende machen; bisweilen koͤmmt ein ganz aͤhnlicher Fall, ohne Unterbrechung, zu ſeinem ungluͤcklichen Ende, und bisweilen endigen ſich die am unguͤnſtigſten ausſehenden Fälle gluͤcklich, während ſehr guͤnſtig ausſehende, ſelbſt bei der be— ſten Behandlung, endlich zum Tode führen koͤnnen. Der Umftand aber, daß faſt alle veraͤnderliche Krankheitsformen zu dieſer oder je— ner Zeit geheilt oder wenigſtens betraͤchtlich gebeſſert werden koͤnnen, giebt denſelben ein ganz beſonderes Intereſſe und empfiehlt ſie un⸗ ſerer Aufmerkſamkeit. In den ungluͤcklichen Faͤllen erfolgt der Tod entweder von der all— maͤlig ſich ſteigernden Hemmung einer oder mehrerer wichtiger Functios nen, oder durch die allgemeine von der Krankheit herbeigefuͤhrte Erſchoͤ— pfung; haͤufig auch von dem Zuſammenkommen dieſer beiden Ur— ſachen, oder noch mehr, wie ich nach vielen Leichenoͤffnungen ſchlie— ßen muß, durch ein ploͤtzliches Hinzutreten von Entzündung eines wichtigen Organs, z. B. Arachnitis, Pneumonie, Hydrothorax. Wie⸗ derholte Ruͤckfaͤlle, Erkältung und die mediciniſche (gute oder ſchlechte) Behandlung koͤnnen zuſammenkommen und den Kranken aufreibenz die geringſte Urſache fuͤhrt alsdann einen acuten Anfall herbei, und es heißt ſodann, der Kranke ſey an Erſchoͤpfung geſtorben. Es giebt ohne Zweifel eine Periode, nach welcher kein Heilmittel mehr hilft; doch iſt es eine gewoͤhnliche und eine vortheilhafte Anſicht, daß gewiſſe Krankheiten, die häufig toͤdtlich ablaufen, bei einer an⸗ dern Conſtitution geheilt, oder gebeſſert werden koͤnnen, oder daß unter guͤnſtigern Umſtaͤnden ſelbſt bei demſelben Individuum eine beträchtliche Beſſerung möglich geweſen wäre. Alle Arten von Krankheit ſind in einem gewiſſen Stadium heilbar, und in der Mehrzahl laͤßt ſich aus der Erfahrung nicht leicht angeben, daß ein gegebener Zuſtand keine Beſſerung mehr zulaſſe. 299 Wir haben geſehen, daß die Anlage zu Ruͤckfaͤllen vielen Krankheitsarten gemein iſt, und es iſt wohl einzufehen,, wie es moglich iſt, daß gewöhnliche Krankheitsurſachen gerade das Organ afficiten, welches am empfaͤnglichſten, d. h., am ſchwaͤchſten iſt. Un nun hier der Krankheitsurſache entgegenzuwirken, muß man die Krankheit heilen; denn es iſt durchſchnittlich richtig, daß dieſe Fälle den Character der Heilbarkeit behalten, d. h., eine ſtarke wiederherſtellende Tendenz, eine Kraft, welche bisjetzt noch in Be: zug auf keine Krankheit hinreichend erklaͤrt iſt. Aber eine Combi— nation der Heilbeſtrebungen und der Ruͤckfaͤlle muß den Practiker bei der Diagnoſe veränderliher Krankheiten und bei jedem Schritte der Behandlung leiten. Eine kurze Bemerkung mag das Verhaͤltniß boͤsartiger Krank— heiten zu unſerem Gegenſtande bezeichnen. Ich glaube, daß man ſagen kann, ſie kehren wieder, wenn man fie befeitigt hat; wollte man aber correct ſprechen, fo müßte min auch alsdann ſagen, fie haben fortgedauert und nicht, fie haben ſich erneuert. Die Krank: heit kann in einem benachbarten oder in einem entfernten Organe auftreten, und wir koͤnnen vor der Hand annehmen, daß ſie in einem Theile oder in dem ganzen Korper nur Fortſchritte von verſchiedener Geſchwindigkeit machen. Bisweilen moͤgen ſie ſchlum— mern; eine Tendenz zur Herſtellung ſcheint aber ganz und gar zu fehlen. Hie und da nimmt eine Beſchleunigung die Stelle eines Rüdfalles ein; dennoch tritt auch hier der Tod meiſtens durch eine acute Entzündung ein, welche in dem erfhöpften Körper noch bin: zukommt; z. B. eine Phlebitis, welche ein nothwendiges Gefäß verſtopft, oder eine wäſſerige Bronchitis ꝛc. Die Summe der vorangehenden Bemerkungen uͤber veraͤnder— liche Krankheiten iſt folgendes: Sie unterſcheiden ſich durch einen mehr oder weniger ſich hinziehenden und ausweichenden Verlauf, und alle ſind nicht nothwendig toͤdtlich, obwohl einige ſchwer zu behandeln ſind, andere noch gar keine Behandlung zulaſſen. Dieſe Krankheiten ſind im Stande, ſtill zu ſtehen und geheilt zu werden, was ſogar bisweilen ſpontan geſchieht. Die meiſten machen leicht Rückfälle und treten, ſelbſt wenn fie geheilt find, leicht wieder ein. Dieß ſind in verſchiedenem Grade die Hauptcharactere aller veraͤnderlichen Krankheiten, welche, wenn ſie behufs der Verglei— chung zuſammengeſtellt werden, ſich gegenſeitig weiter erläutern. Das häufige Vorkommen verſchiedener Veränderungen der Krank— heiten macht es unndthig für mich, fie ſehr forgfältig im Einzel: nen zu bezeichnen; fie find nicht ſchwer zu entdecken. Entzuͤndun— gen und Fieber bieten viele Beiſpiele, ebenſo die Mehrzahl aller ſchmerzhaften Krankheiten. Keine Form der Scrophelkrankheit ſcheint vorhanden, welche die Bezeichnung veraͤnderlich nicht wenige ſtens zeitweiſe verdiente. Daſſelbe laßt ſich von allen den verſchie— denen Catarrhen ſagen und von verſchiedenen Affectionen der Ver— dauungsorgane, der Haut, des Nervenſyſtems und ſelbſt des Cir— culationsſpſtems. Obwohl ich verſichert bin, daß die Erfahrung mir zur Seite ſteht, fo fuͤrchte ich doch, daß dieſe kurze Aufzaͤh— lung Widerſpruch erleiden werde: ich gebe daher ſelbſt Beſchraͤn— kungen. In Bezug auf Wechſelfieber, Hectik, Epilepſie, Tia douloureux und einige andere habe ich nur zu ſagen, daß ich auf keine Weiſe dieſelben ausſchließe. Mein Wunſch iſt nur, die vor— hergehenden Behauptungen zu begruͤnden. Sollte man mir ein— wenden, daß es eine Uebertreibung der Unterſcheivung ſey, wenn man einen Zug der Krankheit als ein iſolirtes und excluſives Un— terſcheidungsmerkmal aufftellt, fo möchte ich in der Kürze antworten, daß ich voll Vertrauen erwarte, eine aufmerkſame Beachtung des ganzen Verlaufes irgend einer Claſſe der veränderlichen Krankhei— ten werde dieſes Verfahren rechtfertigen, und wenn ich einiger Entſchuldigung bedarf, ſo glaube ich meine Gegner nur auf die un— zaͤhligen Werke hinweiſen zu muͤſſen, welche durch Ausſchließen meiner Anſichten wenigſtens eben fo partheiifch verfahren, naͤmlich alle Bücher über Diagnoſe und gewöhnliche Praxis. Die Gegenftände, welche hierher gehören, find in Folgendem auf eine naturgemäße Weiſe geordnet, wiewohl meine Abſicht da— bei mehr die ift, die Hauptverſchiedenhejten einander gegenuͤberzu— ftellen, als eine Liſte der Varietäten zu geben, — — 500 Verſchiedene Arten, unter welchen Krankheiten veraͤnderlich erſcheinen. 1) Viele Krankheiten ſieht man haͤufig ſich Monate lang beſ— ſern und verſchlimmern, oder nach vielen Monaten wieder auftre— ten, wie Scrophelanſchwellung des Kniees, oder ein Geſchwuͤr. 2) Eine Krankheit kann auf aͤhnliche Weiſe mit einer andern, acuten oder chroniſchen, alterniren, und hierbei findet man mehr oder weniger Zeitraͤume der Beſſerung und ploͤtzliche Verſchlimme⸗ rung. Diarrhoͤe und phthiſiſcher Catarrh geben ein ſehr gemeines Beiſpiel ab. 3) Acute Krankheiten zeigen in ihrem gewoͤhnlichen Verlauf immer hie und da ploͤtzliche und unerwartete Verſchlimmerungen, bisweilen in aufeinanderfolgenden Sprüngen mit oder ohne Zeichen von Reconvalescenz: dieß ſieht man bei Rheumatismen, Fiebern 2c. 4) Acute Krankheiten find wahren Ruͤckfaͤllen unterworfen, beſonders zu Anfang der Reconvalescenz. Vielleicht giebt es keine Entzuͤndung, keine Fieber, worauf ſich dieß nicht in gewiſſem Sinn oder Grad anwenden laͤßt. 5) Manche Krankheiten ſind einfachen Metaſtaſen unterworfen und danach wieder einer alternirenden Metaſtaſe, z. B. Gicht, Gicht und Phrenitis, Gicht und Magenaffection ꝛc. Ich hoffe, daß manche Grund und Nutzen in dieſer Zuſam— menſtellung unaͤhnlicher Leiden finden werden, und daß einige we— nige Bemerkungen über die genannten Varietaͤten meine Abſicht noch klarer machen werden. 1) Der Fall einer ſcrophuloͤſen Gelenkaffection zeigt direct den Einfluß localer Urſachen rüdfälliger Krankheiten, wie, z. B., Bewegung, Senkung durch die Schwere, ühel angebrachter Druck. Andere Fälle dieſer erſten Art ſcheinen durch die unmittelbare Wirs kung der Kälte oder ſelbſt der Hitze oder durch ungewöhnlich rei⸗ zende Einwirkung der Luft allein Ruͤckfaͤlle zu machen, z. B. Oph—⸗ thalmieen, Aſthma ꝛc. Bei allen Geſchwuͤren ſcheint die Gewoͤh— nung des Körpers an dieſelben den ruͤckgaͤngigen Verlauf zu erklaͤ— ren, oder wenigſtens kann man bei vollkommener oder partieller Heilung eines Geſchwuͤres die Hemmung der habituellen Secre— tion zur Erklaͤrung der nachfolgenden Entzuͤndung und der Er— neuerung der Abſonderung mit anwenden. Noch auffallender iſt es, wenn wir die Fälle mit Apoplexie oder innerer Entzuͤndung be: ruͤckſichtigen, welche oft an die Stelle des Geſchwuͤres treten. 2) Ruͤckſichtlich der alternirenden Formen veraͤnderlicher Krank- heiten zeigen ſie, wie ich glaube, ziemlich conſtant ein Stadium der Beſſerung vor dem Ruͤckfall oder der ſecundaͤren Affection; und wenn die Urſachen erſter und nachfolgender Störungen hinreichend erforſcht werden, ſo wird man oft leicht erklaͤren koͤnnen, warum die fecundäre Affection auftritt und bisweilen leichter wieder ent— ſteht, als die primäre Krankheit. Phthiſis iſt kein ganz einfaches Beiſpiel Die Perioden der Erholung ſind deutlich genug; aber die haͤufigen anhaltenden Ruͤckfaͤlle veranlaſſen, unter Mitwirkung des Regimens, Schwaͤchung und Abnahme aller Functionen mit ge— ſteigerter Reizbarkeit; die Virdauungsorgane werden in einem un- verhaͤltnißmaͤßigen Grade Störungen unterworfen; die Hautthaͤlig— keit iſt bei Tag, bisweilen auch bei Nacht, geſtoͤrt, oder bloß zeit- weiſe geſteigert, während zeitweiſe die Lungen in ungewöhnlich guͤn— ſtigen Verbältniffen in Bezug auf den Zuſtand der Luft und die Freiheit und Quantitaͤt der Circulation ſich beſindet. Dieß iſt je— doch nur eine partielle Erklaͤrung. Bei den alternirenden Anfaͤllen von Gicht und Catarrh hängt die erſtere Krankheit von Diät, Verſtopfung und dergl., die zweite von dem Zuftande der Atmo— ſphaͤre Kälte u. ſ. w. ab, während die Zeit der Convalescenz, welche mehr oder weniger lange anhaͤlt, von den Naturbeſtrebungen des Korpers bedingt iſt. 3) Die Bemerkung, daß Krankheiten, deren gewoͤhnlicher Ver— lauf ftät ift, auch ſprungweiſe ſich verſchlimmern koͤnnen, iſt ohne Zweifel richtig, ja es koͤnnen mehr Theile befallen werden, und den— noch find dieſe Verſchlimmerungen nur Ruͤckfaͤlle. Bei aufmerk⸗ ſamerer Beachtung wird man immer noch eine Tendenz zur Res convalescenz, ſelbſt in den ſchlimmſten Faͤllen, bemerken. Ich wie 801 nicht behaupten, daß alle ſolche Ruͤckfaͤlle von erneuter oder ver⸗ mehrter Stoͤrung von Außen herrühren, ebwohl dieß der gewoͤhn— lichſte Fall iſt; wir muſſen forgfältig nach innern Urſachen fors ſchen, aber doch auch die äußern, wie Temperatur, Diär und Arz— neimittel, beruͤckſichtigen und beſonders darauf achten, ob die leg: tern vielleicht die immer zunehmende Reizbarkeit des Kranken fuͤr die genannten Urſachen ſteigern. 4) Ruͤckſichtlich beſtimmter Ruͤckfaͤlle, während die Heilproceſſe in vollem Gange waren, iſt es nothwendig, ohne darin zu weit zu gehen, die Einwirkung aͤußerer Einfluͤſſe zu beruͤckſichtigen. 5) Und ruͤckſichtlich der Metaſtaſen ſollte man an die Moͤg— lichkeit eines zu raſchen Fortſchrittes der Cur denken, z. B., bei großen Geſchwuͤren oder bei Bekaͤmpfung der Entzündung durch Kälte, Die verſchiedenen Fälle dienen ſich gegenſeitig zur Exlaͤu— terung, und alle Bemerkungen uͤber mediciniſche Behandlung und uͤber Fortſchritte der Krankheiten ſind truͤgeriſch, wenn nicht die Einwirkung neuer innerer und aͤußerer Urſachen mit beruͤckſich— tigt wird. Die Summe des Vorhergehenden iſt in wenigen Worten Fol— gendes: Es giebt unerlaͤßliche Unterſcheidungen zwiſchen veraͤnder— lichen und andern Krankheiten, z. B. den einfachen chroniſchen, den acuten und den bösartigen Krankheiten; dieſe muͤſſen alle ftreng geſchieden und von jeder Art fertiger und abgeſchloſſener Entar— tung unterfchieden werden. Die verſchiedenen Formen veränderli: cher Krankheit, ſie moͤgen acut oder chroniſch ſeyn, weiſen auf ver— ſchiedene Urſachen der Veraͤnderlichkeit zuruͤck und deuten auf die verſchiedenen prophylactiſchen Mittel hin, durch welche bei jedem einzelnen Falle die innern Heilbeſtrebungen am meiſten erleichtert werden. Die Ruͤckſicht auf Veraͤnderlichkeit erleichtert die Diagnofe und iſt nicht zu umgehen, wenn man nicht alle Tage ſeine Behand— lung mehr oder weniger unſicher machen will. Wenn es wahr iſt, daß viele Krankheiten veraͤnderlich ſind und noch mehr, daß die meiſten Krankheiten Tendenz zur Spontanheilung haben, was Nie— mand beſtreiten wird, ſo iſt es auch nicht noͤthig, nachzuweiſen, daß die Beachtung der Urſachen der Veränderlichkeit direct auf ge— wiſſe Heilindicationen fuͤhren, und es braucht nicht nachgewieſen zu werden, daß das Geſetz, welches die Heilbeſtrebungen erklaͤrt, dem Vorkommen der Veränderlichkeit der Krankheiten nicht widerſprichtz dieſes Geſetz und das Factum ſind im Gegentheil zu gegenſeitiger Erklarung weſentlich erforderlich. (Guy’s Hospital Reports Vol. 5.) Ein Fall von Verrenkung des Schultergelenkes, mit Fractur des humerus. Von J. A. Hing e ſt o n. Die Mittheilung folgender Beobachtung bezieht ſich auf den Fall, welchen Sir Aſtley Cooper vor Kurzem mitgetheilt hat. Herr P., einundſechszig Jahre alt, hager und in feinen Kräf— ten abnehmend, ſtolperte im October 1839 auf der Treppe, waͤh— rend er eine ſchwere Laſt in beiden Armen hinabtrug. Er ſtuͤrzte, mit dem Kopfe voran, die Treppe hinunter, ſiel mit ausgeſtreck— tem linken Arme auf und erhielt zugleich einen Stoß von Hinten auf den humerus; dadurch wurde der Arm nach Vorn getrieben, wahrend der Oberarmkopf durch die Schulterblattmuskeln nach Hinten gezogen wurde, indem die scapula ſelbſt den Stuͤtzpunct abgab. Der Oberarmkopf wurde auf dieſe Weiſe gleichzeitig fracz turirt und luxirt; die Fractur ging durch den anatomiſchen Hals des Oberarms. Zeichen. — Niederſinken der linken Schulter. Leere Ge— lenkhoͤhle. Anlegen des Armes an der Koͤrperſeite. Der Kranke unterſtuͤtzt den Ellenbogen des verletzten Armes mit der anderen Hand; die Handflaͤche des verletzten Gliedes liegt, in halber Supi— nation, platt auf der Magengegend; eine ſichtbare Hervorragung unter dem Schlüffelbeine, wodurch der pectoralis in die Hoͤhe ges hoben wird. Die Axe des Gliedes ſteht indeß nicht ſo, wie bei einer Schulterluxation. Bei Unterſuchung mit den Fingern fuͤhlt 502 man den Oberarmkopf leicht unter dem Schluͤſſelbeine und in der axilla. Setzt man das Knie unter die Achſelhohle und macht die gewoͤhnliche Extenſion zur Einrichtung einer Luxation, ſo fuͤhlt man bei'm Niederdrücken des Ellenbogens, mit der das Schultergelenk umfaſſenden Hand, die Crepitation einer Fractur, was noch deut— licher wird, wenn man dabei den humerus nach Oben und Außen bewegt. Als der Operateur die Haͤnde wegnahm und das verletzte Glied ſich ſelbſt uͤberließ und nur genau hinſah, ſo konnte er, bei der Magerkeit des Patienten, bemerken, daß die Lage des luxirten Oberarmkopfes und die Axe der herabhaͤngenden Knochenroͤhre ein— ander nicht entſprachen. Unterſuchte man nun das obere Ende des Knochens nahe bei der Luxation und Fractur, ſo konnte man mit den Fingern in die Fracturlüde, zwiſchen den getrennten Knochen- enden, eindringen. Die Behandlung beſtand einfach in der Unterſtuͤtzung des Glie— des mit einer Schlinge und der Anwendung von Breiumſchlägen, Fomentationen ꝛc., um den Schmerz zu lindern. Die allgemeinen Reactiensſymptome ſtellten ſich nur langſam und in mildem Grade ein; der Schmerz war nicht fo groß wie er gewöhnlich bei Fracturen zu ſeyn pflegt, welche durch ein Ge— lenk gehen Schlaf wurde leicht durch ein wenig Mohnkopfſyrup herbeigefuͤhrt. Das Glied wurde in feiner ganzen Lange aumaͤlig oͤdematoͤs, und der hintere Theil des Armes und die Weichtheile in der Nähe des Ellenbogens wurden durch ecchymoſirtes Blut be— traͤchtlich ausgedehnt und mißfarbig gemacht. Die Lage, welche dem Kranken am bequemſten war, war die, daß er in einem Stuhle ſaß, den linken Fuß auf einen Stuhl auf: ftügte und den Ellenbogen des verlegten Gliedes mit dem linken Knie unterftügte, waͤhrend der Vorderarm in halber Supination mit der gefunden Hand gegen die Magengegend gehalten wurde. Die um den Hals gelegte Schlinge wurde nicht ertragen, wenn ſie den Ellenbogen unterſtuͤtzte, ſondern nur, wenn die Hand allein darin eingelegt war. Weiterer Verlauf des Falles. — Mit der Zeit zeigte ſich Schwierigkeit der Supination und Extenſion des Vorderarmes; ein Unvermoͤgen, den Ellenbogen von der Seite zu erheben und eine partielle Ausfuͤllung der Gelenkhoͤhlen. Zu dieſer Zeit, am 16. December, waren alle Symptome einer einfachen Luxation vorhan— den, fo deutlich fie nur vorkommen können, zugleich mit der auf⸗ fallenden Feſtſtellung des Vorderarmes in einem rechten Winkel queer uͤber den Koͤrper. In der That, haͤtte der Wundarzt die— ſen Fall damals zum erſten Male geſehen, ſo wuͤrde er, nach dem erſten Anblicke, ohne Bedenken ausgeſprochen haben: daß er eine nicht reducirte Luxation vor ſich habe. Deßwegen wurde das Nach— laſſen der Anſchwellung mit einiger Ungeduld abgewartet, um den Zuſtand des Gelenkes genauer zu unterſuchen. Am 21. December, gerade zwei Monate nach der Verletzung, wurde die Schulter genau unterſucht und gezeichnet. Die Be: ſchaffenheit des Gliedes war folgende: 1) Der Oberarmkopf war ab⸗ gebrochen und lag unter dem Äußeren Ende der clavicula, vor dem processus coracoideus der scapula; 2) die Gelenkhoͤhle war leer und wurde nur nach Vorn, durch den Oberarmkopf, etwas aus— gefuͤllt, welcher auf dem vorderen Ende der Gelenkgrube ruhte; 3) das abgebrochene Ende des Oberarmknochens beruͤhrte den un— teren Rand der Gelenkgrube und lag neben dem Oberarmkopfe, je— doch unter ſtumpfem Winkel gegen dieſen; 4) eine deutliche ver— tiefte Linie lief zwiſchen dem Oberarmkopfe und dem oberen Ende der Knochenroͤhre durch und zeigte ganz unzweideutig die Natur der Verletzung; 5) rings um die Verletzung war coagulable Lym⸗ phe ausgeſchwitzt, jedoch bereits in der Abſorption begriffen; 6) der Bauch des biceps war, in Folge der Unthätigkeit dieſes Muskels, verduͤnnt, und dadurch waren die Bewegungen des Vorderarmes unmoglich; denn der lange Kopf des biceps war mit dem Rande der Gelenkgrube ebenſo, wie der kurze Kopf am processus cura- coideus, verletzt; die Sehne war zerriſſen und aus dem sulcus bicipitalis herausgeſchoben, konnte alſo nicht weiter dienen; der unthaͤtige Muskelbauch war geſchwunden, wodurch die Flexion des Vorderarmes unmoͤglich wurde, während doch die toniſche Con: 305 traction des Muskels jede Extenſion des Vorderarmes verhindert. Dieſelbe toniſche Contraction hielt die Fascien des Vorderarmes geſpannt und zwar durch aponeurotifchen Fortſatz, welcher von der Sehne des biceps, nahe vor der Inſertion an den Radius, abgeht; durch dieſe Anſpannung verhinderte die Fascie, in der That, die Supination. Unter den Bewegungen des Gliedes waren noch übrig: 1) Ro— tation nach Außen; 2) Extenſion des Vorderarmes; 3) Supination und 4) Erhebung des humerus von der Seite. Alle waren deut— lich in einem beſtimmten, jedoch verminderten Grade, vorhanden. Vereinigung zwiſchen dem abgebrochenen Oberarmkopfe und dem Körper des Knochens war nicht vorhanden; es zeigte ſich eine leichte, obwohl beſchraͤnkte Beweglichkeit zwiſchen den gebrochenen Enden des humerus, am unteren Rande der Gelenkhoͤhle; wahr— ſcheinlich hatte ſich bereits ein falſches Gelenk gebildet. Dieſe Be— weglichkeit des gebrochenen Endes des Knochens, ebenſo wie das Vorhandenſeyn der vier Elementarbewegungen, wie vorhin angege— ben worden iſt, berechtigen zu der Anſicht, daß durch tägliche paſ— ſive Bewegungen alle übrigen Bewegungen des Schultergelenkes ſich wiederherſtellen werden. Bevor dieſe Wiederherſtellung ganz zu Stande kam, ſtarb aber der Kranke, am 23. Januar 1840, drei Monate nach ſeiner Ver— letzung. Er wurde durch conſtitutionelle Reizung aufgerieben. Es ſtellte ſich nach und nach ein hoͤchſter Grad von Nervenerregung ein, Schlafloſigkeit, ſehr unregelmaͤßige und ſchwierige Reſpiration, mehr und mehr beſchleunigter Puls, tumultuariſche Herzthaͤtigkeit, Durſt, Appetitloſigkeil, Abmagerung, Delirium, Oedem, Petechien, anasarca und ascites. Ehe jedoch noch der Tod eintrat, war Patient noch im Stande, die Finger bis zum Munde zu erheben und ſich auf den Ellenbogen des verletzten Armes aufzuſtuͤtzen. Die Zergliederung des verletzten Koͤrpertheiles ergab Folgen— des: Die Muskeln waren geſchwunden, aber ohne Ergießung. Unter dem deltoideus war der humerus, nahe an feinem Halſe, in ſechs Stucke zerbrochen und durch neue Knochenmaſſe wiederver— einigt; die cavitas glenoidea fand ſich leer und war mit einem Knorpelüberzuge verſehen. Die Axe des Gliedes war gegen dieſelbe hin gerichtet. Der Oberarmkopf fand ſich unter der cavitas gle- noidea, auf dem unteren Rande, gerade unter dem cervix scapu- lae, mit der Gelenkfläche nach Unten gerichtet. Er war von dem Capſelligamente, welches unverſehrt war, genau umſchloſſen; der Riß in dem Capſelligamente, welcher von der Luxation herrüͤhrte, war wieder zugeheilt. Als das Capſelligament geoͤffnet wurde, zeigte ſich der Oberarmkopf von gewoͤhnlichem Ausſehen, mit ſei— nem Knorpelüberzuge glatt und polirt. Die Sehnen der spinati und des subscapularis erſchienen verdickt, waren aber ganz, ſo daß es ſchien, ſie ſeyen zerriſſen geweſen und geheilt. Die lange Sehne des biceps war von ihrem Anheftungspuncte abgeriſſen und zwi⸗ ſchen die Bruchfragmente eingefügt, über welchen die Sehne nicht aufgefunden wurde. 301 Die Bewegung im Gelenke war ſehr beſchraͤnkt, indem ſie durch einen Vereinigungsproceß beeintraͤchtigt wurde, der zwiſchen der cavitas glenoidea und einem damit in Verbindung ſtehenden Frag— mente des humerus, vor ſich ging. Dieſe Vereinigung bildete ſich hauptſaͤchlich durch! unvollkommen oſſificirte Maſſe und geſtattete deßwegen einen leichten Grad von Bewegung. Dieſe Vereinigung wäre vielleicht durch fortgeſetzte, paſſive Bewegung zu verhindern geweſen. (Guy’s Hospital Reports, Vol. 5.) a a a RA Ueber Empyem hat Herr Square der Verſammlung zu Plymouth eine merkwürdige Mittheilung gemacht. Der Fall war von Expectoration einer großen Menge dunkelrothen, ſtinkenden Eiters begleitet, und es bildete ſich ein aͤußerer Abſceß, durch wel— chen die ganze, innerhalb der Pleural-Cavitaͤt enthaltene Maſſe entleert wurde, worauf die Expectoration aufhoͤrte und der Patient zuletzt wiederhergeſtellt wurde. Neben den gewoͤhnlichen characte— riſtiſchen Zeichen des Empyems vor der Entleerung des Eiters, war ein gurgelndes Geraͤuſch, Pectoriloquje und cavernoͤſe Refpis ration, unter dem Schauſſelbeine der kranken Seite, vorhanden. Dieſe, die gewöhnlichen Zeichen einer Zubercular: Gavität, ver— ſchwanden mit der Ausleerung der eiterigen Materie, wo dann me— talliſches Klingen ſich ausbildete. Man verließ ſich hauptſaͤchlich auf die therapeutiſchen Operationen der Natur, um den Fall zu guͤnſtigem Ausgange zu führen. — Bei der Discuſſion erzählte Dr. M' Gowan einen Fall, welcher durch die Paracenteſis des thorax inſoweit gluͤcklich behandelt wurde, daß der Patient ſeine allgemeine Geſundheit, bis auf einen gewiſſen Grad, wiedererlangte. Aber die Oeffnung in der Bruſt ſchloß ſich niemals, und doch wird, nach einem betraͤchtlichen Zeitraume, Eiter, bis zum Betrage von acht und ſechszehn Unzen, von Zeit zu Zeit durch das Roͤhrchen entleert, welches in der Oeffnung eingebracht erhalten wird. Die Behandlung der ſerophuldſen Krankheiten mit Nußblättern ſcheint dem Herrn Negrier, zu Angers, allen übrigen antiſcrophuloͤſen Behandlungsweiſen vorzuziehen zu ſeyn. Er hatte in dem Krankenhauſe ſiebenzehn Kinder zu behan— deln; neun davon mit ferophulöfer caries, ſieben mit ulcerirten Druͤſengeſchwuͤlſten und eins mit nicht ulcerirten Drüfengefchwüls ſten und einer ſcrophuloͤſen Augenentzuͤndung. Jedes nahm taͤg— lich zwei oder drei Taſſen einer Infuſion von friſchen Nußblättern, mit Syrup oder Honig verſuͤßt; außerdem Morgens und Abends eine Pille aus Extr. foliorum Juglandis von 20 Centigrammes, oder einem Loͤffel, und aus Syrup, in welchem vierzig Theile Extract, mit dreißig Theilen Syrup, aufgeloͤſ't war. Alle Geſchwuͤre wurs den mit einem ſtarken Nußblaͤtter-Decoct fomentirt und verbunden. Bei dieſer Behandlung waren ſieben der Kranken nach einem hal— ben Jahre vollkommen geheilt, und fuͤnf waren auf dem Wege der Beſſerung. —— ———ß—5—öröK—v — ee el Bibliographische Kerogkertten. Recherches sur les causes physiques de nos septsensations, et erreurs des physiciens sur le son et la lumière. Par C. P. Daurio. Paris 1841. 8. Natural History of the Honey Bee. By R. Huber. London 1841. 12. (Iſt eine neue Engliſche Uebertragung d Beobachters.) 35 Jr er De la manie du suicide et de l’esprit de révolte; de leurs cau- ses et de leurs remedes. Par J. Tissot. Paris 1841. 8. On Throat Deafniss; with cases exemplifying the nature, cau- ses and cure of the disease by simple and appropriate Treat- ment. By John Stevenson etc. London 1841. 8. — — — — —Üꝛwwœ———é¾ Neue Üotizen auß dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinolratbe Froriev zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Ne. 416. (Nr. 20. des XIX. Bandes.) September 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 39 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Racer Ueber die Species des Genus Ovis. Von Edward Blyth, Esg. (Fortſetzung.) 11) Ovis Musimon, Linn. Der Corſicaniſche und Sardiniſche Mouflon, welcher jedoch ein anderer zu ſeyn ſcheint, als der in der Levante einheimiſche. Wir brauchen von dieſer ſchoͤnen kleinen Species keine in's Einzelne ge— hende Beſchreibung mitzutheilen, wiewohl hier bemerkt wer— den mag, daß das in dem Garten der Zoologiſchen Geſell— ſchaft befindliche praͤchtige lebende Maͤnnchen von der Naſen— ſpitze bis zur Schwanzwurzel 89 Zoll mißt; die Laͤnge des Schwanzes betraͤgt 5 Zoll; von der Naſenſpitze bis zur Wurzel der Hörner mißt es 7 Zoll; die Ohren find 4 Zoll lang; der Hals, von dem Hintertheile der Wurzel der Hoͤr— ner bis zu dem ſchroff abſetzenden Winkel, wo er an den Rumpf angefügt iſt, 8 Zoll und von da bis zur Schwanz: wurzel 21 Zoll. Höhe an den Schultern 24 Fuß. Die Hör: ner dieſes Exemplares find inſofern merkwuͤrdig, als fie nicht die geringſte ſpiralfoͤrmige Biegung darbieten, daher ſie nach dem Rüden des Halſes hin geneigt find. Sie find, längs der Kruͤmmung gemeſſen, 21 Zoll lang und haben an der Wurzel 81 Zoll im Umfange. Sie ſtehen im fuͤnften Jahre ihres Wachsthums. Die am Weiteſten auseinanderliegen— den Stellen derſelben ſind 15 Zoll voneinander entfernt; al— lein bei einem andern, ausgeſtopft im Naturaliencabinette der Geſellſchaſt befindlichen, Exemplare find die Horner, wie gewohnlich, ein Wenig ſpiralfoͤrmig gewunden und 26 Zoll lang. Ihr Abſtand betraͤgt an der groͤßten Ausbiegung 14 Zoll und an den Spitzen 12 Zoll. Dieſes Hoͤrnerpaar zeigt ſieben Jahrwuͤchſe, und ihre Entwickelung iſt offenbar voll: endet, obwohl ſie an der Wurzel nur 7 Zoll im Umkreiſe haben. Das Weibchen iſt mehrentheils ungehoͤrnt, und wenn es Hoͤrner hat, ſo ſind dieſelben gewoͤhnlich nur 2 Zoll lang. Die Hoͤrner des Mouflon haben im Allgemeinen ziem— lich denſelben Character, wie die des zahmen Widders, nur find fie nie fo ſtark verlängert, indem fie ſelten über 3 eis No. 1516. Be re nes Kreiſes beſchreiben. Die innere vordere Kante bildet bis faſt an die Wurzel einen ſpitzen Winkel, und dort iſt die aͤußere Kante ziemlich eben ſo ſtark entwickelt, ſo daß die erſte Haͤlfte des Horns ziemlich dreieckig iſt, wogegen es nach der Spitze hin bedeutend zuſammengepreßt, mit ſtark ausge— praͤgten Runzeln verſehen und an der innern Oberflaͤche concav iſt. Uebrigens iſt es mir ſtets ſo vorgekommen, als ob die ſpecifiſche Verſchiedenheit des Mouflon ſehr deutlich hervor— trete, und ich moͤchte bezweifeln, daß irgend eine der zah— men Schaafracen von ihm abſtamme. Zwar begattet ſich der Mouflon in der Gefangenſchaft recht gern mit dem zahmen Schaafe und zeugt mit ihm Junge; allein es iſt kein Beiſpiel bekannt, daß wilde Mouflons, die doch oft mit zahmen Schaafheerden auf denſelben Bergwieſen waiden, ein zahmes Schaaf belegt und Baſtarde oder ſogenannte Umbri erzeugt haͤtten. Das Maͤnnchen des Mouflon nennt man in Corſica Mufro und das Weibchen Mufra, und hiernach hat Buffon den Namen Mouflon gebildet In Sardinien heißt der Widder Murvoni und das Weibchen Murva, obwohl die Landleute oft beide Mufion nennen, was, wie Smyth in ſeiner Beſchreibung Sardinien's be— merkt, offenbar von dem griechiſchen Ophion abgeleitet iſt. Ob die oͤfters anzutreffende Behauptung, daß es auch Schaafe dieſer Art in den Gebirgen Murcia's gebe, Grund hat oder nicht, kann ich nicht ſagen 12) Der Cypriſche Mouflon, welchen die Herren Brandt und Ratzeburg nach einem im Berliner Natus raliencabinette befindlichen Exemplare haben abbilden laſſen und mit der Cuvier'ſchen Abbildung des Corſicaniſchen Mou— flons verglichen haben, iſt wahrſcheinlich eine beſondre, zwi— ſchen Ovis Musimon und Ovis Gmelini ſtehende Spe— cies In der Kruͤmmung der Hoͤrner hat ſie mehr Aehn— lichkeit mit der letztern; allein dieſelben find weniger ſtark und kruͤmmen ſich gleich von der Baſis aus allmaͤlig ruͤck— waͤrts, ſtatt zuerſt gerade aus zu divergiren, wie bei Ovis Gmelini. In der Farbe des Haares ſcheint ſie jedoch dem Corſicaniſchen Mouflon ſehr nahe zu ſtehen, und es fehlt ihr nur der Stich in's Rothbraune, ſo wie man auch an 20 307 dem abgebildeten Exemplare den ſattelaͤhnlichen dreieckigen weißen Fleck vermißt, der bei dem Mouflon Corſica's und Sardinien's ſelten fehlt.“) Der Tragelaphus des Be: lon, den dieſer Schriftſteller auf Candien und in der Tuͤrkei fand, wird von ihm allerdings beſchrieben, „als mit Ziegen: hoͤrnern verſehen, die jedoch zuweilen gewunden ſeyen, wie beim Widder;“ allein da die Biegung der Hörner ziemlich dieſelbe iſt, wie bei dem von den Herren Brandt und Ratzeburg abgebildeten Exemplare, ſo geht daraus her— vor, daß dieſe Biegung bei dem verwandten wilden Armeni— ſchen Schaafe die normale iſt, und dadurch wird es um ſo wahrſcheinlicher, daß das in Berlin befindliche Exemplar des Cypriſchen Schaafes ebenfalls Hoͤrner von der normalen Kruͤmmung habe, und ſchon hiernach wuͤrde es bedeutende Anſpruͤche darauf haben, als eine eigne Species betrachtet zu werden, in welchen Falle ich fuͤr daſſelbe den Namen Ovis Ophion vorſchlagen würde, 13) Ovis —: Ixalus Probaton, Ogilby. In meinem fruͤhern Artikel ſtellte ich die Anſicht auf, daß die: ſes Thier eine achte Schaafart ſey, und dieſer Meinung bin ich noch jetzt treu. Das einzige Exemplar, welches uns bekannt geworden iſt, hatte offenbar lange in der Gefangenſchaft gelebt, wie ſich aus den in einer eigenthuͤmlichen Weiſe aus— gewachſenen Hufen ergiebt; allein waͤhrend ich fruͤher geneigt war, die Abweſenheit der Hörner dem Umſtande zuzuſchrei— ben, daß es in fruͤher Jugend caſtrirt worden ſey, moͤchte ich ſie jetzt als eine angeborne Abnormitaͤt (denn fuͤr eine ſolche muß ſie wohl gelten) anſehen, da der Fall ſich auch mit an— dern, wiewohl nicht haͤufigen Beiſpielen belegen laͤßt. Das Armeniſche wilde Schaaf ſteht dieſer Species naͤher, als ir— gend ein anderes bis jetzt bekanntes, und dieſe Aehnlichkeit *) Derſelbe fehlt wohl nie, wenigſtens muß ich dieß annehmen, ſeitdem ich beobachtet habe, daß die Haare auf dieſer Stelle zwar im Sommer dieſelbe Laͤnge haben, wie die uͤbrigen, aber im Winter bedeutend laͤnger ſind und eine Art von Wirbel bilden, ſo daß ſie dem Thiere, wenn man daſſelbe anders, als von der Seite ausſieht, ein eigenthuͤmliches Anſehen ertheilen. Zu derſelben Jahreszeit beſitzt der Mouflon eine bedeutende abſtehende Mähne von langem ſchwarzen Haare am Nacken und uͤber den Schultern, und das Haar am Halſe iſt in gro— ßer Fülle und Lange vorhanden und am untern Theile des Vorderhalſes nach Vorn und am obern nach Unten gerichtet. Merkwuͤrdigerweiſe bemerkt man auch bei manchen zahmen Schaafracen an den Seiten einen ſolchen Wirbel von laͤngern weißen Haaren. So befindet ſich gegenwärtig in dem zoologi— ſchen Garten im Regent's Parke ein Paar weſtindiſcher Schaa— fe, die im Winter ein reiches Vließ von rothbrauner Farbe erhielten, durch welches jene langen weißen Haare hervorrag⸗ ten und ſehr auffallend gegen die übrigen abſtachen. Bei der Annäherung des Fruͤhlings fiel das wollige Vließ aus, und die Haare wurden nun ſo, wie bei den verſchiedenen wilden Arten. Diefe Schaafe find ungehoͤrnt und haben den gewoͤhn⸗ lichen langgeſtreckten Rumpf der zahmen Racen Der Schwanz iſt ziemlich kurz, jedoch über noch einmal fo lang, als bei'm Mouflon, und die Gegend von der Stirn bis zur Schnauze ift ſehr gewoͤlbt. Aus dieſen Umſtaͤnden moͤchte ich eher auf eine nahe Verwandtſchaft, als auf die ſpeciſiſche Gleichheit des letz— tern mit den zahmen Racen ſchließen, deren Urtypus gewiß auch viel lange, vom Vorderhalſe herabhaͤngende Haare darge— boten hat, wie man fie bei der Islaͤndiſchen und einigen anz dern Racen noch jetzt bemerkt. D. Verf. 808 iſt ſo bedeutend, daß erſt die genauere Vergleichung in na— tura mich beſtimmte Unterſchiede an beiden entdecken ließ. Nichtsdeſtoweniger find fie ſpecifiſch verſchieden, wie ſich beſon— ders aus dem laͤngern und weniger duͤnnen Schwanze der hier in Rede ſtehenden Art und der ſehr abweichenden Tex— tur des Vließes abnehmen laͤßt, wogegen man die Abweſen— heit der dunkeln Abzeichnung im Geſichte und an den Ex— tremitäten fuͤr eine individuelle Abnormitaͤt halten koͤnnte. Das Exemplar hat die Größe eines ſtarken zahmen Schaa— fes und durchgehends eine kaſtanienbraune, in's Roͤthliche ziehende Farbe, die nur am Unterleibe, an der innern Seite der Beine, den Lippen, dem Kinne, der untern Seite der Wangen und der Schwanzſpitze durch Schmutzigweiß erſetzt iſt. Von der Naſenſpitze bis zur Schwanzwurzel mißt es etwa 50 Zoll; der Schwanz iſt ziemlich 4 Fuß lang, und an den Schultern betraͤgt die Hoͤhe des Thieres 25 Fuß. Die Rudimente der Hoͤrner ſtehen von der Naſenſpitze 9 Zoll ab, die Ohren ſind 4 Zoll lang. Die Rudimente der Hörner, welche genau denen gleichen, die man bei gewiſſen Schaafarten findet, ſind 2 Zoll voneinander entfernt. Bei der genaueſten Unterſuchung des Exemplares kann ich daran kein einziges Merkmal erkennen, welches deſſen Trennung von dem Genus Ovis rechtfertigen koͤnnte, fo wie ſich denn uͤberhaupt kein erheblicherer Unterſchied herausſtellt, als daß die Gegend zwiſchen Stirn und Schnauze weniger gemölbt iſt, als bei andern Schaafarten, was jedoch auch bei Ovis Tragelaphus der Fall iſt. Oberſt Hamilton Smith hat mir indeß eine Abbildung von einem Thiere mitgetheilt, das er ſelbſt an den Ufern des Rio St. Juan in Venezuela geſehen hat, und dieſe gleicht dem Ixalus Probaton fo genau (bis auf den Umſtand, daß das abgebildete Thier Hörner hat, die denen der Felſengebirg-Ziege ſehr aͤhnlich find), daß die ſpecifiſche Identitat beider ziemlich gewiß iſt, und in dieſem Falle iſt es hoͤchſt merkwuͤrdig, daß ein in ans dern Beziehungen mit der Gattung Ovis fo genau ver— wandtes Thier ruͤckſichtlich des eben angezeigten Merkmals von derſelben ſo bedeutend abweigt. Das erwaͤhnte Suͤd— americaniſche Thier iſt Aploceres Mazama, Smith, und wahrſcheinlich ein Gattungsverwandter des von Molina erwaͤhnten Pudu der Chileſiſchen Anden, deſſen Vorhanden— ſeyn neuerdings durch Herrn Gay feſtgeſtellt worden zu ſeyn ſcheint, fo wie der foſſilen Antilope Mariquensis des Dr. Lund. Uebrigens deuten mehr oder weniger be— zeichnende Angaben verſchiedener Schriftſteller darauf hin, daß es noch mehrere jetzt lebende Arten dieſes Genus gebe. 14) Ovis Aries, Linn. Das Hausſchaaf. Wenn man auch annimmt, daß die vorhandenen Schaafracen durch die Vermiſchung mehrerer Species entſtanden ſeyen, was, z. B., bei'm zahmen Hunde mit ziemlicher Gewißheit be— hauptet werden kann, ſo bleibt es immer merkwuͤrdig, daß das eigentliche und hauptſaͤchlichſte wilde Urthier bis jetzt ſo wenig entdeckt iſt, als uͤberhaupt ein wildes Schaaf, das einen ſo langen Schwanz haͤtte, als ihn das zahme in den meiſten ſeiner Racen beſitzt und ihn, meines Erachtens, auch die Urrace beſitzen muͤßte. Unter den unzaͤhligen Racen der zahmen Ziege bemerkt man nichts Aehnliches; ſie alle ſchei— 309 nen ausſchließlich von der Caucaſiſchen Capra Aegagrus zu ſtammen, und wie ich in meinem fruͤhern Artikel die Vermuthung ausſprach, daß ein den zahmen Schaafracen aͤhnlicheres wildes Thier, als alle bis damals bekannten wilden Schaafſpecies, in der Gegend des Caucaſus zu fin— den ſeyn moͤchte, ſo ſcheint auch wirklich in Mittelperſien ein ſolches vorzukommen, wie ich bereits unter Nr 9 bei Gelegenheit der Beſchreibung der Ovis Gmelini erwähnt habe. Auch darf nicht uͤberſehen werden, daß Hector B oe: tius eines auf der Inſel St. Kilda einheimiſchen wil— den Schaafes gedenkt, das größer, als die ſtaͤrkſte Ziege war, deſſen Schwanz bis auf den Boden herabreichte, und deſſen Hörner länger und fo voluminoͤs, als die eines Och— fen waren.“) Pennant bemerkt zu dieſer Stelle, daß ein ſolches Thier auf einem Basrelief zu ſehen ſey, welches aus der Mauer des Antoninus bei Glasgow herruͤhre. Unter allen wilden Species der aͤchten Schaafe, welche hier beſchrieben worden, ſteht der Raß (Kutſch : gar) in Pamir ruͤckſichtlich der Beſchaffenheit der Hörner der Ovis Aries am Naͤchſten. Uebrigens unterſcheiden ſich dieſelben, wie bereits angegeben, abgeſehen von der Groͤße, darin voneinander, daß bei'm Raß die beiden vordern Kan— ten ziemlich gleich ſtark entwickelt ſind, waͤhrend bei Ovis Aries und auch bei dem Mouflon die innere Kante nach der Wurzel zu einen ſpitzern Winkel bildet, als die aͤußere. Laͤngere Erfahrung in Anſehung der Auffaſſung der ſpecifi— ſchen Charactere der Schaafhörner ſetzt mich in den Stand, mit Beſtimmtheit zu verſichern, daß der normale Character der langgeſchwaͤnzten Schaafracen Europa's, ſo wie auch der meiſten andern Racen, zwiſchen dem des Raß und dem des Mouflon die Mitte haͤlt, indem bei jenen die Kruͤm— mung und Laͤnge der Raß-Hoͤrner mit der Geſtalt des Durchſchnitts der Mouflonhoͤrner vereinigt iſt, die Hoͤrner aber nach der Baſis zu verhaͤltnißmaͤßig breiter werden, als beim Raß und Mouflon, und zwar mehr, als bei den Argali's Sibirien's, Kamtſchatka's und Nordamerica's. Daß die Ovis Aries von allen bekannten Schaafſpecies durchaus ſpecifiſch verſchieden ſey, davon war ich ſeit langer Zeit uͤberzeugt, und die neuerliche Unterſuchung des Raß hat mich in dieſer Anſicht noch mehr beſtaͤrkt. Ich halte es jedoch für wahrſcheinlich, daß die gegenwärtig vorhande— nen zahlreichen zahmen Schaafracen durch die Vermiſchung mehrerer wilden Species entſtanden ſeyen, obwohl ſicher da— bei keine der im Obigen beſchriebenen Arten mitgewirkt hat. Noch vor nicht gar langer Zeit ſtritt man ſich nur daruͤber, ob das Hausſchaaf vom Sibiriſchen Argali oder vom Cor— ſicaniſchen Mouflon abſtamme; gegenwärtig aber, wo fo viele ausgemacht verſchiedene wilde Species dieſes Genus entdeckt worden ſind, iſt es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß wir bei Weitem noch nicht alle Arten deſſelben kennen, ſondern ) Zwei Schaafſchaͤdel, die, wie es ſcheint, von einem Widder und einem Weibchen berruͤhren und aus einem Iriſchen Torf— moore ſtammen, gehoͤren wahrſcheinlich dieſer Race an. Sie befinden ſich im Beſitze des Grafen von Enniskillen und wurden vor nicht gar langer Zeit der Zoologiſchen Geſellſchaft vorgelegt. 310 daß auf den hohen Tafellaͤndern und Schneegebirgen Mit— telaſien's, vom Caucaſus und Taurus bis zum Altai, noch mehrere unerforſchte Schaafſpecies hauſen, und daß ſich un— ter ihnen dieſe oder jene befindet, die den zahmen Racen weit naͤher ſteht, als irgend eine der uns bekannten wilden Schaafarten. Die ſaͤmmtlichen bisjetzt aufgeführten Arten gehören zu meiner Untergattung oder Gruppe Ovis, im Gegenfatze zu Ammotragus, welche letztere Gruppe, gleich den Ziegen, keine Thraͤnenhoͤhlen beſitzt, aber ſich von den Ziegen da— durch unterſcheidet, daß fie, gleich andern Schaafen, Zwiſchenklauen-Gruben hat. Auf dieſen Unterſchied zwiſchen den Schaafen und Ziegen ſcheint zuerſt Pallas aufmerk— ſam gemacht zu haben, und ſpaͤter iſt daruͤber vom Prof. Gene im XXXVII. Bande den Memorie della Reale Accademia delle Scienze di Torino ausführlich ge— handelt worden. Der Umſtand, daß Genera, die ſo aͤhn— liche Orte bewohnen (und fo aͤhnliche Nahrungsſtoffe freſſen) wie die Ziegen und Schaafe, nicht beide dieſen Apparat be— ſitzen, macht die Erklärung des Nutzens deſſelben ſehr ſchwie— rig. Die Art, auf weiche ich die Untergattung Ammotra— gus gruͤnde, hat im Leben entſchieden mehr das Anſehen eines Schaafes, als einer Ziege; das Maͤnnchen ſtinkt nicht, wie die Ziegenböde; das Thier bloͤkt genau, wie die Schaafe, und der Bock ſtoͤßt, wie ein Widder und nicht, wie ein Ziegenbock. Von den uͤbrigen anerkannten wilden Schaaf— arten und den langgehörnten oder aͤchten wilden Ziegen un— terſcheidet es ſich durch die concave Gegend zwiſchen Stirn und Schnauze, ſo wie dadurch, daß es im Geſichte und an den Beinen keine Abzeichnungen hat. Der Schwanz iſt ziemlich lang, was bei keiner Species der Gattung Capra der Fall iſt, und zeichnet ſich auch durch den an deſſen Ende ſtehenden Haarbuͤſchel aus. Auch ſein Vaterland, Norda— frica, iſt in Betreff des Genus, zu welchem ich es bier rechne, eine Beſonderheit, wiewohl zwei Arten von wilden Ziegen reſp. Oberaͤgypten und die Schneegebirge Abyſſinien's bewohnen. 15) Ovis Tragelaphus, Pallas. Das Africani— ſche Ziegen-Schaaf. Dieſes Thier iſt außerordentlich groß, indem es manchmal größer, als der Dammhieſch zu werden ſcheint, wiewohl es auch weit kleiner vorkommt Es hat am Kinne keinen Bart, wie die aͤchten Ziegen, zeichnet ſich aber durch die Fuͤlle von langen Haaren aus, die loſe vom Vordertheile des Halſes und Obertheile der Vorderbeine berabhaͤngen und bei'm Maͤnnchen am erſtern Theile die Laͤnge von 1 Fuß, ſo wie am letztern die von 9 Zoll er— reichen. Auch da, wo der Kopf angeſetzt iſt, zeigt ſich et— was langes Haar, und das Thier traͤgt im Nacken eine dichte Maͤhne von 3 Zoll langen Haaren, die über den Wie derriſt hin bis zur Mitte des Ruͤckens reicht. Die Farbe iſt im Allgemeinen lohbraun oder gelbbraun. Die Hoͤrner find mittelmäßig ſtark und drehen ſich auswärts und tuͤck⸗ waͤrts, dann aber ſo einwaͤrts, daß die Spitzen gegeneinan⸗ derneigen. Der praͤchtige Bock, den das Britiſche Muſeum be— ſitzt, mißt von der Naſenſpitze bis zur Schwanzwurzel 5 9 311 Fuß; der Schwanz deſſelben iſt 9 oder, mit Jabegriff des Buͤſchels, 13 Zoll lang. Höhe am Ruͤcken 32 Fuß, obwohl das Thier bei Lebzeiten um mehrere Zoll niedriger geweſen ſeyn muß. Die Entfernung der Naſenſpitze von der Wur— zel der Hoͤrner betraͤgt 11 Zoll und die Länge der Ohren 5 Zoll. Das ſchoͤnſte mir vorgekommene Hoͤrnerpaar be— findet ſich in derſelben Sammlung, und jedes Horn mißt über die Krümmung hin 25 Zoll, bat an der Wurzel 10% Zoll im Umfange und, von Vorn nach Hinten gemeſſen, 25 Zoll Durchmeſſer. Die Hoͤrner entfernen ſich, da, wo ſie am Weiteſten voneinander abſtehen, 23 Zoll voneinander, an den Außenſeiten, und zwar o Zoll von den Spitzen ge— meſſen, welche letztere ſich ſo weit gegeneinanderneigen, daß ihr Abſtand nur 15 Zoll beträgt. Ihre innere Spann— weite von der Wurzel bis zur Spitze iſt 13 Zoll. Die Wurzeln naͤhern ſich einander bedeutend, ſtoßen aber nicht völlig zuſammen. Die Geſtalt iſt einen Fuß weit faſt vier— eckig, dann bis zur Spitze allmaͤlig mehr und mehr zuſam— mengedruͤckt. Nach dem groͤßten Theile ihrer Laͤnge bieten ſie an der aͤußern Seitenflaͤche eine tiefe Furche dar, uͤber welcher die Hornmaffe wulſtig hervortritt. Bei 12 Zoll Abſtand von der Wurzel befindet ſich ein Jahrring; der zweite zeigt ſich 12 Zoll weiter und ein dritter 3 Zoll weis ter; die uͤbrigen ſind zu undeutlich, als daß ſie ſich von den Runzeln des Horns genau unterſcheiden ließen. Ein ſtar— kes Paar Hoͤrner von dem Weibchen hatte 16 Zoll Laͤnge, an der Wurzel 7 Zoll im Umfange und entfernte ſich in der Naͤhe der Spitzen am Weiteſten, und zwar 19 Zoll weit voneinander. Der Abſtand der Spitzen betrug 17 Zoll. An der Oberflaͤche dieſer Hoͤrner ſah man breite Queerfurchen, die ſich bei dem Bocke mit zunehmendem Al— ter gewoͤhnlich mehr oder weniger verwiſchen. Das Weib— chen dieſer Species iſt um ein Drittheil kleiner, als das Maͤnnchen, und ein in dem Cabinette unſerer Geſellſchaft befindliches Lamm hat mit einem Zickchen große Aehnlich— keit und auf dem Halſe und Widerriſte eine ſehr deutliche Maͤhne, aber am Vorderhalſe und an den Vorderbeinen kein zottiges Haar, welches auch bei einem halbwuͤchſigen Maͤnnchen noch nicht bedeutend entwickelt iſt. Dieſe Species heißt bei den Mauren Aoudad und in Aegypten Kebſch, nach Ruͤppel in Nubien Tedal, was offenbar daſſelbe Thier bezeichnet, wie Teytal, wie nach Burckhardt's Bericht die wilde Ziege jenes Landes ge— nannt wird, welche nach ihm, ſo wie Ruͤppel und andern Reiſenden, auch den Namen Beden fuͤhrt. Uebrigens beſtaͤ— tigt Sir Gardner Wilkinſon Burckhardt's Ausſage, ins dem er uns daruͤber belehrt, daß die fragliche Ziege auf Arabiſch Beddan oder Taytal heißt, und daß der erſtere Name nur vom Maͤnnchen gebraucht wird. Wilkinſon ſagt, dieſe Species werde in der oͤſtlichen Wuͤſte, hauptſaͤch— lich auf den Urgebirgsketten gefunden, welche etwa unter 28° 40% n. Br. beginnen und fi bis nach Aethiopien und Abyſſinien hinein erſtrecken. Nach Ruͤppel trifft man fie in ganz Nordafrica dieſſeits des 18ten Breitegrades in klei— nen Rudeln und ſtets auf felſigen Bergen, wo ſie ſich auf den ſteilſten und unzugaͤnglichſten Felſen waldiger Diſtricte 312 aufhaͤlt und nur des Saufens wegen in niedrigere Gegenden herabkommt. Sie ſpringt ungemein behend, in welcher Beziehung ſie es andern wilden Schaafen und Ziegen zu— vorthut, und frißt lieber von Buͤſchen und Baͤumen, als krautartigen Pflanzen. Die von Geoffroy in dem gro— ßen franzoͤſiſchen Werke über Aegypten abgebildete Ovis or- nata ſcheint nur ein junges Exemplar dieſer Species zu feyn *). *) Das vom Gapitain L ow (Journal of the Royal Asiatic Society, 1836, p 50) erwähnte wilde Schaaf von Zenaffes rim, welches dort ſehr häufig ſeyn ſoll, iſt wahrſcheinlich dafs ſelbe Thier, wie Ogilby's Kemas hylocrius oder der War— ry -a tu der Tſchatgaon-Berge, welcher auch auf der ganzen Kuͤſte Malabar und Coromandel, ſo wie in dem Vindhayan— Gebirge mehr oder weniger haͤuſig getroffen und dort von den engliſchen Jaͤgern das Jungle-Schaaf genannt wird, weil er genau fo bloͤkt, wie ein Schaaf. Vergleiche Bevan, Thir— ty Years in India, Vol. II. b. 267. Dieſer Schriftſteller giebt an, daß dieſes Thier in Wynaud ſehr häufig ſey. Eine uͤbrigens nicht beſonders gelungene Abbildung eines weiblichen Exemplars (Handzeichnung vom General Hardwicke), wels ches in Tſchatgaon erlegt wurde, befindet ſich im Britiſchen Muſeum und bezieht ſich offenbar auf dieſelbe Species, wel— cher das Exemplar in dem Cabinette der Zoloogiſchen Geſell— ſchaft angehoͤrt, das aus dem Nilghierri-Gebirge ſtammt. Hr. Ogilby hält ganz richtig dieſes Thier fur den Iharal des Hrn. Hodgſon (welcher offenbar die Capra Jemlaica des Oberſten Hamilton Smith iſt) und den Boral des Gene— rals Hardwicke, welche letztern beiden Thiere (wahrſchein⸗ lich auch das erftgenannte) ſich dadurch auszeichnen, daß fie beſtaͤndig vier Zitzen haben, in welcher Beziehung ſie ſich von allen verwandten Arten unterſcheiden. Ich muß jedoch hier bemerken, daß ich den Surow oder Thar des Hrn. Hodg— fon und deſſen Gattungsverwandten, den Cambing - outang von Sumatra für ein ſowohl von den Ziegen, als den Schaa— fen ſehr abweichendes Thier halte. Die Arten der Unterabs theilung Kemas, Ogilby (von denen ich jedoch die Gemſe ausnehme) unterſcheiden ſich uͤberdieß von den aͤchten Ziegen, denen ich ſie als eine Untergattung anfuͤgen moͤchte, durch kurze Hoͤrner, die bei'm Weibchen faſt ſo groß, als bei'm Maͤnnchen und in der Naͤhe der Spitzen ſtets cylindriſch ſind, auch in der Richtung der Geſichtsebene ſtehen; ferner dadurch, daß ſie keinen Bart am Kinne, verhaͤltnißmaͤßig lange Beine und ein gerades, ja wohl concaves, nie aber gewoͤlbtes Ge— ſichtsprofil haben. Kemas hylocrius, welcher noch nicht gehoͤ— rig beſchrieben worden, iſt etwas kleiner, als der Iharal, hat kurze, rauhe, etwas gekraͤuſelte Haare von mit Purpurroth geſprenkelter Chocoladenfarbe, die am Geſichte in's Oliven— farbne zieht. Die Hörner divergiren weit weniger und haben mehr die Richtung, wie bei Kemas Goral, ſind aber an der Wurzel mäßig dick, gleichen denen der Schaafe ſehr und haben an der äußern Flaͤche eine ſtaͤrkere Woͤlbung als bei Kemas Jem- laicus, ja fogar eine Andeutung von einer aͤußern und vordern Kan— te. Sie ſind mit zahlreichen Queerfurchen verſehen und zeigen nur ſchwache Spuren der bei'm Iharal fo auffallenden vorne herabhaͤn— genden Wuͤlſte. Ihre Farbe iſt mattſchwarz; an der Wurzel ſind ſie 1 Zoll von einander entfernt und ſie divergiren bis zu den Spitzen bis auf 94 Zoll, während fie, an der geringen Krümmung hin gemeſſen, 9 Zoll lang find. Das Thier ift am Rüden über 21 Fuß hoch und mißt von der Naſenſpitze bis zur Schwanzwurzel etwa 4 Fuß, der Schwanz 3 Zoll oder bis zu den Haarſpitzen 5 Zoll; der Abſtand der Naſen— ſpitze von den Wurzeln der Hoͤrner betraͤgt 9 Zoll, und die Ohren find 5 Zoll lang. Die Haare find längs der Median⸗ linie des Rückens länger und uͤber dem Nacken und den Schul⸗ tern dunkler gefaͤrbt, und die ſehr wenig gekraͤuſelten Haare 313 Nachſtehend theile ich die Characteriſtik der verſchiede— nen oben beſchriebenen, als ſicher anzunehmenden wilden Schaafarten mit. 1. Ovis Polii, 51% h. Ovis cornibus maximis triquetris, angustis altissimisque; angulis anteriori- bus aequalibus; extrorsum spiraliter gyratis, et tam prolongatis quam sunt cornua Arietum domestico- rum longissima; suleis transversim indentatis; co- lore pallido. Animal non cognitum est, sed 0. Ammoni magnitudine saltem haud inferius. Habi- tat apud planitiem elevatam Pamir dietam, in Asia centrali. 2. Ovis montana, Desmarest. O. cornibus maximis triquetris, erassissimis, et saepe inter angulos tumidis, ad apicem compressioribus; sul- eis tran-versim indentatis, deorsum et antrorsum gyratis ad parallelum, apieibus extrorsum eductis, colore pallido, sed saepe rufo-brunneo suffuso. Animal ad magnitudinem Cervi Elaphi appropin- quaus, sed artubus brevioribus, pilis griseo -fulvis pallidis, maculis genericis super facie, pectore artubusque fuseis; cauda brevissima, et disco al- bescente circundata. Habitat apud Americae sep- tentrionalis montes, oceidentem versus. 3. O. Ammon, Pallas. Diversitas hujus speciei ab praecedente non cognoscenda est, quamvis pa- tria differt. hac in Siberia Orientali habitante; ter- tia alia species ambobus distineta regione inter- media Kamtschatkae invenitur, itidem simillima, tamen (apparenter) facillime dignoscenda , nempe. 4) O. nivicola, Eschscholtz. O. cornibus tri- quetris, et inter cornua Polii et Montanae Ovium apparenter intermediis; apicibus magis prolongatis am Körrer überhaupt liegen nicht glatt an da jedes eine ſteife Krümmung darbietet. Sie find chocoladenfarbig und gelbgrau geſprenkelt; aber die erſtere Farbe herrſcht bedeutend vor. An der Vorderſeite des Halſes, dem Unterkoͤrper und der ins nern Seite der Beine iſt das Thier ſchmutzigweiß; die Fuͤße find vorn ſchwaͤrzlich, und ein Wenig über dem ſchwieligen Theile an den vordern Knieen befindet ſich ein ſchwarzer Fleck. Der Schwanz hat dieſelbe Farbe, wie der Ruͤcken. Das Weibchen ſcheint ſich vom Maͤnnchen nur durch die nicht ganz ſo dicken und langen Hoͤrner zu unterſcheiden. D. Verf. 314 quam in O. montana, sed ad basin crassioribus; potius quam in O. Polii prolongatis, sed cornibus utriusque minoribus. Magnitudo hujus animalis inferior est, et pilorum color flavescens, sine dis- co caudali. Habitat apud montes Kamtschatkae. (Schluß folgt.) AN tosuenel lien: Ueber das Verkohlen des vegetabiliſchen Gewe⸗ bes, angewendet auf die unterſuchung der stomata in der epidermis der Garten»: Rhabarber, hat Herr J. B. Reade in der Mitroſcopiſchen Geſellſchaft zu London eine Mittheilung gemacht. Nachdem Herr Reade zuerſt die großen Vortheile auseinandergeſetzt hatte, die dadurch erlangt würden, daß man Gegenſtaͤnde für das Mikroſcop verkohlt, hebt er heraus, daß es beſonders vortheilhaft auf feine Membranen angewendet werde, welche, wegen ihrer Durchſichtigkeit, auf die gewoͤhnliche Weiſe in Waſſer, unter Glas nicht unterſucht werden koͤnnten. Da es lange bei den Botanikern ein Gegenſtand des Streites ge⸗ weſen, ob die stomata bei Pflanzen offen, oder durch eine Mem⸗ bran geſchloſſen ſeyen, fo wurde Herr Reade veranlaßt, den Ge— genſtand zu unterſuchen. Zu dieſem Behufe nahm er die Obertaut der gewohnlichen Garten-Rhabarber, welche er erhielt, indem er die den Blumenftängel bekleidenden Scheiden einige Tage in Waſ⸗ fer macerirte und dann verkohlte. Aus feinen Beobachtungen er⸗ gaben ſich ihm folgende Reſultate: die Anwendung des Verkoh⸗ lungsproceſſes thut außer allem Zweifel dar, daß die stomata in dieſem Gewebe der Rhabarbet deutliche Oeffnungen in den hohlen Kammern des Blattparenchyms find; daß die Perforation die Re— gel und nicht die Ausnahme in der Structur iſt; und daß die Ausnahme, wo fie cxiſtirt, das heißt, wo die stomata geſchloſſen ſind, das Vorhandenſeyn einer, von Dr. Brown entdeckten und beſchriebenen, überliegenden Membran iſt. Von einem zugleich taubſtummen und blinden Mädchen, von jetzt zwanzig Jahren, hat Dr. Fowler der Bri- tish Association zu Piymouth Nachricht gegeben. Der Taſtſinn iſt der einzige Sinn, durch welchen Andere mit ihr Verkehr haben koͤnnen, oder welchen ſie bei der Unterſuchung von Perſonen und Gegenſtaͤnden anwendet; obgleich ſie Geſchmackſinn und Geruchſinn beſitzt, fo ſcheint fie diefelben nie angewendet zu haben. Bis vor drei Jahren ſchien ihre Exiſtenz lediglich thieriſch; dann aber trat eine merkliche Verſchiedenheit ihrer Gewohnheiten ein, und ſie wurde fo aufmerkſam auf ihre Kleidung und perfönlichen Anſtand, wie jedes andere Mädchen ihres Alters. Sie fuͤhlt ſich ibren Weg, obne einen Führer, zu jedem Theile des von ihr bewohnten Ar: beitshauſes; erkennt alle ihre Hausgenoſſen durch Befuͤhlen ihrer Haͤnde. Sie macht ihr Bett und naͤhet nicht allein einfache Naͤthe, ſondern ſelbſt die ſchwierigern Theile ihres Anzugs. Sie iſt ſebr forgfältig für das, was fie für ihr Eigenthum bält und war ſehr erfreut uͤber einen Schilling, den man ihr in die Hand gab, indem fie lächelte, knixte und eifrig danach fühlte. Ära Di Ein Nervenleiden, von einer Affection des Peri— cardiums abhaͤngend. Von Dr. Ponge. Am 10. Juni 1840 wurde Francis Hill, 19 Jahr alt, ein Gärtner, in das Plymouth-Hospital aufgenom- men. Er war ſchlank und ziemlich zart gebaut und hatte ein angenehmes, geſcheidtes Geſicht, welches aber ſehr erreg⸗ bar und nicht ganz unter der Herrſchaft der Willkuͤhr war. Er ſagt, daß er ſeit 14 Tagen durch ein rheumatiſches Fie⸗ ber im Bette gehalten werde, nachdem er ſich der feuchten Nachtluft dadurch ausgeſetzt hatte, daß er auf einem Kirch⸗ hof eingeſchlafen war, wo er eine Leiche bewachen ſollte. Er wurde von einem Wundarzte bald bis auf den Punct 815 hergeſtellt, auf dem er ſich jetzt befindet und wurde nun nach Hauſe geſchickt, um Luftveraͤnderung zu haben; er klagt uͤber Schmerz an dem Vordertheile der Bruſt, beſonders in den Praͤcordien und über große Mattigkeit; er hat unregel— maͤßiges Muskelzucken in der Umgebung des Mundes und in der rechten Geſichtsſeite, was bei'm Sprechen zunimmt und bisweilen Unterbrechungen verurſacht; er ſchien davon nichts zu wiſſen, bis er darauf aufmerkſam gemacht wur— de; behauptete aber, daß es erſt ſeit der vorigen Woche eingetreten ſey; Puls, Zunge, Haut und Reſpiration nor— mal. Die Herzthaͤtigkeit wurde nicht ganz vollkommen un— terſucht, aber nichts Abnormes bemerkt. Diagnoſe: rheumatiſche Entzündung der Herzhaͤute bei— nahe geheilt und beginnende Chorea. Behandlung: taͤglich ein warmes Bad; ein Blaſen— pflaſter auf die Herzgegend und dreimal taͤglich eine Pille aus Zinkoxyd und ſchwefelſaurem Chinin aa 1 Gran mit extr. Colocynthid. compos. 2 Gran. 14. Juni. Er ift aus feiner Wohnung gekommen, jedoch wegen der unwillkuͤhrlichen Bewegungen ſeiner Muss keln im ganzen Korper mit großer Schwierigkeit; es wurde ihm ſchwer, ſich verſtaͤndlich zu machen; er konnte keinen Augenblick in einer Stellung, bleiben und obwohl kein hefti— ger Krampf eines Muskels vorhanden iſt, ſo iſt der Kranke doch ſchwer zu handhaben und macht den Seinigen viele Noth. Der Schmerz in der Bruſt iſt vorüber; er ſcheint durchaus weder Fieber, noch Schmerz zu haben. Die uͤbri— gen Symptome ſind unveraͤndert: der Gang iſt unſicher und ſtolpernd, er ſchleppt die Fuͤße mehr, als er ſie hebt; die Pillen werden fortgeſetzt. 17. Juni. Bis dahin war der Kranke von Dr. Hingſton behandelt worden. Er kam nun in meine Be— handlung. Die Muskelerregung nimmt fortwaͤhrend zu; der Kranke ſtoͤßt ſich bisweilen gegen andere Gegenſtaͤnde, weil er nicht im Stande iſt, ſeine Bewegungen zu reguliren; ſein Geſicht iſt blaß, aber freundlich, von lachendem, etwas idio— tiſchem Ausdruck. Die Articulation iſt faſt unverſtaͤndlich; die Zunge wird, wenn er ſie zeigen ſoll, hervorgeſtoßen; der Mund wird ſchwer geoͤffnet und jedesmal mit einem klap— penden Geraͤuſche geſchloſſen. Der Geiſt iſt klar und be— ſtimmt, Appetit unbedeutend, etwas Durſt, die Zunge nor— mal, dabei Abmagerung, Puls von 90 Schlaͤgen, ſchwach und weich, die Haut feucht, die Herzthaͤtigkeit ſchwach. Herr Square entdeckte ein Herzgeraͤuſch; aber die krampf— hafte Bewegung des ganzen Körpers hinderte eine genauere Unterſuchung. Patient erhielt eine Solution von 1 Gran ſalpeterſauren Silbers mit 20 Tropfen tinet. Conii mit gewoͤhnlicher Diaͤt. Am 19. Wenig Schlaf, die Muskeluncuhe iſt ver: mehrt, Patient kann kaum im Bette liegen, er hat ſich an die Hand und an den Kopf geſtoßen, ſo daß er Naſenblu— ten bekam; es wurde ihm zu großer Erleichterung eine Zwangsjacke angelegt, um ihn vor Beſchaͤdigungen zu huͤten Das ſalpeterſaure Silber wurde auf 2 Gran geſteigert. 316 Am 21. Juni haben ſich die Symptome vermehrt; kein Schlaf, beſtaͤndige Unruhe und Bewegung Tag und Nacht. Die Convulſionen nehmen den Character des Teta— nus und Opiſthotonus an, und die Qual bei'm Schlucken erinnerte an Hydrophobie. Die Doſis des ſalpeterſauren Silbers wurde zu 3 Gran geſteigert, und wegen Torpiditaͤt des Darmcanals erhielt der Kranke 2 Gran Calomel mit 10 Gran Rhabarber. Am 23. Die Nacht wie zuvor, keine Beſſerung, reichlicher Schweiß. Am 25. Keine Beſſerung, Augenrollen, Zaͤhnegrinzen, Verzerrung der Lippen, vermehrte allgemeine Kraͤmpfe, traͤ— ger Darmcanal. Der Gebrauch des ſalpeterſauren Silbers war, da es mir bisjetzt in vielen Faͤllen von Chorea nie— mals die Huͤlfe verſagt hatte, fortgeſetzt worden; da es aber dießmal nichts nuͤtzte, fo verordnete ich 12 Gran Aloe, 6 Gr. Calomel, 2 Drachme extr. Conii zu 12 Pillen, alle 8 Stunden 2 Stuͤck. Am 26. Der Darmcanal war thaͤtig; bei einer Con— ſultation mit Dr. Hingſton wurde ein Electuarium mit kohlenſaurem Eiſen verordnet. Am 28. Es war etwas Eiſen gegeben worden, je— doch ſehr ſchwierig. Pat. war kaum im Stande, etwas zu ſchlucken; jedesmal entſtand ein Krampf, und der ganze Zu— ſtand war ſehr traurig. Ich gab dem Kranken ein wenig Wein und tinet. Opii; es folgte ein wenig Schlaf, jedoch ohne Nachlaß des Krampfes. Am 29, ſtarb der Kranke, erſchoͤpft durch Mangel an Ruhe, ermuͤdende Kraͤmpfe und wahrſcheinlich auch durch Mangel an Nahrung. Section. Der Koͤrper war ſehr abgemagert, das Muskelfleiſch dunkel gefaͤrbt, das Gehirn normal mit einer etwas groͤßern Anzahl von Blutpuncten in der Markſubſtanz, beſonders in dem centrum ovale; die plexus choroidei im Zuſtande der Congeſtion. Das Ruͤckenmark wurde ſehr ſorgfaͤltig aus der Ruͤckgratshoͤhle herausgenommen: die Haͤute waren vollkommen geſund; es ſchien eine Erweichung um ein kleines gefaͤßreiches Fleckchen herum, gegenuͤber dem erſten Ruͤckenwirbel, ſtattzufinden; doch wurde dieß nicht für mehr als eine zufaͤllige Veraͤnderung bei'm Eroͤffnen des Ruͤck— gratscanales gehalten. Die Lungen waren von hellblauer und karminrother Faͤrbung, gegen die Spitze blau, nich Hinten und Unten roth, uͤbrigens geſund. Die Pleuren zeigen keine Spur von Krankheit. Das Herz. Das Pericardium hatte ſeine normale Verbindung mit den Lungen und Pleuren; aͤußerlich war keine Spur von Entzuͤndung zu bemerken. Die Hoͤhle ent— hielt eine ungewoͤhnliche Quantitaͤt Serum, aber die un— mittelbar auf dem Herzen liegende Schicht war vollkommen undurchſichtig, milchig weiß. Die Lymphe war indeß in ſehr duͤnnen Schichten abgelagert und nicht leicht von der Haut abzunehmen; ſie war gegen die Baſis und gegen die linke Seite des Herzens dichter und gleichmaͤßiger abgelagert, als an der Spitze. Bei'm Aufſchneiden der linken Herzhoͤh— len zeigte ſich die innere Haut des Vorhofes krankhaft ver— leichte Oeffnung, 817 Ändert; ſtatt der gewöhnlichen durchſichtigen opalartigen Be— ſchaffenheit zeigte die Oberfläche ein truͤbes, undurchſichtiges Gelblichweiß mit unregelmaͤßigen Flecken; gleichmaͤßiger in der Nähe der Mitralklappe, welche mit kleinen Koͤrnchen, einer faſt ſandigen Subſtanz an der Inſertion der chor- dae tendineae beſetzt war; die Klappenhaut ſelbſt war ungleich verdickt und an mehreren Puncten faſt knorplig. Die Übrigen Theile des Herzens waren durchaus normal. Die Unterleibsorgane zeigten keine bemerkenswerthe Ver— Anderung. Die Schleimhaut des Magens hatte einige dun— kelrothe Flecke an der großen Curvatur, aber durchaus nicht mehr, als man häufig ſieht, wenn Reizmittel kurz vor dem Tode gegeben ſind. Die Leber zeichnete ſich bloß dadurch aus, daß ſie einige einzelne hellbraune Stellen zeigte, welche einige Linien tief von der Oberflaͤche aus eindrangen. Vorſtehender Fall iſt intereſſant, die Geſchichtserzaͤh— lung (zwar nicht vollſtaͤndig, die Symptome ungewoͤhnlich heftig und der Character der Kraͤmpfe ſo gemiſcht und mannigfaltig, daß man den Fall bei'm erſten Blick fuͤr Tetanus, Hydrophobie oder Chorea halten koͤnnte; beſonders ein Zug iſt der Erwaͤhnung werth. Das Leiden naͤmlich, ſo heftig es war, druͤckte ſich nicht im Geſichte aus, wel— ches immer heiter war und Hoffnung auf Herſtellung aus: druͤckte. Die ſorgfaͤltig ausgeführte Section ſcheint die Ans ſichten des Dr. Bright zu beſtaͤtigen, welcher in dem letz— ten Bande der Medico-chirurg. Transactions fagt: „Die haͤufigere Urſache der Chorea in Verbindung mit Rheumatismus iſt die Entzuͤndung des Pericardiums, von welchem ſich wahrſcheinlich die Reizung auf das Ruͤckenmark fortpflanzt, wie die Reizung von andern Theilen. Denn ich bin nicht geneigt, anzunehmen, daß Entzuͤndung in dem Ruͤckenmarke oder in deſſen Umgebung nothwendig iſt, um Chorea hervorzurufen.“ Es iſt vollſtaͤndig nachgewieſen, daß in dem vorſtehenden Falle, trotz der Heftigkeit der Sym— ptome, kein Organ außer dem Herzen krankhaft ergriffen war. Ich hatte niemals einen Fall von Chorea mit dem Tode endigen fehen und hoffte mit Sicherheit auf Befferung, da mir bereits eine große Anzahl von Faͤllen vorgekommen waren und ich kaum jemals eine geſehen hatte, welche nicht dem Gebrauche des ſalpeterſauren Silbers gewichen wäre. In einem Falle aus dem Jahre 1820 kam ein acuter Rheu— matismus zu einem heftigen Falle von Chorea hinzu, wie— wohl der Fall als Chorea ohne Rheumatismus in das St. Bartholomäus = Hofpital aufgenommen worden war. Das Leiden war, wie ſich leicht denken laͤßt, ſehr qualvoll; aber der Fall wurde durch den Gebrauch des falpeterfauren Silbers hergeſtellt, nachdem zuvor der Rheumatismus beſei— tigt war. Hier bietet ſich noch eine Frage in Bezug auf den vorſtehenden Fall und auf die Beobachtungen von Dr. Bright: ob nämlich zwiſchen dem fibroͤſen Gewebe und dem Nervenſyſtem eine Verbindung beſtehe, welche ſpecifiſch darauf hinwirkt, eine krampfhafte Krankheit hervorzurufen? Da Entzündungen des fibroͤſen Pericardiums die Hervorrus fung von Kraͤmpfen zu beguͤnſtigen ſcheinen, und da es auch bekannt iſt, daß Zerreißungen der fibroͤſen Theile an den 318 Ertremitäten leicht Krämpfe veranlaffen, fo ſcheint die Fra⸗ ge bejaht werden zu muͤſſen. (Guy's Hospital Reports Vol. 5.) Ueber den Puls der Säuglinge bat Hr. Trouſſeau in dem Höpital Necker Unterfuhun: gen angeſtellt, wo feit 15 Monaten, außer der Abtheilung fuͤr Frauenkrankheiten, noch eine beſondere Abtheilung fuͤr Ammen und Saͤuglinge errichtet worden iſt. Ueber den Puls der Kinder haben bereits die Herrn Jaquemier, Billard, Valleix, Billet und Barthets Unterfus chungen angeſtellt, welche aber nicht vollkommen mit einan— der uͤbereinſtimmen. So fand Jaquemier den Puls im erſten Lebenstage im Minimum 97 „Maximum 156 = Mittel 126 überein mit dem, was er bei'm foetus der Schwangerſchaft beobachtet hatte. Minimum . 108 Maximum . 160 Mittel . . 132 Man ſieht ſelbſt, daß der Puls an Frequenz nach der Geburt abnimmt; nach Billard iſt der Puls vom Iten bis 10ten Tag: Dieß ſtimmt in der letzten Zeit im Mittel .. 90 (mit Ausnahme eines einzigen auch ſonſt abnormen Falles mit 180 Pulſationen). Billard's Reſultat naͤhert ſich dem des Herrn Valleir Minimum . 76 Marimum 104 Mittel.. 86 Waͤhrend der erſten Minute des Lebens variirt der Puls auffallend, bald ſchlaͤgt er 83, bald 160 Mal; dieß hängt offenbar von den neuen Eindruͤcken ab, welche zu der Zeit auf das Kind einwirken. H. Trouſſeau theilt feine Bes obachtungen in 2 Abtheilungen, die, welche er im zweiten Semeſter 1840 und die, welche er im erſten Semeſter 1841 geſammelt hat. Er glaubt dieſen Unterſchied machen zu muͤſſen, weil er 1841 die Umſtaͤnde bei der Operation be— trächtlich vervielfacht hat. Folgendes find feine Reſultate: Im Jahre 1840 fand er als allgemeine Mittelzahl bei Knaben und Maͤdchen nach vier Categorien Folgendes: Bei einem Alter von 15 — 30 Tagen 131, — bei einem bis 3 Monaten 132, — von 3 Monaten bis 1 Jahr 120, — von einem Jahre bis 21 Monate 125. — Dieſe letzte Mittelzahl iſt bloß dadurch ſo hoch, weil die Zahl der Be⸗ obachtungen ſich auf 5 beſchraͤnkt, von denen bei 4 die Mit⸗ telzahl nur 111 betraͤgt. Es ergiebt ſich ſchon aus dieſen Mittelzahlen, daß der Puls mit der Entfernung von der Geburt an Frequenz abnimmt. Die Mittelzahten für das Semeſter 1841 ſind ziemlich dieſelben, von 15 Tagen bis 1 Monat 157, Differenz 6, — von 1 bis 3 Monat 132, Differenz O0, — von 3 Monat bis 1 Jahr 120, Differenz 519 0; — von 1 Jahr bis 21 Monat Differ. 7. — Herr Trouſſeau koͤmmt zu folgenden allgemeinen Schluͤſſen. 1) Das Maximum der Frequenz findet ſich in dem er— ſten Lebensmonat, das Minimum in der letzten Zeit der Saͤugung. Deſſenungeachtet iſt ſowohl bei den Knaben, als bei den Mädchen vom àZten Monat an die Modifica— tion des Pulſes unmerklich. 2) Der Puls iſt bei beiden Geſchlechtern waͤhrend der beiden erſten Lebensmonate ziemlich von gleicher Geſchwin— digkeit; er wird aber von da an merklich mehr frequent bei den Maͤdchen, als bei den Knaben. 3) Der Zuſtand des Wachens und des Schlafes hat einen auffallenden Einfluß auf die Frequenz des Pulſes. Von 15 Tagen bis 1 Monat im Wachen 140, im Schlaf 121; von 6 Monıt bis 21 Monat im Wachen 128, im Schlafe 112. Aufregung beſchleunigt noch um Vieles die Bewegungen des Pulſes. Dieſe betraͤchtlichen Variationen, dieſe Beweglichkeit des Pulſes bei Kindern geſtattet kaum, dieſen Zeichen eine große Wichtigkeit in Bezug auf Beurtheilung fieberhafter Zuſtaͤnde zuzugeſtehen. Wie bei faſt allen uͤbrigen Umſtaͤnden, und ſelbſt bei'm Erwachſenen, muß man zu dem Enſemble der Erſcheinungen und zu dem Verhalten der Koͤrperwaͤrme feine Zuflucht nehmen. (Journ. des connaiss. med. chirurg. Juillet 1841.) Miscellen Reſection des Humero-Cubitalgelenks. — Herr A. Key hat dieſe Operation bei drei Kranken vorgenommen. In zwei von dieſen Fallen war der Erfolg vollkommen und das Re: fultat der Art, daß man offenbar unter guͤnſtigen Umſtaͤnden zu dieſer Operation ſeine Zuflucht nehmen kann. Wir wollen uns hier auf einige practiſche Bemerkungen beſchraͤnken, welche das Reſultat der Erfahrungen des Herrn Aſton Key ſind. — Die zur Operation guͤnſtigen Fälle ſcheinen Herrn A. Key wenigſtens nach ſeiner Erfahrung, die zu ſeyn, bei welchen der Sitz der Krank— heit in den Gelenkflächen iſt. Das Knochengewebe iſt in dieſem Falle im Allgemeinen geſund und eine gutartige, granulirende Ei— terung folgt raſch auf die Abtragung der kranken Flaͤchen. Wenn aber, im Gegentheil, die Ulceration ſich erſt von den Knochenzellen bis auf den Gelenkknorpel ausbreitet, ſo geſchieht die Vernarbung der Theile langſam, oder ſie wird vielmehr, durch die allmaͤlige Exfoliation kleiner Knochenfragmente, verzoͤgert. — Daraus geht hervor, daß die Operation beſſer bei Erwachſenen, als bei jungen Subjecten gelingen wird. Bei den Letzteren entwickeln ſich noch, 320 in der That, die Gelenkkrankheiten Häufig, wenn auch nicht im mer, unter den Knorpeln und erſt, indem fie in Eiterung übers gehen, verbreiten ſie jih bis zur Gelenkhoͤhle, welche nun geöffnet und der Sitz einer acuten Eiterung wird. Es iſt nicht leicht, die Aus dehnung der Krankheit im Knochen genau anzugeben, und legt man dann ihre Oberflächen durch die Operation bloß, fo findet man ſie nicht immer vollkommen geſund. Auch der Zuſtand der Conſtitution, welcher die erſte Urſache der Knochenkrankheit zu ſeyn pflegt, iſt fuͤr den Erfolg der Operation nicht ſehr guͤnſtig. Von den Reſultaten der Reſection bei Kindern kann A. Key nicht ſpre— chen, da er ſie nur bei'm Erwachſenen vorgenommen hat. Aber ſelbſt wenn er ſie fuͤr weniger guͤnſtig bei'm Kinde halten wuͤrde, ſo wuͤrde er ſich doch nicht bedenken, ſie der Amputation vorzuzie— hen, vor welcher ſie große Vortheile hat. — Die Krankheit, welche die Operation noͤthig macht, beginnt ſehr haͤufig in der kleinen cavitas sigmoidea des cubitus, auf dem Köpfchen des radius; denn hier wirkt eine Torſion oder Zerrung des Vorder— arms auf das ligamentum annulare. Die Rotationsbewegung ift ohnehin, dem Principe nach, diejenige, welche am meiſten be— ſchränkt iſt; die anderen Entzuͤndungszeichen bleiben daher auf den Radialtheil des Gelenkes begränzt. Die zweite cavitas sigmoidea wird endlich auch der Sitz krankhafter Thaͤtigkeit, ſo daß nach und nach die ganze Gelenkfläche ergriffen iſt. (Guy’s Hospital Reports, July 1340.) Ueber die vegetabiliſche Natur der tinea hat Herr Gibert in ſeinen Vorleſungen uͤber die Hautkrankheiten, nach den Beobachtungen des Dr. Gruby aus Wien, einen Vortrag ge— halten, wonach die Kruſten der tinea lupinosa, oder des favus, aus einer paraſitiſchen Pflanze, einer Art von Pilzen beſteht, deren gelbliche Koͤrner (von denen einige, unter dem Mikroſcope, noch mit ihren Stielen verſehen ſind) im Stande ſind, ſich zu reprodu— ciren und alſo wahre organiſirte Keime darſtellen, welche ſich ent— wickeln, wenn fie auf einen günftigen Boden gebracht werden. Dieſer Pilz entwickelt ſich auf der Oberflaͤche der epidermis; aber er ſenkt ſich mit dieſer Membran uͤberall ein, wo dieſe Schicht in die Haut eindringt, alſo in die Haarbaͤlge, woher denn auch die Anſicht rührt, daß dieſe Baͤlge der Sitz der wahren tinea ſeyen. Betrachtet man die tinea lupinosa als das Product einer paraſi— tiſchen Vegetation, ſo erklaͤren ſich ſehr gut alle Umſtaͤnde, welche dieſe Art der tinea von allen übrigen chroniſchen Affectionen der Kopfhaut unterſcheiden, z. B., die Fortpflanzung durch Contagion, — die regelmaͤßige Kruſtenbildung, — die unbeſtimmte Fortdauer, wenn man die Kruſten ſich ſelbſt uͤberlaͤßt, bei Perſonen, deren Haut eine geringe Lebensthaͤtigkeit hat, — ihre Tendenz, ſich auf der ganzen Fläche der Kopfhaut und ſelbſt auf andere Koͤrperthei— len auszubreiten, — die Trockenheit der Kruſte, — der Mangel aller Ulceration und Suppuration auf der Haut, in der Mehrzahl der Faͤlle, — die Nothwendigkeit kraͤftiger, topiſcher Mittel zur Zerſtoͤrung der Organiſation und des Lebens der paraſitiſchen Pflanze, um die Heilung zu bewirken, — die Langſamkeit und Schwierigkeit dieſer Heilung, — die Leichtigkeit und Schnelligkeit der Recidiven, Alles dieß erklaͤrt ſich ſehr wohl bei der Annahme der paraſitiſch-vegetabiliſchen Natur des Ausſchlages. (Revue méd., Juill. 1841.) Gibliographis ch Recherches sur la rubefaction des eaux et leur oxig@nation par les animalcules et les algues. Par MM. Auguste et Charles Morren. Bruxelles 1841. 4. Essai sur les glaciers et sur le terrain erratique du bassin du Rhone. Par M. de Charpentier. Lausanne 1841. 8. e Reni ite n. Anecdota medica graeca; e codiabus manuscriptis exprompsit F. Z. Ermerius. Lugd. Bat. 1841. 8 Relation médicale des asphyxies occasionndes a Strasbourg par le gaz de l’eclairage. Par G. Tourdes, Professeur de mé— decine legale à la faculté de cette ville. Paris 1841. 8. ——— — ze Menue Wotizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medieinalraibe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeffor Froriep zu Berlin, No. 417. (Nr. 21. des XIX. Bandes.) September 1841. | Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gr. natur Ueber die Richtung der Circulation im Sacobfon’- ſchen Nierenſyſteme der Reptilien, und uͤber die Beziehungen zwiſchen der Secretion des Harns und der Galle. Von A. de Martino. Jacobſon hat nachgewieſen, daß die Nieren der Reptilien, außer den beiden innern Nierenvenen, aus denen die vena cava posterior entſpringt, auch zwei aͤußere Nierenvenen beſitzen, welche ihren Urſprung von den vv. crurales, vv. hypogastricae und vv. caudales su— perficiales herleiten, in Geſtalt zweier Hauptſtaͤmme am aͤufern Rande der Nieren hinlaufen und an die untere Flaͤche der letztern mehrere Aeſte abgeben. Auf der anderen Seite bilden dieſelben vv. erurales, die Venen des Rumpfs und Beckens, in'sbeſondere aber die der Harnblaſe, ein zweites Syſtem, deſſen Mittelpunct die vena umbilicalis iſt.“) Dieß iſt eine ungemein merkwuͤrdige Vene, welche zwiſchen den Abdominalmuskeln und dem Bauchfelle bis zur Leber laͤuft und an jeden Lappen dieſer letztern einen Aſt abgiebt, der mit den Aeſten der Pfortader anaſtomoſirt. Dieſe beiden Nierenſyſteme, das der Nieren und das der Leber, haben demnach einen gemeinſchaftlichen Urſprung und zwar aus den Venen des Schwanzes, der hintern Glied— maaßen, des hintern Theils des Rumpfes und der Harn— blaſe. *) Die vena umbilicalis iſt bei den Batrachiern, Proteiden, Sa— lamandroiden unpaarig; bei den Chelonjern, Ophidiern, Sau— riern in zwei Guͤrtel getheilt. Cuvier, Lecons d’anatomie comparde, par M. Duvernoy, No. 1517. k u n d ek. Jacobſon nannte die innern Nierenvenen venae re- nales efferentes und die aͤußern vv. renales advehen- tes und bezeichnete mit dieſen Namen die Functionen, welche er den erwaͤhnten Venen beilegte. Der Daͤniſche Naturforſcher war naͤmlich der Anſicht, daß die ve— nae renales internae oder efferentes das Blut aus den Nieren in die Hohlvene leiteten, die aus ihnen ent— ſpringt, fo wie, daß die vv. renales externae oder ad- vehentes das Blut der Schenkel“, Schwanz- und Becken— venen den Nieren zuführten, Wenn dieſe Anſicht die richtige waͤre, ſo muͤßten alſo die vv. renales externae wirklich das Venenblut aus den hintern Extremitaͤten, dem Schwanze ꝛc. in die Nieren führen, und Jacobſon verſichert in feiner Abhandlung, er habe ſich durch Verſuche an lebenden Thieren davon uͤber— zeugt, daß das Blut in jenen Venen wirklich der angegebe— nen Richtung folge. Uebrigens gedenkt er keines dieſer Ver— ſuche naͤher. Herr Duvernoy wuͤrdigte die Wichtigkeit dieſer Frage vollkommen und unternahm, nachdem er dargethan, daß die Richtung des Blutes im Jacobſon'ſchen Nierenſpſteme wohl auch die umgekehrte ſeyn koͤnnte, mehrere Verſuche an lebenden Froͤſchen „Wiewohl wir,“ ſagt er, „geſehen ha— ben, daß ſich die vv. eflerentes zwiſchen der Ligatur und den Nieren entleerten, und daß die Venenaͤſtchen der Nie: ren blaß wurden, ſo haben wir doch dieſe Experimente nicht hinlaͤnglich oft wiederholt, als daß wir uns entſchieden zu Gunſten dieſer Anſicht ausſprechen koͤnnten.“ Die ungemeine Wichtigkeit des Gegenſtandes hat uns dazu vermocht, Duvernoy's Verſuche wiederaufzunehmen und an Froͤſchen, Salamandern, Ophidiern und einigen Cheloniern auszufuͤhren. . 21 328 Wir haben lebende Froͤſche genommen und an beiden Seiten einen Einſchnitt gemacht, ſo daß die Nieren ſichtbar wurden. Es hielt dann nicht ſchwer, die vv. renales ex- ternae zu faſſen, welche ſich unter der hintern Oberflaͤche des Bauchfells hinziehen, und dieſelben wurden etwa bei der Mitte des Stammes mit einem ſehr feinen Seidenfa— den unterbunden. Die Froͤſche zeigten ſich nach der Opera⸗ tion noch ſo lebhaft und reizbar, als vor derſelben, und ihr allgemeiner Blutumlauf nicht im Mindeſten behindert. Bei dieſen ſehr oft wiederholten Verſuchen, die nicht nur mit Froͤſchen, ſondern auch mit Waſſerſalamandern, Schildkroͤ— ten und einigen Schlangen angeſtellt wurden, haben wir und mehrere unſerer Collegen beobachtet, daß der Stamm der vena renalis externa jedesmal unter der Ligatur anſchwoll, waͤhrend die Aeſte, welche ſich an die untere Flaͤche der Nieren begeben, leer wurden. Die Blute nge ſtion im hintern Theile des unterbundenen Venenſtammes verftärkte den Durchmeſſer dieſer Portion des Canals faſt um das Doppelte, und die Verdickung wuͤrde bedeutend be— traͤchtlicher aufgefallen ſeyn, wenn das Biut nicht einen theilweiſen Abzug in den Stamm der vena umbiliealis gefunden haͤtte, welche, wie geſagt, großentheils deſſelben Urſprungs iſt, wie die vena renalis externa. Wir ha ben uns, in der That, davon uͤberzeugt, daß unter dieſen Umftinden die vena umbilicalis der Leber eine größere Blutmenge zufuͤhrte, als wenn die vena renalis externa nicht unterbunden war, und auf dieſen Umſtand werden wir zuruͤcktommen, wenn wir von den Beziehungen zwiſchen der Harn- und Gallen-Secretion handeln werden. Um ſich davon zu uͤberzeugen, daß die aͤußere Nieren— vene Blut zufuͤhrt, kann man die Unterbrechung der Blutſtroͤmung auf noch einfachere Weiſe bewirken. Man braucht zu dieſem Ende die v. renalis externa nur bei der Mitte ihres Stammes mit einer ſehr feinen Pincette zu comprimiren, und bald wird man ſehen, daß ſie unter der zuſammengedruͤckten Stelle anſchwillt und uͤber derſel— ben leer wird. In dieſem Falle ſtellt ſich, ſobald man die Compreſſion aufhören laͤßt, die Circulation in der Richtung des Stammes nach der entſprechenden Niere zu augenblick— lich wieder her. Wir beſitzen indeß noch ein anderes von der unmittel— baren Beobachtung hergeleitetes Criterium, durch das ſich beweiſen laͤßt, daß ſich die Sache wirklich ſo verhaͤlt. Zuvoͤrderſt wollen wir daran erinnern, daß bei den meiſten Reptilien, z. B., den Proteiden, Batrachiern und Salamandroiden, die Wandungen der Gefaͤße durchſchei— nend ſind, ſo daß ſich die Blutkuͤgelchen und der Lauf des Blutes im Organismus des lebenden Thieres mittelſt einer einfachen Lupe durch die Wandungen hindurch ſehen laſſen. Indem wir aus dieſem Umſtande Vortheil zogen, konnten wir bei Froͤſchen und Salamandern die Richtung der Cir— culation in den Jacobſon'ſchen Nierenvenen in derſelben Deutlichkeit direct beobachten, wie in dem Lungengewebe dieſer Thiere, und das Ergebniß unſerer Unterſuchung war folgendes: 524 Der Lauf des Blutes, welches bei den F oͤſchen und Salamandern großentheils aus den vv. erurales kommt, theilt ſich in der Nahe des Zuſammentreffens der yy. xe— nales und der vena umbilicalis in zwei Portionen, von denen die eine von der Mündung der v. renalis externa aus direct nach der entſprechenden Niere ſtreicht und den Veraͤſtelungen der Vene an den harnfuͤhrenden Canaͤlen folgt; während die andere ihren Lauf bis an die symphysis ossis pubis fortſetzt, ſich daſelbſt mit dem theils aus den vv. abdominales, theils aus den Venen der Harnblaſe und des Beckens dahin gelangenden Blute vermiſcht und zu— letzt den großen Stamm der vena umbilicalis erreicht, durch den ſie in die Leber gefuͤhrt wird. Wir wollen hier im Vorbeigehen bemerken, daß die Geſchwindigkeit dieſer beiden Ströme, desjenigen der venae renales externae und desjenigen der vena umbilicalis, ſehr bedeutend ift und der Geſchwindigkeit des Blutes in den uͤbrigen Venen dieſer Reptilien faſt gleichzukommen ſcheint Die Phyſio— logen haben in der letztern Zeit die Rolle, welche die Saug— kraft des Herzens bei der Circulation des Blutes in den Venen ſpielt, ſehr richtig aufgefaßt; indeß kann dieſe Kraft weder auf das Nierenſyſtem Jacobſon's, noch auf das Syſtem der vena portarum umbilicalis einen erheblichen Einfluß aͤußern, denn dieſe beiden Syſteme fuͤhren ihr Blut dem Herzohre nicht direct zu. Die Reſultate, welche wir mittelſt der Unterbindung und der Compreſſion des Stammes der vena renalis ex- terna erlangt haben, ſind durchaus buͤndig; allein dasje— nige, welches wir aus der directen Beobachtung des Laufes des Blutes in jener Vene gewannen, ſetzt die Sache außer allen Zweifel. Und ſo waͤre denn durch Verſuche und di— recte Beobachtung völlig erwieſen, daß das aͤußere Sy: ſtem der Nierenvenen Jacobſon's ein Syſtem von zufuͤhrenden Gefaͤßen if. Eine andere ebenfalls hoͤchſt wichtige Frage betrifft die anatomiſche Verbindung des Syſtems der vena portarum renales mit der vena umbilicalis. Der Urſprung die— fer beiden Venenſyſteme iſt groͤßtentheils ein gemeinſchaft— licher; denn die Hautvenen des Rumpfes, die Stwanz— venen und zumal die Schenkelvenen ſind die Quellen des einen, wie des andern. Waͤren dieſe beiden Syſteme etwa in Bezug aufeinander ergaͤnzend? Koͤnnte das eine gewiſſer— maßen die Functionen des andern uͤbernehmen? Herr Duvernoy hat die ganze Wichtigkeit dieſer Frage hervor— gehoben, und durch nachſtehende Bemerkung gewiſſermaaßen angedeutet, wie dieſelbe zu loͤſen waͤre: „Es wird moͤglich ſeyn, ſich durch Verſuche davon zu Überzeugen, ob die Er— klaͤrungen ruͤckſichtlich der ſecernirenden Lebensthaͤtigkeiten die— ſer Geſchoͤpfe gegruͤndet ſind, ob in der That eine ſo auf— fallende Beziehung zwiſchen der Secretion der Galle und des Harnes beſteht, kurz, ob die beiden Syſteme einander gewiſſermaaßen vertreten koͤnnen“ Gewiß beſteht der Weg, den man zur Loͤſung dieſer Frage einzuſchlagen hat, darin, daß man es dahin bringt, daß die Blutmenge, welche ſich im normalen Zuſtande theils 325 durch die vena umbiliealis in die Leber, theils durch die vv. renales externae in die Nieren begiebt, nur durch eines dieſer beiden Syſteme ungetheilt der Leber oder den Nieren zugeht. Dieß laͤßt ſich nun lediglich durch Un— terbindung von Gefaͤßen erreichen, und in unſerem Falle muͤßte die Ligatur einmal um den Stamm der vena um- bilicalis und das andere Mal um die vena portarum renalis gelegt werden. Die von uns mit Froͤſchen erlangten Reſultate bewei— ſen vorerſt, daß dieſe beiden Syſteme einander wirklich, in Betreff der wechſelsweiſen Vertheilung ihres Blutes, er— gaͤnzen. Nun wird man fragen: Beſteht, in Anſehung der Functionen dieſer beiden Syſteme, ein Geſetz der gegenſei— tigen Vertretung? Aus dem oben Geſagten ließe ſich ein ſolches Geſetz allerdings folgern. Nachdem wir die Ge— genſeitigkeit, in Betreff der Vertheilung des Blu— tes, in dieſen beiden Syſtemen nachgewieſen haben, werden wir auch die Gegenſeitigkeit der Functionen der⸗ feiben zugeben muͤſſen, wenn wir anerkennen, daß das durch die vena umbilicalis der Leber zugefuͤhrte Blut in die— ſem Organe zur Secretion der Galle dient, und daß das durch die vena afferens der Niere zugehende Blut dort die Sceretion des Harnes vermittelt; denn wenn der Leber der Reptilien eine groͤßere Blutmenge zugefuͤhrt wird, ſo wird auch mehr Galle ausgeſondert werden, und wenn mehr Blut in ihre Nieren gelangt, fo wird ſich die Aus ſonderung des Harns ſteigern. Allein die Hyperhaͤmie der Leber durch das Syſtem der vena umbilicalis, hat die Anhaͤmie der Nieren, vermoͤge des Blutmangels in der vena renalis, zur Folge, und umgekehrt; folglich muß, wenn ſich die Circulation in der vena umbilicalis ſteigert und zugleich in der vena renalis externa vermindert, verhaͤltnißmaͤßig mehr Galle als Harn, und umgekehrt, wenn das Nieren- Venenſyſtem ſtaͤrker mit Blut verſorgt wird, als das Nabel- Venenſyoſtem, verhaͤltnißmaͤßig mehr Harn, als Galle, ſecer— nirt werden (Comptes rendues hebdomadaires des Séances de Acad. des Sciences, T. XIII. Nr. 9., 30. Aoüt 1841.) Ueber die Species des Genus Ovis. Von Edward Blyth, Esg. (Schluß.) 5) O. Californiana, Douglas. O. cornibus erassis triquetris, ad apicem compressioribus; sul- eis transversim indentatis; curvamine aperto ex- trorsum (non antrorsum) gyrantibus, apieibus plu- rimum extrorsum duetis, colore pallido, aut rufo- brunneo paulum sufluso. Magnitudo Ammonis, vel paulüm interior: caudà elongatä, et non (?) disco pallido eireundatä. Habitat apud Californiam. 6) ©. Nahoor, Hodgson. O. cornibus crassis subeylindraceis, supra magis planiusculis, culmine 326 abruptiore medio, dimidio-distali compressiori, et extrorsum arcuatis, apieibus retortis: suleis trans- versis obsoletis ; colore pallido. Magnitudo Arie- tis grandis; pilis griseis, vel in junioribus adultis fulvo terminatis, maculis generieis fuseis; caudä brevi et floccosä. Habitat apud regiones medias montium Himalaicorum, et in Tibeta Magnä. 7) O. Burrhel, Blyth. O. cornibus erassis subeylindraceis, supra convexioribus, culmine lon- gitudinali minus abrupto, et aliis angulis minus prominentioribus quam in specie praecedente, sub- aequalioribus; in arcu extrorsum curvatis, apici- bus retrorsis; suleis transversis obsoletis; colore nigrescenti-rubido. Magnitudo inferior est Nahoo- ri, sed forma robustior; pilis castaneo-brunneis intensis, maculis generieis nigris et distinetis; aud minimä (2) et non floccosà. Habitat apud montium Himalaicorum regiones summas. 8) O.cylindricornis. Blyth. O. cornibus ma- ximis eylindraceis, in arcu extrorsum (2) sine di- minutione curvatis, apieibus non cognitis; suleis transversis obsoletis: colore nigrescenti-rubido. Habitat apud Caucasum. 9) O. Gmelini, Blyth. O. ornibus triquetris et robustis, altis, et transversim sulcatissimis; in areu retrorsum divergentibus, apieibus introrsum duc- tis: colore pallido. Magnitudo Arietis; pilis bre- vissimis, et castaneo -fulvis splendide coloratis; maculis genericis subdistinctis, sed lineà pilorum longiorum nigrä infra collum in mare solo exci- piendä, apud pectus se expandente, et in utroque sexu caesarie rudimentä brachiis, sieut in Ove Tragelapho: caudä brevi et gracillima. Habitat apud Armeniam et provincias Occidentales Per- siae Septentrionalis. 10) ©. Vignei, Blyth. ©. Musimoni similli- ma, sed magnitudine Cervi Damae grandis, artu- busque longissimis: cornibus robustis, compressis et subtriquetris, angulis anterioribus aequalibus; lunatim non spiraliter gyratis, et suleis transver- sim indentatis: colore pallido. Corporis pilis ru- fo-brunneis; facie artubusque lividis; ventre, et annulis supra ungulas albis; lineä laterali nigra; pedibus annulo secundo nigro posticè albo super- marginato notatis; apice caudae (brevis et graei- lis.) et lineä pilorum paulö pendentium infra col- lum ad pectus tendente, nigris. Habitat apud Ti- betam Minorem. Varietas dubia minor, cornibus extrorsum gyratis, cum angulo interiori promi- nentiori. 11) ©. Musimon, Linnaeus. O. cornibus compressis, ad basin triquetrioribus, angulo inte- riori prominentiori; lunatim gyratis; et suleis trans- versim indentatis: colore pallido. Magnitudo Arie- 21”? 827 tis parvi, caudä brevi et magis villosà quam in specie praecedente: pilis rufo-brunneis; facie livi- dä, cum capistro albo; ventre, elunibus, dimidiis- que artuum inferioribus, albis; et lineä laterali, caudä. pectore, et membrorum plerumque dimidiis superioribus, nigris: maculä triangulari alba utro- que lumbo saepe semper?) eonspieuä. Habitat apud insulas Corsicae et Sardiniae, et forsan pro- vineiam Murciae in Hispaniä. 12) O. Ophion. Blyth. ©. Musimoni similli- ma. sed cornibus retrorsis, apieibus accurvatis: pilisque brunneis. et non rufescentibus (2). Ha- bitat apıd Cyprum, et forsan regiones alias Le- vantinas. 13) O. Aries, Linnaeus. 14) 0. —? Ixalus Probaton, Ogilby. Ma- gnitudo Arietum maximorum, caudà paulum elon- gata: cornibus in speceimine solo cognito abnor- maliter (2) rudimentalibus. Pilis castaneo-fulvis, et infra albescentibus. 15) ©. (Ammotragus) Tragelaphus. O. cornibus magnis subquadrangularibus, moderate crassis, ad apicem compressioribus, suleis transversim indenta- tis; divergentibus et retrorsum eurvatis, sed pro- pe basin rectis. apieibus acelinatis; colore pallido. Magnitudo Cervi Damae superior, pilis flavescenti- brunneis: collo jubato, et infra cum pectore bra- chiisque capillato, caudä elongata extremitate vil- losä; facie non convexà - ut in omnibus speciebus aliis, sinibusque suborbitalibus nullis. Foemina semper (2) eornutä, cornibusque fortioribus quam in foeminis specierum caeterarum hujus generis, quae saepe non cornutae sunt, sed plurimae cor- nua parva, tenuissima, et compressiora ferunt, quae in maribus junioribus aut curvata sunt, aut saepe rectiora. Habitat apud Africae Septentrio- nalis montes rupestres. Dr Einige intereffante Nachrichten über die Enge liſche Erpedition zur Ermittelung des magnetiſchen Suͤdpols finden ſich in dem Schreiben eines in den Times mit- getheilten Schreibens eines Subaltern-Officiers der Expedition dd. Hobart- Town, 20. Apr. 184. — „Wir gingen am 10. Nov. 1840 vom Derwentfluſſe aus unter Seegel und ſchifften nach den Aucklands⸗Inſeln, wo wir die erforderlichen magnetiſchen Beobach— tungen anftellten, worauf wir ein Wenig ſuͤdlicher nach der Camp⸗ bells⸗Inſel fuhren und dort ebenfalls beobachteten. Alle dleſe In— ſeln ſind mit Wald bedeckt, aber unbewohnt; man findet auf den— ſelben nur die Nachkommen der von den franzoͤſiſchen Entdeckungs— ſchiffen daſelbſt zuruͤckgelaſſenen Schweine. Wir ſammelten dort eine große Menge Albatroß⸗Eier, die ſehr wohlſchmeckend find. Das Stuck wiegt 21 bis 22 Unzen, woraus ſich auf die anſehnli— che Größe derſelben ſchließen läßt. Alltaͤglich wurde die Tempera— tur, je nach der Tiefe der See, bei 600, oder 1,500, oder 3,600 Fuß, ja zuweilen noch tiefer unterſucht; das heraufgezogene Waſ— ſer aber gewogen und mit dem an der Oberflaͤche verglichen, deſſen 328 Temperatur jede Stunde bei Tag und Nacht beobachtet ward. Auch wurde oͤfters ein Apparat in die Tiefe des Meeres gelaſſen, mittelſt deſſen man Corallen, Steine u. ſ. w. heraufzog. Mit dergleichen Verſuchen hatte die Mannſchaft den groͤßten Theil des Tages zu thun, da das Hinablaſſen der an ſtarken Tauen befeſtig— ten Apparate in ſo bedeutende Tiefen und das Heraufwinden der— ſelben viel Zeit erfordert. Außerdem warfen wir an Stellen, wo die See ungemein tief iſt, dann und wann ein Klumpen altes Ei— fen von etwa 3 Centner Gewicht aus, welcher an eine ſchwache Leine von 5 — 6 engl. Meilen Laͤnge befeſtigt war, und ſo fan— den wir bisjetzt immer Grund; allein die Leine wird naturlich durchgeſchnitten, da ſich der Klumpen mittelſt derſelben nicht wies der heraufziehen läßt.” — „Die Franzoſen find, nachdem fie bis 69 oder 70° ſ. Br. vorgedrungen, wieder nach Hauſe geſeegelt, und haben einen ſtaunenerregenden Bericht uͤber Das, was ſie nicht gefunden haben, in die Welt poſaunt; die Nordamericaner, die ungefähr in dieſelbe Gegend gelangten, wie die Franzoſen, brachten etwas mehr mit nach Hauſe, nämlich die ungemein ausführliche Charte von einem Lande, das nirgends vorhanden iſt, wenigſtens nicht an der Stelle, wo ſie es hin verlegen; denn da, wo ein him— me'hoher Berg ſeyn ſoll, kreuzten wir drei Tage lang und fanden bei 800 Faden keinen Grund. Meines Erachtens zeigen die Nord— americaner als Seefahrer nicht denſelben Muth und dieſelbe Aus- dauer, wie die Engländer. Unſer Erebus drang mit ſeinem Be— gleiter, dem Lenon, bis 69,82 f. Br. vor, wo wir zuerſt ein ſtehendes Eisfeld trafen, welches ſich ſo weit ausdehnte, als die Blicke reichten. Uebrigens beſtand daſſelbe aus feſt zuſammenge— keilten Schollen, die eine ebene Oberfläche darboten. Vorher hats ten wir mehrere ungeheuer hohe ſchwimmende Eisberge getroffen, deren durchſcheinendes Himmelblau einen praͤchtigen Anblick ge— waͤhrte. Dieſe Eisberge reichen noch einmal ſo tief unter das Waſſer, als ſie uͤber daſſelbe hinausſtehen. Wir durchſeegelten oder durchpfluͤgten vielmehr das Eisfeld 120 Meilen weit und tra— fen jenſeits wieder offene See. Auf dem Gipfel eines Eisbergs fanden wir einen bedeutenden Felsblock, der ganz das Anſehen von Lava hatte; aber Land war nirgends zu ſehen. Nach einigen Tagen gelangten wir jedoch in die Nähe einiger Inſelchen, eigent— lich nur nackter Felſen, deren einer nach dem Prinzen Albert, der andere nach der Königin Victoria benannt ward, was ich fuͤr ein ſehr zweideutiges Compliment halte. Von Vegetation iſt dort nicht die geringſte Spur zu finden; ſie ſind mit ewigem Schnee bedeckt, der ſeit der Schöpfung dort liegen mag. Wo ders ſelbe herkommt, weiß ich nicht zu ſagen, da es nicht ſchneien kann, weil ſich keine Waſſerduͤnſte in die Atmoſphaͤre erheben, da das Thermometer nur hoͤchſt ſelten bis O0? R. ſteigt. Vielleicht veran— laſſen vulkaniſche Erſcheinungen die Bildung von Daͤmpfen. Dieſe Bemerkungen gelten natuͤrlich von allem noch ſuͤdlicher liegenden Lande.“ — „Wir ſteuerten noch immer weiter gegen Süden und trafen zuweilen auf Eisfelder. Ich melde Ihnen bier nur die Er— lebniſſe ohne deren Wirkungen; denn wollte ich Ihnen beſchreiben, mit wieviel Muͤhſeligkeiten wir, bei der Kaͤlte des Wetters, dem gefrornen Zuſtande der Taue, des Takelwerks u. ſ. w., waͤhrend des Ab- und Aufwindens der Leinen ꝛc. zu kaͤmpfen hatten, fo koͤnnte ich ein Ries Papier vollſchreiben: kurz, Haͤnde und Fuͤße verſagten uns oft den Dienſt, und von oben fielen Stuͤcken herab, die den ſtaͤrkſten Schädel hätten zerſchmettern koͤnnen.“ — „Unter 76° ſ. Br. trafen wir ein weites Feſtland mit hohen Bergen, welches wir Victoria⸗-Land nannten. Es nahm ſich wie eine lange ſchneeweiße Linie mit hohen Piks aus, und nur da, wo es an das Meer oder vielmehr das Eis ſtieß, war deſſen Farbe dunkel. Um daſſelbe her zieht ſich ein nie wankender und weichender Eiswall von 7 — 8 engl. Meilen Breite, deſſen Wand fo ſteil ift, daß man auf keine Weiſe hinaufkommen kann. Selbſt in den waͤrmſten Sommertagen erreicht hier das Thermometer nicht die Hoͤhe, bei welcher ein Aufthauen des Eiſes ſtattfinden koͤnnte. Wir ſeegelten langſam gegen Suͤden, bis uns der brennende Berg zu Geſichte kam, den wir nach unſerm Schiffe den Erebus nannten. Dieß iſt der erſte brennende Vulkan, den ich geſehen; deßhalb kann ich ihn nicht mit einem andern vergleichen; allein die Londoner Pflaſter— treter mögen ſich nur mit ihrem Veſuv verſtecken, wenn ich ein— 829 mal vom Erebus erzählen werde. Er liegt im Angeſichte des ma= gnetiſchen Pol's, ziemlich unter 78° ſ. Br. und 1699 öjklicher Länge und 3 — 4 Hundert engl. Meilen ſuͤdlicher, als bis wohin frühere Seefahrer vorgedrungen find, — „Die Magnetnadel, welche auf das Anzeigen der Neigung eingerichtet iſt, ſtand hier ſenkrecht und zeigte demnach an, daß wir uns am magnetifchen Pole befanden. Die Magnetnadel des Compaſſes wich ſo ſtark ab, daß ſie keine beſtimmte Richtung mehr beobachtete, ſondern auf's Gerathewohl bald gegen Norden, bald gegen Suden ꝛc zeig— te und folglich durchaus unbrauchbar war, bis wir uns aus die— fer Gegend entfernt hatten. Von derſelben bis an den Gübpol 830 iſt die See durchaus gefroren, und an einem Theile derſelben ſa⸗ hen wir Land.“ Zwei lebende Exemplare von Lepidosiren hat Herr Theophilus Thomſon der Forſcher⸗Geſellſchaft zu Ply⸗ mouth vorgezeigt. Er hatte fie in M'Cartney, Inſel am oberen Gambia, gefangen. Sie wurden in einer Felſenhoͤhlung gelagert gefunden, aus welcher fie nur mittelſt eines Hammers herausge- nommen werden konnten. Sie waren immer mit einer Lage Schlamm bedeckt, welche an dem einen Exemplare noch fortwäh: rend vorhanden war. r Neue Beobachtungen über die moralifche Behand: lung des Wahnfinns des Herrn Leuret. Die ziemlich allgemeine Anſicht, daß die Urſache des Wahnſinns in einer materiellen und ſichtbaren Veraͤnderung des Gehirnes beſtehe, hat die mit dieſen Krankheiten ſich beſchaͤftigenden Aerzte von dem Verſuche einer energiſchen moraliſchen Behandlungsweiſe abgelenkt. Aber das Gehirn iſt nur bei ſolchen Irren ſichtlich veraͤndert, welche auch an Stoͤrungen der ſogenannten organiſchen Functionen leiden; wenn aber auch eine wirkliche Veraͤnderung des Gehirns bei den Irren vorhanden waͤre, ſo glaubt Herr Leuret, daß eine moraliſche Behandlung durch Ideen und Ein— druͤcke immer noch am wahrſcheinlichſten Erfolge verſprechen wuͤrde. Man ſehe, in der That, was bei Bloͤdſinnigen ſtattfindet; man findet faſt immer in ihrem Gehirne einen angebornen oder erworbenen Fehler; kann man daher durch phyſiſche Mittel oder durch Erziehung ihr Einſichtsvermoͤgen entwickeln? Die phyſiſchen Mittel wuͤrden keinen Nutzen gewaͤhren; moraliſche, mit Geſchicklichkeit und Ausdauer, an— gewandte Mittel hingegen koͤnnen im Gegentheil im geiſtigen und Gefuͤhlsvermoͤgen der Bloͤdſinnigen faſt wunderbare Veraͤnderungen hervorbringen. Die Aerzte, deren Behandlung die Irren anvertraut ſind, haben wohl die moraliſche Behandlung angewendet und thun es noch; dennoch haben ſie von ihr nicht diejenigen Reſultate erlangt, welche man erwarten ſollte. Dieß wird nicht auffallen, wenn man bedenkt, daß dieſe Behandlungs— weiſe der phyſiſchen Behandlung immer untergeordnet wurde. Aber unter dem Ausdrucke, moraliſche Behandlung, verſteht Hr. Leuret die zweckmaͤßige Anwendung aller Mittel, wel— che direct auf das Erkenntniß- und Gefuͤhlsvermoͤgen der Irren wirken; im Gegenſatz zu dem Verfahren der Aerzte, wel— che das falſche Erkenntniß⸗ und Gefuͤhlsvermoͤgen der Irren mit Blutausleerungen, Hautreizen und Abfuͤhrmitteln behandeln, bedient er ſich der moralifhen Behandlungsweiſe, und zwar dieſer allein — in den Faͤllen, wo das Irreſeyn ſich iſolirt von allen phyſiſchen Symptomen zeigt. Die Behandlung beſchraͤnkt ſich daher auf Bekaͤmpfung der verruͤckten, ungereimten Ideen der Itren und darauf, daß man ſie durch das Uebergewicht, welches man uͤber ſie gewinnt, davon uͤberzeugt, daß ſie ſich taͤuſchen oder viel— mehr, daß ſie ſich getaͤuſcht haben. Wir wollen uͤberdieß Einiges von den Mitteln anfuͤhren, deren ſich der Arzt gleichzeitig bedienen muß, um zu dieſem Reſultate zu ge— langen. Douchen und Uebergießungen. Die Douche iſt eins der kraͤftigſten Mittel, welches man bei der Be— handlung der Geiſteskrankheiten anwenden kann. Im Bi— cètre-Spital wird fie auf folgende Weiſe angewendet: man befeſtigt den Kranken in einer mit lauwarmem Waſſer an— gefüllten Wanne; darauf laͤßt man ihm in einer Zwiſchen— zeit von 5 oder 6 bis 20 oder 30 Secunden eine Waſſer— ſaͤule von 25 Centimeter im Durchmeſſer und 2 Centimeter Hoͤhe auf den Kopf gießen. Einige Kranke ertragen ſie eine ſehr lange Zeit, andere ſogar mit Vergnuͤgen; andere wiederum fuͤrchten ſich vor ihnen fo ſehr, daß es hinreicht, ſie in eine Badewanne zu ſetzen, uͤber welcher ſich ein Hahn befindet, damit fie in allen Stuͤcken nachgeben und fogar ihre Lieblingsideen aufgeben. Ich wollte den Eindruck, welchen die Douche macht, an mir ſelbſt wahrnehmen; ich ließ mir daher ein Bad be— reiten, und nachdem ich in demſelben eine Zeitlang verweilt hatte, ließ ich den Hahn oͤffnen. Ich verſpuͤrte keine Un⸗ behaglichkeit; nicht zufrieden mit einem einzigen Verſuche, wiederholte ich denſelben nach einiger Zeit und, weit entfernt, davon belaͤſtigt zu werden, befand ich mich, im Gegentheil, danach ſehr wohl. Seit dem erſten Verſuche habe ich mich mehreremal unter den Hahn geſetzt und immer bemerkt, daß ich an dieſen Tagen zur Arbeit mehr disponirt war. Zur Anwendung der Uebergießungen laͤßt man den Kranken auf eine geneigte Flaͤche ausſtrecken und ihm auf den Koͤrper 5, 6 bis 20 oder 80 Eimer Waſſer mit Kraft gießen. Dieſes Verfahren iſt ein kraͤftiges Unterſtuͤtzungs⸗ mittel fuͤr die Douche und von dem beſten Erfolge. Geſang und Muſik. Die Irren, in ſehr großer Anzahl in einem großen Saale verſammelt, wiederholen je: den Morgen einige Muſikſtuͤcke, welche man ihnen gelehrt hat. Ein Singlehrer iſt beſtaͤndig in der Anſtalt angeſtellt. Zwei Mal woͤchentlich finden muſikaliſche Morgenunterhals tungen ftatt, bei welchen faſt immer einige Fremde oder ei: nige Mitglieder der Hofpitalverwaltung zugegen find. Die Blinden des Hauſes kommen zu dieſen Feierlichkeiten zuſam⸗ men, leiſten Huͤlfe mit ihren Inſtrumenten und begleiten 331 den Geſang. Mehrere Mal ſchon haben wir unfere Kran— ken in die Meſſe gefuͤhrt und ließen ſie waͤhrend des Got— tesdienſtes die Stuͤcke ausfuͤhren, welche wir ihnen im Voraus gelehrt hatten. Man konnte jedesmal mit ihrer Haltung und mit der Weiſe zufrieden ſeyn, in welcher ſie ſangen. Schule. — Dieſe hat zum Zweck, die Kranken zu unterrichten und zu zerſtreuen. Alle Tage werden ihnen von beſonders dazu angeſtellten Lehrern Unterricht im Leſen, Schreiben, Rechnen und in der Orthographie ertheilt. Man laͤßt ſie mit lauter und deutllicher Stimme leſen, Verſe ler— nen und herſagen; mit einem Worte: man bemuͤht ſich, ih— nen ſo wenig Zeit, als moͤglich, zu laſſen, um ſich ihren verkehrten Ideen hinzugeben, und durch dieſe verſchiedenen Mittel erreicht man die Entfernung der Urſachen von ihrem Geiſte, welche ihre Krankheit erzeugt haben, oder ſie un— terhalten. Speiſeſaal. — Faſt alle Kranke ſpeiſen zuſam— men; ſie ſind in Abtheilungen von 10 Individuen ge— theilt; einer jeden Tafel ſteht einer von ihnen vor, und dieſer iſt beauftragt, vorzuſchneiden und die Stuͤcke ſei— nen Tiſchgenoſſen zu vertheilen. Alle ſind mit einem Teller von Fayence, mit einem Löffel, einer Gabel und ſelbſt mit einem Meſſer verſehen. Seit dieſer Einrich— tung des Speiſeſaals iſt alles mit Ordnung vor ſich ge— gangen. Handarbeiten. Um den Folgen des Muͤſſigganges und der Langeweile zuvorzukommen, ſorgen wir dafuͤr, daß der groͤßte Theil der Irren beſchaͤftigt werde. Die Starken und Kraͤftigen arbeiten im Felde oder vielmehr in den Hoͤ— fen des Spitals; diejenigen aber, deren Geſundheit zu ſchwach und denen die Feldarbeit zu beſchwerlich iſt, ſind mit Strohflechten beſchaͤftigt. Dieß ſind die verſchiedenen Mittel, welche einen Theil des Leuret'ſchen Heilverfahrens ausmachen, und deren An— wendung fo häufig den Practikern von gutem Erfolge war. Wir wollen nun einige Beobachtungen mittheilen, welche wir in ſeinem Dienſte geſammelt haben, und welche die Wir— kung dieſer rationellen Therapeutik darthun. Erſter Fall. Ungluͤckliche Speculationen. — Tiefſinn mit Hallucinationen des Gehoͤrs. — Neigung zum Selbſtmord. — Heilung in Folge von moraliſcher Behandlung. — F., 44 Jahr alt, von kraͤftiger Conſtitution, war 35 Jahr lang Bedienter in einem und demſelben Hauſe. Sein Herr ſtarb am 27. Maͤrz 1840, und mit ſeinem Herrn verlor der arme F. ſeine ganze Stuͤtze; er ſah ſich von ſeiner Herrin verſtoßen. Dieſer Vorgang zog ihm ſein ſchreckliches Uebel zu. Er wurde Weinhaͤndler und verlor in kurzer Zeit Über 10,000 Francs, die Frucht feiner Erſparniſſe und feiner Deconomie. Durch dieſe geſammten Ungluͤcksfaͤlle verſank er in tiefe Traurigkeit und magerte betraͤchtlich ab. Er glaubte ſeine Herrin Boͤſes von ſich und ſeiner Familie reden zu hoͤren, und alsdann rief er aus: Wir ſind verloren, die Madam ſagt von uns und vorzuͤglich von mir Boͤſes. Zu Ende dieſes Zeitraums, d. h., ungefaͤhr am 12. Juli 1840, will er ſich ermorden; die Mittel kuͤmmern ihn 532 nicht, wenn’ er nur ſtirbt. Seine Frau und ſeine Tochter haben viele Muͤhe, ihn zu beruhigen. Am 13. Juli conſultirte feine Frau einen Arzt. F. verlangte von ihm ein Mittel zum Sterben; denn er will mit aller Gewalt ſeinen Herrn einholen. Er hatte damals einen verſtoͤrten Blick, trockenen Mund, weißlich be— legte Zunge, harten Unterleib, Verſtopfung, ſeufzende Re— ſpiration, kleinen Puls, 24. Der Arzt gab 16 Grammen Magnesia sulphurica mit 5 Centigrammen Tartarus stibiatus, aufgeloͤſ't in einem Liter eines Kraͤuteraufguſſes. Dieſes emeto-catharticum bewirkte viermal galliges Er— brechen und vier fluͤſſige reichliche Stuͤhle; die Krankheit wurde jedoch dadurch keineswegs erleichtert. Am 19. war er in einem Zuſtand aͤußerſter Aufre— gung: er fuͤrchtet, daß man Feuer an ſein Haus lege und ſchreit laut. Am 20ſten wurde er nach dem Bicètre gefuͤhrt. Herr Leuret befragt ihn mit Wohlwollen; er aber antwortet kaum; ſeine Augen ſind faſt vollkommen geſchloſſen, der Kopf ruht auf der Bruſt; er iſt, ſagt er, nicht im Stande, etwas zu thun, und wie erſchreckt, durch die Gedanken, welche ihn umlagern; er bleibt faſt unbeweglich mehrere Ta— ge hindurch. Herr L. verordnet ihm Baͤder, mit kaltem Waſſer auf den Kopf waͤhrend der ganzen Dauer der Baͤ— der, und ſo vergehen einige Tage, ohne daß ſich eine Beſſe— rung in dem Zuſtande des Kranken gezeigt haͤtte. In der Vermuthung, daß der Aufenthalt in dem Spi- tale dem Kranken bekuͤmmere, ſuchte Hr. L. ihn zu troͤſten und ſagte ihm eines Tages: — Beruhigen Sie ſich, ich werde Sie nicht lange hier behalten; machen Sie einige Ver— ſuche, faſſen Sie Muth, bald werde ich Sie ihrer Familie wiedergeben, nach welcher Sie ſich ſo ſehr zu ſehnen ſchei— nen: ich habe Sie in Paris gekannt, und dieß iſt ein Grund mehr, um mich für Sie zu intereſſiren und um Ihnen Ihre Entlaſſung nicht vorzuenthalten, ſobald Sie hinreichend im Stande ſeyn werden, Ihre Beſchaͤftigungen wieder zu begin— nen. — Ich werde in großem Kummer ſeyn, wenn Sie mich wegſchicken, ſagte F.... zu Herrn Leuret; ich bin zu Grunde gerichtet, meiner Frau und meine Tochter leben im Elend, und ich werde es mit ihnen. Dieſe Antwort war für L. ein Lichtſtrahl, und er antwortete: — Woblan; Bleiben ſie bei uns; aber ich will mehr thun, als Sie be— wachen, ich will ihnen ein Amt geben; ſie waren Diener in einer Weinhandlung, ſie ſollen es jetzt im Saale ſeyn (garcon de salle); ich bedarf eines Menſchen zur Bedie— nung im Speiſeſaale, Sie ſind kraͤftig, kennen den Dienſt, ich nehme Sie auf einige Tage zur Probe. Wenn Ihnen mein Vorſchlag gefaͤllt, ſo bleiben Sie; Sie werden guten Gehalt bekommen, und im Falle Ihre Frau und ihre Toch— ter hier wohnen wollen, ſo werde ich ſie in der Weißzeug— kammer des Hauſes beſchaͤftigen. F. erhob ein Wenig den Kopf und ließ einen Strahl von Hoffnung blicken. Herr L. ließ ſogleich eine Schuͤrze holen, welche ſich F. umband, und Herr Leuxret ſtellte ihn ſelbſt im Speiſeſaale an. F. machte ſich ſogleich an die Arbeit, anfangs etwas langſam, darauf hinlaͤnglich thaͤtig. Drei Tage nachher ließ man ei— 833 nen Freund zu ihm: dieſem zeigte F. an, was er von Hrn. Leuret erhalten, und was er noch hoffe. Sein Freund ſagte zu ihm: „Ihre Angelegenheiten ſtehen nicht ſo ſchlecht, wie fie denken, Ihrer Frau und Tochter mangelt's an nichts, beruhigen Sie ſich, ſie werden Sie bald beſuchen und wenn ſie vollkommen hergeſtellt ſind, werden Sie mit ihnen zuruͤck— kehren“. Am andern Tage befeſtigten ſeine Frau und ſeine Tochter dieſe gute Nachricht, und er ſetzte darin vollkomme— nes Vertrauen; Tages darauf erwartete er Herrn L., um ihm zu danken, dafuͤr, daß er ihm ſeine Familie ſehen ließ, und fuͤr die Anſtellung als Saaldiener, deren Bewahrung ihm indeß nicht mehr am Herzen lag; denn er bat ſchuͤch— tern, aber mit Vertrauen auf Gewaͤhrung, um die verſpro— chene Entlaſſung. Herr Leuret ließ noch einige Tage zur Probe verſtreichen und entließ ſodann F.., welcher nur 21 Tage im Spital und deſſen Heilung voilſtaͤndig war. Zweiter Fall. Trunk. — Gehoͤrstaͤuſchung. — Heilung durch moraliſche Behandlung. — C., Joachim Chriſtoph, 42 Jahr alt, Gerber, robuſter Mann von ſtarker Conſtitution; pflegte ſich ſehr haͤufig zu betrinken. Im Juni, nach mehreren Unannehmlichkeiten, bildete er ſich ein, daß man ihm nach dem Leben trachte. Ein Arzt ließ ihm zur Ader; aber C. wollte ſich ſeiner Behandlung nicht unterwerfen und wurde nach dem Bicètre gebracht, geängftigt und erſchreckt durch zahlreiche Stimmen, welche ihm von allen Seiten zuriefen: Schaͤndlicher! Mif- ſethaͤter! und ihm ankuͤndigten, man werde ihn ermorden. Als man ihn bei der Viſite am 4. Auguſt, am Tage ſeiner Aufnahme in das Spital, unterſuchte, war er unru— hig und wagte nicht, ſich zu ruͤhren oder ſeinen Platz zu verlaſſen, aus Furcht, ermordet zu werden, ſobald er feinen Platz ändere. Am andern Tage laſſen fi die Stimmen nicht mehr deutlich vernehmen; er vernimmt, anſtatt einer Stimme, ein miftönendes Geraͤuſch, wie das einer Katzen— muſik, und glaubt Feinde zu haben, welche ihn verfolgen und ſein Leben gefaͤhrden. Nachdem Herr Leuret die Integrität aller phyſiſchen Functie nen des Kranken erkannt hatte, verordnete er ihm Beſchaͤftigungen, welche ihn beſtaͤndig in Athem hielten; er ließ ihn auf dem Felde arbeiten, gab ihm Baͤder, einige Uebergießungen uͤber den Kopf; er mußte nach der Schule zum Leſen und Singen gehen; er unterhielt ſich mit ihm, ſcherzte über feine Taͤuſchungen; kurz, er beſchaͤftigte ihn fo, daß C. nicht eine Minute Zeit behielt, auf die Stimmen zu hoͤren, oder ſich der Furcht, welche dieſe ihm fruͤher ein— floͤßten, hinzugeben. Am 12. Auguſt, 5 Tage nach feinem Eintritte, und nach 4 Tagen der Behandlung, war C. von feiner Furcht und falſchen Vorſtellungen befreit; er war luſtig und arbeit— ſam; dadurch, daß er einem feiner Nachbarn zuredete, wel: cher, wie er, an Sinnestaͤuſchungen litt, half er ihn heilen; endlich, da er ſich vollkommen wohl befand und lebhaft ſei— ne Entliffung begehrte, wurde fie ihm am 23 Auguſt er: theilt, alſo 17 Tage nach feinem Eintritte im Bicètre. Seit ſeiner Entlaſſung hat uns der Kranke einmal be— ſucht; er iſt immer vollkommen wohl; er ſagte uns, daß die größte Strafe, welche er während feines Aufenthaltes im 334 Spitale erduldet habe, war, daß er zum Singen gehen mußte. Sie begreifen wohl, ſagte er uns, daß meine Lage keine erfreuliche war, und daß ich kein freudiges Gemuͤth hatte; deshalb war es fuͤr mich eine unglaubliche Qual, die verwuͤnſch⸗ te Schule zu betreten, daſelbſt fingen zu hören, und gezwungen zu ſeyn, an dieſen Gefängen Theil zu nehmen; indeß trug auch dieſes dazu bei, die wieren Ideen aus meinem Kopfe zu ent— fernen. Dritter Fall. Schrecken. — Gehoͤrs-Hal⸗ luceinationen. — Moraliſche Behandlung, ſchnelle Heilung. — F., auf der Inſel Trinidad geboren, 20 Jahr alt, ſtudirte ſeit ungefähr 3 Jahren zu London die Medicin. Gegen Ende des Monats Juli 1840 kam er nach Calais, um Seebaͤder zu brauchen; die Neugierde fuͤhrte ihn nach Paris; doch kaum war er in dieſer Stadt ange- langt, als er ſich einbildete, daß Frankreich in einer Revo— lution begriffen, und daß er vielleicht ein Opfer derſelben ſeyn koͤnnte. Er verließ darauf fein Hötel am 12. Auguſt, indem er 120 Francs in Gold und Silber bei ſich fuͤhrte. Den ganzen Tag irrte er in Paris umher, und am Abend wandte er ſich an die Patrouille der Municipalgarde, mel: cher er begegnete, und fragte, ob fie nicht Gensd'armes waͤ— ren, ob ſie ihn nicht arretiren und zum Polizeicommiſſarius fuͤhren wollten, weil man ihn ermorden und ſein Geld ſteh— len wolle. Er wurde wirklich zum Polizeicommiſſarius ge— führt, welcher ihn wieder entließ, da er feine Papiere rich— tig befunden hatte. Geaͤngſtigt durch dieſe eingebildete Furcht, wollte F. nach Calais zuruͤckkehren und floh queer uͤber das Feld; man fand ihn in St. Denis faſt vollkom— men nackt; er hatte ſeine Kleider auf dem Wege zerſtreut, um leichter fliehen zu koͤnnen; er hatte nur noch ſein Hem— de und Halsbinde behalten Man fuͤhrte ihn nach der Po— lizei-Praͤfectur, wo er drei Tage blieb und darauf nach dem Bicètre geſchickt wurde. Dieſer junge Mann, welcher in jeder Beziehung unfer Intereſſe und Mitleid verdiente, war ſehr ruhig; aber er ſcheint ſehr befangen und niedergeſchlagen. Er hoͤrte Stim— men, welche zu ihm ſprachen, welche deutlich (franzoͤſiſch und engliſch) wiederholten: toͤdtet ihn (Tuez-le, kill him.) Herr Leuret hatte Muͤhe, ihm begreiflich zu machen, daß die Stimmen, welche er hoͤrte, eingebildet ſeyen, und daß ſie nur in ſeiner Einbildung exiſtirten. Er antwortete im— mer: Aber ich hoͤre ſie doch ganz deutlich, mein Herr; ſie vermiſchen ſich mit meinen innern Gedanken; wenn ich in Verlegenheit bin, einen engliſchen oder franzoͤſiſchen Ausdruck zu finden, fo verbeſſern und ſagen mir ihn dieſe Stimmen. Man gab ihm einige Bäder und ließ ihm einige fran— zoͤſiſche Verſe lernen und herſagen; die Stimmen dauerten immer fort. Wir bemerkten, daß der Kranke ſich gefiel, ihnen zuzuhoͤren; ſie hatten ihren feindlichen Character ganz verloren; ſie ſprachen ihm von dem Gegenſtande, fuͤr welchen er ſich gerade am meiſten intereſſirte. Er war mit ihnen vertraut und ſchien gluͤcklich zu ſeyn, fie zu bören, Als man ihm begreiflich machte, daß dieſes eine Krank— heit, und kein normaler oder Geſundheitszuſtand ſey, fo ent 335 ſchloß er ſich, fie nicht mehr fo gern anzuhören und etwas zu ihrer Entfernung zu thun. Er ſagte uns am 12. Au— guſt: Wenn meine Stimmen kommen wollen, was jetzt ſehr ſelten geſchieht, ſo laſſe ich ihnen keine Zeit, mit mir zu ſprechen, ich leſe oder recitire Verſe; wenn ſie ſprechen wollen, ſpreche ich lauter, als ſie; und durch dieſes Mittel ſind ſie genoͤthigt, mir das Feld zu raͤumen. Unſer Kranke war auf gutem Wege zur Heilung; aber die Langeweile, welche er empfand, ſich in einem Irrenhauſe zu befinden, und der Wunſch, nach London zu ſeinen Stu— dien zuruͤckzukehren, machte uns zur Pflicht, ihn der Geſell— ſchaft zuruͤckzugeben. Er verließ am 30. Auguſt in einem befriedigenden Zuſtande unſere Anſtalt, aber noch nicht voll— kommen geheilt. Vierter Fall. Trunkenheit. — Hallucinas tion des Gehoͤrs uud Geſichts. — Moraliſche Behandlun gmit unmittelbarer Heilung. — T., 41 Jahr alt, ein Maurer, hatte die Gewohnheit, ſich zu be— trinken. Am Montag, den 17. Auguſt, in der Nacht, hoͤrte er Stimmen, welche ſchrieen, daß man ſeinen Herrn ermorde. Er erhob ſich ſogleich und glaubte den Moͤrder zu erkennen; es war eine Frau, welche er irgendwo geſehen hatte, und auf deren Name er ſich nicht beſinnen konnte. Er wollte die Treppe hin— unter; aber die Furcht, von welcher er erfaßt war, noͤthigte ihn, in ſein Zimmer zuruͤckzukehren; er ging die ganze Nacht in aͤußerſter Aufregung umher; ſein Schreckensgeſchrei erweckte die Nachbaren; mit großer Muͤhe, ſagte er, konnte ich den Tag erwarten, um mich ſelbſt von dem Tode meines Herrn zu uͤberzeugen. Um 4 Uhr laufe ich zu ihm und bin ſehr erſtaunt, ihn zu ſehen und vorzuͤglich ihn mit mir ſprechen zu hoͤren; er ſucht mich eines Beſſern zu belehren. Von dort begab ich mich zu meiner Arbeit, mit der Ueber— zeugung, daß das, was ich in der Nacht gehoͤrt und geſehen habe, wahr ſey und vollbracht wurde. Nach dem Tage— werke kehrte T. nach Hauſe zuruͤck; jedoch erwachte er bald mit Schrecken und einer aͤußerſten Aufregung; er ſah einen ſeiner Bruͤder mit einer Flinte bewaffnet, um ihn zu ermor— den. Er geht raſch aus dem Hauſe fluͤchtet ſich zu einer Nachbarin und ſteigt bei ihr durch das Fenſter Man ſucht ihn zu beruhigen, aber vergebens. Sein Schrecken und ſeine Angſt vermehren ſich, er hört die Stimme feines Hauswirths, welcher ihn beſchuldigt, daß er ein Dieb ſey und Nachſchluͤſſel habe. Er kann ſich nicht mehr halten, geht ſelbſt zum Commiſſarius, um ſich 336 zu beklagen. Dieſer laͤßt ihn arretiren und zur Polizei-Praͤ⸗ fectur fuͤhren, und von dort wird er am 20. Auguſt nach Bicetre gebracht. Kaum hatte er die Schwelle uͤbertreten, als er mit Schrecken bemerkt, daß man ihn fuͤr verruͤckt halte. Die— ſer Gedanke beſtimmt ihn zur reiflichen Ueberlegung, welche Herr Leuret benutzt, um ihn durch Gruͤnde zu enttäufchen. Anfangs war er ein Wenig unglaͤubig, endlich erkannte er die Wahrheit. Herr Leuret ließ ihm nicht einen Augen— blick Ruhe, ſo lange er nicht die Gewißheit hatte, ihn ent— taͤuſcht zu haben. Landarbeit, Leſen und Singen werden ihm dv rgefihrieben, und feine Geſundheit befeſtigt ſich mit jedem Tage. Am 28. beſuchte ihn ein Bruder; man laͤßt ſie ſehr lange miteinander ſich unterhalten, und es zeigt ſich keine Geiſtesſtoͤrung bei dem T. Endlich, am 31. April, wird er zu feiner Arbeit zuruͤckgeſchickt. (Schluß folgt.) Miscellen. Wiederbelebung eines zweijährigen Kindes, wel⸗ ches zehn Minuten im Waſſer gelegen hatte, vollkommen ſcheintodt herausgezogen worden war und eine halbe Stunde ohne Behand— lung dagelegen hatte, gelang Herrn Smethurſt noch, nachdem zwei volle Stunden die Belebungsverſuche erfolglos fortgeſetzt wor— den waren. Die Belebungsmittel beſtanden in einem warmen Sei— fenbade mit Salz, in welchem der Koͤrper von zwei Perſonen fort— waͤhrend mit Flanell gerieben wurde; der Arzt blies, nach Reini— gung des Mundes und der Naſenhoͤhle, warme Luft in den Mund und die Lunge, indem er zugleich auf entſprechende Weiſe die Be— wegung der kuͤnſtlichen Reſpiration nachahmte. Endlich zeigte ſich eine Bewegung, wie ein Schnappen nach Luft, es folgte ſodann regelmäßiges ſchwaches Athmen; nun erhielt das Kind etwas Wafs fer und Branntwein, fpäter etwas Nicinusöl, und endlich verfiel es in einen gefunden Schlaf. (The Lancet, 17. July 1841.) Ein Retentionsapparal für eine ptosis, welchen Dr. Mackneß bei einem jungen Maͤdchen in Anwendung brachte, beſtand aus einem ſchmalen, gebogenen Stuͤckchen Elfenbein, wel— ches ſich in der Falte des oberen Augenlides vorbeugen ließ. Die— ſes war an einer ſehr feinen Feder angebracht, die vom Hinter— haupte bis zum Augenlide ging und, mittelſt des Elfenbeins, das Augenlid in die Hoͤhe draͤngte. Die Feder war mit der Farbe der Haut bemalt und der ganze Apparat bloß ganz in der Naͤhe zu ſehen. Sollte das Augenlid, behufs der Beleuchtung des Aug— apfels, momentan geſchloſſen werden, ſo hob Patientin die Feder in die Hoͤhe und ſetzte ſie ſogleich etwas tiefer wieder an; eine Bewegung, die faſt unmerklich ausgefuͤhrt werden konnte. (The Lancet, 31. July 1841.) Nekrolog. — Der, um die Kenntniß der ſyphilitiſchen Krankheiten, ſo verdiente Doctor Cullerier in Paris, iſt zu Brunoy geſtorben. iin e nens ite n. Philosophy of storms. By J. P. Espy. London 1841. 8. Repertorium der organifchen Chemie. Von Dr. C. Loͤwig, Profeſ— for der Chemie an der Univerfität zu Zuͤrich. Supplement zu des Verfaſſers Chemie der organiſchen Verbindungen. I. Jahrgang. 1840. Zürich. Verlag von Fr. Schultheß. 1841. (Die Anord— nuna ift: J. Organiſche Säuren, deren Verbindungen und Zer— ſetzungsproducte. II Indifferente, ſtickſtofffreie organiſche Ver: bindungen und deren Zerſetzungsproceſſe. Waſſerſtoffreiche Wer: bindungen. III. Producte der trocknen Deſtillation und verwandte Verbindungen. IV. Stickſtoffhaltige, nicht ſaure organiſche Ver— bindungen und deren Zerſetzungsproducte. Indifferente ſtickſtoff⸗ haltige organiſche Verbindungen. — Bei guͤnſtiger Aufnahme dieſes Berichtes, woran kaum zu zweifeln iſt, verſpricht der Vers faſſer, mit Anfang 1842 einen zweiten folgen zu laſſen.) La médecine des passions, ou les passions considérées dans leur rapports avec les maladies, les loix et la religion. Par J. B. F. Descuret. Paris 1841. 8. Etudes statistiques sur les aliénés, traites dans l’asile de Saint Jean de Dieu, pres Lyon, pendant les années 1838, 1839 et 1840. Par J. B. Carrier. Lyon 1841. 8. ee ͤ — Menue Notizen a us dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Frorie zu Berlin. Ne. 418. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. (Nr. 22. des XIX. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., September 1841. des einzelnen Stüdes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Natur Phyſiologiſche Bemerkungen. Von Prof. Dr. in Roſtock. I. Ueber Muskelreizbarkeit. Die Verſuche, welche Dr. Sticker zur Beantwortung der Fragen: „inwiefern zur Erhaltung der Reizbarkeit der Nerven ihre dauernde Communication mit dem Gehirn und Ruͤckenmarke nothwendig ſey, und ob die Muskeln ohne die Communication ihrer Nerven mit den Centraltheilen des Nervenſyſtemes ihre Reizbarkeit zu erhalten vermoͤgen“ an— geſtellt hat, beweiſen, meiner Anſicht nach, nur, daß das Vermoͤgen der centrifugalen Nerven, die von ihnen abhaͤn— gigen Muskeln zu Bewegungen zu ſollicitiren, nach gaͤnz— licher Aufhebung der Communication dieſer Nerven mit den Centraltheilen des Nervenſyſtemes allmaͤlig verloren geht; ſie machen es ferner wahrſcheinlich, daß die Contracti— lität der Muskeln nach Aufhebung allen erregenden Ein— fluſſes der fie beherrſchenden Nerven allmaͤlig ſchwindet. Sie beweiſen dagegen keinesweges, daß die Muskeln einer ihnen eigenthuͤmlichen, von den Nerven unabhaͤngigen Contractilitaͤt ermangeln. Ich habe mich vielmehr uͤberzeugt, daß die Mus— keln wirklich eine ihnen eigenthuͤmliche, von den Nerven unabhaͤngige Contractilitaͤt be— ſitzen Wenn man bei Froͤſchen laͤngs des langen Schwanz— wirbels, zwiſchen dieſem und dem Huͤftbeine, einen Einſchnitt macht, der durch die Haut und die Muskelſchicht gefuͤhrt wird, fo gelangt man auf ſaͤmmtliche von der Wirbelſaͤule zu der Hinterextremitaͤt ſich begebenden Nervenſtaͤmme. Unter Vermeidung aller Verletzungen der neben und zwiſchen denſelben liegenden Gefaͤße kann man dieſe Nervenſtaͤmme leicht durchſchneiden und eben ſo leicht durch Ausſchneidung längerer Stuͤcke der Nervenſubſtanz jede Wiedervereinigung der Nerven verhuͤten. Hat man ſaͤmmtliche, einer Hinter— Ne. 1518. Stannius . u d e. ertremität angehoͤrigen Nerven an der bezeichneten Stelle mit Subſtanzverluſt durchſchnitten: ſo iſt dieſe Hinterextremitaͤt voͤllig gelaͤhmt. Selten lebt ein ſo operirter Froſch, mag er in mit Waſſer gefüllten Gefäßen oder auf feuchter Erde bewahrt werden, laͤnger als drei oder vier Wochen. Stellt man nach Ablauf der erſten drei Wochen Verſuche über die Kräfte der der gelaͤhmten Hinterextremitaͤt angehö— rigen Nerven und Muskeln an: ſo gelangt man zu fol— gende Reſultaten: 1. Werden die beiden Pole einer galvaniſchen Saͤule an zwei Stellen der unverletzten Haut des gelaͤhmten, iſo— lirten, oder nicht iſolirten Schenkels gebracht, ſo treten ziem— lich lebhafte zuckende Bewegungen in demſelben ein. Dieſe zuckenden Bewegungen ſind jedoch ſchwaͤcher, als die bei glei— chem Verfahren in dem ungelaͤhmten Schenkel eintretenden. 2. Wird der bloßgelegte oder auspraͤparirte nervus ischiadieus oder nervus eruralis der gelaͤhmten Extre— mitaͤt mechaniſch gereizt, ſo entſtehen Zuckungen in den von ihnen abhaͤngigen Muskeln. 3. Dieſe Zuckungen find ſtaͤrker, wenn die auspraͤpa— rirten und auf ein Glasplaͤttchen gelegten Nervenſtaͤmme an zwei Stellen ihres Verlaufes mit beiden Polen einer galva— niſchen Saͤule beruͤhrt werden. 4. Sie ſind noch ſtaͤrker, wenn mit einem Drahte der Saͤule der Nerv, mit dem andern ein Muskel oder eine Hautſtelle beruͤhrt wird. 5. Sie ſtellen ſich ebenfalls ein, wenn bloß die Mus: kelſubſtanz mit den beiden Polen der Saͤule in Beruͤhrung koͤmmt. 6 Sie erhalten ſich nicht ſo lange in den Muskeln der gelaͤhmten, als in denen der gefunden Extremitaͤt def- ſelben Thieres. Hieraus geht denn hervor, daß die Nerven des Fro⸗ ſches drei Wochen nach geſchehener Aufhebung ihrer Verbin: dung mit den Centralorganen des Nervenſyſtemes ihren Ein⸗ fluß auf die Muskel-Contraction noch nicht verloren haben. 22 339 Wenn aber meiſtens die in eben geſchilderter Weiſe be— handelten Fröfhe nach Ablauf von drei Wochen (bisweilen nach Entwickelung von confervenartigen, gegliederten Faͤden auf der Wundflaͤche) ſterben, ſo iſt es mir doch auch mehr— mals (jetzt viermal) gelungen, dieſelben uͤber die fünfte Woche hinaus am Leben zu erhalten Werden mit Froͤſchen, welche 5 bis 6 Wochen nach der Laͤhmung lebend erhalten ſind, die eben erwaͤhnten Verſuche angeſtellt, ſo ſind deren Ergebniſſe ganz anderer Art. Ich fand naͤmlich beſtaͤndig Folgendes: 1. Werden die beiden Pole einer galvaniſchen Saͤule von 27 Plattenpaaren an zwei Stellen der unverletzten Haut des gelaͤhmten, iſolirten oder nicht iſolirten Schenkels gebracht, ſo treten ziemlich lebhafte, zuckende Bewegungen ſowohl in den Muskeln des Oberſchenkels, als auch in denen des Unterſchenkels und der Zehen ein. Letztere werden haͤufig gehoben. Applicirt man den einen Pol der Säule an den Unterſchenkel, den zweiten an eine beliebige Stelle A. des Oberſchenkels, ſo werden die Muskel-Contractionen auch noch etwas oberhalb dieſer Stelle A. wahrgenommen. 2. Hat man dem Froſche nur die Bauchhoͤhle geoͤffnet und ſich von der gelungenen Durchſchneidung und nicht erfolgten Wiedervereinigung der ſaͤmmtlichen fuͤr die Hinterextremitaͤt beſtimmten Nerven vollkommen ſicher uͤberzeugt: ſo legt man dieſe Nerven behutſam auf ein Glasplaͤttchen. Die dabei erforderliche Beruͤhrung der Nerven mittelſt der Pincette oder des Meſſers erregt nirgend eine Spur von Muskel— contraction. 3. Werden nun die beiden Pole einer galvaniſchen Saͤule von 27 Plattenpaaren an zwei Stellen des bloßge— legten und iſolirten nervus ischadieus oder nervus eruralis applicirt, fo erfolgt keine Zuckung, keine Bewe— gung in irgend einem Muskel der ganzen Ertremität. Man mag die genannten Nerven ſo weit bloßlegen und reizen, als man nur will und kann, man erhaͤlt an allen Stellen ihres Verlaufes das gleiche Reſultat. Ich applicirte zuerſt den einen Pol der Saͤule an die urſpruͤngliche Durchſchnitts— ſtelle, den zweiten an eine tiefere Stelle des Nerven; als: dann machte ich immer weiter abwaͤrts nach dem peripheri— ſchen Ende des iſolirten Nerven Einſchnitte und applicirte den Draht oder auch beide Draͤhte ſucceſſive an alle neuge— machten Querdurchſchnittsſtellen — vergebens; das Reſultat blieb ſich immer gleich; nirgend erfolgte eine Muskelzuckung. Eben ſo wenig entſtand eine ſolche bei mechaniſcher Rei— zung der Nerven oder bei Application von Effigfäure auf dieſelben. Alle Puncte der Nerven, ſo weit ſie irgend bloßgelegt werden konnten, hatten alſo in einem Zeitraume von refp. 5, 55, 53 und 6 Wochen, die nach ihrer Trennung von den Centralorganen des Nervenſyſtemes verfloſſen waren, ihre Faͤhigkeit, die von ihnen abhaͤngigen Muskeln zu Con— tractionen zu beſtimmen, gänzlich verloren. 4. Wurden hierauf die beiden Pole der Saͤule an zwei beliebige Stellen der Muskelſubſtanz des gelaͤhmten Schenkels applicirt, fo traten regelmäßig deutliche und ziem- lich ſtarke Zuckungen der Muskeln ein. Dieſe Zuckungen 340 erſchienen nicht bloß an den Applicationsſtellen der Drähte, ſondern auch unterhalb und eine kleine Strecke weit oberhalb derſelben. Daſſelbe Reſultat ergab ſich wiederholt, wenn irgend ein Punct der Muskelſubſtanz auch nur mit Einem Pole der Säule berührt ward. Dieſes Contractionsvermoͤgen der Muskeln erhielt ſich uͤber eine Stunde lang nach dem Tode des Thieres, erloſch alſo in dem gelaͤhmten Schenkel bedeutend fruͤher, als in dem nicht gelaͤhmt geweſenen der anderen Seite. Aus dieſen Verſuchen ergiebt ſich alſo mit voller Si— cherheit und Evidenz: 1, daß die Muskeln eine ihnen eigenthuͤm— liche, von den Nerven unabhängige Contracti— lität beſitzen. 2, daß dieſe Contractilitaͤt ſich noch über den Zeitpunct hinaus behauptet, wo ſchon die ſogenannten motoriſchen Nerven allen Ein: fluß auf die Muskeln eingebüßt haben. 8, daß der galvaniſche Reiz, gleich den Ner— ven, im Stande iſt, Bewegungen in den Mus— keln hervorzurufen. 4, daß dies letztere noch dann geſchieht, wenn die Nerven ſchon allen Einfluß auf die Muskeln verloren haben. Ich babe fo lange gezaudert, dieſe Beobachtungen mits zutheilen, bis ich, was nun geſchehen, wiederholt das gleiche Reſultat erlangt. Ueberraſchend duͤrfte daſſelbe uͤbrigens kaum einem experimentirenden Phyſiologen ſeyn. Iſt es doch oft nicht möglich, auch durch die ſtaͤrkſten und mannichfaltig— ſten auf die Nerven ſelbſt applicirten Reize Bewegungen des noch reizbaren Darmcanales eines Thieres hervorzurufen, und ploͤtlich beginnen ſolche Bewegungen von ſelbſt wieder, oder werden durch unmittelbare Beruͤhrung, durch Kneipen oder Zerren der Muskelhaut leicht veranlaßt! Wie einflußreich uͤbrigens dieſes Reſultat auf unſere phyſiologiſche Anſchauungsweiſe ift, bedarf keiner Ausführung : Haller's Anſicht von der Icritabilitaͤt der Muskeln ſteht gerechtfertigt da. Mit weiteren Unterſuchungen uͤber den hier beſproche— nen Gegenſtend bin ich beſchaͤftigt und werde, ſobald dies moͤglich ſeyn wird, ausführlichere Mittheilungen machen. II. Ueber kuͤnſtliche Chymification. Die von Eberle, Schwann, Wasmann, Paps penheim uud A. angeſtellten Verſuche uͤber kuͤnſtliche Chy— mification (den Ausdruck „kuͤnſtliche Verdauung“ halte ich für unphyſiologiſch) haben mit vollem Rechte die Aufmerk— ſamkeit der Phyſiologen erregt. Die Wiederholung derſelben hat mir natuͤrlich dieſelben Reſultate gegeben, deren jene Naturforſcher ſich erfreueten. Indeß hat die Anſtellung dieſer Verſuche waͤhrend der academiſchen Vorleſungen ihre Schwierigkeiten, die beſonders durch die erforderliche laͤngere Erhaltung einer gleichmaͤßigen erhoͤheten Temperatur bewirkt werden. Bis jetzt hat, meines Wiſſens, Niemand dieſe Chy— mifications⸗Verſuche mit der Magenſchleimhaut kaltbluͤ— tiger Thiere angeſtellt, die nach meinen Beobachtungen 341 trefflich dazu ſich eignet. Ich praͤparire die Schleimhaut mehrer zuvor gereinigten Froſchmaͤgen ſorgfaͤltig ab, uͤbergieße dieſelben mit kaltem Waſſer, zerſtampfe die naſſe Schleimhaut in einer Porcellanſchaale, gieße die Fluͤſſigkeit nach einiger Zeit ab und filtrire ſie. Das erhaltene Filtrat wird mit ſehr wenig Salzſaͤure verſetzt und bildet den kuͤnſtlichen Magen— ſaft. In dieſen gelegte Eiweißwuͤrfel erleiden bei gewoͤhn— licher Temperatur (10 — 16 R.) binnen 12—24 Stunden die characteriſtiſchen Veraͤnderungen; ich fand ſie, in der Regel, binnen 24 — 30 Stunden vollig aufgeloͤſet. Ungeſaͤuerter kuͤnſtlich gewonnener Magenſaft des Froſches bewirkt derglei— chen Veraͤnderungen nicht; er geht vielmehr mit dem Eiweiß leicht in Faͤulniß über. Bloße Salzſaͤure bei gewöhnlicher Temperatur iſt bekanntlich eben ſo wenig geeignet, die cha— racteriſtiſchen Veraͤnderungen in dem Eiweiße zu bedingen. Ueber die Lebensweiſe des Aal's hat Capit. Widdington, von der k. Marine, der Ver— ſammlung zu Plymouth einige Beobachtungen mitgetheilt. Er bemerkte, ſeine Aufmerkſamkeit ſey auf dieſen Ge— genſtand durch die Angabe in Parrell's Werk uͤber die britiſchen Fiſche gelenkt worden, daß die Aale deßhalb in der Donau fehlten, weil dieſer Fiſch gegen die Kaͤlte auferordentlic empfindlich ſey. Er habe jedoch zu Wuͤrz— burg am Main, wo die Kaͤlte gewiß nicht geringer ſey, als an der Donau, Aale getroffen. Sie ſeyen auch in der Elbe oberhalb Wien (Dresden?) zu finden, welche kaͤlter ſeyn moͤchte, als die Donau. (Uebrigens ſeyen deren in den hoͤhern Zufluͤſſen der Donau ſicher vorhanden, obwohl ſie an dem Delta fehlen.] “) Der Grund hiervon dürfte, des Verfaſſers Anſichten zufolge, in der Beſchaffenheit vieler Nebenfluͤſſe der Donau liegen, welche aus Alpengebirgen kommen und deßhalb wenig Nahrungsſtoff enthalten, der dem Aale zuſagt. Die meiſten aus den Alpen kommenden Fließwaſſer beſtehen aus geſchmolzenem Schnee oder Regen— waſſer und enthalten wenig Beſtandtheile, die Fiſchen uͤber— haupt, insbeſondere aber dem Aale, zur Nahrung dienen koͤnnen, und ſo hat es nichts Unerklaͤrliches, daß die Aale dort fehlen. Daſſelbe gilt vom Rheine, welcher bis zur Mündung der Moſel durchaus ein Alpenſtrom iſt. “) Hr. W. fuͤgte hinzu, Profeſſor Hechel ſey im Begriffe, ein Werk uͤber die Suͤßwaſſerfiſche Oeſterreich's herauszugeben, welches einige neue Genera und eine betraͤchtliche Anzahl neuer Species enthalten werde. Herr Couch bemerkte, er habe die Lebensweiſe des Aales ſehr genau ſtudirt. Capitaͤn Widdington's An: „) Der oben in Klammern eingeſchloſſene Satz iſt mit dem Vor⸗ hergehenden und Nachfolgenden ſo wenig in Uebereinſtimmung, daß man nicht begreift, wie er an dieſe Stelle gekommen iſt, wenn nicht etwa ftatt „Donau“ irgend ein anderer Flußname gemeint iſt. Der Ueberf. ) Der Neckar, Main, die Lahn, und zahlloſe kleine Fluͤſſe Badens und des Elſaſſes ꝛc., die doch zuſammen eine bedeu⸗ tende Waſſermaſſe in den Rhein gießen, ehe die Moſel ihn erreicht, ſind hier ganz unberuͤckſichtigt gelaſſen. Der Ueberf. 342 ſicht koͤnne die richtige ſeyn; der Aal habe ein ungemein zaͤhes Leben und ſey faſt uͤberall anzutreffen, wo es andere Fiſche gebe. Der Aal vergrabe ſeinen Laich nicht. Herr Couch beſchrieb die Entwickelung der jungen Aale Gleich nach dem Auskriechen gehen ſie in den Fluͤſſen hinauf und kommen ſo an die verſchiedenſten Wohnoͤrter. Dieß ge— ſchieht im Maͤrz, und nach dieſem Monat findet keine Wanderung mehr ſtatt. Koͤnnten die Aale, wie ſie wollten, ſo wuͤrden ſie ſaͤmmtlich ſpaͤter wieder nach der See zuruͤck— wandern; allein die Umſtaͤnde machen ihnen dieß oft unmoͤg— lich. Um ihren Zweck zu erreichen, kriechen ſie jedoch oft uͤber eine Strecke Landes ja uͤber felſige Anhoͤhen und ge— langen ſo uͤber anſcheinend unuͤberwindliche Hinderniſſe hin— aus. Daſſelbe iſt bei den Opoſſum-Krabben (2) der Fall, wenn dieſelben ſtromaufwaͤrts ziehen. Der Schwanz des Aals iſt zum Greifen eingerichtet, und er kann mittelſt deſ— ſelben aus einem Boote entwiſchen. Gelingt es dem Thiere, den Rand des Bootes mit dem Schwanze zu faſſen, ſo kommt es auch ohne Mühe wieder in's Waſſer. Deßhalb zerquetſchen die Fiſcher, wenn ſie Aale fangen, dieſen Thie— ren gern den Schwanz Der Aal hoͤrt feiner, als andere Fiſche, und hierin mag der Grund liegen, weßhalb er bei Gewittern ſo unruhig wird. Herr Jerdan erzählte, daß man im Auguſt in eis nem Bache bei Maidſtone junge Aale getroffen habe. Was die Nahrung des Aals betreffe, ſo habe er dieſe Fiſche von Waſſerpflanzen freſſen ſehen, die ſich auf der Oberflaͤche eines Teiches ausgebreitet hätten, — Ein andres Mitulied bemerkte, in America ſey der Aal giftig, und man genieße ihn dort nie. — Herr Couch meinte hierauf, die Fiſche koͤnnten in manchen Faͤllen durch die Nahrungsſtoffe, die ſie zu ſich nehmen, ſchaͤdliche Eigenſchaften erlangen. Er glaube, der Aal laiche des Jahrs zweimal, im Winter und Som— mer. So laſſe es ſich erklaͤren, daß Herr Jerdan im Spaͤtſommer junge Aale geſehen habe. Viele Fiſche laich— ten zweimal, z. B., der Hai, die Forelle etc. Eine Er— ſcheinung auf der See, welche man das Faulwaſſer nenne, ruͤhre von Fiſchlaich her. Derſelbe komme einige Zeit, nachdem er abgeſetzt worden, an die Oberflaͤche und bilde eine ſchleimige Haut, die oft viele Meilen weit reiche. Wenn dieſe anfange, in Faͤulniß uͤberzugehen, nenne man fie das Faulwaſſer. (Athenaeum). Nachtrag des Ueberſetzers. Der Hauptgrund, weßhalb der Aal in Gebirgswaſſern nicht vorkommt, iſt un— ſtreitig, daß er ſchlammigern Boden liebt und Gewaͤſſer, die ſtarken Fall haben, keinen Schlamm abſetzen. Das Ge— birgswaſſer ſelbſt ſagt dem Aale ſo gut zu, wie andres da er in Teichen gedeiht, die mit Urgebirgswaſſer geſpeiſ't wer⸗ den. Da der Aal omnivor iſt und auf's Land gebt, ſo iſt er von den naͤhrenden Stoffen, die im Waſſer ſelbſt aufge⸗ loͤſ't ſeyn mögen oder nicht, ganz unabhängig. Kann doch ſelbſt die Forelle, die nur aus dem Waſſer ſpringt, um gleich in daſſelbe zuruͤckzufallen, ihr Leben in den kleinſten Gebirgsbaͤchen friſten, indem ſie Muͤcken aus der Luft faͤngt, wenn die Waſſerinſecten ausgehen. 348 Ueber das foſſile Mehl (Bergmehl) der Chineſen. Von Herrn Payen. Die wiſſenſchaftlichen Forſchungen, welche gegenwärtig in Betreff der Hauptftagen Über die Ernährung der Thiere und Pflanzen in Gang ſind, verleihen der von Herrn Arago, im Namen des Herrn Stanislas Julien, der Academie der Wiſſenſchaften in Paris gemachten Mitthei— lung uͤber das Chineſiſche Bergmehl ein beſonderes Inter— eſſe. Herr Payen hal ſich Proben davon verſchafft und dieſelben, in der Hoffnung, die Abweſenheit und Beſchaffen— heit von organiſchen Stoffen zu ergruͤnden, genau unter— ſucht. Dieſe ſogenannte naͤhrende Erde iſt im trockenen Zuſtande weiß, erſcheint aber gepuͤlvert, und angefeuchtet, wo ſie einen ſtarken aromatiſchen Geruch verbreiten, von Farbe gelblich. Durch Alcohol entzieht man ihr einen gel— ben Faͤrbeſtoff und einen riechenden Stoff, der, nachdem der Alcohol kalt verdunſtet iſt, ungefaͤhr wie Pfeffermuͤnze riecht. Durch Behandlung mit Aether gewinnt man aus der Erde Spuren von einem fettigen Stoffe. Wenn man das Chinefifhe Bergmehl mit dem Dop— pelten ſeines Gewichts an Waſſer von 60 Centigr. und der Haͤlfte ſeines Volums an Ammonium zuſammenreibt und die Miſchung darauf filtrirt, ſo erhaͤlt man eine ſchoͤne gelbe Fluͤſſigkeit, die, wenn man ſie faſt bis zur Trockniß abraucht, einen Bodenſatz zuruͤcklaͤßt, aus dem ſich durch Waͤrme oder Faͤulniß Producte entwickeln, welche die Kenn— zeichen thieriſch-organiſcher Stoffe an ſich tragen. Man findet darin einen ſehr anſehnlichen Verhaͤltnißtheil Stickſtoff. Der unorganiſche Theil zeichnet ſich dadurch aus, daß er ſich im Morſer aͤußerſt leicht in ein mildes ausgegliche— nes Pulver verwandeln laͤßt, das Kieſelerde, Thonerde, Talkerde, Kalkerde und Eifenoryd enthält. Aus den Arbeiten des Herrn Payen laͤßt ſich ſchließen, daß das fragliche Bergmehl wirklich manche organiſche Stoffe enthalte. Deßhalb iſt aber noch nicht erwieſen, daß es als Nahrungsſtoff dienen koͤnne. Unmoͤglich iſt dieß jedoch nicht Ware feine Ernaͤhrungskraft feinem Verhaͤltnißtheile Stickſtoff proportional, fo würde es in dieſer Be ziehung hoͤchſtens 18 feines Gewichts an Waizen-Gluten gleichſte— hen. Uebrigens wuͤrden die nuͤtzlichen Wirkungen, die man unter gewiſſen U nſtaͤnden, von deſſen Genuſſe verſpuͤrt hat, vielleicht der Anweſenheit des unorganiſchen Stoffes zuzu— ſchreiben ſeyn, welcher als mechaniſches Fuͤllmittel dient und die naͤhrenden Stoffe, mit welchen man das Bergmehl ver— miſcht, den Verdauungs-Membranen über einen größeren Flaͤchenraum ausgebreitet darbietet.“ Wie dem auch ſey, ſo wuͤrde jedenfalls dieſe Erde auf ſandigem und kalkigem Boden ein gutes Duͤngmittel abge— ben. Dort wuͤrde der ſaͤmmtliche organiſche Stoff genügt werden, da durch deſſen Zerſetzung die ammoniakaliſchen Producte gebildet werden wuͤrden, welche zur Unterhaltung des vegetabiliſchen Lebens erforderlich ſind. Aus dieſem Ge— ſichtspuncte betrachtet, koͤnnte man dieſer Erde, außer ihrer Wirkung als nachhaltiges Verbeſſerungsmittel des Bodens, 344 denſelben Werth zuſchreiben, wie einem Zwanzigſtel ihres Gewichts an friſchem feuchten Stallmiſte. Fuͤr ſich iſt dieſelbe, wofuͤr auch die aus China erlang— ten Nachrichten über dieſelbe ſprechen, zum Ackerbau völlig unbrauchbar, da fie zu dieſem Zwecke viel zu compact ift. (Le Temps, 7. Sept. Bericht uͤber die Sitzung der Academie der Wiſſenſchaften vom 30. Auguſt und 6. Sep: tember.) Einige Verſuche, um die Regeneration der Cry— ſtalllinſe zu documentiren. Der geehrte Referent von Herrn Middelmore's Verſuchen bei jungen Tgieren: „uͤber die Wiedererzeugung der Linſe nach Eröffnung der Linſenkapſel und Entfernung der Linſe,“ glaubt (Hufeland's Journal d. pr. H. Aprilſtuͤck 1841 S. 115), daß den Experimenten des Herrn M. eine Täuſchung zum Grunde liege und frägt: ob deutſche Aerzte die Reproduction der Eryjtalle linſe jemals beobachtet haͤtten: Hierauf erlaube ich mir zu erwidern, daß ich bereits im Jahre 1827, mit Unterſtuͤtzung des Herrn Dr. Davidſon, nach⸗ ſtehende Verſuche uͤber die Regeneration der Linſe gemacht habe und ſie jetzt, feiner Aufforderung zufolge, zur oͤffentlichen Kennt niß zu bringen mich veranlaßt fuͤhle. Erſte Reihe. — Einem 10 und einem 12 woͤchentlichen Ka— ninchen wurde am 6. Juli Nachmittags die Hornhaut wie bei der Extraction der Cataracta geöffnet; hierauf die Linſenkapſel, ſo viel als thunlich von der Seite her und nur ſo viel, als noͤthig war, um die Linſe zu entfernen — was jedoch beinahe die Hälfte der ganzen Peripherie beträgt — eingefchnitten und die faſt kug⸗ lichte, ziemlich conſiſtente Linſe herausbefoͤrdert. ) Beide Kanin- chen wurden ſodann in einem dunkeln Stalle in einen geraͤumigen, bedeckten Kaſten geſetzt. Anfangs kauerten ſich die Thierchen in einem Winkel und ver— ſchmaͤhten die ihnen gebotene Nahrung. Am andern Morgen oͤff— neten fie die Augen nur wenig; ſie ſchienen truͤbe und etwas ent— zündet; es floß eine Feuchtigkeit aus denfelben, und eine Lage zaͤ— hen Schleims bedeckte ſie faſt uͤber die Haͤlfte. Indeß hatten die Kaninchen an Munterkeit wieder gewonnen und fraßen Nachmit⸗ tags vom dargereichten Futter. Den 8. Juli waren beide Operirte munter, liefen viel um— her und verzehrten ihren Kohl mit Behagen. Die Augen waren indeß natuͤrlich noch entzündet, blieben es auch in den naͤchſten Tagen, ſo wie man jene Lage Schleim ebenfalls noch wahrnahm. Von nun an wurden die Thiere immer munterer, ſo daß man ihnen gegen den 16. deſſelben Monats wenig mehr anmerkte. Auch die Entzuͤndung der Augen hatte ſich mehr verloren; nur am Rande der Hornhaut, längs der Schnittwunde, beſtand eine Truͤ— bung, welche, ſich jedoch allmaͤlig ebenfalls vermindernd, nach eini— gen Wochen ſich faſt ganz verlor. Auch auf die Sehkraft ſchien die Entfernung der Linſe keinen wahrnehmbaren Einfluß zu haben. Nunmehr wurden die Thiere zu ferneren Verſuchen in den Stall und in Freiheit geſetzt. Zweite Reihe. — Am 9. deſſelben Monats ertrahirte ich wiederum die Linſen zweier 15 monatlicher Kaninchen und ſuchte die Linſenkapſel ihrer rechten Augen etwas ergiebiger zu oͤff— nen, worauf die mehr kuglichten, ein wenig feſteren Linſen von ſelbſt aus den Augen ſchluͤpften. Durch große Unruhe des einen Thieres war die iris bei der Operation ſeines rechten Auges verletzt und vorgefallen, wodurch *) Die Operation erfordert wegen der Unruhe der Thiere und der membrana nictitans einige Behutſamkeit, um fo mehr als das eingeträufelte Hyoscyamus Extract keine befondere Erweiterung des Sehlochs zur Folge hatte. 345 es ſich fpäter ſtaͤrker entzuͤndete und das Experiment mehr eder weniger trubte. Im U:origen war der Verlauf von dem fruͤhern nicht verſchieden, und ſelbſt der Vorfall der iris war nach 14 Ta⸗ gen ganz verheilt, nur erſchien die cornea an dieſer Stelle etwas gewölhrer und die Pupille nach dieſer Seite zu kaum merklich ver: zogen. Auch dieſe Kaninchen wurden in einem Stalle aufbewahrt. Dritte Reihe. — Am 16. deſſelben Monats gegen Abend oͤffnete ich die Hornhaut zweier 6 Monat alter Kaninchen auf die Haͤlfte des peripheriſchen Umfanges, trennte alsdann, ſo— weit ich mit der Nadel gelangen konnte, die Linſenkapſel, ſuchte deren vordere Wand durch mehrere Schnitte zu zerſtoͤren und ſelbſt die hintere Wand durch einige Zuͤge einzuſchneiden. Es war hierbei größere Behutſamkeit erforderlich, da bei ei: niger Unruhe der Thiere mir ſchon die Linſe und ein kleiner Theil des humor vitreus entgegenſchoß. Nach der Operation wurden die Thiere ebenfalls in einen dunkeln Kaſten geſetzt; ſie ſchienen grade nicht, mehr als die zu den fruͤhern Verſuchen benutzten, zu leiden: ſie kauerten ſich in einer Ecke des Kaſtens und hielten die ſtets feuchten Augenlider geſchloſ— ſen. Schon am andern Morgen nahmen ſie einige Nahrung und liefen wieder umher. Auch erholten ſie ſich bald ganz, und wie— wohl die Augen noch mehrere Tage truͤbe und mit einer Schleim— ſchicht bedeckt blieben, ſo verlor ſich die Entzuͤndung und Aus— ſchwitzung doch allmälig dergeſtalt wieder, daß man Anfangs der dritten Woche hiervon faſt gar nichts mehr wahrzunehmen im Stande war. Eben ſo wenig konnte ich dadurch irgend einen nach— theiligen Einfluß auf die Sehkraft bemerken. Die zur erſten Reihe gebrauchten Kaninchen wurden am 18. April des folgenden Jahres von Neuem derſelben Ope— ration unterworfen, und bei beiden abermals Cryſtall inſen extra— hirt, welche jedoch nicht nur viel abgeplatteter, als die erſtern wa— ren, ſondern dieſen auch an Conſiſtenz, namentlich an den Raͤn— dern, nicht gleich kamen. Die darauffolgenden Zufälle waren indeß nicht weſentlich uͤbler, als nach der erſten Operation. Dieſe Thier— chen ließ ich zu fernern Verſuchen forgfältig aufbeben. Am 23. März 1828 wurde dieſelbe Operation an den unter der zweiten Reihe aufgefuͤhrten Thieren abermals vollzogen. Auch bier extrahirte ich aus 4 Augen drei, aber noch weniger ges woͤlbte und conſiſtente, Linſen. Nur ſchien die durch die Operation des rechten Auges bervorgerufene innere Entzuͤndung die Repro— duction der Linſe ganzlich gehindert zu haben, indem ich hier ſelbſt mittelſt des Haͤkcchens und des Daviel'ſchen Loͤffels nur ein wenig ſalzigen mucus aus der Kapſel hervorzog, und auch nach dem, bald darauf veranſtalteten, Schlachten dieſes Thieres fand fi keine Linſe im Auge mehr vor. Am 6. April deſſelben Jahres verſuchte ich auch die Extraction bei den zur dritten Reihe benutzten Kaninchen, aber ohne mehr als einen gelatinoͤſen Schleim herauszubefoͤrdern; von dem ich obnedieß zu glauben veranlaßt bin, daß er vielmehr ein Theil des humor vitreus war. Am 15. Juli 1828 hatte ich nur noch eins der unter der erſten Reihe aufgeführten Kaninchen am Leben. Es wurde nun getoͤdtet. Bei der Unterſuchung feiner Augen fand ſich indeß in der geöffneten Kapſel nur etwas gallertartiger Schleim, welcher vielleicht bei längerm Verweilen in der Kapſel mehr Conſiſtenz erhalten haben würde; wenn nicht anders auch hierbei die ſchon 2 840 Mal erlittene Beſckaͤdigung der Kapſel deren Reproductionskrakt hinderlich geweſen ſt. Aus dieſen Verſuchen dürfte ſich nun wehl ergeben, und zwar aus der erften und zweiten Reihe: 1) Daß die Wiedererzeugung der Cryſtalllinſe bei Thieren wirklich erzielt werden kann. 2) Daß bei jungern Thieren, wo die Reproductionskraft uͤberhaupt groͤßer iſt, auch die Regeneration der Linſe ſchneller und vollftändiger vor ſich geht. Aus der dritten Reihe hingegen: 83) Daß die Kapſel zunaͤchſt das Reproductionsorgan der Linſe ſey. Intereſſant wäre (8, wenn Aerzte, welche Gelegenheit hatten, Augen an ſolchen Leichen zu unterſuchen, die früher die Extraction der Cataracta überftanden, den Befund bekannt machen möchten; wiewohl auch hierbei das gewohnlich höhere Alter des Subjects, ſowie daß man bei dieſer Operation gern die Kapſel moͤglichſt zu zerſtoren trachtet, den Reſultaten hinderlich ſeyn dürfte, Prenzlau, im Auguſt 1841. x Dr. Loͤwenhardt. Miscellen. Ueber die Affen in der Nahe von Bangalore (Dft: indien) findet ſich in einem eben erſchienenen Werke: (The Man- ners and Customs of Society in India ete. By Mrs. Major Clemons. London, 1841 8.) Folgendes: Die Kinder fammeln unter Tigs Fruͤchte und Brod in einem Körbchen, welches fie bei der Abend⸗Spazierfahrt mit in den Wagen nehmen, und wenn man an das Holz kommt, fo hat man ein unterbaltendes Schauſpiel. Die Fußtritte der Wagen werden niedergelaſſen, und die Kinder ſteigen mit ihren Körbchen aus und find dann ſogtleich von ein— bis zweihundert Affen jeder Groͤße umgeben. Sie warten rubig, bis die Austheilung an ſie erfolgt, und dann nehmen ſie die Eß— waaren in die Haͤnde und fuͤhren ſie zum Munde. Sie tragen auch ihre Jungen in den Armen und füttern fie ganz fo, wie Men— ſchen tbun. Es iſt ein intereſſanter Anblick, die lieblichen Kinder von einigen Dutzend Equipagen von dieſen haͤßlichen Thieren um— geben zu ſehen, die aus ihren Haͤnden eſſen. Dieſe Affen ſind voͤllig wild und unterhalten ein fortwaͤhrendes Geſchnatter unter— einander. Sie wiſſen genau, wenn fie ihre jungen Beſucher zu er: warten haben. Wenn man eine Stunde vor Sonnenuntergang ge— hen wollte, ſo wuͤrde man den Platz verlaſſen finden, indem die Affen dann noch im Innern des Holzes ſind. Mit erwachſenen Menſchen ſind ſie nicht zutraulich, und wenn die Eltern die Kinder aus den Wagen begleiten, ſo fluͤchten ſie ſich in ihr Holz Ob— gleich fie ganz wild find, fo iſt doch nicht bekannt, daß den Kin: dern je etwas zu Leide geſchehen waͤre. Ueber die Muskelkraft bei den verſchiedenen Ra: cen und Voͤlkern hat Herr Coulier in der Pariſer Academie Unterſuchungen mitgetheilt, aus welchen, wenn ſie ſich durchaus beftätigen, bervorginge, daß die Muskelkraft um fo mehr ent: wickelt wuͤrde, als in Proportion mehr Subſtanzen aus dem Thierreiche unter die Nahrungsmittel aufgenommen wird. een Neue Beobachtungen über die moralifche Behand: lung des Wahnſinns des Herrn Leuret. (Schluß.) Fünfter Fall. Trunkenheit. — Eingebil⸗ dete Titel. — Ideen von großem Reichthume. — Energiſche moraliſche Behandlung. — Raſche Heilung. — M., 31 Jahr alt, Lackiter, von kleiner und zarter Conſtitution, verheirathet und Vater von zweien Kindern, hatte die Gewohnheit, ſich haͤufig zu betrinken. Am 20. Auguſt bekam er Luſt, ohne bekannte Urſache und nachdem er ſich durch Wein geſteigert hatte, nach Paris zu gehen, wo, wie er meinte, gekaͤmpft werde. Bei ſeinem Schwager angelangt, ſprach er von Revolution, Titeln, 347 Reichthuͤmern: mim ſieht auf ihn, hoͤrt nur auf ihn, man ſpionirt ſeinen geringſten Bewegungen nach, und er verſucht deswegen, ſich aus dem Fenſter zu ſtuͤrzen. Man fuͤhrt ihn zum Bureau central, wo man ihm eine Eintritts— karte zum Bicètre einhaͤndigt. Sein Bruder weiß nicht, wie er ihn nach dem Spitale bringen ſolle; denn die Zeit war bereits vorgeruͤckt, und M. ſchien zu wiſſen, daß man des Abends nicht in die Spitaͤler komme. Man mußte daher zu einer Lift Zuflucht nehmen. Sein Bruder gab vor, daß er dringend nach dem Bicetre gehen muͤſſe; uns ſer Kranke laͤchelte, ſagte, daß er ſeinem Bruder nicht traue, und fo kamen fie nach Bicètre, nicht zu Fuß, ſon— dern in einem Cabriolette; denn ein großer General kann nur zu Wagen ſich Bewegungen machen Im Bicètre angelangt, war M. ganz erſtaunt, ſo leicht hineinzukommen; er wußte nicht, was man mit ihm vorhabe, und als man ihm am andern Tage begreiflich machte, daß er unter den Irren ſey, war ſein Erſtaunen ſehr groß, oder vielmehr, er wollte es gar nicht glauben. M. glaubt, ganz allein den König gerettet zu haden, welcher, zur Belohnung fuͤr ſeine große Thaten und gute Fuͤhrung, ihn zum General ernannt, ihn mit dem Or— den der Ehrenlegion geſchmuͤckt und ihm 600,000 Francs an, in der Normandie befindlichen Grund: ſtuͤcken gegeben habe. Am 27. Auguſt: Kaum habe ich Herrn Leuret von der Art der Krankheit des M. berichtet, als Herr L. ihn mit ſtrenger Miene fragte, was alle dieſe Thorheiten anzeigen, welche er hier vorbringe. Auf eine ſo ungeſtuͤme Frage, welche ſichtlich M. verwirrte, ward er beſtuͤrzt. Die iſt wahrſcheinlich ein Herumtreiber, fuhr Herr Leuret fort, welchen man uns hierher geſchickt hat, und dieſer Sonderling, um uns fuͤr ſich zu gewinnen, will fuͤr ver— ruͤckt gelten; ich glaube dieſem Affenſpiele nicht; man führe ihn in's Bad und gebe ihm eine gute Douche. M. brumm— te, aber gehorchte. Als er im Bade iſt, befiehlt Herr Leuret, er ſolle allen Titeln und Reichthuͤmern entſagen. M. verweigert es; man giebt ihm eine Douche, welche ungefaͤhr 15 Minuten andauert. — Sind Sie noch General? Haben ſie noch 600,000 Francs? Beſitzen fie noch den Orden der Ehren: legion? — Nein, mein Herr, nein; ich bitte Sie, laſſen Sie mich nach Hauſe zuruͤckkehren; ich war verruͤckt und niemals General. — Aber Sie haben doch dem Koͤnig das Leben gerettet, und er hat Ihnen 600,000 Fr. gege— ben? — Das iſt wahr. Vor 3 Wochen bat mir Lu d— wig Philipp in der Normandie ein Grundſtuͤck im Wer— the von 600,000 Fr. gegeben. Eine zweite Douche faſt von derſelben Dauer, als die erſte, und eine gute Ermahnung: — Was denken Sie von ihren Titeln und Reichthuͤmern? Ich bin nur ein armer Handwerker; ich hatte Unrecht; aber ich verſichere Sie, daß ich nicht mehr an das denke, was ich ſagte, und daß ich davon nichts halte. — Erwaͤgen Sie wohl Ihre Worte, und merken Sie auf Ihre Verpflichtung, die Sie eingehen; wenn Sie ungluͤcklicher Welſe noch ein Wort von derſelben 548 verruͤckten Einbildung und thoͤrigten Anmaaßung hervorbrin— gen, ſo ſoll Herr Millet Ihnen eine Douche geben. — Ich werde wohl Acht haben, und Sie werden nicht noͤthig haben, von Neuem zu dem Mittel zu ſchreiten. — Wir wollen ſehen; ſteigen Sie aus dem Bade, und gehen Sie nach der Schule. 28) — Nun, ſagte Herr Leuret, M., was den» ken Sie von Ihren Beſitzthuͤmern in der Normandie? — Ich denke, daß ich kuͤnftig nicht mehr ſolche Ideen, wie die fruͤhern, haben werde; denn es iſt ganz und gar nicht angenehm, Douchen zu bekommen: im Uebrigen kann ich Sie verſichern, daß, ſeit geſtern, ich mich vollkommen veraͤndert habe, von den Haarſpiz— zen bis zu den Naͤgeln der Zehen. Er meinte von dem Augenblicke, wo er die Douche erhalten hatte. 29. — General, wie gehts Ihnen? fragte ihn Herr Leuret. — Es geht viel beſſer, mein Herr. — Wa— rum antworten Sie mir, wenn ich Sie General nenne? Sind Sie vielleicht General? — Mein Herr, ich bin kein General, und ich habe Ihnen geantwortet, weil Sie mich anſahen, und wenn ich dieſes nicht gethan haͤtte, ſo wuͤr— den Sie geſagt haben, wer iſt der Thor, der nicht ant— wortet, wenn ich ihn frage? — M., ich verbiete Ihnen, mir zu antworten, wenn ich Ihnen den Titel General gebe; ein anderes Mal werde ich Sie in's Bad ſchicken; haben Sie verſtanden, General? — Ja, mein Herr! — Wie, achten Sie ſo wenig auf meine Warnung! — Ich war uͤberraſcht, verzeihen Sie, mein Herr; laſſen Sie mir keine Douche geben. — Nun gut, aber achten Sie wohl auf ſich. Gehen Sie, General! M. entfernte ſich; Herr L. rief ihn zuruͤck und ließ ihm ein Bad geben. Bevor ihn Herr Leuret im Badeſaale aufſuchte, ſchickte er mich zu unſerm Kranken, um ihm zuvor zu ſa— gen, und zwar ſo, als kaͤme es von mir ſelbſt, daß er nicht auf die Fragen antworten ſolle, die mit dem Worte Gene— ral an ihn gerichtet wuͤrden; denn dieß ſey das einzige Mittel, die Douchen zu vermeiden und ſchnell aus der An— ſtalt entlaſſen zu werden. Herr Leuret kommt einige Minuten ſpaͤter, als ich, an und ſagt zu ihm: Guten Morgen, General, bedauern Sie ſehr ihre 600,000 Fr.? Wo ift denn Ihr Orden, General? Sie ſind nicht ſehr hoͤflich! Sie wollen mir nicht antworten, General? Iſt Ihr Stand viel hoͤher, als der meinige, daß Sie mich nicht einmal wuͤrdig halten, auf meine zahlreichen Fragen zu antworten? Das ſcheint mir eine angenommene Rolle zu ſeyn! ſo will ich denn dem M. eine Douche geben laſſen; ich nehme davon den General M. aus. — Alsdann laſſen Sie mir doch die Douche geben; denn ich bin kein Gene— ral, aber wohl M., ein ſchlichter Handwerker. Zufrieden mit dieſen Antworten und von ſeiner Her— ſtellung überzeugt, ließ man ihn aus dem Bade ſteigen, und er dankte Herrn Leuret, daß er ihn von ſeinen wirren Ideen befreit habe. 349 30. — Unſer Kranke wurde von Neuem in bemfels ben Sinne, wie zuvor, befragt, und ſeine Antworten ſind ebenſo genuͤgend. 31. — Herr Leuret ſuchte ihn zu verwirren und zu ſeinen falſchen Ideen zuruͤckzubringen; aber vergebens; nach einer langen Unterredung ſchloß der Kranke mit folgen— den Worten: Wenn ich ebenſoviele Mittel zur Vertheidigung haͤtte, wie Sie zum Angreifen, fo wäre ich lange nicht mehr hier. M. wurde am 7. September vollkommen geheilt ent— laſſen und verſprach, dem Trunke gaͤnzlich zu entſagen und ſich nicht mehr mit der Politik zu beſchaͤftigen. Es iſt zu erwarten, daß er Wort halten wird; denn die Erſchuͤtte— rung, welche er erhalten hat, wird ihm als Lehre und Re— gel zur Auffuͤhrung dienen. Sechster Fall. — Schrecken, Trunken⸗ heit. — Hallucinationen des Gefihtes und Gehoͤrs. — Sehr energiſche moraliſche Behand— lung. — Unmittelbare Heilung. — P., 38 Jahr alt, ein Schloſſer, nicht verheirathet, lebt aber ſeit 4 Jah— ten mit einer Frau; er hat keine Kinder Alle Sonntag giebt dieſer Mann ſich dem Trunke hin. Er leidet gewoͤhn— lich an Alpdruͤcken. Mehrere Mal im Alter von 12 Jah— ren traf es ſich, daß er waͤhrend der Nacht aufſtand, ſich ankleidete und ſtehend oder ſitzend erwachte. Auch hat er im Schlafe bei ſeiner Frau geſchrieen, geſticulirt und um ſich geſchlagen. Fuͤnf oder ſechs Tage vor ſeiner Krankheit befand er ſich auf der Ebene von Pantin mit 3 oder 4 Tauſend Arbeitern und gerieth in großen Schrecken, als er eine Schwadron Dragoner und Municipalgardiſten auf die Verſammlung zukommen ſah, in welcher er ſich befand. Am 5. September war er ebenfalls bei einigen Verſammlungen in der Naͤhe der Porte St. Denis. In der Nacht vom 5. zum 6. erwachte er ploͤtzlich, glaubte „Moͤrder“ rufen zu hoͤ— ren und ſah zur ſelben Zeit einen Policeicommiſſaͤr, gefolgt von mehreren Gensdarmen, erſcheinen. Er glaubte nun, man wolle ihn guillotiniren; er erhob ſich ſchleunig und floh im Hemde, ſtieg bis zum vierten Stockwerke und kroch auf die Daͤcher hinaus; er mußte immer fliehen, da der Com— miſſaͤr ihn fortwaͤhrend verfolgte. An einem Orte ange— kommen, wo das Dach aufhoͤrte, faßte er eine Rinne und ließ ſich herabgleiten; fiel auf ein anderes Dach, ſah ein Fenſter halbgeoͤffnet, ſtieß es ein und flieg in ein Zimmer, in welchem ſich Niemand befand. Er ſah ſich hier um, und da er einen brennenden Durſt fuͤhlte, glaubte er einen Krug zu bemerken, (er bog ſich zum Trinken nieder) und verſchluckte Leim. Nicht wiſſend, wie er aus dieſem Hauſe kommen ſolle, und da er die Leute, die ihn verfolgten, we— der ſah noch hoͤrte, ſo entſchloß er ſich, den Portier zu ru— fen. Man hielt ihn fuͤr einen Dieb und fuͤhrte ihn zur Policeipräfectur. Bei dieſer Stelle feiner Erzählung ſchien P. erſchreckt, er erblaßte; es waren daſelbſt (in der Poli— cei⸗Praͤfectur) permanente Guillotinen, und man richtete eine Menge Leute hin; mehr als drei Tauſend Perſonen ſind vor ſeinen Augen guillotinirt worden, darauf in kleinen Stuͤcken gehauen, alsdann auf Karren geworfen und nach 350 la Greve abgeführt; auch ich fo Ite guillotinict werden, und deshalb brachte man mich hierher. Herr Leuret wendet ſich zu einem Aufſeher und frägt ihn, ob man Eis in das Reſervoir geſchafft habe. Auf die bejahende Antwort erwiderte Herr Leuret: Ich beauftrage Sie, dieſem Taugenichts eine Douche im Laufe des Tages zu geben; ich will ihn dieſen Morgen vor— nehmen. Auf das Wort Douche iſt unſer Mann ganz beſtuͤrzt, er ſieht uns mit Schrecken, mit Aengſtlichkeit an; feine Aufmerkſamkeit iſt ſchon von der Urſache ſeiner Krankheit abgelenkt. P., man hat Sie nicht guillotinirt, man hat niemals daran gedacht, Niemand hat Sie weder in dem Zimmer noch auf den Daͤchern verfolgt; und ſo iſt Alles, was Sie geſehen haben, Polizei-Commiſſair, Gensdarme, alles dieſes die Wirkung ihrer Einbildung, welche krank war. — Ich verſichere Sie jedoch, daß ich mich in der ganzen Zeit wohl befand. — Ich aber ſage Ihnen, daß Sie krank ſind, daß Sie verruͤckt ſiud! Wiſſen Sie, wo Sie ſich hier befinden? — Nein, mein Herr! Nun denn, Sie find im Bicètre. Im Bicètre nimmt man nur Greiſe oder Verruͤckte auf. Sie ſind kein Greis, nicht wahr? — Nein. — So ſind Sie denn verruͤckt? — Ach mein Gott! Ich glaubte nicht, daß mein Verſtand bis auf dieſen Punct zerruͤttet fen. Herr Leuret laͤßt ihm alles, was ihm begegnet ſey, erzaͤhlen, indem er dafuͤr ſorgte, davon jedesmal, wie von einem Traume oder von einem Alpdruͤcken zu ſprechen. P. that es ziemlich gut, feine Phyſiognomie druͤckt ſchon nicht mehr Angſt und Leiden aus; er lachte, indem er daran dachte, daß er ſo das Spiel ſeiner Einbildung ſeyn konnte Als er ſeine Erzaͤhlung beendet hatte, zeigte er uns Contuſionen und Abſchaͤlungen der Haut, mit welchen ſein Koͤrper bedeckt iſt. Sie muͤſſen ſogleich ein Bad nehmen, ſagte Herr L. zu ihm; dieſes wird Ihnen jedenfalls gut thun. Ich moͤchte lieber ein Stuͤck Brodt, als ein Bad in dieſem Augenblicke; es ſind mindeſtens 48 Stunden, daß ich nicht gegeſſen habe. Wir fuͤhrten ihn in den Speiſeſaal und ließen ihm Speiſe geben, welche er gierig verſchlang. Als er ſich ein Wenig geſaͤttigt hatte, bat er Herrn L. um die Erlaubniß, an einen Arzt zu ſchreiben, welchen er kannte, und welcher ſich für ihn intereſſirte. Ich theile dieſen Brief getreu mit, welchen er einige Minuten nach den Fragen, die wir ihn haben beſtehen laſſen, geſchrieben hat. Mein Herr! Sie werden meine Freiheit entſchuldigen, wenn ich an Sie ſchreibe. In einem Anfalle von Wahn— ſinn hat man mich nach Bicètre geſchickt. Ich hoffe nicht lange hier zu bleiben; denn alle die Bilder welche ich vor den Augen hatte, ſind verſchwunden. Ich bitte Sie daher, meine Mutter von dem Ungluͤcke zu benachrichtigen, welches mir be: gegnet iſt; beruhigen Sie ſie uͤber meine Geſundheit; ich wollte, ich waͤre ſchon bei meiner Arbeit. Ich bitte Sie, ihr auch zu ſagen, daß ſie dem Johann ſage, er ſolle mich 831 beſuchen und meine Mutter um Geld zu Taback und zu einer Pfeife bitten. Ih habe Ihnen nichts weiter anzuzeigen.“ Bicètre den 8. Sept. 1840. Ich gruͤße Sie. P., Sohn. Man gab ihm zwei Baͤder und empfahl, etwas kaltes Waſſer über der Kopf gießen zu laſſen. P. arbeitet bei dem Schloſſer der Anſtalt und ſagt oder thut nichts Ungereimtes. Man hat ihm viele Fragen vorgelegt, und niemals hat er eine unrichtige Antwort gege— ben. P. wurde am 17. Sept. vollkommen geheilt entlaſſen, wobei ec verſprach, nicht mehr auf den Dächern zu laufen. Joh habe mich beſchraͤnkt, das zu erzählen, wovon ich ſelbſt Zeuge war. Es ſey mir vergönnt zum Schluſſe noch einige Bemerkungen an dieſe Beobachtungen anzuknuͤpfen. Die von Herrn Leuret angewendete Behandlungsweiſe iſt ein ſchwieriges Verfahren, welches Ausdauer und aͤußerſte Standhaftigkeit erfordert; indeß braucht man keine barba⸗ riſchen, grauſamen, un menſchlichen Mittel anzu— wenden, um den Seren das Geſtaͤndniß zu entreißen, daß ſie ſich taͤuſchen, oder daß ſie ſich getaͤuſcht haben. Als wenn es nicht eine größere Barbarei und Unmenſchlichkeit wäre, um nicht mehr zu ſagen, Kranke, welche man ihrer Familie und der Geſellſchaft wiedergeben konnte, in ein Hospital oder in ein Krankenhaus zu ſtecken, anſtatt ſie eine Zeit— lang einer bisweilen harten Behandlung auszuſetzen; dies iſt wahr; allein ein ſolches Verfahren traͤgt feine Früchte und entſchaͤdigt den Arzt vollkommen für die Anforderungen, welche ſein Beruf an ihn macht. Wir wollen daher ein Wenig unterſuchen, was wohl für den Kranken des erſten Falles die Anwendung von Exutorien, Schroͤpfkoͤpfen, Blut⸗ egeln genützt haͤtten: alle dieſe Mittel haͤtten unſtreitig auf ihn denſelben Einfluß gehabt, wie das emeto-catarthicum, deſſen ſich ſein Arzt zu bedienen fuͤr berechtigt hielt; waͤre man mit Hülfe aller Mittel der Pharmacie im Stande ge⸗ weſen, den Kranken von ſeinen traurigen Ideen und von ſeinem Hange zum Selbſtmorde zu befreien, ihn binnen einigen Tagen vernünftig zu machen und ihn nach Verlauf von 25 Tagen vollkommen geheilt zu ſeiner Familie zuruͤck— zuſchicken? Mir glauben es nicht; und die Erfahrung berech tigt ſelbſt, zu glauben, daß er unveraͤndert in demſelben Zu— ſtande geblieben wire, welcher feine Aufnahme in das Hos— pital erforderte. Ebenſo habe ich von mehreren anderen Kranken die Beobachtungen angeführt. Welch' aluͤcklichen Einfluß haͤtten wohl Blutentzjehungen, oder Purganzen 352 gezen die thoͤrichten Anmaßungen des General N. haben können? Welche Wirkung haͤtten wohl die in dieſen Faͤllen gewöhnlichen therapeutiſchen Huͤlfsquellen auf feine Ideen von Groͤße und Gluͤck hervorgebracht? Ohne Zweifel keine, und der Kranke wuͤrde in ſeiner Krankheit fortgelebt haben. Wuͤrde eine aͤhnliche Methode der Behandlung in wenigen Minuten den P. von ſeiner Ueberzeugung, daß man ihn guillotiniren wolle, befreit haben? Ganz ſicher haͤtte bei dem gewöhnlichen Temporiſiren die Krankheit in ſehr kurzer Zeit einen ſolchen Character angenommen, daß vielleicht alle Mittel zur Heilung nuslos geworden waͤren. Schließlich darf ich noch einem Einwurfe begegnen, welcher den Reſultaten der moraliſchen Behandlung des Herrn Leuret gemacht wurde. Man hat geſagt, daß die Faͤlle von Heilung mit Huͤlfe von Eindruͤcken und Leiden— ſchaften rein vom Zufalle abhaͤngen. Zuerſt muß man bei'm Leſen der von dieſem Autor bekanntgemachten Faͤlle unumwunden geſtehen, daß der Zufall bei ihnen vollkommen außer dem Spiel iſt. Das Naͤmliche wird man bei den in dieſem Aufſatze enthaltenen Fällen zugeben. Aber zu denen, welche noch zweifeln, koͤnnte ich ſagen, woher es denn komme, daß dieſer Zufall im Bicètre, unter der Leitung des Herrn Leuret, ſo zahlreiche und raſche Heilungen zu Wege brachte; waͤhrend er (der Zufall) nichts Aehnliches bewirkt, da, wo man die Irren nur mit phyſiſchen Mitteln behandele? (Archives générales. Novbr. 1840.) Sr sec. ee ee Einen Fall von Compreſſion des Herzens durch ein ſehr beträchtliches blutigſeroͤſes Exſudat in bei: den Pleurahoͤhlen hat Herr Adams der Dubliner patholo— giſchen Geſellſchaft mitgetheilt. Das Herz lag dabei vollkommen horizontal, und der rechte Ventrikel mit der Pulmonararterie lag nicht allein ganz abgeplattet und leer, ſondern der Ventrikel war ſogar in drei abgerundete Falten zuſammengedruͤckt. Die Falten waren feſt, ſo daß man ſah, daß der Zuſtand einige Zeit vor dem Tode beſtanden haben mußte. Der Kranke hatte an bedeutender Dyspnoe und an intermittirendem Putlſe gelitten. Zugleich hatte ſich einige Tage vor dem Tode ein bedeutender Grad von Lympa- nitis eingeſtellt. Zu Moxen empfiehlt Dr. Lendrick Charpie, welche mit Kali-Chromat oder mit einer Aufloͤſung von eſſigſaurem Blei (1 Drachme auf 1 Unze Waſſer) getraͤnkt iſt. Die Hauptſache iſt, daß die Moxa lange genug liegen bleibe, nicht bloß, bis die Haut in der umgebung der Mora dunkel und gerunzelt ausfieht, ſondern namentlich, bis die Senſibilitaͤt der Flaͤche und alſo das Schmerz— gefuͤhl nachlaͤßt. Eine Compreſſe, welche in verduͤnntes kauſtiſches Ammonium getaucht iſt, ſogleich nach Larrey's Rath übergeleat, mildert den auf die Anwendung einer Mora folgenden Schmerz bes trächtlich. (Dublin Journ, March 1841). ß Tr VID TE INIZIERETEIEEE pero rer. che Reni ei ten: Outlines of comparative Anatomy. By Dr. Grant. London 1841. 8. Die vitale Theorie des Blutumlaufes. Eine phyſiologiſche Abhand— lung von Dr. W. Grabau. Mit zwei lithographirten Tafeln. Altona, bei K. Aue. 1841. 8. (SIE eine intereſſante Unter⸗ ſuchung der Lehre von dem Blutumlaufe, und gegen die mecha— niſche Kreislaufs-Theorie gerichtet.) Researches into che Causes, Nature and Treatment of Diseases ot India, By J. Annesley. London 1841. 8. Pathology, founded on Anatomy and Physiology- London 1841. 8, By A, Wal- ker. Re . E. m zu dem neunzehnten Bande der Neuen Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. (Die Roͤmiſchen Ziffern bezeichnen die Nummern, die Arabiſchen die Seiten.) A. Aal, Lebensweiſe deſſelben. CCCCXVIII. 341. Academie, mediciniſche, zu Bruͤſſel. CCCCKIV. 288. Acidum benzoicum, zur Verhinderung von Gichtknoten. CCCCVIIL 192. Affen, in der Nähe von Bangalore. CCECXVIL. 345. Amphibien, Claſſiſication derſelben nach Kiemen. CCCCIX. 193. CCCCKX. 212. Amphioxus lanceolatus, Anatomie deſſelben. CCCCI. 69. Aneurysma der carotis primitiva, ge: heiltes unterſucht. CCCCX. 223. Arterienhaͤute, knorpelige Platten und atheromatöfe Ablagerungen auf und zwi: ſchen denſelben. COC xIV. 281. Arzt, Perſiſcher. CCC Cv. 133. Athmen unreiner Luft in engen Stuben, als die Geſundheit benachtheiligend. CCCOCV. 137. Audouin, über das Phosphoreſciren einiz ger Gliederthiere. CCCCVIIL, 181.4 Aufbewahrungsmittel für Gegenftände der Naturkunde. GCGCII, go. Augenſchwaͤche und Myopie. CCCCKI, 233 · Auscultation und Percuſſion. CCCCXIII. 265. B. Baillaͤrger, über Structur der Rindenfub: ſtanz des Hirns. CCCCII. 90. Berge, Einfluß derſelben auf die Tempe⸗ ratur zur Winterszeit. GCCCVIT. 177. Bergmehl (foſſiles) der CCCCXVIIL, 344. Bernſteinſtuͤcke, bei Brandenburg aufgefun- den. CCCCIV. 120. Blindheit, angeborne, im achtzehnten Jahre durch Operation befeitigt. CCC CV. 142. Blyth, über die Species des Genus Ovis. CCOGGXIV. 273. CCCCXV. 291. CCCCXVI. 305. CCCCVII. 325. Boa: Schlangen: Eier, über Ausbrütung derſ. CCCXCVII. 8. Bonnet, uͤber Myopie und Augenſchwaͤche. CCCCRI. 233. Bowerbank, Bemerkungen über die hor⸗ nige Spongie Auſtralien's. CCCXCVII. I. Braunkohlenähnliche Holzkohle. CCCCXV. 298. Bronchialroͤhrenknorpel. CCC VIII. 184. Brown, über Erzeugung des Silicium aus Paracyanogen. GCCCI 67 und CCCCII, 90. Chineſen. * 354 Brown's angebliche Verwandlung der Me— talle. CCCCI. 65. und CCCCII, go. C. Caecilia, 193. Calomel, über Verwandlung deſſelben in Sublimat. CCCXCVIII. 32. Camman und Clark, uͤber Verbindung der Aus cultation und Percuſſion. CCC CXIII. 265. Catheter, Einführung def. CCCXCVI. 15. Chy mification, 339. Cooper, Bransby, über Behandlung der Harnroͤhrenſtricturen. CCCCXII. 249. Cryſtalllinſe, Verſuche zur Regeneration derſelben. CCCCXVIII. 344. Cubeben und Copaiva, Wirkung berf, CCCCK, 224. Kiemen der jungen. CCCCIX. kuͤnſtliche. CCCCXVIIL, D. Dipodomys Phillipsii. CCCCGVIII. 284. Dreyfuß, über das Kneten als therapeutis ſches Mittel. CCCCIV, 121. Dubourg's neue Operationsart der spina pifida. CCCCII, 89. Dunian, uͤber chroniſche Gaſtritis, welche einen Leberabſceß ſimulirte. CCCCXIV. 286. E. Eier mit zwei Dottern. CCC CX. 216. Eis, cryſtalliniſche und cryſtalloidiſche Kor: men deſſelben. CCCCIX, 200. Eiſenoxydhydrat gegen Arſenikvergiftung. CCC. go. Eiweißſtoff und Faſerſtoff, identiſch. CCCCVI. 152. nach Liebig Rae shi ßer. Elmore, uͤber die Benachtheiligung der Geſundheit durch das Athmen unreiner Luft in engen Stuben. CCCCV. 132. Empyem, merkwuͤrdige Erfahrung daruͤ— ber. CCCCXVI. 304. Empyem, Regeln zur Operation deſſelben. CCCCXU. 256. Erziehungsanſtalt für ſchwachſinnige Kin— der. CCCCV. 144. Eſchricht, Unterſuchungen der nordiſchen Walfiſche. CCC CX. 225. CCCCKII, 241. CCCCXIII. 262. Excito-motoriſche Nerventheor. CCCXCVII. 9. F. Ferral, über gewiſſe Structuren in der orbita. CCCCXII, 249. Feuchte Luft, als chroniſche Krankheiten, und namentlich Knotenſchwindſucht, erzeu— gend. CCCCI. 78. Fiſchregen in der Uckermark. CCCGIIT. 105. Flora Danica. CCCCXII. 250. Fourcault, von dem Einfluſſe der ſitzenden Lebensweiſe, fo wie unbewegter und feuch— ter Luft auf Erzeugung chroniſcher Krank: heiten, namentlich der Knotenſchwind— ſucht. CCCCI. 78. Franz, über eine angeborene Blindheit, die im achtzehnten Lebensjahre durch Operation beſeitigt worden. CCCCV, 142. Furka, Beſteigung deſſelben. CCCCIX. 202. G. Gairdner, uͤber einige Anomalien der Re— ſpirationsthaͤtigkeit. CCCCVI, 157. Gaſtritis, chroniſche, einen Leberabſceß fi: mulirend. CCCCXIV. 286. Gefaͤßloſigkeit gewiſſer thieriſcher Gewebe, CCCCVI. 145. Geologiſche Veraͤnderungen am Sunde von Plymouth, durch Saxicava rugosa, CCCCxIII. 257, Gewebe, thieriſche, ohne Blutgefaͤße und einer eigenthuͤmlichen Structur und Er— nahrung theilhaftig. CCCCV. 1345. Gichtknoten, durch acidum benzoicum zu verhüten. CCCCVIII. 192. Gifte, Wirkung derſelben auf Thiere. CCCCV. 138. Giraffe, zu London geboren. 26. Gliederthiere, Phosphorescenz einiger berf. CCCCVIII- 187. Glosso-pharyngeus, als Geſchmacksnerv. CCCCXIV. 288. Goodſir, über die Anatomie des Am- phioxus lanceolatus. CG CCI. 69. Gray, uͤber geographiſche Vertheilung der Thiere in Neu-Holland. CCCCX, 209. Griffin, über Diagnoſe der Unterleibs⸗ Entzündung. CCCCX. 215. CCCXCVIII. H. Hall (Marſhal), uͤber practiſche Anwen⸗ duug der excito-motoriſchen Nerventheorie. CCCXCVI, 9. Harnroͤhren-Fiſtel, doppelte, nach neuem Verfahren geheilt. CCCC XIII. 272. Harnröhrenmündungs = Verengerung, Col— les's Operationsmethode dabei. CCC CIV. 128. Harnroͤhren-Stricturen, Behandlung derf. CCCCKIL. 240. Haſſe, uͤber Bildung knorpeliger Platten und atheromatöfer Ablagerungen auf und zwiſchen den Arterienhaͤuten. CCCCxIV. 281. Hautfunctionen, von Ducros unterſucht. CCCCXV. 296. Herz, Compreſſion deſſelben durch betraͤcht— liches Exſudat in den Pleurahoͤhlen. CCCCXVIII. 352. Hingeſton, Verrenkung des Schultergelenks mit Fractur des Oberarmknochens. CCCCXV. 301, Hirn, Rindenſubſtanz deſſelben. 89. Hogg, Über die Kiemen der jungen Gäcı: lien, ſo wie eine Abaͤnderung und Aus— dehnung der Claſſification der Reptilien nach Kiemen. GCCCIX, 193. CCCCX. 212. CCC. Hopkins, über den Einfluß der Berge auftie Temperat. zur Winters zeit. CCCCVIII. 177. —, über die Wolkenbildung, namentlich über die Bildung des Cumulus. CCCCV, 129. Hughes, uͤber Behandlung beginnender Phthiſis. CCCCVI. 169. Hunter, uͤber ſubcutane CCCCHN, 105. Hydren, über die Fortpflanzungsweiſe ders ſelben. CCCCIV. 115. Hydrocephalus chronicus. CCCC. 61. Hydrophobie, Behandl. derſ. CCCXCIX. 48. —, Operationen. durch Muttermilch fortgepflanzt. CCCXCVII. 16. J. Infuſorien, foſſile. CCCC XIII. 266. Iris, über die Structur derſ. CCCC XIV. 280. Ischiadieus nervus, durchſchnitten bei Neuralgie. CCCCIII. Ta. Jobert, uͤber die Anordnung der Nerven des uterus. CCCCVI. 149. Judd, über die Structur der Menſchen— pode. CCCCI. 21. K. Kehlkopfs-Nerven und Muskeln in ihren Functionen. GCCCII. 8o. - CCCCIII. 97. — CCCCIV, 118. Kerr, über den collapsus während acuter Pneumonieen. CCCXCIX, 41. Kilgour, uͤber Punction bei hydrocepha- lus chronicus. CCCC, 61. King, über veränderliche Krankheitsformen und deren practiſche Bedeutung. CCCCKV, 297. Klapperſchlangen-Biß, CCCCVI. 160. Kniegelenkwunde, complicirte. CCCCXI, 240. Knieverkruͤmmung, ſeitliche. CCOCXII. 254. Folgen deſſelben. n? 8 Koͤlliker, über das Weſen der ſogenann— ten Saamenthiere. CCCXCVIL 4. — c vl. 180. Kohlenſtoff, angebliche Verwandlung deſſel— ben in Silicium. CCCCI. 65 und CCCCIT. 90. Krankheitsformen, veraͤnderliche, und deren practiſche Bedeutung. CCCCXV. 287. N Laryngismus stridulus. CCC. 64. Laurent, Forſchungen uͤber die Hydren. CCCCIV. 115. Lee, über die verſchiedenen Operationsweiſen zur Heilung des Stotterns. CCCCXIII. 268. Lepidosiren, lebende Exemplare deſſelben. CCCCXVIT, 330. Leuret's neue Beobachtungen über die mo: ralifhe Behandlung des Wahnſinnes. CCCCAVU. 329. CCCC XVIII. 345. Loͤwenhardt's Verſuche, um die Regenera- tion der Cryſtalllinſe zu documentiren. CCCCXVIN. 344. Longet's Experimente über die Functionen der Kehlkopfsnerven und Muskeln, ſo wie über die Rolle des nervus accesso- rius Willisi bei der Erzeugung der Toͤne. CCCCH. 81. CCCCIII. 97. CCCCIV, 118. Louvrier's Behandlung der Anchyloſe von ungünftigem Erfolge. CCCCVII. 176. Luftabſonderung der Hautoberflaͤche. CCCCII, 106. Luftſchifffahrt, fuͤr Meteorologie zu benuz— zen. CCCCVII. 161. Lungenkrankheiten, ſyphilitiſche. OCC CVIII. 185. CCCCIX. 206. Lymphatiſches Syſtem des Landſalaman⸗ ders. GCCCRXI. 234. M. Magen, Ausdehnung deſſelben. CCCC, 57. Magen, über Durchbohrung deſſelben. CCCXCVIII, 25. 355 Martino, de, über die Richtung ber Gir: cu lation im Jacobſon'ſchen Nierenſyſteme der Reptilien, und uͤber die Beziehung zwiſchen der Secretion des Harns und der Galle. CCCCXVII. 321. Matteucci, uͤber electriſche Erſcheinungen bei Thieren. CCCCK. 215. Mayer, über Beſtimmung der Saamen— thiere. CCCCXIII. 267. Menſchenpocke, Structur derſelben. CCCCI. 71. Menſchenracen. CCCCI. 72. Menſtrualblut, nicht gerinnbar. CCCXCIX. 48. Mercurialpräparate, über Abſorption derſ. CCCCIX, 208. Meteorologie, durch Luftſchifffahrt zu berei— chern. CCC C VII. 161. Monſoon und Ebbe und Fluth in Madras. CCCCVI, 132. Moxa. CCCCXVIII. 352. Munk, uͤber die ſyphilitiſchen Lungenkrank⸗ heiten. CCCCVIII. 188. CCCCIX. 206. Muskelkraft verſchiedener Racen und Voͤl⸗ ker. CCCCxVIII. 346. Muskelreizbarkeit. CCCCXVIII. 339. Muskelſteifigkeit durch Tenotomie geheilt. CCCCI. 80. Myopie und Augenſchwaͤche. CCCCXI. 233. 2 Naturbruͤcke. CCCC. 58. Necrolog. — Sanſon zu Paris. CCC Cv. 144.— Decandolle, zu Genf. CCCCXIII. 266. — Cullerier, zu Paris. CCC C VII. 336. — Hornemann, zu Copenhagen. CCCC, 58. — Nerven des uterus, Anordnung derſelben. CCCCVI. 149. Nervenleiden, von einer Affection des Pe— ricardiums abhaͤngend. CCCCKXVI. 313. Nervus accessorius Willisii, in Bezie⸗ hung auf Erzeugung der Töne. CCCCHI, 80. CCCCIII. 97. CCCCIV. 118. Neuholland's Ebenen. CCCCXI. 234. Neuralgie des n. ischiadicus, mittelſt Durchſchneidung des letztern gehoben. CCCCII. 112, 356 Nichtgefäßfuͤhrung (nonvascularity) ges wiſſer thieriſcher Gewebe. CCCXCVIII. 383 D. Ohr, mechaniſche CCCXCVIII. 26. Ohrentoͤnen, in Verhaͤltniß zu andern Oh: Function deſſelben. renkrankheiten. GCCCXI. 240. Operationen, chirurgiſche ſubcutane. CCCCIII. 105. Oſteomalacie, umſchriebene. CCCCIX. 208. Ovis, Arten dieſes Genus. CCCCXIV. 273. CCCGXV. 291. CCCCXVI. 305. CCCGXVII. 325. P. Paine's Fleiſchaufbewahrungeverfahren. CCC. 57. Paterſon, Ch., über Einführung des Ca— theters in ſchwierigen Faͤllen. CCCXCVII. S. 15. payen, über das fofiile Mehl der Chine— fen. CGCCXVIII. 343. Peebles, uͤber Ausdehnung des Magens. CCC. 57. percuſſion und Auscultation. CCGCXIII. 265 pflanzen, lebende, als mit ihren Spitzen der Atmoſphäre die Electricitaͤt entzie— hend. CCGCCV, 138. Phosphoreſcenz der Seethiere. Cl. 72, Phosphoreſcenz einiger Gliederthiere. CCCCVIII. 181. phthifis, beginnende, wie zu behandeln. CCCCVIIL, 169. Pneumonieen, acute und der Gollapfus wäh: rend derſelben. CCCXCIX. gr. Ptosis, durch einen Retentionsapparat be⸗ ſeitigt. CCCCXVIIL, 336. Pucheran, Betrachtungen uͤber den Schaͤ⸗ del bei den Menſchenracen. CGCGCIV. 113. R e 9 i ſt e Puls der Säuglinge. CCC XVI. 318. Punction bei hydrocephalus chronicus. CCCC. 61. R. Redfield, über den Sturmwind EGEXEIK eee Reiher, eigenthuͤmliche Beſchaffenheit der Haut an der Bruſt derſ. CCOCCXIII. 266. Reinigungsart von Petrefacten. CGCCCVIIL, 183. Reſection des Humeso» Gubital: Gelenke. CCCCXVI. 319. Reſpirationsapparat CCGXCVII. 16. Reſpirationsthaͤtigkeit, CCCCVI. 157. 1835. bei Scheintod. Anomalieen derſ. Retroversio uteri. CCCC. 64. Ruͤckgratsverkruͤmmung durch Ausdehnung des Unterleibs bei Kindern. CCCCIX. 201. S. Soamentbiere, Beſtimmung derſelben. CCOCCXIII. 261. Saamenthiere, uͤber das Weſen derſelben. CCCXGVII. 5. CCCCVI. 180. Säuglinge, über den Puls derſelben. CGCGXVI. 318. Saxicava rugosa. Schaͤdel der 113. Schaͤdel-Applattung der N. Americaniſchen CCCCXIII. 257. Menfchenracen. CCCGGIV. Indianer. CCGXCIX, 40 Schaͤdeleindruck, ſehr ſtarker. GGGCXII. 256. Schielen, geringere Grade deſſelben zu heilen. GCCCAIV. 288. Schweflichtſaure Mineralwaſſer nach neuer Methode analyſirt. CCCCIV, 127. Scrophelkrankheiten mit Nußblaͤttern be— handelt. CCCGXVI. 304. Seethiere, Phosphorescenz derſelben. CCC. 22. Semiotik der Säuglinge, CCC CVI. 151. Sexualtheile eines hermaphrodit. sphinx. CCCXCIK. 42. Silicium, angebliche Erzeugung deſſelben aus Paracyanogen. CCCCI. 62. CCCCII. go. Sitzende Lebensart, als chroniſche Krank— heiten, namentlich Knotenſchwindſucht, er— zeugend. CCC. 78. Snow über Ruͤckgratsverkruͤmmung durch Ausdehnung des Unterleibs bei Kindern. CCCCIX. 201. Sonnenflecken. CCCGXVIII. 26. Spina bifida, neue Operationsart zur Ra⸗ dicalcur. CCCCII, 89. Spongie, hornige, über dieſ. CCCXC. 1. Stannius, phyſiologiſche Bemerkungen uͤber Muskelreizbarkeit und uͤber kuͤnſtliche Chymification. CCCCXVII. 339. Stottern, verſchiedene Heilung deſſelben. Stricturen derſelben. Dperatioren zur CCCCXIII 268. der Harnroͤhre, CCCCXII. 249. Sturmwind in Amerika 1835. CCCXCIX. 33. CCCC. 49. Südpolar: Expedition, engliſche, zur Er— mittelung des magnetiſchen Pols. CCCGXVII. 327. Sym, Sam., über die mechaniſchen Func— tionen des Ohrs. CCCXCVIII. 17. Behandlung T. Tamplin, uͤber Behandlung der ſeitlichen Knieverkruͤmmung. CCCCXII. 254. Taubheit, durch Zerſtoͤrung von Verwach— fung im Pharynx geheilt. CCCCVIII. 192. Taubſtummheit und Blindheit vereinigt. CCCCXVI. 314. Temperatur zur Winters eit von den Bergen influirt. CCCCVIII. 127. Tetanus traumaticus, durch Nervendurch— ſchneidung geheilt. CCC CVII. 176. Thiere, durch Wind fortgeführt. CCCCIV. 120. Thiere, geographiſche Vertheilung derſ. in Neuholland. CCCCX. 209. Thieriſche Subſtanzen, Einfluß der Aus— duͤnſtung derſelben auf lebende Pflanzen. CCCCvII. 169. Thraͤnenfiſtel, angeborene. CCCCVI,' 160. Tinea, vegetabiliſche Natur derſelben. CCCCKVI, 320. f Toynbee, über die Gefaͤßloſigkeit gewiſſer thieriſcher Gewebe. CCCCVI. 145. Trouſſeau's Beitraͤge zur Semiotik der Säuglinge. CCC CVI. igt. Trouſſeau, über den Puls der Säuglinge. CCCCKVI. 318. Tubularia sultana. CCCXCVII, 10, Typhus, hiſtoriſche unterſuchungen über denſelben. CCCGCIII. Ira. U. Unbeweglichkeit des Unterkiefers mittelſt Durchſchneidung des Maſſeters geheilt. CCCCKIII, 272. Unterleibsausdehnung bei Kindern als Ur: ſache von Ruͤckgratskruͤmmung. CCCCIX. 201. Unterleibsentzuͤndung, Diagnoſe derſelben. CCCCX. 278. Uteri carcinoma. CCCCII. 96. Uteri retroversio. CCCC. 64. A. Annesley, I. GCCCXVIII. 352. Argenziano, Paolo. CCCCXII. 286. Auber, T. U. E. Eduard, CCCXCVII. 16. B. Bazin, A. CCCCIX. 207. Bell, Jae. CCCCVI. 160. Bergery, C. L. CCCCII 95. Bernard, P. CCCGVI. 189 Beudant, P. S. CCCCII. 95. Bullar, J. u. H. CCC CIX. 47. Burdin jeune. CC CCI. 29 Ne ig ii ſt ꝛe e. Uterus, Anordaung der Nerven deſſelben. CCCCVI. 149. V. Vena spermatica, Zerreißung derſelben mit toͤdtlichem Ausgange. CCCCII. 95. Verkohlen des vegetabiliſchen Gewebes zur Unterſuchung der stomata in der Epi⸗ dermis der Garten - Rhabarber. CCCCXVI. 314. Vesicula prostatica. CCCCXIV. 281. Vogel, das Periodiſche in der Lebens weiſe derſelben betreffend. CCCCXII. 250. W. Wahnſinn, moraliſche Behandlung deſſelb. CCCCKXVII. 330. Walſiſche, Unterſuchung uͤber dieſelben. CCCCXI. 225. CCOCOGXII. 241. CCCCXIII. 262. Walker, uͤber geologiſche Veraͤnderungen im Plymouth⸗Sund durch Saxicava ru- gosa, CCCCXIII. 257. dee C. Cannſtadt, C. CCCCXIII. 272. Carrier, J. B. CCCCXVII. 336. Charpentier, M. de. CCCCXVI. 319. Chevallier, A. CCC CVII. 175. Chevallier, Charl. CCCCIX. 208. Combes, E. CCCXCVII. 16. Couilhae, L. CCCCVI. 159. Courtenoy, Franc, Burdett. 240. Cox, J C. CCCCX 224. CCCCK, D, Daurio, C. P. CCCGXV. 303. CCCXCVIII. 31, : 0 Deguin, N. 357 Waſſer, Eigenſchaft deſſelben, Toͤne zu leiten. CCCCVII. 168, Widdington, über die Lebensweiſe Aal's. GCCCXVIII. 341. Wiederbelebung eines zweijährigen Kindes. CCCCKVII, 336. Williamſon, über Durchbohrung des Mas gens GCCXCVIIT. 25. Wolkenbildung, namentlich Bildung des Cumulus. CCGCGV, 129. des Yonge, über ein von Affection des Per: cardiums abhaͤngiges Nervenleiden CCOGCXVI. 313. Prem, über das Reinigen der im Grün: ſande und den ſandigen Mergeln vor— kommenden Petrekacte. CCCCVIII. 183. 3. Zoologiſche Geſellſchaft zu Antwerpen. CCCCVI. 152. 1 Deschamps, Mich. Hyaecinth, CCCXCVII. 15. Descuret, F. CCCCXVII. 336. Dubois, Fred. CCCC. 79 Dufresse - Chassaigne, CCCCIV. 128. E. Endlicher, Steph. CCCCXI. 239. Ermerius, F. Z. CCCCXVI. 320. Espy, J. P. CCCCXVII. 335. Evans, P. CCCCIX. 207. F. Ferrario, Gius. CCCCXI. 236. Florio, P. CCOGGXIV. 288. 358 G. Gerdy. CCCGRXIV. 287. Grabau, Dr., W. GCCCXVII. 35r. Grandsagne, Aj. de. GCCCI. 79. Grant, Dr. CCCCXVII. 351. Guernel, F. de. CCCCIII. ııı. H. Hall, Marshall, CCCCI, 80. Harvey, W. H. CCCCXII. 255. v. Haſſel. CCCCXIII. 271. Hocken, Edw. Oct, CCCC. 64. Huber, R. CCCCXV. 303. Husson, Armand. CCC CXIII. 272. . Jardine, Sir Will. CCCCXI. 255. K. kuhnholz, H. CCCCKXII, 221. L. Lefoulon, J. CCCCIV. 128. Loͤbig, C. CCCCVII. 335. Lordat, CCCXCVII. 18. M. Mayor, Matth. CCCCVII. 176. Re ig i de . Meissas, N. CCCCV, 143. Miller, Hugh. CCCCVIIT, 191. Montagne. CCCCX. 223. Morren, Aug. u. Charl. 319. N. Nasmyth, Alex. CC CCI. 239. Nivet, V. CGCGVIII. 192. Noad, H. M. CCCCIV. 122. 55 Parkins, John. CCCXCVIII. 32. Phillips, John. CCC CVI. 160. Phytologist. CCG. 143. Pictet, F. J. CCCCX, 223. Pignacca, A. CCCCIX. 208. Porter, Will. CC CC. 64. Prichard, J. C. CCC CVII. 175. Q. Queveune, T. A. CCCCVIII. 192. R. Raynaud. COC CVI. 160. Reid, W. CCCC. 63. Renaudin, L. F. E. CCCCII, 96. Renzi, Salvat, de. CGG GC. 224. CCCCKVI. Ricord, P. CCCCII, 96. Rigaud, Ph, CCCCVII. 176. Robertson, John Hey, CCCCIII. II2. S. Saint-Agy, Magd. de, CCCCIII. III. Sankey, Franc. CGCCCXI. 240. Sementini, Luigi. CCCCXIV. 288. Sontheimer, Sof. v. CCCCV. 144. Sparkes, Geo, CGCXCIX. 47. Stevenson, John. CCCCXV. 304. T. Tissot, J. CCCCXV. 304. Tourdes, G. CCCCXVI. 320. N Vigné, J. B. CCCXCIxX. 48. Voisin, J. C. CCCCIII. 112. W. Walker, A, CCCCXVIII. 352. Waterhouse, G. R. CCCCXIV. 287. West, Thom, CCGXCVIII. 32. Westwood, J. O. CCC. 63. Williams, Rob. CCCCI, 80. Hene Notizen aus dem Gebiete der Malur⸗ und N deilkunde, geſammelt und mitgetheilt von Ludwig Friedrich v. Froriep, des Ordens der Wuͤrtembergiſchen Krone und des Großherzogl. S. Weimar. Falken- Ordens Ritter, der Philoſophie, Medicin und Chirurgie Doctor und G. H. S. Ober-Medicinalrathe zu Weimar; Director der Koͤnigl. Preuß. Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt; der Kaiſerl. Leopoldiniſch-Caroliniſchen Academie der Na: turforſcher, der Ruſſ. Kaiſerl. Academie der Naturforſcher zu Moskwa, der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, der Wetterauer Geſellſchaft für die geſammte Naturkunde, der phyſicaliſch-medieiniſchen Societät zu Erlangen, der mineralogifchen Geſellſchaft zu Jena, der Niederrheiniſchen Geſellſchaft der phyſiſchen und mediciniſchen Wiſſenſchaften, des landwirthſchaftlichen Vereins im Koͤnigreiche Wuͤrtemberg, der Société d' Agriculture, Sciences et Arts du Departement du Bas-Rhin, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Leipzig, der Senken— bergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft zu Frankfurt am Main, der Societas physico- medica zu Braunſchweig, der Medical Society zu Philadelphia, des Apotheker-Vereins fuͤr das noͤrdliche Deutſchland, des Vereins zur Befoͤrderung des Gartenbaues in Preußen, des Vereins fuͤr Blumiſtik und Gartenbau in Weimar, der Geſellſchaft zur Befoͤrderung der geſammten Naturwiſſenſchaften in Marburg, der Schleſiſchen Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Cultur zu Breslau, der Societas medico -chirurgica Berolinensis, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Halle, des Kunft= und Handwerksvereins des Herzogthums Altenburg, der Accademia Pontaniana zu Neapel, der naturforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes, der Geſellſchaft für Natur- und Heilwiſſenſchaft zu Heidelberg, der Svenska Läkare- Sällskapet zu Stockholm, der mediciniſchen Facultät der K. U. Univerſitaͤt Peſth, der Reformed Medical Society of the United States of America zu New- York, der Académie Royale de Médecine zu Paris, der Geſellſchaft des vaterländifchen Muſeums in Böhmen zu Prag, der Société d' Agriculture de Valachie zu Buchareſt, der mediciniſchen Geſellſchaft zu Warſchau, des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten für die Befoͤrderung der Staats-Arzneikunde, der Kaiſerl. Koͤnigl. Geſellſchaft der Aerzte in Wien und des naturwiſſenſchaftlichen Vereines des Harzes Mitgliede und Ehrenmitgliede; und Dr. RO ert or i ep, Koͤnigl. Preußiſchem Medicinalrathe und Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputation für das Medicinalweſen im Minifterium der Geiſtlichen-, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten; Profeſſor an der Friedrich-Wilhelms-Univerſitaͤt, Proſector an der Charité-Heilanſtalt, Lehrer der Anatomie an der Academie der Künfte, Mitgliede der Koͤnigl. Ober-Examinations-Commiſſion, practiſchem Arzte und Wundarzte in Berlin; Mitgliede und Correſpondenten der Königlichen Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Académie royale de Médecine zu Paris, der Hufelandiſchen mediciniſchen chirurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins für Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft für Natur- und Heilkunde zu Berlin, der Geſellſchaft für Erdkunde zu Berlin, der Svenska Läkare-Sällskapet zu Stockholm, der Societas physico medica zu Moskau, der K. K. Geſellſchaft der Aerzte in Wien, des ärztlichen Vereins zu Hamburg und der Louisiana Society of Natural History and Sciences zu Neu⸗Orleans; Ehren-Mitgliede des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten für die Befoͤrderung der Staats-Arzneitunde, des Apotheker-Vereins im noͤrdlichen Deutſchland und des naturwiſſenſchaftlichen Vereines des Harzes. anz ter Ba d; zwei und zwanzig Stuͤcke (Nro. 419 bis 440), eine Tafel Abbildungen in Quarto, Umſchlag und Regiſter enthaltend. October bis December 1841. — Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. 1. ve e 3 * K. 1 Fer. u & vi * ’ f N . * a 4 6 Far en? u * * 1 ar * —— 10 Wen r > u use an NL ER er H re ng RE 2 7 d * N W ee 8 Ar 2 r te 7066 + 1 ur a | pr 912 ö 1 . - 1 N 4 Re Mas pr Be pm Des eh 3 . wi 13 1 . Ant, nei IR 2 Et, . 4 8 85 2 N e e NN „ Nu 75 * * e N 3 vr . ck 5 e ? eee Nene EN ? x f A * * bi gi vi 1 * a Pre si Winsen ie . 2 Ae e * zn 7 K Neue Notizen aus dem Gebiete der Nakur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober-Mediefnalraihe Froriep zu Weimar, und dem Medicinatrathe und Prefeſſor Froriep zu Bertin. No. 419. (Nr. 1. des XX. Bandes.) October 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 Gr. eee Ueber die Aeußerung der Electricitaͤt bei dem Gymnotus electricus. Von C. F. Schoͤnbein. Schon die Alten kannten einen merkwuͤrdigen Fiſch, der mit der verborgenen Kraft, denen, die ihn beruͤhr— ten, Schlaͤge zu verſetzen, begabt war. Derſelbe kam meh— rentheils an den Kuͤſten des Mittelmeeres oder der franzöfis ſchen Kuͤſte des Atlantiſchen Oceans vor und ward auch zu— weilen am ſuͤdweſtlichen Ufer England's angetroffen. Im füßen Waſſer fand man ihn nie. Natuͤrlich war dieſer Fiſch fuͤr Philoſophen und unwiſſende Leute ein Gegenſtand der Aufmerkſamkeit und des Staunens, und man machte ſich uͤber die Mittel, durch welche der Zitterrochen Menſchen und Thieren ſo heftige Schlaͤge ertheilen kann, die ſonder— barſten Vorſtellungen. Im Jahre 1678 bemuͤhte ſich Ste— phano Lorinzini, darzuthun, daß die Schlaͤge daher ruͤh— ren, daß der Zitterrochen einige Augenblicke lang in die Po— ren desjenigen, der ihn beruͤhrt, kleine Koͤrperchen einfuͤhrt und dann die daſelbſt befindlichen Muskeln heftig zuſam— menzieht. Erſt ein Jahrhundert nach dieſem Italieniſchen Phyſi— ker fing man an, uͤber die Natur der fraglichen Erſcheinun— gen richtigere Anſichten zu gewinnen. Man kannte damals bereits die Leydener Flaſche, und es gehoͤrte nicht viel Aufmerkſamkeit und Beobachtungsgabe dazu, um zwiſchen den Wirkungen dieſes Apparats und der Raja torpedo eine große Aehnlichkeit zu finden. Der engliſche Naturfor— ſcher Walſh behauptete im Jahre 1773 zuerſt, der Zitter— rochen entbinde Electricitaͤt, und dieſer treffliche Beobachter verfehlte nicht, dieſe Anſicht mit auffallenden Thatſachen zu belegen. Er uͤberzeugte ſich davon, daß der Schlag durch alle Electricitaͤtsleiter, als Metalle, Waſſer ꝛc., fortgeleitet werde, waͤhrend ſich dieß mit Nichtleitern, als Glas, Harz u. ſ. w., umgekehrt verhalte. Ueberdem wies Walſh nach, daß der Ruͤcken und Bauch des Zitterrochens ungleichnamig electriſch ſind, wie dieß bei den Armaturen der Leydener No. 1519. Flaſche der Fall iſt, und er beobachtete ſogar in dem Au— genblicke, wo ſich die Electricitaͤt des Fiſches entlud, einen Funken. Ungeachtet der Aufklaͤrung, welche die Verſuche dieſes Gelehrten uͤber die fragliche Erſcheinung verbreitet hatten, erſchoͤpften ſie den Gegenſtand noch keineswegs ganz, ſondern derſelbe blieb noch immer mehr oder weniger raͤthſelhaft. Noch ein Vierteljahrhundert ſollte verſtreichen, bevor jene glaͤnzende Entdeckung in der Phyſik gemacht wurde, durch welche es erſt moͤglich ward, den Gegenſtand mit Erfolg weiter zu ergruͤnden. Volta entdeckte eine neue Quelle der Electricitaͤt, und kaum war ſeine bewundrungswuͤrdige Saͤule zur Kenntniß des Publicums gelangt, ſo wendete ſich die Aufmerkſamkeit der Naturforſcher von Neuem dem Zitterrochen und den andern ſeitdem aufgefundenen electri— ſchen Fiſchen zu; denn die große Aehnlichkeit derſelben mit dem von Volta erſonnenen merkwuͤrdigen Apparate lag auf der Hand. Vom Anfange unſeres Jahrhunderts bis auf die neueſte Zeit hat es weder an ausgezeichneten Phyſikern, welche ſich mit Unterſuchung der electriſchen Wirkungen des Zitterro— chens u. ſ. w. beſchaͤftigt, noch an Anatomen und Phyſio— logen gefehlt, welche ſich bemuͤhten, die electriſchen Erſchei— nungen aus der relativen Lage der Organe und den Func— tionen des Nerverſyſtems des fraglichen Fiſches zu erklären. Ich will nur an Fahlberg, Humboldt, Gay-Luſſac, Todd, Humphriy Davy, John Davy, Linary, Matteucci und Faraday erinnern, welche in den letz— ten 40 Jahren in Anſehung der electriſchen Fiſche die er— folgreichſten Unterſuchungen angeſtellt haben. Die Anatomen erkannten bald, daß jeder Zitterrochen Organe beſitzt, welche zur Erzeugung der electriſchen Er— ſcheinungen unumgänglich erforderlich find, und die Phnfiolo: gen wieſen nach, daß die dieſen Organen zugehenden Ner— ven in Anfebung der Entwickelung dieſer merkwuͤrdigen Kraft ebenfalls eine weſentliche Rolle ſpielen. Wenn man dem Zitterrochen das fragliche Organ entzieht, ſo iſt er 1 3 — —ͤ— noch lebensfaͤhig; allein er hat die Faͤhigkeit verloren, Schläge zu ertheilen, und wenn man die mit dem fraglichen Organe communicirenden Nervenfaͤden durchſchneidet, ſo verſchwindet die electriſche Kraft ebenfalls. Humboldt und Gay— Luſſac, welche zu Anfang unſeres Jahrhunderts zahlreiche Verſuche über den Zitterrochen angeſtellt haben, hatten dem: ſelben nur eine einzige electriſche Wirkung, naͤmlich den Schlag, den er dem menſchlichen Koͤrper verſetzt, abnoͤthigen koͤnnen. Humphrey Davy, welcher im Jahre 1820 an mehreren Exemplaren dieſes Fiſches Beobachtungen anſtellte, als er ſich an den Kuͤſten des Mittelmeeres aufhielt, erhielt keine ausgedehntern Reſultate und ward dadurch auf die Annahme einer, der gemeinen Electricitaͤt zwar aͤhnlichen, aber doch von dieſer in manchen Beziehungen weſentlich ver— ſchiedenen, thieriſchen Electricitaͤt geführt. Vor einigen Jah— ren gelang es dem Pater Linari, einem gelehrten Sicilia— ner, einen Funken aus dem Zitterrochen zu ziehen, der jedoch wahrſcheinlich von inducirter Electricitaͤt herruͤhrte, weil Li— nary denſelben nur mittelſt einer langen Spirale von Ku— pferdraht erlangen konnte, und der denjenigen Funken aͤhn— lich war, die man ſelbſt, bei Anwendung eines ſehr kleinen thermoelectriſchen Elements mit der Henry'ſchen Spirale ge— winnt. Matteuc ci erhielt dieſelben Reſultate unter den— ſelben Umſtaͤnden. Wiewohl der Funke nicht unmittelbar aus dem Fiſche ſprang, ſo unterliegt es doch keinem Zwei— fel, daß er durch die Spirale nur vermoͤge der dem Fiſche inwohnenden Electricitaͤt erlangt werden konnte. Bekanntlich erlangt jeder Koͤrper, durch welchen eine electriſche Strömung geht, magnetiſche Eigenſchaften. Un: geachtet der gewaltigen Staͤrke der vom Zitterrochen ertheil— ten Schlaͤge war es noch keinem Phyſiker gelungen, die Magnetnadel mittelſt eines in deren Naͤhe gebrachten Me— talldrahtes, durch welchen die Electricitaͤt des Fiſches ſich entlud, zum Abweichen zu bringen. Endlich gelang es John Davy im Jahre 1833, einen Metalldraht mittelſt des Zitterrochens magnetiſch zu machen, d. h., die Nadel des Galvanometers in Bewegung zu ſetzen. Auch brachte er es auf demſelben Wege dahin, Kalium-Joduͤre und ſelbſt Waſſer zu zerſetzen, woraus ſich denn ebenfalls die Identi— taͤt der Electricitaͤt des Fiſches mit der voltaiſchen Electrici— taͤt ergab. Der groͤßte aller bisjetzt bekannten electriſchen Fiſche, der Zitteraal, Gymnotus electricus, hat mit dem Aale viel Aehnlichkeit. Man hat ihn bisjetzt nur in eini— gen Fluͤſſen Suͤdamerica's gefunden und verdankt Hum— boldt eine ſehr intereſſante Beſchreibung deſſelben. Die Schlaͤge, welche dieſes merkwuͤrdige Thier verſetzen kann, ſind ſo gewaltig, daß große Fiſche und ſelbſt Pferde dadurch betaͤubt, ja ſelbſt getoͤdtet werden koͤnnen. Als ich mich im Jahre 1839 zu London aufhielt, ward mir eine jener ſeltenen und deßhalb fuͤr den Phyſiker ſo koſtbaren Gelegenheiten, einen lebendigen Gymnotus zu beobachten und mit demſelben Verſuche anzuſtellen. Der Zweck dieſes Artikels iſt nun, einige der von mir erhaltenen Reſultate zu veröffentlichen. u 4 Herr Bradley, der Vorſteher der Adelheid - Gallerie, hatte die Guͤte, mir den Gymnotus dieſer Anſtalt zu ei— ner Stunde zu uͤberlaſſen, wo dieſelbe fuͤr die Beſucher ge— ſchloſſen iſt, und ich widmete einen Abend der Unterſuchung der Wirkungen dieſes merkwuͤrdigen Thieres. Die Herren Grove, Everit, Watkins und Bradley hatten die Guͤte, den Experimenten beizuwohnen. Der etwa 40 Zoll lange Gymnotus befand ſich in einem runden Becken, deſſen Durchmeſſer nicht viel bedeu— tender war, als die Laͤnge des Thieres, und in welchem es ziemlich bequem im Kreiſe herumſchwimmen konnte. Der Grund des Beckens war mit Sand bedeckt, und das haͤu— fig erneuerte Waſſer erhielt von der Zimmerwaͤrme eine ziemlich gleichfoͤrmige Temperatur Obwohl der Fiſch da— mals ſchon uͤber ein Jahr lang in der Gefangenſchaft ge— lebt hatte, ſo befand er ſich doch noch voͤllig wohl, und ſein enger Behälter fiel ihm nicht unbequem. Als wir in's Zimmer traten, ſchwamm er im Kreiſe herum, und unfere Ankunft ſchien ihn nicht im Geringſten zu ſtoͤren oder zu er— ſchrecken. Der Anblick dieſes graulichgruͤnen, ſchlangenarti— gen, dickkoͤpfigen Thieres, deſſen Augen oben auf dem Ko— pfe ſtehen, iſt eben nicht angenehm, ja floͤßt manchen Perſo— nen Grauſen ein, und der Eindruck wird durch den Gedan— ken an die ihm inwohnende geheimnißvolle Kraft noch verſtaͤrkt. Zuerſt wollte ich die Aeußerung dieſer Kraft, naͤm— lich den electriſchen Schlag, an mir ſelbſt in Erfahrung bringen. Der Zitternal ſchien allerdings zu merken, daß wir et: was gegen ihn im Schilde fuͤhrten; denn als ich mit auf— geſtreiften Aermeln und vorgeſtreckten Armen an's Becken trat, um ihn zugleich an Kopf und Schwanz zu ergreifen, machte er eine ſchnelle Wendung und begab ſich an den gegenuͤberliegenden Rand des Beckens, wo er blieb, ſo lange ich an derſelben Stelle verharrte. Ich mußte alſo ein We— nig zuruͤcktreten und warten, bis das Thier wieder im Kreiſe herumzuſchwimmen begann. Alsdann naͤherte ich mich be— hend und faßte den Fiſch vorn und hinten kraͤftig. Der Schlag, den ich erhielt, war außerordentlich heftig, da der Zitteraal lange keinen verſetzt hatte, und obgleich ich mich darauf vorbereitet hatte, nahm ich doch unwillkuͤhrlich in Mienen und Gebehrden einen Ausdruck an, der die Zu— ſchauer ein helles Gelaͤchter aufſchlagen ließ. Uebrigens war doch die auf mich hervorgebrachte Wirkung nicht ſo heftig, wie die, welche der Zitteraal einige Tage fruͤher bei dem Capitäͤn Bafil Hall erzeugte, welcher durch den Schlag zu Boden geworfen wurde. Wahrſcheinlich wird die weſentliche Wirkung durch die Ueberraſchung noch bedeutend geſteigert; denn keine Empfindung kommt Einem fo unerwartet, als die durch die Electricitaͤt hervorgerufene. Was uͤbrigens die Heftigkeit des von mir erhaltenen Schlages anbetrifft, ſo kann ich ihn mit derjenigen der Ent— ladung einer ſehr ſtarken Leydener Flaſche oder einer hydro— electriſchen Saͤule von 200 Plattenpaaren vergleichen. Wie Humdoldt und Andre, fuͤhlte ich, in dem Augenblicke, wo ich den Fiſch beruͤhrte, nicht nur einen Schlag, ſon— 5 — ' ..— 6 dern es erfolgten deren ſchnell hintereinander mehrere, woraus denn erhellt, daß der Zitteraal die Fähigkeit beſitzt, feine Electricitat in mehrere Ladungen zu vertheilen und an die umgebenden Körper abzuſetzen, oder dieſelbe willkuͤhrlich ſehr ſchnell zu erneuern. 0 Keiner der Anweſenden hatte Luſt, einzeln eine Entla— dung des Zitteraals auszuhaltenz allein ſie bildeten eine Kette, indem ſie ſich die Haͤnde benetzten. Die an dem einen Ende der Kette befindliche Perſon beruͤhrte den Kopf, und die am anderen Ende befindliche den Schwanz des Fiſches, und ſo erhielten Alle zugleich mehrere Schlaͤge, die ebenfals ziemlich ſtark ſeyn mußten, indem Alle in die Hoͤhe ſprangen und einen Schrei des Staunens ausſtießen. Es verging ihnen auch ſaͤmmtlich, wie mir, die Luſt, den Verſuch zum zweitenmale zu machen. Nun experimentirte ich in andrer und zwar folgender Weiſe. Unter einer, auf einem hölzernen Stativ befindlichen Glas— glocke hingen zwei duͤnne Goldblaͤttchen ſo, daß zwiſchen ibnen ein deutlich ſichtbarer Zwiſchenraum war. Jedes der— ſelben communicirte mit einem metallenen Staͤbchen; die beiden Staͤbchen waren von einander tolirt und aus der Glocke hinausgeleitet. Hierauf wurden der Kopf und der Schwanz des Zitteraald mit zwei kupfernen Platten belegt und an jede derſelben ein mehrere Fuß langer Kupferdraht befeſtigt. Die beiden freien Enden dieſer Draͤhte wurden mit den beiden vorerwaͤhnten Metallſtaͤbchen in Verbindung gebracht. Sobald die beiden Goldblaͤttchen einander nahe kamen, ſprang zwiſchen ihnen ein Funken uͤber, und ein Theil des Goldes verbrannte mit dem gewöhnlichen Lichte. Herr Watkins hatte einen außerordentlich empfind— lichen thermo -electriſchen Apparat mitgebracht, der nach Snow Harris Angabe angefertigt war; allein in dem Augenblicke, wo wir die Stroͤmung des Fiſches durch den ſehr feinen Draht dieſes Inſtrumentes wollten ſtreichen laſſen, kam etwas an demſelben in Unordnung, wodurch die Benutzung deſſelben verhindert ward, ſo daß wir nicht ermit— teln konnten, ob die Stroͤmung des Zitteraals eine merkliche Erhoͤhung der Temperatur bewirkt. Die chemiſche Wirkung des Fiſches ermaßen wir mittelſt der Kalium Joduͤre, welches Salz ſich bekanntlich ungemein leicht zerſetzt. Ein Stuͤck Filtrirpapier ward in eine ziemlich concentrirte Aufloͤſung deſſelben getaucht und dann in geeig— neter Weiſe mit dem Kopfe und Schwanze des Fiſches in Communication gebracht. In dem Augenblicke, wo der durch den Körper des Thieres, die beiden Draͤhte und das Elec— trolyt gebildete Kreis geſchloſſen ward, ſah man an der Stelle des Papiers, welche ſich mit dem vom Kopfe des Zitteraals kommenden Drahte in Beruͤhrung befand, einen braunen Flecken erſcheinen Aus dieſem Verſuche gebt klar hervor, daß die Electricitaͤt des Fiſches die chemiſche Zerſez— zungs fahigkeit beſitzt, und daß der Kopf oder vordere Theil des Fiſches in dieſer Beziehung dem poſitiven Pole der voltaiſchen Säule entſpricht. Ich darf hier nicht unter— laffen, eines bei Gelegenheit dieſes Verſuches beobachteten Umſtandes zu gedenken, der allen Anweſenden raͤthſelhaft erſchien. In dem Augenblicke, wo das wit Kalium-Joduͤre getraͤnkte Papier mit dem Fisch in Verbindung gebracht wurde, ſahen wir einen ſehr deutlichen Funken. Watkins hatte dieſelbe Erſcheinung ſchon fruͤher beobachtet, und, gleich uns, in Erfahrung gebracht, daß ſie nicht jedesmal, ſondern nur ausnahmsweiſe ſtatefindet, obwohl wir uns bemuͤhten, ſie unter ganz gleichartigen Bebingungen jedesmal hervorzu— rufen. Soweit meine Erfahrung reicht, zeigt ſich bei der voltaiſchen Saͤule nie ein ſolcher Funken, weder in dem Augenblicke, wo man den galvaniſchen Kreis mittelſt eines electrolytiſchen Körpers ſchließt, noch in dem, wo der letztere außer Communication gebracht wird. Ueber die Natur der hier erwähnten Erſcheinung wage ich um fo weniger eine beſtimmte Meinung zu aͤußern, als ich nicht zu entſcheiden wuͤßte, ob der Funken bei der Oeffnung oder Schließung des Kreiſes wirklich vorgekommen iſt. (Fortſetzung folgt.) Von zwei Peruvianiſchen Mumien, welche durch den Marine-Capitaͤn Blanckley der Devon and Cornwall Natural History Society geſchenkt worden ſind, hat Herr P. F. Bellamy in der Verſamm— lung zu Plymouth eine Beſchreibung verleſen. Sie erwie— ſen ſich als die Ueberreſte von Kindern verſchiedenen Alters, das eine wenige Monate, das andere nicht viel uͤber ein Jahr alt: ſie waren aus dem gebirgigen Diſtricte Peru's, aber aus einer betraͤchtlichen Entfernung von dem Seee Ti— ticaca gekommen. In Verbindung mit ihnen wurden Ein— huͤllungen gefunden leine dieſer Huͤllen wurde als ein Klei— dungsſtuͤck erkannt) und das Modell eines Floſſes, zwei kleine Beutel, welche Aehren einer noch nicht beſchriebenen Varietaͤt des Indianſchen Korns enthielten, und zwei kleine ir— dene Toͤpfe. Herr Bellamy zeigte auch noch mehrere an— dere Modelle vor, welche mit andern von Capt. Blanck— ley unterſuchten eingewickelt gefunden waren. Die Schaͤ— del glichen den erwachſenen Exemplaren, welche in dem Muſeum des Royal College of Surgeons aufbewahrt werden und zeigten dieſelben Eigenthuͤmlichkeiten, naͤmlich ein kurz vorſpringendes Antlitz, viereckig vorragendes Kinn, zu— ruͤckweichende Stirn und verlaͤngertes eranium. Er gab an, daß er ihre Bildung fuͤr natuͤrlich halte, und zwar aus folgenden Gruͤnden: 1) Weil die Eigenthuͤmlichkeiten bei dem Kinde fo groß ſind, als bei Erwachſenen und, in der That, bei dem jüngern Individuum noch merkwuͤrdiger find, als in dem aͤl— tern. 2) Wegen der großen verhaͤltnißmaͤßigen Laͤnge der breiten Schaͤdelknochen, welche ſaͤmmtlich in der Richtung nach Hinten verlaͤngert ſind. 3) Wegen der Stellung des Hinterhauptbeins, welches einen Platz in dem untern Theile des Schaͤdels einnimmt. 4) Wegen der Abweſenheit von Zeichen eines Druckes, indem keine Erhebung des Scheitels oder Hervorragung einer der Seiten vorhanden iſt, und 5) weil kein Inſtrument oder mechaniſche Vorrichtung, die zur Zuſammenpreſſung geeignet waͤre, mit den Mumien gefunden worden iſt. Herr Blanckley lenkte die Aufmerk⸗ 1 * 7 ſamkeit auf die eigenthuͤmliche Bildung des Hinterhauptbei— nes, welches aus fünf rudimentaͤren Portionen beſtand, von denen das fuͤnfte Stuͤck zwiſchen die gewoͤhnlich ſogenannten Occipital⸗-Portionen und die zwei Seitenbeine gelagert iſt. Er hielt es für wahrſcheinlich, daß die Mumien die Reſte einiger von der wahren Titicaca-Race ſeyen, die nach der Ankunft der urſpruͤnglichen Auswandrer, oder Gruͤnder der Inka⸗Dynaſtie, beigeſetzt worden wären, und er fordert die Ethnologen auf, anzugeben, welchem Aſiatiſchen Volke ſie in Sitten, Gebraͤuchen und Ausbildung gleichen; wenn aber keine Verwandtſchaft aufgefunden werden koͤnnte, ſo haͤlt er dafür, daß man berechtigt ſey, den urſpruͤnglich Eingebor— nen Geiſtesfaͤhigkeiten zuzuſchreiben, welche fuͤr ſolche Erfin— dungen, als die bei den Mumien gefundenen Producte ver— langten, hinreichend geweſen waͤren. Das Erloͤſchen dieſer Race nahm er als allmaͤlig eingetreten an, und als durch Vermiſchung des Blutes mit den Begleitern Manco Gas pac's hervorgebracht. Zuletzt deutete er darauf hin, daß die Schaͤdel Erwachſener, ſogar Titicacaner, zweierlei Art waͤren, die eine ganz reinen, die andere unreinen Characters, welche letz— ten aus der Vermiſchung der Ureingebornen mit den Anſiedlern aſiatiſchen Urſprungs hervorgegangen waͤren, und welche die modificirte Form zeigten, wo zu der zuruͤckweichenden Stirn und dem verlängerten eranium ein erhabner Scheitel und ein flaches oceiput hinzugekommen ſey, hauptſaͤchlich durch ver— änderte Stellung des Hinterhauptsbeins veranlaßt, welches, ſtatt in horizontaler Richtung zu liegen, in ſchraͤger Rich— tung aufwärts und hinterwaͤrts liege. — Bei der über den Vortrag eingetretenen Discuſſion erklaͤrte Herr Owen, daß er die Form dieſer merk wuͤrdigen Schädel für kuͤnſtlich, durch einen rund um den Schädel einwirkenden Druck, herz vorgebracht halte und wies auf eine rund um den Schaͤdel 8 herumlaufende Vertiefung hin, indem ein Druck in dieſer Richtung, ſeiner Anſicht nach, dieſe Schaͤdelform hervorbrin— gen koͤnne. Die Vergleichung dieſer Schaͤdel mit denen der Erwachſenen ſey deshalb ſehr wichtig. — D. Richardſon bemerkte, daß die verſchiedenen americaniſchen Voͤlkerſchaften verſchiedene Methoden zur Schaͤdelzuſammendruͤckung haͤtten. = Dr. Caldwell, aus America, erklärte dieſe für die merkwuͤrdigſten Indianer-Schaͤdel, die er geſehen habe, be— ſonders wegen der Vorragung des Oberkiefers; worauf Profeſſor Owen erwiederte, daß die Guyana-Indianer den Schädel mit ebenfalls fo vorragendem Oberkiefer hätten. ieee een In Beziehung auf Pflanzenanatomie und Phy⸗ ſiologie hat Herr Payen Unterſuchungen angeſtellt uͤber die cryſtalliniſchen Subſtanzen, welche man an verſchiedenen Theilen der Pflanzen findet. Er hat die letzteren durch verſchiedene Reagen— tien gepruͤft, einige der chemiſchen Analyſe unterworfen und eben— falls das Microſcop zu Huͤlfe genommen. Nach dieſen Unters ſuchungen find die in den Pflanzen enthaltenen mineralifhen Sub— ſtanzen, ſelbſt wenn fie in polyedrifch » cryftallinifchen Formen er— ſcheinen, nicht iſolirt oder zufällig vertheilt; fie find jedesmal ab— gelagert in Zellen von einem ſolchen organiſchen Gewebe, welches ihre Agglomeration beſtimmt und begraͤnzt. Thiere aus einem unterirdiſchen Fluſſe. — Herr Moigno hat der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften, durch Herrn Milne-Edwards, einige Cruſtaceen überreicht, welche er in einem unterirdiſchen Fluſſe, der in einer tiefen Grotte Ame— rica's fließt, gefunden hat. Dieſelben zeigen nur unvollſtaͤndig or— ganiſirte Sehorgane. Das Auge ſcheint nur im rudimentaͤren Zu- ſtande zu ſeyn: es iſt von einer weißen Haut bedeckt. Eine weitere Zergliederung kann intereſſante Reſultate liefern. (Man erinnere ſich an die bei dem unter ähnlichen Verhaͤltniſſen lebenden Proteus anguineus.) Ueber die Anatomie und Pathologie einiger Theile der orbita. Von J. M. Ferrall. (Hierzu die Figuren 19. und 20, auf der mit dieſer Nummer ausge— gebenen Tafel) Es kommen in der Augenhoͤhle Krankheiten vor, deren ge— fährliche Folgen nach unſeren jetzigen Kenntniſſen nicht hinreichend zu erklären find, Ich will einige derfelben anführen, Im Jahre 1835 wurde ich zu einem Kranken gerufen, welcher ſeit 14 Tagen wegen eines Hautausſchlags Plumerſche Pillen nahm und ſich dabei erkaͤltet hatte. Er hatte Gliederſchmerzen bekom— men, hatte ein warmes Bad genommen und war zu Hauſe geblie— ben. Die allgemeine Schmerzen ließen nach; er klagte aber uͤber feine Fuße und konnte nicht ſchlafen. Nach einigen Tagen fühlte er Schmerz im rechten Auge, welcher am zweiten Tage faſt uner— träglich wurde. Ich ſah ihn am dritten Tage, wo er ſo heftig litt, daß er ſich ganz erſchoͤpft fuͤhlte. Er hatte ſeit 48 Stunden nicht geſchlafen und war immer im Zimmer auf und ab gegangen. Un d. eb Der Schmerz im Augapfel, in der Stirn und in der Schlaͤfe war Außerft heftig; dabei belegte Zunge und Fieber. Das Auge ragte 4 Zoll mehr hervor, als das andere; die Augenlider waren ge— ſchwollen, oͤdematoͤs, ſchmutzigroth bis zu einer ſcharfen Graͤnz— linie, welche am obern Augenlide einen halben Zoll von dem Kno— chenrande der orbita entfernt war. Die conjunctiva bulbi ragte um die Hornhaut herum chemotiſch hervor, war aber blaß, ferös infiltrirt. Inzwiſchen war die Hornhaut und die iris durchaus normal zu ſehen. Der Kranke beklagte ſich über oͤftere Blitze, die er vor dem Auge hatte; das Geſicht war nicht geſtoͤrt. Die Haut uͤber beiden Schienbeinen war etwas angeſchwollen und gegen Druck ſehr empfindlich. Da der Puls voll und hart war, ſo wur— den 16 Unzen Blut entzogen, wobei der Kranke ſchwach wurde; er bekam noch Blutegel an die Schlaͤfe und das untere Augenlid und erhielt Calomel und Opium. Die Blutentziehungen erleich⸗ terten; aber am Abend nahm der Schmerz wieder zu, und die Nacht verging unruhig. Am dritten Morgen nach Beginn der Behandlung war die Geſchwulſt und die Vortreibung des Augapfels vermindert. Das Zahnfleiſch wurde afficirt, und fo wurde eine Woche fortgefahren, bis die Geſchwulſt verſchwunden war, 9 en Die Gebilde des Augapfels ſelbſt litten nicht, ſelbſt die Licht⸗ erſcheinungen ruͤhrten nur von einem SKıampte des orbicularis ber, wenn ſich derſelbe über dem vorgetriebenen Augapfel zuſam— menzog. Die Krankheit hatte offenbar ihren Sitz in der Augens hoͤhle; aber in welchem Gewebe derſelben? Eine Entzündung des Zellgewebes der orbita ſollte ſich eigentlich gleichmäßig verbreiten, und der obere Theil des obern Augenlides ſollte durch ſeine Farbe den innern entzündeten Zuſtand angezeigt haben; dieß war aber nicht der Fall, obwohl die Infiltration innerhalb der Augenhoͤhle bis zu einer Dislocation des Augapfels geſteigert war. Perioſtitis ſchien mit mehr Grund anzunehmen zu ſeyn, theils wegen der auftreibenden Schmerzen, theils wegen der Perioſtitis an der tibia und wegen der veranlaſſenden Erkaͤltung. Dieſer Annahme wider: ſprach nur der Umftand, daß der Kranke einen Druck gegen die obere Wand der orbita ſehr leicht ertrug, obwohl ein Druck ge: rade nach Hinten den Schmerz ſehr vergroͤßerte; auch waͤre bei einer Perioſtitis nicht leicht eine ſo große Anſchwellung zu erwar— ten, daß dadurch eine Vortreibung des Augapfels veranlaßt werden konnte. Der Zuſtand des obern Augenlides bewies, daß jedenfalls ein mit dem Augenlid in Verbindung ſtehendes Gewebe entzuͤndet war, daß aber dieſe Verbindung nicht mit dem ganzen Augenlide, fondern nur mit den beiden untern Dritttheilen deſſelben ſtatt haben konnte. um nun hier zu einem Schluſſe zu kommen, nahm ich die anatomiſche Unterſuchung der Orbitaltheile vor und gelangte, nach manchen vergeblichen Unterſuchungen, zu folgenden Reſultaten: Anatomie des obern Augenlides; Zuſammenhang mit fibröfen Geweben in der orbita. Das Augenlid wird durch anatomiſche Haken ausgeſpannt und in verticaler Richtung durch einen Hautſchnitt bloßgelegt. Bei Unterſuchungen der aufs einanderfolgenden Schichten hebt man nur die auf der einen Seite ab und laͤßt die andere Seite in ihrer Lage. Unter der Haut und dem m. orbicularis kommt eine Fascie, welche, wenn man ſie nach Oben verfolgt, in die Augenhoͤhle hineingeht. Innerhalb der Augenhoͤhle ſteht fie mit der Thraͤnendruͤſe, den Gefäßen und dem Fette in Verbindung, welches die ganze Hoͤhle ausfüllen und ſelbſt mit dem Augapfel in Beruͤhrung ſtehen ſollte. Unter dieſer Schicht jedoch, oder zwiſchen den genannten Geweben und dem Augapfel findet man kein Fett. Der naͤchſte Theil ift der levator palpebrae superioris. Uns ter dieſem folgt eine zweite Fascie, welche ebenfalls in die orbita eindringt und, den levator umgebend, eine vollkommene Muskel— ſcheibe darzuſtellen ſcheint. Der naͤchſtfolgende Theil iſt der Tarſalknorpel, deſſen oberer und hinterer Theil ſich mit einer anderen ſtaͤrkeren fibroͤſen Schicht in die orbita hinein fortſetzt, welche den rectus superior von dem Augapfel trennt und eine deutliche Oeffnung zeigt, durch welche die Sehne des Muskels, wie durch eine Rolle, hindurchgeht, um ſich ſodann in der sclerotica zu befeſtigen. Die aͤußere Fläche dieſes fibröfen Theiles ſieht zellgewebig aus und bereitet den Ana— tomen kaum darauf vor, wie verſchieden das Ausſehen an der dem Auge zugekehrten Flaͤche iſt, welche ſodann von Unten oder Vorn aus vorgenommen werden muß. Nun ſollte man zunaͤchſt am lebenden Auge unterſuchen, in wieweit dieſe anatomiſche Zuſammenſetzung von der Hautflaͤche aus unterſchieden werden kann. Am geöffneten Augenlide unterſcheidet man zwei durch die Augenlidfalte getrennte Theile. Dieſe beiden Theile find in verſchiedenem Grade und in verſchiedener Richtung beweglich; der untere Tarſaltheil bewegt ſich über der Gonverität des Augapfels nach Hinten und Vorn in horizontaler Richtung; der obere Theil bewegt ſich nach Hinten und Vorn in verticaler Richtung, indem der obere Rand befeſtigt iſt, waͤhrend der untere Rand allen Bewegungen des horizontalen Theiles des Augenlides folgt. Wenn die Augenlider geſchloſſen ſind, ſo betraͤgt der obere Theil nur 1 des Augenlides, während der untere Theil 3 eins nimmt; bei offenem Augenlide iſt mindeſtens die Hälfte des letztern theils in der Augenlidfalte verborgen, während bei manchen Krank: heiten nicht allein die ganze untere Parthie ſichtbar bleibt, ſondern ſelbſt einen größern Theil des ganzen Lides einnimmt, als im nors malen Zuſtande, wegen der Hypertrophie und zufaͤlliger Anſchwel⸗ 10 lung deſſelben. Die pathologiſche Anwendung iſt hier deutlich, wenn man beruͤcknatigt, daß gewiſſe Krankheitsformen der orbita entweder in dem motoriſchen Apparat, oder hinter demſelben ihren Sitz haben koͤnnen und dadurch ihre Einwirkung auf den untern Theil des Augenlides, womit er zufammenbängt, fortpflanzen, und daß andere Orbitalkrankheiten, welche außerhalb des motoriſchen Apparates ihren Sitz haben, d. h., in dem Theile der orbita zu— naͤchſt am Knochen, welcher das Fett enthaͤlt, ſich durch Entzuͤn— dung und andere Veraͤnderungen in dem obern Theile des Augen— lides zeigen koͤnnen. Anatomie der tunica vaginalis oculi und der Augenmuskeln. Das gewoͤhnliche Verfahren, die orbita zu zergliedern, iſt fehler haft: man öffnet die Höhle gewohnlich von Oben und präparirt von Hinten nach Vorn. Die Theile, auf welche ich jetzt aufmerk⸗ ſam machen will, find hinten weniger deutlich und werden deswe— gen leicht überfehen und in dem Maaße, als die Unterſuchung weis ter nach Vorn vorſchreitet, nothwendig zerftört. Ich habe bereits die aͤußere Flaͤche der fibroͤſen Haut beſchrieben, welche das Auge zunächft umhuͤllt und daſſelbe von feinen Muskeln, fo wie von als len übrigen Geweben in der orbita, trennt. Die aͤußere Fläche deſſelben iſt locker und zellgewebig und unterſcheidet ſich auffallend von der glatten Fläche, welche dem Augapfel zugekehrt iſt. um die letzte richtig zu ſehen, muß man von der Vorderflaͤche oder von der Hornhaut aus praͤpariren; ich ſpalte die Augenlider verti» cal, ziehe die Lappen zuruck und trenne nun die Bindehaut bis zum Augapfel. So wie dieſe letztere Haut auscinandergezogen wird, bemerkt man ſogleich die Unrichtigkeit aller fruͤhern Beſchrei— bungen. Zinn, Soͤmmering und alle Andere ſagen, der Aug⸗ apfel ruhe auf einem Fettlager und ſtehe in unmittelbarer Beruͤh— rung mit den Muskeln. So wie man aber die getrennte Binde— haut auseinanderzieht, fo kommt nicht ein Fettpolſter, fondern eine deutliche Haut von gelblich-weißer Farbe und fibroͤſer Con— ſiſtenz zum Vorſcheine, welche nach Vorn mit dem obern Rande des Tarſalknorpels zuſammenhaͤngt und nach Hinten ſich gegen den Grund der orbita ausdehnt und verdünnt. Eine Sonde iſt hin— reichend, den Augapfel von dieſem neuen Organe zu trennen, in— dem man ein feines verbindendes Zellgewebe damit zerreißt. Die Farbe iſt verſchieden von der äußern Flaͤche, namentlich aber iſt die Seite, an welche der Augapfel ſich hinbewegt, vollkommen glatt. Die Muskelſtanz der recti iſt nirgends ſichtbar. Dieſelben liegen an der Außenſeite dieſer Haut, waͤhrend dieſe ſelbſt den Augapfel auf das Vollkommenſte iſolirt und fügt. An der cons caven Fläche dieſer Haut aber, etwa Z Zoll hinter dem Orbital— rande, zeigen ſich 6 ſehr beſtimmte Oeffnungen, durch welche die Muskelſehnen hervortreten, um zur sclerotica zu gelangen, waͤh— rend jene Oeffnungen gleichſam Rollen bilden, uͤber welche die Muskelſehnen hinlaufen, und mit welchen dieſelben nur durch ein ſehr lockeres Zellgewebe verbunden ſind. Die Figuren 19. und 20. geben eine Anſicht von dieſen Theilen. Figur 19. Die Augenlider ſind getrennt und zuruͤckgeſchlagen, und die tunica vaginalis bulbi iſt durch Oeffnung der conjunctiva bloßgelegt. Die Sehne des rectus internus geht uͤber die Rolle in dieſer Haut und gelangt auf dieſe Weiſe zur solerotica. Figur 20. Daſſelbe Praͤparat mit nach Unten gezogenem Augapfel, um den rectus superior und den obliquus superior zu zeigen. Der letztere geht, nachdem er über feine Rolle am Stirn: beine hingelaufen ift, durch eine Oeffnung nahe bei dem Durchtritts— puncte des rectus superior. Die tunica vaginalis oculi hat ihre Bedeutung theils fuͤr den Schutz des Augapfels, theils fuͤr Regulirung der Richtung, in welcher die Augenmuskeln wirken. Laͤge zwiſchen den Augenmuskeln und dem Augapfel nur Fett, wie gewoͤhnlich angegeben wird, ſo muͤßte das Organ jeden Augenblick einem empfindlichen Druck aus⸗ geſezt ſeyn, wovon niemals Symptome beobachtet worden find. Die Lichterſcheinung bei einem leichten Schlage auf den Augapfel iſt bekannt; ſie wird bisweilen durch einen ſehr leichten Schlag bewirkt, wie, z. B., wenn der Zipfel eines Schnupftuches durch den Wind gegen das Auge getrieben wird; es ſcheint die Zuſam⸗ menziehung bisweilen nur durch die befchügende Thaͤtigkrit des 11 orbieularis bewirkt zu werden. Davon leitet Sir James Bell auch die Lichterſcheinung bei'm Schnäuzen ab und, wie mir ſcheint, mit Recht. Nach der gewoͤhnlichen Annahme uͤber die Anatomie der Augenhoͤhle, wird der Augapfel von den recti auf die Weiſe umfaßt, daß fie bei ihrer Action einen ploͤtzlichen Druck ausuͤben; berückſichtigen wir nun, daß zwiſchen Urfprung und Inſertion dies fer Muskeln der heroorragendfte Theil des Augapfels liegt, fo müſſen wir bei ihrer raſchen Zuſammenziehung entweder eine Licht— erſcheinung erwarten oder annehmen, daß eine ſchuͤtzende Scheide— wand vorhanden ſey, und dieß letztere iſt eben ein Theil der Be— ſtimmung der tunica vaginalis oculi. Ruckſichtlich der zweiten Beſtimmung dieſer Haut und der in ihr befindlichen Oeffnung ſind folgende Betrachtungen anzuſtellen. Zwei verſchiedene Functionen find den geraden Augenmuskeln zuge— ſchrieben werden: Drehung nach verſchiedenen Richtungen und Retraction des Augapfels in die orbita. Das Erſte ſchloß ıman aus der haͤufigen Wahrnehmung ohne hinreichende anatomiſche Erklärung; das letzte dagegen ſchloß man ohne Wahrnehmung aus der anatomiſche Anordnung. Ohne Mitwirkung der tunica vagi- nalis iſt es ſchwer, ſich vorzuſtellen, wie die recti dem Augapfel drehende Bewegungen mittheiten koͤnnen, ohne ihn jedesmal in noch hoͤherem Grade zuruͤckzuziehen; und wenn mehr als ein Muskel gleichzeitig thaͤtig waͤre, ſo iſt es klar, daß die letzte Bewegung vorherrſchen muͤßte. Dennoch hat man nie geſehen, daß ſich das menſchliche Auze in die orbita zuruͤckzieht; warum aber die Mus; keln dieſe Bewegung nicht ausführen, iſt niemals erklaͤrt worden. Retraction koͤmmt bekanntlich bei einzelnen der niedern Thierclaſſen vor. Bei dieſen iſt aber ein beſonderer Muskelapparat dafuͤr vor— handen, welcher ſich an die hintere Flache des Augapfels in der Nihe des opticus inſerirt und daher keinen nachtheiligen Druck auf dieſes Organ ausuͤben kann. Bei manchen dieſer Thiere, bei welchen auch die tunica vaginalis entwickelt iſt, ſchienen mir die recti dem eigenthuͤmlichen retractor antagoniſtiſch entgegenzuwir⸗ ken, dadurch, das dieſe Muskeln uͤber die beſchriebenen Rollen weglaufen. Dieß ſieht man beſonders, wenn man den retractor nach Hinten anzieht, wobei die Sehnen der recti dem Augapfel folgen, indem ſie über die Rollen in der tunica vaginalis hin: gleiten. Es iſt nicht zu bezweifeln, daß die recti bei'm menſchli— chen Auge für ihre Wirkung eine neue Richtung erhalten, wenn ihre Sehnen über die trochleae in der tunica vaginalis hinlau: fen. Sie wirken dadurch ſo, als wenn ſie von den Seiten und nicht von der Spitze der orbita entſpringen, und erlangen dadurch auch eine ausgebreitetere Bewegungsſphaͤre, als der Fall waͤre, wenn ſie bloß von der hintern Spitze der orbita aus wirkte. Nachdem hierdurch eine beſſere Erklaͤrung verſchiedener Er— ſcheinungen möglich geworden iſt, fo gehe ich zur Beſchreibung ei— niger Krankheitsfaͤlle über. Entzündung der tunica vaginalis oculi. Wie andere fibröfe Gewebe, fo ift auch diefe Haut der Entzündung und ihren Folgen unterworfen. Auch leidet ſie durch ähnliche conftitu: tionelle Urſachen und iſt von ahnlichen Symptomen bei ihrer Erkran— kung begleitet. In dem oben mitgetheilten Falle gilt das von Lawrence in Bezug auf rheumatifche Ophthalmſe aufgeftellte Ge: ſetz, wonach jede krankhafte Affection, von eigenthuͤmlich conſtitutio— neller Dispoſition ausgehend, eine Tendenz hat, alle Gewebe der— ſelben Art unter gewiſſen Unſtänden zu befallen. In dem folgen— den Falle iſt der Zuſammenhang zwiſchen der Affection der orbita und dem Knochenhautrheumatismus mehr als wahrſcheinlich. Rheumatiſche Entzündung der tunica vaginalis oculi. Hervortreibung des Augapfels, Heilung durch Queckſilber. Laurence Grand, 32 Jahre alt, ein Zimmermann, brünett, kraͤftig, kam im Februar 1838 mit einer heftigen Entzuͤn— dung und Hervortreibung des rechten Auges in das St. Vincent— Hoſpital. Der Augapfel ragte beträchtlich hervor. Hornhaut und iris ſchienen normal; das Geſicht war aber beträchtlich getruͤbt; die conjunctiva war rings um die Hornhaut herum aufgewulſtet, aber von blaßgrauer Farbe, ohne eine Spur von Gefaͤßentwickelung. Die Augenlider waren geſchwollen und roth, und der untere Theil des obern Augenlides war ſo betraͤchtlich angeſchwollen, daß die Cilien ungewöhnlich weit auseinander zu ſtehen ſchienen und der — 12 Queerdurchmeſſer beträchtlich vergrößert war. Das Augenlid war ſemutz'groth und auf der Oberflaͤche mit einer Anzahl ausgedehn— ter Venen bedeckt. Obwohl die Geſchwulſt des Augenlides den Verticaldurchmeſſer deſſelben vergroͤßert und daſſelbe weiter herab— geſchoben hatte, fo war die Hervortreibung des Augapfels doch fo groß, daß derſelbe uabedeckt blieb. Von dem Augenbraunenrande bis zur Gränze des entzuͤndeten Augenlidtheiles war noch ein Zwiſchen— raum, in welchem weder Roͤthe noch Geſchwulſt vorhanden war. Dieſer Zwiſchenraum erſtreckte ſich einen halben Zoll breit queer über das ganze Augenlid heruͤber. Der Kranke klagte über uner— träglichen Schmerz im Augapfel, als wenn dieſer aus der Augen— hoͤhle herausgeriſſen wuͤrde. Dieſes Gefuͤhl hoͤrte niemals auf, aber der Schmerz war ſehr heftigen Exacerbationen unterworfen. Der Kranke hatte einige Erleichterung, wenn er mit der Hand— flache den Augapfel mäßig in die Augenhoͤhle zuruͤckdraͤngte, ob— wohl der Druck des Fingers bei der Unterſuchung durch einen An— dern unertraͤglich war. Der obere, nicht geroͤthete Theil des obern Augenlides ertrug indeß einen Druck, wenn derſelbe nicht ploͤtzlich ausgeführt wurde und nur nach Oben gegen die Decke der orbita gerichtet war. Der Kranke hatte bisweilen Lichterſcheinungen vor dem Auge, was jedoch im Anfange der Krankheit ſtaͤrker der Fall geweſen war. Die Krankheit hatte vor 5 Tagen angefangen. Der Mann war ohne Schmerzen in's Bett gegangen und Morgens um 3 Uhr durch Schmerz geweckt worden. Seit einer Woche hatte er an Rheumatismen in den Knieen und Beinen gelitten, welche ſich aber bei dieſem neuen Anfalle beſſerten. Er hatte bloß Terpenthin— einreibungen ohne innere Mittel bekommen. Es zeigte ſich noch etwas Auftreibung durch Ergießung in das linke Kniegelenk und Shmerz und Geſchwulſt auf der Mitte der tibia des linken Fußes. Der Mann hatte 6 Jahre zuvor an Syphilis gelitten und reich— lich Mercur gebraucht. Er war jetzt verheirathet, aber dennoch dem Branntweingenuſſe noch ergeben. Aus der a. temporalis wurden 16 Unzen Blut entzogen; die Beſſerung war indeß vorübergehend, der Schmerz kehrte faſt augenblicklich zuruͤck. Der Kranke erhielt 3 Gran Calomel und 2 Gran Opium alle 3 Stunden, ohne beträchtliche Beſſerung, bis am vierten Tage die allgemeine Einwirkung des Mittels ſtattfand. Der Schmerz nahm zuerſt ab; hierauf wich das Auge etwas zu— rück; es verſchwand allmaͤlig die Roͤthe, und zuletzt wich die Ge— ſchwulſt und Formveraͤnderung der Augenlider. Als die Orbital— krankheit beſeitigt war, zeigte ſich, daß auch die Empfindlichkeit und Geſchwulſt der tibia und des Kniees verſchwunden waren. Rheumatiſche Entzündung der tunica vaginalis propria. Hervortreibung beider Augen. Heilung durch Kali hydroiodicum. Mary Smith, 48 Jahr alt, wurde am 16. April 1840, wegen Rheumatismus mit Ergießung in beiden Kniegelenken, aufgenommen. Sie war eine fette, corpu— lente Perſon, welche durch die Gelenkentzuͤndung ganz unbehuͤfflich geworden war. Die uͤbrigen Gelenke waren frei; Fieber war nicht zugegen; außer dem Schmerze war ſie etwas unruhig, und die Nierenſecretion war ſpaͤrlich und dunkel gefaͤrbt Blutegel, Fo— mentationen und Colchieum. Als nach einer Woche die Geſchwulſt faſt voruͤber war, klagte ſie uͤber acuten Schmerz im rechten Auge, in den erſten 24 Stunden ohne Entzuͤndungserſcheinungen, weswe— gen nur ein Abführmittel gegeben wurde. Am zweiten Tage war das obere Augenlid etwas entzuͤndet und geſchwollen; der Augapfel ragte ein Wenig hervor; der Schmerz war verſtaͤrkt, und die Kranke klagte uͤber oͤftere Lichterſcheinungen vor dem Auge. Schroͤpfkoͤpfe in die Schlaͤfe und Antimonialien mil Abfuͤhrmitteln. Nach einer ſehr ſchmerzvollen Nacht war die Krankheit vollkommen ausgebildet. Der Augapfel ragte 3 Zoll hervor; Hornhaut und iris lagen normal in einer ſehr ſtarken Chemoſis von gelblich— grauer Farbe ohne Roͤthung. Die Augenlider waren geſchwollen, bedeckten aber den Augapfel nicht; das obere Augenlid war wieder— um ſchmutzigroth und geſchwollen. Der obere Theil des obern Augenlides war nicht veraͤndert, und es ſetzten ſich beide Theile durch eine ſcharfe Graͤnzlinie ab. Druck auf den obern Theil und nach Oben bewirkte keinen Schmerz; die Kranke ſah mit dem kran— ken Auge ſo gut, wie mit dem andern. Auf der linken tibia fand ſich etwas Geſchwulſt und Schmerzhaftigkeit. Da ichtzdie Wirk— 15 ſamkeit des Kali hydroiodieum bei rheumatifher Perioſtitis ber reits kannte, fo beſchloß ich, dieſes Mittel, jedoch in kuͤrzeren Zwiſchenräumen, als gewoͤhnlich, zu geben. Die Kranke erhielt dreiſtuͤndlich 10 Gran. Am naͤchſten Tage hatte ſie 70 Gran ge— nommen, befand ſich beſſer; ich kennte aber nicht viel Uaterſchied an dem Auge bemerken. Tags darauf war die Beſſerung auffal⸗ lend Geſchwulſt, Hervortreibung und Roͤthe waren vermindert. Am fuͤnften Tage der Behandlung war kaum noch eine Spur des Leidens uͤbrig, und die Medicin wurde daher ausgeſetzt. Auch die tibia war wieder in normalem Zuſtande. Auf einmal wurde das linke Auge ſchmerzhaft und zeigte nach 36 Stunden alle Symptome der Krankheit: Oieſelbe Hervortreibung des Augapfels, dieſelbe Chemoſis und Augenlidgeſchwulſt, dieſelbe Empfindlichkeit gegen Licht bei ungeflörtem Geſichte. Das Kali hydroiodicum wurde dreiſtuͤndlich zu 15 Gran gegeben. Am folgenden Tage ließen die Symptome nach und nach vier Tagen waren fie fait befeitigt. Das Mittel wurde in groͤßeren Zwiſchenraͤumen und kleinern Do⸗ ſen 10 Tage lang nach Beſeitigung jeden Symptomes fortgegeben. Ich habe ſeildem andere Faͤlle geſehen. Dieſe werden aber genuͤgen, um die Krankheit deutlich zu machen. Die Symptome erklären ſich ſehr leicht: Entzündung der coniſch geftaiteter und nach Vorn offenen Scheidehaut muß um ſo mehr Hervortreibung des Augapfels bewirken, als Ergießung in das Zellgewebe des Augapfels damit verbunden iſt, welche letztere ſich durch die graus gefärbte Chemoſis bemerkbar macht. Die Begränzung und Roͤthe der Geſchwulſt am obern Augenlide beſchraͤnkt ſich auf die untern 3 deſſelben, weil auch die beſchriebenen fibroͤſen Gewebe ſich auf dieſen Theil des Augenlides beſchraͤnken. Haͤtte die Entzuͤndung ihren Sitz in dem 3: llgewebe der orbita, fo iſt kein Grund, was rum nicht das ganze Augenlid geroͤthet und geſchwollen ſeyn ſoll; beſchraͤnkte ſich dagegen die Krankheit auf das Perioſt, ſo muͤßte gerade das obere Augenlid vorzugsweiſe afficirt ſeyn, und da ein Druck gegen die obere Orbitalwand nicht ſchmerzhaft iſt, ſo iſt es ein Beweis, daß das Perioft frei von » krankhafter Affection iſt. Es iſt übrigens klar, daß die Entzündung der Augenſcheidenhaut ſich ſehr wohl mit Perioſtitis oder mit einer Entzündung des Aug— apfels compliciren kann; ich wollte nur feſtſtellen, daß der Anfall in der tunıca vaginalis oculi primär auftritt, ſich auf dieſelbe beſchraͤnken kann, und daß noch ein fibroͤſes Organ in der Augen: hoͤhle vorhanden iſt, auf welches, außer dem Perioſteum, eine rheu— matiſche Entzuͤndung bezogen werden kann. Verwachſung der Scheidenhaut mit dem Augapfel durch Entzuͤndung. Mary Maguire, 29 Jahr alt, wurde zu Ende der fuͤnften Woche nach einer heftigen Entzuͤndung des linken Auges aufgenommen. Sie beſchrieb den fruͤhern Schmerz als einen ausreißenden und ſagte, das Auge ſey vom Anfange an hervorgetrieben geweſen. Nach Blutentziehungen und andern Mit- teln hatte der Schmerz und die Roͤthe nachgelaſſen. Die Kranke konnte aber die Augenlider nicht ſchließen das Auge nicht bewegen und auf der Seite nur ſehr undeutlich ſehen. Das Auge ragte etwa einen halben Zoll hervor; Hornhaut und iris waren normal, die Pupille unbeweglich, dilatirt, aber von regelmäßiger Form. Das obere Augenlid war geſchwollen, etwas oͤdematoͤs und von gewoͤhnlicher Faͤrbung. Ließ man die Kranke in verſchiedener Rich— tung feben, fo war zu bemerken, daß das kranke Auge unbeweglich war. Sie hatte zuweilen mouches volantes, aber keine Lichterſchei⸗ nung. Sie erhielt Kali hydroiodieum mit Sarſaparille und ſetzte dieſe Behandlung drei Wochen lang fort. Nach dieſer Zeit hatte das Auge ſeine normale Stelle eingenommen; das Geſicht war ſehr verbeſſert, aber die Unbeweglichkeit des Organes blieb. Mir ſcheint es, daß die Urſachen dieſer Bewegungsloſigkeit eine Verwachſung des Augapfels mit der Augenſcheidenhaut und mit den übrigen fir broͤſen Muskelſcheiden iſt. Bei dieſer Verwachſung werden auch die Muskelſehnen an die Raͤnder der Oeffnungen, durch welche ſie hindurchgehen, angewachſen ſeyn, und die Bewegungen des Auges werden in demſelben Maaße verhindert werden. Ein Abſceß zwiſchen der Scheidenhaut und dem Augapfel. Dieſer characteriſirt ſich durch Erhebung eines Eiters punctes zwiſchen dem Augapfel und dem Augenlide. Die Falte wird ausgefüllt und die conjunctiva als runde Geſchwulſt erhoben. 14 In folgendem Falle war das Leiden Folge einer aͤußern Verletzung und beſchrankte ſich auf den untern Theil des Zellgewebes zwiſchen dem Auge und feiner Scheidenhaut. Ein zehnjähriges Madchen wurde in großen Schmerzen zu mir gebracht, in Folge einer ſechs Tage zuvor erlittenen Verletzung. Beim Reiffpiele war das Kind gefallen und hatte ſich mit dem Stocke vor das rechte Auge geſto⸗ ßen. Erſt drei Tage nach dem Falle wurden einige Blutegel ge— ſetzt; es folgte Fieber, aber ohne Delirium. Die conjunctiva scle- roticae war ſehr injicirt und ragte im Augenwinkel als eine Ge: ſchwulſt hervor. Das Auge ſchien etwas in die Höhe und hervor⸗ getrieben. Die Pupille war etwas erweitert. Eine Spur der Quetſchung war bei der allgemeinen Geſchwulſt und Roͤthe nicht mehr zu bemerken. Die Geſchwulſt fluctuirte, und durch einen Ein⸗ ſtich wurde etwa eine Drachme gutausſehender Eiter entleert. Der Ausfluß wurde durch eine kleine Wieke und einen Breiumſchlag uns terhalten. In wenigen Tagen hoͤrte der Ausfluß auf, und das Auge hatte ſeine normale Beſchaffenheit wiedererlangt. Einen ahnlichen Fall erzaͤhlt Herr Lawrence. Wollte man hier den Einſchnitt von der aͤußern Fläche des Augenlides machen, fo müßte man ſehr tief eindringen, bevor man den Abſceß erreichte. Geſchwuͤlſte innerhalb der tunica vaginalis oculi. Es iſt oft ſehr ſchwer, zu beſtimmen, an welcher Stelle der Einſchnitt gemacht werden muß, um eine Geſchwulſt aus der orbita zu entfernen. Die Verſchiebung des Augapfels und die Hervorragung des Augenlides wird nicht immer genau die Lage der Geſchwulſt anzeigen; bisweilen ſcheint es, die Geſchwulſt liege unmittelbar unter der Haut, und doch muß der Einſchnitt alsdann ſehr tief geführt werden. Solche Geſchwuͤlſte koͤnnen innerhalb und außerhalb der Augenſcheidenhaut liegen, und die Exſtirpation wird hiernach verſchieden ausgefuͤhrt werden. Sarcomatöfe Geſchwulſt in der Augenſcheiden⸗ baut. Ellen Hart, 28 Jahr alt, wurde mit einem heftigen Schmerze in dem rechten Auge in das Spital aufgenommen. Seit acht Monaten nahmen Geſchwulſt und Reizung allmaͤlig zu. Die Thraͤnen floſſen haͤufig uͤber ihre Wangen, und das Geſicht auf dem rechten Auge war faſt verloren. Der rechte Augapfel war etwas nach Oben und Innen auf die Seite gedraͤngt und ſchien ſehr wenig vorzuragen Das untere Augenlid war vorgetrieben und bedeckte eine feſte Geſchwulſt, welche vollkommen durchgefuͤhlt werden konnte. Die Ausdehnung gab dem untern Augenlide ein hypertrophiſches Ausſehen, denn die Wimpern deſſelben ſtanden et— was mehr auseinander, als gewoͤhnlich. Zog man das Augenlid herab, fo bemerkte man die Geſchwulſt auch unter der conjunctiva, und fie ſchien hier ſogar näher zu liegen, als unter der aͤußern Haut. Die conjunctiva war etwas oͤdematoͤs, und dadurch wurde dieſer Punct etwas unſicherer, als man ſonſt erwarten konnte. Nach dem erſten Eindrucke und in der Abſicht, eine aͤußere Narbe zu vermeiden, machte ich einen großen Einſchnitt in der Conjunc⸗ tivafalte zwiſchen Augenlid und Augapfel. Als hierbei das Blut abgewiſcht war, zeigte ſich die Geſchwulſt bloßliegend; ſie wurde mit einem Doppelhaken vorgezogen und mittelſt einiger leichten Meſſerzuͤge ausgeſchaͤlt; es blieb aber ein Fortſatz, welcher nach Hinten ging und mit dem Augapfel in Verbindung ſtand. Dieſer wurde angeſpannt und mit einer Sonde von dem Augapfel leicht abgetrennt. Die Wunde in der conjunctiva heilte in wenigen Ta: gen, ohne eine Spur von der Geſchwulſt, oder von der Operation zurückzulaſſen. Das Geſicht war bald wiederhergeſtellt. Die Geſchwulſt zeigte ſich bei der Unterſuchung von fleiſchiger Conſiſtenz, lappig und von Zellgewebe umgeben. Der vorbiners waͤhnte Fortſatz lag hinter der Convexitaͤt des Augapfels und ins nerhalb der Sheidenhaut, war jedoch mit keinem von beiden Dre ganen feſt verbunden. Balggeſchwuͤlſte kommen ſowohl außerhalb, als innerhalb der fibröſen Augenſcheidenbaut vor, und die Operation muß daher bier: nach eingerichtet werden. Travers machte darauf aufmerkſam, daß Balggeſchwülſte bald an der äußern Fläche des Tarſalknochens liegen und auf dem Augenlide hervorragen, bald unter dem Tar⸗ ſolknorpel, dicht unter dem Augenlide liegen, was gewoͤhnli⸗ cher ſey. 15 — Exſtirpation des Augapfels. Sollte dieſe Operation in einem fruͤhern Stadium der Krankheit erforderlich werden, oder ſollte es ſich zeigen, daß die Krankheit noch auf den Augapfel bes ſchraͤnkt iſt, fo wird eine ſehr einfache Operation genügen. So, z. B., in dem Falle von Travers, wo ein häufig blutender Schwamm durch die Hornhaut hervorbrach und die Orbitalgebilde gar nicht verändert waren. In einem ſolchen Falle laſſen ſich die gefaͤhrlichſten Zufaͤlle der Operation vermeiden; Gefaͤße, Nerven und Muskeln der orbita können geſchont werden, indem man ins nerhalb der Scheidenhaut operirt; es folgt keine Blutung und die Orbitalwand wird nicht entbloͤßt, iſt alſo gegen Entzuͤndung und entzuͤndliche Affection der Schenkelhoͤhle geſchuͤtzt. Außer der Si— cherheit dieſer Operation wird ſie auch durch die Leichtigkeit ihrer Ausfuͤhrung empfohlen. Nachdem die conjunctiva ringsum ge— trennt iſt, durchſchneidet man die Sehnen mit der Scheere eine nach der andern, da, wo ſie durch die Scheidenhaut hervordringen. Der Augapfel wird ſodann mit einem ſtumpfen Inſtrumente rings— um geloͤſ't und die Operation mittelſt Durchſchneidung des n. op- ticus vollendet. Bedenkt man, daß die Orbitalwand bisweilen ftel- lenweiſe ſo duͤnn, wie Papier iſt, ſo wird es ſehr vortheilhaft er— ſcheinen, dieſelbe nicht zu entbloͤßen, indem man innerhalb dieſer zweiten orbita oder der fibroͤſen Augenſcheide operirt. Aus meinen Unterſuchungen uͤber dieſen neuen und merkwuͤrdi— gen Mechanismus ergeben ſich folgende Saͤtze: 1) Die gewoͤhnliche anatomiſche Beſchreibung, wonach der Augapfel mit dem Fette und der orbita in Verbindung ſteht, iſt unrichtig. 2) Durch eine fibroͤſe Haut, welche den Augapfel einhuͤllt und iſolirt, wird derſelbe von allen übrigen Geweben in der orbita getrennt. 3) Der Nutzen dieſer tunica vaginalis oculi iſt, durch ihre glatte Flaͤche die Bewegungen des Augapfels zu erleichtern und durch ihre Feſtigkeit und Spannung denſelben vor dem zufälligen eiern durch die Anſchwellung der ſich contrahirenden Muskeln zu ichern. 4) Die Oeffnungen in diefer Scheidenhaut verſehen den Dienft von Rollen und geben der Muskelwirkung die entſprechende Rich— tung; ſie ſichern die Bewegungen der Rotation und verhindern die der Retraction, welche ſonſt vorherrſchen wuͤrde. 5) Manche Krankheiten innerhalb der orbita mit Hervortrei— bung des Augapfels find nur mit Beziehung auf die tunica vagi- nalis oculi zu erklaͤren. 6) Eine genaue Kenntniß der Anatomie der orbita und der fibroͤſen Gebilde in derſelben iſt für den Operateur wichtig bei Ab— ſceſſen und Geſchwuͤlſten, bei Erftirpationen des Augapfels, bei der Operation des Strabismus und bei allen Operationen in dieſer Höhle. (Dublin Journ., July 1841.) 16 Mise len Ein Hebebett von einfacher Conſtruction (vergl. die Figur 6. auf der mit dieſer Nummer ausgegebenen Tafel) be— ſchreibt Herr Luke in The London med. Gazette, May 1841. Daſſelbe iſt für das London- Hospital ausgeführt und ſehr prac⸗ tiſch befunden worden. 4 Eine gewoͤhnliche Bettſtelle ohne Fuß— bret, worauf die Matratze liegt; B ein Rahmen von gleicher Groͤße, in welchem eine feſte Leinwand ausgeſpannt und an den Rändern herum angeſchnuͤrt iſt; in der Mitte der Oeffnung befin— det ſich eine ovale Oeffnung für die Ausleerungen. Der Rahmen ift mit der Bettſtelle durch vier ſtarke Eiſenſtaͤbe (C) in Verbindung ges bracht, welche 15 Zoll lang ſind und ſich um ein Niet drehen. Zur Erhebung des Rahmens auf dieſen vier Staͤben dient ein eis ferner Arm mit einem Kurbelrade (D), am Fußende des Bettes. Mit dem Kurbelrade wird der Rahmen gegen das Fußende des Bettes hingezogen und erhebt ſich dabei auf den eiſernen Armen (C); es kann in jeder Stellung durch einen Stift feſtgeſtellt werden und iſt fo eingerichtet, daß die Eiſenſtaͤbe (O) über die ſenkrechte Stel- lung nicht vorgezogen werden koͤnnen. E find die Pfoſten am Kopfende. Ueber die (Schiel⸗-Operations-) Durchſchneidung der Augenmuskeln, mittelſt eines Einſtichs und eines Subconjunctival-Schnittes, hat Herr Guérin der Acade⸗ mie zu Paris eine Abhandlung uͤberreicht. Von dieſer Methode ſagt er: Sie iſt leicht auszufuͤhren; die Operation ift ſehr wenig ſchmerz⸗ haft, denn man ſetzt einen Stich an die Stelle einer Praͤparation, und entzuͤndliche Zufaͤlle ſind nie zu fuͤrchten. Außer dieſen Vortheilen, welche Herr Guérin unmittelbare nennt, führt er noch nachfol— gende auf: Die Cicatriſation iſt unmittelbar, und ſelten ſtellen ſich die Excrescenzen der mucosa ein, die man ausſchneiden muß. Das Auge behält alle feine Bewegungen und, wie Herr Guérin verſichert, ſoll der geringe Grad von strabismus, der nach der Praͤparirmethode faſt immer zuruͤckbleibe, bei dieſer Methode nicht ſtatthaben. Er verſichert, daß die groͤßte Zahl von Operationen, die er vorgenommen habe, ihm geſtatteten, dieſe Methode fuͤr ſehr vortheilhaft zu erklaͤren. — Die naͤheren Angaben uͤber das Opera— tionsverfahren werden folgen. In medicinalpolizeilicher Hinſicht iſt nachah⸗ mungswerth eine Pariſer Polizeiverordnung, nach welcher Con— ditoren und Gewuͤrzhaͤndlern verboten wird, zum Einwickeln oder Einpacken von Confect oder Suͤßigkeiten Papier zu nehmen, was mit irgend einer Mineralſubſtanz, mit Ausnahme des Ultramarins und des Berlinerblaus, gefärbt wäre, oder irgend ein Knallmetall an der Huͤlle anzubringen; auch iſt die Verwendung metalliſcher Drahte, als Stiele und Stuͤtzen kuͤnſtlicher Fruͤchte, unterſagt, wozu nur Fiſchbein, Stroh oder Holz verwendet werden duͤrfe. (Vergleiche meinen Aufſatz uͤber die verarbeiteten Gifte, in den (älteren) Notizen Nr. 1016. [XVII. Bd. S. 64.] F.) Gib li og ea pi is che Reuge ite n. British Butterflies. By J. O. Westwood. plates. London 1841. 4. Principles of general and comparative Physiology. Carpenter. 2. edit. London 1841. 8. With 42 coloured By Dr. On the Diseases of Air-Passages, Lungs and Pleura. By Dr. Catherwood. London 1841. 8. Rapport sur les eaux minérales naturelles, fait au nom de la commission des eaux mindrales pour les années 1838 et 1839 et lu à l’acad&mie royale de médecine le 14. aoüt 1841. Par Ph. Patissier. Paris 1841. 8. On the nature, causes and treatment of Erysipelas.. By T. Nunneley. London 1841. 8. ——— — — ͤ bl! (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quart.) Menue Motizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medisinalratbe und Prefeſſer Frorie zu Berlin. Ne. 429. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. (Nr. 2. des XX. Bandes.) preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., October 1841. des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 fGr. Ng er Ueber die Aeußerung der Electricitaͤt bei dem Gymnotus electricus. Von C. F. Schoͤnbein. (Fortſetzung.) Der Verſuch in Betracht der Zerſetzung des Waſſers durch den Gymnotus electricus wurde, theils wegen Mangels an Zeit, theils weil es uns gerade an den geeig— neten Inſtrumenten fehlte, nicht angeſtellt. Uebrigens wird dieſer Koͤrper in keiner ſehr deutlichen Weiſe zerſetzt, und in den meiſten Fällen dürfte man ſegar ein ſcheinbar negatives Reſultat erlangen, d. h, keine ſichtbare Entbindung von Waſſerſtoffgas und Sauerſtoffgas bewirken. Nichtsdeſto— weniger läßt es ſich, meiner Anſicht nach, leicht darthun, daß der Zitteraal das Waſſer ſo gut zerſetzt, wie jeden andern electrolntifchen Körper, z. B, Kalium-Joduͤre. Ich habe fruͤher durch zahlreiche Verſuche nachgewieſen, daß ſelbſt die ſchwaͤchſte electriſche Stroͤmung, die durch irgend eine electrolytiſche Fluͤſſigkeit geht, den hineingetauchten Platingelectroden electriſche Polaritaͤt mittheilt, und ich habe ferner augenfaͤllig bewieſen, daß die an den Electroden unter dieſen Umſtaͤnden erkennbare Polaritaͤt von den ſich abla— gernden Grundbeſtandtheilen des Electrolyten und folglich von der Zerſetzung des letztern, welche eine nothwendige Folge jener Ablagerung iſt, herruͤhrt. Wenn man daher zwei Platinablaͤtter, einerſeits mit dem Kopfe und andrerſeits mit dem Schwanze des Zitteraals in Verbindung braͤchte und dieſelben in ſchwach geſaͤuertes Waſſer eintauchte, ſo bin ich im Voraus uͤberzeugt, daß der am Kopf befindliche poſitiv polariſirt werden wuͤrde, daß folglich beide in einen Zuſtand gerathen wuͤrden, aus dem die Zerſetzung des Waſſers un— zweifelbar hervorgehen muͤßte. Ich habe meinen Londoner Freunden die Anſtellung dieſes Verſuches empfohlen, weiß aber nicht, ob ſie meinen Wuͤnſchen entſprochen haben. Der letzte Verſuch, den wir an jenem Abend anſtellten, war, daß wir die Entladung des Fiſches durch den Draht No. 1520. Riu a eines Galvanometers ſtreichen ließen. Die Abweichung der Nadel betrug 42°, und aus der Richtung derſelben ergab ſich ebenfalls, daß der Kopf des Fiſches den poſitiven, und der Schwanz den negativen Pol einer voltaiſchen Saͤule repraͤſentirt. Die hier erlangte Abweichung erſcheint ſehr betraͤchtlich; denn das Galvancmeter, welches wir benutzten, war keineswegs vorzuͤglich empfindlich, indem der Draht keine große Anzahl von Windungen darbot. Indem ich meinen Bericht uͤber die von mir angeſtell— ten Verſuche beſchließe, muß ich darauf auſmerkſam machen, daß Faraday vor mir eine Reihe von Experimenten gemacht hat, deren Reſultate mit den von mir erlangten durchaus uͤbereinſtimmen und von ihm der Royal Society mitge— theilt worden find. *) Bei dem hohen wiſſenſchaftlichen Intereſſe, welches dieſe Verſuche, zu denen der Phyſiker nur hoͤchſt ſelten Gelegenheit hat, darbieten, habe ich demunge— achtet geglaubt, die meinigen dem Publicum nicht vorenthalten zu duͤrfen, wenngleich dieſelben auf Vollſtaͤndigkeit keinen Anſpruch machen konnen. Aus obigen Daten ſcheint ſich mir klar zu ergeben, daß die Kraft, vermoͤge deren der Zitteraal dem Menſchen Schläge ertbeilt, Metalle verbrennt, Funken erzeugt, zuſam— mengeſetzte Körper in ihre Elemente zerlegt und Electricitaͤts— leiter in Magnete verwandelt, nicht nur die groͤßte Aehn— lichkeit mit dem Galvanismus darbietet, ſondern voͤllig iden— tiſch mit demſelben iſt. Von einer weſentlich befondern thie— riſchen Electricitaͤt kann demnach fortan nicht mehr die Rede ſeyn, und Davy's Anſicht, daß der Zitterrochen eine ſolche beſitze, iſt als beſeitigt zu betrachten; man müßte ſonſt be- haupten, jener in der Phyſik angenommene Grundſatz, daß dieſelben Wirkungen dieſelben Urſachen vorausſetzen, habe keine allgemeine Guͤltigkeit. Allerdings läßt ſich die Moͤglich⸗ keit nicht laͤugnen, daß die im Gymnotus electricus 9 — Neue Notizen, Nr. 259., S. 257 und Nr. 260., mr“ 2 19 — — und der Raja torpedo thätige Kraft, wenngleich fie in ihren bisjetzt bekannten Wirkungen mit den Galvanismus zuſammentrifft, dennoch von demſelben verſchieden ſey; d. h., daß die Electricität der Fiſche unter gewiſſen noch nicht er— mittelten Umſtaͤnden anders wirken koͤnne, als die gemeine. Indeß, fo lange wir eine ſolche verſchiedene Wirkungsweiſe nicht durch Erfahrungen belegen koͤnnen, dürfen wir eine ſolche Verſchiedenheit der Urſache nicht vorausſetzen. Wenn wir alſo vor der Hand nicht daran zweifeln dürfen, daß die dieſen Thieren inwohnende Kraft dieſelbe ſey, wie die, welche die furchtbar-ſchoͤnen Erſcheinungen der Gewitter, dann die Erſcheinungen unſerer electriſchen und voltaiſchen Apparate erzeugt, ſo muͤſſen wir doch uͤber die ſo große Verſchiedenheit der Mittel und Umſtaͤnde ſtaunen, welche in allen dieſen Faͤllen dieſelben Wirkungen hervorbringen. Wie weit weicht in der That ein aus Kupfer, Zink, Waſſer und Saͤure beſtehender Apparat von der Or— ganiſation des Zitterrochens ab! Kann man ſich etwas Verſchiedeneres denken, als eine Leydener Flaſche und einen Zitteraal? und wo waͤre zwiſchen den Gewitterwolken, aus denen der vernichtende Blitzſtrahl faͤhrt, und dem Zitteraale, der den Thieren betaͤubende Schlaͤge verſetzt, die geringſte Aehnlichkeit wahrzunehmen? Auf der einen Seite entſpringen dieſe merkwuͤrdigen Erſcheinungen durch die Reaction unorganiſcher Stoffe auf— einander; auf der andern find fie das Reſultat eines hoͤchſt vollkommen eingerichteten Organismus. Allerdings beigen alle electriſche Fiſche gewiſſe Organe, die den uͤbrigen Fiſchen fehlen, und deren Ausſchneidung den Verluſt der electriſchen Kraft unausbleiblich zur Folge hat; ferner laͤßt ſich eine gewiſſe Aehnlichkeit zwiſchen der Anord— nung der Theile, die das electriſche Organ bilden, und der Schichtung einer gewoͤhnlichen voltaiſchen Saͤule nicht ver— kennen; endlich hat man die an den Fiſchen beobachteten electriſchen Wirkungen aus dem von Volta auf: geſtellten phyſicaliſchen Geſetze, daß jede Beruͤhrung zweier verſchiedenartiger Koͤrper Electricitaͤt entbinde, erklaͤren wol— len und daher den aus Miskeln und Nerven oder andern heterogenen organiſchen Stoffen aufgeſchichteten Saͤulen viel Aufmerkſamkeit geſchenkt; allein aus dieſen Thatſachen und Inductionen laͤßt ſich doch, meines Erachtens, nicht einmal eine vage Aehnlichkeit, vielweniger die Identitaͤt der Um— ſtaͤnde herleiten, unter denen die electriſchen Erſcheinungen einestheils durch die voltaiſche Saͤule und anderntheils durch den Zitteraal hervorgebracht werden. Es ſcheint mir klar, daß das eigenthuͤmliche Organ der electriſchen Fiſche an und fuͤr ſich, d. h., in der mechaniſchen Anordnung feiner Theile, nicht die zur Erzeugung von Electricitaͤt er— forderliche phyſicaliſche Einrichtung beſitzt, indem es, von dem Thiere getrennt, durchaus keine voltaiſche Saͤule dar— ſtellt und keineswegs Electricitaͤt entwickelt, mag man es behandeln und in Lagen verſetzen, wie man wolle. Die vollſtaͤndige Aufhebung der Electricitaͤt erzeugenden Kraft mittelſt Durchſchneidung der Nerven und durch den Tod des Thieres ſpricht ebenfalls fuͤr unſere Anſicht. Die Thaͤtigkeit 20 der Nerven ſcheint demnach zur Entwickelung der Electrici— tät eben fo unumgänglich noͤthig, wie das electriſche Organ ſelbſt; allein der Sitz und die Quelle der Eleetrieitaͤt duͤrf— ten demungeachtet in dem Letztern zu ſuchen ſeyn. Um die Moͤglichkeit dieſer Vorausſetzung einzuſehen, braucht man bloß anzun hmen, die Electricitaͤt entwickele ſich im Organe nur, wenn die daſſelbe bildenden Theile eine gewiſſe relative Lage zu einander haben, ſo wie, daß dieſe Lage auf irgend eine Weiſe durch die mit dem Organe und dem Gehirne des Fiſches in Verbindung ſtehenden Nerven erzeugt werde. Man denke ſich, z. B., eine voltaiſche Saͤule, deren Platten und Fluͤſſigkeit mittelſt eines geeigneten Mechanismus be— liebig in die zur Erzeugung des Voltaismus erforderliche gegenſeitige Verbindung, ſo wie aus derſelben herausgebracht werden koͤnnen; alsdann wuͤrde die Kraft, welche dieſen Mechanismus in Bewegung ſetzt, mit den Wirkungen der Saͤule durchaus in keinem erkennbaren Zuſammenhange ſtehen. Die Nerventhaͤtigkeit duͤrfte vielleicht bei der Entbindung der Electricitaͤt des Zitterrochens und Zitteraals eine aͤhn— liche Nebenrolle ſpielen und ſich auf Bewirkung von mecha— niſchen Bewegungen in den electriſchen Organen dieſer Thiere beſchraͤnken. Allein einestheils iſt die Structur die— ſes Organs von den Anatomen noch nicht hinlaͤnglich genau unterſucht — ſo wie auch die Phyſiologen die Functionen ſeiner Theile noch nicht in genuͤgender Vollſtaͤndigkeit nach— gewieſen haben, — als daß wir das Vorhandenſeyn aͤhnli— cher Apparate behaupten koͤnnten, und anderntheils ſcheinen mir mehrere andere Umſtaͤnde gegen die Haltbarkeit der eben erwähnten Hypotheſe entſchieden zu ſprechen Zuvoͤrderſt erblicke ich in der phyſicaliſchen und chemi— ſchen Beſchaffenheit der das electriſche Organ bildenden Sub— ſtanzen eine große Schwierigkeit. So weit dieſelben in die— ſen Beziehungen bekannt ſind, bieten ſie einen ſo indifferen— ten electromotoriſcher Character dar, daß ſie in jeder moͤg— lichen Anordnung und Verbindung unfaͤhig bleiben wuͤrden, fire ſich ähnliche electrifhe Wirkungen hervorzubringen, wie ſie der lebende Fiſch mit Leichtigkeit erzeugt. Die voltai— ſchen Erſcheinungen, welche manche Beobachter gewonnen haben, indem ſie aͤhnliche Subſtanzen, wie die, aus denen das electriſche Organ der Fiſche beſteht, ſaͤulenartig aufge— ſchichtet haben, ſind in der That ſo unbedeutend ausgefal— len, daß ſie in phyſiologiſcher, phyſicaliſcher und chemiſcher Hinſicht gar nicht in Betracht kommen koͤnnen. Außerdem ſind die auf dieſe Weiſe erlangten electriſchen Erſcheinungen der Art, daß es zweifelhaft bleibt, ob ſie wirklich weſentlich durch die Reaction der miteinander in Beruͤhrung geſetzten organiſchen Stoffe erzeugt worden ſind. Bekennen wir uns zu Volta's Theorie, ſo wird es ſchwer halten, damit die Erſcheinung in Uebereinſtimmung zu bringen, daß ein leben— der Zitteraal dem Menſchen Schlaͤge ertheilen kann, wie ſie ſich durch keine Saͤule von 100 ſtarken Plattenpaaren er— langen laſſen, die doch aus den kraͤftigſten Electromotoren beſteht. Und wie koͤnnten diejenigen, welche den Urſprung der Electricitaͤt der voltaiſchen Saͤule in eine chemiſche Thaͤtigkeit ſetzen, der fraglichen außerordentlichen Erſcheinung eine haltbare Grundlage anweiſen? Weder die ſogenannte 21 Spannung der das electriſche Organ bildenden Theile, noch deren gegenſeitiges chemiſches Verhalten kann, nach dem gegenwärtigen Standpuncte der Theorie, als die wahre Urſache der von Fiſchen erzeugten electriſchen Wirkungen angeſehen werden. Daher iſt die Anſicht, als ob das frag— liche Organ der einzige phyſicaliſche Factor, die weſentliche Quelle der in den Fiſchen ſich entbindenden Electricitaͤt ſey, meinem Dafuͤrhalten nach, unzulaͤſſig. Gegen die Richtigkeit dieſer Anſicht ſpricht auch der Umſtand, daß alle electriſchen Fiſche, innerhalb gewiſſer Graͤnzen, die Schläge willkuͤhrlich zuruͤckhalten oder erthei— len, folglich ſich paffio oder activ verhalten koͤnnen. So weiß, nach Faraday's Beobachtungen, der Zitteraal recht gut, ob die ihn beruͤhrenden Koͤrper lebendig oder leblos, ob es die Gliedmaaßen eines Menſchen oder Kupferſtreifen ſind, ob ſeine Schlaͤge gefuͤhlt werden oder nicht, und das Thier richtet ſich in Betreff des Gebrauches, den es von ſeiner electriſchen Kraft macht, nach den Umſtaͤnden. Fuͤhlt es, daß die Haͤnde eines Menſchen es beruͤhren, ſo uͤbt es ge— wohnlich das Maximum feiner Kraft aus: wogegen es, wenn man feine Pole mit Metallſtuͤcken berührt, ſich zwar auch zuweilen durch dieſe Leiter entladet, aber bald aufhoͤrt, ſeine Thaͤtigkeit unter dieſen Umſtaͤnden zu aͤußern. Des— gleichen laͤßt der in London befindliche Zitteraal haͤufig einen kleinen Fiſch ſehr lange in feiner Nachbarſchaft ruhig neben ſich im Becken ſchwimmen; allein wenn er Luſt hat, den— ſelben zu freſſen, fo legt er ſich ringfoͤrmig um feine Beute und entladet ſich ſo kraͤftig durch das auf dieſe Weiſe um— ſchloſſene Waſſer, daß der darin enthaltene kleine Fiſch augenblicklich betaͤubt mit dem Bauche nach Oben daliegt und ſich ohne Widerſtand verſchlingen laͤßt. Wenn alſo die Electricitaͤt in dem Organe auf einem rein phyſicaliſchen, oder chemiſchen, oder auf einem von organiſcher Thaͤtigkeit ganz unabhaͤngigen Wege erzeugt wuͤrde, ſo ließe ſich nicht abfeben, wie der Fiſch die Entladung nicht nur beliebig bes wirken oder unterlaſſen, fondern auch ſtark oder ſchwach be— wirken konnte. Die Erſchoͤpfung und ſchwache Electricitaͤt, welche man an dieſen Fiſchen beobachtet, wenn ſie lange hinterein— ander in electriſcher Thaͤtigkeit geweſen ſind, ſpricht ebenfalls mehr gegen, als fuͤr die fragliche Anſicht. Bisher hat man, meines Wiſſens, keinen anatomiſchen, phyſiologiſchen, oder chemiſchen Unterſchied zwiſchen dem Zuſtande des electriſchen Organes vor und nach ſeiner Entladung nachweiſen koͤnnen, und dieß haͤtte, ſo ſcheint es, der Fall ſeyn muͤſſen, wenn die Electricitaͤt des Fiſches von phyſicaliſchen oder chemiſchen Urſachen berruͤhrte. Nach der Theorie, welche in dem Con— tagte zweier heterogenen Stoffe eine unverſiegbare Quelle der Elertrieirät erblickt, laͤßt ſich nicht abſehen, warum ſich der Fiſch erſchoͤpfen ſollte; denn ſo lange die Electromotoren des Organes ſich nicht veraͤndern, muͤßte deren Kraft auch die— ſelbe bleiben; gleich nach der Entladung muͤßten ſie in den Zuſtand der electrifden Spannung zuruͤckkehren und ſich da— rin ungeſchwaͤcht erhalten. Aber wie ſich -in jedem Organis— mus die Lebenskraft durch Anſtrengung erſchoͤpft, fo nimmt 22 auch die electriſche Kra’t des Fiſches durch deren häufige Benutzung bedeutend ab, und aus dieſem Umſtande ſcheint ſich eine innige Beziehung zwiſchen der electriſchen Kraft und der Lebenskraft des Thieres zu ergeben. Meines Erachtens verdient auch noch ein andrer Um— ſtand die volle Beachtung der Phyſiker, und derſelbe ſteht mit dem eben betrachteten in ziemlich naher Beziehung. Der Zitteraal verſetzt feine Schläge in ſuͤßem und der Zit— terrochen in ſehr ſalzigem Waſſer. Da nun dieſes Waſſer ein ziemlich guter Electricitaͤtsleiter iſt, ſo iſt der Kreis zwiſchen den beiden Polen des Fiſches ſcheinbar beſtaͤndig ge— ſchloſſen, und unter dieſen Umſtaͤnden muß die Ladung des Fiſches immer ſchwaͤcher werden, je laͤnger ſie in ihm vor— handen iſt, wie es der Fall ſeyn wuͤrde, wenn man eine geladene Leydener Flaſche in ein Glas Waſſer, oder eine iſo— lirte voltaiſche Saͤule in eine ſaliniſche Aufloͤſung eintauchte. Allein alle bis jetzt mit dieſen Thieren angeſtellten Ver— ſuche ſcheinen dafuͤr zu ſprechen, daß ſie ſich mitten in lei— tungsfaͤhigen Fluͤſſigkeiten iſolirt erhalten, d. h., nach Be— lieben unthaͤtig bleiben, oder thaͤtig werden koͤnnen. Viel⸗ leicht beſitzen auch dieſe Fiſche eine eigenthuͤmliche Organiſa— tien, welche ſie faͤhig macht, ihren electriſchen Apparat will— kuͤhrlich mit dem fie umgebenden fluͤſſigen Medium in Ver: bindung zu bringen, oder von demſelben zu iſoliren. Ich habe uͤbrigens bei ihnen noch nichts entdecken koͤnnen, was auf den Beſitz eines ſolchen Vermögens hindeutete; und al— lerdings muͤßte ein ſolcher Apparat von hoͤchſt merkwuͤrdiger Beſchaffenheit ſeyn, da die meiſten animaliſchen, in'sbeſon— dere die membranecnartigen Subſtanzen gute Electricitaͤtslei— ter find. Wenn wir in der willkuͤhrlich eintretenden Nerven thaͤtigkeit des Fiſches die Kraft erkennen, welche der Electri— citaͤt den erſten Anſtoß giebt, fo koͤnnen wir, wenigſtens im Allgemeinen, begreifen, daß die fraglichen Thiere von den beſten Leitern, und folglich auch von Salzwaſſer um— geben, mit denſelben in inniger Beruͤhrung und gleichſam von ihnen durchdrungen ſeyn koͤnnen, ohne daß ihre Electri— citaͤt ſich von ſelbſt entladet. Aus dieſem Geſichtspuncte betrachtet, iſt die Sache nicht wunderbarer, als, z. B., die Faͤhigkeit, die der Menſch beſitzt, feinen Arm durch die ſei— ner Willkuͤr unterworfenen Nerven und Muskeln in einer horizontalen Lage zu erhalten, obwohl derſelbe durch die Schwerkraft abwaͤrts gezogen wird. Um die Anſicht, daß der Sitz der electro-motoriſchen Kraft des Fiſches ſich von Natur und nicht ausnahmsweiſe in dem electriſchen Organe befinde, zu rechtfertigen, koͤnnte man den Umſtand geltend machen, daß die erzeugte Stroͤ— mung im Verhaͤltniß zu gewiſſen Koͤrpertheilen ſtets eine be— ſtimmte Richtung beobachtet, und daß das Thier dieſelbe keineswegs beliebig in umgekehrter Richtung wirken laſſen kann. Es kann ſich willkuͤhrlich entladen, oder ſeine Kraft an ſich behalten; es kann ſelbſt die Kraft der Schläge be⸗ liebig ſteigern, oder vermindern; allein auf der andern Seite iſt es dem Geſetze, nach welchem die von ihm erzeugten electrifchen Strömungen ſtets in derſelben Richtung gehen, ſtreng urterworfen. Giebt man nun auch zu, daß dieſe 2 * 23 Unveränderlihkeit der Strömung von einer unwandelbaren Structur und deer beſondern Beſchaffenheit der electriſchen Organe abhaͤngig iſt, ſo ſcheint mir deßhalb noch nicht aus— gemacht, daß man dieſen Apparat als die urſpruͤngliche Ur— ſache der Erzeugung der Stroͤmung zu betrachten habe. Die Formen, unter denen eine Thaͤtigkeit ſich aͤußert und die Art und Weiſe, wie eine Kraft ſich offenbart, iſt in allen File an gewiſſe materielle Bedingungen geknuͤpft und im organiſchen Reiche in'sbeſondere an unwandelbare Verhaͤltniſſe der Organe gebunden, ohne daß deßhalb die ei— genſte Quelle einer ſolchen Kraft oder Thaͤtigkeit gerade in dieſen Verhaͤltniſſen ihren Sitz hat. Wenn die Bewegung eines Gliedes unzweifelhaft von dem Willen abhaͤngig iſt und die Urſache dieſer Bewegung nicht in dem Gliede ſelbſt liegt, ſo richtet ſich doch die Art der Bewegung nach deſſen Organiſation. Aehnlich koͤnnte es ſich mit der Unveraͤnder— lichkeit der Richtung der electriſchen Stroͤmung verhalten; fie koͤnnte von einer beſtimmten Gliederung des Organes abhaͤngig ſeyn. Die in einem Hautbois in Schwingung tretende Luft erzeugt einen andern Ton, als in einer Clari— nette, und dieſe Verſchiedenheit hat ihren Grund einzig in der abweichenden Form und Einrichtung beider Inſtrumente, obwohl dieſe letztern ihrerſeits nicht an ſich die Urſache des Tones ſind. Bevor ich ſchließe, ſey es mir erlaubt, uͤber den in Rede ſtehenden Gegenſtand noch einige allgemeine Betrach— tungen anzuſtellen. Die lebenden Geſchoͤpfe entbinden ohne Ausnahme Wiirme, und manche beſitzen ſogar die Faͤhigkeit, Licht zu entwickeln. Die Urſache davon will man in den: ſelben chemiſchen und phyſicaliſchen Umſtaͤnden finden, unter denen ſich Licht und Waͤrme im Gebiete der unoryanifben Schöpfung entwickeln. Da jeder Organismus eine Art von Laboratorium iſt, in welchem unaufhörlich chemiſche Schei— dungen und Verbindungen vor ſich gehen, ſo behauptet man, die animaliſche Waͤrme ruͤhre groͤßtentheils von dieſen ver: ſchiedenen Proceſſen her. Ich bin weit davon entfernt, die chemiſchen und phyſicaliſchen Thaͤtigkeiten aus dem Bereiche der lebenden Natur verbannen und alle in dieſer ſtattfinden— den Erſcheinungen einzig den foyenannten organiſchen Kraͤf— ten zuſchreiben zu wollen. Die organiſche Welt wurzelt fo tief in der unorganiſchen, und beide ſind ſo innig mit ein— ander verbunden, daß man die eine kaum ohne die andere betrachten kann. Es waͤre alſo ein wahres Wunder, wenn die Kraͤfte, welche in der lebloſen Natur eine allgemeine und wichtige Rolle fpielen, im organiſchen Reiche gar keinen erheblichen Einfluß haͤtten. Allein aus dieſer innigen Ver— bindung ſcheint ſich mir keineswegs zu ergeben, daß die den beiderartigen Kraͤften gemeinſchaftlichen Erſcheinungen in bei— den Fällen auf dieſelbe Weiſe erzeugt werden muͤſſen. Wenn, z. B., bei'm Eingehen jeder chemiſchen Verbindung Waͤrme frei wird, und wenn bei den Thieren dieſelbe Wir— kung unaufhoͤrlich ſtattfindet, ſo folgt daraus nicht, daß alle thieriſche Waͤrme chemiſchen Urſprungs ſey. Selbſt in der unorganiſchen Natur kann dieſelbe Erſcheinung unter den verſchiedenartigſten Umſtaͤnden entſtehen. Gleiches laͤßt 24 ſich vom Licht und von der Electricitaͤt ſagen, welche wir an lebenden Thieren zur Entwickelung gelangen ſehen. Wiſſen wir nicht, daß eine heftige Gemuͤthsbewegung das Geſicht augenblicklich röthen und der Schreck die Glie— der auf der Stelle laͤhmen kann? und dieſen entgegengeſetz— ten Empfindungen entſprechen, fo viel ich weiß, verſchiedene thermometriſche Zuſtaͤnde der fo ergriffenen Koͤrpertheile. Ruͤhren dieſe Erſcheinungen etwa daher, daß die plotzlich ge— ſteigerte, oder verminderte Nerventhaͤtigkeit die chemiſche Thaͤ— tigkeit beſchleunigt, oder verzögert? Ich halte dieß nicht für wahrſcheinlich; allein ſelbſt wenn dem ſo waͤre, ſo wuͤrde dieſer plötzliche Einfluß der Empfindungs- und Nerventhaͤ— tigkeit auf die chemiſchen Functionen und die Entbindung von Waͤrme nichtsdeſtoweniger ein ungemein merkwuͤrdiger Umſtand ſeyn. Ferner hat man bei den im Dunkeln leuchtenden Thie— ren beobachtet, daß der Grad der Lichtentwickelung mehr oder weniger in der Willkuͤhr derſelben ſteht, und daß in's— beſondere jede innere oder aͤußere Reizung der Thiere einen ſehr deutlichen Einfluß auf deren Leuchtkraft hat. Dieſer Umſtand gehoͤrt in dieſelbe Claſſe, wie die ſo eben betrach— teten Thatſachen, und ſpricht ebenfalls dafuͤr, daß in den erwaͤhnten Faͤllen die Entwickelung des Lichts, wie die der Waͤrme, von einer unwillkuͤrlichen Thaͤtigkeit herruͤhre, die der Seelenthaͤtigkeit analog iſt. Was die von Fiſchen erzeugten electriſchen Wirkungen anbetrifft, ſo unterliegt es keinem Zweifel, daß ſie in ge— wiſſen Graͤnzen von dem Willen des Thieres abhaͤngig ſind, und ſo haͤtten wir denn im organiſchen Reiche drei Reihen von phyſicaliſchen Erſcheinungen, welche zu der Nerventhaͤ— tigkeit, folglich, um noch weiter zuruͤckzugehen, zu der Willenskraft der Thiere in der engſten Beziehung ſtehen wuͤrden. Dieſe innige Verbindung, welche zwiſchen ſo ver— ſchiedenartigen Agentien ſtattfindet, deutet auf ein Naturge— heimniß, deſſen Erklaͤrung dem Menſchengeiſte eben ſo ſchwer fallen, als es die Wißbegierde des Naturforſchers an— ſpornen muß; denn in dem Zuſammenwirken dieſer Thaͤtig— keiten erkennen wir eine innige Beziehung zwiſchen Kraͤften, die unſere ſchwache Faſſungskraft uns als unendlich verſchie— den von einander erkennen laͤßt. Licht, Wärme und Elee— tricitaͤt, dieſe Grundlagen der gewaltigſten Naturkraͤfte, durch welche die unorganiſche Welt bewegt wird, koͤnnen auch aus einer Quelle hervorgehen, welche der Freiheit und dem Leben ſehr nahe liegt, und aus einer Kraft entſprin— gen, die ſich in ihren Aeußerungen ſelbſt beſtimmt. Die eben angezogenen Faͤlle ſind im Reiche der Mate— rie, der ſichtbaren und greifbaren Dinge nicht die einzigen, in denen wir die Thaͤtigkeit ſelbſtbewußter Kräfte wahrneh— men koͤnnen; nicht nur in ihnen bemerken wir durch Lebens— kraͤfte erzeugte phyſiraliſche Wirkungen, fo wie auch Lebens: kraͤfte, die durch phyſicaliſche Thaͤtigkeit hervorgerufen wer— den. Dem Auge des vorurtheilsfreien Beobachters begeg— nen taͤglich Tauſende von Beiſpielen von der innigen Wech— ſelbeziehung zwiſchen Nothwendigkeit und Freiheit, zwiſchen dem Koͤrperlichen und Geiſtigen, und unter den mannigfal— 25 tigften Formen bieten fih ihm Erſcheinungen dar, deren Aeußerung rein unmoͤglich waͤre, wenn wirklich zwiſchen den die organiſche Natur und den die unorganiſche Natur be— herrſchenden Kraͤften jene unuͤberſteigliche Kluft befeſtigt wire, auf welche hin beſchraͤnkte und vorurtheilsvolle For— ſcher ſchon ſo viel unverdautes Zeug zu Markte gebracht haben. Daß ſich ein ſo grober Irrthum fort und fort er— halten kann, ruͤhrt von Umſtaͤnden anderer Art her, die leider dem Fortſchreiten der aͤchten Wiſſenſchaft uͤberall hem— mend in den Weg treten. Zumal werden die Phyſiker und Phyſiologen, welche ſich mit der Erklärung des Geheimniſſes des Lebens befaſ— fen, kaum bis unter die Schaale des Gegenſtandes eindrin— gen koͤnnen, wenn fie ſich bei ihren empiriſchen Unter: ſuchungen nicht fortwaͤhrend das Grundprincip der aͤchten Phyſik vergegenwaͤrtigen, deſſen Wahrheit keines weitern Beweiſes bedarf, und welches die Einheit der Natur volls kommen feſtſtellt. Naͤhme man in der Natur die Exiſtenz abſoluter Ver— ſchiedenheiten, d. h., Kraͤfte, Stoffe, Thaͤtigkeiten an, die ohne gegenfvitine Beziehungen wirken und exiſtiren koͤnnten, ſo wuͤrde dieß im Reiche der Naturwiſſenſchaften eben ſo unlogiſch und unwahr ſeyn, als wenn man im Gebiete der Religion und Philoſophie behaupten wollte, die Welt werde durch eine Menge verſchiedener Gottheiten im Gange erhal— ten. Organiſation und Art der Thaͤtigkeit, Materie und Kraft, Leben und Tod, Freiheit und Nothwendigkeit ſtehen ſaͤmmtlich miteinander in der innigſten Verbindung, bedingen einander, gehen ineinander uͤber und entſpringen aus einer und derſelben unverſiegbaren Quelle. Und wenn ſich uns die Natur im Raume und in der Zeit in ein Aggregat von zahlloſen Individualitaͤten, die keinen Zuſammenhang unter— einander haben, in ein buntſchaͤckiges Gemiſch der hetero— genſten Dinge aufzuloͤſen und zu zerſplittern ſcheint, ſo 26 darf dieß nur der beklagenswerthen Enge unſeres Horizontes zugeſchrieben werden. (Schluß folgt.) Miscellen. Die merkwürdige Fähigkeit der Lidia), ſich ſelbſt zu vernichten und nicht nur ihre Arme ganz, ſondern ſelbſt in kleinen Stuͤckchen ſehr ſchnell abzuwerfen, ſtellt dieſes Thier den Ophiuren nahe und macht die Erhaltung eines volls ftäntigen Exemplares ungemein ſchwierig. Das erſte Mal, wo ich (ſagt Forbes in ſeiner Schrift über die Britiſchen Seeſterne) eines dieſer Thiere fing, gelang es mir, es unverſehrt in das Boot zu bekommen. Ich legte es auf eine Ruderbank; als ich es aber zur forgfältigen Aufbewahrung wegnehmen wollte, fand ich zu meinem großen Schrecken nur einen Haufen Fragmente, eine armloſe Scheibe und Arme ohne Scheibe Das nachſte Mal, wo ich an denſelben Ort ſiſchen fuhr, nahm ich einen Eimer mit kal—⸗ tem ſuͤßen Waſſer mit. Es gelang mir, ein ſehr großes Exem— plar der Luidia im Schtleppnetz heraufzuzichen; als ich es aber gleich aus dem letzteren in den Eimer übertragen wollte, loſ'te es im Nu ſeine Arme ab, die durch die Maſchen des Netzes entwichen. In Verzweiflung griff ich nach dem größten Arme, deſſen Spitze ich erfaßte, während das an derſelben befindliche Auge ſich mittelſt feines dornigen Augenlids wiederholt öffnete und ſchloß, als ob es ſpoͤttiſch blinzele. Junge Exemplare find bei weitem nicht fo zer⸗ brechlich, wie alte, und die fuͤnfarmige Art ſcheint weniger ſproͤde, als die ſechsarmige. Die Luidia beſitzt, gleich andern Seefiſchen, die Faͤbigkeit, ihre Arme zu reproduciren. ) Luidia iſt eine von Forbes angenommene Aſteriengattung, welche der, von J Müller aufgeſtellten Gattung Hemicne- mis entſpricht. In Beziehung auf das Zwielicht in Europa druͤckt ſich Mre. Clemons folgendermaaßen aus: Das Einzige, was ſich ſtark der Secle einprägt, iſt der allmälige Uebergang von Zar geslicht zur Dunkelheit, welches man nach vieljähriger Abweſenheit faſt ganz vergeſſen hat. Eine unbeſchreibliche Beängſtigung faßt die Seele bei erſter Wahrnehmung des Zwielichtes der nördlichen Breiten; es regt das Gefuͤhl auf's Maͤchtigſte auf. Dieſes blaſſe Dunkeln, das abnehmende Licht ſcheint ganz wunderbar und furcht— bar fuͤr Diejenigen, welche ſeit vielen Jahren gewohnt geweſen ſind, zu ſehen, wie die Nacht in wenigen Minuten uͤber den fo eben noch ganz hellen Himmel ihren Schleier zieht u. ſ. w. nen Ausdehnung durch den Druck einer Fluͤſſigkeit bei Harnroͤhrenſtricturen. Von James Arnott. (Hierzu die Figuren 7., 8. und 9. auf der mit Nr. 319. [Nr. 1. dieſes Vander] aus gegebenen Tafel). Obwohl unſere Kenntniß von der Pathologie der Harn— roͤhrenſtrictur durch Hunter und Andere beträchtlich erwei— tert worden iſt, ſo unterſcheidet ſich doch die Behandlung dieſer haͤufig vorkommenden Krankheit jetzt nicht weſentlich von dem, was vor 260 Jahren geſchah. Schon in Wiſe— man's Werken finden ſich die verſchiedenen Behandlungs— weiſen, deren man ſich jetzt bedient; er erwaͤhnt den Ge— brauch metallener und biegſamer Bougies; ſo auch die Be— handlung mit dem causticum und fogar die Eröffnung der Harnroͤhre hinter der Strictur, anſtatt der Punction der Harnblaſe, ein Verfahren, welches man gewohnlich Sir Aſt— ley Cooper zuſchreibt. Ungluͤcklicher Weiſe rührt dieſer ſtationaͤre Zuſtand waͤhrend der uͤbrigens allgemeinen Fort— ſchritte in der Chirurgie nicht daher, daß die Behandlung der Stricturen bereits ihre Vollkommenheit erreicht hat; im Gegentheile find dieſe als ein opprobrium artis anere kannt. Gewiſſenhafte und unterrichtete Wundaͤrzte geben zu, daß unſere Behandlung bloß eine palliative ſey, daß ſie haͤufig bedeutend erleichtere, aber auch nicht ſelten die be— nachbarten Theile reize und durch neue Krankheiten das Leben der Kranken verbittere oder ſelbſt abkuͤrze. Es iſt nun eine Reihe von Jahren, ſeit ich eine Be— handlungsweiſe der Stricturen bekannt machte, worüber ich damals hinreichende Erfahrung hatte, um fie, flott der ge: 27 wöhnlichen unvollkommenen und bisweilen gefährlichen Be— handlungsweiſen, zu empfehlen. Weil aber der Apparat von etwas complicirter Art war, im Vergleiche mit den ge— braͤuchlichſten Apparaten, und da ein Theil des Apparates nach mechaniſchen Peincipien conſtruict war, welche unferen Wundäczten nicht hinlaͤnglich bekannt find, fo iſt mein Vorſchlag gar nicht in Ausführung gekommen. Die Ab— ſicht dieſes Aufſatzes iſt nun, eine Modification meines In— ſtrumentes zur Dilatation der Stricturen zu beſchreiben, welche Einfachheit mit leichter Anwendbarkeit verbindet, und ich kann nicht zweifeln, daß der Apparat nun unmittelbar angenommen werde, da er ſicher und raſch Huͤlfe ſchafft. Die Ausdehnung von Stricturen hat man auf zwei Wegen bewerkſtelligt, einestheils durch Inſtrumente, welche wie ein Keil wirken, und die verengte Stelle öffnen, fo wie ſie in den Canal vorwaͤrts ruͤcken; dahin gehoͤren Bougies und Catheter; ferner durch Inſtrumente, welche ſelbſt einer Ausdehnung fähig find und alſo, in der Strictur liegend, unmittelbar excentriſch wirken. Unter den Hauptoortheilen der excentriſchen Dilatation uͤber die keilartige Wirkung iſt der aufzufuͤhren, daß, bei geeigneter Conſtruction der Appa— rate, die Harnroͤhre vor der Strictur weder geſpannt, noch ausgedehnt wird, wie es der Fall iſt, wenn eine Bougie in die Strictur eingeführt iſt und vorwärts geſchoben wer— den konnte; man kann deswegen, wenn es noͤthig iſt, ohne Gefahr eine groͤßere Kraft anwenden, als dieß bei gewoͤhn— lichen Bougies oder Sonden der Fall iſt; ferner haben ſie den Vortheil, daß man durch falſche Richtung der Spitze des Inſtrumentes nicht zu falſchen Wegen und Harninfil: trationen Veranlaſſung geben kann; ferner, daß die Dila— tation ohne Reizung durch Frictionen bewerkſtelligt, alſo ent— ſprechend der Nachgiebigkeit der Gewebe raſch ausgefuͤhrt werden kann; daß eine lange Strictur oder mehrere Stric— turen hintereinander auf einmal ausgedehnt werden koͤnnen, und ſtatt, daß ſich bei den Bougies die Wirkung nur auf den Anfang der erſten Strictur beſchraͤnkt; und daß endlich die Dilatation betraͤchtlicher geſteigert werden kann, als der Durchmeſſer der aͤußern Harnroͤhrenmuͤndung es geſtattet, wodurch allein man zu einer bleibenden Heilung gelangen kann. Der Apparat zur Dilatation beſteht weſentlich aus ei— ner ſtarken haͤutigen Roͤhre von gegebener Dimenſion, welche in leerem oder collabirtem Zuſtande in die Strictur einge— legt und ſodann durch Einſpritzen von Fluͤſſigkeit aufgetrie— ben wird. Ich habe verſchiedene Formen dieſer Dilatatoren angewendet; die einfachſte Form ift eine Rohre aus gefir— nißtem Zeuge von der Laͤnge der Harnroͤhrenmuͤndung bis etwas hinter der Strictur, an einem Ende uefcloffen, am andern mit einem Anſatze, um leicht auf die Injections— ſpritze aufgeſetzt werden zu koͤnnen. Dieſe Roͤhre wird ver— mittelſt eines leichten Ueberzuges aus Wachs, behufs leich— terer Einbringung, in die Form einer gewöhnlichen Pflaſter— bougie aufgerollt, und wenn nicht ein beſonders geringer Durchmeſſer erforderlich iſt, fo kann man dem Inſtrumente eine großere Steifigkeit dadurch geben, daß man fie über 28 einem Stuͤcke Darmſaite, oder uͤber einer Sonde aufrollt. Eine gehoͤrig gefirnißte gewebte Roͤhre würde vollkommen waſſerdicht ſeyn; dieß iſt aber von geringerer Wichtigkeit, da eine dicke ſchleimige Fluͤſſigkeit nur aͤußerſt langſam durch eine ſehr unvollkommene Roͤhre durchdringt, welche dadurch angefertigt wird, daß man die Raͤnder eines Ban— des zuſammennaͤht. Dieſes Inſtrument, welches man als eine ausdehnbare Bougie betrachten kann, iſt ſo dauerhaft und wohlfeil, als irgend ein anderes Inſtrument zur Be— han dlung der Harnroͤhrenſtrictur. Figur 7. Ein Dilatator mit einer Ausdehnungsroͤhre von groͤßerem Durchmeſſer, als die Muͤndung der Harn— roͤhre; er wird mit einer Spritze ausgedehnt, welche einen Stempelſtab in der Form einer Schraube hat, der ſich dreht, in dem Maaße, als man auf die Spitze des Stempels auf— druͤckt. Die Spritze iſt mit der Metallroͤhre des Dilatators durch eine biegſame Roͤhre von luftdichtem Zeuge ver— bunden. Fig ur 8. Ein Dilatator aus einer langen gefirnißten Zeugroͤhre, welche in Form einer Bougie aufgerollt iſt. Es befindet ſich eine kleine Schraube an dem einen Ende, um die Roͤhre mit einer gewoͤhnlichen Injectionsſpritze von ei— nem halben Zolle Caliber in Verbindung zu bringen. Das andere Ende iſt mit ſtarkem Faden zugebunden, welcher auf verſchiedene Weiſe befeſtigt werden kann. Wird, behufs groͤßerer Steifigkeit, die Roͤhre uͤber einer Darm— ſaite oder einem Metallſtilette aufgerollt, ſo iſt es noͤthig, dafuͤr zu ſorgen, daß dieſe bei der Einfuͤhrung nicht locker werden; die Darmſaite wird mit einigen Faden an der Schraube befeſtigt; das Metallſtilett wird durch die Schraube eingebracht und umgebogen. Bei der Abbildung iſt ein Fa— den locker um das hintere Ende der Roͤhre gebunden, wel— cher den Apparat feſt und ftraff erhält. Figur 9. Eine Leitungsroͤhre, uͤber welche der Di— latator hervorragt; er beſteht aus einer kurzen, ſehr eng zuſammengerollten Roͤhre, welche an das vordere Ende einer engen Zinnroͤhre angebunden wird. Wenn eine lange uns vollkommen gefirnißte Zeuoröhre durch eine Leitungsroͤhre eingefuͤhrt wird, ſo wird dieſe wenn ſie enger iſt, als der ausgedehnte Dilatator, das Entweichen der Fluͤſſigkeit ver— hindern. Soll die Ausdehnung mittelſt eines undurchdringlichen Dilatators unterhalten werden, ſo kann man ſich dazu, ftatt des früher empfohlenen Schließhahnes, einer Vorrich— tung bedienen, wodurch der Stempel der Seritze fixirt wird, ſobald der hinreichende Grad von Druck erreicht iſt, indem man entweder eine Schnur durch den Ring des Stempelſtiels durchzieht, oder eine Schraube dagegen wirken laßt Wird der Stempel durch eine Schraube, welche ſelbſt den Stempel— ſtab darſtellen mag, vorwaͤrtsbewegt, fo kann der Kranke ſelbſt mit Leichtigkelt den Druck vermehren, oder vermindern. Wird die ausdehnbare Roͤhre aus ſtarkem Zeuge gemacht, ſo kann man ſie auf dieſe Weiſe allmaͤlig ausdehnen, bis ſie ſo hart, wie ein Cylinder von Holz, wird. Iſt ein biegſames Verbindungsſtuͤck aus Kautſchuckzeug zwiſchen dem 29 Dilatater und der Spritze angebracht, fo iſt dadurch jeder Stoß des Inſtrumentes bei dem Vorwaͤrtsſchrauben der Spritze vermieden und zu gleicher Zeit ein ſehr guter Druck— meſſer angebracht. Bei andern Anwendungen des Fluͤſſigkeitsdilatators, z. B., bei Maſtdarmſtricturen oder bei allmaͤliger Ausdehnung der maͤnnlichen oder weiblichen Harnroͤhre zur Extraction von Steinen, würde eine lange Verbindungsrohre dieſer Art, wodurch die den Druck regulirende Schraube dem Kranken bequem zur Hand gebracht wird, den Apparat ſehr vervoll: kommnen. Ich habe in einem Anhange an die letzte Aus— gabe meines Werkes On strieture and stone gezeigt, daß der Vortheil langſamer Dilatation der maͤnn ichen Harnröhre den Operateuren, die ſich der marianiſchen Mes thode bedienten, haͤufig vorgekommen ſeyn muͤſſe, daß aber der Mangel eines paſſenden Inſtrumentes alle Verſuche die: for Art erfolglos machen mußten. Die gleichmäßige elaſti⸗ ſche und leicht zu regulirende Art des Druckes durch Fluͤſ— ſigkeit macht einen Dilatator, der nach dieſem Principe an— gefertigt iſt, ohne Vergleich, brauchbarer, als irgend ein anderes Mittel fuͤr dieſen Zweck, und es giebt uns Mittel an die Hand, Harnſteine zu extrahiren, welche, wenn ich mich nicht ganz taͤuſche, bald vor den jetzt gebraͤuchlichen ſchmer haften und gefaͤhrlichen Operationen den Preis da— vontragen werden. Wenn eine Strictur Über den gewoͤhn— lichen Durchmeſſer der Harnroͤhrenmuͤndung ausgedehnt wer— den ſoll, ſo iſt es noͤthig, das beſchriebene Inſtrument zu modificiren. Die Ausdehnung muß auf den kranken Theil beſchraͤnkt werden, dadurch, daß man eine weite Zeugroͤhre in einer andern kuͤrzeren von geringerem Durchmeſſer ein— legt, oder fie durch einen weiten Silber- oder Kautſchuckca— theter einbringt, welcher vorher bis zur Strictur eingeſcho— ben war. Bei ſehr engen Stricturen, welche nur ſehr feine Inſtrumente durchlaſſen, kann man dutch eine ſolche Lei— tungsroͤhre einen Dilatator einbringen, welcher aus einem ein— fachen oder doppelten Darme beſteht, der in zuſammenge— druͤckter Form getrocknet worden war, oder aus einer Sei— denzeugroͤhre, die auf ſich ſelbſt zuſammengerollt und mit einem dicken Schleime ſteif gemacht worden iſt. Es iſt nicht nötbig, in dieſen Fällen Ausdehnungsroͤhren von der ganzen Laͤnge der Leitungsroͤhren zu haben; ein kleines Stuͤck, an dem vordern Ende einer biegſamen Zinnroͤhre angebunden, reicht hin. (London med. Gaz., May 1841.) Aphorismen über das Gallenfieber. Von Dr Arnold. Im vorigen Jahre hat Dr. Arnold zu London ein practiſches Werkchen uͤber die genannte Krankheit herausge— geben, welches in gedraͤngter Form die Ergebniſſe einer 25 jährigen Praxis mittheilt, woraus wir eine Reihe Aphoris— men ausziehen: 1) Biſt du ein Schüler der Jackſon-Schule, fo beobachte deinen Kranken gut und beachte beſonders die 2 — 30 Symptome, welche Bluteytzieb ungen indiciren und confrains diciren; ſtudire hierüber das Werk van Rotterdam's. 2) Bedenke, daß niemals zwei Kranke vollkommen gleich ſind, und ſieh dich vor, wie die Lancette bei Kindern und bei Mädchen unter 20 Jahren, welche menſtruirt und welche nicht menſtruirt haben, zu brauchen iſt. 3) Iſt in der Privatpraxis ein Patient von dieſer Claſſe, ſo thue gar nichts, biſt du nicht von der Mutter oder der Waͤrterin uͤber ihren Zuſtand vollkommen unterrich— tet, namentlich in Hinſicht des Monatsfluſſes, des habituellen Zuſtandes der Verdauungsorgane, des Temperaments, der Idioſyncraſie. 4) Nach dieſer Ermittelung huͤte dich, jemals einem Maͤdchen zur Ader zu laſſen, waͤhrend ſie menſtruirt; es wuͤrde ihr Tod ſeyn. 5) Daſſelbe gilt von Frauen, welche Kinder gehabt haben. 6) Haͤufig kommt es vor, daß Kranke dieſer Art im erſten oder zweiten Stadium bemerken, daß dieſe Secretion ploͤtz— lich eingetreten iſt; und ich glaube, daß ſie haͤufig durch das Fieber beſchleunigt und vermehrt wird. 7) Dieſe Anſicht iſt wohl begruͤndet, und große Erfah— rung hat mich von der Gefahr uͤberzeugt, welche Blutent— ziehungen unter dieſen Umſtaͤnden bedingen. 8) Dieſe Claſſe von Kranken erfordert große Aufmerk— ſamkeit und eine ſehr ſorgfaͤltige Behandlung. 9) Sey vorſichtig mit Anwendung großer Doſen von Merkur oder mit draſtiſchen Abfuͤhrmitteln irgend einer Art. 10) Wende alle deine Thaͤtigkeit der Behandlung waͤh— rend der erſten 18 oder 24 Stunden zu; dies iſt die wich— tige Periode. Patienten dieſer Art erzaͤhlen haͤufig, wenn ſie in der erſten Remiſſion bei Bewußtſeyn ſind, daß ſie ſich ſehr wohl befinden; glaube nichts davon, es iſt mora— liſch und phyſiſch unmoͤglich. Laͤſſigkeit in der mediciniſchen Behandlung zu dieſer Zeit iſt von den traurigſten Folgen fuͤr den Kranken; verlaͤngere die Remiſſion durch geeignete Mittel, ſo viel es moͤglich iſt; kannſt du eine Remiſſion von 6 oder 8 Stunden zu Stande bringen, ſo haſt du Grund, dich uͤber deine Behandlung zu freuen. 11) Gieb niemals, weder maͤnnlichen noch weiblichen Kranken, ein emeticum, wenn das Fieber bereits einige Stunden vorhanden iſt; ſelten wirſt du vor dem Eintritte deſſelben gerufen; ſehr oft wirft du bedauern, zu ſpaͤt gerus fen zu ſeyn. 12) Kindern giebt man, wenn man ſie bald nach dem Anfalle ſieht, ein mildes Brechmittel und zwar Ipecacuanha, denn ſie vertragen den Brechweinſtein nicht. Mir ſind Faͤlle bekannt, in welchen 2 Gran Brechweinſtein, obgleich in ges brochenen Gaben, den Tod veranlaßten. 13) Unter den antiemeticis iſt das vortheilhafteſte für männliche und weibliche Kranke eine Abkochung der Adrue *). *) Adrue iſt die aromatiſche Wurzel von Cyperus articulatus. 81 = 14) Iſt der Magen zu einem reisbaren Zuſtand ges neigt, ſo gebe man kleine Doſen. 15) Man huͤte ſich vor Opium. 16) Morphium iſt ein beſſeres Praͤparat, es hat nicht den Nachtheil, Verſtopfung zu veranlaſſen, wie das Opium. 17) Eine Aufloͤſung von argentum nitricum wirkt bei weiblichen Kranken als antiemeticum am beſten, und da dieſelben haͤufig von dem Gefhmade der Mediein Ekel bekommen, ſo iſt dieſes Mittel wahrſcheinlich unter allen das mindeſt nachtheilige. 18) Kalte Begießungen ſind das wichtigſte aller Mit— tel; waͤhlt man ſehr kaltes oder Eiswaſſer, ſo laſſe man, ehe man andere Koͤrpertheile damit beruͤhrt, die Haͤnde einige Minuten darin eintauchen; hiernach kann der ganze Koͤrper unbedenklich gewaſchen werden; nichts iſt dem Kranken an— genehmer; dagegen bekommen ſie heftigen Schauder, wenn die kalten Waſchungen ohne vorheriges Handbad angewen— det werden. 19) Ich habe haͤufig bemerkt, daß oͤfteres Baden der Haͤnde und des Geſichtes den ſehr großen Durſt erleichtert, welcher nur zu oft waͤhrend des ganzen Verlaufs des Fie— bers vorhanden iſt. 20) Es erfordert eine ſcharfe Beurtheilung, den Zeit— punct zu erkennen, in welchem man zu den maͤchtigen Hilfsmitteln der tonica und stimulantia feine Zuflucht nehmen kann. 21) Eine Vernachlaͤſſigung derſelben iſt ſehr gefährlich; guter Rheinwein iſt eins der beſten Mittel; ſalzſaures Chinin iſt unſchaͤtzbarz antiseptica find nur ſchwache Mittel; wenn ſie indicirt ſcheinen, ſo iſt das Schickſal der Kranken ge— wohnlich bereits entſchieden. 22) Ich moͤchte alle, welche in die Praxis kommen, beſchwoͤren, bei dieſer Krankheit niemals ein Verfahren anzu— nehmen, deſſen Verdienſt nur in der Neuheit und Mode beſteht. 23) Kein Arzt, welcher in der Behandlung dieſer Krankheit ſorgſam iſt, wird einem in Weſtindien acclimati— firten Kranken zur Ader laſſen; dieſes Verfahren wuͤrde in hohem Grade nachtheilig fein. (A Practical Treatise on the Bilious Remittent Fever, its Causes and Effects, etc. By W. Arnold, M. D. London.) a Die anatomiſche Unterſuchung eines Plattfußes iſt von Herrn Adams der pathologiſchen Geſellſchaft zu Dublin 32 mitgetheilt worden. Das Fußgelenk und die Gelenkverbindungen im tarsus ſchienen auffallend ſteif und unnachgiebig. Nach Ber ſeitigung der Haut und des Zellgewebes zeigten ſich mehrere Kno— chenvegetationen, welche von allen Tarſalknochen an den Raͤn— dern der Gelenkflaͤchen hervorwucherten; dieſe Knochenvegetationen waren deutliche Beweiſe der Reizung und des Schmerzes, welche die Frau, in Folge der Mißbildung ihres Fußes, waͤhrend ihres ſehr angeſtrengten Lebens erduldet haben mußte. Das Ferſenbein lag mehr horizontal, als gewoͤhnlich. Die Mißbildung betraf aber hauptſaͤchlich den astragalus und das os naviculare, fo wie das ligamentum calcaneo-naviculare. Der astragalus lag mit ſeiner Laͤngenaxe faſt horizontal; von der oberen Flache des Hal— ſes dieſes Knochens erbob ſich eine Knochenvegetation, welche einen halben Zoll vor der tibia emporwuchs. Deßwegen waren die Bir wegungen in dem Fußgelenke beinahe ebenſo unmoͤglich geweſen, wie bei einer wahren Anchyloſe; dieſer Mangel an Bewegung im Sprunggelenke ſcheint aber durch groͤßere Beweglichkeit in dem mittleren Gelenke des tarsus compenſirt worden zu ſeyn. Der vordere Gelenkkopf des astragalus war vergrößert und die für ihn beſtimmte Gelenkvertiefung am os navienlare war beträchtlich grös ßer, als im normalen Zuftande. Das ligamentum calcaneo - na- vieulare, welches im normalen Zuftande die untere Flaͤche des Kopfes des astragalus unterftügt und dazu verdickt und etwas knorpelig wird, war vollkommen verknoͤchert und in ein ſehr gro— ßes os lunare umgewandelt, von der Lange eines Zolles, an deſſen untere convexe Flache ſich die Sehne des tibialis posticus inſerirt, während die obere halbmondfoͤrmige Flaͤche mit der Concavitaͤt des os naviculare eine große Gelenkhoͤhle fuͤr die vordere Gelenk— fläche des astragalus bildet. Die Gelenkgrube für den astragalus, welche durch die Verbindung des os naviculare von jenem neuen Seſambeine gebildet war, hatte vollkommen die Größe der cavitas glenoidea scapulae. Der ſchmalſte Theil dieſer ovalen Flaͤche war nach Unten und Innen gerichtet und entſprach vollkommen der Hervorragung an der inneren Seite der Fußſohle, welche bei allen Fällen von Plattfuß den characteriſtiſchen Zug der Difformität ausmachte. Die uͤbrigen Fußknochen zeigten keine bemerkenswerthe Difformitaͤt, mit Ausnahme jener exoſtotiſchen Hervorragungen, welche an den Verbindungslinien ſaͤmmtlicher Knochen bemerkbar waren. (Dublin med. Journal, March 1841.) Eine neue Methode für die Exarticulation ſchlaͤgt Herr Lacauchie vor, welche theils zur Circular-Amputation, theils zur Lappenamputation gehoͤrt und ſich auf faſt alle Gelenke an— wenden ließe; z. B., zur Exarticulation im Hüftgelenke ſtellt ſich der Operateur hinter den, auf der geſunden Seite liegenden Kran— ken. Er macht vier oder fuͤnf Finger breit, unter dem oberen Ende des Schenkels, in zwei Tempos einen Cirkelſchnitt durch die Haut, einen zweiten moͤglichſt hoch oben durch die Muskeln, bis auf die Knochen. Er ſchneidet hierauf, zwei Zoll uͤber dem gro— ßen Trochanter, ſenkrecht gegen den Cirkelſchnitt; ſo bekommt man zwei Lappen, welche nach Innen mit einander zuſammenhaͤn— gen; dieſe werden nun von dem Knochen zuruͤckpraͤparirt; dabei koͤmmt man auf das Gelenk, oͤffnet dieſes, hebt den Gelenkkopf aus der Pfanne und durchſchneidet das runde Band. Die Haupt— vortheile dieſes Verfahrens ſind: die Schonung, mit welcher die Weichtheile behandelt werden, beſonders die Gefäße, welche nur an einer einzigen Stelle durchſchnitten werden; die geringe Aus— dehnung der Wundflaͤche und die derben, hinreichend mit Haut ver— ſehenen Lappen. (Revue méd., Juin 1841.) Bibliographische Neuigkeiten. Conchologia systematica, or complete system of Conchology. By L. Reeve. Part. I. London 1841. 8. Illustration of the comparative Anatomy of the nerveous system. By J. Swan. Part VII. London 1841, On the Diseases of Children. By G. A. Rees. London 1841. 12. Practical observations on Injuries of the Head. By W. Sharp. London 1841. 8. Neue Motizen aus dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medicinalrathe Frorie p zu Weimar, und dem Medicinatrathe und Profeſſor Froriep zu Bertin. No. 421. (Nr. 3. des XX. Bandes.) October 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. N at lr Ueber die Mauſer der Voͤgel, und in'sbeſondere uͤber Weibchen mit maͤnnlichem Gefieder. (Blerzu die Figuren I. bis 5. auf der mit Nr. 419. [Nr. 1. die⸗ ſes Bande] ausgegebenen Tafel.) Erſter Theil. Allgemeine Bemerkungen. 1 Die Thiere ſind zu gewiſſen Zeiten ihres Lebens zwei Arten von Veraͤnderungen unterworfen; die einen nennt man Metamorphoſen (Verwandlungen), die andern den Wechſel der Integumente (Haͤutung, Mauſer ꝛc.). Bei der Metamorphoſe findet, wie der Name anzeigt, ein Wechſel in der Geſtalt des betroffenen Thieres ſtatt; bei der Haͤu— tung ꝛc. bleibt die Geſtalt dieſelbe und nur die Integu— mente wechſeln. Die Verwandlung oder Beibehaltung der Geſtalt begründet demnach den weſentlichen Unterſchied zwi— ſchen Metamorphoſe und Haͤutung ꝛc. Die unter dem Namen Metamorphoſen bekannten Er⸗ ſcheinungen haben natuͤrlich die Aufmerkſamkeit der Beobach— ter von jeher in einem ſehr hohen Grade in Anſpruch ge— nommen, und die Phyſiologen haben in Betreff derſelben ſehr vielfache Unterſuchungen angeſtellt. Dagegen iſt das Studium der Haͤutungen ic. von ihnen vergleichungsweiſe ſehr vernachlaͤſſigt worden, und die Zoologen, denen daſſelbe alſo faſt ausſchließlich uͤberlaſſen blieb, uͤbten es nur in ganz fpecieller Beziehung aus; naͤmlich in Betreff der Noth— wendigkeit, die conſtanten und aͤcht ſpecifiſchen Kennzeichen der Thiere von den vorübergehenden Kennzeichen zu un: terſcheiden, welche nur gewiſſen Perioden des Lebens ei— gen ſind. Dieſe Vertheilung des Studium's der Verwandlungen un des mehr oder weniger vollſtaͤndigen Wechſels der In— No. 1521. KR u m- UN tegumente unter Phyſiologen und Zoologen hat ſich gewiſſer— maaßen im natuͤrlichen Gange der Dinge von ſelbſt ge— macht. Das Studium des Kleidwechſels ſcheint ziemlich leicht und einfach, da es ſich meiſt nur auf aͤußerliche Or— gane bezieht und in der Unterſcheidung der Thierarten ſeine unmittelbare Anwendung findet, daher die Zoologen daſſelbe nicht vernachlaͤſſigen durften. Dagegen involvirt die Unter: ſuchung der Metamorphoſen, wenn fie im aͤchten wiſſen— ſchaftlichen Geiſte unternommen wird, mehrere der wichtig— ſten Fragen der Organogenie und iſt deßhalb auch fuͤr die hoͤhere Zoologie von der hoͤchſten Bedeutung. Sie iſt jedoch gewiſſermaaßen uͤber die Details erhaben, zu deren Erkennt— niß man mit der Anwendung einiger partiellen Folgerungen aus den allgemeinen Reſultaten der Beobachtung ausreicht. Ueberdem erheiſcht ſie ein von der gewoͤhnlichen Beobach— tungsmethode der Zoologen ſehr abweichendes Verfahren und faͤllt daher in jeder Beziehung der Phyſiologie anheim. Dieſe Vertheilung der Arbeit war alſo unvermeidlich; allein die Zoologen und Phyſiologen haͤtten anerkennen ſol— len, daß die Einen bei der Beobachtung der Erſcheinungen des Integumentenwechſels, ſo wie die Andern bei der Beob— achtung der Metamorphoſen, im Grunde nur eine und dies ſelbe Frage behandelten. Die Verwandlung und Haͤutung ꝛc. bieten, bei Lichte beſehen, keinen weſentlichen Unterſchied dar, ſondern ſind nur dem Grade nach verſchieden. Beide ſind im Grunde Erſcheinungen derſelben Art und gehen aus derſelben Ur— ſache, naͤmlich einer Metaſtaſe, hervor, die ſelbſt wieder in dem Antagonismus zweier Arterien ihren Grund hat. Aus dieſem Geſichtspuncte muͤſſen, wie ich bereits im Diction- naire classique d’Histoire naturelle (Tom. XI., p. 277 u. ff.) nachgewieſen habe, die Aehnlichkeiten, welche die Haͤutungen ic. mit den Metamorphoſen haben, fo wie die unterſcheidenden Kennzeichen beider detrachtet werden; und wir halten es nicht fuͤr uͤberfluͤſſig, dieſe unterſcheiden— den Kennzeichen hier etwas naͤher zu betrachten. 3 35 — 36 II. Die Veraͤnderung der fruͤhern Geſtalt bei der Me— tamorphoſe und das Fortbeſtehen der Geſtalt bei der Haͤu— tung, Mauſer u. ſ. w. ruͤhren von drei allgemeinen Ver⸗ ſchiedenheiten zwiſchen der Metamorphoſe und der Haͤutung u. ſ. w. her, und man wird gleich ſehen, daß dieſe Ver— ſchiedenheiten die weſentliche Aehnlichkeit der beiden hier mit: einander verglichenen Erſcheinungen in keiner Weiſe beein— traͤchtigen. Der erſte Unterſchied iſt, daß bei den Metamorphoſen die Metaſtaſe in Bezug auf wichtigere Organe ſtattfindet, als bei der Haͤutung, bei welcher nur ſolche von ſecundaͤrer Bedeutung betheiligt ſind. Mehrentheils gehoͤren letztere le— diglich den Integumenten an, und bei vielen Thieren ſind nur dieſe letztern betroffen. Bei manchen Arten erſtreckt ſich jedoch die Haͤutung ꝛc. noch auf andre Organe. So gehoͤrt, z. B., das jaͤhrliche Abwerfen des Gehoͤrnes bei Hirſchen rc. offenbar in dieſe Kategorie, und daſſelbe laͤßt ſich von dem Erſetzen der Milchzaͤhne durch die zweiten Zähne von dem hoͤhern phyſiologiſchen Standpuncte aus rechtfertigen. Ein zweiter wichtigerer und characteriſtiſcherer Unter: ſchied zwiſchen der Haͤutung ꝛc. und der Metamorphoſe be— ſteht darin, daß zwar bei der erſtern, ſo gut, wie bei der letztern, eine Metaſtaſe von dem einen Organe zu einem andern eintritt daß aber im erſtern Fille das neue Organ dem, welches es erſetzt, durchaus analog und, wenn auch nicht vollig gleich, doch hoͤchſt aͤhnlich iſt. So tritt, z. B., an die Stelle eines Haares oder einer Feder immer wieder ein Haar oder eine Feder, und wenn auch in Farbe, Groͤße und Geſtalt zwiſchen dem fruͤhern und nachfolgenden Organe Verſchiedenheiten vorkommen, ſo werden doch beide jederzeit nicht nur Analogie, ſondern auffallende Aehnlichkeit mitein— ander darbieten. Ferner hat ein nach dem Zahnwechſel vor: handener Zahn, ſo ſehr er auch von ſeinem Vorgaͤnger ver— ſchieden ſeyn mag, immer mit demſelben noch viel gemein, und das neuaufgeſetzte Geweih des Hirſches hat zwor ein Paar Enden mehr, als das abgeworfene, kommt aber die— ſem, abgeſehen von den Dimenfionen, ziemlich gleich. Da— gegen tritt bei der Metamorphoſe die Metaſtaſe mehren— theils zwiſchen zwei Organen ein, welche keine Aehnlichkeit miteinander haben, und zwiſchen denen ſich keine andere Be— ziehung auffinden laͤßt, als die, welche zwiſchen zwei Orga— nen ſtattfindet, die von demſelben Syſteme abhaͤngig ſind und zur Vermittlung derſelben Function dienen. Ja, ſelbſt dieſe Bedingung iſt, ſtreng genommen, nicht noͤthig, indem ſich auch ſehr wohl eine Metaſtaſe zwiſchen zwei in dieſen letztern Beziehungen einander fremden Organen denken laͤßt. Zwiſchen der Haͤutung ꝛc. und der Metamorphoſe laͤßt ſich endlich noch ein dritter, mit dem vorigen, ſo zu ſagen, Hand in Hand gehrnder Unterſchied erkennen, welcher darin beſteht, diß die beiden Oegane, in Bezug auf welche die Metaſtaſe ſtattfindet, bei der Häutung ꝛc. dieſelbe Lage ha— ben, und daß das neue ſich genau oder ziemlich genau an derſelben Stelle entwickelt, wo ſich das alte befand, ſo daß beide einander ebe ſowohl in der relativen Lage, als in ib: rer Natur aͤhnlich ſind. Diek verhät ſich bei der Meta— morphofe ganz anders, was man, z. B., bei den ſchwanzloſen Batrachiern ſo deutlich wahrnehmen kann, bei denen wie uͤbrigens auch bei'm menſchlichen Embryo, die Metaſtaſe vom Schwanze nach den Extremitaͤten ſtattfindet Wirklich laͤßt ſich keine auffallendere Verſchiedenheit in der Lage zweier Organe denken, als in Bezug auf den Schwanz, der in die Verlaͤngerung der Medianlinie faͤllt, und auf die Extremi— taͤten, die paarig unter einem rechten Winkel von der Mit— tellinie und dem Ruͤckgrate auslaufen. Uebrigens iſt nicht zu uͤberſehen, daß die letztern zur Vermittlung der naͤmlichen Function dienen, wie die, welche der Schwanz fruͤher zu erfüllen hatte, und daß beide zu demſelben Syſteme oder Apparate, naͤmlich dem der Ortsveraͤnderung, gehören. Außer dieſen drei Verſchiedenheiten, die ſich in den allgemeinen Ausdruck zuſammenfaſſen laſſen, daß bei der Haͤutung u. ſ. w. die urſpruͤngliche Form fortbeſteht, und daß dieſelbe bei der Metamorphoſe verloren geht, hat man noch in Betreff der Aufeinanderfolge der Metamorphoſen und Haͤutungen u. ſ. w. einen nicht unerheblichen Unter— ſchied zu beachten. Durch die erſtern geht das Geſchoͤpf all— maͤlig von der einfachſten urſpruͤnglichen Geſtalt zu einer von dieſer um ſo mehr abweichenden und um ſo complicir— teren Geſtalt uͤber, je hoͤher die Stelle iſt, die es im or— ganiſchen Reiche einnimmt “); die letztern beſchraͤnken ſich dann, waͤhrend eines groͤßern oder geringern Lebensabſchnit— tes, auf die unbedeutenden Veraͤnderungen, welche gleichſam ein Nachhall der in den erſten Lebensperioden ſtattgefunde— nen wichtigen Fermenwechſel find **). III. Die Thiere oder eigentlich eine große Anzahl von Thie— ren ſind zwei Arten von Veraͤnderungen an den Integu— menten unterworfen, naͤmlich ſolchen, die bei'm Uebergange von einer Jahreszeit zur andern, und ſolchen, die bei'm Uebergange von einem Lebensalter zum andern ſtattfinden. „) Die Geſchoͤpfe, welche die zahlreichſten und auffallendften Metamorphoſen erleiden, ſind mehrentheils gerade diejenigen, von denen die Zoologen behaupten, ſie ſeyen gar keinen un— terworfen; denn die Zoologen beruͤckſichtigen nur die nach der Geburt ſtattfindenden Verwandlungen. *) Mehrere mit vorgefaßten philoſophiſchen, namentlich panthei— ſtiſchen Anſichten, behaftete Schriftſteller haben die Entwicke⸗ lung der Thiere, in'sbeſondre die des Menſchen, mit der Fortbildung des ganzen Erdballs vergleichen wollen. Zur Be— gruͤndung der von ihnen behaupteten Analogie haͤtten ſie ſich der von mir ſo eben erwaͤhnten Thatſachen mit Nutzen bedie— nen koͤnnen. Die Metamorphoſen und Haͤutungen ꝛc. eines beſondern Geſchoͤpfes, nach ſeinen verſchiedenen Lebensperioden betrachtet, ließen ſich mit den in fruͤhern Zeitaltern ſtattgefun— denen gründlichen Umwaͤlzungen der Erde und den dieſen Ka: taſtrophen weſentlich analogen, allein verhaͤltnißmaͤßig fo hoͤchſt unbedeutenden Veranderungen vergleichen, welche wir noch heutzutage auf der Erdoberfläche vor ſich gehen ſehen. — 37 Die erſtern find bei manchen Species wenig zu bemer⸗ ken, bei andern von auffallenden Veraͤnderungen begleitet und ſtets darauf hinwirkend, daß das Geſchoͤpf mit den aͤußern Umſtaͤnden vollkommener in Einklang geſetzt wird. So weiß Jedermann, daß das Haar der Saͤugethiere im Winter dichter, feiner, laͤnger und markiger wird, und zwar in um ſo hoͤherm Grade, je kaͤlter die Zone iſt, die ſie be wohnen. So werden ferner manche Saͤugethiere und Voͤ— gel, zumal die, welche innerhalb des Polar kreiſes oder in der Naͤhe der Schneeregien hoher Gebirge wohnen, im Winter heller, ja oft ganz weiß gefaͤrbt ), und dieſer Umſtand iſt gewiß eines der auffallendſten Beiſpiele von Herſtellung der Harmonie zwiſchen der belebten und unbelebten Schö— pfung, mit denen uns das Studium des Thierreichs be— kannt gemacht hat. Durch Erfahrung iſt naͤmlich laͤngſt vollkommen erhaͤrtet, daß ein weißes Kleid zwar in der heißen Jahreszeit kuͤbler, dagegen aber in der kalten warmer iſt, als Kleider von andern Farben, und die bekannten Ex— perimente eines Rumford, Leslie, Wells und andrer Phyſiker haben die Urſache dieſer Erſcheinung vollkommen aufgeklaͤrt. Die Integumentenwechſel, welche dei'm Uebergange von einem Alter zum andern ſtattfinden, haben mit den eben betrachteten viel Analogie. So gleicht, z. B, bei vie— len Voͤgeln das Maͤnnchen im Winter im Gefieder dem Jungen, und wenn das erſtere im Fruͤhjahre ſein Sommer— kleid annimmt, fo erleidet es ungefähr dieſelbe Veraͤnderung, wie wenn das letztere die Tracht erhaͤlt, die dem erwachſe— nen Vogel zukommt. Dieſe vielfachen Veränderungen des Gefieders, welchen zufolge Exemplare derſelben Species ein ſo mannigfach abweichendes Anſehen erhalten, machen das Studium der Ornithologie fo ſchwierig und haben ſchon fo viele Irrthuͤmer erzeugt, in welche Diejenigen verfielen, wel— che ohne die gehörige Vorſicht darangingen. Dieſe Irrthuͤ— mer waren vor noch nicht gar langer Zeit ſelbſt den ge— ſchickteſten Beobachtern zu verzeihen, weßhalb wir denn auch in dem Systema naturae viele ſogenannte Arten finden, die eigentlich keine ſind, aber ſich dem Namen nach lange behauptet haben. Ich habe keineswegs die Abſicht, hier die Veraͤnde— rungen an den Integumenten erſchoͤpfend zu behandeln, ſon— dern will nur auf einige, in Betreff der bei'm Uebergange von einem Alter zum andern flattfindenden Mauſer der Vögel, vorkommende merkwuͤrdige Umſtaͤnde aufmeikſam machen **), 0 ) Mit Ausnahme der ſchwarzen Stellen, welche ihre Farbe nicht verändern. Die Schwanzſpitze des Hermelins bietet hier⸗ zu einen ſehr bekannten Beleg dar. ) In einer andern Arbeit (Artikel Memmiferes im Dietionnaire clossique d'histoire naturelle. T. X., p. 118, oder Consi- derations générales sur les Mammiferes, p. 198) habe ich über die bunte Färbung der jungen Saͤugethiere mehrere Ber merkungen mitgetheilt, an die hier fuͤglich erinnert werden kann. Dieſe buntere Färbung, welche fpäter einer einfach ern und ausgeglichencren Platz macht, entſpringt aus der Miſchung 38 Bekanntlich haben bei den Vögeln die Jungen beider Geſchlechter mit den erwachſenen Weibchen gewöhnlich viel Aehnlichkeit, und nur bei'm Männchen findet man jene uͤppige Pracht des Gefieders, wegen deren man viele Species fo ſehr bewundert, in ihrer vollen Entwickelung. Die Aehnlichkeit zwiſchen den Jungen und Weibchen iſt von jeher bemerkt worden, und in den meiſten Ornitholo— gieen findet man die Angabe, daß die Jungen beider Ge— ſchlechter das Gefieder des Weibchens haben. Aber iſt dieſe Angabe auch hinreichend genau, oder uͤberhaupt richtig? Hat das Maͤnnchen in der Jugend voeruͤbergehend das Gefieder des Weibchens, oder behaͤlt nicht vielmehr das Weibchen das Gefieder des jugendlichen Alters mehr oder weniger vollſtaͤndig bei, indem es ruͤckſichtlich der Färbung in feiner Entwickelung ſtehen bleibt und nicht bis zu der cha— racteriſtiſchen Ausbildung des vollkommenen Zuſtandes der Species gelangt? In theoretiſcher Hinſicht iſt die verſchie— denartige Betrachtung dieſer Frage keineswegs unerheblich. In dieſer Bezjehung, wie in mehreren andern, duͤrften nachſtehende Beobachtungen nicht unintereſſant erfcheinen. Es wird ſich aus denſelben ergeben, daß man, nach der Theorie bei den meiſten Voͤgeln, nicht ein ſchönes Gefieder fuͤr das Maͤnnchen und ein unſcheinbares Gefieder fuͤr das Weibchen, ſondern überhaupt zwei Arten von Gefiedern, ein ſpeciell den Jungen angehoͤrendes un vollkommenes und ein vollkommenes anzunehmen hat, welches die Maͤnn— chen gewoͤhnlich ſehr bald erreichen, und zu deſſen Erlan— gung auch die Weibchen, obwohl in einem weit ſpaͤtern Lebensalter oder unter gewiſſen eigenthuͤmlichen Umſtaͤnden, Anlage haben. Theil. Ueber die Vegelweibchen, namentlich die Faſanenhennen mit dem Gefieder des Faſanenhahns. (Drei Paragraphen dieſes Abſchnittes ſind der merk— wuͤrdigen Erſcheinung gewidmet, daß die Hennen von ver— ſchiedenen Faſanenarten, namentlich Phasianus colchicus, Ph. nyethemerus und Ph. torquatus, im hohern Le— bensalter und nachdem ſie unfruchtbar geworden, nicht ſelten ein dem des Maͤnnchens ſehr aͤhnliches, wenn auch nicht gleich glaͤnzendes Gefieder annehmen. Dieſer Abſchnitt des Zweiter zweier Farben, von denen die eine die Grundfarbe des Pel— zes, die andere flecken- oder ſtreifenweiſe vertheilt iſt. Dieſe Flecken oder Streifen haben, je nach der Species, eine ver⸗ ſchiedene Faͤrtung und Anordnung, ſtellen aber in beiderlei Beziehung bei dieſen Species vorübergehend Daſſelbe dar, was bei andern verwandten Species dauernder vorkommt. Bei den jungen Löwen und Kuguar's find die Flecken ſchwarz, bei den Hirſchkaͤlbern weiß, fo wie wir bei den meiſten das ganze Leben bindurch bunten Kogenarten die Flecken und Streifen fawarz, bei'm Axis und andern bunten Hirſcharten dagegen weiß finden. In theoretifcher Beziehung müffen uns demnach die letztern Species nicht als ſolche, die in der Jugend kein buntes Kleid haben, ſondern vielmehr als ſolche gelten, bei denen das bunte Jugendkleid die ganze Lebenszeit uͤber fert⸗ beſteht. 3 * 39 vorliegenden Artikels iſt bereits in den Annales des sei- ences naturelles mitgetheilt und ſeiner Zeit in den No— tizen a. d. Geb. d. Nat. u. Heilk. (Nr. 295, Nr. 9 des XIV. Bds., Juni 1826) aufgenommen worden, auf welche wir die geehrten Leſer zu verweiſen uns erlauben, indem wir hier nur den Schlußparagraphen des zweiten Theiles, in welchem der Verfaſſer neue Thatſachen und Anfichten bei: bringt, nebſt den weſentlichen Bemerkungen mittheilen, die der Verfaſſer in feiner neuern Arbeit den erſten drei 99. hinzugefuͤgt hat.) (Schluß folgt.) Ueber die Aeußerung der Electricitaͤt bei dem Gymnotus electricus Von C. F. Schoͤnbein. (Schluß.) Dieſe von Vielen dunkel geahnete, nur von ſehr We— nigen deutlich erkannte, oft auch von Afterweiſen verſpottete Grund wahrheit iſt demungeachtet ſeit langer Zeit die Seele aller Phyſik, die Mutter aller bedeutenden Entdeckungen, Kepler's, Newton's, Galilei's, Herſchel's, kurz aller aͤchten Forſcher und Philoſophen Fuͤhrerin geweſen, wenngleich dieſe Maͤnner ſelbſt ſich deſſen nicht immer deut— lich bewußt waren. In dem ſteten Wechſel der Erſcheinun— gen das unwandelbare Princip feſtzuhalten; aus der verwor— renen Maſſe der Thatſachen die Harmonie, die Ordnung und das Geſetz herauszufinden; die Aehnlichkeit oder Ver— wandtſchaft zu erkennen, welche alles Verſchiedene, Fremd— artige, ja Feindſelige im tiefſten Grunde verbindet; im rohen Kampfe der zerftörenden Naturkraͤfte, wie im regelmaͤßigen Wechſelſpiele gelaſſen wirkender Thaͤtigkeiten, dieſelbe Hand, denſelben Zweck, daſſelbe Geſetz und dieſelbe oberſte Leitung zu erfaſſen; mit einem Worte, die ganze Mannigfaltigkeit der Natur auf eine einzige Quelle und Urſache zuruͤckzufuͤh— ren, dieß war das Beſtreben aller großen Denker; dieß iſt das hoͤchſte Ziel, welches ſich heut zu Tage der Forſcher der Natur vorſteckt, und fuͤr alle Zukun't werden die Geiſter, die den ſchoͤnen Beruf, das unſchaͤtzbare Vorrecht haben, zur Entwickelung der menſchlichen Intelligenz beizutragen und bei der fernern Aufklaͤrung der Naturgeheimniſſe unmit— telbar mitzuwirken, ſich dieſem Ziele nach Moͤglichkeit zu naͤhern ſuchen. Um noch einmal auf den Gegenſtand, von welchem wir ausgegangen ſind, zuruͤckzukommen, wollen wir in Be— treff der electriſchen Wirkungen der Fiſche im Allgemeinen bemerken, daß, unſerer Anſicht nach, die eigentliche Urſache dieſer Erſcheinungen noch völlig im Dunkeln liegt und weder in der phyſicaliſchen und chemiſchen Conſtitution, noch in einer beſtimmten Organiſation gewiſſer Organe dieſer Thiere geſucht werden darf, ſondern daß, wenngleich wir vor der Hand das Wie nicht genau nachweiſen koͤnnen, zwiſchen den vom Wellen abhängigen Lebensthaͤtigkeiten des Fiſches und den phyſicaliſchen Erſcheinungen, welche durch dieſe Le— 40 bensthaͤtigkeiten hervorgebracht werden, eine innige Verbin— dung ſtattfindet. Dieſe innige Beziehung zwiſchen der electeiſchen Thaͤ— tigkeit und der Lebensthaͤtigkeit duͤrfte erſt dann von uns genauer durchſchaut werden, wenn uns die Natur der Elee— tricitaͤt klarer ſeyn wird, uͤber die wir gegenwaͤrtig nur ſehr wenig wiſſen; wenn wir unter Anderm daruͤber im Reinen ſeyn werden, ob die Electricitaͤt nur ein beſonderer Zuſtand der ſogenannten Materie iſt, oder von beſondern Schwin— gungen des Aethers herruͤhrt, oder endlich als eine ſpecifiſche Urkraft der Natur, nach Art der Schwerkraft, betrachtet werden muß So lange wir noch keinen deutlichen Begriff von dem haben, was die Electricitaͤt eigentlich iſt, muͤſſen uns die verſchiedenen Entwickelungsarten derſelben nothwen— dig raͤthſelhaft bleiben, und ſelbſt wenn die Anatomen und Phyſiologen die Structur des Fiſches noch fo genau ſtudirt haͤtten und den kleinſten Muskel und Nerven deſſelben kennten, würden wir über das Weſen der thieriſchen Elec— tricitaͤt nicht im Geringſten aufgeklaͤrt ſeyn. Da die electriſchen Kraͤfte einen ſo bedeutenden Ein— fluß auf die Thiere aͤußern, daß ſie ſelbſt in den todten Körpern derſelben Lebenserſcheinungen hervorrufen koͤnnen, fo haben die Phyſiologen, wie billig, denſelben viel Aufmerk— ſamkeit gewidmet und ſelbſt die Vermuthung aufgeſtellt, daß ſie bei den normalen Erſcheinungen des Thierlebens eine Rolle ſpielen duͤrften. Dieſe ſchon vor einem halben Jahr— hundert aufgeſtellte Anſicht fuͤhrte zur Anſtellung der man— nigfaltigſten Verſuche, welche zunaͤchſt den Zweck hatten, zu ermitteln, wie die Electricitaͤt in dem lebenden Organismus wirke. Man hat allerdings Spuren derſelben in einigen Thieren, in'sbeſondere den Froͤſchen, entdeckt, und neuerdings glauben Prévoſt und mehrere italieniſche Phyſiker auch in hoͤher organiſirten Thieren, ja ſelbſt im Menſchen, das Vor— handenſeyn galvaniſcher Stroͤmungen aufgefunden zu haben. Indeß iſt bei den meiſten dieſer Unterſuchungen nicht nur der rein animaliſche Urſprung dieſer Erſcheinungen zweifel— haft, ſondern ſie ſind auch, ſelbſt wenn man den letztern zugiebt, ſo ſchwach, daß ſie im Vergleiche mit den electri— ſchen Wirkungen gewiſſer Fiſche gleichſam verſchwinden. Aus der ſcheinbaren Abweſenheit oder Schwaͤche der Elec— tricitaͤt bei den meiſten Thieren darf man aber nicht folgern, daß dieſes Agens in ihnen gar keine oder doch nur eine ſehr untergeordnete Rolle ſpiele. Um dieß einzuſehen, braucht man nur anzunehmen, daß die Electricitaͤt in ihnen als Voltaismus auftrete, und daß die Stroͤmungen den Koͤr— per in allen moͤglichen Richtungen durchkreuzen, wie es nach der Ampeére'ſchen Theorie in Betreff der Molecuͤlaͤrſtroͤmun— gen im Eiſen und Stahl der Fall iſt. In dieſem Zu— ſtande koͤnnte die Electricitaͤt offenbar weder Wirkungen der Spannung, noch die electrodynamiſchen Erſcheinungen einer einzigen Stroͤmung oder von Stroͤmungen nach derſelben Richtung hervorbringen. Waͤre die obige Annahme richtig, fo muͤßten die unter die Einwirkung eines Magneten vers festen lebenden Thiere ebenfalls zu Magneten werden, d. h., ihre Motechlärftrömungen müßten derſelben Richtung folgen 41 und folglich auf die Magnetnadel wie das Eiſen wirken. Bisher hat man, meines Wiſſens, uͤber dieſen Punct noch keine Verſuche angeſtellt, indem man ſich zur Entdeckung der Stroͤmungen in Organismen hauptſaͤchlich des Galvano— meters bediente. Die Urſache, vermoͤge welcher die electriſchen Fiſche ſich durch die Kraft ihrer Electricitaͤt fo bedeutend von allen andern Thieren unterſcheiden, iſt vielleicht darin zu ſuchen, daß bei ihnen, in Folge einer beſondern Organiſation, die der electriſchen Polariſation faͤhigen Theilchen ſymmetriſch ge— ordnet ſind, wie es, nach der jetzt geltenden Anſicht, bei einem erwaͤrmten Turmalin in Betreff der electriſchen Pole der integrirenden Theilchen der Fall iſt, waͤhrend die orga— niſchen Molecuͤlen andrer Thiere, wenngleich ſie fuͤr ſich electriſche Gegenſaͤtze entwickeln, untereinander auf eine ſo mannigfaltige Weiſe verbunden ſind, daß alle Wirkungen nach Außen nothwendig vernichtet werden. Um das Vorhandenſeyn eines electriſchen Zuſtandes dieſer Art darzuthun, fehlt es uns, ſo viel mir bewußt, noch an einer brauchbaren Unterſuchungsmethode. Wie dem auch ſey, ſo duͤrfen wir doch die Hoffnung nicht aufgeben, fruͤher oder ſpaͤter durch Experimente und ſonſtige Beobachtungen dem wahren Verhaͤltniſſe der Sache auf den Grund zu kommen und daruͤber Gewißheit zu er— langen, ob die Electricitaͤt im organiſchen Reiche nur eine Nebenrolle ſpielt, oder ob ſie den Lebenskraͤften den Haupt— antrieb ertheilt und einen beſtimmten weſentlichen Einfluß auf die Functionen des thieriſchen Organismus ausuͤbt. Es ſcheint, als ob uns die Natur das Geheimniß, welches ſie bei allen uͤbrigen Thieren mit einem dichten Schleier zu verhuͤllen für gut gefunden, bei den electrifchen Fiſchen halb enthüllt habe. Trachten wir alſo danach, den Schleier von der angedeuteten Stelle aus ſo weit, als moͤg— lich, zu lüften, um unſern Blick fo tief, als wir koͤnnen, in dieſen noch von Dunkel umhuͤllten Gegenſtand eindringen zu laſſen. (Supplement à la Bibliotheque universelle de Geneve. Archives de l’eleetrieite par W. A. De la Rive No. 2. Sept. 1841). 42 Mise Die Benutzung der Luftballons für die Lehren der Phyſik, worüber vor Kurzem die Verhandlungen der Britiſchen Forſcher⸗Verſammlung zu Plymouth mitgetheilt worden find (verglei— che Neue Notizen Nr. 407. [Nr. il. des XIX. Bandes] Seite 161), wird jetzt, nach dem Beſchluſſe jener Association, auf ihre Koften wirklich in groͤßerem Maaßſtabe verſucht, und zwar nicht in Luft⸗ reiſen, ſondern in Ballons, welche an ſehr langen Stricken in jeder beliebigen Höbe gehalten werden koͤnnen. Ueber die Refultate werde ich feiner Zeit das Geeignete mittheilen. Herr Arago, welcher der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften uͤber jene oben erwähnten Verhandlungen einen Bericht erſtattet und empfohlen hatte, vorzuͤglich auch vergleichende Beobachtungen in dem Ballon mit den auf der Erde vorgenommenen anzuſtellen, z. B., über Deciination und Inclination der Magnetnadel und Intenfität des Magnetismus; über die Proportion des in dem atmofphärifchen Lichte enthaltenen polariſirten Lichtes; über die Durchſichtigkeit der Luftſchichten und über ihre blaue Farbe ꝛc., halte zugleich, da es zu ſolchen Beobachtungen in Ballons an geeigneten Inſtrumenten noch fehlt, Hoffnung gemacht, daß er dieſe Lucke ausfüllen werde. Dieſe Hoffnung hat nun Herr Arago bereits zu erfüllen ange— fangen, indem er der Academie ein neues Inſtrument vorgelegt und beſchrieben hat, welches er Polarimeter nennt. und indem er einen neuen Cyanometer und Photometer ankuͤndigt. ueber das Thylaeinus, das großföpfige Opoſſum, hat Hr. Owen der Britiſchen Forſcher-Verſammlung zu Plymouth eine Mite theilung gemacht. Jetzt iſt das Thier nur in Van-Diemens-Land, vormals aber hatte es eine weitere geographiſche Verbreitung. Herr Owen hatte von Sir John Franklin ein Exemplar in Spiritus erhalten, zur Unterſuchung des inneren Baues. — Das Thier iſt fleiſchfreſſend. Es war fuͤr die Schäfer in Van-Die⸗ mens: and ein furchtbarer Feind und glich in feinem tiefftehenden gei« ſtigen Character, fo wie durch Körperftärfe und Lift, ſehr dem Wolfe. Wenn es Schaafe toͤdtet, fo naͤhrt es ſich nicht von denſelben, ſondern wuͤrgt, wo moͤglich, die ganze Heerde, indem es eins nach dem andern zerreißt. Es verbreitet einen ſehr ſtarken Ge— ru b. Es hat einen ſchmalen Kopf, viele Schneidezaͤhne und Backenzaͤhne, die einander ſehr aͤhnlich find. Der knoͤcherne Gaus men iſt ſehr unvollſtaͤndig, und es ſteht das Thier niedriger, als irgend ein Fleiſchfreſſer in Europa. Die innere Organiſation ſtimmt mit Dasyurus überein, und die aͤußere zeigt nichts be— ſonders Merkwuͤrdiges. Der Beutel iſt bei'm maͤnnlichen und bei'm weiblichen Thiere vorhanden, und bei Thzlaeinus iſt der Beutel des Maͤnnchens mehr entwickelt, als in irgend einem anderen Genus. HG. „ e u u d . Ueber die Kopfblutgeſchwulſt der Neugebornen. Von Dr. F. Pauli zu Landau. Ueber das Gephalbämatom ſpricht Dr. Pauli (nach einem Bericht über Feiſt's Schrift darüber) feine Anſicht in folgenden Saͤtzen aus: 1) Das Cephalhaͤmatom beſteht in einem arteriellen Bluters guſſe zwiſchen galea und pericranium, nicht aber zwiſchen peri- eränium und cranium, wie man bisher irriger Weiſe annahm. 2) Daſſelbe wird bloß durch eine mechaniſche Gewaltthaͤtig⸗ keit, in der Regel während einer ſchnellen Geburt durch ploͤtzlichen Druck des Kopfes auf das Becken, erzeugt, aber auch in ſeltenen Fällen durch eine Äußere Gewaltthaͤtigkeit längere Zeit nach der Geburt, wovon ih am Schluſſe einen Fall erzaͤhlen werde. 3) Das ergoſſene Blut wird von Aeſten des occipitalis und temporalis, die durch den Druck bei der Geburt zerreißen, geliefert. 4) Die Heilung erfolgt, in der Regel, obne Hinzuthun der Kunſt theils durch Reſorption des ergoſſenen Blutes, theils durch ein, dem Anorganiſchen ſich näberndes Eintrocknen deſſelben, wo⸗ bei zugleich cranium und perieranium, durch den Druck des Blutes in adhaͤſiven Entzundungszuſtand zerſetzt, verwachſen; ſchneller und ſicherer aber, und ohne alle weitere Beeinträchtigung für das Wohl des Kindes, wird fie durch Entleerung deſſelben vermittelſt eines großen Einſtichs und durch einen darauffolgenden gelinden Compreſſionsverband erzielt. — * 43 Dieſe Satze nun erhalten ihre Beweiskraft durch das Nach— ſtehende: a) Ganz geſunde und kraͤftige Kinder erleiden dieſe Kopf: blutgeſchwulſt. b) Das ergoſſene Blut iſt wenige Tage nach der Entſtehung der Geſchwulſt hellroth und wird fpäter erſt nach theilweiſer Res ſorption oder auch beginnender Zerſetzung dunkelroth, dicker und theerartig e) Das Entſtehen der Geſchwulſt erfolgt ſchnell bis auf einen gewiſſen Grad; erſt, wenn das bereits ergoſſene Blut ſelbſt zum theilweiſen Tampon geworden, geſchieht die Blutergießung lang: ſamer, und daher erfolgt auch dann die Vergrößerung minder ſchnell. d) Das Weedererſcheinen der Geſchwulſt erfolgt ſchnell, zu: mal wenn man dieſelbe wenige Tage nach deren Entiteben, wo alſo das blutgebende Gefaͤß noch nicht obliterirt war, durch einen Einſtich entleert hat. Den Beweis hierzu liefert auch Feiſt's zuletzt mitgetheilter Fall, wenn es anders noch ſolcher Fälle beduͤrfte. e) Nur bei raſch vor ſich gehenden Geburten, nicht aber bei langſam verlaufenden, erſcheinen Cephathaͤmatomen; denn bei letztern würde keine Gefäßzerreißung erfolgen. f) Vorzugsweiſe auf den Seitenwandbeinen werden dieſelben beobachtet, als denen Theilen, welche bei der Geburt am meiſten vorſtehen; an allen andern Kopfknochen find fie feltener. g) Daß das pericranium nicht geloͤſ't ſeyn koͤnne, erhellt daraus, daß, wenn zwei übereinanderliegende Flaͤchen noch fo ſehr gedrückt werden, die untenliegende nie von ihrer Anlage ohne die obere geſtreift wird. So bier! Würde das pericranium geloſ't, fo koͤnnte die daruͤber befindliche guen aponeurotion nicht unver⸗ ſehrt bleiben, ſondern müßte auch losgeloͤſ't werden, was aber nicht geſchieht. Folglich iſt das pericranium zunaͤchſt dabei gar nicht betheiligt. h) Wäre überdieß das perieranium dabei gelöf’t, fo wuͤrden weit bedeutendere Zufaͤlle erfolgen; namentlich würden heftige Schmerzen — man denke nur einen Augenblick an die periostitis syphilitica! — entſtehen, und ein Eryſipelas würde ſich über die ganze Hautfläche des Kopfes verbreiten; denn man bilde ſich doch nimmermehr ein, daß auf einer Stelle des os bregmatis das peri- cranium mehrere Zoll weit geloͤſ't ſeyn koͤnne, und daß von dieſer organiſchen Störung der uͤbrige Theil dieſer Beinhaut nichts verfpüre, i) Daß nun aber außerdem das pericranium nicht vom da— runter liegenden Knochen losgeloͤſ't ſeyn könne, geht daraus hervor, daß nach Entieerung des ergoſſenen Blutes die vollkommene Hei— lung bäufiz binnen acht Tagen und nicht ſelten ſelbſt noch nach weit kuͤrzerer Zeit zu Stande kommt. k) Würde, wie man irriger Weiſe angenommen hat, jede Blutgeſchwulſt durch Verwachſung des perieranſum mit dem cra- nium beilen, fo hätte Chehius (Heidelberg. klin. Annal. VI. 4. ©. 541) bei der Section eines längere Zeit nach verſchwunde— nem Gephalhämatom geſtorbenen Kindes das pericraniam an der Stelle, wo das Cephalhämatom geſeſſen, nicht eben fo leicht los— loͤſen koͤnnen, als an andern Stellen; denn alsdann wuͤrde das pericranium auf's Iunigfte mit der Knochenmaſſe verwachſen und ſelbſt verknoͤchert geweſen ſeyn, wie die Verfechter dieſer Anſicht auch annehmen, und folglich nicht mehr gerade fo leicht loͤsbar ge: weſen ſeyn, als an andern Stellen, wo ein ſolcher adhaͤſiver Ent: zundungsproceß nicht ftattaefunden hatte. Nur bei bedeutenden Cephalhamatomen erfolgt die Reſpiration nicht vollkommen, und hier ift es alsdann, wo man eranſum und pericranium mit dem zum Theile eingetrockneten Blute zu einer gleichſam anorganiſchen Maſſe verbunden antrifft. ) Befände ſich das Blut zwiſchen eranium und pericra- nium, fo konnte auch nach geſchehenem Einſtiche das Blut nicht fo ſchnell ſich wieder anſammeln; denn woher ſollte das fibröfe, perlmutterartig glanzende pe icranium, das fo wenig, als das pe- riosteum an andern Knochen, ſehr blutreich iſt, in aller Eile das 44 Blut liefern? Bei dem großentheiis parallelen kaufe der Beinhaut— faſern mit den Knochenfaſern iſt aber ein Bluterguß zwiſchen era- nium und pericranium um fo weniger wahrſcheinlich, als die Blutgefaͤße, welche man im periosteum bemerkt, meiſtens daſſelbe bloß durchdringen, um in den Knochen zu gelangen. m) Den Irrthum, daß das Blut zwiſchen cranium und pe- ricranium ſich befinde, haben wohl die Sectionen veranlaßt, bei denen man den Knochen angegriffen, rauh und carids fand, wie aus den Mittheilungen in dieſer Beziehung von Paletta, Lang, F. Krauſſe und Burchard hervorgeht. Allein wann fand man den Knochen und ſonach auch das perieranjum angegriffen? Laͤngere Zeit, nachdem die Kopfblutgeſchwulſt beſtanden hatte, oder nachdem eine unzweckmaͤßige Behandlung, wie, z. B., nach einem großen Laͤngen- und Kreuzſchnitte, der zu viel Luftzutritt geſtattete, dagegen eingeleitet war. Nur conſecutiv kann bei Cr: phalhaͤmatom eranium und pericranium leiden, nie primar. n) Bei fruͤhzeitiger Eröffnung findet man den Knochen nie— mals carioͤs oder rauh, wie ich mich nach dem Einſtiche verfchies dene Male durch Sondiren genügend überzeugt habe. o) Der rauhe, hervorſtehende Knochenrand im Umfange der Blutgeſchwulſt beruht lediglich auf einer Gefaͤßtäuſchung; denn man wähnt ihn bei'm Cephalhaͤmatom, wie bei jeder andern ſtar— ken Ecchymoſe am Kopfe, zu fuͤhlen. p) Den urſpruͤnglichen Bluterguß zwiſchen eranium und perieranium beweiſ't kein einziges Moment. Wo find denn, muß der Anatom fragen, die Gefäße, die einen ſolchen Bluterguß be— wirken konnen zwiſchen eranium und pericranium? Man bemerkt zwar allerdings am obern Rande des Seitenwandbeins nach Hin— ten ein Gefäßloch, toramen parietale, zum Durchgange einer vena emissoria, welches jedoch nicht ſelten fehlt. Allein ange— nommen, das foramen parietale mit der vena emissoria ſey vorhanden, wie Könnte dieſelbe während des Geburtsactes zerriffen werden? Was aber eine ſolche Annahme vendfer Blutung noch gaͤnzlich niederſchlaͤgt, iſt die Thatſache, daß das ergoſſene Blut in dererſten Zeit immer hellroth und duͤnnfluͤſſig, folglich arteri— elles und nicht venöfes Blut iſt. Es verwirrt daher die Begriffe, wenn Feiſt im §. 7 anfuͤhrt, das aus der Geſchwulſt entleerte Blut ſey bald dunnfluͤſſig, bald coagulirt, bald gemiſcht, bald hell— roth, bald dunkelroth, bald kaffeeſatzaͤhnlich, bald theerartig; denn wenn es ſich auch nicht laͤugnen laͤßt, daß alle dieſe verſchiedenen Zuſtaͤnde des Bluts beobachtet werden, ſo richten ſie ſich doch im— mer nach dem kuͤrzern oder laͤngern Zeitraume, waͤhrend deſſen daſſelbe ergoſſen und verſchloſſen war; eben dieſe Bemerkung findet ihre Anwendung, wenn es §. 3. heißt, man findet den Knochen bald rauh und angegriffen, bald glatt, denn auch dieſer verſchie— dene Zuſtand iſt durch längere oder kuͤrzere Dauer des Beſtehens des Uebels, oder der dagegen eingeleiteten zweckwidrigen Behand— lung bedingt. dq) Nimmt man einmal an, wie Naͤgele und Feiſt thun, daß der Bluterauß darum allmälig erfolge, weil das pericranium durch das ergoſſene Blut nur nach und nach vom Knochen getrennt werde, dadurch immer nur Gefaͤßchen zerriſſen werden, und die zu— erſt zerriſſenen zum Ergießen des Blutes neuen Raum gewinnen, fo iſt gar kein Grund vorhanden, warum das Cephathaͤmatom ſich auf einen Theil des os bregmatis beſchraͤnken und nicht das ganze pericranſum vom Schaͤdel losloͤſen und unterhoͤhlen ſollte; denn gerade, je weiter es vorſchreitet, deſto mehr Gefaͤße wuͤrden ja zerriſſen werden, und ſomit eine toͤdtliche Blutung erfolgen. r) Das hellrothe Blut, das man bald nach dem Erauß in der Geſchwulſt findet, ſpricht gegen Naͤgele's Anſicht von Vari— cofititen und Buſch's Meinung von Venenzerreißung. Auch die Einleitung der Reſpiration und der neue Kreislauf tragen nichts zur Vergroͤßerung dieſer Geſchwulſt bei, wie Naͤgele angiebt, da ſie, nach meinen Beobachtungen, auch bei aͤltern Kindern, als gerade neugebornen, vorkommt. s) Einige Autoren, die, wie fo haͤufig, ganz einfache Dinge verwickelt ſich vorſtellen, haben die Urſache der Kopfblutgeſchwulſt in einer abnormen Bildung der Gefaͤße oder der Knochen geſucht, wo doch die Einwirkung mechaniſcher Gewalt dabei fo nahe liegt. 45 t) Es ift ſonderbar, daß man hier, wie häufig fonft in der Medicin, eine einmal aufgenommene Satzung ohne weitere Prufung beibehält, trotz daß ihr Vieles offenbar widerſpricht; aber lieber fuhr man dieſe Widerfprüche zu beſeitigen, als die Satzung umzu— ſtoßen. So hier mit dem Bluterguſſe zwiſcken pericranjum und cranium. Schneemann (Nuſt's Magaz Bd. 36. Heft 3) ſah, z. B., ganz richtig ein, day der Druck, den der Kopf vom Becken erleide, nichts weniger als die Lostrennung des pericranium befor— dere; deſſenungeachtet nimmt er eine ſolche Losloͤſung an, wenn das pericranſum locker und ſchlaff am cranium anliege. Ein ſolch' lockeres und ſchlaffes Anliegen iſt ohne ſonſtige Krankheit aber gar nicht moͤglich, fo wie auch die Behauptung jener durchaus ir: rig iſt, daß nur ſchwaͤchliche Kinder das Cephalhamatom erleiden. u) Ob es gleich wahr iſt, daß die Prognoſis im Allgemeinen guͤnſtig, wenn man das Uebel der Natur uͤberlaßt, fo kann man ſich doch nicht bergen, daß gerade in jenen Faͤllen, wo man den Knochen ergriffen fand, durch die kunſtgemaͤße und frühzeitige Er: oͤffnung der Geſchwulſt dieſem Ausgange haͤtte vorgebeugt werden koͤnnen. Es bleibt deßhalb das Eroͤffnen der Geſchwulſt nicht ein für allemal verwerflich, ſondern daſſelbe muß nach meinem Erach— ten immer vollzogen werden, wenn man wahrnimmt, daß das Cephalhaͤmatom ſich nicht mehr vergroͤßert, alſo das blutende Ge— faͤß wohl obliterirt iſt, daß aber die Geſchwulſt nicht Miene macht, ſich zu verkleinern. Die Zeit zur Eroͤffnung duͤrfte daher im All— gemeinen zwiſchen dem 18ten und 24ften Tage nach der Geburt zu firiren ſeyn. Auf dieſen Zeitpunct der Eröffnung hat man wohl bisher zu wenig Gewicht gelegt, und zwar gewiß mit Unrecht; denn bei allzufruͤher Eröffnung der Geſchwulſt hat man das Wie— deranſammeln des Blutes aus dem noch nicht ohliterirten Gefaͤße zu gewaͤrtigen, und bei zu ſpaͤter eine bereits zu Stande gekom— mene Affection des pericranium und ſelbſt des cranium zu be— fuͤrchten. Immerhin hat indeſſen eine allzufruͤhe Eröffnung den Nachtheil nicht als eine allzuſpaͤte; denn der Wiederkehr der Blu— tung koͤnnte man noͤthigenfalls ſicher durch das Einlegen von et— was Charpie in die Wundhoͤhle begegnen. Wenn nun ſchon Loͤwenhardt (Siebold's Journ. VII. S. 493.) den Sitz des Blutes unter der galea annimmt und deß— halb im § 7. von Feiſt angegangen wird, fo glaube ich ihn doch durch die bisherigen Eroͤrterungen erwieſen zu haben, ſo wie durch die zwei noch folgenden Mittheilungen zu erhaͤrten. Wären dieſelben W. J. Schmidt und Naͤgele bekannt geweſen, ſo wuͤrden ſie wobl nicht das Geſtaͤndniß abgelegt haben, daß ſie über die genesis der Kopfgeſchwulſt noch nicht im Reinen find, 1) Das am 29. Juli 1836 geborne Maͤdchen des Jacob Schneider hatte ein Cephalbaͤmatom mit zur Welt gebracht, das bisher immer noch etwas zugenommen hatte. Das Kind bee kam am 10. Auguſt beftige Diarrtde und ftarb am 12 Morgens, dem Tage, der zur kuͤnſtlichen Eroͤffnung der Geſchwulſt beſtimmt war. Des Nachmittags nahm ich die Section vor. In der Ge— ſchwulſt war gemiſchtes Blut, theilweiſe coagulirt; daſſelbe war zwiſchen galea und pericranium ergoſſen. Dieſes, fo wie der dar unter liegende Knochen, waren in vollkommen natuͤrlichem, unver— ſehrtem Zuſtande. Von einer Lostrennung des pericranium war keine Spur zugegen; das Blut kam offenbar aus einer Stelle der galea, die jedoch, trotz aller Mühe, jetzt nicht mehr mit Beſtimmt— heit ausgemittelt werden konnte. 2) Am 3. Febr. 1840 ward mir der 3 Jahre alte Knabe des Georg Neuner von Annweiler gebracht, angeblich nach dem Ausſpruche eines andern Arztes an unheilbarer Kopfwaſſerſucht leidend. Ich erkannte ein in Folge eines vor 11 Tagen erlittenen Steinwurfes an den Kopf entſtandenes ſehr beträchtliches Ce— phalhaͤmatom, das ſich von der Mitte des rechten Seitenwandbei— nes bis zur Mitte des Hinterhauptbeines ausdehnte, und heilte die angebliche Kopfwaſſerſucht des Kleinen durch einen kleinen Ein— ſchnitt, dem viel dunkelrothes, zum Theil ſchon geronnenes Blut folgte, und durch einen leichten Compreſſivverband binnen 3 Tagen. Dieſe beiden Faͤlle nun geben mir die vollkommenſte Ueberzeugung, daß das Cephalhaͤmatom nichts als eine bedeutende Ecchymoſe * 46 zwiſchen galea und pericranium iſt, welche unter dem zarten, ſchlaffen orgamſchen Gebilde des Neugebornen ſich weiter ausdehnt, als man vermoͤge der eingewirkthabenden Gewalt durch den ſchnel— len Geburtsact vermuthen ſollte. Daß aber eine ſoiche beträchtliche Ecchymoſe, ohne Veränderung der Hautfarbe und ohne befondere Erhohung der Temperatur, mit demfelben Sitze, derſelben Form und derſelben Fluctuation, wie bei'm Cephalhamatom der Neuge— bornen, auch noch lange Zeit nach der Geburt durch Einwirkung mechaniſcher Gewalt ſich ereignen koͤnne, beweiſ't der zuletzt mitge: theilte Fall, in welchem ſcheinbar auch der Knochenrand rauh und unecben war. Ueber die Diagnoſe deſſelben war ich theils durch die Zeit der Entſtehung nach der Veranlaſſung, theils durch die Schmerzloſigkeit und das allgemeine Wohlbefinden in's Klare ge— ſetzt, daher ich auch ohne Weiteres zur Eroͤffnung ſchritt. Errei— chen bei zunehmenden Jahren Ecchymoſen, in der Regel, jene ce— phalhamatomen-ähnliche Große nicht mehr, fo liegt dieß darin, daß die organiſchen Gebilde in'sgeſammt mehr Rigiditat beſitzen und daher geringe Urſachen verhältnigmäßig nicht mehr fo große Wirkungen herz vorbringen koͤnnen als im kindlichen Alter und zumal bei Neugebor— nen. Unter den manchen Faͤllen von Cephalhaͤmatomen, die ſeit Jah— ren in meiner Praxis vorgekommen find, habe ich ſechs durch einen erz giebigen Einſtich beſeitigt; die andern wurden der Natur überlaffen, berſchwanden aber begreiflicher Weiſe weit langſamer. Geht hierbei die Reforption träger vor ſich, als bei gewöhnlichen Ecchymoſen, und bleibt noch lange darin ein dem Eindruͤcken einer duͤnnen Me— tallplatte vergleichbares Kniſtern zuruͤck, ſo ruͤhrt dieß nicht vom losgeloͤſ'ten perieranium her, ſondern es liegt die Urſache darin, daß fibroͤſe, aponeurotiſche Gebilde vermoͤge ihrer Structur weit weriger abſorbirende Gefäße beſitzen, als die Haut, und folglich hier zuweilen weniger eine vollkommene Reſorption des ergoſſenen Blutes, als vielmehr nur ein theilweiſes Eintrednen ſtattfindet, das beinahe unorganiſch genannt werden kann, wie denn überhaupt jede Oſſification weicher und fluͤſſiger Theile ſich dem Anorganiſchen nähert Alle organiſchen Proceſſe verlaufen in fibroͤſen Haͤuten langſamer. Man denke an die Abſceſſe unter der fascia lata, die bei fehlender kuͤnſtlicher Eröffnung fi ſehr in die Tiefe verbreiten und nur ſehr fpät erſt, nachdem ſchon lange das periosteum ergrif— fen, die fascia durchbrechen, daher auch dort die beinahe totale Unwirkſamkeit gelind reizender, die Reſorption anregender Mittel! (Caſper's Wochenſchrift. Nr. 39.) Ueber Lungenentzuͤndung bei Geiſteskranken bat Herr Thore nach Beobachtungen im Bicetre eine Abhand— lung mitgetheilt, worin er ſeine Verwunderung ausſpricht, daß uͤber dieſe Krankheit in den Handbüchern uͤber die Geiſteskrankhei— ten nicht mehr die Rede iſt, da doch an ihr nicht allein viele Kranke zu Grunde gehen, fondern auch intereſſante Mobificatior nen dabei auftreten. Er theilt die Faͤlle in ſolche, welche durch die Symptome deutlich angezeigt waren, in ſolche, bei denen nur die Percuſſions und Auscuttationsſymptome bemerkbar waren und endlich in ſolche, bei denen die Pneumonje ganz latent war. Die Folgerungen, welche ſich aus ſeiner Darſtellung ziehen laſſen, ſind folgende: 1) Die Lungenentzuͤndung uͤbt neben der Enteritis einen betraͤchtlichen Einfluß auf die Mortalität der Geiſteskranken aus: von 46 Individuen, welche zufaͤllig binzukommenden Krankheiten unterlagen, ftarben 11 an Pneumonieen. 2) Sie befällt vorzugs- weiſe Bloͤdſinnige und zeigt in dieſer Beziehung die groͤßte Aehn— lichkeit mit der Lungenentzuͤndung der Greiſe, d h. alſo, die Con⸗ geſtion iſt haufiger paſſiv, als activ. Bei Manie und Monomanie it die kungenentzuͤndung faſt immer zufällig, und man braucht nur ein einziges Mal ein Irrenhaus beſucht zu haben, um zu begreifen, wie viel Gelegenheitsurſachen der Pneumonie vorhanden ſind. Das anhaltende Schreien Einzelner, das beftändige Liegen auf dem Rük⸗ ken; bei Andern die Ueberfuͤllung des Raums, die Unreinlichteite das haͤufige Aufwaſchen, welches in den Gälen eine nachtheilig, Naͤſſe unterhalt, geben beſtaͤndig Veranlaſſung. 3) Der Eintritt der Krankheit ift ſehr häufig plotzlich; dieß mag indeß haͤufig mebr ſcheinbar ſeyn; es iſt hier ebenfalls, wie bei den Greiſen, die 47 Keankheit kann bereits betraͤchtliche Fortſchritte gemacht haben, wenn ſich die erſten Symptome aͤußerlich zeigen. 4) Huſten und Auswurf findet man nur bei den acuten Formen, und Celſus ſagt richtig von dieſer Krankheit: Plus habet periculi quam dolo- ris. Die Oyspnoͤe iſt eine conftante Erſcheinung, wiewohl ſchwer zu ermitteln, da die Inſpirationen, welche zwiſchen 20 und 56 variiren, nicht deutlich ſind. Der Mangel des Reſpirationsgeraͤu— ſches iſt darum von geringerer Bedeutung, weil es überhaupt bei Bloͤdſinnigen ſchwer zu erkennen zu ſeyn pflegt und durch ein feuchtes Raſſeln maskirt wird. Fieber fehlt niemals; es iſt im— mer betrachtlich, mit 100 — 120 Pulsſchlaͤgen in der Minute. Die Appetitloſigkeit iſt haͤufig das einzige Zeichen, durch welches ſich die Pneumonie der Geiſteskranken kund giebt. 5) Die adyna— miſche Form iſt die gewoͤhnlichſte. 6) Zur Diagnoſe muß man Auscultation und Percuſſion zuſammennehmen, und wenn dieſe nichts beweiſen, fo kann man ſie noch nach der Häufigkeit der Safpiras tionen vermuthen. 7) Die Prognoſe iſt immer ſehr bedenklich, außer bei den maniacis, deren Allgemeinbefinden dabei ziemlich ungeſtoͤrt ſeyn kann. 8) Die doppelte Pneumonie kommt bei Gei— ſteskranken haͤufiger vor, als bei Greiſen. Im Widerſpruche mit einem allgemeinen Geſetze, iſt aber das Verhaͤltniß der Pneumonieen der linken Seite betraͤchtlicher, in dem Verhaͤltniſſe, wie 3 zu 1. Die Blutüberfüllung iſt dabei faſt immer mit Hepatiſation verbun— den, und die letztere zeigt ſich haͤufiger in dem Grade der grauen, als der rothen Hepatiſation; mehrere Varietäten hängen von dem Grade der Verdichtung der Subſtanz ab. In der Hälfte der Falle iſt zu gleicher Zeit Pleuritis nicht zu verkennen. 9) Allgemeine Blutentziehungen ſind nur ausnahmsweiſe vorgenommen worden; indeß kann man nicht ſagen, daß der Tart, stibiat. in großen Doſen von beſonders guͤnſtigem Erfolge geweſen waͤre. Der Nuz— zen dieſes Arzneimittels ſtand in directem Verhaͤltniſſe mit dem Erbrechen, welches dadurch hervorgerufen wurde. Sinapismen und Veſicatore dürfen nicht vernachlaͤſſigt werden. (Journal des connaiss. méd.-chirurg., Mai 1841). Mis ee lle n. Ueber die Einwirkung der Luftheitzung auf die Geſundheit enthalten die Berl. Nachr. folgende Mittheilung des Herrn Burchardt aus Sonnenburg. Es iſt neuerdings be— hauptet worden, daß die Heizung mit erwaͤrmter Luft nicht allein ſehr koſtſpielig, ſondern auch der Geſundheit nachtheilig ſey. Da dabei auf Erfahrungen Bezug genommen wird, welche den meini— gen widerſprechen fo bringe ich auch dieſe zur öffentlichen Kennt: niß. In der hieſigen Strafanſtalt werden die größeren Gefaͤng— nißgebäude durch erwaͤrmte Luft geheizt. Das weſtliche Gebäude, das ſich, wegen ungünftiger Conſtruction der Leitungsroͤhren und weil es der, der Laͤnge nach durchgehenden und die Wirkung der Winterſtürme maͤßigenden Mittelwand des oͤſtlichen entbehrt, am ſchlechteſten heizt, conſumirt fuͤr 111 Zellen, deren jede im Durch— ſchnitt 800 bis 900 Kubikfuß Raum enthaͤlt, taͤglich 40 Kubikfuß weiches Holz. Haͤtten dieſe Zellen ihre eignen Kacheloͤfen, ſo wuͤr— den, auf jeden 14 Kubikfuß Holz gerechnet, 1651 Kubikfuß, alſo mehr als das Vierfache, erforderlich ſeyn. Das Lazareth, das mehr als viermal Platz im weſtlichen Gebaͤude faͤnde, aber durch ge— wohnliche Zimmerdfen geheizt wird, verbraucht taͤglich 43 bis 44 Kubikfuß und mithin in der That mehr, als das Vierfache jenes 48 Bedarfs. Von den Leuten, die in den mit erwärmter Luft ges heizten Zellen und Saͤlen ſchlafen und arbeiten, ſtirbt, nach einem ſechsjaͤhrigen Durchſchnitte, jahrlich der 110te und, abgeſehen von den ſtattgehabten Selbſtmorden, der 122ſte Mann, mithin überall kein volles Procent. Die Zahl der Kranken überſteigt ſelten zwei Procent der taͤglichen Kopfzahl. Dies Ergebniß dürfte die Uns ſchaͤdlichkeit der fraglichen Heizungsart um ſo entſchiedener außer Zweifel ſtellen, als es in einer Anſtalt erzielt wird, deren unfrei— willige Bevoͤlkerung aus Individuen zuſammengeſetzt iſt, die bei ihrer Einlieferung groͤßtentheils durch Ausſchweifungen und Anz ſtrengungen, durch Hunger und Kummer entkraͤftet ſind. Es iſt auch an ſich unbegreiflich, auf welche Weiſe die von den Waͤnden der großen ruſſiſchen Oefen ausſtroͤmende Waͤrme, die urſpruͤng— lich von der durch gewoͤhnliche irdene oder eiſerne Zimmeroͤfen verbreiteten nicht verſchieden iſt, auf ihrem Durchzuge durch ge— mauerte, keinenfalls bis zum Gluͤhen erhitzte Roͤhren, eine der Geſundheit nachtheilige Eigenſchaft annehmen ſollte. Daß die durch das Einſtroͤmen der Waͤrme erhoͤhte Bewegung der Zimmer— luft der Reſpirabilitaͤt und der Salubrität derſelben keinen Einz trag thun kann, leuchtet von ſelbſt ein. Die fremdartigen, in offenſtehenden Waſſergefaͤßen nachgewieſenen Stoffe koͤnnen, wenn fie durch die Waͤrmeroͤhren in das Zimmer gekommen find, nichts Anderes ſeyn, als der unſchaͤdliche Staub, den die Leitungsroͤhren fuͤr die kalte Luft den Heitzkammern zufuͤhren. Iſt Holzaſche darunter, ſo iſt anzunehmen, daß der Ofen nahe am Heerde ge— borſten iſt, und dann kann es allerdings auch an ſchaͤdlichen Daͤmpfen nicht fehlen. Die Vortheile, welche die in Rede ſtehende Heizungsart durch die Entfernung ihres Apparats aus dem uns mittelbaren Bereiche des Verkehrs, durch betraͤchtliche Raum— Erſparniſſe, durch die abgekuͤrzte Operation des Einheizens und durch die Erwärmung der Souterrains, der Treppen, Flure und Corridors gewaͤhrt, ſind ebenfalls fuͤr ſich einleuchtend. Ueber die pathologiſche Beſchaffenheit des Ohres hat Herr Tayndee der Royal med. and chirurg. Society eine Reihe von einundvierzig Zergliederungen vorgelegt, wobei das Gehoͤr— organ unterſucht wurde, ohne daß uͤber den Zuſtand des Gehoͤres meiſtentheils etwas bekannt war. Es fand ſich die Trommelhoͤhle von gefunden Zuftande zehn Mal; mit Verdickung der auskleiden— den Haut ſechs Mal; mit Adhaͤſionsbaͤndern zwiſchen den verſchie— denen Theilen der Trommelhoͤhle, beſonders dem stapes und ſeinen Umgebungen, vier Mal; mit leichter Verdickung der auskleidenden Haut und gleichzeitigen Adhaͤſionsbaͤndern dreizehn Mal; mit be— trächtlicher Verdickung der auskleidenden Haut fünf Mal; mit Suppuration der Trommelhoͤhle ein Mal; mit Anchyloſe der Ba— ſis der stapes, in der Circumferenz der fenestra ovalis, zwei Mal. Dieſe große Haͤufigkeit krankhafter Veraͤnderungen in dem Ohre iſt ſehr auffallend; es iſt aber zu bemerken, daß das Schlagen einer Taſchenuhr von vielen Perſonen, von denen man annimmt, daß fie gut hören, nur etwa zwei Fuß weit gehört wird, während dieſelbe Uhr einem geſunden Ohre bis auf acht Fuß deutlich hoͤrbar iſt. Beeinträchtigung des Gehoͤrs iſt daher häufiger, als man gewoͤhn— lich annimmt. (Lancet, 3. Juny 1841.) Berichtigung. — In Nr. 417. (Nr. 21. des XIX. Bds.) der Neuen Notizen, pag. 336, muß es, in der Miscelle über einen Retentionsapparat für eine ptosis Zeile 4 von oben, heißen: vers bergen, ſtatt vorbeugen, und Zeile 9 von oben: Befeuchtung, ſtatt Beleuchtung. rr . SETZE — Bibliographische N ewig seiten. m The illustrated Catalogue of British Plants, arranged according to the Natural Orders, with reference to Lindley, Smith, Hooker etc. By C. E. Sowerby. No. 1. London 1841. 12. Human Osteology. By R. Ward. London 1841. 32. Tic douloureux, with Cases. By Dr. R. A. Allnatt. London 1841. 8. Dental Surgery. By C. A. Harris. London 1841. 8. —ä——ñññ—ñ ä —ä—‚můU — Neue notizen a us dem Gebiete der Hatur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem ObersMedieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 422. (Nr. 4. des XX. Bandes.) October 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Na t u r Ueber die Mauſer der Voͤgel, und ins’befondere uͤber Weibchen mit maͤnnlichem Gefieder. (Hierzu die Figuren 1. bis 5. auf der mit Nr. 319. [Nr. 1. bier ſes Banves] ausgegebenen Tafel.) (Schluß.) IV. Manche Naturforſcher ſind der Anſicht geweſen, die oben von mir dargelegte merkwuͤrdige Erſcheinung, ruͤckſicht- lich deren ich drei Beiſpiele an verſchiedenen Arten von Fa— ſanen beigebracht, komme faſt lediglich in dieſer Gattung und bei'm Haushuhn vor, welches mit den Faſanen ſo nahe verwandt iſt, daß der generiſche Unterſchied kaum als hin— reichend begruͤndet erſcheint. Uebrigens haben ſchon Früher mehrere engliſche Autoren aͤhnliche bei andern Voͤgelarten beobachtete Fälle zur öffentlichen Kenntniß gebracht, “) und ſeitdem man auf dieſen Gegenſtand aufmerkſamer geworden iſt, hat man dieſelbe Erſcheinung mehrfaͤltig wahrgenommen. Ich beſchließe alſo meine Abhandlung mit der Aufzaͤhlung der Species, bei denen man Weibchen beobachtet hat, die das Gefieder der Maͤnnchen erlangt hatten. Die Faſanen ſind unſtreitig unter allen Gattungen diejenige, bei welcher die fragliche Erſcheinung am Oefteſten vorgekommen iſt, und dieß iſt um ſo merkwuͤrdiger, da bei dieſer Gattung das Kleid der beiden Geſchlechter ſo außer— ) Vergl. Hunter, Account of an extraordinary pheasant, in den Philos. Transactions T. LXX. p II. 527, 1780, wo⸗ ſelbſt auch einer Pfauhenne gedacht wird, welche das Gefieder des Pfauhahns erhalten hatte; Everard Home, Philos Trans., 1799, p. 157 ete und Lectures on comparative Anatomy, T. III. Lect. XI, wo von einer Henne und Ente die Rede iſt, an denen die Ähnliche Erſcheinung vorkam; ferner But— ter, An account of the chnnge of plumage exhibited by many species of female birds. in den M&moirs of the Wer- nerian Society, T III, p. 183, 1821, welcher Schriftſteller zehn Voͤgelſpecies aufzaͤhlt, bei welchen man die entſprechende Veränderung des Gefieders am Weibchen beobachtet habe, Später, in den Proceedings of the London Zoological Socie- ty 1830 - 81, p. 22, hat Yarrell einen Fall mitgetheilt, in welchem eine Henne von der Varietaͤt des Haushuhns, welche die gewoͤhnlichen Kampfhaͤhne liefert, das Geſieder des Hahns erhielt. No. 1522. n dee. ordentlich verſchieden iſt ). Bei allen vier nach Europa verpflanzten Faſanenarten iſt der Federwechſel des Weibchens beobachtet worden. Von dem gemeinen, vom Silberfaſan und vom Halsbandfaſan iſt oben (vergl. Notizen a. d. G. d. Nat. u. Heilk. Nr. 295, S. 114 — 116. 1826) die Rede geweſen; ruͤckſichtlich des Goldfaſans verdankt man die Beobachtung der Erſcheinung Edwards oder eigent— lich Colinſon “). Bei dem gemeinen Faſan iſt der fragliche Fall ungemein häufig und offenbar viel öfter vor: gekommen, als bei dem Haushuhn. Sonſt hat man unter den huͤhnerartigen Voͤgeln die— ſelbe Erſcheinung noch bei'im Pfau nach Hunter ***) und bei'm Truthuhn nach Bechſtein +), doch nur in be: ſchraͤnktem Grade, wahrgenommen. Unter den Strandlaͤufern iſt mir keine Species bekannt, wo der Federwechſel des Weibchens ſo entſchieden ſtattgefun— den hätte, wie bei den huͤhnerartigen Voͤgeln ++), wogegen in Bezug auf die Schwimmvoͤgel der Fall bei der Ente und zwar unter vorzuͤglich merkwuͤrdigen Umſtaͤnden ſich er— eignet hat T1). *) Unter den prächtig gefiederten Voͤgeln der beiden Indien ſte— hen nur ſehr wenige in Hinſicht des herrlichen Farbenſchmucks mit den männlichen Faſanen auf gleicher Linie. Wir bewun: dern an dieſen die blendendſten Farben der Edelſteine und Me— talle, die der Pinſel nie wiedergeben, die beredteſte Zunge nicht angemeſſen beſchreiben kann, und die durch die anmuthi— gen und ſtolzen Bewegungen des Thieres noch an Schoͤnheit und Lebendigkeit gewinnen. Allein neben dieſen praͤchtigen Maͤnnchen nimmt ſich die Unſcheinbarkeit der Weibchen dop— pelt ſchmucklos aus. An den letztern gewähren wir überall nur matte, duͤſtere Farben, und man moͤchte ſagen, die Na— tur habe abſichtlich darauf hingewirkt, daß der Gontraft zwi— ſchen den Gatten die Pracht des Hahnes um ſo mehr hervor— treten laſſen ſolle. **) S. Glanures of natural History by Edwards, P. III, p. 268. „) Am angeführten Orte in den Philos. Trans, +) Gemeinnügige Naturgeſchichte Deutſchlands, Bd. III. ++) Butter gedenkt indeß in feiner oben angezogenen gelehrten Abhandlung, auf die Autoritaͤt anderer Schriftſteller hin, des Loͤffelreihers, ſo wie auch des Trappen, an denen man Aehn⸗ liches bemerkt haben will. +) Dieſe Beobachtung, deren wir in einer fruͤhern Anmerkung bereits im Vorbeigehen gedacht haben, beſteht in Nachftehen: 4 51 gem gegen. In der großen Ordnung der ſperlingsartigen Voͤgel fehlt es nicht an Beiſpielen. Unter den Zypodactylen oder Klettervoͤgeln Cuvier's iſt der Wechſel des Gefieders bei den Kuckuken, und zwar von Levaillant in Bezug auf den Edolio *) und in Betreff des gemeinen Kuckuks von Pay: randeau “), beobachtet worden. Die Beobachtung Le— vaillant's gewinnt dadurch bedeutend an Intereſſe, daß bei dem Edolio-Weibchen mit maͤnnlichem Gefieder ſich ein vollig ausgetragenes Ei vorfand. Unter den Deodactylen oder gewöhnlichen ſperlingsarti— gen Voͤgeln ſind mir aus verſchiedenen Mittheilungen ſechs Gattungen bekannt, in denen aͤhnliche Farbenwechſel beob— achtet worden find. Der verſtorbene Dufrèene, Vorſteher des Laboratoriums des Muſeums der Naturgeſchichte, ver— ſicherte mir, es ſey ihm oͤfters der Fall vorgekommen, daß alte Seidenſchwanz- Weibchen das Gefieder der Männchen angenommen hätten, Florent Prevot hat beobachtet, daß eine aͤhnliche Veraͤnderung des Gefieders ſich bei mehrern Finkenweibchen einzufinden begann. Daſſelbe hat man bei Rothſchwanz- und Staarweibchen bemerkt. Endlich iſt in neueſter Zeit eines aͤhnlichen Falles bei'm Dompfaffen von Herrn Menetries gedacht worden **), und Herr Bail— lon zu Abbeville hat mir ein Keeuzſchnabelweibchen zuge— ſchickt, deſſen Gefieder nach und nach den des Maͤnnchens ſehr aͤhnlich geworden war. Der fragliche Gefiederwechſel iſt alſo eine bei den Voͤ— gelarten, wo die beiden Geſchlechter verſchieden gefaͤrbt ſind, ſehr allgemein vorkommende Erſcheinung, und dieſelbe duͤrfte wohl bei allen gelegentlich zu treffen ſeyn, obwohl manche Gattungen in dieſer Ruͤckſicht den Vorzug haben, was von Urſachen herruͤhrt, die ſich bei dem gegenwaͤrtigen Stande unſerer Kenntniſſe durchaus nicht genuͤgend darlegen laſſen. So kommt, z. B., die Erſcheinung in der Gattung der Pfauen, die doch der der Faſanen ſehr nahe ſteht, nur ungemein ſelten vor, und die Beobachtung Hunter's ſteht bis jetzt noch ganz iſolirt da. Im Garten des naturhiſto— riſchen Muſeums, wo ſo viele Pfauen gehalten werden, die man ſtets vor Alter ſterben laͤßt, habe ich noch keine ein— zige Henne gefunden, welche im Alter den Pfauhaͤhnen ei— nigermaaßen aͤhnlich geworden waͤre. Uebrigens laͤßt ſich die Erſcheinung, welche ich, in Be: treff der Faſanen, beſonders genau ſtudirt habe, noch in weit betraͤchtlicherem Grade generaliſiren, als indem man dem: Ein altes Entenweibchen, welches mehrere aͤußerliche Kennzeichen des Enterichs angenommen hatte, ward von den Enterichen nicht nur nicht mehr angegangen (wie es denn auch ſelbſt ſich von ihnen fern hielt), ſondern verfolgte ſogar andere Entenweibchen, ſtieg auf deren Ruͤcken und vollzog an— ſcheinend den Begattungsact ganz wie ein Enterich. S. auch Rooſe, Beiträge zur oͤffentlichen und gerichtlichen Arznei— kunde, T. II, p. 230. *) Histoire naturelle des Oiseaux d' Afrique, T. V. p. 42. Levaillant bemerkt bei dieſer Gelegenheit, er habe ſchon früher den Gefiederwechſel bei Weibchen einiger anderer Spe— cies nachgewieſen. Leider giebt er dieſe Arten nicht näher an, *) Bulletin des Sciences naturelles, T. XIII, p 243. *) ©. deſſen Catalogue raisonné des objets recueillis dans un voyage au Caucase, Petersbourg, 1832, p. 43. 52 deren allgemeine Gültigkeit, ruͤckſichtlich der Claſſe der Voͤ— gel, nachweiſ't. Auch bei anderen Claſſen, ja ſelbſt bei'm Menſchen, laͤßt ſich Aehnliches beobachten. In der Gattung Cervus kommt zuweilen der Fall vor, daß alte Kuͤhe Ge— weihe aufſetzen, wie denn, z. B., Otto in feinem Lehr: buche der pathologiſchen Anatomie (Bd. I. S. 125) fünf ſolche Beiſpiele, in Bezug auf das Reh, anfuͤhrt. Ferner iſt es etwas ganz Gewoͤhnliches, daß Frauen, welche nicht mehr menſtruiren, einen ſtarken Bart auf der Oberlippe er— halten, und Niemand wird in dieſem Phaͤnomen die Ana— logie mit dem Gefiederwechſel der alten Faſanenhennen ver— kennen. Die Hinneigung der Weibchen, welche aufgehoͤrt haben, fruchtbar zu ſeyn, zum Erleiden derſelben Veraͤnderungen welchen die Maͤnnchen in der Jugend unterworfen ſind, iſt folglich ein ſehr allgemeines Geſetz und haͤngt demnach von Urſachen ab, welche der Aufmerkſamkeit des Phyſiologen ſehr wuͤrdig find. Das Studium dieſes Gegenſtandes duͤrfte ganz beſonders dazu geeignet ſeyn, um uns über die ſchwie— rige Frage des Hermaphrodytismus, ſo wie über die allge— meine Theorie der Geſchlechter und den Einfluß des Zeu— gungsapparates auf den ganzen Organismus und deſſen Functionen aufjzuklaͤren. “?) Aus dieſem Geſichtspuncte be— trachtet, ſcheinen mir die im obigen Artikel mitgetheilten Beobachtungen und Anſichten von Intereſſe, indem dadurch nicht ſowohl neue Thatſachen an's Licht gefoͤrdert worden ſind, als eine, fuͤr die Zukunft vielverſprechende, Anregung zu wichtigen phyſiologiſchen Forſchungen gegeben worden ſeyn dürfte. Erklaͤrung der Figuren. Ich habe zwei Faſanenhennen mit maͤnnlichem Ge— fieder abbilden laſſen und die Figuren einiger Baſtarde hin— zugefuͤgt. Figur 1. Alte Silberfaſanen-Henne, welche genau dieſelben Farben darbietet, wie der Hahn. Es iſt dieß das Exemplar, von welchem in Nr 295. (Nr. 9. des XIV. Bandes, 1826) S. 115 der Notizen die Rede war. Figur 2. Alte Halsbandfaſanen-Henne, welche ziem— lich genau dieſelbe Faͤrbung beſitzt, wie das Maͤnnchen und auch Sporen hat. Von dieſem Exemplare iſt a. a. O., S. 116, gehandelt worden. Figur 3. Baſtard vom Gold- und gemeinen Faſan, von welchem uͤbrigens ungewiß iſt, ob der Vater oder die Mutter ein Goldfaſan war. Das Exemplar iſt ein junges Maͤnnchen, welches ſich in der Menagerie des Muſeums befand. Figur 4. ein maͤnnlicher und Figur 5. ein weiblicher Baſtard, die beide zu Verſailles gezogen worden ſind und wahrſcheinlich derſelben Brut angehoͤren. Ueber den Urſprung derſelben iſt mir nichts Sicheres bekannt; allein nach der Färbung des Hahnes laͤßt ſich kaum bezweifeln, daß fie von einem Silber- und gemeinen Faſane abſtammen. Die Far— ben find nämlich oben faſt genau wie bei'm Silberfaſane, *) Siehe meine Geſchichte des Hermaphrodytismus in der Histoire generale des anomalies de organisation, T. II. p. 30 u. ff. 53 und unten wie bei'm gemeinen Faſane. Mir find übrigens mehrere ganz aͤhnliche Exemplare vorgekommen, deren Ur— ſprung durch beſtimmte Angaben erhaͤrtet war. Dieſen drei, aus Kreuzungen verſchiedener Faſanenar— ten hervorgegangenen Baſtarden habe ich keine Abbildung von ſolchen von dem gemeinen Faſane und dem Haushuhne binzugefügt, weil dieſelben ſehr oft vorkommen und deßhalb allgemein bekannt ſind. Ich will nur darauf aufmerkſam machen, daß bei allen dieſen, oft ſehr von einander abwei— chenden Baſtarden, wie bei den drei auf unſerer Tafel ab— gebildeten, die Farbe des Gefieders ſtets zwiſchen der des Gefieders des Vaters und de jenigen der Mutter die Mitte hält. Dagegen gehen bekanntlich aus der Kreuzung eines Hahnes und einer Henne derſelben Species, aber von verſchiedener Faͤrbung und Statur, haͤufig Nachkommen her— vor, die entweder dem Vater oder der Mutter allein gan; ahnlich find; und fo finden wir denn auch bei den Voͤgeln folgende beide allgemeinen Geſetze beftätigt, die ich im Jahre 1826 von Beobachtungen abgeleitet habe, die ſich ſpeciell auf die Saͤugethiere bezogen. 1) Die Nachkommenſchaft zweier Individuen, welche verſchiedenen Species angehoͤren, bietet, in der Regel, feſte und conſtante Kennzeichen dar, welche theils vom Vater, theils von der Mutter herſtammen; 2) dagegen gleicht die Nachkommenſchaft zweier Thiere, welche Varietaͤten derſelben Species angehoͤren, haͤufig ſo— wohl dem Vater, als der Mutter, oft aber auch ausſchließ— lich dem einen oder dem andern Individuum des Aeltern— paares. Vergleiche Considerations générales sur les Mammiferes, 1826, p. 231, und Histoire generale des Anomalies, T. I. p. 306. (Essais de Zoologie gene- rale par Isidore Geoffroy Saint-Hilaire. Paris 1841.) Ueber Whewell's Anemometer, und inwiefern ſich daſſelbe im letzten Jahre zu Plymo.th be— währt hat. *) (Hierzu die Figur 2x. auf der mit Nr. 319. [Nr. 1. dieſes Bandes! aus gegebenen Tafel.) Herr Harris erlaͤuterte zuvoͤrderſt der Verſammlung die Curven des Jahres mittelſt einer 12 Fuß hohen und 7 Fuß brei— ten Skizze, auf welcher der Totaleffect mittelſt einer rothen Schnur angegeben war, und las dann folgenden Bericht vor: Mein letzter Bericht uͤber dieſes Inſtrument betraf gewiſſe Verbeſſerungen in dem Mechanismus und der Art der Befeſtigung, welche ſich noͤtbig gezeigt hatten, wenn das Inſtrument gehoͤrig wirken ſollte. Jetzt beehre ich mich, der Section der Phyſik eine ſich uͤber ein ganzes Jahr erſtreckende Reihe von Beobachtungen vorzulegen, nach welcher eine graphiſche Darſtellung des Windes entworfen worden iſt, welche ſich vom Juli 1840 bis zum Juli 1841 erſtreckt. Aus der uns hier vorliegenden Charte wird man erſehen, daß durch dieſelbe Herrn Whewell's gluͤcklicher Gedan⸗ ke, nämlich ſich gewiſſermaaßen den Grundtypus des Windes für eine beſtimmte Oertlichkeit zu verſchaffen, von dem jib dann die allgemeine Bewegung der Luft waͤhrend des ganzen Jahres ablei ten ließe, großentheils realiſirt worden ſſt. Das mittlere Reſultat der uns vorliegenden Beobachtungen ſtimmt ziemlich mit dem durch ) Vorgetragen von Herrn W. S. Harris dem Britiſchen wiſſenſchaftlichen Vereine bei deſſen letzter (elfter) Zuſam⸗ menkunft. 54 die des Herrn Southwood mit demſelben Inſtrumente erlangten und im achten Berichte der Geſellſchaft bekannt gemachten Ergeb— niſſe überein. Es ergiebt ſich daraus für Plymouth eine im Laufe des ganzen Jahres ſtattfindende Bewegung ziemlich von S. S. O. gegen N. N. W. Nicht weniger intereſſant iſt es, den taͤglichen Gang des Windes nach den Anzeigen des Inſtrumentes zu beobach— ten. Wir finden, z. B., daß dann und wann gewiſſe Wirbelwinde oder bedeutende Stoͤrungen in demjenigen Gange des Windes ſtatt— finden, welcher in Breiten, wo ſich die Luft ſtätiger bewegt, wahr: ſcheinlich eine regelmäßigere Strömung dieſer Flüffigkeit, nach Art der Paſſatwinde, bewirken würde. Dennoch iſt das Vorhanden⸗ ſeyn einer ſolchen conſtanten Strömung im Allgemeinen wahrzu— nehmen und mitten unter jenen Stoͤrungen nachzuweiſen, und die Bewegung geht immer von den ſuͤdlichen nach den noͤrdlichen Him⸗ melsgegenden. Es ſcheint für unſern gegenwärtigen Zweck nicht erforderlich, daß wir von den Reſultaten mehr, als ganz ſumma— riſche allgemeine Geſetze ableiten, weßhalb wir unterlaſſen, durch ein ſtreng mathematiſches Verfahren den Betrag und die Richtung des Windes fuͤr jeden beſondern Monat zu ermitteln, und aus den fo gewonnenen Ergebniſſen das Geſammtreſultat fuͤr's ganze Jahr zu berechnen, wie dieß in meinem vorigen Berichte geſchehen. Es wird hinreichend ſeyn, wenn wir durch die ganze Reihe von Typen eine Linie ziehen, welche das Endreſultat ſofort dem Auge erkenn bar macht. Dieſe Linie wird ſich, nach Obigem, ziemlich von S. S. O. gegen N. N. W. erſtrecken. Halten wir dieſe Thatſache mit den durch die allſtuͤndlichen Beobachtungen bei der Schiffsdocke gewonnenen Reſultaten zuſammen, fo duͤrfen wir nach den bishe⸗ rigen Erfahrungen behaupten, daß ſich die Atmoſphaͤre in unſerer Gegend, unter einem mittlern Drucke von ziemlich 29,9 Zoll bei der Höhe der Meeresflaͤche und einer mittlern Temperatur von 52° Fahr., das ganze Jahr über im Allgemeinen gegen Norden bewegt. Das Anemometer leiſtet gegenwaͤrtig, nachdem es gewiſſe zweckmäßige Vervollkommnungen erfahren, fo zuverlaͤſſige Dienſte, daß ich es mit Vertrauen zu meteorologiſchen Beobachtungen em⸗ pfehlen kann, zumal da das Princip, auf welches ſich deſſen Eins richtung gründet, durchaus richtig iſt. Nach der genaueſten Pru⸗ fung und langer Erfahrung in Betreff der Leiſtung des Inſtru⸗ mentes, kann ich in deſſen Mechanismus keinen Fehler entdecken, der ſich nicht ohne Schwierigkeit beſeitigen ließe, und es kommt nunmehr nur noch darauf an, zu unterſuchen, wie die numeriſchen Anzeigen deſſelben genau zu ermitteln ſind; d. h., nachdem wir mittelſt des Anemometers in Erfahrung gebracht haben, daß ſich die Luft bei uns das ganze Jahr über im Durchſchnitte gegen Norden bewegt, bleibt noch die Geſchwindigkeit dieſer Bewegung zu erforſchen. Dieß moͤchte auf den erſten Blick eine ſehr ſchwie⸗ rige Aufgabe ſcheinen, indeß hoffe ich, dieſelbe mit ziemlicher Si⸗ cherheit auf folgende, gegenwärtig bereits in Ausübung gebrachte, Weiſe zu loͤſen. Bevor ich jedoch dieſes Verfahren beſchreibe, wird es nicht unpaſſend ſeyn, wenn ich uͤber die bei Beobachtung des Windes bisher uͤbliche Methode einige Bemerkungen bei— bringe. Wenn man, wie gewoͤhnlich, die Kraft des Windes nach dem Drucke mißt, welchen derſelbe auf eine gegebene Flaͤche ausuͤbt, ſo koͤnnen offenbar aus dem Grunde Beobachtungsfehler entſtehen, daß die Geſchwindigkeit des Windes in zwei gegebenen Fällen die naͤmliche und die durch den Druck auf dieſelbe Fläche hervorge— brachte Wirkung doch eine ſehr verfciedene ſeyn kann, weil die Luft zu der einen Beobachtungszeit vielleicht eine großere oder ge: ringere Dichtigkeit befigt, als zu der andern, folgtich mehr oder weniger Luftpartikelchen gegen die Flaͤche antreiben. Die wahre Kraft des Windes wird durch deſſen Geſchwindigkeit, muitiplicirt mit der Zahl der gegen die gegebene Oberfläche antreibenden Par⸗ tikelchen, repräfentirt, und offenbar übt dichte Luft, welche ſich mit derſelben Geſchwindigkeit bewegt, wie dünne, einen bedeutendern Druck aus, als letztere. Bei Erwitttung des Druckes, den der Wind ausübt, darf alſo dieſer Umftand nicht außer Acht gelaſſen werden. Ferner iſt keineswegs erwieſen, daß die Anzeigen des Inſtrumentes dem Flaͤchenraume der der Einwirkung des Windes ausgeſetzten Oberflache genau proportional ſeyen. Die Frage ift in meteorologiſch-wiſſenſchaftlicher Beziehung noch ſehr dunkel, und 4 * 1 5 es wird zu deren Erledigung bie größte Sorgfalt und Aufmerk— ſamkeit nöthig ſeyn. Wir bedürfen, in der That, mancher Aus: drucke, die einen beſtimmteren Begriff geben, als „leichter Wind, friſcher Wind“ ꝛc. Ich ſchlage daher vor, daß man den Druck des Windes auf gewiſſe Flachenraͤume und die Geſchwindigkeit deſ— ſelben genau beobachten, dieſe Umſtaͤnde in Betracht ziehen und dann aus einer anſehnlichen Menge von Verſuchen allgemeine Ta— bellen zum Nachſchlagen zuſammenſtellen moge, die uns in den Stand ſetzen, diejenige Kraft einer Luftſtroͤmung genau zu beſtim— men, welche einer gewiſſen Geſchwindigkeit und barometriſchen Schwere entſpricht. 0 Die aus dem Drucke auf eine gegebene Oberflache zu er— kennende Kraft des Windes läßt ſich mittelſt eines von mie un— laͤngſt erfundenen tragbaren Inſtrumentes ermitteln, welches in beiſtehender Figur abgebildet iſt. Ein meſſingner Quadrant, d, e, iſt in einen meſſingenen Rahmen eingeſetzt. Durch Oruck auf die Platte a wird der Stab g, der ſich zwiſchen den beiden Frictiong> rollen, A, J. befindet, zurückgedrängt. Der gegen a ausgeubte Druck wirkt mittelſt eines über die bei o befindliche Rolle gehenden Seidenfadens auf die Spiralfeder ö; denn der Faden iſt bei k an das Ende des Stabes g befeſtigt; und die Rolle treibt den Zeiger, J, an dem graduirten Bogen, d, e, um ſo hoͤher hinauf, je ſtar— fer der Wind geht. Wenn man zugleich mit Lind 's Waſſer⸗ waage beobachtet, fo laßt ſich der Druck auf perſchiedene Flächen— räume bei à ermittein und auf ein Normalgewicht zurüͤckfuhren. Der zur Erforſchung der Geſchwindigkeit dienende Apparat iſt gleichſam eine in die Luft geworfene Logleine, nämlich ein mit Federn beſteckter Korkjtöpfel, der wie ein Regenſchirm ausſieht. Durch die Mitte deſſelben geht ein wit Meſſing ausgebüchftes Loch, und in dieſem ſteckt ein Federkiel '), der auf einem dünnen Eiſen⸗ drahte hinrutſcht. Dieß iſt alſo eine Wind-Logleine; und mittelſt der beiden eben beſchriebenen Apparate laſſen ſich Tabellen anferti— gen, um den Druck und die Geſchwindigkeit und das Sinken des Zeigers am Anemometer miteinander zu vergleichen. Herr Harris erläuterte der Verſammlung genau, wie man die Verſuche mit dieſem Inſtrumente anzuſtellen habe. Prof. Whewell erklärte, daß die von dem Herrn Harris an ſeinem Anemometer angebrachten Verbeſſerungen daſſelbe um Vieles brauchbarer gemacht hätten, als er es je machen zu koͤnnen gehofft haͤtte. Er ſey noch immer, wie damals, als er das Une: mometer erfunden habe, der Anſicht, daß der Hauptzweck der For— ſchung in der Ermittlung des jahrlichen Typus des Windes beſte— hen muͤſſe, damit man eine wiſſenſchaftliche Erkenntniß des Laufes der Winde an der Erdoberflache erlange, und dieſer jährliche Ty⸗ pus werde ſich durch das hier in Rede ſtehende Inſtrument ermit— teln laſſen. Derſelbe werde ſich wahrſcheinlich in tropiſchen Laͤn— dern weit conſtauter zeigen, als in unfern Breiten, Dort ſey der jährliche Kreislauf der meteorologiſchen Erſcheinungen ſehr regel— mäßig; unſer Clima ſey dagegen durchaus fragmentariſch. Die wiſſenſchaftliche Meteorologie würde wahrſcheinlich eine ganz an— ders volftändige Geſchichte haben, wenn fie zuerſt in tropiſchen Laͤndern ſtudirt worden waͤre. Was die Curve für Plymouth (vom Juli 1840 — Juli 1841) anbetreffe, ſo würde man wohl nach dem Durchſchnitte mehrerer Jahre zu einem richtigeren Reſul— taten gelangen. Er ſchätze ſich glücklich, daß Herr Harris ſich mit Prufung feines (des Herrn Whewell) Anemometers befaſſe, wodurch das Inſtrument nur gewinnen konne. — Profeſſor Phil: lips meinte, feiner Anſicht nach, ſey es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß *) Man ſieht nicht ein, wozu, außer der Meffingbü ein Federkiel nöthig iſt. Vielleicht iſt die fe: 19 5 Buchſe im Originale ein Kiel (quill) genannt, was um ſo wahrſcheinlicher iſt, da die Reibung von Meſſing auf Eiſen viel geringer iſt, als die von Federkiel auf Eiſen, worauf bei dieſem Apparate fo viel ankommt, Der Ueberſ. 56 durch die hier dargelegten Verſuche der erſte Schritt zur Erlan— gung der ganzen Charte uber die Strömungen der Luft auf der ganz zen Erdoberflache geſchehen ſey, und daß wir über lang oder kurz mit der Richtung der unregelmäßigen Winde in den hoͤhern Breiten fait jo bekannt ſeyn wurden, als wir es jetzt mit den Paſſatwin— den und Monſuhns ſind. Er ſchlug vor, die von Herrn Harris erfundenen Jaſtrumente auf Eiſenbahnen zur Ermittlung der Ge— ſchwindigkeit der Wagenzuge und des Druckes der atmoſphariſchen Strömung anzuwenden. — Herr Osler unterhielt die Verſamm⸗ lung mit mehreren Verſuchen, die er bereits mit den Har ris' ſchen Apparaten nach der eben von Prof. Phillips vorgeſchlage— nen Art und Weiſe auf Eiſenbahnen angeſtellt hatte. — Dr. Ro- binſon war der Meinung, daß ji die durch das Anemometer erlangten Reſultate zweckmäßſger darjtellen ließen, als es in der Harris ſchen Skizze geſchehen. Bei einer graphiſchen Darſtel— lung auf einer ebnen Oberflache laſſen ſich die Veranderungen nur nach zwei Dimenſionen angeben, wogegen deren drei erforderlich ſeyen. Mit Whewell's Anemometer wird die Quantität Luft gemeſſen, die ſich in gewiſſen Richtungen fortbewegt. Nun laſſen ſich die Quantitäten und Richtungen durch einen Kreis dar- ſtellen, wo der Winkel am Mittelpuncte die Richtung nach der Himmelsgegend und der radius die Anzeige des Anemometers in jener Nichtung angiebt, wobei die entgegengeſetzten Reſultate nicht, wie Herr Parris es thut, voneinander abgezogen werden, ſondern ein jedes Reſultat vollſtandig uud unabhangig verzeichnet werden ſollte. Allein auf dieſe Weiſe erfährt man nichts uber die Zeit. Allerdings ließe ſich, nach Herrn Harris's Methode, die Zeit durch verſchiedene Farben anzudeuten, dieſem Mangel eis nigermaaßen abhelfen; allein er (Dr. Robinſon) wurde eine Ans ſchaulichmachung der Reſultate durch nach drei Dimenjionen oder der Geſtalt eines cubiſchen Körpers folgende Linien vorziehen. Die Grundlage müßte, wie früher, ein nach den Puncten der Wind— roſe eingetheilter Kreis bilden, deſſen Halbmeſſer zur Bezeichnung der Zeit in gleiche Abſchnitte zu theilen wären. An jedem Puncte der Windroſe befeſtige man eine Curve, deren Ebene ſenkrecht zum Kreiſe gerichtet iſt und deren Sehne in ihren Abſciſſen die Zeit darftellt, während die Ordinaten die Geſchwindigkeit des Windes repraͤſentiren. Eine ſolche Veroindung von Linien würde gleichſam wie das Modell eines Landes ausfeyen, wo die Erhaben— heiten die Geſchwindigkeiten, die Ausdehnung in der Richtung ei— nes radius die Quantität der fortbewegten Luft und die Richtung der Gebirgskaͤmme und Thaler die Aufeinauderfolge der Winde darſtellen würden. Dergteichen Modelle würden allerdings etwas ſchwerfaͤllig ſeyn; allein man koͤnnte die mittleren Reſultate einer ganzen Reihe von Jahren in eines derſelben zuſammenfaſſen. (The Athenaeum.) Miscellen. Ueber weiße Varietäten von Saͤugethieren be— merkte Herr Couch (in Plymouth): er glaube wicht, daß fie, wie man häufig glaube, von Kälte herrührten. Er kennt in Cornwall einen Diſtrict, wo eine weiße Varietät von Hafen exiſtirt und ſich als Varietaͤt fortgepflanzt hat. — Obriſt Smith erzaͤhlte einen Fall, wo eine Anzahl von Americaniſchen Haſen (Lepus america- nus) ganz weiß in America eingefchifft wurden und nach zwanzig Tagen ganz braun geworden waren. Die Haare gingen nicht vers 5 und die Veraͤnderung mußte in den Haaren ſelbſt vorgegan— gen ſeyn. Eine zwelkoͤpfige Schlange bat Herr Silly, Notar zu Gracay, einige Tage lebend im Beſitze gehabt. Er verſichert, daß die Bewegungen der beiden Koͤpfe gleichartig und gleichzeitig geweſen wären, Es iſt zu bedauern, daß die Monftrofirät nicht von einem Naturforſcher beobachtet und uͤberhaupt nicht laͤnger am Leben erhalten, vielmehr durch Einlegen in Spiritus getoͤdtet worden ift. ..... —— 57 58 ink are d e. Muſik, als Heilmittel des Wahnſinns. Es iſt in franzoͤſiſchen Blättern vielfach von dem Ir— renhauſe zu Auxerre, im Departemente Vonne, fo wie von der Behandlung durch Muſik, die man dort in Anwendung bringt, die Rede geweſen. Nachſtehender Brief, mit wel— chem uns Herr v. Louvois beehrt hat, enthält eine meik— wuͤrdige Schilderung der muſſcaliſchen Studien, Fortſchritte und allmäligen Geneſung jener Ungluͤcklichen Herrv Lou— vois muß die Erſcheinungen um ſo genauer haben ſtudiren und um fo richtiger haben würdigen koͤnnen, da er ſelbſt ein trefflicher Muſiker iſt. Es liegen uns einige ſeiner Com— poſitionen vor, in welchen ſich viel Sinn fuͤr Melodie und das feinſte Gefuͤhl fuͤr Harmonie ausſpricht. Hier folgt nun der Brief: „Vor einigen Tagen beſuchte ich das Irrenhaus zu Auxerre, welches ich ſchon voriges Jahr beſehen und da— mals, was Ordnung, Reinlichkeit u. ſ. w. betrifft, im bes ſten Zuſtande gefunden hatte, obwohl die Wahnſinnigen, welche taͤglich mehrmals Anfaͤllen von Raſerei unterworfen waren, in denen ſie ihre Kleider zerriſſen und wie wilde Thiere bruͤllten, noch, nach der alten Art und Weiſe, in vergitterten dumpfen Zellen eingeſperrt waren. „Denken Sie Sich mein Erſtaunen, als mir dieſesmal bei'm Eintreten Herr Girard ven Cailleux, der Director der Anſtalt, ein junger, vielverſprechender Arzt, alle Zellen öffnete und ich in ihnen fümmtliche Moͤbeln in der ſchoͤn— ſten Ordnung fand. In dem gemeinſchaftlichen Gange, welcher ſich vor den Zellen hinzieht, waren eine Menge Leute mit verſchiedenen Arbeiten beſchaͤftiget. Verwundert fragte ich den Director, auf welche Weiſe man ein ſo gluͤck— liches Reſultat erhalten habe? „„Durch Milde, Arbeit und Muſik,“ war ſeine Ant— wort. Wirklich führte er mich auf eine benachbarte Anz hoͤhe, von welcher aus man Aurerre uͤberblickt, und dort ſah ich zu meiner großen Verwunderung mehrere Perſonen, die voriges Jahr in der Zwangsjacke geſteckt hatten, und die nun mit Spaten und Hacke in der Hoffnung eifrig ars beiteten, daß ſie bei ihrer Ruͤckkehr in ihre Wohnung eine Belohnung erhalten wuͤrden, uud dieſe Belohnung beſtand in Muſik. „„Wie geht es aber zu,“ fragte ich weiter, „daß dieſe Bauern und Winzer, die doch fruͤher wohl wenig Muſik gehoͤrt haben, an derſelben ſo viel Geſchmack und in ihr fo viel Troſt finden?“ „Herr Girard antwortete mir durch folgende hoͤchſt treffende Bemerkung von Cabanis: „Die menſchliche Na— tur findet Gefallen an der periodiſchen Wiederkehr gewiſſer Eindruͤcke; die regelmaͤßigen Beziehungen zwiſchen gewiſſen Schall: Schwingungen bilden nicht nur eine angenehme Symmetrie, ſondern die durch dieſe Schwingungen erzeugten Toͤne haben, ſo zu ſagen, eine Seele und bilden in ihrer Verbindung eine leidenſchaftlichere, wenngleich weniger auf beſtimmte Begriffe zuruͤckfuͤhrbare Sprache, als die gewoͤhn— liche. Die Kinder lieben den Geſang und horchen demſelben weit früher mit Aufmerkſamkeit und Vergnügen, als fie Worte articuliren koͤnnen. Der Geſang beruhigt ſie, und im roheſten Culturzuſtande weiß die rhythmiſch gegliederte Menſchenſtimme ſchon Toͤne voll Ausdruck und Reiz her— vorzubringen.“ „„Aus dieſem Grunde,“ fuhr Herr Girard fort, „wen— de ich die Muſik als phyſiſches und geiſtiges Heilmittel an.““ „Um mir die Anwendung dieſer Theorie zu zeigen, begab ſich Herr Girard mit mir in einen Saal, wo ſich vier Abtheilungen von Kranken, die Sopranſaͤn— ger, Altſaͤnger, Tenoriſten und Baſſiſten, befanden, und dieſe ſaͤmmtlichen Choriſten litten mehr oder weniger an Wahnſinn. „Der Profeſſor, Herr Brun, ein talent- und ver— dienſtvoller Mann, hatte auf eine Tafel einen aus mehre— ren Saͤtzen beſtehenden Geſang geſchrieben und examinirte, mit einem Stäbchen in der Hand, die Kranken nacheinander uͤber den Namen, den numeriſchen Werth und die gegenſei— tigen Beziehungen der Noten, über das Syſtem der Accorde, die Art und Weiſe, wie Diſſonanzen zu vermeiden ſind und wie dergleichen entſtehen, und die ſaͤmmtlichen Antworten wurden richtig und ohne Zoͤgern abgelegt. Nun redete ich einen alten Tageloͤhner aus meinem Orte an, der ſich ſeit fünf Jahren in der Anſtalt befindet und noch voriges Jahr Anfaͤlle von Raſerei hatte, und der jetzt Herrn Burn's Fragen auf die richtigſte Weiſe beantwortete; allein obwohl mich derſelbe erkannte, war es ihm nicht moͤglich, ein ver— nünftiges Geſpraͤch zu führen. Dann fragte ich ihn: wenn ich auf Notenſtriche mit dem Baß zeichen ein f und ein a über ein € ſetzte, was für ein Accord würde dieß ſeyn? Die Quarte und Sixte, antwortete er auf der Stelle, und alsbald ließ er mich dieſelben mit ziemlich rauher, aber rich— tiger Stimme hoͤren. Kurz darauf trugen die Patienten, auf ein von ihrem Lehrer gegebenes Zeichen, ein vierſtimmi— ges kurzes Gebet vor, welches ich, ergriffen von der ruͤh⸗ rerden Situation der Irren und der wohlthaͤtigen Folgen des von dem menſchenfreundlichen Herrn Girard ange— wandten Mittels, fo eben für fie componirt hatte. „Seit einem Jahre find 17 Patienten aus der An— geheilt entlaſſen und ihren Familien zuruͤckgegeben (Journal des Debats, 3. Oct. 1841.) ſtalt worden.“ Confervenbildung in dem Naſenausfluſſe eines rotz-kranken Pferdes Von Profeſſor Dr. Bernhard Langenbeck zu Göttingen. S ine Eine braune fuͤnfjaͤhrige Stute leidet ſeit acht Mona— ten am chroniſchen Rotze. Die Naſendeine ſind ſtark auf: getrieben, die Submarillardrüfen angeſchwollen und verhaͤr⸗ tet. Uebrigens iſt das Thier noch ziemlich gut genaͤhrt. Ein braͤunlichgelbgefaͤrbter, klarer gallertartiger Schleim fließt periodiſch aus dem linken Naſenloche. So weit die Naſenhoͤhle uͤberſehen werden kann, find keine Schleimhaut⸗ geſchwuͤre zu bemerken. Um das krankhafte Secret friſch und von aller Beimengung rein zu erhalten, wurde das 59 Prerdb eine Viertelſtunde lang fhrrf geritten, worauf der Ausfluß ſich in erhöhtem Maße zeigte. Dieſer wurde nun mit den Fingern aus der Naſe hervorgezogen und in einem luftdicht ſchließenden Glaſe geſammelt. Vier Stunden da— rauf unterſuchte ich das Secret mikroſcopiſch. Breitet man eine ſehr dünne, vollig durchſichtige Schicht der Schleimmaſſe auf dem Ddjectträger aus, und bedeckt dieſelbe, ohne Zumiſchung von Waſſer, mit einem dünnen Glasſchieber, ſo erkennt man bei Ocular 1, Obj. 3. 4. 5. des Ploͤßlſchen Compoſitum folgende Beſtandtheile: Eiter— Förper und verſchiedenartig große Fragmente abgeſtoßenen Eyithelium’3 bilden, von einem klaren mucus umhuͤllt, die Hauptmaſſe. Zwiſchen dieſen aber ſieht min den waſſer— hellen thallus eines Fadenpilzes und zahlreiche Haufen ro— ſenkranzartig aneinandergereihter, roſtbraun gefaͤrbter Sporen. Dieſe Sporen ſind im Durchmeſſer zweimal ſo groß, als die Eiterkoͤrper. Sie beſitzen ein klares, lederartiges epi— sporium, welches, als dunkle aͤußere Begraͤnzungslinie der Syorenfugel erkennbar, bei ſtaͤrkerem Drucke des Preß— ſchiebers aufſpringt und einen roſtbraungefaͤrbten Staub ergießt, deſſen ſehr kleine, oft kettenartig aneinandergereih⸗ te Staubmolecuͤlen eine lebhafte Molecuͤlarbewegung zei— gen Gewoͤhnlich fand ich jene Sporen zu großen Haufen in Form der torula aneinandergekettet Dieſe Sporenhau— fen erſcheinen ſchon dem unbewaffneten Auge als braͤualiche Maſſen und bedingen, feiner vertheilt, die leicht braͤunliche F irbung des Se ſrets. Sehr häufig gelang es mir, Spo— ren der verſchiedenartigſten Entwickelung zu ſehen. Die ur— ſpruͤnglich Ereisrunde Spore zeigt an einer Stelle ihrer Pe: ripherie eine warzen irtige Erhebung, gebildet durch begraͤnzte Ausſackung des episporium. Dieſe verlaͤngert ſich allma⸗ lig in einen braͤunlichen Faden, welcher aus langgeſtreckten Zellen zuſammengeſetzt iſt. Je länger der Wurzelfaden wird, um ſo mehr erblaßt die vorher braun gefaͤrbte Spore. Bei weiterer Entwicklung verliert auch der Wurzelfaden ſeine braune Farbe und waͤchſ't in einen waſſerhellen, dich tomiſch pflanzenartig verzweigten thallus aus. Zu Zeiten fand ich z vei oder drei aneinandergekettete Sporen in reichverzweigte klare Warzelfaͤden ausgewachſen. Der thallus der entwickelten Conferve iſt waſſerhell oder leicht meergruͤn gefaͤrbt. Im Innern des Thallusfadens erkennt man dunkle Queerſcheidewaͤnde, die Beruͤhrungsflaͤ— chen der langgeſtreckten Zellen, welche den Thallusfaden zu— ſammenſetzen. Im Innern dieſer Zellen befindet ſich ein feinkoͤrniger Zelleninhalt. Zerſtoͤrt man den Thallus faden, ſo tritt jener hervor und erſcheint in der Form ſehr kleiner, klarer, ſchwach braͤunlich gefaͤrbter Koͤrnchen mit ſehr dunk— ler aͤußerer S hattenlinſe, weiche häufig wieder zu zweien aneinandergekettet find. Der Queerdurchmeſſer eines Thal: lusfadens variirt zwiſchen 55 — 955. Hin und wie: der nimmt der, wie es ſcheint, vollftt diger entwickelte thallus eine roſtbraune Firbung an. Häufiger aber ſitzen den äußerſten Eaden der klaren Thalluskaͤden große, meiſt Eolbeaförmig geſtaltete Sporidien auf. Dieſe letzteren fin) dunkelbraun gefärbt und enthalten in ihrem Innern, wel— ches durch dunkle Scheidewaͤnde in Loculamente getheilt iſt, Zellen mit braͤunlichem Zelleninhalte. 60 Dieſe morphologiſchen Eigenthuͤmlichkeiten der Sporen und Thallusfaͤden ſetzen die pflanzliche Natur der fraglichen Gebilde außer allen Zweifel. Der Einwurf, daß die brau— nen Sporen vielleicht Zellen ſchwarzen Pigments ſeyn koͤnn— ten, wird durch ihr chemiſches Verhalten vollkommen ent— kraͤftiget. Die Sporen naͤmlich, fo wie auch der thallus, wurden durch Cblorwaſſer, Eſſigſaͤure und Aetzkali in der Kaͤlte gar nicht veraͤndert. Das letztere Reagens iſt vor— zuͤglich geeignet, die pflanzlichen Gebilde rein und ſcharf her— vortreten zu laſſen, weil es die Eiterkoͤrper und den zaͤhen mucus ſchnell auflöft. Durch ein zehn Minuten lang fortgeſetztes Kochen der Rotzmaterje in Aetzkali erhielt ich eine weißliche, wolligausſehende Maſſe als Ruͤckſtand, in welchem das Mikroſcop die braunen Sporen durchaus un— veraͤndert zeigte. Die Thallusfaͤden dagegen waren groͤßten— theils verſchwunden, und dafür eine zahllofe Menge jener feinen, roſenkranzartig aneinandergehefteten Koͤrnchen ſicht— bar geworden, welche ich oben als Inhalt der Thalluszellen bezeichnete. Die Rotzkrankheit iſt ſo allgemein verbreitet, daß es leicht nachzuweiſen iſt, ob die von mir geſehene Conferven— bildung eine conſtante Beimengung der Rotzmaterie iſt, oder nicht. Sollte Erſteres der Fall ſeyn, ſo darf die Contagien— lehre von dieſer Entdeckung die weſentlichſten Fortſchritte er— warten. Es wird moͤglich ſeyn, Impfverſuche mit iſolirten Sporen und mit reinem mucus derſelben Rotzmaterie an— zuſtellen, und ſo nachzuweiſen, ob der Rotz ein vollſtaͤndiges Analogon der Muſcardine, und ſein Contagium, wie das der letzteren Krankheit, ein pflanzliches ſey Bei der hohen Wichtigkeit des Gegenſtandes hielt ich es aber fuͤr Pflicht, meine Unterſuchungen, unvollendet wie fie ſind, zur Publicitaͤt zu bringen, um ſo vielleicht zahlrei— chere Unterſuchungen anzuregen, als meine Stellung ſie mir erlaubt. Vorzuͤglich wichtig duͤrfte es ſeyn, das Verhalten der Confervenbildung zur kranken Naſenſchleimhaut durch genaue Leichenoͤffnungen mit Rotz behafteter Pferde ſicher herauszuſtellen. Vielleicht wird es ſich zeigen, daß die Ges ſchwuͤre auf der Schneiderſchen Haut der eigentliche Ent— wicklungsboden unſerer Conferve ſind. Beitraͤge zur Diagnoſe der Hernien. Von Dr. P. J. Murphy. Die Diagnoſe der eingeklemmten Bruͤche iſt bisweilen ſehr dunkel; nicht ſelten, beſonders bei Frauen, iſt ein Bruch nicht ent— deckt worden, und es war entweder der Tod oder ein kuͤnſtlicher After die Folge, während andere Male die Symptome einer Bruch- einklemmung auch durch andere Krankheiten fo genau nachgeahmt worden find, daß ſelbſt von ausgezeichneten Wundärzten unnoͤthi— gerweiſe die Bruchoperation vorgenommen worden iſt. Zerreißung des Darmes und Ergießung in den Bruchſack. — Iſaac Benſon, fuͤnfunddreißig Jahre alt Au⸗ Berordentlich ſtark ausg dehnter, ſchmerzhafter Unterleib, gegen den leichteſten Druck empfindli y; fortwaͤhrendes Erbrechen viner gelben geruchloſen Materie; ſeit drei Tagen Verſtopfung. Schluch— zen; eine nicht zuruͤckzubringende, ſchmerzloſe Geſchwulſt in der linken Leiſtengegend, an der gewoͤhnlichen Stelle der Bruͤche. Durch Druck vermindert ſich der Umfang mit einem gurgelnden Geraͤuſche; bei aufrechter Stellung füllt ſich die Geſchwulſt offenbar mit einer Fluͤſſigkeit, welche, nachdem fie zuruͤckgebracht worden, die Ge: ſchwulſt nicht auf's Neue ausdehnen kann, es müßte denn ein ſtar— ker Druck ausgeübt werden. Die Geſchwulſt liegt uͤber dem Saa— 61 menſtrange; das Geſicht druͤckt große Angſt aus, dabei Durft, fühle und klebrige Haut; Puls 180, fadenfoͤrmig; Rıfpiration 483 Fuße kalt. Drei Tage zuvor iſt der Kranke von einer geringen Hoͤhe auf den Unterleib gefallen; vier Stunden danach begannen die Sym⸗ ptome, welche allmälig zunahmen. Der Kranke laͤugnet, daß er jemals fruͤher an einem Bruche gelitten habe. (Aderlaß von 12 Unzen, 3 Gran Opium mit 6 Gran Ga:omel, Fomentatjonen.) Drei Stunden ſpaͤter beſuchte ich den Kranken in Begleitung zweier Aerzte. Das Blut hatte eine becherfoͤrmige Kruſte; Puls 140, kaum fuͤhlbar; Geſicht blaß; Zunge weiß, feucht und talt; Bewußtſeyn klar, obwohl es während meiner Abweſenheit etwas getruͤbt geweſen war; der Unterleib weniger ſchmerzhaft; es iſt Urin gelaffen worden; der Kranke bekoͤmmt in aufrechter Stellung eine Ohnmacht. Es wurde die Operation beſchloſſen und der Fa— milie geſagt: daß dieſe allein einige Ausſicht auf Rettung gewaͤh re, daß ſie jedenfalls die Gefahr nickt vermehre, daß es aber moͤglich ſey, daß Patient vor Vollendung der Operation verſcheide. Wir erhielten von dem Kranken und von feiner Frau mehrfach die Ver— ſicherung, daß er früher nie an einem Bruch gelitten habe, und daß die Geſchwulſt überhaupt erſt nach dem Falle bemerkt worden fiy. Nachdem nun die Hautdecken, Fascien und der eremaster durchſchnitten waren, bot ſich ein alter leerer Bruchſack dem Auge dar. Druͤckte man mit der Hand auf den Unterleib und erhob man den Körper etwas, jo füllte ſich die Geſchwulſt ſcheinbar mit Luft und Fluſſigkeit und wurde wiederum durch einen leichten Druck auf] die Geſchwulſt entleert Die Wände der Geſckwulſt waren beinahe einen halben Zoll dick, die innere Flache glitt hin und her, wie gewoͤhn— lich bei einem Bruchſacke; der Kranke und feine Familie bebaupte— ten aber nochmals, daß fruͤher kein Bruch vorhanden geweſen ſey. Der Fall war nun dunkeler, als zuvor; indeß waren wir daruber beruhigt, daß keine Einklemmung vorhanden war. Die Geſchwulſt wurde nun aus ihren zellgewebigen Verbindungen gelöft, an dem Saamenftrang in die Höhe präparirt und mit ihrem Halſe bis zum Außerlichen Bauchringe verfolgt Der Leiſtencanal wurde einige Linien weit mit einem Biſtouri geöffnet, die Theile mit. Heft⸗ pflaſter und Binden vereinigt und kein anderes Mittel vorgeſchla— gen. Der Tod erfolgte vier Stunden danach, und die Leiche wurde am folgenden Morgen von dem Coroner unterſucht. Das peritonaeum der Daͤrme und der Bauchwandungen bot die gewoͤhnlichen Zeichen der Entzuͤndung dar. Bei der Eröffnung der Peritonäalhoͤhle entwich eine große Menge uͤbelriechendes Gas, und außerdem enttbielt die Höhle ſeroͤs-purulente Fluͤſſigkeit und eine betrachtliche Quantität Faͤcalmaſſe. Eine Perforation fand ſich in der regio hypogastrica am unteren Theile des Duͤnndarms; es war dieß offenbar ein Riß von einem Zoll Laͤnge und einem Vier- telzoll Breite am vorderen Rande und im Qukerdurchmeſſer. Die Ränder waren zackig; die Oeffnungen in der feröfen und Muskel: baut entſprachen ſich hinſichtlich ibrer Größe, und der benachbarte Theil der Schleimhaut war vollkommen geſund. Die Geſchwulſt beftand aus kinem alten Bruchſacke; eine aͤußere Verletzung fand ſich weder in der Gegend des Darmriſſes, noch an dem Bruchſacke. Die Schwierigkeiten der Diagnoſe entſprangen in dieſem Falle daraus, daß wir den Angaben des Kranken Glauben beimaaßen, obwohl unfere medieiniſche Kenntuiß dagegen ſprach. Ich nahm die Geſchwulſt für einen inneren Leiſter bruch und hielt es während der Operation für moͤglich, daß die Geſchwulſt von einem, durch Entzündung verdickten, Darmſtüuͤcke gebildet ſey. Die wahre Nas tur der Krankheit war eine Zerreißung des Duͤnndarms durch Aus ßere Gewalt, wobei nicht zu beſtimmen war, ob dieſe Gewalt auf ein Darmſtuͤck im Bruchſacke, oder auf die allgemeine Unterleibs⸗ hoͤhle eingewirkt habe. Hernia congenita und Ulceration des appendix vermiformis. — John Hignett, zwei Jahre alt, fing vier Stunden zuvor an zu ſchreien und ſich über Schmerz im Unterleibe zu beklagen. Der ganze Unterleib iſt geſchwollen, tympanitiſch und außerordentlich empfindlich; es findet ſich eine hernia conge- nita auf der rechten Seite. doch liegt kein Darm im serotum. Eine kleine, feſte, runde Geſchwulſt lag im aͤußeren Bauchringe vor dem Nabelſtrange und wurde zuerſt für den Hoden gehalten. Bei der Unterſuchung finden ſich jedoch beide Hoden in ihrer Lage, 62 und cuf der rechten Scite zeigt ſich eine Hydrocele Die Fluͤſſig⸗ keit der Hydrocele läßt ſich, fo hoch als die Geſchwulſt, in die Höhe drücken, kann aber nicht in die Unterleibehöhle zurückgebracht wer⸗ den. Der Hausarzt verſichert beſtimmt, daß früher eine Hernie zugegen geweſen fiy. Ein Verſuch, das vermeintliche Darmſtück durch Taxis und durch Compreſſion der Flüffigkeit zuruckzubringen, ſchlug fehl. Hierauf wurde ein warmes Bad verſucht und waͤh⸗ rend deſſelben die Taxis wiederholt. Es wurde hierauf Eis, in einer Blaſe, eine Stunde lang auf die Geſchwulſt gelegt; da dieß nichts half, ſo wurde die Operation vorgeſchlagen und genehmigt, und noch ärztlicher Beiſtand herbeigerufen. Als der Druck nach⸗ ließ, wich die Geſchwulſt zuruck, jedoch ohne Erleichterung; die Fluſſigkeit der tunica vaginalis wich in die Unterleibshoͤhle zurück. Lavements, heiße Fomentationen, laudanum, ein Tropfen Blau⸗ ſaͤure, wurden verordnet. Zwei Stunden darauf waren die Sym— ptome vermehrt; der Puls war kaum noch aufzufinden; die Ertres mitäten, Zunge und Athem find kalt; die Arme ſteif; die Horn⸗ haut wird truͤbe; der Kranke weigert ſich, zu trinken. Das Kind ſtarb ſechszehn Stunden, nachdem die erſten Symptome ſich einge⸗ ſtellt hatten. Leiche goͤffnung. Die tunica vog'nalis war ausgedehnt und enthielt eine ſchmutzige Fluͤſſigkeit, mit Flocken coagulabler Lymphe und etwas ubelriechendes Gas. Die feröfe Haut zeigte keine Spur von Gefaͤß reichthum und communicirte mit dem peri- tenaeum. Der obere Theil des Canales war leicht verwachſen; aber ein elaſtiſcher Catheter drang ohne Schwierigkeit in die Uns terleibshoͤhle ein, worauf ſich eine beträchtliche Quantität Gas ent— leerte und der Unterleib unmittelbar an Umfang abnahm. Daraus ließ ſich auf eine Darm perforation ſchließen. Der Peritondalüber: zug der dicken und dünnen Gedarme, der Blaſe uud des Magens waren ſehr entzündet, aber es waren nur wenig und leichte Ads haſionen vorhanden. Faͤculente Fluͤſſigkeit fand ſich in der regio hypogastrica, in der rechten fossa iliaca und im Becken. Nach langem Suchen fand ſich die Perforation dadurch, daß Waſſer in den Magen vinaufprigt wurde, an dem freiin Ende des Wurm: fertſatzes. Die Geſchwulſt ſchien aus faͤculenter Materie zu beſte⸗ ten, bis ſich ergab, daß fie durch einen kleinen Kirſchkern gebildet wurde. Die Oeffnung des Geſchwuͤres war ſehr klein. Die Ers klärung dieſes ſehr dunkelen Falles war nun gegeben und bedarf keiner weiteren Erörterung. Es mag bemerkenswerth ſeyn, daß ich nicmals bei einem Kinde unter vier Jahren Wiederherſtellung geſehen habe, wenn einmal der Athem kuͤhl und der Puls aus— ſetzend geworden iſt. Retraction des Hodens in den Bauchring. — Ein Herr von dreißig Jahren wurde plotzlich, im Auguſt 1838, von folgenden Symptomen befallen: Peinigender Schmerz in der rech⸗ ten Leiſte, der bei der leichteſten Bewegung der unteren Ertrimir täten zunimmt; eine Geſchwulſt, von der Größe einer Wallnuß, am aͤußeren Bauchringe, gegen den leichteſten Druck empfindlich, ohne Einwirkung des Huſtens auf dieſelbe; und Mangel des Hodens im Hodenſacke. Der Kranke iſt aͤhnlichen Anfaͤllen, fünf bis ſechs Mal im Jahre unterworfen; der Schmerz haͤlt zehn Minuten bis eine Stunde an, bört dann plotzlich auf und laßt ſodann den Kran⸗ ken volkommen geſund zurüd; wird einmal der Schmerz unge: wöhnlich heftig, fo geſellt ſich Erbrechen dazu. Der Kranke er⸗ biert eine große Doſis Laudanum, und man ſetzte einen Schroͤpfkopf über der Geſchwulſt an. Der Schmerz hörte nach einigen Minu⸗ ten auf, nachdem er länger als zwanzig Miuuten angehalten hatte. Als der Schroͤpfkepf weggenommen war, ftand der Kranke auf und ging herum; der Hede war herabgetreten und der Eoamenftrang war breiter und weicher, als gewoͤhnlich, und fühlte ſich gewiſſer⸗ maaßen varicös an, obwohl er weder durch einen Druck nach Oben, nech nach Unten an Umfang vermindert werden konnte. Ein ſehr ausgezrichneter Wundarzt betrachtete den Fall als Hernie; er hatte den Kranken aber niemals während des Anfalles aefeben; meine Anſicht war, daß der Hode an das Netz angewachſen ſey und von Zeit zu Zeit gegen den Bauchring zurückgezogen werde. Ein fora: fältig eingerichtetes Bruckband wurde an dem äußeren Bauchringe aufgelcar. und es find nun 15 Monate vergangen, ohne daß mit: derum Schmerz eingetreten waͤre. Ich erinnere mich, einen aͤbn⸗ lichen Fall geleſen zu haben und glaube, daß der Leidende der be: 65 rühmte Zimmermann war. Sollten durch das Bruchband dieſe Anfaͤlle nicht gehoben werden, ſo hat der Kranke ſchon ſeine Zu— ſtimmung gegeben, daß ich einen Einſchnitt bis auf den Saamen— ſtrang machen und das Netz oder ſelbſt den Strang, wenn ich es noͤ— thig finde, durchſchneiden ſolle. Eingeklemmter Bruch. — Eine verheirathete Frau von fuͤnfundvierzig Jahren, Mutter mehrerer Kinder, hatte ſeit drei Tagen einen Schenkelbruch auf der linken Seite; die Taxis wurde ſo lange und roh verſucht, daß nachher auch nicht die leichteſte Beruͤhrung des Theiles ausgehalten werden konnte. Bei der Ope— ration zeigten ſich die Theile durch Lymphausſchwitzung fo undeut— lich, daß eine Schicht aufgehoben wurde, in der Idee, daß es der Bruchſack ſey, weil man eine Fluͤſſigkeit darunter fand und die ine nere Flaͤche leicht hin und her glitt, wenn man die Haut zwiſchen dem Zeigefinger und Daumen druͤckte; bei der Durchſchneidung kam eine dünne, braune Fluͤſſigkeit zum Vorſcheine, welche an Farbe dem Inhalte des Darmcanales ahnlich war. Wir glaubten, der Darm ſey durch die Taxis zerriſſen worden, und es wurde vorge— ſchlagen, den Einſchnitt zu vergroͤßern und den Fall der Natur zu uͤberlaſſen. Ich ſetzte indeß die Operation ſehr vorſichtig fort und erkannte nach weiterer Eroͤffnung, daß der Sack noch gar nicht geoͤffnet ſey, und daß die Fluſſigkeit das Product der Entzündung war und durch den faͤrbenden Beſtandtheil der Galle gefaͤrbt wurde, da die Kranke an Gelbſucht litt, worauf man bis dahin nicht wei— ter geachtet hatte. Der Bruchſack ſelbſt enthielt dunkelgefaͤrbtes gelbes Serum, mit einer Duͤnndarmſchlinge. Es erforderte außer— ordentlich viel Sorgfalt, die Strictur auf eine ſichere Weiſe zu trennen, fo dicht war der Darm eingeſchnuͤrt, und als die Schlinge hervorgezogen wurde, zeigte fie ſich an zwei Stellen fo tief einge— druͤckt, daß zu befürchten war, die Structur des Darmes ſelbſt habe gelitten. Es wurde deßwegen der Darm mehrmals durch die Finger gezogen, ehe er in die Unterleibshoͤhle zuruͤckgebracht wurde. Die Heilung erfolgte indeß ohne irgend ein ſtoͤrendes Symptom, und der Bruch iſt ſeitdem nicht herabgeſtiegen, obwohl die Kranke, ohne ein Bruchband zu tragen, ein ruͤhriges Leben fuͤhrt. Im Mai 1840 kam eine Frau von zweiundſechszig Jahren in meine Behandlung, mit hartnaͤckiger, ſeit acht Tagen beſtehender Verſtopfung und anhaltendem Kothbrechen. Der Unterleib iſt frei von der leiſeſten Geſchwulſt oder Schmerz; Schluchzen unbedeutend; Puls 80; Ausſehen normal; Bewußtſeyn ungeſtoͤrt; Durſt; kuͤhle Haut; kein Appetit; Krampf im vorderen Theile des rechten Schen— kels und eine kleine, harte, bewegliche Geſchwulſt im Schenkel— ringe. Ich wurde aufgefordert, zu operiren, verweigerte dieß aber, da die Geſchwulſt mir nicht den Eindruck einer Hernie machte. Die Kranke hat gewoͤhnlich leichten Stuhlgang gehabt, litt jedoch vor zwei Jahren an einer viertägigen Verſtopfung mit Unterleibs— ſchmerz, welcher Blutentziehungen wich. Sie erhielt einen Tro— vfen Grotonöl, mit 5 Gran Extr. Colocynthidis compos., alle drei Stunden und Waffereinfprigung, bis der Darm ausgedehnt ſey. Bis zum Abend hatte fie drei Pillen genommen, und es waren 2 Quart Waſſer inficirt. Am 21. Mai. Keine Erleichterung; fie läßt Urin; die Kranke wird auf den Boden gelegt und kaltes Waſſer in einiger Höhe, eine Stunde lang, auf den Unterleib gegoſſen. 2 Gran Calomel ſtuͤndlich Am 31. Mai. Puls 96, ſchwach; die Kranke collabirt. erhält 4 Unzen lebendiges Queckſilber und 2 Gran Opium. Am 4. Juni. Keine Veranderung; dieſelben Mittel. Sie 64 Am 5. Juni, Morgens, erhaͤlt ſie noch 2 Unzen Queckſilber; Abends bekam fir acht natürliche Stuhlgaͤnge; der Puls 100; das Erbrechen hoͤrte aufs der Unterleib iſt ganz flach. Die Kranke er— bolt ſich allmaͤlig, ohne irgend ein anderes Symptom, welches der Erwähnung werth geweſen waͤre. Mir iſt die Urſache der Ver⸗ ftopfung in dieſem Falle nicht bekannt, wenn es nicht eine intus— susceptio war. Es fand fi kein Bruch, keine Entzündung, keine Kothanſammlung im Dickdarme. Die Kaltwaſſer-Klyſtire wurden verordnet für den Fall, daß eine Kothanſammlung im Blinddarme ſtattfaͤnde und in der Idee, daß ein kraͤftiges und gefahrloſes Mit— tel in einem fo heftigen Falle nicht unverſucht bleibe; meine Anſicht indeß war, daß die Verſtopfung im Duͤnndarme ihren Sitz habe, wo die Fluͤſſigkeit nicht hinreichen werde. Unabhaͤngig davon, daß der Unterleib nicht aufgetrieben und ſchmerzlos war, glaube ich auch ſchließen zu koͤnnen, daß da, wo Kotherbrechen iſt, immer nur ein geringer Grad von peritonitis ſtaͤtthat; denn da die Wir: kung der peritonitis darin beſteht, die Action der Därme zu uns terbrechen, fo koͤnnen wir auch aus der Fortdauer der Thaͤtigkeit des Darmes ſchließen, daß peritonitis nicht vorhanden ſey. Koth— erbrechen habe ich einmal bei einem Netzbruche geſehen, welcher eingeklemmt wurde und mit dem Tode endete. Ebenſo bei zwei Fällen von Maſtdarmſtricturen. Das Kotherbrechen ſcheint mir daher nur ein Symptom der mechaniſchen Verſtopfung des Duͤnn— darms Vor wenigen Tagen ſah ich eine Perſon, die an peritoni- tis litt wobei vermuthet wurde, daß die Urſache ein Bruch ſey. Ehe ich jedoch den Kranken ſah, ſprach ich gegen ſeinen Arzt die Vermuthung aus, daß der Fall kein Bruch ſeyn koͤnne, weil das Kotherbrechen fehlte. Ein Netzbruch koͤnnte allerdings ohne Koth— erbrechen ftattfinden; feine Symptome ſind indeß ſelten fo heftige, daß fie in wenigen Tagen eine peritonitis hervorrufen. (Dublin Journal, July 1841.) Miscellen. Ein neues Verfahren der Amputation des Unter⸗ ſchenkels beſchreibt Herr Sedillot in den Annales de la chir. francaise, Janv. 1841. Es iſt dem Verfahren von Benjamin Bell aͤhnlich und beſteht in der Bildung eines Äußeren Lappens. Der an der inneren Seite des Gliedes ſtehende Wundarzt faßt die Haut an der inneren Seite des Unterſchenkels und zieht ſie ſtark nach Außen, ſticht ſodann, drei Queerfinger unter der spina tibiae und acht Linien vom aͤußeren Rande der tibia, mit einem Zwi— ſchenknochenmeſſer, von Vorn nach Hinten durch, indem er an der äußeren Seite der tibia herumgeht und an der hinteren Fläche einen Zoll hoͤher, als der Einſtichspunct, mit dem Meſſer durch- ſticht; indem er nun das Meſſer nach Unten fuͤhrt, bildet er einen aͤußeren Lappen von zwei Zoll Laͤnge. Am oberen Ende der Ein— ſchnitte macht man dann ſogleich einen halben Cirkelſchnittz ein Gehuͤlfe faßt den Lappen und die Haut, zieht fie funfzehn Linien zuruͤck; man durchſchneidet in dieſer Hoͤhe die Weichtheile bis auf den Knochen und durchſaͤgt den letzteren, wie gewoͤhnlich, nach Durchſchneidung des Perioſt's. Das Anthrako-Kali, welches von Dr. Polya zu Peſth gegen chroniſche Hautausſchlaͤge empfohlen worden iſt, hat Herr Gibert in dem Höpital St. Louis bei lupus, lepra, eczema mehrere Monate innerlich nehmen laſſen, ohne irgend einen Erfolg zu erzielen; dagegen hat es ihm als Salbe, mit Fett gemiſcht, örtlich angewendet, ſehr gute Dienſte geleiſtet. (Revue méd., Mai 1841) ß ðͤ vd ͤ Men} Bibliographisd Ueber eine vollkommene Verwachſung der Gelenke an den Kreuz,, Darm- und Schaambeinen, ohne vorangegangene krankhafte Be: ſchaffenheit. Von G. Vrolik. Amſterdam 1841. Fol. M. K. Relation d’un voyage dans l’Yemen, entrepris en 1837 pour le Museum d'Histoire naturelle de Paris, Par P. E. Botta. Paris 1841 8. Appendice thérapeutique au Codex. e Muhen. Par Mr. Al. Cazenave etc. Paris 1841. 8. Traité pratique de la pneumonie aux differeuts äges et dans ses rapports avec les autres maladies aigues ei chroniques. Par A. Grisolle etc. Paris 1841. 8. ———— ſ?:—ꝑ—?? Menue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, getammelt und mitgetheilt von dem Ober s Medicinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Medieinatrathe und Profeſſor Froriſep zu Berlin. Mo. 423. (Nr. 5. des XX. Bandes.) October 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 9 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 Gr. Wanne r en de. Ueber die Art der Reſpiration der Blaͤtter von Nelumbium. Von Herrn Raffeneau-Delile, Profeſſor an der mediciniſchen Facultaͤt zu Montpellier. Mit Vorliebe habe ich das Studium aͤgyptiſcher Pro— ducte fortgeſetzt, und es iſt mir und Andern gelungen, den Lotos der Alten oder das Nelumbium in ſeiner vollen Pracht zu cultiviren, ſo daß ich deſſen Phyſiologie und Or— ganiſation gruͤndlich ſtudiren konnte. Unter allen Pflanzenblaͤttern beſitzen die des Nelum— bium wohl im hoͤchſten Grade die Faͤhigkeit, unter Waſſer getaucht zu werden, ohne daß die Feuchtigkeit im Geringſten an deren Haarbekleidung ſich anhaͤngt. Das Waſſer fließt von deren Oberflaͤche wie von einem waſſerdichten Zeuche ab und bildet, indem es daruͤber hinlaͤuft, ſich zu Kuͤgel— chen oder Schnuren. Durch den Reflex der beiden Arten von Blaͤttern, die das Nelumbium beſitzt, nimmt das auf denſelben ſtehende Waſſer einen perlmutteraͤhnlichen Schein an. Die eine Art ſchwimmt platt auf der Waſſeroberflaͤche, ſo daß das be— wegte Waſſer unter ihr dahingleitet; die andere erhebt ſich auf einem langen Stiele, bildet eine große becherfoͤrmige Hoͤhlung und laͤßt das ſich darin anſammelnde Regenwaſſer allmaͤlig herabfallen. Im Grunde der becherfoͤrmigen Hoͤhlung bemerkt man einen blaͤulichen Flecken, und ein ſolcher findet ſich auch im Mittelpuncte der ſchwimmenden ſcheibenfoͤrmigen Blaͤtter. Die Luft, welche man in den Stiel eines Blattes, an deſſen Saum man einen Riß oder Einſchnitt gemacht hat, einblaͤſ't, findet durch dieſen Riß ꝛc. einen Ausweg. Blaͤſ't man aber Luft in den Stiel, ohne den Saum des Blattes verletzt zu haben, ſo dringt dieſelbe durch die vor— handenen natuͤrlichen Poren heraus, was ſich wahrnehmen läßt, wenn man das Blatt unter Waſſer haͤlt. Blaͤſ't man die Luft gelinde ein, ſo entweicht ſie in kaum wahrnehmbarem Grade, indem fi) die Bläschen zwi— No. 1523. ſchen der ſammtartigen Behaarung unter dem Waſſer fan— gen; denn zwiſchen der Epidermis des Blattes und dem uͤber der Behaarung deſſelben hinlaufenden Waſſer befindet ſich ſtets eine Luftſchicht. Manchmal bemerkt man, daß durch dieſe letztere das daruͤber befindliche Waſſer in Schwin— gung geſetzt wird, und wenn man die Luft kraͤftig durch das Blatt blaͤſ't, ſo erheben ſich ſprudelnde Blaſen. Auf das Einblaſen von Luft in den Blattſtiel verfiel ich vermoͤge eines Umſtandes, den ich fruͤher als eine bloße Kinderei unbeachtet gelaſſen. Auf dem Markte von Cairo ſah ich naͤmlich Lotusblumen verkaufen, welche ohne Weite— res als Tabackspfeifen benutzt wurden, indem die Raucher den Blumenboden aushoͤhlten, mit Taback ausſtopften und das entgegengeſetzte Ende des Blumenſtiels als Pfeifenſpitze in den Mund ſteckten. Durch das Einblaſen von Luft erkannte ich, daß der mittlere Theil des Blattes des Nelumbium mit Löchern durchbohrt und ein wahres Sieb von Stomaten oder kleinen Luftloͤchern if. Hierauf unterſuchte ich hoͤchſt genau, was ſich auf der Oberflaͤche der noch an der lebenden Pflanze ſitzenden Blaͤtter ereignet. Ich habe geſehen, daß, wenn das Waſſer eine Zeitlang auf der Mitte des Blattes verweilt, oft von ſelbſt Luftblaſen durch das Waſſer emporſteigen, und bald erkannte ich, daß die einzig aus dem Centrum des Blattes heraustretende Luft ſich von allen umgebenden Thei— len deſſelben, d. h., von der uͤbrigen obern Flaͤche des naͤm— lichen Blattes, dahinbegiebt. Sobald man naͤmlich die ganze Scheibe unter Waſſer bringt, dringt aus dem Mittelpuncte keine Luft mehr ber: vor; ſobald aber ein Theil derſelben mit der Atmoſphaͤre in Beruͤhrung iſt, ſo ſtellt ſich auch die Luftcirculation wieder ein und wird, wenn ſie ſtark genug iſt, durch Blaſen er— kennbar. Anfangs glaubte ich, die ausſtroͤmende Luft gehe den Stomaten durch den Blattſtiel zu, welcher größere Hoͤh— len enthält, als das Parenchym der Blätter; allein ich fand ſtets, daß die Strömung niederwaͤrts geht, indem ich fol: genden einfachen Verſuch anſtellte. Ich ſchnitt etwa 12 5 67 Fuß unter dem Waſſer in einen Blattſtiel ein, indem ich einen ſchmalen, duͤnnen Streifen von faſt 1 Zoll Laͤnge ab— ſchnitt, wodurch daſelbſt die Luftcanaͤle aufgeſchloſſen wur— den. Aus der Wunde drangen nun Luftblaſen, die ſich ſtets nur an dem obern Rande der Wunde zeigten, und wenn das an dem verwundeten Stiele ſitzende Blatt ganz unter Waſſer gebracht wurde, ſo erſchienen an der Wunde gar keine Blaſen mehr. Sobald man das Blatt oder ei— nen Theil deſſelben wieder mit der Atmoſphaͤre communici— ren ließ, zeigten ſich an der verletzten Stelle auch wieder Blaſen. Uebrigens laͤßt ſich ſehr leicht nachweiſen, daß der ganze röhrige und hoͤhlige Blattſtiel von der Scheibe des Blattes aus mit Luft verſorgt wird; denn hat man die— ſelbe von einem Blattſtiele abgenommen und verwundet man denſelben, ſo dringt nicht die geringſte Menge Luft aus der verletzten Stelle hervor, wogegen ſich Luftblaſen in Menge zeigen, wenn der Stiel noch mit dem Blatte ver— ſehen iſt. Wie ich das Ausſtroͤmen der Luft durch eine an dem Blatiſtiele angebrachte Wunde leicht ſichtbar machte, be: wirkte ich dieß ebenfalls durch eine ſolche an der Mitte der Scheibe des Blattes. Ich brauchte bloß die ſiebartige Stelle mit einem Federmeſſer zu ritzen, und ſogleich füllte ſich der Einſchnitt mit Milchſaft, der durch die intermitti— rende Entweichung der Lufiblafen ſtoßweiſe ausgetrieben wurde. Jedesmal, wenn ich zu ſonnigen Zeiten des Tages Waſſer uͤber den Milchſaft goß, ſtiegen durch daſſelbe Luft— blaſen auf. Die in der Mitte der Scheibe gemachte kuͤnſtliche Oeffnung ſchloß ſich binnen wenigen Stunden vermoͤge der Coagulation des Saftes; als ich aber ſpaͤter das Coagulum beſeitigte, trat auch wieder das Ausſtroͤmen von Luft ein. Ich theile nun die Reſultate meiner meiſten Verſuche mit, welche mehrentheils zwiſchen 2 und 3 Uhr Nachm. im Sonnenſcheine vorgenommen wurden. Es geſchah in den erſten Tagen des Auguſt's, und die Temperatur betrug 20 — 25° (Centigr?). Die Experimente wurden zu andern Tageszeiten und auch Nachts wiederholt. Als ich dieſelben Blaͤtter, die bei Tage Luft ausathmeten, um Mitternacht unterſuchte, fand ich, daß ſie nunmehr keine ausſtroͤmen ließen, und als ich die Mitte verwundete, drang nur mil— chiger Saft hervor und verbreitete ſich nach dem Geſetze der Schwere, ohne troͤpfchenweiſe emporzuſpritzen. Um 6 Uhr Morgens, wo die Blaͤtter noch nicht von der Sonne beſchienen wurden, hauchten dieſelben noch keine Luft aus, allein im Laufe des Tages trat dieſe Erſcheinung wieder ein. Uebrigens find mir dann und wann Blaͤtter vorgekommen, welche bei jeder Art von Witterung und zu jeder Stunde Luft ein- und ausathmeten. Selten ſieht man die Luft an andern Stellen, als in der Mitte der Blaͤtter, von ſelbſt aus dieſen hervorquellen; uͤbrigens kommt dieſelbe zuweilen an Stellen heraus, wo ſelbſt mit Hülfe des Mikroſcops, kein Loch, keine Spalte zu ſehen iſt Die Epidermis, aus welcher die Luft dringt, beſteht an ſolchen Stellen aus warzenfoͤrmig vollſtaͤndig ges ſchloſſenen Baͤlgen. — —— 68 Unter Waſſerſchichten, welche uͤber dem nicht ſiebartig durchloͤcherten Theile des ſammethaarigen Blattes ſtanden, habe ich hier und da ſich flache Luftblaſen bilden und nach und nach gewoͤlbt werden, dann aber ſich in einer Luftblaſe entladen, verſchwinden und nach gewiſſer Zeit wieder entftes hen ſehen. Dergleichen Blaſen erſchienen bald an dieſer, bald an jener Stelle. Vielleicht iſt das Ein- und Aus— ſtreichen von Luft an Stellen, die Herrn Decaisne und mir durchaus undurd)löchert ſchienen, eine Folge des Aus— einanderweichens der Zellen der mit fammtartigen Haaren bekleideten Epidermis. Ich habe die aus den Blaͤttern entweichende Luft in Flaͤſchchen unter Waſſer aufgefangen und mittelſt eines brennenden Zunders gepruͤft, wobei ſie mir dieſelben Eigen— ſchaften, wie die atmoſphaͤriſche Luft, darzubieten ſchien. Ich glaube, mich uͤberzeugt zu haben, daß jedes Blatt der Pflanze einen vollſtaͤndigen Reſpirationsapparat beſitzt, fuͤr welchen die haarige Seite des Blattes abſorbirt, waͤh— rend nur die stomata in der Mitte ausathmen, eine Ein— richtung, die man noch an keiner andern Pflanze beobachtet hat, waͤhrend aber auch nur dieſe ſich zu Verſuchen eignet, die ruͤckſichtlich des Ein- und Ausathmens völlig bewei— fend find. Ich babe diefe Pflanze gründlich unterſucht, nach wel— cher fchon viele Phyſiologen getrachtet haben, um ſtreitige organographiſche Fragen zu entſcheiden. Was die Anatomie ihrer Saamen und deren Functio— nen anbetrifft, fo bin ich mit Herrn Mirbel vellig ein— verſtanden; allein es findet ſich an denſelben eine Warze, welche Herr Turpin Micropyle genannt hat, welcher Name mir keineswegs paſſend ſcheint. Das Vorhandenſeyn dieſer Warze oder dieſes Knotens erklaͤrt ſich ſehr wohl nach der Theorie der Metamorphoſen und der Einheit des Orga— niſationsplans, wie Goͤthe und Geoffroy fie annahmen und die Herren Auguſte de Saint-Hilaire und Mo: quin⸗Tandon fie in ihren neueſten Schriften weiter aus— geführt haben. Demnach iſt die Warze oder der Knoten in der Nachbarſchaft der Narbe der Pericarpien die Wieder— holung der endſtaͤndigen Warze an den Blaͤttern, was ſich aus der urſpruͤnglichen Bildung der Pericarpien ergiebt, die ſich an eben entſtehenden Knospen wie winzige concave Blaͤtter ausnehmen. Das Parenchym oder Zellgewebe dieſer Pflanze iſt uͤberall mit Koͤrnern vermiſcht, die ſternfoͤrmige Strahlen darbieten und denen aͤhneln, welche Treviranus „Cor- pora spinosa“ nennt. Naͤheres über ihre Natur habe ich nicht ermitteln koͤnnen. Uebrigens beſitzt das Nelum— bium ſo verſchiedenartig modificirte Koͤrper dieſer Art, daß ſich danach beſtimmen laͤßt, es ſeyen ganz eigenthuͤmliche ſternfoͤrmig gebildete Haare und keine Csyſtalle. Dieſe Pflanze hat die alten Naturforſcher ſchon be— ſchaͤftigt, und ihre Vegetationsweiſe iſt in phyſiologiſcher Beziehung ſo intereſſant, daß ſie in keinem botaniſchen Garten fehlen ſollte. (Comptes rendus hebdomadai- res des séances de l’Academie des Sciences, I. XIII., No. 14., 4. Oct. 1841.) 69 Zähne im Oberſchnabel bei Vögeln, Crocodilen und Schildkroͤten. Von Profeſſor Mayer in Bonn. Wenn man das Ei eines Huhnes, am Ende der Bruͤtzeit, wo das reife Hühnchen bereits darin einige Zeit gepipt hat, oͤffnet, findet man vorn auf dem Oberſchnabel etwas Pulver der Kalkſchaale zerſtreut liegen. Die Stelle, vorn gegen die Spitze des Oberſchnabels, hatte ich bisher unbeachtet gelaſſen, indem ſie mir bloß als eine geringe Rauhigkeit und Auflockerung der Haut des Oberſchnabels an der genannten Stelle erſchien. Bei naͤherer Betrachtung und Unterſuchung zeigte ſich aber eine eigenthuͤmliche Or— ganiſation daſelbſt. Schon mit unbewaffnetem Auge ſieht man an dieſer rauhen Stelle des Oberſchnabels zwei kleine ſpitze Hervorragungen nebeneinanderliegen. Bei'm Anfuͤhlen empfindet man die Haͤrte und ſcharfe Spitze dieſer Gebilde. Vom Oberſchnabel mit der Haut deſſelben abgeloͤſ't und uns ter die Klinge des Meſſers gebracht, fuͤhlt man die kryſtall— artige Haͤrte, indem ſich dieſe Gebilde kaum und nur unter Knirſchen in harte Truͤmmer zerdruͤcken laſſen. Unter der Loupe aber bemerkt man zwei coniſche an der Baſis und Mitte rundliche, am Ende zugeſpitzte, hellgelbliche Kryſtalle oder Zaͤhne, welche ganz nahe nebeneinander in Taſchen der Schnabelhaut ſitzen, aus welcher ſie ſchief nach Auswaͤrts an beiden Seiten hervorragen. Eine Vergroͤßerung von 4 Malen iſt hinreichend, ſie deutlich zu erkennen. Ihr Laͤn— gendurchmeſſer beträgt ungefähr z Linie. Sie find nicht immer gleich entwickelt, und bisweilen findet ſich nur ein Zahn vor. Sie bilden ſich gegen den funfzehnten Tag der Bebruͤtung und ſind noch einige Tage am Huͤhnchen nach ſeinem Austritte aus dem Eie bemerklich, wo ſie ſodann mit der ſich abſchuppenden Oberhaut des Schnabels ab— fallen. Es ſind alſo bei'm reifen Huͤhnchen im Eie zwei aͤu— ßerſt harte Zaͤhnchen vorhanden, welche, ihrer Haͤrte, Schaͤrfe und ihrer Lage oben auf dem Oberſchnabel wegen, geeig— net ſind, die harte Eiſchaale durchzureiben, indem das Huͤhnchen mit dieſer Stelle die innere Wand der Eiſchaale zuerſt beruͤhren muß. Daß auch bei allen andern Voͤgeln ſich eine aͤhnliche Organiſation zeige, iſt nicht ſo auffallend, als daß dieſelbe Bildung auch bei dem Foͤtus des Crocodils und zum Theil bei dem der Schildkroͤte ſtattfindet. Bei dem Foͤtus von Crocodilus biporcatus bes merke ich vor der runden Papille der Naſenloͤcher ganz die— ſelben zwei kleinen Zaͤhnchen, welche etwas groͤßer, wie beim Huͤhnchenfoͤtus und nach Auswärts gekruͤmmt find. Bei einem jungen Foͤtus vom Crocodilus selerops ſind ſie ſchon deutlich fuͤhlbar entwickelt. Bei einem Foͤtus von Testudo Caretta iſt nur ein Zahn vorhanden. Das Naͤhere Über dieſen Gegenſtand werden meine Analecten fuͤr vergleichende Anatomie Lief. III. enthalten. Herr Pro— feſſor Muͤller hat (deſſen Archiv fuͤr Phyſ. 1841 — S. 329) die intereſſante Beobachtung einer eigenthuͤmlichen Bewaffnung des Zwiſchenkiefers bei den reifen Embryonen 70 der Schlangen und Eidechſen oder eines Zwiſchenkieferzahnes bei Python, Bothrops, Naja, Cnemidophorus und einer Lacerta gemacht, deſſen Beſtimmung ſey, die Ei— ſchaale zu durchbrechen. Es iſt dieſer Zahn aber unten am Oberkiefer ſitzend und von unſerm Zahngebilde, welches kryſtalliniſche Hornzaͤhne und Gebilde der aͤußern Haut ſind, ganz verſchieden. Auch fehlt dieſer Zwiſchenkieferzahn den Crocodilen und Schildkroͤten, welche jene Hornzaͤhne nach Oben beſitzen. Es beſitzen ſomit diejenigen beſchuppten Amphibien, bei den Ophidiern und Lacerten, welche haͤu— tige Eier legen, jenen von Herrn Profeſſor Müller ent— deckten Zwiſchenkieferzahn, um die Eihaut zu ſpalten; die— jenigen aber, welche kalkſchaalige Eier legen, bei den Cro— codilen und Schildkroͤten, jene beſchriebenen Oberſchnabel- zaͤhne, gleich den Voͤgeln, um die Eiſchaale durchzureiben. Bei Tejus Monitor iſt der Zwiſchenkieferzahn vorhanden. Ueber die Balanideen hat Herr Profeſſor v. Rapp zu Tuͤbingen Beobachtungen in dem Archiv fuͤr Naturkunde u. ſ. w., herausgegeben von Dr. W. P. Erichſon, (VII. Jahrgang, II. Heft p. 168), mitgetheilt, aus welchen ich Folgendes über Tubicinella balaenarum aushebe. Tubicinella balaenarum, Lam., zeigt in der weis ßen Schaale regelmäßige, ſenkrechte, vierfeitige Roͤhren, die vom obern zum untern. Rande in gerader Linie ſich fortſez— zen, ohne ſich in Aeſte zu theilen und doch in einfachen Reihen nebeneinanderſtehen. Die Schaale hat auf der Oberflaͤche ſechs der Laͤnge nach verlaufende Furchen, in welchen ſie leicht zerbrechlich ſind. An dieſen Furchen zeigen die Canaͤle der Schaale eine andere Richtung; ſie laufen horizontal, ſind ſehr kurz und haͤngen mit dem zunaͤchſtſte— henden ſenkrechten Canale zuſammen. Unterſucht man die Schaale im friſchen Zuſtande, fo erkennt man in den Ga: naͤlen einen hohlen Faden: er ſtellt den innern Ueberzug des Canals dar, wie auch die Äufere und innere Oberflaͤche der Schaale von einer duͤnnen, durchſichtigen, bei'm Trock— nen nach und nach gelb werdenden Haut uͤberzogen wird. An dem untern freien Rande der Schaale, wo die ſenkrech— ten Canale offen ſtehen, hingen dieſe haͤutigen Ueberzüge miteinander zuſammen. Die Schaale iſt mit einer gleichen Haut an der Grundfläche geſchloſſen. Unter dem Mikro- ſcope erkennt man an dieſem haͤutigen Ueberzuge keine Zel— len. Die Schaale iſt mit parallellaufenden hervorragenden Ringen umgeben, die mit dem Alter zunehmen; ich fand bis eilf ſolcher Ringe. Das Thier iſt ſo in der Schaale enthalten, daß die Mundoͤffnung deſſelben abwaͤrts gerichtet iſt, und das hintere Ende, an welchem die, den maͤnnlichen Genitalien angehoͤrende, ruͤſſelfoͤrmige Verlaͤngerung ſich fin— det, entſpricht der freien Oeffnung der Schaale. Die Ran: kenfuͤße ſind bei Tubieinella und bei anderen Thieren aus der Ordnung der Balanideen kuͤrzer, als bei der Ordnung der Lepadeen (geſtielten Cirripeden). Nach den Unterſuchun— gen, die ich an der Tubieinella angeſtellt habe, ſchlleße ich, daß ſie lebendige Junge zur Welt bringe. Unter dem Mantel fand ich eine große Menge von Eiern: ſie ſind nicht 5 * 71 — kugelfoͤrmig, ſondern, wie ich es auch bei anderen Cirripe— den gefunden habe, laͤnglich. In einer der groͤßten Tubi— einella balaenarum, die ich zergliederte, fand ich viele Junge, die das Ei ſchon verlaſſen hatten und bei einer 500fachen Vergrößerung deutlich zu erkennen waren. Sie haben, wie J. Thompſon (Zoological Researches and Illustrations. Memoir IV. On eirripedes. Cork 1830. pl. 9. 10. — Philos. Trans. Lond. 1835 p. 355) und Burmeiſter („Beitrage zur Natur— geſchichte der Rankenfuͤßer“) ſchon bei anderen Cirripeden gezeigt haben, eine vom erwachſenen Thiere vollig abwei— chende Geſtalt. Der Ruͤcken iſt ſtark gewoͤlbt; hinten ſpitzt ſich das Thier zu. Eine Abtheilung in Segmenten iſt nicht wahrzunehmen. An jeder Seite erkennt man drei ziemlich durchſichtige, mit Borſten beſetzte, mit der Spitze ruͤckwaͤrts gerichtete, Fuͤße, die gegen das freie Ende hin gabelfoͤrmig getheilt ſind. Augen konnte ich nicht unterſcheiden. Es findet ſich noch keine Spur von Schaale. Da die Jungen ſchon im Leibe der Mutter zu unterſcheiden ſind, wie es Wagner (vergl. Phyſiologie des Blutes S. 64) ſchon bei Anatifa beobachtet hat, ſo widerlegt ſich damit die An— nahme von Cuvier (Mém. sur les animaux des ana- tifes et des balanes, in Mem. pour servir a P’hi- stoire et à l’anatomie des mollusques. Paris 1817), daß bei'm Durchgange durch den Canal, der in die ruͤſſel— foͤrmige Verlängerung übergeht, die Eier befruchtet werden. Dieſes ruͤſſelfoermige Organ iſt vielmehr, wie auch von Hunter (Catalogue of the physiolog. series of comparative anatomy, Vol. I. London 1833. 4.), Burmeiſter (a. a. O.), Martin, Saint Ange (Me- moire sur organisation des eirripedes. in Mem. presentes par divers savans à l’acad, roy. de France. 1835.), R. Wagner (Muͤller's Archiv 1834, S. 467) angenommen wird, der gemeinſchaftliche Ausfuͤh— rungsgang für beide Teſtikel. Die Tubieinella balaenarum lebt in der Haut der Walfiſche und iſt ganz in das dicke Malpighi'ſche Netz ein— gegraben, faſt ohne eine Hervorragung zu bilden. Die freie Muͤndung der Schaale, aus welcher die Fuͤße des Thieres hervorkommen, mit den vier Klappen an der Oeffnung der Schaale. find allein ſichtbar. Die Grundflaͤche der Schaale der Tubieinella erreicht die Lederhaut des Walfiſches nicht vollftändig; es bleibt immer eine Lage vom Malpighi'ſchen Netze zwiſchen der Schaale und dieſer Haut. Das Ge— webe der Walfiſchhaut erleidet durch dieſen Paraſiten keine andere Verändernng, als daß die unzähligen fadenfoͤrmigen weißen Verlaͤngerungen, welche von der Lederhaut der Ceta— ceen entſpringen und in das Malpighi'ſche Netz hineinragen, ſehr verkürzt find an der Stelle, wo ein ſolcher Cirriped fist, daß aber dieſer, wie Lamarck (Annales du Mu- eum d'histoire natur., 1802) angiebt, und wie es zeither oft wiederholt worden iſt, in den Sack des Walfi— ſches eindringe, fand ich niemals bei den zahlreichen Stüden von Walfiſchhaut, welche Herr Dr. Krauſe von ſeiner Reife nach dem Cap mitgebracht hat. Die Tubicinellen, obgleich mehrere durch ihre Groͤße ſich auszeichneten, reich— 72 ten nicht bis auf die Lederhaut. Die Abbildung, welche Dufresne in einem Anhange zu Lamarck's Abhandlung über die Tubicinella bekannt machte, iſt nicht von Werth; es hat dort den Schein, als ob die Tubieinella in den Speck des Walfiſches eingegraben waͤre; aber die fuͤr den Speck ausgegebene Schicht iſt das Malpighi'ſche Netz des Walfiſches, welches an manchen Stellen der Walfiſchhaut über 1 Zoll dick iſt. Uebrigens ſtehen die Tubicinellen dicht nebeneinander und ſind oft nur durch einen Zwiſchenraum von einigen Linien, der mit Malpighi'ſchem Netze ausgefuͤllt iſt, voneinander getrennt; zugleich iſt die Oberflaͤche der Haut mit zahlreichen Schaaren von Cyamus beſetzt. Wie die Tubieinella in das dicke Malpighi'ſche Netz des Walfiſches gelange, iſt nicht leicht zu erklaͤren. Vielleicht, daß dieſe Cirripeden in ihren früheren Lebensperioden, fo lange fie noch einer freien Ortsbewegung faͤhig ſind und noch mehr den Cruſtaceen gleichen, in die dicke Schicht des Malpighi'— ſchen Netzes dringen und dort ihre Verwandlung durch— machen. Daß die Tubieinella vom Walfiſche ihre Nah— rung ziehe, iſt nicht anzunehmen; auch mehrere andere Cir— ripeden ſitzen vorzugsweiſe an Gegenſtaͤnden, die im Meere ſchwimmen, an Schiffen, an Stuͤckchen Holz, an gewiſſen Zangen. Bei Tubicinella balaenarum fand ich den Ma— gen mit einer gelblichen Maſſe gefuͤllt; ich konnte aber auch durch Huͤlfe des Mikroſcops keine Theile von Thieren darin unterſcheiden. Vielleicht dienen die zahlreichen Heerden von Cyamus, welche die Haut des Walfiſches bedecken, der Tubicinella zur Speiſe. In zwei oder drei Fällen fand ich wohl im Magen der Tubicinellen unter dem andern Futter einige kleine Fragmente von dem ſchwarzen Malpig— bi'ſchen Netze des Walfiſches; dieſe Stuͤckchen konnten aber zufaͤllig mit anderer Nahrung verſchluckt worden ſeyn. In dem untern Theile des roͤhrenfoͤrmigen Gehaͤuſes fand ich immer eine weiche, mit Faͤden durchzogene Maſſe, in welcher man durch das Mikroſcop eine unzählige Menge von runs den, gelblichen, durchſichtigen Koͤrnchen erkennt. Ich war geneigt, ſie fuͤr die noch wenig entwickelten Eier zu halten; aber es fanden ſich ganz aͤhnliche, nur etwas größere, Koͤr— perchen, die nichts ſind, als ein thieriſches Oel. Es fließen oft zwei derſelben zu einem Tropfen zuſammen. Selbſt mit bloßem Auge erkennt man bei der anatomiſchen Unterſu— chung dieſer Cirripeden unter Waſſer kleine Fetttropfen, die aus der weichen, im Grunde der Schaale enthaltenen Maſſe kommen und ſich auf die Oberflaͤche des Waſſers erheben. Die Tubicinellen finden ſich nicht bei den Walfiſchen, die im Norden gefangen werden.“ Piece l been. Daß es auch Papageien giebt, welche Kälte er⸗ tragen, haben wir durch den Prinzen Maximilian von Wied erfahren, der in feiner Reffe in das Innere Nordamerica's Ber merkungen über den Psittacus Carolinensis, und beſonders deſſen Ausdauer in der Kälte, mitgetheilt hat, nach welchen dieſer Papas gey um Harmony, am Wabaſch (in Indiana), zahlreich iſt und bei Eis und Schnee überwintert. Bei einem Froſte von 112 R. ſah der Prinz ſie in Fluͤgen munter in den Waldungen umherziehen und ſich von den Fruͤchten der Platanen naͤhren. Sap beobachtete fie bei 259 Fahrenh. unter Null. Nach Warden uͤberwintern fie am 73 Scioto River, und im Staate Ohio fellen fie bis zum 39. und einem halben Breitengrade hinaufgehen, am Miſſiſſippi bis zur Mündung des Illinois-Fluſſes und einzelne Züge bis nach Chicago hinauf. In dem rauhen Clima des Ohio und Wabaſch find fie Standvoͤgel des ganzen Jahres. In Beziehung auf die angebliche Verwandlung von Carbon in Silicon (vergleiche Neue Notizen Nr. 401. 74 und 402. [Nr. 5. und 6. des XIX. Bandes] Seite 65 und 90), haben nun auch die Herren R. H. Brett und J. Denham Smith, zu Liverpool, Verſuche angeſtellt und in dem Octoberhefte des London, Edinburgh and Dublin Philosophical Magazine and Journal of Science mitgetheilt, wodurch die Verſuche und Be: hauptungen des Herrn Dr. S. M. Brown zu Edinburgh volls ſtaͤndig widerlegt werden. eie ee Beobachtungen uͤber die Behandlung des Diabetes durch Ammonium. Von George H. Barlow. Sydenham's Anſicht, daß Diabetes mehr von einer Krankheit des Magens und der Verdauungsorgane als von einer veraͤnderten Thaͤtigkeit der Nieren abhaͤnge, gewinnt immer mehr Grund. Die Bedeutung der Urinſecretion fuͤr den Koͤrper beſteht darin, zerſetzte thieriſche Stoffe, nament— lich Harnſtoff und Harnfäure, uͤberſchuͤſſige Salze und fremd— artige Stoffe, welche in die Circulation gelangt ſind, wegzu— ſchaffen. Nach Dr. Barlow ſind Harnſtoff und Harn— ſaͤure, die Hauptbeſtandtheile des Urins, ſehr ſtickſtoffreiche Verbindungen, waͤhrend bei grasfreſſenden Thieren die Harn— ſaͤure durch Hippurſaͤure erſetzt wird, welche wenig mehr als 7 Procent Stickſtoff enthaͤlt. Von den großen Laͤuterungs— organen des Körpers ſcheint die Lunge beſtimmt zu ſeyn, Kobtenftoff in Form von Kohlenſaͤure auszuſcheiden. Die Leber fuͤhrt Kohle, Waſſerſtoff und Stickſtoff aus, beſon— ders die erſte; ſie unterſtuͤtzt alſo die Lunge, hat aber noch eine Function fuͤr ſich. Die Niere ſcheidet Kohlenſtoff, Waſſerſtoff und Stickſtoff ab, vorzuͤglich aber den letztern, zugleich mit dem uͤberfluͤſſigen Waſſer, fo daß ſie gewiſſer— maaßen die Leber unterſtuͤtzt, jedoch auch eine fuͤr ſich be— ſtehende Function hat. Die Haut iſt ſtellvertretend fuͤr alle uͤbrigen, beſonders aber fuͤr die Nieren und hat eben— falls noch eine eigenthuͤmliche Function. Nach dieſer An— ſicht koͤnnte man erwarten, daß die Function eines dieſer Organe ganz oder zum Theil durch eines oder durch ſaͤmmt— liche andere Organe erſetzt werden koͤnnte, und dem entſpre— chend zeigt uns auch die vergleichende Anatomie, daß bei den verſchiedenen Claſſen der Wirbelthiere die Entwickelung der Leber in demſelben Maaße zunimmt, als die Reſpira— tion ſich vermindert: ſie iſt am groͤßten bei Fiſchen, am kleinſten bei Saͤugethieren und haͤlt die Mitte bei Repti— lien; auf der andern Seite iſt es eine gewoͤhnlicke Erfah— rung, daß, wenn die Galle nicht durch den ductus cho- ledochus abgeführt wird, fie im Urin erſcheint. Tritt daher in der Secretion eines Organes eine Sub: ſtanz auf, welche mehr zu den Elementarbeſtandtheilen einer andern Secretion gehört, fo iſt dies mehr einer mangelhaf— ten Function des letztern Organes, als einer veraͤnderten Thaͤtigkeit des erſtern zuzuſchreiben, oder mit andern Wor— ten: die Gegenwart eines ſehr kohtenſtoffhaltigen Productes in dem Urin deutet auf Stoͤrung der Function eines andern Excretionsorganes und nicht der Nieren hin; daher laͤßt ſich a priori beweiſen, daß die Gegenwart des Zuckers im dia⸗ betiſchen Urin nicht die Wirkung einer krankhaften Thaͤtig— keit der Nieren iſt. Was iſt nun ferner aus andern krankhaften Beſchaf— fenheiten des Urines zu ſchließen? Um dieſe rein practiſche Erörterung nicht durch fernliegende Beobachtungen zu uͤber— laden, wird es genuͤgen, anzufuͤhren, daß unter ſaͤmmtlichen uͤbrigen krankhaften Beſtandtheilen des Urines keiner bei Nierenkrankheiten vorkoͤmmt, welcher nicht auch einen Be— ſtandtbeil des gefunden Blutes ausmacht; es iſt daher a priori kein Grund vorhanden, die Gegenwart des Zuckers im Urin, welcher niemals im geſunden Blut gefunden wird, einer Nierenkrankheit zuzuſchreiben. Da nun kein Wahrſcheinlichkeitsgrund vorhanden iſt, den Zucker im Urin von einer Nierenkrankheit abzuleiten und da man in dem Blute Diabetiſcher Zucker entdeckt hat (M' Gregor, Ambroſiani und in groͤßerer Quantität Dr. Rees), fo iſt die Frage aufzuwerfen, in wiefern das Vor: kommen deſſelben in dieſer Fluͤſſigkeit im Stande iſt, die Symptome der Krankheit zu erklären, — zunaͤchſt in Be— zug auf Urin. Es ſcheint, nach Wöhler's Unterſuchungen, daß alle loslichen und nicht gasfoͤrmigen Stoffe, welche keine Zerſetzung im Koͤrper erleiden, durch die Nieren ausgeſchie— den werden; es iſt daher klar, daß Zucker, wenn er in das Blut aufgenommen wird, nothwendig in dem Utin wieder erſcheinen muß. Man hat in der That behauptet, daß die Quantität des Zuckers im Blute Diabetiſcher nicht hinreiche, um die Quantität in dem Urire zu erklaͤren. Dieſer Ein: wurf hat indeß wenig Gewicht, wenn wir beruͤckſichtigen, wie raſch manche loͤsliche Subſtanzen nach ihrer Einfuͤhrung in den Körper wiederum durch den Urin ausgeſchieden werz den. Auch ſcheint es, daß die Stoffe, welche geeignet ſind, durch irgend ein beſonderes Secretionsorgan aus dem Koͤr— per herausgeſchafft zu werden, Reize für dieſes Organ find, z. B., Neutralſalze für die Nieren; hiernach muß der Zuf: ker, welcher ſich im Blute findet und durch die Nieren das von geſchieden wird, nothwendig den Urinabgang vermehren. Noch iſt eine andere Beſchaffenheit des Urines zu erz waͤhnen; naͤmlich die verminderte Quantität des Harnſtoffes. Dieſer Mangel iſt jedoch noch keinesweges zweifelhaft, da er durch mehrere ſehr geſchickte Chemiker, unter Andern durch Herrn Kane, in Frage geſtellt worden iſt. Es iſt vielleicht ſchwer feſtzuſtellen, daß bei'm Diabetes ebenſoviel Harnſtoff, wie im geſunden Zuſtande ausgeſchieden wird. Aber es ſcheint mir, daß wenigſtens genug nachgewieſen iſt, um die häufig ausgeſprochene Anſicht umzuſtoßen, wonach 75 ſich Zucker anftatt des Harnſtoffs bilden ſollte. Zum Vor: aus möchte ich erwarten, daß der Harnſtoff bei'm Diabetes vermindert ſey, da Ernaͤhrung und Ausſcheidung im geſun— den Zuſtande antagoniſtiſche Proceſſe ſind, es alſo auch nicht unwahrſcheinlich iſt, daß eine Verminderung der erſtern durch Krankheit auch einen Mangel in der letztern herbei— fuͤhren werde. Es ſcheint nun, daß die Gegenwart des Zuckers im Blute ſchon für ſich hinreicht, um die abnorme Beſchaffen— heit des Urines zu erklaͤren. Der Durſt und die Trocken— heit der Haut iſt von dem Abzuge des Waſſers durch die diuretiſche Wirkung des Zuckers herzuleiten; der Hunger von der Atrophie in Folge des verderbten Zuſtandes des Blutes. Welches iſt nun das krankhaft veraͤnderte Oegan? Der Umſtand, daß der krankhafte Beſtandtheil eine ſehr kohlenſtoffreiche Subſtanz iſt, koͤnnte zuerſt zu der Annahme fuͤhren, daß die Lunge oder die Leber oder beide hier mit— wirken. Es iſt auch wahrſcheinlich, daß ſie mehr oder min— der betheiligt ſind; aber der Umſtand, daß der Zucker von M' Gregor im Magen Diabetiſcher in größerer Quantitaͤt entdeckt worden iſt, als im geſunden Magen, ſelbſt wenn ſolche Patienten faſt ganz und gar auf eine animaliſche Diät beſchraͤnkt worden find, beweiſ't, daß die Störung in der Blutbildung ſtattfinden muß, wenn die ernaͤhrende Fluͤſ— ſizkeit noch auf einer frühern Stufe ſteht, als da, wo es bereits der Wirkung dieſer Organe unterworfen iſt, und daß die primaͤre Stoͤrung daher in den erſten Wegen aufgeſucht werden muͤſſe! Hier iſt es daher erforderlich, auf die Pro— ducte der Verdauung in der Geſundheit und bei dieſer Krank— heit zuruͤckſugehen. Der Zweck der Verdauung iſt zuerſt eine Aufloͤſung der Nahrungsſtoffe, da nur Aufgeloͤſ'tes von den abſorbirenden Gefaͤßen aufgenommen werden kann; 2tens Reduction der verſchiedenen Beſtandtheile zu dem einfachſten Material der thieriſchen Proceſſe, naͤmlich dem Eiweißſtoffe, welcher ſich in der verdauten Fluͤſſigkeit theils aufgeloͤſ't, theils in Form von Kuͤgelchen findet. Der weſentliche Character des Verdauungsproceſſes beſteht nicht allein in Auflöfung der Nahrungsſtoffe, ſondern auch in Aufhebung ihrer eigenthuͤmlichen Eigenſchaften, d. h., alſo durch die Verdauung werden die Speiſen aufgeloͤſ't und in Eiweißſtoff umgewandelt Bei'm Diabetes nun werden im Gegentheil die zucker— haltigen Beſtandtheile der Speiſen im Magen nicht veraͤn— dert, waͤhrend die in den meiſten vegetabiliſchen Nahrungs— mitteln in Menge enthaltene Stärke nicht umgeändert, fon: dern durch die Zuckergaͤhrung in der Wärme und Feuchtig— keit des Magens in Zucker umgewandelt wird, welcher als leicht loslich in die Circulation aufgenommen wird. Auf dieſe Weiſe findet man in Folge eines Mangels in der Aſſimilationskraft ein niedriger ſtehendes Product, Stärke, anſtatt eines höher ſtehenden, des Eiweißes. Gr: ſtere iſt fuͤr die Zwecke des Organismus nicht geeignet und wird daher durch die Nieren ausgeſchieden. Es iſt jedoch nicht wirklich nachgewieſen, daß das Blut eine verminderte Quantität Albumen enthalte, obwohl dieß wahrſcheinlich der Fall iſt. 76 Wir gehen nun zu den Heilprincipien uͤber, welche ſich auf die vorſtehenden Anſichten gruͤnden. Der erſte Schluß, den man in Bezug auf Behandlung des Dia- betes ziehen kann, iſt laͤngſt anerkannt und durch Erfahrung beftätigt; nämlich, daß man alle Zucker- und Staͤrkemehl— haltige Nahrungsmittel vermeiden muͤſſel; letztere, wegen ihrer Tendenz zur Zuckergaͤhrung, ſchaden ebenſoviel als die erſtern. Die Nahrung muß vorzugsweiſe aus der Claſſe der Crucifecen genommen werden. Dieſe entſpricht obiger Anſicht und iſt durch aͤrztliche Erfahrung beſtaͤtigt. Dieſe grünen Speiſen, wie Brocoli, Nuͤbkohl, Seekohl, Waſſer⸗ kreſſe ꝛc., verhuͤten den Ueberdruß, welchen Kranke, die man ganz auf animaliſche Diät ſetzt, fo haͤufig fpüren, und üben ſelbſt einen entſchieden wohlthaͤtigen Einfluß auf mehrere der Symptome. Es wird ſich auch in dem unten anzufuͤhren— den Falle zeigen, daß das Ausſetzen dieſer gruͤnen Speiſen jedesmal vermehrten Abfluß des Harns zur Folge hatte. Die naͤchſte Jadication ſcheint zu ſeyn, daß man eine ſehr ſtickſtoffreiche Subſtanz in den Magen bringe und gleichzeitig durch ein loͤsliches Reizmittel die Aſſimilations— kraft dieſes Organes ſteigere. Beides wird durch Ammo— nium erreicht. Es iſt noch ein Umſtand mit der Anwendung des Ammoniums bei dieſes Krankheit verbunden, worauf ich indeß nicht gerade großes Gewicht legen moͤchte, obwohl es mindeſtens ein Zuſammentreffen iſt, welches zu merkwuͤrdig iſt, um unerwaͤhnt zu bleiben; ich meine das chemiſche Verhaͤltniß des Zuckers, des Ammoniums und des Eiweiß— ſtoffs in Bezug auf ihre elementaͤre Zuſammenſetzung. So finden wir, daß, wenn man die Zahlen, die die Atomzu— ſammenſetzung des Ammoniums und Zuckers ausdruͤcken, in gewiſſen Verhaͤltniſſen addirt, ein Reſultat erlangt wird, welches genau mit den Zahlen zuſammentrifft, welche die Atomzuſammenſetzung des Eiweißſtoffes mit einigen Theilen Kohlenſaͤure und Waſſer zuſammengenommen geben würde, wobei dieſer letzte Zuſatz Subſtanzen betrifft, welche beſtaͤn— dig vom Koͤrper ausgeſchieden werden. Kohle Waſſerſt. Sauerſt. SER 9 Theile Zucker . 55,08 — 9 — 72 + 1,1 Tü. Ammonium — 3,3 — — 15 56 55,08 — 12,3 — 72 — 15,56 — 5 Th. Waſſer . — 5 — 40 — — f Th. Acid. carbonic. 3 — —8 — 52,08 — 7,3 — 24 — 13,6 Dies reducirt a. 100 Th. giebt: 52,63 — 7,37 — 24, 25 — 15,73 Eiweißſtoff (nach Gay F 2 — „ Luſſac u. Thenard.) 52,88 7,9%, — SUN dan Dr. Barlow hat gefunden, daß unter dem Ge— brauche des Ammonium subearbonieum die Hautthaͤtig— keit gewöhnlich wiederhergeſtellt wird, wobei allerdings bis— weilen das Opium mitwirkt. Koͤrperbewegung, ſoweit es die Kraͤfte des Kranken erlauben, und warme Baͤder ſind ebenfalls guͤnſtige Unterſtuͤtzungsmittel. Zur Beſeitigung der Anſammlungen im Dickdarme giebt er ein Abfuͤhrmittel mit einem tonieum, Rhabarber und Kali sulphuricum, nös thigenfalls mit etwas Rieinusoͤl. Es werden 5 Fälle an» gefuͤhrt, wovon wir nur den erſten mittheilen; die uͤbrigen N beweiſen keinesweges die Heilung, wiewohl unzweifelhafte Beſſerung. Fall. Ein Schuhmacher, Stanley, kam im Som— mer 1836 nach dem Dispensary und gab an, daß man ihm geſagt habe, er habe die Schwindſucht, weil er ſeit etwa einem Monat ſehr raſch abgemagert und von Kraͤften gekommen ſey. An der Bruſt war kein Zeichen von Phthi— ſis aufzufinden. Bei der weitern Unterſuchung erfuhr ich, daß er ſeit einigen Tagen auffallend viel Urin gelaſſen habe, was ſich bis auf 15 Pinten in 24 Stunden belief. Außer— dem war er ſehr abgemagert; die Haut war ſproͤde und trocken und zwar, wie er angab, ebenſowohl in der Nacht wie am Tage. Die Zunge war belegt; der Kranke klagte uͤber großen Durſt und uͤbermaͤßigen Appetit. Sein Urin hatte einen ſußen Geſchmack und ein ſpecifiſches Gewicht von 1,041. Er bekam 1 Gran Opium alle 4 Stunden und bisweilen etwas Ricinusol; zugleich wurde ihm die Diaͤt nach den oben angegebenen Regeln vorgeſchrieben. Nach 5 Tagen war die Menge des Urins betraͤchtlich ver— mindert, fein fpec. Gew. auf 1,044 vermehrt; zugleich war er ſehr matt, was vielleicht dem Opium zuzuſchreiben war. Er erhielt nun 6 Gran Ammonium subcarboni— cum, dreimal taͤglich in einer Drachme spiriti Lavenduli compositi und 5 Gran Doverspulver jeden Abend. Hier: durch wurde in 8 Tagen die Quantitaͤt des Urins auf 24 ſtuͤndlich 12 Pinten und ein fpec. Gew. von 1,035 herun— tergebracht. In der Nacht ſtellte ſich maͤßiger Schweiß ein, und der Durſt war betraͤchtlich vermindert. Das Ammo— nium wurde nun auf 8 Gran alle 4 Stunden vermehrt, und dabei nahm die Quantitaͤt und das fpec. Gew. des Urins raſch ab, und nach 6 Wochen hat er an Koͤrperum— fang und Kraft ſo zugenommen, daß er ſich fuͤr geheilt hielt und das Dispensary verließ Nach 5 Wochen ſtellte er ſich aber wieder ein, weil die fruͤhern Symptome wieder— gekehrt waren. Die Haut war ſproͤde und trocken; der Urin betrug 2 Galonen in 24 Stunden; er war beinahe ſo abgemagert, wie vor der erſten Behandlung; die Zunge war rein und feucht, und der Athem hatte den Geruch von Heu. Er wurde behandelt, wie zuvor und konnte nach 2 Monaten wiederum als hergeſtellt entlaſſen werden. Er leerte bloß 3 Pinten Urin ohne Zuckergeſchmack und vom ſpec. Gew. von 1,020 aus. Im Sommer 1839 war er vollkommen geſund. (Med. chirurg. Review. Jan. 1841.) Operation einer Extrauterinſchwangerſchaft. Mitgetheilt von Herrn Voillemier. Marie Leroy, Obſthaͤndlerin, einundvierzig Jahre alt, wurde am 18. Auguſt 1838 in dem Höpital des cliniques zu Paris aufs genommen. Klein, ſchwach, nervös, war fie doch immer gefund geweſen. Sie war im ſiebenzehnten Jahre menſtruirt und gebar drei Jahre darauf ſehr glücklich einen Knaben; jedoch blieben ibre Regeln aus und kehrten erſt in ihrem fuͤnfunddreißigſten Jahre, nachdem fie ſich verheirathet hatte, wieder. Im neunundreißigſten Jahre, und zwar im December 1836, blieben fie wieder aus, und die Kranke wußte nicht, ob fie ſich für ſchwanger halten oder an: nehmen ſollte, daß die frühere Amennorrhoͤe wieder eingetreten ſey. Eines Abends wurde fie plotzlich von Coliken befallen, welche über zwei Stunden dauerten, ohne Borborygmen und ohne darauffol⸗ 78 gende Stuhlgaͤnge; dagegen mit einem ſehr ſchmerzhaften Ziehen, welches ſich vom Nabel über den ganzen Unterleib, beſonders aber in die Hypochondrien, ausbreitete. Der leichteſte Druck auf den Unterleib war unerträglich; die Schmerzen ließen von ſelbſt nach, und Tags darauf fühlte die Kranke nur noch eine Schwere in der Leiſtengegend. Acht Tage ſpaͤter traten, ohne Vorboten, des Abends noch heftigere Coliken, mit ſtarkem Erbrechen, ein, was bei jeder Bewegung ſich erneuerte. Dießmal wurden zwanzig Blutegel auf den Unterleib, und Narcotica innerlich und mit Lavements gegeben, was den Zuſtand merklich erleichterte. Vierzehn Tage ging es gut, dann kamen auf's Neue Coliken, wie zuvor. Nun hatte ſie auf einige Zeit Ruhe und glaubte eine Zunahme des Unterleibes zu bemerken. Sie zweifelte nicht mehr daran, ſchwanger zu ſeyn und wendete ſich bei den nachfolgenden Coliken nicht mehr an den Arzt, ſondern brauchte zu ihrer Erleichterung jedesmal Bäder. Die Ans ſchwellung des Unterleibes war rechts deutlicher, und auch in der rechten Seite fuͤhlte ſie im Maͤrz 1837 zum erſten Male Kindes— bewegung, welche immer, mit etwas Schmerz, allmaͤlig deutlicher wurde. Auch ihr Mann bemerkte, als ſie ihn darauf aufmerkſam machte, dieſe Bewegung. Im Auguſt war der Unterleib ſehr ſtark; es ſtellten ſich wehenartige Schmerzen ein, und ein Arzt ſagte nach dem Touchiren, daß Alles in Kurzem beendet ſeyn werde. Am 28. werden die Wehen ſtaͤrker; es ſtellt ſich etwas blutiger Abfluß ein; man bereitet Alles zum Empfange des Kindes vor; die Wehen hoͤren aber allmälig auf. Die Frau bleibt noch einen Tag lingen, geht aber nachher an ihre Arbeit. Die Bruͤſte, welche bis dahin nicht angeſchwollen waren, erlitten keine Veraͤnderung; die ge— woͤhnlichen Coliken ſteuten ſich nicht wieder ein, und die Kindesbe— wegungen fehlten ſeitdem. Die Geſundheit ſtellte ſich endlich voll— kommen wieder her; der Unterleib wurde flacher, und am 8. Octo— ber 1837 ſtellten ſich die Regeln wiederum ein. Die Frau conful: tirte indeß verſchiedene Aerzte und hoͤrte ſehr verſchiedene Urtheile uͤber ihren Zuſtand; alle waren indeß dafuͤr, daß ſie nichts thun ſolle. Indeß wurde nach einiger Zeit ihr Befinden geſtoͤrt; der Unterleib wurde empfindlich gegen Berührung; fie bekoͤmmt dumpfe Schmerzen in der Tiefe; ſie kann ihr, allerdings beſchwerliches, 88 nicht mehr verſehen, und nungkoͤmmt die Kranke in das pital. Alles ſprach fuͤr eine Extrauterinſchwangerſchaft. Der Unterleib hat den Umfang wie im ſiebenten Monate, ohne jedoch ſo geſpannt zu ſeyn; er iſt nicht weich und zeigt nicht die der Schwangerſchaft eigenthuͤmliche undeutliche Fluctuation. Man fuͤhlt durch die Bauch— decken eine Geſchwulſt, aͤhnlich einem ausgetragenen Kinde, un— gleich feſt, ſchief in der rechten Seite gegen die linke Leiſte bin liegend. Man erkennt genau die Lage des Körpers: über dem Beckeneingange rechts, der Kopf hoͤher nach Links und Vorn, die Wirbel und, mehr nach Rechts, unter den Rippen eine undeutliche Geſchwulſt mit mehreren Hervorragungen. Der foetus liegt alfo ungefaͤhr in der erſten Lage; auch in der Scheide fuͤhlt man den Kopf; jedoch laſſen ſich die Fontanellen nicht erkennen. Die Ge— ſchwulſt laͤßt ſich nicht verſchiebenz der uterus iſt nach Rechts, hin— ter den ſogenannten Schaambeinaſt, geſchoben; der Grund liegt in der rechten Leiſtengegend, der Muttermund auf der vorderen Bek— kenwand. Der uterus laßt ſich, unabhaͤngig von der Kindesge— ſchwulſt, etwas bewegen und erſcheint durchaus normal in Form und Volumen. Profeſſor Dubois diagnoſticirt eine Bauchſchwangerſchaft und beſchließt die Entfernung des foetus durch eine Operation. Am 21. Auguſt 1838 wird die Kranke auf ein hohes Bett, wie zum Vaginalſteinſchnitte, gebracht Man fuͤhrt ein weites, ſehr kurzes speculum ein, wodurch die Vaginalhaut geſpannt und bie Geſchwulſt weniger deutlich erkennbar wird. Es wird ein Queer⸗ ſchnitt mit einem geraden Biſtouri gemacht, welcher durch Wie⸗ derholung tiefer und groͤßer gemacht werden mußte, worauf das Biſtouri bis auf die Knochen des Kopfes gelangte. Herr Dubois glaubte zuerft, zu tief eingedrungen zu ſeyn und die Kopfhaut mit den Wänden des Balges zu gleicher Zeit durchſchnitten zu haben; aber es war nicht moglich, in der Tiefe eine ſolche Trennung zu fuͤhlen. Ohne ſich dieß vollkommen erklären zu konnen, glaubte Herr Dubois, daß Verwachſungen zwiſchen dem Kindeskopfe und den Balghaͤuten beſtehen mochten, und da ſich nicht beſtimmen ließ, 79 wie weit biefe gehen, fo wurde die Operation unterbrochen und die Kranke in ihr Bette zuruͤckgebracht. Die Operation war nicht ſchmerzhaft geweſen. Die Kranke fuͤhlte ſich vollkommen wohl; gegen Abend iſt die Haut heiß, das Geſicht geroͤthet, der Puls 96, kein Froͤſteln und der Unterleib ohne Schmerz. Ein eiteriger, etz was blutiger und uͤbelriechender Ausfluß erfolgt durch die Scheide. Am 22. Auguſt. Die Nacht war ſchlecht, das Fieber ftärker, der Puls 104, der Unterleib leicht aufgetrieben, jedoch nicht ſchmerzhaft; die Kranke klagt uͤber einen dumpfen, tiefen Schmerz in der rechten Weiche und über eine betraͤchtliche Schwere im ganz zen Becken. Der Eiterausfluß iſt ziemlich reichlich. Am 24. Auguſt. Die Entzuͤndung nimmt zu. Kopfſchmerz, reichlicher Schweiß, Uebelkeit, Puls 110, Empfindlichkeit des Un— terleibes gegen Druck, beſonders rechts. Der uͤbelriechende Ausfluß wird ſtaͤrker und enthaͤlt grumoͤſe Maſſen und Fetzen, welche man fuͤr Theile des Gehirns und ſeiner Haute nehmen koͤnnte. Dreißig Blutegel; ein Bad von drei Viertelſtunden; Selterſer Waſſer. Am 26. Auguſt iſt jedes Symptom von Entzuͤndung beſeitigt; die Kranke fuͤhlt ſich nur noch etwas ſchwaͤchlich. Herr Dubois findet die Theile in folgendem Zuſtande: Die Raͤnder des Vagi— nalſchnittes haben ſich zuruͤckgezogen; es findet ſich eine, etwa 6 Linien weite, ungleiche Oeffnung, hinter welcher die entbloͤß ten Schaͤdelknochen liegen, welche uͤbereinander geſchoben ſind, und wo— von die Scheitelbeine ſich ſo vorgelegt haben, daß die uͤbrigen Kno— chen und die zerſetzten Weichtheile nur ſchwer zu der Oeffnung ge— langen koͤnnen. Tags darauf zerbrach Herr Dubois mit einer ſtarken geraden Zange, welche er vorſichtig eingeführt hatte, ein Scheitelbein und zog es ſtuͤckweiſe aus. Auf dieſe Weiſe werden, ohne eine gefaͤhrliche Vergrößerung der Vaginalwunde, ſtuͤckweiſe auch die uͤbrigen Sgaͤdelknochen ausgezogen. Danach wird der Eiterausfluß ſtaͤrker und ſehr uͤbelriechend. Am 6. September iſt der Unterleib ſchmerzlos, betraͤchtlich ver— kleinert, weil die zum Theil desarticulirte S haͤdelbaſis in die Beckenhoͤhlung herabgeſtiegen iſt. In der Abweſenheit des Herrn Dubois, macht Herr Menieère neue Verſuche zur Entleerung des Balges. Zuerſt war es ſchwierig, die Geſichtsknochen zu tren— nen, nachher ging dieß leicht; als nun die Hoͤhle beinahe entleert war, drang der Finger nicht mehr, wie fruͤher, in einen hohlen Raum. Die Wände der Hoͤhle waren zuſammengefallen. Zwei Stunden nachher hatte die Kranke einen heftigen Froſt, Abends Fieber; am anderen Morgen dagegen konnte ſie aufſtehen. Dieß begünftigte den Abgang der übrigen Kaochenreſte, welcher theils von ſelbſt erfolgte, theils durch Einſpritzungen beguͤnſtigt wurde. Noch ein Mal mußte man mit der Zange eingehen, um einige lange Knochen herauszubefoͤrdern; von da an aber ging ed mit der Kran— 80 ken beſſer, und am 28. September verließ ſie vollkommen geheilt das Spital. Dr. Voirlemier ſchließt aus dieſem Falle, daß es beſſer ſey, Bauchſchwangerſchaften ſich nicht ſelbſt zu uͤberlaſſen, weil ſonſt immer zuletzt Eiterung in der Umgebung des foetus ſich ausbilde, wodurch die Kraͤfte der Kranken angegriffen werden und der ſpontane Heilungsproceß, mittelſt Entleerung des Abſceſſes, nur ſehr langſam erfolge, ſo daß theils andere Zerſtoͤrungen, theils die lange Dauer der ſchwaͤchenden Krankheit, die Kranke doch zus letzt aufreibe. (Arch. gén., Juin 1841.) Miscellen. Ueber eine Opiatvergiftung, welche mittelſt der Electricität geheilt wurde, hat Dr. Erichs folgenden Fall bekannt gemacht: Eine Frau hatte etwa eine Unze Laudanum genommen, um ihrem Leben ein Ende zu machen. Nachdem man ſie hatte brechen laſſen, tranſportirte man ſie in's Hoſpital, wo ſie, vier Stunden nach eingenommenem Gifte, eine vollſtaͤndige Unem— pfindlichkeit zeigte, welche Beſtand hatte, ohngeachtet der ſtarken Gaben von Kaffee, welche mit Branntwein und Ammoniak darge— reicht worden waren, und ohngeachtet der Kaltwaſſer-Begießungen auf Antlitz und Kopf. Nach weiteren drei Stunden ſchien der Zu— ſtand von Betaͤubung eher zu-, als abgenommen zu haben; man nahm nun feine Zuflucht zur Anwendung eines kraͤftigen magneto⸗ electriſchen Apparates, wovon der eine Pol auf der Stirn des Kranken, der andere an dem oberen Theile der Ruͤckgratsſaͤule an— geſetzt wurde. Nach Anwendung einiger Entladungen fing die Frau an, aus ihrem Betaͤubungsſchlafe etwas zu erwachen, wollte die leitenden Drähte beſeitigen c. Nach einer halben Stunde hatte ſie ihre Beſinnung wieder erhalten und verlor ſie nicht wie— der. Sie litt nachher noch an einigen Zufaͤllen des Nerven- und Verdauungsſyſtems, als gewoͤhnliche Folgen der Opiatvergiftungenz aber fie wurde völlig hergeſtellt und verließ geſund das Hoſpital. — Nach Herrn Erichs war kuͤrzlich ein ganz aͤhnlicher Fall vorgekommen, wo man, nachdem alle anderen Behandlungsweiſen angewendet worden waren, ebenfalls die Electricitaͤt, und mit dem: ſelben gluͤcklichen Erfolge, angewendet hatte. Gegen Froſtbeulen empfiehlt Herr Fitzpatrick in dem Dublin Journal, March 1841, eine Salbe aus 3 Drachmen tinct. Iodi und 5 Drachmen linim. saponatum. Dieſe Salbe muß haͤu— fig aufgelegt werden; doch ift zu bemerken, daß diefelbe das erfte Mal zwar immer gute Dienſte leiſtet, daß aber bei Ruͤckfaͤllen der Froſtbeulen in demſelben Winter die Anwendung erfolglos blieb; doch wird dadurch der Ruͤckfall auf laͤngere Zeit hinausgeſchoben. Dieſes Mittel hat die gute Wirkung, daß der Schmerz nach der erſten Anwendung gemildert wird. Bibliographische KeWea kenn. Ueber den Jurakalk von Kurowitz in Mähren und über den darin vorkommenden Aptychus imbricatus. Von E Fr. v. Gloder, Profeſſor der Mineralogie ꝛc. in Breslau ꝛc. Mit vier Stein« drucktafeln. Breslau 1841. 4. (Eine lehrreiche Schrift. Der bei Kurowitz hervortretende Jurakalk iſt das Verbindungsglied zwi— ſchen dem Nickelsburger und Stramberger der, in nordoͤſtlich er Richtung queer durch das Marchgebiet hindurchgehenden Jurakalk- Formation, worin ſich auch das eigenthuͤmliche, aus zahlloſen Apty husſchaalen zuſammengeſetzte, Jurakalk-Conglomerat, als eine Zwiſchenſchicht findet. In der Formation des March-Sand— ſteines ſind beſonders die, von Herrn v. Glocker bei Kwaſſitz gefundenen foſſilen Pflanzen bemerkenswerth, die ſich ſowohl durch ihre Geſtalt, wie z B., die (abgebildete) Heckia annu- lata, als durch ihre lebhafte gruͤne Farbe auszeichnen, welche letztere bisher bei anderen foſſilen Pflanzen nicht wahrgenommen worden iſt.) Académie royale de M&decine, — Histoire des découvertes re- latives au systeme veineux, envisagé sous le rapport anato- physiologique et thérapeutique, depuis Morgagni mique, Par A. Raciborski. Paris 1841. 4. jusqu’a nos jours. Par Trait& de pathologie externe et de médecine opératoire. Paris A. Vidal (de Cassis) etc. Tome V. et dernier. 1841. 8. Norsk Magazin for Laegevidenskaben. Udgivet af Laegefo- reningen i Christiania. Redigeret af Chr. Boeck, A. Conradi, Chr. Heiberg, J. Hjort, F. Holst. — Förste Bind. Christia- nia 1840. (Im erſten Stüde: I. Originalabhandlungen über endemiſche Hautkrankheiten, von Dr. Hjort; aus Prof. Heiberg's Klinik im Reichshoſpitale; über Amblyopie; über einen Bruch des Unterkiefers, von Roll; über den, in Finmar— ken herrſchenden Scorbut, von Walter; über Bereitung des Eifeniodürs, von Moeller. II. Auszüge aus Engliſchen, Fran⸗ zoͤſiſchen und Deutſchen Journalen. III. Medicinalweſen in Nor⸗ wegen.) — —ä—— —-—¼ —— —— Neue Uotizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalrathe Froriev zu Weimar, und dem Medicinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. —ô. Ne. 424. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. (Nr. 6. des XX. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 80 Kr., October 1841. des einzelnen Stuͤckes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Mira mtr Statif der organifchen Chemie. Schlußvorleſung von Alexander Dumas, Profeſſor an der Midi: ciniſchen Schule in Paris. I. Die Pflanzen, die Thiere, der Menſch beftehen aus Materie. Woher kommt dieſelbe? Wie verhaͤlt ſie ſich in den organiſchen Geweben und in den Fluͤſſigkeiten, von de— nen dieſe befeuchtet werden? Was wird aus ihr, wenn der Tod das Band loͤſ't, durch welches ihre verſchiedenen Theile ſo innig mit einander verbunden waren? An die Beleuchtung dieſer Fragen gingen wir anfangs mit Mißtrauen in unſere Kraft, denn ihre Erledigung konnte vielleicht der neuern Chemie unmoͤglich ſeyn; ſpaͤter faßten wir mehr Vertrauen zu unſerm Vermoͤgen, da wir den Boden, den wir betraten, unter unſern Fuͤßen immer ſiche— rer, den uns vorgezeichneten Pfad immer geebneter werden ſahen, und ſo gelangten wir allmaͤlig zur Kenntniß einiger allgemeinen Geſetze, einiger einfachen Formeln, zu deren Darlegung ich mich berufen fuͤhle. Mit Vergnuͤgen ſpreche ich bei dieſer Gelegenheit aus, daß ich die gewonnenen Re— ſultate großentheils Ihrer thaͤtigen Mitwirkung verdanke, daß ſie unſerer Schule angehoͤren, deren Geiſt ſich auf dieſem neuen Felde erprobt hat. Der Eifer, mit dem Sie mir gefolgt ſind, hat mir die Kraft gegeben, an's Ziel zu ge— langen; das Intereſſe, welches Sie dem Gegenſtande wid— meten, hat mich weſentlich unterſtuͤtzt, Ihre Wißbegierde die meinige ſtets friſch erhalten, und Ihr beſtaͤndiges Zutrauen war mir die ſicherſte Buͤrgſchaft, daß ich mich auf dem rechten Pfade befand. Ich erinnere zuvoͤrderſt daran, mit welchem Erſtaunen wir uns davon uͤberzeugten, daß die organiſche Natur von jenen zahlreichen Grundſtoffen, mit denen uns die neuere Chemie bekannt gemacht hat, nur ſo wenige zu ihren Zwecken verwendet; daß die allgemeine Phyſiologie unter den unzaͤhligen vegetabiliſchen und animaliſchen Stoffen nur 10 — 12 wählt, und daß alle, anſcheinend fo complicirte Erſcheinungen des Lebens, ihrem Weſen nach, nach Maaß— No. 1524. K u i den gabe einer ſo hoͤchſt einfachen allgemeinen Formel geſchehen, daß ſich mit wenigen Worten gewiſſermaaßen Alles aus— ſprechen und beruͤckſichtigen laͤßt. Haben wir nicht, z. B., durch vielfache Reſultate dargethan, daß die Thiere in der That nur Verbrennungs— apparate find, in denen fortwährend Kohlenſtoff conſumirt wird, der dann in Form von Kohlenſaͤure in die Atmoſphaͤre zuruͤckkehrt, in welchen der unausgeſetzt verbrennende Waſ— ſerſtoff ſtets Waſſer erzeugt, und aus denen endlich fort und fort durch die Reſpiration freies Stickgas, durch den Harn Stickſtoff in Form von Ammoniakoryd ausgeſchieden wird. Denkt man ſich alſo das Thierreich als ein Ganzes, fo giebt daſſelbe fortwährend Koblenfäure, Waſſerdunſt, Stickgas und Ammoniakoxyd aus, alſo vier ſehr einfache Stoffe, deren Bildung mit der Conſtitution der Atmoſphaͤre ſelbſt ſehr nahe verwandt iſt. Haben wir ferner nicht nachgewieſen, daß die normale Lebensthaͤtigkeit der Pflanzen die Kohlenſaͤure zerſetzt, indem der Kohlenſtoff fixirt und der Sauerſtoff ausgeſtoßen wird; daß ſie das Waſſer zerſetzt, um deſſen Waſſerſtoff feſtzuhal— ten und den Sauerſtoff ebenfalls auszuſtoßen; daß die Pflanzen ferner, entweder direct aus der Atmoſphaͤre, oder indirect aus dem Ammoniakoxyd und der Salpeterſaͤure Stickſtoff an ſich ziehen und alſo in jeder Beziehung die umgekehrte Rolle wie die Thiere ſpielen? Wenn das Thier— reich uns als ein gewaltiger Verbrennungsapparat erſcheint, ſo bildet dagegen das Pflanzenreich einen ungeheuren Redu— cirapparat, in welchem die Koblenfäure ihren Kohlenſtoff abſetzt, das Waſſer ſeinen Waſſerſtoff zuruͤcklaͤßt und das Ammoniakoxyd und die Salpeterſaͤure ihres Ammoniums oder ihres Stickſtoffs beraubt werden. Waͤhrend die Thiere fortwährend Kohlenſaͤure, Waſſer, Stickſtoff und Ammoniakoxyd erzeugen, confumiren alſo die Pflanzen unaufhoͤrlich dieſe vier Stoffe. Was jene an die Luft abgeben, entziehen dieſe ihr beſtaͤndig, ſo daß ſich vom hoͤchſten Standpuncte der phyſiſchen Geographie aus behaup— ten laͤßt, da die eigentlichen organiſchen Elemente der Pflanzen und Thiere ſich in der Luft finden, ſo ſeyen dieſe 6 83 Geſchoͤpfe nur verdichtete Luft, und um ſich von der Be: ſchaffenheit der Atmoſphaͤre zu den Zeiten, welche der Ent— ſtehung der erſten organiſchen Weſen auf der Erdoberflaͤche vorhergingen, einen richtigen Begriff zu machen, muͤßte man zu derſelben die Summe der Kohlenſaͤure und des Stickgaſes hinzurechnen, welche Pflanzen und Thiere ſich aus derſelben angeeignet haben. Die Pflanzen und Thiere kommen demnach aus der Luft und kehren in dieſelbe zuruͤck; ſie ſind ein wahres Zu— behoͤr der Atmoſphaͤre. Wir haben alſo geſehen, daß die Pflanzen der Luft beſtaͤndig entziehen, was ihr die Thiere zufließen laſſen, naͤmtich Kohlenſtoff, Waſſerſtoff und Stickſtoff oder viel— mehr Kohlenſaͤure, Waſſer und Ammonium. Nun haben wir weiter darzuthun, wie ſich die Thiere diejenigen Stoffe aneignen, die ſie wieder an die Atmoſphaͤre abſetzen, und wirklich ſtaunt man uͤber die Einfachheit der Naturgeſetze, wenn man ſieht, daß die Thiere dieſe ſaͤmmtlichen Stoffe aus dem Pflanzenreiche beziehen. Durch die buͤndigſten Reſultate haben wir naͤmlich er— kannt, daß die Thiere keineswegs aͤchte organiſche Stoffe erzeugen, ſondern dieſelben zerſtoͤren, daß vielmehr die Er: zeugung dieſer Susſtanzen durch die Pflanzen ſtattfindet, welche deren nur wenige und unter ganz eigenthuͤmlichen Umſtaͤnden zerſtören. In dem Pflanzenreiche hat man alſo das große Labo— ratorium der organiſchen Materie zu erblicken; dort bilden ſich die vegetabiliſchen und animaliſchen Stoffe, und zwar auf Koften der Luft. Aus den Pflanzen gehen dieſelben ganz fertig in die kractfreſſenden Thiere über, in denen fie theilweiſe zerſtoͤrt, zum Theil aber in den thieriſchen Ge— weben abgeſetzt werden. Aus dem krautfreſſenden Thiere gehen ſie ganz fertig in die fleiſchfreſſenden Thiere uͤber, und in dieſen wird wieder ein Theil davon zerſtört, ein anderer zu den Beduͤrf— niſſen des Thierkörpers verwendet. Endlich kehren dieſe or— ganiſchen Stoffe theils waͤhrend des Lebens dieſer Thiere, theils nach deren Tode, je nachdem ſie von Neuem zu un— organiſchem Stoffe werden, wieder in die Atmoſphaͤre zuruͤck, aus der ſie kamen. So haben wir alſo den ganzen geheimnißvollen Kreis des organiſchen Lebens an der Erdoberflaͤche vor Augen, Die Luft enthält oder erzeugt orydirte Producte, Kohlen: ſaͤure, Waſſer, Stickſtoffſaͤure (Salpeterſaͤure), Ammoniak— oryd. Die Pflanzen, als wahre Reductionsapparate, be: mächtigen ſich der Baſen dieſer Oxyde, des Kohlenſtoffs, Waſſerſtoffs, Stickſtoffs und Ammoniums. Aus dieſen Baſen bilden ſie alle organiſchen oder organiſirbaren Stoffe, welche ſie den Thieren uͤberliefern. Dieſe ihrerſeits, als ächte Verbrennungsapparate, erzeugen mittelſt derſelben wie: der Kohlenſaͤure, Waſſer, Ammoniakoxyd und Stickſtoff— fäure, welche in die Luft zuruͤckkehren, um im Laufe der Jahrhunderte fort und fort dieſelben Erſcheinungen von Neuem zu veranlaſſen. Nimmt man zu dieſem, durch großartige Einfalt fo ſtaunenswuͤrdigen Gemälde die unlaͤugbare Einwirkung des 84 Sonnenlichts hinzu, durch welches allein dieſer gewaltige, bis jetzt unnachahmbare Apparat, der das Pflanzenreich bil— det und in dem die Reduction der oxydirten Producte der Luft ſtattfindet, in Trieb geſetzt und erhalten wird, ſo wird man den tiefen Sinn des Lavoiſier'ſchen Ausſpruchs erken— nen: „Die Organiſation, Empfindung, freiwillige Bewe— gung, kurz, das Leben finden nur an der Oberflaͤche der Erde oder an Orten ſtatt, zu denen das Licht Zutritt hat. Man moͤchte die Fabel vom Prometheus fuͤr den Ausdruck einer philoſophiſchen Wahrheit halten, welche den Alten nicht entgangen iſt. Ohne Licht war die Natur ohne Le— ben, ſie war todt und ſtarr; ein guͤtiger Gott ließ das Licht erſcheinen, und alsbald entſtanden auf der Oberflaͤche der Erde Organiſation, Gefuͤhl und Gedanken.“ Dieſe Worte ſind eben ſo ſchoͤn als wahr. Wenn aber Gefühl und Denkkraft, wenn die edelſten Fähigkeiten der Seele und Intelligenz zu ihrer Manifeſtation einer ma— teriellen Huͤlle beduͤrfen, ſo haben die Pflanzen die Beſtim— mung, das Grundgewebe dieſer Hülle aus den der Luft entzogenen Elementen unter der Einwirkung des Lichts dar— zuſtellen, das fortwaͤhrend aus der unerſchoͤpften Quelle der Sonne der Erdoberfläche zuſtroͤmt. Und gleich als ob bei dieſen großartigen Erſcheinungen Alles von Urſachen abhaͤngen ſollte, die am Wenigſten nahe zu liegen ſcheinen, laͤßt ſich nachweiſen, daß das Ammoniak— oxyd und die Stickſtoffſaͤure, aus denen die Pflanzen einen großen Theil ihres Stickſtoffs beziehen, ihrerſeits faſt durch— aus ihre Entſtehung der Einwirkung jener gewaltigen electri— ſchen Funken verdanken, welche aus den Gewitterwolken fahren und, indem ſie die Luft in weiten Raͤumen durch— ſchneiden, das Stickſtoff- Ammonium (falpeterfaure Ammo— nium) erzeugen, welches ſich durch chemiſche Analyſe ent— decken laͤßt. So ſtroͤmt denn aus den Kratern jener Vulcane, de— ren inneres Arbeiten die Erdrinde ſo haͤufig erbeben macht, unaufhoͤrlich die Hauptnahrung der Pflanzen, die Koblenz ſaͤure, aus; waͤhrend aus der von Blitzen durchzuckten At— moſphaͤre und aus dem Schooße der Gewitterwolken ein an— derer, nicht weniger unentbehrlicher, Nahrungsſtoff der Pflanzen, naͤmlich derjenige herniederſteigt, aus dem ſie faſt allen ihren Stickſtoff beziehen, das ſalpeterſaure Ammonium, das ſich in dem Waſſer der Gewitterregen vorfindet. Wir moͤchten dieſe Erſcheinungen ein Nachſpiel jenes Chaos, von dem die Bibel erzählt, einen Nachhall jenes wuͤſten Durch— einanderwuͤhlens der Elemente nennen, welches dem Auftre— ten der organiſchen Weſen auf der Oberfläche der Erde vor— herging. Kaum find aber die Kohlenſaͤure und das falpeterfaure Ammonium gebildet, ſo werden ſie durch eine mildere, ob— wohl nicht weniger energiſche, Kraft in Thaͤtigkeit geſetzt, naͤmlich durch das Licht. Durch das Licht werden die Kohlenſaͤure, das Waſſer und das ſalpeterſaure Ammonium zerlegt, ſo daß ſie ihren Kohlenſtoff, Waſſerſtoff und Stick— ſtoff abſetzen, welche ſich zu organiſchen Stoffen verbinden und die Erde mit ihrem gruͤnen Teppich bekleiden. 85 Durch die Aufſaugung des von der Sonne ausſtroͤ— menden Lichts und der Waͤrme erhalten alſo die Pflanzen die Kraft, jene gewaltige Maſſe von organiſirter oder orga— niſcher Materie zu erzeugen, welche zur Ernaͤhrung und zum Verbrauche des Thierreichs beſtimmt iſt. Erwaͤgt man ferner, daß die Thiere waͤhrend des Ver— brauchs desjenigen, was das Pflanzenreich allmaͤlig erzeugt und angehaͤuft hat, ihrerſeits Waͤrme und Kraft entwickeln, fo möchten wir an der Möglichkeit verzweifeln, den Knaͤuel aller dieſer Erſcheinungen zu entwirren, die allgemeine For— mel derſelben je zu erkennen. In der Atmoſphaͤre haben wir, nach Obigem, die Ur— ſtoffe aller Organiſation zu ſuchen; in den Vulcanen und Gewitterwolken aber die Laboratorien zu erkennen, wo die Kohlenſaͤure und das falpeterfaure Ammonium, deren das Leben zu ſeiner Entfaltung und Vervielfaͤltigung bedarf, ur— ſpruͤnglich dargeſtellt werden. Mit Huͤlfe dieſer Urſtoffe entwickelt das Licht das Pflanzenreich, dem aller organiſche Stoff ſeine Bildung verdankt. Die Pflanzen abſorbiren die ihnen von der Sonne zuſtroͤmende chemiſche Kraft und werden dadurch faͤhig, die Kohlenſaͤure, das Waſſer und das ſalpeterſaure Ammonium in einer wirkſamern Weiſe zu zerſetzen, als es durch irgend einen kuͤnſtlichen Reducirapparat moͤglich iſt; denn in keinem ſolchen laͤßt ſich die Kohlenſaͤure bei gewoͤhn— lichen Temperaturen (kalt) zerſetzen. Nun treten die Thiere auf, verbrauchen die organiſche Materie und erzeugen, als aͤchte Verbrennungsapparate, Waͤrme und Kraft. In ihnen gelangt die organiſche Ma— terie unſtreitig zu ihrem hoͤchſten Ausdrucke; allein indem ſie zum Hebel des Gefuͤhls und Gedankens wird, erleidet ſie ſelbſt Veraͤnderungen. Unter dieſen Bedingungen ver— brennt ſie, und indem ſie jene Waͤrme und Electricitaͤt wiedererzeugt, welche das Maaß ihrer Kraft ſind, wird ſie zerſtoͤrt und kehrt in die Atmoſphaͤre zuruͤck, aus der fie urſpruͤnglich kam. Die Atmoſphaͤre iſt alſo das geheimnißvolle Glied der Kette, welches das Pflanzenreih mit dem Thierreich ver: bindet. Die Pflanzen abſorbiren alſo Waͤrme und ſammeln Materie an, welche durch ſie organiſch wird. Die Thiere, durch welche dieſe organiſche Materie nur hindurchgeht, verbrennen oder verbrauchen dieſelbe, um mit— telſt ihrer die Waͤrme und verſchiedenen Kraͤfte zu erzeugen, die ſie bei ihren Bewegungen und Verrichtungen benutzen. Man koͤnnte, der neuern Wiſſenſchaft zufolge, die jetzige Vegetation, jenes Magazin, aus welchem ſich die Thierwelt naͤhrt, mit jenem andern Kohlenmagazine, den Steinkohlenlagern, vergleichen, aus welchem das Brennmate— rial zum Treiben der Dampfmaſchinen bezogen wird, bei deſſen Conſumption ebenfalls Kohlenſaͤure, Waſſer, Wärme, Bewegung, ja man moͤchte faſt ſagen Leben und Intelli— genz erzeugt werden. Uns bildet alſo das Pflanzenreich eine unermeßliche Vorrathskammer von Brennmaterial, das in den Thieren 86 zur Verbrennung gelangen ſoll, und welchem die Letztern ihre Waͤrme und Bewegungskraft verdanken. Das gemeinſchaftliche Band zwiſchen Pflanzen und Thieren iſt alſo die Atmoſphaͤre; in beiden treffen wir die vier Grundbeſtandtheile: Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, Stickſtoff und Sauerſtoff; die Pflanzen erfaſſen und die Thiere ver— brauchen dieſe Stoffe unter einer ſehr geringen Anzahl von Formen; die wenigen an ſich hoͤchſt einfachen Geſetze wer— den es durch ihre Verkettung noch mehr; dieß waͤre vom höchften Standpuncte aus der durch unſere diesjährigen Studien gewonnene Ueberblick der organiſchen Chemie. II. Da alle Lebenserſcheinungen ſich an Stoffen aͤußern, die weſentlich aus Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, Stickſtoff und Sauerſtoff beftehen; da dieſe Stoffe durch Zwiſchenformen (Kohlenſaͤure, Waſſer, Ammoniakoxyd) von dem Thierreiche zu dem Pflanzenreiche uͤbergehen; da endlich die Luft die Quelle, aus der das Pflanzenreich ſich naͤhrt, und zugleich das Meer iſt, in welchem die Thiere ſich aufloͤſen, ſo ha— ben wir dieſe verſchiedenen Koͤrper jeden fuͤr ſich aus dem Geſichtspuncte der allgemeinen Phyſiologie zu ſtudiren. Zuſammenſetzung des Waſſers: Waſſer bil: det und zerſetzt ſich unaufhoͤrlich in den Thieren und Pflan— zen, und um die Folgen dieſer Proceſſe zu wuͤrdigen, haben wir zuvoͤrderſt die Zuſammenſetzung dieſes Korpers zu be— trachten. Verſuche, die ſich auf die unmittelbare Verbren— nung des Waſſerſtoffgaſes gruͤnden, und bei denen ich uͤber 1 Kilogramm kuͤnſtlich- gebildetes Waſſer darſtellte; Ver— ſuche, deren Anſtellung allerdings große Schwierigkeit hat, außerordentliche Genauigkeit erfordert, die aber in der uns hier beſchaͤftigenden Frage ſelbſt dann entſcheiden wuͤrden, wenn dabei gewiſſe Fehler untergelaufen waͤren, machen es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß das Waſſer beſteht aus 1 Gewichtstheil Waſſerſtoff und 8 Gewichtstheilen Sauerſtoff, und daß dieſe ganzen Zahlen die genauen Proportionalzahlen der beiden Beſtandtheile des Waſſers ſeyen. Da der Chemiker immer nur die Atomen der Koͤrper vor Augen hat und ſich bemuͤht, das Gewicht des Atoms verſchiedener Koͤrper im Gedaͤchtniß zu behalten, ſo iſt die Einfachheit jenes Verhaͤltniſſes nicht unwichtig. Denn da jedes Atom Waſſer aus einem Atom Waſſerſtoff und einem Atom Sauerſtoff beſteht, ſo hat man nur folgende einfache Zahlen zu merken: Das Atom Waſſerſtoff wiegt 1, das Atom Sauerſtoff 8, das Atom Waſſer 9. Zuſammenſetzung der Kohlenſaͤure. Da die Kohlenſaͤure in den Thieren beſtaͤndig gebildet und in den Pflanzen fortwährend zerſetzt wird, fo verdient ſie ruͤckſicht— lich ihrer Zuſammenſetzung beſonders betrachtet zu werden. Auch ſie ſtellt ſich in ihrer Zuſammenſetzung unter hoͤchſt einfachen Zahlenverhaͤltniſſen dar. Verſuche, die ſich auf die directe Verbrennung des Diamanten und deſſen Verwandlung in Kohlenſaͤure gründen, haben mir bewiefen. daß dieſe Saͤure aus 6 * 87 6 Gewichtstheilen Kohlenftoff und 16 — — Sauerſtoff beſteht, und man hat ſich alſo dieſelbe vorzuſtellen, als ge— bildet aus einem Atom Kohlenſtoff, an Gewicht S 6, und zwei Atomen Sauerſtoff, zuſammen — 16, woraus ein Atom Kohlenſaͤure — 22 hervorgehen würde. Zuſammenſetzung des Ammoniums. Das Ammonium ſcheint ebenfalls ganze Verhaͤltnißzahlen ſeiner Beſtandtheile darzubieten, naͤmlich aus 3 Gewichtstheilen Waſſerſtoff und 14 — — Stickſtoff zu beſtehen, fo daß jedes Atom Ammonium = 17 aus drei Atomen Waſſerſtoff, zufammen = 3 und einem Atom Stickſtoff — 14 zuſammengeſetzt ſeyn würde. Demnach verwendet die Natur, gleichſam um ihre Macht in ihrer großartigſten Einfalt zu zeigen, zur Orga— niſation nur eine ſehr geringe Anzahl nach hoͤchſt einfachen Verhaͤltnißzahlen zuſammengeſetzter Stoffe, ſo daß das ganze atomiſtiſche Syſtem des Phyſiologen ſich auf die vier Zah: len; 1%, 7 8 ſtüͤtzt. 1 ſtellt das Atom des Waſſerſtoffs, 6 das des Kohlenſtoffs, 7 oder 2mal 7 = 14 das des Stickſtoffs und 8 das des Sauerſtoffs dar. Man gewoͤhne ſich daran, dieſe Namen ſich ſtets nur in Verbindung mit dieſen Zahlen zu denken; denn fuͤr den Chemiker exiſtiren Waſſerſtoff, Kohlenſtoff, Stickſtoff und Sauerſtoff nie in abstracto, fondern ſtets in concreto, und er hat immer nur deren Atome vor Augen. Das Wort Waſſerſtoff bedeutet ihm ein Atom von dem Gewicht — 1, das Wort Kohlenſtoff ein Atom, das S 6 wiegt, ꝛc. Zuſammenſetzung der Luft. Beſitzt aber die atmoſphaͤriſche Luft, welche in Betreff der organiſchen Natur eine ſo wichtige Rolle ſpielt, auch eine eben ſo einfache Zu— ſammenſetzung, wie das Waſſer, die Kohlenſaͤure und das Ammonium? Dieſe Frage haben neuerdings Herr Bouſ— ſingault und ich zu erledigen geſucht. Wir haben dabei die Anſicht der meiſten Chemiker (im Gegenſatze der des Dr. Prout, dem übrigens die Chemie fo viele ſinnreiche Theo: tieen verdankt) beflätigt gefunden, daß die Luft ein wahres Gemengſel, eine mechaniſche Miſchung iſt. An Gewichtstheilen enthaͤlt die Atmoſphuͤre auf 2,3 Sauerſtoffgas 7,7 Stickgas, an Volumtheilen 208 des er— ſtern auf 792 des letztern. Außerdem finden ſich in der Luft 4 bis 6 Zehntau— ſendtheile (nach dem Volum) Kohlenſaͤure, mag man fie in Paris oder auf dem Lande unterſuchen. Das Verhaͤltniß 0,0004 iſt das gewoͤhnlichſte. Ferner enthaͤlt ſie ungefaͤhr eben ſo viel Kohlenwaſſer— ſtoffgas oder von der ſogenannten Sumpfluft, welche ſich fort— während aus ſtockenden Gewaͤſſern entbindet. Von dem in Anſehung der vorhandenen Menge und Form ſo veraͤnderlichen Waſſerdunſt, ſo wie von dem Ammoniakoxyd und der Salpeterfäure, welche, wegen ihrer Aufloͤslichkeit in Waſſer, nur hoͤchſt vorübergehend in der 88 atmoſphaͤriſchen Luft verweilen koͤnnen, werden wir hier nicht reden. : Die atmoſphaͤriſche Luft iſt alfo ein Gemengſel von Sauerſtoffgas, Stickgas, Kohlenjäuregas und Kohlenwaſſer— ſtoffgas (Sumpfluft). Der Verhaͤltnißtheil der Kohlenſaͤure, die ſich in der Luft befindet, iſt bei feinem Maximum um die Hälfte bes deutender, als bei ſeinem Minimum (6 und 4 Zehntau— ſendſtel verhalten ſich wie 3: 2). Sollte hierin nicht ein Beweis liegen, daß die Pflanzen der Luft Kohlenſaͤure ent— ziehen und die Thiere ihr dergleichen zurückgeben; wäre das durch nicht uͤberzeugend dargethan, daß die Pflanzen und Thiere durch ihre entgegengeſetzte Einwirkung auf die At— moſphaͤre auf Erhaltung des Gleichgewichts in deren Bes ſtandtheilen hinwirken? Daß die Thiere der Luft Sauerſtoff entziehen und der— ſelben dagegen Kohlenſaͤure zuruͤckgeben, hat man laͤngſt in Erfahrung gebracht. Die Pflanzen dagegen abſorbiren die Kohlenſaͤure, zerſetzen fie, halten den Kohlenſtoff feſt und geben der Atmoſphaͤre ihren Sauerſtoff zuruͤck. Da die Thiere fortwaͤhrend, die Pflanzen aber nur unter der Einwirkung des Sonnenlichtes athmen, da ferner die Erdoberflaͤche im Winter kahl, im Sommer mit gruͤ— nender Vegetation bedeckt iſt, ſo hat man geglaubt, alle dieſe Veraͤnderungen muͤßten in der Beſchaffenheit der At— moſphaͤre ſehr weſentliche Verſchiedenheiten bedingen; dieſelbe muͤßte alſo in der Nacht mehr Kohlenſaͤure enthalten, als am Tage, und am Tage ſauerſtoffreicher ſeyn, als des Nachts, ſo wie denn die Verhaͤltnißtheile beider Stoffe, je nach den Jahreszeiten, weſentliche Abaͤnderungen erleiden müßten. Alles dieß iſt ganz wahr und in Bezug auf kleine, z. B., unter einer Glasglocke abgeſperrte Luftmengen ſehr bemerkbarz allein in der Maſſe der Atmoſphaͤre verſchwinden dergleichen oͤrtliche Veraͤnderungen durchaus. Es mußten viele Jahrhunderte dazu gehoͤren, um jenes Verhaͤltniß zwi— ſchen den beiden Naturreichen zu begruͤnden, auf dem das Gleichgewicht der Beſtandtheile der Luft beruht, und der Einfluß von Tag und Nacht, ja von einer und der andern Jahreszeit, kann dieſes Gleichgewicht nicht merklich ſtoͤren. Was den Sauerſtoff anbetrifft, ſo hat man berechnet, daß allerwenigſtens 800,000 Jahre da,u gehoren wuͤrden, wenn er von ſaͤmmtlichen auf der Erdoberflaͤche lebenden Thieren voͤllig verbraucht werden ſollte. Naͤhme man folg— lich an, die atmoſphaͤriſche Luft waͤre im Jahre 1800 che— miſch gepruͤft worden, und die Pflanzen hoͤrten ein ganzes Jahrhundert lang auf, ihre Fung tionen zu vollziehen, waͤb— rend ſaͤmmtliche Thiere fortlebten, ſo wuͤrde man im Jahre 1900 den Sauerſtoff um Jas feines Gewichts vermindert finden. Dieſe Abnahme wuͤrde aber ſelbſt mit unſern fein— ſten Beobachtungsmitteln nicht bemerkt werden koͤnnen und gewiß auf die Exiſtenz der Thiere und Pflanzen nicht den geringſten Einfluß aͤußern. Der Sauerſtoff wird alſo der Luft allerdings durch die Thiere entzogen, welche denſelben zur Bildung von Kohlen— ſaͤure und Waſſer verwenden, waͤhrend die Pflanzen dieſe beiden Koͤrper zerſetzen und den Sauerſtoff der Atmoſphaͤre 89 zuruͤckerſtatten; die Natur hat aber im Vergleiche mit dem Verbrauche von Seiten der Thiere für einen fo großen Luft— vorrath geſorgt, daß die Nothwendigkeit einer Einwirkung des Pflanzenreichs behufs der Reinigung der Luft erſt nach mehreren Jahrhunderten fuͤhlbar werden wuͤrde. (Fortſetzung folgt.) WIr. Ueber muthmaaßliche Neffelorgane der Meduſen findet ſich vom Herrn Profeſſor R. Wagner ein Aufſatz in dem Archiv der Naturgeſchichte, VII. Jahrgang 1. Heft. Der Grund des Neſſelns oder Brennens iſt in der Äußeren Hautflaͤche der Mes 90 duſe zu ſuchen. Die innere Koͤrperſubſtanz (die ſogenannte Gals lertmaſſe der Meduſe) erregt niemals Neſſeln. Auch brennen nicht alle Meduſen, z. B., Cassiopea. Bei der neſſelnden Pelagia noctiluca zeigt ſich die Oberfläche verſchiedentlich gefärbt. Bei ſchwacher Vergrößerung erſcheinen die rothen Flecke als Anhaͤufun— gen von ſehr kleinen rothen Pigmentkörnern, in deren Umgebung der ganze Körper von einem Pflaſterepithelium überzogen iſt, das aus größern und kleinern Zellen beſteht, die deutliche Kerne enthal⸗ ten. Es iſt eine Oberhaut, ganz analog der der Froͤſche und vie— ler anderer Thiere. Wo die Oberhaut abgeſtoßen iſt, was leicht geſchieht, neſſeln die Meduſen nicht zc. 5 In Beziehung auf die Naslöcher der Vögel hatte Nitzſch fie den Toͤlpeln überhaupt abgeſprochen. Nach den Un⸗ terſuchungen Schlegel's ſind ſie aber bei einigen vorhanden, z. B., Dysporus melanurus und albus, fehlen jedoch wirklich bei Dysporus piscatrix und parvus. ( y ³˙ AA A Hine zi at kau nde. Ueber Pleſſimetrie der aorta. Von Piorry. Am Schluſſe eines laͤngern Aufſatzes mit einer großen Anzahl einzelner Beobachtungen giebt Piorry folgendes Reſumé feiner Arbeit Über die Percuſſion der großen Ge: faͤßſtaͤmme bei ihrem Urſprunge aus dem Herzen. 1) Zum Beweiſe der Sicherheit der pleſſimetriſchen Ergebniſſe in Bezug auf die aorta iſt der achte Fall zu nennen, bei welchem durch das Gefuͤhl das Gefaͤß genau an derſelben Stelle gefunden worden iſt, wo die unmittels bare Percuſſion es angetroffen hatte. 2) Die Laͤnge der aorta war gewoͤhnlich im Ver⸗ biltniffe mit der Länge des thorax. 3) Es war deutlich, daß unter uͤbrigens gleichen Um— ſtaͤnden der dumpfe Ton Über den großen Gefaͤßen um fo deutlicher ausgebildet war, je plethoriſcher die Perſonen waren. 4) Es haben ſich auch einige Fälle gefunden, bei welchen die aorta in dem aufſteigenden Theile weiter war, als gewöhnlich, was nur durch die Pleſſimetrie und durch kein anderes Zeichen erkannt wurde. Dieß iſt ein wichtiger Umſtand, welcher zu der Hoffnung berechtigt, daß man bei manchen Faͤllen durch die Pleſſimetrie von der erſten Zeit ihrer Entwickelung an die Aortenaneurysmen des Bogens oder des aufſteigenden Theiles erkennen werde. 5) In einem Falle fand man, daß beide Arterien zu— ſammen einen ſehr geringen Umfang hatten, was man da— von herleiten konnte, daß jedes dieſer Gefäße einen geringern Umfang hatte, als gewoͤhnlich, und daß wahrſcheinlich die Lungenarterie queer vor der aorta lag. Wenn es daher darauf ankoͤmmt, über das Volumen der aorta Auskunft zu geben, wird es beſſer ſeyn, dieß oberhalb der Theilung der Arterie zu thun. Da die Lage der aorta und der Lungenarterie variiren kann, fo ſſt auch der Raum von ei— nem Rande bis zum andern bei beiden Gefuͤßen Variatio— nen unterworfen, welche nicht mehr vorkommen koͤnnen, wenn man die Unterſuchung an der Stelle vornimmt, wo die aorta allein liegt. 6) Bei mehreren Faͤllen zeigte ſich, daß robuſte Leute voluminoͤſe Gefäße haben; bei andern entſprach die Größe der Arterien an den Gliedmaaßen dem Umfange der Gefaͤße, welche aus dem Herzen entſpringen; in einem andern Falle traf der Zuſtand der Polyhyperhaͤmie mit betraͤchtlichem Umfange der aorta zuſammen. Alle dieſe Beziehungen des allgemeinen Zuftandes zu dem der Gefaͤße ließen ſich a priori annehmen: aber es iſt immer nuͤtzlich, durch Thatſachen ſelbſt die einfachſten Gegenſtaͤnde feſtzuſtellen; denn die Wiſ— ſenſchaft ſoll nicht auf Wahrſcheinlichkeiten und Vermuthun— gen beruhen. 7) Zu den Urſachen, wodurch die Gefaͤße voluminds erſcheinen koͤnnen, gehort, nach einigen Fällen, der Umſtand, wo das Herz ſich dem Schluͤſſelbeine naͤherte. 8) Bei zwei Beobachtungen an anhaͤmiſchen Subjec⸗ ten hatte die aorta einen bei weitem geringern Umfang, als im normalen Zuſtande; dieß war beſonders auffallend in einem dritten Falle, wo außer der Anhaͤmie auch noch betrachtliche Schwaͤchung durch typboͤſe Veranderung des Blutes vorhanden war. Man ſollte hiernach glauben, daß bei der Anhaͤmie die großen Gefaͤße immer von geringerem Umfange ſeyn müßten, was auf die Praxis bei den Herz— krankheiten Einfluß haben wird. Es fanden ſich aber an— dere Fälle von Anhaͤmie, bei denen die aorta ziemlich vo— luminss war. Dieß ruͤhrt daher, daß nur einige Elemente des Blutes vermindert waren und nicht die ganze Maſſe. Das Blut war reicher an Waſſer und aͤrmer an eruor. Dieß kommt haͤufig nach Blutentziehungen vor. Man würde ſich daher taͤuſchen, wenn man die Gefaͤße durch Blutentziehungen atrophiren wollte; das Blut bleibt danach in Bezug auf Maſſe daſſelbe, obwohl die Zuſammenſetzung ſich aͤndert. 9) Bei vielen Faͤllen zeigte ſich, daß die Lage der großen Gefäße bei'm Austritte aus dem Herzen nichts Un⸗ veraͤnderliches hat, und daß Lage- und Volumenveraͤnderung 9 der benachbarten Organe auf die Lage der großen Arterien und Venen einen Einfluß habe. In einem Falle iſt die aorta nach Links gedrängt durch Ascites und Hypertrophie der Leber, in einem andern nach Rechts dadurch, daß das Herz auf der Mittellinie lag; in einem andern nach Rechts durch Anſchwellung der Milz; die aorta wendet ſich alſo nach der Seite, auf welcher die abnorme Entwickelung nicht ſtattfindet. Dieß iſt von diagnoſtiſcher Wichtigkeit; denn in einem Falle konnte man durch die Abweichung der aorta auf eine Pleurawaſſerſucht der andern Seite ſchließen. Ebenſo hat Andral die Lageveraͤnderung des Herzens zur Diagnoſe benutzt. 10) In einem Falle konnte man den linken Aſt der Lungenarterie unterſcheiden, und Alles laͤßt ſchließen, daß dieß auch bei zwei andern Beobachtungen der Fall war. Es ſchien ſogar, daß man die erweiterte obere Hohlvene hätte unterſcheiden koͤnnen; indeß muß man uͤber den Grad der Sicherheit ſolcher Reſultate noch im Zweifel bleiben. 11) Einmal habe ich auch bemerkt, daß eine be— traͤchtliche Ergießung in der pleura dennoch nicht immer die Percuſſion der großen aus dem Herzen entſpringenden Gefäße verhindert, was auch nach einem andern Falle durch das Vorbiegen eines dicken Lungenlappens nicht ge— ſchieht; in andern Faͤllen waren indeß Organiſationsveraͤnde— rungen ein Hinderniß für die Percuſſion der aorta; z. B., ein geringer Umfang der Gefaͤße, oder ſehr betraͤchtliche Aus— dehnung des Herzens, oder betraͤchtliche Induration des vor— dern Theiles der Lunge. 12) Es ergiebt ſich aus der Mehr zahl der Faͤlle, daß die von der aorta und Lungenarterie herruͤhrenden Geraͤu— ſche bei der Auscultation doppelt und nicht einfach ſind, wie Laennec geglaubt hat. Früher nahm ich an, daß der zweite Ton des Doppelherzſchlages vielleicht von der Lungenarterie herruͤhre; ich war aber genoͤthigt, ihn auf die aorta zu beziehen, weil ich den Doppelſchlag noch betraͤcht— lich über dem Puncte fand, wo die aorta ſich über die Lungenarterie erhebt. Unter 40 Faͤllen war bei 27 das Aortengeraͤuſch doppelt; ein einziges Mal einfach; in den übrigen Faͤllen wurde nicht beſonders darauf geachtet. Die Stelle, wo das Doppelgeraͤuſch einem einfachen Tone Platz macht, iſt nicht zu beſtimmen; ſicher aber iſt, daß man we— der in der Unterleibs-aorta, noch in Aneurysmen der aorta descendens, welche man von Hinten her unterſuchen kann, ein Doppelgeraͤuſch hoͤrt, außer, wenn die Geſchwulſt das Herz beruͤhrt und durch deſſen Schlaͤge erſchuͤttert wird. 13) Die Aortengeraͤuſche find übrigens um ſo ſtaͤr— ker, je plethoriſcher die Subjecte, je umfangreicher die Ar— terien und je kraͤftiger die Herzen waren. 14) Mehrere meiner Beobachtungen beweiſen, daß die Herzgeraͤuſche ſich auf die aorta fortpflanzen. Zweimal, B., findet ſich ein Blaſebalggeraͤuſch an Stellen, wo durch Pleſſimetrie die Lage der aorta und des Aortenbo— gens nachgewieſen wurde. Bei der Pericarditis kommt dieß nicht vor. Hier bemerkt man die Geraͤuſche nur an der Stelle, wo ſie entſtehen; dieß iſt ein vortreffliches, diagno— 92 ſtiſches Mittel, worüber Herr Laſſerre, mein Gehuͤlfe, fortgeſetzte Unterſuchungen anſtellen will; hiernach kann man hoffen, durch die Begraͤnzung der Lungenarterie und der aorta mit Sicherheit zu unterſcheiden, ob eine Verengerung an der Mündung der aorta oder der Lungenarterie ihren Sitz habe; denn hat ſie rechts ihren Sitz, ſo wird ſich das Geraͤuſch nicht uͤber die Lungenarterie hinaus erſtrecken; links dagegen wird man es bis in den Aortenbogen hinaus ver— folgen koͤnnen. 15) Eine vergleichende Unterſuchung der Dimenſion des Herzens und der großen Gefaͤße durch die Pleſſimetrie ift ein wichtiges Mittel, um zu beſtimmen, ob eine Aorten— verengerung vorhanden iſt, oder nicht. Es ergeben ſich aus den Unterſuchungen noch einige der Aortenpleſſimetrie fremde Reſultate. 16) Es wurde bemerkt, wie nuͤtzlich es ſey, bei der Meſſung des Herzens auf die Dimenſionen des thorax an der Stelle, wo das Herz liegt, Ruͤckſicht zu nehmen. 17) Es laͤßt ſich nichts über das Volumen des Her— zens aus der Diſtanz ſchlieſien, zwiſchen der Anſchlags— ſtelle der Herzſpitze und irgend einem fixen Punct an den Rippenknorpeln. 18) Bei allen Kranken, wo ſich das Herz der ela- vicula genäbert hatte, fand ſich habituelle Dyspnoͤe. Dieß bejtätigt, was ich in meinem Memoire sur l’anhemato- sie uͤber das Zuruͤcktreiben des Zwerchfells geſagt habe. Schluͤſſe. — Es folgt im Ganzen aus meiner Ar— beit, daß die pleſſimetriſche Meſſung der aorta thoracica von großem Nutzen fuͤr die Diagnoſe iſt, theils fuͤr die Krankheiten dieſes Gefaͤßes, theils in Bezug auf den allge— meinen Zuſtand der Circulation, theils in Bezug auf die Beſchaffenheit des Herzens und der benachbarten Organe. Auch laſſen ſich nuͤtzliche Anwendungen fuͤr die Therapie da— von machen. Denn erkennt man die Ausbildung einer Aor— tenerweiterung von Anfang an, ſo wird man einige Ausſicht haben, den Krankheitszuſtand zu hemmen, und durch Beur— theilung des Umfanges der Arterie kann man die Quanti— tät des circulirenden Blutes ſchaͤtzen und danach die Quan— titaͤt, welche man ablaſſen kann, beſtimmen. Für die as- cendens, den Aorteabogen und die Lungenarterie beſitzt man jetzt ein phyſicaliſches Mittel der Meſſung und Diagnoſe. Gut wäre es geweſen, eine größere Anzahl von Fällen benutzen zu können, nicht wegen der ſtatiſtiſchen Eroͤrterung; denn das Mittel aus 10,000 Faͤllen haͤtte nichts bewieſen fuͤr den 10,00 ten Fall; aber man haͤtte mehr anatomiſche Veraͤnderungen kennen gelernt und Symptome erlangt, welche zur Erkennung während des Lebens führen koͤnnen. Verfahren bei der Aortenpleſſimetrie. — Um die aorta gut zu percutiren, iſt zuerſt mit großer Ge: nauigkeit Lage, Form und Hoͤhe der Leber und des Her— zens zu beſtimmen. Diejenigen, welche keine Uebung ha— ben, muͤſſen ſogar um dieſe Organe und beſonders um das Herz herum eine ſchwarze Linie mit Dinte oder Hoͤllen— ſtein ziehen, um eine richtige Idee von der Lage und Bil— 93 dung dieſer Theile zu erhalten; ebenſo iſt es von aͤußerſter Wichtigkeit, voraus zu beſtimmen, ob Lungentuberkeln oder pleuritiſche Ergießung vorhanden ſey. Sind dieſe Vorſichts⸗ maaßregeln genommen, fo ſchreitet man zur Aortenpleſſime— trie; ich ſage Pleſſimetrie, weil hier die mittelbare Percuſ— ſion auf dem Finger nicht ſo beſtimmte Reſultate giebt, wie ſie fuͤr ſo ſubtile Unterſuchungen erforderlich ſind. Es ift, in der That, unmöglich, mit dem Finger die Organe mit einer minutioͤſen Genauigkeit zu meſſen. Eine folde Genauigkeit allein kann aber genuͤgende Reſultate geben, wenn es ſich um die großen Gefaͤße handelt, die aus dem Herzen entſpringen. Wäre das sternum von ſehr magern Weichtheilen bedeckt, waͤren die Rippenzwiſchenraͤume ſehr eingeſunken, ſo waͤre es fuͤr die Aortenpercuſſion beſſer, dieſe Zwiſchenraͤume auszufüllen und das Bruſtbein mit einem feinen Gewebe zu bedecken, um das Pleſſimeter gut aulegen zu koͤnnen, als ſich des Fingers zu bedienen, durch welchen man nicht die eigenthuͤmlichen Toͤne erlangt, an denen man die aorta und die art. pulmonalis erkennen kann. Man ſetzt den Pleſſimeter, wie immer, feſt und in dem Ver— laufe folgender Linien auf: 1) eine horizontale Linie, uns mittelbar uͤber der Stelle, wo die Pleſſimetrie die obere Graͤnzen des Herzens anzeigt; 2) eine Parallellinie, 27 Milz limeter (1 Zoll) über der erſten; 3) eine dritte Parallellinie, in gleicher Hohe über der zweiten. Die erſte Linie giebt das Maaß der großen Arterie dicht am Herzen, die zweite das Maaß derſelben Gefaͤße an der Stelle, wo die Lungen— arterie ſich theilt, und die dritte, Linie giebt den Durchmeſſer der aorta allein: 4) eine ſchraͤge Linie folgt der Richtung des rechten sterno-eleido-mastoideus und verlängert ſich bis zur Herzſpitze. Sie giebt die Dimenſionen des Aorten— bogens; 5) eine fuͤnfte Linie durchſchneidet perpendiculaͤr die drei erſten und geht 27 bis 30 Millimeter weit von dem linken Sternoclaviculargelenk bis zum Herzen. In ihrem Verlaufe erkennt man die Dimenſion der aorta hinter der Kruͤmmung; 6) eine ſechste Linie endlich geht horizontal in der Richtung des Aortenbogens nach ſeiner erſten Kruͤm— mung und dient dazu, den Raum anzugeben, welchen das Gefaͤß von der erſten bis zur zweiten Kruͤmmung einnimmt, und bis zu dem Puncte, wo fie ſich in den thorax ein- ſenkt, um nach Unten und Hinten zu gehen. Alle dieſe Linien muͤſſen um einige Centimeter über die Puncte hinausgefuͤhrt werden, wo die Raͤnder der Arte— rie aufbören, und man muß die Percuſſion mehrmals aus— fuͤhren; denn ihre Ergebniſſe beruhen hauptſaͤchlich auf der Vergleichung zwiſchen den benachbarten Toͤnen und denen, welche durch die eigentlich unterſuchten Organe gegeben wer— den; man muß daher die Vergleichungspuncte ſo viel, als moglich, vermehren. Folgt man der Richtung der angege— benen Linien, fo muß man nacheinander kraͤftig und ſchwach auf dieſelben Stellen aufklopfen, aber immer mit Leichtig— keit. Dieſe letzte Vorſicht iſt beſonders unerlaͤßlich, wenn die aorta erweitert iſt. Kommt man auf die Puncte, wo man die Raͤnder des Gefuͤßes erkennt, fo geht man bäufig binüber und heruͤber, indem man immer mit verfchiedener Kraft percutirt, und erſt, wenn man ſich genau uͤberzeugt 94 hat, daß man ſich nicht taͤuſchte, zieht man eine ſchwarze Linie an der ausgemeſſenen Stelle. Hat man auf dieſe Weiſe nach den früher angegebenen Linien die Puncte be— ſtimmt, ſo unterſucht man nun die Graͤnzen der Arterien in dem innerhalb liegenden Raume. Auf dieſe Weiſe be— koͤmmt man mit der größten Genauigkeit die Dimenſion der aorta. Will man hierauf verſuchen, rechts die erweiterte obere Hohlader zu begraͤnzen, oder links den linken Bronchialaſt und linken Aſt der Lungenarterie, ſo nimmt man, nach den anatomiſchen Kenntniſſen, die wahrſcheinliche Hoͤhe dieſer Theile, percutirt ſorgfaͤltig und wiederholt an dieſen Punc⸗ ten und findet bisweilen dieſe Organe auf. Bei allen dieſen Unterſuchungen muß man, ſo viel als moͤglich, die uͤbrigen Unterſuchungsmittel bei der Pleſſime— trie zur Huͤlfe nehmen. So kann die Palpation des tho— rax bei erweiterter aorta ſehr nuͤtzlich werden; die Sub— ſternalpalpation kann das Auffinden der aorta unter dem obern Theile des sternum erleichtern und die Sicherheit der Percuſſion nachweiſen. Auf dieſelbe Weiſe unterſtuͤtzt auch die Auscultation der Arterienſchlaͤge die Percuſſion. (Arch. gen.) Ueber das Verfahren bei der Auscultation und eine neue Art des Stethoſcopirens hat Profeſſor Landouzy, zu Rheims, in der Gaz. méd., Mai 1841, einen ausführlichen Aufſatz geliefert, aus welchen er folgende Saͤtze als Ergebniß auszieht: 1) Die mittelbare Auscultation iſt der unmittelbaren vorzu— ziehen, ſo oft man die Intenſitaͤt der organiſchen Geraͤuſche zu ſteigern wuͤnſcht. 2) Die in der letzten Zeit als die beſten betrachteten Stetho— ſcope, an der Baſis mit einer aufgeſchraubten Elfenbeinplatte, find die wenigſt guten; ſie leiten die Toͤne weniger gut, als die einfache Röhre von Laennec. 3) Der befte Leiter würde ein Cylinder von leichtem Holze ſeyn, namentlich von Tannenholz aus einem Stucke, mit dünnen Waͤnden, unten mit einer coniſchen Erweiterung, oben durch einen Knopf oder eine Roͤhre ſich endigend, welche in die Ohrmuſchel eingefuͤhrt werden kann. 4) Der Conus muß einfach abgeſchnitten ſeyn, damit der Ton nicht reflectirt werde, bevor er in das Ohr gelangt. 5) Man vermindert das von hohlen Cylindern nicht zu frens nende Saugen dadurch, daß man ſich eines Stethoſcops bedient, welches nicht mit einer Scheibe endigt, und daß man die Spitze des Conus gegen die Ohroͤffnung anlegt, ohne ſie vollkommen zu verſtopfen. 6) Ein langes Stethoſcop iſt guͤnſtiger, als ein kurzes, weil das Obr von den fremdartigen Geraͤuſchen weit entfernt iſt, welche durch die benachbarten Organe, durch die Bewegung der Muskeln, durch das Reiben der Kleidungsſtuͤcke ꝛc. bewirkt werden; Umſtaͤnde, welche für den Geübten zwar gleichguͤltig, für den Ungeübten dage⸗ gen ſehr ſtoͤrend find. 7) Will man durch fecundäre Toͤne die Intenfität der pris mitiven Zöne verſtaͤrken, fo bedient man ſich der Stetboſcope aus Kryſtall oder aus ſehr duͤnnem Bleche, welche unten mit einem fei⸗ nen Zeuge überzogen find, um dem Kranken das Gefühl von Kälte zu erſparen. 8) Man kann, durch Vergroͤßerung des Durchmeſſers der Rohre und ihrer Länge, ein organiſches Geroͤuſch, welches nicht beſtimmt anzugeben iſt, in einen muſicaliſchen Ton umwandeln 95 und erhält dadurch, je nach der Länge des Stethoſcops, verſchie— dene Toͤne und, nach dem Materiale der Roͤhre, einen verſchiede— nen Klang des Tones. 9) um die unmittelbare Auscultation auf eine gewiſſe Ent: fernung auszufuͤhren, faßt man zuerſt den Character des Tones auf, indem man das Ohr auf die Stelle ſelbſt auflegt und ſich nachher allmaͤlig entfernt, wobei die Perception deutlich bleibt. 10) Um die mittelbare Auscultation auch in einiger Entfer: nung auszufuͤhren, ſetzt man nur den Cylinder an der Stelle des Geraͤuſches auf und wird, ohne das Ohr anlegen zu muͤſſen, im Stande ſeyn, den verſtaͤrkten Ton in ziemlicher Entfernung zu hoͤren. 11) Zur mittelbaren gleichzeitigen Auscultation kann man bei kraͤftigen Geräufchen ſich eines Stethoſcopes mit mehreren An— ſätzen oder eines hohlen Cylinders mit dünnen Wänden, auf wel— chen man das Ohr anlegt, oder einer Roͤhre aus Kupfer oder Ei— ſenblech bedienen, welche in ihrer ganzen Laͤnge eine Oeffnung von 3 Centimeter in ihrem Umfange hat und mit einem feinen Zeuge bedeckt wird, auf deſſen Oberfläche man leicht das Ohr anlegt. 12) Will man den Abgang an Ton oder die Reſonnanz der Röhre vermindern, fo gebraucht man einen vollen Cylinder von leichtem Holze, deſſen Ende man auf der Stelle der Production des Tones aufſetzt, und auf deſſen ganzer Länge man mit Leichtig— keit die Geraͤuſche vernimmt, wenn man das Ohr anlegt, ohne es feſt aufzuſetzen. 13) Es iſt niemals noͤthig, ein anomales Geraͤuſch raſch einer großen Anzahl von Zuhoͤrern hoͤrbar zu machen; es iſt indeß, nach einem bekannten acuſtiſchen Geſetze, ſehr wohl moͤglich, daß man hundert Perſonen gleichzeitig und in einigen Minuten eine vollkommene Idee von demſelben organiſchen Geraͤuſche geben könnte. Dieſes Geſetz oder dieſe Thatſache beſteht darin, daß man, an irgend einem Puncte der aͤußeren Flaͤche eines hohlen, oder vollen Cylinders das Ohr bloß oder mit einem Stethoſcop aufſetzend, die durch den Cylinder fortgepflanzten Geraͤuſche faſt eben fo deutlich erkennt, als wenn das Ohr am Ende des Eylin— ders angelegt werde. Herr Landouzy hat hiernach ein Stetho— ſcop aus Blech von der Laͤnge von 120 Centimeter mit mehreren beweglichen Gelenken und mit zehn biegſamen Anfägen anfertigen laſſen, ſo daß, wenn die coniſche Baſis des Cylinders uͤber irgend einem Organe angeſetzt war, man mittelſt dieſer Anſaͤtze leicht die Toͤne vernehmen konnte. Das Reſultat war ganz entſprechend, und zehn Perſonen konnten gleichzeitig mit Herrn Landouzy, ohne ſich im Mindeſten zu geniren, auf das Beſtimmteſte das Ge— raͤuſch hören, welches er bei feinem Unterrichte ankuͤndigte. Miscellen. Ueber die Auflöfung der Harnſteine in der Blaſe ſagt Herr Leroi d' Etiolles am Schluſſe mehrerer ausfuͤhrli⸗ cher Briefe über dieſen Gegenſtand: Nach meiner Anſicht kann die Dispoſition zum Stein und zum Gries veraͤndert werden durch 96 Subſtanzen, welche man, in Form von Getränken oder Baͤdern, in den Organismus bringt; namentlich durch kohlenſaure Alkalien und durch einige Säuren. Die Harnſteine find aber im Allge— meinen nicht raſch und kraͤftig genug durch dieſe indireeten Auf loͤſungsmittel, oder alſo durch die Abſorption, anzugreifen, daß man auf dieſelben ſich verlaſſen koͤnnte. Es giebt uͤberdieß Kranke, denen die solventia nachtheilig find. Die empiriſche Behandlungsweiſe (namentlich durch das Waſſer und die Baͤder von Vichy) ſind daher nachtheilig und irrationell. — Bringt man Reagentien mit den Steinen in directe Beruͤhrung, ſo iſt man, im Gegentheil, im Stande, weit beſſere und raſchere Erfolge zu erlangen; doch iſt man bis jetzt noch nicht im Stande, den Grad der Wichtigkeit dieſer Behandlungsweiſe vollkommen zu beurtheilen. Endlich giebt es Fälle, in welchen die auftöfenden Einſpritzungen und Beſpuͤlungen offenbar nuͤtzlich ſind und in Gebrauch genom— men zu werden verdienen. Die Beſpuͤlungen müffen aber mit Vor— ſicht angeſtellt, und aufgegeben werden, ſo wie ſie anfangen, zu reizen. (Gaz. des Höpitaux, Nr. 79.) Die Naht bei Dammriſſen machte Jobert bei einem completen Dammriſſe auf folgende Weiſe: Zuerſt wurden die Wundraͤnder, etwa 1 Zoll weit, angefriſcht, ſo daß ſich beide Wundflaͤchen in einem Winkel vereinigten. Nun ſtach Jobert eine gewoͤhnliche Wundnadel mit einem langen, gewichsten Faden von Vorn nach Hinten, in der Höhe des oberen Theiles der Tren— nung links und einen Viertelzoll von der Wundſpalte ſo durch, daß die Nadelſpitze einen halben Zoll von der Einſtichsſtelle hervordrang. Indem nun das andere Ende des Fadens ebenfalls mit einer Na— del verſehen war, ſtach er auch auf dieſer Seite die Nadel auf gleiche Weiſe durch. Ebenſo wurden noch zwei andere Faͤden eingelegt, der eine vor, der andere hinter der Wunde. Durch Zuſammenzie— hen der Faͤden wurde eine Zuruͤckdraͤngung der Wundlippen und eine Vereinigung der Theile, von welchen die Vaginal-Schleim: haut weggenommen war, bewerkſtelligt. Die Faͤden wurden auf kleinen Rollen von Feuerſchwamm feſtgebunden, um dadurch die, ohnedem ſtark entzuͤndeten, Gewebe zu ſchonen. Hierauf wurde ein Catheter in die Blaſe eingelegt. Dieſes Verfahren war beſonders deßwegen gewählt worden, weil zugleich eine Blafenfcheiden = Fiftel zugegen war, fo daß die Indicatjſon darin beſtand, die angefriſchte Wunde vor der Berührung des Urins zu ſchuͤtzen. (Gaz. des Höpit., Nr. 94) Guajak gegen angina tonsillaris empfiehlt Herr Jo— ſeph Bell ſtatt der gewöhnlich dagegen empfohlenen Mittel (Sca— rification der Mandeln, Blutegel, Emetica, Purgantia und Dia- phoretica). Auf die Anwendung des Guajaks folgt reichlicher Schweiß und bisweilen, wenn es in Pulverform gegeben wurde, etwas Uebelkeit. Er giebt, in der Regel, eine Mixtur von 3 Drachmen Guajak in 8 Unzen eines ſchleimigen Vehikels mit et— was Aqua Cinnamomi, zu 2 — 4 Eßloͤffeln alle 4 — 6 Stunden, (Dublin Journ., March 1841). Berichtigung. — In Nr. 410. [Nr. 14. des XIX. Bds.] pag. 223 der Neuen Notizen, Miscellen, erſte Zeile, muß es hei— ßen: aneurysma der carotis primitiva, ſtatt: aneurys- ma primitiva der carotis. Bibliographische Neuigkeiten. The glacial Theory of Professor Agassiz. By Charles Macla- ren. Edinburgh 1841. 8. Elémens de Zoologie, ou Legons sur Panatomie, la physiologie, la classification et les moeurs des Animaux. Par M. H. Milne Edwards. 2e édition. 3e partie. Oiseaux, Reptiles, Pois- sons. Paris 1841. 8. Memoire sur le traitement des hallucinations par le datura stra- monium, Par J. J. Moreau (de Tours). Paris 1841. 8. Nouveau compendium medical à l’usage des médecins prati- ciens, contenant etc., avec le traitement ol sont indiquees les formules les plus usitées, suivi d'un Dictionnaire de the- rapeutique et posologie, Par A. Bossu. Paris 1841. 12. —̃ ——— —— — Neue Wotizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medicinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinatrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Mo. 425. (Nr. 7. des XX. Bandes.) October 1841. Gedruckt im Landes⸗Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 9 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. ee ee e Statik der organiſchen Chemie. Schlußvorleſung von Alexander Dumas, Profeſſor an der Medi⸗ cinalſchule in Paris. (Fortſetzung.) Die geſammte Atmoſphaͤre wiegt fo viel, wie 581,000 Cubik⸗Kilometer Kupfer; das in ihr enthaltene Sauerſtoff— gas beſitzt daſſelbe Gewicht, wie 134,000 Cub. Kilometer Kupfer. Nimmt man die Zahl der auf der Erde lebenden Menſchen zu 1,000 Millionen und ſaͤmmtliche uͤbrige Thiere als 3,000 Millionen Menſchen gleichſtehend an, ſo findet man, daß dieſe 4,000 Millionen Menſchen in hundert Jah— ren nur eine Quantitaͤt Sauerſtoffgas conſumiren, welche ſo viel wiegt, wie 15 bis 16 Cubik-Kilometer Kupfer, waͤh— rend das ſaͤmmtliche vorhandene Sauerſtoffgas im Gewichte 134,000 Cubik⸗Kilometer Kupfer gleichkommt. Es wuͤrden 10,000 Jahre dazu gehoͤren, wenn eine gleiche Anzahl Menſchen eine Wirkung hervorbringen ſollten, die ſich mit— telſt des Velta'iſchen Eudiometers erkennen ließe, ſelbſt wenn waͤhrend dieſes Zeitraumes alles Pflanzenleben auf der Erde erſtorben waͤre. Was die Beſtaͤndigkeit der Zuſammenſetzung der Luft betrifft, ſo laͤßt ſich alſo feſt behaupten, daß der darin ent— haltene Verhaͤltnißtheil Sauerſtoff ihr auf viele Jahrhun— derte, auch ohne die Anweſenheit von Pflanzen, geſichert iſt, während die letztern ihr fortwährend wenigſtens eben fo viel Sauerſtoff (ja vielleicht mehr) zufuͤhren, als ihr die Thiere deſſen entziehen; denn die Pflanzen erhalten ihren Bedarf an Kohlen ſaͤure nicht nur durch das Thierreich, ſon— dern auch aus den Vulcanen. Die Pflanzen find demnach den Thieren nicht ſowehl noͤthig, weil jene die Luft reinigen, welche dieſe athmen; ſondern letztere bedürfen der erſteren hauptſaͤchlich in Betreff der aſſimilationsfaͤhigen organiſchen Materie, welche die Pflanzen bereiten und welche in den Thieren den Verbren— nungsproceß erleidet, waͤhrend fie deren Lebensthaͤtigkeit erhält. No. 1525. n Die Reinigung der Luft durch die Pflanzen iſt alſo zwar mit der Laͤnge der Zeit noͤthig; unmittelbar verdanken wir jedoch dem Pflanzenreiche in dieſer Beziehung ſehr we— nig. Dagegen leiſten uns die Pflanzen einen andern, ſo nahe liegenden Dienſt, daß, wenn ſie auch nur ein Jahr lang fehlten, alles Thierleben auf der Erde aufhoͤren muͤßte, indem ſie unſere und des ganzen Thierreichs Nahrung berei— ten. Hierauf beruht vor Allem die innige Verkettung der beiden Naturreiche. Man denke ſich die Pflanzen weg, und alle Thiere muͤſſen alsbald verhungern, ja die ganze orga— niſche Natur erſterben. Von der Kohlenſaͤure haben wir bereits angegeben, daß deren Verhaͤltnißtheil in der atmoſphaͤriſchen Luft zwi⸗ ſchen 4 und 6 Zehntauſendſteln ſchwankt. Die Abweichun— gen in dieſer Beziehung ſind ungemein leicht zu ermitteln und ſehr haͤufig. Sollte hierin nicht ein deutlicher Beweis liegen, daß der poſitive Einfluß der Thiere und der negative der Pflanzen ſich in einer ſehr merklichen Weiſe unmittelbar aͤußern? Keineswegs! denn dieſe Erſcheinung iſt rein me— teorologifher Art. Es verhält ſich mit der Kohlenſaͤure, wie mit dem Waſſerdunſte, welcher aus dem Meere auf— ſteigt, als Regen wieder zur Erde gelangt und dann aber— mals die Dunſtform annimmt. Dieſes ſich niederſchlagende und herabfallende Waſſer loͤſ't die Kohlenſaͤure auf und führt fie mit ſich nieder, während das verdunſtende Waſſer dieſelbe fahren laͤßt und der Luft zuruͤckerſtattet. Es waͤre demnach ein meteorologiſches Problem vom boͤchſten Intereſſe, wenn man die Abweichungen im Stande des Hygrometers, in den Jahreszeiten und in dem Anſehen des Himmels mit der verſchiedenen Menge der in der Luft enthaltenen Kohlenſaͤure vergliche. Bis jetzt ſcheint jedoch Alles dafuͤr zu ſprechen, daß die ſchnellen Veraͤnderungen in letzterer Beziehung eine einfache meteorologiſche und nicht, wie Manche geglaubt haben, eine phyſiologiſche Erſcheinung ſeyen; indem im letztern Falle die Veraͤnderungen unendlich langſamer eintreten muͤßten, als ſie ſich in der Wirklichkeit, ſowohl in den Staͤdten, als auf dem Lande, wahrnehmen laſſen. 7 99 Die Atmoſphaͤre iſt alfo ein gewaltiges Magazin, aus welchem die Pflanzen unabſehbar lange die ihnen noͤthige Kohlenſaͤure, die Thiere noch laͤnger den ihnen nothwendigen Sauerſtoff beziehen koͤnnen. Aus dieſem Magazine erhalten die Pflanzen auch, entweder direct oder indirect, ihren Stickſtoff, und in daſ— ſelbe geben die Thiere den ihrigen wieder zuruͤck. Die Atmoſphaͤre iſt demnach ein Gemengſel, welches unaufhoͤrlich Sauerſtoff, Stickſtoff und Kohlenſtoff in ſich aufnimmt und abgiebt, und die unzaͤhligen Proceſſe, durch welche dieß geſchieht, laſſen ſich jetzt leicht uͤberſehen und nach ihren Wirkungen im Ganzen, wie im Einzelnen, wuͤrdigen. III. Legt man ein Saamenkorn in die Erde und laͤßt man daſſelbe keimen und ſich entwickeln, beobachtet man die wei— tere Ausbildung der Pflanze bis zur Bluͤthe und Frucht— reife, ſo wird man durch genaue chemiſche Unterſuchungen ſich davon überzeugen, daß die Pflanze waͤhrend ihres ganz zen Entwickelungsproceſſes Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, Sauer— ſtoff, Stickſtoff und Aſche fixirt hat. Kohlenſtoff. Der Kohlenſtoff ruͤhrt weſentlich von der Kohlenſaͤure her, mag er nun ſeinen Urſprung von der in der Luft befindlichen, oder von derjenigen Kohlenſaͤure herleiten, welche ſich durch die fortwaͤhrende Zerſetzung des Duͤngers in Beruͤhrung mit den Wurzeln entbindet. Uebrigens beziehen die Pflanzen den Kohlenſtoff in der groͤßten Menge aus der Luft. Dieß wird uns begreiflich, wenn wir bedenken, welche gewaltige Menge Kohlenſtoff ſich, z. B., rieſige Baͤume, angeeignet haben, deren Wurzeln ſich doch ſtets innerhalb eines ſehr beſchraͤnkten Raumes be— finden. Sicherlich enthielt das Fleckchen Boden, auf wel— chem die Eichel vor Jahrhunderten keimte, aus welcher der vor uns ſtehende gewaltige Baum entſtanden iſt, nicht ein Millionenſtel des Kohlenſtoffs, den die Eiche nun beſitzt. Der übrige, das heißt faſt der ſaͤmmtliche Kohlenſtoff iſt ihr aus der Luft zugegangen. Voͤllig beweiſend iſt übrigens in dieſer Beziehung der von Herrn Bouſſingault angeſtellte Verſuch, wo in rei: nen Kiesſand gelegte und mit deſtillirtem Waſſer begoſſene Erbſen, die alſo ihre Nahrung lediglich aus der Luft bezie— hen mußten, dennoch ſich entwickelten, Blaͤtter und Saa— men trugen. Alle Pflanzen fixiren Kohlenſtoff; alle entlehnen ihn von der Kohlenſaͤure, mag dieſe nun direct aus der Luft von den Blaͤttern aufgeſaugt werden, oder moͤgen die Wur— zeln das mit Kohlenſaͤure geſchwaͤngerte Regenwaſſer abſor— biren, oder mag dieſelbe von der Zerſetzung des Duͤngers her— ruͤhren und, ebenfalls durch die Wurzelmuͤndungen aufge— nommen, den Blättern zur Verarbeitung zugefuͤhrt werden. Alle dieſe Reſultate laſſen ſich ohne Schwierigkeit nachwei— fen. Herr Bouſſingault hat ſich davon uͤberzeugt, daß Weinblaͤtter, welche man in einen Ballon einfuͤhrte, die ſaͤmmtliche in der durch denſelben geleiteten Luft enthaltene Kohlenſaͤure auffaugten, wenn man den Luftſtrom auch noch fo geſchwind durchſtreichen ließ. Desgleichen ſah Herr Bo u— 100 cherie aus den Wurzelſtoͤcken von im vollen Safte gefaͤl— ten Bäumen die Kohlenfäure in gewaltiger Menge entwei— chen, und dieſelbe wurde in dieſem Falle offenbar durch die Wurzeln aus dem Boden aufgeſaugt Wenn aber die Wurzeln die Kohlenſaͤure aus dem Bo— den beziehen, wenn dieſelbe durch den Stamm oder Staͤn— gel in die Blätter uͤbergeht, fo wuͤcde dieſelbe doch zuletzt in die Atmoſphaͤre entweichen, wenn keine neue Kraft ver— mittelnd hinzutraͤte. Dieß iſt der Fall bei Pflanzen, die im Schatten ve— getiren, ſo wie bei allen Pflanzen des Nachts. Die aus dem Boden bezogene Kohlenſaͤure ſtreicht dann nur durch die Pflanzengewebe hindurch und entweicht in die Luft. Gewoͤhnlich behauptet man, die Pflanzen erzeugten des Nachts Kohlenfäure; richtiger würde man ſich ausdruͤcken, wenn man ſagte, die Pflanzen ließen dann die aus dem Boden erhaltene Kohlenſaͤure unveraͤndert durch ſich ſtreichen. Sobald ſich aber die aus dem Boden oder der Atmo— ſphaͤre ſtammende Kohlenfäure mit den von der Sonne be— ſchienenen Blaͤttern oder ſonſtigen krautartigen Theilen der Pflanzen in Beruͤhrung befindet, geſtaltet ſich die Sache ganz anders. Die Kohlenſaͤure verſchwindet dann; an allen Puncten des Blattes erſcheinen winzige Sauerſtoffgasblaͤs— chen, und der Kohlenſtoff wird in den Geweben der Pflanze fixirt. Uebrigens beſitzen dieſe gruͤnen Pflanzentheile, an de— nen man bisjetzt allein die merkwuͤrdige Faͤhigkeit beobachtet hat, die Kohlenſaͤure zu zerſetzen, noch eine andere, nicht weniger eigenthuͤmliche und geheimnißvolle Eigenſchaft. Faͤngt man naͤmlich ihr Bild in einem Daguerre'ſchen Appa— rate auf, ſo erzeugt ſich daſſelbe nicht, ſo daß alle zur Darſtellung der photographiſchen Zeichnung noͤthigen chemi— ſchen Strahlen in dem Blatte verſchwinden, von demſelben abſorbirt und zuruͤckgehalten worden ſind. Die chemiſch wirkenden Strahlen des Lichts werden alſo von den grünen Theilen der Pflanzen völlig verſchluckt, was allerdings eine uͤberraſchende Erſcheinung iſt, die ſich jedoch ohne Schwierigkeit aus dem Umſtande erklaͤrt, daß zur Zerſetzung eines ſo beſtaͤndigen Koͤrpers, wie die Kohlen— ſaͤure, ein außerordentlicher Aufwand von chemiſcher Kraft erforderlich iſt. Welche Stelle ſpielt uͤbrigens dieſer in der Pflanze fixirte Kohlenſtoff? Welche Beſtimmung hat er? Unſtrei— tig verbindet er ſich groͤßtentheils mit dem Waſſer und deſ— ſen Beſtandtheilen und bildet auf dieſe Weiſe Stoffe, wel— che fuͤr die Vegetation von der groͤßten Wichtigkeit ſind. Aus 12 Atomen Kohlenſaͤure, die ſich zerſetzen und ih— ren Sauerſtoff frei werden laſſen, entſtehen 12 Atome Koh— lenſtoff, die, mit 10 Atomen Waſſer verbunden, zur Bil— dung des Zellgewebes, der Holzfaſer, des Staͤrkemehls oder der Dextrine verwandt werden koͤnnen. So beſteht dem— nach das ganze Geruͤſte jeder Pflanze, da es aus Zellge— webe, Holzfaſer, Staͤrkemehl und gummiartigen Theilen ge— bildet iſt, durchgehends aus Molecuͤlen, die aus 12 Ato— men Kohlenſtoff und 10 Atomen Waſſer zuſammenge— ſetzt ſind. 101 Die in Waſſer unaufloͤsliche Holzfeſer, das Stärke: mehl, welches mit kochendem Waſſer Kieifter bildet; die Dextrine, welche ſich in kaltem, wie in heißem Waſſer leicht aufloͤſ't, find alfo, wie Herr Payen fo bündig nachgewie— fen hat, drei Körper, welche genau aus denſelben Grund— ſtoffen beſtehen, aber in Anſehung der Anordnung ihrer Molecuͤlen voneinander abweichen. Die Vegetationskraft erzeugt alſo aus denſelben, in demſelben Miſchungsverhaͤltniſſe vorhandenen Grundſtoffen entweder die in Waſſer unaufloͤslichen Wandungen der Faͤ— cher des Zellgewebes und die Wandungen der Gefuͤße, oder das Staͤrkemehl, welches zur Ernaͤhrung der Knospen und Embryonen abgelagert und aufgeſpeichert wird, oder die auf— losliche Dertrine, welche von dem Pflanzenſafte uͤberall hin— geleitet werden kann, wo deren Anweſenheit durch das Be— duͤrfniß der Pflanze noͤthig iſt. Welch' ſtaunenswerthe Kraft, die aus einem Koͤrper drei andere zu bilden und mit dem geringſtmoͤglichen Kraft— aufwande den einen der letztern in den andern umzubilden weiß, ſo oft dieß noͤthig iſt. Auch die zuckerigen Stoffe, welche zu ſpeciellen Zwek— ken, auf die wir bald zuruͤckkommen werden, fo häufig in den Pflanzenorganen abgelagert werden, entſtehen aus Koh— lenſtoff in Verbindung mit Waſſer. 12 Atome Koblenfteff und 11 Atome Waſſer bilden den Rohrzucker; 12 Atome Kohlenſtoff und 14 Atome Waſſer den Traubenzucker. Jene holzigen, ſtaͤrkemehligen, gummiartigen und zuk— kerigen Theile, welche der Kohlenſteff, indem er ſich aus ſeiner Verbindung mit dem Sauerſtoffe ausſcheidet, in Ver— bindung mit Waſſer zu bilden vermag, ſpielen im Pflan— zenleben eine ſo bedeutende Rolle, daß uns daraus die hohe Bedeutung der Zerſetzung der Kohlenſaͤure durch die Pflan— zen ohne Weiteres einleuchtet. Waſſerſtoff. Wie die Pflanzen die Kohlenſaͤure zerſetzen, um ſich deren Kohlenſtoff anzueignen, und mit demſelben alle neutralen Koͤrper, aus denen ihre Haupt— maſſe beſteht, zu bilden; ebenſo zerſetzen die Pflanzen das Waſſer zur Erzeugung mehrerer anderer Producte, die in ihnen in geringerer Menge vorkemmen, und fixiren deſſen Waſſerſtoff. Dieß ergiebt ſich klar aus Herrn Bouſſin— gault's Verſuchen, welcher Erbſen in verſchloſſenen Gefaͤ— fen vegetiren ließ, und noch uͤberzeugender aus der Erzeu— gung der in gewiſſen Theiſen der Pflanzen fo haͤufig vor— kommenden und an Waſſerſtoff ſtets fo reichen fetten oder flüchtigen Oele. Der Waſſerſtoff kann nur von dem Waſ— ſer herruͤhren, indem die Pflanzen keinen andern mit Waſ— ſerſtoff zuſammengeſetzten Koͤrper conſumiren. Dieſe waſſerſtoffbaltigen Subſtanzen, welche aus dem dem Waſſer entzogenen Waſſerſtoffe gebildet werden, ver» wenden die Pflanzen zu eigenthuͤmlichen Nebenzwecken. Sie bilden nämlich die flüchtigen oder weſentlichen Oele, welche den Pflanzen zur Vertheidigung gegen die Angriffe ven Sei— ten der Inſecten dienen; die fetten Oele oder Pflanzenbut— tern, welche die Saamen umgeben und die zur Zeit des Keimens verbrennen und Waͤrme entwickeln; die Wachſe, 102 mit welchen Blaͤtter und Fruͤchte ſich uͤberziehen, um dem Waſſer den Durchgang zu wehren. Alle dieſe Zwecke bilden jedoch im Pflanzenleben nur zufällige Umſtaͤnde, und die waſſerſtoffhaltigen Producte find deßhalb im Pflanzenreiche weit weniger nothwendig, weit weniger gemein, als die aus Kohlenſtoff und Waſſer gebildeten neutralen Stoffe. Stickſtoff. Jede Pflanze fixirt, fo lange fie lebt, Stickſtoff, den fie entweder direct aus der Atmoſphaͤre oder aus dem Duͤnger bezieht. In beiden Faͤllen ſcheint der Stickſtoff dem Pflanzenorganismus nur unter der Form von Ammonium oder Salpeterſaͤure zuzugehen oder zu Gute zu kommen. Die Verſuche des Herrn Bouſſingault haben dar— gethan, daß gewiſſe Pflanzen, z. B., die Erdbirn (Helian- thus tuberosus), eine große Menge Stickſtoff aus der Atmoſphaͤre an ſich ziehen; andere dagegen, wie der Weizen, ihren ſaͤmmtlichen Stickſtoff aus dem Dünger entnehmen muͤſſen. Dieſen Unterſchied zu kennen, iſt für den Land— wirth von großem Intereſſe; denn bei jeder Bodencultur muͤſſen offenbar zuerſt ſolche Pflanzen gebaut werden, welche ſich den Stickſtoff der Atmoſphaͤre anzueignen faͤhig ſind, mit deren Huͤlfe man dann Vieh aufzieht, das den Duͤnger zur Cultur gewiſſer anderer Pflanzen liefert, welche den Stickſtoff nur aus den Duͤngſteffen zu beziehen vermögen. Eines der ſchoͤnſten Probleme der Landwirthſchaft be— ſteht alſo in der Kunſt, ſich den Stickſtoff auf die wohl— feilſte Weiſe zu verſchaffen. Wegen des Kohlenſtoffs kann man ohne Sorgen ſeyn; fuͤr ihn hat die Natur geſorgt; die Luft und das Regenwaſſer fuͤhren denſelben in hinreichender Menge den Pflanzen zu. Allein der Stickſtoff der Luft, derjenige, den das Waſſer aufloͤſ't und fortleitet, die am— moniacaliſchen Salze, welche ſelbſt das Regenwaſſer bei ſich fuͤhrt, reichen nicht immer hin. Bei den meiſten Pflanzen, die als Culturgewaͤchſe den groͤßten Werth haben, muß noch dafuͤr geſorgt werden, daß ſich deren Wurzeln mit ſtickſtoff— haltigem Dünger in Beruͤhrung befinden, aus dem ſich anz dauernd Ammonium und Salpeterſaͤure entbinden, deren ſich, fo wie fie frei werden, die Pflanze bemaͤchtigt. Der Duͤn— ger iſt einer der koſtſpieligſten Gegenſtaͤnde der Landwirth— ſchaft, und deſſen Mangel tritt derſelben ſo oft hindernd in den Weg, da ihr meiſt nur derjenige zu Gebote ſteht, den fie ſelbſt erzeugt. Uebrigens iſt die Chemie in dieſer Be: ziehung weit genug fortgeſchritten, daß die Erzeugung eines ſtickſtoffbaltigen kuͤrſtlichen Duͤngers in beliebiger Menge mit hinreichender Sicherheit in Ausſicht geſtellt werden kann. Herr Schattenmann, der einſichtsvolle Director der Hüttenwerke zu Bouxvilliers im Elſaß, Herr Bouſſin⸗ gault, Herr Liebig haben ihre Aufmerkſamkeit der Wir⸗ kung des Ammoniums in den ſtickſtoffhaltigen Duͤngmitteln zugewandt. Die neueſten Verſuche weiſen nach, daß die, in den ſtickſtoffſauren (ſalpeterſauren) Salzen enthaltene, Stickſtoffſäure (Salpeterſaͤure) ebenfalls einer beſonderen Beachtung werth iſt. Allein, wozu dient denn der Stickſtoff den Pflanzen, denen derſelbe fo unentbehrlich zu ſeyn ſcheint? Die Unter⸗ 7 * 103 ſuchungen des Herrn Papen erledigen dieſe Frage zum Theil, indem ſich aus denſelben ergiebt, daß alle Organe der Pflanzen, ohne Ausnahme, urſpruͤnglich aus einer ſtickſtoff— haltigen Materie beftehen, die mit Fibrine Aehnlichkeit hat und mit der ſich ſpaͤter das Zellgewebe, das Holzgewebe und das ſtaͤrkemehlige Gewebe ſelbſt verbinden. Dieſe ſtick— ſtoffhaltige Materie, aus der alle übrigen Theile der Pflanze entſtehen, geht nimmer verloren: ſie laͤßt ſich zu allen Zei— ten erkennen, in welcher Menge ih auch nicht ſtickſtoffhal— tige Subſtanzen zwiſchen deren Partikelchen abgelagert haben moͤgen. Dieſer, durch die Pflanzen firirte, Stickſtoff dient alfo dazu, eine faſerartige derbe Subſtanz zu erzeugen, welche die Grundlage aller Organe des Gewäaͤchſes bildet. Er dient außerdem zur Bildung des fluͤſſigen Eiweiß— ſtoffes, welchen die coagzulirbaren Säfte ſaͤmmtlicher Pflan— zen enthalten und zur Bildung des, mit dem Eiweißſtoffe fo oft verwechſelten, aber in vielen Pflanzen fo leicht zu eı= kennenden Kaͤſeſtoffes. Der Faſerſtoff (Fibrine), Eiweißſtoff und Kaͤſeſtoff kom— men alſo ebenfalls in den Vegetabilien vor. Dieſe drei, uͤbrigens, wie Vogel vorlaͤngſt dargethan, in ihrer che— miſchen Zuſammenſetzung mit einander uͤbereinſtimmenden Stoffe bieten mit dem Holzſtoffe, dem Staͤrkemehle und der Dextrine eine merkwuͤrdige Analogie dar. Die Fibrine iſt naͤmlich, gleich dem Holzſteffe, unauf— löslich; der Eiweißſtoff coagulirt, gleich dem Staͤrkemehle, wenn er erhitzt wird, und der Kaͤſeſtoff iſt aufloͤslich, wie die Dertrine, Dieſe drei ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen ſind uͤbrigens ebenſowohl neutral, als die ihnen analogen nicht ſtickſtoff— haltigen, und wir werden ſehen, daß ſie, vermoͤge ihres reichlichen Vorkommens im Thierreiche, in dieſem dieſelbe Rolle ſpielen, welche die letzteren im Pflanzenreiche zu uͤber— nehmen beſtimmt ſind. Wie ferner zur Bildung der neutralen nicht ſtickſtoff— baltigen Subſtanzen die Verbindung von Kohlenſtoff mit Waſſer oder den Geundbeſtandtheilen des letztern hinreicht, ſo gehoͤrt zur Darſtellung der neutralen ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen ebenfalls nur Kohlenſtoff in Verbindung mit Ammonium und den Grundbeftandtheilen des Waſſers. 48 Atome Kohlenſtoff, 6 Ammonium und 15 Waſſer bil: den Faſerſtoff, Eiweißſtoff und Käͤſeſtoff oder koͤnnen dieſel— ben erzeugen. So reichen alſo in beiden Faͤllen reducirte Koͤrper, Koh— lenſtoff und Ammonium, mit Waſſer hin, die uns hier beſchäftigenden Körper zu bilden, und die Erzeugung der letztern faͤllt dem natuͤrlichen Bereiche der Reactionen an— heim, zu deren Bewirkung die vegetabiliſche Natur vollkom— men geeignet ſcheint. Die Rolle, die der Stickſtoff in den Pflanzen ſpielt, verdient demnach unſere volle Aufmerkſamkeit, weil er zur 104 Bildung der Fibrine dient, die das Rudiment aller Organe iſt; weil ohne ihn kein Eiweißſtoff und kein Kaͤſeſtoff ent— ſtehen koͤnnten, die in ſo vielen Pflanzen in ſo bedeutender Menge vorkommen, und welche ſich die Thiere aſſimiliren und zu ihren Beduͤrfniſſen verwenden. Die Pflanzen alſo find das eigentliche chemiſche Labor ratorium des organiſchen Lebens; Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, Ammonium und Waſſer ſind die Grundſtoffe, welche in den Pflanzen zur Entſtehung gelangen; Holzſtoff, Staͤrke— mehl, Gummi und Zucker einerſeits, Faſerſtoff, Eiweißſtoff und Kaͤſeſtoff andrerſeits ſtellen die Fundamentalproducte der beiden Naturreiche dar, und dieſe Producte werden ein— zig und allein in den Pflanzen gebildet und durch den Ver— dauungsproceß mit dem Thierkoͤrper verbunden. Aſche. Waͤhrend der Lebensdauer der Pflanze geht eine gewaltige Menge Waſſer durch deren Organismus. Dieſes Waſſer verdunſtet an der Oberflaͤche ihrer Blätter und laͤßt nothwendig als Ruͤckſtand die Salze, die in dem— ſelben aufgeloͤſ't waren, in der Pflanze zuruͤck. Aus dieſen Salzen beſteht die Aſche, ein offenbar vom Boden entlehn— tes Product, das die Gewaͤchſe nach ihrer Aufloͤſung dem— ſelben zuruͤckgeben. Die Form, unter welcher ſich dieſe mineraliſchen Pro— ducte in den Pflanzengeweben ablagern, iſt ungemein ver— ſchiedenartig. Eine der gewoͤhnlichſten und in groͤßter Menge vorhandenen iſt jedoch der pectinfaure Kalk, welchen Ja c— quelin in dem Holzgewebe der meiſten Pflanzen ange— troffen hat. (Fortſetzung folgt.) Mise e een. Der Flamant (Phoenicopterus ruber) verdient unter den Waſſervoͤgeln Sardinien's eine befondere Erwähnung, Gegen Ende des Maͤrz wandert er großentheils aus und erſcheint gegen die Mitte des Auguſt's wieder, wo man von der Höhe des Feſtungs— walles, welcher den Bewohnern von Cagliari zum Spaziergange dient, die Fluͤge dieſer prächtigen Voͤgel ankommen ſieht. Anger ordnet wie die der wilden Gaͤnſe, erſcheinen dieſe Zuͤge zuerſt wie eine feurige Linie am Himmel; ſie ruͤcken in der regelmaͤßfgſten Ordnung vor; bei'm Anblicke des benachbarten Teiches, welchen ſie für ihren alten Wohnſitz erkennen, halten fie in ihrem Fluge an und ſcheinen eine Zeit lang in der Luft unbeweglich; dann aber errei— chen ſie, indem ſie eine umgekehrte coniſche Spirale beſchreiben, das Ende ihrer Auswanderung. In glaͤnzendem Federſchmucke, bieten ſie, in einer Reihe gereiht, das Schauſpiel eines, in Schlachtordnung aufgeſtellten Corps dar, welchem, hinſichtlich der Gleichfoͤrmigkeit und Symmetrie, nichts zu wuͤnſchen uͤbrig bleibt. (Voyage en Sardaigne, par le Comte A. de Marmora.) Die Sammlung lebender Thiere in den zoologi- cal gardens zu London enthält 900 Stuͤck, alle geſund; z. B., 54 Affen von 20 verſchiedenen Arten. Die Mortalität iſt im letzten Jahre unbedeutend geweſen. Die im vorigen Fruͤhjahre daſelbſt geborene Giraffe iſt bereits uͤber 9 Fuß hoch. Nekrolog. — Der ſehr verdiente Naturforſcher Victor Audouin, Profeſſor der Entomologie an dem Musdum d'Histoire naturelle zu Paris, iſt leider daſelbſt geſtorben. 105 i ank u n d e. Ueber die allgemeine Behandlung der Fracturen. Von J. F. Malgaig ne. In einer Concurs- Arbeit giebt der Verfaſſer hiſto— riſche und practiſche Unterſuchungen uͤber die Apparate zur Behandlung der Fracturen. Er ſagt darin zur Beantwor— tung der Frage, ob man immer ſogleich zur Einrichtung der Fracturen ſchreiten muͤſſe, daß der Streit daruͤber durch alle Zeiten fortgefuͤhrt und auch jetzt noch nicht entſchieden worden ſey. Er geht nun auf die in Frankreich herrſchen— den Anſichten ein und ſagt: Velpeau folgt in dieſer Ber ziehung der Lehre des Hippocrates, ja er geht noch weiter. Denn Hippocrates will entweder den erſten oder ſpaͤteſtens den zweiten Tag die Einrichtung vornehmen und, wenn ſie in dieſer Zeit nicht geſchehen iſt, lieber bis zum ſiebenten Tage warten, als am dritten oder vierten Tage einen Verſuch zu machen; Velpeau dagegen richtet ein, ſobald er zu einem Kranken gerufen wird, in welchem Zuſtande ſich auch die Fractur befinde. Denn er ſagt: Schon die einfache Ueberlegung zeigt, daß die Bruchſtuͤcke eines gebrochenen Knochens nicht ohne Nachtheil mitten in den Weichtheilen liegen bleiben koͤnnen, da ſie nothwendig durch ihre Ungleichheit Reizung veranlaſſen. Hier iſt der Vorderſatz nicht uͤber Einwuͤrfe erhaben; jedermann wird zu— geben, daß es nachtheilig iſt, einen Knochenbruch mit Ver— ſchiebung der Knochenſtuͤcke zu erleiden; aber man kann nicht zugeben, daß dieſe Verſchiebung mehr Nachtheil habe, als die Einrichtung, wenn man ſie auf der Stelle vor— nimmt und durch einen Verband ſichert (denn ohne dieſe Sicherung waͤre es nicht der Muͤhe werth, die Einrichtung zu verſuchen). Boyer wagte nicht, den Verband in den erſten Tagen anzulegen, und ich habe fruͤher eine Beobach— tung bekannt gemacht, wonach ich bei einem ſtarken, athle— tiſchen Menſchen am neunten Tage die vermanente Exten— ſion anwenden wollte; je ſtaͤrker ich die Baͤnder anſpannte, um fo kraͤftiger widerſtanden die Muskeln, und die Ercoria: tionen noͤthigten bald, von der Anwendung des Verbandap— parates abzuſtehen. Dieſe Unannehmlichkeit iſt auch Andern vorkommen; ich fuͤhre aber dieſen Fall an, theils weil er zeigt, daß es gekaͤhrlich iſt, gegen die gereizten Muskeln kaͤmpfen zu wollen, theils, weil bei dem am achtzehnten Tage erfolgten Tode dieſes Kranken ſich hinreichend zeigte, daß die Bildung des Callus kaum begonnen hatte, und daß es daher gar keinen Nachtheil gehabt hätte, mit der Aus— dehnung bis zu dieſem Zeitpuncte zu warten. Velpeau faͤhrt aber fort: „Wenn es wahr iſt, daß der Reiz der abgebrochenen Knochen eine Eiterung nicht fruͤher als in 24 Stunden herbeifuͤhren koͤnne, ſo iſt es nicht minder richtig, daß dieſer Zufall haͤufig vorkommen muß, wenn man bis zum ſechsten oder zehnten Tage wartet, bevor man die Kno— chen reponirt.“ Hier iſt Velpeau zu weit gegangen, Bei einer Fractur des Schluͤſſelbeines, ze B., kann man mindeſtens 9 mal unter zehn Faͤllen die Bruchſtuͤcke nicht reponiren; dennoch iſt Eiterung bei dieſem Bruche nicht häufiger, als bei jedem andern. Fracturen des Ober— und Vorderams, des Ober- und Unterſchenkels ſind nicht viel leichter ohne Verſchiebung zu heilen. Bei allen habe ich haͤufig fehlerhafte Conſolidation geſehen; aber von Eiterung bei einfachen Bruͤchen iſt mir kein Beiſpiel vor— gekommen. Verlaſſen wir daher die Hypotheſen und gehen zu den Thatſachen uͤber. Es giebt Fracturen, bei denen die Einrichtung und Befeſtigung der Bruchſtuͤcke leicht und ohne heftigen Schmerz zu erreichen iſt. Hierbei iſt es beſſer, die Frag— mente in ihre normale Lage zu bringen, als ſie in den Weichtheilen liegen zu laſſen; hier muß man einrichten. Es giebt aber auch Fracturen, bei welchen die Einrichtung fuͤr einen Augenblick moͤglich, die Feſthaltung ohne ſehr reizende Extenſionsmittel aber unmoglich iſt. Hierher gehören Schiefbruͤche des Oberſchenkels; das Heilmittel waͤre hier gefaͤhrlicher, als das Uebel ſelbſt; es iſt alſo zweckmaͤßiger, zu warten. Es giebt ferner einfache Fracturen, von betraͤchtlicher Geſchwulſt begleitet, fo daß, abgefehen von dem Schmerz bei der Einrichtung, der Wundarzt auch nicht mit Sicher— heit ſagen kann, daß er ſie zu Stande bringen werde; denn er weiß nicht, was er thut; z. B., bei Fracturen des Vor— derarmes. Iſt hierbei die Verſchiebung ſehr betraͤchtlich, ſo iſt es gut, ſie zu beſeitigen, es waͤre aber nicht rationell, eine Einrichtung bis zu Ende fuͤhren zu wollen, welche man nicht im Stande iſt, zu conſtatiren. Bisweilen widerſtehen die krampfhaft zuſammengezogenen Muskeln um ſo ſtaͤrker, je mehr man die Tractionen vermehrt; dieß ſah ich im böchften Grade bei einem betrunkenen Kutſcher, welcher ſich beide Unterſchenkelknochen gebrochen hatte; ich behandelte ihn nun mit Opium, und drei Tage nachher richtete ſich die Fractur von ſelbſt ein. Iſt bereits Entzuͤndung in der Um— gebung der Fractur vorhanden, ſo iſt dieſe die beſtimmteſte Contraindication gegen die Einrichtung Es giebt endlich Fracturen, bei welchen alle Anſtren— gungen vergeblich find und eine vollſtaͤndige Einrichtung nie— mals zu Stande koͤmmt. Der Wundarzt braucht ſich aber deswegen nicht vor den Knochenbruchſtuͤcken, welche die Weichtheile reizen, zu fürchten Die davon abhaͤngigen Gefahren treten ſo ſelten ein, daß man ſie faſt ganz als theoretiſch betrachten kann. Nur das Princip der unmittelbaren Einrichtung hatte die Alten auf die Sch ingen und jene kraͤftigen Maſchinen geführt, welche im Stande find, den heftigſten Widerſtand zu überwinden, gefährliche Huͤlfsmittel, welche eine gelaͤu⸗ terte Chirurgie ſeit langer Zeit verworfen hat. Es handelt ſich nun um die Frage, zu welcher Zeit man einen Verband anlegen muͤſſe. Dieſe iſt von der vori— gen zu trennen, weil die Nichteinrihtuug nicht jedesmal eine Contraindication gegen die Anlegung eines Verbandes iſt, und weil dieſer Verband alsdann nach denfelben Regeln 107 angelegt werden muß, wie wenn die Einrichtung zu Stande gebracht waͤre. Man muß zuerſt einen Unterſchied machen zwiſchen den Verbaͤnden, welche nur die Lagerung des Glie— des ſichern, z. B., Kiffen, Schienen, ſchiefe Flaͤchen, Rin— nen, Tragſchlingen ꝛc., welche außer bei ſehr bedenklichen Faͤllen unmittelbar angelegt werden koͤnnen und muͤſſen. Die Schwierigkeit der Frage betrifft nur die Apparate, welche die Einrichtung ſichern ſollen, indem ſie entweder eine Compreſſion oder eine Extenſion bewirken. Larrey und Velpeau haben ſich durchaus fuͤr die unmittelbare Anlegung des Verbandes erklaͤrt; ſie weichen nur darin voneinander ab, daß Lar rey bei Anſchwellung, Spannung und Sugillation einige Vorſichtsmaaßregeln an— wendet, Velpeau dagegen ſeinen Verband ohne Weiteres anlegt, indem er, anſtatt die Schmerzen zu vermehren, die— ſelben vielmehr beſchwichtigt; nach ihm verhindert der Druck bei einer Anſchwellung durch Blutaustretung die Entwicke— lung der Entzuͤndung oder veranlaßt, wenn ſie ſchon vor— handen iſt, die Zertheilung derſelben. Es iſt nicht zu laͤug— nen, daß Larrey und Velpeau wahrhaft heroiſche Er— folge mit ihrem Verfahren erlangt haben; indeß muß man ſich hier nicht durch die Erfolge blenden laſſen, ſondern auch auf die ungluͤcklichen Fälle Ruͤckſicht nehmen. Befragt man zunaͤchſt die vier Wandaͤrzte, welche ſich mit dem meiſten Gluͤck des liegenbleibenden Verbandes bedient ha— ben, ſo ſehen wir, daß Herr Seutin zuletzt von dem einfachen Verbande abgegangen iſt, welchen er anfangs an— wendete, und daß er es zur Regel macht, ſeinen Panzer am zweiten Tage zu ſpalten; Herr Laugier unterſagt auf's Ernſtlichſte jede Compreſſion des Gliedes und rechnet es ſeinem Papierverband zu einem weſentlichen Verdienſt an, daß er nicht comprimirte. Endlich ſagt Hr. Velpeau in feiner cliniſchen Vorleſung ſelbſt: „Wenn eine richtig angebrachte Compreſſion ein wahrhaft heroiſches Mittel dar— ſtellt, fo muß ich doch darauf aufmerkſam machen, daß fie in ungeuͤbten Haͤnden die Urſache gefaͤhrlicher Zufaͤlle wer— den kann. Man vergeſſe es niemals, es iſt ein maͤchtiges Huͤlfsmittel in der Chirurgie, welches aber keine Mittel— maͤßigkeit geſtattet.“ In Bezug auf Laugier's Belo— bung ſeines Papierverbandes iſt zu bemerken, daß weniger die active Compreſſion im Moment der Anlegung des Vers bandes, als die ſecundaͤre und gewiſſermaaßen paſſive Com— preſſion, welche von der Anſchwellung des verletzten Koͤrper— theils herruͤhrt, die Gefahr ausmacht. bloß um den primaͤren Druck, welcher Verband waͤre we— niger druͤckend, als die Gomprefiion und Cirkelbinden, welche in den erſten 24 Stunden fortwaͤhrend lockerer werden? Und dennoch haben dieſe ihre gefährlichen Folgen gehabt, wie andere Verbaͤnde. Laugier führt einen Fall von Gangraͤn durch den ſecundaͤren Druck an; Velpeau hat einen einzigen Fall geſehen, in welchem die gefaͤhrlichen Zu— faͤlle mit einigem Recht von dem Verbande herzuleiten wa— ren; und bei der Discuſion in der Academie haben Lar— rey, Bérard und Gimelle behauptet, keinen einzigen ungluͤcklichen Fall geſehen zu haben; Blandin hat dagegen einen Fall angefuͤhrt, wo durch den Druck der Tod herbei— Handelt es ſich 108 gefuͤhrt war. [Dieß ſind ſchon drei ungluͤckliche Faͤlle, und dieß iſt völlig genug, um den Practiker zu beunruhigen, bes ſonders den, welcher ſich nicht zu ruͤhmen wagt, daß er in Bezug auf Anlegung von Compreſſivverbaͤnden über die Mittelmaͤßigkeit hinaus ſey. Sind aber dieſe Faͤlle wirk— lich ſo ſelten? Es giebt kein Spital, in welchem ſie nicht vorgekommen wären, und Dupuytren hat bei Gelegenheit eines ungluͤcklichen Falles die Regel aufgeſtellt, daß man anfangs alle 12 Stunden dem Zuſtand einer Fractur nach— ſehen muͤſſe. Unſere Journale ſind voll von Mittheilungen uͤber Entzuͤndung und Brand nach der zu fruͤhzeitigen Anlegung ges woͤhnlicher Verbaͤnde, und warum ſollten die liegenbleibenden Verbände davon ausgenommen feyn? In der That ſind ſie es auch nicht, und es wäre, tretz der Abneigung der Wundaͤrzte, ſol— che ungluͤckliche Faͤlle mitzutheilen, vielleicht eine groͤßere An— zahl von Beobachtungen zuſammen zu bringen. Herr Mey— nier, einer der ausgezeichnetſten Militairaͤrzte, ſchrieb 1833 in der Gaz. med. für den Eiweißverband, und ſagte, daß er ſeit fünf Jahren denſelben anwende, ohne einen unguͤnſti— gen Zufall geſehen zu haben, mit Ausnahme eines Falles von Eryſipelas. Im Widerſpruch damit fuͤhrt er aber unter vier Beobachtungen eine doppelte Fractur des Oberarms ohne Complication an, wo die Application deſſelben Verbandes bereits am zweiten Tage Brandblaſen veranlaßt hatte, die ſo bedenkliche Zufaͤlle herbeifuͤhrten, daß mehrere Tage lang der Wundarzt als letzte Huͤlfe die Exarticulation im Schul— tergelenk vornehmen zu muͤſſen fuͤrchtete.. Neuerdings hat Herr Defer zu Metz einen Fall von Gangraͤn nach der fruͤhzeitigen Anlegung des Kleiſterverbandes bei einer Fractur der Knieſcheibe mitgetheilt. Einen aͤhnlichen Fall hat der— ſelbe bei einer Fractur des humerus geſehen, und ich habe mehrere aͤhnliche Faͤlle in den Spitaͤlern zu Paris beobach— tet. In der Abhandlung des Herrn Laugier lieſ't man eine auffallende Bemerkung. Bisweilen naͤmlich hat er ſeinen Papierverband erſt 2 oder 8 Tage nach der Aufnah— me des Kranken angelegt, und in der Mehrzahl der Faͤlle fand er das Glied, welches vorlaͤufig in einem Scultetiſchen Verbande eingelegt war, ſtaͤrker geſchwollen, als bei der Aufnahme und bisweilen mit Phlyctaͤnen beſetzt; der Kranke hatte, trotz des Verbandes und der reſolvirenden Mittel, wo— mit man ihn befeuchtete, betraͤchtlich gelitten. Nun wurde ein Papierverband angelegt, und gleich am naͤchſten Tage ſagte der Kranke, daß er wenig gelitten und bisweilen gar keine Schmerzen mehr gehabt habe Dieß beweiſ't nur den Nachtheil des zu fruͤh angelegten Scultetiſchen Ver— bandes. Es iſt aber ſchwer zu erklaͤren, wie der Papier— verband ſchon in den erſten 24 Stunden, wo er noch feucht iſt, ſo verſchieden von dem andern Verbande wirken konnte. War die Compreſſion geringer oder ſtaͤrker? Denn dem Papier und Kleiſter für ſich wird man keine fo weſent— liche guͤnſtige Einwirkung zuſchreiben. Indeß Larrey, Velpeau und Laugier wiſſen recht wohl, daß traurige Folgen bei dem fruͤhen Verbande vorkommen; dann beſchul— digen ſie die Nachlaͤſſigkeit der Wundaͤrzte. Larrey leitet die Zufaͤlle nur von einer ſchlechten Anlegung des Verban— des her; Velpeau giebt zu, daß auch bei einem guten 109 Verbande Zufaͤlle eintreten koͤnnen und ſagt, daß es leicht ſey, bei genauer Beobachtung der Schmerzen, der Färbung des Gliedes, des Erſcheinens der Phlyctaͤnen ꝛc., den Zeit— punct zu erkennen, wo man den Verband abnehmen muͤſſe. Laugier iſt noch vorſichtiger und ſagt bei Gelegenheit des von Dupuytren angefuͤhrten Falles, es waͤre bloß noͤthig geweſen, einen Verband locker anzulegen und das Glied mit ſpirituoͤſen Compreſſen zu umgeben, oder ſich auf die Com— preſſion zu beſchraͤnken und den Verband nach 12 Stunden wieder abzunehmen. Man muß aber geſtehen, daß ein nach 12 Stunden wieder ab zunehmender Verband keinen großen Nuz— zen haben wuͤrde, und es wuͤrde beſſer ſeyn, das Glied ohne Ver— band und in Ruhe zu laſſen, als es nach 12 Stunden wieder zu bewegen, um einen unnuͤtzen Verband zu wechſeln. Die Regel, welche Velpeau aufſtellt, iſt in der That das Beſte, was man angeben kann, um den fruͤhen Verband zu entſchuldigen; aber abgeſehen davon, daß der liegenbleibende Verband die ganze Laͤnge des Gliedes bedeckt und nur die Fingerſpitzen ſehen läßt, fo fürchte ich, daß die von ihm angegebene Regel nur zu haͤufig die Practiker in einer ge— faͤhrlichen Sicherheit erhalte. Ich habe die Art, wie ſich die Gangraͤn bei Fracturen entwickelt, ganz ſpeciell ſtudirt und gefunden, daß ſie ſehr haͤufig local und ohne Schmerz ſich entwickelt, ſo daß weder der Wundarzt, noch der Kranke eine Ahnung davon hat. Velpeau ſelbſt hat ein Beiſpiel dieſer hinterliſtigen Entwickelung der Gangraͤn mitgetheilt; in einem Falle, ſagt er, waren Anſchwellung und Phlye— taͤnen zugegen; aber da der Kranke zu wiederholten Malen ſein Wohlbefinden ruͤhmte, ſo glaubte ich, mich auf ihn ver— laſſen zu koͤnnen und ſah dem Koͤrpertheile nicht nach ıc, Alſo, fo ſelten es auch fern mag, ſo iſt doch eine unter dem Verbande nicht zu verkennende Gangraͤn, in der That, moͤglich, nach der fruͤhen Anwendung des Cirkelver— bandes. Man ſage immerhin, fie fen der Fehler des Wund— arztes (was erſt zu exoͤrtern wäre); dieß iſt von geringer Bedeutung, ſobald man zugeben muß, daß auf jede Weiſe das Princip der fruͤhen Anlegung des Verbandes ſeine Ge— fahren habe. Ich wuͤrde indeß begreifen, daß man ſich die— ſer Gefahr unterzoͤge, wenn man nicht anders koͤnnte; aber was zwingt denn, einen ſo gefaͤhrlichen Weg einzuſchlagen? Welchen Vortheil gewährt es, ſchon am erſten Tage den Verband anzulegen? Welcher Nachtheil wird dadurch ver— mieden? Herr Seutin und Delavacherie geben an, daß, wenn der Kranke unfolgſam, unruhig in Fieber und De— lirien ſey, die Fractur ohne einen Verband ruͤckſichtsloſen Bewegungen und den gefaͤhrlichſten Zufaͤllen ausgeſetzt fen. Ganz richtig; in dieſen Ausnahmskaͤllen befindet ſich der Wundarzt, in der That, zwiſchen zwei Gefahren, von denen er die geringere waͤhlt. Es fragt ſich nur, ob die Verbaͤnde, welche die Fracturen den Blicken des Wundarztes entziehen, nicht durch irgend ein anderes, ebenſo ſicheres Befeſtigungs— mittel erſetzt werden koͤnnen. Ich habe in einem ſolchen Falle das gebrochene Glied auf ein breites Kiſſen gelegt, die— ſes zu beiden Seiten in die Hoͤhe gebogen und durch zwei ſtarke ſeitliche Schienen unterſtuͤtzt, fo daß das Glied feſt lag, die vordere Flaͤche aber entbloͤßt hatte. Bei den Geis 110 ſteskranken in meinem Spitale bediene ich mich feitlicher Schienen, nachdem ich das gebrochene Glied auf die doppelt geneigte Ebene gebracht und den Schenkel, ſo wie den Fuß, gleichzeitig mit dem Unterſchenkel fixirt habe. Uebrigens gilt jene Antwort nur fuͤr Ausnahmsfaͤlle; fuͤr die gewoͤhnlichen Faͤlle aber bleibt die Frage noch unbeantwortet. Velpeau ſpricht von der Reizung, welche durch die Verſchiebung der Bruchſtuͤcke bewirkt werde. In Bezug auf unmittelbare Ein- richtung, habe ich dieſen Beweis bereits abgewieſen; wir wollen nun ſehen, wie ſich's damit, in Bezug auf die An— legung des Verbandes, verhaͤlt. Bei einer Fractur ohne Verſchiebung iſt der Beweis ohne Bedeutung; bei einer, durch die fracturirende Gewalt bewirkten Verſchiebung, welche leicht einzurichten iſt und keine Tendenz hat, ſich auf's Neue zu verſchieben, da iſt die Sache nicht dringend; iſt die Ver— ſchiebung Folge der ſchiefen Richtung des Bruches und der Muskelaction, wie bei Schenkelfracturen, ſo habe ich bereits angefuͤhrt, was man davon zu halten hat. Wenn endlich die Fractur nicht eingerichtet werden kann, ſo faͤllt Vel— peau's Behauptung von ſelbſt weg. Im Ganzen aber ift aus der Erfahrung nachzuweiſen, daß die Reizung der Bruch— ſtuͤcke ſehr unbedeutend iſt, und es iſt mir kein Fall bekannt, wo fie jemals ſo nachtheilig gewirkt hätte, wie eine zu fruͤh— zeitige Anlegung des Verbandes. Es waͤre ein vortrefflicher Grund fuͤr die fruͤhe Anle— gung des Verbandes die Ruͤckſicht auf die geſchwinde Ver— einigung wenn derſelbe erfahrungsmaͤßig gerechtfertigt waͤre; aber wir wiſſen ganz beſtimmt, daß einige Tage darauf nicht den mindeſten Einfluß haben, oder daß man wenigſtens einen Einfluß auf die Conſolidation der Fractur hat nicht nachweiſen koͤnnen; es iſt alſo nicht gefaͤhrlich, die Anlegung des Ver— bandes zu verſchieben; es iſt dagegen gefaͤhrlich, ſie immer ſogleich vorzunehmen. Die Gefahr liegt nicht allein in der Gangraͤn, ſondern auch erfahrungsmaͤßig darin, daß ein zu fruͤh uͤber einer ein— fachen und nicht entzuͤndeten Fractur angelegter Verband die Entwickelung des proviſoriſchen eallus verhindern und da— durch die Gefahr einer Nichteonſolidation herbeiführen kann. Dieß hat bereits Ambroiſe Pars gelehrt, und die Herren Nanuta und Petrundi, zu Neapel, haben fuͤr die Nicht— conſolidation mancher Fracturen gar keinen andern Grund aufgeſtellt. Uebrigens ergiebt ſich dieß aus der Theorie der Callusbildung von ſelbſt, und Troja's Experimente liefern beſtaͤtigende Beweiſe. Herr Laugier glaubt, daß dieſer Einwurf von keiner Bedeutung ſey; er uͤberſieht aber, daß hier nicht von dem definitiven callus, ſondern von der Bil— dung des proviſoriſchen callus die Rede war und, während unter einem liegenbleibenden Verbande in der ſpaͤtern Zeit fehr wohl die Vereinigung von Knochenbruͤchen zu Stande koͤmmt, fo iſt es auf der andern Seite nicht minder wahr, daß ducch die fruͤhe Anwendung des liegenbleibenden Verbandes zu Paris eine ganze Anzahl Fracturen ſich in der gewoͤhnlichen Zeit nicht conſolidirt haben. Zwei Fülle find von Breſchet, einer von Bérard und zwei von mir bekannt gemachtz an⸗ dere habe ich in andern Spitaͤlern geſehen, welche nicht be⸗ kannt gemacht worden find. Herr Laugier giebt dieß zu, aͤußert jedoch Zweifel, ob dieſe Fälle bei früher Anlegung 141 des Kleiſterverbandes häufiger vorkommen, als mit den ge— wohnlichen Verbinden, Es waͤre zu wuͤnſchen geweſen, daß er ſich daruͤber ausgeſprochen haͤtte, ob zu der Zeit, als er unter Dupuytren ſtudirte, er auch ſo viel von Zoͤgerung der Conſolidation gehoͤrt habe; ich kann aber hinzufuͤgen, daß jetzt die Faͤlle ſich ſo haͤufig zeigen, daß ich gar nicht mehr der Einzige bin, welcher ſie dem liegenbleibenden Verbande zuſchreibt, indem Herr Michon in einer kliniſchen Vorle— ſung ſich eben ſo ausſpricht und Herr Maiſonneuve, nach mehreren Beiſpielen im Höpital Saint Louis, dieſer An— ſicht ſich zuneigt. Dieſer, als unbedeutend zuruͤckgewieſene, Einwurf gewinnt alle Tage an Bedeutung. Aus Vorſtehendem leite ich nun folgende Regeln ab: 1) Bei einer Fractur mit Anſchwellung oder Entzündung, darf man Verbaͤnde mit Cirkelbin— den nicht früher anwenden, als bis alle Gefahr von dieſer Seite aus verſchwunden iſt. Ich ver: werfe daher in dieſen Faͤllen alle Eiweiß- und Kleiſterver— baͤnde, und nehme nur die aus, welche keine kreisfoͤrmige Umſchnuͤrung bewirken und das Glied den Blicken nicht ent— ziehen. 2) In den einfachſten Fällen, welche wes der von Geſchwulſt, noch von Entzuͤndung be— gleitet find, ift es gut, dem proviſoriſchen cal- Ius Zeit zur Entwickelung zu laſſen; erſt nach— her kann man, abgeſehen von aller Gefahr ei— ner Verſchiebung, ohne Bedenken den Verband anlegen. Der Zeitpunct iſt hierfuͤr nicht zu beſtimmen, da, je nach dem Falle und Conſtitution, die Anſchwellung in der Umgebung der Fractur langſamer und ſchneller vor ſich geht. Im Allgemeinen muß man mindeſtens fuͤnf oder ſechs Tage warten, um ſicher zu ſeyn, daß man die An— ſchwellung weder verhindert, noch zu ſehr ſteigert. In jedem Falle kann man aber bei'm Erwachſenen ohne Gefahr big zum zwoͤlften Tag warten. Niemals beginnt die Verknor— pelung des callus vor dieſer Zeit, Man begreift, daß dieſe Regel weniger ſtreng iſt, wenn die Fractur nur einen Knochen eines zweiroͤhrigen Gliedes betrifft; ebenſo kann man auch, je nach den Subjecten, mit denen man zu thun hat, davon abweichen; bei Kindern lege ich, wenn keine Entzuͤndung zu befuͤrchten iſt, einen defini— tiven Apparat unmittelbar an; daſſelbe thue ich haͤufig bei Erwachſenen bei einfachen Bruͤchen der fibula, der ulna oder ſelbſt der tibia, wenn keine Verſchiebung damit ver— bunden iſt; aber ich wuͤrde niemals die unmittelbare Anle— gung eines liegenbleibenden Cirkelverbandes bei einer Fractur des Oberarmes wagen. (Recherches historiques et 112 pratiques sur les appareils pour les fractures; par Malgaigne. Paris. 1841.) Mis Gellen ever Punction der Harnblaſe hat Herr Mon⸗ diere zweiundneunzig Faͤlle, nach ihrem verſchiedenen Verfahren, zuſammengeſtellt, was folgende Reſultate ergeben hat: Punetio perinaea- | recto- | hypoga- lis. vesicalis. | strica. Summe. Anzahl der Faͤlle 9 28 55 92 Glücklicher Erfolg 6 19 49 74 Fiſte “! 1 3 0 4 Infiltration . 0 3 0 8 Abſee ß 0 1 0 1 Haͤmorrhagie . 1 0 0 1 SSS 1 2 6 9 Dieſe Reſultate find weit guͤnſtiger, als man gewoͤhnlich, in Bes zug auf die Operation, annimmt; dabei iſt indeß doch zu beachten, daß viele Harnblaſen-Punctionen, die einen unguͤnſtigen Erfolg hatten, nicht mitgetheilt werden moͤgen. Um ein ſicheres Urtheil zu erlangen, waͤre es daher wichtiger, die Reſultate aus der Praxis eines einzigen Wundarztes zu erfahren. Außerdem ergiebt ſich aber aus der obigen Zuſammenſtellung der Vorzug der punctio hypogastrica, welche zwar mehrere Todesfaͤlle, aber keine ſecun— daren Zufälle veranlaßte. (Revue méd., Avril 1841.) Ein Opfer des, vom Pferde auf den Menſchen uͤbertragenen und von letzterem auf einen zweiten Menſchen gelangten, Rotzgiftes iſt in Paris gefallen und fordert zur groͤßten Vorſicht fuͤr den behandelnden Arzt auf. — Georges Thuilier, ein Stallknecht von 41 Jahren, wurde, nachdem er in dem Stalle der Anſtalt der fogenannten Parisiennes eine Zeitlang kranke Pferde gewartet hatte, ebenfalls krank, ſuchte am 20. Juni im Hoſpitale Necker Hülfe, wurde einmal entlaſſen, war aber bald gezwungen, dahin zurückzukehren. Die Krankheit, anfangs chroniſch, erhielt zuletzt einen acuten Verlauf und der Menſch ſtarb an der vollftändig entwickelten Rotzkrankheit am 25. October (die Leichenoͤffnung wurde am 27. vorgenommen). — Das zu kommt nun aber noch, daß Herr Rocher, einer der am Pos ſpitale als Gehuͤlfe fungirenden, jungen Studirenden (Externe), der den Kranken zu beobachten und feine Beobachtungen niederzu— ſchreiben beauftragt war, dabei den Abſceß des Thuilier zu verbinden hatte, von dem vollſtaͤndigſt characteriſirten Rotze befal— len worden und daran geftorben iſt. Die erſten Symptome zeig— ten ſich bei ihm vom 23. bis 27. October; am 27. nahm er an der Leichenoͤffnung noch eifrig Theil und ſeine, uͤbrigens unverletzten, Haͤnde waren lange in den Eingeweidehoͤhlen beſchaͤftigt. An die— ſem Tage nahm das Uebelbefinden zu, er hatte Froͤſteln und Fie— ber, und es erſchienen Muscularabſceſſe. Man brachte ihn in die Maison de Santé du Faubourg Saint-Denis, wo ſich jedoch ſein Zu⸗ ſtand nur verſchlimmerte; es ſtellte ſich der Ausfluß aus den Na— ſenhoͤhlen ein und er wurde noch von heftigem Delirium befallen, nach welchem er ſtarb. — Es iſt ein außerordentlich wichtiger Fall, indem er außer Zweifel ſetzt, daß der Rotz auch von Menſchen zu Menſchen anſteckend iſt. iir isch e Transactions of the Manchester Geological Society. London 1841. 8. Journal für Natur- und Heilkunde, herausg geben von der K. medico - chirurgischen Academie zu St. Petersburg. Erstes Vol. I. Heft. St. Petersburg 1840. Zweites Heft. St. Petersburg 1841. 8. Inhalt: It. und III. Ueber das ſiluriſche Schich⸗ tenſyſtem in Eſthland, von Dr Eichwald. Iz. und II2. Die blutſtillende Fluͤſſigkeit, Aquı haemostatica, vom ꝛc. Prof. Neljubin. (Die Fluüſſig keit ſcheint ſehr wirkſam zu ſeyn, die Zuſammenſetzung noch nicht bekannt gemacht.) 13. Ueber— eite n. ſicht des Inhalts von Salomon's Handbuch der operativen Chir rurgie. 14. Gegenwaͤrtiger Zuſtand der Academie. II3. Ergeb» niſſe des therapeutiſch cliniſchen Unterrichts ꝛc. während 1839 bis 1840; von Prof. Dr. Seidlitz. Ig. Ueber die Sterblichkeit der angewandten Blutegel: von ꝛc. Warlitz. II5. Jubiläum des ꝛc. Dr. Wylie. — Zwei Schluß⸗Rubriken find Medicinalverfüs gungen und Miscellen. Ich werde auf Einzelnes zurückkommen.) Observations on tuberculous Consumption. By J. S. Campbell. London 1841. 8. On Epidemie Diseases, By J. Parkin, London 1841, 8. Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Frorie pv zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin. No. 426. (Nr. 8. des XX. Bandes.) October 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. ee man Statik der organifchen Chemie. Schlußvorleſung von Alexander Dumas, Profeffor an der Medi: ciniſchen Schule in Paris. (Fortſetzung.) IV. Wenn ſich die Pflanzen im Dunkeln verhalten wie einfache Filter, durch welche Waſſer und Luftarten ſtreichen; wenn ſie dagegen unter der Einwirkung des Sonnenlichts als Reducirapparat wirken, in denen Waſſer, Kohlenſaͤure und Ammoniakoxyd zerſetzt werden, fo giebt es doch gewiſſe Zeiten und gewiſſe Organe, ruͤckſichtlich deren die Pflanze eine ganz andere, durchaus entgegengeſetzte Rolle ſpielt. Sobald ein Embryo keimen, eine Knospe ſich entwik— keln, eine Blume befruchtet werden ſoll, ſo veraͤndert die Pflanze, welche bisher Kohlenſaͤure und Waſſer zerſetzte und das Sonnenlicht abſorbirte, plotzlich ihre Thaͤtigkeit, indem fie Kohlenſtoff und Waſſerſtoff verbrennt und Mär: meſtoff entbindet, alſo voruͤbergehend die Haupteigenſchaften der Animalitaͤt annimmt. Uebrigens giebt ſich hierbei ein hoͤchſt merkwuͤrdiger Umſtand kund. Wenn man Gerſte, Waizen u. f. w. kei— men läßt, fo entwickelt ſich viel Wärme, Kohlenſaͤure und Waſſer. Das Staͤrkemehl dieſer Saamen verwandelt ſich zuerſt in Gummi, dann in Zucker und verſchwindet zuletzt, indem es Koblenfäure erzeugt. In der Kartoffel verwan— delt ſich ebenfalls bei'm Keimen das Staͤrkemehl, erſt in Dextrine, dann in Zucker, und aus dieſem entwickeln ſich Kohlenſaͤure und Waͤrmeſtoff. Der Zucker ſcheint alſo das Agens zu ſeyn, mittelſt deſſen die Pflanzen noͤthigen Falls Waͤrme entbinden. Gewiß iſt demnach das Zuſammentreffen folgender Um— ſtaͤnde ſehr bemerkenswerth: Die Befruchtung iſt ſtets von Temperaturerhoͤhung begleitet; die Blumen athmen, indem fie Kohlenſaͤure erzeugen; fie conſumiren alſo Kohlenſtoff, und wenn man der Quelle deſſelben nachforſcht, ſo ſieht man, daß, z. B., bei'm Zuckerrohre der im Schafte ange— haͤuft geweſene Zucker zur Zeit, wo die Pflanze abgebluͤht Vo. 1526. Rahn und ihr Saamen gereift bat, völlig verſchwunden iſt. Bei der Runkelruͤbe vermehrt ſich der Zucker fortwaͤhrend bis zur Bluͤthezeit, während ein Exemplar, das reifen Saamen be: fist, auch nicht eine Spur von Zucker in feiner Knolle ent- haͤlt. An Paſtinaken, Turnips, Moͤhren u. ſ. w. laſſen ſich die naͤmlichen Erſcheinungen wahrnehmen. Zu gewiſſen Zeiten und in Betreff gewiſſer Organe wird alſo die Pflanze gleichſam zum Thiere, zu einem Ver— brennungsapparate; es werden in ihr Kohlenſtoff und Waſ— ſerſtoff verbrannt und Waͤrme entbunden. Zu denſelben Zeiten zerftört fie aber auch ſchnell die zuckerigen Stoffe, welche ſich allmälig in ihr angehaͤukt hat— ten. Der Zucker oder das in Zucker verwandelte Staͤrke— mehl iſt alſo der Urſtoff, aus welchem ſich in den Pflanzen die zur Erfüllung mehrerer ihrer Functionen noͤthige Wärme entbindet. Und wenn wir bemerken, mit welchem Inſtincte die Thiere, ja ſelbſt die Menſchen, zu ihrer Nahrung gerade diejenigen Pflanzentheile waͤhlen, in welchen ſich der Zucker oder das Staͤrkemehl angeſammelt haben, welche die Pflan ze zur Waͤrmeentwickelung befaͤhigten, ſo laͤßt ſich nicht ver— kennen, daß der Zucker und das Staͤrkemehl wahrſcheinlich die Beſtimmung haben, dieſelbe Rolle in der thieriſchen De- conomie zu ſpielen, d. h. zu verbrennen, um die bei'm Athemholen freiwerdende Wärme zu entwickeln. So lange alſo die Pflanzen ihren normalen Character behaupten, beziehen fie von der Sonne ihre Waͤrme, nebfl Licht und chemiſch wirkenden Strahlen; empfangen ſie von der Luft Kohlenſtoff, vom Waſſer Waſſerſtoff, vom Ammo— niakorxyd Stickſtoff, vom Erdboden verſchiedene Salze Aus dieſen mineraliſchen Grundſtoffen bilden ſie organiſche Stof— fe, welche ſich in den vegetabiliſchen Geweben anhaͤufen. Dieß find entweder dreifach zuſammengeſetzte Körper, als: Holzſtoff, Staͤrkemehl, Gummi, Zucker; oder vierfach zuſammengeſetzte Körper, als: Faſerſtoff, Eiweißſtoff, Käfe: ſtoff, Gluten. Bis daher zeigt ſich alſo die Pflanze fortwaͤhrend als Producentin; allein ſobald ſie, um gewiſſen Zwecken zu ent⸗ 8 115 fprechen, zur Conſumentin wird, ſtellen ſich uns an ihr durchaus dieſelben Erſcheinungen dar, welche wir, wie wir gleich ſehen werden, an den Thieren zu beobachten Gelegen— heit haben. V. Das Thier bildet, in der That, einen Verbrennungs- apparat, aus welchem unaufhoͤrlich Kohlenſaͤure ausſtroͤmt, in welchem folglich fortwaͤhrend Kohlenſtoff verbrannt wird. Der Ausdeuck „Thiere mit kaltem Blute“, der Thiere zu bezeichnen ſcheint, welchen die Faͤhigkeit, Wirme zu er zeugen, abgeht, hat uns nicht irre leiten koͤnnen. Das im Sauerſtoffgaſe mit blendendem Glanze verbrennende Eiſen erzeugt Wirme, was wohl Niemand abzulaͤugnen ſich er— dreiſten wird, wogegen Nachdenken und einige wiſſenſchaft— liche Kenntniſſe dazu gehoͤren, un wahrzunehmen, daß das an der Luft verroſtende Eiſen im Ganzen ebenſoviel Waͤrme entbindet, obwohl ſich auf Einmal ſeine Temperatur kaum merklich veraͤndert. Der Phosphor verbrennt unter außeror— dentlich heftiger Waͤrmeentwickelung, und kein Menſch zwei— felt daran; aber der kalte Phosphor verbrennt ebenfalls an der Luft, und dennoch iſt lange Zeit beſtritten worden, daß er unter dieſen Umſtaͤnden Wiirme entbinde. Demnach verbrennen die ſogenannten warmbluͤtigen Thiere binnen einer gegebenen Zeit viel Kohlenſtoff und zei— gen eine bedeutend hoͤhere Temperatur, als die ſie umge— benden Koͤrper im Allgemeinen, wogegen die ſogenannten kaltbluͤtigen Thiere weit weniger Kohlenſtoff conſumiren, und alſo einen ſo geringen Temperaturuͤberſchuß darbieten, daß es ſchwer oder unmoͤglich iſt, denſelben wahr zunehmen. Demnach gelangen wir durch buͤndige Schluͤſſe zu dem Reſultate, daß die Verbrennung des Kohlenſtoffs, die Ent: wickelung von Kohlenſaͤure und folglich auch die Erzeugung von Waͤrme, ohne welche eine Verbrennung des Kohlen— ſtoffs nie ſtattfindet, der conſtanteſte Character der Anima— lität ſey. Mag nun von hoͤhern oder niedern Thieren die Rede ſeyn; mag die Kohlenſaͤure aus der Lunge oder aus der Haut entweichen; darauf kommt bier nichts an; die Er— ſcheinung, die Function iſt die nämliche. Während die Thiere jedoch Kohlenſtoff verbrennen, ver: brennen ſie auch Waſſerſtoff, was ſich daraus ergiebt, daß bei ihrer Reſpiration fortwaͤhrend Sauerſtoff conſumirt wird. Außerdem athmen ſie beſtaͤndig Stickgas aus. Dieß iſt ſehr beruͤckſichtigungswerth und darf nicht uͤberſehen wer: den, weil dadurch eine Tiuſchung vermieden wird, in die man ſonſt leicht verfallen koͤnnte. Mehrere Beobachter ha— ben naͤmlich wahrnehmen wollen, daß bei der Reſpiration Stickgas abſorbirt werde, was jedoch ſtets unter Umſtaͤnden vorgekommen iſt, welche die Sache mehr als zweifelhaft erſcheinen laſſen. Die conſt inte Erfheinung iſt die Abſorp— tion dieſes Gaſes. Wie muͤſſen daher feſt annehmen, daß wir aus der Luft nie Stickſtoff uns aneignen; daß die Luft fuͤr uns nie einen Nahrungsſtoff abgiebt; daß wit aus derſelben lediglich den Sauerſtoff beziehen, der zur Bildung von Kohlenſaͤure 115 mit dem Koblenſtoffe, und von Wıffer mit dem Waſſer— ſtoffe erforderlich iſt Das ausgeathmete Stickgas rührt alſo durchaus von den Nahrungsmitteln ber, und dieſes duͤrfte in dem allge— meinen Naturhaushalte, im Laufe vieler Jahrhunderte, ven den Pflanzen abſorbirt werden, welche, gleich der Erdbirn, den Stickſtoff direct aus der Luft beziehen. Uebrigens ſtoßen die Thiere noch auf anderen Wegen, als durch die Lunge, Stickſtoff aus. Die mittlere Quan- titaͤt deſſelben, welche der Menſch, nach Lecanu's Ber: ſuchen, taͤglich mit dem Harne ausleert, betraͤgt 15 Gram— men, und derſelbe kommt offenbar, gleich dem Kohlenſtoffe und dem Wiſſerſtoffe, die in uns verbrannt werden, aus den Nahrungsmitteln Unter welcher Form wird dieſer Stickſtoff au-geleert? Unter derjenigen von Ammonium. Wir erkennen hier eines jener Phaͤnomene, die uns durch die hohe Einfachheit der, von der Natur zu ihren Zwecken angewandten Mittel, Stau— nen abzwingen. Wenn wir, nach dem allgemeinen Naturplane, der Luft den Stickſtoff zuruͤckgeben, der einſt gewiſſen Pflanzen direct zu Gute kommen wird, ſo mußten wir ihr auch das Am— monium wiedererſtatten, welches zur Exiſtenz, zur Entwicke— lung der meiſten Pflanzen ſo noͤthig iſt. Das Hauptreſultat der Harnſecretion beſteht nun aber eben in der Ausleerung von Ammonium, welches in den Erdboden, oder in die Luft zurückkehrt. Es verſteht ſich uͤbrigens faſt von ſelbſt, daß die Harn— werkzeuge durch die ſtete Beruͤhrung mit Ammonium zer— ſtoͤrt und zu ihren Functionen unbrauchbar werden wuͤrden; ja ſelbſt kohlenſaures Ammonium wuͤrde dieſe nachtheiligen Folgen herbeifuͤhren. Deßhalb excerniren wir den ſogenann— ten Harnſtoff (urea), welcher allerdings weſentlich kohlen— ſaures Ammonium iſt, das heißt, aus Kohlenſaͤure, wie wir deren ausathmen, und aus Ammonium, wie es die Pflan— zen verlangen, beſteht Allein dieſes kohlenſaure Ammonium hat Waſſerſtoff und Sauerſtoff verloren, welche zur Dar— ſtellung zweier Atome Waſſer genuͤgen. Durch die Entzie— hung dieſes Waſſers wird das kohlenſaure Ammonium zum Harnſtoffe, zu einem neutralen Körper, der die thieriſchen Membranen nicht angreift und durch die Nieren, Harnleiter, Blaſe ꝛc. gehen kann, ohne dieſelben zur Entzuͤndung zu reizen. An die Luft gelangt, erleidet der Harnſtoff jedoch eine wirkliche Gaͤhrung, welche ihm jene beiden Atome Waſ— ſer zuruͤckgiebt und ihn in eigentliches kohlenſaures Ammo— nium verwandelt. Dieſes iſt flüchtig und kann alſo in die Luft verdunſten; aufloͤslich und daher faͤhig, mit dem Re: genwaſſer in den Boden zu ſinken, folglich beſtimmt, zwi— ſchen der Luft und dem Erdboden ſo lange hin und her zu wandern, bis es durch die Wurzeln einer Pflanze aufgefaugt und, in ihr verarbeitet, ſich von Neuem in organiſchen Stoff verwandelt. Neben dem Harnſtoffe finden ſich im Urine einige Spu— ren von eiweißartiger oder ſchleimiger thieriſcher Materie, welche jedoch nur durch die genaueſten analytiſchen Proceffe erkennbar ſind. Dieſe Materie wird, in Beruͤhrung mit 117 der Luft, verandert und zu einem jener Gähtunzsſtoffe, des ren wir in der organiſchen Natur fo viele finden Dieſer Gaͤhrungsſteff iſt es, der die Umwandlung des Harnfſoffes in kohlenſaures Ammonium bewickt. Dieſe Gaͤhrungsſtoffe, welche unſere Aufmerkſamkelt in fo hohem Grade in Anſpruch genommen haben und unter deren Einfluſſe die merkwürdigſten Metamorphoſen der orga— niſchen Chemie von Statten gehen, werden im naͤchſten Jahrescurſus von mir umſtaͤndlicher unterſucht werden. Wir leeren alſo den Harnſtoff, begleitet von jenem Gaͤhrungsſteffe, jenem Umbildungsmittel aus, welches zu einem beſtimmten Zeitpuncte in Thätigkeit tritt, um den Harnſtoff in kohlenſaures Ammonium zu verwandeln. Wenn wir dem allgemeinen Proceſſe der thieriſchen Verbrennung jene ihm rechtmaͤßig gehörende Kohlenſaͤure des kehlenſauren Ammonioms zuruͤckgeben, fo bleibt als cha— racteriſtiſches Product des Harns das Ammonium übrig. Lunge und Haut hauchen alſo Kohlenſaͤure, Wuſſer und Stickſtoff aus, und durch den Harn wird Ammonium excernirt. Dieß find die conſtanten und nothwendigen Aus— leerungsſtoffe der thieriſchen Oeconomie, und fie find es ges rade, welche das Pflanzen reich verlangt und zu feinem Nuz— zen verwendet, wie daſſelbe ſeinerſeits der Luft den durch das Thierreich conſumirten Sauerſtoff zuruͤckgiebt. Wober kommen aber jener durch die Thiere verbrannte Koblenſtoff und Waſſerſtoff, jener Stickſtoff, den ſie in der Form ven Stickgas ausathmen, oder als Ammonium durch die Harnwerkzeuge excerniren? Sie kommen offenbar aus den Nahrungsmitteln. Studirt man die Verdauung aus dieſem Geſichtspuncte, ſo erſcheint ſie in einer weit einfachern Geſtalt, als ſenſt, und laͤßt ſich in wenigen Worten ſchildern. Können wir nämlich als erwieſen betrachten, daß das Thier keine organiſche Materie erzeugt, daß es dieſelbe ſich lediglich aſſimilirt oder durch Verbrennung zerſtoͤrt, ſo braucht man in der Verdauung nicht mehr allen jenen geheimniß— vollen Proceſſen nachzuſpuͤren, die man in ihr nie ergruͤn— den wird. Die Verdauung iſt ein einfacher Abſorptionsproceß; die aufloͤslichen Stoffe gehen in's Blut über, und zwar meh— rentheils unverändert; die unauflö lichen Stoffe gelangen in den Chylus fein genug zertheilt, daß fie durch die Milchſaft— gefaͤße eingeſogen werden koͤnnen. Uebrigens bat die Ver— dauung offenbar den Zweck, dem Blute einen Steff zuruͤck— zugeben, der unſerer Reſpir tion jene 10 — 15 Grammen Kohlenſtoff oder deſſen Aequivalent an Waſſerſtoff liefert, welchen jeder Menſch allſtuͤndlich verbrennt, und ihr das eine Gramm Stickſtoff zuruͤckzuerſtatten, welches eben falls allſtuͤndlich theils durch die Lunge auszehaucht, theils mit dem Harne ausgeleert wird. Die ſtaͤkkemehlhaltigen Stoffe verwandeln ſich alſo in Gummi und Zucker; die zuckerigen Stoffe werden abſorbirt; die fetten Stoffe zertheilen ſich fein, verwandeln ſich in Emulſionen und gehen ſo in die Gefaͤße uͤber, um Abla— gerungen (Vorraͤthe) zu bilden, welche das Blut, fo oft es deren bedarf, ſich wieder aneignet und verbrennt, 118 Die neutcalen ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen, der Faſer— ſtoff, Eiweißſteff, Kiſeſtoff, werden erſt aufgeloͤſ't, dann wieder niedergeſchlagen und gehen im Zuſtande feinſter Zer— theilung oder von Neuem aufgelöjt in den Chylus über, So empfängt und aſſimilirt ſich das Thier die neutra= len ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen, welche es völlig ausgebil— det in den Pflanzen oder Thieren vorfindet, von denen es ſich naͤhrt, faſt unverändert; es nimmt die aus denſelben Quellen ſtammenden fetten Stoffe auf, und mit den ſtaͤr— kemehlhaltigen und zuckerigen Producten verhaͤlt ſich die Sache ebenſe. Dieſe drei Hauptelaſſen von Stoffen, deren Urſprung durchaus im Pflanzenteiche zu ſuchen iſt, find zum Theil aſſimilirbar, nämlich Faſerſtoff, Eiweißſtoff, Kaͤſeſtoff, fette Stoffe, welche dazu dienen, das Wachsthum der Organe zu bewirken, oder denſelben die verbrennlichen Producte, Zucker und fette Subſtanzen, zuruͤckzuerſtatten, welche durch die Reſpiration conſumirt werden. Da: Thier ſſimilirt ſich alſo, oder zerſtoͤrt vollig fer— tige organiſche Stoffe, ehne daß es ſolche erzeugt. Die Verdauung fuͤhrt voͤllig fertige organiſche Stoffe in das Blut ein; die Aſſimilation bemaͤchtigt ſich der ſtickſtoffhalti— gen darunter; die uͤbrigen verbrennt die Mefpiration. Wenn die Thiere aber auch nicht das ſpecielle Vermoͤ— gen beſitzen organiſche Stoffe zu erzeugen, fo fragt es ſich dagegen, ob ihnen doch die beſondere und merkwürdige Fu: higkeit eigen iſt, Waͤrme ohne Aufwand ven Materie zu entwickeln, was man behauptet hat, Bei Gelegenheit der Beleuchtung von Dulong’s und Despretz's Verſuchen, haben wir mit Beſtimmtheit ge— ſ hen, daß das Gegentheil der Fall iſt. Dieſe geſchickten Phyßker waren der Anſicht, ein Thier, welches man in ei— nen mit kaltem Waſſer verſehenen Calorimeter bringe, komme genau mit derſelben Temperatur aus demſelben heraus, mit welcher es hineingekemmen. Gegenwaͤrtig laͤßt ſich dar— thun, daß dieß rein unmoͤg ich iſt. Das Erkalten des Thieres, welches fie nicht in Anſchlag gebracht haben, wird in ihren Tabellen durch den Ueberſchuß an Waͤrme aus ge⸗ druͤckt, welchen ſie und alle Phyſiologen von einer eigen— thuͤmlichen, nicht an die Reſpiration gebundenen, waͤrmeer— zugenden Kraft der Thiere herlciteten. Ich betrachte als ııwiefen, daß alle thieriſche Waͤrme der Reſpiration ihre Entſtehung verdankt, und daß der ver— brannte Koh enſteff und Waſſerſtoff das genaue Maaß der: ſelben abyiebt; kurz, daß jene poetiſche Vergleichung der Lo⸗ tometive einer Eiſenbahn mit dem Thiere auf feſterem Grunde beruht, als man wehl glauben moͤchte; denn in dem einen, wie in dem andern Falle, finden wir Verbren— nung, Wärme, Bewegung, in enger und propertionaler Wechſelbeziehung zueinander. Betrachtet man die thieriſche Maſchine aus dieſem Ge— ſichtspuncte, ſo wird ſie uns um Vieles leichter begreiflich; fie bildet das Kettenglied zwiſchen dem Pflanzenreiche und der Luft; allen ihren Nahrungsſtoff entlehnt ſie vom er— ſtern, und alle ihre Excretionen uͤberliefert fie der letztern. 87 119 Ich erinnere Sie an die Anſicht, welche wir von der Reſpiration gefaßt haben, welcher Proceß verwickelter iſt, als ihn Laplace und Lavoiſier ſich vorſtellten und La— grange ihn ſich dachte, der aber eben durch dieſe complis cirtere Beſchaffenheit ſich um fo folgerechter den allgemeinen Geſetzen der unorganiſchen Natur unterordnet. Sie haben geſehen, daß das Venenblut Sauerſtoff auf— loͤſſt und Kohlenſaͤure entwickelt, daß es zu Arterienblut wird, ohne eine Spur von freier Waͤrme zu erzeugen. Das Blut entbindet alſo den Waͤrmeſtoff nicht vermoͤge feiner Verwandlung in Arterienblut. Allein unter der Einwirkung des abſorbirten Sauer: ſtoffes verwandeln ſich die aufloͤslichen Stoffe des Blutes in Milchſaͤure, was die HHrn. Mitſcherlich, Boutron— Charlard und Fremp dargethan haben. Die Milch— ſaͤure verwandelt ſich ihrerſeits in milchſaures Natron und dieſes durch eine wahre Verbrennung in kohlenſaures Na— tron, welches ſeinerſeits durch eine neuhinzutretende Menge Milchſaͤure wiederum zerſetzt wird. Dieſe langſame, aber unausgeſetzte Aufeinanderfolge von Proceſſen, welche eine wirkliche, aber in verſchiedene Tempos zerlegte Verbrennung bildet, und in der man eine jener langſamen Verbrennungen zu erkennen hat, auf welche Herr Chevreul fhon vor längerer Zeit aufmerkſam gemacht hat, iſt das eigentliche Phaͤnomen des Athemholens. Das Blut ſchwaͤngert ſich alſo in den Lungen mit Sauerftoff und athmet in der That in den Haargefaͤßen aller übrigen Organe, wo die Verbrennung des Kohlenſtoffs und die Waͤr— meentwickelung beſonders von Statten gehen. (Schluß folgt.) 120 Miscellen. Ueber die fetten Koͤrper im Epiploon der Batra⸗ chier und in'sbeſondre des Waſſer-Salamanders (Triton) hat Herr Roſſignol neue Unterſu chungen angeſtellt und der Academie der Wiſſenſchaften zu Paris mitgetheilt. Das Epiploon dieſer Thiere iſt ſehr voluninds und beſteht aus einer ſehe großen Zahl von Zellen, welche ein wahrhaftes adipoſes Gewebe bilden und mit einer großen Menge eines gelben Oels gefuͤllt ſind, welches im Geruche an ranziges Nußol erinnert. Dieſe gelbe Sub— ſtanz iſt im Winter in weit reichlicherem Maaße vorhanden, als in einer andern Jahreszeit, und namentlich im Fruͤbhjahre, fo daß man vermuthen darf, daß die Thiere eine Zeit des Jahres hin— durch auf Koften dieſes Fettes leben. Das Oel iſt ſehr leicht und mit einem bloßen Drucke aus dem Epipleon zu entleeren. Das Oel unterſcheidet ſich von andern bekannten Oelen dadurch, daß es faft ganz aus einer der Oelſaͤure analogen Subſtanz beſteht, ver— bunden mit einer fetten, faͤrbenden Subſtanz. Ueber die Meeres flache an der Neapolitaniſchen Kuͤſte hat Sir John S Forbes der K. Societät der Wiſſen⸗ ſchaften zu Edinburgh eine Abhandlung uͤberreicht, welche von den neueſten Unterſuchungen der Italieniſchen Archäologen und Geolo— gen in Beziehung auf den bekannten Tempel des Jupiter Sera— pis zu Puzzuoli Nachricht gab. Sir John hat ſich durch perſoͤn— liche Unterſuchung von den verſchiedenen Einzelnheiten uͤberzeugt und die Unterſuchungen auch auf andere Theile der weſtlichen Kuͤſte von Italien erſtreckt, wo Spuren von Lithophagi, nach Nico li⸗ ni's Anfuͤhren, bis auf 250 Fuß über der Meeresflaͤche gefunden werden. — Die intereſſanteſten neueren Unterſuchungen aber ſind die von Nicolini uͤber die wirkliche Veraͤnderung der relativen Hoͤhe der Meeres- und der Umgegend-Flaͤche, welche durch eine beſtimmte Meſſung oft in den Zwiſchenraͤumen von 1823 und 1838 vorgenommen worden ſind. In dieſer Zeit ſcheint das Meer durch eine Reihe von 112 Millimeter (etwa 45 Zoll) geſtiegen zu ſeyn; und dieſe Veraͤnderung iſt ganz allmaͤlig und nicht plotzlich eingetreten. eee Ueber partielle Zerreißung der Nerven. Von John Hamilton. Folgender Fall kommt nicht ſelten vor: Ein Herr von 36 Jahren, von nervöfem Temperament, fühlte bei einer Beſtrebung, eine Dame, welche fallen wollte, aukzufangen, ein plögliches Schnap— pen, als wenn in der Sacralgegend etwas zerreiße; dabei empfand er den heftigſten Schmerz und eine ploͤtzliche Schwaͤche der untern Extremitäten, fo daß er nur mit großer Beſchwerde die Treppen hinaufkommen konnte, um zu Bette zu gehen. Der Schmerz ver— lief um das Huͤftbein herum gegen den Unterleib, in den Schenkel herab, ftärfee auf der rechten, als auf der linken Seite Als ich den Kranken einige Stunden danach ſah, lag er in zuſammengezo— gener Stellung zu Bette und war nicht im Stande, ſich ohne die groͤßten Schmerzen auszuſtrecken. Nachdem er einige Tage im Bette geruht hatte, ging es bei einer kraͤftigen Behandlung wieder gut. Die Erklarung dieſes Falles iſt nicht leicht. Was war zer— riſſen, um einen fo heftigen und ploͤtzlichen Schmerz und ſolche Schwaͤche der untern Extremitaͤten zu veranlaſſen? Der naͤchſte, ſchwerere Fall weiſ't etwas deutlicher auf eine Verletzung des Ner— venſyſtems hin. Zweiter Fall. Eine Tagloͤhnersfrau von 30 Jahren hatte vor 6 Jahren bei einer Anftrengung, um eine Laſt von einem Rare ren abzuladen, den Körper übermäßig geſtreckt und fuͤhite ploͤtzlich ein Zuſammenfahren am unterſten Theile der Kreuzbeingegend, ein Wenig nach Links, dabei den heftigſten Schmerz und zwei Stunden danach ein vollkommenes Unvermoͤgen, aufrecht zu ſtehen, wegen Mangel ure. an Kraft in den untern Extremitaͤten, ſo wie auch wegen Zunahme des Schmerzes bei aufrechter Stellung. Es war ein Gefühl wie von Nadelſtichen an der Stelle, wo ſie die Zerreißung gefuͤhlt hat. Die Heftigkeit der Symptome nahm allmälig ab; aber in den naͤch— ſten zwei Jahren war ſie niemals ganz ſchmerzfrei an der Stelle der Verletzung und litt an einer Schwaͤche im Nuͤcken; ſie ſetzte inz deß ihre befchwertichen Arbeiten fort Nach Ablauf dieſer Zeit wurden die Symptome plotzlich verſchlimmert; die linke uns tere Extremitaͤt wurde taub, kalt, kraftlos und erregte das Ger fühl, als wenn fie eingeſchlafen wäre; bei'm Gehen wurde der Fuß etwas geſchleppt. Die Frau wurde ſehr nervos; das leiſeſte Ger raͤuſch machte, daß fie zuſammenfuhr und veranlaßte einen ſchmerz— haften Stich vom Kreuzbeine im Rückgrat in die Hoͤhe bis zu den Schultern. Unter guter aͤrztlicher Behandlung von Herrn Wil— mod beſſerte ſich ihr Zuſt and; dennoch litt ſie in den folgenden 4 Jahren bald mehr bald weniger an denſelben Symptomen. 6 Jahre nach der Verletzung ſah ich die Kranke zuerſt, na bdem ein Fall auf die Geſaͤßgegend auf dem Eiſe den Schmerz faſt in der urſpruͤnglichen Heftigkeit wieder hervorgerufen hatte. In die: ſem Falle ruͤhrte die Verletzung wahrſcheinlich von einer Streckung einiger der Aeſte her, welche von dem Sacralgeflechte gehen, um den Winkel der ischiadicus zu bilden Ich habe mehrere Fälle faſt gleicher Wirkungen verſchiedener Arten von Anſtrengungen geſehen. Im verfloſſenen November kam Capitain G., vom vier und fuͤnfzigſten Regimente, zu mir, um ſich über einen Schmerz in der linken Leiſtengegend und im Verlaufe des ischiadicus herab, mit Laͤhmung und etwas Contraction der lin— 121 ken untern Ertremität, zu beklazen Zehn Tage zuvor hatte er bei'm Ballſchlagen ſich fo ſtark, als möglich, nach der rechten Seite ausgeſtreckt und fühlte dabei in der linken Hüfte mit dem heftigſten Schmerz etwas krachen, worauf ſogleich der Schmerz in dem Ner— ven herab und Laͤhmung folgten. Hier war wahrſcheinlich der obere Lumbaraſt des Sacralgeflechtes durch die ploͤtzliche heftige Aus— ſtreckung verletzt. In ſolchen Fällen würde es indeß immer ſehr ſchwierig ſeyn, den pathologiſchen Beweis zu führen, daß ein Nerv mechaniſch ger litten habe, da eine Gelegenheit zur Unterſuchung von Nerven, die fo verlegt find, kaum jemals vorkommen mag. Es giebt indeß bis⸗ weilen Verletzungen, deren anatomiſcher Sitz waͤhrend des Lebens fo genau angedeutet iſt, daß die Art der Verletzung kaum weniger deutlich iſt, als wenn die Theile ſelbſt dem Auge bloßgelegt gewe— ſen waͤren. So erſcheinen mir die drei folgenden Fälle, in welchen kein Zweifel ſeyn kann, daß wirklich ein Nerv verletzt war. Vierter Fall. Eſſy M' Maron, 33 Jahr alt, kam am dritten April 1840 zu mir. Drei Wochen zuvor hatte ſie eine ſchwere Matratze mit der Hand in der aͤußerſten Extenſion zuſam— mengedreht; die Hand war im Handgelenke zuruͤckgebogen und nun fühlte fie unmittelbar über dem Handgelenke etwas zerreißen und auch auf der Stelle eine Taubheit, an der Spitze des Zeigefin— gers und an der innern Fläche des Mittelfingers. Zugleich hatte fie ein Gefühl, als wenn fie mit Brennneſſeln ſich gebrannt hatte. Schmerz ſtellte ſich am Abend ein; er begann von den Finger— ſpitzen und verlief an der innern Seite des Armes nach dem Laufe der Nerven und war ſo heftig, daß ſie nicht ſchlafen konnte; die Kranke hatte eine krampfhafte Steifheit in dem Arme. In diefem traurigen Zuſtande mit Schmerz und Schlafloſigkeit ging es acht Naͤchte fort. Die Kranke verlor alle Kraft in der Handwurzel und Hand und konnte die Hand und die Finger nicht beugen. Die Hand wurde ſo kalt als Eis, außer wenn ſie gerieben oder an's Feuer gehalten wurde. Drei Tage nach der Verletzung ging fie in ein dispensary, wo unter Anderm gerathen wurde, die Hand ruhig zu halten. Sie befolgte indeß dieſen guten Rath nicht, fuhr fort zu waſchen, mußte aber nach vierzehn Tagen die Arbeit ausſetzen. Eine Woche ſpaͤter ſah ich fie zuerſt. Die Hand was kraftlos und hing ſchlaff an der Handwurzel herab, wie bei einer Bieifaͤhmung; dabei waren die Handflaͤche und die Finger taub (Handrücken nicht); ihre Finger gaben ihr das Gefühl, als ſeyen ſie todt und kalt. Mit der Ausnahme einer kleinen ſchmerzhaften Anſchwellung an der Radialſeſte des Handgelenkes, zum Theil über der Arterie. zeigte eine ſorgfaͤltige Unterſuchung keine Verletzung der Knochen oder Baͤnder, oder der uͤbrigen Beſtandtheile; dagegen fand ſich eine ſehr große Empfindlichkeit im Verlaufe des medianus, etwa drei Finger breit uͤber dem Handgelenke im Verlaufe des Nervens bis zu den Fingerſpitzen. Die Hand war blau und kalt. In der Uns fibt, daß eine partielle Zerreißung des medianus an der ſchmerz— haften Stelle ſtattgefunden habe, und daß die einzige Ausſicht auf Vereinigung abſolute Ruhe gewaͤhrte, legte ich die Hand, in dicke Baumwolle gehuͤllt, auf eine Schiene und befeſtigte ſie mit ei— ner Rollbinde. Dich brachte große Erleichterung und in vierzehn Tagen war die Kranke vollkommen wohl. Fünfter Fall. Harington, ein Bu dienter, von 46 Jah: ren und ein ſchwaͤchlicher Mann, war drei Wochen zuvor, während er ein ſchweres Gericht auf die Tafel ſetzte, mit dem Fuße ausge— rutſcht, fo daß die ganze Schwere der Schuͤſſel plöglich und uner— wartet auf die rechte Hand druͤckte. Die Handflaͤche wurde da— durch heftig geſtreckt; der Kranke fühlte einen plöglichen Schmerz und eine Schwache, a's wenn etwas zerriſſen ſeyp. Der Schmerz und die Kraftloſigkeit waren ſo ſchlimm, daß er nur mit gro— ßer Beſchwerde ſein Geſchaͤft verſehen konnte. In der Hands fläche zeigte ſich Anſchwellung mit Empfindlichkeit und heißer Haut; er beſchreibt den Schmerz als genau in der Lage des medianus be— findlich. Die beiden letzten Fingerglieder des Mittel- und Ring— fingers waren faſt unempfindlich und taub, fuͤhlten ſich aber nicht kalt an. Bisweilen hat er denſelben Mangel an Empfindlichkeit in dem Zeigefinger und in dem letzten Daumengliede. Dieſe Finger waren aber faſt kraftlos und wenn der Kranke verſuchte, etwas zu heben, ſo fiel es ihm aus der Hand. Nach der Natur des Falles, 122 dem Sitze des Schmerzes, der Bew'gungs- und Empfindungsloͤh⸗ mung in den von Aeſten des medianus verſorgten Tyeilen betrachtete ich den Fall als eine partielle Zerreißung dieſes Nerven mit nad: folgender Entzuͤndung an der verletzten Stelle. Ich verordnete Blutegel in die Handflaͤche und warme Fomentationen. Dadurch verminderte ſich die locale Entzuͤndung, Die Hand wurde nun auf eine Schiene gelegt und Goulard'ſches Waſſer angewendet. Fünf Tage danach befand ſich der Kranke ziemlich wohl; die einzigen Symptome waren roch eine geringe Schwaͤche der Hand. Sechster Fall. Sir E. C. ließ ein ſchweres Fenſter herab und fühlte dabei einen ploͤtzlichen Schmerz, wie wenn etwas in der rechten Hehlhand zwiſchen Ring- und kleinem Finger zerriſſen wäre. Dabei war Verluſt der Kraft in der Hand. Er fragte mich zwei Monate fpätır um Rath. Der kleine Ring- und Mittelfinger hatten ihre Bewegungsfähigkeit verloren, fie waren beſtändig con- trahirt, der Kranke koante ſie nicht ſtrecken und wenn er dieſen Verſuch machte, fo hatte er heftigen Schmerz, welcher wie eine leichte electriſche Erſchuͤtterung von der Stelle der Verletzung zum Handruͤcken und längs der aͤußern Seite des Vorderarms bis hin⸗ ter den Ellenbogen heraufſchoß. Dieſer Schmerz ſtellte ſich auch bisweilen von ſelbſt ein. An der Stelle der Verletzung fand ſich eine leichte Geſchwulſt, heißer, als die umgebenden Hautſtellen, und bei eirem Drucke entſtand ein dem obigen ähnlicher Schmerz, wel— cher jedoch an der aͤußern Seite des Ringfingers bis zur Spitze hinfuhr. Derſelbe, gleichſam electriſche, Schmerz ſchießt bis zur Spitze des kleinen und Ringfirgers vor, wenn man auf den Rücken der Handwurzel in der Gegend des Dorſalaſtes des ulnaris druckt. Der Kranke hatte ſeine Hand von der Zeit der Verletzung an mehr oder weniger gebraucht, indem der Daumen und Zeigefinger nicht afficirt waren. Ich verorvnete Ruhe, vier Blutegel an die ſchmerz— hafte Stelle und hierauf einen Breiumſchlag aus Brodt und Gou— lards⸗Waſſer. Schon in vier Tagen hatte ſich eine betraͤchtlichere Beſſerung eingeſtellt: der Kranke konnte feine Finger ſtrecken; er em— pfand zwar immer noch Schmerz, jedoch weniger heftig. Ich legte nun die Hand auf eine Schiene; dieß wurde jedoch von dem et— was ungeduldigen Kranken nicht ertragen. Er biett die Hand ru— big in einer Schlinge; dieß that ihm gut, aber er bediente ſich der Hand früher, als ich es wuͤnſchte, und dadurch ſchritt die Herſtellung langſamer vor ſich. Endlich, nachdem ſich der Kranke ſelbſt von dem Nutzen abſoluter Ruhe uͤberzeugt hatte, trug er eine kleine Schiene, wodurch die drei Finger feſtgehalten wurden. Sechs We: chen danach ſah ich ihn zuerſt wieder. Er befand ſich faſt wohl, fuͤhlte aber noch immer einen Schmerz bei einem Druck auf den urfprünglichen Sitz der Krankheit oder auf den Handrüden in der Nähe des ulnaris. Auch dieſer ließ allmaͤlig nach, und die einzi⸗ gen Ueberbleibſel von der Verletzung ſind eine gefuͤhlloſe Stelle in dem Gewebe zwiſchen Ring- und kleinen Finger, einige Schwaͤche dieſer Finger und crampus nach anhaltendem Gebrauche der Hand, wie bei'm Reiten. Die partielle Zerreißung hatte hier offenbar in dem Ulnaraſte ſtattgefunden, welcher zum Ring- und kleinen Finger ging, wobei ſich die Reſzung von der Stelle der Zerreißung aus nach Oben und Unten in den Nervenäften verbreitete und die Theile unterhalb der Verletzung paralyſirte. Zwei Monate lang während fortgeſetzten Gebrauches der Hand wurden die Symptome immer ſchlechter. Durch Blutentziehung, Umſcklaͤge und Ruhe wurde die Heilung bewirkt, welche wahrſcheinlich eben ſo raſch vor ſich ge— gangen wäre, wie in den früheren Faͤllen, wenn der Kranke früber in Behandlung gekommen und folgſamer geweſen wäre. In allen dieſen Faͤllen war die Veranlaſſung ziemlich dieſelbe: eine heftige Ausdehnung; hierauf folgte ein Gefuͤhl, als wenn et— was zerriſſen wäre, Schmerz im Verlaufe des Nerven, Varalyfe der Empfindung und Bewegung in dem von den Nervenoͤſten ver— ſehenen Vordertheile wodurch die Diagnoſe einer Verletzung des Nervenſtamms in hohem Grade wahrſcheintich wurde. Ein inter⸗ eſſantes Symptom, welches in dem einen Falle vorkam, war die Veränderung der Temperatur der Hand. Dieſe Kälte habe ich auch in andern Fällen gefeben, in welchen ein Nerv verletzt war, und Sir Benjamin Brodie rechnet dieſes unter die Symptome localer hyſteriſcher Affectionen der Gelenke. Es iſt nicht bloß ein Gefuͤhl von Kaͤlte, welches der Kranke hat, ſondern eine abſolute 123 Temperaturabgahme mit blen ich flotigem Ausſehen und bisweilen mit eco as odematdſer A ſchwellung. Di: Katte iſt gewohalich nicht anhaltend, foadern wechſelt mit intenſiver Hitze und dieſe letzte Ems pfindung iſt bei weitem laͤſt'ger, als das Kaltegefuͤhl. Dieſe Ab— wechſelung mit Dige ſcheint bisweilen gewiſſe Regeln zu beobachten und kommt, z. B., zweimal taäg ich wie ein hectiſches Fieber um zwei oder drei Uhr Nachmittags und Abends gegen zehn Uhr. Der Theil wied roth, userzieht ey mit Syweiß, dampfe bis veilen buch— ſtäblich, und der Reſt des Körpers bleibt in natuͤrlichem Zuſtande. Dieſer Wechſel von Kalte und Hitze zeigte ſich auch in dem folgen: den Falle, bei welchem ein Nervenſtamm durch Feuer verletzt war. Siebenter Fall. Michael Duffy 64 Jahr alt, ein Domeſtique, wurde vor drei Wochen in das Fleath- Hospital auf- genommen, nachdem er Tags zuvor bewußtlos ia einer Kalkbrenne— rei gefunden worden war. Er blieb den ganzen Tag bewußtlos. Seine Beine waren verbrannt; jedoch fand ſich beſonders eine Brandwunde des vierten Grades User dem Koͤpfchen der rechten lihnla an der Stelle des nervus peronaeasz; mehrere andere Brands wänden fanden ſih am Ballen der großen Zehe und an den klei— nern Zehen derſelben Seite. In der erſten Woche koante er noch gehen, weng er ſich an den Winden hielt und auf den Stock fügte. Als aber das verbrannte Hautſtück uber dem Köpfchen der hibaula ſich abſtieß, ſtellte ſich Paralyſe des Fußes ein und blieb ſeitdem unverandert. Der rechte Uaterſchenkel iſt vom Knie an bis zu den 3 henſpitzen taub, gleichſam eingeſchlafen und unempfindlich; dieſes war beſonders an der vordern und Augern Seite des Unterſchen— kels bis zum aͤußern Kao hel zu bemerken; dagegen nicht an der Wade, an der innern Seite des Unterſchenkels und an der Fuß— ſohle; kurz die Lähmung beſchraͤnkte ſich auf die Theile, in denen fih der perinaeus und deſſen Aeſte, der musculo- cutaneus und tibialis anticus vertheilen. Die Taubheit mit etwas Schmerzhaf— tigkeit reicht nach Oben an der äußern S ite des untern Dritte theils des Schenkels bis zum n. ischia-lieus, Die afficirten Theile fühlen ſich g wohnlich viel kaͤtter an, als die übrigen Theile; aber in der Nacht werden ſie brennend heiß, vom Kaoͤchel an abwärts. Der Unterſchenkel iſt etwas geſchwollen, der Fuß hingt ſchlaff von den Kadcheln an berab der Kranke iſt nicht im Stande, den Fuß zu beugen, und der Zuftand gleicht ganz dem der Malercolik. Da, wo der verbrannte Theil ahgıltoßen worden iſt, über und etwas binter dem Köpfchen der fibula zeigt ſich ein kleines, aber tiefes Geſchwuͤr, welches von einer Purpurröche umgeben iſt; es ſoll an— fangs uber einen Zoll tief geweſen ſeyn, und es war noch einen halben Zoll tief. Zwoͤif Tage nach der Aufnahme verließ der Kranke das Spital in demſelben Zuſtande Etwa ein halb Jahr danach traf ih den Mann in der Straße als Bettler und auf Krücken gehend; jedoch war er allmälig fo weit gekommen, daß er auch mit dem Stocke gehen und in einem Zimmer eine kurze Strecke ſelbſt ohne Uaterſtuͤgung fortkommen konnte, wobei er den Fuß platt auf den Boden feg'e und nicht im Stande war, die Fußſpitze nach Unten zu ſtrecken. Er hatte weder Kraft noch Gefuͤhl in der großen Ze— he, welche übrigens geſund ausſah; dieß ruͤhrte wahrſcheinlich von der Verbrennung am Ballen der großen Zehe her, wodurch der ti- bialis verletzt wurde. Die Empfindung in dem Uiterſchenkel und Fuße hatte ſich großentheils wiederhergeſtellt; es war leichte Ge— ſchwulſt, Schmerz Enpfinstihkeit und Rothe am untern Dritt— theile des Unterſchenkels zu bemerken. Eilf Monate fpäter war der Kranke ganz wieder hergeſtellt; ein Umſtand von ungewöhnlichen Intereſſe, da er die Annahme rechtfer igt, daß ſich ein Stuͤck des Nerven regenerirt habe Ich wurde von einem meiner Patienten erſucht, eine Ver— wandte zu beſuchen, mehr als Gegenſtand des Intereſſes, als zu aͤrzt— lichem Nith, da die Kranke einen vortrefflichen Arzt hatte und uͤberdieß die Hoffnung auf Herſtellung durch aͤrztliche Mittel aufs gegeben hatte. Achter Fall. An 20. Ini 1833 Frau N., 28 Jahr alt, eine zart ausſehende Dame, iſt fo lahm auf dem rechten Fuße, daß ſie Krücken gebrauchen muß und ſelbſt mit dieſen nur eine ſehr kurze Strecke zu gehen im Stande iſt. Das Lahmſeyn iſt Folge einer Schwäche und eines Schmerzes in den Kröcheln. Wenn ber Fuß auf den Boden gefigt wird, ſo entſteht ein prickelndes Se: 121 fühl; die Extremität iſt vom Knie an abgemagert, livid, lebhaft roth gefleckt, ganz kalt und empfindlich gegen Beruͤhrung. Die Mißfaroigkeit nimmt ziemlich die untere Hälfte des Unterſchenkels ein. Drei und ein halb Jahr zuvor, dei'm Herabſteigen einer Treppe, verfehlte fie eine Stufe und vertrat ſich den Fuß, worauf fie ungewöhnlich heftige Schmerzen, befonders an der innern Seite der Fußſohle in der Gegend des plantaris, hatte. Der Schmerz nahm den Verlauf des n. plantaris ein; fo ging es unverändert faſt drei Monate fort, als nach einem heftigen Kummer über einen Todesfall in der Familie plotzlich der Gebrauch des Fußes verlo— ren ging, indem die Kranke wegen Schwäche und Schmerz nicht im Stande war, ſich auf dem Fuße zu halten, welcher ſich gerd— thet und geſchwollen zeigte. Der Schmerz ſteigerte ſich zum hoͤch— ſten Grade, und die Empfindlichkeit wurde ſo groß, daß ſie kaum im Stande war, Jemand um ſich zu dulden. Bei Tage kalt, wurde der Fuß in der Nacht intenſiv heiß. Die Kranke fuͤhlte große Erleichterung, wenn ſie den Fuß in kaltes Waſſer ſetzte, und ſie hatte deswegen immer ein Becken mit kaltem Waſſer neben ih- rem Bette ſtehen. Sie bedeckte den Fuß niemals mit der Bett⸗ decke. Dieſe Localaffection war von einem beträchtlichen Grade all: gemeiner nervofer Reizbarkeit und Abmagerung begleitet. Es was ren die verſchiedenſten Mittel verſucht worden; Salivation, Blut- egel, Blaſenpflaſter, Eis ꝛc.; jedoch ohne guten Erfolg, und man hatte nun die Cur der Zeit uͤberlaſſen, welche allmaͤlig einige Beſ⸗ ſerung bewirkte, indem ſich die Geſchwurſt ebenfo, wie die große Empfindlichkeit und der Schmerz, vermindert haben; auch kann die Kranke jetzt mit Kruͤcken gehen, was ſie lange Zeit nicht im Stande war. Am 15. Oct. 1840 ſah ich dieſe Dame wieder, beinahe ſechs I ihre nach der Verletzung und mehr als zwei Jahre, nachdem ich fie zuerſt geſehen hatte. Der Zuſtand hatte ſich weſentlich gebeſ— ſert; der Fuß iſt noch ein wenig empfindlich, indem ein feſter Druck an der innern Seite der Fußſohle über dem Plantarnerven ein ſchmerzhaftes Gefuͤhl von Nadelſtichen verurſachte. Das Ausfehen des Beines und Fußes iſt beſſer; das Glied iſt weniger abgema— gert, weniger livid und weniger gefleckt; jedoch immer noch etwas kaͤlter, als der andere Fuß und bisweilen Anfaͤllen brennender Hitze unterworfen; jedoch nicht ſo heftig und haͤufig, als fruͤher. Die Kranke ſchlaͤft gut und ohne Schmerz; das Ausſehen iſt geſund; ſie gebraucht zwar die Kruͤcken noch, iſt jedoch weniger von ihnen ab⸗ haͤngig, und hat mehr Vertrauen in ſich ſelbſt. In einer frühern Abhandlung (Dublin med. Journ, Vol, 13.) habe ich angeführt, daß die rothe oͤdematoͤſe Geſchwulſt nach Ver— wundung eines Nerven, wenn fie zugleich von Hitze begleitet iſt, in hohem Grade dem Zuftande ähnlich iſt, wo ſich Eiter unter ei: ner Fascie anſammelt; ich führte dabei den Fall eines Mädchens an, welches ſich durch einen Meſſerſtich in einen der Palmarnerven verwundete (eine Wunde, welche leicht zu Eiterergießung unter der Fascie Veranlaſſung giebt); in dieſem Falle war die Diagnoſe nur nach dem Wechſel des Zuſtandes zu machen, indem die Geſchwulſt, Hitze und Rothe zeitweiſe ganz verſch wand. Waͤhrend dem Kaͤlte— ſtadium eines Teiles nach einer Nervenverletzung iſt die Kälte nicht dieſelbe, wie waͤhrend des Hitzeſtadiums; ſie iſt ganz eigen⸗ thuͤmlich livid gefleckt, ähnlich der Faͤrbung des Handrüͤckens, wenn derſelbe bei kaltem Wetter lange den Froſte ausgeſetzt war. Nicht unwichtig in dem letzten Falle iſt, daß nach ſechsjaͤhrjger Dauer der Krankheit und während dieſelbe, wenn auch vermindert, noch fortdauerte, eine ſorgfaͤltige Unterſuchung nicht die mindeſte Structurveraͤnderung des Gelenkes auffinden konnte, was bei keiner andern Krankheit der Fall geweſen ſeyn würde, Ip ſtehe nicht an, dieſen Fall mit den hyſteriſchen Affectionen in Verbindung zu bringen, welche Sir Benjamin Brodie ſo gut beſchrieben hat. Neunter Fall. Kapitän K. lief raſch die Treppen herab und fiel nach Vorn, indem er mit der Ferſe des rechten Fußes une ter dem Rande einer der Stufen fit einklemmte. Bei'm Fallen wurde nun der Fuß im hoͤchſten Grade ausgedehnt; der Kranke hatte heftigen Schmerz und das Gefühl, als wenn von dem Kno- chel etwas zerriſſen waͤre. Es folgte nun heftiger Schmerz an die⸗ fer Stelle, livide Anſchwellung, Paralyſe des Fußes mit Empfind⸗ lichkeit gegen Druck, und bisweilen ſtellte ſich die heftigſte Kälte im, 125 ganzen Fuße, beſonders in der Nacht, zu andern Zeiten große Hitze ein Mit Zwiſchenzeiten von Beſſerung litt er mehrere Jahre an dieſen Symptomen; zweimal war er faſt geſund, erlitt aber Ruͤck⸗ fälle. das eine Mal, weil ihm ein Stuͤck Holz auf die urſpruͤnglich verletzte Stelle gefallen war, und das zweite Mal, vier Jahre nach der erſten Verletzung, fühlte er, als das Schiff, auf dem er ſich befand, eine ploͤtzliche Schwankung machte, gleichſam einen Riß queer uber den Fuß an der Stelle der erſten Verletzung. Außer den ge: woͤhnlichen Symptomen hatte dieſer Kranke noch ein eigenthuͤmliches nämlich ein Gefühl von Trennung zwiſchen den Zehen, welches er als hoͤchſt unangenehm heſchreibt; einmal als er ſich ſehr übel befand hatte er daſſelbe Gefühl zwiſchen den Fingern der rechten Hand; jetzt iſt er im Stande, ziemliche Anſtrengungen auszuhalten, wird aber dennoch bisweilen von einem nervoͤſen Gefuͤhle an der verletzten Stelle geſtoͤrt, und obwohl bereits zehn Sabre ſeit der Verletzung verſtrichen ſind, ſo kann der Kranke eine Beruͤhrung der Stelle doch noch nicht aushalten; die Stelle befindet ſich aber da, wo der vordere n. tibialis über den Knoͤchel herüberlaͤuft. Ich glaube, hinreichende Beiſpiele angefuͤhrt zu haben, um den Leſer in den Stand zu ſetzen, die Symptome dieſer Faͤlle mit mir einer partiellen Zerreißung eines Nerven zuzuſchreiben; ich fage partiellen, weil die Stoͤrung in der Nervenfunction nicht die einer vollkommenen Trennung durch Zerreißung war; da, wo eine me— chaniſche Verletzung des Nerven ſinnlich wahrnehmbar war, wie bei der Verbrennung, waren die Symptome dieſelben, obwohl hef— tiger, als da, wo eine ploͤtzliche Zerreißung, ein Riß, im Vers laufe eines Nerven gefuͤhlt wurde. Die wichtigſten dieſer Sym— ptome ſind folgende: 1) Ein Gefuͤhl, als wenn etwas zerreiße, mit ungewoͤhnlich heftigem Schmerz im Verlaufe des Nerven; die— fer Schmerz ſtellt ſich nach längeren oder kuͤrzeren Zwiſchenräu— men wieder ein und breitet ſich längs der Aeſte des verlegten Ner— ven aus; bisweilen iſt er von einer krankhaften Empfindlichkeit ber gleitet. 2) Bewegungslaͤhmung, bisweilen mit Gefuͤhlslaͤhmung und, wenn die verletzten Nerven fuͤr die Extenſoren beſtimmt ſind, permanente Contraction der Flexoren. 3) &’drung der regulirens den Einwirkung auf die thieriſche Waͤrme des Theils; daher außer— ordentliche Kaͤlte, abwechſelnd mit heftiger Wärme; bisweilen ift eine gewiſſe Regelmaͤßigkeit in den Perioden dieſer Abwechſelung zu bemerken. 4) Geſchwulſt von dunkler Roͤthe waͤhrend des warmen oder heißen Stadiums, und von livider Faͤrbung mit dem Roͤthel ähnlich gefärbten Flecken, im kalten Stadium. 5) Die Dauer die: fer laͤſtigen Symptome iſt oft außerordentlich lang hingezogen. Es iſt Grund zu glauben, daß dieſe Wirkungen einer localen Nervenverletzung bisweilen von einer conſtitutionellen Eigenthuͤm— lichkeit herruͤhren. Ausdehnungen und zufällige Verletzungen, wie ſie in den mitgetheilten Fallen als Veranlaſſung angefuͤhrt wurden, kommen töglih vor, und dennoch werden ähnliche Folgen nur ſel— ten becbachtet. Bei dem achten Falle ſchlummerten die Symptome der Nervenverletzung beinahe ganz, bis eine plögliche Erſchutterung des Nervenſyſtems dieſelben hervorriefen. Dieſen Fall betrachtete ich als hyſteriſche Krankheitsform; ich kann aber mit Sir E. Brodie nicht uͤbereinſtimmen, welcher alle Fälle, wie den vierten, fünften und ſechsten, als hyſteriſche betrachtet; die Paralyſe des Gefuͤhls und der Bewegung ſind nicht allein als Folgen einer Ner— venverletzung zu erwarten, ſondern wir ſehen dieſelbe wirklich auf eine unverkennbare Nervenverletzung eintreten, wie in dem Falle von Duffy, wo der n. peromaeus verbrannt war und die Sym: ptome ganz dieſelben waren, wie in dem Falle der Eſſy M' Ma— ron, welche, nach einer heftigen Ausdehnung, ein Gefühl hatte, als wenn Etwas im Verlaufe des medianus zerriſſen waͤre. Ein Mann von achtunddreißig Jahren erhielt einen Stoß von einer Kuh uͤber der rechten Seite des Kreuzbeins; hierauf folgte ein Schmerz im Sitzbeinknorren und im Verlaufe des ischiadicus, bis zum Fuße herab. Der Schmerz kam paroxysmenweiſe; alsdann konnte der Kranke den Fuß nicht ſtrecken, oder ohne Schmerz bewegen; bisweilen war der Fuß taub und gefuͤhllos. Die Ent: zuͤndung des Sacralgeflechtes von dem Stoße, veranlaßte hier die— ſelden Symptome, wie bei der partiellen Ruptur entftanden, die ſich, meiner Anſicht nach, Capitaͤn G. bei der Anſtrengung bei'm Ballſchlagen in demſelben Geflechte zuzog. Ich ſehe daher keinen 126 Grund, anzunehmen, daß die Affection dieſes, übrigens kraͤftigen und geſunden, Mannes hyſteriſch geweſen ſeyn ſollte. Fruͤher habe ich den Fall mitgetheilt, daß ein Fleiſcher, ein ſtarker, großer junger Mann, ſich bei heftiger Anſtrengung, bei'm Schlachten eines Ochſen, eine partielle Zerreißung des medianus zugezogen hatte. Die Symptome waren Schmerz im Verlaufe des Nerven, ein gewiſſer Grad von Paralyſe der Hand und die quälendften Anfaͤlle von brennender Hitze in der Nacht, Symptome, an denen er mehrere Jahre litt, welche aber bei einem ſolchen Subjecte un— möglich als hyſteriſche Affectionen betrachtet werden koͤnnen. Ich füge noch einen Fall hier bei, welchen ich Herrn Cuſack verdanke und welcher, wie mir ſcheint, bei unſerer Unterſuchung entſchei⸗ dend iſt Bei dieſem Falle war eine partielle Verwundung des n. ischiadicus ſichtbar. John R. C., zweiundzwanzig Jahre alt, von auffallend kraͤf— tigem und geſundem Ausfiben, erhielt, am Montag den 19. Octo ber 1840, auf der Schnepfenjagd zufaͤllig eine Schußwunde in den hinteren Theil des Schenkels, einen Zoll unterhalb der Geſaͤßfalte. Die Wunde ging nach Vorn und etwas nach Unten und trennte in ihrem Verlaufe theilweiſe den n. ischiadicus; fie hatte etwa vier Zoll Durchmeſſer und drang bis auf den Knochen ein, da der Schuß ganz aus der Naͤhe kam. Unmittelbar bei der Verwundung fiel der Kranke nach Vorn und bemerkte ſogleich, daß er allmaͤlig das Gefühl des Gliedes verliere. In etwa fünf oder ſechs Minus ten war er vollkommen gelaͤhmt. Es folgte eine ſehr leichte Blu— tung, da kein groͤßeres Gefaͤß verletzt war. Der Verwundete wurde nun nach einem benachbarten Hauſe gebracht, wo ihn Dr. Elliot beſuchte. Abends wurde er nach Hauſe transportirt, etwa eine Engliſche Meile weit; die Nacht verging ſehr gut; der Kranke fuͤhlte weder Schmerz noch Unbequemlichkeit in dem Beine. Am darauffolgenden Mittwoch wurde, wegen der Ge— ſchwulſt und Spannung, das ganze Bein mit einem Breiumfchlage umgeben, was ihm beträchtliche Erleichterung gewährte, Am Don— nerstage hielten die Doctoren Elliot, Cuſack und Heydon eine Conſultation und verordneten, daß die untere Haͤlfte des Glie— des in Watte und Wachstaffet eingewickelt werden follte; dabei Sorge fuͤr regelmaͤßigen Stuhlgang und ungeſtoͤrte Ruhe. Die Wunde eiterte gut, und Alles ging nach Wunſch. Die Temperatur an der vorderen Seite des Gliedes war etwas höher, als gewoͤhn— lich, an der hinteren Seite dagegen ſehr geſunken. Gefühl und Bewegung fehlte ganz und gar. Drei Wochen lang ging die Gra— nulation der Wunde gut von Statten; Stuͤcke der Kleidungsſtuͤcke wurden mit dem Ausfluſſe ausgeſtoßen, und es wurden dreißig Schrottoͤrner allmaͤlig entfernt, wovon drei, nebſt etwas Zeuch von den Kleidern und wenig von dem Pfropfe der Ladung, in der Subſtanz des ischiadicus ſteckten. Gegen das Ende der dritten Woche klagte der Kranke über einen Schmerz im Unterſchenkel und Fuße, als wenn er mit Nadeln geſtochen werde; die leichteſte Be— wegung oder Lageveraͤnderung irgend einer Art ſteigerte den Schmerz, ſo daß zuletzt niemand mehr in das Zimmer kommen oder darin etwas vornehmen konnte Das Gcraͤuſch, welches ihn am meiſten beläftigte, war das Kritzeln, kam ein Pferd oder ein Wagen den Weg herauf, fo entftanden allgemeine tetanusähnliche Krämpfe, welche fuͤnf oder ſechs Minuten anhielten. Selbſt ein Hindeuten auf den unbedeckten Fuß, oder Unterſchenkel, würde in dieſer Zeit Krämpfe erregt haben. Es wurde China, Chinin und antispasmo- dien der verſchiedenſten Art verordnet; der Kranke weigerte fi aber entſchieden, etwas zu nehmen. Das einzige Mittel, welches er nahm, war Opium zur Schlafenszeit, wo er ſes ſelbſt verlangte und änaftlich auf die Stunde wartete, da das Mittel ihm ſogleich Wohl: befinden und Schlaf verſchaffte. Das Mittel batte keine Wirkung auf den Darmcanal, welcher immer regelmaͤßig thätig war. In dieſer Zeit litt er ſehr an Reizbarkeit der Blaſe; er war acnötbigt, jede Viertelſtunde das Waſſer zu laſſen; Unterſchenkel und Fuß waren ganz unbeweglich. In der vierten Woche hatte er nicht fo viel Krämpfe und war auch nicht fo empfindlich; er fubr taglich aus. Die Wunde fuͤllte ſich mit Granulationen aus, und es blieb eine Stelle übrig von der Größe einer Erbſe, an welcher eine große fungoͤſe Granulation hervortrieb, welche duͤnne, klebrige Jauche abſonderte. Die Wunde ſollte mit Preßſchwamm erweitert 127 werden; er verſuchte dieß; da es aber nicht gleich gelang, fo ver: band er wieder, wie gewoͤhnlich, mit trockener Charpie. In der fünften Woche ſchreitet die Beſſerung allmaͤlig vorwaͤrts. Er kann nun eine leichte Flexion und Extenſion des Fußes ertragen, iſt aber nicht im Stande, die Hande, wegen krankhafter Empfind— lichkeit derſelben, unbedeckt zu laſſen. Er iſt genoͤthigt, beſtaͤndig Handſchuh zu tragen. Die Wunde iſt in demſelben Zuſtande. Die Empfindlichkeit iſt immer noch ſo groß, daß er es fühlt, wenn nur ein Haar ſeinen Fuß beruͤhrt. In aller dieſer Zeit war ſein Appetit gut. Zwei Monate nach der Verletzung war er raſcher, als gewoͤhnlich, auf einem holprigen Wege gefahren und bemerkte auf der Charpie ein großes Stuͤck halbverfaultes Zeug, und am Tage darauf ſah die Wunde rein aus, die Granulation war ver— ſchywaänden, und die vollkommene Vernarbung kam zu Stande. Von da an nahm der Kranke an Kraft und Bewegung in dem Gliede zu. Jetzt, 10 Monate nach der Verletzung, kann er kleine Strek— ken weit mit Unterſtuͤtzung eines Stockes gehen. Er hat vollkom— mene Empfindung im Unterſchenkel und Fuß; er iſt aber immer noch gendthigt, Handſchuh zu tragen und dieſelben beſtaͤndig mit kaltem Waſſer feucht zu halten, weil er dadurch die große Em— pfindlichkeit abzuſtumpfen glaubt. Von der partiellen Zerreißung des ischiadicus entſtand hier Paralyſe der Empfindung und Bewegung, Schmerz, Temperatur— veränderung des Theils und Krämpfe, und Herr Cuſack ſagte mir, daß einmal der Fuß und die Zehen ſo roth geweſen ſeyen, daß er den Brand gefürchtet habe. Aber noch mehr: die Reizung von dem verwundeten Nerven verbreitet ſich uͤber das Ruͤckenmark und Gehirn; daher rühren Reizbarkeit der Blaſe, krankhafte Em: pfindlichkeit der Hände und krankhaftes Kältegefühl der Hände und der Beine, letztere in dem Grade, daß er zwei Paar Handſchuhe und zwei Paar Struͤmpfe zu tragen pflegte. Dr. Elliot theilte mir auch mit, daß der Kranke im hoͤchſten Grade reizbar und zeitweiſe ſehr ungeduldig ſey. Laͤrm jeder Art war ihm unertraͤg— lich, nur Muſik beruhigte ihn. Eine Zeitlang bat er Jedermann, der ihn beſuchte, Handſchuh anzuziehen, und feine Familie mußte ſogar bei Tiſche Handſchuh tragen. Die Empfindlichkeit feiner Sinnesorgane war krankhaft geſteigert, und dieß betraf zu einer Zeit das Geſicht zu einer andern das Gehoͤr oder den Geruch. Iſt dieſe heftige locale und allgemeine Nervenaffvction von einer hyſteriſchen Anlage abzuleiten? Ich glaube nicht. Haben wir daher mehr Urſache, Hyſterie als den Grund der ganz aͤhn— lichen localen Symptome zu bezeichnen, welche in einigen der Fälle vorkamen, die ich mitgetheilt habe? Mir ſcheinen fie von der partiellen Zerreißung eines Nerven herzuruͤhren. Iſt dieß richtig, ſo bietet ſich die geeignete locale Behandlung von ſelbſt dar. Es iſt bekannt, daß verwundete Nerven ſich ziemlich ebenſo raſch vereinigen, als andere Theile, und daß bei vollkommener Vereinigung die Functionen ebenſo vor ſich gehen, wie zuvor. Un— ſere Aufgabe ſollte daher die ſeyn, durch die vollkommenſte Ruhe geſchwinde Vereinigung zu Stande zu bringen und eine breite Narbe oder die Reizung eines oͤfters wieder zerriſſenen Theiles der Narbe zu vermeiden. Ich glaube, daß eine dick, harte Narbe ziemlich ebenſo wirkt, wie an einem Amputationsſtumpfe, oder wie die ſchmerzhaften, unter der Haut liegenden Kaoten, welche zu Reizung Veranlaſſung geben, wodurch die Function des Ner— ven geſtoͤrt und gehindert wird. 128 Mit nicht geringer Befriedigung ſah ich, daß die auf meine Anſicht gegründete Behandlung der Eſſy M' Maron von ſo raſchem Erfolge war. Nicht weniger guͤnſtig war ſie in dem fuͤnften Falle, und würde wahrſcheinlich auch in dem ſechsten Falle ebenſo raſche und vollkommene Heilung bewirkt haben, hätte der Kranke fruͤher und vollkommener ſich die nothwendige Beſchraͤnkung gefallen lafs ſen. Auf der andern Seite war in dem achten und neunten Falle, wo die Kranken den verwundeten Koͤrpertheil wie gewoͤhnlich brauchten, die Dauer der Krankheitsſymptome im hoͤchſten Grade langwierig. Bei Hitze, Roͤthe und Geſchwulſt an der verletzten Stelle gewähren Blutegel mit Umfchlägen aus Brodt und Semmel und Waſſer oder Bleiwaſſer große Erleichterung. Iſt die Extre— mitaͤt kalt, ſo iſt es gut, dieſelbe in Baumwolle einzuhuͤllen. Ge— gen die allgemeinen Zufälle und Krankheitsſymptome wird ein er⸗ fahrner Practiker die Behandlung am beſten nach jedem individu— ellen Falle beſtimmen. Wäre die Krankheit fehr hartnaͤckig, fo würde ich zur Anwendung des Merkurs bis zur Salivation rathen, wodurch bekanntlich in einem Nerven ebenſowohl, wie in andern Geweben, Entzündung gehoben wurde. (Dublin Journ, Sept. 1841.) e ee er Cysticercus in einer Geſchwulſt vom Aus ſehen eines Furunkels hat Herr Fournier bei einem ſechsjaͤhrigen Kinde beobachtet, welches ſeit vier Tagen eine huͤhnereigroße, co— niſche, fluctuirende rothe, heiße und ſchmerzhafte Geſchwolſt hatte. Ein kleiner weißer Punct, an der Baſis gewiſſermaaßen iſolirt, ſchien der Sitz einer beſtaͤndigen Bewegung, und Herr Fournier behauptet, einige vibrirende Undulationen gehoͤrt zu haben. Mittelſt Druck wurde durch eine enge Oeffnung an jenem weißen Puncte ein kleiner eysticercus ausgeleert, und in der durch einen Einſchnitt entleerten beträchtlichen Menge uͤbelbeſchaffenen Eiters ſchwammen 7 — 8 dieſer Thiere, welche ſich noch deutlich bewegten. Sie werden folgendermaaßen beſchrieben: Der Kopf war rundlich, ſehr klein und ſaß auf einem dünnen Halſe; der Körper mit ringkoͤrmi— gen Linien, welche mit bloßen Augen ſichtbar waren, endete mit einer kleinen Anſchwellung, welche eine eiweißaͤhnliche Fluͤſſigkeit enthielt. Sieben Tage genuͤgten zur Heilung des Abſceſſes. (Journ. des connaiss. méd. chir., Juin 1841.) Die ſubcutane Operation der fogenannten Ge lenkmaͤuſe macht Dr. Goyrand in zwei Zeiten; durch den er= ften ſubcutanen Schnitt oͤffnet er die Gelenkcapſel und druͤckt den Enorpeligen Körper heraus, fo daß er in das fubcutane Zellgewebe zu liegen kommt. Mehrere Tage nachher, wenn der fubcutane Einſchnitt vollkommen vernarbt iſt, extrahirt er den fremden Koͤr— per mittelſt eines einfachen Hautſchnittes. (Annales de chirurgie frangaise et étrangère J. 1841.) Die Acupunctur iſt vor Kurzem gegen Herzbeutel⸗ waſſerſucht mit vollkommen guͤnſtigem Erfolge angewendet wor— den. Herr Dr. Skoda, im allaemeinen Krankenhauſe zu Wien, ſoll, in Gegenwart einer großen Anzahl Gelehrter vom Fache, an einem neunzehnjaͤhrigen Kranken, bei welchem die Bruſtwaſſerſucht mit der groͤßten Beſtimmtheit nachgewieſen worden war, mittelft der Acupunctur über 3 Pfund Fluͤſſigkeit aus dem Herzbeutel ae: zogen haben, ohne Blutung und ohne Schmerz. Bibliographische Belemnites des terrains erétacés inférieurs des environs de Castellane (Basses-Alpes) considérés geologiquemen: et zoo- logiquement, avec la description de ces terrains. Par J. Duval-Jouve. Paris 1841.4 M. 12 Kupfern und 1 Charte. Azais. Une grande expérienge, ou le Puits de Grenelle, son bistoire, ses accidens, ses importantes révélations. 5. edit, suivie d'un Appendice philosophique à la generation actuelle. Paris 1841, 8. m nn meui gleiten. Recherches expérimentales et pathologiques sur les propriétés et les fonctions des faisceaux de la moélle &piniere et des ra- cines des nerfs rachidiens, precedees d'un examen historique et critique des expériences faites sur ces organes depuis Sir Charles Bell et suivies d'autres recherches sur diverses parties du systeme nerveux. Par F. A. Longet. Paris 1841. 8. Trait& pratique des maladies des enfans depuis la naissance jusqu’a la pubert& ete Par E. A. J. Berton etc, aves des Notes de M. le Dr, Baron ete. 2. &dit, Paris 1341. 8. Menue Notizen aus dem Gebiete der Natur ⸗ und 7 eilkunde, etammelt und mitgetheilt von dem Ober- Mebdicinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Meditinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Mo. 427. (Nr. 9. des XX. Bandes.) November 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. irn Statik der organiſchen Chemie. Schlußvorleſung von Alexander Du mas, Profeſſor an der Medi— ciniſchen Schule in Paris. (Schluß.) Wir wollen hier noch eine Betrachtung einſchließen laſ— ſen. Um den Montblanc zu erſteigen, braucht der Menſch zwei Tagereiſen von je 12 Stunden Dauer. Waͤhrend die— ſer Zeit verbrennt er im Durchſchnitte 300 Grammen Koh— lenſtoff oder deſſen Aequivalent an Waſſerſtoff. Wenn man eine Dampfmaſchine dazu verwenden koͤnnte, um ihn hin— aufzuſchaffen, ſo wuͤrden in derſelben 1000 bis 1200 Gram— men zur Leiſtung derſelben Arbeit verbrannt werden muͤſſen. Als Maſchine betrachtet, welche alle ihre Kraft dem in ihr verbrannten Kohlenftoffe verdankt, iſt folglich der Menſch drei- bis viermal vollkommener, als die vervollkommnetſte Dampfmaſchine. Es bleibt alſo den Maſchinenbauern noch viel zu thun uͤbrig; aber dennoch ſind jene Zahlen von der Art, daß ſich daraus mit Wahrſcheinlichkeit eine Gleichheit des Princips bei der lebenden und bei der andern Maſchine ergiebt; denn wenn man alle die bei einer durch Feuer in Trieb geſetzten Maſchine unvermeidlichen, aber bei'm menſchlichen Koͤrper nicht ſtattfindenden Verluſte in Anſchlag bringt, ſo ſpringt die Identitaͤt des Princips, auf welchem in beiden Faͤllen die Kraftentwickelung beruht, ſehr deutlich in die Augen. Ueberblicken wir noch einmal alles Vorhergehende, ſo erkennen wir, daß die Uratmoſphaͤre der Erde ſich in drei Hauptabtheilungen geſchieden hat: die jetzige atmoſphaͤriſche Luft, das Pflanzenreich und das Thierreich. Zwiſchen dieſen drei Hauptmaſſen findet unaufhoͤrlich ein Austauſch ſtatt. Die Materie ſteigt aus der Atmoſphaͤre in die Pflanzen hinab, dringt auf dieſem Wege in die Thiere ein und gelangt, nach Maaßgabe der Conſumtion durch die Thiere, wieder in die Atmoſphaͤre zuruͤck. Die gruͤnen Pflanzen bilden das große Laboratorium der organiſchen Chemie. Sie erzeugen aus Kohlenſtoff, Waſ— ſerſtoff, Stickſtoff, Waſſer- und Ammoniakoxyd allmaͤlig alle, No. 1527. Fd, ſelbſt die zuſammengeſetzteſten organiſchen Stoffe. Von den Sonnenſtrahlen unter der Form von Waͤrme oder chemi— ſchen Strahlen erhalten fie die zu dieſer Verarbeitung noͤthi— gen Kraͤfte. Die Thiere aſſimiliren ſich oder abſorbiren die durch die Pflanzen erzeugten organiſchen Stoffe. Sie veraͤndern dieſelben allmaͤlig und zerftören fie. Es koͤnnen ſich in ih— ren Organen neue organiſche Stoffe bilden; allein dieſelben ſind ſtets einfacher (weniger zuſammengeſetzt), als diejenigen, welche ſie von den Pflanzen entlehnten. Sie zerſetzen allmaͤlig die langſam von den Pflanzen ausgebildeten organiſchen Stoffe und verſetzen ſie ſtufenweiſe in den Zuſtand von Kohlenſaͤure, Waſſer, Stickſtoff und Ammonium, in welchem fie fähig find, der Luft wieder übers liefert zu werden. Bei der Verbrennung oder Zerſtoͤrung dieſer organiſchen Stoffe erzeugen die Thiere ſtets Waͤrme, welche von ihrem Koͤrper in den Raum ausſtrahlt und diejenige erſetzt, welche die Pflanzen abſorbirt hatten. Alſo Alles, was die Luft den Pflanzen giebt, treten dieſe an die Thiere ab, welche es der Luft zurüderftatten; in dieſem Kreislaufe bewegt und aͤußert ſich alles Leben, waͤhrend die Materie in ihm nur ihre Stelle aͤndert. Die rohe Materie der Luft, welche dann allmaͤlig von den Pflanzen organifirt worden iſt, verrichtet alſo in den Thieren die hoͤchſten Functionen und vermittelt die Denk— kraft, reibt ſich aber bei dieſer Anſtrengung auf und kehrt als rohe Materie in die große Vorrathskammer zuruͤck, aus der ſie entlehnt worden. Schließlich erlauben Sie mir, daß ich mich in Bezug auf meinen Mitarbeiter, Herrn Bouſſingault, unge⸗ fahr in derſelben Weiſe aͤußere, wie Lavoifier, welcher der neuern Chemie die Bahn gebrochen, es in Betreff der ſei— nigen zu thun pflegte. Wenn es in meinen Vorleſungen in dieſer Ueberſicht mir begegnet iſt, daß ich die Verſuche und Anſichten des Herren Bouſſingault vorgetragen 9 131 2 habe, ohne ihn zu nennen, ſo liegt der Grund darin, daß ſich zwiſchen ihm und mir durch fortwaͤhrenden Ideenaus— tauſch eine ſolche Gemeinſchaftlichkeit der Anſichten und Be— obachtungen hergeſtellt hat, daß es uns beiden ſchwer faͤllt, zu unterſcheiden, was dem Einen und was dem Andern, ge— nau genommen, angehoͤrt. Wenn ich Ihnen aber jetzt er— klaͤre, daß Bouſſing ault, der mit mir, bald gemein— ſchaftlich, bald getrennt, denſelben wiſſenſchaftlichen Beſtre— bungen oblag, mit den Ihmen hier vergetragenen Anſichten voͤllig einverſtanden iſt, ſo muß dieß Ihnen eine Baͤrgſchaft mehr ſeyn, daß das Intereſſe, mit dem Sie in dieſem Jahre meinen Vorträgen geolgt find, keinen unwichtigen Gegen— ftänden gewidmet war. Ich ſpreche Ihnen für dieſes In— tereſſe meinen Dank aus; es hat mich bei meinen Forſchun— gen ermuthigt, und wenn dieſelben der Menfchhet irgend zum Nutzen gereichen, ſo gebuͤhrt ein großer Theil des Dan— kes Ihnen. (Lecon sur la statique chimique des etres organises, professee par M. Dumas pour la elöture de son cours à l’ecole de Médeeine. Paris 1841.) Bericht des Herrn Bouillaud über eine Ab— handlung unter dem Titel: Mangelhafte Hirnorganiſation der meiſten Verbre— cher, geleſen in der Académie de Médecine zu Paris von dem Dr. Voiſin und uͤber einen phrenologiſchen Beſuch dieſes Arztes in dem Bewahrungshauſe fuͤr junge Ver— brecher. Meine Herren! In der Sitzung vom 3. July 1838 las Herr Dr. Voiſin der Academie eine Arbeit vor, über die Hirnconfiguration der meiſten Verbrecher, und uͤber die Fehler in der Form ihres Kopfes. Er verlangte damals, daß eine Com miſſion ernannt werden möge, um die Genauigkeit der Beobach— tungen zu conſtatiren, die er an den 500 Kindern gemacht hatte, welche damals in dem Bewahrungshauſe fuͤr junge Verbrecher ein— geſchloſſen waren. Die Academie entſprach dem Verlangen des Dr. Boifin und ernannte die Herren Marc (ſeildem verſtorben), Adelon, Ferrus, Brechet, Gerdy, Blandin, Moreau, Gerardin, Cornac und Bouillaud zu Commiſſarien (Herr Rochoux, welcher auch ernannt wac, lehnte es ab). Dieſe Com— miſſion entledigt ſich nun heut durch mich des ihr gewordenen Auftrages. Ehe ich zu dem Gegenſtande dieſes Berichts unmittelbar übers gehe, wird mir die Academie einige fluͤchtige einleitende Bemer— kungen geſtatten, welche mir fuͤr Diejenigen noͤthig ſchienen, wel— che nicht hinlaͤnglich vertraut ſeyn möchten mit Dem, was man heutzutage Phrenologie zu nennen pflegt. Nach dem Buchſtaben würde dieſes Wort gar keine neue Lehre bezeichnen, denn nicht erſt ſeit heute beſchaͤftigt man ſich mit der Wiſſenſchaft des Geiſtes oder des Verſtandes; und man koͤnnte den Verfoſſer der fo berühmten Inſchrift des Delphiſchen Tempels: — Erkenne dich ſelbſt, d. h., nach Cicero, erkenne deine Seele, — einen Phrenologen nennen. Aber das Wort Phrenologie druͤckt jetzt die Idee einer neuen Lehre aus, welhe zum ſpeciellen Zwecke hat die Kenntniß der materiellen oder Organiſations bedingungen, ohne welche die Hervorbringung und Aeußerung der moratifchen und in— tellectuellen Fähigkeiten nicht ſtatthaben koͤnnten. Dieſe Phrenolo— 132 gie nun iſt die Phyſiologie des Hirns nach den Princ'pien des Dr. Gall. 5 Die meiſten Beobachtungswiſſenſchaften haben ſeit einem halben Jahrhunderte große Reformen und wichtige Revolutionen erfahren. Die Phyſiologie überhaupt und in'sbeſondere die Phyſtologie des Gehirns bietet uns eins der auffallendſten Beiſpiele dieſer Funda— mentalrevolutionen dar, vor denen der berühmte Canzler Baco die uncrlaͤßliche Nothwendigkeit angqckuͤndigt hatte: Instauratio facienda ab imis fundamentis. Der eben genannte Urheber der neuen Phyſiologie des Hirns, der De. Gall, dieſer tiefe Beob— achter, in vielen Gelegenheiten zu ſehr vergeſſen, hat, ſo zu ſa— gen, dieſe bewundrungswuͤrdigen, moraliſchen und intellectuellen Fähigkeiten incarnirt, weiche die Metaphyſiker ſtudirt haben, als das Product des goͤttlichen und materiellen Princips, welches man Seele nennt, und deren Ex ſtenz er übrigens an keiner Stelle ſei— ner Schriften geläugnet hat; er hat ſie incarnirt in dem Hirne, und er iſt kuͤhn genug geweſen, einer großen Zahl von Trieben, Neigungen, Talenten, Fahigkeiten einen beſtimmten Sitz in dem oder dem Theile des Hirns anzuweiſen, welches er ſonach als ein vielfältiges und zuſammengeſetztes Organ betrachtet. Dieſe Plura— lität der Hirnorgane iſt der Hauptlehrſatz und gleichſam der Schlußſtein des ganzen phrenologiſchen Gebaͤudes. Was die genaue Beſtimmung der wirklichen Anzahl dieſer Or— gane und ihre ſtrenge und beſtimmte Localiſation anlangt, ſo be— greift man, daß ſie eine der complicirteſten Aufgaben bildet, deren völlige Köfung das Werk von Jahrhunderten ſeyn wird ; aber man begreift zu gleicher Zeit, daß es nicht noͤthig iſt, dieſe vollſtaͤndige und gaͤnzliche Loͤſung zu beſitzen, um das Princip der Pluralität der Hirnorgane zuzugeben, das natuͤrliche und gewiſſermaaßen nothwendige Corollarium der Pluralität, der Verſchiedenheit der geiſtigen und moraliſchen Faͤhigkeiten, der Charactere, der Neigun— gen, der Inſtincte, der Talente ic. Uebrigens lehrem Gall und ſeine Schuͤler, daß die Beſtimmung des Ortes, den eine große Anzahl einzelner Organe der ebenfalls einzelnen intellectuellen und moraliſchen Fahigkeiten hat, genugſam vorgeſchritten ift, um nach eis ner aufmerkſamen Unterſuchung des Kopfes die intellectuellen Dis— poſitionen und des Characters eines gegebenen Individuums er— kennen und, fo zu fagen, diviniren zu koͤnnen. Inzwiſchen iſt hier, wie man leicht bemerkt, die practiſche Seite und die wahrhaft wichtige Seite der ſogenannten phreno logiſchen Lehre. Ich will noch beifügen, daß hier auch die neue und außerordentlich ſeltſame Seite der Frage liegt. Inzwiſchen, indem ich immer an das bekannte Sprichwort nil sub sole novum erinnere (ein Sprich: wort, welches allerdings oft unpaffend angewendet wird), möchte ich mir doch nicht erkuͤhnen, zu behaupten, daß, ſelbſt von dieſem Geſichtspuncte aus, die Lehre Gall's voͤllig neu ſey. Meine Gelehrſamkeit iſt zu beſchraͤnkt, als daß ich die Anmaaßung hegen duͤrfte, alle Unterſuchungen, die in dieſer Hinſicht verſucht worden waͤren, zu kennen. Aber ohne von Lavater zu reden, welcher in mehreren Beziehungen als der Vorlaͤufer Gall's betrachtet werden kann, iſt man berechtigt, den Satz aufzuſtellen, daß felbit das philoſophiſche Griechenland die phyſiognomoniſche und cranio- ſcopiſche Lehre der Neueren wenigſtens im Blicke gehabt hat. Ich will verſuchen, fo weit es meine ſchwache Einſicht über Gegenſtaͤnde der Gelehrſamkeit geſtattet, dieſe Behauptung zu beweiſen, welche fuͤr den erſten Anblick ſonderbar ſcheinen koͤnnte. Ich will mich dabei auf die Autorität Cicero's ſtuͤtzen, welcher zugleich der Fuͤrſt der Redner und der Philoſophen Rom's war, Nun leſen wir in den Tusculaniſchen Briefen einige Stellen wel: che, in der That, uͤber die Wahrheit meiner Bebauptung keinen Zweifel laſſen. Nachdem er ausdrücklich geſagt hat, daß die von Natur zum Zorne, zum Neide 2c, geneigten Menſchen von einer urſpruͤnglich und in der Conſtitution begründeten Krankheit der Seele behaftet, aber deſſenungeachtet heilbar wären, führt Cicero, zum Beweiſe die: ſer Heilbarkeit, des Beiſpiel des Socrates, dieſes Halbgottes der alten Philoſophie, an, und fuͤgt dieſer Aeußerung hinzu, daß der Philoſoph Zopyros, welcher behauptete, den Character ei— nes Jeden aus feinem Acußeren erkennen zu koͤnnen, — nachdem er in einer oͤffentlichen Verſammlung mehrere Fehler des Socra— 133 tes bezeichnet hatte — der Gegenſtand des Scherzes der andern Anweſenden, welche dieſe Mängel des Socrat es nicht kannten, geweſen wäre, daß aber Socrates ſelbſt dem Zopyros zu Huͤlfe gekommen ſey und geſagt habe, daß er wirktich eine natuͤr— liche Dispoſition zu den von Zopyros an ihm bezeichneten Feh— lern gehabt, daß er aber geheilt, oder durch die Vernunft befreit ſey. Manche werden zwar gegen die phrenologiſche Deutung, die ich dieſer Stelle gegeben habe, Einwendungen erheben und werden nicht zugeben wollen, daß das Wort forma ſich im Gering: ſten auf den Kopf oder gar auf den Schaͤdel beziehe. Aber die Stelle der Abhandlung uͤber die Beſtimmung iſt deutlicher, weil man da das Wort Stirn ließt, welche, ich berufe mich darüber auf die puritaniſchſten Phrenologen, eine Region und zwar eine der wichtigſten Regionen des Schaͤdels ausmacht. Uebrigens handelt es ſich an dieſer Stelle, wie inden vorigen, von Socrates und Zopyros, welchen Cicero mit dem Namen Phyſiognomiſt ausſtattet, und welcher, was ich nicht beſtreiten will, vielleicht mehr Lavater's“, als Gall's Schule angehörte. Uebrigens iſt Folgendes eine neue Stelle: „Wiſſen wir nicht“, ſagt Cicero, „wie Socrates von Zopyros bezeichnet wurde; dieſer Phyſio— gnomiſt, welcher ſich einbildete, Sitten und Charactere der Men— ſchen nach der Unterſuchung des Koͤrpers, der Augen, des Antliz— zes und der Stirn zu erkennen.“ Unter den Fehlern, welche der Griechiſche Phrenolog, ich meine den philoſephiſchen Zopyros an Socrates erkannte, fin— det ſich, nach Cicero, in’sbefondere ausgeſprechen mulierosus. Dieß iſt nicht Alles: Cicero ermangelt nicht, hier eine ſehr co— miſche Bemerkung zu machen, nämlich, daß Alcibiades, wie man ſagt, laut gelacht habe, als er Zopyros unter den Fehlern des Socrates den des mulierosus habe nennen hoͤren Es wuͤrde uͤberfluͤſſig ſeyn, herauszuheben, worin die, uͤbrigens ver— laͤumderiſche, Ironie der obigen Bemerkung liegt. Der Philoſoph Seneca ſpricht ebenfalls, an mehreren Stel— len feiner Werke, von der Anmaaßung einiger Griechiſcher Ppilo— ſophen, moraliſche und intellectuelle Dispoſitionen nach gew ſſen aͤußern Bedingungen zu beurtheilen und verweiſet dabei auf die citirte Stelle Cicero's. Uebrigens ſcheint er große Wichtigkeit auf die Meſſung und, wenn man ſo ſagen darf, auf die Geome— trie des menſchlichen Geiſtes zu legen. Dieſe Apoſtrophe des roͤmiſchen Philoſophen, welcher in ſei— ner Qualität als Lehrer Nero's uns etwas hätte lehren koͤnnen über die Beziehungen, welche zwiſchen den Hirnerganiſationen oder wenigſtens den Formen des Schaͤdels und dem Inſtinct der Fero— cität vorhanden find, wovon wan bei feinem kaiſerlichen Zoͤglinge einen der vollendetſten Typen fand — dieſe Apoſtrophe, faae ich, führt uns ganz natürlich auf unſern Gegenſtand zurück In der That will der Moraliſt Seneca, der ſich wenig um die Moſſung der phyſiſchen Dinge befümmert, daß der wahre Philoſoph fib der Meſſung moraliſcher Dinge widme. „Wenn Ihr wirklich fo geſchickt ſiyd,“ ſagte er, „ſo lehrt mir die Geometrie der intellectuellen Welt; meſſet den Geiſt des Dienfiben und ſagt mir um wieviel er groß iſt, um wie viel er klein iſt.“ Nun! das iſt ja gerade eines der Probleme, mit welchen Gall und ſeine Schuͤter ſich befaßt baben. Um dahin zu gelangen, den menſchlichen Geiſt zu meſſen, baben ſie ihn ſich als ein Organ, oder vielmehr als ein Ganzes von Organen, d. b das Hirn, wie fir es anfchen, vorgeſtellt; und indem ſie auf dieſe Weiſe dem Gedanken, dem Geiſte, der Seele einen Koͤrper gegeben haben, haben ſie verſucht, ſie unter dieſer Beziehung zu meſſen und zu ſagen, wie groß und wie ktein ſie ſind. Wir haben uͤbrigens, meine Herren, nicht alle die Fragen zu unterſuchen, welche die Gall'ſche Lehre aufwirft, und ohne vor der Hand darauf auszugehen, uns für oder wider dieſe Lehre, fo wie fie jetzt beſteht, aus uſprechen, wollen wir uns darauf ber ſchraͤnken, die Reſultate der phrenologiſchen Verſuche auseinander: zuſetzen, welche in unſerer Gegenwart von Herrn Dr. Voiſin in dem Bewabrungsbaufe der jungen Gefangenen gemacht worden ſind. Uebrigens muͤſſen wir Ihnen die Fundamentalſaͤtze in Erin⸗ nerung bringen, welche in der in der Sitzung am 3. Juli 1838 vorgeleſenen Arbeit enthalten waren. 154 Das erſte von Herrn Voiſin ausgeſprochene Princip ift, daß die Statiſtik der Tribunal- und der Griminal:Gerichteböfe in un⸗ fern Tagen unbezweifelt dargethan hat, daß die Verletzungen der Ges ſitze, in welchem Alter auch die ertappten Verbrecher ſich befanden, der Maſſe nach aus den unteren Claſſen der Geſellſchaft hervor— gingen. „Man weiß jetzt wiſſeuſchaftlich,“ ſagt er, „daß der Menſch, wie es auch die Alten ſagten, der Schüler aller feiner Umgebungen iſt, und man zweifelt nicht, daß man die Unordnungen, Vergehun⸗ gen und Verbrechen, wovon wir taglich die Zeugen und Opfer ſind, dem nachtheiligen Einfluſſe der ſchlechten Beifpicle zuſchreiben muß, fo wie der faſt gaͤnzlichen Entbehrung von Unterricht und Erzie⸗ hung“. Aber die beiden Tyatſachen, für welche Herr B die ern» ſteſte Pruͤfung der Academie empfiehlt, treten aus den fleißig be— tretenen Pfaden des Studiums und der Beobachtung hervor. Nachdem er angegeben, daß mit Befeitigung einiger Ausnahmen, die von ihm unterſuchten 500 jungen Gefangenen den unterſten Ciaffen angehören, fügt er hinzu, daß, abgeſehen von dem an ihre erſte ſociale Stellung geknuͤpften Ungluͤck, zwei Dritttheite unter ib— nen, d. h., 315 von 500, noch unter den traurigen Folgen einer unvollſtaͤndigen Organifation leiden, mit einem Worte ſchlecht geboren find und in ihrer Hirn- Configuration Zug für Zug den drei Hingerichteten Martin, Léger und Boutillier aͤhn⸗ lich ſehen. (Herr Voiſin legte der Academie die abgeformten Kopfe dieſer drei Individuen vor: das Hirn befindet ſich in Be— ziehung auf feine vorderen und feine oberen Theile bei ihnen im geringſten Grade ſeiner Entwickelung, alſo in den beiden Thei— len, welche uns zu dem machen, was wir ſind, welche uns uͤber die Thiere ſtellen und zu Menſchen machen.) „Dieſe Stirn, „ſagt Herr V.,“ iſt ſchmal, platt, nach Hinten weichend, niedrig, wie wulſtig, unregelmaͤßig, und der obere Theil des Kopfes iſt wie ausgeſchnitten, éEridée comme le toit d'un couvreur. Möge die Academie nun diefe Köpfe mit denen von Cuvier, Mirabeau, des Generals Foy, Napoleon's vergleichen, „und dann ſage man mir (ſagt Herr Voiſin), nach welcher Seite ſich, bei'm erſten Blicke, die Größe der Humanität zeige, und auf wel— cher Seite die Gefäße von Thon, auf welcher Seite die Gefäße von Gotd!“ Die beiden einzigen Inductionen, welche Herr Voiſin vorerſt aus den von ihm beobachteten Thatſachen ziehen will, iſt, daß die Verbrecherkoͤpfe im Allgemeinen, wie die großen moraliſchen und intellectuellen Köpfe, eine Ausnahme in ihrer Art find, daß fie in entgegengeſitzten Richtungen außerhalb der ganzen menſchlichen Art geſtellt ſind. „Es ſind dieß die beiden Extreme, zwiſchen welchen die menſchriche Maſſe flottirt, fortſchreitet, lebt oder vegetirt, eine mittlere Maſie ohne Beruf, und dem Eindrücke folgend, den man ihm giebt, und wie die Geſchichte lehrt, leicht das werdend, wozu die Rieſen ihrer Art, oder die Zeiten, die Orte, die Sitten und Einrichtungen ſie machen.“ Die beiden großen Inductionen, welche wir eben auseinander— geſetzt haben, find ſehr geeignet, die Aufmerkſamkeit der Philoſo— phen und Geſetzgeber auf ſich zu ziehen; fie find in der That die genaue und firenge Darſtellung deſſen, was man in der Societaͤt uͤberhaupt beobachtet und in jeder der zahlreichen Claſſen, aus wel— chen fie ſich bildet. Ueberall haben die Mittelmaͤßigkeiten das Ue— bergewicht, und überall läßt das Ausgezeichnete ſich zählen. „Ap- parent rari nantes in gu:gite vasto.“ Alſo unter dieſem Gefichtes puncte iſt die Natur gewiſſermaaßen ein juste milieu. Allein weil die Mittelmaͤßigkeiten in der Welt die große Majorität bilden, heißt das nun, daß ſie zur Leitung der menſchlichen Angelegenheiten berufen und fuͤr den oberſten Rang beſtimmt waͤren? Die Ant⸗ wort auf dieſe Frage findet ſich genau in der Stelle der Arbeit des Herrn Voiſin, welche wir fo eben citirt haben. Die Vernunft ſagt uns a priori, und die Geſchichte lehrt auf Erfahrungswegen, daß es die aus den großen Intelligenzen und den ſtarken Willen gebildete Minorität iſt, welcher das gefährliche Privilegium zukoͤmmt, zu leiten, zu regieren, zu erleuchten und in allen Dingen die Majoritaͤt, die Maſſe und, ich haͤtte bald geſagt, das Volk der Mittelmaͤßigkeit zu repraͤſentiren. Dieß iſt das oberſte Geſetz in dieſer Welt, und daſſelbe iſt es auch, welches die 9 * 185 Götterwelt regiert. In der That, in den mythologiſchen Zeiten waren es nicht die fecondaren Gottheiten, die Götter der mittleren Ordnung oder des juste milieu, ſondern der große Jupiter, wel cher mit einer einzigen Bewegung ſeiner Brauen alles leitete; dem donnernden Gotte war die unbeſchrankte Herrſchaft der Erde und der Himmel anvertraut. Keyren wir nun zu unſerem Hauptgegenſtande zuruͤck und bes richten wir jetzt über den Beſuch, den Herr Voifin in der Be: wach Anſtalt fur junge Gefangene in Gegenwart der Commiſſton der Academie abgeſtattet hat. Man wird alſo die Principien oder die Tycoeie dieſes Beobachters der Probe der practiſchen Anwen: dung unterworfen ſehen und auf gewiſſe Weiſe der Erfahrung hin— gegeben. Dieſer Beſuch wurde am 17. Febr. 1839 vorgenommen. Mit uns nahmen die Herren Boullon und Poutignac de Villars, erſterer Director, der zweite Actuar (greflier) der Anſtalt, Theil. Es iſt leicht einzuſehen, daß die Anweſenheit und die Theilnahme dieſer beiden Doerbeamten der Anſtalt unerläßlich waren, weil ſie allein die intellectuellen Hulfsmittel und die moraliſchen Eigenſchaf— ten der Individuen kannten, auf welche Herr Voiſin ſeine phreno— logiſchen Kenntniſſe und Operationen anwenden wollte. Sie allein konnten uns folglich belehren, ob die von Herrn V. gefällten Ur: theile der Wahrheit gemaß waren oder nicht. Wir werden wei— ter unten ihr Zeugniß mittheilen, wie es ſich in den zwei beilie— genden an den Praſidenten der Commiſſion gerichteten Briefen ausſpricht. Wir danken ihnen oͤffentlich fur den Eifer, den fie brwirſen haben. Vierhundert junge Gefangene erſchienen vor dem Tribunale des Herrn V.; ſie zogen einer nach dem andern vor der verei— nigten Commiſſtion vorüber in einen großen Saal der Anſtalt. Nachdem Herr Voiſin ſchnell mit dem Auge und der Hand den Kopf eines jeden von ihnen unterſucht hatte, theilte er ſie in zwei große Haufen, je nachdem er ſie mehr oder weniger geeignet fand zur Demonſtration feines Satzes. Die, welche er auswaͤhlte, brachte er wieder in zwei Abtheilungen: je nachdem er ſie gut oder ſchlecht fand, d. h., gut oder ſchlecht ausgeſtattet durch die Natur, ſagte er ihnen: Stellt Euch rechts oder ſtellt Euch links!“ Wenn ich nicht irre, war es das erſte Mal, daß eine Com— miſſion einer gelehrten Geſellſchaft einem ſo ernſten, ſchwierigen, und, ich hätte faſt geſagt, feierlichen Verſuche anwohnte. Doch war jedes Urtheil des Herrn Voiſin nicht ohne Ap— pellation. Es konnte noch am Ende der Sitzung ſelbſt caſſirt werden. Nachdem die Guten und Schlechten auf dieſe Weiſe phrenologiſch in zwei große Abtheilungen geſchieden und in einen geraͤumigen Hof geſtellt waren, nahm Herr V. eine zweite Revue vor, und theilte ſie wieder in vier Unterabtheilungen, von welchen die beiden Extreme die Beſten und die Schlechteſten enthielten, waͤh— rend die intermediären Reihen aus denen beſtanden, welche zwi— ſchen den Anderen eine Art von juste milieu ausmachten. Die vierte oder letzte Serie, die Beſten begreifend, und wenn der Ausdruck erlaubt iſt: Ausgewaͤhlten, zaͤhlte nur 25 Individuen, d. h., alſo etwas weniger als 5. Hier waren alſo auch viele berufen und wenige ausgewählt: multi vocati, pauci vero electi! — Die erſte Serie, den Schlechteſten gewidmet, war 61 Subjecte ſtark, und mehr als doppelt, als die der Erſtgenannten. Die beiden intermediaren Serien begriffen 168 Subjecte, folglich etwas mehr, als das Doppelte der beiden aͤußerſten Reihen zuſammengenommen. Die weniger Schlechten der beiden Serien beſtanden aus 77 Sub— jecten, während die Entgegengeſetzten 91 darboten, fo daß alfo auch hier der Genius des Boͤſen etwas über den des Guten den Sieg davontrug. Nachdem nun die ausgewählten 254 jungen Gefangenen in ber ſagter Weiſe elafjificirt waren, kam es darauf an, ob dieſe Ver— theilung der Wahrheit gemaͤß war, und ob das Urtheil des Herrn V. nicht in Widerſpruch mit den Erblaͤrungen der Herren Boul— lon und Poutignac de Villars, der eine Director, der an— dere Actuar der Anſtalt, waren, welche durch lange Erfahrung den intellectuellen und moraliſchen Character, Geiſt und Herz der Sub— jecte, welche der Unterſuchung des Herrn V. preisgegeben geweſen 136 waren, kannten. Die Commiſſion begab ſich mit dieſen beiden Her— ren in den Saal der Anſtalt, und da erklärten die Herren Boul— lon und Poutignac de Villars, auf Bitte der Commiſſion, daß das Reſultat, bis auf Kleinigkeiten, der Ausdruck deſſen ſey, was ſie ſelbſt uber die intellectuellen und moraliſchen Dispoſitionen der unterſuchten Individuen wußten. Hierauf erhob ſich Herr Voiſin, deſſen lebhafte und glänzende Einbildungskraft bekannt iſt, und rief: Meine Herren, nach der Erklarung, die ſie eben gehoͤrt haben, bin ich entweder ein Zauberer, oder ich habe eine Wiſſenſchaft! — Nach etlichen Herrn Voiſin von eis nigen der Commiſſarien gemachten Bemerkungen erſuchte der Praͤ— ſident der Commiſſion die Herren Boullon und Poutignac de Villars, ihm ein Schreiben zukommen zu laffen, in welchem fie ſchriftlich beſtatigten, was fie eben mündlich ausgeſprochen hatten. Die Herren verſprachen es, und die Commiſſion zog ſich zuruͤck. Die Herren Boullon und Poutignac de Villars er fuͤllten ihr Verſprechen, und ich habe die Ehre, der Academie die Schreiben vorzulegen, welche ſie an den Praͤſidenten der Commiſ— ſion gerichtet haben, und welche dem Berichte als pieces justifica- tives beigeſchloſſen werden. Folgendes iſt der Text der Erklärung in Beziehung auf die in obenerwaͤhnter Weiſe von Herrn Voi— fin claſſiſtcirten jungen Gefangenen. Der Director Herr Boullon, ſagt darüber: „In der erſten Abtheilung (diejenigen, welche Herr Voiſin mit ſchlecht aus geſtattet oder ſchlecht geboren bezeichnet hatte) fanden ſich in einer ſehr großen Proportion die ſchlechten Subjecte des Hauſes. Unter dieſer Benennung muß man nicht allein diejenigen verſtehen, welche ſich durch ihre Inſubordination oder ihre ſchlech⸗ ten Neigungen auszeichnen, ſondern auch diejenigen, deren Geiſtesfaͤ— higkeiten am beſchraͤnkteſten find, und bei denen man die geringfüs gigſten Erfolge erlangt, ſowohl hinſichtlich ihrer Erziehung zur Beſchaͤftigung, als ihres Elementarunterrichtes.“ „Die zweite und dritte Abtheilung (die, wohin Herr V. den mittelmäßigen Kopf des Hauſes gebracht hatte) haben mir nicht ſo entſchiedene Verſchiedenheiten unter ſich dargeboten: ſie beſtanden im Allgemeinen aus ſehr mittelmaͤßigen Subjecten.“ (Fortſetzung folgt.) ler e e Von der merkwuͤrdigen Monftrofität des Foͤtus im Foͤtus hat Hr. Schonfeld einen neuen Fall in den Belgi— ſchen Annales de Gynécologie et de Pediatrique, Sept. 1841 mitgetheilt. — Eine Frau von 28 Jahren, ſchon Mutter mehre- rer Kinder, zeigte bei ihrer letzten Schwangerſchaft eine uͤbermaͤßige oͤdematoͤſe Geſchwulſt der unteren Extremitäten und des Unterleibes. Die Geburt rückte langſam vorwärts, endigte aber naluͤrlich. Man bemerkte den Abfluß von fünf Noͤſel Amniosfluͤſſigkeit und das Austreten einer placenta, welche die natürliche Große um ein Drittheil übertraf, — Der Neugeborne zeigte eine außerordentliche Geſchwulſt des serotum, welche durch einen doppelten Scrotalbruch veranlaßt war. Der Unterleib von großem Umfange, unſchmerz— haft, ohne Wuͤlſte, gab durch Percuſſion in der epigaſtriſchen und Umbilicalgegend einen matten Ton. Die Functionen waren traͤge, beſonders Reſpiration und Ausleerung des Urins und Meconiums. Das Kind ſtarb drei Stunden nach der Geburt in einem, dem An— ſcheine nach, aſphyctiſchen Zuſtande. Bei der, am andern Morgen vorgenommenen, Leichenoͤffaung fand ſich in dem Unterleibe des Kindes ein eingeſchloſſener Embryo. Dieſer, etwa ſechs Centi— meter lange Embryo war in einem mit roͤthlicher Fluͤſſigkeit gefüllten Sacke, welcher die linke Seite des Unterleibes eine nahm und mit Leber, Magen, Nücgrat, Duͤnndaͤrmen und Dickdarme Verwachſungen eingegangen war. Der Embryo, welcher den Kopf nach Oben gekehrt hatte, zeigte merkwuͤrdige Anomalien, z. E, unicephalocele, Eventration und Atrophie der Extremitaͤten. Er hing durch ſeinen Nabelſtrang mit der Leber zuſammen; der Strang, nachdem er durch die Leber in der Nähe 137 ihrer unteren Flaͤche hindurch gegangen war, verlor ſich in den Nabelſtrang des Kindes; denn von Placenta exiſtirte nichts mehr in der Amniosfluſſigkeit. — Das eingeſchloſſene Ei hatte die ganze Maſſe der dünnen Daͤrme in die Seiten der, Unterleibshoͤhle ge: draͤngt, und der Dickdarm befand ſich, ſo zu ſagen, zwiſchen dem Eierſtocksſacke und der Beckenwandung zuſammengepreßt. Der Magen war unmittelbar hinter und etwas oberhalb des Embryo. Einige Schlingen des in der Lendengegend liegenden Colon's, von ſchieferblauer Farbe, waren von beiden Seiten in die Bruchſaͤcke ein— gedrängt, welche nichts vom peritonaeum in ſich enthielten. Die Anweſenheit dieſes paraſitiſchen Foͤtus hatte den Umfang der Bruſt— hohle merklich verengert. Die Lungen waren von dunkelrother Farbe; das Herz war gefund. Von dem Steinregen, welcher am 10. Aug uſt dieſes Jahres zu Ivan in Ungarn beobachtet worden iſt, iſt in den meiſten politiſchen und unterhaltenden deutſchen Zeilſchr. die Rede 138 geweſen. Da die kleinen Steinchen hauptſaͤchlich aus einer dem Bohnerz aͤhnlichen Eiſenmaſſe beſtanden, ſo war man geneigt, den⸗ ſelben einen cosmiſchen Urſprung zuzuſchreiben. Allein, da ſich uns ter den Steinchen auch ſehr viele kalk- und thonerdige Conglome— rate befinden, fo fing man neuerdings an, von dem meteeriſchen Urſprunge abzuſehen und anzunehmen, daß ſie aus dem Boden eines benachbarten Landſeees und Sumpfes durch den Sturmwind ebenfo in die Luft geführt worden ſeyen, wie die Fiſche und andere Gub: ſtanzen, die zuweilen mit einem Regen aus der Luft herabgekom— men find, — Am 16. November nun hat Hr. Prof. Ehren: berg der Geſellſchaft naturforfchender Freunde in Berlin Proben dieſer herabgefallenen Maſſen vorgelegt, welche durch die, von ihm in der Subſtanz beobachteten, vegetabiliſchen Fragmente, die unter dem Mikroſcope vorgezeigt wurden, ſich nicht als cosmiſchen, fon: deren als terreſtriſchen Urſprungs ſicher und deutlich zu erkennen ges geben hatten. Nek „ne. Neue Behandlungsweiſe der prostata-Krankheiten. Von Dr. W. Henderſon. Am erſten Juni 1840 conſultirte mich ein Herr unter folgenden Umſtaͤnden: Etwa vor vier Jahren hatte er haͤufi— ger, als gewoͤhnlich, und mit mehr oder weniger Schmerz, Drang, Urin zu laſſen, wobei jedesmal ein leichter ſchlei— miger Abfluß aus der Harnröhre nachfolgte. Der Arzt, an den er ſich damals in London wendete, behandelte den Fall als Gonorrhoͤe, und als der Kranke bald darauf London ver— laſſen mußte, ſo ſetzte er immer, in derſelben Anſicht uͤber die Natur ſeiner Krankheit, den Gebrauch aller moͤglichen bekannten und geheimen Mittel fort, ohne die mindeſte Er— leichterung zu erlangen. Als ich den Kranken zuerſt ſah, litt er an faſt beſtaͤn— digem Drange zum Uriniren; oft gingen jedoch nur wenige Tropfen Urines auf einmal unter großen Schmerzen und Draͤngen ab; von Zeit zu Zeit zeigten ſich heftige lancini— rende Schmerzen im Blaſenhalſe, welche im Verlaufe der urethra bis zur Eichel gingen und hier am empfindlichſten waren. Im Schlafe fanden haͤufig Priapismus und Emiſ— ſionen ſtatt, worauf heftige Hitze und Schmerz nebſt be— ſtaͤndigem ſchleimigen Abfluſſe aus der Harnroͤhre folgten; dabei Verſtopfung und ſehr unangenehme Gefuͤhle bei'm Ab— gange der Faͤces; eine Empfindung, als wenn irgend eine harte Subſtanz von Innen gegen die Aftermuͤndung draͤnge und durch keine Anſtrengung, den Darm zu entleeren, beſei— tigt wuͤrde. Wenn der Kranke laͤngere Zeit auf einem harten Stuhle ſitzt, ſo empfindet er einen tiefſitzenden ſchwe— ren Schmerz am Blaſenhalſe; bei nur maͤßigem Gehen klagt er uͤber Hitze und Wundſeyn am After, und das Rei— ten iſt wegen des Schmerzes ganz unmoͤglich. Ein Cathe— ter drang leicht bis zur prostata, wo Hemmung und Schmerzhaftigkeit die Einfuͤhrung in die Blaſe begleitete. Bei Unterſuchung durch das rectum fand ſich, daß die pro- stata beträchtlich vergrößert und gegen Druck empfindlich war. Die gewoͤhnlichen Mittel, naͤmlich Laxanzen, Jodine, Blutegel und Gegenreize am perinaeum, wurden vier Wochen lang ohne Erleichterung des Kranken und ohne Verminde— rung des Umfanges der Druͤſe angewendet. Es kam mir nun ſo vor, als wenn Blutegel, an die Druͤſe ſelbſt an— gelegt, eine gute Wirkung haben wuͤrden. Ich brachte da— her eine Zinnroͤhre von 3 Zoll Laͤnge, vorn £, hinten 5 Zoll weit, mit dem vordern Ende gerade in die Hoͤhe gebo— gen, durch den Maſtdarm ein, nachdem derſelbe vollkommen entleert war. Nachdem die Spitze der Roͤhre an dem em— pfindlichſten Theile der prostata angedruͤckt war, hielt ich ſie mit der linken Hand feſt und fuͤhrte mit der rechten ei— nen Blutegel ein, welcher ſogleich anbiß. Als dieſer abfiel, veraͤnderte ich die Lage der Roͤhre und ſetzte auf gleiche Weiſe einen Blutegel an den andern prostata-Lappen. Als die Roͤhre weggenommen war, ſammelte ſich das Blut im rectum an und bewirkte ein Beduͤrfniß zur Darmaus— leerung. Dieß wiederholte ſich haͤufig. Da aber das Blut mit Faͤcalfluͤſſigkeit gemiſcht war, jo war die uͤbrigens be— trächtlihe Quantität nicht genau zu beſtimmen. Hierauf folgte bedeutende Erleichterung; die Priapismen und Emiſ— ſionen, welche den Kranken ſo lange gequaͤlt und geſchwaͤcht hatten, hoͤrten ganz auf, und alle uͤbrigen Symptome wa— ren gemildert. Die Abführmittel und die Jodine wurden fortgeſetzt, und eine Woche ſpaͤter wurde die Application der Blutegel mit gleich gutem Erfolge wiederholt; der Druck auf den sphincter ani, der Drang zur Darmausleerung waren kaum noch zu bemerken, und die ſchleimige Auslee⸗ rung aus der Harnroͤhre verſchwand ganz und gar. Die einzige Unbequemlichkeit, welche der Kranke noch hatte, war die Hitze und der lancinirende Schmerz in der prostata und Harnroͤhre, beſonders an der Spitze des penis. Zwei Tage nach der letzten Application der Blutegel unterſuchte ich die Drüfe mit dem Finger durch das rectum. Sie war beträchtlich verkleinert und gegen Druck ſehr wenig em— pfindlich. Sechs Tage ſpaͤter war bisweilen noch etwas Empfindung von Hitze und Schmerz an der Druͤſe und in der Harnroͤhre zu bemerken, und es wurde wieder ein Ver⸗ ſuch zur Application der Blutegel gemacht. Als die Roͤhre herausgezogen war, zeigte ſich, daß ſie vorn mit etwas Kothmaſſe verſtopft war, weil der Kranke das verordnete Abführmittel nicht gehoͤrig genommen hatte. Dieß wurde 159 Tags darauf verbeſſert, und nun ſaugten die Blutegel leicht und hatten eine fo gute Wirkung, daß der Kranke fi vollkommen erleichtert fuͤhlte. Der Kranke brauchte nur noch die Abfuͤhrmittel und Jodine fort, und nach zwei Wo— chen fand ich die Drüfe von normaler Größe; nur am rech— ten Lappen war der Druck noch ein Wenig empfindlich, und hier wurde ein Blutegel angeſetzt, was nach zwei Wochen noch einmal wiederholt wurde. Von da an befand ſich der Kranke wohl und hat ſich vor einiger Zeit verheirathet. Wenn man Blutegel an die prostata anſetzen will, fo iſt noͤthig, das rectum vorher ſorgfaͤltig zu entleeren; die Röhre muß mit ihrer vordern Muͤndung genau auf die Maſtdarmſchleimhaut aufgedruͤckt werden, weil ſonſt der Blutegel entweicht. Man ſetzt die Roͤhre genau an die Stelle an, an welcher der Druck des Inſtrumentes am mei— ſten Schmerz verurſacht; iſt jedoch ein Blutegel abgefallen und ſoll noch ein zweiter geſetzt werden, ſo ruͤckt man die Roͤhre zuerſt etwas weiter, damit der zweite Blutegel nicht in den erſten Blutegelbiß ſich anſetze. (The Lancet.) Betraͤchtliche aneurysmatiſche Ausdehnung der ana— ſtomoſirenden Gefaͤße des Beines durch Compreſ— ſion geheilt. Von Samuel Young Am 18. December 1839 meldete ſich Rebecca Tho— mas, wegen einer merkwuͤrdigen Gefaͤßkrankheit am linken Fuße. Von einer aneurhsmatiſchen Stelle (Telangiectaſie ), ragte eine haͤngende Geſchwulſt am aͤußern Theile des Unter— ſchenkels hervor, 3 Zoll unterhalb des Knies. Die Kranke iſt gut genaͤhrt, von floridem, ſanguiniſchem Temperamente, 30 Jahr alt. Sie hat die krankhafte Veraͤnderung zuerſt vor 10 Jahren bemerkt, nachdem ſie einen leichten Stoß gegen dieſe Stelle erlitten hatte. Wegen des Schmerzes unter— ſuchte ſie damals die Stelle und fand einen dunkelpurpur— rothen Fleck von dem Umfange eines Finzgerhutes, zuerſt flach, bald aber bis zur Höhe eines halben Zalles ſich erhe— bend, heiß und teigig anzufuͤhlen. Nach etwa 10 Minu— ten verſchwand damals der Schmerz und ſank die Flaͤche der Geſchwulſt wieder bis zur Hautflähe ein. Sechs Jahre lang erfolgte keine Veränderung, außer, daß in der letztern Zeit die Geſchwulſt bei jedem Stoße laͤnger hervorragte, als zuvor. Kurz vor Weihnachten 1835 fühlte Patientin bei einer kleinen Anſtrengung Blut an dem Fuße herabrieſeln; es wurde eine Binde mit Sraͤrkemehl umgelegt; die Kranke ging zu Bette, und die Blutung böcte auf; Tags darauf fand ſich der Theil geſchwollen, ſo daß eine Geſchwulſt von 3 Boll Durchmeſſer mehr als 2 Zoll über die Oberfläche der Haut hervorxagte. Nach drei bis vier Tagen ver: ſchwand die Anſchwellung, aber es ragte eine haͤngende Ge— ſchwulſt, vom Umfange einer großen Feige und ſehr reich an Blutgefaͤßen, hervor; doch war zu dieſer Zeit die Geſchwulſt nicht größer, als ein Fingerglied und nicht mehr von fo dunkler Farbe, wie zuvor, Der feigenaͤhnliche Anhang wuchs raſch, in den naͤch— ſten zwölf Monaten, faſt bis zu der gegenwärtigen Größe 140 heran; vierzehn Tage nach der Beſeitigung der Anſchwellung ſpritzte bei einer etwas rohen chirurgiſchen Behandlung, in Gegenwart zweier anderer Aerzte, das Blut mit großer Ge— walt bis uͤber die Schultern der Kranken, und es blutete fort, bis ein Verband mit Compreſſen und Heftpflaſterſtreifen an— gelegt war. Am naͤchſten Tage ſchwoll der feigenaͤhnliche Anhang an, ſo daß er 3 Zoll uͤber die Oberflaͤche hervor— ragte. Die Kranke beſchreibt das Gefuͤhl zu dieſer Zeit ſo, als waͤre das Ganze mit einer Zange gewaltſam nach Au— ßen gezogen worden. Dabei ſtellte ſich eine heftige Blu— tung bis zu dem Betrage eines halben Waſchbeckens ein, welche dem Arzte ernſtliche Beſorgniſſe einfloͤßte. Die Kranke wurde dadurch ſo geſchwaͤcht, daß ſie nachher nicht ohne Unterſtuͤtzung zu gehen im Stande war— Um dieſe Zeit ſchlug ein Wundarzt vor, die Ge— ſchwulſt ſammt ihrer Baſis in groͤßerem Umfange zu ex— ftirpicen; dieſem Vorſchlage widerſetzten ſich zwei andere Aerzte, welche, ſtatt eines Verſuchs mit einer fo unſichern Operation, mehr zur Amputation des Gliedes riethen, weil zu fuͤrchten war, daß, wenn zum zweiten Male eine ſolche Blutung waͤhrend der Nacht vorkommen ſollte, die Kranke nicht zu retten ſey. Bei ſpaͤtern Conſultationen ſprachen ſich auch mehrere andere erfahrene Aerzte fuͤr die Nothwen— digkeit der Amputation aus. Die Blutung aus dem un— tern Theile des Anhangs dauerte wohl einen Monat lang nach jener heftigen Blutung in ganz geringem Grade fort, obwohl ſchon nach wenigen Tagen die aneurysmatiſche Stelle wieder bis zur Hautflaͤche eingeſunken war. Etwa vor 20 Monaten hatte die Kranke gekniet und fand, als ſie aufſtand, das Knie und den Unterſchenkel ge— ſchwollen und dunkel gefleckt, als wenn ſie gekneift worden waͤre. Am folgenden Morgen ſtellte ſich wieder eine Blu— tung ein, welche durch den Verband durchdrang, jedoch mit der erſten Blutung nicht zu vergleichen war; indeß ſchwoll der Theil immer mehr an, wurde von purpurrothen Haut— venen gefleckt, welche ſich ungemein vergroͤßerten und die Knoͤchel und Fuß fo umgaben, daß wenig von der wefprüngs lichen Geſtalt zuruͤckblieb. Die Krankheitsform ſchien eigenthuͤmlicher Art, war indeß doch nur zu dem aneurysma per anast o- mosin zu rechnen und hatte einige Aehnlichkeit mit fun- gus haematodes, dagegen nicht die mindeſte mit einfa— chen Varicen. Bei ſo großer Anſchwellung iſt uͤber die Lage der Theile wenig Sicheres zu ſagen dennoch ſchien der aneurysmatiſche Fleck eigentlich ſeinen Sitz zwiſchen dem innern Rande des m. peronaeus und dem innern Rande der tibia zu haben, alſo gerade Über der a. tibialis antica. Dieß war ein bedenklicher Umſtand, da nach der unverkenn— bar erectilen Beſchaffenheit der aneurysmatiſchen Geſchwulſt nicht zu zweifeln war, daß ein im hohen Grade gefaͤßrei— ches und ſchwammiges Gewebe die Baſis bilden mußte; ein Verſuch, die Geſchwulſt herauszupraͤpariren, war daher mit großer Gefahr verbunden, und der Wundarjt ebenſo— wohl, wie die Kranke, mußten auf den moͤglichen, wo nicht wahrſcheinlichen, Fall vorbereitet ſeyn, die Amputa— tion des Gliedes ſogleich vorzunehmen, um im Falle eines 141 Fehlſchlagens des erſten Verſuches das Leben der Kranken zu retten. Behandlung. Am 19. December. Der feigenähns liche Anhang wurde unberührt gelaffen, um zu zeigen, ins wiefern der Druck auf den Gefaͤßreichthum der Geſchwulſt und des Schenkels Einfluß habe; ſonſt waͤre es wohl kluͤ— ger geweſen, eine Ligatur um den Hals der Geſchwulſt anzulegen. Zuerſt ging das Streben dahin, den Unterſchen— kel zur Geſundheit zuruͤckzufuͤhren; deswegen wurde er von der Fußſpitze herauf moͤglichſt genau eingewickelt; zugleich wurden Purganzen und Calomel als alterirende Mittel gegeben. Am 25. Die Einwickelung war allmaͤlig geſteigert worden; der Fuß hatte einen auffallend geringern Umfang und war nicht ſo mißfarbig. Der Schmerz, welcher vor— her an der aneurysmatiſchen Geſchwulſt bis zum innern Knoͤchel herabreichte, war faſt ganz verſchwunden; kraͤftiger Druck und die Anwendung der Abfuͤhrmittel wurden daher fortgeſetzt. Die aneurysmatiſche Anſchwellung wurde mit Pflaſterſtreifen zuſammengedruͤckt und hieruͤber wurden feſte graduirte Compreſſen mit einer Rollbinde angelegt. Am 3. Januar 1840. Sehr activer Druck war fort— waͤhrend angewendet worden, ohne daß ſich Schmerz oder Geſchwulſt eingeſtellt haͤtte; an dieſem Tage erſchien, nach Abnahme des Verbandes, das Bein betraͤchtlich duͤnner, als das der andern Seite. Ueber dem Knoͤchel, wo vorher eine ſo enorme Anſchwellung war, maaß das Bein einen vollen Zoll weniger, als das andere und die Haut war ſchlaff. Der Druck auf die aneurysmatiſchen Stellen wurde noch betraͤchtlich verſtaͤrkt, und die einzelnen Theile des Verbandes wurden durch Stecknadeln befeſtigt, um zu verhuͤten, daß nicht eine einſchnuͤrende Wirkung erfolge. Am 12. Die Pflaſterſtreifen find, nicht entfernt wors den, ſo daß man die unmittelbare Beſchaffenheit des Aneu— rysma's nicht nachſehen konnte. Die Kranke war durchaus nicht belaͤſtigt; doch bemerkte man, daß die Circulation be— trächtlich vermindert war, indem das Ge ſuͤhl der Kranken etwas veraͤndert und die großen Gefaͤße unter der Haut nicht mehr zu erkennen waren, welche vorher ſelbſt einige Zoll oberhalb der aneurysmatiſchen Stelle ſo auffallend un— ter der Haut bemerkt wurden, wo ſie an der aͤußern Seite des Unterſchenkels zum Oberſchenkel in die Höhe gingen. Am 19. Bei Entfernung der Pflaſterſtreifen wurde der feigenaͤhnliche Fortſatz ungluͤcklicher Weiſe etwas gezerrt; dieß reifte den aneurysmatiſchen Fleck, welcher vorher volle kommen ruhig war, nun aber plotzlich der Sitz der beftig— ſten Schmerzen wurde, als wenn der ganze Fuß auseinan— dergeriſſen werde. Dieß zeigt, wie unrecht Diejenigen ha— ben, welche geneigt ſeyn moͤchten, einen ſolchen Fall als unbedeutend zu betrachten. Der Theil wurde deswegen nicht weiter unterſucht, ſondern ſogleich wiederum Druck angewendet, welcher zu einem ſehr hohen Grade geſteigert wurde und in weniger als einer Minute den heftigen Schmerz hob. Am 23. Februar. Der Fall war ſo gebeſſert, daß jetzt der Verband nur einmal in der Woche erneuert wurde, 142 Das Bein war nicht ſchmerzhaft, die Hautvenen waren nicht mehr zu bemerken, und die Kranke verſicherte, daß ſie ſich lange nicht ſo wohl gefuͤhlt habe, als zu dieſer Zeit. Der Druck wurde beibehalten. Am 1. Maͤrz. Die Kranke ging etwa fuͤnf engliſche Meilen weit, um ſich den Verband anlegen zu laſſen, und einmal iſt ſie ſogar ohne allen Nachtheil zehn engl. Meilen weit gegangen, waͤhrend ſie fruͤher nicht eine halbe Meile ohne den heftigſten Schmerz gehen konnte. Bei dem Wech— ſel des Verbandes wurde dießmal nicht uͤber das Gefuͤhl von Berſtung geklagt, welches ſonſt jedesmal dabei vorhan— den war. Am 12. April wurden alle Pflaſterſtreifen entfernt, be— ſonders die, zwiſchen welchen der Hals der Geſchwulſt lag. Unmittelbar darauf fuͤllte ſich der Theil und ſchwoll wieder an und eine kleine Eroſion, welche vorher kaum zu einer Färbung der Binden Veranlaſſung gegeben hatte, bedeckte ſich ſogleich mit feinen rothen Puncten und fing ſogleich an, heftig und anhaltend zu bluten, ohne daß jedoch das Blut ſpritzte. Der aneurysmatiſche Fleck ſelbſt blieb indeß flach; es wurde ſogleich wieder der Compreſſioverband angelegt; indeß waren etwa zwei Unzen Blut ausgefloſſen. Nach der An— legung des Verbandes hoͤrte die Blutung vollkommen auf. Am 10. Mai. Der feigenaͤhnliche Fortſatz ſchien, nach dem Ausfluſſe und dem uͤbeln Geruche zu ſchließen, brandig zu werden. Da indeß bei Entfernung einiger Pfla— ſterſtreifen etwas Blut ausſickerte, ſo wurde der Verband nicht ganz abgenommen. Am 23. Die Abſonderung war ſehr uͤbelriechend ge— worden; deswegen wurde der ganze Verband gewechſelt. Durch Herunterrutſchen der Compreſſen war der aneurysma— tiſche Fleck frei von Druck geblieben, ohne ſich wiederum anzufuͤllen. Nachdem ſaͤmmtliche Compreſſen entfernt waren, zeigte ſich auch der feigenaͤhnliche Fortſatz, welcher die Kranke fo lange in Sorge verſetzt hatte, in eine ſchwarze, uͤbelrie— chende Maſſe verwandelt, und nur ein kleiner Theil des Stie— les war noch uͤbrig. Es wurde wiederum ein kleiner Com— preſſivverband angelegt. Am 30. Die Binden hatten ſich zuſammengeſchoben, ſo daß ſie gerade uͤber der Telangiectaſie eine Art von Li— gatur bildeten; dennoch war der untere Theil nicht ange— ſchwollen, obwohl die Haut dunkelroth ausſah, offenbar in Folge der Einſchnuͤrung der Ligatur. Bei dem neuen Ver— bande wurde der aneurysmatiſche Fleck auf's Neue ganz be— ſonders mit Compreſſen bedeckt. Der Fuß blieb ſchmerzlos, obwohl die Kranke in dieſer Woche an einem ſchon fruͤher vorhandenen Magenkrampfe litt. Am 12. Juni wurden ſaͤmmtliche Binden abgenom— men; auch der Stiel der Geſchwulſt hatte ſich abgeftfen. Der Druck um das Bein wurde mit einer Rellbinde aus— geführt, welche ſechs Mal kleiner war, als die früher noͤ— thige. ; Am 9. Juli war die aneurysmatiſche Stelle und der Anhang mit weicher feiner Oberhaut bedeckt. Am 9. Auguſt. Dieſe Oberhaut zeigt ſich rauh und ſchuppig. Als zu dieſer Zeit vor der Kranken von dem 143 fruͤhern Zuſtande des Beines geſprochen wurde, ſagte fie, daß auch die Aerzte ſelbſt, welche das Bein nur in ruhigem Zuſtande geſehen haben, ſich keinen Begriff davon machen koͤnnen, welche ſchreckliche Anſchwellung bisweilen bei Ein— wirkung von Hitze oder Kaͤlte eingetreten ſey; ſo ſey im vorvorigen Winter, nach laͤngerer Einwirkung der Kaͤlte auf den Fuß, einmal die Geſchwulſt bis zur Größe des Kopfes eines zweijaͤhrigen Kindes aufgetrieben geweſen, ſo daß ihre Mutter und alle Anweſenden aus dem Zimmer gelaufen ſeyen, aus Furcht, die Geſchwulſt ſey eben im Begriffe, zu berſten. Am 10. Januar 1841. Seit der letzten Angabe ſind die Theile ziemlich zum normalen Zuſtande zuruͤckgekehrt, und der Druck iſt auf eine einfache Einwickelung reducirt wor— den, welche die Kranke ſelbſt anlegt. Etwa vor ſechs Wo— chen war der Fuß einer Probe dadurch ausgeſetze worden, daß die Kranke bei einem Falle denſelben betraͤchtlich quetſchte. Er war, beſonders an der aͤußern Seite, geſchwollen und mißfarbig, ohne daß eine Auftreibung oder Schmerzhaftigkeit an dem feuͤhern Sitze der Krankheit erfolgt wäre, Am 21. Februar beſchraͤnkt ſich die Behandlung nur noch auf Einwickelung der Knoͤchel, welche uͤbrigens eben— falls beinahe zum normalen Zuſtande zuruͤckgekehrt ſind. Das ganze Bein iſt geſund, und die Kranke fuͤhlt es ſogar kraͤftiger, als das andere; das Wetter hatte keinen Einfluß mehr auf den krank geweſenen Theil; kurz bei den verſchie— denſten Proben durch Einwirkung von Quetſchung, Anſtren— gung, Hitze und Kaͤlte hat ſich die Wiederherſtellung des Theiles bewährt. Dieſer ganze Fall ſpricht ſehr zu Gunſten der Anwen— dung des Druckes gegen aneurysma per anastomosin. Eben ſo guͤnſtig war die Behandlung bei einem Kinde, wel— ches eine betraͤchtliche Geſchwulſt gerade uͤber der Luftroͤhre hatte, wo ſie zwei Zoll breit und hoch hervorragte. Auch bier war durch eine Conſultation der Herren Lawrence, Vincent und Stanley als das einzige, jedoch unſichere, Rettungsmittel, die Erſtirpation bezeichnet worden. Durch einen Compreſſivverband mit Tabaksblei und Pflaſterſtreifen wurde die Heilung erzielt, und noch vier Jahre ſpaͤter hoͤrte ich, daß das Kind ſich ſehr kraͤftig und geſund entwickele. (The Lancet, 4. Sept. 1841.) 144 Miscellen. Der fubeutane Bruchſchnitt iſt von Herrn Guerin bei einem angebornen Leiſtenbruche an einem jungen Manne von 18 Jahren ausgefuͤhrt worden. Der Bruch war ſeit drei Tagen eingeklemmt, entzuͤndet und konnte auf keine Weiſe zuruͤckgebracht werden. Die Operation wurde bei leichter Beugung der Schenkel gegen das Becken folgendermaaßen ausgefuͤhrt: Die Haut war raſirt, der Verlauf des Bruchcanals genau unterſucht, und es wurde nun eine Queerfalte von drei bis vier Centimeter vor dem Bauchringe in die Hoͤhe gehoben. Mit einem ſchmalen, 4 Milli⸗ meter (15“) breiten Meſſer wurde ein Einſtich an dem obern Theile der Geſchwulſt gemacht. Das Inſtrument drang in den Bauchring ein; es wurde nun eine Hohlſonde in der Richtung des Canales an der obern vordern Flaͤche deſſelben eingeſchoben. Die Einfuͤhrung derſelben gelang nach mehreren Verſuchen bis zur Tiefe von 7 Centimeter (beinahe 3“). Ein Aſſiſtent druͤckte nun den hintern Theil der Hohlſonde nieder, wodurch ſich die Spitze derſelben erhob. Es wurde nun eine zweite Hautfalte und ein zweiter Einſtich dicht uͤber dem erſten gemacht und durch dieſen ein geknuͤpftes converes Myotom eingebracht. Dieſes wurde in der Hohlſonde vorwaͤrts geſchoben, mit der Schneide nach Außen gewendet und zur allmaͤligen Trennung der vordern Wand des Leiſtencanales verwendet, waͤhrend der Daumen und Zeigefinger von Außen auf den zu durchſchneidenden Theil aufgedruͤckt war. Es wurde die Reduction verſucht, wozu noch eine nachtraͤgliche Trennung des vorderſten Theiles des Bauchringes, welcher der er— ſten Trennung entgangen war, erforderlich wurde; dieſe war mit einem geknuͤpften, concaven Myotom leicht ausgefuͤhrt. Hierauf ſchien die Repoſition zu gelingen; aber die reponirten Theile tra— ten wieder hervor, ſo wie der Druck nachließ. Da hiernach das Hinderniß im innern Bauchringe ſeinen Sitz hatte, ſo wurde das Myotom nochmals eingebracht und an dem innern Bauchringe, in der Richtung nach Oben und Außen, zweimal angeſetzt, worauf die Repoſition vollkommen gelang. Die Stichwunden wurden mit et— was Heftpflaſter bedeckt und eine Compreſſe aufgelegt. Am 8. Tage war Alles wiederum gut. (Gaz. med, 14. Aoüt. 1841.) Eine Verengerung der innern Muͤndung der Harnroͤhre fuͤhrt Civiale an, welche er beſonders bei Greiſen beobachtet hat, und welche von einem krankhaften Zuſtande der prostata, oder von der Erhebung einer halbmondfoͤrmigen Haut— falte an der untern Fläche des Blaſenhalſes herrührt. Dieſe Klappe iſt bisweilen 9 — 12 Linien hoch; fie ſcheint von einer Erhebung der Schleimhaut durch verſchiedene prostata-Geſchwuͤlſte berzurühren, und die Behandlung beſteht in einer Durchſchneidung dieſer Klappe, bald von dem freien Rande gegen die Baſis hin, bald von einem Durchſtiche an die Baſis gegen den freien Rand. Ci— viale hat dieſe Operation bereits zweimal mit Erfolg ausgefuͤhrt und die dazu angewendeten Inſtrumente der Acad. des sciences vorgelegt. Bibliographische Neuigkeiten. Facts connected with the animal Kingdom and the Unity of our Species. By J. C. Hall, MD. London 1841. 8. Anatomical Observations on the analogous Structure and Uses of the Lingualis and Panniculus earnosus Muscles, By Ja- mes Mercer, MD. Edinburgh 1341. Das mediciniſche Paris, ein Beitrag zur Geſchichte der Medicin und ein Wegweiſer fuͤr deutſche Aerzte. Von Dr. S. J. Otter⸗ burg. Carlsruhe 1841. 12. (Iſt zunaͤchſt ein ſehr dankens⸗ werther Wegweiſer fuͤr alle Diejenigen, welche Paris in Bezie— hung auf Heilkunde benutzen. Was der Verfaſſer in dem „Sum: mariſchen“ und „Analytiſchen Theile“ zuſammenſtellt, iſt die Frucht eines mehrfaͤhrigen Aufenthaltes und recht geeignet zur zeiterſparenden Orientirung.) A Visit to thirteen Asylums for the Insane in Europe; to which are added a brief notice of similar institutions in Transatlantie Countries and in the united States; and on the Causes, Duration, Termination and moral Preatment of Insa- nity with copious Statisties, By Pliny Earle, MD., Resi- dent Physician of Friends Asylum for the Insane. Francford near Philadelphia 1841. 8. ——rXÆẽ ⸗ñ——— —-— —- Neue Üotizen aus dem Gebiete der Natur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem ObersMedieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin. Ne. 428. (Nr. 10. des XX. Bandes.) November 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Naa une Die von Charl. Bell angedeuteten Eigenſchaften und Verrichtungen der Buͤndel des Ruͤckenmarks und der Wurzeln der Ruͤckgratsnerven hat Herr Longet zum Gegenſtand neuer Unterſuchungen und Verſuche, mittelſt des Galvanometers und chemiſcher und mecha— niſcher Reizung, gemacht und in der (No. 426) S. 128 aufge— führten Schrift beſchrieben. — Sein Verfahren iſt folgendes: „Nachdem bei einem ganz großen Hunde die Lendenportion des Ruͤckgrats mit Vorſicht geoͤffnet iſt, kann er, ohne daß er gleich noͤthig hatte, die dura mater zu ſpalten, die bei— den Arten von Wurzeln unterſcheiden, die er der Qucere durchſchneidet. Nach dem Durchſchnitte werden die beiden Wurzeln mit der groͤßten Sorgfalt voneinandergeſchieden, bis an das Ganglion, welches auf der hinteren vorhanden iſt. Dann legt er diejenige, welche galvaniſirt werden ſoll, auf eine Glasſcheibe. Herr Longet hat ſeine Verſuche nicht bloß auf die Nervenwurzeln beſchraͤnkt; er hat auch mit den Buͤndeln des Ruͤckenmarks experimentirt, und ob— gleich dieſe Verſuche unendlich zarter und viel ſchwieriger ſind, ſo iſt er demungeachtet zu eben ſo genauen Reſulta— ten gelangt. Dieſe Reſultate lauten folgendermaaßen: 1) Der Galvanismus von der einen Seite und me— chaniſche Irritation von der andern dienen, um auf die auffallendſte Weiſe die vollſtaͤndigſte Verſchiedenheit der Fune— tionen und Eigenſchaften in den zwei Arten der Spinal— nervenwurzeln und in den entſprechenden Ruͤckenmarksbuͤndeln darzuthun. 2) Die vordern Wurzeln und die vordern Markbuͤn⸗ del, welche gegen mechaniſche Irritation unems pfindlich find, erregen heftige Contraction, wenn die Ac— tion des Galvanismus an ihren peripheriſchen Enden ange— bracht wird. Dieſe unempfindlichen Theile des Nervenſy— ſtems ſind ausſchließlich im Verhaͤltniſſe mit der Bewegung. 3) Die hintern Wurzeln und die entſprechenden Mark— buͤndel, welche, mechaniſch excitirt, ſehr empfindlich find, ver⸗ anlaſſen gar keine Muskelcontraction, wenn man den Gal— vanismus auf ihre freien oder peripheriſchen En— No. 1528. KR u den wirken laͤßt: die Verrichtungen dieſer Muskeln und die— ſer Buͤndel beziehen ſich ausſchließiedlich auf Senſibilitaͤt und nicht auf Bewegung. 4) Der Galvanismus kann von dem vordern Buͤndel der einen Seite auf das der entgegengeſetzten uͤbergehen, mittelſt der vordern commissura alba des Marks; aber, bemer— kenswerth, pflanzt er ſich nie von dem hintern Buͤndel auf das vordere Seitenbuͤndel durch die Schicht grauer Sub— ſtanz fort, welche dieſe mit verſchiedenen Functionen aus— geſtatteten Buͤndel vollſtaͤndig trennt. Die graue Subſtanz ſcheint ein ſchlechter Leiter des Galvanismus und in dieſem Falle eine Art von Iſolirungskoͤrper zu ſeyn; ſie wuͤrden eher, wie man es ausgedruͤckt hat, das Nervenprincip her— vorbringen, wie die weiße Subſtanz die Beſtimmung haben wuͤrde, ſie zu leiten. 5) Die Seitenbuͤndel des Marks uͤben auf die Be— wegung der Glieder einen geringeren Einfluß aus, als die vordern Bündel. — Herr Longet legt beſonders Gewicht auf die Vorſicht, daß man nur mit einer Saͤule von mitt— lerer Staͤrke operiren duͤrfe. Zwanzig Plattenpaare reichen, in der Regel, hin. Daruͤber hinaus iſt die Galvaniſation zu ſtark und ſtoͤrt und verwirrt die Nefultate, 1 had 1 ka Bericht des Herrn Bouillaud über eine Ab— handlung unter dem Titel: Mangelhafte Hirnorganiſation der meiſten Verbre— cher, geleſen in der Académie de Médecine zu Paris von dem Dr. Voiſin und über einen phrenologiſchen Beſuch dieſes Arztes in dem Bewahrungshauſe für junge Ver brecher. (Fortſeeung.) 0 „Endlich, die vierte Abtheilung (die, wohin Herr V. die be⸗ ſten Subjecte der Anſtalt, die beſſer Aus geſtatteten oder beſſer Gebornen, geſtellt hatte) beftand faſt ausſchließlich aus Kindern, welche ſich als die am meiſten Gelehrigen, am meiſten Arbeitſamen, am meiſten Intelligenten gezeigt haben. In dieſer Abthei⸗ 10 147 lung befand ſich die Mehrzahl derer, welche als Monitoren in der Schule oder als Unteraufſeher (contremaltre) in den Werkſtaͤtten verwendet worden ſind.“ Die Erklaͤrung und das Zeugniß des Herrn Poutignac de Villars ſagt Folgendes: n Mr . „In der erſten Claſſe befinden ſich wirklich alle diejenigen, welche in intellectueller und moraliſcher Beziehung am wenigſten beguͤnſtigt ſind.“ 3 - „Die Verſchiedenheiten zwifchen der zweiten und dritten Claſſe ſind wenig ſcharf; aber ſie werden es, wenn wir ſie der vierten Claſſe nähern, wo ſich das befindet, was in intellectueller und mo⸗ raliſcher Hinſicht im Haufe das Beſte iſt.“ „Einige der zweiten koͤnnten in die erſte herabſteigen. Keiner der uͤbrigen Claſſen aber koͤnnte bis in die vierte ſteigen. Ich nehme davon einen Einzigen aus, welcher in intellectueller Hinſicht hineinge— bracht werden konnte, aber welcher in jeder andern Rückſicht in die erſte herabſteigen und ſelbſt da noch in die Zahl der am ungluͤck— lichſten Gebornen geſtellt werden müßte *). Dieß, meine Herren, iſt das getreue Protocoll des phrenolo— giſchen Beſuchs, den wir angewohnt haben. Das Reſultat dieſes Beſuchs hat auf die Commiſſion einen Eindruck machen muͤſſen, welcher Herrn Voiſin und der Lehre, welche ſeine Urtheile leitete, guͤnſtig war. Die Academie ſelbſt, wenn ſie, wie wir zu glauben hoffen duͤrfen, ein volles Vertrauen in ihrer Commiſſion hat, wird lebhaft frappirt ſeyn von dem Reſultate, welches wir ihr melden, fie wird ebenfalls die Stärke des dilemma des Dr. Voifin: „Ent⸗ weder bin ich ein Zauberer, oder ich habe eine Wiſſenſchaft“, voͤllig empfunden haben. Sie kennt zu gut das Wiſſen dieſes verehrten Collegen, um nichts weiter als einen einfachen Zauberer aus ihm zu machen (denn welches Verdienſt hatte es, den Zauberern beige— ſellt zu werden, heutzutage, wo man ihnen nicht mehr die Ehre erzeugt, ſie zu verbrennen). Auf der andern Seite, da es nicht in der Natur der gelehrten Geſellſchaften liegt, durch Mangel an Klugheit und Umſicht zu ſün— digen, wenn es ſich von neuen Lehren handelt, und da ſie letzteren nicht leichtſinnig Naturaliſations- und Buͤrgerrechte zugeſtehen, ſo wird die Academie vielleicht anſtehen, die neue Lehre, auf welche Herr Voiſin mit fo viel Gluͤck und Wahrheit die von ihm gefällten Urtheile geſetzt hat, als des Namens der Wiſſenſchaft wahrhaft würdig anzuerkennen. Was wird alſo die Academie thun, gedrängt *) Herr Poutignac hat in feinem Schreiben einige andere Thatſachen niedergelegt, welche zwar nicht unmittelbar zu der uns beſchaͤftigenden Frage gehören, aber fonft verdienen, hier Platz zu finden: „Seit dem 8. Auguſt 1831, der Eroͤffnungs— zeit der Anſtalt, ſind 3,700 Kinder in die Anſtalt aufgenommen worden. Ich habe ſeit dieſer Zeit entſchieden erkannt und dieß, ohne Ausnahme, daß das Gute und Schlechte (Intelligenz oder Unfähigkeit, Moralität oder Immoralität) immer in demſelben Verhaͤltniſſe vorhanden geweſen ift, wie in der gegenwärtigen Population, welche 400 betraͤgt. „Es iſt gerecht, anzumerken, daß die vier Fuͤnftheile der letzten Claſſe der Geſellſchaft angehörten und auch jetzt noch angehoͤren; daß die groͤßte Anzahl uneheliche Kinder und Früchte der Leidenſchaft ſind; daß endlich, wie ich mich uͤber— zeugt habe, die Mehrzahl am haͤuslichen Heerde den Keim der ſchlechten Neigungen empfaͤngt, die ſie zu den jungen Gefange— nen fuͤhren. „In der Zahl 3,700 haben wenigſtens fuͤnfzig, ſowohl durch thre wenig entwickelte Intelligenz, als durch ihre fruͤhzeitige Corruption und durch ihre eigenſinnige Beharrlichkeit, alle Grade des Verbrechens durchlaufen zu muͤſſen geſchienen, faſt alle ſtammten aus der Claſſe, wovon eben die Rede war. „Dieſen Letzteren habe ich nun ſechs entgegenzuſtellen, welche durch ihre moraliſchen Eigenſchaften und durch ihre Intelli— genz ganz und gar aus der gewöhnlichen Claſſe hervortre— ten. Aber alle ſechs gehörten Famitien an, welche durch ihre Stellung in der Geſellſchaft weit uͤber den Familien der Ue— brigen ſtanden. 148 durch die Spitze des Arguments, womit der genannte Phrenologiſt ſich gewappnet hat? — Sie koͤnnte einen Mittelweg einſchlagen und, indem ſis ſich einer jetzt modiſchen Formel bedient, die eben ſo bequem als nicht compromittirend iſt, ſich begnuͤgen, auszuſpre— chen: Es iſt etwas daran. Wahrſcheinlich wird Herr Voi⸗ fin ſich für jetzt mit einem auf fo modeſte Weiſe formulirten Bei: fall der Academie begnügen. In der That hat er ſchon in der der Academie mitgetheilten Arbeit ſich uͤber die von ihm angekuͤndigten Dinge folgendermaaßen ausgeſprochen: „Ich begreife, daß man dieſe Dinge nicht auf's Wort glaubt; man muß ſie ſehen und wie— derſehen, und dieſer Beweggrund hat mich beſtimmt, zu verlangen, daß eine Commiſſion ernannt werden moͤge, um ihre Realitaͤt zu conſtatiren.“ Die ganze Academie, welche die Dinge, wovon es ſich handelt, noch nicht geſehen und wiedergeſehen hat, und welche, nach der weiſen Philoſophie des Herrn Voiſin, nicht auf's Wort glau— ben kann, die Academie wird alſo ihr endliches Urtheil uͤber dieſe ernſte Materie noch ausſetzen. Was die Commiſſion anlangt, welche von dem großen Ver- ſuche Zeuge geweſen iſt *), fo beſteht fie aus Mitgliedern, welche vor dem Verſuche nicht alle dieſelben Anſichten hegten und, wenn ich ſo ſagen darf, uͤber die Phrenologie nicht denſelben Glauben hatten. Einige, bei dem gegenwaͤrtigen Stande der Dinge, ſind Freigeiſter und ruͤhmen ſich ihre Unglaͤubigkeit zur Ehre; andere ruͤhmen ſich ihrer Indifferenz oder Neutralitaͤt; wieder andere ruͤhmen ſich dagegen Anhaͤnger der Grundprincipe der Phrenologie zu ſeyn. Aber nicht alle der Letzteren nahmen einſtimmig die ver— ſchiedenen Lehrſaͤtze dieſer Doctrin an, ſo daß, wenn man profane Dinge mit demſelben Ausdrucke bezeichnen koͤnnte, wie heilige Dinge, auch ſie in Katholiſche und Proteſtanten hatten getheilt werden koͤnnen. Nun wuͤrde man von einer einzigen Verſuchser⸗ fahrung zu viel hoffen, wie wichtig ſie auch geweſen ſeyn moͤchte, wenn man denken wollte, daß ſie hingereicht haͤtte, um ſo verſchie— dene Köpfe über alle Dinge zu vereinigen. Auch hat die Com⸗ miſſion geglaubt, ſich in die engen Graͤnzen und den Buchſtaben ihres Auftrags einſchließen zu muͤſſen, wohl uͤberzeugt, daß der Buchſtabe nicht immer toͤdte, ſelbſt indem ſie annaͤhme, was noch beſtritten werden koͤnnte, daß der Geiſt ſtets Lebene dig mache. Sie wird alſo, wie Montaigne ſage: „Ich lehre nicht, ich erzaͤhle!“ Aber uͤber einen Punct iſt die Commiſſion einſtimmig geweſen, namlich in der Erklaͤrung, daß fie mit dem lebhafteſten Intereſſe dem Verſuche des Herrn Voiſin angewohnt hat und daß fie dem Eifer vollen Beifall giebt, mit welchem er ſich Studien hingiebt, deren Gegenſtand ſo edel und der Aufmerkſamkeit der hoͤchſten Gei— ſter wuͤrdig iſt. Die Commiſſion wuͤrde ſich gluͤcklich ſchaͤzen, wenn die Aca— demie dieſe Empfindungen theilte. Wenn das der Fall iſt, ſo wird ſie gern folgende Schluͤſſe ſanctioniren, welche wir die Ehre haben, ihr vorzuſchlagen: 1) Herrn Voiſin fuͤr ſeine Mittheilung zu danken. 2) Ihn aufzumuntern, ſo viel wie möglich die Verfuhe zu vers vielfältigen, welche, wie diejenigen, von denen die Commiſſion Zeuge geweſen, weit mehr als theoretiſche Discuſſionen geeignet find, die Zweifel über die phrenologiſchen Lehren zu heben; Lehren, welche, wie alle, vor das Tribunal der Beobachtung gehoͤrigen, nicht eher definitiv zugelaſſen und Geſetzeskraft erlangen koͤnnen, als wenn ſie practiſch in einer ſo vielfaͤltigen Weiſe demonſtrirt worden ſind, als die Wichtigkeit des Gegenſtandes verlangt. 3) Den Namen des Herrn Voiſin als Candidaten für var cante Stellen der Academie einzuſchreiben, wenn dieß nicht bereits wegen fruͤherer Mittheilungen geſchehen iſt. Blandin, Ferrus, Gerardin, Gerdy, Bouillaud, Berichterſtatter. Ueber dieſen Bericht haben nun im Schooße der Academie noch folgende Verhandlungen ſtattgehabt. Moreau, *) Nur zwei Mitglieder, Herr Gerdy und Ferrus, konnten ſich nicht zum rendez-vous einfinden. 149 Herr Nacquart erlärt, daß er nicht auf gründliche Pruͤ— fung der phrenologiſchen Frage ausgehe, aber er wolle ſich erkun— digen, ob die Herren Commiſſarien auch die Vorſicht beobachtet hätten, das Antlitz jedes Subjectes zu bedecken, ehe Herr Voiſin die Unterſuchung des Schaͤdels begonnen haͤtte; dieſe Vorſicht ſcheine ihm weſentlich, um die Cranoſcopie gegen die Eindruͤcke der Phyſio⸗ gnomie ſicher zu ſtellen, welche Jedermann beurtheilen koͤnne. — Da er der Schüler und Freund Gall's geweſen ſey, ſo habe er dieſem großen Meiſter denſelben Vorſchlag gemacht; denn Gall habe geſagt, daß man die Wiſſenſchaft Lavater's nicht mit der ſeinen vermiſchen duͤrfe; die ſeinigen betreffen den Schaͤdel und nicht die Phyſiognomie. Um zu beweiſen, daß dieſe beiden Wiſſenſchaften ganz von ein⸗ ander verſchieden ſeyen, erzaͤhlte Gall, daß er ſeine Buͤſte, woran das Antlig mit einem Tuche bedeckt geweſen wäre, einem Schuͤler Lavater's vorgeſetzt und dieſen gebeten habe, nach dem Schaͤdel anzugeben, welcher Art Menſchen ſie angehoͤren koͤnne. Der La— vater'ſche Schuͤler habe geſagt, es ſey der Schaͤdel eines bloͤdſinni— gen Menſchen! (Man lacht.) Herr Bouillaud antwortet, daß die Commiſſion jene Vor— ſichtsregel nicht noͤthig zu haben geglaubt hatte, indem Herr Voi— fin fein Urtheil nur auf die Stirnorgane ſtuͤtze. Herr Londe glaubt nicht, daß der Vorſchlag des Herrn Na c— quart's angenommen werden darf, weil eine Maske die vordere Portion des Schädels (Stirn- und Augenhoͤhle) bedecke, auf wel— “er ſich gerade die weſentlichſten phrenologiſchen Organe aus: prägen. Herr Rochoux: Er unterſcheide die allgemeine Phrenologie, welche die Functionen des Ganzen des Hirns begreift, von der localiſirenden Phrenologie. Die erſtere ſey ihm die einzig wahre, ſie ſey ſeit dem hoͤchſten Alterthume vorhanden. Die Philoſophen, die Aerzte, die Naturforſcher aller Zeiten, Hippocrates, Ariſtoteles, Epicur, Newton ꝛc. hätten fie angenommen, anerkannt und ſtudirt. Die zweite ſey Gall eigen; dieſe ſey eine Hypotheſe, welche durch nichts bewieſen wird, und welche ſogar der geſunden Logik von Menſchen, die die Anatomie des Hirns kennen, widerſtrebt. Herr R. fordert die Phrenologen heraus, das Scalpel genau auf dem Punct oder den Puncten des Hirns einzuſtoßen, wo fie willkuͤrlich die Organe nach der Localiſation ihres Meiſters hinbringen. Welches Vertrauen könne man in einer angeblichen Wiſſenſchaft hegen, welche von der Einbildungskraft geſchaffen ſey, welche Niemand nachweiſen koͤnne, weil die Organe, auf welche ſie ſich ſtuͤtzen, nicht ſichtbar ſeyen, und wobei die Anhaͤnger dieſer Lehre ſelbſt hinſicht— lich der Zahl und des Sitzes der Organe nicht uͤbereinſtimmten. Die einen naͤhmen 100, die andern 150 an; dieſe placirten ſie an der einen Stelle, andere an eine andere; die einzige wahre Lehre ſey daher die der Einheit der Hirnfunctionen, indem die localiſi— rende Lehre abſurd ſey. 4 Herr Bouvier glaubt, daß man nicht zu viel Zurüdbaltung bei der Wuͤrdigung der Urtheile des Herrn Voiſin in Anwen— dung bringen koͤnne, weil, nach dem Berichterſtatter, dieſe Ur— theile auf nichts Anderem, als auf der Unterſuchung des vorderen und oberen Theiles der Stirn beruhe. Herr Voiſin habe auf die andern Gegenden, auf das Ganze des Kopfes gar keine Ruͤck— ſicht genommen. Herr Bouvier verſichert aber, beobachtet zu ba= ben, bei ſeinen eignen Unterſuchungen, daß oft eine Compenſation eintritt, d. h., daß das, was z. B. an der Stirn fehle, hinten oder auf einer andern Seite uͤberfluͤſſig vorhanden iſt, fo daß im Gan— zen eine weit geringere Luͤcke in den Functionen vorhanden iſt, als die einfache Ocularinſpection angeben möchte. So ſey, z. B., nach einem andern Arzte der Sitz der Intelligenz bei Irren in dem bins teren Theile des Kopfes: dieſer Arzt ſey, glaube er, Herr Nonat. Herr Bouvier habe beobachtet, daß bei Bloͤdſinnigen nicht allein der vordere Theil ſich verkleinere, ſondern daß auch der hintere dieſelben Bedingungen darbiete. Es ſey folglich wichtig, dieſe Ars ten von Urtheilen nicht anders, als nach Unterſuchung des Ganzen des Kopfes zu begruͤnden. Herr Ferrus war Mitglied der Commiſſion, aber „er habe weder den Verſuchen des Herrn Voi ſin, noch den beſondern zur 150 Lecture des Berichtes beſtimmten beſondern Sitzungen der Commiſſion anwohnen koͤnnen; er ſchließe ſich aber der Arbeit des Herrn Bouil⸗ laud an. Was den Vorſchlag des Herrn Nacquart hinſichtlich der anzulegenden Maske anlangt, ſo ſcheine er ihm nicht anwend⸗ bar, weil die Phrenologen eben ſowohl von dem Zuſtande der Phy— ſiognomie, als von dem Zuſtande des Schaͤdels Vortheil zieben, um ihre Urtheile zu ſtützen. Die Organe der Sinne ſeyen Anhaͤngſel des Hirns, deren Zuſtand dem Phrenologen eben ſo ſehr Auſſchluß gebe, als der Schaͤdel ſelbſt. — Als er mit Spurzheim im Bicetre dieſelben Verſuche im großen Maaßſtabe angeſtellt habe, wie Herr Voiſin, fo habe er zuerſt die Phoſiognomie unterſucht, während der Kopf mit einer Müse bedeckt geweſen; hernach erſt ſey er zur Unterſuchung des Schaͤdels uͤbergegangen. Gall ſelbſt beſchraͤnkte feine Unterſuchung nicht bloß auf letzteren. Dieß ſey für Herrn Nacquart. Herr Bouvier habe von vergleichenden Studien bei den Thieren geſprochen: das fen eine Sache fuͤr ſich. Was aber die Blödjinnigen anlange, fo habe Herr Bouvier nicht in Anſchlag gebrackt, daß bei ihnen das Hirn krank ſey, indem die Windungen ſich verwiſchten und das Organ waſſerkopfartig werde. Die von Herrn Voiſin behandelte Frage betreffe nur geſunde Subjecte; hiernach muͤſſe ſich alſo auch das Raiſonnement richten; denn wenn Krankheit vorhanden ſey, ſey alles verſchieden, und die Formen koͤnnten truͤgen: ein Bein koͤnne ſehr aut gebildet und doch zum Laufen, Gehen oder Stehen nicht geſchickt ſeyn, wenn es, z. B., paralyſirt ſey. Herr Bouvier habe uͤberdem, nach Herrn No— nat, davon geſprochen, daß der Sitz der Intelligenz nach Hinten zu geweſen ſey: das ſey aber in der That eine laͤcherliche Behaup— tung, welche Widerlegung nicht verdiene. In Beziehung auf Herrn Roche ux bekaͤmpfte Herr Ferrus deſſen gegen die localiſirende Phrenologie geaͤußerte Anſicht. Nichts beweiſe mehr die Hirnorgane, als die beſondern auftretenden Stoͤ— rungen bei Irren. Dieſe Frage habe er oft und wiederholt mit Herrn Rochoux discutirt; es ſey aber am Ende immer Jeder bei ſeiner Ueberzeugung verblieben. Spurzheim habe uͤbrigens alle Tage die Probe gemacht, die Herr Rochoux heute verlange, nämlich das Scalpel in dieſes oder jenes Organ einzuſtechen, und es wuͤrde leicht ſeyn, Herrn Rochoux in dieſer Hinſicht zu befriedigen Uebrigens billige er die Umficht der Commiſſarien in Beziehung auf die einzelnen phrenologiſchen Organe. Herr Pelletier ſtellte dem Herrn Berichterſtatter die Frage: „Ihr habt geſagt, daß Herr Voiſin die jungen Gefangenen in vier Categorieen getheilt habe, von denen die zwei Extreme das Maximum und Minimum bezeichneten. Aber in welcher Beziehung beurtheilte er die Eubjecte? Iſt es in Beziebung auf ihre Jntellt genz, oder auf ihre Moralitaͤt? Wenn es in Beziehung auf In- telligenz geſchah, fo hat er ſich oft taͤuſchen müffen; denn es giebt unter den Verbrechern ſehr vollkommen organiſirte Weſen, z. B., Lacenaire. Wenn es in Beziehung auf Moralität geſchah, fo moͤchte ich wuͤnſchen, daß der Herr Berichterftatter die wahren Puncte dieſes Urtheils angebe, denn die Sache ſcheint etwas un: beſtimmt. Der Herr Berichterſtatter antwortet, daß das Urtheil in Beziehung auf die Moralitaͤt oder den Character gefaͤllt worden ſey, und daß die an den vordern und obern Theilen gelegenen Or— gane zur Stuͤtze des Urtheils gedient hätten. Herr Londe macht darauf aufmerkſam, daß der große Ruhm Gall's gerade in den phifofopkiichen Unterſcheidungen beruhe, wel⸗ che er auf die pſychologiſchen Fahigkeiten und auf die Beſtimmung der Organe fuͤr jede dieſer Faͤhigkeiten angewendet habe. Herr Gerdy erklaͤrte, daß er zwar Mitglied der Commiſſion geweſen ſey, aber weder den Verſuchen des Herrn Voiſin, noch den beſondern Sitzungen der Commiſſion habe anwohnen koͤnnen. Man werde ſich folglich nicht wundern, wenn er einige Zweifel über die Zweckmäßigkeit dieſer Verſuche ausſpreche. Zuerſt iſt in dem Be⸗ richte aefaat, daß, nach den Beobachtungen des Herrn Voiſin, die Majorität der Verbrecher aus der untern Claſſe komme: dieß kann wahr ſeyn, aber iſt es dieß aus einem phregologiſchen Grunde, wie er behauptet? Iſt es nicht möglich, daß in der hoͤ⸗ hern Claſſe die Verbrecher nur dem Anſcheine nach viel weniger zahlreich find, weil man fie zu verbergen und der Strenge der Ge— 10* 151 ſetze zu entziehen weiß? Eine zweite Bemerkung betrifft die Er: zahlung, welche die Commiſſion von den Herrn Directoren des Gefangnenhauſes erhalten hat. Aber dieſe Erzählung iſt fpäter aufs geſetzt, nachdem Herr Voiſin bereits vor ihnen fein Urtheil aus: geſprochen hatte; vielleicht würden dieſe Aufklaͤrungen verſchieden ausgefallen ſeyn, wenn man ſie vorher verlangt hatte und unter dem Einfluſſe anderer Eindrüde, als derer eines phrenologiſchen Urtheiles. Es bleibt hier, wie man ſieht, noch etwas Wich— tiges zu verlangen uͤbrig. Drittens iſt geſagt worden in dem Berichte, daß bei der Abzählung der guten und boͤſen Subjecte Herr Voiſin ſich (nach den von den Dircc:oren des Gefang— niſſes ertheilten Nachmeifungen) nur ſelten geirrt hat. Es würde wichtig ſeyn, die Qualität und Quantität der begangenen Irrthuͤmer zu kennen. Wenn es ſich von einem vollſtaͤndigen Irr— chume handelte, d. h, daß ein gutes Subject in die Categorie der Schlechteſten geſtellt wäre und vice versa, fo würde der Irrthum ſehr wichtig ſeyn; und wenn ein ſolcher Irrthum mehrmals vor— time, fo würde ich ſagen, daß die Angaben der phrenologiſchen Wiſſenſchaft in einem ſolchen Grade zweideutig ſind, daß man gar nichts darauf geben kann; eine ſolche Wiſſenſchaft wuͤrde ſelbſt ge— faͤhrlich ſeyn. Es wuͤrde daraus hervorgehen, daß die Form der Stirn nicht hinreichend ſey, um etwas zu entſcheiden, weil dirfe Form truͤgen konnte. Eine letzte, nicht weniger wichtige Bemerkung iſt, daß die Subjecte, über welche Herr Voiſin fein Urtheil aus— geſprochen hat, Kinder waͤren, d. h., Subjecte, deren Character noch nicht vollſtaͤndig iſt oder mit dem Alter ſich aͤndern kann. Die Schullehrer wiſſen hinreichend, daß die unverbeſſerlichſten Zoͤg— linge nicht immer diejenigen ſind, welche im erwachſenen Alter ei— nen boͤſen Character haben. Man begreift, daß in der Kindheit, wo die Organiſation noch nicht vollftändig iſt, der Character an— ders ſeyn kann, als der, welcher fpäter exiſtirt. Folglich konnte es geſchehen, daß die jetzigen Urtheile des Herrn Voiſin mit der Zeit völlig widerlegt würden. Ich glaube daher, daß man ver- nünftigerweife einige Zweifel behalten darf, über die Genauigkeit der von Herrn Voiſin erhaltenen Reſultate. Was nun das jetzige Syſtem Gall's anlangt, woruͤber discutirt wird, ſo muß ich ſagen, daß Herr Ferrus ihm einen ſtarken Stoß gegeben hat, indem er erklärte, daß die Phrenologen von allen möglichen acceſſoriſchen Huͤlfs— mitteln Vortheil zoͤgen, von dem Zuſtande der Phyſiognomie und der Sinneswerkzeuge, wie von dem des Schaͤdels, um uͤber die Beſchaf— fenheit des Hirnes zu urtheilen. Die wahre Phrenologie iſt das nicht, dieſelbe urtheilt einzig nach den Formen des Schaͤdels. Herr Gerdy ſuchte nachher darzuthun, wie Gall wirklich nur in den philoſophiſchen oder ideologiſchen Theilen geglaͤnzt habe, genau in dem hoͤheren Talente, welches er entwickelte, als es darauf ankam, die Principe der Schottiſchen Schule zu vernichten. Unter dieſem Geſichtspuncte kann Gall als der hoͤchſte Ideolog, als der erſte der Ideologen des Jahrhunderts angeſehen werden; aber als es ſich davon handelte, wieder aufzubauen, ſey er ſelbſt ſehr angreifbar ge— 152 worden, indem er eine Claſſification von einfachen Fähigkeiten aufs ſtellte. Jede dieſer Fähigkeiten, ſtatt einfach zu ſeyn wie Gall es wollte, iſt im Gegentheil ſehr complicirt und begreift Gattungen und Arten in ſich, die noch nicht einmal hinlaͤnglich ſtudirt ſind. Ich will zum Beifpiel die Fähigkeit der Muſik anführen: wie viele Varietäten bietet fie nicht dar! Einige haben nur das Vermögen, die Melodieen zu behalten, welche ſie hoͤren, das iſt das Muſikge— daͤchtniß; andere das Talent, zu improviſiren, wie Liſzt; andere, zu componiren, aber nicht zu improviſiren; andere endlich, fertig auszuführen u. ſ. w. Eben daſſelbe kann man von der Poeſie far gen, von der Architectur, von der Malerei, von der Mathematik zc. Jede dieſer Faͤhigkeiten, weit davon entfernt, einfach zu ſeyn, kann in eine große Menge verſchiedener Elemente zerlegt werden. Folg— lich find die von Gall geſchaffenen Faͤhigkeiten, welche ſein Sys ſtem ausmachen, allerdings ſtreitig. Im gegenwärtigen Zuſtande der Wiſſenſchaft kann die Philoſophie ſich nicht mehr bei dem Stu— dium der von Gall creirten Faͤhigkeiten aufhalten, ſondern bei den Elementen, welche jede dieſer Gruppen conſtituiren. (Schluß folgt.) ieee el en Ueber Wheatſtone's, verbeſſerten Voltaiſchen Tele⸗ graph giebt die Allgem. Zeit. (Beilage v. 17. Nov. 1841) S. 2563 folgende Nachricht: Mit einigen winzigen Daniell'ſchen Ketten wer— den auf betraͤchtliche Entfernungen hin Berichte geſendet, und man' be— darf dazu nicht mehr Zeit, als gerade nöthig iſt, um die abgefertigten Depeſchen zu leſen. Dieſe find m. a. W. in eben demſelben Augen- blicke an dem Orte ihrer Beſtimmung angelangt, in dem ſie abge— ſendet werden. Es erſcheinen naͤmlich da, wo die ertheilte Nache richt vernommen werden ſoll, auf einer vielfach durchſchnittenn zifferblattartigen Scheibe ſchnell hintereinander und buchſtabenweiſe die geeigneten Woͤrter und feſtgeſetzten Zeichen So weit ich (der Berichterftatter) die Sache zu beurtheilen vermag, gebührt dem Wheatſtoneſchen Telegraphen vor allen Vorrichtungen aͤhnli— cher Art der Vorzug, da ſich derſelbe am beſten zur Anwendung im Großen eignet. Auf der Eiſenbahn von der City bis Blackwall hat man ſie bereits in Gebrauch Eine lebende Klapperſchlange, welche Hr. Geheime Rath Lichtenſtein zu Berlin bereits ſeit einigen Monaten beob— achten konnte, wurde von demſelben am 16. Nov. der Geſellſchaft naturforſchender Freunde daſelbſt vorgezeigt Ein junges Meer— ſchweinchen, welches von ihr gebiſſen wurde, ſtarb nach zwei Minu— ten unter Zuckungen. Necrolog. — Der Ruſſiſche Ingenieur-Oberſt Sobo— lewsky, Mineralog, der auch in Deurfchland bekannt und bei der Verſammlung zu Stuttgart gegenwaͤrtig war, iſt am 5. November geſtorben. k und Ueber den Einfluß der Witterung auf die Sterb— lichkeit. Von J. L. Casper zu Berlin. Die Witterung wird immer ein Gegenſtand des beſonderen Intereſſes der Menſchen ſeyn. Obgleich indeß ſchon ſeit alten Zei— ten die Aufmerkſamkeit darauf gerichtet geweſen iſt, ſo herrſchen darüber doch irrige Anſichten. Hippocrates und Celſus, bes zeichnen den Fruͤhling als die gefündefte, den Herbſt als die ge— faͤhrlichſte Jahreszeit; dieſen haben ſich auch in fpäteren Zeiten die Aerzte angeſchloſſen, und es hat wenig Einfluß gehabt, daß die Un— terſuchungsmittel in Bezug auf die Witterung ſich vermehrt und die Anſichten über die Krankheitsconſtitution ſich weiter ausgebil— det haben. Ueber den Krankheitszuſtand eines Landes zu einer gegebenen Zeit iſt es ſchwer, ſichere Data zu erhalten. Die Berichte der practiſchen Aerzte ſind uͤberhaupt nicht wohl zu erlangen, beweiſen uͤberdieß nichts. Eben fo wenig will die Auskunft, welche die Apotheker geben koͤnnten, bedeuten (man denke nur an eine In⸗ fluenza⸗Epidemie). Die einzige ſichere Begründung für eine ſolche Unterſuchung giebt das Mortalitätsverhältnig. Mortalitaͤt und Krankenzahl ſind zwar keinesweges in directem Verhaͤltniſſe; es giebt viele Epidemieen, in denen die Zahl der Todten ſehr ge— ring iſt, und umgekehrt giebt es Zeiten vermehrter Sterblichkeit bei einer geringen Krankenzahl. Dennoch giebt dieſes Verhaͤltniß allein eine ſichere mit Zahlen auszudruͤckende Grundlage; deswegen ſollen in den folgenden Zeilen die Witterungsbeobachtungen und die Todesliſten zuſammengeſtellt werden. In Berlin darf keine Leiche ohne ärztliches Atteſt beerdigt werden. In Bezug auf die Zeit des Todes iſt dabei kein Irr— — 153 thum, in Bezug auf das Alter keine erhebliche Irrung zu befuͤrch— ten. Sieben Jahrgaͤnge von 1832 bis 1839 ſind hiernach, nebſt den Berichten über die Todesfälle in der Charité, zuſammengeſtellt und bilden die eine Grundlage der Unterſuchung, waͤhrend die an— dere Grundlage Maͤdler's genaue Witterungsbeobachtungen aus— machen, aus denen die Mittel der Monate ausgezogen ſind. Es iſt alſo von 84 Monaten die Todeszahl und der Stand des Baro— meters, Thermometers und Hygrometers verglichen. Zur weiteren Vergleichung ſind die Berichte uͤber Paris und das Seine-Departe— 154 ment, welche alle drei Jahre erſcheinen, in Bezug auf 96 Monate und Emmerſon's Mediciniſch⸗ſtatiſtiſcher Bericht über Philadel— phia von 120 Monaten danebengeſtellt. Die Todtenzahlen find hier— bei für Berlin 55,609, für Paris 189,196 und in Philadelphia 21,456, welche bei der Berechnung auf die Proportionalzahl ven 100,00 reducirt worden find. Eine Krankenzahl von 268,261 ergiebt hiernach in den vier Jahreszeiten (der Winter iſt hier December, Januar und Februar) mit der mittleren Temperatur folgende Ueberſicht: Im Winter Im Frühling. I m Sommer Im Herbſt. i Todesfälle. ae. Todesfälle. N: Todesfälle. an Todesfälle. in Berlin + 294 24871 668 24714 1485 summ. 26312 783 min. 24102 — Paris + 270 25299 846 summ. 28630 1460 23449 933 min, 22619 — Philadelphia + 003 min. 21158 776 23755 1829 summ. 31194 1039 23891 Hiernach iſt das oben erwähnte Geſetz, welches ſchon Hippo: rates und Celſus aufſtellten, durchaus nicht beſtaͤtigt “). In *) Doch iſt zu bemerken, daß dieſe nach einem ſuͤdlicheren Clima urtheilten, in welchem auch die endemiſchen und epidemiſchen Krankheiten in Bezug auf die Jahreszeit ſich von denen der noͤrdlicheren Gegenden unterſcheiden. (Anm. d. Ueberf.) Berlin und Philadelphia ſtarben im Sommer am meiſten; dagegen in Berlin im Herbſt, in Philadelphia im Winter am wenigſten. Nie— mand wird beſtreiten, daß hierbei außer den climatiſchen auch die localen Verhaͤltniſſe von Einfluß ſeyen, wie denn auch in allen drei Oertern in dieſer Beziehung Verſchiedenheiten zu bemerken ſind. Noch auffallender zeigt ſich dieß in folgenden Paralleltafeln über das vorige und jetzige Jahrhundert. IJ. Achtzehntes Jahrhundert. Kleinere [Dresd.] Genf Petersb.] Stodh. | London | Berlin | Paris | Wien M. P. Mailand Vevay Padua | Danzig ſengl. St.] 17. J 43 J. 17 Jahres Jahre 15 Jahre 10 Jahre 20 Jahre] 10 J.mt. 20 Sabre 16 Jahre 60 J 45 J. 12 J. | 16 J. 1735 —1701— 1764-80 177680 1733-47 1764-55 | 1744-63 | 1790 -99|1772- 91/1775- 901704 63 1725-69 1739-501732 47 1774 | 1743 inter | 16452] „ 4177 4 1061 „9239| 1968811 3672 5605| 26470 1528| 117227 244 | 20 101477141 Srühling | 1721899 5216 973360 3710568] % 22708460 m 4210 m 4554 —319 vr 1547 18712, 272 |m287 |\amass23| 6787 Sommer 19657| a 580%) „82818 9366) 168090 3812 6231| „21784 - 1205| „12118% 239 |. 218 2 5392 Herbſt „ 15806 4996 935250 9308 m 103255 [ m 3365| m 7086 24306 1335| 13700 245 225 m 18708] 6712 Summa | 73814 20163 377825] 38421! 755052 15050) 23566 95879 5610 2557 1000 1000 | 84593. 25982 II. Neunzehntes Jahrhundert. Berlin Paris Philadel- Stuttgart Dresden [Belg. Stde.] Hamburg Genf Wien Mailand 7 Jahre | 8 Jahre ſpbia 103.) 10 Jahre 10 Jahre | 12 Jahre 7 J. Mit. 20 Jahre | 5 Jahre | 3 Jahre n 1811 — 201812 — 211828 — 371815 — * 2501814 — 331808 — 121831 — 33 Winter 13290 47866 m 4968 1105 5265 M 171790| M 962 M 3095 19517 [M 6396 Fruͤhling 13206 | M 54169 5572 M 1180 | M 5961 155006 954 2957 | M 23810 5356 Sommer M 14060 44366 | M 7317 | m 822 4917 m 135851| m 813 m 2375 20329 m 5181 Herbſt m 12379 m 42795 5604 918 | m 4506 154748 840 2485 Im 18697 5523 Summa 53435 | 189196 | 23456 4025 | 20649 | 620395 3569 10912 | 82353 | 22456 Hiernach ift jedenfalls der Fruͤhling nicht die geſundeſte Jahres die groͤßte Sterblichkeit 8 Mal auf den Winter, 12 Mal auf die geringſte 3 — 1 mer Ebenſo iſt es, wenn man beide Jahrhunderte einzeln betrachtet. die größte Sterblichkeit 4 Mal im W 2 die geringſte und in unſerem Jahrhunderte die größte Sterblichkeit 4 Mal im Winter, 4 Mal i die geringſte — 1 — — inter, 8 Mal im Fruͤhling, 1 Mal E ee zeit zu nennen. Nach den mitgetheilten Beobachtungen faͤllt den Frühling, 3 Mal auf den Sommer, 1 Mal auf den Herbſt 12 — I — — — Denn im vorigen Jahrhundert zeigt ſich im Sommer, 1 Mal im Herbſte. N —— Sommer m Fruͤhlinge, 2 Mal im Früh 22 8 a 4 Mal im Herbfte. 155 Hiernach iſt durchgängig der Frühling am ungeſundeſten, der Som: mer am geſundeſten, wiewohl in den einzelnen Städten einzelne Were ſchiedenheiten vorkommen. Schon Quetelet und Billerme haben gezeigt, daß zu verſchiedenen Zeiten an demſelben Orten die Zahlens verhaͤltniſſe verſchieden ſeyen Unter den obigen Zahlenangaben ſteht dieß bloß fuͤr Berlin feſt, wo im vorigen Jahrhundert die größte Sterblichkeit auf den Frühling, jetzt auf den Sommer, die geringſte auf den Winter, jetzt auf den Herbſt faͤllt. Daſſelbe iſt von Villermé und Mallet zu Paris und Genf nachgewieſen, Villerms leitet dieß von einer Verminderung der Sterblichkeit durch Zunahme der Civiliſation her, wodurch die Urſachen der größten Sterblichkeit in einer Jahreszeit gehoben worden ſeyen. Mehr moͤchte in dieſer Beziehung auf eine Veraͤnderung des Eha— racters der Krankheitsconſtitution Werth zu legen ſeyn, und man wird leicht zugeben, daß bei vorherrſchend entzuͤndlichem genius epidemicus eine größere Sterblichkeit auf den Winter und Herbſt, bei vorherrſchend gaſtriſcher oder galliger Conſtitution auf den Soms mer fallen werde. 156 Je weniger Sicheres die allgemeinen Fragen bis hieher ge— waͤhrten, um fo wichtiger erſcheint eine Erforſchung der atmo— ſphaͤriſchen Ei nfiüffe. Die hoͤchſte und niedrigſte Tempera⸗ tur iſt dem Leben immer nachtheilig; dieß gilt fuͤr alle Jahreszei— ten mit Ruͤckſicht auf die mittlere Temperatur derſelben und mußte nothwendig mit Ruͤckſicht auf dieſe unterſucht werden, indem ein Thermometerſtand von + 12 im Herbſte, wo die mittlere Tem⸗ peratur zu Berlin 7,83 iſt, ſchon uͤbermaͤßig hoch, waͤhrend ſie im Sommer noch unter der mittleren Temperatur ſteht. Vergleicht man z. B., in Bezug auf Berlin (nach den ausführlichen, bier nicht abzudruckenden, Tabellen) 8 Sommermonate, deren mittlere Temperatur 15 Grad und daruͤber war, mit eben ſo viel Sommer— monaten, deren Temperatur 15° nicht erreichte, und auf der ande— ren Seite 6 Fruͤhling- und Herbſtmonate von einer mittleren Temperatur von mehr als 12° mit eben fo viel Fruͤhling- und Herbſtmonaten von niedrigerer mittlerer Temperatur, fo erhält man folgende Summen: 7 Sams ©r0, mem. et ß mehr als 15 R. fälle | wen ger als 15 | fälle. 1833 Jun. 15,50 | 659 [1833] Juli 1451| 632 1834 Jun. 15,48 | 621 Kuguf 10,49 | 479 Sul, 19.34 | 844 1835 Juni 14,73 | 506 Aug 17,11 | 990 |1836) Juli 14,43 | 606 1835 Sul. 15,88 | 527 | Lauft 13,25 | 616 1838 Jul. 15,00 | 842 1888] Juni 13.94 | 657 1839| Jun. 15,09 | 571 Auguft 1284| 754 Sul. 16,13 | 619 1839] Auguft 14,18 | 700 | | 5,673 | | 4.950 Die Verſchiedenheiten ſind auffallend; denn wenn wir nach Procenten die in den heiß eſten Sommermonaten Geſtorbenen zu 10,6 erhalten, ſo geben die weniger heißen Monate nur 9,02; die waͤrmeren Fruͤhlinas- und Herbſtmonate 7,5, die kaͤlteren 6,0. Aehnliches ergiebt ſich in Bezug auf Paris, Hamburg und Dres: den und es iſt dadurch die Vermuthung eines bloß zufälliz gen Zuſammentreffens der Temperaturexceſſe mit der größten Sterblichkeit beſeitigt, um ſo mehr, als auf gleichem Wege auch der Gegenſatz der kaͤlteſten Monate übereinftimmend erlangt wird. Vergleicht man naͤmlich 14 der kalteſten Monate in Berlin unter + 1 R. mittlerer Temperatur mit 14 weniger kalten Monaten von einer mittleren Temperatur von mehr als + 1 R. (oder von mehr als + 0,89), fo ergiebt ſich: Mehr als + Todes⸗ Weniger als Todes- 0.89 R. falle. + Ii R. fälle. 1833 Febr 2,85 624 833 | San. |— 2,72| 661 Nov, | 3,21 500 | 1835 Jan. 0,76 641 Dec. 3,80 557 Nov. 053) 552 1834 Jan. 2,90 568 Dec. |— 0,63] 508 Febr. 0,90 581 1836 | San. — 0,63] 594 Nov. 3.56 559 Febr 0,84 562 Dec. 1,47 539 1837 | San. 0,05 | 1,008 1835 | Febr. 2,07 561 Febr. 0,6) 685 1836 Nov. 217 604 Dec. 0,40 553 Dec 1,49 614 1838 | San. |— 814 767 1837 | Nov. 3,86 474 Febr. — 3,76] 630 1833 | Nov. 1.98 664 Dec, 0,94] 684 1839 | Febr. 1,22 553 1839 Jan. — 0,17| 632 Nov. | 4,33 670 Dec. |— 0,30| 721 | | 8,064 | | 9,284 El im Fruͤhling und Her ſbſte Todes⸗ mehr als 122 R. ae | weniger als 12 R. fälle. 18333 Mai 14,55 | 693 1833] Septbr. 11.36 499 18344 Mai 1309 | 606 1835 Mai 1060| 523 Septbr. 123,62 | 816 1836 Mai 9,08 514 1835| Septbr. | 13,03 | 538 Septbr. 1106| 310 1833| Septbr. | 13,25 | 701 18388 Mai 11,24 | 703 1839] Septbr. | 13,64 | 635 1839 Mai 11,78 | 654 e .. e ⁊ OHR] | 13,208 Es ftarben alfo in den Fälteften Monaten 17,3 von 100 der ganzen Sterblichkeit, in den weniger kalten Monaten nur 15 1. Derſelbe nachtheilige Einfluß der Kaͤlte zeigt ſich auch in Paris, Dresden und noch deutlicher in Hamburg, wo, nach Buek, täglich bei — 15° R. und weniger ſtarben 123 — 55 — — — — 11.5 — 5 — bis 0 — 10,7 e — 9,5 — — 5° — bis + 10 e Hiernach kann man den Satz aufſtellen, jedes Extrem der Lufttemperatur, große Hitze und Kälte, ſey nachthei— lig. Dieß kann nun auf doppelte Weiſe der Fall ſeyn; entweder werden dadurch einzelne raſch tödtende Krankheiten herbeigeführt, oder es werden chroniſche Krankheiten dadurch zu Ende gebracht. Wahrſcheinlich kommen beide Verhaͤltniſſe zuſammen; indeß wirken die Exceſſe der Temperatur nicht gleichmaͤßig auf alle Lebensalter, wie ſpaͤter gezeigt werden foll. So forgfältig bisjetzt auch überall die Barometerbeobachtun« gen aufgezeichnet worden find, fo iſt doch das Verhaͤltaiß derſelben zu der Mortalität noch nicht erforfcht worden. Es exiſtiren dar⸗ über allgemeine Annahmen, welche aber durch nichts bewieſen ſind; dennoch hat der verſchiedene Luftdruck einen groͤßern und cons ſtanteren Einfluß, als das Thermometer, und es laͤßt ſich beweiſen, daß ein größerer Luftdruck faſt zu allen Jahreszei⸗ ten die Mortalität vergrößert, ein geringerer Luft⸗ druck dieſelbe vermindere. Der mittlere Barometerſtand Berlin's iſt 386,000“ ; um aber in folgender Tabelle die SO Mo— nate genau in zwei gleiche Theile theilen zu koͤnnen, wurde 336 361“ als Baſis angenommen; zu beiden Seiten dieſes Baro— meterſtandes verhielt ſich nun die Mortalität folgendermaaßen: 157 Mittlerer Barometerſtand Todes: |Mittierer Barometerſtand Todes: über 336,36 1° fälle, unter 336,361’ fälle, 1833 Jan. 340,278 651 1833 Febr.] 333 555 624 Mai 336 803 698 Maͤrz] 334 929 551 1834 Febr. 340,375 581 April | 533 460 876 März | 333,639 600 Juni | 334 674 659 April 337,774 677 Juli 334,493 632 Mai 336,889 606 Aug. | 333,716 479 Juni 335,933 621 Sept. 334,941 499 Zuli 336,796 844 Oct. | 336,099 578 Sept 338 058 816 Nov 334,682 500 Nov 336,821 559 Dec. 332,217 557 Dec. 338,847 535 1834 Jan. 334,684 568 1835 Jan. 338,007 641 Aug. | 335,869 | 990 April] 337,136 594 Oct. 335,853 759 Juni | 337,908 506 1835 Febr.] 334,833 561 Juli 337,645 527 März | 336,198 592 Aug. 336,728 515 Mai 335,651 528 Nov. 337,823 552 Sept.] 336.095 538 Dec 337,957 508 Oct. 335,618 587 1836 Jan. 336,973 594 1836 Febr.] 334,783 562 Mai 333,074 514 März | 334,294 640 Juni 336,960 498 April | 335,363 559 Juli 336,912 606 Sept. 335,942 310 Aug. 337,158 616 Nov. 334,922 604 Oct. 336,610 570 Dec 334,700 614 1837 Jan. 336,525 | 1,008 [1837 Maͤrz] 335,948 657 Febr. 333,250 685 April | 334 837 721 Juni 336,952 623 Mai | 335,586 635 Juli 336,385 600 18380 Febr.] 334,855 630 Dec. 338,824 553 Maͤrz] 335,541 719 1838 Jan. 338,434 767 April | 333,760 685 Juni 336,524 657 Mai | 336.360 703 Juli 336,904 842 Aug 336,117 754 Sept. 333,076 701 Nov 335,135 664 Oct 336,783 684 1839 Jan. 334,000 682 Dec. 339,486 684 Febr. 336.306 553 1839 März | 336,355 334 Mai 335,849 654 April | 337,998 613 Juni | 336,152 671 Juli 336,834 619 Sept.] 335,460 635 Aug. 336,566 700 Nov 335,866 670 Oct. 338,873 62² Dec 335,987 721 [40 Mon. | 25221 | [40 Men, | 1 25021 Bei dem hoͤhern Barometerſtande ſtarben alſo monatlich 630,5 (täglich 1848), bei dem niedrigern Barometerſtande ſtarben monatlich nur 625,5 (täglich nur 18,25), oder dieſe verhielten ſich zu jenen wie 100 : 101,2. Noch auffallender zeigt ſich der nachtheilige Eins fluß des groͤßern Luftdruckes, wenn man den hoͤchſten mit dem nie— drigſten Barometerſtande vergleicht. In 13 Monaten mit einem mittleren Barometerſtande über 338,000“, ftarhen 8 400, oder monatlich 646, oder taͤglich 21.54, dagegen in 13 Monaten mit einem mittleren Barometerſtande von 334,800“ ſtarben monatlich 621, taͤglich 20,79 Dieſe verhielten ſich alſo zu jenen wie 100 zu 103,9, eine auffallende Differenz, welche vom niedrigern Barome— terſtande abhaͤngt. Es ſind nun aber auch die vier Jahreszeiten mit ihrer verſchiedenen Mortalitaͤt in Bezug zu den verſchiedenen Barometerftänden zu betrachten. Es ergiebt ſich aus der mitge— theilten Tabelle Folgendes: Es ſtarben bei hoͤherem Barometerſtande bei niedrigerem Barometerſtande in 11 Wintermonaten 656 in 10 Wintermonaten 607 (min. 49) — 8 Fruͤhlingsmon. 585 — 14 Fruͤhlingsmon. 679 (pl. 93) — 14 Sommermon. 627 — 5 Sommermon. 619 (min. 8) — 7 Herbſtmon. 649 — 11 Herbſtmon. 676 (min. 73) oder das Verhaͤltniß iſt im Winter wie 108,0 : 100 — Fruͤbling — 86,8 100 — Sommer — 101,3 : 100 — Herbſt — 112,6: 100 158 Dieſe Verſchiedenheiten ſind um ſo auffallender, als ſie im Allgemeinen auch von andern Orten nachgewieſen werden Eönz nen. Bis jest hat man ſie indeß kaum geahnt. Bemerkenswert iſt, daß der Einfluß des Luftdrucks auf das Leben der Menſchen nicht zu allen Jahreszeiten derſelbe ſey. Im Fruͤhlinge waren bei uns rheumatiſche Krankheiten, Catarrhe, Brechdurchfaͤlle, rheumatiſche Fieber mit Catarrh, einige Zeit auch wahre Entzündungen und außerdem Haͤmorrhagſeen und Congeſtio— nen vorherrſchend. Es waͤre aber voreilig, anzunehmen, daß bei dieſen Krankheitsformen der niedere Barometerftand die Prognoſe guͤnſtiger gemacht habe, zumal da zu Paris nicht ſowohl der Fruͤh⸗ ling als vielmehr der Herbſt mit feinen Krankheiten die Jahreszeit darſtellt, in welcher ein hoͤherer Barometerſtand die Sterblichkeit verminderte. Bei einem mittleren Baromceterſtande über 755,96 (27¼/11“¼% ) und andererfeits bei niedrigerem Stande ſtellte ſich zu Paris das Mortalitaͤtsverhaͤltniß folgendermaaßen: bei hoͤherem Barometerſtande bei niedrigerem Barometerſtande in 16 Wintermonaten 2021 in 7 Wintermonaten 1971 (min. 50) — 11 Fruͤhlingsmon. 2334 — 13 Fruͤhlingsmon. 2192 (min. 142) — 13 Sommermon. 1841 — 9 Sommermon. 1831 (min. 10) — 8 Herbſtmon. 1754 — 15 Herbſtmon. 1804 (pl. 50) oder uͤberſichtlicher im Winter wie 1025 : 100 — Fruͤhling — 106,4 : 100 — Sommer — 100,5 : 100 — Herbſt — 97,2 : 100 Mit Ausnahme dieſer Jahreszeitdifferenz, aus welcher bis jetzt noch nichts weiter abzuleiten ift, zeigt ſich aber zu Paris der nach⸗ theilige Einfluß des vermehrten Luftdruckes ebenſo wie zu Berlin. Aus einer Zuſammenſtellung von 92 Monaten ergiebt ſich naͤmlich, daß auch zu Paris bei hoͤherem Barometerſtande, im Verhaͤltniß zu dem niederem, das Mortalitaͤtsverhaͤltniß war gleich 101,3 zu 100 oder taͤglich 66,32 zu 65,42; die Mortalitaͤt bei dem hoͤchſten und bei dem niedrigſten Barometerſtande zeigt ſich auch hier zu Gun— ſten des letztern, jedoch weniger ſtark, als in Berlin. Denn in 12 Monaten, deren mittlerer Barometerſtand zwiſchen 759,28 und 764,79 war, ftarben zu Paris monatlich 2016 (taglich 67,20) , da⸗ gegen in 12 Monaten von einem Barometerſtande zwiſchen 747,40 und 752,29 nur 1985 (taͤglich 66 17), was ein Verhaͤltniß giebt von 101,5 zu 100. Daſſelbe Reſultat ergiebt Meyer's Bericht über Dresden; denn von 1828 bis 1837 ftarben bei einem Baro— meterſtande von 26“8““ bis 27/4“ taͤglich 4,96, bei einem Ba⸗ rometerſtande von 28“ bis 23” 6" dagegen 5 58. Bei dieſer Ue⸗ bereinſtimmung iſt es auffallend, daß, nach Buek, zu Hamburg bei hohem Barometerſtande weniger ſtarben, als bei niedrigem; was ſich durch verſchiedene Localitäͤt kaum erklären läßt: bei dieſen Barometerbeobachtungen Buek's ift es aber nicht bemerkt, welchen Zeitraum die Barometerbeobachtungen umfaſſen und ob der mitt— lere Barometerſtand und noch weniger, wie viel Barometerbeobach⸗ tungen zu Grunde gelegt ſeyen; es ſcheint bei dieſen Beobachtun— gen von einer andern Baſis ausgegangen zu ſeyn, als bei den vor— her angefuͤhrten; es bleibt daher das angefuͤhrte Reſultat aus den zahlreichen Beobachtungen von Berlin, Paris und Dresden bis auf weitere Beobachtungen das Güitige. Ob eine Steigerung und Verminderung der Krankheiten und Todesfalle bei Epidemieen von der Zu- und Abnahme des Luftdruckes abhaͤnge, iſt bei der mangelhaften Kenntniß von der Natur der epi⸗ demiſchen Krankheiten nicht zu beſtimmen; nur die aſiatiſche Cholera iſt bei ihrem Verlaufe durch ganz Europa von den Aerzten mit den meteorologiſchen Inſtrumenten etwas genauer erforſcht worden. In der Choleracpidemie 1831 zu Berlin ergiebt ſich folgende Wo— chenuͤberſicht: (26. Sept. — 2. Oct.) 335% waren 215 an der Cholera erfranft und 209 gefiorben 63. — — 9. —) 336% — 279 — — — — 153 ri (10. — — 16. —) 30" _— 252 — — — — 153 — 11. — — 233. - Wu — 7 —— —— rr e IL —ı n 7 rl See FF , ee 1 14. — — 70 — 3310 — 714 — —— — — 31 — (21. — — 27. — ) 33,» — 8 — — H— -— 12 — FF r ee —— r ,,,, Er nie % 1 159 Daraus ergiebt ſich, daß die Todesfälle von Woche zu Woche, mit einer geringen Schwankung, abgenommen haben, ohne auf den verſchiedenen Barometerſtand Ruͤckſicht zu nehmen. Ueber andere weniger heftige und eigenthuͤmliche Epidemieen ſind Beobachtungen nicht angeſtellt. Was nun das Verhaͤltniß der Luftfeuchtigkeit zur Ge— ſundheit und zum Leben des Menſchen betrifft, ſo haben ſchon meh— rere Aerzte daruͤber Beobachtungen bekannt gemacht, aus denen ſich, der gewoͤhnlichen Meinung gerade entgegen, ergiebt, daß eine anhaltend feuchte Witterung unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden der Geſundheit zutraͤglicher ſey und die Sterblichkeit weniger begünftis ge, als eine anhaltend trockene Witterung. Dieſe Anſicht aber drängt ſich dem faſt von ſelbſt auf, welcher nur an die Krankheits— formen denkt, zu welcher feuchte oder trockene Luft vorzugsweiſe disponirt; bei erſterer herrſchen Catarrhe, Rheumatismen, Gicht— anfaͤlle, Blennorrhoͤen, Scrophelexacerbationen und Wechſelfieber, wodurch die Krankenzahl vermehrt wird, ohne daß die Mortalitaͤt zunimmt; bei Trockenheit der Luft dagegen zeigen ſich Entzuͤndun— gen, Haͤmorrhagieen und Apoplexieen mit ihren ſchlimmen Folgen. Aus den uͤber Berlin und Paris gefuͤhrten Tabellen ergiebt ſich, daß zu Berlin auf 100 Geſtorbene in trockener Zeit 52, bei feuch⸗ tem Wetter 48; zu Paris bei trocknem Wetter 50,5 und in feuch— ten Monaten nur 49,5 kommen. Ob dieſe guͤnſtige Einwirkung der feuchten Luft zu allen Jahreszeiten dieſelbe ſey, iſt nicht zu beſtim— men; denn feuchte Sommermonate ſind im mittleren Europa ſo ſelten, daß es nicht moͤglich iſt, einen hinlaͤnglichen Zeitraum zur Vergleichung mit den uͤbrigen feuchten Jahreszeiten aufzubringen. Mit Ruͤckſicht auf dieſen Mangel ſtellt ſich die Mortalität bei trock— ner und feuchter Luft in verſchiedenen Jahreszeiten zu Berlin und Paris, auf 100 Todesfaͤlle reducirt, folgendermaaßen: Berlin. Paris. Win- Früh- Som: Win⸗ Früh⸗ Som— | tee ling | mer Herbſt ter | ling | mer Herbſt Trocken | 13,5] 12,9] 13,1] 134] 13,2] 14,5] 11,7] 10,9 Feucht | 11,7 12,4] 13,6] 11,1] 11,6| 14,1] 11,8) 11,9 Differenz — 1,8 |— 0,5 |— 0,5 | — 1,3] — 1,6|— 0, [+ 0,1|+ 1,0 Obgleich nun hieraus die Mortalitaͤtsdifferenz faſt überall zu Gunſten der feuchten Luft zu erkennen iſt, ſo ſind doch eine Reihe feuchter und trockner Monate aus der warmen und kalten Jahres— zeit noch zu vergleichen. Die Tabelle über Berlin enthält indeß nur drei feuchtwarme Monate, woraus nichts zu ſchließen iſt; man muß daher zu den Pariſer Tabellen feine Zuflucht nehmen; ver- gleicht man nun die mittlere Mortalitaͤt von zehn Monaten, welche mit Ruͤckſicht auf die mittlere Temperatur feuchtwarme Monate zu nennen find, von 12 trockenwarmen, 14 feuchtkalten und 22 trocken— kalten mit der Mittelzahl ſaͤmmtlicher Todesfaͤlle derſelben Monate (alſo die Mortalitaͤt des feuchtkalten Januars 1820 mit der Mor— talität des Januars überhaupt in Paris), fo erhält man folgende Reſultate: 160 im Ganzen haͤtten 0 | | es ſeyn muͤſſen Verhaͤltniß. Es ſtarben waͤhrend der feuchtwarmen Monate 1853 1842 100,6 : 100 trockenwarmen — 1863 11829 101,3 : 100 feuchtkalten — 11882 1923 97,8: 190 trockenkalten — 2029 1986 102,1: 100 Hieraus ergiebt ſich ebenfalls der guͤnſtige Einfluß der feuchten Luft in Vergleich zur trocknen Luft. Denn in einer Zeit, wo im Allgemeinen 100 ſtarben, ſtarben bei feuchter Witterung nur 99,2, bei trockner dagegen 101,9. Es ergiebt ſich aber daraus daſſelbe, was ſchon die Tabelle von Berlin lehrte, daß keine Luftbe— ſchaffenheit dem Leben fo ungünftig fey, als trockene Kaͤlte, waͤhrend nicht die feuchte Waͤrme, ſondern die feuchte Kaͤlte die Mortalität am wirkſamſten beſchraͤnke. (Commentationis de tempestatis vi ad valetudinem pars I. auct. J. L. Casper. Berol. 1841. 4. es e len. Subcutane Sehnendurchſchneidung bei veralteten und nicht geheilten Fracturen des oleeranon und der patella, hat Dieffenbach angewendet, nachdem die Behandlung mittelſt Reiben der Bruchflaͤchen und mittelſt ſorgfaͤltiger Verbaͤnde erfolglos geblieben war. Bei einem vierzigjaͤhrigen Manne, der ſeit einem Jahre eine unverheilte fractura olecrani hatte, wurden die Bruchflaͤchen bis zur groͤßten Schmerzhaftigkeit an einander ge— rieben, hierauf die Sehnen des triceps durchſchnitten und, bei flec— tirter Stellung des Armes, ein feſter Kleiſterverband angelegt. Alle vierzehn Tage wurde dieſer erneuert, die Reibung wiederholt und nach drei Monaten war das olecranon wieder feſt. Bei veralteten Queerbruͤchen der Knieſcheibe, mit großer Entfernung der Bruch— flächen, wurde das ligam. patellae und die Sehne des rectus fe- moris 5 Zoll oberhalb der patella durchſchnitten; die Bruchflaͤchen ließen ſich einander naͤhern und gegen einander reiben und wurden durch den Verband des Knieſcheibenbruchs (zwei gepolſterte Gürtel, welche oberhalb und unterhalb des Kniees angelegt und mit zwei Schnallriemen zu beiden Seiten der patella einander genaͤhert wer— den) aneinandergehalten. Es erfolgte weder heftiger Schmerz, noch Eiterung. Die Zwiſchenmaſſe bildete einen ſtarken Wulſt unter der Haut, welcher ſich durch leichte Entzuͤndung bald verdichtete, er— haͤrtete und eine bedeutende Verbeſſerung des Zuſtandes bewirkte. (Caſper's Wochenſchr. Nr. 40.) In Beziehung auf Injectionen verſchiedener Subſtanzen in die Venen der Thiere, um die Transfors mation der verſchiedenen organiſchen Elemente unterſuchen zu koͤn— nen, hat De. Donné conſtatirt, daß eine ziemlich concentrirt. Aufloͤſung von Gallerte in großer Quantität in die Venen von Hunden eingeſpritzt werden kann, ohne irgend einen bedeutenden Zufall zu veranlaſſen. Bibliographische Neuriten. Journal of two expeditions of Discovery in Northwest and Western Australia during the years 1837-1839. London 1841. 2 Vols. 8. (Enthaͤlt u. a. Ueberſichten der Voͤgel der Weſtkuͤſte, von Gould, der Reptilien, von J. E. Gray und Entomologiſche Beitraͤge von A. White.) Description des coquilles fossiles de la famille des rudistes, qui se trouvent dans le terrain er&tac& des Corbieres (Aude). Par Oscar Rolland du Roquan. Carcassonne 1841, 4. M. K. Traité théorique et pratique de la folie. Par M. Parchappe. Observations particuliers a documens nécroscopiques. Rouen 1841. 8. Traitement acc@l&r& des Ankyloses et recueil de visions chi- rurgicales choisies, précédes des remarques sur le congres scientifique de Lyon, Par Math, Mayor, Paris 1841. 8. (Mit 1 K.) — — Uw . — Menue Uotizen aus dem Gebiete der Nalur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medieinalraibe Froriep zu Weimar, und dem Medieinatrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin, Mo. 429. (Nr. 11. des XX. Bandes.) November 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gr. Nr Ueber die Entwickelung der Medusa aurita und der Cyanea capillata iſt eine neue intereſſante Abhandlung des Herrn M. Sars in dem von Herrn Dr. Erichſon herausgegebenen Archiv fuͤr Naturgeſchichte VII. Jahrgang I. Heft erſchienen, wo— von die wichtigſten Ergebniſſe am Schluſſe folgendermaaßen zuſammengeſtellt ſind: 1. Aus den kugelfoͤrmigen Eiern in den Eierſtoͤcken, an welchen man die vesicula Purkinji und die macula (vesicula) bemerkt, und deren Dotter die gewoͤhnliche Thei— lung oder Furchung zeigt, ſchluͤpfen die mit ſchwingenden Wimpern beſetzten ovalen oder ovalcylindriſchen Jungen aus, welche ſich in den zu gleicher Zeit ſich entwickelnden zahlrei— chen Behaͤltern in den vier Mundarmen anſammeln, in wel⸗ chen ſie eine Zeitlang verbleiben. 2. Danach verlaſſen ſie die Mutter, ſchwimmen, wie Infuſorien, eine Zeitlang herum und heften ſich endlich an einen fremden Koͤrper, an welchen ſie mit ihrem einen Ende feſtwachſen, waͤhrend ſich am anderen, freien, der Mund oͤff— net, um welchen allmaͤlig ein Kranz von Tentakeln hervor— waͤchſ't. 3. In dieſem polypenaͤhnlichen Zuſtande, welchen wir mit Fug einen Larvenzuſtand nennen, pflanzen ſie ſich ſchon fort, und zwar auf die bei den Polypen gewoͤhnliche Weiſe durch Knoſpen und fogenannte Stolonen (Seitenauslaͤufer). Die neuen Thiere, welche hierdurch hervorkommen, gleichen der Larve ganz. 4) Endlich, nach Verlauf einer noch unbeſtimmten Zeit, theilt ſich die Larve freiwillig in eine Menge von Queer— ſtuͤcke, welche ſaͤmmtlich neue Thiere werden. Dieſe, welche der Larve nicht gleichen, ſind frei umherſchwimmende, ſchei— benfoͤrmige Geſchoͤpfe, deren Peripherie in acht, am Ende zweitheilige, Strahlen getheilt iſt, und welche einen viereckig— töhrenförmigen, niederhaͤngenden Mund haben ꝛc. Allmaͤlig, ſo wie ſie heranwachſen, werden die Strahlen kuͤrzer, die Raͤume zwiſchen ihnen, an welchen die Rand-Tentakeln her— No. 1529. e a ha vorzuwachſen beginnen, werden größer, der Mund theilt ſich und wird zu vier Mundarmen. Kurz, dieſe Thiere werden voͤllig der urſpruͤnglichen Mutter (der Medusa oder der Cyanea) gleich. N Es iſt demnach nicht die Larve oder das aus dem Eie entwickelte Individuum, welches ſich in eine vollkommene Acalephe verwandelt, ſondern es iſt ihre durch Queertheilung entſtandene Brut. Ich weiß unter den bekannten Thatſa— chen mit keiner dieſe Entwickelungsart beſſer zu vergleichen, als mit der der Salpa, obgleich dieſe vielfach von jener abweicht. Gymnorynchus horridus, ein neuer Eingeweide— wurm aus der Familie der Ceſtoideen. Von John Goodſir, Conſervator der Muſeen des koͤniglichen Collegiums der Wundärzte zu Edinburgh *). (Hlerzu die Figuren 14. bis 18. auf der mit Nr. 419. [Nr. 1. dies ſes Bandet] aus gegebenen Tafel.) Die Gattung Gymnorynchus ward zuerſt von Rudolp hi, und zwar auf einen Wurm gegruͤndet, der ſich im Muskelfleiſche des Brama raji aufhält, und den Cuvier in die Gattung Scolex gebracht hatte. Dieſe Species, Gymnorynchus reptans, ARud., Scolex Gigas, Cuv., war bisher die einzige bekannte. Rudol⸗ phi, Cuvier, Blainville und Milne Edwards haben dies ſelbe beſchrieben, und Bremſer hat eine Abbildung derſelben gege— ben. Die Kennzeichen der Gattung ſind, nach Rudolphi: Koͤrper plattgedruͤckt, ohne Einſchnitte, fehr lang, mit einem ziemlich ku⸗ gelfoͤrmigen receptaculum am Halſe; Kopf mit zwei gabelfoͤrmig geſpaltenen Saugern und vier nackten, zuruͤckziehbaren Ruͤſſeln. Bremſer bildet jedoch auf feinen Tafeln die vier Ruͤſſel nicht nackt, ſondern mit zuruͤckgebogenen Haken ab, welche nur erkenn⸗ bar ſind, wenn die Ruͤſſel völlig herausgeſtreckt find. Milne Edwards deſinirt in der letzten Ausgabe von Lamarck's wir⸗ belloſen Thieren dieſe Gatturg folgendermaaßen: Körper plattge⸗ druͤckt; fortlaufend oder nicht gegliedert; aus drei Abtheilungen, einer mittleren, ziemlich kugelfoͤrmigen, einer hinterwaͤrts in einen langen Schwanz auslaufenden und einer vorderen, ſich in Geſtalt eines runzeligen Halſes darſtellenden, beſtehend. Der Kopf ver: „) Der Werner'ſchen naturforſchenden Geſellſchaft vorgeleſen am 20. Februar 1841. 11 163 — TREN dickt, mit zwei gabelfoͤrm'g geſpaltenen Saugern und vier warzi— gen Tentakeln bejigt. Bei der Section des Sonnenſiſches, Über welchen ich der Ger ſellſchaft fruher einen Artikel vorgeisfen habe, fand ich in der Leber eine Anzahl von Entozoen, die ein ſeyr merkwürdiges Anſehen dar— boten, Sie waren cylindriſch, ſehr lang und auf der Oberfläche des Organs, ſo wie in der Subſtanz deſſelben befindlich, wo ſie in Windungen und verſchiedenen Verſchlingungen lagen. An dem einen Ende zeigten ſie ſich ziemlich kugelformig, und daſſelbe lag bart unter dem peritonaeum; das andere verjungte ſich zu einer feinen Spitze. An das Parenchym des Organs waren ſie durch Zellgewebe befeſtigt, und zuweilen adhaͤrirten die verſchiedenen Win— dungen da, wo jie ubereinanderlagen. Die Farbe der Entogoen war gelblichweiß, ſo daß ſie gegen das dunkle Braun der Leber ſtark abſtachen. Als ich einen dieſer Koͤrper von der Leber trennte und den— ſelben nach der Länge aufſchnitt, fand ich, daß es kein Wurm, ſondern ein langer Sack oder eine Cyſte war, welche einen Wurm enthielt, der bei'm Herausnehmen noch lebte, obwohl der Fiſch ſeit einer Woche todt war. Als ich denſelben in lauwarmes Waſſer brachte, streckte er den Kopf und Hals aus dem Halsbehälter heraus, ſchob die vierarmigen Tentakeln vor und blieb mehrere Stunden lang in lebhafter Bewegung. Der kugelfoͤrmige Begaͤlter (receptaculum) lag, ſammt dem Kopfe und Halſe, in dem Enouigen Ende der Cyſte; allein der Schwanz erſtreckte ſich nicht bis in das duͤnnſte Ende deſſelben. Der Wurm gehörte, wie ich ſchon bei oberflaͤchlicher Unter— ſuchung fand, zur Gattung Gymnorynchus. Uebrigens bot derz ſelbe ein Kennzeichen dar, welches in dem generiſchen Character dieſer Gattung nicht enthalten iſt; denn man erkannte an demſel— ben, wenn man ihn zwiſchen zwei Glasplatten gelind drückte, weit— laͤuftige, aber doch deutliche Articulationen. Nach der Unterſuchung der Bremſer'ſchen Abbildung und der Betrachtung der verſchiede— nen Beziehungen der Gattung, vermuthe ich ſtark, daß der Gym- norynchus reptans ebenfalls gegliedert fey, und daß dieſe Structur allen Ceſtoideen angehoͤre. Meine Exemplare bieten aber Kenn— zeichen dar, nach denen dieſelben ohne Weiteres fuͤr eine beſondere Species erklart werden dürfen. Sie beſitzen auf den Tentakeln einen beſonderen Kreis von großen, ruͤckwärtsgekruͤmmten Haken, welche in der Bremſer'ſchen Abbildung des Gymnorynchus rep- tans fehlen. 7 Die Cyſte, in welcher der Wurm enthalten iſt, iſt doppelt. Die aͤußere Blaſe iſt rauh, flockig und haͤngt an dem Parenchym der Leber; das vordere Ende iſt erweitert und lag bei allen Exem— plaren hart unter dem Bauchfelle. Das hintere Ende dagegen iſt ſo verdünnt, daß es ſich nur ſchwer verfolgen ließ, da es nach allen Richtungen in Schlingen und Windungen durch die Subſtanz des Organs verbreitet war. Innerhalb der aͤußeren Blaſe liegt eine andere, welche den Wurm eng umhuͤllt. Dieſelbe iſt glatt, durchſcheinend, dünn und elaſtiſch und hängt nicht an der aͤußeren feſt. Man ſieht den Wurm durch dieſe zweite tunica hindurch, wie derſelbe mit ſeinem verdickten vorderen Ende in der blaſigen (aufgeblähten) Portion der Cyſte eingelagert iſt Befreite man einen dieſer Wuͤrmer aus ſeinem Gefaͤngniſſe, und that man ihn in Waſſer, ſo erweiterte ſich ſein vorderes Ende und ſein Kopf und Hals ſchoben ſich vor und zeigten ſich ſo, wie ſie in Figur 16. dargeſtellt ſind. Nach dem Zurückziehen befinden ſich der Kopf und Hals in dem receptaculum cervicale. Zur Bewirkung dieſes Actes iſt kein beſonderer Muskelapparat vorhanden. Das Gewebe dieſes Theils, fo wie des übrigen Körpers des Thieres beſteht aus dem Fein koͤrnigen Gewebe, wie es unlängft von Herrn Forbes eſchrieben worden. Die vierarmigen Tentakeln werden durch vier beſondere Muskeln zurückgezogen, welche ſämmtlich aus koͤrnigem Gewebe beſtehen. Die Structur dieſes Theils des Thieres iſt ge— nau dieſelbe, wie bei Bothriocephalus corollatus, nach Leblond's Beſchreibung in den Annales des sciences naturelles vom Jahr 1836. Die Bewegung dieſes Apparates iſt bei beiden Thieren ähn— lich und das Gewebe von derſelben Art, wie das, welches Le— blond „Sarcode“*, oder die Elementarſtructur nennt, und dieſe iſt nichts anders, als das bereits erwähnte koͤrnige Gewebe. 164 Wenn man den Koͤrper gelinde zwiſchen zwei Glasplatten druͤckte, fo zeigte er, in Abſtanden von 4 bis 4 Zoll, deut⸗ liche durchſcheinende Gliederungen nach der Queere. Uebrigens konnte man, auch bei der genaueſten Unterſuchung, in keinem der Segmente eine Spur von einem Nahrungsſchlauche oder Zeugungs— organe entdecken. Der erweiterte Halsbehaͤlter, in welchen der Kopf zuruckgezogen wird, ſchien mit keinem, in dem verlaͤngerten Korper enthaltenen Apparate von Roͤhren, oder Hoͤhlen, zu com— municiren. Oer intereſſanteſte Umſtand in der Naturgeſchichte dieſes En— tozoon iſt die Art und Weiſe, wie daſſelbe von einer feſten und überall geſchloſſenen Cyſte umhüllt iſt. Dieſe Cyſte ſcheint mir ihre Entſtehung nicht ſchlechthin der Reizung der umgebenden Ge— webe zu verdanken. Die aͤußere Membran derſelben kann davon berrübren; allein, wie die innere ſich unter einem ſolchen Einfluſſe entwickeln koͤnne iſt ſchwer zu begreifen. Profeſſor Owen hat in ſeiner Abhandlung über die A'richina spiralis die Anſicht geäußert, daß die Cyſte dieſes, in den Muskeln des Menſchen vorkommenden Entozoon bloß durch Reizung entſtehe, obwohl ſie ſcheinbar aus zwei Membranen gebildet iſt. D.. Knox dagegen hält fie für einen integrirenden Theil des Thieres, wenngleich dieſes unbefeſtigt in deſſen Hoͤhlung liegt. Die letztere Anſicht iſt unhaltbar, wenn wir die gewöhnliche Vorſtellung von der Individualität eines Thie— res gelten laſſen. Uebrigens duͤrften allerdings die Cyſten fuͤr we— ſentliche Theile aller ſolcher Entogoen gelten, da fie nie fehlen. Ja, dieſelben duͤrften urſpruͤnglich Theile des Eies ſeyn, in wel— chem ſich das Thier gebildet hat, die das letztere bis an's Ende ſeines Lebens bekleiden. Ohne mich zum Beweiſe dieſer Hypotheſe auf Thatſachen berufen zu koͤnnen, moͤchte ich dieſelbe doch der Beachtung der Naturforſcher empfehlen, da ſie mit keiner der be— kannten Bedingungen der thieriſchen Exiſtenz im Widerſpruche ſteht. Erklaͤrung der Figuren. Figur 14. Das in beiden Cyſten eingeſchloſſene Entozoon. Figur 15. Die innere durchſcheinende Blaſe, in welcher man den von ihr umbüllten Wurm ficht. Figur 16. Der aus dem cystus genommene, vollftändig em— faltete Wurm. Figur 17. Das receptaculum cervicale, geöffnet, fo daß der zuruͤckgezogene Kopf und Hals ſichtbar iſt. Figur 18. Die vier Muskeln der Ruͤſſel. Ueber die Hippurſaͤure und ihre Reagentien. Von De. Alexander Ure. In einer der Mediciniſch⸗Chirurgiſchen Geſellſchaft im letzten Januar mitgetheilten Schrift war zuerſt von der Beobachtung die Rede, daß, wenn eine gewiſſe Quantität Benzosſaͤure, oder eines aufloͤslichen benzosſauren Salzes in den menſchlichen Magen ge: langt, dieſelbe bei'm Durchgange durch die Nieren eine merkwuͤr⸗ dige Veränderung erleide. Der einige Stunden nach dem Genuſſe dieſer Subſtanzen entleerte Urin bildet naͤmlich, wenn man den zwölften Theil Salzſaͤure zuſetzt, nach und nach einen reichlichen Niederſchlag ſehr ſchoͤner, rothglaͤnzender Kryſtalle, welche, mikro— ſcopiſch betrachtet, die Geſtalt vierſeitiger Prismen zeigen, die in eine diädrifhe Spitze endigen. — Genau denſelben kryſtalliniſchen Character zeigt nun eine eigenthuͤmliche Saͤure, die man in dem Harne von Pferden, Kuͤhen und andern grasfreſſenden Thieren findet, und die von Liebig deshalb mit dem Namen Acidum hip- puricum belegt worden iſt. Durch jenen merkwuͤrdigen Stoffwechſel, der nur mittelſt des vital⸗chemiſchen Proceſſes bewirkt werden kann, ſehen wir demnach ein organiſches Product, die Harnſaͤure, welche 8 Atome Stick— ſtoff und 10 Atome Kohlenſtoff enthaͤlt, durch ein anderes, die Hippurfäure, erſetzt, die nicht weniger, als 18 Atome Kohlen- und nur 2 Atome Stickſtoff enthaͤlt. Bei'm weiteren Verfolge obiger Unterſuchung hat ſich ergeben, daß man in dem froglichen Urine keine Spur von Harnfäure oder deren Salzen entdecken konnte; 165 1 War, in der That, von der andern Säure ganz vernichtet worden. ö Ein fuͤr die practiſche Medicin wichtiger Umſtand, der ſich an dieſe Unterſuchung anknüpft, iſt der, daß alle Satze, welche dieſe neue Säure mit den in den thieriſchen Fluͤſſiakeiten gewöhnlich vorkommenden Baſen, als Natron, Kali, Ammonium 2c., bildet, leicht loͤslich ſind. So iſt hippurſaures Natron in ungefähr 2 Theilen Waſſer von 60° Fahrenh. löslich, während das entſpre— chende harnſaure Salz, welches, wie bekannt, die gichtiſchen Ablas gerungen der Kalkconcremente bildet, ſich faſt ebenſo unloͤslich er— weiſ't, als die Harnſaͤure ſelbſt, da es wenigſtens 4,000 Theile Waſſer zu feiner Aufloͤſung erfordert. Ebenſo iſt hippurſaures Ammonium nur um ein Geringes minder loͤslich, als hippurſaures Natron, während harnſaures Ammonium ſich erſt in 1480 Thei⸗ len Waſſer aufiöfen läßt. Hippurſaurer Kalk, das unter den von mir unterſuchten Salzen dieſer Art am ſchwerſten loͤsliche Salz, erfordert dennoch nur 18 Theile Waſſer zu ſeiner Loͤſung. Die Anwendung des obenerwaͤhnten Princips bei der Behand— lung gewiſſer Krankheitszuſtaͤnde des Harns, wie fie bei Perſonen mit Stein- oder gichtiſcher Diatheſe vorkommen, hat ſich von we— ſentlichen Nutzem gezeigt, da der Arzt dadurch in den Stand ge— ſetzt wird, die Bildung der verſchiedenen Ablagerungen, die aus einem Uebermaaße von Harnſäure, der fruchtbaren Quelle jener ungluͤcklichen Krankheit, welche Blaſenſteine conftituiren, entſtehen, fo wie der ſogenannten tophi oder Kalkconcremente, welche den mit der Gicht behafteten Individuen ſo bedeutende Beſchwerden, Entſtellungen und Schmerzen verurſachen, zu verhuͤten. Durch die umſichtige Anwendung der Benzoefäure, oder, nach Umftänden, der benzosſauren Salze, d. h. durch eine zweckmaͤßige Beſtimmung der Doſis nach dem jedesmaligen Zuſtande der Nie— renſecretion, von der man ſich vorher durch eine chemiſche Ana— lyſe am beſten vergewiſſern kann, koͤnnen wir die ſich hier erge— bende Indication genau erfuͤllen, und zwar, wie in der ebener— waͤhnten Schrift gezeigt worden, ohne die geringſte Gefahr, da— durch das allgemeine Wohlbefinden zu beeinträchtigen, oder die Harnwerkzeuge zu reizen. Uebrigens muß man nicht außer Acht laſſen, daß dieſe Be— handlungsweiſe keinesweges die Anwendung anderer zweckmaͤßiger Mittel ausſchließtz es werden daher auch gewiſſe diätetifche Regeln deren Angabe hier unnoͤthig iſt, zu beobachten feyn. Da die Benzosſaͤure, wenn fie nicht in einer fluͤſſigen Form gereicht wird, die fauces reizt, und da die Auflöfung derſelben eine betraͤchtliche Quantität Waſſer erfordert, fo wird es vortheil— haft ſeyn, dieſelbe in Verbindung mit phosphorſaurem, oder dop— pelt borſaurem Natron zu geben, indem dieſe Salze ihre Loͤslich— keit ſehr befördern, ohne ihre eigenthuͤmliche Wirkung zu ſchwäͤ— chen. So werden 4 Gewichtstheile von erſterem und 15 Theile von letzterem Salze eine verhaͤltnißmaͤßig geringe Quantität deſtil— lirten Waſſers zur Aufnahme eines Theiles Benzosſaͤure qualifici— ren. Es verſteht ſich übrigens von ſelbſt, daß bei'm benzoefauren . oder Kali von dieſer Schwierigkeit keine Rede ſeyn ann. Phosphorſaures Natron vermag nicht nur die Benzosſaͤure, ſondern auch die Hippurſaͤure in der Aufloͤſung zu erhalten. Und dieſer Umſtand iſt nicht unwichtig, indem daraus reſultirt, daß, wenn zufällig ein Uebermaaß von der letztern Säure im Harne vorhanden ſeyn ſollte, dieſe mittelſt des gewoͤhnlich in dieſer Fluͤſ⸗ ſigkeit enthaltenen neutralen phosphorſauren Natron's, oder des dreifach phosphorſauren Natrons und Ammoniums aufgeloͤſ't blei— ben wird. Eine ganz andere Wirkung werden dieſe phosphorſau— ren Salze aber haben, wenn ein Ueberfluß an Harnſaͤure vorhan⸗ den iſt, indem ſich dieſe dadurch, daß fie dieſen Salzen die Hälfte ihrer Baſis entzieht und fie in ein Biphosphat umbildet, bald in harnſaures Natron verwandelt. Dieſe Thatſache, welche ſich mir unlaͤngſt im Verfolge einiger Experimente von ſelbſt aufdrang und bisjetzt noch von keiner chemiſchen Autorität erwähnt worden iſt, ſcheint eine ebenſo einfache, als rationelle Erklaͤrung der Bildungs: weiſe des harnſauren Natrons, der Baſis der Kalkconcremente, zu enthalten. Denn fobald der Oxydations-Proceß der Nieren mit ſolcher Energie von Statten geht, daß ein Ueberfluß an loͤslichen 166 phoephorſauren Salzen auf der einen und an Harnſaͤure auf der andern Seite erzeugt wird, fo muß nothwendig auch ein Ueber: fluß an harnſaurem Natron daraus entſtehen. Nachdem ich fo obige Bemerkungen bloß in der Abſicht voran— geſchickt habe, um zu zeigen, wie wichtig die Benzoefäure und ihre Salze, vermöge ihrer Eigenſchaft, aus der Harnſaͤure Hippur⸗ fäure zu erzeugen, als therapeutiſche Agentien ſeyn müffen, ſchien es mir zweckmaͤßig, die characteriſtiſchen Merkmale dieſer beiden Saͤuren anzugeben, um ſo mehr, als man hier und da die Schwie— N 15 75 ſie voneinander zu unterſcheiden, beſonders hervorgeho— en hat. Der leichtern Ueberſicht wegen habe ich die Eigenthuͤmlichkei— ten beider Saͤuren in folgender Ordnung parallel nebeneinander— geſtellt: Benzoefäure: Kryſtalliſirt in ſechswink— lichen Nadeln, oder in weißen, durchſichtigen, perlmutterglaͤn— zenden, flexibeln Schuppen. Iſt in zwei Theilen Aether löslich. Wird durch verduͤnnte Sal peterſaͤure nicht veraͤndert. Verwandelt ſich, wenn man ſie mit drei Gewichtstheilen Kalkhydrat erhitzt, in einfache Benzoe, Benzo sſaures Ammo: ni um: Einer ſtarken Hitze ausges ſetzt, ſchmilzt es und verfluͤch— tigt ſich in benzosſaure Dämpfe, ohne einen Ruͤckſtand zuruͤckzu— laſſen. Benzosſaures Kali: Verbreitet bei'm Brennen keinen beſondern aromatiſchen Geruch. Hippurſaͤure: Kryſtalliſirt in vierſeitigen Prismen mit diaͤdriſchen Spitzen. Iſt im Aether nur ſehr wenig loͤslich. Nimmt, mit Salpeterſaͤure behandelt und bis zur Trockene abgedampft, unter einem Zus ſatze von Ammonium, eine ſchoͤne Purpurfarbe an. Entwickelt, mit dem Drei— fachen vom Kalkhydrate erhitzt, eine Quantitaͤt Ammonium. Hippurſaures Ammo— nium: Einer ſtarken Hitze ausge- ſetzt, ſchmilzt es und nimmt eine roſenrothe Farbe an, indem es eine roͤthliche Saͤure bildet, welche, in Waſſer aufgeloͤſ't und abgedampft, rothe Kryſtalle dars ſtellt, die in ihren Eigenſchaften der Hippurfäure aͤhnlich find. Hippurſaures Kali: Verbreitet, bis zur Zerſez— zung erhitzt, einen bittermandel— artigen Geruch. Endlich bietet Schwefelaͤther das ſicherſte Reagens dar, um dieſe beiden Saͤuren voneinander zu unterſcheiden, da die eine ſehr leicht, die andere dagegen ſehr ſchwer in dieſem Menſtruum los lich ift.— (Pharmaceutical Transactions, July 1841). Bericht des Herrn Bouillaud über eine Ab— handlung unter dem Titel: Mangelhafte Hirnorganiſation der meiften Verbre— cher, gelefen in der Académie de Medeeine zu Paris von dem Dr. Voiſin und uͤber einen phrenologiſchen Beſuch dieſes Arztes in dem Bewahrungshauſe für junge) Ver— brecher. (Schluß.) In der Sitzung am 2. Nov. beſtieg Herr Bouillaud die Red⸗ nerbuͤhne, um die Discuſſion, welche in der letzten Sitzung ſtatt hatte, zu reſumiren. if 157 „Die Discuſſion, welche ſich im Schooße der Academie erho— ben hat,“ fagt er „aus Veranlaſſung meines Berichtes, hat uͤber— fluͤſſig bewieſen, daß der Augenblick noch nicht gekommen iſt, wo Gall's Lehre keine Anhänger haͤtte. Wir danken unſeren Colle— gen, daß ſie in ihrer Discuſſion weder das Weſen, noch die Schluß— folgerungen unſeres Berichtes angegriffen haben. In Beziehung auf die Frage, welchen Werth Gall der La— vaterſchen Lehre beigelegt habe, ſcheint folgende Stelle aus Gall's Schriften fie loͤſen zu muͤſſen: „„Wenn man die Urtheile Lavater's Lieft, fo findet man überall dieſelben Ausſchreitungen der Einbildungskraft, dieſelbe Aufgeregtheit, die dem beobachtenden Geiſte hinderlich iſt.““ Lavater hatte geſagt: „„Es iſt deutlich, aß das intellectuelle Leben, die Vermoͤgen des Verſtandes und des menſchlichen Geiſtes, ſich vorzuͤglich in der Bildung und Lage der Knochen des Kopfes und hauptſaͤchlich der Stirn ſich dar: legen, obgleich in den Augen eines aufmerkſamen Beobachters ſie in allen Puncten des menſchlichen Koͤrpers fuͤhlbar ſind, wegen ſeiner Harmonie und ſeiner Homogeneität.““ „Alſo!“ fügt Gall, nach⸗ dem er dieſe Worte citirt, hinzu: „Es würde in dieſer Hypo— theſe gleichguͤltig ſeyn, zum Gegenſtande dieſer Beobachtung die Naſe, das Knie, die Bruſt, die Hand, oder das Hirn zu nehmen.“ Es iſt klar, daß Gall hier in Uebertreibung verfällt und Lavas ter nicht voͤllige Gerechtigkeit widerfahren laͤßt. Nein! Nach dem Syſteme des Letztern iſt es nicht einerlei, zum Gegenſtande der Unterſuchung das Knie, den Fuß, die Nafe, die Bruſt, die Hand oder das Hirn zu nehmen, weil La vater entſchieden ausſpricht: „Die Fähigkeiten des Verſtandes und des menſchlichen Geiſtes geiz gen ſich hauptſaͤchlich in der Configuration und der Lage der Kno— chen des Kopfes und vorzuͤglich der Stirn.“ Nachdem er noch einige Bemerkungen uͤber die Meinungen der HHrn. Ferrus, Londe, Nacquart vorgelegt hat, antwortet dann Hr. Bouillaud der Lehre derjenigen, welche, die Gallſche Lehre gewiſſermaßen umkehrend, den Sitz intellectueller Fähigkeiten an den Hintertheil des Schaͤdels verlegt haben. Herr B. ſtellt feft, daß die, von der Naturgeſchichte der Thiere durch die kliniſche Blobachtung und die Verſuche an lebenden Thieren gelieferten Thatrſachen derjenigen Lehre guͤnſtig find, welche den Sitz der ei— gentlich intellectuellen Faͤhigkeiten in den vorderen Theil des Hirns verlegt. In Bezug auf Hrn. Rochoux ſagt Hr. Bouillaud, wie er bedaure, daß ſein geiſtreicher College ſich immer in dem Cirkel vielfältig widerlegter Einwuͤrfe bewegt. Hr. Rochoux fordert heraus, ihm an dem Hirne nur ein einziges der von Gall ange: nommenen Organe zu zeigen. Aber die ganze Lehre iſt auf dieſe Localiſation baſirt. Es iſt allerdings moͤglich, daß man ſich uͤber einige dieſer Localiſationen getaͤuſcht habe; aber zu laͤugnen, daß dieſe Localiſation ſelbſt feſtgeſtellt geweſen, hieße die pofitivfte Thatſache, welche es je gegeben hat, laͤugnen zu wollen. Uebrigens fordert der Berichtserſtatter Hrn. Rochoux auf, feinen eigenen Kopf (wohl zu merken, Herrn Rochou x's. — Heiterkeit) durch einen practiſchen Phrenologen unterſuchen zu laſſen, und er fuͤrchtet ſich nicht, ihm voraus zu ſagen, daß man ihm ſeine hauptſaͤchlichſten moraliſchen oder intellectuellen Dispoſitionen angeben werden. 168 Herr Rochoux, fährt Hr. Bouillaud fort, vergleiche mit Unrecht die verſchiedenen intellectuellen und moraliſchen Faͤhigkeiten mit den ſo verſchiedenen Bewegungen, welche man in dem Orga— nismus beobachtet, obgleich ein und derſelde Apparat dabei vor— herrſche; wie verſchieden auch dieſe Bewegungen ſind, immer ver— halten ſie ſich identiſch in ihrem Principe. Aber die verſchiedenen Neigungen, Talente, Inſtincte, wie z. E., die der Muſik, der Max thematik ꝛc. ꝛc., ſind weſentlich verſchieden und erfordern eben fo verſchiedene Agenzien und Organe, wie die verſchiedenen Special— Empfindungen ſpecielle Nerven haben, wie auch die unter einander fo verſchiedenen Handlungen der Empfindung und der Bewegung ſpecielle Nerven haben ꝛc. Die Schlußſätze des Berichtes wurden alsdann zur Abftim: mung gebracht und von der Academie angenommen. Miscellen Neue Organe unter der Haut der Handflaͤche und der Fußſohle des Menſchen hat Profeſſor F. Pacini von Piſtoja entdeckt und der Verſammlung der Naturforſcher zu Flo— renz angezeigt. Es ſind ovale weißliche Kuͤgelchen, 2 Millimeter im Durchmeſſer, welche ſich in großer Menge im Zellgewebe unter der Haut finden. (Ein von der Verſammlung ernannter Ausſchuß wohnte der Demonſtration am Cadaver bei, fand ihr Daſeyn be— ſtaͤtigt, ihre Lage laͤngs der Nerven der Hand, konnte aber nicht unterſcheiden, ob es neue Organe oder ſehnige Ausdehnungen find.) Ein leichtes Mittel, das Antimon vom Arſenik zu unterſcheiden, iſt neuerdings von Herrn Marſh angegeben und nicht ohne Intereſſe in Beziehung auf gerichtliche Mediein, indem er das Huͤlfsmittel benutzt, was Hume angegeben hat, um die Anweſenheit des Arſeniks mittelſt des ammoniakaliſchen Silber⸗ Azotats darzuthun. Man verführt auf folgende Weile: Man ber feuchtet mit der Silberauflöfung eine Porzelan- oder Glimmerplatte, oder noch einfacher ein Stuͤck Glas und ſetzt dann die befeuchtete Flaͤche horizontal der Hydrogen-Gasflamme aus, wobei man Sorge trägt, fie in der Entfernung von 6 Linien über der Flamme zu halten. Wenn die Miſchung Arſenik enthält, fo ſicht man un: mittelbar die citrongelbe Faͤrbung erſcheinen, welche das Metall characteriſirt; wenn dagegen Antimon exiſtirt, fo giebt die her— vorgebrachte Reaction Veranlaſſung zu einem ... weißen Nieder: ſchlage (préeipité blanc caillebotté); endlich, wenn die Miſchung bei der Unterſuchung keines von dieſen beiden Metallen enthält, fo wird das Silberſalz durch die Wirkung des Hydrogens fofort in den metalliſchen Zuſtand reducirt. — Nach Herrn Marſh's Vers ſicherung gewaͤhrt dieſe Probe, ſo delicat ſie auch auf den erſten Anblick ſcheint, doch fo genaue und reine Reſultate, um die aller⸗ kleinſten Spuren dieſer zwei giftigen Metalle darzulegen, daß auch die furchtſamſten Kunſtverſtaͤndigen bei ihren gerichtlich medicini— ſchen Unterſuchungen ſich dabei begnuͤgen koͤnnen. enn un Ueber die Behandlung der Gonorrhoͤe. Von W. Acton. Aus A complete practical treatise on venereal diseases, in welchen beſonders Ricord's Anfichten weis ter verfolgt und durch Beobachtung gepruͤft ſind, ziehen wir folgende practiſche Bemerkungen uͤber den Gebrauch der Einſpritzungen bei Gonorrhoͤen aus. Durch abortive Behandlung, bei'm Beginne eines Aus— fluſſes und bevor irgend eine Roͤthung in der Umgebung der Harnroͤhrenmuͤndung zu bemerken iſt, oder Schmerz bei’m Urinlaſſen eintritt, iſt der Wundarzt häufig im Stande, die Krankheit kur; abzuſchneiden und den Kranken zu heilen; unter andern Umſtaͤnden gelingt es aber nicht. Sie beſteht außer der allgemeinen Behandlung darin, daß man waͤhrend der naͤchſten 48 Stunden zwoͤlf Einſpritzun— gen mit Hoͤllenſtein (2 Gr. auf 8 Unzen) verwendet; hier— auf laͤft man die Einſpritzungen weg und wendet die Cu— beben, oder den Copaivabalſam in reichlichen Doſen an. Sind die Faͤlle friſch und iſt die Krankheit noch nicht zu 169 weit vorgeſchritten, fo wird dieſe Behandlung bei der Hälfte der Faͤlle die Krankheit unterbrechen, ohne daß man zu be— fuͤrchten haͤtte, daß eine Verengung oder eine Hodenge— ſchwulſt dadurch veranlaßt würde, Bei dieſer Behandlung bört der Ausfluß ſogleich auf. Um die Cur indeß vollſtaͤn— dig zu machen, iſt es erforderlich, den Gebrauch der Cube— ben in allmaͤlig abnehmenden Doſen noch fortzuſetzen; die Einſpritzungen find alsdann nicht laͤnger anzuwenden, da fie nur die Reizung unterhalten würden; nach 14 Tagen kann der Kranke ſeine gewoͤhnliche Lebensweiſe wieder anfangen. Die directe Behandlung beſteht in Anwendung von Einſpritzungen, unter denen, ohne Zweifel, die aus Höllens ſtein bei Weitem den groͤßten Nutzen gewaͤhren, immer von der Staͤrke von 2 Gran auf 8 Unzen deſtillirten Waſſers. Um dieſe auf geeignete Weiſe anzuwenden, ſind folgende Regeln zu beobachten: Waͤhrend der erſten 48 Stunden macht man zwölf Einſpritzungen, wobei ſich der Kranke auf den Rand eines Bettes oder Stuhles ſetzt und eine mit der Hoöllenſteinſolution gefüllte Glasſpritze ſenkrecht genau in der Richtung der Harnroͤhre einfuͤhrt; treibt er nun die Ein— ſpritzung vorwaͤrts, ſo dringt die Fluͤſſigkeit ſogleich in die Harnroͤhre ein und koͤmmt mit jeder Stelle des Canals in Berührung. Ein Druck auf das perinaeum iſt nicht noͤ— thig, da die bei'm Einſpritzen angewendete Kraft die Fluͤſ— ſigkeit in dem Canale nicht weit vortreibt. Das Eindrin— gen der Fluͤſſigkeit in die Harnblaſe und die davon befuͤrch— tete Gefahr betreffend, kann ich verſichern, daß dieſe Furcht ganz eingebildet iſt, wovon man uͤberzeugt ſeyn wird, wenn man nur ein einziges Mal Einſpritzungen in die Harnblaſe gemacht hat, wozu immer ein Catheter und eine kraͤftige Spritze erforderlich iſt. Dringt aber auch etwas von der Hoͤllenſteinaufloͤſung in die Harnblaſe ein, fo wird die ges ringſte Quantitaͤt des Urines im Stande ſeyn, das ſalpeter— ſaure Silber zu zerſetzen. Ich habe geſehen, wie vorſaͤtzlich nicht bloß Einſpritzungen, ſondern ſelbſt die mit feſtem Hoͤl— lenſtein gefüllte Aetzſonde in die Harnblaſe eingeführt wor— den iſt, ohne daß dieß einen nachtheiligen Einfluß gehabt haͤtte. Eine Glasſpritze iſt noͤthig, weil jedes andere Ma— terial das Arzeneimittel zerſetzt und die Einſpritzung weniger wirkſam macht; wenigſtens muß man es dem Kranken auf dieſe Weiſe erklaͤren, da derſelbe, wenn man ihm ſagen wuͤrde, das Arzeneimittel greife das Metall der wohlfeilern Spritzen an, er ſich weigern wuͤrde, das Mittel uͤberhaupt anzuwenden, aus Furcht, daß eine Aufloͤſung, welche das Metall angreife, nothwendig auch in der Harnroͤhre Ver— letzungen bewirken werde. Die Fluͤſſigkeit iſt kalt einzuſpritzen, und eine gewoͤhn— liche Harnroͤhrenſpitze reicht zur Haͤlfte gefuͤllt zu, da die Harnroͤhre nicht mehr, als dieſe Quantität, aufneh— men kann. Bald nach den Einſpritzungen zeigt ſich ein roͤthlich ausſehender Ausfluß; dieſer darf den Kranken nicht abhal— ten, die zwölf Injectionen in vierſtuͤndigen Zwiſchenraͤumen zu machen, ſelbſt wenn ſich etwas Schmerz zeigt; ein leicht eiteriger, roͤthlicher Ausfluß iſt ein ſehr guͤnſtiges Zeichen, welches beweiſ't, daß die Krankheit bald nachlaſſen wird. — —— 170 Ich habe mich etwas ausführlicher über die Fälle, für welche Einſpritzungen paſſen und ebenſo uͤber die Periode, die Stä ke und die Art der Anwendung ausgeſprochen, weil man darauf bisjetzt nicht hinreichendes Gewicht gelegt hat. Die Einſpritzungen find entweder zu ruͤckſichtslos geprieſen, oder auf eine zu allgemeine Weiſe verworfen worden, ohne daß man hinreichende Verſuche damit angeſtellt haͤtte. Ver— ſchiedene andere Injectionen ſind ebenfalls empfohlen worden, und Herr Carmichael in'sbeſondere hat vor einigen Jah— ren eine andere Methode vorgeſchlagen, welche weſentlich von der abweicht, welche fo eben beſchrieben worden iſt. Er gab den Rath, Hoͤllenſteineinſpritzungen anzuwenden, welche 10 Gran auf eine Unze Waſſer enthalten. Er er— regte vorſaͤtzlich eine Entzündung, um dadurch die ſpeciell catarrhaliſche Entzündung zum Schweigen zu bringen, und er behauptete, daß die Gonorrhoͤe auf dieſe Weiſe geheilt werden koͤnne; er behandelte alsdann die von ihm angeregte Harnroͤhrenentzuͤndung mit antiphlogiſtiſchen Mitteln und behauptete, daß bei dem Nachlaſſe dieſer Entzuͤndung beide Krankheitsformen geheilt ſeyen. Ricord ſagt über dieſe Behandlung, daß durch ſolche Mittel allerdings viele Faͤlle geheilt werden koͤnnen, daß aber der Wundarzt ein Spiel auf doppelten Gewinn oder Verluſt ſpiele; wird die Krank— heit nicht geheilt, ſo iſt ihre Heftigkeit im Gegentheile auf eine nicht gefahrloſe Weiſe geſteigert; dieß iſt der Grund, warum Ricord uͤberhaupt lange Zeit Einſpritzungen bei acu— ter Gonorrhoͤe nicht angewendet hat. Ruͤckſichtlich der beſchriebenen Methode, Einſpritzungen anzuwenden, kann ich von den bedeutenden Vortheilen der— ſelben aus Erfahrung ſprechen, da ich ſie waͤhrend drei Jahren in einer großen Anzahl von Faͤllen anwenden ſah und in keinem einzigen Falle bemerkte, daß eine Strictur oder eine Hodengeſchwulſt entſtanden waͤre, vorausgeſetzt, daß die Einſpritzung gleich im Anfange der Krankheit ange— wendet wurde. Bericht der zur Unterſuchung des Werthes der Knochengallerte eingeſetzten Commiſſion ) an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften. Geſchichte der Ausziehung und Anwendung der Knochen— gallerte als Nahrungsſtoff. Bevor wir die Arbeiten der Commiſſion darlegen, muͤſſen wir darauf aufmerkſam machen, daß die Fragen in Betreff der Anwendbarkeit der Knochengallerte als Nahrungsmittel für den Menſchen bereits ſehr lange von Gelehrten und practiſchen Haus⸗ wirthen unterſucht worden iſt. Die Academie ſelbſt hat ſich ſchon wenige Jahre nach ihrer Stiftung mit derſelben beſchaͤftigt und ihr neuerdings wieder ihre Aufmerkſamkeit zugewandt. 5 Im Jahre 1680 kuͤndigte ein franzöfifcher Arzt und Academi⸗ ker, welcher in England lebte und dort phyſicaliſchen Forſchungen oblag, bei feiner zufälligen Anweſenheit in Paris an, er babe eis nen Apparat erfunden, in welchem ſich nicht nur Knochen weich kochen, ſondern auch jede Art von Fleiſch weit vollkommener gar ſieden laſſe, als auf die gewöhnliche Weiſe, fo daß, z. B., das *) Mitglieder derſelben find die Herren Thenard, D'Arcet, Dumas, Flourens, Breſchet, Serres und Mas gendie. 171 zaͤhe Fleiſch einer ſteinalten Kuh darin ſo zart werde, wie das beſte Ochſenfleiſch. *) Der Apparat, mittelſt deſſen ſich ſo merkwuͤrdige Reſultate erlangen ließen, wurde von der Academie in Anwendung gebracht, welche auf dieſe Weiſe ſtark erhitzten oder hochdruͤckenden Waſſer— dampf zum erſten Male zu hauswirthſchaftlichen Zwecken benutzen ſah. Wir brauchen kaum anzuführen, daß dieſer Apparat der alle bekannte Papin'ſche Topf, das Vorſpiel zu Papin's ſinnreicher und beruͤhmter Caſſelſchen Feuermaſchine, war. Es ſcheint übrigens nicht, als ob dieſer Daͤmpftopf vor der Academie altes Kuhfleiſch in ſaftiges Ochſenfleiſch habe verwandeln koͤnnen. Der faſt allmaͤchtige Dampf kann keine Wunder wirken; allein man erhielt durch dieſes Inſtrument den Beweis, daß die Knochen in ihrem Gewebe eine ſehr bedeutende Menge, ja weit mehr Gallerte, als das Fleiſch, enthalten, und von nun an be— trachtete man ſie als eine reiche Qu lle von Nahrungsſtoff, da bes reits damals viele Leute die Gallerte fuͤr das kraͤftigſte aller Nah— rungsmittel hielten. In der erſten Periode der franzoͤſiſchen Revolution, wo die Philanthropie Mode war, beſchaͤftigte man ſich ſehr eifrig damit, die Nahrung der untern Voltsclaſſen zu verbeſſern, zumal auch dem Militaͤr eine beſſere Koſt zu verſchaffen, wobei denn die Kno— chen eine Hauptrolle ſpielten. Mehrere Gelehrte, u. A. Prouſt, D'Arcet, der Vater un— ſeres Collegen, Pelletier ꝛc., ſtudirten dieſen Gegenſtand gruͤnd— lich und gelangten ſaͤmmtlich zu dem Reſultate, daß die Knochen eine große Menge Gallerte enthalten. Dieſe geſchickten Chemiker theilten bequeme Verfahren zur Ausziehung und Benutzung der Knochengallerte mit. a Dieſes in jener aufgeregten Zeit, wo jedes Neue gierig und ohne naͤhere Pruͤfung ergriffen ward, bekannt gewordene Reſultat erregte in den wiſſenſchaftlichen und politiſchen Kreiſen einen Enthuſiasmus, der um fo lebhafter war, da man kurz vorher eine Hungersnoth erlebt hatte. Damals las man in einer von der Regierung ausgegangenen Bekanntmachung, die zum Zwecke hatte, den Gebrauch der Knochengallerte allgemein zu machen, folgende Behauptungen: „Der Knochen iſt eine von der Natur zubereitete Bouillon tafel. 5 en Pfund Knochen giebt fo viel Bouillon , als ſechs Pfund leiſch. „Die Knochenbouillon iſt in diaͤtetiſcher Ruͤckſicht der Fleiſch— bouillon vorzuziehen. „Ein Knochenetui, ein Meſſerheft, ein Dutzend knoͤcherne Knoͤpfe kann man als eben ſo viel Portionen Fleiſchbruͤhe betrach— ten, die man den Armen geſtohlen hat.“ In dieſer bis zur aͤußerſten Graͤnze getriebenen hyperboliſchen Sprache erkennt man deutlich den Glauben, daß Knochengallerte und Nahrungsſtoff gleichbedeutend ſeyen. Man berechnete ohne Weiteres die Nahrungsfaͤhigkeit des Fleiſches und der Knochen nach der in ihnen enthaltenen Quantitaͤt Gallerte, und dennoch war dieſe Anſicht durch keine einzige authentiſche Thatſache, durch kein dicectes Experiment gerechtfertigt. Der Verfaſſer der ſoeben erwaͤhnten Bekanntmachung, Ca— det de Vaux, jener enthuſiaſtiſche Menſchenfreund, aber ober— flaͤchliche Gelehrte, legte dem Inſtitute feine Anſicht ruͤckſichtlich der Verwendung der Knochen vor. Seine Denkſchrift ward von den Herren Guyton-Morveau und Deyeur geprüft. Der bei diefer Gelegenheit abgeſtattete Bericht konnte nicht zur völligen Zufriedenheit des Verfaſſers der Denkſchrift ausfallen. Obwohl die Commiſſaͤre anerkannten, daß die Gallerte naͤhrend ſey und in gewiſſen Faͤllen das Fleiſch bei der Bereitung von Bouil— lon erſetzen koͤnne (gewiß ein großes Zugeſtaͤndniß !), fo konnten ſie doch nicht umhin, zu bemerken, daß keineswegs erwieſen ſey, daß die Quantitat der in einer Subſtanz enthaltenen Gallerte das Maaß der Nahrhaftigkeit dieſer Subſtanz ſey, indem das Fleiſch *) La maniere d’amollir les os et de cuire toutes sortes de viandes etc., nouvellement inventee par M. Papin, doc- deur en médecine. Paris 1682. 172 junger Thiere weit reicher an Gallerte und dennoch weniger nähe rend ſey, als das von alten Thieren. Sie fanden allerdings den Eifer des Verfaſſers lobenswerth, beſchraͤnkten ſich jedoch ſchließ— lich darauf, ihn zur Fortſetzung ſeiner intereſſanten Unterſuchungen aufzufordern und alle ihm geeignet ſcheinenden Mittel anzuwenden, um die Voructheile zu vertilgen, in denen der Grund zu ſuchen ſey, weßhalb, trotz der unzähligen und überzeugenden Beweiſe, die Prouſt und D'Arcet ruͤckſichtlich der Nützlichkeit der Knochen— gallerte beigebracht hätten, dieſelbe bis jetzt ſo wenig allgemeinen Eingang gefunden habe. Damals, als dieſer Bericht abgefaßt wurde (am 24. Meſſi— dor des Jahres der Republik), waren alſo alle Umftände der Ane erkennung des Werthes der Knochengallerte hoͤchſt guͤnſtig: Ge— lehrte Unterſuchungen, Billigung von Seiten der erſten Claſſe des Inſtituts, Schutz der Regierung, allgemeine Bereitwilligkeit, das Elend der Armen zu lindern; denn überall bildeten ſich menſchen— freundliche Vereine zu wohlthaͤtigen Zwecken aller Art, namentlich Suppenanſtalten; und dennoch gewann die Benutzung der Knochen- gallerte, unſeres Wiſſens, ſelbſt bei den duͤrftigſten Menſchenclaſſen, keine beſonders große Verbreitung. Worin lag wohl der Grund dieſer Erſcheinung? Etwa in einem jener blinden unvertilgbaren Vorurtheile, wie ſich deren in der Denkweiſe des Poͤbels ſo viele feſtgeſetzt haben, und gegen die kein Beweismittel, kein Zureden etwas auszurichten vermag? Un— moͤglich waͤre dieß gerade nicht, denn wie viele Menſchen ertragen nicht lieber die haͤrteſte Noth, als daß ſie ſich von dem Wahne, dem ſie ſich einmal ergeben haben, losſagten und einer beſſern Ue— berzeugung huldigten! Demungeachtet ſcheint es weniger glaublich, daß ruͤckſichtlich eines ſo handgreiflichen, ſo practiſchen, Jedermann perſoͤnlich ſo nahe angehenden Punctes, wie die Nahrungsmittel, ein ganzes Volk das Gute und Heilſame hartnaͤckig zuruͤckgewieſen haben koͤnne. Vielleicht erklaͤrt ſich dieſer Widerwille auf eine einfachere Weiſe aus einigen, durch D'Arcet's Verſuche an den Tag ges kommenen Erfahrungen. Dieſer Gelehrte war davon überzeugt, daß im Fleiſche, wie in den Knochen, die Gallerte der weſentlich naͤhrende Beſtandtheil ſey, und ſuchte zu ermitteln, in welcher re— lativen Menge ſie in beiden vorhanden ſey Er fand, daß die Knochen, wenn man ſie in Waſſer kocht, eine weit groͤßere Menge Gallerte an daſſelbe abtreten, als das Fleiſch; dagegen fand er auch, daß die Knochengallerte in Betreff ee phyſiſchen Charactere von der Fleiſchgallerte bedeutend abe weiche. „Letztere“, ſagt er, „hat einen erquickenden Geruch und einen lieblichen Gefhmad; die Knochengallerte dage— gen ſchmeckt fade, wie Gummi oder Schleim, ſie iſt lediglich nährend; fie bedarf daher einer Wuͤrze; denn daß der Nahe rungsſtoff gewuͤrzt ſey, iſt eine weſentliche Bedingung, wenn er dem Thiere, wie dem Menſchen gedeihen ſoll.“ So iſt denn, nach D’Arcet und nach der allgemeinen Er— fahrung, die aus dem Fleiſche gewonnene Gallerte für den Geruch⸗, wie Geſchmackſinn angenehm; fie gilt uͤberdem für ſehr naͤhrend, denn man giebt ſie den Kranken und Geneſenden, waͤhrend die Knochengallerte geruchlos, fadeſchmeckend und einer Wuͤrze beduͤrftig iſt. Die Nahrhaftigkeit derſelben bezweifelt jener Chemiker keinen Augenblick. „Sie iſt“, ſagt er, „ein verarbeiteter Leimſtoff, der zur Erfuͤllung der ihm von der Natur angewieſenen Functionen faft ohne Weiteres geſchickt iſt.“ Allein dieſe wichtige Thatſache bat D’Urcet, fo wenig als fein Vorgänger, durch directe Ver— ſuche feſtgeſtellt. Hat man ſich alſo daruͤber zu wundern, wenn Reiche und Arme fortfuhren, die Fleiſchbruhe der Knochenbruͤhe vorzuziehen? Zwiſchen einem Nahrungsmittel, deſſen Geruch erquickt, deſſen Geſchmack labt, und deſſen heilſame Eigenſchaften allgemein bekannt ſind, und einem ſolchen, welches von einigen braven Leuten em— pfohlen wird, deſſen gute Eigenſchaften aber Niemand durch die Erfahrung erprobt hat, kann die Wahl nicht zweifelhaft ſeyn. Der gelehrte Chemiker, von dem wir foeben geredet haben, wurde vor der Zeit durch den Tod hinweggerafft und konnte die Unterſuchung der Gallerte nicht vollenden. Er vermachte dieſe 173 Aufgabe feinem Sohne, welcher ſich deren Erledigung mit dem ruhmlichſten Eifer und Erfolge angelegen ſeyn ließ. Seine erſten chemiſchen Arbeiten betrafen, in der That, die Gallerte; dreißig Jahre lang verlor er dieſen Gegenſtand nimmer aus den Augen, und noch jetzt beſchäftigt er ſich mit demſelben, wo moͤglich eifri⸗ ger, als je vorher. Es kommt uns ſogar nicht zu, die Arbeiten unſeres Collegen, die ſich auf Vervollkommnung des Ausziehens der Gallerte aus den Knochen und die Verbreitung ihrer Anwen— dung als Nahrungsmittel beziehen, hier zu prüfen; ubrigens müf: fen wir doch erwähnen, daß D'Arcet, der Sohn, den Glauben an die Nahrhaftigkeit der Knochengallerte von ſeinem Vater er— erbte. Seiner Anſicht nach ließ ſich durch geeignete Benutzung der Knochen von vier Ochſen ein fuͤnfter gewinnen, oder, wie er ſich ausdrückte, aus vier Ochſen ließen ſich fuͤnfe machen, alſo das vorzuͤglichſte Nahrungsmittel des Menſchen in einem ſehr bedeuten— den Verhaͤltniſſe ſteigern. Das Zutrauen, welches unſer College in die Nahrhaftigkeit der Knochengallerte ſetzte, war zu Anfang ſeines Wirkens um ſo natürlicher, als die ausgezeichnetften und wiſſenſchaftlichſten Mäns ner jener Zeit dieſelbe Anſicht theilten, und dieſes Zutrauen konnte durch folgende Umſtaͤnde nur geſteigert werden. Die Pariſer philanthropiſche Geſellſchaft, welcher D'Arcet dieſes Jahr den Vorſchlag gemacht hatte, die Armenkoſt mit Kno— chengallerte zu vermiſchen, legte der Pariſer mediciniſchen Facul⸗ tät folgende beide Fragen vor: „Iſt die von D'Arcet empfohlne Knochengallerte naͤhrend, und in welchem Grade iſt ſie dieß?“ „Iſt ſie ein geſundes Nahrungsmittel, und hat deren Genuß durchaus keine nachtheiligen Folgen?“ Die gelehrte Corporation hielt die Unterſuchung der erſtern Frage für durchaus überfluͤſſig; fie betrachtete dieſelbe als vollkom— men geloͤſ't. „Niemand“, meinte ſie, „dem die Beſchaffenheit des Fleiſches bekannt iſt, hat den geringſten Zweifel daran, daß die Nahrbaftigkeit der Kleifhbrühe groͤßtentheils, wo nicht durchaus, der Gallerte zuzuſchreiben iſt.“ Die zweite Frage beantwortete die Commiſſion der medicini— ſchen Facultaͤt, wie folgt: „Unter vierzig Perſonen, welche drei Monate lang in der Charité von der nach D'Arcet's Verfahren berriteten Bouillon genoſſen haben, iſt keine, die dadurch die ges ringſte nachtheilige Folge verſpuͤrt haͤtte. Die Krankheiten derſel— ben hatten ihren regelmäßigen Verlauf, und die Reconvaleſcenz hat nicht länger gedauert, wie unter gewoͤhnlichen Umſtaͤnden.“ Aus dieſen Thatſachen ſchließt die Commiſſion: „Daß die Gallerte nicht nur näbrend, ſondern auch der Geſundheit zutraͤglich ſey, und daß fie, nach D'Arcet's Vorſchrift angewandt, durch- aus keinen nachtheiligen Einfluß auf den thieriſchen Organismus haben koͤnne.“ Jedermann wird ohne Weiteres einſehen, daß die Commiſſion die ihr von der philanthropiſchen Geſellſchaft vorgelegten Fragen nicht mit der gehoͤrigen Genauigkeit beantwortet hat. Auf die Frage, ob die Gallerte naͤhrend und in welchem Grade ſie dieß ſey, antwortete fie, die Sache fen länaft erledigt, und es lohne nicht der Muͤhe, ſich damit zu beſchaͤftigen. Auf die Frage, ob der Genuß der Gallerte heilſam ſey, erwiderte ſie, Suppen, wel— che eine gewiſſe Menge von dieſer Subſtanz enthalten, haͤtten im Vergleiche mit andern weder einen heilſamen, noch einen nachthei— ligen Einfluß gehabt. Die Wiſſenſchaͤft hatte alſo durch den Bericht dieſer Commiſ— ſion nicht das Geringſte gewonnen, und dieß war auch unſtreitig die Anſicht der philonthropiſchen Geſellſchaft, indem ſie auf den ihr gemachten Vorſchlag nicht einging. Die Meinung der Pariſer mediciniſchen Facultaͤt hatte übri- gens auf die Anwendung der Knochengallerte einen bedeutenden Einfluß. Mebrere öffentliche Anſtalten in paris, unter andern das Hoſpital der Charité, das Aſyl des Herrn Belleyme, das militärifche Hoſpital Val-de-Gräce, das Muͤnzhotel, das Hofpital des heil. Ludwig, das Hötel-Dieu 2c. ſchafften ſich D'Arcet'ſche Apparate an, um mit Dampf Krocenbouillen zu bereiten. In mehreren dieſer Anſtalten wurden dieſelben jedoch bald darauf, aus mehr oder weniger ſtichhaltigen Gruͤnden, mehrentheils aber deß— 174 halb wieder abgeſchafft, weil die Conſumenten einen Widerwillen gegen die Knochenſuppen hatten. Im Hoötel-Dieu wurde die Abſchaffung der Knochenbrüͤhe durch einen von den Aerzten, Chirurgen und Pharmaceuten des Hoſpitals, unter denen ſich zwei Mitglieder der Academie befanden, aufgeſetzten Bericht an die Oberaufſichtsbehoͤrde der Hefpitäler (das Conseil general des hospices) motivirt. Dieſen gewiß ſehr coms petenten Beurtbeilern war Herr Henry der Vater, Director der Centralapotheke der Hoſpitaͤler, beigetreten. Dieſer Bericht iſt von Bedeutung, da Alles, was die Berei— tung und Benutzung der Knochenſuppe angeht, darin mit großer Gruͤndlichkeit erwogen worden iſt. Deßhalb fühlen wir uns ver⸗ pflichtet, einen ziemlich umſtaͤndlichen Auszug aus demfelben mit⸗ zutheilen, fo wie ihn ſelbſt zu den Actenſtucken zu zählen, auf die wir unſere Meinung gruͤnden. Er beſteht aus fünf Capiteln, von denen das erſte eine hiſto— riſche Ueberſicht in Betreff der Gewinnung der Gallerte aus Kno— chen und der Anwendung dieſer Subſtanz behufs der Suppenberei— tung enthält. Dieſes Capitel dürfen wir hier fuͤglich übergehen. Das zweite Capitel legt die Reſultate der Verſuche über die Knochengallerte und die Bouillon dar, welche zum Theil aus erſte— rer beſteht. In dieſem unterſuchte die Commiſſion die Art und Weiſe, wie man die Gallerte mittelſt eines Dampfapparates, der aus einem Keſſel und gußeiſernen Cylindern beſteht, aus den Kno⸗ chen zieht und fo eine Gallertauflöfung erbaͤlt; ferner die phyſica⸗ liſchen und chemiſchen Eigenſchaften der letztern, und in wiefern ſie, im Vergleich mit den bisher ublichen Ingredienzien der Bouillon, zur Bereitung dieſer letztern von Werth iſt. Die aus dieſer Un: terfachung ſich ergebenden Folgerungen, welche auf einer Menge hoͤchſt intereſſanter Verſuche beruhen, ſind in jeder Beziehung der Anwendung des neuen Verfahrens unguͤnſtig. „Alſo,“ ſagt der Be: richt, „iſt die aus der Gallertauflöfung bereitete Suppe von ſchlech— terer Qualität und geht leichter in Faͤulniß über, als die gewoͤhn⸗ liche Fleiſchoruhe. Ihr Geſchmack ift unangenehm und erregt for gar vielen Perſonen Ekel. Sie iſt weniger verdaulich, als die ge⸗ woͤhnliche Fleiſchbruͤhe und erzeugt in manchen Fällen fogar Ver— dauungsſchwaͤche. Sie enthält eine geringere Menge Nahrungs⸗ ſtoff, als die nach der alten Weiſe bereitete Bouillon, und der Nahrungsſtoff, den fie wirklich enthält, iſt von geringerer Güte, als der in der gewoͤhnlichen Bouillon befindliche.“ Im dritten Capitel des Berichtes wird die Bereitung der neus modiſchen Bouillon aus dem Geſichtspuncte des Koſtenaufwands betrachtet und die dadurch mögliche Erſparniß fo unbedeutend ge— funden, daß dieſelbe für die geringere Qualität der Gallertbruͤhe keineswegs einen billigen Erſatz leiſtet. Sie wird für eine jo bes deutende Anſtalt wie das Hotel-Dieu auf nicht mehr als 7 Fran- ken 13 Centimen täglich berechnet. Das vierte Capitel enthaͤlt practiſche Bemerkungen uͤber die verſchiedenen, zur Bereitung der Bouillon aus Fleiſch im Großen angewandten Verfahren. . Die Schlußfolgerungen des Berichts lauten, wie folgt: „1) Die aus den Knochen gezogene und in Waſſer aufgelöf'te Gallerte bildet eine Fluͤſſigkeit, welche folgende Eigenſchaften beſitzt: Sie iſt ein Wenig trübe (opale; fell wohl heißen opaque, denn opa⸗ leſciren thut die frifche Knochenbrüͤhe unſeres Wiſſens nicht. Der Ueberſ.) und klebrig. Sie hat einen boͤchſt ekelbaften Geruch und Geſchmack, welcher letztere ſich auf der Zunge lange erbält. Sie geht ungemein leicht in Faͤulniß uͤber und riecht und ſchmeckt, wenn fie verdorben ift, aasartig. „2) Selbſt in geringer Menge genoſſen, erzeugt die Gallert⸗ aufloͤſung, wenngleich man ſie mit Satz und Wurzelwerk oder Ge⸗ muͤſe gewuͤrzt hat, Ekel, brennenden Durſt, Kollern im Leibe, Fla⸗ tulescenz, Durchfall, und fie äußert auf die Verdauungswerkzeuge einen ſchwaͤchenden, deren Functionen ftörenden Einfluß. „3) Die Ballertauflöfung ertheilt allen Miſckungen, in denen ſich deren befindet, ihre Eigenſchaften, naturlich in um ſo hoͤhern Grade, je mehr davon ſich in ihnen befindet. „5) Die aus der Gallertauftoͤſung und Fleiſch bereitete Bouil⸗ lon bot eine verdächtiae Farbe und läßt ſich auf keine Weiſe tlar machen. Ihr Geruch und Geſchmack find ckelzaft. Zur Trockniß 175 abgeraucht, erhält man einen fadeſchmeckenden Ruͤckſtand, der um fo weniger Osmazom enthält, je weniger Fleiſch bei der Bereitung der Bouillon angewandt worden iſt. Es geht dieſer Art von Suppe durchaus der aromatiſche Geruch, der angenehme Geſchmack ab, ohne die keine Bouillon gut genannt werden kann. Sie reizt die Verdauungswerkzeuge nicht in der Weiſe, welche die nothwen— dige Bedingung einer leichten und die Nahrungsſtoffe gehörig aus: nutzenden Verdauung iſt. „5) Wenn die Eigenſchaften der Bouillon, die mit Gallertauſ— loͤſung verſetzt iſt, ſchon geſunden Leuten Nachtheil bringen, ſo thun ſie dieß nothwendig in Betreff der Kranken und Reconvaleſcenten in noch weit hoͤherem Grade. „6) Das zur Bereitung von Bouillon in Gallertaufloͤſung ge— kochte Fleiſch hat eine rothe Farbe, welche denen, die es genießen ſollen, Widerwillen einfloͤßt. 7) Wenn die aus den Knochen gezogene Gallerte auch alle zur Bereitung einer guten Bouillon erforderlichen Eigenſchaften be— ſaͤße, ſo befindet ſie ſich doch in der durch Dampf erlangten Auf— loͤſung in zu geringer Menge, als daß fie die Fleiſchbruͤhe erfegen koͤnnte, an deren Stelle man ſie benutzen moͤchte. „8) Die Ausziehung der Gallerte aus den Knochen mittelſt hochdruͤckenden Dampfes iſt nicht ungefaͤhrlich. (Fortſetzung folgt.) i s e e lle n. Gegen den in's Fleiſch gewachſenen Nagel empfiehlt Herr Payan, Oberchirurg am Hoötel-Dieu zu Aix, als durch vielfältige Erfahrung erprobtes, faſt ſchmerzloſes Verfahren, welches zum Zwecke hat, nur denjenigen Theil der Nagelwurzel und Ma— trix zu zerſtoͤren, welche der ins Fleiſch eingewachſenen Portion des Nagels entſpricht und die uͤbrigen Theile des den Nagel abſon— dernden Organs zu ſchonen, fo daß, wenn die onyxis nur auf einer Scite vorhanden iſt, man die Heilung erlangt, obgleich man die übrigen zwei Drittel oder drei Viertel des Nagels unverſehrt läßt und erhält. Dieß Reſultat erhält man mit der größten Leichtigkeit durch das pulvis calcio kalicus oder poudre de Vienne, deſſen Wirkung ſo ſicher und ſchnell iſt, daß die Reſultate gewiſſermaßen vorher berechnet werden koͤnnen, was man, z. E., von dem kali causticum nicht fo fagen könnte, wegen feines ſtarken Zerfließens. Herr P. nimmt übrigens bei der kleinen Operation folgende Vor— ſichtsmaaßregeln. Wenn, z. E., der aͤußere Rand des großen Ze— hennagels in's Fleiſch gewachſen iſt, fo ſchneidet er ein Stuͤck gut: klebendes Heftpflaſter ſo, daß es genau die Form des Nagels hat und, auf dieſen aufgelegt, die Rinne, welche der Nagel mit der Haut der Zehe ſowohl an den Seitenraͤndern als an der Baſis bildet, völlig bedeckt und ausfüllt. Wenn dieſe Maaße genau genommen ſind, ſo macht er mit der Scheere einer ſchmalen, halbmondfoͤrmigen Ausſchnitt, welcher dem Theile der Nagelwurzel entſpricht, welcher die eingewachſene Nagelportion ernaͤhrt und welchen er abſterben laſſen will. Daruber koͤmmt nun ein zweites groͤßeres Stuͤck Heft— pflaſter zu liegen, welches, die Ruͤckenhaut des Nagelgliedes bedeckend, ebenfalls einen, dem vorhin erwaͤhnten entſprechenden, Ausſchnitt darbietet. Waͤhrend das erſte Pflaſter den Nagel und deſſen Wurzel ſchuͤtzt, ausgenommen an der Stelle des Ausſchnittes, wirkt das zweite auf denſelben Zweck hin und ſchuͤtzt zugleich die 175 benachbarte Ruͤckenhaut der Zehe. Endlich wird ein ſchraͤg nach Ins nen gerichteter Pflaſterſtreif auf die Seite der Zehe gelegt und bringt ſo einen laͤnglichen dreieckigen Raum zu Wege, in welchem man das aͤußere Ende der hintern Nagelrinne, etwas von den be— nachbarten Hautdecken und der aͤußeren Rinne wahrnimmt. In dieſem Raume, deſſen Baſis folglich dem zu zerſtoͤrenden Theile der Ragelwurzel entſpricht, wird nun das Aetzpulver angebracht, wel— ches zuvor mit etwas Alcohol zu einer Art ven pasta gemacht wird. Man empfiehlt dem Kranken, den Fuß etwas nach Außen geneigt zu halten, damit der Theil des Aetzmittels, welcher fluͤſſig werden moͤchte, nur auf das von dem Nagel erhobene Fleiſch wir— ken koͤnne, was keinen Nachtheil bringt. Der Apparat wird in dieſer Weiſe etwa 15 bis 20 Minuten lang erhalten. Nun ges ſchieht Folgendes: Das Aetzmittel zerſtoͤrt durch ſeine cauſtiſche Eigenſchaft die Haut, womit es in Beruͤhrung war, ſo wie auch den entſprechenden Theil der Nagelwurzel, naͤmlich denjenigen Theil, von welchem der fehlerhaft gerichtete Theil des Nagels abhaͤngt. Hier— von kann man ſich nach einigen Tagen, wenn der Schorf ſich abſtoͤßt, uͤberzeugen, auch iſt der hintere Theil des von dem Nagel in die Hoͤhe gehobenen Fleiſches zerſtoͤrt, was ebenfalls guͤnſtig iſt. Die Vernarbung der Wunde, welche nach dem Abfallen des Schorfes eintritt, erfolgt meiſt zwiſchen dem zwölften und zwanzigſten Tage. Man kann die Heilung beſchleunigen, wenn man mit einer fchmalblättrigen Scheere den in das Fleiſch eindringenden Theil des Nagels, der nun nicht wieder wachſen kann durchſchneidet. (Journal des con- naiss. medico-chirurgicales. Juin 1841.) Ueber den Einfluß der Syſtole des Herzens auf die Krümmungen der Arterien hat Herr Bouchacourt in der Revue méd. Juill 1841 Unterſuchungen mitgetheilt. Es er- giebt ſich daraus: 1) in dem Momente, wo das Herz ſich in die Ars terien entleert, koͤnnen dieſelben nicht die gleiche Blutmenge, welche ſie erhalten haben, in die Venen abgeben; ihre Waͤnde erleiden da— her eine merkliche Dilatation; 2) das Blut druͤckt, wie alle anderen Fluͤſſigkeiten, in allen Richtungen gegen die Arterienwaͤnde und ſtrebt daher, ſie in allen Richtungen zu erweitern; 3) die mittlere Haut der Arterien beſteht aus ringfoͤrmigen, ein Wenig ſchraͤgen, elaſtiſchen Faſern und hat keine Längsfafern. Eine Verlangerung wird daher leichter und dauernder erreicht, als eine Erweiterung in der Queere. Die Folge davon iſt, daß in dem Maaße, als die Syſtole mehr Blut in die Arterien ein— treibt, die letztern ſich ſtaͤrker kruͤmmen, in ihren Biegungen zu— nehmen und neue Kruͤmmungen bekommen. Die Arterien find bes ſonders in der Qurerrichtung elaſtiſch; fie geben in der Laͤngenrich— tung leichter nach und ziehen ſich weniger leicht auf ſich ſelbſt zu— fammen. aher kommt die auffallende Verlaͤngerung im Alter, welche beſonders auffallend wird, wenn man ſie mit der Erweite— rung derſelben Gefaͤße und mit dem vergleicht, was gerade im um— gekehrten Verhaͤltniß in den Venen vorkommt. Dieß mag einiger— maßen zur Erſchwerung der Circulation bei dem Greiſe beitragen; denn die Kraft wird theils durch die Kruͤmmungen, theils durch die beträchtlich vergrößerte Fläche gebrochen, während gleichzeitig durch Zunahme der Capacikaͤt des Arterienſyſtems und durch Abs nahme der Contraetilitaͤt der Venen die Geſchwindigkeit des Blut— laufes vermindert wird. Sollte nicht durch dieſe Verlangſamung allein (da wo obliterirende Blutpfroͤpfe in dem Blute fehlen) eine große Anzahl der Fälle von gangraena senilis zu erklären ſeyn? ib li ogr aß hies che neuf ite n. Recueil de coquilles décrites par Lamarck dans son Histoire naturelle des animaux sans vertebres et non encore figurées. Publiee par M. Benj. Delessert. Ire Livraison, in- fol. de 14 feuilles plus 10 pl. Paris 1841. (Es ſollen vier Lieferun— gen erfcheinen.) Elements of Geology. By C. Lyell. Second edition. London 1841. 12. 2 Vols. A practical Essay on some of the surgical diseases of India. By F. H. Brett. London 1841. 8. Traité pratique sur les maladies des organes genito - urinaires. Par le Docteur Civiale. Sme et derniere partie. Maladies du corps de la vessie. Paris 1841. 8. — — Neue Notizen a u 8 d e m Gebiete der Hatur- und Meilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem ObersMedieinafratbe Froriev zu Weimar, und dem Medicinalratde und Profeſſor Froriep jn Berlin. Ne. 430. (Nr. 12. des XX. Bandes.) November 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 g r. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel coloririe Abbildungen 6 gGr. N a Unterſuchungen uͤber die Entſtehung der Einge— weidewuͤrmer. Von Dr. Eſchricht, Profeſſor der Phyſiologie an der Univerfität in Copenhagen. I. Hiſtoriſche Einleitung. — § 1. Die Einge— weidewürmer wurden einſt als mit den gewoͤhn— lichen Würmern identiſch betrachtet; die Theo— rie der generatio aequivoca ward früher allgemein als richtig anerkannt, dann ver worfen, dann wieder angenommen. — In den Eingeweiden und andern Theilen des Menſchen und der Thiere trifft man zuweilen in großer Anzahl lebende Wuͤrmer, und in Betreff derſelben entſtehen naturlich Fragen, wie nachſte— hende: Wie gelangen dieſe Wuͤrmer an dergleichen Orte? Entſtehen ſie daſelbſt ohne Zeugung? oder werden ſie von Außen eingeführt? und in welcher Weiſe geſchieht dieß? Die Beantwortung dieſer Fragen iſt fuͤr den Naturforſcher und Philoſophen vom hoͤchſten Intereſſe Indeß hat man ihnen ſowohl vor Alters, als in neuerer Zeiten, wenig Aufmerkſam— keit geſchenkt. Als die Zoologie noch in ihrer Kindheit war und man die Ascariden noch als identiſch mit den gewöhn— lichen Würmern betrachtete, lag der Gedanke nahe, daß fie leicht mit dem Trinkwaſſer in unſern Körper eingeführt wer— den, oder daß ihre Eier oder Jungen mit unſern Speiſen vermiſcht ſeyn koͤnnten. Damals glaubte man aber auch, daß die Pflanzen, fo wie die niedern, ja ſelbſt Wirbelthiere aus der Zerſetzung organiſcher Stoffe entſtaͤnden, ja daß bei manchen Geſchoͤpfen, z. B., den Aalen, gar keine an— dere Zeugungsart vorkomme. Dieſe Theorie gab man ſich kaum die Muͤhe auf die Eingeweidewuͤrmer anzuwenden, da deren Einführung von Außen die Sache weit natuͤrlicher zu erklaͤren ſchien. In den erſten Jahrhunderten nach der Wieder— auferſtehung der Wiſſenſchaften verwarf man die ganze Theo— tie der generatio aequivoca. Es kamen viele Fälle vor, wo die Annahme derſelben durchaus unſtatthaft war, und die Entdeckung der Verwandlungen der Inſecten gab ihr im ſiebenzehnten Jahrhunderte den letzten Stoß. Beſtimmte, Vo. 1530. e Br wenngleich vereinzelte Thatſachen veranlaßten bald den Schluß auf's Allgemeine, und Harvey's Grundſatz: „Omne vi- vum ex ovo“, fand in manchen naturhiſtoriſchen Schulen, im Gegenſatze zu der generatio aequivoca, unbedingte Anerkennung. Wenn aber die Anſicht, daß die Eingeweide— wuͤrmer von andern Wuͤrmern nicht weſentlich verſchieden ſeyen, fuͤt die richtige galt, bot die Loͤſung der Frage bin: ſichtlich ihres Urſprungs weiter keine beſondern Schwierigkei— ten dar. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts machte ſich jedoch die Theorie der generatio aequivoca wieder gel: tend, da der Grundſatz: omne vivum ex ovo ſich leich— ter aufſtellen, als in allen Fällen bewähren ließ. Nach der Entdeckung der Infuſiensthierchen durch Leuwenhoeck zu Ende des ſiebenzehnten Jahrhunderts ermittelte man in Be— treff derſelben fo unerwartete Umſtaͤnde, daß man in Bezug auf ſie die generatio aequivoca gelten ließ, und ein hal— bes Jahrhundert ſpaͤter (von 1745— 1764) fand die bisher verdrängt geweſene Lehre der Alten in mebrern Ländern zu: gleich tuͤchtige Vertreter, naͤmlich Needham in England, Buffon in Frankreich und Wrisberg in Deutſchland. Die ſcharfſinnigen Speculationen dieſer Naturforſcher ließen ſich durch Spallanzani's und Terechowsky's Gegen: beweiſe nicht als abgefertigt betrachten und ſchienen viel— mehr in den Reſultaten der Verſuche eines Monti, In— genhouſe, Prieſtley ic. ihre Beſtaͤtigung zu finden. Die ſpaͤtern Forſcher, welche ſich mit den Infuſionsthierchen beſchaͤftigten, waren faſt alle im Voraus fuͤr die generatio aequivoca eingenommen Sie betrachteten die von John Hill in deſſen „History of animals“, fo wie von Otto Friedcich Müller in deſſen beruͤhmtem Werke: Animal- cula infusoria aufgeſtellten Beiſpiele mehr als aus einer endloſen Verſchiedenbeit der Typen herausgeriſſene Faͤlle, als daß fie dieſelben für aͤchte beſondere Arten, wie die der üb- rigen Thiere, haͤtten gelten laſſen, und nahmen an, die In⸗ fuſorien ſeyen lebendige Partikelchen, die keine eigenthuͤmliche Structur und Form darboͤten. Man behauptete, die groͤßern Infuſorien koͤnnten ſich in kleinere verwandeln, die eine ganz 12 e e 179 verſchiedene Lebensweiſe und Geſtalt befäßen; der Character dieſer Thierchen haͤnge, wo nicht durchaus, doch hauptſaͤch— lich von den aͤußern Umſtaͤnden ab, waͤhrend man ſonſt bei den organiſirten Koͤrpern gerade das Gegentheil wahrnehme, daß ſich naͤmlich deren Charactere unter den mannichfaltigſten aͤußern Bedingungen ſtets nach derſelben unwandelbaren We: gel entwickeln. „Nimmt man,“ fo hieß es, „eine größere oder geringere Quantität Waſſer, laͤßt man ſtaͤrkeres oder ſchwaͤ⸗ cheres Licht, eine hoͤhere oder niedrigere Temperatur auf daſ— ſelbe einwirken, ſo erhaͤlt man aus denſelben organiſchen Stoffen ſtets andere Infuſorien. Behandelt man dieſe Stoffe fernec, bevor man ſie infundirt, auf verſchiedenartige Wei— ſe, wendet man ſie, z. B., roh oder gekocht, pulveriſirt oder ganz, gedoͤrrt oder friſch ꝛc. an, ſo werden in jedem be— fondern Falle andere Infuſionsthierchen entſtehen.“ So be— trachtete man alſo die von Muͤller mitgetheilten Formen nicht als conſtanten Arten characteriſtiſch, ſondern als völlig wandelbare Typen, die weiter keinen wiſſenſchaftlichen Werth beſaͤßen. Der gelehrte und ſcharfſinnige G. R. Treviranus in Bremen ſtellte in ſeiner Biologie (Bo. 2. und 5., 1803 bis 1805) die Theorie einer unvertilgbaren, aber endlofen Verſchiedenheit aller organiſchen Ma erie auf. Mit einem innern gebundenen Leben begabt, meinte er, koͤnne dieſelbe neue, ja nach der Einwirkung aͤußerer Umſtaͤnde unendlich verſchiedene Formen annehmen, und er erklaͤrte die Infuſorien für die erſte und einfachſte Aeußerung dieſer Lebenskraft der organiſchen Materie. Oken, der hervorragendſte unter den ſogenannten Naturphiloſophen, ſtellte die Theorie auf, daß die Infuſtonsthierchen zwar ſelbſt Thiere, aber zugleich die weſentliche Grundlage aller übrigen Thiere ſeyen (Zeugung, 1805). Die Pflanzen und Thiere, mit Einſchluß des Men— ſchen, erklaͤrte er für eine Anhaͤufung unzaͤhliger lebender mi: kroſcopiſcher Thierchen. Das Wachsthum unſeres Koͤrpers ſchrieb er einer Vermehrung dieſer winzigen Geſchoͤpfe, die Abnahme deſſelben einer Verminderung derſelben zu. Fer— ner fand die Anſicht, daß die Blutkuͤgelchen ſelbſtſtaͤndiges Leben beſaͤßen, ziemlich allgemeinen Eingang; ja, in einem 1829 von Reichenbach herausgegebenen Handbuche der Zoologie werden dieſe wichtigen Partikelchen, nebſt den Saa— menthierchen, als die erſte Familie des Thierreichs auf— gefuͤhrt. 0 Die Lehre von der generatio aequivoca erhielt durch die Bekanntmachung der Unterſuchungen mehrerer Forſcher (Fray, Gruithuiſen) eine bedeutende Erweiterung, in— dem dieſelben beobachtet haben wollten, daß auch durch In— fuſionen von deſtillirtem Waſſer auf unorganiſche Subſtan— zen und wenn man nur kuͤnſtliche Luftarten hinzutreten laſ— ſe, Infuſionsthierchen entſtaͤnden. Profeſſor Burdach in Königsberg erkannte, im erſten Bande feiner Phyſiologie, die Richtigkeit dieſes Reſultats an, da er gefunden hatte, daß friſch gebrochener Granit mit deſtillirtem Waſſer uͤbergoſſen und, mit Sauerſtoffgas oder Waſſerſtoffgas communicirend, dem Sonnenlichte ausgeſetzt, die Entſtehung einer gruͤnen Materie mit Confervenfaͤden veranlaſſe. Dieſer gelehrte For: ſcher iſt der Anſicht, daß ſchon durch das Aufeinanderwirken 180 der vier Elemente der Alten die niedrigſten Formen des Le— bens in's Daſeyn gerufen wuͤrden. $ 2. Die Theorie der generatio aequi- voca ward auf die Eingeweidewürmer ange- wandt. Wenn die generatio aequivoca überhaupt haltbar ift, fo bieten die Eingeweidewuͤrmer offenbar Gele— genheit zu deren Anwendung dar. Die gruͤndlichen Unterſuchun— gen, welche Goͤze, Zeder, Rudolphi und Bremſer zu Anfange des neunzehnten Jahrhunderts uͤber dieſe Thiere an— ſtellten, beſtaͤrkten dieſe Gelehrten nur in der Anſicht, daß die Eingeweidewuͤrmer ohne Zeugung entſtehen koͤnnten und meh— rentheils ohne dieſelbe entſtaͤnden. Die Anſicht, daß dieſe Wuͤr— mer von Außen in den Thierkoͤrper gelangten, gruͤndete ſich auf die, daß fie von den gewoͤhnlichen Würmern nicht weſent— lich verſchieden ſeyen. Allein die Unhaltbarkeit dieſer Mei- nung war hinlaͤnglich nachgewieſen, und es ſtand feſt, daß alle Eingeweidewuͤrmer eigne Arten und Familien bilden, die eine auf ihre eigenthuͤmliche Lebensweiſe berechnete Geſtalt und innere Structur beſitzen, ſo wie daß ſie außerhalb des Thierkoͤrpers bald ſterben. Mit den Nahrungsſtoffen der Thiere konnten demnach die Eingeweidewuͤrmer nicht in den Thierförper gelangen. Was aber den Menſchen betrifft, der ſich nur von gewiſſen Theilen, in'sbeſondere dem Flei— ſche, der Thiere naͤhrt und es nie roh, ſondern ſtets auf eine Weiſe zubereitet, genießt die jedes etwa darin lebende Weſen getoͤdtet haben wuͤrde, ſo ſchien jene Anſicht voͤllig unhaltbar. Ruͤckſichtlich der Raubthiere, die andere Thiere roh freſſen, konnte ſie eher einen Schein von Wahrheit ha— ben; allein man findet ja in krautfreſſenden Thieren fo hau: fig Eingeweidewuͤrmer, wie in fleiſchfreſſenden. Sie werden auch nicht nur im Innern des Nahrungsſchlauchs, ſondern ebenfalls in andern Koͤrpertheilen, in der Zellmembran (Fi- laria), in den Muskeln (Cysticercus), dem Gehirn (Coenurus), dem Blute (Strongylus), den Lungen (Ha- mularia), der Leber (Distoma). den Nieren (Strongy- Ius), angetroffen; kurz kein Körpertheil iſt ihnen völlig un— zugänglich, und noch dazu findet man deren in neugebornen, ja in ungebornen Thieren. Wenn ſchon dieſe Umſtaͤnde ſehr dagegen ſprechen, daß die Eingeweidewuͤrmer von Außen mit der Nahrung eingefuͤhrt worden, ſo findet dieſe Folgerung ihre fernere Beſtaͤtigung darin, daß die Wuͤrmer in allen dieſen verſchiedenen Localitaͤten beſondern Arten angehören. Faſt jedes Thier beſitzt deren andere und in jedem ſeiner organiſchen Syſteme andere, ſo daß die Fauna helminthica ausgedehnter erſcheint, als die ganze uͤbrige Fauna der lebenden Thiere. Man hat Er— klaͤrungen aufgeſtellt, wie die Eingeweidewuͤrmer von den Aeltern auf die Jungen vor der Geburt der letztern uͤberge— hen und die Eier mit der Bluteirculation ꝛc. fortgefuͤhrt werden koͤnnten; allein alle dieſe Hypotheſen beruhten nicht auf directen Beobachtungen und ſchienen mit unſern phyſio— logiſchen Kenntniſſen ſo ſehr im Widerſpruche zu ſtehen, daß ſie dem witzigen Dr. Bremſer Gelegenheit zu den beißendſten Bemerkungen im erſten Capitel ſeiner Schrift: „Lebende Wuͤr— mer in lebenden Menſchen,“ gaben. So entſchied man ſich denn in Deutſchland allgemein für die generatio aequi- voca, und nicht nur die Myſtiker, ſondern ernſte und ſtrenge 181 Forſcher traten auf deren Seite, und fie gründete ſich nicht nur auf eine oberflaͤchliche Erklaͤrung, ſondern auf ſorgfaͤltig erforſchte Thatſachen. 93. Fand in England keine günftige Auf⸗ nahme. — Schlagen wir die vor dem letzten Jahrze— hend erſchienenen Schriften der engliſchen Naturforſcher und Phyſiologen der fraglichen Periode nach, ſo finden wir, daß die Frage wegen der generatio aequivoca darin ſebr kurz abgefertigt, ja wohl gar nicht erwaͤhnt wird. Dr. Flemming behauptet im erſten Bande feiner Philosophy of Zoology, Edinburgh 1822: „Die Erſcheinungen, auf welche ſich das ganze Machwerk der Theorie von der gene- ratio aequivoca ſtuͤtzt, ließen ſich ohne Schwierigkeit auf andere Weiſe erklaͤren.“ Spaͤter (p. 25) weiß er aber nichts weiter vorzubringen, als: „Die rationellſte Erklaͤrung, die ſich ruͤckſichtlich der Erſcheinung dieſer Pflanzen und Thiere in ſolchen Localitaͤten aufſtellen laͤßt, ftüst ſich auf die Betrachtung der Winzigkeit ihrer Saamen oder Eier, welche durch Winde fortgefuͤhrt worden, oder mit Regen— ſchauern herabgefallen, folglich leicht an den oder jenen Ort gelangt ſeyn koͤnnen.“ Wenn nun aber auch dieſe Erklaͤrung die rationellſte oder natuͤrlichſte iſt, ſo bleibt ſie doch immer nur eine, nicht auf directen Beobachtungen beruhende Vermuthung. Was die Annahme betrifft, daß die Eier durch den Wind hin und her geführt werden, fo enthält die Atmoſphaͤre aller— dings organiſche Stoffe, welche von lebenden oder todten organiſchen Koͤrpern ausduͤnſten, ſo wie winzige vertrocknete organiſche Theilchen (ſogenannter Sonnenſtaub); allein nir— gends hat man darin mit dem Mikroſcope Eier oder Saa— men entdecken koͤnnen, wiewohl ſich aus den neueſten Beob— achtungen des Profeſſor Schultze in Greifswald ergiebt, daß gewiſſe ſtaubtrockene Thierchen ihre Vitalität wenisſtens 7 Jahre lang behalten koͤnnen. Wie dem aber auch ſey, ſo bleibt es doch nichtsdeſtoweniger hoͤchſt unwahrſcheinlich, daß dieſe Urſache in allen Faͤllen, oder bei allen Verſuchen thaͤtig geweſen fen, welche man zur Erforſchung des Gegen— ſtandes mit der groͤßten Sorgfalt angeſtellt hat. Allerdings laͤßt ſich nicht geradezu laͤugnen, daß ſich im Regenwaſſer mikroſcopiſche Thierchen und Pflanzen oder wenigſtens deren Eier und Saamen befinden koͤnnen; allein mit beſtimmten Erfahrungen laͤßt ſich dieß nicht belegen, und Profeſſor Eh— renberg, der geſchickteſte aller jetzt lebenden Mikroſcopiſten, hat nie etwas Aehnliches im Regenwaſſer auffinden koͤnnen, obwohl er mikroſcopiſche Gegenſtaͤnde in Subſtanzen entdeckt hat, wo ſich Niemand deren Anweſenheit traͤumen ließ. Vergleiche deſſen Organiſation, Syſtematik und geographi— ſches Verhaͤltniß der Infuſionsthierchen, 1. Theil, Berlin 1830, ©. 79. Dr. Boſtock bemerkt, nachdem er in feinem Sy- stem of Physiology 1827, Vol. III., die Theorie der generatio aequivoca für völlig außer Curs geſetzt, er— klaͤrt hat, p. 71 ſehr angemeſſen: „Die Argumentation gegen die generatio aequivoca ſtuͤtzt ſich jedoch lediglich auf Analogieen und kann daher, fo weit ſie auch fortge— führt werden mag, immer nur eine beſchraͤnkte Beweiskraft 182 haben“; und mit derſelben Umſicht ſchließt er die Verhand— lungen uͤber dieſen Gegenſtand mit den Worten: „Die Vorſicht erfordert, daß man vor der Hand dieſen Gegen— ſtand als ein Geheimniß betrachte, deſſen Ergruͤndung wir bei dem gegenwaͤrtigen Zuſtande unſerer Kenntniß nicht mit Erfolg verſuchen konnen“ Wie richtig dieſe Schlußbemer— kung iſt, werden wir weiter unten ſehen. Die Fälle, deren Erklaͤrung, nach dieſem gelehrten Phy— ſiologen, die groͤßte Schwierigkeit hat, ſind die, in welchen Eingeweidewuͤrmer und noch mehr die, in welchen Sagmen— thierchen auftreten. Was die erſtern anbetr fft, fo gedenkt er der Hypotheſe, daß deren Keime ſich in unſern Nahrungss ſtoffen befinden, ſo in unſern Nahrungsſchlauch gelangen und ſich daſelbſt entwickeln, weil dieß die ihrem Leben voͤl— lig angepaßte Localitaͤt ſey. Allein eine ſolche Erklaͤrung ihres Erſcheinens ſetzt eine ſehr unvollſtaͤndige Bekannt— ſchaft mit der Helminthologie voraus. Der Grund, weßhalb die Theorie der generatio ae— quivoca in England keinen feſten Fuß faſſen konnte, ob— wohl fie dort an Needham einen ibrer ſcharfſinnigſten Begruͤnder beſaß, iſt hauptſaͤchlich der Autorität Harvey's zuzuſchreiben, deſſen Grundſatz: omne vivum ex ovo im Allgemeinen als mit der generatio aequivoca vollig un— verträglich angeſehen wurde.) Uebrigens hat Harvey ſelbſt dieſe Regel keineswegs in dieſem Sinne aufgeftellt. Wenn Harvey in der 63. feiner Exereitationes de ge- neratione fügt: „Omnia animalia eodem modo ab oviformi primordio generantur“, fo ſetzt er doch un— mittelbar darauf hinzu: „„oviformi, inquam, non quod illud figuram ovi referat, sed quod constitutionem et naturam ejus possideat“, was in der 62. Exerci- tatio folgendermaaßen weiter erläutert wird: „His (ani- malibus et stirpibus) autem onmibus (sive sponte, sive ex aliis, sive in aliis vel partibus vel excere- mentis eorum putrescentibus oriantur) id commune est, ut ex principio aliquo, ad hoc idoneo, et ab efficiente interno in eodem prineipio vigente, gi- gnantur; adeo ut omnibus viventibus primordium *) Der Hauptgrund der unbedingten Abweiſung der Theorie der generatio aequivoca ven Seiten der Engliſchen Naturforſcher liegt in der bitelfiften Naturanſchauung der Engliſchen Hod- kirche, welche bisher faſt alle Enaländer für ihre erſte Pflicht erkannten, und von der fie ſich, ihrer Meinung nach, nicht entfernen konnten, ohne von der Quelle aller Wahrheit abzu⸗ weichen. Man leſe nur, z. B., Sharon Turner's Sa- cred History of the world as displayed in the Creation and subsequent «vents to the deluge, von der 1833 bereits 4 ſtarke Auflagen verkauft waren, und die in England allge⸗ mein für eine bobe Autorität gilt. Von dem Geiſte dieſes Buches wird man fofort nach dem Schluſſe deſſelben, p. 569, bintaͤnglich urtheilen können: „In dieſe Arche der Zuflucht wurden diejenigen Thiere aufgenommen, die an die Stelle der auszurottenden Racen treten ſollten; und als dieſe Vorberei⸗ tungen zur Wiederbrvoͤlkerung der Erde vollbracht waren, trat die furchtbare Kataſtrophe ein ꝛc. 2. — Dann allgemei⸗ nes Schweigen und die ſchauderhafte Stille der vollſtreckten Vergeltung!“ Auf dieſe Weiſe denkt man in England allem weitern Forſchen über die Entſtehung orga⸗ niſirter Weſen Stillſtand gebieten 35 koͤnnen! D. Ueberſ. 1 * 183 insit, ex quo et a quo proveniant.“ Seine ganze Theorie wird kurz darauf in folgenden Worten dargelegt: „Diversa scilicet diversorum viventium primordia: pro quorum vario diserimine alii atque alii sunt generationis animalium modi; qui tamen omnes in hoc uno conveniunt, quod a primordio vegetali, tamquam e materia eflieientis virtute dotata, ori- antur; differunt autem, quod primordium hoe vel sponte et casu erumpat, vel ab alio praeexistente (tamquam fructus) proveniat. Unde illa, sponte nascentia, haee a parentibus genita dicuntur.“ Daſſelbe hat in Betreff der Theorie Harvey's bereits Profeſſor Valentin in Burdach's Phyſiologie, zweite Ausgabe, Bd. I. S. 10, angemerkt. $4 Ward nach den Entdeckungen des Pro— feſſor Ehrenberg in Betreff der Infuſorien ſehr in Zweifel gezogen. — In dem letzten Jahr— zehend haben die Arbeiten des Profeſſor Ehrenberg in der Geſchichte der generatio aequivoca in Deutſchland Epoche gemacht. Da ſich die allgemeine Bekanntſchaft mit denſelben vorausſetzen laͤßt, ſo wollen wir hier nur derjenigen Entdeckungen Ehrenberg's gedenken, die ſich direct auf die fragliche Theorie anwenden laſſen. Zuerſt iſt ein Hauptpunct in den Beobachtungen Eh— renberg's, daß dadurch die Behauptungen John Hill's und O. F. Muͤller's, daß naͤmlich dieſe Thierchen völlig eigenthuͤmliche Species bilden und ſich, gleich andern Thieren, durch conſtante Kennzeichen der aͤu— fern und innern Structur characteriſiren laſſen, vollkommen beſtaͤtigt werden. Der zweite Punct, das Reſultat gewaltiger Arbeiten, iſt nicht weniger wichtig und beſteht in dem Be— weiſe, daß die Infuſionsthierchen, ſelbſt die kleinſten Monaden, eine ſehr verwickelte Orga— nifation beſitzen. Vor dieſen überraſchenden Entdek— kungen loͤſ'ten ſich eine Menge phantaſtiſcher Traumgebilde, die man ſich ruͤckſichtlich der Infuſorien erſchaffen hatte, und denen mehrentheils der Wahn zu Grunde lag, daß dieſen Thierchen beſondere Organe ganz abgingen, in Nebel auf. Allerdings hatten ſchon Spallanzani und Muͤller in den Infuſorien gewiſſe Organe deutlich beobachtet. Corti wollte an einigen darunter ein Gefaͤßſyſtem, Nitzſch an an— dern Augen entdeckt haben; allein man ſchenkte dieſen Be— hauptungen wenig Aufmerkſamkeit. Endlich machte Du: trochet eine ſehr umſtaͤndliche Beſchreibung von der voll— kommenen Organiſation mehrerer der groͤßern Infuſorien, der Rotifera, bekannt, während in der letzten Ausgabe (1829) von Cuvier's Regne animal andere noch als infusoires homogenes figuriren, fo daß die Einbildungs— kraft auf dieſem Felde noch Nahrung genug fand, und wenn die Entdeckung der vollſtaͤndigen Organiſation der Infuſions— thierchen der Theorie der generatio aequivoca den To— desſtoß verſetzt hat, das Hauptverdienſt immer Ehren— berg's Entdeckungen gebührt. Es kommt bei Beurthei— lung dieſer Frage wenig darauf an, ob infusoria poly- gastrica Ehrenberg's wirklich Achte Maͤgen haben, wie ſich aus den Beobachtungen zu ergeben ſcheint, oder ob 184 man vielmehr mit Herrn Dujardin dieſe angeblichen Maͤ— gen fuͤr bloße Hoͤhlungen in der Koͤrpermaſſe zu halten hat; oder ob Profeſſor Mayer in Berlin Recht hat, wenn er die von Ehrenberg fuͤr Maͤgen ausgegebenen Gegenſtaͤnde fuͤr bloße in den Daͤrmen verarbeitete und in eine große Höhle abgeſetzte Kuͤgelchen von Nahrungsſtoff erklärt. Eben ſo wenig hat es auf ſich, ob Ehrenberg mit Recht oder Unrecht gewiſſe Organe für Hoden hält; kurz, Profeſſor E h— renberg hat außer allen Zweifel geſtellt, daß ſaͤmmtliche Infuſorien eine ſehr complicirte Organiſation beſitzen, wenn er auch darin zu weit gehen mag, daß er ſie fuͤr eben ſo vollkommen haͤlt, als die der hoͤhern Thierclaſſen. Als ein dritter wichtiger Punct mag noch hervorgehoben werden, daß die Reproduction dieſer Thierchen derjeni— gen anderer niedrigorganiſirten Thiere voͤllig analog iſt, ſo daß ſich deren Erſcheinen in den meiſten Faͤllen ohne Schwierigkeit erklaͤren läßt. Nach dieſen Um: finden dürfte jeder umſichtige Naturforſcher ruͤckſichtlich der generatio aequivoca dieſer Thierchen großes Bedenken hegen, und demnach wird dieſelbe auch von der neueſten phyſiologiſchen Schule, von Joh. Muͤller, Valentin, Siebold ꝛc. ſehr bezweifelt, wiewohl die Theorie der ge— neratio aequivoca keineswegs als völlig widerlegt und veraltet betrachtet werden kann, ſo lang Phyſiologen, wie Carus, Burdach und Baer, derſelben noch eifrig das Wort reden. „Seyn oder nicht ſeyn, das iſt die Frage“, und ruͤck— ſichtlich dieſer Lehre laſſen ſich fuͤr beide Anſichten ſtarke und beſtechende Gruͤnde anfuͤhren. Unter ſolchen Umſtaͤnden wird jeder Umſichtige mit feiner Entſcheidung ſehr zuruͤck— haltend ſeyn, und wer es nicht iſt, der wird wahrſcheinlich bald der einen, bald der andern Parthei dienen. Die Zeit dürfte lehren, daß die Poyſiologen mancher Laͤnder, wo man die generatio aequivoca nie hat anerkennen wollen, ſich fuͤr dieſelbe entſcheiden werden, um ſie vielleicht noch einmal zu verwerfen. Gegenwaͤrtig beſitzt wohl kein Land einen eifrigeren Verfechter dieſer Theorie, als Frankreich in Herrn Turpin. Zugleich iſt die Frage viel zu wichtig, als daß ſie vornehm auf die Seite geſchoben werden duͤrfte. Koͤn— nen wir es auch zu keiner abſoluten Gewißheit bringen, ſo muͤſſen wir uns derſelben doch ſo viel, als moͤglich, zu naͤ— hern trachten. Das Intereſſe der Phyſiologie liegt oft mehr in den Forſchungen, als in den Reſultaten, und nie forſcht man in der Natur vergebens, ſelbſt wenn man das Ge— ſuchte nicht findet. Dieß gilt von der Frage in Betreff der Möglichkeit oder des Vorkommens der generatio aequi- voca Überhaupt, und ruͤckſichtlich derjenigen der Eingewei— dewuͤrmer in’sbefondere, da fie mit den intereſſanteſten und wichtigſten Naturgeheimniſſen in der engſten Beziehung fteht. (Fortſetzung folgt.) Mistel lend Ueber die Entwickelung von Electricität durch das Eintauchen der Körper in Queckſilber hat Herr Perego der Vers ſammlung der Italieniſchen Naturforſcher zu Florenz feine Verſu⸗ che mitgetheilt. Eine der Subſtanzen, welche ſich am meiſten eig— net, iſt der Hutfilz. 185 Ueber eine Art von Leuchten der Fußzehen hat Herr Orioli bei einem Individuo eine Beobachtung gemacht und eben derſelben Verſammlung Italieniſcher Naturforſcher mitge— theilt. — Herr Boyer theilt eine aͤhnliche Beobachtung mit, und Beide erklaͤren dieſe Erſcheinungen, indem ſie eine krankhafte Ab— ſonderung von Electricität annehmen. Herr Matteucci aber, welcher dieſe Erklarung für nicht zuläffig bält, indem er nicht be— greift, wie eine leuchtende electriſche Ladung ſich halten koͤnne, ohne 186 ſich auf die in Berührung befindlichen Körper zu entladen, glaubt, daß dieſe Erſcheinungen vielmehr denen angereiht werden muͤßten, welche ſich auf die Phosphorescenz des faulen Holzes, der Fiſche ꝛc. beziehen. i Nekrolog. — Der verdiente Chemiker, Herr Clement: Desormes, Profeſſor der Chemie an dem Conservatoire des arts et métiers zu Paris, iſt geſtorben. — — —ę—ẽ Enge inne. Bericht der zur Unterſuchung des Werthes der Knochengallerte eingeſetzten Commiſſion an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften. (Fortſetz ung.) „9) Die aus der Knochengallerte- Bereitung ſcheinbar entſprin⸗ gende Koſtenerſparniß wird durch die Leichtigkeit, mit welcher die Knochenbouillon in die faulige Gaͤhrung eintritt und dadurch oft⸗ mals verdirbt, großentheils wieder aufgehoben. „10) Das Verfahren der Ausziehung der Knochengallerte mit— telſt Dampfes iſt ſchon an ſich wegen der Beſchaffenheit des Pros ductes verwerflich, welches in Folge der Einwirkung des hohen Hitzegrades einen Theil verſeifter thieriſcher Stoffe enthält, und dennoch iſt eine ſo hohe Temperatur erforderlich, wenn eine ir— n Menge Gallerte aus den Knochen gebracht wer— en ſoll. „11) Liege ſich auch an dem Ausziehungsverfahren nicht das Mindeſte ausſetzen, ſo wuͤrde dadurch doch die Gallerte zu keinem gefunden Nahrungsmittel, ſelbſt wenn man ihr Nahrungsfaͤhigkeit nicht abſprechen koͤnnte. „12) Die ſcheinbare Koſtenerſparniß, welche aus der Gewin— nung der Knochengallerte und dem daraus entſpringenden Minder— bedarf an Fleiſch hervorgeht, ſtellt ſich im Grunde nur als eine Veraͤnderung in der Anwendung des Fleiſches heraus, da von die— ſem Artikel noch eben ſoviel verbraucht, folglich eben ſoviel dafür ausgegeben werden muß, wie vorher. „Dieſe Veraͤnderung in der Anwendung hat den großen Nach— theil, daß der Hauptnahrungsartikel der Kranken, naͤmlich Bouil— lon und Suppe, gebaltlofer und ſchlechter, dagegen die Koft der faſt hergeſtellten Reconvaleſcenten und kraͤftigen Perſonen, denen Braten und fricaſſirtes Rindfleiſch allein zuſagt, gehattvoller wird.“ Uebrigens ſchloß der Bericht mit der Bitte, daß der D'Ar ce t'— ſche Apparat wieder abgeſchafft werden moͤchte, was denn auch ſo— fort verfügt ward. Indeß wollte fi doch die Oberaufſichtsbehoͤr— de, bevor fie ihn wegnehmen ließ, davon uͤberzeugen, ob ſich die darin bereitete Suppe nicht auf irgend eine Weiſe in beſſerer Qua— lität herſtellen laſſe. Zu dieſem Ende zog fie Herrn Soubiran, den bekannten geſchickten Chemiker und Academiker, zu Rathe. Dieſer hielt ſich genau an die ihm vorgelegte Frage und ant— wortete, wie folgt: „1) Aus der mittelſt des D'Arcet'ſchen Apparates erlangten Gallertauftoͤſung und 250 Grammen Fleiſch pro Litre läßt ſich auf keine Weiſe eine klare Bouillon bereiten. „2) Es ſey denn, daß man der Aufloͤſung ſoviel Eſſigſaͤure zu: ſetzte, daß dieſe ein Wenig im Ueberſchuß vorhanden iſt, und jener einen ſaͤuerlichen Geſchmack mittheilt, da denn ein ſchleimiger Nie— derſchlag ſtattſindet und die Gallertaufloͤſung durchſichtig wird und ſich zur Herſtellung einer klaren Bouillon eignet. „3) Zieht man die Gallerte mittelſt Salzſaͤure aus den Kno— chen und thut man jene noch feucht in den Kochtopf, ſo erhaͤlt man eine voͤllige klare Bouillon. „Meiner Anſicht nach, „ſagt Herr Soubiran am Schluſſe feines Berichtes,“ iſt bei friſchen Knochen die Ausziebung der Gal— lerte mittelſt Salzfäure der Behandlung derſelben mit Dampf vor— zuziehen; denn dieſe letztere iſt für den täglichen Dienſt eines Ho— ſpitals mit zu vielen Schwierigkeiten verknuͤpft.“ Ungefähr um dieſelbe Zeit erkannte Herr Donné, welcher früher ein Hauptverfechter der guten Eigenſchaften der Knochen— gallerte geweſen war, offen an, daß man bisjetzt noch keineswegs 8 habe, inwiefern dieſe Subſtanz wirklich nahrhaft ey ). Herr Donne ſtellte an ſich ſelbſt und an Thieren Verſuche an, und obwohl er ſeiner und der beiden Hunde, mit denen er gleichzeitig experimentirte, Koſt nur einen Bruchtheil Knochengallerte zuſetzte, ſo gelangte er doch zu der Ueberzeugung, daß dieſe Sub— ſtanz wenig oder nicht nahrhaft ſey. „Die von mir angewandte Gallerte“, ſagt Herr Donné in feiner Abhandlung, „war in der Form eines Gelee, ſehr concentrirt, und fir mich mit Zucker, fo wie mit Citronenſaft oder einer alko— holhaltigen Fluͤſſigkeit verſetzt. Den Hunden gab ic) fie mit Fett vermiſcht und geſalzen. Nachdem ich ſechs Tage lang dreimal taͤg⸗ lich 20 — 50 Grammen trockener Gallerte mit 85 bis 100 Gram— men Brodt genoſſen, hatte ich zwei Pfund an Gewicht verloren. Ueberdem war ich fortwaͤhrend von Hunger gepeinigt geweſen und hatte ſtets das Gefuͤhl von Hinfälligkeit gehabt, welches nicht eher nachließ, als bis ich zu meiner gewöhnlichen Koſt zurückkehrte.“ Von den beiden Hunden, mit denen Herr Donns experimen⸗ tirte, fraß der eine taglich 120-230 Grammen Brodt (Gallerte?), und wollte dann durchaus keine Knochengallerte mehr zu ſich neh— men, unter welcher Form man ſie ibm auch vorſetzte, ſelbſt wenn man gute Fleiſchbruͤhe und ein Wenig Fleiſch damit vermiſchte. Ja, sert wohl dabei verhungert, da er bis zur voͤlligen Abmagerung faſtete. Der andere Hund, mit dem Herr D. Verſuche anſtellte, ließ jede Art von mit Gallerte bereiteter Koſt vier Tage lang un= beruͤhrt. Die Abhandlung des Herrn Donne veranlaßte Herrn Gan— nal, Chemiker und Leimfabricanten, zu einer ähnlichen, aber weit umfangsreichern. Derſelbe hatte ſeit langer Zeit bemerkt, daß in feinen Werkſtätten die auf alle animaliſchen Subſtanzen fo verſeſ⸗ ſenen Ratten die Knochengallerte und den Leim nicht angingen, weßhalb er an der Nahrhaftigkeit der Knochengallerte zu zweifeln begann. Der Artikel des Herrn Donns beſtimmte ihn, eine Reihe von Verſuchen anzuſtellen, um dieſen wichtigen Punct zur Entſchei⸗ dung zu bringen und zu ermitteln: 1) 0b die Gallerte für ſich nahrhaft ſey; 2) ob es noͤthig ſey oder nicht, fie mit andern Subſtanzen zu verſetzen, und in welchem Verhaͤltniſſe dieß gefcheben muͤſſe; 3) ob, inſofern ſich die Brauchbarkeit der Gallerte als Nah⸗ rungsartikel berausftellte, erkleckliche Vortheile aus deren Anwen⸗ dung entſpringen koͤnnten. 2 Diefe Unterſuchungen, deren Zweck hoͤchſt beſtimmt vorlag, wurden von dem Verfaſſer an ſich ſelbſt, fuͤnf Mitgliedern feiner Familie, von denen drei Kinder waren, und mehrern Gebülfen am Militärhoſpitale Val⸗de⸗Gräce angeſtellt, und der Academiker Se rullas wurde dabei als Zeuge zugezogen. *) Der in dieſer Beziehung von Herrn Robert mit einem Hunde angeſtellte Verſuch beweiſ't nichts, da das Thier, nachdem es 50 Tage nur mit Krochengallerte gefüttert worden war, ent— wiſchte. 187 In die Einzelnheiten dieſer Experimente koͤnnen wir hier nicht eingehen; allein die Reſultate derſelben waren ſehr buͤndig und be— wieſen, daß ſich der Menſch durchaus nicht von aromatiſirter und angenehm ſchmeckend gemachter Gallerte nähren kann. Der Genuß derſelben zerftört vielmehr ſchnell die Geſundheit, veranlaßt heftiges Kopfweh, Hinfaͤlligkeit und haͤufigen Drang zum Harnen, welche Zufaͤlle ſaͤmmtlich verſchwinden, ſobald man zu ſeiner gewohnten Koſt zurückkehrt. Sie bewieſen ferner, daß eine Diaͤt, bei welcher ein ziemlich ſtarker Verhaͤltnißtheil Brodt mit der Gallerte in Anwendung gebracht wird, die Ernährung vollſtaͤndig bewirken koͤnne, obwohl dadurch ein ungewoͤhnlich ſtarker Durſt erregt wird; daß aber, und dieß iſt ein hoͤchſt beachtungswerther Punct, die Ernährung in demſel— ben Grade von Statten geht, wenn man ſtatt der Gallerte dieſelbe Quantitat reines Waſſer genießt, ja daß dieſe letztere Diät ſogar vor der erſtern noch etwas voraus zu haben ſcheint; „denn, ſagt der Verfaſſer, „als ich ſie befolgte, fuͤhlte ich mich leichter und wohler.“ Indeß konnten dieſe Verſuche nicht laͤnger als einige Wochen fortgeſetzt werden; denn alle Perſonen, die ſich großmuͤthig zu den— ſelben hergaben, bekamen gegen die Gallerte einen ſolchen Wider— willen, daß ſie deren unter keiner Bedingung, und unter welcher Geſtalt es auch ſey, mehr zu ſich nehmen konnten. Aus dieſen Verſuchen zog Herr Gannal die ſtrengſten Fols gerungen; denn er erklaͤrte, die Gallerte ſey nicht nur nicht nahr⸗ haft, ſondern ſogar der Geſundheit hoͤchſt nachtheilig, wenn fie über ein gewiſſes Maaß hinaus in den Nahrungsmitteln enthalten ſey. Wihrend Herr Gan mal dieſen Forſchungen oblag, ſtellte ein in den ſchwierigſten phyſiologiſchen Unterſuchungen hoͤchſt geuͤbter Naturforſcher, Herr Edwards der Aeltere, in Gemeinſchaft mit Herrn Balzac, Verſuche über die Nahrhaftigkeit der Knochengal—⸗ lerte an. Die in mehrfacher Beziehung hoͤchſt intereſſante Arbeit dieſer Forſcher iſt dieß in'sbeſondere ruͤckſichtlich des Ausgangs— punctes derſelben. Sie erkannten den Vorderſatz an, daß die Gallerte fuͤr ſich nicht nährend ſey, indem fie ſich dabei auf die Verſuche eines un⸗ ſerer Collegen ftüsten, und daß dieſe Subſtanz in dieſer Ruͤckſicht mehrern andern thieriſchen und vegetabiliſchen Stoffen gleiche. Dieſe Herren nehmen, nach denſelben Verſuchen, an, ſelbſt das Weißbrodt genüge für ſich nicht zur Ernährung. Sie halten fer: ner fuͤr bewieſen, daß eine aus Weißbrodt und Pferdefleiſchbruͤhe bereitete Suppe ein ausreichendes und paſſendes Nahrungsmittel fuͤr den Hund abgebe, welches Thieres ſie ſich bei ihren Verſuchen bedienten. Die merfwirdigiten Reſultate dieſer Arbeit find, daß, wenn man mit dem Brodte eine Aufloͤſung von Speiſe-Gallerte verbin⸗ det, man noch kein ausreichendes Nahrungsmittel erhaͤlt. Thiere, die man mit dieſer Koſt füttert, verlieren mehrentheils an Gewicht, werden ſchwach und geben dem Tode mit ſchnellen Schritten ent⸗ gegen. Dieſe nachtheiligen Folgen treten jedoch noch geſchwinder ein, wenn man, ſtatt der Gallertaufloͤſung, leicht geſalzenes Waſſer auf das Brodt gießt. Die merkwuͤrdigſte der in dieſer Arbeit mit— getheilten Beobachtungen moͤchte folgende ſeyn: „Eine noch junge Huͤndin war eine Zeit lang mit Weißbrodt und Gallerte gefüttert worden. Sie hatte faſt ein Drittel ihres Gewichts einaebüßt und war aus nehmend ſchwach, fo daß fie dem Tode nabe ſchien. Alsdann fügte man ihrer taglichen Ration funfzehn Eßloͤffel wirkliche Fleiſchbrühe hinzu, und von Stund an erlangte das Thier wieder ſeine fruͤhere Beleibtheit und Kraft, welche außerordentliche Wirkung lediglich durch die riechenden und ſchmackhaften Stoffe des Fleiſches herbeigeführt wurde, übrigens mit der laͤngſtbekannten Thatſache uͤbereinſtimmt, daß durch Krank⸗ heit oder andere Urſachen geſchwaͤchte Perſonen durch nichts ſchnel⸗ ler und nachhaltiger geſtaͤrkt werden koͤnnen, als durch Fleiſch— bruͤhe.“ Zu wünſchen wäre geweſen, daß die Verfaſſer, nachdem fie Thiere durch die Fuͤtterung mit Brodt und Gallerte geſchwaͤcht, die letztere ganz weggelaſſen und durch ein Wenig Fleiſchbruͤhe er— ſetzt hätten. So würde ſich die Rolle, welche die Gallerte in die— ſem Falle ſpielte, deutlicher herausgeſtellt haben. 188 Die Schlußfolgerungen der Herren Edwards und Balzac lauten, wie folgt: ; „1. Die aus Brodt und Gallerte beſtehende Koft naͤhrt, aber nicht im hinreichenden Grade. „2. Die dem Brodte hinzugefuͤgte Gallerte iſt kein bloßer Ballaft, ſondern macht dieſe Art von Koſt naͤhrender, als fie ohne Gallerte ſeyn wuͤrde. „3. Die aus Brodt und Fleiſchbruͤhe zuſammengeſetzte Koſt iſt im Stande, eine vollſtaͤndige Ernährung zu Wege zu bringen. „4. Der Zuſatz von Fleiſchbruͤhe zu dem aus Brodt und Gallerte beſtehenden Futter macht dieſes ebenfalls faͤhig, die Er— naͤhrung vollitändig zu bewirken.“ Man ſieht, daß die genannten Forſcher, obwohl ſie mit der Gallerte guͤnſtigen Anſichten an's Werk gingen, doch zu Reſultaten gelangten, welche der Fleiſchbruͤhe entſchieden den Vorzug einraͤu— men. Wenn auch nur eine geringe Quantität von der letztern zus geſetzt wurde, war das Futter naͤhrend und ausreichend; fehlte die— ſes Ingrediens, ſo war die Ernährung nicht vollſtaͤndig, ſo daß das Thier mit ſchnellen Schritten ſeinem Tode entgegenging, und an der Nahrhaftigkeit zur Gallerte möchte man nach den Verſu— chen der Herren Edwards und Balzac beinahe zweifeln, weil dieſe Forſcher ihr nur einen Bruchtheil der Nahrhaftigkeit in einer Koſt zuſchreiben, deren laͤngere Anwendung zur Erſchoͤpfung und zum Tode führt. Uebrigens betrachten fie dieſe Auslegung der von ihnen erlangten Reſultate nur als wahrſcheinlich, nicht als ſicher ). Nach ſo gut geleiteten Forſchungen und ſo umſichtigen Folge— rungen muß man ſich wirklich daruͤber wundern, daß Edwards ſich ſpaͤter in einem Artikel, betitelt: Statiſtiſche Unterſuchungen uͤber die Anwendung der Gallerte als Nahrungsmittel, folgender— maaßen uͤber die Gallerte ausſpricht: „Dieſe Subſtanz bildet ſeit unvordenklichen Zeiten einen Theil der Nahrungsmittel des Menſchen; der Gebrauch derſelben reicht weit uͤber die geſchichtlichen Zeiten hinaus, indem er ſich von jener Zeit herſchreibt, wo der Menſch den erſten Schritt zur Civiliſation vollbrachte, indem er aufhoͤrte, ſich von rohem Fleiſche zu naͤhren. Welcher Nahrungsſtoff koͤnnte ſich einer entſchiedenen Beſtaͤtigung ſeines Werthes ruͤhmen, da er nur einige vereinzelte Stimmen gegen ſich hat, waͤhrend die Billigung der ganzen Welt waͤhrend mehre— rer Jahrtauſende zu Gunſten feiner ſpricht?“ ). Dieſer Artikel des Herrn Edwards enthaͤlt uͤbrigens durch— aus keine neuen Unterſuchungen, nicht eine einzige neue wiſſenſchaft— liche Thatſache, wohl aber eine Ueberfiht der öffentlichen Anſtalten, wo die Gallerte theilweiſe als Nahrungsmittel der Armen zur An— wendung kam. In dieſer Beziehung treibt er die Genauigkeit bis zu dem Grade, daß er die Zahl der vertheilt wordenen Rationen zu berechnen ſucht. So erhaͤlt er eine ungeheure Summe, ohne jedoch die Frage gruͤndlich zu beleuchten; denn er beweiſ't nur, daß die Koſt in den Armenanſtalten ohne Nachtheil für die menſch— liche Geſundheit mit Gallerte verſetzt werden koͤnne. Dieß ungefähr war der Stand der Sache, als die fogenannte Gallertecommiſſion es unternahm, die Nahrhaftigkeit der fragli— chen Subſtanz durch ſelbſtſtaͤndige Unterſuchungen zu pruͤfen. Sie hätte ſich allerdings ihre Aufgabe ſehr einfach ſtellen konnen; denn die eifrigſten Vertheidiger der Gallerte behaupteten nicht mehr, wie fruͤher, dieſelbe ſey der Nahrungsſtoff, warefoynv, ein Knochen fey *) Journal des connaissances usuelles, T. XVII., p. 17. Mai 1833. ) Der ſonſt fo richtig und logiſch urtheilende Verfaſſer wurde in dieſem Falle wahrſcheinlich durch den Umſtand zu jener uͤbertrieben enthuſiaſtiſchen Aeußerung verleitet, daß er, wie die meiſten Anpreiſer der Gallerte, die Fleiſchbruͤhe mit der Knochenbruͤhe verwechſelte. Denn Edwards felbft hat ja durch Verſuche nachgewieſen, daß die Gallerte ein Nahrungs— mittel iſt, mit welchem man nicht ausreicht, waͤhrend die Fleiſchbruͤhe weſentlich nahrhaft und ſtaͤrkend iſt. Im Vers laufe dieſes Artikels werden wir die Reſultate unſerer eignen Unterſuchungen über dieſen wichtigen Punct mittheilen, 189 im Grunde eine Bouillontafel, und die Knochenbruͤhe ſey der Fleiſchbruhe vorzuziehen, ſondern man gab die Gallerte nur noch für eine ſtickſtoffhaltige Snbſtanz aus, welche ſich dazu eigne, das Waſſer, welches man zum Sieden von Fleiſch oder Gemuſe benutzt, mit animaliſcher Materie zu verfegen. Ja ſelbſt innerhalb dieſer engen Grängen war die Frage ſchon als durch die oͤffentlichen Anſtalten, welche, wie das Hoſpital des heil. Ludwig in Paris und mehrere Hofpitäler in Provinzialſtaͤdten, die Gallerrauflöfung zur Bereitung der Suppen in Anwendung bringen, entſchieden zu betrachten. Dort war der Beweis geliefert, daß ein ſehr geringer Verhaͤltnißtheil Gallerte in der Koſt keinen weſentlichen Nachtheil für die Geſundheit hat, ja ſelbſt Vortheil bringen kann, wenn es wahr iſt, daß die Gallerte, in Vermiſchung mit Fleiſchbruhe, naͤhrender iſt, als bloßes Waſſer, was jedoch bisher noch nicht bundig dargethan worden war, denn oben haben wir von Verſuchen gehandelt, die zu beweiſen ſcheinen, daß eine gleiche Menge reinen Waſſers, mit Fleiſchbruͤhe vermiſcht, ſogar beſ— ſer naͤhrt, als ein gleicher Zuſatz von Gallertbruhe. Dennoch ſetzte die Commiſſion einſtweilen alle dieſe Erfahrun— gen bei Seite und nahm ſich vor, die Nahrhafligkeit der Gallerte zu unterſuchen, gleichſam als ob ſich vor ihr noch Niemand mit dieſem Gegenſtand beſchaftigt hätte, Die Experimente wurden in den geräumigen Souterrains des Franzoͤſiſchen Collegiums angeſtellt, wo ſich die thermometriſche und hygrometriſche Beſchaffenheit der Luft faſt durchaus gleich bleibt. Man wendete dabei Hunde an, welche Thiere ſich zu der— gleichen Verſuchen um ſo beſſer eignen, weil ſie ziemlich an dieſelbe Koſt gewoͤhnt ſind, wie ſie der Menſch genießt, und einen entſchie— denen Geſchmack an Knochen finden, die ſie zernagen und verbauen und ſich ſo den in ihnen enthaltenen organiſchen Stoff aſſimitiren. Vor Allem handelte es ſich darum, zu beſtimmen, welcher Stoff ſich vorzugsweiſe zu unſern Unterſuchungen eigne. Kann, ſo fragten wir uns, das Parenchym, welches die Hunde durch die Verdauung aus den Knochen ziehen, für Gallerte gelten? Enthal⸗ ten jene Sehnen, Knorpel, Haut, aus denen man Gallerte (Leim) bereitet, dieſen Stoff vollkommen fertig? Offenbar nicht, denn derſelbe wird erſt durch verſchiedene chemiſche Proceſſe, durch die Behandlung jener Subſtanzen mit Waſſer und Wärme dargeſtellt. Die Gallerte ift alfo bekanntlich ein Kunſtproduct und kein organi— ſcher Beſtandtheil. Dieſer Unterſchied war fuͤr unſern Zweck ungemein wichtig, denen inſofern es mit demſelben ſeine Richtigkeit bat, koͤnnte ſich ein Thier wohl von Knochen naͤhren, ohne ſich deßhalb von Gal— lerte zu naͤhren; und in der That werden thieriſche Gewebe in demſelben Grade weniger durch Faͤulniß zerſetbar und afjimilirbar, je mehr man ſie durch chemiſche Behandlung verändert, je mehr fie ihr Gefüge einbuͤßen, je aufloͤslicher (in Waſſer) fie werden. Einer von den Commiſſaͤren hatte dieſe, unſere ganze Auf— merkſamkeit verdienenden Anſichten fruher aus einandergeſetzt. Sie mußte wegen der Möglichkeit beruͤckſichtigt werden, daß der Gal⸗ lerte die Nabrhaftigkeit abgeht, während letztere unbeſtreitbar den thieriſchen Geweben eigen iſt, aus denen man die Gallerte bereitet. Dazu kommt noch, daß die Gewebe, welche zur Gallertfabrication dienen, nicht durchaus daſſelbe Product liefern. Bald laßt fi die Gallerte ohne Veränderung mit Eiſen- und Alaun-Aufloſungen vermengen, bald bewirkt fie in dieſen einen Niederſchlag. Im er: ſtern Falle enthaͤlt die Fluͤſſigkeit achte Gollerte, im letztern eine andere Subſtanz, die ſogenannte Chondrine. Endlich veraͤnderte ſich die Gallerte durch langes Kochen und bei einer Temperatur über 105° (Centigr.); es entwickeln ſich darin ammoniacaliſche Salze, ſie wird ſprupartig und verliert die charac⸗ uc Eigenſchaft, mit Waſſer ein Gerinnſel oder Gelee zu ilden. Aus dieſen vorläufigen Betrachtungen ergiebt ſich, daß man mit dem Namen thieriſche Gallerte mehrere ſehr verſchiedene Sub— ſtanzen bezeichnet, nämlich: 1) Das organiſche Parenchym der Knochen, Knorpel, Baͤn⸗ de u w. das ſich durch gewiſſe Proceſſe in Gallerte verwan— ’ 190 2) Die Chondrine; 5 5 Die eigentliche, aus den Knochen gezogene, Gallerte (Ge— atine). 4) Dieſe nämliche, aber durch Hitze verderbte Subſtanz. Un: ter dieſen vier Stoffen duͤrften ſich unſere Unterſuchungen vorerſt nur auf eine, naͤmlich die Gelatine, beziehen; denn fie iſt derjenige, welchen man durch wohlfeile Proceſſe aus den Knochen zieht, und demnach der, deſſen Anwendung bei der Armenkoſt allein in Be: tracht kommen kann. Verſuche mit einfacher Knochengallerte. Die erſte Reihe von Verſuchen bezog ſich auf die Erledigung der Frage, ob Hunde, die nur Knochengallerte freſſen, vollſtaͤndig ernährt werden. Zu dieſem Ende erhielt eine gewiſſe Anzahl Hun⸗ de durchaus kein anderes Futter als ſogenannte Speiſegallerte in verſchiedenen Formen, trocken, feucht und als Gelee. Zuvorderſt zeigte ſich hierbei, daß unvermiſchte Gallerte durch⸗ aus nicht gern von den Hunden gefreſſen wird; mehrere derſelben wurden, obgleich ihnen Gallerte zu Gebote jtand, von Hunger ge⸗ peinigt und ruͤhrten dieſelbe nicht an; andere koſteten davon, ließen aber ſogleich wieder davon ab; noch andere fraßen ein Paarmal da— von und gingen dann nicht wieder daran. So erlangten wir den Beweis, daß die Gallerte durchaus nicht, gleich den Knochen, aus denen fie gezegen worden, eine bee liebte Koſt der Hunde iſt, ſondern daß dieſe jene geruchloſe und fadeſchmeckende Subſtanz ſelbſt dann verſchmähen, wenn der Hun⸗ ger ſie heftig peinigt. Dieſes erſte, wenngleich negative Reſultat war nicht unbedeu— tend; denn ausgehungerte Thiere, namentlich Hunde ſind in Be⸗ treff der ihrem Beduͤrfniſſe abhelfenden Stoffe durchaus nicht wähe lig, und wenn man ihrer mehrere ohne Nahrung ein Paar Tage zuſammen einſperrt, ſo freſſen ſie einonder auf, ſo daß ſie in dieſer Beziehung leider dem Menſchen gleichen, was ſo viele traurige Bei: fpiele von Schiffbruͤchen ꝛc. beweiſen. Verſuche mit gewuͤrzter Knochengallerte. Nachdem wir obigen Punct erledigt hatten, ſtellten wir eine neue Reihe von Verſuchen mit ſolcher Gallerte an, die mittelſt ver— ſchiedener Wurzen dem Geſchmacksſinne zufanender gemacht werden war. Wir wandten dazu vorerſt die wirkliche Speiſegallerte an, welche die Wurſthaͤndler als einen gangbaren Artitel führen. Dir: ſelbe wird zu Schinken und dergleichen aufgelegt und durch Abſic⸗ den verſchiedener Theile des Schweines, fo wie von Abfällen von Geflügel bereitet, und iſt wegen ihres angenehmen Geschmackes all gemein beliebt. Der erſte Hund, der mit dieſer Gallerte gefüttert wurde, fraß fie einige Tage lang mit wahrer Gier; allein dieſe legte ſich bald; er fraß bedaͤchtiger, und noch einige Tage ſpäter nahm er pur roch wenig davon und dieß Wenige mit cffentarcm Widen willen zu ſich; endlich ging er durchaus nicht mihr an dieß Futter, ſondern roch nur daran, wahrſcheinlich um ſich zu überzeugen, cb man ihm nicht etwa anderes Futter vorgeſetzt babe. Kurz, am zwanzigſten Tage des Verſuchs war der Hund verhungert, ot wohl ibm fort⸗ wahrend ein Nahrungsmittel zugänglich geweſen war, das er An— fangs gierig verſchlungen hatte. Derſelbe Verſuch wurde genau mit demſelben Erfolge an meb— reren andern Hunden wiederholt; d. h., alle ſtarben ſpaͤteſtens am zwanzigſten Tage unter Symptomen gaͤnzlicher Ausmergelung. Obwohl dieſe Experimente zu den bünbdigjten Schluͤſſen berech⸗ tigten, ſo wollten wir doch durch Vervielfältigung derfeiben den Beweis liefern, daß nichts Individuelles dabei untergelaufen ſey. Zu dieſem Ende fütterten wir noch mehr Hunde bloß mit Wurſt⸗ haͤndler⸗Gelce, fegten aber den Verſuch nickt weiter fort, als bis zum Eintreten des Widerwillens gegen dieſe Koſt, der ſich ſelten ſpäter, als am ſechsten bis achten Tage zeigte, worauf wir die Thiere wieder, wie gewoͤhntich, fürterten und alle vollkommen ge— ſund blieben. Dieſen Verſuchen zufolge konnte ein Hund bei ausſchließlicher Fütterung mit Gallerte, die mit den riech⸗ und ſchmackhaften Stoffen des Fleiſches gewürzt iſt, zwanzig Tage lang leben. Al⸗ 191 lein wie wirkte im Laufe dieſer Zeit die verdaute Gallerte? Würde das Thier fruͤher geſtorben ſeyn, wenn es gar keine Nahrung zu ſich genommen haͤtte? Der Wunſch, dieſen Zweifel zu heben, ward die Veranlaſſung zu einer neuen Reihe von Verſuchen, die mit 22 Hunden angeſtellt wurden und folgende Ergebniſſe lieferten. Verſuche in Betreff des Faſtens. Einige dieſer Hunde mußten ſtreng faſten, andere erhielten nichts, außer Waſſer, ſo viel ſie ſaufen mochten. Zuerſt zeigte ſich uns die lange bekannte phyſiologiſche That— ſache beſtaͤtigt, welche neuerdings in der ſchoͤnen Abhandlung des Hrn. Chauſſat über das Faſten ihre Bekraͤftigung gefunden hat, daß naͤmlich ein Thier um ſo ſchneller verhungert, je juͤnger es iſt. In der That ſtarben vier Tage alte Hunde ſchon, nachdem fie 48 Stunden gefaſtet, wogegen Hunde, die aͤlter, als 6 Jahre waren, noch am dreißigſten der Tage lebten, waͤhrend deren ſie ſtreng ge— faſtet hatten, andere jüngere aber das Faſten 7, 10, 11, 15 und 20 Tage lang aushielten. Zur Erreichung des beabſichtigten Zweckes war alſo nur eine Vergleichung des Alters der mit Speiſegallerte gefuͤtterten und der dem ſtrengen Faſten unterworfen geweſenen Hunde noͤthig. Hier— bei zeigte ſich nun, daß der Zeitraum, der zum Verhungern der Hunde unter beiderlei Umſtaͤnden erforderlich iſt, faſt derſelbe iſt. Stellt man den Vergleich mit Thieren von demſelben Alter an, ſo tritt der Tod in dem einen Falle nur um einige Stunden ſpaͤter ein, als in dem andern. Um dieß Reſultat jedoch allſeitig zu wuͤr— digen, darf man nicht uͤberſehen, daß in dem einen Falle die Hun— de, nachdem ſie acht bis zehn Tage lang Gallerte gefreſſen hatten, freiwillig faſteten, und daß binnen der letzten zehn bis funfzehn Tage des Verſuchs in dem einen, wie in dem andern Falle ſtren— ges Faſten ftattgefunden hatte. Wir haben erwaͤhnt, daß bei der hier in Rede ſtehenden Reihe von Experimenten mehrere Hunde zwar kein feſtes Futter, aber Waſſer erhalten hatten. Es war gewiß intereſſant, zu wiſſen, ob der Genuß des Waſſers das Leben der uͤbrigen faſtenden Thiere verlängern kann, und allerdings lebten ſaͤmmtliche Hunde, die zu ſaufen bekamen, ſechs, acht, ja zehn Tage laͤnger, als diejenigen, welche nicht nur hungern, ſondern auch durſten mußten. Dieß Reſultat hat durchaus nichts Befremdendes; der Koͤrper des Hundes beſteht, wie der unſrige, großentheils aus Waſſer, welches beftändig auf verſchiedenen Wegen, durch die Lunge, Haut, Nieren ꝛc., ausgeleert wird und durch friſch in den Koͤrper einzu— führendes erſetzt werden muß, wenn das Raäͤderwerk der lebenden Maſchine nicht in's Stocken gerathen ſolle. In dieſer, wie in meh— rern andern Beziehungen iſt alſo das Waſſer ein aͤchtes Nahrungs— mittel, deſſen wir keineswegs entbehren koͤnnen. Aus dieſen Thatſachen ließe ſich ſchließen, reines Waſſer fey nährender, als Speiſegallerte. Ohne daß wir dieſe Folgerung ge— radezu verwerfen wollen, muͤſſen wir doch eingeſtehen, daß ſie aus obigen Verſuchen, ſtreng genommen, ſich nicht ergiebt; denn eines— theils hören Hunde, welche man bloß mit Speiſegallerte füttert, 192 bald auf, deren zu freſſen und find dann dem ſtrengen Faſten uns terworfen; anderntheils ſaufen die Hunde, welche nichts erhalten als Waſſer, bis zum letzten Augenblicke ihres Lebens. Es bedurfte alſo noch anderer Verſuche, um zu erhaͤrten, ob die Gallerte wirk— lich naͤhrend iſt oder nicht. (Fortſetzung folgt.) Miss ellen. Ueber die Gontractilität der Lungen und Brons chien hat Dr. Williams Experimente mittelſt einer gebogenen Roͤhre, in Form eines umgedrehten Hebers, angeſtellt, welche mit gefaͤrbter Fluͤſſigkeit gefüllt und an die trachea, oder eine der Bronchialaͤſte angefuͤgt wurde. Einmal, als die Lungen eines mit Durchſchneidung des Ruͤckenmarkes getödteten Hundes herausgenom— men, mit der Roͤhre in Verbindung gebracht und einem galvani— ſchen Strome unterworfen war, ſah man die Fluͤſſigkeit raſch, je— doch ſtufenweiſe, 54 Millimeter, ſteigen, ein Andermal um 67 Millim. Nach mehreren Experimenten verſchwand die Irritabili⸗ taͤt in der Lunge, zeigte ſich aber nach kurzer Ruhe wieder. Me— chaniſche Reize hatten denſelben Erfolg. In andern Experimenten ſah man ohne die Röhre ebenfalls Contraction der Bronchialfaſernz man galvaniſirte einen großen Bronchialaſt von einem ſtarken Hunde, welcher aufgeſchnitten und plattgelegt war, und man ſah, wie er ſich wieder hohl machte und um 4, ja ſelbſt an einigen Stellen um die Haͤlfte zuſammenzog. Von einer erectilen Geſchwulſt in der Augen- hoͤhle mit eig enthuͤmlichen Nebenumſtaͤnden berichtet Velpeau: Der Kranke hatte eine ſolche erectile Geſchwulſt in jeder Augenhoͤhle, wobei die Compreſſion der rechten carotis voll- kommen das Klopfen und das Blaſegeraͤuſch in der Geſchwulſt der linken Seite und nur unvollkommen in der der rechten Seite auf— hob, und ebenſo vice versa. Nach Unterbindung der carotis com munis dextra iſt die Geſchwulſt der linken Seite zuſammengeſun⸗ ken und jetzt vollſtaͤndig geheilt, waͤhrend die der rechten Seite be— trachtlich vermindert iſt; jedoch immer noch Pulſationen zeigt, welche durch Compreſſion der carotis sinistra gehemmt werden. Der Kranke wollte ſich aber der Unterbindung der linken carotis nicht mehr unterwerfen. Velpeau bemerkte bei dieſer Gelegen— heit, daß in allen bekannten Faͤllen dieſe Operation von gluͤcklichem Erfolge war. (Arch. gen., Octob. 1840.) Eine Erziehbungsmethode für blödfinnige und zurüdgebliebene Kinder hat Herr Eduard Séguin, zu Paris, entworfen und in einer zu Montmartre, No. 4. rue Co- choix, eingerichteten Erziehungsanſtalt bei einer Anzahl Kinder von ſehr verſchiedener Art in Anwendung gebracht. Die Abbildung der, zur Anlegung von Blutegeln an die prostata, in den Maſtdarm zu bringenden Roͤhre, wovon in Nr. 427. (Nr. 9. dieſes Bandes), Seite 138, die Rede iſt, iſt dort aus Verſehen nicht citirt worden. Sie fine det ſich, Figur 13., auf der mit Nr. 419. (Nr. 1. dieſes Bandes) ausgegebenen Tafel. Hibliog eit ie che neui gt ite n. S. P. Scheltema, Over het instinet by Menschen en Dieren. Arnhem 1840. 8. A familiar Introduction to the History of Insects, being a new and greatly improved edition of the Grammar of Entomology. By Edward Newmans. London 1841. 8. The sources and mode of propagation of the continued fevers of Great Britain and Ireland. By Will. Davidson, M. D., Senior Physician to the Glasgow Royal Infirmary etc. Lon- don 1841. 8 Practiſches Handwoͤrterbuch der Heilungslehre, oder Darſtellung der Heilmethoden der beruͤhmteſten practiſchen Aerzte Deutſch— land's, Frankreich's, England's, Italien's und America's. Von Vlad. A. Szerlecki x. Bearbeitet und mit Zuſaͤtzen vermehrt von Baumgärtner und Beck ꝛc. Stuttgart 1841. 8. Achte und neunte Abtheilung, der Schluß des Werkes (von zwei Baͤn— den). (Gewaͤhrt ein ſehr brauchbares Repertorium.) ——— ——— —j1 Ueue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober = Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. 3 ’ v3 Mo. 431. (Nr. 13. des XX. Bandes.) November 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Naber Unterſuchungen uͤber die Entſtehung der Einge— weidewuͤrmer. Von Dr. Eſchricht, Profeſſor der Phyſiologie an der Univerſitaͤt in Copenhagen. (Fortſetzung.) §. 5. Muß ſehr ſtrengen Beſchraͤnkungen unterworfen werden. Die Infuſionsthierchen bilden beſondere Species, beſitzen eine ſehr vollſtaͤndige Organiſa— tion, pflanzen ſich auf aͤhnliche Weiſe fort, wie andere Thiere, theils durch Eier, theils durch willkuͤhrliche Thei— lung.“) Wenn fie daher auch durch die generatio ae- quivoca entſtehen, ſo muß dieſe doch folgenden Beſchraͤn— kungen unterliegen: 1) Auch wenn dieſe Thierchen nicht durch Fortzeugung, ſondern durch urſpruͤngliche Entſtehung in's Leben gerufen werden, iſt ihre Bildung an beſtimmte innere und aͤußere Formen gebunden, zwiſchen denen keine Uebergaͤnge ſtattfinden. 2) Solche freiwillig entſtehende For: men koͤnnen eine außerordentlich complicirte Structur und eine ebenſo vollkommene Harmonie in allen ihren Theilen beſitzen, wie andere Organismen. 3) Dieſe winzigen Dr: ganismen müffen, wenngleich fie ſelbſtſtaͤndig und nicht durch die Vermittlung anderer aͤhnlicher Organismen zur Eriſtenz gelangt find, ſich doch in ganz aͤhnlicher Weiſe fortpflanzen koͤnnen, wie andere Thiere. In dieſer Beſchraͤnkung ſcheint vielen Phyſtologen die Theorie der generatio aequivocn völlig unmöglich. Ue— brigens liegt auf der Hand, daß dieſe Theorie in ihrer An— wendung auf die Eingeweidewuͤrmer derſelben Beſchraͤnkung laͤngſt unterlag. In Bezug auf die Einſchraͤnkung Nr. 1. iſt zuvoͤrderſt ausgemacht, daß im Menſchenkoͤrper die eine Ascaris lum- bricoides immer genau dieſelbe äußere Geſtalt und innere Structur beſitzt, wie die andre, was reſpectiv von beiden Geſchiechtern gilt. Dieſes Reſultat laͤßt ſich, wegen der bedeutendern Groͤße der Eingeweidewuͤrmer, bei dieſen viel leichter feſtſtellen, als bei den Infuſorien. ) Auch durch Knospen und Ableger. No. 1531. D. Ueberſ. Nene Was die Zuſammengeſetztheit der Structur betrifft, ſo läßt ſich gegenwaͤrtig als erwieſen anſehen, daß dieſelbe bei den Eingeweidewuͤrmern uͤberhaupt ebenſo bedeutend iſt, als bei Thieren anderer Claſſen. Ruͤckſichtlich der Nematoi- dea iſt dieß bei verſchiedenen Species, namentlich der As— caris lumbricoides, nachgewieſen worden. Ich brauche mich in dieſer Hinſicht nur auf die Monographie von Jules Cloquet zu berufen, wenngleich dieſelbe im Vergleiche mit dem jetzigen Stande der Wiſſenſchaft bereits als etwas ver— altet erſcheint. Eine Gattung aus dieſer Ordnung, namlich Pentastoma, ift unlaͤngſt von Dieſing in den Annalen des Wiener Muſeums hoͤchſt genau beſchrieben worden. Ruͤckſichtlich der Trematoda ift unſere Angabe durch die trefflichen Monographieen eines Mehlis, Laurer, Nord: mann und Dieſing laͤngſt gerechtfertigt worden. Die Acanthocephali haben in Weſtrumb und der Echi- norhynchus gigas hat in Jules Cloquet einen forgfäl- tigen Beſchreiber gefunden. Unter den Cestoidea iſt die Gattung Bothriocephalus vom Profeſſor Leuckart, fo wie Taenia solium von verſchiedenen Anatomen, wenn: gleich nicht in beſondern Monographieen, beſchrieben worden. Im Jahre 1887 beehrte mich die Berliner Academie durch Zuerkennung des auf die gelungenſte Abhandlung uͤber die Anatomie und Phyſiologie der Bothriocephali ausgeſetzten Preiſes. Dieſe Abhandlung ward im Mai 1838 der Aca- demia Caesarea Leopoldino-Carolina zu Breslau zu— geſchickt, um in deren Verhandlungen abgedruckt zu werden, und ich will hier gelegentlich bemerken, daß jedes der Tau— ſende von Gelenken dieſer Thiere eine ſehr vollkommene Structur darbietet, die ſich derjenigen der Trematoda be: deutend nähert. Die Zeugungsorgane werde ich weiter uns ten genau beſchreiben. Nur bei den Blaſenwurmern iſt bis jetzt noch keine ſehr vollſtaͤndige Organiſation nachgewieſen worden, obwohl Dr. Siebold in Burdach's Phnfiole- gie, zweite Ausgabe, Bd. II., p. 183 — 213, hoͤchſt wichtige und intereſſante Beobachtungen über dieſe Würmer mitgetheilt hat. Was endlich den dritten Punct anbetrifft, 13 195 fo haͤlt man allgemein dafuͤr, daß die Eingeweidewuͤr— mer ſowohl Eier legen, als lebendige Junge gedaren, und dieſe Anſicht wird weiter unten vollſtaͤndig beleuchtet und beſtaͤtigt werden. Wir haben nun zu betrachten, inwiefern obige Be— ſchraͤnkungen mit der Theorie der generatio aequivoca vereinbar ſeyn duͤrften. II. Läßt ſich die Conſtanz in der aͤußern wer ſtalt und innern Structur mit der Theorie der ge- neratio aequivoca in Einklang bringen? — 9 1. Die Theorie wird dadurch nicht widerlegt. Die oben aufgeſtellte Frage ließe ſich inſofern bejahend beantwor— ten, als nach einem allgemein anerkannten Naturgeſetze alle Formen ſich innerhalb gewiſſer feſter Graͤnzen halten, wie— wohl die Nothwendigkeit einer ſolchen Beſchraͤnkung unſer Faſſungsvermoͤgen uͤberſteigt. So bemerken wir, z. B., daß mitten unter den zahlreichen Formen des kohlenſauren Kalkes doch eine Grundform ſich ſtets behauptet, durch welche die Abweichungen beſchraͤnkt werden. Zur Beſtaͤti⸗ gung dieſer Anſicht konnen wir auch auf die Baſtardthiere hinweiſen, welche ſelten zeugungsfähig find, gleichſam als ob die Natur gegen Baſtardformen überhaupt einen Abſcheu hätte. Endlich behaupten die Vertheidiger der generatio aequivoca, es entſtänden Überall da neue Formen, wo ſich neue aͤußere Bedingungen vorfaͤnden, wie dieß, z. B., in Betreff der Algen und aͤhnlicher Pflanzen angefuͤhrt worden iſt '); allein es hält ebenſo ſchwer, dieſe Anſichten zu be— weiſen, als ſie zu widerlegen. §. 2. Aber doch ſehr zweifelhaft gemacht. Demnach muß die zuerſt aufgeführte Beſchräͤnkung der Theo- rie der generatio aequivoca, wenn in ihr auch kein ſtrenger Gegenbeweis liegt, uns doch zu großer Vorſicht in Bezug auf die Anerkennung der Theorie veranlaſſen. Denn da die Natur an Auskunftsmitteln ſo reich iſt, ſo ſcheint es vernuͤnftiger, anzunehmen, daß ein Thier, welches wir an verſchiedenen Orten, oder faſt überall finden, vermöge feines natuͤrlichen Inſtinctes vermocht habe, ſich in einer ſich un— ſerer Beobachtung entziehenden Weiſe fortzupflanzen und zu verbreiten, als zu behaupten, dieſer Proceß koͤnne uns nicht entgangen ſeyn und die Natur muͤſſe von Neuem Exem⸗ plare erſchaffen haben, die den ſchon exiſtirenden uns rings umgebenden Species vollkommen aͤhnlich ſeyen. Ich ſage: uns rings umgebenden, denn wenn wir die Winzigkeit der bei Forſchungen in Betreff der Infuſionsthierchen der mi— kroſcopiſchen Unterſuchung unterworfenen Maſſen in Be— tracht ziehen, und zugleich bedenken, wie oft dieſelben For: men uns wieder aufſtoßen, ſo muͤſſen wir anerkennen, daß die gewoͤhnlichen Formen der Infuſorien uͤberall vorkommen, wo nur ein Tropfen Fluͤſſigkeit exiſtirt. $. 3. In'sbeſondere rückſichtlich der Einge— weidewürmer. — Wir haben bereits bemerkt, daß ſich die Conſtanz der Formen bei den Eingeweidewuͤrmern weit ) Auch ſehr folgerecht in Betreff der eigenthuͤmlichen Species von Eingeweidewürmern in gezähmten, in Vergleich mit den in wilden Thieren. D. Ueberſ. 196 leichter feſtſtellen läßt, als bei den Infuſionsthierchen, weil jene eine bedeutendere Größe haben. Es haͤlt aber auch weit ſchwerer, dieſe Conſtanz der Form mit der Hypotheſe in Einklang zu bringen, daß ſie durch generatio aequi- voca entſtände. Wollte man behaupten, daß die con— tenta der menſchlichen Eingeweide durch eine Art von Gaͤh— rung in lebende Thiere ſich verwandeln, welche, ungeachtet der gewaltigen Verschiedenheit der Nahrungsſtoffe der Mens ſchen verſchiedener Völker und Stände, ſtets in den Duͤnndaͤrmen die Geſtalt der Ascaris lumbricoides, Taenia solium oder Bothriocephalus latus, ſo wie in den Dickdaͤrmen die der Ascaris vermicularis oder des Trichocepha- lus dispar annehmen, fo würde dieß gewiß als hoͤchſt ges wagt erſcheinen; und da uͤberdieß in den Bewohnern Ruß— land’s, Polen's, der Schweiz und eines Theiles von Frank— reich ein eigenthuͤmlicher Bandwurm, der Bothriocephalus latus, vorkommt, welcher von der Taenia solium durch— aus verſchieden iſt, fo müßte man ferner annehmen, daß der Speiſebrei eines Ruſſiſchen Adligen, eines Polniſchen Juden und eines Schweizer-Gemſenjaͤgers in dem Grade identiſch ſey, daß eine und dieſelbe Species von Eingeweidewurmern da— raus entſtaͤnde, waͤhrend ſich aus dem Chymus eines Eng— liſchen Lords, eines Hochſchotten und eines weſtphaͤliſchen Bauern eine andere Species bildete. §. 4. Würde ſich unter einer gewiffen Mo: dification beſſer mit der Theorie vertragen. Die freiwillige Entſtehung der Eingeweidewuͤrmer ließe ſich jedoch einer andern, vielleicht mehr einleuchtenden, Urſache zuſchreiben. Man koͤnnte dieſelben als ein Krankheitspro— duct des lebenden Koͤrpers ſelbſt betrachten, nach Art der Tuberkeln und falſchen Membranen, welche öfters ein ei— genthuͤmliches Gefaͤßſyſtem beſitzen. Ruͤckſichtlich der Einge— weidewuͤrmer von der einfachſten Organiſation hat dieſe An— ſicht allerdings einige Wahrſcheinlichkeit fuͤr ſich, und zumal dürfte fie in Betreff der Acephaloeysti haltbar ſeyn, welche, obwohl ſie fuͤr Wuͤrmer gelten, doch genau wie ein— fache Blaͤschen ausſehen. Die Echinococei find dieſen im letzten Stadium ihrer Entwickelung ſehr ahnlich, und die Coenuri unterſcheiden ſich von ihnen nur durch ihre Taenia-Köpfe, welche, nach Dr. Siebold's Beobachtung, ſpaͤter auf der gemeinſchaftlichen Blaſe erſcheinen. Ebenſo duͤrfte es ſich mit dem Kopfe der Öystocerei verhalten, obwohl ſich dieſe als Bandwürmer betrachten laſſen und Bandwuͤrmer fuͤr zuſammengeſetzte Trematoda gelten koͤn— nen, welche wohl die vollkommenſte Organiſation unter den Eingeweidewuͤrmern beſitzen. So ließe ſich aus den Einge— weidewuͤrmern eine faſt ununterbrochene Kette von der nie— drigſten Stufe, auf der ſie kaum von durch Krankheit ent— ſtandenen Blaͤschen zu unterſcheiden ſind, bis zu einer hoͤchſt ausgebildeten Organiſation zuſammenſtellen, und was für das auf der niedrigſten Sproſſe der Stufenleiter ſtehende Thier fuͤr moͤglich gehalten wied, ließe ſich in Betreff des auf der hoͤchſten Staffel ſtehenden nicht fuͤr unbedingt un— moͤglich erklaͤren. Allein wiewohl dieſe Hypotheſe Einiges fuͤr ſich hat, ſo ſcheint ſie doch eine unbefangene kritiſche Beleuchtung nicht vertragen zu koͤnnen. Die Acephalo- 197 eysti können der Geſtalt nach mit den Hydatiden große Aehnlichkeit haben; allein wenn ſie wirkliche Thiere ſind, ſo werden ſie von den krankhaften Gebilden der letztern Art in Betreff der innern Structur ſehr abweichen. Ihre gene— ratio aequivoca kann weniger auffallend ſcheinen, als die anderer, zuſammengeſetzterer Organismen: ſie iſt aber deß— halb, in der That, nicht weniger unmoͤglich. §. 5. Welche Modification ſich jedoch über: all (2) als unhaltbar herausſtellt. In einem Falle bot ſich mir eine hoͤchſt guͤnſtige Gelegenheit dar, zu beobachten, ob eine allmaͤlige Entartung (eines krankhaften Productes) in einen Eingeweidewurm ſtattfinden werde, und ich machte davon den beſtmoͤglichen Gebrauch. In faſt allen Exempla— ren von Cottus scorpius, die ich unterſuchte (in 98 un— ter 102) fand ich den Bothriocephalus punctatus in groͤßerer oder geringerer Anzahl, und alle ſaßen mit den Vordertheil des Kopfes an der Schleimmembran der Appendices pyloricae feſt. Ich fand die Gröfe die: fer Würmer, je nach der gröfeın oder geringern Zahl der mit dem Kopfe verbundenen Gelenke, ſehr verſchieden. Die kleinſten waren nur 3 Linie lang, hatten keine Gelenke und beſtanden bloß aus dem Kopfe. Dieſe Köpfe waren zwi— ſchen den Klappen oder Zotten der Schleimhaut kaum ſicht— bar, und es drang ſich mir die Anſicht auf, daß dieſelben, gleich Leichdornen und Tuberkeln, wohl aus einer Entartung, und zwar hier der Klappen, entſtanden ſeyn koͤnnten. Bei genauerer Unterſuchung mußte ich jedoch dieſe Hypotheſe ver— werfen. Nirgends konnte ich eine krankhafte Veraͤnderung der Klappen entdecken, welche auf einen Uebergangszuſtand von der Klappe zum Bothriocephalus hingedeutet haͤtte. Jede Hervorragung ließ ſich ohne Weiteres entweder fuͤr eine Klappe oder einen Wurm mit den individuellen Kenn— zeichen der Geſtalt, Structur, Farbe, Anheftung ꝛc. er— kennen. III. Steht eine vollkommene Organiſation mit der Theorie der generatio aequivoca im Einklange. — g. 1. Prof. Burdach hat dieſe Frage beja— hend beantwortet. Die Thiere, von denen man ans nimmt, fie entſtaͤnden von ſelbſt, beſitzen eine ſehr zuſammen— geſetzte Structur, in welcher dieſelbe Harmonie herrſcht, die man an andern Organismen wahrnimmt. Bei den meiſten Menſchen muß dieſer Umſtand großes Bedenken gegen die Theorie der generatio aequivoca erregen. Wir wollen ſehen, wie der beruͤhmte Prof. Burdach ſich aus der Soche zu ziehen ſucht. Er bemerkt (Phyſiologie, zweite Ausgabe, Bd. I. S. 12): „Durch die Entdeckung der zu: ſammengeſetztern Structur der Infuſionsthierchen wird die Hypotheſe der generatio aequivoca keineswegs a priori widerlegt; denn überhaupt iſt es eitel Armaßung, wenn man der Natur die Grenzen der Moͤglichkeit vorſchreiben will. Bei dem Proceſſe der Reproduction einzelner Glie— der oder Organe ſchwitzt zuerſt eine klare Fluͤſſigkeit aus, welche allmaͤlig mehr Conſiſtenz gewinnt, unter dem Mikre— ſcope koͤrnig erſcheint und zuletzt organiſirt wird, ja, in man⸗ chen Faͤllen das verlorne Organ mit ſeinen Knochen, Baͤn⸗ dern, Muskeln und Nerven wiedererzeugt. Bei der Forts 198 pflanzung durch Eier bildet ſich das neue Individuum auf dieſelbe Weiſe aus einer formloſen Maſſe mikroſcopiſcher Granulationen. Solchen analogen Thatſachen gegenuͤber, duͤrfen wir es durchaus nicht fuͤr unmoͤglich erklaͤren, daß ein Thier von einfacherer Structur oder auch mit Muskeln und Nerven aus der granulirten Maſſe eniftehe, welche aus der Zerſetzung organiſcher Stoffe ſich bildet.“ 6 2. Darlegung der bei der Erzeugung ſtattfindenden Erſcheinungen. Die Angaben des berühmten Profeſſors bedürfen einer ſorgfaͤltigen Unterſu— chung. Die angebliche generatio aequivoca wüb von ihm in ihren Erſcheinungen mit der Repreduction einzelner Organe, fo wie mit der Erzeugurg aus Eiern, für analog gehalten. Um die Haltbarkeit dieſer Annahme zu prüfen, wollen wir die dieſe Preceſſe begleitenden Erſcheinungen, wie fie in neueſter Zeit von den gruͤndlichſten Forſchern beobach— tet worden ſind, der Reihe nach betrachten und dabei vor— zuͤglich Dr. Schwann's in Berlin Mikroſcepiſche Unter— ſuchungen über die Uebereinſtiwmung ꝛc. Berlin, 1838, 1, und Prof. Valentin's in Bern in dem Handbuche der Phyſiologie des Prof. Rudolfh Wagner (1830) bekannt gemachte Forſchungen beruͤckſichtigen, zu denen Dr. Schlei— den's hoͤchſt beachtungswerthe Abhandlung in Muͤller's Archiv, 1858, J, den erſten Anſtoß gab. Von dem Mutterkoͤper wird zuerſt eine formlofe, durch— ſichtige Fluͤſſigkeit oder Subſtan;, das ſogenannte eysto- blastema, ausgeſchieden. In dieſer durchſichtigen Subſtanz treten ungemein winzige Koͤrnchen auf. Dieſe vergroͤßern ſich anfangs durch Juxtapoſition, und fo entſtehen Körper: chen mit noch kleinern Mittelkoͤrperchen: „.muclei, nucleo- li-, von denen die erſtern in den analogen Theilen der Pflanzen zuerſt von dem berühmten Robert Brown ent: deckt wurden und von Schleiden Cystoblasti genannt werden. Demnädft entſteht über jedem nucleus ein Blaͤs— chen, das ſich durch Abſorptien aus dem Cystoblastema vergroͤfert. Dieſes Uystoblastema wird nun natürlic großentheils mit Blaͤschen angefüllt, deren jedes an feiner innern Wand einen adhaͤrirenden nucleus befizt, während jeder nucleus wieder ſeinerſeits einen oder mehrere nucleoli enthält. Dieſe blaſenfoͤrmigen Körper heißen Zellen, und die Benennung Urzellen wuͤrde fuͤr dieſelben ganz paſſend erſcheinen, da ſie die urſpruͤngliche Grundlage aller Syſteme des lebenden Körpers bilden und ſich allmaͤlig zu allen den verſchiedenen Formen umgeſtalten, welche die Be— ſtandtheile der verſchiedenen Syſteme annehmen. Bei den Pflanzen behaupten ſich dieſe Urzellen in faſt allen Theilen fort und fort. Daſſelbe gilt von einigen Srſtemen des thieriſchen Koͤrpers, z. B. von der Epidermis, ſo wie dem ganzen systema corneum und auch von den Pigmenten. Sehr oft füllen ſich die Urzellen, wie bei den Pflanzen, mit einer Secretion, wovon das Pigment des Auges ein febr ſchoͤnes Beiſpiel abgiebt. In dem rete mucosum des Negers hat Dr. Henle zu Berlin dieſelbe, als die in den Zellen eingeſchloſ— ſene dunkle Farbe, beobachtet, und ich ſelbſt machte un: laͤngſt dieſelbe Bemerkung in Betreff der ſehr ſchwarzen Haut: Membran des Delpbinus Phocaena. Die Sectetion fin— 189 199 —̃ä (—‚— det gewöhnlich zuerft in der Naͤhe des nucleus ſtatt, wel: cher meh rentheils verſchwindet, ſobald die Zellen vollſtaͤndig entwickelt ſind; dieß iſt aber bei dem Pigmente des Auges nicht der Fall, wo ſich der durchſichtige nucleus wie ein Loch in der dunkeln Zelle ausnimmt. Alle zu dem Horn— ſyſteme gehörenden Theile, die Epidermis, Nägel, Hörner ꝛc., beſtehen lediglich aus ſolchen Urzellen und erzeugen ſich be— ſtaͤndig aus der, von den darunter liegenden Theilen fort und fort ſecernirten Maſſe des Cystoblastema. Die Syſteme, bei welchen die Urzellen keine weitere Veraͤnderung erleiden, ſcheinen diejenigen zu ſeyn, welche im niedrigſten Grade organifirt find, Die Blutkuͤgelchen find, nach Profeſſor Valentin' s Beobachtungen, als nuclei mit nucleolis zu betrachten, deren eigentliche Zellen von der durchſichtigen Lymphe des Blutes aufgeloͤſ't worden ſind. In andern Syſtemen iſt die Umbildung dieſer Urzellen um Vieles deutlicher. Bei der Bildung der Knorpel findet eine Secretion in die dieſelben umhuͤllenden Zellen ſtatt, ſo daß ſie zuletzt nur als kleine Körper, die ſogenannten corpus— eula cartilaginis, im Innern deſſelben erſcheinen; ſpaͤter wenn die Zwiſchenzellſubſtaunz einmal mit kalkigen Stoffen angefuͤllt iſt, erſcheinen fie mittelſt langer, ſehr dünner Roͤh— ren untereinander verbunden (Vergl. die vom Prof. Joh. Muͤller gelieferte, ſehr gelungene Zeichnung in Miescher, de Inflammatione Ossium, eorumque anatome ge- nerali, Berol. 1836), und zuletzt fuͤllen fie ſich mit kal— kigen Stoffen und erſcheinen ſo als die corpuseula Deut- schii. Bei der Entwickelung der tela cellulosa der Muskeln und Nerven iſt die Metamorphoſe dieſer Urzellen noch merkwuͤrdiger; allein es ſcheint unnöthig, dieſen Gegen: ſtand hier noch weiter zu verfolgen. Ich will nur bemer— ken, daß die Urfaſern, Röhrchen und Partikeln ſich meiſt durch Umbildung, durch reihenfoͤrmige Anordnung, durch Se⸗ cretion in ihrem Innern aus dieſen Urzellen bilden. Dieſe Erſcheinungen ähneln bei'm Proceſſe der Reproduction den: jenigen außerordentlich, welche ſich bei der Entwickelung der Eier, ſo wie bei der Umbildung des blastema in den Em— bryo wahrnehmen laſſen, wie ſie denn auch im Allgemeinen denen gleichen, welche bei allen Ernährungs— proceffen, im weiteſten Sinne des Wortes, vorkommen. Nicht nur das blastema beſteht aus Zellen; auch der Dotter iſt großentheils aus ihnen gebildet, und das Ei kann für eine Regeneration des ganzen Mutterkörpers gelten, die in derſelben Weiſe, wie die Reproduction uͤberhaupt, ſtatt— findet; d. h. eine durchſichtige Fluͤſſigkeit wird im Eierſtocke ſecernirt; es bilden ſich in derſelben nuclei und Zellen, welche beſtimmt ſind, eine Reihe von Metamorphoſen zu erleiden. In dieſem Falle iſt die ſecernirte Maſſe mit ihren Urzellen von eigenthuͤmlichen Huͤllen umgeben, welche auf deren hoͤhere Beſtimmung zu einem unabhaͤngigen Orga— nismns hindeuten. Allein ſelbſt in dieſer allgemeinen Entwickelung eines ganzen Organismus hat Dr. Schwann eine Analogie mit der der Urzellen nachgewieſen, indem er das Keimblaͤschen (oder Purkinjeſche Blaͤschen) mit dem nucleolus, den Dotter mit der Zelle und ihrer Se— cretion ꝛc. verglich. (S. Schwann, I. e. S. 46 — 70). 200 Wie ſehr die Eier der Ascariden den Urzellen gleichen, wer— den wir weiter unten auseinanderſetzen. Wie die Bildung des Eies eine Reproduction des ganzen Korpers genannt werden kann, fo laßt ſich die Ernährung als eine Repro— duction der kleinſten Beſtandtheilchen des Körpers betrachten, und in der That ſcheint es keinem Zweifel zu unterliegen, daß die innerlichen Veraͤnderungen bei dieſem Proceſſe genau in derſelben Art von Statten gehen. So kann ſich, z. B., weder zuerſt am Foͤtus noch ſpaͤter durch den unausgeſetzt fortgehenden Proceß der Ernährung, oder bei der Regenera— tion eines durch eine Verletzung von Außen verloren gegangenen Stuͤckchens Knochen, ein Partikelchen Knochen bilden, ohne daß es vorher die Form des Knorpels beſeſſen haͤtte; der Knorpel da— gegen wird ſich unfehlbar aus Urzellen bilden, und dieſe werden ſich in der beſchriebenen Weiſe entwickeln. Die Entzündung, welche ſich durch „Geſchwulſt, Hitze, Rothung, Schmerz“ kund giebt, hat mit dieſen Proceſſen nichts zu ſchaffen und kann dieſelben, wenn ſie vorhanden iſt, nur beeintraͤch— tigen. Bei kaltbluͤtigen Wirbelthieren, deren Regenerations— vermoͤgen bedeutend iſt und deren Wunden und Knochen— bruͤche daher leicht heilen, iſt die Regeneration, in der Regel, nicht von Entzuͤndung begleitet, und bei den warmbluͤtigen Thieren muß letztere auf jede Weiſe bekaͤmpft werden. Dieſe Hauptregel in der Chirurgie und practiſchen Mediein iſt in England vom Dr. James Macartney in ſeinem hoͤchſt gruͤndlichen Werke uͤber die Entzuͤndung vollſtaͤndig ausein— andergeſetzt worden. Die ſo eben beſchriebenen Erſcheinun— gen der Reproduction und organiſchen Entwickelung uͤber— haupt ſcheinen bei wirbelloſen Thieren genau in derſelben Weiſe, ja mit gewiſſen Modificationen auch bei den Pflan— zen (vergl. Schleiden J. c.), ſtattzufinden. Bei den Sal- pae (2), deren Textur von manchen Naturſorſchern, u. A. von Prof. Meyen zu Berlin (Acta Leop. Carol. Vol. XVI. p. 373), fuͤr faſt ſo einfach als die der Gallerte an— geſehen wird, entdeckte ich unlaͤngſt nicht nur, daß die ſeroͤ— ſen Membranen ſich gerade, wie bei den Wirbelthieren, aus einem ſich wie eine ſchoͤne Moſaikarbeit ausnehmenden Netze von Urzellen entwickeln, ſondern auch, daß bei'm Foͤtus dieſe Zellen allmaͤlig über nucleis entſtehen. Zugleich hatte ich eine hoͤchſt vortheilhafte Gelegenheit zu beobachten, daß die Muskeln der Salpae dieſelbe Structur und die naͤmlichen Queerſtreifen, wie die Muskeln der Wirbel- und Glieder— Thiere, beſitzen, und daß ſich dieſe Structur bei'm Foͤtus genau in der vom Profeſſor Valentin beſchriebenen Weiſe entwickelt, indem ſich Zellen in Reihen ordnen, in denen die nuclei lange Zeit ſichtbar bleiben, wobei der Reihen Ans fangs weniger ſind und dieſelben eine bedeutendere Dicke be— ſitzen, als die Urfaſern der Muskeln, in die ſich dieſelben ver— wandeln. Ueberhaupt ſteht wohl feſt, daß bei allen Ernährungs— und Reproductionsproceſſen die Erſcheinungen weſentlich die— ſelben find, und daß die generatio aequivoca, wenn fie ftattfindet, ganz den naͤmlichen Verlauf haben würde. Da man dem Prof. Burdach ferner zugeben muß, daß ſich Niemand anmaßen darf, die Graͤnzen der Moͤglichkeit in der Natur zu ziehen, fo läßt ſich nicht geradezu für unmoͤglich 201 erklaͤren, daß einmal entwickelte Urzellen ſich nach allen Rich: tungen umbilden, und daß auf dieſe Weiſe ebenſowohl Thiere mit Muskeln und Nerven, als Thiere und Pflanzen, die ganz aus Zellen beſtehen, ſich entwickeln. Ja wir duͤrfen ihm ſelbſt zugeben, daß, wenn uns die generatio aequi- voca in Bezug auf einfacher organiſirte Thiere wahrſchein— licher vorkommt, als ruͤckſichtlich der zuſammengeſetzter organi— ſirten, der Grund davon in unſerer Kurzſichtigkeit zu ſuchen iſt. Die Schwierigkeit liegt nicht ſowohl in der Zuſammenge— ſetztheit, als in dem Einklange oder der Harmouie der Structur mit den Beduͤrfniſſen des Lebens, und dieſe Ue— bereinſtimmung kann ebenſowohl bei einem einfachen, als bei einem zuſammengeſetzten Organismus vorhanden ſeyn, wenn— gleich ſie uns bei dem letztern leichter erkennbar iſt. Unſere Forſchung dreht ſich alſo um die Frage: Laͤßt es ſich denken, daß eine ſolche Uebereinſtimmung der Structur mit den aͤußern Lebensbedingungen von ſelbſt entſtehen koͤnne? (Fortſetzung folgt.) Miscellen. x Ueber das Vorherrſchen gewiffer Zahlen in ein— zelnen Thierclaſſen führt Herr Forbes, in der Einleitung zu feiner History of British Starfishes, Folgendes an: „Alle Radiata find, in der Anordnung ihrer Theile, durch irgend eine beftimmte Zahl influencirt. Bei den Echinodermata iſt die herr⸗ ſchende Zahl Fuͤnf. Der Name „Fuͤnffinger“, welcher von den Seekrebſen gewohnlich den Seeſternen beigelegt wird, iſt auf die herrſchende Zahl gegründet. Es iſt dieß feit langen Zeiten bes merkt worden. Unter den von dem geiſtreichen, aber excentriſchen, Naturforſcher aufgeſtellten Problemen iſt eines: „Warum ergoͤtzt ſich die Natur bei den Seeſternen hauptſaͤchlich in fuͤnf Puncten?“ und in ſeinem Garten des Cyrus bemerkt er: „Mittelſt derſelben Zahl (Fuͤnf) theilt die Natur den Eirkel des Seeſterns, und in derſelben Ordnung und Zahl vertheilt fie jene eleganten Halbceirkel oder Zahnhoͤhlen und Eier in dem Seeigel“. „Unter den niederen und typiſchen Ordnungen finden wir, daß dieſe Zahl die Zahl der 202 Theile regulirt. Jede Platte des Seeigels iſt aus fuͤnfſeitigen Theilchen zuſammengeſetzt. Die Stügen des Verdauungs , des waſ— ſerfuhrenden und des Bedeckungs-Syſtems bieten ebenfalls die Ans ordnung mit der Zahl Fuͤnf dar, und ſelbſt die Enorpelige Stuͤtze der Scheibe eines jeden Saugers iſt durch dieſe myſtiſche Zahl res gulirt. Wenn die Theile der Echinodermen von ihr abweichen, ſo geſchieht dieß immer entweder in Folge des abortus gewiſſer Or— gane, oder es iſt „Veränderung durch Repräſentation“ (Variation by representation), das heißt, durch Annahme der herrſchenden Zahl einer anderen Claſſe. So erſcheinen die monftröfen Serfterne und Seeigel oft quadrat und haben ihre Theile vierfach, indem ſie die herrſchende Zahl der Actinodermata annehmen, in Ueberein⸗ ſtimmung mit einem Geſetze, auf welches ich volles Vertrauen ſetze, daß, wenn parallele Gruppen, in Beziehung auf Zahlen, durch Repraͤſentation variiren, fie durch Auswechſelung ihrer reſpec— tiven Zahlen variiren“. Die Aurora australis (das Suͤdlicht) wird von einem Correſpondenten der Sydney Gazette, welcher daſſelbe zu dreien Malen und das eine Mal von dem Hochlande, an der Baſis der dortigen Alpenkette, beobachtet hat, folgendermaaßen beſchrieben: „Es war in tiefem Winter; der Abend war ſtill und kalt, auch ſelbſt die Blätter in den oberſten Baumwipfeln ließen nicht die ger ringſte Spur von Wind bemerken; als das Zwielicht ſich verlor und es dunkel wurde, ſchien die Sternenmaſſe mit einem Glanze, wie man ihn nur in ſuͤdlichen Breiten bemerkt. An dem ganzen azurnen Firmamente war kein Fleck ſichtbar, außer den „Nebulae des Magellan. Nach Suden zu wurde um halb acht Uhr ein ſchwacher purpurner Schimmer an den Gipfeln einer Baumgruppe bemerkbar, welche eine benachbarte Hoͤhe kroͤnte. Zuletzt ſtieg das Licht allmaͤlig roth empor, breitete ſich aus und wurde dunkler in Farbe, jemehr es ſich dem Zenith näherte, worauf es ftationär wurde und einen ungeheuren Halbmond von blutig-rother Farbe bildete; es blieb faſt zwei Stunden ſichtbar. Von der Zeit an, wo es ſeine größte Höhe erreicht hatte, wurde es nun immer mehr und mehr undentlich, bis das Ganze verſchwand. Die Erſcheinung weicht betrachtlich, wenigſtens da, wo ich ſie beobachtete (36° füdl. Br.), von ſeinem noͤrdlichen Vorbilde ab, indem die Helligkeit und die heiteren, beweglichen, phantaſtiſchen Formen fehlen, welche das Nordlicht annimmt, und die ihm auf den Orkney-Inſeln bekanntlich den Namen von „Merry Dancers“ (luſtige Tanzer) zugezogen haben“. Berichtigung. — In Nr. 426. (Nr. 8. dieſes Bandes) Seite 115, Zeile 5 und 6 von unten, muß es, ſtatt Abſorption dieſes Gaſes, vielmehr heißen: Exhalation dieſes Gafes. g rr. . r —— Hei uch Se de, Bericht der zur Unterſuchung des Werthes der Knochengallerte eingeſetzten Commiſſion an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften. (Fortſetzung.) Verſuche mit Gallerte in Vermiſchung mit mehrern andern naͤhrenden Stoffen. Zu dieſem Ende beſchloſſen wir, die Gallerte mit andern Nah— rungsſtoffen zu vermiſchen und uns auf dieſe Weiſe zu überzeugen, eb wir deren Anwendung nicht lange genug fortſetzen koͤnnten, um den Grad der Nahrhaftigkeit der Gallerte genau zu ermitteln. Dieſe Verſuche nahmen viel Zeit in Anſpruch: manche darun— ter waͤhrten 80—90 Tage. Die Gallerte ward dabei, meiſt in ſtar⸗ ken Dofen, entweder in Fleiſchbrüde gekocht oder mit Brodt und 1 85 u nur mit dieſem ober jenem, bald mit beidem vermiſcht gefuͤttert. Hunde, die 10—15 Kilogramme wogen, erhielten täglich bis zu 500 Grammen trockener Gallerte mit jenen andern Subſtanzen vermiſcht und genoſſen dieſes Futter ohne beſondere Abneigung, ſo daß die Gallerte ihre vollftändige nährende Wirkung äußern konnte. Dennech konnten wir bei allen dieſen auf ſehr mannichtaltige Weiſe angeſtellten Verſuchen, bei denen bald verkaͤltnißmaͤßig mehr Gal⸗ lerte, bald mehr von den andern Stoffen gefüttert wurde, es nie dahin bringen, daß die Hunde in dem erforderlichen Grade genaͤhrt worden woͤren. Sie ſtarben vielmehr unter allen Zeichen der Er— ſchoͤpfung, magerten ſchnell ab, bekamen ſtarken Durchfall und ver⸗ fielen in jene aͤußerſte Kraftloſigkeit, welche der beinahe unvermeid⸗ liche Vorläufer des Hungertedes iſt. Dieſe Erſcheinungen traten bei allen Hunden ein, mit welchen wir auf dieſe Weiſe experimen- tirten. um von der Art und Weiſe, wie die Verſuche angeftellt wurden, dem Leſer einen genauen Beeeifl zu geben, theilen wir ier die Geſchichte zweier derſelben mit. l Verſu 4 Ein junger großer Hund, deſſen Alter faſt ein Jahr betrug und der 11,25 Kilogramm wog, ward mit Suppe gefüttert, die aus 250 Grammen Brodt und ebenſoviel Flandriſchem 203 Leim bereitet wurde. Bei dieſer Koſt war er nach 44 Tagen be— deutend abgemagert; am fuͤnfundvierzigſten Tage nahm man 120 Gr. Brodt und 370 Gr. Flandriſchen Leim zu der Suppe, brach alſo vom Brodte ab und ſetzte mehr Leim zu. Das Thier ließ die Suppe bald vor Ekel ftihen und wurde außerordentlich ſchwach; alsdann gab man ihm wieder Suppe mit gleichen Theilen Brodt und Gallerte, und feste derſelben 4 Liter gute Fleiſchbruͤhe zu. Das Thier fraß gierig und gewann wieder an Kraft. Dieſe Beſſerung war jedoch nur von kurzer Dauer; am dreiundſechszigſten Tage war der Hund wieder ungemein ſchwach geworden und wog nur noch 8,50 Kilogr., waͤhrend er bei'm Beginne des Verſuchs 11,25 Kil. gewogen hatte. Waͤhrend dieſer ganzen 63 Tage hatte das Thier den heftig— ſten Durchfall gehabt. Da es bei Fortſetzung derſelben Diaͤt offen— bar bald geſtorben wäre, fo fütterte man es vier Tage lang mit Fleiſch, wodurch es erſtarkte und die Diarrhoͤe verlor. Am ſechs— undſiebenzigſten Tage harte es ſich vollkommen erholt und wurde nun wieder mit der aus Brodt, Leim und Fleiſchbruͤhe bereiteten Suppe gefuͤttert, die es aber nur mit Widerwillen fraß, ſo daß es am dreiundachtzigſten Tage im Zuſtande aͤußerſter Abmagerung verendete. Anderer Verſuch. Eine ausgewachſene, ſtarke, geſunde traͤchtige Huͤndin erhielt binnen 24 Stunden eine Miſchung von: trockner Speiſegallerte . 0 9 0 200 Grammen Brodt . 0 . 2 < 0 0 2 — Ochſenherz . h . 0 8 130 = Zwei Eiern und Kuͤchenſalz quantum satis. Nachdem ſie dieſes Futter achtzehn Tage hintereinander erhal— ten hatte, war ſie ſehr auffallend abgemagert. Vom fuͤnfzehnten bis zweiundzwanzigſten Tage des Verſuchs ward die Doſis der Gallerte bis auf 500 Grammen binnen 24 Stunden geſteigert; allein es ſtellte ſich Ekel ein, und man ſah ſich genöthigt, weniger Gallerte zu füttern. Am dreiundzwanzigſten Tage warf die Huͤndin fuͤnf Junge. Nur vier Zitzen waren entwickelt und mit Milch gefuͤllt. Eines der Jungen crepirte bald, wahrſcheinlich, weil es keine Zitze fand, an der es ſich haͤtte naͤhren koͤnnen. Dieſelbe Fütterung, jedoch nur mit 250 Grammen taͤglich, wurde fortgeſetzt. Am vierundzwanzigſten Tage erſchien die Abmagerung nach dem, Gebaͤren um fo auffallender. Vom vierundz wanzigſten bis neunundzwanzigſten Tage erhielt das Thier mit den übrigen Futterſtoffen, nach Maaßgabe der oben angezeigten Doſis 370 Grammen trockne Gallerte. Es zeigte Wi: derwillen gegen dieß Futter, obwohl es uͤbrigens alle Kennzeichen des heftigſten Hungers darbot. Eine der vier Zitzen vertrocknet und eines der Jungen ſtirbt, Vom neunundzwanzigſten bis dreiundvierzigſten Tage wird die Fütterung mit Galterte ausgeſetzt und die Huͤndin mit den Ein— geweiden von Schlachtvieh genaͤhrt. Am dritten Tage nach der Anwendung dieſer Diät zeigen ſich ſaͤmmtliche Zitzen von Milch ſtrotzend. Um dreiundvierzigſten Tage wird wieder Gallerte gefuͤttert; die obern Zitzen vertrocknen bald, während die drei untern noch Milch enthalten Die ſehr abgemagerte Huͤndin faͤngt an, ihre Jungen zu verſtoßen. Am achtundfuͤnfzigſten Tage laͤßt ſie dieſelben nicht mehr an ſich, und dieſelben ſind bald verhungert. Im Verlaufe von zwanzig Tagen hatte die Huͤndin, außer Brodt und Fleiſch, 3210 Grammen trockene Gallerte gefreſſen, und bei dieſer Fütterung vertrocknete die Milch zuſehends in ihren Zitzen, während bei anderer Koſt die Milchſecretion alsbald wieder eintrat. Jene Futterung war alſo nicht hinreichend nahrhaft, Aus vorſtebhenden Thatſachen laͤßt ſich dreiſt folgern, daß Gallerte ſelbſt wenn ſie mit den riechenden und ſchmackhaften Stof— fen des Fleiſches gewürzt iſt, für ſich nicht als Nahrungsſtoff dies nen und das Leben lange Zeit aufrecht erhalten kann, ſo wie, daß fie bald einen uaüberwindlichen Ekel erregt; daß fie, wenn man fir der Koſt in gewiſſem Verhältniſſe, ſelbſt bis zur Hälfte, bei— miſcht, dieſelbe nicht verbeſſert, im Gegentheil ungenügend macht. 204 Nun blieb noch der Werth einer Koſt zu pruͤfen, der oͤfters eine geringe Menge Gallerte beigemengt wird, und wie man ſie in manchen Anſtalten den Duͤrftigen reicht, und hier hatten wir zu⸗ naͤchſt die nach D'Arcet's Vorſchrift bereitete Bouillon im Aus ge, wo das Fleiſch in Gallertaufloͤſung oder Knochenbrühe abge— kocht wird. Verſuche mit der gallertartigen Bouillon und der Fleiſch— bruͤhe. Um dieſen hoͤchſt wichtigen Gegenſtand aufzuklaͤren, welcher die Diät der kranken oder gefunden Armen fo nahe berührt, haben wir es für geeignet gehalten, die im Hoſpitale des heil. Ludwig nach dem D'Arc et'ſchen Verfahren bereitete Bouillon mit derjeni— gen zu vergleichen, welche die ſogenannte Hollaͤndiſche Geſellſchaft in Paris im Großen anfertigen läßt und verkauft. Um dieſe Vergleichung mit deſto beſſerm Erfolg anſtellen zu koͤnnen, hat ſich ein Mitglied der Commiſſton ein ganzes Viertel: jahr (September, October, November 1835) mit der genaueſten Prüfung der im Hoſpitale des heil. Ludwig bereiteten Gallertaufloͤ— fung und Bouillon beſchaͤftigt. Er ließ ſich taͤglich von der den— ſelben Tag dort gewonnenen Gallertaufloͤſung und Bouillon brin— gen, und ſobald ſie im Laboratorium der polytechniſchen Schule anlangten, wo alle dieſe Verſuche angeſtellt wurden, pruͤfte man deren phyſicaliſche Eigenſchaften, deren Geſchmack, deren Verhalten gegen Reagentien ꝛc. Dann ließ man einen Liter von beiden Fluſ— ſigkeiten bis zur Trockniß im Dampfbade abrauchen, unterſuchte den Ruͤckſtand und verbrannte ihn vorſichtig, um die organiſchen Stoffe deſſelben zu zerftören und deſſen Gehalt an Salzen zu be: ſtimmen. Aus nachſtehender Tabelle, welche die Reſultate dieſer langen Reihe von Verſuchen enthält, wird man erſehen, daß die Bouillon im Hoſpitale des heil. Ludwig haͤufig neutral oder ſehr ſchwach ſaͤuerlich iſt, daß fie oft truͤbe ausſieht, und daß ihr ſich keineswegs gleichbleibender Geſchmack nicht immer vom Beſten iſt. Dieſelbe ſcheint im Durchſchnitt vierzehn Grammen trockne Subſtanz auf's Liter zu enthalten, von der acht Grammen organischer Art und ſechs ſaliniſch find, während unter den Salzen das Seeſalz vor- herrſcht. Der organiſche Stoff beſteht, der Hauptſache nach, aus Fett, Gallerte und Extractivſtoff, aus Fleiſch und Kuͤchenkraͤutern. Auch enthält dieſe Bouillon etwas Ammoniakſalz, deſſen Betrag man ges nau zu beſtimmen geſucht hat. Die Gallertaufloͤſung enthielt auf's Liter, in der Regel, zehn Grammen Gallerte; allein da dieſe Quantität das Durchſchnitts⸗ verhaͤltniß repraͤſentirt, fo wurden auch die aus ſchon cheilweiſe aus: genutzten Knochen gewonnenen mageren Auftöfungen unterſucht. Alle dieſe Fluͤſſigkeiten zeigten ſich mehr oder weniger alkaliniſch, öfters truͤbe und uͤbelſchmeckend, mehrentheils aber geſchmacklos. Man findet darin gemeiniglich nur Spuren von ſaliniſchen Stoffen. Weſentlich enthalten dieſe Fluͤſſigkeiten nur Waſſer, Gallerte und etwas Fett, welches durch die ſpurweiſe vorhandenen ammoniacali— ſchen Stoffe in einen emulſionartigen Zuſtand verſetzt iſt. Aus der alkaliniſchen Beſchaffenheit der Gallertaufloͤſung er: klaͤrt ſich der Umſtand, daß die Bouillon des in Rede ſtehenden Hoſpitals fo wenig ſauer iſt, indem die aus dem Fleiſche und den Küchenkraͤutern kochenden Säuren durch das Alkali der Gallertauf— loͤſung neutraliſirt werden. Das verdaͤchtige Anſehen und der unangenehme Geſchmack, welche die Gallertaufloͤſung zuweilen darbietet, theilen ſich der da= mit bereiteten Bouillon mit, die deßhalb oͤfters truͤbe und ab— ſchmeckend ausfaͤllt. Eine ſtrenge und mit Einſicht gepaarte Beaufſichtigung macht ſich deßhalb in Anſtalten, wo die Suppen mit Gallertaufloͤſung be: reitet werden, die je nach der Beſchaffenheit der Knochen und ih— rer Behandlung in der Qualität ſehr verſchieden ausfällt, vorzuͤg— lich noͤthig. Es unterliegt keinem Zweifel, daß ſich mit dem D'A re cet'ſchen Apparate eine geſchmack und geruchloſe Aufloͤſung her— ſtellen, alſo auch eine angenehm ſchmeckende Bouillon mit dieſem Zuſatze bereiten laͤßt; allein die zur Erreichung dieſes Zweckes noth— wendige Sorgfalt wird offenbar nicht immer angewandt. 205 206 Vergleichend chemiſche Unterſuchung der Bouillon und der Gallertaufloͤſung, die im Hoſpitale des heil. Ludwig bereitet werden. Bouillon auf's Liter. Gallertaufloͤſung auf's Liter. Trockner] Oigagi⸗ Trodner| $ ni⸗ oral g 1 Salze. | Bemerkungen. | . Sr e. | Bemerkungen. I tant. | Sloff. ſtand. [ Stoff. Gram, | Gram- Gram Gram Gram⸗ men. | 1 mM, men. inen. men, nen, men. A. Sept 15,54 8,24 7,30 Neutral, truͤbe, Geſchmack gewoͤhnlich, nicht 10,60 10,52 0,08 Schwach alkaliniſch, etwas truͤbe, fade von ' beſonders gut . . 2 . Geſchmack. 25. 12,34 6,97 5,37 Neutral, trube, Geſchmack gewoͤhnlich . 12,780 — — Schwach alkaliniſch, etwas truͤbe, Geſchmack roh. 26. = 13,24] 5 557,69 Desgl. = x 7 10,30 10,17 0,13 Schwach alkaliniſch, truͤbe, Geſchmack übel, 28. 12,34] 6,825 52 Sauer, trube, Geſchmack ſauer . - 11,83] 11,74 0,14 Schwach alkaliniſch, trübe, Geſchmack roh. 29, 13,42] 8,32) 5,10 [Schwach fauer, trube, Geſchmack übel 11,18| 11,66 0,14 Schwach alkaliniſch, trübe, Geſchmack übel. 50. = | 17,10| 10,34 6,76 Schwach ſauer, ſehr trube, Geſchmack ge: | wohnlich r 4 n 5 12,12 11,97 0,15 Alkaliniſch, geſchmacklos, truͤbe. 1. Ou. 13,10] 8,34 4,76 Sa wach ſauer, truͤbe, Geſchmack fauer 8,40 — — Neutral, truͤbe, fade. 2. 12,86] 5,50 7,36 [Neutral, fait hell, Geſchmack gut 15,12] — — Ackaliniſch, faſt hell, fade. 3. = | 13,60] 6,20 7,40 [Neutral, trübe, Geſchmack gut 7 « | 10,62] 10,50| 0,12 [Schwach alkaliniſch, Geſchmack gewöhnlich, etwas truͤbe. 5. 13,76] 6,54| 7,22 [Neutral, trübe, Geſchmack gewoͤhmich „11,220 — — Alkaliniſch, etwas truͤbe, Geſchmack ger woͤhnlich. 6. 14.38] 6,20 8,18 Schwach ſauer, truͤbe, Geſchmack gewoͤhnlich 10,200 — — Etwas alkaliniſch, etwas truͤbe, fade. 7. 11,92] 6,43] 5,49 [Etwas fauer, trübe, Geſchmack übel 10,38] 10,20 0,18 Schwach alkaliniſch, faſt hell, Geſchmack g gewoͤhnlich 8. „ 14,36] 7,44 6,92 Schwach ſauer, truͤbe, Geſchmack gewöhnlich] 10,52 10,589] 0,13 Schwach alkaliniſch, truͤbe, Geſchmack ges 7 woͤhnlich. 9. » | 17,02) 8,06 8,96 [Schwach fauer, truͤbe, Geſchmack ſauer 11,86 — — (Schwach alkaliniſch, truͤbe, Geſchmack ge— 8 woͤhnlich. 16. 12,60 6,80 5,80 [Etwas ſauer, truͤbe, Geſchmack gut . 6,90 6,78 0,12 [Geſchmacklos, ſchwach alkatiniſch, ziemlich 8 t hell. 19. » 13,77 6,23 5,54 Neutral, truͤbe, Geſchmack nach Gallerte 7,66 7,52 0,14 Schwach alkaliniſch, etwas truͤbe, Geſchmack 2 8 gewoͤhnlich. 20. 13,52] 7.78 5,74 Etwas fauer, trübe, Geſch mack gewohnlich 14,30 — | — Sckwach akkaliniſch, etwas truͤbe, Geſchmack gewoͤhnlich. 21. = 15,60 8,33 7,27 Neutral, truͤbe und farbig, etwas bitter 8,10 1 0,12 Schwach alkaliniſch, etwas trübe, Geſchmack gewoͤhnlich. 22. = | 13,8: | 6,68 7,20 [Sauer, truͤbe, Geſchmack etwas fauer 8,88. — — Schwach akaliniſch, ziemlich truͤbe, fade. 23. 13,78] 6,86 6,92 Neutral, truͤbe, Geſchmack nicht beſonders gut 8,28] 8,18 0,10 Sckwach alkaliniſch, etwas trübe, geſchmacklos. 24. 15,14] 8,71 6,43 Schwach ſauer, trübe, ſchlecht ſchmeckend 10,88 10,72 0,16 Schwach alkaliniſch, geſck macklos, truͤbe. 26.14 40 7,34 7,06 Etwas fauer, truͤbe, Geſchmack ſchwach und ; übel mis fe er e 13,40| 13,17 0,23 Schwach alkaliniſch, trübe, fade. 27. = 13,96] 8,13 5,83 [Etwas fauer, truͤbe, Geſchmack übel und j fur „ a 5,38 4,42 0,96 [Schwach, alkaliniſch, ziemlich hell, fade. 28. = 13,50 6,59 6,91 | Neutral, trübe, Geſchmack gut . 5 7,74 7,60 0,14 i a ziemlich hell, Geſchmack gewoͤhnlich. 29. 15,96 10,21 5,75 Schwach ſauer, trübe, Geſchmack ziemlich gut a 8 : N 5 N 4,42 — — (Schwach alkaliniſch, hell, fade. 80. 13,68] 6,01 7,67 Neutral, truͤbe, Geſchmack ziemlich gut 9,80] 9,64 0,16 Etwas alkaliniſch, trübe, geſchmacklos. 31. 13,20] 781589 [Neutral, etwas truͤbe, Geſchmack desgl. 6,86] 9,66 0,20 [Akkaliniſch, etwas trübe, geſchmacklos. 2 Mer. 13,90] 7.02) 6,88 [Neutral, truͤbe, Geſchmack gut . k 944| 6,36) 0,09 Schwach alkaliniſch, hell, fade. 3. „13,60 6,93 5,67 Neutral, faſt hell, Geſchmack vorzüglich gut] 6,00 5,92, 0,08 [Neutral, hell, fade. pe 4. = | 11,80] 6,22 5,58 |Neutral, etwas trübe, Geſchmack gut 6,20] 6,11| 0,09 a ER: ziemlich hell, ges mackles. 5. = | 15,20) 8,13 7,07 Neutral, ziemlich hell, Geſchmack gut 7,74, 7,61 0,13 Schwach alkaliniſch, ziemlich truͤbe, fade. 6. 15,66 7,74! 792 [Schwach ſauer, hell, Geſchmack ſehr gut 3,74 8,710 0,03 Atkaliniſch, bell, fade. 7. „13,92 6,06 7,86 Schwach fauer, trübe, gut von Geſchmack 11,40 11,26 0,14 1 1 e trübe, Geſchmack ger woͤhnlich. . 9, „15,64 5,78 9,86 Neutral, trübe, Geſchmack gur. 9,20 9 06 0,14 Alkaliniſch, trübe, Geſchmack gewohnlich. 10. 12,18 6,38 5,80 Sauer, trübe, Geſchmack gewöhnlich 14,48, 14,50! 0,18 Alkaliniſch, truͤbe, Geſchmack gewoͤhnlich. Da wir beabſichtigten, bei den phyſiologiſchen Unterſuchungen Die Bouillon der Hollaͤndiſchen Geſellſchaft beſitzt im Allgemei⸗ die Bouillon des Hoſpitals des heil. Ludwig mit der der Hollaͤndi— ſchen Geſellſchaft zu vergleichen, fo wurden auch rückſichtlich der letztern chemiſche Analyſen angeſtellt, welche die von Herrn Che— vreul erlangten Reſultate vollkommen beſtaͤtigten. nen eine ſehr bervorftebende Säuerung, einen angenchmen und ap⸗ petiterregenden Geſckmack und iſt oft ein Wenig truͤbe. Sie ent⸗ haͤlt, faſt orne Ausnahme, auf's Liter 24 — 25 Grammen treckene Stoffe, und davon kemmen 8 — 10 Grammen auf die Salze, uns 207 ter denen das Seeſalz vorherrſcht, und 152 Grammen auf die orgas niſche Materie, naͤmlich Fett, Gallerte und Ertractivftoffe aus dem Fleiſch und den Kraͤutern. Vergleicht man den trockenen Ruͤckſtand der Bouillon des Hoſpitals des heil. Ludwig mit dem der Bouillon der Hollaͤndi— ſchen Geſellſchaft, ſo bemerkt man an beiden einen ſo auffallend verſchiedenen Geſchmack und Geruch, daß dieſe offenbar ein Haupt— merkmal bei der Beurtheilung des relativen Werthes der beiden Fluͤſſigkeiten abgeben koͤnnen; indeß hat man bei der vergleichenden he Ueberſicht diefes Merkmal nicht mit in Anſchlag ge: bracht. Chemiſche Unterſuchung der Bouillon der Hollaͤndiſchen Geſellſchaft. Auf das Liter. = 168505 Trockner | Drgani: Bemerkungen “ Iorüceitan | GE Ma: Salze. i erie. Gramm. Gramm. Gramm. 11. Novbr. 25,50 15,98 9,52 Schwache Saͤuerung, Ge ſchmack gut, ein wenig truͤbe. 12. — 22,96 12,98 9,98 Sauer, gut von Ge— \ ſchmack, ziemlich helle. In = 23,96 14,77 9,03 Sauer, gut von Ge: ſchmack, etwas truͤbe. 16. — 23.92 15,21 8,75 Desgl. 17. — 23,56 15,17 8,7 Desgl. 18. — 21,80 14,28 7,28 Desgl. 19. 24,58 15,41 9,17 Desgl. 20. — 24,40 15,04 9,36 Sauer, gut von Geſchm., ziemlich hell. Waͤhrend ſich einer der Commiſſaͤre mit dieſen vergleichenden chemiſchen Unterſuchungen beſchaͤftigte, pruͤfte ein anderer dieſelben Producte ruͤckſichtlich ihrer relativen Nahrhaftigkeit. (Fortſetzung folgt.) Mi eee e bee Der Geſundheitszuſtand der Stadt Rochefort, welcher ehemals ſehr unguͤnſtig war und noch jetzt in allen ſtatiſti— 208 ſchen Liſten mit einer Sterblichkeit von 1 zu 18 aufgeführt wird, iſt von Herrn Viaud einer neuen Nachforſchung unterworfen wor— den, weil derſelbe ſich nicht denken konnte, daß durch die betraͤcht— lichen Austrocknungen und Terrain-Verbeſſerungen in der Umge— bung der Stadt nicht auch die Salubritaͤt gewonnen haben ſollte. Er hat in den Gemeinderegiſtern die Populationsverhaͤltniſſe nach- geſucht und gefunden, daß der Ruf von Ungeſundheit, in welchem die Stadt Rochefort von jeher ſtand, auf materiellen Fehlern be— ruhe, durch welche die Reſultate weſentlich veraͤndert werden. Der wichtigſte der Irrthuͤmer ruͤhrt daher, daß man unter die Zahl der Geſtorbenen auch immer die Todesfaͤlle aufnahm, welche von der wechſelnden Bevoͤlkerung (population flottante) von Rochefort ges liefert wurden (ungefähr 4,500), während man bei der Angabe der Population nur die eigentlich Domscilirenden zählte, im Jahre 1836 im Betrage von 15,441. Herr Viaud hat nun dieſe und einige minder wichtige Veranlaſſungen von Irrthuͤmern vermieden, und hat feine Unterſuchungen zu einer Zeit begonnen, wo die Aus» trocknungen noch kaum angefangen hatten, und er iſt zu dem Re— ſultate gekommen, daß die Salubritaͤt in jener Gegend hoͤchſt merk— wuͤrdige Fortſchritte gemacht habe: Von 1790 bis 1799 kam 1 Todter auf 16,44 Einwohner. — 1800 — 1809 — 1 — — 19,30 — — 1810 — 1819 — 1 — 26,61 — — 1820 — 1829 — 1 — — 2636 — — 1830 — 1839 — 1 — 30,15 — Im Jahre 1840 — 1 — — 43,73 — (Gazette méd., Nr. 27.) Gegen das Ohrenklingen empfiehlt Herr Curtis, zu London, die Wurzel der Arnica montana, mit Valeriana und China, zwei Mal taͤglich. Er beginnt mit 3 Gran Arnica und ſteigt allmaͤlig bis zu 7 Gran. Die Quantität der Valeriana und China wird nach den Symptomen beftimmt. Mit gleichem Vor— theil iſt ein inkusum Arnicae, mit Cascarille und Valeriana, ans gewendet worden. Unter dem Gebrauche dieſer Mittel hebt ſich das Allgemeinbefinden, der Appetit wird beſſer und regelmaͤßiger, der Kranke erlangt feine Kräfte wieder, und die quälenden Nerven— ſymptome, darunter auch das Ohrenklingen, verſchwinden allmaͤlig. (Lancet, Sept. 1841.) Ueber ein typhoͤſes Fieber während des Intra— Uterin⸗Lebens hat der Doctor Manzin der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften in einem, unter'm 29. November verleſenen, Schreiben gemeldet, daß er die fuͤr das typhoͤſe Fieber characte— riſtiſchen Alterationen der Schleimbaͤlge in dem Cadaver eines, im ſiebenten Monate geborenen und zwanzig oder dreißig Minuten nach der Geburt verſtorbenen, Kindes vorgefunden habe. Mehrere Aerzte wohnten der Section bei und haben die Thatfache beftätigen koͤnnen. Giblio graphische Neuigkeiten. Elementary Geology. By Edw. Hitchcock. And edition with an introductory Notice by John Pye Smith. Boston 1841. 8. Grundriß der Anthropologie. Leitende Ideen zu einer phyſiologi— ſchen Geſchichte des Menſchheitlebens. Als Leitfaden bei anthro— pologiſchen Vorleſungen und zugleich zum Gebrauche fuͤr Natur— forſcher, Philoſophen, Aerzte und denkende Freunde der Wiſſen⸗ ſchaft dargeſtellt von Dr. Herm. Klencke. Leipzig 1841. 12. (Das Ziel des Verfaſſers iſt: „alle ſcheinbar zerſtreuten Glieder des großen, ideellen Menſchheits-Organismus in ihrer Einheit und beſtimmenden Uridee aufzufaſſen“, und der Inhalt des Buchs beſagt: A. Allgemeiner Begriff der Menſchheit. B. Geburt der Erdmenſchheit. C. Entwickelung. D. Geſchichtliche Ausbreitung der Menſchheit. E. Die Menſchenvarietaͤten. F. Entwurf einer ideellen Eintheilung der Menſchheit. G. Grundbeſtimmung in der Heterogeneitaͤt der Perſonen. II. Allgemeine Geſetze in der Erſcheinung des Menſchheitlebens. I. Einfluß der Menſchheit auf Leben und Erſcheinung der irdiſchen Natur. K. Ziel und Streben der Menſchheit. I. Die feindlichen Ideen der Menſch— heit. M. Anmerkungen und Zuſaͤtze.) Traite des sacharolés liquides et meliolés, suive de quelques formules officinales et magistrales modiſices; composé par Deschamps d' Avallons. Paris 1841. 12. Practical observations on Diseases of Women, London 1841. 8. By W. Jones. mm — Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medicinalrathe und Profeſſor Froriep jn Berlin. N'. 432, (Nr. 14. des XX. Bandes.) November 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. oe Unterſuchungen uͤber die Entſtehung der Einge— weidewuͤrmer. Von Dr. Eſchricht, Profeſſor der Phyſiologie an der Univerfität in Copenhagen. (Fortſetzung.) $. 3. Abweichung der Analogie zwiſchen der Cryſtalliſation und der Entwickelung le bender Körper. Der erſte hier zu beachtende Punct iſt, daß die ſo eben beſchriebenen Erſcheinungen der Repro— duction und Entwickelung des Eies in keiner Weiſe fuͤr eine Art von Cryſtalliſation angeſehen werden koͤnnen. Ich glaube, es laͤßt ſich nachweiſen, daß zwiſchen der Bildung lebender Körper und der Cryſtalliſation auch nicht die ent— fernteſte Analogie beſteht, ja, daß ſogar die organiſchen und unorganiſchen Formen ſtreng von einander geſchieden find. Dennoch nimmt man ſehr haͤufig an, daß beide mit einan— der Aehnlichkeit haben. „Die organiſchen Formen,“ heißt es, „ſind runder, weicher, die unorganiſchen eckiger, ſchaͤrfer; ſelbſt am menſchlichen Koͤrper finden wir die Zaͤhne, als we— niger hoch organiſirte Theile, eckig und ſcharf.“ Dergleichen Anſichten beruhen, meines Erachtens, auf keiner haltbaren Grundlage. Sind etwa die Zaͤhne nur deßhalb eckig und ſcharf, weil ſie weniger hoch organiſirt ſind? Wie gelang— ten ſie zu ihrer Geſtalt? Sie bildeten ſich auf einer wei— chen Maſſe, die mit Nerven und Adern verſehen war, und dieſe Maſſe hatte genau die Geſtalt des nachmaligen Zahns. Waͤre dieſe hoch organiſirte Maſſe kugelrund geweſen, der Zahn haͤtte dieſe Geſtalt ebenfalls angenommen. Allein dieß lag nicht in der Abſicht der Natur. Der Zahn mußte zum Beſten des ganzen Thierkoͤrpers ebenſowohl eckig und ſcharf, als hart werden, und aus keinem andern Grunde iſt er es geworden. Kann es ſich mit den uͤbrigen Koͤrperthei— len anders verhalten? Gewiß nicht! die wirklichen Formen der organiſchen Materie, welche den Formen der unorgani— ſchen Materie analog ſind, ſind vielleicht fo eckig und ery⸗ ſtallartig, als irgend eine der letztern. So bieten uns der No. 1532. d r ene Zucker, die Harnſaͤure, die Stearine ꝛc., wenn fie ſich nach ihren Wahlverwandtſchaften von ſelbſt aufbauen, ſo ſchoͤne Cryſtalle dar, wie die Metalle und Salze; allein, wenn ſich organiſche Stoffe im lebenden Körper entwickeln, fo muͤſſen fie die ihnen von der Lebenskraft aufgenoͤthigten und ihren ſpeciellen Zwecken entſprechenden Formen annehmen; fie müf: ſen ſich zu dieſen Formen im Widerſtreit gegen ihre ur— ſpruͤngliche Neigung bequemen, gerade wie Stahl und Ei— ſen durch menſchliche Kunſt zur Annahme von anderen Ge— ſtalten gezwungen worden, als ſie, ſich ſelbſt uͤberlaſſen, er— halten haben wuͤrden. Und dennoch erſtrecken ſich die durch menſchliche Kunſt dargeſtellten Formen lediglich auf die aͤu— ßerliche Geſtalt, während man im Innern die cryſtalliniſche Structur des Metalls noch wahrnimmt. Bei der Bildung lebender Koͤrper iſt dieß nicht der Fall. Nimmt man, z. B. das winzigſte Fragment eines Zahns oder Knochens, und un— terſucht man es unter dem ſtaͤrkſten Vergroͤßerungsglaſe, ſo findet man darin keineswegs Cryſtalle von phosphorſaurem Kalke, ſondern nur ſolche Formen, wie fie dem Beduͤrfniſſe des Koͤrpers entſprechen. Wir erlangen vielleicht einſt Ver— groͤßerungsapparate, zu denen ſich unſere jetzigen beſten Mi: kroſcope ungefaͤhr verhalten, wie einfache Linſen zu ihnen ſelbſt; allein ein Mikroſcop, welches uns die geheimſten Ab— ſichten der Schoͤpfungskraft im lebenden Koͤrper erkennen laͤßt, dürfen wir eben fo wenig zu erlangen hoffen, als ein Teleſcop, welches uns die Graͤnze des Weltalls vor die Augen bringt. Dieſe Art von Speculationen wird ſich je— doch des Beifalls der electro-galvaniſchen Schulen wenig erfreuen. §. J. Abweiſung der angeblichen Analogie zwiſchen der generatio aequivoca und der eigentlichen Zeugung. Den genannten Schulen wer— den dergleichen Betrachtungen als eine bloße Aufwaͤrmung alter, außer Curs geſetzter Theorieen in Betreff des nisus formativus, der Lebenskraͤfte u. ſ. w. erſcheinen Allein, wenn diejenigen auch irrten, welche die Lebenskraͤfte für ei: nen deus ex machina hielten, den fie beliebig zu Huͤlfe 14 zii rufen konnten, ſtatt den tiefen Gruͤnden der Eeſcheinungen an lebenden Korpern nachzuforſchen, fo befinden ſich doch die neuen Schulen ſicher eben fo weit vom Ziele. Sa mei: nem Däniſchen Handbuche der Phyſiologie habe ich das Weſen dieſer einander in den Haaren liegenden Schulen durch eine Erzaͤhlung anſchaulich zu michen geſucht, deren Mittheilung hier nicht unpaſſend ſeyn duͤrfte. Man denke fih eine Inſel von Menſchen bewohnt, die von der eigentli— chen Schifffahrt nicht den geringſten Begriff haben, wie werden dieſelben urtheilen, wenn ſich ihrer Küft: das erſte Schiff nähert? Manche dürften ausrufen: „Es muß ein Zauberer darauf ſeyn, dem Wind und Wollen nichts anhaben koͤn— nen! Wie ganz anders bewegt ſich dieſes Fahrzeug, als unſere Kanoes! Eben war es dicht an den gefaͤhrlichſten Klippen, aber es machte eine geſchickte Wendung und ent— ging ihnen.“ Hierauf duͤrfte ein Anderer entgegnen: „Du redeſt baaren Unſinn; der ganze Unterſchied liegt auf der Hand; das Seegel und das Schiff drehten ſich, und ſo wirkten Wind und Wellen in einer andern Richtung auf daſſelbe ein.“ Befaͤnden ſich Mathematiker auf der Jaſel, ſo wuͤrden ſie wohl mathematiſche Beweiſe dafuͤr beibringen, daß die ganze Erſcheinung mit allgemein guͤltigen Geſetzen im Einklange ſey. Nichtsdeſtoweniger wuͤrden deren An— ſichten der vollen Begruͤndung entbehren, ſo lang ſie nicht erkannt haͤtten, daß das Geſchick des Steuermannes in die Bewegungen des Schiffes den gehoͤrigen Einklang bringt, und nicht weniger beſchraͤnkt iſt die Erklaͤrung der Erſchei— nungen am lebenden Koͤrper, nach welcher Alles auf die Ge— ſetze der Mechanik, Chemie und des Electro-Galvanismus zurüdgeführt werden ſoll, ohne daß dabei die Anweſenheit der Lebenskraft in Anſchlag gebracht wird. Noch einmal alſo, die Schwierigkeit der Nachweiſung der Analogie zwiſchen den Erſcheinungen der angeblichen generatio aequivoca und denen der eigentlichen Zeugung liegt nicht in der Verwickeltheit der Proceſſe, ſondern in der Harmonie der Structur, welche in Organismen von der ein— fachſten Structur durchaus eben ſo vollkommen ſeyn kann, als in andern und alſo hier, wie dort, das Walten eines regelnden Princips vorausſetzt. Die Hauptſchwierig— keit, die ſich der Zulaͤſſigkeit der gener atio aequivoca entgegenſtellt, liegt in dem Ur: ſprunge dieſes Princips. Da dieſes bei'm Zeugungs— proceſſe, wie bei der Entwickelung des Eies, vorhanden iſt, aber in einer Miſchung von Waſſer, Erde, Luft und Waͤr— meſtoff fehlt, ſo vermißt man eben diejenige Bedingung, auf die ſich jede Analogie zwiſchen einer ſolchen generatio aequivoca und dem gewöhnlichen Zeugungsproceffe ſtuͤtzen muͤßte. §. 5. Widerlegung der Erklarung der ge- ratio ae quivoca, infofern fie aus gebunde— nem Leben hervorgehen ſoll. „Allein die organiſche Materie,“ duͤrfte man ſagen, „kann ſehr wohl etwas von der Lebenskraft des Körpers enthalten, aus welchem ſie ſtammt, wie wir dieß nicht nur an den Eiern, ſondern auch an den Pfropfreiſern 1c. wahrnehmen.“ Allerdings; aber da aus 212 einem Hlinnereie nie etwas Anderes hervorgeht, als ein Kl: chelchen, und da aus einem Weidenzweige, der fortvegetirt, immer eine Weide wird, fo kann auch eine Maſſe organiſcher Materie, wenn ſie von dem Mutterkoͤrper noch einige Lebenskraft beibehalten bat, ſich nie in einen Organismus anderer Art umdil— den. Man wuͤrde ſich laͤcherlich machen, wenn man behauptete, aus einem Huͤhnereie laſſe ſich eine Schlange ausbruͤten, aus einem Weidenzweige ein Eichbaum ziehen; aber iſt es ver— nuͤnftiger an zunehmen, daß aus einem Stud Rindfleiſch ein Volvox globator entſtehen koͤnne? Aus welchem Grunde haͤtte eine ſolche Annahme mehr Wahrſcheinlichkeit fuͤr ſich? oder weßhalb wuͤrde ſie in unſern Tagen von tieferer Kennt— niß der Naturgeſchichte zeugen, als vor Zeiten die Anſicht des Ariſtoteles, das die Aale aus Schlamm entſtaͤnden? Wir finden es ganz glaubhaft, wenn Trembley uns er— zahlt, er habe die Hydra in un;ählige Stuͤckchen zerſchnit— ten, und aus jedem ſey eine neue Hydra geworden. So merkwuͤrdig dieſe Beobachtung an ſich iſt, ſo ſteht ſie doch mit den allgemeinen Geſetzen der Reproduction oder der vi— talen Erſcheinungen überhaupt keineswegs im Widerſpruch. Allein, haͤtte er behauptet, aus dem einen Stuͤckchen ſey ein Wurm, aus dem andern eine Pflanze oder uͤberhaupt irgend etwas Anderes als eine Hydra entſtanden, ſo wuͤrden wir ihn fuͤr einen Traͤumer gehalten haben. Aber, wird man mir entgegnen, eine ſolche Verwandlung der Subſtanz eines Organismus in einen andern ganz verſchiedener Art iſt di— rect beobachtet worden. Hr. Turpin hat (Annales des Sciences nat. T. VIII.) geſehen, wie ſich die Milch— kuͤgelchen in eine beſtimmte eryptogamiſche Pflanze, das Pencillium glaueum, Linn. verwandelten, und eine ganz aͤhnliche Beobachtung hat Dutrochet gemacht, als er un: ter der Einwirkung des Galvanismus Muskelfaſern im Ei: weiß entſtehen ſah; ferner hat Hr. Croß ebenfalls durch Galvanismus Infuſorien *) erzeugt. Genaue Beobachtun— gen werden jedoch die Irrigkeit aller dieſer und aͤhnlicher Wahrnehmungen darthun. IV. Die große Fruchtbarkeit der Eingeweidewuͤr— mer ſteht mit der generatio aequivoca im Wider: ſpruche. — 9 1. Das characteriſtiſche Kenn: zeichen in der Structur der Eingeweidewuͤrmer beſteht in einer gewaltigen Entwickelung des Zeugungsapparats. Die außerordentlich zufammenger ſetzte Structur, ſowohl der Infuſionsthierchen, als der Eins geweidewuͤrmer, bildet, wie geſagt, einen Hauptgrund gegen deren generatio aequivoca, und wir haben hier noch hinzuzufügen, daß das auffallendfte Kennzeichen der Strue— tur der Eingeweidewuͤrmer dieſes Argument in Bezug auf die letztern doppelt gewichtig erſcheinen laͤßt. Dieſes hervor— ſtechendſte Merkmal in der zuſammengeſetzten Structur der Eingeweidewuͤrmer iſt die gewaltige Entwickelung ih— res Zeugungsapparates, und dieſe Thatſache allein dürfte die Frage hinſichtlich ihrer generatio aequivoca *) Eigentlich Milben: den Acarus botridus, Turpin. 2.3 entſcheiden. Wenn dieſe Würmer von felbft entſtehen, fo wird namlich der Zeugungsapparat ganz unnoͤthig, und wenn, z. B., ein Bandwurm von ſelbſt entſtehen kann, fo koͤnnen dieß alle. Dieß anzunehmen, waͤre am Conſequen— teſten, zumal da die Entbehrlichkeit eines Apparates deſſen Abweſenheit nicht bedingt, wie wir, z. B., Saugwarzen an maͤnnlichen Thieren und andere rudimentaͤre Organe finden, die gar keinen Zweck zu haben ſcheinen. Wenn dagegen die Eingeweidewuͤrmer ſich wie andere Thiere fortpflanzen, ſo muß es fuͤr ſie ungemeine Schwierigkeiten haben, an den ihnen angemeſſenen Aufenthaltsort zu gelangen. Es wird dieß ihnen nur in ſeltenen Faͤllen gelingen, und deßhalb iſt ihnen eben eine ungemein ſtarke Fortpflanzungsfaͤhigkeit noͤ— thig. Bei dieſer letztern Annahme haben wir alſo eine ſehr ſtarke Entwickelung des Zeugungsapparats zu erwarten, waͤh— rend wir bei der erſtern das Gegentheil zu finden ver— muthen müßten. Was lehrt uns nun die Beobachtung? Hieruͤber beſteht kein Zweifel. Nicht nur iſt das ganze Zeugungsſyſtem gewaltig entwickelt, ſondern daſſelbe herrſcht in dem Grade vor, daß die Anatomen öfters alle übrigen Organe uͤberſeben haben und manche Forſcher zweifelhaft waren, ob dieſer Zeugungsapparat wirklich Dasjenige ſey, wofuͤr man ihn erklaͤrte, wiewehl dieß gegenwaͤrtig vollkom— men feſtſteht. Ich will die eben beigebrachten Bemerkun— gen mit einigen Beiſpielen aus meiner eigenen Erfahrung belegen. $. 2. Erlaͤutert durch das Beiſpiel der As- caris lumbricoides. — Die aͤußern Zeugungsor— gane der Ascaris lumbricoides find von Herrn J. Clo— quet gut abgebildet worden; allein ihre innere Structur ſcheint bis jetzt nicht gehörig erforſcht worden zu ſeyn. Je— des der Hoͤrner der weiblichen Zeugungstheile beſteht aus mehreren Theilen, ven denen der eire, dem dünnen Ende zunaͤchſtliegende, das ovarium iſt; der mittlere Theil iſt ein oviductus, und das dickere Ende, welches ſich zur Bil— dung der gemeinſchaftlichen vagina mit dem des zweiten Mutterhorns verbindet, iſt der uterus. In der Axe des ovarium liegt eine Schnur, die wir die rachis nennen wollen, da die Eier, wie in den Bluͤthen von Plautago, kranzfoͤrmig um dieſelbe her geordnet find. *) Aber die Eier im ovarium beſitzen eine ganz andere Geſtalt, als die im uterus; fie find nämlich kegelfoͤrmig und ſitzen mit der Spitze an der rachis, waͤhrend die Baſis nach den aͤußern Wandungen zu gekehrt iſt. Die Zeichnungen von dieſen Theilen, welche Herr Cloquet in feiner Übrigens ſchoͤnen Monograr hie mitgetheilt bat, find ſehr unvollkemmen. Dr. Henle in Berlin hat dieſelben beobachtet und in ſeinem Artikel über die Branchiobdella in Muͤller's Archiv 1835 beſchrieben; allein obwohl er deren ſchoͤnes Bläschen (die vesicula Purkinjii) erkannt hat, fo hielt er fie doch nicht fuͤr Eier, wofür fie ſpaͤter Dr. Siebold in Bur— ) Für das nachſte Heft des Edinburgh new philosophical Journal ſind Abbildungen dieſer Theile verſprochen. Dieſelben ſollen nicht aus den Augen gelaſſen und geeigneten Falls für die N. Nolizen copirt werden. 214 dach's Phyſiologie J. e. anerkannte. Die Aehnlichkeit zwi— ſchen einem Eie und einer Urzelle kann wohl nicht leicht auffallender ſeyn, als in dieſem Falle. Mein Verſuch, die Zahl der Eier in einem einzigen Weibchen zu beſtimmen, gab folgendes Reſultat: Das freie Ende des ovarium hat nur u; Linie im Durchmeſſer. Der Queerdurchſchnitt des ovarium zeigt, daß die Zahl der um die rachis ge: ordneten Eier ſich ungefaͤhr auf 50 belaͤuft, und daß jedes etwa +45 Linien im Durchmeſſer haͤlt. In dem Raume von 1 Linie befinden ſich alſo 500 Kraͤnze, von denen jeder 50 Eier enthaͤlt, die alſo zuſammen 25,000 Eier beſitzen. Die Länge jedes Mutterhorns beträgt etwa 16 Fuß oder 2304 Linien, was für beide Hoͤrner 4608 Linien aus— trägt. Hätten die Eier alſo ſaͤmmtlich denſelben Durch— meſſer, fo würden deren 25,000 mal 4,608 ſeyn; da ſie aber vom ovarium nach dem uterus zu größer werden, bis fie zuletzt einen Durchmeſſer von 5 Linie erreichen, fo befinden ſich im uterus im Raume einer Linie nur 60 Kraͤnze oder 3,000 Eier. Nehmen wir nun an, daß die Eier nach der ganzen Laͤnge der weiblichen Zeugungstheile ebenmaͤßig an Durchmeſſer zunehmen, ſo berechnet ſich die Totalzahl derſelben durchſchnittlich zu 25.00043000 — 2 14,000 fuͤr die Linie und fuͤr den ganzen Zeugungsapparat zu 14,000 + 4,608, oder über 64,000,000, welche Frucht— barkeit nur von einigen Fiſchen erreicht wird. $. 3. Durch das des Strong ylus infle- xus. — Bei den übrigen Nematoidea find die weibli— chen Zeugungsorgane im Allgemeinen auf dieſelbe Weiſe eingerichtet und ſelten weniger complicirt. Ich will hier noch ein Beiſpiel, naͤmlich das des Strongylus infle- us, Rud., aufuͤhren. Dieſer Wurm iſt in den Bron— chien des Delphinus phocaena ungemein häufig anzus treffen und von Rudolphi (Hist. Verm. Vol. II. p. 1 und 227), von Creplin (Novae observationes de entozois, Bed. 1829, p. 17 — 19), ſowie von Dr. Craigie in Edinburgh (Edinb. Med. and Surg. Jour- nal, Vol. XXXVIII. p. 301 und 354, Edinburgh, 1832) beſchrieben worden. Der zuletztgenannte Forſcher hat in vielen Beziehungen die beſte Beſchreibung geliefert; allein der Vortheil, den die Wiſſenſchaft aus ſeinen Arbeiten hätte ziehen koͤnnen, ging großentheils verloren, weil er An— fangs das hintere Ende fuͤr das vordere anſah und deßhalb den Wurm fuͤr eine neue Species erklaͤrte. In einem nach— traͤglichen Artikel in demſelben Journale berichtigte er ſei— nen Irrthum; allein leider wurde dieſer zweite Artikel we— nig deachtet. In Deutſchland wurde nur der erſte Bericht (durch Froriep's Notizen, Bd. XXVI. S. 122), bekannt, und der laͤngſt bekannte Strongylus inflexus erhielt die ſehr zweideutige Benennung „Hakenwurm“, weß⸗ halb er leicht mit Hamularia verwechſelt werden konnte. Die von Dr. Craigie gelieferte Abbildung des hin: tern Endes des Weibchens iſt vortrefflich. Wir fuͤgen hin— zu, daß daſſelbe Ende des Maͤnnchens eine ſehr complicitte Structur beſitzt. Zwei dunkle * welche die Geſtalt 1 * 215 eines römiſchen S be'tzen, bilden den hornigen penis, und dieſelben waren in allen Fellen, wo ich fie beobachtete, in den Leib hineingezogen. Die Natur der beiden runden au: genähnlichen Körper konnte ich nicht ermitteln. Dieſe bei⸗ den Hoͤrner dienen, meines Erachtens, dazu, das Weib⸗ chen bei der Begattung zu faſſen; ihre Geſtalt erinnerte mich an die Beine mancher altmodiſchen Sorgeſtuͤhle; ſie ſind in fluͤgelartige durchſcheinende Membranen eingeſchloſſen, und ähnliche Membranen bedecken den ganzen benachbarten Theil des Koͤrpers. Dieſe weiblichen Wuͤrmer bieten, im friſchen Zuſtande, ein ſehr ſchoͤnes Anſehen dar, da die weiße Farbe der Hörner des uterus, welche roſenkranzartig geſtaltet find, febr ſtark gegen den ſchwarzen Magen und Darmcanal ab: ftechen. *) Von den Ovarien führen ſehr enge Oviducte in dieſe Mutterhoͤrner. Die innere Structur dieſer weibli— chen Geſchlechtstheile iſt genau dieſelbe, wie bei Ascaris lumbricoides, doch mit dem Unterſchiede, daß ſich die Jungen waͤhrend des Durchgangs der Eier durch die Eier— leiter und den uterus in denſelben entwickeln. Wenn man dieſe Theile an verſchiedenen Stellen anſticht, ſo treten die Eier mit den Jungen in verſchiedenen Stadien der Ent— wickelung heraus. 1. 4 Durch das von Bothriocephalus latus und punctatus. Beim Weibchen des Bo- thriocephalus latus ſind die weiblichen Organe auf fol: gende Weiſe gebildet, woruͤber ich mich in meiner obener— wähnten Abhandlung weiter verbreitet habe. In jedem Ge— lenke oder Gliede findet ſich ein uterus, der gemeiniglich fuͤr ein ovarium ausgegeben wird und ſich in eine cylin— driſche Röhre auseinanderrollen läßt, die nach dem Kopfe zu weiter und nach dem andern Ende zu ungemein eng iſt. Er beſteht aus zwei Membranen, einer aͤußern, harten und einer innern, ſehr duͤnnen. Auf der aͤußern liegen weiße Körperchen, welche die zur Secretion der Eierſchaalen dienen— den Drüfen zu ſeyn ſcheinen. Das eigentliche ovarium iſt eine große, aus Canaͤlen, in denen die kleinen Dottern reihenweiſe liegen, beſtehende Druͤſe, die zu beiden Seiten des uterus in der Naͤhe des hintern Endes deſſelben liegt. Außer dieſen Druͤſen finden ſich eine große Anzahl gelber Druͤſen, in jedem Gliede 1200, dicht unter der Haut der ſeitlichen Theile. In den Gliedern, welche am weiteſten vom Kopfe abſtehen, und wo die Eier in das letzte Stadium ihrer Entwickelung getreten find, füllen ſich dieſe Druͤſen mit einer dicken gelben Materie, welche ſich in ein ſchoͤn veraͤſteltes Syſtem von Canälen ergießt, die ſich ihrerſeits an einer gewiſſen Stelle in den uterus entleeren. Es wurde mich hier zu weit führen, wenn ich nochmals die ganze Reihe von Beobachtungen mittheilen wollte, welche mich zu dem Schluſſe führten, daß dieſe 1200 Druͤſen in jedem der Tauſend Glieder keine andere Beſtimmung haben, ) Die ſchwarze Färbung rührt nicht von den darin enthaltenen Stoffen, ſondern von der Leber her, welche nach der ganzen Länge des Nahrungsſchlauches zwiſchen deſſen Wandungen liegt. Oxus, 216 als um die Eier eine Cruſte zu bilden, vermoͤge deren die— ſelben nicht einzeln, fondern, nachdem der uterus und das Glied zerplatzt find, in harten eylindriſchen Maſſen ausge— leert werden. Auf dieſe Weiſe erklaͤrt ſich die merkwuͤrdige Thatſache, daß ein Thier, welches Millionen von Eiern producirt, mehrentheils einzeln angetroffen wird, in einer genuͤgenden Art, (Fortſetzung folgt.) Mise Das Vaterland des zahmen Pferdes nimmt Herr Obr. Smith, in feiner Natural History of Horses, in Hoch— Aſien, etwa unter'm vierzigſten Breitengrade, an; der Ebene, aus welcher reitende und karrenführende Nomaden unaufhoͤrlich hervorgekommen und offenbar ſchon vor unſerer hiſtoriſchen Zeit— rechnung vorgedrungen ſind, „ſo daß (von Central-Aſien nörds lich, weſtlich und ſudtich, Bactrien eingeſchloſſen,) das Thal des das nördliche Wien, Khoraſſan und wahrſcheinlich ganz Europa die großen urſprünglichen Wohnplaͤtze des Pferdes ab— gaben. Weit nach Norden hin hat die Art keine nahen Verwand— ten; aber bald zeigt ſich der Hemionus als fein Gefaͤhrte; und weiter nach Süden erſtreckt ſich der wilde Eſel queer über den Indus, bis zum Bramaputra, und weſtlich nach Africa, weit hinauf zu den Ufern des Bahar el Abiad und weiter nach dem Atbara. Es finden ſich noch andere Verwandte dieſſeits des Als quators, aber ſie ſind nicht hinlaͤnglich bekannt und ihr Aufenthalt nicht genau beſtimmt.“ — Herr Smith iſt geneigt zu glau— ben, daß die Nationen, welche zuerſt Roſſe zaͤhmten, immer ihre eigene Race von den in ihrer Naͤhe lebenden wilden Heerden genommen haͤtten, indem er in den von den Dichtern und Hiſto— rikern des Atterthums hinterlaſſenen Beſchreibungen die Gleich— förmigfeit der Farben und Charactere erkennt, wie fie an den Urheerden wahrgenommen find, wie z. B., die geſchaͤckte Va— rietät in den Centralgebirgen von Mittel- Aſien, die dunkel⸗ braune ſuͤdlich von den Ufe:n des Jyhoun oder Jaxartes, die ſchwarz— braune (dun) mehr weſtlich bis zum Caſpiſchen Meere, die weiße am nördlichen Ufer des Euxinus und die rußfarbene und ſchwarze in Europa. „Wir finden,“ bemerkt Herr Smith, „unter dieſen Racen einige, die immer mit zwei Farben wolkenartig gefleckt (elouded), andere, welche ſtets längs des Rückgrats mit einem ſchwarzen Strich gezeichnet ſind, andere queergeſtreift an den Gelenken und mit dunkeln oder ſchwarzen Extremitaͤten, und wiederum andere, bei denen runde Flecken, meiſt heller als die Grundfarbe, vorkommen: entweder braun, oder dunkelaſchfarben, oder grau; die Ausdauer die— fer Unterſchiede, welche ſelbſt in unſeren Zeiten nicht untergegan— gen find, nach mehr als dreitauſendjaͤhriger fortwaͤhrender Kreuz ung, liefern ein anderes und ſtarkes Argument zu Gunſten einer urſpruͤnglichen Differenz der Species in der einfachen Form des zahmen Pferdes.“ Ueber die Erhebung der noͤrdlichen Kuͤſtenſtrecken an der Dftfee geben die, in einem Finnlaͤndiſchen Blatte enthal— tenen, Mittheilungen uͤber die Reſultate der, von dem Ruſſiſchen Marine-Capitaäͤn Reimers vorgenommenen, Meſſungen am Finni⸗ ſchen Meerbuſen einen neuen Beweis. Herr R., welcher die Älteren Waſſerzeichen im Finniſchen und Bothniſchen Meerbuſen im Allger meinen für unzuverläſſig anſieht, erklärt, daß die Mittelhöhe des Waſſers bei St. Petersburg jetzt 2, bei Kronſtadt 7, bei Reval 2} und bei Sveaborg 8! Zoll ſeichter, als vor funfzehn Jahren ſey, und nach den, um das Jahr 1800 in den Klippen angebrachten Zeichen, am letztgenannten Orte um ungefaͤhr 10 Zoll niedriger, als vor vierzig Jahren. Ein bei Hangoͤudd 1754 eingehauenes Zeichen ergiebt, daß dort die Erhoͤhung in dieſen ſechsundachtzig Jahren nur 9 Zoll betragen habe. Herr R. hat dafuͤr geſorgt, daß die Beobachtungen in Zukunft genauer werden; denn er hat an funfzehn verſchiedenen Orten der Kuͤſte des Finniſchen Meerbus 217 ſens, von Aland bis St. Petersburg, die Mittelhöhe des Waſſers in den Sommermonaten nach den genaueſten Beobachtungen be— zeichnet und dieſe Orte auf einer Karte bemerkt. Auch die Ufer an den groͤßeren Binnenſeen Finnland's haben ſich in der letzten Zeit bedeutend erhoͤht. 218 Ein magetiſches Obſervatorium iſt zu Hitta, in den Nuſſiſy-Americaniſchen Colonieen, errichtet worden. Die Kaifers liche Academie der Wiſſenſchaften zu St. Petersburg iſt die Veran— laffung dazu, und hat den Beobachter ernannt und mit Inftructios nen ausgeftattet. Bericht der zur Unterſuchung des Werthes der Knochengallerte eingeſetzten Commiſſion an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften. (Fortſetzung.) Zu dieſem Ende unterwarf er u. A. zwei Hunde, welche rüds ſichtlich des Alters, des Gewichts und des guten Geſundheitszuſtan— des die größtmögliche Aehnlichkeit darbeten, einer Reihe von ver— gleichenden Verſuchen. Der eine wurde mit einer Suppe gefüttert, zu der eine beſtimmte Menge Weißbrodt und Bouillon von der Hollaͤndiſchen Geſellſchaft genommen werden war; der andere mit einer Suppe, welche man aus derſelben Quantitaͤt Weißbrodt und Bouillon aus dem Hoſpitale des heil. Ludwig bereitet hatte. Jeden Tag pruͤfte man genau, welchen Einfluß dieſe Fütterung auf 5 Gewicht und die organiſche Functionen der beiden Hunde ußerte. Wir laſſen hier einige dieſer Experimente nebſt ihren Reſulta— ten folgen: Ein Hund, den wir mit Nr. 1 bezeichnen, wog 8,250 Kilogr. und ward mit einer Suppe gefuͤttert, die aus 250 Grammen Weiß— brodt und 1 Liter von der mit Gallertauflöfung bereiteten Bouillon des Hoſpitals des heil. Ludwig beſtand. Der Hund blieb 56 Tage lang geſund, wog dann aber nur noch 7,15 Kilogramm, hatte alfo bei dieſer Diät binnen 56 Tagen 1,235 Kilogramm an Gewicht eingebuͤßt. Man ließ nun an die Stelle des Liters Bouillon aus dem ge— nannten Hoſpitale 1 Liter von Bouillon der Hollaͤndiſchen Geſell— ſchaft treten; der Brodtzuſatz blieb derſelbe, nämlich 250 Grammen taglich. Am einhundert und elften Tage des Verſuchs oder am fuͤnf und funfzigſten der neuen Diaͤt befand ſich das Thier wobl, wog 7 90 Kilogr. und hatte alſo 90 Grammen (0,75 Kilogr. ?) an Gewicht gewonnen. Ein Hund, den wir mit Nr. 2 bezeichnen und der 6,50 Kilo⸗ gramm wog, wurde mit einer Suppe gefüttert, die aus 1 Liter Bouillon von der Hollaͤndiſchen Geſellſchaft und 250 Grammen Brodt beſtand. Am ſechsundſunfzigſten Tage hatte ſich deſſen Ge: wicht um 15 Grammen vermehrt. Man gab ihm nun Suppe zu freſſen, die aus 1 Liter Bouillon aus dem Hoſpitale des heil. Lud— wig und 250 Grammen Brodt bereitet war. Am einhundertelften Tage des Verſuchs oder am fuͤnfundfunfzigſten der neuen Diaͤt wog das Thier nur noch 6,15 Kilogramm. Er hatte alſo 40 Grams men an Schwere verloren. Nun folgen Verſuche, bei welchem weniger Brodt gefüttert wurde, damit die Wirkungen der Bouillon ſich deutlicher heraus: ſtellen möchten. Der Hund Nr. 3 wiegt 3 75 Kilogramm und erhält taͤglich: Bouillon von der Hollaͤndiſchen Geſellſchaft 1 Liter. Brodt t 2 2 5 8 120 Grammen. Am ſiebenzehnten Tage wog das Thier 3,60 Kilogramm, batte alfo 15 Grammen verloren. Nun ward folgende Fütterung angewandt: Bouillon aus dem Hoſpitale des heil, Ludwig 1 Liter Brodt . . . . . 0 120 Grammen. Nee, Der Hund wog am einundvierzigſten Tage 3 75 Kilogr., hatte alſo ſein urſpruͤngliches Gewicht wiedergewonnen. Der Hund Nr. 4 wog 4 Kilogrammen und erhielt taglich: Bouillon aus dem Hoſpitale des heil. Ludwig 1 Liter. Brodt . 1 5 2 . 120 Grammen. Am ſiebenzehnten Tage betrug das Gewicht des Thieres nur noch 3,80 Kilogramm, es hatte alfo 20 Grammen verloren. Nun erhielt es täglich: Bouillon von der Hollaͤndiſchen Geſellſchaft 1 Liter. Brodt h - . . 5 b 120 Grammen. Am einundvierzigſten Tage wog der Hund 4,50 Kilegr., fo daß er 50 Grammen uͤber ſein urſpruͤngliches Gewicht erlangt hatte und um 70 Grammen ſchwerer war, als nach der Fütterung mit Gallertſuppe. Nach dieſen Beiſpielen, die wir ihrer Einfachheit wegen aus— gewählt haben, ſieht man, daß der, wenngleich unbedeutende (s), Vortheil ſtets auf der von der Hollaͤndiſchen Geſellſchaft mit ſo großer Sorgfalt bereiteten Fleiſchbruͤhe war, waͤhrend die Bouillon aus dem Hoſpitale des heil. Ludwig, zu der auch gutes Fleiſch ge— nommen wird, das aber in Gallertauflöfung gekocht wird, durchges hends im Nachtheil war '). Ueberdieß ergab ſich die wichtige Thatſache, daß in mehreren Fällen Hunde, die man mit Bouillon von der Hollaͤndiſchen Geſell⸗ ſchoft oder mit folder aus dem Hoſpitale des heil. Ludwig und einem Brodtzuſatze von bis 880 Grammen täglich fütterte, nicht in hinreichendem Grade genaͤhrt wurden, fondern unter allen Sym⸗ ptomen der Erſchoͤpfung crepirten, obwohl man vor Beendigung des Verſuchs ihnen anderes Futter, namentlich Fleiſch, reichte. Hiermit haͤtten wir einen moͤglich kurzgefaßten Bericht uͤber die zahlreichen Verſuche abgelegt, denen ſich die Commiſſion unter— zogen hat, um die Nahrhaftigkeit der Gallerte zu unterfuchen. Wir koͤnnen oder muͤſſen vielmehr aus denſelben folgern, daß, wenn man auch ohne Schaden eine gewiſſe Quantität Knochengal— lerte mit den Nahrungsmitteln vermiſchen kann, dieſe Quantität doch ein beſtimmtes Verhaͤltniß nicht uͤberſteigen darf, wenn nicht nachtheilige Folgen, namentlich cin unbeſiegbarer Widerwille, entſte⸗ hen ſollen, fo daß die Thiere lieber verhungern, als daß fie ein ih— nen ſo ſehr widerſtehendes Futter anruͤhrten. Die auffallende Uebereinſtimmung, welche zwiſchen den von uns und den von unſern Vorgaͤngern erlangten Reſultaten ſtattfindet, geſtattet alſo nicht, die ſchmeichelhaften Hoffnungen zu theiten, wel— che gewiſſe Menſchenfreunde zu verſchiedenen Zeiten rüͤckſichtlich der aus den Knochen zu gewinnenden geſunden Nahrungsſtoffe gehegt haben. Verſuche mit dem Knochenparenchym. Bei allen im Vorſtebendem erwähnten Verſuchen bandelte es ſich durchgehends um die eigentliche Gal lerte, welche durch die Eins „) Bei dem mit dem Hunde Nr. 3 angeſtellten Verſuche muß folglich zuerſt Hofpitals und zuletzt holländiſche Beuillon ge⸗ fuͤttert worden und im Bericht durch einen Schreibfehler eine Verwechſelung vorgegangen ſeyn. D. Ueberſ. 219 wirkung des Waffers und der Wärme aus gewiſſen Theilen des thieri⸗ ſchen Körpers ausgezogen wird. Von Intereſſe würde es unſtreitig ges weſen ſeyn, wenn man auch in Betreff der Chondrine vergleichende Verſuche angeſtellt hätte; allein einestheils iſt dieſe Subſtanz, nicht leicht zu erlangen, und anderntheils bedarf dieſelbe auch wohl noch einer nähern chemiſchen Pruͤfung, bevor ſich mit derſelben fuͤglich Verſuche in Betreff der Nahrhaftigkeit anſtellen laſſen. Wir haͤt— ten auch die Gallerte unterſuchen koͤnnen, welche durch zu ſtarke Hitze oder durch die Einwirkung der atmoſphaͤriſchen Luft die Faͤ⸗ higkeit, zu coaguliren oder Gelée zu bilden, verloren hat; allein der ekelhafte Geruch und Geſchmack dieſer fyrupactigen Gallerte ver— bieten deren Anwendung als Nahrungsmittel von ſelbſt, daher wir nicht fuͤr geeignet hielten, Verſuche mit derſelben anzuſtellen, deren Nuͤtzlichkeit nicht abzuſehen geweſen waͤre. Anders verhielt es ſich mit den Knochen und der organiſchen Materie, welche deren Parenchym bildet; es war von Intereſſe, zu ermitteln, ob dieſe Stoffe gut oder ſchlecht naͤhrten. In dieſer Asſicht verſchafften wir uns in der Anſtalt auf der Sch vaneninſel (Ile des Cygnes) Knochen, die mittelſt Salzläure ihres phosphorſauren und kohlenſauren Kalkes beraubt worden was ren. Wenn die Knochen fo nur noch aus ihrem organiſchen Pa— ren hym beſtehen, find fie halbdurchſichtig, biegſam, elaſtiſch; fie riechen wie Fett und ſühmecken fauer, was von dem chemiſchen Proceſſe herruͤhrt, der fie eines großen Theils ihrer Kalkſalze be— raubt hat. Dieſe Producte, welche min zuſammen mit dem Namen Speiſegallerte belegt, find indeß zweierlei Art. Die eine Art wird aus Rinds- und S hoͤpſenkoͤpfen bereitet und loͤſ't ſich in kochendem Waſſer faſt ganz auf; der Fettgeruch iſt bei ihr nicht ſehr hervor— ſtehend. Die andere fabricirt man aus Shoͤpſenfuͤßen, fie iſt un— durchſichtiger, als die erſtere und enthaͤlt offenbar eine gewiſſe Quantität Fett. Mehrere Hunde, denen man dieſe beiden Arten von präparirten Knochen vorwarf, fraßen mehrere Tage die eine fo gern, wie die andere; allein nach fünf bis ſechs Tagen machten fie zwiſchen bei⸗ den einen ſehr merklichen Unterſchied, indem ſie von den Kopfkno— chen nicht mehr fraßen und wir die Fuͤtterunz mit dieſen aufgeben mußten. Dagegen fraßen die Hunde, die wir mit Fußknochen fuͤt— terten, von denſelben einen Monat lang taͤglich 250 Grammen, ohne je den geringſten Widerwillen dagegen zu zeigen; vielmehr verſchlangen ſie dieſes Futter jeden Morgen mit ſichtbarem Appetit. Wihrend dieſes Zeitraums befanden ſich die Thiere unausge— ſetzt wohl, lebhaft und muntrr und ihre Verdauung war regelmaͤ— ßig; indeß erlitten fie doch eine geringe Gewichtsverminderung, wo— raus ſich ergab, daß ihre Ernaͤhrung nicht vollſtaͤndig war, und nah Verlauf eines Monats ſtellten ſich auch unzweideutige Zeichen der Abneigung gegen die Fußknochen und Symptome von Erſchoͤ— pfung ein. Wir mußten uns alſo mit dem Reſultate begnuͤgen, daß das Parenchym der Fußknochen der Schoͤpſe einen ganzen Mo— nat lang zur Ernaͤhrung der Hunde hingereicht hatte. So merkwuͤrdig dieſes Reſultat auch war, ſo bot es doch nichts Befremdendes dar. Bekanntlich zermalmen die größern fleiſchfreſſenden Thiere, namentlich auch der Hund die ſchwammi— gen Knochen mit den Zaͤhnen, fuͤhren ſie ſo in ihre Verdauungs— wege und werfen die Kalkſalze faſt ohne allen Zuſatz durch den After aus. Beſeitigt man nun mittelſt einer Säure den phosphor— fauren und kohlenſauren Kalk der Knochen, fo iſt dieß nur eine Art von Zubereitung, die, wie bei andern Speiſen, dieſelben leich— ter zu kauen und zu verdauen macht. Weniger in die Augen ſpringend war der Grund, weßhalb die Hunde einen ganzen Monat lang die praͤparirten Fußknochen der S hoͤpſe fraßen, während ſie ſchon nach einigen Tagen die eben: falls ihrer ſaliniſchen oder erdigen Theile beraubten Kopfknochen des Rindes und Schafes liegen ließen. Un dieſen ſonderbaren Umſtand einigermaßen aufzuklären, un: terwarfen wir beide Sorten praͤparirter Knochen der chemiſchen Analyſe, wobei ſich ergab, daß 100 Theile von den Fußknochen be— ſtanden aus: 220 Waſſer 0 > 4 2 x 47,22 Fett . - . . . 8785 Gallerte bildenden Stoff 8 8 17,30 phosphorſauren Erden 3 5 12,42 unaufloͤslichem thieriſchen Stoff . 17751 100,00 Wogegen 100 Theile von den Kopfknochen des Rindes oder Schafes enthielten: Waſſer 0 0 a 8 . 22,87 Fett . . . . . 11,54 Gallerte bildenden Stoff 8 . 27,99 phosphorſaure Erden . 5 © 32,77 unaufloͤslichen thieriſchen Stoff „ 88 100,00 Die Subſtanz, gegen welche die Hunde fruͤher eine Abneigung bekamen, als gegen die andere, enthält alfo mehr Fett, Gallerte und Salze, wie die, welche ſie eine längere Zeit über gerne freſſen. Letztere dagegen enthält mehr Waſſer und in'sbeſondere mehr uns aufloͤsliche thieriſche Stoffe, als jene. Hat man nun von der Uns weſenheit dieſer größern Menge unaufloͤslichen anſmaliſchen Stoffes den Umſtand herzuleiten, daß die Hunde die Fußknochen lieber freſ— ſen, als die Kopfknochen? Dieß iſt wahrſcheinlich, aber fuͤr ſtreng erwieſen kann es bis jetzt noch nicht gelten. Nichtsdeſtoweniger beſteht das Schoͤpſenfußknochen-Parenchym, welches die Hunde gern freſſen und von dem allein ſie ſich einen ganzen Monat lang naͤhren koͤnnen, zum Theil aus erganiſchem Stoffe, der ſich leicht in Gallerte verwandelt. Es handelte ſich nun darum, in Erfahrung zu bringen, ob dieſer Stoff, nachdem er dieſe Umbildung erlitten, feine vorübergehenden Eigenſchaften noch in demſelben Grade beibehaͤlt. Wir ließen alſo in heißem, aber nicht kochendem Waſſer eine Quantität praͤparirte Schoͤpſenfußknochen maceriren und verſchaff— ten uns ſo eine ziemlich feſte Gallerte, der man ihren Urſprung noch ein Wenig anroch und anſchmeckte, und deren Oberflaͤche mit einer ſchaumigen, offenbar fettigen Lage uͤberzogen war. Mit dieſer Gallerte fuͤtterten wir mehrere Hunde, und unter dieſen die Exemplare, welche fruͤher mit praͤparirten Schoͤpſenfuß— knochen ernährt worden waren. An den bei dieſer Koſt gehalte— nen Thieren offer barten ſich bald alle Kennzeichen der Erſchoͤpfung, fo daß ſie an vollſtaͤndigem Marasmus crep'rten. Beiſpielsweiſe wollen wir einen Hund anführen, der ſich einen Monat lang bei der Fütterung mit praͤparirten Schoͤpſenfußkno— chen wohlbefunden hatte. Nachdem er zehn Tage lang die aus denſelben Knochen bereitete Gallerte gefreſſen hatte, war ſein Ge— wicht um 500 Grommen geringer geworden, und fein ganzes Aus ßere hatte ſich hoͤchſt unguͤnſtig verändert. Seine Lebhaftigkeit war verſchwunden; er konnte ſich kaum auf den Beinen erhalten; ſeine Augen waren truͤbe, ſein Haar ſtruppig; er verbreitete einen aas— artigen Geſtank und litt unaufhoͤrlich an Durchfall. Dieſer Zu— ftand verſchlimmerte ſich in den folgenden Tagen noch, und am dreizehnten des Verſuchs ſtarb das Thier im Zuſtande der groͤßten Abmagerung, wiewohl es bis zuletzt von der Gallerte gefreſſen hatte. Andere Hunde, welche gleich von vorne herein mit dieſer Gal— lerte gefüttert wurden und fo viel davon erhielten, als fie freſſen wollten, lebten bei dieſer Diät nicht länger als zwanzig Tage. Im Laufe dieſer Verfuhe fiel uns der eigenthuͤmliche Umſtand auf, daß die Hunde den fetten Schaum auf der Oberflaͤche der Gallerte und die unmittelbar unter demſelben befindliche Schicht der letztern entfihieden lieber fraßen, als die tiefer gegen den Bo: 175 des Gefaͤßes befindliche Gallerte, welche nicht nach Fett meckte. Die Fußknochen der Schaafe verdanken alſo ihre Nahrbaftig + keit nicht lediglich ihrem Gehalt an Fett und Kalkſalzen, ſondern wahrſcheinlich großentheils ihrem organiſchen Parenchym. Auf dieſe Weiſe gelangten wir durch mehrere Verſuche zur Kenntniß eines neuen Elementes, welches bei der Hauptfrage der Ernaͤhrung zu beruͤckſichtigen iſt und uns zu fernern Unterſuchungen veranlaßte, deren Reſultate wir mitzutheilen haben. 221 um uns über deſſen Einfluß nähere Aufſchluͤſſe zu verſchaffen, beſchloſſen wir, mit den Kao cen ſelbſt zu experimentiren, indem, wenn letztere die Ernährung der Hunde vollſtaͤndig bewirken konnz ten, darin ein neuer Beweis fuͤr den Satz lag, daß der organiſche Zuftand der Nahrungsſtoffe deren Naͤhrhafkigkeit weſentlich mit bedingt. Zu dieſem Ende fuͤtterten wir Hunde ausſchließlich mit Kno— chen und Waſſer; indem wir einigen die Knochen roh und ſo viel als moͤglich von allem Fleiſche gefäubert, andern gekocht, d. h., von ihren ſaͤmmtlichen weichen Theilen und einem Theile ihres Fettes entbloͤßt, gaben. Die Reſultate dieſer Verſuche ſtellten ſich folgendermaaßen heraus: Die Hunde, welche mit rohen Knochen gefuͤttert wurden, be— fanden ſich bei dieſer Koſt vollkommen wohl, indem drei Monate lang nicht nur ihre organiſchen Functionen voͤllig in der Ordnung blieben, ſendern die Thiere auch nicht an Gewicht einbuͤßten. Mit den Hunden, die wir mit gekochten Knochen fütterten, verhielt ſich die Sache anders. Zwei Monate, nachdem ſie dieſe Koſt fortwaͤhrend erhalten hatten, crepirten ſie mit allen Kennzei— chen vollſtaͤndiger Erſchoͤpfung und Abmagerung. Der Schluß, der ſich aus dieſen Experimenten ohne Weiteres zie— hen läßt, iſt, daß der Zuſtand der Organiſation an ſich der Materie die volle Nahrungsfähigkeit nicht ertheilt, ſondern daß dieſe in der Länge der Zeit nur dann ſtattfindet, wenn andere Bedingungen hin— zutreten. Um dieſer Folgerung jedoch ihren ganzen wuͤnſchenswerthen Gehalt zu geben, war die Vervielfältigung der Verſuche in Betreff der verſchiedenen thieriſchen Gewebe, aus denen man gewoͤhnlich Gallerte fabricirt, und der verſchiedenen Leimſorten noͤthig. Zu dem Ende ſtellten wir mehrere Reihen von Verſuchen an. Experimente in Betreff der Sehnen. Die erſte Reihe dieſer Verſuche hatte die Sehnen zum Gegen— Bart, die zweite die Knorpel und das rohe, fo wie gegerbte eder. Vor der Hand koͤnnen wir nur die Reſultate in Betreff der Sehnen darlegen, da die andern Verſuche noch nicht vollendet ſind 1 deßhalb in einem nachtraͤglichen Bericht eroͤrtert werden muͤſſen. Die Quinteſſenz unſerer Forſchungen ruͤckſichtlich der naͤhren— den Eigenſchaften der Sehnen iſt in folgender Beobachtung enthal— ten, welche alles Triftige, was wir uͤber dieſen Punct in Erfah— rung gebracht haben, in ſich ſchließt. Vom 23. März d. J. an ward ein erwachſener, 16,300 Ki: logr. wiegender Hund mit nichts als Ochſenſehnen und Waſſer ge⸗ füttert. Er erhielt von beiden, fo viel er mochte und jeden Mor— gen friſches Futter. Dien erſten Tag fraß das Thier 13 Kilogrammen Sehnen, die ihm zu behagen ſchienen. Vom 10. April an aber zeigte er gegen dieſes Futter Abneigung, ruͤhrte daſſelbe kaum mehr an, und vom 15. April an wies er es vollſtaͤndig zuruck. Damals, am dreis undzwanzigſten Tage des Verſuchs, hatte er 1,800 Kilogr. an Schwere eingebuͤßt, und außerdem offenbarten ſich an ihm deutliche Zeichen von Erſchoͤpfung. Man gab ihm nun anderes Futter, namlich taglich 2 Kilogr. rohe Knochen, die er gierig fraß, und die ihm bald fein fruͤheres Wohlbefinden und feine vorige Kraft wiederverſchafften. Am 12. Mai hatte er 1 Kilogr. an Schwere gewonnen, und er fuhr fort, ſeine Knochen gern zu freſſen und ſich geſund zu befinden. Die Sehnen koͤnnen alſo, ſo wenig als das Parenchym der Ben, für ſich die Ernährung längere Zeit über vollftändig ewirken. Verſuche über die naͤhrenden Eigenſchaften des Eiweißſtoffes, des Faſerſtoffes (Fibrine) und anderer unmittelbaren thieriſchen Producte. Aus den vorſtehend mitgetheilten zahlreichen Verſuchen hat ſich zur Genuͤge herausgeſtellt, daß die Gallerte wenig oder nicht naͤhrt. 222 Allein hat man dieſe negative Eigenſchaft dieſer Subſtanz weſentlich zuzuſchreiben? Haben die unmittelbaren thieriſchen oder vegetabt— liſlen Preducte in dieſer Beziehung etwas vor ihr heraus? oder ſtehen ſie mit ihr auf gleicher Linie? Die Commiſſion beſchloß, Verſa he anzuſtellen, durch welche dieſe intereſſanten Fragen auf die eine oder die andere Weiſe erledigt werden koͤnnten. Hier ward j doch unſere Aufgabe ungemein umfangsreich; denn es kam nun darauf an, die ſaͤmmtlichen Verſuche, welche wir bereits in Betreff der Gallerte unternommen und beendigt hatten, rückſichtlich jedes dieſer unmittelbaren organiſchen Producte zu wiederholen. Aus den frühern Arbeiten eines Mitgliedes der Commiſſion hatte ſich bereits ergeben, daß ein Stoff für ſich ſelten die Ernah— rung vollftändig bewirken kann, und daß ein Thier bei ſolcher Diät dem Tode raſcher oder langſamer entgegengeht. Indeß entſchloſſen wir uns, alle auf dieſe Frage bezuͤglichen Umftände direct zu er— forſchen. Verſuche in Betreff des Eiweißſtoffes. Wir bedienten uns zuerſt des Eiweißſtoffes, welcher in mehr als einer Hinſicht mit dem Gallertſtoffe Aehnlichkeit hat. Uebri— gens finden zwiſchen beiden weſentliche Unterſchiede ſtatt. Die Gal: lerte iſt ein Kunſtproduct, während der Eiweißſtoff ganz fertig im thieriſchen Organismus, namentlich im Serum des Blutes, in dem der Lymphe ꝛc, vorkommt. Es ließ ſich alſo annehmen, daß eine ausſchließlich aus Eiweißſtoff beſtehende Diät, wenigſtens eine Zeit— lang, die Ernaͤhrung vollſtandig bewirken koͤnne. Es zeigte ſich jedoch, daß dieß nicht der Fall iſt. Wir verſuchten Hunde damit zu fuͤttern, ſahen uns aber bald genoͤthigt, unſer Vorhaben aukzugeben; denn mehrere derſelben, de— nen wir einige Tage hintereinander nichts als gekochtes oder rohes Eiweiß gaben, ruͤhrten daſſelbe kaum an und wuͤrden ſicherlich da— neben verhungert ſeyn. Vor dem unvermiſchten fluͤſſigen oder coagulirten Eiweiß hatten alſo die Hunde, wie vor der unvermiſchten Gallerte, offenbar ei— nen inſtinctartigen Widerwillen, den ſelbſt der heftigſte Hunger nicht beſiegen konnte *). Dieſe in Betreff des Eiweißſtoffes erlangten Reſultate erſchei⸗ nen allerdings befremdend; denn wenn das hartgekochte Eiweiß auch ſchwer zu verdauen iſt, fo läßt ſich ihm doch, wenigſtens nach der allgemein geltenden Anſicht, die Nahrhaftigkeit nicht abſprechen. Das fluͤſſige oder halbcoagulirte Eiweiß gilt ferner für eine leicht verdauliche, leicht aſſimilirbare und ſehr naͤhrende Speiſe. Und wirklich findet man im Eiweiß eine Menge der Verdauung foͤrder— liche Bedingungen vereinigt. Es iſt alkaliniſch, enthaͤlt Salze und in'sbeſondere Seeſalz in ziemlich bedeutender Menge; die animali⸗ ſche Materie iſt dieſelbe, wie die, welche man im Cbylus und im Blute findet; fie iſt darin fluͤſſig und coagulirt doch durch die Saͤu⸗ ren im Magen zu muͤrben Flocken; endlich enthält das Eiweiß ci» nige organiſirte Membranen, die bei der Verdauung eine nügliche, ja vielleicht unentbebrliche Rolle fpielen dürften. Aller dieſer triftigen Gruͤnde ungeachtet, wollen die Hunde kein Eiweiß freſſen. Wir werden weiter unten ſehen, wie ſich ein ſol⸗ ches Reſultat wenigſtens theilweiſe erklaren läßt, Vor der Hand begnuͤgen wir uns mit der Angabe des Reſultats der Beobachtung. Verſuche über die Nahrhaftigkeit des Faſerſtoffs (Fibrine). Dieſe Subſtanz ſteht in dem wohlverdienten Rufe, ganz vor⸗ zuͤglich naͤhrend zu ſeyn. Sie bildet ja faſt allein das Muskelfleiſch *) Da wir eine Menge Eidottern zu unſerer Verfügung befa« men, ſo verſuchten wir auch, ob ſich die Hunde von dieſen zu nähren Neigung haͤtten. Zu dieſem Zwecke reichten wir ges ſunden und hungrigen Hunden 12—14 hartgekochte Eidottern. Am erſten Tage wurden dieſelben mit einigen Zeichen von Widerwillen gefreſſen; am zweiten gab ſich die Abneigung deutlicher zu erkennen, und die Eidottern wurden nur theils weiſe gefreſſen; am vierten Tage endlich ruͤhrten die Hunde diefe Koſt nicht mehr an, obgleich fie in der That den wuͤ— thendſten Hunger hatten. 223 der Thiere, einen Hauptnahrungsartikel des Menſchen und der fleiſchfreſſenden Thiere. Wir machten uns deßhalb auf ganz an⸗ dere Reſultate gefaßt, als wir mit der Gallerte und dem Eiweiß erlangt hatten, welche unter keiner Bedingung ein vollſtaͤndiges Nahrungsmittel für die Thiere bilden Eönnen, Statt bei unfern erften Verſuchen Muskelfleiſch anzuwenden, in welchem die Fibrine mit Adern, Nerven und Zellgewebe verbunden iſt, nahmen wir lieber dieſe Subſtanz im unvermiſchten Zuſtande, naͤm⸗ lich den Faſerſtoff, wie ihn das Ochſenblut liefert. Er wurde forg- fältig gewaſchen und ausgedrücdt, um die übrigen Beſtandtheile des Blutes vollſtaͤndig davon abzuſcheiden, und noch feucht den Hunden verfuͤltert. Bei dieſen Verſuchen beobachteten wir, außer dem höchft merk— würdigen Hauptreſultate, mehrere intereſſante Nebenumſtaͤnde, die wir hier mittheilen wollen. (Fortſetzung folgt.) Nis ellen Aus der Geſchichte eines am 27. Marz bei einer rhachitiſchen Frau, „P atrice, zu Oiſſe au“ unternoms menen glüdlihen Kaiſerſchnitts, erzählt von Hrn. Dr. Godefroy zu Mayenne in dem Juniſtuͤcke des Journ. des connais- sances medico chirurgicales, pag. 245, hebe ich folgende Puncte aus: Hr. Dr. G. (nachdem er ſich den Weg durch die weiße Linie gebahnt hatte) ſchnitt die im ner fixirte Bärmutter, Schichte nach Schichte, langſam und in einer Strecke von fünf Zollen ein. „Als ich zu den letzten Faſern, welche den uterus bilden, gelangt war, erkannte ich leicht die placenta, welche an dem vordern Theile be— feſtigt war. Ich ſchonte fo viel wie moͤglich dieſes Organ, um allen Bluterguß zu vermeiden. Nachdem der Schnitt der Baͤrmutter beendigt war, loͤſ'te ich alſobald die placenta ab, welche ich, mit beiden Händen anfaſſend, nach Außen zog. Das Herausziehen des Kindes, mit den Füßen angefangen, bot nichts Beſonderes dar. Nur zum den Kopf nach Außen zu bringen, war ich gezwungen, den Handgriff anzuwenden, deſſen man ſich gewoͤhnlich bei der Fußgeburt bedient, naͤmlich die Hand auf die Stirn oder das Antlitz zu legen, um ſo den vom Hinterkopfe zum Kinne gehenden Durchmeſſer in eine verticale Richtung zu bringen. Der Nabelſtrang wurde ſo— gleich zerſchnitten; das Kind ſchrie und war gerettet. Es wog et⸗ wa 3 Kilogramm (6 Pfd.) Die Geburt war ſonach geendigt; Ges fäße waren nicht zu unterbinden; der uterus wurde gereinigt und dann ſich ſelbſt uͤberlaſſen. Seine Contractionen fäumten nicht, ſich einzuſtellen, und bald hoͤrte aller Blutabfluß auf. Allein ob⸗ gleich in Folge dieſer Gontractionen die in dem uterus bewirkte Def nung verkleinert war, ſo behielt die Wunde doch noch eine große Länge und ihre nicht genaͤherten, Lefzen zeigten einen Abſtand von einem Zoll in welchen eine Darmſchlinge oder ein Stuͤck des Netzes ſich hätte hineindraͤngen können. Dieſe Dispoſition, welche auch noch den leichten Erguß der Lochien und des Eiters in die Verito: näalhöhle geftatten mußte, erregte mir einige Unruhe. Und nach — [ln “24 kurzer Ueberlegung entſchloß ich mich, um mögliche Zufaͤlle zu vers hüten, die Wunde mit einigen Heften zu ſchließen. Zu dieſem Ber bufe wurden gerade, gewoͤhnliche Nadeln mit doppelten, gewichſ'ten Fäden verſehen (ich hatte keine platten, gekruͤmmten Nadeln bei mir), und nun, den Finger mit einem gewoͤhnlichen Fingerhute gedeckt, ſtach ich meine Nadel auf der rechten Seite von Außen nach In— nen und auf der linken Seite von Innen nach Außen ſo ein, daß ſie einige Millimeter von den Raͤndern der Wunde blieben und die ganze Dicke des uterus begriffen. Drei ſo eingelegte Faden, der eine in der Mitte, die anderen beiden an den Enden der Wunde, wur— den leicht zuſammengezogen und durch einen doppelten Knoten ge— halten, naͤchſt dieſem aber abgeſchnitten. Die Vereinigung war voll⸗ ſtaͤndig; darauf wurde der uterus ganz ſich ſelbſt uͤberlaſſen.“ Auch die Bauchwunde wurde durch die blutige Nath vereinigt; nach Un— ten zu ließ Herr G. fie etwas klaffen, um den Abfluß zu begünftie gen. Der Verband wurde mit Charpie und Compreſſen beendigt und eine Leibbinde ziemlich feſt angelegt. Die Nacht war ruhig. Die zwei folgenden Tage wurde, wegen Haͤrte und Haͤufigkeit des Pulſes, zwei Mal zur Ader gelaſſen. Die Lochien floſſen auf ger woͤhnlichem Wege. Am 3Often wurde ein Abfuͤhrungsmittel ge— reicht, wodurch, außer dem Stuhlgange, noch Erbrechen veranlaßt wurde. Am 1. April wurde die Wunde auf dem Wege der Ver— narbung gefunden, und der Verband taglich oberflaͤchlich erneuert. Am 6. April, wo die Vereinigung der Bauchwunde ſchon feſt ſchien, wurden die Hefte durchſchnitten. Am 24. war keine Spur von Eiterung mehr vorhanden ꝛc. Ueber die fubcutane Durchſchneidung der Beuge— muskeln der Hand und der Finger, welcher ſich Profeſſor Dubowitski, aus Petersburg, bei Gus rin unterworfen hatte, nachdem er durch eine Fractur des unteren Theiles des Oberarms eine Retraction mehrerer Muskeln des Vorderarms erlitten hatte, berichtet der Kranke ſelbſt in den Annales de la chirurgie fran- caise (Févr. 1841): Es wurden am Vorderarme neunundzwanzig Sehnen- oder Muskeldurchſchneidungen vorgenommen. Die Wie: dervereinigung ſoll nicht zu Stande gekommen ſeyn bei den vier tiefen Beugeſehnen, welche an der vorderſten Phalanx durchſchnit⸗ ten wurden; ferner bei zwei Sehnen des oberflaͤchlichen Beugers des Zeige- und Mittelfingers, welche über der erſten Phalanx durch ſchnitten wurden; ferner bei der Sehne des flexor longus pollieis. Die Difformität iſt beſeitigt, bei den Bewegungen aber die Beu— gung unmoͤglich, ſo daß Finger und Daumen ſich nicht beruͤhren koͤnnen Hiernach ſoll man die Muskeln der Handwurzel und die palmares, ferner den pronator teres mit Sicherheit durchſchneiden; dagegen fey die Durchſchneidung der Flexoren immer ohne Erfolg. Die Function derſelben geht verloren. Bei Retraction des flexor longus pollicis ſoll man die Durchſchneidung am Vorderarme ma= chen koͤnnen; indeß iſt fie bei Herrn Dubowitski auch hier nicht gegluͤckt, indem die Wirkung dieſes Muskels bleibend verloren ging. Am zweckmaͤßigſten iſt bei dieſen Retractionen die Durch— ſchneidung der Muskeln am condylus internus humeri und am Vorderarme. Bei der Durchſchneidung der Supinatoren geht die Function dieſer Muskeln jedoch ebenfalls verloren. Im Allgemei— nen ergiebt ſich alſo, daß man die Durchſchneidung der Sehnen in der Hoͤhle der Sehnenſcheiden vermeiden muß. Bi ba og rin ph e che mie uig eiten. Lettre à Monsieur Rodérick Impey Murchison, Esgq. ete., sur le Rhopalodon, genre de Saurien fossile du versaut oceiden- tal de l’Oural, Par G. Fischer de Waldheim etc. Moscou 1841. 8. Cosmographie, ou Rehabilitation du Systeme de Ptolémse etc, Par M. Mestivier. Paris 1841. 8. Mit 8 K. Des fonctions et des Maladies nerveuses dans leurs rapports avec l’edueation sociale et privde, morale et physigue. Essai d'un nouveau systeme de recherches physiologiques et pa- thologiques sur les rapports de la physique et de la morale. Par le Docteur Cerise. Paris 1841. 8. Conspectus of the Pharmacopoeias. By Thomson. N, edit, London 1841, äDö—U —ä—Pd ———ñ—é —g[— Neue Motizen aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medicinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Mo. 433. (Nr. 15. des XX. Bandes.) November 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. N 0 K ER» Unterſuchungen uͤber die Entſtehung der Einge— weidewuͤrmer. Von Dr. Eſchricht, Profeſſor der Phyſiologie an der Univerfität in Copenhagen. (Fortſetzung.) Indem ich mich zu den maͤnnlichen Zeugungstheilen wende, will ich zuerſt einer Anzahl Druͤſen, etwa 400 an der Zahl, gedenken, welche in der tiefſten Schicht der Glie— der, jede in einer beſondern Zelle, liegen. Dieſe Druͤſen glaube ich mit Grund fuͤr eben ſo viel Teſtikeln halten zu koͤnnen. Die vasa deferentia erheben ſich geſchlaͤngelt bis zu einem Bläschen, welches der bursa lemnisei der Trematoda analog iſt und ſich in jedem Gliede des Bo— thriocephalus latus deutlich erkennen laͤßt. In dieſer bursa liegt der penis, der aus der weiten Oeffnung der: ſelben mehr oder weniger hervorſteht. Die kleine für die vulva geltende Oeffnung laͤßt ſich an jedem Gelenke leicht erkennen. Zwiſchen dieſer und der großen Oeffnung bemerkt man eine große Anzahl von Druͤſen, die ſich nach Außen entleeren. Dieſe gewaltig complicirte Structur und ſtarke Ent— wickelung des Zeugungsapparates laͤßt fuͤr die andern Or— gane wenig Platz uͤbrig, obwohl man bei genauerer Unter— ſuchung mehrere Muskelſchichten und einen Nahrungsſchlauch bemerkt, der ſich, in Geſtalt einer ſehr duͤnnen, gabelfoͤrmi— gen (doppelten?) Schnur, nach der ganzen Laͤnge des Thieres und der uͤbrigen Syſteme erſtreckt. Das uͤbermaͤßige Vor— herrſchen des Zeugungsapparates tritt um ſo ſtaͤrker hervor, jemehr die Glieder des Wurms entwickelt ſind. Die Art und Weiſe, wie ſich dieß Mißverhaͤltniß ausbildet, hatte ich eine günftige Gelegenheit bei'im Bothriocephalus pune— tatus zu beobachten, der im Cottus scorpius ſo haͤufig vorkommt. Im Hochſommer ſind die uteri in faſt allen Gliedern mit Eiern gefuͤllt. Zugleich finden ſich zuweilen einzelne Wuͤrmer ohne Kopf in dem untern Theile des Darmcanald. Dieſe find im Begriffe, ausgeleert zu wer— den; denn unter andern Umſtaͤnden haͤngen alle Exemplare No. 1533. F des Bothriocephalus punctatus mit dem Vordertheile des Kopfes an der Schleimhaut der appendices pylori- cae feſt. Daß an den ausgeleerten Exemplaren der Kopf fehlt, macht es wahrſcheinlich, daß ſie denſelben an der fruͤ— hern Befeſtigungsſtelle zuruͤckgelaſſen haben, und dieſe Ver— muthung wird durch die weiter oben mitgetheilte Beobach— tung, daß man an der Schleimhaut der appendices py- loricae immer eine Anzahl bloßer Koͤpfe zwiſchen Wuͤr— mern verſchiedener Laͤnge ſitzen ſieht, beſtaͤtigt. Die nach der Ausleerung ſaͤmmtlicher Glieder zuruͤckbleibenden Köpfe erzeugen aber eine neue Reihe von Gliedern der vollkom— menſten Art, und zwar auf folgende Weiſe: Das dem Kopfe zunaͤchſt befindliche Glied theilt ſich bald durch einen Queerſpalt in zwei, und an jedem derſelben wiederholt ſich dieſer Proceß, nachdem es ein Wenig gewachſen iſt. Die Wiederholung dieſer unvollſtaͤndigen Spaltung nach der Queere bemerkt man, mehr oder weniger, bei allen Cestoi— dea an den Gliedern in der Naͤhe des Kopfs, und die Spalten, welche ſpaͤter entſtehen, ſtellen ſich als weniger deutliche Unterabtheilungen zwiſchen den aͤltern und tiefern Spalten dar. Waͤhrend ſich die Glieder auf dieſe Weiſe vervielfaͤltigen, nehmen fie in demſelben Maaße an Groͤße zu und draͤngen auf dieſe Weiſe natuͤrlich die Glieder weiter vom Kopfe weg. In einer gewiſſen Entfernung vom Letz— teren hoͤrt jedoch dieſe Art von Vervielfaͤltigung der Glieder durch Theilung auf, und der ganze Ernaͤhrungsproceß iſt nunmehr auf die Entwickelung der Zeugungsorgane gerichtet. Waͤhrend des Winters erlangt der Bothriocephalus punctatus, während er fort und fort an der Schleimhaut der appendices pyloricae ſitzen bleibt, ſeine volle Laͤnge, und die uteri, ſo wie die uͤbrigen Zeugungsorgane, ertei— chen ibre vollkommene Ausbildung; aber Eier bemerkt man noch nicht Bis zu dieſer Periode iſt die Entwickelung der Zeugungsorgane kaum als unverhaͤltnißmaͤßig zu betrachten, und jetzt laſſen ſich die uͤbrigen Syſteme bei Weitem am Bequemſten unterſuchen. Man ſieht alsdann ein Gefaͤßſy⸗ ſtem, welches ſich in unzaͤhligen anafiomofirenden Zweigen verbreitet, fo wie zahlloſe Urzellen mit nucleis und nu— 15 227 cleolis. und winz ze Köenchen zeigen ſich durch die ganze innere Miſſe zerſtreut. Zu Anfang des Fruͤhjahrs beginnen die Eier ſich in den hintern Gliedern zu zeigen, und allmaͤß— lig werden die uteri aller Glieder damit gefuͤllt, bis ſie auch die dicht an dem Kopfe befindlichen anfuͤllen, worauf die früher beſchriebene Trennung vom Kopfe ſtattfindet und der letztgenannte Theil zuruͤckbleibt, um denſelben wichtigen Proceß zu wiederholen. So find alfo die Bothriocephali zuſammengeſetzte Trematoda, deren Zuſammenſetzung aber nicht, wie bei den Polypen, die rein vegetabiliſche Form darbietet, ſondern, nach Art einer unvollſtaͤndigen generatio fissipara trans- versa, durch Tyeilung nach der Queere geſchieht. Sie verhalten ſich zu den Trematoda ungefaͤhr, wie die Corallen zu den Hydrae. Traͤte bei ihnen die Queerſpaltung voll— ſtaͤndig ein, fo würden fie in einzelne Trematoda zerfallen, gerade wie die Corallen ſich, wenn ihre Zweige ſich abloͤſ'— ten, in eben ſo viel Hydren zertheilen wuͤrden. Jedes ein— zelne Glied eines Bandwurms (Ketten wurms) kann keinen neuen ſelbſtſtaͤndigen Oeganismus erzeugen, dean dazu iſt ein Ei nothwendig; die zahlreichen Unterabtheilungen der Glie— der haben den Zveck, eben ſo viel Eiertrauben zur Ent— wickelung zu bringen, gerade wie die wiederholte Veraͤſtelung der Pflanzen die Beſtimmung hat, eine groͤßere Anzahl von ſaamenerzeugenden Bluͤthenkolben hervorzubringen. Der Kopf des Bandwurms fist an der Schleimhaut feſt und bezieht aus ihr die den ganzen Organismus ernaͤhrenden Saͤfte, wie die Wurzel der Pflanze den Nahrungsſaft aus dem Erddo— den zufuͤhrt. Die Zahl der Glieder oder Gelenke, welche mit Ocganen ausgeruͤſtet find, welche die Beſtimmung has ben, jene Keime zu entwickeln, iſt aͤußerſt bedeutend. Ha— ben die Eier ihre Reife erlangt, ſo platzen die Glieder, um jenen den Austritt zu geſtatten, oder das ganze Glied wird abgeworfen, wie auch die Saamen der Pflanzen, bald ein— zeln, bald maſſenweiſe ausfallen, je nachdem das Eine oder das Andere den beſondern Lebensverhaͤltniſſen jeder Pflan— zen⸗ oder Thierart angemeſſen iſt. Und wer koͤnnte, wenn er die wunderbare Einrichtung und die merkwuͤrdigen Wir— kungen dieſes Apparats betrachtet, auch nur einen Augenblick glauben, daß derſelbe keinen Zweck habe? Laͤßt es ſich den— ken, daß dieſe im Weſentlichen denen der hoͤher organiſirten Thiere ganz ahnlichen Eier, die eine Achte, von Millionen von Druͤſen ausgeſchiedene Schaale beſitzen und manchmal wirkliche Embryonen enthalten, ſich in jedem Wurme ent— wickeln, um völlig nutzlos unterzugehen? Ein ſolcher Schluß ſcheint uns voͤllig unmoͤglich. V. Die Eingeweldewürmer find in allen Fällen die Nachkommen anderer Eingeweidewuͤrmer. — $. 1. Die helminthiasis iſt contagiös. — Es leuchtet genugſam ein, daß die generatio aequivoca, welche auch auf die Infuſionsthierchen Anwendung findet, in Betreff der Ein geweidewuͤrmer ein ganz beſonders ſtarkes Gewicht haben; daß letztere auf beſtimmte Arten beſchraͤnkt ſind, kann als ausgemicht angeſehen werden; ihre Anatomie iſt außerordentlich zuſammengeſetzt und ihre Fruchtbarkeit wahrhaft auffallend; daher wir die Ueberzeugung gewinnen 228 muͤſſen, daß die Eingeweidewuͤrmer ſtets durch andere ihres Gleichen erzeugt werden und auf dieſe Weiſe ihre Jungen nicht nur in den von den Aeltern bewohnten, ſondern auch in andere Thierkoͤrper gelangen. Itt dieſe Anſicht gegruͤn— det, fo verbreiten ſich die Eingeweidewärmer durch eine Art von Auswanderung, und die helminthiasis kann oft epidemiſch oder contagios auftreten. Den: noch iſt dieß, wie es ſcheint, bisher dem Publicum, wie den Aerzten entgangen, was wohl haustſaͤchlich daher ruͤhrt, daß man die Ascaris lumbricoides fir den gemeinen Regen— wurm anſah, und ſich ſo leicht erklären konnte, warum die Kinder ſo haͤufig mit den Spulwurme behaftet ſind, indem man annahm, derſelbe lebe für gewöhnlich in der Erde und werde mit dem Trinkwaſſer in den Menſchenkoͤrper einge— führt. Später, als mar die Helminthologie wiſſenſchaftlich ſtudirte, erhoben ſich ruͤckſichtlich der Art und Weiſe, wie die Eingeweide wuͤrmer in den Thierkoͤrper kommen koͤnnten, ſo viele Bedenken auf einmal, daß man allgemein daran zu zweifeln begann, daß ſie uͤberhaupt von Außen in denſelben eingefuhrt würden, daher denn deren generatio aequivoca ziemlich durchgehends als die einzige haltbare Erklaͤrung an— erkannt ward. Es iſt daher gegenwaͤrtig an der Zeit, uns ſtreng an die Thatſache und nicht an die Theorieen zu halten, wenn wir ergruͤnden wollen, in welcher Weiſe die helmin— thiasis ſich erzeugt und verbreitet.. Daß das aus der Anweſenheit der Ascaris lumbri— coidles entſpringende Leiden contagioͤſer Natur ſey, geht, unſerer Anſicht nach, aus dem Umſtande hervor, daß dieſer Wurm ſich nicht nur im menſchlichen Koͤrper, ſondern auch in mehrern Thieren, namentlich Hausthieren, als dem Pfer— de, Eſel, Rinde, Schweine und, wie es ſcheint, auch im Hunde und in der Katze zeigt Dieſer Umſtand findet ſeine Erklärung keineswegs in der Aehnlichkeit der Nahrungsftoffe und Lebensweiſe; der Wohnort des Schmarotzerthieres iſt aber bei allen dieſen Vierfuͤßern reſpective in denſelben Theis len des Thierkoͤrpers. Die Contagioſitaͤt der Taenia so- lium und des Bothriocephalus latus duͤrfte ſich noch leichter nachweiſen laſſen. Die geographiſche Vertheilung dieſer beiden Arten nach verſchiedenen Laͤndern kann, wie be— reits erwaͤhnt, ihren Grund nicht in der Verſchiedenheit der Nahrungsmittel, der Lebensweiſe und des Clima's haben. Die Hypotheſe eines deutſchen Naturforſchers, daß jene geo— graphiſche Vertheilung auf eine Verſchiedenheit der Menſchen— racen hindeute, kann als eines der auffallenditen Beiſpiele von dem Einfluſſe der Vorliebe fuͤr eine beſtimmte Theorie ange— fuͤhrt werden. Brauchte dieſelbe noch beſonders widerlegt zu werden, ſo koͤnnte dieß durch Hinweiſung auf die Thatſache ge— ſchehen, daß die Neger in Weſtindien oͤfters mit der Taenia solium behaftet ſind, und mir ſelbſt wurde vom Dr. Raon auf St. Thomas ein Wurm dieſer Art zugeſchickt, der von einem Neger abgegangen war. Der Grund, weßhalb der Negerſclave mit dem Bandwurme behaftet iſt, liegt nicht darin, daß er von demſelben Ur-Aelterpaare entſproſſen iſt, wie der Angelſachſe, ſondern darin, daß er vom Letztern, wie vieles andere Gute und Boͤſe, auch den Bandwurm erhal- ten hat. Es waͤre intereſſant, zu erfahren, ob die Bewoh— 229 ner der ruſſiſchen Colonieen mit dem Bothriocephalus la- tus behaftet find *). Bekanntlich war Dr. Soͤmmering mit dem Bo- thriocephalus latus behaftet, und durch die Unterſuckung des von ihm abgegangenen Exemplars wurde der Character der Art zuerſt beſtimmt. Damals glaubte man, Dr. Söm: mering ſtamme aus der Schweiz; allein als die Unrich— tigkeit dieſer Annahme nachgewieſen worden, ward die Ent: ſtehung des Wurms dem Umſtande zugeſchrieben, daß ſich Dr. S. in der Schweiz aufgehalten habe. Und dieß war auch der wahre Grund; nur hatte ſich Dr. Soͤmme— ting’s Conſtitution nicht etwa dort fo verändert, daß der Bothriocephalus latus, ſtatt der Taenia solium , in ihm von ſelbſt entſtanden waͤre; eben ſo wenig waren die Nahrungsſtoffe in der Schweiz fo beſchaffen, daß ſie ſich in jenen Wurm verwandeln konnten, ſendern es war dert ganz einfach ein Ei oder ein Junges von dieſem Schmoroz— zerthiere in den Koͤrper des Dr. Soͤmmer ing gelangt **). Ein auffallendes Beiſpiel von der Inconſequenz menſch— licher Anſichten bietet die in manchen Landern ruͤckſichtlich der Filaria medinensis allgemein geltende Meinung dar. Dieſe Art von Filaria beſitzt alle Charactere eines Einge— weidewurms, und doch hat man geglaubt, fie komme von Außen, waͤhrend man von allen uͤbrigen Eingeweidewuͤrmern annahm, fir entſtaͤnden von ſelbſt im Thierkörper. In Gui— nea iſt der Wurm endemiſch, und Europäer werden von ihm fo gut (2) befallen, wie Neger. Derſelbe kann lange, ja mehrere Jahre, verſteckt im Koͤrper liegen, wie ſich aus dem Falle eines Knaben ergiebt, an dem ſich, zwei Jahr nach feiner Abreiſe von Guinea, zu Copenhagen die Filaria me- dinensis zeigte ***). *) Ueberhaupt wäre zu wuͤnſchen, daß ſich reiſende Naturforſcher jetzt, vor Thorſchluß, wo es noch einige von der Civiliſation ganz unberührte Naturroͤiker an den aͤußerſten Enden der Welt giebt, mit deren Helminthologie beſchaͤftigten, indem fo feſtgeſtellt werden könnte, ob gewiſſe Eingeweidewuͤrmer ur- ſpruͤnglich an beſondere Menſchenracen gebunden ſind. Dieſe Hypotheſe wird durch den Beweis, daß ein Entozoen ausnahme weiſe von einer Race zur andern übergehen kann, keine wegs beſeitigt. D. Uberf. *) In Betreff des Dr. Soͤmmering iſt übrigens zu bemer— ken, daß derſelbe in Thorn, a’fo in einer Provinz Polen's ges toren ward, wo der Bothriocephalus latus einheimiſch iſt, daß ihm alſo die Anlage zur Erzeugung tiefes Schmaretzer— thieres angeboren ſeyn konnte. ) Man koͤnnte aber auch wohl anzunehmen, daß der Kna⸗ be, der wahrſcheinlich in Guinea geboren, vielleicht von einer ſchwarzen Amme geſaͤugt war, die Praͤ⸗ dispoſition zur ſelbſtſtaͤndigen Entwickelung des Schmaretzen⸗ thieres erworben habe. Aus Weſtindien ward ver einigen Jahren als etwas ganz Außerordentliches der Fall gemeldet, daß cin curepͤiſcher Soldat von der Filaria medinensis bez fallen worden ſey: zugleich aber auch angegeben daß dieſes Ins dividuum eine lange Reihe von Jabren in Tropengegenden ges lebt habe. Da nun der Körper des Europaͤers erwieſenermag⸗ ßen ebenfalls einen angemeſſenen Wohnort für dieſen Schma⸗ rotzerwurm bildet, fo moͤchte man erwarten, daß letzterer wenn er beſtimmt wäre für gewohnlich durch Contagion Eier) von einem Menſchenkoͤrper zum andern uͤberzugehen, in den weſtin⸗ Wie die Anſicht, daß die Eingeweidewuͤrmer ſich wie andere Thiere fertpflanzen, die Verbreitung der helmin- thiasis als ſehr einfach erſcheinen laßt, fo bietet von der an— dern Seite die Art, wie ſich dieſe Leiden verbreiten, einen Veweisgrund für die gewohnliche Fortpflanzung dieſer Thiere dar. Dieß laͤßt ſich, z. B., am Coenurus cerebralis er: laͤutern; denn die von dieſem Wurme veranlaßte Krankheit (die gewöhnliche Drehkrankheit der Schaaſe graſſirt unter dem Schaafvieh ganz nach Art einer Contagion), die ver— heerenden Wirkungen des Distoma hepaticum, welches als ſogenannter Leberegel die Faulkrankheit der Schaafe er— zeugt, find in vielen Ländern der Schrecken der Schaafzuͤch— ter, und dieſer Wurm kommt auch in Menſchen und in Kaͤl— bern vor ). Auch unter den Fiſchen ſcheinen manche Ein— geweidewuͤrmer, z. B., der Bothriocephalus solidus bei'm Stichling, gleich andern contagiöfen Krankheiten, in gewiſſen Jahren beſonders heftig zu graſſiren **). Der Umſtand, daß Eingeweidewuͤrmer in neugebornen Thieren, ja ſelbſt in Embryonen gefunden worden ſind, iſt als ein unwiderleglicher Beweis iber generatio sponta- nea angefuͤhrt worden. Wie, fragt man, hätten ſonſt dieſe Thiere in die Jungen kommen koͤnnen? Dieſer Frage hat man durch eine andere zu begegnen: War der Wurm nicht auch in der Mutter vorhanden? In manchen Faͤllen iſt dieß nachgewieſen worden, und dann iſt die Uebertragung geſchehen, wie bei den Menfchenpeden, die auch ven der Mutter auf die Leibesfrucht übergeben, obwehl ſich nicht ge: nau darthun laͤßt, wie es geſchieht. Wenn alſo die Eingeweidewuͤrmer als Nachkemmen an⸗ derer ihres Gleichen in den Thierkorper gelangen ſo entſteht die Frage, wie dieß denn eigentlich geſchehe? Der Wiſſen— ſchaft iſt offenbar dadurch großer Nachtheil zugefügt worden, daß die, welche nicht an die gemeratio aequivoca glau— ben wellten, ſich mit der Annahme begnuͤgten, die Einge— weidewuͤrmer gelangten ſtets mit den Nahrungsſtoffen in den Thierkoͤrper; ſo wie denn auch die Verfechter jener Theorie diſchen Colonicen der Englaͤnder, wo Weiße urd Schwarze beſtaͤndig dieſelben Caſernen bewohnen, die erſtern weit öfter befallen muͤſſe, da ſich unter den dortigen Negern die Filaria medinensis haͤufig zeigt. D. Ueberſ. ) Eben dieſer Wurm kann als ein faſt ſchlagendes Beiſpiel für die Thecrie der generatio aequivoca der Helmintben angeführt werten Die Schaafe freffen ſich, wie die allgemeine Er: fabrurg lehrt, auf ſumpfigen Waiden faul, und die Egelkrankbeit zeigt ſich auf gefunden Bergwaiden nie, wenn man auch Schaafe aus Heerden dahin bringt, die unter prä: diepenirenden aͤußern Umſtaͤnden nur zu leicht von diefer ver⸗ beerenden Krankheit ergriffen werden. Daß aber die Eier des Distoma nur in ſumpfigen Gegenden aufgelcſen werden, iſt nicht arzunchmen. D. Ucberſ. ) Wie der Stichling ſelbſt nur in gewiſſen Jahren in nach Ue⸗ berſchwemmungen zuruͤckbteibenden groͤßern oder kleinern La⸗ chen, die auf den ſogenannten Riethen ſich zuweilen auf meb⸗ rere Stunden Wegs ausdehnen, ſich ungeheuer vermehrt, alſo auch feine Schmaretzerthiert in den durch das allmaͤlige Fau⸗ ligwerden des ſteckenden Waſſers erkrankenden Fiſchen. D. Ueberſ. 155 231 bei ihren muͤhevollen Unterſuchungen ſtets die Umſtaͤnde au— ßer Acht gelaſſen haben, aus denen ſich die Art und Weiſe, wie die Eingeweidewürmer in den Thierkoͤrper kommen, haͤtte erklaͤren laſſen. Die Mittel, welche die Thiere zur Vorſorge für ihre Nachkommenſchaft anwenden, find bekanntlich fo mannichfaltig und bei faſt jeder Art fo eigenthuͤmlich, daß ſie ſich ſelten a priori beſtimmen laſſen. Die Frage laͤßt ſich alſo nur durch directe Beobachtung erledigen. Was die Eingeweidewuͤrmer betrifft, fo hat man ruͤckſichtlich des frag— lichen Punctes bis jetzt folgende Thatſachen ermittelt 2. Die Eingeweide wuͤrmer veraͤndern ſehr haͤufig, je nach ihren verſchiedenen Lebens— perioden, ihren Wohnort. — Die Anatomen wer— den mit Verwunderung faſt in jedem Pferde einen aneurys— matiſchen Sack, in der Gekroͤsarterie, nahe an deren Ur— ſprung aus der aorta, finden, welcher Sack mit Exemplaren von Strongylus armatus gefüllt iſt. Die dort anzutref— fenden Exemplare ſind ſtets jung, waͤhrend die alten, in der Regel, im Dickdarme vorkommen. (Vergl. Ru dolphi, Entoz. Hist. Vol. II., Pars I., p. 205— 207.) Nachdem ich lebende Junge in den Eiern des Strongylus inflexus beobachtet hatte, erſchien nichts einfacher, als die Art und Weiſe, wie ſie aus einem Delphin (Butzkopfe) in den andern uͤbergehen. Da ſich der Wurm in den Bronchien auf— haͤlt, wo deſſen Kopf in die Subſtanz der Lunge eingeſenkt iſt und der Schwanz ſich in die ſtaͤrkern Aeſte der Luftröhre oder in dieſe ſelbſt hineinerſtreckt, ſo muͤſſen die lebenden Jungen bei der Geburt natuͤrlich durch den Mund entwei— chen, und da die Delphine geſellſchaftlich leben, ſo koͤnnen jene ſehr leicht durch das dazwiſchenbefindliche Waſſer in das Maul und in die Bronchien eines andern Exemplars uͤber— gehen. Dieſe Anſicht ſcheint um ſo plauſibler, da man meh— rentheils neben den großen Exemplaren von Strongylus inflexus auch kleinere findet, die locker in den Aeſten der Luftroͤhre liegen und die Rudolphi fuͤr dieſelbe Art haͤlt. Dieß iſt jedoch falſch; denn die kleinern haben nicht nur eine verſchiedene Geſtalt, ſondern ihre Zeugungsorgane ſind auch weit ſtaͤrker entwickelt, als die der größern; der penis ragt jederzeit hervor und iſt anders geſtaltet, und die uteri ſtroz— zen von Eiern und lebendigen Jungen. Deßhalb kann ich nicht umhin, dieſe kleinern Würmer für eine verſchiedene Art zu halten, und ich ſchlage fuͤr dieſelben den Namen Stron— gylus vagans vor ). Eine beſondere Beſchaffenheit der Lungen des Butzkopfs (Delphinus phocaena) ſcheint die vermutheten Wanderungen des Strongylus inflexus zu beguͤnſtigen. Denn bei faſt allen Delphinen ſind die Lungen voll Tuberkeln, von denen jede, wenn man fie genau unter— ſucht, in ihrem Innern einen kugelfoͤrmig zuſammengewickel— ten kleinen Warm zeigt. An dieſem laſſen ſich die der Art ) Aus mehrern Gründen habe ich den Strongylus inflexus zum Typus einer beſondern Gattung erhoben, von der dieſer klei— nere Wurm, Strongylus vagans, eine zweite Art bilden wurde. Andere Arten finden ſich in andern ſaͤugenden Seethieren, und ich hoffe bald eine ſchickliche Gelegenheit zu haben, dieſelben zu beſchreiben. 232 characteriſtiſchen Kennzeichen allerdings noch nicht wahr— nehmenz allein da dieſe ſaͤmmtlich von den Geſchlechtstheilen entlehnt ſind, ſo iſt dieſer Mangel eben darin zu ſuchen, daß dieſe Organe noch nicht in genuͤgendem Grade entwickelt find. Die Jungen koͤnnten natuͤrlich durch die Stimmritze in die Luftroͤhre und aus dieſer durch die Bronchien in die Sub— ſtanz der Lunge eingedrungen ſeyn. Andere Beobachtungen machen dieſe Hypotheſe jedoch ſehr zweifelhaft, oder beweiſen wenigſtens, daß dieſe Art der Verbreitung nicht die einzige iſt. Bekanntlich haben De la Motte (Klein, Hist. pisc. Miss. I., XXV.) und Camper (Krankheiten der Thiere, S. 47.) dieſe Wuͤrmer, naͤmlich den Strongylus vagans, in den sinus des Kopfs des Butzkopfs gefunden. Nach der von Profeſſor Rapp zu Tuͤbingen mitgetheilten Beſchreibung (Vergl. deſſen Mono ſſraphie der Cetacecen 1837, S. 98.) des Ohrs des Butzkopfes moͤchte man dieſe sinus fuͤr nichts weiter als Anhaͤngſel der Paukenhoͤhle erklaͤren; allein mit allen iſt dieß gewiß nicht der Fall. Sowohl Strongylus inflexus als Strongylus vagans find in den Blutgefaͤßen, den Arterien ſowohl als den Venen, ſehr haͤufig, und ein wichtiger Umſtand iſt, daß ſie in den Adern eher vorzukommen ſcheinen, als in der Luftroͤhre, gerade wie auch der Strongylus armatus bei'm Pferde früher in den Blutgefaͤßen als in dem Nahrungsſchlauche zu finden ift. In einem jungen maͤnnlichen Butzkopfe fand ich, zu meiner Verwunderung, in der Luftroͤhre und deren Aeſten keine Würmer, allein in den Lungen die gewoͤhnlichen Tuberkeln mit kleinen zuſammengerollten Wuͤrmern, ſo wie in der Lungenarterie zwei maͤnnliche Strongyli inflexi, die etwas kleiner waren, als die, welche man gewoͤhnlich in der Luftroͤhre findet, und dabei ein ſehr verſchlungenes Anſehen darboten; wobei ich mich alsbald des Falles erinnerte, daß Profeſſor Baer (Acta Leop. Carol. Vol. XIII. p. 2.) einen langen Wurm in der vena azygos und einen andern in der Lungenarterie des Bußkopfs fand, die beide wohl ebenfalls Strongyli inllexi waren. Die Wanderungen dieſer Würmer durch den Körper des Butzkopfs duͤrften ſich uͤbrigens ſchwer verfolgen laſſen, zumal da dieſes Seethier ſelten zu einer andern Jahreszeit als im Fruͤhjahre gefangen wird, wo es ſich der Fortpflan— zung wegen in ruhige Buchten begiebt. Vergleichen wir jedoch dieſe Beobachtungen mit den ruͤckſichtlich des Stron— gylus armatus erlangten, ſo wird die Vermuthung wahr— ſcheinlich, daß die Strongyli überhaupt einen Theil ihres Lebens in den Blutgefaͤßen zubringen. Der wichtigſte mir bekannte Fall in Betreff der Ver— änderungen, denen ein Eingeweidewurm unterworfen ſeyn kann, iſt der der Ligula oder des Bothriocephalus soli- dus. Bekanntlich bringt dieſer Wurm in ſeiner erſtern Ge— ſtalt einen Theil ſeines Lebens in der Bauchhoͤhle der Fiſche zu, und in dieſem Zuſtande beſitzt er weder einen Kopf, noch Zeugungsorgane. Wird er aber von Seevoͤgeln oder vielleicht auch von Seehunden verſchlungen, ſo erlangt er in den Daͤr— men dieſer Thiere jene weſentlichen Organk. Die Structur— veraͤnderungen koͤnnen jedoch der Thatſache keinen Eintrag thun, daß die Eingeweidewuͤrmer zuweilen von einer Thier— art zu der andern Übergehen, ſondern laſſen ſich vielmehr als 233 ein Beweis anfuͤhren, daß ſolche Wechſel des Aufent— haltorts ſich zuweilen zur vollkommnen Ent: wicklung der Gingeweidewürmer noͤthig ma: chen. Selbſt auf Rudolphi'n, jenem eifrigen Verfechter der generatio aequivoca der Eingeweidewuͤrmer, machte jene Thatſache einen ſolchen Eindruck, daß er ſich zu dieſer Anſicht bekannte, welche er, als ſie zuerſt von Bremſer aufgeſtellt ward, fuͤr ganz falſch erklaͤrte. (Vergl. Ento— zoorum Synopsis, p. 596.) (Schluß folgt.) Mia len. Die zuerſt 1829 von Barruel zu Paris in den Annales d’hygiene publique et de médecine legale bekannt gemach⸗ ten Verſuche *: durch Abſonderung mit Schwefelſaͤure ſelbſt ſchon wochenlang getrocknetes Blut in Bezug auf feine Abſtam— „) In vollſtaͤndigem Auszuge mitgetheilt in Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde No. 518. (Nr. 12. des XXIV. Bde.) S. 177 unter der Rubrik: Ueber das Vor: bandenfegn eines eigenen riechbaren Princips, welches das Blut des Menſchen, ſo wie das ver— ſchiedener Arten von Thieren ſcharacterkſirt. 34 mung von Menſchen oder verſchiedenen Thierarten durch feine cis genthuͤm liche Ausduͤnſtung zu erkennen, find in Deutſchland ſehr wenig beruͤckſichtigt und vervollftändigt worden, obgleich die Feſt⸗ ſtellung der Thatſache von entſchiedenem Einfluſſe auf die gericht— liche Medicin ſeyn wird. Ganz neulich hat Hr. Reg.- und Med. Rath Dr. Horn, zu Erfurt, in der Königl. Academie gemeine nügiger Wiſſenſchaften daſelbſt die Reſultate dortiger Verſuche vors getragen, welche er, im Vereine mit Hrn. Apotheker Tromms— dorff, mit dem Blute von Menſchen und verſchiedenen Thiergat— tungen aus der Claſſe der Saͤugethiere, Vogel und Fiſche anges ſtellt. Es konnten hiernach, mit einigen Modificationen, die Anga— ben von Barruel im Allgemeinen beſtaͤtigt werden, von denen es nur zu wuͤnſchen waͤre, daß ſie mehrfach zur Unterſuchung ge— zogen würden. Ueber die Lebensweiſe von Schwalben im ſudli⸗ chen Rußland hat Herr Robert der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften einige Beobachtungen mitgetheilt. Er hatte geſun⸗ den, unter andern ſonderbaren Umftänden, daß die obern Oberflaͤ⸗ chen oder Decken der Höhlen, welche dieſe Voͤgel in die Sandklip⸗ pen des Wolga⸗Ufers eingraben, mit einer Art von thieriſchem Leime bedeckt find. Es ergab ſich, daß dieſe Subſtanz von Fiſchen her⸗ kam, und man glaubt, daß es Fiſchlaich, beſonders der Laich vom Store, ſey, welcher in dieſem Strome in großer Menge vorkommt. Die Voͤgel finden es auf dem Waſſer ſchwimmend und verwenden es zu dieſem Gebrauche wahrſcheinlich, um zu verhindern, daß der lockere Sand nicht auf ſie herabfalle. 0 ... ˙· .w¼5 U N Von EEE De N TER Ha Die, Bericht der zur Unterſuchung des Werthes der Knochengallerte eingeſetzten Commiſſion an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften. (Fortſetzung.) Von Vorne herein hatten die Hunde gegen die ſo gereinigte Fibrine des Bluts eine Abneigung, die ſich aber bald verlor, ſo daß die Thiere dieß Futter waͤhrend der ganzen, in manchen Faͤllen 75 Tage betragenden Dauer der Verſuche gern fraßen und hoͤchſtens in den letzten Tagen einen Widerwillen dagegen zeigten. Bei ei: nem dieſer Verſuche ſetzte man, in der Hoffnung, die Koſt dem Hunde dadurch angenehmer zu machen, dem Faſerſteffe Gallerte zu; allein man ſah ſich in ſeiner Erwartung getaͤuſcht; der Hund fraß den Faſerſtoff, wie vorher, und ließ die Gallerte liegen. Der ſonderbarſte und uns ſehr befremdende Umſtand war je— doch, daß, obgleich die Hunde täglich je 500 bis 1000 Grammen Fibrine fraßen und verdauten, ſich doch in der allmälig eintreten⸗ den Gewichtsverminderung und Magerkeit der Thiere die unzwei— deutigſten Kennzeichen einer unzulaͤnglichen Ernährung offenbarten, und einer davon ſtarb wirklich an allgemeiner Entkraͤftung, nach— dem er doch zwei Monate lang taͤglich 1 Kilogr.“ ja noch am Tage vor ſeinem Tode 1 Kilogr. Fibrine gefreſſen hatte. Merkwuͤrdigerweiſe fand ſich in dieſem Hunde faſt durchaus kein Blut. Gleich nach ſeinem Verenden ſecirten wir ihn ſorgfaͤltig, konnten aber aus ihm mit aller Mühe nur 1 Gramm Faſerſtoff erhalten. Dieß war allerdings ein ſehr uͤberraſchendes Reſultat, welches bewtiſ't, wie viel noch geſchehen muß, ehe wir zu einer ſelbſt ap— proximativ genuͤgenden Theorie der Ernaͤhrung gelangen koͤnnen! Daß die Gallerte und der Eiweißſtoff nicht vollſtandig naͤhren, iſt begreiflich; dieſe Stoffe bilden nur einen geringen Verhaͤltnißtheil der Nahrurg des Menſchen und der Thiere; allein daß die Fibri⸗ ne, dieſe organiſche Grundlage des Fleiſches, in betraͤchtlicher Menge genoffen, das Leben nicht über eine gewiſſe Zeit hinaus aufrecht er— halten kann, iſt gewiß auffallend und muß zu neuen Forſchungen auffordern, denen die Commiſſion ſich zu unterziehen gedenkt. Allerdings iſt der aus dem Blute gewonnene Faſerſtoff in mehr als einer Beziehung von dem Faſerſtoffe der Muskeln verſchieden; er iſt nicht organiſirt, beſitzt keine ſchmackhaften und riechenden Stoffe, wie fie aus dem Fleiſche durch kochendes Waſſer ausgezo— gen werden; iſt nicht innig mit Adern, Nerven und Zellgewebe vermengt und entbehrt endlich jener alkaliniſchen und erdigen Sal⸗ ze, ſo wie des Eiſens, welche man in dem Muskelgewebe findet. Haben wir den Grund der unvollftändigen Nahrhaftigkrit der Fir brine des Blutes nicht in dieſem Unterſchiede in den Beſtandtheilen zu ſuchen? da doch erfahrungsmaͤßig feſtſteht, daß Fleiſch, ſelbſt in geringerer Quantität, als die, welche die Hunde an Blutfaſerſtoff gefreſſen hatten, dieſelben vollftändig ernährt haben würde, Wir werden ſpaͤter Thatſachen beibringen, welche hieruͤber jeden Zweifel beſeitigen. Der Faſerſteff des Fleiſches und der des Blutes find demnach weſentlich verſchieden. Selbſt wenn man nur die Wirkung der Reagentien in Betracht zieht, iſt die friſch coagulirte Fibrine ſtets aufloͤslicher, als die, weiche ſchon längere Zeit die feſte Form ans genommen hat. Allein die merkwuͤrdigen Reſultate, welche wir fo eben mitge⸗ theilt haben, laſſen ſich auf dieſe Weiſe nicht erklaͤren. Da die Fibrine ſchlechterdings die Ernährung nicht vollſtaͤrdig bewirken kann, ſo muß man daraus folgern, daß entweder die Fibrine gleich der Gallerte und dem Eiweiß, für ſich nicht im Stande iſt, dem Magen die Stoffe zu liefern, welche zu einem nahrhaften Chylus gehören, oder daß ihr etwas abgeht, was zur Bewirkung dieſer Umbildung erforderlich iſt “). „) Zwiſchen der Fibrine, welche nicht vollſtaͤndig und dem Fleiſche, welches vollſtaͤndig noͤhrt, beſteht viellicht ein aͤhnlſcher Untere ſchied, wie der zwiſchen dem Staͤrkemchle, welches ſich fur ſich nicht in Zucker verwandelt, und der Subſtanz in der gekeim— 239 Un und über dieſen ſchwierigen Punct nähern Aufſchluß zu verſchaffen, beſchloſſen wir, zwei Reihen von Verſuchen anzuſtellen. Einestheils werden die Hunde mit Blutfibrine, die man kunſtlich mit den Shnadyaften und riechenden Stoffen der Muskeln vers miſcht hat, anderntheils mit Fleiſch gefuͤttert werden, das jedoch nach Moglichkeit von allen Beſtandtheilen der Muskeln befreit iſt, die keine Fibrine ſind. Dife Verſuche hiben bereits ihren Anfang genommen, find aber noch nicht geſchloſſen. Wir gedenken von denſelben in unſerm nachträglichen Berichte zu handeln, wollen jedoch die erſten beiden hier mittheiten. Verſuche hinſichtlich der mit den Schmeck- (und Ried) :?) Stoffen des Fleiſches vermiſchten Fibrine des Blutes. Erfter Verſuch. Vom 14. April 1841 an wurde eine große Hündin ausſchließlich mit Fibrine von Ochſenblut gefüztert, die rein abgewaſchen und dann mit der beſten Fleiſchbruͤhe, welche die Hol— lindiſche Geſellſchaft bereiten laͤßt, uͤbergoſſen war. Zuſtand des Thieres. Es iſt lebhaft, geſund und keinen fruͤhern Verſuchen unterwor fen 5258 fen. Alter 1 . 5 . f 18 Mon. Gewicht 0 ö = Kilogr. Quantität der tigtid) verfüt terten Fiorine N — Qlantitaͤt der auf die Fibrine gegoſſenen Fl eiſchbrühe 33 Gentiliter. Am 19 Apr! oder fünften Tage des Brfuhs fraß das Thier ſein ‚Butt, r mit Luſt und ſchien ſich dabei wohl zu befinden. Sein Gewicht war daſſelbe, 15 Kilogr. Am 3. Mai, oder fiedenzeh.iten Tage des Verſuchs, hatte das Thier Abneigung gigen die Fiorine und fraß von den 1090 Gram— inen feiner Ration etwa nur die Hälfte. Statt mit 33 Eentiliter wurden nun die 1000 Grammen Fi— beine mit 5) Centititer guter Fieiſchbruͤhe übergoſſen. Drei bis vier Tage lang fraß die Hündin beſſer und conſu— mirte ihre Ration faſt ganz Am 7. Mai, am einundzwanzigſten Tage des Verſuchs, zeigte das Thier abermals Widerwillen gegen die Fibrine und ſchleuderte einen großen Theil derſelben umher. Die Fibrine wurde nun in 50 Centiliter Fleiſchbruͤhe gekocht. Nach difer Zuberritung hatte dieſelbe einen ſehr appetiterregenden Geruch Wihrend der erſten Tage fraß die Hündin nuamehr ihre ganze Ration gierig auf. Aber bald wurde ihr auch dieſe Koſt zuwioer, und fie rührte dieſelbe zuletzt nicht mehr an, obwohl fie jeden Tag friſch und genau auf die naͤmliche Weiſe zubereitet wurde. Man gab ihr dieſelbe verſuchsweiſe bald lau, bald kalt; aber weder in dem einen, noch in dem andern Falle wurde die Fibrine gefreſſen. Am 15 Mai oder einunddreißigſten Tage des Verſuchs ent: hielt ſich das Thier aller Nahrung und ließ die ihm vorgeſetzte Fir brine unberuͤhrt. G wicht der Huͤndin £ . 8 alſo 2 Kilogr. Vrriuft binnen 31 Tagen. Man verſuchte es nun wieder zwei bis drei Tage lang mit der rohen Fibrine; allein die Hündin fraß dieſelbe eben fo wenig; auch alle anderen Formen der Fibrine wurden vergebens poobirt. Vom 15. bis 19. Mai nahm das Thier durchaus keine Nabe rung zu ſi h, obwohl beſt indig! Kilogr. rohe und J Kilogr. in Fleiſch— brühe gekochte Fibrine neben hr ſtanden. Der Verſuch wurde am letztangegebenen Tage, den 19. Mai, d. h. am dreiunddreißigſten des Verſu ches, geſchloſſen. Demnach hatte ein Gemengſel von Fibrine und treffticher Bouillon, welche die ſchmackpaften Stoff- und Salze des Fleiſches enthielt, von Vorne herein die Ernährung nich: bewirken können. Wir werden uns durch fernere Verſuche davon überzeugen, ob dieſes allerdings merk: würdige Re ſuftat conftant iſt. 13 Kilogr., ten Gerſte (im Malze), welche ſich unter Vermittlung der D ſtaſe jo leicht in Zucker umbildet. Verſuche mit der Muskelfaſer. Vom 29. März 1841 an ward ein mittelgroßer Hund aus— ſchließlich mit gekochtem Rindfleiſche gefüttert von dem man das Fett beſeitigt und das man, nach 24ſtuͤndiger Maccration in Waſ— ſer, zwiſchen leinenen Lappen ausgepreßt hattez um ihm ſeinen Ge— ſchmack und Geruch zu benehmen und es fo viel moͤglich der Fi: brine des Bluts aͤhnlich zu machen. j Zuſtand des Thieres. Es war munter und wohl, auch früher keinen Verſuchen unterzogen worden. Alter 8 0 © 2 05 18 Monate bis 2 Jahre. Gewicht 5 6 300 Kilogr. Quantitaͤt des täglich verfütterten Rindfleiſches 25) Grammen. Osgleich das Thier täglich feine Ration auffraß, fo magerte es doch allmälig ab. Indeß blieb es lebhaft und fein Haar gläns zend, ſo daß ſich durchaus keine Zeichen von Marasmus wahrneh— men ließen. Am 12. Mai, oder dem dreiundvierzigſten Tage des Experiments, war der Hund ſehr bedeutend abgemagert und Kin Gewicht 4,800 Kilogr., fo daß er binnen 43 Tagen 1,500 Kitogr, an Schwere verloren hatte. Bis zu dieſer Zeit hatte der Hund taͤglich ſeine 250 Grammen gekochten Rindfleiſches, nur die letzten funf bis ſechs Tage nicht ganz, aufgefreſſen. Trotz feiner Magerkeit war er noch lebhaft. An 24. Mai (dem funfundfunfzigſten Tage des Verſuchs). Seit dem 12. Mai ließ der Hund alle Tage etwas mehr von ſei— ner Rition liegen, und heute fraß er von den 250 Grammen nur etwa 6). Er war gewaltig abgemagert, ſoff viel und fing an matt zu werden. Der Verſuch mußte offenbar bald beendigt werden, und es zeigte ſich klar, daß in dieſer Form die 1 allerdings nahr⸗ hafter 1, als die mit Fleiſchbruͤhe vermiſchte Blutfiorine, daß fie aver doch eine vollftändige Ernährung nicht bewirken koͤnne. Daß fernere Verſuche dieß Reſultat beſtaͤtigen werden, iſt min— deſtens ſehr wahrſcheinlich. Uebrizens legten wir Anfangs die mit der Fibrine gewonne— nen Reſultate nicht in dieſer Weiſe aus. Wir vermutheten, fie nähre nur deßhalb nicht gut, weil fie ausſchließlich gefüttert worden ſey. Wir machten nun Verſuche mit einer kuͤnſtlich präparirten Koſt, in welcher ſich die Elemente, mic denen wir einzeln experi— mentirt hatten, vereinigt befanden. Verſuche mit Miſchungen aus Gallerte und Fibrine, Gal— lerte und Eiweiß, Fibrine und Eiweiß, ſo wie Fibrine, Gal— lerte und Eiweiß. Wir fuͤtterten Hunde mit ei ner Miſchung von Gallerte und Faſerſtoff; andere mit einer ſolchen von Gallerte und Eiweiß, noch andere mit einer aus den genannten drei Subſtanzen in verſchiede— nen Verhaͤltnißtheilen bereiteten Miſchung, und ſtellten auf dieſe Weiſe eine neue Reihe von Verſuchen an, die ſehr zahlreich und langwierig waren und deren Reſultat unſtreitig von großem In— tereſſe iſt. Wir werden die Ergebniſſe alsbald mittheilen, jedoch vorläufig bemerken, daß dieſelben ziemlich mit unſern Erwartungen uͤberein— ſtimmten, d. h., daß die Miſchung von Fibrine und Eiweiß in ver— ſhiedenen Verhaͤltnißtheilen von den Hunden lieber gefceffen wur— de, als jede dieſer Subſtanzen für ſiv. Sie konnte daher länger verfüctert werden; allein in allen Fällen trat bei diefer Diät zuletzt Marasmus und der Tod ein, wenngleich die Thiere fortfuhren, eine ziemliche Menge von dieſem Futter zu ſich zu nehmen. Die verſchiedenen bei dieſen Verſuchen angewandten Miſchungen brachten verſchiedene Wirkungen hervor; die aus Gallerte und E. weiß beſtehende zeigte ſich am weniaſten vortheilhaft; die aus Fir brine und Eiweiß bereitete erhielt die Hunde am Laͤngſten am Er ben; fie konnten es bei dieſer Fuͤtterung bis auf 126 Tage bringen. Mit einer Miſchung aus wenig Gallerte, ſowie Fibrine und Ei— weiß, von welcher die Hunde bis zu 1 Kilogr. täglich erhielten, konnten fie fib das Leben 121 Tage lang friſten. Allein da in wurde die Koſt nicht mehr derdaut, und die Thiere crepirten mit allen Kennzeichen der Erſchoͤpfung, wiewohl ihr Magen mit unver⸗ dauten Nahrungsſtoffen uͤberfuͤllt war. 267 Zumal ergiebt ſich jedoch aus dieſen Verſuchen, daß unfere kuͤnſteichen Miſchungen aus Fibrine, Eiweiß und Gallerte, wenn: gleich wir dieſelben noch fo appetitlich zubereitet hatten, in keinem Falle ein brauchbares Nahrungsmittel abgaben und ſich in dieſem Hauptpuncte eben ſo wenig ausreichend bewieſen, als jede dieſer Subſtanzen einzeln genommen. Dennoch iſt das rohe Fleiſch, in welchem ſich dieſelben Be— ſtandtheile, aber nach den Geſetzen der organiſchen Natur, vereinigt finden, ganz notoriſch ein treffiiches Nahrungsmittel. Obwohl nun dieſe Thatſache keinen Augenblick in Zweifel ge— zogen werden konnte, ſo wollten wir ſie doch, um in unſerer Ar— beit keine Lücken zu laſſen, durch directe Erfahrungen erproben. Wir fuͤtterten alſo mehrere Hunde mit feſten Rationen rohen Fleiſches, welches von Schöpfenköpfen genommen wurde, und ob— wohl täglich hoͤchſtens 300 Grammen auf den Hund kamen, fo blieben die Thiere bis zum hundertundzwanzigſten Tage, wo wir den Verſuch als binreichend beweiſend betrachteten, vollkommen ges ſund und gut bei Leibe. Hat man ſich nicht daruͤber zu wundern, daß 150 bis 300 Grammen rohen Fleiſches von ſehr mittelmaͤßiger Qualität beſſer naͤhren, als 1000 Grammen Fibrine, die mit meh— rern 100 Grammen Gallerte und Eiweiß verſetzt ſind? Den Phy— ſiologen werden dieſe Reſultate gewiß ſehr auffallen, und letztere verdienen unſtreitig auch die ganze Aufmerkſamkeit der Chemiker. Worin beſteht denn aber jener eigenthuͤmliche Stoff, welcher das Fleiſch zu einem fo vorzuͤzlichen Nahrungsmittel macht? Spielt der Schmeck- und Riechſtoff hier eine Rolle, wie es ſehr wahr: ſcheinlich iſt? Tragen die Salze und die Spur von Eiſen, die ſich im rohen Fleiſche befinden, oder die Milchſaͤure, die ebenfalls darin angetroffen wird, trotz ihrer geringen Quantität, zu dieſem Rıfuls tate bei? Dieſe wichtigen Fragen waͤren noch zu loͤſen, und die Aufgabe beſteht darin, von dem Fleiſche einen Beſtandtheil auszu— ſcheiden, durch deſſen Hinzufuͤgung das Eiweiß, die Gallerte und die Fibrine zu einem ausreichenden Nahrungsmittel für die fleiſch— freſſenden Thiere werden ). So lange dieſe Aufgabe noch nicht geloͤſ't iſt, wird man offen— bar nie eine vollſtaͤndige Ernaͤhrung bewirken koͤnnen, wenn man jene Subſtanzen allein, oder mit zu geringer Quantität der wirk— ſamen Beſtandtheile vermiſcht, in den Magen einfuͤhrt. Verſuche über die Nahrhaftigkeit der fetten Subſtanzen. Nachdem wir die Hauptſtoffe, welche Stickſtoff enthalten, nach ihren Eigenſchaften unterſucht hatten, mußten auch die nicht ſtick— ſtoffhaltigen Beſtandtheile aus demſelben Geſichtspuncte gepruͤft werden; denn dieſe gehören mit zu den vorzüglichften Nabrungs— mittein des Menſchen, fo wie der Thiere, die ihm in Hinſicht der Nahrung aͤhnlich ſind. Es handelt ſich hier von Talg, Schmeer, Butter ꝛc. Funkzehn erwachſene Hunde wurden nacheinander mit nichts als fetten Subſtanzen (friſcher Butter, Schweineſchmeer, Talg vom ) Nach den Ergebniſſen der neueſten Unterſuchungen von A. Dumas über die Statiſtik der organiſchen Chemie, läßt ſich von einer ſolchen Unterſuchung kaum ein guͤnſtiges Reſul— tat erwarten. Dieſen zufolge, wird organifirte Mate⸗ rie lediglich durch die Pflanzen erzeugt und von dieſen unmittelbar den krautfreſſenden Thieren uͤberliefert, die von den bereits fertig ausgebildeten organiſchen Stoffen ſich die fuͤr ihren Organismus paſſenden aſſimiliren und dieſelben in Anſebung der Anordnung, nicht aber der weſentlichen Or: ganiſation, hoͤber potenziren. In dieſer Encheiresis naturae iſt die organiſirte Materie vollftändig naͤhrend, wogegen fie durch die Siedehitze ihre Natur weſentlich aͤndert und ſo, des— organiſirt, wenngleich noch nicht mineraliſch, unter ganz ans dern Formen auftritt, welche, obgleich die Grundelemente noch dieſelben find, ſich zur thieriſchen Verdauung ganz anders vers halten, wie die urſpruͤnglichen. Mit dieſer Anſicht ſtimmt auch das von der Commiſſion erlangte, weiter unten dargelegte merkwuͤrdige Reſultat uͤberein, daß reiner Pflanzenkleber die Ernährung der Hunde vollſtaͤndig bewirken kann. D. ueb. 238 O hf enherzen, d. h., noch in feinen organiſchen Zellen enthalten m Fette) gefuͤttert. Dieſe Verſuche dauerten über ein Jahr (1837 bis 1838); man wird aus unſerm Berichte erſehen, weßhalb fie nicht fruher zum Schluſſe gebracht werden konnten. Vier anfangs mit friſcher Butter, in der Doſis von 300 Gram— men taglich angeſtellte Verſuche gaben uns kein anderes Reſultat, als daß die Hunde, nachdem ſie die beiden erſten Tage die Butter gie— rig gefreſſen, dieſelbe nicht mehr anrührten und neben derſelben Hungers geſtorben waͤren, wenn man ihnen noch länger anderes Futter vorenthalten haͤtte. Mit einem fünften Hunde waren wir glücklicher. Derſelbe fraß achtundſechszig Tage lang friſche Butter in unregelmaͤßiger Weiſe und ſtarb dann, obgleich gewaltig feiſt, an Ermattung. Waͤhrend der ganzen Dauer des Verſuchs verbreitete das Thier eis nen ſtarken Geruch nach Butterſäure; fein Haar fühlte ſich fettig an, und feine Haut war ſchmierig und mit einer thranigen Maſſe überzogen, Bei der Section fanden wir alle Gewebe, alle Organe mit Fett infiltrirt; die Leber war, wie man es in der pathologiſchen Avatomie nennt, fettwuͤchſig (gras). Chemiſch unterſucht, zeigte dieſelbe einen ſtarken Gehalt an Stearine und einen ſehr geringen oder keinen an Oleine. Die Butter war gleichſam in das ganze Organ eingeſickert. Die Fütterung mit reinem Schweineſchmeer führte ein febe aͤhnliches Reſultat herbei. Mehrere von den Hunden wollten nichts mehr davon freſſen, nachdem fie daſſelbe die erſten Tage gierig vers ſchlungen hatten. Einer derſelben ſtarb am achtzehnten Tage, nach— dem er an manchen Tagen 250 Grammen Schweineſchmeer gefreſ— ſen, an den meiſten aber gefaſtet hatte. Ein anderer lebte bis zum ſechsundfunfzigſten Tage, waͤhrend deren er meiſt binnen vierund— zwanzig Stunden 120 Grammen Schweineſchmeer fraß. Uebrigens bequemte er ſich auch manchen Tag zum vollftändigen Faſten. Bei der Section dieſes Exemplares fand man, wie bei dem mit Butter zu Tode gefuͤtterten Hunde, eine allgemeine Atrophie der Organe, aber eine gewaltige Anhaͤufung von Fett, namentlich un⸗ ter der Haut, wo es eine Lage von mehr als 1 Centimeter (5 Li— nien) Dicke bildete. Wir verſuchten, ob das Schmeer beſſer anſchlagen wuͤrde, wenn man ihm eine gewiſſe Menge Brodt zuſetzte, und kneteten alſo Schmeer . . 120 Grammen und Weißbrodt 8 . 250 — zuſammen; allein der Hund, mit welchem dieſer Verſuch angeſtellt wurde, fraß von dieſer Koft nur einige Tage und ließ fie dann uns beruͤhrt ſtehen. Bei den Verſuchen mit dem Talge, welcher um das Herz des Rindes abgelagert iſt, erlangten wir ebenfalls ganz aͤhnliche Reſul— tate. Dieſes wurde noch mit feinem Zellgewebe umhüllt gefüttert, und auch einzelne Muskelfaſern hingen daran. Vier Hunde wurden mit dieſer Subſtanz gefuͤttert und fraßen dieſelbe anfangs gierig, wollten aber nach ſieben Tagen nicht mehr daran gehen. Sie zernagten dann dieſelbe forgfältig und vers ſchlangen die winzigſten Bischen Muskelfaſer oder Membran, die fie von dem Fette abzuloͤſen vermochten. Alle ſtarben, der erſte am neunzehnten, der zweite am vierundzwanzigſten, der dritte am achtundzwagzigſten und der vierte am fuͤnfunddreißigſten Tage. Die durchſichtige Hornhaut war bei dieſen Hunden in Ulceration übergegangen. Bei der Section zeigten ſich alle Organe atrophiſch, aber mit Fett infiltrirt, die Leber fettwuͤchſig (gras). Im Gegenſatze zu den vorſtehend angefuͤhrten Faͤllen befand ſich ein kleiner ausgewachſener Hund, dem man taglich 125 Gram⸗ men Rindstalg vom Herzen gab, ein ganzes Jahr lang vollkom⸗ men wohl. Ein anderer Hund, der täglich nichts weiter, als 190 Gram— men Rindstalg vom Herzen erhielt, blieb ſechs Monate über volle kommen geſund, verbreitete jedoch einen boͤchſt widerlichen Thran⸗ geruch. Ohne Zweifel würde er bei derſelben Fütterung noch län: ger ausgedauert haben, wenn man den Verſuch fortgeſetzt hätte, 259 Trotz dieſer Verſchjedenheit in den Reſultaten der mit dem Rindstalge angeſtellten ſechs Verſuche, bei denen zwei Hunde län— gere Zeit vollſtaͤndig ernährt wurden, vier aber crepirten, liegt auf der Hand, daß das Fett in dieſer Form einen bedeutenden Vorzug vor den früher zu den Verſuchen verwandten ſtickſtoffhalti⸗ gen unmittelbaren thieriſchen Producten, fo wie auch vor den anz dern völlig unvermiſchten Fettſorten hat. (Schluß folgt.) Mie len. Ueber eine, von den Bronchien ausgehende, Gan— graͤn der Lungen hat Herr Briquet in den Arch. gen., Mai 1841, zwei Beobachtungen bekannt gemacht, wonach er fol— gende Schlußſaͤtze mittheilt: 1) Es giebt eine Art von Ausdeh— nung der Bronchien, wobei die Endigungen dieſer Roͤhren ſich fla— ſchenartig erweitern, mit oder ohne begleitende Dilatation der uͤbrigen Theile der Bronchialveraͤſtelungenz 2) dieſe flaſchenartig ausgedehnten Endigungen koͤnnen, unabhaͤngig von allen uͤbrigen Lungentheilen, von einer gangraͤnoͤſen Zerſtoͤrung befallen werden; 3) dieſe Gangraͤn, das Reſultat einer allgemeinen, oder auf die erweiterten Endigungen ſich beſchraͤnkenden, bronchitis, haͤngt mehr von der Natur der Entzuͤndung und von dem ſchlechten Kraͤftezu— ftande des Subjectes, als von der Heftigkeit der Entzuͤndung ab; 4) weder die Percuſſion, noch die Auscultation, noch irgend ein anderes pathologiſches Zeichen deutet mit Sicherheit auf die Exi— ſtenz dieſer Gangraͤn hin; man findet nur negative Zeichen; bei den allgemeinen Erſcheinungen einer bronchitis zeigt die Ausculta— tion keine Spur von Lungenentzündung; es folgt Auswurf, uͤbel— riechender Athem, ohne daß die Auscultation neue Erſcheinungen darboͤte, und es ſind ſelbſt die letzten Symptome nicht conſtant; im erſten Falle kann man die Exiſtenz einer Capillaͤrgangraͤn der Lungen vermuthen, im zweiten Falle iſt die Diagnoſe unmöglich; 5) es iſt unbekannt, ob die Gangraͤn die Bronchialendigungen erſt befalle, wenn dieſe bereits erweitert ſind. — Dieſe Art der Gan— grän, wovon noch nirgends die Rede war, erklaͤrt einen bis dahin räthfelhaften Zuſtand. Es iſt nicht ſelten, daß Kranke mit habi⸗ tuellem Huſten und Auswurf plotzlich einen ſehr uͤbelriechenden Athem und Auswurf bekommen, wobei der letztere vermehrt und veraͤndert iſt, obwohl die Auscultation keine Veranderung in den gewohnlich vernehmbaren Geraͤuſchen der Bruſt bemerken laͤßt. Nach einiger Zeit vermindern ſich die Zufälle, fie verſchwinden all— mälig und der Kranke kehrt wieder zu feinem gemöhnlichen Geſund— heitszuſtande zuruͤck. Erſtaunt, daß eine, gewoͤhnlich als toͤdtlich betrachtete Lungenkrankheit geheilt werden koͤnne, hat man gemeint, daß hier bloß eine Secretionsveraͤnderung der Bronchialſchleimhaut 240 vorhanden geweſen ſey, und daß der gangraͤnoͤsriechende Athem kein Zeichen von Lungengangraͤn ſey. Wahrſcheinlich find dieſe Affectio— nen, welche mehrmals wiederkehren konnen, Beiſpiele von Gangraͤn einiger Bronchialendigungen; denn der Verlauf der Anfälle iſt ganz derſelbe, wie der des erſten der mitgetheilten Krankheitsfaͤlle; auch fehlen bei ihnen alle anderen Auscultations- und Percuſſionsſym⸗ ptome, mit Ausnahme derer der bronchitis. Hieraus ware zu ſchließen, daß dieſe Art der Gangraͤn häufig geheilt werden koͤnnte. Ueber die Sutur bei Knochenbruͤchen bemerkt Mal: gaigne in feinen Recherches historiques sur les appareils: „Ich glaube der erſte geweſen zu ſeyn, welcher den Vorſchlag ge— macht hat, bei Knochenbruͤchen eine Art von Sutur anzuwenden, und ich habe ſchon einmal fuͤr eine Fractur der Knieſcheibe von den ſtaͤhlernen Agraffen Gebrauch gemacht, und zwar mit ziemlich be— friedigendem Reſultate, obwohl der Erfolg vollftändiger hatte ſeyn koͤnnen. Herr Flaubert zu Rouen hat, nach einer Reſection des Oberarmknochens, die beiden Bruchſtuͤcke mittelſt einer Eiſendrath— ſchlinge vereinigt; Herr Baudens hat die beiden Bruchſtuͤcke ei— ner Fractur des Unterkiefers mit einer gewoͤhnlichen Fadenſchlinge aneinandergehalten, welche ſie beide umfaßte; endlich habe ich in cinem ſchwierigen Falle vermittelſt einer in die tibia eingetriebenen Schraube gewirkt; jedenfalls iſt es zu fruͤh, über dieſe Verſuche definitiv zu urtheilen. Der hier erwaͤhnte Fall iſt folgender. Ich hatte vor Kurzem einen Schiefbruch der tibia bei einem Geiſtes⸗ kranken zu behandeln. Weder die Extenſion noch die Lagerung in halber Beugung, noch die ſeitliche Lagerung, noch die Erhoͤhung der Ferſe, noch die fortdauernde Extenſion waren, ſelbſt unter Bei— hulfe eines ſtarken Druckes, im Stande, das obere Vruchſtuͤck, wel— ches hervorragte, vollkommen zuruͤckzubringen. Es wurden die Cravatten des Herrn Major verfuht, welche nach Verlauf von zwei Tagen Gangraͤn veranlaßte, und dennoch drohte die von dem Bruchſtuͤcke in die Hoͤhe gehobene Haut fortwaͤhrend, zu zerreißen; dabei war der Kranke durchaus nicht folgſam. Ich wendete den Gypsguß an, indem ich einen großen Theil der tibia frei ließ; aber ſchon Tags darauf hatte der Druck der tibia gegen den Gyps Er: coriationen veranlaßt. Die Raͤnder des Gypsguſſes mußten abge— ſchabt werden. Am zweiten Tage mußte dieß wiederholt werden, und am dritten Tage brach der ſo oft erſchuͤtterte Gypsbruch durch, und die Hervorragung des Knochenſtuͤckes ſtellte ſich wiederum ein. In der Verzweifelung uͤber dieſen Fall, ließ ich einen Apparat aus einem cifernen Halbcirkel anfertigen, den ich auf dem Brete des planum inclinatum befeſtigte. Von der Mitte dieſes Bogens kam eine ſpitzige Schraube herab, welche ich durch die Haut hin» durch in die tibia einſenkte. Aber ſelbſt mit dieſem Mittel war ich nicht im Stande, eine vollſtaͤndige Reduction zu bewerkſtelligen; in= deß verſchwand doch die Hervorragung des Knochens unter der Haut, und ich erſparte meinem Kranken eine Hauptperforation, welche wahrſcheinlich zur Reſection eines Stuͤckes der tibia gends thigt haͤtte. In einem ähnlichen Falle hat Herr Laugier die Achillesſehne durchſchnitten, was nachahmungswerth erſcheint.“ ... ̃ —.. ˙—˙i s ‚· = 21700 were] Bibliographisce Neuigkeiten. Iconographie descriptive des Cactees, ou Essais systématiques et raisonnés sur l'histoire naturelle, la classification et la eulture des plantes de cette famille. Par Ch, Lemaire, 1. Livrais, Paris 1841. Fol. Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandische Maatschap- 10 der Wetenschappen te Haarlem. 2. Versameling, Deel Haarlem 1841. 8. Ueber den Galvanismus als chemiſches Heilmittel gegen oͤrtliche Krankheiten. Von Dr. Guſtav Cruſell. Mit einem Schreiben von M. Markus, Leibarzt ꝛc. St. Petersburg 1841 8. Le Guide maternel, ou Médecine pratique de la mere de fa- mille. Par le Docteur Bergonier. Paris 1841. 8. SEN ET — Vene Üotizen a u 8 dem Gebiete der Hatur - und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medicinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medicinalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin. Ne. 434. (Nr. 16. des XX. Bandes.) November 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gGr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3g Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Ng ene Unterſuchungen uͤber die Entſtehung der Einge— weidewuͤrmer. Von Dr. Eſchricht, Profeſſor der Phyſiologie an der Univerfität in Copenhagen. (Schluß.) 9. 3. Sind ſehr häufig Metamorphoſen unter⸗ worfen. Daß Metamorphoſen vorkommen, ließ ſich ſchon aus der allgemeinen Bemerkung ſchließen, daß in allen Faͤl— len, wo man in einem Eingeweidewurme Junge fand, dieſe der Alten nicht glichen, ja oft ungemein verſchieden von ihr waren. Als ein Beiſpiel hiervon koͤnnen wir die Beobachtung des Dr. Jacobſon in Copenhagen ruͤckſichtlich der Fila- ria medinensis anfuͤhren, die Herr v. Blainville in den Annales des sciences naturelles mitgetheilt hat. Er fand im Innern dieſes Wurms eine große Menge leben— diger Würmer, wie dieß ſchon früher Rudolphi'n (Sy- nopsis, p. 206.) begegnet war; allein ſie waren der Mut— ter ſo unaͤhnlich, daß er es fuͤr nicht unwahrſcheinlich hielt, es ſeyen Schmarogerwürmer des Schmarotzerwurms. Fer— ner hat Dr. Siebold (Burdach's Phyſiologie, zweite Ausgabe, 1. c.) bei den Echinorhynchen, welche ebenfalls lebendige Junge gebaͤren, denſelben auffallenden Unterſchied zwiſchen dieſen und den Alten bemerkt. Daſſelbe gilt von den Cestoidea, unter denen viele find, bei denen man die Jungen in den Eiern erkannt und unterſucht hat (Sie— bold, 1. c.). Bei allen bildet ſich der Kopf zuerſt, welcher mit ſechs Haken verſehen iſt. Von dem Embryo der Taenia solium hat unlaͤngſt Herr Dujardin, in den Annales des Sciences naturelles 1838, eine Abbil— dung mitgetheilt. Das wunderbarſte Beiſpiel von den Metamorphoſen der Eingeweidewuͤrmer moͤchte jedoch das von Dr. Sie— bold beobachtete und in Wiegmann's Archiv (Bd. 1. 1835) mitgetheilte ſern. Es bezieht ſich auf Monostoma mutabile, welcher Wurm ſich in verſchiedenen Theilen ge— wiſſer Waſſervoͤgel findet und lebendige Junge gebäret, wel: No. 1534. Kr Ne che mit der Mutter nicht die geringſte Aehnlichkeit haben. In dem Darmcanale dieſer Jungen findet ſich ein gewiſſer Theil, der ſchon vorhanden iſt, waͤhrend die Jungen ſich noch im Eie in der Mutter befinden, und ſich ſpaͤter auf eine hoͤchſt merkwuͤrdige Weiſe in einen andern Eingeweidewurm verwan— delt, der, wie es ſcheint, zu einer ganz andern Gattung, naͤmlich Distoma, gehoͤrt. So hat alſo der Eingeweide— wurm im Vogel ein Junges, in welchem ſich ein dritter Eingeweidewurm entwickelt. Das Junge wird aber bald nach ſeiner Geburt durch das Juͤngſte getoͤdtet, welches ſich auf dieſe Weiſe befreit. Dieſe hoͤchſt ſonderbare Einſchach— telung einer Generation in der andern iſt von manchen Na— turforſchern als eine vervielfachte generatio aequivoca oder als eine Reihe von fehlſchlagenden Anſtrengungen der Schoͤpfungskraft ausgelegt worden. Die Conſtanz der That— ſache noͤthigt uns aber, darin vielmehr eine Reihe von Me— tamorphoſen zu erkennen, und dieß um ſo mehr, da immer nur ein Wurm in demſelben Jungen eingeſchloſſen, dieß aber ſtets der Fall iſt. Hierher gehoͤren auch die hinreichend bekannten Beob— achtungen von Nitzſch, Bojanus, Baer und die neue— ſten von Siebold (I. c.) über die Cercariae und die merkwuͤrdigen mit Vitalitaͤt begabten Saͤcke, in denen dieſe eingeſchloſſen find, dann die von Bojanus über Distoma duplicatum und Bucephalus polymorphus, ſo wie die von Carus uͤber Leucochoridium paradoxum, welche uns ſaͤmmtlich, bei dem gegenwärtigen Stande der Wiſſen— ſchaft, als hoͤchſt auffallende Thatſachen erſcheinen, waͤhrend es ſich doch mit ihnen wie mit den zuerſt entdeckten Pflan— zen eines neuaufgefundenen Landes, welches kuͤnftigen For— ſchern eine reiche Ausbeute verſpricht, verhalten duͤrfte. §. 4. Die Fortpflanzungsweiſe der Einge— weidewuͤrmer ſcheint ſehr verwickelt zu ſeyn. Steht es einmal feſt, daß die Eingeweidewuͤrmer ihre For: men und Aufenthaltsörter regelmäßig wechſeln, fo darf es uns nicht Wunder nehmen, daß die Art und Weiſe, wie ſie in den Koͤrper gelangen, ſich nicht hat ermitteln laſſen. trachten wir die Naturgeſchichte der Thiere, deren Wohnort— 16 Be⸗ 243 wechſel und Formenwechſel uns bekannter find, ſo finden wir alsbald, daß dieſe Kenntniß lediglich die Feucht ſorgfaͤltiger und behacrlicher Forſchungen iſt und ſich auf keinen Fall hatte errathen laſſen, ja ohne das Zeugniß directer Beobach— tung für fabelhaft gelten würde. So verhaͤlt es ſich mit der Naturgeſchichte der Ichneumons, welche ſich im Innern anderer Jaſecten entwickeln, ſo wie mit der Art und Weiſe, wie das Ichneumon-Weibchen ſeine Eier in dieſe Inſecten einführt. Die Pferdebremſe (Oestrus equi), deren Zar: ven man ſtets zuerſt im Pferdemiſte wahrnimmt, bietet in ihrer Lebensweiſe ebenfalls Umſtaͤnde dar, auf die Niemand durch bloßes Nachdenken haͤtte verfallen koͤnnen. Es ſteht jetzt feſt, daß die Bremſe ihre Eier auf eine Stelle der Haut des Pferdes legt, welche dieſes mit der Zunge erreichen kann; daß dieſelben unverletzt in den Magen des Thieres gelangen und dort ausgebruͤtet werden, worauf ſich die Larven an die Schleimhaut des Magens feſtſetzen, nach und nach durch den ganzen Darmranal ruͤcken und zuletzt mit dem Miſte ausgeleert werden. Und ſprechen nicht die neuerdings entdeckten Meta— morphoſen der Cirrhipoden, der Lernae, welche man in den trefflichen Abhandlungen Nordmann's (Mikrographiſche Beitraͤge), in den Aufſaͤtzen John V. Thomſon's zu Cork ꝛc. beſchrieben findet, ebenfalls dafuͤr, daß ruͤckſichtlich der Ent— wickelung der niedrigern Thiere eine Mannigfaltigkeit herrſcht, welche fuͤr die menſchliche Einbildungskraft kaum erreichbar it? Da die Naturforſcher unſerer Zeit ſolche Thatſachen ermittelt haben, ſo iſt ihren Nachfolgern gewiß eine noch reichere Ausbeute vorbehalten. Was die Eingeweidewuͤrmer betrifft, ſo ſpricht Alles dafuͤr, daß die Mittel, welche dieſe Thiere anwenden, um ihre Nachkommen ſicher an die ihnen angemeſſenen Octe gelangen zu laſſen, den dabei zu uͤberwin— denden außerordentlichen Schwierigkeiten gewachſen ſeyen, daß die allguͤtige Natur ſie in den Stand geſetzt habe, dieſe Auf— gabe zu loͤſen. Ruͤckſichtlich dieſer Mittel koͤnnte man Hy» potheſen genug aufſtellen. So koͤnnte der Umſtand, daß das Feiſch der Fiſche oft im Sommer von kleinen Würmern ſtrotzt (welche ich in einem Falle für Echinorhynchi ev kannte) auf die Vermuthung leiten, daß dort der Brutplatz mancher Arten zu ſuchen ſey. Dieſelbe Auslegung würde in Betreff der kleinen Wuͤrmer ſtatthaft ſeyn, die man oft— mils im Fleiſche und Zellgewebe findet und gewoͤhnlich Fi— larien nennt. Die von Owen entdeckte Trichina spira- lis dürfte in dieſelbe Kategorie gehören, und alle blaſenfoͤr— migen Würmer koͤnnen als die Anfangsſtadien anderer Arten gelten, welche Hypotheſe durch den Umſtand bekraͤftigt wird, daß man in ihnen keine Zeugungsorgane hat entdecken koͤn— nen, was bei den Eingeweidewuͤrmern, in der Regel, auf ein frühes Stadium der Entwickelung hindeutet. Die monat: liche Exacerbation der Symptome der helminthiasis, das Jucken in der Naſe bei Kindern, die an Wuͤrmern leiden, dürfte in der einen oder andern Weiſe mit der Naturge— ſchichte dieſer laͤſtigen Gaͤſte in Verbindung ſtehen. Allein alle dergleichen Hypotheſen ſind von ſehr geringem Werthe und koͤnnen die Frage, wie die Eingeweidewuͤrmer ſich ver: breiten, nicht zur Erledigung bringen. Dieß kann nur durch ſorgſame und ausd zuernde Beobachtungen geſchehen, und man 244 wird wahrſcheinlich finden, daß die Arten in dieſer Beziehung ſehr von einander verſchieden ſind. Daß dieſe Unterſuch ung langwierig und muͤhſam ſeyn wird, laͤßt ſich nicht bezweifeln, wenn wir die Geſchichte der oben angefuͤhrten Faͤlle betrachten, und es gehoͤren dazu weit ſorgfaͤltigere Forſchungen, als die, denen ſich practiſche Aerzte, in der Regel, unterziehen koͤnnen. Der Fall des Sarcoptes kann als Beiſpiel dienen. Lange war deſſen E:iftenz aus den Berichten der Fiſcher und Galeeren— ſclaven bekannt; allein die Aerzte wußten ihn nirgends zu finden. 5 Ein angehender Mediciner in Frankreich hatte die Frech— heit, Milben mit der von der Kraͤtze ausgeſonderten Feuch— tigkeit zu vermiſchen und dieſelben der Academie vorzuzeigen, und das die Kraͤtze erzeugende Inſect galt daher zwanzig Jahre lang für einen Acarus; man zog endlich Gorficani- ſche Bauern zu Rathe, und ſie zeigten den Gelehrten die Weiſe, wie man den wirklichen Sarcoptes aufzufinden habe. Dennoch war dieſes Schmarotzerthier immer fo gemein wie die Kraͤze ſelbſt, und fo groß geweſen, daß man es mit un: bewaffnetem Auge erkennen konnte. Daß wegen jeder Art eine beſondere Unter: ſuch ung angeſtellt werden muͤſſe, laͤßt ſich aus dem Umſtande ſchließen, daß jede Art im Allgemeinen beſon— dere Thiere und in dieſen beſondere Organe waͤhlt, wie denn, z. B., die von Dr. Robert Grant anatomiſch unterſuchte Lernaea elongata das Auge des Groͤnlaͤndiſchen Haifi— ſches (Shark), die Coronula balaenaris die Haut des Walfiſches, dis Otion auritum, die Coronula, verfchie: dene Arten von Pinnotheres gewiſſe Arten lebender Bi: valven und die Paguri gewiſſe Univalven zum Wohnorte ſich erkieſen Ein hoͤchſt merkwuͤrdiges Beiſpiel der Vorliebe, welche die Schmarotzerthiere für gewiſſe Localitaͤten haben, bieten die Eingeweidewuͤrmer dar, welche man regelmaͤßig im Win— ter in einem mit der Hode der Cephalopoden in Verbindung ſtehenden Sacke findet. Dr. Carus hat dieſelben unlaͤngſt unter dem Namen Needhamia in die paraſitiſche Fauna aufgenommen. Seine Abhandlung wird in dem zunaͤchſt er— ſcheinenden Bande der Acta Leopoldino-Carolina abge— druckt werden. Swammerdam hat ſie zuerſt beſchrieben, und Needham lieferte vor faſt einem Jahrhunderte, in ſeinen mikroſcopiſchen Beobachtungen, eine gute Beſchreibung und Ab— bildung von denen des Loligo, nannte fie aber Saamengefaͤße. Die von dem Oetopus des Mittellaͤndiſchen Meeres wurden von Cuvier als „les fameux filamens, machines ou animalcules découverts par Needham‘ im Vorbei— gehen angeführt und find wahrſcheinlich dieſelbe Art. wel: che Carus unter dem Namen Needhamia expulsoria genau beſchrieben hat. Die der Sepia offieinalis hat Profeſſor Rudolph Wagner zu Erlangen als den Echi- norhynehi ſehr aͤhnlich geſchildert, was auf eine ungemein abweichende Geſtalt hindeutet. Ja einem von St. Thomas ſtammenden Octopus fand ich unlängft in demſelben, an dem Hoden hängenden Sack eine Anzahl Needhamiae, welche eine neue Art bilden. 245 $. 5. Die Spermatozoa find keine Schma⸗ woßerthiere. Waͤhrend man dieſe merkwuͤrdigen Körper fuͤr Schmarotzerthiere zu halten hat, muͤſſen wir uͤber die Natur der Saamenthierchen anders urtheilen. Die neueſten Forſchungen von Rud. Wagner, Valentin, Henle, Siebold ı., welche man ſaͤmmtlich in Rud. Wagner's Handbuche der Phyſiologie, deren erſter Band im Jahre 1839 erſchien, angefuͤhrt findet, haben der Wiſſenſchaft meh— rere neue wichtige Aufſchluͤſſe verſchafft, unter denen der merkwuͤrdigſte der iſt, daß ſich die Saamenthierchen ſtufen— weiſe und regelmaͤßig in kleinen Saͤcken entwickeln. Da ſo erwieſen iſt, daß fie einen weſentlichen Beſtandtheil der Saa— menfeuchtigkeit bilden, ſo hat man ſie als den Blutkuͤgelchen analog anzuſehen. Ihre ſcheinbar willkuͤhrliche Bewegung rechtfertigt keineswegs den Schluß, daß es aͤchte Thiere ſeyen, Die Fortdauer der Bewegung bei mikroſcopiſchen Theilen des Koͤrpers, nachdem ſie von dem letztern getrennt ſind, laͤßt ſich, z. B., auch an den Wimperhaaren auf den Epitheliumzellen ge— wiſſer Schleimmembranen wahrnehmen, welche die einſt ſo gro— ßes Aufſehen erregenden ſchwingenden Bewegungen ausfuͤhren, die Sharpney, Purkinje und Valentin beobachteten. Dieſe Analogie muß fuͤr deſto haltbarer gelten, je weniger man bis jetzt in den Saamenthierchen innere Organe hat entdecken koͤnnen, und je weniger uns bisjetzt ein Umſtand bekannt iſt, der darauf hindeutete, daß ſie ihre eigne Art fortpflanzen koͤnnten. Bei den Nematoidea habe ich ei— nen gewiſſen Zuſtand der analogen Theile beobachtet, welcher uͤber deren geheimnißvolle Functionen neues Licht verbreiten dürfte. Bekanntlich beſitzt der Hode der As ca— ris Jumbricoides diefelbe cylindriſche Ge— ſtalt wie die Mutterhörner; auch die innere Stru— ctur beider Organe ſcheint aͤhnlich. Ich glaube eine Mittels ſchnur erkannt zu haben, welche der rachis (ſ. oben) des Ovariums analog zu ſeyn ſcheint, obgleich es mir nie ge— lungen iſt, dieſelbe abzuloͤſen. Um dieſe Mittelſchnur oder rachis ber bemerkt man Koͤrperchen von ziemlich unregel— maͤßiger Geſtalt, die aber den Eiern im Ovarium nicht un— ähnlich find und ein der vesicula Purkinjii ſcheinbar analoges Blaͤschen enthalten. Sie gleichen in der That ebenfalls ſehr den Urzellen, und dieſelbe Bemerkung gilt von den Eiern im Ovarium; und die Saͤcke, in denen ſich die Saamenthierchen entwickeln, duͤrften in dieſe Analogie mit eingeſchloſſen werden. In dem weiten Schwanzende der männlichen Organe, welches offenbar dem uterus analog iſt, zeigen ſich, ſtatt der Spermatozoen, immer kugelfoͤrmige Körper, welche mit winzigen Koͤrnchen beſtreut find, die Pols lenkoͤrnchen ähneln. Sind dieſe kugelfoͤrmigen Koͤrperchen etwa Saamenthierchen-Saͤcke? Sind fie den Eiern des Weib— chens analog? Die aus einer ſolchen Analogie abzuleiten: den Folgerungen waͤren zu eigenthuͤmlich, als daß ich mich getraute, dieſelben hier auseinanderzuſetzen. §. 6. Mehrere Hautausſchlaͤge find durch Beruͤhrung uͤbergetragene ecryptogamiſche Schmarotzerpflan zen. Daß mehrere Krankheiten, na— mentlich Hautkrankheiten, cryptogamiſchen Schmarotzerpflan— zen, andere Schmarotzerthieren zuzuſchreiben find, iſt eine unlaͤngſt zur Gewißheit erhobene Thatſache. Ich habe hier— 246 bei zunaͤchſt die Mus card ine, jene von den Seidenzuͤch⸗ tern der Lombardei ſo ſehr gefuͤrchtete contagioͤſe Krankheit der Seidenraupen, im Auge, die ſich durch einen bald nach dem Tode der Raupe auf deren ganzem Koͤrper ansbrechen— den Ausſchlag characteriſirt. Herr Baſſi ermittelte, daß dieſes Leiden von einer cryptogamiſchen Pflanze herruͤhre, und es entſteht nur die Frage, iſt die Krankheit eine Folge der Pflanze, oder die Pflanze ein Product der Krankheit. Eis nige an dieſer leidende Seidenraupen wurden Herrn Aus douin nach Paris geſchickt, welcher Herrn Baſſi's Beob— achtung, daß der Ausſchlag von einer cryptogamiſchen Pflanze berrühre, vollkommen beſtaͤtigte. Er unterſuchte deren Spo ruln, brachte dieſelben unter die Haut geſunder Raupen, und dieſe erkrankten bald und ſtarben zehn Tage nach dem Er— ſcheinen des Ausſchlags. Fernere Unterſuchungen bewieſen, daß waͤhrend des Fortſchreitens der Krankheit die Pflanze unter der Haut wuchs. (Ann. des Sciences nat. Oct. 1837.) Dr. Schoͤnlein, vormals zu Zürich, hat unlaͤngſt (in Muͤller's Archiv, 1839, 1.) gewiſſe Hautkrankheiten, in's- beſondere die porrigo lupinosa, geſchildert, und gefunden, daß dieſelbe aus cryptogamiſchen Pflanzen beſtehe. Eine ähnliche Beobachtung habe ich ruͤckſichtlich der Aphthen der Kinder gemacht, obwohl ich eingeſtehen muß, daß ich mit der mikroſcopiſchen Structur der Pflanzen nicht hinlaͤnglich vertraut bin, um mich in dieſer Beziehung fuͤr unfehlbar zu halten. Die Aphthen für contagioͤs zu erklaͤren, würde ge— gen die jetzt geltenden Anſichten verſtoßen, wenngleich ich aus mehrern Gruͤnden nicht abgeneigt bin, ſie dafuͤr zu halten. In Grönland iſt dieſe Krankheit nicht bekannt. In einer mir bekannten Familie, die ſich dort viele Jahre aufhielt, litt keines der daſelbſt gebornen Kinder an Aphthen, waͤh— rend alle nach der Heimkehr der Familie in Copenhagen ge— bornen Kinder, ſo gut wie faſt alle uͤbrigen in dieſer Stadt zur Welt kommenden Kinder, davon befallen wurden. Dieß kann man der Verſchiedenheit des Clima's beimeſſen; allein in den Groͤnlaͤndiſchen Haͤuſern wird die Temperatur bedeu- tend hoch erhalten; oder der abweichenden Diät zuſchreiben: allein die Daͤniſchen Familien in Groͤnland erhalten ihren Mundvorrarh, mit wenigen Ausnahmen, aus dem Vaterlan⸗ de und eſſen, z. B., nur ſtatt des Rindfleiſches Rennthier— fleiſch ꝛc. VI. Schlußfolgerungen. — §. 1. Allgemeine Bemerkungen über das Schmarotzerleben. Nach dem im vorhergehenden Capitel Geſagten läßt ſich als er wieſen betrachten: 1) daß in andern Organismen und um dieſelben her uͤberall paraſitiſches Leben anzutreffen iſt. Der Erdboden eignet ſich für Pflanzen; die Pflanzen für Thiere und die Thiere ſcheinen, wenngleich ſie ſelbſt ganz auf ihre eignen Zwecke eingerichtet find, zum Beſten der Schmarotzer— thiere vorhanden zu ſeyn. Als Beiſpiele ließen ſich viele Eingeweidewuͤrmer aufweiſen, deren in den vorhergehenden Capiteln Crwähnung geſchehen; indeß will ich meine Bemer- kung durch ein Exempel aus einer andern Claſſe von Schma⸗ rotzerthieren erlaͤutern. Das einſchaalige Weichthier bildet fi) eine Muſchel, welche ganz auf feine eignen Zwecke ein- gerichtet iſt; allein dieſe Form * Schaale paßt zugleich ganz 1 * 247 genau fuͤr die Beduͤrfniſſe des Pagurus, deſſen ganzer Koͤr— per dieſelbe Windung darbietet, deſſen Scheeren genau die Muͤndung der Muſchel ausfuͤllen, deſſen Schwanz nackt und der mit ſehr kleinen Füßen verſeben iſt, fo daß er in dieſe Schaale und nirgends anders hineinpaßt. 2) Daß das pa— raſitiſche Leben, wenngleich deſſen Fortdauer durchaus durch die Exiſtenz anderer Geſchoͤpfe bedingt iſt, doch in Ueberein— ſtimmung mit den Geſetzen entſpringt und fortgepflanzt wird, welche bei andern lebenden Weſen walten, obwohl natuͤrlich in Betreff der beſondern Beduͤrfniſſe jedes Thieres Abwei— chungen vorkommen. 3) Daß der Hauptcharacter des Schma— rotzerlebens in deſſen Verborgenheit liegt, daher es der Auf— merkſamkeit derer, die deſſen Opfer ſind, lange entgeht. Je— des Schmarotzerthier iſt ein Kind der allverſorgenden Mutter Natur, welche fuͤr den ekelhaften Bandwurm mit eben ſo viel Vorſicht geſorgt hat, als fuͤr die hoͤchſten Organismen. Obgleich dem Bandwurm, wie es ſcheint, alle Sinnesor— gane, ja ſelbſt das Gehirn abgeht, fo findet er doch Mittel und Wege, ſich und ſeine Jungen in Sicherheit zu bringen, waͤhrend der Menſch mit allen ſeinen Sinnen und ſeiner Intelligenz dieſe Mittel und Wege noch nicht hat entdecken konnen, oder deren Möglichkeit laͤugnet. $. 2. Vergleichung der Infuſionsthierchen mit den Eingeweide wuͤrmern. Die allgemeinen Be: merkungen uͤber die Infuſionsthierchen paſſen, wie wir ge— ſehen haben, auch auf die Eingeweidewuͤrmer. Was wir ferner ruͤckſichtlich der letztern und ihres Verhaltens zu den Koͤrpern, in denen ſie hauſen, angegeben haben, kann auch von den Infuſionsthierchen und ihrem Verhaͤltniſſe zur ir: diſchen Schoͤpfung gelten. Wenn unſere Behauptung, daß die Fortpflanzungs-, Verbreitungs- und Anſiedelungs weiſe der Eingeweidewuͤrmer in Betreff jeder einzelnen Species langwierige und muͤhſelige Forſchungen in Anſpruch nehmen muß, gegruͤndet iſt, ſo iſt ſie dieß nicht weniger in Bezug auf die Infuſionsthierchen, von denen manche Arten in rei— nem kalten Waſſer, andere in ſauren oder ſalzigen Fluͤſſig— keiten, noch andere in Mineralquellen leben; ſowie in Be— treff der Infuſionspflanzen, von denen jede, nach Dr. Schwann's und Herrn Caignard-Latour's Beobach- tungen, an irgend eine beſondere Art von Gaͤhrung gebun— den zu ſeyn ſcheint §. 3. Vergleichung der beiden Theorieen aus dem Geſichtspuncte der Phyſiologie. Die Vertheidiger der generatio aequivoca behaupten, die Ans ſicht, daß uͤberall, wo Pflanzen und Thiere ſich zeigen, vor— her Samen und Eier geweſen fein müßten, befinde ſich mit dem Genius der Experimental-Phyſiologie im Widerſtreit, und dieſe Behauptung duͤrfte Manches fuͤr ſich haben, wenn jene Anſicht eine Gleichguͤltigkeit veranlaßte, die alles Uebri— ge dahin geſtellt ſeyn laͤßt. Die Behauptung erſcheint aber eben ſo nutz- als grundlos, wenn man ſieht, wie die Geg— ner der generatio aequivoca ſich mit dem größten Eifer um die weitere Aufklaͤrung der fraglichen Geheimniſſe be— muͤhen. Auf der andern Seite kann die Theorie der gene ratio aequivoca der Experimental-Phyſiologie allerdings 24 foͤrderlich ſeyn, ſo lange ſie ihre Anhaͤnger zu Unterſuchun— gen uͤber die Art und Weiſe, wie die Entſtehung lebender Körper aus lebloſen ſtattfindet, anſpornt, während fie ges rade das Gegentheil bewirkt, wenn ſie ihren Vertheidigern gegen jede Thatſache, welche über die geheimnißvolle Ge- ſchichte der Schmarotzergeſchoͤpfe Licht verbreitet, die Augen verſchließt. Die Annahme, daß unentdeckte Eier und Sa— men vorhanden feyen, iſt allerdings dem Genius der Phyſio— logie entgegen, wenn man ſie zu phantaſtiſchen Conjecturen ruͤck ſichtlichder Entſtehung jener Eier und Saamen mißbraucht; allein dieß heißt nur die Möglichkeit des Mißbrauches jeder Theorie zugeben, und daß ſich die generatio aequivoca ebenfalls ſtark verſuͤndigt hat, läßt ſich aus der Geſchichte der Phyſiologie zur Genuͤge darthun. Wenn ein Naturforſcher, aller ſeiner Bemuͤhungen un— geachtet, die vermuthlich vorhandenen Saamen und Eier nicht entdecken kann, ſo glaubt er ſich berechtigt, zu behaup— ten, daß keine vorhanden ſind, waͤhrend daraus eigentlich doch nur folgt, daß er keine gefunden hat, und ſeine Be— hauptung als die Folge einer anmaßlichen Vorſtellung von ſeiner Faͤhigkeit, die verborgenſten Geheimniſſe der Natur zu durchſchauen, erſcheint. Es iſt im Allgemeinen weit gerathener, allgemein her r— ſchenden Geſetzen zu vertrauen, als auf Beobachtungen, die denſelben widerſprechen, einen unbilligen Werth zu legen. Dieſe Bemerkung paßt, z. B., auf die Behauptung, daß Pflanzen unter dem Einfluſſe des Sonnenlichtes aus Granit, deſtillirtem Waſſer und Sauerſtoff entſtaͤnden. Man ſollte nicht uͤberſehen, daß ſelbſt im gemeinen Leben das Verſchwin— den oder Erſcheinen eines Gegenſtandes zuweilen unmoͤglich ſcheint und dennoch auf irgend eine Weiſe zu Wege gebracht wird, und nichtsdeſtoweniger erklaͤren wir uns in dieſem Falle die Sache nicht durch generatio aequivoca. Dieß gilt auch in vielen Faͤllen von dem Erſcheinen hoͤher orga— niſirter Pflanzen und Thiere an Orten, wo man ſich deren Vorkommen nicht zu erklaͤren weiß, z. B., nach ausgedehn— ten Feuersbruͤnſten, nach dem Austrocknen von Seen und Meerarmen, oder wenn man in den Suͤßwaſſerſeen vulka- niſcher Inſeln Fiſche findet. Dergleichen Beobachtungen be— weiſen aber keineswegs für die generatio aequivoca, ſon⸗ dern belehren uns nur daruͤber, daß die Erforſchung der Na: turkraͤfte ungemein ſchwierig iſt, und daß wir eben unfaͤhig ſind, das Auftreten ſolcher Pflanzen und Thiere zu erklaͤren, von denen es ungereimt waͤre, anzunehmen, daß ſie durch ge— neratio aequivoca entſtanden feyen. $. 4. Abweichung der Analogie zwiſchen der angeblichen generatio aequivoca und der Schöpfung Man beruft ſich zuweilen zur Unterſtuͤtzung der generatio aequivoca auf die Schöpfung, und wen— det dabei folgendes Raiſonnement an: „Es war ſicherlich einſt eine Zeit, wo ſelbſt die vollkommenſten Thiere ohne Zeugung entſtanden, und deshalb ſind dergleichen Bildungen moͤglich. Die Schoͤpfungskraft beſaß damals ihre ganze Energie; jetzt hat ſie an Intenſitaͤt verloren, daß ſie aber 249 ganz ausgegangen ſey, iſt unwahrſcheinlich; m Gegentheil ließe ſich, wenn auch keine Thatſachen dafuͤr ſpraͤchen, a priori ſchließen, daß ſie, wenigſtens in Betreff der niedrig— ſten Thiere und Pflanzen, noch jetzt thaͤtig ſeyn.“ Wenn ſich die Vertheidiger der generatio aequivoca aber auf die Schoͤpfung berufen, ſo ſtuͤtzen ſie ſich auf Etwas, das man gegenwaͤrtig, im eigentlichen Sinne des Wortes, ein Wunder nennen kann, d. h. auf einen Act, der den Na— turgeſetzen entgegen iſt, und dieſe Berufung iſt unzulaͤſſig, weil die jetzigen Erſcheinungen nur nach den jetzt guͤltigen Geſetzen erklaͤrt werden duͤrfen. Selbſt wenn die Appella— tion zulaͤſſig wäre, müßte der Beſcheid gegen die Appellan— ten ausfallen; denn die Analogie zwiſchen der Schoͤpfung und der generatio aequivoca hat ſeit der Entdeckung, daß die Infuſorien, gleich den Eingeweidewuͤrmern, ſtreng characteriſirte, feſte Species bilden, zu exiſtiren aufgehört. Iſt naͤmlich einmal erwieſen, daß dieſe Thiere, wo ſie ſich auch zeigen, zu ſchon bekannten Arten gehoͤren, ſo iſt auch dargethan, daß deren Erſchaffung, gleich der der uͤbrigen Thiere, aufgehoͤrt hat; denn die Schoͤpfung oder Erſchaffung iſt keine Reproduction, ſondern eine erſte Production — aus Nichts.) (Edinb. new philos. Journal, July — October 1841). *) In Bezug auf den Inhalt des Schlußparagraphen ſey es uns noch geſtattet, zu bemerken, daß wir die Behauptung, die Analogie zwiſchen der generatio aequivo ca und dem Schoͤpfungsproceſſe habe aufgehoͤrt, ſeitdem die Conſtanz der Species der Infuſo— rien und Eingeweidewuͤrmer feſtſtehe, nur in dem Sinne fuͤr richtig erkennen koͤnnen, als ſeitdem beide Pro— ceſſe nicht mehr fuͤr analog, ſondern fuͤr dem Weſen nach voͤllig identiſch und nur in der Zeit von einander getrennt gelten muͤſſen; und von dieſem Geſichtspuncte muß auch, un— ſerer Anſicht nach, alle aͤchte Forſchung zur Begruͤndung der generatio aequivoca ausgehen, welche in Anſehung der aprio— riſtiſchen Gruͤnde einen entſchiedenen Vorzug vor ihrer Geg— nerin hat, wenn ſie dieſer auch ruͤckſichtlich der Summe der Erfahrungen noch weit nachſteht. Die Wiſſenſchaft kann ſich indeß nur dazu Gluͤck wuͤnſchen, wenn die Theorie der ge- neratio aequivoca von Männern wie Profeſſor Eſchricht bekämpft wird, die zur Unterſtuͤtzung ihrer Anſicht eine Fülle von intereſſanten Thatſachen und Betrachtungen zu Tage foͤr— dern, die zu neuen Forſchungen anregen. Der Ueberſetzer. Men. Ueber das Gehoͤrorgan der Mollusken enthält das 2. Heft des Archivs der Naturgeſchichte 1841 einen die Beobach⸗ tungen Anderer reſumirenden und beſonders eigene mittheilenden Aufſatz des Herrn Profeſſor von Siebold in Erlangen. Dieſe Gehoͤrorgane beſtehen namlich in ihrer einfachſten Form, außer dem ſpeciſiſchen Nerven, aus einem mit Fluͤſſigkeit gefüllten Bläschen, wie man ſie ſeit J. Hunter bei den Cephalopoden lange kennt, auf welchem ſich der Gehoͤrnerv verbreitet. Nachdem nun Herr von Siebold an die Arbeiten von Eydoux und Souleyet, Pouchet, Laurent, van Beneden und Krohn erinnert hat, weiſet er, als Fruͤchte ſeiner Unterſuchungen, die Gehoͤrorgane bei Anodonta, Unio, Cyclas, ya, Cardium, Tellina, Cyclas cor- nea, Limax, Helix, Lynmaeus stagnalis, Planorbis marginatus, nitidus, vortex und contortus, Physa fortinalis. Clausilia pli- cana, nervosa und minima, Succinia amphibia, Ancylus fluviati- lis, Helix pomatia und rotunda, arbustorum, nemoralis, hor- tensis und hispida, Bulimus lubricus, Arion empiricorum, Limax maximus und agrestis nach. — Herr von Siebold meint, daß man dadurch aufgemuntert werde, auch bei andern niedern Thierordnun— gen nach Gehoͤrorganen zu ſuchen; namentlich ſcheinen ihn die Anneliden zu ſolchen Unterſuchungen aufzufordern, da viele dieſer Thiere ein ſehr ſcharfes Gehoͤr verrathen. „Bekanntlich kann man durch Plaͤtſchern im Waſſer, welches von Blutegeln bewohnt wird, dieſe nach Blut duͤrſtenden Thiere aus ihren Schlupfwinkeln her— beilocken; noch empfindlicher gegen das geringſte Geraͤuſch zeigen ſich die Regenwuͤrmer, die man beſonders gut zur Zeit beobachten kann, wenn dieſe Anneliden, um ſich zu begatten, aus ihren Erds löchern theilweiſe hervorkriechen und ſich durch langes Ausrecken gegenſeitig zu erreichen ſuchen, ohne mit der Schwanzſpitze das Erdloch zu verlaſſen, in welches fie ſich mit der größten Schnel— ligkeit zurückziehen, wenn man ſich ihnen mit den leiſeſten Fußtrit— ten nähert” u. ſ. w. Barometermeſſungen uber die Höhe des Todten Meeres und Jeruſalems ſind von dem beruͤhmten Maler Sir David Wilkies angeſtellt und der geographiſchen Geſellſchaft zu London jetzt mitgetheilt worden. Es ſind die einzigen und letzten wiſſenſchaftlichen Arbeiten dieſes Kuͤnſtlers. Er hatte einen Baro— meter gluͤcklich bis zum Todten Meere hingebracht und die Beod⸗ achtungen zeigten daſelbſt ein Heruntergehen von 1198.76 Fuß unter der Fläche des Mittelländifhen Meeres. Jeruſalem 2,252 Fuß über derſelben; Zahlenangaben, welche denen von früheren Beobach— tern ziemlich nahe gekommen waren. Das Reproductionsvermoͤgen der Blutegel, in Bes ziehung auf wirklichen Erſatz verlorengegangener Theile, war von Boſc entſchieden behauptet, von den Herausgebern des Diction- naire d'histoire naturelle eben fo entſchieden gelaͤuanet worden. Bei dieſem Widerſpruche hat Dr. Grandoni zu Breſcia eine Reihe directer Verſuche angeſtellt und mit großer Umſicht fortgeſetzt deren Endreſultat aber war: daß die Blutegel dieſes Vermoͤgen, verlorengegangene Theile wieder zu erſetzen, nicht beſitzen. e Bericht der zur Unterſuchung des Werthes der Knochengallerte eingeſetzten Commiſſion an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften. (Schluß.) Verſuche uͤber die Nahrhaftigkeit des Klebers (gluten) und Staͤrkemehls. Nach dieſen ſehr unvollitändigen Verſuchen über die Nahrhaf; ttigkeit der unmittelbaren thieriſch⸗organiſchen Producte, beabſichtig— un d E. ten wir einige Forſchungen ruͤckſichtlich derſelben aus den Pflanzen gewonnenen Subſtanzen anzuſtellen und in'sbeſondere die Nahrhaf, tigkeit des Klebers und Staͤrkemehls zu unterſuchen. Der entweder aus dem Waizenmeble oder Maismehle ausge— ſchiedene Kleber bot uns eine Erſcheinung dar, welche wir bei den Verſuchen mit den unmittelbaren organiſchen Producten nicht ber merkt batten, welche letztere ſaͤmmtlich bei den Thieren, die ledig⸗ lich mit ihnen gefüttert werden, einen mehr oder weniger ſtark, hervortretenden Widerwillen erregen. g . Wenngleich der Kleber fade, ja ein Wenig ekelhaft riecht 251 wenngleich fein Geſchmack durchaus nicht angenehm genannt wers den kann, fo fraßen ihn doch die Hunde von vorn herein ohne Weiteres, und fie naͤhrten ſich davon drei Monate lang ununters brochen, ohne Abneigung dagegen zu offenbaren. Die Doſis betrug täglich 120 — 150 Grammen, und die Thiere behielten dabei alle Zeichen einer treffiihen Geſundheit. Dieſe Thatſache war uns um fo auffallender, als fie mit den fruͤhern Reſultaten im Widerſpru— che zu ſtehen ſcheint, wo in ſo vielen Faͤllen eine einzige Nahrungs— ſubſtanz ſich zur Unterhaltung des Lebens oder der Geſundheit im: mer nur ſehr kurze Zeit geſchickt gezeigt hatte. Hier haben wir jedoch einen Stoff, den man bisher als einen unmittelbaren ſtickſtoffhaltigen Beſtandtheil der Pflanzen betrachtete, und der ohne alle Würze weder Abneigung noch Ekel erregt und fuͤr ſich allein die Ernaͤhrung laͤngere Zeit vollſtaͤndig bewirken kann. Der berühmte engliſche Chemiker, Dr. Prouſt, nahm, auf die ausgemachte Thatſache geſtuͤtzt, daß Milch für ſich allein ein ausreichendes Nahrungsmittel bildet, deren chemiſche Zuſammen— ſetzung als den Typus der Nahrhaftigkeit an und führte demnach die allgemeine Zuſammenſetzung der thieriſchen Nahrung auf fol— gende Grundelemente zuruͤck: 1) Eine ſtickſtoffhaltige Subſtanz: Käfeftoff. 2) Eine fette Subſtanz: Butter. 3) Eine nicht ſtickſtoffhaltige neutrale Subſtanz: 4) Verſchiedene alkaliniſche oder erdige Salze. Indeß kann der Kleber fuͤr ſich die Ernaͤhrung bewirken, ob— gleich er in feiner chemiſchen Zuſammenſetzung einfacher iſt, als die Milch oder die Nahrungsſtoffe, deren Wirkſamkeit man nach den Beſtandtheilen der Milch veranſchlaͤgt. Uebrigens braucht man den Kleber nicht gerade als ein unmit— telbares Product zu betrachten. Der von uns bei den Verſuchen angewandte enthielt unſtreitig noch Spuren von Staͤrkemehl. Er ſelbſt läßt ſich übrigens in zwei Elemente, eine eiweißſtoffige Sub— ſtanz und die ſogenannte Glaiadine, zerlegen. Diefe letztere ent— haͤlt ihrestheils wieder aͤchten Gluten oder Kleber, Gummi und Schleim. Unſere Hunde fraßen alſo vielen Kleber in Vermiſchung mit etwas Eiweißſtoff, Gummi, Schleim, Staͤrkemehl und ſelbſt Zuk— ker, welcher ſich aus dem Staͤrkemehle gebildet hatte. Dieſes an— ſcheinend einfache Nahrungsmittel war alſo, in der That, ziemlich zuſammengeſetzt. Indeß haͤtten wir nach feiner bis daher bekann— ten chemiſchen Zuſammenſetzung zu ſchließen, doch nimmermehr er— wartet, daß es in Betreff der Nahrhaftigkeit ein ſo uͤberaus guͤn— ſtiges Reſultat geben würde. *) *) Vergleichen wir den Gluten, z. B., mit der Gallerte, ſo be: merken wir hinſichtlich der Fähigkeit beider Subſtanzen, die Ernährung vollſtändig zu bewirken, einen hoͤchſt auffallenden, dagegen ruͤckſichtlich der chemiſchen Zuſammenſetzung keinen fo weſentlichen Unterſchied. Beide enthalten, wenngleich in ver— ſchiedenen Miſchungsverhaͤltniſſen, Stickſtoff, Kohlenſtoff und Waller (Waſſerſtoff und Sauerftoff) , alfo die vier Grundeles mente, aus denen die Pflanzen allen tbierifchen Nahrungs: ſtoff elaboriren. Die Bedingung der Nahrhaftigkeit einer Subſtanz iſt alſo ebenſo weſentlich in der Form, unter wel— cher ſie den Verdauungswerkzeugen geboten wird, als in deren Grundbeſtandtheilen zu ſuchen. In dem hier betrachteten Beiſpiele iſt der Gluten eine von den Pflanzen fertig elabo— rirte Thierſpeiſe, die Gallerte eine ſchon von dem Thierkoͤrper aſſimilirt wordene, durch Hitze desorganfſirte Subſtanz, die nun einmal in den Magen der fleiſchfreſſendeu Thiere einges führt, nicht dieſelbe Aſſimilirbarkeit befigt, wie der Gluten. Durch Miſchung können jedoch dergleichen desorganiſirte thie— riſche Subſtanzen wieder mehr oder weniger aſſimilirbar wer— den, wie der durchaus aus der Küche hervorgehende Nahrungs— ſtoff vieler Menſchen zur Genüge beweiſ't. Wie viel auf die Miſchung ankommt, ergiebt ſich aus dem gleich folgenden Ver— ſuche mit dem Staͤrkemehle, das für ſich allein ein rein nega— tives Reſu tat der Ernährung der Hunde gab, während es doch offenbar bei dem gewohnlichen Hundefutter den Haupt: nah rungsſtoff bildet. D, ueberſ. Milchzucker. 252 Verſuche rückſichtlich der Nahrhaftigkeit des Staͤrkemehls. Dos Staͤrkemehl, welches bei der Nahrung des Menſchen und der Hausthiere eine ſo wichtige Rolle ſpielt, welches im Mehle der Getraidearten und Huͤlſenfruͤchte in ſo bedeutender Menge vorhanden iſt, zeigte ſich bei unſern Verſuchen mit Hunden als faſt durchaus nicht naͤhrend. Lag der Grund etwa darin, daß es von den uͤbrigen Stoffen getrennt war, mit denen man es in den vegetabiliſchen Geweben, den Saamen und dem Mehle ver— miſcht findet? Dieß iſt nicht unwahrſcheinlich, denn eine ſolche Anſicht ſcheint ihre Beſtaͤtigung in den vielen Verſuchen zu finden, die wir mit andern iſolirten Subſtanzen angeſtellt haben. Zuvoͤrderſt wollten es die Hunde in der mehlartigen Form, feucht oder trocken, nicht freſſen, ja ſie ſahen es kaum an. Mit kochendem Waſſer in Kleiſter verwandelt, ließen es die Thiere ebenfalls unberührt. Sie ſtarben daneben Hungers, ohne auch nur den Verſuch zu machen, ſich davon zu nähren, und waͤre es auch nur um des damit vermiſchten Waſſers willen geweſen. Um ein nicht geradezu abgewieſenes Futter daraus zu berei— ten, ſahen wir uns genoͤlhigt, es in Geftalt eines, bald mit But— ter, bald mit Schweineſchmeer, auch wohl mit Zucker, Salz oder Brodt, Alles in betraͤchtlicher Menge, verſetzten Breies zu reichen, und trotzdem, daß dieſe Miſchungen angenehm rochen oder ſchmeck— ten, fraßen die meiſten Hunde nicht davon, und die, welche dieß thaten, ſtarben dennoch bei dieſer Koſt bald an Entkraͤftung, was ſo haͤufig das Reſultat unſerer Verſuche war. Das Staͤrkemehl, welches wir bei dieſen Verſuchen anwand— ten, war theils aus Waizenmehl, theils aus Kartoffeln bereitet. Zwiſchen beiden Sorten konnten wir keinen erheblichen Unterſchied bemerken; indeß gaben die Hunde doch der Kartoffelftärke einiger maaßen den Vorzug. Von Intereſſe wäre es allerdings geweſen, wenn wir auch vergleichende Verſuche mit mehreren gewoͤhnlichen Mehlſorten von Cerealien und Huͤlſenfruͤchten angeſtellt haͤtten. Indeß, da unſere Unterſuchungen ſchon ſo viele Zeit in Anſpruch genommen hatten, wollten wir die Mittheilung der erlangten Refuitate nicht länger verſchieben. In der Schwierigkeit und Zeitſpieligkeit der Unterſuchung dürfte die volle Entſchuldigung der Verſpaͤtung dieſes Berichts lie- gen. Uebrigens haben wir unſere Aufmerkſamkeit auch, außer dem von der Academie vorgezeichneten Gegenſtande, noch vielen an— deren intereſſanten Puncten zugewandt, die ihrer Wichtigkeit wegen nicht uͤbergangen werden durften, und die wir in einem ſpaͤtern Berichte zu beſprechen und dadurch die Loͤſung der ganzen Frage zu erledigen hoffen. Schlußfol gerungen. Hinſichtlich der aus dieſem erſten Theile unſerer Arbeit zu zie— henden Folgerungen werden wir uns die größte Vorſicht zur Pflicht machen da ſich vor Allem daraus ergiebt, daß uͤber die Theorie der Ernährung noch ſehr wenige wiſſenſchaftliche Anhaltepuncte feſtgeſtellt ſind. Dennoch glauben wir, durch unſere Verſuche nach— ſtehende Säge außer Zweifel geſtellt zu haben: 1) Es laͤßt ſich durch kein bekanntes Verfahren aus den Kno— chen ein Nahrungsſtoff ziehen, der, für ſich oder mit andern Sub— ſtanzen vermiſcht, das Fleiſch erſetzen koͤnnte. 2) Gallerte, Eiweiß, Faſerſtoff ernaͤhren fuͤr ſich die Thiere nur kurze Zeit und ſehr unvollſtaͤndig. Im Allgemeinen erregen dieſe Subſtanzen bald einen unuͤberwindlichen Ekel, ſo daß die Thiere lieber dabei Hungers ſterben, als daß ſie davon fraͤßen. 3) Dieſe naͤmlichen unmittelbaren Producte werden, wenn man fie künſtlich miſcht oder ihnen durch Wuͤrzen einen angenehmen Geſchmack ertheilt, von den Thieren lieber und Länger gefreſſen, als einzelne, äußern aber am Ende keinen guͤnſtigern Einfluß auf die Ernährung, indem Thiere, welche davon fogar beträchtliche Quantitaͤten freſſen, zuletzt unter allen Symptomen der Entkraͤf— tung ſterben. 4) Das Muskelfleiſch, in welchem Gallertſtoff, Eiweißſtoff und Faſerſtoff nach dem Geſetze der organiſchen Natur ſich miteinander vereinigt befinden, und wo ſie mit andern Stoffen, als Fett, Salzen 253 u. ſ. w., vergeſellſchaftet find, reicht, ſelbſt in ſehr geringer Menge gefüttert, zur vollſtaͤndigen Ernährung unbegrängte Zeit lang hin. 5) Friſche Knochen gewaͤhren denſelben Vortheil; allein ſie müſſen in größerer Quantität gefüttert werden, als Fleiſch. 6) Jede Art von Zubereitung, z. B., das Sieden in Waſſer, die Behandlung mit Salzſaͤure und zumal die Verwandlung in Gallerte verringert die Nahrhaftigkeit der Knochen und ſcheint dieſe Eigenſchaft in gewiſſen Fallen ganz aufzuheben. 7 7) Indeß hat ſich die Commiſſion vor der Hand nicht über den Werth der mit andern Nahrungsſtoffen zur Ernaͤhrung des Menſchen verwandten Gallerte ausſprechen moͤgen, da ſich dieſer Punct nur durch unmittelbare Verſuche, mit denen ſie gegenwaͤr⸗ tig beſchaͤftigt iſt, und deren Reſultate der Academie in dem zwei⸗ ten Theile unſeres Berichts werden vorgelegt werden, erledigen lößt. - 8) Der Gluten, wie man ihn aus dem Waizen⸗ und Mais⸗ mehle gewinnt, kann für ſich allein die Ernährung vollſtaͤndig be: wirken. 9) Fettige Subſtanzen koͤnnen, unvermiſcht genoſſen, das Le— ben eine Zeitlang aufrecht erhalten, veranlaſſen aber eine unvoll— ſtaͤndige und unregelmäßige Ernährung, bei der das Fett ſich, bald als Oleine und Stearine, bald als faſt reine Stearine, in den Geweben anhaͤuft. (Comptes rendus des séances de l’Acad. d. Sc., T. XIII., No. 5., 2. Aoüt 1841.) Nachricht von einem neuen Klopfer (Pleffer) und Pleſſimeter, nebſt Bemerkungen uͤber den relativen Werth der biegſamen und andern Stethofcope. Von John Burne, MD. (Hierzu die Figuren 10. Ir, u. 12, der mit No. 419. [Nr. k. dieſes Bandes] ausgegebenen Tafel.) Ueber die Anwendung der Auscultation und Percuſſion zur Erforſchung der Krankheiten der Bruſt ift man einig. Die Er— fahrung hat ſowohl die Nuͤtzlichkeit als die Nothwendigkeit dieſer Huͤlfsmittel der Diagnoſtik dargethan. Es iſt daher fuͤr uns nur übrig, di- Methoden der Auscultation und Percuffion zu vervoll— kommnen; entweder durch Verbeſſerung der bereits gebraͤuchlichen, oder durch Erfindung anderer noch paſſenderen. Der Zweck der gegenwaͤrtigen Mittheilung iſt, dem aͤrztlichen Publicum zwei Inſtrumente zur Kenntniß zu bringen, deren ich mich an zwoͤlf Monate zum Zwecke der Percuſſion bediene und auch uͤber Zweckmaͤßigkeit und Bequemlichkeit des biegſamen Hoͤr— rohrs für die Auscultation mich aus zuſprechen. Dieſes Rohrs habe ich mich in den Weſtminſter-Hoſpitale bedient. Percuſſion, wie Auscultation, kann unmittelbar, mit den Fin— gern, angewendet werden, nach Auenbrugger's und Laenne c's erfahrungsweiſe; oder mittelbar, nach Piorry's Methode, mit— tels einer runden Scheibe von Elfenbein oder einem andern Ma— teriale; oder mittels der Finger der linken Hand. Unmittelbare Percuſſion, nach Laennec's Weiſe, wird mit den dicht zuſammengehaltenen drei erſten Fingern der rechten Hand aus— geübt: die Fingerſpitzen befinden ſich in einer und derſelben Ebene und von dem Daumen unterſtuͤtzt. Mittelbare Percuſſion durch die Finger wird ausgeführt, indem man die drei erſten Finger der linken Hand flach auf die Bruſt legt und die Ruͤcken derſelben mit den Fingern der rechten Hand klopft. Von dieſen Methoden iſt die letztere vorzuziehen, indem ſie fuͤr den Patienten angenehmer iſt. Laennec's Methode iſt, wie er ſelbſt bemerkt, ſchwierig anzuwenden, da verſchiedene Puncte erfordern, daß man genau auf ſie Acht gebe. Es muß Sorge getragen werden, daß die Haut auf gleichmaͤßige Weiſe nach beiden Seiten ausgedehnt werde; daß nicht die Rippe auf beiden Seiten und auf der andern Seite der Intercoſtalraum geklopft werde; daß beide Seiten mit gleicher Staͤrke geklopft werden; daß die Percuſſion mit einer und derſelben Hand und re— lativ in derſelben Stellung auf beiden Seiten gemacht werde; und man muß ſich erinnern, daß die geringſte Differenz in der Inclis nation der Finger ein ſehr verſchiedenes Reſultat geben wird; und daß, ſelbſt mit der größten Aufmerkſamkeit auf dieſe Puncte, es 234 dennoch faſt unmoͤglich ift, in gleich perpendiculärer Weiſe auf bei— den Seiten der Bruft zu percutiren. Aus dieſem Grunde hält Laennec die Percuſſion für ſchwieriger und größerer Auſmerk— ſamkeit bedürftig, als die Auscultation. Laennec's Methode ſteht auch darin nach, daß ſie, wenn ſie nicht ſehr delicat ausgeuͤbt wird, und wenn nicht die Nagel abſichtlich kurz gehalten werden, dem Patienten ſchmerzhaft werden kann Mittelbare Percuſſion mittels der Finger der linken Hand iſt kaum genauer, als Laennec's Methode, indem es ſchwierig, ers muͤdend und ſelbſt ſchmerzhaft iſt, fie an vielen Theilen der Bruſt auszuuͤben; denn Percuſſion ſollte nicht auf die vordern und hin— tern Regionen der Bruſt beſchraͤnkt ſeyn, ſondern uͤber jeden Theil von welchem ein Ton herausgelockt werden kann. Die von Piorry angewendete Elfendeinplatte habe ich eine beträchtliche Zeit hindurch verſucht; aber da ich fand, daß es ſchwer iſt, fie in manchen Stellungen der Bruſt zu harten und ſchmerzhaft zu klopfen, wenn es noͤthig war, die ganze Bruſt zu unterſuchen und vielleicht von verſchiedenen Patienten in ſchneller Aufeinander⸗ folge in der Hoſpitalpraxis, fo gab ich ſie auf, zu Gunſten der runs den Stuͤcke von Sohlenleder, welche vor einigen Jahren in dem Journale empfohlen wurden. Dieſe Stuͤcken Sohlenleder, etwa 11 Zoll Durchmeſſer und mit abgerundeten Rändern find febr brauchbar; ein Stuͤck, in der linken Hand gehalten, wird flach auf die Bruſt gelegt und mit dem anderen perpendiculaͤr, d. h., in der Richtung der Raͤnder von der rechten Hand gehalten, ge— klopft. Sohlenleder iſt das paſſendſte Material zur Percuſſion, welches ich angewendet habe und iſt bei den Inſtrumenten, die ich nun beſchreiben werde, in Anwendung gebracht. Caoutſchoue habe ich unpaſſend gefunden und Kork iſt keineswegs empfehlenswerth. Der Inſtrumente ſind zwei — ein Pleſſer und ein Pleſſimeter. Der Pleſſimeter beſteht aus einem runden Stuͤck Sohlenleder, von fuͤnf viertel Zoll Durchmeſſer, in einem ſtaͤhlernen Buͤgel mittels Schrau— ben gehalten; und an dem obern Theile des Buͤgels iſt ein Stiel befeſtigt, zum Theil von Stahl, zum Theil von Holz: das Ganze etwa acht Zoll lang. Die Schrauben geſtatten die freie Bewegung des Stuͤckes Leder an ſeiner Axe in dem Buͤgel, wodurch es ſich an jedem Theile der Bruſt in jeder Inclination anlegen kann. Der „Ppleſſer“ gleicht einem Hammer. Der Kopf iſt von ei: nem ſoliden, faſt cylindriſchen Stuͤcke Stahl gebildet, das eine Ende gebohrt, um einen Cylinder von Sohlenleder aufzunehmen, deſſen Ende einen halben Zoll weit vorragt und leicht coniſch iſt, wie das Ende des Zeigefingers. Mit dieſem Cylinder von Leder wird die horizontal runde Platte in dem Pleſſimeter geklopft. Man ſehe Figur 10. Fiqur 10. Der Pleſſer⸗ 4. Der ſtählerne Kopf; b. die Puncte, welche die Höͤhlung des Stahlkopfes bezeichnen, in welche der Ledercylender uufgenommen wird; c. das vorſtehende (Ende des Ledercylinders, \ d. der Stiel des Klopfers. Figur 11. Der folide Ledercylinder, Ende etwas coniſch. Ftaur 12. Der Pleſſimeter. e. Das runde Stuͤck Sohlenleder; F. zwei Schrauben, die durch die Enden des Bügels in das Leder Deus 15 die Are bieden, um welche die runde Lederſchetbe ſich g der ſtaßlerne Buͤgel, zwiſchen welchem die Lederſcheibe gebal— r pte Theil des Griffes; 1. der hölzerne Theil des Griffes, Die Anwendungsweiſe dieſer Inſtrumente iſt einfach. Der mit der linken Hand gehaltene Pleſſimeter wird mit maͤßigem Drucke an die Bruſt gebracht und Sorge getragen, daß die ganze Ober— fläche der Lederſcheibe in genauer und gleichmäßiger Berührung mit der Haut iſt; fie wird dann perpendicular mit dem in der rechten Hand gehaltenen Pleſſer geklopft, mit einer Gewalt, die mit der Dicke der Integumente und Muskelbedeckung der percutir— ten Theile der Bruſt im Verhaͤltniß iſt. Die weſentlichen Vor: ſichtsmaaßregeln Laennec's, — daß die Haut gleichmaͤßig nach beiden Seiten ausgedehnt, daß nicht an einer Seite die Rippe und an der entgegengeſetzten ein Zwiſchenraum, daß die beiden Seiten mit gleicher Gewalt geklopft werden — werden leicht beobachtet; zugerundet und an einem 255 desgleichen die Regel, daß der Pleſſer immer perpendicular auf den Pleſſimeter falle. Mittelſt dieſer Inſtrumente wird jede Region der Bruſt mit Leichtigkeit percutirt; eine genaue Vergleichung der Reſonanz der relativen Puncte oder Regionen auf beiden Seiten kann angeſtellt werden; und Reſonanz kann aus den am dickſten bedeckten (nicht allein aus den mit Muskeln, ſondern mit dem S hulterblatte und ſelbſt mit Kleidungsſtuͤcken bedeckten) hervorgelockt werden. Die durch Uebung erlangte Derterität iſt nothwendig, um die Gewalt des Schlages zu reguliren und den verſchiedenen Regionen der Bruſt anzupaſſen. Je geringer die Gewalt, mit welcher der Grad der Reſonanz erlangt wird und je größer die Zartheit, mit welcher fie angewen— det werden kann, deſto beſſer. In Betracht des haͤufigeren Vorkommens von Tuberkeln in dem oberſten Theile der Lunge ſind Practiker im Stande, ihre Uaterſuchungen nicht über die vordere obere Gegend des thorax auszudehnen, wo Percuſſion ſehr leicht ausgeführt wird. Die Falle aber find ſehr zahlreich, wo es unmoͤglich iſt, eine genaue Anſicht aufzufaſſen, ohne die ganze Beuſt zu unterſuchen; und hier wird man finden, daß die angegebenen Jnſtrumente die Unterſuchung erleichtern und befriedigender machen werden. Dieſe Inſtrumente koͤnnten bei'm erſten Anblicke furchtbar er— ſcheinen; aber verftindig ausgeführt, wie von den Inſtrumentma⸗ chern Weiß und Sohn, am Strand zu London, ſind ſie leicht und bequem zu tragen. Erfahrung hat fie mir in dem Hofpitale und der Privat-Praxis als nützlich erw'eſen. — — Zur Percuſſion des Unterleibes ſind dieſe Inſtrumente ebenſo geeignet. Herr B empfiehlt auch, auf Erfahrung im WeftminfterrHos fpitale und in der Privat-Praxis geftägt, das biegſame Ste⸗ thoſcop zur Auscultation. Er nimmt dazu ein biegſames Rohr, wie es bei tauben Perſonen als Hörrohr gebraucht wird, nur in feinen Dimenſionen verändert und zu den Zwecken der Auscultation eingerichtet, die Länge, z. E., auf 28 Zoll reducirt und das trichterformige Ende auf die Größe des hoͤlzernen Stethoſcops. Miscellen. Fei⸗Geſchwuͤlſte. In ſeiner Rife um die Welt erzählt Bennett, daß die Eingebornen der Inſel Rajatea einer eigenthüm— lichen Geſchwulſt an der Schulter unterworfen ſeyen, welche durch den Deuck der Stange hervorgerufen wird, an welcher ſie ihre Feuchte nach Haufe ſchleppen, wenn fie ſchwer beladen aus ihren Bergpflanzungen zurückkehren. Bei den fleißigſten Arbeitern ent⸗ ſtehen große, elaſtiſche und unempfindliche Geſchwulſte auf der Schulter, welche nichts, als eine ſchwielige Um inderung der nor— malen Gewebe ſind. Die Eingebornen beklagen ſich nicht daruͤber, ſondern ſind ſtolz auf dieſe Zeichen ihres Fleißes. Die Operation der Anlegung eines kuͤnſtlichen Afters bei Erwachſenen iſt, nach Amuſſat, acht Mal aus⸗ geführt worden, wie ſich aus folgender Tabelle ergiebt: 256 t 5 d Dor, Name des Ger S Natur des] Art der oe 0 Operat. ſſchlecht. = Falles. Operation. sta . | | 1776 Pillore Mann — | Strictur Inciſionen Tod in 28 des reetum in der rech“ Tagen. ten Leiſten— geg. über d. coecum. 1797 | Fine Frau 63] Seirrhus In der Na Tod in 81 des rectum belgegend. Monat. 1818 Treer | Mann 47 Strictur Littre's O- [Tod in acht des rectum.] peration, Tagen. 1820] Pring | Frau 64 Strictur | Littre's Die Kranke des rectum. lebte 5 oder 6 Monate nach d. Operation. 1824 |Martland| Mann 44 Strictur | Eittre’s Lebte ein Jahr des rectum. nach der Ope⸗ ration. 1839 Amuſſat [Frau 48] Verſto- Calliſen's Blieb am Les pfung des Operation ben. rectum d. modificirt. eine Ge— ſchwulſt im Becken. 1839 Amuſſat Mann 62 Seirrhus Calliſen's Blieb am Le⸗ des rectum. Operation ben. modificirt. 1839 | Velpeau Frau 70 Scirrhus Littre's Tod in zwei des rectum. | Operation Tagen. Von den acht Operationen bei Erwachſenen wurden ſechs mit Oeff— nung des Peritonaͤums ausgeführt; von dieſen ftarben drei an pe— ritonitis, während die zwei ohne Verwundung des Peritonaͤums ausgefuͤhrten einen ganz guͤnſtigen Erfolg hatten. Dieſe Zahl iſt zwar zu gering, um allgemeine Schluͤſſe daraus zu ziehen; indeß hat Amuſſat folgende Schlußſaͤtze aufgeſtellt: 1) Die Idee eis ner Eroͤffnung des colon in der linken Lendengegend iſt nicht neu, aber der ungluͤckliche Erfolg der Operation von Calliſen und Duret bei Kindern hatte veranlaßt, daß die Operation verworfen wurde; 2) Verſuche an Leichen beweiſen, daß die Operation leicht auszufuͤhren iſt; 3) Amuſſat's Transverſalſchnitt iſt leichter, als Calliſen's Longitudinalſchnitt und hat den Vortheil, das Auf: finden des Darmes zu erleichtern, die Anlegung des Afters in der Seite zu geſtatten, fo daß receptacula leichter anzubringen find, während eine Verwundung des Peritonaͤums dabei ſicherer zu ver— meiden iſt. 4) Es iſt von Wichtigkeit, den Darm nach ſeiner Eroͤffnung gut vorzuziehen und feſt mit der Hautwunde durch Su⸗ turen zu vereinigen, um Ergießungen in das lockere Zellgewebe der Wunde zu berhuͤten; 5) der kuͤnſtliche After iſt eine bei weis tem nicht fo laͤſtige Infirmitaͤt, als man a priori vermutben koͤnnte; 6) Alles ſpricht dafür, daß man der Operation von Cal— liſen, modificirt durch Amuſſat, den Vorzug geben muß. (Der Schnitt wird, nach Amuſſat, 4 Zoll lang in der Mitte zwiſchen den Rippen und dem Huͤftbeinkamme, parallel dem letztern und über der Mitte deſſelben, auc gefuhrt.) (Lond. med. Gaz. Apr. 1841.) — — . — Bibliographische neui garten Dictionnaire universel d'histoire naturelle. Dirigé par M. Char- les d’Orbieny. Tome I. Paris 1841. 8. M. K. Voyage autour du monde, exécuté pendant les années 1836 et 1837 sur la corvette la Bonite, commande par M. Vail- lant, Capitaine de Vaisseau. Zoologie, par MM. Eydour et Souleyet. Tome I., 1. partie, Paris 1841. 8, Traité des ſièvres intermittentes, rémittentes et continuds des pays chauds et des contrées mardengeuses; suivi de recher- ches sur lemploi thérapeutique des préparatjons arsenicals, Par M. Roudin, Medecin en chef de l’höpital militaire a Mar- seille etc. Paris 1841. 8. Melanges de Médecine, Par L. F. Gaste, Metz 1841, 8. nn en BEE | Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober » Medicinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Froriep zu Berlin. No. 435. (Nr. 17. des XX. Bandes.) December 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aGr. M. e Mut Ueber das Weſen der Fortpflanzung mit beſonde— rem Bezug auf's Pflanzenreich. Von Profefor Bernhardi in Erfurt. Das Folgende iſt Bruchſtuͤck einer groͤßern Schrift, welche die Beſtimmung hat, uͤber die wichtigſten Gegenſtaͤnde ſowohl der organiſchen, als der anorganiſchen Phyſik freiere und dabei gleichwohl ſtrenger wiſſenſchaftliche Anſichten zu verbreiten. Einiges darin, beſonders das, was uͤber pola— riſche Verhaͤltniſſe geſagt iſt, wird freilich nicht eher in dem Sinne genommen werden, worin ich ſelbſt es nehme, als bis jene größere Schrift erſchienen iſt; da indeſſen das Er— ſcheinen derſelben noch einigen Aufſchub leiden duͤrfte, und es gegenwaͤrtig, wo beſonders uͤber die Geſchlechtstheile der Pflanzen und den Befruchtungsact derſelben ſo manche Streitigkeiten herrſchen, von Nutzen ſcheint, einſeitige An— ſichten über die Fortpflanzung zu verbannen, fo hoffe ich, daß dieſes Bruchſtuͤck gleichwohl mit Nutzen geleſen werden ſoll Mit polariſchen Verhaͤltniſſen mag einſtweilen Jeder diejenige Vorſtellung verbinden, welche ihn die richtigſte und 7 der angefuͤhrten Erſcheinungen die paſſendſte uͤnkt. Die Fortpflanzung der verſchiedenen Arten der beiden organiſchen Reiche hat, ohne Zweifel, im Allgemeinen viel Uebereinſtimmendes; auch pflegt man ſowohl bei den Pflan- zen, als bei den Thieren, zwei Gattungen derſelben zu un» terſcheiden, indem man die Bildung des Keims zum neuen organiſchen Weſen entweder durch Begattung, welche zwei— erlei Geſchlechtsorgane, männliche und weibliche, vorausſetzt, erfolgen läßt, oder ohne dieſe durch bloße Trennung mehr oder weniger ausgebildeter Theile von einem aͤltern organi— ſchen Koͤrper. Ueber die letztere Fortpflanzungsweiſe, welche im Pflanzenreiche haͤufiger, als im Thierreiche vorkommt, herrſchen im Allgemeinen keine weſentlich verſchiedenen Mei— nungen, da man bei ſolchen Vorgängen die allmaͤlige Ent; wicklung des neuen Keims oft vom erſten Momente ſeiner Entſtehung bis zur völligen Ausbildung verfolgen kann; deſto No. 1535. k un de. weniger haben ſich dagegen die Naturforſcher uͤber die zur erſtern erforderlichen Bedingungen vereinigen koͤnnen. So abweichend aber auch die Vorſtellungen ſind, wel— che man ſich uͤber die Vorgaͤnge bei der Begattung und die Erzeugung des in Folge derſelben (wenn fie fruchtbar iſt) ſich entwickelnden Embryo gemacht hat, ſo laſſen ſie ſich doch ſowohl fuͤr Pflanzen, als fuͤr Thiere im Allgemeinen unter drei Abtheilungen bringen, je nachdem ſie den erſten Keim zum kuͤnftigen Geſchoͤpfe in den weiblichen oder den maͤnnlichen Geſchlechstheilen allein ſich bilden, oder ihn durch Vereinigung der in den einen und den andern erzeugten plaſtiſchen Stoffe hervorgehen laſſen. Die Meinung, daß die erſten Keime bei Thieren im männlie chen Saamen zu ſuchen ſeyen, kam beſonders in dem Zeitpuncte in Aufnahme, wo Leeuwenhoek die Saamenthierchen entdeckte. Man glaubte naͤmlich, in ihnen die vorgebildeten Embryone gefunden zu haben, welche nach einer fruchtbaren Begattung ſich in den weiblichen Geſchlechtstheilen weiter ausbildeten. Die Vertheidiger dieſer Meinung erhielten den Namen der Animalculiſten, und ſie theilten ſich in reine Animalculiſten, welche annahmen, daß die Saamen— thierchen ſich ſogleich in der Hoͤhle des uterus feſtſetzten und weiter entwickelten, und in Animalculo-Oviſten, welche dieſe Thiere vorher in ein Ei der Mutter eindringen und damit in den uterus geführt werden ließen. Die Zoo— logen haben dieſe Meinungen einige Zeit hindurch gaͤnzlich verlaſſen; ſie ſcheint indeſſen gegenwaͤrtig, wo Prevoſt, Dumas u. A. das Gelangen der Saamenthierchen zu den Eiern fuͤr nothwendiges Erforderniß zur Befruchtung halten, wieder mehr Eingang zu finden, und daher wird es nicht uͤberfluͤſſig ſeyn, die Gruͤnde, welche vorzuͤglich gegen die— felbe ſprechen, hier kuͤrzlich anzufuͤhren. Dahin gehört erſt— lich, daß in den weiblichen Geſchlechtstheilen ſich nicht ſel— ten Embryone auch ohne vorhergegangene Begattung ent⸗ wickeln und ausbilden, daß zweitens, nach d'Aubenton und Needham, in dem Safte der weiblichen Eierſtoͤcke aͤhnliche Saamenthierchen gefunden werden, wie ſie denn 17 259 ſelbſt neuerlich Vogt im Ovarium des Anchylus fluviati- lis wieder bemerkte (ſ. Muͤller's Archiv fuͤr Anatomie 1841. S. 25), daß ferner, nach Spallanzani, die Bes fruchtung der Eier der Erdkroͤte mit Saamen, der keine ſolche Thierchen enthaͤlt, eben ſo leicht, als mit demjenigen gelingt, worin ſie enthalten ſind, daß weiter die geringe Menze des Saamens, welche zu mancher Befruchtung, wie z. B., zu der des Froſchlaichs, erforderlich iſt, in keinem Verhaͤltniſſe zu der Zahl der befruchteten Eier ſteht, und daß man dabei uͤberdieß keine Wege bemerkt, auf welchen die Thierchen in die Eier eindringen koͤnnten, daß man der— gleichen Thierchen ſelbſt in den maͤnnlichen Organen vieler cryptogamiſchen Gewaͤchſe antrifft, bei welchen man noch weniger begreift, wie jedes in eine Spore eindringen ſollte, u. dergl. m. Die Baſtardzeugung dagegen, welche von Ei— nigen ebenfalls als Gegengrund angefuͤhrt wird, laͤßt ſich auch nach dieſer Lehre einigermaaßen erklaͤren, und noch we— niger wollen einige andere fruͤher gemachte Einwendungen ſagen. Daß gegenwärtig die Zoologen geneigt find, die Saas menthierchen wieder eine bedeutende Rolle bei der Befruch— tung ſpielen zu laſſen, dazu ſcheinen vorzuͤglich die Entdek— kungen, welche man hinſichtlich der Befruchtung der pha— nerogamiſchen Gewaͤchſe gemacht hat, Veranlaſſung gegeben zu haben. Nach neuern mikroſcopiſchen Unterſuchungen ſind es namlich die Enden der Pollenſchlaͤuche, welche die vegetabi— liſchen Embryone bilden, indem dieſe Schlaͤuche in den Ca— nal der Begattungsleiter eindringen und bis zu dem Em— bryoſacke gelangen, wo fie die Membrane deſſelben vor fi binſchieben und fie hinkeinſtuͤlpen, fo daß das Ende des Pollenſchlauchs in den eingeſtuͤlpten Embryoſack zu liegen kömmt. Es ſchwillt dann kugelig oder eifoͤrmig an, und es bildet ſich aus ſeinem Inhalte Zellgewebe, woraus ſich die Organe des Embryo weiter entwickeln. Das uͤber dem Ende des Pollenſchlauchs gelegene Stuͤck deſſelben und die es umſchließende Duplicatur des Embryoſacks ſchnuͤren ſich früher oder ſpaͤter ab und verlieren ſich, fo daß der Em: bryo nun wirklich in dem Embryoſacke liegt. Der Pollen— ſchlauch wird indeſſen bei dieſer Ausdehnung, in der Regel, nicht duͤnner, ſondern dicker und feſter, ſo daß man aller— dings anzunehmen geneigt werden muß, daß er unterwegs nährende Stoffe aufnehme, und daß das Aufgenommene die ſchleimige Fluͤſſigkeit ſey, welche der Begattungsleiter abſon— dert. Dieſe Theorie des Befruchtungsacts hat einige Aehn— lichkeit mit der fruͤher von Gleichen und Needham aufgeſtellten, welche ebenfalls den vegetabiliſchen Embryo aus den Saamenkeimchen des Pollens hervorgehen ließen, in wel— chen manche Neuere unvollkommene Spermatozodén erblik— ken. Ich habe vorgeſchlagen, die Anhaͤnger ſolcher Meinun— gen Pol liniſten zu nennen; indeſſen find fie ſaͤmmtlich keine reinen Polliniſten, ſondern Pollinioviſten. Die neuern Pollinioviſten laſſen ſich aber fuͤglich in reine Pol— linioviften und in Pollinilaticiſten theilen, indem manche glauben, daß der Befcuchtungsact durch die ſchlei— mige Feuchtigkeit bewirkt werde, welche ſich bei dem Durch— gange der Pollenſchlaͤuche durch den Begattungsleiter mit 260 ihnen verbinde, waͤhrend andere dieſer Fluͤſſigkeit keinen ſol— chen Einfluß auf die Bildung des Embryo zuſchreiben. Eine dritte Meinung geht ſogar dahin, daß der eigentliche Befruchtungsact in der Anthere ſelbſt vorgehen moͤchte; in: deſſen hat dieſe Hypotheſe bisher ſo wenig angeſprochen, daß ſie wohl fuͤglich uͤbergangen werden kann. Gegen die Lehre der neuern Pollinioviſten, welche ſich auf unmittelbare mikroſcopiſche Beobachtung gruͤndet, hat man Einwendungen doppelter Art gemacht. Die einen be— ruhen naͤmlich darauf, daß ſie der Meinung, der Pollen— ſchlauch liefere den Embryo, nicht direct entgegen ſind, ſon— dern bloß darthun, daß der Vorgang der Befruchtung nicht bei allen Phanerogamen der angegebene ſey, indem vielmehr bei manchen Pflanzen bedeutende Modificationen ſtattfaͤnden. So ſey, z. B., nicht überall ein Embryoſack zu bemerken, und gewiſſen Gattungen fehle ſelbſt der Begattangsleiter. Nach Corda dringen bei Pinus Abies, I., die Pollen: ſchlaͤuche unmittelbar durch die Mikropyle in den Eikern ein; auch verdicken ſie ſich auf dieſem Wege nicht, ſondern fie werden ſchmaͤler, ja das Ende des Pollenſchlauchs ſchnuͤrt ſich nicht einmal ab, ſondern es ergießt ſeinen Inhalt in die Hoͤhle des nucleus. Eben ſo wenig iſt bei allen Pflanzen eine Einſtuͤlpung des Embryoſacks zu bemerken, ja wir ſind ſelbſt mit einigen Gewaͤchſen, wie mit den Santa— laceen, bekannt worden, bei welchen eine ſehr verſchiedene Einrichtung getroffen zu ſeyn ſcheint. Dieſe und aͤhnliche Einwendungen ſollen uns indeſſen hier nicht aufhalten, da der weſentliche fragliche Punct bei dieſer Lehre hauptſaͤchlich darauf beruht, ob das Ende des Pollenſchlauchs es ſey, das den kuͤnftigen vegetabiliſchen Embryo liefert, ſo daß nur Thatſachen, welche gegen dieſe Lehre ſprechen, fuͤr uns von Wichtigkeit ſeyn koͤnnen. Und allerdings laſſen ſich dergleichen nachweiſen! Wenn man naͤmlich auch davon abſehen will, daß fuͤr manche Pflanzengattung die Bildung von Pollenſchlaͤuchen noch gar nicht nachgewieſen iſt, ſo widerſpricht dieſer Lehre ſchon die Beobachtung Mirbel's und Spach's, welche in Graͤſern einen Embryo ſich bilden ſahen, ehe noch die Einwirkung des Pollens ſtattfinden konnte. Nach den Beobachtungen, welche Meyen bei mehreren Pflanzen machte, bildet ſich vielmehr bei'm Zuſammenſtoßen des Pollenſchlauchs und des Embryoſacks ein Keimblaͤschen, aus dem ſich ſpaͤter der Em— bryo entwickelt. Ueberhaupt entſteht bei manchen Pflanzen der Embryo ſehr ſpaͤt, ſo daß man bei Taxus in dem nu— cleus den zelligen Strang und die freie Spitze deſſelben, welche den erſten Anfang des Embryo bildet, erſt zu Ende des Juni bemerkt, nachdem dritthalb Monate vorher die Begattung geſchah, und dieſe ſpaͤte Erſcheinung des Em— bryo iſt der Lehre der Polliniſten nichts weniger, als guͤn— ſtig. Wir wollen gar nicht anfuͤhren, daß Manche ſogar meinen, in einigen Saamen bilde ſich der Embryo erſt waͤh— rend des Keimens aus dem Eiweiße, da wahrſcheinlich in ſolchen Faͤllen der weit fruͤher gebildete Embryo wegen ſei— ner Kleinheit nur nicht bemerkt wurde. Es find dieſer Theorie ferner die Koͤlreuter'ſchen Verſuche nicht guͤnſtig, nach welchen bei den mit mehreren 261 Griffen verſehenen Bluͤthen, namentlich bei denen von Pa- ris, Hypericum, Iris, Hibiscus, eine vollſtaͤndige Be— fruchtung aller Eier des Ovariums erfolgt, wenn jene auch alle bis auf einen abgeſchnitten werden. Eben ſo raͤthſel— haft bleibt bei dieſer Lehre, wie, nach den von Trevira— nus angefuͤhrten Beobachtungen C. F. Gaͤrtner's, ein— zelne auf die Narben gebrachte Pollenkoͤrner in manchen Fällen eine große Anzahl Eier befruchten koͤnnen. Es fällt ſelbſt ſchon ſchwer, ſich vorzuſtellen, daß in den mit einem duͤnnen Griffel und einer kleinen Narbe, aber mit zahlrei— chen Eiern verſehenen Ovarien, wie in denen vieler Sola— naceen und Scrofularineen, bei jeder vollſtaͤndigen Befruch— tung zu jedem Eie ein Pollenſchlauch dringen ſollte, indem, z. B., die kleine Narbe von Nicotiana macrophylla für dieſen Fall ungefaͤhr 2,500 Pollenſchlaͤuche eindringen laſ— ſen muͤßte, und gleichwohl pflegt die Befruchtung dieſer Ovarien haͤufig an Vollſtaͤndigkeit zu graͤnzen. Ebenſo ſollte man glauben, daß, wenn man eine geringe Anzahl Pollen— koͤrner auf eine Narbe braͤchte, die Zahl der befruchteten Eier zwar abnehmen, nicht aber ganz fehlen koͤnnte; allein nach Koͤlreuter's ſorgfaͤltigen Verſuchen gehoͤren 50 bis 60 Pellenkoͤrner zu der vollſtaͤndigen Befruchtung einer Bluͤthe von Hibiscus syriacus; werden weniger, als 50 genommen, ſo bilden ſich nicht alle Eier zu Saamen aus, und nimmt man weniger, als zehn, ſo ſetzt auch nicht Ein Saamen an, felbft bei der guͤnſtigſten Witterung. Naͤchſtdem ſtreiten auch mehrere Beobachtungen, welche man an Baſtardpflanzen gemacht hat, gegen dieſe Theorie. So fanden ſowohl Koͤlreuter, als der juͤngere Gaͤrtner, daß die erzeugten Blendlinge nicht ſelten eine Neigung be— halten, in die muͤtterliche Form zuruͤckzukehren. Eine ſolche iſt, nach Koͤlreuter, beſonders den unvollkommenen Ba— ſtarden eigen, d. h. ſolchen, welche von der maͤnnlichen Seite noch einen geringen Grad von Fruchtbarkeit beſitzen. Dieß muß auch bei Gaͤrtner's Beobachtungen der Fall geweſen ſeyn, welche noch nicht naͤher bekannt ſind. Er ſagt in— deſſen an einem ardern Orte (Bot. Zeitg. 1836. 184.), daß die Baſtarde ſich in der zweiten und den weitern Ge— nerationen haͤufig zur Geſtalt der Mutter zuruͤckwendeten, oder aber mit der achten und noch weitern Generationen, wegen abnehmender Zeugungskraft, endlich ganz ausgingen. Es laͤßt ſich dieß dadurch erklaͤren, daß in ſolchen Faͤllen die Mutter mehr, als der Vater, zur Erzeugung des Baſtards beigetragen haben muͤſſe, und daß derſelbe den Geſchlechts— theilen erſterer vorzuͤglich ſeine Bildung zu verdanken hatte. Im Allgemeinen kann man indeſſen nicht annehmen, daß die Neigung der Baſtarde, in die muͤtterliche Form zuruͤck— zukehren, allgemein verbreitet fey. Die Klagen der Blumi— ſten hieruͤber ſcheinen oft nur darauf zu beruhen, daß ſie keine wahren Arten, ſondern bloß Spielarten miteinander befruchteten, oder auch darauf, daß fie mit der Befruchtung viel zu ſorglos verfuhren und daher keine wahren Baſtarde erzeugten. Aus einer Angabe Herbert's darf man ſogar ſchließen, daß die Baſtarde von Amaryllis zuweilen auch in die vaͤterliche Geſtalt zuruͤckzukehren geneigt ſeyen, und daß dieß geſchehen koͤnnte, glaubte ſelbſt Koͤlreuterz doch 262 ſtuͤtzt er feine Vermuthung nicht auf Verſuche, ſondern bloß auf theoretiſche Anſichten. Auch iſt dieſer Sache der juͤn— gere Gärtner nicht entgegen, indem er (Allg. bot. Zeitg. 1831. 111.) ſagt: „Für die Serualität der Gewaͤchſe ſcheint mir die uͤberraſchende Aehnlichkeit des Verhaltens der Pflanzenbaſtarde im zweiten und dritten Grade mit den Baſtarden der Hausthierracen zu ſprechen. Dieſe Baſtarde ſchreiten naͤmlich, ihrer groͤßern Anzahl nach, dem Vater entgegen mit wieder zunehmender Fruchtbarkeit: andere ein= zelne Individuen aber ſchlagen in den Typus der Mutter und Großmutter zuruͤck, meiſt mit totaler Sterilität.” Es ſpricht außerdem auch fuͤr die Lehre der Polliniſten, daß viele Baſtarde der erſten Generation eine ungleich größere Aehnlichkeit mit dem Vater als der Mutter beſitzen. So zog Gärtner einen Baſtard aus Nicotiana rustica ? und N. quadrivalvis c', welcher dem Vater in der Tracht, in Geſtalt der Blaͤtter, der Kelche und im Geruche bedeutend naͤher geruͤckt war, als der Mutter, der er bloß in der Menge der Bluͤthen und der Geſtalt der Blumen mehr glich. Noch auffallender zeigte ſich dieß bei einem unfruchtbaren Baſtarde aus N. quadrivalvis 2 und N. macrophylla &', indem man ihn eher für eine Varietät von N. macrophylla, als fuͤr einen Baſtard derſelben haͤtte halten koͤnnen. Der gigantiſche Wuchs der N. ma— erophylla war indeſſen zur Zwergferm herabgedrückt; die Blumen waren weiß, mit einem leichten Anfluge von Fleiſch⸗ farbe; auch hatten die Cotyledonen die muͤtterliche Form beibehalten, indem ſie zugeſpitzt waren, und die Narbe zeigte am Rande eine leichte Spur von Viertheiligkeit. (Allg. bot. Zeitg. 1827. 75.) Dagegen ſtehen mit der Lehre der Polliniſten in offen— barem Widerſpruche die zahlreichen Beobachtungen und Ver— ſuche, nach welchen nicht nur weibliche Thiere ohne vorher— gegangene Begattung fruchtbare Eier legen, ſondern auch viele Pflanzen keimfaͤhigen Saamen zu tragen im Stande ſind, wenn der Zutritt von Pollen auch gaͤnzlich verhindert wurde Ich habe hieruͤber das Wichtigſte in der „Allge— meinen Garten-Zeitung“ Jahrg. 1839 Nr. 41. zuſammen⸗ geſtellt; auch kann man deßhalb Treviranus Phyſiol. d. Gew II. 396. nachleſen. Man darf aber eine ſolche Er— zeugung fuͤr um ſo wahrſcheinlicher halten, da Mirbel und Spach die Bildung des Embryo vor Einwirkung des Pollens wahrgenommen haben. Wenn nun auch manche dieſer Beobachtungen, welche der Lehre der Polliniſten zuwider ſind, auf Taͤuſchung be— ruhen, oder andere Auslegungen geſtatten ſollten, und einige Thatſachen ſogar fuͤr ſie ſprechen, ſo hat doch alles gegen ſie Angefuͤhrte, zuſammengenommen, ein ſolches Gewicht, daß die Waagſchale der Polliniſten bedeutend in der Hoͤhe erhalten wird, und ſie haͤlt ſich darin um ſo mehr, da ihr nicht einmal die Analogie mit dem Thierreiche mehr Ge— wicht giebt. Was nun noch die Lehre der Pollinilaticiſten in'sbe— ſondere betrifft, ſo kann man ſich auch bei ihr nicht auf ahnliche Vorgänge im Thierreiche berufen; naͤchſtdem leidet dieſelbe auch keine Anwendung auf diejenigen Pflanzen, 1 263 welchen, wie den Nadelhoͤlzern, die Begattungsleiter abge— ben. Bekannt iſt es auch, daß Koͤlreuter vergebens ver— ſuchte, durch Auftragung einer fremden Narbenfeuchtigkeit eine Art Baſtarde zu erzeugen. Es mig uͤbrigens die ſchlei— mige Feuchtigkeit, welche von den Begattungsleitern abge— ſondert wird, zu einer fruchtbaren Begattung ſo nothwen— dig ſeyn, als der Schleim, welcher die Eier der Waſſerſala— mander umgiebt, indem dieſer, wie Spallanzani's Ver— ſuche lehren, nicht weggenommen werden darf, wenn Be— fruchtung durch den maͤnnlichen Saamen erfolgen ſoll; denn wenn dieſer unmittelbar in Beruͤhrung mit den Eiern koͤmmt, ſo bildet ſich kein Embryo aus. Ja, nach demſelben Beob— achter, bleiben die Eier dieſer Thiere ſelbſt unbefruchtet, wenn der Saame unvermiſcht, ohne von Waſſer verduͤnnt zu ſeyn, mit dem Schleime in Beruͤhrung koͤmmt. Hieraus ergiebt ſich hinreichend, daß, wenn etwas Wah— res an der Lehre der Polliniſten iſt, ſie doch auf keinen Fall durchgaͤngige Anwendung auf die Vorgaͤnge bei der Befruch— tung der Pflanzen und der Entſtehung des Embryo leide. Wir wenden uns zu den Lehren, nach welchen man die Keime zu den kuͤnftigen Thieren und Pflanzen in den Eiern zu ſuchen hat, deren Anhaͤnger man im Allgemeinen Doiften nennen kann. Es gehoͤren dahin beſonders die Vertheidiger der Evolutionstheorie, nach welcher feit der erſten Schoͤpfung alle organiſche Weſen als Keime in ihren Aeltern vorgebildet liegen und nach und nach in den verſchiedenen Generationen zur Entwickelung gelangen. Die— ſer Lehre ſcheinen zwar die Erſcheinungen am Kugelthiere einigermaaßen zu entſprechen; andere ſind ihr aber ſo ſehr zuwider, daß man ihr ſo wenig, als den vorhergehenden, vol— len Beifall ſchenken kann. Selbſt die ſtrengſten Oviſten koͤnnen nicht laͤugnen, daß, wenn auch die Eier hauptſaͤchlich die Subitanz zu dem Embryo liefern, dem sperma und der fovilla doch nicht nur eine erweckende, ſondern auch eine umbildende Kraft zugeſchrieben werden muͤſſe, indem die Baſtardzeugung zu ſehr dafuͤr ſpricht. Wenn daher auch nicht wenigen Thieren und Pflanzen die maͤnnlichen Zeu— gungsorgane von der Natur gaͤnzlich verſagt ſind, und an— dere, welche damit verſehen find, ihrex doch nicht nothwen— dig zur Hervorbringung eines Embryo beduͤrfen, ſo giebt es doch offenbar auch Geſchoͤpfe in beiden Reichen, bei welchen ohne Zuthun des maͤnnlichen Befruchtungsſtoffs kein Embryo ſich auszubilden vermag, ſondern wo derſelbe vielmehr einen weſentlichen Einfluß auf die Geſtaltung deſſelben aͤußert. Modificirt man aber die Lehre der Oviſten dahin, daß man zugiebt, der maͤnnliche Saame habe einen weſentlichen Ein— fluß auf die Geſtalt des Embryo, ſo iſt ſie allerdings ſehr geeignet, die meiſten Vorgaͤnge bei der Zeugung zu erklaͤ— ten. Selbſt die Koͤlreuter'ſchen Verſuche, nach welchen fruchtbare Baſtardpflanzen, wenn ſie wieder mit dem Pol— len der vaͤterlichen Pflanze befruchtet werden, Saamen brin— gen, aus denen Pflanzen auslaufen, die dem Vater noch mehr gleichen, als die Baſtarde der erſten Generation, und nach welchen man, wenn man die Baſtarde der zweiten und der folgenden Generationen auf aͤhnliche Weiſe zu befruchten fortfaͤhrt, in der vierten Generation (nach Gartner zu: 264 weilen erſt in der achten und noch ſpaͤter) Baſtarde erhaͤlt, wel— che von der vaͤterlichen Pflanze nicht mehr zu unterſcheiden ſind, ſtehen mit dieſer Lehre im Einklange, wenn man nur zugiebt, daß die bildende Kraft des maͤnnlichen Zeugungsſtoffs ſo groß, ja groͤßer werden koͤnne, als die des weiblichen. Mehr wuͤrde dagegen die allgemeine Anwendbarkeit dieſer Lehre leiden, wenn es ſich beſtaͤrigen ſollte, daß für manche Faͤlle die Lehre der Polliniſten vollkommen richtig ſey. Auch laffen ſich nach jener Theorie die Erſcheinungen, welche wir bei der Conjugation mehrerer Algen bemerken, wovon noch unten die Rede ſeyn wird, nicht hinlaͤnglich erklären. Weit weniger befriedigend, als die modificirte Evolu— tionstheorie, iſt die Meinung, daß kein Embryo ohne Zu— thun zweierlei Geſchlech ter gebildet werden koͤnne, ungeachtet es ihr gegenwaͤrtig nicht an Anhaͤngern zu fehlen ſcheint; denn ihr ſtehen offenbar alle Thatſachen entgegen, welche der Lehre der Oviſten guͤnſtig ſind. Man hat ſich uͤbrigens von der Art, auf welche ſich der Embryo bei'm Zuſammenwirken zweierlei Geſchlechter bilde, verſchiedene Vorſtellungen gemacht, denn waͤhrend ein Theil behauptet, daß hierzu ſowohl von dem Vater als von der Mutter waͤgbare Stoffe geliefert werden, meinen Andere, daß dieß nicht immer noͤthig ſey, ſondern daß oft nur dynamiſche Einwirkung des maͤnnlichen Befruchtungsſtoffs ſtattfinde. Die Zoologen berufen ſich zur Vertheidigung der letz— tern Meinung auf Spallanzani's Verſuche, welcher in eine ſenkrecht ſtehende, an dem einen Ende zugeſchmolzene Glasroͤhre funfzig Eier eines gruͤnen Waſſerfroſches brachte, eine zolldicke Schicht Schleim, den er von andern Eiern ge— nommen hatte, darauf legte und auf die Oberflaͤche deſſel— ben einen Tropfen maͤnnlichen Saamens fallen ließ, worauf, nachdem ſich dieſer Tropfen verzogen hatte und die Eier in's Waſſer gebracht worden waren, alle belebt wurden, wo— fern der Saamentropfen nicht allzuklein geweſen war. Selbſt wenn er den Schleim von mehreren Eiern zu einem zolllan— gen Faden zog und denſelben waagrecht anſpannte, ſo durfte er ihn an ſeinem Ende oft bloß mit der Spitze einer in Saa— men getauchten Nadel beruͤhren, um alle Eier zur Entwick— lung zu bringen. (Schluß folgt.) Miscellen. Von dem Missourium, welches (N. Notizen Nr. 271. Bd. 13. S. 104) im großen Miſſiſſippi⸗Thale am Ufer des Pomme de Terre Fluſſes, in der Grafſchaft Benton im Miſſouriſtaate, von Hrn. A. Koch aufgefunden wurde, iſt das vollſtaͤndig erhaltene Ske— lett gegenwärtig in der Aegyptiſchen Halle, Piccadilly, in London zur Schau geftellt. Die Länge des Thieres ift 32 Fuß, die Höhe 15, die Länge des Kopfes von der Spitze der Naſe bis zum Nackenwirbel 6 Fuß u. ſ. f, die Zahl der Zähne 8, naͤmlich 4 Ober- und 4 Unterzähne. Die beiden Vorderzaͤhne im obern Kinnbacken find 4 Zoll breit und 41 Zoll lang, die Backenzaͤhne 7 Zoll lang und, wo fie ſich mit den Vorderzaͤhnen vereinigen, wie dieſe, 4 Zoll breit, nehmen aber alsdann ab und laufen faſt in eine Spitze aus. Die Bildung der Naſe iſt eigenthuͤmlich; ſie beſteht aus einer knochigen mit Zellen durchwebten Subſtanz und hat ein breites, flaches Ans ſehen; uͤber den untern Kinnbacken tritt ſie 13 Zoll hervor und endet in zwei Naſenloͤcher. Sie ruht theils auf dem Gaumen, theils auf der Oberlippe, welche letztere auf beiden Seiten etwas 265 1 gewoͤlbt iſt. Auch zwei ungeheure Hauer beſitzt das Missourium. Sie ſind ruͤckwaͤrts gekruͤmmt und wurden von dem Thiere faſt horizontal getragen; ihre Lange betraͤgt 10 Fuß, mit Ausſchluß eines 15 Zoll langen Theils, der die Wurzel bildet. Das Ske— lett wurde in einer Schicht Triebſand und in einer daruͤberliegen— den, 83 — 4 Fuß maͤchtigen von brauner Alluvia-Erde gefunden, in welchem ſich viele wohlerhaltene Pflanzenuͤberreſte, merkwuͤrdiger Weiſe aber faſt lauter tropiſche, fanden, namentlich Cypreſſenholz und Zapfen, tropifches Rohr und Moos, mehrere Holzkloͤtze, die dem Campechcholze ſehr aͤhnlich waren, auch der größere Theil einer Strelitzia, ſo wie die Rippen von Palmblaͤttern. Mehrere Eiſenerzadern durchzogen dieſes Stratum, woraus hervorgeht, daß es ſich ſchon im hohen Alter gebildet haben muß. Ueber ihm be— fanden ſich abwechſelnd Lager von blauem und gelblichem Thone und von Kies, und die Oberfläche war mit Eichen, Ahornbaͤumen und Ulmen bedeckt, die ein Alter von 80 — 100 Jahren hatten. Ein hoͤchſt bemerkenswerther Umſtand iſt endlich, daß in der Naͤhe des Missourium mehrere Pfeilſpitzen entdeckt wurden, aͤhnlich den jetzt von den Americaniſchen Indianern gebrauchten, aber weit größer, Eine derſelben, von roſenfarbigem Feuerſteine, fand man 266 dicht unter der rechten Huͤfte des Thiers, wo ſie noch einen Ein— druck hinterlaſſen hat, vier andere, etwa 8 Fuß davon entfernt, aber in demſelben Lager; drei darunter glichen der erſteren, die vierte war ven einer ſehr rohen Arbeit. Sie ſind, ohne Zweifel, das Werk von Menſchenhaͤnden, und ſomit darf als aus ge⸗ macht angeſehen werden, daß zu gleicher Zeit mit dieſem Riefens thiere auch der Menſch exiſtirte. (B. N. v. 20. Dec.) (Man vers gleiche in dieſer Hinſicht auch die Nachricht aus dem Philadelphia Presbyterian d. d. 12. Jan. 1839 in unfern N. Notizen Nr. 334. [Nr. 4. des XVI. Bds.] S. 54.) Von dem vor Kurzen erfolgten Tode des Chim— panzee-Weibchens in den Zoological Gardens zu London geben Engliſche Zeitungen folgende Nachricht: „Die Klagen feines männlichen Gefährten machten das Mitgefühl der Waͤrter rege; ſein Weinen und Schluchzen konnte kaum durch ein menſchliches Weſen uͤbertroffen werden. Nur mit Schwierigkeit konnte der todte Körper von ihm entfernt werden. Um ihn zu beruhigen, wurde ihm ein kleiner Hund in den Käfig gegeben, wel chen er haͤtſchelt und herumſchleppt. Der Chimpanzee genießt re— gelmaͤßig ſein Fruͤhſtuͤck mit dem Waͤrter und deſſen Frau.“ Gene un de e: Ueber die Wirkſamkeit vegetabiliſcher Diaͤt bei gewiſſen Verdauungsſtoͤrungen. Von Dr. Robert Dick. „Es iſt erſtaunlich“, ſagt der Verfaſſer, „welche heil— ſame Wirkung eine bloß auf den Genuß krautartiger Vege— tabilien beſchraͤnkte Diät bei der Behandlung einiger For— men von Congeſtiv- und Subinflammations-Zuſtaͤnde der Schleimhaͤute der Verdauungsorgane hat. Wiederholte Ver— ſuche haben die in meiner Abhandlung über die Diät ge— machten Bemerkungen uͤber dieſen Gegenſtand beſtaͤtigt. Die wohlthaͤtige Wirkung dieſer Diät ſcheint weniger raͤthſelhaft und ſchwer zu erklaͤren, als man im erſten Augenblicke wohl glauben moͤchte, und großen Theils von ihrer kuͤhlen— den und erfriſchenden Einwirkung auf die erhitzten und blut— reichen Oberflaͤchen der Digeſtionsorgane abzuhaͤngen. Ich finde, daß eine geſchabte Gurke gegen leichtere Entzuͤndungs— zuftände der aͤußern Haut eines der wirkſamſten Mittel fin, und ſchließe daraus, daß krautartige Alimente, kalt und roh genoſſen, auf analoge Weiſe auf die Schleimhaut des Ma— gens wirken muͤſſen. Wenn man bei der Diagnoſe in Be— zug auf die Form der gaſtriſchen Stoͤrung, welche ſich fuͤr eine ſolche Diaͤt eignet, einen Irrthum begangen hat, dann wird freilich ein Nachtheil daraus entftehen; wenn aber die Diagnoſe richtig war, fo wird die Wickung dieſer Diät eine entſchieden heilkraͤftige ſeyn. Da, wo ein Congeſtiv- und ſubinflammatoriſcher Zuſtand der Schleimhaut der Digeſtions— organe mit allgemeiner plethora coepiſtirt, iſt vegetabiliſche Diaͤt angezeigt, weil dieſe Subſtanzen ſo wenig Stoffe ent— halten, die einen reizenden chylus erzeugen koͤnnten; jedoch muß man dabei, wie ich ſchon bemerkt habe, ihre direct kuͤhlende Wirkung auf die Oberflaͤchen der betreffenden Or— gane keinesweges uͤberſehen. Ich kann durchaus den blin— den Eifer nicht begreifen, mit welchem ſo viele Aerzte in allen gaſtriſchen Beſchwerden, von welcher Natur ſie auch ſeyn moͤgen, jede vegetabiliſche Koſt, beſonders krautartige Vegetabilien, ſtets unterſagen. Mich hat meine eigene Er: fahrung von den Vorurtheilen, die ich fruͤher uͤber dieſen Gegenſtand gehegt, gaͤnzlich geheilt. Ich habe bei der Be— handlung der auf Reizung und plethora beruhenden For— men gaſtriſcher Stoͤrung nach der Reihe reife americaniſche Aepfel (gut gekaut), Orangen- und Traubenſaft, Granat— aͤpfel, Erdbeeren, Kirſchen, reife und ſaftige Birnen, Limo— nienſaft und die Blätter vom Sauerampher (Rumex ace- tosa) als unterſtuͤtzende Mittel, gelegentlich auch als Haupt: mittel, angewendet. Außerdem, daß die umſichtige Anwendung dieſer Diät auf die Beſchaffenheit des Blutes wohlthaͤtig einwirkt und ſo manche Form von nervoͤſen Uebeln mildert, vermindert ſie auch in hohem Grade jene unangenehme Hitze des Ma— gens, uͤber welche ſo viele Perſonen, die an gewiſſen For— men der gaſtriſchen Stoͤrung leiden, klagen, und erzeugt das Gefuͤhl von Kuͤhlung und Erfriſchung in demjenigen Organe, dem dieß vielleicht ſchon lange fremd geweſen war. — Die paſſendſte Zeit für die Verabreichung derartiger Alimente ſind die Intervallen zwiſchen den gewoͤhnlichen Mahlzeiten, z. B., vor der Fruͤhſtuͤckszeit, eine Stunde nach Mittag ꝛc. Ein reifer americaniſcher Apfel, oder 2 — 3 Dutzend Wein— beeren, oder 2 — 3 Orangen, oder ein Theil eines Gra— natapfels zu dieſen Zeiten genommen, reicht ſchon hin, um eine bedeutende Verminderung der Hitze, des Schmerzes, der Roͤthe und der Anſchwellung der Schleimhaut des Magens, zu bewirken. Die einzigen Unbequemlichkeiten, die man im Anfange von dieſer Diaͤt bei Perſonen zu bekaͤmpfen hat, die man unzweckmaͤßigerweiſe lange davon entwoͤhnt hatte, ſind Fla— tulenz, Verſtopfung und Anhaͤufung von contentis in den Gedaͤrmen. Jedoch ein Wenig kohlenſaures Natron und 267 Ingwer werden dem erſteren Uebelſtande, fo weit es der Zuſtand erfordert, abhelfen; letztere wird man dadurch beſei— tigen, daß man mit den vegetabiſchen Subſtanzen, die wohl gekaut ſeyn muͤſſen, oͤfter wechſelt und ſie fuͤr einige Zeit ſparſamer nehmen laͤßt, oder daß man in hartnaͤckegen Faͤl— len von Zeit zu Zeit eine Pille aus Aloe, China, Capsi- cum vorſichtig verabreicht. vegetabiliſchen Nahrungsmittel wird uͤbrigens den Magen zur Verdauung und die Gedaͤrme zur Entleerung derſelben geſchickt machen. Dabei wird, wie ich ſchon bemerkt habe, eine Menge von Nervenuͤbeln verſchwinden; ein un— gewohntes Gefuͤhl von Kraft und Friſche wird den ganzen Organismus durchdringen; die Geſichtsfarbe wird friſcher werden und der Zuſtand des Magens und Darmcanals ſich merklich beſſern. Ich kenne keine Krankheit der Digeſtions— organe, in welcher eine laͤngere Enthaltſamkeit vom Genuſſe vegetabiliſcher Subſtanzen angezeigt, oder ſelbſt raͤthlich waͤre; im Gegentheile habe ich von einer ſolchen Abſtinenz die ſchlimmſten Wirkungen geſehen, als: ſchmutzig belegte Zunge, uͤbeln Geſchmack, uͤbelriechenden Athem, unangeneh— men, thieriſchen Geruch der Ausduͤnſtung, finnige Haut, ſparſamen, rothen, truͤben, alkaliniſchen Harn und unertraͤg⸗ lich ſtinkende Stühle. — (Derangement, primary and reflex, of the Organs of Digestion. By Rbt. Dick. Edinb. 1840). Ueber iſolirte Markſchwaͤmme der Leber. Von Cruveilhier. Der Encephaloidkeebs der Leber, welcher in einzelnen zer- ſtreuten Maſſen auftritt, iſt eine der wichtigſten Veraͤnderun— gen ruͤckſichtlich der Gefahr und der Haͤufigkeit des Vorkom— mens. Obwohl ich mich bereits in der zwoͤlften und drei— zehnten Lieferung meiner pathologiſchen Anatomie daruͤber ausgeſprochen habe, ſo will ich doch einige neue Thatſachen und Bemerkungen hier anfuͤhren. 1) Der Encephaloidkrebs der Leber in einzelnen Maſ— fen kann primitiv oder confecutiv ſeyn; die confecutiven Krebs: geſchwuͤlſte des Organes find fo häufig, daß man mit Grund ihre Exiſtenz uͤberall vermuthen kann, wo uͤberhaupt eine Krebsinfection ſtattfindet; ſo habe ich ſelten Frauen, welche an Bruſtkrebs geſtorben waren (dieſer mochte operirt worden ſeyn oder nicht), geoͤffnet, ohne in der Leber dieſe Krebskno— ten zu finden. Ebenſo finden ſie ſich ſehr haͤufig bei'm Ma— genkrebs. Ich beſitze mehrere Beobachtungen, bei welchen die Symptome des primitiven Magenkrebſes durch den con— ſecutiven Leberkrebs vollkommen maskirt wurden; wenn der Uteruskrebs ſich auf entferntere Organe fortpflanzt, was ziemlich ſelten iſt, ſo iſt die Leber, in der Regel, das Organ, welches die erſten Symptome der Infection darbietet. Der Venenreichthum der Leber, vielleicht auch deren Ausſcheidungs— function, erklaͤren vielleicht die Wichtigkeit der Rolle, welche dieſes Organ in allen Fällen von Krebsinfection, ſowie in allen den Fällen ſpielt, wo das Blut der Träger heteroge— ner Elemente geworden iſt, welche zur Ausſcheidung be— ſtimmt ſind. Ein beharrlicher Gebrauch der, 258 2) Der primitive Leberkrebs pflanzt ſich feltener auf andere Organe fort, als der Krebs anderer Organe ſich auf die Leber fortpflanzt. Ich muß ſogar ſagen, daß am haͤu— figſten die Krankheit auf die Leber beſchraͤnkt bleibt, und daß die Fortpflanzung der Krankheit gewöhnlich nur in einer uns beſtimmten Vervielfaͤltigung der Krebsknoten in der Leber ſelbſt beſteht. Unterſucht man in der That mit einiger Auf— merkſamkeit eine krebshafte Leber, ſo erkennt man auf das Deutlichſte, daß dieſe Geſchwuͤlſte nicht gleichzeitig aufgetreten ſeyn konnen; einige tragen bereits den Character eines laͤn— gern Beſtehens, andere zeigen ſich ganz friſch. In dieſer Be— ziehung verhalten ſich die Krebsknoten in der Leber ganz und gar wie die Lungentuberkeln. Die Iſolirung des Lebervenenſyſtems ſcheint mir noch mehr als die Abſonderung des Organs durch die umgebende ſeroͤſe Haut das iſolirte Auftreten der Krank— heiten dieſes Organs zu erklaͤren; bilden ſich aber zellgewe— bige Verwachſungen zwiſchen der Leber und den umgebenden Organen, ſo werden dieſe zufaͤlligen Adhaͤrenzen fuͤr die Ent— artungen ein Mittel der Fortpflanzung, ebenſo gut wie die normalen Verwachſungen, und dann verbreitet ſich der Leber— krebs durch den Zuſammenhang der Gewebe auf den Ma— gen, auf das Duodenum, das Colon und das Zwerchfell. 3) Ein weſentlicher Punct in der Geſchichte des Le— berkrebſes iſt die Veraͤnderung, welche derſelbe faſt ploͤtzlich waͤhrend ſeiner Dauer erleidet. Dieſe Veraͤnderung beſteht nicht bloß in einer Erweichung der entarteten Theile, und es iſt ſogar offenbar irrig, wenn man behauptet, daß jede Krebsgeſchwulſt nothwendig zwei Perioden durchmache: die Periode der Rohheit und die Periode der Erweichung. In ſehr vielen Faͤllen allerdings erlangen die urſpruͤnglich harten Krebsgeſchwuͤlſte, indem fie von einer gewiſſen Quantität Feuchtigkeit durchdrungen werden, einen Grad von Weich— heit; aber in der Mehrzahl bezeichnet die Verſchiedenheit der Conſiſtenz, nicht verſchiedene Perioden, ſondern eine urſpruͤng— liche Varietaͤtsverſchiedenheit. Die harte Varietaͤt bleibt ſo vom Anfang bis zum Ende, und die weiche Varietaͤt zeigt ihre bruͤhartige Conſiſtenz vom erſten Moment ihrer Erſchei— nung bis zum Ende. 4) Der Umfang dieſer carcinomatoͤſen Geſchwuͤlſte, die Schnelligkeit oder Lan gſamkeit ihrer Entwickelung begründen nicht minder wichtige Differenzen; es giebt Krebsgeſchwuͤlſte, welche immer bei dem Zuſtand der Knoten ſtehen bleihen, waͤhrend es andere giebt, deren Wachsthum unbegraͤnzt iſt; daher ruͤhren die großen Verſchiedenheiten zwiſchen dem Krebs der Leber in Beziehung auf Volumen: bei dem einen hat die Leber kaum den normalen Umfang und ragt nicht uͤber die falſchen Rippen heraus; bei andern erlangt ſie enormes Volumen und ein Gewicht von 10 bis 20 Pfund. Eine wichtige Bemerkung iſt die, daß dieſe Zunahme nicht das eigentliche Lebergewebe betrifft, welches im Gegentheil mehr atrophiſch, als hopertrophiſch zu ſeyn pflegt; es aͤußert ſich in den paraſytiſchen Maſſen, welche in der Dicke dieſes Orga— nes zerſtreut find. Nachdem ich einmal einen beträchtlichen Theil der Leber von den Krebsmaſſen befreit hatte, welche fie in ihrer Subſtanz enthielt, erſtaunte ich, wie gering die 269 Quantität der eigentlichen Leberſubſtanz war, welche nach die— fer Ausſchaͤlung uͤbtig blieb. 6) Beſonders bei der weichen Varietaͤt kommt die raſche Entwickelung der Leber vor, und zwar findet ſie auf meh— rere Arten ſtatt: erſtens bald durch Zunahme der Krebsmaſ— ſen, welche auf eine außerordentlich thaͤtige Weiſe ernaͤhrt wer— den, ſo daß man ſo weiche Krebsmaſſen antrifft, welche ſo von Krebs ſaft ſtrotzen, daß man fie als Krebsabſceſſe bezeichnen möchte; zweitens bald durch ſeroͤſe, gelatinoͤſe, eiterige oder kaͤſefoͤr— mige Infiltration dieſer Maſſen; denn es iſt gewiß, daß die Entzuͤndung und ihre verſchiedenen Producte mit der Krebs— degeneration ſehr wohl vertraͤglich ſeyen; auch iſt es nicht ſelten, fluͤſſigen oder feſten Eiter, oder Tuberkelmaterie mit: ten in dieſen entarteten Maſſen zu finden; drittens endlich findet man beſonders bei den ſo haͤufigen Blutergießungen im Innern dieſer Geſchwuͤlſte, daß ihre Entwickelung raſche Fort: ſchritte macht; in ſolchen Faͤllen ſieht man eine Leber, die noch nicht uͤber den Rippenrand hervorragte, in wenigen Ta— gen bis zum Nabel reichen; iſt alsdann der Kranke mager, beſteht kein Ascites, und ſind einzelne dieſer Geſchwuͤlſte ober— flaͤchlich und mit den Bauchwandungen verwachfen, fo kann man mit den Fingern und mit dem Auge die Entwickelung der Krarfheit verfolgen; man erkennt die Fluctuation und kann zur Annahme einer Balggeſchwulſt oder eines Abſceſſes kommen und zu einer Erplorativpunction verleitet werden. 6) Dieſe ſpontanen Blutablagerungen, dieſe Apoplexien der carcinomatoͤſen Maſſen erleiden, wenigſtens ruͤckſichtlich der Beſchaffenheit des Blutes, eine Reihe von Veraͤnderungen, welche denen ganz aͤhnlich ſind, die man in gewoͤhnlichen Blutaustretungen findet; der faͤrbende Beſtandtheil wird re— ſorbirt, und die farbloſe Fıbrine zeigt ſich unter verſchiedener Geſtalt, fo daß man ſelbſt den taͤuſchenden Eindruck eigens thuͤmlicher Degenerationen hat. 7) Die Blutablagerungen in den carcinomatoͤſen Maſ— ſen koͤnnen ſo betraͤchtlich ſeyn, daß ſie, wie bei einer innern Blutung, Erſchoͤpfung herbeifuͤhren. Der ſchlimmſte Ausgang dieſer Blutablagerungen ruͤckſichtlich der Blutung iſt aber die Zerreißung der Bluthoͤhle und die Ergießung des Blutes in die Peritonaͤalhoͤhle. 8) Die carcinomatoͤſen Maſſen der Leber find bisweilen die Urſache einer acuten oder chroniſchen Peritonitis. Die Pe— ritonitis wuͤrde ſich ruͤckſichtlich der Heftigkeit den Bauchfell— entzuͤndungen bei Perforationen des Darmes gleichſtellen, wenn dabei eine oberflaͤchliche Krebsgeſchwulſt zerriſſe. Ich kenne davon kein Beiſpiel, nehme aber die Moͤglichkeit an. 9) Eine der gewoͤhnlichſten Wirkungen carcinomatoͤſer Maſſen der Leber ſtellt der Ascites dar. In der Regel wird dieſes Krankheitsſymptom von einer mechaniſchen Hemmung des Blutes abgeleitet; indeß kann die Bauchfellwaſſerſucht auch die Folge der Reizung ſeyn; welche das Peritonaͤum durch die oberflächlichen Lebercarcinome erleidet. 10) Der Zuſtand der Lebervenen verdient unſere ganze Aufmerkſamkeit zu feſſeln. Die Krebsmaſſe kann primaͤr in den groͤßern und mittleren Lebervenen gebildet werden, welche fie auftreibt. Sie kann nachtraͤglich in die Venen eindrin— gen, nachdem ſie ſich in der Umgebung derſelben in Form 270 der Krebsgeſchwuͤfſte entwickelt hat. In beiden Fällen erfolg t eine Infection des Blutes. (Anatomie pathologique. 37. Lieferung.) Bildung und Heilung eines anus artificialis, in Folge der Einklemmung eines Leiſtenbruches waͤh— rend der Schwangerfchaft. Von A. Cooper. Anna Tennant, 34 Jahre alt, wurde am 17. Mai gegen 10 Uhr Morgens in das St. Thomas-Hospital in London aufgenommen. Sie litt an Schluchzen, Erbrechen und hartnaͤckiger Verſtopfung; die Haut in der linken Lei— ſtengegend zeigte eine eryſipelatoͤſe Roͤthe; an der aͤußern Seite der spina pubis und an der dem untern Rande des Poupartſchen Bandes entfprechenden Stelle befand ſich eine kleine, beim Druck empfindliche Geſchwulſt; der Puls war ſchwach, frequent und unregelmaͤßig. Der Ausſage der Kran— ken nach, beſtand die Geſchwulſt erſt ſeit dem 13., zu wel— cher Zeit ſich auch die Verſtopfung und die Vomituritionen eingeſtellt hatten. An dem Tage vor ihrem Eintritt in's Hospital war auf ein Lavement die Excretion ſehr harter faeces gefolgt; jedoch hatte dieſes Mittel nur ein einziges Mal gewirkt. — Den 17. Es wurde ein Aderlaß von 36 (engl.) Uns zen inſttuirt, das Blut bildete einen weißlichen compacten Kuchen; bierauf ein Bad. Man uͤberzeugte ſich, daß die Kranke ſeit ungefaͤhr drei Monaten ſchwanger ſey. „Zehn Minuten vor zwei Uhr Nachmittags,“ ſagt A. Cooper, „ſah ich die Kranke und ſchickte mich an, ſofort die Opera— tion zu vollziehen. Der Darm war brandig geworden. Ich machte demnach einen longitudinellen Einſchnitt von 13 Zoll Länge, wodurch der Abgang flüffiger Faͤcalmaſſen befördert wurde. Darauf wurde auf die betreffende Partie ein cata- plasma gelegt und die Kranke wieder zu Bette gebracht. Nach der Operation hoͤrten die Uebelkeiten auf; aber der Puls, der früher 48 Schläge gezeigt, hat ſich nun auf 73 gehoben und iſt voll und ſtark. Abends: Die Pulsfrequenz iſt auf 100 geſtiegen; die Leiſtengegend iſt ſchiherzhaft, der Unterleib jedoch frei; durch die Wunde geht eine große Menge faͤculenter Materien ab; die Haut iſt heiß. Den 18. Mai. Die Kranke hat waͤhrend der Nacht geſchlafen; jedoch waren gegen Mitternacht wieder Uebelkeiten und Vomituritionen eingetreten. Dieſe Zufaͤlle dauern noch jetzt fort, es hat ſogar einiges Erbrechen Statt gefunden; der Unterleib ift geipannt und ſchmerzhaft, die Wunde von einem roſenrothen Hof umgeben, Ausleerungen per rectum find nicht erfolgt, ſondern dieſe gehen fortdauernd durch den kuͤnſtlichen After. Der unregelmäßige Puls zeigt hundert Schlaͤge. Den 19. Der Zuſtand der Wunde iſt etwas beſſer, singultus nicht vorhanden; aber die naufeöfen Beſchwerden dauern fort. Verband mit in Kleienwaſſer getauchten Com: preſſen. x t — Den 20. Der Pu's iſt immer noch unregelmaͤßig, die faeces gehen durch die Wunde ab; in der Richtung des Nabels und oberhalb des innern Leiſtenringes bemerkt man eine kleine, bei'm Drucke ſehr ſchmerzhafte Geſchwulſt; die Zunge iſt weiß belegt, die Haut normal. Den 21. Derſelbe Zuſtand, die erwähnte Geſchwulſt jedoch weniger ſchmerzhaft und ſcheint ſie von einem kleinen Abſceß gebildet zu werden, der zwiſchen den Wundrändern ſeinen Durchbruch nimmt. Es wurden leichte Nahrungsmit— tel verordnet. Den 23. Das brandige Darmſtuͤck ſtoͤßt ſich ab; die Wunde wird rein. Den 24. Allgemeine Beſſerung, die Zunge rein; durch das rectum entweichen Blähungen. Der Appetit iſt gut; die Operirte hat von ihrer Beleibtheit nichts eingebuͤßt. In der Nacht verſpuͤrte fie einige Uebelkeit, die jedoch bald verſchwand. Den 28. Seit 2 Tagen gehen von Zeit zu Zeit feſte Maſſen durch das rectum ab, während durch den kuͤnſtli— chen After reichliche flüffige Stercoral-Materien abfließen, Puls 70, Zunge rein. Den 30. Abgang ſolider faeces per reetum. Den 1. Juni. Vier Stühle per rectum. Den 2. Eine exeretio alvi auf demſelben Wege. Den 3. Waͤhrend der Nacht lebhafter, bei'm Druck zu— nehmender Schmerz in der Nabelgegend, der ſich jedoch gegen Morgen verlor. Den 4. Stuhlgang auf natuͤrlichem Wege. — Den 7. Reichliche Entleerung fluͤſſiger Faͤcal-Maſſen durch den anus artificialis; Gefühl von Druck und Spannung im ganzen abdomen. Die Wunde verkleinert ſich taͤglich, man verbindet ſie ganz einfach mit einem leichten Druckverbande. Um die Diarrhoͤe zu ſiſtiren, wurde ein emeticum gereicht. Den 8 Leichter Stuhlgang; die Diarrhoͤe hat aufgehört. — Den 18. Wederholte evacuatio per rectum; merkliche Beſſerung. — Den 20. Man bemerkt eine bedeutende Ver— kleinerung des widernatuͤrlichen Afters. — Den 24. Seit mehreren Tagen hat die Kranke regelmaͤßig alle 24 Stunden einen Stuhlgang per rectum; nur an einem Tage, wo fie eine Treppe hinunterſtieg, draͤngten ſich noch einige Sterco— ral-Maſſen durch die Wunde. — Den 26. Die Wunde wird mit Kleienwaſſer fomentirt und mit einem Pflaſter von Walkererde bedeckt. Die Frau beſſerte ſich immer mehr. Ge— gen die Mitte des Monats Auguſt war die Wunde vollſtaͤn— dig vernarbt. 272 Die Schwangerſchaft hatte ohne weitern Unfall ihren Fortgang, und im October wurde die Frau von einem leben: den Kinde entbunden, das jedoch ſpaͤter geſtorben iſt. Eine neue conceptio endigte mit abortus. — (Aus dem Pro- vincial Med. and Surg. Journ. April 1841. Archi- ves generales, Aoüt 1841.) Ans ne Grano de peste beſchreibt Dr. Smith, in einer Abhand— lung über die Krankheiten von Peru, nach den Worten einer Frau aus der Vorſtadt Malambo in Lima, welche wenige Tage zuvor von einem Anfalle der Krankheit geheilt war: „Er begann am linken Arme wie ein Mosquito Biß, nur als kleiner rother Fleck, mit einem kleinen Blaͤschen in der Mitte. Dieſer vergrößerte ſich raſch mit heftigem Fieber, und in vier Tagen war der Arm fo ges ſchwollen, daß er berſten zu wollen ſchien. Die Geſchwulſt reichte bis zur linken Bruſt. Der Fleck, welcher zuerſt wie ein Mosquito- Biß ausſah wurde nun ein hartes Korn oder eine Baule, ganz ſchwarz, von einer rothen indurirten Baſis umgeben. Das kleine Baͤschen in der Mitte brach auf, ohne daß ein Ausfluß ftattfand. Nach acht Tagen wurde ein Schnitt durch die Beule gemacht, es floß aber nichts aus, mit Ausnahme einer duͤnnen Jauche oder „aguadija.“ Das Korn erreichte zuletzt die Größe einer ſchwarzen Weinbeere, war aber oben flach und bis zu dem Einſchnitte ganz hart. Die Heilung erfolgte durch erweichende Umſchlaͤge und zwei Aderlaͤſſe, welche der Arzt verordnet hatte.“ Wie gewoͤhnlich bei acuten Krankheiten in Lima, wurden während der Krankheit elys- mata und ſaͤuerliche Getraͤnke angewendet. Zu bemerken iſt, daß die nicht contagioͤſe Krankheit anfangs von Entzuͤndungsfieber be— gleitet iſt, welches bei unrichtiger Behandlung leicht adynamiſch wird und mit dem Tode endet. Die Compreſſion bei Bruſtdruͤſenabſceſſen iſt von den Herren Trouſſeau und Courtas auf's Neue ange— wendet worden. Sie haben dieſelbe mit breiten Pflaſterſtreifen ausgefuͤhrt, welche lang genug waren, um mehrmals um den Körper herumzugehen. Die Umwickelung geſchieht von Unten nach Oben, wobei ſich die Touren immer um 4 decken muͤſſen. Andere Pflaſterſtreifen werden von der Bauchflaͤche, ſchraͤg nach Oben un— ter der axilla durch, nach dem Rüden gefübrt und fo ebenfalls mehr— mals umgelegt, um die Bruſt auch in dieſer ſchraͤgen Richtung vollkom⸗ men zu decken. Dieſe Compreſſion ſoll ſogleich den Schmerz und die entzuͤndliche Anſchwellung vermindern. Iſt die Oeffnung des Abſceſſes ſchon bewerkſtelligt, ſo befoͤrdert der Verband die Auslee— rung deſſelben. Tritt, waͤhrend der Verband liegt, Eiterung ein, fo loͤſ't man denſelben, damit ſich der Eiter nicht in weiterer Aus— dehnung verbreite, legt aber, nach Eroͤffnung des Abſceſſes und nach zwei- oder dreitaͤgiger Anwendung der Cataplasmen, den Verband ſogleich wieder an. (Journal des connaiss. med. chir. Jan. 1841.) Bibliographische neuigkeiten. Meémoire sur la vie org mique, presents A Académie royale de médecine. Par M. Reinnuss (d'lyry). Paris 1841. 4. Precis elömentaire de Physique, ou Traité de Physique facile. Par E Soubeiran etc. Paris 1841. 8. Dell inflammazione e della febbre continua, Considerazioni pa- tologico-practiche del Cav. Giacomo Tomma ini etc., Pro- — es äZmͤůiʒ— — fessore di Clinica- medica in Parma e Protomedico dello Stato. Volume terzo e ultimo. Pisa 1841. 8. Traité de jurisprudence médicale, tendant A organiser les diffe- rentes branches de Fart de guerir, accompagne de la refu- tation des erreurs et injustices, contenues dans le projet de loi des praticiens à Bruxelles. Par MM. A. Lepoutre et L. Petit. Paris 1841. 8. Neue notizen a u s dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Mebicinalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin. — Ne. 436. (Nr. 18. des XX. Bandes.) December 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 9 Gr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Nanu r Ueber das Weſen der Fortpflanzung mit beſonde— rem Bezug auf's Pflanzenreich. Von Profeſſor Bernhardi in Erfurt. (Schluß.) Auch bei vollkommneren Thieren, wie bei vielen Wo: geln, vermag das Weibchen nach einer einzigen Begattung mehrere Wochen hindurch fruchtbare Eier zu legen, und die Beobachtungen von Blum enbach und Wurfbein be: weiſen, daß bei Salamandern eine ſolche Befruchtung noch weit laͤnger ihre Wirkſamkeit behalten muß. Bei der Bie— nenkoͤnigin aͤußert ſich die befruchtende Kraft des maͤnnlichen Saamens noch nach einem Jahre, ja nach Lange und Schirach ſind dieſe Koͤniginnen bis in die zweite und dritte Generation ohne alle Drohnen fruchtbar. Von den Blatt- laͤuſen iſt es bekannt, daß fie ſich im Herbſte begatten und Eier legen, dagegen im Fruͤhling und Sommer ohne Paa— rung oft bis zur neunten Generation bloß lebendige Junge weiblichen Geſchlechts gebaͤren, und daß erſt mit der letzten Generation wieder maͤnnliche Individuen zum Vorſcheine kom— men, welche die Weibchen befruchten, ja daß es in geheitz— ten Zimmern niemals zum Eierlegen koͤmmt. Blancard ſah eine Spinne vier Jahre hindurch ohne Zuthun eines Maͤnnchens fruchtbare Eier legen, und noch haͤufiger hat man nicht nur an den ſogenannten Sacktraͤgern (bei welchen die Erſcheinung ſich auf andere Weiſe erklären laßt), ſon— dern auch an andern Schmetterlingen beobachtet, daß ſie gleich nach dem Auskriechen aus der Puppe Eier legten, aus welchen Raupen auskrochen. Man pflegt dieſe Thatſachen dadurch zu erklaͤren, daß eine Begattung ihre befruchtende Wirkung nicht nur auf laͤngere Zeit in einem weiblichen Individuum, ſondern ſelbſt durch mehrere Generationen be— halte; allein das Letztere laͤßt ſich fo wenig begreifen, daß man eine ſolche Erklaͤrung fuͤr nicht mehr als gar keine hal— ten kann. Dieſe Erſcheinungen ſprechen vielmehr dafuͤr, daß No. 1536. Run ned e: die Lehre der Oviſten mehr Wahrheit enthaͤlt, als die jetzt beſprochene. Uebrigens bemerkt man ſelbſt bei'm Menſchen eine An— lage zur Erzeugung unvollkommener Fruͤchte ohne vorherge— gangene Begattung; auch laſſen viele Faͤlle von vollkomme— ner Schwaͤngerung ſehr zweifeln, ob zu einer fruchtbaren Begattung das Gelangen des maͤnnlichen Saamens zu dem Cie noͤthig ſey. Selbſt G. R. Tre viranus iſt daher anzunehmen geneigt, daß die Befruchtung bei dem menſchli— chen Geſchlechte, ſo gut wie bei den Voͤgeln, nicht immer eine unmittelbare ſey, ſo daß der maͤnnliche Saame ſeine befruchtende Eigenſchaft nicht jedesmal durch Vermiſch ung mit dem weiblichen Zeugungsſtoffe, ſondern in manchen Faͤl— len nur durch eine ihm inne wohnende Kraft aͤußere, welche durch gewiſſe Körper fortgeleitet und durch andere aufgehal— ten werde. Er glaubt daher die Befruchtung mit einer An— ſteckung vergleichen zu koͤnnen, und aͤußert ſogar, daß viel— leicht eine Befruchtung durch maͤnnlichen Saamen bei einem Weibe eben fo gut an jedem Orte, welchem die epidermis fehlt, als in den weiblichen Geburtstheilen moͤglich ſey. So ſehr nun auch hieran aus mehreren Gruͤnden zu zweifeln iſt, ſo lehren doch auf der andern Seite die kurz vorher an— gefuͤhrten Beobachtungen, daß es bei vielen niedern Thieren nicht einmal einer ſolchen Einwirkung des maͤnnlichen Saa— mens bedarf, um einen Embryo zu erzeugen. Die Botaniker, welche die Einwirkung des Pollens auf das Pflanzenei zur Erzeugung eines Embryo für nöthig halten, trennen ſich in ſolche, welche annehmen, daß hierzu jedesmal die unmittelbare Verbindung des Gehalts des Pol— lens mit einer im Eie gebildeten Subſtanz erforderlich ſey, und in ſolche, welche den Act der Beruͤhrung des Pollens mit der Narbe, ja ſchon die bloße Ausduͤnſtung deſſelben für hinreichend zu einer Befruchtung halten. Die erſtere Mei— nung iſt beſonders ſeit der Zeit, wo man das Eindringen der Pollenſchlaͤuche bis zum Pflanzenei entdeckte, in Auf: 18 — 275 nahme gekommen. Wenn es indeſſen auch wahrſcheinlich iſt, daß ſich auf dieſe Weiſe haufig Embtyone bilden, fo wider: ſtceittt doch beinahe Alles, was oben Überhaupt gegen die Nothwendigkeit des Eindringens der Pollenſchlaͤuche zur Erzeugung jedes einzelnen Embryo aus den Enden derſelben geſagt wurde, auch der allgemeinen Anwendbarkeit dieſer Lehre, fo daß es unnöthig ſcheint, es hier zu wiederholen. Wir koͤnnen aber auch nicht annehmen, daß die Berührung des Pollens mit der Narbe und die Ausduͤnſtung deſſelben jederzeit allein die Befruchtung bewirkez denn wenn auch die obenerwaͤhnten Erſcheinungen fuͤr gewiſſe Faͤlle eine ſolche Deutung geftatten und man ſich hierbei auf aͤhnliche Vor— gänge im Thierreiche berufen kann, fo haben doch viele Ver⸗ ſuche gelehrt, daß ſich Pflanzenembryone auch ohne alles Zu⸗ thun von Pollen entwickeln koͤnnen (wenn man dieß auch nicht als Regel betrachten darf), und daß dieß daher ebenfalls nicht die überall ſtattfindende Befruchtungsweiſe ſeyn koͤnne. Aus dem bisher Vorgetragenen ergiebt ſich hinreichend, daß alle dieſe Meinungen nicht vollkommen genuͤzen, indem ſie von dem Vorgange bei der Befruchtung eine zu einſei— tige, nicht überall paſſende Anſicht faſſen, daß indeſſen dieje: nige, welche die Bildung des Embryo hauptſaͤchlich von den weiblichen Geſchlechtstheilen ausgehen laͤßt, ohne dabei zu läugnen, daß in vielen Faͤllen auch der Vater hierzu mehr oder weniger weſentlich mitwirke, eben weil ſie ſich eine we— niger einſeitige Vorſtellung macht, noch am geeignetſten ſey, die bisherigen Beobachtungen zu erklaͤren. Dieß war denn auch ungefaͤhr die Meinung, welche G. R. Treviranus u. m. A. vorgetragen haben. Da indeſſen, wie ſchon bemerkt wurde, auch dieſe nicht durchgaͤngig genuͤgt, ſo muͤſſen wir uns umſehen, ob nicht etwas Viertes auszumitteln ſey, welche eine noch freiere und allgemeinere Anſicht dieſer Vorgaͤnge geſtattet. In der That ſind wir bereits mit einer Erſcheinung bekannt gewor— den, welche dafuͤr zu ſprechen ſcheint, daß die Fortpflanzung ſelbſt da, wo zwei (allem Anſcheine nach) polariſch verſchie— dene Stoffe zu einem neuen Keime zuſammenzutreten ver— mögen, doch nicht allein durch dieſe Verbindung erfolgt, ſon— dern daß vielmehr auch ohne dieſelben die Stoffe, welche wir der maͤnnlichen und weiblichen Zeugungsmaterie verglei— chen können, jeder für ſich allein ſich ebenfalls zu einem neuen organiſchen Weſen auszubilden im Stande ſeyen. Es find dieß naͤmlich, wie man ſchon errathen haben wird, die Er⸗ scheinungen, die wir an den Conjugaten, an den Gattungen Zygnema, Spirogyra, Closterium etc. bemerken. Ob man dieſelben, wie Einige meinen, beſſer in das Thierreich, als in das Pflanzenreich verſetze, wollen wir nicht naͤher unterſuchen, da ſie auf jeden Fall an der Graͤnze beider Reiche ſtehen und wir daher um fo mehr annehmen duͤr— fen, daß die Folgerungen, welche ſich aus ihrer Vermehrungs— weiſe ziehen laſſen, auf beide Reiche bezogen werden koͤnnen. Die Vermehrungsweiſe dieſer organiſchen Weſen ift ſchon ſo oft beſchrieben worden, daß es hinreichend ſeyn wird, an die vorzuͤglichſten Erſcheinungen dabei zu erinnern. Bei den Gattungen Zygnema und Spirogyra beſtehen die Individuen aus gegliederten, gruͤnen, roͤhrigen Faͤden, und 276 zwei Indioiduen, ja ſelbſt die Glieder eines Individuums, ſind im Stande, ſich mit einander zu paaren, wenn ſie ne— ben einander zu liegen kommen, indem ſich dann an den gegenüberliegenden Erhöhungen bilden, welche fo lange zu— nehmen, bis ihre Endflaͤchen ſich berühren, worauf in denſel— ben (doch ſchwerlich, wie man lieſ't, durch Reſorption) Oeff— nungen entſtehen, waͤhrend die dadurch ſich bildenden Raͤn— der fo verwachſen, daß fie einen ähnlichen roͤhrigen Canal bilden, der von einem Gliede in's andere führt, Da, wo ſich zwei Glieder auf dieſe Weiſe mit einander verbinden wollen, bemerkt man Bewegungen in ihrem Inhalte, der nach Verſchiedenheit der Art und Gattung eine verſchiedene Lage hat und hauptſaͤchlich aus einer von Blattgruͤn ge— faͤrbten ſchleimigen Subſtanz mit eingemengten Körnern be— ſteht. Dieſelbe trennt ſich hierbei von den Waͤnden, draͤngt ſich zuſammen und geht allmaͤlig aus einem Gliede in das andere uͤber, worin ſie ſich mit dem gleichen Inhalte dieſes Gliedes verbindet und zu einer kugeligen Form geſtaltet, weiche die Eigenſchaften einer Spore erhaͤlt. Doch verbin— den ſich auf dieſe Weiſe durchaus nicht alle Glieder mit ans dern, ſondern es koͤnnen ganze Haufen dieſer Faden unver: bunden bleiben, und gleichwohl bemerkt man auch bei dieſen, wenigſtens bei den mehrſten Arten derſelben, daß der Inhalt fi auch ohne Conjugation zu runden und laͤnglichen Koͤr— nern zuſammenballt, die oft von gleicher Groͤße, Form und Farbe ſind, wie die nach der Conjugation entſtandenen. In den Cloſterien, welche noch einfacher gebaut ſind und einen ähnlichen grün gefärbten Inhalt beſitzen, erzeugen ſich außer— dem auch braune Koͤrner, welche ſich nach Morren zu neuen Individuen ausbilden, wenn keine Conjugation vor ſich geht. Was die Urſache dieſer ſey, daruͤber haben wir noch keine hinlaͤngliche Aufklaͤrung; indeſſen darf man vermu— then, daß dabei vorzuͤglich polariſche Verhaͤltniſſe im Spiele ſeyen, und daß nach den Geſetzen derſelben die Glieder ſich bald verbinden, bald getrennt bleiben. Bei der Spirogyra nitida will G. R. Treviranus einmal bemerkt haben, daß in den beiden Faͤden, die ſich auf dieſe Weiſe vereinig— ten, ſich entgegengeſetzte Windungen in ihrem Inhalte zeig— ten; bei den Cloſterien darf man vielleicht auf die kreisfoͤr— mige Saftſtroͤmung rechnen, welche der Ritter von Lowar— zewski vor Kurzem darin beobachtete. Man kann ſich da— her die Faͤlle, in welchen Conjugation erfolgt, und in welz chen ſie nicht vor ſich geht, unter folgendem Bilde vor— ſtellen: A B C — — - Liegen zwei Glieder, wie A und B, neben einander, fo wird die Verbindung in x erfolgen, dagegen nicht zwiſchen B und C in y, wenn dieſe Glieder in dem bezeichneten Verhaͤltniſſe ſtehen. Darf man nun das Weſen der Fortpflanzung mittelſt Verbindung zweierlei Geſchlechter darin ſuchen, daß bei ihr 277 immer ein polariſcher Unterſchied zwiſchen den in Verbin— dung tretenden Individuen ſtattfindet, waͤhrend es bei der Vermehrung durch Keime keines ſolchen bedarf, ſo duͤrfen wir auch dieſe Erſcheinung an den Gonjugatın als eine Begat— tung betrachten. Der Unterſchied zwiſchen ihr und den ge— woͤhnlichen Faͤllen, wo ſie ſtatt hat, beſteht nur hauptſaͤch— lich darin, daß hier der zur Begattung nothwendige Appa— rat ſo vereinfacht iſt, daß zwiſchen dem, was maͤnnlich und was weiblich genannt werden muß, in der Bildung kein Un— terſchied bemerkt wird, ſondern daß dieſen bloß die verſchie— dene Lage bewirkt. Iſt dieß die richtige Erklaͤrung der Erſcheinung, und darf man annehmen, was wenigſtens hoͤchſt wahrſcheinlich, wenn auch nicht fuͤr alle Faͤlle erwieſen iſt, daß nicht nur die nach der Conjugation entſtandenen kugelfoͤrmigen Maſſen, ſondern auch die außerdem fuͤr ſich aus dem Inhalte ſich bildenden zur Vermehrung dienen, ſo darf man weiter Fol— gendes ſchließen: ) Zwiſchen Fortpflanzung durch Zeugung und durch bloße Trennung von Fortſaͤtzen findet kein weſentlicher Un— terſchied ſtatt, beide dienen zur Erhaltung der Art, und beide beſtehen in fortgeſetztem Ernaͤhren und Wachſen. Es iſt da— her ſehr wohl moͤglich, daß eine Subſtanz, welche, wegen polariſcher Verhaͤltniſſe mit einer andern ſich verbindend einen neuen Keim liefert, den wir als Spore betrachten, auch ohne dieſen Vorgang von ſelbſt einen aͤhnlichen bilden kann, der theils, inſofern er in polariſch verſchiedenen Organen liegt, ebenfalls als Spore, theils aber, inſofern dieſe Polaritaͤt bloß von der Lage abhaͤngt und zwiſchen den Organen kein we— ſentlicher Unterſchied ſich vorfindet, fuͤr Fortſatz gelten kann. 2) Es braucht ferner zwiſchen den keimliefernden Stof— fen, die, in polariſch verſchiedenen Organen liegend, als maͤnn— licher und weiblicher unterſchieden werden, und die nicht in bloßer Fluͤſſigkeit zu beſtehen brauchen, im Allgemeinen keine weſentlich verſchiedene Miſchung ſtattzufinden, und daher muß es auch für möglich gehalten werden, daß unter guͤnſtigen Umſtaͤnden ſowohl das fuͤr den maͤnnlichen, als das, was für den weiblichen Zeugungsſtoff erklärt wird, ſich jeder al— lein, ohne vorhergegangene Verbindung, zu einem Embryo ausbilden koͤnne. Es iſt daher auch möglich, daß ſowohl Polliniſten als Oviſten beide Recht und beide Unrecht haben. Die Polliniſten koͤnnen naͤmlich vielleicht mit Recht behaup— ten, daß das in ein Ei eingedrungene Ende eines Pollen— ſchlauchs die Subſtanz abgebe, welche die Hauptmaſſe des kuͤnftigen Embryo liefere, aber man kann auch den Oviſten nicht Unrecht geben, wenn ſie meinen, daß es gar nicht des Zuthuns von Pollen beduͤrfe, um ein Ei auszubilden; beide haben aber ſicher Unrecht, wenn ſie annehmen, daß das Eine oder das Andere uͤberall der Fall ſey, wo ſich ein Embryo entwickelt. Ohne Zweifel bildet ſich ein ſolcher in vielen Faͤllen erſt dann, wenn beiderlei Stoffe ſich verbinden, wo— bei indeffen, wie die Verſuche über Baſtarderzeugung ſowehl im Thier- als im Pflanzenreiche beweiſen, derſelbe bald mehr dem Vater, bald mehr der Mutter gleichen kann. Man moͤchte auch geneigt werden, zu glauben, daß, wenn einmal der Proceß zur Embryonenbildung in einem Ovarium durch 278 eingedrungene Pollenſchlaͤuche eingeleitet waͤre, dieſer Proceß, ſelbſt ohne weiteres Eindringen ſolcher Schlaͤuche, ſeinen Fort— gang haben koͤnnte, wofern nur die eingedrungene Menge derſelben hierzu hinreichend geweſen ſey, daß jedoch dieſe Menge nach Verſchiedenheit der Art abaͤndere, ſo daß in manchen Ovarien ſich ſchon mehrere Saamen ausbilden, wenn auch nur ein Pollenkorn auf die Narbe gebracht wurde, waͤh— rend bei Hibiscus syriacus wenigſtens zehn erforderlich find, und daß ſelbſt in manchen Pflanzen die Embryonenbil— dung auch ohne Eindringen von Pollenſchlaͤuchen eintreten koͤnne. Bei dieſer Annahme wuͤrde ſich auch erklaͤren, wie in demſelben Oparium, das die Einwirkung von fremdem Pollen erfahren hat, ſich Saamen bilden koͤnnen, welche ſehr verſchiedengeſtaltete Pflanzen liefern, ſo daß ſie theils mehr dem Vater, theils mehr der Mutter gleichen. Streng ge— nommen laͤßt ſich uͤbrigens bis jetzt weder behaupten, daß die Entwicklung aus unbefruchteten Eiern, noch die aus bloßen Pollenſchlaͤuchen vollkommen erwieſen ſey; doch hat letztere ohne Zweifel noch mehr gegen ſich, als erſtere. Sie gefaͤllt ſchon deßhalb weniger, weil man ſich dabei kaum auf aͤhn— liche Vorgaͤnge im Thierreiche berufen kann, oder doch, weil man gegenwaͤrtig weniger an ſolche glaubt. Uebrigens gilt das Allgemeine dieſer Lehre nicht nur fuͤr Pflanzen und nie— dere Thiere, ſondern ſelbſt fuͤr die vollkommenſten und unſere eigene Gattung; denn wir haben noch keinen vollfiändigen Beweis, daß bei Saͤugethieren der Zutritt des maͤnnlichen Saamens zu den Eiern durchaus nothwendig ſey, wenn ein Embryo hervorgehen fell, ſondern was erwieſen iſt, beſtebt nur darin, daß hierzu der hohe Grad der Reizung der Geſchlechts— theile erfordert wird, den die Begattung verurſacht, und daß dabei wahrſcheinlich die zugleich ſtattfindenden polariſchen Ver: haͤltniſſe wirkſam ſind. 5) Wir dürfen ſelbſt nicht für unmoͤglich halten, daß die maͤnnlichen Organe der Pflanzen in manchen Faͤllen neue Individuen hervorzubringen vermögen, ohne daß fie (oder ihr Gehalt) in die weiblichen eingedrungen ſeyen. Denn wenn auch Niemand glaubhaft finden wird, daß die Po@nförner ſchon an ſich, ohne in ein Ei gedrungen zu ſeyn, zu ſolchen neuen Individuen erwachſen koͤnnten, ſo hat man doch be— kanntlich ſchon fruͤher vermuthet, daß die Spermatocyſtidien der Mooſe die Keime abgaͤben, durch welche ſie ſich fort— pflanzten, und wenn auch gegenwaͤrtig hieran wenig geglaubt wird, ſo iſt doch dieſe Meinung noch nicht gruͤndlich und vollſtaͤndig widerlegt. Was beſonders fuͤr ſie ſpricht, iſt die Thatſache, daß in manchen Gegenden gewiſſe Mooſe nie— mals Fruͤchte ausbilden, eben fo wenig Fertſaͤtze treiben, wohl aber viele maͤnnliche Bluͤthen bringen und ſich dabei ſtark vermehren; auch glaubte Meeſe aus den männlichen Bluͤthen des Polytrichum commune wirklich junge Pflans zen gezogen zu haben. Hierzu koͤmmt der Mangel eines vollſtaͤndigen Beweiſes, daß die Spermatocyſtidien die Fun— ction männlicher Organe wirklich beſitzen; denn es iſt bei vielen zweibäufigen Mooſen nicht nur ſchwer einzuſehen, wie der Gehalt derſelben auf die Griffel der weiblichen Bluͤthen gelangen ſoll, ſondern es hat auch noch Niemand einen Ba— ſtard aus zwei verſchiedenen Moosarten gezogen; und ſelbſt 18 * 279 wenn dieß gelingen follte, iſt damit noch nicht vellſtaͤndig erwieſen, daß ſich die Mooſe nicht durch die Spermatoecyſti— dien fortzupflanzen vermochten, ſondern es würde nur ſchwer fallen, zu glauben, daß dieſe Organe, gleich dem In— halte der Conjugatenroͤhren, zur Befruchtung und zur Bil— dung von Fortſaͤtzen zugleich beſtimmt feyen. 4) Es ergiebt ſich ferner aus den Vorgaͤngen bei der Fortpflanzung der Conjugaten, daß es auch hinſichtlich des Baues zwiſchen den Drganen, worin ſich die Zeugungsſtoffe bilden, im Allgemeinen keines weſentlichen Unterſchieds be— darf, und daß man daher, wenn die weiblichen Organe ge— wiſſer Pflanzen mehr den maͤnnlichen Organen anderer glei— chen, z. B., die Buͤchſen der Mooſe den Antheren der Pha— nerogamen, wir deßhalb noch nicht zu dem Schluſſe berech— tigt ſind, daß man dieſelben bisher verwechſelt und die Be— nennungen zu veraͤndern habe. Mit Beſtimmtheit wird ſich vielmehr in aͤhnlichen Faͤlen, wie bei den Conjugaten, nur dann entſcheiden laſſen, was maͤnnliches, was weibliches Or— gan ſey, wenn wir einmal die Polaritüt derſelben durch phy— ſikaliſche Verſuche werden zu pruͤfen im Stande ſeyn. In der Regel iſt jedoch der Bau dieſer Ocgane fo verſchieden, daß es hierzu keines ſolchen Verſuchs bedarf; aber eben we— gen dieſer Verſchiedenheit kann auch niemals der Fall, wie bei den Conjugaten, vollkommen eintreten. Bei dieſen haͤngt namlich die Beſtimmung von dem, was als maͤnnlich und was als weiblich betrachtet werden kann, wie wir angenom— men haben, bloß von der Lage der Glieder ab, ſo daß zwei Glieder, wovon das eine den + Pol dem — Pol des an— dern entgegenſtellt, das umgekehrte Verhaͤltniß zeigen wuͤr⸗ den, wenn ſie auf der andern Seite einander gegenuͤberlaͤgen. Bei der gewohnlichen Einrichtung der Geſchlechtsorgane aber, dieſelben mögen nun in einem Individuum vereinigt oder zwiſchen zwei Individuen vertheilt ſeyn, ſteht immer nur ein Pol hervor, und daher kann niemals das umgekehrte Ver— haͤltniß durch veraͤnderte Lage bewirkt werden. Dabei iſt bei dieſer varfchiedenen Bildung der Organe haͤufig die Einrich— tung gekroffen, daß das weibliche Organ nicht nur die Be— ſtimmung hat, den maͤnnlichen Befruchtungsſtoff aufzuneh— men, ſondern auch den Embryo bis zu einem gewiſſen Grade auszubilden, es ſey nun, daß die waͤgbare Materie dazu auch allein von ihm geliefert werde, oder daß das maͤnnliche Or— gan mehr oder weniger Stoff hinzufuͤgt. 5) Endlich loͤſ't auch der Vorgang bei der Gonjuga: tion jener Algen die Aufgabe, warum in der Regel da, wo Pflanzen und Thiere ſich vorzuͤglich durch Knospen und Fort— ſaͤtze vermehren, die Fortpflanzung durch Begattung und Embryone um ſo geringer und wohl gaͤnzlich gehemmt iſt, und umgekehrt; denn die Stoffe, welche, beſonders bei Zygnema und Spirogyra, zu Fortſaͤtzen dienen, ſind dieſelben, welche auch die Sporen liefern; wo alſo dieſe mittelſt Begattung ſich bilden, muß es an jenen mangeln und umgekehrt. Be— ſonders intereſſant iſt aber in dieſer Hinſicht die Gattung Closterium, weil bei ihr die Fortſaͤtze ein anderes Anſehen bekommen, als die Sporen, aber ſich wieder in Sporenmaſſe verwandeln, wenn es zur Begattung koͤmmt. — Auf dieſe 280 Weiſe koͤnnen daher die Conjugaten ein Vorbild aller Fort— pflanzung geben. Wenn nun noch die Frage aufgeworfen werden ſollte, was bei dieſer Einrichtung der Plan des Schoͤpfers geweſen ſeyn moͤchte, ſo darf man wohl erwidern, daß die vorzuͤg— lichſte Tendenz im Allgemeinen dahin gegangen ſeyn duͤrfte, von jedem organiſchen Individuum, wenigſtens in einer ge— wiſſen Periode feines Lebens, Stoffe erzeugen zu laſſen, die zur Erhaltung der Art dienen, da keines derſelben fuͤr die Ewigkeit geſchaffen iſt. Bei der unendlichen Mannigfal— tigkeit der organiſchen Weſen mußten aber nothwendig die Mittel, um dieß auszuführen, auf ſebr verſchiedene Weiſe ge- waͤhlt werden, je nachdem theils die allgemeine Organiſation eines jeden derſelben, theils die aͤußern Verhaͤltniſſe, unter welchen es zu leben beſtimmt war, theils der Zweck, zu wel— chem es hervorging, dieß geſtatteten. Wir dürfen daher auch erwarten, daß alle Faͤlle, inſoweit fie ſich mit den ange— gebenen Ruͤckſichten vertragen, vom einfachſten bis zum com— plicirteſten ausgeführt ſeyn können. Zu den einfachern ges hoͤrt ohne Zweifel der Fall, ſowie wir ihn fuͤr die Conju— gaten dargeſtellt haben, und da er keine Unmoͤglichkeiten ent— haͤlt, dürfen wir ſchon deßhalb annehmen, daß er realiſirt ſeyn duͤrfte. Es wuͤrde zu weit abfuͤhren, ja ſelbſt unmoͤglich wer— den, alle die denkbaren Wege aufzuzaͤhlen, auf welchen Fort— pflanzung bewirkt werden kann, und zu unterfuchen, inwie— weit ſich Beiſpiele dafuͤr in der Natur finden; auch uͤber— gehe ich dieß um ſo lieber, da Vieles davon doch bloß auf Vermuthung hinauslaufen würde und ſchon deßhalb, fo wie die mehrſten teleologiſchen Unterſuchungen, nicht gefallen kann. Ich will daher nur noch eine Frage beruͤhren, auf welche die bisherigen Unterſuchungen fuͤhren, naͤmlich die, zu welchem Zwecke die maͤnnlichen Organe denjenigen Pflanzen gegeben ſeyen, von denen es wenigſtens ſehr wahrſcheinlich iſt, daß ſie auch ohne dieſelben, ſelbſt durch mehrere Generationen hindurch, ohne Begattung ſich durch Saamen fortzupflanzen vermoͤgen, da mir dieſelbe ſchon mehrmals vorgelegt worden iſt. Man thut in der That am beſten, die Beantwortung derſelben durch Vorlegung einer andern Froge abzuweiſen, die gar nicht zu beantworten iſt, nämlich der: ob die fort— waͤhtende Exiſtenz einer ſolchen rein weiblichen Pflanze ohne Entſtehung von maͤnnlichen moͤglich ſey? Denn bei den Erſcheinungen in der organiſchen Welt koͤmmt nicht bloß der Zweck, ſondern jedesmal auch die phyſiologiſche Moͤglich— keit in Betracht. So duͤrfen wir zwar fuͤr wahr halten, daß weibliche Hanfpflanzen durch mehrere Generationen hin— durch ohne vorhergegangene Befruchtung Saamen liefern koͤnnen, der zum Theil wieder fruchtbare weibliche Pflanzen giebt; aber ob fuͤr den Hanf die Ausbildung von Saamen, welche weibliche Pflanzen liefern, möglich ſey, ohne daß zu— gleich Saamen mit maͤnnlichen Embryonen hervorgehen, darauf laͤßt ſich nichts erwiedern. Aber auch davon abge— ſehen, ſo iſt nicht zu verkennen, daß die Geſchlechtstrennung, wenn auch die Befruchtung nicht unumgaͤnglich nothwendig iſt, oft ſchon dadurch ihren großen Nutzen hat, weil dadurch die Veredlung der Art und wirkliche Baſtardzeugung moͤglich 281 gemacht wird: ja in manchen Fällen, wie bei'm Hanfe, kann man ſelbſt auf einen Nutzen hinweiſen, welcher dadurch un— mittelbar fuͤr den Menſchen entſpringtz denn bloß die maͤnn— liche Hanfpflanze giebt Faͤden, welche zart genug ſind, um feinere Stoffe daraus zu fertigen; die Faͤden der weiblichen taugen nur zu groͤberem Gewebe. Miscellen. Der allmäligen Hebung der Ufer an der Oſtſee, worüber neulich, in Veranlaſſung der juͤngſten Meſſungen eines ruſ— ſiſchen Marine Offiziers, geſprochen wurde (S. 216), gedenkt auch der Capitaͤn Baggeſen in der, ſo eben erſchienenen, erſten Lieferung ſeines ſehr empfehlenswerthen Werkes „Der Daͤniſche Staat“ da, wo er, nach oͤffentlichen und privaten Mittheilungen des Profeſſors G. Forchhammer in Kopenhagen, die geognoſtiſchen Verhält— niſſe des Landes und ſeiner Formation erwaͤhnt. Hiernach hat dieſe anhaltende langſame Hebung ſchon eine ſehr lange Zeit hin— durch bei uns ſtattgefunden und iſt theils in der Strandbildung, theils in den hinterlaſſenen Spuren einer großen weſtlichen Fluth (wahrſcheinlich der Cimbriſchen im fuͤnften oder ſechsten Jahrhun— derte vor Chr. Geb.), erſichtlich. Auf Bornholm wird dieſe He— bung noch immer ſehr deutlich gefpürt, und auch in dem nördlichen Theile des uͤbrigen Daͤnemark's dauert ſie ununterbrochen fort, waͤh— rend ſie in dem ſuͤdlichen Theile des Landes aufgehört bat. In vielen ortlichen Benennungen (Ravnsde, Oeſtyolm, Stibby u.a m.) ſcheint dieſe Uferhebung eine Bekraͤftigung zu finden. Die Meſſung der Meereshoͤhen oder des Unterſchiedes zwiſchen dem ehemaligen und dem jetzigen Waſſerſtande ergiebt an den Kuͤſten von Fuͤhnen und Zütland eine Erhöhung bis zu 20 Fuß (Ballegaard am Mas riager Fiord). Die ſuͤdliche Graͤnze der fortwäbrenden, langſamen Hebung bildet eine Linie von S. S O. nach N. N. W. zwiſchen dem großen Belt (etwa eine Meile ſuͤdlich von Nyborg) und dem Niſ— ſum⸗Fjord, parallel mit der Urgebirgskette im ſuͤdlichen Schweden, 282 und die Hebung waͤchſ't im Allgemeinen mit dem nördlichen Ab— ſtande von dieſer Linie. Umgekehrt wird dagegen eine regelmaͤßige Senkung der Ufer der Nordſee wahrgenommen, welche ſich vom Liimfjord an längs unſerer Weſtkuͤſte ſowohl, als an den Kuͤſten von Hannover, Weſtphalen, Holland, dem noͤrdlichen Frankreich und dem ſuͤdlichen England bis Cornwall, ferner an den Kuͤſten Oſt⸗England's, bis Yorkfhire und vielleicht noch weiter hinauf ver— folgen laßt. Dieſe Senkung, welche den Ufern der Nordſee im Weſentlichen ihr jetziges Verhaͤltniß gegeben hat, ſteht ohne Zweifel mit der Trennung England's von Frankreich in Verbindung, indem ſie den Durchbruch des Canals entweder vorbereitete oder gar be— wirkte. Als ſichere Beweiſe für die Senkung koͤnnen die unterſcei— ſchen (ſubmarinen) Waͤlder gelten, die um Fande und Nomde vor— kemmen, und ebenfalls an den Engl. Kuͤſten, inſonderheit in Lin: colnſhire, angetroffen werden. Auch ganz neulich hat man bei dem Hafenbaue von Huſum, tief unter dem Niveau des jetzigen Meeres, Ueberreſte eines fubmarinen Waldes, mit einem Grabhügel, worin Steinwaffen, gefunden; ferner liefert ein unterſeeiſcher Foͤhrenwald zwiſchen unſerer Halbinſel und der aͤußern Inſelreihe, welcher bei 10 Fuß Waſſer noch im Meeresboden wurzelt, den Beweis, daß dieſe Senkung ploͤtzlich vor ſich gegangen ſeyn muͤſſe, denn die Baumwurzeln ſind hier in einem gaͤnzlich unverruͤckten und unver— faulten Zuſtande. Das Minimum der Senkung muß demnach we— nigſtens 10 Fuß betragen; das Maximum iſt nicht bekannt. (B. N.) „Nachtraͤgliches in Betreff des angeblichen Me teorſteinregens von Ivan“ enthaͤlt der Oeſterreichiſche Beobachter in einer Mittheilung, nach welcher der ganze Boden der Gegend fo mit den Subſtanzen, welche man als Meteorſtein— regen geſammelt hat, angefuͤllt ift, daß es hoͤchſt wahrſcheinlich wird, es ſey nichts Anderes geſchehen, als daß der heftige Regen die lehmigte Erde des Bodens geſchlemmt und weggeſchwemmt habe und die ſo entbloͤßten Bohnerz- oder Raſeneiſenſteinkoͤrner und Sandſtein- und Mergelconcretionen lange vor dem Regen an den Orten in der Erde gelegen hatten, wo ſie nach dem Regen gefun— den und als von dem Regen herbeigefuͤhrt angenommen worden waren. 1 Statiſtiſche Unterſuchungen uͤber die Aetiologie der rheumatiſchen und Lungenkrankheiten, vom meteo- rologiſchen Standpuncte aus. Forry, Gencral-Arzt der Armee der Vereinigten Staaten. Der naͤchſte Zweck dieſer Abhandlung iſt, den Einfluß zu erforſchen, welchen die climatiſchen Verhaͤltniſſe der ver— ſchiedenen Gegenden der Vereinigten Staaten Nordame— rica's auf die Erzeugung der organiſchen Lungenkrankheiten und des Rheumatismus ausuͤben, ſo wie die Vortheile aus— einanderzuſetzen, welche die Halbinſel Florida zum Winter— aufenthalte fuͤr diejenigen Perſonen darbietet, die eine ſchwache Bruſt haben. Außerdem hatte der Verfaſſer bei dieſer Ar— beit noch einen andern Zweck im Auge, nämlich die durch den Major Tulloch, in Folge der „ſtatiſtiſchen Berichte uͤber die Krankheiten und die Sterblichkeit unter den auf den verſchiedenen Puncten des Erdkreiſes ſtationirten engli— ſchen Truppen,“ verbreitete Anſicht zu widerlegen. Da naͤm— lich der Major Tulloch, jenen Berichten zufolge, gefun— Von Dr. lk un de. den hatte, daß die Zahl der an Tuberkel-Phthiſis verſtorbe— nen Soldaten in den waͤrmern Laͤndern weit groͤßer ſey, als in den kaͤltern, ſo glaubte er, daraus ſchließen zu duͤr— fen, daß das Clima auf Lungenkrankheiten gar keinen wohl— thaͤtigen Einfluß ausüben koͤnne. Nun iſt zwar die That— ſache, auf welche Herr Tulloch ſich ſtuͤtzt, wahr und durch die Reſultate, welche Herr Forry aus einer vergleichenden Unterſuchung der Medicinal-Berichte der Americaniſchen Truppen gewann, beſtaͤtigt worden, ſo daß allerdings unter gewiſſen ſuͤdlichen Himmelsſtrichen Lungenkrankheiten haͤufi— ger vorkommen, als unter den nördlichen Breitegraden. Allein Herr Forry macht dem Major den Vorwurf, daß er die jährlichen Reſultate mit dem Einfluſſe der einzel⸗ ven Jahreszeiten verwechſelt habe; denn ein und daſſelbe Clima koͤnne fuͤr Perſonen, die das ganze Jahr hindurch in demſelben verweilen, nachtbeilig ſeyn, auf Kranke dage— gen, die ſich nur zu einer gewiſſen Jahreszeit dort aufhal⸗ ten, einen heilſamen Einfluß haben Die Thatſachen, welche der Arbeit des Herrn Forry zu Grunde liegen, ſind die ſtatiſtiſchen Reſultate, welche die 233 45 auf den vorzüglühften Puneten jenes weiten Reiches be— findlichen Militaͤr-Poſten geliefert haben, und die faſt uͤber— all waͤhrend eines Zeitraums von beinahe 6 Jahren geſam— melt worden ſind. Der Verfaſſer hat dieſe verſchiedenen Poſten und die von denſelben gelieferten Reſultate auf zwei— fache Weiſe claſſificirt: einmal vom Standpuncte der Hy— grometrie aus, welche auf die Temperatur einen fo weſent— lichen Einfluß hat; und dann nach den verſchiedenen Breite— graden. In Bezug auf die erſtere Eintheilungsweiſe un— terſcheidet er die Poſten, welche längs der Meereskuͤſte ſtatio— nirt ſind, dann die, welche die Gegenden um die großen Suͤß waſſerſeeen, die der St. Lorenz-Fluß durchſchneidet, inne haben, und endlich die, welche ſich in von den Meereskuͤ— ſten und den genannten Seeen entfernten Octen befinden. Er hebt nun die hoͤchſt wichtigen Differenzen hervor, welche dieſe in ſo verſchiedenen Umgebungen gelegenen Gegenden in Bezug auf Feuchtigkeit, Temperatur und den Einfluß, den dieſe auf die Erzeugung der in Rede ſtehenden Krank— heiten ausuͤben, nothwendig darbieten muͤſſen. Die zweite Claſſification derſelben Poſten, oder viel— mehr der Gegenden, in denen ſie ſtationirt find, bezieht ſich auf die verſchiedenen Breitegrade der letztern, und in dieſer Hinſicht unterſcheidet er: die nördlichen, die ſuͤdlichen und die mittleren Gegenden. In den beiden erſteren herrſcht eine viel gleichmaͤßigere und weit weniger veraͤnderliche Tem— peratur, als in den letztern. Vergleicht man dieſe Thatſachen mit den ſtatiſtiſchen Berichten uͤber die Zahl der bei jedem Poſten vorgekomme— nen Kranken, ſo gelangt man zu wichtigen Schluͤſſen uͤber die Entwickelung des Catarrhs, inſofern derſelbe ſtets in den warmen oder kalten Jahreszeiten und Laͤndern ſeltener vor— kommt, als in denjenigen, wo eine mittlere und daher ver— änderliche Temperatur herrſcht: woraus denn folgt, wie nuͤtz— lich es für Catarrhkranke ſeyn muͤſſe, den Winter in wärs meren Gegenden zuzubringen, da fie dadurch dem ſo ſchaͤd— lichen Einfluſſe bedeutender Temperaturveraͤnderungen ent— gehen. Das eben Geſagte ſcheint auch von den Bruſtentzuͤn— dungen, der Pneumonie und der Pleuritis zu gelten; denn aus einer Tabelle, welche die Zahl der vorgekommenen Krankheitsfaͤlle dieſer Art unter je 1,000 Individuen von jeder der erwähnten Militaͤr-Stationen angiebt, geht her— vor, daß die Durchſchnittszahl dieſer Affectionen in den kaͤl— tern Gegenden der Vereinigten Staaten bei Weitem niedri— ger iſt, als in den mittleren und ſuͤdlichen. Dieſe Durch— ſchnittszahl ergiebt nämlich jaͤhrlich in den ſuͤdweſtlichen Staaten 92, an den Küften Neu-England's dagegen nur 41. Der Berfaffer erklärt dieſe Verſchiedenheit zwiſchen den catarrhaliſchen Krankheiten und den Bruſtentzuͤndungen auf die Weiſe, daß erſtere in allen Climaten dem Geſetze ber Temperatur⸗Extreme in jeder verſchiedenen Jahreszeit folgen, waͤhrend bei letztern dieſes Geſetz offenbar durch die lange Dauer der hoͤhern Temperaturſtaͤnde modificirt wird. Der Verfaſſer giebt auch eine tabellariſche Ueberſicht der in jenen Mllitaͤrſtationen beobachteten Lungenphthiſen 284 und claſſificirt ſie auf dieſelbe Weiſe, wie die vorerwaͤhnten Krankheiten; jedoch kann man daraus auf den directen Einfluß der verſchiedenen Climate keinen Schluß ziehen, da die Zahlen beinahe überall dieſelben ſind und bei den ver— ſchiedenen Poſten nur um 9 — 13 variiren; die hoͤchſten Zahlen kommen jedoch bei denjenigen, welche ſich in den mittaͤglichen Gegenden befinden. Hieraus ſchließt der Ver— faſſer, daß, obgleich die Phthiſis bei den Soldaten bis zu einem gewiſſen Grade unter dem Einfluſſe der Jahreszeiten und Climate ſtehe, ſie jedoch auch von der Einwirkung ei— nes andern, maͤchtigern Agens abhängig ſeyn muͤſſe. Die rheumatiſchen Krankheiten, die man gewöhnlich dem Temperaturwechſel und der Einwirkung einer feuchten Luft zuſchreibt, haͤngen jedoch weit weniger hiervon ab, als man allgemein glaubt; wenigſtens geht dieſes aus einer Ta— belle hervor, in welcher die Krankheitsfaͤlle dieſer Art nach den verſchiedenen Stationen und Jahreszeiten aufgezaͤhlt ſind. Denn trotz dieſer ſo verſchiedenen Einfluͤſſe bietet die Durchſchnittszahl der von rheumatiſchen Affertionen ergriffes nen Individuen waͤhrend eines Zeitraums von 6 Jahren nur ſehr geringe Abweichungen dar. Wenn, wie man ge— woͤhnlich glaubt, die Kaͤlte, die feuchte Luft und der ploͤtz— liche Temperaturwechſel die vorzuͤglichſten Gelegenheitsurſa— chen dieſer Krankheiten waͤren, ſo muͤßten die Kuͤſten Neu— England's und die Kette der großen Seeen im Norden die hoͤcſten Zahlen ergeben, was keinesweges der Fall iſt; viels mehr kommen dieſe Zahlen in den trockenen und kaͤltern Gegenden des Binnenlandes vor, wo der Thermometer ſtets entweder ſehr hoch, oder ſehr niedrig ſteht und der Charac— ter der einzelnen Jahreszeiten ſcharf und beſtimmt her— vortritt. Die Abhandlung ſchließt mit ausführlichen Details uͤber Florida, deſſen mildes Clima den Americanern, welche an der einen oder der andern der erwähnten Krankheiten leiden, empfohlen wird. Indeſſen ſcheint der groͤßte Theil dieſes ſchoͤnen Landſtriches noch von Rothhaͤuten occupirt zu ſeyn, und nicht ohne Intereſſe haben wir folgende Aeuße— rung, mit der der Verfaſſer feine Arbeit ſchließt (die uͤbri— gens mit dem von ſeinen Mitbuͤrgern gefaßten Plane zur Vertilgung der Urbewohner America's uͤbereinſtimmt), gele— fen: „Man kann es, ohne eine Taͤuſchung fuͤrchten zu muͤſſen, vorherſagen, daß, wenn die Zeit des Abganges der Rothen wird gekommen ſeyn, das Clima dieſes bluͤhenden Landes als Winteraufenthalt eine eben ſo große Beruͤhmt— heit erlangen wird, als Italien, Madeira und das mittaͤg— liche Frankreich.“ — (American Journ. of the Med. Sciences. Jan. 1841.) Ueber phlebitis der Nieren. Von Cruveilhier. Bei einer Frau, welche an epidemiſchem Kindbettfieber geſtor— ben war, fand ſich eine phlebitis, welche ſich genau auf die vena renalis beſchraͤnkte und auf keine Weiſe die Einmuͤndungsſtelle in der ven cava uͤberſchritt und, eben fo 0 abgebrochen, in den erſten Vertheilungen der vena renalis aufhoͤrte. Das Coagulum 285 hing mit der innern Fläche des Stammes der Nierenvene zuſam— men, hatte aber in den Aeſten keine weitere Adharenz. In der Mitte dieſes Coagulums fand ſich conſiſtenter Eiter; das Nieren— gewebe iſt blaß, aber uͤbrigens geſund. Es war dieß nicht das ͤrſte Mal, daß mir phlebitis der Niere vorkam, die von einer phlebitis der vena cava oder vena uterina ſich ganz ſelbſtſtaͤndig ausgebildet hatte; im Gegentheil kann ich anführen, daß die Einmündung der venae renales faſt immer die Graͤnze für die Entzündung der vena cava iſt. Wie kann man ſich ſolche auf einen einzelnen Punct des Ve— nenſyſtems beſchraͤnkte Entzündungen erklären? Warum ſind bei den auf die großen Venen beſchraͤnkten Entzuͤndungen die Capillar⸗ venen vollkommen unverfehrt ? Der Eiter in der Mitte des Coagulums war vollkommen in einem Balge eingeſchloſſen, wie es gewoͤhnlich der Fall iſt. Es iſt bekannt, wie Dr. Zeffier dieſe Einſchließung des Eiters in einem Balge gegen die Theorie gebraucht hat, daß phlebitis die Urſache der Eingeweideabſceſſe in Folge von Berwundungen und dirurgis ſchen Operationen ſey; er ſagt, da zu allen Zeiten einer Venenent— zuͤndung der Eiter in der entzündeten Vene durch Blutcoagula und Pſeudomembranen eingeſchloſſen iſt, fo iſt der Uebergang des Eiters in das Blut unmoͤglich; indem er ſich nun andererſeits auch noch auf eine gewiſſe Anzahl von Thatſachen ſtuͤtzt, in denen durch die aufmerkſamſte Unterſuchung nicht die mindeſte Spur einer phlebitis aufzufinden war, obwohl eine große Anzahl von Abſceſſen ſich an verſchiedenen Puncten des Körpers gebildet hatten, ſo ſchließt er, daß die Lehre von der phlebitis und von der Eiterreſorption falſch im Princip, in der Methode und in der Theorie und faſt chne Bes deutung in ihrer Anwendung ſey; in ſeinem Eifer gegen die phle— bitis geht er ſogar ſo weit, zu ſagen, daß, ſelbſt wenn man den Uebergang des Eiters in das Blut zugebe, hieraus doch die patho— logiſchen Erſcheinungen nicht erklaͤrt werden koͤnnten, welche man gewoͤhnlich davon herleitet. Welche Theorie hat nun aber Herr Zeffier der Lehre von der phlebitis entgegengeſetzt, welche ſich auf eine fo große Anzahl von Erfahrungen ſtutzte, wonach die Infection des Blutes durch den Eiter bewirkt wird, der ſich in einer entzuͤndeten Vene gebildet hat, unverändert in den Eirculationsſtrom gelangt und endlich in den Ca— pillargefäßen als ein fremder Körper reizend wirkt? Die Thro— rie von der Veränderung des Blutes durch Eiterdiatheſe! — Dars unter verſteht er eine Modiſicatien des Organismus, welche ſich dadurch characteriſirt, daß eine Tendenz zur Eiterbildung in den feſten und in den gerinnbaren, flüffigen Theilen des Organismus vorhanden iſt; dieſe Eiterdispofition entfteht, nach ibm, beſonders durch Ueberfuͤllung eines Krankenſaales, durch großen Kummer, durch heftige Schmerzen, die waͤhrend einer Operation ertragen worden ſind ꝛc. Welches ſind aber die Beweiſe der Exiſtenz dieſer Eiterdia— theſe? Ich habe vergeblich in der Abhandlung des Herrn Toſ— ſier nach politiven Beweiſen einer Lehre geſucht, welche nichts, als die alte Humeralpathologie iſt. Ich habe rur negative Be— weiſe gefunden, naͤmlich: 1) das Ungenuͤgende der Beweiſe, worauf die Theorie der phlebitis beruht; indem bei der in Eite— rung uͤbergegangenen phlebitis, wobei der Eiter immer in Coagula oder Pſcudomembranen eingeſchloſſen iſt, der Eiter nicht in das Blut übergeben koͤnne; 2) die Bemerkung, daß dieſelben Veraͤnde— rungen, welche man ſehr haͤuſig mit dem Eiter in den Venen zu— ſammen bemerkt hat, ſich auch in Faͤllen gefunden haben, in wel⸗ chen durch die Leichenoͤffnung nicht die mindeſte Spur von Eiter in den Gefaͤßen aufgefunden werden konnte. Bis neue und directe Beweiſe angefuͤhrt werden, kann ich da⸗ ber die Eiterdiatheſe, dieſe unbekannte Modification des Organis— mus, dieſe Tendenz der feſten und flüffigen Theile zur Eiterpro⸗ duction, nur als eine willkürliche Hypolheſe betrachten, welche vor der Thatſache fallen muß, daß durch die directe Einbringung von Eiter, Queckſilber oder von irgend einem fremden Koͤrper in das Venenſyſtem ganz gleiche Erſcheinungen hervorgebracht wers den, wie durch in Eiterung uͤbergegangene phlebitis in Folge von Verwundungen oder chirurgiſchen Operationen. Das Blut mag immerhin direct auf andern Wegen inficirt werden, durch Inocula⸗ 286 tion, es mag immerhin indirect, durch Entzündung der Lymphgefaͤ— ße, durch ſchlechte Ernahrung, durch ungünftige atmoſphaͤriſche Ber dingungen, unter beſondern Verhältniffen dieſelbe Veranderung er— leiden, das iſt es nicht worauf es ankommt; ich bin weit entfernt, alles dieß zu laͤugnen; das, was ich behaupte, iſt die Infection des Organismus durch den Eiter der phlebitis und die Entſtehung der feigen, nach Wunden und Operationen aus dieſer In: ection. 8 Allerdings hat man nicht immer die beginnende phlebitis, als Quelle der Infection des Blutes, bei allen Visceralabſceſſen der Wun⸗ den und Operationen geſunden. Aber hat man immer gut ge— ſucht? Ich, für meinen Theil, habe fie mehrmals gefunden, in Faͤl— len, in welchen Andere nicht fo gluͤcklich geweſen waren. Die phle- bitis der Knochen beſonders iſt eine wichtige und haͤufig uͤberſehene Quelle der ſogenannten metaſtatiſchen Abſceſſe; die Anzahl der Fälle von Eiterablagerungen, ohne veranlaſſende Venenentzündung, wird immer geringer, in demſelben Maaße, als man die Autopſie ſorgfaͤltiger und zweckmaͤßiger ausfuͤhrt. Was nun einen Hauptbeweis, den man gegen die phlebitis an⸗ führt, betrifft, namlich das Vorhandenſeyn eines Blutpfropfes an den Graͤnzen der Eiterung in der Vene, oder die Abſchließung des Eiters, fo bemerke ich zunaͤchſt, daß dieſelbe vielleicht nicht fo bes ſtaͤndig iſt, ais man behaupten will, und daß ich bei der Knochen— phlebitis beſonders, ſie mag am Schaͤdel oder am Oberarme oder an der tibia vorkommen, nur durch Eiter weißausſehende Zellen neben Zellen, die mit nicht coagulirtem Biute gefüllt waren, ange: troffen habe; daß ich in einer gewiſſen Anzahl von Fällen den Eiter von dem circulirenden Blute durch ein nur z Linie dickes Coagulum getrennt fand. Aber ich will zugeben, daß die Umſchretbung des Eiters durch ein Coagulum conftant und vollftändia ſeyn koͤnne. Waͤre es hier nicht moͤglich, die Miſchung des Eiters und des Blutes auf eine andere Weiſe zu erklaͤren, als durch eine große Gemmunicationsöffnung zwiſchen der Veneneiterablagerung und dem Blute? Die Infection des Blutes, koͤnnte fie nicht durch eine eins fache Erſcheinung der Gopillarität erklaͤrt werden? Das Phäno- men der Endosmofe und Exosmoſe, welches man auf Erſcheinun— gen anwendet, die offenbar in das Gebiet der Vitalitaͤt geboren, — ließe es ſich nicht in ganzer Ausdehnung hier anwenden? Kann der Eiter nicht durch ein Coagulum hindurchdringen und ſich mit fluͤſſigem Blute miſchen? Sieht man nicht alle Tage etwas Aehn⸗ Si bei eiteriger phiebitis, bei Pſeudomembranen der feröfen ute. Wenn eine phlebitis aus dem Stadium der Adhaͤſiventzündung in das der Suppurativentzuͤndung uͤbergeht, ſo nimmt der Eiter beftändig das Centrum des Blutcoagutums ein, niemals liegt der Eiter zwiſchen der Venenhaut und dem Goaaulum: woher kommt aber dieſer Eiter? Er kann nur von zwei Quellen hergeleitet wer den; entweder er iſt ein Secretionsproduct der Venen, oder ein Secretionsproduct des Coagulums, aber das Blutcoagulum iſt leb⸗ les; es kann Veränderungen der Feſtigkeit, Farbe und Dicke erlei⸗ denz aber unter keiner Bedingung giebt ein Blutcoagulum, es mag ſich in einem aneurysma, in einem varix oder im Zellgewebe bes finden, ein Zeichen von Leben von ſich, noch viel weniger iſt es der wichtigen Erſcheinung der Entzuͤndung oder Eiterung faͤhig. Wenn aber der in der Mitte eines Coagulums entbaltene Eiter nicht von dem Coagulum ſelbſt herkommen kann, fo kommt er aus den Venenwandungen; und wenn er aus den Venenwandungen kommt, ſo filtrirt er durch die Äußeren, dichteſten Schichten des Coagulums, um in den inneren lodereren Schichten des Mittel⸗ punctes des Coagulums abgelagert zu werden. Ich weiß wohl, daß in den letzten Zeiten die Gegenwart des Eiters mitten in einem Blutcoagulum auf eine weit bequemere Weiſe von den Mikrographen beſchrieben worden iſt. Die um⸗ wandlung der Blutcoagula in Eiter iſt, nach ihrer Anſicht, leicht be⸗ greiflich, da die cosgula bereits ihres faͤrbenden Biftandtbeils be: raubt find und nur durch Fibrine gebildet werden. Nun iſt es nach Anſicht dieſer Gelehrten, durch die Beobachtungen des Dr. Mandl (Trait& pratigve du Microscope. Paris 1839, p. 117) bewicfen, daß die Eiterkuͤgelchen nur Fibrinckuͤgelchen find, und daß es keine 287 weſentliche Verſchiedenheit zwiſchen ihnen und den weißen Blutkuͤ— gelchen gebe. Es ſcheint mir in hohem Grade wahrſcheinlich, daß der Eiter aus dem Blute komme, und daß die lebenden Blutkuͤgelchen ſich in Eiterkuͤgelchen umwandeln, aber, — daß ſich das Biutcoagulum in Eiter umwandeln koͤnne, oder daß das Phaͤnomen der Eiterung im Innern eines lebloſen Blutcoagulums vor ſich gehen koͤnne, dieß ſcheint mir unmoͤglich zugegeben werden zu koͤnnen. Was die Behauptung betrifft, daß das coagulirte Blut zu al— len Lebensaͤußerungen unfaͤhig ſey und ſich nur wie ein fremder Körper verhalte, der häufig unſchaͤdlich bliebe, dafür giebt es zahle reiche Beweiſe, und ich möchte diejenigen, welche nicht meiner Ans ſicht ſind, bitten, nur eine einzige poſitive Thatſache anzufuͤhren, welche dafuͤr ſpraͤche, daß das coagulirte Blut einer Krankheit, d. h., alſo einer Lebensaͤußerung, faͤhig ſey. In dieſer Beziehung unterſcheidet ſich das coaqulirte Blut weſentlich von den Pſeudo⸗— membranen, welche ſich auf's Deutlichſte organiſiren. Es giebt Se— cretionsproducte, welche die Höhlen der Pſeudomembranen einneh— men; mit dieſen verhält es ſich ebenſo; die noch nicht organiſirten Pſeudomembranen, welche ſchon einige Tage alt find, beſtehen aus concentriſchen Schichten von verſchiedener Dichtigkeit. Ohne Aus: nahme ſind nun die äußern Schichten, welche der ſeroͤſen Haut zu— naͤchſt liegen, am dichteſten, während die innern Schichten gewiſſer— maaßen nur die erſten Züge von Pſeudomembranbildung zeigen; dieſe ſind ſicherlich zuletzt ausgebildet. Wie ſind aber nun dieſe von der ſeroͤſen Haut entfernteren, weichen und zuletzt gebildeten Schich— ten ſecernirt? Gewiß weder durch die zunaͤchſt liegende Pſeudo— membranſchicht, noch durch die auf der ſeroͤſen Flaͤche aufliegende Schicht, welche als noch nicht organiſirt angenommen wurde. Die Abſonderung kann alſo nur durch die ſeroͤſe Haut ſelbſt zu Stande gekommen ſeyn, deren Seeretjonsproducte, anſtatt ſich zwiſchen der feröfen Haut und der Pſeudomembranſchicht abzulagern, durch alle Schichten bis zur freien Oberflaͤche hindurch filtriren. Daſſelbe iſt vollkommen auf die in ihren aͤußern Schichten organiſirte Pſeudo— membran anzuwenden. Ich ſchließe, daß zur Erklaͤrung des Eiters und des Blutes bei eiternder phlebitis es nicht nothwendig ſey, anzunehmen, daß ein Coagulum an den Graͤnzen der Eiteranſammlung fehle; dieſe Miſchung kann ſich durch ein Coagulum hindurch, vermittelſt Imbi— bition, bilden. (Cruveilhier, Anatom. pathol. 36. Livr.) i Se e „en. Die Caries der Zaͤhne leitet der Zahnarzt Dr. Re⸗ gnard bloß von einer von Außen her erfolgenden Zerſetzung durch Säure in den Mundfeuchtigkeiten her. Die Säure bildet ſich ent— weder durch die lange zwiſchen den Zähnen verweilenden Nahe rungsſubſtanzen, oder fie herrſcht in den Abſonderunasfluͤſſigkeiten der Mundhöhle vor, oder fie iſt von Außen an die Zähne gebracht. Die Entwickelung der Zahncaries zeigt nach ihm folgende Stadien: Zuerſt entwickelt ſich Empfindlichkeit einer umſchriebenen Stelle des harten Theiles des Zahnes, meiſtens nur gegen Beruͤhrung mit barten Koͤrpern, bisweilen jedoch auch gegen den Druck der Zunge oder der Lippen und gegen die Einwirkung von Getraͤnken und 288 von kalter Luft. Bald kommt Erweichung dieſer Stelle hinzu, ine dem der phosphorfaure Kalk verſchwindet; es bleibt nur der Knor— pel zurüc, und dieſer wird allmaͤlig mechaniſch, oder chemiſch, oder durch eine unbekannte Urſache zerſtoͤrt; es entſteht eine Hoͤhlung, deren Flaͤche Schicht fuͤr Schicht auf aͤhnliche Weiſe umgeaͤndert wird, bis die cariöfe Höhle endlich die Zahnhoͤhle oder die pulpa derſelben erreicht. Nun wird der Schmerz anhaltender und ſehr heftig: wird dennoch der Zahn nicht ausgezogen, ſo erfolgt auf die angegebene Weiſe allmaͤlig die Zerſetzung der Zahnkrone und Wurzel bis auf ihre pulpa. Einige Modiſicationen erleidet dieſer Gang, wenn der Proceß nicht von einem Vorherrſchen der Säure in den Mundfeuchtigkeiten, ſondern von einer Saͤureentwicke⸗ lung zwiſchen den Zähnen oder am Zahnhalſe durch Zerſez— zung von Speiſen herruͤhrt, in welchem Falle die erwähnten Er— ſcheinungen ſehr langſam vorſchreiten und von geringer Empfind— lichkeit begleitet ſind. Iſt die Caries Folge von aͤußerlich ange— brachter Saͤure, ſo bemerkt man dieß an dem Stumpfwerden der Zähne und danach folgenden, einige Stunden dauerndem Schmerz, der ſich bloß bei neuer Anwendung der fäurehaltigen Zahnpulver oder Mundwaſſer wiederholt. Von einer Abdominal-Geſchwulſt, welche durch Einſpritzung von alcoholiſcher Jodtinctur geheilt wurde erzaͤhlt Dr. Pagani einen Fall in den Annali di medi- cina. Ein Mann von etwa dreißig Jahren, wenig robuſtem Koͤr— per, wurde von einem rheumatiſchen Fieber befallen, welches mit einer Irritation, beſonders der Harnwerkzeuge, begleitet war. Zu einem fortwaͤhrenden Drange zum Harnlaſſen geſellte ſich eine hart— naͤckige Verſtopfung; es wurde ihm ſechs Mal zur Ader gelaſſen; man legte ihm zwei Mal Blutegel an, ließ ihm ein abfuͤhrendes Oel, ein Brechmittel und ſchleimige Getraͤnke nehmen. Die Verſtopfung hoͤrte auf, allein es ſtellte ſich eine ſtarke Dysenterie ein, wobei je— doch die Harnbeſchwerden nur noch zunahmen. Doch war die Bla— ſengegend nicht ſchmerzhaft. Der Unterleib nahm raſch an Volu— men zu. Der Kranke war faſt fieberlos, als er in's Spital kam. Die Geſchwulſt nahm damals die ganze regio hypogastrica und einen Theil der r. umbilicalis ein; man fühlte die Fluctuation einer Fluͤſſigkeit. Der in den Maſtdarm eingeführte Finger fühlte ober— halb des sphincter einen harten ſehr vorragenden Koͤrper; ein in die Blaſe eingefuͤhrter Catheter wurde von dem Finger deutlich wahrgenommen und bewies ſonach, daß die Blaſe nicht an der Geſchwulſt Theil hatte. Man ſtieß einen Troicart etwa zwei Queerfinger oberhalb der Schooßbeinvereinigung links von der wei— ßen Linie ein, und erhielt in wenigen Augenblicken eine geruchloſe, etwas dicke Fluͤſſigkeit ohne merklichen Geſchmock. Eine mit einer Sonde vorgenommene Unterſuchung ergab, daß die Geſchwulſt, von dem Blatte des peritonaeum begraͤnzt, hauptſaͤchlich den Raum zwiſchen dem hinteren Theile der Blaſe und dem rectum einnahm. Dr. Pagani wendete daſſelbe Mittel an, wie bei Hydrocele und injicirte in die Höhle der Geſchwulſt zwei Drachmen alcoholiſcher Jodtinctur, mit zwei Uazen deſtillirtem Waſſer verduͤnnt. Der Kranke empfand nun eine leichte Waͤrme im Unterleibe. Es fand nur eine geringe fieberhafte Reaction vierzehn bis funfzehn Stun— den nach der Operation ſtatt. Der Abfluß des Urins ging leichter von Statten, und nach fünf Tagen war die Geſchwulſt verſchwun⸗ den. Nun befchäftigte man ſich mit der Dysenterie, und nach eini— gen Wochen ward der Kranke völlig geheilt entlaſſen. — . —-H—¼ ee — Bibliographische Mena Lie. Physiologie de la voix et du chant, Par M. le Docteur Des- pinoy. Paris 1841. 8. Descriptions et figures des céréales européennes. Seconde &di- tion, Par N. C. Seringe. 1. Livrais, Lyon et Paris 1841. 8. Mit 10 Taf. Practical Treatise on Mineral Waters in Curing Chronical Dis- cases. By Sir A. M. Downie, London 1841. 18. Medical Advice to the Indian Stranger. By J. McCosh, MD. London 1841. 8. Menue Üotizen aus dem Gebiete der Hatur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober = Medicinalraihe Froriep zu Weimar, und dem Mediefnatrathe und Profeſſer Froriep zu Berlin, No. 437. (Nr. 19. des XX. Bandes.) December 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. des einzelnen Stuͤckes 3 9 Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gGr. Natur Ueber die Entſtehungs- und Entwickelungsart der Zooſpermen. Von Herrn Lallemand, Profeſſor der Medicin zu Montpellier. Erſter Artikel. — Vorläufige Bemerkungen. §. 1. Mikroſcopiſche Unterſuchungen der Saamenfeuch— tigkeit des Menſchen, die ich rein in aͤrztlicher Beziehung unternahm, fuͤhrten mich auf aͤhnliche in Betreff der Saͤu— gethiere, Voͤgel, Reptilien, Cruſtaceen und in'sbeſondere der Mollusken. Mit Staunen und Vergnuͤgen ſah ich bald, wie dieſe an ſo verſchiedenen Thieren angeſtellte Beob— achtungen einander mehrentheils gegenſeitig zur Erlaͤuterung dienten und ſtets merkwuͤrdige Aehnlichkeiten darboten, ſo daß ich, z. B., bei den Thieren im Normalzuſtande Dasje— nige wiederfand, was ich bei dem Menſchen im pathologi— ſchen Zuſtande angetroffen hatte. §. 2. Nachdem Leuwenhoek und Hartſoeker Infuſionsthierchen von einer beſtimmten Geſtalt in dem Saamen jeder beſondern Thierſpecies angetroffen, ſchien es, als ob man in dieſen winzigen Geſchoͤpfen einen unterſchei— denden Character der Saamenfeuchtigkeit, alſo ein un— truͤgliches Mittel entdeckt habe, dieſelbe von jedem anderen organiſchen Producte zu unterſcheiden. Indeß ward dieſes Huͤlfsmittel von den Aerzten durchaus nicht benutzt, wie— wohl alle ihre Bemuͤhungen, die Diagnoſe verſchiedener Krankheiten der Geſchlechtstheile auf zuverlaͤſſige Grundlagen zu baſiren, erfolglos blieben. Die Urſache, weßhalb kein Arzt auf dieſes Mittel ver— fiel, lag wohl darin, daß die mikroſcopiſchen Unterſuchungen uͤberhaupt in Mißcredit gerathen waren. Allein dieſe Un— gunſt ſelbſt ruͤhrte von der Unvollkommenheit der Inſtru— mente, ſowie von den gewagten Schluͤſſen her, die man voreilig aus einer geringen Anzahl unvollſtaͤndiger Beobach— tungen gezogen hatte. No. 1537. Fenn e Die erſten Mikroſcope, deren man ſich bediente, waren nur ſtarke Lupen, mittelſt deren ſich eine ſtarke Vergroöße— rung nur auf Koſten der Deutlichkeit der Gegenſtaͤnde er— langen ließ. Es ließe ſich ſogar heutzutage ſchwer begrei— fen, wie Leuwenhoek fo werthvolle Beobachtungen mit einem ſolchen Inſtrumente hat erlangen koͤnnen, wenn man nicht wuͤßte, daß er ſich ſeine Linſen ſelbſt geſchliffen. Alle Geduld und Uebung konnte ihn jedoch nicht vor den Taͤu— ſchungen bewahren, welche aus der Winzigkeit und Verwor— renheit der Bilder entſtehen mußten. Diejenigen, welche ſich von der Richtigkeit ſeiner Beobachtung zu uͤberzeugen wuͤnſchten, traten entweder als Zeugen gegen ihn auf, oder bildeten ſich ein, Vieles zu ſehen, was fuͤr ſie nicht er— kennbar war. Buffon, welcher durchaus nicht die zu langwierigen und genauen Beobachtungen mit dem Mikro— ſcope erforderlichen Eigenſchaften beſaß, ließ ſich auf ge— wagte Vermuthungen ein, welche erſt Enthuſiasmus, dann Unglauben erregten. Hieraus erklaͤrt ſich genuͤgend, weßhalb practiſche Aerzte zu dieſem Unterſuchungsmittel wenig Ver— trauen hegten. Ueberdem iſt zum Studium der Zooſpermen durchaus ein ſehr gutes Mikroſcop erforderlich, und es be— durfte zur Loͤſung der durch die Beobachtungen Leuwen— hoek's und Hartſoeker's angeregten Streitfragen der Vervollkommnungen, welche dieſem Inſtrumente in neuerer Zeit geworden ſind, wovon ich mich durch eigene Erfahrung ſattſam uͤberzeugt habe. §. 3. Nachdem Herr Raſpail dem einfachen Mikro— ſcope das Wort ſo ſehr geredet hatte, bediente ich mich Anfangs eines der nach ihm benannten Inſtrumente, und ich muß geſtehen, daß, nachdem ich ein Jahr lang im Zwei: fel geweſen, ich mich davon uͤberzeugte, es gehoͤre die ganze Geſchicklichkeit jenes Beobachters dazu, um ſich dieſes In— ſtrumentes mit Erfolg zum Studium der Zooſpermen bedie— nen zu koͤnnen. Später benutzte ich das Sellig ue'ſche Mikroſcop, welches mir unter den guͤnſtigſten Umſtaͤnden genügte, mich aber bei ſchwierigeren Fällen in Stiche ließ, bis 19 291 ich zuletzt das Mikroſcop von Georg Oberhaͤuſer und Trécourt mit dem beiten Erfolge anwandte. *) Das Studium der Zooſpermen erheiſcht einige beſon— dere Vorſichtsmaaßregeln. Da dieſelben nur bei durchfallen— „) Die eigenthuͤmliche Art und Weiſe, wie bei dieſem Mikroſcope das Licht auf das Objectivglas vertheilt wird, geſtattet, die Umriſſe der Gegenſtande, bei einer Vergrößerung um das 1080 fache, deutlich zu erkennen. Gewohnlich iſt es nicht nö: thig, eine ſo bedeutende Vergroͤßerung in Anwendung zu brin— gen; allein es gewährt oft Vortheile, wenn man ſich derſelben gelegentlich bedienen kann, ohne daß die Formen an Schärfe verlieren. Dieß laßt ſich leicht erreichen, wenn man eine Blende mit ſehr enger Oeffnung (diaphragwe capillaire), nebſt einem concaven Reflector, anwendet. Der Apparat des Herrn Dujardin muß für jede Beobachtung beſonders regulirt werden, iſt dem Unſauberwerden ſehr ausgeſetzt und geräth auch leicht in Unordnung. Die eage Blende iſt dem Allen nicht unterworfen, und wer öfters mit ſehr ſtarken Vergro— ßerungskraften arbeiten muß, wird deren Vorzüge zu ſchatzen wiſſen. Auch iſt noͤthig, daß man ſich der kunſtlichen Beleuch— tung bedienen koͤnne, damit die Wechſel des naturlichen Lichts und die einbrechende Dunkelheit die Verſuche nicht unterbre— chen. Dabei kommt es weniger auf eine ſehr helle, als auf eine ganz gleichfoͤrmige Beleuchtung an. Die vom blauen Himmel oder weißen Wolken ſtrahlende, iſt die guͤnſtigſte, weil durch jie das Auge nicht ermüdet wird. Das Lampen: licht iſt lebhafter und zeigt die Umriſſe der Gegenſtande ſchaͤr— fer; allein man hat ſehr darauf zu ſehen, daß die Flamme durch Niedrigſtellen des Dochtes regulirt und ſtetig gehalten werde, waͤhrend man gewoͤhnlich nur zu geneigt iſt, ſie zu verjtärfen. Sobald man mittelſt einer ſtarken Vergroͤßerung gewiſſe Formen genau erkannt hat, wird man ſie bei ſchwaͤ— chern Vergrößerungen leicht wiedererkennen; allein fie müffen ſich ſtets durchaus ſcharf darſtellen. Zu keinen Beobachtungen moͤchte es einer ſtaͤrkeren Vergroͤßerung beduͤrfen, als zu der der Zooſpermen; wenigſtens habe ich keine andere fo ſchwierig gefunden. Allein es iſt nicht genug, daß man ein gutes In— ſtrument beſitze; man muß deſſen Benutzung auch erlernen; denn jeder Sinn verlangt beſondere Erziehung, zumal wenn man ſich deſſen nicht in der alltaͤglichen Weiſe bedienen will. Man muß auch verſtehen, gegen die zufaͤlligen Umſtaͤnde, welche oft die einfachſten Beobachtungen verwirren, Vorkeh— rungen zu treffen. Ehe man ſich eines Objectiv- oder Ocu— larglaſes bedient, wird man immer wohlthun, deſſen Ober— flache mittelſt einer Lupe genau zu unterſuchen. Iſt daſſelbe ſtaubig, fo muß man, wenn man daſſelbe anblaͤſ't, ſich huͤ— ten, es durch Speichel zu verunreinigen. Haͤngen Schmutz theilchen daran, ſo muß man das Glas erſt durch Anhauchen befeuchten, ehe man es mit Gemsleder, oder noch beſſer, mit Hollundermark abwiſcht. Auch die individuellen Dispoſitionen des Beobachters dürfen nicht überfehen werden. Sanguiniſche Perfonen können nicht anhaltend mit dem Mikroſcope arbei⸗ ten, ohne ſchwindelig zu werden; ihre Haargefäße füllen ſich leicht mit Blut, und alsdann iſt es ihnen unmoglich, genau zu beobachten. Sobald ſich aͤhnliche Erſcheinungen einſtellen, muͤſſen fie alſo ihre Arbeiten unterbrechen. Derſelbe Rath paßt für die ſehr nervoͤſen Perſonen, ſobald dieſe von Kopf: weh befallen oder ungeduldig werden. Wer entzuͤndete oder ſehr reizbare, thraͤnende ꝛc. Augen hat, leicht von Herzklo— pfen, Beklemmung, Zittern ꝛc. befallen wird, darf ſich einer Beſchaͤftigung nicht widmen, die feiner Geſundheit nachtheilig ſeyn würde, ohne ihm einen hinreichenden Erſatz zu gewähren. Es gehört endlich viel Zeit und Geduld Fir den feinern Unters ſuchungen, die oft wiederholt und abgeaͤndert werden muͤſſen, wenn man zu einer vollkommenen Ueberzeugung gelangen will. Denn Täuſchungen kommen um fo leichter vor, je ſtaͤrkere Bergrößerungen man anwendet. 292 dem Lichte beobachtet werden koͤnnen, ſo muß der Gegen— ſtandstraͤger, durch welchen das Licht geht, frei von Blaſen und Streifen, ſowie von homogener Dicke ſeyn. Hat man ſchon Jahre lang beobachtet, ſo iſt man allerdings vieler Vorſichtsmaaßregeln uͤberhoben; allein anfangs kann man deren nicht zu viele anwenden. Die zu unterſuchende Fluͤſſigkeit muß mit einem andern Glaſe bedeckt werden, das eigens zu dieſem Zwecke ſo duͤnn, als moͤglich, geſchliffen iſt. Die Glimmerblaͤttchen, deren man ſich lange bediente, ſind nie hinreichend durchſichtig und enthalten immer Ritzen, Striemen u. ſ. w., welche ſelbſt dem Geuͤbteſten Taͤuſchun— gen veranlaſſen koͤnnen. Ein ſolches duͤnnes Glasplaͤttchen iſt unumgaͤnglich noͤthig, um die Fluͤſſigkeitsſchicht möglich duͤnn und ausgeglichen zu machen, um deren Verdunſtung zu verhindern und damit dieſelbe nicht mit dem Objectiv— glaſe in Beruͤhrung kommen koͤnne. Denn die Lebhaftigkeit der Beleuchtung vermindert ſich nach Maaßgabe der Stärke der Feuchtigkeitsſchicht, und die Verworrenheit ſteigt im Verhaͤltniſſe zu der Zahl der uͤbereinanderliegenden Gegen— ſtaͤnde. Eine ſchnelle Verdunſtung unterhaͤlt in der Fluͤſſig— keit eine unaufhoͤrliche Bewegung; das Objectivglas kann durch den Dunſt beſchlagen und weniger durchſichtig werden, zumal wenn man daſſelbe bei ſtarker Vergroͤßerung der Feuch— tigkeitsſchicht ſehr naͤhert. Iſt die nicht mit einem Glas— plaͤttchen bedeckte Feuchtigkeit vertrocknet, ſo bietet ſie eine unregelmaͤßige Oberflaͤche dar, wodurch das Anſehen der Gegenſtaͤnde ſich veraͤndert; außerdem lagern ſich auf derſel— ben fremde Koͤrper ab, und das Praͤparat laͤßt ſich nicht aufbewahren. Ein einziger Tropfen Feuchtigkeit iſt zu einer vollſtaͤn— digen Beobachtung hinreichend, und eine groͤßere Quantitaͤt davon kann ſogar nur Unbequemlichkeiten herbeiführen. Man muß das Glasplaͤttchen, mit dem man ſie bedeckt, nieder— druͤcken, um ſie auszubreiten, um die ſich darin bildende Stroͤmungen ſchnell zu unterbrechen und die darin etwa be— findlichen Luftblaſen auszutreiben. In manchen Faͤllen iſt die Anweſenheit ſolcher Blaſen dem deutlichen Erkennen ge— wiſſer Gegenſtaͤnde nuͤtzlich; allein man muß dieſelben ſchon vorher genau kennen, damit man in Hinſicht ihrer wirkli— chen Größe keinen Taͤuſchungen ausgeſetzt ſey. Wiewohl die beiden Glaͤſer einander zu beruͤhren ſcheinen, ſo bewe— gen ſich doch die Zoofpermen in dem Zwiſchenraume voll: kommen zwanglos, ſo lange ſie kraͤftig ſind und die Ver— dunſtung keine zu ſtarken Fortſchritte gemacht hat, was mehrere Stunden lang der Fall ſeyn kann. Uebrigens wer— den ſie durch Hinzufuͤgung eines Tropfens lauen Waſſers weit lebhafter und bleiben auch viel laͤnger in Bewegung. Wie duͤnn die Feuchtigkeitsſchicht auch ſeyn mag, ſo kann man ſie doch bei ſehr ſtarker Vergroͤßerung nicht auf einmal nach ihrer ganzen Staͤrke unterſuchen; man muß alſo den Brennpunct beſtaͤndig ſteigen und fallen laſſen, um gewiß zu ſeyn, daß man vollſtaͤndig beobachtet habe. Dieſe Vor— ſicht iſt zumal bei dem Saamen noͤthig, der von Perſonen herruͤhrt, die bei Tage Pollutionen haben *), weil in dieſem ) D. h. bei denen der Saame bei'm Harnen, Stuhlgange ze. unwillkuͤhrlich abgeht. 293 Falle oft in einem Tropfen nur 2 bis 3 Saamenthierchen enthalten ſind. Auch die Stellung des Hohlſpiegels muß oft verändert werden, damit in Anſehung der Kraft und Richtung des Lichtes ein angemeſſener Wechſel ſtattfinde. Die Zoofpermen find oft unter gewiſſen pathologiſchen Um— ſtaͤnden außerordentlich durchſichtig, und die lebhafteſte, am meiſten ſenkrecht einfallende Beleuchtung iſt dann nicht die— jenige, bei welcher man jene am Beſten erkennt. Auch die Dichtigkeit der Fluͤſſigkeit muß verſchiedentlich veraͤndert werden, indem man bald Waſſer zuſetzt, bald dieſelbe etwas auftrocknen laͤßt. Der Saame enthält Beſtandtheile, die aus den Saamenblaͤschen, der Vorſteherdruͤſe und der Harn— roͤhre herruͤhren. Iſt die Lage der Fluͤſſigkeit zu ſtark, fo verdecken dieſe fremdartigen Beſtandtheile die Saamenthier— chen. Benetzt man den Rand des dünnen Dedplättcheng mit einem Tropfen Waſſer, ſo dringt dieſes bald unter je— nes ein, und die Zooſpermen werden dadurch voneinander getrennt, ſo wie ſich deren Umriſſe auch bei der vermehrten Duͤnne der Fluͤſſigkeit deutlicher darſtellen Wenn dagegen die Refractionskraft der Zooſpermen ſich von der der Saa— menfeuchtigkeit wenig unterſcheidet, ſo geht das Licht durch ihre duͤnnern Theile hindurch, ohne im Auge einen deutli— chen Eindruck hervorzubringen. Man ſieht dann nur ſehr kleine Kuͤgelchen, die ſich der Eiform nähern, in eine kurze Spitze auslaufen und ſich ſehr glaͤnzend ausnehmen. So— bald das Waſſer zwiſchen die beiden Glaͤſer einzudringen beginnt, geraͤth Alles in geſchwinde Bewegung, ſo daß man die vorüberſtreichenden Gegenſtaͤnde nicht deutlich erkennen kann. Wenn aber die Ruhe wiederhergeſtellt iſt, fo kann man nun auch den Schwanz der Zooſpermen ſehen, und dieſelben erſcheinen groͤßer, als zuvor, was von der ver— mehrten Duͤnnigkeit der umgebenden Fluͤſſigkeit herruͤhrt. Das gewoͤhnliche Waſſer reicht zur Hervorbringung dieſes Reſultates hin; noch auffallender zeigt ſich daſſelbe, wenn man ihm etwas Alcohol zuſetzt, wodurch jedoch ſpaͤter die Formen der Saamenthierchen leiden. Will man alſo das Praͤparat aufbewahren, ſo thut man beſſer, keinen Alcohol zuzuſetzen. Die Verdunſtung veranlaßt zuweilen in der Saamen— feuchtigkeit nicht weniger bemerkenswerthe Veraͤnderungen. In vielen pathologiſchen Faͤllen habe ich beobachtet, daß ich in der Mitte der Fluͤſſigkeit die erſte halbe Stunde, ganze Stunde, ja ſelbſt laͤnger nichts wahrnehmen konnte, worauf dann daſelbſt ploͤtzlich ein Thierchen ſichtbar ward, dem 10 und binnen wenigen Minuten vielleicht 100 ſich zugeſellten. Am folgenden Tage, wenn die Feuchtigkeit voͤllig verdunſtet war, fand ich dagegen von den Thierchen keine Spur mehr oder bemerkte hoͤchſtens hier und da einen Schwanz, waͤh— rend der Reſt in die ſchleimige Maſſe eingekleiſtert war. Allein durch die Abſorption eines Tropfens Waſſer wurde die Erneuerung der am vorhergehenden Tage ſtattgefunde— nen Erſcheinungen herbeigeführt. In mehr als funfzig Faͤl— len habe ich dieſe Aufeinanderfolge von Umſtaͤnden beobach— tet, und ich muß daraus ſchließen, daß bei ſchweren Krank— heiten dieſe Durchſichtigkeit der Zooſpermen etwas ſehr Ge— woͤhnliches ſey. Uebrigens ſind die Erſcheinungen an ſich 0 294 leicht zu erklaͤren. Wenn die Zooſpermen die naͤmliche ſtrahlenbrechende Kraft beſitzen, wie das ſie umgebende Me— dium, ſo geht das Licht durch die ganze Maſſe auf dieſelbe Weiſe, und die Maſſe erſcheint homogen. Die Evaporation wirkt aber auf die Feuchtigkeit ſchneller ein, als auf die Zooſpermen, und durch die groͤßere Dichtheit der erſtern wird deren ſtrahlenbrechende Kraft veraͤndert, ſo daß die Geſtalt der Saamenthierchen, welche durchſichtiger geblieben ſind, als die uͤbrige Maſſe, gegen dieſe abſticht und ſichtbar wird. Iſt die Auftrocknung vollſtaͤndig, fo find die Zooſpermen in die Maſſe eingeleimt und folglich unerkennbar, weil ſie nun wieder dieſelbe Refractionskraft befisen, wie die umgebende Maſſe. Die Abforption einer gewiſſen Menge Waſſer er— zeugt dieſelben Erſcheinungen, ſo oft und ſo lange man will, wieder, weil die zwiſchen den beiden Glasplaͤttchen ein— geſchloſſene Maſſe der Verderbniß nicht ausgeſetzt iſt. Nach der gaͤnzlichen Auftrocknung der Saamenfeuchtigkeit ſcheinen ſich die zufaͤllig iſolirt gebliebenen Saamenthierchen nach al— len Richtungen um 5, ja um J vergrößert zu haben, was daher ruͤhrt, daß die durchſichtigern Theile ſich deutlicher darſtellen. In den Fiſchen und Mollusken findet man Zoo— ſpermen, welche nur in dieſem Zuſtande der Vertrocknung deutlich zu erkennen ſind, weil ihr Schweif ſo außerordent— lich duͤnn und durchſichtig iſt, daß er vorher, ſelbſt bei der ſtaͤrkſten Wergrößerung, nicht wahrgenommen werden kann. Alsdann thut man wohl, die Saamenfeuchtigkeit mit Waſ— fer zu verduͤnnen, damit die Zooſpermen gehörig iſolirt wet— den und bis zur vollſtaͤndigen Vertrocknung unausgeſetzt zu beobachten. Dieſer letztere Zuſtand iſt auch derjenige, in welchem die verſchiedenen Individuen oder Stadien angehoͤ— renden Saamenthierchen miteinander verglichen werden muͤſ— ſen; denn nur dann iſt man ſicher, daß ſie ſich ſtets unter voͤllig gleichen Bedingungen befinden. Bei den meiſten Mol— lusken verändert aber die Vertrocknung die Formen der Zoo— ſpermen mehr oder weniger, und dieß gilt von allen Spe— cies, bei denen die Saamenthierchen wenig Feſtigkeit dar— bieten. Sie muͤſſen alſo nothwendig in allen Zuſtaͤnden unterſucht werden. Endlich kommt zuweilen der Fall vor, daß zwei Saa— menthierchen ſo uͤbereinanderliegen, daß es ausſieht, als ob zwei Koͤpfe aus demſelben Schwanze hervorgewachſen ſeyen, oder noch öfter, als ob zwei Schwaͤnze zu demſelben Kopfe gehoͤrten. Man braucht dann nur einen Tropfen Waſſer zwiſchen die beiden Glaͤſer einſickern zu laſſen, und dadurch wird eine Trennung der beiden Saamenthierchen veranlaßt werden, welche die Taͤuſchung vollkommen verſchwinden laͤßt. S. 4. Ich bin in alle dieſe Einzelnheiten eingegangen, weil durch ungenaue, von ausgezeichneten Gelehrten auf Treu und Glauben für richtig gehaltene Beobachtungen große Irrtbümer ver⸗ breitet worden ſind, welche ſich durch die oben angegebenen Vor⸗ ſichtsmaaßregeln leicht haͤtten vermeiden laſſen. Ich werde gele⸗ gentlich noch einiger andern gedenken, zunäcft aber die Methode anzeigen, nach welcher man, fo weit meine Erfahrung reicht, die Tbiercken im normalen Saamen am Beſten beobachten und in die⸗ ſer Unterſuchung eine ſolche Uebung erlangen kann, daß es bald gelingt, ſie auch in pathologiſchen Faͤllen zu erkennen. Jedesmal nach der Befriedigung des Geſchlechtstriebes bleibt in der Harnroͤhre Saane genug zuruͤck, daß man da⸗ 295 mit vollſtaͤndige Beobachtungen anſtellen kann. Man braucht ſich alſo nicht weit nach anderm Stoffe umzuthun, was in vielen Beziehun- gen von Belang iſt. Druckt man die Rohre kurz nach dem Bes gattungsacte aus, fo erhält man ſtets Saamenfeuchtigkeit, und ein einziger auf den Gegenſtandstraͤger gebrachter Tropfen davon wird Tauſende von jenen Thierchen zeigen, die in der Feuchtigkeit, wie Froſchlarven in einer Pfütze, umherſchwimmen. Nur iſt der Schweif der Saamenthierchen verhältnißmäßig länger und dunner, und der Kopf zeigt an ſeiner Anfuͤgeſtelle einen ſehr glaͤnzenden Punct. Indeß verhindert ſchon die große Zahl dieſer Thierchen, deren Bewegungen genau zu verfolgen. Man muß die Fluͤſſigkeit mit einer gewiſſen Menge Waſſers verduͤnnen und das duͤnne Glas— plätthen, welches ſie bedeckt, faſt niederdruͤcken, um fie weiter voneinander zu entfernen. An den Raͤndern werden ſie ſich am Iſolirteſten zeigen. Wenn das Waſſer die Temperatur des menſch— lichen Koͤrpers beſitzt, ſo wird man gewahr werden, daß ſich die Thierchen freier und lebhafter bewegen, bis die Verkuͤhlung und die Verdunſtung bedeutende Fortſchritte gemacht haben. Verhin— dert man die durch dieſe beiden Potenzen veranlaßten Stoͤrungen, ſo werden die Saamenthierchen mehrere Stunden lang fortfahren, ſich zu bewegen. Wieviel Zeit auch ſeit Ausuͤbung des Begattungsactes ver— ſtrichen ſeyn mag, ſo ſind doch ſtets lebende Saamenthierchen in der Harnroͤhre vorhanden, ſo lange ſie nicht durch eine Harnaus— leerung berausgefpült worden find. Wenn auch die Mündung an der Eichel vollkommen trocken iſt und man, indem man den Ca— nal nach feiner ganzen Lange ſtreicht, nicht die mindeſte Feuchtig— keit herausdruͤcken kann, wird man doch bei dem erſten Male Har— nen im Urine lebende Saamenthierchen finden koͤnnen, wenn man nur zuerſt eine ganz geringe Menge Urin in die Harnroͤhre ein— dringen läßt und den erſten Tropfen auf einer Glastafel auffängt. Nach dem eben Geſagten iſt dieſer erſte Tropfen natürlich fo prä— parirt, daß er ſich zu der fraglichen mikroſcopiſchen Unterſuchung vorzuͤglich gut eignet; denn der Saame iſt darin ſtark mit Harn verfest und hat die natuͤrliche Koͤrperwaͤrme, waͤhrend der Harn ſehr bequem das laue Waſſer erſetzt, das man dem Saamen haͤtte binzufügen müffen, um die Bewegungen der Saamenthierchen ge— boͤrig zu beobachten. Allerdings befindet ſich in dieſer Miſchung mehr Schleim, humor prostatieus und Reſte von epithelium, als in dem wenige Augenblicke nach dem coitus geſammelten Saamen; allein die Saamenthierchen ſind darin ſo gut iſolirt, und ſie bewe— gen ſich darin ſo ſchnell und kraͤftig, daß man ſie auf den erſten Blick von allen fie umgebenden Gegenſtaͤnden unterſcheiden kann. Dieſes Verfahren iſt alſo das natuͤrlichſte und einfachſte, wel— ches man anwenden kann, um ſich in dergleichen Beobachtungen zu uͤben; man braucht dabei nicht zu oft und anhaltend zu beobachten, und man kann daſſelbe bei allen bei Tage ſtattfindenden Pollutionen benutzen, ohne andrer öfters angerathener Methoden zu bedürfen, die weniger natürlich und zuverlaſſig find, Offenbar läßt ſich die naͤmliche Experimentirmethode von De— nen, die naͤchtlichen Pollutionen unterworfen ſind, ebenfalls anwen— den, da nach jeder Art von Saamenentleerung ſtets Zooſpermen in der Harnroͤhre zuruͤckbleiben. Dieſer Umſtand iſt es auch, wel: cher macht, daß das Verfahren ſich ſo gut zum Studium der bei Tage ſtattfindenden Pollutionen eignet Allein, wenn man mit pathologiſchen Fällen den Anfang machte, würde man in mehr, als einen Irrthum gerathen koͤnnen. Im Zuſtande der Geſundheit des Koͤrpers bieten die Zooſpermen die vollkommenſte Entwickelung dar; nach der Vollziehung des Coitus find fie am kraͤftigſten und langlebigſten; dieſe Umſtaͤnde muß alſo der Arzt benutzen, um Ue— bung in Beobachtungen zu erlangen, die ihm ſpaͤter bei ſchwieri— gern Faͤllen zu Statten kommt. Nachdem ich nun die Art und Weiſe dargelegt habe, wie man meine Beobachtungen wiederholen und pruͤfen kann, will ich mich über die Reſultate derſelben ausſprechen. (Fortſetzung folgt.) ſelbſt iſt ganz vollendet. 296 Miscellen. Die große geologiſche Karte von Frankreich der Herren Dufresnoy und Elie de Beaumont, zu welcher der erk.ärende Text unter der Direction des Herrn Brochant de Villiers, des Generalinſpectors der Bergwerke, redigirt wird, iſt in der Sitzung des 20. Decembers von Hrn. Arago der Aca— demie der Wiſſenſchaften in Paris vorgelegt worden. Die Karte Der Text wird zwei gewaltige Quart— baͤnde bilden, von denen der erſte ebenfalls gedruckt vorgelegt ward. Der zweite iſt bereits im Manuſcript fertig, aber noch nicht ges druckt. Die HHrn. Dufresnoy und Beaumont begannen ihre Arbeit im Jahre 1823 mit einer vorbereitenden Reife nach Eng— land, um die dortigen geologiſchen Verhaͤltniſſe kennen zu lernen. Im Jahre 1824 fingen jie das Studium des Franzoͤſiſchen Bo— dens an, indem ſie die Arbeit unter ſich theilten und jeder eine Hälfte Frankreich's zu unterſuchen hatte. So forſchten fie 11 Jahre jeder fuͤr ſich, und nachdem im Jahre 1835 die Excurſionen vollendet waren, konnten die Verfaſſer gemeinſchaftlich an die Aus- arbeitung des Textes gehen. Der Stich der Karte ward 1828 be— gonnen und der Grundriß war im Jahr 1332 fertig, die Ausfuͤh— rung nahm noch weitere 4 Jahre in Anſpruch. Hr. Duvernoy ertheilte der Academie bei dieſer Gelegenheit uͤber die Wahl der Farben Auskunft, die zur Bezeichnung der verſchiedenen Schichten der Gebirgsarten befolgt worden war. Fuͤr jedes Gebirgsſyſtem iſt eine gewiſſe Farbe angewandt worden, und die verſchiedenen Epochen hat man durch beſtimmte Kennzeichen auf den Farben angedeutet. Uebrigens hätte man die Varietaͤten der Gebirgsarten auch ohne Colorirung nach gewiſſen Kennzeichen beſtimmen koͤnnenz fo zeichnen ſich, z. B., die kalkigen Lager durch große Spalten, die tertiaren Gebirgsarten durch eine große Anzahl kleiner Seeen, end— lich das Granitgebirge durch daſſelbe uͤberall durchrieſelnde kleine Baͤche und kleine Thaͤler aus. Der Text wird in vierundzwanzig Capitel zerfallen, von denen der erſte Band ſieben enthaͤlt. Er iſt einzig der Erklaͤrung der Karte gewidmet. Daß das Kaͤn guruh ſehr leicht zu zähmen ſey, var: ſichert Herr Jameſon in der eben erſchienenen Schrift: New Zealand, South Australia and New-South-Wales: a Record of recent travels etc. By R. G. Jameson, Esy. London 1841:— Ein junges Kaͤnguruh, welches am Bord des Schiffes Surrey ge: bracht wurde, hoͤrte nach wenig Tagen auf den Namen, den man ihm gegeben hatte und huͤpfte mit der größten Furchtloſigkeit auf dem Verdecke herum. Sein Hauptvergnugen beſtand darin, daß es ſich in die Falten einer Decke verbarg, in welche es jedesmal feinen Kopf einbohrte, indem es zugleich feine hintern Extremitaͤ— ten in die Luft ſchleuderte, in inſtinctartiger Nachahmung der Art und Weiſe, wie die Natur ihm gelehrt hatte, in dem Beutel der Mutter ſeine Zuflucht zu ſuchen. Welches die weitern Fortſchritte in der Civiliſation des armen Jony (wie ihn die Matroſen ge: nannt hatten) geweſen ſeyn wuͤrde, laͤßt ſich ungluͤcklicher Weiſe nur muthmaaßen, denn in einer feiner Tanzexcurſionen ſprang es in die Hauptluke hinab und wurde, zum allgemeinen Leidweſen, getoͤdtet. Bisjetzt hat das Kaͤnguruh nie die freundliche Behand— lung erfahren, welche ſo ſehr wirkſam iſt, die Thiere von dem wilden Zuſtande in den der Hausthiere überzuführen. Aber es ſcheint ſehr moͤglich, daß man es durch Sorgfalt und Auſmerkſam— keit an einen feſten Aufenthalt auf des Anſiedlers Beſigung gewoͤh— nen und eine nuͤtzliche Art Hausthier daraus machen Eönne, Nekrolog. — Der verdiente Eydoux, welcher als Arzt und Naturforſcher die Expedition des Franzoͤſiſchen Schiffes la Bo- nite begleitete, iſt geſtorben. 297 i Ueber organiſche Folgekrankheiten des Catarrhs. Von K. E. Haſſe. So wie in allen Schleimhaͤuten durch lange andauernde oder oft wiederholte Irritation eine vermehrte Abſonderung und endlich mannigfaltige Veraͤnderungen in der Stru— ctur und in der aͤußern Form hervorgebracht werden, fo beob— achtet man dieß auch ſehr häufig in Folge von chroniſchen Catarrhen auf der Reſpirationsſchleimhaut. Dieſe Veraͤn— derungen geftalten ſich aber ſehr verſchieden, je nachdem fie die verſchiedenen anatomiſchen Beſtandtheile des Schleim— hautgewebes und je nachdem ſie verſchiedene Stellen der Luft— wege betreffen. Einige der hierher zu rechnenden Krank— heitsformen ſind als conſtante Folgen der catarrhaliſchen Affection zu betrachten und werden deßhalb Gegenſtand bei— nahe der taͤglichen Beobachtung; bei andern dagegen iſt eine eigenthuͤmliche Dispoſition, ein Zuſammentreffen von beſon— dern Umſtaͤnden u. ſ. w. zur Entſtehung nothwendig, ſie ſind nicht alleinige und unmittelbare Folgen des Catarrhes und kommen zum Theil nur ſehr ſelten zur Ausbildung. — In— dem wir nun der Erweiterung der Bronchialaͤſte und der Lungenzellen, ihrer ausgedehntern pathologifchen Bedeutung wegen, beſondere Capitel widmen, betrachten wir zunaͤchſt die durch vermehrte Bildungsthaͤtigkeit im eigentlichen Schleim— hautgewebe hervorgerufenen Verdickungen und die wuchern— den Vegetationen auf ſeiner Oberflaͤche, ſowie die durch denſelben Proceß entſtehende Hypertrophie einzelner oder mehrerer Schleimdruͤſen, welche letztere zuweilen ebenfalls ei— genthuͤmliche Formabweichungen zur Folge hat. In allen Fällen von chroniſchem Catarrh findet ſich die Schleimhaut merklich verdickt ohne dabei in ihrer Structur auffallend veraͤndert, ja oftmals, ohne, im Leichnam wenig— ſtens, ungewöhnlich geroͤthet zu ſeyn. Solche Verdickungen geringern Grades erſtrecken ſich oft zollweit, vorzuͤglich am Ende der Luftroͤhre und in deren beiden Hauptaͤſten. Sie erzeugen an ſolchen Stellen meiſtens nur ſehr untergeord— nete Beſchwerden, koͤnnen aber bei'm Hinzutreten einer neuen acuten catarrhaliſchen Reizung eine gefaͤhrliche Steigerung erleiden, indem dann wohl an einzelnen Stellen ſehr bedeu— tende Anſchwellungen entſtehen, durch welche der Hauptbron— chus eines ganzen Lappens verſtopft und der Luftzudrang unterbrochen wird (f. z. B. Andral Chir. med. 4. ed. T. III. p. 176). Bei weitem gefährlicher find aber dieſe wulſtigen Verdickungen, wenn fie am Eingange in den Kehl: kopf vorkommen und durch einen fortwaͤhrenden entzuͤndli— chen Reiz unterhalten werden. Sie fuͤhren dann uͤber kurz oder lang, unter wiederholten Erſtickungsanfaͤllen, den Tod derbei. — Die Oberflaͤche der verdickten Schleimhaut er— ſcheint bald vollkommen glatt, bald rauh, wie ihres Epithe— liums beraubt. In manchen Faͤllen aber hat es das Anſe— hen, als ob der Epitheliumuͤberzug ſelbſt verdickt ſey; die Oberflache wird feinkoͤrnig, ſammetartig oder ſelbſt gleichſam zottig, der Darmſchleimhaut ahnlich (Reynaud). Alle diefe 298 Rhede. umſchriebenen Verdickungen und Aufwulſtungen ſtellen ſich, im Verhaͤltniß zu ihrer Umgebung, um ſo auffallender dar, je älter die betreffenden Subjecte find, da fonft im hoͤhern Alter bekanntlich die Reſpirationsſchleimhaut, eben ſo wie alle andere Schleimhaͤute duͤnn und atrophiſch, das Caliber der Luftwege ſelbſt erweitert wird. In ſeltenen Faͤllen kann ſich die Hypertrophie der Schleimhaut bis zur Wucherung ſteigern, deren hoͤchſter Grad umſchriebene polypoͤſe Gebilde erzeugt. Dieſe Poly— pen entſtehen aber, wie ein Studium der ausführlich bes ſchriebenen Beobachtungen (f. bei Albers, Trouſſeau und Belloc, Otto, Siemon, Dauosky, Ryland, Barth) lehrt, nicht bloß nach einfachen Catarrhen, ſondern ſetzen ein tieferes Leiden voraus. Zuweilen beſchraͤnken ſie ſich auch nicht auf die Schleimhaut allein, ſondern wurzeln tiefer, im Zellgewebe oder im Perichondrium und andern fibroͤſen Gebilden, und dringen nach vorhergegangener Exul— ceration uͤber die Schleimhautflaͤche empor. Alsdann war die catarrhaliſche Affection entweder nur Gelegenheitsurſache oder begleitende Erſcheinung, oder hatte ganz gefehlt und die Symptome ſimuliren nun zu Anfange diejenigen eines chro— niſchen Catarrhes. — Die Polypen ſind ſehr ſelten; es werden im Ganzen nur etwa ſechszehn Faͤlle bei verſchiede— nen Schriftſtellern erwaͤhnt; von dieſen kamen vierzehn bei Maͤnnern vor. Der obere Theil des Kehlkopfes und zwar die Gegend um die Stimmbänder, dieſe ſelbſt und die Mor— gagniſchen Taſchen ſcheinen der ausſchließliche Sitz derſelben zu ſeyn. Sie ſitzen entweder mit breiter Baſis auf, oder ſind mehr oder weniger geſtielt; bald ſind ſie feſt, von faſ— riger Structur, glatt und rundlich, bald warzenfoͤrmig, trau— big und blumenkohlartig, bald ſehr weich, gefaͤßreich und viellappig; ihre Groͤße variirt zwiſchen der einer Erbſe bis zu der einer Wallnuß. Die umgebende Schleimhaut er- ſcheint zuweilen voͤllig geſund, meiſtens aber in verſchiedenem Grade entzuͤndet; in einigen Fällen fand Geſchwuͤrbildung ſtatt, welche die Schleimhant zerftört hatte und ſich bis auf die Kehlkopfsknorpel ſelbſt erſtreckte. Wenn die polypoͤſen Gebilde in den Morgagniſchen Taſchen entſpringen, fo fuͤl— len ſie dieſelben alsbald aus, verdraͤngen die Waͤnde derſel— ben, heben die Stimmritzbaͤnder derſelben in die Hoͤhe und tödten endlich unter Erſtickungszufaͤllen, indem fie die Stimm— tige verſchlieſfen. In mehreren ſolchen Fällen complicirte ſich die Krankheit zuletzt noch mit oͤdematoͤſer Anſchwellung des ſubmucoͤſen Zellgewebes. Noch ſeltener als die Polypen des Kehlkopfes find bie: jenigen der Bronchen. Laennec ſah einen ſolchen von 13 Zoll Laͤnge und vier bis fünf Linien Dicke im linken Bronchus; derſelbe war von roͤthlichvioletter Farbe, von fez ſtem, fibroͤſem Gewebe und enthielt einige kleine Blutges fäße. — Bei Altern Schriftſtellern (f., z. B., Voigtel Band II.) findet man zahlreiche Beiſpiele von Polypen in den Luftwegen angefuͤhrt; es ſind dieſelben aber wenig zu⸗ 299 verlaͤſſig. Da man in fluͤherer Zeit ein jedes faſerſtoffige Erſudat mit dem Namen von Polypen zu belegen pflegte. Bekannt iſt es, daß Perſonen, welche an allgemei— ner Syphilis leiden, mehr als Andere geneigt ſind, durch wiederholte Catarrhe Verdickungen der Schleimhaut des Kehl— kopfs und Vegetationen auf denſelben zu bekommen. Dieſe Verdickungen betreffen das geſammte Schleimhautgewebe und aͤndern es zuweilen in eine mehr homogene ſpeckartige Sub⸗ ſtanz um, fo daß der Kehlkopf bedeutend verengert wird. In gewiſſen Faͤllen (Rokitansky, Oeſterr. Jahrbuͤch. N. F. Bd. VIII. S. 441.) erſtreckt ſich das Leiden bis auf die Knorpel und bringt Vereiterung, Verſchrumpfung und toͤdtliche Zerſtoͤrungen hervon. — Die Vegetationen find warzenfoͤrmig, ſitzen mit breiter Ba is auf und haben durch— aus, der aͤußern Form und dem innern Baue nach, die groͤßte Aehnlichkeit mit Condylomen. Sie finden ſich am Kehldeckel, un den obern Eingang in den Kehlkopf und an den Stimmbaͤn— dern ſelbſt, ſelten tiefer unten (Otto, Albers); meiſtens find fie klein, doch Eönnen fie auch zu einer ziemlichen Größe emporwuchern ( Morgagni, De sed. et caus. morb. Epist. XLIV. 3. Rayer, Malad. de la peau. Pl. XV. Fig. 21. Barth, Arch. gen. 3. Ser. T. II. p. 277). Dieſe Condylome kommen gleich häufig bei Maͤn— nern und bei Weibern vor; ſie werden indeſſen bei weitem ſeltener beobachtet, als die eigentlichen ſyphilitiſchen Geſchwuͤre im Kehlkopfe, welche letztere bei ihrer Vernarbung ebenfalls die innere Oberflaͤche deſſelben uneben machen, indem fie haͤu— fig eine Menge unregelmaͤßiger Falten und Hoͤcker hinter: laſſen. (Morgagni, I. c. Ep. XLIV. 15.) Wis die Hypertrophie der Schleimdruͤſen betrifft, fo beobachtet man fie in den verſchiedenſten Graden in Folge von Catarrhen. Am haͤfigſten erſcheint fie in Form von koͤrnigen Unebenheiten auf der Schleimhaut zu beiden Sei— ten und ſelbſt auf der untern Flaͤche des Kehldeckels, und von da bis zu den Stimmbaͤndern, in Form von wulſtiger Al flockerung und unregelmaͤßiger Ausfuͤllung in den Mor— gagniſchen Taſchen; in Form von reihenweiſe gelagerten Grup— pen von Körnchen zwiſchen den Knorpelringen der Luftroͤhre. Die einzelnen Druͤschen ſind mit einem geroͤtheten Hofe um— geben, enthalten gelblichweißen Schleim und ſind erweicht, wenn der catarrhaliſche Proceß mehr den acuten Character hatte; im Gegentheil ſind ſie verhaͤrtet, von mehr graulicher Farbe und laſſen in ihrer Mitte deutlich den mehr oder we— niger erweiterten Ausfuͤhrungsgang als einen ſchwarzen Punct erkennen. Am haͤufigſten beobachtet man alle dieſe Veraͤn— derungen an der hintern Wind der Luftroͤhre; uͤberhaupt er— reichen ſie in der Schleimhaut der letztern zuweilen den hoͤch⸗ ſten Grad ihrer Ausbildung. Einzelne Deuͤſen oder ganze Gruppen derſelben vergrößern ſich dann fo bedeutend, daß fie eine Geſchwulſt bilden, welche ſowohl nach Außen als nach Innen in den Lufteanal hervorragt und die Größe einer Ecbſe und daruͤber erreichen kann. Der Deuſenbalg findet ſich alsdann bedeutend verdickt, von roͤthlicher oder braͤunlich— grauer Farbe und iſt mit dem umgebenden verhaͤrteten Zell gewebe innig verwachſen; die Höhle dieſer Bilge wird da: bel ebenfalls erweitert und iſt mit zaͤhem Schleime erfullt; 800 ihre Ausfuͤhrungsgange ſtehen weit offen und werden von einem geroͤtheten oder ſchwaͤrzlichgrauen Hofe umgeben. Die— ſer hohe Grad von Hypertrophie, obgleich im Ganzen ziem— lich ſelten, laͤßt ſich dennoch manchmal beobachten und iſt ſchon von mehreren Schriftftellern beſchrieben worden (f. z. B, Morgagni, I. c. Ep. XLIV. 15.); allein auf die von derſelben abhaͤngige unregelmaͤßige Ausdehnung des Luft— roͤhrencanales hat erſt in neuerer Zeit Rokitansky (Ueb. divertikelaͤhnl. Erweit. der Luftroͤhre. Oeſterr. Jahrb. N. F. Bd. XVI. S. 374.) aufmerkſam gemacht. Man fins det in ſolchen Faͤllen die hintere Wand der Luftroͤhre bau— chig erweitert; die Enden der Knorpelringe ſtehen häufig $ Zoll und darüber auseinander, und die Schleimhaut iſt fal— tig, trichter = oder ſackfoͤrmig zwiſchen den queerlaufenden Mus kelfaſern hervorgedraͤngt; dieſe ſelbſt zeigen ſich verdickt und begraͤnzen als hervorragende, wulſtige Leiſten die einzel— nen Divertikel; die claſtiſchen Laͤngsfaſern find groͤßtentheils verduͤnnt, verdraͤngt und haben an den betreffenden Stellen gänzlich nachgegeben. In der Tiefe der trichterfoͤrmigen Aus— beugungen der Schleimhaut entdeckt man, in der Regel, den erweiterten Ausfuͤhrungsgang mehr oder weniger hypertro— phiſcher, mit Schleim gefuͤllter Druͤſenbaͤlge; zuweilen find dieſe bis zum voͤlligen Verſchwinden ausgedehnt, zuweilen durch die Queerfaſern von dem eigentlichen Divertikel noch abgeſchnuͤrt. Rokitansky hat dieſen Zuſtand bei ſechs maͤnnlichen Jadividuen von verſchiedenem Alter in verſchiede— nen Graden der Entwickelung beobachtet; ich habe denſelben in völliger Ausbildung bisjetzt nur ein einziges Mal bei ei— ner an Lungentuberculoſe leidenden Frau vorgefunden. In meinem Falle und in einem der von Rokitanskny beſchrie— benen erſtreckte ſich dieſelbe Veraͤnderung bis auf einen der Hauptbronchen. Bei den meiſten der betreffenden Subjecte waren langwierige oder wiederholte Catarrhe dem aus ver— ſchiedenen Urſachen erfolgten Tode vorhergegangen. (K. E. Haſſe, patholog. Anatom. Bd. Abth. 2.) Nachricht von einer gleich nach der Geburt in der Gebaͤrmutter bemerkten Geſchwulſt und deren ſpaͤter vollkommenem Verſchwinden. Vom Prof. Dr. Spitzer zu Kopenhagen. Am 13. Mai 1840, Morgens um 8 Uhr, wurde ich von meie nem Freunde und Collegen Herrn Regimentschirurg Lech erſucht, ihm bei einer Woͤchnerin zu aſſiſtiren. Ich eilte nach der Stelle, wo ich die Frau, Marie Elifabeth H., verheirathet mit dem Werthshaushalter H., im jiebenten Kindbette fand. Sie war ſchon ohne ärztliche Huͤlfe von einem todtgeborenen Kinde entbunden, und die Nachgeburt war ganz und unverſehrt abgegangen; unter ihrem Abgange aber hatte die Frau eine bedeutende Menge Blut verloren, und da die Hebamme glaub— te, daß noch ein Kind vorhanden wäre, fo hatte fie den Regie mentshirurg Leth rufen laſſen. Als er die gewöhaliche Unterfuhung vornahm, fand er den Muttermund noch fo weit offen, daß er ohne ſonderliche Beſchwerde die Hand einbringen konnte. Mittelſt dieſer entdeckte er innerhalb der Höhle der Gebaͤrmutter, auf der rechten, Seite, ein Paar Zoll vom Rande des Muttermundes, einen weichen Körper, eine Gr: 301 ſchwulſt, deren ganzer Umfang mit der hohlen Hand umfaßt wer— den konnte; — dieſe Geſchwulſt war fluctuirend anzufuͤhlen, ſchien aber auch harte Theile zu enthalten. Indem er die Finger der eingebrachten Hand von der innern Flaͤche der Gebaͤrmutter rings um die Geſchwulſt herum und darauf über dieſelbe hinweggleiten ließ, konnte er durch's Gefuͤhl keine Unebenheiten oder Rauhigkeit entdecken. Die Empfindung, welche man durch die Beruͤhrung der innern Fläche der Gebärmutter erhält, blieb bei dieſen Bewegun— gen der Hand fortwaͤhrend dieſelbe. Die Geſchwulſt ſchien daher gebildet zu werden theils von einem Fluidum, das ſich angeſammelt hatte und in der eigenen Subſtanz der Gebärmutter eingeſchloſſen war, und theils von mehreren harten Koͤrpern, welche in Hinſicht der Größe von der einer Haſelnuß bis zu der einer Wallnuß variirten. Außerdem litt die Frau ganz beſonders an heftigen und häufigen Un— terleibsſchmerzen mit Fieber; fie war hohlaͤugig, hatte eine blaßgelbe Geſichtsfarbe und einen kleinen und haͤrtlichen Puls. Von der Richtigkeit der Angaben des Hrn. Leth überzeugte ich mich nach meiner Ankunft vollkommen durch die Unterſuchung. Da dieſer Krankheitsfall mit zu den ſehr ſeltenen zu gehören ſchien, ſo bat ich, nach geſchehener Berathung mit Herrn Leth, den gegenwaͤrtigen Ober-Accoucheur Prof. Eſchricht die Frau zu unterſuchen, welches er auch that und die Richtigkeit unſerer Anz gabe vollkommen beftätigte, Ueber die Natur und Beſchaffenheit dieſes Falles boten ſich verſchiedene Vermuthungen: a) daß wir einen uterus bifidus vor uns haben ſollten: eine in zwei Räume getheilte Gebärmutter mit einfachem orificium, in deren einer (in dieſem Falle der rechten) Abtheilung ein in ge— ringerm Grade entwickelter foetus wäre (die Größe war ohngefaͤhr die eines embryo von drei Monaten). Dieß ſchien mir nicht wahre ſcheinlich, da die Geſchwulſt nur im unteren Theile des Gebaͤrmut— terkoͤrpers fluctuirend war und keineswegs gegen den Muttergrund hinauf ſich erſtreckte; b) daß eine graviditas interstitialis die Urſache dieſer Ge⸗ ſchwulſt ſeyn ſollte. Dagegen ſprach, nach meinem Dafuͤrhalten, der Umſtand, daß die Geſchwulſt fo weit unten im Körper der Gebaͤr— mutter gefunden wurde; *) c) daß dieſe fluctuirende Geſchwulſt, wenigſtens nicht allein, von erweiterten venae uterinae gebildet werde; — dafür ſchien mir die Gegenwart der harten Körper zu ſprechenz “) d) daß eine Blutanfammlung hervorgebracht durch eine Rup⸗ tur von venae uterinae, oder eine Eiteranſammlung, bewirkt durch eine Entzuͤndung an dieſer Stelle, allein vorhanden ſeyn ſollte; — dem ſchienen mir ebenfalls die harten Koͤrper, welche man deutlich bemerkte, zu widerſprechen; e) daß eine Eiter- oder Blutanſammlung, verbunden entwe— der mit harten Klumpen coagulirten Faſerſtoffs oder mit fibroͤs— fteatomatöfen Körpern ***), in der Höhle der Gebärmutter vorhan— den wäre, nahm ich als das Wahrſcheinlichſte an. *) Soweit mir bekannt iſt, hat man bloß oben am fundus uteri und in der Nähe der tubae Fallopianae eine graviditas in- terstitialis gefunden. Wenigſtens ſind die Faͤlle, welche man in Froriep's „geburtshuͤlflichen Demonſtrationen, IV. Heft, Weimar 1826“ geſammelt findet, alle in dieſer Region der Gebaͤrmutter. *) So wie varices an den Füßen fingersdick werden koͤnnen, fo konnen auch venae uterinae ſehr bedeutend erweitert ſeyn. Der ältere Walther in Berlin bat fie eingeſpritzt (das Proͤparat ſieht man noch in der Berliner Sammlung) und abgebildet. Eine Copie dieſer Abbildung iſt in verkleinertem Be in Bock's „Darſtellung der Venen, Leipzig 1823“ geliefert. ) Im patbolsgifchen Theile des Muſeums unſerer Univrrfität 19 man ein Präparat einer Gebärmutter, in deren Sub— anz nach Unten gegen ihre Höhle hin mehrere ſolcher groͤ— Fern und kleineren Körper gefunden werden.! 302 Aber wer durfte oder wollte bei fo ungewiſſen biagnoftifchen Zeichen und einem ſo bedenklichen Zuſtande der Frau einen Ein— ſchnitt in dieſe Geſchwulſt machen, wenn auch das Intereſſe, die wahre Natur des Uebels kennen zu lernen, und das Verlangen, augenblickliche Linderung zu verſchaffen, dazu anſpornen konnten? Der geſchwaͤchte und bedenkliche Zuſtand der Frau gebot uns, zu warten. Wir glaubten wirklich, daß der Tod bald ihre mans nigfaltigen Leiden endigen, und uns in unferer Ungewißheit beleh⸗ ren werde; aber der Ausgang uͤberſtieg ganzlich unfere Erwartung, Unſere Thaͤtigkeit beſchraͤnkte ſich auf die Verordnung deſſen, was die Symptome im Augenblicke zu erfordern ſchienen. Mixtu- ra acida cum Moscho und Linctus Boraeis; die Geburtstheile wurden fleißig mit einem lauwarmen Aufguſſe der Species resol- ventes gebähet, und es wurde fleißig nach der Kranken geſehen. Nichtsdeſtoweniger hielt ihr beunruhigender und peinlicher Zuſtand bis zum 21. Mai an. Bei der Exploration beobachte— ten wir nun, daß die Geſchwulſt weiter gegen den Gebaͤrmutter— mund herabgedrängt worden war. Einſpritzungen eines Aufguſſes der species emollientes, in Waſſer gekocht, wurden des Tages häufig vorgenommen, und ein großer warmer Gruͤtzumſchlag über die Geburtstheile und den Unterleib gelegt. Als Nahrungsmittel wurden beſonders Milch und Wein mit Waſſer empfohlen. Deſſen— ungeachtet fuhr die Frau fort, ein elendes, geſchwaͤchtes Ausſehen zu haben; ihre Kraͤfte waren ſehr geringe und der Puls fortdauernd ſchwach. Auf dieſe Weiſe verſtrichen ſieben Tage. Am 28. Mai des Morgens, da man die taͤgliche Morgenreinigung mit ihr vor⸗ nahm und ſie dabei im Bette in die Hoͤhe gehoben wurde, ging plotzlich eine große Menge uͤbelriechenden Eiters (gegen ein halbes Maaß) ab. Dieſer Ausfluß dauerte in geringerer Menge bis zum 12. Juni fort, und die Geſchwulſt verkleinerte ſich ſehr. Nach bier ſer Zeit ließ der Ausfluß etwas nach, und der uͤble Geruch war nicht mehr ſo widrig. Der Gebrauch der Einſpritzungen und des warmen Umſchlags wurden fortgeſetzt. Die Kräfte der Frau nah— men zu, ihr Ausſehen beſſerte ſich, der Puls bob ſich, und Alles deutete auf Geneſung hin, beſonders da ſie anſing, guten Appetit zu bekommen und Suppe und Fleiſch genießen konnte. Auf die⸗ ſe Weiſe verſtrich die Zeit bis zum 18. Juni; da hoͤrte der Ausfluß auf; die Geſchwulſt war nun ganz unbedeutend. Der ganze Zuſtand beſſerte ſich, und Patient fina an, das Bett zu ver: laſſen und an den haͤuslichen Geſchaͤften Theil zu nehmen. Am 23. Juni ging wieder eiwas Eiter ab, aber in geringer Meygez die Geſchwulſt konnte im Muttermunde kaum gefühlt werden. Nach Verlauf einer Woche börte der Abgang des Eiters ganz und gar auf, und die Geſchwulſt war nickt mehr zu entdecken. Die Frau fuhr gleichwohl fort, innerlich ftärkende Mittel zu ge⸗ brauchen, und genoß mitunter die freie Luft bei mildem Wetter. Im Monat October fand ſich die Menſtruation wieder ein, und die Frau bat ſeit der Zeit ſich ganz wohl befunden, iſt munter und bat ihre gewohnliche Fülle wieder erlangt. Eine Unterſuchung mit dem speculum vaginae hat die Frau nicht geſtattet. Miscellen. ueber den endemiſchen Kropf und deſſen urſache und Verhuͤtung haben in dem im September 1831 zu Lyon abgehaltenen Congrès scientifique Verhandlungen ſtattgehabt von welchen das Novemberſtuͤck des Journal de médecine de Lyon Nachricht giebt. Herr Goſſe, aus Genf, leitet ſeine Mittheilung durch einige pryſiologiſche Betrachtungen über die Function der thyreoidea ein. Dieß Organ iſt keine zu irgend einer Gecretion beſtimmte Druͤſe; denn die forgfältigften anatomiſchen Unterſu⸗ chungen haben daven einen Ausführungecanal nicht nach weiſen koͤn⸗ nen. Nach Hrn. G. iſt die thyreoidea eine Art von diverticu- lum der Hirncirculation, ein Behälter, wohin ſich ein Theil des arteriellen Blutes begiebt. Wenn es in zu großem Ueberfluſſe nach dem Kopfe ſtroͤmt, wohin ſich das venöfe Blut zurückzieht, wenn irgend ein Hinderniß es abhält, frei in die rechte Seite des Her⸗ 303 zens einzudringen; er erinnert, zur Unterſtuͤtzung ſeiner Anſicht, daran, daß das corpus thyreoideum jedesmal anſchwillt, wo der Kopf (z. E. bei Plethora, Hypertrophie der linken Herzhoͤhle ꝛc.) active oder (wie bei heftigen Ausathmungs-Anſtrengungen) paſſive Congeſtionen erhaͤlt. Jede Urſache, welche eine habituelle Blute congeſtion nach dem Kopfe veranlaßt, kann allmaͤlig eine bleibende Anſchwellung der thyreoidea herbeiführen; der fortgeſetzte Einfluß der Feuchtigkeit iſt eine der maͤchtigſten Urſachen. Er hat in der Schweiz und Savoyen beobachtet, daß die Gegenden, wo der en— demiſche Kropf am haͤufigſten vorkommt, fortwaͤhrend von einer feuchten Atmoſphaͤre umgeben find, welche nicht durch ſtarke Luft— ſtroͤmung, beſonders nicht durch Nord- und Suͤdwinde, erneuert wird. Gewiſſe Localitaͤten in Wallis vereinigen im hoͤchſten Grade die guͤnſtigſten Bedingungen einer fortwaͤhrenden Feuchtigkeit und demnach der Entwickelung der Bronchocele. Nach Hrn. Goſſe ift die Zuſammenſetzung des zum gewoͤhnlichen Lebensgebrauche dienen— den Waſſers ohne Einfluß auf die Hervorbringung dieſer Krank— beit. Er hat beobachtet, daß in Dörfern, deren Bewohner ſich def: ſelben Waſſers bedienten, der endemiſche Kropf bei den einen vorhanden war und dagegen nicht exiſtirte bei denen, welche ſich fuͤr Salubritaͤt und Lufterneuerung unter guͤnſtigen Bedingungen befanden. Alle Urſachen der Feuchtigkeit zu entfernen, beſonders diejenigen, welche eine hinlaͤngliche Erneuerung der Luft und Ein— wirkung der Sonne verhindern, iſt, nach Herrn G., das erſte Mittel zur Verhuͤtung und Beſeitigung des Kropfes. Er macht darauf aufmerkſam, daß zu Sion (Sitten) die Zahl der Kroͤpfigen beträchtlich abgenommen hat ſeit den wichtigen Arbeiten, die man in Beziehung auf Befoͤrderung der Geſundheit unternommen hat und beſonders ſeit man auf der Hoͤhe eines der Stadt nahe gelegenen Berges ein Hoſpital eingerichtet hat, wohin diejenigen gebracht werden, bei welchen ſich die Symptome eines anfangenden oder ausgebildeten Kropfes zeigen — Herr Domenget, aus Chambery, hat den endemiſchen Kropf in den Ebenen der Lombardei, Piemont's und in Gegenden beobachtet, welche die guͤnſtigſten Bedingungen der Salubritaͤt zu vereinigen ſcheinen. Er führt, nach Hrn. Hecker aus Berlin, an, daß dieſe Affection endemiſch herrſcht auf der Hoͤ— he eines hohen Berges in Schleſien, in einer mit einer zahlreichen Garniſon verſehenen Feſtung. Bei den meiſten jungen Soldaten, welche dahin geſendet werden, dauert es nicht lange, bis ſich der Kropf ausbildet, wodurch man genoͤthigt iſt, den Perſonalbeſtand der Garniſon oft zu erneuern. Herr Domenget kann daher die Anſichten des Herrn Goſſe nicht theilen und meint, daß die Urſachen noch ſehr im Dunkel liegen. — Herr Da vat, aus Air, theilt ein Reſumé der Unterſuchungen des Herrn Bouſſingault uͤber den endemiſchen Kropf der Cordilleren mit; dieſer unterrich— tete Chemiker meint, daß der fortwaͤhrende Gebrauch eines Waſ— ſers, welches eine zu ſchwache Portion von Luft enthaͤlt, die Haupt— urſache der krankhaften Entwickelung der thyreoidea ſey; er hat ſie vorzuͤglich auf den hoͤchſtgelegenen Ebenen beobachtet. Dieſe gerins gere Portion von im Waſſer enthaltener Luft ſchreibt Herr Bouſ— ſingault auf Rechnung des verminderten Druckes der Atmoſphaͤ— re. Herr Davat hat in verſchiedenen Thaͤlern und Hoͤhen der 504 Alpen die Verſuche und Analyſen des Herrn Bouſſingault wiederholt; er glaubt mit ihm, daß der Kropf hauptſaͤchlich von Mangel an Lufthaltigkeit des Waſſers abhaͤnge; aber da er auch den Kropf in tiefen Thaͤlern beobachtet hat, fo konnte er nicht, wie Herr Bouſſingault, den Druck der Atmoſphaͤre als einwirkend annehmen. Herr D. hat ſich uͤberzeugen koͤnnen, daß die Natur des Terrains, durch welches die Waſſer fließen, einen großen Ein— fluß hat auf die Proportion der Luft, welche in das Waſſer ein— tritt, und daß das granithaltige und feldſpathige von allen diejenigen ſind, welche am meiſten davon abſorbiren. Dieſe Beobachtungen haben ihn veranlaßt, zuzugeben, daß die Dispoſition zum Kropfe nicht in directem Verhaͤltniſſe ſtehe mit der Höhe der bewohnten Laͤnder, wie man, nach Bouſſingault's Unterſuchung, vermuthen koͤnnte, ſondern mit der mineralogiſchen Zuſammenſetzung des Bo— dens. — Herr Chapeau, aus Lyon, theilt der Geſellſchaft ein Schreiben des Herrn Prevoſt zu Genf mit, welcher den Kropf der Abweſenheit des Broms oder Jods im Trinkwaſſer zuſchreibt. Dieſe Hypotheſe, für welche er fie angefeben wiſſen will, iſt bei ihm entſtanden durch die Reſultate feiner:täglichen Privatpraxis, nach welcher ſehr geringe Quantitaͤten Jod oder Brom, mit dem Waſſer gemiſcht, zur Verhuͤtung und Heilung des Kropfes hinreichen. Zum Verbande bei ſchiefen Oberſchenkelbrüͤchen empfiehlt Herr Faucachon in der Experience, Mars 1841 eis nen neuen Apparat. Der Kranke wird in die horizontale Lage ge— bracht; man legt eine Binde von den Fußzehen bis zur Huͤfte anz iſt dieß geſchehen, ſo werden zwei Doppelbaͤnder, wovon die eine Haͤlfte locker bleibt, zu beiden Seiten des Gliedes angelegt und von der Bruchſtelle abwärts angebracht, um zur permanenten Pas rallel⸗Extenſion verwendet zu werden. Um dieſelben feſt in dieſer Lage zu erhalten, werden ſie mit Kleiſter beſtrichen und mit einer Cirkelbinde umwickelt und auf der andern Seite wiederum gekleis ſtert. Ein Aſſiſtent haͤlt das Glied vollkommen horizontal und in leichter Extenſion; die vorher loſe gelaſſenen Theile der ſeitlich an⸗ gelegten Binde werden nun ebenſo, wie bei der erſten Befeſtigung, umwickelt und gekleiſtert. Nun folgt die Anlegung mehrerer ſchma⸗ ler und biegſamer Schienen uͤber der Fractur, eine Umwickelung, und wenn es noͤthig iſt, Application einer zweiten Schicht von Schienen, welcher Theil des Verbandes ebenfalls gekleiſtert wird. Durch lange feſte Schienen wird der Fuß auf die gewoͤhnliche Weiſe ſeitlich unterſtuͤtzt, bis der ganze Apparat feſt geworden. Da der Unterſchenkel natuͤrlich nicht genau in der Hoͤhe des Ober— ſchenkels liegt, ſo muß man den Unterſchenkel durch ein unterge— ſchobenes kleines Kiſſen in daſſelbe Niveau bringen. Iſt auf dieſe Weiſe der Apparat getrocknet, ſo bewirkt man die Extenſion durch Anhaͤngen entſprechender Gewichte an das untere Ende der beiden ſeitlich neben dem Fuße herablaufenden Binden, welche man uͤber den Bettrand, wie uͤber eine Rolle, heruͤberfuͤhrt. Die Vortheile dieſes Verbandes ſind: gleichmaͤßiger Druck über die ganze Flaͤche des Gliedes; Beſchraͤnkung des Zuges auf den untern Theil des gebrochenen Knochens; gleichmaͤßiger Zug in der Richtung der Axe des Gliedes, und Unmoͤglichkeit einer Verkuͤrzung, ſelbſt wenn der Kranke in feinem Bette herunterrutſchen ſollte. rr Bibliographische Neuigkeiten. Monographie des Plantes fossiles du gres bigarr& de la chaine des Vosges. Par W. P. Schimper et A. Mougeot. 1. et 2. parties. Strasbourg 1841. 4. M. K. A History of Infusoria, living and fossil. London 1841. 8. By A. Prichard. Par le Pro- Deuxieme edition, Paris 1841. 2 Vol. 8. By William Farr. Traité de Thérapeutique et de Matiere médicale. fesseur Trousseau et le Docteur Pidouzx. revue et entierement refondue. Report upon the mortality of Lunatics. London 1841. 8. —ů—— ͤ nwH— —ͤU Neue Notizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe $roriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſor Frorie p zu Berlin. No. 4388. (Nr. 20. des XX. Bandes.) December 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gÖr. F Ueber die Entſtehungs- und Entwickelungsart der Zooſpermen. Von Herrn Lallemand, Profeſſor der Medicin zu Montpellier. (Fortſetzung.) Jweiter Artikel. $. 5. Unter breiunddreißig Cadavern boten mir nur zwei Saamenthierchen in den Hoden dar. Eines der Eubjecte war Tags vorher durch einen Sturz um's Leben gekommen; das ande— re war an acuter Magendarmentzuͤndung geſtorben. Bei'm erſtern war die Saamenfeuchtigkeit in reichlicherer Menge vorhanden, und ſie enthielt auch in derſelben Quantität eine groͤßere Menge Saa— menthierchen. Daſſelbe Verhaͤltniß zeigte ſich auch in den je be— ſonders unterſuchten ſecernirenden Canaͤlen. Was die Kranken be— trifft, fo waren dieſelben ſehr lange im Hoſpitale wegen chroniſcher Krankheiten behandelt worden. Ein einziger war nach zweitaͤgiger Krankheit an acuter Bauchfellentzuͤndung geſtorben; allein er war dreiundſiebenzig Jahre alt. Bei allen waren die Hoden weich, blaß und wie welk; inwendig ſahen ſie graulich aus, und es fand ſich in ihnen durchaus keine Feuchtigkeit. Ihr Gewebe war bei— nahe trocken und ſehr wenig injicirt. Die Secretionscanaͤle lies ßen ſich ungemein leicht von einander trennen und, ohne zu zer— reißen, auf dem Gegenſtandstraͤger entwirren. Sie enthielten ſehr glaͤnzende Kügelchen, von denen eines dem andern durchaus glich, die beinahe dieſelbe Größe darboten, wie der Kopf der Saamen— thierchen, zehnmal kleiner waren, als die Blut- und Schleimkuͤgel— chen, ſich aber von letztern durch die Conſtanz und Regelmaͤßigkeit der Formen unterſchieden. Dieſe an die Stelle der Saamenthier— chen getretenen glaͤnzenden Koͤrperchen ſind wegen ihrer Aehnlich— keit mit denen, die der Saame des Menſchen und der Thiere unter gewiſſen Umftänden enthält, bemerkenswerth. Um die Contenta der Secretionscanäle der Hoden genau zu unterſuchen, muß man zuerſt ein Stuͤck von dieſen Canaͤlen auf den Gegenſtandstraͤger ausbreiten, dann daſſelbe trocken unterſuchen und hierauf Waſſer zwiſchen die beiden Glaͤſer eindringen laſſen, wobei man die dadurch eintretenden Veränderungen genau zu ver— folgen bat. Dann druͤckt man die Glaͤſer feſt zuſammen, um den Canal abzuplatten, zu ſprengen und einen Theil der Contenta her— austreten zu laſſen, endlich Alles, nach vollſtaͤndiger Austrocknung, noch einmal genau zu beſichtigen, da man alsdann die in den Ca— naͤlen gebliebenen Zooſpermen am deuttichſten ſieht. § 6. In der Epididymis fand ich nur bei den zwei Subjec— ten Saamenthierchen, deren Hoden dergleichen enthielten. Bei allen übrigen traf ich deren nur in dem vas deferens, oder in den Saamenblaͤschen. Vei dem 7Sjährigen Patienten waren deren nir— gends zu finden. Die Saamenthierchen ſchienen um ſo ſeltener zu ſeyn, je länger die Patienten krank geweſen waren; denn bei lange No. 1538, k u ſiech geweſenen Perſonen traf ich deren nur in den Saamenbläs— chen. Wie dem auch ſey, je ſeltener die Zooſpermen waren, deſto ſchwerer waren fie auch wegen ihrer außerordentlichen Durchſich— tigkeit zu erkennen. Erſt nach 1 bis 2 Stunden gewahrte man fie plotzlich in der Fluͤſſiakeit welche bis dahin völlig homogen ge— weſen zu ſeyn ſchien. Sie hatten die Groͤße der vollkommen aus— gebildeten Thierchen, waren aber nach ihrer ganzen Ausdehnung blaß und durchſichtiger, als die umgebende Fluͤſſigkeit. Nach voll— ftändiger Auftrocknung verſchwanden fie wieder. Die Abſorption einer geringen Quantitaͤt Waſſer und deſſen Verdunſtung veran— laßten die Wiederkehr derſelben Erſcheinungen, deren Erklaͤrung ich weiter oben mitgetheilt habe und welche beweiſen, daß dieſe Zoo— ſpermen momentan weniger dicht ſeyn koͤnnen, als die umgebende Fluͤſſigkeit, daß alſo ihr Koͤrper weit weniger conſiſtent iſt, als im normalen Zuſtande. Am meiſten Muͤhe keſtete es mir, in'sbeſon— dere bei Phthiſis, Ruͤckgratscaries und weißer Geſchwulſt die Zoo— ſpermen zu erkennen, was unftreitig daher rührt, daß dieſe Krank: heiten den Tod erſt nach ſehr langer Zeit herbeifuͤhren. Wer alfo dieſe Verſuche wiederholen will, muß Subjecte waͤhlen, deren Con— ſtitution nicht völlig untergraben iſt, und muß dabei beruͤckſichtigen, daß die Zooſpermen vielleicht erſt dann ſichtbar werden, wenn die Fluͤſſigkeit einen gewiſſen Grad von Conſiſtenz erlangt hat. Die Anſicht, welche Prévoſt und Dumas über die Function der Saamenblaͤschen aufſtellten, beruht wahrſcheinlich großentheils auf dieſer Veranlaſſung zu Irrthuͤmern, und aus eben dem Grunde wurden Burdach und Mandl verleitet, den allgemeinen Satz auszuſprechen, die Saamenfeuchtigkeit der Kranken enthalte keine Zooſpermen. § 7. Ich habe faſt immer in den Sagmenblaͤschen, zumal auf dem Grunde der Windungen (anfractuositds), eine dickliche, kluͤmperige, glaͤnzende, in Betreff des Anſebens, der Farbe und Con— ſiſtenz veroͤnderliche, aber einem mehr oder weniger dickgekochten oder durchſichtigen Leim aͤhnliche Maſſe gefunden. Bei der zum Erkennen der Saamenthierchen erforderlichen Vergroͤßerung erſchie— nen die Kluͤmpchen dieſer Maſſe gewaltig groß, unregelmaͤßig von Geſtalt und mehr oder weniger undurckhſichtig. Dieſelben werden offenbar von der innern Membran der Saamenblaͤschen ausgeſchie⸗ den; denn man findet ganz aͤhnliche Kluͤmpchen in den vesicu- lae accessoriae des Igels, der Ratte ꝛc., in denen man nie Saa— mentbierchen trifft, und die mit den vasa deferentia nicht direct communiciren, in denen man uͤberbaupt bei keiner Thierſpecies et⸗ was (den Saamenthierchen) Aehnliches findet. Dieſe Materie ift alſo derjenigen aͤhnlich, welche die folliculi prostatici, die Cowper⸗ ſchen Druͤſen ꝛc. ausſcheiden. Ihre Functionen ſind dieſelben, allein ſie verdient in vieler Beziehung beachtet zu werden. Die Secretion des Saamens vermindert ſich bei vielen das Leben bedrohenden Krankheiten, und die Saamenentleerungen find, zumal gegen das Ende dieſer Krankheiten hin, immer fehr ſelten. Man darf ſich alſo nicht daruͤber wundern, daß die Producte der 0 — . 307 Schleimhaͤute dann uͤber die des Teſtikels die Oberhand haben, und das jener eigenthumliche Schleim durch ein langes Verweilen in den Windungen der Zellen conſiſtenter wird. Daher rührt der Une terſchied, den man zwiſchen dem aus den Saamendlaschen eines Cadavers genommenen Saamen und demjenigen bemerkt, welcher von einem geſunden Individuum ausgeleert wird. Hat indeß Je— mand den Begattungsact ſehr lange nicht vollzogen, jo bemerkt man häufig in deſſen Saamen mehr oder weniger große und von der Fluſſigkeit durchaus verſchiedene Kümpchen. Folgen die Aus— leerungen ſchneller aufeinander, fo kann man noch immer ähnliche, aber weit kleinere Granulationen darin erkennen. Dieſe Bemerkun— gen ſind hinſichtlich der Erklarung mehrerer Symptome von Be— lang, die man bei Pollutionen zu beobachten Gelegenheit hat, wel— che bei Tage vorkommen. S 8. Laßt man Patienten im Bade harnen, fo bemerkt man ohne Schwierigkeit den zu Ende des Ausfluſſes entweichenden Saa— men an den Kügelchen, welche mitten in der Wolke wirbeln. Nach dem Bemerkten rühren dieſe Kügelchen offenbar von der innern Memoran der Saamendlaͤschen her. Begrelflicherweiſe koͤnnen dies ſelben in ſehr ſchimmen Krankheitsfaͤllen fehlen, wo die Secretion keine Zeit hat, Conſiſtenz zu gewinnen; allein wenn ſie vorhanden find, jo kann uber das Vorkommen der Pollutionen bei Tage kein Zweifel ſeyn, weil ſie nur aus den Saamenbläschen herruͤhren konnen. Uebrigens habe ich in dem Harne aller derjenigen Pas tienten, welche im Bade jene Erſcheinungen beobachtet hatten, Saas menthierchen gefunden. Dieſe Bemerkungen finden auch durchaus auf die Kuͤgelchen Anwendung, welche ſich in manchen Fällen, wo bei Tage Pollutio— nen ſtattfinden, im Harne niederſchlagen und die Manche mit Nu: delkoͤͤrnern, Andere mit Hirſe, noch Andere mit Gerſtenkornern ver— glichen haben, je nachdem ſie größer oder kleiner waren. Man be— merkt dieſelben, gleich nachdem der Harn abgeſchlagen worden. Sie find rundlich, ſeyr weich und laſſen ſich mit dem Finger durch⸗ aus nicht fuͤhlen. Sie konnen alſo mit den Harnſalzen, die ſich erſt nach dem Erkalten des Urins ablagern, eine eryſtalliniſche Geſtalt haben und dem Taſtſinn, als harte Koͤrper, deutlich erkenn— bar ſind, durchaus nicht verwechſelt werden. Der Blaſenſchleim ſetzt ſich ebenfalls erſt nach dem Erkalten des Harns ab und lie⸗ fert keine glänzenden Granulationen. Der Eiter characteriſirt ſich ohne Schwierigkeit durch ſein Anſehen. Endlich habe ich in jeder Art von Harn, in welchem Kuͤgelchen dieſer Art zu Boden fallen, Saamenthierchen getroffen. Man hat dieſe Kügelchen alſo mit Recht für ein ſicheres Zeichen von bei Tage ſtattfindenden Pollu— tionen erklart, und dieß iſt ſehr begreiflich, da fie nur aus den Saamenblaschen kommen koͤnnen. Ich habe auch ſchon früher darauf hingewieſen, daß, wenn man in gewiſſen Fallen den Harn bei durchfallendem Lichte beobachtet, man mitten in einer flockigen Wolke eine Unzahl hoͤchſt characteri⸗ ſtiſcher glaͤnzender Puncte bemerkt. Dieß ſind in der That klei— nere und folglich leichtere Granulationen, als die, welche bei andern Patienten auf den Boden des Gefaͤßes fallen. Man bemerkt ſie weder in dem Blaſenſchleime, noch in dem humor prostaticus, da doch nur dieſe beiden Materien aͤhnliche Wolken bilden koͤnnten, wie die von den bei Tage ſtattfindenden Pollutionen herruͤhrenden. Dieſe glänzenden Puncte ruͤhren alſo ebenfalls aus den Saamen— bläschen her. Ihre Anweſenheit bekundet die des Saamens, wo— von ich mich durch mikroſcopiſche Unterſuchungen uͤberzeugt habe. Uebrigens muß ich Die, welche dieſe Verſuche wiederholen moͤchten, darauf aufmerkſam machen, daß fie die Zooſpermen nicht in dieſer mit glänzenden Puncten geſchwaͤngerten Wolke zu ſuchen haben, denn die ſpecifiſche Schwere der Thierchen laͤßt dieſelben bald in die unterſte Schicht der Fluͤſſigkeit niederfallen, und nur dort hat man fie zu ſuchen ). ) Nach der Abfaſſung dieſes Artikels brachte man mir die Zeur gungsorgane und Harnorgane eines etwa vierzigjährigen Mans nes, der in Folge einer Harnverhaltung geſtorben war, die ihren Grund in einer Strictur der Harnroͤhre hatte. Die Verengerung fand in dem Grade ſtatt, daß der darunter (dar— - gefunden Perſonen koͤnnen fie, 808 8. 9. Die Reſultate aller dieſer an Leichen angeſtellten Beob⸗ achtungen koͤnnen uns einen Begriff von dem Einfluſſe geben, den bösartige und langwierige Krankheiten auf die Functionen der Saa— menorgane äußern. Allein nicht nur im krankhaften Zuſtande zeis gen ſich in dieſen Functionen bedeutende Veränderungen, felbft bei nicht nur in Betreff der binnen gleicher Zeit ausgeſonderten Quantität Saamen, fondern auch ruckſichtlich der Zahl, des Anſehens und der Größe der Zooſper— men bedeutende Verſchiedenheiten darbieten, die ſich, meiner Erfah— rung nach, in allen dieſen Beziehungen bis auf ein Drittel, ja bis auf die Haͤlfte belaufen koͤnnen. Man wurde ſich ſehr taͤuſchen, wenn man annaͤhme, dieſe Vers gleichung ſey ſchwer anzuſtellen. Es kann dieſelbe auf die einfachſte Weiſe bewirkt werden. Wenn man Saamen unter einem duͤnnen Glaſe aufbewahrt, fo iſt derſelbe vor Verderbniß vollkommen ge— ſchuͤgt, und er läßt ſich jederzeit mit einem andern aͤhnlichen Präs parate vergleichen ). Man kann die verſchiedenen Proben dann nach einander unter dieſelben Linſen, bei derſelben Beleuchtung, bei Anwendung deſſelben Mikrometers bringen und dieſe Vergleichung, ſo oft man will, wiederholen. Auf dieſe Weiſe wird man es bis zu einer faft mathematiſchen Genauigkeit in der Beſtimmung der gegenſeitigen Verhaͤltniſſe bringen konnen. Dr. Duvergie hat die Gefälligkeit gehabt, mir die Benutzung der von ihm unter ver— ſchiedenen Umſtaͤnden geſammelten Präparate zu geſtatten, und ich babe an denſelben eben fo große Verſchiedenheiten erkannt. Einer meiner Schüler, der Dr. Labat, hat gefunden (vergl. Gazette des Hopitaux, 16. Juin 1539), daß die Zooſpermen eines nicht bes fruchtungsfähigen Saamens einen eingedrüdten, fo wie klei— nern und weniger glaͤnzenden Kopf haben, als die des be— fruchtungsfaͤhigen Saamens; ſo wie er denn auch mehrere Veraͤn— derungen angegeben hat, welche die Saamenthierchen durch tiefge— hende Störungen im Organismus erleiden. Dr. Mandl bemerkt, die Mikroſcopie koͤnne gegenwärtig dar über entſcheiden, ob ein gegebener Saame befruchtungsfahig ſey oder nicht, und zwar nach der Entwickelung der darin ent⸗ haltenen Saamenthierchen. Er fügt hinzu, daß er bei Uns terſuchung des Saamens eines unfruchtbaren Mannes ſich davon überzeugt habe, daß die darin enthaltenen Thierchen kleiner, als ge— woͤhnlich, auch mit ſolchen von eigenthuͤmlicher Geſtalt vermiſcht uͤber?) liegende Theil des Canals platzte, woraus Harninfil— ration ꝛc. entſtand. Auch nach der Blaſe und den Nieren zu fanden ſich bedeutende Structurveraͤnderungen. Ich unterſuch— te die in den Saamenbläschen, dem vas deferens und den Teſtikeln enthaltene Feuchtigkeit unter dem Mikroſcope, fand aber nirgends weder vollkommen noch unvollkommen entwik— kelte Zooſpermen, dagegen überall glaͤnzende Puncte, die ſieben bis acht Mal kleiner, als die Schleimkugelchen, dabei vollkom— men rund und einander gleich, ſo wie von der Groͤße des Kopfes der Saamenthierchen waren. Die Ejaculationscanaͤle zeigten ſich ſehr erweitert, die Teſtikeln welk und blaß, aber ohne krankhafte Structurveraͤnderung. Hier hatten wir alfo eine Krankheit der Harnwerkzeuge, die ſicher auf die Functio— nen der Teſtikel einen tiefgreifenden Einfluß ausgeuͤbt hat, was das von mir ruͤckſichtlich des Einfluſſes der Schleimhaut der Harnroͤhre auf die Saamenorgane Behauptete beftätigt. Hier haͤtten wir Saamen, in welchem die Saamenthierchen ganzlich fehlen und durch die oͤfters erwaͤhnten glaͤnzenden Kuͤgelchen erſetzt ſind. *) Als ich neuerdings Gelegenheit hatte, die Zooſpermen, welche auf dieſe Weiſe zwiſchen zwei Glasplaͤttchen behufs vers gleichender Beobachtungen aufbewahre, nochmals durchzuge— hen, fand ich die der Saͤugethiere, Voͤgel und Reptilien noch ſo gut erhalten, wie am erſten Tage, wogegen die der Mol— lusken ganz deform und unkenntlich waren. Die der Gruftas ceen ſchienen mir ebenfalls, doch im mindern Grade, verunftals tet. Die Organiſation der Zooſpermen ſcheint alſo in Anſe— hung der Vollkommenheit und der Dauer mit der Hoͤhe der Thiere, denen ſie angehoͤren, gleichen Schritt zu halten. 309 gewefen feyen (Trait& pratique du mieroscope, p. 149). Ich habe die von Turpin gearbeiteten Abbildungen dieſer Saamen— thierchen geſehen, und dieſelben ſind durch die abweichende Form des Kopfes bei einigen, durch die des Schwanzes ꝛc. bei andern ſehr merkwürdig. $. 10. Ich habe, in Gemeinſchaft mit Herrn Milne Ed— wards, einen achtjaͤhrigen Hahn ſecirt, welcher, nachdem er ſich lange durch ſeine außerordentliche Zeugungskraft bemerklich gemacht, unfruchtbar geworden war. Alle Eier der Hennen, mit denen er ſich ſeit faſt einem Jahre begattet hatte, waren unbefruchtet geblie— ben, indem ſich bei der regeimäßigften Bebruͤtung keine Kuͤchelchen daraus entwickelt hatten. Als wir der Urſache dieſer Veränderung nachforſchten, fanden wir den linken Hoden desorganiſirt, und in feinem vas deferens nicht ein einziges Saamenthierchen. Der rechte Hode war weik und klein; fein vas deferens enthielt wenig Feuchtigkeit, und wir entdeckten in demſelben nur eine ſehr geringe Anzahl Saamenthierchen. Der Schwanz derſelben war fo ktein und durchſichtig, daß er erſt nach dem Auftrocknen der Feuchtigkeit zu erkennen war. An demſelben Tage unterſuchten wir einen jun— gen, ſehr fruchtbaren Hahn. Seine Hoden und vasa deferentia ſtrotzten, wie gewoͤhnlich, von Saamen. In dieſem wimmelte es von Zoofpermen, deren Schwaͤnze zweimal fo lang und dick waren, als bei den Thierchen des unfruchtbaren Hahnes. In Betreff des Volums des Kopfes war der Unterſchied weniger auffallend. Die Meſſungen fanden unter dem Mikroſcepe ſtatt, und die Zeichnun— gen wurden mit Huͤlfe der camera lucida bewirkt. Demnach war nicht nur die Saamenfeuchtigkeit in reichlicherer Menge vorhanden, ſondern dieſelbe Quantität derſelben enthielt vielleicht hundertmal ſo viel Zooſpermen, und dieſe waren etwa doppelt ſo groß. $. 11. Einer meiner Patienten, der vor zwölf Jahren auf beiden Seiten am Hodenſteine litt, hat ſeitdem in ſeinem Saamen nie die geringſte Spur von Saamenthierchen entdecken koͤnnen. Seine Beobachtungen verdienen um ſo mehr Vertrauen, da er ein ſehr geſchickter Mikrograph iſt und er wegen dieſer Abweſenheit der Zooſpermen auf die Ehe verzichtet hat, da er wegen dieſes Um— ſtandes ſich fuͤr zeugungsunfaͤhig hielt. Sein linker Teſtikel iſt ſehr klein, und die Epididymis des rechten haͤrter, als gewoͤhnlich. Der Dr. Labat hat vergebens Saamenthierchen in dem Saamen eines ſeiner Patienten geſucht, den er achtzehn Monate vorher wegen ei— ner Entzuͤndung beider Hoden und Bubonen behandelt hatte. Die— fer junge Mann war ebenfalls zeugungsunfaͤhig, obwohl er ſonſt kraͤf— tig und ziemlich feurig war. Zu bemerken iſt, daß in beiden Faͤl— len der Saame feinen ſpecifiſchen Geruch behielt Dr. Duvergie unterſuchte, um zu einer ſicherern Beſtim— mung der Kennzeichen des durch Haͤngen veranlaßten Todes zu ge— langen, die in der Harnroͤhre von Gehaͤngten enthaltene Materie unter dem Mikroſcope, da bekapntlich die Gehaͤngten, wenn fie ein angemeſſenes Alter haben, waͤhrend des Verendens einer mehr oder weniger reichlichen Saamenausleerung unterworfen find. Ich will hier einige Reſultate dieſer Unterſuchung mittheilen (vergl. Annales d’hygiene et de médecine légale, Janvier 1839). 1 In einigen Fällen fand Duvergie, ſtatt der Zooſpermen, in der Harnroͤhre nur eiförmiae Koͤrperchen, welche unge— ſchwoͤnzten Saamenthierchen glichen, und faſt jederzeit traf er ders gleichen Koͤrperchen auch in der aus den Saamenblaͤschen gewonne— nen Feuchtigkeit. „Iſt dieß nun,“ fragt er, „ein Embryonenzuſtand des sperma, oder eine Saamenfeuchtigkejt, in welcher die Entwickelung der 300: ſpermen in's Stocken gerathen iſt? Traͤgt dieſer Saame etwa den Staͤmpel der Unfruchtbarkeit an ſich? Dieſe Fragen getraue ich mich nicht zu entſcheiden. Indeß theilte ich dieſe Beobachtung dem Herrn Turpin mit, und dieſer gab mir zwei Umſtaͤnde an, wel— che die letztete Anſicht als die richtigere erſcheinen laſſen. Dieſer gelehrte und geſchickte Mikrograph unterſuchte den Saamen zweier Bruͤder, von denen der eine Arzt, der andere Pharmaccut war, und die beide ſeit vielen Jahren im Stande der Ehe lebten, aber keine Kinder hatten. Bei beiden befand ſich der eben beſchriebene Zu— ſtand des Saamens, und man beobachtete, daß jene eifoͤrmi— gen Koͤrperchen lebten und ſich nach Art der Saamen— thierchen bewegten. 310 In andern Fällen traf Dr. Duvergie nur eine ſehr geringe Anzahl Saamenthierchen in dem aus den Saamenbläschen gewon— nenen Saamen, und er ſcheint mir dieſen Umſtand der durch das Hängen veranlaßten Ejaculation zuzuſchreiben, da er hinzufuͤgt: „dieß bemerkt man auch bei den Lebenden in der Maaße, wie ſie den Begattungsact ſchnell hintereinander vollziehen.“ Allein wenn dieſe Vergleichung peſſend ſeyn ſollte, müßte der in den Saamen— bläschen gebliebene Saame Zeit gehabt haben, durch eine neue Se— cretion der innern Membran verduͤnnt zu werden, was nicht anzu: nehmen iſt. Wie dem auch fiy, ſo iſt doch dieſe Seltenheit der Saamenthierchen oder deren Erfigung durch eiformige Körperchen ſehr merkwürdig, da dieſe Erfcheinungen gerade die gewöhnlichen Folgen der bedenklichſten Saamenverluſte ſind und ich babe mittelſt einer großen Anzahl der ſchlagendſten Thatſachen nachgewirſen, wie oft dieſe bösartige Krankheit zum Selbſtmorde führt. Dieſe ver— ſchiedenen Vergleichungen koͤnnen alſo zu in vieten Beziehungen wichtigen Folgerungen führen. $. 12. Ungeachtet das Erkennen der naͤchtlichen Pollutichen durchaus keine Schwierigkeiten hat, unterſuchte ich den bei dieſen Ausleerungen (jacutirten Saamen unter dem Mikroſcope, und zwar bezogen ſich meine Beobachtungen auf Perſonen, deren Geſundheits— umſtaͤnde boͤchſt mannigfaltiger Art waren. Dabei gelangte ich denn zu folgenden Reſultaten. Anfangs, wenn die Ausleerungen nur felten vorkemmen und der Saame ſeine characteriſtiſchen Kennzeichen noch beſitzt, bemerkt man ruͤckſichtlich der Zahl, Größe ꝛc. der Zoofpermen nichts Ber ſonderes. Allein wenn die Krankheit fo weit forta:fchritten iſt, daß fie ihren Einfluß auf den ganzen Organismus aͤuß ert, wird der Saame flüffiger, und die darin enthaltenen Zoofpırmen find weniger entwickelt und lebhaft. Ihre Zahl nimmt jedoch noch nicht beteus tend ab, ja bei manchen Perſonen ſchien fie mir zuzunchmen. Wenn die Erectionen anfangen, ſchwaͤcher zu werden, zeigt ſich der Saame noch waͤſſeriger; die Zooſpermen ſind dann manchmal um 4, ja um die Hälfte kleiner, als im normalen Zuſtande, und der Schwanz läßt ſich bei 300 facher Vergroͤßerung ſchwer erkennen. Noch ſpaͤter werden die Saamenthierchen ſeiten; endlich enthielt bei zwei im letzten Stadium der Ruͤckenmarks abzehrung befindlichen Patienten der Saame durchaus keine Thierchen mehr, obwohl er feinen character'ſtiſchen Geruch beſaß. Wenn ich ibn mittelſt der ſtärkſten Vergrößerung und unter Anwendung aller oben erwaͤhn— ten Vorſichtsmaaßregeln unterſuchte, fand ich darin immer nur (ine ander ganz ahnliche glaͤnzende Kuͤgelchen von der ungefaͤhren Größe des Kopfes der gewoͤhnlichen Zoofpermen. Profeſſor Delille, der ein treffliches Amiciſches Mikroſcop befigt, und ſich deſſelben tägs lich zu den feinſten Unterſuchungen bedient, hat acnz daſſelbe geſe— ben. Dieſe Kuͤgelchen glichen in allen Bezichungen denjenigen, welche man in den Teſtikeln der an langwierigen Krankheiten ge— ftorbenen Perſonen findet. Die von mir uͤber den waͤhrend des Stuhlganges abgegange— nen Saamen angeſtellten mikroſcopiſchen Beobachtungen baben mir ähnliche Ergebniſſe geliefert. Wenn dieſe Verluſte nur zufällig und zu weit auseinanderliegenden Zeiten ſtattgefunden hatten, fo war der Saame dick, weißlich, ſtarkriechend und mit ſehr vollſtaͤndig entwickelten Zooſpermen angefuͤllt. Ich fand deren, zumal im Sommer, noch rab 1 — 2 Stunden am Leben. In dem klebri— gen Troͤpfchen, welches ſich nach den heftigen Anſtrengungen, die ſich bei hartnädiger Verſtopfung nötbia machen, gewoͤhnlich an der Muͤndung der Eichel zeigt, ſuchte ich vergebens nach Saamenthier⸗ chen; ich konnte derin nur eine völlig durckſichtige Fluͤſſigkeit er⸗ kennen, in welcher Abgoͤnge von Epithelium und Schleimkuͤgelchen ſchwammen, die in Geſtatt und Größe bedeutende Verſchiedenheiten darboten. Wenn dieſe Auslerrungen haͤufig und habituell werden, fo daß fie eine wahre Krankheit bilden, fo wird dabei gewoͤhntich weniger Saame auf einmal verloren, und derſelbe buͤßt nach und nach ſeine normate Beſchaffenbeit ein. Die Zoofpermen find gewoͤhnlich klei ner, als im Zuſtande der Geſundheit und immer weit weniger leb⸗ haft, als nach dem coitus. Ich beſitze Präparate, in denen fie faft um die Hälfte weniger dick und lang find, wie gewohnlich, und es iſt mir mehrmals der Fall vorgekommen, daß ich ſchon wenige Mi⸗ 207 311 nuten nach der Saamenausleerung nicht ein einziges lebendes Exem— plar antraf. Alles war zweckmäßig vorbereitet worden: die Kranz ten gingen im anſtoßenden Zimmer zu Stuhle; ſie fingen die Saa— menfeuchtigkeit auf einer eigens dazu vorgerichteten Glasplatte auf, die ich fo ſchnell, als moͤglich, in den focus des Mikroſcops brachte, und dennoch waren alle Zooſpermen ſchon voͤllig bewegungslos. Die Zuſetzung eines Troͤpfchens lauen Waſſers that nicht die ge— ringſte Wirkung, und ſie waren demnach binnen einigen Minuten unwiederbringlich geſtorben. Erreicht die Krankheit eine bedeutende Hoͤhe, ſo werden die Saamenthierchen ſelten, und an ihre Stelle treten ſogar zuweilen eifoͤrmige oder runde Koͤrperchen, wie die bereits beſchriebenen. Bei drei bis zum aͤußerſten Grade der Erſchoͤpfung herabgekomme— nen Patienten, welche bei jedem Stuhlgange einen Kaffeeloͤffel voll Saamen verloren, habe ich außerdem nichts Merkwürdiges wahrgenommen. Ich nenne die ausgeleerte Feuchtigkeit Saa men, weil ſie den ſpecffiſchen Geruch deſſelben hatte und weil nie eine fo große Menge Schleim oder humor prostaticus auf ein Mal aus der Harnröhre entweicht. Dieſe Fälle find allerdings außerordent— lich ſelten, allein es wurde hoͤchſt nachtheilig ſeyn, wenn deren Natur verkonnt würde, weil fie bei Weitem die gefährlichiten find und ſchnelle Abhuͤlfe bei ihnen Noth thut. §. 13. Die unausgeſetzt fortgehenden Ausflüffe find nie Saa— menausfluſſe, wie ſehr die ausgeleerte Feuchtigkeit auch ſchlecht verarbeitetem Saamen gleichen mag. In der bei Blennorrhoͤe aus— laufenden Feuchtigkeit habe ich nie Zooſpermen auffinden koͤnnen; immer habe ich in denſelben nur Kuͤgelchen von ſehr mannigfalti- gen Geſtalten, Fragmente von Epithelium und Fäden gefunden, welche bei ſeyr geringer Vergroͤßerung als gewaltig voluminoͤſe Koͤrper erſcheinen. Dieſe Faͤden ſind ſehr lang, mehr oder weni— ger durchſcheinend, zuweilen aͤſtig und ruͤhren von der Coagulation des humor prostaticus in der Harnroͤhre her. Sie veranlaſſen das wolkige Anſehen des zuerſt ausgstriebenen Harns und Veran: laſſen bei den Kranken oft Taͤuſchungen. Ich will damit nicht ge— ſagt haben, daß ich bei den mit Blennorrhoͤe Behafteten nie Saa— menthierchen gefunden haͤtte, ſondern nur, daß ich deren nie in dem characteriſtiſchen Ausfluſſe der Krankheit traf, ſondern in demjeni— gen, welcher bei den gewohnlichen Tag-Pollutionen, plotzlich und maſſenweiſe zum Vorſcheine kommt, und der Fall, daß die Blennor— rhoͤe in dieſer Weiſe complicirt iſt, gehört keineswegs zu den Sel— tenheiten. In manchen bedenklichen Krankheitsfaͤllen entweicht der Saame nicht bloß während der bei'm Stuolgange ſtattfindenden Anſtren— gungen, ſondern ſchon wenn die Bauchmuskeln behufs der Austrei— bung gewiſſer Gaſe kraͤftig zuſammengezogen werden. Die Kran— ken fühlen dann, daß das Ende ihrer Harnroͤhre feucht iſt, und wenn fie die Feuchtigkeit ausdrucken und auf einer Glasplatte auf— fangen , fo entdeckt man darin gewoͤhnlich einige Saamenthierchen, mit Schleimkuͤgelchen und Epithelſum Fragmenten vermiſcht, und bei einiger Uebung wird man jene leicht erkennen. (Schluß folgt.) 312 Mise ebhle n Ueber die Haemopis vorax, eine jener Blutegelarten, die in die erſten Verdauungs- und Reſpirationswege der Thiere und ſelbſt des Meuſchen eindringen und die bedenklichſten Zufalle veranlaſſen, hat neuerdings Herr Guyon, Wundarzt bei der Af— ricaniſchen Armee, der Academie der Wiſſenſchaften folgende Beob— achtungen mitgetheilt. Herr G. hat dieſen Blutegel an Huͤhner und Kaninchen geſetzt. Bei den Kaninchen ward er in die Naſen— hohlen oder den Maſtdarm, bei den Huhnern in den oviductus oder den oesophagus eingefuhrt. Er biß jedesmal ſogleich gierig an. Aus der Spaiſeroͤhre fuͤhrte er zuweilen den Kopf in den la- rynx ein, wodurch alsbald Erſtickungszufaͤlle veranlaßt wurden. Das Einſetzen der Blutegel (bei jeden Thiere ward nur ein Ex m— plar in Anwendung gebracht) fand am 8. September ſtatt. Am 21. deſſelben Monats zeigten ſich die Thiere bedeutend abgemagert. Sie f aßen wenig und harten ihre Munterkeit verloren. Die Huͤh— ner ſtarben in der erſten Halfte, die Kaninchen in der letzten Hälfte des Ostobers, ſämmtlich im Zuſtande der vollſtandigſten Abmage— rung. Die Blutegel ſaßen in ihnen noch feſt und waren bedeu— tend gewaͤchſen. Es fragt ſich, was bei großen Thieren, welche die Haemopis vorax nicht toͤdten kann, aus derſelden wird. Wahrſcheinlich fällt ſie aus ihnen von ſelbſt heraus und loͤſ't ſich zu dieſem Zwecke ab, während das Thier aus einer Pfuͤtze ſaͤuft. In der heißen Jahreszeit nimmt das Vieh in Algerien eine be— trachttiche Anzahl dieſer Blutegel auf; denn faſt in allen alsdann geſchlachteten Stucken findet man deren an verſchiedenen Stellen der Verdauungs- und Reſpirationswege. Herr G. hat beobachtet, daß vice von den groößern Thieren, bei denen man dergleichen Blutegel fand, mehr oder weniger abgemagert und krank waren, und die, in welchen ſich die meiſten befanden, waͤren wahrſchein— lich, gleich den Huͤhnern und Kaninchen, daran geſtorben. Uns ſtreitig ſpielt die Haemopis vorax bei den Krankheiten, denen das Vieh in Algerien in der heißen Jahreszeit unterworfen iſt, eine Hauptrolle, weßhalb dieſer Gegenſtand gewiß alle Aufmerkſamkeit verdient und man ſo viel moͤglich vorbeugend einwirken ſollte. Da— durch wuͤrde ſicher auch der Geſundheitszuſtand der Truppen und der Einwohner verbeſſert werden; denn der Genuß des Fleiſches von Thieren, die vollſtaͤndig abgemagert und durch die Qualen, die ſie erduldet haben, innerlich aufgerieben ſind, muß auf die Geſundheit nothwendig einen unguͤnſtigen Einfluß aͤußern. Ueber einen, vor einigen Wochen bei Rocheſervis— res herabgefallenen Aérolithen, wird jetzt in Bourbon, in der Vendée, ein Proceß verhandelt. Der Maire der genannten Ge— meinde macht für feinen Schwager, den Eigenthümer eines Grund: ſtucks, wohin der Stein gefallen iſt, auf letztern Anſpruch, und auf der andern Seite will eine Pecfon, die ion von Bauern gekauft hatte, welche denſelben fallen ſehen und aufgehoben hatten, ihn nicht herausgeben. ech Ueber den inneren Gebrauch des falpeterfauren Silbers bei chroniſcher Entzuͤndung der Därme, Von. J. J. Mac Gregor zu Dublin. Es iſt nicht die Abſicht, hier ausfuͤhrlich auf die Ae— tiologie der Darmſchleimhaut-Ent zuͤndungen einzugehen; doch moͤchte ich die Bemerkung ausſprechen, daß, waͤhrend man in Frankreich und in andern Laͤndern mit großem Erfolge Mühe und Zeit darauf verwendet, die naͤchſten Urſachen der gastritis und enteritis kennen zu lernen, die entfernteren Urſachen in der Conſtitution vernachlaͤſſigt wurden, obwohl n fie von weit groͤßerer Wichtigkeit find, Es iſt kaum noͤ— thig, hin zuzufuͤgen, daß ſich dieſe Bemerkungen auf die ſpe— cifiſchen Entzündungen beziehen, wie, z B., auf diejenigen, welche im Verlaufe langwieriger Krankheiten der Reſpira— tionsorgane eintreten. Es iſt auffallend, daß acute Affec— tionen der Darmcanalſchleimhaut nicht weit haͤufiger vor— kommen; man braucht nur daran zu denken, wie ſehr fie der Einwirkung roher und reizender Subſtanzen ausgeſetzt ſind, wie groß die Sympathie zwiſchen den Daͤrmen und der Hautflaͤche und wie haͤufig Wechſel von Traurigkeit und Aufregung, ſelbſt in einem Tage vorkommen, um zu 313 fühlen, daß die aͤußerſt zarte Structur des erwähnten Dr: gans nur durch ſeine weiche und nachgiebige Natur, ſo wie durch die Schnelligkeit der Wiederherſtellung erhalten wird, womit die Schleimhaut begabt iſt. Es waͤre eine wichtige Aufgabe, die Urſachen ſecundaͤrer Entzuͤndungen der Daͤrme zu erforſchen, namentlich ſolcher, welche von Krankheiten an— derer Organe abhaͤngen, oder ihnen wenigſtens folgen. Es kann kein Zweifel ſeyn, daß in vielen ſolchen Faͤllen, z. B., bei Darmgeſchwuͤren, Tuberkeln auch in den Daͤrmen zu finden ſind, welche ſich mit denen in den Lungen gleichzeitig entwickelt haben; in der Regel, aber iſt dieß nicht der Fall, denn die erſten Symptome der Darmaffection kommen ſel— ten fruͤher vor, als gegen das Ende dieſer toͤdtlichen Krank— heit und nachdem das Lungengewebe bereits mehr oder min— der desorganiſirt und deſſen Function aufgehoben iſt. Hier— bei entſteht natürlich die Frage, ob die Darmaffection von dieſer Functionsſtoͤrung oder von einer urſpruͤnglichen con— ſtitutionellen Anlage, oder von einer Praͤdispoſition zu einer ſpecifiſchen Krankheit herruͤhre. Dieſe letztere Anſicht iſt vielleicht in manchen Faͤllen die richtige; doch wird man bei weniger Ueberlegung ſich uͤberzeugen, daß die große Mehr— zahl kritiſcher Durchfaͤlle von ſecundaͤrem Character iſt und entweder von der zunehmenden und langdauernden Kran fs beit der Lungen oder von partieller oder vollſtaͤndiger Stoͤ— rung der Verdauungsorgane herruͤhrt. In dieſen Faͤllen iſt nicht allein die Quantitaͤt, ſondern auch die Qualitaͤt des Blutes geändert und die naturgemaͤße Circulation deſſelben gehindert, ſo daß die Darmcongeſtion offenbar eine Folge der krankhaften Störung der vitalen und phyſicaliſchen Ges: ſetze iſt, welche den normalen Zuſtand des Organismus be— dingen. Es koͤmmt dieſer Zuſtand indeß nicht bloß von Verſtopfung des Circulationsapparates in den kranken Lun— gen her; denn wir finden fie niemals bei andern Krankhei— ten, z. B., bei Pneumonie, wobei doch die Lungen durch Hepatiſatien feſtgeworden find; bei dieſer Krankheit kemmen ſehr ſelten Störungen der Verdauungsorgane vor, und die Berftoptung der Lungen ſcheint von zu kurzer Dauer, um ſo uͤbele Folgen zu bedingen. Nimmt man den aufgeſtell— ten Satz an, fo folgt, daß ein bloß locales Mittel von ſehr voruͤbergehendem Nutzen ſeyn muß, und daß die Aufmerk— ſamkeit des Arztes auf die Veränderung des Verhuͤltn ſſes gerichtet ſeyn muß, in welchem ſich Verdauungs- und Cir— culationsſyſtem befinden. Es iſt nicht zu leugnen, daß die meiſten Schriftſteller uͤber Phthiſis mit dieſer Anſicht uͤber— einſtimmen und eine Vereinigung der allgemeinen und loca— len Behandlung empfehlen. Dieſe Behandlungsweiſe aber iſt mehr die Folge einer inſtinctmaͤßigen Annahme, daß es nothwendig ſey, den allgemeinen Kraͤftezuſtand der Kranken zu unterſtuͤtzen, als daß fie auf der Abſicht beruhete, auf den Ausſcheidungsproceß bei der Chylification einzuwirken. Man verſchlimmert die Sache, wenn man den Verdauungs— organen noch mehr zumuthet, als fie auszuführen im Stan— de ſind; waͤhrend alſo eine naͤhrende Diaͤt verordnet wird, ſollte man auch darauf ſehen, daß der Organismus im Stande ſey, von dieſen Unterſtuͤtzungsmitteln den geeigneten Gebrauch zu machen. Phthiſiſche Diarrhoͤe wird viel zu 314 ſehr nur als ein Symptom der Lungenkrankheit betrachtet, und die gebraͤuchliche Behandlung derſelben muß, wenn mei— ne Anſicht richtig iſt, gewoͤhnlich ſogar außer Stande ſeyn, ſelbſt eine Erleichterung dieſer uͤbeln Folgen herbeizufuͤhren. Die gewöhnliche Behandlung bei phthiſiſcher Diarrhoͤe beſteht in Folgendem: Findet ſich Schmerzhaftigkeit bei'm Drucke in der untern Bauchgegend, ſo empfiehlt man einige Blut— egel mit warmen Umſchlaͤgen; dieß wird wiederholt, je nach— dem die Schmerzen anhalten, oder die Kraͤfte des Kranken es geſtatten; hierauf folgt ein Blaſenpflaſter, Brechwein— fteinfalbe oder eine Einreibung von Grotonöl oder, was noch beſſer iſt, bei Verdacht auf Meſenterialleiden, ein Opiat⸗ oder Belladonna-Pflaſter uͤber den Unterleib. Da der Schmerz, in der That, haͤufig von Meſenterial- oder Peri— tonaͤalreizung abhaͤngt, ſo folgt Linderung; aber die Sym— ptome des Durchfalles ſind unveraͤndert, und der arme Kranke hat außer feinem Huſten, außer der Dyspnoͤe und den todesaͤh lichen Ohnmachten auch noch jede halbe Stun: de eine Ausleerung mit Tenesmus und prolapsus ani. Huͤhnerbruͤhe und andere erweichende Clyſtire geben tempo— raͤre Erleichterung, erleichtern auf kurze Zeit den Schmerz, werden aber bald wieder ausgeleert. Man thut nun Opium zu der naͤchſten Einſpritzung, oder es wird ein Opiumzaͤpf— chen angewendet, und der Kranke hat wiederum einen vor— uͤbergehenden Strahl von Hoffnung. Das Opium hemmt die Haͤufigkeit der Ausleerung fuͤr einige Stunden; aber dieſelben kommen nachher nur mit um fo größerer Heftigkeit wieder. Das Hydrargyrum cum creta mit Dover's Pulver, die Mixtura Calcairae composita mit Cate- chu, Kino, Haematoxylon und alle den übrigen Routine— Adſtringentien werden verſucht, aber alle mit nur voruͤbergehen— dem Nutzen. Der Kranke fällt endlich in die Haͤnde irgend eines unwiſſenden Krankenwaͤrters, welcher ihn fuͤr irgend ein Specificum einnimmt, aber in ſeiner Sorgfalt nicht weiter koͤmmt, als zu Portwein oder Branntwein. Das eſſigſaure Blei in Clyſtiren oder in Pillen wird ebenfalls vergeblich verſucht; denn dieſes kraͤftige Heilmittel iſt in dies fen Faͤllen ohne Nutzen So unſchaͤtzbar es zur Hemmung heftigen Bluthuſtens oder der Gebaͤrmutterblutfluͤſſe oder an— derer blutiger oder ſeroͤſer Ausleerungen iſt, fo kann man doch nichts davon erwarten bei phthiſiſchen Diarrhoͤen. Der Grund iſt leicht einzuſehen; die eigenthuͤmliche Wirkung des Mittels bezieht ſich auf die Mündung der Gefäße, die ſich im Zuſtande uͤbermaͤßiger Secretien befinden, oder es wirkt als ein allgemeines Beruhigungsmittel auf die Thaͤtigkeit des Herzens und des ganzen Arterienſyſtems; aber bei Krank— heiten der Daͤrme bei Phthiſiſchen iſt die Abſonderung Fol— ge einer Entzuͤndung und bisweilen einer Zerſtoͤrung der Theile, und deswegen hemmen alle ſolche Mittel nur vor— uͤbergehend die Ausſcheidung, und dieſe koͤmmt nachher nur um ſo heftiger wieder. Das Darmgeſchwuͤr ſelbſt bleibt unveraͤndert. Beabſichtigt man irgend einen weſentlichen Nutzen, ſo iſt dieſer nur von ſolchen Mitteln zu erwarten, welche den krankhaften Zuſtand des Darmes ſelbſt heben und gleichzeitig vielleicht auf den Geſammtorganismus ein⸗ wirken. 815 Den Wundärzten iſt der Werth des ſalpeterſauren Sil— bers in verſchiedenen Formen als Heilmittel bei Geſchwuͤren nicht bloß auf der aͤußern Koͤrperoberflaͤche bekannt, ſondern auch bei vielen Schleimhautentzuͤndungen, z. B. bei Angina, Gonorrchoͤe, Gonjunctivitis ꝛc.; es iſt, in der That, in die— fen Krankheiten als das vorzüglichfte Heilmittel zu betrach— ten; es iſt innerlich in Pillenform gegen Dyspepſie und Epilepſie von vielen Aerzten empfohlen, welche ſich dabei wenig um die eigenthuͤmliche Wirkungsweiſe deſſelben bekuͤm— mern. Ih habe es bei beiden Krankheiten öfters gegeben, bei der erſtern mit dem entſchiedenſten Erfolge, bei der letz— ten, wie zu erwarten war, ohne alle Wirkung. Im Dublin med. Journ. May 1840 befindet ſich eine intereſſante Mittheilung von Dr. Hud ſon aus Navan über den Gebrauch des ſalpeterſauren Silbers bei Dyspep— ſien und ſeroͤſen Durchfaͤllen Bei gewoͤhnlicher Dysenterie empfiehlt Dr. Rummel das Strychnin, deſſen ausgezeich— neten Nutzen auch die DDr. Graves und Stockes in ihren kliniſchen Berichten beſtaͤtigen. Ja aͤhnlichen Fällen empfehlen Mackintoſh und Elliotſon das ſchwefelſaure Kupfer. Meine Abſicht dagegen iſt, zur Behandlung der Diacrhoͤe im letzlen Stadium der P; thiſis einen Beitrag zu geben, um mindeſtens ein hoͤchſt laͤſtiges Symptom zu erleichtern, welches jahrlich bei Tauſenden der Opfer, welche einem frühen Grade zueilen, nicht wenig zur Vermehrung der Leiden beiträgt. Nach der Natur des Leidens iſt es un— möglich, daß bloß; adstringentiavon irgend einem wirklichen Vortheile ſeyen; es iſt ein Mittel erforderlich, welches local auf die krankhafte Darmpartie wirkt und zugleich für den ganzen Organismus und zuerſt für die Verdauungsorgane toniſch wickt. Das ſalpeterſaure Silber verbindet bekanntlich dieſe beiden Eigenſchaften, und es iſt mehr, als wahrſcheinlich, daß die gute Wirkung des Mittels in vielen Fillen von Dospepſie von dieſen zwei W'rkungen hercuͤhrt. Die Mehr— zahl der Fille, in welchen ich einen guten Erfolg geſehen habe, waren ſolche, welche unverkennbar mit chroniſcher Eat: zuͤndung des Magens und allgemeiner Sch vache verbunden waren. Es erhebt ſich ein Zweifel darüber, ob das Mittel nicht chemiſch veraͤndert werde, bevor es den untern Theil des Darmes erreichen kann; es iſt wahrſcheinlich, daß eine ſolche Veranderung vorkommt, aber dieſe ſcheint die wohl: thaͤtige Werkung des Mittels nicht zu veraͤndern. Man wird mich nicht dec Leichtglaͤubigkeit zeihen, wenn ich an— nehme, daß das Mittel die Beſchaffenheit der Darmgeſchwü— re, wenn es mit denſelben in Berührung koͤmmt, auf dieſel— be Weiſe verändert, wie es auf andere ent zuͤndliche Flachen wirkt. Auf feine Wirkſamkeit bei phthiſiſchen Diarrhoͤen kann man fih uͤbrigens allerdings mehr verlaſſen, wenn man dieſelbe in Form von Pillen nehmen laͤßt, als wenn es in Clyſtirform gegeben wird; dieß kann von dem Einfluſſe auf den Geſammtorganismus, in Verbindung mit der loca= len Wickung, oder von der groͤßern Sicherheit, herruͤhren, mit der es bis zu der entzuͤndeten Fläche gelangt. Man kann Übrigens das Mittel furchtlos anwenden, man hat von der ätzenden Wirkung nichts zu fuͤrchten, und mit dem in» 316 nern Gebrauche deſſelben iſt durchaus keine Gefahr ver— bunden. Einer meiner Collegen beruͤhrte einſtmals ein Rachen— geſchwuͤr mit einem Stuͤck Hoͤllenſtein, welches ihm dicht an ſeinen Fingern abbrach, ſo daß, wie er verſichert, nicht weniger als ein Serupel in den Magen des Mannes ges langte. Dieſer Kranke erlitt nicht die mindeſte Belaͤſti— gung davon. Dieſe Beobachtung (2!) ſcheint ſehr beſtimmt eine chemiſche Umaͤnderung des Salzes zu beweiſen; wenn dies ſelbe indeß vorkommt, fo darf man doch nicht glauben, daß; das neue Salz unwirkſam ſey. Die Wirkung des ſalpe— terſauren Silbers zur Hemmung der Fortſchritte von Shieimhautgefhwüren des Darmes iſt nicht auffallender, als deſſen Wirkung bei den raſch zerſtoͤrenden Hornhautge— fhviren, wo es ganz ſpecifiſch der weitern Ausbreitung Einhalt thut. Ich bin indeß uͤberzeugt, daß bei phthiſiſchen Diarrhoͤen eine combinirte Wirkung ſtattfindet. Man hat der Digitalis vorgeworfen, daß ſie nur die Entzuͤndung zu— ruͤckdraͤnge, aber nicht hebe. Daſſelbe kann man bei phthi— ſiſchen Diarrhoͤen auch von Opiaten und Adſtringentien bes hanpten; fie halten eine kurze Zeit die Secretion zuruͤck, ſind aber nicht im Stande, auf die kranke Schleimhaut und auf den allgemeinen Zuſtand der Circulation zu wirken. Bevor ich zur Mittheilung einiger Faͤlle uͤbergehe, muß ich noch folgende wichtige Frage beruͤckſichtigen: Veranlaßt die Hemmung der Diarrhoͤe jemals Waſſerſucht, oder eine toͤdtliche Krankheit irgend eines andern wichtigen Organes? Ich muß geſtehen, daß in einem intereſſanten Falle, in wel— chem es mir gelang, das Darmleiden nach mehrmonatlicher Dauer zu heben, Bruſtwaſſerſucht einige Zeit vor dem Tode eintrat, und daß ich geneigt war, dieſe, da ſie ploͤtzlich ein» trat, von der Hemmung der Diarrhoͤe abzuleiten; ob hier— zu wirklich Grund war, kann ich nicht ſagen; indeß waren wenig oder keine Symptome der Waſſerſucht zu bemerken, bis die Diarrhoe ſtand. Folgende Fälle mögen aus meinem Journale mitgetheilt werden. L. M., eine junge Dame von dreiundzwanzig Jahren, befand ſich bereits ſeit mehreren Jahren in einem ſehr be— denklichen Geſundheitszuſt inde und hatte beſtaͤndig aͤrztliche Hülfe noͤthig. Die Functionen des uterus und der Ver— dauungsorgane waren geſtoͤrt; alles deutete auf verborgen liegende Tuberkeln, obwohl noch keine Lungenſymptome einz getreten waren. Im April 1840, während fie zu einem Beſuche auf dem Lande war, ſtellte ſich Diarrhoͤe ein. Dieſe Darmaffection dauerte, mit leichten Unterbrechungen, bis zum Juni, als ich, auf den Wuͤnſch ihres Arztes, einmal mitten in der Nacht gerufen wurde. Sie hatte ploͤtzlich einen heftigen Krampfanfall gehabt, welcher indeß bald nachließ. Jh beachtete den Zuſtand ihrer Daͤrme, hoͤrte, daß durch— ſchnittlich ſechs oder ſieben Stühle in vierundzwanzig Stun— den vorhanden waren, welche ſehr ſtark rochen und aus S hleim, mit etwıs Fices gemiſcht, beſtanden. Sie klagte uͤber heftige Schmerzen unmittelbar vor und nach jedem Stuhle, uͤber ſehr heftigen Tenesmus und bisweilen eintre— tenden prolapsus ani. Der Unterleib war ausgedehnt, tympanitiſch und ein maͤßiger Druck mit der Hand erregte 317 die unertraͤglichſten Schmerzen, beſenders über der rechten Darmbeingegend. Der Puls variitte von 112 bis 120 war ſpitz und leicht zuſammenzudruͤcken, die Haut heiß, da— bei ſtarker Durſt, Appetitloſigkeit, Abmagerung und aͤußerſte Schwaͤche, bleiche Geſichtsfarbe und leichte Geſchwulſt der Augenlider. Huſten war nicht zugegen, und die Auſculta— tion ergab kein anderes Krankheitszeichen, als heftiges Herz: klopfen in Folge der nervoͤſen Erregung. Das Zahnfleiſch war von alterirenden Doſen des Hy- drargyrum cum cxeta mit Doverspulver, welche ſie bis dahin genommen hatte, leicht afficirt. Es wurden vier Blutegel über die rechte Darmbeingegend geſetzt; zugleich wurde ein Ciyſtir mit Huͤhnerbruͤhe gegeben, wovon fie vorübergehende Erleichterung fpürte, wiewohl in wenigen Stunden die Diarrhoͤe und der Schmerz wiederkehrten. Bleizucker in Clyſtirform war bereits ohne guten Erfolg gegeben worden. Die Diarrhoͤe war bald mit erneueter Heftigkeit wieder ein— getreten, als wenn ſie durch die Unterbrechung nur geſteigert worden waͤre. Anderthalb Gran ſalpeterſaures Silber in zwei Unzen deſtillittem Waſſer, mit einer halben Drachme Tinctura Opii acetosa, wurden in Form eines Clyſtirs gegeben und oͤfters mit entſchiedenem Vortheil wiederholt. Die Stühle wurden im Verlaufe von vierundzwanzig Stun— den auf vier beſchraͤnkt; der Schmerz in der rechten Darm— beingegend dauerte aber fort. Es wurde eine Conſultation mit Sir Henry Marſh angeſtellt und dabei beſchloſſen, das falpeterfaure Silber in Pillenform anzuwenden. Es wurde in deſtillirtem Waſſer aufgelöft, 1 Gran mit I Gran Opiumextract und Brodtkrume zu einer Pille verwendet, welche alle ſechs Stunden genommen werden mußte. Die Beſſerung, welche eintrat, war ſehr befriedigend; die Stuhlgaͤnge beſchraͤnkten ſich auf zwei in vierundzwar zig Stunden, und der Tenesmus war beträchtlich vermindert. Es wurden Blaſenpflaſter auf den Unterleib gelegt und der Kranken etwas Braten, Wein, Eſelsmilch mit Syrupus capillorum etc. verordnet. Die Kranke durfte ihr Zim— mer wieder verlaſſen und ſich taͤglich zwei oder drei Stun— den in dem Garten mit einem Rollſtuhle Bewegung ma— chen. Der Schmerz in der Darmbeingegend dauerte fort; es wurde nun ein Opiatpflaſter uͤber die Bauchflaͤche ge— legt. Die Kranke ſchlief ziemlich gut, beſſerte ſich bei die— ſer Behandlung, erlangte jedoch weder ihre Kraͤfte, noch ih— ren Appetit wieder bis gegen Ende des Septembers. Die Diarrhoe war nicht wieder eingetreten, und bei Druck auf den Unterleib war wenig oder gar kein Schmerz zu bemer— ken. Die Stuhlgaͤnge hatten ihr normales Ausſehen und gute Conſiſtenz wiedererlangt. Auf ihren Wunſch wurde die Kranke an die Seekuͤſte geſchickt, wo ich fie woͤchentlich drei bis vier Mal beſuchte. Sie war hier heiterer, aber ſehr ſchwach und todtenblaß. Gegen Mitte Octobers klagte ſie uͤber etwas Huſten. Die Palpitationen wurden quaͤlen— der; der Puls war ziemlich gut; der Schlaf vortrefflich; da— bei ſpricht ſich ein großes Verlangen, laͤnger zu leben, aus; der Huſten wurde quaͤlender, es ſtellte ſich Ergießung in die Bruſthoͤhle und in das Zellgewebe ein: der Hu— ſten wurde durch ein Blaſenpflaſter erleichtert. Die Kran— 318 ke wurde nun, auf ihren eigenen Wunſch, in die Stadt zuruͤckgebracht; hier nahm die Bruſtwaſſerſucht raſch zu, und gegen Ende Octobers verſchied ſie ohne weitere Leiden. In dieſem Falle wichen die Diarrköe und die übrigen Sym— ptome von Darmaffection faſt unmittelbar dem Gebrauche des ſalpeterſauren Silbers, obwohl faſt zwei Monate lang eine ganze Reihe adſtringirender Mittel ohne Erfolg gegeben worden warenz bemerkenswerth aber iſt befonders, daß die Diarrhoe vom Juni bis zum October vollſtaͤndig wegblieb. Die Kranke nahm die Pils len bis in die listen Tage, ohne im Mindeſten dadurch belaͤſtigt zu werden. In dieſem Falle von Phbthiſis bewies das Hinzutreten der Lungenſymptome die Wichtigkeit der fruͤhern Diagnoſe. Zweiter Fall. Patrik Rorke, ein Schuhmacher, einunds zwanzig Jahr alt, ſchlank, engbruſtig, mit hohen Schultern, kam im Juti 1840 in das South-Eastern Dispensary. Er klagte über einen acuten Schmerz in der rechten Seite, welcher zunahm, wenn er tief einathmete; dabei heftiger, hohler Huſten, copioſer, gelber Auswurf, mit Blut geſtreift, äͤußerſte Schwache, ſehr quaͤlende Dyspnde mit Palpitation, Abmagerung, ſchlechter Appetit, Puls 120, ſchwach, ſehr laͤſtige Diarrhde und Nachtſchweiße. Ich beſuchte dieſen Kranken in ftiner Wohnung und entdeckte eine große Tuberkelhoͤhle unter dem Schluͤſſelbeine, im obern Lap— pen der rechten Lunge. Er konnte nicht den leichteſten Druck auf den Unterleib ertragen und mußte alle 20 Minuten zu Stuhtle gehen. Ich verordnete einige Blutegel auf die Buuchfläche, mit Fomentationen aus Mehnkoͤpfen und Belladonna -Extract. Der Kranke erhielt eine Pille aus 1 Gran ſalpeterſaurem Silber, 4 Gran Opiunnxtract und 3 Gran zuſammengeſetztes Zimmtpulver alle drei Stunden. Am folgenden Tage war die Anzahl der Stuhlgaͤnge bereits auf vier in vierundzwanzig Stunden beſchraͤnkt; dabei hatte der Kranke beſſer geſchlafen, als ſeit mehren Wochen; er erhielt Hammelbraten und Porter. Die Nachtſchweiße waren ebenfalls vermindert. Ich ſah den Kranken zwei eder drei Mal woͤchentlich, fait einen Monat lang, und in dieſer Zeit war die Diarrhoe nicht wieder eingetreten. Die Stubigaͤnge beſchränkten ſich auf zwei in vierundzwanzig Stunden, ohne allen Schmerz. Der Huſten blieb ftationär ; der Kranke ging, auf meinen Rotb, auf das Land, und ſeitdem habe ich niemals mehr etwas von itm gehoͤrt. In dieſem Falle waren weder Adſtringentien nach Opiate verſucht worden, und die gute Wirkung des ſalpeterſauren Silbers trat auf der Stelle ein. Dritter Fall. Gewoͤhnliche chreniſche Diarrhoe. Mary Brennan, 40 Jahre alt, hat ſeit vier Monaten einen ſebhr laͤſti— gen Durchfall, wegen deſſen fie bereits im Spitale und in der Be— handlung mehrerer Aerzte geweſen war, ohne die mindeſte Er— leichterung zu erleiden. Sie leitet ihr Uebel devon ber daß ſie zu viel friſches Gemuͤſe gegeſſen habe. Es wurde in dem ſchon ange— führten Verhaͤltniſſe der Gaben falpeterfaures Silber mit waͤſſeri— gem Opiumextract verordnet. Am 12. Auauft glaubte die Kranke, daß ihr die Pillen nicht bekaͤmen, daß fie die Zahl der Stuhlgaͤnge vermehrten. Ich drang indeß darauf, daß ſie bei dem Mittel be— harre, und Tags darauf hatte fie bloß zwei Stuhtgaͤnge. Am 14. hatte ſie keine Oeffnung, am 15. einen Stuhlgang; der Appetit war ſehr gehoben Ich ſah die Kranke eine Woche nicht und fand ſie nachher vollkommen wohl. Vierter Fall. Am 5. Mai 1840 kam John Boardman, 64 Jahre alt, von floridem Ausſehen und von Geſchaͤft ein Weber, nach dem St. Peters Dispensary und gab an, daß cr ſeit den letzten achtzehn Monaten an Diarrböe leide und mindeſtens zwölf Mal in vierundzwanzig Stunden zu Stuhle gehen muͤſſe. Etwa anderthalb Jahr vorber war ihm von Herrn Colles, im Steffens-Heſpital, eine Geſchwulſt aus der Kopfhaut exſtirpirt worden; unmittelbar darauf trat fein Unterleibsleiden ein, welches bisjetzt allen Mitteln widerſtanden batte, die von den Aerzten in England und Irlond verordnet waren, da der Kranke bisweilen genötbiat war, in Ges ſchaͤften Irland zu bereiſen. Der Kranke klagte über keinen Schmerz, die Stublgaͤnge waren waͤſſerig und von dunkelbrauner Farbe, ſehr uͤbelriechend und ohne Beimiſchung von Blut oder 319 Koth. Gaſtriſche Symptome waren nicht vorhanden; die Menge des Urins war beträchtlich vermindert. Ich verordnete: Argenti nitrici erystallisati gr. xjj; Extr. Opii aquosi gr. jjj.; Extr. Gentianae gr. xvjjj; M. f. pilulae No, XII. Nach jedem fluͤſſi— gen Stuhl eine zu nehmen. Am 9. Mai kam er zu mir und gab an, daß er ſich viel beſ— fer befinde, indem feine Stuhlgaͤnge von zwölf auf zwei täglich vermindert waren: die Quantität des Urins hatte beträchtlich zus genommen; der Gebrauch der Pillen wurde fortgeſetzt. Am 15. Mai befindet ſich der Kranke viel beſſer. Es erfolgen zwei Stuhl— gange in vierundzwanzig Stunden, welche indeß immer noch dunkel gefärbt und ferös find. Am 10. Auguſt ſah ich den Kranken erft wieder. Er befindet ſich vollkommen wohl und hat jetzt regelmaͤßig nur einen einzigen Stuhlgang in vierundzwanzig Stunden. Ich hatte Sorge, daß ſich in dieſem Falle nach Unterbrechung der Diarrhoe eine Waſſerſucht ausbilden möge, ſowohl wegen der langen Dauer und der großen Menge der ſeroͤſen Abſonderung, welche ſo ploͤtzlich durch die Anwendung des ſalpeterſauren Silbers unterdruͤckt worden war; ich meinte, es ſey dieſe Abſonderung ein Naturbeſtreben, welches nicht ungeſtraft zu unterbrechen waͤre; die Folge widerlegte indeß meine Sorgen, beſonders da die Nieren ihre normale Function wieder übernahmen, Ich zweifle nicht, daß chroni— ſche Entzündung der Daͤrme ſowohl in dieſem, als in dem vorher— gehenden Falle die Urſache der Diarrhoͤe war. Fuͤnfter Fall. John Taafe, 27 Jahr alt, ein Holzſaͤger, brünett und von fahler Geſichtsfarbe, hatte mehrere Anfälle von Bluthuſten, welche durch Vendͤſection und eſſigſaures Blei gehoben wurde; es fand ſich eine deutliche Höhle unter dem linken Schluͤſ⸗ ſelbeine; ſehr quälender Huſten, Abmagerung und profuſe Diarrhoe mit heftigem Grimmen waͤhrend der Stuhlausleerungen, welche mit Kothballen und Blutklumpen gemiſcht waren. Der Mann be: kam eine Bleicolik durch den anhaltenden Gebrauch des eſſigſau— ren Bleies; dieſe wurde durch wiederholte Doſen Bitterfalz, Schwefelſaͤure und deſtillirtes Waſſer gehoben. Die Diarrhoͤe trat zwei Monate ſpaͤter wiederum ein. Am 25. Auguſt 1840 wendete er ſich um Huͤlfe an mich. Ich fand ihn in einem ſehr geſchwächten Zuſtande, durch Schmerzen er— ſchoͤpft. Er hatte bis zu dreißig Stuhlgaͤnge in vierundzwanzig Stunden, war zu einem Skelett abgemagert und mußte nach jedem Biſſen, welchen er genoß, ſogleich zu Stuhle gehen. Ich verord— nete 1 Gran ſalpeterſaures Silber mit J Gran waͤſſerigem Opium: extract, alle drei Stunden, mit einem Belladonna- und Opiat⸗ pflaſter über den Unterleib. Der Kranke erhielt Huͤhnerbruͤhe und ein Getränk aus einem Theil Kalkwaſſer und zwei Theilen kochender Eſelsmilch mit Syrupus capillorum, Am 26. fand ich den Kranken ſehr kraͤftig und bei gutem Muthe. Er hatte nur vier Stuͤhle in vierundzwanzig Stunden ge— habt und mehrere Stunden Schlaf genoffen. Es ging ihm von da an beſſer, ohne daß feine Diarrhoe einen Ruͤckfall gemacht hätte, bis er die Pillen einige Tage ausſetzte, worauf die Diarrböe, jedoch mit geringerer Heftigkeit, wiederum eintrat. Ich verordnete, „; Gran Strychnin mit 4 Gran Opium: extract nach jedem Stuhle zu nehmen. 820 Am 10. September war keine Diarrhoͤe vorhanden; der Kranke war im Stande, wieder im Bette zu ſitzen und fuͤhlte ſich weit leichter; gegen Abend jedoch verſchied er plotzlich in einem Blutſturze, welcher durch einen Huſtenanfall hervorgerufen wor— den war. Es wuͤrde zu weit fuͤhren und ohne Nutzen ſeyn, wenn ich dieſe Auswahl von Fällen noch vermehren wollte. Die bisjetzt mitge— theilten Beobachtungen beweiſen hinreichend die Wirkſamkeit des falpeterfauren Silbers bei Diarrhoͤen von Entzündung der Schleim— haut des Darmcanals, dieſe mag fecundärer oder primaͤrer Art ſeyn. Ich betrachte das Mittel aber beſonders deßwegen als wich— tig, weil es bei den phthiſiſchen Durchfaͤllen Erleichterung ſchafft, wobei ich hinzufügen kann, daß in keinem einzigen Falle, in wel— chem ich es verſuchte, das Mittel ſeine gute Wirkung verfehlte. In einigen Krankheitsfaͤllen kehrte die Diarrböe, nachdem fie zuerſt gebeſſert worden war, wieder; aber in faſt allen fand ich, daß es den Schmerz und Tenesmus beſeitigte und die profuſen Durchfälle hemmte, wodurch wenigſtens Tage und Wochen lang den ungluͤck— lichen Kranken Ruhe und eine behaglichere Exiſtenz verſchafft wur— de. (The Lancet, 25. Sept. 1841.) Miscellen. Eine Zerreißung des rectus femoris kam Herrn John Grandham, nach der London med. Gaz., Sept. 1841, bei einem Drucker vor, welcher bei einem Fehltritte hingefallen war und dabei ein lautes Schnappen gerade uͤber der Knieſcheibe, verſpuͤrt hatte. Der heftige Schmerz machte ihn beinahe ohnmaͤch— tig. Er ließ ſich nach Hauſe bringen und heiße Umſchlaͤge machen. Durch Ruhe erholte er ſich von feiner Verletzung, und ſechs Wo— chen danach wendete er ſich zuerſt an den Arzt, weil er noch zu dieſer Zeit großen Schmerz bei'm Gehen hatte. Es fand ſich eine große Geſchwulſt, welche durch den rectus femoris gebildet wurde, der an dem Schenkel in die Hoͤhe gezogen war. Gerade uͤber der Knieſcheibe fand ſich eine entſprechende Vertiefung. Es war in dieſem Falle nicht moͤglich, durch Stellung oder Druck eine Annaͤ— herung der getrennten Enden des Muskels zu Stande zu bringen. Der Wundarzt beſchraͤnkte ſich daher darauf, durch Ableitungen den Schmerz zu vermindern und die Kraft einigermaaßen herzu— ſtellen. Die Function des getrennten Muskels wurde durch die beiden vasti erſetzt. Von einer mittels des Galvanismus durch Herrn Dr. Cruſell ausgeführten Staaroperation berichten politiſche Zeitungen, wie eine auf dieſe Art operirte Perſon der Academie der Wiſſenſchaften zu St. Petersburg vorgeſtellt worden, und wie der Academiker Zeuge zweier ſolcher Operationen gewe— ſen ſey und geaͤußert habe: „daß in beiden Faͤllen die Linſe durch einen Kreuzſchnitt geoͤffnet worden ſey, in Folge deſſen man einen ſchwachen galvaniſchen Strom in das Auge eingefuͤhrt habe, der etwa eine Minute lang in Wirkſamkeit geweſen ſey. Die Pupille ſey davon beinahe in demſelben Augenblicke zum großen Theil ih⸗ res Umfanges ſchwarz geworden, und unmittelbar nach der ſehr ſchnell vor ſich gehenden Operation haͤtten die Kranken die ihnen vorgelegten Gegenſtaͤnde unterſcheiden koͤnnen.“ Gib lie ar ahh che ni uit er ti em A Manual of Electricity Magnetism and Meteorology. By Dionysius Lardner. London 1841. 8. Mit K. A Treatise on the Management of Fresh-Water fish, with a View to making them a source of Profit to Landed Proprie- tors. By Gottlieb Boccius. London 1841. 8. Ueber das Verhaͤltniß der Medicin zur Chirurgie und die Duplici— tät im aͤrztlichen Stande; eine hiſtoriſche Unterſuchung mit dem Endreſultate für die betreffende Staatseinrichtung. Von De. Ph. Fr. v. Walther ꝛc. Carlsruhe und Freiburg 1841. 8. On the present state of the Medical Profession in England. By Robert E. Grant etc. London 1841. 8. — — — —— Neue Uotizen aus dee m Gebiete der Hatur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober» Mebieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinatraihe und Profeſſer Froriep zu Bertin. Mo. 439. (Nr. 21. des XX. Bandes.) December 1841. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gr. Die Tafel colorirte Abbildungen A aGr Niet u Ueber die Entſtehungs- und Entwickelungsart der Zooſpermen. Von Herren Callemand, Profeſſor der Medicin zu Montpellier. (Schluß.) $. 14. Die Saamenausleerungen, welche neben den chronifchen Ausfluͤſſen vorkommen, unterſcheiden ſich alſo von dieſen dadurch, daß fie ploͤtzlich eintreten, eine größere Quantität Fluͤſſigkeit auf einmal zum Vorſcheine bringen und intermittirend ſtattfinden, waͤh— rend die mikroſcopiſche Unterſuchung uͤber deren Natur nicht den geringſten Zweifel läßt. Ich muß indeß darauf aufmerkſam mas chen, daß das Mikroſcop in diefem Falle nur dasjenige beſtaͤtigt, was ſich nach den einfachſten anatomiſchen und phyſiologiſchen Wahrnehmungen von ſelbſt verſteht; denn die Cowper'ſchen Druͤ— ſen, die Beutel der prostata und der Harnroͤhre beſitzen keinen An— ſammlungsbehaͤlter fuͤr ihre Secretionen; dieſe muͤſſen alſo allmaͤlig und fortwährend abfließen und koͤnnen ſich hoͤchſtens bis zu einigen Tropfen auf einmal anſammeln. So oft alſo zugleich ploͤtzliche und etwas reichliche Ausfluͤſſe vorkommen, hat man anzunehmen, daß ſie aus den Saamenblaͤschen herruͤhren, folglich ſpermatiſcher Art feyen. Zur Erforſchung des im Harne enthaltenen Saamens hat man ſich des Mikroſcops beſonders eifrig bedient. Wiewohl an die Stelle aller bisher uͤblichen Verfahrungsweiſen eine einfachere tre— ten muß, will ich doch die meinige angeben. Da mir immer fri— ſcher oder getrockneter von Kranken herruͤhrender Saame zu Ge— bote ſtand, ſo verſetzte ich den von einmaligem Harnen herruͤhren— den Urin ſtets mit einer gleichen Menge Saamens, nachdem ich mich davon überzeugt, daß dieſer Zoofpermen in Menge enthalte. Ich will im Vorbeigehen bemerken, daß der von ſelbſt aufgetrock— nete Saame, wenn man ihn allmaͤlig und ohne ihn umzurübren, befeuchtet, ſelbſt nach mehrern Jahren ſeine natuͤrliche Beſchaffenheit wiedergewinnen kann. Er erbäͤlt nicht nur fein früheres Anſehen, feinen eigenthuͤmlichen Geruch zuruͤck, ſondern die Saamenthierchen treten auch in der urfprünglichen Geſtalt wieder auf. Anfangs ex— perimentirte ich mit getrocknetem Saamen; allein ich bemerkte bald, daß die Thierchen im Harne ſchnell verdarben, indem wahr: ſcheinlich, trotz der guten Erhaltung ihrer Form, die Structur der Saamenthſerchen durch die Austrocknung gelitten hatte. Seitdem ich dieſe Bemerkung gemacht, wandte ich nur den mir von meinen Patienten gelieferten friſchen Saamen an. Derſelbe erzeugt ſtets im Harne eine mit glaͤnzenden Puncten geſchwaͤngerte Wolke, und dieſe Puncte gleichen durchs aus denen, von welchen bei Geleaenbeit der Saamenbläschen die Rede geweſen iſt. Die Wolke verhielt ſich gewöhnlich in den un— tern Schichten des Harnes ſchwebend, ſtieg aber bei dem geringſten Schuͤtteln in die Hoͤhe, während der Schleim ſich auf den Boden des Gefaͤßes ſetzt und ſelbſt an demſelben feſthaͤngt, ohne uͤberdieß glaͤnzende Puncte zu enthalten. Dieſer directe Verſuch beſtaͤtigt No. 1539. R WR D alſo meine hinſichtlich des Saamen enthaltenden Urins gemachten Angaben vollkommen. Eine in andern Beziehungen nicht weniger intereffante Bemer— kung iſt, daß ſich die Zooſpermen, je nachdem ſie von mehr oder weniger ſtark angegriffenen Patienten herruͤhren, ſchneller eder lang: ſamer zerſetzen. In dieſer Hinſicht ließ ſich die vollſtändigſte Ueber— zeugung gewinnen; denn jedes Glas trug den Namen des Kranken und das Datum, an welchem der Saame in den Harn eingetragen werden war. In den ſchlimmſten Krankheitsfaͤllen verſchwanden die Zooſper— men gegen den achten Tag hin vollſtaͤndig, während fie in andern noch am funfzigſten Tage zu erkennen waren. Spaͤter konnte ich deren nie auffinden, allein aus Gründen der Analogie will ich gern glauben, daß Dr. Donne deren noch nach dreimonatlicher Mace ration im Harne erkannt hat, weil er feinen Saamen von geſun— den Subjecten bezog. Daß die Zooſpermen, als fo winzige und durchſichtige Geſchoͤ— pfe, der Aufloͤſung fo lange widerſtehen, iſt gewiß merkwuͤrdig, zu: mal wenn man fieht, wie die Monaden ihre Geſtalt ſchon wenige Stunden nach dem Tode einbuͤßen. Dieſe Zaͤhigkeit in dem Fort— beſtehen der Formen der Zooſpermen deutet auf innere, feſtere, Eräf: tigere Organiſation hin, als man ihnen gewoͤhnlich zuzuerkennen geneigt iſt, und wuͤrde ſchon für ſich hinreichen, um die Saamen⸗ thierchen von den gewoͤhnlichen Infuſionsthierchen zu unterſcheiden. Der ungleiche Widerſtand, welchen die Zoofpermen der Zerſetzung entgegenſtellen, je nachdem ſie von geſunden oder mit mehr oder weniger boͤsartiger Spermatorrhoͤe behafteten Individuen herrüh— ren, trifft mit den ſchon angefuͤhrten Verſchiedenheiten in deren Zahl, Größe, Geſtalt, ſowie in der Kraft und Dauer ihrer Ber wegungen, überein. Alle dieſe, mit den bisher geltenden Anſichten fo wenig uͤbereinſtimmenden Abweichungen würden ſchon hinreichend dafür ſprechen, daß die Zoofpermen Producte des Organismus und keine Schmarotzerthiere find. Einige Tage vor dem voͤlligen Verſchwinden der Zooſpermen verändert fi deren Oberflaͤche und wird deform; es erſcheinen an verſchiedenen Stellen derſelben Kuͤgelchen, ſo daß es, z. B., ſcheint, als entwickele ſich niben dem urfprünglichen Kopfe ein zweiter. Der Schwanz ſcheint ſich auch nach ſeiner Einfuͤgeſtelle zuruͤckzuzie⸗ hen ꝛc. Ich würde auf dieſe natürlichen Wirkungen der Zerſetzung durch Faͤulniß nicht die Rede gebracht haben, wenn ſich nicht ei⸗ nige oberflaͤchliche Beobachter derſelben bedient bätten, um daraus Folgerungen zu Gunſten der Reproduction der Saamenthierchen durch Knospen oder transverſale Spaltung herzuleiten. Wenn man täglich die im Harne ſtattfindenden Erſcheinungen beobachtet, fo wird man bald wahrnehmen, daß in demſelben Mo⸗ naden, Vibrionen ꝛc. entfteben, deren Zahl ſich von Tage zu Tage vermehrt. Dieſe Infuſionsthierchen treiben alle Koͤrperchen, an die ſie ſtoßen, durch ihre ſchnellenden Bewegurgen aus der Stelle, ſo daß man glauben koͤnnte, dieſelben waͤren mit eigenthuͤmlicher Be⸗ 21 323 wegungskraft begabt. Die Vibrionen haben einige Aehnlichkeit mit dem Sywanze der Sgamenthierchenz wenn ſie uch mit Kagelchen vermiſcht defiuden, mochte man glauben, es bewegten ſich Saamen⸗ thierchen. Allerdings konnen hierdurch nur ſolche Beodachter ge: tauſcht werden, die wenig Uebung haben oder vorgefaßte Meinun— gen hegen; allein ich kann mir gewiſſe, von Bur dach mit unbe— greiflicher Leichtgläubigkeit vorgetragene Beobachtungen, nicht anders erklaren, durch die er eine nicht weniger außerordentliche Anſicht, namlich die generatio spontanea in faulenden thieriſchen Stoffen, zu unterſtutzen gedenkt §. 15 Wir wollen nun ſehen, wie man zu verfahren hat, um die Zooſpermen unter dieſen Umſtaͤnden in den Brennpunct des Mitrofcops zu bringen. Durch ihr ſpecifiſches Gewicht werden dies ſelben auf den Boden des Gefaͤßes gefuhrt, und man hat ſie alſo in der untern Sicht des Harnes zu ſuchen. Der Doctor Du— vergie gießt den Bodenſatz in eine ziemlich weite, aber vor einer Lampenflamme dünn ausgezogene Glasrohre. darin einige Stunden hat ruhen laſſen, ſchneidet er die Spitze mit einer Scheere ab, fo daß er nun ein ganz kleines Tropfchen Feuch— tigkeit auf den Gegenſtandstrager bringen kann. Ich muß ihm als lerdings bezeugen, daß ich geſehen habe, wie er dieß Verfahren mir dem vollkommenſten Erfolg ausudte; allein auch angenommen, alle practiſche Aerzte konnten ſich deſſelben mit eben fo vielem Geſchicke bedienen, fo bietet es doch Undequemtichkeiten dar, welche ſelbſt dem Geusteſten nicht gleichgültig ſeyn werden. Aogeſehen von der Nothwendigkeit, die Spitze der Röhre jedesmal dünn auszu— ziehen, den Harn abzugießen, den Satz in die Rohre einzutra— gen ꝛc., ſetzen ſich auch gewohnlich bei'm Verkuhlen Cryſtalle im Harne ab, die noch ſchwerer ſind, als die Zooſpermen und ſich dem Durchgange des Harns woderſetzen, wenn die Spitze des Roͤhrchens unter dieſem Hinderniſſe abgeſchnitten wird. Geſchieht dieß aber über den Cryſtallen, fo fließt der Harn in Maſſe her- aus, bedeckt den ganzen Gegenſtandstrager, und der Verſuch iſt fehlgeſchlagen. Auch wird wohl die Roͤhrenſpitze durch klebrige, fadenziehende Stoffe verſtopft. Dieſe Schwierigkeiten treten bei den an Tag⸗Polluttonen leidenden Patienten um fo cher ein, weil deren Harnwerkzeuge, in der Regel, gereizt ſind. Endlich ſcheinen die Zooſpermen nicht immer genau an die tieffte Stelle des Gefäßes zu ſinken; denn es iſt mir oͤfters der Fall vorgekommen, daß ich de⸗ ren in Harn, in welchem ich ſie Tags zuvor geſehen, nicht wieder— ünden konnte. Während ich die erſten auf den Gegenſtandstraͤger gefallenen Tropfen unterſuchte, war eine neue Quantität Feuchtig⸗ keit ausgefloſſen, und in dieſer gerade befanden ſich wahrſcheinlich die Zooſpermen; denn in dem Uebrigen konnte ich keine wahrneh⸗ men. Dieſes an ſich ſinnreiche Verfahren bietet alſo Schwierigkei— ten dar und kann ſegar truͤgeriſche Reſultate geben. Das einfachſte Verfahren iſt, daß man mit einem Röhrchen etwas von dem Harne, in dem man Saamen vermuthet, heraus- hebt. Daſſelbe wird ſich Jedem auf den erſten Blick darbieten, der einige Uebung in der chemiſchen Manipulation hat. Allein man hebt nicht immer an der günftigften Stelle Harn aus; die Thier— chen ſteigen vielleicht zu hoch in die Roͤhre hinauf, wenn man zu viel Harn in dieſelbe eindringen laͤßt, und in den zwei bis drei Troͤpfchen, die man auf den Gegenſtandsträger bringt, befinden ſich vielleicht keine, oder es koͤnnen vielleicht zu viele auf einmal her⸗ ausfallen. Es iſt mir öfters der Fall vorgekommen, daß ich in mehrern Sitzungen nicht ein einziges Saamenthierchen im Harn auffinden konnte, in welchen ich deren gethan hatte, oder daß ich deren bei dem erſten Verſuche fand, nachdem ich Tags vorher ver— gebens danach geſucht hatte. Dieſes Verfahren, welches allerdings einfacher iſt, als das vorige, ſcheint mir demnach noch unzuver— laͤſſiger. Wenn man den Harn in der geeigneten Weiſe filtrirt, ſo bleibt der groͤßte Theil der Saamenthierchen auf dem Filter und nimmt die Mitte deſſelben ein, welche waͤhrend des Filtrirens die tiefſte Stelle bildete. Man kann alſo ſicher ſeyn, fie fo faſt alle auf ei: nem ziemlich kleinen Raume beiſammen zu finden. Es ſcheint dem— nach hinlänglich, dieſe noch feuchte Stelle mit dem Gegenſtandstraͤ— ger in Berührung zu bringen, um Saamenthierchen auf denſelben abzulagern. Allein dieſe loͤſen ſich von den Rauhigkeiten des Pas Nachdem er Alles 824 piers nicht leicht ab, um an der Oberflache des Glaſes anzukleben. Man hat alſo dieſe Mittelſtelle des Filters in die Hoͤhe zu ſchie— ben, in eig mit Waſſer gefülltes Uhrglas einzuſenken und 24 Stun: den lang darin zu laſſen. Nimmt man das Papier dann heraus, fo find die Zooſpermen faſt alle auf den Boden des Uhrglaſes ge— fallen, aus dem man ſie leicht herausheben kann, indem man von der untern Schicht des Waſſers einige Tropfen in das Roͤhrchen eindringen läßt. Dieß Verfahren iſt gewiß das ſicherſte, aber auch das langwierigſte und umſtandlichſte. Alle dieſe Operationen nehmen, wie man ſieht, viel Zeit, Sorg— falt und Geduld in Anſpruch, bevor man dadurch zu einem irgend beſtimmten Reſultate gelangt. Sie durften alſo ſchwerlich in all⸗ gemeinen Gebrauch kommen. Es giebe keinen nur irgend ſtark bes ſchaftigten practifchen Arzt, der ſich täglich damit befaſſen könnte, ſelbſt wenn er in Unterſuchungen der Art noch fo geübt wäre. Ich habe mir's zur Pflicht gemacht, alle dieſe Verſuche zu wiederholen, ie mit einander zu vergleichen, ſie abzuändern, um der Sache auf den Grund zu tomen, und ich glaube die darauf verwendete Zeit nicht übel angewendet zu haben, da ich dadurch zur Ertenntniß des Werthes mehrerer Symptome der Tag-Pollutionen gelangt bin; aber ich wurde auf die Behandlung dieſer Kranken verzichten, wenn ich für jeden derſelden das Nämliche thun ſollte, was ich im In— tereſſe der Wiſſenſchaft gethan habe. Man hat wohl daran ge— than, auf der Anwendung des Mikroſcops behufs des Studiums des Saamenfluſſes zu beſtehen, und De. Mandl ſagt mit Recht, dieſe Krankheiten ſeyen bedenklich und haufig genug, um die Aerzte zu veranlaſſen, einige Monate auf das Studium der Zoo— ſpermen zu verwenden, da dieſelben der Erlernung der Anwen- dung des Stethoſcops ganze Jahre widmen. Allein darin geht er doch etwas zu weit, wenn er meint, die Diag noſe laffe ſich in wenigen Augenblicken feſtſtellen, alle Zweifel wür: den gehoben ꝛc. (Praité pratique du microscope, p. 148.) Er hat ſich über die Leichtigkeit und Sicherheit dieſer Unterſuchun— gen getäuſcht, weil er ſein ganzes Leben denſelben gewidmet, weil er wahrſcheintich keine fo ausgebreitete Praxis hatte, daß er dadurch in ſeinen Verſuchen beftändig geſtort worden wäre. Allein ſelbſt wenig beſchaftigte Aerzte befinden ſich nicht immer in gleich guͤnſti⸗ gen Verhaltniſſen, und ſie wurden aus der Schrift des Dr. Mandl keine ſchneller zum Zwecke führenden Verfahren lernen, als die oben erwaͤhnten. Enolich ſcheint ihm nicht bekannt zu ſeyn, daß beim Saamenfluſſe oft langere Unterbrechungen vorkommen, und er felbft würde wohl das Vorkommen von Tig-Pollutiogen nicht vermuthen, wenn er acht bis vierzeyn Tage lang im Harne eines Patienten vergebens nach Saamenthierchen geſucht hatte. Offen geſagt, haben alle Mikroſcopiſten bis jetzt einen falſchen Weg eingeſchlagen, indem fie die Zooſpermen ſtets im Urine ſuch⸗ ten und daß fie auf dieſem Wege beharren, beweiſ't, daß fie die Krankheit nicht gehörig beobachtet haben, denn ſie hätten ihren Zweck auf eine ſchnelle und ſichere Weiſe erreichen koͤnnen, wenn ſie die Patienten veranlaßt haͤtten, jedesmal nach dem Harnen den Canal auszudrucken und einen Tropfen von der an der Muͤn— dung der Harnroͤhre herauskommenden Feuchtigkeit auf einem Stuck ebenen Glaſes aufzufangen. Jedesmal wenn während des Harnens Saame mit ausgeleert wird, geſchieht dieß, während der letzte Hern ausgetrieben wird, zu: weilen auch, nachdem die Blaſe ganz leer geworden iſt Es bleibt alfo davon in der Harnroͤhre ſtets mehr, als zu einer mikroſcopi— ſchen Unterſuchung noͤthig iſt. Bringt man das Glas unmittelbar, nachdem die Feuchtigkeit darauf gebracht und mit einem duͤnnen Glasplaͤttchen bedeckt worden, unter das Mikroſcop, fo befindet ſich Alles in dem zur Beobachtung der Thierchen günftigften Zuſtande, und man kann dieſelben lebend unterſuchen. Uebrigens geht nur ſelten bei jedesmaligem Harnen Saame von den Patienten ab; die Unter. brechungen find ſehr veraͤnderlich, und die Ruͤckfaͤlle ſtellen ſich un⸗ verſehens ein. Die ſtaͤrkſten Saamenverluſte kommen alſo ge: wohnlich vor, wenn der Patient von feinem Arzte, ja von feiner eignen Wohnung entfernt iſt; allein die mikroſcopiſchen Unterſu— chungen koͤnnen bei Anwendung des eben beſchriebenen Verfahrens dennoch ftattfinden, und beſonders in dieſer Beziehung iſt es jedem andern vorzuziehen. Der Kranke kann allerdings nicht uͤberall ein 325 Gefäß zur Aufbewahrung ſeines Harns bei ſich führen; allein ein Stuͤckchen Glas von der Groͤße eines Fingernagels kann er immer bei ſich haben, und einen Tropfen von der aus der Harnroͤhre ge⸗ drückten Feuchtigkeit darauf fallen laſſen, worauf er ein Paar Mi⸗ nuten zu warten hat, bis letzterer aufgetrocknet iſt. Wird ein ſol— ches Glas nur vor Staub und Reibung geſchuͤtzt, fo kann man es der Unterſuchung wegen ſo weit verſenden, als man will. Der Beobachter braucht dann den vertrockneten Tropfen nur mit ein wenig Waſſer anzufeuchten, um ihm, ſelbſt nach Jahren, alle die— jenigen Eigenſchaften zuruͤckzugeben, die er vor dem Vertrock en beſaß. 0 Dieſes einfache und wenig zeitraubende Verfahren kann von allen practiſchen Aerzten in Anwendung gebracht werden, die ſich ein gutes Mikroſcop anſchaffen und den fraglichen Unterſuchungen obliegen wollen. Der Gang derſelben iſt ſtets derſelbe, und wenn fie einmal lebende Zooſpermen erkannt haben, werden fie bald Ue— bung darin erlangen, dergleichen wieder aufzufinden. Auf dieſe Weiſe find fie allen den vorläufigen Maaßregan uͤberhoben, welt x man anzuwenden hat, wenn man brabjichtiat, Saamenthierchen in dem gelaſſenen Harne der Patienten aufzufinden, und das Mikro— ſcop kann auf dieſe Weiſe ein nicht nur ſichere Anzeigen aewär: rendes, ſondern auch practiſch nuͤtzliches Hülfemittel des Arztes werden. Ich brouche kaum zu bemerken, daß daſſelbe Verfahren angewandt werden muß, um die beim Stuhlgange ſtattfindenden Saamenvertuſte zu conftatiren, und man kann in dieſem Falle den ſammtlichen ausfließenden Saamen ſammeln, wenn man vor ber Ausleırung der faeces den Harn aus der Blaſe laͤßt, und es ift allerdings zur Beurtheilung des Grades und der Wechſel der Krankheit wunſchenswerth, daß man erfahre, wie viel Saame in jedem Falle verloren gegangen iſt. Unter dieſen Umftänden eignet ſich alſo zum Auffangen des Saamens ein Uhrglas beſſer, als ein plattes Glas, und man kann dann mittelſt eines feuchten Pinſels einen Tropfen herausnehmen. Wenn die Feuchtigkeit ſchon ver— trocknet waͤre, ſo haͤtte man ſie mit einigen Tropfen Waſſer zu verduͤnnen und nicht eher wieder zu berühren, als bis fie ihren fruheren Fluͤſſigkeitsgrad wiedererlangt hat, um die Zooſpermen nicht zu verletzen. In dem Falle, wo der Saamenverluft bei'm Harnen ſtattfindet, und man nur die aus der Harnroͤhre ausge— druͤckte geringe Quantitaͤt Feuchtigkeit auffangen kann, muͤßte man dieſe, wenn man fie in ein Uhrglas braͤchte, behufs der mikroſcopi— ſchen Unterſuchung wieder aus demſelben heraus und auf den Ge— genſtandstraͤger bringen; man thut alſo beſſer, ſie unmittelbar auf einem ebenen Glaſe aufzufangen. Daſſelbe Verfahren habe ich den practiſchen Aerzten empfohlen, um die lebenden Zooſpermen an ſich ſelbſt zu ſtudiren und ſich auf dieſe Weiſe Uebung in dergleichen Unterſuchungen anzueignen. Dr. Bayard hat intereffante Forſchungen über die Mittel angeſtellt, durch welche man in Erfahrung bringen kann, ob die in der Waͤſche ꝛc. befindlichen Flecken ſpermatiſcher Art ſind. Ich habe die von ihm angegebene Methode gepruͤft und durchaus be— währt gefunden. Indeß eignet fie ſich faſt lediglich für die medi- cina ſorensis. In folgendem Falle koͤnnte jedoch auch der Arzt Nutzen daraus ziehen: Bei manchen Kranken bemerkt man am Hemde etwas glänzende, halb durchſichtige Flecken welche die Kein: wand wie Gummi oder Kleiſter ſteif machen. Sie ruͤhren von ei— nigen Tropfen Saamen her, welche nach dem Stublgange oder Harnen in der Harnroͤhre zuruͤckgeblieben waren. Loͤſ't man dieſe Materie von dem Hemde ab und bringt ſie in ein mit etwas Waſ— ſer verſehenes Uhrglas, ſo loͤſ't fie ſich auf und die Saamentbier— chen fallen unverſehrt zu Boden, von wo ſie ſich mittelft eines Roͤhrchens ohne Schwieriakeit auf den Gegenſtandstraͤger bringen laſſen. Ich babe in Erfabrung gebracht, daß ein Fleck von der Groͤße eines halben Frankenſtucks fo viel Zooſpermen enthielt, daß es ſich leicht von denjenigen Flecken im Hemde unterſcheiden ließ, die von chroniſchen Ausfluͤſſen herruͤhren. Da aber die Kranken nicht das geringfte Intereſſe haben, den Arzt zu taͤuſchen, fo iſt es einfacher, daß man fie die verdaͤchtige Materie auf einem Glas: plaͤttchen auffangen laͤßt und dieſelbe fo unmittelbar unter das Mis kroſcop bringt. 326 Ucbrigens konnten ſich die practiſchen Aerzte ſogar die Mühe erſparen, dieſe Probe anzuſtelle n, wenn fie ſich davon überzeugen koͤnnen, daß dieſe Flecken nach dem Stuhlgange oder Uriniren ent— ſtanden ſind, weil ſie dann lediglich von Materie herrühren koͤnnen, die aus den Saamenblaͤschen ſtammt. Uebrigens ſind andere Flek⸗ ken immer weniger ſteif, weniger glaͤnzend und ſie verkleiſtern die Wäfche weniger vellſtaͤndig. Schließlich muß ich darauf hinweiſen, daß alle fraglichen mi— kroſcopiſchen Uncerſuchungen das von mir über die Kennzeichen des Saamenfluſſes Geſagte vollkommen beſtaͤtigen; und dieß konnte auch nicht anders ſeyn, da ich mich nur über Erſcheinungen aus— geſprochen habe, deren Bedeutung ich des Oeftern mit Hülfe des Mikroſcops gewürdigt hatte. Gerade dieſer Gegenſtand iſt eee, ruͤck— ſichtlich deſſen dieſes Inſtrument den meiſten Werth fuͤr die Praxis gewinnen dürfte. Wicwohl ich mich bemüht habe, deſſen Anwen— dung möglich zu vereinfachen, mache ich mir über deſſen Unzutäng— lichkeit zur Würdigung der Urſachen und des Grades der Krank: beit, fo wie der dagegen anzuwendenden Mittel, keine Illuſtonen. Ib beoreife auch, daß die meiſten practiſchen Aerzte nicht im Stande ſeyn werden, das Mikroſcop bei jedem Patienten und in allen Stadien der Krankheit in Anwendung zu bringen; allein «8 iſt wichtig, daß alle fähig ſeyen, dieſe Beobachtungen gelegentlich zu pruͤfen, oder daß fie wenigſtens wiſſen, daß dieſelben von Ans dern geprüft worden find. d. 16. Abgeſehen von allen pathologiſchen Anwendungen er— giebt ſich alſo aus den hier in Rede ſtehenden mikroſcopiſchen Uns terſuchungen, daß die Zooſpermen mit vorſchreitendem Alter bei dem Menſchen durchaus verſchwinden; daß fie von der Zeit der Mann: barkeit an nicht immer dieſelbe Kraft, Feſtigkeit und Größe dar: bieten; daß ſie mehr oder weniger zahlreich, ſehr vereinzelt und ſelbſt durch unvollkommene Producte, durch eifoͤrmige oder rundliche Koͤrperchen erſetzt ſeyn können. Allein dieſe Umſtaͤnde find den bis— her allgemein geltenden Anſichten ſo ſehr entgegengeſetzt, daß ſie durch andere Thatſachen unterſtuͤtzt werden muͤſſen. Ich habe an— gegeben, daß ſich die Saamenthierchen nach dem coitus vorzuͤglich lebhaft und kraͤftig zeigen und, unter übrigens gleichen Bedingun— gen, laͤnger leben, als wenn ſie unter irgend andern Umſtaͤnden aus dem menſchlichen Körper hervorgegangen find. Ganz aͤhnlich verhält es ſich, den gewonnenen Erfahrungen zufolge, mit den 300» ſpermen der Thiere. Ich babe bei'm Hunde, Kaninchen, Hahne ꝛc. die Saamenthierchen oft vollkommen unbeweglich gefunden, wie— wohl die Zeugungsorgane noch warm waren. Dieß iſt in'sbeſon— dere bei den Mollusken auffallend. In dem Augenblicke, wo man diefelben aus dem Waſſer nimmt, find deren Zooſpermen ungemein beweglich; am folgenden Tage zeigen fie ſich vollkommen unbewea⸗ lich, obwohl die Mollusken ſelbſt noch eine ſtarke Contractilitaͤt befisen; was ſich bei den Bivalven durch das Schließen der Schaa— len leicht erkennen läßt. Da jedoch bei der Befruchtung dieſer Thiere das Waſſer als Vehikel dient, fo muͤſſen die Zoofpermen, wenn das Thier ſie willkuͤrlich austreibt, in dieſem Elemente längere Zeit leben koͤnnen, indem ſonſt die Arten ausſterben wuͤrden. Ich babe bemerkt, daß die Bewegungen derſelben lebhafter waren und laͤnger anhielten, wenn die Thierchen aus den Saamenblaͤschen berrübrten, als wenn man fie aus den vasa deferentia oder zu» mal aus den Teſtikeln genommen hatte, obwohl ich mebrentheils die Unterſuchung der letztern zuerſt vernahm und die Flüffigkeit ſtets mit lauwarmem Waſſer verſetzte ). Dieſe ſchon von andern Beobachtern bemerkten Unterſchiede deuten offenbar darauf hin, daß die Lebenskraft der Zeoſpermen um fo bedeutender wird, je mehr fie ſich der Mündung des Canals nähern, durch welchen fie ausge: fuͤhrt werden. $. 17. Man beobachtet bei den Thieren bei der Annäherung der Begattungszeit dieſelben Veraͤnderungen, die man bei dem Men— ) Ich muß jedoch bemerken, daß ich oft in Gemeinſchaft mit Herrn Milne Edwards beobachtet habe, wie Saamenthier⸗ chen von Reptilien bei'm Zufegen einer gewiſſen Menge Waf: ſers ploͤtzlich vollkommen unbeweglich wurden, wiewohl das Waſſer dieſelbe Temperatur hatte, wie der Koͤrper der Rep⸗ tilien. zur 327 ſchen beim Eintreten der Mannbarkeit wahrnimmt. Allein es be⸗ ſteht in dieſer Beziehung ein Unterſchied zwiſchen den wilden und en Thieren. 3 ar Zuſtande zeigt ſich die Neigung zur Begattung bei'm Maͤnnchen zu derſelben Zeit wie bei'm Weibchen, da auf beide dieſelben praͤdisponirenden Urſachen gleichzeieig und geeigarııg einz wirken. Zu dieſen Urſachen gehoren zumal reichliche Nahrung und eine günftige Temperatur Die Eierſtocke und die Teſtikela wer⸗ den alſo zu gleicher Zeit der Sitz einer Congeſtion, welche nach und nach das Maximum ihrer Starke erhalt. Das Scrotzen die— fer Theile verbreitet ſich uber den ganzen Zeugungsapparat und die Eichen gelangen zu derſelben Zeit zur Meiſe, wie die Ouamen: tbierchen. In der Zwiſchenzeit befinden ſich die Eichen im rudi⸗ mentären Zuſtande, und die Secretion von Zooſpermen nimmt ab. Dieſe Thierchen verſchwinden auch wohl ganz und werden durch Kügelchen erfegt, welche denen ähneln, die man bei'm Maulthiere zu allen Zeiten, bei'm Knaben kurz vor dem Eintreten der Mann⸗ barkeit und beim Manne in gewiſſen Krankheits- oder ſonſt ab⸗ normen Zuſtaͤnden findet. Am auffallendſten ſind, wie geſagt, dieſe Veraͤnderungen bei den Voͤgeln. Indeß habe ich ſie auch bei den Vatrachiern und Fiſchen ſehr bedeutend gefunden. Bei den Thie— ren ereignet ſich alſo bei'm jedesmaligen Eintreten der Begattungs— zeit Achnliches, wie bei'm Menſchen, in der Regel, nur einmal bei'm Eintreten der Mannbarkeit. Im Allgemeinen gilt alſo die Regel, daß vollkommen ausgebildete Saamenthierchen nur dann vorhanden find, wenn das Weibchen gezeitigte Eichen beſitzt. Daher hat man auch die Zoofpermen bei allen Thierarten zur Begattungszeit zu ſtudiren, wenn man jene im Zuſtande der Vollkommenheit erken- nen will. Bei den wilden Thieren werden ſowohl vor als nach dem Erſcheinen der Saamenthierchen die oͤfters erwähnten eiförmigen oder rundlichen Koͤrperchen oder unentwickelten Zooſpermen ſecer⸗ nirt, und der Zuſtand der Teſtikeln entſpricht ſtets dem der Eier⸗ ſtoͤcke. Sind in dieſen keine reifen Eichen, fo beſitzt das Maͤnn— chen auch keine vollkemmnen Saamenthierchen. Allein bei den Hausthieren ereignet ſich nicht Alles genau auf die eben angegebene Weiſe, weil ſie ſtets regelmaͤßig mit Futter verſorgt werden, weil fie gegen die Rauhheit der Witterung ges ſchuͤtzt find ꝛc. und ſich daher mit dem Menſchen ziemlich im glei⸗ chen Falle befinden. Warum pflanzen ſich aber die Hausthiere ) In dieſem Winter folgten auf einen feuchten Herbſt unge: wöhnlich warme Tage; die Syringen, die Mandelbaͤume 2c. trieben dadurch Blätter und Bluthen; die Batrachier begatteten ſich zu Anfang December's, ſo daß im Januar alle Lachen, wie ſonſt im Fruͤhjahre, mit Froſchlarven angefuͤllt waren. Die eigenthüͤmliche Beſchaffenheit der Witterung hatte alſo alle dieſe Wirkungen fünf Monate fruͤher, als gewoͤhnlich, hervor— gebracht. Wenn die Begattung und Befruchtung zu Anfang des Winters ſtattfinden ſollte, mußten ſich offenbar damals die Zooſpermen in den Teſtikeln und die Eier im Ovarium ent: wickelt und gleichzeitig den hoͤchſten Grad von Entwickelung erlangt haben. A. d. Orig. Bei den ſogenannten kaltbluͤtigen Thieren ſcheint das Ein— treten der Begattungszeit mehr von der Erhoͤhung der aͤußern Temperatur, bei den warmbluͤtigen Thieren mehr von der Beſchaffenheit und Reichlichkelt der Futterſtoffe abzuhaͤngen. So bemerkt man, z. B., allgemein, daß die Rollzeit der Fuͤchſe in ſtrengen Wintern um zwei bis vier Wochen fruͤher eintritt, als in gelinden, und zwar, weil bei tiefem Schnee der Fuchs alle groͤßern Thiere, namentlich Rehe, viel leichter fängt, als wenn der Boden kahl iſt. Dagegen balzen die Auerhuͤhner allerdings, wenn ſich gelinde Fruͤhlingswitterung zeitig und anhaltend einſtellt, um fünf bis ſechs Wochen fruͤher, als wenn ſich der Winter bis zum Mai verlängert. Jedoch iſt an die— fer Verſpaͤtung der Balzzeit nicht direct die Kälte, ſondern der Umſtand ſchuld, daß eben dieſe Kaͤlte die Entwickelung der jungen Baumknospen zuruͤckhält, deren Genuß den Auerhahn zur Begattung disponirt, waͤhrend der Vogel bei der laͤngern Fortdauer des ſpaͤrlichen und nicht reizenden Winterfutters den Begattungstrieb nicht ſpuͤrt. D. Ueberf. 328 nicht zu allen Jahreszeiten ohne Unterſchied fort, wie der Menſch? Dieſer Unterſchied ruhrt lediglich von dem Weibchen her. Im All- gemeinen hoͤrt es gleich nach der Befruchtung auf, den Begatıungss trieb zu fuhlen. Das Strotzen, die Anſchwellung der Zeugungs— theile verſchwindet, ſammt der reichlichen Sicretion, deren Witte— rung das Mannchen jo heftig reizt. Dieſes ſucht das Weibchen nun nicht mehr auf, und wenn es ſich dem letztern nähert, wird es bon ihm zornig fortgetrieben. Die Sau iſt vielleicht das ein— zige Hausthierweibchen, welches das Mannchen noch nach der Be— fruchtung zuläßt, was jedoch nur wenige Tage lang der Fall iſt. Sobald der uterus der Sitz der durch die Traͤchtigkeit veran— laßten lebhaften Thaͤtigkeit geworden iſt, verſchwindet jedes aͤußere Zeichen des Begattungstriebes, und es beſteht zwiſchen den beiden Geſchlechtern ſo lange, als das Weibchen trächtig iſt und fuͤr die Jungen zu ſorgen hat, die vollkommenſte Gleichguͤltigkeit. Als— dann hebt eine neue Fortpflanzungsperiode an, und dieſelben Er— ſcheinungen erneuern ſich bei allen Weibchen derſelben Art in dem— ſelben Lande zu gleicher Zeit. So treffen denn alſo nach der Bes gattungszeit die Maͤnnchen keine Weibchen mehr, die in ihnen den Geſchiechtstrieb aufregten; die Secretion der Teſtikeln wird träger, hört aber bei guter Fütterung nicht vollſtandig auf, und bei der geringſten Reizung ſtellt ſich der Begattungstrieb alsbald kraͤftig ein. Wenn das hitzige Schaaf, die Eſelin, die Stute oder die Kuh nicht beſprungen oder befruchtet worden ſind, ſo gelangen bald neue Eichen zur Reife, weil in dem uterus keine ungewoͤhn— liche Thätigkeit ſtattfindet. Alsdann werden der Stier, der Wid— der, der Hengſt vom Neuem zur Begattung gereizt, und fie volle ziehen den Act mit eben dem Feuer wie in der eigentlichen Brunſt— zeit. Gleiches bemerkte man noch öfter bei'm Hunde und bei der Katze, weil bei dieſer Species beſtaͤndig manche Weibchen ſpaͤter hitzig werden, als andere, weil man ſie entweder adgelondert, oder ihre Jungen erſaͤuft hat ꝛc.; denn nicht nur die Trächtigkeit ſchwaͤcht die Thaͤtigkeit im Eierſtocke, ſondern auch das Saugen, durch wel— ches das früher nach dem uterus zu ſtattgefundene Zuſtroͤmen der Säfte nach den Bruͤſten gelenkt wird. Bei dieſen Weibchen zeigen ſich auch die Zeichen der Brunſt nicht eher wieder, als bis die Jungen abgeſetzt ſind, und nur hieraus erklaͤrt ſich eine an gewiſ— fen ſehr geilen Golaces) Grasfreſſern wahrnehmbare Erſcheinung. Wenn man die Kaninchen und M erſchweinchen gut fuͤttert, fo pflanzen fie ſich zu allen Jahreszeiten fert.“) Die hitzigſten Männs chen fangen gleich, nachdem die Weibchen die Jungen zur Welt gebracht haben, an, dieſelben zu quälen; allein die Weibchen laſſen ſich, fo lange fie faugen, nicht darauf ein. Die geilſten Männchen laſſen nun ihre Wuth an den Jungen aus und tödten dieſelben, trotz des Widerſtandes der Mutter. Deßhalb entfernt man die Rammler, ſo lange die Jungen geſaͤugt werden, von den Weibchen. Dieſe bei krautfreſſenden Thieren fonft unerklaͤrliche Handlungsweiſe it alſo nur dem durch gute Fuͤtterung und hohe Temperatur ge— ſteigerten Geſchlechtstriebe zuzuſchreiben. Haͤtte dieſe Neigung im Zuſtande der Wildheit ſich geltend machen konnen, fo würde da— durch leicht das Ausſterben dieſer Species herbeigefuͤhrt wor— den ſeyn. Im Zuſtande der Zaͤhmung bleibt alſo das Maͤnnchen in der Zwiſchenzeit von einer Brunſtzeit zur andern befruchtungsfaͤhig, und wenn die Begattung nicht zu allen Jahreszeiten ſtattfindet, ſo liegt der Grund darin, daß die Zeichen des Begattungstriebes ſich bei'm Weibchen erſt nach dem Aufhoͤren des Saͤugens wieder ein— ſtellen, und daraus erklaͤrt ſich die Erſcheinung, daß manche gut gefuͤtterte und wenig arbeitende Männchen Onanſe treiben. Bei dieſen Species findet man auch, wenigſtens in den Saamenblaͤs⸗ chen, zu allen Jahreszeiten Zoofpermen; während man nach ſehr langer Enthaltſamkeit oft in den Secretionsgefaͤßen des Saamens nur jene unvollkommen entwickelten Koͤrperchen antrifft, die man bei den Maulthieren bemerkt. Man hat die Enthaltſamkeit des Maͤnnchens bei den Hausthieren fo ſehr allein auf Rechnung des Weibchens zu ſetzen, daß, z. B., der Haushahn in ſeinen Zeu— „) Es ſcheint dieſe Faͤhigkeit zumal den Nagern eigen zu ſeyn. Auch an den in Gefangenſchaft gehaltenen Maͤuſen bemerkt man dieſelbe. D. Ueberſ. 829 gungsfunctionen nie lange Unterbrechungen erleidet, während dieß beim Tauber, der nicht weniger geil iſt, und bei dem man zu allen Jahreszeiten vollſtändig entwickelte Saamenthierchen finder, ſich anders verhalt. Aber der Tauber hat nur ein Weibchen, dem er ſogar bei'm Bruͤten und bei'm Füttern der Jungen beiſte— en muß. 0 Eh diefe Beiſpiele beweiſen zur Genüge den Einfluß einer reichlichen Nahrung, milden Temperatur und einer gewiſſen Ruhe auf die Reproduction der Eichen und Zooſpermen. Zumal ſind die die Vögel betreffenden inſofern merkwürdig, als ſich bei dieſen in wildem Zuſtande die auffallendften Verſchiedenheiten zwiſchen der Beſchaffenheit der Zeugungsorgane zur Begattungszeit und zur Zeit des Ruhens derſelben zeigen. Denn das Huhn legt, wenig— ſtens in warmen Laͤndern, faſt das ganze Jahr uber Eier, und der Hahn beſitzt immer Saamenthierchen; wenngleich im Norden waͤh⸗ rend der zwei kalteſten Wintermonate eine Unterbrechung im Ei⸗ erlegen ftattfindet, was dem über den Einfluß der Temperatur Bemerkten zur Beftätigung dient.) Wenn die Hausſaugethiere ſich nicht ganz im ahnlichen Falle befinden, ſo liegt der Grund an der Dauer der Trachtigkeit und des Saugens. Da die Henne, der man die Eier wegnimmt, nicht brütet, jo iſt fie genau in demſel— ben Falle, wie der Hahn, während bei den Saugethicren der ute- rus nach der Conception, die Brüfte nach dem Gebaren der Sitz einer kraͤftigen Congeſtion werden, welche die Thätigkeit im Eier— ſtocke träge macht; und dieß ergiebt ſich völlig überzeugend aus dem Umftande, daß, wenn keine Conception flattfindet, der Begats tungstrieb (das Hitzigwerden des Weibchens) ſich bald wieder ein⸗ findet. Dieſe Bemerkungen ließen ſich leicht auf den Menſchen anwenden, wo die Befruchtung ungleich weniger ſicher und ver— bältnifmäßig weit ſeltener iſt; allein ich kann hier nicht auf die Details eingehen, welche die Auseinanderſetzung dieſes Punctis er: heiſchen wuͤrde. Vor der Hand lag mir vorzuͤglich nur daran, dar— zuthun, daß ſehr ſpaͤrliche Nahrung, Kälte, außerordentliche Anz ſtrengungen, endlich alle die auftreibenden Potenzen, gegen welche die wilden Thiere anzukaͤmpfen haben, der Entwickrlung der 3005 ſpermen in gewiſſen Jahreszeiten ebenſo hinderlich find, als derje— nigen der Eichen, waͤhrend bei den Menſchen und bei den Haus— thieren dieſe hemmenden Potenzen nicht ſtattfinden, folglich ſich Saamenthierchen und Eichen zu allen Jahreszeiten entwickeln koͤn⸗ nen, wenn die Traͤchtigkeit und das Säugen bei'm Weibchen nicht hindernd einwirken. d. 18. Die an den Zooſpermen des Menſchen in pathologi— ſchen Zuſtaͤnden und denen der Thiere zur Brunſtzeit wahrgenom— menen Veraͤnderungen ſind der bisher geltenden Anſicht entgegen, als ob dieſe Thierchen ſtets genau einerlei Beſchaffenheit darböten. Dieſe Anſicht iſt nur inſofern wahr, als man den Typus der hoͤch— ſten Entwickelung der Zooſpermen einer Thierſpecies mit demſelben Typus einer andern, ſelbſt ſehr nahe ſtehenden, vergleicht; woge— gen die Saamenthierchen deſſelben Individuums ſehr bedeutende Verſchiedenheiten in der Geſtalt der Größe und Beweglichkeit, fo wie in dem Widerſtande, den ſie dem Abſterben und der Faͤulniß entgegenſetzen, darbieten koͤnnen, je nachdem ſie ſich in dem einen oder dem andern Theile der Zeugungsorgane finden, die Begat— tungszeit gerade vorhanden iſt oder nicht, oder Hauptſtoͤrungen in dem Organismus ſtattfinden, oder nicht u. ſ. w. Dieſe Unterſchiede *) Hierbei hat man aber auch in gehörigen Anſchlag zu bringen, daß das Haushuhn, ſeiner Natur nach, ein Bewohner warmer Himmelsſtriche ift und ſich, während eines nordiſchen Winters, wenn ſein Stall nicht kuͤnſtlich erwaͤrmt wird, wirklich krank fuͤhlt, da alle ſeine organiſchen Functionen widernatuͤrlich de— 330 wuͤrden bereits hinreichen um die Zooſpermen als organiſche Pro⸗ ducte erſcheinen zu laſſen, welche ſich ſtufenweiſe entwickeln und durch ein laͤngeres Verweilen im Körper oder gewiſſen Organen ſich weiter ausbilden. Indeß halten viele Phyſiologen die Saa— menthierchen für aͤchte Schmarogerthiere, die auf ihre eigne Hand in der Saamenfeuchtigkeit leben, wie ſich andere Entozoa— rien in andern Saͤften entwickeln, wenn fie darin die zu ihrer Eris ſtenz nöthigen Bedingungen vorfinden. Viele Gelehrte ſchwanken noch zwiſchen dieſen beiden entgegengeſetzten Anſichten und ſind der einen oder der andern mehr zugethan. Dieſe Ungewißheit iſt um ſo unangenehmer, als die Loͤſung dieſer Frage mit derjenigen vie⸗ ler andern hoͤchſt wichtigen Fragen auf's Innigſte zuſammenhaͤngt. Miscellen. Ueber botaniſche Gärten findet ſich folgende Tabelle in Engliſchen Blättern: Jahr, wo er Pflanzen- Herbarien. ae angelegt. real. Arten. Arten. — — Morgen. — — Petersburg . 1824 60 11,000 Madrid . A 1755 42 6,000 Chelſea Ä 5 33 Barcelona E 1790 30 Balencia . 1796 27 Sheffield 1836 171 Mancheſter 1830 17 Birmingham 5 1831 165 3,000 Edinburgh. 7 1796 16 5,000 Warſchau 8 3 15 10,000 Glasnevin bei Dublin 1796 16 6,000 Burg (in Suffolk) 1820 9 Upiala . 4 5 1657 8 8,000 Glasgow . e 1817 8 9,000 Cambridge . . 1761 31 9,000 Oxferd . P 1632 9 3,000 Liverpool . 4 1801 6 6,000 , Vorgebirge der guten Hoffnung 5 1700 19 Galcutta f & 1 4 = . ü 2 . 3500 Jardin des Plantes . 8 . a - = 50,000 British Museum 3 a : 5 1 > 45,000 Madrid. r 4 5 : = f = E 30,000 Oxford N 2 g 5 x . 25,000 Halmatopus iſt der Name einer Gattung von polygaſtri— ſchen Thierchen der Oſtſee, welche Herr Profeſſor Ehrenberg bei Wismar aufgefunden und am 21. December 1841 der Geſellſchaft naturforſchender Freunde in Berlin beſchrieben und durch Zeichnungen erläutert bat. Die Typusart Halmatopus balticus ſchließt ſich nahe an Euplotes an, zeichnet ſich aber durch zwei dickſchenkliche, krumme, am Ende fingerförmig getheilte, ſtarke Sprungorgane des Hinterleibes aus, wodurch eine ſehr lebhafte ſpringende Bewegung im Waſſer bewirkt wird. primirt ſind. Ueberdem fehlen dem Haushuhne im Winter Inſecten, grüne Pflanzentheile und andere dergleichen Nahrungs⸗ ſtoffe. Es ſtoͤßt dieß alſo den von mir eben aufgeſtellten Sag in Betreff der warmbluͤtigen Thiere nicht um, obwohl der bis recte Einfluß einer hoben Temperatur auf den Begattungs⸗ trieb der warmbluͤtigen Thiere allerdings in gewiſſem Grade ſtattfindet. D. Ueberf. e i n en , Ueber die Operation beiim Mangel der Scheide. Von A. Bérard. Vor Kurzem hatte Herr Bérard dieſe ſeltene Krank— heitsform bei einem Maͤdchen von 18 Jahren zu behandeln. Die aͤußern Geſchlechtstheile waren normal, ebenſo die Lage der Harnroͤhrenoͤffnung und die Oeffnung des Hymens; hinter dem letzten endigt ſich in der Tiefe von 4 Zoll die Scheide blind, waͤhrend die Harnroͤhre normal iſt. Unter 331 faht mar durch den Matvarn, fo fühlt man zun ſchſt den in die S heide eing.füh.ten Finger und dahinter, durch eine ſehr duͤnne Schicht getrennt, die in der Harnblaſe befindliche Sonde. Etwas tiefer, als die Spitze des Citheters, fuͤhlt man eine Geſchwulſt, welche dem uterus durchaus aͤhnlich iſt, und es ſcheint an demſelben ſogar die Vertiefung des Muttermundes vorhanden zu ſeyn. Der Körper des uterus hat einen betraͤchtlicheren Umfang, als gewoͤhnlich in dieſem Alter; es wir alſo eine Verſchließung, oder ein partieller Mangel der Scheide Die Wundaͤrzte haben bisjetzt uͤber die Operation bei dieſem Bildung sfehler noch keine genauen Regeln aufgeſtellt; denn es find erſt drei Fille operirt worden; der erſte von Herrn Villaume, Chirurgien en chef des Militär: ſoitals zu Metz, welchem ein Mädchen von 16 Jahren in einem Zuftande gebracht wurde, daß man befuͤrchten mußte, e3 habe nur noch wenige Tage zu leben. Der Unterleib war durch eine harte elaſtiſche Geſchwulſt, wie im ſechsten Schwangerſchaftsmonate, ausgedehnt Herr Villaume drang zwiſchen Blaſe und Maſtdarm bis zum uterus, wel— cher mit einem Pharyngotom angeſtochea wurde zwei Jahre darauf war dieſer Einftlihe Cinal fo weit, daß der kleine Finger aufgenommen werden konnte; die Regeln floſſen, wenn auch langſam; in der Zwiſchenzeit war eine reichliche Leu— rorehöe vorhanden, die Geſundheit aber vollkommen hergeſtellt (Bibliothèque médicale, année 1828, tome I., p. 136, seance de l' Académie de Med., du 29. Nov. 1828.) Ein anderes Verfahren ruͤhrt von Herrn Mannoury aus Chartres her. Dieſer Wundarzt ſtieß in einem aͤhnli— chen Falle einen Troicart in der Richtung der Scheide ein und hatte das Gluͤck, auf dieſe Weiſe in die Uterushoͤhle einzudringen; durch die Troicartroͤhre floß eine große Menge zerſetzten Blutes ab; dieſelbe wurde nachher durch eine Caut— ſchuckroͤhre erſetzt von allmaͤlig zunehmender Dicke; ſpaͤter entwickelte ſich eine chroniſche Diarrhoͤe und ein Abſceß in der Leiſtengegend; es folgte der Tod ein Jahr nach der Operation. Die Leichenoͤffnung wurde nicht geſtattet. Die dritte Operation machte Herr Amuffat bei ei— nem fiebenzehnjährigen Maͤdchen von ſchwaͤchlichem Ausſehen. A muſſat bereitete durch einen acht Tage lang fortgeſetzten Fingerdruck eine Vertiefung oder einen Anfang der Scheide vor, was jedesmal ſehr ſchmer haft war. Die Vertiefung, welche dadurch täglich erlangt wurde, erweiterte er ducch kleine Stuͤcke Preßſchwamm. Endlich, nach acht Tagen, fuͤhrte er in dieſe, durch den Druck gebildete, unvollkommene Scheide ein mit einem Wachsknoͤpfchen verſehenes Bi— ſtouri ein, machte einen Einſchnitt in den Mutterhals und entleerte auf dieſe Weiſe eine klebrige, dicke, ſchwaͤrzliche Blutmaſſe; die Oeffnung wurde durch Erweiterungsmittel offen erhalten; zwei Jahre nachher befand ſich das Maͤdchen ganz wohl, und die Scheide war offen geblieben. (Journ. d'hebdom., 1834. I. p. 237). Das Verfahren, welches Herr Bérard befolgte, war eine Zuſammenſetzung der Verfahrungsweiſen von Vils laume und Amuſſat. Die Kranke wurde in die Stein⸗ 332 ſchnittslage gebracht; die großen Schaamlippen wurden aus— einandergezogen und das Hymen durch zwei ſeitliche Ein— ſchnitte eröffnet. Nun wurde zunaͤchſt eine bufeifenförmige Trennung in dem Grunde des Blindſackes angelegt und in der Wunde mittelſt des Zeige- und Mittelfingers eine Trennung der Zellgewebsparthie verſucht. Dieß war für die Kranke nicht beſonders ſchmerzhaft; der Finger drang vor, bis er von dem uterus nur noch durch eine dünne Schicht Zellgewebe getrennt war. Der neue Canal wurde mit einem Stuͤcke Preßſchwamm ausgefüllt. Die Kranke hatte keinen Schmerz. Tags darauf wurde der Schwamm, welcher der Kranken etwas Schmerz verurſachte, entfernt und die Hoͤhle ausgeſprist. Dieß wird drei Wochen lang taͤglich fortgeſetzt, wobei ſich der Schwamm räglib mit Blut imbibirt findet; endlich erſcheint dem Operateur das umgebende Gewebe verdickt und der uterus von geringerer Ausdehnung, als vor der Operation. Es wurde ſtatt des Schwammes ein Peſſarium eingelegt; die Kranke verließ aber das Spital, ohne das Ende der Cur abzuwarten. (Gaz. des Höpitaux, No. 93.) Mediciniſch-gerichtliche Bemerkungen über die Ver— trocknung der Nabelſchnur. Von den DDr. Trezzi und Vittadini. Bekanntlich haben Billard und Orfila auf die Vertrock. nung der Nabelſchnur in den Leichen neugeborener Kinder, als Huͤlfszeichen bei der Conſtatirung des Kindermords, beſonderes Ge— wicht gelegt. Da indeſſen andere Gerichtsaͤrzte dieſem Zeichen nur einen geringen oder gar keinen Werth beigelegt wiſſen wollen, ſo haben die neuen Beobachtungen der DD. Trezzi und Vit⸗ tadini uͤber dieſen Gegenſtand Intereſſe genug, um hier eine Stelle zu finden. Der Dr. Trez zi hat im Jahre 1834 folgende Beobachtungen geſammelt. I. Am 8. Auguſt 1834 wurde eine Frau, bereits Mutter meh⸗ rerer Kinder, mit großer Schwierigkeit von einem ſtarken Kinde entbunden, welches, ſich mit dem Steiße zur Geburt ſtellend, in eis nem Zuſtande ſchwerer Asphyxie zur Welt kam; obgleich die Puls ſationen der Nabelarterien noch eine Zeitlang zu fuͤhlen waren, ſo blieben doch alle Belebungsverſuche fruchtlos. Die Leiche wurde bis zum vierzehnten Tage aufbewahrt und dann die Obduction ger macht; das Kind war noch fo friſch, als wenn es fo eben erſt ge— boren worden wäre. Man richtete die Aufmerkſamkeit vorzuͤglich auf die Nabelſchnur, welche trocken, platt, leicht gewunden und braͤunlich war; die Gefäße waren obliterirt, fadenfoͤrmig und ſchwaͤrzlich; die Haut an der Baſis runzlich, roſenrotb; man konnte zwiſchen dieſer Nabelſchnur und denjenigen, die man gleich⸗ zeitig an den lebenden Kindern des cliniſchen Entbindungsſaales unterſuchte, durchaus keinen Unterſchied auffinden. Es muß ber merkt werden, daß das Zimmer, welches damals zur Aufbewahrung der Leichen diente, niedrig, feucht und gegen Weſten lag, die Tem: peratur an jenem Tage zwiſchen + 20° und 23 R. ſchwankte, der mittlere Stand des Hygrometers 53° und der mittlere Druck der Atmofphäre 27,9 Zoll betrug. — Die Vertrocknung der Nas belſchnur hatte alſo in dieſem Falle wie bei einem lebenden Kinde ſtattgefunden, und die Lei he befand ſich in einem ſolchen Zuſtande, daß, wenn man nicht die Geburtszeit gewußt haͤtte, man glauben konnte, der Tod ſey ſo eben erſt erfolgt. II. Am 1. October 1834 wurde eine robuſte erſtgebaͤrende Frau, deren Geſchlechtstheile ſehr rigide waren, nach vielen An: ſtrengungen von einem ſtark entwickelten Kinde, das ſich mit den Füßen zur Geburt geſtellt hatte, entbunden. Die Compreſſion des Nabelſtranges und das lange Verweilen des Kopfes in der Becken hohle hatten eine ſchwere Aſphyxie zur Folge, die durch kein Mit⸗ tel, ſelbſt nicht durch das Lufteinblaſen mittelſt der Chauſſier'⸗ ſchen Rohre, beſeitigt werden konnte. Die Leiche wurde an denſel⸗ ben Ort gebracht, wie die vorerwähnte, und ſchon dreißig Stun⸗ den nachher war die Nabelſchnur vollſtaͤndig vertrocknet und zeigte alle Charactere, welche die Vertrocknung bei Lebenden zu begleiten pflegen. Der mittlere Temperaturſtand war + 14° R. Am 9. befanden ſich der Kopf, der thorax und das abdomen in einem Zuſtande von vorgeſchrittener Faulniß; die Nabelſchnur jedoch war ſehr hart, trocken und ohne alle Veränderung geblieben, und die untern Extremitaten ſchienen einem eben gebornen Kinde anzuge— hören. Hier war alſo die Vertrocknung bei einem todtgeborenen Kinde in der kuͤrzeſten Zeit erfolgt, welche Orfila fuͤr die Ver— trocknung waͤhrend des Lebens bezeichnet hat, und zwar dauerte dieſer Zuſtand ſelbſt dann noch fort, als die benachbarten Theile ſchon ſichtlich von Faulniß ergriffen waren. Im Jahre 1839 wiederholte der Dr. Carlo Vittadini, Arzt am Entbindungshauſe zu Mailand, in Gemeinſchaft mit dem Dr. Trezzi, dieſe Verſuche. Ihre Unterſuchungen betrafen ſieben— zehn Kinder: zehn von denſelben waren todtgeboren; unter den ſieben andern befanden ſich zwei im Zuſtande der Faͤulniß, zwei trugen die Zeichen eines während des Geburtsgeſchaͤfts eingetrete— nen Todes an ſich, und drei waren kurz nach der Geburt geſtor— ben, nachdem ihre Nabelſchnur ſchon verwelkt war. Die Cadaver wurden, ohne irgend eine Vorſicht und mit andern vermiſcht, in ei— nem geraͤumigen, wohl gelufteten, im Winter mittelſt eines Ofens erwärmten Saale auf einen hölzernen Tiſch oder auf die bloße Erde gelegt. Die Vertrocknung der Nabelſchnur wurde in allen Fallen beobachtet, und zwar mit denſelben Characteren, welche fie bei Lebenden zeigt, wenn man eine etwas dunklere Faͤrbung bei denjenigen Ki dern ausnimmt, die im Verweſungszuſtande geboren waren; fo daß man die verſchiedenen Grade der fauligen Zerſetzung in dieſem Föraltheile nicht verfolgen konnte. Und dennoch hatte man nichts gefpart, um dieſelbe zu befördern, indem man zu die— ſem Zwecke, beſonders bei den im Verweſungszuſtande gebornen Kindern, lange Portionen der Nabelſchnur am Bauche haͤngen ließ, damit die Verdunſtung der Fluͤſſigkeiten um ſo ſchwieriger von Statten gehe, und indem man die Beerdigung der übrigen nicht cher geſtattete, als bis die totale Zerſetzung des Koͤrpers ſie zur fernern Beobachtung unbrauchbar machte. Indeſſen muß be merkt werden, daß die Vertrocknung nicht immer in derſelben Zeit erfolgte, vielmehr verſchiedene Umſtaͤnde ſie beſchleunigten oder ver— zoͤgerten. So trat bei trockenem Wetter, wenn es windig war, wenn der am foctus gelaffene Naberſchnurreſt kurz, wenig von der Warthon'ſchen Sulze überzogen und waͤhrend des Lebens bereits welt war, die Vertrocknung ſchon innerhalb 24 — 30 unden ein; während des Winters dagegen, bei feuchtem Wetter, wenn man mehrere Zoll von der Nabelſchnur am Bauche haͤngen ließ, wenn viele Sulze zugegen, wenn der foetus ſchon im uterus in Verwe⸗ ſung uͤbergegangen war, es drei, vier bis fuͤnf Tage dauerte, be— vor eine vollſtaͤndige Vertrocknung erfolgte. In einigen Fällen wurde die Vertrocknung dadurch beſchleu⸗ nigt, daß man den Nabelſchnurreſt in ein Stuͤck Leinwand eder trockenes Papier einwickelte, wie man dieß waͤhrend des Lebens ge— than haben wuͤrde. Bei einem dieſer Kinder, welches in Folge der ſchweren Geburt todt zur Welt gekommen war, ließ man einen Nabelſchnurreſt von ſechs Zoll Laͤnge haͤngen und brachte denſelben unter den Ruͤcken des auf bloßer Erde befindlichen Cadavers, ſo zwar, daß das freie Ende an der andern Seite bervorragte: nach vier Tagen war die ganze Portion, die der Luft ausgeſetzt war, vertrocknet, waͤhrend der vom Rumpfe des Kindes geſchuͤtzte Theil weich und platt blieb und eine weißroͤthliche Farbe behielt. Die Leiche wurde ſo lange aufbewahrt, bis ſie mit Maden bedeckt war und die Haut ſich in Lappen abloͤſ'te; deſſenungeachtet zeigte der vertrocknete Theil der Nabelſchnur gar keine Veränderung, fo wie auch der andere weich gebliebene Theil keine Spur von er: ſetzung wahrnehmen ließ. Kaum war ditſer jedoch der Luft übers laſſen, als er auch ſchon nach wenigen Stunden in denſelben Bu: 334 dn uͤberging, in dem ſich die uͤbrigen bereits vertrockneten Theile befanden. Das Verwelken und Vertrocknen der Nabelſchnur beginnt in allen den Faͤllen, wo fie nicht unterbunden worden iſt, am freien Ende und ſetzt ſich von da gegen die Baſis fort; die Haut des Na: bels runzelt ſich und zeigt einen roſenrothen Hof; wenn man eine Ligatur angelegt hatte, jo bemerkt man häufig, daß das Ende und der von dem Bändchen comprimirte Theil der Nabelſchnur zu gleicher Zeit vertrocknen. Es iſt demnach erwieſen, daß die Putreſcenz bei den waͤhrend der Geburt geftorbenen Kindern erſt lange nach der Vertrocknung der Nabelſchnur eintritt, und daß dieſe letztere ſelbſt dann noch keine Veränderung erleidet, wenn die Bauchwaͤnde bereits durch Faͤulniß faſt ganz zerftört find, Die bisher gemachten Beobachtungen über die Vertrocknung betrafen nur ſolche Nabelſchnurreſte, die noch mit dem Nabel zus ſammenhingen. Um über den Gegenſtand mehr Licht zu erhalten wurden noch andere Verſuche angeſtellt; und zwar: 1) kam man auf den Gedanken, iſolirtie Nabelfchnurftüde in dieſelben Umſtaͤnde zu verſetzen, in welchen ſich der adhaͤrirende Theil bei einem lebenden Kinde befindet, und legte zu dieſem Zwecke in daſſelbe Stuck Leinwand, welches dieſes letztere einhüllte, eine getrennte Portion der Nabelſchnur von gleicher Länge, indem man beide Theile bloß durch eine Falte des Zeuges trennte. Das Res ſultat war, daß beide faſt zu gleicher Zeit welk wurden und ver— trockneten. Nur in den erſten Verſuchen, wo die beiden Enden des iſolirten Stuͤckes offen geblieben und daher ganz leer von Blut waren, konnte man die Gefäße durch die durckſichtigen Membranen nicht deutlich unterſcheiden, und der Nabelſchnurteſt bet den An: blick eines Stuͤckes Hauſenblaſe dar; fotald man aber die Vorſicht brauchte, das Blut mittelſt zweier an beiden Enden angelegten Ligaturen in den Gefaͤßen zu erhalten, war die Vertrocknung re— gelmaͤßiger, und man bemerkte dann alle jene Charactere, die Die: ſem Phanomen an Lebenden eigenthuͤmlich find und ſich auch hier an dem noch mit dem Nabel zuſammenhaͤngenden Theile zeigten. 2) Suchte man zu erforſchen, ob es moͤglich ſey, die Vertrock⸗ nung der Nabelſchnur während des Lebens zu verzögern. Un: ter mehreren zu dieſem Zwecke verſuchten Mitteln war das wirkſamſte, die Nabelſchnur mit einer dicken Lage einer fettigen Subſtanz zu umgeben, indem man dabei, fo viel, wie möglich, je— den Druck und jede Beruͤhrung mit abforbirenden Stoffen zu var: bindern ſuchte. Auf dieſe Weiſe konnte man das Verdelken und Vertrocknen ſo lange aufhalten, bis die Membranen ſich von der Haut des Nabels lostreunten und die Nabelſchnur nur noch durch die Gefäße befeſtigt blieb. Alle angewandten Mittel jedoch waren nicht im Stande, jene Art unvollkommener Vertrocknung zu ver bindern, die zur vollſtaͤndigen Trennung der Nab lſchnur noͤthig zu ſeyn ſcheint; fie konnten ihren Eintritt nur verzoͤgern. 3) Legte man theils an todtgebornen Kindern vertrocknete, theils mit der Schrere abgeſchnittene, theils während des Lebens von ſelbſt abgefallene Nabelſchnur⸗Stuͤcke in's Waſſer; nach eini⸗ gen Stunden erlangten ſie ihre urfprüngliche Form und ihr ur⸗ ſpruͤngliches Volumen wieder; die Gefäße wurden wieder durch⸗ dringlich, und, was eine beſondere Beachtung verdient, die von ſelbſt abgefallenen Stuͤcke zeigten die offenen Muͤndungen der Ger faͤße ſelbſt an derjenigen Seite, welche mit dem Nabel verbunden geweſen war. Ein ſolches Phaͤnomen iſt unſtreitig dazu geeignet, über den Proceß, der die Trennung der Nabelſchnur herbeiführt, einiges Licht zu verbreiten. 4) Leate man ein todtes Kind nach vellſtaͤndiger Vertreck— nung der Nabelſchnur in's Waſſer, ſo daß dieſe von der Fluͤſſigkeit bedeckt war; ſie nahm ihre fruͤhere Weichheit und Dicke wieder an und die Gefäße wurden von Neuem durchgängig. 5 Ließ man viele Placenten mit ihren Nabelſchnuͤren in Faͤul⸗ niß übergeben, in dem Grade, daß das Placentargewebe ſich er⸗ weichte, um ſich endlich in eine ſehr ſtinkende, der Weinhefe ähn: liche Fluͤſſigkeit zu verwandeln; die Nabelſchnur ſchrumpfte ſo zur ſammen, daß außer den Gefäßen, die faſt ganz verſchont blieben, nur noch die häutige Hülle übrig war, und zuletzt vertrodnete fie zu einem ſehr dünnen Faden, der mit der vertrockneten Nabel⸗ 335 fhnu- an einem Kinde durchaus keine Aehnlichkeit hatte. Wenn man aber mittelſt einer feſten Ligatur einen Theil der Nabelſchnur iſolirte, ſo vertrocknete die von der Placenta entfernte Portion un— ter denſelben Erſcheinungen, welche die Vertrockaung waͤhrend des Lebens darbietet, und zwar ganz vorzuͤglich dann, wenn man ſie in ein Stuck Leinewand einwickelte und leicht comprimirte, während der uͤbrige Theil die obenangegebene Art der Zerſetzung erleidet. 6) Getrennte und ſich ſelbſt uͤberlaſſene Stuͤcke der Nabel- ſchnur vertrockneten, und derjenige, welcher den Verſuch anſtellte, konnte der Vertrocknung dadurch das Anſehen einer vitalen ge— ben, daß er die Gefaͤße nicht ganz blutleer werden ließ und die Nabelſchnur⸗Theile gehörig in Leinwand oder Pulver einwickelte. Aus allen dieſem geht nun hervor: 1. Daß die Vertrocknung der Nabelſchnur ein rein phyſicali— ſches Phänomen ift, das ſelbſt bei todtgebornen, verweſ'len und in ſolche Umftände verſetzten Kindern vorkommt, die den Eintritt deſ— felben am wenigſten beauͤnſtigen; 2. daß die Vertrocknung, welche bei den Kindern nach dem Tode eintritt, ſich durch keine Eigenthuͤmlichkeit von der unterſchei— det, die während des Lebens erfolgt; 3. daß die Vertrocknung, die ſelbſt nach dem Tode ſtatt hat, bei noch ſo weit vorgeſchrittener Faͤulniß des Cadavers fortdauert; ein hoͤchſt wichtiger Umſtand, da dadurch der Beweis fuͤr das Le⸗ ben des Kindes nach der Geburt, den Herr Orfila auf die Ver: trocknung der Nabelſchnur gründet, wenn die Lungen durch Faulniß fo zerſtoͤrt find, daß es unmöglich iſt, die ſogenannte Lungenprobe anzuſtellen, umgeſtoßen wird; 4. daß der Gerichtsarzt nicht aus der bloßen Anweſenheit der vertrockneten Nabelſchnur auf das ftattgehabte Leben nach der Ge— burt ſchließen darf, bevor er nicht noch andere Zeichen, beſonders die von der Lungenprobe dargebotenen, zu Huͤlfe genommen hat, und daß, wenn dieſe Letztere eine unvollſtaͤndige Reſpiration anzeigt, er nicht anſtehen darf, zu behaupten, daß die Dauer des Lebens nur ſehr kurz geweſen ſey, ſelbſt wenn die Nabelſchnur vollſtaͤndig vertrocknet iſt; was, nach Herrn Orfila, ein uazweifelhafter Be: weis ſeyn wuͤrde, daß das Kind wenigſtens einen Tag gelebt habe; 5. daß in denjenigen Faͤllen, wo man todte Kinder im Waſſer findet, die Friſche und Permeabilität der Nabelſchnur kein Beweis für den unmittelbar nach der Geburt erfolgten Tod iſt, weil die Vertrocknung, wenn ſie auch waͤhrend des Lebens ganz vollſtaͤndig war, wieder verſchwinden kann. Alles, was bisher uͤber die Vertrocknung der Nabelſchnur ge— ſagt iſt, findet nur bei Kindern Anwendung, welche der freien Luft zugänglich find, fo daß jede unter andern Umftänden gemachte Ber obachtung die Wahrheit der oben erlaͤuterten Säge nicht entkräften würde, (Revue médicale, Aödut 1841.) Miscellen. Ein flexibles Stethoſcop iſt auch von Herrn Simpſon angewendet worden; fein Inſtrument beſteht aus einer, 2 Fuß lan⸗ 336 gen, gewöhnlichen biegſamen Röhre und aus einem kleinen trichter: foͤrmigen Endſtuͤcke. Die Rohre wird in die Ohroͤffnung einge— ſteckt, das trichterfoͤrmige Ende mit der einen Hand aufgeſetzt, und ſo behaͤlt der Arzt immer noch die zweite Hand frei, um den Puls zu fünlen, was nicht der Fall iſt, wenn auch eine Ohrplatte an der Roͤhre angebracht iſt. Es iſt bekannt, daß bei pericarditis durch das Aufdrucken des Stethoſcops leicht ein Frictionston ent— ſteht, welcher bei leichtem Aufſetzen des Stethoſcops nicht zu hoͤren war. In ſpaͤtern Stadien der pericarditis, wenn die Flächen des Herzbeutels bereits ſehr rauh find, hoͤrt man den Frictſonston ge— rade uͤber der Herzſpitze ſchon bei leichtem Drucke. Eine kurze Strecke davon hoͤrt man nur die normalen Herztoͤne, und der Frictionston kommt erſt bei Anwendung eines Druckes zum Vor— ſchein. Exiſtirt endocarditis und pericarditis gleichzeitig, fo hört man bei leichtem Drucke uͤber der Mitte des sternum nur das glockenartige Geraͤuſch, und erſt bei Vermehrung des Druckes kommt der Frictionston zum Vorſcheine. Daſſelbe iſt der Fall hei Ver— wachſungen des Zwerchfells und bei Regurgitationen. Setzt man das Stethoſcop auf der Mitte des Bruſtbeins leicht auf, fo hört man nur die normalen Herztoͤne; druͤckt man dagegen kraͤftig, ſo bört man einen ſtarken Anſchlag der Herzſpitze mit einem dumpfen Nachtone, der ploͤtzlich abbricht. Ebenſo variirt auch bei andern Herzkrankheiten der verſchiedene Grad des Druckes die Herztoͤne. Auf aͤhnliche Weiſe wird ein verſchiedenes Geraͤuſch durch verſchie— denen Druck über den Halsvenen, über dem uterus, über Unter: leibsgeſchwuͤlſten und beſonders über kranken Lungen bewerkſtelligt; da nun mit dem flexibeln Stethoſcope nicht allein der Grad des Druckes ſehr leicht beſtimmt, ſondern auch ein vergleichendes Hin— und Herruͤcken des Inſtrumentes mit hinreichender Schnelligkeit ausgefuͤhrt werden kann, fo empfiehlt ſich das flexible Stethoſcop ſehr zur Aufnahme in die Praxis. (London med. Gaz., Sept. 1841.) Von einer ſchroniſchen enteritis, welche durch ſal⸗ peterſaures Silber in Clyſtir und in Pillen ge— heilt wurde, hat Herr Michel in der Revue des spécialites einen Fall mitgetheilt. Alle Behandlungsweiſen ſchienen erſchoͤpft, und der Kranke, durch eitrige, blutige Stuͤhle und das Fieber ver— zehrt, war dem Tode nahe. Bei dieſer Lage der Dinge wurde das falpeterfaure Silber gegeben, ein Clyſtir in der Dofis von 10 Centigr. in 120 Gramm deſtillirtem Waſſer, und „5 Gran in Pillenform: dieß wurde täglich wiederholt, während man auch Chi: naſyrup und gute Fleiſchbruͤhe darreichte. Der Erfolg war volls ftändig, nachdem zwei Gran ſalpeterſaures Silber in 24 Pillen und 24 Gran in 12 Quart Clyſtir eingegeben waren. — Die Herausgeber der Revue fuͤgen hinzu: „Wenn es erlaubt iſt, in Fällen von chroniſcher und ulceroͤſer gastro-enteritis zu der Cau— teriſation des Darmcanals zu ſchreiten, wie es Trouſſeau em⸗ pfohlen, und Michel hier erprobt hat, fo geſchehe es doch nie eher, als nachdem man die anderen gebraͤuchlicheren Behandlunas: arten unwirkſam gefunden hat: denn es iſt doch immer weniger bb einen Kranken umkommen zu laſſen, als ihn zu toͤdten.“ T ĩ ͤ . ˙ arsn re 3e vo 2 Bibliographische Reuigßgite n. Manuel du cours de chimie organique, appliquée aux arts in- dustriels et agricoles, profesaé par Mr. Payen. Par Mr. Ju- les Rossignon et Mr. Jules Garnier. Paris 1842, 8. Observations topographiques, météorologiques et médicales, faites dans le Rio de la Plata, pendant. le blocus de Buenos Ayres. Par Adolphe Brunel. Paris 1842, 8. Statistique médicale de I’höpital militaire du Gros-Caillou, adressde au conseil de Santé des armées, suivie de recher- ches théoriques et pratiques sur les fiövres ete. Par Mr. le Baron Michel etc. Paris 1842. 8. Therapeutique appliquée, ou Traitemens spéciaux de la plupart des maladies chroniques, Par P. J. C. Debreyne. Paris 1841. 8. — . —ͤ r -. — Neue Wotizen a u 8 dem Gebiete der Nakur- und Deilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalrathe Fro rie zu Weimar, und dem Medicınalratbe und Profeſſor Froriep zu Berlin. Ne. 440. (Nr. 22. des XX. Bandes.) December 1841. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stüdes 3 g Gr. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gGr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gÖr. Nat ur Anatomiſche und phyſiologiſche Studien in Betreff der Sarcophaga haemorrhoidalis, zu dem Zwecke, die Geſchichte ihrer Verwandlungen und die an— gebliche Blutcirculation in den Inſecten weiter aufzuklaͤren. Der Academie der Wiſſenſchaften in Paris am 19. April 1841 vorgeleſen von Herrn Leon Dufour. Bevor ich der Academie die Reſultate der zahlreichen anatomiſchen Arbeiten vorlege, die ich in Betreff der gan— zen Ordnung der Dipteren unternommen habe, bringe ich meine Unterſuchungen uͤber die aͤußere ſowohl, als innere Structur der drei Formen einer ſehr bekannten Fleiſchfliege, Sarcophaga haemorrhoidalis, zu ihrer Kenntniß. Zus gleich werde ich auch auf allgemeinere Betrachtungen einge— hen und durch theoretiſche, wie Erfahrungsgruͤnde eine bis— jetzt noch ſtreitige, fuͤr die Phyſiologie im Allgemeinen un— gemein intereſſante Frage, naͤmlich die Blutcirculation in den Inſecten, beleuchten. Meine Arbeit zerfaͤllt ſonach in zwei Abtheilungen, von denen eine die Verwandlungen, die andere die Circulation betrifft; von beiden werde ich nun der Academie einen kur— zen Abriß mittheilen. Nachdem ich die Larve, Puppe und das geflügelte Inſect der Sarcophaga haemorrhoidalis unterſucht und abgebildet und auf die gewaltigen Unterſchiede aufmerkſam gemacht hatte, welche daſſelbe Einzelweſen, deſſen Leben eine wirkliche Dreieinigkeit umſchließt, in dieſen drei einzel— nen Entwickelungsformen darbietet, nachdem ich die Form— veraͤnderungen Schritt fuͤr Schritt verfolgt hatte, nahm ich das Skalpell und Mikroſcop zur Hand, unterſuchte auch die Anatomie der verſchiedenen organiſchen Apparate in den verſchiedenen Entwickelungsſtufen und ſuchte ſo hinter das Geheimniß der Organogenie zu kommen. Durch hundert— fältige Viviſectionen entfaltete ſich vor meinen Augen das Gemaͤlde jener drei einander ſo unaͤhnlichen Organismen, die No. 1540. BEINE Doiß dennoch die Beſtimmung haben, ſich miteinander zu vers ſchmelzen und, ſtrenggenommen, nur einen einzigen bilden. Ich ſtudirte in ihren wunderbaren Schoͤpfungsphaſen die Eingeweide der Larve, eines kopf- und fußloſen, kriechen den, mit Freßwerkzeugen verſehenen, fleiſchfreſſenden, ſchnell— wachſenden, aber geſchlechtsloſen, d. h., nicht mit Zeugungs— organen verſehenen, Wurms; die der Puppe, die durch ihre Bewegungs- und vollſtaͤndige Empfindungsloſigkeit das aͤchte Bild einer Mumie darſtellt, aber von gebundenem Le— ben erfüllt iſt; endlich die des vollkommenen Inſec— tes, welches fliegt, laͤuft, ſich lebhaft bewegt und ſeine Nahrungsſtoffe in unbedeutender Menge mit einem Ruͤſſel in ſich ſaugt, nicht mehr waͤchſ't, zwei getrennte Geſchlech— ter darbietet und ſich durch Zeugung fortpflanzt. Ich habe danach getrachtet, zu erkennen, wie die Uebergaͤnge partieller Lebensperioden in das gemeinſchaftliche Totalleben des voll— kommnen Inſects durch den Austauſch der materiellen Be— ftandtbeile eintreten. Zuweilen iſt es mir gelungen, den ins tereſſanten Augenblick zu erfaſſen, wo ein Organismus ſich aus den Materialien des andern conſtruirt, jenen flüchtigen Augenblick, wo aus vergehenden Organen im Entſtehen be— griffene hervorgehen. Bei'm Studium dieſer dreifachen Koͤrperform ſah ich mich durch die Erſcheinungen der Umbildungen veranlaßt, in jenem zwiſchen der Larve und dem vollkommnen Inſecte mitteninneliegenden Zuſtande, in der Puppe, drei Alter, Phaſen oder Stadien anzunehmen, welche von meinen Vor— gaͤngern nicht erkannt worden waren, die aber zur Erkennt— niß des Verwandlungsganges ſehr wichtig ſind Das erſte Alter, welches ich den erſten Uebergang nenne, iſt das— jenige, welches unmittelbar auf den Uebertritt der Larve in den Puppenſtand folgt, und wo die Puppe mit der von der Larve zuruͤckgebliebenen Huͤlle noch organiſch zuſammen— haͤngt. Das zweite Alter, deſſen Name es ſchon characte⸗ riſirt, iſt das der völlig ausgebildeten Larve. Dieſe iſt einfoͤrmig weißlich von Farbe. Das dritte Alter, welches der Verwandlung der Puppe in die Fliege entſpricht, iſt das 22 539 des zweiten Uebergangs. Die Augen haben in die ſem Stadium eine violette Faͤrbung. Waͤhrend aller drei Metamorphoſen dieſer Fliege be— ſteht der Empfindungsapparat aus zwei nervoͤſen Sammelpuncten, dem Gehirne und dem Thorax-Gan— glion, von dieſen Mittelpuncten gehen alle Nerven aus, welche in die verſchiedenen Gewebe Leben und Bewegung bringen. Das Gehirn iſt tief zweilappig, oder hat zwei Halbkugeln. Bei der kopfloſen Larve kann daſſelbe natür: lich nicht im Kopfe liegen. Bei der voͤllig ausgebildeten Puppe befindet es ſich, obgleich ein großer blaſenfoͤrmiger Kopf vorhanden iſt, noch außerhalb deſſelben; erſt bei dem zweiten Uebergange und bei dem vollkommenen Inſecte tritt es in den Kopf ein. Die Grundlage der Netzhaut faͤngt erſt bei der voͤllig ausgebildeten Puppe an, ſich zu zeigen, und erſt im folgenden Puppenſtadium, ſo wie bei der Fliege ſelbſt, ſieht man, wie ſich die Netzhaut entwickelt und wie ſich das Pigment der chorioidea, ſowohl in den Augen, als in den Ocellen, bildet Bei der Larve und den beiden erſten Altern der Puppe erſcheinen das Hirn und das Tho— rax⸗Ganglion miteinander in dieſelbe Maſſe verſchmolzen, während bei dem zweiten Uebergange der Puppe und bei der Fliege das Thorax-Ganglion von dem Gehirne durch einen deutlichen Ruͤckenmarkſtrang getrennt iſt. Dieſer letz— tere iſt bei den Dipteren einfach, was von mir zuerſt ent— deckt worden iſt; bei allen uͤbrigen Ordnungen der Inſecten iſt er doppelt. Das Thorax-Ganglion der Larve beſitzt meh: rere Paare von Körpern eigenthuͤmlicher, aber noch unermit— telter Natur, welche ich ebenfalls zuerſt entdeckt und gan— glionartige Körper genannt habe, und welche den an— dern Formen des Inſects abgehen. Die Reſpiration iſt bei den Inſecten eine wahre Luftcirculation, und der derſelben vorſtehende Gefaͤßapparat vereinigt in ſich die beiden wichtigſten animaliſchen Functio— nen. Ich werde auf dieſen Punct zuruͤckkommen. Bei der Larve ſind zwei Paare Stigmaten oder Reſpirationsmuͤndun— gen vorhanden. Von dem vordern Paare bietet jede die Geſtalt eines beweglichen Faͤchers mit 15 Radien dar; die des hintern Paares liegen je in einer Höhle, die ich eavi— tas stigmatica nenne und deren Structur hoͤchſt merk: würdig iſt. Sie find ziemlich groß, rundlich, etwas nieren— foͤrmig, unbeweglich, einander ziemlich naheliegend und jede mit drei linienfoͤrmigen Muͤndungen verſehen. Bei der Ver— wandlung in die Puppe entkleidet ſich die Larve der beiden Stigmaten-Paare, welche an die innere Wandung der Pup— penhuͤlle feſtkleben, die nur das verhaͤrtete und farbige Te— gument dieſer Form des Inſects iſt. Dennoch iſt die Pup— pe, trotz ihres Embryonenzuſtandes und ihrer Unbeweglich— keit, nicht ganz ohne Reſpirationsapparat. Man findet an ihr ein einziges (das vordere) Paar Stigmaten, obwohl dieſe wahrſcheinlich keine thaͤtige Function verrichten. Bei der letzten Verwandlung, naͤmlich der der Puppe in die Fliege, bilden ſich acht Paar Stigmaten, zwei Thorax Paare mit je zwei ſammethaarigen Klappen und ſechs Abdominalpaare, wo die Stigmaten klein und mit einem Ringe eingefaßt find, 840 Die Tracheen, das einzige Gefaͤßſyſtem der Inſee— ten, gehören bei der Larve ſaͤmmtlich der roͤhrigen oder ela— ſtiſchen Art an und bilden einen vollig ſymmetriſchen Appa— rat. Dieſer beſteht fuͤr jede Haͤlfte des Koͤrpers in einem großen, auf der entſprechenden Seite des Ruͤckens hinlaufen— den Canale, welcher den Namen Luftröhre verdient und direct von dem vorderſten bis zum hinterſten stigma geht, indem er rechts und links eine beſtimmte Anzahl regelmaͤßi— ger Nebenaͤſte ausſendet. Dieſe gehen von der Luftroͤhre in ſpitzen Winkeln aus, deren Oeffnung nach Vorne gerichtet iſt. Dieſe Anordnung beweiſ't unzweifelhaft, daß das Ein— athmen der Luft durch die vordern Stigmaten geſchieht. Die beiden Luftroͤhren communiciren vorne durch einen Queer— canal miteinander. Das Tracheenſyſtem der Puppe hat viel Aehnlichkeit mit dem der Larve; allein da keine hintern Stigmaten vorhanden find, fo läuft die Luftroͤhre hinten in ein geſchloſſenes Ende aus. An dieſer Stelle bemerkt man ein betraͤchtliches Bündel miteinander verflochtener Tracheen. Mehrere Queeraͤſte bilden zwiſchen den beiden Hauptroͤhren eine Communication. Die dem Grade der Lebensthaͤtigkeit ſtets proportionale Summe der Reſpiration macht bei dem gefluͤgelten Thiere ein weit verzweigteres Tracheenſyſtem noͤ— thig, als es die fruͤhern Formen beſitzen. Der Zuſtand des gefluͤgelten Inſects hat auch das Vorhandenſeyn ſchlauchfoͤr— miger Tracheen, wahrer Luftballons, noͤthig gemacht, die ſich hauptſaͤchlich an der Baſis der Abdominalhoͤhle, gerade bei der Mitte des Koͤrpers finden und, im Intereſſe der innern Luftcirculation, zur Verminderung der fpecififchen Schwere und zur Herſtellung des Gleichgewichts in den Bewegungen dienen. Wir gehen nun zu den Metamorphofen des Verdau— ungsapparats bei der freſſenden Larve, der faſtenden Puppe und der leckenden oder ſaugenden Fliege Über, Die Larve beſitzt einen fadenfoͤrmigen Nahrungsſchlauch, der 7 bis 8 mal laͤnger, als ſie ſelbſt und mehrmals auf und niedergebogen iſt. Er beginnt mit einem ſehr großen Mundſacke (Vormagen, panse), einem ſchwieligen Kropfe und vier ventrikelfoͤrmigen Beuteln. Dieſe drei Organe feh— len ſowohl der Puppe, als der Fliege. Dieſes Vorherr— ſchen des Ernaͤhrungsapparats bei der Larve iſt eine Urſache oder Folge der Gefraͤßigkeit und des ſchnellen Wachsthums derſelben. Die Speicheldruͤſen beſtehen in zwei fadenſoͤrmi— gen Schlaͤuchen, die kaun mal fo lang, wie der Körper und durch ein Speicheldruͤſen-Epiploon miteinander verbun— den find, das ich bei den Inſecten zuerſt entdeckt habe. Es find vier lange, fadenfoͤrmige, gelbe oder gruͤnliche Le— bergefäße vorhanden, die an dem einen Ende frei find und ſich paarweiſe mit einem duetus choledochus ver: binden, der zu deiden Seiten des chylusbereitenden Ventri— kels angefuͤgt iſt und die Galle in dieſen ergießt. Bei der Verwandlung der Larve in die Puppe find der Mundſack Vormagen, panse), der Kropf und die ventri— kelartigen Beutel verſchwunden, und der Nahrungsſchlauch hat ſich um 3 feiner Länge verkuͤrzt. Der gerade, laͤngliche chy— lusbereitende Ventrikel, welcher voluminoͤſer iſt, als bei den übrigen beiden Formen, bietet an feinem Urſprunge fowohl 841 den Anſatz zu einer becherfoͤrmigen Erweiterung (godet), als den zu einem neuen, von dem der Larve ſehr verſchiedenen Vormagen dar. Er enthält eine ſyrepartige Feuchtigkeit und eine vesicula intra-ventricularis, ein fonderbares Ueber: bleibſel der Vereinfachung des Nahrungsſchlauchs der Larve. Die Speicheldruͤſen ſind noch ſo, wie bei der letztern; allein ihre Beſtandtheile ſtreben bereits, ſich, behufs eines neuen Bildungsproceſſes, voneinander zu trennen. Die Lebergefaͤße, welche [con der erſten Entwickelungsform angehören, find weder von denen der Larve noch von denen der Fliege ver— ſchieden. Das gefluͤgelte Inſect ſcheint den Nahrungsſchlauch der Larve, mit Ausnahme der drei am Anfange des letztern be— findlichen Organe, wiedererhalten zu haben. Die Speichel— druͤſen, welche ihre erſte Form vollſtaͤndig abgelegt haben, ſcheinen wie neu hinzugetreten zu ſeyn. Ein Magen mit langem Halſe und zwe ' lappiger Hoͤhlung hat ſich an dem Ende des oesophagus eingefunden, und von der vesicula intra-ventricularis iſt nicht die geringſte Spur zuruͤckge— blieben Alle dieſe auſeinanderfolgenden Umbildungen und Stellvertretungen oder Schoͤpfungen neuer Organe bieten das lebhafteſte Intereſſe dar, und das Gegeneinanderhalten derſelben in Betreff der verſchiedenen Formen führt zu Er— gebniſſen, welche fuͤr die Organogenie von bedeutendem In— tereſſe ſind. Der Zeugungsapparat wuͤrde nun beſprochen wer— den muͤſſen; allein da derſelbe ſich nur bei'm vollkommnen Inſecte findet, ſo habe ich deſſen Beſchreibung fuͤr meine allgemeine Arbeit uͤber die Dipteren aufgeſpart. Das adipoſe Gewebe der Eingeweide iſt in allen drei Formen des Inſects anzutreffen und ſpielt bei der Organo— genie eine ſehr bedeutende Rolle. Bei der Larve zeigt es ſich in Geſtalt großer membranenfoͤrmiger und ſiebartig durchloͤcherter Fladen; allein wenn ſich die Larve der Meta— morphoſe naͤhert, verwandelt es ſich in ein Netz, deſſen un— regelmaͤßige Maſchen von koͤrniger Structur ſind. Bei der Puppe hat ſich daſſelbe in lauter Koͤrnchen aufgeloͤſ't, welche in einer bedeutenden Quantitaͤt Fluͤſſigkeit ſchwimmen. Dieſe Koͤrnchen ſind ganz fertig praͤparirte plaſtiſche Materialien, welche zu neuen Bildungen verwendet werden. Ich habe oft beobachtet, wie ſich dieſe organogeniſchen Bauſtuͤcke zu linienfoͤrmigen Reihen zuſammenfuͤnten, in Flocken zertheilten, oder zu Schichten ausbreiteten, um Roͤhren, Gelenke oder Membranen, nach Maaßgabe einer noch nicht genau erkann— ten organiſchen Wahlverwandtſchaft oder einer wahlverwandtſchaftlichen Erregbarkeit, zu bilden, von welcher letztern die menſchliche Pathologie zahlreiche Bet: ſpiele darbietet. Ich habe vorlaͤufig ein Organ, welches man in allen Lebensformen der in Rede ſtehenden Fliege auf der Median: linie des Ruͤckens findet, und welches dem ſogenannten Ruͤckengefaͤße der Entomologen analog iſt, Ruͤckenor— gan genannt. Es iſt bei unſerer Fliege weit zuſammenge— ſetzter, als bei andern Inſecten und ſcheint folglich von hoͤ— herer phyſiologiſcher Bedeutung zu ſeyn. Man unterſcheidet daran eine Axe und Fluͤgel. Die Axe iſt eine Schnur ohne Hoͤhle oder Abtheilung, die mit dem einen Ende am hin— tern Theile der Ruͤckenintegumente, mit dem andern am Urſprunge des chylusbereitenden Ventrikels befeſtigt iſt, ohne in die Hoͤhlung dieſes letztern einzudringen. Ihre Thorax— Portion iſt nackt, frei und ein Wenig duͤnner. Die Fluͤgel find der Abdominalportion ausſchließlich eigen. Sie befteben, am hintern Drittel des Abdemen, in einer doppelten Reihe von 12 röchlichen, aufſitzenden Kuͤgelchen, die in ebenſoviel Ligamente auslaufen; und an den beiden vordern Dritteln in einer Art von Epiploon oder gekroͤsfoͤrmiger Krauſe, welche aus winzigen Granulationen zuſammengeſetzt iſt und auf beiden Seiten von vier Baͤndern gehalten wird. Die genaueſte Unterſuchung der Form und Structur dieſes Ruͤk— kenorganes (welches die Wiſſenſchaft bisjetzt noch nicht kannte) beweiſ't, daß es weder mit einem Herzen, noch mit einem Gefaͤße die geringfte Analogie hat, und daß man es folg— lich nicht als einen Circulationsapparat betrachten darf. Es koͤnnte wohl ein Secretionsorgan beſonderer Art ſeyn, wel— ches jedoch von den gewoͤhnlichen Druͤſen der Inſecten durch— aus verſchieden wäre. Ich habe bei dieſer Gelegenheit eine Claſſification der Secretjonsorgane entworfen, welche man ziemlich haͤufig in den Inſecten antrifft, und von allen weicht das fragliche Organ durch ſeine Structur ab. Ich ſpreche ganz unmaaßgeblich die Vermuthung aus, daß das Ruͤckenorgan der Sarcophaga haemorrhoidalis der Ent: ſtehung und Juſtanderhaltung der integumentaͤren Hülle die: ſes Zweifluͤglers nicht fremd ſeyn duͤrfte. Den Schluß meiner Arbeit bildet die Unterſuchung des Blutumlaufs in den Inſecten uͤberhaupt Obgleich dieſer Gegenſtand meinen Forſchungen über die Sarcopha- ga fern zu liegen ſcheint, ſo ſchließt er ſich doch denſelben durch die Betrachtungen an, in die ich ruͤckſichtlich des Ruͤk— kenorgans dieſes Zweifluͤglers eingehen mußte. Zur Loͤſung meiner Aufgabe beruͤckſichtigte ich jedech die durch die Inſec— ten aller Ordnungen dargebotenen Erſcheinungen, ſowie die Anſichten aller meiner Vorgaͤnger. Zu denen, welche an eine ſolche Circulation nicht glau— ben wollen, gehoͤren Malpighi, Swammerdam, Lyon⸗ net, Cuvier, Marcel de Serres, Dumééril, Du: vernoy, Audou in ꝛc.; zu denen, welche ſich dafür aus— geſprochen haben: Comparetti, Straus, Wagner, Carus, Behn, Duges ꝛc. Beide Partheien zählen al: ſo ſehr bedeutende Namen unter ihren Anhaͤngern. Unſerm großen Cuvier gebuͤhrt auch in dieſer Bezie— hung die hoͤchſte Bewunderung. Schon vor vierzig Jah— ren hatte er, vermoͤge einer jener nur genialen Maͤnnern werdenden Eingebungen, in Betreff der Inſecten jenes Grundgeſetz der Phyſiologie geltend gemacht, daß das Vor— handenſeyn eines luftfuͤhrenden Circulationsapparates mit der Exiſtenz eines Blutgefaͤßapparates unvereinbar iſt, oder um mich der ipsissima verba des großen Naturforſchers zu bedienen, wo der Nahrungsſaft ſich nicht an die Luft begiebt, da begiebt ſich die Luft nach dem Nahrungsſafte, um ſich mit ihm zu verbin⸗ den. Seitdem bewog ihn keine der neuern Entdeckungen, 2 243 dieſen Satz abzuindern, und derſelbe beſteht, meiner Mei: nung nach, noch in feiner vollen Kraft. Merkwuͤrdigerweiſe haben diejenigen Naturforſcher, wel— che die Blutcirculation bei den Inſeeten als vorhanden an— nehmen, ſich zur Demonſtration des Circulationsappara— tes nicht der groͤßten Species, ſondern der winzigſten, der juͤngſten Larven, bedient und die ſehr undeutlich durch die halbdurchſichtigen Integumente hindurch beobachte— ten Bewegungen einer in den Hoͤhlungen des Korpers ent— haltenen Fluͤſſigkeit für hinreichend erachtet, um eine Circu— lation der Saͤfte in dieſen Thieren zu beweiſen. Und den— noch ſprachen Cuvier's, von Marcel de Serres haͤufig wiederholte, Verſuche und Einſpritzungen durchaus gegen eine ſolche Circulation. Ich habe die beſtechenden, aber oft einander widerſpre— chenden Behauptungen eines Carus, der die doppelte Cir— culation in den Jaſecten durch Strömungen in der Zlüfs ſigkeit, durch Gefaͤße ohne Wandungen erklaͤren will, die er ohne Weiteres in Arterien und Venen eintheilt, genau beleuchtet und hoffentlich vollkommen widerlegt. Die— ſe, meiner Anſicht nach unter den allgemeinen Geſetzen der Haarroͤhrchenanziehung und der organiſchen Wahlverwandt— ſchaften vor ſich gehenden Bewegungen koͤnnen kein eigentlis ches Circulationsſyſtem bilden. Straus hat das angebliche Herz des Maikaͤfers be— ſchrieben und abgebildet. Es ſoll acht ſeitliche Paare Ohr— Ventrikel-Oeffnungen und eben ſo viel durch Klap— pen voneinander getrennte Ventrikel oder Kammern befisen. Das Blut tritt, Hrn. Straus zufolge, direct aus den großen Höhlen des Rumpfes durch jene Oeffnungen in das Herz ein, geht in die, das Bruſtſtuͤck durchſchneidende, Arterie uͤber und ergießt ſich dann in den Kopf, aus dem es in die Hoͤhlen des Rumpfes zuruͤckkehrt. Ich weiſe nun nach, daß ſeldſt, wenn eine ſolche Structur vorhanden waͤre, ſich daraus doch durchaus nicht die Exiſtenz einer doppelten Circulation herleiten ließe. Die Bewegung wuͤrde ſich auf eine unaufhoͤrliche Heberthaͤtigkeit (ungefähr wie in dem He: ronsbrunnen beſchraͤnken, aber keineswegs den phyſiologiſchen Zweck einer Blute irculation erfüllen. Bei meinen anatomi— ſchen Unterſuchungen über den Maikaͤfer habe ich in dem Ruͤckenorgane deſſelben durchaus keine Oeffnung entdecken können. Dieſes Organ iſt an beiden Enden geſchloſſen und eines der letztern, wie bei der Sareophaga, an den oesophagus des Inſects befeſtigt, ohne in das Innere dieſer Röhre einzudringen. Dieſe Thatſache reicht an ſich ſchon hin, das Syſtem des Herrn Straus und der uͤbri— gen Verfechter der Blutcirculation bei den Inſecten über den Haufen zu werfen. Lyonnet hat in ſeinem poſthumi— ſchen Werke auf eine andere Thatſache hingewieſen, die gleichfalls ſehr dawider ſpricht. Wenn man das Ruͤckenorgan aller ſechsfuͤßigen Inſec— ten betrachtet, ſo erkennt man an demſelben durchgehends folgende Charactere: 1) Es liegt auf der Medianlinie des Nuͤckens unmittelbar unter den Hautbedeckungen. 2) Seine Axe oder der Theil, welcher, nach der Anſicht mancher Na— turforfcher, in'sbeſondere das Herz oder Ruͤckengefaͤß darſtellt, 344 iſt eine einfache faſerig-fleiſchige Schnur ohne Abtheilungen, Oeffnungen oder Hoͤhlen. 3) Es iſt befeſtigt und an bei— den Enden geſchloſſen. 4) Seine Abdominalportion traͤgt an den Seiten Fluͤgel, die zuweilen ziemlich membranenartig, entweder ganz, oder mit Einſchnitten verſehen und an wel— chen Baͤnder befeſtigt ſind, die ſich zuweilen (wie bei den Hemipteren) in Form eines ſchmalen, linienfoͤrmigen Randes zeigen, welcher von Vorn bis Hinten nirgends angeheftet iſt. 5) Die Thoraxportion iſt ſtets nackt und frei. Durch die forgfältigfte Section und Injection hat man an dieſem Dr: gane nie die geringſte Veraͤſtelung ermitteln koͤnnen, und faſt alle Anatomen bezeugen dieſe ruͤckſichtlich der vorgebli— chen Blutcirculation ſo entſcheidende Thatſache. Die Bewegungen des Ruͤckenorgans, die man ſo un— paſſend Syſtole und Diaſtole genannt hat, und die Mittel, durch welche dieſelben bewirkt werden, ſind ein Gegenſtand meiner ſorgfaͤltigſten Forſchungen geweſen. Bei mehreren Inſecten kommen ſie entweder gar nicht vor, oder ſie laſſen jich wenigſtens nicht mit Beſtimmtheit erkennen. Die Be— wegungen, welche ſich auf das ganze Organ erſtrecken, wer— den hauptſaͤchlich vermittelſt der Baͤnder, der Hautmuskeln, der durch den Reſpirationsact in Thaͤtigkeit geſetzten Tra— cheen und des Hin- und Herwogens des Nahrungsſaftes bewirkt. Die dem Organe eigenthuͤmlichen oder die felbftz ſtaͤndigen Bewegungen deſſelben, welche man unpaſſender— weiſe Pulſationen genannt hat, rühren hauptſaͤchlich von der Contractilitaͤt der Faſern her. Sie find unregelmäßig, und Malpighi hat ſogar angegeben, daß er an einem und demſelben Exemplare dieſelben bald von Vorn nach Hinten, bald von Hinten nach Vorn hat fortſchreiten ſehen, was ein ſehr gewichtiger Grund gegen die Circulation des Nahrungs— ſaftes iſt. Zu dieſen Gruͤnden gegen das Vorhandenſeyn eines Herzens und Blutumlaufes in den Jaſecten kommt noch der, daß, wenn man das angebliche Herz nach der Queere durchſchneidet, der Tod nicht unmittelbar erfolgt, während eine Lungenſpinne, bei der man das Ruͤckengefaͤß, ihr wirkli— ches Herz, durchſchneidet, auf der Stelle ſtirbt. Aus meinen Sectionen, Experimenten und Betrachtun— gen geht hervor, daß das Vorhandenſeyn eines luftfuͤhrenden Gefaͤßſyſtems, das die Beſtimmung hat, allen Organen und Geweben die Reſpiration zu Gute kommen zu laſſen, mit dem Umlaufe der Saͤfte unvertraͤglich iſt. Ich folgere, daß ein ſolcher nur bei den mit Tracheen (Lungenſaͤcken ®) verſehenen Inſecten ſtattfinde, und daß das Organ, welches man als den erſten Beweger jener Function betrachtet hat, nichts weiter, als ein Rudiment oder der Figurant des Her— zens der Arachniden, ein, aller hoͤhern phyſiologiſchen Bedeu— tung entkleidetes, verkuͤmmertes Herz fen. (Annales des sciences nat., Juillet et Aoüt 1841.) Miscellen. Ein Gazoſcop, um die Anweſenheit des entzuͤndbaren Gas ſes der Steinkohlengruben oder einer Knallgasmiſchung im Ins nern der Wohnung in Folge einer Entweichung aus den Leitungs: 345 — röhren des Beleuchtungsgaſes anzuzeigen, hat Herr Chuard er: funden und am 29. Nov. der Academie der Wiſſenſchaften beſchrie⸗ ben. „Dieſer Apparat, den der Erfinder in der Gasbereitungsan⸗ ſtalt zu Grenelle im Großen ausgeführt und in Wirkſamkeit ges ſetzt hat, zeigt ſchon die Anweſenheit des Kohlenwaſſerſtoffs an, wenn die Proportion dieſes Gaſes in der atmoſphaͤriſchen Luft, welcher es ſich beimiſcht, nur erſt „Fr beträgt. Um die Miſchung verknallend zu machen, muß die Proportion des entwichenen Gaſes wenigſtens „ erreicht haben, und man ſieht alſo, daß die Anzeige immer zeitig genug erfolgt, um benutzt werden zu koͤnnen. Da die verknallende Miſchung die hoͤchſte Gegend des Gemachs oder des Schachts einnimmt, ſo verſteht es ſich, daß der Apparat immer in der Nähe der Decke angebracht werden muß.“ (Comptes ren- dus etc.) 346 In Beziehung auf den anatomiſchen Bau der Seeſterne hat Herr Prof. Muͤller der Geſellſchaft naturfor— ſchender Freunde zu Berlin am 21. Dec. Folgendes mitgetheilt: Die mit einem After verſechenen Seeſterne haben an ihrem Maſtdarme mit einem braunen Safte gefüllte Blinddaͤrme. Bei Asteracan- thion find zwei, bei Archaster und Culcita fünf Stämme vorhan— den, die ſich wieder theilen. Bei mehreren Seeſternen werden Ge— nitaloͤffnungen gefunden; ſie liegen auf der Scheibe an der Ruͤcken— ſeite an zwei ſiebfoͤrmig durchbrochenen Stellen in jedem Interra— dialraume. Die Genitalien ſind hohl; der Ausfuͤhrungsgang muͤn— det durch jene Poren aus. Die Seeſterne ohne After haben auch keine Genitalienöffnungen, und die Geſchlechtsproducte treten wahr: ſcheinlich durch die reſpiratoriſchen Poren aus. (B. N.) EEC Acc TTT Hei R in n d e. Ueber Bauchhoͤhlenſchwangerſchaft. Von Cruveilhier Die Bauchhoͤhlenſchwangerſchaften kann man in primis tive und conſecutive eintheilen. Bei den primitiven iſt der foetus in feine Eihuͤllen eingeſchloſſen, welche mit den Bauch— eingeweiden verwachſen ſind; bei der conſecutiven Bauch— ſchwangerſchaft liegt der foetus in der Unterleibshoͤhle frei, er verwaͤchſ't nicht, und er waͤre unausweichlich die Urſache einer raſch toͤdtlichen peritonitis, wenn derſelben nicht ein raſcher Tod, durch Eintritt einer Verblutung, zuvorkam. Eine andere wichtige Unterſcheidung begruͤndet die Zeit, in wel— cher die Zerreißung eintritt und der Umſtand, ob der foe- tus ganz und frei in der Unterleibshoͤhle liegt, oder ob er nur theilweiſe in ſie hineinragt und noch mit dem Ovarium oder der tuba in Zuſammenhang geblieben iſt. Sehr entwickelter foetus frei inder Baudı hohle. Chroniſche peritonitis und eine durch die umgeftülpten Eſhaͤute gebildete Geſchwulſt. Eine Frau von etwa dreißig Jahren kam im Sommer 1851 nach der Maternité in folgendem Zuſtande: Marasmus im hoͤchſten Grade, der Unterleib ſehr aufgetrieben; man erkennt das Vorhandenſeyn eines foetus, aber es ſcheint, als wenn dieſer weit oberflaͤchlicher liege, als gewohnlich. Man fühlt den Koͤrper unmittelbar durch die Bauchdecken, und derſelbe iſt nicht auf ſich ſelbſt zuſammengekruͤmmt, wie ein in den uterus eingeſchloſſener foetus. Den Kopf fühlt man uns ter dem Zwerchfelle, und durch die leicht auf die Seite zu draͤngende Fluͤſſigkeit eines ascites unterſcheidet man den Körper des Kindes. Man touchirt die Kranke. Der Mut: terhals iſt nicht verſtrichen; der Muttermund weit genug, um die Einfuͤhrung des Fingers zu geſtatten; die Uterus— hoͤhle iſt vollkommen frei, und der uterus, obwohl volumi— noͤs, erſcheint ſehr leicht, was theils von der Leerheit des uterus, theils von dem Vorhandenſeyn der Bauchwaſſer— ſucht herruͤhrt. Der Zuſtand der Kranken ſcheint uͤbrigens boffnungslos; ſie leidet an Unterleibsſchmerzen, an ſchleichen— dem Fieber, an ſehr haͤufigem Erbrechen, und der Tod er— folgt nach Verlauf einiger Tage. Bei der Leichenoͤffnung findet ſich der foetus in der Unterleibshöhle mitten in einer großen Menge von ſeroͤſer Fluͤſſigkeit; er iſt ausgetragen, ohne Spur von Faͤulniß, und es ſcheint daher, als wenn ſein Tod erſt vor Kurzem erfolgt ſey. Ein ſehr voluminoͤſer Nabelſtrang mit erweiterten Ge— faͤßen ging an der innern Seite einer weichen, abgeplatteten Maſſe vom Umfang eines Manneskopfes aus, welche die rechte Darmbeingrube ausfuͤllte. Auf der Oberfläche diefer Maſſe entſtand der Nabelſtrang mit zahlreichen Veraͤſtelun— gen, und die Geſchwulſt beftand offenbar aus einer großen Placenta, welche eine ellipſoidiſche Maſſe darſtellte, auf de— ren Mitte man mit Leichtigkeit eine Hoͤhle erkennen konnte, die von dem chorion und amnion überzogen war; die Geſchwulſt beſtand daher aus den umgeſtuͤlpten Eihaͤuten, deren Foͤtalflaͤche nach Außen gewendet war, waͤhrend die Hoͤhle durch die Haͤute des Eies ausgekleidet wurde. Es war eben fo leicht einzuſehen, daß dieſe Umſtuͤlpung in Folge einer Zerreißung des Eies erfolgt war, wobei der Foͤtus in die Bauchhoͤhle gelangte. Das peritonaeum zeigte uͤbrigens die Spuren einer chroniſchen Entzuͤndung; es war von einer ſehr dichten Pſeu— domembranſchicht von ein bis zwei Linien Dicke überzogen, welche leicht abgezogen werden konnte, worauf ſehr entwickelte Venen zum Vorſcheine kamen. In der halbdurchſichtigen Pſeudomembran zeigten ſich hie und da weiße, gleichſam tus berculoͤſe Puncte. Die Daͤrme waren alle unter einander verwachſen und von einer Pſeudomembran bedeckt. Das Ende des Duͤnndarms hing mit der ellipſoidiſchen Geſchwulſt in der Darmbeingrube zuſammen. Das große Netz war auf ſich ſelbſt zuſammengerollt und von einer Pſeudo— membran umhuͤllt. Es glich einem dicken, cylindriſchen Strange oder einer Darmſchlinge. Eine in daſſelbe einge— fuͤhrte Sonde ließ ſich in der Mitte dieſes aufgerollten Nez— zes leicht hinſchieben. Die Pfeudemembranen des Nez— zes und Darmes waren mit Leichtigkeit abzunehmen; die atrophiſche Leber war nach Oben gedraͤngt und eine dicke, halbdurchſcheinende, gallertartige Pſeudomembranſchicht lag zwi— ſchen dem Zwerchfelle und der Leber Die kleine, in das linke Hypechondrium zuruͤckgedraͤngte Milz war von allen Seiten angewachſen. Der Magen war ſehr verengt, und das daranhaͤngende große Netz ſchien nur ein Anhang dies ſes Organes zu ſeyn. Die mit dem Zwerchfelle verwachſe— nen Lungen waren normal. Der Darm hatte das Dop⸗ 347 pelte feines gewoͤhnlichen Umfanges; Pſeudomembranen fan— den ſich nicht in feiner Höhle. Tuba und Ovarium der lin— ken Seite waren, eben ſo wie das rechte Ovarium, normal. Die rechte tuba iſt in ihrer Uterusinſertion leicht zu erken— nen, verliert ſich aber nach einem Verlaufe von einigen Li— nien in die Geſchwulſt. Bemerkung. Dieß iſt ein Fall von Tubenſchwan— gerſchaft mit Zerreißung des Eies ohne Blutung, Eintritt des lebenden foetus in die Bauchhoͤhle und vollſtaͤndige Umdrehung des Eies. Das Ei war uͤbrigens auf ſich ſelbſt zuſammenge zogen, und dadurch bildet die placenta, welche urſpruͤnglich gewiß nur einen Theil des Umfanges des Eies bedeckt hatte, nach der Zerreißung eine faſt vollkommene Huͤlle fuͤr daſſelbe. Fragt man nach der Zeit dieſer Zerrei— ßung, fo antworte ich, daß fie ſchon vor längerer Zeit ſtatt— gehabt haben muͤſſe, da die peritonitis alle Merkmale ei— ner chroniſchen Entzuͤndung an ſich trug. Die Umſtuͤlpung der Eihuͤllen iſt ein Beweis, daß das Kind lebend in die Peritonaͤalhoͤhle eingedrungen iſt, und ſie laͤßt ſich nicht an— ders erklaͤren, als durch die Zerrung des Nabelſtrangs an feinem Inſertionspuncte. Fragt man mich, ob der foetus in der Bauchhoͤhle habe leben und wachſen koͤnnen, ſo muß ich antworten, daß er alle Charactere der Lebensfaͤhigkeit hatte, und daß der unverſehrte Zuſtand deſſelben bewies, daß er noch Tags zuvor, oder vielleicht an dem Todestage der Mutter ſelbſt gelebt hatte, daß der Umfang der placenta, die Integritaͤt derſelben, ſo wie die Permeabilitaͤt des Na— belſtranges dafuͤr ſprachen, und daß die placenta auf Thei— len angeheftet, welche Alles, was zur Ernaͤhrung und Cir— culation erforderlich war, darboten, ſo daß ſie ſich in aͤhnli— chen Bedingungen befand, als wenn ſie an der innern Fläche des uterus ſelbſt angeheftet geweſen wären. Wenn es aber durch den Anfang der peritonitis er— wieſen iſt, daß die Ruptur des uterus etwa einen Monat vor dem Tode der Mutter ftattgefunden hatte, ſo iſt auch ſicher, daß der foetus noch innerhalb der Bauchhoͤhle ge— wachſen iſt, eben ſo, als waͤre er noch in der Uterushoͤhle befind ich geweſen: er zeigte alle Charactere eines ausgetra— genen foetus. Wis wäre daraus geworden, wenn die Kranke nicht geſtorben waͤre? Wer wuͤrde es gewagt haben, die Bauchdecken zu durchſchneiden, um den foetus und feine Anhaͤnge aus der Bauchhoͤhle zu entfernen? Haͤtte man dieß aber nicht gethan, wuͤrde alsdann nicht der abgeſtorbene foetus auch den Tod der Mutter herbeigefuͤhrt haben! Kann man annehmen, daß, als fremder Körper, der foetus ſich eingebalgt und mumificirt, und daß ſich feine Gegenwart mit dem Leben der Mutter vertragen haben wuͤrde? Dieſe Annahmen find nicht ohne beſtätigende Beobachtungen. Ich mache darauf aufmerkſam, daß der uterus ſehr entwickelt war, wie bei allen Extrauterinſchwangerſchaften, daß aber die innere Flaͤche deſſelben von keiner Membran ausgekleidet war, welche eine Beziehung zur deeidua hätte. Einen ganz aͤhnlichen Fall habe ich bei einer Frau ange— troffen, welche an Verblutung in Folge einer Zerreißung des Eies im dritten Monate einer Eierſtocksſchwangerſchaft ſtarb. 848 Der folgende Fall iſt offenbar eine primitive Bauch— ſchwangerſchaft; die Beobachtung ruͤhrt vom Herrn Thi— vet her. Bauchſchwangerſchaft, Tod nach achtzehn Jahren. Magdalene Regnaud, verheirathete Martin, 45 Jahr I Monate alt, von ſehr ſtarker Conſtitution, ſtarb am 6. Mai 1839 an einem eingeklemmten Bruche. Herr Jauſe, welcher die Kranke nicht behandelt hatte, forderte mich zur Leichenoͤffnung auf, und wir fanden ein Kind au— ßerhalb der Gebärmutter in der Unterleibshoͤhle. Bei den Verwandten erfuhren wir uͤber die vorausgegangenen Um— ſtaͤnde Folgendes: Im Jahre 1811 wurde ſie zum erſten Male entbunben von einer Tochter, welche noch lebt. Zehn Jahre danach (1821) wurde fie wiederum ſchwanger; dieſe Schwangerſchaft durchlief auf das Regelmaͤßigſte alle ihre Perioden; die Regeln blieben aus; zur beſtimmten Zeit tra— ten Kindesbewegungen ein, und zur Zeit der erwarteten Ent— bindung bekam ſie Schmerzen, wie regelmaͤßige Wehen, aber es ging keine Amniosfluͤſſigkeit ab. Ein hinzugerufener Arzt hielt ſie zuerſt fuͤr ſchwanger; da aber die Entbindung nicht erfolgte und wahrſcheinlich auch der Uterus nicht be— ſonders entwickelt war, ſo laͤugnete er nachher die Schwan— gerſchaft und übergab feine Kranke dem Dr. Lag range, welcher ſeine Anſicht theilte. Dieſer behandelte die Frau drei Monate lang wegen ſehr heftiger Unterleibsſchmerzen, welche theilweiſe dem Gebrauche calmirender Mittel und der Baͤ— der wichen. Die Frau fuͤhlte damals kaum Kindesbewegun— gen mehr; dieſe ſollen vielmehr drei Monate vor dem Ende der Schwangerſchaft aufgehört haben. Als die Kranke ei— nigermaaßen hergeſtellt war, fragte ſie die Herren Dubois und Boyer um Rath, welche eine Extrauterinſchwanger— ſchaft diagnoſticirten und die Kranke mit dem Ausſpruche troͤſteten, daß ſie trotzdem ſehr lange leben koͤnne. Vier Jahre danach wurde fie von Iecterus befallen und bekam zu gleicher Zeit heftige Unterleibsſchmerzen. Sie kam in Behandlung des Herrn Laborie, welcher den Rath der Herren Lacroix und Huffon in Anſpruch nahm. Dieſe beſtaͤtigten eine Extrauterinſchwangerſchaft. Eben zu derſel— ben Zeit entwickelte ſich ein Nabelbruch, welcher ſpaͤter die Groͤße eines Huͤhnereies erreichte; nichtsdeſtoweniger be— fand ſie ſich ſeitdem ziemlich wohl, bis ſie am 22. April 1839 von ſehr acuten Schmerzen, in Folge der Einklemmung des Bruches, befallen wurde; es wurde ein Arzt gerufen, welchem die Repoſition des Bruches nicht gelang und wel— cher ſich bemühte, durch Bäder und eine große Anzahl Blut— egel die Zufaͤlle zu heben, denen indeß die Kranke am 6. Mai, d. h., am funfzehnten Tage der Krankheit, unterlag. Tags darauf fand ſich bei der Leichenoͤffnung Folgen— des: Der brandige Nabelbruch war zuſammengefallen, und die Kothfluͤſſigkeit drang durch eine Darmoͤffnung hervor. Nach Eröffnung der Bauchhoͤhle fanden ſich die Duͤnndaͤrme in betraͤchtlicher Ausdehnung mit den Bauchwandungen ver— wachſen, und in der Bauchhoͤhle war Kothfluͤſſigkeit er— goſſen. Nach Trennung dieſer Verwachſungen drang die Hand hinter die Duͤnndarmmaſſe ein und holte ein Kind heraus, welches in der Bauchhoͤhle frei flottirte und mit 349 den Baucheingeweiden nur durch ſehr lockere haͤutige Verlaͤn— gerungen zuſammenhing. Da das Begraͤbniß eben beginnen ſollte, ſo wurden die Daͤrme mit dem uterus vorſichtig herausgenommen, jo daß keine der Verbindungen des Kindes mit den Baucheingewei— den zerſtoͤrt wurde. Eine ruhige Unterſuchung der Theile ergab Folgendes. Der uterus iſt nicht merklich vergroͤßert; die Conſiſtenz iſt normal, außer an einigen Puncten, wo ſich Knoten von der Groͤße einer Haſelnuß zeigen; kleine fibroͤſe Körper in der Subſtanz des uterus. Die vordere und hintere Flaͤche iſt frei, nur an der hintern Seite findet ſich ein leichtes Pſeudoligament, welches den uterus mit dem rectum ver— bindet. Die runden Mutterbaͤnder zeigen nichts Krankhaf— tes; die linke tuba iſt nach Außen hin obliterirt und bildet bier einen Sack von der Größe einer Birn und von der Form des Magens. Die tuba der rechten Seite iſt eben— falls obliterirt, aber nicht angeſchwollen; ſie haͤngt einerſeits mit dem Ovarium, andererſeits mit dem 8 romanum durch ein langes Pfeudoligament zuſammen. Dieſe beiden Organe zeigen weder eine Spur von Zerreißung noch eine Narbe. Das linke Ovarium iſt kleiner, als im normalen Zuſtande, erweicht, durch einen leichten Druck in eine fluͤſ— ſige Subſtanz umzuwandeln, vom Umfang einer großen Erbſe. Das rechte Ovarium hat die Groͤße einer Kaſtanie und zeigt keine Spur ihrer fruͤhern Organiſation. Es be— ſteht aus einer ſteinartigen Maſſe, welche an einigen Pun— cten das Ausſehen des Kieſels hat, ohne deſſen Haͤrte zu beſitzen; nach dem Zerbrechen der feſten Schaale dieſer Geſchwulſt ſieht man im Innern eine Subſtanz, welche ſich in Faden auseinanderzieht, wie die Eutftanz des Teſtikels, und welche ein großes Gefaͤß umgeben, von dem vier oder fünf Veraͤſtelungen nach verſchiedenen Puncten der Oberflaͤ— che ausgehen. Dieſe Geſchwulſt zeigt keine Spur von Foͤ⸗ tusreſten und hat keine Communication mit dem Kinde. Der foetus iſt nicht in einem Balge eingeſchloſſen, ja er ſcheint fuͤr den erſten Blick ganz ohne aͤußere Huͤlle da— zuliegen, fo beſtimmt find feine aͤußeren Formen ausgedruckt. Bei genauerer Unterſuchung ſieht man indeß, daß er noch ſeine urſpruͤnglichen Huͤllen beſitzt, welche ihn auf das Ge— naueſte uͤberziehen und ſich alsdann in Form von Baͤndern verlaͤngern und am colon ascendens und transversum mit dem peritonaeum verwachſen. Das Kind iſt leicht nach Vorn gekruͤmmt, der Kopf auf die Bruſt niedergedrüͤckt und die untern Extremitaͤten in halber Beugung. Sein Umfang entſpricht ungefaͤhr dem eines ausgetragenen Kin— des; ſeine Laͤnge beträgt ſechzehn Zell; es lag in der Queere mit nach Rechts gerichtetem Kopfe. Der Kopf iſt verlaͤngert und von den Seiten her abgeplattet, von der Form einer dreiſeitigen Pyramide. Den drei Seiten dieſer Ppramis de entſprechen die Schlaͤfengegenden, die auf der Mit⸗ tellinie nach Hinten in einen ſpitzen Winkel auslaufen. Die dritte Fläche bildet das Geſicht; von dieſem iſt indeß keine deutliche Spur zu bemerken; man ſieht nur eine kleine Hervorragung an der Stelle der Naſe; das linke 350 Ohr iſt vollkommen beſtimmt in feinen Formen, fein Knor— pel ſcheint verknoͤchett. Das rechte Ohr iſt kaum ſichtbar. An der hintern Flaͤche des Kopfes, in der Gegend des Hin— terhauptes befeſtigen ſich mehrere Pſeudoligamente, die ſich an das colon ascendens anheften. Sie ſchienen organi— firt, denn es waten Gefäße und kleine Fettklumpen darin zu bemerken. Der ganze uͤbrige Kopf iſt frei. Die Farbe iſt ſchmutzigweiß mit blaͤulichen Flecken, dem Ausſehen nach einer formloſen Maſſe von gewoͤhnlicher Seife nicht unaͤhnlich. Der Kopf fuͤhlt ſich feſt an, und es erfordert einige Kraft, um ihn einzudruͤcken. Die Pfeilnath und Lambda— nath ſind ſehr deutlich, und man bemerkt ſogar eine Be⸗ weglichkeit der Knochen an dieſen Stellen. Der Umfang des Kopfes beträgt 9% Zoll, die Höhe 4 Zoll. Der Hals iſt, wegen der Beugung gegen den Rumpf, ſehr kurz; die haͤutigen Eihuͤllen bilden eine Art von Halsband und gehen ſodann nach Hinten auf den Kopf uͤber. Der Rumpf ſetzt die am Kopfe beginnende Kruͤmmung fort; es entſteht da— durch ein Bogen von 10 Zoll über einer Sehne von 65 Zoll; der Umfang des Bauches in der Gegend des Nabels betraͤgt beinahe 8 Zoll; er iſt von Vorne nach Hinten ab— geplattet, ſo daß der groͤßte Durchmeſſer der Breitendurch— meſſer iſt. Die Farbe des Rumpfes iſt ziemlich dieſelbe, wie die des Kopfes; doch findet ſich daran eine große An— zahl von Granulationen. Er ift überall frei, außer auf der rechten Seite, wo ſich eine Verdickung der Haͤute, wie am Kopfe und am Halſe, findet, welche eine unlaͤugbare Aehnlichkeit mit den Reſten einer Placenta haben. Alle dieſe Verlaͤngerungen, welche ſich auch an den Fuͤßen vor— fanden, dienten dazu, das Kind in der Unterleibshöhle zu ſuspendiren. Die rechte Seite des Rumpfes zeigte Spuren fauliger Zerſetzung; das Schulterblatt und der Arm ſtellen nur noch einige desorganiſirte Lappen dar, obwohl die Kno— chen vollkommen erhalten ſind. Mehrere Rippen liegen bloß, und man ſieht die auf aͤhnliche Weiſe zerſetzte rechte Lunge dahinter. Das rechte Darmbein liegt ebenfalls bloß; der ganze uͤbrige Rumpf aber iſt vollkommen erhalten und fuͤr den Druck etwas nachgiebiger, als der Kopf, beſonders an den Stellen, wo ſich normaler Weiſe keine harten Theile befinden. Der Nabel iſt deutlich ſichtbar, aber der Nabel— ſtrang iſt verſchwunden. Zwei Linien tiefer findet ſich ein haͤutiger Reſt, der auf den erſten Anblick wie ein Nabel— ſtrang ausfab, welcher aber auch nur zu den Hautfalten ge— hoͤrte, die ſchon mehrmals erwaͤhnt worden ſind. Nachdem dieſe Hautreſte in der Gegend der Geſchlechtstheile wegge— nommen waren, fand ſich nur eine weiße Raphe, ſo daß man nur ſchließen kann, das Kind ſey nicht maͤnnlichen Ge— ſchlechts geweſen. Der linke Arm iſt vollkommen erhalten; der Oberarm liegt am Rumpfe an, der Vorderarm iſt ge: gen den Oberam gebeugt, die mißgeſtaltete Hand liegt mit dem Handruͤcken auf der Schulter, und die Länge bes trägt 45 Zoll. Das linke Bein iſt ebenfalls vollkommen erhalten, aber atrophiſch; feine Laͤnge beträgt 4 Zoll 10 Li— nien; das rechte Bein iſt gegen das Huͤftgelenk hin auf ſeine Knochen reducirt. Weiter nach Unten, in der Gegend der Condylen, findet ſich ein Bruch des femur; außerdem 551 waren zwei Klumpffuͤße vorhanden, an welche die pſeudo— membranoͤſen Verlaͤngerungen ſich anhefteten. Bei einer fernern genauern Unterſuchung ſtellte ſich noch Fol— gendes heraus: 1) Unter dem haͤutigen Ueberzuge fand ſich eine Cruſte, welche, nach der chemiſchen Analyſe, faſt nur aus Kalkſalzen beſtand. Sie umgab den ganzen Foͤtus mit einer Schicht von 1 bis 2 Linien; dadurch wurden die einzelnen Theile des Geſichtes verdeckt, obwohl ſich in der Tiefe beide Augen, die Zunge und die Naſe wohlerhalten vorfanden. Alle Kopfknochen finden ſich in der Beſchaffenheit, wie bei einem ausgetragenen Kinde, vor. 2) Unter dieſer Schaale fand ſich die Haut vollkommen erhalten, weich, bieg— ſam und ſehr elaſtiſch; der Kopf war mit Haaren bedeckt, welche merklich laͤnger waren, als die eines ausgetragenen Kindes. 8) Zwiſchen den Schaͤdelknochen und der dura mater fanden ſich hie und da Maſſen, welche zaͤhem Baumoͤle aͤhnlich waren. In der Schaͤdelhoͤhle fand ſich keine Spur von Hirnſubſtanz, ſondern eine Maſſe derſelben oͤligen Subſtanz, welche 25 Unze betrug. Die chemiſche Beſchaffenheit dieſer Maſſe beſchreibt Hr. Baus det folgendermaaßen: „Die Maſſe war von butteraͤhnlicher Con- ſiſtenz, von koͤrnigem Ausſehen, gelblichweiß, am meiſten dem Men: ſchenfett ahnlich nnd beſtand aus einem feſtern Beſtandtheil und der fluͤſſigen Oleine. Der feſte Theil, durch Ausdruͤcken von der Oleine befreit und mit kochendem Weingeiſte behandelt, loͤſ'te ſich darin ein Wenig auf. Die aufgeloͤſ'te und die nicht aufgeloͤſſte Subſtanz wurden beſonders verſeift, und dieſe Seifen ergaben beide ein ſaures Fett, ſehr loͤslich in Alcohol, eryſtalliſirbar, bei 60° ſchmelzend, mit allen Eigenſchaften der reinen Margarinſaͤure. Die neutralen Fette, welche dieſe Saͤure geliefert hatten, hatten eine Schmelzbarkeit, welche ſich der der Margarine ſehr naͤherte, und es iſt hiernach anzunehmen, daß ſie nichts Anderes ſeyn konn— ten, als dieſer Stoff ſelbſt. Die ganze Maſſe zuſammen beſteht al ſo wohl aus Oleine und Margarine, ganz wie das Fett des Men— ſchen; indeß ſchien mir die Maſſe doch auch noch eine kleine Quan— tität von der weißen fetten Subſtanz zu enthalten, welche Vau— quelin in dem Gehirne nachgewieſen hat, und für welche Couer⸗ be den Namen Cerebrote vorgeſchlagen hat.“ 4) In der Bruſthoͤhle waren die Lungen durch das in die Höhe gedraͤngte Zwerchfell nach Oben und Hinten gedrängt, voll: kommen erhalten, weich, roͤthlich, ganz wie bei einem neugeborenen Kinde, welches nicht geathmet hat. Das Herz hat ebenfalls eine roͤthliche Farbe und iſt vollkommen erhalten. Laͤngs der Rücken⸗ wirbel unterfcheidet man vollkommen die Reihen der weißen Kno⸗ ten des sympathicus. 5) In der Unterleibshoͤhle findet ſich die Leber um die Hälfte kleiner, als bei einem ausgetragenen Kinde; der obere linke Theil iſt in eine feſte, lappige, mattweiße Fettmaſſe umgewandelt; die dahingehenden Gefaͤße ſind nicht obliterirt. Die Gallenblaſe enthält etwas Galle, welche der Synovia gleicht; der Magen iſt durchſichtig, leer und ſchlaff; die dünnen Daͤrme find zuſammengefallen, enthalten aber eine betraͤchtliche Quantiät voll: kommenen Meconiums; noch mehr davon findet ſich im Dickdarme. Die Milz, die Nieren ſind wohl erhalten und zeigen ebenſo, wie das Zwerchfell, nichts Abnormes. 6) Im Becken findet ſich ein 832 roͤthlicher und normal gebildeter uterus; die Blaſe iſt leer. 7) Eine Zergliederung der oberen und unteren Gliedmaßen zeigt, daß die Muskeln ihre Biegſamkeit und roͤthliche Farbe behalten haben und denen eines neugebornen Kindes durchaus aͤhnlich find. Arte— rien, Venen und Nerven erſcheinen normal, und alle dieſe Theile find durch ein ziemlich fettreiches Zellgewebe von ziemlicher Feſtig— keit unter einander vereinigt. 8) Die Knochen ſind im Allgemei— nen nicht ganz fo lang, wie die eines ausgetragenen Kindes; fie ſind aber dicker und von groͤßerer Conſiſtenz. Die Epiphyſen, ob— wohl noch nicht verwachſen, ſind dennoch feſter an den Knochen— ſchaft angefügt, als im normalen Zuſtande. Dieſer Fall beweiſ't wieder, daß ein fremder Koͤrper innerhalb des Organismus dadurch unſchaͤdlich wird, daß er von einem iſoli— renden Balge umgeben wird. Die vollkommene Erhaltung der ein— zelnen Koͤrpertheile waͤhrend eines Zeitraumes von achtzehn Jahren erklart ſich vielleicht durch eine unvollkommene Vertrocknung, wel— che ftattgefunden hat. (Anatomie pathologique. 37. Livr.) at Be Zur Erklärung des Intermittirens der Herz ſchlaͤge bewirkte Dr. Prudente eine kuͤnſtliche Intermiſſion der Herzſchlaͤge bei Froͤſchen, dadurch, daß er auf ihre Zunge oder in die Mundhoͤhle oder auf das bloßgelegte Herz fluͤſſiges Ammonium oder eine waͤſſerige Aufloͤſung von Opium, weißes oder ſchwarzes Bilſenkraut brachte. Er beobachtete, daß, wenn der Contact eines dieſer Agentien die Herzſchlaͤge intermittirend macht, dieſes von der Verlaͤngerung einer Syſtole oder einer Diaſtole herruͤhrt. Hieraus zieht er nun den Schluß: die Intermiſſion der Herz- und Arterienpulsſchlaͤge haͤngt nicht von einem Zuſtande der Ruhe des erftgenannten Organs ab, ſondern von einem Mißverbältniffe in den Zeiträumen der Syſtole oder Diaſtole der Cavitaͤten des Her: zens, indem dieſe uͤber die Zeit hinaus ſich verlaͤngert, die ihr durch den phyſiologiſchen Rhythmus beſtimmt iſt. Jedoch muß man hier— von jenen wiederholten momentanen Stillſtand der Herzbewegun— gen ausnehmen, der in der Agonie eintritt. Ein kuͤnſtliches Gelenk an einem feit zwölf Jah— ren ſteifen Ellenbogengelenke hat Herr Profeſſor von Wattmann zu Wien folgendermaaßen bewerkſtelligt. Am 10. November 1841 bahnte er ſich durch die Weſchgebilde den Weg zur, durch Knochenmaſſen vermittelten, Gelenkverwachſung, durchſaͤgte mit einer, dazu eigens erfundenen, das Drittel eines Kreiſes beſchreiben— den Rundfaͤge den Oberarmknochen ein paar Linien uͤber der fruͤ— heren natuͤrlichen Gelenkflaͤche deſſelben, bildete auf dieſe Art die natürliche Form der beiden oberen Endtheile der Vorderarm— knochen und formte alſo in der That ein kuͤnſtliches Gelenk. Am 26. December war die Herſtellung eines beweglichen Gelenkes ſchon fo weit gediehen, daß der Vorderarm in eine Beugung verſetzt werden und die Kranke mit dem Daumen des operirten Armes ihre Stirn, Mund und vordere Bruſtflaͤche berühren konnte. Gibliographis ch A series of Lectures on popular and experimental Chemistry. By Henry M. Noad ete. London 1841. 8. Catalogue of British Plants (Part I. containing the flowering Plants and Ferns). By J. H. Baltour, MD., Reg. Prof. of Botany, Glasgow; C. C. Babington, ag. ete.; and W. II. Campbell, Esq., Seer. Bot. Soc. 2. edit. Edinburgh 1841. 8. e Re en. Observations on the Analogy between Ophthalmie and other diseases. By Charles Fines, London 1841. 8. Manual of general Therapeutics, By Dr. Spillan. London 1841. 8. — — — ——— R e — ur — g zu dem zwanzigſten Bande der Neuen Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. (Die Roͤmiſchen Ziffern bezeichnen die Nummern, die Arabiſchen die Seiten.) A. Abdominal⸗Geſchwulſt durch Einſpritzungen geheilt. CCCCXXXVI, 288. Acton, uͤber die Behandlung der Gonor— rbde. CCCCXXIX, 167. Aerolithen bei Roche Serviere herabgefal— len. CCCCxxXxVIII. 312. Aetiologie der rheumatiſchen und Lungen— krankheiten vom meteorologiſchen Stand— puncte aus. CCCGXXXVI. 281. After, kuͤnſtlicher. CCCCXXXIV. 255. Anemometer von Whewell. CCCCXXII. 53. Angina tonsillaris mit Guajak behandelt. CCCCKÄIV. 9. Anthrakokali. CCCCXXII. 64. Antimon von Arſenik zu unterſcheiden. CCOCCXXIX. 168. Arnold, Aphorismen uͤber das Gallenfieber, CCCCKK. 29. Arnott, uͤber bei Harnroͤhrenſtricturen an— zuwendende Ausdehnung durch den Druck einer Fluͤſſigkeit. CCCCXX. 25. Arſenik von Antimon zu unterſcheiden. CCCGXXIX. 168. Arterien, Kruͤmmungen derſelben von der Syſtole d. Herzens influirt. CCCCXXIX. 176. Aufloͤſung der Harnſteine in der Blaſe. CCCCXXIV, 95. Augenhoͤhle, erectile Geſchwulſt in derſelb. CCCCXXX, 192. Aurora australis. CCCCXXXL 202. Auscultation, Verfahren bei derſelben. CCCCXXIV. 94. B. Balanideen. CCCCXXIII. 70. Barlow's Beobachtungen uͤber die Behand— lung des Diabetes mit Ammonium, CCCCXXIII. 73. Barometermeffungen über die Hohe des Todten Meeres. CCCCXXXIV, 250. Batrachier, Fettkoͤrper im Epiploon derf. CCCCXXVI. 120. Bauchhoͤhlenſchwangerſchaft. 345- Berard, über die Operation beitm Mangel der Scheide. CCCCXXXIX. 329. Bericht der zur Unterſuchung des Werthes der Knochengallerte eingeſetzten Commiſ⸗ fion an die Pariſer Academie der Wiſſen— ſchaften. CCCCXXIX. 120. CCCCXXX. 185. CCCCXXXI. 201. CCCCXXXII. * CCCCÄKL. 354 217. CCCCXXXIIL, 233. GCCCXXXIV, 249. Bernhardi, über das Weſen der Fortpflan: zung mit beſonderem Bezuge auf's Pflan— zenr. CCCCGCXXXV. 256. CCCCXXXVI. 273. Blödſinnige Kinder, Erziehungsmethode für dieſelben. CCC CXXxX. 192. Blut, riechbares Princip deſſelben nach Bar— ruel's Verſuchen entwickelt CCCCXXXIII. 233. Blutegel, Reproductionsvexmoͤgen derſelb. CCCCXXXIV. 250. 8 Bouillaud's Bericht uͤber Voiſin's Abhand— tung: die mangelhafte Hirnorganiſation der meiſten Verbrecher. CCCCXXVII. 131. CCCCXXVIII. 146. Bronchien und Lungen, Contractilitaͤt derf. CCCCXXX. 192. Brown's Behauptungen uͤber Verwandlung der Metalle von Brett u. Smith wider— legt. CCCCxXIII. 24. Bruchſchnitt, ſubcutaner, 144 OCC XXVII. C. Caries der Zähne, CCCCXXXVI. 288. Casper, uͤber den Einfluß der Witterung auf die Sterblichkeit. CCCCXXVIII. 151. Catarrh, organifte Folgekrankheiten deſſ. CCCCXXXVII. 292. Chemie, organiſche, (Statik derſelben.) ee eee 97, CCGGx XVI. 113. CCCCRXVII. 129. Chimpanzee. CCCCXXXV. 266. Compreſſen bei Brufidruͤſen-Abſceſſen. CCCCXXXV. 272. Contractilität der Bronchien und Lungen. CCCCXXX. 192. Cooper, A., Bildung und Heilung eines nach einem Leiſtenbruche entſtandenen künſtlichen Afters. CCCCXXXV. 270. Cruveilhier, über Bauchhoͤhlenſchwanger— ſchaft. CCCCXL. 345. Ccuveilhler, über iſolirte Markſchwaͤmme der eber. CCCCXXXV. 262. aeg ie n Cruveilhier, uͤber Phlebitis der Nieren. CCCCXXXVI, 284. Cyanea capillata, CCCCKAIX. 161. Cysticercus in einer furunkelaͤhnlichen Ge— ſchwulſt. CCCCXXVI. 128. deren Entwickelung. D. Darm⸗Entzuͤndung durch innerlichen Ge— brauch des ſalpeterſauren Silbers behan— delt. CCCGXXXVIII.3 Ir. CCCGXXXIX. 336. Diabetes mit Ammonium behandelt, CCCCXKII. 23. Diät, vegerabilifhe , bei Verdauungsſtoͤ⸗ zungen. CCGCXXXV, 265. Dick, über die Wirkſamkeit der vegetabili— ſchen Diät bei gewiſſen Verdauungsſtoͤ⸗ rungen. CCCCXXXV. 265. Dufour (Leon), anatomiſche und phyſiologi— ſche Studien in Betreff der Sarcophaga haemorrhoidalis, zu dem Zwecke, die Geſchichte ihrer Verwandlungen und die angebliche Blutcirculation in den Inſec— ten aufzuklären. CCCCXL, 332. Dumas, Statik der organiſchen Chemie. CCOCCXXIV. 8. CCCCXXV. 97. CCCCXXYL 113, CCCCXXVII. 129, E. Eingeweidewuͤrmer, Entſtehung derſelben. COOOXXx. 177. CCCCXXXI. 193, GCCCXÄXI. 209. CCCCXXXIM. 225. CCCCXXXIV. 241. Electricitaͤt, durch Eintauchen der Körper in Queckſilber entwickelt. CCCGXXX. 184. Electricität, Aeußerungen derſelben bei Gymnotus electricus, CCCCXIX. I. CCCCKX. ı7. CC CG xxl. 37. Electricität gegen Opiatvergiftung. CCCCXxXIII. 80, Endemiſcher Kropf und deſſen Urſachen. CCCCXXXVII, 302. Erhebung der noͤrdlichen Kuͤſtenſtrecken an der Oſtſee. CCCCXXXII. 216. CCCCXAXXVI. 281. Eſchricht, Unterſuchungen uͤber die Entſte— hung d. Eingewe dewuͤrmer. CCC CXXX. 177. CCCCXXXI. 193. CCCCXXXII. 209. CCCCXXXIII. 225. CCCOCXXAIV. 34 Exarticulation, nach einer neuen Methode. CCCCXX. 32. Extra- Uterinſchwangerſchaft COOCxxXIII. 77. operirt. F. Fei- Geſchwuͤlſte. CCCCXXXIV 255. Ferral, uͤber die Anatomie u. Phyſiologie einiger Theile der orbita. CCCCGXIX. 2. Ferry, ſtatiſtiſche Unterſuchungen uͤber die Aetiologie der rheumatiſchen und Lungen— Krankheiten, vom meteorologiſchen Stand— puncte aus. CCCCXXXVI. 281. Fettkoͤrper im Epiploon der Batrachier. CCCCXXVI. 120. Flamant. CCCCXXV. 104. Fluͤſſe, unterirdiſche, und deren Thierfor— men. CCCGCCXxIX. 8. Fortpflanzung, über das Weſen derſ., beſon— ders im Pflanzenreiche. CCCCXXXV. 256. CCCCxXXxXVI. 27%. Fracturen, allgemeine Behandlung derſelb. CCCCXXV. 105. Froſtbeulen. CCCCXXIII. 80. Fußzehen in einer Art von leuchtendem Zu— ftande. CCCCKXX, 135. G. Gaͤrten, botaniſche. CCCC XXXIX. 330. Gallenſieber, Aphorismen über daſſelbe. CCCCKX. 29. Gallerte in d. Venen injicirt. CCCCXXVIII. 160. Gangraͤn der Lungen, von den Bronchien aus gehend. CCCCXXXIII. 239. Gaſoſcop. CCCCKL. 344. Gehoͤrorgan der Mollusken. CCCCXXXIV. 250. Geiſteskranke, Lungenentzuͤndung bei denſ. CCCCKXAT. 46. Gelenkmaͤuſe (freie Koͤrper in Gelenken) durch fubeutane Operation beſeitigt. CCCCXXVI. 128. Geoffroy St. Hilaire, Iſidore, über die Mauſer der Voͤgel, und in'sbeſondere über Weibchen mit maͤnnlichem Gefieder. CCCC XXI. 33. CCCCXXII. 49. Geologiſche Charte von Frankreich. CCCCXXXVII. 296. Geſchwulſt in der Gebaͤrmutter gleich nach der Geburt bemerkt und nachher ver— ſchwunden. CCCCXXXVII. 300. Geſundheitszuſtand der Stadt Rochefort durch Terrainverbeſſerung influirt. CCCCXXXI, 207. Gifte, in medicinal-policeilicher Hinſicht verarbeitete. CCCCXIX. 16. Gonorrhoͤe, Behandlung derſ. CCCCXXIX. 167. Goodſir, über den Gymnorrhynchus hor- ridus etc. GCCCXXIX. 162. Grano di Peste. CCCCXXXV. 272. Cuajac gegen tonsillaris. CCCCXXIV 06. Gymnorrhynchus horridus. CCCCXXIX. 162. Gymnotus electricus, über die Aeußerung der Electricität bei demf, CCCCXIX. 1. CCCCXX, 12. CCCCXXI. 37. Angina Haemopsis vorax. CCCCXXXVIII, 312. Halmatopus. CCCXXXIX. 330. Hamilton, uͤber partielle Zerreißung der Nerven. CCCGXXVI. 119. Harnroͤhre, Verengerung der innern Muͤn— dung derſ. CCCGXXVII. 144. Harnroͤhrenſtricturen durch einen mittels einer Fluͤſſigkeit anzuwendenden Druck zu behandeln. CCCCXX 25. Harnſteine in der Blaſe CCCCKXIV. 95. Haſſe, über organiſche Folgekrankheiten des Catarrhs. CCCCXXXVII. 297. aufzulöfen, i Hebebett von CCCCXxIX. 16. Henderſon, einfacher Conſtruction. uͤber eine neue Behandlungs— weiſe der Proſtata - Krankheiten. CCCCXXVII. 132. Hernien, Beiträge zur Diagnoſe derſ. CCCCXXII. 60, Herzbeutelwaſſerſucht durch Acupunctur ge— hoben. CCCCXXVI. 128. Herzſchlaͤge, Erklarung des Intermittirens derf. CCCCXL. 352. Hippurfäure und GEEELXIX, 10% Hirnorganiſation, angeblich mangelhafte, bei d. meiften Verbrechern. CCCC XXVII. 131. CCCCXXVIII. 146. ihre Reagentien. J. Inſecten, uͤber die Verwandlung und an— gebliche Blutcirculation derſ. CCCCXL. 3325 K. Kaͤnguruh leicht zaͤhmbar. CCCCXXXVII. 296. Kaiſerſchnitt bei einer rhachitiſchen Frau. CCCCXXXH, 224. Klapperſchlange, lebende. CCCCXXVIII. 152. Knochengallerte als Nahrungsſtoff. CCCC XXIX. 120. CCCCXXX, 185. CCCGXXXI. 201. CCCCXXXII. 217. CCCCXXXIII. 233. CCCCXXXIV. 249. Kopfblutgeſchwulſt bei Neugebornen. CCCCXXI. gr. Kropf, endemiſcher und deſſen Urſachen. CCCCXXXVII. 302. Kuͤnſtliches Gelenk an einem feit zwei Jah— ren ſteifen Ellenbogen. CCCCXL. 352, Kuͤſtenerhebung. CCCCXXXII. 218. CCCCXXXVI. 281. g. Lallemand, uͤber die Entwickelungsart Entſtehungs⸗ und der Zooſpermen. 355 CCCCXXxXVII. 289. CCCCXXXVIII 305. CCCCGC XXXIX. 321. Landouzy, uͤber das Verfahren bei der Aus— cultation und eine neue Art des Stetho— ſcopirens. CCCCXXIV. 94. Langenbeck, Bernhard, uͤber Confervenbil— dung bei dem Naſenausfluſſe eines rotz— kranken Pferdes. CCCCXXII. 58. Leber, iſolirte Markſchwaͤmme derſelben. CCCCXXXV. 267. Longet, über die Verrichtungen der Buͤndel des Ruͤckenmarks und der Wurzeln der Ruͤckgrate nerven. CCCCXXVIII. 145. Luftballons, benutzt in Beziehung auf Leh— ren der Phyſik. CCCCXXI. 42. Luftheizung in ihrer Einwirkung auf die Geſundheit. CCCCXXI. 47. Luidia, merkwuͤrdige Eigenſchaft dieſer Seeſtern-Gattung. CCCCXX. 26. Lungenentzuͤndung bei Geiſteskranken. CCCCXxXl. 45. M. Mac Gregor, uͤber den innern Ge— brauch des ſalpeterſauren Queckſilbers bei chroniſcher Entzuͤndung der Daͤrme. CCCCXXXVIII. 311. Malgaigne, über die allgemeine Behond— lung der Fracturen. CCCCXXV, 105. Mauſer der Voͤgel und Weibchen mit maͤnnlichem Gefieder. CCCCXXI. 33. CCCCxxXII. 49. Meyer, uͤber Zaͤhne im Oberſchnabel der Voͤgel, bei Crocodilen und Schildkroͤten. CCCCXXIII. 69. Medusa aurita, Entwickelung derſelben. CCCCCXXIX. 161. Meeresflaͤchenhoͤhe an der Neapolitaniſchen Kuͤſte. CCCCXXVI 120. Missourium, CCCCXXXV. 264. Mollusten, Gehoͤrorgan derf. CCCCXXXIV. 250. - Monftrofität durch Einſchließung: foetus in foetu. CCCCXXVII. 136. Mumien, Peruaniſche. CCCCXIX. 6. Murphy, Beiträge zur Diagnoſe der Her⸗ nien. CCCCXXII. 60. Muſik, als Heilmittel des CCCC XXII. 57. Wahnſinns. 356 N. Nabelſchnur, Vertrocknen derſ. in gerichtlich— mediciniſcher Ruͤckſicht. CCCGXXXIX. 332. Nagel, in's Fleiſch gewachſen. CCCCXXIX. 1755 Naſenloͤcher der Vögel. CCCCXXIV. 90, Nath bei Dammriſſen. CCCCXXIV, 96. Nekrolog: Audouin. CCCCXXV. 104. — Sobolewsky. CCCCVIII. 152. Clement-Desormes. CCCEXXX. 186. — Eydoux. CCCCX XXVII. 296. Nerven, partielle Zerreißung derſelben. CCCCXXVI, 119. Neſſelorgane, muthmaßliche, der Medufen, CCCCXXIV. 89 Nieren, phlebitis derſelb. 284. CCCCXXXV. O. Oberſchenkelbruch, Verband. CCCCXXXVII. 304. Ohr, pathologiſche Beſchaffenheit deſſelben. CCCCKKXI. 48. Ohrenklingen. GCCCGXXXI. 208. Operation des kuͤnſtlichen CCCCXXKIV. 255. Opiatvergiftung, mittels Electricitaͤt ge— heilt. CCCGCGXXIII. 80. Orbita, Anatomie und Phyſiologie einiger Theile derſ. CCCCKIX, 2. Organe, angebliche, unter der Haut der Hands und Fuß flache. CCCCXÄIK. 168. Afters. P. Papageien. CCGGXXIII. 72. Pauli, uͤber Kopfblutgeſchwulſt der Neuge— bornen. CCCCXXI. 41. Pferd, Vaterland d. zahmen. CCCCXXXII. 216. Pflanzen, cryſtalliniſche Subſtanzen in bau: ſelben. CCCCXIX. g. RN 58 2 - Phlebitis der Nieren. CCCCXXXVI. 284. Piorry, über Pleſſimetrie der aorta, CCCC XXIV. 89. Plattfuß, anatomiſch unterſucht. CCCGCXX. 31. Pleſſimetrie der aorta. CCCCXXIV, 89. Proſtatakrankheiten, neue Behandlungsweiſe derſ. CCCCXXVII. 137. Punction der Harnblaſe. 112. CCOGGXXV. R. Raffeneau⸗Delille, über die Art der Refpi: Nelumbium. ration der Blaͤtter CCCCXXIII. 65. Rapp, über die Balanideen und in’e- beſondere über Tubieinella balaena- rum. CCCCXXIII. 20. Rectus femoris, Zerreißung deſſelben. CCCGCCGXXXVIII. 320. Reſpiration ber Blaͤtter von Nelumbium. GCCCXXIM. 65. Rotzkrankheit bei einem Pferde mit Con: fervenbildung in der Naſe. CCCCXXII. 58. Rotzkrankheit vom Menſchen auf Menſchen übertragen, CCCCXXV, 112. Ruͤckenmarksbuͤndel. CCCCXXVIII. 148. Ruͤckgratsnerven-Wurzeln. CCC CXXVIII. 145. von S. Saͤugethiere, weiße Varietaͤten derſelben. CCCCKXII. 56. Salpeterſaures Silber, innerlich bei chroni— ſcher Darmentzuͤndung. CCOCXXXVIII. 311. Salpeterſaures Silber in Clyſtir und Pil— len. COCCXxXxIX. 336. Sarcophaga haemorrhoidalis. GCCCXL. 337. Sars, Über die Entwickelung der Medusa aurita und der Cyanea capillata, CCCCXXIX. 161. Scheide, Mangel derſelben, und Operation bei'm Mangel derſelben. CCCC XXXIX. 329. Schieloperation, Durchſchneidung der Aue genmuskeln mitteſt eines Einſtichs und Subconjunctivalſchnittes. CCCCXIX. 16. Schlange, zweikoͤpfige. CCCCXXII. 56. Schoͤnbein, über die Aeußerungen der Elec— tricität, CC CGXIX. 1. CGGGdXXI. 37. Schwalben im ſuͤdlichen Rußland. CCCCXXXIII. 234. Sedillot's neues Verfahren zur Amputa— tion des Unterſchenkels. CCCCXXII. 64. Seeſterne, anatomiſcher Bau derſelben. CCCCXL. 346. Staaroperation durch CCCCXXXVIII. 320. Statik der organiſchen Chemie. CCC XXIV. 81. CCOGGXXV. 92. CCCCXXVI. 113. CCCCXXVII. 129. Galvanismus. Steinregen, angeblicher, zu Ivan. COCOGGxXVIII. 132. CCCCXXXVI. 282. Sterblichkeit, wieweit von Witterung in: fluirt. CCCCXXVIII. 153. Stethoſcop, flexibles. CCCCXXXIX. 315. Stethoſcopiren, neue Art deſſelben. CCCCKXAIV. 94. Subcutane Durchſchneidung der Beugemus— keln der Hand und Finger. CCCCXXXII. 224 · Subcutane Sehnendurchſchneidung bei ver— alteten und nicht geheilten Fracturen des olecranon u. der patella. CCCCXXVIII. 160. Sutur bei Knochenbruͤchen. CCCCXXXIII. 240. Spiger, Nachricht von einer gleich nach der Geburt in der Gebärmutter bemerkten Geſchwulſt und deren fpäterm vollkom— menen Verſchwinden. CCOCGXXXVII. 300. T. Telangiectaſie des Beines durch Compreſ— ſion geheilt. GCCC XXVII. 139. Telegraph, Voltaiſcher, von Wheatſtone verbeſſert. CCCCXXVIII. 152. Thiere aus einem unterirdiſchen Fluſſe. CCCC XIX. 8. Thierclaſſen, in welchen gewiſſe Zahlen vorherrſchen. CCCCXXXI. 201. Thylacinus, großkoͤpfiges Opossum. COCCxxl. 42. Trezzi, über Vertrocknung der Nabelſchnur. CCCCXXXIX. 332. Tubicinella balaenarum. 70. Typhus, während des Intrauterinlebens. CCOGCXXXI. 208. CCCCXXIII. U. Unterſchenkel-Amputation, nach Sedillot. c C xxII. 64. Ure, über die Hippurfäure und ihre Rea⸗ gentien. CCCCXXIX. 164. A. 2 Allnatt, R. A. CCCC XXI. 48. Azais. CCCCXXVI. 122. B. Baron. CCCCXXVI. 128. Baumgärtner. CCCCXXX. Beck. CCCCxXX. 192. Bergonier. CCCGXXXIII. 230. Berton, E. A. J. CCCCXXVI. 128. Boech, Chr. CCCCXXIII. 80. Botta, P. E. CCCCXXI. 63. Bossu, A. CCCCXXIV. 96. Boccius, Gottl. CCCCXXXVIII, 319. Boudin. CCCCXXXIV. 256. 192. V. Vagina fehlend, Operation. CCC CXXXIX. 329. Vittadini, über Vertrocknen der Nabel: ſchnur. CCCCX XXIX. 332. Voillemier, Operation einer Extrauterin— ſchwangerſchaft. CCCCXXIII. 22. Voiſin, uͤber mangelhafte Hirnorganiſation der meiſten Verbrecher. CCCCXXVII 131. CCCCXXVIII. 146. W. Wahnſinn, durch Muſik als Heilmittel be— handelt. CCCCXXII. 57. Weiße Varietäten der CCCCXXII. 56. Wheatſtone's verbeſſerter Voltaiſcher Tele— graph. CCCCXXVIII. 152. Whewell's Anemometer. CCCCXXII. 53. Witterung, Einfluß derſelben auf die Sterb— lichkeit. CCCCXXVIII. 181. Saͤugethiere. Ii ren Brunell, Adolphe. CCCCXXXIX. 335, Brett, F. H. CCCCXXIX. 176. C. Campbell, J. S. CCCCXXV. 112, Carpenter. CCCCxIX. 15. Catherwood, CCCCXIX. 18. Cazenave, Al. CCCCXXII, 64. CCCCXXXI. 224, CCCCXXIX. 176. Conradi, A. CCCCXXIII. 80. Cruſell, G. CCCCXXXIII. 240, Cerise. Civiale. D. Davidson, Will. CCCCXXX. 191. Debreyne, P. J. C. CCCC XXXIX. 336, 357 Y. Young, Über eine durch Druck geheilte Telangiectaſie des Beins. CCCCXXVII. 139. 3. Zähne, Carles derſ. CCCCXXXVI, 288. Zaͤhne im Oberſchnabel der Voͤgel, bei Crocodilen u. Schildkroͤten. CCCCXXIII. 69. Zahlen, Vorherrſchen gewiſſer, in einzelnen Thierclaſſen. CCCCXXXI, 201. Zoological Gardens. CCCGXXV. 104. Zooſpermen, Entſtehungs- und Entwides lungsart dere. CCCCXXXVII 289. GECEXXZAVIE 305. CGECEXKZIX. 321. Zwielicht in Europa. CCCCXX. 26. ve Delessert, Benj. CCCCXXIX. 175. Deschamps. CCCCXXXI. 208. Despinoy. CCCCXXXVI. 237. Downie, Sir A. M. CCCCXXXVI, 288. Duval-Jouve, J. CCCCXXVI. 127. E. Earle, Pliny. CCCCXXVI. 144. Eydoux. CCCCXXXIV. 255. F. Farr, W. CCCCXXXVIT. 304. Fischer de Waldheim. CCCCXXXII. 223. G. Garnier, Jul, CCCCXXXIX. 335. Gaste, L. F. CCCCXXXIV. 256. 358 Glocker, E. F. v. CCCCXXIII. 79. Grant, Rob. GCCOXXXVIIL 320. Grisolle, A. CCCCXXII. 64. H. Hall, J. C. GCCCXXVII 143. Harris, C. A. CCCCXXI. 48. CCCCXXIII. 80. Hitchcock, Edw. CCCCXXXI. 207. Hjort, J. CCCCXXIII, 80. Holst, F. CCCCXXIII. So. Heiberg, Chr. J. Jones, W. CCCCXXXI. 208. K. Klencke, Herm. CCCCXXXI. 207. L. Lardner, Dionys. CCCCXXXVIII. 319, Lemaire, Ch. CCCCXXXIII. 239. Lepoutre, A. CCCCXXXV. 272. Longet, F. A. CCCCXXVI. 128. Lyell, Ch. CCCCXXIX, 175. NM. Maclaren, Charl. CCCCXXIV. 95. Markus, M. COCCXXXIII. 240. Mayor, Matth. GCCCXXVIII. 160. M’Cosh, J. CCCCXXXVI. 288. K de ig i ſſt de W. Mercer, Jam. CCCCXXVII. 143. Mestivier. CCCCXXAII, 223. Michel. GCCCXXKIX. 336. Milne-Edwards, H. CCCCXXIV. 95. Moreau, J. J. (de la Tour). CCCCGXXIV. 96. Mougeot, A. CCCCXXXVIL 303. N. Newmans, Edw. CCCGXXX. 191. Nunneley, T. CGCGXIX. 16. (8 d’Orbigny, Charl. Otterburg, S. J. CO XXXIV. 255. CCCCXXVII. 144. RB: Parchappe. CCCGCXXVIII. 160. Parkin, J. CGCCCXXV, 112. CCCCXIX. 16. Payen. CCCGCXXXIX. 335. Petit, L. CCCOCXXXV. 272. CCCCXXXVII. 304. Patissier, Ph. Pidoux. R. Raciborski, A. CCCCXXII. 80. Rees, G. A. CCCCKXX. 32. Reeve, L. CCCCKX, 31. Reinmuss. CCCCXXXV. 221. Rolland du Roquand , CCCCXXVIII. 159. Rossignon, Jul, CCCCXXXIX. 3 35. Osec. 8. Scheltema, S. P. CCCGXXxX. 191. Schimper, W. P. CCCOGCXXXVII. 303 Seringe, N. C. CCCCXXXVI. 287. Sharp, W. CCCGXX. 32. Smith, John Pye. CCCCXXXI. 207. Soubeiran, E. CCCCXXXV. 221. Souleyet. CCCCXXXIV. 255. Sowerby, C. E. CCCCKÄIL. 47. Swan, J. CCCCXX. 31. Szerlecki, Ul. CCCCXXX. 192. 11 Thomson. CCCCXXXII. 224. CCCCXXKV, 277. CCCCXXXVIL, 304. Tommassini, Giac. Trousseau, V Vidal, A, (de Cassis). CCCCxXIII. 80. Vrolick, G. CCCCxXII. 68. W. Ward, R. CCCGXXI. 47. Walther, Ph. Fr. v. CCCGXXXVIII. 320. Westwood, J. O. CCCCXIX. 15. rer | literarisch - artistischer Monatsbericht für Deutschland. . Januar 1841. Dieſer Monatsbericht wird allen, im Verlage oder in Commiſſion des Landes-Induſtrie-⸗ 5 zu Weimar erſcheinenden Zeitſchriften als Intelligenz Blatt beigegeben, namentlich dieſes Jahr den Neuen Notizen für Natur- und Heilkunde und den chirurgiſchen Kupfer- tafeln; übrigens wird der Monatsbericht auch auf Verlangen gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen, Buͤcher, Muſikalien, Landkarten, Kunſtſachen und Naturalien betreffend, ſteht dieſes Blatt offen. Sie werden in der Folge, wie ſie eingehen, ſchnell abgedruckt, 1! gGr. oder 7 Kr. Rhein., berechnet. Erschienene I. Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Wei⸗ mar iſt erſchienen und an die Abnehmer geſendet worden: o . Pharmacopoea universalis, oder uͤberſichtliche Zuſammenſtellung der Pharmacopoͤen von Amſterdam, Antwerpen, Dublin, Edin— burgh, Ferrara, Genf, Hamburg, London, Oldenburg, Turin, Würz: burg; deren America's, Daͤnemark's, Finnland's, Frankreich's, Hannover's, Heſſens, Holland's, der Niederlande, Oceſterreich's, Parma's, Polen's, Portugal's, Preußen's, Rußland's, Sachſen's, Sardinien's, Schweden's, Spanien's, Wuͤrtemberg's; der Dispen— ſatorien von Braunſchweig, Fulda, Heſſen, Lippe und der Pfalz; der Militärpharmacopben Daͤnemark's, Frankreich's, Portugal's, Preußen's, Rußland's und von Würzburg; der Armenpharmaco— pöen von Hamburg und London; der Formularien und Pharmaz copden Auguſtin's, Bories's, Brera's, Brugnatelli's, Cadet de Gaſſicourt's, Coxe's, Del-Bue's, Ellis's, Ferrarini's, Gray's, Gregory's, Hufeland's, Magendie's, Phillips's, Piderit's, Pier: quin's, Ratier's, Rennie's, Saunder's, Saint-Maric's, Sembeni⸗ ni's, Spielmann's, Swediaur's, Taddei's, van Mons's und Wood's, einer Pharmacopde der homöbopathiſchen Lehre, einem Lateinifch = deutfch = englifch = franzöſiſchen Regiſter und 30 Reductionstabellen der Europäiſchen Medicinalgewichte. Dritte neu bearbeitete und vermehrte Auflage. 1195 Bogen im größten Octav-Formate. 10 Thlr. oder 18 Fl. Hieraus beſonders: 30 Reductionstabellen der Europaͤiſchen Medicinal— gewichte. Geheftet. 15 gr. = 19 Sgr. = 1 Fl. 6 Kr. und fuͤr den Raum der enggedruckten Zeile einer Spalte wird Neuigkeiten. II. Folgende Fortſetzungen ſind erſchienen und verſendet worden: Chirurgiſche Kupfertafeln. Eine auserlefene Sammlung der noͤthigſten Abbildungen von aͤußer— lich ſichtbaren Krankheitsformen, anatomiſchen Praͤparaten, ſo wie von Inſtrumenten und Bandagen, welche auf die Chirurgie Bezug haben, zum Gebrauch fuͤr practiſche Chirurgen. Herausgegeben von Dr. Rob. Froriep. Ssſter Heft. 5 Kupfertafeln, mit 13 Bogen Erläuterungen in gr 4. 12 gGr. = 15 Sgr. = 54 Kr. Inhalt: Sogenannte Doppelbruͤchez nach Cooper. — Ver: kruͤmmung der Hände durch chronifche Gelenkaffection; nach Cru— veilhier. — Luxationen des Handgelenkes; nach Voillemier. — Verſchiedene Formen der Harnroͤhrenverengerung; nach Arns Genius. — Reſectionen des Sprunggelenks z nach Bourgery. Das Laboratorium. Eine Sammlung von Abbildungen und Beſchreibungen der beſten und neueſten Apparate zum Behufe der practiſchen und phyſikali— ſchen Chemie. 44ſter Heft. 4 Tafeln Abbildungen, mit 3 Bogen Erklaͤrungen in gr. 4. 12 gGr. = 15 Sgr. — 54 Kr. Inhalt: Einige mikrochemiſche Apparate: Weingeiſtlampe mit doppeltem Luftzuge Blaſeapparat. Gaslampe mit conftantem Niveau und doppeltem Luftzuge. Gasentwickelungs Apparate. Apparate zur Darſtellung einiger Saͤuren. Ein Ax parat zur fa⸗ brikmaßigen Darſtellung der Salzfäure. Apparate zur Darſtellung des Schwefelkohlenſtoffs. Apparate zur Beſtimmung des abſoluten und ſpeciſiſchen Gewichts der Gaſe und der Dämpfe, Weimar, 1841. Landes-Induſtrie-Comptoir. 3 Erſchienene Neuigkeiten. 4 III. Werke uͤber Syrien im Verlage des Landes- Induſtrie-Comptotrs und des Geographiſchen Inſtituts zu Weimar: J. C. Burckhardt's Reife in Syrien, Paläftina und der Gegend des Berges Sinai. Aus dem Eng— liſchen und mit Anmerkungen von De. W. Geſenius in Halle. Zwei Bände gr. 8. Mit Karten und Abbildungen. 1823, 1824. 5; Thlr. — Auf beſſerem Papier 6! Thlr. J. S. Buckingham's Reiſe durch Syrien und Palaͤſtina. Aus dem Engliſchen. Zwei Bände gr. 8. Mit einer Karte und Plänen. 1827 und 1828. 5 Thlr. Karte der Asiatischen Türkei, von C. F. Weiland. Imperial-Folio. 1838. £ Thlr. — Dieselbe, Royal-Folio. 1838. IV. Im Verlage des Geographischen Instituts zu Weimar ist erschienen: Planiglob der Erde. Nach den neuesten Karten und Reisebeschreibun- gen aller Länder, von C. F. Weiland. Acht Blätter im grössten Imperial-Fol. 1838. 3 Thlr. oder 5 Fl, 24 Kr, 1 Thlr. Post- und Reisekarte von Deutschland und den benachbarten Ländern, bis Tilsit, Pesth, Carlscrona, Triest und London. Mit Angabe der Schnell- und Wasserposten, der Eisenbahnen, Notizen über die regelmässigen See- und Fluss-Dampfschifffahr- ten, Bezeichnung des Preussischen Zollverbandes und politischer Gränz - Illumination. Ein Blatt im grössten Karten - Formate. 1 Thlr. oder 1 Fl. 48 Kr. — In Etui 12 Auf Leinwand 13 Thlr. oder 3 Fl. Harz-Gebirge und die umliegenden Gegenden. Mit Höhenprofil. 1840. Preis Thlr. oder 2 Fl. — Entworfen und gezeichnet von C. F. WRILAND. Ein Blatt in Imperial- Fol. 1838. 2 Thlr. oder 54 Kr. — In Etui 3 Thlr. oder 1 Fl. 6 Kr. Thüringer - Wald - Gebirge und die umliegenden Gegenden. Nebst einem Beikärtchen vom nordwestlichen Theile des Thürin- ger Waldes in grösserem Maassstabe, Höhenprofilen und Höhen- tabellen. Von C. F. Wertan. Ein Bogen im grössten Imper.-Format. 1838. 1 Thlr. oder 1 Fl, 48 Kr. — In Etui 13 Thlr. oder 2 Fl. Der Rhein, von seinem Ursprunge bis zu seiner Mündung. Entworfen und gezeichnet von C. F. WEILAND. In zwei aneinander passenden Blättern im grössten Karten- Formate. 1 Thlr. oder 1 Fl. 48 Kr. — Auf fest geleimtem Papier, in Etui, 1! Thlr. oder 2 Fl. 15 Kr. — Auf Lein- wand 2 Thlr. oder 3 Fl. 36 Kr. Lausitzer Gebirge und die nn Gegenden. Gezeichnet von C. F. Wir. AND. Ein Blatt i im gewöhnli- chen grossen Karten-Format. 1837. 2% Thlr. oder 1 Fl. 12 Kr. — In Etui 42 Thlr. oder 1 Fl. 24 Kr. Das Thüringer Waldgebirge, nach ſeinen phyſiſchen, geographiſchen, ſtatiſtiſchen und topographiſchen Verhaͤltniſſen geſchildert. Ein Wegweiſer fuͤr Reiſende zu den Merkwürdigkeiten des Thuͤringer Waldes feiner naͤchſten Umgebung. = Von Profeſſor Dr. H. L. W Voͤlker zu Erfurt. Mit einer großen Karte vom Thüringer Waldgebirge. und 690 Seiten in gr. 12. 1836. Cartonnirt. 3 Thlr. oder 5 Fl. 24 Kr. V. Bei A. Förstner in Berlin ist so eben erschienen: Ueber die Durchschneidung der Sehnen und Muskeln. 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Dieſer Monatsbericht wird allen, im Verlage oder in Commiſſion des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weimar f Intelligenz ⸗ Blatt beigegeben, namentlich dieſes Jahr den Neuen Notizen für Natur- und Heilkunde und den chirurgiſchen Kupfer⸗ tafeln; übrigens wird der Monatsbericht auch auf Verlangen gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen, Buͤcher, Muſikalien, Landkarten, Kunſtſachen und Naturalien betreffend, ſteht dieſes Blatt offen. Sie erſcheinenden Zeitſchriften als werden in der Folge, wie ſie eingehen, ſchnell abgedruckt, 11 g&r. oder 7 Kr. Rhein., berechnet. und fuͤr den Raum der enggedruckten Zeile einer Spalte wird 2 — Erschienene * In unser'm Verlag ist 1841 erschienen und kann durch alle Buchhandlungen bezogen werden: Memoran d a der Ohrenheilkunde. gr. 32 00. Gebunden. 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr. Ausserdem erschienen folgende Memoranda: Allgemeine Pathologie, 9 gGr. oder 40 Kr. Allge- meine Anatomie, 8 gGr. oder 35 Kr. Specielle Anatomie, 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr. Aetiologie, 12 gGr. oder 53 Kr. Toxicologie, 12 gGr. oder 53 Kr. Semiotik, 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. Pharmacopöe, 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. Allgemeine Therapie, 9 gGr. oder 40 Kr. Augenheilkunde, 1 Thlr. 3 gGr. oder 2 FL Die Memoranda, welche sich in rascher Aufeinander- folge über sämmtliche Doctrinen, zunächst der Medicin und Naturwissenschaft, verbreiten sollen, haben den Zweck, Dem- jenigen, der bereits mit dem Gegenstande bekannt ist, eine vollständige Repetition aller Einzelnheiten, mit geringem Zeitaufwande, möglich zu machen, Sie enthalten, entspre- chend dem neuesten Stande der Wissenschaft, die Resultate so zusammengestellt, dass sich das Ganze leicht und ange- nehm lesen lässt, wobei die Bearbeiter, wie wir glauben, die Aufgabe glücklich gelös't haben, etwas zu liefern, was Demjenigen genügt, der das Bedürfniss fühlt, die Einzeln- heiten einer Doctrin in seinem Gedächtnisse wieder aufzu- frischen, dazu aber weder Zeit noch vielleicht selbst Geduld hat, ausführliche Handbücher, die vieles ihm Bekannte, oder doch, bei Erinuerung an die Resultate, von selbst wieder Hervortretende, enthalten, durchzulesen. Denen, welche die Memoranden benutzen, wird es angenehm seyn, dass die Neuigkeiten äussere Anordnung derselben einem der vorzüglicheren aus- führlicheren Handbücher entspricht, wodurch das Nachschla- gen und tiefere Eingehen auf einzelne Puncte erleichtert wird. — Format und Ausstattung sind bequem und gefällig. Weimar, 1841. Landes - Industrie - Comptoir. Bei'm Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar ift erſchienen: Handbuch der Chemie, in ihrer Anwendung auf Kuͤnſte und Gewerbe. Von J. Dumas, Repetitor an der polytechniſchen Schule, Profeffor der Chemie am Athenaͤum ꝛc. zu Parit, Wer aus der Anwendung der Chemie auf die verſchiedenen Induſtriezweige wirklich einigen Nutzen ziehen will, muß dieſelbe gruͤndlich und im Einzelnen erlernen. Da es jedoch für einen Fabri⸗ kanten ſchwer ſeyn muß, allen Zweigen der reinen Chemie eine gleiche Aufmerkſamkeit zu widmen, fo hat der Verfaſſer den Stoff dieſes Werks fo anzuordnen geſucht, daß diejenigen Kuͤnſte, welche eine gemeinfchaftliche Grundlage haben, fo wie die chemiſche Geſchichte der damit in Beziehung ſtehenden Stoffe ſich in gewiſſe Gruppen vereinigen je nähere Auseinanderſetzung dieſer Anordnung beſin⸗ det ſich in der Vorrede. Außerdem wird hoffentlich durch die, einem jeden wichtigen Fabrikzweige meiſt vorgeſetzten allgemeinen Grund» zuͤge, ein jeder Manufacturiſt ſich in den Stand geſetzt ſehen, die chemiſchen Principien ſeines Fachs kennen zu lernen, auch wenn er in der allgemeinen Chemie weniger bewandert ſeyn ſollte. Erſchienen iſt hiervon der I. bis V. Band, in 232 Bogen gr. 8., mit einem Atlas von 75 Tafeln Abbildungen in gr. 4. Preis 19 Thlr. 21 g@r. oder 34 Fl 46 Kr. 7 Erſchienene Neuigkeiten. 8 III. Bei dem Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar iſt erſchienen: „ * — Elementar⸗Unterricht im Naͤhen, wie er in der Induſtrie-Schule des Frauenvereins zu Weimar eingeführt iſt und ſich auch ſchon auf dem Lande bewaͤhrt hat. Mit 31 Muſterfiguren. 24 Blätter in gr. 4to. 1839 und 1840. Zugleich als Vorſchriften ſchöner deutſcher und lateiniſcher Currentſchrift. 1 Thlr. oder 1 Fl. 45 Kr. Rh. IV. Im Verlage des Landes - Industrie- Comptoirs zu Weimar sind erschienen: Natur geschichtliche Karten. Naturhistorischer synoptischer Atlas. Im grössten Karten-Formate. Wovon bisjetzt folgende Blätter ausgegeben sind: Zoologische Karten: ö Nr. 1. das Thierreich, nach Cuvier, 12 gGr.; Nr. 2. die Säugethiere, 18 gGr.; Nr. 3. die Vögel, 18 gGr.; Nr. 4. die Reptilien, 18 gGr.; Nr 5. die Fische, 18 gGr.; Nr. 6. die Mollusken, 13 gr.; Nr. 7. die Ringelwürmer, 18 gGr.; Nr. 8. die Krustenthiere, 18 gGr.; Nr. 9. die Spinnen, 18 gGr.; Nr. 10. die Insecten, 18 gr.; Nr. 11. die Stachelhäuter, 18 gGr.; Nr. 12. die Eingeweidewürmer, 18 gGr.; Nr. 13. die Meer- nesseln, 18 gGr. Botanische Karten: Nr. 1, das Pflanzenreich, nach Jussieu, 12 gGr.; Nr. 2. das Pflanzenreich, nach Linne, 9 gGr. Geologische Karten: Geologische Generalkarte, oder synoptische Ueber- sicht des Zustandes der Erde in ihren verschiedenen Altern; auf eine Untersuchung von Thatsachen gegründet. Mit colorir- tem Profil der Gebirgsformationen nach vier Epochen der Geo- logie, und 119 Abbildungen von Thieren und Pflanzen der Vorwelt. 12 gGr. oder 53 Kr. Geologische Elementarkarte, mit systematisch - tabellarischer Uebersicht der fossil gefundenen Thier- und Pflan- zengattungen, nebst vielen Abbildungen characteristischer Reste. Vom Obermedic.-Rath Dr. L. Fr. v. Froriep. Vier aneinander passende Blätter. 1838. 3 Thlr. oder 5 Fl. 24 Kr, Die übrigen Blätter der zoologischen Karten erscheinen in der ersten Hälfte des Jahres 1841. Die Menschenstämme oder Racen der ganzen Erde. Zur Uebersicht der vorzüglichsten Varietäten des Menschen, nach dem Blumenbach’schen System und zur Uebersicht der ursprünglichen Verbreitung des menschlichen Geschlechts auf der Oberfläche der Erde, nach Bory de St Vincent. KEntworfen und gezeichnet von C. W. WisıLanD. Kine Doppelkarte. Imper,-Folio. 1835. Colorirt. } Thlr. oder 53 Kr. 2 Tabellarische Uebersicht vulkanischer Erscheinungen. Enthaltend ein Verzeichniss der feuerspeienden Berge und ihrer Ausbrüche von der ältesten bis auf die gegenwärtige Ze ebst den damit zusammenhängenden bedeutenden Erdbeben. Mit bei- gedruckter vergleichender Ansicht der Höhen der vulkanischen Berge. Von M. D. Carl Daubeny. - . Ein Blatt im grössten Imperial- Folio. 1829, Illuminirt, $ Thlr. oder 1 Fl. 6 Kr. Heilquellenkarte, oder die Mineralwasser-, Gas- und Schlammbäder, so wie auch die künstlichen Mineralwasser- Anstalten Deutsch- land’s, der Schweiz und der Niederlande. Neue Ausgabe. Von C. F. WEIEAN D. gr. Karten- Folio. 1836. Thlr. oder 53 Kr. V. Hautkrankheiten. Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Wei⸗ mar find folgende Werke erſchienen und koͤnnen durch alle Bude handlungen bezogen werden: Atlas der Hautkrankheiten, oder Sammlung forgfältig colorirter Abbildungen ſämmtlicher Hautkrankheiten nach T. Bateman, P. Rayer und M. N. Devergie. Mit vielen Originalzeichnungen vom Medicinalrathe Dr. Robert Froriep zu Berlin. 64 ausgemalte Kupfertafeln mit erklaͤrendem Texte. gr. 4. 1829 bis 1839. 18 Thlr. oder 31 Fl. 30 Kr. Die vier erſten Lieferungen erſchienen unter dem Titel: Bateman, Th., Abbildungen der Hautkrankheiten; darſtellend die chargcteriſtiſchen Erſcheinungen ihrer Hauptgattun— gen und Arten, nach Willan's Claſſification. In 40 Tafeln. Aus dem Engliſchen in 4 Lieferungen. gr. 4. 1829 und 1830. 10 Thlr. oder 18 Fl. Die vier letzten Lieferungen, nach Rayer und Devergie, koſten jede 2 Thlr. oder 3 Fl. 36 Kr. — Die ſiebente und achte Liefe⸗ rung enthalten die veneriſchen Krankheiten. Practiſche Darſtellung der Hautkrankheiten, nach den geachtetſten Schriftſtellern; vorzuͤglich aber nach den, in der Klinik des Dr. Biett geſammelten Beobachtungen und Erfah: rungen. Von den D.D. A. Cazenave und H. E. Schedel. Zweite, nach der dritten Ausgabe des Originals beträchtlich vermehrte, und auf die Abbildungen in dem „Atlas der Haut— krankheiten“ hinweiſende, Ausgabe. 39% Bogen. gr. 8. 1839. 21 Thlr. oder 4 Fl. 30 Kr. Practiſches Compendium der Hautkrankheiten; mit beſonderer Beruͤckſichtigung der häufigern und hartnaͤckigern . dieſer Krankheit, nebſt Krankheits- und Heilungs: eſchichten. Von Jonathan Green, Il. P., Mitglied des Roy. College of Sarg. u. ehemaligem Wundarzte der koͤnigl Flotte. Aus d. Engl. gr. 8. 1836. 2 Thlr. od. 3 Fl. 36 Kr. Practiſche Abhandlungen uͤber die Hautkrankheiten. Von S. Plumbe. Aus d. Engl. gr. 8. Mit 2 colorirten Tafeln, 1825. 2 Thlr. oder 8 Fl. 36 Kr. Im Sommer 1841 wird erſcheinen: Memoranda der Hautkrankheiten. 18 Bogen gr. 32. Allgemeiner literarisch-artistischer Monatsbericht für Deutschland. Ne u II. Maͤrz 1841. Dieſer Monatsbericht wird allen bei'm Landes-Induſtrie⸗ Comptoirs zu Weimar erſcheinenden Zeitſchriften als Intelligenz ⸗ Blatt tafe Ferien namentlich dieſes Fahr den Neuen Notizen für Natur: und Heilkunde und den chirurgiſchen Kupfer⸗ In; äbrigens wird der Monatsbericht auch auf Verlangen gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen von Büchern und Kunſtſachen ſteht dieſes Blatt offen, und für den Raum der enggedruckten Zeile einer Spalte wird 1! gGr. oder 7 Kr. Rhein. berechnet. Erschienene neuigkeiten. I. So eben ist bei Braumüller und Seidel in Wien erschienen: Januarheft der medicinischen Jahrbücher des k. k. Oesterr. Staates, und der damit verbundenen Oesterreichischen medicinischen Wochenschrift, herausgegeben von Dr. Joh. Nep. Ritter von Raimann, gr. k. k. apost. Majestät erstem Leibarzte, k. k. wirkl. Hofrathe ete. Hauptredaeteur Prof. Dr. A. Edl. v. Rosas, Mitredacteure Prof. D. Dr. S. C. Fischer und J. Wisgrill. Jahrgang 1841. Dieses Journal, welches sich schon seit einer so langen Reihe von Jahren der Theilnahme des ärztlichen Publicums zu erfreuen hat, erscheint vom Jahre 1841 an, nicht allein in monatlichen Heften zu 8 Bogen, sondern auch unter dem Titel: 1 Oesterreichische medicinische Wochenschrift, jede Woche eine Nummer von 1} Bogen, Das Januarheft (am 30. Januar ausgegeben) enthält: I. Beobachtungen und Abhandlungen. Ueber die Aenderung des Genius der Kranklıeiten, von Dr. Ign. Rud. Bischof Edlem von Altenstern. Ueber den Einfluss der Beschäftigung als Krankheits- Ursache, von Dr. Carl Haller, Ansichten über das Zeitgemässe einer Modification im gegenwärtigen See- Sanitäts- und Contumaz - Systeme, von Dr. Franz Weber. Ueber die Darrsucht der Kinder, von Dr. Joh. Wagner, Erfahrungen über die Paracentese der Brust und des Herzbeutels, vom Primar- Wundarzte Dr. Schuh. Heilung der angebornen Verwachsung der Mutterlippen, vom Prof. Dr. Edi, v. Wattmann. Einfache Operations-Methode bei Mastdarmfisteln und Hohlgeschwüren um den After, von Prof. Franz Hauser. Uebersicht der Ereignisse an der pathologisch-anatomi- schen Anstalt in Wien, von Dr. Joseph Engel. Geschichte einer merkwürdigen Exophthalmie, welche durch die Pollinischen Wässer geheilt wurde, von Prof. Dr. Franz Flarer. Merkwürdiger Fall von Gehirnentzündung mit Ueber- gang in's nervöse Stadium, von Dr. Rud. Fischer. II. Studium der Heilkunde und öffentliches Sa- nitätswesen. III. Literatur. Die Namen der Mitarbeiter sind auf dem Umschlag des ersten Heftes angeführt; ihre Zahl übersteigt hundert, dar. unter @oryphäen der Medicin, Von der Oesterr. med. Wochenschrift wurden bereits ausgegeben: Nr. 1. am 2. Januar. Nr. 2. am 9. Ja- nuar. Nr. 3. am 16. Januar, Nr. 4. am 23. Januar. Nr. 5. am 30. Januar. Nr. 6. am 6. Februar. Der Jahrgang von 12 Monatsheften und 52 Nummern der Wochenschrift auf das schönste Maschinenvelinpapier ge- druckt, kostet nur 15 Fl. C. — II. Bei uns ist erschienen: Specialkarte der Grossherzogthümer Mecklenburg - Schwerin und Strelitz. Nach den bekannten besten Ortsbestimmungen und topogra- phischen Karten, im Maassstabe von Afar entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland. Ein schönes Blatt im grössten Karten- Formate, mit der Bezeichnung der Aemter. 1839. 12 gGr. = 15 Sgr. = 53 Kr. Dus Geographische Institut zu Weimar. III. In der Jäger'ſchen Buch, Papier- und Landkartenhand⸗ lung in Frankfurt a. M. iſt erſchienen: Budge, Dr. J., Unterfuhungen über das Nerven⸗ ſyſtem. iſtes Heft. — Einfluß der Centraltheile des Ner⸗ venſyſtems auf die Bewegung des thieriſchen Körpers. gr. 8. Broſchirt. Preis 1 Thlr. 6 Gr. oder 2 Fl. 15 Kr. 11 Erſchienene Neuigkeiten. IV. Im Verlage von C. W. Leske in Darmſtadt erſchienen ſo eben und find in allen Buchhandlungen vorraͤthig: Neuer Sophroni jon oder Reflexionen und Miscellen über wissenschaftliche, kirchliche und allgemeinere Zeiterscheinungen und Denkaufgaben. (Werden nur wir selbst besser, wie bald wird alles besser seyn!) Von Dr. H. E. G. Paulus. Erste Mittheilung. Den vielen Freunden des verehrten Veterans und allen, an den Bewegungen der Zeit geistig Theilnehmenden, welchen es um eine ernstere, gediegenere Lectüre zu thun ist, ais sie die meisten Tageblätter bieten, sey dieses Werk bestens empfohlen. Ueber Zweck und Tendenz spricht sich die Vorrede weitläufi- ger aus; es möge daher hier nur der Inhalt der ersten Mitthei- lung angegeben seyn: > I. Blicke auf die jetzigen Beziehungen Europa’s auf den Orient, II. Preussen tritt gerade im Augenblick einer Weltkrisis mit gereifter Regentenkraft auf der Bahn einer partheilosen Intelligenz neu hervor. III. Beleuchtung des Verhältnisses, welches zwischen Profes- sor Fichte, dem Vater, und dem Dr. Paulus bei dem Atheismus-Streit des Ersteren stattfand. Eine auf das II. Heft des Freihafens von 1840 sich beziehende Cha- racterschilderung, durch Briefe an und von Herrn Ober- consistorialrath von Niethammer zu München. IV. Ansichten über den Orient, nach der nächsten, aber auch nach der weiteren * Es werden 3 Hefte, je zu 8 bis 9 Bogen, im Laufe des Jahres Einen Band ausmachen, und zusammen 2 Tlılr. 15 Sgr. oder 4 Fl. 30 Kr. kosten. Allgemeine Popular-Symbolit o der Sammlung der Haupt⸗Glaubens⸗ und Lehrſaͤtze ſaͤmmtlicher älteren wie neueren Religionen, Con: feſſionen und Kirchengemeinſchaften. Nach den einzelnen fymbolifchen Büchern und anderen Quellen aufgeſtellt und herausgegeben von Gu ſt av Schilling. gr. 8. 154 Bogen. Geheftet. 26 Sgr. 5 Pf. ober 1 Fl. 80 Kr. Zur Bearbeitung und Veröfientlihung dieſes Werkchens ver: anlaßte die Ueberzeugung, daß die immer tiefer in alle öffentliche und private Angelegenheiten eingreifenden und allgemeiner werben: den Streitigkeiten und Reibungen unter den verſchiedenen Religions: oder Kirchengemeinden hauptſaͤchlich nur daher rühren und darin 12 ihre meiſte Nahrung finden, weil dieſelben ſich gegenſeitig nicht ges nug kennen, nicht wiſſen, wo und wie weit ſie eigentlich ſich von einander unterſcheiden. Es wird daher dieſe, in populärer Weiſe abgefaßte Ueberſichts- und Vergleichungstafel der Glaubens- und Lehrſaͤtze der verſchiedenen Religionen, befonders in den Handen der Religionslehrer an Volksſchulen und eines jeden gebildeten Relis gionsfreundes, ſehr viel dazu beitragen koͤnnen, dem Mangel an genuͤgender Toleranz unter dem vermiſchten Volke abzuhelfen und eine allgemeinere Neligionsienntniß zu verbreiten. - Mittheilungen über die Veranlaſſung der kirchlichen Aufregung zu Magdeburg im Jahre 1840, 12. 3 Bogen. Geheftet. 3 Sgr. 9 Pf. oder 12 Kr. Großes Aufſehen nicht bloß unter den Theologen, ſondern auch unter den Laien hat im verfloſſenen Jahre die Angelegenheit des Paſtors Sintenis zu Magdeburg und das Verfahren des koͤnigl. Conſiſtoriums daſelbſt gegen dieſen Geiſtlichen gemacht. Die ſeitdem an das Publikum gelangten offentlichen Mittheilungen entbehren größtentheils aller Vollſtaͤndigkeit oder wenigſtens des richtigen Ger ſichtspunktes, deſſen Darlegung doch ſo ſehr zu wuͤnſchen geweſen wäre. Der Verf. des hier angezeigten Schriftchens durchlebte die Zeit der damals in Magdeburg herrſchenden Aufregung dort, und hat ſich bemüht, zuverläffige Erkundigungen einzuziehen und glaub⸗ hafte Nachrichten zu ſammeln, welche theilweiſe durch Auszuͤge aus amtlichen Verhandlungen beſtaͤtigt ſind. V. In der ten Ausgabe iſt erſchienen und durch alle Buchhand⸗ lungen zu haben: \ Hand buch der allgemeinen Pat h o l og zum Gebrauche bei ſeinen Vorleſungen von Dr. J. W. 9. Conradi, Kön. Hofr. u. Prof. zu Göttingen. Gte verbeſſerte Ausgabe. gr. 8. Caſſel. J. C. Krieger's Verlagshandl. 1841. (25% Bog.) Preis 2 Thlr. Nicht blos in den naͤchſten Kreiſen des Herrn Verfaſſers, fon« dern auch außerhalb hat dieſes Handbuch zahlreiche Leſer gefunden und das Aufeinanderfolgen von ſechs Auflagen ſchon zeugt für feine hohe Brauchbarkeit. Dieſe neue Ausgabe iſt vom Herrn Verfaſſer mit vielem Fleiße wieder durchgeſehen und weſentlich verbeſſert worden. WI. Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weimar iſt erſchienen: Die Trüffel, deren Naturgeſchichte, Fortpflanzung und Zucht nach den Regeln der Gartenkunſt und in Beziehung auf Benutzung für die Zwecke der ſeinern Kochkunſt. Eine Gabe für Gaſtronomen und Feinſchmecker. gr. 12mo. 1838. Mit zwei illum. Kupfertafeln in gr. 410. 11 Thlr. oder 2 Fl. 12 Kr. — —ü—⅜ . —¼ Allgemeiner literarisch-artistischer 0 No. IV. natsbericht kür Deutschland. April 1841. Dieſer Monatsbericht wird den bei'm Landes⸗Induſtrie⸗Comptoir zu Weimar erſcheinenden Zeitſchriften, Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde und chirurgiſche Kupfertafeln, als Intelligenz Blatt beigegeben, und auf Verlangen auch gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen von Buͤchern und Kunſtſachen ſteht dieſes Blatt offen, und fuͤr den Raum der enggedruckten Zeile einer Spalte wird 14 gGr. oder 7 Kr. berechnet. Erschienene Neuigkeiten. I. Neuigkeiten des Landes⸗Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Jubilate⸗Meſſe 1841. K ma n. a 1 Genealogiſch-hiſtoriſch-ſtatiſtiſcher. Achtzehnter Jahrgang fuͤr das Jahr 1841. Beſtehend aus dem Jahrgang 1840 und der Ergaͤnzung deſſelben ſeit deſſen Erſcheinung bis jetzt, und einem alphabetiſchen Regiſter uͤber das Ganze. Preis des Ganzen 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. der Ergänzung beſonders, fuͤr die Beſitzer des Jahrgangs 1840, 9 gGr. oder 40 Kr. Froriep, Dr. L. F., und Dr. Rob. Froriep, Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. XVI. und XVII. Band. Nr. 331 bis 374. Mit Abbildungen und Regiſter. gr. 4. Jeder Band 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. Hunter, James, M. Dr., Ueber den nachtheiligen Einfluß der kuͤnſtlichen Beleuchtung auf das Auge, ſo wie einige Mittel, durch welche ſich die Nachtheile der Lampen vermeiden oder vermindern laſſen. Aus Frorie pes Neuen No- tizen ꝛc. beſonders abgedruckt. 3 Bogen gr. 12. Mit 9 einge⸗ druckten Holzſchnitten. 6 9Gr. oder 27 Kr. Kupfertafeln, Chirurgiſche. Eine auserleſene Sammlung der noͤthigſten Abbildungen von aͤußer⸗ lich ſichtbaren Krankheitsformen, anakomiſchen Präparaten, chirur⸗ giſchen Inſtrumenten und Bandagen. Zum Gebrauch für practiſche Chirurgen. undachtzigſter Heft. circa 2 Bogen Text in gr. 4., 12 gGr. oder 53 Kk, Herausgegeben von Dr. Robert Froriep. Sechs⸗ Jeder Heft, mit 5 Tafeln Abbildun en und Memoranda der Ohrenheilkunde. 18 Bogen. gr. 32mo. Geb. 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr. Pharmacopoea universalis, oder uͤberſichtliche Zuſammenſtellung der Pharmacopden, Dispen⸗ ſatorien, Militärpharmacopden, Armenpharmacopden und Formu- larien Europa's und America's. Dritte, neu bearbeitete und ver⸗ mehrte Auflage. II. Bandes zweite Hälfte zweite Abtheilung, — Schluß des ganzen Werkes; enthaltend ein deutſch⸗engliſch⸗fran⸗ zoͤſiſches Regiſter und 30 Neductionstabellen der Europaiſchen Medicinalgewichte. 4 Bog. gr. Lex. 8. 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr. Das ganze Werk 10 Thlr. oder 17 Fl. 30 Kr. Reductionstabellen, 30, der Europaiſchen Medicinalgewichte. des Aus der Pharmacopoea universalis beſonders abgedruckt. 2 Bogen gr. Lex. 8. 15 9 Gr. oder 1 Fl. 6 Kr. 14 em Wörterbuch, Deutſch-Franzoͤſiſches, bearbeitet von Profeffor Dr. O. L. B. Wolff: Als zweiter Theil des Franzoͤſiſchen Woͤrterbuchs von Demſelben und von Dr. H. Leng. XVIII. Lieferung. Bogen 103 bis 108. gr. Lexic. 8. 6 gGr. oder 27 Kr. 4 Künftig erſcheint: Memoranda der Hautkrankheiten. gr. 82 mo. Synoptische Darstellung der Acotyledonen - Pflanzen. (Botanische Karte Nr. III.) II. Bei'm Landes⸗Induſtrie⸗Comptoir zu Weimar iſt er⸗ ſchienen: u Deutſche Volksfeſte im neunzehnten Jahrhundert.“ Geſchichte ihrer Entſtehung und Beſchreibung ihrer Feier. Von Fr. A. Reimann. gr. 12. 1839, Gebunden. 14 Thlr. oder 2 Fl. 38 Kr. 4 15 II. 8 UNMeuig keiten 9 des Geographischen Instituts zu Weimar. Jubilate - Messe 1841. Karten- Vademecum der Erde und des Himmels. In 34 Blättern. Von C. F. Weiland. Quer 8. Gebunden. 1 Thlr. oder 1 Fl. 45 Kr. Karte vom Nordwestlichen Africa, oder Atlasland und Tiefland von Africa, die Berberei, Fezzan und die Sahara umfassend; mit den Canarischen und Azori- schen Inseln. Neu entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland. Auch zum allgem. Handatlas in 70 Karten gehö- rig. Imperial-Format. 8 gGr. oder 35 Kr. Karte vom Nordöstlichen Africa, oder Was- sersystem des Nil und Nordostrand von Hoch - Africa; Aegypten, Nubien und Habesch enthaltend. Neu entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland, Imperial - Format. 8 gGr. oder 35 Kr. Karte vom Westlichen Mittel- Africa, oder die Stufenländer des mittlern Africa's und der Nordrand von Hoch-Africa; enthaltend Senegambien, Sudan und Ober- Guinea; mit Beikärtchen: die Capverdi- schen Inseln, das Territorium von Liberia und das Land Wallo. Neu entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland. Auch zum allgem. Handatlas in 70 Karten gehörig. Imperial- Format. 8 gGr. oder 35 Kr. Karte vom Westlichen Hoch-Africa, oder Westland von Hoch-Africa; umfassend Nieder-Guinca und das Innere des Westlichen Hoch- Africa's Neu entwor- ‘fen und gezeichnet von C. F. Weiland. Auch zum allgem. Handatlas in 70 Karten gehörig. Imperial-Format. 8 gGr. oder 35 Kr. Karte vom Östlichen Hoch-Africa, oder Ostrand von Africa mit Madagascar und dem Ae- thiopischen Archipel; die Küstenländer Sofala,. Mo- sambik, Zanguebar und Ajan enthaltend. Neu entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland, Auch zum allgem. Handatlas in 70 Karten gehörig. Imperial- Format. 8 gGr. oder 35 Kr, Karte der Südspitze von Africa, oder Süd- rand von Africa und dessen Stufenländer; das Kap. und die Kaffernländer umfassend. Neu entworfen und gezeichnet von C. . Weiland, Auch zum allgem. Handatlas in 70 Kar- ten gehörig. Imperial- Format. 8 gGr, oder 35 Kr. Karte vom Königreich IIlyrien und dem Herzog- hum Steyermark: Neu entworfen und gezeichnet von C. E., Weiland. Auch zum allgem. Handatlas in 70 Kar- ten gehörig. Imperial- Format. 8 gGr. oder 35 Kr. Erſchienene Neuigkeiten. 16 Topische Karte von Europa, mit Erklärung. Neu entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland, gr. 4. 2 gGr. oder 9 Kr. Karte vom Königreich Griechenland. von C. F. Weiland, Verbessert und durch einen Plan der Gegend zwischen Athen und dem Piraeus vermehrt. Royal- Format, 6 gGr. oder 27 Kr. Er IV. Neue No ti een aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober-Medicinalrathe Dr. Froriep zu Weimar, und dem Medicinalrathe und Profeſſor Dr. Froriep zu Berlin. Von dieſer, in einzelnen Nummern ausgegebenen, reichhaltigen Zeitſchrift iſt der XVII. Band für die Monate Januar bis März 1841bvollendet. Wie intereſſant dieſelbe fortwährend ift, ergiebt ſich, z. B., aus dem Inhalte der neueſten Nummer 375. (Nr 1. des XVIII. Bandes): — Naturkunde: 1. ueber die geographiſche Vertheilung der Thiere, von Iſidor Geoffrohyh St. Hilaire. 2. Ueber die Wirkung des farbigen Lichtes auf die Pflanzen. Die Miscellen geben Bericht über den Naſſe'ſchen Thanatometer, zur Unterſcheidung des wirklichen und Scheintodes; und uͤber eine, von Donns angegebene, neue Einrichtung des Mikroſcops. — Heil— kunde: 1. Ueber die Behandlung der Myopie mittelſt Durch⸗ ſchneidung des muse. obliquus inferior. 2. Ueber die Operation des Stotterns mittelſt der unter dem Kinne bewirkten fubcutanen Durch— ſchneidung der mm. genio-glossi, von Herrn Bonnet, Ober⸗ Wundarzt des Hötel-Dieu zu Lyon. Die Miscellen betreffen die Heilung der incontinentia urinae durch Injectionen lauen Waſſers in die Harnroͤhre; Malgaigne's neue Beobachtungen über die Na- tur des grauen Staars; und die Entfernung fremder Koͤrper aus den Gelenken mittelſt ſubcutaner Einſchneidung der Gelenkcapſel. Dazu vier bibliographiſche Neuigkeiten. Der Preis eines Bandes von 22 Nummern, mit Inhalt und Titel, iſt 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. Weimar, im April 1841. Landes-Induſtrie-Comptoir. V. Durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes kann folgende neu bei mir erscheinende interessante Schrift bezogen werden: Uber alte und neue medicinische Lehrsysteme im Allgemeinen, und über Dr. J. L. Schönlein's neuestes nalürliches System der Medicin insbesondere. Ein historisch- kritischer Versuch von Dr. G. F. Most. gr, 8. Geheftet. 13 Thlr. Leipzig, im März 1841. F. A. Brockhaus. — — — Allgemeiner literarisch-artistischer t No. V. onatsbericht kür Deutschland. Mai 1841. Dieſer Monatsbericht wird den beiim Landes⸗Induſtrie⸗Comptoir zu Weimar erſcheinenden Zeitſchriften, Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde und chirurgiſche Kupfertafeln, als Intelligenz ⸗ Blatt beigegeben, und auf Verlangen auch gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen von Buͤchern und Kunſtſachen ſteht dieſes Blatt offen, und für den Raum der enggebrudten Zeile einer Spalte wird 14 g Gr. oder 7 Kr. berechnet. Erschienene I. Bei dem Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar iſt erſchienen und kann durch alle Buchhandlungen bezogen werden: Der Beruf des Weibes. Nach der zweiten Auflage des Engliſchen Originals uͤberſetzt. gr. 12. 1840. Geheftet. 15 gGr. oder 1 Fl. 6 Kr. Nach der Anerkennung, welche dies Buͤchlein in England in den gebildeten Kreiſen gefunden hat und nach dem hoͤchſt günftigen Urtheile, welches in Deutſchland die erſten Leſer des Originals und der Uebertragung darüber gefällt haben, glauben wir, daſſelbe mit Recht empfehlen zu koͤnnen. Vollſtaͤndiges Handbuch der 110 11 Zahn arzneikunde, nach dem gegenwärtigen Standpuncte der Wiſſenſchaft. Von F. Maury, Dentiſten an der Koͤnigl. polytechniſchen Schule zu Paris. Zweite, nach der dritten Auflage des franzoͤſiſchen Originals verbeſſerte, Auflage. Mit vierzig Tafeln Abbildungen. gr. 8. 1840. Geheftet. 25 Thlr. oder 4 Fl. 23 Kr.“ Dieſes, bereits in der erſten Auflage mit verdientem Beifall aufgenommene, Handbuch erſcheint in diefer Auflage, nach der drit⸗ ten Auflage des Originals, noch verbeſſert und vermehrt. Angehaͤngt iſt eine ſehr brauchbare Ueberſicht der Literatur der Zahnarzneikunde. Dien Milch, und in'sbeſondere die Milch der Ammen, betrachtet in Bezug auf die guten und ſchlechten Eigenſchaften und Alteration derſelben. Von Dr. Al. Don ne. Aus dem Franzoͤſiſchen. gr. 12m0. 1838. Mit einer Tafel Abbildungen in Folio. 9 gr. = 40 Kr. Rh. „Dieſe kleine Schrift ſcheint von großer praktiſcher Wichtigkeit bei der, bekanntlich bisher ſo unſichern, Auswahl der Ammen; auch bat der Verwaltungsrath der Parifer Hoſpitaͤler bereits die Einrichtung getroffen, daß von dem Ammen: Burcau keine Amme angenommen werden darf, deren Milch nicht von dem dafuͤr an⸗ geſtellten Hrn. Donné, oder nach dieſer ſeiner Anleitung, unter⸗ ſucht worden iſt. ; Neuigkeiten. II. Bei C. W. Leske in Darmſtadt ſind nachfolgende Werke erſchienen und in allen guten Buchhandlungen zu haben: Lehrbuch der Phyſik hoͤhere polytechniſche Lehranſtalten von 2 G. Lam é, Profeſſor an der polytechniſchen Schule zu Paris ꝛc. Deutſch bearbeitet und mit den noͤthigen Zufägen verſehen 5 von a Dr. C. 5. Schnufe. Dritter Band. Electricitͤt. — Magnetismus. — Electrodyna⸗ mik. — Phyſikaliſche Aufgaben. — Anhang: Beſchreibung der bei den Gauß ' ſchen magnetiſchen Beobachtungen angewandten Inſtrumente. Mit 7 lithograph. Tafeln. Preis 2 Thlr. 15 Sgr. od. 4 Fl. 30 Kr. Mit dieſem Bande iſt das “ehr verdienſtvolle Werk geſchloſſen. Seit dem Erſcheinen der Lehrbuͤcher von Biot, Pouillet u. A. ift dieſe Wiſſenſchaft in mehreren weſentlichen Puncten fortgeſchritten und hat Bereicherungen erfahren, welche die genannten Werke zu unvollſtändigen machen; daher das Erſcheinen des vorliegenden ges wiß jedem Freunde dieſer Wiſſenſchaft willkommen ſeyn wird, um ſo mehr, da es ſich durch Klarheit, Gruͤndtichkeit und Vollſtaͤn⸗ digkeit auszeichnet. — Der erſte Band (Allgemeine Eigenſchaften der Koͤrper — Phyſikaliſche Theorie der Waͤrme), mit 9 lithogr. Tafeln, ‚Eoftet 2 Thlr. 15 Sgr. oder 4 Fl. 30 Kr. Der zweite Band (Akuſtik — Phyſikaliſche Theorie des Lichts — der Wellen), mit 6 lithogr. Tafeln, koſtet 2 Thlr. 71 Sgr. oder 4 Fl. Leher buch 12 ber 7 hiſtoriſch⸗comparativen Geographie. Fuͤr hoͤhere Unterrichtsanſtalten und Freunde der Erdkunde von Dr. Karl Friedrich Merleker. Viertes Buch. Erſter Theil. gr, 8. Geheftet. Preis 1 Thlr. 25 Sgr. oder 3 Fl. 16 Kr. Die deutſche Literatur beſitzt noch kein Werk, welches das In⸗ tereffantefte und Gediegenſte der geographiſchen Wiſſenſchaften in 5 19 gleicher Kurze und ueberſichtlichkeit entbält, ohne daß etwas We⸗ ſentliches vermißt wird. Nur mit Weglaſſung alles Ueberfluͤſſigen und als falſch Erkannten und durch moͤglichſt oͤconomiſchen Druck war es moͤglich, den außerordentlich reichhaltigen Stoff in ein Werk zuſammen zu faſſen, das wegen ſeines Umfanges und Prei⸗ ſes Jedermann zuganglich iſt. Der Schluß, des vierten Buches zweiter Theil: Europa und America — darf baldigſt erwartet wer: den. — Das erſte Buch enthaͤlt: die Geſchichte der Geographie und der geographiſchen Entdeckungen, in Verbindung mit den wich⸗ tigſten Momenten aus der Geſchichte der Schifffahrt, der Colo⸗ nieen und des Handels, von der aͤlteſten bis auf die neueſte Zeit, 27 Sgr. oder 1 Fl. 36 Kr.; — das zweite: Umriſſe der mathe⸗ matiſchen oder aſtronomiſchen Geographie, 15 Sgr. oder 54 Kr.; — das dritte: Umriſſe der allgemeinen phyſikaliſchen Geographie, 1 Thlr. 20 Sgr. oder 3 Fl. Poetiſche Geſchichte der Deutſchen. Vorzuͤglich t für den Unterricht in der deutſchen Sprache und Geſchichte. Bon Dr. C. Wagner. Dritte Auflage, Preis als Schulbuch 11 Thlr. oder 2 Fl. Kr. Elegant cartonnirt, mit 10 bildlichen Darſtellungen geziert, 13 Thlr. oder 3 Fl. Dieſes Buch, vorzugsweiſe fuͤr die Jugend beſtimmt, hat in kurzer Zeit die verdiente Gunſt des Publicums erhalten. Es er: reicht den Zweck, zur Belebung des Patriotismus, des Schoͤnheits— finnes und poetiſchen Gefuͤhls mitzuwirken und bringt theils Stim⸗ men der Zeit aus allen Perioden, theils und m iſtens Gedichte von Verfaſſern, die, der neuern Literatur angehoͤrig, auf die Ver⸗ gangenheit ihr Auge gewandt und das Große der Vorzeit im Liede verherrlicht. Unter mehr als 120 deutſchen Dichtern ſehen wir na⸗ mentlich Schiller, Herder, Uhland, Ruͤckert als immer wiederkeh— rende hellleuchtende Sterne. Die elegant cartonnirte Aus⸗ gabe mit 10 gelungenen bildlichen Darſtellungen, empfiehlt ſich beſonders als Feſtgeſchenk. i Der Primat Roͤmiſchen Paͤpſte. Aus den Quellen dargeſtellt l von J. Ellendorf. Erſter Theil. Die drei erſten Jahrhunderte. gr 8. Geh. 1 Thlr. 10 Sgr. oder 2 Fl. 24 Kr. Die Frage über den Primat der Roͤmiſchen Biſchoͤfe in der katholiſchen Kirche iſt eine Lebensfrage in der letztern. Wie ſie im 9ten und Iten Jahrhunderte das große Schisma zwiſchen der orientaliſchen und occidentalifhen Kirche veranlaßte, und wie ſich an fie die Anfänge des Abfalls von der römiſch⸗katholiſchen Kirche knüpften, in welchen im 16. Jahrhunderte die Reformation den dritten Theil von Europa fortriß: fo bewegt ſich auch heute unfere Zeit und zieht ſich durch die wichtigſten Angelegenheiten derſelben. In alle Verhältniſſe des kirchlichen und politiſchen Lebens eingrei⸗ fend, beſchaͤftigt dieſe Frage den Staat und die Kirche, Laien und Geiſtliche, Proteſtanten, Katholiken und Griechen in gleicher Weiſe. Die deutſſten Proteftanten haben dieſe Frage läaͤngſt für gelöfet erachtet; deßhalb iſt die hier angezeigte Shriſt auch hauptſächlich nur für ſolche Katholiken geſchrieben, die, begierig, die Wahr⸗ heit zu erkennen, durch taufend Umftände abgehalten find, ſelbſt zu den Quellen zu gehen und ſich durch eigene Anſchauung zu überzeugen. Dieſen find ehrlich und wahr, ohne Rückhalt und u Erſchienene Neuigkeiten. 20 Zweideutigkeit die alten ehrwürdigen Quellen offen gelegt, Mögen ſie nun leſen, pruͤfen und — vergleichen. Von demſelben Verfaſſer erſchien im vorigen Jahre: Die Moral und Politik der Jeſuiten, nach den Schriften der vorzuͤglichſten theologiſchen Autoren dieſes Ordens. 8. Preis 2 Thlr. oder 3 Fl. 36 Kr. Wodurch wird der römilche Katho- licismus bis jetzt gehalten? Eine Zeitfrage. Send⸗ und Antwortſchreiben den Verfaſſer des Freiherrn v. Wieſau. Zwei Abhandlungen von Vinzenz v. Balitzki, Prediger zu Rhein in Oſtpreußen. 8. Geheftet. 224 Sgr. oder 1 Fl. 21 Kr. Nicht als Feind der katholiſchen Geiſtlichkeit, auch nicht aus Rache gegen den Katholicismus, von welchem ſich der Verfaſſer mit tiefer Ueberzeugung freiwillig trennte, ſondern als Bekämpfer des Irrthums und antichriſtlicher Anmaßungen iſt Herr v. Balitzki auf⸗ getreten. Der erſte Theil der vorgenannten Schrift verbreitet ſich über die bisherigen Stuͤtzen des Katholicismus: Papſt — Priefterr Coölibat — Ohrenbeichte. Dem Verf. iſt um fo eher ein compe⸗ tentes Urtheil zuzutrauen, da er 25 Jahre lang ſelbſt katholiſcher Prieſter war; der zweite Theil widerlegt auf eine eben ſo gruͤnd— liche, als wuͤrdige und leidenſchaftloſe Weiſe den „Freiherrn von Wieſau.“ 7 Von demſelben Verfaſſer erſchien fruͤher: Notizen aus dem Leben eines ehemaligen katholiſchen Prieſters, nebſt kurzer Darlegung der Gründe feines Uebertritts zur proteſtantiſchen Kirche. Ein Beitrag zur Kenntniß und Wuͤrdigung des roͤmiſchen Katholi— cismus. 8. Geheftet. T Thlr. oder 27 Kr. III. Bei'm Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar iſt ers ſchienen: Elemente der Geologie, angewendet auf Ackerbau und Gewerbe. Nebſt einem kleinen Woͤrterbuche der Kunftausdrüde der Geologie und deren Huͤlfswiſſenſchaften. Vom Profeſſor Nerée Boubse. Nach dem Franzoͤſiſchen. Fir Gymnaſien, Schulen und den Privatunterricht. Mit einem geologiſchen Ueberſichts-Kärtchen. gr. 12. 1997. 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr. — —— — ö — Allgemeiner literarisch- artistischer Monatsbericht für Deutschland. No. VI. ' Suni 1841. Dieſer Monatsbericht wird den bei'm Landes» Induftrie: Comptoir zu Weimar erſcheinenden Zeitfhriften, Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde und chirurgiſche Kupfertafeln, als Intelligenz⸗ Blatt beigegeben, und auf Verlangen auch gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen von Buͤchern und Kunſtſachen ſteht dieſes Blatt offen, und fuͤr den Raum der enggedruckten Zeile einer Spalte wird 1} 9 Gr. oder 7 Kr. berechnet. Erschienene Ueuig keiten. 1. Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Wei mar iſt noch vorrätbig: - 2 © * * Leſebuch aus der Saͤchſiſchen Geſchichte für die Deutſche und in'sbeſondere Saͤchſiſche Jugend. Von J. G. Melos. XVI. und 232 Seiten in gr. 8. Mit zwei Tafeln Abbildun⸗ gen und einem Kaͤrtchen. 1825. 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr. Dieſe Schrift verdankt ihre Entſtehung einem ehrenvollen hoͤch— ſten Auftrage, der an den Verfaſſer ergieng, für den ſechsjaͤhrigen Prinzen unſeres Weimariſchen Fuͤrſtenhauſes, nach gewiſſen, ihm vorgezeichneten Graͤnzen, ein Buch zu ſchreiben, in welchem die merkwuͤrdigſten Begebenheiten aus der Saͤchſiſchen Geſchichte und un— terhaltende Lebensumſtande der beruͤhmteſten Regenten dieſes Hauſes einfach und klar erzählt würden. — Die Kenntniß der Saͤchſiſchen Geſchichte iſt allerdings nicht nur für jeden Prinzen des Geſammt⸗ Saͤchſiſchen Hauſes, ſondern auch fuͤr jeden Sachſen, ja fuͤr jeden Deutſchen hoͤchſt wichtig und ein wuͤrdiger Gegenſtand feines Stu— diums. Der Herr Verfaſſer hat aus den dargebotenen Hüulfsmitteln und zerſtreutliegenden Materialien mit Vorſicht und Beurtheilung geſchoͤpft und das Nuͤtzliche mit dem Angenehmen zu vereinigen geſucht. — Der Preis des Werkchens iſt ſehr mäßig und durch alle Buchhandlungen Deutſchlands zu bekommen. II. Im Verlage der Unterzeichneten ist so eben erschienen: Lehrbuch k der allgemeinen Anatomie des Menschen. Nach eigenen Untersuchungen zum Gebrauche bei Vorlesungen sowie zum Selbststudium für practische Aerzte und Wundärzte bearbeitet von Professor Dr. Vietor Bruns. Gr. 8. Velinpapier. Geh. Preis 2 Thlr. Ueber Plan und Tendenz dieser wichtigen Arbeit bitten wir den ausführlichen Prospeetus, welcher in allen Buchhandlungen zu finden ist, einsehen zu wollen. Braunschweig, Mai 1841. Friedrich Vieweg und Sohn, III. Bei C. W. Leske in Darmſtadt erſchien ſoeben: Sackreuter, L., Pfarrer. Kurze Geſchichte der chriſtlichen Religion und Kirche, zum Gebrauch in Volksſchulen. Sechste verbeſſerte Auflage. 5 Sgr. oder 18 Kr. Der Umſtand, daß in kurzer Zeit ſechs ſtarke Auflagen noͤthig wurden, zeugt für die ausgedehnte Wirkſamkeit dieſes Buͤchleins. Der damit in Verbindung ſtehende Commentar: Chriſtliche Religions- und Kirchengeſchichte, dargeſtellt fuͤr gebildete Familien und Lehrer an Vokksſchulen zur Erweckung und Bewahrung evangeliſcher Glaubenstreue und Glaubensfreudigkeit von L. Sackreuter. Zwei Bände, gr. 8. 1835. 2 Thlr. oder 3 Fl. 36 Kr. Daſſelbe Werk fauber cart., mit 18 Kupfern, 34 Thlr. oder 6 Fl. 18 Kr. erfreut ſich gleichermaßen eines ebenſo ausgedehnten als geſegneten Wirkens. Beiden wurde die Ehre einer holländifchen Ueber⸗ ſetzung zu Theil. IV. Bei dem Geographischen Institut zu Weimar ist im Juni 1841 erschienen und bei den meisten Buch - und Kunst- handlungen vorräthig: Karten- Vademecum der Erde und des Himmels. Von C. F. Weila n d. 34 Blätter in gr. Queer 8. Elegant gebunden. Preis 1 Thlr. oder 1 Fl. 45 Kr. Ein, im Verhältniss der Grösse und des Preises, reicher ausgestattetes Kartenwerkchen (dessen grösster Theil unsern Taschen- Atlas bildet,) dürfte wohl schwerlich gefunden werden, und wir zweifeln nicht, dass es sich für Herren und Damen, zu Hause und auf Reisen, als ein wahres Necessaire beliebt machen wird, V Fuͤr Hausfrauen! Bei C. W. Leske in Darmſtadt erſchien ſoeben: Rößler, H. Ueber die Anwendung des Dampfes zum Reinigen der Wälche. Mit 1 Lithographie. Geheftet. 5 Sgr. oder 18 Kr. Dieſe kleine Broſchuͤre giebt eine klare und deutliche Anleitung zur Dampfmwaͤſche, hebt die Vortheile derſelben eindringlich hervor und liefert eine genaue Beſchreibung der verſchiedenen Apparate, nach welchen, mit Hülfe der beigegebenen Lithographie, ſolche Ap— parate überall angefertigt werden konnen. VI. Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Wei: mar ſind folgende naturhiſtoriſche Werke erſchienen und noch durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Alibert, J. C., Phyſiologie der Leiden— ſchaften, oder neue Theorie der moraliſchen Empfindungen. Nach dem Franzoͤſiſchen Originale bearbeitet von Dr. K. H. Scheidler. gr. 8. 1826. 1 Thlr. 9 gGr. oder 2 Fl. 25 Kr. Alter, das, des Pferdes nach den Zähnen zu bestimmen. Zusammengestellt nach G. Kirtland und J. J. Pessina. Eine colorirte Tafel in Roy.- Fol. 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr. Bechſtein, J. M., Taſchenblätter der Forſt— botanik, ein bewaͤhrtes Huͤlfsmittel bei'm Botaniſiren. Die 4 in Deutſchland einheimiſchen Baͤume, Straͤucher und Stauden enthaltend. Zweite ſehr vermehrte Auflage, bearbeitet von St. Behlen. gr. 8. 1828. 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. Dennstedt, Dr. A. W., Schlüssel zum Hortus Indicus Malabaricus, oder dreifaches Re- gister zu diesem Werke. gr. 4. 1818. Auf Schreibpapier 12 gGr. Auf Holl. Papier, gebund., 16 gGr. od. 1 Fl. 10 Kr. Eſchwege, W. von, Geognoſtiſches Ge— maͤlde von Braſilien, und wahrſcheinliches Mutterge— ſtein der Diamanten, gr. 8. Mit einem Kupfer. 1822, 12 gGr. oder 53 Kr. Greenough, G. B., Kritiſche Unterſuchung der erſten Grundſaͤtze der Geologie, in einer Reihe von Abhandlungen. Aus dem Engliſchen. gr. 8. 1821. 1 Thlr. 12 gGr. oder 2 Fl. 38 Kr. Latreille, die natuͤrlichen Familien des Thierreichs 2c. Aus dem Franzöſiſchen. Mit Anmerkungen und Zufägen von Dr. A. A. Berthold. gr. 8. 1827. 2 Thlr. 21 gGr. oder 4 Fl. 62 Kr. Lindley, J., Einleitung in das natürliche Syſtem der Botanik, oder ſyſtematiſche ueberſicht der Organiſation, naturlichen Verwandtſchaften und geographi— ſchen Verbindungen des ganzen Pflanzenreichs, nebſt Angaben des Nutzens der wichtigſten Arten in der Heilkunde, der Künfte, der Haus⸗ und Landwirthſchaft. Aus dem Engliſchan. gr. 8. 1833. 3 Thlr. oder 5 Fl. 15 Kr. Lindley, John, Grundzüge der Botanik. Mit vier Taf. Abbildungen. ge. 12. 1831. 15.gGr, od. 1 Fl. 6 Kr. 8 Erſchienene Neuigkeiten. 24 — N Loudon, Encyclopaͤdie des geſammten Gar— tenweſens, oder Theorie und Praxis des Gemüfebaues, der Blumen- und Baumzucht und der Landſchaftsgaͤrtnerei, nach den neueſten Erfindungen und Verbeſſerungen. 113 Bogen Text. gr. Lexicon 8. In zwei Baͤnden, mit einem Regiſter verſehen und 57 Tafeln Abbildungen in gr. 4 1823 bis 1826. Das vollſtaͤndige Werk 13 Thlr. oder 22 Fl. 45 Kr. F Maximilian, des Prinzen von Wied, Beiträge zur Naturgeschichte Brasilien's. Vier Bande. gr. 8. 1825 bis 1832. 13 Thlr. 22 gGr. oder 24 Fl. 22 Kr. — Desselben, Abbildungen zur Naturgeschichte Brasilien’s. iste bis 15te Lieferung 1822 bis 1830. Royal-Folio. — Jede Lieferung von sechs sauber colorirten Kupfertafeln und sechs Blättern Eıklärung, Deutsch und Französisch, 4 Thlr. oder 7 Fl. \ Melos, J. G., Naturgeſchichte Für Buͤrger— und Volksſchulen. Mit 132 iluminirten Abbildungen auf 13 Tafeln. gr. 8. Zweite verbeſſerte Auflage. 1833. 2 Thlr. 12 gGr. oder 4 Fl. 23 Kr. — Daſſel be, mit ſchwarz. Kupf. 1 Thlr. 12 9Gr. od. 2 Fl. 38 Kr. Oken's Lehrbuch der Naturgeſchichte. Zweiter Theil. Botanik. 1. Haͤlfte. Mark- und Stammpflanzen. gr. 8. 1826. 2 Thlr. 12 9 Gr. oder 4 Fl. 23 Kr. — Deſſelben, zweiter Theil. Botanik. 2. Haͤlfte. Bluͤthen⸗ und Fruchtpflanzen. gr. S. 1826. 3 Thlr. 12 9 Gr od. 6 Fl. 8 Kr. Beide Abtheilungen 6 Thlr. oder 10 Fl. 30 Kr. Pfeiffer, C., Naturgeschichte Deutscher Land- und Süsswasser-Mollusken. I. Abtheilung. gr. 4. Mit acht Tafeln colorirter Abbildungen nach der Natur. 1321. 7 Thlr. 12 g Gr. oder 13 Fl. 8 Kr. (In Commission.) — Desselben, II. Abtheilung. gr. 4 Mit acht Tafeln colo- rirter Abbild. nach der Natur. 1824. 6 Thlr. od. 10 Fl. 30 Kr. — Desselben, III. Abtheilung. gr. 4. Mit acht Tafeln co- lorirter Abbildungen nach der Natur. 1828. 6 Thlr. 12 gGr. oder 11 Fl. 23 Kr. Das ganze Werk in drei Theilen kostet 20 Thir, oder 85 Fl. Putſche, Dr. C. W. E., Verſuch einer Mo⸗ nographie der Kartoffeln, eder ausführliche Ber ſchreibung der Kartoffeln, nach ihrer Geſchichte, Characteriſtik, Cultur und Anwendung in Oeutſchland. Herausgegeben von Dr F. J Bertuch. gr. 4. Mit neun ausgemalten und vier ſchwarzen Kupfern. 1819. 3 Thlr. 12 gr oder 6 Fl. 8 Kr. Rapp, Wilh., Ueber die Polypen im All⸗ gemeinen und die Actinien in'sbeſondere. gr. 4. 1829. Mit drei Tafen ſorgfaͤltig colorirter Abbileun— gen. 2 Thlr. oder 3 Fl. 80 Kr. Smith's, Jam. Edw., botanifche Gram— NS ’ matik, zur Erlaͤuterung ſowohl der kuͤnſtlichen als der na— türlichen Claſſiſication, nebſt einer Darſtellung des Juſſieu'ſchen Syſtems. Aus dem Engliſchen. gr. 8. Mit 21 ausgemalten Kupfertafeln. 1822. 3 Thlr 18 gGr, oder 6 Fl. 34 Kr. — Daſſelbe, mit ſchwarzen Kupf. 1 Thlr. 18 g Gr. od. 3 Fl 4 Kr. Ure, Andr., M. Dr., Neues Syſtem der Geologie. Aus dem Englifhen. gr. 8. Mit 17 Tafeln Abbildungen. 1830, 3 Thlr. 12 gr, oder 6 Fl. 8 Kr. Allgemeiner literarisch-artistischer Monatsbericht für Deutschland. No. VII. Juli 1841. Dieſer Monatsbericht wird den bei'm Landes Induſtrie . Comptoir zu Weimar erſcheinenden Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkun beigegeben, und auf Verlangen auch gratis ausgegeben. de und chirurgiſche Kupfertafeln, als Intelligenz⸗ Blatt Zeitſchriften, Neue Allen Bekanntmachungen von Buͤchern und Kunſtſachen ſteht dieſes Blatt offen, und für den Raum der enggebrudten Zeile einer Spalte wird 1} 9 Gr. oder 7 Kr. berechnet. Erschienene I. Im Verlage des Geographiſchen Inſtituts zu Weimar iſt erſchienen und wird allen Schulanftaiten. empfohlen; Lehrbuch der Erdbeſchreibung. Ven A. Chr. Gaſpari. Erſter Curſus. Neunzehnte Auflage. 1840. 251 Bogen gr. 8. 18 gr. 22 Sgr. = 1 Fl. 19 Kr. Bei der bewährten Zweckmaͤßigkeit dieſes Lehrbuchs haben wir auch bei dieſer Auflage die ſeitherige Form beibehalten und ſie nur mit den ſeit der Erſcheinung der vorigen Auflage vorgekommenen Veränderungen, im Gebiete der Erdkunde, erganzt und ſonſt fuͤr die Verpollkommnung des Buches in aller Hinſicht das Noͤthige gethan, wovon man ſich, bei Vergleichung mit der vorigen Auf: lage, leicht uͤberzeugen kann. Den Preis nicht erhoͤht. - II. In unſer'm Verlag iſt nun vollſtaͤndig erſchienen: Neues Franzöſiſch⸗Deutſches und Deutſch-Franzoͤſiſches Wi ö r t e enthaltend die Ableitung, die Ausſprache, die genaue und deutliche Erklärung aller Woͤrter, mit beſonderer Rückſicht auf die Synonymen, die verwandten Ausdrucke in den Künften, Wiſſenſchaften und Gewer⸗ ben; ein Verzeichniß der Taufnamen, fo wie der vorzuͤglichſten Länder und Städte; die Gonjugation der unregelmäßigen Zeitwörz' ter; die grammatiſchen Regeln, denen die einzelnen Wörter unters worfen find; Tabellen über die Ausſprache, Bildung der Wortfor⸗ men und uͤber die Regeln fuͤr das Particip, u. ſ. w.; bearbeitet von D. Heinrich Leng und D. O. L. B. Wolff, * Profeſſor an der Univerfität zu Jena. Zwei Bände, zuſammen 200 Bogen gr. Lex 8., ſchoͤner com⸗ preſſer Druck. Preis 7 Thlr. oder 12 Fl. 15 Kr. Das Ziel, welches bei der Abfaſſung und Ausarbeitung dieſes Woͤrterbuchs unverruͤckt im Auge behalten wurde, war die möglichft ausgedehnte Brauchbarkeit für alle Stände, tiger Erſparniß des Raums, doch ein den Anforderungen des Ge⸗ haben wir, der vermehrten Bogenzahl ungeachtet, Es ſollte bei forgfäl- g neu i g k eiten. ſchäftsmannes, wie des Gelehrten, des Handwerkers, wie des See⸗ mannes oder Kuͤnſtlers entſprechendes Handbuch werden, und die Herausgeber, ſo ſehr ſie auch uͤberzeugt ſind, daß ſich noch manche Maͤngel darin finden, duͤrfen doch ausſprechen, mit beſten Kräften und redlichſtem Wollen dahin geſtrebt zu haben, dieſem Plane eif⸗ rig nachzukommen. Daß von Seiten der Herausgeber, wie der Verlagshandlung, die genaueſte Sorgfalt Statt fand, braucht wohl nicht verſic ert zu werden. — Beiden war darum zu thun, ein Werk zu liefern, das würdig ſey, ihren Landsleuten, wie dem Auslande, als nuͤtzlich und brauchbar uͤberreicht zu werden. Weimar, im Juli 1841. 0 1 ö Landes-Induſtrie-Comptoir. . Von nachſtehendem allgemein intereſſanten Werke iſt in der unterzeichneten Verlagsbuchhandlung bereits das erſte Heft erſchienen: art BT Sammlung der vorzuͤglichſten neueren Reiſebelchreibungen, mit beſonderer Beziehung auf Naturkunde, Kunſt, Handel und Induſtrie bearbeitet. Im Vereine mit mehreren Geographen herausgegeben f von ! Dr. Ph. H. Kuͤl b, Stadtbidliotbetar zu Mainz. Erſter Band. Dubois de Montpireur, Reiſe nach dem Caucaſus, zu den Tſcherkeſſen und Abchaſen, nach Colchis, Georgien, Armenien und in die Krim; eine von der geographiſchen Geſellſchaft zu Paris gekroͤnte Preisſchrift. Mit Abbildungen und Charten. Das Nähere ſagt der auf dem Umſchlage des, in jeder Buch⸗ handlung zu findenden, erſten Heftes abgedruckte Proſpect. Darmſtadt, im Juni 1841. C. W. Leske. 27 IV. Bei uns ist Ende Juni dieses Jahres erschienen: Memoranda u der o Hautkrankheiten. gr. 32. Gebunden, Preis 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. Früher sind folgende Memoranda erschienen und sind durch alle Buchhandlungen zur Ansicht zu erhalten 8 Allgemeine Pathologie, 9 gGr. oder 40 Kr. Allge- meine Anatomie, 8 gGr. oder 35 Kr. Specielle Anatomie, 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr. Aetiologie, 12 gGr. oder 53 Kr. 53 Kr. Semiotik, 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. Pharmacepöe, 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. Allgemeine Therapie, 9 gGr. oder 40 Kr. Augenheilkunde, 1 Thlr. 3 gGr. oder 2 Fl. Oh- renheilkunde, 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. Die Memoranda, welche sich in rascher Aufeinander- folge über sämmtliche Doctrinen, zunächst der Mediein und Naturwissenschaft, verbreiten sollen, haben den Zweck, Dem- jenigen, der bereits mit dem Gegenstande bekannt ist, eine vollständige Repetition aller Einzelnheiten, mit geringem Zeitaufwande, möglich zu machen. Sie enthalten, entspre- chend dem neuesten Stande der Wissenschaft, die Resultate so zusammengestellt, dass sich das Ganze leicht und ange- nehm lesen lässt, wobei die Bearbeiter, wie wir glauben, die Aufgabe glücklich gelös’t haben, etwas zu liefern, was Demjenigen genügt, der das Bedürfniss fühlt, die Einzeln- heiten einer Doctrin in seinem Gedächtnisse wieder aufzu- frischen, dazu aber weder Zeit noch vielleicht selbst Geduld hat, ausführliche Handbücher, die vieles ihm Bekannte, oder doch, bei Erinnerung an die Resultate, von selbst wieder Hervortretende, enthalten, durchzulesen. — Format und Ausstattung sind bequem und gefällig. Weimar, 1841. Landes - Industrie - Comptoir. V. In unſer 'm Verlag iſt erſchienen: b Ueberſichtliche Darſtellung der Pferderacen. In 95 Abbildungen (in Kupferſtich), mit characte— riſirendem Texte. Ein Blatt im groͤßten Karten-Formate. 1838. 1 Thlr. oder 1 Fl. 45 Kr. Durch Zuſammenſtellung der beſten vorhandenen Abbildungen von Pferden der characteriſtiſch verſchiedenen Racen und Zuchten, iſt eine Ueberſicht gewonnen worden, welche mehr Belehrung geben dürfte, als ſelbſt durch Benutzung der einzelnen, ſchwer zugaͤng⸗ lichen Prachtwerke zu erlangen iſt; uͤberdieß bietet die Tafel, durch Beruckſichtigung der Reſultate der neueſten Beſtrebungen für Veredlung der Pferdezucht in Deutſchland, dem Pferdeliebhaber noch ein beſonderes Intereſſe. Das Landes⸗Induſtrie⸗Comptoir zu Weimar. Erſchienene Neuigkeiten. Toxicologie, 12 gGr. oder 28 9— — Im Verlage des Geographischen Instituts zu Weimar ist erschienen und in allen Buch- und Kunsthandlungen zu haben: Reise-Karten. Post- und Reisekarte von Deutschland und den benachbarten Ländern. A Mit Angabe der Schnell- und Wasserposten, der Eisenbahnen, Notizen über die regelmässigen See- und Fluss-Dampfschiff- fahrten/und Bezeichnung des Preuss. Zollverbandes. Von C. F. WIILAN D. Ein Blatt im grössten Karten- Formate. 1840. 1 Thlr. oder 1 Fl. 45 Kr. — In Etui, 1 Thlr. 3 gGr. oder 2 Fl. — Auf Leinwand, 1 Thlr. 16 gGr. oder 2 Fl. 55 Kr. Post- und Reisekarte von Deutschland "ete. Gleichen Inhalts wie die obige. Kleinere Ausgabe. Von C. F. WsıLann. Im gewöhn- lichen grossen Karten- Formate. 1840. 15 gGr. oder. 19 Sgr. oder 1 Fl. 6 Kr. — In Etui, 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr. — Auf Leinwand, 1 Thlr. 8 gGr. oder 2 Fl. 20 Kr Der Rhein, von seinem Ursprunge bis zu seiner Mündung, mit den angränzenden Landestbeilen und genauer Bezeichnung der Kuuststrassen. Fr Entworfen und gezeichnet von C. F. WEILAND., in zwei anein- der passenden Blättern im grössten Karten — Formate, 1841. 1 Thlr. oder 1 Fl. 45 Kr. — Auf fest geleimtem Papier, in Etui, 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. Harz Gebirge und die umliegenden Gegenden, mit Höhenprofil. Entworfen und gezeichnet von C. F. WRICAN D. Ein Blatt in Imperial- Folio. 1838. 12 gGr. oder 53 Kr. — In Etui, 15 gGr. oder 1 Fl. 6 Kr: ' J Thüringer- Wald- Gebirge und die umliegenden Gegenden. Nebst einem Beikärtchen vom nordwestlichen Theile des Thüringer Waldes in grösserem Maasstabe, Höhenprofilen und Höhentabellen. Von C. F. WRILAN D. Ein Bogen im gröss- ten Imperial- Formate. 1841. 1 Thir. oder 1 Fl. 45 Kr. — In Etui, 1 Thlr. 8 gGr. oder 2 Fl. Lausitzer Gebirge und die umliegenden Gegenden. Gezeichnet von C. F. WRIEAN D. Ein Blatt im gewöhnlichen grossen Karten-Formate. 1837. 16 g Gr. oder 1 Fl. 10 Kr. — In Etui 19 gGx. oder 1 Fl. 24 Kr. VII. So eben iſt erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Muͤller, Dr., Taſchenbuch ſaͤmmtlicher ſyphi— litiſchen Krankheits-Formen, nach den neueſten Entdeckungen der Wiſſenſchaft, nebſt Angabe der ver— ſchiedenen Behandlungsweiſen mit und ohne Queckſilber. 16. Broſch. 48 Kr., 15 Sgr., 12 gGr. Verlag der Naſt'ſchen Buchhandlung in Ludwigsburg. Allgemeiner literarisch-artistischer No. VIII. Monatsbericht kür Deutschland. Auguſt 1841. Dieſer Monatsbericht wird den bei'im Landes⸗Induſtrie⸗Comptoir zu Weimar erſcheinenden Zeitſchriften, Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde und chirurgiſche Kupfertafeln, als Intelligenz ⸗ Blatt beigegeben, und auf Verlangen auch gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen von Buͤchern und Kunſtſachen ſteht dieſes Blatt offen, und fuͤr den Raum der enggedruckten Zeile einer Spalte wird 13 gGr. oder 7 Kr. berechnet. Erschienene Neuigkeiten, I. III. - Bei uns ist in diesem Jahr erschienen und kann durch alle Beim Landes = Induftrie » Comptoir zu Weimar iſt Buch- und Kunsthandlungen bezogen werden: erſchienen: Chirurgiſche Kupfertafeln. Eine auserleſene Sammlung der noͤthigſten Abbildungen von aͤußer⸗ lich ſichtbaren Krankheitsformen, anatomifchen Präparaten, fo wie von Inſtrumenten und Bandagen, welche auf die Chirurgie Bezug haben, zum Gebrauch fuͤr practiſche Chirurgen. Herausgegeben von Dr. Robert Froriep. 86ſter Heft. Jeder Heft, mit 5 Tafeln Abbildungen und circa 2 Bogen Text in gr. 4., 12 gGr. od. 53 Kr. Inhalte Gutartige Veränderungen der Scheidenhaut des Ho: dens, von R. Froriep. — Vorfaͤlle der hinteren Wand der Scheide, von R. Froriep. — Compreſſorien für die subela- via, nach Mohrenheim und Bourgery. — Operationen des ſchielenden Auges, nach Fricke, v. Ammon und R. Froriep. \ II. Bei Joh. Ambr. Barth in Leipzig iſt erſchienen: 2 Jakob Boͤhme's ſfaͤmmtliche Werke. Ir Band. Weg zu Chriſto. gr. 8. 1 Thlr. 18 g Gr. (221 Ngr.) r Band. Aurora oder Morgenröthe im Aufgang. gr. 8. 1 Thlr. 12 gGr. (15 Ngr.) Zr Band. Die drei Principien goͤttlichen Weſens. gr. 8. 1 TChlr. 18 9 Gr. (227 Ngr.) An der Vollendung dieſer Ausgabe der ſaͤmmtlichen Werke des Philosophi teutonici, welche ſieben Bände füllt, wird unaus⸗ geſetzt gearbeitet, von denen der vierte „vom dreifachen Le⸗ ben des Menſchen“ und „de signatura rerum“ enthaltend, im Laufe dieſes Sommers die Preſſe verläßt. Ich verweiſe die vielen Freunde Jakob Boͤhme's auf den vor kurzem veröffentlichten aus: fuͤhrlichen Proſpectus und zweifele nicht, denſelben durch Herſtel⸗ lung dieſer neuen unverkuͤrzten, dem leichteren Verſtaͤndniſſe des Inhalts zu Gunſten in Rechtſchreibung und Setzung der Leſezeichen dem Anſpruche unſerer Zeit angeeigneten Ausgabe einen um ſo we⸗ entlichern Dienſt erwieſen zu haben, je ſeltener und theuerer die lteren Ausgaben dieſes Autors geworden find, Atlas von Africa, in sechs Blättern im grössten Karten- Formate, Neu entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland. (Auch zu unserm allgemeinen Handatlas in 70 Karten gehörig.) Enthaltend; 1) Nordwestliches Africa, oder Atlasland und Tief- land von Africa; die Berberei, Fezzan und die Sahara um- fassend, mit den Canarischen und Azorischen Inseln. 2) Nordöstliches Africa, oder Wassersystem des Nil und Nordostrand von Hoch-Africa; Aegypten, Nubien und Habesch enthaltend. sr 3) Westliches Mittel- Africa, oder die Stufenlän- der des mittlern Africa's und der Nordrand von Hoch- Africa; enthaltend Senegambien, Sudan und Ober- Guinea; mit Beikärtchen: die Capverdischen Inseln, das Territorium von Liberia und das Land Wallo.“ 4) Westliches Hoch- Africa, oder Westland von Hoch- Africa; umfassend Nieder- Guinea und das Innere des Westiichen Hoch- Africa’s. 5) Ostliches Hoch- Africa, oder Ostrand von Africa mit Madagascar und dem Aethiopischen Archipel; die Küstenländer Sofala, Mosambik, Zanguebar und Ajan enthaltend, g 6) Südspitze von Africa, oder Südrand von Africa und dessen Stufenländet; das Kap und die Kaffernländer umfassend. Die Ausstattung in Kupferstich, Druck, Papier und Illumi- nation, ist wie bei allen übrigen Karten des Handatlas. Preis 2 Thlr. oder 8 Fl. 30 Kr. — Preis jedes einzeluen Blattes 8 gGr. = 10 Sgr. = 35 Kr. f * Als Uebersichtskarte dazu empfehlen wir die in die- sem Jahre neu berichtigte, auch zum 9 Handatlas in 70 Karten gehörige, - By: Generalkarte von Africa. Pr. 8 gGr,=10 Sgr. 85 Kr. Weimar, 1841. ** Das Geographische Institut. 8 31 IV. Bei'm Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar iſt er⸗ ſchienen: Chirurgiſche Handbibliothek. Eine auserleſene Sammlung der beſten neueren chirurgiſchen Schriften des Auslandes. Erſter bis ſechszehnter Band. gr. 8. 1821 bis 1837. Enthalten d: Amesbury, Joſeph, Bemerkungen uͤber die Natur und Behandlung der Fracturen am obern Drittel des femur und der veralteten Fracturen uͤberhaupt. Erlaͤutert durch Fälle aus der oͤffentlichen und Privatpraxis ꝛc. Nebſt einer Beſchreibung der hierher gehoͤrigen Apparate des Ver— faſſers. Aus dem Engliſchen. Mit vier Tafeln Abbil⸗ dungen in gr. 4. gr. 8. 1831. 1 Thlr. 18 gGr. oder 3 Fl. 4 Kr. Amuſſat, Dr., Vorleſungen über die Harnverhal— tungen, in Folge von Harnroͤhrenverengerungen, und uͤber die Krankheiten der prostata. Aus dem Franzoͤſiſchen. Mit einer Tafel Abbildung. gr. 8. 1833. 21 9 Gr. oder 1 Fl. 32 Kr. Bell, Benjamin, Abhandlung uͤber die Krankhei— ten der Knochen. Aus dem Engliſchen. gr. 8. 1831. 1 Thlr. oder 1 Fl. 45 Kr. Bell, C., Abhandlungen uͤber die Krankheiten der Harnroͤhre, der Harnblaſe, der Vorſteherdruͤſe und des Maſtdarms. Mit kritiſchen Noten über die Zufäge zu den fremden Ausgaben dieſes Werks, und uͤber die Meinungen der fremden Schriftſteller über die abgehandelten Krankheiten von John Shaw. Nach der neuen, ganz umgearbeiteten Aus— gabe vom Jahr 1820. Aus dem Engliſchen. Mit einer Ku⸗ pfertafel. gr. 8. 1821. 1 Thlr. 12 9 Gr. oder 2 Fl. 38 Kr. Brodie, B. C., Vorleſungen uͤber die Krankheiten der Harnwerkzeuge. Aus dem Engliſchen. gr. 8. 1838. 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. Cooper, A., Abhandlung über Luxationen und Frac— turen der Gelenke des Unterkiefers, der obern Ex— tremitaͤten und der Knochen des Rumpfes. Aus dem Engliſchen. Mit acht Kupfertafeln. gr. 8. 1823. 1 Thlr. 21 9Gr. oder 3 Fl. 17 Kr. Cooper, A., Bemerkungen uͤber die Fracturen des Schenkelbeinhalſes. Aus dem Engliſchen. Mit zwei Ku— pfertafeln. gr. 8. 1824. 12 gGr. oder 53 Kr. Cooper, A., und Travers, B., ch'rurgiſche Ab— handlungen und Verſuche. Nach der dritten Ausgabe des Engliſchen Originals uͤberſetzt. In zwei Abtheilungen. Mit 14 ſchwarzen und einer colorirten Kupfertafel. gr. 8. 1821. 3 Thlr. 12 gGr. oder 6 Fl. 8 Kr. Cooper, B. B., Chirurgiſche Verſuche uͤber Kno— chenbrüche, Gelenkkrankheiten und Verrenkungen, und über Bauchwunden. Als Nefultate der kliniſchen Beobachtung im Guy's⸗Hoſpital. gr.8. 1837. 1 Thlr. 15 gGr. oder 2 Fl. 51 Kr. 0 Delpech, J., Klirifhe Chirurgie; oder Beobachtungen und Bemerkungen, aus den Arbeiten der chirurgiſchen Klinik zu Montpellier gezogen. Aus dem Franzoͤſiſchen. Mit fünf Ku⸗ pfertafeln. gr. 8. 1826. 2 Thlr. 12 Gr. od. 4 Fl. 23 Kr. Erſchienene Neuigkeiten. 32 Delpech, J., die Orthomorphie in Beziehung auf den menſchlichen Körper, oder anatomiſch- pathologiſche Betrachtungen uͤber die Urſachen, Vorbauungs- und Heilmittel der Hauptdeformitaͤten, und uͤber die wahren Grundſätze der orthopaͤdiſchen Behandlang. Aus d. Franzoͤſiſchen. Mit Atlas, Tafel 1 bis 43, in gr. 4. gr. 8. 1830. 6 Thlr. oder 10 Fl. 80 Kr. Earle, practiſch-chirurgiſche Beobachtungen. Aus dem Engliſchen. gr. 8. 1824. 1 Thlr. oder 1 Fl. 45 Kr. Fletcher, R. Eſq., mediciniſch chirurgiſche Bemer⸗ kungen und Erläuterungen. Aus dem Engliſchen. Mit vier Tafeln Abbildungen in 4. gr. 8. 1832. 1 Thlr. 12 gGr oder 2 Fl. 38 Kr. g 4 Hennen, John, Grundfäße der Militaͤrchirurgie, mit Beobachtungen über die Anordnung und Polizei der Hofpis täler, die Praxis in denſelben und über die Geſchichte, Behand- lung und Anomalieen der Pocken und der Luſtſeuche, erlautert durch Krankengeſchichten und Leichenoͤffnungen. Aus dem Engli— ſchen. gr. 8. 1822. 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. Hey, W., chirurgiſche Beobachtungen, durch Faͤlle erläutert. Nach der dritten Engliſchen Ausgabe überfegt. Mit Kupfern. gr. 8. 1823. 2 Thlr. 6 gGr. oder 3 Fl. 57 Kr. DHutchiſon, A. C., practiſche Beobachtungen in der Chirurgie, beſonders in Beziehung auf den chirurgiſchen Militaͤr- und Seedienſt ꝛc. Nach der zweiten Ausgabe aus dem Engliſchen. Mit einer Kupfertafel. gr. 8. 1828. 1 Thlr. 21 gGr. oder 3 Fl. 17 Kr. Itard, J. M. G., die Krankheiten des Ohrs und des Gehoͤrs. Aus dem Franzdſiſchen. Mit drei Tafeln Abbildungen. gr. 8. 1822. 2 Thlr. 12 gGr. oder 4 Fl. 23 Kr. Mothe, Auswahl der chirurgiſchen Abhandlungen. Aus dem Franzoͤſiſchen. Mit einer Tafel Abbildungen. gr. 8. 1829. 1 Thlr. 12 fGr. oder 2 Fl. 38 Kr. Plumbe, Sam., practiſche Abhandlungen über die Hautkrankheiten. Aus dem Engliſchen. Mit drei colo— rirten Tafeln. gr. 8. 1825. 2 Thir. oder 3 Fl. 30 Kr. Scott, J, chirurgiſche Beobachtungen über die Behandlung von chroniſcher Entzündung in ver: ſchiedenen Gebilden, beſonders in Beziehung auf Kranke heiten der Gelenke. gr. 8. 1829. 21 gGr. oder 1 Fl. 32 Kr. Shaw, J., über die Verkruͤmmungen, welchen das diückgrat und die Knochen der Bruſt unterworfen ſind. Aus dem Engliſchen. Mit ſechs Tafeln Abbildungen und ein⸗ gedruckten Holzſchnitten. gr. 8. 1825. 1 Thlr. 12 gGr. oder 2 Fl. 38 Kr. Shaw, J., fernere Bemerkungen über die Seiten— kruͤmmungen des Ruͤckgrats ꝛc. Aus dem Engliſchen. Mit dreizehn eingedruckten Holzſchnitten. gr. 8. 1826. 21 0 Gr. oder 1 Fl. 32 Kr. 3 ‘ Syme, James, Abhandlung über die Ausſchnei— dung krankhafter Gelenke. Aus dem Engliſchen. Mit Kupfertafeln. gr. 8. 1832. 18 gGr. oder 1 Fl. 7 z wei 19 Kr. ) Volpi, medſiciniſch-chirurgiſche Abhandlungen. gr. 8. 1824. 21 gGr. oder 1 Fl. 32 Kr. v Wardrop, über die Aneurysmen und eine neuere Methode, ſie zu heilen. Aus dem Engliſchen. Mit zwei Kupfertafeln, gr. 8. 1829. 15 gGr, oder 1 Fl. 6 Kr. — ——ꝛñ—̃ —x—v—̃— - Allgemeiner literarisch- artistischer Monatsbericht für Deutschland. No. IX. - | September 1841. Diefer Monatsbericht wird den bei'im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar erſcheinenden Zeitſchriften, Neue Notizen aus dem Gebiete der beigegeben, und auf Verlangen auch gratis ausgegeben. Natur- und Heilkunde und chirurgiſche Kupfertafeln, als Süelligen z Blatt Allen Bekanntmachungen von Buͤchern und Kunſtſachen ſteht dieſes Blatt offen, und für den Raum der enggebrudten Zeile einer Spalte wird 14 gGr. oder 7 Kr. berechnet. Erschienene Neuigkeiten. I. Hautkrankheiten. Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Wei⸗ mar ſind folgende Werke erſchienen und koͤnnen durch alle Buch— handlungen bezogen werden: Atlas der Hautkrankheiten und dyskraſiſchen Affectionen, wessen ſorgfaͤltig colorirter Abbildungen ſämmtlicher Hautkrankheiten; nach T. Bateman, P. Rayer und M. N. Devergie. Mit vielen Originalzeichnungen vom Medicinalrathe Dr. Robert Froriep zu Berlin. 64 ausgemalte Kupfertafeln mit erklaͤrendem Texte. gr. 4. 1829 bis 1839. 18 Thlr. oder 31 Fl. 30 Kr. Die vier erſten Lieferungen erſchienen unter dem Titel: Bateman, Th., Abbildungen der Hautkrankheiten; darſtellend die characteriſtiſchen Erſcheinungen ihrer Hauptgattun⸗ gen und Arten, nach Willan's Glaffification, In 40 Tafeln. Aus dem Engliſchen in vier Lieferungen. gr. 4. 1829 und 1830. 10 Thlr. oder 17 Fl. 30 Kr. Diͤe vier letzten Lieferungen, nach Rayer und Devergie, koſten jede 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. — Die ſiebente und achte Kiefer rung enthalten die veneriſchen Krankheiten. — Erſte Supplement⸗Lieferung dazu, enthaltend vierzehn illuminirte Tafeln und eine ſchwarze Tafel, nebſt Erläuterung ; aus den Chirurgiſchen Kupfertafeln. gr. 4. 1841. 4 Thlr. oder 7 Fl. Practiſche Darſtellung der Hautkrankheiten, nach den geachtetſten Schriftſtellern; vorzüglich aber nach den, in der Klinik des Dr. Biett geſammelten Beobachtungen und Erfah: rungen. Von den D. D. A. Cazenave und H. E. Schedel. Zweite, nach der dritten Ausgabe des Originals beträchtlich ver⸗ mehrte, und auf die Abbildungen in dem „Atlas der Hautkrank⸗ heiten“ hinweiſende Ausgabe. 39% Bogen. gr. 8. 1839. 2 Thlr. 12 gGr. oder 4 Fl. 23 Kr. II. Bei Joh. Ambr, Barth in Leipzig ist erschienen: EAAANIKA oder Institute, Sitten und Bräuche des alten Hellas mit besonderer Rücksicht auf 4 Kunstarchäologie, von Dr. Joh. Heinr. Krause. Ir Theil. ir Band: Die Gymnastik und Agonistik der Hellenen, aus den Schrift- und Bildwerken des Alterthums wissenschaftlich dargestellt und durch Abbildungen veranschau- licht. 2 Bände. Mit 183 Figuren auf 36 lithographirten Ta- feln. gr. 8. Geheftet. 7 Thlr. 2r Theil. 2r Band: Die Pythien, Nemeen und Isthmien aus den Schrift- und Bildwerken des Alterthums dargestellt. Mit 25 Figuren auf 36 lithographirten Tafeln. gr. 8. Geh. 1 Thlr. 18 gGr. (22 Ngr.) Der erste Band des zweiten Theiles, welcher bereits im Jahre 1838 erschien, enthält die Olympischen Spiele, da- her ich den zahlreichen Besitzern desselben die Anschaffung der anderen Bände der Hellenica zu empfehlen mir erlaube, wie denn überhaupt zu hoffen ist, dass ein Werk des umsichtigsten Fleisses, der geläutertsten Kenntniss, wichtig für Wissenschaft und Kunst, des Künstlers, des Dichters, des Historikers, des Pädagogen, des Archäologen Aufmerksamkeit nicht entgehen und in öffentlichen Bibliotheken, in Gymnasien und Schulen, wie bei allen Philologen, und an der alten Welt irgend Interesse neh- menden Gebildeten den besten Eingang finden werde. Mit der Bearbeitung der Feste der Griechen, welche den dritten Theil dieses Werkes bilden, ist der gelehrte Verfasser unablässig beschäftiget. III. Neue Schrift: In allen Buchhandlungen iſt zu haben: Seeger, Dr., Handbuch der topographiſchen Anatomie, fur praktiſche Aerzte und Wundärzte, in's⸗ beſondere für Gerichtsaͤrzte und Operateurs. 3 Fl. oder 1 Thlr. 20 gGr. Ludwigsburg, bei Naſt. 9 35 IV. b Erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben; > Cornelia, Taſchenbuch fuͤr deutſche Frauen auf das Jahr 1842. \ Herausgegeben von Aloys Schreiber. 27r Jahrgang. Zweite Folge Ir Jahrgang. 2 Thlr. 8 gGr. (10 Ngr.) Verlag von J. Engelmann in Heidelberg. Joh. Ambr. Barth in Leipzig. V. Bei J. Hölſcher in Coblenz iſt erſchienen: Muͤller, Prof., Handbuch der Phyſiologie. 4te Auflage. üſten Bandes 1ſte Abtheilung. 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 10 Kr. Um die vielen Nachfragen zu befriedigen, wird dieſer erſte Band in drei Abtheilungen verſandt, wovon die zweite binnen vier Monaten erſcheinen wird. VI. Bei C. W. Leske in Darmſtadt erſchien ſo eben und iſt in allen Buchhandlungen vorraͤthig: Bibliothek für moderne Politik und Staatswiſſenſchaft. Erſtes. Heft: Der Fürſt des Niccolo Macchiavelli. Ueberſetzt und eingeleitet von Dr. Karl Riedel. Taſchenformat. Preis 3 1 Fl. 12 Kr. Es eröffnet ſich mit dem Fürften Macchiavelli's die Her⸗ ausgabe einer Reihe politiſcher Schriften, welche ſo gewaͤhlt ſind, daß fie zuſammengenommen die Syſteme des neuern europäifhen Staatslebens ausſprechen und vertre⸗ ten Unter den Schriftſtellern, deren Werke nach ihrem haupt— ſaͤchlichen Inhalte im Auszuge mitgetheilt, werden ſollen, nennen wir Marlana vom Könige und des Koͤnigs Erziehung, — den Repraͤſentanten des neuern hierarchiſchen Syſtems Spa⸗ niens —; für Frankreich zur Zeit Ludwig's XIV. Richelieu 's politiſches Teſtament — der Staat bin ich; fur England Hobbes vom Bürger, — Staat und proteſtantiſche Hierarchiez für die Niederlande Spinozals politiſcher Tractat — das einbrechende Vernunftprintip; für Deutſchland Carl Friedrich Moſer's, Schloͤzer's und Friedrich des Großen verſchie— dene Werke; Montesquieu und Rouſſeau beſchließen das Geh. 14 Bogen. Thlr. oder Erſchienene Neuigkeiten. 8 * * 36 Ganze als diejenigen, welche die Keime der neueſten Staatsent⸗ wicklung in ſich tragen. Keines der Hefte, welches je einem Lande und deſſen geiftigem Repräfentanten gewidmet ift, ſoll den Umfang und Preis dieſes Heftes uͤberſchreiten, und alle 2 bis 3 Monate ein Heft erſcheinen. : g — . . .'. P. wöwẽä —důů——ů VII. 0 In unserm Verlage sind so eben die Fortsetzungen folgen- der Werke erschienen: Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie. Herausgegeben von Dr. Justus Lie- big, Dr. J. C. Poggendorff und Dr. Fr. Wöh- ler, Professoren an den Universitäten zu Giessen, Berlin und Göttingen. Fünfte Lieferung. Lexi- con 8. Mit Kupfern. Velinpap. Geb. Pränu- merationspreis für jede Lieferung 16 gGr. Dr. Thomas Graham's Lehrbuch der Che- mie. Bearbeitet von Prof. Dr. Otto. ‚Mit zahl- reichen in den Test eingedruckten Holzschnitten. Achte und Neunte Lieferung. gr. S. Velinpap. Geh. Pränumerationspreis für jede Lieferung 12 gr. i 4 Etwas zur ferneren Empfehlung dieser wichtigen Werke sagen zu wollen, würde überflüssig seyn, da ihr Ruf fest be- gründet ist. Doch machen wir dem Publicum mit Vergnügen bekannt, dass Herr Prof. Dr. Wöhler der Redaction des Wör- terbuchs der Chemie zugetreten ist und dass die ferneren Liefe- rungen sich rasch und ununterbrochen folgen werden. Die sechste und’ siebente Lieferung ist unter der Presses Graham-Otto’s Lehrbuch der Chemie naht sch seiner Vollendung. Die 10. und 11. Lieferung ist unter der Presse und schliesst die anorganische Chemie. Die organische Chemie wird 3 Lieferungen füllen und damit das ganze vortreff- liche Werk vollendet seyn. Braunschweig, den 1. September 1841. Friedrich Vieweg und Sohn. VIII. In allen Buchhandlungen iſt zu haben: Handbuch der Hauptanzeigen fuͤr die richtige Wahl 0 * * 2 7 der homoͤopathiſchen Heilmittel, > 0 oder ſaͤmmtliche, zur Zeit gepruͤfte, homoͤopathiſche Arzneien in ihren Haupt- und Eigenwirkungen nach den bisherigen Er⸗ fahrungen am Krankenbette, bearbeitet und mit einem ſyſte⸗ matifch = alphabetifchen Repertorium des Inhalts verſehen, von G. H. G. Jahr. Zweite umgearbeitete, verbeſſerte und anſehnlich vermehrte Auflage. N 727 Seiten in gr. 8. Prets 4 Thier. u Duͤſſeldorf, bei J. E. Schaub. Ueber den Werth des vorſtehenden Werkes viel zu ſagen, duͤrfte faſt uͤberfluͤſſig ſeyn, da die Herren Dr. Dr. Rummel und Groß in den homdopathiſchen Journalen es bereits als das beſte in die⸗ ſem Fache und als eines der unentbehrlichſten Werke für den ho— moͤopathiſchen Arzt bezeichnet haben. — —— | Allgemeiner literarisch-artistischer No. onatsbericht kür Deutschland. X. October 1841. Dieſer Monatsbericht wird den bei'm Landes-Induſtrie⸗ Comptoir zu Weimar erſcheinenden Zeitſchriften, Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde und chirurgiſche Kupfertafeln, als ellig ns Blatt Jbeigegeben, und auf Verlangen auch gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen von Buͤchern und Kunſtſachen ſteht dieſes Blatt offen, und für den Raum der enggedruckten Zeile einer Spalte wird 14 gGr. oder 7 Kr. berechnet. Erschienene I. Neuigkeiten des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Michaeli ⸗-Meſſe 1841. Almanach, genealogiſch-hiſtoriſch- ſtatiſtiſcher. Neunzehnter Jahrgang, fuͤr das Jahr 1842. Enthalten d: Die Geſchichte und die Genealogie der Europaͤiſchen und Außereu— ropaͤiſchen Regentenfamilien, der mediatiſirten Standesherren und der deutſchen Fuͤrſtenhäuſer; ſtatiſtiſche Ueberſichten des Areals und der Volksmenge; der Religionsverhaͤltniſſe, Unterrichtsanſtalten und deren Frequenz; der Finanzen und der Land- und Seemacht; der Staatsverfaſſungen und der Namen der Praͤſidenten der Kammern oder der Landſtaͤnde; des Hofes, mit den Namen der vornehm— ſten Beamten; den Titel der Regenten; Beſchreibung des Wap— pens, die Ritterorden, die oberſten Staatsbehoͤrden und das diplo— matiſche Corps mit den Namen der Beamten u. ſ. w.; nebſt ſtatiſtiſchen Tabellen. 16m0. Cartonnirt. 2 Thlr. Atlas der Hautkrankheiten dyskraſiſt chen Affectionen, nach T. Bateman, P. Raver und M. N. Devergie. Mit vielen Originalzeichnungen vom Medicinalrathe Dr. Rob. Froriep . zu Berlin. Erfte Supplement⸗Lieferung, in vierzehn colorirten und einer ſchwarzen Tafel (aus den „Chirurgiſchen Kupfertafeln“). Mit Erklaͤrung. gr. 4. Geheftet. 4 Thlr. Chirurgiſche Kupfertafeln. Eine auserleſene Sammlung der noͤthigſten Abbildungen von Außer: lich ſichtbaren Krankheitsformen, anakomiſchen Praͤparaten, chirur— giſchen Inſtrumenten und Bandagen. Zum Gebrauch fuͤr practiſche Chirurgen. Herausgegeben von Dr. Robert Froriep. Sieben⸗ undachtzigſter Heft. Jeder Heft, mit 5 Tafeln Abbildungen und circa 2 Bogen Text in gr. 4., 12 gGr. UMeuig keiten. Froriep, Dr. L. F., und Dr. Rob. Froriep, Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. XVIII. und XIX. Band. Nr. 375 bis 418. Mit Abbildungen und Regiſter. gr. 4. Jeder Band 2 Thlr. Memoranda der Hautkrankheiten. XL. und 586 Seiten. gr. 32 mo. Gebunden. I Thlr. 6 gGr, Uebersicht, Synoptische, der Acotyledonen oder Cellularis. (Botanischer Atlas Tafel III.) Imperial- Format. 18 gGr. e Woͤrterbuch, neues, Franzoͤſiſch-Deutſches und Deutſch-Franzoͤſiſches. Enthaltend die Ableitung, die Ausſprache, die genaue und deutliche Erklarung aller Wörter, mit beſonderer Ruͤckſicht auf die Synony— men, die verwandten Ausdruͤcke in den Kuͤnſten, Wiſſenſchaften und Gewerben; ein Verzeichniß der Taufnamen ſo wie der vorzuͤglichſten Laͤnder und Staͤdte; die Conjugation der unregelmäßigen Zeitwoͤr— ter; die grammatifchen Regeln, denen die einzelnen Wörter unter— worfen ſind; Tabellen uͤber die Ausſprache, Bildung der Wortfor— men und über die Regeln für das Particip, u. ſ. w.; bearbeitet von D. Heinrich Leng und D. O. L. B. Wolff, Profeſſor an der Univerfität zu Jena. Zwei Bände, zuſammen 200 Bogen gr. Lep. 8., ſchoͤner come preſſer Druck. Geheftet. Preis 7 Thlr. oder 12 Fl. 15 Kr. II. P. A. Piorry, über die Erblichkeit der Krankheiten. Uebersetzt und mit Zusätzen und Anmerkungen ver- sehen von Dr. J. C. Fleck. gr. 8. $ Thlr. oder 1 Fl. 30 Kr. Der Hamburger Correſp. 1841. 206 hält den hier behandelten Gegenſtand für von der hoͤchſten Wichtigkeit. Man muͤſſe, — ſagt er — das Werk feibft geleſen haben, um die große Frage, um die es ſich hier handle, ganz zu begreifen. — Die Zeitſchr. Helios, 1841 19 erkennt das Verdienſt des franzoͤf Originals an, aber „den wahr ren Werth“ — ſagt fie — „erhält die Fleck'ſche Ueberſetzung erſt durch die Hinzufuͤgung der Anſichten unſrer deutſchen medicin, Ma⸗ 10 d 39 tadore: Stark, Kreyßig, Reil, P. Frank, Fr. Hoff⸗ mann u. A. und durch die eignen Anſichten des Ueberſetzers. Es erſchien gleichzeitig auch eine Ueberfegung in Quedlinburg, von der ſchon der faiſch uͤberſetzte Titel die Fabrikarbeit ankuͤndigt, und der das hier der Fleck 'ſchen Bearbeitung geſpendete Lob keineswegs zugeſtanden werden kann.“ (Vorraͤthig zu haben in allen Buchhandlungen.) III. J. H. Reveille - Paris, Doctor d. Med., Ritter d. Ehrenlegion, Mitgl. d. Fünfal. Ucademie d. Medicın ꝛc., Geſundheitslehre f. Geiſtig-Beſchaͤftigte. Unterſuchungen uͤber den koͤrperlichen und geiſtigen Zuſtand, die Gewohnheiten, Krankheiten und Lebensordnung der Gelehrten, Schriftſteller, Staatsdiener, Geiſtlichen, Ges ſchaͤftsleute und Kuͤnſtler, fo wie Aller, die bei Kopfan— ſtrengung eine ſitzende Lebensart fuͤhren. Nach der dritten franzöf. Originalausgabe bearbeitet von Dr. Wilh. Weiz ßenborn. gr. 8. 13 Thlr. oder 3 Fl. 9 Kr. Kaum war dieſes claſſiſche Werk erſchienen, als es bei den meiſten Recenſironſtalten die ruͤhmlichſte Anerkennung, ja die au— ßerordentlichſten Lobeserhebungen fand, wie dieſes in Gersdorf's Repert. 1840. 11, — Hamburger Correſp. 1840. 200, — Abendztg. 1840. Sept., — Summarium der Med. 1840. II., — Helios 1840. 40, — Salzburger med. Ztg. 1841. 22, — nachzuleſen iſt. — Nicht, weil ſie die beifaͤlligſte, ſondern weil ſie die kuͤrzeſte iſt, theilen wir bloß das Urtheil der Berl. lit. Ztg. 1841. 33, mit. Sie ſagt: „Ueber den hohen Werth dieſes Buches haben wir nicht noͤthig, uns auszuſprechen. Der Name des Verfs , die Anerken— nung der Academie von Frankreich, die Ertheilung des Monthyon'— ſchen Preiſes beweiſen, daß hier nicht etwa von einer Frbrikarbeit aus der popul. Medicin die Rede iſt. Der Verf. entwickelt eine fo treffliche Darſtellung, eine fo genaue Kenntniß des Gelehrten: lebens, eine ſo reiche Beleſenheit und weiß ſeine Eroͤrterungen durch ſo zahlreiche Beiſpiele aus der Lebens-, Krankheits- und Todes— geſchichte franzoͤſ., deutſcher und engl. Gelehrten mit ſolchem Ge— ſchick zu würzen, daß fein Buch ſchon in diefer Hinſicht anziehend wird. Er hat darin wirklich das Moͤglichſte geleiſtet, und Aerzte koͤnnen von ihm in der geſchmackvollen Art, wie man zu den Laien redet, viel lernen.“ (Vorraͤthig zu haben in allen Buchhandlungen.) IV. 3,3 Bei J. E. Schaub in Düffeldorf ift erſchienen: i ſt an und JIſo lde. Ein Gedicht in Romanzen. Von Karl Immer mann. 454 Seiten in 8. Auf feinem Velinpapier. In allegor. Unſchlag geheftet. Preis 2 Thlr 15 Sgr. Auch unter dem Titel: Karl Immermann's Schriften. 138r Band. Immer mannes letztes und vielleicht gediegenſtes Gedicht wird hier, fo weit es dem Dichter zu ſchreiben vergoͤnnt war, dem Pur blicum uͤbergeben. Eine Ueberſicht des noch unvollendeten Theils iſt Hinzugefügt. Der Stoff, welcher dem Werke zum Geunde liegt, hat ſchon einen bedeutenden deutſchen Dichter Älterer Zeit begei— ſtert, deſſen Arbeit, wie dieſe, durch eine eigenthuͤmliche Fuͤgung des Schickſals unvollendet geblieben iſt. Die Auffaſſung und Bear: beitung in dem vorliegenden Gedicht iſt aber eine ganz neue, aus dem Geiſte der gegenwaͤrtigen Zeit hervorgegangene, von tiefer Beobachtung und Reflexion durchdrungen. Schon die einzelnen, bis- ———— ſfſ2 Erſchienene Neuigkeiten. mn 40 her bekannt gemachten Gefänge haben den entſchiedenen Beifall der Leſer erlangt; dieſes groͤßere, wenn auch fragmentariſche Ganze wird hoffentlich die Verehrer unſers Dichters ebenſo befriedigen und ihre Zahl vermehren. * 7 In der Balz'ſchen Buchhandlung zu Stuttgart find fo eben erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Briefe uͤber das Erdleben. Von C. G. Carus, Leibarzt zu Dresden. gr. 8. Velinpapier. 1 Thlr. 18 Gr. oder 2 Fl. 42 Kr. „Moͤge nun die guͤnſtige Aufnahme, welche, wie den fruͤhern fo dieſen ſpaͤtern Reverien bei'm Vorleſen, bald in hoͤhern Kreiſen, bald im engern Freundeskreiſe zu Theil wurde, auch der geſamm— ten Reihe aller dieſer Briefe nicht fehlen! megen fie hie und da belehrend einwirken und moͤgen ſie beitragen, den Blick fur Natur— wahrheit und Naturſchoͤnheit in gebildeten Maͤnnern und Frauen nach und nach immer freudiger und heller zu erſchließen! dem Wunſche des Verfaſſers wird dann jedenfalls ein vollkommenes Genuͤgen ge— ſchehen ſeyn.“ 1 Dr. Aus dem Vorworte des Verfaſſers. Grundzüge einer neuen und wiſſenſchaftlich begründeten na n i d E (Schaͤdellehre). Von PRC. G. Cc au s. Mit zwei lithographirten Tafeln. Velinpapier. 1 Thlr. oder 1 Fl. 30 Kr. ABBILDUNGEN BER VOEGEL EUROPA’S. Gezeichnet und in Stahl gestochen von Susemihl und Sohn. Text unter der Leitung Temminck’s bearbeitet von Dr. Schlegel in Leyden. Preis einer Lieferung von 3 Tafeln, mit dem dazu gehörigen Texte: Octav-Ausgabe 16 Gr. oder 1 Fl. —; Quart-Ausgabe 22 Gr. oder 1 Fl. 24 Kr. Bis jetzt sind hiervon sieben Liefe- rungen erschienen, welche durch alle Buch- und Kunsthand- lungen bezogen werden können. VI. Me Der Arzt für Wurmkranke jeden Alters, oder die Eingeweide-Wuͤrmer und die durch ſie erzeugten Krankheitsformen; nebſt zweckmaͤßigem Heil— verfahren dagegen, mit Angabe der beſondern Receptfor— meln gegen alle Wurmarten und der als Geheimmittel oft ſehr theuer verkauften Speeifica gegen Bandwuͤrmer ze. Von Dr. J. C. Fleck. Mit 17 lith. Abbildungen. gr. 8. 1 Thlr. oder 1 Fl. 48 Kr. ur Die vielen, dem Verf. fo ruͤhml. Recenſionen (Helios 1840. Nr. 25. — Summaxium der Medicin 1840. 2. — Berliner Centralztg. 1840. 43 u. a. m), find alle darin einig, daß derſelbe ſeine Abſicht trefflich erreicht hat, einem Uebel entgegenzuarbeiten, was oft ſchon an dem armen nackt gebornen Menſchen nagt, im fruͤheſten Alter ſchon in feinem Innerſten wuͤthet und feine phyſi— ſche Entwickelung hindert. (Vorraͤthig zu haben in allen Buchhandlungen.) gr. 8. * Allgemeiner literarisch artistischer Monatsbericht kür No. XI 1 Deutschland. November 1841. Dieſer Monatsbericht wird den bei'im Landes⸗Induſtrie⸗Comptoir zu Weimar erſcheinenden Zeitſchriften, Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde und chirurgiſche Kupfertafeln, als Intelligenz⸗ Blatt beigegeben und auf Verlangen auch gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen von Buͤchern und Kunſtſachen ſteht dieſes Blatt offen, und für den Raum der enggedruckten Zeile einer Spalte wird 1} Gr. oder 7 Kr. berechnet. J. Neuigkeiten des Geographischen Instituts zu Weimar. Michaeli- Messe 1841. Atlas von Africa, in sechs Blättern im grössten Karten- Formate. 2 Thlr. Neu entworfen und gezeichnet von C. F. WREILAN D. (Auch zu unserm allgemeinen Handatlas in 70 Karten gehörig.) 1 Enthalten d: 1) Nordwestliches Africa, mit den Canärischen und Azorischen Inseln. — 2) Nordöstliches Africa. — 3) West- liches Mittel-Africa, mit Beikärtchen von den Capverdi- schen Inseln, dem Territorium von Liberia und dem Lande Wallo. — 4) Westliches Hoch-Africa — 5) Oestli-« chesHoch-Africa. — 6) Südspitze von Africa. Atlas der alten Welt, vorzüglich für Gymnasien und Gelehrtenschulen. Siebente Auflage. Bestehend aus 16, von C. F. WerLinn neu gezeichneten und von den geschicktesten Künstlern neu in 47 7 gestochenen Karten, mit einem neuen Texte von Dr. . L. C. Scuarrre. Royal 4. Geheftet. 1 Thlr. 6 fGr. Die alte Welt, in vierzehn Karten ohne Text. Zum Gebrauch bei'm Unterricht in der alten Geographie und Ge- schichte. gr. 4. Geheftet. 15 gGr. (Diese Karten gehör- ten früher zur sechsten Auflage des „Atlas der alten Welt“.) Schulwandkarte von Deutſchland, Preußen und der Schweiz. In vier Blättern, im größten Karten- Formate, mit blaſſer deutſcher Schrift. 1 Thlr. 12 gGr. Deutschland, topographisch-militairische Karte, in 220 Blättern. Berichtigte Ausgabe der Sectiohn 55. 56. 57. 58. 66. 67., enthaltend die Hauptstädte Bielefeld, Pyrmont, Goslar, Magdeburg, Arnsberg, Cassel. Jede Section 8 gGr. ienene neuigkeiten. Karte vom Königreich Würtemberg, dem Gross- herzogthum Baden und der Fürstenthümer Ho- henzollern. Grösstes Imperial- Format. Neu gezeichnet von C. F. Weıran. 8 gr. Karte von Frankreich, mit einem Plane der Umge- bung von Paris mit den projectirten Fortificationen. Neu gezeichnet von C. F. Weinano. Gr. Imperial- Folio. 8 gGr. HIMMELS — GLOBUS, von drei Zoll Durchmesser, Mit Meridian, Als Seitenstück zu dem Erdglobus von gleicher Grösse, 1 Thlr. 8 gGr. netto. U. Bei dem Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar iſt erſchienen und kann durch alle Buchhandlungen bezogen werden: Der Beruf des Weibes. Nach der zweiten Auflage des Engliſchen Originals überfegt. gr. 12. 1840. Geheftet. 15 gGr. oder 1 Fl. 6 Kr. Nach der Anerkennung, welche dies Büchlein in England in den gebildeten Kreiſen gefunden hat und nach dem hoͤchſt günſtigen Urtheile, welches in Deutſchland die erſten Leſer des Originals und der Uebertragung darüber gefällt haben, glauben wir, daſſelbe mit Recht empfehlen zu koͤnnen. Vollſtaͤndiges Handbuch der i k d ahn arzneikunde, nach dem gegenwaͤrtigen Standpuncte der Wiſſenſchaft. Von F. Maury, Dentiſten an der Koͤnigl. polytechniſchen Schule zu Paris. Zweite, nach der dritten Auflage des franzoͤſiſchen Originals verbeſſerte, Auflage. Mit vierzig Tafeln Abbildungen. gr. 8. 1840. Geheftet. 21 Thlr. oder 4 Fl. 23 Kr. Dieſes, bereits in der erſten Auflage mit verdientem Beifall aufgenommene, Handbuch erſcheint in dieſer Auflage, nach der drit⸗ ten Auflage des Originals, noch verbeſſert und vermehrt. Angehaͤngt iſt eine ſehr brauchbare Ueberſicht der Literatur der Zahnarzneikunde. 11 43 III. Im Verlage don C. W. Leske in Darmſtadt it erſchienen; Der Primat der i ſchen Paͤpſte. Aus den Quellen dargeſtellt von J. e fle n deer k. Zweiter Theil. Das vierte Jahrhundert. Preis 13 Thlr. oder 2 Fl. 42 Kr. Der erſte Theil, die drei erſten Jahrhunderte enthaltend, Eoftet 14 Thlr. od. 2 Fl. 24 Kr. Antwort auf das aus der Evangeliſchen Kirchenzeitung abgedruckte i b erlil: - und Gedankenloſigkeit des Herrn D. Bretſchneider ꝛc.“ Von D. A. G. Gretſchneider. 8. Geheftet. F Thlr. oder 18 Kr. R o m „Die Gewiſſen IV. Erschienen und versandt ist: Journal für praktische Chemie. Herausgegeben von O. L. Erdmann und HR. F. Marchand. 24r Band 4s Heft, 1841, No. 20. gr. 8. (Preis des Jahr- gangs von 3 Bänden oder 24 Heften: 8 Thlr.) Inhalt: Ueber den Indigo; von J. Dumas. (Vierte Ab- handlung über die chemischen Typen.) — Ueber das Stick- stoffquecksilber; von Ph. Plantamour, — Ueber verschie- dene Stickstoffverbindungen; von Fr. Kuhlmann. — Ver- suche, um die Existenz des milchsauren Harnstoffes in dem normalen Harne des Menschen nachzuweisen; von Cap und Henry. — Ueber das krystallisirte und das flüssige Cedernöl; von Ph. Walter. — Ueher einige Producte der Einwirkung von Salpetersäure auf Rieinusöl; von Ph. G. Tilley. — Ueber das Verhalten des metallischen Kupfers zu einigen Metalllösungen; von H. Reinsch. — Nenes Ver- fahren zur Erkennung des Kupfers bei gerichtlich - medi- einischen Analysen; von Verguin. — Verfahren zur Be- stimmung und Erkennung von Antimonchlorid und Anti- monsuperchlorid; von A. Levol. — Literatur Joh. Ambr. Barth in Leipzig. Preisherabſetzung. um den Herren Medicinern die Anſchaffung von „W̃ eber's anatomiſchem Atlas“ zu erleichtern, haben wir den bisherigen Ladenpreis von 35 Thlr. auf 25 Thlr., auf ein Jahr lang, her— abgeſetzt. Dieſer Atlas beſteht aus 11 lebensgroßen Körpern, auf 44 Tafeln, ferner 40 Supplement-Tafeln und 6, vor Kurzem er: fdienenen, außerordent lichen Supplement ⸗Tafeln. Letztere Erſchienene Neuigkeiten. 44 * Bei uns iſt erſchienen: Deutſche Volksfeſte im neunzehnten Jahrhundert. Geſchichte ihrer Entſtehung und Beſchreibung ihrer Feier. Herausgegeben von Fr. A. Reimann. 500 Seiten gr. 12. 1839. Geheftet. 1 Thlr. 12 gGr. oder 2 Fl. 38 Kr. Die ſeit der Erſcheinung dieſes Buchs durch Freunde deſſelben in vielen offentlichen Blaͤttern bekannt gewordenen Empfehlungen entheben uns des eigenen Lobes, und es bedarf nur der Anzeige, daß Exemplare davon durch alle Buchhandlungen zu haben ſind. Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. VI. Im Verlage von C. W. Leske in Darmſtadt iſt erſchienen Die Fortſchritte des Pönitentiarſyltems in Frankreich, dargeſtellt durch Ueberſetzung des motivirten Entwurfs eines Geſetzes der franzoͤſiſchen Staatsregierung vom 9. Mai 1840 und des darauf an die Deputirtenkammer erſtatteten Commiſſions— berichts vom 20. Juni 1840; Mit Vorwort und Anmerkungen von Fr. Nloellner, Großh. Heſſ. Criminalrichter zu Stegen. 8. Geheftet. & Thlr. oder 1 Fl. 36 Kr. Das Gefängnißweſen, welches ſchon ſeit Decennien die Auf⸗ merkſamkeit aller Staatsregierungen auf ſich lenkte, hat durch die Ausbildung des ſ g. Poͤnitentiarſyſtems Fortſchritte gemacht, welche daſſelbe ſeiner Vollendung nahe gebracht haben. Vorzuͤglich ver— dienen die in dem oben angezeigten Werke enthaltenen Ausſpruͤche, ſowie die darin bezeichneten Maaßregeln, fuͤr Deutſchland als Muſter aufgeſtellt zu werden. Der Herr Herausgeber hat daſſelbe nicht bloß mit Anmerkungen verſehen, welche die Ergebniſſe der Li⸗ teratur und neueſten Erfahrungen, vorzuͤglich in Bezug auf Deutfche land, hervorheben, ſondern auch in einem größeren Vorworte das Princip, von welchem jenes Syſtem zu betrachten, iſt, feſtge⸗ ſtellt und die neueſten Strafgeſetzgebungen damit in Vergleichung gebracht. enthalten ſaͤmmtliche neuere Beobachtungen und Entdeckungen, wel- che bis zum Jahre 1841 in der Anatomie gemacht wurden. Den Abnehmern der erſten Auflage dieſes Atlaſſes noch die Anzeige, daß die 6 außerordentlichen Supplement = Tafeln zu 2% Thlr. beſonders zu haben ſind. Duͤſſeldorf, Novbr, 1841. Arnz u. Comp. — — — \ N Allgemeiner literarisch-artistischer Monatsbericht für Deutschland. No. XII. December 1841. Dieſer Monatsbericht wird den bei'm Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar erſcheinenden Zeitſchriften, Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde und chirurgiſche Kupfertafeln, als Intelligenz Blatt 0 beigegeben und auf Verlangen auch gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen von Buͤchern und Kunſtſachen ſteht dieſes Blatt offen, und fuͤr den Raum der enggedruckten Zeile einer Spalte wird 1! g Gr. oder 7 Kr. berechnet. J. Einladung zur Pränunferation auf den Jahrgang 1842 . der medicinischen Jahrbücher des kaiserl. königl. österr. Staates und der damit verbundenen österreichischen medieinischen Wochenschrift. Herausgegeben von Dr. Joh. Nep. Ritter v. Raimann, redigirt von Prof. Dr. A. Edl. v. Rosas, Prof. Dr. S. C. Fi- schier und Prof. Dr. Wissgrill. Preis des Jahrganges von 12 Monatsheften und 52 Nummern der Wochenschrift 15 Fl. €. M. Diess Journal fand im Jahre 1841 eine wesentliche Umge- staltung durch Hinzufügung der medicinischen Wochenschrift und wird nun auch im kommenden Jahre auf dieselbe Weise fort- gesetzt, da der Beifall des medicinischen Publicums sich so ent- schieden für diese zweckmässige Einrichtung ausgesprochen hat. Für diejenigen, welche bereits das Blatt besitzen, dürfen wir nur versichern, dass es durchaus keine Umänderung erlei- den wird, sowohl was den inneren Gehalt der Originalaufsätze, der sorgfältigen. und doch bündigen Auszüge fremder Journale ‚ Deutschland’s, Frankreich's, England’s und Italien’s, als auch was die schöne Ausstattung und die regelmässige pünctliche Ausgabe betrifft. Für diejenigen aber, welche sich noch nicht von den we— sentlichen Vorzügen, welche dieses Journal vor allen andern me— dieinischen auszeichnet, überzeugten, wird es nicht überflüssig erscheinen, die Tendenz des Blattes, nach dem was bereits vor dem Auge des Publicums liegt, zu entwickeln. Die 12 monatlichen Hefte, jedesmal am Ende des Monats erscheinend, bringen: I. Beobachtungen und Abhandlungen aus dem- Gebiete der Natur- und Heilkunde. Diese sind von grösserem Umfange, füllen gewöhnlich 2 und 3 Bogen, und wurden daher, um die Aufmerksamkeit der Leser nicht allzu- sehr zu zersplittern, in den Heften abgedruckt. Säsgntlich Originalaufsätze. II. Studium der Heilkunde und öffentliches Sa- nitätswesen. Aufsätze, welche vorzugsweise Österreich be- rühren. ohne desshalb für den ausländischen Arzt, Naturforscher und Statistiker weniger Interesse zu bieten, liefern sie im Ge- gentheile reichhaltige Aufklärung über viele Eigenthümlichkeiten, öffentliche Einrichtungen und Topographieen Österreich’s, die dem Auslande zum Theil noch unbekannt sind. III. Literatur. Hierin werden von sachkundigen, tüch- tigen, erprobten Männern die Erscheinungen der Gesammtlite» ratur der Mediein mit Freimuth beurtheilt, das Verdienst ge- würdigt, die schwächeren Productionen mit gerechtem, aber schonendem Tadel besprochen. Die 52 Nummern der Wochenschrift, jede von 1! Bogen, enthalten: 1. Originalmittheilungen, bestehend in kürzeren Aufsätzen aus der Praxis. Fälle, die schnell der Lesewelt mit- zutheilen sind, werden hierin aufgenommen, und bei der unge- heuren Praxis Wiens und der übrigen Städte der Monarchie, strömt hier eine Fülle der verschiedenartigsten practischen Er- fahrungen zusammen, wie sie wohl kein Staat Europa’s darbietet. 2. Auszüge aus in- und ausländischen Zeit- schriften und fremden Werken. Diese Rubrik macht ei- gentlich jedes fremde Journal entbehrlich, indem es Alles in ge- drängter Kürze enthält, was die ausländischen Blätter Gutes und Gediegenes geliefert haben. Durch die wöchentliche Er- scheinung des Blattes und dadurch, dass die Redaction durch die Post in den schnellsten Besitz der auswärtigen Blätter ge- langt, sind diese Auszüge ebenso geschwind in den Händen des Publicums, als die ausgezogenen Blätter selbst. 3. Notizen, Beförderungen, Ehrenbezeigungen. 4. Literarischer Anzeiger. Angabe der medicini- schen Bücher, welche in jeder Woche in Deutschland, England, Frankreich und Italien erschienen sind, ganz vollständig durch die besten Quellen unterstützt; endlich ö 5. Verzeichniss der in verschiedenen deut- schen und fremden medicinischen Zeitschriften des ganzen Jahres enthaltenen Originalaufsätze, 7 So nützlich diese Abtheilung auch ist, die noch durch das, am Ende des Jahres unserer Zeitschrift unentgeltlich bei e- ne, Register an Brauchbarkeit gewinnt; so liefert es doch den 12 4 47 Erſchienene 4 sprechendsten Beweis, wie arm alle übrigen Zeitschriften , in Vergleich zu der unserigen, an gediegenen Originılaufsätzen sind. Die Aufzählung der im Jahrgang 1341 enthaltenen, wird die Wahrheit dieser Behauptung bestätigen; derselbe enthält näm- lich an 200 grössere und kleinere Originalaufsätze Der ganze Jaurgang, auf das schönste Maschinen - Velin- apier gedruckt; besteht aus 172 Bogen in 3> und kostet nur 15 Fl. C. M.; durch die Postämter bezogen in allen Theilen der Monarchie 15 Fl. 36 C. VMI. Jeden Samstag erscheint eine Nummer der Wochenschrift von 1! Bogen, jeden letzten des Monats ein Heft von 8 Bogen. Neuigkeiten. 48 5 Dis Verzeichnise der Herren P. T. Präuumeranten wird jedes Jahr mit dem Decemberheft ausgegeben; das vom Jahre 1841 wird zugleich den Beleg liefern, welche Theinahme das ärztliche Publicum diesem Unternehmen geschenkt hat. Um dasselbe auch für das Jahr 1842 mit der grössten Ge- nauigkeit zu liefern, werden die Herren Abnehmer um deutliche Angabe des Namens und Characters ersucht, Wien, im December 1341. Braumüller & Seidel am Graben im Hause der Sparkasse. Echie nen u e tie I. Erſchienen und an die Abonnenten geſendet iſt: Genealogiſch-hiſtoriſch-ſtatiſtiſcher ln ann ch, Neunzehnter Jahrgang, für das Jahr 1842. x Enthalteud: Die Geſchichte und die ropäiſchen Regentenfzmilien, der mediatiſirten Standesherren und der deutſchen Fürſtenhaͤuſer, ſtatiſtiſche Ueberſichten des Areals und der Volksmenge; der Religionsverhaͤltniſſe, Unterrichtsanftalten und deren Frequenz; der Finanzen und der Land- und Seemacht; der Staatsverfaſſungen und der Namen der Praͤſidenten der Kammern oder der Landſtändez des Hofes, mit den Namen der vornehm⸗ ſten Beamten; den Titel der Regenten; Beſchreibung des Wap: pens; die Ritterorden; die oberſten Staatsbehoͤrden und das diplo⸗ matiſche Corps mit den Namen der Beamten u. ſ w. 3 nebſt ſtatiſtiſchen Tabellen. 1030 Seiten gr. 1600. Cartonnirt. 2 Thlr. = 35 Fl. Weimar, im Decbr. 1841. Landes-Induſtrie-Comptoir. II. Beim Geographischen Institut zu Weimar ist 1841 er- schienen und durch alle Buch- und Kuusthandlungen zu beziehen: Atlas der alten Welt, vorzüglich für Gymnasien und Gelehrtenschulen. Siebente Aufläge. Bestehend aus sechszehn von C. E. Weıt.ino nach den be- sten Quellen neu gezeichneten und von den geschicktesten Künst- lern in Kupfer gestochenen Karten. (Mit einem neuen Texte von Dr. J. L. C. SchArrr.) Royal 4. Geheftet. 11 Thür. = 2! Fi. Rh. = 1 Fl. 52 Kr. Conv. — Jedes einzelne Blatt ohne Text 1} gGr. = 2 Sgr. = 7 Kr. Rh. = 6 Kr. Conv. Die anerkannte Brauchbarkeit unseres Atlas der alten Welt hat die Verlagshandlung veranlasst, dieser neuen Auflage eine durchaus neue Bearbeitung und Erweiterung angedeihen zu lassen, um den erhöhten Anforderungen, welche man an geogra- phische Hülfsbücher dieses Art macht, zu genügen, und um das Genealogie der Europaͤiſchen und Außereu⸗ ö in grösserem Umfange, als früher, und methodisch bearbeitet zu geben, was für das Bedürfniss der Gelehrtenschulen und N ähnlicher Anstalten nöthig schien. Dass diess mit Benutzung der | besten Hülfsmittel geschehen ist, wird die Vergleichung dieser Auflage mit den früheren zeigen. — Die Zahl der Karten ist um zwei vermehrt; unter diesen weisen wir auf die Pläne von Rom und Athen hin, ebenso auf den Plan von Carthago auf der Karte von Africa, die nach den neuesten Forschungen gefertigt sind. Sämmtliche Karten sind mit möglichster Correctheit ent- worfen und gestochen. Bei der Bearbeitung des Textes hat man gesucht, bei möglicher Ersparung des Raumes, mit grös- serer Vol'ständigkeit und Genauigkeit, als früher, und nach den besten Werken alles Wissenswürdige und Nöthige bestimmt und in systematischer Ordnung zu geben, so dass, mehr als sonst, man ein Compendium der alten Geschichte entbehren kanu. Statt der einzelnen chronologischen Daten ist, zur besseren Orienti- rung der Schüler, im Zusammenhange mit dem Ganzen, jeder Karte eine historische Uebersicht beigegeben. Die alte Welt, in vierzehn Karten ohne Text. Zum Gebrauche bei dem Unterricht in der alten Geographie und Geschichte. Von:; G. F. We 1 1: 4 au gr. 4. Geheftet. 15 gGr. = 19 Sgr. = 1,5 Fl. Rh. = 56 Kr. Conv. (Diese Karten gehörten früher zur sechsten Auflage des Atlas der alten Welt.) le Bei'm Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar iſt er⸗ ſchienen: Ueber den nachtheiligen Einfluß der kuͤnſtlichen Beleuchtung auf das Auge, ſo wie einige Mittel, durch welche ſich die Nachtheile der Lampen vermeiden oder vermindern laſſen. Von James Hunter, M. D. Aus Froriep's Neun Notizen ꝛc. beſonders abgedruckt. 3 Bogen gr. 12. Mit neun eingepruckten Holzſchnitten. 6 9 Gr. oder 27 Ar. D 3 — — . 9 * 5 1405 1 el Nane * i N ui N 1 e 11 1 N u 291 9 on re . 5 var AR ge: | . ann a 1 ed. 1 et Fern v . LT u be d ag run. bölgaen A ee e D ene anden 4 4 2 3 * ur 8 . „Ats 5 regol ’ j 2 „ ya nisybiaos | W 1 Br 21 10 wi ER Pi, 2 | u n Di Ben U 4 * 1 eh no ze af N 7 aden 1 4 0 2 ut 6b ee erh BRNO sach m „> Warst er 5 200 18. T * Biel 151 N . Mr, 29 65 41 sprechen dsten B.. 8 wi Vergleich zu der u sp sind. Die Aufz iulung der die Wabrheit dieser Behau lich an 200 grössere u Der ganze Jaurgang, papier gedruckt, besteht 15 Fl. C. M.; durch Theilen der Monarel Jeden Samstag erschu von 1! Bogen, jeden letz E Erſchienen und an die Genealogiſch Neunzel für da N E Die Geſchichte und die Ge ropäifhen Regentenfzmilien un deutſchen Fuͤrſtenhaͤuſe der Volksmenge; der Relig deren Frequenz; der Fina Staatsverfaſſungen und den oder der Landſtaͤndez des ſten Beamten; den Titel pens; die Ritterorden; die matiſche Corps mit den ſtat 1030 Seiten gr. 160 Weimar, im Decbr. Lan Beim Geographise schienen und durch alle B. Atlas de vorzüglich für Gyn Sieb Bestehend aus sechsze sten Quellen neu gezeichı lern in Kupfer gestoche: von D. Royal 4. Geheftet. Cony. — Jedes einzelne = 7 Kr. Rh. = 6 Kr. Die anerkannte Brat Welt hat die Verlagshaı eine durchaus neue Bearl lassen, um den erhöhten phische Hülfsbücher dies‘ Im Verlage des Landes-In iſt vollſtaͤndig erſchienen und durch al NOUVE AU DICTIONNAIRE FRANGAIS-ALLEMAND ET ALLEMAND- FRANCAIS, redige sur le plan du dietionnaire francais de MM. Noel et Chapsal, enrichi d’exemples des meilleurs ecrivains, et dans lequel on trouve: les &tymologies, la prononciation, des definitions claires et précises, toutes les acceptions propres et figurèes des mots, avec l’indication de leur emploi aux differents genres de styles; les synonymes; les termes propres aux sciences, aux arts, aux manufactures; un vocabulaire géographique; les noms de bapteme; des tableaux synoptiques des regles sur la formation des mots et sur les participes; la conjugaison des verbes irreguliers; enfin la solution des principales difficultes que présentent la concordance, le régime et la place des mots dans le discours; par HENRY LENG, Docteur en Philosophie, et O. IL. B. WO IL F F, Docteur en Philosophie, Professeur de Littérature a l'Université de Jena. Deux Volumes, 200 feuilles gr. in 8vo. 7 Thlr. = 12: Fl. Le but auquel les auteurs ont constamment tendu, en entreprenant et en com- posant ce Dictionnaire, a été de le rendre aussi utile que possible à toutes les classes de la société. Tout en &conomisant scrupuleusement la place, ils voulaient qu'il devint un manuel qui satisfit aux besoins de l’homme d'affaires, de Thomme de lettres, de l’arti- san, du marin et de l’artiste; et quoique les auteurs soient convaincus qu'on pourra decouvrir plus d'un endroit faible, on leur permettra cependant de dire qu'ils ont täché d'atteindre leur but autant qu'il était en leur pouvoir. Les éditeurs wont rien &pargne pour eréer un ouvrage digne d'etre offert et à leurs compatriotes et aux étrangers qui étudient les deux langues; leur espoir ne sera point dégu. Pour mettre le public a meme de juger de l’ex&cution typographique, nous joi- gnons deux pages de chaque volume. Weimar, Aoüt 1841. Bureau d’Industrie. ie -&omptoirs zu Weimar hhandlungen zur Anſicht zu erhalten: ö Neues Franzoͤſiſch⸗Deutſches und Deutſch-Franzoͤſiſches Woͤrterb uch, nach dem Plane des franzoͤſiſchen Wörterbuchs der Herren No l und Chapfal und den beſten und neueſten Huͤlfsmitteln, enthaltend die Ableitung, die Ausſprache, die genaue und deutliche Erklaͤrung aller Woͤrter, mit beſonderer Ruͤckſicht auf die Synonymen, die verwandten Ausdruͤcke in den Kuͤnſten, Wiſſenſchaften und Gewerben; ein Verzeichniß der Taufnamen, ſo wie der vorzuͤglichſten Länder und Städte; die Conjugation der unregelmaͤßigen Zeit⸗ woͤrter; die grammatiſchen Regeln, denen die einzelnen Woͤrter unterworfen ſind; Tabellen über die Bildung der Wortformen und über die Regeln fuͤr das Particip, u. ſ. w.; bearbeitet von D. Heinrich Len g und D. O. L. B. Wolff, Profeſſor an der univerſität zu Jena. Zwei Bände, 200 Bogen in gr. Lexicon 8. 7 Thlr. — 12 Fl. Das Ziel, welches bei der Abfaſſung und Ausarbeitung dieſes Woͤrterbuchs unver⸗ ruͤckt im Auge behalten wurde, war die moͤglichſte Brauchbarkeit für alle Stände. Es ſollte bei forgfältiger Erſparniß des Raums doch ein den Anforderungen des Geſchaͤfts⸗ mannes, wie des Gelehrten, des Handwerkers, wie des Seemannes oder Kuͤnſtlers ent⸗ ſorechendes Handbuch werden, und die Herausgeber, ſo ſehr ſie auch uͤberzeugt ſind, daß ſich noch manche Maͤngel darin finden, verſichern dennoch, mit beſten Kraͤften und redlich⸗ ſtem Willen dahin geſtrebt zu haben, dieſem Plane eifrig nachzukommen. Daß auch von Seiten der Verlagshandlung die genaueſte Sorgfalt ſtattfand, braucht wohl nicht verſichert zu werden. Es war ihr darum zu thun, ein Werk zu liefern, das wuͤr⸗ dig ſey, ihren Landsleuten wie dem Auslande als nuͤtzlich und brauchbar überreicht zu werden. Zur Beurtheilung der typographiſchen Ausführung fügen wir von jedem Bande zwei Probe: Seiten bei. Weimar, Auguſt 1841. Landes - Induftrie- Comptoir, 1 | . 77, N 1 W. 4 f L 1 — | sr a 47 sprechen dsten Vergleich zu sind. Die Av die Wahrhe lich an 200 Der gan papier gediu 15 Fl. C. Theilen d- Jeden S von 12 Boge Erſchiene Ge A j Die Geſchichte ropäiſchen Res der deutſchen der VBoldsmen: deren Frequei Staatsverfaſſ oder der Lan! ſten Beamten pens; die Rit matiſche Cor) 1030 Se Weimar, Beim Gt schienen und Atli vorzüglich Bestehend a sten Quellen lern in Kup! 7 Kr. R Die ane Welt hat d eine durchat lassen, um phische Hüli ABU — ACC 8 ABUSER, v. a., abuzer, betrügen, täu-|renklau; = ardhitectonifche Zierrath, den Blaͤt⸗ ſchen: vous m’avez abuse, tout Vabuse|tern der Pflanze ahnlich. ( —unefille, ein Madchen verführen;| ACARIÄTRE, adj., (acer) mürriſch, zaͤn⸗ = lißbrauchenz les hommes ont abuse de kiſch, ſtoͤrriſch. t (Thom.); = zu viel gebrauchen: j'abuse ACARID ES, s. m. im Pl., Naturg., de ton trop d’amitie (Rac.); = dung ex- kleine Inſecten, gewoͤhnlich Milben. r den Sinn verdrehen; = — d'une ACARNAR, s. m., der Phoͤton, Acurnas, lle, ein Frauenzimmer gebrauchen. ein Stern erſter Groͤße an der ſuͤdl. Spitze S’—, v. pr., ſich irren: s —sur, ſich taͤuſchen. des Eridanus. ABUSEUR, s. m., —zeur, Betrüger, ACARNE, s. m., die caſauboniſche Diſtel; Verfuͤhrer; ungebr. — ber weiße Meerbraſſen. ABUSIE, VE, adj., —zif, mißbraͤuchlich, ACATALECTIQUE, adj., —lektique, widerrechtlich, betruͤgeriſch: usage, langage —. (a priv. exaralmrtınog); vers —, ein voll: ABUSIVEMENT, adv., mißbräuchlich, ſtaͤndiger Vers, dem am Ende nichts fehlt. widerrechtlich, uneigentlich. ACATALEPSIE, s. f., (a priv. zara- ABOTER, v. n., (von but) mit Kugeln u. Arußevw) eine Krankheit, die der Denkkraft l. nach einem Ziele werfen, um zu entſcheiden, beraubt, Hirnzerruͤttung; — Unbegreiflichkeit; er den erſten Wurf bei'm Spiele haben ſoll. = Unbegreiflichkeitslehre, der von gewiſſen ABUTILLON, s. m., (li. m.) Sammt⸗ Philoſophen ausgeſprochene Zweifel an Allem. pappel, Sammtmalve. ACATALEPTIQUE, adi. und s., der AB VME, ſ. Abime. Denkkraft beraubt, der Acataleptiker, Zweifler. ACABIT, s. m., —bi, gute oder ſchlechte ACATASTAT, a., Med., von Fiebern, Beſchaffenheit des Obſtes, Gemuͤſes, Art, unbeſtaͤndig. Sorte; im gem. Leb. auch von Perfo: ACAULE, adj., aköle, Bot., ungeſtielt. nen: homme d’un bon —. ACAZER, v. a., zu Lehn geben. ACACIA, 3. m., im Pl. acacia, die Aka⸗ ACCABLANT, TE, adj., aka--, nieder⸗ zie, der Schotendorn. druͤckend: poids — (Ac.); |] niederſchlagend, ACADbEMICIEN, s. m., =ciin, ein Aca- traurig: ma situation devenait de jour en demiker, Philoſoph, der Plato's Lehren folgt; jour plus — (Barth.); I laͤſtig, beſchwerlich: — Mitglied einer Academie. des visites —, une femme — (Ac. ). ACADEMIE, s. f., (ax«önwe) der Ort ACCABLEMENT, s. m., akablement, bei Athen, wo ſich Plato und ſeine Schuͤler der Zuſtand einer Perſon, deren Geiſt oder verſammelten; = eine die Erweiterung der Wiſ⸗ Koͤrper durch Anſtrengung, Krankheit, Kum⸗ ſenſchaften und Künfte bezweckende Geſellſchaft mer niedergedrüdt ift, Erſchlaffung; Ueber⸗ von Gelehrten und Künfttern, allein ftes|laft, Maſſe von Geſchaͤften: quel poids, quel hend, die franzöſiſche Ucademie; — eine Ab- — que celui de tout un royaume (La Br.). theilung der Univerſitaͤt; = Schule für Ma-] ACCABLER, v. a., aka—, nieder-, zu lerei, Reitkunſt, Fechtkunſt, Ritteracademiez = Boden druͤcken, mit de u. sous gebr. ac- Spielhaus; — de musique, die Oper; —= cablé du faix de la couronne (Boil.); acca- eine nach einem lebenden nackten Modell ent-⸗(blé sous le poids des fruits (Fen.). Ziem⸗ worfene Zeichnung; -eine Abendunterhaltung. lich in dieſem Sinne ſagt man: stre accablé ACADEMIQUE, adj., academiſch, zur par le nombre, par la multitude (e, Academie gehörig, für fie geeignet: discours, überwältigt werden; || — d’affaires, de que- sujets — ,, (Ac.). stions, de reproches, de chagrin, überhäus ACADEMIQUEMENT, adr., academiſch, fen; auch im guten Sinne: — de bienfaits auf academiſche Art. (Corn.); — de caresses (Mol.); || über den ACADEMISTE, s. m., ein Academiſt, der Haufen, zu Boden werfen, zerſtoͤren: la fou- eine Reit:, Fecht⸗, Malerſchule beſucht. dre qui accablait tant de villes (08s. ). ACAGNARDER, (s), v. pr., aka-gnar-|S’—, v. pr., — de travail, ſich mit Arbeit der, faul, liederlich werden. überladen, ACAJA, s. m., der braſilianiſche Mirobo⸗ ACCALMIE, s. f., akalmie, (von calme) lanenbaum. Schiff., kurze Windſtille. ACAJOU, s. m., der Nieren- oder Ele: ACCAPAREMENT, s. m., akaparemant, phantenlausbaum; noix d’—, Akajunuß; Aufkauf von en, um den Preis derſel⸗ — A meubles, der Mahagonibaum z aus dem ben zu ſteiger Vorrath dieſer aufgekauf⸗ Holz gefertigte Grräthe: sur 1— veiné lalten Waaren. porcelaine brille (Delill). ACCAPARER, v. a., aka—, Waaren ACAMPTE, adj., akante, (d priv. Ah auftaufen, um den Preis derſelben zu ſtei⸗ ro) Opt., was das Licht nicht reflectirt, gern; | — les suffrages, ſich der Stimmen akamptiſch. durch unerlaubte Wege und Mittel, Beſtechung, ACANGIS, 6. m. im Pl., die Akangis, verſichern; || — quelq'un, Jemanden an ſich leichte Reiterei der Türken, locken und bei ſich behalten; im gem. Leb. ACANTHABOLE, s. m., akanta—, ACCAPAREUR, EUSE, s., aka—, der (dxavda, Bar.) Chir., Splitterzange. Aufkaͤufer, die Aufkäuferin; — de bleds, ACANTHACE, IE, adj., Bot., ſtache ig, Kornwucherer. diſtelartig. ACCARER, v. a., aka—, Juri sp., Mit: ACANTHE, s. f., akante, Bot., Ba beklagte gegen einander ſtellen, confrontixen. 47 sprechen sten Vergleich zu sind. Die Ar die Wahrhe lich an 200 Der gan papier geden 15 Fl. C. 1 Theilen d. Jeden S von 1; Boge Erſchien⸗ Ge A f Die Geſchicht ropaͤiſchen R der deutfchei der Volksmen deren Frequ— Staatsverfaſ oder der Lan ſten Beamten pens; die R matiſche Co 1030 © Weimar Bei'm 60 scllienen ul At! vorzügli Bestehen sten Quel, lern in K. Roya Cohv. — = TKi® Die Welt ha eine dure lassen, u phische H 9 ACC — ACC ACCARTATION, s. f., akariacion, Zus rispr., Confrontation der Mitbeklagten. ACCASTILLAGE, s. m., akastillage, (U. m.) Schiff., das Vorder- und Hinter: kaſtell eines Schiffs, die Verteunung. ACCASTILLER, v. a., akastiller (Il. m.) Schiff., ein Schiff mit Vorder- und Hin— terkaſtell verſehen, verteunen. ACCEDER, v. n., ace -, (accedere) beitreten: les couronnes du nord ont accé- de a ce traité (4). ACCELERATEUR, TRICE, adj., akce- lerateur, beſchleunigend, befoͤrdernd, ſteht nach dem Subſt.: force — (Volt.); = Anat., muscles —. Treibmuskeln. ACCELERATION, 8. f., akceleracion, Beſchleunigung, ſchnelle Beförderung. ACCELERER, v. a., akce—, (accelera- re) beſchleunigen, befördern: ce qui accélé- ra ses succes, ce fut la force de son ca- ractere (Barth.). ACCENSK, s. f., akgance, (ad, census) Jurisp., die gerichtliche Zuerkennung eines Gutes bei'm öffentlichen Verkauf. ACCENSER, v. a., akgancer, ein Grund⸗ ſtuͤck zu einem andern ſchlagen, ihm einverlei— ben; = Milit., in eine Diviſion vereinigen. ACCENS ES, s. m. pl., akgances, (accen- sus) Gerichtsdiener im alten Rom, die das Volk zu den oͤffentlichen Verſammlungen be— riefen; = Milit., Ueberzaͤhlige. ACCENT, s. m., akgant, (accentus) Ac- cent, Ton, Betonung: — dur, aigre; — die einer Nation, einer Provinz eigenthuͤmliche Ausſprache: P— du pays od l'on est né demeure dans le coeur, comme dans le lan- gage (La Roch.); Tonzeichen, das über die Vocale geſetzt wird: — aigu, grave; = im Pl. Toͤne: qu'aux accents de ma voix la terre se réveille (Rouss.). ACCENTUATION, s. f., akguntuacion, Accentuation, Tonbezeichnung. ACCENTUER, v. a., durch die Beto⸗ nung feine Gefühle ausdrucken: la langue des enfants est accentué, sonore, intelli- gible (J. J. R); = accentuiren, die Accente auf die Vocale ſetzen. ACCEPTABLE, adj., akceptable, annehm- bar, annehmlich: oflres — (40). ACCEPTANT, TE, adj., Juris p., der annimmt, Ucceptant; veralt. ACCEPTATION, s. f., —cion, Annah— me: — d'une lettre de change, Acceptation eines Wechſels. j ACCEPTER, v. a., (accipere) anneb⸗ men: — un nouvel époux (Fen.); — un don (Mol.); || la foi, P'espérance (Rac.); — un rendez-vous; — un defi; — un présa- ge; — une lettre de change, einen Wechſel acceptiren. S’—, v. pr., angenommen wer: den: offre s’accepta (Corn. ). ACCEPTEUR, s. m., beim Wechſel, der Acceptant. ACCEPTILATION, 8. f., akceptilacion, (acceptilatio) Jurisp., Beſcheinigung des Empfangs einer Zahlung, die man nicht er: halten hat. ACCEPTION, s. f., akcepcion, (accep- tio) Vorzug, Auszeichnung: — de personne; Anſehen der Perſon, Ruͤckſicht auf Rang: la justice ne fait — de personne (Ac.); = Bw deutung, Sinn eines Worts: prendre un mot dans une — figurée (Lav.); = Med., Aufnehmung, Einſaugung durch die Haut oder den Darmcanal. ACCHS, s. m., akce, (accessus) Zugang, Zutritt, Eingang: cette cöte est d’un — difficile (Lav.); cet homme est de facile — (Ac.); avoir — aupres des grands (Mass.); || les discours des flatteurs ne laissent pas d’— a la verite. Que ces paroles trouvent toujours un — favorable dans votre coeur (Mass.); |] Anfall, periodiſche Ruͤckkehr ge⸗ wiſſer Krankheiten: — de fievre, de gout- te, de folie; |] vorübergehende Anwandlung: — de colere, de desespoir; bei der Papſtwahl der Beitritt einiger Cardinaͤle zu den Stimmen der andern. ACCESSIBLE, adj., akcecible, zugänglich, ſteht nach dem Subſt.: ce roi si doux, si — (Fen.); cette docilité toujours — a la raison (Ross.). ACCESSION, s. f., akcecion, (accessio) Beitritt, Einwilligung; Zuwachs: — de ri- chesses (Ac.); = d'un lieu, Juris pr., Befihtigung; — Gelangung: — au tröne (Boss.). ACCESSIT, s. m., akceeit, (latein.) im Pl. accessit, das Acceſſit, der zweite Preis. ACCESSOIRE, adj. u, s m., akcegoar, Zubehör, was einer Sache folgt, dazu kommt; idee — (A.); ’— des engagements (d’A- guess.); = Anat, les accessoires, die Bei⸗ nerven, Huͤlfsnerven; — d'un tableau, Mal., die Nebenpartieen. ACCESSOIREMENT, adv., nebenher, beilaͤufig. ACCIDENT, s. m., akcidant, (accidens) Zufall, in gutem und böfem Sinne: — favo- rable, — funeste (Ac.); la nature des lois humaines est d’etre soumise à tous les — qui arrivent (Montesg.); |] Unfall: re- parer les — de la fortune (Flech ); || zus fällige Eigenſchaften einer Sache — in der katholiſchen Kirche, die ſacramentaliſchen Ge: ſtalten, d. h. Farbe, Geſchmack u. ſ. w. des Brods und Weins nach der Conſecrationz — Med., Symptome; = Mal., Nebenlichtz — Muf., die Nebenvorzeichnung; Gramm., die Veraͤnderungen, denen ein Wort unter⸗ worfen iſt. Par —, loc. adv., zufällig, uns gluͤcklicherweiſe. ACCIDEN TEL, ELLE, adj, akcidan —, zufällig: maladie —; = was außerwe⸗ ſentlich ift: la blancheur est — A la cire (As); = Muf,, ligne —, beigefügte Linie; ſteht immer nach dem Subſt. ACCIDENTELLEMENT, adv.‘ akci- dan— , zufälligerweife. 2 ACCIPER, v. a., akciper, nehmen; uns ebr. 0 ACCISE, s. f., akcize, die Acciſe, eine in mehrern Ländern auf verſchiedene Waaren ges legte Abgabe. " And uf 72 uer; = er hat feine Unterfchrift nicht erkannt, il a désavoué sa signature; = es iſt ihm ſein Schuldſchein vorgelegt wor⸗ den, damit er Unterſchrift und Siegel aner⸗ kennte, il luĩ a &t& preaente obligation, pour qu'il en reconnüt la signature et le sceau; = ein anerkannt ſchlechter Menſch, un mauvais sujet generalement reconnu; er hat die That anerkannt, il a avoue le fait; = er hat ihn Öffentlich als feinen Freund anerkannt, il l’a reconnu publi- quement comme son ami. An er kennt niß, 2, —, —ſſe, = f., Papperception, f.; — die Anerferniniß der Wahrheit, l’apperception de ia vérité. An er kenn ung, , —, Cen, 3. f., la reconnaissance, l’aveu, m. Aner ſchaff en, zv-», v. a. irr., part. an- erſchaffen, donner en er&ant. . cet emplätre doit etre bien m. autrement il ne s’attache pas. urch, v. dadurch. nen, »-v, v. a., part. angeeignet, approprier, v. Zueignen. An ein and er, , adv., ensemble, con- tigu, joignant, Fun contre autre. An ein and er fuͤgen, -e, v. a., part, aneinandergefügt, joindre, assembler, einboiter; arranger l’un ä coté de l’autre. An ein and er fuͤg ung, z--+--, = en, 8. conjonction, | A nd er haͤng en, * . 1, part. aneinandergehangen, tenir l'un 3 * fig-, s’entre-aimer, etre lie en- mble par des sentiments sympathiques; dieſe Leute hängen alle aneinander, ces 2 nt tous du 8 1 En a ent tanz = man kann dieſes Paar An er ſchaff en, zu-v, adj., inne, ée; Liebende nicht trennen, ſie haͤnge ſehr W Neigungen, a inclinations aneinander, on ne pent sépare cou-| innees. Ar d'amants, ils sont trop attaches un An er wog en, -e, conj., vu que, con- al siderant que (style du barreau). An fach en, 2, ». a., part. angefacht, soufller, fig. attiser, allumer; = dieſe Be⸗ leidigung hat feinen Zorn aͤußerſt ange⸗ facht, cette insulte a allumé sa colère, ou l’a irrité jusqu'au dernier point. An faͤch eln, 2, v. a., part. angefächelt; Einen —, faire du vent à qu. avec V’eventail, agiter air vers qu.; = fig., der ſanfte Zephir faͤchelt uns an, la dou- ce haleine du Zephir nous rafraichit. An faͤd eln, 2, v. a., part. angefaͤdelt, v. Einfaͤdeln. An fahren, 2, v. a. irr., part. angefahs ren, charrier, voiturer, transporter, ame- ner, donner contre, heurter; fig., Einen , brusquer, rudoyer, rabrouer, gronder qu.; v. n. irr., arriver en voiture, en ba- teau, échouer; —= der Winter naht, man muß Holz anfahren laſſen, l'hiver s’appro- che, il faut faire amener, ou charrier, ou voiturer du bois; = er läßt fein Hausge⸗ räth einftweilen bei feinem Bruder anfah⸗ ten, en attendant il fait transporter ses meubles le son 1 er fig, * hat ihn ſehr angefahren, il Pa brusqué de toute An empfehlen, =, v. Empfehlen. la W = er fuhr mich an wie ei: An erb en, , v. a., part. angeerbt, com-“ nen Bettler, il m'a rudoyé comme si muniquer par la naissance, laisser par] j’ctais un 1 87 gueux; — nehmt Euch "autre. P An ein ander haͤng end, »--v-v, adj. continu, suivi, ein aneinanderhaͤngen⸗ der Vortrag, un discours bien suivi, con- tinu; = ein aneinanderhaͤngender Styl, un style suivi, coulant, pas coupé. An ein and erſetzen, -= v. a., part. aneinandergeſetzt, y. Aneinanderfuͤgen. An ein and er ſtoß en. , v. a., part. aneinandergeſtoßen, s’entre-heurter, s’en- tre-choquer, &tre contigu d; = dieß Zim⸗ mer ftößt an den Speifefaal, cet apar- tement est contigu à la salle à manger. Anekdote, 2, „n, s. f., l’anecdo- te, f. An ek eln. 2, v. n., part. angeekelt, don- ner du dégout, de l’aversion, faire mal au coeur, degouter qu.; = biefer Hafe wildert, er ekelt mich an, ce lievre fai- sanne, il me donne du dégout; —= das ekelt alle Menſchen an, cela donne mal au coeur à tout le monde; = der Wein ekelt mich an, ich habe zu viel getrunken, le vin me degoute, j’en ai trop bu. A nem one, -=-v, —, n, s. f., Pane- mone, f. succession, tomber en héritage; — dieſer in Acht, daß nicht an dieſen Eckſtein Fehler iſt ihm angeerbt, cette faute lui] anfahrt, prene rde de ne pas heurter est communiquée par la naissance, ou lui] contre cette borne; = er fährt allenthal⸗ est naturelle; der Geiz iſt ihr von der ben mit feinen Plänen an, ses projets vont Mutter angeerbt, elle tient Pavarice de] &chouer partout; das Boot iſt an den sa mere; = dieſe Güter find ihm ange- Fels angefahren, le canöt a heurté contre erbt, ces torres lui sont Inissdes par suc-| le roc; — body tee mi etwas an, ce- 3 angeerbte Vorurtheile, préju-] pendant il me gronda un peu. ges héréditalres. 5 An fahrt, , —, —en, s. f., l’approche, An er bieten, -, v. Anbieten. 1 Labord, m., Pentree, f., la 2 An er bietung, =, —, —en, „- ie Anfahrt an eine Bruͤcke, Pabord d'un l’offre, f. Ri port; = — in einen Haven, 'entrée d'un An er kenn en, zv-v, v. a. irr., part. „port; = in ein Bergwerk, la desceute kannt, reconnaitre, avouer; nicht —, des-] dans une mine, „ 47 sprechendsten Vergleich zu sind. Die Av die Wahrhe lich an 200 Der gan papier gediu 15 Fl. C. Theilen d. Jeden S von 1; Boge Erfchiene Ge A f Die Geſchicht ropäiſchen R der deutfchei der Volksmen deren Freque Staatsverfaſ oder der Lan ſten Beamten pens; die R matiſche Eoı 1030 © Weimar * Bei'm 0 schienen u, At vorzügli Bestehen sten Quel, lern in Ko Roya. Conv. — =7 Kr. * Die Welt ha eine dure lassen, u phische H 73 © Anf A An fall, 2 s, Sfaͤlle, s. m., Pattaque, f., le choc, l'assaut, m., fig., l’attaque, Paccès, m., la succession, ce qui &choit (ou échet) en partage, l’expectative sur gch., f., le relief; — der Anfall geſchah mit großer Erbitterung, Pattaque se fit avec un grand acharnement; - er hatte einen heftigen Fieberanfall, il avait un vio- lent acces de fievre; — fein Anfall aus der Erbſchaft feines Vaters kann ihn ret— ten, ce qu'il heritera de la suecession de son pere, pourra le sauver; = fein An⸗ fall aus dieſem Gewinnſte iſt betraͤchtlich, ce qui lui échet en partage de ce gain, est considérable; = es bleibt ihr noch der Anfall an das Gut ihres Großvaters, il lui reste encore l’expectative sur la terre de son grand-père; = er muß den Anfall von feinem Lehen bezahlen, il faut qu'il paye le relief de son fief. An fall en, 2, v. a. irr., part. angefallen, attaquer, assaillir, fondre sur, tomber contre, échoir en partage a qu., s’abat- tre; = er hat ihn wie ein Rafender an⸗ gefallen, il l’a assailli avec une frénésie sans bornes; — die Reiterei fiel die In: fanterie an, la cavalerie fondit sur l’in- fanterie; da der Balken an den Balz con fiel, warf er alle Blumenaͤſche hinun⸗ ter, la poutre, en tombant contre le bal- con, en emporta tous les pots a fleurs; — der Falke fällt den Reiher an, le fau- con s’abat sur le héron. An falls geld, 2, —es, —er, s. n., le droit de mutation ou de relief (term. Eo d.). An falls recht, 2—, —es, —e, s. n., le droit de succession. An fang, 2 —es, —faͤnge s. m., le com- mencement, P'entrée, f., Forigine, f., la nais- sance, l’ouverture, f., l’introit, m (de la messe), la primeure; = den — machen, commencer, faire l'ouverture; = den — nehmen, commencer, prendre son commen- cement, prendre naissance; bei'm Anfan⸗ ge des Jahres, a l’entree de lan; = dieß war der Anfang meines Unglücks, ce fut le commencement de mes malheurs; = ich habe das Buch vom Anfange bis zum Ende geleſen, j'ai lu ce livre d’an bout à l'autre; = da nahmen die Unruhen ih: ren Anfang, c'est la due les désordres rirent naissance; er machte einen ſchlechten Anfang, il fit un maurais de- but; - der Anfang des Landtages l'ou— verture des états; = er hat einen Anfang in dieſer Wiſſenſchaft gemacht, il a quelque teinture de cette science; — im Anfange in dieſer Sache gut angefangen, il a fort bien debute dans cette affaire; = n dem es geregnet hat, fängt es a ſchneien, apres avoir plu, il se met 5 ger; die Witterung fängt an ſchoͤn zu werden, le temps se met au beau; — fie fingen an zu ſpielen, is se mirent a jouer; — fanget Eure Arbeit an, mettez- vous à faire votre besogne; = er fängt wieder zu ſtudiren, il se remet aux études; aber wie ſoll ich anfangen, mais que voulez-vous que je fasse; = er fi ängt die Sache ſchlecht an, il se pre al & cette affaire; — eine Haushaltung anfan⸗ gen, entrer en menage; in einigen T gen wird er feinen Handel anfangen quelques jours il ouvrira, ou l&vera, tique, il entrera au negoce; = er einen Briefwechſel mit ihm een it a lie une correspondance, ou il est entr& en correspondance, avec lwi; = er will Proceß mit feinem Nachbar anfangen, ik va intenter un procès contre son voisin; er fing feinen Vortrag mit vieler Würde an, il entama son discours avec beaucoup de dignite; = ich weiß nicht, wie ich an⸗ fangen ſoll, je ne sais que faire, oü don- ner de la tete, ou de quel bois faire fleche; = er fängt alles verehrt an, il fait tout à rebours, il bride son cheval al la queue, ou il &corche l’anguille par queue; — er fängt an ſtolz zu werden, il commence à, ou il s'avise de, se donner des airs, & trancher du grand seigneur er hat dieſe Verſchwoͤrung angefangen, il a tramé ce complot; es ift Schade, daß dieſer junge Menſch ein wuͤſtes Leben an⸗ fängt, c’est dommage, que ce jeune hom- me se jette dans la debauche; es iſt nichts mit ihm anzufangen, il n’-y-a rien à faire avec lui, il west bon à rien; = es iſt darauf angefangen, uns zu neden, on a le dessein de nous chicaner; = er fingt an fromm zu werben, il est au seuil de la dévotion. Anfang er, »-u, —&, —, 8. m., le com- mengant, Pauteor; — der Anfaͤnger eines Streites, lauteur d'une querelle; = er iſt noch Anfänger in feiner Kunſt, it est encore novice dans som art; = An⸗ fangerin, , —, —ıen, s. fe la commentante. An fang lich, =- >, adj., premierz adv., pre- miècement, d’abord, au commencement. 5 * An fangs, --, adr., au commencement, d’abord, du premier abord, An fangs buch ſtab, een, —en, s. m., la lettre initiale; - — mit Verzierungen, find die Gurken theuer, à la primeure les la lettre d’apparat. concombres sont cheres. An fang en, , v. a. irr. et n. im, part. angefangen, commencer, débuter, se., mettre A, se prendre à, entreprendre, entrer en, ouvrir, intenter (un proces) An fangs grund, v=-, es, s. m. le prin- cipe; —gründe, les Elements, m. pl., les prineipes. An fangs ſchule, 2, , n, s. f., Vecole primaire, la petite école. contre qu.; entamer; — eine Rede an— An fangs eile, , —, n, s. £., la fangen, entamer un discours; = er hat * 5 ligne initiale, la première ligne — — — Era Mimperaben | _ ge, 0 2 ahbe [ber 336 'enheit der era se dd icher Thetmomttereh ben b. en: Janıar Februar Marz. April Mai Jun Juli August Sept. Oct" Now® Deebr Januar. Ae 8 Fig.4. — . Fig.g. ( 4 Tor „ Fig. a8. ee 6 e, e, e . 0 | rs, * Neue Notizen Narr N?& des Mundes. - N ar N. DE * 2 - Mie 2 Nee 0 Kig.13.\\ N m — — ur Fi * — R . eee ig ae. Neue Notizen N° 39x N° 17 des AP Bandes. OD eee eee eee ee, — 2 ne e- eee eee Si m ann — Fer . 5 9 on. 2 Mich { ) 470 M Me reg * 9 ryT * 1 l — 2 — — — N 2 1 . 2 UL el 2 — — eee. ERSTEN Zee. LTD 1 dn benſehen Verlag iſt erſch enen: | M emoranda 1 „ ER Ohrenheilkunde . RASN Ne 13841. 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr.“ Ausserdem erschienen im Jahr 1839 und 1840 folgende M emoranda: Allgemeine Pathologie, 9 gGr. oder 40 Kr. — Allgemeine Anatomie, 8 gGr. — 35 Kr. — Specielle Anatomie, 18 gGr. oder 1 Fl. 19 Kr. — Aetiologie, 12 gGr. oder 53 Kr.— Toxi- cologie, 12 5Gr. oder 53 Kr. — Semiotik, 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. — Pharmacopöe, 1 Thlr. 6 gGr. oder 2 Fl. 12 Kr. Allgemeine Therapie, 9 gGr. oder 40 Kr. — Augen- heilkunde, 1 Thlr. 3 gGr. oder 2 Fl. — Sämmtlich gebunden in gr. 32e. Die Memoranda, welche sich in rascher Aufeinanderfolge iiber sämmtliche Doctrinen, zunächst der Medicin und Naturwissenschaft, verbreiten sollen, haben den Zweck, Demjenigen, der bereits mit dem Gegenstande bekannt ist, eine vollständige Repetition aller Einzelnheiten, mit geringem Zeitaufwande, möglich zu machen. Sie enthalten, entsprechend dem neuesten Stande der Wissenschaft, die Resultate so zusammengestellt, dass sich das Ganze leicht und angenehm lesen lässt, wobei die Bearbeiter, wie wir glauben, die Aufgabe glücklich gelöst haben, etwas zu liefern, was Dem- jenigen genügt, der das Bedürfnifs fühlt, die Einzelnheiten einer Doctrin in seinem Gedächtnisse wieder aufzufrischen, dazu aber weder Zeit noch vielleicht selbst Geduld hat, ausführliche Handbücher, die vieles ihm Bekannte, oder doch, bei Erinnerung an die Resultate, von selbst wieder Hervortretende, enthalten, durchzulesen. Denen, welche die Me- moranda benutzen, wird es angenehm seyn, dass die äussere Anordnung derselben einem der vorzüglicheren ausführli- cheren Handbücher entspricht, wodurch das Nachschlagen und tiefere Eingehen auf einzelne Puncte erleichtert wird, — Format und Ausstattung sind bequem und gefällig. Ebirurgiſche Kupfertafe ln. 755 Eine auserleſene Sammlung 8 der nöthigſten Abbildungen von aͤußerlich ſichtbaren Krankheitsformen, anatomiſchen Praparaten, ſo wie von Inſtrumenten und Bandagen, welche auf die Chirurgie Bezug haben, zum Gebrauch fur practiſche Chirurgen. Herausgegeben vom Medieinalrathe und Profeſſor Dr. Robert Froriep in Berlin. Achtzigſter bis vierundachtzigſter Heft. gr. 4. 1839. Jeder Heft enthaͤlt fünf gupftttaffln Abbildungen, mit 12 bis 23 Bogen Enkürnungen, und koſtet 12 9 Gr. oder 63 Kr. Inhalt: ueber die verſchiedenen Arten der Polypen des Uterus. — Eigenthumliche Art von Venengeſchwülſten. — Extraction necrotiſcher Knochen. — Neue Comoreſſorien. — Falſche Anchytoſen und Contracturen des Kniegelenkes. — Injectionen durch die Euſtachiſche Trompete. — Operation der Verkruͤmmungen des Halſes, nach Dieffenbach. — Complication der hydrocele und hernia congenita. — Entſtehungsweiſe der angebornen Schenkelluxationen. — Geſchwüͤlſte bei der Rückgratsſpalte. — Contracturen, welche durch Reizung einzelner Muskeln bedingt find, — Operationen bei den höheren Graden des ectropium. — Operationsverfahren zur Ausrottung des Ober⸗ und Unterkiefers. Gebaͤrmuttervorfälle in Folge von Cpſtocele. — Gebärmutter⸗ vorfälle, mit Harnblaſenvorfall complicirt. — Maſtdarmperengerungen durch Druck von Außen. — Operatienen am Maſt⸗ darme. — Angeborene Luxationen des Ellenbogengelenkes und am Schaltergelenke. — Gewoͤhnlichſte Anomalieen der Urrerien der obern Extremität. Voll ſt aͤn dige s Handbuch d e r %% EVP nach dem gegenwärtigen Standpuncte der a Bon F. Maury, Dentiſten an der Königl. polytechniſchen Schule zu Paris. Zweite, nach der dritten Auflage des Franzoͤſiſchen Originals verbefferte, Auflage. Mit vierzig Tafeln Abbildungen. gr. 8. 1840. Geheftet. 2 Thlr. 12 gGr. oder 4 Fl. 23 Kr. Dieſes, bereits in der erſten Auflage mit verdientem Beifall aufgenommene, Handbuch erſcheint in dieſer Auflage, nach der dritten Auflage des Originals, noch verbeſſert und vermehrt. Angehängt iſt eine ſehr brauchbare Ueberſicht der Literatur der Zahnarzneikunde j 8 Nach der zweiten Auflage des Engliſchen Originals uͤberſetzt. gr. 12, 1840. Geheftet. 15 9 Gr. oder 1 Fl. 6 Kr. Nach der Anerkennung , welche dieß Buͤchlein in England in den gebildeten Kreiſen gefunden hat und nach dem hoͤchſt guͤnſtigen urtheile, welches in Deutſchland die erſten Leſer des Originals und der Uebertragung darüber gefällt haben, glauben wir, daſſelbe mit Recht empfehlen zu koͤnnen. . Pharma copoea univers alis, oder überfihtlihe Zufammenftellung der Pharmacopöen von Amſterdam, Antwerpen, Dublin, Edinburgh, Ferrara, Genf, Hamburg, London, Oldenburg, Turin, Wurzburg: deren America's, Daͤnemark's, Finnland's, Frankreich's, Hannover's, Heſſen's, Holland's, der Niederlande, Oeſterreich's, Parma's, Polen's, Portugal's, Preußen's, Rußland's, Sachſen's, Sardinien's, Schweden's, Spanien’s, Wuüͤrtemberg'sz der Dispenſatorien von Braunſchweig, Fulda, Heſſen, Lippe und der Pfalz; der itärpharmacopoöen Dünes marks, Frankreich's, Portugal's, Preußen's, Rußland's und von Würzburg; der Armenpyarmacspden von Hamburg und London; der Formularien und Pharmacopoͤen Auguſtin's, Bories's, Brera's, Brugnatelli's, Cadet de Gaſſi⸗ court's, Coxes, Del⸗Bue's, Ellis's, Ferrarini's, Grap's, Gregory's, Hufeland's, Magendle's, Phillips's, Piderſt's, Pierquin's, Ratier's, Rennie's, Saunder's, Saint⸗Marie's, Sembenini's, Spielmann 's, Swediaur's, Taddeſs, van Maons's und Wood's; i einer Pharmacopde der homoͤopathiſchen Lehre, einem Deutſch⸗Engliſch⸗Franzoͤſiſchen Regiſter und 30 Reductionstabellen der Europaͤiſchen Medicinalgewichte. Dritte neu bearbeitete und vermehrte Auflage. Zwei Bände. gr. Lex. 8. 1838 bis 1840. 10 Thlr. oder 17 Fl. 30 Kr. * An 4 — - eh“ z * * = * 5 - — — — —— —