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Neues Archiv

der

Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde

Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters.

FiJinf uncidrei s si gs ter Baod.

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Hannover und Leipzig.

Hahnsche Buchhandlung. 1910.

Hannover. Druck von Friedrich Culemann.

Inhalt.

Seite I. Bericht über die fünfunddreissig&te Jahresversammlung der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae historica.

Berlin 1909 1—14

II. Das Nekrologium von Dom Racine und die Chronologie

der Merowinger. Von Wilhelm Levison. . . . 15 53

III. Wipo und die Schwäbische Weltchronik. Von Robert Holtzmann 55—104

IV. Studien zu Benedictus Levita. VII. (Studie VII, Teil II).

Von Emil Seckel 105—191

V. Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten im

Anfange des 15. Jahrhunderts. Von Eduard Sthamer 193 215 VI. Miscellen:

Sigolena. Von Wilhelm Levison .... 219 231 Par litter arum. Von KarlZeumer . . . . 232—245 Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige.

Von H. Wibel 246-262

VII. Aus Englischen Bibliolheken. IL Von Wilhelm

Levison 331—431

VIII. Studien zu Benedictus Levita. VII. (Studie VII, Schluss- teil III). Von EmilSeckel 483-539

IX. Nachträge zu den Regesten Karls IV. aus dem Stutt- garter Staatsarchiv. Mitgeteilt von Adolf Pischeck 541—560

X. Miscellen:

Zxir Arbeitsweise Sigeberts von Gembloux imLiber de scriptoribus ecclesiasticis. Von Marie Schulz 563—571

Zu den Lebensbeschreibungen der Hildegard von Bingen, Aebtissin zu Rupertsberg. Von Gustav Sommerfeldt 572 581

Ein Brief des Gabriel Biel 1462. VonF. W.E.Roth 582—585

IV Inhalt.

Seite XI. Ueber den Brief Kaiser Ludwigs II. an den Kaiser

Basilius I. Von Walter Henze 661—676

XII. Studien zu Cosmas von Prag. II. Von Berte Id

Bretholz 677—704

XIII. Aus dem Oertamen anime des Raimundus Astucus.

Von Jakob Werner 705—719

XIV. Bericht über die Totenbücher Nieder - Oesterreichs. Von

Adalbert Fr. Fuchs 721—766

XV. Miscellen:

Hinkmariana im Cod. Paris. Sangerm. 12445.

Von Max Conrat (Cohn) . 769-775

Ueber eine neue Widukind - Handschrift. Von

Oswald Holder-Egger 776—788

Nachtrag 819

Zu den Teilnehmerlisten des Protokolls über den letzten Tag des Laterankomzik von 1112. Von

Otto Schumann 789—791

Nachrichten 263—329, 586-660

Register bearbeitet von BrnstMüller 792—813

Verzeichnis der Verfasser der in den Nachrichten erwähnten

Bücher und Aufsätze 814 818

Zusammenstellung und Auflösung der m den Nachrichten an- gewandten Autorchiffren 818

I. Bericht

über die

fünfunddreissigste Jahresversammlung

der Zentraldirektion

der

Monumenta Germaniae historica.

Berlin 1909.

Neues Archiv etc. XXXV.

Uie Zentraldirektion der Monumenta Germaniae histo- rica vereinigte sich zu ihrer fünfunddreissigsten ordent- lichen Plenarversammlung in Berlin am 15., 16. und 17. April d. J. An den Sitzungen nahmen teil die Herren Prof. Bresslau aus Strassburg i. E. , Geh. Justizrat Prof. B r u n n e r , Geh. Regierungsrat Prof. Holder- E g g e r , Wirkl. Geh. Oberregierungsrat K o s e r als Vor- sitzender, Staatsarchivar Archivrat K r u s c h aus Osna- brück , Hofrat Prof. L u s c h i n Ritter von E b e n - g r e u t h aus Graz, Prof. von Ottenthai und Prof. Redlich aus Wien, Geheimrat Prof. von Riezler aus München, Geh. Hofrat Prof. von S i m s o n , Geh. Hofrat Steinmejer aus Erlangen, Prof. T a n g 1 als Protokollführer, Prof. Werminghoff aus Königsberg i. Pr., Prof. Z e u m e r. Am Erscheinen verhindert war Herr Geheimrat Prof. Schäfer durch eine Forschungs- reise nach Frankreich.

Im Laufe des Berichtsjahres 1908/09 erschienen: In der Abteilung Scriptores:

Alberti de Bezanis abbatis S. Laurentii Cremonensis Cronica ed. O. Holder-Egger (Scriptores rerum Ger- manicarum in usum scholarum separatim editi). In der Abteilung Leges:

Concilia. Tomi II. pars IL ed. A. Werminghoff.

Constitutiones et acta publica. Tomi IV. partis IL fasciculus prior ed. J. S c h w a 1 m.

Vom Neuen Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde: Bd. XXXIII, Heft 3 und Bd. XXXIV, Heft 1 und 2.

Im Druck befinden sich sieben Quartbände, sechs Oktavbände.

Die Drucklegung des fünften Bandes der Scriptores rerum Merovingicarum, dessen Abschluss für 1910 bestimmt zu erwarten ist, wurde vom 32. bis zum 53. Bogen ge- fördert. Neu bearbeitet hat Herr Archivrat Kr u seh, unter Heranziehung von 52 Hss. (aus Berlin, Brüssel,

1*

4 Bericht über die fünfunddreissigste Jahresversammlung 1909.

Colmar, Douai, München, Paris, St. Gallen, Valenciennes, Wien) die Lebensbeschreibungen des heil. Amandus, deren älteste nicht dem Baudemund , einem Zeitgenossen des Apostels der Franken, zuzuschreiben ist, sondern der zweiten Hälfte des 8. Jh. angehört und am Sitze des Diözesanbischofs in Noyon entstanden sein wird. Für die Salzburger Amandus -Tradition gab der hochwürdigste Herr Abt Willibald Hauthaler sehr dankenswerte Literatur- nachweise. Herr Privatdozent Dr. Levison in Bonn bearbeitete neben seiner Beteiligung an der Herstellung des fünften Bandes als die letzte der ihm überwiesenen Merowingerquellen die Historia Wambae des Julian von Toledo. Die Abschrift einer nicht versendbaren Madrider Hs. dieses Werkes besorgte, unter Vermittelung des Herrn Senators Eduardo de Hinojosa in Madrid und des Herrn Privatdozenten Dr. A. Eitel in Freiburg i. B., Herr Inocencio Eodriguez von der Madrider Biblioteca de la R. Academia de la Historia. Weiter verpflichteten uns durch Mitteilungen für die Zwecke der Merowinger- serie die Herren Bibliotheksdirektor M. Menendez j P e 1 a y o in Madrid, Bibliothekar Alfred de Burgh in Dublin, Conte R. della Torre, Direktor des R. Museo Archeologico in Cividale, und der Bollandist P. J. van den Gheyn.

Das auf der im vorjährigen Berichte erwähnten Studienreise gesammelte Material für den Liber Pontificalis ergänzte Herr Levison bei der systematischen Durch- arbeitung aus einer nicht versendbaren , durch Herrn Lebegue an Ort und Stelle kollationierten Pariser Hs.

Für die Hauptserie der Scriptores ist die Arbeit an den Annalen des Tholomeus von Lucca von Herrn Dr. Schmeidler mit einer unter der Presse befindlichen Untersuchung (N. Archiv XXXIV, Heft 3) über die ver- lorenen Gesta Florentinorum und ihre zahlreichen Ab- leitungen fortgeführt. Der Abteilungsleiter Herr Geheim- rat Holder-Egger war mit der Ausarbeitung der Vorrede zu seiner Ausgabe der Chronik des Minoriten Salimbene de Adam beschäftigt. Eine Wiederholung dieser Ausgabe in der Sammlung der Scriptores rerum Germanicarum bleibt vorbehalten.

In derselben Sammlung werden der im Berichtsjahre erschienenen, von Herrn Holder-Egger bearbeiteten Cronica des Albertus de Bezanis in einigen Wochen folgen die Annales Xantenses et Annales Vedastini in der Aus- gabe des Herrn von Simson und die von Herrn Dr.

Bericht über die fünfunddreissigste Jahresversammlung 1909. 5

Schmeidler besorgte neue Auflage der Chronik des Helmold; nach einer Helmold-Hs. , die der branden- burgische Kanzler Christian Distelmeier besessen hatte, hat Herr Schmeidler mit gütiger Erlaubnis des Standesherrn Herrn Grafen Hermann Maximilian von L y n a r in dem Archiv und der Bibliothek des Schlosses Lübbenau, wohin der Distelmeiersche handschriftliche Nachlass durch Erbschaft gelangt ist, Nachforschungen angestellt, leider ohne Ergebnis. Als Appendices werden mit der Slawenchronik erscheinen die bisher in den Monumenta Germaniae nicht vorliegenden Versus de vita Vicelini und die Epistola Sidonis, des Propstes von Neu- münster ; der hochwürdige Herr Dr. Florian W a t z 1 , Bibliothekar des Stiftes Heiligenkreuz, hatte die Güte, eine Hs. dieser Epistola von Neukloster zu Wiener Neu- stadt nach Berlin senden zn lassen, die auch bisher noch ganz unbekannte Auszüge aus Helmolds Werk enthält. Das Manuskript seiner neuen Ausgabe der Chronik des Bischofs Otto von Ereising hat Herr Dr. Hofmeister schon im vorigen Jahre abgeschlossen; der Beginn des Driickes musste ausgesetzt werden, weil zuvor noch die bisher unbenutzte, im Besitz Seiner Durchlaucht des Fürsten Ferdinand Zdenko von Lobkowitz, Herzogs zu Eaudnitz, befindliche Hs. einzusehen war, was in Folge äusserer Umstände erst im Februar d. J. auf Schloss Eaudnitz geschehen konnte. Herr Hofmeister hat bei seinem Besuch daselbst, durch den herzoglichen Archivar Herrn Dr. Chaloupecky freundlichst unter- stützt, auch für unsere Ausgabe der Constitutiones einiges Material gesammelt. Bei den durch Herrn Landesarchiv- direktor Dr. Bretholz in Brunn wiederaufgenommenen Arbeiten für Cosmas von Prag ergab sich für die bisher als 'konfus und wertlos' betrachtete Chronologie dieser Quelle ein unerwarteter Grad von Glaubwürdigkeit, wie in einem im N. Archiv XXXIV, 3 veröffentlichten Aufsatz des näheren nachgewiesen worden ist. Für die von Herrn Prof. Dr. U h 1 i r z in Graz übernommene Bearbeitung der Annales Austriae ist noch eine Bereisung der ober- und niederösterreichischen und vielleicht auch der steirischen Klöster sowie die Heranziehung der in Bibliotheken, zumal in München und Klagenfurt, zerstreuten Hss. erforderlich. Von dem Liber certarum historiarum des Abtes Johann von Victring hat Herr Dr. Fedor Schneider in Rom jetzt 20 Bogen zum Druck befördert. Eine Ausgabe des Johannes Porta de Annoniaco mit dem Bericht über die

6 Bericht über die fünfunddreissigste Jahresversammlung 1909.

Krönung Karls IV. und zahlreichen Aktenstücken stellt Herr Prof. Z e u m e r in Aussicht ; die erforderlich ge- wordene dritte Auflage des Wipo und in weiterer Folge eine Ausgabe des Frutolf - Ekkehard wird Herr Prof. B r e s s 1 a u besorgen.

Von der Einleitung des Herrn Prof. Seemüller in Wien zur Oesterreichischen Chronik von den 95 Herr- schaften sind bis jetzt 15 Bogen abgesetzt. Für die Serie der Deutschen Chroniken hat weiter Herr Dr. Gebhardt in Erlangen den Text der Kreuzfahrt des Landgrafen Ludwig III. von Thüringen , der im Druck ungefähr 9 Bogen füllen wird, nunmehr druckfertig hergestellt. Die in andere Hände übergegangenen Arbeiten für die Sammlung der Historischen Lieder in deutscher Sprache aus der Zeit bis 1500 sind in der Weise gefördert worden, dass im Bereiche der historisch -politischen Lyrik des 13. Jh. Herr Oberlehrer Dr. P i n n o w in Frankfurt a. M. der noch durch Herrn Dr. Heinrich Meyer bewirkten Herstellung der Texte historische Erörterungen und Erklärungen, vor allem auch genauere Datenbestimmungen, an die Seite stellte, und dass Herr Dr. Hermann Michel in Berlin bei Ergänzung des Katalogs in Sonderheit die historischen Volkslieder der Mark Brandenburg und die auf die Soester Fehde bezüglichen Stücke eingehender Prüfung unterzog. Den Text der Dichtungen Suchenwirts hofft Herr Dr. Lochner in Göttingen, obgleich nicht weniger als 21 Hss. zu kollationieren sind, binnen Jahresfrist ab- schliessend aufstellen zu können.

Für die Abteilung Leges , soweit sie durch Herrn Geheimrat B r u n n e r geleitet wird, hat Herr Privatdozent Dr. Claudius Freiherr von Schwerin in München bei einem Besuch in London sich eine phothographische Re- produktion der dem British Museum gehörigen Hs. der Lex Saxonum (Spangenbergianus) verschafft; seine Be- mühungen, für die von ihm übernommene Ausgabe der Lex Anglorum et Werinorum in England Material auf- zufinden, blieben bisher ohne Erfolg. Im N. Archiv erschien die durch den vorigen Bericht angekündigte zweite Studie des Herrn Prof. von Schwind in Wien über die Lex Baiuwariorum. Ebendort veröffentlichte Herr Geh. Justizrat Prof. S e c k e 1 in Berlin eine neue Unter- suchung zu Benedictus Levita, welche die Quellen für Buch II, Kap. 1 161 behandelt. Als unentbehrliche Vorarbeit für die Edition wurden ein Index initiorum und, soweit die im N. Archiv niedergelegten sieben 'Studien'

Bericht über die fünfunddreissigste Jahresversammlung 1909. 7

reichen, ein Index fontium ausgearbeitet ; begonnen wurden die auf Vollständigkeit angelegten Indices personarum, locorum, verborum, rerum. Im März d. J. ging Herr Seckel nach Paris, um die Benedictus-Hss. der Biblio- theque nationale einzusehen. Bei der Schlussrevisiou des Textes der älteren fränkischen Placita haben sich dem Herausgeber, Herrn Prof. Tan gl, im Berichtsjahr noch einige weitere Aufgaben gestellt, die einen abermaligen Aufschub des Drucks angezeigt erscheinen Hessen, nunmehr aber gelöst sind.

Der Leitung des Herrn Prof. Z e u m e r unterstanden in der Abteilung Leges wie bisher die Arbeiten für die Lex Salica, die Concilia, die Constitutiones, die Tractatus de iure imperii saec. XIII. et XIV. selecti und die Hof- und Dienstrechte des 11. bis 13. Jh. Herr Dr. Krammer hat bei der Konstituierung des Textes der Lex Salica vor allem die Frage vor Augen behalten, ob man über den Archetypus der neustrischen A- Redaktion (früher III) hinaus zum Urtext gelangen könne; insofern nun die älteste, um die Mitte oder gar in den Anfang des 6. Jh. zu setzende Form der nächst jüngeren (austrasischen) B- ßedaktion (früher I), bereits eine der jüngeren Formen von A benutzt hat, wird geurteilt werden dürfen, dass, wenn es auch nicht möglich ist, zum Urtext selber zu ge- langen, doch ein Text erreichbar wird, der aus der Zeit Chlodovechs oder aus der seiner Söhne stammt. Die von Herrn Prof. W e r m i n g h o f f Ende 1908 veröffentlichte Schlusshälfte des zweiten Bandes der Concilia führt bis 843 ; die ihm beigegebenen Concordantiae editionum wurden durch Herrn Dr. Richard S a 1 o m o n zusammengestellt.

Dem im Jahre 1906 erschienenen ersten Teile des vierten Bandes der Constitutiones et acta imperii hat Herr Dr. S c h w a 1 m in Hamburg schnell den zweiten Teil folgen lassen, in welchem der Ausgang der Regierung Heinrichs VII. erreicht wird; ein Schlussfaszikel mit dem Titelzeug, dem von dem Herausgeber selber bearbeiteten Namensregister und dem von Herrn Dr. R. Salomon übernommenen Wort- und Sachregister wird gesondert zur Ausgabe gelangen. Ein von Herrn Referendar F. Salomon hergestelltes chronologisches Verzeichnis aller in den vier ersten Bänden der Constitutiones enthaltenen Stücke liegt druckfertig vor. Inzwischen hat Herr Dr. S c h w a 1 m mit der Drucklegung des fünften Bandes (1313 ff.) be- gonnen und sie bis zum 25. Bogen geführt. Mit Beiträgen unterstützten ihn neben den verschiedenen Archiven die

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Herren Dr. A. Herre in München, Archivar Dr. E. Schans in Wiesbaden und Privatdozent Dr. E. Vogt in Giessen. Auch der von dem Herrn Abteilungsleiter in Verbindung mit Dr. E. S a 1 o m o n vorbereitete Band VIII, der die Anfänge Karls IV. bis 1350 begleiten wird, konnte bereits in Druck gegeben und im Berichtsjahre bis zum 13. Bogen hergestellt werden. Augenblicklich erleidet der Satz des Bandes eine kurze Unterbrechung in Folge einer im März angetretenen Studienreise des Herrn Dr. Salomon nach Wien und Italien. Als Hilfsarbeiter standen Herrn Prof. Z e u m e r neben dem Mitherausgeber zur Seite die Herren Referendar F. Salomon, Stud. Hirschfeld und Stud. Schotte. Zu besonderem Dank wissen sich die Herausgeber verpflichtet der k. k. Bibliothek zu Wien, den Universitätsbibliotheken zu Göttingen und Prag, den Stadtbibliotheken zu Frankfurt a. M., Hagenau und Mainz, dem Institut für österreichische Geschichtsforschung und dem k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien, den K. Preussischen Staatsarchiven zu Berlin, Coblenz, Münster und Osnabrück, den Herren Stadtbibliothekar Dr. Kentenich in Trier, Landesbibliothekar Dr. N. van W e r v e k e in Luxemburg, Fürstlichem Archivar Dr. Mar es inWittingau, Archivdirektor L u z i o und Prof. Torelli in Mantua, Prof. Bongianni in Udine.

Nachdem für die Ausgabe der Schriften des Marsilius von Padua bereits früher Herr Prof. Dr. Otto in Hadamar gewonnen war, haben sich der Sammlung der Tractatus de iure imperii saec. XIII. et XIV. selecti weiter freundlichst zur Verfügung gestellt Herr Dr. Franz Wil- helm in Wien für den Tractatus ' de praerogativa imperii, die Notitia und den Pavo des Jordanus von Osnabrück, Herr Geheimrat Prof. Dr. G r a u e r t in München für die Monarchia des Dante und die Schriften Kourads von Megenberg und vielleicht des Augustinus Triumphus. Für eine Ausgabe des Lupolt von Bebenburg liegt in der Inauguraldissertation des Herrn Dr. H. Meyer, eines Schülers des Herrn G r a u e r t , eine beachtenswerte Vor- arbeit vor. Zunächst aber hat Herr Dr. Kram m e r in den Fontes iuris Germanici antiqui mit dem Druck seiner Ausgabe der Determinatio compendiosa de iurisdictione imperii begonnen, die er für Tholomeus von Lucca in An- spruch nimmt und ungefähr zum Jahre 1280 ansetzt. Bei einem Besuche in Paris fand Herr K r a m m e r zwei noch unbekannte Traktate des Tholomeus, deren einer zusammen mit der Determinatio veröffentlicht werden wird ; von

Bericht über die fünfunddreissigste Jahresversammlung 1909. 9

grossem Werte war ihm die gütige Hilfe der Herren ß. Poupardin und N. Va 1 o i s. Ueber vorbereitende Schritte für die Bearbeitung der Hof- und Dienstrechte des 11. bis 13. Jh. hat Herr Dr. Ferdinand Bilger in Heidel- berg dem Abteilungsleiter einen ersten Bericht erstattet.

Im Interesse der Abteilung Diplom ata Karolinorum unternahm Herr Prof. T a n g 1 im August und September V. J. eine Reise nach Italien und Frankreich, die sich in jeder Richtung als sehr ertragreich erwies. Unter den Ergebnissen für die Nachprüfung abschriftlicher üeber- lieferungen steht obenan die dank den unermüdlichen Be- mühungen des hochwürdigen Herrn Bibliothekars und Archivars Don Antonio S p a g n o 1 o im Kapitelarchiv zu Verona gelungene Wiederauffindung einer Abschriften- gruppe, nach der von anderer Seite bisher vergeblich ge- sucht worden war. Ueber alle Erwartungen ergiebig war eine Nachprüfung der tironischen Noten in den wenigen für unsere Zwecke noch nicht untersuchten Originalen; über das einzelne wird demnächst im Archiv für Urkunden- forschung eine bereits gedruckte Abhandlung unterrichten, so dass hier nur der Dank Ausdruck zu finden hat, den Herr T a n g 1 dem Monsignore Canonico L a 1 1 i n i für die liebenswürdige Aufnahme im Kapitelarchiv zu Arezzo und dem Herrn Pierre G a u t i e r vom Departementalarchiv der Haute -Marne schuldet. Das Kemptener Chartular mit Nachzeichnungen tironischer Noten konnte, dank dem Ent- gegenkommen des Kgl. Bayrischen ßeichsarchivsdirektors Herrn Dr. B a u m a n n , hier in Berlin untersucht werden. Eine Nachlese auf dem Felde der Schriftvergleichung hatte in erster Linie bei den reichen Beständen des Pariser Nationalarchivs einzusetzen, wo Herr T a n g 1 sich für seine Arbeiten ganz ungewöhnlicher Begünstigungen zu erfreuen hatte. Nach seiner Rückkehr brachte er mit seinem Mitarbeiter Herrn Dr. E. Müller die Schrift- bestimmung der Originale zu Ende , in Verbindung mit Diktatuntersuchungen, die in vollem Umfang auf Formular und Rechtsinhalt der Urkunden ausgedehnt wurden. Die letzten noch heranzuziehenden Originale wurden von den Archiven zu Colmar, Karlsruhe, Metz, München, Münster und Würzburg hierher ausgeliehen. Im Zusammenhange dieser Arbeiten verfasste der Herr Abteilungsleiter eine Abhandlung (in den 'Beiträgen zur brandenburgischen und preussisehen Geschichte' herausgegeben vom Verein für Geschichte der Mark Brandenburg) über die Urkunden Ottos I. für Brandenburg und Havelberg als Vorbilder für

10 Bericlit über die fünfunddreissigste Jahresversammlung 1 909.

die gefälschten Urkunden der sächsischen Bistümer, und Herr Dr. Müller eine Untersuchung über die Urkunden- und Legendenfälschung-en im St. -Medardus- Kloster zu Soissons (N. Archiv XXXIV, Heft 3); entsprechende Ar- beiten von Herrn T a n g 1 für Osnabrück (im Archiv für Urkundenforschung II, 2) und von Herrn Müller für Hildesheim und Le Maus werden sich anschliessen.

Der vierte Band der Diplomata regum et imperatorum Germaniae ist bis auf das unter der Presse befindliche Register der Eigennamen vollendet. Zu den in dem Bande vereinigten Dij)lomen Konrads II. hat der Leiter der Ab- teilung Dij)lomata saec. XI., Herr Prof. Harry Bresslau, im N. Archiv XXXIV fünf Exkurse veröffentlicht, denen Herr Dr. W i b e 1 einen sechsten über die Peinhards- brunner Urkundengruppe folgen lassen wird. Aus dem Verband dieser Abteilung ist der Mitarbeiter Herr Dr. Hessel am I.Juli 1908 ausgeschieden, um sich im Auf- trage der Kommission zur Herausgabe elsässischer Ge- schichtsquellen der Bearbeitung der Register der Bischöfe von Strassburg zu widmen. Die Drucklegung der Ur- kunden Heinrichs III. , für dessen Regierungszeit das Material nahezu vollständig gesammelt ist, werden die Herren Bresslau und W i b e 1 zunächst ohne eine weitere Hilfskraft vorbereiten.

In der Abteilung Diplomata saec. XII. traten nach Erledigung derjenigen Gruppen, deren Originale im Aus- leiheverkehr nach Wien übersandt werden konnten , die Archivreisen in den Vordergrund. Dabei werden grund- sätzlich überall sämtliche Gruppen, die mit Ur- oder Ab- schriften Lothars IIL oder Konrads III. beginnen und, wo entlegene oder schwerer zugängliche Archive besucht werden, auch die erst mit Friedrich I. einsetzenden Gruppen in Angriff genommen und für das ganze 12. Jh. erledigt. Der Abteilungsleiter Herr von Ottenthai verglich im April 1908 zu Hildesheim und Göttingen die für die Richenberger Diplome wichtigen Bischofs- und Kloster- urkunden, bearbeitete im Herzoglich Braunschweigischen Landeshauj)tarchiv zu Wolfenbüttel die Provenienzen Clus, St. Maria in Braunschweig und Walkenried und prüfte in Berlin das zu diesem Behuf vom Pfarramt an die König- liche Bibliothek übersandte Diplom Lothars für Clarholz. Im Oktober erledigte er in den Staatsarchiven zu Ant- werpen, Brüssel, Gent, Lüttich, Maastricht, Namur, Mons, im Stadtarchiv zu Antwerpen, auf der K. Bibliothek zu Brüssel und auf den Seminarbibliotheken zu Lüttich und

Bericht über die fünfiinddreissigste Jahresversammluug 1909. 11

Namur die Gruppen : St. Maria und St. Michel zu Ant- werpen; Crespin, Floreffe, St. Ghislain, St. Jakob, St. Johann, St. Laurenz zu Lüttich ; St. Servatius zu Maastricht ; Meersen, Nivelles, ßolandswörth, Segeberg, Stablo, Waulsort. Herr Dr. Hirsch dehnte seine oberitalieuische Eeise (nach Verona. Mantua, Cremona, Brescia, Bergamo, Tre- viglio, Mailand, Monza, Novara, Piacenza, Florenz, Pisa, Lucca), deren Beginn im vorigen Bericht erwähnt wurde, bis Mitte Juli aus und Hess von Mitte September bis Mitte Oktober eine zweite nach Ascoli, Pom und Monte Cassino folgen. Aufgearbeitet wurden die Grupj)en Ascoli (Bistum und S. Angelo), Bergamo (Bistum, S. Alessandro, S. Vin- cenzo), Bracciaforte, Borgo S. Donnino, Brescia, Camaldoli, Farfa, Fontana Taonis, Lucca, Mailand (S. Ambrogio, S. Simpliciano), Mantua, Monte Cassino, Monticello (Pipa d'Oglio), Monza, Piacenza, Pisa, Polirone, S. Paolo zu Pom, Treviglio, Venedig (S. Ilario), Verona, Virada, Visconti. Die Verwaltungen der von den beiden genannten Herren auf- gesuchten staatlichen, kirchlichen und städtischen Archive und Bibliotheken gewährten, von wenigen Ausnahmefällen abgesehen, der Arbeit die freundlichste Unterstützung; auch die Erlaubnis zu photographischen Aufnahmen wurde fast überall erteilt. Besonders schätzbare Beihilfe liehen die Herren Prof. B r a n d i in Göttingen , Archivrat Zimmermann in Wolfenbüttel, Prof. P i r e n n e und der Direktor des Hauptarchivs Herr Gaillard in Brüssel, sowie die Herren Archivare Laloise in Brüssel, Lahaye und Fairon in Lüttich, Courtois in Namur. An der Sichtung und Zurichtung des auf den Reisen gesammelten Materials beteiligte sich auch der ständige Hilfsarbeiter Herr Dr. S a m a n e k , der im übrigen sich vorzugsweise der Ausgestaltung des bibliographischen Apparats zu widmen fortfuhr; er wird auch in seiner neuen Stellung als Praktikant am k. k. Statthaltereiarchiv zu Wien mit den Monumenta Germaniae in geregelter Verbindung bleiben.

Die Leitung der Abteilung Epistolae hat auf Ersuchen der Zentraldirektion Herr Prof. T a n g 1 abermals über- nommen, da es sich Herrn Prof. We r m i n g h o f f als un- niöglich ergab, von seinem jetzigen Wohnsitze Königsberg aus die neuen in den Arbeitsplan dieser Abteilung auf- genommenen Aufgaben vorzubereiten und zu überwachen; doch wird Herr Werminghoff die Drucklegung der von Herrn Dr. P e r e 1 s jetzt bis zum 15. Bogen fort- geführten Edition der Briefe des Papstes Nicolaus I. bis

12 Bericht über die fünf unddreissigste Jahresversammlung 1 909,

zum völligen Abschlüsse leiten. Der neu eingetretene ständige Mitarbeiter dieser Abteilung, Herr Privatdozent Dr. Caspar, bat das Eegister Johanns VIII. in Angriff genommen und die ßepertorisierung von Einzelbriefen im Anschluss an die bis 911 reichende üebersicht von Gundlach (N. Archiv XII) fortgesetzt. Für die Be- arbeitung der Briefe Hincmars von Eeims ist Herr Privat- dozent Dr. Hellmann in München gewonnen worden. Herr Realgymnasialdirektor Dr. H e n z e in Südende bei Berlin hat den Text des Briefes Kaiser Ludwigs II. an den byzantinischen Kaiser Basilius mit Hilfe einer photo- graphischen Aufnahme des Codex hergestellt und auch die Einleitung bereits verfasst ; in einer in 1 1 b e r g s Jahr- büchern für das klassische Altertum demnächst er- scheinenden Abhandlung wird die Frage der Verfasser- schaft des Bibliothekars Anastasius erörtert werden. Durch Kollationen unterstützte die Arbeiten dieser Abteilung Herr Dr. F. Schneider in Rom, durch Ueberlassung von Abschriften Herr Hofrat Prof. T h a n e r in Graz.

Zu den in der Abteilung Antiquitates durch die Herren Prof. E h w a 1 d in Gotha, Prof. Strecker in Berlin und Bibliothekar Privatdozent Werner in Zürich fortgeführten Arbeiten ist insbesondere zu erwähnen, dass Herr Strecker im Jahresbericht 1909 des Luisen- gymnasiums auf Grund zahlreicher Hss. den 'Rhythmus de Asia et de universi mundi rota' neu herausgegeben hat, der bisher als 'fränkische Kosmographie des 7. Jh.' nur in der unvollkommenen Ausgabe von Pertz aus den Ab- handlungen der Berliner Akademie von 1845 vorlag. Nach Abschluss des zweiten Halbbandes der Poetae Carolini IV beabsichtigt Herr Strecker, die darin enthaltenen Rhythmi in unserer Sammlung von Schulausgaben zu wiederholen. Die Vorbereitungen für die Edition der Necrologia aus der Diözese Passau, der Erzdiözese Wien und den Diözesen Linz und St. Polten sind so erfreulich vorgeschritten, dass jeder der beiden Herausgeber, der Erzbischöfliche Bibliothekar Herr Dr. Fastlinger in München und der Herr Pfarrer Dr. Adalbert Fuchs O. S. B. in Brunnkirchen, den von ihm übernommenen Band in absehbarer Zeit druckfertig vorlegen kann.

Wie stets, so erfreuten wir uns auch im Berichts- jahre vielfacher freundlicher Unterstützung durch das Königlich Preussische Historische Institut zu Rom und die Herren Beamten der Handschriften- und der Zeitschriften- abteilung der Berliner Königlichen Bibliothek.

Bericht über die fünf unddreissigste Jahresversammlung 1 909. 13

Den hohen Reichsbehörden gilt unser Dank diesmal in um so vollerem Masse, als uns durch die Fürsorge des Herrn Staatssekretärs des Innern sowohl eine abermalige ansehnliche Erhöhung unserer Dotation wie eine überaus Avertvolle Vermehrung unserer wissenschaftlichen Hilfs- mittel zu Teil geworden ist: mit dem 1. April d. J. ist die Zentraldirektion in den Besitz der kostbaren Bibliothek unseres ehemaligen Mitgliedes, des am 20. Mai 1907 ver- storbenen Professors an der Universität München Dr. Ludwig Traube, eingetreten. Die Sammlung kenn- zeichnet sich als eine planvoll und unter Aufwendung be- deutender Geldmittel angelegte Arbeitsbibliothek für be- stimmt umgrenzte Gebiete: griechische und besonders römische Literatur, lateinische Literatur des Mittelalters, allgemeine Geschichte und Kulturgeschichte des Mittel- alters , bei besonderer Betonung der Ueberlieferungs- geschichte, Paläographie und Handschriftenkunde; der damit verbundene paläographische Apparat von Einzel- photographien umfasst etwa 3500 Blätter. Eine Ver- einigung von Freunden und Verehrern Ludwig T r a u b e s hatte diese von ihr erworbene Bibliothek, in dem Wunsche, ihre durch den Plan der Anlage vorgezeichnete Fortsetzung und Ergänzung für alle Zukunft gewährleistet und die Sammlung ungetrennt in den Dienst der historisch- philologischen Studien gestellt zu sehen, dem Deutschen Reiche hochsinnig als Geschenk angeboten, unter Be- dingungen, auf welche Reichsverwaltung und Reichstag bereitwillig eingegangen sind. Indem die Sammlung, einer unter Vermittelung des Herrn Geheimen Oberregierungs- rats Dr. L e w a 1 d getroffenen Vereinbarung gemäss, der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae als dem Organ überwiesen wurde , welches einen wesentlichen Teil des Gebiets der Traube sehen Forschungen auszubauen stiftungsmässig berufen ist, wurde für die Zwecke der 'Traube -Bibliothek' durch den Reichshaushaltsetat für 1909 eine dauernde Vermehrung der den Monumenta Germaniae von Reichs wegen gewährten Unterstützung um jährlich 5000 Mark vorgesehen. Die bereits im vorigen Sommer von München nach Berlin überführte Bibliothek hat in dem Reichsdienstgebäude Luisenstrasse 33/34 in unmittelbarer Nachbarschaft unserer Arbeitsräume Auf- nahme gefunden. Die Verwaltung ist dem Bibliothekar an der Königlichen Bibliothek Herrn Dr. Jacobs über- tragen worden , dessen hingebender Mühewaltung es zu verdanken ist, dass die Sammlung nach einer allerdings

14 Bericht über die fünfunddreissigste Jahresversammlung 1909.

nur vorläufigen Durchmusterung und Inventarisierung schon jetzt wieder benutzbar wird. Sie wird über den Kreis der Mitglieder und Mitarbeiter der Zentraldirektion hinaus auch anderen Gelehrten zugänglich sein, deren Studien dem weiten Gebiet der Trau besehen Forschungen angehören; dahingehende Anträge wird der von der Zen- traldirektion bestellte Bibliotheksausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und den Herren Geheimrat Prof. Holder-Egger und Prof. T a n g 1 , entgegennehmen. Die tJebergabe der Bibliothek an die Zentraldirektion durch Herrn Dr. phil, Bruno Güterbock hierselbst, als den Vertreter der Vereinigung der bisherigen Besitzer, fand am Nachmittag des 15. April statt, in Gegenwart unserer zur Plenarversammlung eingetroffenen auswärtigen Mitglieder, unserer hiesigen Mitglieder und Mitarbeiter, des bisherigen Verwalters der Bibliothek, Herrn Dr. Paul Lehmann aus München und ihres neuen Biblio- thekars. Gleichzeitig mit der Traube- Bibliothek wurde uns die von Herrn Fritz B e h n in München modellierte Bronzebüste ihres Stifters übergeben, die inmitten der mit so unvergleichlichem Verständnis von ihm gesammelten Bücher dauernd Aufstellung finden wird.

IL

Das Nekrologium von Dom Racine und die Chronologie der Merowinger

Von

Wilhelm Levison.

Vor einigen Jahren habe ich versucht, die grund- legenden Untersuchungen zur Chronologie der Merowingi- schen Könige von Krusch und die sich daran anschliessenden Arbeiten von Havet und Vacandard für die spätere Mero- wingerzeit zu ergänzen, und ich würde schwerlich noch ein- mal auf diese mehr nützlichen als anregenden Studien zurückgekommen sein, wenn nicht jüngst J. Depoin in seinem 'Essai' über die Regierungszeit der Merowinger von Paris ^ mit einer neuen Quelle hervorgetreten wäre, die manche überraschende Ergänzungen darzubieten scheint, die aber vor der Verwertung doch einer genaueren Unter- suchung bedarf, als ihr in den Mitteilungen des Ent- deckers zu Teil geworden ist. Die älteren Nekrologien des Klosters Saint -Denis sind insgesamt verloren-, nur eins, das nicht lange nach 1261 zum Abschluss gekommen ist, hat Felibien in seiner Geschichte des Klosters 1706 rechtzeitig veröfPentlicht ^. Erhalten ist ausser diesem Druck nur ein Nekrologium des 14. Jh., das von den Mönchen bis ins 17. Jh. für Eintragungen benutzt worden ist^, und eine grosse Kompilation von Dom Robert Florimont Racine (f 1777) aus dem Jahre 1760, die Molinier für bedeutungslos er- klärte % während Depoin in dem von dem Verfasser ver- arbeiteten Stoffe die Reste älterer verlorener Quellen zu erkennen glaubt. Das Werk befindet sich heute in der Nationalbibliothek zu Paris als Manuscripts fran9ais n. 8599 und 8600 (Suppl. fr. n. 1528, 1 und 2), zwei sorgfältig ge- schriebene stattliche Folianten ^ über deren Inhalt der

1) Vgl. unten S. 37. Ein kurzer Hinweis von E. Müller findet sich bereits N. A. XXXIII, 229. 2) Vgl. A. Molinier, Les obituaires

frangais au moyen age, 1890, p. 167; Obituaires de la province de Sens (Recueil des historiens de la France) I, 1, 1902, p. 305. Ich zitiere das letztere "Werk in der Folge einfach als 'Molinier'. 3) Histoire de

l'abbaye royale de Saint -Denis en France p. CCVII CCXIX, wiederholt von Molinier S. 306 334. 4) Molinier S. 338 342, wo jedoch die

jüngeren Eintragungen (vgl. S. 306) zum grossen Teil fortgelassen zu sein scheinen ; vgl. unten S. 30. 5) Eb. S. 306. 6) Eine zeitgenössische

Neues Archiv etc. XXXV. 2

18 Wilhelm Levison,

Titel der beiden Bände unterrichten möge: 'Necrologe de l'abbaye de S. Denis en France, ordre de S. Benoist, con- gregation de S. Maur, qui contient les eloges historiques avec les epitaphes des fondateurs et bienfaitenrs de ce monastere et des autres personnes de distinction, qui l'ont oblige par leur Service, bonores dune affection particuliere, illustres par la profession monastique, edifies par leur peni- tence et leur piete, sanctifies par leur mort ou par leur sepulture. Tome I (II), MDCCLX.' Der erste Band um- fasst ausser einer vom 7. April 1760 datierten Einleitung und zeitlich geordneten Listen der Aebte und der sonstigen Würdenträger von St.-Denis und seiner Priorate sowie einer nach Jahren geordneten Zeittafel die Monate Januar bis Juni, der zweite Band den Rest des Jahres ; alphabetische Personenverzeichnisse am Ende der Bände ermöglichen es, alle darin behandelten Personen leicht aufzufinden. Mancherlei Zusätze im Text, am Rande und auf ein- gelegten Blättern zeigen das Bestreben des Verfassers, das Werk auch nach 1760 zu verbessern und zu ergänzen.

Es bietet, wie schon der Titel andeutet, mehr, als die Nekrologien des Mittelalters zu geben pflegen ; es enthält nicht nur nach dem Kalender geordnete Namenreihen, denen etwa noch ein paar Worte über den Stand des Ver- storbenen und über seine Anniversarienstiftungen beigefügt sind, sondern gibt Tag für Tag nach den Todesjahren ge- ordnet zunächst kleine und mitunter grössere Biographien namhafterer Personen, in denen möglichst alle Nachrichten über ihre Beziehungen zu St. - Denis zusammengetragen werden, Biographien, voii denen z. B. die eines so be- deutenden Mannes wie Abt Suger nicht weniger als die Seiten 37 59 von Band I, die Ludwigs XIV. die Seiten 181 194 des 2. Bandes umfasst, und die mit den alten Nekrologien nichts als die Anordnung nach den Todes- tagen gemein haben. Selbständigen Wert haben diese Ab- schnitte sicherlich höchstens für die vom Verfasser selbst er- lebte Zeit; er nennt (I, S. XL VI) das Werk von Pelibien als seine Hauptquelle, erwähnt auch den älteren Geschicht- schreiber des Klosters Doublet, die histoire de France (d. h. wohl Bouquet) und Dom Rivet (Histoire litteraire). Ich habe gelegentlich auch Hinweise auf Du Chesne, d'Achery's

Abschrift in vier Bänden enthalten die Hss. n. 3374 77 der Bibliotheque Mazarine ; vgl. A. Molinier, Catalogue des mss. de la bibliotheque Mazarine III, 65 f., wo der Verf. genannt wird, während die Hs. der Nationalbibliothek anonym ist.

Das Nekrologium von Dom Racine. 19

Spicilegium, Mabillons Annalen und Diplomatik, Germon, 'la nouvelle Diplomatique' (Nouveau traite), B. Pez, Mar- tene und Durand, die 'neue' Gallia christiana, die Bollau- disten, auf die Histoire genealogique des P. Anselme und auf Pagi gefunden, bin aber den Quellen dieser Abschnitte nicht weiter nachgegangen ^ ; häufig findet man Auszüge aus den Urkunden im Klosterarchiv und die Grabschriften der in St. -Denis bestatteten Personen 2. Aber es werden nicht nur solche Männer und Frauen berücksichtigt, über deren Leben dem Verfasser mehr oder minder zahlreiche Einzelheiten zu Gebote standen; am Schluss eines jeden Tages nennt er auf Grund von Nekrologien auch die Mönche, von denen ihm nichts als Name und Todestag bekannt war, wie er dies gleich beim 1. Januar angekündigt hat (I, 6): 'Comme on s'est fait un devoir de rendre justice a tous ceux qui ont un droit acquis a cet ouvrage, on ne doit point etre surpris qu'au deffaut de detail que l'histoire ne nous a point conserve, on j trouve une liste de leurs noms et tout ce qui peut contribuer a faire revivre leur memoire ; on tirera cette liste des differens obi- t u a i r e s de la maison, que Ion placera chaque jour ä la suite de ceux dont le tems nous a laisse une matiere süffisante pour leurs eloges funebres'.

Diesen Obituarien begegnet man nun sehr häufig in dem Werk; nicht nur fast bei jeder dieser Namenlisten am Ende der einzelnen Tage, sondern nicht selten auch in den biographischen Abschnitten findet man Hinweise auf 'notre ancien necrologe', 'nos anciens necrologes' ^ Depoin sieht darin ohne weiteres verlorene Nekrologien des 9. und 12. Jh.^; nach seiner Angabe finden sich Hunderte von

1) An wenigen Stellen (U, 70, 106) fand ich als 'notre petite chronique' die Annalen von St. Denis erwähnt, die zuletzt E. Berger, Bibliotheque de TEcole des chartes XL, 1879, S. 261—295 herausgegeben hat (Auszüge SS. XIII, 718 ff.). 2) Eine Zusammenstellung vieler

Grabschriften bot bereits Felibien S. 549 ff. 3) Depoin sagt : 'notre

plus ancien obituäire', 'nos plus anciens obituaires', doch habe ich das steigernde Wörtchen 'plus' nirgendwo gefunden; auch nennt Racine die Totenbücher fast immer Nekrologien, nur sehr selten Obituarien. 4) Dass man schon im 9. Jh. in St. - Denis ein Nekrologium besessen hat, hat Molinier S. 3o5 mit Recht aus vielen Namen in dem von Felibien ge- druckten Nekrologium des 13. Jh. erschlossen. Wenn er und mit ihm Depoin aber von diesem ein von Mabillon (Annales V, 332) benutztes und nach seinem Zeugnis um die Mitte des 12. Jh. begonnenes Nekro- logium aus St. - Denis unterscheiden, so mit Unrecht, da beide m. E. identisch sind. Der Text Eelibiens scheidet nicht zwischen den von An- fang an vorhandenen Eintragungen und den späteren Zusätzen, als die

20

Wilhelm Levison.

Namen bei Racine, die in dem gedruckten Nekrologium des 13. Jh. fehlen und nur auf dessen ältere Vorgänger zurückgeführt werden können, und er bietet dafür einige Beispiele, die das Merowingische Königshaus betreffen. Wie er aus anderen Quellen vereinzelte Nachrichten über die Todestage Merowingischer Könige zusammengetragen hat, so hat er auch bei Racine die bisher unbekannten Todestage von nicht weniger als sieben Merowingern ver- zeichnet gefunden, und wenn auch zwei Angaben sich der sonstigen Ueberlieferung nicht einfügen ^ (Chlothar II., Chilperich II), so passen doch fünf zu den aus anderen Quellen in neuerer Zeit ermittelten Zeitgrenzen:

Todestag von

nach anderen Quellen

nach Racine

Chlodwig II. Chlothar III. Theuderich III. Chlodwig III. Theuderich IV.

10. Okt. bis 16. Nov. 657 10. März bis 15. Mai 673

2. Sept. 690 bis 12. April 691

3. Sept. 694 bis 13. April 695 März oder April 737

31. Okt.

10. März

14. Sept.- 2. März

15. April

eine Uebereinstimmung, die Depoin den Beweis zu erbringen schien, dass hier alte und glaubwürdige Ueberlieferung zu Grunde liegt. Er sieht daher in alten, heute verlorenen Nekrologien von St.- Denis die Quelle dieser Angaben, ob- gleich, was betont werden muss, Racine sich bei den ge- nannten Königen nicht auf 'nos anciens necrologes' für die Todestage beruft und überhaupt keine Quelle für sie nennt, und so verwunderlich es auch ist, dass solche Aufzeich- nungen nicht nur einem Mann wie Mabillon, sondern auch den Geschichtschreibern des Klosters entgangen sind.

Immerhin sprachen die von Depoin mitgeteilten Aus- züge zu Gunsten der neuen Quelle, und ich selbst habe N. A. XXXIII, 755, N. 6 von ihr Gebrauch gemacht;

manche das 13. Jh. betreffende Angaben sich durch ihre Stellung in wenig passender Umgebung erweisen, und da die drei von Mabillon mit- geteilten Eintragungen sich darin finden (Molinier S. 309. 310. 830 beim 29. Januar, 14. Februar, 5. November), so zweifle ich nicht, dass beide Nekrologien identisch sind und Felibiens Text zwar erst nach der Mitte des 13. Jh. abgeschlossen, aber seinem Grundstock nach schon um 1150 geschrieben worden ist, wie denn Mabillon zwischen den Eintragungen verschiedener Hände unterscheidet. 1) Man vergleiche die unten

folgenden Zusammenstellungen. Auf einige Schwierigkeiten hat Levillain, Bibliotheque de l'Ecole des chartes LXIX, 1908, p. 203 bei einer Anzeige von Depoins 'Essai' hingewiesen. 2) Nicht 4. September, wie Depoin

S. 211 angibt.

Das Nekroloffium von Dom Racine.

21

nachdem ich aber unterdessen dank dem Entgegenkommen der Verwaltung der Bibliotheque Nationale die beiden Bände von Eacines Werk selbst in Bonn habe durchsehen können, muss ich mich durchaus dem einst von Molinier gefällten Urteil anschliessen und stelle von vornherein fest : 1) Eacine hat keine älteren Nekrologien gehabt als das des 13. Jh. ; 2) die Angaben über sonst unbekannte Todestage von Merowingern sind wertlos.

Will man ermitteln, welche Nekrologien Eacine be- nutzt hat, so ist es zunächst notwendig, alle die Stellen ins Auge zu fassen, an denen er sich ausdrücklich auf solche bezieht. Ueberaus oft beruft er sich, wie erwähnt, auf 'notre ancien necrologe' oder 'nos anciens necrologes'. Betrachtet man zuerst die vielen Stellen, an denen er 'unser altes Nekrolog' in der Einzahl als Quelle nennt, so ergibt es sich, dass er kein anderes meint als das aus dem 13. Jh., das uns durch den Druck von Felibien erhalten ist und dessen Hs. Eacine sicherlich vorgelegen hat. Ich habe die Erwähnungen Tag für Tag mit der neuen Aus- gabe von Molinier verglichen ; mit verschwindenden Aus- nahmen herrscht die grösste Uebereiustimmung. Wenige Beispiele, die zum Teil auch zeigen, wie weit Eacine den Begriff 'alt' gefasst hat, mögen diese Behauptung belegen:

3. Jan.

4. Jan.

18. Jan.

24. Febr.

Eacine.

I, 10 Ce meme jour notre ancien necrologe fait mention de Clovis I. roi de France et premier roi chretien.

I, 15 endet der Abschnitt über Balduin von St. Edmund (f 1097): 'Notre ancien necrologe rap- porte en ce jour la mort de Baudoin avec sa qualite d'abbe de Saint Edmond'.

I, 66 über Graf Philipp von Boulogne (f 1234): 'Son nome se trouve en ce jour dans notre ancien necrologe'.

I, 183 Ce meme jour vers 1205. mourut Thomas

Molinier. 306 Clodoveus rex pri- mus christianorum.

306 Balduinus abbas Sancti Edmundi, mo- nachus Beati Dio- nysii.

308 Philippus comes Bolonie.

310 Thomas Boscel, mon. ad succ, dedit

22

Wilhelm Levison.

5. Mai

14. Juli

16. Juli

12. Okt.

Racine. Bossel, qui nous doiina une petite rente sur la riviere de Seine et que notre ancien necro- loge, qui en fait men- tion en ce jour, appelle 'monachus ad succuren- dum' de ce monastere.

I, 335 über Abt Odo (t 1247): 'Notre ancien necrologe en fixant sa mort en ce jour, porte que pendant seize ans qu' il gouverna cette abbaye , il y procura toutes sortes d'avanta- ges spirituels et tem- poreis, jusqu'ä ce que son merite l'elevat ä la dignite d'archeveque de Eouen'.

II, 35 über Philipp II. August von Frankreich (t 1223) : 'son nom se trouve en ce jour dans notre ancien necrologe'.

II, 42 über Innocenz III. (t 1216): 'qui est mar- que en ce jour dans notre ancien necrologe en ces termes: L'anni- versaire du pape Inno- cent III, qui nous a doune le corps de saint Denys, eveque de Co- rinthe'.

II, 285 über den Prior Thibaud deMilly: 'Notre ancien necrologe en parle en ce jour avec eloge et il le loue corame aiant fait beau-

Molinier. nobis obolum in ava- lagio Secane [1224].

316 Odo Clementis bone memorie, qui istam ecclesiamXVI annis rexit feliciter et eam in spiritua- libus et temporali- bus multipliciter ampliavit et postea, exigentibus moribus et scientia, Eotho- magensis factus est archiepiscopus.

321 Anniversarium domni Philippi, re- gis Prancorum.

321 Anniversarium In- nocentii pape III, qui dedit nobis cor- pus S. Dionysii, Cho- rintiorum episcopi.

828 Theobaldus de Milliaco , prior ec- clesie beati Dionysii, qui multa bona fecit in temporalibus et spiritualibus.

Das Nekroloffium von Dom Racine.

23

Racine coup de bien

a sa mai- dans le spiri- dans le tem-

Molinier.

310 Odo aurifex Ceno- manensis et uxor eins Agatha , qui

son tant tuel que porel'.

Die Uebereinstimmung geht soweit, dass da, wo nach Fe- libien der Lateinische Text nnlesbar war, Racine, statt be- stimmte Einzelheiten zu geben, das Nichtwissen mit einer allgemeinen Wendung verdeckt:

25. Febr. I, 183 Le vingt cinquieme jour notre ancien necro- loge marque la mort d'Eudes orfevre du Maus dedit et de sa femme Agathe, qui firent quelques presens ä ce monastere.

Wenn Racine also das alte Nekrologium seines Klosters erwähnt, so handelt es sich um keine ältere verlorene Quelle, sondern um den im 13. Jh. abgeschlossenen Text, den die Ausgabe von Felibien vor dem Untergange bewahrt hat^. Dies Ergebnis wird auch dadurch nicht beeinträch- tigt, dass sich vereinzelt unbedeutende Abweichungen finden, etwa Namen um einen Tag verschoben sind, Abt Vulferius von Saint -Maur-les-Fosses (I, 174) nicht am 23. Februar, sondern am 22., Bischof Erchenrad von Paris (I, 200) am 6. März statt am 7., umgekehrt Abt Girard von Corbie (I, 312) am 24. April statt am 23., Graf Aleran (II, 36) am 15. statt am 14. Juli, Bischof Heinrich von Orleans (I, 313) am 25. statt am 24. April genannt werden. Der- artige, zudem sehr seltene Verschiebungen werden keinen wundern, der je das Original eines lange Zeit gebrauchten Nekrologiums mit seinen vielen Zusätzen und Nachträgen gesehen hat, über deren Zugehörigkeit zu zwei angrenzenden Tagen man mehr als einmal schwanken mag, und es muss betont werden, dass Felibien in seiner Ausgabe zwischen dem ursprünglichen Text und den späteren Eintragungen nicht geschieden hat. Wenn Racine manchen Angehörigen von St. -Denis in seiner Vorlage nach Ausweis von Felibien übersehen hat, so mag auch bei diesem der eine oder an- dere Name ausgefallen sein, für den sich Racine auf 'notre ancien necrologe' beruft; es sind aber ganz vereinzelte

1) lieber eine vereinzelte Ausnahme vgl. unten S. 31, Anm. 1.

24 Wilhelm Levison.

Ausnahmen \ die gegenüber Hunderten von Uebereinstira- mungen nicht gegen die Identität dieser Quelle mit Feli- biens Vorlage sprechen.

Ist also 'notre ancien necrologe' nichts als das längst bekannte Obituar aus dem 13. Jh., so lassen ebensowenig die vielen Stellen, an denen Eacine von 'nos anciens necro- loges' in der Mehrzahl spricht, auf verlorene ältere Quellen schliessen. Im Gegenteil! Er stellt die dem Ne- krolog des 13. Jh. entnommenen Namen immer an die Spitze, betrachtet es mithin als seine älteste Quelle dieser Art, und dazu stimmt, dass die Personen, die darin fehlen und für die er ein bestimmtes Jahr ermittelt hat, regel- mässig dem 14. oder 15. Jh. oder einer noch späteren Zeit angehören, also der Grundbestand des Zweitältesten Nekro- logs kaum vor dem 14. Jh. aufgezeichnet worden ist. Auch hier wenige Beispiele von vielen :

7. Jan.

Racine. I, 22 Ce meme jour nos anciens necrologes an-

Molinier. 307 Ob. Rifarius^, Ro- bertus ; Robertus

1) Beim 29. März spricht Racine (I, 249) über Erzbischof Hugo von Sens (f 1168), dessen Tod man in Sens zum vorhergehenden Tage verzeichnete (Molinier I, 6): 'Xotre ancien necrologe ne l'a point oublie en ce jour' ; er fehlt Molinier S. .S13. Ebenso fehlt dort die Aebtissin Helvide von Chelles (9. Jh.), die nach Racine I, 153 beim IG. Februar sich 'dans notre ancien necrologe' fand (und beim 17. in Chelles selbst eingetragen worden ist, Molinier S. 359). 'II y est parle', fährt Racine fort, 'aussi d'Helvise morte en 1117 (vielmehr 1177) et de Mathilde decedee le 14. juillet 1112', und er schliesst daraus auf eine Gebets- verbrüderung zwischen Chelles und St. -Denis. 'Heivisa abbatissa S. Batildis' und 'Mathildis Kalensis abbatissa' sind in der Tat beim 17. Februar und 14. Juli bei Felibien eingetragen (Molinier S. 310. 321) ; dagegen fehlt jene Helvide, ihr Name hat aber, wenn ich nicht irre, nie dort gestanden, sondern nur der von 'Heivisa', ohne dass sich aus der Eintragung ersehen lässt, ob die Aebtissin des 9. oder die des 12. Jh. gemeint ist. Die Ver- fasser der Gallia christiana VII, 561 haben die Angabe mit Berufung auf das Nekrologium für die Helvide der Karolingerzeit in Anspruch genommen ('in antiquo S. Dionysii necrologio memoratur') , während Racine sie in seinen Auszügen aus dem Nekrolog auf die jüngere Aebtissin bezogen haben wird; zugleich wiederholte er aber die Angabe der Gallia christiana, ohne zu bemerken, dass es sich dort um dieselben, von ihm in anderem Sinne verwerteten Worte handelte, die er so ver- doppelte. Wenigstens scheint mir diese Annahme wahrscheinlicher als das Ausfallen von Helvida neben Heivisa im Texte Felibiens. 2) Racine lässt im allgemeinen die Personen bei Seite, deren Zugehörigkeit oder Beziehungen zu St. - Denis nicht angegeben werden , meist auch die 'monachi ad succurrendum' ; in der Reihenfolge hält er sich an die An- ordnung des Nekrologs aus dem 13. .Tli., nur dass er oft den Rang der Personen beachtet und z. B. Mönche mit der Priesterweihe an die Spitze stellt, Nichtmönche hinter die Mönche (z. B. unten beim 1. April).

Das Nekrologium von Dom Racine.

25

11. Jan.

20. Jan.

Racine, noncent la mort de Ro- bert, d'un autre Robert, de Gilbert et de Fran9ois de Fayer, sousmaitre des no- vices et jeune pre- tre de vingt cinq ans, en 1546, reli- gieux de ce monastere. I, 35 Ce meme jour nos anciens necrologes an- noncent la mort d'Hai- meri, de Fromond, de Gerard , de Robert, d'Etienne, d'Adam et de Claude Sang u in, fils d'un conseiller de la Cour des Aides de Paris, e n 16 60, religieux de ce monastere.

, 85 Ce meme jour on trouve marquee dans nos anciens necrologes la mort de Roger abbe de Lagny en 1040, de Vitbert pretre, d'Etien- ne , de Pierre et de Nicolas le joli prieur de Saint Pierre de Chau- mont et camerier en 1466, religieux de ce monastere.

Molinie r. monachus B. D.; Robertus mon. B. D. ; lohannes, Elizabeth ; I o i 1 - b ert US mon. B. D.

307 Ob. Nedalharius Fulchoius , Nicho laus ; H a i m e r i c u s mon. B. D. Fromundus mon B. D. ; Oilendis Tesselina ; G i r a r d u s mon. B. D professus; R o b e r t u s mon. B. D. Stephanus mon B.D.; Adam mon B. p. ; Renoldus Pastil, Odelina uxor eins.

308 Ob. Haibertus; Gauslinus mon. ß. D. , abbas ^ ; R o - g e r i u s abbas La- tiniacensis ; Girar- dus, Amauricus, Er- menildis , Agnes, Willelmus , Agnes ; Vitbert US mon. et sacerdos B. D.; Elinandus, Heutru- dis, Tes9e, Odo, Jo- hanna, Guillelmus ; Stephanus mon. B. D. ; Petrus mon. B. D.

1) Dem Abt hat Racine natürlich vorher einen besonderen Ab- schnitt gewidmet.

26

Wilhelm Levison.

Molinie r. 313 Ob. Girardus O d o qui dedit . . . . . ; H e r 1 e V i n u s mon. B. D. Ivo , Gauslenus V u i a n u s mon B. D. ; Amalretns R a d u 1 f n s mon. B. D. ; Agnes la Barre.

Racine. 1. April I, 261 Ce meme jour on trouve marquee dans nos anciens necrologes la mort d'Herluin, de Vaujan, de Eadolfe, de Nicolas Bertin, troisieme chan- tre en 1588 et reli- gieux de ce monastere, et d'un nomme Endes qui nous fit quelques ^ presens. 18. Nov. II, 348 Ce meme jour on trouve marquee dans nos anciens necrologes la mort de E-enard, de Lambert, de Nicolas, de Renaud Gilles arrivee en Alle- magne en 1-475, de Simon de Saint Benoist courtil- lier en 1516, de Nicolas Chartier et de Nicolas Cour- tin en 1572, reli- gieux de ce monastere.

Racine hat also neben dem Nekrolog des 13. Jh. andere gehabt, aber nicht ältere und keins aus dem 9. Jh., wie Depoin meint, sondern jüngere, und wenn sich nach einer Stelle eine Person des 11. Jh. darin befunden zu haben scheint :

6. Jan. I, 21 Ce meme jour on trouve marquee dans nos anciens necrologes la mort de Gillebert, de Robert, de Jocon, de Geoffroj et de Philippe de Feu- gnerolles, prieur

331 Ob. Guntardus, Herbertus , Ansegi- sus, Herbertus, Ro- tildis, Gerbertus ; Rainardus mon. B. D. ; Adelaidis regina ; L a m b e r - t u s mon. B. D. ; Guillelmus Malus- vicinus ; N i c h o - laus mon. B. D.

307 Ob. Gisleber- tus mon. B. D., Robertus mon. B. D., locho mon. B. D. , Gaufredus mon. B. D.

1) Vgl. S. 23.

Das Nekrologium von Dom Racine. 27

Racine.

Molinier

de Marna j en 1096,

religienx de ce mona-

stere.

so hat Racine sich einfach verschrieben ; in der Liste der Priore von Marnay (I, S. LXXVI) setzt er den Tod Phi- lipps ins Jahr 1496.

Aber Racine gibt auch über die jüngeren Vertreter der 'ancieus necrologes' genauere Auskunft; nicht nur das älteste Nekrologium begegnet einzeln häufig, sondern bis- weilen auch die zweite Quelle dieser Art und in einer Weise, welche die gewonnenen Ergebnisse bestätigt und zeigt, dass Racine ihr gemäss dem geringeren Alter mit Recht die zweite Stelle zugewiesen hat. Ich gebe wieder einige datierte Beispiele von vielen :

I, 154 (16. Febr.): Ce meme jour, selon notre second necrologe, mourut Michel Pintons, chantre, en 1415, reli- gieux de ce monastere.

I, 188 (28. Febr.) : Ce meme jour notre second necro- loge annonce la mort de Georges de Merandet, religienx de ce monastere, en 1463.

I, 393 (8. Juni): Ce meme jour moururent, selon notre second necrologe , Mathieu des Chacimilliers prieur de Reuilly et Jean Disque, panetier, maitre des novices, tierce prieur et soustresorier, le premier en 1435 et le second en 1612.

I, 407 Nachtrag (12. Juni): Ce meme jour 1582 mourut ä Paris, martyr de la religion catholique, Armand Duchesne, religienx de ce monastere. Le second necrologe n'entre point dans un plus grand detail de la vie de ce saint religienx et des circonstances de sa mort.

II, 42 (16. Juli): Ce meme jour 1540. mourut Guil- laume de Piennes, religieux de ce monastere, que notre second necrologe dit avoir ete distingue par la noblesse de ses ancestres et sa grandeur d'ame.

II, 384 (4. Dez.): Ce meme jour notre second necro- loge annonce la mort de Pierre Lovit aumonier en 1404, de Philippe Rossen en 1410 et de Jacques Charlot cenier en 1485, religieux de ce monastere.

Dieser (verlorenen?) Quelle verdankt Racine allem Anschein nach viele Angaben für das spätere Mittelalter und das 16. und 17. Jh. Aus zwei Bemerkungen, die er nachträglich eingeschoben hat, möchte man schliessen, dass es sich nicht um ein nach dem Kalender geordnetes Toten-

28

"Wilhelm Levis on.

bnch handelt, vielmehr eher um Totenannalen nach der Folge der Jahre oder wenigstens der Aebte; es sind zwei Hinweise auf schwer lesbare Teile der Quelle, die vielleicht deren ältestes Stück bildeten:

I, 16 Nachtrag bei Abt Robert III. de Fontenay (t 1363): 'Les noms des religieux morts sous son gouverne- ment sont tellement effaces dans le second necrologe, qu'il n'est pas possible de les dechifErer'.

I, 322 Nachtrag bei Abt Guy II. de Monceau (f 1398) : 'Le necrologe de son tems est en si mauvais ordre et l'ecriture si efface, que Ion n'a presque faire connoitre les morts arrivees sous son gouvernement'.

Yon den Nekrologien unterscheidet Racine 'nos an- ciens calendriers', die er (I, 261, 299) für Personen des 14. bis 16. Jh. so zusammenfassend erwähnt und von denen im besonderen 'notre ancien calendrier' öfter bei Namen begegnet, die, soweit Racine ihre Zeit näher bestimmt, sich von 1190 bis 1554 erstrecken und die teilweise in dem gedruckten Nekrologium des 14. Jh.^ (Molinier S. 338 ff.) begegnen, z. B. :

24. März

6. Mai

12. Mai

Racine.

I, 237 Ce meme jour mourut , Selon notre ancien calendrier, Ro- bert de Saint Ouen, re- ligieux de ce monastere.

I, 336 Notre ancien ca- lendrier fait aussi me- moire d' Endes de Mer- ville et de sa femme.

I, 344 On lit en ce jour dans notre ancien ca- lendrier la mort du prevost de Pavie et

Molinier.

339 Obiit Robertus de

Sancto Audoeno.

340 Obierunt Odo de Merevilla et uxor eins.

340 Obiit Prepositus de Pavie, qui dedit domum iusta sco- lares.

1) Ich finde dieselbe Quelle vereinzelt einmal als 'notre ancien obituaire' bezeichnet (25. Januar, I, 93), ein ander Mal als 'un de nos necrologes' (17. Januar, I, 64) oder 'un ancien calendrier' (10. Dez., n , 394) ; dasselbe , in der Zeit Karls V. angelegte Totenbuch (vgl. Molinier S. 806) meint Racine (5. Dez., II, 384) wohl auch, wenn er 'le calendrier ecrit du tems du roi Charles' nennt. Verschieden ist davon anscheinend 'un vieux calendrier', das er (II, 210) neben 'notre ancien necrologe' (Molinier S. 326) für Bischof Rainald von Paris (f 1016) be- nutzt hat.

Das Nekroloorium von Dom Racine.

29

11. Juni

24. Juli

20. Sept.

Racine, qu'il nous donna une maison proche lesEeoles de Tuniversite.

I, 400 (Nachtrag) Ce meme jour notre ancien ca- lendrier annonce la mort de Simon de Rambouil- let , qui nous donna douze livres parisis de rente annuelle.

II, 60 Ce meme jour notre ancien calendrier annonce la mort de Thibault de la Val et d'Araitte son epouse, qui nous donnerent quatre v in gt^ livres de rente, pour avoir part aux prieres et autres bonnes oeuvres, qui se fönt dans ce monastere. On nous a laisse ignorer les autres circomstances de leur condition et de leur vie, et nous aurions meme oublie et leurs noms et leur charite Sans la mention qui nous en est reste dans ce calendrier, dune ecriture qui peut avoir quatre cent ans d'an- tiquite.

II, 224 Ce meme jour notre ancien calendrier annonce la mort, sans nous en dire l'annee, de Geoffroj le Bour- guignon et de sa femme, qui nous ont donnees

M o 1 i n i e r.

340 Obiit Symon de RambouUet, qui de- dit nobis XII libr. Paris, redditus an- nuatim.

340 Ob. Theobaldus de Vallibus, qui de- dit nobis Illlor li- bras redditus , et fiat secunda oratio pro Amicia uxore sua.

341 Ob. Gaufredus le Bourguegnon et eius uxor, qui dederunt Illlor libr. Par. red- ditus annuatim su- per Candend.

1) Verbessert aus 'vingt quatre'.

30

"Wilhelm Levisou.

338 (7. Januar) Ob. do- mini ürbani pape '^

Racine. M o 1 i n i e r.

V i n g t quatre livres parisis de rente an- nuelle qu'ils avoient aux environs de cette ville. 20. Okt. 1 II, 293 Nachtrag zu Ur- banlV. (t 1264): 'L'an- cien calendrier ne l'a point oublie, ou Ion trouve sa mort marquee au 7 de j an vier'.

Doch fehlen andere auf 'den alten Kalender' zurückgeführte Angaben in dem gedruckten Text; ob Molinier, wie es scheint, jüngere Zusätze von seiner Ausgabe ausgeschlossen oder ob Racine einen zwar verwandten, aber doch nicht denselben Text benutzt hat, wird sich nur nach Einsicht in die von Molinier benutzte Hs. entscheiden lassen. Das- selbe gilt von einer anderen Frage: Nach einer Stelle scheinen das 'zweite Nekrologium' und der 'alte Kalender' identisch zu sein ^ :

I, 233 (20. März): Ce meme jour notre ancien calen- drier ou second necrologe annonce la mort de Guillaume Reüilly en 1419, [de Michel Peniscerole en 1449]* et de Jean Beaunier en 1574, religieux de ce monastere; doch liegt eher ein Versehen oder ein missverständlicher Ausdruck vor, da bei einem anderen Tage die beiden Quellen dazu noch das älteste Nekrologium deutlich unterschieden werden :

25. Mai

Racine.

I, 370 Ce meme jour

notre ancien calendrier

marque la mort de

Robert de Tibivilliers,

Molinier. 340 Obiit Robertus de Tybuvillari elemosi- narius.

1) Todestag Urbans III., nicht des IV. 2) Die Eintragung be- zieht sich nach Molinier auf Urban V. ("j- 1370). 3) Vielleicht lassen sich dafür auch Angaben aus 'nos anciens necrologe s' zum 9. Juli (II, 25) anführen, die sich teilweise im Nekrologium des 13., teilweise in dem des 14. Jh. nachweisen lassen (Molinier S. 3'21. 840) ; ferner, dass Hinweise auf 'notre second necrologe' beim 9. Aug. (II, 107) und 12. Dez. (II, 395) ebenfalls dem Obituar des 14. Jh. (S. 341 f.) ent- sprechen. Doch muss man mit der Möglichkeit rechnen, dass Angaben eines Totenbuches in ein später angelegtes übernommen worden sind. 4) Die eingeklammerten Worte hat Racine nachträglich hinzugefügt.

Das Nekrologium von Dom Racine.

31

Racine. Molinie r.

revetu de la qualite d'aumonier, et notre second necrologe Celle de Jean de Tibivilliers, pro- bable ment p röche parens et au meme tems religieux de c e ra o n a s t e r e. Notre

ancien necrologe ajoute 318 Obierunt Wil- en ce jour la mort de [ lelmus mon. B. D. ; Guillaume, d'Ernaud, ' Ernaldus mon. de Robert souprieur et '< B. D. ; Robertus d'Etienne, religieux de i subprior, mon. B. ce monastere. D. ; Stephanus

! mon. B. D.

Die Frage kann hier dahingestellt bleiben; es genügt der Nachweis, dass das zweite Nekrologium und das alte Kalen- darium, mögen sie identisch sein oder nicht, erst den letzten Jhh. des Mittelalters angehören und dass Racine keine Quelle dieser Art aus früherer Zeit erwähnt hat ^. Die erörterten zwei oder drei Texte sind offenbar seine Hauptquellen für Todestage gewesen ; nur selten beruft er sich dafür auf andere Quellen nicht höheren Alters, wenn er über die Pflichten des Maitre des Charites bei Anni- versarien dessen Akten (vgl. Molinier S. 306) einsieht (z. B. I, 197. II, 315), das Polyptichon des Klosters ('notre ancien pouille') benutzt (I, 294, 298) oder die Re- gister und das Nekrologium der Bruderschaft von St. -Denis (vgl. Molinier I, 2, S. 873 ff.) ausschreibt (z. B. I, 216, 365, 389. II, 17, 121, 156, 218, 349, 384, 401, 416) alles Quellen, die keineswegs- ins frühere Mittelalter zurückführen ^.

1) Vereinzelt begegnen auch Hinweise auf ein Xekrologium des zu St. - Denis gehörigen Priorats Argenteuil (Molinier S. 343 ff.), so beim 17. Sept. und 18. Okt. (II, 219, 290 ; vgl. eb. S. 349 f.) ; einmal (II, 223), beim 19. Sept., werden das ältere Nekrologium von St. -Denis (Molinier S. 326) und das von Argenteuil (eb. S. 349) als 'nos anciens necrologes' zusammengefasst, und beim 2. Nov. (II, 326) wird das letztere (eb. S. 350) wohl durch ein Versehen als 'notre ancien necrologe' bezeichnet. 2) Für Abt Suger (f 1151) beruft sich Racine (I, 55) auf die Nekrologien von Sainte - Genevieve und Notre - Dame de Paris (Molinier S. 489, 99), die dem 13. .Jh. angehören. Abt Albert (29. Juli, II, 70) kennt er nicht nur aus 'notre ancien necrologe' (Molinier S. 322), sondern auch aus dem damals schon gedruckten Nekrologium von Saint -Germain -des -Pres (eb.

32 "Wilhelm Levison.

Woher weiss aber Racine, wenn ihm keine älteren Nekrologien zu Gebote standen, die sonst unbekannten Todestage nicht nur jener Merowinger, sondern auch zahl- reicher anderer Personen, für die eine solche Quelle weder von ihm noch von anderen genannt wird? Die Antwort ist sehr einfach: er hat die Todestage in vielen Fällen nach Belieben erfunden, ein Verfahren, aus dem er gar kein Hehl macht in einem naiven Selbstzeugnis, das De- poin übersehen hat. Als Racine den Entschluss gefasst hatte, das Andenken derer, die zu St. - Denis in Beziehungen gestanden hatten, in Gestalt eines Nekrologiums zu er- neuern, da fragte es sich, wie denn die Personen einzuordnen seien, deren Todestag unbekannt war. Wie er sich geholfen hat, sagt er am Schluss der Vorrede (I, S. XLVI) : 'Plaise au Seigneur repandre sa benediction sur un ouvrage con9u et entrepris pour sa gloire et le rendre un temoignage de l'attachement pour son corps de celui qui y a consacre son temps! II n'avertira point, qu'il a place ä son choix les eloges de ceux dont les dates de la mort s o n t i n c o n n u e s ; on en fera lui meme facilement la remarque.' Damit werden alle jene Angaben über Todes- tage, die nicht sonst bekannt sind oder für die Racine nicht ausdrücklich eine Quelle beibringt, wertlos; nach seiner eigenen Erklärung sind sie von ihm willkürlich ge- wählt worden, und es ist für die Beurteilung gleichgültig, ob Ueberlegung und Benutzung anderer Quellen ^ oder der Zufall ihn eine glückliche Wahl haben treffen lassen wie bei jenen Merowingern oder nicht. Welche Gesichtspunkte ihn im einzelnen veranlasst haben, die bestimmten Tage zu wählen, lässt sich natürlich nicht immer erkennen (oft genug scheint lediglich die geringe Besetzung eines Tages ihn bewogen zu haben, Personen ohne Gedenktag dort

S. 267). Für den Todestag Adalberos I. von Metz (f 962) wie er meint, den 23. Febr. 964 (I, 175) nennt er als Quelle ein 'Nekrologium' von Saint - Trond, benutzt aber offenbar nur das Zitat aus der Kloster- chronik (SS. X, 378) bei Meurisse, Histoire des evesques de l'eglise de Metz, 1634, p. 315, samt dem dort verderbten Datum. 1) Racine

beruft sich nicht immer, wo er es hätte tun können, auf eine Quelle. So bringt er z. ß. die sonst bezeugten Todestage von Childebert III. und Dagobert III. (vgl. unten), von Karls d. Gr. Gattin Hildegard (30. April, I, 323), Ebo von Reims (20. März, I, 231), Königin Alienor von England (31. März 1204, I, 254), ohne sich dafür auf ein Nekrologium oder eine andere Quelle ausdrücklich zu beziehen. Man wird natürlich um solcher Ausnahmen willen die vielen anderen seiner Angaben, die nicht durch sonstige Quellen gesichert sind, bei der Art seiner Ai-beit nicht annehmen dürfen.

Das Nekrologium von Dom Racine. 33

unterzubringen) ; aber in manchen Fällen lassen sich seine Beweggründe unschwer erraten, wie einige Beispiele zeigen sollen, die zugleich mein urteil über die Wertlosigkeit der sonst unbezeugten Daten erhärten mögen.

In belustigender Weise gestattet er beim 9. Juni (I, 393) einen Einblick in seine Karten: 'Le neuvieme jour 1061 ou 1062 m o u r u t Hugues IV, religieux et abbe de ce monastere ^. La detection ou l'ouverture des chasses de nos saints patrons est un evenement si considerable de son administration, que nous avons cru devoir y placer 1 e jour incertain de sa mort et le joindre ä la feste que nous solemnisons chaque annee en memoire dune auguste ceremonie, qui tient un rang si distinguee dans nos annales'. Ein ander Mal stellt er den eigenen Ansatz durch den Hinweis auf eine seiner Quellen wenigstens als zweifelhaft hin, indem er zum 11. April (I, 284) berichtet: 'Ce meme jour vers 1160 mourut Herbert, fils de Thomas de Braie et bienfaiteur de ce monastere', dann von einer Schenkung des Mannes erzählt - und hinzufügt : 'On trouve dans notre ancien necrologe ^ au premier de Septembre un Herbert, qualifie de prieur d'heureuse memoire et religieux de ce monastere, qui pourroit bien n'etre point different de celui cy'. Vom 12. April 790 ist eine Urkunde König Offas von Mercien für St. - Denis datiert ^, die auch Racine benutzt und erwähnt; wie er berichtet (I, 286), ist Offa am 12. April gestorben (tatsächlich am 29. Juli), und den Tod der Brüder Agonauvala und Sigrin und des Herzogs Berhtwald, die in derselben Urkunde erwähnt werden, lässt er am 13. April, also am folgenden Tage, erfolgen (I, 288), wenn auch in verschiedenen Jahren. Das Kloster Plaisir soll ein gewisser Hagadeus an St.-Denis geschenkt haben ; Ansprüche, die Bischof Erchenrad erhob, wurden im Königs- gericht zurückgewiesen, wie wir aus einer Urkunde Karls des Grossen vom 28. Juli 775 erfahren 5: eben am 28. Juli ist Hagadeus gegen 700 nach Racine (II, 67) aus dem Leben geschieden. Karls d. Gr. Schwester Gisela hat dem Kloster am 13. Juni 799 eine Schenkung gemacht, deren Urkunde Racine vorlag und auch heute noch im Original

1) Der wirkliche Todestag Hugos ist der 10. April (vgl. Molinier S. 314. 346), wo Racine ihn im 'ancien necrologe' übersehen hat. 2) Vgl. Luchaire, Etudes sur les actes de Louis VII. p. 233, n. 413. 3) Molinier S. 325: 'Herbertus pie memorie prior B. D.' 4) Felibien S. XLII;

Walter de Gray Birch, Cartularium Saxonicum I, 360, n. 259, unecht nach W. H. Stevenson, The English Historical Review VI, 1891, p. 736 ff. 5) MG. Dipl. Karol. I, n. 102.

Neues Archiv etc. XXXV. 3

34 Wilhelm Levison.

erhalten ist^; nach Eacine (I, 407) ist Gisela am 13. Juni gestorben, in Wirklichkeit am 30. Juli, da sie mit der Aebtissin Gela identisch zu sein scheint, deren Tod das Nekrologium ihres Klosters Chelles zu diesem Tage be- richtet (Molinier S. 372) 2. Belustigend ist es auch, wenn wir den Todestag anonymer Personen erfahren, so von drei Verfassern der Miracula Dionysii beim 15. April (1, 294) und 10. Dez. (II, 393), desjenigen der Gesta Dagoberti am 26. Nov. (II, 363), von 'un religieux de ce monastere que nous ne connoissons que sous le titre de second continua- teur de la chronique de Guillaume de Nangis' beim 3. Sept. (II, 195), desgleichen eines anonymen Chronisten Karls V. und VI. beim 30. Okt. (II, 319); am 9. April sterben gegen 694 'un seigneur, dont la mere est appellee Idda', und seine Gattin Chramnetrude, die Racine aus einer teilweise zerstörten Urkunde kennt ^, mit deren fehlenden Teilen auch der Name jenes Herrn zu seinem Bedauern ver- schwunden ist (I, 279). Am 4. März 1254 starb Abt Wil- helm III. von St.-Denis, für dessen Anniversar, wie das Ne- krologium des 13. Jh. (Molinier S. 311) und nach ihm Ra- cine (I, 197) erzählt, der Prior Manasserus von Argenteuil eine Stiftung machte ; merkwürdig, dass der Prior am 5. März dem Abt in das Jenseits gefolgt sein soll (I, 199), während das Nekrologium von Argenteuil selbst (Molinier S. 351) den Tod des 'Manasses prior de Argentolio ' zum 8. Dez. verzeichnet! Nicht nur König Dagobert I. ist am 19. Januar gestorben, sondern am selben Tage einige Jahre später seine Gattin Nanthilde (I, 75). Theuderichs III. Gattin Chrodechildis stirbt am 3. Juni (I, 385), also am selben Tage, der sonst einer berühmteren Trägerin des Namens zugeschrieben wird, der Burgundischen Gattin Chlodwigs I."^ Ich weiss nicht, weshalb Racine den Abt Charderich von St.-Denis am 13. Mai sterben lässt (I, 344); dagegen leuchtet ein, warum sein NefEe Magnoald, der erste Abt von Tussonval, am gleichen Tage gestorben sein soll: man liest die Namen beider in denselben Urkunden ^1 Wenn man Racine (I, 365) glauben darf, so ist ein reicher Kaufmann Johannes, der St.-Denis mit einer Schenkung bedacht hatte, gegen 628 am 20. Mai gestorben, am selben

1) Eb. n. 319. 2) Auch die 'Gisla abbatissa', deren Tod das

Nekrologium von Argenteuil zum 8. Juli verzeichnet (Molinier S. 347 f.), kann in Betracht kommen. 8) Pardessus, Diplomata II, 211, n. 413.

4) Vgl. AA. SS. lunii I, 292 ff.; SS. R. Merov. II, 347. 5) MG.

Dipl. Merov. p. 61 ff., n. 69. 70.

Das Nekrologium von Dom Racine. 35

Tage gegen 630 aber auch der Abt Dodo, der diese Schen- kung durch eine Urkunde Chlothars II. bestätigen Hess ^. Wir besitzen noch im Original ein Privileg Bischof Agerads von Chartres von 696/7 für ein Kloster an der Loire "-, das eine Dame Adrebercta mit Zustimmung ihres Sohnes Deodat gegründet hat, soweit der trümmerhafte Wortlaut erkennen lässt; ein seltsamer Zufall will es, dass nach Racine (II, 245) alle drei am 27. Sept. gestorben sind. Doch ich halte ein, um die Geduld des Lesers nicht auf die Probe zu stellen ; die beigebrachten Beispiele dürften zur Erhärtung des Satzes genügen, dass 'ce meme jour mourut' . . . und dergleichen Wendungen nach Racines eigener Erklärung nichts anderes heissen, als dass er, wo er sich dafür nicht ausdrücklich auf eine Quelle beruft, die betreffende Person nur deshalb nach Gutdünken diesem bestimmten Tage zu- gewiesen hat, um nicht von der Form eines Nekrologiums abgehen zu müssen. So sind denn auch die neuen, von Depoin ans Licht gezogenen Merowingerdaten wertlos, wenn ich auch nicht zu sagen weiss, weshalb Racine sie gerade so ausgewählt hat. Wenn Chlodwig III. am 2. März gestorben sein soll (I, 193), so mag dabei der Um- stand mitgewirkt haben, dass seine letzte erhaltene Ur- kunde ^ zwei Tage vorher, an einem 28. Februar, ausgestellt ist, wie denn Racine den König nachher 'peu de tems' leben lässt; die Wahl des 15. April zum Todestag von Theuderich IV. (I, 293) wird durch den von Childebert III. beeinflusst sein, dessen Ende er unmittelbar vorher zum 14. April (I, 289) im Anschluss an die Annales S. Medardi berichtet hatte. Doch es verlohnt sich nicht, weitere Ver- mutungen über seine Beweggründe auszudenken; die von ihm neu beigebrachten Daten werden wieder der verdienten Vergessenheit anheimfallen müssen, der sie Depoin ent- rissen hat.

Doch ich möchte nicht mit blosser Verneinung schliessen, sondern benutze die Gelegenheit, um die ge- sicherten oder wenigstens wahrscheinlichen Ergebnisse der an verschiedenen Orten zerstreuten und darum unübersicht- lichen Untersuchungen und Beobachtungen der letzten Jahrzehnte über die Chronologie der Merowinger für den gesamten Zeitraum kurz zusammenzufassen und damit namentlich ein vielleicht nicht unwillkommenes Hilfsmittel

1) Eb. S. 13, n. 11 ; J. Havet, Oeuvres I, 229 ff. 2) Pardessus

II, 234, n. 435 ; Tardif, Monuments historiques p. 28. 3) Dipl. Merov. p. 58, D. 66.

3*

36 Wilhelm Levison.

für die ümsetzuüg der Urkundendaten in unsere heutige Eechnung darzubieten, wie es früher Giry ^ und für die Zeit von Dagobert I. an Levillain ^ gegeben haben. Ich stelle daher zunächst die neuere Literatur zusammen ^, gebe dann in Gestalt einer Tabelle deren Ergebnisse und bespreche endlich in möglichst kurz gefassten Anmerkungen diejenigen Fragen, die mir noch einer Erörterung zu be- dürfen scheinen. Auf die Quellen gehe ich daher im all- gemeinen nur soweit ein, wie noch ein Zweifel möglich war, oder wo ich glaube, in Einzelheiten über die bis- herigen Ermittelungen hinauskommen zu können ; wo die neueren Arbeiten einen Abschluss gebracht haben, be- schränke ich mich darauf, auf sie zu verweisen. In den vielen Fällen, in denen Könige erst durch den Tod des Vorgängers auf den Thron gelangt sind, habe ich den Todes- tag zugleich als Anfangszeit des neuen Herrschers hin- gestellt, auf die Möglichkeit hin, dass in dem einen oder anderen Fall Todestag und Epoche der Jahreszählung, etwa eine feierliche Erhebung auf den Thron, nicht ganz zusammengefallen sind; die dürftigen Quellen der Mero- wingerzeit gestatten in dieser Hinsicht keine Unterscheidung, wie sie z. B. bei dem Tode Pippins und der Epoche Karls des Grossen zu machen ist*.

Literatur.

B. Krusch, Zur Chronologie der Merowingischen Könige (For- schungen zur Deutschen Geschichte XXII, 1882, S. 449 490) ; Chrono- logisches aus Handschriften (N. Archiv X, 1885, S. 83 94); SS. R. Merov. II, 1888, p. 576 f.; Historische Zeitschrift LXIII, 1889, S. 108 —111; Die älteste Vita Leudegarii (N. Archiv XVI, 1891, S. 579, X. 1); SS. R. Merov. V (im Druck) ^ 9 f. 90 f. 289, N. 1. 399.

J. Hayet, Questions merovingiennes III VI, zuerst in der Biblio- theque de l'Ecole des chartes XLVI, XLVIII, LI, LIII, 1885—92, dann gesammelt mit einigen Verbesserungen und Zusätzen : Oeuvres I, 1896 ^. 91 101. 106. 187 189. 154. 242. 262. 446 über chronologische Fragen).

E. Vacandard, Le regne de Thierry UI et la Chronologie des meines de Fontenelle (Revue des questions historiques LIX , 1896, p. 491—506).

1) Manuel de diplomatique, 1894, p. 711. 2) Le Moyen Age

XVI, 1903, p. 11. 3) In einzelnen Fällen empfahl sich noch ein

Hinweis auf G. Richter, Annalen der Deutschen Geschichte im Mittel- alter I, 1878. 4) Vgl. Sickel, Acta regum et imperatorum Karolinorum I, 248. 5) Für die Erlaubnis, mich bereits jetzt auf die Ausführungen in dem noch nicht erschienenen Bande beziehen zu dürfen, wie auch für manche Anregung sage ich Herrn Archivrat Ki'usch auch an dieser Stelle; verbindlichsten Dank.

Das Nekrologium von Dom Racine.

37

W, Levison, Zur Geschichte des Frankenkönigs Chlodowech (Bonner Jahrbücher CHI, 1898, S. 42—86); Kleine Beiträge zu Quellen der fränkischen Geschichte II (N. Archiv XXVII, 1902, S. 356—368).

E. J. Tardif, Les chartes merovingiennes de l'abbaye de Noirmoutier (erweiterter Abdruck aus der Nouvelle Revue historique de droit frangais et etranger XXII, 1898, p. 762 ff.), Paris 1899, p. 33—58.

G. Schnürer, Die Verfasser der sogenannten Fredegar - Chronik (Collectanea Friburgensia IX), 1900, S. 15 ff.

L. Levillain, Contribution ä la Chronologie des rois merovingiens (Moyen Age XVI, 1903, p. 1—11).

J. Depoin, Questions merovingiennes et carolingiennes I (Revue des etudes historiques LXX, 1904, p. 377—882); Essai de fixation d'une Chronologie des rois merovingiens de Paris au VI. et VII. siecles (Bulletin historique et philologique du Comite des travaux historiques et scienti- fiques 1905, p. 205—214).

Ph. Lauer, Sur la date d'avenement de Chilperic II. (Bulletin de la Societe nationale des antiquaires de France 1907, j). 246 249).

Anfangf

Ende

9

10

11

12 13 14

15

16

17

18 19 20

Chlodwig I

Theuderich I. (Austrasien) . .

Theudebert I

Theudebald

Chlodomer (Orleans) . , . .

Childebert I. (Paris) . . . .

Chlothar I. (Xeustrien, 558 561

im ganzen Reich) . . . .

Charibert I. (Paris)

Guntram (Burgund)

Sigbert I. (Austrasien) . . . .

Childebert II. (Austrasien, 592 595 auch Burgund) Theudebert II. (Austrasien) Theuderich II. (Burgund) . Sigbert II

Chilperich I. (Xeustrien) .

Chlothar II. (Neustrien, 613 623 im ganzen Reich) .

Dagobert I. (623 629 nur Austrasien)

Charibert II. (Aquitanien)

Sigbert III. (Austrasien) .

Dagobert II. ... zum zweiten Mal

482

27. Nov. 511

534

548

27. Nov. 511

27. Nov. 511

27. Nov. 511

29. Nov. bis

Ende 561 29. Nov. bis

Ende 561 29. Nov. bis

Ende 561

Dez. 575

22. (23.) Nov. 595

22. (23.) Nov. 595

613

29. Nov. bis

Ende 561

Sept. 584

20. Jan. bis

8. April 623 Ende 629 oder

Anfang 630 Ende 633 oder

Jan. 634 1. Febr. 656 2. April bis

1. Juli 676

27. Nov. 511

534

548

Nov.oderDez.555

524

23. Dez, 558

29. Nov. bis

Ende 561

567 nach 17. Nov.

oder 568

28. März 592

Dez. 575

22. (23.) Nov. 595 Mai bis Ende 612 613 1. Sept. bis

Ende 613 Sept. 584

2. Hälfte Sept. 629

19. Jan. 639

Anfang bis

8. April 632 1. Febr. 656

661 23. Dez. 679

38

Wilhelm Levison.

Anfang

Ende

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30 31

32

Childebert, Sohn Grimoalds

Chlodwig II, (Neustrien und

Burgund)

Chlothar III. (Neustrien und Burgund)

Childerich II. (Austrasien, 673 675 im ganzen Reich) . . .

Theuderich III. Chlodwig III. . Childebert III. Dagobert III. . Chilperich II. .

661 19. Jan. 639

10. Okt. bis 16. Nov. 657

Ende März bis

13. Nov. 662 10. März bis

15. Mai 673

2. Sept. 690 bis

12. April 691

3. Sept. 694 bis

13. April 695

14. April 711

Chlothar IV. (Austrasien) Theuderich IV

kein König Childerich III.

24. Juni bis

Ende 715

März bis Ende 717

13. Febr. 721

März oder

April 737 16. Febr. bis

3. März 743

662

11. Sept. bis 16. Nov. 657

10. März bis

15. Mai 673

11. Aug. bis

14. Nov. 675

2. Sept. 690 bis

12. April 691

3. Sept. 694 bis

13. April 695

14. April 711

24. Juni bis

Ende 715 13. Febr. 721

719 März oder

April 737 15. Febr. bis

2. März 743 22. Dez. 751 bis 23. Jan. 752

1) Ueber Chlodwig- vgl. meine Ausführungen a. a. O. S. 44 ff. ; der Todestag nach den Kaiendarien und Missalien der von ihm gegründeten Kirche Sainte - Genevieve (eb. S. 48; Longnon, Obituaires de la province de Seus I, 1, p. XIY ff.).

2) und 3) Theuderich I. stirbt in seinem 23. Jahre, Theudebert I. im 14. (Gregor von Tours III, 23. 37, SS. R. Merov. I, 131. 140) und 37 Jahre nach dem Tode Chlod- wigs (eb. III, 37. IV, 51, p. 140. 188); da Theudeberts Todesjahr 548 durch Marius (Auct. ant. XI, 236) feststeht, so ist der Tod seines Vaters 534 anzusetzen, nicht 533. Vgl. G. Richter, Annalen I, 58.

4) Theudebalds Todesjahr nach Gregor IV, 9 (p. 147) und Marius (p. 236); die Beschränkung auf die letzten zwei Monate des Jahres nach einer Grabinschrift aus Cler- mont (Corpus inscript. Lat. XIII, 1, n. 1481): 'VIII. K. Dec. [in]dic. IUI. (Sept. 555 bis Aug. 556) dn. [Theudo- vjaldi regi'.

6) Childeberts I. Todestag nach der Ueberlieferung seiner Stiftung St.-Germain - des - Pres in der Vita Droctovei

Das Nekrologium von Dom Racine. 39

des Gislemar c. 15 (SS. E,. Merov. III, 541) und in dem Martyrologium des CTsuard (ed. Sollerius p. 760). Das Todes- jahr 558 nach Mariiis (p. 237); auf 559 führt die Oxforder Komputation zu Isidor (Auct. ant. XI, 492), vgl. Krusch, Forschungen S. 478, und Havet S. 96, N. 1.

7) Chlothar I. starb 561 (Marius) im 51. Jahre der Herrschaft (Gregor IV, 21, p. 158), also frühestens am 27. Nov. Dass er am 28. noch lebte, zeigt das Datum des Vertrags von Andelot (eb. IX, 20, p. 377); vgl. meine Be- merkung, Chlodowech S. 48, N. 1, ebenso Longnon a. a. 0. S. XVI, ferner die Ausführungen von Krusch, Forschungen S. 455, der darlegt, dass der Tod des Königs nach dem 19. Nov. erfolgt ist. Der 28. Sept., den gleich früheren Forschern Depoin S. 205 f. nach verschiedenen Nekrologien diesem Chlothar zuweist, kann sich daher nur auf einen anderen König des Namens beziehen ; es handelt sich, wie schon Havet S. 138, N. 2 bemerkt hat, um Kaiser Lothar I. (t 855), als dessen Todestag ein Teil der Quellen wie die An- nales Bertiniani (ed. Waitz p. 45) den 28. Sept. \ andere den 29. nennen (vgl. Mühlbacher, Regesten'- n. 1177b; Dümmler, Geschichte des Ostfränkischen Reiches I-, 391, N. 5; Parisot, La royaume de Lorraine sous les Carolingiens p. 76).

8) Charibert I. lebte noch am 17. Nov. 567 (MG. Con- cilia I, 135). Der Tod kann nicht lange nachher erfolgt sein, da die Westgotische Prinzessin Gailesvinda einige Stadtgebiete, die bei der Teilung von Chariberts Reich an seinen Bruder Chilperich I. gekommen waren , als Morgengabe bei der Vermählung mit Chilperich erhielt (Gregor IX, 20, p. 376; vgl. Longnon, Geographie de la Gaule au VI. siecle p. 121 f.), der noch bei Lebzeiten ihres in der Zeit von März bis Juni 567 gestorbenen Vaters Athanagild (vgl. Zeumer, N. A. XXVI, 417 ff.) um ihre Hand angehalten hatte (Gregor IV, 28, p. 163 ; vgl. Venan- tius Fortunatus VI, 5, 83, ed. Leo p. 138). Der Tod ist also Ende 567 oder spätestens 568 anzusetzen. Ich weiss nicht, auf welchen Quellen die Angabe beruht, dass Chari- bert am 7. Mai gestorben ist (P. Anselme, Histoire genea- logique et chronologique de la maison royale de France^ I, 1726, p. 6). Vgl. Richter S. 68 N. 1 ; Krusch, SS. R. Merov. I, 759, N. 2; W. Meyer, Der Gelegenheitsdichter Venantius Fortunatus (Abhandlungen der Göttinger Gesell-

1) Vgl. z. B. Molinier, übituaires de la province de Sens I, 1,

p. 230, 273. 299; I, 2, p. 1004 (I, 1, p. 19. 21 heisst Lothar irrtümlich

'rex'). Auch Racine (II, 247) hat das Datum richtig auf Lothar I. bezogen.

40 Wilhelm Levison.

Schaft der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse, Nene Folge IV, 5) S. 6 fE.

9) Das Todesjahr Guntrams, von dessen Ansetznng das Childeberts II. abhängt (vgl. Fredegar IV, 16, ed. Krnsch p. 127), hat wie einst Valesius Krusch, Forschungen S. 452 ff. auf 592 bestimmt und SS. R. Merov. II, 576 f. gegen Havet S. 137, N. 3 (vgl. S. 106, N. 5) verteidigt, der für 593 eingetreten wrar. Neuerdings hat Schnürer a. a. 0.

5. 26 ff. sich wieder für 593 ausgesprochen, doch ohne aus- reichende Gründe, wie ich in der Historischen Zeitschrift XXXVII, 298 gezeigt zu haben glaube. Der Todestag steht durch Fredegar IV, 14 (p. 127) fest.

10) Gregor lässt die Ermordung Sigberts im 14. Jahre des Königs, also vor Ende 575, stattfinden (IV, 51, p. 187) und Childeberts Herrschaft mit Weihnachten beginnen (V, 1. VIII, 4, p. 191. 328); doch hat man schon lange aus einer Grabinschrift vom 8. Dez. 586, die dem 12. Jahre Childeberts angehört (Corpus inscript. Lat. XII, n. 1045) \ den Schluss gezogen, dass er an diesem Tage des Jahres

575 bereits König war und Weihnachten nur eine feierliche Erhebung auf den Thron erfolgt sein wird. Daraus, dass das Ende Sigberts kurz vor der Jahreswende eintrat, er- klärt es sich, dass Marius (p. 239) davon erst zum Jahre

576 berichtet.

11) Zur Streitfrage über Childeberts II. Todesjahr (595 oder 596 7) vgl. die zu 9 genannte Literatur. Den Tag hat Depoin S. 380 ff. nach einem Nekrologium der Kathedrale von Limoges (Paris, Ms. Lat. 17188) bestimmt: 'X. Kalendas Decembris. Depositio Childeberti regis', ein Tag, der weder zu Childebert I. noch dem 3. König des Namens passt, während bei Childebert IL nichts im Wege steht ^ das Datum vielmehr aufs beste zu der von Krusch betonten Tatsache passt, dass Gregor der Grosse im Sept. 595 noch an Childebert schreibt, dagegen im Juli 596 sich mit einem Empfehlungsschreiben an die Frankenkönige Theuderich IL und Theudebert IL wendet (Registr. VI,

6. 49, MG. Epist. I, 384. 423), ohne den Vater auch nur

1) Vgl. dazu jetzt den Aufsatz von E. Duprat, L'inseription de Casarie et Polycarpe de ]a Riviere (Annales de la Societe des etudes provengales 1908), den ich nur aus der Anzeige von A. Poncelet (Ana- lecta Bollandiana XXVIIl, 228) kenne. 2) Den 23. (nicht 22.) Nov.

als Todestag eines Königs Childebert er meint des dritten erwähnt P. F. Chifflet, Bedae presbyteri et Fredegarii scholastici concordia, 1681, p. 445, nach einem Kalendar von S. Lucian in Beauvais, wo man einen Childebert (wie man glaubte, den ersten) als Stifter des Klosters ansah (vgl. Longnon, Geographie p. 415).

Das Nekrologiuni von Dom Racine. 41

zu erwähnen, so dass seit seinem Tode sicherlich bereits einige Monate vergangen waren. Uebrigens fällt der Todes- tag des ersten Childebert 'X. Kaien das lanuarii', also auf denselben Tag des Nachbarmonats nach Römischer Bezeichnung, was bei den nicht seltenen Verwechslungen, die in dieser Hinsicht im Mittelalter begegnen ^, immerhin hervorgehoben werden muss.

13) Da der Tod Theuderichs II. in das 18. Jahr des Königs fällt (Fredegar IV, 38/9, p. 140], ist er vor dem 22. Nov. 613 anzusetzen- (zum Jahre vgl. eb. I, 24, p. 34), jedenfalls einige Monate vorher, da sonst nicht genügende Zeit für die Ereignisse bis zum Siege Chlothars II. bleibt.

14) Sigbert II. starb im 30. Jahr Chlothars II. (eb. IV, 43, p. 142), also nach dem 1. Sept. 613. Da Chlothar II. nach der Vereinigung des ganzen Reiches noch 16 Jahre lebte (Fredegar IV, 42, p. 142), wird diese eher in das Jahr 613 zu setzen sein als in den Anfang von 614.

15) Chilperich I. wurde 584 wenigstens einige Tage nach dem 1. Sept. (Gregor VI, 45, p. 284) und vor Dezember (eb. VII, 11, p. 297) ermordet (vgl. Krusch, Forschungen S. 459). Da sein Sohn und Nachfolger Chlothar II. min- destens ein paar Tage vor dem 1. Okt. 629 im 46. Jahre der Herrschaft gestorben ist (vgl. 16), so fällt sein wie Chilperichs Tod in den Monat September, wenn auch der des Vaters auf einen früheren Tag als der des Sohnes. Racine hat den 5. Nov. als Todestag Chilperichs II. angegeben, was unmöglich ist (vgl. 29); er passt ebensowenig auf Chilperich I., wie De- poin (S. 209) meinte, der die sogleich (16) erwähnte Ur- kunde Dagoberts I. übersehen hat.

16) Chlothar II. starb im 46. Jahre (Fredegar IV, 56, p. 148), also 629/30, und nach dem 1. Sept. 629 (vgl. 15); den 18. Okt. des 46. Jahres erwähnt noch eine Grabschrift aus Briord (dep. Ain) an der Rhone (Corpus inscript. Lat. XIII, 1, n. 2476, wo ebenso wie bei n. 2478 die Bemerkung von Krusch, SS. R. Merov. II, 148, N. 4 übersehen ist), während der König am 8. April 630 nicht mehr am Leben war (vgl. das Diplom Dagoberts I. in der Vita Desiderii Cadurc. c. 13, SS. R. Merov. IV, 572; vgl. Krusch, For- schungen S. 466 f.). Dazu kommt eine unzweifelhaft nach dem Tode Chlothars ausgestellte Schenkungsurkunde Dago- berts, deren Echtheit Havet erwiesen hat (MG. Dipl. Merov.

1) Vgl. z. B. Rühl, Chronologie S. 73 ; Longnon, Obituaires de la province de Sens 1, 1, p. XIII. 2) Das Herrscherjahr als dem Kalender angeglichen zu betrachten (vgl. Schnürer), scheint mir hier nicht möglich.

42 Wilhelm Levison.

p. 139, n. 22; Havet S. 264)^ und die nur in einem Char- tular des 13. Jh. erhalten ist, aber bereits dem Verfasser der Gesta Dagoberti c. 22 (SS. R. Merov. II, 408) vor- gelegen hat. Im Chartular lautet das Datum 'sub die Kai. Octobris anno Q (= VI) regni [nostri]', d. h. 1. Okt. 628 (vgl. 17), was unmöglich ist, da Chlothar II. damals sicher noch lebte. Da aber der um vier Jahrhunderte ältere Biograph Dagoberts die Schenkung des Königs, auf welche sich die Urkunde bezieht, nicht zum 6., sondern zum 7. Jahre Dagoberts berichtet, so hat Havet S. 262 mit Eecht die letztere Ziffer in der Datumzeile des Diploms hergestellt, so dass der Tod Chlothars noch in den Sep- tember 629 fällt und das Datum der Inschrift von Briord so zu erklären ist, dass man dort am 18. Okt. oder viel- mehr bald darauf, als man die Inschrift anfertigte, noch keine Nachricht vom Dahinscheiden des Königs hatte -. De Pachtere hat jüngst ausgeführt (Le Moyen Age XXI, 1908, p. 144 151), dass kein Grund vorliegt, den Aus- stellungsort der Urkunde Sauriciago Sorcj bei Commercy (Meuse) oder ein verschwundener Ort bei Longueval (Aisne) mit Havet in Stirpiniago (Etrepagny) zu ändern, und hat in diesem Zusammenhang im Hinblick auf Fredegar IV, 56 (S. 148) mit Eecht dargelegt, dass Dagobert sich in Austrasien befand, als sein Vater starbt Am 1. Okt. 629 waren also seitdem mindestens einige Tage vergangen ; andererseits wird man kaum über die Mitte des September zurückgehen dürfen, will man den Zeitraum nicht un- gebührlich ausdehnen, in dem noch keine Kunde vom Tode Chlothars nach Briord gelangt war, das doch immerhin nicht allzu weit von Lyon und Genf und von der alten Römerstrasse gelegen war, die von Vienne ausging und im Süden der Rhone in zwei Armen Genf und den Kleinen St. Bernhard erreichte. Aus welchen Gründen Racine I, 14 den Tod Chlothars II. zum 4. Januar berichtet hat (Depoin S. 209), habe ich nicht erkannt.

17) Die Chronologie Dagoberts I. und seiner nächsten Nachfolger ist durch Krusch, Forschungen S. 459 ff. auf

1) Zur Urkunde vgl. auch N. A. XXVII, 349, N. 2. 2) Hält

man diese Annahme für unwahrscheinlich, so muss man auf eine grössere Verderbnis des Urkundendatums schliessen und annehmen, dass das Diplom auch in den Gesta Dagoberti falsch eingereiht ist und frühestens dem Jahre 630 angehört. 3) Das Wort 'cernens' steht dem schwerlich ent- gegen, wenn man den ganzen Zusammenhang der Erzählung beachtet. Schnürer a. a. 0. S. 99, N. 2 hat den Bericht Fredegars in derselben Weise aufgefasst.

Das Nekrologium von Dom Racine. 43

sichere Grundlagen gestellt worden, und an den Ergeb- nissen wird auch dadurch nichts geändert, dass die Daten der Vita Desiderii Cadurc. (vgl. eb. S. 466 f. 471 f.) nach seinen eigenen Darlegungen (SS. R. Merov. IV, 553 f.) teilweise anders zu beurteilen sind und von einer Ver- wertung der Jahre der Aebte von St. -Wandrille (S. 485; vgl. Krusch, SS. E. Merov. V, 9 f. und meine Hinweise N. A. XXVI, 359, N. 5. XXXIII, 758, N. 5) und vollends der Vita Vincentiani (vgl. Krusch, N. A. XVIII, 561 und bald meine Ausgabe, SS. R. Merov. V, 112 ff.) Abstand genommen werden muss. lieber den Anfang von Dago- berts Herrschaft vgl. auch Havet S. 139, N. 1. Der Todes- tag ist durch Gesta Dagobert! c. 42 (S. 421) gesichert, mit denen die späteren Kaiendarien im Einklang stehen (vgl. Depoin S. 209 f.; Longnon, Obituaires de Sens I, 1, p. XVI).

18) Die Abfindung Chariberts II. durch Dagobert er- folgte 'tandem' nach Befestigung von dessen Herrschaft (Fredegar IV, 57, p. 149; vgl. c. 56), also wenigstens einige Wochen nach dem Tode Chlothars^. Charibert starb im 9. Jahre Dagoberts (eb. c. 67, S. 154), also zwischen Ende Januar 631 und dem 8. April 632, und zwar gegen Ende dieses Zeitraums, da er im 3. Jahr seiner Herrschaft noch einen glücklichen Feldzug gegen die Basken unternehmen konnte (eb. c. 57, S. 149).

19) Ueber die Zeit Sigberts III. vgl. Krusch, For- schungen S. 470 ff., wo jedoch die Folgerungen aus der Vita Desiderii zu streichen sind (vgl. oben 17). Für die Bestimmung der Dauer der Regierungszeit bleiben nur die Königskataloge (SS. II, 308. XIII, 724 ; N. A. X, 232), die Sigbert 23 Jahre beilegen (nur ein Text hat 22) und dabei wie öfter das letzte angebrochene Jahr zu einem vollen abgerundet haben werden. Den Todestag überliefern Mar- tyrologien (vgl. AA. SS. Febr. I, 213) und der Biograph Sigbert von Gembloux (eb. S. 230; Bouquet II, 602).

20) und 21) Ueber die mit der Geschichte des Maior- domus Grimoald (seit 643) eng verbundenen Schicksale von Dagobert II. vgl. Krusch, Forschungen S. 473 ff.- und die

1) Aus dem oben zu 16 genannten Diplom Dagoberts vom 8. April 630 lassen sich in dieser Hinsicht keine sicheren Schlüsse ziehen bei der Eigenart von Chariberts Stellung; vgl. die verschiedene Beurteilung bei Schnürer a. a. 0. S. 101, N. 1 und G. Eiten, Das Unterkönigtum im Reiche der Merovinger und Karolinger (Heidelberger Abhandlungen zur Geschichte 18), 1907, S. 11. 2) Zu den Katalogen ist das von Waitz, N. A. X, 232 f. herausgegebene Exemplar aus Lorsch hinzugekommen, das den wichtigen Wortlaut der Berner Hs. bestätigt.

44 Wilhelm Levison.

wichtigen Ergänzungen SS. R. Merov. V, 90 f., vor allem die überzeugende Darlegung, dass das Datum der Urkunde Grimoalds (Dipl. Merov. p. 91, n. 1 ; Müblbacher ^ n. 3) nicht auf eine spätere Bestätigung nach Dagoberts Restitution zu deuten ist, vieiraehr die Jahre vom Tode Sigberts an zu zählen sind und daraus geschlossen werden muss, dass Grimoald dessen jungem Sohn Dagobert noch mehrere Jahre lang den Königstitel beliess, ehe er ihn in ein Irisches Kloster sandte, um seinen eigenen Sohn Childe- bert auf den Thron zu erheben, den er nach den Katalogen ein Jahr inne hatte. Da diese Grimoalds Herrschaft nach Sigberts Tode 7 Jahre (d. h. 6 bis 7 Jahre) andauern lassen, also 656 662, da ferner nach jener Urkunde Dagobert Anfang August 659 noch König hiess, dann aber der ver- frühte Versuch, einen Nachkommen Pippins auf den Thron zu setzen, zum Sturze und Ende Grimoalds führte (Liber bist. Franc, c. 43, SS. E.. Merov. II, 316), der spätestens im Herbst 662 (vgl. 24) beseitigt war, als die Austrasier 'paci- fico ordine' in Childerich II. einen neuen König erhielten (Vita Balthildis c. 5, eb. S. 487), so wird man die Ent- fernung Dagoberts und die Erhebung Childeberts am besten 661, das Ende von dessen und Grimoalds Herrschaft 662 ansetzen, wie dies auch von Krusch geschehen ist. Für die Richtigkeit von dessen Annahme, dass die Entthronung- Dagoberts und der Sturz Grimoalds nicht unmittelbar nach dem Tode Sigberts III. (656) und bei Lebzeiten Chlod- wigs II. (t 657) erfolgt sind, wie der Liber historiae Fran- corum c. 43 (SS. R. Merov. II, 316) behauptet, sondern erst einige Zeit später, bietet die alte Vita Geretrudis c. 6 (eb. S. 460) eine erwünschte Bestätigung. Der Verfasser erzählt hier, wie Gertrud von Nivelles (f 17. März 659) drei Monate vor ihrem Tode die Leitung des Klosters niedergelegt und ihre Nichte Wulfetrude, eine Tochter Grimoalds, als Aebtissin eingesetzt hat; er gibt dann, ehe er sich dem Lebensende Gertruds zuwendet, einen kurzen Ueberblick über die Wirksamkeit Wulfetrudens bis zu ihrem Tode im Jahre 669 und berichtet dabei von den An- fechtungen, die der Hass gegen Grimoald dessen Tochter zugezogen habe: 'Contigit autem ex odio paterno, ut reges, reginae, etiam sacerdotes per invidiam diabuli illam de suo loco primum per suasionem, postmodum vellent per vim trahere, et res Dei, quibus benedicta puella prae- erat, iniquiter possiderent'. Die ganze Fassung der Stelle lehrt, dass die Angriffe sich nicht gegen die Einsetzung der Aebtissin (Dezember 658) richteten, sondern dass diese

Das Nekrologium von Dom Racine. 45

bereits ihre Würde bekleidete, als jene später in das Gegen- teil umschlagenden Anfechtungen erfolgten ^, die sicherlich mit dem Sturze Grimoalds im Zusammenhang standen, der mithin schwerlich schon 657, sondern erst nach 658 erfolgt ist. Auch die Mehrzahl 'reges' passt für die Zeit von 662 an, als Childerich II. neben Chlothar III. getreten war; doch könnte der Verfasser immerhin auch an Chlodwig II. und seinen Nachfolger Chlothar III. gedacht haben, wenn die Annahme Kruschs nicht begründet sein sollte. Doch scheint mir die Stelle entschieden für deren Richtigkeit zu sprechen; man müsste denn annehmen, der Hass gegen Grimoald wäre erst geraume Zeit nach dessen Sturz wirk- sam geworden, was sicherlich unwahrscheinlich ist. Dagobert ist nach dem Tode Childerichs II. noch einmal auf den Thron gelangt (bekanntlich hat Henschen den ver- gessenen König wieder entdeckt: 'De tribus Dagobertis diatriba', 1655); in Poitiers wie in Chälons- zählte man seine Jahre von der Restitution an, die in der Zeit vom 2. April bis 1. Juli 676 erfolgt ist; vgl. E. J. Tardif a. a. O. S. 33 ff. und für das Todesjahr auch Krusch, Historische Zeitschrift LXIII, 110. Der Todestag nach der Vita Dago- berti III. c. 15 (SS. R. Merov. II, 521) und dem dort an- geführten Kalender (vgl. üsua.rd ed. Sollier S. 762)^.

22) Die Zeit des Todes von Chlodwig II. hat nach Krusch^ Havet S. 91—101 genauer auf den 10. Okt. (sicherer 11. Sept.) bis 16. Nov. 657 bestimmt. Racine (II, 320) hat also mit dem 31. Okt. wenigstens ungefähr die richtige Zeit getroffen (Depoin S. 210).

23) Chlothar III. ist, wie zuerst Krusch gezeigt hat, 673 gestorben; er lebte noch am 10. März nach Ausweis einer Privaturkunde (Pardessus, Diplomata II, 148, n. 361 ; Tardif, Monuments historiques p. 15, n. 19) und ist zu Folge der Oxforder Komputation zu Isidor (Auct. ant. XI, 492 ; vgl. Krusch, Forschungen S. 478; Havet S. 96, N. 1)

1) Man vergleiche etwa die Schilderung der Anfechtungen Ittas c. 2 (S. 456). 2) Für Poitiers vgl. die Urkunden bei Tardif a. a. 0.

S. 25 ff., für Chälons die Inventio Memmii c. 1 (SS. R. Merov. V, 365 f.).

3) Den angeblichen Merowinger Chlodwig, den eine Partei nach dem Tode Childerichs II. auf den Austrasischen Thron erhob und für einen Sohn des verstorbenen Chlothar ausgab (Vita I. Leudegarii c. 19, ed. Krusch, SS. R. Merov. V, 300 f. ; vgl. S. 251 f.), lasse ich bei Seite.

4) Kruschs Ansetzung von Chlodwigs Tod auf Ende 657 ist durch die Isidor - Komputationen aus Bourges vom 15. Jahre Chlothars III. {= 672), Auct. ant. XI, 493, 505 bestätigt worden; vgl. Krusch, Die Zusätze zu den Chroniken Isidors (Mitteilungen des Instituts für Oesterreich. Ge- schichtsforschung XVIII, 1897, S. 364).

46 Wilhelm Levison.

15 Jahre 5 Monate König gewesen, hat also das 15. Jahr, das spätestens am 15. Nov. 672 endete, um weniger als 6 Monate überschritten, so dass sein Tod frühestens noch am 10. März, spätestens am 15. Mai 673 erfolgt ist ^ Eacines (I, 206) Ansatz von Chlothars Tod auf den 10. März (Depoin S. 210) berührt also gerade noch die Grenzen, und so habe ich selbst diesen Tag N. A. XXXIII, 755, N. 6 angenommen, ehe ich die Arbeitsweise Racines auf Grund der Hs. untersucht hatte ; ich muss dieses Urteil jetzt natürlich zurücknehmen und den Ansatz für wertlos erklären. Eben jene Urkunde hat ihn wohl veranlasst, den Tod des Königs an deren Ausstellungstag erfolgen zu lassen ; es liegt allerdings auch eine andere Möglichkeit vor, eine Verwechslung mit dem 986 gestorbenen Karolinger Lothar (954—986). Sein Tod ist freilich am 2. März ein- getreten (vgl.^ F. Lot, Les derniers Carolin giens, Biblio- theque de l'Ecole des Hautes Etudes 87, 1891, p. 164)'; aber gerade in einem alten Pariser Nekrologium, dem von Saint - G ermain - des - Pres, das Racine aus der Hs. oder eher der Ausgabe von Bouillart gekannt hat (vgl. oben S. 31, Anm. 2), hat man den Tod 'Lohttharii regis' irrtümlich beim 10. März, bei 'VI. Idus' statt bei 'VI. Nonas Martias', eingetragen (A. Longnon, Notices et documents publies pour la Societe de l'histoire de France, 1884, p. 23 ; Moli- nier, Obituaires de Sens I, 1, p. 253), so dass Racines An- gabe auch auf diese Eintragung zurückgehen kann, die nach dem Alter der Schrift mit den Herausgebern um so mehr auf den Karolinger bezogen werden muss, als das Nekrologium von St.- Germain sonst für die Merowiugerzeit nicht ergiebig ist.

24) Childerich IL, bis zum Tode Chlothars III. König von Austrasien, gewann nach Verdrängung des dritten Bruders Theuderich III. auch die Herrschaft über Neustrien und Burgund und herrschte dort nach der Oxforder Kom-

1) Da die Urkunde des Amandus vom 17. April des 2. .Jahres Theuderichs III. (SS. R. Merov. V, 483), also 674 oder 675, die Unter- schriften der Bischöfe von Reims, Noj^on und Cambrai sowie zweier Aebte aufweist, so hat Krusch (eb. S. 399) die Frage aufgeworfen, ob nicht etwa die Osterfeier jene in dem Kloster des Amandus zusammen- geführt hatte , die nach dem Cyklus des Victorius 675 am 15. oder 22. April stattfand (Auct. ant. IX, 697), während 674 mit dem 2. April als Ostertag sich weiter von dem Urkundendatum entfernt. Der Tod Chlothars müsste dann nach dem 17. April 673 angesetzt werden. Da diesen Darlegungen doch eine gewisse Unsicherheit anhaftet, habe ich das Ergebnis in der Tabelle nicht verwertet.

i

Das Nekrologimn von Dom Racine. 47

putation (vgl. 23) 2 Jahre 6 Monate (d. li. mehr als 5, weniger als 7 Monate) ; seine Ermordung fällt also in die Zeit vom 11. Angust bis 14. Nov. 675. Bereits auf Neu- strischem Boden, in der Normandie, also einige Zeit nach dem Tode Chlothars und nicht vor Ende März 673 stand er noch im 11. Jahre (Vita Lantberti Lugdun. c. 3; vgl. N. A. XXXIII, 758, N. 5), ist also frühestens Ende März 662 König von Austrasien geworden. Nach den Katalogen herrschte er 14 Jahre, d. h. er hat das 13. überschritten und hat spätestens am 13. Nov. 662 den Thron bestiegen.

25) Krusch, Forschungen S. 481 ff. hatte als Epoche Theuderichs III. die erneute Thronbesteigung nach der Ermordung Childerichs im Herbst 675 betrachtet, nicht die erste Erhebung nach dem Tode Chlothars im Frühjahr 673; er hat aber später selbst erkannt (N. A. XVI, 579, N. 1), dass nur die letztere den Ausgangspunkt für die amtliche Jahreszählung des Königs gebildet haben kann, eine Auffassung, die dann Vacandard a. a. O. ausführlicher begründet hat und die durch das Datum der in der Pa- riser Hs. Lat. n. 7530 überlieferten Unterschrift des Pa- puhis bestätigt wird, nach welcher der 25. Febr. 674 in das erste Jahr Theuderichs fällt (Nouveau traite de diplo- matique III, 294 ; vgl. P. Lejay, Revue de philologie XVIII, 1894, p. 53 ff.; Krusch, SS. R. Merov. V, 289, N. 1). Nach meinen Ausführungen, Beiträge S. 364 f., bei denen die unter 26 folgenden Bemerkungen zu berücksichtigen sind, ist Theuderich frühestens am 2. Sept. 690 und vor dem 13. April 691 gestorben; auch hier hat sich Racine (II, 212) mit dem 14. Sept.^ innerhalb der zulässigen Grenzen gehalten.

26) und 27) Wie ich früher ausgeführt habe (Beiträge S. 361 ff.), steht das Todesjahr Childeberts III. 711 fest; dagegen weist die üeberlieferung in Bezug auf den Tag einen Widerspruch auf, indem die Annales S. Medardi von Soissons (SS. XXVI, 519) ausdrücklich den 14. April an- geben-, dagegen das 4. Jahr Dagoberts III. in einer nur abschriftlich überlieferten Urkunde Pippins vom 2. März 714 (Mühlbacher- n. 20; vgl. N. A. XXVII, 361) nötigt, den Tod Childeberts spätestens auf den 2. März 711 an- zusetzen. Ich habe mich einst für das letztere Datum ent- schieden, wenn ich auch hervorhob, dass 'eine sichere Ent-

1) Vgl. oben S. 20, Anm. 2. 2) Auch Racine I, 289 hat, wie

der "Wortlaut zeigt (Depoin S. 212), hier offenbar nur aus den genannten Annalen geschöpft.

48 Wilhelm Levison.

Scheidung ausgeschlossen' sei (S. 367), und habe daher bei der weiteren Untersuchung angenommen, dass Chlodwig III., dessen Tod nach dem 2. Sept. 694 und spätestens 695 erfolgt ist (S. 362 f.), vor dem 2. März 695 Childebert Platz gemacht habe, der sein 16. Jahr überschritten hat. Wenn ich mich heute umgekehrt für die bestimmte Tagesangabe jener Annalen entscheide und mithin annehme, dass die Jahreszahl IUI der Urkunde Pippins aus III entstellt ist (vgl. Beiträge S. 367, N. 2; Depoin S. 380), so veranlasst mich dazu die Erwägung, dass man gerade in St.-Medard über den Todestag eben Childeberts III. sehr wohl unter- richtet sein konnte ; denn der König hat seine letzte Ruhe- stätte in dem Kloster Choisj- au- Bac (dep. Oise) nahe der Mündung der Aisne gefunden (Liber bist. Franc, c. 50, p. 324), das seit dem 9. Jh. zum Besitz von St.-Medard gehörte (vgl. Gallia christiana IX, 388 ff. ; Mühlbacher - n. 842), so dass es begreiflich erscheint, wenn dort die Er- innerung an den Todestag des Königs fortlebte, der in dem zugehörigen nahen Priorat begraben lag. So ergeben sich die Grenzen 3. Sept. 694 und 13. April 695; wenn also Ra- cine I, 193 (Depoin S. 212) den 2. März als Todestag Chlod- wigs III. nennt, so hat er ein Datum herausgegriffen, das immerhin der Wirklichkeit entsprochen haben kann. Die Urkunden Childeberts IIL vom 13/4. Dez. und 10. Februar des 16. Jahres und vom 12. März einer noch späteren Zeit (Dipl. Merov. n. 77—79 und 75), die ich S. 363 f. zur ge- naueren Zeitbestimmung benutzt habe, können nach dem neuen Ansatz ebensowohl in den Winter 710/11 wie 709 10 gehören ^ und ermöglichen keine engere Begrenzung mehr. 28) Der Tod Dagoberts III. erfolgte, wie ich gezeigt habe (Beiträge S. 360 f.), in der Zeit vom 25. Juni bis Ende Dezember 715; die Bestimmung der vorderen Grenze beruht auf einer in Metz ausgestellten Urkunde des Karolingers Hugo vom 25. Juni des 5. Jahres (Dipl. Merov. p. 214; Mühlbacher- n. 27), bei der andere Drucke nach einer zweiten Abschrift den 24. Juni als Datum nennen. Die Verfasser der 'Art de verifier les dates' (1750) p. 483 (und sicherlich danach Racine I, 425, bei Depoin S. 212) geben, ohne eine Quelle beizubringen, den 24. Juni als Todestag, was man bei so gewissenhaften Forschern wie den Ver-

1) Die Jahreszahl XII des Diploms d. 75 kann danach nicht nur

aus XQ (= 16) entstellt sein, sondern auch aus XQI (= 17), was noch

näher liegt, und Abt Chiliard von St. -Denis ist zwischen dem 14. Dez. 709 und dem 12. März 711 auf Dalfin gefolgt.

Das Nekrologium von Dom Racine. 49

fassern der 'Art' nicht gern auf eine missbräuchliche Ver- wendung jener Urkunde zurückführen möchte, für die es bei ihnen unter den Merowingerdaten an einem Gegenstück fehlen würde; immerhin ist das Zusammentreffen so auf- fällig, dass es mir ratsamer scheint, von einer Verwertung der Angabe Abstand zu nehmen. Die üeberschrift der Ostertafel im Codex der Formulare von Bourges (Paris n. 10756), auf Grund deren Krusch, N. A. X, 93 f. den Anfang Chilperichs II. von 715 auf 717 verschieben wollte, weil darin das Cyklusjahr 161 des Victorius (= 188 und 720 n. Chr.) dem 4. Jahr eines Königs (der Name ist nicht mehr vorhanden) gleichgesetzt wird, habe ich gegenüber den anderen Zeugen a. a. O. S. 367 f. als fehlerhaft ab- gelehnt. Neuerdings sucht Ph. Lauer a. a. 0. darzulegen, dass jene Ostertafel überhaupt nicht mit 720, sondern mit 719 beginne, also gar kein Widerspruch zu den anderen Quellen vorliege. Er bemerkt nämlich, dass die oben ge- gebene Umrechnung von Jahren des Victorius in Inkarna- tionsjahre zwar an sich richtig sei, aber nicht der Be- rechnungsweise der Merowiugerzeit entspreche, die das Jahr 188 des 'cycle pascal' dem Jahr 719 (nicht 720) n. Chr. gleichgesetzt habe. Das letztere ist nun allerdings richtig, soweit die Merowiugerzeit überhaupt den Cyklus des Dionysius gekannt hat, da er das erste Jahr seiner Tafel dem Jahr 532 n. Chr. entsprechen liess; aber diese Tat- sache ist für die vorliegende Frage belanglos, da es sich nicht darum handelt, für die Jahre von Dionysius' Oster- cyklus die entsprechenden Jahre nach Christi Geburt zu finden, sondern für den Cyklus des Victorius. Die Dar- legungen von Lauer beruhen auf der Verwechslung der Cyklusjahre des Dionysius mit den Inkarnationsjahren und auf der falschen Annahme, dass der Anfang der 'Anni Domini' mit dem Anfang eines Dionysischen Cyklus zu- sammentrifft, was nicht der Fall ist. Wenn Dionysius an die Stelle der Diocletianischen Aera die Rechnung nach Christi Geburt setzte, so war die neue Aera von dem Ostercyklus unabhängig, der rückwärts berechnet ein Jahr v. Chr. begonnen haben würde, und es ist für die Umsetzung von Jahren des Victorius in Inkarnatiousjahre ganz gleichgültig, welche Jahre des Ostercyklus von Dionysius und seinen Fortsetzern ihnen entsprochen haben. Nur indem Lauer beide Dinge zusammenwarf, hat er die Schwierigkeit be- seitigt, die sich aus der Üeberschrift der Ostertafel yom Bourges ergibt, und wenn er auch im Ergebnis mit mir übereinstimmt, so ist doch der Weg, der ihn zu diesem

Neues Archiv etc. XXXV. 4

50 Wilhelm Levison.

Ziele geführt hat, ein Irrweg, vor dem um so mehr ge- warnt werden muss, als Lauer mit der Frage methodische Betrachtungen verbunden hat, die sich so als gegenstands- los erweisen.

29) Der Tod Chilperichs II. fällt in die Zeit vom 31. Januar bis 13. Mai 721 (Beiträge S. 359); so stimmt der 13. Februar aufs beste, den Depoin S. 377 ff. aus einem Nekrologium von St. Lucian in Beauvais ermittelt hat: 'Idibus Februarii Silpericus rex', eine Nachricht, zu deren Verwerfung die seltsame Schreibweise des Namens wohl ein Schreibfehler schwerlich ausreicht, zumal man einen König Chilperich als Erneuerer der Kirche des h. Lucian betrachtete (vgl. die gefälschte Urkunde Dipl. Merov. p. 11, n. 8). Racine II, 330 (Depoin S. 209) gibt den 5. Nov. ; vgl. oben 15.

30) Karl Martell hat Chlothar IV. geraume Zeit nach dem Sieg bei Vincy (21. März 717) eingesetzt, er starb einige Zeit nach der Schlacht bei Soissons (719); vgl. Mühlbacher- n. 30 und 31e. Das Diplom Karls Dipl. Merov. p. 97, n. 10 (Mühlbacher- n. 32) gestattet seit der ein- leuchtenden Herstellung des Datums durch Havet S. 252 ff. (vgl. meine 'Beiträge' S. 360) nicht mehr, den Tod Chlo- thars vor den 2. Dez. 719 zu setzen; ebensowenig vermag ich mit Th. Breysig (Jahrbücher des fränkischen Reiches 714 741 S. 32. 120) aus dem Datum einer nach Jahren Chilperichs rechnenden, in Strassburg ausgestellten Weissen- burger Urkunde vom 20. Juni 719 (Zeuss, Traditiones pos- sessionesque Wizenburgenses p. 46, n. 45 ; Pardessus, Diplo- mata II, 451, n. 43) den Schluss zu ziehen, dass Chlothar damals bereits gestorben war, da ja die Herrschaft Chil- perichs durch den anderen König (d. h. Karl Martell) zwar bedroht und beschränkt, aber doch nie beseitigt war, und man zudem bereits am 18. Mai 718 in einer Weissenburger Urkunde zur Rechnung nach Jahren Chilperichs zurück- gekehrt war (Zeuss S. 184, n. 195; Pardessus S. 449, n. 41), obgleich sie von einem Notar ausgestellt ist, der am 3. und 13. Februar noch nach Chlothar datiert hatte (Zeuss S. 183. 217, n. 194. 227; Pardessus S. 446. 448, n. 38. 40).

31) Theuderich IV. ist in der Zeit vom 31. Januar bis 18. Juni 737 gestorben (Beiträge S. 358). Dazu kommt einmal das von Labbe mitgeteilte, mir nur durch Le Cointe (Annales ecclesiastici Francorum IV, 885) bekannte Datum einer Urkunde für St. -Benigne in Dijon aus dem März von Theuderichs 17. Jahr (vgl. Beiträge S. 359, N. 6), der mithin im März 737 noch gelebt hat. Karl Martell hat

Das Nekrologium von Dom Racine. 51

bekanntlich nach dem Tod des Königs den Thron unbesetzt gelassen, und man zählte nun die nächsten Jahre von diesem Ereignis aus, 'anno III. post obitum Theoderici regis', 'annum quintum post defunctum Theodericum regem' u. s. w. In diesem Zusammenhang scheint mir nun die Datierung einer anderen Urkunde für St. -Benigne (Par- dessus II, 300, n. 491) beachtenswert: 'ante Kalendas Ma- dias, defuncto domno Theoderico et electo Karolo maiore domus'. Ich halte es für wenig wahrscheinlich, dass man derart ohne bestimmte Jahresangabe lange Zeit nach dem Tode Theoderichs datiert haben wird und dass die Urkunde erst Ende April 738, also mindestens über neun Monate nachher, oder in einem noch späteren Jahre ausgestellt ist, möchte vielmehr unbedenklich annehmen, dass dies bald nach dem Dahinscheiden Theoderichs geschehen ist, höchstens einige Wochen später, so dass sein Tod bei dieser Annahme in den März oder April 737 gesetzt werden muss. Auch hier ist Racine I, 293 (Depoin S. 213) der Wahrheit recht nahe gekommen, wenn er das Ereignis zum 15. April verzeichnet.

32) Ueber die Epoche von Childerichs III. Regierung vgl. Hahn, Forschungen zur Deutschen Geschichte IV, 161 ff.; Jahrbücher des fränkischen Reichs 741 752 S. 164, ferner Levillain a. a. O. S. 3 ff., wo jedoch die Grenze des 2. März auf den 3. zu verschieben ist (vgl. die Verbesserung des Datums des Capitulare Suessionense, MG. Concilia II, 33, durch Krusch, N. A. XXX, 708 f.). Ueber das Ende der Herrschaft vgl. Th. Sickel, Ueber die Epoche der Re- gierung Pippins (Forschungen zur Deutschen Geschichte IV, 441 453); Acta regum et imp. Karol. I, 243 f. sowie B. Sepp, Wann wurde Pippin König? (Altbayerische Monats- schrift VIII, 1908, S. 84—87). Sickel entscheidet sich für die Zeit vom 3. bis 19. Nov. 751, während Sepp die Grenzen auf den 21. Dez. 751 und 23. Januar 752 ansetzt und in Epiphanie 752 oder einem der drei ersten Sonntage des Jahres den wahrscheinlichen Tag der Erhebung Pippins erblickte Der Unterschied beruht auf der abweichenden Wertung der sich widersprechenden Quellen, in diesem

1) Ueber die frühere Literatur vgl. Sickel S. 441 f. Ihm hat sich namentlich Mühlbacher angeschlossen (Deutsche Geschichte unter den Karolingern S. 56 f. ; Regesten n. 64a), ferner nachdrücklich Tangl, Das Todesjahr des Bonifatius (Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte, Neue Folge XXVII, 240), der N. A. XXXIV, 544 auch eine Widerlegung .Sepps in Aussicht gestellt hat.

4*

52 Wilhelm Levison.

Fall der verschiedenen Eechnung von Privaturkunden, die allein eine engere Begrenzung gestatten. Sickel gibt den nur in Abschrift vorliegenden Weissenburger Urkunden den Vorzug, von denen eine (Zeuss, Traditiones possessionesque Wizenburgenses p. 181, n. 193) 'sub die XIII. Kai. Decb. anno XIIII. Pippini regis' ausgestellt ist, während eine andere (S. 254, n. 264), in der auf die erste Bezug ge- nommen wird, das Datum aufweist: 'datum quod fecit mensis Iuli[u]s dies XII, anno XIIII. regnante do- mino nostro Pip[pi]no rege' ; da andere Quellen die Grenzen des 3. Nov. (sicherer 31. Okt.) 751 und 14. April 752 ergeben, so setzt er wie früher schon Waitz Pippins Epoche auf spätestens den 19. Nov. 751. Dagegen lässt er eine im Original erhaltene Urkunde von St. Gallen (Wartmann, ÜB. der Abtei St. Gallen I, 24, n. 21; Steffens, Lateinische Paläographie, 2. Aufl. , Tafel 38) unberück- sichtigt mit der Zeitangabe: 'anno sexto Pippini regis die Mercuris XII. Kl. lan.', die dem 21. Dez. 757 entspricht^ und veranlasst, die Erhebung Pippins nach dem gleichen Tage des Jahres 751 anzusetzen. Er sieht von dieser Ur- kunde ab wegen der Möglichkeit, dass die Regierungsjalire den Kalenderjahren angeglichen sind, 'in der Weise, dass, wenn etwa Pippin im Mai 752 König geworden, schon vom 25. Dez. 752 als Anfangstag des damaligen Jahres bis zum 24. Dez. 753 angesetzt ist annus II. Pippini regis' (S. 447 f.), es sich also um vereinfachte, nicht um wirkliche Herrscher] ahre handelt. Umgekehrt gibt Sepp der St. Galler Urkunde den Vorzug und hebt die bereits von Zeuss (S. 344) angedeutete Möglichkeit hervor, dass in der Weissenburger Urkunde n. 193 die Zahl XIIII aus XIII entstellt ist (S. 86, N. 6) ; die Grenze des 23. Januar 752 gewinnt er aus einer Freisiuger Urkunde vom 23. Januar 759 (Bitterauf, Die Traditionen des Hochstifts Freising I, S. 43, n. 15: 'X. Kai. Feb. regnante inlustrissimo rege domno Pippino anno octavo regni eins et venerabile duce Tassilone anno XII. regni eins, indictione XII'), bei der Sickel ebenfalls mit der Anwendung von vereinfachten

1) Allerdings sieht die Ziffer aus wie 'XU', wie denn auch die früheren Herausgeber 'XV, Kai. lan.' gelesen haben; doch sind die Römischen Ziffern für 2 und 5 ja oft kaum zu unterscheiden, so dass man die Lesung Wartmanns annehmen darf. Wenigstens liegt sie näher als der ältere Vorschlag, das Datum in 'XV. Kai. lun.' zu ändern (der 18. Mai 757 fiel auf einen Mittwoch) ; bei dieser Aenderung bliebe das Datum jener Weissenburger Urkunde und damit der Ansatz Sickels be- stehen.

Das Nekrologium von Dom Racine. 53

Herrscher Jahren und der Nichtberücksichtigung des Epochen- tages gerechnet hatte, da eine solche sich damals wie später nachweisen lasse, was in diesem Fall für sein End- ergebnis belanglos war. Eine sichere Entscheidung ist um so mehr ausgeschlossen, als keine der drei Urkundengruppen von Irrtümern in den Zeitangaben frei ist, weder die nur in Abschriften erhaltenen Urkunden von Weissenburg und Freising ^ noch die St. Galler Originale ^. Dennoch glaube ich mit diesem Vorbehalt anders entscheiden zu müssen als Sickel, so ungern man sich auch entschliesst, einem so ausgezeichneten und sorgfältigen Forscher zu widersprechen. Einmal ist es mir sehr zweifelhaft, ob wirklich für diese Zeit sichere Beispiele jener vereinfachten Jahresrechnung sich nachweisen lassen ^, bei denen nicht die Annahme eines Rechen- oder Schreibfehlers näher liegt, und ferner sind auch sonst in Weissenburger Urkunden die in Ziffern wiedergegebenen Herrscherjahre mehrfach bei der Abschrift entstellt worden *, während die St. Galler Urkunde als Original mit der in Buchstaben ausgeschriebenen Zahl immerhin eine etwas bessere Gewähr geben dürfte. So scheint es mir ratsamer, Pii^pins Erhebung erst der Wende des Jahres (22. Dezember bis 23. Januar) als schon dem November 751 zuzuweisen. Auf eine genauere Bestimmung innerhalb jener Grenzen wird man freilich verzichten müssen, und es ist keineswegs ausgeschlossen, dass die Erhebung des neuen Königs schon Weihnachten erfolgt ist; 'dass das Weihnachtsfest als Friedensfest zur Vornahme einer Gewalttat, wie es die Entthronung Childerichs III. war, sich schlecht eignete' (Sepp S. 86), ist eine Erwägung, die moderner Betrachtung näher liegen dürfte als jener rauhen Zeit^

1) Ich sehe daher auch von anderen bei Sepp besprochenen Ur- kunden ab, namentlich auch von Bitterauf n. 17 mit ihren sich wider- sprechenden Daten. Vgl. auch Bitterauf S. Lllfi'.; Tangl, N. A. XXXI, 266.

2) Vsrl Wartmann I, n. 20. 27. 37 und 42 (= Arndt- Tangl, Schrifttafeln zur Erlernung der Lateinischen Palaeographie III, Tafel 71b); dort liegt ein Fehler im Herrscherjahr, hier in der Römischen Tagesbezeichnung vor.

3) Zudem würde bei Sickels Ansatz (November 751) das zweite Jahr Pippins nach der vereinfachten Rechnung schon mit Weihnachten 751 be- ginnen; alle St. Galler Urkunden, die wegen der Verbindung von Wochen- tag und Tagesdatum sich bestimmt festlegen lassen (zusammengestellt von Sepp S. 85 f.), widersprechen der Annahme einer solchen Rechnung.

4) Vgl. den Index von Zeuss S. 340 ff., n. 1. 11. 31. 50. 51. 56. 74. 90. 178 u. a.; dazu N. A. XXVII, 359, N. 6 und 363, N, 1; Levillain a. a. 0. S. 10, N. 4. 5) Zu Levillains Annahme (S. 9 f.), dass die Absetzung Childerichs (nach dem 20. Juni 751) einige Zeit vor der Erhebung Pippins anzusetzen sei, bieten die Quellen keinen genügenden Anhalt.

IIL

Wipo und die Schwäbische Weltchronik.

Von

Robert Holtzmann.

Quellenkritische Untersuchungen stehen heute bei einem Teil unserer Historiker nicht sonderlich hoch im Kurs. Und es wäre nicht ganz gerecht, wollte man meinen, dass das nur eine Folge davon sei, dass sich die Interessen der Forschung, die durch die Monumenta Germaniae histo- rica über ein halbes Jahrhundert lang in erster Linie auf das deutsche Mittelalter und die hier einladenden quellen- kritischen Probleme konzentriert waren, allmählich wieder anderen Dingen zugewendet haben. Sondern es ist wohl kein Zweifel, dass die Quellenkritik gelegentlich allzu sehr um ihrer selbst willen geübt wurde und ein erhebliches Mass von Arbeitskraft und Geistesschärfe absorbiert hat auch in Fällen, in denen das Ergebnis für unsere Er- kenntnis der historischen Vorgänge im Grunde herzlich gleichgültig war. Solchem Vorwurf glaubt die nachstehende Untersuchung nicht ausgesetzt zu sein. Wer sich je quellen- mässig mit der Geschichte Konrads II. beschäftigt hat, der weiss, von welch ausserordentlich praktischer Bedeu- tung gerade für unsere Kenntnis vom Hergang der Ereig- nisse das viel ventilierte Problem einer verlorenen Schwä- bischen Weltchronik ist, die den eigentümlichen Zusammen- hang einer Reihe unserer Hauptquellen erklären soll. Die meisterhafte Darstellung, die H. Bresslau in den Jahr- büchern der Deutschen Geschichte von der ßegierunsf Konrads II. gegeben hat, beruht zu einem erheblichen Teil auf der Annahme dieser verlorenen Quelle und auf der Art, wie er sich die Beziehung der erhaltenen Quellen zu ihr gedacht hat. Hat er in der quellenkritischeu Frage geirrt, so irrt auch seine Darstellung an nicht wenigen Punkten. Nun hat sich aber hierüber über das Problem der Schwäbischen Weltchronik in der Tat seit über zehn Jahren eine lebhafte Kontroverse erhoben, und in den Vordergrund wurde dabei neuerdings in Sonderheit die Frage nach dem Verhältnis Wipos zur Schwäbischen Welt- chronik geschoben. Die Biographie Kourads II. , die wir seinem Kaplan Wipo verdanken, einst die Grundlage alles Wissens über den Kaiser, wird zweifellos immer zu unseren

58 Robert Holtzmann.

wiclitigsten Quellen über ihn gehören. Eben bei Wipo bandelt es sich aber um die Frage, ob seine Gesta Chuon- radi II. ein völlig originales Werk sind, oder ob auch in ihnen bereits die Schwäbische Weltchronik benutzt ist. Von den wichtigen Folgerungen, die sich daraus für die Geschichte Konrads II. ergeben, werden wenigstens einige bei der Untersuchung dieser Frage zur Erörterung kommen.

Die Geschichte und der derzeitige Stand des Problems verhält sich in kurzen Worten folgendermassen. Während ehedem niemand an der Originalität Wipos gezweifelt hat ^, machte zuerst E. Steindorff in den Forschungen zur Deut- schen Geschichte VI (186G) darauf aufmerksam, dass die Gesta Chuonradi auf einer annalistischen Grundlage beruhten und in nahen Beziehungen zu den Annalen von St. Gallen (Annales Sangallenses maiores) ständen. Die Erklärung, die er anfänglich dafür geben zu sollen glaubte (Benutzung der Annalen bei Wipo), modifizierte er angesichts der wech- selnden Vorzüge hüben und drüben alsbald ebenda VII (1867) dahin, dass wir vielmehr für beide Quellen eine ge- meinsame annalistische Grundlage anzunehmen hätten, eine verlorene Quelle also, die in Schwaben, vielleicht wie die Annalen in St. Gallen, entstanden und jedenfalls um 1010 in St. Gallen benutzt worden sei. Diese sofort von G. Waitz (ebenda 397) übernommene Entdeckung hat weittragende Folgen zu ziehen vermocht. Zunächst hat J. Harttung (der sich später v. Pflugk- Harttung nannte) in seiner Dis- sertation (Studien zur Geschichte Konrads II., 1876, S. 1 10) den Nachweis gebracht, dass auch die Chronik des Her- mann von Reichenau, in der man bis dahin Wipo und die Annalen von St. Gallen benutzt glaubte, vielmehr gleich- falls auf die verlorene Quelle zurückgehe ein wichtiges Ergebnis, da es gestattete, die letztere über die Regierungs- jahre Konrads zurück zu verfolgen. H. Bresslau hat schliess- lich im Neuen Archiv II (1877) noch ein viertes Werk, das bis dahin als ein (nur durch einige anderweitige Zusätze vermehrter) in St. Gallen angefertigter Auszug aus Her-

1) Vgl. u. a. G. A. H. Stenzel, Geschichte Deutschlands unter den Fränkischen Kaisern II (1828), S. 41 ff.; L. Häusser, Ueber die Teutschen Geschichtschreiber vom Anfang des Frankenreichs bis auf die Hohen- staufen (1839) S. 77 ; G. H. Pertz, Ueber Wipos Leben und Schriften, Ab- handlungen der Kgl. Akademie der Wissensch. zu Berlin 1851, S. 228 ff.

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 59

manns Chronik gegolten hatte und daher Epitome Sangal- lensis genannt worden war, auf die verlorene Quelle zurück- geführt und in Chronicon Suevicum iniiversale umgetauft ^, sowie in scharf umrissenen Ausführungen Wesen, Charakter und Inhalt des verlorenen Quellenwerkes festgestellt. Es reichte danach bis 1040, war in annalistischer Form ge- halten und stammte entweder aus St. Gallen oder aus Reichenau. Als Namen hatte Bresslau zuerst 'Schwäbische Reichsannalen' vorgeschlagen 2, das später aber wegen des universellen Charakters der Quelle, die mit ErschafEung der Welt begann und ihrem annalistischen Schema ver- mutlich die Zählung nach Kaiserjahren (zuletzt unter Bei- fügung der Inkarnationsjahre, wie in der Epitome) zu Grunde legte, in 'Schwäbische Weltchronik' geändert ^.

An gelegentlichem Widerspruch hat es diesen Auf- stellungen nie gefehlt. Schon das Ergebnis Steindorffs ist angefochten worden, 1875 von W. v. Giesebrecht^ 1876 von W. Pfiüger^, 1877 von J. Kaizl'^; gegen die Weiter- führung seiner These durch Bresslau wandte sich 1882 eine Dissertation von P. Kiessling ''. Diese Arbeiten haben freilich der Gegenseite die Widerlegung nicht schAver ge- macht, und die Hypothese von der Schwäbischen Welt- chronik fand daher zunächst ziemlich allgemeine Zustim- mung, um so mehr, als auch W. Wattenbach ^ in den spä-

1) Eben weil er bestritt, dass es eine Epitome aus Hermann sei, und damals auch den St. Gallener Ursprung bezweifelte. Ich kehre zu der alten Bezeichnung Epitome Sangallensis zurück, freilich in anderem Sinne, indem ich darunter einen St. Gallener Auszug aus der Schwäbischen Weltchronik verstehe ; vgl. zur Rechtfertigung unten den Abschnitt VIII. 2) N. Archiv II, 576. 3) MG. SS. XIII (1881), 62 Z. 6 f. ; N. Archiv

VIII (1883), 188. 4) Geschichte der deutschen Kaiserzeit II, 4. Aufl., 562. 563, Anm. 2. 5) N. Archiv II, 1. Heft. Die Ansicht von Giese- brecht und Pflüger ist die, dass Wipo in den Annalen von St. Gallen benutzt sei. Das ist aber zweifellos unmöglich ; vgl. Bresslau, N. Archiv II, 587 596, dem sich in dieser Hinsicht auch Dieterich in seinem gleich zu nennenden Buch über die Geschichtsquellen von Reichenau S. 121 anschliesst. 6) Dissertation über Wipo, seine Schriften, insbesondere

seine Vita Chuonradi imj^., Wien, ohne J. Hier wird überhaupt jeder Zusammenhang zwischen Wipo und den Annalen von St. Gallen be- stritten, was reiner Dilettantismus ist; vgl. Bresslau a. a. O. S. 587, N. 2. An Pflüger oder Kaizl scheint sich auch F. Stefi"anides, Wipo und seine historische Schrift: Das Leben Kaiser Konrads II. (20. .Tahresbericht der Communal - Oberrealschule in Böhm. Leipa für 188283) anzuschliessen, der aber lediglich referiert und die inzwischen erschienene Untersuchung Bresslaus nicht kennt. 7) Beiträge zur Kritik einzelner Annalen des

XI. Jh.; vgl. dagegen Bresslau, N. Archiv VIII, 188 190. Auch Giesebrecht II, 5. Aufl. (1885), S. 561 f., N. 1 blieb bei seinem Zweifel. 8) Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter bis zur Mitte des 13. Jh.,

60 Robert Holtzmann.

teren Auflagen seiner bekannten, grundlegenden Quellen- kunde sie rezipiert hat.

Dagegen erhob gewichtigen Einspruch das Buch von J. R. Dieterich, Die Geschichtsquellen des Klosters Reichenau bis zur Mitte des elften Jh., 1897^, das in dem schweren Rüstzeug wissenschaftlicher Kritik und ausgedehnter Quellenstudien einherschreiteud eine Fülle neuer Hypo- thesen aufstellte , von denen die wichtigsten , soweit sie uns hier interessieren, die folgenden sind. Dieterich geht aus von einer Untersuchung des Chronicon Wirziburgense, das man bisher als eine durch Zusätze aus anderen Quellen vermehrte Ableitung der Epitome Sangallensis angesehen hatte -, und stellt die These auf, dass es vielmehr auf die gemeinsame Quelle der Epitome und der Chronik Hermanns zurückgehe. Darauf baut er dann die weiteren Thesen, dass diese gemeinsame Quelle ein grosses Sammelwerk ge- wesen sei, eine kompilatorisch angelegte Quellensammlung, die in Reichenau von Hermann selbst als Grundlage seiner historischen Arbeiten augefertigt worden sei, das 'Hand- exemplar', dessen sich Hermann nun ferner bediente, als er an die Ausarbeitung seiner Werke ging ; denn ausser dem Handexemplar werden Hermann hier zugeschrieben: die Epitome, verlorene Gesta Chuonradi et Heinrici impera- torum , die (wie die Epitome) bis 1044 gereicht haben sollen, und schliesslich die uns erhaltene Chronik. Die Würzburger Chronik hingegen stelle einen Auszug aus dem Handexemplar dar, 'der nicht anders als schülerhaft be- zeichnet werden kann', und sei daher (von den später in Würzburg hinzugekommenen Lokalnotizen abgesehen) wohl von einem Schüler Hermanns, 'etwa unter der Aufsicht des Meisters', gefertigt worden. Durch die Konstruktion des Handexemplars war es nun freilich unmöglich gemacht, auch Wipo und die St. Galler Annalen auf diese Vorlage der Epitome und der Chronik Hermanns zurückzuführen;

zuerst 3. Aufl. II (1874), 12 für Steindorff und 4. Aufl. II (1878), 39 für Bresslau: jetzt 0. Aufl. II (1894), 14 u. 46. Auch H. ßasche, Die Vita Conradi von Wipo beleuchtet und erörtert (Programm der städt. Mittelschule zu Olpe für 1876—77) S. 6 f. und K. Henking in den Mittheil, zur Vaterland. Geschichte, herausg. vom bist. Verein in St. Gallen XIX (N. F. IX, 1884), 364 f. haben sich an Steindorff bezw. Bresslau an- geschlossen, i) Doch hat der Verf. die Ergebnisse schon zwei Jahre zuvor in seiner Habilitationsschrift vorweggenommen : J. Dieterich, Die Polenkriege Konrads II. und der Friede von Merseburg, 1895. Auch muss damals bereits ein Teil des oben genannten Buches gedruckt ge- wesen sein ; vgl. unten Abschnitt VI. 2) G. Buchholz, Die Würzburger Chronik, 1879.

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 61

denn von zeitlichen Schwierigkeiten ganz abgesehen wie sollte Wipo und wie sollte man in St. Gallen zu dieser von Hermann für seinen Privatgebrauch hergestellten Kompilation gekommen sein? Daher nun hier schliesslich abermals ein hypothesenreicher Neubau. Verlorene Reiche- uauer Annalen (Annales Alamannici Augienses) mit selbst- ständigen schwäbischen und burgundischen Nachrichten standen sowohl Hermann (für sein Handexemplar) als dem St. Galler Annalisten zur Verfügung ; in diese Reichenauer Annalen aber, die bis 1041 gereicht haben sollen, war von ihrem Verfasser oder von einem Späteren für die Re- gierungsjahre Konrads II. ein dürftiges und nachlässig gearbeitetes Excerpt aus Wipos Gesta Chuonradi (genauer : aus einer ersten, längere Zeit vor 1044 erschienenen Aus- gabe dieser Gesta) eingearbeitet. Ausserdem hat aber Hermann für seine Gesta Chuonradi et Heinrici impera- torum sowie für seine Chronik noch einmal Wipo direkt herangezogen. Dieser selbst aber sei völlig original.

Fnr eine solch gewagte Konstruktion ich habe hier freilich nur einen Teil der komplizierten Hypothesen Dieterichs angeführt ^ wird man starke Beweise zu fordern berechtigt sein. Als man daran ging, sich ein- gehender ^ mit seinen Behauptungen zu beschäftigen, hat freilich gleich die erste nicht stand gehalten. Bresslau hat im N. Archiv XXV (1900) die Quellen des Chronicon Wirziburgense untersucht und hier gegen Dieterich fest- gestellt, dass wir keine Ursache haben, es auf eine ver- lorene Quelle zurückzuführen, und dass das angenommene Handexemplar Hermanns folglich aus der Literatur wieder zu streichen ist. In der Tat hat Bresslau fast den ganzen Bestand der Würzburger Chronik auf die Epitome, auf das von Dieterich nicht beachtete Chronicon universale 741 (MG. SS. XIII, 1 fp.) und auf des Paulus diaconus Historia Romana zurückgeführt ; betrejffs der ganz vereinzelten

1) Ich lasse in Sonderheit hier alles weg, was mit der Frage der verlorenen Annales Hildesheimenses maiores und mit Otto von Fi-eising zusammenhängt. Diese Punkte bedürfen erneuter Untersuchung , die Hildesheimer Frage namentlich mit Rücksicht auf Dieterichs gleich zu erwähnende zweite Schrift (von 1900). 2) Ich rechne hierzu nicht die Dissertation von "Walther Seydel, Studien zur Kritik "Wipos (1898), die sich hauptsächlich mit den Angriffen Pflugk-Harttungs gegen die Glaub- würdigkeit "Wipos auseinandersetzt und hier ihre Verdienste hat, die sich aber mit der von Dieterich aufgeworfeneu Frage nur beiläufig in einer oßenbar nachträglich angefügten Anmerkung (S. 39 f.) beschäftigt; was hier gegen Dieterich vorgebracht wird, genügt natürlich nicht zur "Wider- legung.

62 Robert Holtzmaun.

Notizen, die übrig bleiben, stellte er die Vermutung auf, dass sie vielleicht auf eine etwas reichere Rezension der Epitome zurückgingen, von der vielleicht auch in den Annales Admuntenses, dem Auctarium Garstense und den Annales S. Eudberti Salisburgenses (alles SS. IX) noch Spuren zu erkennen seien. Jedenfalls schien mit der Beseitigung der These Dieterichs über die Würzburger Chronik und das Handexemplar Hermanns seinen anderen Erörterungen der Boden entzogen, sodass Bresslau hoffen konnte, dass Dieterich seinen vs^eiteren Widerspruch gegen die Schwäbische Weltchronik aufgeben werde. Das war freilich eine schwere Täuschung. Dieterich nahm die Bresslau'schen Ergebnisse zwar an, benutzte sie aber in einem neuen Buch zu neuen, nicht minder überraschenden Hypothesen, die zwar den alten vielfach direkt wider- stritten, aber doch wenigstens einige Teile des alten Baus neu stützen sollten.

Dieses zweite Buch von J. E. Dieterich, Streitfragen der Schrift- und Quellenkunde des deutschen Mittelalters, 1900, besteht aus zwei Teilen ^, von denen uns hier nur der zweite, über die Grundlagen der bairisch- österreichischen Annalistik und die Chroniken Hermanns von Eeichenau handelnde interessiert. Die Arbeit, im Ton autoritativsten Selbstbewusstseins geschrieben, soll laut Vorwort die in dem ersten Buch vertretene Auffassung fester begründen ; sie hat sie in Wahrheit, ohne dem Leser ein Wort darüber zu sagen, in wesentlichen Punkten gänzlich umgestaltet. In Sonderheit ist das Handexemplar Hermanns hier still- schweigend in einer Versenkung verschwunden. Statt dessen lesen wir jetzt folgendes : Hermann hat nicht weniger als vier Chroniken geschrieben, zuerst die Epitome, dann die Vorlage jener drei österreichischen Annalen, die Bresslau eben erst in die Debatte gebracht hatte -, hierauf <lie gleichfalls verlorene Vorlage zur Würzburger Chronik (welche Vorlage dann in Würzburg nicht nur mit Lokal- notizen ausgestattet, sondern vor allem 'chronologisch ganz verwirrt' wurde) und schliesslich die Chronik, die schon immer als das Werk Hermanns gegolten hat. Dazu kämen

1) Der erste betrifft die Hersfeld - Hildesheimer Annalenfrage und stellt hier einschneidende neue Hypothesen auf; vgl. die in mehr als einer Hinsicht sehr instruktive Anzeige von Bresslau im N. Archiv XXVI (1901), 241 253. 2) Dieterich übernimmt die von Bresslau nur vermutete

Vorlage der drei Quellen als etwas sicher Gegebenes, leugnet aber, dass sie in der Würzburger Chronik benutzt sei.

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 63

dann ausserdem noch die Gesta Chuonradi et Heinrici imperatorum ; denn hinsichtlich ihrer werden die früheren Ausführungen durch das neue Buch nicht berührt. Man erkennt, von den Aenderungen im Einzelnen abgesehen, wie auf diese Art an die Stelle des Handexemplars ge- wissermassen die Persönlichkeit Hermanns als verbindendes Glied trat; wobei freilich sich diesmal die Notwendigkeit einstellte, Hermann bei der Ausarbeitung seiner letzten Chronik (oder, wenn man so will, der letzten Gestalt seiner Chronik) alle seine Hauptquellen, die er schon früher be- nutzt hatte, nochmals heranziehen zu lassen eine Ar- beitsweise Hermanns, die Dieterich früher als undenkbar abgelehnt hatte. So hat sich allerdings viel geändert. Im übrigen aber glaubt Dieterich nun trotz der Kritik Bresslaus, wie die Autorschaft Hermanns für die Epitome ^, so auch seine alte Ansicht über Wipo und die St. Galler Annalen aufrecht erhalten zu können, und triumphierend ruft er zum Schluss aus, an keine Kapitulation zu denken. Die Frage der Quellen des Chronicon Wirziburgense wiege überhaupt 'verhältnismässig leicht gegenüber jener un- gleich interessanteren des Verhältnisses Wipos zu Hermanns Chronik und Gesta Chuonradi et Heinrici imperatorum und zu den Annales Sangallenses maiores. Hier stehen wichtige Probleme der Reichsgeschichte auf dem Spiele'. Den letzten (von mir gesperrten) Satz kann ich freilich nur unterschreiben. Und eben des- halb wollen wir nun in der Tat die Thesen Dieterichs über Wipo und seine Beziehungen zu Hermann und den Annalen von St. Gallen gleichfalls der von ihrem Urheber herausgeforderten Untersuchung unterziehen. Er hat diese Thesen in seinem ersten Buch aufgestellt und begründet. Mit diesem ersten Buch haben wir uns daher auch hier vornehmlich zu beschäftigen, und nur gelegentlich kommt auch das zweite (durch dessen Aenderungen unser Problem wenig berührt wird) daneben in Betracht 2.

1) Dass davon gar keine Rede sein kann, hat inzwischen Bresslau, N. Archiv XXVII (1902), 127—157 dargetan. Ebenda S. 157—169 folgt der stringente Nachweis, dass das Verhältnis der Chronik Hermanns zur Epitome sich nur durch eine gemeinsame Quelle erklären lasse. Die neuen Aufstellungen Dieterichs über die Chronik Hermanns und die Epitome sind damit widerlegt, ebenso wie auch ein von Chr. Volkmar in den Forschungen zur Deutschen Geschichte XXIV (1884) begründeter Versuch , die Epitome zur Vorlage Hermanns zu machen. Von dem durch Bresslau a. a. 0. S. 169 skizzierten ferneren Programm will die vorliegende Untersuchung den ersten Punkt erledigen. 2) Ich wähle

64 Robert Holtzmann.

II.

Bei der Entscheidung- in der Frage, ob W eine ver- lorene annalistische Quelle die Schwäbische Welt- chronik, Vorlage zugleich für S, H und E benutzt hat, oder ob er, wie Dieterich will, ein völlig originales Werk bietet, empfiehlt es sich, zwischen äusseren und i n n e r e n G r ü n d e n zu unterscheiden. Diese ergeben sich aus gewissenhafter Vergleichung des Textes, den die vier genannten Quellen bieten. Jene haften an Merk- malen, die ausserhalb der gegenseitigen textlichen Be- ziehungen liegen. Wir beschäftigen uns in diesem Ab- schnitt zunächst mit den äusseren Gründen, die man zur Erledigung des strittigen Problems heranziehen zu dürfen glaubte. Es sind deren zweierlei. Der eine be- trifft eine Aussage von W über seine Quellen, der andere die Abfassungszeit der in Betracht kommenden Werke.

Die Aussage Wipos findet sich gleich am Anfang seines Werkes , in dem der Biographie vorangestellten Widmungsschreiben an Heinrich III. Missgünstige Leute, so meint er hier ^, würfen ihm vielleicht vor, das Werk sei überflüssig, da schon andere über denselben Gegenstand geschrieben hätten, 'obwohl ich noch nichts Schriftliches darüber gesehen habe'. Man kann zweifeln, ob W hier wirklich jede schriftliche Quelle ableugnet, oder ob er nicht vielmehr nur sagen wollte, er habe noch keine

zur Einfachheit für die folgende Untersuchung einige Abkürzungen: E = Epitome Sangallensis (Chronicon Suevicum universale , ed.

H. Bresslau SS. XIII). H = Hermann von Reichenau, Chronicon (ed. G. H. Pertz SS. V). S = Annales Sangallenses maiores (ed. I. v. Arx SS. I und K. Henking in den Mittheil, zur vaterländ. Geschichte, herausg. vom hist. Verein in St. Gallen XIX, 265 ff.). W = Wipo, Gesta Chuonradi II. (ed. H. Bresslau in den SS. rer. Germ, in usum scholarum 2. Aufl. 1878).

FDG. = Forschungen zur Deutschen Geschichte.

N. A, = Neues Archiv der Gesellschaft für altere deutsche Geschichts- kunde.

JB. = Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Konrad II. (von H. Bresslau, 2 Bde. 1879—1884).

GQ. = GeschichtsqueUen | ^^^.^^ ^.^ ^^^^ S_ g^ ^^.^ ^^^ ^ ^^^

o7' ~ c? ,e^^ I S. 62 zitierten Bücher von Dieterich.

Str. = ötreitiragen J

1) S. 3: 'Si vero aliqui calumpniantes obiciunt mihi, hoc opus super- vacuum esse, cum et alii de eadem re scripserint, licet inde nondum ali- quid scriptum vidissem, respondebo' etc.

Wjpo und die Schwäbische Weltchronik. 65

schriftliche Quelle über den von ihm behandelten Gegen- stand, d. h. noch keine Biographie Konrads, gesehen. Das letztere war die Ansicht von Steindorff ^, der freilich damit auf vielseitigen Widerspruch gestossen ist ^. Ich glaube nicht, dass diese Frage der Interpretation zweifelsfrei ent- schieden werden kann. Ueber eins aber darf man sich keinesfalls im Unklaren sein, nämlich darüber, dass es sich hier lediglich um eine Aussage von W und nicht um einen stringenten Beweis ihrer ßichtigkeit handelt. Wir werden dieser Aussage glauben, so lange wir keinen Anlass haben, sie zu bezweifeln. Wenn wir aber aus anderen, kritischen Ueberlegungen heraus zwingende Beweise dafür finden, dass W eine annalistische Quelle benutzt hat, so geht es natürlich nicht an, dieses Ergebnis durch den Hinweis auf obige Worte und Wipos 'Wahrhaftigkeit' widerlegen zu wollen. Das hiesse, das Thema probandum zur Prämisse machen. Denn über Wipos Wahrhaftigkeit wissen wir schlechterdings nichts, es sei denn das eine, dass er zweifellos aus höfischen Rücksichten die Wahrheit des öfteren verschwiegen oder verdunkelt hat\ Seine Worte dürfen uns daher einer Untersuchung seiner Quellen nicht überheben. Und wenn es sich dabei ergibt, dass er ausser seinen gewiss recht weit reichenden persönlichen Erlebnissen und mündlichen Quellen auch eine schrift- liche Quelle vor sich gehabt haben muss, so kann das durch die obige Aussage, wie man sie auch interpretieren will, nicht berührt werden. In diesem Falle hat vielmehr derjenige, welcher die Interpretation Steindorffs nicht an-

1) FDG. VI, 480. Ich gestehe, dass mir die Interpretation Stein- dorifs keineswegs unmöglich zu sein scheint. 2) Pflüger N. A. II, 139 f. ; Kaizl 7 f. ; Dieterich GQ. S. 117 f., Str. S. 159. Auch Bresslau N. A. II, 591 f. scheint die Interpretation Stein'lorffs abzulehnen. Konfus Rasche S. 7. 3) Vgl. u. a. F. Wagner, Die Wahl Konrads II. zum Römischen König (1871) S. 7—27; J. v. Pflugk - Harttung, Untersuchungen zur Geschichte Kaiser Konrads II. (1890) S. 104—118. Pflugk - Harttung übertreibt. Die Wahrheit dürfte ungefähr in der Mitte zwischen ihm und der nun ihrerseits zu weit gehenden Rettung von Seydel (oben S. 61, N. 2) liegen. Immerhin gibt auch Seydel zu, dass W manche für Heinrich III. un- liebsame Erinnerung stillschweigend bei Seite Hess (S. Bfi), dass er das Verhalten der Lothringer bei Konrads Wahl nach kaiserlicher Auffassung schildert (S. 60 f.), und dass sich auch sonst bei ihm der höfische Stand- punkt bemerkbar macht (S. 41. 63). Wichtiger ist, dass W eine Kritik Konrads nur da wagt, da aber auch immer anbringt, wo Heinrich III. seines kirchlichen Standpunkts wegen von den Anschauungen seines Vaters abwich. Darauf reduzieren sich die von Pflüger S. 152 f. und von Kaizl S. 22 f. vorgebrachten Belege seiner Wahrhaftigkeit. Mit vollem Recht hat schon Häusser S. 77 hervorgehoben, dass W oft parteiisch ist.

Neues Archiv etc. XXXV. 5

66 Robert Holtzmann.

erkennt, sich damit abzufinden, dass W hier etwas ver- schweigt, — oder vielleicht auch noch eine andere Er- klärung zu suchen^.

Die Frage nach der Abfassungszeit der hier zur Debatte stehenden Quellen, über die Dieterich GQ. S. 125 134 handelt, kam deshalb für ihn besonders in Betracht, weil die bis dahin herrschenden Anschauungen seiner An- nahme, dass W in der gemeinsamen Quelle von SHE (seinen Reichenauer Annalen) bereits benutzt sei, widerstritten. Nach Bresslau soll die Vorlage von SHE (die Schwäbische Weltchronik, die er auch von W benutzt sein lässt) bis 1040 gereicht haben-; als Abfassungszeit (bezw. Abschluss des Werkes) kämen die Jahre 1040 bis spätestens 1044 in Betracht. Später erst habe W geschrieben. Seine Bio- graphie Konrads war nach ziemlich allgemeiner Anschauung ''' in einer ersten Gestalt vor der Kaiserkrönung Heinrichs III. (Weihnachten 1046) angefertigt, aber erst nachher (1047 1049) mit einigen Aenderungen publiziert und dem Kaiser überreicht worden; diese Annahme einer späteren üeber- arbeitung gründet sich darauf, dass Heinrich III. uns in dem Werk zumeist noch als König, an einigen Stellen aber auch bereits als Kaiser entgegentritt^, sowie noch auf einige

1) Man könnte vielleicht an die Möglichkeit denken, dass W erst im Laufe der Arbeit die Chronik erhielt. Nach der zitierten Aeusserung wusste er doch zweifellos, dass es bereits andere Werke über den von ihm behandelten Stoff gab, und es kann nicht auffallen, wenn er ein solches erhielt (vielleicht sich besorgte). Der nachweisbare Zusammen- hang zwischen W und SHE beginnt erst mit W 10, und dafür dass das Widmungsschreiben zu Beginn des Werkes wenigstens im Entwurf schon der ersten Fassung angehörte, spricht seine Ueberschrift ; vgl. darüber und über entgegenstehende Momente unten N. 4. 2) N. A. II, 576.

586. Die hier vertretene Ansicht, dass die Weltchronik (wegen Be- nutzung der bis 1040 oder 1043 reichenden Annäles Hildesheimenses maiores) nicht gleichzeitig, sondern erst etwas nach 1040 (später ge- legentlich: 'um 1044') abgefasst worden sei, braucht nicht festgehalten zu werden, wenn Dieterich (Str. S. 1 112) mit seiner Ansicht, dass es diese Ann. Hildesh. mai. nie gegeben habe, recht hat. Doch kann diese Frage heute noch nicht entschieden werden ; vgl. Bresslau N. A. XXVI, 241 f. XXVII, 163 f. 3) Bresslau N. A. II, 591. Aehnlich Giesebrecht 5. Aufl II, 560 (abgefasst vor 1045, letzte Gestalt um 1049) ; Rasche S. 6 (vollendet 1047— 50) ; Pflüger S. 133 (vollendet 1047) ; Steffanides S. 4; Wattenbach 6. Aufl. II, 15 (um Weihn. 1046). .1. Harttung FDG. XVIIl (1878) , 614 f. bestritt zu Unrecht die Annahme einer Ueber- arbeitung, die J. May ebenda S. 619 623 mit neuen Gründen stützte. Zu weit dürfte P. Hasse in den Mitteil, aus dem Stadtarchiv von Köln V, Heft 13 (1887), 83—87 fürs erste Kapitel gehen. 4) Im Widmungs- brief und an zwei Stellen der Darstellung (Kap. 8 u. 29). Daher ver- mutete Bresslau N. A. II, 588, dass der Widmungsbrief erst nach Heinrichs

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 67

andere Spuren nachträglicher Einschaltung-. War aber die Vorlage von SHE älter als W, so konnte sie natürlich nicht W bereits benutzt haben, sondern nur umgekehrt in W gleichfalls benutzt sein. Dieterich ist daher darauf bedacht, die Abfassungszeiten zu verschieben. Zwar hin- sichtlich der Vorlage von SHE war da wenig zu machen. Dieterich weist hier nur zu 1041 noch einen Zusammen- hang zwischen S und E nach und führt demnach seine ßeichenauer Anualen bis zu diesem Jahr herab ^ Um so energischer wird die erste Rezension von W hinaufgesetzt. Und hier hat er nun zweifellos in so fern recht, als die Ueberarbeitungen in W schon vor der Kaiserkrönung Hein- richs III. begonnen haben müssen. Denn eine Stelle über die Ungarn in Kap. 1 (S. 10), die schon Giesebrecht als nachträglichen Einschub erkannt hatte, ist ofEenbar nach dem Ungarnsieg Heinrichs (Juli 1044), aber bereits vor dem Sturz König Peters (August 1046) geschrieben worden. Möglich also, dass auch die von Dieterich herangezogene Stelle des Kap. 36 (S. 42), in welcher der Tod Ariberts von Mailand (f 15. Januar 1045) erwähnt wird, bereits der Ueberarbeitung angehört. Ich meinerseits zweifle ja über- haupt daran, dass es jemals eine wirklich abgeschlossene

Kaiserkröuung geschrieben sei, musste dann jedoch die Ueberschrift ('Epistola ad regem Heinricum, Chuonradi imperatoris filium') einem Schreiber zuweisen. Aber gerade dass ein späterer Schreiber Heinrich III, als König bezeichnet habe, ist an sich nicht sehr wahrscheinlich (um so weniger als der Brief mit den Worten 'Gloriosissimo imperatori' beginnt), und Dieterich GQ. S. 131 macht darauf aufmerksam, dass wir auch sonst sehr gut an eine Ueberarbeitung des Briefs nach der Kaiserkrönung denken können. Ich würde mich in dieser, wegen der oben S. 66, N. 1 berührten Möglichkeit beachtenswerten Frage unbedenklich auf Dieterichs Seite stellen, also auch die N. A. 11, 589 begründete Ansicht von einer Aenderuug des Programms bei W aufzugeben bereit sein, wenn mir nicht eine Stelle des Schreibens auf die Voi'gänge zu Sutri und Rom Dez. 1046 anzuspielen schien. W kündigt nämlich auch eine Biographie Heinrichs III. an und sagt, er wolle zwischen Konrad und ihm so unterscheiden, 'ut alterum rem publicam, utpote Romanum Imperium, salubriter incidisse, alterum eamdem rationabiliter sanavisse veraciter dicam'. Welche andere Sanierung des Imperiums kann er im Auge haben? Oder gehört dieser Satz auch der Ueberarbeitung an? 1) GQ. S. 159, vgl. S. 244 f.;

vorher (S. 88. 128) hatte er sich zweifelnd geäussert. Die Frage nach dem Befund der Hs. von S (ebd. S. 126—128, vgl. Henking S. 363 365) kann hier ausscheiden; es ist sehr möglich, dass die Annahme von Steindorff, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich 111. 1 (1874), 444, wonach wir es in den Jahresberichten 1040 44 mit gleichzeitigen Eintragungen zu tun hätten, irrig ist und die Abfassungszeit von S etwas weiter herabgesetzt werden darf.

5*

68 Robert Holtzmann.

erste Rezension der Gesta Chuonradi gegeben hat\ und noch mehr daran, dass sie publiziert oder in einem Excerpt etwa zwischen 1041 und 1044 in Eeichenau benutzt wurde. Aber die theoretische Möglichkeit dieser Annahme ist, mit äusseren Gründen wenigstens, nicht zu widerlegen. Denn wir vermögen keinen Zeitpunkt anzugeben, vor welchem die erste Rezension nicht vollendet gewesen sein könnte, es sei denn der Tod und das Begräbnis Konrads II. Also : für wahrscheinlich wird man es nach dem, was wir über die Abfassungszeit unserer Werke wissen, nicht gerade halten, dass in der Vorlage von SHE bereits ein Excerpt aus W benutzt sei, aber die absolute Unmöglichkeit lässt sich auf diesem Wege allerdings nicht beweisen. Immerhin werden nur schwerwiegende innere Gründe uns zur An- nahme einer so früh abgeschlossenen ersten Rezension von W bestimmen können.

III.

Wir wenden uns also, nachdem unsere Betrachtung der äusseren Gründe im wesentlichen zu einem negativen Ergebnis geführt hat , nunmehr zu den inneren Gründen, die zur Entscheidung unseres Problems heran- gezogen worden sind, d. h. wir untersuchen den inneren Zusammenhang der Nachrichten, die W bietet, mit den entsprechenden Nachrichten von SHE und suchen zu er- kennen, ob wirklich W bereits in der Vorlage von SHE benutzt ist (wie Dieterich behauptet), oder ob es sich dabei nicht vielmehr umgekehrt verhält. Dieterich GQ. S. 134 158 glaubt nämlich in dieser Hinsicht feststellen zu dürfen, dass W in fünf Fällen gegenüber den schwäbischen Quellen SHE die richtigere Nachricht biete, aber in einer Form, aus der man noch erkennen könne, dass sie die Ur- sache zu den falschen Nachrichten in SHE geworden sei; das Verhältnis lasse darauf schliessen, dass ein oberflächlich angefertigtes Excerpt aus W in der Vorlage von SHE ent- halten gewesen sei und die guten Nachrichten von W in dürftiger und z. T. irriger Gestalt den schwäbischen Quellen vermittelt habe. W aber sei völlig original.

Hierzu ist von vornherein zu bemerken, dass es an sich natürlich noch kein Beweis für Dieterich ist, wenn festgestellt wird, dass W gegenüber den schwäbischen

1) Ich glaube vielmehr, dass Wipo seine Ergänzungen während der Arbeit eingeschoben hat.

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 69

Quellen manchmal das Richtige hat. Der Stammbaum, den Dieterich GQ. S. 12-1: für diesen Fall den Anhäng-ern der Hypothese von einer in W benutzten Schwäbischen Weltchronik unter Einschiebung einer weiteren verlorenen Quelle aufdrängen will :

Schwab. Weltchronik W X

S H E

ist durchaus unnötig und irreführend. Denn eben so gut kann W selbständig Irrtümer seiner Vorlage berichtigt haben, und wir werden sehen, dass in einigen Fällen die Sache in der Tat sicher so steht. Die Benutzung der Schwäbischen Weltchronik in W soll ja überhaupt nicht so verstanden werden, dass W damit ein ganz unselbstän- diger , nur auf diese seine Quelle angewiesener Autor würde. Solch törichte Anschauung über den kaiserlichen Kaplan, die Dieterich allerdings der Gegenseite in die Schuhe schiebt, hat noch niemand geäussert. Wir haben uns vielmehr, wenn wir bei nachstehendem Stammbaum bleiben :

Schwab. Weltchronik

W S 1 E

das Verhältnis zwischen W und seiner Vorlage so zu denken, dass W die annalistisch geordnete Quelle als chronologi- schen Leitfaden benutzte, ihr so zu sagen das Thema ent- nahm, es aber mannigfach variierte. W hat seine Vorlage bisweilen gekürzt, viel häufiger jedoch durch selbständige Nachrichten erweitert, gelegentlich auch verbessert. Er ist von den Ableitungen der Schwäbischen Weltchronik für seine, zeitlich beschränkte Periode verhältnismässig am selbständigsten. Wie ja auch der wörtliche Anschluss bei ihm verhältnismässig am geringsten ist. Es muss also für Dieterich darauf ankommen, in solchen Fällen, wo W gegen- über SHE (wirklich oder angeblich) das Richtige hat, nach- zuweisen, dass der Irrtum oder die Ungenauigkeit in den schwäbischen Quellen eben durch die Benutzung von W in ihnen erklärt werden kann oder muss. In der Tat ist das sein Ziel, und auch wir werden diesen Gesichts- punkt im Auge zu behalten haben, wenn wir nun daran

1) Dieterich druckt die Ableitungen von X etwas anders, da er seine Hypothese vom Handexemplar Hermanns, auf das E und H zurück- gehen sollen, hier als erwiesen ansieht.

70 Robert Holtzmann.

gehen, die fünf Fälle, die Dieterich hervorhebt, im ein- zelnen zu betrachten (Abschnitt III VII).

Die beiden ersten betreffen W 10 19 bezw. die Jahre 1026 27, und zwar der eine die Vorgänge auf dem ersten Eömerzug Koiirads, der andere die gleichzeitige Fürsten- verschwörung in Deutschland.

Zu den Nachrichten über den ersten Römerzug be- merkt Dieterich GQ. S. 134 138 (vgl. auch S. 99— 101) folgendes: H und S erzählen zu 1026, dass Konrad das ganze diesseits von Eom gelegene Italien mit Ausnahme von Lucca unterworfen habe (H: 'totam praeter Luccam, urbem Tusciae, Italiam in Cisromanis partibus sibi subiu- gavit' ; S : 'eam [Italiam] sibi poene totam eis Romam subiugavit, sola Lucca sibi resistente cum Reginhero mar- chione). Die Nachricht ist falsch ; denn der König war in diesem Jahre nur in Oberitalien, ist südlich nicht über Ravenna hinausgekommen ^. Die falsche Nachricht erklärt sich aber nach Dieterich dadurch, dass sie auf einem, durch Missverständnis oder Gedankenlosigkeit irrig zusammen- gepressten Excerpt von W 12 und 15 beruht. W 12 erzählt zu 1026 ganz richtig 'totam pene Italiam plan am suae ditioni subiugavit' ; W 15 zu 1027 ebenso zutreffend 'Ve- niens autem ad Lucam civitatem invenit eam sibi adversam ciim Reginhero marchione. Ibi rex paululum moratus post paucos dies civitatem et marchionem in deditionem acce- perat omnemque Tusciam sibi breviter subiugavit'. Diese Nachricht zu 1027 sei also der Kürze halber in dem Ex- cerpt gleich mit zu 1026 gestellt worden. Nun wider- streitet dieser Annahme allerdings auf das entschiedenste die Tatsache, dass H zu 1027 noch einmal auf Lucca zurück kommt und ganz wie W 15 die Ergebung der Stadt meldet. Das nennt Dieterich kurzer Hand einen 'Wider- spruch' von H zum vorangehenden Jahresbericht, welcher Widerspruch sich daraus erkläre, dass Hermann neben der Vorlage mit dem W- Excerpt auch noch selbständig W herangezogen habe.

Ich glaube, eine einfache Lektüre unserer Quellen wird diese Erklärung höchst gewunden und überflüssig er- scheinen lassen. Man schreibt wahrlich dem Excerptor ein raffiniertes Vorgehen vor, wenn man ihn aus 'Italia plana' bei W in das Excerpt 'Italia in Cisromanis partibus' (oder 'eis Romam) aufnehmen lässt. W 12 berichtet, dass Konrad

1) Auch nicht nach Pescara; vgl. darüber jetzt Bresslau N. A, XXXIV, 69—73.

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 71

1026 fast das ganze ebene Italien (d. h. Oberitalien) unter- worfen habe, dass er aber Pavia nicht nehmen konnte, und erzählt nun ausführlich seine Unternehmungen gegen die Pavesen und ihre Anhänger. Ein Excerpt aus diesem Kapitel hätte die Unterwerfung von ganz Oberitalien ausser Pavia und nicht die Unterwerfung des cisrömischen Italien ausser Lucca hervorgehoben. Und durch die angebliche Verschmelzung von W 15 mit W 12, die der Excerptor so töricht vornahm, soll der klügere Hermann sogar zu einem 'Widerspruch' verleitet worden sein. Dieser 'Widerspruch' ist jedoch ganz willkürlich in ihn hineininterpretiert worden, lediglich um der Behauptung willen, dass in seinem Bericht zu 1026 bereits ein Excerpt aus W 15 vorliege. H 1026 erzählt, wie oben (S. 70) angeführt, die Unterwerfung des cisrömischen Italien ausser Lucca; H 1027 fährt fort: 'Counradus rex . . in ulteriora progressus Luccam cum Reginhero marchione in deditionem accepit Romamque perveniens . . Imperator coronatus est'. Jetzt also gelangt er weiter nach Lucca und Rom. Wo in aller Welt ist hier ein Widerspruch, der auf eine doppelte Vorlage schliessen liesse? Die Sache liegt doch wohl vielmehr ganz einfach so: die ungenaue Nachricht von der Unterwerfung des cisrömischen Italien ausser Lucca im Jahre 1026 stand in der allen unseren Quellen gemeinsamen Vorlage, die W auf Grund seiner besseren Kenntnis hier berichtigte. Der Irrtum hat bei einer schwäbischen Quelle ebenso wenig etwas auffallendes wie die gute Information bei W. Die Schwäbische Weltchronik erzählte (ohne jeden inneren Widerspruch) zu 1026 die Unterwerfung des cisrömischen Italiens ausser Lucca, zu 1027 die Unterwerfung Luccas und die Kaiserkrönung in Rom. W hat die Ungenauig- keit zu 1026 beseitigt, den Bericht auf Grund eigener Kenntnis stark erweitert, im übrigen aber hier sogar den Wortlaut seiner Vorlage beibehalten ^.

1) Vgl. die Zusammenstellungen bei Dieterich GQ. S. 135. 137, N. 5. Doch beschränken sich die Entlehnungen bei W auf die Kap. 12 u. 15, da der Satz 'ipse cum exercitu copioso Italiam jjetere coepit' in Kap. 11 allein wegen der drei Worte 'cum exercitu' und 'Italiam' nicht mit H verglichen zu werden braucht (wodurch die Verwunderung Dieterichs GQ. S. 136 f. einigermassen herabgemindert wird). Bei einer etwaigen Rekonstruktion der Vorlage könnte man höchstens zweifeln, ob die Worte 'cum Reginhero marchione' zu 1026 (mit S) und zu 1027 (mit H und W) einzusetzen sind, oder nur zu 1027; vermutlich das letztere, sodass S sie dann vorweggenommen hätte, da es die Einnahme von Lucca 1027, vielleicht mit Rücksicht auf die gemeldete Ankunft Konrads in

72 Robert Holtzmann.

IV.

Was sodann die Nachricbten über die gleichzeitige Fürstenverschwörung in Deutschland angeht, so glaubt Dieterich GQ. S. 138 146 hier W den Vorzug geben zu sollen, einmal wegen seiner besseren Chronologie und sodann vor allem wegen seiner Angaben über die Beteiligung des Grafen Weif. Die Chronologie dieser bewegten Jahre, in denen die deutsche Fürstenverschwörung, die Ereignisse in Italien und allerhand schwäbische Lokalnachrichten in unseren Quellen zusammenzustellen waren, ist nirgends be- sonders gut, bei W aber alles in allem nicht besser als bei den anderen. Wir können im Gegenteil auch hier noch erkennen, wie W auf dasselbe Schema zurückgeht, das der Vorlage von SHE angehörte, und an dem er nur geringe, durch seine reichlicheren Nachrichten bedingte Modifika- tionen vorgenommen hat. Dieterich freilich meint, W ordne pragmatisch, indem er die italienischen Dinge zwi- schen die deutschen einschiebe, verfahre aber innerhalb dieser Abschnitte 'mit der peinlichsten chronologischen Genauigkeit , und erst der Excerptor habe dann bei dem Versuch, diese pragmatische Darstellung in seinen annali- stischen Rahmen zu bringen, das grosse Durcheinander verschuldet, das wir in den drei schwäbischen Quellen finden. Bei der Zergliederung dieses Durcheinanders (S. 138 f.) versperrt sich Dieterich aber von vornherein z. T. dadurch die richtige Erkenntnis, dass er in H zu Beginn des Jahresberichts 1026 die Worte 'sedatis ex parte rebellibus' übersieht: dieses Ereignis gehört noch vor den von Dieterich als n. I gezählten Abmarsch des Kaisers nach Süden.

Ich stelle zunächst die Ereignisse der Jahre 1025 27, wie sie nach SHE in der gemeinsamen Vorlage auf ein- ander folgten, hier zusammen, um mit ihnen dann die Dar- stellung bei W vergleichen zu können. In den Klammern gebe ich an, in welchen der drei Quellen das Ereignis genannt wird, und welche Nummer es in der ähnlichen Zusammenstellung bei Dieterich (der erst mit 1026 beginnt) trägt.

Rom, für nicht erwähnenswert hielt. Dass E seinen ganz kurzen Auszug über Konrads Römerzug und Kaiserkrönung (er besteht aus den Worten 'ipse Romam pergens imperator efficitur') zu 1026 stellt, darf natürlich in keiner Weise mit Dieterich GQ. S. 135 f. für seine Hypothese heran- gezogen werden, da die Kaiserkrönung sicher (auch nach Dieterich) in der Vorlage zu 1027 gestellt war.

Wipo und die Scbwäbiscne Weltchronik. 73

[1025:] 1) Aufstand gegen König Konrad; Teilnehmer: Konrad der Jüngere, Ernst von Schwaben, Graf Weif und viele andere (SHE). 2) Teilweiser Ausgleich ^ (H).

[1026 :] 3) Designation Heinrichs (E). 4) Vorgänge in Italien (SHE ; Dieterich : I u. II). 5) Ernst versöhnt, er- hält Kempten (H; III u. IV). 6) Neuer Aufstand Ernsts (H; V). 7) Bischofswechsel in Konstanz (SHE; VI). 8) Tod der Aebte von Kempten und Eheinau (H; VII). 9) Fehde zwischen Bischof Bruno von Augsburg und Graf Weif (HE 2; VIII).

[1027:] 10) Vorgänge in Italien (SH; IX XII). 11) Rückkehr nach Deutschland (SH). 12) Unterwerfung Ernsts, Welfs und anderer in Ulm (SHE).

So also ungefähr hätten wir uns die Aufeinander- folge der Ereignisse in der gemeinsamen Quelle von SHE zu denken^. Ist es wirklich unmöglich oder unwahrschein- lich, dass W ein ebensolches Gerippe vor sich hatte? Wie verläuft denn seine Erzählung? In Kap. 10 bringt er den Aufstand der Fürsten gegen Konrad '^ und die Wieder- aussöhnuug Ernsts; das entspricht den obigen Nummern 1 und 2, nur dass W über den teilweisen Ausgleich ('se- datis ex parte rebellibus' H) in so fern genauer informiert

1) Entweder im Anschluss an n. 1 zu 1025 (vgl. W 10) oder wie bei H (vgl. S. 72) zu Beginn des Jahres 1026. Hinzu kam ferner noch die "Weihnachtsfeier in Aachen (S) ; vgl. zu dieser richtigen Nachricht Steiudorff FDG. VII, 565 und den Unsinn, den im Gegensatz zu ihm Kaizl S. 9 hierbei anstellt. 2) In E steht diese Notiz (u. 9) zu 1027.

Bresslau N. A. II, 519 und JB. I, 197, N. 4 glaubte mit Rücksicht auf den Annalista Saxo, dass sie in der Schwäbischen Weltchronik und in den Aunales Hildesheimenses maiores (aus denen er sie herleitete) gleich- falls zu 1027 gestanden habe, und dass H hier aus besserem Wissen ge- ändert habe. Ohne mich auf die Frage der Ann. Hildesh. mai. hier ein- lassen zu wollen, möchte ich in diesem Punkt mit Dieterich GQ. S. 254 und Str. S. 75 annehmen, dass der Annalista Saxo hier mittelbar auf E zurückgeht, das an unserer Stelle überhaupt ein Beispiel seiner chrono- logischen TJnzuverlässigkeit gibt, indem es, entgegen seiner Quelle (vgl. oben S. 72, N.) , die Kaiserkrönung Konrads ein Jahr zu früh, die deutschen Ereignisse von 1026 und 1027 (oben n. 9 und 12) ein Jahr zu spät bringt. Die Schwäbische Weltchronik brachte also n. 9 m. E. richtig zu 1026 ; denn in der Sache stimme ich mit Bresslau dahin überein, dass die Fehde Bruno -Weif zu 1026 gehört, während Dieterich GQ. S. 139 sie seltsamer Weise (wohl weil E angeblich von Hermann verfasst ist) zu 1027 stellen will. 3) Wobei zwar keine chronologische, aber eine ge-

wisse sachliche Ordnung immerhin zu erkennen ist; vgl. ]3resslau JB. I, 462. Möglich wäre es übrigens auch, dass n. 8 von H selbständig hinzu- gefügt wurde ; dann hätte Hermann den von Bresslau hervorgehobenen Zusammenhang dieser Nachricht mit n. 5 wahrscheinlich verkannt. 4) Ueber die Teilnehmer unten S. 75 f.

74 Robert Holtzmann.

war, als er wusste, dass es sich dabei eben um Ernst handelte^. Dadurch wurde es für ihn zugleich unnötig, bei Punkt 5, gelegentlich der Verleihung Kemptens an Ernst, dessen vorher erfolgte Versöhnung nach Art von H durch ein Participium perfecti (gewissermassen in Paren- these) nachzuholen. In Kap. 11 folgt dann regelrecht die Designation Heinrichs (n. 3), der Aufbruch nach Italien (Anfang von n. 4) und die Verleihung Kemptens an Ernst (n. 5). Die dürren Nachrichten der Vorlage über die Er- eignisse in Italien (Fortgang von n. 4) hat W einen Augen- blick zurückgeschoben, da er über sie, wie wir sahen, viel ausführlicher zu berichten wusste; das geschieht dann im Zusammenhang in den Kap. 12 18 (mit n. 10). Hierauf kommt er, unter Fortlassung der schwäbischen Lokal- nachrichten (n. 7 u. 8), wieder zu dem deutschen Aufstand und bringt im Kap. 19 zunächst n. 9 und 6, die er also umstellte- und mit eigenen Nachrichten durchsetzte, dann in Kap. 20 n. 11 und 12. Die Aenderungen, die W vor- nahm, reduzieren sich also im Wesentlichen (nämlich ab- gesehen von der eben genannten Umstellung) darauf, dass er die Aussöhnung Ernsts da brachte, wo seine Quelle von einer teilweisen Aussöhnung der Verschwörer sprach, und dass er die Ereignisse auf dem ersten Römerzug zusammen- nahm. Durch ersteres ist die Folge der Ereignisse aller- dings verbessert worden, aber nicht ebenso die Jahres- zugehörigkeit. Denn W erzählt nun die Aussöhnung Ernsts zu 1025. In seiner Vorlage stand zwar jene allgemeine Bemerkung über eine teilweise Aussöhnung der Verschwörer vielleicht^ gleichfalls za 1025, die Aussöhnung Ernsts aber sicher richtig zu 1026 gebucht. H 1026 Sc^gt 'Ernust . . eo ipso anno pacificatus' : wie in aller Welt soll diese aus- drückliche und richtige Bemerkung durch W vermittelt worden sein, wo doch W die Aussöhnung Ernsts zum ersten Jahr der Regierung Konrads erzählt, am Schluss von Kap. 10, und ebenso ausdrücklich erst darauf mit Kap. 11 und den Worten 'Anno incarnationis Christi 1026' zum Jahr 1026 übergeht? Mit der billigen Annahme, dass die

1) Doch sollte sich die allgemeinere Nachricht, die uns H erhalten hat, vielleicht auch noch auf die Unterwerfung der Lothringer Weihnachten 1025 beziehen. 2) Auch die Tatsache der Umstellung scheint mir eher bei W erklärlich, der über diese Vorgänge in Deutschland mehr wusste als seine Quelle, als bei dem von Dieterich angenommenen W-Ex- cerptor, der doch schlechterdings keinen Grund zu ihr haben konnte. 3) Vgl. oben S. 73, N. 1.

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 75

Nachricht n. 1 (1025) durch das W- Excerpt, die Nach- richten n. 5 und G aber wieder durch selbständige Be- nutzung von Win H zu erklären seien (vgl. unten S. 77 79), kommt man hier also schon aus diesem Grunde nicht aus. Und ferner: Durch die Zusammenfassung der italienischen Ereignisse in W sind zwar diese selbst in der richtigen Reihenfolge belassen worden (sie war auch in der Vorlage von SHE vorhanden!), dahingegen wurde die Chronologie der gleichzeitigen deutschen Ereignisse auf diese Art ge- schädigt, sofern ein Benutzer von W nun zum mindesten der Gefahr ausgesetzt war, alle in Kap. 19 berichteten Ereignisse zu 1027 zu stellen. Dennoch hat sie H richtig zu 1026 gebucht. Sonach wird auch hier alles natürlicher und wahrscheinlicher, wenn die Nachrichten in SRE nicht aus W stammen, sondern aus einer anderen Quelle, auf die auch W zurückgeht.

Noch interessanter aber ist es, die Rolle des schwäbi- schen Grafen Weif nach SH. einerseits und W andererseits zu betrachten. Wir sahen, dass in der Vorlage von SHE zu allen drei Jahren von der deutschen Fürstenverschwö- rung" die Rede war: zu 1025 brachte sie die oben mit n. 1 und 2 bezeichneten Nachrichten^, zu 1026 n. 5, 6 und 9, zu 1027 n. 12. In allen drei Jahresberichten ist vom Grafen Weif die Rede. Im Jahre 1025 empört er sich gegen König Konrad, zusammen mit Konrad dem Jüngeren und Ernst von Schwaben; 1026 kämpft er mit dem Bischof Bruno von Augsburg; 1027 unterwirft er sich mit Ernst zu Ulm. W hingegen erwähnt den Grafen Weif überhaupt nur einmal: in Kap. 19, wo er seinen Kampf mit Bruno (der nach Kap. 1 1 während des Römerzuges die Regent- schaft in Deutschland führte) erzählt und gleich hinzufügt, dass Weif sich später wo und wann wird nicht gesagt unterworfen habe. In Kap. 10, wo von dem Anfang der Fürstenverschwörung 1025 die Rede ist, werden als Teil- nehmer Ernst, Konrad d. J. und Friedrich von Lothringen 'cum aliis plerisque' genannt. Hier ist zunächst der Herzog Friedrich II. von Oberlothringen (also gerade die Persön- lichkeit, die in SHE überhaupt fehlt) mit seinem Vater Dietrich I. verwechselt, ebenso wie dann in Kap. 19, wo es heisst, Friedrich sei an der ofEenen Teilnahme an der Empörung durch seinen Tod verhindert worden (Dietrich t 11. April 1026 oder 1027, Friedrich f 18. Mai 1033)2.

1) n. 2 vielleicht zu 1026 (vgl. S. 73, IST. 1). 2) Das Todes-

datum Dietrichs nach R. Parisot, Les origines de la haute Lorraine et sa

76 Robert Holtzmann.

Auf dem Reichstag zu Ulm (Juli 1027) wird in Kap. 20 nur von der Unterwerfung- Ernsts geredet; schliesslich be- richtet Kap. 21 noch den Ausgleich mit Konrad d. J. (der September 1027 zu Worms stattfand). W hat also auch hier einiges weniger, anderes mehr als SHE, aber der Zu- sammenhang liegt auf der Hand : wie die Vorlage von SHE dreimal von diesen Dingen gesprochen haben muss, so tut das auch W (n. 1, 1025, = W 10; n. 9, 1026, = W 19; n. 12, 1027, = W 20). Und die verschiedene Behandlung des Grafen Weif in der Vorlage von SHE und in W hat erst recht nichts auffallendes. Die schwäbische Quelle interessierte sich naturgemäss für diesen schwäbischen Grafen besonders ; deshalb erwähnte sie ihn zu allen drei Jahren. W hatte nicht das gleiche Interesse an ihm und nannte ihn nur da, wo es etwas bemerkenswertes von ihm zu berichten gab (den Streit mit dem Reichsregenten Bruno). Ebenda (Kap. 19) bemerkt W ausdrücklich, dass er den Grafen Weif zu den 'geringeren' Teilnehmern an der Ver- schwörung rechnet: er beginnt mit ihm und entschuldigt das mit den Worten 'Ut enim a minoribus incipiam et ad maiores perveniam' ^ Die 'maiores', von denen nachher die Rede ist, sind Konrad d. J., Friedrich v. Lothringen und Ernst von Schwaben, also eben die drei Fürsten, die auch in Kap. 10 namentlich genannt waren. Die 'minores', zu denen Weif gehört, sind natürlich die 'alii plerique' des Kap. 10, deren Namen hier nicht genannt sind, obgleich W vielleicht noch manchen davon hätte nennen können. Den Herzog von Oberlothringen dagegen, einen der 'maiores', der in der gemeinsamen Quelle nicht genannt war 2, hat W aus eigener Kenntnis hinzugefügt, eben dabei aber durch Verwechslung des Vaters mit dem Sohn einen Fehler gemacht, den seine Vorlage nicht enthielt.

Liegen somit diese Dinge bei der Annahme, dass W mit SHE zusammen auf die gleiche Quelle (die Schwäbische Weltchronik) zurückgeht, vollkommen klar, so wird man

premiere maison ducale (1909) S. 427; dasjenige Friedrichs nach Bresslau im Jahrbuch der Gesellschaft f. lothringische Gesch. u. Altertumsk. XVIII (1906), 459—461 (Parisot S. .819 f., N. 8, 435 mit N. 5 plädiert nunmehr, wohl irrig, für den 22. Mai). 1) Auch in dieser Entschuldigung sehe

ich eine Anspielung auf den Bericht der Vorlage zu 1026, wo offenbar, wie noch jetzt in H, der Kampf zwischen Weif und Bruno ganz am Ende des Jahresberichtes, nach dem neuen Aufstand Ernsts, erzählt war. W ging von dieser Reihenfolge ab. 2) Wohl weil es bei ihm schliesslich

nicht bis zum offenen Kampf in Waffen gekommen ist; vgl. zur Sache Bresslau JB. I, 202 f. 238. 247—49. 461 f.

J

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 77

mit einiger Spannung fragen, wie denn Dieterich den Zu- sammenhang, in Sonderheit die dreimalige Nennung des Grafen Weif in der Vorlage von SHE, mit Hülfe seines W-Excerptes erklären will. Der Excerptor kann doch den Grafen auf Grund der einmaligen Nennung in W 19 nicht zu allen drei Jahren gestellt haben ! Das ist in der Tat auch nicht die Ansicht Dieterichs, der vielmehr folgender- massen konstruiert: Der W- Excerptor, dessen Werk in die Vorlage von SHE (die Reichenauer Annalen) eingearbeitet ist, hat die 'erste Verschwörung', von der W 10 zu 1025 handelt, und die 'zweite Verschwörung' W 19 von 1026/27^ 'sei es aus Bequemlichkeit, sei es aus mangelhafter chrono- logischer Gewissenhaftigkeit' in einen kurzen Satz zu- sammengefasst und zu 1025 als dem ersten Jahre der Er- hebung gestellt. So kam also Weif in der Quelle von SHE zu 1025, während andererseits derselbe ungeschickte Ex- cerptor gleichzeitig das glückliche Geschick bewies, den W 10 als aufständig genannten Herzog Friedrich von Lothringen mit Rücksicht auf W 19 (vgl. S. 75 unten) weg- zulassen und dadurch einem Irrtum seiner Vorlage zu ent- gehen. Der Kampf Welfs mit Bruno (n. 9) war nach Diete- rich in den Eeichenauer Annalen überhaupt nicht erwähnt; er steht nur in HE, nicht in S, und das wird so erklärt, dass Hermann (dem Dieterich auch E zuschreibt) hier ausser dem in den Reichenauer Annalen enthaltenen W- Excerpt auch W wieder selbständig herangezogen habe. Wir erwähnten schon (S. 75), dass auch der Bericht, den H 1026 über die Aussöhnung und Wiederverschwörung Ernsts hat (n. 5 und 6), bei Dieterich auf solche selbstän- dige Benutzung von W zurückgeführt wurde. Zu 1026 hätten also die Reichenauer Annalen mit ihrem W-Excerpt der deutschen Fürstenverschwörung überhaupt nicht ge- dacht. Schliesslich die Nachricht über Weif zu 1027 (seine Unterwerfung zu Ulm, n. 12), die in keiner Weise aus W

1) Dieterich redet (wie Giesebrecht) irrig voa zwei verschiedenen Fürstenverschwörungen und macht auch dadurch Stimmung für seine An- sicht, dass Weif 1025 noch nicht im Aufstand gewesen sei, sondern erst der 'zweiten' Verschwörung angehört habe. In Wahrheit kann nur bei Ernst von einem zweimaligen Abfall geredet werden, während bei den übrigen weder W noch sonst eine Quelle von awei Aufständen weiss. Vor dem Römerzug wurde die Fürstenverschwörung nur teilweise (H 1026), nämlich durch die Versöhnung Ernsts (W 10) und vielleicht auch der Lothringer (vgl. oben S. 74, X. 1) gedämpft, und W 19 wird deutlich die fortdauernde Empörung der übrigen von dem neuen Aufstand Ernsts ('iterum rebellionem moliebatur') unterschieden. Vgl. Bresslau JB. 1, 460 64.

78 Robert Holtzmann.

berauszuinterpretieren war, sollen die Eeichenauer Annalen aus eigener Kenntnis schwäbischer Vorgänge geschöpft haben (GQ. S. 155 f.).

Diese gewagte und an sich gewiss unwahrscheinliche Konstruktion, auf Grund deren Dieterich die Beteiligung Welfs am Aufstand von 1025 gegen die ausdrückliche An- gabe von S und H leugnet, soll also die auffallende Tat- sache erklären, dass SHE dreimal, zu drei verschiedenen Jahren, die angebliche (mittelbare) Vorlage W jedoch nur einmal vom Grafen Weif spricht. Und der Beweis? Hier ist er: der Bericht von SH zu 1025 hat keinen wörtlichen Anklang an W 10 (1025), wohl aber solchen an W 19 (1026/27), woraus sich ergibt, dass auch W 19 in dem Ex- cerpt bereits zu 1025 ausgezogen war. Um diesen Zu- sammenhang zwischen W 19 und SH 1025 darzutun, stellt Dieterich GQ. S. 144 die drei Berichte nebeneinander und sperrt dabei eine ganze Menge von Worten, die indes nur einen ganz oberflächlichen Leser überzeugen werden. Der Jahresbericht zu 1025 lautet

in S : 'Saeve contentionis fomes exarsit in sacrosancto die paschali apud Vindelicam Augustam inter Chuonradum regem et patruelem eius Chuonradum. Cui etiam Ernest, consobrinus eius, dux Alamanniae, et Welfhardus comes postea confoederati, simul regi rebellare sunt ausi. Sed hoc temere incaeptum, Deo prohibente, non habuit ef- fectum'.

in H : 'Rebellio et discordia multa contra Counradum regem a patruele eius Counrado et Ernusto duce Alaman- niae, privigno eius, Welph quoque Suevigena comite et aliis pluribus facta' ^

Davon führt Dieterich durch Sperrdruck auf W 19 folgen- des zurück. Erstens die Namen (!), die in dem langen Bericht Wipos natürlich gleichfalls vorkommen, wenn auch anders. W 19 'quidam comes in Suevia Weif nominatus' gibt die Grundlage für die Sperrung der Worte 'Welph quoque (!) Suevigena (!) comite' in H; W 'Chuono dux Wormatiensis, patruelis imperatoris' = SH 'patruelis eius Chuonradus' ; W 'Ernestus dux Alamanniae, privignus imperatoris Chuon- radi' = H 'Ernusto duce Alamanniae, privigno eins'. Hier reduziert sich also die ganze Aehnlichkeit darauf, dass beidemal Konrad der Jüngere der Vetter und Ernst von

1) E hat nur kurz : 'Magna dissensio in regno contra ChSnradum regem efficitur'.

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 79

Schwaben der Stiefsohn Konrads II. genannt wird eine 'Aehnlichkeit', ans der wohl nur die Willkür auf Abhängig- keit schliessen wird. Aber es kommt noch besser. Auch die Worte 'Chuonradum regem' in SH sind von Dieterich gesperrt, obgleich König Konrad in W 19 überhaupt nicht vorkommt. Natürlich nicht; denn in W 16 war bereits Konrads Kaiserkrönung erzählt worden, und er tritt nun, bei den Ereignissen von 1026/27, mit Recht als 'imperator' auf. Anders natürlich in den Jahresberichten von Sil (und ihrer Vorlage) zu 1025, wo er, wie in W 10, noch König war. Man bewundere das Raffinement des 'un- geschickten' Excerptors, der, als er sein Excerpt aus W 19 zu 1025 stellte, aus dem Kaiser einen König machte in der üeberlegung, dass er ja über die Kaiserkrönung zurück- sprang! Er hätte hier nicht weniger überlegt excerpiert als bei der Weglassung des Herzogs Friedrich. Die Namen also beweisen nicht nur nichts, sondern sprechen durch diese Verschiedenheit der Titulatur geradezu gegen Dieterich. Von ihnen abgesehen aber gibt es nur noch eine Aehnlichkeit der Texte: W 19 'Ernestus . . iterum rebellionem moliebatur' = H 'rebellio . . facta' (!) und S 'rebellare sunt ausi'(!), auch 'moliebatur', 'facta' und 'sunt ausi' im Sperrdruck! An anderer Stelle (Str. S. 112, N. 6) polemisiert Dieterich gegen die erheblich besser begründete Quellenverwandtschafts-Hjpothese eines Anderen und meint zu dessen Zusammenstellungen : 'Auf diese Weise mache ich mich anheischig, die Verwandtschaft zwischen Vergil und der Vulgata zu beweisen'. Besser hätte er dieses Dictum auf die eigene eben besprochene Nebeneinander- stellung und Wortesperrung angewendet. In Wahrheit besteht zwischen SHE 1025 einerseits und W 19 anderer- seits keinerlei Zusammenhang \

1) Die wörtliche Anlehnung an die Vorlage ist bei "W, wie schon oben (S. 69) erwähnt , verhältnismässig am geringsten , während die annalistischen Quellen SHE sich naturgemäss auch im Wortlaut mehr an die gleichfalls annalistische Quelle anlehnen. In dem hier besprochenen Fall lege ich auf die wörtlichen Anklänge bei W überhaupt keinerlei Gewicht. Immerhin würde mau so gut, wie Dieterich in W 19, auch in W 10 Anklänge an SHE 1025 finden können und z. ß. folgendermassen in W 10 sperren : 'Ernestus dux Alamanniae, Chuono dux Franciae, Fridericus dux Liutharingorum cum aliis plerisque [= 'et aliis pluribus' H] contra regem Chuonradum consenserunt [vgl. 'dissensio' E] et multa molientes . . nihil nisi calamitatem futuram assecuti sunt' [vgl. 'sed hoc temere incaeptum . . non habuit effectum' S]. Fehlt nur der Stiefsohn und der Vetter. Ernst wurde hier von W nicht als 'privignus regis' bezeichnet, da W uns unmittelbar darauf genauer

80 Robert Holtzmann.

Und doch ist diese angebliche üebereinstimmung zwischen SH 1025 und W 19 tatsächlich der einzige ernst- hafte Beweis, den Dieterich für seine gewagte Hypothese über den Zusammenhang unserer Berichte und die auf sie gegründete Behauptung, dass Weif an dem Aufstand von 1025 nicht teilgenommen habe, vorzubringen vermag. Denn einige andere Erörterungen, die dem gleichen Ziele dienen sollen, sind noch weniger stichhaltig. Dass nicht alle Nachrichten, die H über den Fürsten aufstand bringt, auch in S stehen, ist natürlich kein Beweis dafür, dass sie nicht in der gemeinsamen Vorlage standen. Wer eine zweite Quelle für H annehmen will, dem fällt dafür die Beweis- last zu. Dennoch beruft sich Dieterich zunächst gerade auf den Umstand, dass S zu 1026 keine Nachrichten über den Fürstenaufstand bringe, und glaubt sich unter Verweis auf seine frühere, ebenso willkürliche Annahme, dass H auch zum ßömerzug W selbständig herangezogen habe (oben S. 70), GQ. S. 141 zu der vorerst noch etwas scheu ausgesprochenen Vermutung berechtigt: 'In der gemein- samen Vorlage dürfte nur einmal und zwar zu 1025 von dem Aufruhr Ernsts die Rede gewesen sein'. Zwei Seiten darauf hat sich dann die Zuversicht, mit der diese un- wahrscheinliche, den Stempel des künstlich Ersonnenen an sich tragende Behauptung, dass H teils auf ein W-Excerpt und teils auf W selbst zurückgehe, vorgetragen wird, bereits wesentlich gehoben ; da wird zu der zunächst doch viel näher liegenden Ansicht des Gegners (dass H nur die eine, auch von W benutzte verlorene Quelle gekannt habe) kurzerhand bemerkt: 'Wir sahen oben im Gegenteil, dass Vieles (!) dafür spricht, dass in der verlorenen Quelle nur einmal und zwar zu 1025 von den Aufständen die Rede war'. So wird es nicht Wunder nehmen, dass noch zwei Seiten später, nachdem nun unterdessen der angebliche Widerspruch Wipos gegen die Anteilnahme Weif s am 'ersten' Aufstand (1025), der angebliche Zusammenhang zwischen SH 1025 und W 19 und zum Schluss noch eine köstliche Entdeckung in dem Bericht von S zur Erörterung kamen, die Vermutung zur vollkommenen Gewissheit geworden ist (GQ. S. 145 : die Vorlage Hermanns fasste beide Aufstände

sagt, dass seine Mutter die Königin war ; und der Gleichmässigkeit halber bbeb dann auch bei 'Chuono' der Zusatz 'patruelis eius' fort, was ohne Nachteil geschehen konnte, da uns W 2 bereits ausführlich über die Ver- wandtschaft der beiden Konrade unterrichtet hatte ('ex duobus fratribus nati' u. s. w.).

Wipo und die Schv/äbische Weltchronik. 81

in einen Satz zusammen). Die Haltlosigkeit der Behaup- tung-, dass W 10 dem Bericht von SH über die Beteiligung Welfs am Aufstand von 1025 widerstreite, wurde schon oben (S. 76) beleuchtet; Dieterich hat hier einen völlig un- erlaubten Gebrauch von dem immer nur mit einiger Vor- sicht anzuwendenden Argumentum ex silentio gemacht. Noch ein Wort aber sei zum Schluss der verblüffenden Entdeckung gewidmet, dass S in seinem (oben S. 78 mit- geteilten) Jahresbericht zu 1025 zwar die Teilnahme Welfs am Aufstand behaupte, aber doch daneben noch Kenntnis bewahre, dass sie eigentlich erst später begonnen habe. Zu dieser Entdeckung haben die beiden schlichten Worte 'postea confoederati' verholfen. Man hat sie bisher freilich anders gedeutet ^. Die drei Fürsten, deren Aufstand S erzählt, haben sich nämlich nicht zur gleichen Zeit gegen den Xönig erhoben. Zuerst fiel Konrad der Jüngere ab, Ostern (18. April) 1025 zu Augsburg (wie eben S berichtet). Einige Monate später begann die Empörung des Herzogs Ernst, der noch im Juni 1025, als der König von Konstanz nach Zürich reiste, in geordneten Beziehungen zu ihm stand-; und jetzt erst, wohl auf die Kunde von dem Auf- stand seines Herzogs, erhob sich auch Weif. Dass die Auf- ständigen alsbald miteinander in Verbindung traten, ver- stand sich für sie wohl von selbst. Dies der Hergang, wie ihn S kurz aber anschaulich und richtig schildert. Erst erhebt sich Konrad der Jüngere; 'mit ihm haben sich später auch Herzog Ernst und Graf Weif verbündet und zusammen dem König zu rebellieren gewagt'. 'Cui postea confoederati' gehört zusammen; wie sollte das 'cui' denn auch sonst konstruiert werden? Anders Dieterich. Er übersetzt, Ernst und Weif hätten sich später mit einander verbündet, und meint, S habe die Meldung seiner Vorlage, dass auch Weif sich erhoben, zwar übernommen, scheine sie aber durch den Zusatz 'postea confoederati' zugleich verbessert oder widerrufen zu haben. 'Dürfen wir', so fragt er, 'die einschränkenden Worte "postea confoederati" hinter den Namen Ernsts und Welfs als eine Korrektur des Sanctgallers betrachten, der sich noch entsann, dass Weif erst später in den Aufstand eingetreten war?' Ich fürchte, dass Dieterich selbst durch dieses Meisterstück der Interpretationskunst seine Hypothese nicht wesentlich gefestigt hat.

1) Vgl. ßresslau JB. 1, 92, X. 1. 2) W 7 (S. 23); vgl. Bresslau a. a. 0.

Neues Archiv etc. XXXV.

82 Robert Holtzmann.

Ueber die endgültige Absetzung des Herzogs Ernst zu Ingelheim 1030 berichtet W25^ in einer Weise, die, wenn wir auf ihn allein angewiesen wären, die Vorgänge keineswegs klar und anschaulich erkennen lassen würde. Das Kapitel trägt die Ueberschrift: 'Wie Herzog Ernst sein Herzogtum erhielt [d. h. wiedererhielt] und sofort verlor [d. h. wiederverlor]' und erzählt folgendes. Das Oster- fest 1030 feierte Kaiser Konrad in Ingelheim. 'Hier erhielt der oben erwähnte Herzog Ernst von Schwaben, aus dem Gefängnis entlassen, sein Herzogtum zurück, unter der Be- dingung, dass er seinen Vasallen Wezelo [Werner v. Kiburg], der durch viele Umtriebe das Eeich beunruhigt hatte, als einen Feind des Staates mit seinem ganzen Anhang be- kriege und mit einem Eid bekräftige, dass er das tun werde. Als der Herzog das nicht tun wollte, wurde er als öffentlicher Feind des Kaisers verurteilt, verlor sein Herzog- tum völlig und ging mit wenigen von da [d. h. von Ingel- heim] fort'. Dieser Bericht ist unklar und leidet an einem inneren Widersjjruch, den Bresslau N. A. II, 593 richtig hervorhob, während ihn Dieterich GQ. S. 295 zu Unrecht leugnet. Es liegt ja zunächst nahe, sich den Vorgang so zu denken, dass Konrad die Wiederverleihung Schwabens an die Bedingung der Eidesleistung geknüpft, dass Ernst aber den Schwur verweigert habe und definitiv abgesetzt und geächtet worden sei. So erzählte in der Tat Giese- brecht ^ den Hergang. Dann wäre aber das Herzogtum Ernst nur angeboten, nicht wirklich übertragen worden, und W hätte sich in der Ueberschrift sowohl wie im Text ungenau ausgedrückt. Mit Rücksicht darauf denkt Diete-

1) 'Qualiter dux Ernestus ducatum accepit et statim amisit. Anno Domini 1030. imperator Chuonradus apud Ingelenheim pascba celebravit. Ibi Ernestus supra memoratus dux Alamanniae a custodia solutus ducatum recepit, eo tenore ut Wezelonem militem suum, qui multis factionibus regnum turbaverat, quasi hostem rei publicae cum omnibus suis per- sequeretur idque se facturum cum sacramento confirmaret. Quod cum dux facere noUet, hostis publicus imperatoris diiudicatus est et iienitus ducatu amisso cum imucis inde recessit'. Die Behauptung von May FDG. XVIII, 623 f., dass die Kapitelüberschriften nicht von ^Yipo selbst her- rührten, ist eine haltlose Vermutung. 2) 4. Aufl. II, 264 : 'Ostern 1080 erbot sich der Kaiser zu Ingelheim, Ernst das angestammte Herzogtum unter der Bedingung zurückzugeben, dass er eidlich Werner ... zu ver- folgen gelobe. Aber Ernst verweigerte ein solches Gelöbnis'. In der 5. Aufl. ist mit Rücksicht auf die unten besprochene Urkunde vom 1. Juli 1028 geändert.

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 83

rieh, der GQ. S. 146—148 und 295—297 sieh mit W und den schwäbischen Quellen auseinandersetzt, den Hergang etwas anders. Er glaubt, Ernst habe den Eid versprochen, darauf das Herzogtum erhalten, dann aber, als es ans Schwören gehen sollte, den Eid dennoch verweigert, und sei nun verurteilt worden. Diese Auslegung aber leidet nicht nur daran, dass sie den Kaiser die Reihenfolge der Handlungen sehr unvorsichtig wählen und den Herzog einen völlig zwecklosen ^ Wortbruch begehen lässt, sondern vor allem auch daran, dass sie weder dem Wortlaut noch dem Sinn von W entspricht. Denn nirgends sagt W, dass Ernst irgend welches Versprechen, das ihn zu einem Vor- gehen gegen Werner verpflichtete, geleistet habe. Gegen alle Quellen bürdet Dieterich dem unglücklichen Herzog auch noch einen Wortbruch auf und nimmt ihm dadurch das letzte, was ihm von seinem einstigen Ruhm geblieben war, die rein menschliche Sympathie-. Von einem Ver-

1) Was Dieterich GQ. S. 296 mit Zwecken 'im höheren Sinne' unter Berufung auf die Freundestreue meint, ist mir völlig unklar. Was hatte denn Werner davon, dass Ernst zuerst versprach, ihn bekriegen und dies eidlich geloben zu wollen? Die Sinnlosigkeit, dass Ernst zuerst den Eid versprach und unmittelbar darauf verweigerte, die zudem nicht den Quellen entnommen, sondern in sie hineininterpretiert ist, glaube, ■wer mag. 2) Noch schlimmer Harttung FDG. XVIIT, 617, der ihm

gar einen Eidbruch zur Last legt. Er meint, der genaue Wortlaut bei W nötige zu folgender Annahme : Ernst leistete den Eid und erhielt sein Herzogtum zurück, weigerte sich dann aber alsbald (noch in Ingelheim), das beschworene Versprechen zu erfüllen, und wurde nun (gleichfalls noch zu Ingelheim) endgültig abgesetzt. Dann hätte Ernst also einen alsbald verletzten Scliwur, einen völlig zwecklosen Meineid geleistet. Des Meineids aber will ihn W offenbar noch weniger bezichtigen; auch ver- steht es sich, dass Ernst den Krieg gegen Werner erst nach Beendigung des Reichstags hätte aufnehmen können, die ganze Sache also gar nicht so schnell zur Erledigung hätte kommen können. Vgl. Bresslau JB. I, 251 f., N. 5. Auch Dieterich will von dieser Auffassung nichts wissen. Dagegen erörtert er GQ. S. 295, N. 23 noch kurz eine andere Möglichkeit, über die er 'vielleicht ein anderes Mal mehr' sagen will. Er meint, viel- leicht sei Ernst 1027 gar nicht abgesetzt, sondern nur für die Dauer seiner Haft suspendiert worden ; das 'ducatum recepit' W 25 könne eben so gut als auf eiue Wiedereinsetzung auch nur auf eine Wiederaufnahme der herzoglichen Geschäfte gedeutet werden. Dann hätte also Ernst mit der Haftentlassung eo ij^so wieder die Regierung seines Herzogtums über- nommen, sodass er nicht erst förmlich in Ingelheim wieder eingesetzt zu werden brauchte, wohl aber auf die Verweigerung des Eides hin daselbst gänzlich abgesetzt werden konnte. Auch das ist aber eine unhaltbare Konstruktion. Allerdings ist es möglich, vielleicht sogar wahrscheinlich, dass Ernst 1027 sein Herzogtum nicht durch einen förmlichen richter- lichen Spruch verloren hat. Um so gewisser aber hat er es dann ver- loren durch die 'Deditio sine omni pactione', die er nach W 20 (S. 31) und SHE zu Ulm 1027 vollzogen hat. Ueber die Bedeutung des Rechts-

6*

84 Robert Holtzmann.

sprechen der Eidesleistung ist überhaupt nirgends die Rede ; wer lässt sich wohl auch ein Versprechen versprechen? Sondern W weiss nur von der Eidesleistung selbst, die der Kaiser verlangte und Ernst verweigerte. Das ist ganz sicher, und die Frage ist nur die, ob und wie denn Ernst unter solchen Umständen überhaupt wieder in den Besitz des Herzogtums gekommen ist, ehe er es endgültig verlor. Nun würde man ja wohl von einer Ungenauigkeit des Ausdrucks bei W nicht viel Aufhebens machen und sich den Vorgang am ehesten nach der Art Giesebrechts zurechtlegen, wenn nicht andere Gründe zu anderen An- nahmen drängten. Wir besitzen eine vom 1. Juli 1028 da- tierte Originalurkunde Konrads II. für das Kloster Corvey ^. Protokoll und Eschatokoll sind von einem bekannten Kanzleischreiber geschrieben , der Kontext ist nachher ^ von einem Parteischreiber (also wohl von einem Corveyer Mönch) eingetragen worden. Dieser Parteischreiber hat, wie das bei Privaturkunden üblich war, eine Zeugenliste angefügt, die also zweifellos von dem Schreiber des Kon- textes herrührt und zugleich mit diesem geschrieben wurde ^. Es geht natürlich in keiner Weise an, die Zeugenliste mit Dieterich ^ aus ganz nichtigen Erwägungen einfach für

aktes der Deditio vgl. den Exkurs bei A. Vogeler, Otto von Xordheim in den Jahren 1070 1083 (1880) S. 113 118 und dazu Bresslau .TB. II, 80, N. 2, und G. Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte VI, 2. xVufl. V. G. Seeliger (1896), 589 f. Wer die Deditio vollzog, gab sich mit Habe, Gut und Leben in die freie Gewalt des Königs; er verlor alles, \Yas er hatte, soweit es ihm der König nicht zurückgab. 1) Stumpf, Reg. 1075 = DK. II. 124 (MG. DD. reg. et imp. Germ. IV, 1G9 f.). Das Datum bezieht sich auf die Handlung, der Ausstellort Magdeburg vielleicht nur auf die Beurkundung, die dann etwas später erfolgt wäre (während die Handlung in diesem Falle mit AVahrscheinlichkeit nach Westfalen verlegt ■würde). 2) Nicht vorher, wie Ficker und ihm folgend Dieterich GQ.

S. 287 292 glauben. Dass die Schrift in der ersten Zeile so auseinander- gezogen ist, dass diese nur das Protokoll, nicht auch den Anfang des Kontextes enthält, ist doch kein Beweis für die Xachtragung des Protokolls ! Der Kanzleischreiber wollte eben die erste Zeile vorauffertigen, nicht aber einen Teil des Kontextes. 3) Vgl. das Facsimile in den Kaiserurkunden in Abbildungen II, 2 und dazu nun die neuen bestimmten Feststellungen von Bresslau in der Vorbemerkunsf zum DK. II. 124:. 4) GQ. S. 146, N. 10, 285 -295. Er meint, die Zeugenliste sei erst nach dem Vollzug des Diploms in Corvey hinzugefügt worden und einer Corveyer Privat- urkuude entnommen, die den im DK. II. 124 beurkundeten Vergleich des Aljtes Druthmar mit der Frau Alvered betroffen habe, und die ohne Bedenken in den Winter 1024 25 (!) verlegt wird. Alles ohne eine Spur von Beweis, es sei denn, dass man die Petitio principii (Widerspruch der Urkunde gegen die Darstellung bei W) dafür gelten lassen will. Dass bei dem Zustandekommen der Urkunde durch Ausstellung eines Blauketts,

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 85

'apokryph' zu erklären und unter den Tisch fallen zu lassen. Sie enthält u. a. die Namen: 'Bernhardus dux, Adalbero dux, Ernastus dux, Liudulfus comes, privignus imperatoris', d. h. die Herzoge Bernhard II. von Sachsen, Adalbero von Kärnten, Ernst von Schwaben ^ und Graf Liudolf von Braun- schweig, der gleichfalls ein Stiefsohn des Kaisers war -. Die Zeugen sind Zeugen der Handlung^', und Bresslau^ schloss daraus, dass Ernst bereits am 1. Juli 102S aus der Haft ent- lassen und in sein Herzogtum wieder eingesetzt war; er vermutete ferner, dass die Begnadigung Ernsts bei Gelegen- heit der Königskrönung Heinrichs III. zu Aachen (Ostern 1028) erfolgt sei. An der Feststellung, dass Ernst am 1. Juli 1028 nicht mehr in Haft war, ist nicht zu rütteln; denn es ist vollkommen ausgeschlossen, dass er während seiner Gefangenschaft auf dem Giebichenstein als Zeuge einer Rechtshandlung auftreten konnte ^. Etwas anderes als die Freilassung ist die Wiedereinsetzung in das Herzog- tum. Was diese angeht, so werden wir heute, wo wir wissen, dass die Zeugenliste nicht in der kaiserlichen Kanzlei, sondern von einem Privatschreiber geschrieben wurde, nicht mehr der Ansicht sein, dass der Titel 'dux', mit dem Ernst genannt wird, ein stringenter Beweis dafür

Ausfüllung im Kloster, Vollziehung durch den Kaiser 'ein ganz seltenes und umständliches Verfahren ins Werk gesetzt' worden sei, ist eine Be- hauptung, die nur von geringen diplomatischen Kenntnissen zeugt. 1) Es gab damals keinen anderen Herzog Ernst als ihn. 2) Er stammte aus

Giselas erster Ehe, Ernst aus ihrer zweiten ; Kourad II. war bereits ihr dritter Gemahl. B) Das nimmt (wie Ficker) auch Dieterich an, um

daraus GQ, S. 294, N. 22 den seltsamen Schluss zu ziehen, dass man die (durch das Datum festgelegte) Handlung nun beliebig 'mit Hülfe der Angaben Wipos' (!) nach rückwärts verschieben dürfe. 4) N. A. II,

593 f. ; JB. I, 251 f. 5) Dieterich GQ. S. 294, N. 28 sieht freilich auch hier noch Möglichkeiten, die er erörtert, nicht weil die Zeugenliste doch vielleicht authentisch sein könnte , sondern 'nur um zu zeigen , dass Bresslaus Ausgleich des Zwiespalts' zwischen W und der Zeugenliste 'keineswegs der einzig mögliche ist'. Zwei andere Möglichkeiten glaubt er feststellen zu dürfen : Entweder die Handlung der Urkunde fand auf dem Giebichenstein statt, bei einem Besuch, den Konrad und Gisela auf der Reise von Westfalen nach Magdeburg dem Sträfling abstatteten, und wo sie also dem gefangenen und unbegnadigten Hochverräter erlaubten, im Kreise der übrigen Fürsten und Herrn des Hofes eine Rechtshandlung zu bezeugen (dabei macht Dietericli selbst auf der gleichen Seite im Text darauf aufmerksam, dass die Handlung in einer kaiserlichen Pfalz statt- fand, der Giebichenstein aber gehörte dem Erzbischof von Magdeburg!); oder aber die Handlung gehört nach Magdeliurg und Ernst ist, während seine Eltern daselbst weilten, sogar 'dorthin beurlaubt worden'! Das sind einfache Phantasieen, für die natürlich keinerlei Analogie l)eigebracht werden kann, und man wird nicht überall seine Ansicht teilen, diese beiden Annahmen hätten 'genau soviel für sich als jene Bresslaus'.

86 Robert Holtzmann.

sei, dass er sich am 1. Juli 1028 wirklich wieder im Besitz des Herzogtums befunden habe. Wie die Schrifsteller ^ auch abgesetzten Herzogen den Titel 'dux' zu lassen pflegen, so könnte der Corveyer Parteischreiber den im Gefolge Konrads befindlichen Stiefsohn des Kaisers sehr wohl als 'Ernastus dux' bezeichnet haben, obgleich er die Verwaltung von Schwaben noch nicht wiedererhalten hatte ^. Möglich sage ich, nicht gewiss. Denn an sich wird man es ja immerhin schon jetzt als wahrscheinlicher bezeichnen dürfen, dass die Versöhnung eine vollkommene gewesen ist, dass der 'Ernastus dux', so gut wie die vorher genannten Her- zoge Bernhard und Adalbero, wirklich ein Herzogtum be- sessen habe.

W 25 sagt, Ernst habe 1030, aus dem Gefängnis ent- lassen, sein Herzogtum zurückerhalten, aber gleich darauf wieder verloren^. Die Behauptung, dass er erst 1030 aus dem Gefängnis entlassen wurde, ist unrichtig. Ist seine Angabe, dass er erst 1030 das Herzogtum zurückerhalten habe, unmittelbar bevor er es endgültig verlor, vielleicht dennoch glaubwürdig?

H berichtet zu 1030 über diese Dinge folgendes: 'Ernust dux, cum exilio relaxatus ducatum suum recepisset, pravorum consilio usus et denuo imperatori refragatus du- catu privatur'. Man sieht: hier ist im Gegensatz zu W keine Unklarheit. Deutlich werden die Vorgänge aus- einandergehalten. Erst erhält Ernst die Freiheit und sein Herzogtum wieder, dann wird er durch schlechten Rat verführt und aufs neue dem Kaiser untreu, schliesslich verliert er das Herzogtum abermals. Niemand würde nach diesem Bericht auf den Gedanken kommen, dass das alles so zu sagen an einem Tage geschehen sei. Ja die Nach- richten in H lassen sich sogar ohne weiteres mit der eben besprochenen Zeugenliste vereinigen. Zwar wenn wir diese

1) Z. B. Widukind III, 33. 42. 44. 47; W 25. Vgl. Waitz a. a. 0. VII (1876), 119; Bresslau JB. I, 302, N. 1. 2) Auf diese Möglichkeit wies zuerst Harttung FDG. XVIII, 618 hin ; dann auch Giesebrecht 5. Aufl. II, 637, Dieterich GQ. S. 295, N. 23, Seydel S. 53 N. Von der kaiserlichen Kanzlei wäre jedoch Ernst, bevor er das Herzogtum zurück- erhielt, schwerlich als 'dux' bezeichnet worden. 3) Auch die Meldung 'a custodia solutus' soll doch wohl auf 1030 gehen. Zwischen einer Partizipialkonstruktion und einem Nebensatz von der Art, wie wir gleich in H einen finden werden, ist ein Unterschied. Doch käme nichts darauf an, da W jedenfalls die Wiedereinsetzung Ernsts in das Herzogtum zu dem Ingelheimer Tag von 1030 ansetzt und hier seine Vorlage miss- verstanden hat (unten S. 87).

Wipo und die Schwäbische "Weltchronik. 87

nicht hätten, würden wir wohl die Freilassung und Wieder- einsetzung- Ernsts nach H am ehesten ins Jahr 1030 ver- weisen, wiewohl eine gewissenhafte Interpretation von vorn- herein festzustellen hätte, dass H nur den neuen Abfall und die endgültige Absetzung Ernsts zu diesem Jahre erzählt. Die vorangegangene Freilassung und Wieder- einsetzung brauchen keineswegs erst 1030 erfolgt zu sein. H 1027 erzählt die Unterwerfung Ernsts und Welfs zu Ulm und sagt, dass der Kaiser die beiden 'per aliquod tempus exilio deputavit'. Auf wie lange, erfahren wir nicht. Zu 1030 hören wir, dass Ernst, der aus der Verbannung entlassen sein Herzogtum wieder erhalten hatte, aufs neue abfiel und abgesetzt wurde. Abfall und Absetzung gehören zu 1030; wann die Freilassung und Wiedereinsetzung war, gibt H nicht an, und wir können nur sagen : beides muss zwischen 1027 und 1030 gewesen sein. Ich gehe auf diese, schon von Bresslau hervorgehobenen Dinge nochmals aus- führlich ein, weil Dieterich GQ. S. 148 erklärt, es sei ihm 'unerfindlich' , wie man H gegen W ausspielen könne. Gerade dieser Fall ist aber für die Erkenntnis des Quellen- zusammenhangs von grösster Wichtigkeit. Wie in S und und H ^, so dürfen wir annehmen, werden die Nachrichten über Ernst auch in der Vorlage verteilt gewesen sein : 1027 seine Unterwerfung und Gefangensetzung, 1028 und 1029 keine Erwähnung, schliesslich 1030, unter Nachholung der inzwischen erfolgten Freilassung und Wiedereinsetzung in einem Nebensatz (vgl. H), die neue Empörung und Ent- setzung und der Untergang des Herzogs. Eben dadurch erklärt sich nun das ganze Versehen bei W 25. Die Vor- lage enthielt zu 1030 einen Satz wie H, und W verstand das so, als ob die Freilassung und Wiedereinsetzung auch erst 1030 erfolgt wären. Aus 'cum exilio relaxatus ducatum suum recepisset' machte er sein 'a custodia solutus du- catum recepit', was doch gewiss kein 'grobes, geradezu un- glaubliches Missverständnis' genannt werden darf, und stellte auch diese Angabe zu dem Ingelheimer Tag, da er aus eigener Kenntnis wusste, dass hier die Verurteilung und Absetzung Ernsts stattgefunden hatte. Unkenntnis und Kenntnis berührt sich hier also nahe bei dem Bio- graphen Konrads, wie beides sich auch sonst bei ihm zur Genüge findet. Dieterich freilich sieht nur die guten Seiten

1) Und ähnlich E, das aber den ins Jahr 1027 gehörigen Bericht von der Unterwerfung Ernsts und Welfs, wie den vorangehenden Jahres- bericht, um ein Jahr zu spät gestellt hat; vgl. oben S. 73, N. 2.

88 Robert Holtzmann.

an ihm und findet es unbegreiflich, dass der trefflich orientierte Historiker W hinsichtlich der Freilassung- und Wiedereinsetzung Ernsts, einer 'Hauptsache, die ihm, dem Hofmann, unbedingt vertraut sein musste, eine völlig falsche Angabe gemacht' habe. Leider ist sie nicht die einzige. Wir sahen schon, dass W die erste Aussöhnung Ernsts zu 1025 statt zu 1026 stellt (oben S. 74), dass er die Herzoge Friedrich und Dietrich von Oberlothringen verwechselt (S. 75), u. a. m. Die Liste seiner Irrtümer kann leicht vergrössert werden: lässt er doch in Kap. 35 sogar den König Heinrich III., dem er sein Werk gewidmet hat, schon im Jahre 1036 zusammen mit dem Vater nach Italien gehen, während Heinrich tatsächlich damals in Deutschland zurückgeblieben ist und erst im folgenden Frühjahr die Alpen überstiegen hat -. Warum soll diesem Autor nicht auch ein Irrtum über den Zeitpunkt der Be- gnadigung Ernsts nach etwa 15 Jahren zuzutrauen sein? Zumal wenn dieser Irrtum durch die Vorlage nahegelegt war. W selbst muss wohl besser als Dieterich sich der Lücken seiner Kenntnisse bewusst gewesen sein; denn in dem Widmungsschreiben am Anfang seines Werks ent- schuldigt er sich, wenn er mehr oder weniger oder anderes erzähle, als dem Sachverhalt entspreche, weil er sehr oft krank gewesen sei und nicht häufig in der Kapelle seines Herrn Konrad anwesend sein konnte.

Nicht mehr Glück hat Dieterich mit seiner Be- merkung über eine andere Quelle. S hat die Nachricht von Ernsts Freilassung und Wiedereinsetzung überhaupt nicht, sondern bringt zu 1030 sofort den neuen Aufstand und die Entsetzung"-. Es hat also jenen Nebensatz, den wir in H erhalten fanden ('cum recepisset'), fortgelassen. Darin will Dieterich einen neuen Beweis für seine Auf- fassung des Quellenzusammenhangs finden. 'Noch merk- würdiger', so spottet er, 'ist der ''Glücksfall', der S vor dem angeblichen Missverständnisse Wipos bewahrt haben soll: er hat seine Vorlage um die entscheidende Stelle ge- kürzt'. Mit Verlaub! Fälle, in denen Dieterich seinen W-Excerptor durch glückliche Kürzungen um falsche Nach- richten kommen lässt, haben wir allerdings kennen lernen. Hier handelt es sich aber um etwas anderes: der Passus,

1) Beiläufiof bemerkt: Auch diesen Irrtum hätte der W-Excerptor, nach SHE zu schliessen, in zufällig - glücklicher Kürzung seiner Vorlage vermieden! 2) Noch kürzer ist E, das nur den Untergang Ernsts

notiert.

Wipo und die Schv/äbisehe Weltchronik. 89

den S wegliess, war richtig; ein Missverständnis stand bei W, nicht in der Vorlaj^e von S (und W). Und richtige Nachrichten der Vorlage hat S bei seiner Auswahl doch wahrlich noch mehr fortgelassen!

Wenden wir uns zum Schluss von solch unfrucht- barem Raisonnieren, in das Dieterichs Erörterungen hier auslaufen, lieber noch einmal zu dem positiven Hergang der Ereignisse. Im Jahre 1028 hat Ernst die Freiheit wiedererhalten wir dürfen vermuten: bei der Königs- krönung Heinrichs III. Wie aber steht es mit dem Herzog- tum? Können wir wirklich in der oben gestellten Alter- native, wonach er es entweder gleichzeitig mit der Freiheit oder aber erst später (zwischen 1028 und 1030) zurück- erhielt, keine Entscheidung treffen? Ich glaube, mit grosser Wahrscheinlichkeit doch. Und zwar auf Grund des vorhin zitierten Berichtes von H, den wir als den besten darüber kennen lernteTi, während die Angabe von W, dass Ernst erst 1030 das Herzogtum wiedererhalten habe, auf einem Missverständnis beruht. H nun stellt Freilassung und W^iedereinsetzung entschieden zusammen; 'cum exilio relaxatus ducatum suum recepisset' : die natür- liche Annahme ist doch gewiss die, dass die Freilassung und Wiedereinsetzung in das Herzogtum zusammen statt- fanden. Also wird es mit grosser Wahrscheinlichkeit dabei bleiben, dass auch die Wiedereinsetzung schon 1028 erfolgt ist. Um so mehr als auch das Zeugnis einer anderen, freilich stark verfälschten Urkunde ^ wenigstens dafür an- gerufen werden darf, dass Ernst um diese Zeit sein väter- liches Erbgut Weissenburg (am Sand) dem Kaiser gegen Rückerstattung eines Herzogtums abgetreten hat. Aber aufs neue hat Ernst die Erwartungen seines Stiefvaters getäuscht. Er trat wieder mit Werner in Verbindung und Hess diesen abermals das Reich durch Umtriebe in Unruhe versetzen. Nun verlangte Konrad 1030 zu Ingelheim kate- gorisch von Ernst die Erfüllung seiner Pflicht als Reichs- fürst : er solle seine Bereitwilligkeit, Werner zu bekriegen, beschwören und durch diesen Eid offenbar sich selbst von dem Verdacht einer Verbindung mit ihm reinigen. Ernst aber hat diesen Eid verweigert und ist damit sich selbst und dem Freund treu geblieben. Eben weil Ernst im

1) Stumpf, Reg. 1991 = DK. II. 140 (MG. DD. reg. et imp. Germ. IV, 18S ff.). Vgl. dazu Bresslau .IB. I, 252 mit N. 1 und gegen die Ausführungen von Dieterich GQ. S. 297—303 jetzt die ausführliche Vor- bf -merkung zum DK. II. 1-40.

90 Robert Holtzmann.

Jahre 1030, als den neuen Zettelungen Werners ein Ende gemacht werden sollte, schon Herzog war, musste man sich an ihn wenden, ihn entweder verpflichten oder fallen lassen. Was für einen Sinn hätte es dagegen gehabt, ihn gerade in diesem Moment, als man gegen Werner vorgehen wollte, aus dem Giebichenstein zu holen und ihm das Herzogtum anzubieten oder gar wirklich zu übertragen? Wahrlich näherliegend und sicherer wäre es für Konrad gewesen, selbst und mit seiner provisorischen Eegierung den Unruhestifter zu beseitigen ! So ergibt sich auch aus dieser Ueberlegung, dass Ernst schon vor dem Ingelheimer Tag sein Herzogtum wieder erhalten haben muss, und dass die gegenteilige Versicherung von W 25 auf einem Irrtum oder vielmehr auf einem Missverständnis beruht.

VI.

Glauben wir, im vorstehenden Abschnitt nachgewiesen zu haben, dass W 25 seine Vorlage in einem Punkte miss- verstanden hat, so will in der nun zur Besprechung ge- langenden Frage des Polenfeldzugs von 1032 Dieterich GQ. S. 148—153 und Pkr. S. 14—241 umgekehrt den Nach- weis führen, dass die von S und H zu 1032 gebrachte Nachricht von einem Polenfeldzug Konrads irrig sei, und dass dieser Irrtum wieder auf das in S und H benutzte W-Excerpt zurückgehe, indem der Excerptor eine an sich richtige, aber missverständliche Notiz bei W 29 miss- verstanden habe.

S und H berichten zu 1032 den Tod Rudolfs III. von Burgund (G. September 1032), und dass Konrad, wäh- rend Odo von der Champagne, sein Mitbewerber um das erledigte Erbe, sofort in Burgund einbrach, eben in diesen Tagen auf einem Feldzug gegen Mesko von Polen begriffen war. S: 'imperatore per idem tempus Pulanis Sclavis hello insistente'. H : 'imperatore ipsis diebus contra Misiconem Sclavorum qui Boloni vocantur regem exercitum duatante'. Dem entspricht W 29, wo gleichfalls zunächst der Tod

1) Dieterich Pkr. ist 1895, GQ. 1897 erscbieoen. Das letztere Werk muss aber bereits 1895 wenigstens in der Hauptsache fertiggestellt und z. T. auch schon gedruckt gewesen sein, da es Pkr. S. 4 und 7 (N. 9. 10. 12. 19) zitiert wird. Den eigentlichen Inhalt von Pkr. bildet der Nachweis, dass der Friede von Merseburg trotz der von ßresslau JB. II, 481 83 vorgebrachten Gegenargumente nicht 1033, sondern 1032 stattgefunden habe. Sofern diese Frage eng mit der hier behandelten zusammenhängt, gehört die ganze Schrift hierher.

Wipo lind die Schwäbische Weltchronik. 91

Rudolfs und der Einfall Odos in Burgund erzählt werden, und wo es dann weiter heisst: 'Sed dum Oudo consul haec in Burgundia faceret, Chuonradus Imperator in Sclavonia cum armis fuerat. Quid ibi ageret vel qualiter postea Oudonem repulisset de Burgundia, eonsequenter dieam'. Folgt zunächst im Schluss des Kapitels eine Erzählung der polnischen Wirren und Fehden seit dem Tod Boleslavs 1025; sie gibt also die Antwort auf die Frage, weshalb Konrad im September 1032 'cum armis' im Slavenland war: 'quid ibi ageret', erfahren wir durch eine pragma- tische, bis 1025 zurückgreifende Darstellung (daher 'eon- sequenter dicam). Daran schliessen sich Kap. 30 32 die Feldzüge gegen Odo und die Erwerbung Burgunds, also die mit den Worten 'qualiter postea Oudonem repulisset de Burgundia' angekündigte Schilderung. Dass W 29 also genau wie S und H den Kaiser beim Tod Rudolfs auf einem Polenfeldzug abwesend sein lässt, dürfte für jeden, der nur diese drei Quellen vor Augen hat, völlig sicher sein. Dennoch leugnet es Dieterich. Und zwar leugnet er es deshalb, weil nach ihm eine andere gewichtige Quelle der Nachricht von einem Polenfeldzug im September 1032 widerspricht. Die Hildesheimer Annalen, denen wir die ausführlichsten Nachrichten über die Verhältnisse bei den Slaven verdanken, berichten zu 1032, dass Kaiser Konrad und Mesko von Polen am 7. Juli d. J. zu Merseburg Frieden geschlossen habend Dieser Merseburger Frieden hat die langjährigen polnisch -deutschen Händel beigelegt; dass es noch einmal zu einem Krieg zwischen Konrad und Mesko gekommen sei, wird iu den Hildesheimer Annalen nicht erzählt. Auch W 29 beendet seine Erzählung von den polnischen und polnisch -deutschen Vorgängen mit einem Friedensschluss, der offenbar mit dem Merseburger Frieden identisch ist (vgl. unten S. 93). Da also am 7. Juli 1032 Frieden geschlossen wurde, so meint Dieterich, kann im September desselben Jahres Konrad nicht gegen Mesko im Krieg gestanden haben. Auch Bresslau- war nicht etwa der Ansicht, dass der Merseburger Frieden nicht ein- gehalten worden wäre, sondern er verlegte ihn zum Teil eben mit Rücksicht auf die von ihm auf die Schwä- bische Weltchronik zurückgeführten Nachrichten über den Feldzug vom September 1032 in das folgende Jahr (auf

1) Annales Hildesheimenses, ed. Gr. Waitz in den SS. rer. Germ. (1878), S. 37. 2) Bresslau Jß. II, 80. 481—83.

92 Robert Holtzmann.

den 7. Juli 1033). Eben die Berechtigung- dazu sucht Dieterich in einer besonderen Schrift (Pkr.) ihm abzu- sprechen.

Nun scheint mir eins jedenfalls ein verhängnisvoller methodischer Fehler zu sein, dass nämlich Dieterich, von der Ansicht ausgehend, dass der Merseburger Frieden am 7. Juli 1032 abgeschlossen wurde, nun den Bericht bei W 29 uminterpretiert und ihn mit aller Gewalt so zurecht- rücken will, dass er mit der Nachricht vom Friedensschluss 1032 harmonieren soll. Da kommt denn folgendes heraus. Wenn Konrad 'in Sclavonia' war, so bezieht sich das nicht auf die Polen, sondern auf die Eibslaven, und wenn er 'cum armis' dort war, so heisst das nicht notwendig mit einem Heere (auf einem Feldzug), sondern 'mit gewaffnetem Gefolge'. Gemeint seien mit den Slaven wahrscheinlich die Liutizen, und es habe sich wahrscheinlich nicht um einen Feldzug gegen sie gehandelt, sondei'u nur um den Gerichtstag, den Konrad, wiederum nach dem Bericht der Hildesheimer Annalen zu 1032, in Werben an der Elbe abgehalten habe, und zu dem sowohl die Sachsen als die Liutizen in Waffen erschienen seien. An diese Konstruk- tion schliesst sich dann natürlich die Behauptung, dass der W-Excerptor den Satz über Konrads Verweilen bei den Slaven missverstanden und auf einen Feldzug gegen die Polen bezogen habe, und dass so die falsche Nachricht von einem Polenfeldzug im September 1032 in S und H entstanden sei.

Die Untersuchung Dieterichs ist methodisch falsch, weil sie Kritik und Interpretation durcheinanderwirft. Wie anderwärts hat sich das auch hier schwer gerächt. Das erste, was die historische Forschung nach Sammlung der Quellen zu leisten hat, ist deren Interpretation, d. h. die Feststellung, was die einzelnen Autoren mit ihren Worten eigentlich meinen. Danu erst kommt die Kritik, welche die einzelnen Quellen konfrontiert und dabei untersucht, ob sie sich widersprechen und, gegebenenfalls, welche von ihnen recht hat. Die Interpretation von W 29 aber ergibt ganz zweifellos, dass Wipo der Ansicht war, Konrad sei beim Einfall Odos in Burgund auf einem Feldzug gegen die Polen gewesen. Ob diese Ansicht Wipos richtig oder unrichtig war, ist eine andere Frage, für uns zunächst eine cura posterior. Wir betrachten fürs erste lediglich den Bericht W 29, ohne Eücksicht auf andere Quellen (natürlich auch noch ohne Rücksicht auf SH), und stellen fest, dass wir hier fols-endes lesen : Während Odo in Burgund ein-

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 93

brach, war Konrad mit Waffen im Slavenland; 'was er da tat, will ich jetzt im Zusammenhang erzählen'. Und nun folgt ein langer Bericht, in dem nur und ausschliesslich von Polen die Rede ist, kein Wort von den Eibslaven, kein Wort in Sonderheit von den Liutizen. Nach dem Tod des Herzogs Boleslav von Polen [f 17. Juni 1025^], so lesen wir hier, vertrieb sein einer Sohn, Mesko, den anderen, Otto [= Bezprim], nach ßussland'; einige Zeit nachher gewann aber Otto den Kaiser Konrad zu einem gemein- samen Angriff gegen Mesko, wodurch dieser zur Flucht zum Herzog Udalrich von Böhmen, dem der Kaiser damals zürnte, gezwungen wurde [1031^]. Udalrich erbot sich allerdings zur Auslieferung Meskos, die aber der Kaiser, da er keinen Feind vom Feinde kaufen wollte, nicht an- nahm. Otto wurde Herzog von Polen, nach einiger Zeit aber von einem seiner Vertrauten ermordet [1032^]. Nun versuchte Mesko mit allen Mitteln die Gunst der Kaiserin Gisela und der übrigen Fürsten zu gewinnen, um mit ihrer Unterstützung auch die Gunst des Kaisers wieder zu er- langen. Und in der Tat verzieh ihm der Kaiser und teilte Polen in drei Teile, von denen der eine an Mesko, die beiden anderen an zwei andere Herren kamen [Friede von Merseburg^]. So wvirde durch die Verminderung der Macht zugleich Meskos Verwegenheit geringer. 'Nach dem Tode Meskos [t 10. Mai 1034] hat sein Sohn Kasimir bis jetzt unseren Kaisern treu gedient'. Soweit W, der also keine genaue Angabe darüber macht, bei welcher Gelegenheit und zu welchem Zwecke, und ob vor oder nach dem Merse- burger Frieden Konrad 'in Sclavonia' war. Man kann darüber zweifeln, wo denn der Polenfeldzug in diese Dar-

1) Die eingeklammerten Zahlen und Erläuterungen nicht bei W. 2) 'in Ruzziam' (W 9: 'in Ruzziam provinciara'). Vgl. dazu Bresslau JB. I, 101, N. 1; Dieteridi Pkr. S. 8, N. 21. 3) Annales Hildes-

heimenses S. 36. Danach kam allerdings kein gleichzeitiger Angriff zu Stande, sondern erst nahm Konrad dem Mesko die Lausitz mit einigen Städten (Bautzen) ab, und einen Monat später vertrieb ihn Otto ganz nach Böhmen. Vgl. Bresslau JB. I, 331 f.; Dieterich Pkr. S. 7 9. 4) Annales Hildesheimenses S. 37. 5) Nach den Annales Hildes-

heimenses wurde Polen hier nicht in drei, sondern nur in zwei Teile zerlegt. Die Diftereuz dürfte sich wahrscheinlich dadurch erklären, dass W mit dem dritten Teil die Lausitz meint, die Mesko nach dem ge- naueren Bericht der Annales Hddesheimenses schon 1031 verloren hatte (vgl. oben X. 3), und auf die er in Merseburg vermutlich noch einmal verzichtete; dann ergibt sich aus AV noch des weiteren, dass der Mark- graf der Lausitz jedenfalls keinen der anderen Teile, in die Polen zerlegt wurde, erhielt. Dies ei'kannt zu haben, ist das Verdienst von Dieterich Pkr. S. 24—28.

94 Robert Holtzmann.

Stellung eingeschoben werden soll, erhält vielleicht sogar den Eindruck, dass W das selbst nicht so recht wusste. Aber über eins kann man doch keinesfalls ira Zweifel sein, nämlich darüber, dass nach der Ansicht Wijjos die An- wesenheit Konrads 'in Sclavonia cum armis' eben der Polen wegen stattfand. Die Behauptung Dieterichs (Pkr. S. 20), W gebrauche die Bezeichnungen 'Sclavi' und 'Sclavonia' 'fast ausschliesslich für die Liutizen, nur selten für die Slaven insgesamt und niemals für die Polen', ist eine blanke Un- wahrheit^, und man darf es wohl als gewiss aussprechen, dass ohne die Hildesheiraer Annalen und ihre Angabe über den Merseburger Frieden niemand jemals auf die Idee ge- kommen wäre, dass W 29 den Kaiser nicht gegen die Polen ziehen lasse. Denn es geht doch wahrlich nicht an, an- gesichts dieser Sachlage einfach zu dekretieren, W rede zwar von den Polen, meine aber als Zielpunkt des Kaisers die Eibslaven, und deshalb zu vermuten, es liege nur 'eine kleine, aber doch leicht entschuldbare Ungenauigkeit darin, dass W nur die Polen, nicht auch die Liutizen nennt, deren Unruhe freilich mit den polnischen Wirren in irgend einer Verbindung gestanden haben mag' ^. Man sieht, mit Hypo- thesen ist der Verfasser leicht bei der Hand: W wollte eigentlich von den Liutizen reden, redet aber nur von den Polen, da deren 'Wirren' wohl mit der Unruhe bei den Liutizen in irgend einer Verbindung standen. Solche

1) Erheblich vorsichtiger drückt sich der Verfasser GQ. S. 149 aus. Der Fall liegt in Wahrheit folgendermassen. Ausführlich redet W von slavischen Völkern in den Kapiteln 9, 29 und 33; und zwar handeln die beiden erstgenannten von den Polen, deren Beziehungen zu Konrad in Kap. 29 zu Ende geführt werden , das letzte von den Böhmen und Liutizen. Dass hier, in Kap. 33, wo von 'Sclavi' geredet wird, nicht die Polen gemeint sind, ist selbstverständlich. Dagegen heisst es in Kap. 9 : 'De Bolizlao duce Sclavorum' und 'Bolizlaus Sclavigena dux Bolanorum', und in Kap. 29 sind die eben hier zur Debatte stehenden Worte 'in Sclavonia' ebenfalls auf Polen zu beziehen. Natürlich heisst 'Sclavi, Sclavonia' nicht 'Polen', aber Polen gilt auch bei W als ein Teil von 'Sclavonia', und in Kap. 29 hat er eben an diesen Teil gedacht. Ein anderer Teil der Slaven sind die Eibslaven ; W 2 (S. 11) ist die Rede von den 'Saxones cum sibi adiacentibus Sclavis' : auch hieraus ist zu ersehen, dass W noch andere Slaven kennt. 2) Dieterich Pkr. S. 19.

Dabei haben gerade nach Dieterich die polnischen Wirren mit dem 7. Juli 1032 ein Ende gefunden. Auf der folgenden Seite vermutet Dieterich bei dem sonst so gefeierten W Zeichen der Altersschwäche: 'Kann er nicht durch einen Zufall, vielleicht auch durch die Vergesslich- keit des Alters daran (nämlich an einem Bericht über den Gerichtstag zu Werben, dessentwegen Konrad im Slavenland gewesen sei) gehindert worden sein?' Das heisst mau, eine wissenschaftliche Untersuchung mit windigen Einfällen führen.

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 95

Schlüsse dürften allerdings wohl das Ende einer ernsten methodischen Untersuchung bedeuten.

Wir bleiben also dabei: W lässt den Kaiser im Sep- tember 1032 mit Waffengewalt gegen die Polen ziehen. Mit dieser Feststellung haben wir die Frage des Quellen- zusammenhangs gleichfalls erledigt. Es ist nicht so, dass W einerseits, S und H andererseits sich widersprächen, und dass wir erkennen könnten, wie eine richtige Nachricht von W durch das Missverständnis eines Excerptors zu einer falschen Nachricht in S und H geworden wäre, sondern W, S und H haben dieselbe Meldung, dass Konrad, als Rudolf von Burgund starb, sich auf einem Polenfeldzug befand. Es versteht sich , dass wir diese gemeinsame Nachricht einfach auf die gemeinsame Quelle zurückführen werden.

Wir wollen uns aber auch hier nicht mit dieser quellenkritischen Feststellung begnügen, sondern darüber hinaus nach dem Ergebnis für unsere Kenntnis der histo- rischen Vorgänge fragen. Ist denn die Nachricht vom Polenfeldzug des September 1032 richtig? Hier ist der Ort, die anderen Quellen zu Rate zu ziehen. Ausser W, S und H weiss keine gleichzeitige Quelle von dem Zug^, eine Tatsache, die bei der Beschränktheit unseres Quellen- materials an sich freilich nicht schwer wiegt. Aber die Hildesheimer Annalen erzählen, wie schon erwähnt, zum 7. Juli 1032 ausdrücklich den Abschluss des Merseburger Friedens zwischen Konrad und Mesko; nachher wissen sie zu diesem Jahr über Polen nur noch das eine, dass Mesko auch denjenigen Teil Polens, den er im Merseburger Frieden seinem Verwandten Dietrich von Wettin hatte überlassen müssen, wieder an sich gerissen hat. Nun sind sich die bisherigen Forscher darüber einig, dass die Nachricht von dem polnischen Frieden im Juli 1032 mit der Nachricht von dem polnischen Kriegszug im September 1032 un- vereinbar sei. Das war wohl der Hauptgrund für Bresslau, den Merseburger Frieden ins Jahr 1033 zu weisen. Aller- dings führt er- noch einige andere an. Zunächst den Nachweis von Waitz ^, dass der Gerichtstag von Werben, den die Hildesheimer Annalen im Anschluss au den Merse-

1) Zu Unrecht hat Bresslau JB. II, 8, N. 3 und 482 auch die Annales Ratisponenses als 'gleichzeitig' mit herangezogen. Sie gehören dem 12. Jh. an und kommen für uns nicht in Betracht, wie Dieterich GQ. S. 149 und Pkr. S. 23 mit Recht bemerkt. Ob sie übrigens einfach eine Ableitung aus H sind , bedürfte noch genauerer Untersuchung. 2) JB. II, 481—83. 3) FDG. VII, 399 f.

96 Robert Holtzmann.

burger Frieden (verknüpft durch ein 'postea') gleichfalls zu 1032 erzählen, ins Jahr 1033 gehöre. Dieterich ^ bestreitet allerdings diesen Nachweis und hat den Werbener Ge- richtstag, wie wir sahen (S. 92), in seine Untersuchungen über W 29 wieder eingeführt. Ich kann ihm auch hierin nicht folgen und glaube, dass die Waitz'scheu Ausführungen vollkommen zu Kecht bestehen -. Aber in unserer Frage ist damit wenig gewonnen. Denn wenn auch der, bei be- stimmter Gelegenheit (nämlich aus Anlass des Nicht- erscheinens üdalrichs von Böhmen in Merseburg) in re- lativischer Anknüpfung, gewissermassen in Parenthese, ein- geschaltete Satz über den Werbener Tag (auf dem Udalrich erschien und verurteilt wurde) in der Tat ein Ereignis des folgenden Jahres vorwegnimmt, so ist es doch ganz zweifel- los die Meinung des Annalisten, dass der Merseburger Frieden, dessen Tagesdatum er nennt, und über den er in mehreren Sätzen ziemlich genaue Angaben macht, zum Jahre 1032 gehört^. Er müsste hier also einfach geirrt haben. Zu einer solchen Annahme werden wir bei der besten Quelle, die wir über die polnischen Dinge haben, nur bei zwingenden Gründen greifen. Einen solchen zwingenden Grund darin wird man Dieterich ^ recht geben können stellt weder das aus den Urkunden ge- wonnene Itinerar des Kaisers ^ dar noch die Tatsache, dass Dietrich von Wettin zu Merseburg einen Teil Polens er- hielt; denn mit dem Besitz der Lausitz hat die Ueber- tragung dieses Teiles von Polen überhaupt nichts zu tun '\

1) GQ. S. US, X. 12, 150 mit X. 18; Pkr. S. 0, X. 14, 11. Die hier angekündigte Arbeit über die Chronologie der Slavenkämpfe ist bisher nicht erschienen. 2) Sie beruhen auf der Tatsache, dass die

Annales Hildeslieimenses selbst sagen, Udalrich habe zu Werben seine vor zwei Jahren gegen den Kaiser ins Werk gesetzten Umtriebe ein- gestanden, was auf die Vorgänge des Jahres 1031 Bezug hat (wäljreud zu 1030 in den Ann. Hildesh. von Udalrich und Böhmen überhaupt nicht die Rede ist). 3) Dagegen kann auch das einleitende 'postmodum' nicht ins Feld geführt werden. 4) Pkr. S. 12 11. 21 46. Dagegen hat

Dieterich ebd. S. 10. 12 Unrecht, wenn er aus W 29 eine weitere positive Meldung, dass der Frieden 1032 geschlossen sei, herausiuterprctiert. Denn die in dieser pragmatischen Darstellung berichteten Tatsachen können das Jahr 1032 auch überschreiten, wie das die Meldung vom Tod Meskos und der Regierung Kasiaiirs in der Tat tut. 5) 6. Juni 1032 Morseburg,

30. Juni und 21. August d. J. Magdeburg (DK. II. 181—183). Dass der Kaiser am 7. Juli 1033 gleichfalls in Merseburg war, kann natürlich nicht als Gegenbeweis gelten. 6j Die Sache ist folgendermassen. Markgraf

Odo IL von der Lausitz (Ostmark) lebte noch 30. Juni 1032. Sein Nach- folger war nach der bisherigen Ansicht Dietrich von Wettin, und eben in seiner Eigenschaft als Markgraf der Lausitz soll Dietrich nach Bresslaus

Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 97

Diese beiden Gründe hatte Bresslau auch nur subsidiär herangezogen. Sein Hauptgrund war der Polenfeldzug vom September 1032; er aber verlangt in der Tat eine ernst- liche Auseinandersetzung.

Dreierlei ist möglich. Entweder die Hildesheimer Annalen irren, indem sie den Merseburger Frieden zu 1032 statt zu 1033 stellten ; eine Annahme, zu der man sich nur schwer entschliessen möchte. Oder die Vorlage von WSH die Schwäbische Weltchronik irrte, indem sie den Kaiser im September 1032 auf einem Feldzug gegen Mesko von Polen weilen Hess; eine Annahme, zu der man sich angesichts der vortrefflichen reichsgeschichtlichen Nachrichten dieser Quelle gewiss nicht leichteren Herzens bekennen würde. Ich halte weder das eine noch das andere für geboten. Denn eine dritte Möglichkeit scheint mir alle Schwierigkeiten mit einem Schlage zu beseitigen. Ich glaube, dass beide Quellen recht haben, und dass ihre Nachrichten , weit entfernt sich zu widersprechen , sich vielmehr aufs beste ergänzen. In der Tat ist es ein ganz unbelegtes und unbewiesenes Axiom, dass nach dem Frieden von Merseburg aller Streit zwischen Konrad und Mesko zu Ende war. Es ist nicht richtig, was Dieterich Pkr. S. 15 behauj)tet, dass W 29 zum Schluss die 'wichtige Be- merkung' mache, dass nach dem Friedensschluss 'Herzog Mesko sowohl als auch später dessen Sohn Kasimir den deutschen Herrschern unwandelbare Treue gehalten haben'. W (vgl. oben S. 93) rühnit das nur von Kasimir, während er von Mesko lediglich bemerkt, dass seine Verwegenheit durch die Einbusse an Macht geringer geworden sei. Nun wissen wir aber, eben durch die Hil- desheimer Annalen, dass der Merseburger Frieden p o 1 n i s c h e r s e i t s gar nicht ein- gehalten worden ist. Noch im gleichen Jahre wurde Dietrich von Wettin, der zu Merseburg einen Teil Polens erhalten hatte, von Mesko wieder verjagt, sein

Annahme zu Merseburg auch jenen Teil Polens erhalten haben. Wegen der UnWahrscheinlichkeit aber, dass der Regierungswechsel in der Lausitz gerade in der Woche zwischen dem 30. Juni und 7. Juli 1032 erfolgt sei, sollte auch diese Tatsache die Ansetzung des Merseburger Friedens zu 1033 wahrscheinlich machen. Dagegen ist jedoch zweierlei zu sagen: Erstens hat Dieterich es sehr wahrscheinlich gemacht, dass der abgetrennte Teil Polens nicht an den Markgrafen der Lausitz kam (vgl. oben S. 93, N. 5), und zweitens ist es sehr fraglich, ob Dietrich von Wettin überhaupt jemals Markgraf der Lausitz gewesen ist (Dieterich Pkr. S. 31 46 be- streitet es mit beachtenswerten Gründen; S. 41 Z. 22 lies 1033 statt 1032).

Neues Archiv etc. XXXV. 7

98 Robert Holtzmann.

Gebiet mit dem übrigen Polen wieder vereinigt. Dass Kaiser Konrad diesem Friedensbruch ruhig zugesehen hätte, dürfte schon an sich recht unwahrscheinlich sein. Die ausdrückliche Meldung der Schwäbischen Weltchronik von dem Polenfeldzug im September 1032 erfährt so durch eine willkommene Begründung ihre innere Beglaubigung. Konrad wollte den Friedensbruch strafen, die in Merse- burg vorgenommene Zerteilung zur Schwächung Polens aufrecht erhalten. Wie weit der Kaiser auf diesem Zug gegen Mesko gekommen ist, wissen wir nicht. Weit ist es aber wohl nicht gewesen, und grosse Ereignisse dürften sich schwerlich zugetragen haben, da sonst die Hildes- heimer Annalen nicht darüber schweigen würden^. Offen- bar wurde der Zug rasch abgebrochen, als die Nachrichten vom Tod König Kudolfs und vom Einfall Odos in Burgund beim Kaiser eintrafen ; denn hier standen wichtigere In- teressen auf dem Spiel als in Polen: alsbald begannen die Vorbereitungen zu dem Winterfeldzug nach Burgund. So ist der Zug Konrads gegen Polen im September 1032 da- durch, dass er Odo zunächst in Burgund freie Hand ver- schaffte, für die westliche ßeichsgeschichte wichtiger ge- wesen als für die östliche, wo er ohne Folgen blieb : daher erklärt es sich, dass er in der schwäbischen und nicht in der Hildesheimer Quelle Erwähnung fand. In den beiden folgenden Jahren musste Konrad seine ganze Kraft den burgundischen Dingen widmen; erst im August 103-1 hat er hier den letzten Widerstand niedergeworfen. Inzwischen aber war am 10. Mai 1031 Herzog Mesko gestorben; bereits am 19. November desselben Jahres fiel Dietrich von Wettin durch Meuchelmord. In Polen selbst wurde der junge Kasimir vertrieben, das Land durch innere Kämpfe und Parteiuugen unter den einzelnen Fürsten , Geschlechtern und Ständen lahm gelegt'. Es bedurfte nicht mehr der Teilung durch äusseren Zwang, und so ist Konrad auf eine neue Aussonderung jenes Teiles, den Dietrich von Wettin einst 1032 zu Merseburg erhalten hatte, nicht mehr zurück- gekommen.

1) Dietericb GQ. S. 151 fragt in dem Bestreben, die Nachricht von dem Polenfeldzug zu diskreditieren, ironisch, aus welchem Grunde denn W, 'der eifrige Lobredner Konrads II., den Sieg der Waffen seines Herrn verschwiegen haben' sollte. Wer hat von einem Sieg geredet? 2) Bresslau JB. II, 118—120.

Wipo und die Schwäbische "Weltchronik. 99

VII.

Einen eklatanten Beweis für die ünrichtig-keit des von Dieterich konstruierten Quellenzusammenhangs (wonach SHE mittelbar von W abhängig- seien) bildet schliesslich der letzte der von ihm herangezogenen Fälle. Er betrifft die Berichte über die Einnahme von Murten im Jahre 1034 bei W 32 und bei H 1034. Dieterich bespricht sie GQ. S. 157. f. sj^äter als die anderen, bei besonderer Gelegen- heit, an einer Stelle, wo er den Nachweis, dass SHE auf ein W-Excerpt zurückgehen, schon erledigt zu haben glaubt, sodass es jetzt nur noch gilt, für diesen letzten Fall irgend eine, sei es auch noch so gezwungene Erklärung zu finden , während er die einfache Annahme einer ge- meinsamen Quelle für W und H hier überhaupt nicht mehr erörtert. Man wird sich durch diese Taktik nicht irre führen lassen.

Der Fall liegt einfach genug. Konrad hat auf dem grossartig angelegten Sommerfeldzug nach Burgund 1034 das Schloss Murten belagert und erstürmt. Wann dies geschehen sei, darüber differieren W und H; nach H er- folgte die Einnahme Murtens gleich auf dem Hinmarsch, ehe der Kaiser nach Genf kam (woselbst er sich mit dem aus Italien ihm zugeführten Heere vereinigte) , nach W hingegen erst auf dem Rückmarsch, als Odo seine Sache aufgegeben hatte und geflohen war. Hier die Berichte:

H 1034: 'Imperator iterum Burgundiam cum magnis petens copiis omnia eis Rodanum castella subiecit, Mur- tenam diruit, Genuensem urbeni iutravit . . . subiugatoque Burgundiae regno rediit'.

W 32 : 'Chuonradus, expeditis Teutonicis et Italis, Burgundiam acute adiit. Teutones ex una parte, ex altera . . Italici . . convenerunt. Augustus veniens ad Gene- vensem civitatem Geroldum principem . . subegit; et re- versus castrum Murat cum fortissimis militibus Oudonis munitum obsidens vi cepit et quos intus invenerat captivos duxit'. Folgt die Verbannung der anderen Gegner und die Rückkehr des Kaisers nach dem Elsass.

Die Neueren^ folgen hier übereinstimmend und mit Recht dem Bericht Wipos. Denn wir können einer, wenn- gleich späteren, italienischen Quelle (der Vita Mathildis des Donizo) jedenfalls das eine mit Bestimmtheit ent-

1) Giesebrecht II, 277; Bresslau JB. II, 108 mit N. 6, 112 mit 1^. 2; Dieterich GQ. S. 158.

100 Robert Holtzmann.

nehmen, dass Italiener bei der Einnahme Mnrtens beteiligt waren, und das passt eben zu dem Bericht, der die Ein- nahme nach der Vereinigung- des deutschen und des italienischen Aufgebots bei Genf meldet (W). H irrt also. Dieser Tatbestand löst sich glatt und ohne jede Schwierig- keit bei der Annahme, dass H den Irrtum der Schwäbischen Weltchronik entnommen hat^, während W, der sich über die burgundischen Verhältnisse und Vorgänge aiich" sonst ganz besonders gut informiert zeigt-, hier den Irrtum seiner Vorlage aus eigener Kenntnis berichtigte. Es ist jedoch schlechterdings unerklärlich, wie die falsche Meldung in H aus der richtigen Meldung in W entstanden sein soll. Denn da W die Unterwerfung aller festen Orte diesseits des Rhone (vgl. SH) überhaupt nicht berichtet und die Erzählung über Murten ganz unmissverständlich zum Rück- marsch des Kaisers stellt, kann man hier mit der Hypo- these von einem W-Excerpt, durch welches die Fassung von S und H erklärt werde, unmöglich auskommen. Das sah auch Dieterich ein, und er musste deshalb hier plötz- lich zu einer anderen Erklärung greifen: 'Hat der Ver- fasser der H und S gemeinsamen Vorlage auch hier die Gesta Chuonradi (W) ungeschickt excerpiert? Miss- verstehen konnte er sie sicher nicht ^. Dies- mal scheint seine Schuld geringer zu sein. Hat er wirk- lich, was kaum zu bezweifeln ist, mit seinem Excerpte burgundische Nachrichten, mögen sie ihm nun mündlich oder schriftlich zugekommen sein, verbunden, so kann er auch seine beiden Quellen ungeschickt miteinander ver- schmolzen haben'. Man sehe sich den letzten Satz genau an ; er ist charakteristisch für Dieterichs ganze Methode. Um seine unglückliche Hypothese über den Zusammenhang unserer Quellen zu retten, baut er hier in der Not gleich zwei weitere, höchst gewagte Hülfshypothesen darauf: 1) Die Vorlage von SHE (Dieterichs Reichenauer Annalen)

1) Dafür, dass der Bericht über die Einnahme des ganzen Lande» bis zum Rhone einschliesslich Murtens bereits in der Schwäbischen Welt- chronik stand, spricht auch die Fassung in S, wo er folgendermassen zu- sammengezogen ist: 'Chuonradus imperator iterum Burgundiam cum exercitu intravit et omnia municipia cum civibus usque ad Rodanum flumen suae ditioni subegit Grenevamque pervenit'. 2) Er stammte ent- weder aus Burgund (diese Ansicht wurde zuerst 1746 vertreten in der Histoire literaire de la France Yll, 443 und danach von Stenzel, Häusser, Pertz, Giesebrecht, Rasche, Kaizl, Steffanides u. a.) oder doch aus den Burgund benachbarten Teilen Schwabens (Harttung, Studien S. 16—18).- 3) Von mir gesperrt.

Wipo nnd die Schwäbische Weltchronilc. 101

hat mit dem in ihr aufgenommenen W-Excerpt noch selbständige bnrgundische Nachrichten verknüpft; auf sie werden von Dieterich GQ. S. 155 157 noch eine ßeihe anderer burgundischer Meldungen von SHE zurückgeführt, die in Wahrheit Datürlich alle einfach der Schwäbischen Weltchronik angehörten. 2) Nicht auf diese guten bur- gundischen Nachrichten geht der Irrtum über Murten zurück, sondern darauf, dass in der Vorlage von SHE das W-Excerpt mit diesen burgundischen Nachrichten un- geschickt verschmolzen worden ist. Bewundernd, aber doch etwas beklommen steht man vor der Findigkeit einer solchen Erkenntnis. Also die richtige Nachricht bei W und die richtige Nachricht aus Burgund wurde zu einer falschen Nachricht verschmolzen. Und das wissen wir alles ja woher doch nur eigentlich? Wahrlich es war recht klug von Dieterich , dass er sich auf eine Wider- legung der Annahme, wonach der Quellenzusammenhang eben einfach durch die Schwäbische Weltchronik vermittelt werde, in diesem letzten Falle überhaupt nicht mehr ein- gelassen hat!

VIII.

Wir sind damit zu Ende mit den Ausführungen Dieterichs über den Zusammenhang zwischen W und den schwäbischen Quellen SHE. Die vorher herrschende Er- kenntnis dieses Quellenzusammenhangs (als durch eine ge- meinsame Vorlage, die Schwäbische Weltchronik, ver- mittelt) haben sie nirgends zu erschüttern vermocht, und demgemäss waren auch die positiven Ergebnisse , die Dieterich daraus für die Erkenntnis der historischen Vor- gänge gewinnen wollte, grossenteils irrig. Nur in einigen Punkten (namentlich Avas den Merseburger Frieden anlangt) glauben wir hier von einer wirklichen Förderung der Forschung reden zu können.

Bestehen somit die alten, von Steindorff und Bresslau hervorgehobenen Gründe, wonach Wipo sich bei der Ab- fassung seiner Biographie Konrads II. einer annalistischen Vorlage als Leitfaden bedient hat, unvermindert fort, so will ich hier noch zwei neue Beobachtungen hervorheben, durch welche diese Annahme abermals bestätigt und gleichzeitig unsere Kenntnis von der verlorenen Quelle in einem wichtigen Punkte erweitert wird.

Die eine dieser Beobachtungen betrifft die Absetzung

l02 Robert Holtzmann.

des Herzogs Adalbero von Kärnten im Jahre 1035 ^ W berichtet über sie auffallender Weise zweimal, zuerst in Kap. 21, dann nochmals am Schluss von Kap. 33. Hier können wir , glaube ich , die Arbeitsweise unseres Bio- graphen mit Händen greifen. In Kap. 21 steht W, der das annalistische Schema in seiner Biographie durchaus beibehalten hat, beim Jahr 1027. Er erzählt hier die Unterwerfung Konrads des Jüngeren (vgl. oben S. 76) und berichtet von ihm, er sei eine kleine Zeit lang in freier Haft gehalten worden, habe dann aber volle Verzeihung und alle seine Lehen ('totumque honorem suum') wieder- erhalten; ja als bald darauf der Herzog Adalbero von Kärnten wegen Hochverrats verbannt worden sei, da habe Konrad d. J. dann auch dessen Herzogtum vom Kaiser übertragen bekommen. Hier nimmt W also des sachlichen Zusammenhangs wegen einmal ein späteres Ereignis vorweg, aus eigener Kenntnis; denn selbstverständlich enthielt seine annalistische Vorlage zu 1027 noch nichts über die Absetzung Adalberos und die Verleihung Kärntens an Konrad d. J. Hier stand vielmehr, wie noch jetzt in H, die Absetzung Adalberos zu 1035, die Verleihung Kärntens an Konrad d. J. zu 1036 gebucht. So wurde aber W in der Folge, als er an diese Jahre kam, durch seine Vorlage noch einmal auf das schon erwähnte Ereignis geführt, und dadurch erklärt es sich, dass er die Absetzung Adalberos im Kap. 33 zu 1035 noch einmal bringt. Ein Verfahren, das freilich wenig zu der von Dieterich ihm nachgerühmten originalen Arbeitsweise und pragmatischen Anordnung der Ereignisse passt, um so besser aber zu der Annahme, dass er eine annalistische Vorlage benutzt habe.

Noch interessanter ist der zweite Fall, der uns gleich- zeitig über die Heimat der verlorenen Quelle aufklärt. W 28 enthält den oft nacherzählten Bericht über den Untergang Ernsts von Schwaben 1030. Die Gegner des unglücklichen Herzogs werden von dem Grafen Manegold geführt, und diesen Mann, einen Vasallen des Kaisers, be- zeichnet W auf folgende, auffallend ausführliche Weise: 'Manegoldus comes, miles imperatoris, de Augensi abbatia magnum beneficium habens'. Was in aller Welt kann eine Biographie Konrads II. für ein Interesse daran haben, uns mitzuteilen , dass dieser Graf Manegold ausser seinen kaiserlichen Lehen auch noch ein grosses Lehen von der Abtei Reichenau besass? An sich gewiss keines! Anders

1) Vgl. Bresslau JB. II, 133-140. 158.

"Wipo und die Schwäbische Weltchronik. 103

natürlich ein Reichenauer Schriftsteller. Die Angabe atmet so deutlich Eeichenaner Ursprung, dass wir eine Quelle, über deren Herkunft wir sonst gar nichts wüssten, mit ßücksicht auf sie getrost nach ßeichenau verweisen würden. Die Notiz von dem 'grossen' Reichenauer Lehen die Bemerkung, dass es sich um ein grosses Lehen gehandelt habe, trägt noch ganz besonders den Reichenauer Erdgemich mit sich stammt also ohne jeden Zweifel aus einer Reichenauer Quelle, und zwar wiederum einfach aus der Schwäbischen Weltchronik; vgl. H: 'a Manegoldo comite ex Augiensi militia' ^. W hat sie übernommen, aber zugleich charakteristisch ergänzt. Er wusste seinerseits, dass Manegold ein Vasall des Kaisers war und stellte daher die Worte 'miles imperatoris' geflissentlich voran. Welch ein Widersinn dagegen, wenn man die Lokalnotiz von dem Reichenauer Lehen Manegolds auf Grund der Konstruk- tionen Dieterichs aus W in die Chronik Hermanns von Reichenau gelangen lassen wollte !

Besondere Wichtigkeit aber erlangt unsere Notiz da- durch, dass sie die Heimat der Schwäbischen Weltchronik nun endlich zweifelsfrei feststellt und damit zugleich auch ein neues Argument in der Frage nach der Heimat von E wird. Bresslau- hatte seiner Zeit (1877) hier eine doppelte Alternative gestellt. Er meinte, die verlorene Weltchronik sei entweder in St. Gallen oder in Reichenau entstanden; E aber, das zu 631 (Heraclius 20) die Notiz 'sanctus Gallus nobiscum remansit' enthält ^, stamme entweder gleich- falls aus St. Gallen oder aber im Falle die Notiz der Weltchronik entnommen wäre aus einem unbekannten schwäbischen Kloster^; eben wegen dieser Ungewissheit ersetzte er ja den Titel Epitome Sangallensis durch Chronicon Suevicum universale (oben S. 59). Nun hat Dieterich GQ. S. 34 42 bereits die Gründe dafür, dass die -Vorlage von SHE nach Reichenau zu verweisen sei, so stark vermehrt, dass auch Bresslau (1902) dieses Er- gebnis seinerseits für die Schwä-bische Weltchronik an- zuerkennen sich bereit erklärtet Verwies man die Welt-

1) Ebenso geht die Meldung von W und H, dass Ernst in Kon- stanz, Manegold in Reichenau beerdigt wurde, auf die Weltchronik zurück. 2) N. A. II, 586. 3) J. Pistorius, Rerum Germanicarum scriptores,

ed. 3. curante ß. G. Struvio I (1726), 196. Ueber die Phantasieen, die Dieterich GQ. S. 35 37 an diese Worte knüpft, vgl. Bresslau N. A. XXVI, 248 und XXVII, 156. 4) Vgl. auch IMG. SS. XIII, 62,

Z. 11 15. 5) N. A. XXVII, 156 f. Das bereits hier in Aussicht ge- stellte entscheidende Argument für die Entstehung der verlorenen Quelle

104 Robert Holtzinann.

Chronik also nach Reichenau, so musste E aus St. Gallen sein ; denn jene Notiz über den heiligen Gallus gehörte nun nicht der Reichenauer Vorlage von E , sondern be- stimmt dieser Quelle selbst an. Und in der Tat vermochte Bresslau gleichzeitig in einem Exkurs noch ein neues, sehr einleuchtendes Argument für den St. Galler Ursprung von E aufzudeckend Ebenso dürfte nun aber auch für die Weltchronik durch unsere Stelle über den Grafen Mane- gold der Reichenauer Ursprung endgültig entschieden sein. Die Schwäbische Weltchronik stammt aus Reichen au; würden wir Wert auf eine Umnennung legen, so dürften wir die verlorene Quelle, präziser als bisher, als Reichenauer Weltchronik ansprechen. E da- gegen stammt aus St. Gallen, und eben wegen dieser Ge- wissheit wird man hier gern von der unbestimmteren Be- zeichnung Chronicon Suevicum universale wieder zu der bestimmteren Epitome Sangallensis zurückkehren, nur dass wir darunter nicht mehr, wie ehedem, einen St. Gallener Auszug aus Hermann, sondern einen St. Gallener Auszug aus der verlorenen Reichenauer Weltchronik verstehen, üeber die Verfasser der Weltchronik und der Epitome wissen wir nichts. Dass die letztere von Hermann her- rühre, ist vollkommen ausgeschlossen^. Dass die Schwä- bische Weltchronik ein Werk Hermanns sei, ist an- gesichts der erhaltenen Chronik Hermanns recht un- wahrscheinlich und jedenfalls völlig unbewiesen. Aber auch wenn Hermann bei der Abfassung seiner Chronik reichen Nutzen aus dem nicht sehr viel älteren Werk eines anderen Reichenauer Historikers gezogen hat, bleiben seine Verdienste doch gross genug, um ihm nicht nur als Quelle, sondern auch in der Literargeschichte einen er- heblichen Namen zu sichern ^.

in Reiclienau ist, nach einer gütigen Mitteilung Bresslaus, eben die Stelle über Manegold, die also auch Bresslau in demselben Sinne aufgefasst hat, in dem sie oben verwertet ist. 1) Ebenda S. 170 174. 2) Vgl.

oben S. 63, N. 1. 3) Bresslau N. A. XXVII, 160 f.

IV.

Studien zuBenedictusLevita. VII.

(Studie VII, Teil II).

Von

Emil Seckel.

VIT. Die Quellen des zweiten Buches.

Yorau zuschicken ist die Zusammenstellung der Ergebnisse für die Quellen des II. Buches, wie sie im ersten Teil dieser Studie (N. A. XXXIV, 321) in Aussicht gestellt wurde.

Zu 91 Prozent der nicht (oder vermutlich nicht) frei erdichteten Kapitel des II. Buches^ sind die Quellen ge- funden.

Unbekannt geblieben sind die Quellen von 53 Kapiteln und 19 Halbkapiteln: 2, 68. 69. 70? 71. 72. 73. 74. 75 (a? b). 76. 77. 78. 82. 83. 88. 89. 96. 97. 98. 99. 118 fin. 121. 122b. 133b. 162a (teilweise)? b. 163. 165. 170. 171. 172. 173. 176. 177? 180? 181? 182b. d. 185? 187 (jedenfalls Satz 2 und 3). 188. 194. 197. 198. 199. 204. 205b. c. 208a^. b. d. 215b. 248. 345b? 359. 366a. 369. 370. 371. 381d. 381gy5. 381h/?. v. 381n. 382b. 383 (= 97). 394. 402. 404a. 405. 407. 408b. 427b. 428b. 429. 430. 431. 432b. 435b. c. Von diesen 53 -|- ^^4 Kapiteln können mit Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit 19 Kapitel und 11 Halb- kapitel als Fälschungen Benedikts^ betrachtet werden: 2, 88. 89. 96. 97. 98. 99. 121. 369. 370. 371. 381 d. 383. 394. 402? 405. 407. 429. 430. 431 und 2, 118 fin. 366a. 381g ^? 381h ^.}'. 382b. 404a. 408b? 427b? 428b. 432b? 435b. c, so dass als echt oder vermutlich echt Alles in Allem 433 Kapitel und 10 IIalbkaj)itel übrig bleiben.

Viele echten Stücke sind von Benedikt in formeller oder sachlicher Hinsicht der Interpolation^ unter- zogen worden. Interpolationen nicht rein formeller Art,

1) Das zweite Buch rechne ich bei dieser Statistik zu 461 Kapiteln. Sie setzen sich zusammen aus den 436 Kapiteln , die Benedikt selbst numeriert, und aus den 25 überschiessenden Kapiteln, die Ben. 2, 381 (Sammelkapitel) nicht mit Ziffern versehen hat. Die 25 überschiessenden Kapitel 2, 381b aa, sind im Folgenden als Vollkapitel gezählt. 2) Den (verarbeiteten) Quellen ist auch hier nach Möglichkeit nachgegangen worden; vgl. das Quellen -Verzeichnis (am Schluss dieser Studie) sub II.

108 Emil Seckel.

die aaf Benedikts Rechnung zu schreiben sind, begegnen in folgenden etwa 120 Kapiteln^: 2, 4b in. 10b. IIa. 17b. 18. 19c. 22c. 24. 25. 29a. 30a. c. 31a. (33.) 38 in. 41a. b. 42a. 45? 47b. 49b. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 64. 66. 67. 79. 80b. 84. 85. 90. 91. 92. 93. 100. 101. 102. 104a. 106c. 107. 108. 111. 112. 113. 115. 116. 117. 118 (Rubrik und Text). 122a. 130. 134. 138. 147. 156. 157. 158. 161. 162a? 163. 164. 166. 167. 179. 189d. 200. 201. 206. 208a a. b? 209. 220. 225. 234. 246, 263. 300. 302. 305. 307. 309. 310. 324. 325. 326. 327. 335. 348. 352. 353. 354. 355. 356. 357. 377g. 380a. 381a. 381e. 381i. 381p. 381q. 381r. 381t. 381v. 381x. 384. 394. 396. 398. 400. 401. 406 (= 115). 408a. 413. 421. 422. 423. 424. 426. 427a. 428a. 432a. 436.

Aus echten Kapitularien^ sind von den 461 Kapiteln 3 des II. Buches 92 Vollkapitel ^ und 1 Teil- kapitel "^ gebildet, sodass also Lib. II sich zu genau einem Fünftel (20,0 Prozent) aus echten, jedoch teilweise inter- polierten Gesetzen der Frankenkönige, zu vollen vier Fünfteln aus Pseudokapitularien zusammensetzt. Hervor- gehoben zu werden verdient, dass Benedikt von den echten Kapitularien des II. Buches nicht ein einziges aus Ansegisus entnommen hat.

Die Ober reihe 2, 162 255 m i t A u s z ü g e n aus der Episcoporum ad Hludowicum impera- torem relatio 829. Mit Ben. 2, 162 beginnen Auszüge aus der Relatio ejnscoporum vom August 829, die sich, in genauem An- schluss an die originale Reihenfolge (Relatio c. 1. 35. 37. 38. 45. 54)^ und immer durch Stücke anderer Herkunft unterbrochen, bis 2, 244 hinziehen ^, worauf noch ein Nachtrag aus Relatio c. 1 * den Schluss macht -'.

1) Nicht mitgezählt sind die Texte, die schon in der Hispana Augustodunensis oder bei Angilram interpoliert waren und in dieser ver- unechteten Gestalt Benedikt vorlagen. 2) Was hier unter 'echten

Kapitularien' verstanden wird, ist Studie VI (N. A. XXXI) S. 63, N. 2 gesagt. 3) Vgl. oben S. 107, N. 1. 4) 2, 362 ist, als zu unsicher,

nicht mitgerechnet. 5) 2, 189 c zählt nicht mit. 6) Umgestellt wird nur innerhalb eines Kapitels bei Benedikt (2, 162). 7) Zwölf

Kapitel: 2, 162a. c. d. 182a. c. 193. 20.5a. 208a a. -. c. 215a. 220. 225. 230. 235. 240. 244; vgl. Tabelle I und II (unten hinter 2, 255), je die Spalte 3. Auf der Strecke 2, 215 240 hat Benedikt seine schedulae aus der Relatio geradezu mechanisch von 5 zu 5 Kapiteln eingestreut.

8) Drei Kapitel: 2, 252. 254. 255; vgl. Tabelle II Spalte 3 am Ende.

9) Die Relatio - Kapitel, die unsere Oberreihe zusammenhalten, sind im Folgenden (unten S. 112 fi:'.) durch einen Stern markiert.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 109

Die Relatio ist in ihren einschlägigen Kapiteln keine Originalquelle ; sie beruht in den uns interessierenden Partien auf dem Pariser Konzil vom 6. Juni 829. Und die Pariser Synode ist ihrerseits, wenigstens zum Teil, ab- hängig von Jonas von Orleans, De institutione laicali, welche Schrift ^ m. E. mit Amelung, WerminghofiE u. a. vor 829 und nicht mit Simson und Krause nach 829 an- zusetzen ist. Dass Benedikt in den uns beschäftigenden Partien der Hauptsache nach - auf Jonas beruhe, ist ohne Weiteres ausgeschlossen. Aber auch das Conc. Paris, ist seine unmittelbare Quelle nicht ; es lässt sich für ungefähr die Hälfte der fraglichen 15 Kapitel Benedikts, nämlich für Ben. 2, 162. 182. 193. 205. 208. 225. (252), sicher be- weisen, dass ihr Text nicht aus der Pariser Synode, sondern aus der Relatio kopiert ist, und was für die eine Hälfte sicher ist, muss für die andere als sehr wahr- scheinlich gelten. Ausser der Textgestalt sprechen gegen die unmittelbare Benutzung der Pariser Synode auch die Reihen Verhältnisse ; während, wie gesagt, Benedikts Auszüge genau die Reihenfolge der Relatio einhalten, ergäbe sich mehr als ein Hysteron proteron, falls Benedikt 2, 162 -244 sich direkt an das Conc. Paris, (lib. I c. 1. 54 -f- 7 ! 9 -f- 10 ! 50. 47 ! lib. III c. 2) angeschlossen hätte.

Obgleich unsere Oberreihe zweifellos aus der Relatio stammt , weisen doch ihre Kapitel fast sämtlich ^ mehr oder weniger erhebliche Textdifferenzen der Relatio gegen- über auf. Die meisten Differenzen sind freilich nichts anderes als die bei Benedikt nun einmal üblichen Ab- weichungen formeller und dazu geringfügiger A r t ^ ; nicht qualitativ, nur quantitativ unterscheiden sich von diesen Kleinigkeiten tiefere formelle Eingriffe ^, von denen die meisten *" eine, zum Teil energische, Verein-

1) Vgl. über sie Ebert, Gesch. der Lit. des MA. II (1880), 227— 229; Simson, .lahrbücher Ludwigs d. Fr. I (1874), 316. 381 f.; Amelung, Leben und Schriften des Bischofs Jonas von Orleans (Programm Dresden 1888), S. 46 £f.; Krause in MG. Capit. II (1897), 45, N. 59; Stutz, Gesch. d. kirchl. Benefizialwesens I (1895), 192, N. 48. 264 f. ; Freystedt in der Realencykl. f. prot. Theol.« IX, 346 f. ; Werminghoff in MG. Conc. II (1908), 656, N. 4. 670, N. 1. 903. 2) Benedikt kennt die Schrift des

Jonas (vgl. 3, 388 ff.) sehr wohl ; er hat aus ihr (2, 10 rubr.) das Material bezogen, um ein Kapitel unserer Oberreihe (2, 235) zu interpolieren. 3) Ausnahme: 2, 162c. 4) Vgl. im Folgenden die Angaben zu

2, 162 a. d. 182 a. c. 193 a. c. 205 a y. c. 225. 230. 240. 244. 252. 254. 255. 5) Vgl. zu 2, 205a, und die folgende Note. 6) Vgl. zu 2, 193 b,

208a a. 215a. 220. 225.

HO Emil Seckel.

f a c h 11 n g des Stils bezwecken. Mit den Vereinfachungen sind die (wenigen) Streicliungen ^ auf ungefähr die- selbe Linie zu stellen. Eine andere Bewandtnis hat es mit den Interpolationen, die Benedikt in fast der Hälfte unserer Relatio - Kapitel ^ angebracht hat. Eine Anzahl von Kapiteln^ zeigt, dass Benedikt nicht die reine Relatio vor sich hat, sondern eine Relatio emen- d a t a "^ ; Benedikt hat letztere als Additio II. seiner Sammlung angehängt. Die Emendationen stammen teils aus Jonas, teils aus dem Conc. Paris. 829. Das meiste Interesse beanspruchen drei Kapitel ^, die eine rohere Fassung aufweisen als die entsprechenden Stücke der Eelatio, und durch deren Fassung man sich verleiten lassen könnte, zu glauben, Benedikt habe der Nachwelt eine sonst nirgends (trotz Conc. Paris, und Jonas) über- lieferte Vorlage der Eelatio aufbewahrt. Zu den zitierten ^ drei Kapiteln wird aber nach Möglichkeit zu zeigen ver- sucht werden, dass der Schein grösserer Ursprünglicbkeit blosser Schein ist, dass also Benedikt in der Tat auch hier keine andere Quelle zur Hand hatte, als die Relatio.

Benedikts Auszüge aus der Pelatio weisen nun aber weiter einige auffallenden gemeinsamen Eigen- tümlichkeiten auf, nämlich die Initien und gewisse Zugaben.

a) Sämtliche 15 Eelatio- Exzerpte unserer Oberreihe "^ haben einerseits originalfremde, andererseits in den drei' ersten Worten 'Placuit, ut fideles' völlig übereinstimmende Initien^. Der Anfang 'Placuit ^, ut fideles' ist in mehr als einer Hinsicht überaus merkwürdig: er findet sich sonst nirgends (weder bei Kanonen noch bei Kapitularien,

1) Vgl. zu 2, 193a. 230. 2) Vgl. 2, 162a (post in.). 193b

(sinnlos). 208 a a. 220. 225 ('mendacio noxio'). 235 (die eine aus Jonas; die andere gedankenlos). 240. 3) Vgl. 2, 220. 230 (nebst Note).

235. 240. (244?). 4) Ihr Urheber ist wahrscheinlich Benedictus selbst; vgl. Näheres unten in einer Note zu 2, 230. 5) Vgl. 2, 193 c. 220. 240. 6) Oben S. 108, N. 7. 8. 7) Nur das einzige Kapitel 2, 162 (das

erste der Oberreihe) macht insofern eine Ausnahme, als nicht die drei, sondern nur zwei von den drei Anfangsworten ('Ut fideles', ohne 'Placuit') an seiner Spitze stehen. 8) Vgl. Tabelle I und II, je Spalte 3 mit

Si:)alte 1. 9) Das erste Aufangswort 'Placuit' (ohne 'ut fideles') eröffnet bei Benedikt mehr als 90 Kai)itel ; soweit ich bisher sehe, halten sich von diesen 'Placuit' die echten und die falschen ungefähr die Wage. 10) So- weit die vorhandenen Initien -Verzeichnisse dies festzustellen erlauben; vgl. Theiner, Disquisitiones criticae, Appendix secunda p. 106; Migne CCXIX, 1105; Friedberg, Corpus iuris canonici I, 1452; Werminghoff, 3IG. Conc. -IL 874.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 111

leges u. s. w.) als g-erade in Benedikts Sammlung; und in Benedikts reicher Collectio begegnet das Initium ^ gerade nur in unserer Gesamtreilie 2, 162 255-. Hat Benedikt in den Relatio - Exzerpten unserer Oberreilie nichts als die Eelatio (und daneben gelegentlich Jonas und das Conc. Paris.) ausgezogen und an dieser Annahme dürfte bis zur etwaigen Auffindung bisher gänzlich unbekannter Quellen nicht zu rütteln sein , so sind die 14 Initien 'Placuit, ut fideles' schon deshalb gefälscht^, weil sie dem Original (bzw. den Originalen) fremd sind. Die Fälschung lässt sich aber zum Ueberfluss bei einzelnen Kapiteln^ noch an besonderen Merkmalen des Textes nach- weisen. Benedikt, der hiermit festgenagelte Urheber der Kapitelanfänge, hat gerade bei Excerpierung der Relatio ^ konsequent sein Programm'' verwirklicht, durch gelegent- liche Erdichtung falscher Initia die Entlarvung seiner Pseudokapitularien zu erschweren.

b) Fünf^ von den 15 Eelatio - Exzerpten sind um (9) Zugaben® bereichert , die einen echten Eindruck machen und falls dieser Eindruck der Wirklichkeit entspricht aus anderer Quelle ^ als der Eelatio ^^ ge-

1) Wie ich aus meinem eigenen Verzeichnis der Initien Benedikts feststelle. 2) Und zwar nicht nur in den 14 Relatio- Exzerpten, sondern auch bei den vier Kapiteln 2, 170. 17G. 199. 248 und mit leichter Modi- fikation ('Placuit, ut populus ad baptismum eorum' [sie!] 'inl'antes . . . offerat') bei 2, 188; vgl. Tabelle I und II, je Spalte 1. Unser stereotypes Initium ist das zweite Band, welches die Oberreihe 2, 162 255 zusammenhält. Auch der Anfang von 2, 162 'Ut fideles' (oben S. 110, X. 7) kehrt im ganzen Benedictus nur in unserer Gesamtreihe (2, 165) wieder. Ueber den Terminus 'sacerdos', der allen in dieser Note genannten Kapiteln (ausser 2, 188, wo überhaupt keine Bezeichnung des Priesters begegnet) gemeinsam ist, vgl. unten S. 121/2. 123 fi". 3) Ueber analoge Fälschungen s. unten zu Ben. 2, 299. 347, und, w^as speziell die Relatio angeht, unten zu 3, 162. 172. 190. 4) Vgl. unten zu 2, 208 a a

(Note). 225 (Note) ; auch die Unstimmigkeit in 2, 235 (Note) scheint durch unser Initium verschuldet zu sein. 5) Und der Quelle, aus der

die oben N. 2 verzeichneten Kapitel geschöpft sind? Vgl. unten S. 120/1. 124. 6) Praefatio § 7 (MG. LL. IIb, p. 39 1. 52): 'Invenimus'

(d. h. natürlich: 'non invenimus'!) 'insuper quaedam ex bis (capitulis)

pares fines (habentia), sed non p ar i a in iti a'. 7) Ben. 2, 162.

182. 205. 208. 215. Vgl. Tabelle I und II, je Spalte 3. 8) Ben.

2, 162b ('sacerdos'!). 182b. d. 205b ('sacerdos'!). c. 208a/?. b ('sacerdos'!). d. 215b. Vielleicht gehört auch der Anfang von 2, 162a hierher. Mit 2, 215b hören die Zugaben auf, während bis dahin nur ein einziges Relatio - Kapitel (2, 193) mit der planmässigen Erweiterung verschont worden ist. 9) Oder: anderen Quellen. 10) Von einer Rezension

der Relatio, die ihrerseits die Zugaben bereits enthalten hätte, wissen wir nichts, und ihre Existenz ist ganz unwahrscheinlich.

112 Emil Seckel.

flössen sein müssen. Vermutungen über diese unbekannte Quelle sind in der folgenden Spezialerörteruug zu den oben S. 111 Note 8 verzeichneten Teilkapiteln, sowie zusammen- fassend unten S. 121 geäussert.

*2, 162 : zum grössten Teil zurechtgemacht aus der Relatio episcoporum 829 c. 1, MG. Capit. II, 28 1. 25—29. 20 21. 30 34, nicht aus der Quelle der Eelatio, d. h. Concil. Paris. VI. 829 lib. I c. 1 med., MG. Conc. II, 609 sq. ^; eingesprengt (2, 162 b) ein Stück unbekannter Herkunft. Rubrik von Benedikt. Zum Text :

2, 162a (bis 'futura sit et cetera'): cf. Relatio c. 1 1. 25 29. Den Anfang: 'Ut fideles - fidem sanctae trini- tatis discant ^, in qua inter caetera credere ^ oportet' scheint Benedikt entweder seinem eigenen Ingenium zu verdanken oder aber derselben Quelle ^ aus der er seine Zugaben und Ergänzungen zur Relatio bezogen hat. Hinter 'baptismate' ist beißen, eingeschaltet: 'confirmatione, poenitentia et in ceteris canonicis decretis, sicut scriptum est' (eigenes Pro- dukt? oder aus der eben genannten unbekannten Quelle?). Alis 'Christi' ist bei Ben. geworden 'per Christum', aus 'generalis' 'gentium'. Am Schlüsse ist (wohl von Ben.) hinzugefügt: 'et cetera'.

2. 162b ('Quam fidem' bis 'doceant'): Vorlage un- bekannt. Entweder eigenes Fabrikat des Fälschers oder wiederum aus der mehrerwähnten unbekannten Quelle ^, aus der auch die anderen Zugaben zur Relatio, ins- besondere 2, (165)'. 182b geflossen sein können; die stilistische Verwandtschaft unseres Textes mit den beiden soeben erwähnten liegt auf der Hand :

1) Als unmittelbare Quelle Benedikts wird Conc. Paris, cit. aus- geschaltet durch die Lesart 'primum' 2, 162 c (fehlt in P., p. 609 1. 35) und durch die Weglassung von 'fide' (steht in P., p. 610 1. 2) vor 'spe' 2, 162 d. 2) Vgl. oben S. 110, N. 7, unten S. 124/5. 3) Genaue

Parallele für das Gebet des Herrn in 2, 165 Anfang: 'Ut fideles orationem dominicam discant' etc. Vgl. ferner unten S. 113, X. 1. 4) Nur dieses Wort des Anfangs deckt sich mit der Relatio. 5) 'Sacerdos'- Synode,

vgl. unten S. 124 f. 6) Meine mit aller Vorsicht geäusserte Vermutung, dass in Ben. 2, 162b vielleicht der erste der Kanonen des Conc. B urgund. erhalten sei (Studie IV, N. A. XXIX, 323 X. 1), ziehe ich zurück; denn unterdessen habe ich gefunden, dass das Conc. Burgund. zur Benennung des Priesters sich einer anderen Terminologie bedient als 2, 162 b (vgl. unten S. 121 2). 7) lieber dieses Kapitel s. unten S. 124 5.

Studien zu Benedi ctus Levita. VII,

113

2, 162b.

Quam fidem me- moriter teneant ^ et suis sacerdotibus eam reddant et ex- ponant per singula verba. Et ipsi sacer- dotes eam fideliter et pleniter atque veraciter- populum doceant ^.

2, 165.

Ut fideles ora- tionem dominicam discant* et intelli- gant et suis sa- cerdotibus eam V e r bo ex verbo reddant et alios fideles , qui eam nesciunt , d o c e - a n t.

2, 182 b in.

Et sciant se nullo modo ante aliorum

patres efficere, quam supra dicta discant et in- tellegant seu reddant.

von

2, 162 c Cquoniam primum catholica est" 'primum' an wörtlich = Eelatio c. 1 lin. 20. 21.

2, 162 d ('Et haec' bis Schluss) = Relatio c. 1 lin. 30 34. Text nur oberflächlich gemodelt.

2, 163: Quelle unbekannte Der Zweck der Vor- schrift, den Diözesanklerus zum willenlosen Werkzeug in der Hand des Bischofs zu machen, harmoniert vollkommen mit dem Episkopalsjstem der pseudoisidorischen Fäl- schungen. Seiner Technik, durch Wiederholung desselben Rechtssatzes sicherer zum Ziel zu kommen, bleibt Ben. auch hier treu (vgl. 2, 78. 302. 3, 154. 155c). Sollte Ben. einer echten Quelle folgen, so müssten wohl in der Sanktion die Worte 'vel monachi aut laici' als interpoliert*^ be- trachtet werden, da im Tatbestande nur von Klerikern die Rede ist. Zur Phraseologie des Tatbestandes vgl. etwa:

1) Einzelne Phrasen des Kapitels finden sich natürlich auch anderswo. Zu 'memoriter teneant' vgl. Capitula Frising. c. 24 (Studie II, N. A. XXIX, 292) : '. . . orationem dominicam vel simbolura memoriter teneant' (cf. Ben. 1, 170); Karoli M. ad Ghaerbaldum epist. 803 811 (MG. Capit. 1, 241 1. 27) : 'si orationem dominicam et simbolum . . . scirent aut memoriter tenerent' ; unten 2, 175 (Conc. Burgund.) : 'nisi memoriter symbolum et orationem dominicam tenuerint' ; Epistola canonica c. 1 (Baluze, Capit. II, 1374) ; Theodulfi Aurelian. Cap. primum c. 22 (Migne CV, 198); Ps. - Augustin, unten S. 127, N. 5. 2) Wegen

'veraciter' vgl. unten 2, 176 Satz i. 2, 205 c. 3) Zu 'populum doceant' vgl. z. B. Cap. e can. exe. 813 c. 26 (MG. Capit. I, 175): 'Ut presbiteri . . . populum doceant'. 4) Vgl. oben S. 112, X. 3 zu 2, 162 a. 5) Der Priester wird hier als 'presbiter' bezeichnet; also kommt die 'Sacerdos'- Quelle für 2, 163 nicht in Frage (vgl. unten S. 121 f). An das Conc. Burgund. als Vorlage des Kapitels zu denken, verbietet sich anscheinend durch den Inhalt , der sich in die Disposition der canones Burgund. (N. A. XXIX, 322 f.) nicht einfügen will. 0) Ueber die Quelle vgl.

die letzte Bemerkung zu diesem Kapitel.

Neues Archiv etc. XXXV. ft

114 Emil Seckel.

Deuteron. 17, 12 ('superbierit uolens obedire'), Conc. Carth. I. c. 11 (Ben. 2, 302. 3, 154), L. Baiuw. 1, 7 i. f. (Ben. 1, 337), Ben. 3, 155c (Quelle unbekannt), 1, 137 (ebenso), 1, 322 i. f. (ebenso); am nächsten steht Benedikts 4facher Synonymik das c. 17 der Regula Chrodegangi ^ : 'Si quis clericus contumax aut inoboediens aut superbus aut ebriosus aut detractor aut contra- dictor aut rebelies . . . preceptis e p i s c o pi . . . contemptor repertus fuerit' etc.- Während Ben. 2, 78, in sachlicher Üebereinstimmung mit Conc. Valletanum c. 5 (Migne LXXXIV, 328), den ungehorsamen Klerikern ohne Unterscheidung der Weihegrade die Exkommunikation an- droht, kommen in unserem Kapitel die 'clerici gradum habentes' mit der blossen Degradation davon. Vgl. zur Sache N. A. XXXIV, 366 (zu 2, 122b); zu den Worten 'monachi aut laici . . . communione priventur' : Conc. Chalced. c. 8 i. f. (Dion.-Hadr. ed. 1609 p. 125).

2, 164 cf. Concil. Clippiacense 626. 627 c. 7, MG. Conc. I, 198 = Concil. sub Sonnatio episcopo Remensi habitum 627—630 c. 6 (Flodoardus, Hist. eccl. Rem. II, 5),

1. c. p. 203^. Rubrik von Benedikt? Im Text erhebliche Abweichungen von der genannten (unmittelbaren?) Vorlage. Das Einschiebsel 'usque ad ecclesiae satisfactionem (vgl.

2, 88. 101. 116. 158) cum omnibus tantis sceleribus auxi- liantibus aut facientibus' mag aus Benedikts Feder ge- flossen sein. Der Textanfang geht mit Clipp. ('Si'), nicht mit Flodoard ('üt si quis'), und zwei Partien des Textes sind anders als in der Vorlage stilisiert*:

a) Schluss des Tatbestandes in Satz 1 :

Conc. Clipp. . . . inclinare presump- s e r i t aut pro quibus- libet causis absque conscientia et per- missu ^ episcopi distringere

Ben. . . inclinare aut distrin- gere aut calumni a r e vel iniuri a r e absque episcopi siii^ permissu praesumpserit

1) S. Chrodegangi Metensis episcopi (742 76(3) Regula canoni- corum hg. von "W. Schmitz (1889) S. 12. Auf Chrodegang hat schon Knust hingewiesen. 2) Conc. Meld. 845 c. 82 (79) (MG. Capit. II, 420), worauf Knust noch verweist, ist auch nicht mehr als eine (ziemlich ent- fernte) Parallele. 8) Ob es sich nicht um eine und dieselbe Synode handelt, lasse ich dahingestellt. 4) Ueber die hieraus zu ziehenden Schlüsse gilt dasselbe, was oben (X. A. XXXIV, 374 376) zu 2, 156— 158 bemerkt ist. 5) 'permissum' Clipp. 6) Wahrscheinlich Inter- polation Benedikts; vgl. N. A. a. a. 0. S. 376, N. 1.

Studien zu Benedictus Levita. VII.

115

Conc. Clipp. aut calumni i s ^ vel iniu- riis affici^ presumpserit

Ben.

b) Satz 2:

Episcopus tarnen ^ putatis conditionibus corum neglegentias dare non tardet.

de re-

cleri-

emen-

Episcopus tarnen non di- mittat, 11 1 iniuriam patientibus pleiiam de p r a e f atis cleric i s i u - stitiam canonice non f a c i a t.

2, 165 : Quelle unbekannt. Knust glaubt als Quelle betrachten zu dürfen 'Capit. general. Aquens. 802 c. 10' = Capitula de examinandis ecclesiasticis 801? 802? c. 9. 13 (MG. Capit. I, 110; cf. MG. Conc. II, 228 sq.). Dass hierin aber nur eine Parallele erblickt werden darf, lehrt der Augenschein :

Capitula.

(c. 9.) Similiter et^ o ra- tio nem dominicam quomodo intellegant; et ipsam orationem vel sym- boli sensum pleniter d i s - c a n t , et sibimet ipsis sciant et a 1 i is insinuare praevaleant.

(c. 13.) Omnibus omnino christianis iubetur simbolura et orationem domi- nicam disc ere.

Solcher Parallelen lassen sich noch weitere beibringen, Tgl. z. B. Karoli M. ad Ghaerbaldum epist. 803—811, MG. Capit. I, 241 1. 20 ff. : '. . . ut . . . orationem do-

Ben. üt fideles ^ orationem do- minicam discant et intelli- gant et suis*'' sacerdotibus *^ eam ** verbo ex verbo red- daut ^ et alios fideles , qui eam nesciunt, doceant.

1) 'contumeliis' Flod. ; wiederum geht Ben. mit Clipp. 2) 'affi-

cere' Flod. S) 'Episcopus tarnen' Flod. ; 'sie tamen, ut episcopus' Clipp. Die Uebereinstimmung mit Flodoard (der m. E. von Ben. nicht benutzt ist; vgl. vorhin im Text und bei N. 1, ferner unten zu 2, 409) wird Zufall sein. 4) Seil. : '. . . praeceptum est . . . unumquemque exa-

minare' (c. 8 Cap. cit.). 5) Vgl. unten S. 124/5, oben S. 112, N. 2. 3 zu 2, 162 a. 6) Zu 'suis sacerdotibus eam . . . reddant' vgl. Capitula cit.

c. 14 i. f. : '. . . orationem dominicam presbitero suo reddat'.

8*

116 Emil Seckel.

minicam et simbolum . . . tenere et memoriter recitare potuisset'; Conc. Mogunt. 813 c. 45, MG. Conc. II, 271 sq. : 'Sjinbolum . . . et orationem domin icam disc ere

semper ammoneant sacerdotes populum christianum

ut fidem catholicam recte discant et orationem dominicam, ut domi alios ed o c ere valeant'. Zu den Anfangsworten 'Ut discant' vgl. den korre- spondierenden Anfang von 2, 162a. Wegen der Stil- verwandtschaft zwischen 2, 165. 162b. 182b in. hinsichtlich der Worte 'discant reddant' siehe den vergleichenden Abdruck oben S. 113 zu 2, 162 b. Ueber den Terminus 'sacerdos' und seinen quellenkritischen Wert s. unten S. 121/2. 124/5.

2, 166 169 aus dem Concilium Herutf ordense 673^

Rubriken durchweg von Benedikt. Die Anfangsworte der Kanonen ('Secundum'; 'Tertium [capitulum]' ; 'Sextum' ; 'Octavum') sind bei Ben. gestrichen.

2, 166 = c. 2; 'vel presbiterorum' interpoliert. 2, 167 = c. 3 ; eine Variante: 'monasteria quae' statt 'quae- que monasteria . . . ea' ; die originale Vorschrift durch Streichung von 'episcoporum' nach 'nuUi' verallge- meinert. — 2, 168 wörtlich = c. 6. 2, 169 = c. 'S ; Schlussworte geändert, 'suae ordinationis' statt 'consecra- tionis suae'.

2, 170 209 Misch reihe aus der Relatio episco- porum 829, aus der Burgundischen Synode 800 840, aus unbekannten Synoden (Bischofs- kapiteln?); ferner aus Bibel? Poenitentiale Theodori? Dionysio - Hadriana ? ; eventuell noch : Vorlage der Dicta Pirminii abbatis und des Poenitentiale Pseudo-Theodori.

Einleitung. Bedeukliche methodische Grund- sätze gestatten es unserem Vorläufer Knust -, für sämt- liche 40 Kapitel der laufenden Unterreihe mit Quellen- nachweisen zu dienen. Ein abschwächendes 'cf.', das in den Knustschen Zitaten eine blosse Schwesterableitung neben oder auch nur eine sachliche Parallele zu den Pseudokapitularien zu erblicken erlaubt, findet sich ledig- lich bei 6 ^ von den 40 Kapiteln.

1) Ed. Mausi XI. 129: Bruus II, .510: Haddan and Stubbs, Councils III, 119 f. Üeberliefert bei Beda. Hist. eccl. IV, 5. 2j MG. LL. IIb, 2.3. 3) Ben. 2, 170. 173. 192. 194. 195. 196.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 117

Dieses Scheinwissen den Glauben, dass nichts leichter sei als die Aufspürung- der Quellen unserer Misch- reihe — zu zerstören, ist neben der positiven die negative Hauptaufgabe nachstehender Quellenanalyse. Weit näher als Enusts Behauptung, dass wir zu allen 40 oder wenigstens zu 34 Stücken der Unterreihe die Quellen kennen, dürfte der Wahrheit leider die ungefähr entgegengesetzte Be- hauptung kommen, dass sich nämlich zu 33 Vollkapiteln und 3 Teilkapiteln ^ die unmittelbare Quelle nicht oder nicht mit voller Sicherheit nachweisen lässt. Da kein einziges der 33 -{- ^/o Kapitel unter Fälschungs- verdacht- steht, so heisst das so viel, wie dass es der- gleichen Quellen zwar gegeben hat, diese Quellen aber nicht als solche auf uns gekommen oder jedenfalls bisher nicht aus den Hss. hervorgeholt sind. Knusts Quellen- angaben sind zum Teil (unten Ziff. 2 dieser Einleitung) ge- radezu falsch. Zum anderen Teil (unten Ziff. 1. 3. 4 a) enthalten sie, obzwar unvollständig^ und manchmal^ un- genau, das Richtige oder einen richtigen Kern. In nicht wenigen Quellenfragen war es möglich, über Knust hinaus- zukommen.

Für die Quellenuntersuchung zerfallen die 40 Kapitel der ünterreihe in 4 Gruppen:

1. Sicher bekannt ist die direkte Quelle von 1 Voll- und 3 Teilkapiteln (2, 182 a. c 193. 205 a. 208 a a. '/. c). Sie liegt in der Relatio episcoporum 829 vor^ und ist bereits oben S. 108 ff. zusammenfassend besprochen. Vgl. Tabelle I Sp. 1—3. Bekannt sind ferner die Quellen der 3 Kapitel 2, 188. 203 (Rubriken der Dionysio - Hadriana) und 2, 209 (Theodori Poenitentiale und

1) D. h. zu allen 40 Kapiteln abzüglich der 4 Voll- und der 3 Teilkapitel, zu denen wir die direkten Quellen wirklich oder wenigstens möglicherweise kennen ; vgl. ZifF. 1 im folgenden Text. 2) Er ist auch noch von Niemanden ausgesprochen, geschweige denn begründet worden. Nur Simson, Die Entstehung der pseudo - isidorischen Fälschungen S. 60 scheint das einzige Kapitel 2, 170 (ohne Angabe von Gründen) ver- dächtigen zu wollen. Um dem Fälschungsverdachte zu begegnen, ist den Kapiteln unserer Reihe unten S. 125 fl'. ein grösserer Apparat sach- licher Parallelen (mit Ausnahme der wenigen Kapitel, wo Parallelen zu finden nicht gelungen ist) beigegeben; diese Parallelen verscheuchen ins- besondere das Verdachtsmoment der Neuerung. Die Tendenzen Benedikts kommen in unserer Reihe nicht durch Fälschung erfundener Voll- oder Teilkapitel, sondern nur in wenigen kleineren Interpolationen zum Wort. 3) Vgl. zu 2, 185 a. 187 in. 187 fin. 189 c. 195. 196. 198 med. 206. 208 rubr. 209. 4) Zu 2, 182. 187. 195. 196. 203 204. 207. 209.

5) Für Ben. 2, 208 rubr. in dem Conc. Paris. 829.

118 Emil Seckel.

Leviticiis), falls man sich hier skeptisch verhalten will zu der freilich naheliegenden Annahme einer vermittelnden Zwischenquelle.

2. Schlechthin unbekannt, d. h. in der vorliegenden Gesamt Überlieferung des Materials m. W. nicht auffindbar, sind die Quellen folgender 13 Voll- und 7 Teilkapitel unserer Reihe : 2, 170. 171. 172. 173. 176. 177. 180. 181. 182b. d. 185b. 187 med. 188. 192b? 194. 197. 198 in. fin. 199. 204. 205b. c. 208a/3. b. d.

3. Bei 3 Voll- und 5 Teilkapiteln (2, 185a. 187 in. fin. 189a— c. 192a. 195. 196. 198 med. 207) i hat es den An- schein, als ob die Auffindung der direkten Quellen Bene- dikts gelungen wäre. Ich halte es jedoch für vorsichtiger, und die Entdeckerfreude wird dadurch kaum ver- kümmert — , das Ergebnis der Nachforschungen dahin zu- sammenzufassen : Bekannt sind zwar nicht die unmittel- baren Quellen, wohl aber die entfernteren Vor- quellen^ der 8 angeführten^ Benedictus- Texte. Die Gründe, welche mir gegen eine unmittelbare Benutzung der alsbald aufzuzählenden 6 bzw. 7 Vorquellen durch Benedikt zu sprechen scheinen, sind, soweit nötig, unten zu den einzelnen Kapiteln angegeben. Zu den speziellen Gründen tritt die allgemeine Erwägung hinzu, dass der meist reihenweise exzerpierende Benedikt nur selten weit- hergeholte und vereinzelte Exzerpte in oder zwischen seine Reihen (und Mischreihen) einstreut.

Die Knust ausnahmslos noch unbekannten Vor- quellen der 8 Texte sind folgende :

a) Bibel: (Hebräerbrief): 2, 185a; (Ecclesiasticus in der Fassung des Caesarius von Arles): 2, 192 b.

b) Couc. Autissiodor. 573 603: 2, 198 med.

c) G r e g o r i u s I. ad Augustinum ^ 601 : 2, 207.

d) Dicta abbatis P i r m i n i i ^ de singulis libris canonicis scarapsus*": 2, 189a. b. c? 192a. 195. 196, bzw.

1) Zu dieser Gruppe treten die drei, oben Ziff. 1 a. E, ver- zeichneten Kapitel hinzu, falls man zwischen den Originalen und Benedikt irgendwelche Zwischenquellen vermutet. 2) Bibel z i t a t e ,

die sich aus der Vulgata in den Kapiteln der Unterreihe (2, 170b. 171. 176. 185b. [191.] 192a. 194. 195. 207. 209) finden, bleiben hier ausser Ansatz. 3) Ueber 2, 191 fin. (Vorquelle: Theodors Bussbuch) siehe

unten Ziff. 4 a. 4) Statt der Urquelle nennt Knust eine zweifellos

nicht benutzte Zwischenquelle (Poen. Martenianum). 5) Gestorben

wahrscheinlich 753 ; vgl. Hauck in der Realenzykl. f. j)rot. Theol. XV ^ 411 Z. 5. 6) Ueberliefert in der Hs. von Einsiedeln 199 P. III, saec. VIII ex, oder IX in., herausgegeben von Mabillon in den Vetera

Studien zvi Benedictus Levita. VII. 119

Poenitentiale Pseudo-Theodori^: 2, 195 a. 196, oder vielmehr eine Vorlage, aus der von Pirmin nnd, wo sie ihnen gemeinsam ist, von Pirmin und Pseudo- Theodor geschöpft ist. Die Vorlage zeigt sich ihrerseits stark beeinflusst von dem grossen Gesetzgeber und Volks- prediger Caesarius, Bischof (502 542) von Arles.

e) Admonitio generalis 789: 2, 189c.

f) Poenitentiale Valicellanum II. oder vielmehr ein ihm zum Grunde liegender Busstraktat: 2, 187 in. fin.

4. Bekannt sind für eine Anzahl (I2V2) Kapitel zwar nicht die Quellen, wohl aber Ableitungen, die aus derselben Quelle geflossen sind wie Benedikts Texte. Von solchen Schwesterüberlieferungen, aus denen sich die wirkliche unmittelbare Quelle Benedikts - mit Wahrscheinlichkeit rekonstruieren lässt, liegen vor:

a) die sog. Statuta Bonifatii. Knust und viele Andere sahen in ihnen noch eine unmittelbare Quelle Benedikts. In der IV. Studie (N. A. XXIX, 308—324) ist der Nachweis versucht und wohl auch erbracht worden, dass die sog. Statuta Bonifatii eine kleine Kanonen- sammlung seien, die sich aus drei Massen zusammensetze; von diesen Massen lasse sich eine (bestehend aus 21 Kapiteln) auf keine bekannte Originalquelle zurückführen. Von ihren 21 Kapiteln kehren 13 bei Benedikt wieder und zwar ausschliesslich in unserer Unterreihe (Ben. 2, 174. 175. 178. 179. 184. 186. 189d. 190. 191. 200. 201. 202. 206; vgl. Tabelle I Sp. 5). Mit dieser Doppelüberlieferung verhalte es sich so, dass der Verfasser der Statuta und Benedikt beide auf eine gemeinsame nicht überlieferte Vorlage zurückgehen. Die rekonstruierte gemeinsame Vorlage chai'akterisiere sich vermutungsweise als C o n c i 1 i u m B u r g u n d i c u m (incerti loci provinciae Vesontionensis) zwischen 800 und ca. 840.

b) das PoenitentialePseudo-Theodori^ Dieses eigenartige und interessante Bussbuch * schöpft zum

analecta (1675 ; = Migne LXXXIX, 1029 ff.), kritisch korrekt und zu- verlässig erst von Caspari , Kirchenhistorische Anecdota I (Christiania 1883), 151 ff. Ich benutze letztere Ausgabe. 1) Vgl. unten N. 3. 4,

S. 120, N. 2. 2) Es handelt sich zufällig für alle 12^4 Kapitel vermutlich um eine und dieselbe Quelle, nämlich die ßurgundische Synode. 3) Zu Knusts Zeiten war es noch nicht ediert. Seine Bearbeiter (Kunstmann, Hildenbrand, Wasserschleben) haben die Beziehung zu Benedikt und zu den Stat. Bonif. {= Conc. Burg.) nicht erkannt, 4) Ausgaben : Ancient laws and Institutes of England (1840) S. 277 ff. ; Kunstmann, Die lat.

120 Emil Seckel.

Teil aus unbekannten Quellen , insbesondere aus unbe- kannten Synoden der fränkiscben Zeit ^ Es ist im frän- kischen Reich nach 789 - oder vielmehr, wie sich alsbald ergeben wird, nach 800 verfasst. In Pseudo- Theodors Bussbuch besitzen wir für einen Kanon des nach 800 ab- gehaltenen Conc. B u r g u n d. (Ben. 2, 206 ; Stat. Bonif. c. 31) eine dritte, bisher auch von mir nicht bemerkte Parallelüberlieferung (vgl. unten zu 2, 206).

Lässt sich für die soeben unter Ziff. 4 behandelten I2Y2 Kapitel die Quelle Benedikts mit genügender Be- stimmtheit aufdecken, so scheint es auf den ersten Blick, als ob es ein aussichtsloses Beginnen wäre, den nun einmal nirgends überlieferten (unmittelbaren) Quellen der unter Ziff. 2 und 3 (oben S. 118 f.) verzeichneten 16 Voll- und 12 Teilkapitel näher kommen zu wollen. Doch fehlt es bei genauerem Zusehen nicht an gewissen Handhaben, um das Chaos der letzterwähnten Kapitel wenigstens in mehrere Quellenkreise zu scheiden. Diese Handhaben sind teils formeller, teils inhaltlicher Natur.

I. Formelle Kriterien lassen sich gewinnen durch Beobachtung der Initien, der Priester - Terminologie und gewisser Stilverwandtschaften.

A. Initien. a) Wir wissen bereits ^, dass sämt- liche 15 Relatio - Exzerpte der Oberreihe 2, 162 255, also auch die 4 Relatio -Exzerpte unserer Unterreihe (2, 182. 193. 205. 208; vgl. Tabelle I Sp. 3) sich durch den ge- fälschten Anfang 'Placuit ut fideles' auszeichnen. Wir wissen ferner^, dass dasselbe charakteristische Initium bei 4 Kapiteln unserer ünterreihe (2, 170. 176. 188 5. 199)^ deren Quelle nicht überliefert ist *", sich wiederfindet. Nach

Pönitentialbücher der Angelsachsen (1844) S. 43—105; Wasserschieben, Bussordnungen (1851) S. 566 622. Das eigentliche Werk besteht aus 33 Kapiteln (Wass. S. 574 620) ; die vorangehenden 15 Kapitel und die folgenden gehören nicht zu dem Bussbuch. 1) In Werminghofi's Vor- arbeiten zu MG. Conc. III. ist es noch nicht berücksichtigt. Vgl. Wasserschieben a. a. O. S. 88. 2) lieber die Entstehungsverhältnisse

vgl. Hildenbrand , Untersuchungen über die germanischen Pönitential- bücher (1851) S. 8 42, Wasserschieben a. a. 0. S. 18. 88. Ob Ps.- Theodor die Halitgarsche Kanonensammlung benutzt habe und deshalb jünger als 829 sei, ist bestritten; dafür Wasserschieben, dagegen Freisen, Gesch. des can. Eherechts S. 452, N. 7. Für unsere Zwecke braucht auf den Streit nicht eingegangen zu werden. Zu den Quellen Ps. -Theodors folgen einige ergänzende Notizen unten in der Spezialerörterung über Ben. 2, 206. 3) Oben S. 110 11, litt. a. 4) Oben S. 111, N. 2. Vgl. Tabelle I Sp. 1. 5) Mit der a. a. 0. erwähnten leichten Modifikation. 6) Vgl. oben S. 118 Ziff. 2.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 121

Analogie von Benedikts Verhalten gegenüber der Relatio darf vielleicht ^ geschlossen werden, dass der Fälscher bei Exzerpierung noch einer zweiten Quelle mit derselben Konsequenz ein zweites und letztes Mal seine Methode der 'non paria initia' in dem Eingang 'Placuit ut fideles' zur Anwendung brachte.

b) Mustert man die Anfänge der canones Burgund., so liest man bei der Mehrzahl der Normen, die 'sich an die Laien wenden , die ziemlich stereotype - Wendung 'Annuntient presbiteri' (Ben. 2, 175. 189d in der echten Fassung. 190), bzw. 'Annuntiet unusquisque presbiter' (2, 191), 'üt annuntient presbiteri' (2, 174). Sehen wir auf die Initien der aus nicht überlieferten Quellen geholten Kapitel unserer Reihe, so haftet der Blick an den zwei Kapiteln 2, 177. 192 je mit dem^ Anfang 'Annuntient presbiteri' ^. Die genannten Initien begegnen in Benedikts grosser Sammlung ^ nur bei den vorstehend zitierten 7 Kapiteln. Gehen aber von den 7 'Annuntient' -Kapiteln unserer Reihe und überhaupt der ganzen Sammlung fünf erweislich auf die Burgundische Synode zurück, so ergibt sich ein sehr beachtlicJaes Argument für den Schluss, dass es mit den 2 restlichen Kapiteln (2, 177. 192) sich ebenso verhalten werde.

B. P r i e s t e r - T e r m i n o 1 o g i e. Zur Bezeichnung des Priesters stehen der technischen Sprache die Ausdrücke 'sacerdos' und 'presbiter' zur Verfügung. Dem Worte 'sacerdos' begegnen wir in folgenden Kapiteln unserer ünterreihe: 2, 170. 171. 172. 173. 176. 187. 194. 199. 205b. 208 b^ lauter Kapiteln, deren Quelle nicht über- liefert isf. Sofort fällt auf, dass das Conc. Burgund. nicht ein einziges Mal den terminus 'sacerdos' gebraucht. Das Wort 'presbiter' findet sich an folgenden Stellen der Unterreihe: 2, 174. 175. 177. 178. 179. 180. 185. 186. 189d. 190. 191. 192. 195. 200. 201. 202 «. 206 9. y^^ diesen 17 Stellen gehören nicht weniger als 12 (bzw. 1-3) der Burgundischen Synode an ^°. Auch soweit sie nicht bei

1) Vielleicht! Denn die Initia der 4 Kapitel könnten ja auch echt sein. 2) Hier natürlich echte. 3) Aller Wahrscheinlichkeit

nach ebenfalls echten. 4) Vgl. Tabelle I Sp. 4, wo die 'Annuntient'-

Stücke durch Sterne bezeichnet sind. 5) In Theiners Index initiorum

figuriert der Anfang nur bei Burch. 4, 28 (nebst Ableitungen), und dieser schöpft aus Ben. 2, 175 (Näheres unten zu 2. 175). 6) Vgl. Tabelle I Sp. 2. 7) Vgl. oben S. 118 Zift'. 2. 3. ' 8) Wegen 2, 203 vgl. die

Bemerkung unten zu diesem Kapitel. 9) Vgl. Tabelle I Sp. 4. 10) Vgl. Tabelle I Sp. 5.

122 Emil Seckel.

Benedikt wiederkehrt (Stat. Bonif. c. 10—13. 16. 17. 27. 33), nennt die Burgundische Synode den Priester^ kon- sequent 'presbiter'. Terminologisch zerfallen also die Kapitel unserer ünterreihe in 2 Gruppen, von denen die eine ('Sacerdos' -Gruppe) den Ausdruck 'presbiter' ebenso ausnahmslos meidet als ihn die andere ('Presbiter' -Gruppe) gebraucht -. Mit Schlüssen aus dieser Beobachtung wird man vorsichtig sein müssen. Negativ wird man folgern dürfen, dass keines der 'Sacerdos' - Kapitel aus der Bur- gundischen Synode stammt. Positiv eines der 4 Kapitel 2, 177. 180. 185. 192 allein darum, weil es der 'presbiter- Terminologie sich bedient, der Burgundischen Synode zu- zuweisen, ist natürlich unzulässig.

C. S t i 1 V e rw andtschaften. Wegen ihrer mag auf die unten folgenden Einzelausführungen zu 2, 176/l62b. 205c; 2, 176 fin. / 188 fin. ; 2, 182b / 165. 193c. (205a); 2, 197/195. 196. 198; 2, 198/196. 197 verwiesen sein.

II. Inhaltlich wird in unserer Unterreihe nicht selten derselbe Gegenstand mehrfach behandelt, sei es in übereinstimmender, sei es in widersprechender Weise. Auch diese bald verträglichen , bald unverträglichen Doppel- behandlungen drängen zu einer Scheidung der (aus nicht überlieferter Quelle üiessenden) Kapitel vorliegender Reihe in mindestens zwei Gruppen. So ist es z. B. ausgeschlossen, dass eine Quelle die Taufzeiten zwei mal in wesentlich derselben Weise normiert (2, 181 farbloses Incertum 2, 188 'Placuit' -Kapitel) oder dass sie zweimal ein Wucher- verbot erlässt (2, 204 farbloses Incertum 2, 208b 'Sacerdos'- Stück) oder dass sie die Fastenzeiten das eine Mal nach römischem, das andere Mal nach griechischem Brauche regelt (2, 186 Conc. Burg. 2, 187 'Sacerdos' -Kapitel) 3.

Auf Grund der gewonnenen Indizien (I. II)* lassen sich vielleicht folgende nicht ganz unbegründete Hypo- thesen aufstellen.

1) Wo sie ihn überhaupt erwähnt (Stat. Bonif. c. 16. 17. 27. 33). 2) Diese Erscheinung ist bisher bei der Quellenkritik m. W. noch nicht beobachtet oder gar beachtet worden. Weitere Untersuchungen bringen vielleicht die Möglichkeit, die Termini (wie bei uns heutzutage Pfarrer und Pastor) zu lokalisieren. Ich bemerke nur, dass z. B. Haito in seinen Capitula (MG. Capit. I, 362 ff.) den Priester durchweg, mit einer einzigen (durch die Vorlage beeinflussten ?) Ausnahme c. 16, als 'sacerdos' be- zeichnet. 3) Vgl. ferner 2, 170/195 fin. 205b; 176/195 in. fin.; 191/209a. c; 192/194; 196/205b. 204/208 b. 4) In Verbindung mit den Ueberlieferungs -Verhältnissen.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 123

1. Die Burgundische Synode erhält einen hypothetischen Zuwachs von T^/g Kanonen^.

a) Die Zuweisung an das Conc. Burg, scheint mir, wie die Dinge liegen, ausreichend fundiert zu sein, wo (l) ein Kapitel unserer Unterreihe, in der ja allein Burgundische Kanonen zu suchen sind "^, (2) in der Priesterterminologie mit dem Sprachgebrauch des Conc. Burg, harmoniert^ und (3) das nur diesem Konzil eigentümliche Initium 'Annun- tient presbiteri' ^ aufweist. Diese 3 Argumente treffen bei Ben. 2, 177. 192 zu.

b) Dass ferner Ben. 2, 189 a. b. (c). 195. 196 der Synode angehören, wird durch den Einfluss nahegelegt, den eine und dieselbe Vorlage (fons Pirminii) wie auf 2, 192 (vorhin litt, a), so auch auf die Kapitel 2, 189 a. b. 19.5. 196 ge- wonnen hat ^.

c) Ist dies richtig, so führen gewisse stilistische Uebereinstimmungen ^ mit freilich geringerer Wahrschein- lichkeit zu der Vermutung, dass vielleicht auch Ben. 2, 197. I'jB auf die Synode zurückgehen.

d) Besondere Umstände (inhaltliche und sprachliche Verwandtschaft mit einem in den Stat. Bonif. überlieferten can. Burg.) machen es wahrscheinlich, dass Ben. 2, 185 burgundischen Ursprungs ist ^.

2. Die 'Sacerdos'-Kapitel rühren nicht aus der Burgundischen Synode her'^. Schwerlich sind sie alle aus einer Quelle geflossen.

a) Ueber Ben. 2, 171. 172. 173. 187. 19i lässt sich nichts sagen, als dass 2, 187 sicher aus einer Synode, der Eest wohl entweder aus Synoden oder aus Bischofskapiteln stammt ^.

b) Etwas mehr ergibt sich für Ben. 2, 170. 176. (188). 199. Die 3 nichteingeklammerten Kapitel sind nicht nur durch ihre Priesterbezeichnuug, sondern auch durch das Initium Tlacuit ut fideles' zusammengehalten. Das Kapitel 2, 188 ist mit den übrigen, ausser durch das Initium, durch

1) In keinem dei' Kanonen wird der Priester als 'sacerdos' be- zeichnet ; 'presbiter' heisst er in 2, 177. 185. 192. 195 ; nicht erwähnt wird er in 2, 189 a. b. (c). 196 198. Zur Stützung unserer Hypothese dient auch die gewiss nicht ganz wertlose Beobachtung, dass alle lokalisierbaren Urquellen der im Folgenden aufgezählten Kapitel burgun- dische Lokalfarben haben (Synode vonAuxerre, Caesarius von Ar 1 es). 2) Oben S. 119 Ziff. 4a. 3) Oben S. 121/2 IB. 4) Oben S. 121 1 Ab. 5) Oben S. 118/9 Ziffer 3d. 6) Oben S. 1221 C 7) Vgl. unten zu 2, 185. 8) Oben S. 122 IB. 9) Und dass die Vorlage von 2, 172

(dazu unten) jünger als 813 ist?

124 Emil Seckel.

einen stilistischen Anklang (an 2, 176) verbunden. Die 4 Kapitel scheinen eher von einer Synode als von einem Bischof erlassen zu sein ^. Wie Benedikt dazu kam, zum Objekt seiner die Initia fälschenden Tätigkeit - neben der Relatio episc. 829 gerade und lediglich die vorliegende Synode zu wählen, können wir nicht erraten ; vielleicht hängt die Synode irgendwie mit dem Kanonen - Material des Jahres 829 ^ zusammen. Erinnern wir uns nun, dass Benedikt einen Teil seiner Relatio -Kapitel um anscheinend echte Zugaben bereichert hat^, so liegt gerade an dieser Stelle unserer Untersuchung die Frage nahe , ob nicht Benedikt diese Zugaben eben aus der 'Sacerdos' -Synode, deren Kanonen - Anfänge er ja vermutlich in einem Zug mit den Initien seiner Relatio - Kapitel zurechthobelte, be- zogen hat. Die Frage lässt sich natürlich nicht mit Sicherheit beantworten ; immerhin sprechen für die Be- jahung verschiedene Umstände. Einmal lag ihm diese Synode ausweislich der gemeinsamen Initien bei der Arbeit an den Relatio -Kapiteln sozusagen auf dem Schreibtisch. Ferner stimmen die Zugaben darin mit der hypothetischen Synode überein, dass sie, so oft der Priester erscheint, ihn als 'sacerdos' titulieren (Ben. 2, 162 b. 205 b. 208 b). End- lich bestehen bezeichnende Stilverwandtschaften einzelner Zugaben mit Kanonen der Synode, so zwischen 2, 165^ einerseits, 2, 162a (in.), b und 2, 182b andererseits^'; so zwischen 2, 176 (in.) einerseits, 2, 162b und 2, 205c anderer- seits ^. Vermutungsweise darf also wohl die 'Sacerdos'- Synode als Quelle der Zugaben bezeichnet werden.

In diesem Zusammenhang ist schliesslich noch zweier nicht unserer Unterreihe, sondern der Oberreihe 2, 162 255 angehörenden Vollkapitel (2, 165. 248) zu gedenken. 2, 248 wird durch seinen Anfang (Tlacuit ut fideles') und durch seine Priesterbezeichnung ('sacerdos') so gut und so schlecht wie 2, 170. 176. 199 unserer hypothetischen Synode zugewiesen. Bei 2, 165 kehrt das 'Sacerdos'-Argument voll, das Argument aus dem Initium (2, 165 'Ut fideles') ®

1) Vgl. V. 'pontificum' in 2, 176. 2) Oben S. 111 litt, a, S. 120/1 lA. 3) Aus diesem Jahr fehlen uns bekanntlich die Synoden von Toulouse, Lyon und Mainz. 4) Oben S. 111/2 litt. b. 5) lieber dieses unserer 'Synode' nahestehende Kapitel vgl. den nächsten Absatz des Textes. 6) Vgl. die Einzelnachweise oben zu 2, 162. 165, unten zu 2, 182. 7) Im Ge- brauch des Wortes 'veraciter' ; vgl. oben bzw. unten zu den im Text an- geführten Kapiteln Benedikts. 8) Der Anfang 'Ut fideles' ist dem Ka- pitel 2, 165 in Benedikts Sammlung nur noch mit 2, 162 gemein (oben S. 111, N. 2). Dass 2, 162 a. b zu 2, 165 Beziehungen hat, ist kurz vorher konstatiert worden.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 125

wenigstens zum Teile wieder. Merkwürdig und für den Zusammenhang von 'Sacerdos- Synode und Relatio charak- teristisch ist nun die Tatsache, dass 2, 2-48 aushelfend an Stelle eines Relatio - Kapitels einspringt. Auf der Strecke 2, 215 bis 240 hat Benedikt seine Eelatio - Exzerpte von 5 zu 5 Kapiteln eingestreut ^. In der Strecke von 2, 240 bis 252 verkürzt er die Distanzen auf 4 Kapitel. Man er- wartet nun, in 2, 240. 244. 248. 252 lauter Eelatio- Exzerpte zu finden. In Wirklichkeit findet man zwar lauter 'Placuit' -Kapitel-, aber nur 3 Helatio - Exzerpte ^ und an Stelle des vierten (2, 248) den Kanon der rätsel- haften 'Placuit' - 'Sacerdos' - Synode.

Wir gehen nunmehr zur Einzelerörterung der 40 Kapitel unserer sonderbaren Mischreihe über.

2, 170: Quelle unbekannt. Priester als 'sacerdos' be- zeichnet^. Initium das charakteristische 'Placuit ut fideles'^ Im Einzelnen :

2, 170a (bis 'excusatione fiat'). Zur Sache vgl. etwa: Conc. Matiscon. II. 585 c. 4 (MG. Conc. I, 166)'^; Diözesan- statuten eines unbekannten Bischofs, woraus sowohl Capi- tula Frisingensia c. 25 (Studie II, N. A. XXIX, 284. 292) ^ als Ben. 1, 371 med.® geflossen zu sein scheinen. Auf dasselbe Thema (Darbringung der Oblationen) kommt unsere Reihe an anderer Stelle (2, 195 fin.) zurück; vgl. auch 2, 205 b.

2, 170b. Der Herrenspruch steht Ev. Joh. 6, 57. 58 fin. Zum Anfang, betr. das Anhören der Predigt (welchen Gegenstand in vorliegender Reihe nochmals 2, 205 b berührt), verweist Knust auf Cap. Erisingensia c. 6 (N. A., a. a. 0. S. 288), in welchem Kapitel aber von der Pflicht zum Predigen und vom Verlassen der Kirche vor dem Ende des Gottesdienstes die Rede ist. Zur Fortsetzung, betr. allsonntägliches Kommunizieren (wovon

1) Vgl. Tabelle II Sp. 1. 3, und oben S. 108 :N'. 7. 2) Vgl. Ta- belle II Sp. 1. 3) Vgl. Tabelle II Sp. 3. 4) Vgl. oben S. 121/2 IB, S. 123 Ziff. 2b. 5) Vgl. oben S. 120/1 lA, S. 123 Ziff. 2b. 6) '. . . ut Omnibus dominicis die bus aris o b 1 a t i o ab omnibus viris vel mulieri- bu9 offeratur' u. s. w. 7) 'Ut presbiteri (!) populo nuntient, quod in

diebus doniinicis . . . oblationes summo offerant deo'. Knust (MG. LL. IIb, 23) hat mit einem 'cf.' bereits auf die Parallele hin- gewiesen ; in die Tabula fontium hätte sie nicht aufgenommen werden sollen, vgl. Studie II, N. A. XXIX, 282 unten. 8) 'et hoc populo nuntietur, quod per omnes dies dominicos oblationes deo of- ferant' u. s. w.

126 Emil Seckel.

auch unten 2, 195 fin. in ähnlicher Weise gehandelt wird), vgl. Ben. 1, 334b (N. A. XXXI, 111) nebst den a. a. O. N. 2. 3 beigebrachten Parallelen^; ferner zu 'si fieri potest' (cf. Ben. 2, 205b): Conc. Paris. 829 lib. III c. 20 (MG. Conc. II, 677); zu 'nisi criminali peccato et mauifesto im- pediantur' : Chrodegangi Regula c. 14 (N. A. XXXI, 111, N. 3)2 und Conc. Turon. 813 c. 50 (MG. Conc. II, 293)=^; zu 'et caetera exempla, quae prolixa sunt hie scribere' : z. B. Conc. Paris. 829 lib. I c. 2 (MG. Conc. II, 610 [= Episcoporum relatio 829 c. 2, MG. Capit. II, 29])^.

2, 171: Quelle unbekannt. Priester als 'sacerdos' be- zeichnet^. Der Bibelspruch steht 1. Thess. 5, 17. Als Quellen zitiert Knust : Capitula a sacerdotibus proposita 802 c. 8 (MG. Capit. I, 106)'= und 'Regula Chrodegangi c. 24', d. h. vielmehr ' Aachener Institutio canonicorum 816 c. 131 (MG. Conc. II, 408 sq.); mehr als blosse Parallelen sind aber diese Stücke nicht.

2, 172: Quelle unbekannt. Priester als 'sacerdos' be- zeichnet ^. Das 'sicut decretum est' geht vielleicht auf Conc. Mogunt. 813 c. 28 8 (MG. Conc. II, 268).

2, 173: Quelle unbekannt. Priester als 'sacerdos' be- zeichnet^. Knusts Quellenhinweis 'cf. Ordinem Roman, aut Sacrament.' ist eine blosse Verlegenheitsauskunft. In der Messe folgt zur Zeit Benedikts auf den Hymnus angelicus 'Sanctus, Sanctus, Sanctus' die Secreta 'Te igitur, clementissime pater' ^ ; um nun rascher zum Ende zu

1) Dazu gehört auch das von Knust zitierte Couc. Aquisgr. 836 Cap. III c. (22.) 21 in. (MG. Conc. II, 722 ; vgl. Hinschius, Kirchenrecht IV, 70 N. 7): 'sane communicatio corporis doraini omni die do- minico debuit celebrari' u. s. w. 2) 'cui (quos) peccata non in-

pediunt'. 3) 'nisi forte quis maioribus quibuslibet criminibus

impediatur'. 4) 'Sunt et alia huiusce rei innumera exempla,

quae hie ob prolixitatem vitaudam praetermittuntur' = Ben. 1, 318. 5) Vgl. oben S. 121/2 IB, S. 123 Ziff. 2a. 6) 'Ut omnes sacerdotes horis conpetentibus diei et noctis suarum sonent aecclesiarum signa et Sacra tunc deo celebrent officia' u. s, w. 7) Vgl. Werminghoff, N. A. XXVII, G49. 8) 'Presbyteri (!) sine intermissione utantur orariis (= stolis) propter differentiam sacerdotii dignitatis'. Vgl. auch Cap. Frisingensia c. 23 (N. A. XXIX, 291) : 'Omnis presbiter (!) diebus coti- dianis semper stola indutus procedat'. Auf beide Bestimmungen hat bereits Knust, auf die erste schon Baluze hingewiesen ; wenn Knust in c. '23 Cap. Fris. cit. die Quelle von Ben. 2, 172 sehen will, so ist er im Irrtum, vgl. N. A. a. a. 0. S. 282 unten. Dem Sinne nach wird unsere Vorschrift wiederholt in Canonum Triburiensium collectio Catalaunensis c. 31 Satz 1 (ed. Seckel X. A. XVIII, 401; == MG. Capit. II, 248 n. 7): 'Ut presbiteri(!) non vadant nisi stola vel orario induti'. 9) Vgl. z. B. Amalarius, Eclogae de officio missae, ed. Baluzius, Capitularia II 1362. 1366.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 127

kommen, sangen pflichtvergessene Priester das Trishagion nicht mit der Gemeinde mit, sondern beteten alsbald für sich die oratio specialis sacerdotum 'Te igitur'. Diesem Unfug tritt schon Karl d. Gr. (Admonitio generalis 789 c. 70, MG. Capit. I, 59 lin. 28 = Ben. 1, 86. 2, 376) ent- gegen : 'ipse sacerdos cum . . . populo dei communi voce "Sanctus, Sanctus, Sanctus" deeantet' ; abgesehen von der Fassung deckt sich mit Benedikts Quelle das c. 1 der dem 9. Jh. angehörenden^ Capitula XVII presbyterorum - : 'üt secreta' (= 'Te igitur', vgl. Benedikts Rubrik zu unserem Kapitel) 'presbjteri(!) non inchoent, antequam "Sanc- tus" (= angelicus hymnus) 'finiatur, sed cum populo cantent'.

2, 174. 175 aus der ßurguudischen Synode

nach 800 3.

2, 174 : aus dem Concil. Burgund., Schwesterüber- lieferung in den sog. Statuta Bonifatii c. 25 (d'Achery, Spicil., 1669, IX, 65). Rubrik von Benedikt. Im Text 5 Abweichungen gegenüber Stat. Bonif. c. 25 cit., wo ver- mutlich der bessere Text erhalten ist (Studie IV a. a. O., S. 316, N. 5). Wegen des Anfangs '(Ut) annuntient presbiteri' vgl. oben S. 121. Zur Sache (Lernen von Symbol und Vaterunser)^ vgl. Ben. 2, 162a. 165 (oben S. 112 f. 115). 1, 170 = Gap. Frising. c. 24 (N. A. XXIX, 292) nebst den Zitaten N. A. XXIX, 292, N. 1^

2, 175: aus dem Concil. Burgund., Schwesterüber- lieferung in den sog. Statuta Bonifatii c. 26 (d'Achery 1. c. p. 65) *>. Rubrik von Benedikt. Im Text eine Variante. Wegen des Anfangs 'Annuntient presbiteri' vgl. oben

1) Vgl. X. A. XXXIV, 337, N. 4. 2) ed. Krause, X. A. XIX, 117 ; vgl. auch X. A. XVII, .S2;3 oben. 3) Vgl. oben S. 119 f. Ziff. 4. 4) Vgl. Wiegand, Die Stellung des apostol. Symbols im kirchlichen Leben des MA. I (Studien zur Gesch. der Theologie und der Kirche IV, 2) S. 319 ff. nebst Belegen. 5) Dazu noch Ps. - Augustinus, Sermo 266 § 2 i. f.

(Migne XXXIX, 2241) ; Conc. Francof. 794 c. 33 (MG. Conc. II, 169) ; Conc. Foroiul. 796'7 (1. c. p. 189 lin. 18) ; Theodulfus Aurel., Gap. primum c. 22 (Migne CV, 198); Capitula Waltcaudi ep. Leod. 810 831 c. 2 (ed. Werminghoff, X. A. XXVII, 578). 6) = ßurch. 4, 28 (= Col-

lectio XII partium 5, 55 = Ivo, Decr. 1, 222), wohl aus Benedikt (u. a. wegen der Lesart 'nisi') ; vgl. Studie IV a. a. 0. S. 318. In der Collectio XII partium (Theiner, Disquis. crit. p. 322) hat das Kapitel einen längeren Zusatz : 'Constitutum namque est aetas minime produxit' ; die dem Herausgeber unbekannte Quelle des Zusatzes ist Theodulfi Aurel. Cap. primum c. 22 cit., zweite Hälfte (Migne CV, 198).

128 Emil Seckel.

S. 121; zu 'memoriter tenere' vgl. oben 1, 170. 2, 162b. Znr Sache (Paten müssen Symbol und Vaterunser aus- wendig wissen) ^ vgl. z. B. Karoli M. epist. ad Ghaerbaldum (MG. Capit. I, 241 lin. 22), Conc. Remense c. 20 (Regino 1, 275 i. f.), sowie unten 2, 182b, wo weitere Parallelen angeführt werden.

2, 176: Quelle unbekannt. Priester als 'sacerdos' be- zeichnet 2. Initium das charakteristische 'Placuit ut fideles' ^. Die 'Oratio', aus der in Satz 3 unseres Kapitels die Worte 'Memento domine' bis 'deo vivo et vero' an- geführt werden, ist die Secreta 'Te igitur' *. Der Bibel- spruch ist freie Wiedergabe von 2. Cor. 6, 16 (Vulgata?); 'secundum domini praeceptum' am Ende geht vielleicht auf Deuteron. 17, 8 13. Knust verweist zu Ben. 2, 176 auf 'Conc. VI. Paris. II, 12' (MG. Conc. II, 664 sqq. = lonas Aurel., De instit. laic. 1, 13), 'III, 8 et 9' (1. c. p. 673). In den genannten Kanonen der Pariser Synode 829 findet sich nirgends die Grundlage für die Fassung unseres Kapitels. In der Sache gehen die Pariser Kanonen parallel mit einem Teil der zahlreichen Bestimmungen unseres Textes , wie des Genaueren aus den folgenden Einzelbemerkungen ersichtlich ist.

Satz 1. Mit dem Anfang kann man in Verbindung bringen Conc. Paris, lib. II c. 12 (betr. Schweigen in der Kirche , Anhören von Gottes Wort). Zum Schlüsse von Satz 1 (Beichtgebot, Reinigung von Leib und Seele) fehlt in Conc. Paris. 1. c. das Seitenstück. Der Gebrauch des verhältnismässig seltenen Wortes '(confessi) veraciter' ist dem Satz 1 unseres 'Sacerdos' -Kapitels gemeinsam mit zwei Zugaben zu den Relatio - Exzerpten ^, nämlich mit Ben. 2, 162b am Ende ('veraciter doceant')^ und 2, 205 c ('veraciter christianos et devotos esse').

S a t z 2 handelt vom Gehorsam gegen den Priester, sowie von der Belehrung über den Zweck von Messe und Priestertum und über die Bedeutung von Abendmahl, Messe und priesterlicher Fürbitte in der Messe. Zur Für- bitte kann man Conc. Paris, lib. III c. 9 vergleichen ; mit demselben Recht könnte aber z. B. Conc. Aquisgr.

1) Siehe Wiegand a. a. 0. I, 324 f. mit reichen Belegen. 2) Vgl. oben S. 121/2 IB, S. 123 Ziff. 2 b. 3) Vgl. oben S. 120/1 lA, S. 123

Ziff. 2 b. 4) Vgl. deren Text z. B. bei Amalarius, Eclogae (ed. Baluze, Capitularia II, 1.S66). 5) Vgl. oben S. 122 IC, S. 124, N. 7. 6) Vgl. oben S. 113, N. 2.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 129

836, Epist. ad Pipp. lib. I c. 35 (MG. Conc. II, 742/3) ^ herangezogen werden. Wegen der Worte: 'instruantur, pro quid missa vel sacerdotes constituti sint' vgl. etwa Capitula Waltcaudi (810 831) c. 3 (N. A. XXVII, 578) : 'pro quid dicitur missa vel pro quid dieitur oratio'.

Satz 4. Entsprechend diesem Satze handelt Conc. Paris, lib. III c. 8. 9 cit. von der Binde- und Lösegewalt. Vgl. übrigens auch Ben. Add. III. 23 in. (Herkunft bisher unbekannt; ist = lonas Aurel., De inst, laicali 2, 21 rubr.; Migne CVl, 211).

Satz 5. Mit dessen Inhalt (Ehrfurcht vor dem Priester) stimmt zur Not lib. III c. 9 i. f. des Pariser Konzils ('non contemnere) überein. Eine bessere Parallele bietet jedoch Capitulare missorum generale 802 c. 35 in. (MG. Capit. I, 98)2, g^^^jg Conc. Aquisgr. 836, Epist. ad Pipp. lib. I c. 35 cit. (MG. Conc. II, 743) 3. Vgl. auch Episcoporum relatio 819 829 c. 4 (MG. Capit. I, 367) und Conc. Aquisgr. 836 Cap. IIB c. 10 (MG. Conc. II, 713). Zu den Schlussworten vgl. 2, 188 i. f. (unten S. 142).

Auf die Sache kommt Benedikt selbst zum Teil an anderer Stelle nochmals zu sprechen ; zum 'sileutium in ecclesia' und zum 'verbum dei audire' (Satz l) vgl. Ben. 2, 195 Anfang und gegen Ende; zum Gehorsam der Gläubigen gegen den Priester (Satz 2 Anfang) vgl. Ben. 2, 78 (dazu N. A. XXXIV, 841) und Ben. Add. III. 23 i. f.

2, 177? 178. 179. (180? 181?) aus der Burgundischen Synode nach 800^.

2, 177°: Quelle unbekannt. Doch stützen drei Ar- gumente in wohl ausreichendem Mass die Hypothese, dass unser Kapitel dem Concil. Burgund. entstammen könnte: 1. das Initium 'Annuntient', welches dem vorliegenden

1) 'His verbis declaratur, quantum dei sacerdotum deprecatio valeat apud altissimum'. 2) 'Ut omnes oranino episcopoa et presbiteros suos

omni honore venerentur' u. s. w. 3) 'Patet quippe, quod hi, per

quorum orationem furor domini placari . . . potest . . ., nequaquam sint vituperandi et detrahendi , sed potius propter eum , cuius ministerium gerunt, honorandi et venerandi'. 4) Vgl. oben S. 119 f. 5) = Burch. 4, 59 (= Ivo Decr. 1, 253; aus Burch.) mit der Inskription 'Ex conc. Wormac. cap. 2' und mit dem Zusatz: 'Quod si neglexerint, et presbyter et populus canonicis disciplinis subiaceant'. Dieser Schluss - Zusatz ist möglicherweise echt ; vgl. die stilistische Uebereinstimmung mit den Schlusssätzen von Ben. 2, 196 198, welche Kapitel ebenfalls mit dem Concil. Burgund. zusammenzuhängen scheinen.

Neuea Archiv etc. XXXV. 9

130 Emil Seckel.

Kapitel mit nicht weniger als 5 Kanonen der Burgundischen Synode gemein ist ^ ; 2. der Terminus 'presbiter' für den Priester; 3. die Zugehörigkeit zu unserer Unterreihe 2, 170 209. Zur Sache (Firmung) vgl. etwa Ben. 2, 88 -. Knust bezeichnet als Quelle von 2, 177: 'Theod. Cant. capit.', ohne Kapitelzahl (!) ; damit ist wahrscheinlich ge- meint: Capitula Dacheriana c. 7 ^ (Wasserschieben S. 146), welchem Kapitel die Quelleneigenschaft unbedingt ab- gesprochen werden muss. Wenn Knust noch beifügt: 'cf. Martene Thesauri T. IV', ohne Seitenzahl (!), so ist darunter wahrscheinlich die im Poen. Martenianum c. 73 § 4 (Wass. S. 299) gegebene Parallele zu c. 7 Cap. Dach, zu ver- stehen.

2, 178: aus dem Concil. Burgund., Schwesterüber- lieferung in den sog. Statuta Bonifatii c. 4 (ed. cit. p. 63). Rubrik von Benedikt. Im Text 3 nebensächliche Text- differenzen gegenüber Stat. Bonif. c. 4 ('oleoque' statt 'et oleo' ; 'Christi euch.' statt 'euch.'; 'inveniantur' statt 'statim inv.'). Ueber Knusts Hinweis auf Ghaerbaldi Capitula c. 20 siehe Studie IV [N. A. XXIX), 311, N. 4; zur Bereit- schaft mit der Eucharistie vgl. Cap. eccl. 810 813? c. 16 (MG. Capit. I, 179).

2, 179: aus dem Concil. Burgund., Schwesterüber- lieferung in den sog. Statuta Bonifatii c. 29 (ed. cit. p. 65). Zu den Schlussworten 'oratio fidei salvabit infirmos' vgl. Jac. 5, 15 (Vorquelle). Rubrik von Benedikt. Textver- schiedenheiten zwischen Ben. und Stat. c. 29 teils gering- fügig (das erste 'üt' fehlt in Stat. ; statt 'admoneant' schreibt Ben. 'moneant'), teils wichtiger: 'gratia Dei sanentur, quia a presbiteris f u s a oratio' etc. Ben., wo- gegen in Stat. : 'a presbiteris sanentur , quia oratio' etc. ; hier liegt wahrscheinlich eine Interpolation Benedikts vor^ der die Heilungswirkungen Gottes Gnade

1) Vgl. oben S. 121 lAb, S. 123 Ziff. la. 2) Und im allgemeinen Hinschius, Kirchenrecht IV, 58, N. 7. 61, N. 7. 3) = c. 1 in der sonst von Knust benutzten ed. princeps (d'Achery, Spicil. 1669 IX, 52 62). Das Stück lautet: 'Nullum perfectum credimus in baptismo esse sine confirmatione episcopi, tamen ne desperemus' (= Tbeodori Poen. II, 4 § 5, Wass. S. 205). Vorschriften, welche die Konfirmation verlangen, finden sich bekanntlich auch sonst; vgl. z. B. Conc. Aquisgr. 836/7 Cap. IIB c. 5 (MG. Conc. II, 712 1. 5) : 'Post acceptum autem sacrura baptisma sine manus inpositione episcopi non remaneat'. 4) Dass der Text der

Burgundischen Synode in den Statuta treuer überliefert ist als bei Benedikt, wurde an anderen Beispielen in Studie IV a. a. O. S. 316 f. gezeigt.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 131

und nicht dem Priestergebet bzw. Krankenöl zuschreibt, vermutlich um abergläubischen Vorstellungen (vgl. etwa Ben. 2, 72) entgegenzutreten und den christlichen Priester vom heidnischen Medizinmann schärfer zu scheiden. Knusts Hinweis auf Ghaerbaldi Capitula c. 19 (MG. Capit. I, 244) ist nur in dem Sinne zu akzeptieren, dass in c. 19 cit. eine blosse Parallele zu unserem Kapitel gesehen wird. Zu 'oleum expetere' kann man Pippini Cap. Suession.

c. 4 (MG. Capit. I, 29 1. 33) vergleichen.

2, 180: Quelle unbekannt. Priester als 'presbiter' be- zeichnet. — Dass die Priester (der Pfarrkirchen) das Chrisma, das jährlich am Gründonnerstag vom Bischof geweiht wird ^, an demselben Tage vom Bischof abzuholen haben, ist ein feststehender Satz des karolingischen Kirchen- rechts ^. Unser Kapitel schärft den Priestern ein, das Chrisma bei keinem anderen als dem eigenen Bischof in Empfang zu nehmen ^ ; dies hatte schon das Conc. Vasense I. 442 c. 3 (Migne LXXXIV, 259) verfügt, ohne dass wegen solcher (teilweisen) Inhaltsverwandtschaft das Konzil von Vaison als Quelle unseres Kapitels betrachtet werden dürfte^. Für die Zuweisung des Kapitels an die Burgundische Synode könnte hier nur die Stellung in vor- liegender Unterreihe und der Terminus 'presbiter' geltend gemacht werden ; die Zuweisung bleibt also zweifelhaft.

2, 181: Quelle unbekannt. Dass die Taufe regel- mässig nur an den 'duo tempora' (vgl. unten 2, 188) ^,

d. h. an Ostern und Pfingsten*^, stattfinden soll, haben

1) Vgl. z. B. Capitula ecclesiastica 810 813? c. 17 (MG. Capit. I, 179); Conc. Aquisgr. 336/7 Cap. IIA c. 8 (MG. Conc. II, 710), welcher Kanon allerdings nur vom Krankenöl, nicht auch vom Chrisma handelt; Conc. Meld. 845 c. 46 (MG. Capit. II, 409). Dass Knust letzteren Kanon als Quelle unseres Kapitels bezeichnet, ist unbegreiflich. Vgl. ferner unten 3, 394b. 2) Vgl. Karlmanni Capitulare 742 c. 3 i. f. (MG.

Capit. 1, 25 = MG. Epist. III, 311 1. 7 = MG. Conc. II, 3); Pippini Cap. Suession. 744 c. 4 (MG. Capit. I, 29 = MG. Conc. II, 35) == Karoli M. Capitulare primum 769 c. 8 (MG. Capit. I, 45) ; Capitula eccl. 810 813? c. 17 (1. c. p. 179); Capitulare eccl. 818. 819 c. 18 (1. c. p. 278) = Anseg. 1, 93. 3) Vgl. unten 3, 394 a. Add. III. 7. 4) Un- richtig Knust. In der Fassung bestehen nur wenige Anklänge: '. . . presbyteri . . . ab episcopis . . . suis propriis . . . petant chrisma appropinquante solemnitate paschali' etc. ; vom Gründonnerstag weiss die alte Quelle noch nichts. 5) Schon Leo I. (J. 414) c. 5.

6 i. f. gebraucht den Ausdruck. 6) Also nicht am Epiphanienfest (so Syn. II. Patricii c. 19; Bruns II, 307), an Weihnachten (so Conc. Gerund. 517 c. 4; Migne LXXXIV, 313), an den Apostel- und Mär- tyrertagen.

9*

132 Emil Seckel.

päpstliche Dekrete ^, Konzilsschlüsse ^ und Kapitularien ^ häufig bestimmt*. Den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass der oster- und pfingstnächtliche Taufakt schon am vorangehenden Sonnabende beginnt, finde ich nur in Bischofskapiteln ^. Die Ausnahme , dass bei Todesgefahr (Krankheit) zu jeder anderen Zeit getauft werden dürfe, kehrt in sämtlichen angeführten Vorschriften wieder ^ ; die Worte 'mortis periculum' gebrauchen nur Leo I. (Jaffe 414) c. 6 cit. (N. 1), sowie das im Liber diurnus c. 6 ^ erhaltene sog. Synodale von Gelasius I. (492 496) nebst seinen Ab- leitungen ^'^ In jeder Beziehung am nächsten kommt unserem Kapitel ein Satz der sog. Homilia Leonis IV.

1) Siricius ad Himerium episc. Tarracon. 385 (Jaffö 255) c. 2 (Migne LXXXIV, 631); Leo I. ad episcc. per Siciliam 447 (Jafifö 414) c. 1. 4 6 (1. c, col. 755. 759); ad episcc. per Campaniam 459 (Jaffö 545) c. 1 (1. c, col. 785) ; Uelasius I. ad episcc. per Lucaniam 494 (Ja£fe 636) c. 12 (1. c, col. 801); Gregorius II. ad clerum 722 (Jaffe 2161; MG. Epist. III, 268 1. 6). 2) Conc. Mogunt. 813 c. 4 (MG. Conc. II, 261); [Conc. Paris. 829 üb. I c. 8 (1. C, p. 615), cf. Episcoporum relatio 829

0. 36 (MG. Capit. II, 40)]; [Conc. Meld. 845 c 48 (1. c, p. 410)], irrig von Knust als Quelle von Ben. 2, 181 bezeichnet; Conc. Mogunt. 847 c. 3 (1. c, p. 176 sq.). Die in [ ] gesetzten Texte sprechen nur von 'statuta tempora' u. dgl. 3) Capitula missorum (813? Bedenken gegen den Zeitansatz bei Scherer, Kirchenrecht II, 294, N. 12) c. 5 (MG. Capit.

1, 182, vgl. II, 538 b sub n. 83). 4) Vgl. auch die beiden Schluss- kapitel des Poenit. Parisiense (Schmitz, Bussbücher I, 696). 5) Haito, Capitula c. 7 (MG. Capit. I, 863); Capitula Frisingensia c. 26 (N. A. XXIX, 283 f. 285. 292), auf welch letztere Bestimmung auch Knust (zu Ben. 2, 181) mit einem 'cf.' hinweist. Auf eine ähnliche Quelle (nicht auf Burch. 4, 7, wie Wasserschieben, ßussordnungen S. 663 behauptet) scheint auch zurückzugehen Burch. 19, 5 § 173 (Migne CXL, 975 unten) = Corrector Burchardi c. 173 (Wasserschieben a. a. O.) == Poenit. eccle- siarum Germ. c. 187 (Schmitz, Bussbücher II, 450): 'Obtulisti infantem tuum ad baptizandum nisi legitimo tempore, id est in sabbato paschae et in sabbato pentecostes, nisi infirmitatis necessitate ? Si fecisti, decem dies in pane et aqua debes poenitere'. Natürlich gibt es auch Bischofs- kapitel, die die Festtage selbst nennen: Capitula in dioec. synodo tract. c. 10 (MG. Capit. I, 237) ; dieses Stück bezeichnet Knust a, a. 0. irrig als Quelle von Ben, 2, 181. 6) Vgl. auch Conc. Matiscon. II. 585 c. 3, Conc. Autissiod. 573 603 c. 18 (MG. Conc. I, 166. 181); Episco- porum relatio 819—829 c. 2 (MG. Capit. I, 367 = MG. Conc. II, 594). 7) ed. Sickel (1889) p. 6. 8) Sie zerfallen in zwei Klassen; erste Klasse: Gregorius II. clero, ordini et plebi consistenti Turingi 722? (Jaffe 2161; oben N. 1) = Conc. Wormatiense 868 c. 1 (Mansi XV, 869) = Regino I, 272 ('Ex conc. Worm.') = Burch. 4, 7 = Ivo Decr. 1, 202; zweite Klasse: Jaffe 647: Ivo Decr. 1, 63 ('Gregorius clero et plebi Taren si') = Ivo Pan. 1, 21 ('Gelasius [hier erstmals!] clero et plebi Tarent.') = Collectio Britannica, Gelasü ep. 11 (Ewald im N. A. V, 512) = c. 17 D. 4 de cons. 9) Vgl. noch das oben N. 4 angeführte Poenitentiale in seinem letzten Kapitel.

Studien zu Benedictus Levita. VII,

133

(847 855)^ in der Eezension der Freisinger Hs. (Clm. 6241), wie folgende Nebeneinanderstellung zeigt:

Cod. Monac.^ NuUus praesumat bapti- zare nisi i n vigilia pasch^ et pentecostes, nisi propter periculum mortis.

Ben. 2, 181:

TJt baptizare nullus prae- sumat nisi per dito tempora, id est vigilia paschae et vigilia pentecostes , praeter mortis periculum.

Schade nur, dass über die Ursprungsverhältnisse des Frei- singer Zusatzes keine Gewissheit besteht. Ist der Zusatz jünger als Benedikt, so könnte er als Auszug^ aus Ben. 2, 181 gelten; wäre er älter, so käme er als Vorlage Benedikts in Frage. In beiden Fällen ist aber damit zu rechnen, dass sowohl Benedikt als die Additio Frisingensis auf dieselbe Vorlage zurückgehen , die dann wohl bei Benedikt im vollen, bei dem anderen Kompilator in ge- kürztem ^ Wortlaut wiederkehrte. Zu beachten ist schliesslich, dass unserer Reihe ein inhaltlich mit 2, 181 nahe verwandtes Kapitel angehört, das der 'Sacerdos'- Synode zu entstammen scheint (2, 188). Da dieselbe Quelle dasselbe Thema (mit geringfügigen Abweichungen) nicht zweimal variiert haben wird, so gehört 2, 181 einer anderen Vorlage an als 2, 188. Ob man diese andere Vorlage in der Burgundischen Synode sehen darf, bleibt im Ungewissen.

*2, 182: zu mehr als der Hälfte entnommen aus der ßelatio episcoporum 829 c. 35 (nach dem Anfang und in der Mitte), MG. Capit. II, 39 lin. 29—31. 31—35 (= Ben. Add. II. 1); nicht ^ aus der Quelle der Relatio, d. h. Conc. Paris. VI. 829 lib. I c. 54. 7^ MG. Conc. II, 648. 615^. Rubrik von Benedikt. Zum Texte:

1) Zu den bei Jaffe 2659 verzeichneten Ausgaben sind u. a. hinzu- zufügen: Regino ed. Baluze (1671) p. 602; Sdralek, Wolfenbiittler Fragmente (1891) S. 180. 2) ed. Seckel N. A. XXIX, 280, N. 2.

3) Dafür spricht ohnehin schon die Fassung des Zusatzes. 4) Wie

Knust behauptet; an die Relatio denkt er auffallender Weise nicht. 5) Aus can. 7 (p. 615 1. 5. 6; == lonas De inst. laic. 1, 6, Migne CVI, 132 = Ps. - Augustinus, d. h. Caesarius Arelat., Sermo 168 § 3, Migne XXXIX, 2071) : '. . . cognoscant se pro eis fideiussores extitisse apud Daum' ist in der Relatio c. 35 1. 30. 31, was Krause anzumerken unter- lässt, der Passus genommen : 'intellegant . . . pi'O quibus fideiussores ex- titerint'. 6) Die Annahme, dass Benedikt unmittelbar auf dem Conc.

Paris, beruhe, ist wegen der Textverhältnisse offenbar unmöglich.

134 Emil Seckel.

2, 182a (bis 'fideiussores extiterunt') = Relatio c. 35 1. 29 31. Abweichungen nicht tiefgehend: 'Placuit ^, ut ^ instrnantur fideles' ^ statt 'Similiter et illi instruendi sunt' ; 'cupiunt' statt 'voluerint' ; 'spoponderunt' statt '-rint' ; 'pro quo' (so auch Add. II. 1) statt 'pro quibus' ; 'extiterunt' statt '-rint'. Dass wegen dieser Abweichungen die Fassung Benedikts ursprünglicher klinge als die der Relatio, wird sich nicht behaupten lassen^.

2, 182b ('Et sciant cavere oportet'): Quelle un- bekannt ('Sacerdos'-Synode? oben S. 124); kein Gegenstück in Conc. Paris, und in der Relatio. Zur Sache vgl. oben 2, 175 ^. Die 'supradicta', welche die Paten lernen, verstehen und (ihrem Priester) hersagen sollen^, stehen innerhalb unseres Kapitels beziehungslos da ^ ; im Original muss also wohl vorher von Symbol und Vaterunser*^ die Rede gewesen sein. Zu den Worten: 'supradicta discant' vgl. etwa Karoli M. ad Ghaerbaldum epist. (MG. Capit. I, 241 1. 36 f.): '. . . disceret ea, quae supra dicta sunt', d. h. eben: Herrengebet und Symbol. Zu 'discant et intellegant seu reddant' vgl.'^ dieselben Phrasen in 2, 165 (oben S. 113 zu 2, 162b); den Ausdruck 'reddere' gebrauchen auch die in Note 6 an- geführten Capitula c. 14 von Symbol und Vaterunser. Das argumentum a minori ('si . . . quanto magis') vom weltlichen Vertrag auf den Vertrag mit Gott kehrt der Sache nach unten 2, 193c wieder; in anderer Anwendung (auf Heiden und Juden im Gegensatz zu Christen: 'si ...

1) Vgl. oben S. 110/111. 2) Vgl. oben S. 109 (N. 4). 3) Ferner den Kanon 'Ut nemo a sacro fönte' unbekannter Herkunft, der bei ßurchard 4, 27 (= Ivo, Decr. 2, 221) steht. Er ist bei Burch. inskribiert: 'Ex concilio Parisiensi cap. ll.'. Auf Burcbards Aufschriften ist bekannt- lich kein Verlass ; insbesondere die Inskription 'Ex conc. Paris.', die 7 mal bei Burch. (1, 107. 2, 226. 4, 27. 6, 14. 16, 22. 37. 17, 59) begegnet, ist 6 mal (ausser zu 16, 22) falsch. Satz 2 des Burchardschen Kanon deckt sich in der Hauptsache mit Ben. 2, 193a (vgl. Kelatio 829 c. 37 in. ; Conc. Paris. 829 lib. I c. 9 rubr.) ; Satz 1 ist näher verwandt mit Ben. 2, 175 und mit dem Conc. Remense bei Reg. 1, 275 als mit Ben. 2, 182b Satz 1 ; zu 'iuxta suam linguam' vgl. Conc. Mogunt. 813 c. 45 i. f. (MG. Conc. II p. 272). 4) Vgl. Wiegand a. a. 0. S. 324. 5) Denn die Bedeutung des Taufsakraments und den Inhalt des Taufgelöbnisses kann man zwar verstehen (2, 182 a), aber nicht lernen und aufsagen. 6) Vgl. oben 2, 175 (Concil. Burgund.) ; Capitula de exam. ecclesiasticis 801 ? 802? c. 14 (MG. Capit. I, 110); Karoli M. ad Ghaerbaldum epist. 803— 811 (1. c. I, 241 1. 22 flf. 26. 29 f.) ; Theodulfi Aurel. Cap. primum c. 22, Migne CV, 198; w^eiter den in N. 3 zitierten Kanon. 7) Weniger

nahe sind die Uebereinstimmungen in der Ausdrucksweise mit Cap. Frising. (Ben. 1, 170), Ben. 2, 162b (oben S. 113).

Studien zu Benedictus Levita. VII. 135

quanto magis christianis') begegnet das Argument unten 2, 205 a.

2, 182c ('Uli tarnen mereantur') = Relatio c. 35 1. 31 35 mit nur formellen Abweichungen; abgesehen von Wortumstellungen sind es diese: 'Uli tamen' statt 'Illos tamen specialiter' ; 'removendi sunt' statt 'removendos iudicamus' ; 'sacro fönte in' statt 'sacrosancti ('-cto' Add.) fontis ('fönte' Add.)' ; 'patrini' (richtig) statt 'patroni' (so Conc. Paris, und Relatio, letztere auch in Add.); 'poeni- tentiam satisfactionis' ^ statt 'poenitentiae satisfactionem' (so übereinstimmend die Paralleltexte). Auch hier ver- bieten es die Textverhältnisse, Benedikt unmittelbar auf das Conc. Paris, zurückgehen zu lassen.

2, 182 d ('vel etiam illi, qui tale peccatum commissum habent, pro quo publicae poenitentiae plectendi et ligandi sunt'): Quelle unbekannt ('Sacerdos'- Synode? oben S. 124); ohne Gegenstück in Conc. Paris, und Eelatio.

2, 183 besteht aus einer Rubrik der Dionysio- Hadriana- und zwar zu Gelasius 1., epist. ad episcc. per Lucaniam etc. 'Necessaria rerum' a. 494, Jaffe 636, c. 5 (Dion.-Hadr. ed. 1609 p. 526). Rubrik zur Rubrik von Beiiedikt, mit Satz 1 des Kapitels wörtlich gleichlautend. Im Text eine unbedeutende Abweichung ('perpetraverint' statt 'perpetrare fuerint deprehensi') ^. Ob Benedikt das Stück unmittelbar aus der Kanonensammlung bezogen hat oder ob es aus einer Zwischenquelle stammt (d. h. aus einer der Synoden u. dgl., die auch sonst den Stoff für unsere Mischreihe geliefert haben), wird sich kaum entscheiden lassen. Allerdings wäre es merkwürdig, wenn Benedikt in unsere Unterreihe 2, 170 209, welche sonst nur (ab- gesehen höchstens von 2, 209) aus jungem Material des 9. Jh. zu bestehen scheint und sonst nirgends mit der Dionysischen Sammlung zusammenhängt, gerade die Ha- driana- Rubriken 2, 183 und 203 durch selbsttätige Heran- ziehung eines der Reihe sonst fremden älteren Originals eingesprengt hätte.

1) Vgl. 'confessionis poenitentiam' in 2, 206. 2) Die Rubrik der echten Dionysiana (Migne LXVII, 304) stimmt zwar mit Benedikt gegen die Dion. - Hadriana in dem Worte 'perpetraverint' überein, weicht aber sonst mehrfach ab ('hoc' vor 'perpetr.' eingeschoben ; 'periculo subiacebunt' statt 'sint periculum subituri'). In der Hispana n, 85 (82) c. 7 (Migne LXXXIV, 799; = Hisp. Augustodunensis fol. 174 a. b') endet die Rubrik schon mit 'exigantur'. Noch weniger kommt in Frage die kurze Rubrik der Quesnelliana c. 4 (Migne LVI, 694). Vgl. unten 2, 203. 3) Bene- dikt hat hier entweder die echte Dionysiana (N. 2) eingesehen oder (wahr- scheinlicher), wie auch sonst, eigenmächtig die Fassung vereinfacht.

136 Emil Seckel.

2, 184. 185? 186 aus der Burgundischen Synode

nach 800 ^

2, 184: aus dem Concil. Burgund., Schwesteriiber- lieferung in den sog. Statuta Bonifatii c. 28 (ed. d'Achery, Spicil. 1669 IX, 65) ^ Zu den Schlussworten vgl. etwa Matth. 28, 19. Rubrik von Benedikt. Textunterschiede zwischen Ben. und Stat. Bonif. alle geringfügig ('De' statt 'Si de' ; 'quibus' statt 'aliquibus' ; 'an non omnimodis' fehlt in Stat.; 'baptizatus es' statt 'es bapt.').

2, 185 : Quelle nicht überliefert ; wahrscheinlich aus der Burgundischen Synode. Priester als 'presbiter' be- zeichnet. Eubrik von Benedikt. Zum Text:

2, 185a (bis 'placere Deo') ist gebildet^ mit Hülfe einer Vorquelle, nämlich Hebr. 11, 6 in.: 'Sine fide autem impossibile est placere Deo'.

2, 185 b ('Et ideo' bis Schluss). Dieses Teilkapitel ist verwandt mit Stat. Bonif. c. 27 (ed. cit. p. 65)*, zu- nächst in der Wendung ^ 'NuUus sit presbyter, qui (in ipsa) lingua, qu(a nati sunt, baptizandos abrenuntiationes vel confessiones) aperte (interrogare) non (stud)eat, (ut) intelli- gant' u. s. w. **, dann auch im Inhalt der Vorschrift : sowohl unser Kapitel 2, 185 als Stat. Bonif. c. 27 cit. ordnet den Gebrauch der Volkssprache an. Damit ist aber die inhalt- liche Verwandtschaft zu Ende ; denn c. 27 cit. gebietet den Gebrauch der Volkssprache (d. h. in erster Linie der deutschen) für die Fragen des Priesters an die Täuflinge betreffend Teufelsentsagung und Glaubensbekenntnis ; unser Kapitel dagegen gebietet dem Priester, öffentlich in der Kirche ('in ecclesia publice''; 'ea quae o m n i b u s ' generaliter dicenda sunt') bei der Verkündung der Glaubens- und Sittenlehren sich der den Hörern geläufigen Sprache zu bedienen und, wenn er die Volkssprache nicht sprechen kann, sich die betreffenden Texte von einem Dolmetscher ('doctior') schriftlich übersetzen zu lassen, um dann diese

1) Vgl, oben S. 119 f. 2) Vgl. Studie IV (X. A. XXIX), 312. 319. 3) Vgl. obenS. 118 Ziff. Sa. 4) Dass von Benutzung der Stat. Bonif. durch Ben. hier nicht die Rede sein kann, ist bereits Studie IV (X. A. XXIX), 312, N. 9 gegen Knust betont worden. 5) Was ein-

geklammmert ist, kehrt bei Ben. 2, 185 nicht wieder. 6) Auf 'intelli-

gant' folgt noch im c. 27 cit. : 'quibus abrenuntiant vel quae confitentur. Et qui taliter agere dedignantur (scr. 'dedignatur' ?), sed cedat in parochia'. Für die verderbten Worte 'sed cedat in' schlägt d'Achery vor : 'secedat e'. 7) Es liegt nahe, an den Gegensatz : beim Taufakt, den Täuflingen gegen- über, zu denken.

Studien zu Benedictus Levita. VIT. 137

seinem Publikum verständlichen Texte 'aperte' vorzulesen u. s. w. unser Kapitel und Stat. Bonif. c. 27 sind also keineswegs^ identisch; aber man wird schwerlich fehlgehen, wenn man sie demselben Kopfe entsprungen und derselben Feder entflossen sein lässt; und wie Stat. Bonif. c. 27 in Wahrheit der vermutlichen Burgundischen- Synode an- gehört, so ist mit ungefähr ebenso gutem ßecht auch unser Kapitel der ßurgundischen Synode zuzuweisen ^. ■■ Das Mahnwort am Ende ('Penitentiam coelorum) ist wörtlich = Matth. 3, 2 (einzige Variante : 'adpropinquabit' statt '-avit').

2, 186 : aus dem Concil. Burgund., Schwesterüber- lieferung in den sog. Statuta Bonifatii c. 30 (ed. cit. p. 65 sq.). Rubrik von Benedikt. Textdifferenzen zwischen Ben. und Stat. nur formeller Art ('Doceant' statt 'D. etiam' ; 'mense' statt 'in mense' ; 'distribuuntur' statt 'aguntur'); denn die sachliche Differenz, die in dem Worte 'lulio' statt 'lunio' liegen würde ^, scheint zu verschwinden, da für das 'lulio' der Ausgaben die Hs. Vat. Palat. 583 vielmehr das richtige ^ 'lunio' bietet. Zu den Quatember- f asten vgl. im Allgemeinen Ben. 2, 106c. 3, 132c. 3, 135; Capitula Waltcaudi c. 17 (N. A. XXVII, 580); über ihre Eigenschaft als Weihfasten s. Hinschius, Kirchenrecht I, 114, N. 7. Im üebrigen vgl. das folgende Kapitel Benedikts.

2, 187: unmittelbare Quelle unbekannt. Priester als 'sacerdos' bezeichnete Das vorhergehende Kapitel^ 2, 186

1) Wie man nach Knust (S. 136, N. 4) erwarten müsste. 2) Ueber das auf die Zweisprachigkeit gestützte Argument zu Gunsten des Erzbistums Besangon s. Studie IV a. a. 0. S. 321. 3) Das Argument der Zwei-

sprachigkeit wird untei'stützt durch die beiden schon mehrfach ver- werteten Anzeichen: einmal durch die Terminologie, da unser Kapitel, wie bereits oben betont ist, gleich allen Ueberbleibseln der Burgundischen Synode den Ausdruck 'presbiter' und nicht 'sacerdos' ge- braucht; ferner durch die Zugehörigkeit des Kapitels zu der laufenden, an Burgundischen Kanonen so reichen Unter reihe. 4) Vgl. Studie IV a. a. 0. S. 316, N, 5 a. E. 5) Wie u. a. die Parallele : Conc. Mogunt. 813 c. 34 (MG. Conc. II, 269; vgl. Studie IV ä. a. 0. S. 320, X. 9) zeigt. Als weitere Parallele kann die von ßaluze, Capitularia II, 1376 edierte Homilia de decimis herangezogen werden, wo es heisst: 'leiunia debetis custodire quatuor tempora in anno, id est mense Martio . . . lunio , . . Septem br. . . . December. . . .'; die Homilia scheint auf dem angeführten Mainzer Kanon zu fussen. Vgl. auch Poen. Ps.- Egberti, Addit. § 21 (Wass. S. 347). 6) Vgl. oben S. 121/2 IB, S. 123 Ziff. 2 a. 7) Wegen des Fastens überhaupt vgl. noch unten 2, 190 i. f.

138 Emil Seckel.

(Tresbiter'- Quelle!) folgt dem römischen Brauche der Quatemberfasten (Fasten je am Mittwoch, Freitag, Sonn- abend einer Woche in den vier Monaten März, Juni, September, Dezember). Unser Kapitel 2, 187 Satz 1 da- gegen ordnet 'ieiunia t r i a legitima' nach dem Usus der älteren griechischen Kirche ^an: Advents fasten, 40 Tage^ vor Weihnachten (ca. 11. Nov. ^ bis 21. Dez.), O s t e r fasten, 40 Tage vor Ostern (von Aschermittvroch an), sog. Apostel fasten, 40 Tage nach Pfingsten. Die Vorquelle, aus welcher bei der Rezeption des griechischen f astengebots in einen vermutlich fränkischen Kanon wie den unsern geschöpft wurde*, ist das Bussbuch des be- rühmten griechischen Mönches aus Tarsos, der 668 690 auf dem erzbischöflichen Stuhle von Canterbury sass: Poenitentiale Theodori II 14 § 1 (Wasserschieben S. 218) ^ Mit dieser Vorquelle deckt sich Satz 1 des bei Benedictus erhaltenen Kanon:

Ben. ! Theod.

Iterum admoneant| leiunia legitima tria sunt sacerdotes, ut ieiunia in anno per populum, tria legitima in anno agan- quadraginta ante pascha, ubi tur, id est quadraginta decimas solvimus anni , et dies ante nat ivitatem quadraginta ante uat a 1 e domini et quadraginta dies domini et post pentecosten ante pascha, ubi decimas quadraginta dies et noctes. anni solvimus, et post pente- costen quadraginta dies.

Wie die 120 griechischen Fasttage neben den 12 römi- schen (von denen möglicherweise 9, mindestens 3 auf die

1) Vgl. über die (vier) grossen Zeiten der griechischen Kirche Achelis in der Realencj'kl. f. prot. Theol. V'^, 778 f. Das vierte Fasten (Marienfasten) war offenbar zu Theodors Zeiten (s. unten) noch nicht durchgedrungen. 2) Wobei die Sonntage nicht mitzurechnen sind.

3) Vgl. Conc. Matiscon. 583 c. 9 (MG. Conc. I, 157). 4) Uebrigens

nicht direkt, sondern durch eine nicht mehr vorhandene Mittelquelle (Busstrakt at), s. unten S. 139 141 zu 2, 187 Satz 4. 5. 5) = Canones Gregorii c. 61 (Wass. S. 168) = Poen. Vallicellanum II. c. 47 in. (Wass. S. 564) = Poen. Martenianum c. 7.3 § 1 (Wass. S. 299) : letzteres Poeni- tentiale zitiert auch Knust, aber nicht als Vorquelle, sondern irrig als Quelle des Benedictus selbst. Nicht allen Christen, sondern nur den Büssern werden die drei Quadragesimalfasten auferlegt in einer Buss- ordnung, die in verschiedener Rezension erhalten ist : Petitsche Capitula Pseudo - Theodori c. Ib (ed. Kunstmann, Poenitentialbücher S. 107; vgl. Seckel N. A. XX S. 331, N. 1. S. 348); Poen. Ps.-Romanum, Appendix c. 2 (Canisius - Basnage, Lectiones antiquae II, 2, p. 128/9); Burch. 19, 10.

Studien zu Beuedictus Levita. VII. 139

griechischen fallen) gehalten werden sollen, darüber hat sich Benedikt ^ vermutlich ebensowenig Gedanken gemacht wie ein Nachfolger, den er (etwa im 10. Jh.) gefunden hat-.

Satz 2 und 3. Diese Partien unseres Kapitels sind m. W. ohne bekannte Vorlage gearbeitet. Satz 2 enthält eine interessante Motivierung für das Gebot des 120tägigen Fastens; die Urheber des Kanons sind sich zwar wohl bewusst, dass 'nonnulla ex his', d. h. die Advents- und Apostelfasten, nicht durch die kanonische Autorität gestützt sind, sie berufen sich aber einstimmig ('nobis Omnibus simul convenit) ^ auf die 'consuetudo plebis' und den 'parentum nostrorum mos' ^.

Zu Satz 4 und 5 glaube ich , die Vorlage in dem PoenitentialeVallicellanum 11.^ (abgefasst nach

1) Anders Pseudoisidor (Calixt. c. 1 , ed. Hinschius p. 135). 2) Sermo synodalis, aus Cod. Monac. 3853 saec. X. herausg-egeben von Krause, N. A. XIX, 125 Zeile 13 19; als Endtag der dritten 'quadra- gesima' erscheint hier nicht ein beweglicher Tag, sondern die missa sancti lohannis baptistae (24. Juni), so dass die 40 Fasttage auf 9 zusammen- schrumpfen konnten (Sonntag Trinitatis nicht eingerechnet). Aehnlich auch die Petitschen Capitula Ps. -Theodori (oben S. 138, N. 5) ; vgl. aber Burch. 19, 10. 3) So kann nur eine Synode sprechen. 4) Leider ist, soweit meine Kenntnis reicht, nicht festzustellen, in welcher Kirchen- provinz die 'ieiunia tria legitinia' eingebürgert waren. In Deutschland ist die Provinz schwerlich zu suchen, da nach Couc. Tribur. 895 c. 58a (Collectio Coloniensis; MCt. Capit. II, 245), nur die Biisser die 3 quadra- gesimae zu fasten haben, 'unam ante pascha cum ceteris Chri- sti anis'. 5) ed. Wasserschieben, Bussordnungen (1851) S. 551—566; teilweise schon herausgegeben in Wasserschieben, Beiträge zur Gesch. der vorgratianischen Kirchenrechtsquellen (1839) S. 145 ff. Das eigenartige Bussbuch ist nur in einer Hs. (Cod. Vallicell. E. 62, saec. XI. ?, fol. 269 284) überliefert. Seine Quellen und die Abfassungsverhältnisse sind noch nicht genügend untersucht. Unter den Quellen spielen die Haupt- rolle gewisse Bussbücher (deren Kanonen im Poen. Valhcell. II. zum Teil falsche Inskriptionen führen, vgl. Wasserschieben, Bussordn. S. 86). Die sonstigen Quellen, soweit sie der Herausgeber ermittelt hat, beschränken sich auf einige Konzilien (c. 45: Conc. Agath. 506 c. 18, Migne LXXXIV, 266; c. 42: Conc. Herd. 546 c. 7, 1. c. col. 323,4; c. 43 'Iber- nensis' : Coli. Hibern. 35, 5 h) und ein Capitulare (c. 44 'Karolus rex' : Cap. ecclesiastica 810—813?? c. 12, MG. Capit. I, 179, = Anseg. 1, 151). Zu etwa einem Dutzend der Busskapitel hat Wasserschieben weder eine Quelle noch auch nur eine Parallele beigebracht. Die folgenden Nach- weisungen zeigen, dass das Poen. Vallicell. abgesehen von dem auch sonst von ihm herangezogenen Theodorschen ßussbuch aus fünf bisher unbekannten Quellen geschöpft hat: 1. Capitula incerta de clericorum accusatione et percussione (Zeit und Ort der Entstehung unbestimmt),

2. Hibemensium canonum collectio aucta codicis VaUicell. A. 18 Bl. 58 —136 (Wasserschieben, Irische Kanonensammlung S. XXVI f. XXXVII),

3. Innocentius I., 4. Isidorus Hisp., Sententiae, 5. Pseudo- Sylvester. Und zwar sind: c. 40b = Isidorus Sent. 2, 31 § 4. 8 (Migne LXXXIII,

140

Emil Seckel.

827 ?) 1 c. 48 (recte 49), Satz 1 und 2 aufgestöbert zu haben, oder vielmehr genauer in dem (zu rekonstruierenden) Busstraktat, aus dem einerseits das Poen. Vallicell. cit., andererseits unser bei Benedictus erhaltener Kanon ge- schöpft haben. Textverhältnisse:

Poen. Vallicell. Post (!) hec autem legi- tima tempora geiuniorum sunt(!) quarta feria, quialudas tradicio- nes domini cogita- V i 1 2, sexta fer. propter passionem domini ^ a q u i - b u s d a m geiun a n tur. Set sabato die '^ a plerisque,

Ben. 2, 187 Satz 4. 5. Praeter haec autem legi- tima tempora ieiuniorum

o m n i s sexta feria propter passionem domini ^ ieiun e - tur. Sed e t sabbati dies * a plerisque, propter quod in

633 sq.) ; c. 47 in. = Poen. Theodori II 14 § 1 (Wass. BO. S. 218); c. 48 (recte: 49) 'Silvester papa dixit' bis 'observanda' und 'sabato die* bis 'queritur' = Hibernensis codicis Vallicell. (Wasserschieben, Irische KSamml. S. 237 not. k), im Poen. Vallicell. mehrfach interpoliert, ins- besondere durch die Einschaltung 'omni quarta et quinta fer. et' ; zwischen die vorhin angegebenen Worte 'observanda' und 'sabato die' ist, Seite 565 Zeile 3 bis 8 der Ausgabe, ein dem Pseudo - Silvester fremder Zusatz eingeschoben = Innocentius I., epist. ad Decentium episc. (Jaffe 311) c. 4 in. (Migne LXXXIV, 642); dieses Original ist in dem Zusätze teils bis zur Unverständlichkeit gekürzt, teils (durch die Worte 'et fer. IV. propter traditionem domini') interpoliert ; c. 51 (recte 52) a 'Ut nullus inferatur' exzerpiert aus den oben angeführten Capitula incerta c. 1 (MG. Capit. I, 127 lin. 23. 26 ff. ; = Theodosii II. et Valentiniani III. Constitutio ad Albinum [ed. Haenel, Corpus legum p. 241b] in der Fassung der Kanonensammlung des cod. Florent. Bibl. aedil. 82 [Maassen, Quellen I, 321. 525] ; nicht benutzt sind im Poen. Vallicell. die Fragraenta Gaudenziana c. 26 , ed. Gaudenzi , Un' antica Compilazione di diritto Romano e Visigoto, 1886, p. 206) ; c. 51 (recte 52) b 'Ut nullus laieus nuptias' = Capitulum editum a (Pseudo-) Silvestrio papa urbis Romae, ed. Maassen, Quellen I, 414 aus cod. Vat. Reg. 1997 (Sammlung der Hs. von Cliieti, Maassen a. a. O. S. 526 ff. 530) ; der Text Maassens ist aus dem Text des Poen. Vallicell. zu verbessern und umgekehrt; c. 51 (recte 52) c 'Ut qui CXVI[II]' = Capitula incerta citt. c. 2 4 (MG. Capit. I, 128; auch hier sind nicht benutzt die Fragmenta Gaudenziana

c. 27, ed. cit. p. 207). Die jüngste einigermassen datierbare Quelle des Poen. Vallicell. ist und bleibt bis auf Weiteres das Kapitulare Karls

d. Gr. (Poen. Vall. c. 44). Hat unser Bussbuchschreiber das Stück aus Ansegisus entnommen, so ist sein Opus jünger als 827; hat er es, was unwahrscheinlich ist, aus dem (heute verlorenen) Original, so verschiebt sich der terminus post quem um etwa zwei Jahrzehnte (auf frühestens 810?). 1) Vgl. die vorige Note, a. E. 2) Das gesperrt Gedruckte ist möglicherweise Interpolation; vgl. S. 139 f., N. 5, zu c. 47. 3) Mit diesen Worten ('propter passionem domini') wird die Vorschrift begründet von Innocenz I. ad Decentium (J. 811) c. 4 (Migne LXXXIV, 642B). 4) Der römische (vgl. Innocentius I., 1. c.) Brauch des Sabbatfastens wird in beiden obigen

Studien zu Benedictus Levita. VII.

141

Poen. Vallicell. propter quod in eo Christus iacuit in sepulchro, geiunium consecratum (!) habe m u s (!).

Ben. 2, 187 Satz 4. 5. eo Christus iacuit in se- pulchro, ieiunio consecratus habetur.

Die Vergleichung dieser Texte allein entscheidet allerdings nicht darüber, ob unser Kanon auf dem Poeni- tentiale oder umgekehrt das Poenitentiale auf dem Kanon ^ fusse oder ob endlich beide einer gemeinsamen Quelle, d. h. dem vorhin postulierten Busstraktat, entflossen seien. Nun weisen aber beide Texte in ihrem Anfang auf die Theodorsche Vorschrift über die 'ieiunia tria legitima' hin, und an der Hand von Theodors Original ^ lässt sich be- weisen, dass in der Vorschrift über die drei Fastenzeiten von den zwei Ableitungen bald das Poenitentiale ^ bald der Kanon* die ursprünglichere Fassung bewahrt hat. Rührt aber die in Bezug genommene Partie aus ge- meinsamer Vorlage her, so muss bei dem obwaltenden engen Zusammenhang wohl auch die zweite, in Bezug nehmende Partie auf eine und dieselbe Vorlage zurück- gehen. Diese Vorlage ist nicht Theodor^, sondern eine u. a. mit Hülfe des Poen. Theodori gefertigte Zwischen- quelle, d. h. der postulierte Busstraktat.

2, 188: Quelle unbekannt. Keine Priesterbezeichnung, üeber den Anfang 'Placuit ut populus' vgl. oben S. llO/lll. 120 lAa. 123 Ziff. 2 b, insbesondere S. 111, N. 2. Zum zweiten Male kommt Benedikt auf die 'duo tempora' der Taufe zu

Texten nicht geboten; es wird die überwiegende Befolgung der Sitte ohne Missbilligung konstatiert und diese Sitte dadurch allerdings empfohlen. 1) Letztere Annahme wird m. E. schon durch folgenden

Umstand widerraten. Der Kanon bezeichnet den Fastenbrauch, der tat- sächlich ein römischer ist, nicht als römisch, und er gibt die Quelle der "Worte 'propter passionem domini' (oben S. 140, N. 3) nicht an. Anders das Poenitentiale ; es beruft sich auf die römische Uebung ('presertim cum apostolica sedes hanc regulam servet') und gibt den Innozenz - Text (oben S. 140, N. 3 ; S. 139/140, N. 5 zu c. 48 [49]) in extenso einschliesslich der 3 charakteristischen Worte wieder. Es ist aber weniger wahrschein- lich, dass ein nicht zitierender Text (d. h. der Kanon) durch die richtigen Quellenangaben ergänzt wird (nämlich im Poenitentiale), als dass ein zitierender Text (d. h. das Poenitentiale) unter "Weglassung des Zitats verwertet wird (nämlich in dem Kanon). 2) Abgedruckt oben S. 138. 3) c. 47 vv. 'sunt', 'populis', 'natale'. "Wegen 'constituta' und wegen der Reihenfolge bei Aufzählung der 3 ieiunia vgl. übrigens Canones Gregorii c. 61 ("Wass. S. 168). 4) Ben. 2, 187 Satz 1 v. 'ieiunia'.

5) Bei dem die zweite Partie sich noch nicht findet.

142 Emil Seckel.

spreohen, vgl. oben 2, 181 (S. 131 £E.). Der mehr äusserliche Unterschied der beiden verwandten Kapitel liegt darin, dass als Normenadressat in 2, 181 der taufende Priester erscheint, in 2, 188 der populus, der seine Kinder zur Taufe bringt. Letztere Adressierung trifft bei den meisten zu 2, 181 (oben S. 132, N. 1 8) beigebrachten Parallelen nicht zu^; an die Gemeindeglieder gerichtet ist das Gebot, die (zwei) Taufzeiten einzuhalten, n u r in Conc. Matiscon. 585 c. 3, Conc. Autissiodor. c. 18 und Burch. 19, 5 § 173, welche Texte unserem Kapitel gewiss nicht zum Grunde liegen. Eine einzige Spur, und zwar eine stilistische Beobachtung, weist uns die Richtung, in der vielleicht der im Uebrigen völlig dunkele Ursprung des 'Placuit' - Kapitels 2, 188 zu suchen sein dürfte. Der charakteristische Schluss von 2, 188' hat nämlich sein Seitenstück in 2, 176 fin. ^. Die Stilverwandtschaft in einer keineswegs gewöhnlichen Wendung bringt mit einiger Wahrscheinlichkeit unser Kapitel in die Nähe derselben Quelle, aus der 2, 176 in Benedikts Sammlung übergegangen ist.

2, 189a c? d. 190. 191. 192? aus der Burgundi- schen Synode nach 800^; eventuell: 2, 189a. b. 192a aus der nichtüberlieferten Vorlage von Pirmins Dicta; 2, 189c aus der Adm. gen. 789; 2, 192b aus der Bibel (Ecclesiasticus in der Fassung des Caesarius von Arles).

2, 189. Die letzten zwei Drittel des Stückes (2, 189d) rühren her aus demConcil. Burgund., Schwesterüberlieferung in den sog. Statuta Bonifatii c. 36 (ed. cit. p. 66 sq.). Vom ersten Drittel (2, 189a c) hat wohl dasselbe zu gelten. Zwar decken sich 2, 189 a. b mit (der Vorlage von) Pirmins Dicta und 2, 189 c mit einem Satz aus der Admonitio generalis 789. Doch ist kaum anzunehmen, dass erst Benedictus kommen musste, um die drei verschiedenen Quellen von 2, 189 zusammenzufügen. Dass er Pirmins Dicta, diese auch im 9. Jh. fast unbekannte Quelle, (oder deren Vorlage) ^ nicht direkt benutzt hat, wird unten zu 2, 192 wahrscheinlich gemacht werden. Dann sinkt aber Pirmin (bzw. sein Vorgänger) zu einer blossen Vorquelle

1) Insbesondere nicht bei Conc. Paris, üb. I c. 8 (MG. Conc. II, 615), worauf Knust verweist ; auch von der Kindertaufe ist im Conc. Paris. 1. c. nicht die Rede. 2) 'et quomodo in hoc offendunt, in- struantur'. 3) 'et qualiter in bis offendere solent, eis annuntietur'. 4) Vgl. oben S. 119 f. 5) Vgl. unten zu 2, 195 a. 196.

Studien zu Benedictus Levita. VII.

143

herab und erlangt Pirmins Benutzer, d. h. eben das ßur- gundische Konzil (wie unten S. 146 ff. zu 2, 192 zu zeigen versucht werden soll) den Rang der unmittelbaren Quelle Benedikts. Was aber von 2, 189 a. b. d gilt, muss wohl auch von der kurzen Einsprengung aus der Admonitio (2, 189 c) gelten. Rubrik von Benedikt. Im einzelnen ist zu bemerken :

2, 189a. b ('Diem dominicnm serviatis'): grossen- teils wörtlich übereinstimmend mit Dicta abbatis Pirminii c. 23 ^, wie folg:ender Parallelabdruck zeisrt :

Pirmin. . . . - Die dominicum nolite contemnere-^, s e d c um reverentia colite. Opus servile, id est agrum, pratu , vinea vel si qua grav i a * sunt , in eo non faciatis nee causas nee ca- lumnias inter vos nolite die ire die dominico ^ qui ideo do- min icus appellatur, ut in eo, a terrenis operibus vel a mundi inlecibris abstinen- t i s *', tantum divinis ^ culti- bus ^ servia m u s

Ben.

(a.) Diem dominicum s e - c u n d um * reverenti am.® colite.

(b.) Opus servile, id est agrum, pratum, vineam vel si qua gravi o r a ^ sunt, in eo non faciatis nee causas nee calumnias inter vos die a t i s , s e d

tantum divinis '' cultibus via t i s.

ser-

1) ed. Caspari, Kirchenhist. Anecdota I, 177. Dem Wortlaut von Ben. 2, 189 a. b bin ich sonst nirgends vor Benedikt begegnet. 2) ed. cit. p. 177 1. 8 11. 3) Dass Pirmin die Worte 'nolite con-

temnere' interpoliert habe (etwa weil er in seiner Vorlage 'sed cum' statt 'secundum' las), ist unwahrscheinlich um deswillen, weil auch der Sermo 'Vos ergo fideles' (ed. Caspari, Kirchenhist. Anecd. 1) S. 209 f. unter der Hülle der verderbten Ueberlieferung Folgendes erkennen lässt: 'Dominicum . , . nolite contemnere ('contendere' Hs.), secundum reverentiam colite ('nolite' Hs.). Opus' u. s, w. 4) Die Lesart 'gravia' ist gedeckt durch den in N. 3 zitierten Sermo (Caspari S. 210 : 'vel si qua gravia sunt'). 5) ed. cit. p. 177 1. 22. 23. Der Passus 'qui ideo serviamus' deckt sich mit Ps. - Augustinus, Sermo 280 § 2 (Migne XXXIX, 2274) und mit Isidorus, De eccl. off. 1, 24 § 1 (Migne LXXXIII, 760), wie schon Caspari a. a. 0. N. 18 bemerkt. 6) Die vorstehend

gesperrt gedruckten Worte sind von Benedikt oder vielmehr schon in seiner Quelle zwecks Kürzung gestrichen. 7) Vgl. S. 144, N. 8 a. E, 8) So schrieb wohl die (unmittelbare) Vorlage Benedikts ; vgl. die vorhergehende Note 3 a. E.

144

Emil Seckel.

Sachparallelen sind in karolingischer Zeit häufig ; vgl. zu 2, 189a aus Benedikt: 1, 65. 334c ^ und insbesondere 2, 205a Anfang (unten S. 164); zu 2, 189b Adm. gen. 789 c. 81% Conc. Rotomag. c. 15 (= Eegino 2, 395) i. f.^ und Homilia Leonis IV. ^ (ed. Sdralek a. a. 0. S. 182 oben), Conc. Mogunt. 813 c. 37 ^ Conc. Arel. 813 c. 16 ^ u. s. w.

2, 189 c ('Et a vespera usque ad vesperam^ dies do- minicus serv e t u r') ^ : fast buchstäblich = Admon. gene- ralis 789 cit. c. 15 (MG. Capit. I, 55) und aus diesem Originale^ nicht nur in Ben. 2, 189c bzw. dessen Vorlage (Conc. Burgund.?), sondern auch in Ben. 1, 65 und andere Quellen des 8. und 9. Jh.^ übergegangen.

2, 189 d^° ('Has quidem' bis Schluss): zu Anfang weichen Ben. und Stat. Bonif. c. 36 cit. nicht unerheblich von einander ab :

Stat. Annuntient presbyteri die- bus dominicis per annum sabbatizandum primo modo in natale . . .

Ben.

Has quidem prae- cipuas festivitates^^ annuntient presbiteri ut die- bus dominicis sabbatiza r e , i d e s t natale . . .

1) Dazu Studie VI (N. A. XXXI) S. 111, N. 4 6. 2) MG.

Capit. I, 61, wo sich sogar einige Wortanklänge finden (vv. '. . . ut opera servilia diebus dominicis non agantur ... id est ... in vinea colenda' etc.). 3) Hier die Phrase 'absque opere servili'.

4) MG. Conc. II, 270: 'a servili opere abstinere'. 5) MG. 1. c,

p. 252; hier (vv. 'dei cultum et servitium') auch eine Parallele zum Schluss von 2, 189b. 6) Die Zeitgrenzen 'a vesp. usque ad vesp.'

stammen wörtlich aus Levit. 23, 32. 7) Dass die Form der Allokution ('colite', 'faciatis' u. s. w.) in 2, 189 a. b beobachtet, in 2, 189 c. d ver- lassen wird, verdient bemerkt zu werden. In dem Stilwechsel spiegelt sich der Wechsel der Urvorlagen. 8) Original ist übrigens nur die

Fassung, nicht der Gedanke; vgl. z. ß. Ps. - Augustinus, Sermo 280 § 3 (Migne XXXIX, 2275) : 'a vespera diei sabbati usque ad vesperam diei do- minici . . . soli divino cultui vacemus'. 9) So in das Conc. Francof. 794 c. 21 (MG. Conc. II, 168) und in das Poenitentiale Pseudo - Theodori c. 23 (38) § 8 in. (Wass. S. 607); so (mit Abweichungen) in das Conc. Rotomag. c. 15 cit. und in die Homilia Leonis IV. cit. Vgl. ferner zur Sache die Nachweise bei 1, 334c (Studie VI, N. A. XXXI, 111) und dazu Haito, Capitula c. 8 (MG. Capit. I, 363 : '. . . omnem domrnicam a mane usque ad vesperam'). 10) Vgl. Studie IV (N. A. XXIX), 313. 316 f. 319—321; das Teilkapitel ist a. a, 0. noch als '2, 189b' bezeichnet. 11) Zu 'praecipuas fest.' vgl. Poen. Ps.-Bedae c. 47 (Wass. S. 279); Ben. 1, 340 (Studie VI, N. A. XXXI, 115 bei N. 3); Capitula Waltcaudi (810—831) c. 18 (N. A. XXVII, 580): 'De praeeipuis festis . . . ., quo- modo adnuntiantur' u. s. w.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 145

Die echte Fassung des Conc. Burg, dürfte in den Statuta vorliegen ^, nur dass wohl vor 'diebus dominicis' aus Ben. einzusetzen ist 'ut' ; abgesehen von 'ut' scheint also Bene- dikt interpoliert zu haben. Im weiteren Ver- lauf des Teilkapitels finden sich, ausser mehreren unter- geordneten Differenzen in formellen Dingen, zwei erhebliche Eingriffe : a) Bezüglich der Arbeitsruhe nach Ostern sagen die Statuta: 'in pascha domini post dominicam dies tres' -, Benedikt dagegen: 'in p. d. usque in octavas paschae post dorn, dies tres'; wie sich die (gewiss echten) 3 Tage mit den (doch wohl von Benedikt ^ interpolierten) 8 Tagen reimen sollen, verstehe ich nicht ^. b) Zwischen dem 15. August und dem 30. November steht in dem Fest- kalender der Statuta: 'in nativitate sanctae Mariae VI. idus Septembris' (8. September), in dem Benedikts: 'in transitu sancti Martini III. idus Novembr.' (11. November); dass die Interpolation auch hier auf Seiten Benedikts liegt, lässt sich zwar nicht streng beweisen, hat aber bei dem Franken Benedikt die Wahrscheinlichkeit für sich ^.

2, 190: aus dem Conc. Burgund., Schwesterüber- lieferung in den sog. Statuta Bonifatii c. 34 (ed. cit. p. 66). Rubrik von Benedikt. Der Text ist hier sowohl bei Ben. als in den Statuta '' verderbt; Ben. scheint ge- kürzt ', aber die echten ** Anfangsworte 'Annuntient pres- biteri' ^ beibehalten zu haben. Zu den nur in den Statuta überlieferten Worten 'ad ecclesiam hora nona (con)veniant' vgl. Conc. Mogunt. 813 c. 34 (MG. Conc. II, 269). Zum Gebot des Messebesuchs enthält unsere Unterreihe eine Parallele unten 2, 205 b.

2, 191: aus dem Conc. Burgund., Schwesterüber- lieferung in den sog. Statuta Bonifatii c. 35 (ed. cit. p. 66). Rubrik von Benedikt. Im Text 4 unbedeutende

1) Dafür spricht unter anderem das Initium 'Annuntient' ; vgl. oben S. 121 1 Ab. 2) In teilweiser sachlicher Uebereinstimmung mit Conc.

Rispacense 798? fragm. 2 (MG. Conc. II, 197): 'diem paschae, similiter feria secunda, tertia, quarta [et quinta]'. 3) Vielleicht im Anschluss

an Conc. Mog. S13 c. 36 (MG. Conc. II, 270): 'simili modo tot am ebdomadam illam observare decrevimus' = Capitula e conciliis excerpta 826. 827? c. 3 = Anseg. 2, 33 (MG. Capit. I, 312. 422). 4^ Ge-

schickter verfuhr der Interpolator des c. 36 cit. Conc. Mog. (1. c. p. 270 lin. 9 ff.). 5) Vgl. Studie IV a. a. 0. S. 316 f., S. 321, N. 2. 6) Siehe die beiden Texte in Studie IV S. 317, N. 1. 2. 7) Vgl. Studie IV

S. 317 oben. 8) Vgl. oben S. 121 1 Ab. 9) Wofür in den Statuta

geschrieben ist: 'Et hoc notum facient presbyteri'.

Neues Archiv etc. XXXV. 10

146 Emil Seckel.

Yerschiedenheiten in der Doppelüberlieferun g- {'Annnntiet' Ben., 'Admoneat etiam' Stat. ^; 'presbjter' Ben., 'presby- terorum' Stat. ; 'plebi' Ben., 'plebem' Stat. ; 'nisi' Ben., 'nisi cum' Stat.). Die Worte 'secundum domini raanda- tum' g-ehen auf Matth. 5, 32 ('excepta fornicationis causa'). Der Schluss des Kapitels beruht zum Teil (vv. 'leg'itimum coniugium' . . . 'separari' . . . 'consensu amborum' . . . 'servit[ium] Dei') auf dem Poenitentiale Theodori II, 12 § 7 (und 8) (ed. Wass. S. 213 f.), aber vielleicht nicht direkt. Die anscheinend im Conc. Burg, auch sonst be- nutzte Vorlage Pirmins könnte nämlich den Theodorischen Rechtssatz in der Form enthalten haben 'Leg. coni. non licet separare nisi consensu amborum p r o p t e r servi- tium dei' und aus dieser Fassung könnte einerseits Pirmin ^, andererseits das Conc. Burg, entstanden sein. Zur Sache vgl. unten 2, 240 in. (Eheverbot wie in 2, 191 in.; s. auch 2, 209a), sowie unten 2, 209 c (Ehetrennung wie in 2, 191 vv. 'legitimum coniugium nequaquam posse . . . sepa- rari' etc. ; s. auch 2, 235 med.).

2, 192: unmittelbare Quelle wahrscheinlich un- bekannt; unmittelbar vermutlich aus der Burgundischen Sy- node, womit 1. das Initium 'Annuntient' ^, 2. die Bezeichnung des Priesters als 'presbiter' "^ und 3. die Zugehörigkeit zur laufenden Unterreihe 2, 170 209 trefflich harmonieren wijrden ^ Vorquelle, abgesehen vom Schlusssatz (2, 192b), bekannt: Dicta abbatis Pirminii c. 29 in.*^ (oder vielmehr deren Vorlage ^), welcher Text seinerseits in der zweiten ^ Hälfte (unten mit litt, b bezeichnet) nichts anderes ist als grossen Teils wörtliche Kopie aus einer Homilie ^ des

1) Auch hier (vgl. zu 2, 190, N. 9) scheint der Kompilator der Statuta das Bedürfnis empfunden zu haben, Abwechselung in die Ein- förmigkeit des echten Textanfangs ('Annuntiet') zu bringen. 2) Pirmin. c. 16 (ed. Caspari S. 164 oben): 'Legitim um coniugium nullus separare presumat nisi ex anborum consensu propter amorem Christi' etc. 3) Ueber die Echtheit des Anfangs vgl. oben S. 121 I Ab, insbes. N. 2. 3. 4) Beide Argumente treffen bezeichnenderweise auf die alsbald mitzuteilende Vorquelle des canon Burgund. nicht zu. .5) Wegen des Stachen Argumentes vgl. oben S. 123 Ziff. la. 6) ed. Caspari,

Kirchenhist. Anecdota I, 189 Z. 7—12. 7) Vgl. unten zu 2, 196. Pirmin c. 29 cit. scheint seine Vorlage fast wortgetreu wiederzugeben ; vgl. aber unten S. 147, N. 6. 8) Für die erste Hälfte habe ich umsonst bei Caesa- rius nach einem Muster gefahndet. Immerhin ist zum Gedankengang der Pirmin- Stelle zu vergleichen Ps. - Augustinus (Caesarius), Sermo 266 § 2 (Migne XXXIX, 224i), wonach ein guter Christ ist, 'qui de fructibus suis non gustat, nisi prius ex ipsis deo aliquid off erat, qui decimas annis singulis (vgl. S. 147, N. 5) . . . reddit' etc. 9) 'Homilia,

ubi populus admonetur', ed. Caspari a. a. O. S. 220 Z. 9 12.

Studien zu Benedictus Levita. VII.

147

Caesarins von Arles ^ Die Abweichungen Benedikts (d. h. des eanon Burgund.) von Pirmin und Pirmins (bzw. seines Vorgängers) von der Urvorlage veranschaulicht folgender Parallelabdruck ^ :

Caesarius 1. c.

Decimas v e s - tras ante om- ni a ex Omnibus fructi c u 1 i s ves- tris a d ecclesi a m clericis et pau-

Pirmin c. 29.

a. Primitias om- nium frugum v e - strarum ad bene- dicendum ad s a - cerdotes^ ad- fer t e et sie postea in de manducate.

b. Decimas ex Omnibus fructibus et pecoribus ^ v e - s t r i s annis sin- gulis ^ ecclesi i s ** redd i t e. De nove

Ben. 2, 192a.

Annuntient presbiteri plebi publice, ut pri- mitias ^ omnium frugum terrae^ ad benedicendum affer a n t ad d o - m. os^ illorum et sie postea inde manduc e n t

e t decimas ex Omnibus fructibus et pecoribus"^ ter- rae'' annis singulis a d ecclesi a s red- d a n t et de no-

1) Also hat sich Pirmin nicht nur in c. 1 27 (so Hauck a. a. O, S. 411 Z. 52), sondern auch in der Rekapitulation c. 28 34 an bestimmte schriftliche Vorlagen angelehnt. 2) Die Abweichungen Pirmins von

Benedikt, sowie die Abweichungen Benedikts und Caesarius' von Pirmin sind durch Sperrdruck hervorgehoben. 3) Die Vorlage des Conc.

Burgund. gebraucht also für den Priester den Terminus 'sacerdos' ; um so bezeichnender ist die Aenderung 'presbiteri' im Conc. Burgund. 4) Zu beachten ist, dass im Vorhergehenden die Darbringung der Erstlinge sich auf die 'fruges' beschränkt. 5) Hier benutzt Pirmin oder sein

Vorgänger vielleicht eine andere als die oben abgedruckte Stelle des Caesarius; vgl. Ps. - Augustinus Sermo 244 § 3 (Migne XXXIX, 2195): 'Decimas annis singulis de omni fructu . . . ecclesiis et pauperibus erogate', ferner Sermo 266 § 2 (oben S. 146 N. 8). 6) Da Urquelle (Caesa- rius) und Ableitung {= Ben.) 'ad eccles.' schreiben, so hat hier wohl Pirmin seine direkte Vorlage retouchiert. 7) Die "Wendung : '(primitias frugum) terrae (afferant) ad d o m o s' kann beeinflusst sein vom Pentateuch : Exod. 23, 19 'primitias frugum terrae tuae deferes in domum'; 34,26 'prim. fr. terrae tuae öfteres in domo'; Deuteron. 26, 10 'offero prim. fr. terrae', Zu 'terrae' vgl. auch unten N. 8. 8) Kann man

sagen : 'decimas ex omnibus fructibus et pecoribus terrae . . . reddant' ? Die Unstimmigkeit in dem Kanon ist dadurch entstanden, dass sein Verfasser mechanisch das 'vester' der Vorlage (vgl. bei N. 7) durch 'terrae' ersetzt hat. Korrekt ist die Ausdrucksweise z. B. in den Capitula per se scribenda 818. 819 c. 4 (MG. Capit. I, 287) : '(nonae et decimae) de frugibus terrae et animalium nutrimine persolvantur'.

10*

148

Emil Seckel.

Caesarius 1. c. peribus exhi- b e t e et de ^ no- vem partibus, qiiae vobis remanserint, eleemosynas f acite^. Ex '^ ipsis peccata vestra redimite ^ e t aeterna vobis praemia con- parate.

Pirmin c. 29.

partes, que vobis remanserint, elimo- sinas faei t e. Ex^ ipsis peccata ves- tra redem i t e ^, ut scriptum est : 'Elimosina^a uiorte liberat et ipsa pur- gat peccata'.

Ben. 2, 192 a. vem partibus, quae remanserint, elimo- sinas f aci a n t et ex - ipsis peccata i 1 1 o r n m redi- m a n t ^, s i c nt scriptum est : 'Eli- mosina ^ a morte liberat et ipsa pur- gat peccata'.

2, 192b ('Sicut in Sapientia' bis Schluss): ohne Gegen- stück bei Pirminius ; stand aber wahrscheinlich ebenfalls in der Vorlage Pirmins. Denn wie Pirminius c. 29b schliesslich auf Caesarius von Arles zurückgeht, so weist das Bibelwort (das übrigens nicht 'in Sapientia' steht, sondern in Sirachs Ecclesiasticus 3, 33) genau die (von der Vulgata^ gründlich abweichende) Fassung'' auf, in der es häufig bei Caesarius von Arles'"' erscheint: 'Sicut aqua extinguit ignem, i t a elimosina extinguit pecca t u m' '. Dass 2, 192b von Benedikt selbt (aus Caesarius?) an- geflickt sei, halte ich für ausgeschlossen; vielmehr wird

1) In dem Passus 'et de novem facite' haben wir einen Lieb- lingsgedanken des Caesarius vor uns ; vgl. Ps. - Augustinus, Sermo 277 § 3 (Migne XXXIX, 2268) = Caesarius, Homilia XVI (Migne LXVII, 1079 ß): 'reddat decimas' (oder 'redditis decimis etiam') 'et de novem partibus studeat eleemosynam dare'; Sermo 256 § 1 (Migne XXXIX, 2217) : 'de omnibus fructibus decimas reddat et de novem partibus . . . minuta peccata . . . redimat'. 2) Vgl. Dan. 4, 24 : 'peccata tua

eleemosynis redime'. 3) = Tob. 12, 9 (nicht Tob. 4, 11, wo es

nur heisst: 'eleemosyna [ab omni peccato et] a morte liberat'). In den bisherigen Ausgaben des Benedictus ist das Zitat zu Unrecht schon mit dem Worte 'liberat' zu Ende. 4) 'Ignem ardentem extinguit aqua,

et eleemosyna resistit peccatis'. Im c. 36 Conc. Cabillon. 813 (MGr. Conc. II, 280) stimmt der Anfang mit der Vulgata überein, der Schluss ('extinguit peccatum') mit Caesarius ^ Conc. Burgund. = Bene- dictus. 5) Wieder anders lautet der Bibelvers bei Theodulfus Aurel., Capitulare primum c. 36 (Migne CV, 203). 6) Ps. - Augustinus, Sermo 244 § 3 (Migne XXXIX, 2195), wo das zweite 'extinguit' fehlt (anders in der aus diesem Sermo al)geleiteten Expositio fidei, Caspari a. a. O. I, 288). Ferner Ps. -Aug., Sermo 230 § 6 (Migne col. 2170), 292 § 4 (col. 2299), 305 § 2 und 306 § 2 (col. 2331), 30S § 6 (col. 2338), 311 § 3 (col. 2343); Caesarius, Homilia XIII (Migne LXVII, 1075 A); ver- einzelt fehlt auch in diesen Stellen das zweite 'extinguit' ; statt 'ita' heisst es hier und da 'sie' oder 'sie et'. 7) Sonst bin ich dieser Fassung bisher nur noch in der Collectio can. Hibernensis 13, 2 c und 27, 12 b (ed. Wasserschieben p. 39. 89) begegnet.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 149

das hypothetische Conc. Burgund. wie das vorangehende, so auch dieses 'Caesarins'- Stück aus derselben Schrift be- zogen haben, aus der Pirmin sein cap. 29 b unmittelbar exzerpiert hat.

Knust bemerkt zu 2, 192: 'cf. Theod. Cant. c. 36. Cod. Fris. c. 25'. Als 'Theod. Cant.' pflegt Knust die Capitula Dacheriana zn bezeichnen; in 'c. 36' dieser Capitula (d'Achery, Spicil. IX, 55) = Cap. Dach. c. 59 (Wass. S. 150) ist aber von ganz anderen Dingen die Eede, so dass vielleicht ein Druckfehler anzunehmen ist statt 'c. 30' (= Cap. Dach. c. 53), wo zwar 'tributum ecclesiae' und 'decimae' behandelt werden, jedoch völlig abweichend von Ben. 2, 192. In c. 25 der Capitula Frisingensia^ ist gar nur von den Oblationen die Rede. Auf die Sache und zwar auf das Bringen der Erstlinge zum Priester kommt Benedikt in unserer Unterreihe alsbald (2, 191) noch einmal zu sj^rechen -\

'"^'2, 193 aus der Relatio episcoporum 829 c. 87 in. 38 in. 38 fin., MG. Capit. II, 40 (= Ben. Add. II. 3 in. 4 in. 4 fin.); nicht ^ aus der Quelle der Relatio, d. h. Conc. Paris. VI. 829 lib. I. c. 9. 10, MG. Conc. II, 615 sqq.*. Rubrik von Benedikt. Zum Text ist folgendes zu bemerken :

2, 193a ('Placuit transgreditur') = Relatio c. 37 in. Abweichungen von der Vorlage nur formeller Art : 'Placuit ut fideles' ^ statt 'De eo etiam instruendo fideles neces- sarium praevidimus, ut' ; 'A multis ergo' statt 'Pactum '', quod cum Deo in baptismate fit *', a multis' ; 'et' vor dem zweiten 'a multis' fehlt in der Relatio. Benedikt kann hier unmöglich direkt auf das Conc. Paris, c. 9 (rubr. '^

1) ed. Seckel, IST. A. XXIX, 292; vgl. ebenda S. 282 unten.

2) Eine Art Parallele zu unserem Kapitel (vgl. oben zu 2, 186) liegt vor in der Honiilia de decimis (ed. Baluze, Capitularia II, 1876): 'Primitias de fructibus vestris . . . debetis offerre ad altare, id est spicas . . .; alias primitias ad domum presbiteri de omni fructu debetis portare, et presbiter eas benedicat, et sie . . . manducate'. Im Folgenden wird, wie bei Ben. 2, 192, zuerst von Zehnten, dann von Almosen gesprochen.

3) Der Nachweis folgt alsbald bei Erörterung der 3 Teilkapitel, soweit er möglich ist. Relatio c. 38 fin. und Conc. Paris, lib. I c. 10 fin. stimmen wörtlich überein. 4) lieber einen verwandten Kanon bei Burchard 4, 27 siehe oben S. 134, N. 8 zu 2, 182b. 5) Vgl. oben S. 110/111. 6) Damit hat Benedikt lediglich die schleppende Wiederholung des leicht zu subintellegierenden Subjektes von Satz 2 gestrichen. 7) Verwandt mit lonas Aurel., De inst. laic. 1, 3 rubr. (Migne CVI, 128) ; die Art der Verwandtschaft interessiert hier nicht.

150 Emil Seckel.

und Satz 1 des Textes) zurückgeben, weil er mit der Relatio in der Wendung- 'intellegant pactum' zu- sammentrifft.

2, 193b ('Quid fideles') = ßelatio c. 38 in. Im Texte Benedikts stört die sinnlose Wiederbolung 'abrenun- tiare diaboli operibus . . . et omnibus operibus eins'; der Vorlage, die solchen Unsinn nirgends ver- brochen hat, ist die Wiederholung natürlich fremd; die Interpolation^ der soeben durch Sperrdruck hervorgehobenen Worte kann Benedikt'^ oder aber einem unverständigen Abschreiber bzw. Benutzer der Vorlage zur Last fallen. Denkt man die vier unechten Worte weg, so stimmt der Relativsatz in 2, 193b bei Benedikt und in der Relatio wörtlich überein ^; nur dass Ben. 'diaboli' schreibt, statt des 'diabo 1 o' in der Relatio ^, welcher Dativ angesichts der Abrenuntiationsformel (Note l) unbedingt den Vorzug verdient. In dem kurzen Hauptsatze gehen Benedikt und seine Vorlage auseinander; die Relatio schreibt 'valde omnes fideles intellegere oportet' ; Benedikt war dies ^ zu breitspurig, und er stellt durch ein Vereinfachungsverfahren, das sich nicht selten bei ihm beobachten lässt'\ die Worte 'instruantur fideles' ^ her.

2, 193 c ('Si vero' bis Schluss) = Relatio c. 38 fin. Neben etlichen bedeutungslosen Differenzen gegenüber der Relatio ('Si vero' statt 'verum si' ; 'firma' statt 'firmiter' ; 'irrevocabiliter' statt 'inviolabiliter') steht eine gramma- tische Auffälligkeit: während die Relatio^ sprachlich korrekt schreibt 'si ..., fixius tamen atque ferventius iura . . . sunt observanda', liest man bei Benedikt 'Si . . ., quanto magis^ ferventius iura . . . sunt observanda'. An sich wäre es nun methodisch ganz richtig zu schliessen, Benedikt mit seiner roheren Stilisierung habe

1) Quelle der Interpolation ist die Abrenuntiationsformel: *Ab- renuntias diabolo? Abrenuntio. Et omnibus operibus eins? Abr. Et omnibus pompis eius? Abrenuntio', sei es direkt, sei es vermittelt z. B. durch Conc. Paris, (c. 9) = Jonas 1. c. 1, 3, wo die Abschwörungs- fragestücke genau wiedergegeben sind. 2) In Add. II. 4 in. gibt er

den un verderbten Text der Relatio wieder. 3) In Conc. Paris, (lib. I c. 10 Rubrik a. Anf.) findet sich ein überschiessendes 'eius'. 4) Und

im Conc. Paris. 1. c. 5) Die superlativische Fassung des Hauptsatzes

in der Relatio entspricht der Stilisierung dieses Schriftstücks ; vgl. 'sum- mopere' in c. 46 (unten zu 2, 208a), c. 54 (unten zu 2, 225); 'pernitio- ^issima mala' in c. 54 (unten zu 2, 215a). 6) Vgl. z. B. 2, 48. 51b.

100. 7) Vorbild: 2, 176. 182a. 252. 8) Wie schon das Conc. Paris. Üb. I c. 10 fin. 9) Nächstliegendes, sachlich verwandtes Vorbüd:

% 182 b; vgl. dazu oben S. 134/5.

Studien zu Benedi ctus Levita. VII. 151

unseren Kanon in einer ursprünglichen, vor das Conc. Paris, fallenden Rezension X aufbewahrt ; dass ein Benutzer (Conc. Paris.) der ersten Fassung (X) den doppelten Kom- parativ herauskorrigierte, verstehe sich ohne Weiteres; wie aber ein Benutzer (Benedikt) ihn in die korrekte Fassung (Relatio) sollte hinein korrigiert haben, bliebe ein Rätsel. Das Rätsel dürfte sich aber, soweit es in solchen Dingen überhaupt angängig ist, lösen lassen durch die Beobachtung der Tatsache, dass in Benedikts Texten ^ die Anknüpfung mit 'quanto magis' - sich einer gewissen Beliebtheit erfreut^, und durch die Vermutung, dass in 2, 193 c Benedikt eine ihm besonders liegende Lieblingswendung in recht un- geschickter, das echte 'fervent i u s' schonender Art an- gebracht habe,

2, 19-1: Quelle unbekannt'^. Priester als 'sacerdos' bezeichnet. Das Bibelzitat geht auf Proverb. 3, 9 (wo das Schlusswort 'ei' lautet, nicht 'pauperibus'). Ein wort- gleicher Text, der das vierfache Gebot enthielte: Lichter, Weihrauch , Brote ^ und Erstlinge zu den Kirchen zu bringen, ist sonst nicht zu ermitteln. Sachlich steht unserer Vorschrift am nächsten Pirminius, Dicta c. 23 in.''; der Wortlaut weicht jedoch so erheblich von Ben. 2, 194 ab ^, dass Pirmin auf keinen Fall zur Vorlage unseres Kapitels gestempelt werden darf.

2, 195 198 aus der Burgundischen Synode (nach 800) ? » Eventuell : 2, 195a. 196 zum Teil aus der nichtüberlieferten gemeinsamen Vorlage der Dicta Pirmins

1) Wie überhaupt im frühmittelalterlichen Normen- und Autorenstil. 2) Vgl. Ben. 1, 116 (Quelle unbekannt). 2, 93 (echt). 182b (Quelle un- bekannt). 205a (aus der Relatio 829). 421 (echt). 3, 314 (Quelle un- bekannt : Fälschung). 427 (echt) ; Add. IV. 8 med. (Fälschung). 3) Be- obachtet schon von Simson , Entstehung der pseudo - isidorischen Fäl- schungen S. 70; im obigen Text näher präzisiert. 4) Zu 2, 194 196 bemerkt Knust: 'cf. Caesarii homiliam 66'; eine Homilie 66 des Caesarius von Arles existiert nicht. 5) Wegen 'luminaria et incensum et bucellas' vgl. etwa die Homilia de decimis (Baluze, Capitularia II, 1376) : 'deo offerre sacrificia et luminaria et incensum'. 6) ed. Caspari, Anecdota

I, 177: 'Et ad sanctam ecclesia oblationes (also auch Brote) et ceriolus {= cereolos, Wachskerzen) et oleum (Kerzen und Oel entsprechen den 'luminaria' unseres Textes) et incensum et primicias et decimas et elimosinas et omnia(!) bona vestra reddite' etc. Vgl. auch Pirmin. 1. c, c. 30 in. (pag. 189 f.), wo aber die Erstlinge nicht vdederkehren. 7) Nur die 5 in Note 6 gesperrt gedruckten Wörter decken sich an beiden Stellen. 8) Vgl. oben S. 119 f.

152

Emil Seckel.

und des psetidotheodorischen Bussbuclis; 2, 195b aus der Vorlage nur der Dicta Pirmins.

2, 195 a. 196. Um für die nicht einfache Quellen- kritik dieser beiden Kapitel festen Grund zu schaffen, muss zunächst von einer Vorquelle gehandelt werden, die zweifellos schliesslich auf Ben. 2, 195a. 196 von Einfluss war und die uns in zwei von einander unabhängigen, unter sich abweichenden Ableitungen vorliegt. Keine der zwei Fassungen gibt, wie sich zeigen wird, die zu erschliessende Vorquelle unverändert wieder; doch wird es möglich sein, die Ürfassung annähernd wiederherzustellen. Auf dieser U r fassung ruhen dann die beiden Kanonen, wie sie bei Benedikt aufbewahrt sind.

Die zwei Ableitungen liegen vor in den Dicta abbatis Pirminii c. 30 in.?^ c. 23.- 28 fin. ^ und in dem Poenitentiale Pseudo-Theodori c. 23 (38) § 8 fin. § 9K Sie lauten :

Pirminius.

(c. 30.) Quando ad clesiam c o n ven i t i s ^, . oblationes . . . Offerte .

ec-

m

(c. 23.) Et null US ipsa ecclesia vel ubi lectio divina recit e t u r '', verbo- sare presumat^, sed lectionis

Ps. -Theodorus.

8 fin.). E t quando ad aecclesiam vener int, obla- tiones pro semet ipsis et pro parentibus ac proximis^ offer r e d e - beut '>.

Et u t nul 1 i '' in ipsa aecclesia vel ubi lectio divina recit ata fuerit', verbo- sare praesum a n t *\ sed lec-

1) Ed. Caspari, Kirchenhist. Anecdota I, 189 f. 2) Ed. cit.

S. 177 Z. 6—8. 3) Ed. cit. S. 188 Z. 18-22. 4) Ed. Kunstmann, Die lateinischen Pönitentialbücher dei- Angelsachsen (1844) S. 88 ; ed. "Wasserschieben, Bussordnungen S. 607. Die Herausgeber machen keine Quelle oder Parallele für die zitierten Paragraphen namhaft. 5) Ge-

deckt durch die Parallele in der Homilia 'Magnum nobis gaudium' bei Caspari a. a. O. S. 218: 'Quando ad ecclesiam convenitis'. Vgl. aber andererseits Ps. - Augustinus (Caesarius), Sermo 266 § 2 (Migne XXXIX, 2241): 'Ille bonus christianus est, qui, quando ad ecclesiam venit, et oblationes , . . exhibet et' u. s. w. , welcher Sermo dem Pirminius zweifellos als Vorlage gedient hat. 6) Welche Fassung die echte ist,

lässt sich hier nicht entscheiden. 7) Ursprünglicher scheint die Fassung 'recitata fuerit' zu sein ; jedenfalls kehrt sie letzten Endes bei Benedikt wieder. 8) Die Worte 'pro semet proximis' müssen wohl irgendwo in der echten Urvorlage gestanden haben, da sie bei dem von Ps.-Theodor sicher unabhhängigen Benedictus (wenigstens zum Teil: 'pro se . , . et proximis') wiederkehren.

Studien zu Benedictus Levita. VII.

153

PirmiDius. sa c r as ^ libeuter audi t e '-, q u i a ^ per Moisen dominus ait^: 'Audi, Israel, et tace' ^.

(c. 28.) Ball ationis ' et saltationis vel cantica turpia et luxuriosa vel u t ^ s a - g i 1 1 a * diabolica f u g i t e ^ iiec ad ipsas ecclesias nee in domibus vestris - uec in plateis nee in ullo alio loco facire non- presuma t i s "^^ quia hoc de paganorum eon- suetudine remansit.

Ps. - Theodorus. tiones sa n c t as ^ libenter convenit^ audi r e 2, s i - c u t ^ dominus per Moysen d i c it ^ : 'Audi , Israel , et tace' ^. Et apostolus dicit: 'Mulieres in aecclesia taceant'*'. 9.) I o c ationes ^ et saltationes e t ^"^ c i r c u m ^^ vel cantica turpia et luxu- riosa vel ^ 1 u s a ^ diabolica nee ad ipsas aecclesias nee in domibus nee in plateis nee in ullo loco alio facere praesuma n t ^, quia hoc de paganorum consuetudine re- mansit.

Wie die gemeinsame Vorlage etwa gelautet hat, ergibt sich aus dem in den Noten Gesagten. Sicher ist, 1. dass Benedictus die Fassung weder Pirmins^"^ noch Theodors^-, 2. dass Theodor die Fassung weder Pirmins ^^ noch Benedikts ^-^ (d. h. des Conc. Burgund.? s. unten), und 3. dass Pirrain, was sich schon aus der Chronologie der drei Quellen, aber auch aus den Textverhältnissen ergibt, die Fassung weder Theodors ^- noch Benedikts ^^ benutzt hat. Also müssen alle drei Texte auf eine ältere Vorlage zurückgehen. Insbesondere interessiert die Feststellung, dass P i r m i n s Text, der älteste von den dreien, nicht

1) 'sanctas' (so auch Ben.) ist vielleicht ursprünglicher. 2) Welche Fassung die echte ist, lässt sich hier nicht entscheiden. 3) 'sicut' hat

auch Ben. 4) Ben. : 'dixit'. 5) Deut. 27, 9 nach vorhieronj-mianischer Uebersetzung. 6) 1. Cor. 14, 34. Dieses zweite ßibelzitat ist wohl

Zusatz Ps.- Theodors. 7) 'ßallationes' sicher original; Ps.- Theodor hat entweder die 'ballationes' der Vorlage nicht verstanden oder die ver- meintliche Tautologie 'ballationes et saltationes' vermeiden wollen. 8) 'vel lusa illa' lautete die Urfassung (vgl. Pirmin. c. 22, Caspari a. a. 0. S. 176 Z. 4: 'et lusa diabolica'). Daraus machte Benedikt: 'et illa lusa', Ps.- Theodor: 'vel lusa' und Pirmin (der vielleicht in seiner Vorlage fehlerhaft las 'vel usa itta') : 'velut sagitta'. 9) Von Pirmin in Kon-

sequenz der soeben X. 8 besprochenen Aenderung interpoliert; nicht bei Ps.-Theod. und Ben. 10) Von Ps.- Theodor zugesetzt. 11) 'velut

sagitta . . . fugite' ; vielleicht auch 'recitetur'. 12) 'locationes' ; 'et

circum'. 13) Z. B. Streichung von 'nee ad ipsas ecclesias'.

154 Emil Seckel.

durchweg die ursprünglichste Fassung aufweist (S. 153, N. 11); also ist in den Stücken bei Benedikt nicht Pirmin, sondern Pirmins Vorlage benutzt (vgl. oben S. 118f. 142£. 146 f.).

Nunmehr kann zur Einzelerörterung übergegangen werden.

2, 195a: aus dem Conc. Burgund.? (vgl. unten S. 155). Rubrik vermutlich von Benedikt mit Hülfe des Textes ge- bildet^. Die Vorquelle des Conc. Burgund. (eventuell^ die Quelle Benedikts) ist für 2, 195a ermittelt in der gemein- samen Vorlage Pirmins und Ps.- Theodors; sie ist im Conc. Burgund. (bzw. bei Ben.) stark überarbeitet. Textverhältnisse (üebereinstimmendes gesperrt) :

Die Vorlage (oben S. 152 f.). (Et) quando ^ ad eccle- siam (venerint), oblationes ^ pro s e met ipsis e t pro parentibus ac p r o x i m i s offerre debent. Et ( u t ) n ull(i) i n ipsa e c c 1 e s ia vel ubi 1 e c t i o divina r e - citata fuerit, verbo- sare^ praesuma(n)t, sed lectiones sanc- t as lib e u t er (convenit) a u d i (re) , ( s i c u t ) d omi-

Benedikt. Ammoneant presbiteri plebem, ut in ecclesiis verbosare^ nonprae- sumant, sed cum fletu et compunctione cordis*^ Dei implorent auxilium tam pro s e quam et p r o x i m i s suis. Et quando ^ presbiter caelebrat missam, corda illo- rum semper ad coelestia ad- tendant. Et quando ^ lec- tiones sanctae vel

1) Textfremd ist allerdings das Wort 'contentionibus'. 2) D. h. wenn man die Burgundische Synode (S. 155) ablehnt. 3) Zu 'Et quando' (einmal in der Vorlage [Ps.-Theod.], zweimal in Benedikts Text) vgl. unten 2, 196. 197. In der Burgundischen Synode findet es sich (sonst) nicht.

4) Auf die Oblationen kommt Benedikt in 2, 195b zu sprechen; s. unten.

5) Das seltene Wort 'verbosari (-re)' findet sich mehrfach bei P s. - Augustinus, nämlich Sermo 106 § 3, ed. Mai, Nova patrum biljlio- theca I, 223 Mitte: 'Nolite in ecclesia otiosis vos fabulis occupare, nolite invicem verbosari ; sunt enim plurimi . . ., qui ita in ecclesia . . . verbo- santur, ut lectiones divinas nee ipsi audiant' etc. ; Sermo 265 § 3 (Migne XXXIX, 2238): 'In ecclesia stantes nolite verbosari, sed lectiones divinas patienter audite ; qui enim in ecclesia verbosari voluerit' etc. ; Sermo 280 § 4 (Migne 1. c. col, 2275); Sermo '283 c. 1 (Migne 1. c. col. 2281) = Caesarius Arel., Homilia 33 (Max. bibl. vet. patrum, Lugd. 1677, VIII,

852 E): 'Qui enim ad ecclesiam veniens verbosari voluerit' 'se

verbosando studuit vulnerare'. Auch in dem falschen Christusbrief (8.? 9.? Jh.; ed. Baluze, Capit. II, 1398 oben) kehrt das Wort wieder: 'ut in ecclesias meas nullus sit . . . qui praesumat fabulare aut verbosare'. Zur Sache vgl, noch Ps. - Augustinus, Sermo 168 § 3 (Migne 1. c. col. 2071): 'contempta verbositate lectiones divinas attentius aure percipiant'.

6) Zu 'cum compunctione cordis' vgl. unten 2, 197.

Studien zu Benedictus Levita. VII.

155

n u s

cit): t a c e

per Moysen (di- 'Audi, Israel, et

rührt aber die Ueber- rühren Satz 2 ^ und die und (weniger einschnei- dürfen wir in Benedikt

Die Vorlaare. Benedikt.

euangelia recitata fue- r i nt, cum sil e n t io ^ et de- vota mente - pariter a u d i - ant, sicut Dens dixit per Moysen: 'Audi, Israel, et tace'.

Dass die rekonstruierte Vorlage auf Satz 1 und 3 des bei Benedikt vorliegenden Textes Einfluss gewonnen hat, liegt auf der Hand. Von wem arbeitung der Vorlage, von wem unabhängigen Partien in Satz 1 dend) in Satz 3 her? Schwerlich selbst ihren Urheber sehen. Dann aber empfiehlt sich wieder die natürlich nicht streng erweisliche Hypothese, dass unser Stück (2, 195a) nichts anderes ist als ein Kanon der Burgundischen Synode. Zu Gunsten dieser Hypothese lassen sich zwei Gründe ins Feld führen, die 'Presbyter '- Terminologie^ der Ueberarbeitung und die Tatsache, dass Pirmins Vorlage nur auf solche Kapitel bei Benedikt ein- gewirkt hat, die entweder zweifellos mit dem Conc. Bur- gund. zusammenhängen (2, 189a. b) oder wenigstens aus annehmbaren Gründen diesem Konzil zugeschrieben werden können (2, 192).

2, 195 b (Schlusssatz 'Et oblationes'): aus derselben unmittelbaren Quelle? Als Vorquelle scheinen die Dicta Pirminii c. 25 fin.-^ oder vielmehr deren Vorlage betrachtet werden zu dürfen. Textverhältnisse:

Pirmin. . . . Ideo admoneo vos, ut quicumque christianus . . . oblation em suam ad sa-

ßen.

Et oblation es of ferant et communi c a r e f a c i an t.

1) Vielleicht las der Urheber unseres Textes in seiner Vorlage nicht 'libenter', sondern 'silenter'. 2) Zu 'devota mente' vgl. unten

2, 197. 3) Falls sich für ihn nicht noch ein, etwa auf Caesarius

fussendes, Vorbild finden sollte. Es kann sehr wohl sein, dass das 'corda i 1 1 o r u m' Umschrift der zweiten ('corda vestra') in die dritte Person ist. Einer solchen Umschrift sind wir bereits in 2, 192a ('peccata illorum' ; Vorlage: 'p. vestra') begegnet. 'Peccata, corda illorum' statt 'sua' ist auffällig, und es verdient vielleicht Beachtung, dass im Gegensatz zur Burgundischen die 'Sacerdos'- Synode nicht 'illorum', sondern 'eorum' zu schreiben pflegt (2, 176 'corpora et corda eorum'; zweimal 'eorum sacer- doti'; 2, 188 'eorum infantes'; 2,205 b 'eorum oblationibus' ; freilich auch 2, 248 'sacerd. illorum'). 4) In Satz 1 und 2, je am Anfang. 5) Ed. Caspari a. a. ü. S. 179 Z. 14—18.

156 Emil Seckel.

Pirmin. | Ben.

cerdotem (!) o f f e r at et! corpus et sanguinem Christi c o m m u n i c a r e f a c i at. |

Scbliesslicli ist nicht zu übersehen, dass die in 2, 195 berührten Themata schon in anderen Stücken der laufenden Unterreihe behandelt sind, und zwar das Schweigen in der Kirche und das Anhören von Gottes Wort oben 2, 176 Satz 1 (vgl. auch unten 2, 240), Opfer und Kommunion oben 2, 170 (vgl. auch unten 2, 205 b).

2, 19G: aus dem Conc. Burgund.? Rubrik anscheinend von Benedikt ^ (darin Priester als 'presbiteri ' bezeichnet). Die Vorquelle des Conc. Burgund. (eventuell die Quelle Benedikts) ist für 2, 196 wiederum ermittelt in der ge- meinsamen Vorlage Pirmins und Ps.-Theodors; auch in 2, 196 erscheint sie in überarbeiteter Gestalt. Textverhält- nisse (XJebereinstimmendes gesperrt):

Benedikt. Q u a n d o ^ populus a d e c c 1 e s i as v e n e r it tam per dies dominicos quam et per solemnitates ^ sancto- rum ^, aliud non ibi agat, nisi quod ad Dei pertinet servitium. Illas vero b a 1 a - Ballationes^etsal- tiones^ et saltatio-

Die Vorlage (oben S. 152 f.). (Et) quando^ ad ec- c 1 e s iani v e n e r int (con- venitis)

1) Das "Wort 'inhonesta' ist dem Texte des Kapitels fremd. Viel- leicht hat Benedikt sich aus einem Glossar (siehe Thesaurus linguae Latinae s. v. 'ballematia') über die Bedeutung des Textwortes 'balationes' orientiert, in dem Glossar (1. c.) gelesen: 'ball, sunt inhonestae can- tationes' und aus dieser Definition das textfremde Wort in seine Rubrik übernommen. 2) Vgl. N. 3 zu 2, 195a. 3) Zu 'solemnitates sanc-

torum' vgl. Caesarius Arel., Suggestio, angeführt unten N. 4; Ps.- Augu- stinus, Sermo 280 c. 1 in. (Migne XXXIX, 2274: 'in solemnitatibus sanctorum et maxime in dominicis diebus') ; Conc. Tolet. III. c. 23, an- geführt unten N. 4. 4) Zu den 'ballationes' (Reigen, Tänze) in oder vor den Kirchen, die in obigem Kapitel dem an Sonn- und Festtagen zusammengeströmten Volke als heidnische Unsitte verboten werden, ist wiederum (s. S. 154, N. 5) in erster Linie Ps endo -Augustinus (d. h. Caesarius von Arles) zu vergleichen: Ps.-Aug., Sermo 265 §4 (Migne XXXIX, 2239) : 'qui balationes et saltationes ante ipsas basilicas sanctorum exercere nee metuunt nee erubescunt' . . . 'ista consuetudo balandi de paganorum observatione remansit' ; Sermo 2G6 § 3 (Migne 1. c. col. 2241) : 'balare diabolico more, saltare, verba turpia et amatoria vel luxuriosa cantare'; Ps.-Aug. ed. Mai, Nova patrum bibl. I (1852), Sermo 106 § 2 (p. 222) : 'ballando, verba turpia decantando, choros ducendo et diabolico

Studien zu Benedictus Levita. VII. 157

Die Vorlage, tationes^ vel c a n t i c a turpia- et luxuriosa^

Ben. nes^ cantica que tur- pia^ ac luxuriosa^ et

more saltando' ; Caesarius Arelatensis, Suggestio (ed. Malnory, Bibliotheque de Tecole des hautes etudes, Sciences philologiques et historiques, 103*^ fascicule, Paris 1894, p. 300) : 'nee in sanctorum solemnitatibus (oben N. 3) . . . ullus . . . sacrilego more cantica turpia proferre vel ballare vel diabolico more saltare praesumat' ; Dicta abbatis Pirminii c. 22 (ed. Caspari a. a. O. S. 176 oben) : 'NuUus christianus neque ad ecclesiam n e q u e in d o m i b u s neque in trivios nee in nullo loco balla- tiones, cantationis, saltationis, iocus et lusa diabolica (oben S. 153, N. 8) facire non presumat'. Von sonstigen Sachparallelen aus späterer Zeit mögen erwähnt werden : Conc. Tolet. III. 589 c. 23 rubr. (Migne LXXXIV, 356) 'Ut in sanctorum natalitiis ballematiae pro- hibeantur' ; dazu das Edictum regis c. 23 (1. c. col. 358) 'Quod ballematiae et turpes cantici prohibendi sunt a sanctorum solemnibus'; Eligius, Homilia (s. unten S. 158 N. 1); Conc. Roman. 826 c. 35 (MG. Conc. II, 581; offenbar beeinfiusst von Ps. -August, ed. Mai 1. c.) : 'festis ac sacris diebus atque sanctorum nataliciis (vgl. Conc. Tolet. cit.) . . . ballando, verba turpia decantando . . . similitudinem paganorum peragendo advenire procurant' ; Poen. Hubert, c. 42 (Wass. S. 883) = Poen. Merseburg, b c. 32 (Wass. S. 432): 'Si quis ballationes ante ecclesias sanctorum (vgl. Ps.-Aug. Sermo 265 cit.) fecerit'; ludicium Clem. c. 20 (Wass. S. 435): 'Si quis in qua- cumque festivitate ad ecclesiam veniens pallat foris aut saltat aut cantet orationes (cantationes) amatorias, . . . excommunicetur'. 1) Vgl. unten 2, 205b. Weitere Parallelen vgl. in der vorhergehenden Note; dazu: Conc. Afric, c. 27 Dion. - Hadr. (ed. 1609 p. 227) : 'quibus diebus (seil, 'in natalibus beatissimorum martyrum') etiam, quod pudoris est dicere, saltationes sceleratissimas per vicos atque plateas exerceant' ; Conc. Tolet. III. c. 23 cit. (N. 4) Text: 'irreligiosa consuetudo, quam vulgus per sanc- torum solemnitates agere consuevit, ut populi . . . saltationibus et turpibus invigilent canticis'. Ueber Tänze bei der Totenfeier s. unten Note 1 zu 2, 197. 2) 'cantica turpia' finden sich wörtlich oder fast wörtlich

bei Caesarius Arelat., Suggest. p. 300 cit. (N. 4) ; Ps. - Augustinus, Sermo 277 § 4 i. f. (Migne XXXIX, 2268) 'cantica turpia et luxuriosa' ; in Conc. Tolet. III. c. 2'3 cit. (N. 1) nebst Edictum regis cit. (N. 4) ; Conc. Cabilon. 639 654 c. 19 (MG. Conc. I, 212) : 'ne per dedicationes basilicarum aut festivitates martyrum ad ipsa solemnia confluentes obscoena et turpia cantica . . . decantare videantur' ; Conc. Mog. 813 c. 48 (MG. Conc. II, 272) : 'Canticum turpe atque luxuriosum circa eclesias agere omnino con- tradicimus' ; unten 2, 225 nebst Quellenangaben zum ganzen Kapitel und Augustinzitat in N. 2 ; ähnliche Wendungen: 'verba turpia . . . cantare' in Ps.-Aug., Sermo 266 § 3 (oben N. 4); 'verba turpia decan- tando' in Ps. Aug. ed. Mai und in Conc. Rom. 826 c. 35 cit. (N. 4) ; vgl. schliesslich 'cantationes' in Ben. 2, 205 b; 'Non licet in ecclesia . . . puellarum cantica exercere' in Conc. Autissiod. 573 603 c. 9 (MG. Conc. I, 180); 'Cantus ... in atrio ecclesie fieri j^rohibete' in Homilia Leonis IV. (ed. Sdi-alek, Wolfenb. Fragm. S. 182); 'cantica gentilium' in Homilia Eligii (unten S. 158 N. 1) ; 'cantationes sacrilegae' in dem Bonifatiusbrief (unten S. 158 N. 3). 3) 'cantica luxuriosa' : = Conc. Mog. 813 c. 48 cit. (N. 2) ; Ps. -August., Sermo 168 § 3 (unten N. 2 zu 2, 225) und Sermo 277 c. 4 (oben N. 2); vgl. 'verba . . . amatoria vel luxuriosa cantare' in Ps. Aug., Sermo 266 § 3 (oben N. 4) ; 'canticum luxuriosum vel amatorium'

158 Emil Seckel.

Die Vorlage, vel lusa illa diabo- 1 i c a ^ n ec ad ipsas eccle- sias ^ nee in domibus (vestris) nee in plateis^ nee in ullo loco alio f a c ere praesumant (non presumatis), quia hoc de p a g" a n o r n m c o n s u e - t u d i n e r e m a n s it '^.

Ben. illa lusa diabolica^ n on f a c iat nee in pla- teis^nec in domibus n e que in ullo ioeo, quia haec de paga- n o r u m c o n s u e t u d i n e r e m a n s erunt *. Et qui ipsa fecerit, canonicam sen- teutiam accipiat ^.

Was zum vorangebenden Kapitel 2, 195 a bemerkt worden ist, gilt mutatis mutandis auch für 2, 196; nur dass im Texte ^ von 2, 196 der Priester, also auch das Wort 'presbiter' nicht begegnet.

Die Verbote, an Sonn- und Festtagen in (bei) der Kirche oder sonstwo Reigen und Tänze aufzuführen, un- anständige und unzüchtige Lieder zu singen und teuflische Spiele (d. h. Mummenschanz?^) aufzuführen, kehren in unsrer Reihe wenigstens zum Teil in ähnlicher Weise wieder, vgl. 2, 225 ('obscoenis t u r p ibusque c a n t i c is'). 205 b ('ne in illo sancto die [Sonntag] vanis fabulis . . . sive c a n t ationibus vel saltation ibus stando i n biviis

im Sermo 277 cit. c. 4 i. f. (oben N. 2) ; 'obscoeua cantica' : Conc. Cabilon. 639—654 c. 19 cit. (oben N. 2); unten 2, 225 nebst Quellenangaben; 'inlecebrosum canticum' : Conc. Rispac. 800 c. 84 (N. 18 zu Ben. 2, 205b); 'cantare orationes (cantationes) amatorias' : lud. Clem. c. 20 cit. (S. 156 f. N. 4 a. E.). 1) Vgl. 'lusus saecularis' in Stat. Itispac. 800 c. 34 (unten 2, 205b N. 1.3); Eligius, Bischof von Noyon (gest. 659), Homilia (Migne LXXXVII, 529 B ; Echtheit weder bewiesen noch widerlegt) : 'L u d o s etiam diabolicos et vallationes (= ballationes) vel cantica gentilium fieri vetate'. 2) Vgl. in Benedikts Rezension die Worte : 'aliud non i b i

agat', seil, 'in ecciesiis' (so die Rubrik bei Ben.). 3) Vgl. unten 2, 205 b nebst N. 6 ; Conc. Afric. c. 27 Dion. - Hadr. cit. (oben S. 157 N. 1) ; Boni- fatius, Epist. ad Zachariam 742 (MGr. Epist. III, 301 lin. 11 ff.): zu Xeujahr in Rom bei St. Peter 'paganorum consuetudine choros ducere per pla- teas et . . . ritu gentilium . . . cantationes sacrilegas celebrare'. 4) Vgl. oben N. 3 und S. 156, N. 4 Anf. ; unten 2, 197. 215 a; ferner Epistola canonica c. 5 (Baluze, Capit. II, 1374) : 'propter paganorum consuetudinem'. 5) Mit dem Schlusssatze vgl. unten 2, 197. 198 je am Ende. Die Fassung ist natürlich nicht originell ; vgl. zu 'canonicam sententiam accipere' z. B. Conc. Vernense 755 c. 6 (MG. Capit. I, 34 lin. 11) ; ähnlich 'canonicae sententiae subiacere' z. B. in der Epistola canonica cit. c. 4 i. f., c. 6 i. f. Vgl. auch Stat. Bonif. c. 33 (Conc. B u r g u n d.) : 'sciat se canonum subiacere vindictis'. 6) Ueber die Rubrik vgl. oben S. 156. 7) Vgl. Poen. Hubert, c. 42 cit. (AVass. S. 383) = Poen. Merseburg, b c. 32 cit. (Wass. S. 432), wo im Zusammenhang mit dem Reigen vor der Kirche von 'faciem suam transformare' gesprochen wird.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 159

et p 1 a t e i s , ut solet, inserviant'). 240 ('quocl in basilicis Deo dicatis non sit fabulis otiosis t u r pibusque et obscoe- nis sermociaationibus vacandum').

2, 197. Das Verbot richtet sich g'eg'en heidnische Gebräuche vor, bei und nach der Bestattung; es sollen unterbleiben bei der Leiche ('ad mortuos') 'ea, quae de paganorum ritu remanserunt'^, beim Hinaustragen zum Begräbnis die schrille Totenklage ('ululatus excelsus') -, bei den Gedächtnisfeiern am Grabhügel das Essen und Trinken ^. An Stelle des ausgelassenen Unfugs bei der Leichenwache soll das Gebet für die Seele des Verstorbenen^, an Stelle der Totenklage beim Leichenbegängnis Gebet, Psalmodie^ und Wechselgesang des Kirie eleison treten. unser Kaj)itel 2, 197 ist mit den beiden vorangehenden Kapiteln durch Stilverwandtschaft verbunden : mit 2, 195. 106 durch die Konjunktion '(Et) quando' '"'; mit 2, 196 durch die Phrase 'quae de paganorum ritu remanserunt' (vgl. oben S. 158) und durch die einen Satz für sich bildende Sanktion 'Quod si fecerint, canonicam sententiam accipiant' (vgl. ebenda); mit 2, 195 durch die Wendungen 'devota mente' und 'cum

1) Deutlicher reden hier andere Quellen. Das ausführliche Caput ine er tum bei Regino 1, 898 (= Burch. 10, 34 = Ivo Decr. 11, 59; vgl. auch Regino 2, 5 § 55 und Burchardi Corrector c. 79, ed. Wass. S. 648 = c. 91 ed. Schmitz II, 429) verbietet bei Leichenwachen ('ex- cubiae funeris', von Burchardus Corrector 1. c. kommentiert mit den Worten: '. . . vigiliis cadaverum mortuorum, ubi christianorum corpora ritu paganorum custodiebantur' ; Anklänge an unsern Text!), Singen teuflischer Lieder ('diabolica carmina', 'pestifera cantiea') , Scherz und Tanz ('ioea et saltationes'). Lachen und Trinken ('inebriari et cachinnis ora dissolvi'). Aehnlich sagt die Homilia Leonis IV. (ed. Sdralek, Wolfenb. Fragm. S. 182 = Martene et Durand , Veterum scriptorum amplissima collectio VII, 1733, col. 3, cap. 40, von Knust zu Ben. 2, 197 als Quelle [!] zitiert): 'Carmina diabolica, que super mortuos nocturnis horis vulgus facere solet, et cachinnos, quos exercet, . . . vetate'. Vgl. auch Hincmar, Capitula 852 c. 14 (Migne CXXV, 776). 2) Vgl. etwa Conc. Toletan. III. c. 22 (Migne LXXXIV, 356), wo beim 'deferri ad sepulcra' das 'funeljre carmen' untersagt wird. Nach Knust soll Conc. Tolet. cit. Quelle (!) von Ben. 2, 197 sein; dies hat Homeyer, Der Dreissigste (Abhandlungen der Berliner Akademie 1864) S. 102 kritiklos nachgeschrieben. 3) Vgl. etwa Conc. Bracar. II. c. 69 (Migne

LXXXIV, 584): Christen sollen nicht 'prandia ad defunctorum sepulcra deferre'. Vgl. die 'dadsisa' des Indiculus superstitionum (MG. Capit. I, 223), wenn sie den Totenschmaus bedeutet. 4) Das Caput incertum bei Regino verlangt 'luctus et planctus' und, wenn einer das Bedürfnis zu singen hat, den Gesang des Kyrie eleyson. 5) So schon das Conc.

Tolet. in. c. 22 cit. ; auch Cap. Dacheriana c. 129 = Theod. Poen. II, 5 § 1 gebietet das 'cum cantatione portare ad sepulturas'. 6) Vgl.

N. 3 zu 2, 195 a; N. 2 zu 2, 196 in.

160 Emil Seckel.

conpunctione eordis' (vgl. oben S. 154, N. 6. 155, N. 2)^. Diese Indizien gewähren einige Berechtigung, die Quelle von 2, 197 nicht weit von der Quelle der beiden vorangehenden Kapitel zu suchen.

2, 198 -. Das Kapitel vereinigt drei Vorschriften : das Gebot an die Verwandten, für ihre Toten bis zum Dreissig- sten zu fasten und Opfergaben darzubringen ^, das Verbot, einen Toten über einem anderen Toten zu bestatten ^ und das Verbot, die Gebeine der Toten über der Erde zu lassen {über die Erde hin zu zerstreuen?)^; beide Verbote durch Straf drohung sanktioniert. Auch 2, 198 ist mit den zwei vorangehenden Kapiteln (2, 196 i. f.; 2, 197 i. f.) stilistisch verwandt insofern, als nochmals die Sanktion in der zwei- gliedrigen Form erscheint: 'Quod si fecerint, canonicae

1) Vgl. auch 'implorare dei misericordiam' (2, 197) mit 'dei im- plorent auxilium' (2, 195). 2) = c. 2 des angeblichen 'Capitulare in-

certi auni' um 714; in Studie III (N. A. XXIX, 291—308) ist aber be- wiesen worden, dass dieses Capitulare nichts ist als ein Auszug aus (An- segisus und) Benedictus Levita. 3) Vgl. Horaeyer, Der Dreissigste

S. 99 f. ; eine Quelle des Kapitels kennt auch dieser Schriftsteller nicht. Knust verweist auf 'Theodor, c. 19", d. h. Capitula Dacheriana c. 40 (Wass. S. 149; = Canones Gregorii c. 131, Wass. S. 175); dass hierin die von Benedikt (oder vielmehr: von dem wirklichen Urheber des Kapitels) be- nutzte Quelle mit nichten gesehen werden darf, erhellt aus der Gegen- überstellung der Texte:

Ben. I Cap. Dach.

Fideles pro defunetis ami- | Pro defuncto monacho missa

corum et parentibus eorum i e i u nia et oblationes triginta dies adimplere faciaut . . . (also Ueber- einstimmung nur in Unwesent- lichem).

agitur in die sepulturae eius, III. die et postea , quantum voluerit abbas; pro laico bono III. vel VI. (vielmehr : 'VII.' ; so d'Achery, vgl. Can. Greg. 1. c, Poen. Theod. 11^ 5 § 6, Wass. S. 207, N. 1) post ieiu- nium, pro poenitente XXX. die vel VII. et propinquis eius oportet ieiunare V (VII?; so Can. Greg, und Poen. Theod. 1. c.) dies et o b - 1 a t i 0 n em offerre ad altare ... postea, quantum voluerit presbyter. 4) Dieses Verbot : '. . . et mortuum super mortuum non ponant' hat der Urheber des Kapitels entlehnt aus Conc. Autissiodor. 573 603 c. 15 (MG. Conc. I, 181). Xach Knusts Ansicht (dem die wahre Vor- quelle unbekannt blieb) soll der Satz entnommen sein aus den sog. Statuta Bonifatii c. 19 ; dass man aber in den sog. Statuta (d. h. einer Kanonensammlung des 9. Jh.) schwerlich die Zwischenquelle des an- geführten Satzes sehen darf, ist in Studie IV (IST. A. XXIX), 312, N. 6 (vgl. S. 296. SUl. 303. 313. 323 f.) gezeigt worden. 5) Vgl. etwa Conc. Meld. c. 72 (MG. Capit. II, 415 1. 24) : '. . . nee quisquam (praesumat) ossa cuiuslibet mortui de sepulcro suo eicere'.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 161

sententiae subiaceant'. Die Stilverwandtschaft darf wohl mit der nötigen Zurückhaltung zu Gunsten der Quellen- verwandtschaft geltend gemacht werden.

2, 199: Quelle unbekannt. Priester als 'sacerdos' be- zeichnet. Wegen des Anfanges 'Placuit ut fideles' vgl. oben S. 120 f. 123. Ohne sich im Wortlaut an eine bekannte Vorlage anzulehnen^,, wiederholt die Vorschrift den seit der Mitte des 5. Jh. häufig - aufgestellten Satz des kano- nischen Rechts, dass den Gläubigen die Aufnahme Exkom- munizierter vor übernommener Busse verboten ist. Eine Strafdrohung wird nicht beigefügt. Interessanter Weise erscheint in unserem Kapitel ausser dem Bischof auch der Priester als Träger einer selbständigen Exkommunikations- gewalt ^; unser Kapitel tritt zu den wenigen Normen karo- lingischer Zeit hinzu, die sich bisher, und zwar erst aus der Zeit nach Benedikt, für die Strafgewalt des Priesters auftreiben Hessen^, Merkwürdig, dass der sonst nicht gerade für die Selbständigkeit der Priester schwärmende Ej)iskopalist Benedikt die Vorlage ohne den üblichen ^ Ein- griff ('episcopus aut eins iussu sacerdos') hat passieren lassen.

2, 200 202 aus der Burgundischen Synode

nach 8 0 0 '^ 2, 200': aus dem Conc. Burgund., Schwesterüberliefe- rung in den sog. Statuta Bonifatii, principium und c. 1 (ed. d 'Achery, Spicil., 1669, IX, 63). Rubrik von Benedikt. Im Texte 4 Abweichungen von den Statuta, 3 bedeutungs- lose Cquoque' hinter 'Compellimur' gestrichen ; 'et in hoc' statt 'in hoc' ; 'servare' statt 'observare') und eine charak- teristische : 'sine consensu s u i episcopi' statt 'sine cons. ejjisc. ; das 'sui' dürfte von Benedikt interpoliert sein.

1) Dies gilt auch von Conc. Lugdun. II. 567 aut 570 c. 4 (MG. Conc. I, 140), worauf Knust als auf die Quelle (!) des Kapitels verweist. 2) Vgl. z. B. Hinsohius, Kirchenrecht IV, 704, X. 8; IV, 801; V, 1, S. 3 ff. ; MGr. Conc. I, p. 242 s. v. 'excommunicatio'. 3) '. . . eos, quos episcopus aut sacerdos propter eorum peccata excommunicaverit'. Vgl. unten 2, 248. 3, 180. 4) Vgl. Hinschius a. a. 0. V, 1, S. 291 f. ; er

zitiert lediglich die Allocutio missi cuiusdam 857 c. 8 (MG. Capit. II, 292) und die Capitula Pistensia 869 c. 10 in. (1. c. p. 335). Doch ist über- sehen Theodulfi Aurel. Capitulare alterum c. 9 (Migne CV, 210 D). 5) Man erinnere sich der Interpolationen in Ben. 1, 125. (127). 134. (136); vgl. ferner unten 2, 206. 6) Vgl. oben S. 119 f. 7) Vgl.

Studie IV (N. A. XXIX), 311 (N. 2). 313. 315 ff.

Xeues Archiv etc. XXXV. H

162 Emil Seckel.

2, 201^: aus dem Conc. Burgund., Scbwesterüberliefe- rung in den sog. Statuta Bonif. c. 2 (ed. cit. p. 63). Rubrik von Benedikt. Im Texte scheint Benedikt ^ die Worte 'ab episeopo' (fehlen in den Stat.), der Sammler der Stat. die Worte 'pro contemptu ecclesiae' (fehlen bei Ben.) vor 'agere' interpoliert zu haben. Parallelvorschriften sind zu 1, 178 (Studie VI, 87 f.) angegeben^; am nächsten steht Benedikt das 13. Kapitel der Capitula XVII presbyterorum (9. Jh.)^:

Ben. I Cap. XVII.

Ut nuUns presbiter sacra j üt nuUus presbyter nisi misteria nisi in locis ab in ecclesia ab episeopo con- episcopo consecratis agere secrata ullomodo missam praesumat. presumat caelebrare.

Aus Benedikt selbst sind noch die Kapitel 2, 208a a (der laufenden Reihe angehörig, s. unten S. 169 f.) und 3, 396 als Parallelen zu notieren.

2, 202^: aus dem Conc. Burgund., Schwesterüberliefe- rung in den sog. Statuta Bonifatii c. 3 (ed. cit. p. 63). Rubi'ik von Benedikt. Im Texte stimmen beide Ableitungen, Ben. und Stat., buchstäblich überein*'.

2, 203 ist gebildet aus zwei Rubriken der Dionysio- Hadriana, und zwar zu den Oanones apostolorum. Die naheliegende Frage, ob als Bildner des Kapitels Benedikt selbst oder schon ein Vorläufer zu betrachten ist, wurde oben zu 2, 183 erwogen. Rubrik zu den Rubriken von Benedikt? 2, 203a (bis 'debeat') = Can. apost. c. 42 rubr. Dion.-Hadr. (ed. 1609 Bl. XVI); 1 Variante ('ebrius' statt 'ebriosus'). 2, 203b = Can. apost. c. 43 riibr. Dion.-Hadr.

1) Vgl. Studie IV a. a. 0. S. 311, N. 3. 2) Die Tendenz

richtet sich wohl gegen die Chorbischöfe. 3) Beizufügen : Karoli M.

Capitulare primum 769 c 14 (MG. Capit. I, 46); Theodulfus Aurel., Capitulare primum c. 11 (Migne CV, 195). Vgl. auch Studie VI, 111, N. 1. 4) Ed. Krause, N. A. XIX, 118; vgl. Wasserschieben, Beiträge (1839) S. 44 oben. 5) Vgl. Studie IV a. a. O. S. 311. 816 (N. 8).

6) Dagegen schaltet Burch. 3, 17 (Jaffe 870) hinter 'ab episeopo' die Worte ein : 'loci vel eins permissu'. Ferner fügt er am Schlüsse hinzu : 'Nee dedicationem fingat, nisi sit ; quod si fecerit, si clericus est, degra- detur, si laicus, anathematizetur'. Wer die Zugabe für echt hält, müsste Benutzung der Burgundischen Synode durch Burchard annehmen ; wer die Zugabe für eine Erfindung Burchards zu halten geneigt ist, wird in Burch. 3, 17 in. nichts sehen als eine Kopie aus Benedikt (s. Studie IV a. a. O. S. 818) ; Burch. 3, 17 fin. wäre dann zum Teil kopiert aus Conc, Chalcedon. c. 27 fin. (Dion.-Hadr. ed. 1609 p. 132).

Studien zu Benedictus Levita. VII. 168

(1. c); ohne Variante. Dem Terminus 'presbiter' in 2, 203a kommt kaum quellenkritiscbe Bedeutung zu, da er einfach der Vorlage nachgeschrieben ist.

2, 204: Quelle unbekannt. Terminologie in Beziehung auf den Priester farblos ('nuUus . . . clericorum'). Paral- lelen z. B.i Conc. Carthag. I. c. 13-; Leo I. epist. ad uni- versos episc. (Jaffe 402) c. 3 rubr. Hisp.^ = Decr. 3 rubr. Dion.-Hadr.^; Conc. Cabillon. 813 c. 5 i. f.^ = Capitula e conciliis excerpta 826. 827? c. 6 i. f.^ = Anseg. 2, 36 i. f.^- Theodulfi Aurel. Capitulare alterum c. 29 ^ ; Capitula Otto- boniana c. 24^; Conc. Meld. 845 c. 55 u. s. w. ; vgl. auch die lediglich an Kleriker gerichteten Zinsverbote in C a n. apost. c. 44^; Conc. Nicaen. c. 17, Laodic. c. 5, Cresconius Brev. c. 44 Dion.-Hadr.^*^ u. s. w. Da in einem 'Sacerdos' - Kapitel (unten 2 , 208 b) das Wucherverbot wiederkehrt, so wird 2, 204 einem anderen Quellenkreise zuzuweisen sein.

'•• 2, 205 : das erste Drittel (2, 205 a) aus der Eelatio episcoporum 829 c. 45 in., MG. Capit. II, 41 (= Ben. Add. II. 11 iu.); nicht ^^ aus der Quelle der Eelatio, d. h. Conc. Paris. VI. 829 lib. I c. 50, MG. Conc. II, 643. Zu den zwei letzten Dritteln (2, 205b. c; 'Sacerdos- Synode? oben S. 124) fehlt ein Gegenstück sowohl in der Relatio als im Conc. Paris. Rubrik von Benedikt. Zum Texte :

2, 205a (bis 'honorifice colendus est') cf. Relatio c. 45 in. Die Abweichungen Benedikts von seiner Vorlage sind sach-

1) Einige weitere Parallelen s. Studie II (N. A. XXIX), S. 289, N. 3—5 zu Cap. Frising. c. 10. 2) Migne LXXXIV, 184 : '. . . ut non liceat clericis fenerari . . . quod in laicis deprehenditur, id multo magis debet in clericis praedamnari'. 3) Migne 1. c. col. 762. 4) Ed. 1609 p. 436: 'Quod usuram non solum clerici exigere non debent, sed nee laici christiani'. 5) MG. Conc. II, 275. 6) MCI. Capit. I, 312. 422: 'Et a turpibus lucris et usuris non solum ipsi (sacerdotes) abstineant, verum etiam plebes sibi snbditas abstinere instituant (instruant)'. 7) Migne CV, 217: 'Admonendi sunt, ut usuras nequaquam exerceant et plebibus sibi subiectis et clero praedicent, ut ab hoc vitio omnibus modis abstineant secundum canonum institutionem'. 8) N. A. XXVII, 585 :

'Ut usuras ab omnibus fieri prohibeant, sed et ipsi (presbiteri) facere caveant'. 9) Sollte es Zufall sein, dass Ben. 2, 203. 204 in der Materien- folge den cc. 42 44 Can. apost. entsprechen ? Unmittelbare Quelle von Ben. 2, 204 ist can. 44 apost. darum noch lange nicht; a. M. Knust. 10) Ed. 1609 fol. XVI, p. 9. 75. 651. 11) Vgl. insbesondere unten

S. 164, N. 5.

11*

164

Emil Seckel.

lieh durchweg ziemlich tief ein

ohne Belang, in ; man vergleiche:

die Form greifen sie

Relatio.

liiter caetera vero ad- monitionis nostrae officia satis illud nobis ^ necessa- rium visum est , ut populis fidelibus terribiliter dennn- tietur, ut - diem dominicura, in quo auctor vitae resur- rexit a mortuis, honorabiliter et venerabiliter colant ^.

Nam si * pagani ob rae- moriam et reverentiam deo- rum suorum dies colere et ludei more carnali sabbatum carnaliter observare satagunt, quanto ^ magis ^' ^ christianae religionis devotio ob memo- riam dominicae resurrectionis eundem diem venerabiliter atque honorabiliter colere debet ^.

Ben. P 1 a c u i t , ut fide 1 e s ''

diem dominicum , in quo dominus- resurrexit, vene- rabiliter colant.

Nam si ^ pagani ob me- moriam et reverentiam deo- rum suorum quosdam" dies col u n t ^ et ludaei more carnali sabbatum car- naliter observ a n t ®, quanto '^ magis ■* Christian i s

i s t e di e s honor i f i c e le n d u s est.

co-

1) Fehlt in Ben. Add. II. 11. 2) Das umständliche Initium ist

eigenes Fabrikat der Relatio ; Conc. Paris, weicht völlig ab. Zu 'neces- sarium visum est' vgl. Relatio c. 37 in. (oben bei 2, 193 a), c. 46 in. (unten bei 2, 208 a). 3) 'diem colant' ziemlich wortgetreu aus Conc. Paris, cit. (p. 643 1. 8. 9) ; wegen 'honorabiliter' vgl. ibid. p. 643 1. 15, d. h. den Passus, aus dem der Schluss des oben abgedruckten Stückes der Relatio entnommen ist. 4) Zu 'si . . ., quanto magis' vgl. oben

2, 182b. 193c. 5) In den Worten 'Nani si magis' geht die Fassung der Relatio ihre eigenen Wege; das Conc. Paris. 1. c. p. 643 1. 11. 12 weicht in der Form erheblich ab. Benedikt benutzt offensichtlich die Relatio und nicht deren Vorlage. 6) Der Passus 'christianae debet' deckt sich in der Hauptsache wieder mit Conc. Paris. 1. c. p. 643 1. 13. 14/1.5. 7) Vgl. oben S. 110 f. 8) Während die Relatio nach spät-

römischem Vorgang rhetorisiert ('auctor vitae', aus Conc. Paris. 1. c. p. 643 1. 8 ; 'colere et . . . observare satagunt', aus Eigenem ; vgl. analog : 'remansisse uon dubium est' Relatio c. 54 = Conc. Paris, lib. III c. 2), schreibt Benedikt im nüchternen Kapitularienstil 'dominus', 'colunt et . . . observant' (vgl. analog: 'remauserunt' Ben. 2, 215a). Dass Bene- dikt in 2, 205 a auch sonst mit Erfolg das Vereinfachungsverlahren (oben S. 1U9 f.) handhabt, zeigt die Vergleichung der Texte. An eine einfacher stilisierte, vor 829 fallende Vorlage (X) braucht man hier nicht zu denken. 9) Mit der Einfügung des 'quosdam' (fehlt wie in der Relatio, so auch im Conc. Paris. 1. c. p. 643 1. 12) will Ben. vielleicht ein mögliches Miss- verständnis ausschliessen (bestimmte Feiertage der Heidengötter, nicht beliebige Tage).

Studien zu Benedictus Levita. VII. 165

Dass die Sonntagsheiligung in unserer Reihe wieder- holt eingeschärft wird, erhellt aus der Vergleichung von Ben. 2, 205a mit 2, 189a.

2, 205b ('Ne in illo sancto decantent'). Ueber die richtige Weise der Sonntagsfeier verfügt das inter- essante Teilkapitel Folgendes : 'Ne in illo sancto die vanis fabulis ^ aut locutionibus - sive cantationibus ^ vel saltatio- nibus^, stando in biviis'' et plateis •^, ut solet, inserviant ^. Sed ad sacerdotem aut ad aliquem sapientem^ et bonnm veniant et eorum praedicationibus* et bonis locutionibus, quae ad animam pertinent, utantur^. Et illo die seu sab- bato ad vesperas et ad matutinas sive ad missam ^^ cum eorum oblationibus ^\ si fieri potest ^-, omnes canendo "Kirie eleison" veniant et eundo et redeundo "Kirie eleison" de- cantent' ^^.

2, 205 c ('Similiter' 1^ bis Schluss). Der m. W. ohne Parallele dastehende Inhalt des Teilkapitels ist, dass die Viehhirten ('pastores pecorum') auf dem Hin- und Rück- wege ins Feld vind nach Hause das Kyrie eleyson (jedenfalls an Stelle der üblichen heidnischen Lieder) singen sollen, um ihr Christentum kundbar zu machen ^^.

1) Ueber das Verbot von 'fabulae otiosae (vanae)' in derKirche s. unten 2, 240 nebst Parallelen in Note 6 (S. 183 f.). Mit den 'vanae fabulae' sind wohl auch die Götter- und Heldensagen gemeint. 2) Ueber 'otiosus sermo' vgl. 2, 225 selbst nebst dem Gregorzitat in N. 2. 3) Liebes- lieder u. s. w. Ueber 'cantica luxuriosa (obscoena, inlecebrosa, amatoria)' und 'cantica turpia' vgl. zu 2, 196, oben S. 157, N. 2. 3. 4) Vgl. oben 2, 19(3 nebst N. 1 (S. 157). 5) Vgl. Dicta Pirminii (Caspari S. 176

oben): 'nullus christianus neque ad ecclesiam . . . neque in trivios . . . cantationis, saltationis, iocus et lusa diabolica facire non presumat'. 6) Vgl. Conc. Narbonense 589 c. 3 (Migne LXXXIV, 611): Klerikern ist verboten 'in plateis stare et fabulis diversis commisceri' ; vgl. oben 2, 196 nebst N. 3 (S. 158). 7) Zum vorstehenden Satze überhaupt vgl. die

Behandlung desselben Themas in 2, 196. 8) Ueber die Laienpredigt

vgl. Hiuschius, Kirchenr. 1, 165 f. 9) Die Pflicht zum Predigthören

ist schon oben 2, 17Üb Anfang berührt. 10) Vgl. oben 2, 170a.

195 fin. 11) Vgl. Conc. Rotomag. saec. IX. c. 15 in. (Bruns II, 271): 'Ut populus admoneatur, ut in dominicis et festis diebus omnes ad vesperas et nocturnas vigilias et ad missam omnimodis occurrant'. Ueber den Messbesuch s. auch schon oben 2, 190 i. f. 12) Vgl. 2, 170 a. b.

13) Vgl. Conc. Rispac. 800 c. 34 (MG. Conc. II, 211): 'Ut omnis populus . . . absque . . . inlecebroso canticu et lusu saeculari cum laetaniis pro- cedant et discant "Kyrieleyson" clamare'. 14) Zu der "Wendung

'veraciter christianos et devotos esse' vgl. oben S. 128 zu 2, 176 Satz 1. 15) Der ländlichen Arbeiterschaft (speciell der Hirten) und ihres Seelen- heils nimmt sich auch das sog. Conc. Rotomag. saec. IX. c. 14 (ßruns ir, 271 ; = Reg. 2, 420) an durch die Vorschrift, dass ihre Herren 'in dominicis et in aliis festis diebus saltem vel ad missam faciant vel per-

166

Emil Seckel.

2, 206^: aus dem Conc. Burgund. ; doppelte Schwesterüberlieferung, einmal in den sog. Statuta Bonifatii c. 31 (ed. d 'Achery, Spicil., 1669, IX, 66), sodann 2 in dem Poenitentiale Pseudo-Theodori c. 26 (41) 'De reconeiliatione poenitentum' ^ §§ 1. 4 fin.^; Text- verhältnisse ^:

Stat. Bonif. Et quia vsiria ^ necessitate px?iepe- dimur '' canonum s/a- tuta'^ de reconcüian- dis poenitentihus ple- niter observare ^, propterea ^ oninino no\i '^ dimittatur : euret ^ nnusquisque preshiter statim '^ post acceptam confessio- nem ^ poenitentium. singulos data ora- tione reconcüiari.

Ben. Quia Vera neces- sitate praepedimur ^ canonum statuta "^ de reconciliandis p>oeni- tentihus pleniter ob- servare'^, propterea^ omnino won ^ dimit- tatur, u t nnusquis- que preshiter i u s - sione episcopi de occultis tan- tum, quia de manifestis epi- scopos semper convenit iudi- c a r e , statim post acceptam confessio- nis penitentiam. ^ sin-

Ps.-Theodor. c. 26. la). ^m'a^quod saepe varia ^ necessi- tate perpendimur, canonum instituta de reconciliandis poeni- tentihus, id est in coena domini, ple- niter nequimus, ta- rnen nee omnino dimittat'U') ; c ur et *^ umisquisque preshi- ter post acceptam confessionem *" poeni- tentiamque ^ datani mox singulos data oratione reconciliari

mittant venire'; dieselbe Vorschrift enthält die Homilia Leonis IV. (Sdralek, Wolfenb. Fragm. S. 182) : 'Porcarios et alios pastores dominica die ad missam facite venire'. 1) Vgl. Studie IV a. a. O. S. 313. 315 ff. 2) Bisher nicht bemerkt. 8) Die Aehnlichkeit von Benedikts Rubrik :

'De reconciliandis poenitentihus' ist wohl eine zufällige. 4) Ed. Kuust- mann (an dem zu 2, 195 a. 0.) S. 91 ; ed. Wasserschieben , Buss- ordnungen S. 610, 5) Was in allen drei Ableitungen übereinstimmt, ist kursiv gedruckt. Was aufrecht wiedergegeben wird , weicht vom ursprünglichen Texte ab, soweit sich nicht das Gegenteil aus den folgenden Noten 6 und 7, sowie S. 167, N. 1 ergibt. 6) Echt wegen Ueberein- stimmung von Stat. und Ps.-Theodor. 7) Echt wegen Uebereinstimmung von Stat. und Ben. 8) Benedikt und Pseudo-Theodor hatten beide eine Vorlage, in der das wohl richtige 'poenitentium' (so nur noch Stat.) bereits zu 'poenitentiam' verderbt war. Zu 'confessionis poenitentiam' vgl. oben S. 135, N. 1 zu 2, 182c. 9) Bei Pseudo-Theodor folgt eine Reihe von Vorschriften grössten Teils 1)ekannter, zum kleineren Teil unbekannter (aber darum nicht Burgundischer) Herkunft. Zur Ergänzung Wassersch- iebens möge über die Quellen, aus denen Ps. - Theodor geschöpft hat, nebenbei in Kürze Folgendes bemerkt sein. Ps. -Theod. c. 26 § Ib ('exceptis his in coena domini') : Interpolation Ps.-Theodors, dem Sinne (nicht den Worten) nach entsprechend der Interpolation Benedikts 'de X)ccultis iudicare' ; beide Interpolationen tragen dem durch die Reform-

Studien zu Benedictus Levita. VII.

167

Stat. Bonif.

Morientibiis vero ^ sine cnnctamine com- munio et reconcilia- tio praeheatur.

Ben.

gulos (lata oratione reconciliari ^.

Morientihi(S vero ^ sine cunctamine com- munio et reconcilia- tio praeheatur.

Ps.-Theodor. c. 26.

4b).^ _.

quia Omnibus mori- entihus secuudum auctoritatem Ni- ceni concilii sine cunctamine commu- nio et reconciliatio praeheatur ^.

Synoden von 813 geschaffenen Rechtszustande Rechnung (öffentliches Verbrechen, öffentliche Busse ; Rekonziliation durch den Bischof nach Ableistung der Busse am Gründonnerstag; vgl. Hinschius, Kirchenr. V, 1, S. 93, X. 1, S. 98, N. 6); c. 26 § Ic ('Si vero discedant'): freie, nur zum Teil wörtliche Wiedergabe von Innocentius I. epist. ad Decen- tium c. 7 i. f. (Hisp., Migne LXXXIV, (543; Dion. -Hadr. ed. 1609 p. 336) = Halitgar. 3, 13 (ed. Schmitz, ßussbücher II, 278; Canisius- Basnage II, 2, p. 107) ; c. 26 § 2 : ziemlich wortgetreu Leo I. epist. ad Rustic. Narbon. c. 6 Hisp., Migne LXXXIV, 766; = c. 20 Dion.- Hadr. (p. 457) ^ Halitg. 3, U (1. c. p. 278 bzw. 108); c. 26 § 3: interpolierte "Wiedergabe der Quelle, die im echten Wortlaut den § 4 der Appendix Poenitentialis Ps. -Romani (Wasserschi. S. 373; = Halitg. VI, 81, 1. c. p. 299 bzw. 138 und 126) bildet; c. 26 § 4a (bis 'cum poenitentia') : interpolierte Wiedergabe der Quelle, die im echten Wort- laut den § 5 der angeführten Appendix (). c; = Halitg. VI, 82, 11. cc.) bildet. Ueber c. 26 § 5. 6 vgl. unten N. 3 am Ende. 1) Echt

wegen Uebereinstimmung von Stat. und Ben. 2) Da Benedikt das

echte 'curet' zu 'ut' verschlechtert hat, so hätte er konsequent aus 're- conciliari' machen müssen 'reconciliet' ; dies hat er nicht getan und so ergiljt sich ein 'ut' mit accus, c. inf. (analoge Erscheinungen in den römi- schen Rechtsquellen verzeichnet bei Seckel - Heumann, Handlexikon zu den Quellen des röm. Rechts s. v, 'ut' am Ende). 3) Der Konjunktiv

'praeheatur' ist original, hätte aber in Ps.-Theodors Kausalsatz geändert werden sollen. Die Interjjolation 'secundura auctoritatem N i c e n i concilii' verweist ganz richtig auf das Conc. Nicaen., ohne dass jedoch eine der vielen Textrezensionen wörtlich dem canon concilii Burgun- dici zum Grunde läge ; vgl. 1. Version des Caecilianus von Carthago c. 13 fin. (Maassen, Gesch. I, 907) = Sammlung des Theodosius Diaconus c. 13 fin. (Migne LVI, 828); 2. Version des Atticus c. 13 fin. (Migne LXXXIV, 223) ; 3. sog. isidorische Version a) ältester Gestalt c. 14 fin. (Maassen I, 928), b) Vulgatform c. 12 fin. (Migne LXXXIV, 96), c) Form der Quesnelliana c. 19 fin. (Migne LVI, 397); 4. Version der Sammlung von Chieti c. 20 fin. (Migne LVI, 820); 5. gallisch - spanische Version c. 12 fin. (Maassen I, 912); 6. gallische Version c. 11 rubr. init. und c. 11 fin. (Maassen I, 915. 919); 7. Versio prisca c. 12 fin. (Migne LVI, 763), verwandt mit n. 2; 8. Version des Dionysius c. 13 fin. (Dion. -Hadr. ed. 1609 p. 7) ; 9. Abbreviation des Rufinus c. 14 (ed. Mommsen in Euse- bius, Kirchengeschichte [Griech. christl. Schriftsteller IX, 2] S. 968);

10. Sammlung der Hs. von Saint -Germain c. 20 (Maassen I, 924);

11. Felix III. (II.) Schreiben an alle Bischöfe 'Qualiter in Africanis'

168 Emil Seckel.

Dass unter den drei von einander unabhängigen Ab- leitungen dem in den Statuta aufbewahrten Texte durch- weg ^ der Vorzug der Ursprünglichkeit - zukommt, wird bald durch die zweite (Ps.-Theod.), bald durch die dritte (Ben.) Schwesterüberlieferung erhärtet. Bei Benedikt ist einmal der Text ^ in einigen Nebendingen verschlechtert ('vera', 'ut', 'confession i s penitenti a m '), und sodann der Sinn des Originals in doppelter Richtung durch tendenziöse Interpolation verändert ; über die Worte 'iussione episcopi ' vgl. Studie IV, 317 bei N. 3, über die Worte 'de occultis tantum , quia de manifestis episcopos semper convenit iudicare' vgl. ebenda bei N. 4 und oben S. 166, N. 9 Anfang.

2, 207: in letzter Linie aus (Pseudo-?) Gregors I. Schreiben an den Angelnbischof Augustinus 601 (Eegistrum XI, 56a; Jaffe 1843), c. 8 nach dem Anfang (MG. Epist. II, 338). Benedikt schöpft aller Wahrscheinlichkeit nach nicht unmittelbar aus Gregor. Täte er es, so verstiesse die mitten in den Text eingefügte Quellenangabe 'ut ait sanctus Gregorius' gegen alle sonstige Gepflogenheit des Fälschers. Zwischen dem Original und Benedikt wird man sich eine Zwischenquelle zu denkeTi haben. Leider fehlt jeder Anhaltspunkt, sie näher zu bestimmen. Keines Falls darf sie mit Knust in dem Poenitentiale Martenianum c. 66 § 3 (Wass. S. 297 f.) erblickt werden, und zwar wegen der Lesarten 'qua die und 'procreatione'. Noch weniger kommt als Zwischenquelle die Kürzung unseres Textes in Frage, wie sie in c. 3 des angeblichen 'Capitulare incerti anni (ca. 744)' vorliegt^. Rubrik zu 2, 207 vermutlich von Benedikt. Im Texte ^ nicht wenige Varianten ; allen

(Jaflfe 609, ed. Hinschius p. 634) ; 12. Martin von Braga, Capitula c. 82 fin, (Migne LXXXIV, 586). Was bei Ps.-Theodor auf c. 26 § 4b folgt, hat mit der Burgundischen Synode nichts zu schaffen ; es sind vieiraehr c. 26 § 5 : interpolierte Wiedergabe der Quelle, die in § 6 der Appendix Poen. Ps. Rom. (Wass. a. a. 0.; = Halitg. VI, 83 ed. Schmitz II, 299, ed. Canisius- Basnage II, 2, p. 138 und 126) im Allgemeinen echt, am Schlüsse vielleicht interpoliert erhalten ist ; c. 26 § 6 : gebildet aus Conc. Afric. c. 12 i. f. Dion.-Hadr. (ed. 1609 p. 214), nicht (wie Wassersch- ieben behauptet) Conc. Carthag. III. c. 35 Hisp. (Migne LXXXIV, 193). 1) Nur bezüglich des ersten Wortes 'Et' fehlt die anderweitige Beglau- bigung. 2) Vgl. Studie IV a. a. 0. S. 316 (bei N. 5). 3) Was in ihm originalfrerad ist, wurde im obenstehenden Abdruck durch Sperrung hervorgehoben. 4) Vgl. des Näheren Studie III (N. A. XXIX) S. 294 308, insbes. S. 301. 5) Abgedruckt (neben dem Original und der

Kürzung des Capitulare incerti anni) in Studie III a. a. O. S, 305.

Studien zu Beuedictus Levita. VII. 169

Hss. des Gregorbriefes sind fremd die Lesarten 'Cum' statt 'Cum vero', 'didicimus' statt 'didicisti', 'In carnis' statt 'In earnis enim (autem)', 'in prolis vero' statt 'nam in prolis', 'culiDam' statt 'in culpam'. Wo im Original steht 'primae matri omnium', lesen wir bei Ben.: 'primo matrimonio' ; eine ähnliche seltsame Verderbnis ('primum matrimonium') weist nur cod. F (Sammlung der Hs. von Fecamp ^) auf, von welchem cod. aber Ben. im übrigen erheblich abweicht.

*2, 208: zu zwei Dritteln (2, 208aa. a;'. c) aus der Relatio episcoporum 829 c. 46, MG. Capit. II, 41 sq. (== Ben. Add. II. 12 2); nicht wie der Parallelabdruck zeigen wird aus der Quelle der Relatio, d. h. Conc. Paris. VI. 829 lib. I c. 47, cf. lib. III c. 6^ MG. Conc. II, 641. 672. Zum übrigen Drittel (2, 20Sa ^. b. d) finden sich in Conc. Paris, bzw. Relatio zwar einzelne sachliche Parallelen (zu 2, 208 b in Rel. c. 46; zu 2, 208 d in Rel. c. 54, p. 43 sq.); als Quellen Benedikts können aber diese inhaltlichen Parallelen wegen grundverschiedener Formu- lierung nicht betrachtet werden. Rubrik unseres Kapitels ausnahmsweise nicht von Benedikt, sondern wörtlich = Conc. Paris. 829 lib. III c. 6 rubr. ; auf Zufall kann die Ueber- eiustimmung beider Rubriken kaum beruhen *. Zu den ein- zelnen Teilen des Textes ist Folgendes zu sagen :

2, 208aa. a;'. c. Die Beziehungen der drei hier zu berücksichtigenden Texte veranschaulicht der nachstehende vergleichende Abdruck^:

C. Par. I c. 47.

Relatio c. 46. , Ben. 2,208 a.

(A.)Illudetiam, quam- I a. Placuit, ut i\- quam sepe admonitum d e 1 e s ® sit, nobis iterum incul- \ candum populisque de- nuntiandum summopere visura fuit,

1) Die Vorlage dieser Sammlung ist irisch, die Sammlung selbst fränkisch (Orleans ?) ; vgl. Maassen, Quellen I, 784—786. 2) Wo 7 Va- rianten, von denen einige mit Conc. Paris, lib. I c. 47 cit. übereinstimmen. Vgl. ferner unten 3, 396. 431, namentlich zu Anfang (die Quelle von 3, 431 in. hatte Knust noch nicht ermittelt). 3) Von Conc. Paris,

lib. III c. 6 interessieren nur die Rubrik und vom Texte das Mittelstück 'et per alia quaelibet necessitas fieri compellit'. 4) In Add. II. 12

hat Ben. eine eigene abweichende Rubrik. 5) Er nimmt auch die Ein- schiebungen 2, 208a y?.b in sich auf. 6) Vgl. oben S. 110 f.

170

Emil Seckel.

Eelatio c. 46. ut missarum celebra- tiones in locis incongru- entibus fieri o m n i n o non debeant.

C. Par. I c. 47.

(rubr.) Quod ^ mis- sarum celebrationes in^ locis incongruentibus fie- ri l> non debeant t».

(A.) Consuetudines perspicuum est -.

C. Par. I c. 47 = Eelatio c. 46.

(B.) Proinde^ necesse est poenitus amoveat.

Et si quis praesbyterorum ab h ine ^,

excepto* quando in** itinere per- gitur®-^

et locus basilicae procul est ^ et^ id in altaribus ab episcopo con- secratis fieri necessitas compellit*^,

Ben. 2, 208 a.

missarum caelebratio- nes in locis non c o n - secratis^ et incon- gruentibus fieri ^ omnino non debeant^,

ß. uisi causa hostilitatis vel 1 o n g i n q u i iti- ner i s

y. et id in altari- bus ab episcopo con- secratis fieri ^*^ ne- cessitas compellat.

a) 'Ut' C. Par. III c. C. Par. 1. 1. c) 'et' Rel.

6 rubr. b) fieri non debeant] 'non fiant'

d) om. Rel. e) 'pergit' Rel.

1) Vgl. aus C. Par. III c. 6 med. die Worte: '. . . per . . . in- congrua loca fieri non debeat'. 2) Der abweichende Textanfang inter- essiert hier nicht. 3) Entspricht dem Anfang von 2, 208 b ('Sacerdotes tamen qui') bei Benedikt. 4) Diese 5 Worte kehren auch in C. Par. III c. 6 med. wieder. 5) Aus lonas Aurel., De inst. laic. 1, 14 rubr. (Migne CVI, 149; = C. Par. lib. II c. 13 rubr., MG. Conc. II, 666 = Ben. 3, 396 a) : 'si locus basilicae procul fuerit'. 6) Diese Worte kehren, durch die eingeklammerten Einschiebungen unterbrochen, in C. Par. III c. 6 med. wieder: 'et id (in aliis locis quam in basilicis Deo dicatis vel etiam) in altaribus ab episcopo consecratis, (ne maneat' ; dieses Einschiebsel aus dem auf das Wort 'compellit' in Par. folgenden Passus) 'necessitas fieri compellit'. 7) Diese hier von Benedikt herrührende Bestimmung

kehrt ihre Spitze gegen das Messelesen in Privatkapellen; vgl. oben 1, 178 nebst den Nachweisungen in Studie VI (N. A. XXXI), 87 f., und dazu noch Karoli M. Cap. primum 769 c. 14 (MG. Capit. 1, 46). Dem Wort- laut 'in locis non consecratis' kommen am nächsten Homilia Leonis IV. (Studie VI a. a. 0. S. 87 bei N. 2) und Ben. 2, 201. 8) So schreiben die guten Hss. von Gotha und Rom (Vat. Pal. 583), nicht (wie Baluze druckt) 'facere' ; das 'fieri' steht auch in der direkten und der mittelbaren Vorlage. Es liegt also hier auf der Hand, dass das stereotype I n i - tium 'Placuit, ut fideles' von Benedikt und zwar nicht mit der nötigen Sorgfalt interpoliert ist. 9) Zu Ben. 2, 208a a vgl. die fast durch- weg kongruente Norm in Ben. 2, 201. 10) Das in Pertz' Texte nun folgende 'si' hat die Hss. von Gotha und Rom (Vat. Pal. 583), die es nicht enthalten, gegen sich.

Studien zu Benedictus Levita. VII.

171

C. Par. I c. 47 = Relatio c. 46.

ne maneat*,

missarum celebrationes in huiusce- modi^ inlicitis locis post tot tantasque prohibitiones facere adtemptaverit, dig- num est, nt gradtis sui periculum in- currat.

C. Par. I c. 47.

(C.) Laicos com- pellant ^.

(D.) Satins igitur i 1 1 i s est missam non audi r e , quam eam, ubi non licet nee oportet, audire.

Relatio c. 46.

(C). Satins igitur est missam non au- di ri^, quam eam, ubi non licet nee ojDortet, c e 1 e b r a - r i "^ a u t audi r i *^ .

Ben. 2, 208 b.

Sacerdotes ta- m e u , q u i in locis illicitis et non

consecratis- miss as cantare

praesumunt, gradu m s e s c i - ant amissuros.

Ben. 2, 208 c.

Melius est enim missam non audiri, quam eam, ubi non licet nee oportet, celebra r e aut au- di r e.

Für Ben. 2, 208 a a steht auf Grund des Wortes 'omnino', in dem er mit der Relatio zusammentrifft, die Nichtbenutzung des Conc. Paris, fest; Ben. kann nicht wohl nnabhängig von der Relatio auf dieselbe Interpolation verfallen sein. Seine Vorlage, die Relatio, hat Benedikt gemodelt durch Vereinfachung ihres schwülstig und super- lativisch '^ gefassten Einganges ^, sowie durch Einschaltung der tendenziös (S. 170, N. 7) gefälschten Worte 'non con- secratis et'.

2, 208a ß ist von Ben. entweder gefälscht oder aus einer unbekannten Quelle (vielleicht derselben, die ihm 2, 208b. d geliefert hat) eingeschoben.

2, 208 aj' ist wörtlich, abgesehen von der Aenderung des Modus ('compell a t '), aus der Relatio (= Conc. Paris.) kopiert.

a) 'remaneat' Rel. b) 'huiusmodi' Ben. Add.

Ben. Add. d) 'celebrare' Ben. Add.

c) 'audire'

1) Die beiden hier in C. Par. stehenden Sätze interessieren uns nicht. 2) Vgl. S. 170, N. 7. 3) Vgl. oben S. 150, N. 5 zu 2, 193 b. 4) Aus dieser Einfachheit auf grössere Ursprünglichkeit der Fassung Benedikts, die dann aus einer vor 829 entstandenen Vorlage (X) ent- nommen sein müsste, zu schliessen erscheint nicht als angängig.

172 Emil Seckel.

2, 208 b : die Worte 'et non eonsecratis' werden wohl, wie in 2, 208a a, von Benedikt interj^oliert sein. Im übi'igen macht die Norm den Eindruck der Echtheit. Auch trifft sie im Sinne mit Conc. Paris. = Rel. zusammen ; doch weicht die Fassung so erheblich und so unmotiviert ab, dass man sie schwerlich auf vereinfachende Zurechtstutzung- durch Benedikt zurückführen kann. Dann muss Benedikt eine echte Quelle ^ benutzt haben und zwar vermutlich jene schon mehrfach - berührte unbekannte Vorlage (Synode), die konsequent den Priester als 'sacerdos'^ bezeichnet^.

2, 208 c : in Folge der Exzerpierung des Conc. Paris, durch die Pelatio musste das Wort 'illis' (Conc. Paris.) in der Relatio verschwinden ; Benedikt deckt sich in dieser Auslassung mit der Relatio und nicht mit deren Vorlage. Weiter erhärten die im Conc. Paris, fehlenden, Benedikt mit der Relatio gemeinsamen Worte 'celebrare (-ri) auf, dass Ben. das Conc. Paris, nicht benutzt haben kann. Am Texte der Relatio hat Ben. leichte Aenderungen vor- genommen ('Melius est enim' statt 'Satius igitur est' ; wegen 'celebrare aut audire' vgl. oben S. 171, N. c. d).

2, 208 d ('Et de usura, ut non fiat, omnes admonean- tur') : Quelle unbekannt. Unser Kapitel handelt laut Rubrik, welcher auch der bisherige Text (a c) entspricht, vom Verbot der Messfeier an unpassenden Orten. Nun kommt plötzlich das Zinsverbot hereingeschneit. Da es nicht Benedikts Art ist, seinen Texten wildfremde Dinge im Interpolation swege anzuflicken, so drängt sich die Ver- mutung auf, dass die Veranlassung für die Aufnahme der lex fugitiva eine äussere war : vermutlich folgten die Worte 'Et de usura' etc. in der so oft benutzten unbe-

1) Der parallele Passus des Conc. Paris, könnte eine Ueberarbeitung derselben Quelle sein. 2) Oben S. 124. 134 f. 163;5. 3) Dass Conc. Paris, und Relatio gelegentlich der Presbyter-Terminologie huldigen, zeigt der Paralleltext zu Ben. 2, 208 a (S. 170). 4) Nicht uninteressant ist die Beobachtung, dass durch die Verwertung der hypothetischen Vorlage (und die dadurch gebotenen Eingriffe in die Relatio Satz B) Benedikt die schlechtere Logik im Aufbau der Relatio durch bessere Logik ersetzt hat. Benedikt sagt nämlich ganz korrekt: das Abhalten von Messen an unpassenden Orten ist verboten ausser in den und den Notfällen ; Priester, die an verbotenem Ort die Messe singen, werden mit Degradation be- straft. Conc. Paris, dagegen bestimmt: die Messfeier an unpassenden Orten ist schlechthin verboten ; wenn ein Priester ausser in dem und dem Falle, wo dies die Not gebietet die Messe an dergleichen ver- botenen Orten feiert, so wird er degradiert. Da offenbar beide Texte für die Notmesse nicht nur die Strafliarkeit, sondern schon die Rechts- widrigkeit ausschliessen wollen, so ist es logisch, von der Ausnahme in der Norm und nicht erst im Strafgesetz zu sprechen.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 173

kannten Quelle ('Sacerdos'- Synode) auf den bei Ben. 2, 208 b aufbewahrten Kanon. So zahlreich nämlich die Parallelen^ zu dem Zinsverbot in 2, 208d - fliessen, so wenig ist es bisher gelungen, eine auch in der. Fassung mit 2, 208 d sich deckende Quelle aufzufinden.

2, 209. Dieses Kapitel, das vom Ehehindernisse der Blutsverwandtschaft, von der Trennung der Ehe und von der Bestialität handelt, besteht aus Fragmenten des Poe- nitentiale Theodori nebst zwei (2, 209 b. e) einge- streuten Versen des Leviticus. Die wenig umfäng- lichen Interpolationen mögen von Benedikt selbst herrühren. Das ganze Mixtum compositum hat Benedikt vielleicht schon fertig in einer Zwischenquelle^ vorgefunden. Knust und Scherer glaubten, diese Zwischenquelle liege uns in den sog. Statuta Bonifatii c. 35 (= Ben. 2, 191) vor ; gegen diese Annahme ist bereits in Studie IV ^ Ein- spruch eingelegt worden. Das gedachte Kapitel der Sta- tuta kann schon darum nicht als Zwischenquelle bezeichnet werden, weil Ben. 2, 209 mehr ans Theodor entnimmt als Pseudo- Bonifaz und weil Ben. 2, 209c. d sich näher an die Quelle hält als letzterer. Gehen sonach Ben. 2, 191 {=^ c 35 Stat. cit.) und Ben. 2, 209 unabhängig von ein- ander (teilweise) auf dasselbe Original zurück, so ergibt sich weiterer Aufschluss über die Ursprungsverhältnisse von 2, 209 zum Mindesten in negativer Richtung: 2, 209 kann nicht wohl gleich 2, 191 der Burgun- dischen Synode angehören, weil diese sich sonst selbst wiederholt hätte. Für die positive Zuweisung von 2, 209 an einen anderen Quellenkreis lässt sich, soweit ich sehe, höchstens der eine Umstand verwerten, dass auch ein anderes 'Sacerdos'- Kapitel unserer Reihe (2, 187) vom Theodorschen Bussbuche, wenigstens mit'telbar, be- einflusst ist. Rubrik entweder von Benedikt oder aus der problematischen Zwischenquelle. Zum Text:

2, 209 a (bis 'scriptum est) : vgl. Theodori Poeniten- tiale II, 12 § 25 (Wasserschieben S. 21G ; Schmitz, Buss- bücher I, 547 und II, 578). Textverhältnisse:

1) Sie sind so häufig, dass von Belegen abgesehen werden kann.

2) Nur darauf ist aufmerksam zu machen, dass in unserer Unterreihe 2, 170 209 sich das Zinsverbot schon einmal (in 2, 204) voi-findet.

3) Das Poen. Vallicell. II. (vgl. oben zu 2, 187) trägt nichts zur Er- mittelung dieser Zwischenquelle bei, da es keine Busskanonen enthält, die ihrerseits auf die hier interessierenden Partien Theodors zurückgingen.

4) N. A. XXIX, 313, N. 2.

174

Emil Seckel.

Ben. In q u a r t a ^ propinqui- tate carnis, quinta sex- t a q n e - n o n (!) licet nu- bere, sicnt in lege scriptum est^

Theodorus.

In t e r t i a propinqnitate carnis licet nubere s e c n n - dum Graecos, sicut in lege scriptum est, i n quinta s e c u n d u m Romanos . . .

2, 209 b ('Omnis gradum') = Levit. 18, 6; vgl. oben 2, 31a. Varianten: 'propinquam' statt 'proximam'; 'ac- cedat' (wie oben 2, 31a) statt 'accedet'. Am Schlüsse fügt Benedikt hinzu : 'id est usque ad septimum gradum' ; mit dieser Interpolation bleibt sich Benedikt selbst treu, da er dieselben oder ähnliche Worte schon in einen frän- kischen und einen westgothischen Text eingeschoben hat (oben 1, 82^. 2, 130'^); bei Bildung des Einschiebsels mag dem Fälscher der von ihm früher (2, 80a) benutzte Brief Gregors III. an Bonifatius (vv. 'usque ad septimam . . . [generationem]') vorgeschwebt haben.

2, 209 c ('Legitimum innupti'): Anfang = Theod. Poen. II, 12 § 7 (Wass. S. 213; Schmitz I, 545 und II, 576); ohne Variante''. Den Schluss: 'ita tarnen, ut ambo deo serviant innupti' hat Benedikt ', wohl im Sinne des Originals, aus Eigenem hinzugefügt^.

2, 209 d (Tötest permanserit') : Anfang = Theod. Poen. II, 12 § Sa init. (Wass. S. 214; Schmitz I, 546 und II, 576). Varianten nebensächlich ('autem' statt 'tarnen'; 'servitium' statt 'servitutem'). Auch hier hat Benedikt ''', im Sinne des Originals^, am Schlüsse einen Passus ange- flickt ('si ipse tamen innuptus vel innupta permanserit').

2, 209e ('In veteri cum eo') = Levit. 20, 16. Dem Bibeltexte (einzige Variante : 'interficiatur' statt 'interficie- tur') schickt Benedikt "' als Herkunfts- und Inhaltsangabe

1) Schon in der Zwischenquelle interpoliert? Vgl. die folgende Interpolation Benedikts. 2) Wohl von Benedikt eingefügt ; vgl. seine

in derselben Klimax ansteigende Interpolation 'vel quinta sextaque' in

1, 166 (Studie VI, N. A. XXXI, 85 bei und in N. 3). Die ansteigenden Zahlen 'in quarto vel quinto vel sexto gradu cognationis' begegnen auch im Poenit. Martenianum c. 31 (Wass. S. 289). 3) Zur Sache vgl. die mehrfache Behandlung des Eheverbots in unserer Reihe: 2, 191 in.;

2, 240 in. 4) Dazu Studie VI (N. A. XXXI) S. 75. 5) Dazu Studie VII, 1 (N. A. XXXIV), S. 369, N. 4, wo auf die mögliche Her- kunft des Ausdruckes 'gradum' hingewiesen ist. 6) Zur Sache (Ehe- trennung) vgl. oben 2, 191 und nochmals unten 2, 235 med. 7) Oder schon die Zwischenquelle? 8) Aehnlich ludicium Clementis c. 15 (Wass. S. 435) : 'ut innupti maneant'. 9) vv. 'et tamen non est canonicum'.

Studien zu Beneclictus Levita. VII. 175

die Worte voran : 'In veteri testamento taliter legitnr de coitu cum pecoribus'.

2, 209 f ('In novo poeniteat') = Theod. Poen. I, 2 § 3 (Wass. S. 185; Schmitz I, 526 und II, 546). Varian- ten: 'In novo(!)^ illa, sicut ille' statt 'Item aliud'; 'coierit' statt 'coiret' -; 'anuis' statt 'annos' ; die Worte 'alii unde- cim' fehlen bei Theodorus.

2, 209 g ('Animalia' bis Schluss) = Theod. Poen. II, 11 § 9 (Wass. S. 212; Schmitz I, 545 und II, 575)^. Va- rianten : 'autem' hinter 'Animalia' durch Ben.^ gestrichen, ebenso die Erwähnung der Jungen des geschändeten Tieres (vv. 'quod generant, sit in usu et'); zu 'coria' setzt Ben.^ hinzu: 'eorum'.

2, 210 214 aus dem Capitulare^ legi Ribua- riae additum 803 '^

Rubriken durchweg von Benedikt.

2, 210 = Cap. c. 5. Die Rubrik des Ansegisus (vgl. N. 5) weicht in ihren Schlussworten ab. Im Text ^ 3 un- bedeutende Varianten ('compositionem', 'petitori', 'dominus' statt 'compositione', 'petitoris', 'dominus eins'); die Schluss- worte unseres Kapitels 'Sicut consensit' finden sich nur in den codd. 1. 2 des Capitulare, nicht in den 7 anderen Hss. und nicht bei Ansegis.

2, 211 = Cap. c. 6. Die Rubrik bei Ansegis lautet ganz anders. Im Text 5 6 untergeordnete Varianten.

2, 212 = Cap. c. 8. Im Text die eine Variante 'ab eo', entstanden aus dem 'eum' der codd. 1. 2, während die übrigen 7 Hss. 'tunc' bieten.

2, 213 a (bis 'perveniat') = Cap. c. 9. Eine Variante.

2, 213b = Cap. c. 10. Ohne Variante; das Schluss- wort 'faciat', das in den codd. 3 9 fehlt, hat Ben. mit den codd. 1. 2 gemein.

1) Vgl. die vorhergehende luterpolation in 2, 209 e. 2) Uebrigens schreibt der cod. Vindob. 2195 (Schmitz 11, 543. 546), gleich Benedikt, 'coierit'. 3) Nicht = Knusts 'Theodor. 31', d. h. Capitula Dacheriana c. 54 (Wass. S. 150). 4) Oder schon die Zwischenquelle? 5) Nicht aus Ansegisus (so unrichtig Baluze zu 2, 210. 211), bei dem (3, 44. 45; MG. Capit. I, 430) nur c. 5. 6 des Capitulare wiederkehren, dazu teil- weise mit Lesarten, gegen die Original und Benedikt unter sich über- einstimmen. 6) M(jr. Capit. I, 117 sq. Benedikt benutzt eine Hs., die mit den codd. 1. 2 bei Boretius (Paris. 4629; Berol. Phillipps. 1736) verwandt war; siehe Boretius' Noten n. p. q. z. b. h. Vgl. auch unten zu 2, 243. 7) Die Hinweise auf die Kapitel der lex Rib. fehlen

durchweg bei Benedikt.

176 Emil Seckel.

2, 214 a (bis 'veritatem dicat') = Cap. c. 11 ^ Drei kleine Varianten ('et' statt 'auf ; 'super' statt 'supra' ; 'illi' vor 'saneti' eingeschoben).

2, 214 b = Cap. c. 12 (ult.). Drei Varianten ('sacra- mento' statt '-tum' ; 'quod . . . fuisset' statt 'fuisse' ; 'resti- tuatur' statt 'restituat') ; das 'aliud' (am Ende), welches nur die codd. 1. 2 haben, weist uns nochmals auf die von Ben. benutzte Hss.- Klasse hin.

*2, 215: abgesehen von dem Schlusssatz (2, 215b) aus der Relatio episcoporum 829 c. 54, MG. Capit. II, 44 lin. 34—36 (= Ben. Add. II. 21 med.); die Relatio deckt sich hier mit ihrer nach allen Analogien unserer Ober- reihe von Ben. nicht benutzten Quelle, d. h. Concil. Paris. VI. 829 lib. 3 c. 2 2, MG. Conc. II, 669 lin. 24—27. Rubrik von Benedikt. Zum Texte :

2, 215 a. Textdifferenzen bestehen zwischen Benedikt und seiner Vorlage nur in der ersten Hälfte des Teil- kapitels : 'Placuit, ut fideles ^ caveant vitia, quae . . . re- manserunt, id est' statt 'Extant et alia pernitiosissima * mala, quae . . . remansisse non dubium est^ ut sunt'. Mit der 'divina lex' sind gemeint die in der Vorlage fol- genden Stellen Lev. 20, 6—8; Exod. 22, 18.

2, 215 b ('Et ne eos inter se sinant esse, providendum illis est') : Quelle unbekannt ; vielleicht ist die Aufforderung an den weltlichen Arm, die Zauberer auszurotten, nichts als eine Paraphrase von Exod. 22, 18 cit. Benedikt hat den Satz möglicher Weise aus dem mehrerwähnten *" Incer- tum entnommen, das er dann hier zum letzten Male zwecks Bereicherung von Relatio - Kapiteln herangezogen hätte.

1) Nicht aus dem angeblichen Capitulare incerti anni (um 744) c. 14; vgl. Studie 111 (N. A. XXIX), 294 £f., insbes. S. 301. 2) Vor- quellen des Conc. Paris. : zu 'sortilegi, venefici, divini, incantatores' vgl. Ps.- Augustinus, Sermo 105 § 1 ed. Mai I, 220 ('sortilegi . . . divini, praecantatores') ; Gregor. 111., Jaffe 2246 (ums Jahr 737 ; MGr. Epist. 111, 291 1. 25 ff. : 'divinos vel sortilegos ... et incantatores et veneficos') ; Conc. Germanicum 742 c. 5 (MG. Conc. II, 4 : 'sortilegos vel divinos . . . sive incantationes'); Bonifatius, Epist. ad Cudberhtum 747 (MG. Epist. 111, 351 1. 20: 'paganas observationes, divinos vel sortilogos, . . . incan- tationes'). 3) Vgl. oben S. 110 f. 4) Vgl. oben S. 150, N. 5, S. 171, N. 3. 5) Vgl. oben S. 164, N. 8. 6) Oben S. 124. 134 f. 163—165. 171—173 ('Sacerdos'- Synode).

Studien zu Benedictus Levita. VE. 177

2, 216 219 aus dem Capitulare m i s s o r u m De causis admonendis 80 3^.

Aus dieser Quelle fliessen auch die folgenden ünter- reihen 2, 221a; 222—221. 2, 226—229. 2, 231—234. 2, 236 239. 2, 241/242. Aus Ansegisus, den Knust ^ seltsamer Weise allegiert, können die angeführten zahlreichen Kapitel Benedikts schon darum nicht ^ entlehnt sein, weil Benedikt die Kapitel in der originalen Reihenfolge (Cap. c. 1 13. 15 22. 25) bietet, indessen Ansegisus sie auf mehrere Stelleu seiner Sammlung verteilt (App. I. 28; 1, 136. 3, 33. 34. 35; App. II. 4. 5. 6. 7; 3, 36. 37. 1, 137; App. II. 8; 3, 38. 1, 138. 3, 39. 40. 41. 42; App. II. 9) und zwei von ihnen (Cap. c. 18. 19) überhaupt nicht aufgenommen hat.

Rubriken von Benedikt, wie schon hier für alle aus dem Capitulare entlehnten Stellen bemerkt sein mag*.

2, 216 = Cap. c. 1 (cf. Anseg. App. I, 28). Im Text 4 Varianten von untergeordneter Art, drei davon (zufällig) mit Anseg. übereinstimmend.

2, 217 = Cap. c. 2 (cf. Anseg. 1, 136). Zwei Var.

2, 218 = Cap. c. 3 (cf. Anseg. 3, 33). Eine Var.

2, 219 = Cap. c. 4 (cf. Anseg. 3, 34). Eine Var.

*2, 220: aus der Relatio episcoporum 829 c. 54, MG. Capit. II, 45 lin. 14 20 (= Ben. Add. II. 22 in.); die Relatio deckt sich wieder mit ihrer von Benedikt nicht benutzten Quelle, d. h. Conc. Paris. VI. 829 lib. III c. 2, MG. Conc. II, 670 lin. 3—10. Rubrik von Benedikt. Der Text weicht von der Vorlage im Anfange ab : 'Placuit, ut fideles^ a vitiis detestandis, quae' statt 'Sunt et alia detestanda vitia, quae ita' ; und ferner in folgenden ener- gischen Vereinfachungen'': 'se abstineant' statt 'ut ea per- petrantes, quanti sint criminis ('discriminis' Conc. Paris.), non advertant, sicut sunt ea' ; 'de quibus apostolus ait' statt

1) MG. Capit. I, 115 sq. Benedikts Text harmoniert mit dem Texte der codd. 4. 9. 10. 12. 16. 20. 21. 31-33. 85. 36. 38 bei Boretius. Abweichungen Benedikts von anderen Hss. müssen unberücksichtigt bleiben. 2) Und schon Baluze zu 2, 217-219. 221—224. 226—229.

231—234. 238 '239. 241,242. Das Richtige trifft Knust nur zu 2, 236. 237, Bahize nur zu 2, 216. 236. 237. 3) Eine fernere Gegeninstanz

liefern manche Lesarten, die Ben. nur dem Original verdanken kann, z. B. die Schlussworte 'misericordiam faciat' in 2, 231. 4) Dass sich

eine einzige Rubrik von Benedikt (vor 2, 241) mit der entsprechenden Rubrik des Ansegisus wörtlich deckt, beruht auf Zufall. 5) Vgl. oben S. 110 f. 6) Vgl. oben S. 109 f.

Neues Archiv ete. XXXV. 12

178 Emil Seckel.

'quae homines inxta eundem apostolum a regno Dei exclu- dunt, ita inqiiiens' ^ ; 'et de illis dici potest' statt 'in tan- tum enim ea inpudenter et fidenter qnidam committiiiit, ut merito de illis dici possit'. Von den drei Bibelzitaten bei Benedikt fehlt das mittlere ('et alibi: Non facien- tibus' = Rom. 1, 32 i. f.) in Relatio - und Conc- Paris.; es ist ein Lieblingszitat von Benedikt'^ nnd Pseudoisidor ^ und dürfte als Interpolation des Fälschers ^ zu be- zeichnen sein. Das letzte Zitat (Prov. 2, 14) lautet wie in der Vorlage. Im ersten Zitat (Gal. 5, 20. 21) stimmt Bene- dikt in dem Schluss 'Qui consequentur' wörtlich mit der (heutigen) Vulgata überein, während die Vorlage '' 'enim' einschiebt und 'consecuntur' statt 'consequentur' ^ schreibt. Benedikt hat wohl dieses erste Zitat nach seiner Bibel -Hs. zurecht interpoliert; an Benutzung einer unbekannten Quelle braucht man allein wegen dieser Kleinigkeiten nicht zu denken. Von Parallelen innerhalb der laufenden Oberreihe vgl. 2, 244 (Vermeidung der Laster, speziell der detractio) und 2, 254 (Abmahnung von der invidia).

2, 221 224 aus dem Capitulare missorum 80 3 cit.''' mit einer Einsprengung (2, 221b) aus einem

anderen Kapitular. 2, 221a (bis 'heribannatoribus') = Cap. c. 5 (cf. Anseg.

3, 35 = Ben. 1, 283). Eine Variante.

2, 22 Ib = Capitula omnibus coguita facienda 801 (806?)814 c. 2 in., MG. Capit. I, 144^ Drei Varian- ten: 'Et' statt 'üt liberi homines'; ^aliud' vor 'obsequium' von Ben. eingefügt; 'vel vicarüs faciant' statt 'f. nee vic'

2, 222 wörtlich = Capitulare c. 6 (cf. Anseg. App. IL 4).

2, 223 = Cap. c. 7 (cf. Anseg. App. IL 5). Zwei Varianten: 'armillae' statt 'bauga' (oder 'baucas' oder ähn- lich); 'bruniae' statt 'brunias' (oder 'brunnia').

2, 224 wörtlich = Cap. c. 8 (cf. Anseg. App. IL 6).

*2. 225: aus der Relatio epiacoporum 829 c. 54, MG. Capit. II, 45 1. 23—28 (= Ben. Add. IL 22 in der zweiten

1) Grrammatisch richtig wäre 'inquientem'. 2) Auch in der

Fassung von Ben. Add. 11. 22. 3) Vgl. z. B. Ben. 3, 141 i. f.;

3, 261 i; 3, 386 i. f. 4) Vgl. Hinschius, Decr. pseudois. p. CXX. 5) So schon Knust -Pertz z. d. St. 6) Und vor der Rel. schon das Conc.

Paris. 7) Diese Aenderung ist an der Rel. bereits bei Ben. Add. vor- genommen. 8) Vgl. oben zu 2, 216 ff. 9) Diese Quelle war bisher nicht ermittelt.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 179

Hälfte) ; nicht ^ aus der Quelle der Relatio, d. h. Conc. Paris. VI. 829 lib. III c. 2\ MG. Conc. II, 670 1. 12—18; Ygl. auch lonas Aurel., De institutione laicali 1, 13 i. f.; 1, 17 in.; 3, 8 rubr. ; 3, 9 rubr. (Migne CVI, 149 ff.). Rubrik von Benedikt. Text zum Teil erheblich gemodelt: 'Placuit, ut fideles'^-* statt 'Similiter^ etiam' ; Wortunistellung und prosaischere Ausdrucksweise in dem Passus 'in die iudicii s e c u n d u m domini sententiam*' rationes omnes reddituri sumus et' statt ' i u x t a domini v o c e m o. r. s. in die iudicii rationem' ; 'et' vor 'de mendatio' eingescho- ben ; 'de mendacio noxio ^ s i v e de periculoso assiduoque iuramento' statt 'de mendatio, de periculoso, noxio a. i.'; Vereinfachung^ in dem Passus 'ab his omnibus cuncti christiani se fortiter cavere debent' statt 'omnibus chri- stianis intellegendum et observandum est, ut summopere ^ ab his se caveant'.

1) Denn Ben. folgt der Relatio an der einzigen Stelle, wo Relatio ('suarum patiantur animarum') und C. Par. ('patiantur animarum' ed. WerniinghofF; ed. Mansi XIV, 596 B 'patiantur suarum animarum', durch Konjektur aus der Relatio?) auseinandergehen. 2) Ergänzung der von Werminghoff beigebrachten Vorquellen (Matth. 12, 36; 1. Cor. 6, 10, beide Zitate schon im C. Par. ungenau wiedergegeben): 'scurrilitas' und 'stultiloquium' sind Reminiszenzen an Ephes. 5, 4 (vgl. auch C. Par. lib. I c. 38 in., 1. c. p. 636); aus dem 'v erb um otiosum' in Matth. 12, 36 ist schon lange vor dem C. Par. ein 'otiosus sermo' geworden, vgl. z. B. Gregor. Dialog. 8, 15 (Migne LXXVIl, 253 B) 'Si apud districtum iudicem otiosus sermo reprehenditur, quanto magis noxius?' (^ Coli. Hibern. 61, 5 i. f.; cf. Ben. Add. IV. 82) und Caesarius Arelat., »Suggestio sacerdotil)us directa (ed. A. Maluory, Saint Cesaire, in der Bibl. de r^cole des hautes etudes, Sciences philologiques et historiques, Fase. 103, 1894, p. 304) '. . . aliquoties aut ociosis sermonibus, pro quibus in die iudicii reddenda est ratio, occupantur' ; zu '(obscoenis) turpibusque canticis' vgl. Ps.-Augustinus, Sermo 168 § 3 (Migne XXXIX, 2071) 'cantica turpia vel luxuriosa ex ore non proferant' (= lonas Aurel., De inst, laic. 1, 6, Migne CVI, 132) und Caesarius Arel., Suggestio cit. p. 800 'nee sacrilego more cantica turpia proferre' ; vgl. auch oben S. 157, N. 2. 3 zu 2, 196. 3) Vgl. oben S. 110 f. 4) Das Prädikat fehlt; dem Interpolator mag 'instruantur' vorgeschwebt haben. Die grammatische Un- stimmigkeit beweist wieder einmal (vgl. oben S. 170, N. 8), dass der stereo- tjrpe Eingang ohne viel Sorgfalt hinzugefälscht ist. Siehe ferner unten S. 182, N. 5. 5) Der Satzanfang 'Similiter' begegnet niemals bei Benedikt innerhalb unserer Reihe, dagegen mehrfach in Conc. Paris, (lib. III c. 12. 13. 23) und Relatio (c. 10^ 25. 48. 58). 6) Benedikt interpoliert die Wendung 'secundum domini sententiam' nocli ein zweites Mal (unten 2, 235); er ist keineswegs der Erfinder der Wendung; vgl. z. B. lonas Aurel., De inst. laic. 2, 13 in. (Migne CVI, 191) 'ex domini sententia'. 7) Hat hier Benedikt pro domo die Moral seiner Vorlage korrigiert, um wegen seiner vielen 'frommen' Lügen sein Gewissen zu sal vieren? 8) Vgl. oben S. 109 f. 9) Dieses AVort kennen wir Itereits aus dem Phrasen- schatze der Vorlage (vgl. oben 2, 208a a, S. 169. 171, N. 8).

12*

180 Emil Seckel.

2, 226 229 aus dem Capitulare missorum 803 cit.^

2, 226 = Cap. c. 9 (cf. Anseg. App. II. 7). Eine Variante.

2, 227 = Cap. c. 10 (cf. Anseg. 3, 36). Zwei kleine Vai'ianten. Die Worte 'foras mitio', die sich nur in einem Teil der Hss. des Capitulare finden, fehlen bei Benedikt; hat Ben. sie vorgefunden und gestrichen, so hat er, gleich der Mehrzahl der Hss. und gleich Ausegisus, ein veral- tendes Wort '' beseitigt und die Veräusserungsbefugnis der Kolonen, die das Capitulare blos beschränkt, ganz beseitigt.

2, 228 = Cap. c. 11 (cf. Anseg. 3, 37). Eine Var.

2, 229 = Cap. c. 12 (cf. Anseg. 1, 137). Eine Var.

*2, 230: aus der Relatio episcoporum 829 c. 54, MG. Capit. II, 45 1. (35.) 36 p. 46 1. 1 (= Ben. Add. IL 23 in.). Eigentümlich liegen die Verhältnisse bezüglich der Quelle der Eelatio, d. h. Conc. Paris. VI. 829 lib. III c. 2 3, MG. Conc. II, 670 1. (25) 26 p. 671 1. 5. Die Relatio hat, gegenüber Conc. Paris., die richtige Lesart 'vasi infirmiori'* verschlechtert zu 'quasi infirmioribus', sowie das Wort 'etiam' gestrichen. Auffallender Weise deckt sich Benedikts Text der Relatio, wie er in der Additio IL vorliegt^, in beiden Punkten^ mit dem Conc. Paris. ^ Rubrik zu 2, 230 von Benedikt. Im Text 4 Abweichungen von der in Ben. Add. vorliegenden Rezension der Relatio:

1) Vgl. oben zu 2, 216 ff. 2) Vgl. H. ßrunner, Mithio und

Sperantes (Festgabe für Beseler 1885) S. 19. 27 f. 3) Vgl. auch die

Haupt -Vorquelle des Conc. Paris., d. h. lonas Aurel., De institutione laicali 2, 1. 2 (mit Anklängen an Pseudo - Augustinus in Coli. Hibernensis 46, 16 in.). 4 6, je die Rubrik (Migne CVI, 167—179). Jonas und Conc. Paris, stimmen zum Teil überein (Jon. 2, 1. 4 fin. 5. 6), zum Teil nicht (Jon. 2, 1 fin. 2. 4 in.). Vgl. ferner unten 2, 432. 433. 3, 388. 4) Vgl. als Vorquelle 1. Petr. 3, 7. 5) Er ist in der Kapitularien-

ausgabe von Boretius - Krause leider nicht berücksichtigt. 6) Die

Add. II. 23 in. hat sonst nur noch ein 'ut' eingeschoben. 7) Derselben Erscheinung sind wir in Studie VI zu Ben. 1, 317. 318 (beizufügen ist

1, 319, da schon das Conc. Paris, 'imperatricis augustae' schreibt, s. MG. Conc. II, 610 1. 37) begegnet; vgl. ferner oben 2, 220 (S. 178, N. 7) und unten 2, 235. Also muss Benedikt entweder unwahrscheinlich einen besseren Text der Relatio besessen haben als wir (trotz des trefflichen Gothanus) oder - w^ahrscheinlich benutzt er neben der Relatio bald das Conc. Paris, (so in den zu Anfang dieser Note aufgeführten Stellen, und zwar auch in ganz nebensächlichen Dingen ; die Add. II. ergibt im Ganzen fast 80 mit dem Conc. Paris, harmonierende Lesarten!), bald Jonas von Orleans (so wahrscheinlich in Add. II. 23 post in. und in

2, 235). An eine unbekannte gemeinsame Vorlage von Benedikt und Conc. Paris, zu denken, empfiehlt sich nicht.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 181

'Placuit, ut fideles ^ sciant' statt '. . . quod nosse eos (seil, laicos fideles) oporteat' ; 'sicut doctores nostri tradunt' ge- strichen; (ut virg'initas usque ad- nuptias) 'fideliter serve- tur' ^ statt 'sit custodienda' ^ ; 'debeant' hinter 'debitum' gestrichen ^.

2, 231 234 aus dem Capitulare missorum 803 cit.'^

2, 231 = Cap. c. 13 (cf. Anseg. App. II. 8). Zwei Varianten.

2, 232 wörtlich = Cap. c. 15^ (cf. Anseg. 3, 38).

2, 233 = Cap. c. 16 (cf. Anseg. 1, 138). Eine Var.

2, 234 = Cap. c. 17 (cf. Anseg. 3, 39). Eine Variante; zwei Einschaltungen, eine nur formelle ('praecipi- mus' vor dem 'ut'-Satz), und am Ende der Zusatz: 'nee herbam excepto suo prato'. Ueber das Recht des reisenden Königsboten u. s. w. zur Wegnahme des erforderlichen Grases vgl. Pippini Cup. Aquit. 7G8 c. 6, Cap. Haristall. 779 c. 17 i. f., Karöli M. ad Fulradum epist. 804 811 (MG. Capit. I, 43. 51. 168 1. 32); über die Freiheit der Privatwiesen von diesem Rechte vgl. Capitula omnibus cognita facienda 801— (806?) 814 « c. 1 (1. c. p. 144): 'simi- liter pastuni nullus contendere faciat excepto prato vel messe'.

1) Vgl. oben S. 110 f. 2) So Cod. Vat. Pal. 583. 3) Das Wort 'servetur' hat Ben. entweder selbständig gewählt oder, sei es direkt, sei es indirekt , bezogen von Pseudo - Augustinus (d. h. Oaesarius Arelat.), Sermo 168 § 3 = Sermo 288 § 5 = Sermo 292 § 1 (Migne XXXIX) 'virginitatem usque ad nuptias servent' = lonas, De inst. laic. 1, 6 (Migne CVI, 132) = Conc. Paris, lib. I. c. 7 i. f. (MG. Conc. II, 615). Vgl. auch Caesarius Arel., Suggestio cit. p. 301 ('ut a pueris vel puellis virginitas cons er v et ur'). 4) Vgl. Coli. Hib. 46, 16 cit.: 'et ipse

usque ad nuptias virginitatem custodiat'; Caesarius Arel., Admonitio 'Rogo vos' (Migne LXVll, 1087/8), cf. Ps. - Augustinus , Sermo 288 § 5 cit. (N. 3) ; Caesarius , Homilia 'Magnum nobis' (ed. Caspari, Kirchenhist. Anecd. I, 220 Z. 3). 5) Der Schlusssatz 'Et quod com-

mixtio carnalis cum uxoribus gratia fieri debeat prolis, non voluptatis', der in Conc. Paris., Relatio und bei Ben. denselben, bei Jonas 2, 6 fast denselben Wortlaut hat, mag von seinem Urheber (wohl Jonas) gebildet sein nach c. 8 des Briefes von Gregor I. an Augustin, Jaffe 1843 (MG. Epist. U, 341 1. 11 sq.): 'oportet itaque legitimam carnis copulam, ut causa prolis sit, non voluptatis, et carnis commixtio crean- dorum liberorum sit gratia' etc. 6) Vgl. oben zu 2, 216 ff. 7) Aus naheliegenden Gründen hat der staatsfeindliche Fälscher Cap. c. 14 ('De episcopis . . . qui ad placitum nostrum non venerunt') übersprungen. 8) Mit Hilfe dieser Capitula hat Benedikt schon einmal (oben 2, 221 b) seine Hauptquelle, das Cap. miss. 803, interpoliert.

182

Emil Seckel.

*2, 235: aus der Relatio episcoporum 829 c. 54, MG. Capit'. II, 46 1. 1—4 (= Ben. Add. II. 23 post iu.). Aehnlich wie bei 2, 230 liegen die Verhältnisse bezüglich der Quelle der Relatio, d. h. Conc. Paris. VI. 829 lib. III c. 2 \ MG. Conc. II, 671 1. 5—8 2. d[q Texte von Relatio und Conc. Paris, decken sich fast vollkommen: nur hat die Relatio 'suis' hinter 'uxoribus' gestrichen. Ben. Add. II. 23 setzt das 'suis' (aus Conc. Paris, oder aus Jonas, vgl. N. 7 zu 2, 230) wieder ein ; ein zweites Einschiebsel in der Add. II. cit. 'necnon sit' führt uns auf die Quelle der unechten Worte 'necnon menstruo tempore' in unserm Kapitel 2, 235, nämlich auf Jonas von Orleans:

Ben. 2, 235. . . . necnon men- struo tempore . . .

Ben. Add. II. 23. . . . n e c n o n et qualiter menstruo tempore viris ab uxoribus suis absti- nendum sit.

lonas 2, 10 rubr. cit.^

Quod tempore menstruo om- nino ab uxori- bus sit absti- n e n d u m.

Rubrik zu 2, 235 von Benedikt. Im Text folgende Abweichungen von der Relatio (= Conc. Paris.): 'Placuit, ut fideles* se abstineant a c. p. u.' statt '. . . et qualiter a c. p. u. viris abstinendum sit' ; über die der unmittel- baren Vorlage fremden Worte 'necnon tempore' s. oben ; 'Et u t ^ causa fornicationis non sit uxor, s e c u n d u m

1) Vgl. auch die Vorquelle des Conc. Paris., d. h. lonas Aurel., De inst. laic. 2, 7. 10. 12. 13, je die Rubrik (Migne CVI, 182. 186. 188. 191). Jonas und Conc. Paris, stimmen bald völlig (Jonas 2, 12. 13), bald teilweise (Jonas 2, 7) überein. 2) Zu p. 671 1. 8 vgl. die Addeuda MGr. Conc. II, 1013; zu 1. 6 hätte ausser Matth. 5, 32 auch Matth. 19, 9 zitiert werden können. 3) = Ben. Add. III. 21, von welchem Kapitel die Quelle bisher unbekannt war. Parallelen finden sich in der Bibel (Levit. 15, 19 ft'. 18, 19; Ezech. 18, 6) uud besonders zahlreich in den Bussbüchern, vgl. z. B. Canones Gi-egorii c. 107 (Wass. S. 172); Theodori Poen. I, 14 § 23 (S. 199); Beda 3, 37 (S. 224); Pseudo-Beda c. 6 (S. 262) ; Merseburg, a c. 96. 157 (S. 401. 406) ; Cummeau. 3, 13 (S. 472). 4) Vgl. oben S. 110 f. 5) Dieses 'ut' stellt den Sinn der Vorlagen auf den Kopf; die Ehebrecherin soll nicht entlassen werden dürfen uud dies soll Christus angeordnet haben! (Das 'secundum domini sententiam' muss in diesem Sinn verstanden werden; man darf nicht verbindeu 'non sec. dorn, sent.', da Benedikt seinen Königen unmöglich einen Gegen- befehl gegen Christi Grebot in den Mund legen kann, und übrigens der Gegenbefehl ungefähr auf die Erlaubnis Christi hinausliefe). Mit seinem 'ut' setzt sich unser Text in AVider'spruch nicht nur mit dem auch im 9. Jh. jedem Gebildeten bekannten Inhalte des Neuen Testaments, sondern auch mit allen einschlägigen Stellen Benedikts (Add. II. 23 cit.; 2, 87. 3, 179 med.). Ich möchte danach in dem 'ut' nicht mit Scherer, Eherecht bei Ben. Lev. S. 34 (vgl. auch Preisen, Gesch. des can. Eherechts S. 793,

Studien zu Benedictus Levita. VII. 183

domin i sententiam\ dimittenda' statt 'Et q u o d 11 i s i - causa forn., u t - doiiiin vi s - ait ^, non sit uxor di- mittenda' ; 'suis', das nur in der Ratio fehlt, steht bei Jonas, im Conc Paris, und in Ben. Add. II (s. oben); 'notantur' statt 'notentur'. Zur Sache vgl. schon oben 2, 191. 209c.

2,236 239 aus dem Capitulare missorum 803 cit.^

2, 236 = Gap. c. 18. Eine Variante.

2, 237 = Cap. c. 19. Variante: 'legem' statt 'lege'. Vor 'et manufirmationes' scheint in Pertz' Ausgabe des Benedictus das Wort 'scriptiones' versehentlich ausgefallen zu sein ; 'scriptiones' steht in der Edition von Baluze und im Cod. Vat. Pal. 583 (Photographie ; andere Hss. sind bisher nicht verglichen) ; statt 'scriptiones' schreibt das Capitulare 'subscriptiones'.

2, 238 = Cap. c. 20 (cf. Anseg. 3, 40). Mehrere Varianten: 'suam' hinter 'causam' gestrichen; 'vult' hinter 'quaerere', was im Original fehlt, hat Ben. durch Konjek- turalkritik ergänzt ^ ; 'se ab alio quaeri seit' statt 'si alter ei quaerere debet' ; 'excepto' statt 'exceptis', 'esse' statt 'praeesse'.

2, 239 = Cap. c. 21 (cf. Anseg. 3, 41). Variante: 'üt falsi festes minime' statt 'De falsis testibus^ ut non'.

'•'2, 240: aus der Relatio episcoporum 829 c. 54, MG. Capit. IL 46 1. 4 9 (= Ben. Add. II. 23 med.). Aehn- lich wie bei 2, 230. 235 liegen die Verhältnisse bezüglich der Quelle der Relatio, d. h. Conc. Paris. VI. 829 lib. III c. 2»^, MG. Conc. II, 671 1. 8 —13. Die Texte von Relatio

N. 55) eine 'gewagte Interpolation', sondern eine Gedankenlosigkeit Benedikts erblicken, zu der das mehrfach Unzuträglichkeiten veranlassende falsche Initium 'Placuit, ut tideles' den Anlass gab. 1) Vgl. oben

S. 179, N. 6 zu 2, 225. 2) So auch Jonas. .3) Vgl. oben zu 2, 116 ff. 4) Aehnliche Ergänzungsversuche in cod. 1 ('vellit'), 31 (-'voluerit') ; andere Hss. helfen durch Aenderung von 'quaerere' zu 'quaerit' (codd. 5. 22. 27. 40. 41 ; so auch Anseg.) oder zu 'quaesierit' (cod. 29). 5) Grund der

Aenderung Benedikts ist lediglich ein stilistisches Abwechselungsbedürfnis ; die Wendung 'De falsis testibus' hatte er schon in der Rubrik von 2, 239 gebraucht. G) Vgl. auch die Vorquelle des Conc. Paris., d. h. lonas.

Aurel., De inst. laic. 2, 8 rubr. und Textende: '. . . ut unusquisque fidelis huiuscemodi incesta coniugia caveat'; 1, 11 rubr. und Text (= Conc. Paris, lib. II c. 11, 1. c. p. 663, = lonas Aurel., De in- stitutione regia c. 13, Migne CVI, 302/3): '. . . oportet, ut fidel es reraoto neglegentiae tepore huiuscemodi loca ad De um exorandum

184 Emil Seckel.

und Conc. Paris, decken sich fast vollkommen; nur dass die Relatio statt 'propitium' fehlerhaft 'propitius' schreibt. Ben. Add. II. 23 korrigiert letzteres (aus Conc. Paris.?) und streicht 'a' vor 'christianis'. Rubrik zu 2, 240 von Benedikt. Abweichungen seines Textes von Relatio (und Conc. Paris.): 'Placuit, ut fideles ^ agnoscant' statt \ . . sive etiam' ; 'a' vor 'christianis' gestrichen, wie in Ben. Add. II. ; 'a fidelibus' gestrichen, vgl. aber Benedikts Ini- tiura; 'propitium' schreibt Ben. mit Jonas, Conc. Paris, und Ben. Add. II, 'propitius' die Relatio (vgl. oben ; analog dem 'frequentius devotiusque' ?) ; 'saepius quam actenus fecissent' von Ben. eingeschoben, steht nicht in Jonas, Conc. Paris, und Relatio; 'frequentent'^ statt 'sint adeuuda' ^; endlich fehlt in Jonas, Conc. Paris, und Relatio 'hi' vor 'qui', und umgekehrt haben Conc. Paris, und Relatio (vgl. Jonas) hinter 'ecclesiis' das bei Ben. fehlende 'Dei'. In der Sache wiederholt sich auch hier unsere Reihe selbst; vgl. zu 2, 240 in. oben 2, 191 in. 209 a und zu 2, 210 med. oben 2, 196.

2, 241—243 aus dem Capitulare missorum 803 cit.^ mit einer Zugabe aus einem anderen Kapitular.

2, 241 wörtlich = Cap. miss. c. 22 (cf. Aiiseg. 3, 42).

sibique propitium facieudum frequeuter ac devote adeant . . .' (Migne CVl, 144 ß ^ MG. Conc. 11, 664 1. 16. 17); 1, 13 rubr. (cf. Conc. Paris, lib. II c. 12, 1. c. p. 664, und lonas, De institutione reg. c. 14, Migne CVl, 303). .Jonas und Conc. Paris, stimmen nirgends im vollen Wortlaut iiberein. .Jonas ist seinerseits nicht überall originell ; vgl. zu .Jon. 1, 13 rubr., v. 'otiosis . . . fabulis' z. ß. Caesai'ius Arelat., Suggestio cit. p. 298 : 'repudiatis otiosis fabulis'; Conc. Baiuwaricum 740 750 c. 3 (MG. Conc. 11, 52). Vgl. schliesslich oben N. 5 zu 2, 195. 1) Vergl. oben S. 110 f. 2) Benedikts Text lautet im Zu-

sammenhang : 'Placuit, ut fideles agnoscant, . . . quod loca Deo dicata frequentius devotiusque ad Deum exorandum sibique propitium facien- dum' ['saepius quam actenus fecissent', diese 4 Wörter interpoliert] 'fre- quentent'. Wären die 2 Wörter der Phrase 'frequentius . . . frequen- tent' nicht durch 11 andere Wörter getrennt und wüssten wir nichts über die Provenienz der Vorlage, welche 'frequentius ... (9 Wörter) . . . sint adeunda' schreibt, so wäre, methodisch richtig, die Priorität der ungelenken Fassung vor der geglätteten zu folgern. So aber entspricht die andere Möglichkeit, dass Benedikt seine Vorlage wie angegeben verschlechtert habe, der Wirklichkeit. 3) Auch Jonas 1, 11 Text (Migne CVl, 144B) hat 'adire' ('ut fideles . . . loca . . . frequenter . . . adeant'). Zur Sache vgl. Ps. - Augustinus, Sermo 168 § 8 (Migne XXXIX, 2071): 'ad ecclesiam frequentius currant' (= Jonas 1, 6 Text; Migne CVl, 132). 4) Vgl. oben zu 2, 216 ff.

Studien zu Benedictus Levita. VU. 185

2, 242 = Cap. miss. c. 25 (cf. Anse^. App. II. 9). Zwei Varianten: 'volumus ut' vor 'adhuc' gestrichen; 'et' vor 'de opere' eingefügt.

2, 243: angeflickt aus den schon zuvor ^ zur Ergänzung des Cap. miss. 803 in Kontribution gesetzten Capitula omnibus cognita facienda 801 (806 ?) 814 c. 7 (ult.), MG. Capit. I, 144. Eubrik von Benedikt. Den Text hat Benedikt nicht im vollen Wortlaut des Originals vor sich, sondern in einem Auszug, wie er ähnlich in den codd. Paris. 4629 und Berol. Phill. 1736 ^ vorliegt. Doch stand Benedikts Auszug dem Original noch näher als der uns überlieferte ; denn Ben. schreibt mit dem Original 'nuUus homo', wäh- rend die Abbreviatio cit. 'homo' weglässt, und Ben. weiss nur von 'rodaticum' und 'pulveraticum', während die Ab- brev. cit. das originalfremde 'cespitaticum' ^ hinzufügt.

*2, 244: Bearbeitung von Helatio episcoporum 829 c. 54, MG. Capit. II, 46 1. 9— 11 (= Ben. Add. II. 23 med.); Quelle der Eelatio : Conc. Paris. VI. 829 lib. III c. 2^ MG. Conc. II, 671 1. 13 15; Quelle des Conc. Paris.: lonas Aurel., De inst. laic. 2, 24. 26. 3, 7, je die üubrik (Migne CVI, 218 247). Jonas und Conc. Paris, decken sich nur zum Teil. Die Eelatio kopiert ihre Quelle fast wort- getreu nach einer Hs., die 'et detractione' (mit dem Cod. Paris, des Pariser Konzils) und 'denumerare' (mit dem cod. Vatic. des Konzils) schrieb ; aus dem ungewöhnlichen 'de- numerare' macht die Relatio 'enumerare'. Ben. Add. II. 23 setzt vor 'detractione' das 'de' wieder ein (entweder aus seiner Hs. der Relatio oder aus einer 'de detr.' schreiben- den Hs. des Conc. Paris, oder am Ende aus Jonas? oder selbständig) ; ferner schreibt Ben. Add. statt 'detractione cavenda' : 'detr. vitanda' (wohl Diit seiner Hs. der Relatio, die hier wie unser Gothanus lautete) und statt 'enumerare longum est' : '1. est dinumerare' (entweder aus seiner Hs. der Pelatio oder aus einer so lautenden Hs. des Conc. Paris, oder selbständig). Rubrik zu 2, 244 von Benedikt. Der Text des Kapitels ist anders formuliert als in der ßelatio (bezw. im Conc. Paris. ^):

1) Vgl. oben 2, 221b. 2:34? 2) Vgl. oben zu 2, 210 214.

3) Aus Cap. miss. Niumagae datum 806 c. 10 (MGr. Capit. I, 132)?

4) Könnte an sich benutzt sein, wenn dem nicht die Analogien unserer Oberreihe widersprächen. 5) Jonas kommt als unmittelbare Vorlage nicht in Betracht.

186

Emil Seckel.

Relatio. ... de iusto iuditio iudi- cando ^ et munerum accep- tione- cavenda, de falso testi- moiiio vitando et detractione cavenda ('vitanda' cod. Goth. et Ben. Add.) necnon et de caeteris, quae enumerare ('de- numerare' cod. Vat. conc. Paris. ; 'dinumerare' cod. Par. conc. Par.) longum est ('1. e. dinumerare' Ben. Add.).

Inhaltliche Teilparallele: oben 2, 220.

Ben.

Placnit, ut fideles^ iust a iudici a iudic e n t et muner a pro hoc non ac- cip iant et ut falsu m tes- timoniu m vite n t et a de- tractione se abstineant necnon a caeteris m a 1 i s , quae longum est d i nuine- rare.

2, 245 247 aus dem Capitulare Baiuwaricum

ca. 8 10^

Aus dieser Quelle stammen auch die folgende Unter- reihe 2, 249 251 und das Einzelkapitel 2, 253. Das Original hat keine Rubriken; sie sind durchweg eigene Zutat Benedikts.

2, 245 = Cap. c. 1. Varianten: 'et in vita ... et post vitam (itam, tam)' statt 'tarn in vita . . . quamque' ; 'in' vor 'substantiis' eingeschoben ; 'earum' statt 'eorum'.

2, 246 = Cap. c. 2. Zahlreiche Varianten, die sich zum Teil als Interpolationen darstellen und vielleicht den Sinn des Kapitels ändern:

Ben.

Ut omnes episcopi ^' potesta- tem intellegant et i n s t r u a n t u r ^, u t vel ^ secundum cauonicam vel se- cundum monasticam^ regulam regant eorum mini- steria . . .

Im Rest des Kapitels noch 3 nebensächliche Varianten.

Cap. Ut omnes episcopi potesta- tive^ secundum regulam ca- uonicam d o c e a n t et re- gant eorum ministeria . . .

1) Vgl. Deuteron. 1, 16. Levit. 19, 15. 2) Vgl. Exod. 2:3, 8.

3) Vgl. oben S. 110 f. 4) MG. Capit. I, 158 sq.; MG. LL. IIl, 478 sq. 5) 'potestati vel' schreiben 3 von den 4 Hss. 6) Genetiv? so dass

'omnes' alle Kleriker und Laien bedeutet? 7) Ein in dieser Reihe

häufiges Wort. 8) Vgl. oben N. 5. 9) Bei dieser Interpolation denkt Benedikt an den Verzicht auf das Sondereigentum ; vgl. im Allgemeinen Hinschius, Kirchenrecht II, 51.

Studien zu Benedictus Levita. VII.

187

2, 247 = Cap. c. 3. Zwei Varianten ; 'adquirant' am Scbluss von Benedikt hinzusresetzt.

2, 248 : Quelle nnbekaunt. Priester als 'saeerdos' be- zeichnet^. Gleich 2, 170. 176. 199 (ebenfalls aus der 'Sacerdos'- Synode?) mit dem bezeichnenden Anfang 'Placuit ut fideles' 2. Nach Knust ist Quelle des Kapitels : Conc. Aquisgr. 836 Cap. III c. (20) 19, MG. Conc. II, 722; um ;sich von der Unrichtigkeit dieser Annahme zu überzeugen, braucht man nur den Wortlaut der beiden Texte zu veradeichen :

Ben. Placuit, ut fideles non par- vipendant ^ excommuni- cationem sacerdotum* il- lorum ; quoniam, si hoc f ece- rint, iuste segregabuntur a caetu christianorum.

Conc. Aquisgr.

Laici sane monendi sunt, ne sacerdotes contemptui ha- beant neve eorum m o n i t a dispiciant et tam turpiter tractent uti actenus, ne super- veniat, quod ait propheta: 'Populus tnus sicut hi, qui contradicunt sacerdoti, et cor- rues hodie, et corruet etiam propheta tecum'.

Erheblich näher steht unserem Kapitel folgender Text: 'Quisquis bannum vel ex c o m m un i c a ti o n e m episcopi vel presbjteri (!) sui suj)erbiendo p a r v i p e n derit, hie talis ab ecclesia penitus evellatur . . . .'

Leider gehört der Text einem Caput i n c e r t u m ^ an; aber auch in ihm dürfte auf keinen Fall Benedikts Quelle erblickt werden *'. Zu der Phrase 'segregari a caetu christianorum' vgl. etwa Theodulf von Orleans, Capi- tulare primum c. 26 ': 'a communione et cousortio fidelium repellere' ; Hincmar Cap. ann. XII. c. 1^: 'a coetu eccle-

1) Vgl. oben S. 121 f. I B, S. 123 ff. Ziif. 2b. 2) Vgl. oben S. 120 f. 128—125. 3) Vgl. Conc. Vern. Sil c. 0 (MG. Capit. II, 385): 'quoniam ecciesiasticam excommunicationem parvipendunt'. 4) Darunter sinn hier ausser den Bischöfen wohl auch die Priester zu verstehen ; vgl. oben zu 2, 199. 5) ßegino 2, 425 in.; in einem cod. Heimst, ist er inscribiert: 'Ex dictis Fructuosi episcopi'. 6) Entweder Benedikt oder seine Vor-

lage kann benutzt sein in dem von Zeumer vermutungsweise als Fragment eines Schi-eibens von Nikolaus I. oder Hadrian II. bezeichneten Stück 1 der Zusätze aus Hss. der St. Galler Formelsammlung (Jaffe 2856/, Tom. II, 745) : 'fieri enim potest . . . ut per hanc occasionem excommuni- cationem episcopi plurimi parvipendant' (MG. Formulae p. 434 1. 11. 12). 7) Migne CV, 199. 8) Migne CXXV, 793 C.

188 Emil Seckel.

siae seg regare'. Ist die Phrase gleichbedeutend mit Exkommunikation ^, so können als Verächter der Exkom- munikation, denen Exkommunikation angedroht wird, nicht die Exkommunizierten selbst betrachtet werden, sondern nur diejenigen 'Gläubigen', die das Verbot des Verkehrs - mit den Exkommunizierten^ übertreten ^. Wahrscheinlicher aber ist die Phrase im Sinne des Anathems (Ben. 2, 427), der wiederholten feierlichen Exkommunikation (Ben. 2, 122 b), der zweiten 'maior excommunicatio' (Ben. 3, 180) zu ver- stehen ; dann ist der Exkommunikationsverächter, dem die Abschneidung von der Christenheit^ angedroht wird, kein anderer als der ungehorsame Exkommunizierte selbst.

2, 249 251. 253 aus dem Capitulare Baiuwa- r i c um ca. 8 1 0 c i t.^

2, 249 = Cap. c. 4 = Ben. 1, 240. Variante: 'utri- que' 2, 249, 'uterque' Cap. und 1, 240.

2, 250 = Cap. c. 5 = Ben. 1, 241 (wo der Schluss fehlt). Varianten : 'euuam' statt 'eoa (eowa)' ; 'vel legem' statt 'vel lege' (3 Hss. : 'velle').

2, 251 = Cap. c. 6 = Ben. 1, 242. Varianten: 'et' statt 'seu' vor 'iudices' ; 'ii, qui hoc egerunt' interpoliert ; 'ita ut' statt 'et' bzw. 'et ut' ; 'alterius rem' statt 'rebus alterius' ; 'sed' statt 'nisi' ; 'quaerant' statt 'quaerat'.

2, 253 = Cap. c. 7 = Ben. 1, 243. Vier Varianten, dieselben wie in 1, 243.

Ueber die grössere oder geringere Quellentreue der Doppeltexte bei Benedikt vgl. Studie VI (N. A. XXXI), 97.

* 2, 252. 254. 255 aus der Relatio episcoporum

829 cit.

Die 3 Kapitel sind zurechtgemacht aus der Relatio c. 1, MG. Capit. II, 28 1. 41 p. 29 1. 3 (= Ben. 1, 317 post in.); Quelle der Eelatio: Conc. Paris. VI. 829 lib. I c. 1, MG. Conc. II, 610 1. 12 15; vgl. auch lonas Aurel., De inst. laic. 3, 4 rubr. ('De superbia'). 3, 5 rubr. ('De odio

1) Vgl. Hinschius, Kirchenr. V, 1, 2. 2) Und zwar des bürger- lichen wie des religiösen Verkehrs. 3) Vgl. Hinschius a. a. 0. S. 3 f. 4) Nach dem bisherigen Stande des Wissens (Hinschius a. a. 0. S. 4, N. 1) fand sich eine allgemeine Strafandrohung wegen Verletzung des Verkehrs- verbots zuerst bei Pseudoisidor; dabei war aber ausser Ben. 2, 248 auch Ben. 1, 187 Satz 3 übersehen. 5) Vgl. Hinschius a. a. 0. S. 7, N. 9. 6) Vgl. oben zu 2, 245 ff.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 189

et invidia'), Migne CVI, 238. 2-11. Im Conc. Paris., in der Relatio und bei Benedikt Buch I ist der Wortlaut fast genau ^ derselbe. - ßubriken zu den 3 Kapiteln durchweg von Benedikt. Die Abweichungen des Textes bei Benedikt gegenüber dem Text der Relatio sind folgende :

2, 252 'Placuit, ut fideles ^ de superbia instruantur' statt '. . . id est superbia' ; 'factus diabolus de celo eiectus est' ^ statt 'diabolus effectus est ^ et ^ de celo eiectus'. Zur Sache vgl. Coli. Hibern. 37, 34^.

2, 254 'Placuit, ut fideles- admoneantur de' fehlt in der Vorlage; 'idem' vor 'diabolus' fehlt bei Ben. Sach- liche Teilparallele : oben 2, 220 ^.

2, 255 'Placuit, ut fideles- ammoneantur de' fehlt in der Vorlage; 'odio' statt 'odium':

Charakteristisch ist die Affenliebe Benedikts zu seinem konsequent hinzugefälschten Initium 'Placuit, ut fideles' ; statt einfach zu schreiben 'PL, ut fideles de superbia in- struantur . . . , de invidia . . . , de odio . . . . ', hat Bene- dikt den zusammenhängenden Text der Relatio in 3 Kapitel zerrissen, um dreimal sein Lieblingsinitium anbringen zu können.

1) In dem Ben. 2, 252 entsprechenden Passus schiebt die Relatio in ihre Vorlage (Conc. Paris.) ein : 'est et'. Ben. 1, 317 streicht in seiner Vorlage (Relatio) das 'et' ; das 'est' setzt er an eine andere Stelle. 2) Vgl. oben S. 110 f. 3) 'Snperbus angelus de coelo eiectus est' (Quelle unbekannt ; der Gedanke der Verstossung des Engels wegen Hochmuts geht schliesslich auf das II. Henochbuch zurück). 4) Der Gedanke ist abgeleitet aus Sap. 2, 24.

190

Emil Seckel.

Tabelle I.

l

Initium :

'Placuit

ut fid.'

2 Priester

3 Relatio

4

Priester

5

Conc.

Pirmin. u.

= sacerdos.

829.

= presbiter.

Burgund.

Ps.-Theodor.

(162)

162 b

102 a. c. d

_

_

(165)

165

170

170

171

172

- -

173

174*

174

.

175*

175

176

176

-

177*

178

178

179

179

180

182

182a. c

184

185

186

186

187

(188)

189d*

189d

189a. b

190*

190

191*

191

191?

192*

192 a

193

194

193

195

195

z

196

199

199

200

200

201

201

202

202

(203)

Studien zu Benedictus Levita. VII,

191

1

Initium : 'Placuit ut fid.'

2

Priester ^ sacerdos.

3

Eelatio 829.

4

Priester = presbiter.

5

Conc. Burgund.

6

Pirmin. u.

Ps.-Theodor.

205

208

205 b

208 b

205 a 208a a. 7. c

206

206

206

Tabelle II.

1

3

7

Initium: 'Placuit'.

Relatio 829.

Capitularia.

210—214

215

215a

216—219

220

220

-

221—224

225

225

226—229

230

230

231—234

2.35

235

236—239

240

240

- -

241 243

2i4

244

245—247

248

(auch 'sacerdos')

249—251

252

252

-

253

254

254

255

255

V.

Beiträge

znr

Kritik der Deutschen Reiehstagsakten im Anfange des 15. Jahrliunderts.

Von

Eduard Sthamer.

Neues Archiv etc. XXXV. 13

I.

Der Oppeiiheimer Vertrag.

Eeichstagsakten II, n. 248.

Der Vertrag, den Graf Johann von Nassan, der nach- malige Erzbischof Johann II. von Mainz, am 24. Oktober 1396 mit Ruprecht II. von der Pfalz, dessen Sohne, Euprecht III., dem späteren deutschen Könige, und Euprecht Pipan, dem Enkel Euprechts II., zu Oppenheim abschloss, war dem Herausgeber der Eeichstagsakten, Julius Weizsäcker, nur aus dem unvollständigen Abdruck bekannt , den er in Gudenus , Codex diplomaticus III, n. 389 ^ vorfand. Inzwischen sind nun Originale dieser Urkunde gefunden worden, und zwar gleich zwei, die sich nach der Angabe in den Eegesten der Pfalzgrafen - beide in München befinden. Ueber das Verhältnis dieser Ori- ginale zu einander und zu dem Abdrucke bei Gudenus wollen wir uns im folgenden Klarheit zu verschaffen suchen.

Das erste der Originale befindet sich im Kgl. Bayer. Allgemeinen Eeichsarchive ^.

Schon die Signatur zeigt uns, dass es aus dem ehe- maligen erzbischöflichen Archive von Mainz stammt. Das fällt einigermassen auf, da die Urkunde, wenn sie voll- zogen war, sich unter den Beständen des Pfälzer Archives befinden müsste.

Betrachten wir die Urkunde einmal genauer!

Sie ist auf Pergament geschrieben und macht durch- aus den Eindruck einer Originalausfertigung. Nur fehlen

1) Mit falschem Datum : 23. Oktober, wie es auch die Reichstags- akten aus Gudenus herübergenommen haben. Vgl. Lindner, Gesch. d. deutschen Reiches unter Kg. Wenzel. II, 354, N. 1, 2) Regesten der Pfalzgrafen am Rhein I. herausgeg. von Koch und Wille n. 5677. 3) Es trägt die Signatur: 'Mainz, Hochstift, Nachtrag 3. f. 2. 1385/99' (Ehemals: Kgl. Kreisarchiv Würzlaurg, Neuregestierte Urkunden G. 48). Das Kgl. Allgemeine Reichsarchiv hatte die Güte, die Urkunde zu meiner Benutzung an die Universitätsbibliothek in Jena zu senden.

13*

196 Eduard Sthamer.

die Siegel, und es ist auch keine Spur davon zu ent- decken, dass die Urkunde je besiegelt gewesen ist. Auf der Rückseite jedoch finden wir die Reste eines Rück- siegels, durch das die Urkunde ehemals verschlossen ge- wesen sein muss. Ausserdem steht auf der Rückseite der Vermerk von ungefähr gleichzeitiger Hand : 'Diverse ob- ligaciones. Ex parte domini lohannis de Nassauw canonici Maguntinensis Ruperto comiti Palatinensi Reni antiquo', und darunter eine Archivsignatur saec. 15 : 'RR Hoest', wie wir sie auch von anderen Urkunden des Mainzer Archivs aus jener Zeit kennen^.

Es ist also daraus ersichtlich, dass die Urkunde nicht etwa erst später durch irgend einen Zufall in das Mainzer Archiv gelangt ist, sondern bereits von Anfang an sich in diesem befunden hat: mithin haben wir es nicht mit einer vollzogenen Ausfertigung zu tun.

Was war nun aber der Grund, weshalb dieses Ori- ginal nicht vollzogen wurde ?

Die Urkunde selbst bietet uns eine Lösung dieser Frage. Der Schluss der Urkunde sieht folgendermasseu aus : '. . . . ingesiegele auch an diessen brieff gehangen f^ der geben ist zu Oppenheim off den dinstag vor der heiligen zwolffboten santte Symonis und Jude tag nach Cristi geburte drutzehen hundert und in dem sehsse und nuntzigistem jare. =j:^ Diese nachgeschriben . . . .' ; es folgt die Zeugenliste, wie bei Gudenus. Es sind aber am Anfange der Datierungsformel, 'der geben ist', die Worte 'der' und 'ist' durchstrichen.

Wir ersehen hieraus, dass die Zeugenliste ursprüng- lich nicht in der Urkunde gestanden hat, vielmehr erst später nachgetragen worden ist. Das Zeichen lijz: deutet an, dass sie vor der Datierung einzuschieben sei. Geschah das, so mussten in der Tat die beiden Worte getilgt werden. Ausserdem ist in dieser Urkunde eine kurze Formel am Rande hinzugefügt ^. Aus alle dem ist zu er- kennen, dass diese Ausfertigung, weil sie fehlerhaft war, nicht besiegelt werden konnte. So wurde aus ihr ein Originalkonzept, während man eine neue Reinschrift ver- anstaltete.

1) Vgl. die Signaturen in den Urkundenbesclireibungen im Neuen Archiv XXXI, 694 ff., n. 8 ff. 2) S. unten S. 199.

Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten. 197

Diese zweite Reinschrift besitzen wir ebenfalls noch: sie ist das zweite der Originale, die in den Regesten der Pfalzgrafen angeführt sind.

Dieses eigentliche Original befindet sich im Kgl. Bayer. Geheimen Staatsarchive ^.

Die drei Siegel des Grafen Johann von Nassau und seiner beiden Mitsiegler sind wohlerhalten. Auf der Rück- seite steht: '-Grave Johan zu Naszaw dumherre zu Meintze verbunteniszbrief et iuramentum 1396' und der Buchstabe 'B'. In dieser endgültigen Reinschrift ist die Zeugenliste an der richtigen Stelle eingeschoben, und auch jene aus- gelassene Formel in den Text aufgenommen worden.

Der Abdruck bei Gudenus stammt, wie leicht ersicht- lich, aus der fehlerhaften Ausfertigung, die er im Mainzer Archive vorfand : auch bei ihm ist die Datierung, un- geachtet der Tilgung der beiden Worte, unmittelbar an die voraufgehende Korroborationsformel angeschlossen und die Zeugenliste an den Schluss der Urkunde gestellt.

Da nun der Abdruck bei Gudenus nicht nur höchst ungenau, sondern auch sehr lückenhaft ist, so folgt hier die Urkunde, wie sie im Original lautet ^ :

Ich grave Johan von Nassauwe, grave Adolffs von Nassauwe seligen son , dhumherre zu Mentze , bekennen und dun kunt offenbare mit diessem brieffe allen den, dje yn ymmer ansehen lesen oder horent lesen, daz ich von myme fryem eygen willen und mit wol vorbedachtem mute und rate myner mage und guten frunde mich zu den durchluchtigen hochgebornen fursten und heren , hern Ruprechten dem Eltern pfaltzgraven by Rine, des heiligen Romischen riches oberster druchsesze und hertzog in Beyern, und hern Ruprecht deme Jungern, sime sone, und hern Ruprecht dem Jungesten, desselben hern Ruprechts des Jungern sone, pfaltzgraven by Rine und hertzoge in Beyern, mynen lieben gnedigen heren, und allen yren erben alle zyt als lange ich geleben verbunden han und ver- binden mit crafft diesz brieffes in aller masze als hernach geschriben stet, umb sunderlich genade liebe und frunt- schafft, die mir der selbe myn gnediger here hertzog Ruprecht der Elter alle zyt gnediclich und getruwelich

1) Die Signatur lautet: 'Kasten rot: 37. K. 16'. Da eine Ver- sendung des Originals nicht möglich war, so ist Herr Dr. A. Pfeiffer so freundlich gewesen, für mich eine Kopie anzufertigen. 2) Nach der

Kopie des Herrn Dr. A. Pfeiffer.

198 Eduard Sthamer.

bewiset hat und er und die obgenanten sine sone, mjne lieben gnedigen heren, mir in zufunftigen zyten wol be- wisen und erzeugen mögen. [1.] Zum ersten sal ich Johan obgenant mit allem dem, daz ich ytzunt vermag oder hernach vermögen werden, ez sin bistum oder ander her- schaffte und wirdikeite, geistlich oder werntlich, sloszen landen und luten, da mir unser herrgot zu gehilffet, wieder die obgenanten myne gnedigen heren die hertzogen alle dry und ire erben und herschaffte samentlich und sunder- lich niimmer getun noch schaffen getan werden noch sin und sal daz alle zyt mit allen mynen amptluten bestellen, daz sie daz also halten und daz iz gehalten werde; und sal ich auch nummer mit mynen obgenanten heren den hertzogen und iren erben zu kriege oder zu fy entschafft kommen in dheine wise ane alle geverde. [2.] Und sal die selben myne gnedigen heren die hertzogen ally dry und ire erben und ire herschaffte samentlich und sunderlich alle zyt als lange ich geleben mit rechten guten gantzen truwen meynen haben und handeln, usz gescheiden alle zyt allerley argeliste und geverde. [3.] Auch sal ich grave Johan von Nassauwe obgenant den obgenanten mynen gnedigen heren den hertzogen allen dryn und yren erben samentlich und sunderlich alle zyt als lange ich geleben zu allen eren und wirdikeiten, dar nach sie stellen wollen, wie die gesin mögen, geistlich oder werntlich, mit aller myner macht und mit allen mynen magen und frunden, die ich dar zu erbitten und gehaben mag, getruwelich und furderlich bygestendig beholffen und beraten sin und daran auch verliben festeclich und crefftelich, als dicke den obgenannten mynen heren den hertzogen und iren erben des not geschiecht ane alle geverde. [4.] Ez were dann, daz die obgenanten myne heren die hertzogen oder ire erben, daz got verbiete, nach solichen wirdekeiten wieder got und wieder rechte stellen wolten, oder daz ich daz von eren und von rechtes wegen nit getun muchte oder solte und daz den obgenanten mynen heren den hertzogen und yren erben kuntlich und offenbare mechte, daz ich daz von eren und von rechtes wegen nit getun müchte, so müchte ich des zu der zyt überhaben sin ane alle geverde. [5.] Und solte doch dar nach aber zu solichen Sachen ver- bunden sin und dun in aller masze als vurgeschriben stet, als dicke den obgenanten mynen heren den hertzogen und iren erben daz ankomet ane alle geverde. [6.] Auch sal ich als lange ich geleben nummer eynicherley verbuntenisse oder verspruchenisse getun noch angen, daz wieder die ob-

Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten. 199

genanten myne heran die hertzogen und ir erben und ir herschaffte were oder gesin muchte , ane alle geverde. [7J Ich sal auch als lange ich geleben keynerley sache geistlich oder werntlich für mich nemen oder der ge- bruchen, darumb ich der obgenanten stucke puncte und artikel eynz oder me nit halten und fullenfuren solte, sunder ich sal die alle zyt als lange ich geleben getruwe- lich feste und stete dun und halten, ane alle geverde. Und han auch daz allez den obgenanten mynen gnedigen heren den hertzogen in rechten guten gantzen truwen gerette und gelobet und myme gnedigen heren hertzog Ruprecht dem Eltern obgenant selbes in sine band gelobet, und reden und globen daz allez mit crafft diesz brieffes und han daz auch allez lyplich off deme heiligen gotes ewangelium gesworn gentzlich und getruwelich feste und stete alle zyt als lange ich geleben zu dun und zu halten und in keine wise zu uberfaren, usz gescheiden alle argeliste und geverde. Und han des allez zu warem Urkunde und gantzer stetikeit myn eigen ingesiegel an diessen brieff gehangen. Ich han auch zu merer Sicher- heit aller vurgeschriben stucke flyszeclich gebeten die edeln Philipps graven zu Nassauwe und zu Sarbrucken, mynen lieben vettern, und Friederich graven zu Veldentze, mynen lieben swager, daz sie auch für mich gelobet und ge- sprochen hant, daz ich alle vurgeschriben stucke puncte und artikel sament und besunder in aller masze, alz hie vurgeschriben stet, feste und stete halten sal und wil, und daz sie des allez zu gezugknisse ire eygen ingesiegele auch an diessen brieff by daz myne gehangen hant. Und wir Philipps grave zu Nassauwe und zu Sarbrucken und wir Friederich grave zu Veldentze bekennen, daz wir den obgenanten unszern gnedigen heren den hertzogen allen dryn und yren erben gelobet und ^ versprochen und dem obgenanten unszerm gnedigen heren hertzog Kuprecht dem Eltern selbs in sine band gelobet han, versprechen und globen mit crafft diesz brieffes für den obgenanten unszern lieben vetter und swager, graven Johan von Nassauwe, daz er alle vurgeschriben stucke alle zyt feste und stete dun halten und nit uberfaren sal in aller masze, als vur- geschriben stet. Und han beide zu merer Sicherheit, gantzer stetikeit und gezugnysze aller vurgeschriben dinge unser eygen ingesiegele auch an diessen brieff gehangen.

1) Die "Worte 'allen drjTi und' waren in der ersten, fehlerhaften Ausfertigung vom Schreiber selbst am Rande nachgetragen. Vgl. oben.

200 Eduard Sthamer.

Diese nachgeschriben sint genwortigen gewest by allen diessen obgesehriben dedingen und beredungen und hant daz allez also gesehen und gehört, mit namen : die ersamen wisen meister, meister Matheus von Craekauw, der hei- ligen schriffte, und meister Niclaus Borgman von sancte Gewere, des geistliehen rechten lerrere, her Hans vom Hirtzhorn, hofemeister, her Tham Knebil der Alte, her Johan von Brubaeh, her Rudolff von Zeysekem, her Tham Knebil der Junge, schultheisze zu Oppenheim, her Herman von Gejspesheim und her Johan Bosze von Waldecke, rittere, Hanman von Sickingen, vitzdum zur Nuwenstat, Wilhelm von Waldecke, burggrave zu Stalberg über Bacherach, und Hennel Wiszekreysz von Lyndenfels, edel- knechte, und Mathis von Sobernheim, oberster schriber unsers obgenanten gnedigen heren hertzog Ruprecht des Eltern. Geben zu Oppenheim off den dinstag vor der heiligen zwolffboten sant Symonis und Jude tage nach Cristi geburte drutzehen hundert und in dem sehsse und nuntzigisten jare.

II. Reichstagsakten IT, n. 191.

In dem Aktenstück n. 191 des IV. Bandes der Reichs- tagsakten gibt der Domprobst zu Würzburg, Johann von Egloffstein, dem Könige Ruprecht in ähnlicher Lage, wie Graf Johann von Nassau im Oppenheimer Vertrage, ein analoges Versprechen ab. Eine Vergleichung dieser Ur- kunde mit dem vorstehend abgedruckten Oppenheimer Vertrage zeigt uns, dass beide vielfach wörtlich überein- stimmen. So sind die einleitenden Sätze des Versprechens Johanns von Egloffstein, dann der Anfang des 1. Artikels bis zu den Worten: 'da mir unser herre got zu hilffet', ferner der grösste Teil der ersten Hälfte des 4. Artikels und endlich von Artikel 5 ab der ganze Schluss fast durch- weg wörtlich genau aus dem Oppenheimer Vertrage her- übergenommen. Man hat also in der Pfälzer Kanzlei, wo auch die Urkunde Johanns von Egloffstein ausgefertigt worden ist, einfach den Oppenheimer Vertrag als Vorlage benutzt.

Diese Beobachtung macht uns zugleich auch erklär- lich, wie es möglich war, dass sich in dieser Urkunde eine so geheimnisvolle Wendung, wie: 'Zum ersten sal ich Johan obgenanter mit allem dem daz ich itzüng vermag ader hernach vermögen würde, iss sin bistüm ader ander

Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten. 201

herschafft und wirdekeid geistlichen ader werentlichen, slossen landen und lüden, da mir unser herre got zu hilffet', Platz finden konnte neben so unzweideutigen Hinweisen auf den Würzburger Bischofssitz, wie die Vorbehalte der Rechte und Freiheiten des Würzburger Stiftes am Ende des 2. und 4. Artikels sie enthalten. Diese Heimlichkeit, welche bei dem Inhalte des Oppenheim er Vertrages und den Umständen von dessen Abschluss durchaus begreiflich ist, erscheint hier als ziemlich überflüssig, da ja das Würz- burger Kapitel selbst sich mit der Namhaftmachung des zu wählenden Kandidaten durch den König einverstanden zeigte ^.

Es sei hier beiläufig noch bemerkt, dass auch für das Versprechen, das Otto von Egloffstein, Domherr von Würz- burg, dem König Ruprecht gab für seine Beihülfe zum Patriarchat von Aquileja-, der Oppenheimer Vertrag als Muster gedient hat, wenngleich die Anlehnung hier nicht so eng ist, wie bei dem vorher besprochenen Aktenstücke.

III.

Akten betreffend die Verhandlungen wegen der Tötung des Herzogs Friedrich von Braunschweig.

Reichstagsakten IV, n. 270 bis n. 280.

Da es äusserst schwierig ist, die in den betreffenden Aktenstücken zahlreich erwähnten Einlagen, Abschriften und Entwürfe auseinanderzuhalten , so ist es wohl an- gebracht, in Kürze auf diese wichtige und interessante Korrespondenz einzugehen, um so mehr, als m. E. durch die Anmerkungen, die Weizsäcker diesen Schriftstücken beigefügt hat, deren verwickeltes Verhältnis keineswegs nach jeder Richtung hin klar gestellt ist. Wir wollen untersuchen, was uns aus dem Briefwechsel des Landgrafen Hermann II. von Hessen mit König Ruprecht von der Pfalz, sodann mit den Herzogen von Braunschweig und endlich mit dem Grafen Heinrich von Waldeck unmittel- bar erhalten ist, und versuchen, festzustellen, welcher Platz den verschiedenen dem Abdruck in den Reichstags- akten zu Grunde gelegten Schriftstücken in jenen Korre- spondenzen anzuweisen ist.

Gehen wir aus von dem Briefe König Ruprechts an

1) Reichtagsakten IV, 225, N. 1. 2) Reichstagsakten V, n. 471.

202 Eduard Sthamer.

den Landgrafen Hermann vom 28. Februar 1401 ^ Darin sandte der König dem Landgrafen folgende Einlagen.

1) Die Ausfertigung des Sühnebriefes ^, der gemäss einem in Marburg getroffenen Abkommen vor Ostern 1401 ausgetauscht werden sollte gegen den Revers des Grafen Heinrich von Waldeck und seiner Helfer^. Diese Ausfertigung ist auf Pergament geschrieben , in ein Papier eingeschlossen und mit dem Siegel des Königs versiegelt *.

2) Einen Brief an den Erzbischof Otto von Bremen und dessen Brüder, die Herzoge Bernhard und Heinrich von Braunschweig, gleichfalls datiert vom 28. Februar 1401 ^

Darin einliegend ^ :

2 a) eine Abschrift des Entwurfes des Reverses, den Graf Heinrich von Waldeck und seine Helfer den Braunschweiger Brüdern geben sollen '^.

1) Reichstagsakten IV, n. 273. Das Original ist bisher nicht ge- funden. 2) Reichstagsakten IV, n. 270. In dem alten aus dem 16. Jh. stammenden Repertorium des Samtarchives zu Marburg Bd. II. Bi. 378 findet sich folgendes Regest: 'Darbey [bei Urkunden aus dem Februar 1401] ligtt auch der vertrag, wie sie ertzbischoff Otto und seine beide hochermeltte gebruder zu Brunschweig vorberurtter niderlage und entleibung ires bruders hertzog Friderichs halbenn mit graven Heinrichen zw Waldeckenn, Friderichen von Herttinghausenn und Cuntzemannenn von Falckenberg verglichenn, de dato 1401 dinstag [nach, (durchstrichen, darüber von späterer Hand) : vor] Agneta'. Die Urkunde selbst ist nicht mehr zu finden. Es muss dieses das Original von Reichstagsakten IV, u. 270 gewesen sein ; das Datum ist im Repertorium falsch abgeschrieben : es muss statt 'dinstag' 'donrstag' heissen. Darüber, wie das Original in das Archiv des Landgrafen von Hessen gelangt ist, vgl. weiter unten. 3) Reichstagsakten IV, n. 273 fP. Die Urkunde über das Marburger Ab- kommen ist uns nicht erhalten. 4) Reichstagsakten IV, n. 274: 'des senden wir uch denselben brieff, als wir yn begrifi"en haben und dun schriben off berment, by diesem unserm brieff in ein bapire ge- slossen und mit unserm ingesigel versigelt'. In dem Briefe des Königs an den Landgi-afen, Reichstagsakten IV, n. 273, steht nur: 'als wir in begriefen unde uf perment han tun schrieben'. Ueber die falsche Auslegung, die der Landgraf dem Briefe des Königs, n. 273, gab, vgl. weiter unten. Hier genügt es, festzustellen, dass der Papierumschlag des Sühnebriefes versiegelt war, sodass der Landgraf nicht sehen konnte, was darin war. 5) Reichstagsakten IV, n. 273 : 'verslossen in unserm brieve, den wir dir hirmitt senden', und 'begern unde bidten dine liebe mit ernste, daz du den egnanten unsern brief unsern oheimen von Brunswig senden wollest'. Dieser Brief ist im Original im Staatsarchiv zu Hannover erhalten ; daraus abgedruckt Reichstagsakten IV, n. 274. 6) Reichstagsakten IV, n. 273: 'unde auch ein notteln, als di ander partie . . ., verslossen in . . .'; Reichstagsakten IV, n. 274: '. . und darczü hie inne verslossen ein nottel'. 7) Ebendort. Diese 'nottel' ist erhalten : sie ist identisch mit der Vorlage zu Reichstags- akten IV, n. 271 ; daher auch die Verschickungsschnitte.

Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten. 203

3) Je eine Abschrift der unter 1 genannten Aus- fertigung und der unter 2 a aufgeführten 'nottel' zu eigenem Gebrauche für den Landgrafen ^.

4) Die drei Briefe '-, in denen der König, der Land- graf und Herzog Otto von Braunschweig ^ dem Grafen von Waldeck und seinen Helfern ihre Versöhnung aus- sprechen. Die Briefe waren auf Pergament geschrieben "^ ; der Brief König Ruprechts war besiegelt, während die beiden anderen noch von Landgraf Hermann bzw. von Herzog Otto mit Siegeln versehen werden sollten ^.

Der König bittet den Landgrafen, die Ausfertigung des Sühnebriefes und den einliegenden Brief an die Herzoge von Braunschweig weiterzusenden und sie in einem Geleit- schreiben nochmals eindringlich zu ermahnen, noch vor Ostern den Austausch der Sühnebriefe zu bewirken ^.

1) Reichstagsakten IV, n, 273: 'derselben sunebi*iefe abe- s eh rieft wir dir auch schicken herinne verslossen'. Ebendort n. 274: 'unserm swager [dem Landgrafen], dem wir auch beider brieffe nottel geschickt . . . haben'. Ebendort n. 275: 'auch haid er uns abeschrieffte uwers sünebrieves unde des greven von Waldegke unde der partye gesandt'. Die beiden Abschriften sind nicht mehr vorhanden. 2) Reichstagsakten IV, n. 272 KBH.

3) Reichstagsakten IV, n. 273: 'unde darzu unsern dinen unde dines dochtermans vorzigesbriefe'. Dass der Tochtermann nur Otto von Braunschweig sein kann, weist Weizsäcker, Reichstagsakten IV, 323, N. 6 nach. 4) Reichstagsakten IV, n. 275. Von den Briefen für Hermann und Otto heisst es : 'vorezegesbrieff uff pergameen geschrieben' ; der Brief des Königs war auch auf Pergament geschrieben, wie aus dem unten zu be- sprechenden Missverständnisse des Landgrafen hervorgeht. 5) Reichs- tagsakten IV, n. 273 : 'deq unsern vorsigelt unde die andern zwene, als du unde din dochterman sie sollen vorsigeln'. Das Original des Königs befindet sich in Marburg, Samtarchiv 2, 4. Das Siegel ist verletzt, die ganze Urkunde defekt und aufgezogen. Das Original des Landgrafen ist ebenfalls in Marburg, Samtarchiv lad. 52 n. 18. (vgl. Küch, in Zeitschr. d. Ver. f. hess. Gesch. u. Landesk. X. F. XIX, 88, N. 3). Das Original Ottos ist nicht mehr auffindbar. 6) Reichstagsakten IV, n. 273 : '. . bidten . . . daz du den egnanten unsern brief unsern oheimen von Brunswig senden w^ollest . . . unde in darmitt ernstlich schrieben, als wir in daz auch geschriebin habin, daz sie dir iren sune brief wollen furderlich schicken . . .'. Mit 'unsern brief bezeichnet der König sein Schreiben, Reichstagsakten IV, n. 274, und mit 'iren sunebrief die in Papier verschlossene Ausfertigung von Reichstagsakten IV, n. 270. Der Landgraf hat das nun ganz missverstanden, wie wir aus seinem Schreiben an die Herzoge von Braunschweig, Reichstagsakten IV, n. 275, ersehen. Dort heisst es: 'so haid auch derselbe unser herre uns eynen sunebrieff uff pergameen geschrieben mit syme anhangenden ingesigel besigelt mit demeselbin brieve gesandt unde uns gebeten, daz wir uch den schicken, unde uch darmidde schrieben, daz uwir bruder . . . unde ir eynen sunebrieff widderumme zugeben ....'. Unter dem Sühnebrief auf Pergament versteht Weizsäcker, Reichstagsakten IV,

204 Eduard Sthamer.

Der Landgraf erfüllte den Wunsch des Königs, so ■wie er ihn verstanden hatte. Er schickte am 8. März 1401 mit dem vom Könige gewünschten Geleitsschreiben ^ den Herzogen Bernhard und Heinrich von Braunschweig fol- gende Aktenstücke zu:

1) Eine Abschrift des Briefes, den König ßuprecht ihm geschickt hat^.

2) Den Versöhnungsbrief König Ruprechts mit dessen anhangendem Siegel ^.

3) Die beiden ersten Einlagen des königlichen Briefes ^.

4) Abschriften von den Versöhnungsbriefen des Landgrafen Hermann und des Herzogs Otto '".

325, N. 2, den Sübnebrief n. 270 ; allein das ist nicht richtig : der Sühne- brief n. 270 kann nicht ein anhangendes Siegel des Königs gehabt haben. Vielmehr hat der Landgraf verstanden, er solle den mit dem anhangenden Siegel des Königs versehenen Brief, Reichstagsakten IV, n. 272 K, den Herzogen zusenden ; daher auch die unbestimmte Aufforderung an die Herzoge , einen Sühnebrief wiederum zu geben. Der Irrtum ist leicht begreiflich: da die Ausfertigung des Sühnebriefes n. 270 in Papier verschlossen und versiegelt war, und auch der dabei liegende Brief, Reichstagsakten n. 274, kein offener Brief war (vgl. die Quellenangabe), so war dem Landgrafen aus dem Begleitschreiben des Königs, Reichstagsakten IV, n. 273, nicht klar geworden, was beide ent- hielten. Diese Tatsache, dass der Landgraf seine Aufgabe falsch auf- gefasst hat, bestätigt uns auch die weitere Interpretation seines Briefes an die Braunschweiger Herzoge , Reichstagsakten IV, n. 275 , welche weiter unten folgt. 1) Reichstagsakten IV, n. 275. Das Original ist

erhalten. Vgl. die Quellenangabe. 2) Reichstagsakten IV, n. 275:

'. . . uns einen brieff gesandt haid, des wir^ uch eyne abeschriefft hirynne vorslossen senden'. Diese Abschrift ist erhalten, sie liegt dem Abdruck von Reichstagsakten IV, n. 273 zu Grunde. 3) Ueber diesen Irrtum vgl. oben S. 203, N. 6. 4) Reichstagsakten IV, n. 275: 'auch

haid er uns andere sine brieve darmide gesand ; dieselben

sine brieve wir uch auch hirmidte senden'. Nach unseren obigen Aus- führungen ist ganz klar, dass dies die in Papier eingeschlossene Aus- fertigung des Sühnebriefes n. 270 und der verschlossene Brief n. 274 mit der Abschrift von n. 271 als Einschluss sind. Der unbestimmte Ausdruck des Landgrafen: 'andere sine brieve' passt dazu sehr gut, da ihm ja, wie wir oben sehen, der Inhalt beider nicht klar geworden war. 5) Reichs- tagsakten IV, n. 275 : 'so haid er uns unde hierczogen Otten von Brunswig . . . unser iglicheme eynen vorczegesbrieff uff pergameen geschrieben gesand, der abeschriefft wir uch hirynne auch verslossen senden'. Dass hier der entsprechende Versöhnungsbrief des Königs, Reichstagsakten IV, n. 272 K, nicht mit genannt wird, bestätigt abermals unsere Interpretation des Briefes Hermanns an die Herzoge von Braunschweig. Uebrigens sind die beiden Abschriften, die Hermann an die Braunschweiger sandte, wohl ziemlich sicher identisch mit dem von Weizsäcker in der Quellen- angabe zu Reichstagsakten IV, n. 272 unter B und H angeführten Stücke, das beide Urkunden enthält.

Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten. 205

Wir sehen also, dass ausser den für den Landgrafen Hermann selbst bestimmten Briefen und Abschriften damals die noch zu besiegelnden Ausfertigungen der Ver- söhnungsbriefe des Landgrafen selbst und seines Schwieger- sohnes Otto von Braunschweig in den Händen des Land- grafen blieben. Alle übrigen Einlagen des königlichen Briefes aber nebst weiteren Abschriften kamen an die Herzoge von Braunschweig. Mit Ausnahme der Aus- fertigung des Sühnebriefes, n. 270, und des Versöhnungs- briefes des Königs, n. 272 K, blieben sie dann im Archiv der Braunschweiger Herzoge liegen; noch jetzt befinden sie sich sämtlich unter den Beständen dieses Archives in Hannover ^.

Da die Herzoge von Brauuschweig den Brief des Königs an den Landgrafen, der ihnen ja in Abschrift mit- geteilt worden war, aus dem an sie selbst gerichteten Briefe des Königs interpretieren konnten ^ so fassten sie den Wunsch des Königs nicht so irrtümlich auf wie der Landgraf. Sie Hessen also die ihnen vom Könige zu- gesandte Ausfertigung des Sühnebriefes besiegeln und schickten diese und jedenfalls auch das Original des Versöhnungsbriefes des Königs ^, das der Landgraf irrtüm- licher Weise ihnen zugesandt hatte, mit einem Geleits- brief* an den Landgrafen Hermann^, in dessen Hände sie am 1. April gelangte*'.

Gleichzeitig sollte durch Philipp von Nassau die Aus- stellung des Sühnereverses von Seiten des Grafen Heinrich von Waldeck und seiner Helfer betrieben werden. Der König hatte an Philipp einen gleichen Brief geschickt mit denselben Einlagen mutatis mutandis, wie an den Land- grafen ''. Wir müssen annehmen , dass sich dort alles analog hat zutragen sollen ^.

Nun sollten vor Ostern, d. h. vor dem 3. April, die Sühnebriefe durch den Landgrafen Hermann ausgetauscht werden. Zwar waren die Braunschweiger Herzoge pünkt- lich ihren Verpflichtungen nachgekommen , aber Graf Heinrich von Waldeck zeigte sich säumig. Daher mahnte

1) Vgl. die Quellenangaben zu den verschiedenen Aktenstücken. 2) Reichstagsakten IV, n. 273 und n. 274. 3) Reichstagsakten IV,

n. 272 K. 4) Reichstagsakten IV, n. 278. Der Geleitsbrief ist nicht

erhalten. 5) Reichstagsakten IV, n. 276 und n. 279. 6) Reichstags- akten IV, n. 279. 7) Reichstagsakten IV, n. 273. 8) Von den sämtlichen Aktenstücken ist bisher nicht ein einziges wiedergefunden worden.

206 Eduard Sthamer.

ihn der Landgraf am 1. ApriP, indessen ohne Erfolg: Heinrich antwortete am 2. April mit einem Briefe voll leerer Ausflüchte ^.

Unverzüglich benachrichtigte der Landgraf die Herzoge von Braunschweig ^ und übersandte ihnen zugleich Ab- schriften von seinem jüngsten Briefwechsel mit dem Grafen von Waldeck ^. Sodann teilte Hermann auch dem Könige den ganzen Verlauf der Sache mit ^. Eine Abschrift dieses Berichtes *' übersandte er mit einem Begleitschreiben vom 14. April ^ auch an die Herzoge von Braunschweig.

Da Heinrich von Waldeck die erforderlichen Reverse nicht ausstellen wollte, so durfte der Landgraf auch die Sühne- und Versöhnungsbriefe, die er in Händen hatte, ihm nicht übergeben. Er behielt also diese 4 Aktenstücke ^ und legte sie vorläufig in sein Archiv^, um sie später dem Könige nach Nürnberg mitzubringen ^^, wo der König persönlich nochmals versuchen wollte, den Streit zu schlichten. Die Herzoge von Braunschweig aber waren nun nicht mehr geneigt, sich auf weitere Unterhandlungen einzulassen ^\ und ersuchten daher den Landgrafen von Hessen, der ihnen des Königs 'Vertragsentwurf ^^ in Ab- schrift ^^ zugestellt hatte ^"^, die betreffenden Urkunden nicht aus den Händen zu geben ^^. Zweifellos hat der Landgraf ihrem Wunsche entsprochen , denn noch heutiges Tages finden sich unter den alten Beständen des hessischen

1) Reichstagsakten IV, n. 276. Ein offener Brief (nach Reichs- tagsakten IV, n. 278). Das Original ist nicht bekannt. 2) Reichstags- akten IV, n. 277, ebenfalls offener Brief (nach derselben Quelle). Das Original ist gleichfalls unbekannt. 3) Reichstagsakten IV, n. 278 aus dem Originale. 4) Diese Abschriften sind erhalten, sie stehen auf

einem Blatte. Aus ihnen schöpft Weizsäcker die Stücke Reichstags- akten IV, n. 276 und n. 277. Man beachte die Verschickungsschnitte! 5) Reichstagsakten IV, n. 279. Original nicht bekannt. Ueber die Datierung vgl. unten n. IV. 6) Erhalten. Daraus abgedruckt in den

Reichstagsakten. 7) Reichstagsakten IV, n. 280 aus dem Originale.

8) Reichstagsakten IV, n. 270 und n. 272 KBH. 9) Reichstagsakten IV, n. 279. 10) Reichstagsakten IV, n. 328 art, 5 : 'Item, daz min jungher der lantgrave die süne- und verziegsbriefe uf den graffen von Waldecken etc., die ime geantwurted sin von der hierzogen von Brunsswig wegen, bie ime behalde und die uf den obgenanten tag mime herren dem kunige brenge und antwurte'. 11) Küch in d. Zeitschr. d. Ver. f. hess. Gesch. u.

Landesk. N. F. XIX, 90. 12) Reichstagsakten IV, n. 328. 13) Diese Abschrift liegt dem Druck in den Reichstagsakten zu Grunde, wie aus den Verschickungsschnitten ersichtlich ist. Vgl. unten n. V. 14) Reichs- tagsakten IV, n, 831. 15) Reichstagsakten IV, n. 332: '. . . bidden iw fruntliken mit ganzem vlite, dat gi desulven unse breve nicht van iw enantworden . . .'.

Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten. 207

Archives im Samtarchive zu Marburg zwei jener Originale^, und dass das Original des Sühnebriefes n. 270 sich früher dort befunden hat, lässt sich aus dem alten Eepertorium dieses Archives nachweisen 2.

Fassen wir zum Schlüsse kurz unsere Ergebnisse zu- sammen und was sich weiter aus ihnen folgern lässt :

1. Wir haben die Herkunft und Bedeutung der archivalischen Vorlagen zu allen in Frage kommenden Aktenstücken erkannt und gefunden, dass sie mit wenigen Ausnahmen unmittelbar aus jener Korrespondenz herrühren.

2. Da die Vorlage zu Reichstagsakten IV, n. 271 direkt aus jenen Verhandlungen stammt, während die zu n. 270 nur die Abschrift eines solchen originalen Aktenstückes ist, so muss im Gegensatze zu Weizsäcker hei der Textkritik der Vorlage zu n. 271 vor der zu n. 270 der Vorzug gegeben werden, solange nicht das Original eines der beiden Aktenstücke aufgefunden ist.

3. Was die Datierung der beiden ebengenannten Aktenstücke betrifft, so ergibt sich : Die beiden Entwürfe, die aus der Pfälzer Kanzlei stammen, sind etwa gleich- zeitig anzusetzen mit dem Briefe König Ruprechts an den Landgrafen von Hessen ^, also 'zu Februar 28'. Auf den 20. Januar sind beide Entwürfe zurückdatiert. Be- siegelt wurde der Sühnebrief n. 270 gegen Ende März, n. 271 niemals; aber auch die Urkunde n. 270 ist nicht perfekt geworden, da sie den Destinataren nicht aus- gehändigt wurde*.

4. Demnach dürfen die beiden Sühnebriefe genau genommen nicht als 'Entwurf bezeichnet werden.

5. Aus der vorhandenen Korrespondenz können wir neben einigen unbedeutenden ein wichtiges Aktenstück ergänzen, das bisher leider noch nicht wieder aufgefunden ist: Auf dem Tage zu Marburg im Januar 1401 wurde eine Vereinbarung fixiert, die enthielt, dass die drei Braun- schweiger Brüder und entsprechend, wie wir sahen, Graf Heinrich von Waldeck und seine Helfer ihren Gegnern einen Sühnebrief ausstellen sollten in der Form, wie der König ihn abfassen und ihnen zusenden würde ^,

1) Küch a. a. O. S. 88, N. 3 und oben S. 203, N. 5. 2) Vgl. oben S. 202, N. 2. 3) Reichstagsakten IV, n. 273. 4) Danach sind Küchs Ausführungen a. a. 0. S. 87 zu berichtigen. 5) Nach Reichs-

tagsakten IV, n. 273 und n. 274.

208 Eduard Sthamer.

und zwar bis Ostern (3. April). Auch über die Aus- wechslung der Gefangenen muss diese Urkunde Bestim- mungen enthalten haben ^. Wir können wohl annehmen, dass sich ihr Inhalt im Wesentlichen mit den in den Sühnebriefen n. 270 und n. 271 angegebenen Tatsachen gedeckt hat.

6. Ueber den Verbleib der bisher nicht aufgefundenen originalen Aktenstücke können wir feststellen, dass damals in das landgräflich hessische Archiv wanderten:

a) Das besiegelte Original von n. 270;

b) eine gleichzeitige Kopie desselben Aktenstückes (mit Verschickungsschnitten) ;

c) eine gleichzeitige Kopie von n. 271 (ebenfalls mit Verschickungsschnitten) ;

d) das besiegelte Original von n. 272 B;

e) das Original von n. 273;

f) das Original von n. 277.

Leider ist es nicht gelungen, diese Aktenstücke im Samtarchive zu Marburg wieder aufzufinden. Da die Be- stände dieses Archives zu früheren Zeiten durch Feuchtig- keit sehr gelitten haben, so müssen wir wohl annehmen, dass uns diese sämtlichen Stücke aus jener Korrespondenz für immer verloren gegangen sind.

7. Von dem ganzen entsprechenden Briefwechsel mit dem Grafen von Waldeck ist nicht ein einziges Stück auf uns gekommen.

IV. Reiclistagsakten IV, n. 279.

Es ist zweifelhaft, ob dieser Brief zum 2. oder zum 14. April anzusetzen sei-. Wir wollen kurz dieser Frage näher treten iind versuchen, ob es uns vielleicht gelingt, sie zu entscheiden.

Die Situation, in der der Brief geschrieben ist, kennen wir schon aus dem vorigen Abschnitte: Heinrich von Waldeck hat die Ausfertigung des Reverses der Sühne- urkunde, Reichstagsakten IV, n. 271, verweigert. Es ist dies genau die gleiche Sachlage, wie wir sie in dem Briefe des Landgrafen Hermann von Hessen an die Brauuschweiger

1) M. E. wird am Schlüsse von Reichstagsakten IV, n. 278 auf dieses verlorene Aktenstück Bezug genommen, und nicht, wie Weizsäcker (ebendort N. 9) vermutet hat, auf den 2. Artikel von Reichstagsakten IV, n. 270. 2) Reichstagsakten IV, 328, N. 10.

Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten. 209

Herzoge vom 2. April ^ vorfinden. Schon allein dieser Umstand könnte uns bewegen, uns für den 2. April zu entscheiden.

Wir müssen nun aber, wenn wir die Frage lösen wollen, noch den Brief heranziehen, den König Ruprecht am 8. April an die Herzoge von Braunschweig schrieb ^. Darin fordert der König die Herzoge auf, unter Berufung auf die Marburger Vereinbarung vom Januar gleiches Jahres, am 30. Mai vor ihm zu Nürnberg zu erscheinen ; zum gleichen Tage will er den Grafen von Waldeck dort- hin entbieten; dann will er durch Schiedsspruch ihre Streitigkeiten schlichten. Wir sehen also daraus, dass Ruprecht bereits von dem Fehlschlagen der letzten Ver- handlungen , die durch die Hand des Landgrafen von Hessen gingen, Kenntnis gehabt haben muss, da er sonst nicht nochmals einen Tag für das Schiedsgericht hätte an- zusetzen brauchen.

Diese Erwägung ist ausschlaggebend für die Datierung des vorliegenden Briefes: Wir werden nicht fehl gehen, wenn wir uns für den 2. April entscheiden.

V.

Akten betreffend den Vermittelungsversucli

König lluprechts zwischen Erzbischof Johann von Mainz

und seinen Gegnern.

Eeichstagsakten IV, n. 328 bis n. 330.

üeber die Datierung der beiden Werbungen König Ruprechts, n. 329 und n. 330, herrseht Uneinigkeit. Weiz- säcker -^ schliesst aus der Stellung, die beide im Karlsruher Kopialbuch einnehmen, dass sie etwa in den Juli 1401 ge- hören mögen ; allein die inhaltliche Verwandtschaft der Werbung n. 329 mit der Vereinbarung zwischen König Ruprecht und Erzbischof Johann II. von Mainz'' veranlasst ihn, zunächst diese Werbung n. 329 zu datieren: '[1401 nach Mai 6]'; da nun aber die Werbung n. 330 augen- scheinlich gleichzeitig ist mit der Werbung n. 329, so setzt er auch für diese das gleiche Datum an. Hiergegen hat nun Felsberg -^ im Hinblick auf Artikel 1 der Werbung

1) Reichstagsakten IV, n. 278. 2) Reichstagsakten IV, n. 327.

3) Reichstagsakten IV, 388, X. 1. 4) Reichstagsakten IV, n. 328.

5) 0. Felsberg, Die Ermordung des Herzogs Friedrich von Braunschweig im Jahre 1400, Progr. d. Herzogl. Ernestinum zu Coburg, 1888, S. 19, N. 8.

Neues Archiv etc. XXXV. 14

210 Eduard Sthamer.

n. 330, der nach seiner Meinung voraussetzt, dass die Fehde zwischen den Braunschweigern und dem Waldecker bereits ausgebrochen sei, sich dafür entschieden, die beiden Werbungen für den Juli anzusetzen. Ihm ist Küch ^ gefolgt.

Welche Meinung ist nun die richtige? oder besser: wann haben wir die Werbungen n. 329 und n. 330 an- zusetzen und wie ist das Verhältnis zu dem Abkommen n. 328?

Gehen wir aus von der Werbung n. 330 !

Im Artikel 4 beruft sich der König ausdrücklich auf die Marburger Uebereinkunft. Dieser Marburger Tag fand statt vom 16. bis 20. Januar 1401-, dieser ist also bereits vorüber. Der König bittet sodann in demselben Artikel die Herzoge von Braunschweig, die Sühnebriefe, die sie dem Marburger Abkommen gemäss dem Grafen Heinrich von Waldeck und seinen Helfern geben sollen, zu be- siegeln ^. Wir haben nun bereits gesehen *, dass der König die Sühnebriefe, um die es sich hier handelt 5, am 28. Fe- bruar dem Landgrafen von Hessen zusandte mit der Bitte, sie weiterhin an die Braunschweiger Herzoge gelangen zu lassen. Dass das geschehen sei, setzt doch der vorliegende Artikel 4 offenbar voraus, da die Aufforderung, Urkunden zu besiegeln, die noch garnicht vorliegen, keinen Sinn hätte. Wie die Sache sich weiter entwickelte, haben wir ebenfalls bereits eingehend untersucht.

Etwa am 2. April ^ teilte der Landgraf von Hessen dem König mit, dass zwar die Braunschweiger Herzoge ihre Siegel an die Sühnebriefe gehängt hätten, dass aber eine Auswechselung der Urkunden nicht habe stattfinden können, da der Graf von Waldeck sich weigere, Eeverse zu geben ^. Nach Empfang dieses Briefes hätte Kuprecht eine solche Aufforderung, wie der Artikel 4 sie enthält, nicht mehr nötig gehabt. Daraus würde sich also ergeben, dass die Werbung n. 330 vor den 8. April 1401 fiele, da der Brief Ruprechts von diesem Datum ^ bereits die

1) Küch in der Zeitschr. d. Ver. f. hess. Gresch. u. Landesk. N. F. XIX, 90, N. 7. 2) Reichstagsakten IV, n. 190 und n. 269 ff.

3) Der Artikel 4 lautet: 'Item daz sie auch der süne nachfolgen wollen, die unser herre der konig zusehen in und dem graven von Waldeck Friederich von Hertingshusen und den andern zu Margpurg beredte, und die briefe darüber besiegeln' etc. 4) Oben n. III. 5) Reichstags-

akten IV, n. 270 und n. 272 KBH. 6) Vgl. oben n. IV. 7) Reichs- tagsakten IV, n. 279. 8) Reichstagsakten IV, n. .327.

Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten. 211

Kenntnis der Mitteilung des Landgrafen von Hessen ^ voraussetzt, wie wir im vorhergehenden Abschnitte darzutun versucht haben. So kämen wir dahin, dieses Aktenstück etwa in den März 1401 zu verlegen.

Wie verhält es sich denn nun aber mit der Fehde, die die ersten Artikel erwähnen, auf welche sich Felsberg und Küch beziehen?

Zunächst ist festzustellen, um welche Fehde es sich handelt. Zwar klagt in dem Artikel 1 der Erzbischof über die Herzoge von Braunschweig nur ganz unbestimmt: 'daz sie mit ir gewalt über in gezogen sin und imme sin lande und lute swerlichen beschediget haben und beschedigen in den dingen, daz er nit wisse mit in zu schaffen hann' ; dennoch glaube ich, dass wir in dem Wortlaute selbst einen bestimmten Anhaltspunkt dafür finden, was hier gemeint ist. Es heisst nämlich in den Klageartikeln des Erzbischofs Johann gegen die Braunschweiger Herzoge, über die der König am 3. Februar 1403 in Nürnberg ent- schied -, in Artikel 6, mit Beziehung auf das Unternehmen des Herzogs Heinrich von Braunschweig gegen, die Mainzer Schlösser Geismar und Nuwenburg : 'und si im daz ge- scheen wider recht und ane gericht und in den dingen als er mit dem egenanten Heinrich nichts wüste zu schaffen han' etc. Sollte diese wörtliche Ueber- einstimmung des Schlusssatzes mit dem ersten Artikel unserer vorliegenden Werbung ein Zufall sein? Wenn es auch nicht unbedingt sicher ist, so scheint es mir doch höchst wahrscheinlich zu sein, dass dem Erzbischofe bei dem Entwürfe dieses Klageartikels jenes frühere Akten- stück über den gleichen Vorgang vorgelegen hat. Wir hätten damit also die Vermutung Küchs ^, dass es sich in dem Artikel 1 um den Kriegszug gegen den Waldecker handle, noch genauer bestimmt: Es handelte sich um den Angriff Heinrichs von Braunschweig auf Geismar und Nuwenburg.

Nun erhebt sich aber gleich die weitere Frage : Wann hat denn jenes Unternehmen stattgefunden?

Wir wissen es nicht ! Aber dennoch können wir ver- suchen , ob sich nicht vermutungsweise wenigstens an- nähernd dieser Vorgang fixieren lässt.

In den Klageartikeln des Landgrafen Hermann von Hessen gegen Erzbischof Johann von Mainz und denen des

1) Reichstagsakten IV, n. 279. 2) Reichstagsakten V, n. 335.

3) A. a. 0. S. 90, N. 7.

14*

212 Eduard Sthamer.

Erzbischofs gegen den Landgrafen, über die König Ruprecht in Nürnberg am 3. Februar 1403 zu Gericht sass, wird ein Handel des Landgrafen von Hessen mit denen von Geismar erwähnt ^, der stattfand vor Ausbruch des Krieges ', also vor dem 5. August 1401; denn von diesem Tage ist der Fehdebrief des Erzbischofs datiert '^

Diese Fehde zwischen dem Landgrafen von Hessen und denen von Geismar ist uns aber auch sonst nicht un- bekannt; sie wird bereits in der Vereinbarung König Ruprechts mit Erzbischof Johann von Mainz vom 6. Mai 1401* erwähnt: sie fällt also auch noch vor den 6. Mai. Da nun andererseits der Vorfall sich 'binnen dem gutlichen sten' ereignet haben soll, so kann er nicht vor dem 17. Januar 1401 angesetzt werden, wo der König zwischen dem Erzbischof von Mainz und dem Landgrafen von Hessen den Waffenstillstand vermittelte '". Dass es in dieser Zeit zwischen dem 17. Januar und dem 6. Mai auch sonst nicht ganz friedlich zugegangen ist, ersehen wir z. B. auch aus dem Briefe des Grafen Heinrich von Waldeck vom 20. April ^"'. Es liegt daher nahe, zu vermuten, dass das Unternehmen des Herzogs Heinrich von Braunschweig, der ja mit Hermann von Hessen im Bunde stand, mit diesem Streite zwischen dem Landgrafen und denen von Geismar zusammenhängt. Etwas Näheres können wir freilich nicht darüber ermitteln. Küch setzt diesen Zug Heinrichs von Braunschweig gegen Ende des Juni oder Anfang des Juli ^ au, allein das ist doch wohl auch nur eine Hypothese. Ich glaube nicht, dass diese Hypothese Küchs gegenüber dem Tatbestande, der dem Artikel 4 zu Grunde liegt, für die Datierung der vorliegenden Werbung ins Gewicht fallen kann, um so weniger, als, wie wir sahen, auch eine andere Kombination in Betreff der in dieser Werbung erwähnten Fehde möglich ist.

1) Reichstagsakten V, n. 336 art. 7 und n. 337 art. 7. 2) Reichs- tagsakten V, n. 387 art. 7 : 'die von CTeissmar wurden sin [des Land- grafen] fiende ee dez bischofs fehde' und weiterhin: 'binnen dem gutlichen sten'. 3) Küch a. a. ü. S. 100. 4) Reichstagsakten IV, n. 828

art. 2. 5) Reichstagsakten IV, n. 269. 6) Gedruckt: N. A. XXXI, 705 f. Es sei bei dieser Gelegenheit noch erwähnt, dass, wie Herr Pro- fessor Dr. Leitzmaun in Jena mir freundlicher Weise mitteilte, es selbst- verständlich heissen muss: 'dar unsirs swagirs von Seyn fründe und dynnere oicli midde warin' ; gemeint ist ein Graf von Sayn, der sich in- dessen vor der Hand noch nicht näher bestimmen lässt. 7) A. a. 0. S. 98. Dort ist ein störender Druckfehler zu verbessern : es muss '25 Juni' statt '25. Mai' heissen.

Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten. 213

Daher glaube ich, dass wir die Werbung König Ruprechts an die Braunschweiger Herzoge , Reichstags- akten IV, n. 330, mit grosser Wahrscheinlichkeit etwa in den März 1401 setzen können.

Dass die Werbung König Ruprechts an den Land- grafen von Hessen, Reichstagsakten IV, n. 329, mit der au die Braunschweiger Herzoge ungefähr gleichzeitig ist, hat schon Weizsäcker erkannt^, das bedarf daher keiner längeren Erörterung. Es sei nur darauf hingewiesen, dass nach Artikel 3 dieser Werbung der Streit zwischen dem Landgrafen von Hessen und denen von Geismar in den WafPenstillstand fällt, den 'unser herre der kunig und unser herre burggrave Friederich von Nuremberg beredt haben' ; ich gestehe, dass ich mit dieser Notiz nichts an- zufangen weiss: denn in der Beurkundung des Waffen- stillstandes vom 17. Januar- wird der Burggraf nicht ge- nannt; man könnte höchstens daran denken, dass auf dem Tage zu Nürnberg, im Februar und März 1401, noch ein- mal unter Beteiligung des Burggrafen eine Verlängerung des Waffenstillstandes vereinbart worden sei; denn obgleich der Waffenstillstand vom 17. Januar am 29. Mai ablieft, setzte doch der König bereits am 8. April ein Schieds- gericht auf den 30. Mai an, unter Beruf ungf darauf, dass er die Entscheidung in der Zeit bis zum Johannistag, dem 24. Juni, fällen solle ^. Aber wir wissen nichts darüber.

Es erübrigt noch, in aller Kürze auf das Verhältnis einzugehen, das zwischen den beiden besprochenen Wer- bungen und der Vereinbarung des Königs mit Erzbischof Johann von Mainz vom 6. Mai^ besteht. Gerade aus diesem Verhältnis schloss ja Weizsäcker, dass die Werbungen später als jene Vereinbarung anzusetzen seien. Wie steht es damit?

In Artikel 2 und 4 der Vereinbarung wird gesagt, dass König Ruprecht das, was jene Artikel enthalten, an den Landgrafen werben lassen solle. Das sei geschehen, so meint Weizsäcker'', in der Werbung n. 329. Das ist aber m. E. ein Irrtum: vielmehr geschah es durch üeber- sendung eben jener Vereinbarung n. 328 an den Land- grafen '. Damit fällt also das Argument, das Weizsäcker

1) Reichstagsakten IV, 389, N. 1. 2) Reichstagsakten IV,

n. 269. S) Ebendort. 4) Reichstagsakten IV, n. 327. 5) Reichs- tagsakten IV, n. 328. 6) Reichstagsakten IV, 388, N. 1. 7) Reichs- tagsakten IV, n. 331. Daher weist auch die in Hannover befindliche Kopie Verschickuugsschnitte auf; sie ist eben von dem Landgrafen den

214 Eduard Sthamer.

veranlasste, die Werbungen n. 329 und n. 330 nach dem 6. Mai anzusetzen, weg.

Dennoch besteht zweifellos ein Zusammenhang zwischen jenen beiden Werbungen des Königs einerseits und der Vereinbarung n. 328 andererseits. Darüber ver- mute ich folgendes:

Angenommen, der Handel mit Geismar und Nuwen- burg fiele etwa in den Februar 1401. Dann können wir weiter mutmassen, dass sich der Erzbischof von Mainz auf dem damals gerade in Nürnberg versammelten Reichstage bei dem Könige darüber beklagt habe, und dass auf Grund dieser Beschwerden des Erzbischofs die Werbungen an Hessen und Braunschweig, n. 329 und n. 330, entworfen worden seien, etwa im März dieses Jahres. Da nun gleich- zeitig die Vermittelungs versuche des Landgrafen zwischen den Herzogen von Braunschweig und den Mördern ihres Bruders im Gange waren ^, so blieben die beiden Werbungen vorläufig nur Entwürfe. Im Anfange des April stellte sich nun heraus, dass diese Vermittelung gescheitert war. Daher besprach der König Anfang Mai auf dem zweiten Reichs- tage zu Nürnberg nochmals diese Angelegenheit mit dem Erzbischofe von Mainz-; dieser kam dann mit ihm überein, wie das Abkommen n. 328 es enthält, und übertrug die Entscheidung seiner Streitigkeiten mit Hessen dem Könige ^ und versprach zugleich, dazu mitzuwirken, dass auch die Angelegenheit der Ermordung des Herzogs Friedrich von Braunschweig durch einen Schiedsspruch des Königs bei- gelegt werde *. Als Tag für beide Entscheidungen wird der 13. Juni^ festgesetzt. Zugleich wurde verabredet, dass

Herzogen von Braunschweig zugesandt worden ; vgl. Reichstagsakten IV, n. 331 und n. 332. 1) Vgl. oben n. III. 2) Reichstagsakten IV,

D, 328 Anfang. 3) Ebendort art. 3 und 4. 4) Ebendort art. 6

und 8. 5) El)endort art. 3 : 'von dem nehsten montage nach unsers

herren liechnams tage nehstkumpt über achte tage, daz wirdet uf sente Viti und ]\Iodesti tage nestkumpt'. Schon "Weizsäcker hat darauf hin- gewiesen (ebendort N. 1), dass der Montag über acht Tage nach Corporis Christi der 13. Juni sei, während Viti et Modesti auf den 15. Juni fällt. Er vermutet einen Schreibfehler : 'Montag' statt 'Mittwoch'. Allein, wenn man die Herkunft der Kopie im Hannoverschen Archive berücksichtigt, so gibt uns diese eine wahrscheinlichere Lösung dieser Schwierigkeit an die Hand. Die Vereinbarung n. 328 wurde von dem Könige an den Landgrafen gesandt. Die Bemerkung: 'daz wirdet uf . . .', die sich schon äusserlich als Interpolation kennzeichnet, fehlte in dem Original, sie wurde in der hessischen Kanzlei hinzugefügt, wobei ein Irrtum in der Datums- berechnung unterlief. Der Landgraf liess dann diese Vereinbarung noch- mals abschreiben, um sie den Herzogen von ßraunschweig mitzuteilen.

Beiträge zur Kritik der Deutschen Reichstagsakten. 215

diese Verein baruog durch Zusendung dem Landgrafen von Hessen ^ und weiterhin den Herzogen von Braunschweig mitgeteilt werden solle -'.

Bei der Abfassung der Vereinbarung n. 328 wurden die früher entworfenen Werbungen benutzt. So erklärt es sich, dass Artikel 2 und 3 der Werbung n. 329 sich als Artikel 4 und 2 in der Vereinbarung n. 328 wiederfinden. Aus der Werbung n. 330 kam es, da die Vereinbarung sich zunächst nur auf Hessen bezog, nur noch auf Ar- tikel 4 an ; denn die Beschwerden der Artikel 1 und 2 mussten so wie so bei der Entscheidung des Königs zwischen den Herzogen von ßraunschweig und dem Grafen von Waldeck und dessen Anhängern zur Sprache kommen. Die Aufforderung aber, die jener Artikel 4 enthält, war nunmehr überflüssig, da der König inzwischen erfahren hatte, dass die fertigen Sühnebriefe in der Hand des Land- grafen seien ^. Daher finden wir denn auch in der Tat in der Vereinbarung n. 328 im Artikel 5 die Weisung des Königs an den Landgrafen, jene Sühnebriefe zum Schieds- gerichtstage nach Nürnberg mitzubringen.

Nimmt man diese Darstellung des Sachverhaltes an, so erklärt sich ganz zwanglos noch eine andere Erscheinung, die auch Weizsäcker bereits aufgefallen ist*, nämlich, dass die Werbung n. 329 weit unbestimmter gehalten ist als die Vereinbarung n. 328, besonders, dass kein bestimmter Termin für die Entscheidung darin genannt wird: Das liegt eben daran, dass die Werbung zeitlich viel früher fällt als die Vereinbarung, und dass sie ihrem Wesen nach nur ein Entwurf ist.

Bei dieser neuen Abschrift es ist die, aus welcher die Reichstagsaktea das Stück abgedruckt haben, wurde dann diese falsche Interpolation in den Text aufgenommen. Da der Tag Viti et Modesti natürlich jedem bekannt war, während die Berechnung des Montags über acht Tage nach Corporis Christi doch immerhin einige Mühe erforderte, so kam es, dass die Herzoge von ßraunschweig ohne weitere Nachprüfung einfach nur von Viti et Modesti sprechen. Aus diesem Sachverhalte ergibt sich aber für uns, dass der König den 13. Juni gemeint hat. 1) Ebendort

art. 2 und 4. 2) Ebendort art. 7. 3) Reichstagsakten IV, n. 279.

4) Reichstagsakten IV, 388, N. 1.

VI.

Miscellen.

Sigolena.

Von Willielm Levison.

Sigolena oder, wie sie später vielfach lieisst, Segolena ist eine Fränkische Heilige, deren Verehrung von der Gegend von Albi ihren Ausgang genommen hat; ihrer Vita zu Folge hat sie dort auf eigenem Grund und Boden ein Kloster Troclaris gegründet und geleitet, das, wie zu- erst Mabillon vermutet hat ^, unterhalb Albi am Tarn nahe dem heutigen Ort Lagrave (arr. und cant. Gaillac) gelegen war -. Von dort aus wird ihr Kult in das Limousin ^, an die obere Loire ^ und in die Auvergne^ gelangt sein. Vor allem aber ist Metz mit einer ihr geweihten Pfarrkirche ein zweiter Mittelpunkt ihrer Verehrung geworden, wohl im Zusammenhang mit den alten Beziehungen der Metzer Kirche zu Südfrankreich und gerade den Albi benachbarten Gegenden, Beziehungen, die in der erweiterten Gestalt einer Karolingischen Genealogie im 9. Jh. ihren Nieder- schlag gefunden haben, indem auch eine 'domna Sigolina' für einen Seitenzweig des Karolingerhauses in Anspruch genommen wird ^. Von Metz aus hat der Name der Heiligen vermutlich in Martyrologien von Echternach, Toul,

1) Acta sanctorum ordinis S. Benedicti III, 2, p. 541. 2) Vgl.

Guerard, Cartulaire de l'abbaye de Saint -Victor de Marseille (Collection de documents inedits) II, 1857, p. 215. 221 f. 289 (n. 843, 844, 848) ; Jaffe, Reg. pont. Rom. I-, n. 5184. 6358. 7718. 3) Vgl. Gaufredus

Vosiensis, Chron. I, 15 (Labbe, Nova bibliotheca manuscript. librorum

II, 286). 4) Dort liegt ein Ort Sainte-Sigolene (dep. Haute -Loire, arr. Yssingeaux, cant. Monistroi - sur - Loire). 5) Libellus de ecclesiis Claromontanis c. 43 (demnächst SS. R. Merov. VI). Südfrankreich gehört auch ein Kalendar von Carcassonne an, das Mabillon, Annales I, 608 erwähnt; dass der Kult Sigolenens noch weiter südlich gewandert ist, zeigt ihi'e zweite Vita, die von den Bollandisten aus zwei Spanischen Hss. herausgegeben worden ist (Catalogus codicum hagiograph. Latin. Paris

III, 488 504). 6) MG. SS. U, 310. Vgl. Bonnell, Die Anfänge des karolingischen Hauses S. 21 ff.

220 Wilhelm Levison.

Eemiremout ^ und Senones - Eingang gefunden. Der Ver- breitung des Kults entspricht die üeberlieferung der ersten Vita Sigolenae ^; die älteste bekannte Hs. stammt aus dem südfranzösischen Kloster Moissac^, eine andere aus den Moselgegenden, das bekannte Legendär von St. Maximin in Trier ^.

Der Biograph, der als Zeitgenosse der Heiligen er- scheint und sie persönlich gekannt haben will, erzählt mancherlei über ihren Lebensgang. Einen breiten Raum nehmen Wunder ein , die Tugenden Sigolenas werden in Worten gerühmt, wie man sie ähnlich häufig lesen kann, und begegnen auch einige Eigennamen, so sind ihre Träger doch sonst sämtlich unbekannt, und der Verfasser bietet so wenig greifbare Tatsachen, dass nicht einmal das Zeit- alter der Aebtissin sich daraus entnehmen lässt; nur mit allem Vorbehalt hat man sie dem 7. oder 8. Jh. zu- gewiesen''. Und doch lässt sich wenigstens die Zeit der Vita in engere Grenzen einschliessen dank einer Eigen- schaft, die zugleich für ihre Beurteilung von Bedeutung ist: sie gehört zu der immer mehr anschwellenden Reihe von Heiligenleben des früheren Mittelalters, deren Ver- fasser die Lücken der üeberlieferung oder die mangelnde Darstellungsgabe durch eine Anleihe bei Vorgängern zu ersetzen versucht haben. Nicht nur die Motive so mancher Erzählung sind von Hand zu Hand gewandert, auch der Wortlaut zahlreicher Wendungen ist immer aufs neue aus- geschrieben worden, und mehr als eine Vita ist zum grösseren oder geringeren Teil mosaikartig aus Stücken zusammengesetzt, die für das Bild anderer Heiliger be- stimmt waren. Ein besonders anschauliches Beispiel stellt in dieser Hinsicht die Vita Sigolenae dar, deren Verfasser sich nicht nur selbst im allerarrössten Umfang; mit fremden

1) H. Quentin, Les martj'rologes historiques du moyen age, 1908, p. 240. 242. 2) Mabillon, Annales I, 607. o) Herausgegeben von

Labbe a. a. 0. im Appendix von S. TTTttll an; Mabillon, Acta III, 2, p. 541 550; Cuperus, AA. SS. lulii V, 630 6o7. Ich zitiere nach Mabillon. 4) Paris n. 17002, saec. X, fol. 16' 20' (vgl. den genannten Bollandistenkatalog III, 365), die Grundlage der genannten Ausgaben; eng verwandt ist unzweifelhaft Paris n. 5806, saec. XIV, fol. 174' 177' (eb. II, 56). Auch Paris u. 5278, saec. XIII, fol. 124'— 128, enthält die Vita (eb. I, 469). 5) Trier, Stadtbibliothek n. 1151 (num. loc. 455,

früher 964), saec. XIII, fol. 205; vgl. Krusch, N. A. XVIII, 625. Daraus ist die Londoner Hs. Harley n. 3597 vom Jahre 1475, fol. 192 197, sicherlich abgeschrieben (vgl. über sie Krusch, lonae Vitae sanc- torum p. 70 ; Levison, Vitae Bonifatii p. XX. LXI). 6) Ausser Mabillon und Cuperus vgl. Histoire literaire de la France IV, 77 sq. ; Devic et Vaissete, Histoire generale de Languedoc I'-, 1872, p. 751 sqq.

Sigolena. 221

Federn geschmückt liat, sondern auch einen Teil seiner Beute bald hat weitergeben müssen ; Quellen und Ab- leitungen ermöglichen es so, seine Zeit zu bestimmen. Bereits Mabillon hat in seiner Ausgabe darauf hingewiesen, dass die Vita Eadegundis des Venantius Fortuuatus und einmal die Dialoge des Sulpicius Severus ausgeschrieben sind ; aber damit sind die 'Quellen' des Verfassers keines- wegs erschöpft. Nicht nur hat er auch die erste Martins- schrift des Severus, die Vita Martini, und das zweite, von der Nonne Baudonivia verfasste Buch der Vita Eadegundis benutzt; dazu kommen die vielgelesenen Sentenzen Isidors von Sevilla ^ und weitere Quellen aus dem Gebiet der Heiligengeschichte: die Acta Sebastian! und die Passio Eugeniae, die erst seit zwei Jahrzehnten bekannte lebens- volle Vita der jüngeren Melania, weiter die des Germanus von Auxerre von Constantius und die bedeutende Vita des Caesarius von Arles, ferner die weitverbreiteten Dialoge Gregors des Grossen, endlich das erste Buch der Vita Columbani des Jonas, deren zweites Buch um 642 verfasst ist. Wie ein Mosaik nimmt sich die Vita Sigolenae aus; grössere und kleinere Entlehnungen wechseln in bunter Folge, was eine Zusammenstellung der entlehnten Stellen zeigen möge, indem ich Anfangs- und Schlussworte an- führe - und die Quellen in folgender Weise bezeichne :

Caes. = Vita Caesarii episc. Arelat. (ed. Krusch, SS.

R. Merov. III, 433—501); Col. = lonae Vita Columbani (ed. Krusch , SS. R.

Germ., 1905); Eug. = Passio Eugeniae (Migne, Patrol. Lat. LXXIII,

605—620); Germ. = Constantii Vita Germani episc. Autissiodor.

(nach meiner künftigen Ausgabe SS. R.

Merov. VI ; vgl. N. A. XXIX, 95 ff.) ; Greg. = Dialoge Gregors des Grossen; Isid. = Isidori Sententiae (Opera ed. Arevalo VI, 115

362);

1) Auch das nicht nachgewiesene Zitat der Synode von Aschheim (MCt. Concilia II. 57), das Arbeo wiederholt hat (Vita Haimbrammi c. 29, SS. R. Merov. IV, 502) : 'Xam qui iUuin uon habet placatum, numquam evadit iratum', geht (mit unbedeutenden Abweichungen) auf diese Schrift Isidors zurück, wie ich bei dieser Gelegenheit nachtragen möchte; vgl. Sentent. I, 2, 2 (S. 118). 2) Kleine, etwa durch den

verschiedenen Zusammenhang veranlasste Abweichungen merke ich nicht an.

222 Wilhelm Levison.

Mel. = Vita Melaniae iunioris (Analecta Bollandiaua

VIII, 16—63)1; Rad. = Vita Eadegundis (ed. Kruseh, SS. R. Merov.

II, 358—395); Seb. = Acta Sebastiani (Acta sanctorum lanuarii II,

265—278); Sulp. = Sulpicius Severus (ed. Halm , Corpus scrip- torum ecclesiasticorum Latinorum I). Prol. reverenda . . . cum choro tibi commisso Caes. I, 1 (S. 457, 6—7). t(t ahnae texere gesta CoL, epist. (S. 145, 3 4). Nefas tarnen minime paream Caes. I, 1 (S. 457,

11—12). Igitur I)eo relatione prolata eb. (Z. 14 19). ut legentihus fastidium amputarem Col., epist. (S. 147,

17—18). Nunc igitur scire festinat Caes. I, 2 (S. 458, 2 3). decorentur, ut apta legentihus fiant Col., epist. (S. 146, 5). c. 1. Ad conversionem exempla bonorum Isid. II, 11, 1 (S. 205). quibus aedificatur virtutes eb. 11, 12 (S. 207). Si enim exempla sufficerent eb. 11, 6 (S. 206). Hoc a saeciäis soboles gloriaretur Col. I, 1 (S. 151,

8—13). adgredimur texere largitus est eb. (S. 152, 11 13). natalibus nobilis, religione nobilior Germ. c. 22. quae cum suis tempore Rad. I, 2 (S. 365, 6 7). et ab ipsis instituta Germ. c. 1. iuncta est circiter Mel. I, 1 (S. 21, 26—27). sublimemque genere sortitur Germ. c. 1. Nubit ergo gradu proficeret Rad. I, 3 (S. 366, 6.

8—11). Transeunte igitur spatio temporis Mel. I, 3 (S. 22, 21). fervens spiritu Deo eb. I, 5 (S. 23, 8. 12). ait ad virum suum eb. I, 1 (S. 22, 3). adolescentiae flammis exaestuans Col. I, 3 (S. 156,

21—22). omnes facultates voluntas Dei fuerit Mel. I, 1

(S. 22, 6—10). tarn mirabilem Excelsi eb. I, 11 (S. 28, 3. 5 7). age ergo operaris Greg. IV, 56.

1) Die neuere und vollständigere Ausgabe des Kardinals Rampolla (Santa Melania giuniore senatrice Romana, Rom 1905) war mir nicht zugänglich.

Sigolena. 223

c. 2. se sua cum non dedisset Ead. I, 3 (S. 366, 11. 15—18). Tendens adlmc misericordiae eb. I, 4 (S. 366, 19). infirmos visitdbat administrabat Mel. I, 9 (S. 27,

2—4). pauperihus manet in aetermim eb. I, 20 (S. 34, 28 31). c. 3. Quid heatissima altaria Rad. I, 14 (S. 369, 12 13. 11. 12. 14—15). deinde quod dispensahat eb. I, 3 (S. 366, 13). c. 4. Erat enim officium Seb. 1, 1. 2 (S. 265).

et si sederet convivio Rad. I, 4 (S. 366, 26 27). quidquid ferret vUesceret eb. I, 5 (S. 367, 3 4). c. 6. a Deo continentiae accipietis Isid. II, 40, 1 (S. 246). c. 7. graviter contristahatur saecularem Mel. I, 6 (S. 24, 21—23). Exsidtavit autem Domino eb. (S. 24, 14 16). c. 8. Eo suh tempore directum legationem Germ. c. 12.

id ipsam diaconam Rad. I, 12 (S. 368, 22—23. 31). c. 9. At vero remeasset Col. I, 7 (S. 164, 24—26).

coepi^ peregrinationem inonstravero tibi eb. I, 4

(S. 159, 8—11). Gloriam huius ^mw^iY Mel. II, 12 (S. 47, 29—30). eif iugum leve est Col. I, 4 (S. 159, 1 2). c. 10. ignitum igne ardorem eb. (S. 159, 12 13).

suhintrat ei deifica inspiratio, tit Mel. II, 18 (S. 50, 24—25). c. 11. Eo itaque perveniret Col. I, 11 (S. 170, 18—20). ad quem cum resedit eb. I, 6 (S. 163, 17 19). ihique sola monstraret eb. I, 4 (S. 158, 22 159, 1. 5—6). c. 12. Transacto itaque intervallo eb. I, 7 (S. 164, 30). commimia midtis omnia erant eb. I, 5 (S. 162, 5). Ilhic nohüium densaretur eb. I, 10 (S. 169, 22 170, 1. 169, 6). c. 13. Ex ea die exordium Germ. c. 3.

coepit esse praeci;^ia Caes. I, 5 (S. 459, 12 14). memor praecepti sohrietas Col. I, 5 (S. 161, 16

17. 19—21). si quis fuisset transacta Rad. I, 21. 22 (S. 371,

20—23. 26). potum praeter non Itihit eb. I, 15 (S. 369, 23 24). panem hordeaceum moluit Germ, e, 3. legumen et olera sine olei gutta Rad. I, 15. 22 (S. 369, 22. 371, 27—28).

224 Wilhelm Levison.

Cilicium sustinere corpusculiim eb. I, 22 (S. 372.

1-3). Aliis quadragesimis misteram eb. I, 23. 1.5

(S. 372, 5. 369, 19—22. 372, 7—8). forte atfritione nimia soheretur Germ. c. 4. memor illius abnndare Col. I, 6 (S. 163, 20 22). c. 14. Illnd quoqtie mipenclere Ead. I, 9 (S. 368, 1).

Infirmantihns prima serviret eb. I, 23 (S. 372, 15.

10. 15—16. 13. 8—9). Inter omniimi hdbehatur Col. I, 4 (S. 158, 20 22). e. 15. lUud qtiod ptiUicum Ead. I, 29 (S. 373, 31).

in calidani aquam comhandat eb. (S. 374, 4 6). capita lauans putredines eb. I, 17 (S. 370, 9. 10). Fugahatur de tepida eb. I, 29 (S. 374, 7).

c. 16. quidam iuvenis in communi cum Sulp. Vita Mar- tini 23, 2 (S. 132, 13—15). nee data dilatione promeruit Ead. I, 28 (S. 373, 26).

c. 17. Patratum miraculum Col. I, 16 (S. 179, 12).

Qitaedam pueUa est reddita Ead. I, 28 (S. 373, 27—29). c. 18. Ädiciaiur laudi rehellem adducere eb. I, 30 (S. 374. 10—11). ctim ingenti proclamat Germ. c. 32. fide plena extimuit Ead. I, 30 (S. 374, 13).

c. 19. Xec illud simillimum eb. I, 33 (S. 375, 2).

c. 20. Coepit exinde suhveniehat Col. I, 7 (S. 166, 4 6.

8—10). parvo temporis intervallo eb. (S. 164, 30). rogavit se diici Ead. I, 27 (S. 373, 20). Incumhit consurgitur Germ. c. 9. adest divinitas, fitgafur inimicus eb. c. 13. 2)0st eadem indicio eb. c. 10. c. 21. Qiiis numeret dementia Ead. I, 35 (S. 375, 17). dum iam vexaretur eb. I, 28 (S. 373, 27 28). orat, ut a liherari Caes. I, 41 (S. 473, 4). Omni animae mdsereri utile est Mel. II, 29 (S. 55,

24—25). Ne inoboediens parendo Col. I, 3 (S. 158, 6 7). cinxit eam Mel. II, 29 (S. 55, 33). adhihitisqiie simid dep)recatur Col. I, 7 (S. 164,

21—22). oratio infercessionis impletur Germ. c. 10. omnihus rem gestam patefecit Col. I, 7 (S. 166, 3 4).

Sigolena. 225

c. 22.^ Quadam vero accesserat Greg. III, 21. ingressa heatae ecclesiam eb. I, 9. immensitatem non posse eb. III, 12. c. 23. Froferatur religio Rad. I, 36 (S. 375, 27). visitationis gratia gustarent Greg. II, 35. Multi, pater in nobis non est Isid. II, 18, 1

(S. 217). quia ipse promisit venient vohis Col. I, 9 (S. 168,

25. 169, 1—3). de parvis minimisque peccatis Greg. IV, 39. memor illius psalmographi praeconii Col. I, 3 (S. 158,

8 9). coepitque cum deposcere, ut eb. 1, 7 (S. 164, 16 17). Quid inter haec opportuna eb. I, 13 (S. 173,

21—22). de quorum dubitdbatur eb. I, 10 (S. 170, 10). cotidie saliitarem afflixit Greg. IV, 55. pie petenti potestas Col. I, 9 (S. 168, 18). Sic fides et oratio meruit, ut eb. I, 13 (S. 174, 8). Conditori agit largitur eb. I, 14 (S. 175, 14 16). c. 24. Alio quoque suscepit Greg. II, 6.

Brevi tempore funis cohiheret Sulp. Dialog. I, 22,

2—4 (S. 174, 22. 24—25. 175, 7. 9—12). Inctimbit pi'osternitw Germ. c. 9. quae statim permansit Greg. II, 25. c. 25. dies litaniarum coUegerat Germ. c. 32.

erat iU regehat Col. I, 14 (S. 174, 12—14.

176, 3—4). cuius faciem scio, nomen nescio Greg. IV, 15. cor am omni poptdo vexari coepit eb. I, 10. magnis vocihus clamare dicens eb. II, 31. quo suscepto habnisset eb. I, 10. fluxu ventris egressus est Rad. I, 30 (S. 374, 14). c. 26. oculorum lumen videret Greg. III, 5.

ut signaret octdos Rad. I, 27 (S. 373, 22). Fit communis omnium dolor Germ. c. 27. plena Spiritu implevit eb. c. 15. ita ut tractus recederet Rad. I, 27 (S. 373, 24). Exsultant contremiscit Germ. c. 15. c. 27. Alio quoque impetravit Greg. I, 10.

Tunc beata perunxit Caes. I, 43 (S. 473, 23 24). Uico luce abscessit Greg. I, 10.

1) Wie schon Mabillon bemerkt hat, erinnert der Inhalt des Kapitels an Greg. II, 33.

Neues Archiv etc. XXXV. 15

226 Wilhelm Levison.

c. 29. Qiiodam igitur reptahat Caes. I, 47 (S. 475, 7.

9—10). jyi'o qiia re parentum lacvimis eb. II, 2 (S. 484,

16—19. 21). nokiit denegare. Sola tarnen (aus solamen) Col.

I, 7 (S. 164, 20—21). ad orationem prosternitur Caes. II, 2 (S. 484, 23). Cimique orationem complesset Col. I, 7 (S. 164, 22—23). porrecfa manu enarrare Caes. I, 47. 48 (S. 475,

24—26). c. 30. lam nt spero pi'onuntiare vohis Mel. II, 33 (S. 57,

23 27)1. henigna et sincera conscientia Caes. II, 7 (S. 486, 18). quidquid aliis implevit Rad. II, 17 (S. 390,

14—15)2. Orationi, lectioni insistebat eb. (S. 390, 17 18)^. nee docuit floreret Caes. I, 46 (S. 475, 2 3.

474, 32—33). Nnmquam esse voluit Rad. II, 17 (S. 390, 16 17) ^ Sed quia iam esse cum Christo Mel. II, 33

(S. 57, 28—34). c. 31. Olim infirmitas extenderetur eb. II, 37 (S. 60,

16—17). Iam dissolvi negligenter eb. II, 34 (S. 58, 27 30). Certate consequamini eb. II, 14 (S. 49, 9 11). 0 filiolae custodite eb. II, 13 (S. 48, 28). Caritatem videhit Dominum eb. II, 12 (S. 47,

27—28. 26. 28 33). Memores teneatur eb. II, 17 (S. 50, 17—18). retentationis regna Col. I, 17 (S. 184, 19 20). c. 32. Cumque per sexto die Greg. II, 37.

Oumque Jialitu quaesierat Col. I, 17 (S. 184, 2 4). dominici corporis mtinivit Greg. II, 37. psahnum praecepit eb. IV, 35. Sic cum precantis monente Col. I, 2 (S. 154,

26—27). intuens caelos mtdtipUca eb. I, 17 (S. 183, 16 18). Eadem hora circumsteterunt Greg. IV, 16. ctipientes eius heatnm exitum videre Mel. II, 39

(S. 61, 31 62, 1).

1) Dasselbe Kapitel von Mel. ist in der Vita Eligii II, 33 (SS. Merov. IV, 718) ausgeschrieben, wie auch in c. 34 Spuren dersel'

_ __ .. _., , _ ^_ _ ^ _. __ _^ derselben

Quelle begegnen. 2) Aus Caes. I, 56 (S. 480, 13—14). 3) Eb.

I, 59 (S. 481, 9-10). 4) Eb. I, 57 (S. 480, 16).

Sigolena. 227

ante lectulum constitisse Greg. IV, 13.

Ciimque in eum egressa eb. IV, 16.

et angelorum consortio caelos Mel. II, 39 (S. 62, 6—7).

quod Signum comitata Greg. IV, 27.

Cumque corpus adspersa est eb. IV, 16.

acsi illic congregata eb. IV, 47.

ostenderet venisse eb. IV, 16.

In praedio sepelierat menibra Eug. c. 29. 19 (Sp. 620. 616).

pater filiam dominam servi eb. c. 8 (Sp. 610). c. 38. cotidianis miracidis mundantur Greg. IV, 6 ^.

nunc usque coruscat eb. II, 37. Sicherlich ist mir mehr als eine Stelle der genannten Quellen entgangen, die in gleicher Weise als Ausbeute gedient hat, und für den geringen Teil der Vita, der noch übrig bleibt, vermag vielleicht ein Anderer ähnliche Ent- lehnungen aus mir weniger bekannten Texten nachzuweisen. Aber auch so ergibt sich bereits ein hinreichend be- gründetes Urteil über die Vita. Man muss das Geschick anerkennen, mit dem der Verfasser diesen 'Cento' zu einer Einheit gestaltet hat, und es ist eine Ausnahme, wenn er im Vorwort erklärt, er habe 'sub compendio brevitatis' nur eine 'exigua dictatio' gegeben, dagegen nachher (c. 30) von einem 'prolixus sermo' redet. 'Haec combinet, qui potest' hatte Cuper dazu bemerkt. Die gedankenlose Benutzung der Vita Melaniae an der zweiten, vermutlich einer noch nicht erkannten Quelle an der ersten Stelle bietet die Erklärung des Widerspruchs. Zum Teil sind die Ent- lehnungen sachlich belanglos und harmloser Art, handelt es sich um Eedewendungen, die in ähnlichem Zusammen- hang ohne wesentliche Beeinträchtigung des Tatbestandes sich leicht verwenden Hessen, und etwa bei der Charak- teristik der Heiligen im 30. Kapitel wird man sich dessen bewusst bleiben, wie oft man im früheren Mittelalter ge- rade solche Schilderungen einer Persönlichkeit unbedenk- lich von einem Vorgänger entlehnt hat, und wie vorsichtig man immer Abschnitten dieser Art gegenübertreten muss; ist doch z. B. die Charakteristik Papst Silvesters in den Gesta Silvestri ^ mehr oder minder vollständig: von Bobolen

1) Dieselbe Stelle von Gregors Dialogen ist in der Vita Eligii 11, 80 (a. a. 0. S. 739, 31 34) benutzt. 2) Es handelt sich um das

Stück, das im Catalogus codicum hagiograph. bibliothecae regiae Bruxel- lensis I, 1, p. 6 nach einer nicht fehlerfreien Hs. gedruckt worden ist.

15*

228 Wilhelm Levison.

auf Germanus von Granfelden ^, von Adamnan auf Columba von Hi^ von einem Mönch von Lindisfarne auf Cuthbert ^, von Anso auf Ermino von Lobbes^ von Wurdestin auf Winwaloeus von Landevenec ° übertragen worden, und es war mindestens teilweise eine Verkennung dieser Litteratur- gattung, wenn man in der Schilderung von Columbas Eigenschaften durch Adamnan 'a brief, but expressive summary' gesehen hat ^. Man wird also auch dem Ver- fasser der Vita Sigolenae in dieser Hinsicht gewisse Frei- heiten zugestehen müssen und nicht den modernen Be- griff geistigen Eigentums uneingeschränkt anwenden dürfen; aber mag man auch noch so tolerant sein, hier ist doch alles zulässige Mass überschritten worden. Auch in Quellen von wirklichem Wert sind ältere Viten in grossem Umfang ausgeschrieben wie in den Lebens- beschreibungen des Landebert und Hugbert von Maastricht- Lüttich und des Desiderius von Cahors; aber dort verbleibt doch nach Abzug der entlehnten Stellen ein Restbestand von brauchbaren Nachrichten, denen gegenüber unser Ver- fasser kaum etwas aufzuweisen hat. Die Art, wie nicht nur Redewendungen, sondern ganze Tatsachenreihen von den Vorgängern übernommen sind, veranlasst zum grössten Misstrauen, und wenn die Vita einer Aebtissin Aliphia ge- widmet sein will, Avenn ein Abt Euantius heisst (c. 16), der Gatte Sigolenens Gislulfus (c. 1), ein anderer Abt Gisloaldus (c. 23) genannt wird, so stimmen diese Namen noch miss- trauischer im Hinblick auf den Bischof Alipius {'AXvmog) der Vita Melauiae (I, 20. 21), den Euanthius des Sulpicius Severus (Dialog. II, 2, 3) und den Gislaadus der Vita Radegundis (I, 27), und das Namenpaar der Mägde Pallidea und Palladia (c. 19) ist nicht eben geeignet, den Verdacht zu verringern. Hat man schon früher gelegentlich an der Glaubwürdigkeit der Vita gezweifelt ', so wird man ihr diese jetzt so gut wie ganz bestreiten dürfen.

1) Vita Germani Grandivall. c. 2 (ed. Krusch , SS. R. Merov. V, 34). 2) Am Ende des 2. Prologs der Vita Columbae (ed. Fowler,

1894, S. 6). 3) Vita Cudbercti des Anonymus c. 2, 11 (AA. SS.

Martii III, 119; Stevenson, Bedae Opera historica minora p. 264). 4) Vita Erminonis c. 5 (Mabillon, Acta III, 1, S. 566 ; später SS. R. Merov. VI). 5) Vita Winwaloei II, 9 (Analecta Bollandiana VII, 224; A. de la Borderie, Cartulaire de l'abbaye de Landevenec I, 1888, p. 72). 6) Reeves, Historians of Scotland VI, p. XL. 7) E. Mabille bei Devic und Vaissete a. a. 0. I -, 752, N. 5 ; vgl. A. Molinier, Les sources de l'histoire de France I, 164.

Sigolena.

229

Es bleibt noch die Frage nach dem Alter dieses seltsamen, so zu sagen mit der Schere hergestellten Mach- werks. Dass es frühestens der Mitte des 7. Jh. angehört, zeigt die Benutzung der Vita Columbani des Jonas; aber es wäre ein Irrtum, wenn man es für viel jünger hielte. Denn dass es noch vor der Wende des Jahrhunderts ver- fasst worden ist, ergibt sich daraus, dass die Vita Sigo- lenae ihrerseits bereits in der um 700 verfassten ersten Vita des Abtes Wandregisel benutzt worden ist, die in neuerer Zeit namentlich durch die Ausgabe von W. Arndt ^ bekannt geworden ist, welche demnächst durch die von Krusch - ersetzt sein wird, nach der ich zitiere. Ich lasse die Quellen selbst reden :

Vita Caesarii I, 1: Deo igitur iuvante,

adgrediemur implere quae postulas. Et multa quidem ipsius beatissimi domni nobis narratione comperta, multa a nobis ipsis visa , nonnulla etiam venerabilium presbyte- rorum sive diaconorum, discipulorum suorum, relatione prolata didici- mus , praecipue tarnen venerabilis Messiani presbyteri et fidelissimi viri Stephan! diaconi, qui ei ab adolescentia servierunt.

Vita Sigoleuae. I Vita Wandregiseli.

Prol. : Igitur Deo iuvante, qui dixit : 'Xon enim vos estis qui loquimini, sed spiritus patris vestri qui loqui- tur in vobis' ^, adgre- d i ar implere q u od postulastis. Et mul- ta quidem ipsius beatissimae mihi narratione com- perta et* a memet ipso visa, nonnulla etiam venerabilium sororum , discipula- rum suarum, quae^ ei ab adolescentia servierunt, rela- tione prolata di- d i c i in hoc opere.

c. 1 : Confidimus enim in illo qui dixit: 'Non enim estis vos qui loquimini, sed spi- ritus patris vestri qui loquitur in vobis'. Ad- g r e d i a r ergo facul- tate qua valio. Plurimum quippe mihi de ipsius beatissimi viri virtutis pandenti, multa a memet ipso vise, plerumque etiam venerabilium mo- nachorum seu disci- pulorum eins , qui e i prolexa tempora servierunt, rela- tione prolata, qui ® non tantum audita. sed visa narrant , in hoc opere de fulgentes

1) Kleine Denkmäler aus der Merowingerzeit, 1874. 2) SS. R.

Merov. V, 1—24. In Bezug auf den Weg, auf dem die Vita Sigolenae nach St. -Wandrille gekommen sein mag, sei an die Beziehungen des Klosters zu dem Albi benachbarten Rodez und an den Kult des h. Aman- tius erinnert ; vgl. Y. Wandregiseli c. 14, Gesta abbatum Fontanellensium c. 1, 7 (ed. Loewenfeld p. 16) und N. A. XXV, 599. 603. 3) Matth.

10, 20. 4) Die Pariser Hs. n. 17002, saec. X, verbessert nach einer

freundlichen Mitteilung von Herrn Archivrat B. Krusch 'et' in 'multa'. 5) Paris 17002 liest 'qui'. 6) Die Worte 'qui narrant' hat der

Biograph Wandregisels selbständig dem Widmungsbrief der Vita Colum- bani entnommen, falls sie nicht in dem gedruckten Text der Vita Sigo- lenae ausgefallen sind.

230

"Wilhelm Levison.

Vita Colnmbani, epist. : ut uno volu- mine legentibus fasti- dium amputarem.

Vita Caesarii 1, 2 : Nunc igitur unusquis- que vivendo sequi appe- tat, quod legendo scire festinat.

Vita Sigolenae.

Et ut legentibus fastidium ampu- tarem, studui sub compendio brevitatis, rustico quidem sermone de virtutibus praedictae Dei famulae pauca de plurimis narrans, multis cognitam reddere veri- tatem. Nunc igitur vivendo sequi quisque appetät, quod legendo scire festinat. Dignitatem igitur vestram obsecro, ut cum semel legeritis

c. 1: Ad conver- sionem seu correc- tionem mortalium multum prosunt exempla bonorum, quibus aedificatur homo varias con- sectari virtutes. Si enim ad boni inci- tamentum divina, quibus admonemur, praecepta deessent, pro lege nobis sanc- torum exempla suf- ficerent. Hoc asae- culis egit rex* auc- tor aeternus, ut fa- mulorum suorum famularumque famam commendaret per- ennem et ut futu- ris temporibus exem- p 1 a illorum m e m o - riae commendando Ventura sobolesglo- riaretur.

Isidori Seutentiae II, 11, 1 : Ad conver- sionem seu correctionem mortalium multum pro- sunt exempla bonorum.

eb. § 12 : Exempla sanctorum, quibus aedi- ficatur homo , varias consectari virtutes.

eb. § 6 : Si enim ad boni incitamentum di- vina , quibus admone- mur, praecepta deessent, pro lege nobis sanc- torum exempla suffice- rent,

Vita Columbani I, 1 : Egit hoc a saeculis rerum sator aeternus, ut suorum famulorum fa- mam commendaret per- ennem utque praeterita gesta linquerent futuris exempla et de praece- dentium meritis vel imi- tando exemplo vel me- moriae commendando Ventura sobolis gloria- retur. | I

1) Die Pariser Hs. 17002 liest richtiger 'rerum actor aeternus'. 2) Der ursprüngliche Text der Vita Sigolenae wies vermutlich ein recht verwildertes Latein auf und stand der Vita Wandregiseli näher als der gedruckte Wortlaut ; so ist es zu beachten, dass die eüie Hs. der zweiten Vita Sigolenae (a. a. 0. S. 488) 'Ad conversationem seu correptionem' liest.

Vita Wandregiseli. gratia p r e d i c t i patri pauca de plurima, humilem quidem ser- monem, ut legenti- jbus fastidium non generem , b r e v e ma- teriola expressi stilo.

Nunc ergo , q u i haec legit, in studium boni operis adque in fervore eins animus in- calescat.

c. 2: Obsecro ita- que ego tenellus , u t omnes, qui haec vita beati viri 1 e g e r i t , caveat.

Plerumque etenim ad conversacione' seu correptione mor- talium multo pro- sint exempla bo- norum, quibus aedi- ficatur homo cotidiae multiplices c o n s e c - tare virtutes. Si enim ad adaepiscen- dam amenetati paradisi, quibus premonemur, precepta deessent, pro lege nobis sanc- torum exempla suf- ficerint. Hoc a se- c u 1 i s adimplet r e x trinus aeternus, qui servorum suorum fa- mam commendet perennem, ut posteri eorum exempla pro- ficiant atque in amore caelestis patria cum de- votione maxima inca- liscant.

Sigolena. 231

Doch ich breche ab ; die Zusammenstellung beweist über allen Zweifel hinaus, dass die Vita Sigolenae das Mittelglied zwischen ihren Quellen und der Lebens- beschreibung Wandregisels darstellt^; eine Vergleichung von Vita Wandregiseli c. 3 und 4 mit Vita Sigolenae c. 1 würde weitere Belege ergeben, wenn auch so geringen Um- fangs, dass der Wert der jüngeren Quelle dadurch nicht be- einträchtigt wird. Der Biograph Sigolenens hat also nach Jonas, aber schon um die Mitte oder in der zweiten Hälfte des 7. Jh. geschrieben ; ist die Vita auch sachlich ohne Belang, so ist dieser Cento doch durch sein Alter be- merkenswert. Sigolena selbst hat spätestens im selben Jahrhundert gelebt; der Verfasser der Vita will als ihr Zeitgenosse erscheinen, ob mit Recht, möchte ich bei der Art des Werkes entschieden bezweifeln und es nicht für ausgeschlossen halten, dass die Anfänge von Troclaris in das 6. Jh. zurückreichen, obgleich jede Sicherheit bei dem Versagen der Quellen fehlt. Jedenfalls ist die auch früher bestrittene Annahme nunmehr endgültig erledigt, dass der in der Vita (c. 22. 32) als Bruder Sigolenens erwähnte Bischof Sigibald der gleichnamige Bischof von Metz (f 741) gewesen sei, der als unmittelbarer Vorgänger Chrodegangs (742 766) die Metzer Kirche 25 Jahre lang geleitet haben soll; die Vita und damit die Heilige selbst gehören einer etwas älteren Zeit an.

1) Benutzung einer gemeinsamen Quelle oder der Vita "Wandregiseli durch den Verfasser der Vita Sigolenae ist durch den Tatbestand aus- geschlossen.

Par litterarum.

Von Karl Zeumer.

Auf dem von Kaiser Friedrich I. im September des Jahres 1157 zu Besancou abgehaltenen Eeichstage er- schienen bekanntlich als päpstliche Legaten die Kardinäle Eoland und Bernhard und überbrachten dem Kaiser jenes Schreiben Hadrians IV., in welchem Friedrich zur Rede gestellt wurde wegen seines Verhaltens gegen den mit seinem Wissen auf der Rückreise von der Kurie in seine Heimat aufgehobenen und gefangen gesetzten Erzbischof Eskil von Lund. Der Inhalt dieses Schreibens, die Vor- gänge, die sich an dessen Vorlesung und Uebersetzung durch den Reichskanzler Reinald von Dassel knüpften, die berühmte Encjclica, in welcher der Kaiser über diese Vor- gänge berichtet und gegen das Schreiben Hadrians und das Vorgehen der Kardinäle protestiert, sind oft erörtert, zuletzt von H. Simonsfeld in den Jahrbüchern des deut- schen Reiches unter Friedrich I. I, 567 ff. und von K. Hampe in seiner Anzeige dieses Buches in der Histori- schen Zeitschrift CII, 108 f.

Hampe erklärt sich mit der Auffassung Simonsfelds im Ganzen einverstanden, will aber einen einzelnen Irrtum desselben berichtigen.

Es handelt sich um die Deutung einer Stelle in dem erwähnten Rundschreiben des Kaisers, welches uns leider nur durch Rahewin in den Gesta Friderici imperatoris III, c. 11 überliefert ist, wo es nach dem Bericht über die Zurückführung der Legaten in ihre Herberge heisst (Gesta Friderici p. 142 und MG. Constit. II, 231): 'Porro quia multa paria litterarum apud eos reperta sunt et scedulae sigillatae ad arbitrium eorum adhuc scribendae, quibus, sicut actenus consuetudinis eorum fuit, per singulas ec- clesias Teutonici regni conceptum iniquitatis suae virus respergere, altaria denudare, vasa domus Dei asportare, cruces excoriare nitebantur, ne ultra procedendi facultas

Par litterarum. 233

eis daretur, eadem qua venerant via ad Urbem eos redire fecimus'. Simonsfeld erklärt S. 574 die Eingangsworte dieser Stelle in Anlehnung an seine Vorgänger: 'Man fand eine Menge gleichlautender Exemplare des päpstlichen Schreibens, welche offenbar in Deutschland hätten verteilt werden sollen, um gegen Friedrich wegen seines Verhaltens im Falle Eskils Stimmung zu machen: jedenfalls ein Beleg dafür, dass man von Seite der Kurie planmässig gegen den Kaiser vorgehen wollte'. Hiergegen bemerkt Hampe S. 109: 'Dass . . . ein ganz speziell an den Kaiser ge- richtetes Schreiben des Papstes ganz unverändert als all- gemeines Zirkular habe dienen sollen, ist doch wohl ohne Beispiel und wäre recht sinnlos gewesen. "Par litterarum" ist vielmehr ein Gallizismus und bedeutet "une paire de lettres". Ducange erklärt: "ita unicam epistolam vocabant, quod complicata quasi binas efficere videatur". Die Stelle bedeutet also nur, dass die Legaten ausgefertigte Briefe und Blanketts mit sich geführt haben, und es folgt daraus nichts weiter, als dass sie in der aus der Zeit Eugens III. her gewohnten Art tief in die Verwaltung und in den Geldbeutel der deutschen Kirchen eingreifen sollten'.

Die Entscheidung über die beiden entgegengesetzten Erklärungen hängt, wie man sieht, vor allem von der Er- klärung der Worte 'multa paria litterarum' ab. Simons- feld nimmt an, dass 'paria' soviel bedeute wie Exemplare, gleichlautende Abschriften , und bezieht 'litterarum' auf den Brief Hadrians an Kaiser Friedrich. Diese Deutung ist, um das hier vorweg zu nehmen, unhaltbar, und in- sofern hat Hampe Pecht, wenn er ihr widerspricht. Die Gründe aber, die er dagegen anführt, sind nicht geeignet, die ältere Erklärung zu widerlegen. Der Gedanke, Briefe und ähnliche Schriftstücke durch Abschriften zu Agitations- zwecken zu verbreiten, dürfte dem Mittelalter doch nicht so fern gelegen haben, wie Hampe meint, und der Um- stand, dass gerade der Brief Hadrians auch ausserhalb der Gesta Friderici schon im 12. Jh. abschriftlich verbreitet war, könnte darauf deuten, dass eine Verbreitung desselben von der Kurie aus erfolgt war, um gegen Friedrich Stimmung zu machen. Der andere Grund, den Hampe als den entscheidenden ansieht, die Erklärung, welche Ducange von der Bezeichnung 'par litterarum' gibt, würde freilich die ältere Deutung widerlegen, wenn sie nicht selbst völlig verfehlt wäre.

Dass Ducange die französische Bezeichnung 'une paire de lettres' wirklich dem Sprachschatze entnommen

234 Karl Zeumer.

hat, sei es, dass er ihn in einer älteren Quelle, sei es, dass er ihn im Sprachgebrauch seiner Zeit vorfand, ist nicht zu bezweifeln. Als möglich zuzugeben ist sogar, dass er selbst nicht der Erfinder seiner Deutung ist, sondern dass man wirklich schon in seiner Zeit die Bezeichnung auf einen Brief umgedeutet hatte, der auf einem zu einem Doppel- blatte zusammengefalteten Bogen geschrieben war, also auf einem Doppelblatte nach Art unserer heutigen Brief- oder Schreibpapierbogen. Mir ist aber ein Brief aus dem 12., 13. oder 14. Jh., der Zeit, in welcher der Ausdruck 'par litte- rarum' nachweisbar ist, der diese auffallende Form gehabt hätte, bisher nicht bekannt geworden. Und sollte sie sich ganz vereinzelt finden , so ist es doch unmöglich an- zunehmen, dass alle die zahlreichen 'paria litterarum', die bei den verschiedensten Anlässen erwähnt werden, diese eigenartige Gestalt gehabt haben sollten. Gerade in dem ßundschreiben Kaiser Friedrichs über die Vorgänge zu Besan9on durfte man die Deutung Ducanges nicht gelten lassen. Denn einmal ist es doch undenkbar, dass der Ver- fasser dieses hochpolitischen und in leidenschaftlichstem Tone gehaltenen Schreibens, vermutlich Reinald von Dassel selbst, in pedantischer Weise eine äusserliche Eigentüm- lichkeit der bei den Legaten vorgefundenen Briefe betont haben sollte, die für die Sache so ganz und gar belanglos gewesen wäre. Ferner aber handelte es sich hier doch um päpstliche Briefe, ausgefertigt in der päpstlichen Kanzlei, deren feststehender Brauch wohl genügend bekannt ist, um die Annahme auszuschliessen, sie habe im Jahre 1157 für die Legaten eine Menge Briefe in Form zusammen- gefalteter Doppelblätter ausgestellt.

Wenn trotzdem Hampe mit seinem Widerspruch gegen Simonsfelds Erklärung Recht behält, so liegt das daran, dass die von ihm als richtig angenommene falsche Deutung von 'paria litterarum' jene Erklärung der frag- lichen Stelle ebenso ausschliessen würde, wie es die richtige tut, welche wir nun zu erschliessen gedenken.

Sehen wir von dem verunglückten Versuche bei Ducange ab , so ist meines Wissens die Frage nach der Bedeutung des Ausdrucks 'par litterarum' in der Oeffent- lichkeit bisher noch nicht ex professo behandelt worden. Mich selbst hat sie öfter beschäftigt, und gelegentlich habe ich auch eine Erklärung gegeben, die ich aber jetzt ohne erhebliche Modifikation nicht aufrecht erhalten kann.

Zunächst ist festzustellen, dass 'par litterarum' in keinem Falle ein Paar Urkunden oder Briefe in unserm

Par litterarum. 235

Sinne, d. h. zwei Urkunden oder Briefe, bedeuten kann. Laurentius de Somercote schreibt in seiner 1254 verfassten Schrift über die Bischofswahl in England ^ vor, dass nach der Wahl 'tria paria litterarum' abgefasst werden sollen, die dann als 'unum, secundum, tercium' einzeln aufgeführt, und für welche auch die drei Formulare mitgeteilt werden. Es sind drei einzelne Schreiben, eins an den König, eins an den Erzbischof und ein zur Publikation bestimmtes Wahldekret ; also drei Schriftstücke , nicht drei Paare. Auch bei den mehr als dreissig 'paria litterarum', welche in einer Nachricht des Matheus Parisiensis - zum Jahre 1224 erwähnt werden, kann es sich nicht um Paare von Schriftstücken, sondern nur um einzelne handeln. Falcasius de Brente, Herr von Bedford, ein mächtiger und gewalt- tätiger englischer Grosser, nahm einen königlichen Justitiar gefangen und kerkerte ihn in seiner Burg ein, zu deren Belagerung der König von einem zu wichtigen Beratungen versammelten Parlament herzueilte. Von der Ursache der Gewalttat berichtet der Chronist: '. . . fuerunt eo tem- pore apud Dunestabliam iustitiarii regis, quos itinerantes

appellamus qui ibidem tenebant placita regis de

nova disaisina, ubi Falcasius inter alios, qui multos spolia- verant, cecidit in misericordia regis de plus quam triginta paribus litterarum, de quibus singulis in centum libris erga regem debuerat condemnari'. Aus Zorn über diese Ver- urteilung verübte Falcasius dann jenen schweren Friedens- bruch. Offenbar handelte es sich um mehr als dreissig Klagen wegen Besitzentziehung, auf die je ein königliches Breve ergangen war, auf Grund dessen die reisenden Königsrichter die Urteile gefällt hatten. Davon, dass etwa in jedem Falle zwei Brevia ergangen wären, kann keine Rede sein, und hätte es sich um mehr als sechzig Fälle und in Folge dessen um mehr als sechzig Brevia ge- handelt, so wäre es sehr wunderlich und zwecklos gewesen statt sechzig zu sagen: 'dreissig Paar'. Ferner mögen hier noch zwei Fälle aus dem 14. Jh. angeführt werden, in

1) Tractatus des Laurentius de Somercote, ed. A. v. Wretsehko, Weimar 1907, S. 33: 'Fast haec fiant tria paria litterarum: unum, quod mittatur domino regi per eundem electum et aliquos de cauonicis pro assensu regio requirendo, et hoc faciendum est, antequam archiepiscopus adeatur pro confirmatione ; secundum erit littera procuratoria ad pro- sequendum negotium electionis coram domino archiepiscopo ; tertium decretum electionis. 2) Recueil des Historiens des Gaules et de la

France, Paris 1878, XVII, 759.

236 Karl Zeumer.

denen die Annahme, dass 'paria litterarum' etwas anderes bedeuten könnte als einzelne Briefe, ohne jeden Zweifel ausgeschlossen ist. In dem von Bernardus de Mercato, dem Kammernotar Heinrichs VII., im Jahre 1313 zu Pisa angefertigten Verzeichnis der in der königlichen Kammer aufbewahrten Archivalien ^ werden zwei Gruppen Urkunden oder Briefe je als 'novem paria litterarum' aufgeführt, und die dann folgenden Verzeichnisse der einzelnen Stücke beider Gruppen zeigen, dass jede derselben wirklich neun Stücke , nicht aber achtzehn enthielt. Nicht weniger deutlich sprechen zwei andere Schriftstücke in Verbindung mit einander. In einer von dem Kardinal Bertrand im März 1311 ausgestellten Instruktion für päpstliche Legaten erteilt er ihnen den Auftrag, 'quattuor paria litterarum' an den Reichskanzler und drei andere genannte Personen zu überbringen 2. Dass es sich hier sicher nur um vier Briefe handelt, bezeugt nun der im Kladdenregister Cle- mens' V. überlieferte Text dieser Briefe mit der angefügten Eegisternotiz ^. Der Text selbst trägt die Adresse an den Grafen von Savoyeu, während die Registernotiz anordnet, dass dasselbe Schreiben auch an die in der Instruktion genannten drei anderen Adressaten ausgefertigt werden soll.

Wenn auch nicht mit der gleichen, jeden Zweifel ausschliessenden Bestimmtheit, so sprechen doch auch noch andere Stellen, in denen 'paria litterarum' erwähnt sind, mehr oder weniger deutlich für die Richtigkeit unserer Deutung, keine einzige dagegen. Ein Nachweis im ein- zelnen dürfte aber hierfür nicht erforderlich sein ^.

Bedeutet demnach 'par litterarum' nicht ein Paar Briefe, so kann sich 'par' nur auf die Einheiten beziehen, deren Mehrheit den Brief, die 'litterae', bildet. Mit anderen Worten : 'par litterarum' bedeutet eigentlich ein Paar Buch-

1) MG. Oonstit. IV, 2, p. 1080, n. 1045: 'Item novem paria litte- rarum sigillatarum sigillo comitis de Claromonte, procuratoris regis Fre- derici, videlicet : Littera dicti comitis' u. s. w. (Folgt die Inhaltsangabe von 9 Stücken). 'Item novem paria litterarum sigillatarum sigillo regis Frederici, videlicet: Quod barones iurent' u. s. w. (folgt die Inhaltsangabe von 9 Stücken). 2) Constit. IV, 1, n. 591, p. 552 1. 15: 'Mittit etiam vobis quatuor paria litterarum, que diriguntur . . cancellario . . regis, . . comiti Sabaudie, dominis Cfuidoni de Flandria comiti Zelandie et Oddoni de Grandissono presentandas per vos eisdem'. S) Constit. IV, 1, p. 550, n. 592. Die Adresse lautet : 'nobili viro Amedeo comiti Sabaudie'. Die Registernotiz p. 551 : 'Item consimiliter venerabili fratri Henrico Tridentino' (der Reichskanzler). 'Item Guidoni de Flandria comiti Zelandie. Item Oddoni de Grandissono'. 4) Ausser den im Vor-

Par litte ramm. 237

staben. Da aber ein Brief nicht aus nur zwei Buchstaben besteht, kann 'par' hier nicht eine Zweiheit, sondern nur eine Vielheit bedeuten. Der Begriff Brief als Einheit ■wurde durch den Plural 'litterae' ausgedrückt ; wenn auch hier und da schon der Singular 'littera' in dieser Bedeutung vorkommt. So lange aber der Plural die bei weitem vorherrschende Form für die Bezeichnung eines Briefes blieb, konnte man das Plurale tantum allein für sich nicht gebrauchen, wenn es sich darum handelte, eine Mehrzahl von Briefen zu bezeichnen oder einen oder mehrere Briefe zu zählen. Es musste ein Wort hinzugefügt werden, durch welches die Mehr- heit der 'litterae' = Buchstaben auch grammatisch zu einer zählbaren Einheit zusammengefasst wurde. Das Bedürfnis der Zählbarkeit der 'litterae' = Brief hat zu der Bezeichnung 'par litterarum' für den einzelnen Brief geführt. Wenn das Wort 'par' im alten Latein nach den Wörterbüchern nur gebraucht wurde, um eine Zweiheit von gleichen, ähnlichen oder zusammengehörigen Sachen oder Personen zusammenzufassen, so dürfte doch der ur- sprüngliche Wortsinn auch die Möglichkeit zugelassen haben, das Wort auch zur Zusammenfassung von mehr als zwei gleichen oder zusammengehörigen Dingen zu ver- wenden. Die Erweiterung des mit 'par' verbundenen Be- griffes von der zu einer Einheit zusammengefassten Zwei- heit auf eine ebenso zusammengefasste Mehrheit ist aber im Latein des Mittelalters sicher nachweisbar, auch noch in anderen Verbindungen als in der, die uns bisher be- schäftigt hat. Und die gleiche Bedeutungserweiterung

stehenden angeführten und den bei Du Gange verzeichneten Fund- stellen für 'par litterarum' notiere ich folgende: MGr, Constit. IV, 1, n. 514 , p. 473 1. 5 : 'quatuor paria litterarum eiusdem formae' ; n. 589, p. 548 1. 4 : 'quatuor paria litterarum bulla aurea . . . muni- tarum'; n. 591, p. 549 1. 39: 'quatuor paria litterarum magno sigillo nostro . . . munitarum' ; n. 642, p. 605 1. 1 : 'duo paria litterarum' ; 1. 7 : 'item XXIIII paria litterarum clausarum ad cardinales' ; IV, 2, n. 823, p. 825 1. 22 : 'novem paria litterarum sigillatarum sigillo comitis de Claro- monte' ; p. 826 1. 7 : 'novem paria litterarum sigillatarum sigillo regis Friderici'; n. 899, p. 913 1. 14: 'duo paria litterarum'; n. 1008, p. 1053 1. 18 : 'decem paria litterarum regis Franciae' ; n. 1045, p. 1083 1. 1 : 'tria paria litterarum clausarum'; n. 1046, p. 1085 1. 27: 'tria paria litterarum de electione domini in regem Romanorum' ; n. 1050, p. 1089 1. 17 sqq. : 'X paria litterarum sub sigillo regis Trinacrie . . . item IX paria litterarum sub sigillo comitis de Claromonte de eisdem negotiis'. Diese Stücke sind sämtlich aus den Jahren 1310 1313.

238 Karl Zeumer.

erfahren auch in einzelnen Fällen die entsprechenden Worte im Italienischen und Französischen.

Genau in derselben Zeit, in welcher uns der Ausdruck 'par litterarum' begegnet, vom 12. bis 14. Jh., finden wir mehrfach 'par' mit einem Genitiv des Plurals zur Bezeich- nung eines Exemplares solcher Bücher, deren Inhalt oder Titel durch einen Plural bezeichnet wurde, verwendet.

Schon Savigny hat in seiner Geschichte des Eömi- schen Rechtes im Mittelalter III, § 221, Anm. k hervor- gehoben, dass in einem von Sarti ^ gedruckten Nachlass- inventar eines im Jahre 1279 verstorbenen Bologneser Kanonisten verschiedene Dekretalen-Hss. unter der Bezeich- nung 'unum par decretalium' aufgeführt werden. Es handelt sich um den reichen Mobiliarnachlass des Magister und Doctor decretalium lacobus Bonacosa, Kanonikus zu Bologna, über den wohl bald nach dem Tode des Erblassers ein notarielles Inventar aufgenommen wurde. In diesem werden unter den Büchern fünf Dekretalensammlungen einzeln in folgender Weise aufgeführt: 'Item unum par decretalium cum apparatu Bernardi. . . . Item unum par decretalium cum apparatu Bernardi', und genau in derselben Form wird ein drittes Exemplar dieses Werkes aufgeführt. Beziehen sich diese drei Angaben auf die Dekretalensammlung Gre- gors IX., so werden dann noch zwei andere Sammlungen in entsprechender Weise angeführt : 'Item unum par decre- talium antiquarum', und: 'Item unum par decretalium Man- gotti(?)'. Auch auf eine Parallelstelle in einem 1337 in italienischer Sprache abgefassten Inventar der von Messer Cino da Pistoia hinterlassenen Büchersammlung hat Savigny (Anm. n) hingewiesen, wo zwei Exemplare der Dekretalen mit den Worten: 'duo para di decretali chiosati in carta di pechora', angeführt werden -. Auch die 'ähnliche' Be- zeichnung 'par litterarum' kennt Savigny, kann sie aber nicht zur Erklärung des Ausdrucks 'par decretalium' ver- werten, weil er den gemeinsamen Entstehungsgrund für die beiden Ausdrücke und somit deren völlige Analogie nicht erkannte. Freilich trifft er mit seinem Erklärungs- versuch, dass Par etwa soviel wie Collectio bedeuten möge, sachlich so ziemlich das Hechte, vermag aber nicht zu er- klären, wie diese Bedeutung sich aus dem ursprünglichen Wortsinne entwickeln konnte.

1) De claris Archigymnasii Bononiensis professoribus I (Bononiae 1769), pars II, app. p. 131. 2) Ciampi, Memorie della vita di Älesser

Cino da Pistoia, Pisa 1808, ed. I, p. 149.

Par litterarum. 239

Weitere Beispiele für die gleiche Verwendung des Wortes 'par' zur Zusammenfassung des Plurals, mit dem der Inhalt oder Titel eines Buches bezeichnet wird, zu einer zählbaren Einheit finden wir in anderen Katalogen jener Zeit.

Zwei aus dem 12. Jh. stammende Verzeichnisse von Büchern der Kirche und des Bischofs von Durham ^ ent- halten unter andern Eintragungen folgende: (Bücher der Kirche) 'Duo paria decretorum Ivonis. Duo paria decem collationum. Quattuor paria epistolarum Pauli glossata et duo paria non glossata. Duo paria glosarum super epistulas Pauli. Quinque paria glosarum super Psalterium. Duo paria antidotariorum. Duo paria decretorum Gratiani. Duo paria institutorum'. (Bücher des Bischofs)'- 'III paria sen- tentiarum. III paria epistolarum Pauli glossata' ^. Auch eine Aufzeichnung über Bücher, welche der Bischof von Durham aus der Kirchenbibliothek entliehen hatte (ca. 1300), enthält wieder die Bezeichnungen ^ : 'duo paria decretorum, unum par decretalium' und 'unum par decretorum'.

Die gleiche Anwendung des Wortes 'par' ist in Frank- reich nachzuweisen, wenn auch zunächst nur in einem einzelnen Falle in einem dem 13. Jh. angehörigen Kataloge von St.-Martial-de-Limoges^: 'Duo paria tonorum'*'. Dass es sich hier um Aufzeichnungen musikalisch - liturgischen Inhalts handelt, welche einzeln als 'toni' bezeichnet wurden, beweist eine andere Eintragung desselben Kataloges, welche lautet: 'Toni et versus cantorum' ".

Ich habe hier nur die Fälle zusammengestellt, in denen 'par' genau entsprechend dem 'par litterarum' mit dem Genitiv des pluralischen Büchertitels verbunden ist, darf aber nicht verschweigen, dass daneben a,uch Fälle

1) Catalogi veteres librorum ecclesiae cathedralis Dunelmensis (Surtees Society n. 7), London 1838, p. 1 sqq. Hiernach wiederholt bei G. Becker , Catalogi bibliothecarum antiqui , Bonn 1885 , p. 239 sqq. 2) Catalogi veteres p. 118 sq. ; Becker p. 256 sq. 3) Becker hat in

seiner Sammlung die Bücher innerhalb der einzelnen Kataloge mit fort- laufenden Nummern versehen, und da, wo er die Bezeichnung 'dua paria, tria paria' u. s. w. fand, stets angenommen, dass es sich um zwei Paar, drei Paar in unserem Sinne handele und demnach für jedes 'par' zwei Nummern angesetzt. Schon der Umstand, dass bei den so angeführten "Werken stets vier, sechs oder acht Exemplare vorhanden gewesen sein müssten, niemals aber fünf, sieben oder neun, hätte ihn auf das Irrtüm- liche seiner Annahme aufmerksam machen sollen. Bücher wurden damals doch nicht paarweise abgeschrieben oder angeschafft. 4) Catalogi veteres p. 121 ; Becker p. 289 sq. 5) Delisle, Cabinet des Manuscrits

11, 493 sqq. 6) A. a. O. p. 502, n. 265. 7) Daselbst n. 301.

240 Karl Zeumer.

vorkommen, in denen 'paria' mit Zahlwort oder ZifEer einem anderen, seiner BeschafiEenheit nach ebenfalls nicht ohne weiteres zählbaren Büchertitel vorangestellt wird. Es mögen hier einige Beispiele aus dem angeführten Katalog der Kirche von Durham Platz finden : 'Augustinus de Trinitate et duo paria super lohannem. Duo paria de civitate Dei. Duo paria de confessionibus s. Augustini. Duo paria super Genesim'. Wir dürfen wohl nicht bezweifeln, dass hier analoge Anwendungen des Wortes vorliegen in Fällen, wo die Natur des Büchertitels die Genitivkonstruktion nicht zuliess. Eine noch freiere Verwendung des W^ortes findet sich in dem Katalog der Kirche Ste.-Genevieve zu Paris aus dem 13. Jh.^ Hier wird von jedem Buche zunächst der Titel angegeben und dann dahinter regelmässig je nach der Anzahl der vorhandenen Exemplare hinzugefügt: 'unum par, duo paria, tria paria' u. s. w. Hier wird also das Wort genau so wie unser 'Exemplar' gebraucht, und mit diesem Worte kann man 'par' überall da übersetzen, wo es zur Zählung von Büchern verwendet ist. Dass aber von den verschiedenen Arten der Verbindung mit Büchertiteln die feste Genitivverbindung als das Ursprüngliche anzusehen ist, dafür «spricht auch, dass diese Verbindung die genaue Ana- logie zu dem Ausdruck 'par litterarum' bildet.

Es gibt aber noch weitere Analogien zu dieser Ver- wendung des Wortes 'par' und seiner romanischen Nach- kommen.

Ducange führt noch eine Stelle an, in der 'par' mit einem Genitiv Pluralis nicht eine Zweiheit, sondern eine Vielheit zusammenfasst. Sie findet sich in einer Urkunde von St. -Germain -des -Pres zu Paris vom Jahre 1278: 'prata ad duo paria herbarum'. Dem Sinne nach gewiss richtig erklärt Ducange : 'pratum ad duo paria herbarum, quod bis in anno falcatur'. Mit 'herbae' konnte man den Ernteertrag einer Wiese und auch eine Heuernte selbst bezeichnen. Die Vielheit der auf einmal geernteten Gräser und Kräuter fasste man nun durch das Wort 'par' zu einer zählbaren Einheit zusammen und gelangte so dazu, die zweimalige Heuernte, den zweimaligen Schnitt einer Wiese als 'duo paria herbarum' zu bezeichnen.

Einen Beleg aus der italienischen Sprache für die er- weiterte Bedeutung des Begriffes 'par' lernten wir schon oben kennen in dem Ausdruck 'un paro di decretali'. Die

1) A. a. 0. p. 513.

Par litterarum. 241

Wörterbücher, welche diesen Ausdruck nicht kennen, führen drei weitere analoge Verbindungen an: 'un pajo di carte da giuocare', 'un pajo di scacchi' und 'un pajo di nozze' ^. Der erste dieser Ausdrücke entspricht genau unserer Be- zeichnung 'ein Spiel Karten'. Beide fassen in gleicher Weise die Gesamtheit der einzelnen zum Spielen erforder- lichen Karten zu einer geschlossenen und zählbaren Ein- heit zusammen. Die gleiche Funktion erfüllt 'pajo' zur Zusammenfassung der 32 Figuren eines Schachspieles, was wir auch allenfalls als ein Spiel Schachfiguren bezeichnen können. Handelt es sich in diesen beiden Fällen noch um die Zusammenfassung wirklicher Mehrheiten, so entspricht der an dritter Stelle genannte Ausdruck auch darin ganz dem 'par litterarum', dass er ebenfalls nur einen Plural, der längst nur noch der grammatischen Form nach, nicht aber begrifflich als solcher empfunden wurde, auch gram- matisch in einen Singular verwandelte und dadurch zähl- bar machte. Als Belegstelle wird angeführt - Boccaccios Decameron, wo in der Einleitung zum vierten Tage erzählt wird : 'si scontrarono in una brigata di belle giovani donne et Ornate, che da un pajo di nozze venieno'. Dass diese Gesellschaft nicht von zwei Hochzeiten kam, versteht sich von selbst und wird auch stets richtig verstanden. Hier liegt also ein ganz deutliches Beispiel für die erweiterte Bedeutung von 'par' vor.

Zwei Belege liefern die altfranzösischen Wörterbücher. Bei Godefroj^ wird aus einem Vormundschaf tsiuventar des 16. Jh. angeführt: 'une paire d'heures', was dann im Dic- tionnaire de l'Academie in ergötzlicher Weise erklärt wird*: 'un livre, qui contient les prieres du jour et Celles de la nuit'. Gewiss, es handelt sich um ein Horenbuch; der Ausdruck 'paire' findet aber nicht darin seine Erklärung, dass darin zweierlei Hören, also gewissermassen ein Paar verschiedener Arten, vereinigt waren, was sicher nie so hätte ausgedrückt werden können. Der Ausdruck bedeutet einfach eine Sammlung von Hören, ein Horenbuch. La

1) Vocabolario degli Accademici della Crusca, 4. Ausgabe (1733) s. V. Pajo § I. Danach Tommaseo e Bellini, Nuovo Dizionario della ling-ua italiana III, 2 (1871) und Rigutini - Bulle, Italienisch - deutsches Wörterbuch, Leipzig 1896. 2) Bei Tommaseo e Bellini s. v. Pajo □. 8 mit der Erklärung: 'Dicesi pure un pajo di nozze, per Nozze, Sposalizio'. 3) Godefroy, Dictionnaire de l'ancienne langue francaise X. s. v. Paire : 'Une paire d'heures' (1580 Compt. de tut. f. 82, A. Finistere). 4) Dic- tionnaire de l'Academie frangaise s. v. Paire.

Neues Archiv etc. XXXV. \Q

242 Karl Zeumer.

Curne de Saint Palaye ^ führt aus einer Chrouique de St. -Denis eine Stelle an, welche lautet; 'lui vinrent deux paires de mauvaises nouvelles'. Dass hier nicht von zwei Paar schlimmen Nachrichten in der gewöhnlichen Bedeu- tung des Wortes Paar die Rede sein kann, liegt auf der Hand; denn trotz des Sprüchwortes, nach welchem ein Unglück niemals allein kommt, treten doch schlechte Nach- richten nicht regelmässig paarweise auf. Wohl aber be- steht eine Nachricht über ein bedeutenderes Ereignis genau genommen aus einer Anzahl einzelner Nachrichten, einem Komplex von Nachrichten, den man dann durch den Plural 'nouvelles' bezeichnen und durch 'paire' zu einer zählbaren Einheit zusammenfassen kann. Ganz richtig erklärt denn auch Littre- 'deux paires de mauvaises nouvelles' als 'deux mauvaises nouvelles'.

Damit dürfte die bisher wenig oder vielleicht gar nicht beachtete Tatsache erwiesen sein, dass im Mittelalter 'par' und die entsprechenden romanischen Formen in er- weiterter Bedeutung gebraucht wurden, so dass sie nicht nur eine Zweiheit gleichartiger und zusammengehöriger Dinge, sondern auch eine Mehrheit oder Vielheit solcher zusammenzufassen dienten. Umfassendere Untersuchungen, als ich sie hier anstellen konnte, werden vielleicht volle Sicherheit über den Ursprung dieser Begriffserweiteruug ergeben. Aus dem etwa gleichzeitigen Auftreten in Deutsch- land, Italien, England und Frankreich wird man vorläufig geneigt sein zu schliessen, dass die Begriffserweiterung nicht erst damals eingetreten ist, sondern im Vulgärlatein und in den romanischen Sprachen bereits vorhanden war und nun erst in die Schriftsprache eindrang. Wie schon oben bemerkt wurde, schloss die Grundbedeutung von 'par' die Möglichkeit einer solchen Begriffserweiterung nicht aus. Die Neigung, das Wort in einer erweiterten Bedeu- tung anzuwenden, dürfte sich zunächst im praktischen Verkehr des täglichen Lebens geltend gemacht haben. Gehört doch auch in unserer Sprache das Lehnwort 'Paar' in der erweiterten Bedeutung 'einige wenige' zunächst und vorzugsweise der Sprache des gewöhnlichen Lebens an.

Kehren wir nun schliesslich zu unserm Ausgangs- punkte, der Frage nach der Bedeutung von 'par litterarum', zurück, so dürfen wir als feststehend betrachten, dass der

1) Dictionnaire historique de l'ancien langage frangais VIII (Paris 1880) s. V. Paire. 2) Dictionnaire de la langue frangaise s, v. Paire.

Par litterariim. 243

Ausdruck nichts weiter bedeutet als 'ein Brief. Es ergibt sich aber aus dieser Tatsache und den Ausführungen, durch welche wir sie begründet haben, dass da, wo der Ausdruck im Plural auftritt, er in keiner Weise auf eine Gleichheit oder Aehnlichkeit des Inhalts der zusammen genannten 'paria litterarum' hindeuten kann. Das zeigt denn auch die praktische Anwendung in den einzelnen Fällen.

In drei Fällen werden als 'quattuor paria litterarum' vier vollkommen gleichlautende Ausfertigungen derselben Urkunde bezeichnet^. Ein andermal werden genannt: 'XXIV paria litterarum clausarum ad cardinales', wo es sich um Schreiben handelt, die jedenfalls an 24 verschie- dene Emijfänger gerichtet, sonst aber wohl in Form und Inhalt gleich waren -. Im Wesentlichen gleichartig, nur nach der Besonderheit der Fälle verschieden waren die 'plus quam trigiuta paria litterarum ', wegen welcher Falcasius verurteilt wurde, da es sich um Brevia de nova disaisina handelte, die immer nach dem gleichen Formular, natürlicherweise aber doch nicht völlig gleichlautend ab- gefasst wurden ^ Dagegen fanden wir, dass Laurentius de Somercote drei nach Form und Inhalt ganz verschiedene Schriftstücke als 'tria paria litterarum' bezeichnete '^. Ebenso handelte es sich bei den mehrfach genannten Gruppen von 9 bezw. 10 Briefen und Urkunden, die sich im Archiv Kaiser Heinrichs VII. befanden und teils von Friedrich von Sizilien, teils von dessen Bevollmächtigten ausgefertigt waren, um Stücke ganz verschiedenen Inhalts. Sie werden gleichwohl stets als 'IX (bezw. X) paria literarum' be- zeichnet^. Diese Beispiele genügen zu zeigen, dass nicht nur gleiche und ähnliche oder gleichartige Schriftstücke, sondern auch ganz verschiedenartige als 'paria litterarum' zusammengefasst werden. 'Paria litterarum' ist nicht gleich- bedeutend mit 'pares epistolae' : 'paria steht hier nicht in der ursprünglichen Bedeutung von 'gleich, ähnlich', son- dern in der von 'Paar' im erweiterten Sinne. Ueber den Inhalt der Briefe oder Urkunden und ihr Verhältnis zu einander ist demnach aus dieser Bezeichnung nicht das geringste zu erschliessen. Das gilt also auch von den 'multa paria litterarum', welche man im September 1157

1) MG. Constit. IV, 1, n. 514, p. 473 1. 5; n. 589, p. 548 1. 4; n. 594, p. 552 1. 15. 2) Constit. IV, 1, n. 642, p. 605 1. 7. 3) S. oben S. 235. 4) S. oben S. 235. 5) Constit. IV, 2, n. 823, p. 825 1. 22; n. 10Ü8, p. 1053 1. 13; n. 1045, p. 1080 1. 3. 17; n. 1050, p. 1080 1. 17. 19.

16*

244 Karl Zeumer.

zu Besan9on im Reisegepäck der Legaten Hadrians IV. vorfand, so dass der Interpretation jener Stelle in der Encyclica Kaiser Friedrichs I., an die wir zunächst an- knüpften ^, der fragliche Ausdruck keinerlei Schranken setzt.

Dieses Ergebnis nötigt mich, eine von mir gelegent- lich gegebene Deutung des in Rede stehenden Ausdruckes hier zu berichtigen. In meiner Goldenen Bulle I, 213, Anm. 2 habe ich gesagt: 'Tria paria litterarum bezeichnet nach dem Sprachgebrauch der Zeit nur drei gleichartige Urkunden'. Das ist richtig, soweit es sich um die Zahl der Stücke handelt; unrichtig aber ist, dass es sich dabei um gleichartige Stücke handeln müsse.

Wird nun durch diese Modifikation nicht die Deu- tung der in Rede stehenden Stelle auf die drei von mir angenommenen Wahldekrete über die Wahl Heinrichs VII. hinfällig? Es handelt sich um die Stelle in dem von Bernardus de Mercato verfassten Katalog der in der Garde- robe Heinrichs VII. , die als Geheimarchiv diente, auf- bewahrten Urkunden, welche lautet : 'Tria paria litterarum de electione domini in regem Romanorum' ^. Gewiss fällt mit dem vermeintlichen Hinweis auf die Gleichartigkeit der drei Urkunden ein Moment fort, welches meine Deu- tung derselben auf die im Wesentlichen gleichlautenden Wahldekrete ganz besonders zu unterstützen schien, doch ist die Deutung auch ohne solche Stütze fest genug ge- gründet. Welche drei Briefe über seine Königswahl hätte Heinrich wohl als besonders wertvolle Dokumente in seinem Geheimarchiv mit auf die Romfahrt zur Kaiserkrönung nehmen sollen, wenn nicht die Wahldekrete, welche ihn als den zum Empfang der Kaiserkrone Berechtigten dem Papst oder seinen Legaten gegenüber legitimierten?

Nachträge.

Nachträglich macht mich Holder-Egger auf das Vor- kommen des Ausdrucks bei Salimbene aufmerksam, SS. XXXII, 463 sq. (p. 464 1. l). Es wird dort berichtet über die Bestätigung, welche Rudolf von Habsburg im Jahre 1274 den Minoriten für den Besitz des von dem Bischof von Reggio erworbenen Palastes erteilte : 'Et de hoc dedit eis duo paria litterarum sui sigilli robore sive munimine roborata'. Beide Urkunden sind uns überliefert, wenn die

1) S. oben S. 232 f. 2) M(x. Constit. IV, 2, u. 1046, p. 1085 1. 27.

Par litterarum. 245

sehr wahrscheinliche Annahme Eedlichs, Reg. Imp. VI, n. 195 zutrifft, dass ein Regest bei Tiraboschi der Ver- leihungsurkunde selbst entnommen ist, während eine voll- ständig bei Tacoli, Memor. di Reggio I, 616 und III, 356 gedruckte Urkunde vom 10. Aug. 1274 ein Mandat über die Verleihung enthält. Dem von Redlich wiederholten lateinischen Regest schickt Tiraboschi, Memorie storiche Modenesi V, 80 die Worte voraus : 'Rodolfo re de' Romani conferma ai frati Minori 1' abitazione nel palazzo imperiale in Reggio'.

Als weitere Nachträge füge ich hier folgende mir von Herrn Privatdozenten Dr. Fritz Kern in Kiel mit- geteilte Stellen au :

1) London Staatsarchiv Close Rolls 23 Edw. I, 10 d (künftig in Kern, Acta inedita 1273—1313 zu 1295 April 6 Anm. 1).

Memorandum, quod predicti magistri . . . versus curiam Romanam diverterunt secura deferentes litteras istas (es ist von mehreren Briefen die Rede) . . ., quas sigillatas re- ceperunt . . . una cum uno pari litterarum scriptarum in Gallico et regi Sicilie per regem Anglie per eosdem trans- missarum, cuius litter e transcriptum inrotulatum est in garderoba regis et non hie.

Diese Stelle ist deshalb besonders interessant, weil darin ein 'par litterarum' deutlich als nur ein Brief be- zeichnet wird ('cuius littere' etc.). Wäre sie mir früher bekannt geworden, so hätte sie oben auf S. 236 verwertet werden müssen.

2) Paris Arch. Nat. JJ 1^- fol. 41, Archivnotiz S. XIV: XXI. Item conventiones matrimonii in(ter) Robertum

ultimogenitum dicti domini regis [Philippi IV.] et filiam do- mini Frederici tertii regis. Tria paria, quorum unum est sine sigillo.

Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige.

Von H. Wibel.

Im vorigen Jahre wurde das Erscheinen eines Werkes angekündigt, das endlich einen nicht nur in engeren Fach- kreisen seit lange schmerzlich empfundenen Mangel be- seitigen sollte. Nicht allein, wer sich speziell mit dem Urkundenwesen der alten Deutschen Kaiser und Könige zu befassen hatte, auch der Geschichtschreiber, der Kunst- forscher, der Kulturhistoriker, schliesslich der Liebhaber und Sammler, jeder von seinem besonderen Standpunkt und Interesse heraus, wird immer wieder bedauert haben, dass eine berechtigten Ansprüchen und dem Bedürfnis ge- nügende Sammlung von Abbildungen der Siegel der Deut- schen Herrscher nicht vorhanden war. Es war bisher schlechterdings unmöglich, sich im einzelnen Fall wie im allgemeinen ein sicher begründetes Urteil zu bilden: Die Originale sind weit verstreut, sei es noch vereinigt mit den Urkunden, die sie beglaubigen sollten, sei es getrennt von ihnen in Archiven und Museen, sie sind ebenso wie die auf Grund von Abgüssen angelegten Sammlungen nur an den Aufbewahrungsorten in grösserem Massstabe benutzbar, graphische Publikationen aber, die diese Schwierigkeiten beheben könnten, bestanden nicht in wirklich Nutzen ge- währender Form. Zwar konnte man sich zur Not in ein- zelnen Fällen durch mühsames Zusammensuchen von viel- fach je nach dem Alter mehr oder weniger zuverlässigen Abbildungen Eat erholen, aber es blieb immer nur un- vollständiges Material von zweifelhafter Güte. Auch zwei Spezialwerke, einmal die auf den Abgüssen einer Privat- sammlung beruhende Publikation von C. Heffner ^, dann das grossartige Werk der 'Kaiserurkunden in Abbildungen' konnten keine Abhülfe schaffen. Das erstere bringt nur einen geringen Bruchteil des ganzen in Frage kommenden

1) Die Deutschen Kaiser- und Königs - Siegel, Würzburg 1875.

Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige. 247

Materials, dazu vielfach in technisch recht unzureichender Form und lässt durch diese beiden Mängel fortwährend im Stich; das letztere aber legt das Hauptgewicht auf die Wiedergabe der Gesamterscheinung der Urkunden, und da bei dem hier in Frage kommenden Verfahren entweder die Rücksicht auf die Schrift oder die auf das Siegel mass- gebend sein muss , beide zugleich aber nicht in ent- sprechender Güte reproduziert werden können, so sind hier die Siegel, ganz abgesehen davon, dass Vollständigkeit ja garnicht im Plan lag, zu kurz gekommen ; vielfach fehlen sie ganz auf den abgebildeten Urkunden, und im übrigen ist ihre Wiedergabe des öfteren ungenügend oder gar ge- radezu unkenntlich.

Um so grössere Erwartungen knüpfen sich an das nunmehr im Erscheinen begriffene Werk von 0. Posse : Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige von 751 1806 ^ Es soll aus vier Bänden Tafeln und einem Text- bande bestehen, von denen der erste jetzt herausgekommen ist 2, während die folgenden in Abständen von je einem Jahr versprochen werden. Wenn, wie anzunehmen, in den drei späteren Tafelbänden die Anordnung des ersten bei- behalten wird, so enthalten sie ausser den Tafeln selbst nur kurze Uebersichten über deren Inhalt und Stamm- tafeln der in Betracht kommenden Herrscherhäuser ; alles weitere an Beschreibung und Erläuterung, sowie die all- gemeineren sich daran knüpfenden Ausführungen über das Siegelwesen überhaupt werden dem Textbande vorbehalten bleiben, den man nun ja leider erst in vier Jahren wird erwarten dürfen ^.

Wir haben es also vorläufig nur mit dem ersten Baude zu tun und müssen uns an das halten, was er bringt. Hervorgegangen ist diese neue bedeutungsvolle Publikation aus der von dem Herausgeber angelegten Sammlung, die, dadurch dass Kaiser Wilhelm II. sie vor einigen Jahren angekauft und sie dem Germanischen Nationalmuseum zum Geschenk gemacht hat, dem grösseren Publikum zugänglich

1) In einem Anhang werden auch die Siegel der Kaiser des neuen Deutschen Reichs bis auf die Gegenwart abgebildet werden. 2) Dresden, Wilhelm Baensch, 1909. 3) Diese Einrichtung, die ja auch sonst

mancherlei Nachteile mit sich bringt, hat es wohl auch veranlasst, dass die Bände nicht einzeln abgegeben werden. Das ist aus dem Grunde be- dauerlich, weil dadurch den meisten Privaten die Anschaffung unmöglich gemacht sein dürfte. Denn abgesehen von dem in Summa doch hohen Preise kommt für die Mehrzahl der Interessenten schliesslich nur ein Bruchteil des Gesamtwerkes in Betracht.

248 H. Wibel.

geworden ist. Um diese Sammlung aber erst wirklich der Allgemeinheit nutzbar zu machen, gab der Kaiser zugleich den Auftrag, sie graphisch zu reproduzieren, eine Aufgabe, die jetzt also in ihrem ersten Teile erfüllt ist. Wer G-ele- genheit gehabt hat, die Sammlung selbst in Nürnberg zu sehen, wo sie in einem schönen Schrank aufbewahrt und zur Schau gestellt wird, wird wenigstens beim ersten An- blick den vielfach versilberten und vergoldeten Metall- abgüssen, aus denen sie besteht, seine Bewunderung nicht versagt haben. Beim näheren Zusehen bleiben freilich dem Sachverständigen mancherlei Mängel nicht verborgen, der glänzende Schein vermag nicht darüber zu täuschen, dass die Abgüsse schon des öfteren zu wünschen übrig lassen, und das ist dann auch nicht ohne Einfluss auf die Publi- kation selbst geblieben.

Der vorliegende erste Band in stattlichem Polioformat enthält auf 53 Tafeln die Siegel von Pippin bis auf Ludwig den Bayern, also aus der Zeit von 751 bis 1347. Jede Tafel bietet je nach der Grösse der dargestellten Siegel eine wechselnde Anzahl von übersichtlich und möglichst chronologisch angeordneten Abbildungen in bräunlich ge- tönten Lichtdrucken. Diese selbst sind auf jeder Tafel nummeriert, so dass sie in der vorangestellten TJebersicht leicht aufzufinden sind, in der dann jedesmal ein kurzer Vermerk über die Herkunft, den Aufbewahrungsort des Originals oder sonst der Quelle der Reproduktion, unter dem Namen des betreffenden Herrschers chronologisch und nach Typen geordnet, gegeben wird. Die Umschrift wird buchstabengetreu wiedergegeben, und, wo dies bereits fest- gestellt werden konnte , wird der Zeitraum verzeichnet, innerhalb dessen der Gebrauch des einzelnen Stempels nachweisbar ist ^.

1) Abgesehen von kleineren Mängeln, möchte ich hierzu nur auf einiges nicht ganz belanglose, das mir aufgefallen ist, hinweisen. Gegen- über der sonst stets gewählten ausführlichen und deutlichen Herkunfts- bezeichnung findet sich ganz unmotiviert gleich zu Anfang (zu Taf. 1, 7; 3, 6. 8) die nicht jedem verständliche Angabe 'Or. Chaumont', gemeint ist das Departementalarchiv daselbst. Ebenso wäre es unerlässlich ge- wesen, bei den Angaben über das Vorkommen der auf Tafel 27, 7 und 29, 1 abgebildeten Siegel sich nicht auf den Vermerk 'Or. Deutschordens- archiv Wien' zu beschränken, sondern die Regestennummer der Böhmer- Fickerschen Regesten zu verzeichnen ; diese ist im ersteren Fall B. - F. 782 und zeigt an, dass das betr. Diplom zum Jahr 1215 (nicht 1214) gehört, im letzteren aber bleibt es zweifelhaft, ob der betreffende Siegel- tjrpus sich auf B. -F. 1313 oder 1314 oder auf beiden im Original er- haltenen Stücken vom gleichen Datum befindet. Die Legenden sind fast stets ganz getreu wiedergegeben, ich bemerke hier nur, dass auf dem

Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige. 249

Nun zu den Reproduktionen selbt. Bei der heute verfügbaren Vollendung der Technik versteht es sich von selbst, dass in einem so gut ausgestatteten Werke das mög- liche erreicht worden ist nnd somit eine grosse Anzahl vorzüglicher Abbildungen geboten wird ^. Wenn aller- dings gerade für die ältere Periode die Darstellung nicht immer genügt, so wird man diesen Fehler in der über- wiegenden Mehrzahl der Fälle nicht in dem Wiedergabe- verfahren, sondern in dem diesem zu Grunde liegenden Material suchen müssen. Und da rächt es sich allerdings, dass man, freilich im Rahmen des Auftrages, sich, wenn ich nicht irre, im wesentlichen darauf beschränkt hat, die der Sammlung angehörenden Abgüsse statt der Originale zu verwenden. Was uns aber an den Siegeln interessiert, ist doch nicht nur der ungefähre Eindruck von dem, was darauf dargestellt ist; man möchte alles und zwar möglichst so genau sehen, wie es theoretisch die Feinheit

erheblich besser erhaltenen ersten Siegel Ludwigs des Frommen (Posse Tat". 1, 6) auf dem D. Mühlbacher Reg.'- 778 im Bezirksarchiv zu Strass- burg deutlich zu lesen ist: 'xpe' und 'imperatore-' also mit Abkürzungs- zeichen. Zu der Kaiserbulle Heinrichs II. (Taf. 11, 6. 7) ist zum Revers zwar das Monogramm und eine von Foltz vermutete Auflösung, die ich in dieser Form nicht für sehr glaubwürdig halte (besser vielleicht : 'Dens protege Imperium ßomanorum'), verzeichnet, aber nicht beachtet, dass sie sich garnicht auf dies Monogramm, sondern auf die vier im Kreise aussen herum stehenden Buchstaben D P I R, bezieht, die von Posse nicht angegeben werden. 1) Ein sehr wesentliches, auch in neuen Veröffent- lichungen nicht immer genügend beachtetes Moment ist die ebenfalls rein technische Angelegenheit der genauen Einhaltung der Originalmasse. Es leuchtet ein, dass man zutreffende Schlüsse beim Vergleich nur dann ziehen kann, wenn man sicher ist, dass keine willkürlichen Abweichungen hiervon vorliegen. So viel ich sehe, ist das in diesem Werk durchaus genau innegehalten worden, und bei geringfügigen Differenzen mit Exem- plaren gleicher Prägung wird man das den Verzerrungen durch gelegent- liche Ausdehnung oder Zusammenziehung des wenig festen Siegelstoffes aus Wachs oder Blei zuschreiben dürfen. Nur in einem Falle ist, soviel ich sehe, dem zuwider gehandelt, und zwar bei der Wiedei-holung der von Winkelmann von einem inzwischen wieder verschwundenen Siegelstempel Friedrichs II. gebrachten Abbildung auf Taf. 30, 1. Winkelmann gibt die Verkleinerung von 7,2 auf 5,7 cm an, bei Posse fehlt dieser sehr wesentliche Vermerk. Ein anderes kürzlich erschienenes Siegelwerk, W. Ewald, Die Siegel der Erzbischöfe von Köln (Rheinische Siegel I ; Bonn 1906), genügt dagegen diesen berechtigten Anforderungen leider durchaus nicht in der versprochenen Weise, denn es finden sich Differenzen bis zu 5 Millimetern unter der Originalgrösse, und wenigstens einmal ist sogar ein Siegel (das falsche Siegel Annos II. Taf. 4, 4) nur in 4 5 der natürlichen Grösse ohne entsprechende Bemerkung darüber reproduziert worden. Ich hatte Gelegenheit, dies an einer Anzahl der von ihm be- nutzten Originalsiegel im Staatsarchiv zu Düsseldorf nachzuprüfen.

250 H. Wibel.

des Sterapelschnitts und praktisch die Art und die Erhal- tung der Siegelmasse gestattet. Das ist aber nur erreich- bar bei Aufnahmen direkt nach den Originalen, zumal da, wo Alter und Beschädigungen schon von erheblichem Ein- fluss gewesen sind. In Folge des doppelten Abformungs- prozesses, durch den der Abguss hergestellt wird, ferner durch die glänzende Metalloberfläche werden nicht nur manche noch sichtbaren Reste verwischt und die vorhan- denen Mängel vergröbert, sondern durch die hierbei hervor- gerufenen starken Schlaglichter wird auch noch weiterer Schade angerichtet, und auf diese Weise verschwinden dann mehrfach Einzelheiten und Feinheiten mehr oder weniger vollständig ^.

Dazu kommt, dass keineswegs immer die besterhal- tenen Siegel als Vorlage gedient haben -, mau hätte viel- leicht öfter, als es geschehen ist, zwei sich ergänzende Exemplare desselben Stempels und auch in den Fällen, wo sonst schon eine hinreichende Abbildung eines seltenen Stückes vorhanden war, einen anderen als den bereits be- kannten Abdruck wiedergeben könnend Denn tatsächlich

1) Man vergleiche hier z. B. nur einmal die zwei Reproduktionen von Siegeln, die Bresslau seinem Aufsatz über die Siegel der Salischen Kaiser (N. Archiv VI, 541 ft".) beigegeben hat, mit den Abbildungen, die Posse von denselben Exemplaren bringt, der Vergleich wird wesentlich zu Ungunsten Posses ausfallen. 2) Man beachte, dass z. B. von den

Siegeln Konrads II. bei Posse kein einziges einen wirklichen Begriff von der Gesichtsbildung des Herrschers durch den Stempelschneider gibt. Die Köpfe sind entweder ganz unkenntlich oder doch so beschädigt, dass Einzelheiten nicht zum Ausdruck kommen. Statt also eins derselben (Taf. 12, 5; 13, 1) zweimal zu geben, weil Spuren eines doch ganz un- wesentlichen doppelten Abdrucks sichtbar sind, hätte man vielleicht ein Fragment mit gut erhaltenem Kopf lieber gesehen, wie es z. B. Kemme- rich in seiner Frühmittelalterlichen Porträtplastik S. 78 oder in der Zeit- schrift für bildende Kunst N. F. XX, 91 in einer übrigens schlechten Abbildung bringt. Auch sonst findet sich gelegentlich eine Wiederholung ohne grossen Wert, so die dreifache bei Ludwig dem Deutschen (Taf. 2, 7. 8. 9), um einen Sprung des Stempels zu zeigen ; beim ersten Siegel Ottos I. (Taf. 7, 1. 2), das bei Otto II. dann zum dritten Mal (Taf. 8, 1) erscheint, wird dagegen die Wiederholung zwar nicht durch die Art des Sprunges, wohl aber durch die veränderte Einfassung ge- rechtfertigt. An zwei Stellen schliesslich ist auf den wiedergegebenen Fragmenten überhaupt nichts zu sehen (Taf. 3, 6 ; 24, 5), im ersteren Fall sollen allerdings Reste der Schrift vorhanden sein. 3) So gibt

Posse z. B. nicht das zweite wesentlich besser erhaltene imd nicht durch Doppelabdruck beeinträchtigte Exemplar des vierten Siegels Heinrichs III. (Taf. 15, 2) im Stadtarchiv zu Goslar auf Stumpf, Reg. 2472, während doch das erste, von ihm wiederholte, schon von Bresslau publiziert war; ebenso erscheint die Kaiserbulle Heinrichs III. nach dem schlechteren Exemplar (Taf. 15, 3. 4), auf dem durch Doppelschlag das Gesicht ent-

Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige. 251

sind ja nur wenige Siegel der älteren Zeit aus Wachs oder aus Blei wirklich tadellos erhalten : des öfteren gelang in dem weichen Material schon die Ausprägung selbst nicht gut, meist aber sind die Siegel durch spätere Beschä- digungen beeinträchtigt, und daher bietet fast jedes weitere Exemplar Ergänzungen zum anderen. Mögen diese Wün- sche und Bedenken aus der Art der dem Herausgeber ge- stellten Aufgabe resultieren, so fragt es sich eben, ob man ein solch umfassendes und schönes Werk nicht auch auf die bestmögliche Grundlage hätte stellen sollen, anstatt es auf dem Bestand einer wohl immerhin unter beschränken- den Umständen zusammen gekommenen, ursprünglich pri- vaten Sammlung beruhen zu lassen.

Solcherlei geringfügigere Mängel spielen indessen nur eine untergeordnete Rolle gegenüber den ganz hervor- ragenden Vorteilen, die diese grosse Publikation allen Interessenten bietet. Zum ersten Male sind in angenäherter Vollständigkeit die Siegel der Deutschen Herrscher ver- einigt, und dem Herausgeber gebührt lebhafter Dank da- für, dass uns nunmehr ein Material zu Gebote steht, das zu einem erheblichen Bruchteil oder gar überwiegend bisher überhaupt noch nicht publiziert war. Dankbar anzuerkennen ist ferner, dass er sich nicht nur auf das im Titel ange- kündigte beschränkt, sondern seinem Werke noch grössere Ausdehnung gegeben hat, indem er auch die Siegel der Gemahlinnen, die Siegel der Herrscher vor ihrer Wahl zum König, auch ihrer Söhne, die nicht in Deutschland zur Herrschaft gelangt sind, und schliesslich die Siegel der hervorragendsten Reichsbeamten alle diese freilich nur erst in der späteren Zeit etwa von der Mitte des 12. Jh. ab vorkommend aufgenommen hat, wodurch schon im ersten Bande rund gerechnet vierhundert Siegel zur Auf- nahme gelangt sind.

Wir müssen es uns versagen, an dieser Stelle Betrach- tungen anzustellen, die sich nunmehr an dem gebotenen Material so viel leichter und umfassender als bisher vor- nehmen lassen und gewiss zu manchen neuen Ergebnissen führen würden. Wir wollen auch vermeiden, dem Heraus- geber vorzugreifen und auf Dinge einzugehen, die dem Text- bande vorbehalten sein werden: in den folgenden Ausfüh- rungen soll vielmehr nur auf einiges eingegangen werden, was sich als Berichtigung und Nachtrag zu den gegebenen

stellt und die Rückseite fast unkenntlich geworden ist ; ein ungleich besseres befindet sich an Stumpf, Reg. 2494.

252 H. Wibel.

Abbildungen oder als abweichende Beurteilung derselben charakterisiert.

Wenn ich recht sehe, so ist Posse von dem Grund- satz ausgegangen, nur echte oder wenigstens von ihm für echt gehaltene Siegel, keinesfalls aber als Fälschungen sicher erkannte Stücke abzubilden, denn es findet sich keine der zahlreichen bekannten Fälschungen unter den Abbildungen, und so wird dieses Prinzip tatsächlich zu Grunde gelegt worden sein^ Ob es ganz richtig ist, so zu verfahren, darf man vielleicht bezweifeln, es würde das ja ungefähr damit übereinstimmen, wenn man in den Diplo- mata- Bänden die unechten Diplome von der Aufnahme durchweg ausgeschlossen hätte. Gerade so wie die falschen Urkunden entbehren aber falsche Siegel natürlich in den durch Herstellungszeit und Ausführungsart gegebenen Grenzen nicht alles Interesses. Ist auch der rein histo- rische Wert durch die Tatsache der Unechtheit beschränkt, so bleibt doch der kunst- und kulturgeschichtliche be- stehen, ganz abgesehen davon, dass bei der Lückenhaftig- keit unserer Kenntnis in einem falschen Siegel unter Um- ständen sehr wohl ein untergegangener echter Stempel nachgeahmt worden sein kann.

Wir dürfen also jedenfalls annehmen, dass das, was in diesem Bande an Abbildungen geboten wird, von dem Herausgeber als echt oder wenigstens nicht als falsch an- gesehen worden ist'-. Da ist denn doch schon merkwürdig,

1) Eine Ausnahme bildet vielleicht das angebliche Ringsiegel Ottos 1. (Posse Taf. 7, 8), das nach Art und Ueberlieferung längst zu den lebhaftesten Zweifeln Anlass geboten hat. 2) Der umgekehrte

Schluss, dass die nicht in diesem Werke enthaltenen Siegel darum von dem Herausgeber für unecht erklärt seien , trifft natürlich keineswegs immer zu. Darüber wird man indessen im Textband näheres erfahren. Hier möchte ich nur auf einen Fall hinweisen, der vielleicht dem Heraus- geber noch unbekannt ist, jedenfalls aber darum Interesse besitzt, weil er als Schulbeispiel verwertet worden ist. Es handelt sich um die Be- siegelung zweier Diplome Heinrichs III., Stumpf, Reg. 2365. 2394, beide im Original erhalten, ausgestellt für das Stift St. Simon und Juda zu Goslar und im dortigen Stadtarchiv ruhend, durch ein Siegel K. Fried- richs I. Bisher wurde angenommen, dass damit die Anerkennung ihres Inhalts durch den so viel späteren Herrscher ausgesprochen sein sollte, und als einziges Beispiel dieser Art war der Fall nicht ohne Bedeutung. Allerdings hatte man nicht beachtet, dass der Typus dieses Siegels von dem allgemein bekannten abweicht, und tatsächlich findet er sich nach allem, was mir als Vergleichsmaterial zu Gebote stand, sonst nur noch ein einziges Mal, nämlich auf dem Diplom Friedrichs I. Stumpf, Reg. -4495 für dasselbe Stift. "Wie dies Diplom selbst, wofür ich den Nachweis noch zu bringen hoffe, ist aber auch das Siegel eine Fälschung wohl erst aus dem beginnenden 13. Jh., und zwar ist es, wie ich jetzt feststellen zu

Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige. 253

dass er die kürzlich nachgewiesene Fälschung des Stempels und der beiden Abdrücke zweier Siegel Rudolfs von Habs- burg, die als verworfene Probesiegel (Taf. 41, 1 4) be- zeichnet werden, nicht erkannt hat^. Für Fälschungen gleicher Art halte ich aber auch das angeblich verworfene Probesiegel Lothars (Taf. 20, 3)-, ebenso das angebliche zweite Kaisersiegel Friedrichs 1. (Taf. 22, 2) und das dritte Siegel Heinrichs VI. (Taf. 23, 3). Bei den beiden erst- genannten kommt zu der schlechten und doch im wesent- lichen einem echten Stempel nachgeahmten Arbeit die ganz unbeglaubigte üeberlieferung hinzu. Das Letztere konnte ich Dank dem Entgegenkommen des Königl. Bayeri- schen Allgemeinen Reichsarchivs selbst in Augenschein nehmen und halte es auf Grund der ganz rohen Arbeit ebenfalls für eine Fälschung. Dazu kommt, dass Heinrich sich in der vom 16. Juli Worms datierten und zu 1195 einzureihenden Urkunde (St. 4954) als 'rex Sicilie' bezeichnet, da er diese Würde seit einem halben Jahre (Weihnachten 1194) bekleidet, während das Siegel diese Titulatur nicht

können glaube, unter Benutzung des echten Kaisersiegels Friedrichs I. und wohl des ersten Kaisersiegels Heinrichs VI. angefertigt worden. Es ist recht plump gearbeitet, und man wird schliessen dürfen, dass der Fälscher, der den Stempel hergestellt, oder doch derjenige, der ihn für das falsche Diplom Friedrichs I. verwendet hat, denselben Stempel be- nutzte, um die vermutlich verloren gegangenen Siegel an den genannten Diplomen Heinrichs III. zu ersetzen. Damit fallen aber alle aus dieser Tatsache unter der Voraussetzung der Echtheit des Siegels gezogenen Folgerungen hinweg. 1) Vgl. Haberditzl in Mitteil, des Oesterr. In-

stituts XXIX, 630 ff. Auch von dem zweiten sogenannten Probesiegel wird, was Posse nicht vermerkt, der zugehörige Stempel in Sigmaringen aufbewahrt (vgl. Bresslau in Jahresberichten der Geschichtswissenschaft 1896, IV, 155 f.). Haberditzl weist nach, dass es sich in beiden Fällen um moderne Fälschungen aus der Mitte des 19. Jh. handelt. Das gleiche gilt auch von dem ebenfalls von Haberditzl a. a. 0. S. 626 ff. besprochenen Stempel eines Siegels Wilhelms von Holland (fehlt bei Posse), der an- scheinend um dieselbe Zeit zuerst sicher nachweisbar ist. Merkwürdiger Weise sollen ein Stempel Rudolfs (der Wiener) und der Wilhelms ebenfalls übereinstimmend 1815 resp. 1817 gefunden oder schon vorhanden gewesen sein. Dieses auffällige zeitliche Zusammentreffen, sowie die ähn- liche Arbeit legt den von Haberditzl, soviel ich sehe, nicht gezogenen Schluss nahe, dass alle drei Stempel (und ebenso derjenige Ottokars v. Böhmen, ebenfalls in Sigmaringen) aus derselben Fabrik stammen. Dass Kemmerich, Frühmittelalterliche Porträtplastik S. 104 f., den Wiener Stempel Rudolfs von Habsburg für 'über jeden Zweifel erhaben' echt erklärt, nimmt bei seiner mangelhaften Kenntnis nicht Wunder. 2) Für falsch halte ich schliesslich auch die auf Taf. 20, 2 abgebildete Variante des ersten Siegels Lothars, Die Existenz eines dritten, von J. Schultze, Die Urkunden Lothars III. S. 51 f., bemerkten Typus mit abweichenden Massen wird von Posse ausdrücklich bestritten.

254 H. Wibel.

aufweist. Freilicli sind, wie es scheint, die Siegel Hein- richs VI. noch garnicht erforscht, so dass sich abschliessen- des nicht sagen lässt. Posse kennt denn auch nur eine Gold- bulle an einem Diplom (St. 4771) von 1192 (Taf. 23, 5. 6) und weiss über deren Vorkommen nichts anzugeben, während nach Stumpf z. B. auch an den Urkunden, Reg. 4922 und 4925 aus dem Frühjahr 1195 Goldbullen hängen sollen, von denen, wenn sie überhaupt noch vorhanden, noch fest- zustellen wäre, ob sie nicht mindestens durch die Angabe des sicilischen Königstitels von der älteren verschieden sind. Nicht anders aber verhält es sich auch mit zweien der von Posse abgebildeten Siegeltjpen K. Friedrichs II. Ich glaube nicht an die Echtheit des von ihm als Variante des bekannten Typus (Taf. 27, 6) wiedergegebenen Siegels (Taf. 27, 7), das nach einem ganz unbeglaubigten Gips- abguss reproduziert ist und allerdings seiner Angabe nach auch an dem D. B.-F. 782 (s. oben S. 248, N. 1) sich be- finden soll. Wenn nicht etwa der Gipsabguss auf dieses selbe Stück zurückgeht, so möchte ich die tatsächliche Identität des Stempels noch nicht für zweifellos halten ^. Zu diesem Zweifel aber berechtigt mich nicht nur die Arbeit, die bei aller Uebereinstimmung mit dem echten Typus in den Abweichungen nur durchweg Verschlech- terungen darbietet, sondern dass in einem ähnlich gela- gerten Fall die Angabe Posses tatsächlich falsch ist. Be- reits Philippi, Zur Geschichte der Eeichskanzlei unter den letzten Staufern S. 80, hat zum D. B.-F. 1599 bemerkt, dass es mit einer Nachbildung des echten Kaisersiegels Friedrichs II. (Taf. 29, 1) versehen sei, Posse dagegen bildet (Taf. 29, 2) eine Variante dieses echten Siegels wiederum nach einem unbeglaubigten Gipsabguss ab und behauptet, dieser Typus komme auch an B.-F. 1599 vor. Erweckt

1) Der liebenswürdigen Bemühung des Herrn Dr. Hans Hirsch verdanke ich die Möglichkeit, an die Stelle blosser Vermutung ein sicheres Ergebnis setzen zu können. Er hatte die Güte für mich im Deutschordensarchiv zu Wien den Vergleich zwischen dem von Posse auf Taf. 27, 7 abgebildeten und dem für dessen Vorkommen zitierten Siegel an dem Diplom B.-F. 782 vorzunehmen mit dem Resultat, dass Posses Angabe ganz zweifellos unzutreffend ist, und dass vielmehr dieses Siegel seinem Typus Taf. 27, 6, d. h. dem auch sonst mehrfach nachweisbaren Stempel, entspricht. Damit aber wird man auch in diesem Falle davon absehen müssen, den Typus Taf. 27, 7 als eine echte Variante von Taf. 27, 6 in Betracht zu ziehen; es handelt sich augenscheinlich auch hier um eine auf Grund des echten Typus vollzogene Ueberarbeitung oder Fälschung einer Matrize, auf der dann der Gipsabguss in Dresden beruht.

Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige. 255

schon die Abbildung die begründete Vermutung, dass es sich nicht um ein echtes Siegel handeln könne (man vgl. z. ß. nur das e in FRIDeRICVS und die schlechte Arbeit im allgemeinen), so stimmt überdies die Sache mit B.-F. 1599 nicht. Wie ich ebenfalls durch Autopsie feststellen konnte, entspricht dieses Fragment weder in den Massen ^ noch in den Einzelheiten der Darstellung, vor allem aber nicht in der Legende diesem Bilde. Ist auf Taf. 29, 2 wie auf dem echten Siegel DI GEA IMPeRATOR zu lesen, so steht hier zweifellos deutlich DEI GRA IPeRATOR ; damit aber ist die Unvereinbarkeit erwiesen, und Philippis Annahme, dass das Siegel von B.-F. 1599 eine Fälschung nach dem echten Siegel (Taf. 29, 1) sei, bestätigt sich, während die Dresdener angebliche Variante bei dem Mangel aller Beglaubigung in Verbindung mit den übrigen Be- denken weiterhin keinen Anspruch darauf erheben kann, für echt gehalten zu werden.

Ganz zweifellos falsch ist aber schliesslich auch der zuerst von Winkelmann, Mitteil. des Oesterr. Instituts XV, 485 ff. beschriebene und abgebildete Siegelstempel, der Ende 1893 im Antiquitätenhandel in Italien auftauchte, um als- bald in der Sammlung eines glücklichen Käufers wieder zu verschwinden. Die annähernd mit dem echten Typus (Posse Taf. 29, 4) übereinstimmende Grösse (s. oben S. 249, N. 1) und Darstellung lässt gerade wieder in den Ab- weichungen die Fälschung deutlich erkennen, wenn auch Winkelmann die Echtheit für möglich hielt. Missverstanden ist die Darstellung des Thrones und die Form der Krone, der die regelmässig auftretenden seitlichen Anhänger fehlen, und ganz verdorben ist die Kleidung. Da Winkelmanns Abbildung aber auf einem Abdruck des angeblichen Original- stempels, nicht etwa einer schlechten Zeichnung danach beruht, so wird man die Fehlerhaftigkeit auch tatsächlich dem Stempel zuschreiben müssen, ebenso wie das schon von ihm vermerkte Versehen in der Legende, das aber nicht, wie er meint, auch auf einem echten Stempel vorkommen könne, sondern hier auf einer falschen Beobachtung an einem nicht gut erhaltenen echten Siegelabdruck beruht. Der Stempelschneider erkannte nicht die z. T. ligierten Buchstaben, die die Worte 'imperator et semper' bilden,

1) Allerdings scheint mir fraglich, ob hier (Taf. 29, 2) die Ab- bildung nicht um 2 3 mm zu gross geraten ist, wie das vermutlich auch mit dem Bilde Taf. 29, 3 der Fall ist, das auf das gleiche Typar zurück- gehen soll wie Taf. 29, 1.

256 H. Wibel.

wobei 'et' durch ein sclilangenförmiges Abkürzungszeichen gebildet wird, sondern zog dies Zeichen zum E, las das S für 'et' und das ligierte MP für EP, so dass nunmehr 'imperator[um] 7 sep[er]' zu lesen ist.

Es wird sich daher mit diesem Stempel nicht anders wie mit allen übrigen Stempeln von Kaisersiegeln verhal- ten, die in neuerer Zeit im Handel auftauchten und sich sämtlich als spekulative Fälschungen erwiesen haben ^.

Einen besonders interessanten Fall bildet das von Posse zweimal abgebildete angebliche sechste Siegel Ottos II. (Taf. 9, 1. 2). Es kommt nicht nur, wie er angibt, zweimal (DD. 0. II. 191. 194), sondern im ganzen heute noch sechs- mal vor, nämlich ausser an diesen beiden Diplomen für Memleben auch an zwei Diplomen Ottos III. für Meissen (DD. O. III. 174''. 183) und schliesslich an zwei weiteren Ottonischen Diplomen für Nienburg (DD. O. II. 185'^ O. III. 244). Vielleicht hat es sich aber auch noch mindestens an einem anderen, heute nur abschriftlich erhaltenen Diplome für Meissen (DO. II. 184) befunden 2. Für die beiden letz- teren Gruppen hat bereits Erben ^ die Identität des Typus und somit die Abweichung von dem vierten Siegel Ottos II., mit dem Foltz es, abgesehen von den DD. 0. III. 174^. 183, identifiziert hatte, erkannt; die üebereinstimmung aber auch mit dem Memlebener Siegel konnte ich selbst gerade beim Vergleich mit den in der Posseschen Sammlung befindlichen Abgüssen von den Siegeln der Meissener Diplome feststellen. Hatte Erben noch gemeint, einen von Otto III. verwendeten , bisher unbeachtet gebliebenen, echten Stempel in Betracht ziehen zu müssen, so halte ich das für ausgeschlossen und halte vielmehr dieses Siegel trotz des häufigen Vorkommens für eine Fälschung.

1) Zu ihnen gehört auch der angeblich in Rom befindliche Bullen- stempel des Reverses der Kaisergoldbulle K. Karls IV. (vgl. Bresslau in Jahres1)erichten der Geschichtswissenschaft, 1896, IV, 156 n. 258). Diesem entsi^richt ein weiterer Stempel , der vor geraumer Zeit dem Germanischen Museum zum Kauf angelioten und von dort zunächst zur Begutachtung an Herrn Prof. Bresslau gesandt wurde, er machte den Eindruck gegossen zu sein und war eine Nachbildung des Averses derselben Goldbulle. Man wird in der Vermutung nicht fehlgehen, dass beide Stempel von dem gleichen Fälscher herrühren. 2) Doch

hat auch Posse schon erkannt, wie ich seiner auf meine Anfrage an mich gelangten gütigen Auskunft vom 25. 12. 1904 entnehme, dass derselbe Stempel wie für die Memlebener DD. Ottos II. auch für die 'Fälschungen' Ottos III. DD. 174^. 183 verwendet worden ist. 3) Mitteil, des Oesterr. Instituts XIII, 550 ff.

Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige. 257

In einer vor mehreren Jahren begonnenen, aber in Folge der Inanspruchnahme durch andere Arbeiten nicht zu Ende geführten Untersuchung hoffe ich gelegentlich noch den Nachweis zu erbringen, dass bis auf das DO. III. 183 \ alle anderen oben genannten Diplome Nachahmungen von der Hand eines und desselben Fälschers sind, der zu Anfang des 11. Jh. arbeitete und für seine Zwecke sich auch des wohl von ihm selbst hergestellten falschen Siegels be- diente. Es wäre dieses das bisher bei weitem älteste Bei- spiel dafür, dass ein mittelalterlicher Fälscher im Auftrage verschiedener Empfänger seine Falsifikate angefertigt hat. Dass aber das Siegel wirklich falsch ist, geht, wie mir scheint, nicht zum mindesten auch aus der ganz minder- wertigen Arbeit, die auch von ganz schlecht geschnittenen echten Typen der Zeit noch erheblich abweicht, hervor. Auch Foltz - hat dies wenigstens für die beiden Meissener Diplome bereits erkannt.

In wie weit sich sonst noch Fälschungen unter den abgebildeten Stücken befinden, wird ohne spezielle Kenntnis lind Nachforschung nicht festzustellen sein. Ich beschränke mich daher darauf, noch einige Bemerkungen zu den mir genauer bekannt gewordenen echten Siegeln zu geben.

Ein bekanntes Argument gegen die Fähigkeit und die Absicht des früheren Mittelalters, im Siegel ein Porträt des betreffenden Herrschers zu geben, bildet der Umstand, dass Otto II. Siegel seines Vaters übernimmt. Dies ist, nachdem es von Foltz einmal festgestellt worden v^ar, unwidersprochen geblieben und trifft auch tatsächlich zu, insofern Otto II., abgesehen vom ersten Königssiegel, das sechste Siegel Ottos I. (Posse Taf. 7, 7. 8, 5), und zwar wohl erst nach dessen Tode, benutzt hat. Ist das aber auch mit dem fünften Siegel Ottos I. wirklich der Fall?

1) Es ist ein zweifellos von der Hand eines Kanzleibeamten ge- schriebenes Original. Wohl zu beachten ist aber, dass es eine Urkunde aus der Königszeit ist, die hier mit einem Kaisersiegel versehen erscheint. Auch dieser Fall wird im Verein mit einigen anderen ähn- licher Art als Beispiel für vorkommende Unregelmässigkeiten in der Be- siegelung angeführt (vgl. Bresslau, N. Archiv VI, 554 f.), meist in dem Sinne, dass Diplome, die ihrer Schrift und den Daten nach der Königszeit eines Herrschers entstammen, späterhin mit einem Kaisersiegel versehen worden seien, sei es in Folge verzögerter Vollziehung und Ausgabe an den Empfänger, sei es als eine Art kaiserlicher Bestätigung einer Ver- leihung aus der Königszeit. Mir scheinen alle diese Fälle noch der Nachprüfung bedürftig, ob es sich wirklich und zweifellos so verhält. 2) Vgl. seine systematische Zusammenstellung der Siegel der Sächsischen Kaiser im N. Archiv III, 41.

Neues Archiv etc. XXXV. 17

258 H. Wibel.

Foltz behauptete es, die MG.-Ausg-abe der Diplome Ottos 11. hat sich ihm angeschlossen, und auch Posse identifiziert die beiden von ihm gegebenen Abbildungen (Taf. 7, 6 und Taf. 8, 6). Sieht man aber genauer zu, so ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass die Stempel eben nicht identisch sind ^ Da nun die Abbildung bei Posse sicher einem Diplom Ottos II. (DO. II. 78) entnommen ist, so wird man annehmen dürfen, dass hier Otto II. einen neuen Stempel und also den fünften Stempel Ottos I. vielleicht überhaupt nicht verwendet hat. Bei der ungenügenden Zuverlässigkeit von Foltz ist daneben freilich nicht ausgeschlossen, dass dieser Stempel auch schon unter Otto I., oder dass neben ihm der fünfte Stempel Ottos I. ausserdem noch von Otto II. gebraucht worden ist '-.

Posse verspricht in seinem Werke eine vollstän- dige Sammlung der Kaisersiegel zu geben; dass ihm das nicht vollkommen gelungen ist, ist nicht verwunderlich und bedeutet nur dort einen Vorwurf, wo eine Lücke ohne Schwierigkeit zu vermeiden gewesen wäre. Bei dem Stand der Vorarbeiten und der Zerstreutheit des Materials erheben sich ganz ungeheure Schwierigkeiten, die eine Nachprüfung jedes einzelnen Falles unmöglich machen. Dazu kommt,

1) Ereilich sind die letzten Kaisersiegel Ottos I. sowie die von Otto II. vor dem Tode des Vaters geführten einander ungemein ähnlich, was die ganze Arbeit betriS"t, doch treten auch hinlänglich grosse Unter- schiede deutlich genug hervor, um die Klassifizierung sicher zu stellen. Was nun speziell das fünfte Siegel Ottos I. in seinem Verhältnis zum (nach Foltz) fünften Siegel Ottos II. betrifft, so genügt es auf die Differenz in dem Perlenkranz zwischen den zwei Kreisen hinzuweisen. Bei Otto I. sind die Perlen (oder wie man sie sonst nennen will) klein und dicht gedrängt; bei Otto II. erscheinen sie erheblich grösser und stehen weiter auseinander. Abweichungen finden sich ferner in der Stellung der Ab- kürzungszeichen, in der Form des Reichsapfels und der Krone, die im Siegel Ottos II. erheblich höher und helmartiger ist. 2) Die

Nachprüfung und Entscheidung dieser ja nicht ganz uninteressanten Frage ist nunmehr bei einiger Aufmerksamkeit an der Hand der Tafeln Posses schon darum ohne grosse Schwierigkeit möglich, weil alle Diplome Ottos IL, die nach Foltz' und Sickels Angaben wenigstens dieses angebliche fünfte Siegel Ottos I. aufweisen, DD. 0. IL 77. 78. 92. 310, jetzt im Staatsarchiv zu Magdeburg vereinigt sind. Ob die Bulle Ottos III. an dem Spurium DO. III. 428, die, abgesehen von der Differenz in der Aufschrift des Averses : 'Urbs (statt 'Aurea') Roma', in Grösse , Darstellung und Arbeit mit der vierten Bulle Ottos (Posse Taf. 10, 8. 9) recht genau übereinstimmt, wirklich falsch ist (vgl. Bresslau im N. Archiv XXIII, 159, N. 1), wird erst entschieden werden können, wenn mit Sicherheit festgestellt ist, ob sie mit dieser Differenz allein steht, oder ob diese Abweichung sich etwa noch auf anderen Exemplaren der vierten Bulle findet.

Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige. 259

dass die Vorarbeiten selbst meist auf nur unvollständig ge- kanntem Material beruhen, und dass man demnach ihre Ergebnisse nicht als abschliessend betrachten darf. Irr- tümer sind nicht ausgeblieben, wie denn auch nicht alle bestehenden Varianten erkannt worden sind. So ergeben sich denn auch bei Posse Lücken, die wenigstens teilweise vielleicht zu vermeiden gewesen wären, jedenfalls aber in Hinsicht auf die uneingeschränkte Wertschätzung seines Werkes bedauerlich sind. Einige Nachträge z^^ den Siegeln Salischer Kaiser, die entweder bei der Bearbeitung der Diplome für die MG. -Ausgabe oder sonst zu unserer Kenntnis gekommen sind, sollen diese Lücken wenigstens für das 11. Jh. ausfüllen helfen. So findet sich das von Bresslau ^ mit 2^ bezeichnete Siegel Konrads IL (Posse Taf. 12, 4) nicht nur auf Stumpf, Reg. 1900 (DK. IL 47), sondern auch auf St. 1884 (DK. IL 32), und vielleicht befand es sich der überlieferten Zeichnung nach auch noch auf dem Magde- burger Diplom St. 1874 (DK. IL 22). Aber auch ein ganz neuer Typus hat sich wenigstens ein einziges Mal an dem Salzburger Diplom St. 1961 (K. IL 108; Orig. im Staats- archiv zu Wien) noch gefunden, er nähert sich in der Dar- stellung von Kopf und Krone dem vierten Siegel Konrads (Posse Taf. 13, 2), die Attribute stimmen dagegen mit dem dritten (Posse Taf. 12, o. 13, 1), die Art der Anbringung der Legende schliesslich mit dem fünften und sechsten Siegel Konrads überein. Schon dadurch wird die Echtheit wohl zweifellos, und in der demnächst vollendeten Ausgabe der Diplome Konrads II. ist daher das Siegel mit 3^ be- zeichnet worden. Eine Abbildung in natürlicher Grösse nach dem mir zur Verfügung stehenden Gipsabguss ver- anschaulicht das gesagte '-.

Auch zu den Siegeln Heinrichs III. ergeben sich Nachträge-^. Hatte Bresslau die erste (Königs) -Bulle dieses

1) Vgl. dessen Zusammenstellung der Siegel der Salischen Kaiser im N. Archiv VI, 541 ff. 2) Vgl. die Tafel sub 1. Wenn ich die Abbildungen hier entgegen dem oben als wünschenswert bezeichneten Prinzip nicht direkt nach den Originalen gebe, so geschieht das, weil die seiner Zeit von mir, ohne die Absicht sie zu publizieren, gemachten resp. erworbenen Abgüsse hin- reichend scharf sind, um alles wesentliche deutlich erkennen zu lassen. Für die Bewilligung der beigegebenen Tafel bin ich Herrn Cxeheimrat Prof. Dr. 0. Holder -Egger zu lebhaftem Dank verpflichtet. 3) Eine

interessante dieses Gebiet berührende Vermutung ist von K. Brunner, Das Deutsche Herrscherbildnis von Konrad II. bis Lothar von Sachsen (Leipzig 1905) S. 27, X. 3 ausgesprochen worden. Er meint, das erste Kaisersiegel Heinrichs III. (Posse Taf. 15, 1) beruhe entweder auf mecha-

17*

260 H. Wibel.

Herrschers an dem St. Galleuer D. St. 2189 (Posse Taf. 14, 3. 4) mit der damals vermissten und nur in einer Abbil- dung bei Lacomblet überlieferten Bulle des D. St. 2207 (Orig. im Staatsarchiv zu Düsseldorf) identifiziert, so zeigt sich, nachdem sie wieder zu Tage gekommen und dem Diplom zweifellos mit Eecht ^ beigelegt ist, dass bei aller Uebereinstimmung im allgemeinen ein anderer Stempel vorliegt, an dessen Echtheit nicht zu zweifeln ist. Die bei- gegebenen Abbildungen nach einem Gipsabguss werden dies auch ohne eingehende Beschreibung bei dem Vergleich mit dem Bilde bei Posse bestätigen-. Schliesslich lässt sich auch noch von der Kaiserbulle Heinrichs III. eine Variante konstatieren. Leider hat Posse nur das durch Doppelschlag entstellte und schlecht erhaltene Exemplar an dem D. St. 2486 (Taf. 15, 3. 4) wiedergegeben, das mit der an dem D. St. 2494 befindlichen, wesentlich besser erhaltenen Bulle genau übereinstimmt. Von diesen beiden weicht nun aber die Bulle des D. St. 2444 (Orig- im Staatsarchiv zu Hannover), wenn auch wiederum nur in Einzelheiten, doch deutlich genug ab, um die verschiedene Arbeit und den anderen Stempel erkennen zu lassen ^ : Heinrich III. hat sich

nischer und danach abgeänderter Reproduktion des zweiten Königssiegels (Posse, Taf. 14, 2) Heinrichs oder stelle geradezu den in der Jjegende und sonst umgearbeiteten älteren Originalstempel dar. Es wäre das der erste Fall dieser Art, der von einem Königssiegel bekannt geworden ist, und diese Vermutung klingt daher nicht von vorneherein wahrscheinlich. Trotzdem und auch trotz der mir unbegründet erscheinenden Meinung Kemmerichs, Porträtplastik S. 81, dass auf dem Kaisersiegel Heinrich einen stärkeren Schnurrbart aufweise, bin ich nach genauem Vergleich zu dem Ergebnis gekommen , dass wohl die zweite Alternative zutrifft, und dass also tatsächlich das Königssiegel zu einem Kaisersiegel um- gearbeitet w^orden ist, indem man die rechte Hand mit einem neuen Attribut (dem Reichsapfel) versah, aber Spuren des Scepterstabes auf dem Arm nicht völlig beseitigte, und ferner die Legende in der Weise ab- änderte, dass 'HEINRICVS' stehen blieb, dasfolgende 'TE' (von ter-tius) aber getilgt und durch das eng gedrängte 'DIG' ersetzt wurde, das sich dann an das stehen gebliebene R anschloss. Der zweite Teil der Umschrift wurde darauf ganz erneuert. Vielleicht findet sich auch sonst noch ähnliches, wenngleich selbst eine weitgehende Uebereinstimmung in Form und Massen allein noch nicht zu einer solchen Annahme bereclitigen dürfte. In der französischen Kanzlei hat man wenigstens in zwei Fällen das Siegel des Vorgängers für den Nachfolger durch blosse Abänderung der Legende hergerichtet, so ist für Lothar (954 86) zunächst das Siegel Ludwigs IV. (vgl. Halphen - Lot , Actes de Lothaire et Louis V, Ein- leitung S. 50) und für Philipp I. (1060 1108) dasjenige Heinrichs I. (vgl. Prou, Actes de Philippe I, Einleitung S. 128) wieder verwendet worden. 1) Das ergibt sich aus der Grleichartigkeit der Seidenschnurreste am Dii^lom und an der Bulle. 2) Vgl. die Tafel sub 2a. b. 3) Vgl. die Tafel sub 3a, b. Eine Beschreibung der Differenzen ist schwierig, zumal

Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige. 261

also mindestens zweier Königs- und zweier Kaiser -Bullen bedient ^

Die Siegel Heinrichs IV. und Heinrichs V. sind noch nicht so genau durchgearbeitet, um ganz abschliessende Ergebnisse zu bieten. Zu den Stempeln Heinrichs IV. möchte ich jedoch auf das falsche Siegel hinweisen, das sich heute auf zwei Werdener Diplomen findet, dem falschen D. Heinrichs I. 26 und dem Originaldiplom Heinrichs III. St. 2164. Leider ist es in beiden Fällen nur unvollständig erhalten, im ersten findet sich nur das Mittelstück, im zweiten fehlt der grösste Teil der Legende - ; indessen ist die Arbeit so gut und stimmt in Einzelheiten so weit- gehend mit dem dritten und vierten Königssiegel Hein- richs IV. überein (Posse Taf. 16, 3. 4), dass ich nicht für ausgeschlossen halte, dass es sich hier entweder um ein noch unbekanntes echtes Königssiegel Heinrichs IV. selbst oder um eine wenigstens teilweise mechanische Abformung danach handelt^. Das ist aber immerhin nur eine Ver- mutung, die der Nachprüfung bedarf.

auf der Reproduktion Posses wenig zu sehen ist. Die Abweichung wird indessen besonders deutlich beim Vergleich der Reverse. Auf dem bereits bekannten Stempel ist die Burg- (oder Stadt-) Mauer von rechts nach links gemessen ungefähr 4 mm breiter als auf dem hier abgebildeten. Am Vollbart des Kopfes auf dem Avers lassen sich ferner sechs Strähne neben einander vom Kinn zum Ohr am alten Stempel, gegen fünf auf unserer Abbildung unterscheiden. Dieser Art ergeben sich noch einige Unterschiede bei genauer Betrachtung, wobei allerdings die Bilder Posses zum Vergleich nicht ausreichen. 1) Nicht anerkennen kann ich dagegen den von Kemmerich als Variante des zweiten Königssiegels Heinrichs III. konstatierten angeblichen Typus (Frühmittelalterliche Porträtplastik S. 81, Abbild, n. 38) auf dem nicht näher bezeichneten Diplom Heinrichs III. n. .857 (St. 2224) des Münchener Reichsarchivs. Ich möchte getrost behaupten, dass seine Abbildung entgegen seiner Angabe nicht die Originalgrösse darstellt, sondern nur eine verkleinerte, schlechte Wiedergabe desselben Typus bietet, von dem auch der Abdruck, den er S. 80, n. 35 abbildet, herrührt, wie denn auch die kräftige Unterlippe beiden gleichartig angehören wird, vielleicht nur nicht ganz gleichartig zur Ausprägung gelangt ist^ 2) Zu lesen ist 'DT und dann, unterbrochen durch den Schemel, 'GRA III', wobei ich weiter ergänzen möchte 'I REX' (also 'IUI REX' ; möglich wäre daneben freilich auch als ursprünglicher Text: 'GRATIA REX'), während zu Anfang 'HEINRICVS' gestanden haben dürfte. Diese Teilung der Legende wie auch die (dort ausgeschriebene) Ordnungszahl findet sich sonst zuerst bei dem Königssiegel Heinrichs V. Der Kopf unseres Siegels, ursprünglich unbärtig, hat jetzt einen ganz plump markierten Vollbart , der nachträglich aufmodelliert ist , und durch den man vielleicht das Bild den Siegeln Heinrichs III. hat ähnlicher machen wollen. 3) Posse bietet von den Siegeln Heinrichs IV. zwei Typen mehr, als von Bresslau verzeichnet wurden. Es sind das einmal das schon erwähnte vierte Köuigssiegel , das identisch ist mit der von Brunner, Herrscherbildnis S. 44, N. 2, angeführten Variante des dritten Siegels.

262 H. Wibel.

Meine kurzen Ausführungen werden gezeigt haben, in wie weit dem Siegelwerk Posses noch einige nicht ganz unerhebliche Mängel anhaften, und in wie weit nicht alle Wünsche und Erwartungen befriedigt worden sind. Es wird ihnen aber auch zu entnehmen sein, dass diese Mängel ihre Ursache und ihre Entschuldigung finden, einmal in der Grundlage, auf der sich das Werk aufbaut, dann aber auch in den ganz bedeutenden Schwierigkeiten, die sich der idealen Erreichung des Zieles entgegenstellen. Ich möchte nicht schliessen, ohne noch einmal hervorgehoben zu haben, dass schon der erste Band dieser gross angelegten und schönen Publikation einen ganz erheblichen Gewinn für die verschiedenen Zweige unserer Wissenschaft bedeutet, und dass dem Herausgeber der lebhafte Dank aller engeren und weiteren Fachgenossen und überhaupt aller derjenigen, die sich mit dem interessanten und noch lange nicht ab- schliessend behandeltem Gebiet der Siegelkunde beschäf- tigen, sicher ist.

Brunner irrt, wenn er den Durchmesser beider von ihm zitierten Siegel auf den DD. St. 2817. 2774 mit 8,6 cm angibt; er l)eträgt tatsächlich nur 8 cm, wie die A))ljildung Posses (Taf. 16, 4) nach dem Siegel des D. St. 2817 und ein in meinem Besitz liefindlicher Gipsabguss von dem- jenigen des D. St. 2774 ergeben. Zweitens erscheint die Cloldbulle (Tai'. 17, 1. 2) an dem damals unzugänglichen Osnal »rücker D. St. 2814*, das ül)rigens zu 1079, nicht 1078, wie Posse angibt, gehört, als Variaute zu den bisher bekannten zwei Exemplaren; ihre Echtheit steht nicht in Frage (vgl. Tangl im Archiv für Urkundenforschung II, 230). Auch eine Kaisergoldbulle Heinrichs IV. müsste existiert haben, wenn die Dorsualnote saec. XV. (und eine Notiz im Kopialbuch der Verduner Kathedrale) auf der jetzt im Nachlass Clouets wieder zu Tage ge- kommenen Urschrift des D. St. 2883 der Wahrheit entspräche. Hat man vorläufig auch noch keinen Grund, die Originalität des Stückes zu be- bezweifeln, so ist doch zu bemerken, dass in der Korroboration von 'sigilli impressio' gesprochen wird ; für ein aufgedrücktes Siegel ist aber gar kein Platz vorhanden und dementsprechend fehlen auch die notwendigen Ein- schnitte. Aber auch die Bullierung könnte nur mit Hülfe eines kleinen Loches zwischen den beiden Zeilen der Datierung stattgefunden haben, ohne dass heute Spuren davon zurückgeblielien sind. Dazu kommt, dass die jetzt verlorene Bulle von Calmet, Histoire de Lorraine ed. I. I, preuves col. 484, folgendermassen beschrieben wird : 'Pendet sigillum aureum cum epigraphe in antica parte, ubi vultus imperatoris: Ohriste protege Henricum Regem. Ex altera parte, ubi quaedam castelli effigies : Aurea Roma, Roma caput mundi regit orbis fraena rotundi'. Es wäre also, wenn Calmets Beschreibung zutrifft, eine K ö nigsgoldbulle gewesen und diese hätte im Gegensatz zu den Typen Heinrichs IV. das Aussehen einer der Königsbullen Heinrichs III. gehabt. Beide LTmstände machen es recht unwahrscheinlich, dass diese Goldbulle und das Diplom ursprüng- lich zusammengehört haben. Entweder war sie einem verlorenen D. Heinrichs III. für die Verduner Kathedrale entnommen , um das D. St. 2883 zu beglaulngen, oder man hat vielleicht eine Bleibulle Hein- richs III. künstlich vergoldet, um damit densell)en Zweck zu erreichen.

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Nachrichten.

1. Mit Beginn des Sommersemesters 1909 ist Herr Dr. Bernhard S c h m e i d 1 e r von Berlin als Privatdozent nacli Leipzig übergesiedelt, bleibt jedoch Mitarbeiter der Abteilung Scriijtores.

2. In den Scriptores rerum Germanicarum sind 1909 erschienen : 1) Annales Xantens es et Annales V e d a s t i n i. Recognovit B. de S i m s o n. Die Annales Yedastini erscheinen hier zuerst in kritischer Bearbeitung, während deren Text in SS. I. nur nach Bouquets Ausgabe, der in SS. II. nur nach der am meisten überarbeiteten Hs. gegeben war. Dieser ist am meisten zitiert worden, ob- wohl der nach Bouquet doch noch besser war. 2) H e 1 - m o 1 d i presbyteri Bozoviensis Cronica Slavorum. Ed. II. Post lohannem M. Lappenberg recognovit Bernhardus Schmeidler. Accedunt versus de vita Vicelini et S i d o n i s epistola . 3) lohannis abbatis V i c t o - r i e n s i s Liber certarum historiarum. Edidit Eedorus Schneider. T. I. Libri I III. Es sind hier sämt- liche Rezensionen des I. Buches mit den vorangesetzten Entwürfen, welche die Geschichte von der Karolingerzeit an enthalten, vom IL und III. Buche beide Rezensionen (also auch Johanns erster Entwurf) gegeben, während früher nur die zweite Rezension (B) vom J, 1215 an ungenügend herausgegeben war. O. H.-E.

3. In den Fontes iuris Germanici antiqui ist er- schienen: Determinatio compendiosa de iurisdictione imperii auctore anonymo, ut videtur, Tholomeo Lucensi O. P. Edidit Marius K r a m m e r. Accedit Tractatus anonjmus de origine ac translatione et statu Romani imperii.

4. Die Kgl. Bayer. Akademie der Wissenschaften bereitet mit Unterstützung der Kgl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, der Kgl. Gesellschaft der Wissen- schaften zu Göttinsren und der Kgl. Sächsischen Gesell-

264 Nachrichten.

Schaft der Wissenschaften zu Leipzig eine kritische Ge- samtausgabe der mittelalterlichen Bibliothekskataloge Deutschlands vor. Die Arbeiten sind seit über 2 Jahren im Gange und liegen jetzt in den Händen des Unterzeichneten. Gesammelt sollen werden alle Handschriftenverzeichnisse, die bis etwa 1500 im Gebiete des heutigen Deutschen Reiches und des Schweizer Bundes niedergeschrieben sind. Genauere Angaben über die bei den Abschriften und Be- schreibungen zu beobachtenden Grundsätze findet man in der soeben versandten Arbeitsanleitung, die eigentlich nur für die Mitarbeiter gedruckt ist, aber auf Wunsch jedem anderen Forscher zur Verfügung gestellt wird.

Obwohl oder vielmehr weil es unsere Sache ist, möglichst grosse Zuverlässigkeit und Vollständigkeit zu erreichen, richten wir an die Leser des Neuen Archivs und überhaupt an alle, die in Bibliotheken und Archiven Ge- legenheit haben, mittelalterliche Handschriften und Ur- kunden kennen zu lernen, die höfliche Aufforderung, dabei auf Bücherverzeichnisse zu achten und uns bei Funden zu benachrichtigen. Alle Mitteilungen und Anfragen sind zu richten an den unterzeichneten Redaktor bei der Kom- mission für Herausgabe der mittelalterlichen Bibliotheks- kataloge Deutschlands (München, Herzogspitalstr. 18).

Dr. Paul Lehmann.

5. Zum Giornale storico della letteratura Italiana sind Indices zu Band I L (bisher 1 Fascikel, Torino 1909) im Erscheinen begriffen. E. C.

6. In der Historischen Zeitschrift CII (3. Folge VI), S. 325 334 hat A. B r a c k m a n n Bericht über die Vor- träge erstattet, die er selbst und P. Kehr auf dem Histo- rischen internationalen Kongress zu Berlin 1908 über den Plan einer Germania sacra gehalten haben.

0. H.-E.

7. Das von dem Benediktiner von St. Peter in Salz- burg, P. Pirmin L i n d n e r , bearbeitete Monasticon metropolis Salzburgensis antiquae (I. Kempten und München 1907, IL Salzburg 1908, 4^ XIII, 554 und [47] S.) begrüssen wir als wichtigen und willkommenen Nachschlage- behelf. Berücksichtigt sind nur die Benediktiner-, Zister- zienser-, Chorherren- und Praemonstrateuserstifte, nicht die Karthausen und nicht die Niederlassungen der Bettelorden. In dieser Beschränkung schreitet der Bearbeiter nach Diö- zesen vor (Salzburg, Chiemsee, Gurk, Lavant, Seckau,

Xachricliteu. 265

Brixen, Freisiug. Passau. Eegeusburg). Bei jedem Kloster ist eioe kurze Üebersicbt über Gründung und Gesckicbte Torangescbickt. dann folgt ein Verzeicbuis der Litteratur (speziell auch über Bibliotbek. Arcbiv und Baagesebichte) und als Hauptsacbe die Abtreibe, deren Daten vielfach auch die bestimmten Belege in Anmerkungen beigefügt sind. Der zweite Teil bringt als Beilagen eine Eeihe Ton tabellarischen Zusammenstellungen, von denen manche not- wendig und willkommen, einzelne aber auch recht entbehr- lich sind. Den Schluss macht ein umfangreiches Xamen- E^gister. Leider ist die Freude an dem Werke keine reine. Stichproben, die ich bei den Abtreihen anstellte, sprechen nicht für volle Zuverlässigkeit. Bei der Abtreihe von St. Paul in Kärnten wird S. 63 bemerkt, dass sie der Landesarchivar A. v. Jaksch revidiert habe. Auffällieer Weise stimmt sie aber nicht mit der. die Jaksch für die ersten Aebte in den Mon. hist. duc. Carinthiae III, XXXIX gab. Hier heisst es: Wernher 1139 115S. Pilgrim 1159 1192, bei Lindner aber: Wernher 1139 1150. Pilgrim 1151 1192. Und v. Jaksch ist im Eechte : denn die Ur- kunde vom J. 1151, die Lindner als erstes Zeugnis für Pilgrim anführt, spricht vielmehr für das Fortleben Wern- hers. den Lindner am 19. Juli 1150 sterben lässt : Jaksch, Mon. hist. duc. Carinthiae III. 352 n. 908, unter mebreren Aebten als Zeuge genannt 'Wernherus Lauentensis'. In hohem Masse ärgerlich ist es. dass die älteste Abtreihe von Lilienfeld S. 346 noch ganz nach Hanthaler und seinen Fälschungen gegeben wird. Soll das Unheil, das aus Fälschertücke entsprang, in seinen Xachwirkungen wirklich ganz unausrottbar sein? Dabei zitiert Lindner in einer Anmerkung S. 345 meine Abhandlung über die Fälschungen Chrvsostomus Hanthalers. gab sieh aber nicht die Mühe, sie zu lesen; sonst müsste er Mitteil, des Instituts XIX, 41 f. den einfach zwingenden Nachweis gefunden haben. dass Hauthaler die Lebenszeit des ersten Abtes um min- destens 4 Jahre willkürlich verkürzt hat. Was soll man aber vollends dazu sagen, dass in dem Monasticon Salisbur- gense das bedeutendste Cborherrenstift Oesterreichs. Kloster- neuburg, sein ältestes Zisterzienserkloster, Heiligenkrenz, das von Morimond aus die ganze Filiation vermittelte, und eines der allerwichtigsten Benediktiuerklöster. Schotten in Wien, überhaupt ganz fehlen? Alle Anerkennung für den Eiesenfleiss. den Lindner sonst auf seine vieljährige Arbeit verwandt hat; aber auf ein Werk, das als unentbehrliches Handwerkzeugf immer und immer gebraucht werden wird.

266 Nachrichten.

muss man sich verlassen können, oder es taugt nichts. Da ein Uebersehen dieser wichtigen Klöster geradezu un- geheuerlich wäre, bleibt wohl nur die Erklärung, dass sie absichtlich weggelassen wurden, weil sie später zur Diözese von Wien gehörten, das 1468 als exemtes Bistum gegründet wurde und erst 1722 als Erzbistum endgiltig auch aus dem äusseren Eahmen der Salzburger Kirchenprovinz ausschied. Zuvor aber waren die genannten Klöster durch Jahr- hunderte aufs engste mit der Geschichte der Passauer Diözese und der Salzburger Kirchenprovinz verflochten ge- wesen , und das Vorgehen Lindners ist daher noch viel unverständlicher, als wenn aus einem Monasticon metropolis Maguntinensis das exemte Bamberg fortbliebe. Möge doch die Wiener Akademie, mit deren Unterstützung das Werk erschienen ist, dafür sorgen, dass diese Lücken und Fehler in einem Supplementheft geschlossen und berichtigt werden. Erst dann dürften wir hoffen, hier einen Beitrag zu einer Germania sacra zu erhalten, über den wir uns wahrhaft freuen könnten. Und da ich schon einmal beim Aeussern von Wünschen bin : könnten denn nicht auch die wenigen Karthausen der Salzburger Kirchenprovinz Berücksichtigung finden? Die Sache wäre um so wichtiger, als es an brauch- barer Litteratur über Karthausen in Deutschland noch ganz fehlt. M. T.

8. Julius S t r n a d t setzt seine weit ausgedehnten Vorarbeiten zur Herausgabe des historischen Atlas für O b e r ö s t e r r e i c h (vgl. N. A. XXXIII, 230, n. 13) in zwei weiteren Beiträgen fort: 'Hausruck und Atergau', Archiv f. Oesterr. Gesch. XCIX, 396 S. und 'Materialien zur Gesch. der Entwicklung der Gerichtsverfassung und des Verfahrens in den alten Vierteln des Landes Ob der Enns bis zum Untergänge der Patrimonialgerichtsbarkeit', ebenda XCVII, 360 S. Bei der ersten Arbeit, die sich gleichmässig auf historisch -topographische, genealogische und rechtsgesehichtliche Untersuchungen ausdehnt, sei noch besonders auf die sehr hübsche und anschauliche 'Karten- skizze über die Besitzverteilung gegen Ende des 12. Jh.' hingewiesen. Die zweite Arbeit berührt sich zeitlich mit unserem Arbeitsgebiet nur in den einleitenden Kapiteln und den mit 1262 einsetzenden, fast durchaus ungedruckten 'Gerichtsbriefen'. M. T.

9. Einen wichtigen Beitrag zur Ortsnamenforschung bildet ein Aufsatz von J. M. K 1 i m e s c h , Die Orts-

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n a m e n im südlichen und südwestlichen Böhmen in den Mitteilungen des Vereines für die Geschichte der Deut- schen in Böhmen LXVII (1908), 125 ff. 294 ff. einerseits wegen des Nachweises der gegenseitigen Beeinflussung des Deutschen und Tschechischen, anderseits wegen der zahl- reichen urkundlichen Nachweise. Die alphabetische Zu- sammenstellung am Schluss erleichtert die Benutzbarkeit der Studie ganz besonders. B. B.

10. Im Archivio storico per la cittä e comuni del circondario di Lodi, Anno XXVII, handelt G. A g n e 1 1 i über die Benediktinerklöster im Lodesanischen, die aller- dings zumeist jüngeren Datums sind. E. C.

11. In den Miscellanea di storia Italiana XLIV (Ser. 3, XIII), 89 sqq. ediert S. L i p p i ein von dem ver- storbenen F. Vivanet angefertigtes Verzeichnis von Ma- terialien zur Sardinischen Geschichte aus spanischen Archiven und Bibliotheken. H. VV.

12. Ebenda XLIV, 133 sqq. bringt G. R o s s i einen Appendix zu seinem Glossario medievale Ligure. S. W.

13. P. P. Albert bespricht in der Zeitschr. f. d. Gesch. d. Oberrheins N. F. XXIII, 593 ff. die ältesten Nachrichten über Stift und Stadt Mosbach und kommt betreffs der Anfänge des Klosters zu dem Resultat, dass es anscheinend 736 durch den hl. Pirmin mit Unterstützung Karl Martells gegründet worden ist. Die Darstellung ist mehrmals durch ürkundendrucke (S. 616 DO. II. 143) unterbrochen. Bei Besprechung des DO. IL ist die Lite- ratur nicht vollständig herangezogen. H. H.

14. Prof. Dr. theol. Christian Schmitt (Koblenz) beginnt in den Studien und Mitteilungen aus dem Benedik- tiner- und dem Cistercienserorden, Jahrg. XXX (1909), 80 ff. mit einer Darstellung des Lebens des h. Bonifatius, Apostels der Deutschen, die sich 'auf dem augenblicklichen Stand der Forschung' aufbauen soll. Nach einer alphabe- tischen Uebersicht der Litteratur behandelt diese erste Fortsetzung im § 1 die Jugend des h. Wynfrith Bonifatius, § 2 den religiösen und politischen Zustand des östlichen Deutschlands beim Eintritt Wynfriths in dessen Geschichte.

B. B.

15. De b. Henri CO IL Zdik, septimo episcopo Mo- ravieusi seu Olomucensi ord. Praem. (f 1150) handelt

268 Nachrichten.

ausführlich A. Z a k in den Analectes de Vordre de Pre- montre t. IV. V. A. H.

16. In Exkursen zu seiner N. A. XXXIV, 545, n. 260 genannten Schrift behandelt W. Hoppe in den Magde- burger Geschichtsblättern XLIV, 164 173 noch einige chronologische Fragen zur Geschichte Wichmanns von Magdeburg. Der erste Exkurs war bereits in seiner Dissertation gedruckt. O. H. -E.

17. Die Jenaer Dissertation von Friedrich G r o h , Der Zusammenbruch des Eeiches Jerusalem 1177 1189 (Jena 1909) kommt in manchen, auch wesentlichen Punkten über die Darstellung in dem bekannten grossen Buche von R. Röhricht, das ja an Flüchtigkeiten und zu massenhafter Häufung belangloser Einzelheiten leidet, hinaus. O. H.-E.

18. In der Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde N. F. XIX, 23—82 (1909) behandelt R. Wagner 'Die äussere Politik Ludwigs IV., Landgrafen von Thüringen'; von dieser Arbeit war ein Teil schon vorher als Dissertation (Jena 1908) unter dem Titel 'Die Reichspolitik Ludwigs IV., Landgrafen von Thü- ringen' erschienen. E. P.

19. Ein Aufsatz von V. Samanek in der Histor. Viertel] ahrsschrift XII. Jahrg., Heft I, S. 77—91 'Zur Be- urteilung der Herrschaftsverhältnisse Kaiser Heinrichs VII. in Italien' beschäftigt sich auf Grund des neu gefun- denen Materiales mit der Uebernahme der Signorie von Genua durch Heinrich VII., wobei er die Ansicht von Caro bekämpft, und mit den Mitteln, auf die der König seine Herrschaft in Oberitalien gründete. O. H.-E.

20. 'Beiträge zur Regierungsgeschichte des Kölner Kurfürsten F r i e d r i c h s III. von Sarweden' gibt in den Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein Heft 87, S. 40—74 (1909) A. M i e b a c h. E. P.

21. Ueber den als Schiedsrichter in Rechtshändeln der ersten Hälfte des 15. Jh. sehr angesehenen Bremer Erzbischof Bai du in (IL) von Wenden (t 1441) berichtet in der Zeitschrift des Histor. Vereins für Niedersachsen, Jahrg. 1908, S. 323 361 J. Merkel. E. P.

22. Im Bulletijn der maatschappij van Geschied- en Oudheidk. te Gent 1909, S. 67 81 (ähnlich auch in der Vierteljahrschr. f. Social- u. Wirtschaftsgesch. VII, 308 315) begründet H. P i r e n n e gegen Poelman und Wilkens

Nachrichten. 269

näher seine von Schulte nnd Häpke aufgenommene An- sicht, dass die 'friesischen' Tuche des früheren Mittelalters Cpallia Fresonica' beim Mönch von St. Gallen) in Flandern angefertigt wurden. Er sucht weiter zu zeigen, dass diese flandrische Industrie nicht germanischen Ursprungs sei, sondern bis in die Römerzeit zurückreiche; gerade dadurch habe sie sich der friesischen Industrie überlegen gezeigt und so beispiellosen Erfolg gehabt. A. H.

23. Marie Schulz, Die Lehre von der historischen Methode bei den Geschichtschreibern des Mittel- alters (VI XIII. Jh.) (Abhandl. z. mittelalt. und neueren Gesch., herausg. von Below, Finke, Meinecke, Heft 13) stellt eine Fülle von Reflexionen und theoretischen Aeusserungen der mittelalterl. Geschichtschreiber über ihre Tätigkeit, über verschiedene Probleme historischer Forschung und Darstellung zusammen. Die Verf. hat eine Anzahl solcher Probleme richtig formuliert und viele der wichtigsten Aeusserungen mittelalterl. Autoren zu den Problemen bei- gebracht, Aeusserungen, die sich natürlich vielfach, wie sie selbst bemerkt, vermehren Hessen, bisweilen um recht charakteristische Stellen. Die Verf. stimmt einleitend Holder -Egger zu, der an einer ähnlichen Arbeit von Zoepf die zu geringe Kenntnis der älteren Quellen getadelt hatte, aber ihre Arbeit weist doch auch nicht wenige Mängel in. der Beziehung auf. Die Rechtfertigung der mündlichen Tradition durch das Beispiel des Markus und Lukas (S. 27. 30) findet sich schon in den vielgelesenen Vitae patrum (IX), Migne LXXIV, col. 13/14, das Bild von der plumbea fistula (S. 90) stammt von Gregor d. Gr., Moralia, Migne LXXV, col. 512; überhaupt geht die Mehrzahl der von der Verf. behandelten Wendungen wörtlich oder inhaltlich auf die patristische Litteratur zurück. Auch die klassische Lit- teratur ist nicht genügend berücksichtigt; das Sallusti- sche 'fides . . penes auctores erit' (lug. c. 17; Schulz S. 19. 45 ff.) hätte die Verf. bei der zitierten Lampertstelle schon aus dem Index locutionum von Holder -Eggers Lampert- Ausgabe nachweisen können. (Auch S. 26 (27), N. 3 er- übrigt sich die Vermutung der Verf. über Thietmar IX, 14 durch das Glossar der Ausgabe). Abgesehen von dieser vielfach nicht ausreichend erkannten Abhängigkeit hat die Verf. m. E. diese Aeusserungen viel zu ernst genommen ; sie sind in weit höherem Grade Phrase, als jene annimmt, zur sachlichen Kritik und Erkenntnis der Autoren von nur

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sehr geringem Wert. Bei den ärgsten Lügnern finden sich die wortreichsten Versicherungen der Ehrlichkeit und bei den zuverlässigsten und höchststehenden Autoren manchmal nicht eine Silbe der Art, weil sie schlicht und einfach sagen, was sie zu sagen haben. Die ganze Phraseologie, mit der sich die Arbeit beschäftigt, ist eine Sache des Stils und nicht mehr, für die Geschichte des Stils aber bietet die Verf. einen brauchbaren Beitrag; sie deckt feste Elemente des- selben auf, die zum Nachweis geistiger Abhängigkeit und litterarischer Zusammenhänge führen und so für die Litte- raturgeschichte nutzbar gemacht werden können. Die sachlich -historischen Folgerungen, die die Verf. aus ihrem Material zieht, sind notwendig oft sehr unbestimmt und meist recht anfechtbar. B. Schm.

24. Das bekannte Buch von Ugo Balzani, La Cronache Italiane nel medio evo, ist in dritter Auf- lage (Milano 1909) erschienen, in der der Verf. namentlich die Anmerkungen mit Hinweisen auf neuere Publikationen bereichert hat. O. H.-E.

25. Der Hagiographische Jahresbericht herausg. von P. Hildebrand B i h 1 m e y e r 0. S. B. für die Jahre 190i 1906 ist 1908 den früher erschienenen für die Jahre 1901 und 1902 wie dem für das Jahr 1903 gefolgt. Mit Hülfe einer Anzahl Mitarbeiter ist es dem Herausgeber gelungen, eine, wie es scheint, vollständige üebersicht über die auf dem Gebiet der Hagiographie im weitesten Sinne und ver- wandter Disziplinen in den genannten Jahren erschienenen Schriften zu geben, was ja allerdings durch das ausgezeich- nete kritische Bulletin der Analecta BoUandiana sehr er- leichtert wird. Voran geht ein allgemeiner Teil, in dem über die Schriften zur Methodologie und Kritik, Quelleu- sammlungen u. s. w. und ferner liegende Gebiete berichtet wird, dann folgen die über einzelne Heilige in deren alpha- betischer Reihenfolge. Im Ganzen kann man sagen, dass die Berichte klar das wesentliche der besprochenen Schriften hervorheben, zutreffend gerecht und auch von gesunder Kritik sind. Das Werk erscheint mit Approbation der kirch- lichen Oberen. 0. H.-E.

26. Eine bedeutende Studie, die auf reichem, sicher mit grosser Mühe gesammeltem Materiale beruht, widmet flip- poljte Delehaye in den Analecta BoUandiana t. XXVIII, fasc. 2 (1909), p. 145—200 der Bedeutung des Wortes 'sanctus' in der lateinisch-heidnischen Sprache, der Wand- j

Xachrichten. 271

lung der Bedeutung in der christlichen Sprache und der Untersuchung der Frage, wem die Bezeichnung in älterer christlicher Zeit zukommt.

In demselben Heft der genannten Zeitschrift wird der Catalogus codicum hagiographicorum Latinorum biblio- thecarum Romanarum praeter quam Yaticanae beendigt, dem als Anhang Inventio et Miracula S. Seeundini mar- tyris Atinensis aus der Zeit 1227 1241 und der Index zu dem ganzen Werk angefügt sind. O. H.-E.

27. Die Literarische Beilage zur Augsburger Post- zeitung ist zu meinem nicht geringen Erstaunen zur Ver- breitung meiner ketzerischen Ansichten übergegangen, nachdem sie bisher vor meiner 'Hjperkritik' ihre from- men Leser mit anerkennenswertem Eifer gewarnt hatte, und bringt aus der Feder des Eeichsarchivassessors Dr. 0. R i e d n e r in München einen Artikel 'Zur A f r a - legende' (1909, n. 2), der die ganze Afrapassion für eine Fälschung erklärt unter unumwundener Anerkennung meiner Ergebnisse und völliger Lossagung von dem Standpunkt des P. Vielhaber. Der Inhalt musste die Freunde dieses Blattes schwer beunruhigen, und so griff der Präfekt in Dillingen Th. Hornung, ein glaubeus- und legendenfester Mann, der sogar in der von aller Welt aufgegebenen Conversio eine historische Grundlage gefunden hat (vgl. N. A. XXXIII, 28), zur Feder (Beilage 1909. n. 11) und versicherte unter Berufung auf 'die gründlichen Abhand- lungen von Prof. Dr. B. Sepp' (vgl. N. A. XXXIV, 233. 547), dass die schwer verdächtigte Passio 'unbedingt echt' sei. R. hat das leider in seiner Halsstarrigkeit nicht einsehen wollen, sondern in einer Reihe von Artikeln (Beilage n. 15. 16. 18. 19) die Widerlegung des Gegners unternommen, auch wenig Achtung vor der Autorität des Professor Dr. B. Sepp gezeigt, ja offen erklärt, wie sehr er in der Beurteilung von dessen Arbeit von H. abweiche. R. stimmt mir gegen Sepp und seine Trabanten in der Wertschätzung von a völlig bei, doch hat die Hs. ihre Fehler, und er möchte drei Worte (N. A. XXXIII, 50 Z. 3 'catomis caesam', Z. 10 'tortam'), als durch Schreiberversehen ausgefallen, aus den anderen abgekürzten Hss. einschieben. Die Mög- lichkeit ist zuzugestehen, und ich hatte schon selbst (S. 40) aus dieser Quelle Kopistenfehler von a verbessert. Aber andererseits haben die anderen gekürzten Hss. und ß ge- meinsame Fehler, weil die Vorlage von ß jenen näher stand als a, und es ist ja bekannt, dass beide die 'praecepta

272 Nachrichten.

imperatorum' fortlassen (S. 48, 7), die E.. für eine glänzende Rechtfertigung meiner Kritik erklärt. Wie sich hier der Text der gemeinsamen Vorlage der anderen Hss. als stark überarbeitet erweist, so erscheint es mir auch bedenklich, am Schlüsse der Legende den mangelhaft stilisierten a-Text aus der glatteren Fassung zu vervollständigen, die mit der Streichung der Worte : 'quorum nomina Dominus novit' wiederum einen unstreitig echten Ausdruck der Quelle be- seitigt hat. B. Kr.

28. Wilhelm Levison, Die Entwicklung der Legende Severins von Köln (Bonner Jahrbücher Heft 118, S. 34 ff., 1909) beschäftigt sich mit einer nicht gerade seltenen hagiographischen Erscheinung, der üebertraguug eines Heiligenlebens auf eine andere Person, hier des Lebens des Bischofs S e v e r i n von Bordeaux auf den gleich- namigen Cölner Kollegen, der dann durch Erfindung einer sehr ergötzlichen Translationsgeschichte wenigstens 'teil- weise' seiner Heimat wieder zurückgegeben wurde, und findet Quentins Annahme ('La plus ancienne vie de saint Seurin de Bordeaux' in Melanges Leonce Couture, Toulouse 1902) wahrscheinlich, dass die in so eigentümlicher Weise ver- wertete Quelle die Schrift F o r t u n a t s sei , von der Gregor von Tours, Gl. Conf . c. 44 erst nach Abfassung seines Artikels über den Heiligen von Bordeaux Kenntnis erhalten hatte. Die zuerst von Quentin herausgegebene V. Severini Burdegal. beschreibt die Sendung des Heiligen nach Bordeaux, seinen Empfang durch den dortigen Bischof Amandus, der ihm das Bistum in der Folge abtrat, unge- fähr wie Oregor, der sieh auf einen Bericht des dortigen Klerus stützte , und auch einzelne stilistische Anklänge ('Appropinquante', 'occursum', 'nomine proprio') finden sich, fügt jedoch einige Wunder am Grabe hinzu und steht in völligem Gegensatz zu Gregor durch die Angabe, Severin sei ursprünglich Bischof von Trier gewesen, und aus Furcht vor den Trierer Bürgern habe Amandus den Leib in einer Krypta begraben, um einer heimlichen Entwendung vorzu- beugen. Gregor hatte den Orient ('de partibas Orieutis') als Heimat angegeben. Die Trierer Beziehungen des Hei- ligen von Bordeaux sind wohl kaum zu diskutieren, und ein in der ältesten Hs. (Karlsruhe CXXXVI) der Vita vor- gesetzter Prolog, der zu Gregors V. Venantii gehört und durch Aenderung des Namens in betrügerischer Weise seinem neuen Zwecke dienstbar gemacht ist, trug ebenfalls nicht zur Beseitigung des Misstrauens bei. Quentin hatte

Nachrichten. 273

seinen Beweis durch stilistische Parallelen zu führen ge- sucht, und L. ergänzt sein Beweismaterial, aber ein Autor, wie Fortun at, hat natürlich die spätere Hagiographie stark beeinflusst, wie auch Jonas auf seinen Schultern steht und zahlreiche Phrasen ihm nachschreibt, und die Gleichheit einzelner Vokabeln ('belligerator' auch Cont. Fred. S. 177, 19) oder klassischer Ausdrücke ('sitim restin- guere') oder häufiger Wendungen der hagiographischen und homiletischen Literatur vermochten nicht alle Zweifel zu zerstreuen. Der Gebrauch von 'hostis' für Heer tritt doch erst im 8. Jh. allgemeiner auf, aber zur Bezeichnung des 'feindlichen' Heeres scheint allerdings schon Gregor das Wort zu verwenden (Bonnet, Latin S, 274), und diese Be- deutung hat es in der V. Severini. Betrachtet man die äussere Form des Schriftstückes, so kommt das natürliche Kolorit des Fortunatschen Stils so unverfälscht zur Er- scheinung, dass die anfänglichen Bedenken schwinden müssen. Die Anfangsformel gleicht den Fortunatschen Texten in dem Fehlen des Hauptverbs, worauf Quentin schon aufmerksam gemacht hat. Aber auch der Abschluss des Lebensganges zeigt die ' charakteristischen Eigentümlich- keiten, welche Fortunats Leben bei der gleichen Gelegen- heit aufweisen, und ich möchte nur die folgenden Ausdrücke zusammenstellen: 'praedixit' (Auct. antiq. IV, 2, S. 27,18), 'actibus' (27, 24), 'intentus operibus' (54, 14; vgl.27,24. 37,30), 'coronandus' (27, 25). Die neue, ausserordentlich dürftige Schrift des gefeierten Dichters bedeutet wohl den Tiefstand seiner literarischen Produktion und ist offenbar als eine gewerbsmässige, im Auftrage des Klerus von Bordeaux an- gefertigte Arbeit anzusehen, der schon Gregor sein Material zur Verfügung gestellt hatte. Würde sich so die üeberein- stimmung zwischen den beiden Autoren erklären, so zeigt die starke Abweichung, deren ich gedachte, das Fortschreiten der legendarischen Entwickelung. Die Nachricht Gregors 'de partibus Orientis' überträgt die Herkunft eines dritten Severin, des Apostels von Noricum, mit denselben Worten auf den Heiligen von Bordeaux, die Eugippius gebraucht hat, und der Verdacht lässt sich kaum abweisen, dass der heimische Klerus aus dieser sonderbaren Quelle die Lücke im Leben seines Patrons ergänzt hat. Die Ersetzung der allgemeinen Topographie durch einen bestimmten, wenn auch recht weit abgelegenen, Bischofssitz beweist m. E., dass man in Bordeaux bereits kühner geworden war, und die Furcht vor den Trierern brauchte bei der Entfernung kaum ernstlich zu beunruhigen. B. Kr.

Neues Archiv etc. XXXV. J^g

274 Nachrichten.

29. H. Z i 111 111 e r behandelt in einer Reihe von Artikeln in den SB. der Berliner Akad. der Wiss. 1909, XIV. XV. XX. XXI, die direkten Handelsverbindungen Irlands mit Westgallien, die den Iren den Genuss franzö- sischer Weine im Austausch gegen Felle vermittelten, er- innert an die stattliche Weinsendung der Procula für den in Nantes weilenden Columban (V. Col. I, 22), als ein irisches HandelsschifE die Iren in die Heimat zurückbeför- dern sollte, und nimmt auch für die Hinreise den direkten Seevreg von Irland nach dem Kontinent an, nicht den Weg über England, wie er überhaupt den englischen Transit in den Beziehungen Irlands zum Kontinent möglichst auszu- schalten sucht. Ich hatte den Jonas -Text in meinen Ausgaben in derselben Weise ausgelegt, während Gougaud (vgl. N. A. XXXII, S. 518) sich für den Umweg über England ent- schied. Den Sinns Britanniens (V. Col. I, 21), dem Colum- ban zurückgegeben werden sollte, bezog dieser nach Vale- sius' Vorgang auf den Oceanus Britanniens unter Berufung auf Fortunat (V. Hilarii und Albini), der die See bis weit nach dem Süden so bezeichnet, und Z. kommt auf diese Deutung zurück, fasst auch 'Britannici sinus' in V. Col. I, 4. 5 als Gestade, aber nicht als das englische, sondern als das bretonische von Morbihan, wo er Columban auf der Rückreise landen lässt. Der Jonas -Text gibt für eine nähere Bestimmung der Landungsstelle leider keinen An- halt. Fest steht, dass für die Rückreise der direkte Kurs vom Hafen von Nantes nach Irland in Aussicht genommen war (V. Col. I, 22 : 'si navis, quae sinibus Hiberniae red- datur, adest'), und auf demselben Wege war Columban ge- kommen. Höchst beachtenswert sind die Aeusserungen Z.'s über die Vorliebe der Iren für Deminutiva (S. 467) und über den Namen Gallus, seine Bedeutung und die in den ältesten St. Gallener Urkk. entstellten Formen, die mit Unrecht die Wertschätzung angesehener Gelehrten gefunden haben. Die Stelle über Patricins in Bedas Martyrolog steht nur in interpolierten Hss. (Quentin S. 50), kann also Bedas Bekanntschaft mit dieser Legende nicht beweisen, wie Z. (S. 545) annimmt. Originell ist die Anknüpfung der monastischen Verfassung der irischen Kirche an Martin von Tours und sein in Westgallien gepfianztes Mönchtum (S. 558), so dass also die gallische Kirche als die gemeinsame Mutter der zwei keltischen Schwesterkirchen, der irischen und bri- tischen, anzusehen wäre. In seiner Ueberschätzung der Bildung der irischen Kirche versteigt sich Z. zu dem Satze, dass nicht bloss Columban, sondern auch seine aus Irland

Nachrichten. 275

mitgekommenen Genossen Griechisch verstanden hätten (S. 560). Soviel mir bekannt ist, findet sich für die Sprach- kenntnisse der Genossen in den Quellen überhaupt kein Anhaltspunkt. Die erhaltenen Schriften des Meisters ver- raten aber wirklich keinen hohen Bildungsgrad, und ein Prunken mit exotischen Ausdrücken beweist noch lange nicht die Kenntnis der betreffenden Sprache (Jonas S. 30). Sline überraschende Entdeckung macht Z. in N o t k e r s Martyrolog. Dem dort 5. Id. lun. stehenden Columba- Artikel soll ein unabhängiger, gleichzeitiger Bericht aus der Feder Columbans oder Gallus' oder eines ihrer Ge- nossen zu Grunde liegen, und Z. erklärt die Stelle für 'das älteste und kostbarste Denkmal über Irlands grösste Per- sönlichkeit'. Notker pflegt seine Quellen nicht mechanisch zu kopieren, sondern gibt den Inhalt in freier Form wieder und vermischt ihn mit seinen eigenen Gedanken. Auch Z. hat bereits eine Stelle über Columban und Gallus, also die angeblichen Schreiber, als nach deren Tode eingefügt, wie er sich euphemistisch ausdrückt, durch Klammern von seinem so günstigen Urteil ausschliessen müssen. Wenn Notker die Prophezeiung des Heiligen von dem Untergang einer Civitas in Italien aus Adamnan, V. Columbae I, 28 (ed. Reeves S. 56) , exzerpiert , doch aus seinem Kopfe hinzufügt, dass diese Civitas jetzt ('nunc') 'Nova' heisse, so scheint mir zu einer solchen Kombination nicht eben viel Scharfsinn zu gehören, und viel mehr würde man sich über sein Wissen wundern, wenn er den Namen der 'alten' Stadt genannt hätte, über den man sich bis heute vergeb- lich den Kopf zerbricht. S. 386 ist statt 'Fermata' zu lesen 'Formata'. B. Kr.

30. E. P o u p a r d i n , Fragments d'un ancien manu- scrit du 'Breviarium' d' Eutrope (Bibliotheque de l'ecole des chartes LXX, 1909, p. 105 108) gibt Nachricht von 19 Blättern einer Hs. der Historia Eomana des Paulus diaconus aus der ersten Hälfte des 9. Jh., die sich in Band 270 der CoUection Baluze auf der Nationalbibliothek in Paris erhalten haben, und damit von der ältesten be- kannten Hs. des Werkes. Die Nachbildung einer Seite ist beigegeben. W. L.

31. In den Studi storici XVII, fasc. 2, Pisa 1908, p. 283 288 wiederholt und erläutert A. Crivellucci, 'Ancora di una pretesa opera De terminatione provinciarum Italiae del secolo VII.', seine Einwände gegen eine Hypo-

18*

276 Nachrichten.

these von Pascal über eine Quelle des Paulus dia- conus; vgl. N. A. XXXII, 519. 759, n. 31. 259.

B. Schm.

32. Im BoUettino della Sog. Pavese di storia patria IX (1909), 120 macht eine anonyme Besprechung von S. Hellmanns Miscelle 'Desiderata' (N. A. XXXIV, 208 f.) darauf aufmerksam, dass schon lange vor Pertz das Wort als Eigennamen angesehen worden ist. Muratori beruft sich für diese Auffassung (Annali IV, 349) bereits auf die Ansicht älterer Forscher. R. S.

33. In der Zeitschrift für christliche Kunst XXII, 75 fE. 105 ff. handelt M. Hasack von neuem über die Bestattung Karls des Grossen. Er erhebt die alte Legende von dem auf dem Thron sitzend bestatteten Kaiser wieder auf den Schild und meint gelegentlich: 'Gegner des Mittelalters beschuldigen die Schriftsteller und Urkundenschreiber dann sofort der Fälschung, wenn deren Aussagen nicht zu ihrer Ansicht passen'. H. W.

34. Anknüpfend an den Nachweis von J. Schmidt, dass unter Chirihheim der Annales Fuldenses das badische Kirchen zu verstehen sei (vgl. N. A. XXXIII, 559, n. 189), führt P. Wentzcke aus, dass man sich das elsässische Kirchheim mit Unrecht als Sitz einer Königs- pfalz gedacht habe, dass aber in dem etwa 1000 m. von Kirchheim entfernten Marlenheim eine merowingisch-karo- lingische Pfalz bestanden habe. Dagegen ist Kirchheim als Sitz einer Grafschaft bis zum Ende des 11. Jh. nach- weisbar (Zeitschr. f. d. Gesch. des Oberrheins N. F. XXIV, 18 ff.). H. H.

35. Aus Hss. der Vitae Heinrici II. imp. et Kunegundis druckte G. M. Priest in den Jahr- büchern der Königl. Akad. gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt N. F. XXXIV, 197—214 eine Bamberger Visions- und Wundergeschichte und einen Sermo eines Conradus magister Patavicensis auf die h. Kunigunde. O. H,-E.

36. Den anziehenden und belehrenden Vortrag 'Nord- europa in der Vorstellung Adams von Bremen', den Hermann K r a b b o auf dem internationalen Historiker- kongress 1908 zu Berlin hielt, hat er mit zwei Karten, die Adams Vorstellungen veranschaulichen, in den Hansischen Geschichtsblättern, Jahrg. 1909, I. Heft, S. 37 51 drucken lassen. O. H.-E.

Nachrichten. 277

37. Dr. Georg Anton W e b e r setzt sich in den Stu- dien und Mitteilungen, Jahrg. XXIX, 1 ff. von neuem (vgl. N. A. XXXIV, 237) mit Endres (vgl. ebend. XXXIII, 232) über 'das angebliche Grab des h. Emmeram' auseinander und verteidigt seine Interpretation der von den Vertretern der Mär für ihre Zwecke missbrauchten Arnold- Stellen.

B. Kr.

38. Im Bulletijn der maatschappij van Geschied- en Oudheidkunde te Gent 1908, S. 112—118 handelt V. Van- der Haeghen über die Bilder in der Genter Hs. des Liber floridus des Lambert von S t. - 0 m e r. A. H.

39. In seiner Schrift 'Italienische Geschicht- schreiber des XII. und XIII. Jh.' (Leipzig 1909) gibt Bernhard Seh m eidler, ausser allgemeiner Charakteristik der Geschichtschreibung jener Zeit, Schilderungen der Art der Geschichtschreiber Acerbus Morena, Hugo Falcandus, Godefrid von Viterbo, Petrus von Ebulo, auch des Par- mesen Bernardus Rolandi de Rubels, der als Podestä von Siena dort einen Teil des Liber memorialis offensarum ver- fasste, ferner des lohannes Codagnellus, Sanzanome, Eo- landin von Padua, Thomas von Pavia, Salimbene und Ricco- bald von Ferrara. O. H.-E.

40. Ferdinand Chalandon, Histoire de la domi- nation normande en Italic et en Sicile, Paris 1907, gibt im ersten Bande S. V LXIX eine nützliche üebersicht über die Quellen zur Geschichte Unteritaliens und Siziliens in der Zeit der Normannen. W. L.

41. In den Analecta Bollandiana XXVIII, fasc. 3, 272 280 gab P. Albert Poncelet eine Studie über die Vita Gumberti fundatoris monasterii Ansbach, in der er ausführt, dass deren Verfasser das Diplom Karls des Grossen für Ansbach und die älteste Vita Burchardi episc. Wirziburg. , nicht die des sogenannten Egilward benutzt habe, die Vita Gumberti scheine vielmehr Quelle für diese gewesen zu sein, jene würde dann spätestens in der ersten Hälfte des 12. Jh. verfasst sein. Das aber ist doch wohl recht unsicher.

Als Beilage zu diesem Heft sind die ersten Bogen eines zweiten Supplements zum Repertorium hymnologicum von Ulysse Chevalier gegeben, das in den folgenden Heften fortgesetzt werden wird. 0. H.-E.

42. In einem umfangreichen Aufsatz, 'Zur böhmischen Quellenkunde' betitelt, in den SB. der K. böhm. Gesell-

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Schaft der Wissenschaften, Jahrg. 1907 (Prag 1908), be- schäftigt sich V. N o V o t n y mit dem ersten Fortsetze r des C o s m a s. Es handelt sich um die strittige Frage nach der Persönlichkeit dieses Autors, ob er ein Prager oder Wischehrader Domherr gewesen , erstere Ansicht stammt von Palackj, letztere galt vor Palacky bei Dobner und Dobrovskj und wurde neuerdings von A. Bach mann in den Mitteil, des Inst. f. Oesterr. Geschichtsf. XXI, 220 wieder verteidigt. Gegen ihn polemisierte N. schon früher (s. N. A. XXIX, 526, n. 46) kürzer, ausführlich hier. Es ist ihm wichtiger nachzuweisen, dass der Continuator kein Prager Domherr gewesen sein kann, als dass er ein Wischrader gewesen ist. Eine Reihe von eingestreuten Einzeluntersuchungen sind für die Quellenkunde wichtig, besonders die über die Bestandteile des Werkes. B. B.

43. Mit dem Geschichtswerk des Klosters Sazawa, der Fortsetzung des Cosmas, beschäftigt sich eine ein- gehende Studie von A. B a c h m a n n in der Zeitschrift des deutschen Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens XIII (1909), 25 ff. Im Gegensatz zur älteren (Palackj'schen) Auffassung von der Einheitlichkeit des ganzen Werkes, der im wesentlichen auch V. Novotny (s. N. A. XXIX, 526, n. 46) beipflichtet, vertritt B. wie schon friiher in den Mitteil, des Inst. f. Oesterr. Geschichtsf. XXI, 229 ff. so auch hier die Ansicht, dass das gesamte Nachrichteumaterial von 1012 1161 in eine Anzahl selbst- ständiger Teile zerfällt. Ein Sazawer Mönch, der als un- mittelbarer Zeitgenosse nur die Zeitgeschichte von 1157 1161 geschrieben, hat die verschiedenen Notizen und Be- richte bis 1157, wie sie vorlagen, zusammengefügt und nur hier und dort aus eigenem ergänzt. Bei einigen Stücken glaubt B. auch die Nationalität des Autors, ob er Deutscher oder Slawe gewesen, feststellen zu können. B. B.

44. In der Collection de textes pour servir ä l'etude et ä l'enseignement de l'histoire (Paris 1909) ist die Chronique de Morigny (1095 1152) von Leon M i r o t herausgegeben. Diese Historia Mauriniacensis monasterii, wie G. Waitz sie nannte, hätte als ein hoch interessantes und wichtiges Werk wohl verdient recht gut herausgegeben zu werden, leider ist ihr das nicht beschieden worden. Die Ausgaben dieser Sammlung werden meist von jüngeren Kräften gemacht, die sich an ähnlichen Arbeiten noch nicht versucht haben ; eine erfahrene Leitung, die die Manuscripte und die Korrekturbogen wirklich durchprüft, existiert nicht.

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Die natürliche Folge ist, dass von Anwendung einheitlicher Grundsätze der Editionstechnik nicht die Rede ist, dass manche dieser Arbeiten auch hinter den bescheidensten Anforderungen zurückbleiben.

Dieses Werk ist (unvollständig, es fehlt der erste Teil des ersten Buches nach der Vorrede) in nur einer Vati- kanischen Hs., die vor kurzer Zeit noch für verloren galt und angeblich noch dem 12. Jh.(?) angehören soll, erhalten. Dem Herausgeber hat es nun gefallen, den Text nicht zu bearbeiten, sondern die, wie es scheint, nicht schlechte, aber doch nicht selten fehlerhafte Hs. einfach abzuklatschen, indem er fehlende oder überflüssige Buchstaben in ver- schiedene Klammern schliesst oder höchstens einmal ein 'sie' hinter unmögliche Lesarten setzt, sonst sich um die Emendation seines Textes oder überhaupt um ihn, wenn er auch sinnlos ist, nicht kümmert. Aber die Hs. kann an sehr zahlreichen Stellen unmöglich das haben, was in der Ausgabe steht. Das kommt sicher zunächst daher, dass ganz unglaublich viele Druckfehler stehen geblieben sind, aber was Druckfehler, was Lesefehler, was Fehler der Hs. ist, kann man meist nicht ersehen, da der Herausgeber sich um Sinn oder Unsinn seines Textes, den er offenbar oft nicht verstanden hat, eben nicht kümmert. Nahezu 100 Stellen habe ich mir bei flüchtiger Durchsicht der 86 Textseiten angemerkt, an denen entweder sicher Fehler vorliegen, oder die doch anstössig sind. Wie weit die Sorg- losigkeit — um dieses milde Wort zu gebrauchen des Editors geht, mögen zwei derselben Seite entnommene Bei- spiele zeigen. S. 44 liest man: 'sed, nostra non negligentia, sed inopia peperit. Huc reatum', es muss heissen: 'sed nostra non neglig., sed in. peperit hunc reatum', wie auch Duchesnes Ausgabe hat. Der folgende Satz lautet bei M.: 'Nee vero diu boni hujus dilatio vestram rudescat in iram, vim mihi facio'. Es muss zunächst heissen 'Ne vero', für 'rudescat', was kein Wort ist, ist wohl mit Duchesne 'crudescat' (oder 'durescat? recrudescat'?) zu lesen. Denn das ist das sonderbarste, dass Duchesne au sehr vielen, ja den meisten Stellen das richtige hat, wo in der neuen Ausgabe Unsinn steht, sei es, dass er richtig emendiert hat, oder dass die Hs. so hat; z. B. S. 39 Duchesne richtig: 'vel illud amiserant' für 'velut illud admiserant' oder S. 45 jener richtig: 'seducendi nactus occasionem', Mirot un- sinnig 'se ducendi in actus occas.'. Auf S. 41 stehen 5 solche grobe Fehler wie 'promitteret' statt 'permitteret', 'enim' für 'eum' u. s. w., wo Duchesne stets die richtige

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Lesart hat. S. 51 Z. 2 sind die Worte 'a quibusdam anti- cristus', die sinnstörend in den Text geraten sind, wahr- scheinlich aus Randglosse zu dem gleich darauf folgenden 'a quibusdam anticristi preambulus appellabatur', ohne Be- merkung im Text stehen gelassen, obgleich sie SS. XXVI in den Exzerpten aus diesem Werk herausgeworfen sind. Wie ist es möglich, dass ein Herausgeber solchen Unsinn druckt, ohne ein Wort dazu zu bemerken, obwohl die frü- heren Ausgaben das richtige bieten? Diese Beispiele ge- nügen. Ein solcher Editor kann natürlich nicht bemerken, dass S. 45 mindestens ein Satz ausgefallen sein muss. Die Interpunktion ist im Grossen und Ganzen die bei den ro- manischen Völkern gewöhnliche, die ich für verkehrt halte, aber dazu nicht nur inkonsequent, sondern oft genug im höchsten Grade sinnstörend. Bibelstellen sind meist an- gemerkt, wo sie als Zitat auftreten, für das richtige Ver- ständnis des Textes hätten sehr viel mehr angeführt werden müssen, ich habe mir etwa 40 angemerkt, die mir beim Lesen auffielen, ohne dass ich danach suchte. Hätte der Herausgeber zu S. 10 Z. 2. 3 den Vers Ps. 80, 3 angemerkt, so hätte er wohl auch nicht einen Druckfehler wie 'palmum' statt 'psalmum' stehen lassen. Die Ausgabe ist völlig ver- fehlt, man kann sie ohne die Duchesnes nicht sicher be- nutzen. O. H.-E.

45. In einer Anzeige von H. Blochs 'Elsässischen Annalen der Stauferzeit' (vgl. N. A. XXXIV, 245 fP., n. 51) erklärt K. H a m p e (Zeitschr. f. d. Gesch. d. Oberrheins N. F. XXIV, 349 ff.) richtig den Ausdruck 'höberch' in den Ann. Marbac. S. 88 als Appellativum, nicht als Nomen proprium. Er bespricht weiter in anregender Weise die Bilder zur Chronik Ottos von Ereising in der Jenaer Hs., deren Untersuchung durch E. Polaczek (bei Bloch a. a. O.) nicht abschliessend ist. Bloch wollte ihren Ur- sprung am liebsten in Hohenburg auf dem Odilienberge suchen, H. dagegen möchte sie auf die Initiative Ottos selber zurückführen, der mit ihnen das dem Kaiser Fried- rich I. überreichte Exemplar habe schmücken lassen und selber dazu die metrischen Umschriften verfasst habe. Sie wären danach in der Jenaer Hs. nicht original, sondern hätten sich bereits in deren Vorlage befunden. So an- sprechend auch diese Annahme ist, so ist doch nicht zu verkennen, dass sich für sie zwingende Gründe nicht beibringen lassen. H. erläutert richtig die von Polaczek missverstandenen Bilder auf Tafel X unten und Tafel XI

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unten. Was die Verse auf Tafel XI mehr bieten als der Text Ottos Chr. VII, 27, lässt sich wohl als dem Zu- sammenhang entnommene Ausschmückung verstehen. Zu der Anspielung auf die Synode von Salerno 1084 auf Tafel X ist auf Ottos G. Fr. I, 2 zu verweisen, ohne dass man auf den von Otto in der Chronik, soweit zu sehen, nicht benutzten Bernold zurückzugreifen braucht. Mit Bloch ist daran festzuhalten, dass man gerade in Hohen- burg sich so gut mit Ottos geschichtsphilosophischen An- schauungen vertraut gemacht hatte, um die von H. mit ßecht als überaus passend und planmässig gerühmte Aus- wahl der Bilder treffen zu können. In Hohenburg kannte man sicher auch die Gesta Friderici (und zwar, wie eine Neuvergleichung der Hs. ergab, sicherlich in der Mar- bacher, heute in Paris befindlichen Hs.). Andererseits fällt die falsche Stellung des Verses 'Devovet expulsus clerum cum rege furente' auf Tafel X unten auf, der irrig statt zu der iinteren zu der oberen Bildhälfte geraten ist. Es ist also die ganze Darstellung mit den Versen in der Jenaer Hs. nur Kopie, wenn Zeichner, Schreiber und Dichter dieselbe Person sind. Verneint man aber das letz- tere, so bleibt es möglich, die Bilder und Verse erst zu- sammen in unserer Hs. im Elsass entstehen zu lassen. Ergänzend sei bemerkt, dass auch der Name des Paris (Tafel III oben) im Texte Ottos nicht vorkommt, bei dem wir ebensowenig die Worte 'Odoacer . . . sternit cum plebe senatum' (Tafel VIII oben) ausdrücklich wiederfinden. In der Erläiiterung Polaczeks S. 206 fehlt von Tafel X unten (Tod Gregors VII.) der Vers 'Hie exul legi paret mutabilis evi'. A. H.

46. Mit der Chronologie der 4 oder 5 Reisen des Theoderich vom Elsass , Grafen von Flandern (t 1168) ins Heilige Land beschäftigt sich H. Coppieters Stochove im Bulletijn der maatschappij van Geschied- en Oudheidk. te Gent 1908, S. 159—163. A. H.

47. In den Annalen des histor. Vereins für den Niederrhein 86. Heft, S. 1—59 (Köln 1908) hat Albert Huyskens nach der bis vor kurzem einzig bekannten Nordkirchener Hs. des Caesarius von Heisterbach Vita S. Elisabeth und Sermo de translatione b. Elisabeth herausgegeben. Kürzlich hat K. Wenck jedoch noch (N. A. XXXIV, 439 f., N. 2) Fragmente der Vita in zwei anderen Hss. nachgewiesen. Zwar sind diese Schriften, abgesehen von den schon früher bekannten Stellen, von sehr geringem

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Wert, aber sie verdienten doch einmal vollständig heraus- gegeben zu werden. Die MG. besitzen von den beiden Schriften eine sehr gute, zweirnal revidierte, Abschrift der sehr leicht lesbaren Nordkirchener Hs., daher bin ich in der Lage, die Zuverlässigkeit der Ausgabe nachzuprüfen. Also habe ich einige Stichproben gemacht, deren Ergebnis nicht gerade günstig ist. Wenn ich dabei von ortho- graphischen Varianten, die meist aus verschiedener hier nicht immer richtiger Auflösung von Abkürzungen hervor- gehen, absehe, so sind andere Lesefehler doch nicht selten. Ist 'sanctissimum' für 'sacratissimum' 'corpus' S. 18 noch nicht so schlimm, so sollte dem Herausgeber doch aufgefallen sein, dass S. 20 'Nam domini operibus minime . . . ipsa saturavit' keinen Sinn ergibt, die Hs. hat 'Nam dm oper. mie . . . ipsa sat.'. Es ist klar, dass für 'dni' 'dm (deum) zu verbessern ist, und dass 'mie = misericordie' ist, sollte jeder, der sich an Ausgaben heranmacht, doch wissen. Zwei Zeilen danach fehlen die Worte 'vestitum et' nach 'victum'. Nicht hübsch ist auch S. 27 'quinque' für 'qnq5 = quandoque' und S. 53 'quoniam' für 'qn = quando'. S. 32 Z. 6 fehlt 'Caritas', das in der Hs. steht, vor 'paciens'. Zwei recht sinustörende Fehler muss ich, indem ich andere übergehe, doch noch erwähnen: S. 46 liest mau: 'Habebat autem cum paciencia sapientiam, paciencie fra- trem non ignorans'. Solch Unsinn steht doch nicht in der Hs., sondern 'fcrm' oder 'firm', es dürfte 'fructum' mit Rücksicht auf Luc. 8, 15 zu lesen sein. Drei Zeilen weiter steht da: 'Recitavit adhuc alia de iam dicta Yrmengarde', aber die Hs. hat richtig 'Yrmengardis' (oder 'Yrmeugard " ?), das 'de' ist als unsinnig zu streichen. Oft merkt H. in den Noten angebliche Fehler der Hs. an, die diese nicht hat, umgekehrt hat sie manche Fehler, die nicht angegeben sind. Korrekturen und Rasuren der Hs. sind garnicht be- achtet, obwohl sie zuweilen für die richtige Lesart von entscheidender Wichtigkeit sind. Ganz unglücklich ist der Herausgeber mit seinen Besserungen, er verdirbt nicht selten die richtigen Lesarten der Hs., so gleich auf der ersten Textseite schreibt er falsch 'perpetuaretur . . . la- beretur' für 'perpetuarentur . . . laberentur' der Hs. S. 52 schreibt er das unmögliche 'Davidicum' für das richtige 'Daviticum' und 'Legitur in vitis patrum quendam . . . fuisse' statt 'Leg. in Vitas patrum quidam ... f.' der Hs., denn so heisst das Buch, das wir 'Vitae patrum' nennen, im Mittel- alter nun einmal (indeklinabel). Solche Dinge muss man wissen, wenn man Ausgaben machen will. Aber gar zahl-

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reich sind krasse Fehler der Hs., die der Herausgeber, ohne Anstoss daran zu nehmen, aufgenommen hat, wie wir auch schon an oben angeführten Stellen sahen. S. 19: 'Filie sicut in forma ita et m o t i b u s sepe matrisant' geht nicht an, sondern man muss 'moribus' schreiben. S. 22 : 'In qua vita quantum p e r f e c e r i t' geht wirklich nicht, man muss 'profecerit' lesen. S. 24 : 'Huius concilio' auch nicht, aber 'consilio' ist richtig. Kann man wirklich (S. 37) schreiben: 'ubi proximis sie diligitur'? Ganz schlimm ist S. 25 Z. 4 'parcere n o 1 u i t' für 'voluit' und S. 51 'N o 1 e n s pius dominus' für 'Volens' u. s. w. Ueberall habe ich nur einige Beispiele angeführt. Der Herausgeber hat doch wohl seinen Text nicht überall verstanden, wenn er solche Fehler stehen lässt, daher ist auch die Inter- punktion zuweilen verkehrt. Kurz , die Ausgabe hätte schon viel besser sein müssen, ehe sie hätte gut genannt werden können. Dass keine Kapitelzählung bei der Aus- gabe eingeführt ist, wurde mit Recht schon von anderen getadelt. O. H.-E.

48. Im Archivum Franciscanum historicum t. II, fasc. 1, p. 1 16 beweist P. Michael Bihl, dass das erste General- kapitel der Minoriten zu Padua im J. 1276, nicht 1277, wie die allgemeine Ansicht war, gehalten wurde. P. Dr. Ephrem Baum gart ner zeigt, dass das Kapitel über den h. Franciscus in der Legenda Aurea des Jakob de Varagine (d. h. von Varazze, nicht 'de Voragine') aus der zweiten Yita des Thomas von Celano und dessen Le- genda in usum chori zusammengesetzt ist. Uebrigens ist die Leg. Aurea keineswegs zwischen 1247 und 1264, wie P. B. meint, sondern sicher nach 1250, vor 1272 verfasst. P. Hieronymus Golu bovich gab die Akten des zu Bologna 1289 abgehaltenen Generalkapitels des Terziarier- ordens des h. Franz, über den so wenige Quellen existieren, heraus. P. Leonard L e m m e n s publizierte kurze Ex- zerpte aus einem Liber miraculorum et visionum, der um 1300 in der sächsischen Minoritenprovinz von einem Mino- riten verfasst ist und einige Mitteilungen über eine An- zahl von Brüdern enthält. Dr. Fr. Bliemetzrieder beschliesst seine schon im vierten Heft des I. Bandes be- gonnene Ausgabe des Traktates über das grosse abend- ländische Schisma von Br. Nikolaus de Fakenham, Provinzialminister der Minoriten in England; auch P. Kon- rad E u b e 1 gab Fortsetzung und Schluss seiner Mittei- lungen über Papstbriefe im Archiv von Assisi (Nikolaus III.

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bis Innocenz XII. ; vgl. N. A. XXXIV, 556 f., n. 290). Im zweiten Heft desselben Bandes S. 242 268 gah P. Diodorus Henniges eine noch unbekannte Vita Eli- sabeth landgraviae aus einer Zwettler , wahrscheinlich der Original -Hs., heraus, die von einem Cistercienser vor 1237 verfasst ist. Sie ist zum grössten Teil aus den Dicta quatuor ancillarum entlehnt, daher von nicht bedeutendem Quellenwert, aber doch von Interesse. Im ersten und zweiten Heft des II. Bandes wurde die Ausgabe des Com- pendium chronicorum von Marianus de Flore ntia fortgesetzt und P. Athanasius Lopez setzte seine Be- schreibung von Minoriten - Hss. der Bibl. Riccardiana zu Florenz fort, deren erste Teile schon im I. und III. Heft des ersten Bandes erschienen waren. O. H.-E.

49. Zur Geschichte des Minor itenordens veröffent- licht F. T o c c o in den Rendiconti della R. Accademia dei lincei. Gl. di scienze morali . . serie V, vol. XVII, p. 3 32. 97—131. 221—236: Le prime due tribolazioni dell' ordine de' Minori, die Einleitung (legenda antiqua) und beiden ersten Teile der C r o n a c a delle tribolazioni, zum Teil nach neuen, bisher nicht benutzten Hss. Eben- dort S. 299 328 gibt derselbe Verf. 'Sul valore della cro- naca delle tribolazioni' historische Erläuterungen und Er- örterungen über die Glaubwürdigkeit der Quelle.

B. Schm.

50. In einem Aufsatz 'Zur Kritik der Schriften des Jordanus von Osnabrück' in den Mitteil, des Inst, f. Oesterreich. Geschichtsf. XXX, 1, 102 119 tritt Wil- helm Mulder wieder dafür ein, dass Jordanus der Ver- fasser des Pavo und der Notitia sei, und bringt dafür in der Tat beachtenswerte Gründe vor. Er meint, der Pavo sei allerdings kurz nach dem Konzil von 1245 geschrieben, aber erst nach 1282 publiziert worden, was nicht gerade recht wahrscheinlich gefunden werden wird. Mit mehr Glück verficht er auch wieder die Meinung von G. Waitz, dass der zweite Teil der Vorrede zum Traktat de preroga- tiva Romani imperii vom Kardinal Jakob Colonna ge- schrieben sei. O. H.-E.

51. Einem längeren Aufsatz von C. Capasso: 'La signoria Viscontea e la lotta politico - religiosa con il pa- pato nella prima metä del secolo XIV.' ist der Abdruck einer Verteidigungsschrift des Albericus de Rosciate für die Visconti und einer Absolutionsurkunde Innocenz' VI.

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von 1353 beigegeben (Bollettino della Societä Pavese di storia patria VIII [1908] 265—317. 408—454). E. S.

52. Von der neuen Ausgabe von Muratoris Rerum Italicarum Scriptores sind folgende Hefte schon früher be- gonnener Ausgaben erschienen : fasc. 63 = Heft 3 von I o - hannis Burckardi Liber notarum (vgl. N. A. XXXIII, 243 f., n. 50), fasc. 64 = Heft 2 von Matthaei Palmerii Liber de temporibus (vgl. N. A. XXXII, 537, n. 76), fasc. 65 = Heft 4 von Corpus chronicorum Bononiensium (reicht erst bis 815; vgl. N. A. XXXIV, 251, n. 60), fasc. 67 = Heft 2 vom Diario Romano des Gaspare Pontani, fasc. 70 = Heft 3 von Dominici de Gravi na Chro- nicon de rebus in Apulia gestis (vgl. N. A. XXIX, 518, n. 25). Diese Ausgabe ist damit beendigt. O. H.-E.

53. In der Collection de textes pour servir ä l'etude et ii l'enseignement de l'histoire ist die erste kritische Aus- gabe des berühmten im J. 1329 geschriebenen und bis ins 16. Jh. viel benutzten Werkes 'Stilus curie parlamenti' des Guillaume deBreuil (de Brolio) bearbeitet von Felix A u b e r t (Paris 1909) erschienen. Es ist hier eine be- deutende Arbeit geleistet, 22 Hss. sind benutzt, über deren Klassifikation in der Vorrede berichtet ist, und man muss die Ausgabe als eine immerhin ansehnliche Leistung an- erkennen, in der die zahllosen Varianten und Zusätze der Hss. angegeben sind. Aber man merkt auch hier, dass der Herausgeber in der Editionstechnik noch ungeübt war, und dieser Mangel macht sich bei einer so schwierigen Aufgabe besonders geltend: die Varianten sind oft zu ungeschickt redigiert, so dass man über die wirklichen Lesarten der Hss. nicht selten im Zweifel bleibt, der Hss. -Stammbaum hätte noch stärker und schärfer gegliedert werden müssen, um dem Herausgeber die sichere Erkenntnis der Textlesart zu ermöglichen, dem Benutzer die Kontrolle zu erleichtern, und manches, worauf ich nicht weiter eingehe, wäre noch zu wünschen gewesen, um die Ausgabe zu einer wirklich guten zu machen, indessen ist durch sie dem, der sich mit französischer Rechtsgeschichte beschäftigt, wenigstens die Möglichkeit geboten, dieses Werk mit einiger Sicherheit zu benutzen. O. H.-E.

54. Von der neuen Ausgabe von Muratoris Rerum Italicarum SS. ist als fasc. 68, t. XVII, parte I, das erste Heft erschienen von Galeazzo e Bartolomeo Ga- t a r i , Cronaca Carrarese confrontata con la redazione di

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Andrea Gatari a. 1318 1407, bearbeitet von Antonio M e d i n und Gnido T o 1 o m e i. Im wesentlichen den- selben Text hatte Muratori herausgeg-eben als Chronicon Patavinum Italica lingua conscriptnm ab a. 1311 nsque ad a. 1406 auctore Andrea de Gataris. Adnectitnr eadeni historia qiialis scripta fuit a Galeatio Gataro Andreae patre. Die Vorrede der neuen Ausgabe erscheint erst später, so dass man über das Verhältnis dieser zu der Muratoris noch nicht genügendes sagen kann. O. H.-E.

55. Das zweite Heft der Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens bringt die ersten drei Bücher von des Baseler P. Johannes Meyer Buch der Reformacio Predigerordens herausg. von Bene- dictus Maria Reichert nebst der Vorrede. Die letzten beiden Bücher (bis 1408) sind schon in dem 1908 aus- gegebenen III. Heft enthalten. Die Ausgabe ist nach einer schon 1474 gefertigten Abschrift gemacht, die dem bischöf- lichen Ordinariat in St. Gallen gehört. Es existiert aber noch eine andere, ebenso alte Hs. in Cheltenham, von der der Herausgeber wohl Kenntnis hatte, die aber nicht herangezogen ist. Das würde bedauerlich sein, wenn sich nicht etwa herausstellte, dass die Cheltenhamer Abschrift der andern Hs. sei, was möglich ist, da beide Hss. die- selbe Lücke haben. O. H.-E.

56. Paul Lehmann fand in der Münchener Hof- und Staatsbibliothek zwei Blätter mit zusammenhangslosen Aufzeichnungen in lateinischer, deutscher und italienischer Sprache, die er in den SB. der Münchener Akademie, Philos.-philol. u. histor. Kl. 1909, 5. Abh. herausgab und erläuterte. Mit Hülfe von zwei Berliner Hss., die von dem Schreiber jener Aufzeichnungen geschrieben sind, ermittelte er, dass diese von einem Münchener Arzte S i g m u n d Gotskircher Walch (d. i. der Welsche) herrühren, der 1475 gestorben ist. Mit grossem Fleiss und Scharfsinn gelingt es ihm, viel über den Lebenslauf dieses Mannes, der eine bedeutende Stellung einnahm und Beziehungen zu mehreren Fürsten hatte, zusammenzutragen und zu ermitteln. O. H.-E.

57. Als I. Band der vom Verein für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde herausgegebenen 'Mecklen- burgischen Geschichtsquellen' hat Friedrich Techen 'die Chroniken des Klosters ßibnitz' bearbeitet (Schwerin 1909). Den Kern bildet die 1523 1532 verfasste niederdeutsche

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Chronik des Franziskaners Lambert Slaggert, der Beicht- vater der ßibnitzer Nonnen der hl. Clara war. Sie ent- hält wichtige Nachrichten über das mecklenburgische Fürstenhans seit der Gründung des Klosters durch Hein- rich II. den Löwen im J. 1324; bisher war nur ein kleiner Teil, die Jahre 1522 27, gedruckt. Angeschlossen sind eine Anzahl kleinerer Aufzeichnungen verschiedenen Inhalts. Eine lateinische Chronik, die nur in einem Druck des 18. Jh. (bei Westphalen Mon. ined. IV) überliefert ist und dort bis 1538 reicht, eröffnet den Band. In ihr sieht Techen die Hauptquelle für Slaggerts Arbeit, während sie bisher als eine moderne Uebersetzung und üeberarbeitung davon galt. In der trefflichen Einleitung und in den An- merkungen macht er auf die Stellen aufmerksam , die für die Beurteilung dieser Frage in Betracht kommen. Dem Benutzer wäre viel Mühe erspart worden, wenn die übereinstimmenden und die abweichenden Partieen i m Text durch verschiedene Tyj)en bezeichnet worden wären. Auch bei den anderen Quellen Slaggerts hat Techen leider auf dieses einfache und bequeme Hülfsmittel verzichtet. Es ist dringend zu wünschen, dass der Verein bei der neuen Ausgabe von Kirchbergs Reimchronik deren Bearbeiter veranlasst, hierin sich das von den Monumenta Germaniae historica mit so grossem Erfolge angewandte Verfahren 7a\ eigen zu machen. Doch ist darum die von guten sach- lichen Anmerkungen begleitete und mit ausführlichem Register und Glossar versehene Ausgabe Techens nicht weniger mit Freuden zu begrüssen. Der Text ist sehr sorgfältig und bei Slaggert in engem Anschluss an die stark vermoderte Originalhs. nach kritischen Grundsätzen hergestellt worden. Die Worte 'Experto crede reperto' auf S. 154 Z. 21 spielen auf Antonius de Arena Ad com- pagnones, Vers 3 des consilium pro dansatoribus an (vgl. Büchmann, Geflügelte Worte, 23. Aufl., S. 401); statt 'reperto' des Drucks ist 'Roperto' zu lesen, wie auch, nach Techens freundlicher Mitteilung, in der Hs. steht. A. H.

58. Prof. Dr. R. J e c h t , Quellen zur Geschichte der Stadt Görlitz bis 1600, Görlitz 1909, der verdiente Görlitzer Stadtarchivar, legt als Frucht seiner langjährigen Tätigkeit auf dem Gebiete der Görlitzer Geschichte eine systematische üebersicht über die Quellen unter kritischer Würdigung ihres Wertes vor, beschreibt die Hss. sorgfältig und geht z. T. auch auf den Inhalt im Einzelnen ein unter Mitteilung allerhand merkwürdiger, bisher unbekannterNach-

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richten, gibt auch überall die notwendigen Literaturnach- weise und sehr dankenswerte Fingerzeige über noch rück- ständige Arbeiten, so dass mit Hülfe dieses zuverlässigen Weg- weisers sich jetzt jeder in dem reichen historischen Material der Stadt leicht orientieren kann. Nach einer kurzen Beschreibung des Eatsarchivs, der Milichschen Bibliothek und der Sammlungen der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften behandelt er die mit 1282 beginnende ürkundensammlung und die Urkundenbücher des Rats- archivs u. s. w., die Stadtbücher (seit 1305) über den Im- mobiliarverkehr , die Hjpothekenbücher (seit 1384) und die übrigen beim Rat in seiner Eigenschaft als Stadt- gericht und als Verwaltungsobrigkeit entstandenen Bücher- reihen, vor allem die Ratsrechnungen (seit 1375), die in ihrer Ausführlichkeit zugleich chronikalische Bedeutung haben und unter den unmittelbaren Quellen der Görlitzer Stadtgeschichte die erste Stelle einnehmen. Er geht die mit dem 15. Jh. einsetzende Unmasse von Stadtchroniken einzeln durch, untersucht die Autorschaft der alten Rats- annalen (seit Ende des 15. Jh.) und hebt die Bedeutung der Fortsetzung des Stadtschreibers Johann Hass hervor, unter dem die Aunalistik ihren Höhepunkt erreichte. Aus dem reichen Inhalt des vornehm ausgestatteten Bandes sei nur noch die Beschreibung der kostbaren Hs. des nach der Mitte des 14. Jh. angelegten Kalendarium necrologicum fratrum Minorum conventus in Goerlitz erwähnt, das eine Untersuchung und Neuherausgabe nach wissenschaftlichen Grundsätzen verdient. B. Kr.

59. Im Archivio storico Lombardo, Anno XXXVI, fasc. 21, p. 173 182 handelt Giuseppe B o n e 1 1 i über die Hs. der unedierten Geschichte der Grafen von Bian- d r a t e 1025 1524 von Benvenutus deS. Georgio aus dem Hause Biandrate, von dem die Geschichte der Grafen von Monferrato bekannt ist. Jenes Werk ist schon für das 12. Jh. nicht ohne Bedeutung, da es Ivaiser- nrkunden aus dieser Zeit enthält. O. H.-E.

60. Im Bulletijn der maatschappij van Geschied- en Oudheidk. te Gent 1908, S. 268 erklärt V. Fris seine frühere Annahme, dass F. Groenincx, Propst von Tusschen- beke, der Verfasser des Chronicon Trunchiniense (Mitte des 17. Jh.) sei, für falsch. A. H.

61. Der neueste Aufsatz von B. Hilliger 'Alter und Münzrechnung der Lex Salica' (Hist. Vierteljahr-

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Schrift 1909 S. 161 211) ist gegen Brunners Abhandlung über 'Das Alter der Lex Salica und des Paetus pro tenore pacis' gerichtet (vgl. N. A. XXXIV, 560 ff., n. 303). Ich habe nach den Ausführungen H's. keinen Anlass, meine den Brunnerschen Darlegungen durchaus zustimmende Er- klärung zurückzunehmen. Gleich Brunner habe ich H. allerdings darin missverstanden, dass ich annahm, H. iden- tifiziere noch die Halbsiliqua mit dem Denar, während er in seinem Aufsatz in der Hist. Viertel jahrschr. 1907 S. 1 ff. von dieser früheren Ansicht zurückgetreten ist und den Denar als einen selbständigen Münzwert, der der spät- römisch-byzantinischen Kupferrechnung entstammt und von dem um 534 sechzig Stück dem Wert eines Schillings entsprachen, nachzuweisen gesucht hat. Zur klaren Er- kenntnis dieses Wandels seiner Ansicht verhilft aber erst der vorliegende Aufsatz; in jenem früheren hatte H. keines- wegs mit gleicher Schärfe seine Meinung kundgetan. Der von H. auf Grund seiner numismatischen Lehren versuchten Ansetzung der Lex Salica in einer jüngeren Zeit stehen die Quellenzeugnisse nach wie vor unverrückbar entgegen. H's. Art, sich mit ihnen abzufinden (S. 188 ff.), ist wenig überzeugend. Wenn H. z. B. die Worte des Edikts Chil- perichs (567 584): 'sicut et lex Salica habet' aus dem Grunde als späteren Zusatz betrachten möchte, weil das Edikt sich nur in einer Hs. findet und hier als Teil der Lex Salica (tit. 78) selber betrachtet wird, so ist darauf zu erwidern, dass jene Worte : 'sicut e t lex Salica habet' doch gerade zeigen, dass das Edikt die Lex als ein von ihm ganz unabhängiges, älteres Gesetz ansieht. Eine aus- führlichere Entgegnung werde ich an anderer Stelle bringen.

M. Kr.

62. F. ßicci, 'Note sur les tarifs de la loi Salique' (Revue historique C, 311 325), sucht zu zeigen, dass die Busssätze der Lex Salica nicht Entschädigungen für die Betroffenen, sondern Geldstrafen festsetzen, die dem Fiskus zu zahlen sind. E. geht dabei von einer an sich gewiss richtigen Beobachtung aus, die aber schon vor ihm von H. Brunner gemacht ist, dass es nämlich Bussen gibt, die ausschliesslich pönalen Charakter haben (so die für Lebensgefährdung und andere Versuchsverbrechen), und dass sich die Bussen in der ßegel als eine Verbindung von Straf- und Ersatzgeld darstellen (Deutsche Rechts- geschichte II, 613 f.). Doch kann man hieraus nicht die erwähnte Folgerung ziehen, ohne in Widerspruch mit den

Neues Archiv etc. XXXV. 19

290 Nachrichten.

Quellenstellen zu geraten, die deutlich zeigen, dass dem Fiskus nur ein Drittel der Compositio zustand (Brunner a. a. 0. I-, 231. II, 622, N. 49). M. Kr.

63. unter dem Titel 'Hodere, Kok, Hauding, Pugil, Cokingi' behandelt J. H. G o s s e s in den ßijdragen voor Vaderlandsche Geschiedenis en Oudheidkunde, 4. Eeihe, VII, 405 488 einige Punkte aus der friesischen Geschichte und Rechtsgeschichte, und zwar nach allgemein orientieren- den Bemerkungen in § 1, in § 2 'Jets over de rechts- instellingen van Broekmerland in de 13. eeuw', § 3 'De Hodere in Rüstringen', § 4 'De Kok en de Hauding in Broekmerland', § 5 'De Kok in Norderaland', § 6 'Jets uit de rechtsgeschiedenis Fivelgoo; de Pugil'. Mit § 7 'De Cokingi' wendet er sich sowohl gegen die von Dietrich Schäfer vorgeschlagene Herleitung dieses Ann. Bertin. 867 vorkommenden Wortes von dem Schiffstyp der 'Kogge' wie gegen die von Blök vertretene Aenderung in 'Tokingi', Einwohner des Gaus 'Tokingen', von Dokkinge (Dokkum), = Oostergoo. Er bringt es vielmehr mit der Amtsbezeich- nung 'kok' zusammen, die vielleicht ursprünglich 'bewaff- neter Anführer' bedeutet habe; die 'Cokingi' seien also aufzufassen als 'volgers van een kok (of van meerdere koken)', die sich unter Führung eines solchen zur Vertrei- bung der Normannen vereinigten. A. H.

64. S. Rietschel nimmt in den Mitt. d. Inst. f. Oesterreich. Geschichtsf. XXX, 136 ff. Stellung zu den Ausführungen v. Schwerins (vgl. N. A. XXXIV, 254, p. 71) über das Problem des friesischen bodtingh, die er als unzutreffend bezeichnet. M. Kr.

65. Im Archivio storico per le provincie Napoletane XXXIII XXXIV handelt F. Scandone über den Gastaldat von A q u i n o im 9. und 10. Jh. , leider ohne von den einschlägigen Arbeiten Poupardins Notiz zu nehmen, aber z. T. auf Grund unedierter Urkunden, die im Anhang publiziert sind. Unter ihnen ist eine von Voigt und Poupardin übersehene Fürstenurkunde Pandolfs Eisen- kopf und Landolfs III. von 963 (n. 3), dagegen wäre die schon bekannte Urkunde Landenulfs und Aloaras von 991 (n. 5) statt nach dem Chartular besser nach dem noch vor- handenen, von Voigt und Poupardin genannten Original zu drucken gewesen. E. C.

66. In den Memorie storiche Forogiulesi IV, 30 ediert L. S u 1 1 i n a den von den Römern i. J. 824 dem K.

Nachrichten. 291

Lothar I. geleisteten Eid auf Grund des von Merkel benutzten Cod. Patavin. S. Anton. 182 (saec. IX). Vgl. MG. Oap. I, 223. R. S.

67. Zwei Monte Cassineser Placita vom Jahre 963, in denen sich je ein Satz in italienischer Sprache findet, behandelt A. S e p u 1 c r i in einem Aufsatz : 'In- torno a due antichissimi documenti di lingua italiana (Studi medievali III [1908], 117 126)' im Anschluss an eine vor längerer Zeit erschienene Abhandlung von J. E. Shaw, Another early monument of the italian language (Modern Language Notes XXI [1906], 105—110). R. S.

68. In der Historischen Vierteljahrschrift 1909, 2. H. S. 212 264, handelt Hermann Bloch über die Kaiser- wahlen der Stauferzeit in geistvollen Ausführungen, die aber doch mehr blenden als überzeugen ; besonders die Schlüsse aus den Briefen Innocenz' III. gehen m. E. viel zu weit. Sein zweifelloses Verdienst gegenüber Krammers Arbeit über den Reichsgedanken des Staufischen Kaiser- hauses besteht in der stärkeren und auch notwendigen Heranziehung der älteren Zeit. Aber obwohl ich selbst Krammers Darlegungen keineswegs vollständig zustimmte (vgl. N. A. XXXIV, 256, n. 76), muss ich doch erklären, dass Blochs Polemik gegen ihn im Maiheft der GGA. 1909 ungerecht scharf und im Ton geradezu vergriffen ist.

M. T.

69. Die scharfsinnigen kritischen Untersuchungen, die F. Güterbock unter dem Titel 'Der P r o z e s s Heinrichs des Löwen' veröffentlicht hat (Berlin, Reimer 1909), sind eine höchst erfreuliche Leistung und haben die schwierigen Fragen, die sich an die Katastrophe des Weifenherzogs knüpfen, sehr erheblich gefördert und zum grossen Teil wohl endgültig gelöst. Seine Inter- pretation der Geinhäuser Urkunde und seine Darstellung des Prozessverfahrens scheinen mir in allen Hauptpunkten das richtige zu treffen ; insbesondere wichtig ist der über- zeugende Nachweis, dass in landrechtlichen Strafprozessen gegen einen Fürsten, wenn nicht immer, was ich nicht annehmen möchte, so doch häufig an die Stelle einer drei- maligen eine einmalige peremptorische Ladung mit sechs- wöchentlicher Frist trat, ein Nachweis, durch den eine ganze Reihe von Schwierigkeiten , die bisher bestanden, behoben werden. In einigen Einzelheiten bleiben mir ge- wisse Bedenken gegen Güterbocks Ausführungen; so glaube ich z. B. nicht, dass verschiedene Formen der Oberacht

19*

292 Nachrichten.

zu unterscheiden sind (S. 80): wenn der Kaiser jemanden 'sine spe recuperationis' verurteilt, so erklärt er damit zwar, dass er ihn nicht begnadigen will, aber das hat nur eine tatsächliche, keine rechtliche Bedeutung und bindet den Herrscher nicht ; einen rechtlichen Verzicht auf das Begnadigungsrecht hat es nicht gegeben. Vor allem aber muss ich der im ersten Kapitel ausgesprochenen Auffassung widersprechen, dass die Zusammenkunft Friedrichs I. und Heinrichs nach Legnano ganz ins Gebiet der Sage zu ver- weisen sei. Ich kann das Zeugnis der Cont. Aquicinctina, deren reichsgeschichtliche Nachrichten aus der Zeit von 1174 80 doch grossenteils falsch oder ungenau sind, nicht so hoch einschätzen, wie G. tut; ich halte es nach wie vor für wahrscheinlich, dass der Bericht des Gobelinus Persona (der übrigens nach der Ausgabe Jansens zu zitieren gewesen wäre) aus den Ann. Patherbrunnenses stammt, und ich lege insbesondere grosses Gewicht auf die Angaben Ottos von St. Blasien, der durch die auch von G. für glaub- würdig gehaltene Nachricht von der Forderung Goslars durch den Herzog zeigt, dass er hier gute Kenntnis ge- habt hat (vgl. Bloch in Regesten der Bischöfe von Strass- burg I, 128, der sie auf den Bischof Heinrich von Veringen zurückführen möchte). Ich halte also auch jetzt noch die mehr konservative Auffassung Hampes (Kaisergeschichte S. 151) für durchaus nicht widerlegt: ja ich möchte nicht einmal den Fussfall Friedrichs unbedingt und mit voller Sicherheit aus der Geschichte streichen, wobei ich an die bekannten Fälle des 11. Jh. (wiederholter Fussfall Hein- richs II. vor den Bischöfen auf der Synode von 1007, Fussfall Konrads II. vor seinem Sohn 1035) erinnere. Im Exkurs III wäre auch auf Schütze, Die Entstehung des Rechtssatzes: Stadtluft macht frei (Berlin 1903) S. 83 ff. zu verweisen gewesen, der die gleiche Ansicht wie G. ver- tritt. H. Br.

70. H. Meyer, 'Zur Vorgeschichte des ersten uns überlieferten Hausgesetzes der Hohenzollern' (Hist. Jahrb. der Görres - Gesellschaft XXX) , veröffentlicht einen bis dahin unbekannten Schiedsspruch Markwards von Randeck, Lupolds von Bebenburg und Johannes' Andreae vom 10. Juli 1341 (aus dem bayerischen Reichsarchiv) in dem Streit der Burggrafen Johann II. und Albrecht IV. von Nürnberg. An diesen Schiedsspruch schloss sich am 10. Okt. 1341 der Vertrag von Burghausen. M. Kr.

71. Die Zeitschrift des Vereins für Thüring. Ge- schichte und Altertumskunde N. F. XIX, 1—22 (1909)

Nachrichten. ' 293

enthält einen Aufsatz von E. Hey mann, 'Zum Ehegüter- recht der heiligen Elisabeth', durch den die auch sonst hinfällige Behauptung von A. Huyskens, dass Elisabeth aus Marburg vertrieben wäre, ebenso wie durch den Auf- satz von K. Wenck (N. A. XXXIV, 483 fE.) widerlegt wird.

O. H.-E.

72. In den Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 87, S. 1—39 (1909) veröffentlicht F. Schmitz eine Abhandlung: 'Das Messbuch zu Paff- rath. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des S e n d - und grundherrlichen Gerichtswesens'. E. P.

73. In den SB. der Wiener Akademie, Phil. -bist. Kl. CLX, 4. Abhandlung erstattet A. Meli Bericht über die Vorarbeiten zur Herausgabe des Ergänzungsbandes der Salzburgischen Taidinge, aus dem sich ergibt, dass für das Mittelalter nicht viel neues Material zu er- warten ist. H. H.

74. Drei Weistümer der lothringischen Dörfer Rollingen (von 1387), Steinbiedersdorf (von 1393) und Kriechingen (von 1580) veröffentlicht Gritzner im Jahrb. der Gesellsch. für lothring. Gesch. und Altertumsk. XX, 423 ff. H. Br.

75. In der Zeitschrift des Harz -Vereins für Ge- schichte und Altertumskunde XLII, 39 99 (1909) ver- öffentlicht aus dem Archiv in Goslar ü. Hölscher Goslarsche Ratsverordnungen aus dem 15. Jh. E. P.

76. In den Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen XL VII (1908), 262 druckt J. H i 1 1 e die älteste im Besitze der Stadt Luditz befind- liche Urkunde ab, durch die ihr von Boresch von Riesen- burg am 4. Juni 1375 das Egerer Recht verliehen wurde.

B. B.

77. L. C h i a p e 1 1 i sucht im Archivio storico Ita- liano XLIII, 237 256 nachzuweisen, dass Dantes Mo- na r c h i a gegen Ende 1313 oder Anfang 1314 entstanden ist. Ch. erschliesst dies einerseits aus dem Schweigen des Traktats über die Bulle 'Pastoralis cura' (14. März 1314), andererseits aus der angeblichen Bezugnahme desselben, auf das bekannte, an die Kurie gerichtete Schreiben K, Roberts von Neapel über das römische Kaisertum (Bonaini 1, 233 sqq.), das nach Ch. vor dem 26, April und nach dem 27. Januar 1313 verfasst ist. M. Kr.

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78. Lupoid von Bebenburg, Studien zu seinen Schriften. Ein Beitrag zur Geschichte der staatsrechtlichen und kirchenpolitischen Ideen und der Publizistik im 14. Jh. Von Dr. Hermann M e j e r. [Studien und Darstellungen aus dem Gebiete der Geschichte, herausg. v. H. Grauert, VII, 1 u. 2]. Freiburg im Br. 1909.

Der erste Abschnitt handelt von der Ueberlieferung der Schriften Lupolds, der zw^eite von deren Inhalt. Die im zweiten Teile gegebene Darstellung des Gedankenganges der Schriften ist wohldurchdacht und zeugt von ein- dringendem Verständnis , sowie von guter Kenntnis der verwandten zeitgenössischen Litteratur. Wertvoller noch ist aber der erste Abschnitt, der die überaus sorgfältige kritische Beschreibung und Besprechung sämtlicher be- kannten Hss. der Schriften Lupolds, sowie der Drucke derselben enthält. Das Verhältnis der einzelnen Hss. zu einander und zum Urtext wird eingehend untersucht und besonders werden die in den einzelnen Hss. des Haupt- werkes Lupolds, des Tractatus de iurisdictione imperii, enthaltenen Zusätze genau mitgeteilt. Neben der be- kannten Hs. der Trierer Stadtbibliothek 844 gewinnt nach Meyers Untersuchung die Hs. der Leipziger Universitäts- bibliothek Lat. 543 besondere Bedeutung durch die An- gabe der Entstehungszeit zweier Schriften, des Tractatus und des Libellus de zelo principum u. s. w. Nachschriften am Schluss der Texte geben als Entstehungszeit des Libellus das Jahr 1342, als die des Tractatus genau den 3. Februar 1340 au, an welchem Tage Lupoid das Werk vollendet habe. Diese Hs. ist im 15. Jh. auf Papier ge- schrieben; aber auch eine ältere Pergamenths. saec. 14. hat genau dieselben Eintragungen enthalten. Der Ver- fasser hat die Nachricht über diese Hs. aufgefunden in zwei gedruckten Katalogen der Uffeubachschen Bibliothek zu Frankfurt a. M. aus den Jahren 1720 und 1730. Die Hs. wieder aufzufinden ist leider dem Verf. bisher nicht gelungen ; doch braucht man wohl die Hoffnung noch nicht völlig aufzugeben. Aber schon die blosse Nachrieht der Kataloge über die Hs. genügt, um die Bedeutung der Notizen in der Leipziger Hs. erheblich zu verstärken. Es ist kaum zu bezweifeln, dass namentlich die genaue An- gabe über den Tag der Vollendung des Tractatus auf eine eigenhändige Notiz Lupolds in seinem Originalmanuskript zurückgeht und demnach authentisch ist. Das Buch ist eine ausgezeichnete Vorarbeit, die ihrem Urheber hoffent- lich selbst die Erreichung seines Zieles, die Bearbeitung

Nachrichten. 295

einer abschliessenden Ausgabe der politischen Schriften Lupolds für unsere Sammlung, wesentlich erleichtern wird.

K. Z.

79. Von den Archives de la France monastique sind bisher folgende Bände erschienen: In der Neubearbeitung des Recueil bist, des archeveches, eveches, abbajes et prieures de France von Dom Beaunier, mit dessen die Kirchenprovinz Paris umfassendem ersten Bande die Sammlung (1905) eröffnet wurde (vgl. N. A. XXXI, 489, n. 177), ist die die Kongregationen nach Benediktiner- und Augustinerregel behandelnde Einleitung als Band IV (1906) erschienen. Den II. Band (1906) bildet eine umfassende Darstellung des Möuchswesens auf französischem Boden in der Zeit vom 4. Jh. bis auf Karl Martell von Dom J. -M. B e s s e (Les moines de l'ancienne France. Periode Gallo- Romaine et Meroviiigienne). Im III. Bande behandelt D. Anger die Besitzungen der Abtei St. - Germain - des- Pres bei Paris ; es sind bisher die die Departements Seine, Seine -et -Marne und Seine-et-Oise betreffenden Abteilungen (1906. 1907) erschienen. Der V. Band ist dem Andenken Mabillons, des grössten Insassen dieses Klosters, gewidmet.

E. M.

80. K. H ü b n e r behandelt in den von A. Tille herausgegebenen Deutschen Geschichtsblättern X (1909), 187 236 'die Proviuzialsynoden im Erzbistum Salzburg bis zum Ende des XV. Jh.'. Soweit der Verfasser die Synoden der karolingischen Zeit würdigt, kann ich ihm deshalb nicht folgen, weil er auf die Edition ihrer Akten in den Concilia II, 196 ff. 205 ff. 231 ff. keinerlei Rücksicht nimmt, obwohl diese bereits im J. 1904 und um das Titelzeug vermehrt im J. 1906 ver- öffentlicht wurde. Infolge eines Fundes von G. Leidinger in München werde ich auf alle einschlägigen Fragen dem- nächst zurückkommen; dann wird sich wohl auch Gelegen- heit geben, die Ansetzungen der Salzburger Provinzial- sjnoden, die H. vorschlägt, eingehend zu prüfen. A. W.

81. Im Trierischen Archiv Heft 14, S. 10—25 (1909) veröffentlicht R. S a 1 o m o n die Akten der Wahl Erz- bischof Boemunds IL von Trier, die eine verfassungs- geschichtlich recht interessante Urkundenreihe darstellen.

E. P.

82. K. H. Schäfer, Zur Kritik mittelalterlicher kirchlicher Zustände (Römische Quartalschrift XXIII, 1909,

296 Nachrichten.

Gesch. S. 35 64) berichtet unter Beigabe von Akten- stücken über einen um 1360 an der Kurie geführten Prozess betr. die Pfarre an einer elsässischen Eigenkirche. Der zweite Teil des Aufsatzes ist polemischer Natur; er bringt eine Reihe sachlicher Berichtigungen zu den letzten Bänden von Sauerlands Urkunden und Regesten zur Gesch. der Rheinlande. Vgl. N. A. XXXIV, 575, n. 349. R. S.

83. Im Bull, de la soc. arch. de Sens XXII (1906), 303 309 behandelt M. Prou ein aus Sens stammendes Pontificale der königlichen Bibliothek in Brüssel unter Abbildung des einem flämischen Meister, vielleicht Roger van der Wejden , zuzuschreibenden Kreuzigungs- bildes desselben. E. M.

84. Im Archeografo Triestino Ser. 3, V (XXXIII), 175 sqq. stellt Er. B a b u d r i eine Chronologie der Bischöfe von Capodistria zusammen. Die mit dem 6. Jh. ein- setzende Liste ist Anfangs recht unvollständig; in der zweiten Hälfte des 8. Jh. wurde das Bistum an Triest an- gegliedert und erhielt erst durch Alexander III. im J. 1177, resp. 1184, seine Selbständigkeit zurück, die dann bis zum Jahre 1830 fortbestand. H. W.

85. Sehr verdienstvoll gibt Clovis Brunei erste zusammenhängende Nachrichten und kritische Unter- suchungen über die Urkundenüberlieferung des Klosters Saint-Valery, von dessen Geschichte wir bisher so gut wie nichts wussten. ('Les actes faux de l'abbaye de Saint -Valerie', Moyen Age 1909, p. 94—116 und 179—196.) Die Eälschung DK. 278, die bei uns als Ineditum gedruckt werden konnte, wird hier nochmals abgedruckt. In der Frage der Entstehungszeit dieser Fälschung kommt Brunei nicht wesentlich über uns hinaus; er setzt sie vermutungs- weise ins 13. Jh. Abgedruckt und als Fälschungen er- wiesen werden ausserdem Urkunden K. Dagoberts vom J. 636, Philipps vom J. 1284 und Privaturkunden vom J. 1151 und 1196. In den drei Königsurkunden ist die Uebereinstimmung der Arenga unverkennbar. Hier kann nur Entlehnung oder gleichzeitige Entstehung dieser Fälschungen vorliegen. Uebersehen ist von Brunei das besonders in der Dagobert - Urkunde auffällig starke Vor- kommen von Reimprosa. Im zweiten Teil werden die Privilegien Benedikts VII. J.-L. 3805 und Paschais II. J.-L. 7798 abgedruckt und geprüft. Bei der ersteren sind

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die Unregelmässigkeiten so stark, dass zum mindesten Ver- derbung anzunehmen ist. M. T.

86. In den Toscanischen Studien III (Quellen und Forschungen herausg. vom Preuss. bist. Institut XII (1909), 43 111; vgl. N. A. XXXIV, 584, n. 387) bringt F. Schneider diesmal Urkunden über Cittä di Ga- st e 1 1 o und das Reich, voran ein Ineditum und Original Ottos III., dann 5 ältere toscanische Gerichtsurkunden von 1008 1072, ferner aus Lucca eine Notiz über eine ürk. Konrads von Scheiern und ein Orig. Heinrichs VI., endlich zum Krieg von Montepulciano, Eberhard von Eich- stetten und Gebhard von Arnstein Urkunden von 1229 1239, alles mit reichlichen einleitenden Erläuterungen.

B. Schm.

87. In der im N. A. XXXIV, 535 Anm. von Philippi kurz besprochenen Arbeit von M. Kemmerich, auf die wir vielleicht noch einmal zurückkommen, erzählt der Verf. auf S. 76 f., dass er festgestellt habe, das einer Ur- kunde Heinrichs II. vom Jahre 1015 im Münchener Eeichs- archiv beiliegende Siegel sei nicht mit einem Typar Hein- richs II., sondern einem solchen Heinrichs III. beprägt; er führt dies auf eine 'begreifliche Verwechslung' zurück und fügt hinzu, dass diese 'von den zahlreichen Gelehrten, die das Siegel und die Urkunde inzwischen besichtigt hatten, niemand bemerkt' habe, verzichtet dann aber gross- mütig darauf, sich wegen seiner Entdeckung eines beson- deren Scharfblicks zu rühmen. Wenn die Kenntnisse und die Sorgfalt des Herrn ebenso gross wären, wie sein Selbst- bewusstsein, würde er vielleicht einen Blick in den dritten Band unserer Diplomata- Ausgabe geworfen und sich über- zeugt haben, dass die Tatsache bereits in der Note p zu DH. II. 332^ auf S. 421 festgestellt war; er würde dann auch gesehen haben, dass das Diplom falsch ist, dass also das Siegel Heinrichs III. sehr wohl schon von dem Fälscher daran befestigt gewesen sein kann , und dass gar kein Grund vorliegt, eine 'Verwechslung' seitens eines Archiv- beamten anzunehmen. H. Br.

88. Ueber H. Bresslaus Ausführungen betr. K o n - rads II. Urkunde für das Domkapitel von Bergamo St. 1911 (N. A. XXXIV, 69—75) referiert G. Romano im Bollettino della Societa Pavese di storia patria IX (1909), 128—130. R. S.

89. In einer Abhandlung 'De bisschop van Utrecht, het Domkapittel en de Groninger prefect' in den Bijdragen

298 Nachrichten.

voor Vaderlandsche Geschiedenis en Oudheidkunde, 4. Eeihe, VII, 25 ff. "untersucht J. H. G o s s e s ausführlich die Ur- kunde König Heinrichs III. für Utrecht vom 21. Mai 1040, St. 2180, die er in ihrer vorliegenden Form für eine Fälschung von c. 1150 ansieht. Doch hält er an einer Schenkung Heinrichs III. von Gut in Groningen an die Utrechter Kirche fest. A. H.

90. Im Anschluss an den neuerdings bekannt ge- machten 'Index archivarum der abdij van Tongerloo' (vgl. N. A. XXXIII, n. 291) veröffentlicht J. Vannerus in den Analectes de l'ordre de Premontre IV und V ein 'In- ventaire des archives de l'abbaye de Tongerloo repo- sant aux archives de l'etat a Anvers'. Er druckt dabei u. a. eine leider nur im Auszuge überlieferte Urkunde König Friedrichs I. für die Prämonstratenser ab ('religiosos fratres ordinis Praemonstratensis in emendis et vendendis rebus suis per regnura nostrum tam in terra quam in aqua ab omni conductus, thelonei atque transitus iustitia liberos esse decernimus). Schon V. nimmt an dem Datum ('Datum Cremone IX. Kai. lulii a. dorn. ine. 1154') Anstoss, ohne es verbessern zu können. Unser Stück steht in engen Beziehungen zu der Urkunde, die Friedrich am 17. Juni 1154 in Dortmund für die Prämonstratenser von Park bei Löwen ausstellte, St. 3693. So ist gewiss statt 'Cremone' 'Tremonie' = Dortmund zu lesen. Friedrich hat sich also noch am 23. Juni 1154 dort aufgehalten, und dies ist nunmehr das letzte feste Datum in seinem Itinerar vor dem zu Anfang des Herbstes erfolgten Aufbruch nach Italien. A. H.

91. In den Regesten der Bischöfe von Strassburg n. 578 hatte P. W e n t z k e das D. F r i e d r i c h s I. St. 3982 vom 8. Juli 1163 ins Jahr 1166 verlegen wollen, hatte aber schon in den Nachträgen diese Ansetzung zurück- genommen. Er zeigt nun im Jahrb. f. lothring. Gesch. und Altertumsk. XX, 450 ff. auf Grund des Protokolls und der Zeagenliste (die aber nicht zu den 'äusseren Merk- malen' einer Urkunde gehören, wozu sie S. 452 gerechnet werden), dass das Dij^lom wirklich 1163 ausgestellt sein muss, was deshalb bemerkenswert ist, weil unter den Zeugen Herzog Berthold von Zähringen ('Bertholdus dux Burgundio- num') erscheint, der sich also, wie Wentzke annimmt, vor- übergehend mit dem Kaiser, dem er 1162 und 1164 feind- lich gegenübertrat, ausgesöhnt haben muss. Zu weiterer Stütze dieser Ausführungen veröffentlicht W. eine bisher

Nachrichten. 299

ungedruckte Urkunde des Bischofs Theoderich III. von Metz vom J. 1163, auf die in dem Diplom Bezug genommen wird. H. Br.

92. In den Freschi e minii del dugento (Milano 1908), in denen Franc. Novati zu seinem 25 jährigen Jubiläum als Gabe an seine Schüler zwölf Arbeiten vereinigt, gibt er dem Abschnitt über Petrus de Vinea eine verkleinerte Photographie eines Diploms Friedrichs II. vom J. 1248 bei; er lässt dazu des Kaisers Sarg in Palermo und zu dem Kapitel 'il notaio . . . nella letteratura italiana delle origini' das Grabdenkmal von Rolandino de' Passegeri in Bologna abbilden. J- W.

93. P. Torelli publiziert in den Miscellanea di storia Italiana (Ser. 3, XIII, 319 sqq.), wie es scheint, zum ersten Male nach einer gleichzeitigen Kopie im Archiv Gouzaga den interessanten und wichtigen Vertrag, den Erzbischof Christian von Mainz nach seiner Ge- fangennahme durch Markgraf Konrad von Monferrato mit diesem zur Wiedererlangung seiner Freiheit in der Zeit zwischen dem 29. Sept. 1179 und dem 2. Febr. 1180 zu schliessen gezwungen wurde. H. W.

94. In der Walhalla IV, 59—70 hat Georg Lei- din g e r ein Fragment eines Aktenstücks herausgegeben, das 39 Beschwerdepunkte der Herzoge von Oberbayern gegen die benachbarten schwäbischen Städte aus der Zeit kurz vor 1386 enthält. O. H.-E.

95. Auf die hohe Wichtigkeit des von dem päpst- lichen Kämmerer Arnold von Auch im J. 1366 verfassten Inventars des Avignonesischen Archivs (ge- druckt bei Muratori, Antiquitates VI, 75 190) haben in den letzten Jahren Schwalm (MG. Const. III, 191) und Samaran (Mel. d'arch. et d'hist. XXII, 379 384) auf- merksam gemacht. Für die Bearbeitung der älteren Be- stände des Archivs wie für die Nachweisung der Verluste hat sich das Inventar als ein höchst brauchbares Hülfs- niittel erwiesen. Wesentlich erleichtert wird seine Ver- wendung durch eine sehr dankenswerte Publikation H. Ottos: Das Avignoneser Inventar des päpstlichen Archivs vom J. 13G6 und die Privilegiensammlungen des Fieschi und des Piatina. (Quellen und Forschungen herausg. vom Preuss. bist. Institut XII [1909], S. 132—188). Die Arbeit gibt eine Reihe interessanter Aufschlüsse zur Ge- schichte des päpstlichen Archivs überhaupt ; die Ent-

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stehungsgeschichte des Inventars und seine handschriftliche Ueberlieferimg sind eingehend besprochen, die beiden be- rühmten Privilegiensammlungen des 15. Jh. mit Sorgfalt analysiert. Auf eine Neuausgabe des Inventars, das Muratori nach dem abgeleiteten Cod. Estensis (Modena) druckte, hat Otto verzichtet, obwohl er bereits umfängliche Vorarbeiten dafür auf Grund besserer Ueberlieferungen angestellt hatte; statt dessen ist dem Aufsatz eine von F. Schillmann ausgearbeitete Konkordanztabelle beigegeben, die für jede im Inventar verzeichnete Urkunde die Stelle ihrer Abschrift bei Fieschi und Piatina, deren Fundort im Vatikanischen Archiv und die nötigen Litteraturnotizen gibt. Für die praktische Arbeit im Archiv ersetzt diese Uebersicht, wie ich bereits an Ort und Stelle erproben konnte , eine Edition vollständig ; vielleicht entschliesst sich Otto aber trotzdem, die Ergebnisse seiner Kollationen zu veröffentlichen, soweit sie sich auf die heute verlorenen Stücke beziehen. Man ist sonst in Fällen wie Const. III, n. 206 ff. immer wieder genötigt, auf die handschriftliche Ueberlieferung zurückzugehen, üebrigens hat die müh- same Durcharbeitung der Originale, die für die Herstellung der Tabelle erforderlich war, erfreulicher Weise dies und jenes verloren geglaubte, in Wahrheit nur unrichtig ein- geordnete Stück der Benutzung wieder zugänglich gemacht. Aus Ottos Ausführungen über die späteren Sammlungen sei hier hervorgehoben, dass die beiden bekannten und viel benutzten Codices B 12 und D 1 der Vallicellana aus Fieschis Abschriften abgeleitet sind. Zu S. 142, N. 1 möchte ich noch bemerken, dass den zwei Vatikanischen Kopialbüchern, die für die Verluste an Urkunden aus der Zeit Karls IV. Ersatz bieten, der Oxforder Cod. Bodl. Canon. Mise. 509 an Ueberlieferungswert gleichsteht, stellenweise sogar überlegen ist. R. S.

96. Zwei neue Beiträge von P. M. Baumgarten zur päpstlichenDiplomatik sind zu verzeichnen : erstens ein Aufsatz 'Die Entwickelung der neuzeitlichen Bullenschrift' in der Römischen Quartalschrift XXIII (1909), Gesch. S. 16 34. Die Arbeit, die in der minu- tiösen Beschreibung graphischer Einzelheiten doch wohl etwas zu weit geht, ist ohne ein ausgedehntes Abbildungs- material, wie es hoffentlich Bs. angekündigtes Tafelwerk bringen wird, recht schwer verständlich. Von allgemeinem Interesse dürften die hier auszugsweise veröffentlichten Bestimmungen Pius' X. vom 29. Sept. 1908 über die Neu-

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Ordnung der Kanzlei und der Datarie sein. U. a. erhält der Kardinalvizekanzler wieder den Titel Cancellarius, der seit fast 700 Jahren ausser Gebrauch gekommen ist; ob der von Leo XIII. im J. 1877 eingeführte Farbstempel wieder überall durch die Bleibulle ersetzt werden soll, ist nicht ganz klar zu erkennen, jedenfalls aber wird wieder eine grössere Zahl von Urkunden arten als bisher mit der Bulle versehen werden. An zweiter Stelle ist eine Miscelle 'Der Ersatz eines zerbrochenen Bullenstempels unter lunocenz IV.' (ebenda S. 114 116) zu nennen, die einige textkritische Auseinandersetzungen zu den bekannten Encykliken vom Jahre 1252 bringt. E. S.

97. In der Zeitschrift 'De Vrije Fries' XXI, 73 ff. druckt H. Reimers drei päpstliche Urkunden aus den Jahren 1866 und 1431 nach den Registern, die auf die Friesenkirche S. Michele zu Rom bezug haben.

H. W.

98. Seinem Aufsatz über Guillaume Ferron, Bischof von Leon (1439 72) im Bull, de la soc. archeol. du Finistere XXXV (1908), 69 93 gibt P. Peyron fünf Papst Urkunden aus der Zeit von 1456 64 bei.

E. M.

99. In eingehender Abhandlung in den Hansischen Geschichtsblättern Jahrg. 1909, Heft I, S. 53—113 unter- sucht Walther Stein die ursprüngliche, viel umstrittene, Bedeutung des Wortes 'hansa'. Er deutet es als Kor- poration von Kaufleuten, die nach aussen Handel treiben, die Zahlung, die beim Eintritt in diese Körperschaft ge- leistet wird und den Genuss ihrer Vorrechte, kehrt damit zu der alten Deutung zurück, die das Wort mit dem Be- griff 'Schaar', den es im Gothischen, Althochdeutschen und Angelsächsischen hatte, in Verbindung bringt, ent- gegen der Ansicht von Schaube, der es bei seinem frühesten Vorkommen im 12. Jh. als 'Abgabe' erklärte. Dabei ergeben sich manche interessante Feststellungen über Aussenhandel und Handelsrecht. O. H.-E.

100. Die neubegründete historische Kommission der Stadt Frankfurt a. M. beginnt die Reihe ihrer Veröffent- lichungen mit einer Publikation des Archivdirektors R. J u n g : 'Das FrankfurterStadtarchiv. Seine Bestände und seine Geschichte' (1909). Der Ueberblick über die Bestände, den der erste Teil des stattlichen Bandes gibt, ist, wie es bei dem Umfange des Archivs

302 Nachrichten.

auch nicht anders zu erwarten war, sehr summarisch ge- halten; für Details wird meist auf die früher publizierten Inventare verwiesen. Einzelne Urkunden des MA. sind nicht verzeichnet. Für die mittelalterliche Geschichte kommen hauptsächlich die Abschnitte V, XII und XV in Betracht. Die ausführliche Geschichte des Archivs enthält u. a. einige neue Mitteilungen zur Lebensgeschichte J. Fr. Böhmers. R. S.

101. Ein der ersten Hälfte des 14. Jh. angehörendes Verzeichnis der Urkunden des Trierer Domkapitels ver- öffentlicht B a s t g e n im Trierischen Archiv XIV (1909), 1—10. Vgl. N. A. XXXIV, 575. R. S.

102. Im Auftrage des Gemeinderats der Stadt Am- me r s c h w e i e r hat A. Scherlen ein summarisches Inventar des alten Stadtarchivs daselbst herausgegeben (Strassburg 1909). Die älteste Königsurkunde ist von Wenzel 1388 ; das älteste Privileg überhaupt von Herzog Leopold von Oesterreich 1376; eine Verpfändungsurkunde Karls IV. von 1360 wird in AA 18 erwähnt. Die ältesten Urkunden des Archivs scheinen Verfügungen des Bischofs Berthold von Basel über das Patronatsrecht der Ammersch- weierer Kirche vom J. 1251 und 1259 (GG 1, Abschrift) zu sein, die Papst Alexander IV. 1260 bestätigt hat.

H. Br.

103. Die sorgfältigen Arbeiten von G. T u m b ü 1 1 über die Grafschaft des Linzgaus und von Sulger Büel, Verfassungsgeschichte der Stadt Stein am Rhein (Schriften des Ver. f. Gesch. des Bodensees und seiner Umgebung XXXVII, 23 ff. u. 103 ff.) erwähnen wir hier, weil sie beide viel zur Interpretation des einschlägigen Urkundenmaterials (hier Ortserklärungen, dort Ausführungen über Immunität, Vogtei und Marktrecht) beitragen. H. H.

104. Die den zwei ersten Heften der Zeitschr. f. d. Gesch. des Oberrheins (N. F. Bd. XXIV) beigegebenen Archivberichte gelten dem freiherrl. von Breiten -Land en- bergischen Archiv zu Laisackerhof und dem gräfl. von Andlawschen Archiv in Freiburg i. B. Sehr reich- haltig (auch an Kaiser- und Fürstenurkunden von 1274 an) ist der zweite Bestand. H. H.

105. Die Beilage zum Jahresbericht des grossh. Frie- drichsgymnasiums in Freiburg im Breisgau 1907/8 (Frei- burg i. B. 1908) enthält handschriftliche, wirtschafts- und verfassungsgeschichtliche Studien zur Geschichte des

Nachrichten. 303

Klosters St. Peter auf dem S c h w a r z w a 1 d von E. F 1 e i g. Unter diesen Gesichtspunkten wird der Eo- tulus Sanpetrinus einer eingehenden Untersuchung unter- zogen, am Schlüsse folgt eine Neuausgabe dieser Quelle. Besondere Hervorhebung verdient Kapitel II, in dem eine chronologische Bestimmung der einzelnen undatierten Stücke des Rotulvis geboten wird. H. H.

106. Der X. Bd. des Wirte m bergischen Ur- kundenbuches (Stuttgart 1909) erschliesst der württem- bergischen Landesgeschichte das Quellenmaterial für die Jahre 1292 1296. In die Arbeit haben sich Archivdirektor E. V. Schneider und Archivrat M e h r i n g geteilt, bei der Erklärung der Ortsnamen hat G. B o s s e r t Bei- hülfe geleistet. Schon der nächste Band soll die statt- liche Publikation, die anderen vorbildlich gewesen ist, ab- schliessen. Man mag das bedauern, wird aber begreifen, dass ein württembergisches Urkundenbuch für das 14. Jh. ein Ding der Unmöglichkeit ist. H. H.

107. In der Archivalischen Zeitschrift N. F. XV, 1 ff. berichtet E. v. Desto uches über Münchens Stadt- archiv und Stadtchronik. Hier interessieren vor allem die Ausführungen über die Bestände des Archivs, die an mittelalterlichen Urkunden (1275—1500) über 2000 Stück aufweisen. Ebenda S. 235 ff. publiziert A. Mitter- w i e s e r Regesten aus dem Pfarrarchiv zu Prutting (1287 —1773). H. H.

108. Im Geschichtsfreund der fünf Orte LXIII, 3 ff. sucht P. E Meyer (Das erste Bündnis der schweize- rischen Urkantone) nachzuweisen, dass die Stelle 'anti- quam confederacionis formam iuramento vallatam presen- tibus innovando' des Bundes von 1291 nicht auf einen ca. 1260 abgeschlossenen Schutz -Vertrag zu beziehen sei, son- dern dass damit der zunächst mündlich abgeschlossene Bundesvertrag von 1291 gemeint sei, der nun durch die Urkunde eine schriftliche Fixierung erhielt. H. H.

109. Von dem Urkundenbuch von St. Gallen ist Teil 5, Lief. 4 erschienen, enthaltend Urkunden und Re- gesten aus den Jahren 1430 36, bearbeitet von P. Butler und T. S c h i e s s. H. V^.

110. Die zweite Hälfte des VII. Bandes des Urkunden- buches der Stadt und Landschaft Zürich (bearb. von J. E s c h e r und P. Schweizer) bringt Urkunden- drucke und Regesten 1301 1303 und* das von J. Brunner

304 Nachrichten.

angefertigte Orts- und Personen -ßegister. Den umfang- reichen SchliTSS des Heftes bilden aber der auf Grund des Quellenmaterials bis 1336 hergestellte Plan der Stadt Zürich, die Erklärung zu diesem, die P. Schweizer besorgt hat, und die Häuserregesten, d. h. eine tabellarische Zu- sammenstellung aller Urkunden, die bis 1836 etwas über Zürcher Häuser besagen , mit den topographischen Fest- stellungen ihrer Lage. H. H.

111. Der IX. Band der Fontes rerum Bernensium umfasst das ürkundenmaterial der Jahre 1367 1378. Die Sammlung der Stücke ist zum grösseren Teil von W. F. V. M ü 1 i n e n durchgeführt worden, die Bearbeitung für den Druck und die Herstellung der Register hat A. Plüss übernommen. Die Urkunden sind grösstenteils nur in Regestenform wiedergegeben, der ebenso wie im VIII. Bd. (vgl. N. A. XXIX, 802, n. 310) an den entscheidenden Stellen der volle Wortlaut zvi Grunde liegt. Neue Ur- kunden Karls IV. sind nicht zu verzeichnen (u. 1051 = Huber 7446). H. H.

112. Mit dem 'Inventar des allgemeinen Archivs des Ministeriums des Innern', bearbeitet von den Beamten dieses Archivs im Auftrage des K. K. Ministeriums des Innern (Wien 1909) wird die 1908 vom K. K. Archivrat beschlossene Veröffentlichung der Inventare öster- reichischer staatlicher Archive eröffnet. Die sehr übersichtliche Anordnung geschieht nach 1. Urkunden, 2. Büchern, 3. Akten. Die ersteren sind von 1256 1549 einzeln registriert, verzeichnen aus dem 13. Jh. sieben, aus dem 14. vierundzwanzig, aus dem 15. siebenundvierzig zum Teil bis nun (wie es scheint) nicht verwertete Stücke. Auch unter den Büchern (i. e. Handschriften) findet man manche, die für unsere Zwecke in Betracht kommen, n. 107 Samraelband s. XV mit Kaiser- und Königsurkunden, die in den Regestenbänden fehlen, n. 135 Statuten Mailän- discher Handwerksgenossenschaften s. XV XVIII. u. a. In den Akten zahlreiche Kopien von Urkunden vor 1500.

B. B.

113. Der VII. Bd. der dritten (Archiv-) Sektion der K. K. Zentralkommission zur Erf. u. Erh. der Kunst- und historischen Denkmale bietet eine Fortsetzung der Archiv- Berichte aus Tirol von E. v. Ottenthai und O. Redlich. Im ersten Heft berichtet E. von Otten- thal über die Archive der Gerichtsbezirke Lienz und Windisch -Matrei. Unter den mehrfach bis ins 13. Jh.

Nachrichten. 305

zurückreichenden Archivbeständen ragen die des Pfarr- archivs und des Klosters der Dominikanerinnen von Lienz besonders hervor. Das zweite Heft enthält einen Bericht Redlichs über die Gerichtsbezirke Battenberg und Hopf- garten. Die Archive von Rattenberg (Pfarr- und Stadt- archiv, Archiv des Servitenklosters) und das Dekanat- und Pfarrarchiv von Brixen seien als reiche Bestände besonders erwähnt. H. H.

114. In den Mitteilungen des K. K. Archivs für Niederösterreich II, 13 ff. setzt A. S t a r z e r (f) das Ver- zeichnis der Originalurkunden des K. K. Archivs f. Niederösterreich von 1351 1400 fort (vgl. N. A. XXXIV, 287, n. 149). H. H.

115. Im 59. Programm des K. K. Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster (Linz 1909) vertritt P. B. P ö s i n g e r in eingehender Untersuchung die Echt- heit der Stiftungsurkunde des Klosters Kremsmünster, ausgestellt von Herzog Tassilo im Jahre 777. Doch hält er ähnlich wie Vancsa (Blätter des Vereins f. Landeskunde von Niederösterreich XXXIV, 537) die drei letzten Besitz- bestimmungen für interpoliert. Den Schluss bilden Auto- typien der Ueberlieferungen der Urkunde im codex Lonsdor- fianus, codex Pridericianus (aus Kremsmünster) und im codex Hermanni Altahensis. Die sorgfältige Arbeit be- deutet zweifellos eine wertvolle Förderung der Frage; das letzte Wort ist aber durch sie vielleicht noch nicht ge- sprochen. H. H.

116. Zu den Nachträgen zum Aggsbacher Ur- kundenbuch (vgl. N. A. XXXIV, 288, n. 151) liegt nun eine Aeusserung des Herausgebers A. Fuchs und eine Erwiderung von J. L a m p e 1 vor (Jahrbuch f. Landes- kunde von Niederösterreich N. F. VII, 347 ff.). Aus diesem Streit, dessen persönliche Details nicht näher in- teressieren, ergibt sich wieder einmal, wie misslich es ist, wenn in einem grossen Archiv einheitlich erwachsene Be- stände zerrissen werden, und dass es eine der wichtigsten Aufgaben eines Urkundeneditors ist, für die Zusammen- setzung eines zersplitterten Archivbestandes Sorge zu tragen. H. H.

117. Im Archiv für die Geschichte der Diözese Linz V, 2. Heft gibt K. Schiff mann den Traditions- codex des Augustiner- Chorherrnstiftes Ranshofen am' Inn heraus. Da der Originalcodex verschollen ist, musste

Neues Archiv etc. XXXV. 20

306 Nachrichten.

der Ausgabe der Druck der Monumenta Boica und Ab- schriften in Hieron. Majrs Antiquarium Ranshoviauum (s. XVII) zu Grunde gelegt werden, eine grosse Zahl von Traditionen ist überhaupt nur auszugsweise bei Mayr er- halten. Der Herausgeber nennt seine Arbeit Beiträge zu einer kritischen Ausgabe und bemerkt selbst, dass wegen der zeitlichen Einreihung und über den formalen Charakter der Traditionen noch weitere Untersuchungen notwendig sind. Mit der beiläufigen Angabe eines bestimmten Jahres über jeder Tradition kann ich mich nicht befreunden.

H. H.

118. Der VI. Bd. des Codex diplomaticus regni Croatiae, Dalmatiae et Slavoniae (ed. T. Smiciklas, Agram 1908) führt diese Urkundenausgabe von 1272 1290. Wie die früheren Bände enthält auch dieser zahlreiche Tingarische Königsurkunden, auch Papsturkunden sind in bemerkenswerter Zahl vertreten. H. H.

119. In einem ersten Faszikel hat 1908 ein palaeo- graphisch - diplomatisches Prachtwerk zu erscheinen be- gonnen, das Gustav Friedrich im Auftrag des Böhmi- schen Landesausschusses als Anhang und Erläuterung zu seinem Codex diplomaticus regni B o h e m i a e herausgibt. Die 'Acta regum Bohemiae selecta' sind wundervoll ausgeführte Lichtdrucktafeln grössten Formats, deren die erste Lieferung zunächst 14 mit Herzogs- und Königsurkunden von 1130 1207 enthält. Der Umfang des ganzen Werkes soll 80 90 Tafeln betragen, die zweite Lieferung den noch ausstehenden erläuternden Text zur ersten nachholen. Erst dann wird auf einzelnes näher eingegangen werden können. Vorläufig können wir das grosse Unternehmen in seiner Anlage nur freudig be- grüssen. M. T.

120. Aus einem St. Georgenberger Chartular von c. 1480 macht L. Schönach in den Mitteil, des Ver. f. Gesch. der Deutschen in Böhmen XLVII (1908), 283 eine von Hall 1307 August 20 datierte Urkunde der Anna, Gemahlin Herzog Heinrichs von Kärnten, Schwester des letzten Premysliden, bekannt, die sich hier im Titel schreibt 'erbe des kunigreichs ze Behaim, herzogin ze Krayen [sie], grefin ze Tyrol unde ze Gorcze'. B. B.

121. Ueber die Stiftungsurkunde der Leitmeritzer Kollegiatkirche und ihre drei Ueberlief erungen , den im Original erhaltenen Akt von 1057, die Insertion in einem

Nachrichten. 307

Privileg K. Premysl Ottokars I. von 1218 und die gefälschte Gründungsurkunde s. XIV. handelt J. S c h 1 e n z in der- selben Zeitschrift XLVII (1909), 285 ff. ganz im Sinne der dieses Thema behandelnden tschechischen Arbeit von G. Friedrich von 1902. ß. B.

122. Ebenfalls in dieser Zeitschrift XLVII (1908), 265 ff. weist auf guter urkundlicher Basis A. Seifert eine verschollene vorhussitische Kirche in S a a z in einem dermaligen dortigen Wohnhaus und Magazin, das auch schon als Schüttboden und Malzhaus gedient hat, nach.

B. B.

123. Im Jahresbericht der Deutschen Landes -Ober- realschule in Göding 1908 09 verteidigt G. Treixler u. d. T. 'Gödinger Urkunden III. Ist die Gödinger Gründungsurkunde echt?' mit ßecht die Zuverlässigkeit dieser allerdings nur als Insertion seit 1350 bekannten, von 1228 datierten Urkunde, eines für die älteste Kolonisations- geschichte Mährens wichtigen Stückes. Gedruckt ist die Urkunde, die von der Königin Konstanze als Stadtherrin ausgestellt ist, im Cod. dipl. Morav. II, 204. B. B.

124. J. Ferrant publiziert in den Annales de la societe d'emulation de Bruges LIX, 137 sqq. einige auf die Kirche zu Harlebeke bezügliche Privaturkunden aus dem Ende des 14. Jh. H. W.

125. In den Analectes p. servir ä l'hist. eccl. de la Belgique XXXV, 1—15 untersucht H. Nelis die Schen- kungsurkunde des Grafen Robert für St. T r o n d von 741. Von den beiden Fassungen ist nach ihm die von Miraeus, Pardessus und Raymaekers gedruckte eine Ueberarbeitung des 12. Jh., die andere dagegen, die in einer Abschrift von c. 1050 vorliegt, durchaus unverdächtig. Der Text der Urkunde (S. 7 f. u. S. 11 ff.) ist nach der beigegebenen Lichtdrucktafel nicht genau wiedergegeben : oft ist § statt e gesetzt, zwei Fehler in Ortsnamen und mehrere andere kommen vor. A. H.

126. In den Annales de la societe d'archeologie de Bruxelles XXII, 325 sqq. behandelt G. Des Marez die an- gebliche Gründungsurkunde der Pfarrkirche von St. Michael und Gudula zu Brüssel vom Jahre 1047 (mit Text- abdruck und Facsimile, vgl. auch das Facsimile bei Reusens, Elements de paleographie p. 194), ausgestellt von einem Baldricus, den man mit dem Grafen Lambert IL von Löwen identifiziert, indem man annimmt, dass dieser den

20*

308 Nachrichten.

Doppelnamen Lambert- Bai drich geführt habe (vgl. Jahrb. Heinrichs II. Bd. III, 26, N. 4). Gegen Reusens, der die Urkunde für echt gehalten hatte, bemerkt Des Marez mit Recht, dass sie wohl erst im Anfang des 12. Jh. entstanden ist; die Schrift und das anhängende Reitersiegel lassen daran keinen Zweifel. In wie weit ihr Inhalt glaubwürdig ist, wird noch weiterer Untersuchung bedürfen; die Be- denken, die D. hinsichtlich des den Klerikern zugestandenen freien Verfügungsrechtes über ihre Präbenden ausgesprochen hat, sind jedenfalls sehr berechtigt. H. Br.

127. R. Van Waefelghem behandelt in den Analectes de l'ordre de Premontre IV und V die 'C a r - tulaires de l'abbaye du P a r c', deren Erwähnung er in der Bibliographie generale des cartulaires fran9ais von H. Stein vermisst. A. EL.

128. Unter den Urkunden der Abtei St. Michiels zu. Antwerpen veröffentlicht P. J. Goetschalckx zwei Bullen Papst Martins IV. von 1281, in den Bijdragen tot de gesch. van het hertogd. Brabant VIII, 232 f.

A. H.

129. Im Bulletin de la commission rojale d'hist. (Acad. roy. de Belgique) LXXVIII, 1 sqq. veröffentlicht L. V e r r i e s t 'trois chartes - lois iuedites de seigneuries de l'ancien Hain auf (Vicq-Escaupont, Elesmes, Berelles: 1238. 1280. 1292). A. H.

130. In den Annales de la societe archeologique de Namur XXVII, 213 sqq. hat C. -G.Roland weitere vierzehn Urkunden des 11 13. Jh. zur Geschichte des Gebietes von Namur veröffentlicht und erläutert, vgl. N. A. XXX, 246, n. 150. Die älteste (n. 13) des Bischofs Balderich von Lüttich vom J. 1015 für das Kloster St. Jakob zu Lüt- tich war schon bekannt, aber nur in sehr schlechtem Texte (fehlerfrei ist freilich auch der neue nicht); ich kann sie aber nicht für echt halten. Dass das angebliche Original (mit Bruchstück eines roten Siegels) erst dem 12. Jh. angehört, hat schon Schubert, Eine Lütticher Schriftprovinz S. 13 f. bemerkt; aber auch der Inhalt, über den Schubert nicht zu sicherer Entscheidung gelangt ist, kann der Prüfung nicht Stand halten. Die Urkunde ist mit Benutzung einer verlorenen echten Vorlage und der Vita Balderici, von der sie aber in einem wesentlichen Punkte nicht zu ihrem Vorteil abweicht, angefertigt, und offenbar sind es die Bestimmungen über die Einschränkung

Nachrichten. 309

der Rechte des Vogtes, die bei dieser wie bei so vielen Trugwerken des 12. Jh. den Anlass zu der Fälschung gaben.

H. Br.

131. In den Annales de la soc. d'emulation de Bru- ges LIX, 63 65 gibt R. D u p o n t Nachträge zu dem in früheren Jahrgängen derselben Zeitschrift veröffentlichten Verzeichnis Flandrischer Cartulare. Sie betreffen die Kirche zu Ingelmünster, Brügge, Hospiz St.-Hubert oder van Volden und Cordiers (linemaeckers); Oudenburg, Me- tiers; Furnes, Gavegasthuis ; St. Marienkirche zu Nieu- poort. A. H.

132. Im Mojen Age, 2. serie, t. XIII, 29—37 publi- zierte M. Jusselin die Abschrift einer Urkunde (1184 1191) mit den Facsimiles der Unterschriften von den Männern, die sie beglaubigten, darunter der des Kirchen- rechtsgelehrten Stephan, der damals Abt von St. - Genevieve, später Bischof von Tournai war, und einen Brief desselben und des Bischofs Mauritius von Paris an den Papst Lu- cius III. von 1181. 0. H.-E.

133. Im Bull, de la soc. d'etudes de la province de Cambrai X (1907), 147—149 teilt H. Dubrulle eine Bulle Martins V. für das Kapitel von St. Peter in Lille mit. E. M.

134. Zu den N. A. XXXIV, 293, n. 172 verzeichneten Doktorarbeiten von Dijon, in deren Anhang die Urkunden von St. Stephan in Dijon veröffentlicht werden, ist das Buch von G. V a 1 a t hinzugekommen : Poursuite privee et composition pecuniaire dans l'ancienne Bourgogne (1907), dem die Urkunden von 1155 bis 1200 beigegeben sind.

W. L.

135. Im Fonds Borghese des Vatikanischen Archivs hat A. F a y e n ein Verzeichnis der Annaten der R e i m s e r Kirchenprovinz unter Eugen IV. aus den Jahren 1431 1441 gefunden, wodurch die Lücke von 1433 1436 in den Originalregistern Eugens IV. zum Teil ausgefüllt wird. Er teilt daraus in den Analectes p. serv. ä l'hist. eccl. de la Belgique XXXV, 261 sqq. alle Angaben mit, die bei Dubrulle, Les beneficiers des dioceses d'Arras, Cambrai, Therouanne, Tournai, sous le pontificat d' Eugene IV, d'apres les documents conserves aux Archives d'Etat, ä Rome (vgl. N. A. XXXI, n. 74. 273), fehlen. A. H.

136. Ueber den gegenwärtigen Zustand des Mai- länder Staatsarchivs, seine Geschichte, seine Be-

310 Nachrichten.

stände, deren Neuordnung, soweit sie schon durchgeführt ist, und was daran noch geschehen muss, handelt Luigi Fumi im Archivio storico Lombardo, serie 4., anno XXXVI, fasc. 21, p. 198 242. O. H.-E.

137. In den Atti della E. accademia delle scienze di Torino XLIV, disp. 2/3, p. 125—144 behandelt Pietro Torelli, L' archivio del Monferrato, das nicht nach einer immer noch weit verbreiteten Meinung nach Aufhören des selbständigen Bestehens des Herzogtums Mantua zerstreut worden und weder in Mantua noch in Wien, sondern im wesentlichen unversehrt in Turin sei; er setzt das Schicksal des Archivs im Einzelnen ausein- ander und gibt zum Schluss ein Verzeichnis solcher Stücke, die aus irgend welchen Gründen in Mantua geblieben sind. Als neue , beachtenswerte Ueberlieferungen sind hier zu erwähnen St. 3744 (Or.); St. 4452 Kopie von 1509, bisher aus Originalkonzepten der Bestätigungen Maximilians II. (1574) und Rudolfs II. (1585) bekannt; Schreiben betr. die Ächtung der Lombarden durch Friedrich II. (1226. Juli) an Podesta und Rat von Alba, bisher in den Exemplaren an Cremona, Como, Asti und Imola bekannt (Constit. II, 136, n. 107). B. Schm.

138. Am 25. Mai 913 schenkte B e r e n g a r I. (Schia- parelli n. 89) seinem Kanzler, dem Veronesen Johannes ein Grundstück innerhalb der Arena von Verona, 922. Aug. verfügte in seinem Testament lohannes episcopus Ticinensis, wie die älteren Drucke haben, über eben ein solches Grund- stück, man hatte daher die beiden Personen des gleichen Namens identifiziert. Schiaparelli bewies, dass das nicht möglich sei, dass der Kanzler vielmehr Bischof von Cre- mona wurde, und suchte einen Ausweg aus dem Dilemma, indem er ein verlorenes Diplom Berengars für den Bischof von Pavia annahm. Jetzt zeigt Giuseppe G e r o 1 a in dem Archivio storico Lombardo, serie quarta, anno XXXV, fasc. 20, p. 426 431, dass in dem Testament 'Cremo- nensis' für 'Ticinensis' zu lesen ist, wodurch jede Schwierig- keit beseitigt wird. 0. H.-E.

139. Mit einer hübschen üeberraschung beschert uns L. Schiaparelli aus dem Kapitelarchiv von P i a - c e n z a , indem er in einem ersten Teil von 'Ricerche e studi sulle carte Longobarde' (Bullettino dell' Istituto storico Italiano 1909 n. 30) 13 unbekannte Privaturkunden V. J. 735 774 abdruckt, von denen 12 noch in Originalen vorliegen, während wir für ein Stück (n. X) auf die Ab-

Nachrichten. 311

Schrift Bosellis angewiesen sind, der schon alle Urkunden gekannt und kopiert, aber Anstand genommen hatte, seine wegen des teilweise schlechten Erhaltungszustandes der Originale lückenhaften Abschriften zu veröffentlichen. Von den n. VI und IX gibt Schiaparelli auch Lichtdruck- Facsimiles. In der kurzen Einleitung bespricht er sach- kundig einige Besonderheiten im Formular dieser Urkunden.

M. T.

140. A. Gaudenzi verteidigt in langatmigen Aus- führungen im Archivio stör, italiano, Ser. 5, Bd. XLI, 257 ff. seine Auffassung von dem, was er 'Doppelredaktion' (duplice redazione) der italienischen Notariatsurkunde nennt, und von ihren Dorsualnotizen (vgl. N. A. XXXI, 276, n. 127) gegen ßrunner, Kern und mich selbst. Es ist nicht tunlich , an dieser Stelle und in einer kurzen Notiz die ganze Frage eingehend zu behandeln ; ich muss mich damit begnügen, meinen Widerspruch gegen die Theorie Gaudenzis wiederholt zu betonen, und darauf ver- ziehten, Einzelheiten, wie etwa die wundersame Unter- scheidung zwischen 'scribere' und 'conscribere', die er S. 305 ff. vorträgt, kritisch zu beleuchten. Nur eine einzige Bemerkung, welche anscheinend nur die diplomatische Terminologie, in Wirklichkeit aber den Kern von Gaudenzis Ausführungen angeht, möchte ich machen. Gaudenzi be- kämpft es wiederholt aufs entschiedenste , dass ich die Dorsualnotizen der italienischen Notariatsurkunden und nun gar die Imbreviaturen der späteren Zeit als Konzepte ('minute', wie er übersetzt) bezeichne; er will durchaus, dass sie Akte (atti) genannt werden. Vielleicht wird er doch wenigstens in diesem einen Punkte von der Eichtigkeit meiner Ausdrucksweise sich überzeugen lassen, wenn er eine Dekretale Gregors IX. (II, 22, de fide instrumen- torum, cap. 15, ed. Friedberg S. 353) ins Auge fasst. Hier heisst es: 'Cum P. tabellio morte praeventus quaedam non perfecerit instrumenta, quae in nota redacta fuerant ab

eodem, poteris ea fideliter in publicam formam

redigere'. Dass hier der Ausdruck 'nota' auf die Im- breviaturen angewandt ist, wird G. nicht in Abrede stellen, und dass in der Sprache der päpstlichen Kanzlei 'nota' im 13. Jh. dasselbe bedeutet, wie 'minuta' im späteren Mittel- alter, nämlich Konzept, ist eine jedem Diplomatiker be- kannte Tatsache (vgl. z. B. Paoli, Programma scolastico III, 67), über die sich G., wenn er sie doch bezweifeln sollte, aus den päpstlichen Kanzleiordnungen schnell unter- richten könnte. Uebrigens will ich nicht unterlassen zu

312 Nachrichten.

bemerken, dass, wenn auch Gaudenzis Auffassung meines Erachten s jetzt wie früher abgelehnt werden muss, die Mitteilung einer erheblichen Anzahl bisher unbekannter Dorsualnotizeu, die er in seinen Aufsatz eingefügt hat, recht dankenswert ist. H. Br.

141. In den Miscellanea di storia Italiana XLIV (Ser. 3, XIII), 123 sqq. druckt D. Sant' Ambrogio aus dem Recueil des chartes de l'abbaye de Cluny die auf das Kloster S. Pietro di Castelletto al Cervo bezüglichen Urkunden n. 3430. 3396. 4044 (St. 3338) mit einigen Erläuterungen wieder ab. H. W.

142. Zu dem Prozess, den Francesco Petrarca um den ihm vom Papste Clemens VI. 1342 Okt. 7 ver- liehenen Priorat von Migliarino bei Pisa führte, publizierte Arnaldo della Torre eine Anzahl von Aktenstücken und erläuterte sie im Archivio storico Italiano, serie V, t. XLII, 119—136. O. H.-E.

143. E. Gualandi gibt seiner Studie : Le origini de' conti da Panico (871 1068) (Atti e memorie d. E. deputazione di stör. patr. per le prov. di Romagna, III. Serie, vol. XXVI, p. 285 348; Bologna 1908) als Anhang ein Eegesto dei documenti und drei documenti inediti bei, Emphyteuseurkunden von 1011 März 28, 1038 Febr. 6 und 1043' Juli 2. B. Schm.

144. In den Studi storici vol. XVII, fasc. 1 (Pisa 1908), p. 35 134 stellt G. Pardi di Liste der Podestä, Capitani e Vicari in Orvieto nei secoli XIII. e XIV., die er für den internationalen Historikerkongress in Rom bis 1500 geliefert hatte, von neuem zusammen mit Bei- fügung historischer Notizen über die einzelnen Persönlich- keiten. B. Schm.

145. Eine dem 9. Jh. angehörende, von einem Reichenauer Mönch Gerhard herrührende Einleitungs- epistel zu Isidors De rerum natura veröffentlicht G. B er- tön i in den Studi medievali II, 551 553. R. S.

146. A. Cauchie macht in den Analectes p. serv. ä l'hist. eccl. de la Belgique XXXV, 285 288 auf einen Brief des Erzbischofs Friedrich I. von Köln an B. Albero I. von Lüttich (1123—28) bei Rupert von Deutz, In regulam s. Benedicti, Migne, Patr. Lat. CLXX, 526 sq. (a. d. J. 1125) aufmerksam, in dem der mit den Benedik- tinern Kuno von Siegburg und Rupert von Deutz befreun-

Nachrichten. 313

dete Erzbischof die Begünstigung der Prämonstratenser durch Albero missbilligt. A. H.

147. Aus der Tegernseer Hs. Clm. 19411, deren nähere Beschreibung wir Wattenbach verdanken (vgl. N. A. XVII, 33 fE.), druckt H. S i m o n s f e 1 d (SB. der Kgl. bayer. Akademie der Wiss., Philos. - philol. u. bist. Kl. 1909, 4. Abhandlung) einige bisher nicht publizierte Briefe ab. Sie betreffen die Klöster Tegernsee, Steingaden und Benediktbeuren und gehören der Zeit Friedrichs I. an. Ihr Inhalt bietet wertvolle Nachrichten zur Be- urteilung der kirchenpolitischen Verhältnisse jener Zeit. In der Beilage erwidert S. auf die Rezension, die K. Hampe in der Hist. Zeitschr. CII, 106 ff. über den ersten Band der Jahrbücher Friedrichs I. veröffentlicht hat. H. H.

148. Unter dem Titel 'Atti diplomatici riguardanti le relazioni tra Venezia e Firenze al principio del secolo XIV.' veröffentlicht C. C i p o 1 1 a im Archivio storico Italiano XLIII, 332 350 aus den Lettere di collegio 1308 1310 des Venezianer Staatsarchivs mehrere interessante Stücke jener Zeit, darunter auch ein Schreiben des Dogen Pietro Gradenigo an den König von Böhmen, Heinrich von Kärnten (1308 Dez. 12). M. Kr.

149. Aus der Hs. n. 12722 der Pariser National- bibliothek ediert F. Bliemetzrieder in blossem Ab- druck das Gutachten der juristischen Fakultät zu Padua über U r b a n s VI. Wahl. (Sommer 1378). Kommentar wird in Aussicht gestellt. B. B.

150. U. d. T. 'Eine von den Kreisen des Hofes Kaiser Karls IV. inspirierte Verteidigung der Wahl Urbans VI. (1379)', veröffentlicht F. Bliemetzrieder in den Mitteil, des Ver. f. Gesch. der Deutschen in Böhmen XLVII (1909), 375 ff. aus Cod. n. 5064 der Wiener Hofbibliothek ein interessantes Aktenstück, das sich als ein Brief eines anonymen Karthäusers an eine ungenannte Person darstellt. B. charakterisiert es als ein 'Stimmungs- bild aus den ersten Zeiten des Schismas', verfasst unter dem Einfluss der Hofkreise K. Karls IV. und seines Sohnes Wenzel, in voller Ueberzeugung der Legitimität der Wahl Urbans VI. Das Schriftstück ist unvollständig erhalten.

B. B.

151. Im Anschluss an einen verbesserten Wieder- abdruck des von J. Chmel im J. 1841 bekannt gemachten Spottbriefes auf K. Wenzel und die römische Kurie aus

314 Nachrichten.

dem Miszellaucodex n. 8219 der Wiener Hofbibliothek erörtert G. Sommerfeldt in 'Ein Pasquill auf Miss- bräuche am Hofe K. Wenzels und an der Kurie, 1379' in der eben genannten Zeitschrift XLVII (1908), 219 fp. die Frage nach dem Verfasser. Er verweist auf die Ueber- einstimmung der beiden nicht zusammengehörigen Teile dieses Briefes mit zwei selbständigen Stücken im sogen. Codex epistolaris des Erzb. Johann v. Jenstein von Prag, die nur deshalb in der Kollektaneenhs., die Chmel be- nutzte, zu einem Stück verschweisst wurden, weil im Brief- codex ein Doppelblatt herausgerissen ist, auf dem minde- stens der Schluss des einen und der Beginn des anderen Stückes gestanden haben. Der erste Teil, die eigentliche Habsuchtsepistel, dürfte irgendwie mit dem für P. Klemens agitierenden Konrad Heinrich von Wesel in Verbindung zu bringen sein. Der zweite Teil ist ein Dankschreiben Jensteins an P. Urban VI., das eben mit dem Pasquill nichts zu tun hat. B. B.

152. In den Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und dem Cistercienserorden, Jahrg. XXIX (1908), 580 fe. veröfeentlicht F. Bliemetzrieder einen Bericht des Matthaeus Clementis an Urban VI. (c. 1381) über seine Arbeiten zu dessen Gunsten in Aragouien, durch den diese noch für ßaluze sagenhafte Gestalt klar hervortritt. Der Bericht findet sich in einer Hs. der Wiener Hofbibliothek Cod. Lat. 50G4, fol. XXVIII.

B. B.

153. Ebenda, Jahrg. XXX (1909), 52 ff. veröffentlicht F. Bliemetzrieder aus Hs. n. 12722 der Pariser Nationalbibliothek einen Sermo des Bischofs Petrus G i r a r d i bei der Uebergabe des Kardinalshutes an Pileus de Prata und Galeotto de Petramala (1386/7). Die Namen der Kardinäle und die Zeit sind in dem Sermo zwar nicht genannt, aber B. macht es durchaus wahrscheinlich, dass es sich um eine Anrede an diese beiden durch P. Cle- mens VII. rehabilitierten Personen bei der Uebergabe des Kardinalhutes handle, und dass das Ereignis in die Zeit von August 1386 bis 13. Juni 1387 fallen müsse. B. macht gleichzeitig aufmerksam auf das in der Hs. unmittelbar vorangehende Schreiben, das Pajjst Clemens VII. an seine Gesandten Johann de Murot, Bischof von Genf, und an den damaligen Kammerkleriker, späteren Bischof und Kardinal Petrus Girardi im J. 1380 richtete, dessen Ab- druck er in Aussicht stellt. B. B.

Nachrichten. 315

154. Seinem ertragreichen Bericht über Nach- forschungen nach Briefen des Enea Silvio (vgl. N. A. XXXI, 538, n. 34:3) hat R. Wölk an nunmehr den ersten Band seiner Publikation folgen lassen: Der Briefwechsel des Eneas Silvius Piccolomini. I. Abteilung : Briefe aus der Laienzeit (1431 1445). 1. Band: Privatbriefe (Wien, G. Holder 1909. XXVIII, 595 S. ; a. u. d. T. : Fontes rerum Austriacarum II. Abt., 61. Bd.). Während die Einleitung über die handschriftlichen Grundlagen der Ausgabe handelt, bringt diese selbst im ganzen 203 Briefe zum Abdruck, der Art dass jedem einzelnen von ihnen Angaben über den Inhalt, Ueberlieferungsform und etwaige ältere Drucke vorgesetzt sind. Der Text, in dem freilich nur die Eigen- und Ortsnamen mit grossen Anfangsbuch- staben ausgezeichnet sind, wird begleitet von Varianten und Anmerkungen, von denen jene wiederum abweichend von sonstigem Brauche durch Ziffern, diese durch Buch- staben unterschieden werden. Wolkan trennte in seiner Ausgabe die Privatbriefe Eneas' von den im Auftrag König Friedrichs III. oder des Kanzlers Schlick verfassten; die ersteren erhielten arabische Ziffern , jene sollen nach römischen durchgezählt werden. Wir bekennen kein Freund solcher Trennungen zu sein, würdigen es aber, wenn W. S. XXV betont, dass er sie hier 'nach langer Ueberlegung und mit gutem Grunde' vorgenommen hat, zumal dem Herausgeber die Entscheidung darüber zustehen muss, wie er seine Edition gestaltet. Sei dem wie ihm wolle: W.'s Veröffentlichung bedeutet eine willkommene Bereicherung unserer Kenntnisse vom Leben, Charakter und den weit- verzweigten Beziehungen des späteren Papstes in seiner Laienperiode, nicht allein dank den hier zum ersten Mal gedruckten Briefen oder briefähnlichen Abhandlungen vind Schilderungen (vgl. z. B. n. 8 13. 31 33 über das Baseler Konzil) , sondern auch dank der sorgfältigen und be- hutsamen Behandlung der schwierigen chronologischen Fragen, bei der W. mehr als einmal von G. Voigt, dem verdienten Biographen seines Helden, abweicht. Darum möchten wir dem Wunsche nach baldiger Fortsetzung Ausdruck geben; sie wird sicherlich auch die jetzt noch fehlenden Register, Konkordanzen und was bei keiner Urkunden- oder Briefedition vermisst werden sollte ein Initienverzeichnis bringen. A. W.

155. In der Zeitschrift f. Thüringische Geschichte u. Altertumsk. N. F. XXVII (1909), 506—512 hat G. Sommer- fei d t sieben Briefe des Nürnberger Rats an die

316 Nachrichten.

Grafen von Schwarzburg- Sondershausen 1443 1448, einen an den Grafen von Schwarzburg -Rudolstadt heraus- gegeben. O. H. -E.

156. In einer fesselnden Untersuchung 'Beiträge zu A u s o n i u s. IV. Die Ephemeris ein Mimus', Progr. des Gjmn. zu Wolfenbüttel, 1909, zeigt W. Brandes, dass die Klage 'Wir haben keinen Eest der mimischen Hypothese aus der römischen Kaiserzeit' unbegründet ist, denn von Ausonius ist uns das umfangreiche Bruchstück eines häuslichen lateinischen Mimus erhalten. K. Str.

157. In einem sehr bemerkenswerten Aufsatze 'Die Epistel des Auspicius und die Anfänge der lateinischen Ehythmik', Ehein. Mus. LXIY, 1908, S. 57 ff., hat W. Brandes gegen W. Meyers wiederholte Kritik seiner Beurteilung der Versepistel des Auspicius Stellung ge- nommen. Er begnügt sich nicht damit seine Auffassung völlig aufrecht zu erhalten und fester zu begründen, sondern geht im zweiten Teil auch dazu über, die Grund- lage der bekannten Meyerschen Lehre , die semitische Silbenzählung, 'das tiocotov ^^evdo^\ zu erschüttern. Natür- lich ist hier manches sehr hypothetisch, doch lässt sich nicht leugnen, dass der Eindruck dieser Ausführungen be- deutend ist. Der Aufsatz muss und wird in der weiteren Diskussion der schwierigen Frage eine wichtige Eolle spielen. K. Str.

158. Fast gleichzeitig mit dem eben genannten Auf- satz von Brandes ist auch in der Byzant. Zeitschrift XYII, 587 ff. die Antwort von P. Maas auf Meyers Angriff in den Göttinger Nachrichten 1908 S. 194 ff. erschienen. Wenn auch beide in der Ablehnung der Meyerschen Aus- führungen übereinstimmen , so trennen sie sich doch in der Grund auf fassung des Problems. Aber es gibt zu denken, dass sie in einer Eeihe wichtiger Punkte zusammen kommen, ich nenne nur die stark betonte Forderung, die Anfänge der lateinischen rhythmischen Dichtung nicht nach den Eegeln späterer Jahrhunderte zu beurteilen, den Hinweis auf den Einfluss der Iren, die Bemerkung über die Betonung zweisilbiger Wörter. K. Str.

159. In einer Miscelle 'Kurz- und Langzeile in der Auspicianischen Strophe', Philologus LXVIII, 157 ff., führt Maas die eben erwähnten Untersuchungen fort. Die Tatsache, dass der Inhalt bei Auspicius fordert Lang-

Nachrichten. 317

Zeilen anzusetzen, findet ihre Parallele darin, dass in 5 der ältesten Hymnen die erste und dritte Knrzzeile metrisch freier behandelt ist als die 2. und 4. (Siebensilber, Neun- silber, paroxytonischer Schlussaccent), also schon in sehr früher Zeit ein solcher Gegensatz zu den quantitierenden Vorbildern! Den Schluss bildet der Hinweis auf eine ähnliche Erscheinung in der frühbjzantinischen Metrik.

K. Str.

160. Eine tief dringende Studie bietet Gl. Blume im III. Bande der 'Hymnologischen Beiträge' unter dem langen Titel 'Der Gursus s. Benedicti Nursini und die liturgischen Hymnen des 6 9 Jh. in ihrer Beziehung zu den Sonntags- und Ferialhymnen unseres Breviers', Leipzig 1908. Er stellt fest, welche liturgischen Hymnen zur Zeit des hl. Benedikt und vor ihm im Gebrauch waren, und kommt zu dem überraschenden Ergebnis, dass im Laufe des 9. Jh. der bis dahin auf dem Festlande angewandte litur- gische Hymnencyklus durch einen andern , anderswo zu- sammengestellten und auch z. T. wohl gedichteten , ver- drängt worden sei. Diesem zweiten Gyklus, der von da an den Grundstock des Hymnenbestandes bildet, wird irische Provenienz zugesprochen. Auch sonst enthält die Schrift eine Reihe wichtiger Beobachtungen zur Geschichte des Breviers.

Eine Fortsetzung dieser Untersuchungen bringt die Einleitung zu Blumes Erneuerung von Daniels 'Thesaurus hymnologicus' : dass der alteingebürgerte Cursus des Bene- dictus durch die irische, freilich nicht dort gedichtete, sondern dorthin importierte Hymnengruppe ersetzt wurde, ist nur durch den Eingriff eines einflussreichen Mannes zu erklären. Blume hält es für sehr wahrscheinlich, dass kein geringerer als Gregor d. Gr. eine Sammlung zusammen- stellte und z. T. selbst dichtete. Damit würde es dann zusammenhängen, dass die Hymnen aus dem monastischen Gebrauch auch für den Weltklerus in sein Brevier auf- genommen wurden. Wie erfreulich dies 'Thesauri hym- nologici Hymnarium. Die Hymnen des Thesaurus hymno- logicus H. A. Daniels und anderer Hymnen -Ausgaben. I. Die Hymnen des 5. 11. Jh. und die Irisch - Keltische Hymnodie aus den ältesten Quellen neu herausgegeben von Gl. Blume, 1908' ist, bedarf keiner weiteren Aus- führung. K. Str.

161. Carlo Pascal, von dem wir eine Geschichte der lat. Literatur zu erwarten haben, überarbeitet in der

318 Nachrichten.

Letteratura Latina medievale (Catania 1909) mehrere seiner in Zeitschriften erschienenen Abhandlungen, besonders über Senecas Fortleben im M. -A., ergänzt seine früheren Mitteilungen über die dem Ovid im M.-A. zugeschriebenen Gedichte und die Satiren gegen die Frauen. Die S. 108 f. aus Cod. Paris. Lat. 3718 publizierten Verse de proprietate feminarum können nicht von einem Adam des 13. Jh. sein, da sie schon in Hss. des 12. Jh. vorkommen; vgl. die in meinen Beiträgen S. 28 f. augeführte Literatur, aus der manche Stelle des Abdruckes verbessert werden kann.

J. W.

162. Die Frage, ob die Metamorphoses (der goldene Esel) des Apuleius im Mittelalter bekannt waren, be- antwortet G. Huet im Moyen Age, 2. serie, t. XIII, 23 29 dahin, dass der erste, der sie zitiert, Vincenz von Beauvais ist, dass Boccaccio sie für zwei seiner Novellen ausnutzte.

O. H.-E.

163. Karl Strecker bespricht im Anzeiger der Zeitschrift für Deutsches Altertum LI, 43 60 eingehend das N. A. XXXIV, 302, n. 202 verzeichnete Buch von Dreves und legt dar, dass bei den von diesem fürVenantius Fortunatus und H r a b a n in Anspruch genommenen Dichtungen teils die Gründe für die Zuweisung nicht aus- reichen, teils die Gegengründe überwiegen. W. L.

164. Karl Strecker, Der Rhythmus 'De Asia et de universi mundi rota' (Jahresbericht des königl. Luisen- Gymnasiums zu Berlin, Ostern 1909) gibt 'versuchsweise' eine neue Ausgabe dieses schwierigen Textes auf Grund eines viel reichhaltigeren Apparates, als Pertz zur Ver- fügung stand, und hofft dadurch die Leser zu Besserungs- vorschlägen anzuregen. Hatte Traube 738 als äusserste Zeitgrenze für die Entstehung des Gedichts ermittelt, so scheinen sich doch schon in der vor 736 entstandenen austrasischen üeberarbeitung B des L. h. Fr. c. 5 Spuren der Benutzung zu finden, denn die Ausdrücke 'noncu- pantur Germanias', 'semperque indomiti' stimmen mehr mit dem Gedicht (Str. 18. 19) als mit Isidor, der daneben direkt benutzt ist, und 'nuncupatur Dacia' steht auch Strophe 16, 3. Unter den Strophe 30. gefeierten 'venusti principes' in der Gallia Belgica zwischen Rhein und Seine ist doch wohl das karolingische Hausmeiergeschlecht zu verstehen. Mit besonderer Vorliebe scheint mir der Dichter bei der Beschreibung Südfrankreichs zu verweilen. Aqui- tanien rechnet er von der Loire nur bis zur Dordogne,

Nachrichten. 319

gedenkt dann der ümströmung durch die Garonne und scheint das Land der Wascones für sich zu zählen, nennt hier auch die weniger bekannten Flüsse Gabirus (Le Gave de Pau) und Adour. Septimanien dehnt er bis zu den Alpen aus, worunter nach dem Sprachgebrauch jener Zeit die Pyrenäen verstanden werden. In seinem Latein sind die häufigen Acc. pl. statt Nom. pl. beachtenswert. Die Ehone lässt er durch das Burgunderland nach Spanien fliessen: 'in (e) spania' (34, 3) 'in Provintiam' V ist augenscheinlich Korrektur , und doch hatten die Westgothen schon 508/10. Arles verloren. Str. hat in seinem Apparate Zusätze zu dem bisher bekannten Texte gefunden, hat auch das Ge- dicht lesbarer gemacht, aber vielleicht mehr geändert, als gerade nötig war, und mit seiner Anordnung der Strophen des 2. Teils kann ich mich nicht einverstanden erklären. Hatte Pertz aus Unkenntnis des Merowingerlateins schwer gesündigt, so hat er sich doch bei der Aufeinanderfolge der Strophen an die Ueberlieferung gehalten und hier eigentlich nur durch die Umstellung des in seiner Haupths. fehlenden Africa (38 43) zwischen Balkaninsel (24) und Sicilien gefehlt. Str. hat sich in der Textfolge zu stark durch die Quelle des Gedichts (Isidors Etymologien) be- einflussen lassen, der doch der Dichter nicht immer skla- visch zu folgen brauchte, deren Reihenfolge er ändern und deren Inhalt er verkürzen konnte und sogar musste. Gegen sämtliche Hss. trennt Str. die Strophe über die Franken (23) von der übrigens nicht aus Isidor geschöpften Beschreibung Galliens (30 ff.) und schliesst dafür die Balkan- insel an (24), die doch mit den Franken wenig zu tun hat. In der Y-Hss.-Klasse steht diese hinter Italien (27 29), so dass die beiden Halbinseln vereinigt sind, und dann folgen die Inseln: zuerst Sicilien (47 50), hernach Britannien (44 46) ; aber Isidor behandelt umgekehrt erst Britannien und so stellt dieses auch Str. vor Sicilien. Durch diese Umstellung wird der Schluss des ganzen Gedichts (46) von seiner Stelle gerückt, und Str. behandelt es nun als Torso: er nimmt an, dass die lange Eeihe der von Isidor noch aufgezählten Inseln (Etym. XIV, c. 6, § 14 31) auch vom Dichter behandelt und also verschiedene Strophen verloren seien. Aber vielleicht war der Dichter weniger Pedant, als der Herausgeber annimmt, und vereinfachte sich seine Aufgabe am Schlüsse etwas, auch mag er seine Quelle nicht immer richtig verstanden haben, und wer seine Exzerpte beispielsweise mit denen Fredegars aus der Chronik des Hieronymus vergleicht, wird sich auch über gelegentlichen

320 Nachrichten.

Unverstand nicht wundern und in der Korrektur nach den Quellen vorsichtig sein. Strophe 34 über die Gallia Lug- dunensis schliesst sich in Y nicht unpassend an 30 über die Gallia Belgica an. Die 2 Verse über Pannonien (25) sind natürlich wieder mit dem Einzelverse über Gotien (Krim) und Dalmatien (17) zu einer vollzähligen Strophe zu vereinigen, wie sie in Y eine solche bilden, und diese steht ganz richtig hinter Dacien (16). Auch der üeber- gang von den Suevi, Schwaben (21), zu der Donau und den Slaven, Hunnen und Wenden (26), Völkerschaften, die der Dichter nicht bei Isidor fand, scheint mir keine Aenderung gegen die Ueberlieferung aller Hss. nötig zu machen. Die Textfolge in Y verdient das Vertrauen, welches ihr Pertz entgegengebracht hat, und muss m. E. der künftigen Aus- gabe in den Poetae zu Grunde gelegt werden. Wenn die andere Familie X, wozu die alten St. Gallener Hss. und V (saec. XIII) gehören, durch willkürliche und teilweise sinnlose Aenderung den Zusammenhang gestört hat, wie sie Gothien (17) unter Umdeutung auf die Westgothen und Septimanien zwischen 32. und 33. 34. einschiebt, so lassen sich doch die Umstellungen teilweise schon durch ihre verstümmelte Form als solche erkennen, und streicht man sie weg, so bleibt auch dort im Grossen und Ganzen die Reihenfolge von Y übrig. Ausgefallen ist in Y Strophe 36 und die Beschreibung von Afrika hinter dem zwischen Afrika und Gallien belegenen Spanien (37) nicht Panno- nien, wie Str. S. 20 schreibt , und diese Lücke ergänzt X. Aus dieser alten Familie und besonders ihren ältesten Vertretern wird auch manche altertümlichere Form zu gewinnen sein, und 5, 2 möchte ich mit dieser Ueber- lieferung 'iunctaque' (nämlich 'incendia' als nom. sing.) statt 'iungitque' schreiben, wie 'iuncta' so häufig im Gedichte wiederkehrt. Die merowingische Orthographie ist wohl im Apparat gebucht, doch im Text kaum verwertet, da es wenig Zweck habe, mit den bekannten Vokalverwechs- lungen zu operieren. Wenn aber das Ziel einer wissen- schaftlichen Ausgabe sein muss, der Form des Originals möglichst nahe zu kommen, wird man die orthographischen Varianten nicht prinzipiell unbeachtet lassen dürfen.

B. Kr.

165. Federico Patetta beschäftigt sich in den 'Note sopra alcune iscrizioni medievali della regione Mo- denese e sopra i Carmina Mutinensia', Modena 1905, mit den Resten einiger Modeneser Inschriften aus dem M. -A., die in sorgfältiger Weise ergänzt und erklärt

Nachrichten . 321

werden, wobei freilich dem Zweifel nicht wenig Raum bleibt. Besonderes Interesse erregt die schon öfter be- handelte Inschrift von Cittanova. Treffend scheint mir, was gegen die früheren Ergänzungen angeführt wird, aber die Ergänzungen, die P. bringt, haben mich auch nicht überzeugt, man braucht sie nur laut zu lesen, um zu er- kennen, dass sie einen ganz anderen Charakter haben. Welches die Ursache ist, habe ich nicht klar erkennen können; ist es reiner Zufall, dass die erhaltenen Zeilen sich teilweise wie rhythmische Verse lesen? Daran knüpfen sich recht interessante Ausführungen über die Carmina Mutinensia, (Traube, Poetae III, 706 sqq.). Die Schildwachen bewachen nicht, wie der Verf. wahrscheinlich macht, die Mauern von Modena, sondern eines 881/82 in jenen Wirren angelegten Appeninkastells. K. Str.

I 166. Die Diskussion über das Gedicht 'O Roma no-

j bilis', das Ludw. Traube zu seiner bekannten Abhandlung j den Titel geliefert hat, wird durch Peter Wagner im Kirchenmusikalischen Jahrbuch zum Abschluss gebracht. Franz Steffens fand in der Monte - Cassineser Hs. Q 318 s. XI/XII. die Melodie in Buchstaben. Der Bau der Sing- weise schliesst ihre liturgische Verwendung aus : sie ist von dem weltlichen Gedicht, mit dem sie in zwei Hss. über- liefert ist, auf dieses Lied, das als Pilgergesang erwiesen wird, übertragen worden. J. W.

167. Schon mehrfach ist die Vermutung ausgesprochen worden , dass die im Nibelungenliede zu Tage tretende genaue Kenntnis der Walthersage nicht auf eine im Volke lebende Sage, sondern direkt auf den Wa 1 1 h a - r i u s zurückzuführen sei. Doch blieben im einzelnen immer Bedenken übrig. Da zeigt R o e t h e in seinem Akademievortrag (gehalten am 31. 5. 1906, aber erst jetzt gedruckt) 'Nibelungias und Waltharius' einen neuen Weg. Nicht nur die Walthersage ist dem Nibelungendichter be- kannt, sondern ein Vergleich zeigt, dass Nibelungennot und Waltharius in Aufbau und Rahmen wie in vielen Einzelheiten eine überraschende Aehnlichkeit aufweisen: Konrad, der Dichter des lateinischen Nibelungenliedes, der Nibelungias, hat neben der Aeneis Ekkehards Waltharius zum Vorbilde genommen. Konrads Epos wurde ins Deutsche übertragen, dies deutsche Lied war die gemeinsame Quelle des Nibelungendichters und der Thidreksage. (Hierzu ist zu bemerken, dass die Thidreksage auch von dem Waltha- rius direkt beeinflusst sein muss). Roethes fesselnde

Neues Archiv etc. XXXV. 21

322 Nachrichten.

Ausführungen sind äusserst kühn , enthalten aber eine grosse Ueberzeugungskraft. K. Str.

168. In seinen eingehenden Untersuchungen über die Hildesage, Zeitschr. f. deutsche Philol. XL, 1 ff., widmet B o e r auch einen langen Abschnitt der Walther- sage. Mit spielender Leichtigkeit werden hier alle Schwierigkeiten beseitigt, die bisher noch immer dem Ver- ständnis dieser Sage entgegenstanden, und der staunende Leser erfährt mit Schaudern, dass sie auf eine dänische Geschichte zurückgeht, deren Kern darin besteht, dass ein Schwiegervater (Hagen) und ein Schwiegersohn, (der also dem Walther entsprechen würde), sich gegenseitig tot- schlagen. Hier interessiert nur der Waltharius, und da kann man konstatieren, dass der Verf. alles, was in den letzten Dezennien darüber geschrieben ist, nicht kennt oder nicht beachtet. Ganz in der altbewährten Weise wird kombiniert : für das Schwert , das dem Waltha- rius 1374 zerspringt, bietet Hildegunde dem Wald ere ein anderes au, das sie (ihrem Vater) Hagen gestohlen hat! Die Forderung, dass man ein Dichtwerk erst interpretieren muss, ehe man es in dieser Weise verwendet, wird dadurch nicht als unberechtigt erwiesen, dass man sie ignoriert. K. Str.

169. In der Zeitschr. f. deutsches Alt. L, 1 ver- öffentlicht W. Meyer unter dem Titel 'die moderne Leda' ein anziehendes lateinisches Gedicht aus der Hs. 196 des Lambethpalastes in London, das er etwa ins Jahr 1150 setzt. Sehr hübsch ist die Erklärung, die dem Gedichte gegeben wird. K. Str.

170. Ganz hervorragende Bedeutung beansprucht eine neue Publikation W. Meyers, ' Die Arundel- Sammlung mittellateinischer Lieder', Abb. d. Kgl. Ges. d. Wiss. zu Göttingen 1908. Th. Wright hatte in seinen Early Mysteries aus der Arundelhs. (n. 384) des British Museums (2. Hälfte des 14. Jh.) 9 lateinische Ge- dichte gedruckt. Da wir weiteres Licht über die mittel- lateinische Lyrik nur erhoffen dürfen, wenn die bekannten Sammlungen genau untersucht werden und möglichst alles, was noch in den Bibliotheken verborgen lagert, ausgegraben wird, so hat W. Meyer die aus 28 Liedern bestehende Sammlung (von denen 5 in den Carmina Burana wieder- kehren!) jetzt vollständig zugänglich gemacht. Die Zu- sammensetzung und Anordnung der Sammlung wird genau

Nachrichten. 323

untersucht, es ergibt sich, dass die Dichtungen aus der besten Zeit stammen und auch die Sammlung wohl vor 1250 angelegt ist. K. Str.

171. Als IV. Band der Bibliotheque musicologique (Office de Pierre Corbeil, Paris 1907) veröffentlicht Henri Villetard Text und Melodien des als 'office des fous' bekannten Neujahrsspiels von S e n s. Zwei von den 6 beigegebenen Tafeln enthalten Abbildungen des aus dem 5. oder 6. Jh. stammenden Diptychons, in welches die Hs. gebunden ist. Zugleich wird der Nachweis ge- liefert, dass der in der Vorbereitungsszene auftretende Esel erst durch die Schuld des Dom Grenier (in seiner Kopie der Hs. von Beauvais) zum Anhören der Messe am Altar Erlaubnis erhielt, indem im Messformular seiner Vorlage der Gesang 'Orientis partibus' durch die richtige Rubrik 'Conductus subdiaconi ad epistolam' eingeführt wird.

J. W.

172. Eine gründliche Studie über das Leben K o n - r a d s von Mure, der als Domkantor zu Zürich 1281 starb, seine Werke und deren üeberlieferung gab Franz J. Bendel in den Mitteil, des Inst. f. Oesterreich. Geschichtsf. XXX, 1, 51 101, gestützt auf das Studium zahlreicher Hss. und Urkunden, teilte aus den Hss. auch viele Stücke mit, so aus der Summa de arte prosandi, die Vorrede und den Epilog des Eabularius und die noch erhaltenen 319 'versus de Rudolfo Romanorum rege', von denen die meisten allerdings schon bekannt waren, auch eine Aufzeichnung von 1282 über das Vermächtnis Konrads.

O. H.-E.

178. In den Analectes de l'ordre de Premontre V hat R. Van Waefelghem eine Ausgabe des Nekro- logs der Abtei Premontre begonnen. A. H.

174. In den Miscellanea di storia Italiana Bd. XLIV (Ser. 3, XIII, 233) ediert C. C i p o 1 1 a fünf Inventare aus dem Kloster Bobbio aus den Jahren 1289—1388. Ein Glossar erläutert die selteneren Worte. H. W.

175. In den SB, der Wiener Akademie, Phil.-hist. Kl. CLXI, 5. Abhandlung gibt K. Käser ein Verzeichnis der in Wiener Archiven (dem Hofkammerarchiv und dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv) vorhandenen ürbarien, von denen eine grössere Anzahl noch dem 15. Jh. angehört.

H. H.

21*

324 Nachrichten.

176. In den Verhandlungen des historischen Vereines für Niederbayern XLIV, 1 fE. beginnt Th. Mayer mit der Publikation von zwei Passauer Mautbüchern aus den Jahren 1400/1 und 1401/2. Der Schluss des Textes und eine Würdigung dieser für die Geschichte des Donauhandels wichtigen Quelle wird für den nächsten Band in Aussicht gestellt. H. H.

177. In den Freiburger Geschichtsblättern XV, 1 ff. handelte Ferd. Eüegg auf Grund der Seckelmeister- Rechnungen über die Anwesenheit 'hoher Gäste' in Frei- burg (Schweiz) im 15. Jh., beginnend, von einigen aus den Regesten geschöpften kurzen Notizen über Rudolf v. Habs- burg abgesehen, mit Siegmund. Im Anhang werden drei solcher Rechnungen aus den Jahren 1442. 1449. 1469 im Wortlaut abgedruckt. H. W.

178. In den Beiträgen zur Gesch. Dortmunds und der Grafschaft Mark XVII (1908) untersucht A. Meining- haus das Verzeichnis der von Heinrich von Hardenberg mit Manngut der Herrschaft Ardey belehnten Mannen und ihrer Lehngüter, das er in Berichtigung von Rübeis Ansatz (Anfang 15. Jh.) durch Vergleich mit dem Verzeichnis der unbelehnten Mannen Graf Konrads IV. von Dortmund in dessen Grafenzeit 1330 39 verlegt. E. M.

179. Berührt auch das Itinerarium Antonini, mit dem sich A. E 1 1 e r in seinen 'Itinerarstudien', zwei Pro- grammen der Bonner Universität von 1908, beschäftigt, nicht das Arbeitsgebiet der MG., so sei doch auf die An- kündigung einer Ausgabe der erhaltenen mittelalterlichen Itinerare hingewiesen und die Bitte des Verfassers um Hinweise auf bisher unbekannte Texte dieser Art mit- geteilt. W. L.

180. Nachdem A. Hilka vor 2 Jahren im Jahres- bericht der Schles. Ges. f. vaterl. Kultur 1907 über 'eine bisher unbekannte lateinische Version des Alexanderromans aus einem Codex der Petro - Paulinischen Kirchenbibliothek zu Liegnitz' berichtet hatte, bringt er jetzt im Jahresbericht des königl. St. Matthias -Gymnasiums zu Breslau eine gründliche Revision der 'Epistola Alexandri ad Aristotelem'. Zwar hat er das ausserordentlich reiche Material nicht völlig durchsehen können, doch hat er in Montpellier eine gute Hs. aufgestöbert und bringt ge- wissermassen als Vorläufer einer von ihm geplanten Aus- gabe der Epitome eine vor allem auf diese Hs. ge-

Nachrichten. 325

gründete Neubearbeitung der Epistola, die sich von Kühlers Text sehr wesentlich unterscheidet ; dass sie nicht ab- schliessend sein soll , spricht der Verf. am Schluss selbst aus. Sehr erfreulich ist die Mitteilung, dass die kritische Ausgabe der 'Historia de preliis' aus Ausfelds Nachlasse in absehbarer Zeit erscheinen wird. K. Str.

181. G. M o r i n , Un traite pelagien inedit du com- mencement du cinquieme siecle (Revue Beuedictine XXVI, 1909, p. 163 188) weist eine von Pelagius oder aus seinem Kreise stammende, bisher verschollene Schrift 'De indura- tione cordis Pharaonis' nach, die, Hieronymus zugeschrieben, u. a. bei H r a b a n u s M a u r u s (MG. E^nst. V, 493, 2) und H i n k m a r begegnet. Auf Grund von G Hss. werden nähere Mitteilungen über die Schrift gemacht und eine Ausgabe im nächsten Band der Anecdota Maredsolaua in Aussicht gestellt. W. L.

182. Das Buch von John C h a p m a n , Notes on the early history of the Vulgate Gospels, Oxford 1908, be- rührt zwar nicht unmittelbar den Quellenkreis der MG., wird aber auch dort mitunter Anregung geben können, da es für das Gebiet des Bibeltextes u. a. die Bedeutung der Angelsachsen für die Ueberlieferungsgeschichte als der Vermittler zwischen Italien und dem Fränkischen Beich anschaulich darlegt ; Eugippius , Cassiodor, Nort- humberland, Echternach und Fulda seien als Glieder der behandelten Ueberlieferungsreihen genannt. W. L.

183. R. Stapper, Karls des Grossen Römisches Messbuch (Beilage zum Jahresbericht des Gymnasiums zu M.- Gladbach 1908) behandelt den Anteil Karls des Grossen an der Verbreitung des Sacra mentarium Gregorianum, das ihm auf seine Bitte hin von Hadrian I. über- sandt wurde und seitdem, durch einen von Alkvin zu- sammengestellten Anhang erweitert, die anderen Sakra- mentarien im Fränkischen Reiche zu verdrängen begann. Stapper bespricht die wichtigsten Hss. sowie die Ausgaben und gibt im Hinblick auf deren Mängel eine Uebersicht über den Inhalt des Sakramentars. W. L.

184. Anton E. Schönbach, Mitteilungen aus alt- deutschen Hss. 10. Stück: Die Regensburger Klarissen- regel (SB. d. Wiener Akad. d. Wiss. 1908). Die vor- liegende deutsche Regel hat sich im Klarissenkloster zu Regensburg erhalten. Sie beansprucht Interesse wegen der Form. Dem Herausgeber ist es aufgefallen, dass die

326 Nachrichten.

Deklinations- und Konjugationsformen in wechselnder Ge- stalt erscheinen , und es ist ihm gelungen, den Grund hierfür darin zu finden, dass der Uebersetzer bemüht war, die im 'cursus' verfasste lateinische Vorlage, die von Urban IV. 1263 bestätigt wurde, nachzubilden. Die Be- weisführung ist überzeugend, nur hätte ich gewünscht, dass der Verf. diese Frage eingehender behandelt hätte, ich habe mir eine Reihe von Stellen notiert, an denen wir m. E. mit seinen Ausführungen nicht auskommen. Da Burdachs Nachweise (SB. der Berliner Akad. 1905 S. 455) noch nicht im Druck erschienen sind, ist diese Publikation doppelt interessant, und man darf gespannt sein, ob nicht bald weiteres Material zu Tage tritt. K. Str.

185. Der XX. Band des Jahrbuchs der Ges. f. lothring. Geschichte und Altertumsk. bringt S. 20 ff. den Schluss der N. A. XXXIV, 316, n. 237 erwähnten wertvollen Ab- handlung von R. S. Bour über das ehemalige Kloster St. Arnulf zu Metz. Besonders eingehend wird die in den Jahren 1904/5 entdeckte, jetzt aber wieder zerstörte Krypta behandelt, von der ein Plan beigegeben ist.

H. Br.

186. üeber die Kirche zur h. Ursula in Köln, ihr altes Retabulum und die Pflege der Goldschmiedekunst in der Benediktinerabtei St. Pantaleon in Köln findet sich eine kleine Studie von H. H ö f e r in den Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner und dem Cistercienser Orden XXX (1909), 150 ff. B. B.

187. Von Chrousts grossem Unternehmen der Monumenta palaeographica hat jetzt die Aus- gabe der II. Serie begonnen. Die beiden bisher er- schienenen Lieferungen, München, Bruckmann, 1909, bringen Proben aus der Schreibschule von Tegernsee bis zum Ausgang des 12. Jh. Besonders erwähnt seien : I, 6 : Boethius' Arithmetica geschrieben von Froumund und seinen Schülern, II, 7: Ruodlieb - Fragmente, II, 8b Gregor VII. an den Erzbischof von Magdeburg J.-L. 4932 (bisher nur aus der Registerüberlieferung bekannt) und Heinrich IV. an Hildebrand, Stumpf 2787, MG. Constit. I, 108, n. 60 (in diesem von Chroust nicht erwähnten Druck auch die Tegernseer Ueberlieferung bereits berück- sichtigt). M. T.

188. Eine prächtige und überaus dankenswerte Publikation ist das 'Album Beige de diplomatique', das

Nachrichten. 327

H. Pirenne im Verein mit zehn Genossen (darunter auch der Deutsche H. Schubert) herausgegeben hat (Jette- Bruxelles, Vandamme et Rossignol 1909). Auf 32 Tafeln, deren Ausführung über jedes Lob erhaben ist und dem im Besitz der Verlagshandlung befindlichen Eeproduktions- verfahren, Helioteinte genannt, die grösste Ehre macht, sind, unter Ausschluss der Kaiserdiplome und der päpst- lichen Privilegien und Briefe, aus allen bedeutenderen belgischen Archiven Urkunden fürstlicher, bischöflicher, klösterlicher und städtischer Provenienz abgebildet, die dem 10. 13. Jh. angehören; nur auf Tafel 32 ist auch ein Stück des 14. Jh. geboten. Die Ausvrahl ist so geschickt ge- troffen, dass alle v^esentlichen Verhältnisse des Urkunden- wesens der heute belgischen Gebiete berücksichtigt werden. Eine Uebersicht über die wichtigsten dabei in betracht kommenden Gesichtspunkte gibt die Einleitung von H. N e 1 i s , dem man schon eine ganze Reihe von Unter- suchungen aus diesem Gebiete verdankt. Die Reproduk- tionen sind überwiegend verkleinert, aber niemals so, dass dadurch die diplomatische Untersuchung erheblich er- schwert würde; die meisten Stücke sind vollständig ab- gebildet, mehrere Tafeln (namentlich die von Nelis be- arbeiteten) bieten aber auch nur unter besonderen Ge- sichtspunkten ausgewählte Teilstücke, so z. B. Monogramme der Grafen von Flandern (T. XIII), Unterschriften des bischöflichen Kanzlers von Tournai (Tafel XVIII) und des Gisilbert von Mons (T. XXV. XXVI). Auf T. XXVII ist die älteste bisher bekannte Urkunde in nordfranzösischer Sprache (aus Douai, 1204), auf T. XXVIII die älteste in niederländischer Sprache (aus Audenaerde, 1247) abgebildet. Sehr interessant sind die Renovationen des 12. Jh. aus Gent (T. XXIII), die Chirographen des 13. Jh. aus Ypern (T. XXX) u. a. m. Nicht ganz auf der Höhe stehen die Transscriptionen ; kleinere Versehen sind ziemlich zahlreich und auch an gröberen Verstössen, wie z. B. II. III, 21 'proponant' statt 'preponant', 28 'Suardi' statt 'Siuardi' ; V, 9 'quum' statt 'quoniam' (der berühmte Fehler, gegen den Wattenbach sein Leben lang, leider vergeblich, gekämpft hat), 20 'incarnati' statt 'in- carnationis' ; VII, 8 'Tredelendis' statt 'Fredelendis', XI, 6 'quemlibet' statt 'qu^libet', XIV, 8 'patrona' statt 'patriam', 39 'percipientibus' statt 'precipientibus' u. a. fehlt es nicht. Ebenso wäre auch zu den Erläuterungen dies und jenes zu bemerken, worauf aber hier nicht näher eingegangen werden kann : unseren Dank für die schöne und wertvolle

328 Nachrichten.

Gabe wollen und sollen solche Ausstellungen nicht schmälern. H, Br.

189. R. Beer weist in der gehaltvollen Einleitung zu der prächtigen Nachbildung des dem 8. Jh. ent- stammenden Codex Toletanus 15, 8 (jetzt in Madrid) von I s i d o r s Etymologien (Codices Graeci et Latini photo- graphice depicti duce Scatone de Vries XIII, Leiden 1909) S. XV auf eine Eintragung hin, die sich am Ende der Wiener Hs. desselben Werkes n. 121 findet und als 'litte- rarum Worm atiae medio aevo nascentium primum documentum' eine Wiederholung an diesem Orte verlohnt : 'Anno incarnationis Domini DCCCLII. ego Berahtram iu- dignus sacerdos hunc librum vitio scriptorum mendosum recitavi Wormaciae. Eodem anno basilica sancti Petri ibidem restaurata est'. Vom Toletanus selbst sei die letzte Seite mit einer Liste der Bischofsitze des Westgothenreichs erwähnt (vgl. S. XXVII), ähnlich dem von Ewald (N. A. VI, 276 f . ; Ewald und Loewe, Exempla, Tafel 6) veröffent- lichten Verzeichnis des Codex Ovetensis. W. L.

190. Das Bulletijn der maatschappij van Geschied- en Oudheidk. te Gent 1909 S. 131—136 und S. 148—153 enthält eine kurze üebersicht über das 'Apercu sur I'evo- lution et les diverses applications de la Stenographie depuis les notes tironiennes jusqu'au debut du XIX. siecle' von G a 1 1 e t - M i r y , das in den in Berlin nicht zugäng- lichen Annales de la soc. d'hist. et d'archeol. de Gand erscheinen soll. A. H.

191. Mit der seit mehr als tausend Jahren um- strittenen Frage, ob die Kürzung IHS mit 'Ihesus' oder 'lesus' aufzulösen sei , beschäftigt sich ein Aufsatz von G. Bonelli in den Studi medievali III, 135 144. Er richtet sich gegen Ausführungen von G. Monticolo im Bollettino dell' istituto storico Italiano XXVIII (1906), 14 31. Irgendwelche nennenswerten Ergebnisse hat diese Diskussion nicht gezeitigt. Vgl. jetzt Traube, Nomina Sacra p. 149 sqq. R. S.

192. Im Archeografo Triestino, Ser. 3, V (XXXIII), 244 ff. gibt F. M a n a r a drei verkleinerte Facsimile von Blättern aus einem kürzlich in der Klosterbibliothek von St. Anna zu Capodistria entdeckten Antiphonar mit Neumen. H. W.

193. Im Bull, de la soc. arch. et bist, du Limousin LVII (1907), 548 558 bildet P. -L. Courtot eine

Nachrichten. 329

Miniatur und eine Anzahl Zierbuchstaben aus liturgischen Hss. des 12. 15. Jh. ab. E. M.

194. In den Annales de la soc. d'emulation de Bruges LIX, 41 sqq. beginnt C. Callewaert 'Nouvelles recherches sur la Chronologie medievale en Flandre' mit I. 'Pas de style pascal avant la fin du XU. siecle', worin er sich gegen die Schrift von W. Acht, 'Die Ent- stehung des Jahresanfangs mit Ostern', Berlin 1908, wendet.

A. H.

VII.

Aus Englischen Bibliotheken.

Von

Wilhelm Levison.

II.

Neues Archiv etc. XXXV. 22

IV. 1 I Englische Ilandscliriften des Liber Poutificalis.

j Zu den ältesten Benutzern des Liber Poutificalis ge-

■hört Beda ; in der Historia ecclesiastica gentis Anglorum -, mehr im Martyrologium °, vor allem in seiner grösseren Weltchronik ^ haben ihm die Papstbiograi^hien als Quelle D-edient, und sein Zeugnis ist um so wertvoller, als es zu- gleich einen Einblick in die Entstehungsweise der Fort- setzungen gestattet, die sich an den Grundstock des Liber Poutificalis angeschlossen haben und auf denen vor allem sein Wert beruht: in der bei Lebzeiten Gregors IL 725 beendeten Chronik hat Beda bereits dessen Vita benutzen können, hier nicht zuiu wenigsten tritt die Gleichzeitigkeit mindestens eines Teiles dieser Fortsetzungen zu Tage ^. Der Liber Poutificalis ist also früh nach England gebracht worden, was nicht Wunder nehmen kann bei den engen Beziehungen, in denen die Angelsachsen seit den Anfängen ihrer Bekehrung zu der Komischen Kirche gestanden haben; hören wir doch auch gelegentlich ausdrücklich von den Bücherschätzen, die Englische Pompilger in die Heimat mitnahmen^, und auch der älteste Biograph

1) Vgl. N. A. XXXII, 377—456. 2) Vgl. Hist. eccl. I, 4. 23.

11, 1. 4. V, 24 (ed. Plummer, Baedae Opera bistorica I, IG. 42. 73 sq. 78 sq. 88. 352) ; vgl. Plummer I, p. LI und CLXV sq. ; II, 82. 84. Teil- weise benutzt Beda neben dem Liber Pont, seine bereits davon abhängige grössere Chronik. 3) Vgl. H. Quentin, Les martyrologes historiques

du moyen age, 1908, p. 102 sqq. 4) Chronica maiora (ed. Mommsen, Auct. ant. XIII, 247 sqq.) an zahlreichen Stellen von c. 310 bis c. 589 ; vgl. Mommsen, eb. p. 227/8, Liber Poutificalis p. CV über die von Beda benutzte Hs. , die der zweiten Klasse angehörte. Eine genauere Be- stimmung des Textes ist kaum möglich, vpenn man nicht aus c. 420 'purporeo' (statt 'purphyritico') auf engere Verwandtschaft mit B*^- ' ('pur- purico' ß', 'purporico' B*'") schliessen will, was kaum angeht. Sicher ist jedoch, dass Bedas Hs. in keiner engeren Beziehung zu B' stand. Er zitiert den Lib. Pont. c. 34, 7 (p. 51) auch in der Expositio in euangelium Marci c. 15 (Bedae Opera ed. Giles X, 251). 5) Vgl. Duchesne, Le

liiber Poutificalis I, p. CCXXU; Mommsen p. XV. 6) Vgl. die

22*

334 Wilhelm Levison.

Gregors des Grossen, ein Mönch im Northumbrischen Kloster Whitby, ein Landsmann und wohl auch Zeit- genosse Bedas, hat den Liber Pontificalis gekannt ^ Um so mehr überrascht es, dass dieser in der Folge in England wenig bekannt gewesen zu sein scheint. Unter den zahl- reichen Hss. , welche die letzten Herausgeber Duchesue und Mommsen verzeichnen konnten, ist England so gut wie gar nicht vertreten, allein durch eine Oxforder Hs. des 10. Jh. (Laud 421), die vom Lib. Pont, nur die Ueber- Schrift und die angeblichen Briefe des Hieronymus und Damasus an der Spitze eines Papstkataloges enthält-. Denn eine Cambridger Hs., die, wie Duchesne und mitj ihm Mommsen glaubten, die Kompilation des Lambert von) St. -Omer, den Liber Floridus vom Jahre 1120, samt denj zugehörigen Auszügen aus dem Lib. Pont, enthielt^, konnte man nicht zu dessen Hss. rechnen, so dass England nach Beda für die Textgeschichte nicht in Betracht zu kommen schien.

Auch ich habe an diesem Tatbestand nicht viel zuj ändern; immerhin vermag ich eine kleine Ergänzungi zu bringen durch den Nachweis von zwei aus England! stammenden Hss. des Lib. Pont., die meinen Vorgängern entgangen sind^. Die eine ist nicht eigentlich unbekannt; es ist jene Hs. der Cambridger Universitätsbibliothek, Kk. IV. 6 (2021), welche das Werk des Lambert von Si- Omer enthalten sollte. Dass die Papstbiographien dieser Hs. nichts mit dessen Kompilation zu tun haben, hat

anonjTiie Vita Ceolfridi c. 9 (Plummer I, 391) ; Bedas Historia abbatum Wiremuthensium c. 6. 9 (eb. p. 869. 373). Duchesne I, p. CCXXIIl vermutet, dass die Gefährten des im Herbst 71(3 zu Langres auf einer Romreise gestorbenen Abtes Ceolfrid die von Beda benutzte Hs. nack England gebracht haben. 1) Vita 1. Gregorii c. 1. 32 (Ewald^

Historische Aufsätze dem Andenken an Georg Waitz gewidmet, 1886, S. 48. 54 ; Fr. A. Gasquet, A Life of Pope St. Gregory the Great, 1904, p. 2. 46). Ueber das Verhältnis der Vita zu Beda vgl. zuletzt H. Moretus, Analecta Bollandiana XXVI, 1907, p. 66—72. 2) Duchesne 1, p. CCVI; danach Mommsen p. CV. Duchesne stellt die Zugehörigkeit zur zweiten Klasse fest. 3) Duchesne I, p. CLXXXVl ; danach Mommsen p. CIV. 4) Noch einer Untersuchung bedürfen die 'Extracts from the Liber de gestis summorum pontificum' in Cambridge Dd. XIV. 20 (843), saec. XIV, fol. 260 262 (vgl. Catalogue of the mss. preserved in the library of the University of Cambridge I, 1856, p. 526) und die der Zeit Dunstans an' gehörende Geschichte der Erzbischöfe von Canterbury mit kurzen LebenS' beschreibungen der Päpste bis 955 in der Kathedralbibliothek von Canter bury, Cartae Antiquae A. 42, saec. XIII (vgl. Fifth Report of the Royal Commission on Historical MSS. , 1876 , p. 462 ; Liebermann , N. A. IV, 622). Auch über einige Papstkataloge geringeren Umfangs fehlt e& noch au näheren Angaben.

Aus Englischen Bibliotheken, ü. 335

bereits L. Delisle auf Mitteilungen des Cambridger Ober- bibliothekars Fr. J. H. Jenkinson hin festgestellt, indem er einige Bruchstücke aus dem späteren Teil des Textes mitteilte und dem Lamberts gegenüberstellte^; ich werde sogleich darlegen, dass es sich um den Lib. Pont, selbst handelt, wenn auch nicht allein um ihn, und ich kann feine Hs. des Britischen Museums hinzufügen, H a r 1 e j n. 633, deren Inhalt zu dem des Cantabrigiensis in engen : Beziehungen steht. Es ist kaum ein Verlust für die Her- ausgeber des Lib. Pont, gewesen, dass ihnen die beiden Hss. entgangen sind ; der von diesen gebotene Wortlaut ist schlecht, und auch ich denke die von mir begonnene Fortsetzung der Ausgabe Mommsens nicht mit ihren Les- arten zu belasten, nur in der Einleitung wird ihr Ver- hältnis zu den übrigen Hss. kurz berührt werden müssen. Sie sind aber einmal von einer gewissen Bedeutung für die Textgeschichte als die einzigen bisher bekannten Hss. aus der Heimat Bedas; sie sind weiter dadurch bemerkenswert, ' dass sie nicht den blossen Text des Lib. Pont, geben, sondern dass zwischen und in die Papstviten andere Stücke eingeschoben sind, die zum Teil Beachtung verdienen, ein Urteil, das auch von den Fortsetzungen gilt, die, aus dürftigen Papstkatalogen erwachsen, sich hier an die alten Viten anschliessen imd die Brücke schlagen von der Karolingerzeit zum 12. Jh., dem die beiden Hss. angehören. Es sind Bestandteile sehr verschiedener Art, die hier dem Lib. Pont, zugesellt sind ; die stadtrömische Epigraphik wird davon nicht minder berührt als die Englische Ge- schichtschreibung des Mittelalters und die Geschichte des letzten Herzogs der Normandie, und schon in dieser Hin- sicht verbietet sich eine eingehendere Behandlung in der künftigen Einleitung zum zweiten Bande des Lib. Pont. Sie zu entlasten ist der Zweck der folgenden Darlegungen, in denen ich zunächst die Art der beiden neuen Texte des Lib. Pont, kennzeichnen werde, wobei ich um die Nach- sicht des Lesers bitten muss, dem ich die trockene Kost von Varianten nicht ganz ersparen kann, ehe ich ausführ- licher auf die übrigen Stücke eingehe, die hier mit dem Lib. Pont, verbunden sind. Ich Averde die beiden Hss. in der Folge ihres Alters getrennt behandeln, zuerst den

1) Notice sur les mss. du 'Liber Floridas' (Notices et extraits des manuscrits de la Bibliotheque nationale XXXVIII, 2, 1906) p. 689. 718— 750. Herrn Oberbibliothekar Van der Haegben in Gent verdanke ich einige weitere Mitteilungen über den Text Lamberts.

336 Wilhelm Levison.

Cantabrigiensis (= C), dann den Londiniensis (= L); da aber beide Codices teilweise Stücke derselben Vorlage auf- genommen haben, die zweimal zu erörtern zwecklos wäre, werde ich bereits bei C einige Abschnitte von L heran- ziehen müssen , dessen übrige Teile sodann an zweiter Stelle zur Darstellung kommen werden. Die Cambridger Hs. habe ich dank dem Entgegenkommen von Herrn Jenkinson in Müsse in Bonn benutzen können ; die Lon- doner habe ich im Britischen Museum untersucht, das seine Schätze bekanntlich nicht ausleihen darf, habe mich aber entsprechend der knapper bemessenen Zeit eines Aufenthalts auf der Eeise bei der Untersuchung des bereits von Mommsen herausgegebenen Teils des Lib. Pont, (bis 715) bei L auf die nötigsten Feststellungen beschränken müssen, wenn ich auch annehmen darf, dass mir auch hier kaum eine Tatsache von Bedeutung entgangen ist.

Cambridge Kk. IV. 6 (2021).

Die Hs. der Cambridger Universitätsbibliothek Kk. IV. 6 in der durchlaufenden Zählung des gedruckten Katalogs^ u. 2021 ist ein im 12. Jh. in England ge- schriebener Quartband von 280 Blättern, überwiegend theologischen oder verwandten Inhalts, über den ein gleichzeitiges Register an der Spitze des Bandes unter- richtet, das einst zwei Blätter nebst einem kleineren ein- gelegten Blättchen umfasste ; doch ist das erste Blatt aus- geschnitten worden, so dass der Index jetzt unvollständig beginnt. Auf den Inhalt braucht hier im allgemeinen nicht eingegangen zu werden, z. B. auf die darin ent- haltenen Schriften von Hieronymus '^, Cassiodor und Isidor. In die Zeit des Schreibers selbst führen Werke des Hugo von St. Victor und Bernhard von Clairvaux: 'Allegorica enucleatio primi psalmi abbatis venerandi Clarawallensis

1) A Catalogue of the manuscripts preserved in tlie library of the University of Cambridge III, 1858, p. 612 647, mit ziemlich eingellender Beschreibung der Hs. Eine kürzere Uebersicht über den Inhalt bot bereits Bernards Catalogus librorum manuscrij)torum Angliae et Hiberniae (1697) I, 8, p. 165 unter n. '2208 (28) ; die letztere Signatur neben der heutigen findet sich vorn in der Hs. über einer kurzen Inhaltsangabe aus dem 17. Jh.: 28 Kk 4 6. Daneben ist ein anderes Blättchen ein- geklebt mit dem Vermerk 44^. F. Ö. I, den ich ebenso wenig zu deuten vermag wie eine Bezeichnung am Ende des Bandes : 4. 5. 18. 2) Für Hieronymus' und Gennadius' Bücher de viris inlustribus erwähnt die Hs. E. C. Richardson in seiner Ausgabe (Texte und Untersuchungen zur Ge- schichte der altchristlichen Literatur XIV, 1, 1896), S. XX, n. 67.

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 337

aecclesiae' lautet die üebersclirift eines fol. 113' be- ginnenden Stückes, dessen Verfasser dem Schreiber offen- bar noch nicht als Heiliger galt ; etwa dem zweiten Viertel des 12. Jh. möchte ich die Hs. zuschreiben, wie denn der Text des Lib. Pont., wie sich zeigen wird, nicht über 1119 hinaus fortgesetzt worden ist. Dieser selbst, die 'Gesta j3ontificum', wie er im Index genannt wird, nimmt den letzten Teil des Bandes ein, fol. 224 280, deren Seiten wie auch die anderen Teile der Hs. in je zwei Spalten ge- schrieben sind. Die Grösse der Schrift wechselt auf diesen Blättern, fol. 274 280 sind kleiner geschrieben als der vorhergehende Teil, es sind auch wohl verschiedene Hände zu unterscheiden. Der Text ist wenig sorgfältig ab- geschrieben worden; viele der zahlreichen Varianten ver- danken sicherlich nur der Nachlässigkeit des Schreibers ihre Entstehung, was sich namentlich bei den gemeinsamen Abschnitten aus dem Vergleich mit L ergibt. So bot sich denn auch genügender Anlass für die Tätigkeit eines gleichzeitigen Korrektors, der anscheinend die Vorlage nach verglichen hat, und dessen Spuren, ß.asuren und Ein- tragungen, man an vielen Stellen begegnet^; er schreibt eine spitzige Schrift, die wenigstens meinem an fest- ländischen Hss. geschulten Auge mehr ausgesprochen Englischen Charakter zu besitzen scheint als die Schrift des ursprünglichen Textes. Für die Ueberschriften und Initialen ist rote Tinte angewandt; nur wenn zahlreiche Initialen auf engem Räume einander folgten, so bei den Versanfängen der Römischen Inschriften (vgl. unten S. 350 ff.) und den Unterschriften des Synodalschreibens von 680 (vgl. S. 376), wechselte man mit roter und blauer Farbe. Auch die vielen Zahlen im Text, bei Angabe der Sessionsdauer der Päpste , der Menge und des Gewichts ihrer Geschenke für Kirchen u. s. w., sind Anfangs (bis fol. 250') meist mit roter Tinte eingetragen worden, indem der Schreiber in kleiner Schrift am Rande die Zahlen vor- zeichnete, die dort nach der Eintragung in den Text nicht immer ausradiert worden sind. Häufig vergass der Schreiber aber auch, dass die Zahlen nachträglich mit roter Farbe eingefügt werden sollten, und schrieb sie mit gewöhnlicher Tinte ofleichzeitig: mit dem übrisren Text; sie sind dann

1) So sind von ihm an den Rändern von fol. 264 265 nicht un- bedeutende Stücke des Römischen Synodalschreibens von 680 ergänzt worden, die zuerst ausgelassen worden waren.

338 Wilhelm Levison.

nicht selten ausradiert und mit roter Tinte aufs neue ein- gefügt worden. Später hat man auf diese Farbe für die Ziffern verzichtet , die von fol. 250' an auf dem vom Schreiber freigelassenen Raum von der Hand des Korrek- tors mit schwarzer Tinte ergänzt worden sind. Ich erwähne so unwesentliche Dinge nur, um mich später mit der Unterscheidung der Schreiber und des Korrektors im all- gemeinen nicht aufhalten zu müssen, die bei diesem Tat- bestand ebenso zwecklos wäre wie der Hinweis auf die meisten Rasuren.

Die Papstgeschichte beginnt am Anfang von fol. 22J: ohne üeberscbrift mit den Briefen des Hieronymus ('lero- nimus ad Damasum papam. Gloriam sanctitatis' ) und Damasus ('Epistola Damasi. Damasus

episcopus' ) ; es folgen zunächst in der üblichen Weise

die Viten der Päpste von Petrus an bis in das 8. Jh. hinein, erweitert, wie ich schon andeutete, durch ein- geschobene Stücke anderer Herkunft, von denen ich zu- nächst absehe. Die einzelnen Viten sind mit Ueber- schriften versehen : 'Gesta Petri apostoli', 'Gesta Lini papae', 'Gesta Cleti pape' u. s. w. Es fehlt die Vita von Xystus III. (p. 96 100)^. Die Vita von Liberius ist in zwei Teile zerlegt; da der Papst einen Teil seines Ponti- fikats in der Verbannung verbracht hat, so erhält der An- fang der Vita nach p. 77, 1 'dies IUI' den Vermerk 'ante exilium', sodann werden nach p. 78, 2 'exilio' die 'Gesta Felicis papae' (p. 80 81) eingeschoben, und erst nach diesen folgt der Rest der Vita des Liberius mit der üeber- scbrift 'Gesta Liberii papae post exilium'. Statt der voll- ständigen Lebensbeschreibungen der Päpste Agapitus bis Benedikt I. (c. 59 64, p. 142 159) wird nur ein Auszug gegeben, den ich mit keiner der sonst bekannten Epitomae des Lib. Pont, zu identifizieren vermag; doch sind mir diese, soweit es sich um den von Mommsen bearbeiteten Teil (bis 715) handelt, nicht alle ausreichend bekannt, und ich lasse daher wenige Proben der wirklich oder vermeint- lich neuen Bearbeitung folgen, indem ich durch gesperrte Schrift die geänderten Worte bezeichne :

142, 4 10 Hie in initio p o n t i f i c atus sui combussit in medi a §cclesi a decretum quo d ^ Bonifatius ^ extorserat a presbiteris et diaconibus

1) Bis zu Papst Konstantin beziehen sich die Seitenzahlen auf die Ausgabe Mommsens, von Gregor II. au auf die Duchesnes. 2) Es

folgt ein sinnloses 'a'. 3) Verbessert aus 'Bonefatius'.

Alis Englischen Bibliotheken. 11. 339

contra Dioscorum. Hie C o u s t a n t i n o p o 1 i m in lega- tionem missus est ad lustin um imperatorem [a] tiranno Theodato, qu[i]a indigna b a t u r i dem augustus, quod Teodat u s occid erat reginam Amalesuuintam s u a e f i d e i commendatam.

144, 2 7 Hunc Theodatus corruptus peccunia sine voluntate et subscrij) to elegit. Post Ordina- tionen! t a m e n e ins propter adunationem §cclesiae et religionis metum der u s c o n s e n s i t.

157, 2 4 Hie c o n stituit, ut luminaria vel oblationes omn i dominie a vel sabbato a Lateranis in eadem m i n i s teria ministrarentur.

159, 2 12 Eodem tempore invaserunt Longobardi tot am Italiam, et fames et mortalita s magna fuit, e t mult a cast e 11 a tradid e r u n t se Longobardis , ut temperare n t s e a fam e. Audiensautem lustinianus augustus, quod Roma periclitaretur fame, misit a b Egipto naves oneratas frumento Romam et subvenit eis. In i is t r i b u 1 a tionibus positus b e a t issimus papa Benedictus m i g r a v i t ad dominum et sepultus est in secretario beati Petri apostoli.

Wie weit dabei Worte ausgelassen und umgestellt sind, mei'ke ich nicht an.

Im übrigen bietet C bis in das 8. Jh. hinein einen vollständigen Text des Lib. Pont., was natürlich kleine Lücken nicht ausschliesst. Eine der grössten findet sich p. 201, 3 9, wo die Worte 'Qui praedictus anathema- tizavit' fehlen. Der Text scheint zunächst überaus schlecht zu sein und kaum eine nähere Untersuchung zu verlohnen ; er ist reich an wertlosen Lesarten. Dass das vielfach barbarische Latein an zahllosen Stellen geglättet ist, be- darf bei einer Hs. des 12. Jh. kaum der Hervorhebung; dass die Zahlen oft Fehler aufweisen, dass z. B. V und II nicht selten vertauscht sind, erklärt sich aus der Nach- lässigkeit des Abschreibers. Er ersetzt wohl ungewöhn- liche Ausdrücke dueh allgemein übliche :

52, 10 battutilem] ductile

88, 13 extimationibus] possessionibus

130, 21 regnus] diadema regium

131, 1 regnum] Corona aurea

224, 8 regno] regio diademate

166, 7. 168, 11 intarta] per tirannidem

190, 10 intartae] tiranni

178, 7. 190, 6 intartizavit] tirannizavit

225, 16 innotitum fuisset] in notitiam venisset;

340 "Wilhelm Levison.

er lässt wohl Päpste, aber auch Heiligenleiber statt in einer 'basilica' in 'ciraiterio' beigesetzt werden (113, 11. 125, 14. 180, 3). Andere Aenderungen greifen tiefer ein, z. B.

2, 6 Nerone Caesare] Clandii Cesaris temporibus

12, 1 Grecus] Romanus

13, 3 Veri et Marci] Marci et Antonini

26, 3 temporibus Maximini et Africani conss.] Fuit autem temporibus Alexandri usque Maximo et Affricano consulibus.

47, 2 Volusiani] Licinii

70, 17 Centum] Centumcellis

70, 20 Neapolim] Eoma

81, 7 III. Id. Nov.] III. Kl. Aug.i

93, 22 Novemb.] Febroarii

110, 26 Stephani] lohannis

119, 1 Petro] Antioco ^ (auf Rasur)

129, 10 gloria] gloria et honore magno

130, 13. 15 deportavit concremavit] deportari fecit concremari fecit (der Papst besorgt beides nicht eigenhändig).

183, 21 morbo interiit] apud Siciliam obiit. Es ist offenbar ein recht willkürlicher Schreiber gewesen, der seinen Text so umgestaltet hat, nicht ohne Nach- denken und nicht ohne eine gewisse Gelehrsamkeit, wenn auch andere Abweichungen wohl lediglich seiner Nach- lässigkeit ihren Ursprung verdanken.

Aber nicht nur Flüchtigkeit und Willkür haben den Text umgestaltet; mehr als einmal haben auch fremdartige Schriftzüge und vor allem altertümliche Weisen der Ab- kürzung den Schreiber in die Irre geführt:

194, 21 post haec patricii ypati] pro hac patria hi pati

222, 19 imperatoris] impiis

223, 17/'8 imperatorem] in patrem

224, 21 Imperator] in plio (^ praelio)

225, 12 imperatoris] imperiis (1. Hand) 223, 8 presbiterum] patm

Dem Fehler 203, 14 autem] h (= hoc) liegt unzweifelhaft die bei Iren und Angelsachsen übliche Kürzung Ir zu

1) Nach der von p. 81, 7 abweichenden Angabe im Leben des Liberius p. 78, 18. Vgl. Duchesne I, p. CXXIV sq.; Döllinger, Die Papst- Fabeln des Mittelalters-, 1890, S. 187 ff. 2) Vielleicht liegt

Verwechslung von Anastasius II. mit Anakletus (p. 8, 1 'ex patre Anthioco') vor.

Aus Englischen Bibliotheken. II. 341

Grunde; diese braucht nicht erst in einer Englischen Vor- lage von C Verwendung gefunden zu haben, sondern kann bereits aus einer alten Italienischen Quelle des Textes übernommen worden sein, da das Zeichen durch die Iren in die Schreibschule von Columbans Gründung Bobbio ge- kommen ist^, und eben zu Hss. dieses Klosters scheint eine Vorlage von C in Beziehungen zu stehen. Denn wenn man sich durch den Wust wertloser Lesarten durch- gearbeitet hat und nach Ausscheidung des Individuellen das Verhältnis zu den übrigen Hss. untersucht, so ergibt sich zwar, dass der Text an nicht wenigen Stellen aus mehr als einer Quelle geflossen und nicht frei von Mischung ist; aber diese tritt doch zurück neben der Tatsache, dass der Lib. Pont, in C bis 715 sich reinlich in zwei Teile sondert: Bis zu Benedikt II. (f 685) gehört der Text (p. 1 204) zur zweiten Hss. -Klasse der letzten Herausgeber und ist im besonderen mit dem am Ende des 7. Jh. ge- schriebenen, aus Bobbio stammenden Neapolitanus (ß^), soweit dieser erhalten ist, nahe verwandt, während er in dem folgenden Teil (p. 205 226) von Johannes V. bis zu Konstantin (f 715) zur ersten Klasse gehört und daher viel- fach mit ihrem ältesten Vertreter, der Hs. vom Ende des 8. Jh. in Lucca (A^), grosse üebereinstimmung aufweist.

Ich gebe zunächst einige Belege für die Zugehörig- keit des ersten Teils zur Klasse II- und die Verwandtschaft mit B^. Von grösseren Stellen, an denen die drei Klassen von einander abweichen und C mit II zusammengeht, nenne ich p. 30. 31. 53. G5— 69. 80. 81. 83. 105; von Einzel- heiten seien folgende Beispiele erwähnt :

13, 8 loca VI] %ca numero VI' B^-^-s-i c^ D-' C.

15, 6 'per mensem Decembrium' steht hinter 7 'loca numero IX' C mit II (= namentlich C'^ B^- ^- ^•*).

17, 9 'maxime fidelibus quod deus creavit' fehlt 0 II.

1) Vgl. Traube, Paläographische Anzeigen (N. A. XXVI, 237 £f.) ; W. M. Lindsay, Zentralblatt für Bibliothekswesen XXVI, 1909, S. 295. 293. 303. 2) Ich bezeichne die 3 Hauptklassen der Hss. nach Mommsens V'^organg mit I III, die einzelnen Gruppen und Hss. mit den von Duchesne ein- geführten, von Mommsen beibehaltenen Verbindungen von Buchstaben und Ziffern ; es bedarf kaum der Hervorhebung, dass die Bezeichnung der Cambridger Hs. mit C keine Beziehung zu den Hss. C- -• ^-^ andeuten soll. Im II. Bande des Lib. Pont, wird die Hs. anders und nur nach ihrem Verhältnis zu den übrigen Codices von 715 an zu benennen sein, das, wie sich ergeben wird, ein anderes ist als vorher. Bis 715 entnehme ich die Lesarten der Ausgabe Mommsens, die ich für ein paar dort aus- geschiedene Hss. aus Duchesne, zudem für B' hie und da aus Muratori (dort A) ergänze, ferner für D- aus der Hs. selbst, die mir freundbchst aus Leiden nach Bonn gesandt worden ist.

342 Wilhelm Levisou.

20, 4 Stricato] 'Istricato' (verbessert aus 'Istricanto' C)C II.

22, 5 'Hie vero coufessor' ('H. conf. fuit' 0), hie sua C II ; I III anders.

30, 17 nee nostras minas timeas] 'vel minas' C II.

30, 18 respondit dicens] 'dixit' C II.

39, 11 'si quis episcopus mereretur' feblt B^---" C^ C.

43, 14 'episcopos per diversa loca XXI' fehlt C II. 48,11 Statianum] 'statiouiim' B^- '-^•^'D'- C.

56, 16 'territurio Mimnense' fehlt C II. 78,2 'Tune revoeaverunt Liberiiim de exilio' C II, anders I III ;

ferner in Bezug auf B^ für das es bisher au einem nahe verwandten Texte fehlte :

1, 5 enarrare] 'enumerare' B^ C.

5. 6 'Hie fecit XVIII' fehlt B^ C^-^ C.

20, 7 ante saeerdotes 9 adstantes] 'ante se sacer- dotes adstantes' ('sustinerent et' füg-t C hinzu) B^ C.

42, 8 sepelivit in via Salaria in eymiterio Priseillae in cubieulum] 'sep. via Sal. in cubieulo VI. K. Mai. in cubi- eulum' B^; 'sep. via Sal. VI. K. Maias in cubieulo' C.

44, 4 'autem' fehlt B^ C. 53, 19 latum] 'altum' B^ C.

58, 22 Afrodisia] 'afrondisia' B^ C\ 'forondisia' C.

59, 3 eharta decadas] 'cartha deeas' B^ C\ 'earche- decas' C.

69, 11 Turni] 'turrini' B^ C^ C 71, 11 cum Castro] 'cum castra' B^ C. 71, 23 LXVI] XLVI' B^ C.

71, 25 Sulpicianum] 'supplicianum' B^ C^ D^- C. 74, 2 XXVII] 'XXVIir Bi C.

92,20 Clerus et populus] 'elerus vel presbiteri' B^-*^-^, 'derlei et p(res)b(yteri)' B^ 'derlei vel presbiteri' C.

107, 15 XVi] 'XV' Bi C.

108, 16 sinistris] 'a sin.' ('sinitris' C) B^ C.

109, 4 'alium sevphum aureum pens. lib. V fehlt Bi Ci C.

119, 11 nutu divino] 'noetu divino notu' B^, 'divino nutu' C.

Ich kann es bei diesen Beispielen bewenden lassen ; sie genügen, um die engen Beziehungen von B^ und C zu beweisen und damit die unerwartete Tatsache zu belegen, dass ein der ältesten erhaltenen Hs. des Lib. Pont, ähn- licher Text den Weff nach Eng-land gefunden hat. Nicht

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 343

so sicher lässt sich entscheiden, ob die Vorlage von C lediglich eine Abschrift von B^ darstellte (119, 11 würde dafür si^rechen) oder davon unabhängig war. Dass manche Fehler von B^ in C fehlen, spricht nicht unbedingt für die zweite Möglichkeit, da der Text von C unzweifelhaft an nicht wenigen Stellen nach anderen Hss. geändert worden ist und den Wortlaut jener Quelle keineswegs ungetrübt wiedergibt, sondern sowohl Lesarten von I wie von III aufgenommen hat, z. B. :

17, 13 'in Vaticano' C mit I III, fehlt II.

18, 15 gentile] 'gentilitate' C III.

21,3 Theodoliobolli] 'Heliogabali' CHI. 29, 5 'primum quidem beati Pauli corpus beata Lu- cina accepit et in predio suo posuit' C (II aus I ergänzt). 42, 1—4 fehlt C L

50, 1 audeat inferre] 'inf. aud.' C III.

51, 10 'uxorem' fehlt GL

52,8 ornavit] 'ordinavit' 0 A^- ^ B^-"- ^ C^. 68, 22 massam territurio Sabinense Mallianum] 'm. Mallianum territorio Sabinense' C mit III C-*"*-^.

75, 14 cautiones] 'causationes' C III.

76, 4 'ab urbe Roma' C III, fehlt I II.

78, 1 conveniret communionis] 'comm. couv.' C I.

115, 12 'in urbe Eoma' fehlt C I. Hie und da finden sich auch üebereinstimmungen mit so schlechten Hss. wie P und Z, die aber auf Zufall beruhen mögen. Das Ergebnis ist wenig erfreulich: War die Vor- lage von C der ältesten erhaltenen, aber nur unvollständig und in sehr schlechtem Zustand erhaltenen Hs. des Lib. Pont, ähnlich, so verliert C doch fast alle Bedeutung für die Textkritik, weil Lesarten anderer Hss. Aufnahme gefunden haben und damit die Stellen, an denen C besser ist als B\ auf deren Einüuss beruhen können. Immerhin behält C eine gewisse Bedeutung für die Textgeschichte; denn zwei Lesarten erklären sich kaum bei der Annahme, dass C mittelbar auf B^ selbst zurückgeht, sondern nur, wenn die Vorlage von C dem alten Bobbiensis zwar ver- wandt, aber davon unabhängig war:

46, 7 ex consacratum] 'et cons.' F; 'ex ('et ex' E^) consecratum' KE^C ('dirigeretur' fehlt) ; 'ex consecrata' A^-^; 'ex consecrato' Mut.; 'ex ('et ex' E*^) consa(e)cratu' Q3 B2. 3.4 j)2 j]6. 'g^ consecratloue' A^-^; 'ex segratu' B^

67, 11/2 cum possessiones suas omnes] so C^-^-^ 52.3.4 D^-- (IUI weichen ganz ab); 'cum possessionibus suis Om- nibus' B^; 'cum possessionibus suis omnes' C.

344 Wilhelm Levison.

Mir scheint es höchst unwahrscheinlich, dass ein Schreiber, der in einer Abschrift von B^ nach 'ex' und 'cum' die grammatisch richtigen Ablativendungen '-tu' und '-nibus' finden musste, nach einer anderen Hs. die Akkusa- tive 'consecratum' und 'omnes' eingesetzt haben würde; vielmehr möchte ich annehmen, dass die zwei Barbarismen aus der alten Vorlage stehen geblieben sind, die mithin von B^ verschieden gewesen sein müsste ^.

Trifft diese Annahme zu, so gewinnt C immerhin an Interesse trotz der Tatsache, dass auch hier Mommsens Wort (p. XCIII) gilt: 'in hac deterrimorum sentina omnia confunduntnr'. Er hat dargelegt-, dass die drei Hss.- Klassen des Lib. Pont, auf Abschriften zurückgehen, die mit der Vita von Papst Conon (686 687) schlössen. Auch B^, die älteste Hs. der 2. Klasse und des Lib. Pont, über- haupt, endete entweder mit Conon oder seinem Vorgänger Johannes V. (685 686); denn das Namenverzeichnis an der Sj^itze der Viten schliesst mit Conon, wenn auch der Text selbst zum grossen Teil verloren ist und im Leben Anastasius' IL (p. 119, 11) abbricht. Die Vorlage von C reichte darüber hinaus und endete, wenn ich nicht irre, p. 204 mit der Vita von Conons zweitem Vorgänger Bene- dikt IL (t 685) ; denn soweit bildet ein Text II die Grund- lage von C, obgleich auch hier Lesarten von I und III keines- wegs fehlen, ein Verhältnis, das ebenso für die vollständigen Viten wie den erwähnten Auszug (p. 142 159) gilt. Wieder einige Beispiele:

123, 3 'lib. CCC III, fehlt C mit I IL

159, 1 XXVIII] C mit II E5, 'XXVIIII' I D^, 'XVIII' GEi-6.

168, 2 d. X] fehlt C mit I IL

168,10 exarchus] I D^ G E«; 'eunuchus' II E^; 'eu- nucus' C.

170, 11 'apostoli' fehlt C IL

172, 10 'ab urbe Eoma' fehlt C II IIL

1) Nach einigen Stellen (so p. 60, 15 'Cordionum' ; p. 173, 7 11 fehlt) könnte man an eine Beziehung zu der gemeinsamen Quelle von g5. G. 7 ^g7 stammt ebenfalls aus Bobbio) denken; doch sprechen andere Stellen gegen die Annahme, wenn mir auch bis 715 nur die Angaben der Ausgaben über diese Hss. zu Gebote stehen. Die Beziehung zu B' ist jedenfalls unbestreitbar, und fraglich nur, ob nicht etwa B"- ^- " eben- falls in einem engeren Verhältnis zu dieser Hs. stehen als zu den übrigen Hss. der Klasse, oder ob Lesai-ten dieser Gruppe in die Vorlage von C hineinkorrigiert worden sind. 2) S. XIV f. seiner Einleitung; vgl.

S. CXIX. ^ " ^

Aus Englischen Bibliotheken. II. 345

173, U 'per mens. Dec' fehlt CHI. 175,18 diversi ehristianissimi] C II III; ('div.' fehlt) 'christiaiii' I D^

177, 12 XVIIII] 'XVIII' C mit IL

178, 10 oboediret] 'debuisset ob(o)edire' C II E^.

179, 8 'iuditio' C mit II E\ fehlt I G E^.

180, 17 'et c(essavit) e(piscopatus) m. I dies XVI' steht nach 18 'II ('II fehlt B^'-s) Idus Mai.' CB-^-^-^.

182,21 omnem] I D^ G E«, fehlt CIIE^-^

193, 2 'ex monachis' fehlt C I II E^

194, 1 'binati' CB^-^-^.

195, 4 falsaverant] 'falsaverunt' C II.

203, 6 conpatientiam] C I II E^ 'patientiara' GE^-^\

204, 14 'incidit' C II III, 'detentus' I BK

204, 15 'post dies' (2. Hand 'p. X d.') C mit II III, 'post dies aliquos' I D^

Der Unterschied gegenüber I tritt ebenso deutlich hervor wie der gegenüber III, obgleich die Klassen II und III in den späteren Viten (vor 715) nicht mehr so sehr verschieden sind. Also die Zugehörigkeit auch dieses Teiles zu II steht fest trotz mancherlei Auslassungen ^ und den auch hier nicht fehlenden Interpolationen anderer Her- kunft, z. B.

127, 19 furia] C mit den übrigen Hss., 'furore' B D.

139, 17 censuerunt] 'concesserunt' C G E*".

141,9 Epatium] 'Ypatium' G E*^, 'Hipatium' C.

141, 11 'Aug.' fehlt C G E".

158,17 XXXVIII] 'XXXVIIII' CAiC^^.

171, 11 'qui appellatur ad Palmata' fehlt C A^.

172, 3 occurri debeat. Fecit] 'occurrat. Hie fecit' C P^' -.

173,7—11 'Fecit autem obtulit' B^-^-^ A^- ' Q D^ fehlt C gleich den übrigen.

174, 2 ubi supra] 'in basilica beati ('sancti' C) Petri apostoli' C mit C'-^-'-'W.

185, 2 Eufiniano] 'Rufino' A^ E^, 'Sufino' C.

185, 11 dei] 'sanctae dei' CW-^-^.

187,12 erant] 'erat cooperta' ('c. er.' Q) QC^Z^-^O H^-^Cr. Mog., 'erat cooperta erat' C.

1) So fehlen z. B. in C (gleich C^ und meist C'') die in B--'-^ überlieferten Todestage der Päpste' p. 160, 12. 162, 11. 163, 10. 164, 11. 165, 12. 166, 20. 168, 17. 184, 8.

346 Wilhelm Levison.

188, 4 nauticatione] 'nauticas cautiones ' A-, 'can- tiones' C.

192,1 Donus] 'Conus' CE^-^

200, 17 translatavit] 'transtulit' CE^-s-^ und trotzdem an einzelnen Stellen die Vereinigung ver- schiedener Lesarten augenscheinlich zu Tage tritt :

170, 6 'eius quas vocant mediana' I D\ 'maiores qui appellatur mediana' II III, 'maioris (= II III) quam me- dianam vocant' (= I) C.

180, 14 depositionis ultione perculsus] 'dep. (deposi- tiones' A^ 'depositione' D^, 'depositus' E*^) ult. percussus' A^-^D^GE", 'depositionis ult. depositus et percussus' C.

Dass aber dieser Teil nicht nur eine Hs. der Klasse II zur ersten Grundlage hatte, sondern wirklich dem verlorenen Teil von B^ entsprach, lässt sich noch an wenigen Stellen erkennen. Der Text von B^ ist freilich hier verloren ; aber einmal bietet das am Anfang stehende Papstverzeichnis eine abweichende Wortfolge, die im Text von C wiederkehrt:

141, 1 3 lohannis qui et Mercurius] 'Merc. qui et ('et' fehlt Bi) loh.' ('lohannes' C) CBi-^.

Wie ferner hier B* mit B^ zusammengeht, so stimmen beide und nicht selten die (aus III interpolierte) Hs. C^ auch sonst überein ^ gegenüber den schlechteren B-- ^; hält also, wo B^ fehlt, C zu C^ B^ oder wenigstens zu B'^, so darf man unbedenklich auch auf Uebereinstimmung mit dem verlorenen B^ schliessen:

152, 18/9 Eleutheriam] 'Lutheriam' B^- ^ C^ E^, 'Lute- riam' D^, 'Lutheria' B*' C^, 'Leutheriam' C.

204, 6 natale] 'domini' fügen C B^ hinzu.

204,9 Bebius] 'beuius' CB^-^-e. Bei der Aufzählung der Werke Gregors des Grossen 161, 3: 'lob Moralia XXXV, in Ezechielem prophetam XXII, Pastoralem et multa alia' sind die gesperrt gedruckten Worte in den Text II hinein interpoliert, die Zahlen nach einer Hs. der Klasse I oder III ; die Verwandtschaft mit C^ B^ bekundet sich in dem Fehlen der 4 Bücher Dialoge, die in IB--°1II an letzter Stelle aufgeführt werden, während C sie gleich C"^ B^-^-^- ' D- bei Seite lässt. Endlich an einer letzten Stelle tritt die alte Grundlage von C, wenn auch verderbt, noch zu Tage:

1) Vgl. Mommsen p, LXXXVJ. LXXXVIII.

Aus Englischen Bibliotheken. IT. 347

182,15 'hieraticos' richtig B^ E^ 'iheraticos' B*^- ' C^, 'hiheraticos' D-, 'heraticos' C^, 'iheraci' (von 2. Hand ver- bessert in 'iherarchi') C ; 'in hereticos' C^; 'hereticos' A^- ^

J)l B2. 3. 5 Q4Q El«.

Man darf also sehr wohl annehmen, dass jene Vor- lage von C nicht nur mit dem erhaltenen Stück, sondern nicht minder mit dem verlorenen Teil der alten Hs. von Bobbio verwandt war, und man wird in dieser Annahme bestärkt durch die Wahrnehmung, dass C auch mit einem dem 8. Jh. angehörenden kleinen Bruchstück des Lib. Pont, in Turin (T), das ebenfalls aus Bobbio stammt und zur 2. Hss.-Gruppe gehört, in wenigen Lesarten übereinstimmt:

129,20 sentimus] 'consentimus' CTA°D-; 'consentia- mus' A^.

131, 8 'apostulo' fehlt C T.

133, 10 religiosus summo] 'religiosissimus' A* C^ und (von der Hand des Korrektors auf ßasur) C, 'religiosis- simi' T, 'religiosissimus summo' G E*", wenn auch darauf kein grosses Gewicht gelegt werden, kann.

Noch im Leben Benedikts IL (p. 204) ergab sich die Zugehörigkeit der Grundlage von C zu II ; mit Johannes V. ändert sich das Verhältnis durchaus, indem der Text jetzt bis zur Vita von Papst Konstantin (p. 205 226) weit- gehende üebereinstimmung mit der Hs. von Lucca (A^) aufweist, mit der in diesem Teil namentlich die aus Tours stammende Hs. D^ eng verwandt ist. Ich gebe wenige Beispiele von vielen :

205.8 repraesentans] 'et praesentans' A^C^'-D^, 'et praesentavit' A^ C.

206, 4 determinatione] 'exterminatione' A^ D^, 'exter- minationem' C.

207, 10 'adunati' fehlt A^ D^ C.

210.9 assoletj 'solet' A^Di-C.

211, 8 'militia' fehlt Ai-^D^C.

212, 26 turba in] 'tuba' A\ 'tubis' D^ C. 213,3 'citius' A^DiC; II III anders.

216,2 'Britanniae" fehlt Ai-^DiC (doch fügt C 'in gentem Anglorum' ein nach 'archiepiscopum').

217, 14 'Horreas' allein A^ C; 'Or(r)eas' A^-^ D^; II III anders.

218, 1 'presbiterorum seu diaconorum I, id est' fehlt C, 'pr. seu diac' fehlt A^ D^.

220,1 Chazariae] 'Gazari(a)e' AiC^-'-DiC

220, 2 TerveliJ Terebellio' A^-^^ C; 'Terrebellio' D^.

Xeues Archiv etc. XXXV. 23

348 Wilhelm Levison.

222, 10 'tetra' fehlt Ai-^D^C.

223,5 'decollavit' AiD^C; 'iugulavit' II III.

224, 17 atque] 'ac' A^D^; 'et' Ai-^C.

225, 24 partes sedarent] ('partes' fehlt) 'sedarentur' ('sedarent' A^ und 1. Hand A^) Ai-sD^C.

226, 18 19 'Huc usque Langobardi ('Longob.' C) venerunt et VII menses' ('et menses VI' C) A^ C.

Während C in diesem Teil im Gegensatz zu dem früheren Verhältnis nach Ausweis zahlreicher Stellen nichts mehr mit B--^-^ gemein hat, zeigt es hie und da den Ein- fluss der Gruppe GE, gleichwie auch vorher Lesarten der Klasse III eingedrungen waren, z. B.

206, 8 diutina] 'diuturna' C E*'.

211, 5 missos] 'nuntios' C E*'.

214, 11, 21 tegnum] 'regnum' C E*'.

215, 2 bassüicae] 'eclesiae' C mit A^ C^-^ D^ GE^. 215, 3 'basilice' fehlt Cß^--^ c^-^ G.

223, 2 clerici pauci] 'pauci cl.' CE^-^

So können manche Stellen, an denen Fehler von A^ sich in C nicht finden, auf Grund einer anderen Hs. verbessert sein und schliessen nicht aus, dass A^ selbst die letzte Quelle von C ist\ wenn darum auch die Möglichkeit einer von A^ unabhängigen Vorlage bestehen bleibt. Einzelne Stellen (vgl. S. 345 f.) legen den Gedanken an nähere Verwandtschaft mit A-' nahe ; doch ist der letzte Teil dieser Hs. (von p. 200, 13 an) verloren, so dass sich die Spur nicht weiter v^erfolgen lässt.

Die Cambridger Hs. ist so für die Herstellung des Textes belanglos ; ihr Interesse beruht darauf, dass sie eine dem alten Bobbiensis nahestehende Hs. erschliessen lässt, die bereits mit dem Leben Benedikts IL abbrach, also ein wenig früher als die bisher bekannte älteste üeberlieferung des Lib. Pont., wie es denn auch anerkannt ist, dass die Viten der Päpste wenigstens seit dem 2. Viertel des 7. Jh. nicht mehr zum Grundstock der Sammlung ge- hören, sondern allmählich hinzugefügt worden sind. So steht nichts der Annahme im Wege, dass die älteste keineswegs unmittelbare Vorlage von C mit dem Leben Benedikts IL (f 685) endete ^ um später nach einer

1) Auch die Stelle p. 224, 25, wo C 'yconiam' hat statt des in A*- ■* D^ fehlenden, von den übrigen Hss. überlieferten 'imaginem' ('imago' A^) , spricht wohl kaum gegen die Herleitung von A^. Die folgenden Worte 'quod Greci botarea vocant sex' sind in C ausgelassen; vielleicht ist 'yconiam' ein Versuch, das unverstandene 'botarea' zu ersetzen. 2) Aus inneren Gründen hat F. G. Rosenfeld, Ueber die

Composition des Liber pontificalis bis zu Papst Constantin (Marburger

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 349

anderen Vorlage um die Lebensbeschreibungen der fol- genden Päpste bis zu Konstantin (f 715) vermehrt zu werden, indem auch in den früheren Teil Lesarten der neuen Hs. eindrangen, gleichwie endlich bei einer zweiten Erweiterung auch die dritte Hss.- Klasse die Einheitlichkeit des Textes noch mehr beseitigen half ^. Die Enddaten 685 und 715 erinnern an die Eomfahrten bekannter Angel- sachsen: 686 kehrte Benedikt Biskop, der Gründer von Wearmouth und Jarrow, mit einer 'magna copia voluminum sacrorum' von seiner sechsten Romreise zurück 2; 716 ver- liess sein Gehilfe und Nachfolger in der Leitung der Klöster Ceolfrid die Heimat mit dem gleichen Ziele, und wenn er es auch nicht erreichte, sondern in Langres starb, so setzte doch ein Teil seiner Begleiter die .Reise fort^ durch sie ist bekanntlich damals der berühmte Codex Amiatinus der Vulgata als Geschenk Ceolfrids für St. Peter nach Italien gelangt. Das Zusammentreffen der beiden Daten mit den Texteinschnitten von C wirkt um so be- stechender, als beide Reisen denselben Ausgangspunkt hatten und die Vereinigung der zwei Teile in einer Englischen Hs. sich so leicht erklären würde, wenn in dasselbe Kloster 686 der Lib. Pont, bis 685, drei Jahr- zehnte später ein zweites bis 715 reichendes Exemplar ge- bracht worden wäre. Aber so ansprechend diese Ver- mutung auch scheinen mag, so wird man sie doch besser auf sich beruhen lassen, da es nicht feststeht, dass die Verbindung der beiden Teile unter sich und dann mit der weiteren Fortsetzung überhaupt erst in England erfolgt ist, und es keineswegs ausgeschlossen ist, dass eine schon derart nach verschiedenen Vorlagen etwa in Italien zu- sammengearbeitete Abschrift des Lib. Pont, fertig nach England gebracht worden ist. Immerhin ist zu beachten, dass auch eine zweite, aus Rom stammende Quelle von C bald nach dem Anfang des 8. Jh. abbricht, eine In-

Dissertation), 1896, S. 48 £f. an derselben Stelle einen Abschnitt an- genommen, indem er darlegt, dass die Viten von Leo II. bis Couon (682 687) zwar durch gemeinsame Besonderheiten verbunden sind und vielleicht von einem Verfasser herstammen, dass sie zugleich aber in zwei Gruppen zerfallen, deren eine die Lebensbeschreibungen von Leo II. und Benedikt II. bilden, während die von Johannes V. und Conon andere gemeinsame Eigentümlichkeiten aufweisen. 1) Vgl. unten S. 379.

2) Bedas Historia abbatum c. 9 (a. a, 0. p. 373). Benedikt kehrte zurück, als Abt Eosterwini von Wearmouth (f 6. März 680) noch nicht lange gestorben war (eb. c. 10). 3) Eb. c. 21 (p. 385) nach der Vita

Ceolfridi c. 37—39 (eb. p. 402,3).

23*

350 Willielm Levison.

schriftensammlung ich komme damit auf die be- deutenden Zusätze, um die der Lib. Pont, in C erweitert worden ist, indem ich die darin zerstreuten Einschiebsel zuerst bis 715 nach sachlichen Gesichtspunkten zu- sammenstelle, Gleichartiges zu Gleichartigem ordne und mich nur innerhalb der so gebildeten Gruppen an die JFolge der Hs. halte.

Wie ich soeben andeutete, sind in den Text des Lib. Pont, in C zahlreiche Inschriften der Stadt Rom ein- geschoben, die ich zunächst aufzähle. Bei den bereits be- kannten Stücken füge ich die Seitenzahlen von de Rossis Inscriptiones christianae urbis Romae II 1 (1888) und Duchesnes Liber Pont. I hinzu und beschränke mich durch- weg auf die Mitteilung der Abweichungen der Hs., wäh- rend ich den vollen Wortlaut in der ßegel nur bei bisher unbekannten Inschriften wiedergebe. Orthographische Dinge lasse ich natürlich bei Seite und merke, was ich bereits begründete, im allgemeinen auch die Stellen nicht an, an denen die Lesart erster Hand ausradiert und die Lücke durch den gleichzeitigen Korrektor ergänzt worden ist, da dessen Aenderungen unzweifelhaft auf Nach- vergleichung der Vorlage beruhen.

1) Nach p. 83, 33 (212, 7 Duch.) 'ornavit' folgt in un- passendem Zusammenhang das Gedicht des Damasus über den Taufquell von St. Peter (fol. 232'— 233):

'Versus Damasi papae.

eingebaut latices levita fidelis'^.

de ßossi p. 56, n. 14. Duchesne p. CXXII.

M. Ihm, Damasi epigrammata (Anthologiae Latinae supple-

menta I), 1895, p. 8, n. 4. Bücheier, Carmina Latina

epigraphica I, 150, n. 310.

2) Nach p. 84, 27 (213, 6 Duch.) 'dies XXXI' die Grabschrift des Damasus (fol. 233) : 'et scriptum est epita- phium super eum, quod ipse fecerat vivens :

Epitaphium Damasi papae.

Qui gradiens surgere credo'^ (die letzte Zeile am Ende der ersten Spalte von 2. Hand ergänzt).

de Eossi p. 252, n. 1 ; p. 287, n. 1. Duchesne p. 215. MG. Poetae I, 557 (Theodulf). Ihm a. a. O. p. 13, n. 9.

3) Nach p. 106, 6 (239, 12 Duch.) 'dies VII.' die von Ser- gius I. 688 gesetzte Grabschrift Leos I. (fol. 235 235') mit einigen einleitenden Worten auf Grund der Vita Sergii c. 12 (p. 214): 'Huius corpus tempore Sergii papae de ab-

1) V. 3 'Contulit' statt 'Non tulit'. 2) V. 6 'faciat quod surgere'.

I

Aus Englischen Bibliotheken, n. 351

dito inferioris secretarii translatiim et in loco eminentiori est positum, et super eum hoc epitaphium scriptum: Epitaphium Leonis papae. Huius apostolici maior erit' ^. de Eossi p. 98, n. 1 ; p. 139, n. 30; p. 158, n. 1. Duchesne p. 379.

4) Nach p. 119, 17 (258, 7 Duch.) 'KL Decemb.' ('XIII' und 'Et cess. ep. dies IUI' fehlt) der Anfang der Grab- schrift von Anastasius IL (fol. 237'): 'et hoc epitafium in tumba eins est scriptum - :

Epitaphium eins. Limina nunc servo, tenui qui culmina sedis. Hinc condi merui, presul Anastasius'. de Eossi p. 126, n. 4. Duchesne p. 259.

5) Nach p. 123, 1 (261, 12 Duch.) 'arcus argenteos III, singulos pensantes LX' folgt die nach einer anderen Hs. 'in dextro atrio' von St. Peter (vgl. de Eossi p. 53, Anm.) befindliche Inschrift des Sjmmachus (fol. 238): 'in quibus hi versus scripti sunt:

Ingrediens quisquam radiantis ^ culmina templi novitatis honore'.

de Eossi p. 53, n. 5; p. 57, n. 18 d. Duchesne p. 267.

6) Nach p. 123, 5 (261, 14 Duch.) 'libras XVI' folgt ohne Ueberschrift eine Inschrift, die bisher nur trümmerhaft bei de Eossi p. 57, n. 19 (= Duchesne p. 278) gedruckt ist und die

1) Varianten zu Duchesne v. 8 'Ne lupus insidians', 10 'pia' statt 'prava', 14 'tegunt' statt 'celant', 15 'pulsus', 16 'Hunc' statt 'nunc', 19 'quae' statt 'quia'. Der Text unserer Hs. ist verwandt dem der Oxforder Hs. Oriel College n. 42, saec. XII, fol. 214, aus der Quesnel die nach ihm benannte Sammlung des kanonischen Rechts herausgegeben hat (vgl. Coxe, Catalogus codicum mss. qui in collegüs aulisque Oxo- niensibus hodie adservantur I, 5, p. 14 sqq. ; Maassen, Quellen I, 490) und die hinter einer Biographie Leos I. die Grabschrift enthält (Leonis Magni Opera ed. Ballerinii II, 599 mit Benutzung auch der Hs. von Verdun) ; die angeführten Lesarten von v. 8. 14. 16 kehren hier wieder, und V. 10 'mala' ist offenbar ein Versuch, das sinnlose 'pia' unserer Hs. zu verbessern. Auch das Zitat der Vita Sergii in der genannten Bio- graphie Leos, das Quesnel (eb. Sp. 598) mitgeteilt hat, steht dem Text von C nahe; vgl. Mommsen p. 214, 15 'corpus beati Leonis probatissimi patris atque pontificis'] 'corpus Leonis primi ('Leonis primi' von 2. Hand auf Rasur C) beatissimi patris ac pöntificis' C und Oriel. Doch ist die letztere Hs. nach anderen Stellen nicht von C selbst abhängig, sondern von dessen Vorlage. 2) Vgl. Beda, Hist. eccl. II, 1 : 'scriptumque in

tumba ipsius epitaphium huiusmodi'. 3) 'is cul' von 2. Hand auf Rasur; andere Varianten zu Duchesne v. 2 'operis', 4 'dominatur', 5 'venerandus Simmacus', 6 'Priscae cesserunt'.

352 Wilhelm Levison.

ich daher ganz mitteile (fol. 238) ; die zwei letzten Distichen mit dem Namen des Symmachus sind neu.

'Quisquis ad aeternam festinat tendere vitam,

Hac iter exquirat, qua licet ire piis, Tramite quo fretus caelestia regna sacerdos

Intravit meritis ante parata suis^. Antistes Domini procumbis victima Christi,

Pontifici summo sie pjaciture Deo. Simmacus has arces cultu meliore ^ novavit,

Marmoribus, titulis, nobilitate, fide. Nil formido valet, morsus cessere luporum,

Pastoris proprium continet aula gregem'.

Wenn die Gedichte 5 und 6, die auch in der Samm- lung der Pariser Hs. n. 8071 unmittelbar auf einander folgen, hier richtig eingeordnet sind, so gehörten sie gleich 7 zu dem Rundbau an der Südseite von St. Peter, der an der Stelle der heutigen Sakristei als Mausoleum erbaut worden war und von Papst Symmachus (498 514) zu einer Kirche des Apostels Andreas geweiht wurde ^. Die In- schrift n. 6 hat de Rossi als Grabschrift von Johannes I. (523 526) gedeutet, was doch keineswegs sicher ist; ge- hörten die zwei letzten, bisher unbekannten Distichen wirklich zu derselben Inschrift und sind nicht etwa als besonderes Gedicht aufzufassen, so wird jene Deutung un- möglich. Die Beantwortung dieser wie mancher anderen Frage, die durch die neue Inschriftensammlung aufgeworfen wird, muss ich besseren Kennern der Topographie des alt- christlichen Roms überlassen.

7) Es folgen wieder einige Worte, die sich an den Liber Pont. p. 123, 6 (261, 15 Duch.) anlehnen, dann aber- mals eine Inschrift des Symmachus (fol. 238 238'): 'Item basilicam * sanctorum martirum Proti et lacincti, ubi fecit hos versus:

(a) Templa micant amplificata piis' 5,

1) Bei de Rossi folgt das hier fehlende Distichon: '. , . magis vivens commercia grata peregit, Perdidit, ut poss[e]t semper habere D[e]um'. 2) Vgl. Damasus' Gedicht n. 44, v. 3 (Ihm p. 47) : 'cultu meliore decorans'. 3) Vgl. de Rossi S. 224 f. ; Duchesne, Lib. Pont. I, 265,

N. 16; G. Rohault de Pleury, Saint-- Andrö au Vatican (Nuovo Bullet- tino di archeologia cristiana II, 1896, p. 41 51); Duchesne, Vaticana (Melanges d'archeologie et d'histoire XXII, 1902, p. 888 sqq.). 4) Der Text des Liber Pont, ist hier arg entstellt ; es handelt sich um keine Basilica, sondern um eine der Kapellen in den sieben Nischen der Andreaskirche. 5) V. 7 hat C 'tibi' statt des von de Rossi ergänzten 'iam'.

Aus Englischen Bibliotheken. H. 353

und der zweite Teil der im Parisinns n. 8071 sich an- schliessenden Inschrift auf Sossus :

(b) 'O laeti iocunda quies commemoranda suis' ^. de Rossi p. 246, n. 8, 8a. Duchesne p. 265, 266. Es fehlen also die sechs Verse auf Sossus, die im Parisinus zwischen den beiden Versgruppen unserer Hs. überliefert sind, deren Schreiber wie wohl schon die Vorlage offenbar die einen und die anderen Distichen auf Protus und Hjacinthus bezogen hat, die Symmachus auch in anderen Versen verherrlicht hatte (de Rossi p. 42, vgl. 207, 457 f.; Duchesne p. 266; Ihm a. a. 0. p. 98, n. 97). Das erste Gedicht galt bisher als Weihinschrift des ganzen Gebäudes, nicht nur einer einzelnen Kapelle, und an dieser Auf- fassung wird wohl festzuhalten sein.

8) Nach p. 123, 14 (261, 21 Duch.) 'Ipsa crux aurea pensat libras decem' folgt eine Inschrift der Kreuzkapelle am Baptisterium von St. Peter, die meines Wissens bisher unbekannt ist (fol. 238') : 'ubi scripti sunt hi versus :

Fortis ad infirmos descendens panis alendos

Hoc fractus ligno est, ut potuisset edi. Hie agni membris proprio mors dente ligata- est

Et predam predae se gemit esse suae. O magnum pietatis opus ! mors mortua tunc est ^, Quando hoc in- ligno mortua vita fuit'. Das letzte Distichon findet sich im Römischen Brevier als Antiphon am Tage der Kreuzerhöhung (14. September), deren Fest spätestens im 7. Jh. in Rom Eingang ge- funden hat^.

9) Von den folgenden Verspaaren, die nach p. 124, 13 (262, 18 Duch.) 'fecit gradus' eingefügt sind und Gemälden in der Kirche SS. Giovanni e Paolo als erklärende Bei- schrift dienten , sind nur die ersten zehn Verse bei de Rossi p. 150, n. 21 nach einer anderen Hs. gedruckt^;

1) Vers 8 lautet 'Munere communi quam tenet una salus' ; v. 10 'munus' statt 'pretium'. 2) 'ligata est' von 2. Hand auf Rasur, ebenso

nachher 'in ligno'. 3) Vgl. Venantius Fortunatus, Carm. IV, 21, 13

und Vita Martini I, 154 (ed. Leo, Auct. ant. IV, 1, p. 92. 300) : 'mortua mors est'. 4) Vgl. u. a. Duchesne, Liber Pont. I, 378; F. Probst, Die ältesten römischen Sacramentarien und Ordines, 1892, S. 258 f. Das Alter der Antiphon vermag ich nicht festzustellen; sie ist jedenfalls wesentlich älter als die Erwähnung im Micrologus c. 55 (Migne CLI, 1018) des Bernold von Konstanz (vgl. Morin, Revue Benedictine VIII, 385— 395; Bäumer, N. A. XVIII, 429 446), auf die mich Herr P. Ildefons Herwegen in Maria - Laach freundlichst hinweist. 5) Vgl. dazu

354 Wilhelm Levison.

ich lasse daher die ganze Reihe folgen (fol. 238'): 'ubi super picturas veteris et novi testamenti hos versus fecit:

(a) Templum ingens Domino Salomon rex dedicat, astant^ Pontifices et plebs magno circumflua cetu -.

(b) lustus Asa^ simulacra patrum lucosque profanos Sustulit et matrem regni privavit honore'^.

(c) losaphat sola confidens laude tonantis Perculit '" adversas acies hostilibus armis ^.

[(d) Ezechias "' pius in Dominum perque omnia clarus, Cui Deus ad vitam ter quinos addidit annos^].

(e) Ciaret mira Dei bonitas in rege Manasse,

Quem regno et veniae post multa piacula reddit^.

(f) Qui^^ quondam adiecit morituro tempora regi^, Hie ^^ vitam ad carnem potuit revoeare sepulti ^^.

(g) Pellit ab obsessis immundas qui legiones ^^,

Hie nostros hostes premat ^* et luvet ^^ arma suorum. (h) Corruitura docet Christus decora inclita temjDli, Condens in melius tribus instaurauda diebus ^^. (i) Ostendis Christum populis babtista Johannes : Hie est agnus et hie qui toUit crimiua mundi ^^.

Die Gemälde, zu denen diese Inschriften gehörten, sind verloren und haben nichts mit den neuerdings in den alten Eäumen unter der Kirche aufgedeckten Malereien zu tun. Man darf den Bildercyklus wohl als eine Art bildlicher 'Concordia veteris et novi testamenti' ^^ be- trachten; h stellte vielleicht das Gegenstück zu a, g zu c, f zu d dar, andere Verse werden ausgefallen sein oder waren zur Zeit des Sammlers nicht mehr lesbar.

10) Die Nachricht über die Erweiterung der Michael- kirche durch Sjmmachus p. 124, 14 (262, 19 Duch.) wird durch Verse ergänzt, die sich ohne das letzte Distichon bei de Eossi p. 138, n. 25 (= Ihm a. a. 0. p. 76, n. 72)

E. Steinmami, Die Tituli und die kirchliche Wandmalerei im Abendlande (Beiträge zur Kunstgeschichte, Neue Folge XIX), 1892, S. 31 f.

I) 'astans' (von 2. Hand ergänzt) C. 2) Vgl. 3. ßeg. c. 8; 2. Par. c. 5-7. 3) 'Asaph' C. 4) Vgl. 3. Reg. 15, 12 f. ; 2. Par. 14, 3. 15, 16. 5) 'Peerculit' von 2. Hand verbessert, wie es scheint, in 'Per- tulit'. 6) Vgl. 2. Par. c. 20. 7) Das foloende Verspaar fehlt in C. 8) Vgl. 4. Reg. c. 20, 6. 9) Vgl. 2. Par." 33, 13. 10) 'Hie' C.

II) 'Qui' C. 12) Vgl. Job. c. 11. 13) Vol. Marc. c. 5; Luc. c. 8. 14) Von 2. Hand ergänzt. 15) 'iuvat' 1. Hand C. 16) Vgl. Matth. 26, 61; Marc. 14, 58; Job. 2, 19—21. 17) Vgl. .lob. 1, 29. 18) Vgl. u. a. Fr. X. Kraus, Greschichte der christlichen Kunst I, 383 ff. 471 flf. ; JPr. Fr. Leitschub, Geschichte der Karolingischen Malerei, 1894, S. 362 ff.

Aus Englischen Bibliotheken. II. 355

finden (fol. 238' 239): 'et aquam introduxit ad babtisterium cum bis versibus:

Sumite perpetuam sancto de gurgite vitam:

Cursus hie est fidel, mors ubi sola perlt. Eoborat hlc aniraos dlvino foute lavacrum,

Et dum membra madent, mens solldatur aquis. Auxlt ai)ostollcae gemlnatum sedls honorem ^

Christus et ad caelos hlnc dedlt esse vlam ^ Nam^ cul slderel commlslt lumlna'^ regnl,

Hlc habet In terris '" altera regna poll. Simacus hunc statuit sacri babtismatis usum,

Sub quo quicquld erat inciplt esse novum'.

Ohne Zwischenraum schllessen sich an

11) die Distichen (fol. 239):

'Istlc Insontes caelestl hac ratione loci' ^• de Rossl p. 139, n. 26; p. 247, n. 11. Ihm p. 77, n. 73.

Die Gedichte n. 10 und 11, von denen das eine bisher nur durch die Sylloge Verdunensis, das zweite ausserdem sehr verstümmelt durch eine Pariser Hs. be- kannt war, sind In den letzten Jahren Gegenstand einer Streitfrage gewesen. Sie tragen In der Verduner Hs. die Ueberschrlften 'Isti versicull sunt scrlptl ad fontes' und 'Istl versicull scrlptl sunt, ubi pontifex conslgnat Infantes', und auch der Inhalt Hess keinen Zweifel über die Be- stimmung für eine Taufkirche, In der die Päpste selbst zur Zelt des Dichters nicht selten die Taufe spendeten (vgl. n. 11, V. 2). Aber welches Baptisterlum ist gemeint? de Eossl hatte sich p. 138 f. nicht ohne Bedenken für S. Pietro in Vatlcano entschieden'''; dagegen hat neuer- dings Orazio Marucchl die Inschriften für ein vor wenigen Jahren an der Via Salarla bei den Priscilla- Katakomben aufgedecktes und nach seiner Annahme dem Apostel Petrus geweihtes Baptisterlum in Anspruch genommen und diese Ansicht nachdrücklich gegen Bonavenla und Jubaru verteidigt, die andere Möglichkeiten in Betracht

1) 'amorem' C. 2) 'vitam' C. 3) 'lam' C. 4) Verbessert

in 'limina' C, wie auch de Rossi das 'lumina' des Verdunensis geändert hat. 5) Der Verdunensis liest 'in amplis ('templis' verbessert de

Rossi) altera claustra poli' und enthält die beiden folgenden Verse nicht. 6) Varianten zu S. 139 v. 3 'generaude', 4 'Christus' statt

'spiritus', 6 'monitus'. 7) Vgl. auch H. Grisar, Die christlichen In-

schriften Roms (Zeitschrift für katholische Theologie XIII, 1889, S. 115 f. 128).

356 Wilhelm Levison.

gezogen haben, indem er dabei namentlich die jedenfalls im wesentlichen topographische Anordnung der Sammlung von Verdun geltend machte ^. Unsere Hs. stimmt mit keiner der vertretenen Meinungen überein. Sie enthält einmal ein neues Distichon, durch welches das erste und damit doch auch das zweite Gedicht der Zeit des Sym- machus zugeschrieben werden, und nennt ferner im An- schluss an den Liber Pont, als Ort der Inschriften eine wohl innerhalb der Stadt gelegene, von Symmachus erweiterte Kirche des Erzengels Michael, deren Lage nicht sicher ist (s. Duchesne 1, 268, n. 36; vgl. II, 565 und Hülsen bei Mommsen p. 283). Man hat den 7. und 8. Vers bisher auf den Apostel Petrus gedeutet und daraus auf eine seinen Namen tragende Kirche als Stätte der Inschriften geschlossen, und man musste dies tun bei der Lesart 'claustra poli' der Verduner Hs. und de Eossis Aenderung von 'lumina' in 'limina' -. Auch jetzt hat diese Auffassung vieles für sich; immerhin wird man nun die Präge unter- suchen müssen, ob die Zuweisung der Gedichte an eine Michaelkirche in unserer Hs. nicht doch begründet sein kann, ob die Hut der 'lumina regni siderei', wie auch sie ursprünglich bot, und die 'regna poli' nicht auch auf den Erzengel passen etwa im Hinblick auf die Anfangsworte einer Inschrift am Eingang von San Michele Maggiore in Pavia^:

'Regna poli ianuas, populus, intrate per almas; Currite, Christiculae, prendite regna poli!

Nuntius hie Domini, cuius intratis in aulam, Semper videt faciem nuntius hie Domini'. Ich darf mir in diesen Dingen, die meinen Studien ferner liegen, kaum ein Urteil erlauben ; immerhin scheint mir die Frage im Hinblick auf die neue Hs. noch einmal eine Prüfung zu verlohnen.

Jedenfalls sind die nächsten Verse nicht an passender Stelle eingefügt, die man zwar ebenfalls 'ad fontem' las,

1) Marucchi, Nuovo Bullettino di archeologia cristiana YU, 1901, p. 79 £f. ; IX, 1903, p. 222 ff. 321 ff. ; XII, 1906, p. 9 ff. ; XIII, 1907, p. 169 ff. ; XIV, 1908, p. 52. 108. 154. Vgl. auch J. Zettinger, Die ältesten Nachrichten über Baptisterien der Stadt Rom (Römische Quartal- schrift XVI, 1902, S. 343 fi'.) und A. de Waal, Ubi Petrus baptizabat? (eb. XXII, 1, 1908, S. 45 f.). 2) Ausgeschlossen ist freilich auch dann die Beziehung auf Michael nicht als den y-leidoir/og rfjg ßaaÜEiag xwv ovgavwv (vgl. W. Lueken, Michael, 1898, S. 125). ' 3) de Rossi II, 165, n. 13 ; Corpus inscript. Lat. V, 2, p. 705 ; MG. Poetae I, 103.

Aus Englischen Bibliotheken, ü. 357

aber nach Ausweis mehrerer von einander unabhängiger Hss. in S. Paolo; sie sind offenbar wegen des verwandten Inhalts in der Vorlage oder erst in unserer Hs. (fol. 239) hier angereiht worden.

12) de Rossi p. 28, n. 53; p. 68, n. 31; p. 81, n. U; p. 98, n. 4 ; p. 155, n. 1 :

'Item versus de eodem. Haec domus est fidei, mentes^ ubi summa potestas

Liberat et sancto purgatas fönte tuetur'. Dann wollte der Schreiber wohl zum Text des Liber Pont. p. 12-4, 15 (262, 19 Duch.) zurückkehren; denn es folgen die Worte 'Item ad Sanetam Mariam'. Er brach aber wieder ab, ohne sie zu tilgen, und liess noch mehrere Gedichte folgen, die Symmachus zugeschrieben werden, zunächst

13) eine Inschrift der Peterskirche, wie durch ver- schiedene Hss. feststeht (fol. 239):

'lustitiae sedes, fidei domus, aula pudoris

Haec est quam cernis, pietas quam possidet omnis,

Quae patris et nati virtutibus inclita gaudet Auctoremque - suum genitoris laudibus aequat.

Simmacus ista tibi^ persolvit vota sacerdos*, Ut bene quod meruit redderet ipse decus'.

de Rossi p. 21, n. 10 (vgl. p. 47); p. 55, n. 8 ; p. 145, n. 6; p. 156, n. 4.

Das letzte Distichon fehlt in allen anderen Hss. an dieser Stelle; dagegen ist es einzeln, aber mit dem Namen des Honorius in der Sylloge Centulensis erhalten (de Rossi p. 81, n. 18):

'Haec tibi Honorius persolvit vota sacerdos, Ut bene quod meruit redderet ipse decus'. Ist dessen Namen in unserer Hs. durch den des Sym- machus verdrängt worden, oder hat dieser umgekehrt dem jüngeren Papst den Platz räumen müssen? Für das frühere Dasein der neuen Fassung darf man geltend machen, dass der Vers mit dem Namen des Symmachus metrisch unbedenklich ist, während der Name des Honorius mit der falschen Messung Hönörius wie ein Eindringling auf fremdem Boden erscheint; doch vgl. unten n. 17.

1) Verbessert in 'meutis'. 2) 'Autoremque' C. 3) 'sibi' G.

4) Vgl. Damasus' Gedicht n. 42, v. 5 (Ihm p. 46): 'reddit sua vota sacerdos'.

gt58 Wilhelm Levis on.

Aber auch wenn die neue Fassung des letzten Distichons echt sein sollte, so ist damit doch die Zugehörigkeit zu den früher bekannten ersten beiden Distichen keineswegs erwiesen. Verse anderen Ursj)rungs können sehr wohl schon in einer Vorlage darunter geschrieben worden sein, ohne deutlich als selbständig geschieden zu werden, und die Zugehörigkeit ist ohne weiteres widerlegt, wenn be- sonders im Hinblick auf den vierten Vers 0. Erbes mit Recht dargelegt hat, dass es sich bei dem Vater und Sohn des dritten Verses nicht um die beiden ersten Personen der Trinität handelt, sondern um menschliche Urheber der Kirche (oder ihrer Teile), um Konstantin den Grossen und, wie er annimmt, Konstantins ^. Neben ihnen hätte natürlich Sjmmachus in derselben Inschrift keinen Platz, und das Distichon wäre von den ersten beiden zu trennen.

14) 'Item sub clipeo argenteo in arcu argenteo, quem fecit in- medio presbiterio (fol. 239):

Votorum compos laetus tibi munera solvo.

Parva salutiferae reddens nunc^ praemia legis.

Suscipe dona, praecor, mentis pie pignora nostrae !

Sedis apostolicae pulcrum et sublime ^ lacunar Antiquam speciem viucit honore suo.

Simmacus hoc praestat venerandus in urbe sacerdos, Ne ^ possit templo longa nocere dies'.

15) 'Item in oratorio Salvatoris de nominibus eiusdem (fol. 239):

Spes, ratio, via, vita, salus, sapientia, mens, mons", Iudex, porta, gigas, rex, gemma, propheta, sacerdos, Messias, Sabaoth, rabbi, spousus, mediator, Virga, columba, manus ", petra, filius Emmanuelque, 5 Vinea, pastor, ovis, pax, radix, vitis, oliva, Föns, agnus, panis, aries, vitulus, leo, lesus, Verbum, homo, ret§, lapis, tectum, domus: omnia Christus. Simmacus ista tibi, j)ie lesu, nomina lusit'.

1) Vgl. u. a, Erbes, Die Todestage der Apostel Paulus und Petrus und ihre Römischen Denkmäler (Texte und Untersuchungen zur Gre- schichte der altchristlichen Literatur XIX, 1899) S. 116 £F. 2) 'i' C.

3) 'h (= non') C. 4) 'sullime' C. 5) 'Te' C. 6) Die Hs. hat

'mon", also mit dem Zeichen, das im allgemeinen die Buchstaljen 'us' vertritt, aber mitunter auch für einfaches 's' verwandt wird, wie jüngst Delisle (Liber Floridus a. a. 0. p. 584 f. ; Bibliotheque de l'ecole des chartes LXVII, 1906, p. 591 f.) und Poupardin (eb. LXVIII, 1907, p. 426 f.) festgestellt haben, zu deren Belegen ich die Wiener Hs. n. 332 (Rec. 126), saec. IX, fol. 124' 126 (aduersu'', gloriosu'', solu'', usu'*) hinzufügen kann. 7) 'manus' fehlt C.

Aus Englischen Bibliotheken, ü. 359

Auch hier ist nur der letzte Vers neu; die übrigen sind mit kleinen Abweichungen zuletzt bei Ihm a. a. 0. p. 68, n. 67 und als Verse eines Silvius bei Eiese, Anthologia Latina II-, 162, n. 689'' gedruckt. Darf man annehmen, dass Sjmmachus ein älteres Gedicht als Inschrift benutzte, oder ist der Vers mit seinem Namen unecht oder ■wenigstens fälschlich mit den vorhergehenden Zeilen ver- bunden worden?

16) 'Item supra portam urbis, quae dicitur Porta sancti Petri, quam ipse ornavit (fol. 239):

Invocat(!) antiquum cernere mente licet', nämlich die zweimal vier Distichen, die nach Traube (MG. Poetae III, 226) de ßossi p. 458 aus einer Brüsseler Hs. (Sedulius Scottus) herausgegeben hat ^ und die in unserem Codex wie in der anderen Hs. so angeordnet sind, dass erst die bei de Rossi links, dann die rechts stehenden Verse aufeinander folgen ^. Daran schliessen sich noch die dort fehlenden, in Form und Inhalt, wie mir scheint, nicht unbedenklichen Zeilen:

'Antistes portam renovavit Simmachus istam, üt Rome per eum nichil esset non^ renovatum'.

17) Es folgt die Inschrift auf dem einen Türflügel am Haupteingang von St. Peter (fol. 239 239'):

'Item in lammina argentea regiae sancti Petri, quam ipse fecit:

Lux arcana Dei cuncta gregis' ^ also de Rossi p. 53, n. 3; p. 78, n. 1 ; p. 123, n. 3 ; p. 145, n. 5 (Duchesne p. 325), aber mit der Abweichung^, dass in Vers 17 der Name des Honorius durch Symmachus ersetzt ist:

'Sed bonus antistes dux plebis Simmacus*' armis', was unzweifelhaft falsch ist, da der Inhalt der Inschrift über Honorius I. (625 638) als Urheber keinen Zweifel

1) 11 der Verse stehen aus einander gerissen auch bei de Rossi p, 99, n. 7. 9. 10. 12. 2) Varianten 1, 3 'Festem'; 2, 4 'monet'

(darüber von 2. Hand 'vel probat') ; 3, 4 'Hoc intra' statt 'Hos inter', 'duos' statt 'deus'; 4, 3 'Hie' statt 'Sic'; 4, 4 'sola verum'. 3) Von

2. Hand ergänzt. 4) Die Hs. kehrt darauf zum Liber Pont. p. 124, 15 'Item ad Sanctam Mariam' zurück. 5) Die anderen Varianten ver-

zeichne ich zu Duchesne : v. 1 'verbum et sapientia patris', 3 'decendit (!) nee q(d fuit esse reliquit' von 2. Hand auf Rasur), 4 'exueret', 10 'clau- dere quaeque licet', 12 'confessi mente fide atque opere', 14 'dogmate', 18 'aecclesiae', 19 'ex' statt 'de', 21 'Et' statt 'At'. 6) Von 2. Hand

in 'Simmachus' verbessert, wie öfter.

360 Wilhelm Levison.

lässt. Hat der Schreiber, der an dieser Stelle nur In- schriften des Symmachus gebrauchen konnte, erst beim 17. Verse während des Abschreibens bemerkt, dass das Gedicht über ein Jahrhundert jünger war, und darum kurz entschlossen den Namen des Papstes geändert oder beabsichtigte er die Aenderung von vornherein?

18) Die Worte p. 131, 11—24 (271, 16 272, 4 Duch.) 'Eodem tempore lib. VI' lauten hier mit starker Um- stellung und Veränderung (fol. 240 240'): 'Eodem tem- pore fecit idem papa Hormisda in basilica quae appellatur Constantiniana, quia Constantinus primus christianus Im- perator eam a fundamento fecit, arcum argenteum sculp- tum variis celaturis ante altare, in quo dedit argen- tum XXX librarum. Ibidem etiam fecit cantara argentea XVI, quae pensant singulas(!) XVI ^

Hie fecit in aecclesia beati Petri trabem ex argento, quod pensat libras LXX, in quo hi versus scripti sunt : Quamvis praecipuis reddantur^ loca sacra metallis

Plurima multorum testificata patrum. Nemo tamen simili dissolvit schemate ^ votum :

Vincetur specie muneris et precio. Pontificis factum populis si forma* bonorum est,

Iure sacerdotem publica dona decent. Viribus iccirco propriis Hormisda dicavit

Hoc quod in exemplo nobile durat opus'.

19) Nach p. 138, 5 (279, 4 Duch.) 'via Salaria iuxta m u r u m urbis Romae' folgt die noch erhaltene Mosaikinschrift von Felix IV. in SS. Cosmas und Damian (fol. 241'): 'ubi et hos versus fecit:

Aula Dei claris rutilat arce poli' ^. de ßossi p. 71, n. 41; p. 134, n. 4; p. 152, n. 28. Duchesne p. 280.

20) Nach p. 138, 14 'dies III' (279, 8 Duch.) die Grabschrift von Felix IV. (fol. 241'):

'Certa fides iustis crescere fecit opus', de Rossi p. 57, n. 18; p. 126, n. 3. Duchesne p. 280.

21) Nach p. 140, 7 (281, 18 Duch.) 'dies XV' die Grabschrift von Bonifatius II. (fol. 242):

1) So der Miniator; am Rande ist 'XII' richtig vorgezeichnet. 2) 'reddentur' 1. Hand C. Das zum Verse nicht passende Wort 'loca' ist wohl zu streichen. S) 'stemate :orum' von 2. Hand verbessert in 'stemmate Votum' C. 4) Von 2. Hand ergänzt. 5) Im 2. Vers fehlt 'plus'.

Aus Englischen Bibliotheken, ü. 361

'Sedis apostolicae primevus (!) vita fuisse probat' ^. de Rossi p. 126, n. 2 ; p. 141, n. 32. Duchesne p. 283. Bücheier a. a. O. II, 646, n. 1374.

22) Nach p. 141, 24 (285, 13 Duch.) 'dies III' die Grabschrift von Johannes II. (fol. 242):

'Mente pia vivens cnlmina sacra tenet' ^. de Rossi p. 126, n. 5 (vgl. p. 286, n. 7). Duchesne p. 286. Bücheier II, 649, n. 1377. Die ersten 5 Verse auch MG. Poetae I, 268 (Alcvin).

23) Nach p. 157, 5 (305, 4 Duch.) 'dedicavit eam' die Weihinschrift Johannes' III. in der Kirche der Apostel Philippus und Jakobus (fol. 244) : 'et ibi versus sunt :

Hie prior antistes lumen inesse locis' ^. de Rossi p. 65, n. 18/9; p. 248, n. 14/5. Duchesne p. 306.

24) Ohne Zwischenraum schliesst sich die Inschrift eines Papstes Johannes in St. Peter an (fol. 244):

'Quamvis clara fides Romanae pontificale decus' *.

de Rossi p. 54, n. 6; p. 57, n. 18c; p. 144, n. 1; p. 286, n. 10. Duchesne p. 267.

Wahrscheinlich geht die Inschrift auf Johannes I. zurück (vgl. eb.); der Schreiber unserer Hs. hat sie offenbar Johannes III. zugeschrieben, dem die vorhergehenden Verse ihren Ursprung verdanken.

25) Nach p. 159, 15 (308, 8 Duch.) 'm(enses) III dies X' folgen die ersten zwei Distichen der Grabschrift Benedikts II., die hier auf Benedikt I. bezogen ist (fol. 244):

'Magne (!) tuis Benedicte tempore cepta fluunt' ^. de Rossi p. 129, n. 12; p. 157, n. 8; p. 286, n. 9. Duchesne p. 365.

26) Nach p. 162, 14 (312, 14 Duch.) 'd(ies) VIII' die Grabschrift Gregors I. (fol. 244'):

'Epitaphium beati Gregorii papae. Suscipe terra tuo sine fine tenes' *^.

1) Varianten zu Duchesne : v. 3 'Bonefatius', 5 'adonavit' verbessert in 'adornavit'. 7 'vestram' (verbessert in 'vestra') statt 'iram', 8 'Debellatis cunctis' 1. Hand, 9 'Fecit' statt 'Egit', 10 'Hunc orando', 11 'parens' statt 'pater', 12 'totum' statt 'tecum'. 2) V. 6 'pontificale', 9 'Agapitus'.

3) V. 4 'Restituit' statt 'despexit', 7 'nomine' fehlt (doch Rasur). 4)_V. 3 'in' statt 'his', 4 'Spectatumque occulis ars : ('p' ausradiert) spetiosa'. 5) V. 1 'monimenta', 2 'titulis', 3 'speciem'. 6) V. 13 'agebas' fehlt,

14 'gerens' statt 'gregis', 15 'factis', 16 'lam' statt 'Nam'.

362 Wilhelm Levison.

de Eossi p. 52, n. 1; p. 78, n. 3; p. 112, n. 73; p. 209, n. 88; p. 253, n. 3; p. 266, n. 9; p. 275, n. 11; p. 278, n. 7; p. 290, n. 4. Duchesne p. 313 f. Beda, Hist. eccl. II, 1. MG. Auct. ant. VI, 2, p. 190.

27) Nach p. 164, 13 (316, 8 Duch.) 'dies VI' die 2. Hälfte der Grabschrift von Bonifatius III. (fol. 245):

'Hoc sita sunt his caruisse bonis' ^. de Eossi p. 126, n. 1 ; p. 141, n. 31. Duchesne p. 316.

28) Nach p. 165, 15 (317, 6 Duch.) 'dies XXVI' die Grabschrift von Bonifatius IV. (fol. 245):

'Vita hominum brevis iussit habere suos' ; aber die Verse 3 und 4 fehlen, 5 lautet:

'Quid mors ergo furis, quid vires fundis inanes?' und 11 18 sind zu vier Versen verkümmert:

'Per te summorum Bonefacius ampla bonorum Premia percipiens ^ liber ad astra volat,

Nam merito fidei dementia Christi

Spem certam hanc famulos iussit habere suos', von denen nur der letzte der übrigen Ueberlieferung ent- spricht.

de Eossi p. 128, n. 9; p. 208, n. 37. Duchesne p. 317.

29) Nach p. 167, 4 (319, 11 Duch.) 'dies XVI' die Grabschrift von Deusdedit (fol. 245'— 246):

'Cur titulata diu cessarunt iura munus epitaphii' ^, mit Auslassung der Verse 10 und 11.

de Eossi p. 127, n. 7. Duchesne p. 320.

30) Nach p. 169, 3 (321, 12 Duch.) 'dies sedecim' die Grabschrift von Bonifatius V. ; doch fehlen die Verse 1 4, 7—10, 13, 14 (fol. 246):

'Hie vir inaccessis apta suis.

In commune bonus Bonefacius publica subsidia.

lam vidualis culmen honoris abit' *.

de Eossi p. 128, n. 10. Duchesne p. 322.

31) Nach p. 171, 8 (323, 13 Duch.) 'dona multa obtulit' folgen zwei Inschriften Honorius' I. in der Kirche der h. Agnes, doch mit so starken Abweichungen gegen- über den bekannten Texten (de Eossi p. 63, n. 6 ; p. 89, n. 43. 42; p. 104, n. 37. 36; p. 137, n. 18. 17; p. 249,

1) V. 7 'Bonefaci', 10 'Castus' statt 'cultus'. 2) 'precipiens' C.

3) V. 4 'inclusus', 9 'Oura', 12 'Serpentisque fuit'. 4) V. 15 'capti-

vorumque' statt 'pupill.', 16 'Decorumque', 'sibi' statt 'tibi', 17 'facta', 19 'quinis cum mensibus', 20 'magnum'.

Aus Englischen Bibliotheken, n. 363

n. 18. 19. Duchesne p. 325) die zweite Inschrift ist noch als Mosaik erhalten dass ich den ganzen Wort- laut gebe (fol. 246'): 'et hos versus inscribi fecit:

a) Virginis aula micat variis decorata metallis,

Sed plus est meritis splendida virgineis.

b) Aurea concisis surgit pictura metallis,

Et complexa simul clauditur ipsa dies. Fontibns e niveis Aurora subire videtur,

Discuciens nubes, roribus arva rigans, Vel qualem lucem per nebula pervehit Iris,

Vel qui purpureo pavo nitore nitet. Qui potuit nocti lucem prestare profundae,

Martiris e bustis reppulit ille chaos. Virginis Agnetis magno devotus honori

Presul Honorius haec vota dicata dedit. Vestibns et factis signantur praesulis ora,

Lucet et aspectu lucida corda gerens'.

32) Nach p. 199, 4 (355, 5 Duch.) 'menses VI d. V die Grabschrift von Agatho (fol. 252'):

' E p i t a p h i u m. Pontificalis apex tua vita foret' ^. de ßossi p. 52, n. 2; p. 129, n. 11; p. 157, n. 7. Duchesne p. 358.

33) Nach p. 206, 13 (367, 7 Duch.) 'et c(essavit) e(piscopatus) ni(enses) II' (so am Rande vorgezeichuet, im Text 'I') die Grabschrift von Johannes V. (fol. 267'):

'lohannem tumulus pondere cuncta regens' ^.

de Eossi p. 129, n. 13 ; 207, n. 32. Duchesne p. 367.

34) Nach p. 220, 19 (386, 4 Duch.) 'm. III' folgt als letzte Inschrift das bisher unbekannte Epitaph des 707 gestorbenen Papstes Johannes VII. (fol. 271):

Hie sibi constitnit tumulum iussitque reponi Presul lohannes sub pedibus domine,

Committens auimam sanctae sub tegmine niatris, Innuba quae peperit virgo ^ parensque Deum. 5 Hie decus omne loco'^, prisco squalore remoto, Contulit^, ut stupeat prodiga posteritas,

1) V. 3 'Quod', 4 'quod', 6 'dictis' statt 'decorat', 7 'his iuvenis antistes mente Agathon', 9 'En prisca fides, en pietas', 11 'Qui peto dinumeret'. 2) V. 1 'regit, astruit', 3 'magister', 7 'Dum', 8 'asper'

statt 'hostis', 10 'Institiam in cunctos', 11 'Cui^' (verbessert in 'Tui? = Tuis', vgl. S. 358, Anm. 6) statt 'providus', 12 'Nil temere, at magno pondere'. 3) 'virga' C. 4) 'locum' C. 5) 'Noutulit' (Irrtum des Miniators) C.

Neues Archiv etc. XXXV. 24

364 Wilhelm Levison.

Non pompe studio, quae defluit orbe sub ipso, Sed fervore pio pro genitrice Dei.

Non parceus opibus, pretiosum qiücquid habebat 10 In tiia distribuit munera, sancta parens.

Panperibiis reliquum muiius dedit ; iiidicat hospes, Fessus ab occeano qui tenus Urbe ^ venit.

Cum victum inveniet, quo vitae seria sumat : Hinc apud excelsum spes erit, alme, tibi. Die Grabschrift findet ihre Erläuterung- durch die Vita des Papstes c 1 (Mommsen p. 219): 'Hie fecit oraturium sanctae Dei genetricis intro ecclesiam beati Petri apostoli, cuius parietes musibo depinxit, illicque auri et argenti quantitatem multam expendit et venerabiliura patrum dextra levaque vultus erexit' (vgl. dazu Duchesne I, 386 ; de Rossi II, 418), und c. 5 (p. 220): 'Qui etiam sepultus est ad beatum Petrum apostolum ante altare sanctae Dei genetrieis, quem ipse construxit'.

Dem Schreiber der Hs. oder einem Vorgänger, falls die Biographien der Päpste bereits in der Vorlage durch solche Einschiebsel erweitert worden wai'en, stand also eine recht reichhaltige Sammlung von 'Inscriptiones christianae urbis Romae' zur Verfügung, wie uns noch so manche in Hss. des Mittelalters erhalten und im zweiten Bande von de Rossis Werk bequem zugänglich geworden sind -. Dass solche Inschriften, die etwa ein Rompilger zur frommen Erinnerung an die ewige Stadt sich zusammengestellt hatte , auch früh nach England gekommen sind , zeigt Beda, der vermutlich auf diesem Wege die Grabschriften von Gregor I. (Hist, eccl. II, 1) und Caedwalla (V, 7) erlangt hat^, iind eben der Zeit Bedas und seines Abtes Ceolfrid^ gehört wohl auch unsere Sammlung an, da sie im ersten Jahrzehnt des 8. Jh. mit dem Epitaph von Johannes VII. abbricht. Sie glich keiner der von de Rossi veröfEentlichteu Hss., wenn natürlich auch die einen In- schriften in dieser, die anderen in jener Sammlung wieder- kehren und das 'Corpus Laureshamense' (Palatinus n. 833) als Vereinigung verschiedener Teile (Sylloge VIII, XI,

1) 'orbe' C. 2) Vgl. auch de ßossi, Monumenti cristiani

registrati in una silloge epigrafica dei secolo XV acquistata dalla biblio- teca di Stuttgart (BuUettino di archeologia cristiana, Serie quinta I, 1890, p. 156 ff.) über eine Sammlung, die in keiner Beziehung zu C steht. 3) Vgl. de Rossi II, 52. 60. '288 f. Auch an Aldhelms Kenntnis Römischer Inschriften sei erinnert (vgl. Grisar a. a. 0. S. 91 f.). 4) Vgl.

oben S. ;349.

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 365

XIII bei de Eossi) ^ nicht weniger als zwanzig Inschriften mit unserer Hs. gemein hat. Rund ein Viertel der In- schriften war bisher nur aus einer Hs. bekannt oder doch wie n. 1 nur aus einer alten Hs., deren Entstehung vor der Zeit liegt, da die Inschrift im 15. Jh. nach langer Vergessenheit wieder auftauchte, und wenn die neue Form der Ueberlieferung auch zahlreiche unbrauchbare Lesarten (vgl. z. B. n. 31) aufweist und mehr als einen Vers ein- gebüsst hat (vgl. n. 6. 9. 28 30), so begegnen zugleich nicht wenige Ergänzungen (n. 9) und Verbesserungen (n. 6), und vier Inschriften sind vollständig neu (n. 8. 14. 18. 34), von denen etwa die Grabschrift Johannes' VII. (n. 34) bei der geringen Zahl der aus dem 8. Jh. erhaltenen metrischen Inschriften Roms^ eine Hervorhebung verdient. Die Mehr- zahl gehört dem Vatikan an, der Ruhestätte so vieler Päpste, was freilich damit zusammenhängt, dass gerade Epitaphien unter den Inschriften der Hs. stark vertreten sind ; doch sind auch andere Kirchen Roms und ein Stadt- tor (n. 16) nicht unberücksichtigt geblieben. Die Ein- reihung ist nicht immer an passender Stelle erfolgt (vgl. n. 1. 24). Sieht man von den beiden Gedichten des Damasus (n. 1. 2) ab, so erstrecken die Stücke sich vom Ende des 5. bis zum Anfang des 8. Jh.; die Folge ist natürlich entsprechend der Anlage des Liber Pont, chrono- logisch, wobei freilich gleichnamige Päpste wie Benedikt I. und II. (n. 25), vielleicht auch Johannes I. und III. (n. 24) verwechselt worden sind.

Auffallend ist die grosse Zahl von Inschriften, die Papst Sjmmachus (498 514) zugewiesen werden (n. 5 17). Bei zweien (n. 5, 7) stand freilich seine Urheberschaft schon früher fest, und dass ein bisher unbekanntes Stück seinen Namen trägt (n. 14), ist ebenfalls unbedenklich, da auch sonst einmal eine Inschrift desselben Papstes ausser- halb der bisher bekannten Sammlungen erhalten ist ^. Merkwürdiger ist, dass Verse mit seinem Namen nicht weniger als fünfmal bei Gedichten begegnen, die ohne diese Zeilen auch sonst überliefert sind (n. 6. 10. 13. 15. 16), und wenn in zwei Fällen auch nur je eine andere Hs. bekannt ist (n. 6. 10) und ein ander Mal zwar eine zweite, aber recht trümmerhafte Ueberlieferung vorliegt (n. 16), so dass man bei diesen drei Inschriften an einen Ausfall der

1) Vgl. Grisar a. a. O. S. 148. 2) Vgl. de Rossi IT, 1,

p. XLV ff. 3) Vgl. eb. p. 42.

24*

366 Wilhelm Levison.

Verse mit Sjmmachus' Namen in den übrigen Abschriften denken könnte, so sind doch die beiden anderen Gedichte dieser Art (n. 13. 15) mehrfach überliefert, und es ist ein eigenartiger 'Zufall', dass in dem einen Fall (n. 13) das- selbe Distichon, das Symmachus' Namen enthält, in einer anderen Hs. an dessen Stelle den Namen von Honorius I. aufweist, wobei es freilich denkbar und vielleicht wahr- scheinlich ist, dass dieser sich Verse seines über ein Jahr- hundert älteren Vorgängers angeeignet hat. Ausgeschlossen ist diese Annahme allerdings bei dem letzten Gedicht der Symmachus -Eeihe (n. 17), das unzweifelhaft demselben Honorius I. angehört, während unsere Hs. dafür abermals den Namen von Symmachus darbietet, der hier sicher erst nachträglich eingeschmuggelt worden ist. Man wird nicht an einen Zusammenhang mit der bekannten Anathemati- sierung des Honorius wegen Ketzerei denken dürfen ; hat doch unser Schreiber unbedenklich andere Inschriften des Papstes bewahrt (n. 29. 31). Darf man zu der milden Erklärung greifen, dass er die verhältnismässig lange In- schrift unachtsam hinter den Gedichten des Symmachus abschrieb und erst nach 16 Versen den Namen des Honorius bemerkte, nun aber weder Neigung verspürte so viele Zeilen zu tilgen, noch eine Inschrift des Honorius an so unangemessener Stelle belassen wollte? Oder muss man bei der bedeutenden und grossenteils neuen Rolle, die Symmachus in diesen Inschriften zufällt, eine Verfälschung grösseren Stils annehmen und auch andere Verse mit seinem Namen für untergeschoben erachten ? Freilich fehlt dann, soviel ich sehe, eine Erklärung des Umstandes, dass gerade Symmachus derart in den Vordergrund ge- schoben worden ist, und zu Gunsten des Sammlers sprechen doch auch zahlreiche Inschriften, deren Glaubwürdigkeit durch andere Hss. gesichert ist. So ergibt die neue Sammlung Römischer Inschriften nicht nur eine Ver- mehrung des bekannten Stoffes , sondern sie regt auch neue Fragen an, auf die ich hier nur hindeuten konnte in der Hoffnung, dass bessere Kenner der frühmittelalter- lichen Epigraphik und Topographie von Rom die Lösung geben werden.

Ich wende mich den Einschiebseln zu, die erzählenden Quellen entnommen sind oder doch verwandten Charakter tragen. Der Schluss der Vita von Cornelius (p. 31, 6 ff.) ist durch den der Vita Lucii ersetzt wie in den Hss. der Klasse II (vgl. Mommsen p. CXXII):

Aus Englischen Bibliotheken, ü. 367

'faceret, capite truncaretur. Post haec ante passionem suam omnia ecclesiae tradidit Stephane archi- diacono suo. [ ] Fecit hie episcopus ordinationes II per mensem Decembrium, presbiteros IUI, diaconos IUI, episcopos per diversa loca numero VII. Qui etiam sepultus est iuxta cimiterinm Calixti in arenaria via Appia VII. K. Decemb. Et cessavit episcopatus dies XXXV '.

In diese für die Klassenzug-ehörigkeit der Hs. be- zeichnende Stelle ist an dem durch zwei Striche an- gedeuteten Ort zwischen den Worten 'archidiacono suo' und 'Fecit' eine längere Erzählung anderer Herkunft ein- geschoben worden, die zu der unmittelbar vorhergehenden Darstellung des Liber Pont. (p. 29, 4 ff.) im Widerspruch steht; wird dort die Trennung der Leichname von Petrus und Paulus bereits der Zeit des Papstes Cornelius zu- geschrieben , so in dem Einschiebsel erst dem Kaiser Konstantin :

Temporibus sancti Cornelii pape veuerunt Greci Rom am et ceperunt inquirere a Christianis, quo sanc- torum apostolorum Petri et Pauli corpora sepulta essent, et ostensa sunt illis eorum sepulcra. Erat enim corpus apostoli Petri in Vaticano, id est ubi quondam vates cane- bant ^, corpus sancti Pauli ad Aquas Silvias, ubi decollatus fuerat ^. Tunc Greci uiorati sunt in civitate, ne suspica- retur de eis, quod tam detestandum sacrilegium vellent facere, ibantque per unumquemque diem sub specie ora- tionis ad apostolorum corpora, considerantes, qualiter ea furari possent. Quid multa? Furati sunt corpora ceperunt- que cum corporibus proficisci. Dum autem proficiscerentur, apparuit angelus Domiui beato Cornelio, dicens : 'Corneli, tu dormis, et civitas tua destructa est'. Eesj)ondit ei Cor- nelius: 'Quomodo destructa?' Et angelus dixit ei: 'Quia sanctorum apostolorum corpora furata sunt', et Cornelius angelo: 'Et quis fuit tantae audatiae?' Angelus: 'Greci; sed statin! surge et convoca Christianos et properanter mitte post illos et invenietis eos ac recuperabunt corpora'.

1) Vgl. Mirabilia Romae c. 20 (H. Jordan, Topographie der Stadt Rom im Alterthum II, 625) : 'ideo dicitur Vaticanura, quia vates, id est sacerdotes, canebant ibi sua officia ante templum Apollinis'. 2) Eb.

c. 10 (S. 616) : 'aqua Salvia ad S. Anastasium, ubi decollatus fuit beatus Paulus'. Vgl. u. a. Gregors I. Registrum XIV, 14 (MG. Epist. II, 434) ; de Rossi, Bullettino di archeologia cristiana VII, 1869, p. 85 sqq. (vgl. eb., Serie quarta V, 1887, p. 79 sqq.) ; J. P. Kirsch, Römische Quartal- schrift II, 1888, S. 233 ff. ; G. Tomassetti, Della Campagna Romana (Archivio della Societä Romana di storia patria XIX, 1896, p. 135 sqq.).

368 Wilhelm Levison.

Mox siirrexit Cornelius et vocavit Christianos misitque post illos. Qui abeiintes persecuti sunt illos et invenerunt iiltra Capuam ^ ibique abstulerunt ab eis corpora atque niniium cesos dimiserunt. Keversi sunt triumphantes cum corpo- ribus ad Cornelium. Venerabilis vero papa, ut vidit cor- pora sanctorum, alacris effectus retulit gratias Deo, qui reddidit sibi sanctorum apostolorum corpora et non est passus, ut urbs, in qua passi fuerant, vacaret eorum patro- cinio. Tunc papa tulit corpora et sepelivit ea in Cata- cumbis, atque ita permanserunt usque ad tempora Constan- tini imperatoris. Cuius tempore divisa sunt corpora ac recondita ab ipso Constantino, beati Petri in templo suo, quod constructuni est in templo Apollinis, quod est iuxta Vaticanum, beati vero Pauli apostoli via Ostiensi ', et sie permanebuut usque ad resurrectionem. Quicumque vero dicit se de reliquiis eorum habere aliquid, nichil dicit neque fides dictis illis danda est.

Die unmittelbare Quelle oder auch nur eine ähnliche Fassung ■' dieser Erzählung vermag ich nicht nachzuweisen. Die Geschichte von dem Versuch der Griechen, die Ge- beine der Apostel zu stehlen, scheint im letzten Grunde auf die falsche Deiitung einer Inschrift des Damasus zurückzugehen iTud begegnet zuerst am Schluss der Acta Petri et Pauli des Pseudo-Marcellus ' ; doch bleibt die Zeit hier unbestimmt, und ein Erdbeben -' vereitelt die Absicht der Griechen. Die Person des Cornelius ist wohl erst durch die Darstellung des Liber Pontif. in diese Geschichte

1) Wohl entstellt aus 'Via Appia' des Pseudo-Marcellus. 2) Der Liber Pont. c. 22, -i (p. 29) schreibt diese Ti'ennung der Leichname bereits Cornelius selbst zu: 'Hie temporibus suis corpora aposto- lorum beati Petri et Pauli de Catatumbas levavit noctu : primum quidem corpus beati Pauli acceptum bcata Lucina posuit in prcdio suo via Ostense iuxta locum ubi decollatus est; beati Petri accepit corpus beatus Cornelius episcopus et posuit iuxta locum, ubi crucitixus est, inter corpora sanctorum episcoporum in templumApollonis, in monte Aureum, in Baticanum'. Ueber Konstantin vgl. c. .S4, 16 (p. 57) : 'Eodem tempore Auaustus Constantinus fecit basilieam beato Petro apostolo in templum Apollinis, cuius loculum cum corpus sancti Petri ita recondit', und c. 3-4, 21 (p. 60): 'Eodem tempore fecit Augustus Constantinus basilieam beato Paulo apostulo ex suggestione Silvestri episcopi, cuius corpus ita recondit', u. s. w. 3) Auch die

in die Legenda Aurea c. 89, -i (ed. Graesse p. 377) aufgenommene Ge- schichte weicht durchaus ab. 4) Vgl. Duchesne I, S. CIVft'. ; R. A. Lipsius, Die apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden II, 1, 1887, S. 304. 312. 391 flf. : C. Erbes a. a. 0. S. (58 ff. 5) Ein Gewitter in der etwas abweichenden Darstellung bei Gresror I., Registr. IV, 30 (MG. Epist. I, 265).

Aus Englischen Bibliotheken, ü. 369

hineingelangt, indem ihm dort, wie ich schon hervorhob, die gesonderte Bestattung der beiden Apostel zugeschrieben wird, während von Konstantin die Erbauung ihrer Kirchen und die erneute Beisetzung der Leiber berichtet wird. Auf die Streitfragen, die sich auf diese Ueberlieferungen be- ziehen, braucht hier nicht eingegangen zu werden. Nach dem letzten Satze möchte man auf eine Römische Quelle (eine erweiterte Fassung einer Passio Petri oder Cornelii oder eine Stadtbeschreibung?) als Vorlage der Hs. schliessen.

Die nächsten Zusätze sind sachlicli von geringem Belang. Im Leben des Marcellinus sind p. 41, 4 nach 'Maximiani VIII' die Worte eingefügt: 'Huius anno epi- scopatus nono completus est CCC. ab incarnatione Domini annus'.

Bei Innocenz I. p. 88, 8 nach 'damnabat' : 'Huius tempore Alaricus rex Gothorum ofEregit ßomam, et erat tunc beatus Innocentius papa cum Honorio imperatore Ra^ennae' '.

Bei Zosimus p. 91, 2 nach 'dies XI' und wiederum bei Bonifatius I. p. 92, 1 nach 'dies VII' : 'Fuit autem temporibus Ilonorii imperatoris, fratris Archadii'. Aehn- liche Sätze, die als Vorbild gedient haben könnten, finden sich in den meisten Viten des Liber Pont, bis zu Damasus, dann von Felix III. bis zu Johannes IL, endlich in einem Teil der Hss. von Johannes VI. an -.

Ein grösseres Einschiebsel findet sich (fol. 234' 235) in der Vita Leos I. nach den Worten 'quae fidem confirma- verunt sinodi' (p. 104, 13), eine Darstellung der Geschichte Attilas, für die vor allem die Weltchronik Sigeberts als Quelle gedient hat; daneben ist die von Sigebert selbst (durch Vermittlung der Historia Miscella) benutzte Historia Romana des Paulus sowie dessen Quelle Jordanis, endlich eine Ableitung der Vita Aniani benutzt:

Huius temporibus Attila'' rex Francorum^, postquam COnsortem '', Bledam scilicet fratrem suum, fraudc peremit, aiiimo fertur in excidium totius orbis. Regiim^ enim Ostrogothoruni et Gevi- darum et mult;irum aquiloiialium gentium fultus auxilio, a Pannoniis egressus occidentale invadit iinperium, et primo Gallias aggressus,

1) Vgl. Orosius VII, 39, 2. 2) Vgl. Mommsen p. XXIV.

8) Sigebert a. 449 (SS. VI, ::509) ist zunächst Quelle. 4) Offenbar ein

Fehler, der eher durch Nachlässigkeit des Schreibers als durch Unwissen- heit des Konipilators veranlasst ist. 5) Vgl. Paulus a. a. 0. XIV, 2 (ed. Droysen, Auct. ant. II, 201) : 'Bleljam suum germanum regniquö consortem peremit'. (5) Sigebert a. 45lJ (a. a. 0. S. 309).

370 "Wilhelm Levison.

omni hostilitatis genere per eas debachatur. Postremo Aurelianis urbem obsidet; quem ^ Anianus, vir sanctisimus, eius- dem urbis pontifex, frequenter interpellabat pro urbe et civibus suis. Eequisitus ergo ab eodem Attila, cuius esset offitii, pastorem se respondit gregis dominiei et curae sibi, ne lupus Christi irrumpat ovile. Ira comotus Attila tale fertur dedisse respousum : 'Si pastor es, tuas custodi oves, quia talis eis imminet lupus, qui eas magis confitiat gladiis quam deutibus'. Hoc audito response, tristis ad suas re- vertitur oves, precipiens, ut ieiuniis et orationibus in- sisterent. Triduanoque ieiunio nondum expleto, Etius= patri- tius ad subsidium Galliarum iam sero advolat, fultus nichilominus Merewingi regis Francorum et Theoderici Wisigothorum regis mili- tant ibus copiis. Attila vero, non tarn audito quam etiara viso adventu Aetii, obsidionem amovet et contra hostem utpote manu pugnaturus accingitur totis viribus. Quid plura? In campis Calaunicis^ pugna conseritur adeo gravis, ut ab hora diei nona^ usque ad diremptionem" noctis CLXXX ho- minum interirent. Attila® valde colliso exercitu vincitur totaque nocte in castris trepidusse contin uit et buccinis clangere fecit, piram et iam ingentem ex sellis equorum com- poni fecit, ut, si hostis mane advenisset eumque obse- disset, ipse in ea igne subposito se j^enitus arsisset; sed preter spem ei accidit. Aetius enim iniquo' usus consili o , reditum parat in patria, sicque Attila- evadens repatriat. Et redintegrato exercitu Italiam ® petit, cuius omnes pene urbes aut diruit sive dirumpit aut incendit. Ad quem accedens Leo beatissimus papa, non solum salutem, sed, ut rediret, obtinuit. Requisitus itaque Attila, cur ei tarn fuisset placabilis, respondit se eum non fuisse^ reveritum, sed senem quendam venerabilem evaginato gladio sibi mortem minitantem, nisi eins in Omnibus inpleret voluntatem. Altero^" vero ab hoc anno idem Attila AVisigothos aggressus, a rege eorum victus, redit inglorius. Qui in nuptiis cuiusdam puellae quadam nocte n i m i u m crapulatus, erurapente per apoplexiam sanguine de'^ naribus, in lecto est suffocatus. Etiu s etiam hoc anno a Valentinian o tertio huius nominis imperator e interficitur, e t '- ipse imperator altero anno a Transila eins dem Aequitii milite perimitur.

1) Vgl. die Vita Aniani c. 9 (SS. R. Merov. III, 115), die hier, wenn auch wohl nur mittelbar, zu Grrunde liegt. 2) Sigebert a. 453

(a. a. 0. S. 309). 3) So C. 4) .Tordanis, Getica 37, 196 (ed.

Mommsen, Auct. ant. V, 1, S. 109) : 'circa nonam diei horam proelium sub trepidatione committit'. 5) 'direptionem' C. 6) Paulus a. a. 0. XIV, 7. 8 (S. 203). 7) 'iniquus' C. 8) Sigebert a. 454 (S. 310).

9) 'fuisset' C. 10) Sigebert a. 455. 11) 'in nar., de lecto' C.

12) Sigebert a. 456.

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 371

Dass die vorstehende Darstellung erst in C derart zusammengetragen worden ist, möchte ich bezweifeln ; doch vermag ich sie als Ganzes sonst nicht nachzuweisen.

Kleinere Zusätze finden sich wieder im Leben des Hormisdas; sie sind in den Text des Liber Pont, verwoben, dessen ursprüngliche Worte ich durch kleinere Schrift bezeichne:

p. 128, 9 13 Eodem tempore nutu divini iudicii percussus est fulmine divino Anastasius imperator et obiit Constantinopolim post annos XXVIII imperii sui. Quo defuncto sumpsit imperium cbristianissimus ^ et ortodoxus senior lustinus, quod VII annis fortissim^ et religiosissime tenuit. Unde et in Omnibus, Deo prosperante, feliciter agebat. Is ergo statim in exordio imperii sui direxit auctoritatem suam .

p. 131, 7 8 Haec omnia a lustino christianissimo et catholico augusto votorum gratia pro redemptione peccatorum suorum Petro beato missa per Germanum Capuanum epi- scopum 2 et per beatum Hormisdam papam oblata sunt. Eodem tempore Theodericus rex Gotliorum Arrianus obtulit beato Petro per manus eiusdem pontificis^ ('pontificem' C) cereo- Btata II argentea .

Bei Johannes I. p. 137, 25 26 : 'Ouius corpus sub magna populi frequentia et lacrimis tam senatorum ('sena- torii' C) quam aliorum civium translatum est a Ravenna et sepultum in gcclesia beati Petri sub die V. K. lunii Olibrio viro clarissimo consule'.

In der (verkürzten und überarbeiteten"*) Vita Jo- hannes' III. p. 157, 11 158, 5: 'Sed Romani invidia dueti suggesserunt imperatori et imperatrici, dicentes: "Me- lius erat nobis servire Gothis quam Narse t i eunuc o , q u i servitio nos ('uos' C) praemit"; cui magis convenit texere lanam cum mulierculis quam bellare cum viris. Et hoc ignorat piissimus princeps noster. Aut ergo libera nos de i 1 1 o aut nos civi- tatem trademus gentibus". Hoc audito, Narses iuravit, di c e n s : "Texam vobis telam , quam nee vos nee nepotes vestri distexere ('dixtexere' C) poteritis". Et egressus a Roma venit

1) 'Christianissimus' als Beiwort des Kaisers begegnet wiederholt im Lib. Pont. (p. 111, 11. 112, •22. 175, 18. 221, 8), p. 221, 20 die Ver- bindung 'christianissimus et orthodoxus'. 2) Vgl. Lib. Pont., Hormisdas c. 5 (p. 128). 3) Vgl. z. B. eb., Vigilius c. 2 (p. 149): 'optulit beato

Petro apostulo per manus Vigilii papae crucem'. 4) Vgl. oben

S. 338. 5) Der Lib. Pont, hat 'servitio nos subiecit', was Paulus in 'nos servitio premit' ändert (wohl nach der grösseren Chronik Bedas c. 523. Auct. ant. XIII, 308: 'quod servitio praemeret Italiam').

372 Wilhelm Levison.

Neapolim misitque ad gent e m Longobardorum , ut venirent possidere Italiam, mittens eis de fructibus terrae, ut alliceret eos. Tunc Johannes papa i v i t Neapolim p r o p t e r Narsetem, ut re d u c e r e t eum Romam'.

Es bedarf kaum der Hervorhebuug, dass die letzten Zusätze wesentlich mit der bekannten Erzählung des Paulus diaconus, Hist. Langob. II, 5 (vgl. schon Fredegar III, 65) übereinstimmen; doch lassen die Abweichungen eher auf ein Mittelglied schliessen als auf unmittelbare Benutzung.

Man wird sicherlich die Hand eines Engländers in den Worten erkennen dürfen, die zur Erzählung des Liber Pont, von dem Englischen Unternehmen Gregors I. hinzu- gesetzt sind (p. 161, 11 nach 'Christum'): 'per Dei graciam et per suas praeces adquisivit gentem novam'.

Mussten die Einschiebsel bisher trotz ihrer geringen sachlichen Bedeutung vollständig mitgeteilt werden, da immerhin das eine oder andere gelegentlich bei der Quellen- kritik in Betracht kommen kann, so genügt eine kurze Aufzählung bei den Zusätzen, die sich unmittelbar auf be- kannte Quellen zurückführen lassen. Zu den beliebtesten Büchern des ganzen Mittelalters gehören die Dialoge Gregors des Grossen, bei den Angelsachsen nicht minder verbreitet als auf dem Festland^; sie haben denn auch einige Ergänzungen zur Papstgeschichte in C beigesteuert ^ :

1) p. 122, 23 nach 'Senatoris' : 'Eodem tempore Pasca- sius, huius sedis apostolicae diaconus, cuius in Romana ecclesia rectissimi et luculentissimi de spiritu sancto libri extant predictum Pascasium in eodem loco minim§ iuvenit' (= Dial. IV, 40, col. 444/5).

2) p. 134, 12 nach 'ad gladium extiugueret' : 'Cum ergo in partes Corinthi advenissent, necesse ei fuit, ut equus ei

requiri debuisset ad sedendum. Quod illic oculorum

tenebras fugavit' (= III, 2, col. 284).

3) 25. 137, 10 nach 'mortuus est' : 'Eodem tempore quidam vir de Ravenna, dum in Siciliam venisset et iam ad Italiam regredi cogitaret, navim ad insulam Liparim appulit. Et quia illic vir solitarius quos in hac vita iniuste iudicavit' (= IV, 30, col. 420; SS. E. Langob. p. 540, 10 23).

1) Vgl. Hans Hecht, Bischof Waerferths von Worcester Ueber- setzung der Dialoge Gregors des Grossen, Einleitung (Grein und Wülker, Bibliothek der Angelsächsischen Prosa V, 2), 19U7, S. 13 ff. 2) Ich

zitiere nach dem IL Bande der Mauriner- Ausgabe, ohne die abweichenden Lesarten zu verzeichnen.

Aus Englischen Bibliotheken. 11, 373

4) p. 142, 10 in dem überarbeiteten Leben des Aga- pitus nach 'suae fidei commendatam' (oben S. 339, 5): 'Hnnc Agapitum beatus Gregorius in secundo libro Dialo- gorum (II, 3, col. 284) sanasse mutiim et claudum eo itenere quo ibat Constantinopolim [narrat]'.

Fast selbstverständlich ist bei einer Englischen Kom- pilation dieser Art die Benutzung von Bedas Historia eccl. gentis Anglorum, die für zwei Zusätze als Quelle gedient hat:

1) p. 165, 9 bei Bouifatius IV. nach 'obtulit' : 'Huius temporibus, teste venerabili Beda, venit Mellitus Lundoniae tune, post vero Cantiae episcopus, Romam, de necessariis

§cclesiae Anglorum autoritate subscribens confirmaret'

(= Beda II, 4, ed. Plummer p. 88, 13—21).

2) Nach dem Epitaph von Bouifatius V. (oben S. 362, n. 30) : 'Epistolas huius Bonefacii ad regem et archiepiscopum Anglorum missas in gestis eorundem quae Beda fecit lector inveniet' (vgl. Beda II, 8. 10).

Von den erzählenden zu den urkundlichen Quellen leitet H i n k m a r s Vita Remigii hinüber, aus der nach der Vita des Hormisdas (nach p. 132, 3 'dies VI') dessen angeblicher Brief an Remigius eingefügt ist (fol. 240'): 'D e privilegio Remensis ecclesiae epistola e i u s d e m. Dilectissimo fratri Remigio Hormisda. Susci-

pientes plena fraternitatis incolumen custodiat. Amen'

('frater carissime' Zusatz von 2. Hand) = Vita Remigii c. 20 (ed. Krusch, SS. R. Merov. III, 312, 4 30) i; Jaffe, Reg. 12, n. 866.

Von den urkundlichen Quellen, die zur Ergänzung der Papstgeschichte beigetragen haben, überrascht viel- leicht das Breviarium Alarici, das drei bekannte Texte hergegeben hat:

1) fol. 233 am Schluss des Abschnittes über Damasus nach dessen Grabschrift (vgl. S. 350, n. 2):

Imperator Theodosius ad populum Constantinopolitanum.

Cunctos populos quos clementiae ultione plec- tendos. Data III. K. Marcii Tessalonicae Gratiano quin- quies et Theodosio semel consulibus (= Codex Theodosianus XVI, 1, 2, ed. Mommsen und Meyer I, 2, 833).

1) Der schlechte Text gehört nicht zu Kruschs Hss. - Gruppe 1. 2a. b ; eine nähere Bestimmung ist unmöglich.

374 Wilhelm Levison.

2) fol. 235' nach der Grabschrift von Leo I. (vgl. oben S. 350, n. 3):

Edictum Valentiniani iunioris de primatu sedis apostolicae. Imperatores Theodosius et Valentinianus augusti Aetio viro illustri comiti et magistro utriusque militiae et pa- tritio. Certum est et nobis annos parens karissime. Data VIII. Idns lunii Rome Valentiniano augusto sexto consule (= Valentinians III. Novelle 17, a. a. O. II, 101 103). Es scbliesst sieb unmittelbar an

3) fol. 235'— 236:

Edictum eiusdem Valentiniani contra Maniebeos.

Imperatores Theodosius et Valentinianus augusti Al- bino praeposito et patritio. Superstitio quoque paganorum

dampnata quoque ignota committit. Data XIII. Kl.

lulii Romae Valentiniano augusto V. et Numa viro claris- simo consulibus (= desselben Novelle 18, eb. p. 103 105).

Neben belanglosen Abweichungen finden sich einige Lesarten, die eine Verwandtschaft von C mit dem Bod- leianus Seiden B 16 dartun, einer von Wilhelm von Mal- mesbury zwischen 1125 und 1137 geschriebenen Hs. (bei Mommsen 0), die namentlich einen wertvollen Auszug des Breviars enthält ^

Eine weitere Quelle von C war Pseudo-Isidor; auf ihn geht das Einschiebsel (fol. 242') nach der Vita Sil- verii (nach p. 147, 23 'et cessavit episcopatus decem dies') zurück :

Damnatio Vigilii.

Silverius episcopus Vigilio. Multis transgressionibus irretitum quod non accepit assumserit. Celius Sil- verius papa Firmensis et Minturnensis (= Jaffe, Reg.

I-, n. 899; Hinschius, Decretales Pseudo-Isidorianae p. 628 629).

Auf derselben Quelle beruht auch ein Zusatz bei Pe- lagius IL p. 160, 8 nach 'xenodochium pauperum' : 'Hie cas- savit concilium, quod Constantinopolitanus lohannes contra

1) Vgl. über die Hs. Wilhelms W. Stubbs, Willelmi Malmes- biriensis Gesta regum Anglorum 1, p. CXXXI ff. ; Max Conrat (Cohn), Geschichte der Quellen und Literatur des Römischen Rechts im früheren Mittelalter I, 1891, S. 232 f. ; Mommsen, Theodosianus I, p. LXV ff. XC f. CXXXII f.; A. V. Wretschko, eb. p. CCQL; P. M. Meyer, eb. 11, p. XIX ff. XL VIII.

Aus Englischen Bibliotheken. II. 375

canones congregaverat' (vgl. Jaffe I-, n. 1051; Hinschius p. 720). Und ein anderes Stück lässt auch die Art der Isidor-Hs. genauer erkennen, die für C benutzt worden ist, ein angebliches Dekret Bonifatius' IV., das fol. 245 245' auf dessen Epitaphium (vgl. oben S. 362, n. 28) folgt:

'Sunt nonnulli stulti nullo dogniate tauto et in iis po-

tentior' (== Jaffe I-, n. 1996) ^; die Fälschung begegnet zuerst als Zusatz in Hss. der Pseudo-Isidora, die, wie H.. Boehmer dargelegt hat -, 'alle durch dieselben Besonderheiten vor anderen Codices gleichen Inhalts sich auszeichnen und alle auf eine von Canterbury aus unter der Autorität Lan- franks verbreitete Rezension zurückgehen'. Wiesen die dem Breviarium Alarici entnommenen Stücke in den Kreis des Wilhelm von Malmesburj, so begegnet nun eine Spur, die nach Canterbury führt, einem Ziel, das noch öfter nahegerückt werden wird.

Mehrere Briefe haben die Akten des 6. allgemeinen Konzils von 680 beigesteuert, die in der ' Vulgatversion' ^ aus der Zeit Sergius' I. (687 701) benutzt worden sind ; ihnen entstammen folgende Einschiebsel:

1) Bei Honorius I. p. 174, 4 nach 'raenses YII dies XVII' fol. 246'— 248 :

Hie Honorius misit Sergio patriarchae Constantino- politano epistolam, in qua clicit debere predicari unani operationem et unam voluntatem in duabus naturis domini nostri lesu Christi. Pro qua re postea tempore Agathonis l^apae a sexto sinodo excommunicatus est. Epistola eiusdem.

Scripta fraternitatis vestrae unitate catholica prae-

dicetis. Et superscriptio : Dens incolumem te custodiat, dilectissime atque sanctissime frater (= Jaffe I-, n. 2018; Mansi XI, 538—543).

2) Nach dem Epitaph von Papst Agatho (vgl. oben S. 363, n. 32) folgen andere Stücke derselben Sammlung,

1) Zuletzt herausgegeben von H. Boehmer, Die Fälschungen Erz- bischof Lanfranks von Canterbury (Studien zur Geschichte der Theologie und der Kirche VIII, 1), 1902, S. 161 163. Einzelne Lesarten stimmen mit Boehmers Hss. 2 {= Ivo von Chartres) und 3 überein, teils mit beiden, teils mit einer von ihnen; nach 163, 11 'sullimius informatur' (!) folgen die bei ihm fehlenden Worte: 'Eorum ergo Cherubin ordo eximius praedicatur, quorum figuram monacorum cultus competeuter habere probatur'. 2) A. a. 0. S. 61 ff. (vgl. Hinschius p. XXXIV ff.).

3) Vgl. Maassen, Greschichte der Quellen und der Literatur des canonischen Rechts I, 148. 760 f.

376 Wilhelm Levisou.

zuerst fol. 252' 254 das Schreiben Kaiser Konstantins lY. an Papst Donus ^ (Maosi XI, 195 202):

Epistola Flavii Constantini ad Conum^

p a p a m.

Imperator Flavius Constantinus Per omnia novit idem ad nos perducantur. Et snperscriptio : Divinitas servaet (verbessert aus 'servat') te per multos annos, sanctissime pater. Data Idus Aug. Constantinopolim, indictione sexta.

3) fol. 254 263' Agatbo an Konstantin IV., Hera- klius imd Tiberius^ (Jaffe n. 2109; Mansi XI, 234—286):

'Dominis piissimis Consideranti mihi humanae

gentium substernat colla'.

4) fol. 263'— 266 Agatho und die Eömische Synode an dieselben^ (Jaffe n. 2110; Mansi XI, 286—315): 'Piis- simis dominis - Oninium bonorum spes Gra- tiosus e(piscopus) sancte ecelesie Parmiensis^.

Explicit synodus'.

5) fol. 266 266' Konstantin IV. an die Römische Synode^ (Mansi XI, 719 723):

Incipit responsio Constantini imperatoris.

In nomine domini dei salvatoris nostri lesu Christi imperator piissimus Flavius Constantinus fidelis lesu Christi ('Christo' 2. Hand) omnibus sanctissimis universis sinodis apostolicae sedis concilio pertinentibus. Clarus et spetiosus sacratissimus orantes pro nostro imperio ^

Maassen verzeichnet keine Englische Hss. der Akten von 680, doch waren sie auch Wilhelm von Malmesbury bekannt, der wenigstens den Römischen Synodalbrief (oben n. 4) zitiert (Gesta pontificum I, 1, ed. Hamilton p. 7; vgl. III, 101, p. 229), und noch früher schenkte König Aethel- stan an St. Peter in Bath eine Abschrift des 9. Jh., die er selbst vielleicht von König Otto I. erhalten hatte (jetzt Cotton Claudius B. V)^.

1) Vgl. eb. S. 339, N. 1. 2) Vgl. oben S. 346. 3) Vgl.

Maassen S. 305, N. 1. 4) Eb. S. 306, N. 2. 5) Auch die Unter-

schriften sind vorhanden, jedoch verkürzt, indem die volle Formel nur bei dem Papst und Andreas von Ostia bewahrt ist. Zu fol. 264 265 vgl. oben S. 337, N. 1. 6) Vgl. Maassen S. 340, N. 5. 7) Drei grössere Stücke des Schreibens sind ausgelassen: Mansi 719, 19 722, 8 ('melius est refutabatur') ; 722, 18 von unten 723, 10 ('Quem cum erubescebat') ; 723, 25—42 ('Ubi sunt transgrediuntur'). 8) Vgl. Thompson, Catalogue of ancient mss. in the British Museum II, 88.

Aus Englischen Bibliotheken. II. 377

Unmittelbar nach England führen die nächsten Papst- briefe, die in C eingefügt sind:

Nach der Yita von Sergins I. (p. 216) folgt fol. 269' 270 dessen Privileg für Malmesbiiry, Jaffe n. 2140, auch überliefert bei Wilhelm von Malmesbury, Gesta poutifieum V, 221 (p. 367—370)1: Epistola Sergii papae ad Aldelmum abbatem.

Sergius servus servorum Dei Aldelmo abbati eiusque successoribus et per vos venerabili vestro mouasterio. Ea quae religiosae conversationis conservare mandaverint. Bene valete, dilectissimi fratres.

Es folgt sogleich fol. 270 270' Sergius' Schreiben an Abt Ceolfrid von Wearmouth und Jarrow, JafPe n. 2138:

Item epistola e i u s d e m ad C e o 1 f r i d u m Mailronensem(!) abbatem.

Sergius episcopus, servus servorum Dei, Ceolfrido reli- gioso abbati presbiteroque salutem. Quibus verbis ac raodis claruerit prestantissime impertitum.

Der Brief ist hier nicht ganz vollständig; von dem Text der wohl aus Canterbury stammenden Hs. Cottou Tiberius A. XV - bei Haddan und Stubbs, Councils and ecclesiastical documents III, 218^ 249 fehlen in C p. 248, 17 'Et iterum' 19 'possidebit' sowie 21 'et in sanctis' 28 'benedicitur'. Nach manchen Lesarten steht C Wilhelm von Malmesbury nahe, der in die Gesta regum I, 58 (ed. Stubbs I, 62 f.) den Anfang und die zweite Hälfte des- selben Briefes aufgenommen hat; dagegen stimmt C an anderen Stellen mit dem Cottonianus überein im Gegen- satz zu Wilhelm. Die Abweichungen sind belangflos mit Ausnahme einer wiederholt besprochenen Stelle p. 249, 7 : 'absque aliqua remoratione religiosum famulum Dei N. venerabilis monasterii tui'] 'absque aliqua immoratione rel. Dei famulum Bedam ven. mon. tui presbiterum' C, so dass C hier genau mit Wilhelm zusammengeht und offenbar aus derselben Hs. geschöpft hat wie dieser. Der

1) Vgl. auch V, 189 (p. 3:35) sowie Wilhelms Gesta regum I, 35 und Historia novella II, 482 (ed. Stubbs I, 35, IS^. 1. II, 560), endlich J. S. Brewer, Registrum Malmesburiense I (Rolls Series LXXtl), 1879, p. 343 ff. 2) Vgl. über diese im 11. Jh. geschriebene Hs., die noch

mehrfach zum Vergleich heranzuziehen sein wird, Sickel, Alcuinstudien I (Wiener Sitzungsberichte LXXIX, 1875), S. ,506 ff.; Stubbs, Memorials of Saint Dunstan, 1874, p. LIII f. (vgl. seine Einleitung zu Willelmi Malmesbir. Gesta regum II, p. XXVII f.) ; Dümmler, MG. Epist. IV, 9 ff".

378 Wilhelm Levison.

Name Bedas stand also sclion in Wilhelms Vorlao-e, und Stubbs (Gesta regum I, 62, N. 2) hat mit Recht bestritten, 'that Malmesburj garbied the letter', so zweifelhaft gegen- über dem Cottonianns der Name Bedas und dessen Ein- ladung durch Sergius auch jetzt noch erscheinen mag^

Auf das Leben von Papst Konstantin (p. 226) folgt fol. 272 272' dessen angeblicher Brief an Erzbischof Berctwald von Canterbury, Jaffe n. 2147: Epistola Consta ntini papae ad Brictaldum p r i m a t e m B r i 1 1 a n n i a r u m.

Constantinus episcopus, servus servorum Dei, Brictaldo Britanniarum ecclesiae primati salutem et apostolicam benedictionem. Venerabilem virum Egwinum lau- damus, confirmamus et concedimus.

Die Fälschung stammt gleich vielen anderen aus Evesham, und dahin weist natürlich im letzten Grunde auch die Ueberlieferung-; doch ist auch dieser Text nach Canterbury gelangt. Er findet sich nicht nur in der 1120/1 dort angelegten ürkundensammlung des Cottonianus Cleo- patra E. I (fol. 33)^, sondern auch unter anderen Zusätzen in Hss. der auf Lanfrank zurückgehenden, von Canterbury aus verbreiteten Gestalt Pseudo-Isidors^, die sich bereits S. 375 als Quelle ergeben hat.

Bei dieser Sachlage darf man wohl auch einen echten, aber von Pseudo-Isidor aufgenommenen Text auf dieselbe Quelle zurückführen, die Akten des mischen Konzils von 7 21, die fol. 274—274' auf die Vita Gregors II. folgen:

'In nomine domini Dei salvatoris Si quis clericus comam relaxaverit, a(nathema) s(it). Et respon- derunt tercio : A(nathema) s(it)' (= Mansi XII, 261 264, 44; Hinschius p. 753 f.).

Die Namen der Teilnehmer im einleitenden Abschnitt, die Unterschriften und die Canones 5 und 11 sind weg- gelassen. Es bedarf kaum der Hervorhebung, dass diese

1) Vgl. Haddan und Stubbs a. a. 0. III, 250; Plummer, Baedae Opera historica I, p. XVI sq.; W. Bright, Chapters of early English church history ^, 1897, p. 438 sq. 2) Ich nenne die Ausgaben von

Dodsworth und Dugdale, Monasticon Anglicanum I, 1682, p. 144, aus dem 'autographum Saxonico charactere scriptum', und von Macray, Chronicon abbatiae de Bvesham (Rolls Series XXIX), 1863, p. 171 sq. (danach Haddan und Stubbs III, 281 f.) und das aus Evesham stammende Chartular Cotton Vespasian B. XXIV (12. Jh.). In C fehlen die Unter- schriften. 3) Vgl. Boehmer a. a. 0. S. 11. 4) Eb. S. 63, Anm. über Cotton Claudius E. V, fol. 237.

Aus Englischen Bibliotheken, n. 379

'Decreta Gregorii iunioris' wie in anderen Hss. Pseudo- Isidors so in der genannten, aus Canterbury stammenden Gruppe sieh finden ^.

Ich habe damit bereits die Grenze von 715 über- schritten, bis zu der hin ich den Text des Liber Pont, in C untersucht hatte ; gehörten die letzten vorhergehenden Viten zur ersten Hss. -Klasse, so ändert sich dies mit dem Leben Gregors II., gleichwie auch die Hs. D^, die von Silverius bis Constantin sich A angeschlossen hatte, hier andere Wege einschlägt, während umgekehrt C^---^ G nun mit A gemeinsame Sache machen -. Die Cambridger Hs. gehört fortan zur Familie E, wie denn auch schon vorher hie und da Lesarten der dritten Klasse ^ in den Text ein- gedrungen sind^. Die Zuweisung dieses Teils von C zu jener Gruppe bedarf hier keiner genaueren Begründung im Hinblick auf die künftige Ausgabe; es sei nur hervor- gehoben, dass C bei Gregor IL den umfangreicheren Text BDE aufweist, andererseits bei Gregor III. von den Zu- sätzen der Hss. BD frei ist, mithin hier wie dort mit E zusammengeht, was auch einzelne kleine Lesarten be- stätigen. Die Hs. steht zu keinem der übrigen bekannten Vertreter der Gruppe in einem engeren Verhältnis, was freilich kaum einen Gewinn für die Textkritik bedeutet, da der Text sehr willkürlich gestaltet und an wertlosen Abweichungen reich ist. Namentlich im Leben Gregors III. sind einige Stellen ausgefallen, und bei dem wachsenden Umfang der Viten ist bereits der Schreiber der Vorlage von C, deren letzter Teil auch in dem schon erwähnten Harleianus (L) benutzt ist, offenbar seiner Aufgabe über- drüssig geworden ; der Schreiber von C selbst hat den Text hie und da noch mehr verkürzt, wie der Vergleich mit L ergibt. Mit der Wahl des Zacharias schliesst der bis dahin im ganzen vollständige Text von C, bei Duchesne p. 427, 2 'sanctissimus Zacharias pro eo electus est'. Der übrige,

1) Eb. S. 63, Anm. und S. 64. 2) Vgl. Duchesne I, p. CCXIX flf. 3) In die hier C* einbegriffen ist, während E^ sich gleich G von den übrigen Hss. der Familie E getrennt hat und mit A^ C ^- -• ^ zusammen- geht. Entsprechend den von 715 an vielfach veränderten Verwandtschafts- verhältnissen der Hss. denke ich im II. Bande andere Signaturen zu ver- wenden als Mommsen, zumal einzelne Hss. (wie B^) vorher abbrechen und im II. Bande nicht berücksichtigt zu werden brauchen; eine Kon- kordanztabelle wird ohne Schwierigkeit den Vergleich mit den früheren Signaturen gestatten. 4) Vgl, oben S. 848. 845 f- und 348. Neues Archiv etc. XXXV. 25

380 Wilhelm Levison.

grössere Teil des Lebens von Zacharias sowie die Viten von Stephan II., Paul I. und Stephan III. werden nur im Auszug mitgeteilt, der bei Stephan II. nicht frei von Zn- sätzen anderer Herkunft ist. Damit beschliesst C seine Benutzung des Liber Pont. ; doch enthielt die zu Grunde liegende Hs. au scheinend noch das Leben Hadrians I., aus dem in L noch ein Auszug gleicher Art folgt, den C im Hinblick auf eine andere Quelle bei Seite gelassen hat.

Dem Schreiber der Vorlage stand nämlich neben jener Hs. des Liber Pont, noch eine zweite, dürftigere Papstgeschichte zu Gebote, ein Papstkatalog, der bereits durch mancherlei Zusätze erweitert war. Dessen Spuren treten nun zuerst nach dem Leben des Zacharias zu Tage, indem vor dem Auszug aus der Vita Stephans IL eine andere, kleinere Vita desselben Papstes eingefügt ist, die unzweifelhaft auf jenen Papstkatalog zurückgeht, der von Hadrian I. an in C vollständig an die Stelle des Liber Pont, tritt und deshalb einige Beachtung verdient, weil er sich als Quelle Wilhelms von Malmesburj erweist, der in seinen Gesta regum Anglorum mehrfach diesen Katalog ausgeschrieben hat, wie er sich aus C und L zum grossen Teil herstellen lässt. Zu Grunde liegt, mindestens bis auf Nikolaus IL, vielleicht Viktor III., eine vielfach fehler- hafte Abschrift des weit verbreiteten Papstkatalogs, den Duchesne II, p. XIX XX als dritten Italienischen Katalog des 11. Jh. besprochen hat ^ und der u. a. durch die Zu- sätze bei Johannes XVI. ('qui turpiter vitam suam finivit') und Sergius IV. (über eine Hungersnot) gekennzeichnet wird. Die in CL teilweise wiedergegebene Abschrift weist nicht wenige Fehler in Namen und Zahlen auf, die ich im allgemeinen nicht namhaft machen will - ; nur sei hervor- gehoben , dass der Name Gerberts irrtümlich auf Jo- hannes XVI. (XV.) statt auf Silvester IL bezogen ist, ein Fehler, den Malmesburj übernommen hat. Eben im Hin-

1) Andere Hss. verzeichnet ßrackmanu, N. A. XXVI, 321 ; mit Barberini XI, 193 sind eng verwandt die Hss. des l,ö. Jh. der Marciana in Venedig, Fondo antico n. 467 und des Britischen Museums, Harley n. 4923. Ferner kenne ich noch Saint- Omer n. 188 (gegen 1100), wohl die Quelle des Lambert von St. -Omer (vgl. Duchesne I, p. CLXXXVI und II, p. XX; Delisle a. a. 0.). Einen Katalog derselben Art hat auch. Richard von Poitiers 1153 in seiner Chronik benutzt (SS. XXVI, 77 ff.). 2) Für eine richtige Beurteilung dieser Fehler wäre zudem eine auf um- fassender Heranziehung der Hss. beruhende, kritische Ausgabe der Papst- kataloge des 10. und 11. Jh. die Voraussetzung, wie sie nach dem Ab- schluss des alten Liber Pont, in den MG. gegeben werden soll.

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 381

blick auf diesen berühmten Benutzer scheint es mir an- gebracht, den auch durch seine Zusätze und die Fortsetzung bemericenswerten Katalog aus CL mitzuteilen, da er als selbständiges Werkchen bisher noch nicht bekannt ge- worden, vielleicht auch verloren ist. Ich lege C zu Grunde, indem ich die Verbindung des Katalogs mit den Auszügen aus dem Liber Pont, in dieser Hs. durch Wiedergabe von Anfang und Schluss der einzelnen Abschnitte veranschau- liche und auch die Zusätze anderer Herkunft im Leben Stephans II. mitteile, so dass zugleich ein Urteil über die Art der Auszüge möglich wird. Den Text verbessere ich mit Hilfe von L und der an der Spitze von L stehenden kürzeren Papstliste K, über die unten mehr gesagt werden soll, wo sich auch ergeben wird, wie weit L nicht mit C vergleichbar ist.

Der Auszug aus der Vita des Zacharias schliesst in

C (fol. 275') bereits mit c. 18 (p. 432, 5 Duch.)i: 'et

imaginem salvatoris ante fores ornavit'.

Gesta Step h an i papae. Stephanus, natione Romanus, sedit ann. V m. V d. IUI. Hie pertesus imperatoris Grecorum socordiae et regis^ Longobardorum sevitiae, transivit^ in Pranciam ibi- que, tonsorato Hilderico, qui regis videbatur habere speciem, Pippinum'^ tunc maiorem domus apud Sanctum Diouisium unxit in regem. Mox eins precibus idem Pippinusc.^, ex- peditione in Italiam mota, paucorum dierum obsidione apud Ticinum, quae nunc Papia dicitur, compulit Haistulfum regem Longobardorum et obsides dare et erepta Romanis oppida restituere et, ne repeterentur, sacramento firmare^ Qualiter autem beatus*^

a) 'regis' fehlt C. b) 'transiit' L. c) 'Pipin.' C. d) 'beatus Dion.' fehlt C.

1) Dass aber auch der Rest der Vita dem Verfasser des Auszugs vorgelegen hat, zeigt ein Satz über die Griechische Uebersetzung der Dialoge Gregors des Grossen, den er dem Schluss der Vita (c. 29, p. 435) entnommen, aber vor c. 18 eingefügt hat. 2) Die kleiner gedruckten

"Worte sind Einhards Vita Karoli c. 6 (ed. "Waitz^ p. 7) entnommen, die auch weiterhin benutzt ist. 3) Die Vorlage von CL hat hier Wilhelm von Malmesbury neben anderen Quellen benutzt; vgl. Gesta regum I, 68 (SS. X, 453; ed. Stubbs I, 71): 'Pipinus a Stephane papa, successore Zacariae , apud Sanctum Dionysium in regem Francorum et patricium Romanorum coronatus est. Nam imperatoribus Constantino- politanis iam dudum a solita virtute degenerantibus nee ullam Italiae et ecclesiae Romanae opem ferentibus, quae multis annis tyrannidem Longo- bardorum suspiraverant, idem papa iniurias illorum potestati Francorum

25*

382 Wilhelm Levison.

Dionisius eundem papam ab iufirmitate liberaverit, ipsius* epistola planum faciet:

Epistola^ Stephan! papae.

Stephaniis episcopus, servus^ servorum Bei. Sicut nemo se debet^ iadare in Scola Greconmi appellari fecit.

Aliter de gestis Stephan! papae.

Stephanus, natione Romanus, ex patre Constantino sedit annos V dies XXVIIII ^ . Hie post a m i s s u m patr em in patriarchio nutritus in monasterio s a n c t i Dionisii idem papa hi e - mavit^. Ub!^ per miraculum beat!® D(!on!sii) ab !nfirm!- tate maxima convalescens consecrav!t P(ippinum) et filios suos Karolum et Karlomanum ^ !n reges Francorum. Isdem* diebus Karlomannus& in quodam monasterio Francia e post paucos dies obiit^. Porro Pippinus^, factoi con- V e n t u procer um a p u d Carisiacu m •', mnlt!s "' eOS verbis v!x fiexit, ut pape pet!c!on!bus annuerent, qu!a erant quidam, qu! pro grat!a Ha!stulfi palam^ ren!tebantur. Quos cum Pip!nus v!x , ut dixi , flex!sset , ammon e n t e ^ sanct o ponti- fice et eidem H(aistulfo) suas litteras mittente, ut sine san- guinis effusione p e r v a s a redd e r e t i , t e r miss is legatis ad Haistulf um Iterum'-* ergo Haistulfus a p u d Papiam obs e s s u s , reddi d i t in Script o omnia Romanis erepta et, quod numquam repeteret, sacramento firmav!t ^^. Q u o d "

a) 'ipsa' C. b) 'servorum servus' L. c) 'iactare debet' C.

d) So L gleich C* E--'' und anderen Hss. des Liber Pont.; 'annos V m. I d. XXVUI' C. e) 'sancti' C, f) Verbessert aus 'Kalomagnum' L ; 'Karolomagnum' C. g) 'Carolomagnus' C. h) 'Pipinus' L. i) 'facto

redderet' fehlt C. k) Verbessert aus 'papam' L.

apploravit. Quapropter Pipinus, Alpibus transcensis, Desiderium (!) regem Longobardorum ita coarctavit, ut ablata R o m a n ae ecclesiae restitueret et, ne repeteret, sacramento firm ar et. 1) Die von Hilduin erfundene und seiner Vita Dionysii beigefügte angebliche 'Revelatio ostensa papae Stephano' (SS. XV, p. 2, 21 3, 24; Jaffe, Reg. I-, n. 2316). Der Schluss ist in CL weggelassen, deren Text aber weiter reicht als der bekannte Auszug Reginos (ed. Kurze S. 44 f.). 2) Duchesne p. 448, 5. 3) Das Einschiebsel beruht auf dem vorhergehenden an-

geblichen Briefe Stephans (vgl. Anm. 1). 4) Duchesne p. 448, 15.

5) Duchesne p. 449, 5. 6) Eb. p. 448, 13. 7) Das Einschiebsel nach Einhard a. a. 0. c. 6. 8) Duchesne p. 449, 9. 9) Eb. p. 453, 11. 10) Die vorhergehenden Worte über den zweiten Frieden mit Aistulf schliessen sich nicht an den Liber Pont, an, sondern an den Papstkätalog, dessen Abschnitt über Stephan II. vorher eingeschoben ist (oben S. 381).

In L hat eine 2. Hand am Rande (fol. 44') die Xamen der dem Papst übergelienen Orte im Anschluss an die Vita Stephans c. 47 (p. 454) verzeichnet ('Hec autem sunt civitas Narniensis'). 11) Duchesne p. 454, 6.

Aus Englischen Bibliotheken, n. 383

scriptum cum clav i b u s civitatum Ita Desiderius rex f actus promissa reddendo» Faventiam et Gabellum et Siberiacumb et t 0 t u m ducatum Ferrariae c o m p 1 e v i t. Hunc ^ Desiderium Karolus Magnus, filius istius Pipini, ab Italia*^ postea expulit et filium suum Pipinuin regem coustitnit. Hie pontifex fecit ordinatione s II, presbiteros II, episcopos perd diversa loca VII ®'^, etf sepultus est ad Sanctum Petrum VI. Kl. Maii. Et cessavit episcopatus dies XXXV.

Gesta Pauli papae. Paulus, nationeS Romanus, ex patre Constantino, f rater supe- rioris papae '\ sedit annos XI m. I. Hie cum beatissimo fratre

et predecessore suo ubii-^ et monachos Grecos pro amore

beati Dionisii, qui eius fratrem sanaverat'^, in st i tu it. Hie edificavit gcclesiam b e a t orum apostolorum et cessavit epi- scopatus annum I m. III . Hie'« dum in §cclesia beati Pauli jsro estivo fervore demoraretur, diem clausit, ibi que fere trium men- sium spacio tumulatus, post e a a civ i b u s congregati s per flumen Tiberisi nav i ad beati Petri gcclesiam de latus est et in pre- d i c 1 0 ora t o r i o honor i f i c e sepul t u s.

Epistola Pauli papae.

Büectissimo'" fratri Ecgherto^ a7'cMepiscopo Ehoracensi,

secl et Eadherhto^ excellentissimo filio regi Paulus papa

salutem. Arhiter verum et opifex consequi pro- mereheris vitam.

a) 'reddendo Ferrariae' fehlt C. b) So L ; 'Tiberiaco' Liber

Pont. c) 'Ytalia' C. d) 'per div. loca' fehlt L. e) 'VIII' L.

f) 'et Maii' fehlt C. g) 'ex p. Const. nat. Rom.' L. h) 'pauli' C. i) 'ubi' fehlt C. k) 'pro sanaverat' fehlt C. 1) Verbessert aus

'IUI' C. m) 'Hie sepultus' fehlt C. n) 'Tiberim', aber 'm' auf

Rasur L. o) 'Ecberto' C. p) 'Edberto percellent.' C.

1) Auch dieser Satz ist in den Auszug des Liber Pont, ein- geschoben auf Grund des Papstkatalogs , der in der Vorlage von CL neben dem Liber Pont, benutzt ist (vgl. S. 382, Anm. 10) ; vgl. unten S. 384 über Hadrian 1. 2) Viele Hss. geben keine Zahl ; nur ein Teil ergänzt die Lücke und in verschiedener Weise ; in Uebereinstimmung mit C (VII) steht allein der durch die Auszüge von Holste und Bianchini bekannte, verlorene Farnesiauus (E^), während L mit der Ziffer VIII sich in Einklang mit dem Vaticanus Reg. 1964: befindet, der ebenfalls zur Klasse E gehört, welcher ich den letzten Teil des Liber Pont, in 0 samt den nur im Auszug darin mitgeteilten Viten oben S. 379 zugewiesen habe. 3) Duchesne p. 465, 3. 4) Vgl. S. 382, Anm. 3. 5) Jaffe I^, n. 2337; Haddan und Stubbs a. a. 0. III, 394 395, aus Cottonianus Vespasianus A. XIV, ausserdem überliefert in Tiberius A. XV (vgl. oben S. 377).

384 Wilhelm Levison.

Gesta Stephan! papae. Stephanus, natione Siculus, ex patre Olibo, sedit annos IUI m. V

d. XXV. Hunc parvulum Sicilia veni entern tradidit

in Ij cellarium Lateranense deductus , i b i usque ad ob itum pontificis permansit. Hie sanctissimus pontifex fecit Ordinationen! I per mensem Decembrium, presbiteros V, diac. IUI, episcopos per diversa loca numero XIX. Sepultus est ad beatum Petrum apostolum, et cessavit episcopatus dies IX.

Weiter ist der Liber Pont, in C nicht benutzt. Jene auf einem Kataloge beruhende kürzere Papstgeschichte, die bei Stephan II. neben dem Lib. Pont, begegnete, tritt jetzt ganz an seine Stelle, und nicht nur C hat fortan im allgemeinen den vollen Wortlaut dieser Quelle Wilhelms von Malmesburj bewahrt, sondern (mit Ausnahme des ersten Satzes) noch besser und vollständiger L, nur dass dort von Paschalis II. an eine weitere Papstgeschichte recht äusserlich mit dem CL gemeinsamen Text verbunden ist, den ich zunächst allein folgen lasse ^.

Gesta Adrian i papae.

Adrianus annos XXIII m.*^ X d. XYII. Huius ^ temporibus, quia Longobardi infestabant Romanos, Carolusd Magnus, Pippini*^ filius, expeditionem in Italiam^ movit et Desiderium regem Longobardorum filiumque eins Adaugisum Italia^ ex p u 1 i t filium q u e suum Pippinum regem constituit^. Quantae autem sanctitatis memoratus papa fuerit, testatur idem Carolus in epistola ad Offam regem Merciorum^. Cuius epistolae^ partem hic^ inserere non multura, ut arbitror, erit a materia exorbitare'' :

a) 'a Sic. ven.' fehlt C. b) Der Schluss nach L; C bricht

bereits früher ab mit den Worten 'Laurentium (statt 'Leonem') con- secravit' (Duchesne p. 478, 6). c) 'm. X d. X et VIP K; 'dies XVII m. X' C. d) 'Karolus' immer C. e) 'Pipini' C. f) 'Ytal.' C.

g) 'Mertiorum' L. h) Es folgen in C etwa 11 ausradierte Buchstaben, i) 'hie' fehlte zunächst imd wurde zuerst vor 'inserere' übergeschriel^en, dann aber ausradiert und dahinter ergänzt C. k) C fügt die üeber-

schrift hinzu: 'Epistola Karoli regis Francorum ad Offam regem Merciorum de sanctitate Adriani papae'.

1) Bei den Zeitangaben schreibe ich im allgemeinen gleichmässig 'ann. m. d. ' ; C und L kürzen bald ebenso ab, Isald setzen sie die Akkusativ- oder Ablativendung und keineswegs übereinstimmend. 2) Von hier an ist die Vorlage von C auch in L vollständig wieder- gegeben. 3) Für diesen Satz hat ebenfalls Einhards Vita Karoli c. 6 als Quelle gedient. Vgl. oben S. 381 f.

Aus Englischen Bibliotheken. II. 385

Carohis'^ gratia Bei rex . Inter regales dignitates in roclice fidei sit firmatum.

Et post* pauca:

Cognoscat quoque düecfio infercedere facienti proficere.

Gesta*^ Leonis papae.

98. Leo*^ ann. XX^ m. V d. XVII. De hoc ita legitur in Vita Caroli Magni ^ : Homani Leonem papam multis afflictum iniuriis et eridis ocidis fideni regis implorare fecerunt. In Cronicis qnoque'' Anglorum invenio scriptum ad hanc sententiam ^: Anno ah incarnatione Domini septin- gentesimo^ nonagesimo septimo Romani Leonem papam ptropter constantem iustitiae predicationem , lingua exsecta et Juminihus effossis^, sede sua deturhant ; qui tarnen mox mtinere divino et sanitati^^ integre est redditus, quia et^ videre et^ loqui potuit, et papatn ut prius est fnnctus. Sed huius rei fides respiciet^ auctores, nos eam relinquemus in medio. Ceterum constat X et VII annis eum postea vixisse ^ et

a) 'posta' C. b) Die Ueberschrift fehlt hier wie hei Formosus

in L, wo die Reihe der Päpste auch weiterhin durch Zahlen vor den Namen (XCVIII. bei Leo III., u. s. w.) bezeichnet ist, die sich auch in K finden, dagegen in C fehlen. c) 'III' übergeschrieben KL. d) Nach 'XX' 2 Buchstaben ausradiert C. e) Verbessert aus 'quorum' L.

f) 'septingentissimo' C. g) 'erutis de sua sede' C. h) Auf Rasur L. i) 'et' fehlt C. k) 'et loqui' fehlt C. 1) 'fides penes autores erit,

nos' C (vgl. Sallust, lugurtha c. 17, 7: 'Ceterum fides eins rei penes auctores erit').

1) Es folgt der Anfang und ein Stück der zweiten Hälfte eines Briefes von Karl an Offa (Mühlbacher, Regesten I'-, n. 331; MGr. Epist. IV, 145, 1 9. 146, 1 8), den vollständig nur die wohl aus Canterbury stammende Hs. des 11. Jh. Cotton Tiberius A. XV (vgl. oben S. 377) be- wahrt hat, und von dem auch Wilhelm von Malmesburj»^, Gesta regum I, 93 (ed. Stubbs I, 93) Auszüge aufgenommen hat, die einen kleinen Teil mit GL gemein haben (Epist. IV, 146, 1 6). Ich verzeichne die gemeinsamen Abweichungen von GL : 145, 1 'Longobardorum', 3 'et' statt 'ac', 9 'fidei sit firmatum' gleich dem Gottonianus (9 'floreret' bis 41 'solebant' fehlt) ; 146, 2 'palliis' (verbessert aus 'pallis' G), 2 'Ethelredi' gleich Wilhelm, 6 'Augustinus' (9 'Sed' bis 19 'frater' fehlt); dazu kommen wie überall Sondervarianten von G ohne Belang. Alihängigkeit des Textes GL von dem Gottonianus selbst (trotz 146, 2) scheint mir danach sehr wohl möglich. 2) Einhard c. 28 (ed. Waitz '" p. 28), doch mit einigen Abweichungen. 3) Die Angelsächsischen Annalen, wo um diese Zeit

ja alle Ereignisse um zwei Jahre verschoben sind, berichten so in der Tat zum Jahre 797 (SS. XIII, 103; Earle und Plummer, Two of the Saxon Ghronicles parallel I, 1892, S. 56 f.); doch fehlen die Worte 'propter const. iust. predicationem' in dem Englischen Text. 4) Die-

selbe Quelle erzählt Leos Tod zum Jahre 814, also 17 Jahre nach 797.

386 Wilhelm Levison.

potentem in expulsione demonum per Dei gratiam fuisse ^ Obiit im. Kl. lunii^ vigilia*^ apostolorum.

H o r u m'' gesta non inveniuntur:

99. Stephamis'' m. VII d. XVII «i.

100. Paschalis ann. VII d. XVIII «.

101. Eugenius*" ann. III m. VIII d. XXIII.

102. Valentinus^ d. XL.

103. Gregorius ann. XVII.

104. Sergius ann. III.

105. Leo'^ ann. VIII m. III d. VI\

106. Benedictus ann. II m. VI d. X.

107. Nicolaus»^ ann. IX m. X d.^ XXIX.

108. Adrianus ann. V m. XI d. XII.

109. lohannes ann.™ X.

110. Marinus" ann. I. m. III.

111. Adrianus ° ann. I m. III.

112. Stephanus ann. VI d. XV.

Gesta Formosi papae.

113. Formosus ann. IUI m. VII d. X et VIII. Hic^ a nativitate domini nostri lesu Christi nongentesimo

a) 'in vig.' C. b) In C fehlt die Ueberschrift. c) 'Stheph.' C ; 'ann. VI' fügt K hinzu. d) 'VIF L. e) 'XIII' C. f) 'Lug.' durch Versehen des Miniators L. g) Die ganze Zeile fehlt in C ; doch hat

eine andere Hand (C-), die nicht die des gewöhnlichen Korrektors ist, und von der auch die übrigen Eintragungen neben der Papstliste her- stammen, hinzugefügt 'Valentianus p apa'. h) 'IUI' übergeschrieben KL; 'elo(!) annis VIII, V m. d. VI' C. i) Verbessert aus 'XVI' K. k) 'Nicholaus' KL. 1) Danach ist 'XII' ausradiert L. m) 'ann.'

fehlt C. n) 'Carinus (durch Irrtum des Miniators, doch ist ein 'M' vor 'C geschrieben) anno uno tribus diebus' C, wo C- 'Agapitus papa' hinzufügt. o) 'Aadrianus (das erste 'A' vom Miniator) anno uno men- sibus V C; C'- ergänzt 'ßasilius papa'.

1) Vgl. die Zusätze (12. Jh.) zu den in S. Augustin zu Canterbury fortgesetzten Annales AVintonienses a. 797 (Liebermann , Ungedruckte Anglo - Normannische Greschichtsquellen , 1879 , S. 63) : 'Sanctus Leo, natione Romanus, ad expellendos demones potens, papa effi- citur'. 2) 'lunii' ist aus 'lulii' verschrieben, wie 'vigilia apostolorum'

(28. Juni) zeigt ; vgl. die in Anm. 1 genannte Quelle a. 816 (S. 61) : 'Obiit Leo papa IUI. Kai. lulii', Worte, die bereits Liebermann S. 59 gleich der Nachricht zu 797 (Anm. 1) auf einen Papstkatalog zurück- geführt hat. In Wirklichkeit starb Leo am 12. Juni (vgl. Duchesne II, p. LXVI), doch nennen schon alte Quellen 'VIII. Kai. lun.' als Todestag (vgl. Jaffe I-, p. 316). 3) Die folgende sägenhafte Erzählung über die Teilung der Diözesen von Wessex ist auch unabhängig von dem Papst- katalog überliefert; vgl. W. de Gray ßirch, Cartularium Saxonicum II, p. 276 ff. ; F. E. Warren, The Leofric Missal, 1883, p. 1 f. ; H. Boehmer

Aus Englischen Bibliotheken. II. 387

quinto anno misit in terram Anglorum ad regem Ead- wardum seniorem, patrem Ethelstani, motus magna ira- cundia, et mandavit ei'*^ cum suis omnibus maledictionem contra benedictionem, quam beatus Gregorius per sanctum virum Augustinum genti Anglorum antea^ misit, nisi cum episcopis instituisset destitutas parrochias episcoporum secundum antiquam traditionem, quae tradita*^ est genti Anglorum a sede sancti Petri. Nam per Septem annos plene destituta fuerat** omni episcopo regio Gewisorum. Quo audito, congregavit rex Eadwardus*^ sinodum sena- torum gentis Anglorum, in qua presidebat Plegmundus archiepiscopus , regi ^ recitans et interpretans districta verba apostolicae^ legationis, quae miserat papa Formosus. Tunc rex et^ Plegmundus archiepiscopus elegerunt sibi suisque salubre' consilium, assumentesque dominicam sen- tentiam: 'Messis quidem^ multa, operarii autem pauci', elegerunt et constituerunt singulos^ episcopos singulis provinciis Gevisorum, et quod dudum duo habuerunt, in quinque diviserunt. Acto illo concilio'", Plegmundus archiepiscopus" cum honorificis muneribus Romam adiit°, apostolicum Formosum cum magna humilitate placavit, decreta regis et seniorum regionis enuntiavit, quod apo- stolico maxime placuit. ßediens ad patriam in urbe Dorobernia p uno ^ die Septem episcopos septem ^cclesiis ordinavit : Frithestanum ad §cclesiam Wintoniensem, Aethelstanum ^' ad Corbinensem^, Werstanum ad Scire- burnensem, Etilelmum* ad Fontaniensem, Eadulfum" ad

a) 'eis' C. b) 'ante' 1. Hand L. c) 'condita' C. d) 'fue-

rant' 1. Hand L. e) 'Edwardus' 0. f) 'recitans regi' C. g) 'legat. apost.' C. h) 'et' übergeschrieben 0. i) 'cons. sal.' C. k) 'qui-

dam' C. 1) 'singulis episcopis' C. m) 'consilio' GL. n) 'archiep.' fehlt C. o) 'et' fügt C hinzu. p) 'Dorrob.' L. q) 'uno die'

fehlt C. r) 'Ethelst.' L. s) Von 2. Hand verbessert in 'Corui-

nensem' C. t) '& lllelmuni' verbessert in '&■ Aldhelmum' C. u) 'Aedul- fum' C.

a. a. 0. S. 156 f. (vgl. S. 98 ff.); Eadmer ed. Rule p. 271 f.; auch Elorentius Wigorniensis ed. Thorpe I, 236 und A. S. Napier und W. H. Stevenson, The Crawford coUection of early charters (Anecdota Oxo- niensia, Mediaeval and modern series VII), 1895, p. 103 ff. Die Ab- weichungen von GL gegenüber der sonstigen Ueberlieferung sind, ab- gesehen von einer grösseren Auslassung, ohne sachliche Bedeutung ; wenn ich dennoch den ganzen Wortlaut gebe, so deshalb, weil der Auszug bei Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum II, 129 (ed. Stubbs I, 140 f. ; vgl. II, p. LIV ff.) auf dieselbe Fassung zurückgeht wie GL. Die ge- meinsame Vorlage scheint einer Hs. aus Winchester (London Add. 15350, bei Birch A) trotz mancher Besonderheiten ähnlich gewesen zu sein.

388 Wilhelm Levison.

Cridiensem. Sed et aliis provinciis constituit duos episcopos, Australibus Saxonibus virum*^ idoneum Beorneh^ et Mercis Ceuulfum ad civitatem Dorchecester. Hoc autem totum papa firmavit, ut damnaretur in perpetuum, qui hoc salubre niutaret consilium.

114. Bonefacius ann. XII '^.

115. Stephanus ann. I m. I d. XVIII d.

116. Eomanus m. III d. XXVI.

117. Theodorus d. XX ^

118. lohannes ann. II.

119. Benedictus ann. III m. VI d. XV ^

120. Leo^ m. I d. XXVI.

121. Christof orus^i m. VI.

122. Sergius ann. VI m. III d. XXIII*.

123. Anastasius ann. II m. I d. XXL

124. Lamdo^^ m. III d. XII.

125. lohannes ann. XIIII^ m. II.

126. Leo m. VI d."^ XIII.

127. Stephanus'^ ann. II m. I d. XV.

128. lohannes ann. IUI« m. X.

129. Leo ann. III? m. VI.

130. Stephanus ann. III m. IUI.

131. Marinus ann. III m. VI.

132. Agapitus ann. IX m. XII^ d. XXVL

133. lohannes ann. VIII m. III.

134. Leo ann. I m. III.

135. Benedictus ann. II d. V.

136. Bonefacius m. I d. XII.

a) 'virum id.' fehlt C. b) 'Beornech' C. c) So CK; 'XV' L. d) 'XVni. Rom. m. III d.' fehlt C; doch hat nach 'XXVI' C- 'Ro- manus papa' ergänzt. e) 'XXV' C. f) 'XX V C; 'XIIII' KL. g) 'V übergeschrieben KL. h) 'Christiforus' 0. i) 'XXV C. k) 'Pambo' C. 1) 'ann. XV m. VI' C; dazu 0': 'loh. p(a)pfa), Steph(anu)8 p(a)p{a), loh. p(a)p(a)', und dahinter an dem teilweise abgeschnittenen Rande: 'Leo, Marinus, Agapitus, Bened[ictus], loh(annes) post Leonem et Bened(ictum) lohanne substitutos, loh(annes), Steph(anus), S[teph(anus)], Marinus, Gerbertus qui et Silvester (Zusatz derselben Hand: 'vel loh. secunduni alio[s]'); quidam transito eo Agapit(um) loc[o] eins ponunt', also ein Versuch, die verworrene und lückenhafte Papstreihe des Textes 0 nach anderen Quellen zu verbessern, unter denen sich Sigeberts Chronik a. 995 (SS. VI. 353 : 'Quidam transito Silvestro Agapitum papam hoc in loco ponunt') befunden hat. Zwischen den Zusätzen im Text und am Rande stehen die Worte : 'quaere in aliis cronicis'. m) 'menses VI ann. IIP C. n) Die Reihen 1-27—137 ('Stephanus m. VP) fehlen in C (vgl. N. 1 und S. 390, N. a). o) 'III' L. p) Verbessert aus 'IUI' L. q) So KL statt 'VII'.

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 389

137. Domnus de Suri ann. I m. VI.

188. Benedictus ann. IX.

139. lohannes'*^ m. VIII.

140. lohannes^ m. IUI.

141. lohannes*^ ann. X m. VI d. X.

142. Gregorius ann. I m. V.

143. lohannes'^ qtii et Gerbertus^"^ menses X; qui turpiter finivit vitam suam.

Epistola^ lohannis pape.

Johannes quintusdecimus sanctae Momanae fcclesiae papa^ Omnibus fidelihus. Noverint omnes indictione III I^-^.

a) 'XIII', b) 'XIIII', c) 'XV', d) 'XVI' übergeschrieben L. e) 'Gerebertus' C. f) In C fehlt die Ueberschrift. g) Ueber-

geschrieben C. h) 'V C.

1) Auch hier hat Wilhelm von Malmesbury die gemeinsame Vor- lage von CL benutzt. In den berühmten, von Gerberts Zauberkünsten und Gelehrsamkeit handelnden Kapiteln der Gesta regum hält auch er Johann XV. (XVI.) an Stelle von Silvester II. für Gerbert, wenigstens in dem ursprünglichen Text, den freilich Stubbs in die Anmerkungen gesetzt hat, obgleich er das richtige Verhältnis erkannt und dargelegt hat, dass die abweichende, Johann durch Silvester ersetzende Text- gestaltung einiger Hss. nicht auf den Verfasser zurückgeht (vgl. seine Ausgabe I, p. LI und LXXIII; Bd. II, p. LXVII). Vgl. Gesta regum II, 167 (SS. X, -161; Stubbs I, 193 mit Anm. .3): 'De hoc sane lohanne, qui et Gerbertus dictus est, non absurdum erit' u. s. w., und besonders das Ende des Kapitels (p. 462, bez. 195, Anm. 1): 'ünde in vetusto volumine, quod in mauus meas incidit, ubi omnium apostolicorum nomina continebantur et anni , ita scriptum vidi : lohannes qui et Gerbertus menses decem ; hie turpiter vitam suam finivit'. Es wird also durch CL bestätigt, dass Wilhelms 'fatal mistake' in Bezug auf Gerbert seiner Quelle zur Last fällt ; die AVorte 'qui et Gerbertus', die dem zu Grunde liegenden Kataloge fremd sind, waren vermutlich zu Silvester an den Rand eines älteren Exemplars geschrieben und bei einer Abschrift an der falschen Stelle in den Text übernommen worden. Die Ersetzung von Silvester durch Agapet, die ein Leser von C im Anschluss an Sigebert angemerkt hat (vgl. S. 388, Anm. 1), beruht auf dem falschen Ansatz von Marian, der zum Jahre 998 schrieb (SS. V, 555) : 'Agapitus paj^a' ; diesen Ansatz, der mit dem von Silvester in anderen Quellen zusammentraf, haben gleich Sigebert (SS. VI, 353) auch Englische Annalen übernommen, so ein Zusatz der in Canterbury fortgesetzten Annales Wintonienses und die Annales S. Edmundi (Liebermann a. a. O. S. 70. 126). Ich nenne diese Quellen, weil sie auch mit der Papsti'eihe desselben Lesers (S. 890, Anm. a) samt der Schreibung 'Octovianus' zu vergleichen sind (Lieliermann S. 70 ff. 126 ff.). 2) Jaffe I-, n. 3840; Stubbs, Memorials of Saint Dunstan,

1874, p. 397 sq. (aus Cotton Tiberius A. XV; vgl. oben S. 377) ; AVillelmi Malm. Gesta regum I, 191 sq., der Brief Johanns XV. über den Frieden zwischen Ethelred von England und Richard von der Normandie. Der letzte Satz fehlt in CL.

390 Wilhelm Levison.

144. Silvester* ann. IUI m.'^ I dies IX.

145. lohannes'', qui vocatur Sigo^, m. V d. XXV.

146. lohannes®, qui vocatur Fanassus, ann. I.

147. Sergius, qui vocatur Osporo^, ann. III. Suo quidem^ tempore fuit pessima fames.

148. Benedictus, frater^ Alberici niaioris, ann. XI m. X d. XXI.

149. lohannes^, frater eins, ann. IX m. IX^.

150. Benedictus, qui vocatur Theophilatus^ ann. XIII.

151. Silvester Savienensis"^ ejDiscopus d. LV".

152. Gregorius, qui*' vocatur lohannes Gratianus\ ann. II m. VI.

153. Clemens, qui vocatur FugeriusP, m. IX d.'^ VII.

154. Damasus, qui vocatur Popo, d. XXIII *■.

155. Leo sanctissimus, qui® vocatur Brunus, ann. V m. II d. VII t.

156. Victor, qui'^ vocatur Gebeardus, ann. II m. III d. XIII.

157. Stephanus, qui"*' Fredericus vocatur, m. VII d. XIX.

158. Benedictus Belliornensis^ episcopus m. IX d. XX^.

159. Nicolaus'', qui vocatur Girardus^, ann. II m. V d. XXV.

Decreta*^ Nicolai II. Nicolaus^ episcopus serviis servorum Dei omnibus epi- scopis Vigilantia universalis henedictione gaudere ^.

a) Am Rande bemerkt C-: 'secundum quosdam Agapitus, Octovianus, Leo, Benedictus, loh(annes) fr(ater), Benedictus simoniacus nepos eorum, Clemens'. b) 'm. (T fehlt) d. X' 0.

c) 'XVII' übergeschrieben L. d) 'Hugo' C. e) 'XVIII' über-

geschrieben L ; die ganze Zeile fehlt C. f) Entstellt aus 'os porci' ;

'hosporo' C. g) 'qu.' fehlt C. h) 'fr. Alb. m.' fehlt C. i) 'XIX' übergeschrieben L. k) 'XII' C. 1) 'Teoph.' C. m) So K;

'Saviensis' L ; 'Laviensis' 0. n) 'LX' C. o) 'qui v. loh. Gr.' fehlt C. p) So CKL. q) 'd. Vir fehlt C. r) 'XXI' C. s) 'qui v. Br.'

fehlt C. t) 'XII' C. u) 'qui v. G.' fehlt C. v) 'qui Fr. v.'

fehlt C. w) 'Bell ep.' fehlt C. x) 'IX' K. y) 'Nichol.' KL.

z) 'Girandus' K; 'Gerardus' LC. a) 'Decr. Nykolai secundi' an dieser

Stelle C, wo nachher 'Item' fehlt; 'Decr. Nicholai 11.' L vor 159.

1) Vgl. Wilhelm von Malmesbury a. a. 0. II, 201 (SS. X, 469; Stubbs I, '246): 'Erat papa Gregorius sextus, ante dictus Gratianus'. 2) Jaffe I^ n. 4405; Weiland, MG. Constit. I, 547, 1 548, 15, Nikolaus' II. Schreiben über die Beschlüsse der Lateransynode von 1059. Hier wie bei den folgenden Stücken weisen GL nach Abzug der Einzel-

Aus Englischen Bibliotheken, n. 391

Item. Domnus p(apa) N(icolaus) synoäo oninino in- tronisatus sW^.

160. Alexander*, qui et Anselinus episcopus Lucensis, ann. XI.

Decreta Alexandri'' papae.

[Alexander'^ episcopus Legati nostri iudicium

provocare ^.

Item"^]. Alexander episcopus Pervenit ad aures caritate concedat^.

Item"^.

Alexander episcopus Accepimus a qiiihusdam

ohviare contenderint ^.

161. Gregorius®, qui et Hildebrandus , ann. XII m. I. Huius temporibus ßomam venit Imperator Henricus Alamanuiae^ et expulit eum de° pontificatu, quia excom- municaverat eum propter investituras ecclesiarum ^, et con- stituit Wibertum Ravennatem ^ in sede apostolica, quem et dementem vocavit. Eiectus autem Hildebrandus abiit Apuliam ^ et apud Montem Cassinum obiit ^.

a) Dieser Satz ist in C ausgefallen ; in L steht er nach der Ueber- schrift 'Decr. AI.'. b) 'II' übergeschrieben L , wo 'papae' fehlt,

c) Dieses erste Schreiben Alexanders II. fehlt in C; ich nehme es dennoch aus L für die gemeinsame Vorlage in Anspruch, weil es sich auf die gleiche Angelegenheit bezieht wie der folgende Brief. d) 'Item' fehlt C. e) 'septimus' fügen KL hinzu, in C eine andere Hand,

f) 'Alemannie' C. g) 'a' L. h) 'Ravennatum' C. i) 'Apulam' 0.

Varianten gemeinsame Lesarten auf, die zum Teil bei einer Neuausgabe wohl Erwähnung verdienen ; da sie freilich sachlich ohne Belang sind, lasse ich sie hier bei Seite. Nach wenigen Stellen war die Vorlage von CL dem Text verwandt, den Weiland A3 nennt und Surius zuschreibt, dessen Hs. 'ex Anglia' erworben war; doch muss eine Verwechslung vor- liegen, da Surius (Tomus tertius conciliorum, 1567, p. 599 sq.) die ihm zugewiesenen Lesarten meist gar nicht darbietet (so S. 547, 2d und 548, 6z, wo CL mit A3 übereinstimmt). 1) Jaffe n. 4431a; Weiland I, 550, 17 551, 14, Beschlüsse der Lateransynode von 1060. 2) Jaffe n. 4763, Alexander II. für Winchester. 3) Eb. n. 4762, an Lanfrank von Canterbury. 4) Eb. n. 4761 ; Eadmer ed. Rule p. 19 ff., an den-

selben. 5) Vgl. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum III, 262 (SS.

X, 473; Stubbs II, 321): 'Imperator enim Alamannorum Hen- ricus — iratus contra papam, quod excommunicationem in eum propter investituras ecclesiarum promulgaverat , cum exercitu veniens, Rom am obsedit, Hildebrandum expulit, Guiber- tum Ravennatem introduxit'. 6) Gregor VII. starb bekanntlich in

392 Wilhelm Levison.

Decreta''^ Gregorii VII. Änno ah incarnatione ah^ ea recesserant'^. Gesta° Victorispapae.

162. Victor, qui et Desiderius abbas Cassinensis, m. IUI d. VII. Hunc cardinales elegeruut in papam, qui cum Hildebrando transfugerant'^ in Apuliam. Siquidem^ rogaverant® egi'otantem, ut sibi successorem ordinaverat^, exemplum trahentes a beato Petro, qui successorem sibi vivens constituerat, dicentesque, sicut tunc novitate, ita nunc scismate fluctuare ecclesiam. Quibus ipse respondit se nee velle nee debere regimen ecclesiae per hereditatem alicui tradere, ceterum consilium dare, si vellent hominem^ strenuum et eloquentem , post mortem suam eligerent Odonem^ episcopum Hostiensem, si hominem in seculi rebus potentem, acciperent Desiderium abbatem Cassi- nensem. Itaque eo defuncto , in Desiderium declinavit electio. Quo post^ IUI menses obeunte, alterum elegere.

Gesta Urbanipapae.

163. ürbanus, qui et Odo, natione Gallus ex oppido Castellione ^ et ex monacho Cluniacensi episcopus Hostien- sis, sedit annis XI. Hie quia non poterat introire Rom am propter Wiberti violentiam^, transivit in Galliam, ibique

a) Die Ueberschrift fehlt C. b) -ab (verbessert aus 'ad') eius

rec' L, c) Diese und die nächste Ueberschrift fehlt in L. d) 'fu-

gerant (verbessert in 'fugerat') in Appuliam' 0. e) 'egr. rog.' L.

f) So L ; 'ordinaveraverat' (!) C. g) 'horainum' C, h) Verbesserfc aus 'Odonam' L. i) 'per' C.

SaJerno, auf dem Wege dorthin hatte er sich im Sommer 1084 in Monte Cassino aufgehalten ; vgl. Petri diac. Chron. Casin. III, 53 (SS. VII, 741). 1) Weiland a. a. 0. I, 553, 8-16 (zu ergänzen aus Jaffe, Bibl. II, 352 f.), der Anfang der Akten des Römischen Konzils von 1079, soweit wie auch Hugo von Flavigny (SS. VIII, 443) sie benutzt hat und sie sich auch in der Cambridger Hs. n. 1797 (Ji III. 33), saec. XII, fol. 195 finden (vgl. Catalogue of the mss. preserved in the library of the University of Cam- bridge III, 435 f.). 2) Die folgende Erzählung wiederholt Wilhelm von Malmesbury a. a. 0. III, 266 (SS. X, 475; Stubbs II, 325 f.), teil- weise mit wörtlichen Anklängen. Von den Berichten über Gregors Vor- schläge wegen der Wahl seines Nachfolgers (vgl. Martens, Gregor VII., Bd. II, 190 f. ; Meyer von Knouau, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV., Bd. IV, 60 f.) berührt sich mit CL am meisten der des Petrus von Monte Cassino III, 65 (SS. VII, 747; vgl. auch c. 73, p. 753). 3) Vgl. denselben Wortlaut bei Petrus Guillermus (Duchesne II, 293): 'ürbanus, natione Gallus ex oppido Castellionis'. 4) Diese Begründung trifft nicht zu. Urban hat sieh von Ende 1088 bis Mitte 1094, allerdings mit Unterbrechungen, in Rom aufgehalten, wenn auch

Aus Englischen Bibliotheken. TL. 393

coacto concilio ^ apud Ciarum - montem civitatem Arver- norum, precepit moveri in lerusalem illam'"^ famosam ex- peditionem Christianorum ad liberandas ecclesias Asianas de^ manibus Turcorum. Sequente vero anno, Deo volente et Magthilde*^ miirchisa adiuvante -, expulso Wiberto'\ Romam introivit et in sede*^ sua quiete vixit,

Decreta Urbani papae*^.

Anno ab incarnatione^ Domini millesimo nonagesimo VI ^, indictione IUI, habitum est concilium apud Clarum- montem sub presentia domni Urbani ^^ papae, ubi haec capitula finita sunt:

Quod^ ecclesia cathoUca sit casta et Uhera, catJiolica^ in fiele et communione sanctorum^, casta pudicitia et libera ab omni seculari potestate. Quod pro sepuUura mortuorum

a) 'illa formosam' C. b) ('de man.' fehlt) 'Turonorum' C.

c) 'Mathilde' C. d) 'Guiberto' L. e) 'se ille : : : quiete' von anderer Hand verbessert in 'sede illesa quiete' C. f) 'secundi' statt 'papae' L.

g) 'cai-natione' L. h) Von 2. Hand ergänzt L. i) 'in cath. f.' U.

k) 'patrum' fügt C hinzu.

die Anhänger "Wiberts einen Teil der Stadt behaupteten und Urbans Lage wenig gesichert war. 1) Vgl. Wilhelm IV, 311 (Stubbs II,

390 f.): 'venit in Gallias violentia Guiberti Roma extrusus.

Coactum ergo est apud Clarum-montem concilium, quae

clarissima est urbs Arvernorum'. 2) Vgl. den Brief Urbans II. au

Hugo von Lyon von Anfang 1097 (Jaöe I-, n. 5678): 'usque ad Urbem cum comitissa M(athilde) pacifice venimus, Urbem honestissime introivimus, Urbem ipsam maiori iam ex parte habemus' ; vgl. Fulcher, Hist. Hiei'osol. I, 5 (Recueil des historiens des croisades, Hist. occid. III, 826). Die Anhänger Wiberts, der sich selbst in Oberitalien befand, hielten noch die Engelsburg. 3) Vielmehr 1095. 1) Es folgt eine

Fassung der Beschlüsse von Clermont, die der bei Wilhelm von Malmes- bury a. a. O. IV, 315 (Stubbs II, 391 ff.) nahe steht, aber vielfach einen reicheren Wortlaut darbietet und ofienbar Wilhelms Quelle (b) genauer wiedergiebt, der selbst erklärt : 'quaedam meis sermonibus pro compendio brevians'. Die neue Fassung ist von demselben Auszug (a) der Beschlüsse von Clermont abhängig, aus dem auch Ordericus Vitalis (Hist. eccl. IX, 2, ed. Le Prevost III, 161 f.) geschöpft hat (vgl. Th. Klemm, Der englische Investiturstreit, Leipziger Diss. 1880, S. 9, N. 1; Hefele, Concilien- geschichte V ', 221) :

Ordericus

GL Wilhelm

Ich teile nur den Anfang und Schluss als Beispiel mit; ein künftiger Herausgeber der Akten von Clermont, für die es noch an jedem Versuch einer kritischen Ausgabe fehlt (vgl. Jaffe I'-, p. 681; Mansi XX, 815 if.), wird wohl auch die vorliegende Fassung berücksichtigen müssen.

394 "Wilhelra Levison.

pactum^ pretimn non exigatur aut^ detur. Quod aliquis prin- cijJiini laicorum^ capeUamim non liaheat nisi ab episcopo datum. quod, si in^ aliquo offenderit, ah episcopo corrigatur et alter suhrogetur.

In ^ quo concilio domnus papa Philippum regem Francorum excommunicavit et coniugem eius''-^ et omnes, qui eum dominum^ suum et regem appellaveriut et ei ob- edierint et cum eo locuti fueriiit, iiisi quod pertinet ad eum corrigendum. Similiter illam maledictam coniugem eius et^ omnes, qui eam vel^ reginam vel dominam suam vocaverint et qui cum ea locuti fuerint, usque quo ad emendationem venerint, ita ut alter ab altero discedat. Et similiter Guidbertum ßavenuatem, qui' se appellat papam, et Henricum Alamannorum^ imperatorem, qui eum raanutenet^. Et si usque ad concilium, quod celebratur ajnid Turonis in II. dominica quadragesimae, isti omnes sanctae ecclesiae iustitiaui non fecerint, perpetuo anathe- mate feriendi sunt. Et'" hec confirmata sunt a CCCLXII prelatis, tam episcopis quam abbatibus ^, qui ibi per XI" dies* sederunt''.

EpistolaP Urbani papae.

TJrhanus episcopus, servus servorum Dei, venerabili fratri Remensi electo et imiversis eius suffraganeis salutem^^ et apo-

a) 'vel' fügt C hinzu. 1j) 'vel non' statt 'auf C. c) 'laic'

fehlt C. d) 'male' statt 'in al.' C. e) 'eius' fehlt C. f) 'eum

domnum regem app.' C. g) 'et o. qui eam' von 2. Hand auf Rasur L. h) 'eam dominam et reg. voc' C. i) 'qui se app. p.' fehlt C.

k) 'Älemann.' C. 1) 'manu' fehlt C. m) 'Et h. conf. sunt' fehlt 0.

n) 'IX' L. o) 'sedit' C. p) Die Ueberschrift fehlt L. q) 'salutes' L.

1) Auch der folgende Abschnitt kehrt bei Wilhelm (a. a. O. p. 393) verkürzt wieder und geht unzweifelhaft auf die gemeinsame Quelle zurück. Vgl. auch die noch stärker verkürzte Wiedergabe dieser Beschlüsse durch Bernold (SS. V, 464, 1—3). 2) Bertrada. 3) Diese Zahl der Teilnehmer habe ich sonst nicht gefunden; die übrigen Quellen geben mehr oder weniger abweichende Zahlen (vgl. Bouquet XIV, 755, N. a). So erwähnen die Gesta Atrebatensia (Bouquet XIV, 751. 755, wo 'XIV unzweifelhaft in 'XIII' zu verbessern ist) als am letzten Tage des Konzils anwesend ausser den Kardinälen 13 Erzbischöfe, 225 Bischöfe, mehr als 90 Aebte ; Ordericus Vitalis a. a. 0. j). 463 gibt dieselben Zahlen, doch ohne eine bestimmte Zahl der Aebte zu nennen. Urban sellist berichtet für eine einzelne Verhandlung von der Anwesenheit von 12 Erzbischöfen, 80 Bischöfen, über 90 Aebten (Jaffe I-, n. 5600). Wilhelm von Malmesbury c. 344 (p. 391) spricht von 310 Bischöfen und Aebten. Andere Angaben lasse ich bei Seite. 4) 18. bis 28. Nov.

1095.

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 395

stolicam henedictionem. Auditum est apud nos cum parrochiarum vestrarum abhatihus^.

Gesta'*^ Paschalis papae. Pascalis, qui et Regnerius, annis X et novem''- 2. Hie in'' primis annis tarn per se in Galliis quam*^ per legatos*^ snos in aliis provinciis concilia frequenter tenuit, corro- borans sententiam antecessorum suorum prohibensque laicos ab investituris §cclesiarum^. Quapropter Henricus filius superioris» Henrici, qui Hildebrandura^ expulerat. in ecclesia sancti Petri papam cepit et <s)acramentuin ^ ab eo exe<git, quod in magna Cronica descripsimus. Epistolas etiam illius alibi descriptas, quoniam ad alias tendimus, rescribere) omittimus ^.

Gesta Gelasii papae. Gelasius, qui et lohannes Gaitanns, anno uno. Hie a Romanis papa est electus, sed ab Henrico imperatore, qui Paschalem eeperat, etiam ipse est eiectus, et in loeo

a) 'Urbani' hinzugefügt, jedoch getilgt C. b) 'annis' nochmals

beigefügt C. c) 'in' fehlt und 'primis' verbessert aus 'primus' L.

d) Danach 'per se in G. quam' irrtümlich wiederholt C. e) So L

(doch 'suis') ; 'per alios leg. in suis prov.' C. f) Es folgen etwa 7 aus- radierte Buchstaben C. g) 'fil. imperatoris sup. qui' C. h) 'Hilde- brandam' 0.

1) Urban II. an den Elekten Manasse von Reims; bisher ua- gedruckt, doch ein Regest Jaffe n. 5637 (nach Cotton Vespasianus E. IV, saec. XII. in., fol. '208; vgl. Catalogue of the mss. in the Cottonian library, 1802, S. 479), der Wortlaut mit Ausnahme der Adresse gleich n. 5636. In der Folge lässt sich L nur noch teilweise mit C ver- gleichen, da dort eine andere Quelle mit dem C entsprechenden Text zusammmengefügt ist. 2) Die Zahl ist nach oben hin abgerundet;

Paschalis hat das 19. Jahr nicht vollendet. 3) Ursprünglich glich der

Schluss dieses Abschnittes dem in L (unten S. 409) ; man las sicherlich 'et hoc sacramentum', auf 'exegit' folgte der Wortlaut des Eides, von dem man noch die Buchstaben 'mn' aus dem ersten Wort 'Domnus' unter- halb des Endes von 'papam' erkennen kann, und es schlössen sich in der Vorlage Briefe des Paschalis an wie in L. Dann aber entschloss sich der Schreiber, diese Stücke nicht zu wiederholen und sogleich zu Gelasius überzugehen ; er tilgte daher die bereits niedergeschriebenen, mit dem Schlüsse 'gif von 'exegit' beginnenden zwei Zeilen, an deren Stelle jetzt auf Rasur die Worte '-git quod in rescribere' stehen, und eine ent- sprechende Aenderung zeigt das 'S' von 'sacramentum', das sich breit hingezogen auf einer grösseren Rasur befindet und unzweifelhaft an die Stelle der Buchstaben 'hoc s' getreten ist, wenn diese auch nicht mehr kenntlich sind. Die so nachträglich geschriebenen Buchstaben und Worte weisen etwas dunklere Tinte auf als der ursprüngliche Text.

Neues Archiv etc. XXXV. 26

396 Wilhelm Levison.

eins Mauritius** Bracarensis episcopus constitutus^. Gelasius autem ^ navigio*^ lanuam ^ et inde Cluniacum pedestri iti- nere*^ contendit ibique obiit^.

Epistola eiusdem*^.

Gelasius servus Quia vos Romanae cognoscitis

accingamini. Data Gaite XVII. Kl. Fehroarii^.

Epistola*^ Gelasii ad Henricum reg'em A n g 1 o r u m. Gelasius episcopus Hfenrico) Änglormn regi. Et per- sonae vestrae indicio decidatur^.

Gelasius episcopus Radidfo episcopo^ CanUiariensi salu- fem^. Pro ttiae religionis iudicio decidatur'".

Decretum^ Calixti papae. Anno ab incarnatione Domini MC. nonodecimo^ de- functo Gelasio papa secundo in Galliis ^ a cardinalibus et a" Transalpina ^cclesia, electus est Viennensis"^ arcbiepisco- pus in papam et Calixtus vocatus". Qui statim coacto concilio apud Remis "' metropolim Franciae haec capitula constituit :

a) 'Mauricius Braiecensis' C. b) 'constitu' 1 am Zeilenende C.

c) 'navigiam' C ; 'navigia' L. d) 'pestritinere' L. e) 'Ep. Gelasii

seciindi' L. f) Die Ueberschrift fehlt L. g) 'ep.' fehlt C.

h) 'salutes' L. i) L hat an dieser Stelle keine Ueberschrift, unten

nach 'constituit' : 'Decreta Calixti II.' k) 'nonagesimo' 0. 1) 'Gallia' L. m) 'a' fehlt C. n) 'Viviensis (verbessert in ' Vivienensis') episcopus

Ravennam in papam' C. o) 'est' fügt L hinzu.

1) Nach dem Abzüge Heinrichs V. kehrte Gelasius nach Rom zurück; erst die Angriffe der Frangipani im Her))st 1118 bewogen ihn zur Reise nach Frankreich. 2) Vgl. unten S. 412, N. 4. 3) Vgl.

Wilhelm a. a. ü. V, 432 (SS. X, 482; Stubbs II, 506): 'Expulsus autem Gelasius, Salerni navibus conscensis, inde venit Genuam, indeque itinere pedestri Cluniacum contendens, ibidem obiit'. 4) Jaffe n. 6635 ; Eadmer ed. Rule p. 247 f. ; Wilhelm von Malmesbury a. a. 0. V, 431 (SS. X, 481 ; Stubbs II, 505), Gelasius II. an den Klerus und die Laien Frankreichs. In L folgt ein Brief des Papstes an Thurstan von York, der in C fehlt, aber doch wohl der gemeinsamen Vorlage an- gehörte (unten S. 412). 5) Gelasius an Heinrich I. von England; gedruckt in der Geschichte der Yorker Erzbischöfe von dem Kantor Hugo bei James Raine, The historians of the church of York and its archbishops II, 1886, p. 151 (vgl. .Taffe n. 6669). CL ergeben kleine Verbesserungen des Textes, wie auch bei dem nächsten Brief. 6) Gelasius an Radulf von Canterbury; gedruckt bei Raine II, 151 f nach Hugo und einer anderen Abschrift im Registrum Magnum Album des Yorker Dom- kapitels (nicht bei Jafie). 7) Vgl. Wilhelm V, 432 (a. a. O.) : 'Tunc, id est anno dominicae incarnationis millesimo centesimo nono-

Aus Englischen Bibliotheken, II. 397

Quae ^ sanctorum patruni careant Christiana. Amen.

Damit schliesst die Hs. C; der Text erstreckte sich nie weiter, mehr als die Hälfte der Seite 280 und die Rückseite des Blattes sind unbeschrieben.

Die besprochene Papstgeschichte ist eine Kompilation, die aus recht verschiedenen Teilen zusammengesetzt ist. Dies gilt schon von dem Liber Pont, selbst; drei Texte sind hier, wie sich gezeigt hat, an einander und mit einzelnen Lesarten in einander geschoben worden : bis zu Benedikt II. (t 685) bildet eine Hs. der 2. Klasse, dann bis zu Konstantin (f 715) eine der 1. die Grundlage, um ihrerseits durch einen Text der 3. Klasse abgelöst zu werden, der von Zacharias an nur mehr im Auszug mit- geteilt wird. Bei Stephan II. tritt neben den Liber Pont., seit Hadrian I. an seine Stelle ein Papstkatalog, der durch mancherlei Zusätze erweitert und namentlich in seinem letzten Teil, von Gregor VII. an, zu einer kleinen Papst- geschichte erzählenden Charakters ausgestaltet ist, um mit den Beschlüssen des Eeimser Konzils von 1119 zu enden. Zu diesen Hauptquellen der Hs. tritt dann eine Fülle von Texten anderer Art, von denen noch einmal die mit der Grabschrift Johannes' VII. (f 707) endende Sammlung christlicher Inschriften Roms neben der Menge von Papstbriefen hervorgehoben sei. Unsere Hs. ist mindestens zum grossen Teil nicht die Urschrift der Kom- pilation ; wenn der Schreiber von C bei Paschalis IL erklärt, er lasse dessen Eid bei Seite, weil er ihn bereits 'in magna Cronica' abgeschrieben habe, und er verzichte ebenso auf eine Wiederholung der an anderem Ort wieder- gegebenen Briefe des Papstes -, so bekundet er damit, dass er wenigstens gegen Ende des Textes sich wesentlich auf das Abschreiben einer einzigen Vorlage beschränkt hat, und erste Niederschrift ist nicht einmal der allerletzte Teil. VV^enn es dort von dem 1119 in Cluny erhobenen Calixt IL heisst, er sei 'a Transalpina ecclesia' erwählt worden, so hat unzweifelhaft ein Italiener diese Worte ge-

decimo, cardinales, qui cum Gelasio venerant, simulque omnis ecclesia Cisalpina Guidonem ar chiepiscopum Viennensem in papain grandi paratu levantes Calixt um vocarunt. Nee ille credulos spei effectu exinaniens, mox concilio Remis celebrato, investitos vel investiendos a laieis ab ecolesiis removit'. 1) Beschlüsse des Reimser

Konzils von 1119 (Mansi XXI, 235 f. ; SS. XII, 426, 47 427, 21 = Libelli de lite in, 27, 8-31; SS. XX, 74, 48 75, 14; vgl. SS. XIII, 158, 4. XXVII, 428, 44 ff.). 2) Vgl. S. 395.

26*

398 Wilhelm Levison.

schrieben ; wie ein Bewohner Englands sagen musste, wenn er die Quellen nicht einfach abschrieb , sondern dem eigenen Standpunkt anpasste, zeigt Wilhelm von Malmes- bury, der die Wähler von Calixt als 'ecclesia Cisalpina' bezeichnet hat ^. Wilhelm hat , so ergab sich , von Stephan II. an Vorlagen unseres Kompilators gekannt, den Papstkatalog samt Einschiebseln urkundlichen und erzählenden Charakters '^ ; ja er beruft sich für eine Einzel- heit unserer Quelle einmal ausdrücklich auf einen 'alten' Band, 'ubi omnium apostolicorum nomina continebantur et anni' ^, und ebenso führten die drei dem Breviarium Alarici entnommenen Stücke in den Kreis Wilhelms, der eine ver- wandte Hs. derselben ßechtsquelle abgeschrieben hat*. Aber nicht nur der Vergleich mit Wilhelm war zu ziehen, wichtiger noch für die Erkenntnis der Quellen von C ist die Heranziehung einer zweiten Komj^ilation auf der Grund- lage des Liber Pont., der bereits mehrfach erwähnten und zuletzt schon benutzten Hs. L, die von Stephan II. an durchweg die gleiche Vorlage wiedergibt wie C und zudem vollständiger, als es dort geschehen ist. Jene urkundlichen Texte, die C nach ausdrücklicher Erklärung bei Paschalis II. gestrichen hat, hat L uns erhalten. So empfiehlt es sich, zunächst zum ergänzenden Vergleich die andere Hs. zu betrachten ; erst wenn sie es ermöglicht hat, die Vorlagen von C und L genauer zu erkennen und abzugrenzen, erst dann wird man sicherer wieder der Frage näher treten können, ob der Schreiber von C ein blosser Abschreiber gewesen ist oder ob ihm wenigstens ein Rest eigener geistiger Arbeit, wenn auch nur des Kompilierens, ver- bleibt, und erst dann wird man am besten auch die Frage aufwerfen, ob die Person von C sich näher bestimmen lässt, der ja auch eine 'magna Cronica' für sich in An- spruch nimmt.

London Harley n. 633.

Die Hs. des Britischen Museums Harley n. 633, ein Foliant von 90 oder genauer 92 Blättern , da zwei un- beschriebene Blätter zwischen fol. 71 und 72 nicht mit Ziffern bezeichnet sind, ist in der 2. Hälfte des 12. Jh. in England von einer Hand geschrieben worden 5. Im 16. Jh. gehörte sie einem Mitglied der namentlich in der Gegend

1) Vgl. S. 396, Anm. 7. 2) Vgl. die Anmerkungen zu S. 381—396. 8) Vgl. S. 389, Anm. 1. 4) Vgl. S. 374. 5) Herr J. P. Gilson von der Handschriftenabteilung des Britischen Museums, dem ich für manche

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 399

von York ansässigen Familie Stapelton, wie zwei wohl dieser Zeit entstammende Eintragungen von verschiedener Hand zeigen, auf dem Vorsetzblatt: 'liber Briani Stapletoni', und eine wahrscheinlich etwas ältere Bemerkung am Ende des Bandes fol. 90': 'Briani Stapletoni liber'; demselben Manne gehörte auch eine Hs. von Gregors I. Cura pasto- ralis, jetzt die Hs. derselben Bibliothek Stowe n. 32, in die sein Name fol. 1 von derselben Hand wie am Anfang unserer Hs. eingetragen worden ist ^. Da der Name Brian in der Familie um jene Zeit mehrfach begegnet ^ lässt sich die Person des Eigentümers kaum genauer bestimmen ; den Besitz einer Geschichte der Päpste möchte man wohl einem so eifrigen Anhänger des Katholizismus wie dem siebenten Brian Stapilton of Carltou (1534 1606) zu- schreiben '^, doch reicht eine solche Erwägung natürlich nicht zum Beweise aus*. Die Hs. ist später in den Besitz des bekannten Sammlers und Antiquars Sir Simonds D'Ewes (1602 50)-^ gelangt; nicht nur passt die Angabe über den Inhalt einer seiner Hss. in deren schriftlichem Verzeichnis (Harlej n. 775, fol. 5') auf unseren Codex: 'Gesta Pontiff. Romanorum a scto Petro ad Anacletum', noch deutlicher ist die Beschreibung der Hss. seines Enkels durch Bernard*', wie denn überhaupt zahlreiche Bände aus seiner Sammlung, die 1705 von ßobert Harley erworben wurde, sich heute unter den Harleiani nach- weisen lassen, nur dass es für n. 633 an einem bestimmten äusseren Anhalt fehlt. Das Wort 'papa' ist darin an vielen Stellen ausradiert oder durchstrichen worden, offenbar in der Zeit der Eeformation.

Die Hs. (L) gliedert sich nach dem Inhalt in drei Teile, deren letzter (fol. 72 89) hier nicht weiter in Be- tracht kommt; er enthält die drei falschen Briefe des

Gefälligkeit zu danken habe, hielt Entstehung des Codex im nördlichen England für wahrscheinlich. lieber die Hs. vgl. Catalogue of the Harleian manuscripts in the British Museum I, 392 und die kurze Notiz im Archiv VIT, 79. 1) Vgl. Catalogue of the Stowe Mss. in the British Museum I, 1895, S. 21. Ich habe mich selbst von der Grleichheit der Schrift überzeuot. 2) Vgl. H. E. Chetwynd - Stapylton , The

Stapeltons of Yorkshire, London 1897. 3) Vgl. über ihn eb. S. 159 flf. 4) Die Verfasser des Katalogs der Stowe -Hss. (vgl. Anm. 1) denken zweifelnd an Sir Brian Stapleton aus der Grafschaft Sufiblk (f 1519), eine Annahme, die dadurch empfohlen wird, dass der in derselben Gegend ansässige D'Ewes später die Hs. besessen hat. 5) Vgl. Jessopp, Dic-

tionary of National Biography XIV, 450 ff. 6) Catalogi librorum mss. Angliae II, 1697, p. 387 über n. 97 (9957) : 'Gesta pontificum Roma- norum a S. Petro usque ad Anacletum. Epistolae et decreta Clementis papae Rom.'.

400 Wilhelm Levison.

Clemens, Jaffe, Eeg. 1% n. 10 12 (Hinschius, Decretales Pseudo-Isidorianae p. 30 60). Die beiden anderen Teile stehen in enger Beziehung zu einander, ein Papstkatalog (fol. 1 2) und nach drei freigelassenen Seiten der Liber Pontificalis (fol. 4 71). Der Katalog, den ich in der Folge wie bereits oben mit K bezeichne, beginnt ohne Ueberschrift :

I. Beatus Petrus apostolus Antiochiae sedit annos VII, Komae annos XXV menses II dies III.

II. Linus sedit annos XI menses III dies XII.

Er ist von geringer Bedeutung, nichts als ein Auszug aus dem in L folgenden Liber Pont, samt den Fortsetzungen, ein Auszug, der allerdings nicht auf Grund von L selbst angefertigt worden ist, sondern auf der Vorlage beruht, da er von einzelnen Fehlern des Textes L frei ist und daher oben bei der Bearbeitung von CL benutzt werden konnte, wo die wenigen Abweichungen angemerkt sind. Er enthält nur den Namen und die Sessionsdauer ^ jedes Papstes, meist durch das Wort 'sedit' verbunden; ent- sprechend der Vorlage - stimmt auch dieser Auszug von Hadrian I. an natürlich im wesentlichen mit dem weit verbreiteten Kataloge überein, den Duchesne II, p. XIX XX an dritter und letzter Stelle unter den Papstlisten des II. Jh. besprochen hat, und zu dessen Fehlern, wie ich erwähnte, in CL noch neue in Namen und Zahlen hinzugekommen sind. Noch einmal sei auf die Ver- wechslung von Johann XVI. und Silvester II. hingewiesen, die sich auf Wilhelm von Malmesbury vererbt hat:

C(XL)III. lohannes, qui et Gerbertus, sedit menses X; qui turpiter finivit vitam suam.

C(XL)IIII. Silvester sedit ann. IUI m. I d. IX. Zusätze zu der nackten Liste finden sich sonst nur bei Sergius IV., wie immer in den Hss. dieser Kataloggruppe :

C(XL)VII. Sergius, qui vocatur Osporo, sedit annos III. Suo quidem tempore fuit pessima fames, und bei Gregor VII. :

C(LX)I. Gregorius septimus, qui et Hildebrandus, sedit annos XII mensem I. In cuius tempore fuit Berengarius,

wo die Bemerkung auf den Akten der Römischen Synode von 1079 (oben S. 392) beruht. Ausführlicher wird der Auszug aus L nur am Schlüsse:

1) Am Rande hat eine andere Hand einige abweichende Zahlen (ohne Wert) verzeichnet. 2) Vgl. oben S. 380.

Aus Englischen Bibliotheken, n. 401

C(LX)V. Gelasius, qui et lohannes Gaitanus, sedit annum I.

C(LX)VI. Calixtus, qui et Guido Viennensis archi- episcopus, sedit ann. VI m. X d. XV.

C(LX)VII. Honorius secundus, qui et Lambertus Hostiensis episcopus, sedit annos V menses II non plenos. Quo infirmato , sed adhuc spirante , electus est et con- secratus Gregorius Sancti Angeli diaconus et vocatus Inno- centius. Honorio autem iam defuncto, electus est alter Petrus, filius Leonis principis de castello Cresceutis, et vocatus est Anacletus.

Noch während des Schismas von Innocenz II. und Anaklet II. ist die unmittelbare Vorlage von L unzweifel- haft entstanden ^. Das grössere Interesse an den Gegen- sätzen der Gegenwart hat den Verfasser des Auszugs ver- mutlich veranlasst, in den Schlusssätzen ein wenig von der sonst eingehaltenen knappen Form des Katalogs abzugehen und den Wortlaut seiner Quelle (unten S. 413 f.) in grösserem Umfang herüberzunehmen. Seine Vorlage selbst hat auch bei der Abschrift in L keine Fortsetzung erhalten, dagegen hat in K, wenn ich nicht irre, noch derselbe Schreiber, aber in gedrängterer Schrift und ohne die bis dahin nie fehlenden Zahlen vor den Namen der Päpste, also sicher nachträglich, einige Zeilen hinzugefügt, die mit dem Papst- katalog der Papst- und Kaiserchronik von Monte Amiata- fast genau übereinstimmen und unzweifelhaft auf dieselbe, ursprünglich bis 1125 reichende Römische Vorlage zurück- gehen, auf der auch die verlorene Römische Chronik von S. Lorenzo fuori le mura^ der dem Amiatinus näher ver- wandte Papstkatalog des Cencius'^ und andere Quellen dieser Art beruhen :

Innocentius, natione Romanus, ex patre lohanne de regione Trans- Tiberim, sedit annos XIII menses VIl dies VIII, et cessavit episcopatus dies diios.

In^ sancti Clementis nocte sanctae Lateranensis ecclesie tectum cecidit, quod ipse restaurare fecit.

1) Vgl. unten S. 416. 2) SS. XXIV, 835. 3) Vgl. Holder-

Egger, Einiges zur Quellenkritik der Chronik Sicards (N. A. XXVI, 504 ff., besonders S. 510 ff.); lieber eine Römische Papst- und Kaiser- Chronik (eb. XXVin, 195 ff) ; SS. XXXI, 190. 226. 4) SS. XXIV, 106; Duchesne, Le Liber Pontificalis II, p. XLIII; Fabre - Duchesne, Le Liber Censuum I, 330. 5) Dieser Satz, der bei Cencius fehlt, zeigt die nähere Verwandtschaft von K und dem Catalogus Amiatinus, der die Nachricht zum Jahr 1140 gibt; auf dieselbe Quelle geht der Catalogus Viterbiensis (SS. XXII, 351) zurück. Ueber das Ereignis berichten auch Boso und Johannes diac. (Duchesne, Liber Pont. II, 384).

402 Wilhelm Levison,

Celestinus II.' sedit menses V dies XIII.

Lucius secundus, natione Boloniensis ", ex patre Alberto sedit menses XI dies III ^.

Eugenius.

Anastasitis.

Adrianus.

Alexander.

Lucius.

Damit endete der Nachtrag von erster Hand, so dass man die Entstehung der Hs. in die Zeit von Lucius III. (1181 85) setzen darf; eine andere Hand hat noch den Namen 'ürbanus', eine dritte 'Gregorius' hinzugefügt, über Gregor VIII. (1187) hinaus ist die Reihe nicht fortgesetzt worden. Das Exemplar jener Chronik, auf welches die Angaben über Innocenz II. und die zwei nächsten Nach- folger zurückgehen, war jedenfalls bald nach dem Tod von Lucius II. (1145) zum Abschluss gelaugt; wir würden sonst sicherlich auch von den folgenden Päpsten mehr erfahren als die blossen Namen, zum mindesten die Pontifikatsdauer.

Von dem Katalog an der Spitze des Bandes (K) wende ich mich zu dem Liber Pontificalis selbst (L), der fol. 4 mit der üeberschrift beginnt : 'Incipit liber ponti- ficalis, in quo continentur acta beatorum pontificum urbis Eome' ; es folgen die angeblichen Briefe des Hieronymus und Damasus, dann die Biographien der Päpste mit einer zweiten üeberschrift: 'Gesta suprascriptorum pontificum'. Die beiden Ueberschriften zeigen, dass es sich um einen Text von Mommsens zweiter Klasse handelt^; er endete ursprünglich mit dem Leben Stephans IL, hat aber bereits in der Vorlage ebenso wie in C eine Fortsetzung erhalten, die nicht mehr zu dem alten Liber Pont, gehört, der selbst fol. 4 43 umfasst. Dessen Textgestalt ist hier weit leichter zu bestimmen als bei 0 , zu dessen Wortlaut mindestens drei Hss. verschiedener Art beigesteuert haben. Anders L; sein Text trägt nach Ausweis der Stichproben, auf die ich mich beschränken konnte, einen einheitlichen Charakter; er ist sehr nahe verwandt mit der nur teil-

1) Die gesperrt gedruckten Worte fehlen im Amiatinus, werden aber durch Cencius für die Vorlage gesichert. 2) 'Bolonensis' K.

3) Verschrieben aus 'IUI', wie die verwandten Kataloge zeigen ; vgl. Holder - Egger, N. A. XXVI, 512. 4) Vgl. Mommsen p. XII über

die Hss. ß^. 3. 5.6.7 j)i^ denen sich D- anschliesst.

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 403

weise erhaltenen Hs. der Pariser Nationalbibliothek n. 2769, die im 9. Jh. geschrieben ist und wenigstens seit dem 12. Jh. der Kathedralbibliothek von Beauvais gehört hat ^ Wahrscheinlich geht L auf diese Hs. selbst zurück, wenn auch mittelbar-, und steht so der Gruppe B^- "^^ ' nahe, durch mancherlei gemeinsame Besonderheiten mit einem Teil des aus Tours stammenden Codex D^ noch enger ver- bunden ^ ; für die Textkritik ist L natürlich wertlos, soweit wir jene weit ältere und bessere Hs. von Beauvais noch besitzen. Dies ist um so mehr der Fall, als L manche Stücke des Liber Pont, fortgelassen hat, z. B. die für die meisten Leser in der Tat nicht eben genussreichen Ver- zeichnisse von Geschenken und dergleichen im Leben von Silvester, Damasus, Lmocenz I. und anderen Päpsten; aber auch minder eintönige Abschnitte sind gestrichen, so bei Johannes III. (Mommsen p. 157, 8 158, 13) und Gregor IL (Duchesne p. 405, 15 410, 10), und es ist dem Schreiber dabei wohl begegnet, dass er im Leben Konstantins (Mommsen p. 225, 12) eine Inhaltsangabe 'De consecratione Ticin ensis ^cclesiae' aus seiner Vorlage übernahm, obgleich er den zugehörigen Text unterdrückt hatte (p. 225, 1 11) und die Worte daher in L keinen Sinn haben.

Noch weniger als bei C ist es so ein Verlust für die früheren Herausgeber des Liber Pont, gewesen, dass ihnen L unbekannt geblieben ist. Grösseres Interesse verdient auch diese Hs. nur wegen der Zusätze, die hier mit der alten Papstgeschichte verbunden sind. Freilich bis ins 8. Jh. hinab kann L sich mit C in dieser Hinsicht nicht messen. Bis zum Ende des eigentlichen Liber Pont, fand ich einige Einschiebsel aus Bedas Historia eccL, die ich nicht genauer verzeichnet habe, und drei grössere Zusätze, von denen sich zwei schon durch die wenig passende Stellung als solche verraten:

1) Fol. 11' hinter dem Leben von Innocenz I. (nach p. 90, 23 'dies XXII') ein Stück aus dem viel überlieferten^ Briefe des Papstes Zosimus an Hesychius von Salona (Jaffe 12, n. 339):

1) Vgl. Duchesne p. CXCIII. Ich verdanke die Lesarten dieser nicht versendbaren Hs. der stets gleichen Hilfsbereitschaft von Herrn Professor H. Lebegue in Paris. 2) Eine im 11. Jh. in Beauvais an-

gefertigte Hs. , die auf dieselbe Abschrift des Parisiensis zurückzugehen scheint wie L, ist der ebenfalls nur in Bruchstücken erhaltene Leidener Codex Vulcanii n. 58 (D-); vgl. eb. CXCIV; Mommsen p. XC; oben S. 341, Anm. 2. 3) Vgl. Duchesne p. CXCIV; Mommsen p. XC.

4) Vgl. Maassen a. a. 0. S. 249 f. (n. 9).

404 Wilhelm Levison.

Epistola eiusdem. Igitur si quid auctoritati tuae, quod noii opinamur divini rudimenta servitii (Hinschius a. a. O. p. 553, col. 1, 1. 24—40 des 1. Kapitels).

2) Fol. 19' 20 nach dem Leben Gregors I. (nicht des Zweiten, wie man nach der üeberschrift erwarten sollte) hinter den Worten p. 162, 14 'episcopatns m. V d. VII' (!) folgt ein Teil der Akten der Komischen Synode von 721, die zweite Hälfte der Rede des Papstes und die ersten 12 Canones:

Concilium beati Gregorii innioris.

Deo vero favente, sollicitudine nimia frutectis sordescat. Si quis presbiteram - filacteriis usus fuerit, anatbema sit. Et responderunt omnes tertio: Anathema Sit (Mansi XII, 262, 28 263, 3 und 263, 23 264, 16; Hinschius p. 754, col. 1, 5 23 und col. 1, 42 2, 24).

Dieselben Akten begegneten vollständiger in C (oben S. 378).

3) Fol. 23 23' sind nach dem Leben Martins I. (hinter p. 184, 8 'Depositio eins celebratur XV. Kl. Octob.') die Kapitel 26, 23, 43 und 1 der kleinen Canones- Sammlung des Bischofs Martin von ßraga ^ eingefügt, die in Folge der Aufnahme in die Hispana und die Sammlung Pseudo - Isidors viel benutzt worden ist und auch sonst mitunter irrtümlich dem gleichnamigen Papste zuge- schrieben wird :

In exceptis Martini. Si quis viduam communionem recipiat {c. 26).

Excepta Martini. Penitens tantum altario reconciliatus {c. 23).

Ex epistola Martini. Lector si viduam bigamus fuerit (c. 43). De electione episcopi excepta Martini. Non liceat electionem facere vita edoctns est [c. 1).

Die geänderte Folge der Kapitel (Hinschius a. a. O. p. 430. 429. 431. 428) macht es wahrscheinlich, dass L nicht die vollständige Sammlung Martins benutzt hat, auch nicht Pseudo -Isidor, sondern dass die Kapitel einer späteren Canones -Sammlung entnommen sind, in die sie einzeln an verschiedenen Stellen eingereiht waren.

1) Vgl. Maassen a. a. 0. S. 802 ff.

Aus Englischen Bibliotheken. II. 405

Der alte Liber Pont, schliesst in L mit dem Leben Stephans II. (f 757), wie denn auch jene Hs. ans Beauvais (samt ihrer 2. Abschrift T>~) nnd die verwandten Texte ßö. 0. 7 (Iqj.^ enden. Als Fortsetzung diente bereits in der Vorlage von L dieselbe Kompilation, die uns in C (von 715 an) erhalten ist, eine Hs. der Klasse E des Liber Pont., der von Zacharias an nur mehr im Auszug wieder- gegeben und zuerst bei Stephan IL, dauernd von Hadrian I. an durch den S. 380 ff. besprochenen Papstkatalog mit seinen Erweiterungen ergänzt worden war. In L ist diese Kompilation erst von Stephan IL an benutzt worden. An den vollständigen Text von dessen Vita schliessen sich hier jene beiden anderen Darstellungen seines Lebens an, das so in L dreimal behandelt ist, nur dass die kleine Vita des Katalogs (mit dem von Hilduin erfundenen Briefe) hier in umgekehrter Folge ohne Absatz an den xiuszug des Liber Pont, angefügt ist, während sie in C vorausgeht. Es folgen dann wie dort der Auszug aus dem Leben Pauls I. und dessen Brief an Egbert von York sowie die verkürzte Vita Stephans IIL Während aber dann C mit Hadrian 1. sogleich endgültig sich jenem Katalog zu- wendet, gibt L zuerst noch einen ausführlichen Auszug des Liber Pont, über das Leben Hadrians, der entsprechend jenen verkürzten Viten von Zacharias bis Stephan III. unzweifelhaft zur Vorlage von CL gehörte, obgleich er in C unterdrückt worden ist^ Erst dann geht L zu dem über Hadrian handelnden kleinen Abschnitt des Katalogs über und folgt nun gleich C dieser Quelle bis zu ürban IL, indem sein Text weit besser ist als der des überaus nach- lässigen Schreibers von C. So kann die Zusammensetzung von L vom Ende des eigentlichen Liber Pont, bis zu Urban im Hinblick auf die entsprechenden Stücke von C durch eine kurze Uebersicht veranschaulicht werden, indem ich von dem Ende der vollständigen Vita Stephans IL (fol. 4.3) ausgehe :

et cessavit episcopatus mens. I dies V.

Item undesupra. GestaStephani papae. Stephanus- natione episcopatus dies XXXV (fol. 43 44';. Hie " pertesus planum faciet (fol. 44'^.

Epistola Stephani papae. Stephanus* episcopus appellari fecit (fol. 44' 45'^.

1) Der Text ist auch wie bei Stephan II. aus Eiuhard erweitert. 2) Auszucr des Lib. Pont, (oben S. .382 f.). 3) Katalog (oben S. 381f.). 4) Hilduin (eb. S. 382).

406 Wilhelm Levison.

XCV. ^ Gesta Pauli papae. Paulus- ex patre promereberis vitam (fol. 45' 46'^.

XCVI. Gesta Stephan! pape.

Stephanus^ natione episcopatus dies IX (fol. 46' 48^.

XCVII. Gesta Adrian i papae. Adrianus*, natione Romanus, ex patre Theodoro, de regione Via Lata, sedit ann. XXIII menses X diebus XVII. Vir valde praeclarus et nobilissimi generis et potentissimis Et ^ erat buiusmodi causa. Pipino rege Fraucorum et patricio Romanorum, ut supra dictum est^, defuncto, filii eius Karlomannus et Karolus regnum inter se diviserunt. Sed Karlomanno post bienuium defuncto, Karolus, qui postea Magnus dictus est, totum regnum accepit ^. Tunc uxor Carolomanni et filii eius ad Desiderium confugerunt. Qui volens Francos inter se dividere et papam ab amicitia Karoli dividere, mandavit ei, ut veniret et filios Karlomanni in reges Francorum ungeret. Nam et Karolo privatim adversabatur, quia filiam suam repudia- verat ^. Respondit' pontifex se cum eo loqui non posse, qui patrimonia abstulisset gcclesiae; si redderet, continuo se ven- turiim. Interea dum Paulus consummato cursu feliciter migravit ad Dominum sepultusque est in gcclesia beati Petri VII. Kl. lan. , indictione quarta , anno incarnationis dominice DCCXCVI ^^. Qui etiam fecit ordinationes duas mense Martio, XXIIII presbiteros , diac. VII , episcopos per diversa loca CLXXXV (fol. 48 55^. Cuius obitum audiens Carolus rex Francorum non minus luxit quam fratrem carissimum ^^ multasque^^ elemosinas fecit, non quo dubitaret eius beatissimam animam in requie esse, sed quo affectum ostenderet in amicum carissimum. Eius enim donis multis et maximis tanta opera fecit beatus pontifex. Nicbil quippe magis curavit Carolus rex precellentissimus, quam ut suo labore suaque largitione urbs Romana et ^cclesia beati Petri in antiquum statum reformaretur, sicut in Vita eiusdem Caroli

1) Die Hs. hat irrtümlich 'XCII'. 2) Auszug des Lib. Pont, und Brief an Egbert (oben S. 383). 3) Auszug des Lib. Pont. (eb. S. 384). 4) In C fehlender Auszug des Lib. Pont. 5) Duchesne p. 488, 19.

6) Im Leben Stephans III. c. 17 (eb. p. 473). 7) Das Einschiebsel

beruht auf Einhards Vita Karoli c. 3 (a. a. 0. p. 5). 8) Aus Einhard c. 18 (S. 19). 9) Duchesne p. 488, 12. 10) Statt 795, indem der

Jahresanfang auf Weihnachten gesetzt ist. 11) Aus Einhard c. 19

(S. 21). 12) Der Rest des Satzes beruht auf dem Brief Karls an

König Offa (MG. Epist. IV, 146), dessen entsprechenden Teil der Kom- pilator aus dem CL gemeinsamen Papstkatalog kannte, mit welchem der Wortlaut des Briefes auch in L nach wenigen Zeilen teilweise mitgeteilt wird (vgl. oben S. 385).

Aus Englischen Bibliotheken. II. 407

legitur ^. Huius ' temporibus quia Longobardi cum parrochiarura vestrarum abbatibus (fol. 55' 62^.

Von Pascbalis II. an bedarf L wieder einer ge- sonderten Betrachtung. Der Schreiber von C hat bei diesem Papst, wie er ausdrücklich erklärt (oben S. 395), den ihm von Heinrich V. 1111 abgeforderten Eid und eine Anzahl von Briefen, die sich in der Vorlage fanden, aus- gelassen, nachdem er bereits die Anfangsworte abge- schrieben hatte, die er dann tilgte; L bietet hier eine erwünschte Ergänzung, da diese Hs. die in C fehlenden Stücke unverkürzt aufgenommen hat. Freilich ganz un- verändert gibt auch L die Vorlage nicht wieder ; von Paschalis II. an wird eine andere, etwas ausführlichere und weiter reichende Papstgeschichte in die CL gemein- same Quelle hineingeschoben, allerdings ganz äusserlich, so dass je zwei Viten von Paschalis und Gelasius II. neben einander gestellt sind, die sich ohne Schwierigkeit von ein- ander scheiden lassen. Auch die zweite Quelle ist unbekannt und verdient eine Veröffentlichung als ein weiterer Ver- such des 12. Jh. zur Neubelebung der Papstbiographie. Ich lasse daher den Schluss von L von fol. 62 an folgen, indem ich für die CL gemeinsamen Abschnitte auf den S. 395 f. mitgeteilten Text verweise.

Gesta Paschalis secvindi.

164. Paschalis, qui et Reinerius, natione Italus ex provintia Valeria, ex oppido Bleva ^, patre Crescentio, sedit

1) Einhard c. 27 (S. 28). 2) Es folgt der oben S. 384 395

herausgegebene Papstkatalog von Hadrian I. Ins zum Schreiben Urbans II. an Manasse von Reims. 3) Die übrigen Nachrichten über die Heimat von Paschalis II. stimmen mit L nicht überein. Petrus Guill^rmus (Duchesne II, 296) beginnt: 'Paschalis, qui et ßanierius antea vocabatur, natione Flamm ineae provintiae , B 1 e d e patrie ', und ebenso setzen die Annales Romani (eb. p. 346 ; SS. V, 478) die Heimat in die Romagna : 'Paschalis, natione Ravenne, de oppido quod vocatur Galliata', heute Galeata am oberen Ronco im Süden von Faenza und Forli. Boso (Duchesne II, 369) fand in seineu Quellen dieselben Ortsnamen: 'Paschalis II., natione Tuscus, ex comitatu Galliace, oppido Bleda', wobei Duchesne (eb. p. 306 und XLI) 'Tuscus' aus einer Ver- wechslung mit dem Städtchen ßieda im Süden von Viterbo erklärt, während A. Gheno (Rivista del CoUegio Araldico III, 1905, p. 217 f.) das Dasein eines Fehlers bestreitet und eine alte Burg Bleda in der Gegend von Galeata nachweist, die, im Apennin im Grenzgebiet von Toscana und der Romagna gelegen, damals den Markgrafen von Tuscien gehört habe. Die von L ausgeschriebene Quelle nennt den Ort mit einer unbedeutenden Abweichung 'Bleva', verlegt ihn aber in die Provinz

408 Wilhelm Levison.

annos XVIII mense uno ^ diebus VII. Hie fuit vir magne fidei magneque constantie et mire religionis immenseque patientie, compositis moribns. Hie cleruin amavit et honoravit; paeem Urbi reddidit, possessioiies Romane §c- clesiae reeuperavit. Hie ^celesiam IUI Coronatorum a fundamentis reedifieavit - et in ea monachos constituit ^. Ordinavit et per alias §celesias in Urbe viros religiöses et sanctimoniales *, quos suis cotidie sumptibus sustentabat. Fecit autem ordinationes diversis temporibus, presbiteros plus minus XL, diac(onos) XXX, episeopos per diversa loca CXL^ Hie post persecutionem ortam in civitate, de qua alias dictum est*", sequenti fere transacto anno, devo- tionem, fidem, bonestatem corporis usque ad exitum vitae constantissime retinens , in porticu sancti Petri ^ apud Naumachiam "^ inter manus cardinalium ^, filiorum suorum, XI. Kl. Feb. feliciter migravit ad Dominum. In eins

Valeria, also in den Osten von Rom bis über Aquila und den Fuciner See hinaus (vgl. Jung, Organisationen Italiens von Augustus bis auf Karl den Grossen, Mittheilungen des Instituts für Oesterreich. Geschichts- forschung, Ergänzungsband V, 17), wo ich einen Ort dieses Namens nicht nachzuweisen vermag ; vermutlich liegt eine Verwechslung in dem Namen der Provinz vor. In Bezug auf den Vater Crescentius stimmen die genannten Quellen mit L überein. 1) Vielmehr 5 Monate. 2) Die

Weihe fand 1116 statt; vgl. Petrus Guillermus a. a. 0. p. 305 (vgl. Duchesne p. 310; Kehr, Italia pontificia I, 41). 3) Vgl. Paschalis'

Urkunde vom 21. Mai 1116 (Kehr a. a. 0. n. 5; Nachrichten der Göt- tinger Gesellschaft der AVissenschaften 1898, S. 379). 4) Dies steht urkundlich fest für Sant' Agnese (Kehr, Italia pontif. I, 159, n. 2; Göt- tinger Nachrichten 1900, S. 155). 5) Petrus Guillermus (a. a. 0. p. 305) : 'Qui beatissimus quam plures fecit ordinationes per diversos menses, presbyteros L, diaconos XXX, ei^iscopos numero G\ 6) Es handelt sich um den Aufstand, der wegen der Besetzung der Stadt- präfektur im April 1116 gegen Paschalis in ßom ausbrach, und dessen Teilnehmer im Frühling 1117 mit Heinrich V. bei seinem zweiten Romzug in Verbindung traten. Davon wird hier nirgendwo erzählt; der Kompilator von L hat die Worte 'de qua alias dictum est' also entweder gedankenlos aus der Vorlage übernommen, obgleich er den entsprechenden Bericht bei Seite Hess, oder er hat die 'persecutio' auf die Gefangen- nahme des Papstes durch Heinrich V. im Jahre 1111 bezogen, die in der CL gemeinsamen Quelle (oben S. 395) kurz berichtet wird, deren Worte sich in L unmittelbar anschliessen (vgl. unten S. 411 bei Gelasius II. : 'de qua superius dictum est'). 7) Acht Tage vor seinem Tode gelang Paschalis die Rückkehr 'Romam in porticum' (Petrus Guillermus p. 305), d. h. in die Leostadt, wie Duchesne p. 310 erklärt; ein Brief des Papstes an Wido von Chur ist am 19. Januar 1118 'in porticu beati Petri' aus- gestellt (Jaffe I-, n. 6630). 8) Die Gegend zwischen dem Vatikan und der Engelsburg; vgl. Duchesne, Liber Pont. II, 47 und Vaticana (Melanges d'archeologie et d'histoire XXII, 1902, p. 9 ff.); Jordan und Huelsen, Topographie der Stadt Rom I, 3, 1907, S. 660 f. 9) 'Convocatis patribus' Petrus Guillermus p. 305.

Aus Englischen Bibliotheken. II. 409

morte tanta subito Urbis immutatio facta est, ut universus clerns et populus ad eius exequias miserabili lacrimatione concurrerent''^, qui adversarii fuerant, veniam postulantes, et qui fideles, eius se patrocinio committentes. Mox etiam illud venerabile corpus arripientes per mediam ürbem usque ad Lateranum gloriose detulerunt^. Cumque in ecclesia Salvatoris illud deposuissent, infirmus quidam toto corpore contractus, per mediam circumstantium coronam reptans, deosculatis pedibus beati viri statim erectus et sanatus est. Tunc ad Dominum omnium clamore sullato^ et exequiis sollempniter celebratis, sepultus est ad dexteram altaris ^ in alabastro pulcherrimo. Et cessavit episcopatus duos dies.

Hie ^ primis annis papam cepit et hoc sacramentum ab eo exegit:

Donmus ^ papa P. non inqiiietabit malo ingenio.

Haec sunt nomina Sergii et Bachi.

Ipse etiam rex hoc sacramentum pape fecit:

Ego Henricus'^ rex liberos dimittam quarta vel quinta feria proxima et domitium mala ingenio.

Et isti sunt Warnerius marchio.

Privilegium.

Paschalis ^ ep)iscopus servus Regnimi vestrum

feliciter impevare concedat.

a) Verbessert aus 'coucurrerant' L. b) So L. c) 'Hanricus' L.

1) Vgl. eb., ferner Boso p. 376: 'Inde per mediam Urbem usque Lateranum cum totius cleri ac populi Romani frequentia vectus in ipsa domini nostri Salvatoris ecclesia cum honore maximo tumulatus est'. 2) 'dextro latere templi' Petrus Guillermus (vgl.

Duchesne p. 310). 3) Der folgende Abschnitt entstammt der mit C

gemeinsamen Quelle und ist oben S. 395 gedruckt. 4) Es folgen die Abmachungen des Papstes und Königs vom 11. April 1111, die mehrfach überliefert "sind (Constit. I, 142, 27 144, 18). Der Text von L samt den verbindenden Worten ist verwandt dem bei Wilhelm von Malmesbury a. a. 0. V, 421/2 (SS. X, 479; Stubbs II, 499 1), doch in Einzelheiten teils besser, teils schlechter ; beide gehen unzweifelhaft wie auch sonst auf die Vorlage von L zurück, die zur Klasse C nach Weilands Bezeichnung gehörte. 5) Das 'Pravilegium' des Papstes vom selben Tage (Jaffe

n. 6290; Constit. I, 144, 31 145, 25). Auch hier liegt ein ziemlich guter Text der Klasse C zu Grunde, nach einzelnen Stellen C4 (Florentius von Worcester, ed. Thorpe II, 62 ff.; SS. V, 566) verwandt (145, 19 'potestative eure', 23 'honoris quoque'), doch an anderen besser. Der Text Wilhelms V, 424 (SS. X, 480; Stubbs p. 501 f.) gehört hier nicht zu dieser Gruppe (in L fehlen z. B. die eingeklammerten Worte 145, 13) ; er wird hier den Bericht des Bischofs David von Bangor über Heinrichs

410 Wilhelm Levison.

Sequenti anno congregatum est concilium Romae, non tarn precipiente quam conivente papa, et Privilegium illud irritum factum est. Cuius concilii actio hec est:

Anno ^ ah incarnatione Domini pravilegii con- senserunt et laudaverunt.

Es folgen sodann (fol. 63'— 69) elf Briefe Paschalis' II. in folgender Ordnung :

fol. 63' 64 'ßegi regum', an Heinrich von England (Jafife n. 5910; Eadmer ed. Eule S. 134 f.);

fol. 64 64' 'Non ignoras', an Anselm von Canterburj (Jaffe n. 5908 ; Eadmer S. 1 35 f.) ;

fol. 64' 65' 'Legationis tuae verba', an Heinrich von England (JafiEe n. 5868; Eadmer S. 128 ff.), auch in Cam- bridge n. 1797 (Ji III. 33), saec. XII, fol. 195 (vgl. oben S. 392, Anm. l), einer Hs., die auch das 'Pravileg' von 1111 enthält (MG. Constit. I, 144, Anm. 1 ist die Signatur entstellt) ;

fol. 65'— 66' 'Consulta illa', an Anselm (Jaffe n. 5909; doch fehlen in L der 2. Abschnitt und die Bestimmung über Ranulf);

fol. 66' 67 'Visis litteris vestris', an Robert von der Normandie (bisher unbekannt; gedruckt unten S. 427 ff.);

fol. 67 67' 'In litteris quas nuper', an Heinrich von England (Jaffe n. 5956; Eadmer p. 155 ff.; Wilhelm V, 414 ed. Stubbs II, 489 ff.);

fol. 67' 68 'Suavissimas dilectionis', an Anselm (Jaffe n. 5928; Eadmer p. 149 ff.; nur teilweise Wilhelm V, 415, p. 491);

fol. 68 68' 'Quod Anglici regis', an Anselm (Jaffe n. 6073; Eadmer p. 178 f.; zum Teil Wilhelm Y, 416, p. 491 f.);

Romzug (vgl. Meyer von Knonaii VI, 370) benutzt haben, dessen pane- gyrischen Charakter er kurz vorher (SS. X, 479; Stubbs i). 498 f.) erörtert und den er unmittelbar darauf als Quelle für 'omnem hanc ambitionem privilegiorum et coiisecrationis' erwähnt (c. 426, p. 4S0, bez. 50"2). Dann wendet er sich freilich wieder der Vorlage von L (und C) zu; die zu den Konzilsakten von 1112 überleitenden Worte 'Sequenti anno actio hec est' hat er fast unverändert samt den Akten selbst in seine Darstellung aufgenommen (c. 426 429, p. 480 f., bez. 502 ff.). 1) Akten des Lalerankonzüs von 1112 (Constit. I, 571, 18 572, 20) ohne die Namen der Kardmalpresbyter und -diakone und den sich an- schliessenden letzten Satz. Wie zu erwarten (vgl. S. 409, Anm. 5), steht der Text dem des Wilhelm von Malmesbury (7 bei Weiland) nahe, ohne dass einer von dem anderen abhängig ist ; auch hier hat Wilhelm offenbar die Vorlage von L (und C) benutzt, der auch der Text des Florentius von Worcester (6) wieder verwandt ist.

Aus Englischen Bibliotheken. ET. 411

fol. 68' 'Quamquam prave', an Girard von York (Jaffe n. 5930; Eadmer p. 216; Willelmi Malmesb. Gesta ponti- ficum III, 117, ed. Hamilton p. 258 f. ohne die Datumzeile, in der L 'V. Idus Decembris' statt 'II.' nennt) ;

fol. 68' 69 'Fraternitatis tnae', an Anselm (Jaffe n. 5955; Eadmer p. 154 f., jedoch Datum in L 'XVII. Kl. Decembris', nicht 'XVI');

fol. 69 'Veniente ad nos', an die Bischöfe und den König Heinrich von England (Jaffe n. 6547; Eadmer p. 242 f.; Willelmi Malmesb. Gesta pontificum I, 69, p. 129 f.).

Darauf folgt das Leben von Gelasius II. :

165. Gelasius ^, qui et lohannes, natione Campanus, ex patre Natolio '^ de civitate Caieta, sedit annum I dies IX ^ Hie fuit in scripturis divinis vir eruditus, rectus et multe simplicitatis et ordinis atque consuetudinis sancte Eomanae ^cclesiae studiosissimus indagator, miserorum quoque adiutor piissimus. Hie fuit pauperum cibus et refugium orphanorum et viduarum. Hie clerum dilexit et honoravit. Hie fecit ordinationes, diac(onum) I, episcopos per diversa loca III. Iste tempore persecutionis Henrici Ultimi , de qua superius dictum est *, pro liberatioue et pace §cclesiae, cuius erat precipuus appetitor, in Gallias transivit et Cluniaci, innumera multitudine circumseptus, inter manus filiorum suorum cardinalium ° beatam caelo

1) 'II.' fügt der Miniator hinzu. 2) Dies ist der dritte Name,

der für Gelasius' Vater überliefert wird. Nach den Annales Romani (SS. V, 479; Duchesne II, 347) war 'Gelasius natione Gaiete, ex patre Johanne Coniulo', nach ßoso (eb. S. 376) 'natione Campanus , patria Gaietanus , ex patre Crescentio'. "Wie P. Fedele , Le famiglie di Anacleto II e di Gelasio II (Archivio della R. Societä Romana di storia patria XXVII, 1904, p. 434 sqq.) dargelegt hat, indem er zuerst in 'coniulo' den Eigennamen erkannte, gehörte Gelasius zur Familie der Conjuli, die in den Urkunden von Gaeta häufig begegnet, und er hat mit grosser Wahrscheinlichkeit im Hinblick auf die zeitgenössischen Annales Romani in 'lohanni Coniule, filio Anatolio hone memorie', der in einer Urkunde von 1042 erwähnt wird (Tabularium Casinense I, Codex diplo- maticus Cajetanus I, 1887, p. 353, n. 178), den Vater des Papstes erkannt. Die Quelle von L nennt also den Grossvater des Papstes statt des Vaters, ein Irrtum, der sich leicht daraus erklärt, dass Gelasius vor der Annahme des Papstnamens ebenfalls Johannes hiess. 3) Andere Quellen geben

richtiger 4 bis 6 Tage; vgl. Holder - Egger, N. A. XXVI, 508, SS. XXXI, 217; Duchesne II, 321. 347. 4) Im Leben von Paschalis II.

(S. 408; vgl. eb. Anm. 6). 5) Vgl. namentlich den Brief Hugos

von Clunj' an den Abt Pontius (Migne CLXVI , 844) : 'in medio fratrum, circumstantibus episcopis cardinalibus , in pace Cluniaco quievit'.

Neues Archiv etc. XXXV. 27

412 Wilhelm Levison.

reddidit animam. Sepultus est autem eodem loco III. KL Febr. ^ in beati Petri §cclesia. Et cessavit episcopatus dies III.

Hie - a Romanis ibique obiit.

Epistola Gelasii secundi.

Gelasius ^ servus Quia vos Romanae cognoscitis accingamini. Data Gaite XVII. Kl. Februarii.

Gelasius ^ episcopus dilecto filio Turstano Ehoraco (!) electo Salutes. Questionem de professione ad nostrnm 2)resenfiam venias. Data lanue VI. [Idiis] Ocfohr.

Gelasius* episcopus Henrico Anglorum regi. Et persone vestrae careant Christiana. Amen.

166. Calixtus, q^^i et Guido Viennensis archiepiscopus, natione Allobrox, ex patre Guillelmo, sedit annos VI*" inenses X dies XV ^. Hie tempore perseciitionis electus est Cluniaci et postmodum a fratribus et populo qni erant Rome per epistolas in sede apostoliea confirmatus. Duo in Galliis concilia, Tolose unum, alterum Remis, celebravit, in quo Henricum quartum imperatorem cum innumera cleri et populi multitudine excommunicavit. Hie tandem per Lanorobardiam per medios hostes non sine grandi ammiratione transivit sicque divina virtute, multis etiam miraculis, sine ullo detrimento pervenit ad Urbem et in- genti gaudio ab omnibus civibus exceptus est. Tunc legatos Lambertum Ostiensem episcopum et Saxonem* Sancti Stephani in Celio monte presbiterum et Gregorium

a) 'Saxonem' (= Sanxonem) L.

1) Die Annales Romani (SS. V, 479 ; Duchesne II, 347) lassen den Tod am 28., die Bestattung am 29. Januar erfolgen; doch gel)en die meisten Quellen den 29. als Todestag (Jatfe I'-, p. 780; Nekrolog von S. Maria in Trastevere bei P. Egidi, Necrologi della provincia Romana I, Fonti per la storia d'Italia, 19<)8, p. 88, und Bresslau, N. A. XI, 101), so dass die Angabe von L richtig sein kann. 2) Auch in C, oben

S. 395 f. 3) Jaffe n. 6635, auch in C ; vgl. oben S. 396. 4) Nach Hugo und einer anderen Abschrift im Registrura Magnum Album des Yorker Kapitels gedruckt bei Raine a. a. O. II, 152 (nicht bei Jafte), doch ohne die Datumzeile; 'Idus' habe ich ergänzt nach der Weihinschrift von S. Lorenzo in Genua (Muratori, R. Ital. SS. III, 1, 413; vgl. Jaffe I^ p. 778), durch die der Autenthalt des Papstes für den 10. Oktober

1118 bezeugt ist. 5) Gelasius an König Heinrich und Radulf von Canterbury (Raine II, 151 f.) sowie die Besc-hlüsse von Reims vom Jahre

1119 samt dem einleitenden Satze über die Wahl Calixts, wie in C (oben S. 396 f.). 6) Verderbt aus 'V. 7) So statt 'XIII' auch die Cronica pont. et imp. S. Bartholomaei in Insula Romani (SS. XXXI, 217).

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 413

Saucti Angeli diaconum ad imperatorem direxit ^ et obtinuit quod voluit. Remisit enim Imperator antiquam consuetu- dinem predecessorum*^ suorum, liberas ecclesiis electiones concedens. Hie fuit vir multe simplicitatis, benivolentie, mansuetudinis et in elerum liberalitatis. Hie ecclesiam beati Petri de manu laicorum potenter eripuit et decoravit ^ ipsumque altare dedicavit et novavit cum multis episcopis ad concilium convocatis ^ et excommunicavit omnes, qui eam incastellarent'^. Multas preterea civitates et patri- monia restituit -. Fecit ordinationes, diacon(os) et presbi- teros XXX, episcopos C. Longa invalitudine coctus^ et purificatus domänica Gaudete in Domino, XVII.*' Kl. lan., inter manus filiorum suorum cardinalium feliciter migravit ad Dominum. Sepultus est in ecclesia Laterani ad dexteram altaris ^ in porfiretico mausoleo. Et cessavit episcopatus dies III.

Tunc electns est in papam Lambertus Ostiensis epi- scopus et dictus Honorius secundus, de quo ante lectum est *^. Sedit annos V menses duos non plenos ^, obiit XIII. 10 Kl. Marc.

Quo infirmato, sed adhuc spirante i^, electus est et consecratus Gregorius supranominatus , diaconus Sancti

a) Verbessert aus 'precess.' L.

1) Aehnlich Pandulf (Duchesne II, 322). 2) Hier berührt sich

die Quelle von L mit der einige Jahre jüngeren, um 1145 verfassten ver- lorenen Chronik von Tivoli (vgl. Holder - Egger, N. A. XXVI, 484 flf. XXVIII, 195 ff.); vgl. deren Ableitungen, die Cronica Tiburtina und Basileensia (SS. XXXI, 261. 291): 'Ecclesiam beati Petri de manu laicali prorsus eripuit, quam thesauro et decoris ornamen- torum varietatibus honestavit. Civitates, castella, portus, lacus et aliä multa beati Petri patrimonia recuperavit'. 3) Am 25. März 1123; vgl. Petrus Mallius c. 108, bei de Rossi II, 1, p. 221 ; Kehr, Italia pontificia I, 141, n. 27. 4) Vgl. die Beschlüsse des Laterankonzils von 1123 c. 12 (M(t. Constit. I, 576). 5) Nach Pandulf p. 323 wurde

Calixt plötzlich vom Fieber hingerafft. Die beiden Angaben schliessen sich nicht unbedingt aus. 6) Vielmehr 'XVIIII', da der dritte Advent- sonntag (Gaudete in Domino) 1124 auf den 14. Dezember fiel; die be- stimmte Angabe des Sonntags in L sichert den 14. als Todestag Calixts, der auch in dem Nekrologium von S. Maria in Trastevere (Bresslau, N. A. XI, 101 ; Egidi a. a. O. p. 100) und von anderen Quellen über- liefert wird, gegenüber abweichenden Angaben anderer (vgl. Jaffe I'-, 821). 7) 'luxta domnum papam Paschalem' (vgl. oben S. 409) Pandulf (vgl. Duchesne II, 326). 8) Oben S. 412, 25. 9) 1 Monat 28 Tage rechnen andere Kataloge (vgl. Holder - Es^ger, N. A. XXVI, 509 f.; SS. XXXI, 261). 10) Entstellt aus 'XVI', da Honorius in der Nacht auf

den 14. Februar 1130 starb. 11) So behauptete ein von der Partei

Innocenz' II. ausgesprengtes Gerücht; vgl. "Wilhelm von Malmesbury,

27*

414 Wilhelm Levison.

Angeli, et vocatus Iniiocentius. Honorio aiitein iam de- functo, electus est alter, Petrus Leonis^ priiicipis de castello Crescentis - filius, et vocatus est Anacletus. Iniio- centius expulsus venit Galliam, et post aliquod tempus per Lotharium imperatorein reductus Lateranum, non niulto post repulsus est ad Pisas ^. Anacletus remansit Rome et circum ea loca*.

Damit schliesst auch diese Hs. ; das letzte Drittel von fol. 71, die Rückseite und zwei weitere, nicht gezählte Blätter sind nicht beschrieben worden.

L ist wie C eine Kompilation, in der mehrere Vor- lagen recht äusserlich zusammengeschweisst sind ; der Ver- gleich beider Hss. gestattet es, die einzelnen Bestandteile mit grösserer Sicherheit von einander zu scheiden, als es bei der Kenntnis nur einer von ihnen möglich wäre. L zerfällt in drei Hauptstücke : den Liber Pont. (I) bis auf Stephan II., dann den L mit C gemeinsamen Abschnitt, der selbst bereits aus verschiedenen Quellen zusammen- gearbeitet ist (II), endlich an dritter und letzter Stelle eine oberflächlich mit dem Schlüsse des zweiten Teils ver- einigte Papstgeschichte (HI) von Paschalis II. bis zum Schisma zwischen Innocenz II. und Anaklet II. Die L eigentümlichen Teile I und III bedürfen nur weniger Worte. Für den am Anfang der Hs. stehenden eigent- lichen Liber Pont, genügt es an die Feststellung zu erinnern, dass hier ein durch Streichungen vielfach ver- kürzter Text der 2. Hss. - Klasse Mommseiis vorliegt, ge- nauer ein Verwandter und wahrscheinlich ein Abkömmling der aus Beauvais stammenden Pariser Hs. n. 2769. Wann und durch wen die Abschrift nach England gekommen ist.

Hist. Nov. I, 453 (SS. X, 484 ; Stubbs II, 531) : 'sparsus est etiam rumor in plebem, quod adhuc Honorius spiraret et ita fieri praeciperet', und den sich dort anschliessenden Brief des Kardinals Peter von Porto. Vgl. Anselm von Gembloux, SS. VI, 383, und Mühlbacher, Die streitige Papst- wahl des Jahres 1130, 1876, S. 104. 1) Richtiger: 'Petrus Petri Leonis filius' ; doch schreiben die Zeitgenossen auch sonst häufig einfach Petrus Leonis, indem Pierleoni bereits Familienname wird (vgl. Fedele a. a. 0. p. 410 f.), so auch Wilhelm von Malmesbury a. a. 0. : 'filius Leonis Romanorum principis'. 2) Statt 'Crescentii', wie auch sonst bei Zeitgenossen. 3) Im Herbst 1133. Innocenz blieb in Pisa, bis ihm der zweite Romzug Lothars 1137 die Rückkehr nach Rom ermöglichte. 4) Vgl. Robert von Torigni ä. 1130 (SS. VI, 489; ed. Howlett, Chronicles of the reigns of Stephen, Henry II. and Richard I., Bd. IV, 117): 'Re- mansit autem Anacletus in Urbe propter fratres suos, qui erant viri potentes et habebant p r i n c i p atum c a s t e 1 1 i Crescentionis. Innocentius vero ad Cismontanos transiit'.

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 415

lässt sich natürlich nicht ausmachen ; die Herkunft aus Beauvais entspricht den Beobachtungen zur Ueberlieferungs- geschichte, die ich an verschiedenen Englischen Hss. von Heiligenleben machen konnte, bei denen sich enge Be- ziehungen zu Nordfrankreich ergaben \ eine Tatsache, die im Grunde keines Beweises bedarf, sondern sich im Hin- blick auf geographische und politische Verhältnisse von selbst versteht.

Auch über den dritten L einverleibten Teil kann ich mich kurz fassen, die Geschichte der Päpste des be- ginnenden 12. Jh. Es ist unzweifelhaft nur ein Bruch- stück, das hier erhalten ist, der letzte, reichhaltigere Teil eines Papstkatalogs, dessen vorhergehende Abschnitte L vermutlich unterdrückt hat, weil ihr Gegenstand schon in der zweiten, mit C gemeinsamen Quelle ausreichend be- rücksichtigt schien , gleichwie L im Hinblick auf den Liber Pont, auch diese zweite Quelle erst von Stephan II. an aufgenommen hat, während sie in C bereits früher ein- setzt. Nicht anders erweitert sich ja auch der GL ge- meinsame Papstkatalog (II) von Gregor VII. an zu einer, wenn auch dürftigen, Darstellung (oben S. 391 ff.), ebenso von ürban II. an der Katalog, den Lambert von St.-Omer seinem Liber Floridus eingefügt hat-, und man darf hier wohl auch die bedeutendere in der Abschrift des Peter Wilhelm von 1142 überlieferte Sammlung nennen, in der ein Katalog als vermittelndes Glied zwischen dem alten Liber Pont, und den Biographien Paschalis' II. und der nächsten drei Nachfolger benutzt ist, bei denen man zum ersten Mal von einer wirklichen Fortsetzung im Stile des Liber Pont, reden kann^. In die Reihe dieser Versuche, das Gerippe der Kataloge wieder mit der Fülle des Lebens zu umkleiden und dem Vorbild des Liber Pont, näher zu kommen, gehört auch die dritte Quelle von L. Sie gliedert sich ohne weiteres in zwei Teile, indem die Biographien von Paschalis, Gelasius und Calixt als Einheit erscheinen,

1) Näheres bald in der Einleitung zur Beschreibung der Hss. am Ende des letzten Bandes der SS. R. Merov., wo ich es versucht habe, soweit die Viten der MerowinKischen Heiligen einen Einblick gestatten, eine Anzahl von grösseren Legendarien des Mittelalters auf ihre Zu- sammensetzung und ihre Beziehungen hin zu untersuchen. Erinnert sei auch an die Verbreitung der Annalen von ßouen in England nach der Normannischen Eroberung ; vgl. Liebermann a. a. 0. S. 31 S. 2) Her- ausgegeben von J. Zacher, Serapeum III, 1842, S. 165 f. und Duchesne I, p. CLXXXVI, teilweise von Delisle a. a. 0. S. 748—750. 3) Vgl.

Duchesne II, p. XXIV— XXXVII.

416 Wilhelm Levison.

deren ursprünglichen Absehluss sicherlich die Nachricht von der Wahl Honorius' II. bildete ; dass wir von ihm im Gegensatz zu den Vorgängern nichts erfahren als Ponti- fikatsdauer und Todestag, legt den Schluss nahe, dass diese Worte zusammen mit den Angaben über das Schisma von 1130 erst zwischen 1133 und 1137 ^ hinzugefügt worden sind. Die vorhergehenden drei Viten sind weit kürzer und unbedeutender als die durch Peter Wilhelm überlieferten, in der Mehrzahl von Pandulf verfassten Lebensbeschrei- bungen jener Päpste; aber sie sind davon unabhängig und geben auch manche Einzelheiten, die dort fehlen und einen wenigstens über stadtrömische Dinge unterrichteten Verfasser erkennen lassen , den man vielleicht in dem Kreise der Kardinäle suchen darf: 'inter manus cardi- nalium filiorum suorum' sterben nach ihm alle drei Päpste, und die Bezeichnung der in Rom gebliebenen Kardinäle, welche die Wahl des in Cluny erhobenen Calixt schriftlich anerkannten, als 'fratres' weist wohl in dieselbe Richtung. Englisches Gewächs ist diese Quelle ebenso wenig wie der Grundstock des GL gemeinsamen Papst- katalogs ; zur Annahme Römiscben Ursprungs stimmen auch einige Anklänge an Pandulf (Peter Wilhelm), die Chronik von Tivoli und Boso, auf die ich in den An- merkungen hingewiesen habe , mögen sie auch bei dem Stande der Ueberlieferung kaum mit Sicherheit zu erklären sein. Der Verfasser zeigt deutlich, dass ihm der alte Liber Pont, als Vorbild gedient hat ; die Eingangssätze mit den Angaben über Herkunft und Sessionszeit der Päpste und die Schlussformeln über die Dauer der Vakanzen sind durchaus nach dessen Beispiel verfasst, ebenso die Sätze über die Zahl der von ihnen vorgenommenen Weihen und die trotz der im einzelnen mannigfaltigen Ausgestaltung doch typischen Wendungen über ihre Charaktereigen- schaften und ihr Verhalten gegenüber der Geistlichkeit. Ist die Quelle auch noch immer dürftig und der Umfang eines Katalogs nicht allzu sehr überschritten, auch der Gewinn an neuen Einzelheiten nur gering, so verdient sie doch Beachtung unter den Anfängen der neuen päpst- lichen Geschichtschreibung, die das 12. Jh. hervor- gebracht hat.

Nach Ausscheidung dieser Quelle und des am Anfang von L stehenden Liber Pont, verbleibt ein CL gemeinsamer

1) Vgl. oben S. 414, Anm. 3.

Aus Englischen Bibliotheken. II. 417

Eest, dessen ursprüngliche Gestalt sich nun durch den Vergleich beider Hss. genauer erkennen lässt. L ist am Anfang unvollständig, in C die Abschnitte über Hadrian I. und Paschalis II. ; indem beide Texte sich ergänzen, ergibt sich folgendes Bild von der Vorlage. Sie war bereits selbst eine Kompilation, in der vor allem zwei erzählende Quellen vereinigt waren, eine Hs. des Liber Pont, bis zu Hadrian I. und ein mindestens mit Stephan II. be- ginnender, mit Calixt II. 1119 endender Papstkatalog. Die Hs. des Liber Pont, gehörte zur Klasse E, deren Les- arten in C auch vor 715 eingedrungen sind, wenn C diese Hs. auch erst von Gregor IL an zur Grundlage des Textes gemacht hat; von Zacharias an war der Wortlaut nur mehr im Auszug mitgeteilt, das Verhalten von C wird in dieser Hinsicht seit Stephan IL durch L bestätigt. Damit war vom Leben desselben Papstes an eine Abschrift jenes S. 380 erwähnten, im IL Jh. in Italien verfassten, aber weit verbreiteten Papstkatalogs verbunden, dessen Angaben bei Stephan IL und Hadrian I. neben die Auszüge des Liber Pont, gesetzt wurden, um dann bei dessen Versiegen von Leo III. an vollständig an seine Stelle zu treten. Von Gregor VII. an bot das benutzte, 1119 oder bald nachher in Italien abgeschlossene Exemplar^ mehr als blosse Namen und Zahlen, indem der nackte Katalog hier gegen Ende zu einer noch höchst dürftigen Folge von Notizen mehr erzählenden Charakters erweitert war '^. Der Verfasser der Vorlage von GL hat sich aber nicht darauf beschränkt, diese zwei Texte neben und in einander zu stellen ; er hat sie auch aus anderen Quellen ergänzt ^, aus Einhards Vita Karoli^, den Angelsächsischen Annalen ^, Hilduins Vita Dionysii, der er das falsche Schreiben Stephans IL ent- nahm ^, und einer Aufzeichnung über die angebliche Teilung der Diözesen von Wessex unter Papst Formosus '', vor allem aber einer Fülle urkundlicher Quellen, nament- lich für Englische Empfänger bestimmter Papstbriefe. Die Schreiber von C und L haben beide, der eine wenigstens von 715, der andere von 752 an, ihre Vorlage lediglich ab-

1) Vgl. oben S. 397. 2) Auch die urkundlichen Texte von 1111 und 1112 (S. 409 f.) gehörten sicherlich schon zu diesem Katalog, nicht zu den späteren Zusätzen. 3) Die Auszüge aus den Viten Stephans II.

und Hadrians I. erweiterte er auch an wenigen Stellen aus seiner zweiten Hauptquelle, dem Katalog samt dem eingefügten Briefe Karls an Offa (oben S. 382 f. 406). 4) Vgl. oben S. 381 f. 384 f. 4ü6 f. 5) Eb.

S. 385. 6) Eb. S. 382 f. 7) Eb. S. 386 ff.

418 Wilhelm Levison.

geschrieben oder doch nur durch Streichen einzelner Teile auf sie eingewirkt ; an der Kompilation selbst, wie sie sich beim Vergleich beider Hss. ergibt, haben sie keinen Anteil gehabt, vielmehr lag sie ihnen bereits fertig vor. Nicht mit der gleichen Sicherheit kann man dies für den bis 715 reichenden, so mannigfaltig zusammengesetzten ersten Teil von C behaupten, weil hier der Vergleich mit einer zweiten Ableitung der gleichen Vorlage unmöglich ist; immerhin wird man im Hinblick auf die späteren Abschnitte den eigenen Anteil des Schreibers von C an der Kompilation nicht allzu hoch einschätzen dürfen, wenn es auch sehr wohl möglich ist, dass manche Stücke erst in C mit dem Liber Pont, verbunden worden sind.

Wann und wo ist die erörterte Quelle von CL ent- standen? Die Zeit ergibt sich ohne weiteres aus dem End- punkt 1119, bis zu dem C und L übereinstimmen und auch Wilhelm von Malmesbury ihre Quelle benutzt hat, und eben aus dieser Benutzung in den Gesta regum Anglorum, deren erste Fassung 1125 vollendet war^; innerhalb der Jahre 1119 und 1125 ist der Italienische Papstkatalog in der angegebenen Weise mit dem Liber Pont, verbunden und durch zahlreiche Einlagen Englischer Herkunft er- weitert worden. Der Gedanke liegt wohl nahe , dass Wilhelm selbst diese Arbeit ausgeführt hat. Wenn er 1125 sich für Johannes XV. (XVI.), den er mit Gerbert gleichsetzt, auf einen Papstkatalog 'in vetusto volumine' beruft^, so kann das kaum die bis 1119 reichende Kom- pilation sein, wenn man auch bedenken muss, wie wenig auf derartige, allgemein gehaltene Altersbestimmungen des Mittelalters zu geben ist, Wohl aber könnte es sich um das ihr zu Grunde liegende Exemplar des Italienischen Katalogs handeln, dessen letzter Teil vielleicht nachträg- lich hinzugefügt worden war, so dass das Ganze immerhin alt genannt werden konnte, und man könnte weiter ver- muten, Wilhelm selbst habe diese Quelle erweitert und mit dem Liber Pont, verbunden, ehe er sie in den Gesta regum ausschrieb, gleichwie er diese in den Gesta pontificum be- nutzt hat. Die Benutzung sowohl der Quelle, des Vetustum Volumen', wie der Ableitung, der Vorlage von CL, durch Wilhelm würde sich so einfach erklären. Dennoch wird man von dieser, ja auch an sich ziemlich willkürlichen Vermutung Abstand nehmen müssen; denn nicht nach

1) Vgl. Stubbs I, p. XLIV. 2) Oben S. 889, Anm. 1.

Aus Englischen Bibliotheken, n. 419

Malmesbury weisen die CL gemeinsamen Teile, sondern nach Canterbury. Wohl findet sich in C ein Privileg für das Kloster Wilhelms (Jaffe n. 2140) \ aber es ist vereinzelt, und man könnte mit dem gleichen Eecht auf andere Texte hinweisen, in denen sich Beziehungen zu Wearmouth und Jarrow (eb. n. 2138) i, Evesham (eb. n. 2147)- oder York (eb. n. 2337. 5930 u. a.) ^ bekunden.

Dasresfen deutet eine Mehrheit von Texten auf Ent- stehung in Canterbury hin. In der Ueberlieferung der zitierten Sächsischen Annalen (vgl. S. 385) spielt die Stadt bekanntlich eine bedeutende Rolle; die aus Winchester stammende älteste Hs. hat sich spätestens seit dem letzten Drittel des 11. Jh. zu Canterbury in Christ Church be- funden und ist hier fortgesetzt, um 1100 auch bei der Herstellung einer zweiten Hs. zu Eate gezogen worden. Berührungen ergaben sich ferner mit den Zusätzen, die im 12. Jh. in Canterbury den Annales Wintonienses bei- gefügt worden sind und die vielleicht Kenntnis unserer Quelle bezeugen^. Weit bemerkenswerter ist aber die grosse Zahl von teilweise nur selten überlieferten Papst- briefen und ähnlichen Texten in CL, die sich auch in alten Hss. von Canterbury nachweisen lassen, und dies gilt auch für einzelne Stücke im ersten Teil von C vor 715. Der wahrscheinlich dorther stammende, für die Kenntnis von Briefen Alkvins wichtige Cottonianus Tiberius A. XV (11. Jh.) enthält von Briefen unserer Hss. JafPe n. 2138 (oben S. 377), 2337 (S. 383), 3840 (S. 389) und den Brief Karls des Grossen an Offa (S. 385). Immerhin ist diese üeber- einstimmung von geringerem Gewicht, weil auch Wilhelm von Malmesbury eine ähnliche, der Vorlage von CL zudem in manchen Einzelheiten näher stehende Hs. gekannt hat. Grösser ist schon die Zahl der mit dem Cottonianus Cleo- patra E. I gemeinsamen Stücke, einer ürkundensammlung, die 1120/1 in Canterbury angelegt worden ist, um dessen Ansprüchen auf den Primat im Streit mit York zu dienen^; hier finden sich Jaffe n. 2147 (S. 378), die Aufzeichnung über die Teilung der Diözesen von Wessex unter Formosus (S. 386 f.), JafPe n. 4761 (S. 391), 5908 (S. 410), 5930 (S. 411), 5955 (eb.) und 6547 (eb.)^. Diese Sammlung ist, wenn

1) Eb. S. 377. 2) Eb. S. 378. 3) Eb. S. 383. 411. 896. 4) Eb. S. 386, Anm. 1 und 2. 5) Vgl. Boehmer a. a. 0. S. 8 ff. 6) Eine

andere Sammlung derselben Herkunft, jetzt verteilt auf die Cottoniani Faustina B. VI und Claudius A. III (vgl. eb. S. 6 f.), enthält ebenfalls mehrere Stücke von CL, nämlich die Erzählung über Formosus (S. 386), sowie Jaffe n. 5955 (S. 411) und die Abmachungen von 1111 (S. 409).

420 Wilhelm Levison.

eine ansprechende Vermutung Boehmers zutrifft^, von dem bekanntesten Mönche von Christ Church in jener Zeit zu- sammengestellt worden, von Eadmer, dem Vertrauten Erz- bischof Anselms; in jedem Falle stimmt eine Reihe von Stücken der Sammlung mit dem Text in seiner Historia novorum in Anglia genau überein. So ist es denn be- greiflich, dass ausser der Aufzeichnung über Formosus (S. 386 ff.) nicht wenige Briefe von CL auch dort wieder- kehren 2, Jaffe n. 4761 (S. 391), 5910, 5908, 5868, 5956, 5928, 6073, 5930, 5955, 6547 (S. 410 f.) und 6635 (S. 396). Doch noch mehr! Die meisten der CL mit Eadmer ge- meinsamen Texte und dazu andere finden sich auch in einer weiteren Sammlung derselben Heimat und Zeit. Boehmer hat a. a. O. S. 61 ff. die Aufmerksamkeit auf verschiedene Englische Hss. Pseudo-Isidors hingelenkt, die auf ein in Canterbury unter Lanfrank mit Zusätzen ver- sehenes Exemplar zurückgehen, in dessen Abschriften sich teilweise noch weitere Zusätze angeschlossen haben ; er be- schreibt von ihnen näher den im 12. Jh. 'von einer Christ- churchhand' geschriebenen Cottonianus Claudius E. V als Beispiel für die Art, 'wie man in Canterbury Ende des 11. und Anfang des 12. Jh. die Pseudo - Isidora bereicherte'^. Pseudo-Isidor begegnete bereits im ersten Teile von C als Quelle für Jaffe n. 899 und 1051 (S. 374) und die Römischen Synodalakten von 721 (S. 378); den Exemplaren mit den Besonderheiten Lanfranks gehören ferner von unseren Texten an Jaffe n. 1996 (S. 375) und 4405 (S. 390) und die Akten des Laterankonzils von 1079 (S. 392). Noch grösser ist aber die Uebereinstimmung mit dem genannten Cotto- nianus; er enthält ausserdem noch Jaffe n. 2147 (S. 378), 4431a (S. 391), 4761 (eb.), die Beschlüsse von Clermont (S. 393), Jaffe n. 5910, 5908, 5868, 5956, 5928, 6073, 5930 und 6547 (S. 410 f.). Füge ich noch hinzu, dass von den verbleibenden Stücken n. 4762 (S. 391) und 5909 (S. 410)

1) A. a. O. S. 14. 2) Ueber die Briefe Paschalis' II. bei Eadmer vgl. Rule p. XXVIII ff. 3) A. a. 0. S. 62 ff. Aufs engste verwandt ist nach Hiuschius a. a. O. p. XXXVI und Boehmer die Hs. der Cambridger Universitätsbibliothek Dd. I. 10. Boehmer hat S. 63 aus der Ueber- schrift des Cottonianus den Schluss gezogen, dass der Codex oder doch seine Vorlage auch den Liber Pont, oder einen Auszug aus ihm ent- halten habe, doch kaum mit Recht; die Ueberschrift ist keineswegs dem Cottonianus eigentümlich, sondern findet sich auch in anderen Hss. (vgl. Hinschius p. 25), und die darin erwähnten 'gesta' sind schwerlich so zu deuten trotz des sich anschliessenden Briefes des Hieronymus an Damasus (eb. p. 27), der dem Liber Pont, entnommen ist.

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 421

an Lanfrank und Anselm, ein Brief Gelasius' II. (S. 396) an Radulf von Canterbury gerichtet sind, so scheint es mir zweifellos, dass die Vorlage von CL eben in Canter- bury in den Jahren 1119 bis 1125 zusammengestellt worden ist.

Darüber hinaus sind nur Vermutungen möglich. Ich hob hervor, dass ein in Italien bis 1119 fortgesetztes Exemplar eines Papstkatalogs als Quelle jener Kompilation gedient hat^; mit den Beschlüssen des Reimser Konzils vom Oktober 1119 endete die Vorlage von CL, wie viel- leicht schon der darin benutzte Katalog selbst. Zu Reims ist auch ein Vertreter des Erzbischofs Radulf von Canter- bury gewesen, der selbst damals in der Normandie weilte; in dem Streit mit York, der auch zu Reims seinen Fort- gang nahm, hat dort vor Calixt der Archidiakon Johann die Sache Canterburys vertreten-. Anfang 1120 kehrte Radulf in seine Bischofstadt zurück, die er vor mehr als drei Jahren verlassen hatte; 1117 war er in Rom gewesen, in seiner Begleitung Eadmer. So liegt der Gedanke nahe, dass der Erzbischof oder jemand aus seiner Umgebung den Katalog 1120 mitgebracht hat, der bald darauf mit dem Liber Pont., mit Papstbriefen und anderen Texten mehr zu jener Kompilation vereinigt wurde, die sich als Quelle des letzten Teiles von C und L ergeben hat. Man möchte auch hier an Eadmer denken; aber mehr als eine blosse Möglichkeit ist sein Anteil an der Entstehung der Vorlage von CL nicht ^. Der Verfasser der Historia novorum würde zudem durch diese Vermehrung seiner Opuscula kaum an Ruhm gewinnen, und man kann die hier unerhebliche Frage nach dem Verfasser unbedenklich auf sich beruhen lassen.

Dagegen muss ich noch einmal in Kürze auf die Hs. C zurückkommen, deren Schreiber (oder wenigstens erster Besitzer) sich als Verfasser einer Chronik bezeichnet. Ich lasse die wenigen Worte noch einmal folgen. Wo L

1) Die Erwähnung eines 'Cathologus Romanorum pontificum' als Teil einer Hs. von Christ Church (M. Rh. James, The ancient libraries of Canterbury and Dover, 1903, p. 49, n. 285) ist für die vorliegenden Fragen Ijelanglos, da das betreffende Verzeichnis der Hss. erst der Zeit des Priors Heinrich von Eastry (1284 1331) angehört. 2) Vgl.

Eadmer, Hist. novorum V, ed. Rule p. 255 ff. ; Wilhelm von Malmesbury, Gesta pontificum III, 124, ed. Hamilton p. 265 ; Hugo Cautor ed. Raine a. a. 0. II, 165. 3) Auch kommt ein grosser Teil des Jahres 1120

dafür nicht in Betracht, da Eadmer damals als Bischof von St. Andrews in Schottland weilte. Vgl. Liebermann a. a. O. S. 287 ff.

422 Wilhelm Levison.

bei Paschalis II. mehrere Texte über die Beziehungen Heinrichs V. und des Papstes in den Jahren 1111 und 1112 und nicht weniger als 11 Briefe des letzteren mit- teilt (vgl. S. 409 £P.), eingeleitet durch die Worte: 'Qua- propter Henricus papam cepit et h o c sacramentum ab eo exegit', da hat C zwar zuerst ebenso begonnen, dann aber den Plan nach zwei Zeilen geändert, die er tilgte und, indem er jene urkundlichen Stücke der Vorlage weg- liess, durch die Worte ersetzte (vgl. S. 395): 'papam cepit et sacramentum ab eo exegit, quod in magna Cr onica descripsimus. Epistolas etiam illius alibi descriptas, quoniam ad alias tendimus, rescribere omittimus'. Von den Briefen des Paschalis besass der Schreiber von C also be- reits eine Abschrift; doch gehörten sie nicht zur Chronik, als deren Bestandteil er nur den Eid des Paschalis nach den Abmachungen vom 11. April 1111 in Anspruch nimmt. Von Englischen Chronisten der Zeit, die den Wortlaut dieses Eides mitgeteilt haben, kenne ich nur zwei, Floren- tius von Worcester und Wilhelm von Malmesbury. Aber jener scheidet ohne weiteres als Besitzer der Hs. aus, da er bereits 1118 gestorben ist, während C gleich seiner Quelle den Oktober 1119 erreicht. Anders Wilhelm, dessen Bekanntschaft mit der Vorlage von CL sich aus zahl- reichen Stellen seiner Gesta regum ergab, in denen auch jene Eidesformel ihren Platz gefunden hat ^ Freilich sind die Gesta regum nicht eine Chronik im Sinne Wilhelms, wie seine Bezeichnung der Sächsischen Annalen als 'c h r o n i c o more et patrio sermone per annos Domini ordinata' bekundet-, während sein eigenes Werk ihm als 'multarum historiarum breviarium' erscheint ^ ; aber auch wenn man damit in seine Worte zu viel hineinlegen sollte, so bleibt doch die Tatsache, dass er nicht die Gesta regum, wohl aber ein anderes seiner Werke Chronik ge- nannt hat. Als er 1140 den Widmungsbrief seiner Historia Novella an Robert von Gloucester schrieb '\ da erwähnte er, dass er die Taten von König Heinrich I. in zwei Werken dargestellt habe: 'Pleraque gestorum praecellentis memoriae patris vestri stilo apponere non neglexi, et in quinto libro

1) Vgl. oben S. 409, Anm. 4. 2) Prolog der Gesta regum I (ed. Stubbs 1, 1); vgl. den zum 2. Buch (p. 104): 'Chronica longe lateque corrogavi'. 3) Widmungsbrief an Robert von Gloucester (eb. 11, 356). Vgl. Stubbs I, p. XXXIII : 'it is at least possible that they contained such notes as would answer to the definition of Chronica or Annais as distinguished from Histories'. 4) Eb. II, 525.

Aus Englischen Bibliotheken. 11. 423

regalium actuum et in tribus libellis, quibus Chronica dedi vocabulum'. Wir besitzen noch die 'Taten der Könige', während die 'Chronik' Wilhelms verschollen ist ^. Be- handelte auch sie die Zeit Heinrichs (1100 35), so ist es sehr wohl möglich, dass auch die Urkunden von 1111 hier abermals Aufnahme fanden, so dass sie in C um so mehr entbehrlich scheinen mochten.

Freilich ist die Zuweisung dieser Hs. an Wilhelm nur eine Vermutung, was ich doch betonen möchte, wenn auch eine Annahme, für die mehr als ein Grund zu sprechen scheint. Er hat die Vorlage von C nach Ausweis der Gesta regum gekannt, das Alter der Hs. ist an- gemessen 2; er bezeichnet 'Chronica' als sein Werk, während ich keinen Zeitgenossen zu nennen weiss, auf den das Selbstzeugnis von C passt. Die Benutzung von Stücken des Breviarium Alarici in einer Textgestalt, die sich mit der von ihm geschriebenen Hs. dieser Eechtsquelle be- rührt ^ stimmt gleichfalls zu jener Vermutung wie auch die Aufnahme von Teilen der Akten des allgemeinen Konzils von 680, mit denen Wilhelm sich in den Gesta regum bekannt erweist*. Im Einschiebsel über Attila (S. 369 f.) sind Jordanis und Paulus' Historia Romana benutzt, die ebenfalls zu den auch sonst von Wilhelm herangezogenen Quellen gehören ^. Vielleicht darf man auch die Wieder- gabe der Römischen Inschriften'' mit der Aufnahme eines kurzen Pilgerführers 'de uumero portarum et sanctis Roraae' in die Gesta regum IV, 352 ' in Vergleich setzen und darauf hinweisen, dass auch dieser Text einer alten Vorlage entnommen ist; wie die Inschriften mit der Grab - Schrift Johannes' VII. (f 707) abbrechen, so entspricht

1) Vgl. W. de Gray Birch, On the life and writings of "William of Malmesbury (Transactions of the Royal Society of Literature, 2. series X, 1874, p. 355. 367 sq.) ; Stubbs a. a. 0. I, S. XXXII f. CXV f., der hier auch der Hs. des Britischen Museums Lansdowne n. 486 einige Worte widmet, in deren fol. 2 11 Hamilton, Gesta pontificum p. IX wohl mit Unrecht ein Bruchstück der verlorenen Chronik vermutete, die aber doch vielleicht genauere Mitteilungen verlohnt als die knappen An- gaben im Katalog der Lansdowne - Hss. und in der Einleitung von 0. Horstman, Nova Legenda Anglie I, Oxford 1901, p. IX. 2) Vgl. oben S. 337. 3) Eb. S. 374. 4) Eb. S. 376. 5) Dieselbe Hs., die das Breviarium Alarici von Wilhelms Hand bewahrt hat, enthält auch Paulus' Bearbeitung von Eutrop und Jordanis (vgl. Waitz, N. A. IV, 384; Mommsen, Auct. ant. V, 1, p. LIV; Stubbs I, p. CXXXIV), dessen Gothengeschichte AVilhelm in den Gesta regum II, 116 (eb. p. 121) erwähnt. 6) Oben S. 350 364. 7) Ed. Urlichs, Codex urbis Romae topographicus, 1871, p. 87 89; Stubbs II, 404 408 (vgl. p. CXXI f.).

424 Wilhelm Levison.

auch die kleine Stadtbeschreibung- nicht . den Verhältnissen von Wilhelms eigener Zeit, sondern denen des siebenten Jh.^. Jedenfalls glaube ich so die Vermutung aussprechen zu dürfen , dass unsere Hs. für und von Wilhelm ge- schrieben worden ist.

Freilich mit Vorbehalt! Verschiedene Hände haben an dem Bande geschrieben; wenigstens in einer möchte man die Hand von Wilhelm selbst erkennen. Jedoch nach den mir zugänglichen Nachbildungen seiner Schrift - ver- mochte ich sie in C nicht nachzuweisen; vielleicht führt der Vergleich der ihm zugeschriebenen Hss. weiter, als es die bisher vorliegenden Schriftproben gestatten. Ist die Frage auch nur von untergeordneter Bedeutung, so bietet sie doch ein gewisses Interesse bei einem Manne wie Wilhelm ; der umfangreiche Band , der seiner späteren Lebenszeit angehören müsste, würde namentlich auch unsere Kenntnis von dem Umfang seiner theologischen Studien nicht unwesentlich erweitern. Vielleicht regen diese Zeilen dazu an, meine Vermutung über den ersten Besitzer der Cambridger Hs. auf Grund der Wilhelm mit grösserer Sicherheit zugewiesenen Bücher in seinem Heimat- lande nachzuprüfen, in dessen mittelalterlicher Geschicht- schreibung er eine so hervorragende Stellung einnimmt.

Anhang.

1.

Dicta Aelfredi regis.

Am Eande des Liber Pont, in der Cambridger Hs. n. 2021 hat ein wenig späterer Schreiber noch im 12. Jh. zwei zusammengehörige Stücke eingetragen , die zwar

1) Nach de Rossi, Roma sotterranea I, 146. 153 gehört der Ab- schnitt Wilhelms über Rom in die Zeit 'prima delle maggiori traslazioni fatte ne' secoli VIII e IX', wahrsclieinlich in das Menschenalter von 648 bis 682; vgl. auch H. Jordan, Topographie der Stadt Rom II, 165. 580ff. und Gr. Schneider, Nuovo Bullettino di archeologia cristianaXV, 1909, S. 79 ff. Trifft meine Vermutung über Wilhelm als den Besitzer von C zu, so liegt der Gedanke an den sogenannten Anonymus Einsidlensis nahe, in dessen bekannter Hs. eine Inschriftensammlung und ein Romführer sich neben einander finden, und man möchte in einer ähnlichen Hs. die gemeinsame Quelle der Gesta regum und von C suchen. 2) Vgl. die

fünf Tafeln an der Spitze von Hamiltons Ausgabe der Gesta pontificum, 1870; ferner: The Palaeographical Society, Second series II, 1894, Tafel 192, und die Bemerkungen von F. JVIadan bei Stubbs, Gesta reeum I, p. CXXXIIf.

Aus Englischen Bibliotheken, n. 425

wegen des Inhalts kaum Bedeutung besitzen, aber doch durch ihre Form und die Berufung auf 'dicta' von König Alfred eine Veröffentlichung rechtfertigen. Die erste Eintragung steht fol. 233 neben dem Leben von Papst Siricias :

Apostolici viri Siricii tempore gestum est, quod in Angulsaxonum regis Aelfredi veridicis dictis legitur. Ebreae, Latine, Grecae aliarumque linguarum peritissimus beatus leronimus cum bibliotheca ^, quam de Ebrea in Latinam linguam verterat, Romam venit, ut situm loci videret et nosset, si populus cum apostolo"^ ea quae retro sunt oblitus fide, spe et caritate se extenderet in ante. Erat enim vir iste scriba doctus in regno caelorura, pro- ferens de thesauro suo nova et vetera'^. Nuntiatur papae mirae scientiae clericum matrem urbium penetrasse, cum eo loqui velle, dignetur solummodo concedere hoc agere sibi licere.

'Intret' ^, ait papa, 'pronuntiet et mihi grata'.

Ingreditur sanctus, conscissa pelle velatus.

Tempnitur a cunctis nulla pietate perunctis.

Egressus pensat, crastino quid faciat.

Mutuo acceptis pretiosis se induit vestimentis. Clericis precedentibus librumque manu gerentibus, in auro

texta clamide Roniuleum perlustrat forum. Pro ornatu vestitus viri circumspicientes in ammirationem verti, et qui hesterno in oculis omnium vilis et parvus visus est, hodie pretiosus et magnus predicatur. Gradienti itaque beato leronimo de porta in portam Romuleae urbis dum unus cardinalium obviat,

subsistens illum summissa voce salutat. Sale^ sapientie condita haurit ab illius ore verba;

eructans mox responsum ad apostolicum ingredi obsecrat. Cum quo cardinali ille summi pape Dei cardinalis pruden- tissimus papalia subit moenia. Quid multis? Vilitas vestium quem perendie dehonorarat, nunc pretiositas

1) D. h. Bibel; vgl. z. B. Wattenbach, Das Schriftwesen im Mittel- alter' S. 152 ff. 2) Phil. 3, 13: 'quae quidem retro sunt obliviscens, ad ea vero quae sunt priora extendens me ipsum' ; 1. Cor. 13, 13: 'fides, spes, Caritas'. 3) Matth. 13, 52 : 'Ideo omnis scriba doctus in regno caelorum similis est homini patri familias, qui profert de thesauro suo nova et vetera'. 4:) Die eingerückten Reime und Verse sind hier und nachher mit roter Tinte geschrieben, ebenso der Name Gregors I. und des Hieronymus am Schluss. 5) Col. 4, 6 : 'Sermo vester semper in gratia sale sit conditus'.

426 Wilhelm Levison.

ceu debitum exigens honorem honorat. Papali assidens

lateri cum eo cibum sumit. Diversa presentantur fercula. Quorum in presentatione girat leronimus oculos, ad vestes velut gratias agens inclinat et in ammirationem circum- sedentium deosculatur. Persoluto ventri debito, cur sie actitarat, requiritur. 'Honorantibus', inquit, 'me honorem exhibebo. Vilitas vestium me honore privarat, pretio- sitas iam insigniter honorat'. His auditis exardescit ira apostolica celsitudo, in furorem mota est tota papalis curia. Et sie

a mundi capite lux mundi pellitur ürbe.

Die Fortsetzung ist von derselben Hand fol. 244' neben dem Leben Gregors I. eingetragen worden:

Erat Rome mos antiquitus institutus, ut ad apostoli- corum virorum sepulcra die noctuque lumen arderet. Nee immerito : nam iuxta evangelicam auctoritatem illi lux sunt mundi ^, quibus collatis clavibus regni caelestis ligandi atque solvendi pontificium tradidit altissimus 2. Mos in- olevit, sed ignoro an penuria vel negligentia morem

delevit. Lucerna ardens et lucens ^ beatissimus videlicet Gregorius, dum paparet, dum ecclesiam Dei apostolico iure gubernaret, aut* legit vel audivit a narrantibus, quid olim temporis vir apostolicus Siricius in beatum gesserat leronimum. Factum est in una dierum, lustratis Urbis interioribus, sanctus Gregorius ad tumulos virorum apo- stolicorum

luminibus sacris ardentia lumina^ cernens et ad predicti papae tumbam perveniens,

substitit, exclamat, indignans protinus infit:

'Tumba tegit papam, qui mundi lumen ab Urbe

expulerat dudum, quod replet dogmate mundum. Hinc vere indignum et iniustum est ardere lumen ad sepulcrum illius'.

Dixit, vas fregit baculo fuditque liquorem. Et sie in Siricium vindicat leronimum.

Diese 'dicta' Alfreds waren bisher nicht bekannt. Mit den unter seinem Namen gehenden 'Sprüchen', die in der Unterschrift einer Hs. als 'dicta regis Alvredi' be- zeichnet werden ^ haben sie nichts gemein. Ferner be-

1) Matth. 5, 14: 'Vos estis lux mundi'. 2) Vgl. eb. 16, 19.

3) loh. 5, 35: 'llle erat lucerna ardens et lucens'. 4) Der Miniator

hat 'auf ergänzt. 5) Vgl. Vergils Aeneis II, 405: 'ad caelum tendens ardentia lumina frustra'. 6) The Proverbs of Alfred re-edited by

Walter W, Skeat, Oxford 1907, p. 40.

Aus Englischen Bibliotheken. U. 427

gegnen 'dicta regis Aelfredi' in der Genealogie der Könige von Wessex bei Florentius von Worcester als Quelle für die Einreihung eines der Könige ^ Man hat sie auf das 'enchiridion' Alfreds bezogen 2, in das der König allerlei Lern- und Lesefrüchte 'placabilia testimonia' ein- tragen Hess 3, und das noch Wilhelm von Malmesbury vor- gelegen hat^. Vielleicht darf man auch unsere Erzählung darauf zurückführen, deren Quelle ich nicht nachzuweisen vermag, lieber ihren legendenhaften Charakter ist freilich kein Wort zu verlieren. Richtig ist nur, dass Papst Siricius (384 399) im Gegensatz zu seinem Vorgänger Damasus Hieronymus 'nicht besonders zugetan gewesen zu sein scheint' ^ ; wir hören auch wohl, dass man in Eom über Hieronymus und seine Gesinnungsgenossen wegen ihrer Kleidung spottete '^, wie er selbst sich gegen 'das Stutzertum im Klerus' gewandt hatte ^. Seine Kleidung spielt sonst in der Legende nur in anderer Weise eine Eolle, indem seine Römischen Gegner, um ihn bloss- zustellen, ihm an das Bett ein Frauengewand gelegt haben sollen, in das der ahnungslose Mann dann hineingeschlüpft sei^ Dagegen ist, soviel ich weiss, unsere Geschichte sonst nicht überliefert.

2.

Ein Schreiben Paschalis' II. an Robert von der N o r m a n d i e.

Papst Paschalis II. weist den Anspruch des Herzogs Robert von der Normandie auf das Recht zur Investitur (der Bischöfe und Aebte) mit Ring und Stab als un- berechtigt zurück. 1101 1106.

Britisches Museum, Harleianus n. 633, fol. 66' 67.

1) Chronicon Florentii Wigorniensis ed. Thorpe I, 272 : 'Deinde Cenfus duobus annis secundiim dicta regis Aelfredi, iuxta vero Chronicam Anglicam filius eius Aescwinus fere tribus annis regnavit'. 2) Vgl.

R. Pauli, König Aelfred, 1851, S. 219; W. H. Stevenson, Asser's Life of King Alfred, 1901, p. 153, N. 4. 3) Asser c. 88. 89 (ed. Stevenson p._73sqq.). 4) Vgl. eb. p. 153. 326 f. 5) Vgl. G. Grützmaclier,

Hieronymus I (Bonwetsch und Seeberg, Studien zur Geschichte der Theologie und der Kirche VI, 3), 1901, S. 275; eb. II (a. a. 0. X, 1), 1906, S. 194 f., und III (eb. X, 2), 1908, S. 48 f. 6) Eb. I, 294.

7) Eb. I, 278. 8) Vgl. die 2. und 4. Vita Hieronymi (Opera ed.

Vallarsi XI, 1^ col. 297. 376).

Neues Archiv etc. XXXV. 28

428 Wilhelm Levison.

Paschalis episcopus, [servus*^ servorum Dei], R(otberto) dilecto filio'', Normannorum duci, salutem*' [et*^ apostolicam benedictionem].

Visis litteris vestris et diligeuter inspectis letati sumus, quod temporibus antecessorum vestrorum pace assidua letabatur ^cclesia et regularis ordo vigebat. Tem- pore autem vestro nullum in. vestris partibus §cclesia potuit habere augmentvim nee religio Christiana servari, ut decuit, quoniam qui pastores ecclesiarum Domini [esse^ debebant], in ipso introitu ^ ceciderunt, et qui messis do- minice videbantur operarii - et cultores, facti "^ sunt era- dicatores et subversores. Nee mirum : non enim intra- verunt per ostium ^, sed ut fures et latrones ascenderunt ex adverso^. Sed sicut fama perveniente cognovimus, non sano intellectu interpretantur*^ quidam tutelam et patro- cinium §cclesiarum a predecessoribus nostris, ut dicitis, vobis et antecessoribus^ vestris esse concessa. Tutela enim et patrocinia §cclesiarum secularibus potestatibus commissa sunt, ut ^celesiae per vos ab omni perturbatione et in- festatione mundana tueantur, quatinus earum cultores quiete et devote regi celesti valeant militare. Tu autem te ipsum ostium effecisti et per anulum et virgam in- vestituram §cclesiae non ut sponse Christi, sed sicut ancille hostibus tradis eins regimen usurpantibus, deserentibus Deum, qui vere ostium est, per quem qui non ingreditur für est et latro ^. Sed quia hac dignitate te expoliatum esse conquereris, quam apostolorum canones et Antiochena

a) Die eingeklammerten Worte sind von mir ergänzt. Titel und Grussformel der Papstbriefe sind in der Hs. öfter verkürzt. b) Es

folgt das ausradierte Wort 'tuo\ c) Die Hs. hat wie mehrfach 'salutes'. d) 'sancti' ('sunt' auf Rasur) eb. e) Verbessert aus 'interpretatur'.

f) Verbessert aus 'antecessores'.

1) Vgl. 3 Reg. 14, 12 : 'in ipso introitu pedum tuorum'. 2) Vgl. Matth. 9, 38. 3) Vgl. Anm. 5. 4) Vgl. Ezech. 13, 5: 'Non ascen- distis ex adverso'. 5) Vgl. das Schreiben Paschalis' II. an Heinrich I. von England von 1101 (Jaflfe I'- n. 5868; Eadmer, Hist. novorum III ed. Rule p. 128) : 'Quaerebas enim, ut tibi episcoporum abbatumque per investituram constituendorum ius et facultas a Romana indulgeretur ecclesia, et quod per se solum fieri omnipotens Dominus perhibet, hoc regiae potestatis fieret. Ait enim Dominus : "Ego sum ostium ; per me si quis introierit, salvabitur" (Joh. 10, 9). Cum autem ecclesiae ostium reges esse arrogant, fit profecto, ut, qui per eos ecclesiam ingrediuntur, non pastores, sed fures et latrones habeantur, eodem Domino dicente : "Qui non iutrat per ostium in ovile ovium, sed ascendit aliunde, für est et latro" (Joh. 10, 1). Vgl. auch die Briefe vom 15. April 1102 und 23. November 1108 (Jaffe n. 5908. 5956; Eadmer a. a. 0. p. 135. 156).

Aus Englischen Bibliotheken, ü. 429

sinodus, decreta quoque Eomanorum pontificuui ^ sub ana- thematis interdictu ab omni seculari removent potestate, valde miramur. Nemo enim expoliatur ea re, qua semper extitit nudus, nee eius scimus expoliatiouem*^, cuius iu- vestituram nunquam agnovimus. Quapropter, dilectissime fili, indubitanter ag-noscas, quod dignitatem tuam miuuere nolumus^, sed volumus Deum regnare in te, ut tu per eum regnes ^, quatinus bonor tuus et inquietus et inexpugnabilis maneat.

An der Echtheit des vorstehenden Briefes zu zweifeln, scheint mir kein Grund vorzuliegen. Er ist zusammen mit anderen , auch sonst erhaltenen Schreiben des Papstes überliefert, die Form ist unbedenklich, und der Inhalt wie etwa die Berufung auf Evang. Johannis c. 10 ^ auf die apostolischen Canones und das Konzil von Antiochia^ entspricht nicht nur den Anschauungen der Zeit im allgemeinen, sondern auch den von Paschalis selbst in ähnlichem Zusammenhang bei anderen Gelegenheiten ent- wickelten Gedanken*^. Da Herzog Robert (1087 1106) erst im Herbst 1100 vom ersten Kreuzzuge zurückkehrte, der ihn seit 1096 ferngehalten hatte, so kann Paschalis (1099 1118) den Brief frühestens gegen Ende 1100 geschrieben haben. Das Schreiben stellt aber nicht den Anfang der Erörterungen dar; vorausgegangen sind mindestens ein Brief des Papstes, in welchem dieser gegen die Investitur von Bischöfen oder Aebten mit Ring und Stab Einspruch erhoben, und die Antwort Roberts, der das Vorgehen des Papstes als einen Eingriff in angestammte Rechte zurück- gewiesen hatte. So wird der Brief frühestens dem Jahr

a) 'expoliati' auf Rasur.

1) Paschalis an Guido von Vienne 1112 (.Taffe n. 6325; Duchesne, Liber Pont. II, 373): 'que sacri apostolorum canones (c. 31) et Antiocenum (c. 23) atque universalia concilia et predecessores nostri et precipue felicis memorie dompnus Gregorius etUrbanus de hiis prohibuerunt, dampnaverunt, statuerunt et firmaverunt'. 2) Vgl. das S. 428, Anm. 5 an erster Stelle genannte Schreiben (Eadmer a. a. 0. p. 130) : 'Inter ista, rex, nullius tibi persuasio profana surripiat, quasi aut potestati tuae aliquid diminuere aut nos in episcoporum promotione aliquid nobis velimus amplius vindi- care'. 3) Vgl. Paschalis Brief an Heinrich 1. (Jaffe n. 5910; Eadmer

a. a. 0. p. 131): 'ne illum offendas, per quem reges regnant' (vgl. Prov. 8, 15). 4) Vgl. z. B. Mirbt, Die Publizistik im Zeitalter Gregors VII. S. 482. 487. 523. 5) Vgl. z. B. MG. Constit. I, 569, 12 (= c. 16.

C. XVI. qu. 7) und die in den Registern der Libelli de lite imperatorum et pontificum angeführten Stellen. 6) Vgl. die Anmerkungen zu

dem Briefe.

28*

430 Wilhelm Levison.

1101 angehören, zumal Paschalis damals noch seiner Dank- barkeit für Roberts Wirksamkeit auf dem Kreuzzug Aus- druck gegeben und Anselm von Canterbury aufgefordert hat, im Kriege zwischen dem Herzog und seinem Bruder Heinrich I. von England zu vermitteln ^. Die späteste Grenze bezeichnet die Gefangennahme Roberts in der Schlacht bei Tinchebrai am 28. September 1106 und die Wiedervereinigung der Normandie mit England, wo der Gefangene nach langen Jahren sein Leben beschlossen hat, ohne die Freiheit wiederzuerlangen. Der Englische Investiturstreit hat also in der Normandie sein be- scheideneres Gegenstück gehabt, von dem wir durch den Brief Paschalis' II. Kunde erhalten, und ganz ohne Zu- sammenstoss der entgegengesetzten Interessen, wie man bisher annehmen musste ^, ist auch hier der Verzicht des Herrschers auf die Investitur mit Ring und Stab nicht erfolgt. Ein Eingreifen des Papstes erscheint auch keines- wegs befremdlich bei den grossen Missständen, die in der Tat unter Robert zu Tage treten, der nicht nur über das Kirchengut wie über die Bistümer und Abteien selbst schrankenlos verfügte , sondern dabei auch die grösste Simonie trieb ^. Noch auf der Synode von Ronen im Februar 1096 war von dem Verbot der Laieninvestitur in Bezug auf Bistümer und Abteien nicht die Rede ^ im Gegensatz zu dem unmittelbar vorher erfolgten allgemeinen Verbot in den Beschlüssen von Clermont, von denen man zu Ronen doch ausging. Gern möchte man die Vorgänge genauer bestimmen, die dann nach der Wende des Jahr- hunderts das Eingreifen von Paschalis veranlassten. Es liegt nahe, an das Bistum Lisieux zu denken, dessen Ver- hältnisse in diesen Jahren dem Papst mehr als einmal nicht unberechtigten Anlass zum Einschreiten geben konnten. Nach dem Tode des Bischofs Fulcher im Januar

1102 bemächtigte sich dessen Bruder, der aus England geflohene Bischof von Durham Ranulf Flambard, des Bis-

1) Jaffe^ n. 5883; Migne CLXIII, 80 f. 2) Vgl. H. Boehmer,

Kirche und Staat in England und in der Normandie im XI. und XII. Jh., 1899, S. 271 f.; Fr. X. Barth, Hildebert von Lavardin (Stutz, Kirchen- rechtliche Abhandlungen 31/36), 1906, S. 366. 3) Vgl. Imbart de la Tour, Les elections episcopales dans l'eglise de France, 1890, p. 456; Boehmer a. a. 0. S. 142 fF. 4) Ordericus Vitalis, Hist. eccl. IX, 3 (ed. Le Prevost III, 472 f.). Vgl. u. a. A. Luchaire bei Lavisse, Histoire de France II, 2, 1901, p. 223; A. Scharnagl, Der Begriff der Investitur in den Quellen und der Literatur des Investiturstreites (Stutz , Kirchen- rechtliche Abhandlungen 56), 1908, S. 59 f.

Aus Englischen Bibliotheken, n. 431

tums, mit dem er seinen Sohn Thomas, einen Knaben, in- vestieren Hess, dessen jüngerer Bruder gleichzeitig das Eecht auf die Nachfolge empfing, 'accepto pastorali baculo a comite Northmannorum'. Nach drei Jahren liess Eobert sie fallen und gestattete eine kanonische Wahl, die auf den Archidiakon von Evreux Wilhelm fiel. Als sich dessen Weihe jedoch hinausschob, suchte Flambard das Bistum einem seiner Geistlichen Wilhelm von Pacy zu verschaffen, der dem Herzog dafür eine grosse Geld- summe zahlen musste, aber sowohl in Eouen von dem Erzbischof wie in Rom von dem Papste selbst wegen Simonie verworfen wurde ^. Der zweite Fall kommt frei- lich als Veranlassung des Briefes kaum in Betracht, da Wilhelm in Ronen nicht beweisen konnte, dass er das Bistum als 'donum comitis' empfangen hatte, also sicher- lich noch nicht' investiert worden war, und auch die Vor- gänge von 1102 werden nicht Ursache gewesen sein; sollte der Papst, um die Einsetzung eines zwölfjährigen Knaben als unrechtmässig zu erweisen , nur die Investiturfrage berührt und von anderen Gesichtspunkten abgesehen haben? So scheint es mir ratsamer, den Anlass des Schreibens dahingestellt sein zu lassen und mich mit den Zeitgrenzen 1101 und 1106 zu begnügen, wenn auch jene Vorgänge immerhin geeignet sind , im allgemeinen eine Vorstellung von den Verhältnissen zu geben, die auch hier einen 'Investiturstreit' herbeiführen mochten.

1) Vgl. Ordericus X, 18 (a. a. O. IV, 116 f.) ; Ivo von Chartres, Epist. 149. 153. 154. 157 (Migue CLXll, 154 ff.).

VIII.

Studien zuBenedictusLevita. VII

(Studie VII, Schlnssteil HI).

Von

Emil Seckel.

VII.

Die Quellen des zweiten Buches (Schluss).

2, 256 288 aus dem Duplex Capitulare mis- sorum in Theodonis villa datum 805^-2.

Einleitung-. Sehen wir von der in unserer Reihe 2, 256 288 benutzten recensio Benedictina des Duplex Capitulare ab, so liegt uns das Capitulare von Diedenhofen in nicht Aveniger als sieben^ Texten vor:

1. Vulgata; ihren Text bringen die meisten Hss.^ Baluze kannte von den Vulgathss. den codex 'Collegii Parisiensis Soc. lesu' = 'Collegii Claromontani' = Paris. 10754 (n. 1 bei Boretius), sowie den ihm in Amerbachs Abdruck ('editio Bavarica') vorliegenden cod. Monacensis 19416 (n. 7 bei Boretius) ^ Von der Vulgata zweigen sich verschiedene Nebenformen ab, teils in einzelnen Hss., teils in Hss. -Gruppen.

2. Recensio Guelferbytana, erhalten im cod. Guelferb. inter Blankenb. 130. 52^ (n. 13 bei Boretius), Baluze unbekannt.

1) MG. Capit. I, 121—126. Boretius' Angaben über den Text bei Baluzius sind zum Teil unbrauchbar. "Wegen der Tegernseer Hs. = cod. Monac. 19416 (n. 7 bei Boretius) habe ich Amerbachs Abdruck der Hs. eingesehen (Praecipuae Constitution es Caroli Magni de rebus Ecclesiasticis et Civilibus ä Lothario Nepote, ex Aui Constitutionum libris Collectae, et nuper e Coenobio Tegernseensi prolatae : cum Annotationibus, et prae- fatione Viti Amerpachij . . . Typographo Alexandro Weissehorno. M. D. XLV [Ingolstadt], 8", Blatt 65b 73b); Amerbachs Ausgabe ist wieder- holt in : Hincmari Rhemensis archiepiscopi . . . Epistolae, ed. loannes Busaeus, Mogunt. 1602, p. 231-338. 2) Vgl. Studie VI (N. A. XXXI), S. 97 99. 3) Dabei zählt die recensio Baluziana (Baluze, Capitu-

laria I, 1677, p. 421) nicht mit, weil sie sich als eigenmächtige Mischung aus verschiedenen Rezensionen des Capitulare herausstellen wird. 4) Beide Capitularien sind enthalten in 16 von den heute noch erreich- baren Codices. 5) Für das Capitulare secundum hat Baluze noch einen Sangallensis (verschollen? jedenfalls Boretius nicht bekannt) heran- gezogen ; ob der Codex die Vulgata enthielt, steht dahin. 6) Vgl. Studie VI a. a. 0. S. 97, N. 7, S. 99, N. 3.

436 Emil Seckel.

3. Eec. Corbionensis, repräsentiert durch den verschollenen ^ cod. 'S. Launomari ßlesensis' = 'Corbio- nensis', von Baluze für beide Capitularien benutzt und heute nur aus Baluze bekannt.

4. Rec. Parisie nsis, erhalten in 2 Hss. : cod. Paris. 9654 (n. 14 bei Boretius) und cod. Vat. Palat. 582 (n. 15 bei Boretius); Baluze benutzte die erstgenannte Hs., die bei ihm als cod. 'S. Vincentii Metensis' figuriert, für das Capitulare primum.

5. Ansegisuslib. I. und III. nebst

6. Ansegisus Appendix I. und II.; bei Ansegisus (an den 4 angeführten Orten zerstreut) kehrt das ganze Duplex Capitulare wieder.

7. Erstes Buch des Benedictus Levita. Die Aufgabe wird also sein, zuerst für jedes Kapitel

unserer Reihe 2, 256 288 den nächstverwandten Text zu ermitteln und schliesslich (S. 446 f.) das Verhältnis unserer Reihe zu den 7 anderen Texten zusammenfassend dar- zulegen.

2, 256 ins er. An die Spitze des (rubrikenlosen) Kapitels 2, 256 setzt Benedikt die Inscription : 'Kapitulum hoc datum anno dominicae incarnationis DCCCVI. ad Teodonis villam anno imperii domni Karoli VI.'. Eine gleichlautende ^ Aufschrift ^ bietet einzig die rec. G u e 1 - ferbytana.

2, 256 I = Capitulare I. c. 1, nicht in der Vulgat- rezension (= Anseg. App. I. c. 1) u. s. w., sondern in der rec. Corbionensis^. Ohne Variante.

2, 256 II = Cap. I. c. 2, weder Vulgata (= Anseg. App. I. c. 2) noch rec. Parisiensis noch Pseudorezension des Baluzius ^, sondern rec. Guelferbytana, welch

1) Nicht etwa identisch mit cod. Paris. 10753 (St. -Lomer in Clermont), wie MG. Capit. II, p. XXV angenommen wird; der Corbio- nensis gehörte St. - Lomer in Blois, nicht St. - Lomer in Clermont. 2) Varianten : 'Capitulare dominicum' (ftuelf.) statt 'Kapitulum hoc' (Ben.) ; 'domini' statt 'dominicae incarnationis'. 3) MG-. Capit. I, 120

1. 23 sq. 4) = rec. Baluziana (Baluze, Capitularia I, 421), die hier

deshalb auf den cod. Corbionensis zurückgehen muss, weil die 3 anderen Baluze bekannten Hss. den Vulgattext bieten. 5) Sein Text dürfte

von ihm selbst komponiert sein aus den 3 feststellbaren Rezensionen: Rubrik 'De cantu' = Vulgata oder eine der 2 abgeleiteten Rezensionen; Textanfang 'Ut [cantus] discatur' = rec. Parisiensis Anfang; Mitte 'et (retouchiert aus "'ut') secundum ordinem et morem Romanae ecclesiae fiat' ('cantatum' gestrichen?) = rec. Guelferbytana (s. unten), von Baluze vermutlich dem cod. Corbionensis entnommen ; Textende 'et ut cantores de Mettis revertantur' = reo. Parisiensis Ende.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 437

letztere vermutlich ^ auch im cod. Corbionensis stand. Eine Variante : 'cantatus' Ben., 'cantatum' reo. Guelf.

2, 256 III = Cap. I. c. 4 (3 zweite Hälfte bei Bai.), weder Vulgata (= Anseg. App. I. c. 3) noch rec. Pari- siensis ('et de notariis', Worte, die an c. 3 Vulg. an- gehängt sind), auch nicht rec. Guelf. ^, sondern Pseudo- rezension des Baluzius^, vermutlich* Wort für Wort = rec. Corbionensis.

2, 256 IV = Cap. I. c. 5 (4 Bai.), weder Vulgata (= Anseg. App. I. c. 4) = rec. Guelf. noch rec. Pari- siensis ^ (= rec. Baluz. c. 4 r u b r.) ^, sondern rec. Balu- ziana (c. 4 Text !)*^ = Corbionensis '', wiederum ohne Variante.

2, 256 V = Cap. I. c. 7 (5 zweite Hälfte bei Bai.)», weder Vulgata (= Anseg. App. I. c. 6) = rec. Guelferb. noch rec. Parisiensis ^, sondern rec. Baluziana (c. 5 Text, Satz 2) = Corbionensis^*', nochmals in buchstäblich gleicher Fassung.

2, 256 VI = Cap. I. c. 8 (6 Bai.). Die Rezensionen lauten (Vulgata = rec. Baluziana abzüglich des Wortes 'quidem' und des gesperrt Gedruckten):

rec. Baluz. ^^ = Corb. De ecclesiis sine honore

rec. Paris. ^^

De ecclesiis sine honore manentibus in luminarifs ei offitiis; decimas quidem ad-

manentibus absque officiis et luminariis ^^ ; et de his, qui

1) Vgl. vorhin S. 436, N, 5. 2) 'De notariis, ut unusquisque episcopus atit abbas vel comes suum notariura habea^ (Abweichungen von Ben. kursiv). 3) 'De [scribis et', vielleicht eingesetzt aus Vulg. ?]

'notariis. [De scribis, ut vitiose non scribant' = Vulg. c. 3J. 'Ut unus- quisque episcopus et abba et singuli comites suum notariuin habeant'. Den hier wesentlich interessierenden zweiten Satz kann Baluze nur aus dem Corbionensis haben. 4) Wenn gerade die nicht ein-

geklammerten Worte (im Text der vorigen Note) im Corbionensis standen, was nur für den Anfang ('De notariis') zweifelhaft sein kann. 5) Lautet : 'De diversis disciplinis discendis'. 6) Hier liegt Baluze's

pseudokritisches Verfahren offen zu Tage, 7) Wortlaut: 'De ceteris

disciplinis ecclesiae, ut secundum canones vel regulam fiant'. 8) Baluze's c. .5 ist wieder so komponiert, dass aus dem Texte der rec. Parisiensis die Rubrik, aus dem Texte der rec. Corbion. (= Guelf.) das Kapitel selbst gebildet wird. 9) Besteht aus den (an c. 6 Vulg.) angehängten

Worten: 'et de arte medicina'. 10) Wortlaut: 'De medicinali arte, ut

infantes hanc discere mittantur'. 11) Abweichungen von Ben. kursiv

gedruckt. 12) Die Rubrik zu seinem c. 6 hat Baluze aus den Anfangs- worten des Textes selbst gebildet. 13) 'luminaribus' Ben.

438

Emil Seckel.

rec. Paris. prehendunt et de ecclesiis non curant; et de altaribus, ut non supera&MWf/ewi in ecclesiis.

rec. Baluz. = Corb. decimas [quidem] ^ adsumunt et de ecclesiis non curant, ut^ omnimodis emen- d e t u r ; et de altaribus, ut non superflua sint in ec- clesiis.

Wie der Augenschein lehrt, kann Ben. weder auf der rec. Parisiensis (S. 437, N. 11) noch auf der Vulgata (= Anseg. App. I. c. 7) = rec. Guelferb. beruhen, sondern nur auf der rec. Baluz. = Corbionensis. Vom Text bei Baluze weicht Ben. nur in 3 (S. 437, N. 13; S. 438, N. 1. 2), vom echten Corbion. wahrscheinlich höchstens in 2 Kleinigkeiten ab (S. 437, N. 13, möglicherweise noch S. 438, N. 2).

2, 257 = Cap. I. c. 9, nicht rec. Parisiensis c. 7 ^ = rec. Baluziana c. 7^, sondern Vulgata (= Anseg. App. I. c. 8; = Ben. 1, 244) = rec. Guelferb. = rec. Corbio- nensis? = rec. Parisiensis c. 10?^ = rec. Baluziana c. 10^. Mit der zweiten Rezension stimmt Benedikts Text 2, 257 wörtlich ^ überein. Von 2, 257 ab sind die einzelnen Kapitel unserer Peihe rubriziert ; die Rubriken stammen aus der Feder Benedikts®.

2, 258 = Cap. I. c. 3 (3 Satz 1 Bai.), nicht rec. Parisiensis ^ sondern Vulgata (= Anseg. 1, 105 vulg.) = rec. Guelferb. (= rec. Corbionensis?). Letztere Rezensionen- gruppe deckt sich mit Ben. ohne Variante.

2, 259 = Cap. I. c. 6 (5 Satz 1 Bai.), nicht Vulgata {= Anseg. App. I. c. 5) = rec. Parisiensis, sondern wört- lich rec. Guelferb. = rec. Baluz. = rec. C o r b i o n. ^°.

1) Ob diese Verschönerung im Corbion. stand oder erst von Baluze aus der rec. Parisiensis bezogen ist, lässt sich nicht apodiktisch entscheiden ; Benedikts Text (ohne 'quidem') spricht für die zweite Alternative (vgl. auch die Vulgata). Bei ßoretius ist das 'quidem' unter den Tisch gefallen. 2) Bei Ben. folgt hier: 'hoc'. 3) MGr.

Capit. 1, 121, N. p. 4) Baluze, Capitularia I, 422. 5) So, wenn

ich Boretius' unklare Angaben richtig verstehe. 6) Also bringen rec.

Parisiensis (?) und Baluze zweimal dasselbe Kapitel in verschiedener Fassung! Unten zu 2, 260 werden wir Baluze nochmals auf dem hilf- losen Verfahren der Doppelaufnahme ertappen. 7) Anders 1, 244: 'discunt' statt 'discant'. 8) Das Capitulare ist rubrikenlos. Die Rubriken, die Ben. in lib. I angebracht hat, weichen von den ent- sprechenden Rubriken in lib. II ab. Soweit sich bei Ansegis Rubriken finden, decken auch sie sich nicht mit 2, 257 288 rubr., ausgenommen 2, 269, wo Ben. mit Ans. (wohl zufällig) zusammentrifft ; eigenartig liegen die Verhältnisse bei 2, 277 (unten S. 444, N. 1). 9) '. . . quod vitiose non scribant'. Die "Wortstellung 'vitiose non' hat auch Bai. 10) Vgl. oben 2, 256 V, S. 437, N. 8.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 439

2, 260 = Cap. I. c. 10 (8 Bai.) = Ben. 1, 245. Dieses Kapitel liegt wieder in 3 oder, wenn man will, sogar in 4 Rezensionen vor: la) rec. Guelferb.^, mit der in diesem Kapitel auch 3 Vnlgathss. (codd. 1 3) gehen; Ib) rec. Corbionensis -, charakterisiert durch einen den Sinn der Norm erheblich beeinflussenden Schlusszusatz zur rec. Guelferb. = c. 8 Baluze; 2) eine kürzere Rezension ^ vertreten durch 9 von den 12 Vulgathss.'^ (= Anseg. App. I. c. 9), ine. 'De relinquentibus seculum' ; 3) die rec. Parisiensis c. 8. 9'"; sie hat die unter n. la erwähnte Rezension in 2 Kapitel zerrissen und durch eine Inter- polation ^ den Sinn völlig verkehrt. Baluze ^ hat c. 9 der Rez. 3 (Parisiensis) als c. 9 neben Rez. Ib (Corbion.) in seine Ausgabe des Cap. I. aufgenommen (!) ^. Benedikt folgt der rec. Corbionensis (oben n. 1 b), die er an 3 Stellen retouchiert hat ('dominicum' hinter dem ersten 'servitium' '-* gestrichen; 'regulae' statt 'regulärem' ; 'vivant' statt 'vivere debeant') ^^- Wo Ben. 'his' schreibt (zweites Wort), hat Baluze zwar I, 422 'iis', aber II, 1067 'his', was der Hs. zu entsprechen scheint ^^; wo Ben. 'institu- tionem' bietet, hat er den Text der 3 Hauptrezensiouen (oben n. la. 2. 3) für sich, aber allerdings den Text der ed. Baluz. gegen sich; doch nimmt Baluze sein 'Con- stitutionen!' vielleicht nur aus Amerbachs Ausgabe der rec. abbreviata (oben n. 2) herüber.

1) MG. Capit. I, 122 linke Spalte. 2) Baluze, Capit. I, 422.

Hiei-zu sagt Baluze (1. c. 11, 1067) ausdrücklich, das Kapitel sei 'suae integritati restitutum ope codicis Corbionensis'. 3) MG. Capit. 1, 122

rechte Spalte. 4) codd. 4 12. Boretius p. 122, N. r nennt noch cod. 21 (St. Paul in Kärnthen XXVa 4, geschrieben zwischen 817 und 823) und cod. 22, letzteren, obwohl er nach p. 120 1. 18 sq. nur Cap. II. c. 22 enthalten soll. Ueber cod. Vat. Reg. 1036 (cod. 16) erfährt man aus Bor. nichts. 5) MG. Capit. T, 121, N. p. 6) Zwischen 'ut' und

'unum' schiebt Par. ein: 'aut in seculo sint aut plene in regula per- maneant. Villi. Ut omnes clerici'. 7) Aus Boretius' Angaben, die

übrigens geradezu falsch sind, gewinnt man kein klares Bild über die rec. Baluziana. 8) Vgl. oben zu 2, 256 IV, N. 6; 256 V, N. 8; 2, 257, N. 6. 9) Auch das einfache 'servitium' würde an sich den Heeresdienst be- deuten (vgl. 'servitium dominicum' am Schluss von Ben. 2, 260) ; doch scheint Ben. selbst an den Gottesdienst zu denken laut Rubrik: 'De derelinquentibus seculum propter servitium dei'. 10) Danach ist das Studie VI (N. A. XXXI), S. 97 zu Ben. 1, 245 über die Worte 'aut servitium dominicum faciant' Gesagte zu berichtigen. Dass der cod. Corbionensis seinerseits auf Ben. beruhe, ist unwahrscheinlich ; wie nahe die Anbringung des Zusatzes lag, beweist Amerbachs Note zu seinem Text (rec. abbreviata, oben n. 2): 'Hie videntur haec vel similia deesse: "aut maneant in seculo". 11) Auch die recc. Guelferb. und Parisiensis

haben 'his'.

440 Emil Seckel.

2, 261 = Cap. I. eil, nicht rec Parisiensis (= rec. Balnz. c. ll^)^ sondern Vulgata (= Anseg. 1, 106) = rec. Guelferb. (= rec. Corbion.?); der Vorlage gegenüber bei Ben. eine Variante untergeordnetster Art.

2, 262 = Cap. I. c. 12, nicht rec. Guelferb.^ und nicht rec. Parisiensis^, sondern Vulgata (= Anseg. 1, 107) = rec. Corbion.? Hinter 'congreget' schiebt Ben., um der grammatischen Korrektheit willen, als Subjekt 'unusquis- que' ^ ein.

2, 263 = Cap. I. c. 13, nicht rec. Parisiensis*', sondern Vulgata (= Anseg. 1, 108) = rec. Guelferb. (= rec. Cor- bion.?). Benedikt macht aus 'emendentur' : 'emendetur' und streicht" die in allen Rezensionen dann noch fol- genden Worte 'et pulsentur (pulsent) secundum regulam', wenn ich recht verstehe, in der Tendenz, den Mönchen, die ohne Probezeit aufgenommen worden sind, die peinliche Nachholung des Noviziats zu ersparen.

2, 264 = Cap. I. c. 14, nicht rec. Parisiensis^ und nicht rec. Baluziana (= Corbionensis) ^, sondern Vulgata (= Anseg. 1, 109) = rec. Guelferb. Aus 'infantulae aetatis puellulae' macht Benedikt, um die Wiederholung der Deminutivform zu vermeiden , 'infantulae parvae aetatis puellae'.

2, 265 = Cap. I. c. lo, nicht rec. Parisiensis^*^, sondern Vulgata (= Anseg. 1, 110) = rec. Guelferb. (= rec. Cor- bion.?). Bei Ben. eine Variante ('monasterium' statt '-ia').

1) Baluze II, 1067 erklärt ausdrücklich, er folge hier dem cod. Metensis (= rec. Parisiensis), nicht der Vulgata (die er aus cod. Paris. 10754 und aus Amerbach kennt) ; leider schweigt Baluze über den cod. Corbionensis. 2) Boretius' Angaben über die rec. Baluziana sind

wiederum ungenau; Baluze hat weder 'servis et ancillis' noch 'mittantur in monasteria', sondern 'servis vel ancillis' und 'in monasteria sumantur'. Ob Baluze oder ob Boretius den cod. Paris. 9654 unrichtig wiedergibt, lässt sich ohne die Hs. nicht entscheiden. 3) Wegen des "Wortes

'subsidium' (statt 'consilium'), mit dem sie allein steht. 4) Wegen des

Wortes 'possit' (statt 'potest') ; Baluze hat 'possit' in seinen Text gesetzt, natürlich aus der rec. Paris., obgleich er im Uebrigen die Vulgata bietet.

5) Bei Baluze steht (aus cod. Corbion.?) 'quis' (was Boretius verschweigt).

6) AVegen: 'De illis, qui non sunt'. 7) Ebenso 2 Vulgathss., was nicht auf Abhängigkeit der Texte, sondern auf Verwandtschaft der Geister deutet. 8) Wegen des Schlusses 'sententia et auctoritate' ; Baluze folgt hier, wie so oft, der rec. Parisiensis (oder Corbionensis?). 9) Weil hier hinter 'velint' eingeschoben ist 'et ut pulsentur'. So wenigstens die rec. Baluziana. Da aber Baluze das Einschiebsel nicht wohl erfunden haben kann und da er es in keiner anderen ihm bekannten Rezension (Vulgata, Parisiensis) gefunden hat, so muss es wohl in dem cod. Corbion. gestanden haben. 10) Weil in ihr 'monachorum' fehlt.

Studien zu Benedictus Levita. VIT. 441

2, 266 = Cap. I. c. 16 (ult.), nicht rec. Parisiensis codicis 14 1, sondern Vulg-ata (= Anseg. 1, 111) = rec. Guel- ferb. {=^ rec. Corbion.V). Bei Ben. zwei nebensächliche Varianten ('et' vor 'nee' und 'vero" hinter dem zweiten 'quidam' gestrichen). ^

2, 267 = Cap. II. c. 1; cf. Ansegis. 3, 1. Benedikt hat den Wortlaut gemodelt: 'Ut pac? omnes stucleant, et qui p?-o aliquo scelere sihi rebelles sunt, constringantur' statt: 'De pace, ut omnes, qui per^ aliqua scelera ei r. s. c.'.

2, 268 = Cap. IL c. 2; cf. Anseg. 3, 2. Nicht rec. Parisiensis, sondern Vulgata u. s. w. Von letzterer weicht Ben. in zwei Kleinigkeiten ab : 'lustitiae' statt 'De iusti- tiis' ; 'et in publicis' statt 'ut in p.'.

2, 269 = Cap. II. c. 3 ; cf. Anseg. 3, 3. Textanfang bei Ben. formell verändert : 'Ut iustitiae regales' statt 'De iustitiis regalibus, ut' ; die beiden Schlussworte umgestellt.

2, 270 = Cap. II. c. 4; cf. Anseg. 1, 112; oben 1, 246. Nicht rec. Parisiensis^, sondern Vulgata (in der Fassung der codd. 1. 3^?). Auch von dieser Fassung weicht Ben. 2, 270 in untergeordneten Einzelheiten ab: 'Si' statt 'De hoc si' ; 'venerit' statt 'evenerit' ; 'vel' statt 'vel alia' ; 'non' statt 'ut non'; 'dominicum' (so auch rec. Gu elf erb.) statt 'nostrum' ; 'unusquisque' statt 'suos quisque' ; 'nemo suam annonam' statt 'suam annouam non'. Von dem Parallel- text oben 1, 246 unterscheidet sich Ben. 2, 270 durch 8 Varianten ; dreimal hält sich 2, 270 genauer an das Ori- ginal ('Et', 'foris', 'aliquid alimoniae'), fünfmal 1, 246 ('De

1) "Weil sie statt 'quidam . . . quidam vero' schreibt: 'alii ... et alii'. Baluze bat sich mit seinem 'alii . . . abi' nochmals der rec. Parisiensis angeschlossen. 2) Um die für die Texte schon gelieferte

Kritik der rec. Baluziana abzurunden, mögen nebenbei noch folgende Bemerkungen über die Rubriken der rec. Baluz. gestattet sein. Aus der Vulgata (oder ihren Parallelen) stammen die Rubriken von Baluz. c. 1. 2. 3. 9 (Anfang der rec. abbrev.), aus Ansegisus die Rubriken von c. 11. 14 16, aus der rec. Parisiensis die von c. 4. 5; aus den Anfängen der jeweils von Baluze gebotenen Texte sind die Rubriken von c. 6. 10. 12 gebildet; noch freier verfährt Baluze, wo er sich seine Rubriken aus dem Inhalt der Kapitel selbst zurechtmacht , so zu c. 7. 8 (cf. Ben. 1, 245). 13. Ob in die Rubrik von c. 3 die rec. Corbionensis herein- spielt, ist, wie gesagt, zweifelhaft. 3) Beibehalten von Ben. in der Rubrik. 4) Wegen der ihr eigentümlichen Lesarten 'De hoc quod', *dei misericordia deprecetur in loco ubi sit', Auslassung von 'prout potest'. 5) Weil sie mit Ben. schreiben : 'clades auf (so auch rec. Paris.) statt 'clades , p e s t i 1 e n t i a'. Dieses Zusammentreffen könnte freilich auch Zufall sein.

442 Emil Seckel.

hoc si', 'evenerit', 'vel alia', 'ut non', 'suos quisque'); also benutzt Ben. an beiden Stellen direkt die Vorlage und ist weder 1, 246 aus 2, 270 noch 2, 270 aus 1, 246 ab- geschrieben.

2, 271 = Cap. II. c. 5; cf. Anseg. 3, 4; oben 1, 247. Nicht (wenigstens in 2, 271 fin. nicht) Vulgata = rec. Parisiensis ^ = rec. Corbionensis ''^, sondern rec. Gu elf erb., in der sich allein die zwei Schlusssätze ('Et ut servi dorso eiusV finden. Von der rec. Guelferb. entfernt sich Benedikt in folgendem: 'infra patriam' (so auch Anseg.) statt 'infra patria' ; 'vel loricis' statt 'et loricis' ; 'Si faidosus quis' statt 'et si faidosus'; 'et' vor 'ut pacati' eingesetzt; 'constringantur' statt 'et distringantur' ; 'absque uUa red- emptione' eingesetzt; 'Qui' statt 'et qui'. Dem Paralleltext oben 1, 247 gegenüber weist 2, 271 drei Vari- anten auf; einmal steht 2, 271 ('aliquis'), zweimal 1, 247 ('et si faidosus', 'ut pacati') dem Original näher.

2, 272 = Cap. IL c. 6; cf. Anseg. 3, 5; oben 1, 248. Nicht rec. Parisiensis*, sondern Vulgata = rec. Guelferb. (^ rec. Corbionensis?). Varianten Benedikts gegenüber der Vulgata : 'capitulari' (so auch Anseg.) statt 'capitulare' ; 'mandavimus' statt 'commendavimus' ; 'habens eam' (so auch Anseg.) statt 'habens et eam' ; 'duxerit' statt 'tullerit' ; 'perdat' statt 'pariter perdat'. Das Original ist einmal in 2, 272 treuer konserviert ('habens'), zweimal in 1, 248 ('capitulare', 'et eam').

2, 273 = Cap. II. c. 7; cf. Anseg. 3, 6. Nicht rec. Parisiensis ^, sondern Vulgata = rec. Guelferb. (= rec.

1) Ihre einzige Abweichung von der Vulgata besteht in einer kleinen formellen Aenderung ('Si faidosus quis sit' statt 'et si faidosus sit') ; dieselbe Aenderung findet sich bei Ansegis und Benedikt, ohne dass deshalb einer von ihnen die rec. Paris, herangezogen zu haben braucht. 2) Da Baluze (Capit. 1, 424 sq.) die Vulgata (mit einem Einschlag aus der rec. Paris. ? oder aus Anseg. '?) bietet, ohne des Zusatzes am Schluss (s. unten) zu gedenken, so wird auch der Corbionensis den Zusatz nicht enthalten haben. 3) Abgesehen von diesem Schluss deckt sich diese

Rezension mit der Vulgata. 4) Wegen der sie auszeichnenden Les-

arten : 'armis' ; Auslassung von 'bruniam' ; Auslassung von 'eam' hinter 'habens (et)' ; Zusetzung von 'in exercitum' hinter 'secum'. Allerdings schreibt Ben. geraeinsam mit rec. Paris, 'mandavimus' statt 'commen- davimus' und 'perdat' statt 'pariter perdat'. Doch können diese Ueber- einstimmungen, nicht aber sämtliche Abweichungen auf Zufall beruhen. Baluze wird 'mandavimus' und das einfache 'perdat' aus der rec. Parisiensis (oder Corbionensis ?) bezogen haben. 5) Wegen der ihr eigentümlichen Lesarten : Einschiebung von 'in locis illis' hinter 'ducant' ; '■comitem (!) et inventorem dividatur et inter iam dictum miss«m'.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 443

Corbionensis?). Abweichungen Benedikts von derVulgata^: 'ad partes' statt 'partibus' ; 'cum suis negotiis' hinter 'pro- cedere' gestrichen; 'et' vor 'ad Mag-adeburc' (auch unten vor 'ad Herphesfurt' und 'ad Lavariocam') weggelassen; 'similiter' statt 'praevideat item Madalgaudus' ; 'Et' vor 'ut arma' gestrichen; 'veudendum' statt 'venundandum' ; 'omnem substantiam . . . auferant' statt 'ut - omnis sub- stantia . . . auf eratur' ; 'inventores' statt 'inventorem'.

2, 274 -= Cap. II. c. 8; cf. Anseg. 3, 7; oben 1, 249. Nicht rec. Parisiensis •^, sondern Vulgata = rec. Guelferb. (= rec. Corbion.?). Abweichungen Benedikts von der Vulgata: 'custodiam' statt 'custodia'; 'nee tunc tamen' statt 'nee tarnen' ; 'in carcerem mittantur' statt 'in carcere ponantur' ; 'eos' statt 'pariter' ; 'remittant et' statt 'remit- tantur ut'. In ein paar Kleinigkeiten bleibt Ben. 1, 249 näher bei der Vorlage ('custodia', 'remittanti<r'), in einer Variante Ben. 2, 274 ('reclamaverint').

2, 275 = Cap. II. c. 9; cf. Anseg. 3, 8; oben 1, 250. Nicht rec. Parisiensis^, sondern Vulgata (oder eine ihrer Parallelen). Abweichungen Benedikts von der Vulgata: 'ad utilitatem nostram' statt 'ad n. u.' ; 'infantes' statt 'in- fantis' ; 'iuvenilem' statt 'iuvenalem' ; 'promittant' statt 'nobis repromittant'.

2, 276 -- Cap. II. c. 10; cf. Anseg. 3, 9; oben 1, 251. Nicht rec. Parisiensis ^, sondernVülgata u. s. w. Abweichungen Benedikts: 'Conspiratioues' statt 'De conspirationibus vero' ; 'quocumque' statt 'quamcumque'; 'ut' vor 'triplici' gestrichen; 'aliquod' statt 'aliquid' ; 'propter' statt 'per' ; 'fuerit' statt 'fuit' ; 'interficiantur' statt 'interfitientur' ; 'invicem' statt 'vicissim'; 'quod . . . fecissent' statt '. . . fecisse' ; 'si hoc facere' statt 'si facere' ; 'secundum legem suam' statt 'suam legem'; 'ut' statt 'et ut' ; 'huiuscemodi' statt 'huiusmodi' ; 'conspiratio . . . neque . . . fiat' statt 'c. fiat nee . . . nee . . .'. Ben. 1, 251 in 3 Kleinigkeiten ('quamcumque', 'huiusmodi', 'conspiratio neqne') ursprünglicher als 2, 276.

2, 277 = Cap. II. c. 11; cf. Anseg. 3, 10; Anseg. App. II. 16; oben 1, 252. Nicht rec. Parisiensis ^ sondern

1) Die stark schwankenden Namensformen bleiben ausser Ansatz. Merkwürdig ist, dass Ben. getreulich auch die Personennamen beibehält; Ansegis hat sie gestrichen. 2) Auch in der rec. Paris, weggelassen.

3) Vgl. MG. Capit. I, 123, N. q. 4) Vgl. MG. Capit. I, 124, N. t.

5) Wegen der ihr eigentümlichen Lesart: 'Et meliores ad testimonium eligantur' und wegen der Einschiebung : 'et si non possit, recipiat illum, etiamsi nolit'.

Neues Archiv ete. XXXV. 29

444 Emil Seckel.

Vulgata usw. Abweichungen Benedikts von der Vulgata : 'De periuriis, ut caveantur^. Praecipimus, ut periuria ca- veantur^ nee' statt 'De periuriis, ut caveantur et non' ; *possunt' statt 'possint' ; 'liceat accusatores' statt 'solum accusatorem liceat' ; 'nolit' statt 'nolet' ; 'convictus' statt 'convinctus' ; 'perdat manum' statt 'm. p.'. Ben. 1, 252 belässt den echten Textanfang an seiner Stelle und ist auch sonst in Kleinigkeiten ('et non' ; 'soli') ursprünglicher.

2, 278 = Cap. II. c. 12; cf. Anseg. 3, 11; oben 1, 253. Nicht rec. Parisien sis^, sondern Vulgata in der Fassung der codd. 1 3 {= Anseg.) ^. Abweichungen Benedikts von dieser Fassung: 'et' hinter 'vicariis' gestrichen; 'qui' statt 'quales' ; 'causam' statt 'causas'; 'quisquis' statt 'si comes'; 'pro certo' eingeschoben.

2, 279 = Cap. IL c. 13; cf. Anseg. 3, 12; oben 1, 254. Abweichungen Benedikts: 'Placet nobis ita' statt 'De te- loneis placet nobis' ; 'sive' statt 'seu' ; 'seu' statt 'seu et' ; 'aut ad palatium aut in exercitum ducunt' statt 'ducunt aut ad pal. aut in ex.'; 'proximum' vor 'placitum' ge- strichen; 'missis nostris' statt 'ipsis missis'. Bald Ben. 2, 279 ursprünglicher ('et', 'ut'), bald 1, 254 ('De teloneis').

2,280 = Cap. II. c. 14; cf. Anseg. 1, 113. Einzige Abweichung Benedikts vom Cap. : 'nostro' hinter 'capitulari' eingeschoben.

2, 281 -= Cap. IL c. 15; cf. Anseg. 1, 114; oben 1, 255. Abweichungen Benedikts: 'Liberi homines' statt 'De liberis hominibus' ; 'voluut' statt 'volent' ; 'praecipimus' vor 'ut prius' eingeschoben; 'nam' statt 'hocideo'; 'exercitum sive aliam functionem regalem' statt 'exercitu seu alia funccione regali'. Einmal Ben. 2, 281 ursprünglicher ('praecipimus ut prius'), ein andres Mal 1, 255 {'hoc ideo praecipimus').

2, 282 = Cap. IL c. 16; cf. Anseg. 1, 115; oben

1, 256. Abweichungen Benedikts: 'haec' statt 'haec et supra et hie'; 'dicimus' statt 'diximus'; 'ad placitum' statt 'ad placita' ; 'ita servetur' hinter 'praecepimus' gestrichen. Meist Ben. 1, 256 ursprünglicher ('haec u^ supra et hie'; 'dirimus'), nur die Wortstellung 'liberorum hominum' in

2, 282 originaler.

1) Rubrik, aus dem echten Textanfang gebildet. 2) Benedikts

Textanfang ist eigene Erfindung ; ähnlich einige Ansegis - Hss. : 'Prae- cipimus, ut summopere periuria caveantur', welche Aehnlichkeit auf ge- legentlicher Heranziehung des Ansegis beruhen kann, aber nicht muss. 3) Vgl. MG Capit. I, 124, N. b. 4) Vgl. hierüber zu 1, 253 in

Studie VI (N. A. XXXI) S. 98.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 445

2, 283 -= Cap. IL c. 17; cf. Anseg. App. I. 10; obea

1, 257. Ohne Varianten gegenüber dem Capitulare.

2, 284 = Cap. II. c. 18; zu Satz 1 cf. Anseg. 3, 13. Nicht rec. Parisien sis ^ sondern Vulgata usw. Abweichungen Benedikts von letzterer: 'in' vor 'nullo, eingeschoben; 'aliter a nobis' statt 'a n. al.'.

2, 285 = Cap. II. c. 19; cf. Anseg. 3, 14; oben 1, 258. Nicht rec. Parisiensis -, sondern Vulgata u. s. w.^ Abweichun- gen Benedikts von letzterer : 'hoc' statt 'hoc anno' ; 'exi- gant' statt 'exactare debeant' ; 'blanditiae' statt 'blanditia'; 'est' statt 'est ut' ; 'ovibus' statt 'boves' ; 'ita ut' statt 'et'; 'eorum' hinter 'uxores' eingeschoben ; 'vestimentis eorum' statt 'e. v.'; 'habuerit' statt 'habuerint' ; 'decem solidos exsolvat' statt 'solidi decem'; 'Si vero nisi unam libram habuerit' statt 'si vero una habuerit' ; 'solidos' statt 'solidi' ; 'reparare' statt 'praeparare' ; 'missi nostri' statt 'n. m.'; 'ut' statt 'et'; 'nostram subtrahant' statt 's. n.'. Ben. 2, 285 weist 1, 258 gegenüber 8 Varianten auf; in einem Fall weichen beide Stellen von der Vorlage in verschiedener Weise ab ('exsolvat' bezw. 'solvat'); in 2 Fällen stimmt

2, 285 mit dem Original überein ('rZispoliati' ; 'et' statt 'et ad'), in 5 Fällen 1, 258 ('blanditia', 'est ut\ 'huhiis ovibus', 'praeparare', 'et' statt 'ut').

2, 286 = Cap. IL c. 20; cf. Anseg. 3, 15. Bei Ben. ist 'olim' eingeschoben und aus 'exiebat' 'exigebatur' ge- worden.

2, 287 = Cap. IL c. 21; cf. Anseg. App. IL 1. Nicht rec. Parisiensis *, sondern Vulgata u. s. w. Letzterer gegen- über eine Variante ('ante' statt 'antea').

2, 288 = Cap. IL c. 22 (ult.); cf. Anseg. 3, 16; oben 1, 259. Nicht rec. Parisiensis ^, sondern Vulgata u. s. w. Abweichungen Benedikts von der Vulgata: 'de fiscis re- galibus habent' statt 'fiscalinas ^ regias' ; 'de feminis, quae liberae sunt et' statt 'feminis liberis, quae' ; 'habent auf eingeschoben; 'ut nee' statt 'ut non'; 'etiam' hinter 'talis'

1) Wegen der ihr eigentümlichen Lesarten: 'edictum nostrum'; 'Denarii vero, qui pensant et meri sunt, stabiles esse possunt'. 2) "Wegen der ihr eigentümlichen Lesarten : 'qui autem non habuerit amplius quam unam' ; 'perquirant'. 3) Eine sehr unsichere Spur der rec. Guelferb.

liegt vielleicht in der Lesart 'hoc' statt 'hoc anno' vor. 4) Wegen

des ihr eigentümlichen Schlusses: 'mandavimus ita servetur'. 5) Wegen der ihr eigentümlichen Lesarten : 'uxores' weggelassen ; 'ut de hereditate' ; 'sua' hinter 'causa' gestrichen. 6) Dieses Adjektivum setzt Ben. in

seine Rubrik.

29*

446 Emil Seckel.

gestrichen. Ben. 2, 288 weist 1, 259 gegenüber 6 Varianten auf; in einem Fall weichen beide Stellen von der Vorlage in verschiedener Weise ab ('habent auf bzw. 'aut habent auf); in 4 Fällen stimmt 2, 288 mit dem Original überein ('Dß libens hominihns' ; 'de femin/s' ; 'simi- liter' ; 'tä nee), in einem Falle 1, 259 ('talis etiam).

Von den sieben Texten des Capitulare duplex ^ hat Benedikt lib. II

I. sicher nicht benutzt (4) die rec. Parisiensis ^ ; (5) Ansegisus^; (6) Anseg. App. ^; (7) die Paralleltexte in Ben. lib. I*;

II. sicher benutzt (3) die rec. Corbionensis in 2, 256 I. (II.) III— VI. 2, 260; (2) die rec. Guelferbytana in 2, 256 rubr. 2, 271 fin.; eine von beiden in 2, 259; (1) die Vulgata codd. 1—3 in 2, 278.

III. für Ben. 2, 262 scheint die Wahl zu bleiben zwischen (l) Vulgata und (3) rec. Corb.,

IV. für Ben. 2, 264 zwischen (1) Vulg. und (2) rec. Guelferb.,

V. endlich für die grosse Masse der Kapitel (2, 257. 258. 261. 263. 265 271 in. 272—277. 279 288) zwischen (1) Vulgata ^ (2) rec. Guelf. und (3) rec. Corb.

Benedikts Vorlage war also ein Mischtext aus den Rezensionen 1 3, aber kein unveränderter; denn die original fremden tlebereinstimmungen bei Ben. lib. I und II ^ erklären sich wohl am einfachsten durch die An-

1) Vgl. oben S. 435 f. 2) Dies steht auf Clrund der Lesarten fest für Ben. 2, 256. (257.) 258—266. 268. 270. 271 fin. 272-278. 284. 285. 287. 288; in den Fällen, wo an sich die Wahl bleibt zwischen der rec. Paris, und einer anderen Rezension (2, 267. 269. 271 in. 279—283. 286), fällt die Entscheidung nicht zu Gunsten der rec. Paris., weil Ben. sich aus ihr nicht gerade die in textlicher Hinsicht neutralen Kapitel aus- gesucht haben kann. 8) Wegen der Kapitelfolge und wegen vieler abweichenden Lesarten. 4) Denn Ben. 2, 257. 270. 271. 272. 274. 279. 281. 282. 285. 288 stehen dem Originaltext in manchen Varianten näher. Auch wo dies nicht zutrifft (in den 6 übrigen Doppeltexten), hat Ben. natürlich nicht die Fragmente des Capitulare, wie sie Buch I bietet, sondern das volle Original abgeschrieben. 5) Von deren Nebenformen in einzelnen Hss. oder Hss. - (iruppen sehe ich ab. 6) Solche Eigen- heiten, die Benedikts Doppeltexte gemein haben, sind 1, 245 = 2, 260 V. 'servitium' (ohne: 'dominicum'), 'regulae, vivant' ; 1, 246 = 2, 270 V. ('dominicum'), 'nemo suam annonam' ; 1, 247 =^ 2, 271 v. 'patriam, faidosus quis, constringantur, absque ulla redemptione, qui' ; 1, 248 ^= 2, 272 V. ('mandavimus), duxerit, (perdaf) ; 1, 249 = 2, 274 v. 'tunc, carcerem mittantur', Streichung von 'pariter', v. 'remittant(ur) et'; 1,250 = 2, 275 V. 'ad ut. n., infantes, iuvenilem, promittant' ; 1, 251 2, 276 V. 'Conspirationes quicumque' (bzw. 'Quic. consp.'), 'ut' vor 'triplici' ge-

Studien zu Benedictus Levita. VII. 447

nähme, nicht dass Ben. zuerst lib. II, darauf lib. I (oder umgekehrt) interpolierte und die Interpolationen dann in das andere Buch hinüberschrieb, sondern dass er bereits an seiner Vorlage die ihm passend scheinenden Aenderungen vorgenommen hatte.

2, 289 290 = Capitulare missorum 802 813 i.

2. 289 = Cap. c. 1. Rubrik von Benedikt. Eine Variante (nur grammatisch).

2, 290 = Cap. c. 2 4; vgl. oben 1, 260. Eubrik von Benedikt. Lesarten : 'et ceteri' vor 'nobis' und 'a' vor 'multis' gestrichen ; 'capitula nostra' statt 'capitularios nostros' ; 'consuetudinem' statt 'consuetudine' ; das erste 'innovare' (hinter 'omnino') gestrichen ; 'renuntient' statt 'adnuutient' ; 'gratiam' statt 'gratum' ; 'recipere' statt 'per- cipere' ; 'et' vor 'caeteri' eingeschoben. Schon in der gemeinsamen Vorlage von 1, 260 und 2, 290 stand 'con- suetudinem', 'gratiam', 'recipere' und war das erste 'inno- vare' gestrichen; über die grössere Treue bald von 2, 290, bald von 1, 260 s. Studie VI (N. A. XXXI) S. 99, N. 4. 5.

2, 291a c aus dem Capitulare legibus additnm 803 2-3.

Die Inscription ('Capitula sunt) ist dem

stricheu, v. 'aliquod, propter, fuerit, interficiantur, invicem, quod . . . fecissent', Einschiebung von 'hoc', v. 'secundum legem suam', Streichung von 'et' vor 'ut' ; 1, 2.52 = 2, 277 v. 'possunt, noUt, convictus, manum perdat'; 1,253 2,278 v. 'et' nach 'vicariis' gestrichen, v. 'qui, causam, quisquis, pro certo' ; 1, 254 = 2, 279 v. 'ita, sive, seu, aut ad palatium ducunt, placitum' (ohne: 'proximum'), 'missis nostris' ; 1, 255 = 2, 281 V. 'Liberi homines, volunt' ; 1, 256 ^ 2, 282 v. 'placitum', Streichung von 'ita servetur' ; 1, 258 = 2, 285: ('anno' gestrichen), v. 'exigant, blanditiae, ita ut', 'eorvmi' eingeschoben, v. 'vest. eor., habuerit, decem solides (ex)solvat, miss. nostr., nost. subtr.' ; 1, 259 = 2, 288 v. 'de fiscis regalibus habent, quae liberae sunt et, (aut) habent auf. 1) MG.

Capit. I, 147. Im Cod. Guelferb. inter Blankenb. 1.30. 52 (oben S. 435) folgt dieses Capitulare, wie bei Ben. lib. I und II, auf das Capitulare in Theodonis villa datum 805; der cod. Guelf. ist unsere einzige Ueber- lieferung des ganzen Capitulare. 2) MG. Capit. I, 113. Ueberliefert

ist es u. a. in dem vorhin erwähnten cod. Guelferb. und (vgl. Baluze, Capit. II, 1060) war es in dem verschollenen codex monasterii Corbio- nensis. Die Eigenheiten der codd. 1 5. 7. 19. 25. 26. 30. 36 macht Benedikts Text nicht mit; er folgt der in der Mehrzahl der Hss. vor- liegenden Vulgata (die auch im cod. Guelf. steht und im cod. Corb. ge- standen haben wird), freilich nicht ohne sie ein bischen (und zwar harmlos) zu retouchieren. 3) Unrichtig nennt Knust S. 24 die Sammlung des

Ansegisus als Quelle von Ben. 2, 291 298.

448 Emil Seckel.

Original ^ entnommen. Die Rubrik hat Benedikt ge- bildet.

2, 291a (bis 'iudicetur') = Cap. c 1; cf. Anseg. 3, 25; oben 1, 261 (Studie VI S. 99). Die Texte 2, 291a und 1, 261 decken sich bis auf 2 Wörter, von denen das eine (das wiederholte 'conponat') im Original und in 1, 261, das andere ('solidis') nur in 1, 261 fehlt.

2, 291b ('Si quis in conponat') = Cap. c. 2 in.; cf. Anseg. 3, 26 in. ; oben 1, 262, mit welchem Doppeltext sich 2, 291b vollkommen deckt.

2, 291c ('Si autem homo' bis Schluss) = Cap. c. 2 Rest; cf. Anseg. 3, 26 nach dem Anfang; oben 1, 263, womit 2, 291c bis auf Folgendes- übereinstimmt: 'auf statt 'vel'^; 'eum'^ fehlt nicht; 'in' ^ statt 'pro'; 'Si ad secundam solidos conponat'^ ist 1, 263 aus Versehen ausgefallen; 'eum ad fugere' ^ ist oben 1, 263 um- gestellt : 'ad fugere eum' ; 'sexcentos solidos conponat' statt des originalgetreuen, in 1, 263 beibehaltenen 'sex- centis solidis culpabilis iudicetur'.

2, 292 294 aus den Capitula per missos cognita facienda 803 813^.

2, 292 = Cap. c. 1; cf. Anseg. 3, 22. Die In- scription lautet im Original anders, deckt sich aber bis auf das Wort 'Imperator' mit der Aufschrift eines anderen Capitulare und zwar des bei Ben. sich demnächst anschliessenden Cap. Aquisgr. 809". 2, 292 ist rubrikenlos. Im Texte Benedikts sind die Worte 'ad mallum vel' und 'id est scutum et lanceam' gestrichen; dritte Variante: 'arma infra patriam' statt 'infra patria arma'. Ansegis deckt sich mit dem Original (abgesehen von dem Akkusativ 'patriam').

2, 293 = Cap. c. 2; cf. Anseg. 3, 23. Rubrik die originale. Im Text Benedikts einige untergeordnete Varianten : 'illam' vor 'missam' eingeschoben'; 'bap-

1) 1. c. p. 111 1. 44 sq., p. 112 1. 21. 2) 'homicidum' ist Druck- fehler bei Pertz (und Migue). 3) Diese Lesart ist die originale. 4) Statt 'solidos conponat' schreibt die Vorlage : 'solidis culpabilis iudi- cetur'. 5) MG. Capit. 1, 156 sq. ; 16 Hss., darunter der cod. Guelferb., der übrigens in c. 2 eine begreifliche Lücke aufweist ; dies schliesst nicht aus, dass Ben. einen Aszendenten von ihm benutzt haben kann. 6) In der Fassung des cod. 2 (MG. Capit. I, 148 1. 6 nebst N. b) : 'Capitula, quae domnus Karolus constituit'. 7) Die Zeitangabe 'post missam sancti lohannis bajDtistae' fehlt im cod. 5 (Guelf.) ; das Wort 'baptiste' fehlt in 7 Hss. und bei Ansesf.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 449

tiste' nach 'lohannis' fehlt (vgl. S. 448, N. 7); vor 'latroni' eingeschoben: 'praeteriti anni cuidam' ; 'dederit' ^ statt 'dedit' ; 'scisset' ^ statt 'sciret' ; 'vel aliquis' statt 'auf ; ^ 'sit quia' statt 'et infidelis iudicetur, quia, qui latro est'; 'suscepit' ^ statt 'suscipit' ; 'firmiter' statt 'pro firmiter aut'^; 'postea de latr.' statt 'de 1. p-'^; 'convincitur' statt 'convictus fuerit' ^. Die Uebereinstimmung mit Anseg. in den Worten 'dederit', 'scisset' und 'suscepit' ist Zufall ; andere Lesarten ^ sprechen entscheidend gegen eine Be- nutzung des Ansegis durch Benedikt.

2, 294 = Cap. c. 3; cf. Anseg. 3, 24 = Ben. 1, 281. Eubrik von Benedikt (anders lautend bei Anseg.). Text nicht aus Anseg. (oder 1, 281)^, sondern aus dem Original, von dem Ben. durch die Interpolation 'aliud animal' (statt 'aliud quid', 'alia res' oder 'alia') und durch einige Kleinig- keiten ('eum' ^ statt 'ei' ; 'et ... et ... et' statt 'aut . . . vel . . . auf) sich entfernt.

2, 295 298 aus dem Capitulare Aquisgra- nense 809^.

2, 295 = Cap. c. 1 ; cf. Anseg. 3, 47 = Ben. 1, 286. Eubrik aus dem Original (Varianten: 'eis fuerit vita' statt 'v. e. f.'; 'quod si' statt 'si ipsi' ; 'quis' eingeschoben; 'illos' statt 'eos'). Varianten in Benedikts Texte (gegenüber den jeweils nächstverwandten Lesarten der sonstigen üeber- lieferung) : 'quis' hinter 'iudicatus' eingesetzt ; 'fuerit' •' statt 'fuif ; 'revocatae' *^ statt 'revocatas (vocatae)' ; 'testimonium' ^ statt '-nio' ; 'vero' eingesetzt ; 'iudicando' statt 'iudicandam'. Ansegis ist nicht benutzt ^

2, 296 = Cap. c. 2; cf. Anseg. 3, 48 = Ben. 1, 287. Rubrik von Benedikt. Textvarianten: 'postmodum' statt 'in p.'; 'superius'^ statt 'superiorem' ; 'mali' statt 'male'; 'causa perpetrata' statt '-sis -tis' ; 'vero' eingeschoben ; 'iudi- catum'^ statt 'diiudicatum'. Ansegis wahrscheinlich nicht herangezogen^.

1) So auch Anseg. 2) 'alio' schreiben codd. 11—13 und Anseg., 'alico' oder 'aliquo' die sonstige Ueberlieferung. 3) 'De latronibus

praecipimus, quicumque' ; 'quod ipse'. 4) Wegen der Lesarten: 'et,

vendit, aut, vel'. 5) MG. Capit. I, 148. Benedikts Text harmoniert

mit keiner der noch vorhandenen 7 Hss. 6) So auch Baluze (Capit.

I, 469), der den Codex Navarricus (= Paris. 4628 A = cod. 2 bei Boretius) abdruckt; Boretius erwähnt die Variante nicht. 7) Wegen

der Lesarten: ^ad legem iudicandam tenea/wr' ; Auslassung von 'ei' und 'cum armis'. 8) Rubrik lautet anders, ebenso der Text in einzelnen

Lesarten.

450 Emil Seckel.

2, 297 = Cap. c. 3 ; cf. Anseg. 3, 49. Rubrik von Benedikt. Varianten: 'über . . . ut' statt 'ut liber . . .' ; 'susceperit' statt 'suscepit' ; 'persolvat' statt 'conponat et'; 'ictus accipiat' statt 'percnssionibus vapnlet(ur)'. Ob die beiden letzten, zwar formellen, aber erheblichen Abweichungen Benedikt selbst oder seiner Vorlage zur Last fallen, lässt sich nicht ausmachen. Ansegis nicht benutzt (wegen Rubrik und Lesarten).

2, 298 = Cap. c. 4; cf. Anseg. 3, 50. Rubrik von Benedikt. Variante: 'forbannum' statt '-no'. Ansegis nicht benutzt (wegen Rubrik und Lesart 'suis et a 1 i i s ').

2, 299 = Theodulfus Aurelianensis, Capitulare primum c. 35 (Migne CV, 202) \ Rubrik von Benedikt K Im Text nur wenige Varianten : 'perdit' statt 'perdidit' ; 'fratrera' statt 'proximum'^; 'enim' hinter 'Sicut' fehlt; 'instant' statt 'stant'(?); 'suis' hinter 'necessitatibus' und 'enim' hinter 'ünicuique' fehlen; 'pascitur' statt 'pascatur' ; 'vel' vor 'sub- sidia' eingesetzt. Am Bezeichnendsten ist die Aenderung des Anfangs: 'Placuit, ut admoneantur omnes fideles' ^ statt 'Admonendi sunt' ; der geänderte Anfang erinnert an das Initium von 2, 254 und 255 'Placuit, ut fideles admone- antur' und, in etwas grösserer Entfernung, an den in der Oberreihe 2, 162 255 nicht weniger als 18 Mal begeg- nenden Textanfang 'Placuit, ut fideles' ^. Der einzige Grund, der Benedikt bestimmt haben kann, in 2, 299 (und 2, 347) das Initium 'Placuit, ut admoneantur omnes fideles' zu fälschen^, ist seine Methode der 'non paria initia' ^. Denn an dem 'Admonendi sunt' seiner Vorlage nimmt Benedikt sonst '^ sowenig Anstoss wie an den ähnlichen Anfangsworten 'Admoneant' ^, 'Admoneantur' ^^, 'Admone- mus' ^^. Mit dem 'sapiens' in den Worten : 'qui plus de rebus

1) Zur Sache vgl. E. Pereis, Die kirchlichen Zehuten im karo- lingischen Reiche S. 57. 2) Bei Theodulf völlig abweichend: 'Quid

cavere mercatores debeant, qui negotiantur'. 3) Das bei Benedikt

stehende 'fratrem' deckt sich mit dem Text der Vulgata (1. Thess. 4, 6) ; diese ist also die Quelle von Benedikts Interpolation. 4) Ganz ebenso steht bei Ben. 2, 347 'Placuit, ut admoneantur omnes fideles', wo Theodulf Cap. primum c. 34 schreibt : 'Admonendus est populus'. 5) Vgl. oben

S. 110 f. 120 f. 124 f. 6) üeber die Fälschung des ähnlichen Anfangs

'Placuit ut fideles' s. oben S. 111. 120 f. 7) Oben S. 111, N. 6.

8) Ben. 3, 378 (aus Theodulfi Cap. alterum c. 11). 9) Ben. 2, 195

(aus dem Conc. Burgund. ?, oben S. 152 ff.); Add. III. 93 (Conc. Turon. 813 c. 42). 10) Ben. 2. 197 (aus dem Conc. Burgund. ?, oben S. 159 f.). 11) Ben. 1, 154 = Add. III. 29 (Conc. Mog. 813 c. 38); Ben. 1, 376 (unbekanntes Capitulare ?) .

Studien zu Beuedictus Levita. VII. 45 1

terrenis quam de animae suae salute cog'itat, . . . inxta quendam sapientem "in vita sua perdit intima sua" ist gemeint Eccli. 10, 10: 'in vita sua proieeit intima siia'. Das Apostelwort ist bereits (S. 450, N. 3) nach- gewiesen ; statt 'vindex est enim deus' heisst es in der Vulgata 'quoniam vindex est dominus'.

2, 300 342 aus der H i s p a n a G a 1 1 i c a A u g- u - stodunensis^ (2, 313 fremdartiges Einschiebsel).

Seine erste Pseudoisidor- Studie (Wiener SB. CVIII, 1884) hat Friedrich Maassen mit der Andeutung geschlossen, dass die gallische Hispana in der Rezension der Hs. von Autun 'dem Verfasser der falschen Capitularien bekannt war und von ihm in einer Anzahl von Fällen benutzt ist'. Der Nachweis, den zu erbringen Maassen nicht mehr ver- gönnt war, soll hier erstmals in grösserem Massstab - unter- nommen werden.

A. Aus dem K o n z i 1 i e n t e i 1 (2,300 327).

2, 300 = Conc. Carthag. III. c. 10 Anfang, Hisp. cod. Augustod. fol. 32a' (= echte Hispana, Migne LXXXIV, 191); vgl. oben 1, 404; unten 3, 121 und Add. IV. 15, sowie Cap. Angilr. c. 42. Rubrik von Benedikt; vielleicht war auf die Worte 'üt . . . audientia minime de n e - g etur provoc a n t ibus' von Einfluss Conc. Sardic. c. 1 7 (Dion.-Hadr. ed. 1009 p. KiS: 'quia non oportet ei negare audientiam roganti' ; Hispana, Migne LXXXIV, 121, mit fast ['neg a r i '] demselben Wortlaut). lieber die Inter- polation des Textes durch Benedikt ('Hoc etiam' zu Anfang- gestrichen ; 'denegetur qui provocaverint' statt 'obsit, quo- rum fuerit soluta sententia' etc.) siehe oben zu 1, 404 (Studie VI, N. A. XXXI, 133). An der Reihenfolge der Vorlage gemessen, ist 2, 300 eine Vorlagerung vor 2, 301 307.

2, 301 Rubrik und Text je = Conc. Carthag. I. c. 10 rubr.^, Hisp. cod. Augustod. fol. 28b' (unerheblich abwei- chend die echte Hispana, Migne LXXXIV, 183)'^; vgl. unten

1) Ungedruckt. Ich benutze die Photographie des Cod. Vat. 1341 im Apparate der Monumenta. 2) Einzelnachweise schon in meinem

Artikel Pseudoisidor (Realencykl. f. prot. Theol.-' XVI) S. 295 Z. 9 ff., sowie Studie VI (N. A. XXXI) S. 132 zu Ben. 1, 401. Vgl. jetzt auch unten zu 2, 381a. ka. r. s. 3) Erstmals nachgewiesen. Unzutreffender Weise sehen Baluze, Knust und Hinschius die Quelle von 2. 801 in Conc. Carthag. III. c. 20. 4) Zur Sache vgl. unten 2, 308.

452 Emil Seckel.

3, 151. 175 in. Varianten in der Rubrik: 'quilibet' von Ben. eingesetzt; 'jolebem episcopi' statt 'episcopi plebes'^; im Texte: 'Ut . . . non' statt 'Ne . . .' 2.

2, 302 aus Conc. Carthag. I. c. 11, Hisp. cod. Aiigvi- stod. fol. 29b' (erheblich abweichend die echte Hisp., Migne 1. c. col. 183); vgl. unten 3, 154. Rubrik von Benedikt'. Abweichungen Benedikts von der Augustod. : 'ut minores qui' statt 'ut qui minores' '^; 'inrogaverunt' statt '-riut' ; 'in- iuriam' statt '-rias ; ^ 'quia' statt 'Gratus episcopus dixit', was Ben. ändert, um sein Pseudocapitulare nicht zu verraten; 'illos' statt 'illum'; 'contemnunt' statt 'contemp- nit'^; hinter 'natu' 25 Wörter ('vel aliquam Universi episcopi dixerunt') gestrichen, womit Benedikt ein Dop- })eltes erreicht: er nimmt dem Kapitel den Charakter eines Kanon (Tilgung der 3 letzten Wörter) und er verstärkt die Gewalt des Bischofs über seinen Diözesaii- klerus ^- ^.

2, 303 aus Conc. Carthag. I. c. 14, Hisp. cod. Augu- stod. fol. 30a (= echte Hispana, Migne col. 184); vgl. unten 3, 149. 457. Rubrik von Benedikt. Im Text 2 unter- geordnete Varianten ('vero' hinter 'quis' gestrichen ; ebenso 'est' hinter 'clericus').

2, 304 = Conc. Carthag. II. c. 13 r u b r. , Hisp. cod. Augustod. fol. 30a (abweichend echte Hisp., Migne col. 188); vgl. unten 3, 158; Cap. Angilr. c. 4 bis. Rubrik zur Rubrik

1) Das nun folgende 'vel' hat auch die Augustod., während die Hispana 'aut' bietet. 2) Benedikt will, angesichts der Rubrik mit 'Ne', abwechseln. Ueber das der echten Hisp. fremde 'vel' vgl. die vorige Note. 3) Die Rubrik erinnert an Fulgentius Ferrandus, Brev. can.

c. 128 (ed. 1609 p. 632): 'Ut superbi clerici coerceantur' ; doch wird die Uebereinstimmung auf Zufall beruhen. 4) Echte Hisp. : 'qui minores

sunt'. 5) In der echten Hisp. steht hinter dem folgenden 'habeant' :

'disciplinae' ; es fehlt in Augustod. und Ben. 6) 'condemnat' steht in

der echten Hisp. 7) Der Kanon garantiert dem Kleriker, der mit

seinem Vorgesetzten (also insbesondere mit dem Bischof) im Streite liegt, ein Bischofsgericht (für den Diakon besetzt mit drei benachbarten Bischöfen, für den presbyter mit sechs). Benedikt nimmt dem Priester und Diakon das kollegiale und unparteiische Bischofsgericht, offenbar um beide der Gerichtsbarkeit ihres eigenen Bischofs zu unterstellen; dabei geniert es ihn nicht im mindesten, dass bei Verletzung des Bischofs dieser Verletzter und Richter in einer Person ist. Durch die vorliegende Inter- Ijolation hat Benedikt seinem Episkopalsystem einen wichtigen (bisher nicht genügend beachteten) Baustein eingefügt. 8) Das Folgende lautet in der echten Hisp. : 'Contundi debet contumacia, et superbia in ornnibus frangi' ; daraus macht die Augustod. : '■conte 11 iptus debet contumaciae et superbiae in Omnibus frangi', und diesen Text hat Ben. wörtlich kopiert.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 4 53

von Benedikt. Einziger Eingriff in die Aug'ustod. : 'Qui' statt 'LFt qui', Verhältnis der Augustod. zur echten Hisp. :

Augustod. Ut, qui contra profes- sionem vel suhscriptionem suam venerit, in concilio deponatur.

Hisp.

Ut episcopus, qui contra professionem suam in concilio h a b i t a m venerit, deponatur.

2, 305 aus Conc. Carthag. II. c. 8, Hisp. cod. Augu- stod. fol. oOb'. 31a ^ (abweichend die echte Hisp., Migne col. 180 sq.); vgl. unten 3, 161. Rubrik von Benedikt. Benedikts Text wiederholt den Mischtext (s. N. 1, n. 6. 7 fin. 9 in.) der Vorlage mit einer kleinen Aenderung ('Quod si superbia' statt 'Quod nisi fecerit, sed superbia'), einer sach- lich bedeutungslosen, formell bessernden Streichung (der ganz überflüssigen Worte 'et locum amittat', s. N. 1, n. 8) und einer tendenziösen Tilgung ^, die wiederum ^ den Priester des unparteiischen Gerichtes beraubt und die Ent- deckung des klerikalen Ursprungs'* vorliegender Stelle ver- hindern soll.

2, 306 = Conc. Carthag. II. c. 9 E n d e , Hisp. cod. Augustod. fol. 31a (= echte Hisp., Migne col. 187); vgl. unten 3, 165; Add. IV. 70 i. f. Rubrik von Benedikt. Im Text zwei gleichgültige Varianten ('Si quis' statt 'quis- quis ' ; 'extitit' statt 'existit').

2, 307 aus Conc. Carthag. II. c. 10, Hisp. cod. Augu- stod. fol. 31a (= echte Hisp., Migne col. 187, leicht inter-

1) Can. 8 cit. ist iu der Augustod. zusammengeschweisst aus der echten Hispäna und aus der Dionysio -Hadriana: 1. Rubrik im Rubriken- verzeichnis (fol. 30a) = Hisp.; 2. Rubrik vor dem Text = Dion.-H. Conc. Carthag. c. 10 rubr. ; 3. Textanfang 'Alipius Numidiae' = DH. c. 10 in. mit Einsetzung der Worte 'ecclesiae Tagastensis' (aus der Ein- leitung zum Conc. Carthag. Dion.-H. ed. 1609 p. 180); 3. 'dixit: Xec impunitus' ^ Hisp.; 4. 'Vaientinus Numidiae' = Dion.-H. c. 10; 5. 'dixit ; Necessario edicite' = Hisp. ('Alipius' interpoliert aus Dion.-H.); 6. 'Si quis presbiter anathema sit' = Dion.-H. c. 11 rubr. (= Ben. 2, 305 Satz 1) ; 7. 'Ab universis anathema habeatur' = Hisp.; 8. 'et locum ammittat' = Dion. - H. ; 9. 'nihilominus inquirendum erit' = Hisp. (hinter 'de civitate' [von Pseudoisidor?] eingescholjen: 'et con- gregatione' ; ebenso 'quoniam' vor 'secundum' ; am Schluss statt 'habuerit' aus der Dion.-H.: 'non habuerit'). 2) Ausgelassen sind aus dem

Passus n. 7 der vorigen Note die Worte : 'Ab universis episcopis dictum est: Si quis presbiter a preposito suo excommunicatus vel correptus fuerit, debet utique apud vicinos episcopos conqueri, ut ab ipsis eins causa possit audiri ac per ipsos suo episcopo reconciliari'. 3) Vgl. oben zu 2, 302. 4) 'Ab universis episcopis' u. s. w.

454 Emil Seckel.

poliert aus der Dion.- Hadr.). Rubrik von Benedikt. Im Text eine Variante ('maneat' statt 'remaneat'). Seine Rechts- norm hat Benedikt wiederum^ mit Bedacht so aus der Vorlage herausg-eschnitten, dass das Kollegialgericht, das die karthagischen Väter dem Untergebenen des Bischofs gewähren, ausgeschaltet wird -.

2, 308 = Conc. Carthag. III. c. 20, Hisp. cod. Augu- stod. fol. 82b (= echte Hisp., Migne col. 192). Rubrik von Benedikt. Text wahrscheinlich ohne Variante^.

2, 309 = Conc. Milevitan. c. 21 Ende *, Hisp. cod. Augustod. fol. 44b (abweichend die echte Hisp.^, Migne col. 233 sq.); vgl. unten 3, 171. 178. Rubrik von Benedikt. Textanfang interpoliert: 'Si quis episcopus a quoquam impetitur vel ille' statt 'Si autem ille' ; am Schluss stellt Ben. für 'ipsos' die echte Lesart 'ipsi' wieder her (durch Konjekturalkritik).

2, 310 Rubrik und erste Texthälfte = Conc. Arelat. I. 314 c. 17, Hisp. cod. Augustod. fol. 45a. 45b (fast = echte Hisp., Migne col. 240); vgl. unten 2, 400. 3, 175. 224 in. Varianten in der Rubrik: 'episcoj^um conculcet' statt 'conc. ep.' ; 'aut inpediat ' interpoliert; im Texte: 'episcopus' (so auch echte Hisp.) statt 'episcojjo- rum' ; die ganze zweite Texthälfte 'vel supergrediatur '^ aut aliquod ei incommodum faciat' '^ ist von Ben. inter- poliert.

2, 311 = Conc. Arelat. I. 314 c. 19, cf. c. 18 §, Hisp.

1) Vgl. oben 2, 302. 305. 2) Im Original folgen nämlich noch

die Worte : 'et a sex presbiter et a tribus diaconus cum proprio suo episcopo'. 3) Denn 'diocesim' (so cod. Augustod.) schreiben auch die

Ben. - Hss. zu Gotha und Vat. Pal. 583 ; ferner hat für 'coUegam' (so Ben.) zwar Aug.^ 'collegum' (!), doch scheint Aug.- diesen Schreibfehler dnrch einen allerdings ungeschickten Strich verbessert zu haben. 4) Erst- mals nachgewiesen. Unrichtig die Quellenaugabe bei Knust S. 24 uud Hinschius, Decr. pseudois. p. 473 (Jul. c. 18 i. f.): Conc. Afric. c. 87 (120) i. f. 5) Namentlich am Schluss (die Aeuderuugen der Hisp.

Aug. in Klammern) : 'sive quos eis primatus (-tes) dederit (-rint) sive quos ipsi (ipsos) vicinos cum (ex) cousultu (consensu) primatis (ge- strichen!) delegerint'. 6) Vgl. oben 2, 308: 'nee aliquis episcoporum supergrediatur in diocesi(m) collegam suum' ; auch die Vorlage des Carthagischen Kanon (1. Thess. 4, fi in.: 'et ne quis supergrediatur neque circumveniat in negotio fratrem suum') könnte Benedikt inspiriert haben. 7) Eine Quelle dieser Schlusswendung kenne ich nicht ; wahr- scheinlich ist sie von Ben. frei erfunden. C. Th. 16, 2, 38 i. f. ('aliquid his inferatur incommodum') wird man schwerlich heranziehen dürfen. 8) Erstmals nachgewiesen. Unrichtig Knust S. 24 : 'Can. apost. c. 40 epit. Hadr.' (Canisius - Basnage, Lect. ant. II, 1, p. 267).

Studien zu Benedictus Levita. VII. 455

cod. Augustod. fol. 45a. 45b ^ (erheblich abweichend die

echte Hispan. c. 18, Mig-ne col. 240); vgl. unten 3, 182 und zur Sache oben 1, 23. Text Verhältnisse:

Augustod. 2

3 XVIII. üt diaconus nihil sine presbitero * suo ^ agat ''.

' XVIII. De diaconibus urbicis, ut non cdiquiä^ per se ihi^ presumant, sed honor^ presbiteris resewefiir ^.

loxVIIII. Ut'^ preshiteri sine conscientia episcoporum suorum nihil faciant^^.

12XVIIII. Et^^ ut preshi- teri ^^ sine conscientia ejiisco-

Ben.

Ne presbiteri vel diaconi ^^ sine conscientia episcoporum suorum aliquid -^ agant^^.

Ut presbiteri vel diaconi ^^ sine conscientia episcoporum jjorum ^^ nihil ^^ faciant ^^. \ suorum^^ nihil agant^''---.

2, 312 (Text) = Conc. Arelat. I. 314 c. 20, Hisp. cod. Augustod. In der Augustodunensis stimmen Rubrik (fol. 45a) und Text (fol. 45b) buchstäblich mit einander überein; in der echten Hisp. (c. 19, Migne LXXXIV, 240) ist dies nicht der Fall : ihre Rubrik lautet bereits wörtlich wie die Rubrik (= Text) der Augustod., dagegen weist der Text der echten Hisp. eine von ihrer Rubrik stark abweichende Fassung auf. Vgl. unten 3, 189. Rubrik zur Rubrik (= Text) der Augustod. von Benedikt. Der Text Benedikts

1) Pseudoisidor (ed. Hinschius p. 320. 821) deckt sich in den meisten Hss. und in den Hauptpunkten mit der Augustod. 2) Ab-

weichungen von der echten Hispana kui'siv. 3) fol. Jtoa. 4) 'prböro' Cod. 5) 'suo' deest Hisp. 6) 'offerat' Hisp. vulg. 7) fol. 45 b.

8) aliquid ibi] 'tantum sibi' Hisp. 9) honor . . . reservetur] 'honorem . . . reservent' Hisp. 10) fol. 45 a. 11) 'Ut faciant' deest Hisp.

12) fol. 45b; der falsche can. 19 ist aus dem Schluss des echten can. 18 entstanden, und weiter aus dem falschen Kanon dessen Rubrik. 13) 'Et' deest Hisj). 14) 'presbiteri' deest Hisp. 15) ipsorum' (i. e. presbi-

terorum) Hisp. 16) 'nihil tale' Hisp. 17) Die Gehorsamspflicht des

Diakonen gestaltet also Pseudoisidor um zur Gehorsamspflicht des Priesters (gegen den Bischof); damit verfälscht er das Konzil von Arles, ohne aber neues ßecht zu schaffen (vgl. N. 22). 18) Abweichungen von der Augustod. kursiv. 19) Vgl. Augustod. c. 18 rubr. 20) Vgl. zur Not Augustod. c. 18. 21) Vgl. Augustod. c. 19 rubr. 22) Blosse

Parallelen sind: 1. Canones apostolorum c. 40 in. {= Ben. 1, 23) Dion.- Hadr., vgl. Epitome Hadriani (ed. Canisius, Lect. ant. [ed. II.] II, 1, 267), wo die Schlussworte 'nihil agant' sich mit Ben. decken ; 2. Conc. Laodic. c. 57 i. f. : 'similiter et presbyteri praeter consilium episcopi nihil agant', welche Bestimmung vielleicht Pseudoisidor bei Anfertigung des falschen can. Arelat. vor Augfen hatte.

456 Emil Seckel.

folgt zunächst von Wort zu Wort der Vorlage; dann aber hat Ben., im Interesse der vertriebenen Bischöfe, die Worte hinzugefälscht: 'atque benigne suscipiatur', wobei ihm Conc. Sardic. c. 21 vorgeschwebt haben mag.

2, 313: cf. Cassiodorius, Hist. tripartita 5, 17 (Migne LXTX, 996 C, cf. 997 B. C) ; vgl. oben 1, 396, unten 2, 381 m. Rubrik von Benedikt (nicht dieselbe wie oben 1, 396). Text = 1, 396 (Studie VI S. 131), nur dass die Worte 'iudicare auf (so auch 2, 381 m) hier noch fehlen.

2, 314 = Conc. Arelat. IL 442—506 c. 24 Anfangt, Hisp. cod. Augustod. fol. 46b (nur in 3 Kleinigkeiten ab- weichend von der echten Hisp., Migne col. 244); vgl. unten 3, 197. Eubrik von Benedikt. Text wörtlich wie in der Augustod.

2, 315 =^ Conc. Valentin. 374 c. 4 rubr.^, Hisp. cod. Augustod. fol. 47a (= echte Hisp., Migne col. 247); vgl. unten 3, 201. Rubrik zur Rubrik von Benedikt. Im Text keine Abweichung.

2, 316 = Conc. Eliberitan. (vor 316) c. 52, Hisp. cod. Augustod. fol. 57b' (= echte Hisp., Migne col. 307^); vgl. unten 3, 368; Cap. Angilr. c. 6 bis. Rubrik von Benedikt. In seinem Texte 'Si' statt 'Hi'.

2, 317 = Conc. Elib. c. 73 Anfang, Hisp. cod. Augu- stod. fol. 58a' (bis auf 2 nebensächliche Varianten = echte Hisp., Migne col. 309); vgl. unten 3, 205; Add. IV. 34 in. Rubrik von Benedikt. Im Text keine Variante.

2, 318 = Conc. Tarracon. 516 c. 4 Rubrik^ und Text- ende, Hisp. cod. Augustod. fol. 58b. b' (im Wesentlichen = echte Hisp., Migne col. 311); vgl. Cap. Angilr. c. 7 bis. Rubrik von Benedikt. Text Satz 1 = c. 4 (3) cit. Rubrik; vor 'infra positus' schiebt die Augustod. ein : 'qui' ^, und aus 'qui' macht Ben. 'quis'. Text Satz 2 = c. 4 cit. i. f.; aus 'conniventibus' (so Hisp.) wird in der Augustod. 'cohi- bentibus' und bei Ben. 'conhibentibus'.

2, 319 = Conc. Toletan. I. 400 c 11 r u b r. , Hisp. cod. Augustod. fol. 61b' (= echte Hisp., Migne col. 330);

1) Nicht Coiic. Arelat. I. c. 14, wie Baluze und Knust behaupten. 2) Auch hier ist erstmals die Quelle nachgewiesen ; unrichtig Knust : Conc. Nicaen. c. 9 Hisp. 3) In den Drucken (nicht blos bei Migne,

sondern auch im Originaldruck : Collectio canonum ecclesiae Hispanae, Matriti 1808, col. 290) fehlt das Wort 'libellos' im Texte des Kanon. 4) Im cod. Augustod. fol. 58 b führt die Rubrik nicht die Ziffer IUI, sondern (wegen Auslassung der echten Rubrik des c. 3) die Ziffer III. Im Text ist die Zälilung in Ordnung. 5) Bei Angilram fehlt das 'qui'.

Studien zu Benedictus Levita. VIT. 457

vg-1. unten 3, 209; Add. IV. 55; Cap. Angilr. c. 8 bis. Rubrik von Benedikt (aus seinem Text; zu dem nahe- liegenden 'pauperem' vgl. den Text des can. 11 cit.). Im Text Benedikts 2 Varianten: 'Si' statt 'üt si' (so auch Angilr.); 'potentum' (so auch Angilr.) statt 'potentium'.

2, 320 = Conc. Toletan. I. cit. c. 12 rubr., Hisp. cod. Augustod. fol. 61b' (bis auf die Variante 'ab episc' statt 'de episc' = echte Hisp., Migne col. 330); vgl. unten 3, 213; Cap. Angilr. c. 9 bis. Rubrik von Benedikt. Text = Augustod.

2, 321 = Conc. Toletan. IV. 633 c. 45, Hisp. cod. Augu- stod. fol. 75b' (abgesehen von dem Anfang 'Clerici' statt 'Clerici qui' = echte Hisp., Migne col. 377): vgl. unten 3, 217; Add. III. 17. Rubrik von Benedikt i. Den Text hat Ben. in Aeusserlichkeiten erheblich retouchiert: 'Ut clerici qui' ^ statt 'Clerici' ; 'praesumpserint' statt 'sumpse- rint aut sumpserunt' ; 'monasterio' statt '-rium'.

2, 322 = Conc. Toletan. VII. 646 c. 1 Ende, Hisp. cod. Augustod. fol. 84b' (erheblich abweichend die echte Hisp., Migne col. 406)^; vgl. Cap. Angilr. c. 20 bis. Rubrik von Benedikt. Den entstellten Text der Augustod. hat Ben., der mit 'Huius* constitutionis' einsetzt, leicht über- arbeitet: 'nostrae' gestrichen; 'ut' vor 'execrandum' ein- gesetzt ; 'ad dominum' weiter verschlechtert zu 'a domino' ; 'auf statt 'vel' ; 'violandam' statt 'violandum' (Schreibfehler des cod. Augustod. ?).

1) Die Rubrik der Augustod. (fol. 71b) ist eine Erweiterung der echten Rubrik : 'XLV. De clericis, qui [in quacumque seditione] arma [volentes] sumpserint' (das Eingeklammerte fehlt in der Hisp.). 2) Kon- jekturale Wiederherstellung des echten 'qui'. 3) Textverhältnisse:

Echte Hisp. Nain quid magis eorum utilitati- bus videtur ferre consultum , si h u i u s constitutionis nostrae forma ab ipsis principibus ser- vetur et omnibus subiectis impleri cogatur. Si quis vero haec instituta puta- verit esse exsecran d a , ana- thema fiat, et velut praevaricator catholicae fidei semper ap u d do- minum reus existat, quicumque regum deinceps canonis huius cen- suram in quocumque crediderit vel permiserit violandam.

Augustod. Nam hoc magis eorum utilitati- bus videtur ferre consultum , si constitutionis nostrae forma servetur.

Execrandum anathema fiat et velut prevaricator catholicae fidei semper ad dominum reus existat, quicumque regum deinceps canonis huius censuram in quocumque cre- diderit vel permiserit violandum (sie).

4) Wiederum fliesst Ben. ein echtes Wort aus der Feder.

458 Emil Seckel.

2, 323 aus Conc. Toletan. VIII. 653 c. 2 med., Hisp. cod. Augustod. fol. 88a' (= echte Hisp., Migne col. 419 1. 11 14, nur dass aus 'valet et' in der Augustod. ge- worden ist: 'valeant ['valeat' manu prima?] et ex'^); vgl. unten 3, 221; Cap. Angilr. c. 11 bis. Eubrik von Benedikt. Text = Augustod.; in den kritischen Worten schwankt die Ueberlieferung: 'valet et ex' Baluze ; 'valeat ex' Vat. Pal. 583; 'valet ex' Goth. m. 1.; endlich gar das echte 'valet et' Goth. m. 2.

2, 324 aus Conc Tolet. VIII. cit. c. 12 gegen Ende, Hisp. cod. Augustod. fol. 91a (= echte Hisp., Migne col. 428 1. 5 9; nur 'in futuris', wo die Aug. 'futuris' schreibt). Rubrik von Benedikt. Text von ihm mehrfach geändert: 'denique' hinter 'Legem' gestrichen; 'noster (edidit prin- ceps)' statt: 'pro coercenda principum horrenda eupiditate idem clementissimus (edidit princeps)' - ; 'stabili ' statt 'si- mili'; 'retro' hinter 'futuris' und 'modis omnibus' vor 'ob- servetur' gestrichen.

2, 325 aus Conc. Toletan. XI. 675 c. 15, Hisp. cod. Augustod. fol. 102a' (= echte Hisp., Migne col. 465, bis auf das Schlusswort 'conferamus', wofür der echte Text 'confluamus' bot) ; vgl. unten 3, 223. Rubrik von Benedikt. Text mehrfach interpoliert: da Ben. von jährlichem Zusammentritt der Provinzialsynoden nichts wissen will, streicht er hinter 'obsequentes' die Worte: 'omni anno'^ ad peragendam celebritatem concilii ' ; die Zeit des Zu- sammentretens bestimmen nach Ben. nicht der König oder der Metropolit ('tempore quo principis vel metro- politani electio definierit', so die Vorlage), sondern sämt- liche Provinzialbischöfe ('tempore quo omnes^ 2^'^'^'^"^'*'^^'^^^^^^ elegerint pontifices ^, so Ben.) eine nette Blüte des er- dichteten Episkopalsvstems, weil danach praktisch jeder Bischof die Abhaltung eines Konzils durch sein Veto ver- hindern kann; die sich nunmehr anschliessenden Worte 'ad synodum faciendam' fehlen in der Vorlage (über ein Aequivalent derselben vgl. N. 3) ; die Streichung von 'sem-

1) 'valeant ex' oder 'v. et ex' Angilr.; 'valeat ex' Ben. 3, 221. 2) Mit dieser Streichung gewinnt Ben. den ihm genehmen allgemeinen Rechtssatz, dass der weltlichen Gesetzgebungsgewalt durch ältere Gesetze die Hände gebunden sind (vgl. Rubrik). .3) Die folgenden Worte 'ad

concilii' kehren dem Sinne nach bei Ben. an späterer Stelle wieder. 4) Die gefälschten Worte sind nicht einmal Eigengut des Fälschers, sondern Leihgut aus dem in can. 15 cit. folgenden Passus: 'adunatis in metropolitana sede omwibus provintiae pontificihu8\

Studien zu Benedictus Levita. Vn.

459

per animorum' zwischen 'devotis' und 'studiis' endlich be- zweckt, den Schwulst der westgotischen Rhetorik abzu- streifen und den Stil der einfachen Kapitulariensprache anzunähern.

2, 326 aus Conc. Toletan. XII. 681, Tomus Ervigii reg-is concilio oblatus, Hisp. cod. Augustod. fol. 103 a (stellenweise abweichend die echte Hisp., Migne col. 469 1. 8 ff. ^). Rubrik von Benedikt. Text durch Ben. ver- fälscht in der Absicht, die Zeugnis- und Anklagefähig- keit einem grossen Kreise von Personen zu nehmen:

Augustod. Post haec illud quoque vestris deo placitis infero sensibus c o r r i g e n d u m ^, quod decessoris nostri prae- eeptio promulgata lege sanc- civit , ut omnis aut in ex- peditionem ex c i t us ^ non progredi e n s aut de exercitu fugi e n s testimonio digni- tatis suae sit inrevocabiliter carens. Cuius severitatis in- stitutio non* per totos Spa- niae ^ fines ordinata decurrit, dimidiam fere partem populi ignobilitati perpetuae sub- iugavit , ita ut , q u i a in quibusdam villulis vel terri- toriis sive vicis portis*" huius infamationis habitatores ipso- rum locorum sint ' degeneres

Ben.

Pia an f, ut omnis, qni aut in expedition e m exercitus ^ ahsque gravi necessitate non jDrogredi/?«' aut de exercitu fugi^, testimonio dignitatis suae sit inrevocabiliter carens,

ita ut in quibusdam vil- lulis vel territoriis sive vicis pestis ^ huius infamationis habitatores ipsorum locorum sint degeneres e t testi-

1) Vgl. auch MG. LL. Visigothorum p. 476. 2) König Ervig

denkt an Milderung der rigorosen Bestimmung seines Vorgängers (vgl. auch die auf das hier abgedruckte Exzerpt folgenden Worte des Ori- ginals) ; Benedikt hält die Bestimmung gerade wegen ihrer einschneidenden Wirkung (die er dem Leser klug verhüllt, vgl. die Streichung der Worte 'Cuius severitatis sul liugavit') aufrecht, ja er baut sie durch die Inter- polation 'vel accusandi' (dazu unten 3, .322. 440 ; Add. III. 12) in bekannter Tendenz weiter aus. 8) expeditionem excitus] 'expeditione exercitus'

Hisp. 4) 'dum' Hisp. 5) 'Hispaniae' Hisp. 6) 'peste' Hisp.

7) 'sunt' Hisp. 8) Naheliegende Emendation. 9) 'pestis' und 'portis', paläogxaphisch leicht zu verwechseln, lassen sich auch leicht durch Emen- dation vertauschen; das echte 'peste' (N. 6) hat Ben. schwerlich gekannt.

Neues Archiv etc. XXXV.

30

460

Emil Seckel.

Augustod. Ben.

redditae et^ quia testi- ficandi vel accus andi nul-

ficandi nullam habent licen- lam habeant licentiam. tiam, veritatis ex toto videa- tur interisse ^ censuram ^.

2, 327 aus Conc. Tolet. XII. cit. c. 9, Hisp. cod. Augustod. fol. 105b' (= echte Hisp., Migne col. 477) ^ vgl. oben 2, 130; unten 2, 408. Rubrik von Benedikt (dieselbe wie unten 2, 408). üeber die Textverhältnisse, speziell über die Verfälschung des Textanfangs s. zu 2, 130 (N. A. XXXIV, 369).

B. Aus dem Dekretalen-Teil (2,328 342)5.

a) Aus der Masse (IV) 'Nulla sibimet reperit vigilantia'^.

2, 328 aus Leos I. Schreiben vom J. 452 an Anatolius, B. von Constantinopel, 'Manifestato' (Jaffe 483) Teil 2, Hisp. cod. Augustod. fol. 131a (erheblich abweichend von der echten Hisp., Migne col. 725; insbesondere: 'nemo in ius tendat alienum', wo die Augustod. die Tendenzfälschung anbringt: 'nemo dampnet alienum'); vgl. unten 3, 227. Eubrik von Benedikt. Im Text hat er an der Augustod. nur Nebendinge geändert: Streichung von 'generaliter' ; 'statuerunt' statt 'constituerunt' ; 'iutra' (so auch Hisp.) statt 'infra' (Schreibfehler des cod. Augustod.?).

2, 329 aus Leos I. Schreiben vom J. 453 an den Kaiser Marcian 'Multa mihi' (Jaffe 491) "', Hisp. cod. Augustod. fol. 131b' (= echte Hisp., Migne col. 728 A). Eubrik von

1) redditae et] 'redditi' Hisp. 2) 'interrisse' (etwa = 'in terris se'?) cod. August. 3) 'censura' Hisp. 4) = Lex Visigothorum

(Ervig.) 12, 3, 8 rubr., MCI. LL. Visig. p. 428. 435. Wie der Zu- sammenhang der Reüie beweist, hat Ben. das Conc. Toletan., und nicht die Lex Visig. vor sich. 5) Der Dekretalenteil der Hispana ist be-

kanntlich (vgl. Maassen, Pseudoisidor- Studien IL, "Wiener SB. CIX, Heft 2 ; Seckel, Art. Pseudoisidor, Realencykl. f. prot. Theol. XVI, 271. 293) in der Hispana Gallica (Maassen, Gesch. I, 713 ff.) in Unordnung ge- raten ; vgl. das Nähere unten S. 466 470. 6) Die Masse IV umfasst Briefe Leos I. und zwar die Nummern 59 Teil 2 bis 65 Teil 1 (nach Maassens Numerierung, die auch stets im Folgenden verwendet ist) der echten Hispana (Migne col. 724D 755 A). 7) Unrichtig Knust

S. 24: 'Innoc. I. ep. 27', womit gemeint ist ep. 29 c. 3 (Mansi III, 1097; Migne XX, 503).

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 461

Benedikt. Im Text 'et' hinter 'Ut' gestrichen und das echte 'suam teneat firmitatem' vereinfacht zu 'servetur' ^

b) Aus der Masse (II) 'Quos videt dignatio reparans sectam'-.

2, 330 aus Innocentius' I. Schreiben vom J. 414 an die Bischöfe Rufus, Eusebius u. s. ^v. 'Magna me gratu- latio' (Jaffe 303) c. 7 med., Hisp. cod. Augustod. fol. 153b' (= echte Hisp., Migne col. 670 C); vgl. unten 3, 230. Eu- brik von Benedikt. Im Text eine Aenderung ('admittimus' statt 'admitto').

2, 331 aus Zosimus' Schreiben vom J. 418 an den Klerus von Ravenna 'Ex relatione' (Jaffe 345), Hisp. cod. Augustod. fol. 155a' (in Einzelheiten abweichend die echte Hisp., Migne col. 675 sq.). Eubrik von Benedikt. Text durch Streichungen und andere Aenderungen zurecht- gemacht, insbesondere um den päpstlichen Ursprung des Pseudokapitulars zu verwischen : 'Ex relatione quornndam didicimns, qualiter preshiteri, qui . . . , suscepti sunt' statt 'Ex relatione fratris nostri Archidami presbiteri, qua- liter suscepti sitis vel quid egeritis, cognovimus vel qualiter illi suscepti sunt, qui . . .' ; ' Unde has ad vos litteras destinamus' statt 'Ad quos haec, quae nunc misimus ^, olim scripta feceramus, eorum quas iniuriose miserant, respon- dentes epistolis. Sed quoniam non potuerunt rei in sua, hoc est in nostra ecclesia Romana cum nostris conpresbiteris "^ commemorari ^, has ad vos illis tradendas litteras destinamus '"' ; communione esse alienos dehere statt 'omnium ~' apostolic§ n o s t r § sedis communione alienos fuisse atque nostra subscriptione probatam senten- tiam suscepisse' ; 'Et illos, qui effrenato huic facto con-

1) Zur Sache vgl. etwa mit der ersten Satzhälfte Cassiod. Hist. trip. 5, 29 (Migne LXIX, 1007 A): 'fidem, quae Nicaeae . . fundata est, esse perpetua firmitate servandam', von Ben. nicht benutzt; mit dem zweiten Halbsatz oben 2, 10.3. 112. 114, unten 2, 388. 391. 3, 477. 2) Die Masse II umfasst Briefe von Innocenz I., Zosimus, Bonifatius, Coelestinus und Leo I., und zwar die Nummern 9 Ende bis 40 Teil 1 der echten Hisp. (Migne col. 654 B 694 A). 3) 'emisimus' Hisp. ; 'misimus' Dion., Quesn. 4) So scheint im cod. Aug. korrigiert zu sein ; 'cun presbiteris' die erste Hand. 5) So (statt 'commorari') auch der cod. Alv. der

Hisp., welchem Codex die Augustod. (bzw. ihre Vorgängerin, die Hisp. Gallica) auch sonst folgt. 6) 'destinavimus' Hisp. ; im Folgenden :

'sancimus' Aug., Ben. ; 'sanximus' Hisp. 7) 'omnium ab' Hisp.

30*

462 Emil Seckel.

silio' u. s.w. statt 'Illos etiam\ qui e£Er. huic ^ facto con- silioque' u. s. w. ; 'obicere debetis quod iuxta csmones' statt 'hoc obicere vos debetis^ quod i. canonum precepta'; 'neque in eorum iprorxiptafm) audaciaf^w} devenire statt 'ne qua eorum prorumpat audatia'.

2, 332 aus Leos I. Schreiben vom J. ^IdQ au Flavianus, Bischof von Constantinopel, 'Cum christianissimus' (Jaffe 420), Hisp. cod. Augustod. fol. 160b' (= echte Hisp., Migiie col. 691 D); vgl. unten 3, 233. Eubrik von Benedikt. Im Text 3 wenig einschneidende Aenderungen: 'iura' statt 'iuditia' ; 'in' vor 'incognitis' eingeschoben ; 'iudicio' statt 'preiuditium'.

c) Aus der Masse (III) 'Et non timuit pre- ceptum parte resolubilis'^.

2, 333 aus Leos I. Schreiben vom J. 449 an Bischof Flavianus (von Constantinopel) 'Lectis litteris' (Jaffe 423) c. 6 gegen Ende, Hisp. cod. Augustod. fol. 142b' (== echte Hisp., Migne col. 700 C. D, nur dass in ihr 'Dei' hinter 'misericordia' fehlt). Rubrik von Benedikt. Im Text keine tieferen Eingriffe: zwischen 'Dominus' und 'qui venit' die juristisch bedeutungslosen (übrigens aus loh. 10, 11 ent- nommenen) Worte 'noster verus et bonus pastor, qui ani- mam suam posuit pro ovibus suis et' gestrichen; miseri- cordia' statt 'misericordia dei^'.

2, 334 aus Leos I. Schreiben vom J. 449 au den Kaiser Theodosius 'Litteris clementiae' (Jaffe 438) , Hisp. cod. Augustod. fol. 143b (= echte Hisp., Migne col. 703 sq.). Rubrik von Benedikt. Im Text leichte Aenderungen: 'Et quod' statt 'quodque' ; 'vestrae aequitati ' ^ statt 'legum vestrarum aequitate' ; 'humana' vor 'praesumptio' gestrichen.

2, 335 aus Leos I. Schreiben vom J. 451 an Anato- lius, Bischof von Constantinopel, 'Gaudeamus' (Jaffe 460) c. 2, Hisp. cod. Augustod. fol. 146a' (= echte Hisp., Migne col. 713 C). Dem Original, das von der stufen weisen Auf- nahme der Lapsi handelt, hat Benedikt einen völlig

1) So cod. Alv. (vgl. oben S. 461, N. 5). 2) 'huius' Hisp. u. s. w. ; die Lesart 'liuic' war bisher nur durch Coustant bekannt, dieser aber schöpft, wie Maassen (a. a. O. II, S. 33) gezeigt hat und wie die vorliegende Lesart des Weiteren bestätigt, aus 3 (verschollenen) Hss. der Augustod. 8) 'debeatis' Hisp. ; 'debetis' Dion., Quesn. 4) Die Masse III umfasst

nur Briefe von (an) Leo I. und zwar die Nummern 40 Teil 2 bis 59 Teil 1 der reinen Hispana (Migne col. 694 A 724 D). 5) 'dei' fehlt

also bei Ben. wie in der echten Hisp. 6) Damit meint der Pseudo-

kaiser Benedikts wohl vornelimlich den Laienadel.

Studien zu Beneclictus Levita. Vn. 463

verschiedenen Sinn gegeben : wer angeklagt ist (und wem Anklage droht?), der soll im Vollbesitz seiner 'Sachen' und in der Gemeinschaft aller Kirchen verbleiben (vgl. exceptio spoliü), bis sein Prozess vom König erledigt ist. Der Wortlaut von Vorlage und Fälschung ist dieser:

Ben.

Ut suarum rerum et om- nium ecclesiarum sint comniu- nione contenti (!), qitorum causa adhuc terminanda est.

Illud, quod ab antecesso- ribus nostris constitutum est, et nos approbamus, ut '-^ sua- rum rerwn omniutnque eccle- siarum communione sint In- terim contenti, quousque a

Augustod.

(De his , qui metu in heresim lapsi sunt, si con- versi fuerint , ut ^ recipian- tur.)

. . . illud q u i d e m , quod presentibus et agentibus nostris con- stitutum est, approbamus, ut suarum interim ecclesiarum e s s e nt communione con-

tenti. 1 nohis causa terminetur.

2, 336 aus Leos I. Schreiben vom J. 451 an den Kaiser Marcianus 'Quamvis per' (Jaffe 462), Hisp. cod. Augustod. fol. 146b. b' (mit 5 Abweichungen von der echten Hisp., Migne col. 715 B. 716 A). Rubrik von Benedikt. Im Text stimmt Ben. zweimal mit der reinen Hispana ('Ne' ; 'in- pudentique) gegen die Augustod. ('Nee' ; 'imprudentique', so wenigstens die Hs.) überein, was Zufall sein kann. Dass Ben. nicht (nur) die reine Hisp., sondern die Augustod. vor sich hat, beweisen die ihm mit der Augustod. gemein- samen Lesarten 'incurri' und 'habere' (wo die echte Hisp. schreibt: 'inquiri'und 'sapere'), welche Uebereinstimmungen nicht Zufall sein können. Von der echten wie von der verfälschten Hispana entfernt sich Ben. in den Worten 'in- certum' ('de incerto' Hisp.; 'incerto' Aug.); 'cum' statt 'et cum' ; 'discedere' statt 'dissidere'.

2, 337 aus Leos I. Schreiben vom J. 451 an die Sy- node von Chalcedon 'Optaveram' (Jaffe 473), Hisp. cod. Augustod. fol. 148a (mit 5 Abweichungen von der echten Hisp., Migne col. 720 C. D); vgl. unten Add. IV. 4. Eubrik von Benedikt. Im Text 3 Stellen, an denen Ben.^ wieder mit der echten Hispana, gegen die überlieferte Augustod., geht: 'Substitutes' statt 'institutos', 'suo' hinter 'privilegio' (fehlt in der Augustod.) ; 'ius' statt 'eins'. Mit derAugustod. schreibt Ben.^ 'fratres', wo die reine Hisp. 'episcopos'

1) 'ut' fehlt in der Hisp. 2) Subjekt fehlt. 3) Ebenso Pseudo- isidor praef. c. 6 (ed. Hinschius p. 18).

464 Emil Seckel.

bietet. Seinen Textanfang: 'Plurimos fratres sedibus . . . exilia audivimns deportatos' hat Ben. aus seiner Vorlage ^ durch Kürzung gewonnen. Im weiteren Verlauf des Ka- pitels finden sich noch folgende Aenderungen der Vorlage: loco' statt 'locum' ; 'ne' statt 'nee"'; 'Quem' ^ statt 'Cum si ut (so reine Hisp. ; Aug. : 'Cum sicut') cupimus' ; relin- quant' ^ statt 'relinquunt' ; 'prius' nach 'laboraverunt' ein- geschoben (tendenziös: exceptio spoliü); 'oportet' statt 'oporteat'.

d) Aus der Masse (V) 'Divulgavit auctoritas Cum ergo inter vos'^.

2, 338 aus Leos I. Schreiben vom J. i58 459 an Eusticus, Bischof von Narbonne, 'Epistolas fraternitatis' (Jaffe 544) c. 10 r u b r. ('Quod debeat') und Praefatio ('nee subtraxerint'), Hisp. cod. Augustod. fol. 164a und 164a' (= echte Hisp., Migne col. 767 B, wo 'decet' statt 'debet', und col. 763 C). Eubrik von Benedikt. Im Text nur eine Aenderung: 'nemo debeat' statt 'non debet (I)' Aug. ('non decet' Hisp.).

2, 339 aus Leos I. Schreiben vom J. 446? an Ana- stasius, Bischof von Thessalonich, 'Quanta fraternitati ' (Jaffe 411) Praef., Hisp. cod. Augustod. fol. 165b' = 166a (= echte Hisp., Migne col. 769 B. C, wo 3 Wörter anders lauten); vgl. unten 3, 236. Rubrik von Benedikt. Text- anfang 'Si exstiferint aliqui fratres desides vel neglegentes, quos' u. s.w. zurechtgemacht aus 'Quia etsi plerumque ex s i s t unt '^ inter neglegentes vel desides fratres, quos' '' u. s. w. ; 'maiori' "^ statt 'maiore' ; endlich mehrere Kürzungen: 'et beatus' vor 'apostolus', 'Paulus ad ecclesiasticum re- gimen' vor 'Timotheum', 'iuvenes ut fratres, anus ut matres, iuvenculas ut sorores in omni castitate' = Schluss des Apostelzitates (1. Timoth. 5, 1. 2), 'sine offensione' vor 'red- denda est' gestrichen. Am Schlüsse des Kapitels hat Benedikt^ geschlafen, indem er seine Kaiser statt im Ka- pitularienstil im Kurialstil reden lässt ('coepiscopis nostris' 1).

1) 'Quia vero non ignora m u s per pravas gmulationes multarum ecclesiarum statum fuisse turbatum plurimos que fratres, quia heresim non reciperent, sedibus . . . exilia deportatos'. 2) Zwischen beiden Lesungen schwanken die Pseudoisidor-Hss, 3) 'Quem ita' Pseudoisidor. 4) So auch Pseudoisidor. 5) Auch die Masse V

umfasst nur Leo - Briefe und zwar die Nummern 65 Teil 2 bis 72 Teil 1 der reinen Hispana (Migne col. 755 A 778 D). 6) 'existit' Hisp.

7) 'quae' Hisp. 8) So auch Hisp. 9) Gegen seine sonstige Grewohn- heit; vgl. obeu zu 2, 331. 834.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 465

2, 340 aus demselben Schreiben c. 10 i. f., Hisp. cod. Aug-ustod. fol. 167b (= echte Hispaua, Migne col. 774 B); vgl. unten 3, 241. Rubrik von Benedikt. Im Text 2 A.ende- rmig-en : 'aliquis' hinter 'vult' eingesetzt; 'grave' statt 'im- portabile'.

e) Aus der Masse (VI) 'Tantum valuerint

etiam sacra scriptura'^.

2, 341a (bis 'violari') aus Leos I. Schreiben vom J. 446? an die afrikanischen Bischöfe 'Cum in ordinationibus' (Jaffe 410) c. 5, Hisp. cod. Augustod. fol. 169b (= echte Hisp., Migne col. 780) ; vgl. unten 3, 244a. Rubrik von Benedikt. Initium des Textes 'Ita unanimes divinis' hergerichtet aus den Worten: '. . . supererit, ut . . . ad omne Studium de- votionis unianimes ^ divinis et'; 'ut' statt 'et' (in Konse- quenz des 'Ita').

f) Aus der Masse (VIII) 'Flavio Basilisco' bis

S c h 1 u s s ^.

2, 341b ('Ut nulli' bis Ende) aus der römischen Sy- node unter Hilarus 465 Nov. 19^ c. 1 Mitte, Hisp. cod. Augustod. fol. 171a' (= echte Hisp., Migne col. 787^); vgl. unten 3, 244b. Benedikts Text deckt sich wörtlich mit der Vorlage.

2, 342 aus Anastasius' II. Schreiben vom J. 496 an den Kaiser Anastasius 'Exordium pontificatus' (Jaffe 744) c. 4, Hisp. cod. Augustod. fol. 177b (= echte Hispana, Migne col. 809, wo 3 kleine Abweichungen); vgl. unten 3, 247, wo die Augustod. z. T. reiner erhalten ist. Rubrik von Benedikt. Initium Benedikts mitten aus dem Zitat von Proverb. 10, 12^ entnommen und gemodelt: 'Omnes, ut non contendant, protegßt amicitia' statt 'omnes autem, qui non contendunt, protegit amicitia'. Weitere Aende- rungen: 'scribit' hinter 'Corinthios' eingeschoben; 'enira'

1) Die Masse VI besteht nochmals aus Leo -Briefen und zwar aus den Nummern 72 Teil 2 bis 75 Teil 1 der reinen Hispana (Migne col. 779 A 784:B). 2) 'unanimes' die Hispana, wenn auf Gonzalez in solchen Kleinigkeiten Verlass ist. 3) Die Masse VIII umfasst das

Ende der echten Hispana von n. 77 ab (Migne col. 785 D ff.). 4) Vgl. Jaffe I, 76 vor n. 560; Maassen, Gesch. I, 274, n. 8. 5) 'nulla' (statt 'nulli') ist Schreibfehler des cod. Augustod. 6) Anastasius entnimmt

dieses und die folgenden Zitate (1. Cor. 3, 3; Philipp. 2, 1 4) aus einer vorhieronymianischen Bibelübersetzung.

466 Emil Seckel.

hinter 'Cum' gestrichen; das Zitat, soweit es aus Philipp. 2, 1. 2 stammt ('item ad habentes') hinter 'ambulatis' weggelassen ^ ; 'invicem aestimantes semetipsos non sua singuli respicirtw^' statt 'iuv. §stim. semetipsos^ superiores, non sua^ singula* respicie ntes '.

Auffallend und der Erklärung bedürftig ist die Reihen- folge, in der Benedikt den Dekretalen-Teil der Augustod. exzerpiert. Hielte er, seinem Usus getreu, an der Ordnung der genannten Vorlage fest ^, so müssten auf 2, 328. 329 die Kapitel 2, 333 337 und dann erst 2, 330 332 folgen*^. Die Umstellung erklärt sich nicht aus systematischen Gründen und beruht auch nicht auf Willkür oder einem erst die Sammlung Benedikts treffenden Zufall; sie hängt vielmehr mit der Entwickelungsgeschichte der Hispana Gallica zusammen. Darauf führt die in der voranstehenden Quellen- Analyse kenntlich gemachte Beziehung von Ben. 2, 330 -332 zu Masse II, von Ben. 2, 333 337 zu Masse III der echten Hispana.

Für die Entwickelungsgeschichte ihrer gallischen Ab- leitungen zerfällt der Dekretalenteil der echten Hispana in acht Massen :

I = Hisp. n. 1 9a, verb. 'ex his hominibus' ^ ; II = Hisp. n. 9b 40a, verb. 'Quos videt dignatio reparans sectam' (oben S. 461);

III = Hisp. n. 40b 59a, verb. 'Et non timuit praecep-

tum parte resolubilis' (oben S. 462) ;

IV = Hisp. n. 59b 65a, verb. 'Nulla sibimet reperit

vigilantia' (oben S. 460); V = Hisp. n. 65b 72a, verb. 'Divulgavit auctoritas Cum ergo inter vos' (oben S. 464) ; VI = Hisp. n. 72b 75a, verb. 'Tantum valuerint etiam sacra scriptura' (oben S. 465); VII =^ Hisp. n. 75b 76, verb. 'Manifestat quod cum consule' *; VIII = Hisp. n. 77 bis Ende (oben S. 465).

1) Was zur Folge hat, dass der sich mit Philipp. 2, 3. 4 deckende Schluss unseres Kapitels bei Benedikt unrichtigerweise als Zitat aus dem (1.) Korintherbrief erscheint. 2) 'sibimetipsos' Dion. - Hadr.

(ed. 1609 p. 548) ; 'sibimetipsis' Hisp. 3) 'sua' Dion. ; 'in sua' Hisp.

4) 'singuli' Dion. ; 'singulis' Hisp. 5) Dass sich Benedikt schliesslich in der Tat als reihengetreuer Benutzer seiner Augustod. bewährt, wird unten S. 470 erhellen. 6) Vgl. die oben beigesetzten Blatt-

Zahlen der Augustod. 7) Migne col. 654B. 8) Migne col. 784 B

786D.

Studien zu Benedictus Levita. VIT.

467

In der Hispana G a 1 1 i c a ^ gerieten (durch eine Versetzung von Lagenreihen, Lagen und Einzelblättern in ihrem Archetyp) die acht Massen in folgende Unordnung: I. IV. III. IL-' V. VIL VI. VIIL

Die Hispana Gallica hat bekanntlich die Grundlage abgegeben für die von der pseudoisidorischen Fälscher- gruppe hergestellte Augustodunensis, und letztere wieder für den dritten Teil der Kanonensammlung Pseudoisidors.

Die Hispana Augustodunensis versucht die Verwirrung in der Gallica zu beheben, aber wenigstens bezüglich der vier ersten Massen in noch ziemlich schüchterner Weise :

Masse I

Gallica = Hisp. n. 1 9a

MasseIV=Hisp. n.59b— 65a:

Masselll = Hisp. n. 40b— 59a :

Masse II = Hisp. n. 9b 40a: Masse V= Hisp. n. 65b— 72a:

Augustodunensis

restituiert den Schluss von n. 9 (d. h. n. 9 b) -^ aus dem Anfang von Masse II

(s. x\.);

schaltet am Schluss von n. 65a aus dem Anfang von Masse V (s. u.) 'divul- gavit' ein, und

ändert die Anfangsworte von n. 40b 'et non timuit' zu : 'qui non timebanf * ;

Ischafft zwischen den Schluss- j Worten von n. 40 a^ und den Anfangsworten von n. 65b*' einen grammati- schen Zusammenhang durch Einfügung der Worte 'Hos enim' ^ ;

1) Cod. Vindobon. 411; Maassen, Gesch. I, 713 ff. 2) Die

Masse II besteht aus Briefen von Innocenz I. , Zosimus , Bonifatius, Coelestinus, Leo I. ; diese Briefe gerieten mitten hinein unter lauter Leo- Briefe (Massen IV. III. V. VIL VI). 3) verba 'Quos vidit dignatio valeamus'. 4) Vgl. Maassen, Pseudoisidor - Studie II, 21 f. 5) 're-

parans sectam'. 6) 'divulgavit auctoritas'. 7) Vgl. Maassen a. a. 0. S. 22. Die Anfangsworte der Masse II (= Hisp. n. 9b) bleiben erhalten, kehren also zum zweiten Male wieder, nachdem sie zuerst an den Schluss von Masse I angeflickt worden sind.

468

Emil Seckel.

Gallica

Masse VII = Hisp. n. 75b. 76: Masse VI = Hisp. n. 72b— 75a:

Masse VIII = Hisp. n. 77 fE.:

Augustodun ensis

Istellt die Massen VII. VI I um , so dass die richtige Reihenfolge VI. VII her- auskommt ^ ;

belässt die Schlussmasse an ihrem (richtigen) Orte.

Pseudoisidor hat die vier letzten Massen (V^ VIII) richtig geordnet, wie sie ihm in der August, bereits vorlagen, einfach übernommen. Für die vier ersten Massen stellt er die richtige Reihenfolge der Päpste (nicht aber die ursprüngliche Reihenfolge der Dekretalen) her. Be- trachtete Pseudoisidor die Schichtung der vier Massen unter chronologischem Gesichtswinkel :

Masse I: Damasus bis Innocenz I., IV: Leo L, III: Leo L, II : Innocenz, Zosimus, Bonifatius, Coelestinus, Leo I., so lag nichts näher, als Masse II zwischen Masse I und IV zu stellen. In der Tat hat Pseudoisidor diesen bequemsten Weg beschritten, um zu seinem Ziel der richtigen Papst- folge zu gelangen. Dabei nimmt er an der Augustod.^ fol- gende Modifikationen vor:

Umgestellte Augustod. Masse I = Hisp. n. 1— 9a. b"^:

Masse IV Anfang = Hisp. n. 59b 5:

Masse II = Hisp. n. 9b 40a:

Pseudoisidor. ändert nichts;

(lässt diesen Anfang von ) Masse IV, trotz Umstellung

der Masse selbst, an Massel

hängen ;

schneidet die n. i)b Hisp.

wiederholte hier (vgl.

aber unten zwischen Masse

III und V) weg;

1) Damit erhält n. 72 b den richtigen Anschluss an n. 72 a (Masse V Ende); übrigens ist n. 72 überarbeitet, so dass sie einen Mischtext aus Hisp. und Dion.-Hadr. darstellt; vgl. Maassen a. a. 0. S. 23 26. 2) Die Masse V hat er ihres Kopfstücks (Hisp. n. 65b) beraubt; vgl. unten. 3) Die Einschaltungen aus anderen Vorlagen bleiben hier

natürlich aus dem Spiel. 4) ed. Hinschius p. 533. 5) ed. cit.

p. 533, N. 3.

Studien zu Benedictus Levita. VII.

469

Umgestellte Augustod.

Masse V Anfang = Hisp. n. 65b 1:

Masse I V= Hisp. n. 59b— 65a :

MasseIII=Hisp. n.40b2— 59a :

Masse II Anfang = Hisp. n. 9b:

Masse Y VIII = Hisp. n. 65 b Schluss :

Pseudoisidor.

Ilässt diesen Anfanof von I Masse V, trotz Umstellung der Masse II, an letzterer Masse hängen ;

schneidet die an Masse I bei ihm hängen gebliebene n. 59b hier weg;

ändert nichts;

Ilässt diesen Anfang von I Masse II, trotz Umstellung der Masse selbst , an Masse III hängen;

schneidet die an Masse II bei ihm hängen gebliebene n. 65 b hier weg.

Aus vorstehender Darlegung erhellt, dass Benedikt seine Reihenfolge weder aus der reinen Hispana (Massen- folge : II. III. IV) noch aus der Gallica (IV. III. II) noch aus der Augustod. (ebenfalls : IV. III. II) noch aus Pseudo- isidor (II. IV. III) bezogen haben kann. Und doch liegt auf der Hand, dass Benedikts Anordnung mit den Massen zusammenhängt, weil er stets die einer bestimmten Masse entnommenen Kapitel bei einander ^ stehen lässt. Die ein- fachste Erklärung dieses Tatbestandes, der sich von einem unentwirrbaren Chaos so fern als möglich hält, scheint mir folgende zu sein. Gleich Pseudoisidor hat Benedikt die mangelhafte Anordnung der ihm vorliegenden Augustod. * erkannt; gleich jenem hat er eine Umstellung in der Augustod. vorgenommen. Im übrigen geht er seine eigenen Wege. Seine Umstellung, als solche nicht zur Veröffent- lichung bestimmt, verfolgt nur seine Privatzwecke. Er geht nicht aus auf eine einwandfreie Chronologie der Päpste, sondern auf Besserung der sachlichen Ordnung. Er rückt die Masse II nicht zwischen I und IV, sondern zwischen IV und III, so dass die Augustod. Bene- d i c t i n a folgende Gestalt gewinnt :

1) Hinschius p. XXVI f. 2) Hinschius p. XXVII. CI. 3) Und die bei einander bleibenden Kapitel in ihrer ursprünglichen Folge. 4) In Masse I IV; an den Massen V VIII war nichts auszusetzen.

470 Emil Seckel.

Masse I = Hisp. n. 1 9a. b : Damasus Innocenz I. ;

Masse IV = Hisp. n. 59b 65a: Leo I.; (Masse II = Hisp. n. 9b 40a: Innocenz I., Zos., Bonif., ' Coel., Leo I.;

/Masse III = Hisp. n. 40b 59a: Leo I. Die Umordnnng brachte Benedikts Rezension wenigstens den einen sachlichen Vorteil, dass sich in ihr Hisp. n. 40b unmittelber an n. 40a anschloss. Die Mängel der Augustod. zu erkennen und die Massenverhältnisse wenigstens zum Teil zu durchschauen ermöglichte Benedikt und Pseudo- isidor die bei letzterem bewiesene, bei ersterem zu ver- mutende Kenntnis der Hispana Gallica.

Die von ihm in ihrem ersten Teil (Massen I. IV. II. III) umgestellte Augustod. hat Benedikt demnächst für seine Kapitulariensammlung reihengetreu aus- gezogen. Quod erat demonstrandum.

2, 343 356 aus der Lex Visigothorum (Ervi-

giana)^ mit 2 Einschaltungen (aus Bibel und Augustinus;

aus Theodulf von Orleans).

2, 343 = L. Visig. 2, 1, 10 Anfang ([Recc] Erv.), MG. LL. Visig. p. 58. Rubrik von Benedikt (anderer In- haltsvermerk im Original). Im Text 'homines' hinter 'gentis' eingeschaltet; 'utilitatis' ('humilitatis' cod. E 1) nach 'exercitium' - ausgelassen^, ebenso 'et' vor 'resultamus'. Bemerkenswert ist auch die Nichtaufnahme des Schlusses: '. . . nolumus sive Romanis legibus seu alienis institutio- nibus amodo amplius convexari'.

2, 344 = L. Visig. 2, 4, 4 Anfang (Erv.*), 1. c. p. 97; vgl. oben 2, 146. Rubrik von Benedikt. Zwei gleichgültige Varianten. Hier wie oben 2, 146 direkt aus dem Original.

2, 345a (bis 'esse noscuntur') = L. Visig. 2, 4, 5 An- fang ([Recc] Erv.), 1. c. p. 98 ; vgl. oben 2, 147. Rubrik von Benedikt. Im Text 2 Interpolationen ('absentes neque' ; 'et viderunt), dieselben wie oben 2, 147. Dagegen ist hier (anders als oben) 'negotiis' hinter 'aliis' nicht gestrichen.

1) In der Reihenfolge der Vorlage; zweimal freilich (2, 348. 351) fällt Benedikt aus der Reihe, aber es bedürfte zur Einrenkung nur des Platzwechsels je mit dem vorhergehenden, bzw. nachfolgenden Kapitel aus der L. Visig. 2) codd. R. E schreiben 'exercitiam'. 3) Die

zwei erwähnten tendenziösen Aenderungen haben bewirkt, dass Ben. 'sententiam fontis prorsus adulteravit' (Hinschius , Decr. pseudois. p. CXLVII). 4) Die Reccesvindiana weicht ab.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 471

2, 345b ^ 'Super qua re sacra scriptura testatur di- cens: "Damus abstulerunt eum" : die zitierende Ueber- leitung wahrscheinlich von Benedikt; das Zitat selbst geht auf Ev. Matth. 28, 12. 13 in einer vorhieronymianischen CTebersetzung, und zwar hat sie Benedikt bezogen aus Augustinus, Ennarratio in psalmum 63 § 15 (vers. 9), Migne XXXVI, 767 Z. 3 1 V. u.: 'Damus, inquiunt ('Pharisaei ad milites' fügt Ben. hinzu), vobis pecuniam, et dicite, quia vobis dormientibus venerunt discipuli eins ('lesu' statt 'eins' Ben.) et abstulerunt eum'.

2, 345c^. 'ünde ait Augustinus: "Dormientes scru- tationes ": die zitierende üeberleitung wiederum von Benedikt; das Augustinzitat deckt sich wörtlich mit Augustinus 1. c, Migne 1. c. col. 768 1. 6—10. Die 3 Schlussworte ent- nimmt Augustin der von ihm benutzten alten Uebersetzung von Ps. 63, 7.

2, 346 = L. Visig. 2, 5, 2 (Erv.) , 1. c. p. 107 ; vgl. oben 2, 149 (wo Näheres). Einzige Abweichung von 2, 149 'scripturam' (so auch das Original) statt 'scripturas'.

2, 347 = Theodulfus Aurelian., Capitulare primum c. 34 (Migne CV, 202). Rubrik von Benedikt. Initium deckt sich nicht mit Theodulf: 'Placuit, ut admoneantur omnes fideles' statt 'Admonendus est populus' ; im weiteren Textverlauf 8 Varianten : 'quia' statt 'quae' ; 'homo' hinter 'diligit' eingesetzt ; nochmals 'quia' statt 'quae' ; 'recenseri' statt '-re' ; 'nam' statt 'nam et' ; 'caritatem' statt 'caritatem tantum' ; 'cibus et potus non est' statt 'n. est c. et j).'; 'fiunt' statt 'faciunt'. Das Kapitel besteht zum Teil aus Bibelreminiszenzen ; auch wird ein Apostelwort ausdrücklich zitiert ; 'Eegnum dei cibus et potus non est' = Rom. 14, 17 in.: 'Non est enim regnum dei esca et potus'. Von den 3 Reminiszenzen geht die erste: 'quia deum diligit homo plus quam se' auf Deut. 6, 5. 11, 13; Matth. 22, 37 ; Marc. 12, 30 ; Luc. 10, 27 ; die z w e i t e: 'et ji^'oxi- mum (ddigit homo^ tanqnam se' auf Marc. 12, 31 (vgl. Levit. 19, 18; Matth. 5, 43. 22, 39; Marc. 12, 31 ; Luc. 10, 27 i. f.; Rom. 13, 9 i. f.; Gal. 5, 14; Jac. 2, 8); die d r i 1 1 e : 'mhil vult alii facere, nisi quod sibi vult fier'i' auf Tob. 4, 16; Matth. 7, 12; Luc. 6, 31. Ueber den auffallenden Anfang 'Placuit' etc. vgl. oben S. 450 zu 2, 299.

1) Knust übergeht dieses Stück mit Stillschweigen. 2) Auch zu diesem Teilkapitel schweigt Knust, obschon bereits Baluze die Augustin- stelle annähernd richtig bezeichnet hatte.

472 Emil Seckel.

2, 348 = L. Visig. 2, 4, 13 {Slvv.)^-\ 1. c. p. 104. Rubrik aus der Vorlage (eine nebensächliche Variante). Im Text: 'amite' hinter 'patrui' ausgefallen; 'seu' statt 'sive'; 'seu etiam quidam ex propria consanguinitate' inter- poliert; 'permittimus' statt 'admittantur'.

2, 349 = L. Visig. 2, 5, 4 (Erv.) S 1. c p. 107; vgl. oben 2, 150. Rubrik aus der Vorlage. Rubrik und Text auch hier wörtlich wie in cod. E 1 ('licere', 'auf).

2, 350 = L. Visig. 3, 4, 18 Ende ([Recc] Erv.), 1. c. p. 158 1. 17—20; vgl. oben 2, 151. Rubrik von Benedikt (andere Fassung als oben). Eine Variante ('videantur' statt 'videamur').

2, 351 = L. Visig. 7, 2, 8 ([Recc] Erv.), 1. c. p. 291 sq.^ Rubrik aus der Vorlage. Rubrik und Text wörtlich wie in cod. E 1.

2, 352 = L. Visig. 5, 7, 12 ([Recc] Erv.), 1. c p. 239; vgl. oben 2, 159. Rubrik aus der Vorlage (1 Variante). Der Text deckt sich mit der ersten Wiedergabe in 2, 159 nicht vollständig ('concutiant' statt 'concitentur' ; Einschiebung von 'in tertia generatione); die Lesart 'concu- tiant' in 2, 352 steht dem Original ('concutiantur') näher als die Lesart 'concitentur' ; andererseits entfernt sich 2, 352

interpolierten Worte

vom Original

durch di(

'in t. g.'*.

2, 353 =

L. Visig. 8

oben 2, 161.

Rubrik aus

1, 2 (Erv.)^ 1. c p. 313; vgl.

der Vorlage. Text wie oben 2, 161, bis auf die gleichgültige Variante 'potuerit' statt 'potuit' (letzteres original); insbesondere kehrt im Schluss- satz dieselbe Interpolation wie oben 2, 161 wieder. 2, 354 = L. Visig. 8, 1, 6 ([Recc] Erv.), 1. c p. 315. Rubrik aus dem Original. Der Text folgt mehrfach den Lesarten von cod. E 1 ('restituat', 'sint'). Von Benedikts Eigentümlichkeiten ist ein Teil harmlos ('sunt sublata' um- gestellt; 'omnes . . . reddantur' statt 'omnis . . . reddatur'; 'integro' vor 'in statu' eingeschoben) ; die andern stellen sich als ändernde Eingriffe dar. Und zwar mildert Bene- dikt die elffache Busse des Bandendiebstahls auf die sieben- fache herab ('septuplum' statt 'undecuplum'); andrerseits erhöht er die Prügelstrafe des zahlungsunfähigen freien

1) Recc. weicht ab. 2) Vgl. zu der Stelle Zeumer, N. A.

XXIV, 105—108. 3) Zur Sache vgl. oben 1, 344. 4) Ueber die

Interpolation, die anscheinend dem fränkischen Rechte entspricht, vgl. Brunner, D. Rechtsgesch. II, 396, N. 28. 5) Nicht Recc.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 473

Teilnehmers von 50 auf 150 Peitschenhiebe ('centum quiu- quaginta' statt 'quinquaginta') ^.

2, 355 = L. Visig. 8, 1, 10 (Erv.) ^ 1. c. p. 317; vgl. oben 2, 137, wo aber nur der Anfang aufgenommen ist. Rubrik aus der Vorlage. Rubrik wie Text stehen dem cod. E 1 nahe ('suos'^; 'fuerant', 'Quod si'). Von den Aenderungen Benedikts sind einige harmloser Natur ('fuerit inventa' ^ statt 'inventa cognoscitur' ; 'agnoscitur et' ^ statt 'auf). Mit der westgothischen Strafsatzung gegen die freien Räuber ist Benedikt nicht einverstanden :

Ben.

Quod si honestior per- sona est , et pro scelere rationem reddat et quae ab- lata vel eversa fuerant, qiia- fZrupli conpositione restituat.

L. Visig. Quod si honestior per- sona est , a u t pro scelere rationem reddat a u t "^ que '" ablata vel eversa fuerant, u n d e c upli conpositione re- stituat et C publice flagella suscipiat.

Den Sklaven bedenkt Benedikt mit 150 Peitschenhieben, während ihm die L. Visig. nach codd. E. 1. V 3 hundert, nach der Mehrzahl der Hss. 200 Hiebe zudiktiert.

2, 356 = L. Visig. 8, 1, 11 ([Recc] Erv.), 1. c. p. 317; vgl. oben 2, 138. Rubrik aus der Vorlage (wortgetreu). Anders als oben'', ist der Text hier gründlich interpoliert (in derselben Tendenz wie bei 2, 355). Während die Lex Visig. unterschiedslos Freien und unfreien, die Dieben eine Gelegenheit zum Stehlen verraten ^ mit 100 Peitschen- hieben bedroht, erspart Benedikt den Freien die Hiebe, um sie andererseits für die Unfreien auf das l'^j^^^ch.e zu erhöhen: '. . . si^ ingemms est, quae eversa vel ahlata sunt,

1) Eine Hs. der L. Visig. (cod. V 1) hat die 50 Hiebe wenigstens auf 100 erhöht. 2) Nicht Recc. 3) Ebenso oben 2, 137. 4) 'vel' cod. B 1. 5) Fehlt m cod. E 1. 6) Vgl. N. A. XXXIV, 371. 7) 'Quicumque ingenuus vel servus aliqua (aliquid) diripienda (-dum) indicaverit'. So fängt auch Ben. sein Kapitel an, trotz der von ihm nachher angebrachten Unterscheidung. Im Tatbestand hat Ben. nur 'indicavit' (für: 'indi- caverit') geändert. 8) Die Interpolation Benedikts folgt in der Haupt- sache irgend einem fränkischen Vorbilde ; beispielshalber zu nennen sind Capitula Karoli apud Anseg. servata 810. 811? c. 4 (MG. Capit. I, 160): '. . . secundum legem in triplum conponat, et si liber homo hoc fecerit, bannum dominicum pro hac re co»iponere cogatur; servus vero secundum suam legem tripla composicione damnum in loco restituat et pro banno disciplina corporali subiaceat' und Capitula legibus addenda 818. 819 c. 18 (1. c. p. 285) : 'Quicumque liber homo . . . noluerit, bannum nostrum,

474 Emil Seckel.

legibus in diiplo resHtiiat et nohis hannum nostrum , id est sexaginta solidos, conponat. Si vero servus vel colonus fuerit, centurn qmnqnaginta flagella publice extensus hene impressa^ accipiat et insuper ea, qtiae ahlata sunt, secundtmi suam legem restituat.

2, 357. Rubrik von Benedikt. Text aus zwei Quellen geflossen :

2, 357a = Sextus Pjthagoricus Seut. 2, n. 250 ed. Max. bibl. vet. patr. HI, 1677, p. 337; n. 259 ed. Anton Elter, Sexti Pythagorici . . . Sententiae (Lips. 1892) p. XVIII: 'Crimina- tiones adversus philosophum -^ ('doctorem' Ben.) noli ('nemo' ^ Ben.) reeipere^' ('suscipiat^, nemo audiat' Ben.). Vgl. unten 3, 373a = Cap. Angilr. c. 12 (bis)a, wo 'Criminationes' zu 'accusationes' verändert ist und die Schlussworte von 2, 357a 'nemo audiat' fehlen.

2, 357b aus Conc. Toletan. XI. 675 c. 5 in.*^, Hispana Migne LXXXIV, 459 =- Augustod. fol. 100b; vgl. oben 2, 104a; unten 3, 156 gegen Ende (hier stark geändert). Einige Varianten: 'valde' gestrichen (anders 2, 104a), 'hi' eingesetzt (ebenso 3, 156; anders 2, 104a), und, worin allein die Tendenz zum Worte kommt, levi' geändert zu 'ali- qua' (ebenso 2, 104), um jede, auch die schwere Anklage (motio ^-= Anklage, siehe Benedikts Rubrik) zu verhindern.

2, 358 aus dem einzigen auf uns gekommenen Kanon der Carthagischen Synode von 409 ', überliefert in der Dionysiana* (Conc. Afric. c. 74 med. Dion.-Hadr., ed. 1609 p. 260) und bei Fulgentius Ferrandus, Brev. can. c. 52 (ed. Migne LXVII, 952; ed. 1609 p. 624); vgl. unten 3, 114. Rubrik von Benedikt. Text wohl aus der Dion.-Hadr. und nicht aus Eulg. (wegen 'placuit'); Anfangsworte des Origi- nals ('In hoc concilio' vor 'placuit') gestrichen; sonst nur Wortu m Stellungen .

id est sexaginta solidos, conponat; si vero servi . . . hoc facere prae- sumpserint, sexaginta ictibus vapulent'. Vgl. auch Ben. 2, 97. 383. 1) Älit der Mahnung 'bene impressa' ist m. W. Benedikt nirgends in die Schule gegangen ; wohl aber hat er Schule gemacht bei Karlmann, Capitulare Vernense 884 c. 4: '. . . si autem colonus aut servus fuerit, . . . sexaginta ictus bene pressos accipiat'. 2) Zuerst von Hinschius

nachgewiesen. 3) 'sapientiae studiosum' Max. bibl. 4) Die unechten Worte Benedikts 'nemo suscipiat, nemo audiat' kehren unten 3, 107 fin. wieder. 5) 'admittere' Max. bibl. 6) Bereits von Baluze nachgewiesen (Cap. I, 984. II, 1221) ; von Knust durch ein unbrauchbares Pseudoisidor- Zitat ersetzt. 7) Vgl. Maassen, Quellen I, 165. 8) Migne LXVII,

217, c. 107.

Studien zu ßenedictus Levita. Vn. 475

2, 359: Quelle unbekannt^; vgl. unten 3, 112 und Cap. Angilr. c. 13 med.^ Rubrik von Benedikt; teilweise ähnliche Rubrik unten 3, 112. Im Text vgl. zu 'fides' z. B. Stat. eccl. ant. c. 52 (= Ben. 3, 110), zu 'vita' z. B. Anseg. 1, 35 (= Ben. 1, 74. 3, 111) = Admon. gen. 789 c. 35, zu 'libertas' Conc. Afric. c. 96 in. (Dion.-Hadr. ed. 1609 p. 273 : 'Item placuit, ut o m n e s ^ servi * vel p r o p r i i liberti ad accusationem non admittantur').

2, 360 cf. Brev. Cod. Greg. 12, 1 Epit. Aegid., ed. Haenel p. 451; vgl. oben 1, 311. 391, unten 2, 399. 3, 216. Rubrik von Benedikt, zum Teil abweichend von seinen sonstigen Rubrizierungen desselben Textes. Das Original des Textes liegt unverändert vor in 3, 216; die Grundform der Verfälschung bieten 2, 360 = 2,399 ('vel minores' gestrichen; 'non iudicetur. Quod si factum fuerit' einge- schoben; 'prolata sententia' ^ statt 'sententia iudicata'); aus dieser Grundform haben sich 1, 311 und 1, 391 entwickelt^, indem die unechten Worte 'Placuit ut' (1, 311) bzw. 'De- cretum est ut' (1, 391) vorangestellt wurden.

2, 361 cf.^ Brev. Cod. Theod. 9, 29, 3 i n t e r p r. i. f. (ed. Mommsen p. 500) oder Ep. Aegid. (ed. Haenel p. 202)? 2, 361 deckt sich mit 3, 348 und mit Cap. Angilr. c. 38.^ Rubrik von Benedikt. Die Benutzung der zitierten Quellen ist keineswegs unzweifelhaft, wie die Gegenüber- stellung der Texte zeigt:

1) Vgl. Hinscbius, Decretales pseudoisid. p. CLXXII. Vielleicht liegt eine echte Vorlage zu Grunde, an welche möglicherweise Benedikt (wie unten 2, 362) das Schlusswort 'sacerdotes' angeflickt hat. 2) Blosse Parallelen liegen vor in Ben. 1, 74 (= 3, 111). 393. 2, 381h. 3, 110; Angilr. c. 4 § 8 ; c. 12. .3) Das römische Recht (Brev. C. Theod. 9, 3 ; ed. Haenel p. 174 sq.) verpönt nur die Anklage des Herrn durch seinen Knecht. 4) Auch das fränkische Recht verschränkt jedem Unfreien

die Klage ; freilich lässt sich dieser Satz nur durch eine nachbenediktische Quelle belegen, s. Brunner, DRG-. II, ;347, N. ;33. 5) Vgl. zu 1, 311

(N. A. XXXI, 107). 6) Danach ist das zu 1, 391 (N. A. XXXI, 129) Bemerkte zu modifizieren. 7) Conc. Arelat. I. c. 14 (worauf Hinschius, Decretales pseudoisid. p. 764 mit einem Fragezeichen verweist) und Conc. Arelat. II. c. 24 (Migne LXXXIV, 240. 244; oben 2, 314) können nicht als Quellen, sondern höchstens als Teilparallelen in Frage kommen. Knust gelangt üV)er ein Pseudoisidor - Zitat nicht hinaus. 8) Unser

Text war vielleicht auf 3, 197 rubr. und Textende von Einfluss.

Neues Archiv etc. XXXV. 31

476

Emil Seckel.

Ben. Omwis, qui falsa aliis in- tulerit, puniatur et pro falsi- tate ferat infamia.m.

Interpr. (bzw. Ep. Aegid. ^). . . . qui falsa de- principum com- Qui omnes i n f a m es efEecti in exilio detrudentur . . .

ferentes

animos ad iracnndiam

movere praesumunt.

2, 362 scheint zusammengesehweisst zu sein aus Ad- monitio generalis 789 c. 45 in. (MG. Capit. I, 56 sq.) =

c. 96 Dion.-Hadr.3 13. Rubrik von

[ed. 1609 p, Benedikt.

273)*. Text-

Anseg. 1, 44 (1. c. p. 400) ^ und aus der Vorlage des c. 45 cit., d. h. Concil. Afric. Vgl. Cap. Angilr. c. Verhältnisse : Ben. Vües personae wullatenus achnit- tantur ad accusa- tionem sacerdotum^.

Admon. . . . ut V i 1 e s personae non habeant potestatem a c c u s a ndi.

Conc. Afric. . . . ut omnes servi vel proprii

liberti ad a c c u - sationem non admittantur vel . . . omnes etiam infamiae ma- culis aspersi u. s. w.

2, 868 = Statuta eccl. antiqua c. 53 (Migne LVI, 885) = Conc. Carthag. IV. c. 30 Hisp. (Migne LXXXIV, 202 sq.); vgl. unten 3, 219 und Cap. Angilr. c. 49 (cf. c. 11 med.). Rubrik von Benedikt; keine Rubrik in den Statuta und bei Angilram ; andre Rubriken in der Hispana und unten 3, 219. Varianten im Text: 'ferant', statt 'pro- ferant' in Stat., Hisp., unten 3, 219, Angilr.; 'et' fehlt in Stat.«

2, 364 = Conc. Carthag. c. 8 Dion.-Hadr., Schluss- worte der Rubrik (ed. 1609 p. 188); vgl. oben 1. 187,

1) Auf die kleinen Abweichungen der Epitome von der Inter- pretatio kommt hier nichts an. 2) Auf diese Quelle hat schon Baluze

hingewiesen. Knust ersetzt den brauchbaren Hinweis durch ein im- brauchbares Pseudoisidor - Zitat. 3) D. h. Carthagische Synode von 419, zweite Sitzung; vgl. Maassen, Quellen I, 179 f. 4) In etwas ge- kürzter Form steht der Carthagische Kanon awch bei Fulgentius Ferrandus c. 196 (Migne LXVII, 959; ed. 1609 p. 639). 5) Das Wort 'sacer- dotum' hat Benedikt im Sinne seiner Vorlagen hinzugefügt. 6) Schwaches Indiz dafür, dass Ben. gerade die Hisp. vor sich hat.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 477

Tinten 3, 88 ; Cap. Angilr. c. 40. Eubrik von Benedikt ; andre Eubriken 1, 187 und 3, 88. Der Text stellt die Worte der Vorlage ohne sonstige Aenderungen um.

2, 365 = Isidorus Hispal., Sent. III 39 § 2 in. (Migne LXXXIII, 709)1; vgl. unten 3, 167a und Cap. Angilr. c. la init. Eubrik von Benedikt. Im Text zahlreiche Varianten rein formeller Art ; ausserdem eine tendenziöse Inter- polation ('accusat vel' eingeschoben vor 'condemnat').

2, 366 368 aus dem vermehrten Breviar, mit vorgelagerter Fälschung.

2, 366a. In dem gefälschten ^ Capitulare befiehlt der Pseudo - Kaiser, dass alle seine Untertanen von allen Stäm- men (deren 15 namentlich aufgezählt werden) die nach- folgende 'sententiam, quam ex^sexto decimoTheo- dosii imperatoris libro, capitulo^ vide- licet XI., ad interrogata Ablavii ducis illi et Omnibus rescriptam sumpsimus et inter nostra capitula pro lege tenenda ° consultu omnivim fidelium nostrorum *^ tarn clericorum quam et laicorum posuimus legem cunctis perpetuo tenendam', (befolgen sollen '). Nun- mehr wird

2, 366b der Wortlaut der Constitutio ad Ablabium (Const. Sirmond. 1) unter Weglassung des ersten Drittels hergesetzt (ed. Mommsen, Theodosianus p. 907 1. 11 p. 908 1. 11)^; der Text Benedikts deckt sich mit der echten Vorlage bis auf wenige nur formelle Varianten. Die Const. Sirm. 1 hat Benedikt einem Breviarium auctum, Cod. Theod. 16, 'XI de episcopali iudicio', lex 1 entnommen^; er benutzte eine verlorene Schwesterhs. der Codices E (Epo- rediensis 35), Y (Berol. Phillipps. 1741), D (Paris. Sangerm.

1) Von Knust zuerst bemerkt. Vielleicht schöpft Benedikt aus einer Zwischenquelle, z. B. Conc. Aquisgr. 816 Inst, canon. c. 31 (MG. Conc. II, 352 1. 36. 37). 2) Vgl. Conrat, Gesch. der Quellen I, 45,

N. 3. 3) Vgl. unten zu 2, 366b. 4) Als 'capitulum' bezeichnet Ben. den Titel. 5) Zu 'capitula pro lege tenenda' vgl. MG. Capit. I, 293 1. 37 sq. ; I, 295 1. 9 sq. 6) Zu der Wendung 'consultu' u. s. w. vgl.

Studie VI (N. A. XXXI), 104. 7) Das Prädikat in dem ut- Satze

fehlt bei Benedikt; vgl. unten 2, 370b. —Woher Conrat a. a. O. seinen emendierten Text ('lege cuncti perpetua teneant') hat, weiss ich nicht; das Zitat 'MG. LL. Ill, 215' stimmt nicht. 8) Das Datum gibt Ben.

nicht wieder; unrichtig Mommsen I. c. p. 908, Apparat zu 1. 11. 9) Mommsen, Theodosianus I, 1, p. LXXXIX XCI.

31*

478 Emil Seckel.

12445) ^, welche die Const. Sirm. 1 in den erfundenen Titel XI des 16. Buches eingestellt haben.

2, 367 = Breviarium auctum 2, Cod. Theod. 16, 'X de religione', lex 3 (YD)^, entnommen aus dem echten Theodo- sianus 16, 11, 3 (ed. Mommsen p. 906); vgl. unten 3, 287, ferner oben 1, 338 und dazu Studie VI (N. A. XXXI), 113. Rubrik von Benedikt. Text wörtlich^ wie in der Vorlage.

2, 368 = Brev. auct., Cod. Theod. 16, '1 de episco- pis, ecclesiis et clericis', lex 33 (E) ^, entnommen aus dem echten Theodosianus 16, 2, 30 (ed. Mommsen p. 845); vgl. unten 3, 285. Rubrik von Benedikt. Im Text geht Ben. zweimal mit cod. E ('Non' und 'his quibus ecclesia' ^) gegen die codd. YDO ('Non tam' und 'ipsius'); an zwei Stellen weicht er von aller Ueberlieferung in Kleinigkeiten ab: 'sed' statt 'quam' ; 'quoque ut' statt 'ut hi(i) quoque'.

Die 3 Texte aus dem Brev. auct. folgen sich bei Ben. in invertierter Reihe.

2,369 371 drei Fälschungen Benedikts (gegen die Chorbischöfe und gegen den Kriegsdienst der

Bischöfe). 2, 369 : Quelle unbekannt ; nach allgemeiner und rich- tiger Annahme Erfindung Benedikts. Die Aufzählung der Akte, zu deren gültiger Vornahme die Chorbischöfe nicht fähig sind, hat ihre Gegenstücke bereits in der Hispana Gallica Augustod., und zwar in dem (durch Interpolation von den Pi'iestern auf die Chorbischöfe ausgedehnten) can. 7 Concil. Hispal. 11.^ und in dem Schreiben des fal-

1) EYD, also nicht der Codices YDO, wie Mommsen 1. c. I, 2, p. 908 behauptet; denn im cod. 0 (Oxoniensis Bodl. Seid. B 16) steht die Const. Sirm. 1 im Theod. Buch 16, nicht tit. XI, sondern tit. 'III de episcopis, clericis, ecclesiis' als vorletzte lex. 2) Mommsen, Theodosianus I, 1, p. LXXXIX-XCI. 3) Die Codices E (C. Th. 16, 10, 2) und 0

(C. Th. 16, 14, 3) scheiden wegen einzelner Lesarten ('antiquitus' E ; 'nostrorum parentum' 0; 'continuit' E; 'summota superstitione' 0) hier besser aus. 4) Freilich schreibt der Gothanus 'conservari' statt 'custo-

diri' ; letztere Lesart hat aber Baluze (im cod. Vat. Pal. 583 ist 'con- servari' korrigiert aus 'conditori'). 5) Die Codices YDO haben hier abweichenden Text; s. unten. Die Stelle steht bei YD im tit. 16, 2, bei O im tit. 10, 3. 6) Statt 'ecclesia' hat E den Schreibfehler 'ecclesiae'. 7) ed. Hinschius, Decretales pseudoisid. p. 438 sq. ; in der Vatikanischen Hs. der Augustod. fehlt der Kanon wegen Defektes der Hs. ; vgl. Maassen, Pseudoisidor - Studien I, 23. Die echte Passung des Kanon in der reinen Hispana s. bei Migne LXXXIV, 596 sq. Unechte Worte des can. Hispal. sind im Folgenden kursiv gedruckt.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 479

sehen Damasus 366 384 (Jaffe 244) De vana superstitione corepiscoporum vitanda ^. Vgl. aus dem Conc. Hispal. zu:

hominum confirmatio] nee (lieere) per inpositiones manus . . . paraelytum spiritum tradere . . . nee - erismate baptizatorum frontem signare ;

ecelesiarum consecrationes] . . . basilicas consecrarent ; . . . nee ^ lieere henedicere eis eeclesiam ;

altarium conseer.] . . . altaria erigerent; . . . chorepi- scopo inlicita eonseeratio est altaris ; . . nee * lieere . . . eis . . . altaria eonseerare ;

virginum conseer.] vgl. nachher;

krismatum conseer.] (nee ^ lieere eis) erisma confieere;

presbiterorum , diaconorum conseer.] prohibita . . . presbiterorum et diaconorum ac virginum eonseeratio ;

endlieh aus Damasus zu: presbiterorum, diacono- rum et subdiaeonorum ^ conseer.] eis non liceat sacerdotes eonseerare nee diaeonos nee subdiaconos nee virgines.

Der Satz: 'Non enim ea tribuere valuerunt, quae non habent' hat folgende Entstehungsgeschichte. Inno- centius I. epist. ad Eufum et Eusebium 'Magna me gra- tulatio' a. 414 (Jaffe 303) c. 3 i. f. (Migne LXXXIV, 668) sagt: 'certe quia quod non hahxiit, dare non potuit'. Daraus wird bei Damasus (p. 511 Mitte): 'quia quod non hahent, dare nequaquam possuut' oder (p. 513 sq.): 'quo- modo ea, quae non habebant, dare poterant?' bzw.: 'quis hominum . . . dare potest, quod non habet?'; und bei Ben. Lev. 3, 260 : 'quoniam quod non habuit quis eorum, dare non potuit' ; 3, 424 : 'quia quae illi non habuerunt. dare non potuervmt' (direkt aus Innocentius !). um den- selben Gedanken etwas zu variieren, sehrieb schliesslich Damasus (p. 514): 'qui honorem pontificalem non habuit, pontificalia non potest iura trihuere . In ähnlicher Weise gestaltet Benedikt 2, 369 die Phrase um.

Auch die Worte: 'Nequaquam enim talis ordinatio vel eonseeratio reiteratio esse a prudentibus et recte sapientibus videtur' sind nichts anderes als die Umbildung einer alten Dekretale. Leo I. epist. ad Rustieum Narbo- nensem epise. 'Epistolas fraternitatis' a. 458/9 (Jaffe 544)

1) ed. Hinschius 1. c. p. 513. 2) 'nee signare' = Damasus.

3) Damasus : 'eis non iiceat . . . nee ecclesia'^ dedieare'. 4) Damasus :

'eis non liceat . . . nee altare . . . sacrare'. 5) Damasus : 'nee erisma

confieere'. 6) Das Verbot, Subdiakonen die AVeilie zu erteilen, ver-

stösst gegen can. 12 Ancyr, und can. 10 Autioch.

480 Emil Seckel.

c. 15 med. (Migne LXXXIV, 768) ^ schreibt in Bezug auf Wiederholung unerweislicher Taufen : 'in quibus , quod ^ non ostenditur gestum, ratio non sinit, ut videatur itera- tum'. In der Anwendung auf giltige Wiederholung un- giltiger Bischofsfunktionen (der Chorbischöfe) nimmt der Ausspruch Leos bei Ben. 3, 424 i. f. folgende Gestalt an : 'Et ne alicui talis ordinatio vel confirmatio aut consecratio reiteratio esse videatur, adtendat illud, quod scriptum est : "Quod non ostenditur iteratum" (wie oben)^.

Gewisse Phrasen, die Ben. in 2, 369 gebraucht ('episcopi canonice ordinati ; reformare ; peragere ; nee agere potueruut; talis ordinatio et confirmatio ac con- secratio; imperfecta; irrita') kehren in den ebenfalls ge- fälschten, gegen die Chorbischöfe gerichteten Kapiteln des III. Buches (3, 260. 394. 423. 424) wieder.

2, 370. Diese Fälschung^, eine Bittschrift des ganzen Volkes (!) an den Fürsten , mit dem Grundthema 'ne (sacerdotes) in hostem aut pugnam pergerent', hängt insofern mit dem vorhergehenden Kapitel 2, 309 inner- lich zusammen, als die Beschäftigung der Bischöfe mit weltlichen Allotria den Anlass zur Bestellung von Chor- bischöfen (und zur Beraubung des Kirchenguts) zu geben pflegte '".

Die Kapitel 2, 370 383 sind, was innerhalb der 3 Bücher eine Ausnahme bedeutet, mit I n sk r ip tio n e n versehen. Die Aufschrift von 2, 370 lautet: 'Ex capitulis domni Karoli imperatoris Wormatia ^ generaliter decretis atque ab omnibus firmatis et cunctis pro lege tenendis ^ contraditis'.

Der lange Text von 2, 370 scheint weithin ohne Anlehnung an bekannte Vorlagen formuliert zu sein. Die wenigen Anklänge, die sich haben feststellen lassen ^, sind in den folgenden Bemerkungen mit berücksichtigt.

1) = Dion.-Hadr. Leonis Decreta c. 28 med. (ed. 1609 p. 460). 2) 'quod iteratum' ist eine Lieblingsphrase bei Benedikt; sie kehrt wörtlich wieder unten 3, 260. 391 i. f. 424 i. f. Eine Variation steht in S, 402 i. f.: 'Quapropter non apparet iteratum, quod olim canonice non agnoscituf pati'atum'. 3) Vgl. noch die kurze Sentenz beißen, 3, 394 g am Ende : 'quia reformatio non est iteratio'. 4) Vgl. Roth, Gesch. des ßenefizialwesens (1850) S. 356, N. 169 ; H. Brunner (an dem unten S. 483 a. 0.). 5) Vgl. Conc. Meld. 845 c. 44 (MG. Capit. II, 409).

6) Zu Worms im Jahre 770 (wie der Fälscher glauben machen will) ? So Werminghoft", MG. Conc. II, 822, N. 4. Hätte Ben. dann nicht 'regis' schreiben müssen ? 7) Vgl. MG. Capit. II, 652 Index s. v. lex, zu Anfang; II, 585 s. v. capitulum, Spalte 2 oben. 8) Gegen den

Hinweis Knusts auf Lex Baiuwar. 1, 1 (MG. LL. III, 269 sq.) siehe Merkel (1. c. p. 212, N. 39).

Studien zu Benedictus Levita. VII. 481

2, 370a ('Flexis fulciamur' ; Inhalt: die Bischöfe, ausser zweien oder dreien, sollen während des Krieges in ihren Diözesen bleiben) :

Flexis omnes praecamur poplitibus maiestatem vestram, ut . . .] vgl. Conc. Aquisgr. 836, Epistola ad Pippinum regem directa lib. III c. 27 (96) Anfang (MG. Conc. II, 767) '. . . et flexis popUtihiis vestram excellentiam flagitamus, ut . . .';

in hostem pergere] vgl. MG. Capit. II, 640 Index s. V. 'hostis' ;

quosdam enim ex eis (episcopis) in hostibus et praeliis vulneratos vidimus et quosdam perisse cognovimus] die be- glaubigte Geschichte muss zum Mindesten das 'quos- d a m perisse' zurückweisen, das Benedikt seinem Pseudo- Karl d. Gr. in den Mund legt. Aus mündlicher Tradition oder aus Berichten von Zeitgenossen ('cognovimus') kann Karl nur vom Tode eines Bischofs durch Feindeshand Kunde erhalten haben ^ ;

haec . . . oppido sunt cavenda] vgl. unten 3, 179p Ende: 'oppido enim ista omnia cavenda sunt'. Vgl. Simson, Die Entstehung der pseudoisidorischen Fälschungen S. 70;

ne pro talibus vos et nos simul pereamus] die Phrase kehrt mit geringen Abweichungen noch zweimal in unserem Kapitel (2, 370a. k, je am Ende) und unten 2, 427a Ende (wo sie einem echten Text angehängt ist) wieder; vgl. auch unten 3, 141 fin. ;

Quando vero Moyses etc.] vgl. Exod. 17, 11 13; Fassung bei Benedikt selbständig;

aliis exemplis fulti, quorum prolixitatem vitantes] vgl. Simson a. a. O. S. 58 ff., Lurz, Ueber die Heimat Pseudo- isidors S. 49 ff. ; die Phrase kann z. B. entnommen sein aus Conc. Paris. 829 lib. I c. 2 = Episc. relatio 829 c. 2 (vgl. oben zu 2, 170): alia . . . exenipla, qttsie hie ob j^^'o- lixitatem vitan^'Axn. praetermittuntur ; ferner aus Conc. Aquisgr., Epist. ad Pipp. praef., lib. I c. 38, lib. II c. 31, lib. III c. 24 (MG. Conc. II, 730, 5; 746, 8; 758, 41; 766, 10);

sapienti semel dicta sufficiunt] wohl ein Sprichwort,, dem man in ähnlicher Fassung: in den Formelsammlungen

1) Wie mich Herr Kollege Tangl freundlichst belehrt. Der eine Fall ist berichtet in den Ann. regni Franc, ad a. 753 (ed. Kurze, SS. rer, Germ. p. 10) : 'Pippinus rex in Saxonia iter fecit, et Hildegarius episcopus Coloniensis) occisus est a Saxonibus in Castro, quod dicitur luberg; et tarnen Pippinus rex victor extitit'.

482 Emil Seckel.

begegnet; vgl. Formulae Senon. recent. 11 und Formulae Salic. Lindenbrog. 17 (MG. Form. p. 217, 23; 279, 6): 'Ad sapientes sufficit semel loqui' ^ ; etwas abweichend ist die Sentenz gefasst in dem Briefwechsel Alkuins (Ep. 15. 103. 105. 115. 239, JafEe Bibl. rer. Germ. VI, 169. 433. 439. 472. 764; Ep. 82. 155. 154. 166. 136, MG. Epist. IV, 125

1. 24. 251 1. 6. 249 1. 17. 271 1. 22. 210 1. 8): 'sapienti pauca snfficiunt' oder (Ep. 97 [Carolus rex a. 798], Jaffe 1. c. p. 407; Ep. 144 MG. 1. c. p. 230 1. 25): 'cum sapienti paucis utendum (est) verbis';

nullatenus volumus faciendam] zur Sache vgl. den inhaltlich verwandten can. 2 Conc. Germanic. 742 (MG. Conc. II, 3) = Karoli M. Cap. primum 769 c. 1 (MG. Capit. I, 44 sq.) ;

ne pereamus] vgl. oben zu diesem Teilkapitel.

2, 370b ('Quam formam possimus' ; Inhalt: Ent- sprechendes soll für die Priester gelten):

ut nee illi etcJ] zur Sache vgl. die vorletzte Be- merkung zu 2, 370a;

permissione propriorum episcoporum] vgl. oben zu

2, 57. 58. 69b. 84 rubr. 85. 108. 156. 157. 164;

vita ac conversatione] vgl. etwa oben 1 , 74. 393, unten 2, 381h. 3, 111; Conc. Paris. VI. 829 lib. I c. 19 rubr.

2, 370c ('Illud tamen mereamur' ; Inhalt: die im Feld abwesenden Bischöfe bzw. Priester und ihre Kirchen dürfen nicht beraubt werden):

eorum res . . . aut eorum ecclesias viduare] vgl. etwa Episc. relatio 829 c. 27 (MG. Capit. II, 38): 'sedes episco- pales . . . rebus propriis t'ic?«<atae.

2, 370d ('Seimus enim videt' ; Inhalt: Beraubung des Kirchenvermögens ist Sakrileg) :

Seimus . . . res ecclesiae Deo esse sacratas, scimus eas esse oblationes fidelium et precia peccatorum] geht in letzter Linie zurück auf lu Hanns Po m er ins. De vita contemplativa II c. 9 § 2 (Migne LIX, 454): '^c/entes nihil aliud esse res ecclesiae nisi vota fidelium, pretia pecca-

1) A. Otto, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen ßedensarten der Römer (1890) S. 112 führt noch an: Cartae Senonicae 30 i. f. (MG. Form. 198, 31), wo die Hs. fehlerhaft schreibt: 'Ad sapientis semel ('simul' die erste Hand) sufficit' (ergänze : 'loqui'). Zeumers Emendation : 'Ad sapientissimum sufficit' trifft nicht das Richtige. (Den Inhalt dieser Note verdanke ich Herrn GRR. Dr. Holder -Egger). 2) Das Verl)um im Prädikat fehlt; vgl. oben 2, 366 a.

Studien zu Benedictus Levita. Vn,

483

torunt et patrimonia pauperum' ; als Zwischenquelle dürfte in Frage kommen Conc. Paris. 829 lib. I c. 15 (MG. Conc. II, 623 1. 9. 10) oder Conc. Aquisgr. 816, Institutio cano- nicorum c. 35 i. f., c. 116 in. (MG. Conc. II, 357, 14; 398, 1) oder Capitulare eccles. 818. 819 c. 1 in. (MG. Capit. I, 275 = Anseg. 1, 77 = Ben. 1, 208); Quapropter si quis etc.] vgl. die Texte :

Ben. 2, 84 i. Qui fidelium oblationes ab ecclesiis . . . auferunt . . . sacrilegium operantur.

Ben. 2, 370d. si quis eas (oblationes fidelium) ah ecclesiis . . . aiifert, procul dubio sacri- legium committit.

2, 370 e CQuisquis ergo sacrilegium'; Inhalt: Ver- gabung an die Kirche ist Widmung an Gott und seine Heiligen ; also ist Kirchenraub Sakrileg) :

Quisquis ergo etc.] Zu der Niederlegvmg der carta donationis auf den Altar der bedachten Kirche und zu dem ürkundungsakte vgl. H. Brunner, Zur ßechts- geschichte der röm. und germ. Urkunde I, 265. Benedikt schildert, wie Brunner (a. a. O. N. 3) bemerkt, den fränkischen Gebrauch seiner Zeit. Für den Text der von Benedikt inserierten Widmungsurkunde: 'Offero Deo' etc. hat sich die Vorlage bisher nicht auffinden lassen. Was insbesondere die Strafklausel anlangt , so vergleiche man etwa

Form. Visig. 6 i. f.^

Si quis vero , q u o d ^ f i e r i n o n r e o r ^, . . . contra huius epistolae ma- teriem venire conaverit, s a - crilegii crimine teneatur obnoxius.

Ben. 2, 370e. Si quis autem eas inde, quod ^ fieri nuUatenus credo •^ abstulerit, sub poena sacri- legii ex hoc domino Deo . . . districtissimas reddat rationes.

et alias . . . quas euumerare longum est] vgl. Conc. Aquisgr. 836, Epist. ad Pipp. lib. I c. 16 i. f. : 'et alia, quae enumerare longum est'; cf. ibid. c. 36 i. f.: 'ceteras species, quas dinumerare longum est'; ibid. lib. II c. 15: 'omnes inpensas, quas diu. 1. e.' ; ferner oben 2, 244 (Relatio episc. 829 c. 54); Conc. Paris. VI. 829 lib. I c. 19 (lin. 33),

1) Dazu N. A. XXXIV, 348 (Quelle: Lex Visig. 4, 5, 6). 2) MG. Form. p. 578 1. 18. 19. 3) Vgl. die Urk. von 827 bei Baluze, Cap. 11, 1427 'quod futurum esse non credo'. S. auch X. A. XXXIV, 380, N. 2.

484 Emil Seckel.

lib. III c. 2 i. f. (lin. 14); Dicta Pirminii, ed. Caspari p. 162 1. 1 ('alia . . . vitia et peccata . . ., que dinnmerare longum est'); Poen. Egberti c. 4 § 1 = Poen. Merseburg, a c. 25 = Poen. Paris, c. 19 = Poen. Cummeani c. 8 § 6 = Poen. Pseudo- Theodor! c. 10 (25) § 8 (Wass. S. 234. 394. 414. 483. 594): 'vel (oder 'et') alia (bis) similia, quae dinnmerare (enumerare) longum est' ^.

qui eas sacrilegium] vgl. oben zu 2, 37 Od.

2, 370f ('Si ergo sacrilegium est'; Inhalt: Raub am Nächsten verglichen mit dem Kirchenraub). Der ganze Satz geht schliesslich zurück auf Hieronymus, Epist. 52 ad Nepotianum c. 16 (Opp. ed. Vallarsius I, 269 = Migne XXII, 539) : 'Amico quippiam rapere furtum est, ecclesiam fraudare sacrilegium est'. Als vermittelnde Quelle hat zu gelten ^ Conc. Vasense I. 442 c. 4 i. f. (Migne LXXXIV, 260) : 'Amico q. r. f. e., ecclesi a e f . sacrilegium' ('est' fehlt) ^. Der canon Vasensis ist von Ben. leicht über- arbeitet bzw. interpoliert ('Si ergo' ; 'vero' ; 'vel auferre in- dubitanter'; 'est'). Vgl. unten 2, 394b. 407c.

2, 370g ('Unde et in anathema sit' ; Inhalt: Be- rufung auf einen Kanon über rechtswidrige Behandlung der Oblationeu). Der von Ben. im Wortlaut inserierte Kanon 'Si quis oblationes' etc. (= Ben. 3, 7) deckt sich bis auf zwei Wortumstellungen buchstäblich mit Conc. Gangr. c. 7 Dion.-Hadr. (ed. 1609 p. 48)^.

2, 370h ('Absit enim non dubitamus' ; Inhalt: Anathem und Infamie für die Kirchenräuber). Die zweite Hälfte unseres Teilkapitels geht mit einem Stück aus Ben. 3, 261 auf eine gemeinsame Vorlage^ (im Folgenden ge- sperrt gedruckt) zurück :

2, 370h. I 3, 261h.

. . . quoniam scimus Scimus enim a n a -

anathematos homines thematos ho min es et

1) In einer so gewöhnlichen Floskel darf man kein Charakteristikum der Fälschung sehen , wie dies Simson , Entstehung der pseudois. Fälschungen S. 60 unten, tat. 2) Nicht Bonifatius an Aethelbald 745

746 (Epist. 73, MG. Epist. III, 343, 21) : 'Qui rapit pecuniam proximi sui, iniquitatem facit; qui autem pecuniam ecclesiae abstulerit, sacrilegium facit' (= Ben. 2, 407 f. 426 i. f.). 3) In der Hil^ernensis, die für Ben. als Zwischenquelle nicht in Frage kommt, zweimal (17, 6. 42. 3d) un- genau wiedergegeben. 4) In der Hispana (Migne LXXXIY, 113) lautet der Kanon zum Teil abweichend. 5) D. h. wohl auf ein weniger entwickeltes Stadium beuediktischer Erfindung ; denn ein echter Text scheint nicht zu Grunde zu liegen.

Studien zu ßenedictus Levita. VIl.

485

3, 261h. in praesenti seculo i n - f a m e s ^ esse ac perditos et a consortio fide- 1 i n m in omnibus absque pane et aqua fieri a 1 i e n o s atque, s i absque ecclesiae satisfactione^ de hac vita recess e r i n t , a r e g n o D e i f ore extorres°.

2, 370h. vel sacrilegos non solum infames^ et a con- sortio fidelium, prius- quani haee per publicam satisfaction em e c - clesiae^ et episcoporum reconciliationem ^ manusque impositionem ^ emendent, a 1 i e n o s esse , sed etiam a regno Dei extorres^ fieri, s i in talibus d e fec e - r i n t , non dubitamus.

2, 370i ('Ut ergo omnis resistere' ; Inhalt: Gelöbnis des gesamten Volkes, der Kleriker wie der Laien, mit Halmwurf, den Kirchenraub zu meiden und zu hindern):

Omnibus . . . sanctae Dei ecclesiae fidelibus] diese Wendung gehört dem Stil der Urkunden an, wo sie in den Adressen oder Eingängen begegnet, vgl. z. B. Formulae imperiales 13. 18. 19. 22. 25. 29. 32. 3i. 36. 40. 53.55;

stipulas dextris in mauibus tenentes] vgl. Isidorus, Etymol. V, 24 § 30 (Migne LXXXII, 206): 'dicta autem stipulatio a stipula; veteres enim, quando sibi aliquid pro- mittebant, stipiilam tenentes frangebant' etc.

nee talia facere nee facere volentibus consentire] vgl. Eom. 1, 32: non solum, qui ea /«ciunt, sed etiam qui con- sentiunt facientihis'.

2, 370k ('Et hoc vobis pereamus' ; Inhalt: Aus- schliessung der Kirchenräuber von der Gemeinschaft des Kriegsdienstes, des Tisches, des Kirch- und Hofgangs, der Weide und Wohnung u. dgl.):

qui . . . res ecclesiae a regibus *" petere aut retentare vel auferre aut invadere . . . praesumpserint] vgl. Conc. Paris. V. 614 c. 11 (9) (MG. Conc. I, 188 sq.): 'ut nullus . . . ecclesiae . . . res . . . conpetere mit -peTvadere . . . aut retinere ^>res«wat' ; Conc. Cabilon. 639 654 c. 6 (1. c. p. 209) : 'ut nullus . . . res . . . ecclesiavum. invadere aut auferre praesum?it' ;

1) Vgl. Ben. 2, 97 i. f. 394. 2) Vgl. Ben. 2, 88. 97 i. f. 101.

158. 164. 383 i. f. 405b. 407d. 3) Vgl. Ben. 2, 88. 407d. 4) Vgl.

Studie VI (N. A. XXXI), 80 fg. 5) Vgl. Ben. 2, 88. 383 i. f. 6) Vgl. Conc. Arvern. I. 535 c. 5 (MG. Conc. 1, 67) : 'Qui reicolam eclesiae petiint a regebus' etc.

486 Emil Seckel.

nee cibum sumere] = 1. Cor. 5, llfin.; vgl. auch Conc. Vera. 755 c. 9 (MG. Capit. I, 35, 12): 'nee cum nullo christiano cyhum . . . sumere' ;

nee ullam participationem cum eis . . . scienter habere debeamus] vgl. a. a. O. (1. c. p. 35, 8): 'qui cum ipso communicaverit scienter' ;

nisi pro emendatione] vgl. Hinschius, Kirchenrecht V, 1, S. 4, N. 4, wo für diese Ausnahme vom Verkehrs- verbot nur nachbenediktische Belege beigebracht werden ; wegen der Ausnahme vgl. unten Add. IV. 88 i. f.;

ante publicam emendationem et ecclesiae satisfac- tionem^] vgl. Hinschius a. a. 0. S. 10, N. 6, wo es wiederum an älteren Belegen fehlt;

ne pro . . . una cum eis et nos et nostri . . . pereamus] vgl. oben S. 481 zu 2, 370a.

2, 3701 ('Seimus impio' ; Inhalt: Begründung des Verkehrsverbots) :

perit iustus pro impio] vgl. 1. Petr. 3, 18 : 'quia et Christus semel pro peccatis nostris mortuus est, mstus pro iniustis' und Rom. 5, 6 : 'ut quid enim Christus . . . pro impii^ mortuus est?'; ferner Isid., Lib. synon. 1, 9 (Migne LXXXIII, 830): 'iustus damnatur pro impio\

2, 370m ('Tales vero coneedite' ; Inhalt: Ein- sperrung der Kirehenräuber zwecks öffentlicher Busse):

ergastulum] im Sinne von (weltlichem?) Gefängnis mit Zwangsarbeit ^ begegnet ^ anscheinend nur in west- gothischen Konzilien ^ und dann wieder in den Reform- synoden der Jahre 844 und 845 '•>.

2, 370n ('üt ergo haec praecipite' ; Inhalt: Bitte um Aufnahme vorstehenden Gesuchs in die kirchlichen 'scripta' und die königlichen Capitula). Anscheinend frei erfunden.

2, 871: das Kapitel hängt mit dem vorangehenden aufs Engste zusammen. Es enthält die vorläufige Ge- währung der Bitte 'ne episeopi ad bella pergant' durch den König und das Versprechen, auf dem nächsten gene- rale placitum der Bischöfe und Grafen erstens den ge- wünschten Reehtssatz für alle Zeiten schriftlich festlegen

1) Vgl. oben 2, 370h nebst N. 2. 2) Vgl. Hinschius a. a. 0.

IV, 815 f., auch V, 1, S. 40 f. 3) Abgesehen von Siricius epist. ad

Himerium (Jaffe 255) c. 6 (Dien. -Hadr., ed. 1609 p. 317 f.) und abgesehen von Klosterregeln (F. A. K. Krauss, Im Kerker vor und nach Christus, 1895, S. 211. 212 f. 369), die das Klostergefängnis im Auge haben. 4) Conc. Tolet. XI. c. 6 i. f. ; XVI. c. 9 i. f. ; XVII. c. 5 i. f. 5) Conc. Vern. 844 c. 4 (MG. Capit. II, 384, 29) und Conc. Meld. 845 c 10 i. f. (1. c. p. 401, 6).

Studien zu Benedictus Levita. VII. 487

('scriptis firmare') und ferner 'ea quae generalia sunt et Omnibus conveniunt ordinibus' d. h. wohl im Sinne Benedikts: eine Neuregelung des Verhältnisses der staat- lichen und kirchlichen Gewalt nach den Forderungen der pseudoisidorischen Reformpartei festsetzen zu wollen.

Die Inskription lautet : 'Concessio ^ domni Karoli imperatoris' ; wie die Aufschrift des Näheren verstanden werden soll (Erlass der Concessio in Worms?), ergibt ihr Zusammenhalt mit der Inskription von 2, 370.

Der Text mag irgend einer echten Vorlage zum Teil nachgebildet sein. Manche Wendungen halten sich im Urkundenstil:

Omnibus notum esse volumus quia] vgl. z. B. die Arenga in Form. imp. 41 (MG. Form. p. 318): 'Notum fieri volumus Omnibus . . . quod' ; oder ibid. IIb (p. 294): 'notum esse volumus cunctis . . . quia' ;

pro sanctae Dei ecclesiae et sacerdotum sive totius populi et vestra utilitate] vgl. etwa Form. imp. 53 (1. c. p. 325): '^ropter quasdam sancte Dei ecclesie ac regni et populi nostri . . . utilifates ;

vita comite] vgl. z. B.^ Form, extrav. II 6 (1. c. p. 555, 23) : quamdiu . . . vifa com\s fuerit ;

consultu omnium fidelium nostrorum] vgl. Studie VI (N. A. XXXI) S. 104 zu Ben. 1, 303; oben 2, 366a; auch unten 3, 141 ('consultu omnium n o b i lium nostrorum');

ista . . . nostris nostrorumque atque futuris tempori- bus inrefragabiliter manenda] vgl. etwa z. B. Form. Senon. recent. 9 (MG. Form. p. 215, 13): 'cunctis in futumva tem- porihus, quae . . . inventa . . . sunt, . . . perenni stabili- tate . . . \iYv\o\ahiliter . . . conserventur' ; Form. imp. 26 (1. c. p. 305, 15): nostris videlicet et futuris temporihus ;

cunctis sanctae Dei ecclesiae nosMsque fidelibus] feste Formel des Urkundenstils, vgl. die Belege oben S. 485 zu 2, 370 i;

ob Dei . . . amorem] mehrfach in Urkundenformeln, z. B. Form. imp. 16 (1. c. p. 297, 33).

1) Vgl. MG. Formulae und MG. Capit. II, je im Index s. v. 'concessio'. 2) Geht auf die Bibel (Gen. 18, 10. 14 : 'vita comite' ; cf.

4. Reg. 4, 16 : *si vita comes fuerit' Stellen, die ich Herrn GRR. Dr. Holder - Egger verdanke) zurück und kommt natürlich auch sonst vor ; vgl. etwa Hieronymus, Epist. ad Rusticum = Conc. Aquisgr. 816, Inst, canon. c. 96 i. f. (MG. Conc. II, 874 1. 30 : 'si tarnen vita comes fuerit') ; Conc. Matiscon. II. c. 3 i. f.

488 Emil Seckel.

2, 372 380 aus der Admonitio generalis 789^, der Bibel (Proverbia, Ecclesiastes) und Isidorus.

Jedes Kapitel dieser Reihe trägt die von Benedikt herrührende Inskription: 'Ex quibus supra'. Damit soll wohl der Anschein erweckt werden, als seien die Capitula in Worms erlassen (vgl. 2, 370 inscr.), während in Wahrheit Karl d. Gr. sich am Tage des Erlasses der Admonitio (789 März 23) in Aachen aufhielt 2.

Rubriken gehen den Kapiteln unserer Reihe ab, was gegen den sonstigen Gebrauch bei Benedikt und seinem Vorbilde Ansegisus verstösst.

Die Adressen ('Sacerdotibus omnibus' u. s. w.) konnte Benedikt nur dem Original entnehmen ^, nicht der Sammlung des Ansegis. Auch andere Gründe erhärten es, dass Ben. hier das Original vor sich hat und nicht die Zwischenquelle. So ist die Reihenfolge bei Benedikt die originale (Adm. c. 61. 62. 65. 67. 70. 71. 72. 74 + 75. 79. 81 -|- 82), während Ansegis die Admonitio zerrissen hat (Anseg. 1, 58. 59. 62. 3, 89. 1, 66. 67. 68. 3, 90 und 1, 70. App. I. 34. Ans. 1, 75 und 76). So hat Ben. die originale Lesart, wo Anseg. abweicht (Ans. 1, 59 'et ut est'; 1, 62 'Habemus', 'fiant' ; 3, 89 'üt homicidia' ; 1, 66 'pres- byterorum', 'baptisma catholicum', wo es zuerst steht; 1 , 67 'Placuit', 'ammonere ut unusquisque episcopus', 'magna veneratione', 'et cum honore', 'et intentos' u. s. w., z. B. 1, 70 Anfang).

2, 372 = Adm. c. 61 ; vgl. oben 1, 4. Adresse ver- ändert ('Sacerdotibus omnibus' statt 'Omnibus'). Im Text ziemlich gleichgültige Abweichungen vom Original (ge- strichen 'Dei' hinter 'domini', 'quia' hinter 'Israel', 'ille' hinter 'Et ut', 'et ex tota anima' hinter 'mente', 'nostra' * hinter 'virtute' ; zugesetzt 'monemus' ^, 'dicentis' ; zwei Wortumstellungen).

2, 373 = Adm. c. 62; vgl. oben 1, 5; unten Add. III. 2b. Adresse verändert ('Generaliter omnibus' statt

1) MG. Capit. I, 58 62. 462. Benedikt bringt eine Auswahl aus Adm. c. 61 82 ; dass er mit c. 61 einsetzt, beruht nicht auf Zufall, weil in der Adm. auf die Auszüge aus der Dionysio - Hadriana (c. 1 59) andersartige 'capitula, quae nobis utilia huic praecedenti ammonitione subiungere visa sunt' (so sagt c. 60 i. f.) folgen. 2) MGr. Capit. 1,

52 sq, 62. Vgl. Boehmer- Mühlbacher I, 1-, S. 125. 3) Merkwürdiger- weise ist bei der Uebernahme keine einzige Adresse unverändert ge- blieben. 4) Zufällige Uebereinstiramung mit Ansegisus. 5) Aehnlich Anseg. ('admonemus').

Studien zu Benedictus Levita. VlI. 489

'Omnibus'). Im Text einzelne Wörter gestrichen ('seu' vor 'maiores', 'in lege' vor dem ersten Bibelzitat), einzelne ein- gefügt Cpersonae paeem habeant' statt 'personas') und was dergleichen Kleinigkeiten mehr sind.

2, 374 = Adm. c. 65. Adresse verändert wie bei 2, 373. Abweichungen im Text durchweg unbedeutend.

2, 375 = Adm. c. 67. Adresse verändert ('Gene- raliter Omnibus' statt 'Episcopis, omnibus'). Im Text nur formelle Differenzen.

2, 376 = Adm. c. 70; vgl. oben 1, 86. Adresse ver- ändert ('Sacerdotibus omnibus' [cf. 2, 372] statt 'Sacer- dotibus). Im Text einige verschönernde Einschiebsel ohne sachliches Gewicht ('ut eorum fidem . . . bene sciant' statt 'eorum fidem . . .' ; 'eiusque filio et spiritui sancto'); die übrigen Abweichungen nicht nennenswert.

2, 377a = Adm. c 71. Adresse grammatisch ver- ändert ('sacerdotibus' und 'populo' statt 'sacerdos' iind 'populus'). Im Text wenige Varianten ('praevideat' statt 'videat', 'magnitudinem' statt 'dignitatem', 'vana gloria' statt 'vaniloquia', 'et non exeant' statt 'et ut non ex.').

2, 377 b ('Sex sunt discordias') = Proverb. ^ 6, 16 19 mit geringfügigen Abweichungen von der heutigen Vulgata (eine Wortumstellung; Streichung von 'proferentem mendacia' vor 'testem').

2, 377c CQui beatus est'): nicht- Proverb. 3, 13 Anfang: 'Beatus homo, qui invenit sapientiam', sondern Isidorus Hispal., Sententiae 2, 1 § 1 (Migne LXXXIII, 599) : 'Omnis (om. Ben.) 'qui secundum deum sapiens est', ('secundum deum' add. Ben.) 'beatus est'.

2, 377d ('Melius nescias') = Ecclesiastes 6, 9 in., wörtlich wie in der Vulgata.

2, 37 7e ('Ubi fuerit consilia') = Proverb. 11, 2. 14. Der Vulgata gegenüber 2 unerhebliche Varianten und 2 erheblichere ('in malum' hinter 'corruet' eingeschoben; 'melius^ autem est' statt 'salus autem').

2, 37 7 f ('Deus enim stulticia') = Ecclesiastes 5, 1 fin. 2 ; zwei untergeordnete Abweichungen von der Vulgata.

1) Beachtenswert ist, dass auch das Original (in c. 74) den Liber proverbiorum ausschreibt. 2) AVie Knust S. 24 behauptet. Auch nicht Sextus Pythagoricus, Sent. 424 (ed. Elter p. XXVII) : 'Dispensatur a deo vir sapiens et idcirco beatus est'. 3) Vgl. etwa Luc. 17, 2 in.

(oben 2, 104b).

490 Emil Seckel.

2, 377g ('Obsecramus' bis Schluss) = Adm. c. 72 nach dem Anfang. Diesem Teil kapitel fehlt natürlich die Adresse. Im Text begegnen, abgesehen von Un- wichtigem, einige Willkürlichkeiten gegenüber dem Urtext: 'omnes' zn Anfang eingeschoben; 'habeant' vor 'emendatas' (so oder 'emendate' oder 'emendent' die Hss. sowohl der Adm. als des Ansegisus) eingeschoben ^ ; 'per mendosos libros' statt 'sed (stilistische Härte !) per inemendatos libros' ; am interessantesten ist die Verwandlung des echten Rechtssatzes : 'Et ut scolae Zegentium puerorum fiant' in die Vorschrift : 'Et ut scolae gentiZium ^ puerorum fiant'.

2, 378 a = Adm. c. 74. Adresse verändert wie bei 2, 373 und 374. Im Text nur zwei kleine Streichungen ('in illis' hinter 'dandum' und 'et' ^ hinter 'sicut' getilgt).

2, 378b ('Et hoc nobis' bis Schluss) = Adm. c. 75. Da 2, 378b bei Ben. zum T e i 1 kapitel geworden ist, so musste die Adresse des originalen Vollkapitels ('Omnibus') wegfallen. Im Text 1 Variante.

2, 379 = Adm. c. 79. Adresse im Schlusswort ver- ändert Cpopulo' statt 'omnibus'). Text leicht retouchiert, am erheblichsten in dem verderbten Satzteil : 'q u i nudi cum ^ ferro dicunt ^ alicubi dat a m ^ sibi penitenti am*"' vagantes discurrunt', statt des richtigen : 'nee isti nudi cum ferro, qui dicunt se data sibi poenitentia ire vagantes'.

2, 380a = Adm. c. 81. Adresse verändert wie bei 2, 373. 374. 378a. Im Text etwa 25 Varianten, viele nicht erwähnenswert, einige tiefer einschneidend: 'et' vor 'in lege' gestrichen (vgl. N. 3 zu 2, 378a); 'genitor noster' statt 'g. meus' (nur stilistisch) ; 'talia opera' statt 'ruralia opera' (auf den Sinn ohne Einfluss); 'colligendo' statt 'colenda' (um mit 'arando' u. s. w. die grammatische Kongruenz her-

1) Die Lesart 'emendatos habeant' bei Baluze (Capitularia I, 237) ist vielleicht aus Benedikt entnommen. 2) Heidenknaben'? oder Edel-

knaben? (vgl. den vorhergehenden Satz in 2, 377g: 'ingenuorum filios') oder Laienknaben? 3) Diese unscheinbare Tilgung, die analog unten

2, 380a wiederkehrt, ist wohlberechnet. In etwas kollegialischem Tone spricht Karl d. Gr. : Wir, der König, bestimmen, was auch im Gesetz der Herr vorschreibt. Benedikt lehrt seine Könige der Idee der Gott- ähnlichkeit entsagen. 4) nudi cum] 'dimidicum' codd. Goth. et Pal. 583. 5) 'se' add. codd. citt. 6) -am] '-a' codd. citt.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 491

zustellen?); 'concides^ stirpare' statt 'in silvis stirpare' ; 'sed tria tantummodo opera , si necessitas in- gruerit summa, agant et non alia' statt 'et tria carraria opera licet fieri in die dominico' (Verschärfung des Ruhegebotes durch Einschränkung der Kriegs- und Lebensmittelfuhren auf den äussersten Notfall); 'opera pectilia' ^ statt 'acupictile' ; 'libere' hinter 'undique' ein- geschoben.

2, 380b = Adm. c. 82 Mitte (MG. Capit. I, 61 1. 40 p. 62 1. 6). Teilkapitel ohne Adresse. Im Text mehrere Abweichungen formeller Art, z. B. 'omni' vor 'studio' ge- strichen ; 'praedicate fidem tenendam domino' statt 'am- monete eos de dilectione Dei et proximi, de fide et spe in Deo' ; Einschiebung von 'vero', 'omnibus' und 'cunctos monete'.

2, 381. Dieses charakteristische Kapitel, in dem Ben. sich vielfach mit den Capitula Angilramni berührt, ist zum grössten Teil aus den verschiedensten noch heute nach- weisbaren Quellen kompiliert, zum kleineren Teil aus un- bekannten Quellen geflossen ^ oder vielleicht ohne quellen- mässige Grundlage erfunden^.

Inskription ('Ex quibus supra', vgl. 2, 370 380) und Adresse ('Sacerdotibus omnibus', vgl. 2, 372 380) sollen wohl den Anschein erwecken, als ob das vorliegende Nicht- kapitular aus den angeblichen Wormser Kapiteln (2, 370) oder aus der Admonitio generalis Karls d. Gr. ent- nommen sei.

Das Kapitel besteht nach der herkömmlichen Einteilung, die aber für unsere Zwecke nicht weit genug getrieben ist aus nicht weniger als 26 (nichtrubrizierten) Teilkapiteln :

2, 381a ('Studendum est') = Statuta ecclesiae antiqua c. 54 (Migne LVI, 885) = Conc. Carthag. IV. (Hispan.) c. 26 Text (Migne LXXXIV, 202) = Augustod. fol. 35 b'. Benedikt streicht bezeichnender Weise 'sive clericos sive laicos' hinter 'fratres' ; im üebrigen deckt sich sein Text bis auf eine Wortumstellung mit der Augustodunensis.

1) Zur Geschichte dieses "Wortes vgl. Thesaurus linguae Latinae s. V. concaedes; die Form 'concides' findet sich zuerst bei Gregor von Tours (Hist. Franc. 2, 9. 3, 28. 4, -42; vgl. auch Ducange s. h. v.) und in der Lex Salica 16, 5. 2) = pictilia, Stickereien. 3) Ben.

2, 381g/?. hß.y. n. 4) Ben. 2, 381 d.

Xeues Archiv etc. XXXV. 32

492 Emil Seckel.

2, 381b ('Auctoritas ecclesiastica') aus ^ Cassiodorius, Hist. tripartita 4, 9 Mitte (Migne LXIX, 960 D). Text- verhältüisse (Abweichendes kursiv) :

Ben.

Auctoritas ^ ecclesiastica ^

atque canonica docet non de-

here ahsque sententia Romani

pontificis concilia caelebrare.

Hist. trip. . . . cum utique regula ecclesiastica itiheat non opor- teve praeter sententimw Ro- mani pontificis concilia cele- brar/.

2, 381c ('Episcopi') aus^ Conc. Sardic. c. 8 Mitte, Dion.-Hadr. (ed. 1609 p. 162). Text mit der Vorlage bis auf eine Wortumstellung genau übereinstimmend.

2, 381d ('Nullus episcopus'): Quelle bisher nicht ge- funden, wahrscheinlich Fälschung Benedikts. Vgl. Cap. Angilr. c. 2 in.'^ Hinschius 1. c. p. CXIII. 757 meint, das Teilkapitel sei mit Hülfe von Conc. Antioch. c. 15 Dion.- Hadr. (ed. 1609 p. 63), Cassiodorius, Hist. trip. 4, 9 (vgl. oben zu 2, 381b) und Ebonis Remensis Apologeticum (MG. Conc. II, 794 806) angefertigt. In der Tat besteht zwischen Benedikts Wendung: 'episcopus . . . super quibusdam criminibus puls a t u s ' und den Worten des Conc. Antioch. cit. : 'episcopus de certis criminibus accusatus' eine gewisse Verwandtschaft; sachlich kommt Benedikts 'legitima synodus' mit den 'omnes episcopi eius- dem provinciae' ungefähr überein. Sind aber schon diese Beziehungen ziemlich lose, so gilt dies vollends von den zwei anderen angeblichen Quellen. Mit Cassiodor hat Benedikt den Gedanken gemein, dass die Synoden aposto- lica vocatione berufen sein müssen ; in den Worten besteht keine Gemeinschaft, so dass die Quellenfrage zum Mindesten

1) Vgl. Hinscbius, Beeret, pseudois. p. CXIII. 2) Kanonen oder Kapitularien, die mit den Worten 'Auctoritas ecclesiastica' (oder 'canonica') begönnen, habe ich nicht zur Hand. Die Ausdrücke kommen häufig im Kontext der Kapitularien vor (vgl. MCI. Capit. II, 579, Index s. v. 'auctoritas') und nicht selten fangen Urkundenformeln mit den erwähnten Worten an (vgl. z. B. Form. imp. 33. 35. Add. 2, MG. Form. p. 311. 813. 328); auch Regino 1, 413 (= Burch. 2, 26 'Ex conc. Remensi'!) rührt aus einer Formelsammlung her. Vgl. ferner Ben. 1, 129 fin., wo Ben. die 'auctoritas ecclesiastica' aus Eigenem oder aus unbekannter Quelle hat. 3) Erstaunlicher Weise ist die Quelle dieses Teilkapitels

bisher unbekannt gewesen. Knust S. 24 verweist auf Lex Visig. 2, 1, 30 (MGr. LL. Visig. p. 77 sq.), wo sich aber höchstens entfernte Anklänge finden. 4) Auf Grund von Ben. 2, 381 d gearbeitet; darüber an

anderem Ort.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 493

offen bleiben muss. In den beiden Eezensionen von Ebos Apologeticum endlich wird sich schwerlich mehr auftreiben lassen, als folgende leicht anklingende Partie^ p. 795, 27 sq. (forma prior): '. . . ad S]/nodalem. sanctorum conventum, quo . . . licet . . . canonice convocari ^ e2nsco2n\m.

2, 38 le ('Nemo episcopum') gefertigt mit Hülfe von Brev. Cod. Theod. 16, 1, 2 E p i t. Aegid.^ (ed. Haenel p. 246) und, was die Primaten angeht, vielleicht mit Hülfe von Conc. Carthag. c. 19 in. Dion.-Hadr. (ed. 1609 p. 193); vgl. oben 1, 390, unten 3, 153 f und Add. IV. 10. Von den 4 Texten, die Benedikt aus der Epitome Aegidii ge- schöpft hat, scheint unser Teilkapitel * die entfernteste Ab- leitungsform zu sein. Aus einem Original, das mit Haenels Ausgabe 'audeat' schrieb, ist Ben. 3, 153 f ge- flossen. Aus einem andern Text der Epitome ^ in dem 'audeat' durch 'praesumat' ersetzt war, rühren die 3 übrigen Ableitungen bei Ben. her. Und zwar benutzt diesen andern Text mit zunächst nur einer Aenderung^ Ben. 1, 390, wo freilich die Worte 'Sancitum est' und (tendenziös) 'aut sacerdotem vel clericum' interpoliert sind. Weiter entfernt sich von gedachtem Text Ben. Add. IV. 10, indem 'seculares' statt 'publicos' und 'apud summos primates' statt 'apud alios episcopos' gesetzt wird. Durch nochmalige Umarbeitung ('Nemo' statt 'Ut nullus' ; 'pri- mates suos' statt 'summos primates') kommt aus Add. IV. 10 unser Teilkapitel 2, 381e zustande. Wegen des Primas vgl. Conc. Carth. cit., welches lautet: 'Quisquis episcoporum accusatur, ad primatem provinciae ipsius causam deferat accusator' etc.

2, 381 f ('Accusatores') gefertigt an der Hand eines Satzes aus der Synodus habita Romae palmaris (501 Oct. 23), Dion.-Hadr. (ed. 1609 p. 582 Mitte; ed. Mommsen, MG. Auct. ant. XII, 428 1. 19—21); vgl. unten 3, 108. 307. Add. IV. 22; Cap. Angilr. c. 9 c. Die Entwickelungs- geschichte des Teilkapitels ist folgende ^. Die römische

1) Dass auch Hinschius nur diese meint, erhellt aus seiner Praefatio p. CLXXVI. 2) Vgl. unten 3, 153 d. 3) Nicht Interpretatio, wie

Hinschius p. CXIII sagt. Im Uebrigen bleibt Hinschius das Verdienst, den "Weg zu der Hauptquelle von 2, 381 e gewiesen zu haben. 4) Aus dem dann wieder Pseudoisidor sein Decretum Gai papae 3 (p. 214) zu- rechtgemacht hat. 5) Wer will, kann ihn (statt einem älteren Ab- schreiber) auch Benedikt selbst zuschreiVten. Dieser Text lautet: 'Ut nullus episcopum apud iudices publicos accusare praesumat, sed apud alios episcopos . . .'. 6) 'alios' vor 'episcopos' gestrichen. 7) Bereits mitgeteilt in meinem Artikel Pseudoisidor (Realencykl. f. prot. Theo- logie ^ XVI) S. 296 oben.

82'*

494 Emil Seckel.

Synode unter Symmachus^ sagt (1. c): '. . . cum patrum statuta 2 sanxissent, ut, qiws ad accusaimnem. leges sae- culi^ non admittunt, iis^ dicendi in cognitione vel ad- sequendi° aliquid deneganda*^ esset licentia' •'. Daraus maclit Ben. 3, 108: 'Accusatores et accusationes, qua,s secuU leges non admittunt, et^ nos summovemus'. Aus der Urfälschung Ben. 3, 108 ist dann entstanden Ben. Add. IV. 22, indem 'admittunt' zu 'adsciscunt' verändert wurde; aus 3, 108 sind ferner geflossen^ einmal in der Rubrik von 3, 307 die nachstehend kursiv wiedergegebenen Worte : 'De öcci«sa/onbus et accusationihus, qnas seculi leges non admittunt, a clericorum causis repellendis'; ferner möglicher- weise^ in 2, 436 rubr. folgende (kursiv gedruckten) Worte: 'Ut clerici de his causis, quas sectdi leges non admittunt, minime impetantur'. Auf Add. IV. 22 beruht unser Teilkapitel 2, BSlf in seinen ersten 8 Wörtern : 'Accu- satores et accusationes , quas leges seculi non adsciscunt, canonica^^ funditus repellit auctoritas'. Auf Ben. 2, 38 If gehen endlich zurück Ben. 3, 307 (Text) = Cap. Angilr. c. 9c: 'Accusationes et accusatores^^ atque earum negotia, quae secidares non adsciscunt leges, divina ac sjnodica fun- ditus a clericis ^^ repellere auctoritate censemus' etc.

2, 381g a ('Variis detractionibus') aus Cassiodorius, Hist. tripart. 5, 29 in. (Migne LXIX, 1006 C). Text- verhältnisse :

1) Mit unwesentlichen Veränderungen aufgenommen in Ben. 3, 117. 2) Damit ist gemeint can. 2 der zweiten Sitzung (;30. Mai) des Karthagi- schen Konzils von -1:19, erhalten in der Hispana als c. 2 Conc. Carth. VII. (Migne LXXXIV, 227) und in der Dionysio - Hadriana als c. 96 Conc. Afr. (ed. 1609 p. 273): '. . . ad accusationem non admittantur vel omnes, quos ad accusanda publica crimina leges publicae non admittunt' etc. Vorstehende Fassung des Kanon hat auch vor sich Fulgentius Ferrandus, Brev. c. 196 (ed. 1609 p. 6:39; ed. Migne LXVII, 959): 'Ut . . . vel omnes, quos ad accusanda publica crimina leges publicae non admittant (-unt), ... ad accusationem non admittantur'. Eine andere (für unsere Zwecke wichtige) R e z e u s i o n des Schlusses von 419 Inetet Ennodius, Libellus apolog. (MG. Auct. ant. VII, 54 1. 23. 24): 'Quascumque ad accusationem personas leges publicae non admittunt, his inpugnandi alterum et nos licentiam s u b m o v e m u s'. 3) Wegen dieses Wortes können

Ben. 8, 108, Add. IV. 22 und 2, 381 f (a. M. Hinschius p. CXIII) nicht wohl auf Conc. Afr. c. 96 (oben N. 2) zurückgehen. 4) 'his' Mommsen. 5) 'accusandi' (!) ed. 1609. 6) 'delegandam non esse (!) licentiam' ed.

1609. 7) Zu den Schlussworten vgl. Ennodius 1. c. (oben Note 2 a. E.). 8) Abgesehen von der Rubrik zu 3, 108 selbst. 9) Vielleicht gehen

die fraglichen Worte direkt auf die römische Synode zurück. 10) Ausser Pseudo- Julius c. 12d (Hinschius p. 468 oben). 11) Die Quelle der

Schlussworte von 2, 881 f kenne ich nicht. 12) Anfangsworte umgestellt. 18) Zu den Worten 'a clericis' vgl. Ben. 3, 307 rubr.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 495

Hist. trip. Variis ergo doctrinis iion decet lahefactari, sed magis patrum nostrorum röborari sententiam.

Ben.

Variis detractionibus et accusationibus non decet lahe- factari primatem, sed magis patrum regulis roborar'i.

2, ZSlg ß ('Nam et Liberius') : Quelle unbekannt; vielleicht eigener Zusatz des Fälschers. Dass Papst Liberius 'pro Athanasio' zwei Jahre ^ verbannt worden ist, wusste Benedikt aus irgend einer Kirchengeschichte.

2, 381ha ('Multum derogatio') wörtlich aus Cassio- dorius, Hist. tripart. 3, 8 (Migne LXIX, 953 B); nur 'ita- que' gestrichen.

2, 381h /? ('Ideo non omnes admittendi sunt, sed viri probatissimi') : schwerlich echte Norm. Zu 'non omnes admittendi sunt' vgl. Conc. Afric. c. 96 Dion.-Hadr. (oben S. 494, N. 2 zu 2, 38 If). Zu Viri probatissimi' vgl.^ den Erlass Konstantins I. 314 an Ablavius 'lam quidem antehac' (ed. Haenel, Corj^us legum p. 192, col. 1 oben): '. . . cum res fuisset ... ab idoneis ac prohatissimi^ viris episcopis ter- minata' ; der Erlass kann Benedikt bekannt gewesen sein, da er in einer Kanonensammlung enthalten ist^. Weniger gut passen z. B. die 'viri probati' der Rubrik des can. 25 Conc. Araus. I. 441 (Bruns II, 125), die 'probatiores viri' des Textes von can. 25 cit. und die 'testes probatissimi ' des c. 21 Conc. Cabillon. 813 (MG. Conc. II, 278).

2, 381h 7 (Trimo semper') = oben 1, 393. Vgl. ferner Cap. Angilr. c. 3 in., c. 12. Den in 1, 393 hinzugefälschten Eingang 'Item decretum ut' hat 2, 381 noch nicht; im Uebrigen weichen die Texte in 5 ziemlich untergeordneten Punkten von einander ab ('Primo semper'* 2, 381 statt 'semj)er primum' 1, 393; 'vita et' statt 'vita' ; 'inquiratur' * statt 'enucleatim perscrutetur' ; 'nihil aliter fieri' * statt 'non aliter fieri quicquam' ; 'impetitorum prius' * statt 'pr. inp.'). Quellen des Teilkapitels sind nach dem zu 1, 393 Ausgeführten (Studie VI, N. A. XXXI, 129 f.) in erster Linie Conc. Afric. c. 17 med. und Conc. Chalced. c. 21 Dion.-Hadr. (ed. 1609 p. 217. 130); vgl. ferner Stat. eccl. ant. c. 52, Anseg. 1, 35 und Conc. Neocaes. c. 3 Dion.- Hadr. (ed. 1609 p. 38: 'conversatio eorum et fides').

1) Rund gerechnet. Vgl. Jaffe, Reg.- I, 34; Art. Liberius in der Realencykl. f. prot. Theol.^ XI, 452 ff. 2) Cod. Theod. 1:3, 3. 7 (=

Cod. lust. 10, 53, 8) kommt, weil Benedikt unzugänglich, nicht in Frage. 3) Vgl. Maassen, Quellen I, 310 (Ziff. 1). 765. 4) So auch Angilr.

c. 12 (p. 761).

496 Emil Seckel.

2, 38 li ('Non est auctoritas') = Actus apost. 25, 16; vgl. oben 1, 392, unten 3, 184, sowie Cap. Angilr. c. 19. Abweichungen von der Vorlage geringfügig, bezeichnend nur die Ersetzung von 'damnare aliquem hominem' durch 'quemquam clericorum iudicare vel dampnare'.

2, 381k a ('Omnis accusatio intra provinciam audiatur et a conprovincialibus terminetur') soll nach Hinschius ^ aus Conc. Antioch. c. 15 Dion.-Hadr. (ed. 1609 p. 63) stammen. Hier finden sich allerdings die Worte: 'Si quis episcopus . . . accHsatus condemnatur ab omnibus episcopis eiusdem provinci2iQ ; sie sind aber Benedikts Quelle nicht. Die Quelle hätte sich mit Hilfe von Ben. 3, 109 annähernd finden lassen und sie lässt sich wohl glatt und definitiv bestimmen mit Hilfe der Augustodunensis. Hier lautet Innocentii I. epist. ad Victricium episc. Rotomag. 'Etsi tibi frater' a. 404 (Jaffe 286) c. 3, woraus Ben. 2, 381r. s und Ben. 3, 109 geflossen sind, folgendermassen (Cod. Vatic. 1341 Bl. 127b)2:

Si quae ^ causae vel contentiones inter clericos vel * inter laicos et clericos^ tam superioris ordinis quam etiam inferioris fuerint exorte, placnit^, nt*' secundum synodum Nicenam congregatis omnibus ^ eiusdem provintiae epi- scopis iudicium terminetur nee alicui liceat, sine prae- iudicio tamen Roman§ ecclesiae, cui in omnibus causis debetur reverentiam ' custodire '', relictis his sacerdotibus, qui in eadem^ provintia'* Dei ecclesias nutu^ divino^ gubernant, ad alias convolare provintias aut^^ aliarum prius provintiarum episcoporum iudicium expeti vel pati ^^. Quod si quis forte presumpserit, et^ ab officio clert^^ submotus et iniuriarum reus ab omnibus iudicetur. Si autem^ maiores causae in medio ^^ fuerint devolutae, ad

1) Hinschius zu Angilr. c. 9b (Decret. pseudoisid. p. 760). 2) Ab- weichungen von der echten Hispana kursiv. Einzelne Interpolationen sind aus der Dion.-Hadr., Decreta Innocentii c. 10 (ed. 1609 p. 340), geflossen; vgl. unten N. 6? 8? 9. 11, S. 497, N. 1. 3) 'autem' ins. Hisp 4) 'vel clericos' deest Hisp. 5) deest Hisp. 6) deest Hisp. ; habet Hisp Gallica Cod. Vindobon. 411 (cf. Maassen, Pseudoisidor - Studien I, 24) et Dion. - Hadr. 7) 'reverentia custodiri' Hisp. ; 'reverentia custodita'

Hisp, Gall. 8) 'eadem provincia' Dion. - Hadr. ; 'eisdem provinciis

Hisp. ; 'easdem provincias' Hisp. Gall. 9) deest Hisp. ; fluxit ex Dion.- Hadr. 10) 'aut pati' deest Hisp. 11) 'cleri' Dion. -Hadr. _ 'clericatus' Hisp. 12) Nicht 'medium', wie Maassen a, a. 0. irrig angibt.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 497

sedem apostolicam, sicut si/nodus^ statuit et^ heata^ con- suetudo exigit, post iudicium episcopale ref erantur •'^- *. Zu c. 3 hat die Augustodunensis eine doppelte Rubrik, die eine im Rubrikenverzeichnis (Bl. 127a'), welche nur in zwei Punkten ^ von der echten Rubrik der Hispana ab- weicht, die andere unmittelbar vor c. 3 selbst (Bl. 127 b). Letztere ist stark interpoliert^:

III. De causis clericorum super.iorum ^ inferiorumque ordinum ^ mit in propria provintia et a conpi'ovintialihus ^ iusfe üniendis mit ab apostolica sede terminandis. Auf Grund dieser gefälschten Rubrik ist durch neue Um- gestaltung Ben. 3, 109 rubr. geschaffen^:

De causis ejnscopovum vel reliquorum sacerdotmn a conprovincialibus infra propriam provinciam terminandis et non ah aliis, nisi^^ ad primates vel a,d sedem apostolicaw* fiierit^^ provocatnm^^. Ben. 3, 109 Rubrik ist, wenn nicht alles täuscht, die unmittelbare, die oben abgedruckte inter- polierte Rubrik der Augustodunensis die mittelbare Quelle unseres Teilkapitels 2, 381k a (= Angilr. c. 9b)^:

Omnis accnsatio in/ra provinciam audiatur et a conprovincialibus termine^?^r ^'-.

2, 381k/? ('ultra provinciae') wörtlich = Brev. Cod. Theod. 9, 1, 5 Satz 1 (ed. Haenel p. 170; ed. Mommsen, Theodosianus p. 433); vgl. Cap. Angilr. c. 9a, auch c. 4 8 2.

1) 'synodus statuit et' deest Hisp. ; 'synodus statuit' addita sunt ex Dion. -Hadr. 2) 'vetus' Hisp. 8) 'referantur' Hisp., Dion. -Hadr. ;

'reserantur' cod. August od. (vitio scriptoris). 4) Dieser ganze Innocenz- Text ist, bevor er in Ben. 2, 381 r und 3, 109 überging, nochmals retouchiert worden , wie folgende gemeinsamen Abweichungen von der Augustodunensis zeigen : 'maioris' (so auch Pseudoisidor Praef, p. 19 med.) statt 'superioris' ; 'iurgium' (aus der Dion. -Hadr., ed. 1609 p. 340) statt 'iudicium' ; 'cui' statt 'alicui' ; 'vel' statt 'auf ; Auslassung von 'prius' und 'forte' ; 'depositus' statt 'submotus'. 5) 'iuste non' statt 'si minime'; 'terminentur' statt 'determinentur'. 6) Abweichungen von

der echten Hispana kursiv. 7) 'superiorum ordinum' aus dem Text der Dekretale. 8) Dieses häufig in echten Quellen begegnende Wort

ist entweder aus freier Erfindung eingesetzt oder aus 8, 109 herüber- genommen. 9) Abweichungen von der unmittelbaren Vorlage kursiv. 10) Dieser Nisi-Satz ist bei Pseudoisidor zweimal benutzt (was zu Hinschius' Noten nachzutragen ist) : Stephan 10 (p. 185/6) und Julius 17 (p. 473 oben). 11) Die Worte 'fuerit provocatum' sind entweder eigenes Gewächs oder aus Conc. Carthag. III. c. 10 (vgl. oljen zu 1, 404, Studie I, S. 133) bezogen. 12) = Pseudoisidor. Steph. 10 (p. 185 unten).

498 Emil Seckel.

2, 3811 ('Episcopus nee') = Statuta eeel. antiqua e. 8 (Migne LVI, 881) = Cone. Carthag. IV. Hisp. c. 19 Text (Migne LXXXIV, 202) = Augnstodunensis fol. 35 b'. 'üt' vor 'episcopus' gestrichen; im übrigen wörtlich überein- stimmend.

2, 381 m ('Non est iustum') wörtlich = oben 1, 896 Text (Bearbeitung von Cassiodorius, Hist. trip. 5, 17, worüber in Studie VI, N. A. XXXI, 130 f. gehandelt ist). Vgl. auch oben 2, 313.

2, 381 n ('Maior') wörtlich = 1, 397 Text (Quelle unbekannt; vielleicht Bearbeitung von Rufinus, Hist. eccl. 10 [1], 2; s. Studie VI a. a. O. S. 131) i. Vgl. Cap. Angilr. c. 18 i. f.

2, 381 o (ludicis non est') wörtlich = 1, 398 Text, nur dass hier 'quia' aus dem Original stehen geblieben, dagegen oben 1, 398 aus 'quia' : 'quoniam' geworden ist. Das Stück bietet eine Bearbeitung von Pseudo-Ambrosius, Comraentarius in Epist. I. ad Cor. 5, 2; s. Studie VI a. a. O. S. 132.

2, 381p ('Episcopos eiectos') aus Cassiodorius, Hist. trip. 7, 12 Mitte (Migne LXIX, 1079 B); vgl. Add. IV. 3 fin. ; Cap. Angilr. c. 10 (Bearbeitung unserer Benedictus- stelle). Textverhältnisse (Abweichungen kursiv) :

Ben.

Episcopos 2 eiectos atque suis rebus expoliatos ^ in sedes pro- prias recipi et sua omnia legaliter primo eis reddi sancti canones decreverunt; et postea

Hist. trip.

Depositos autem ah eis, qtii

dissimiJem patri filium asser e-

hant, sedes proprias recipere

decreverunt^; si quis autem eos

1) Nachzutragen ist folgende Beobachtung. In der Bobienser Dionysiana (9. Jh.; Maassen, Quellen I, 471 ff.) des cod. Vercell. CXI steht nach Maassen, Bibl. Lat. iur. can. manuscripta I, I (Wiener SB. LIII, 1866) S. 415 unter der Ueberschrift 'Ex concilio Agatensis capi- tulo XIII.' ein Kanon mit dem Anfang: '3/a/ores personas a minoribu^ iudicari prohibemus' etc. Da aber die Herkunft dieses Pseudo-Aga- thensischen Kanon völlig im Dunkeln liegt , so hilft die neue Beob- achtung vorläufig auch nicht w^eiter. 2) Vgl. zum Anfang die Wendungen 3, 116 rubr. : 'De episcopis eiectis vel suis rebus expoliatis' ; 3, 116 Text: 'Si quis episcopus suis fuerit rebus expoliatus'; 3, 153 rubr.: 'Ut episcopus eiectus vel suis carens rebus' etc.; 3, 158a: 'episcopus eiectus vel suis rebus expoliatus'. Der Ausdruck 'rebus suis (oder: 'propriis') expoliare' begegnet natürlich schon vor Benedikt, vgl. z. B. MG. Capit. II, Index s, v. 'exspoliare' (p. 630) und MG. Conc. II, 767, 15). 3) Nämlich die in Lampsacus versammelten Bischöfe.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 499

Ben.

si quis eos accusare vellet, aequo periculo facere sanci- verunt, iudices esse decer- nentes episcopos recte sa- pientes in ecclesia eonve- nientes, ubi testes essent singulorum , qui oppressi videhantav.

Hist. trip.

accusare vellet, aequo Jioc periculo facere sanciverunt, iudices esse decernentes epi- scopos recte sapientes et^ de vicinis provinciis ^ in eccle- siam convenientes, ubi testes essent singulorum, qui dice- rentur oppressi.

2, 381 q (Tlacuit ut si') = Conc. Aurelian. V. 549 c. 17 in. (MG. Conc. I, 106); vgl. unten Add. IV. 9; Cap. Angilr. c. Ib. Im Text geringfügige Abweichungen von der Vorlage, abgesehen von dem gröblich verfälschten Schlüsse: 'sententiam suscipiat excommunicationis' statt der echten Worte 'tunc demum ad metropolitani audien- tiam veniatur' etc.

2, 381 r ('Si quae causae) = Innocentii I. epist. ad Victricium episc. Rotomag. 'Etsi tibi frater' a. dOi (Jaffe 286) c. 3, in der interpolierten Fassung der Hisp. Gall. Augustod.2, welche Fassung vor der Aufnahme in 2, 38 Ir nochmals interpoliert worden ist, wie die teilweisen Ueber- einstimmungen mit Ben. 3, 109^ beweisen. Gegenüber der unmittelbaren Vorlage (Benedikts Konzept) weist unser Teilkapitel nur wenige Abweichungen auf: 'et laicos' "^ statt 'vel inter laicos et clericos' (?) ; 'eccl. Rom.' statt 'Rom. eccl.' ; 'motu' statt 'nutu'. Zu der Interpolation 'nisi fuerit provocatum' ^ vgl. unten 3, 109 Rubrik a. E. (s. oben S. 497).

2, 381s ('Si autem maiores') = Innocent. 1. c. c. 3 Ende, in der zwiefach interpolierten Fassung der Augusto- dunensis ^ und des Benedikt'schen Konzepts '^, welch letzterem gegenüber Ben. 2, 381s nur in zwei Kleinig- keiten differiert ('per' ^ statt 'post' ; 'referatur' statt 're- ferantur').

1) Die Worte 'et de vicinis provinciis' passten nicht in Benedikts System der gegenseitigen Abschliessung der Kirchenprovinzen. Vgl. die analoge Fälschung der Vorlage unten 2, 401. 2) Abgedruckt oben

S. 496 f. 3) Verzeichnet oben S. 497, N. 4. 4) Benedikt deckt sich hier mit dem Innocenz-Text der Klasse AI der Pseudoisidor - Hss.

5) Dafür hat 3, 109 die andere Interpolation : 'nisi hi suspecti fuerint'.

6) Wo 'sicut synodus' verändert war in : 'ut sancta synodus' ; vgl. unten 3, 260 med. und Pseudois. Pelag. II. (p. 724 unten). 7) Sachlich nicht unwichtige, tendenziöse Aenderung!

500 Emil Seckel.

2, 381t ('Prudentissime') : besteht aus zwei Fragmenten {'Pr.' bis 'finienda' und 'maxime' bis 'provocare') des Conc. Afric. Dion.-Hadr. c. 105 ^ nach der Mitte (ed. 1609 p. 287); vgl. unten 3, 102 i. f.; Cap. Angilr. c. 9d. Ab- weichungen von der Vorlage : 'enim' hinter 'Prudentissime' gestrichen ; 'decreta Niceni concilii sive Africani' ein- geschoben; 'decreverwwi' statt 'vider?/«i'.

2, 38 lu ('Servata quae') aus Conc. Constantinopol. I. 381 c. 2b Mitte, Dion.-Hadr.'- (ed. 1609 p. 90); vgl. unten 3, 82 ; Cap. Angilr. c. 8. Text fast wörtlich mit der Vor- lage übereinstimmend (nur 'vero' hinter 'Servata' ge- strichen ; 'dispensat' statt '-set').

2, 381 V ('Si quis episcopus') : Verfälschung von Conc. Antioch. 341 c. 15 in., Dion.-Hadr. (ed. 1609 p. 63); vgl. unten 3, 104; Cap. Angilr. c. 26. Textverhältnisse (Ueber- einstimmendes kursiv):

Conc. Antioch. Si quis episcopus de certis criminihus accusatus condem- natur ah omnihus episcopis eiusdem provinci?ie cunctique conson anter eandem contra eum formam decreti protu- lerint, hunc apud alios nullo modo mfZ/cari , sed firmam concordantium episcoporum provinciae manere senten- tiam.

2, 381 w CQuaecumque sunt') wörtlich = oben 2, 113 (Quelle: Cod. Theod. 16, 2, 23 = ßrev. Cod. Theod. 16, 1, 3; vgl. N. A. XXXIV, 362 zu Ben. 2, 113).

2, 381 X ('Unaquaeque') aus Coelestini I. epist. ad univ. episcopos per Viennensem et Narbonensem provincias 'Cuperemus quidem' a. 428 (JafEe 369), Dion.-Hadr.^

Ben. = Angilr. Si quis episcopus super certis accusatux ^ criminihus ^, ah omnihus audiatur vel * iMfZ/cetur^, qui sunt in pro- vincia,, episcopis.

1) Dieser Kanon ist das Schreiben der 20. Synode an Papst Coelestinus I. 'Optaremus' uras .Tahr 425/426 ; vgl. Maassen , Quellen I, 183. 2) Nicht Versio Isidoriana c. 4 Mitte (Quesnelliana, Migne

LVI, 723 = Hispana c. 3 i. f., Migne LXXXIV, 136) und nicht Versio prisca can. 3 c fin. (Migne LVI, 809). 3) accusatur criminihus] 'cri-

minihus accusatus fuerit' infra 8, 104. 4) vel iudicetur] om. infra

3, 104. Vielleicht sind die Worte 'vel iudicetur' ohne Anlehnung an das Conc. Antioch. interpoliert und liegt in 8, 104 die ursprüngliche Form der Verfälschung vor. 5) Das Schreiben ist in zahlreichen Sammlungen überliefert, vgl. Maassen, Quellen I, 252 ; s. z. B. Quesnelliana Cap. XXXV

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 501

c 17 in. (ed. 1609 p. 423); vgl. unten 3, 94 in. Von den 10 Wörtern des Textes sind 4 interpoliert ('et suis coraprovincialibus episcopis').

2, 38 ly ('Maledictus') = Deuteron. 27, 17. Das erste 'omnis' und 'et reliqua' stehen nicht in der Vorlage.

2, 381z ('Qui sunt supra') = Conc. Constantinopol. I. 381 c. 2a Anfang, Dion.-Hadr.^ (ed. 1609 p. 89); vgl. unten 3, 80. Im Text 2 unbedeutende Aenderungen ('supra' statt 'super', 'aliqua' statt 'hac').

2, 381aa ('Non oportet transferri') : bearbeiteter Aus- zug aus Innocentii I. epist. ad Florentium episc. Tibur- tinum 'Non semel' a. 401—417 (Jaffe 317) 2, Dion.-Hadr. c. 36 (ed. 1609 p. 360) 3; vgl. unten 3, 37. Textverhält- nisse (Uebereinstimmendes kursiv) :

Ben.

Non oportet transferri ter- minos a patrihus constitiitos, ut alter ^ aJterina parrochiam^ invadat atque üUc celebrare divina mijsteria inconsidfo episcopo °, cui commissa est, praesumat.

Dion.-Hadr. Non semel, sed aliquoties clamat scriptura divina trans- ferri non oportere terminos a patrihus constitiitos*^, quia nefas est , si , quod alter semper possederit \ alter in- vadat, quod Nam

. . . imrocldam ad suam dioecesim a maioribus per- tinentem invasisse te atque illic divina celehrasse mysteria ^ inconsulto eodem ac nesciente . . . conquestus est

2, 382 a = Lex Baiuwariorum (canonice compta) 2, 5, MG. LL. III, 283, cf. p. 342. 388; vgl. oben 1, 341. Zur näheren Erläuterung dient das Studie VI (N. A. XXXI),

c. 6 in. (Migne LVI. 579), Hispana num. 36 (34 bis) c. 4 in. (Migne LXXXrV, 689) = Augustod. fol. 159 b'. 1) Nicht Versio Isid. (Ques-

nelliana, Migne LVI, 722 = Hispana, Migne LXXXIV, 135) und nicht Versio prisca c. 3a (Bligne LVI, 808 sq.). 2) Das Schreiben ist nur

in der Dionysiana und Hispana überliefert. Die Worte 'terminos a pa- trihus constitutos' kehren wieder in Conc. Turon. I. 461 c. 9 (Bruns II, 141). 3) Die Hispana scheint weder in der echten Fassung (num. 13 c. un., Migne LXXXIV, 655) noch in der leicht geänderten Textgestalt der Augustod. (Bl. 149b') benutzt zu sein; vgl. die Variantenangaben zum Textabdnick. 4) alter alterius parrochiam] 'alterius p. alter' infra 3, 34.

5) 'eo' infra 8, 34 (bleibt näher bei dem ursprünglichen 'eodem').

6) 'Institutes' Hisp., Hisp. Augustod. 7) sie etiam Hisp. Augustod. ipossederat' Hisp. 8) sie etiam Hisp. Augustod. ; om. Hisp.

502 Emil Seckel.

115 Gesagte. Hier ist nur Folgendes zu bemerken. Unser Kapitel 2, 382 trägt die Inskription: 'Ex capitulis domni Karoli^ regis anno regni eins undecimo actis'; die kursiv gedruckten Worte konnte Benedikt dem Prolog des Capitulare Haristallense 779 (MG. Capit. I, 47) entnehmen. Die Rubrik unseres Kapitels deckt sich mit 1, 341 rubr., nur dass a. a. O. die Worte 'sine iussione dominica' fehlen ; diese Worte kehren im Texte wieder, scheinen aber nicht aus dem Text in die Rubrik gesetzt, sondern durch Umformung der Originalrubrik (ed. cit. p. 262. 360)- gewonnen zu sein ^. Der Text deckt sich in 1, 341 und 2, 382 bis auf eine blos grammatische^ und auf eine interessantere Abweichung : statt '(ca^Htali) c r i m i n i (subiaceat)' so 1, 341 und das Original! interpoliert nämlich Ben. in 2, 382 'capitali sententiae subiaceat'. 2, 382 b Cqui non vult legibus' bis Schluss) scheint von Ben. hinzugefälscht zu sein''; vgl. Studie VI, 115, N. 7. Den Satzanfang 'Dignum est . . . ut' hätte Bene- dikt nicht zum ersten Mal an dieser Stelle gewählt, vgl. oben 2, 79.

2, 383 = oben 2, 97. Ueber gewisse Abweichungen zwischen beiden Parallelkapiteln ist bereits zu 2, 97 (N. A. XXXIV, 353 f.) gehandelt (Inskription; Mangel der Rubrik). Im Text weicht 2, 383 einigemal von 2, 97 ab: (Satz l) 'abstulit' statt 'abstulerit' ; (vorletzter Satz) 'auf vor 'ab- stulerit' gestrichen ; (letzter Satz) 'Extorres " namque a liminibus sanctae matris ecclesiae' statt 'Infames quoque' ; am Schlüsse beigefügt 'atque infamia notandae'.

2, 384 391 aus dem erweiterten Brevia-

rium Alaricianum und aus der Epitome

Parisiensis des Breviars.

2, 384 = Brev. Cod. Theod. 7, 1, 1, ed. Mommsen,

Theodosianus p. 309^; ed. Haenel p. 152. Rubrik von

1) Bis hierher übereinstimmend mit 2, 370 inscr. 2) Lautet:

'Si quis ('De eo, qiif cod. E 11) infra proviucia(m), ubi dux exercitum ordinaverit, sine ducis iussione (iussu) aliquid predaverit'. "Wegen der Aenderung von 'provincia' und 'dux' vgl. Studie VI, 115. 3) Vgl. über die Rubriken der lex Bai. can. compta im Allgemeinen Studie VI, 104, N. 6. 4) 'domosque infringere' 1, 341 ; 'domusque infrangere'

2, 382. 5) Sachliche Verwandtschaft mit der Fälschung zeigt bis

zu einem gewissen Grade c. 3 der Capitula incerta (von Lothar I. oder Ludwig II.?), MG. Capit. II, 97. 6) Vgl. N. A. XXXIV, 345 bei und in N. 7. 7) Von den Lesai'ten interessieren vor allem die der Hss, EO.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 503

Benedikt. Durch Streichung der konkreten Be- ziehungen im Text der Vorlage hat Benedikt die gegen die Plünderung gerichtete Norm generalisiert. Die Ab- weichungen bei Ben. sind folgende : 'cum barbaris' hinter 'Si quis' und 'in Romanos' hinter 'depraeda- tionis', ferner 'alio modo' hinter dem zweiten 'si quis' ge- strichen. Benedikts Lesart 'conburatur' zeigt, dass er eine Breviar-Hs. vor sich hatte, die mit (HG)E(LS) verwandt war; die übrigen Hss. (darunter 0) schreiben 'amburatur'.

2, 385 aus Cod. Theod. 16, 2, 40, ed. Mommsen p. 849 1. 3 6. 12 14; in den Hss. des Brev. auctum, deren Benedikt eine vor sich hatte, steht die const. 40 cit. bald im Titel 'I.' als siebtletzte lex (so cod. E), bald im Titel 'II.' als drittletzte lex (so codd. YD), bald im Titel 'III.' als viertletzte lex (so cod. O)^; vgl. zu 2, 385 oben 1, 339 (bearbeitet) und insbesondere 2, 117. Rubrik von Benedikt (anders lautend als vor den Parallelkapiteln). Im Text teils dieselben Abweichungen vom Original wie oben 2, 117 ('Ab omnibus' statt 'prima quippe' ; 'sibi' [!] statt 'usibus'; 'a [fehlt in 2, 117] quibusdam irruentibus' statt 'sordidorum munerum faece [fasce]'; 'Quod si quis praesumpserit' statt 'Si quis contra venerit') , teils andere ('sacrorum' statt 'secretorum' ; 'publicae' statt 'perpetuae' ; 'uretur' [oben 2, 117 'damnetur' !] statt 'ura- tur'). Ueber die hieraus zu ziehenden Folgerungen vgl. N. A. XXXIV, 363 zu 2, 117.

2, 386 = Brev. Cod. Theod. 9, 7, 1, ed. Mommsen p. 452 2, ed. Haenel p. 180. 182. Rubrik von Benedikt. In dem nicht kurzen Texte nur 2 Differenzen gegenüber dem Brev. auct. : 'in iudicio' hinter 'Qui' gestrichen ; 'pro- vocation i s sentent i a . . . suspendatur' statt 'provoca- tio n e sententi am... suspendatur' (so cod, O ; die andern Hss., darunter E, 'suspendat')^. Während fast alle Hss. des Breviars 'placuit si' und 'vim facere temptavit' schreiben, kommt Ben. mit cod. E in den Lesarten 'placuit ut^ si' und 'v. f. tentaverit'^ überein. Also erhellt wiederum, dass Ben. einen Verwandten des cod. E benutzte.

1) Vgl. Mommsen, Theodosianus I, 1, p. XC. 2) Vgl. vorige

Seite, N. 7. 3) Am Schluss des Kapitels ist 'parti' in MGr. LL. IIb,

p. 95 a 1. 4 verdruckt zu 'patri', und diesen Druckfehler hat Migne XCVII, 795 getreulich übernommen, ßichtig druckt Baluze Capit. I, 998. 4) Mit folgendem accus, c. inf. ! Cod. E steht mit dieser Variante unter allen Breviar-Hss. allein. 5) 'tentaverit' hat ausser cod. E nur

noch der hier nicht interessierende cod. G.

504 Emil Seckel.

2, 387 = Brev. Cod. Theod. 6, 1, 2 i. f., ed. Mommsen p. 260^, ed. Haenel p. 150. Rubrik von Benedikt. Im Text 'igitur' hinter 'Si quis' gestrichen ; 'plene' ^ statt 'plane' ; Schluss interpoliert : 'qui hoc agere temptaverit' ^ statt 'qui divina* praecepta neglexerit'.

2, 388 = Cod. Theod. 16, 2, 29 Original 5, ed. Mommsen p. 844, und E p i t o m e Parisiensis, ed. Haenel p. 248; wörtlich = oben 2, 114. Rubrik von Benedikt (einfach aus dem Text entnommen; anders vor dem angef. Parallelkapitel). Im übrigen ist lediglich auf N. A. XXXIV, 362 zu 2, 114 zu verweisen.

2, 389 = Cod. Theod. 16, 2, 34 in., ed. Mommsen p. 846 ; in den Hss. des Brev. auctum steht c. 34 cit. bald unter dem Titel 'I.' als elftletzte lex (so cod. E), bald unter 'II.' als sechstletzte (so codd. YD), bald unter 'III.' als siebtletzte (so cod. 0)^; vgl. oben 2, 116, wo der Schluss des Kapitels von der Vorlage abweicht. Rubrik von Benedikt (anders gefasst als oben 2, 116). Text wörtlich wie im Original, bis auf zwei für den Sinn der Norm un- schädliche Streichungen ('vel' vor 'temeritate' ; 'sicut etiam prius constitutum est' hinter 'auri').

2, 390 = Cod. Theod. 16, 2, 47, ed. Mommsen p. 852; in den Hss. des Brev. auctum figuriert'^ auch c. 47 jenachdem im 1., 2. oder 3. Titel des 16. Buches, und zwar durchweg als letzte lex^; vgl. zum ganzen Kapitel oben 2, 111, zum Anfang unten 3, 421b, zum Schluss unten 8, 422b. Rubrik* von Benedikt (anders gefasst als vor den Parallelkapiteln). Der Text deckt sich mit 2, 111, nur dass** 2, 390 in den Worten 'a divis principibus' (2, 111 interp.: 'a singulis regibus') sich noch an die Vorlage hält und von

1) Vgl. S. 502, N. 7. 2) Kein Druckfehler der Ausgaben.

3) Das letzte Wort aus 2, 386? 4) Diese byzantinische Bezeichnung

der kaiserlichen Erlasse wollte Benedikt, um im Kapitularienstil zu bleiben, seineu Frankenkönigen nicht in den Mund legen. 5) In den

Hss. des Brev. auctum steht c. 29 cit, bald im Titel '1.' (so cod. E), bald 'IL' (so codd. YD), bald 'IIL' (so cod, 0) und zwar überall vor c. 31. 40 C. Th. 16, 2; vgl. Mommsen 1. c. I, 1 p. XC. 6) Vgl.

Mommsen, Theodosianus I, 1, p. XC. 7) Cod. 0 bringt den Text

nicht in der Kürzung des echten Theodosianus, sondern in der ursprüng- lichen Fassung der const. Sirmond. 6, die auf Benedikts Text keinen Einfluss geübt hat. 8) Auf die Worte 'diversi' (Text: 'divis') und

'statuerunt' (aus dem Text ergäbe sich : 'constituerunt') mag die Epit. Paris. Brev. C. Th. 16, 2, 29 (vgl. oben zu 2, 111) eingewirkt haben. Woher 'inconvulsa' stammt, weiss ich nicht. 9) Von Minutien wie

Wortumstellungen und Verbalendungen wird hier abgesehen.

Stadien zu Benedictus Levita. Vn.

505

der Interpolation 'circa sacrosanctas ecclesias' noch nicht infiziert ist, andererseits auch 2, 111 in dem 'etiam' hinter 'Clerici' (das in 2, 390 getilgt ist) die ursprüngliche Farbe bewahrt hat. Die Breviar-Hs., die Benedikt kopierte, war ein Verwandter der codd. YD. Im übrigen vgl. das N. A. XXXIV, S. 361 zu 2, 111 Gesagte.

2, 391 = Brev. Cod. Theod. 16, 2, 38 Epitome Parisiensis, ed. Haenel p. 248; vgl. oben 2, 103. 112. (114. 388), unten 3, 421a. (477). Rubrik von Benedikt; die 3 ersten Worte decken sich mit der Eubrik vor 2, 112 und mit dem Anfang der Rubriken vor 2, 103. 3, 421. Text- verhältnisse :

Epit. Paris. Ut privilegia, quae ec- clesiis et clericis lege con- cessa sunt, valeant.

Ben.

Praecipimus\ ut

privilegia, quae ecclesiis et

clericis lege ^ concessa sunt,

man eant ^ incorrupta^.

In 2, 387 391 scheint eine Mischreihe vorzuliegen, innerhalb deren je die Auszüge aus dem Brev. auctum (6, 1, 2. 16, 2, 34. 47) und aus der Ep. Paris. (16, 2, 29. 38) die originale Reihenfolge innehalten. Die Kapitel 2, 384 386 bilden vielleicht eine kleine Misch - Unterreihe für sich, innerhalb welcher das erste und dritte Stück einem Verwandten der Breviar-Hs. E, das zweite Stück einem Verwandten der codd. YD bzw. den Konzepten Benedikts entnommen ist.

2, 392. 393 aus der Römischen Synode vom 6. Nov. 502 unter Symmachus^.

2, 392 aus c. 2 med. ; vgl. unten 3, 142 i. f. Rubrik von Benedikt. Im Text hat Benedikt nicht die Fassung unserer Ausgaben vor sich, sondern dieselbe Fassung, deren sich auch das Conc. Aquisgr. 836, Epist. ad Pipp.

1) Vgl. Cod. Theod. 16, 2, 29 in.: '. . , manere inviolata, adque incorrupta . . . praecipimus'. Vgl. oben 2, 103. 112, unten S, 421a. 2) Das Wort 'lege' ist in keines der Parallelkapitel, welche die Epit. Paris, benutzen (2, 103. 112. 3, 421a?), übergegangen. Schon darum ist 2, 391 nicht aus einem der Parallelkapitel ausgeschrieben. Eher könnten 2, 103. 112 unmittelbar auf 2, 391 beruhen; doch steht dieser Annahme wohl das Anfangswort 'Praecipimus' von 2, 391 im Wege. 8) Jaffö p. 98; edd.: Dionysio - Hadriana (1609) p. 570. 571;

MG. Auct. ant. XII, 446 1. 28 447 1. 2. 18. 19.

506 Emil Seckel.

lib. III c. 26^ bedient 2. Zwischenquelle Benedikts ist das Aachener Konzil darnm noch nicht, wie die richtige Aufeinanderfolge der zwei Exzerpte aus der Hömischen Synode bei Ben. 2, 392. 393 zu ergeben scheint ; vgl. auch unten N. 4 zu 2, 393. Seine Vorlage, d. h. den modi- fizierten Text der Hadriana mitsamt seiner grammatisch fehlerhaften Formulierung^, hat Benedikt nur in Neben- dingen gemodelt: 'enim' hinter 'Iniquum est', 'vel' hinter 'quae', 'pauperum causa' (!) hinter 'ecclesiae', 'a' vor 'quibus' gestrichen.

2, 393 aus c. 2 gegen Ende*; vgl. oben 1, 403 (inter- poliert), unten 3, 199 (ebenfalls verfälscht); s. auch unten 3, 207 (andere Verunechtung). Rubrik von Benedikt (ab- weichend von den Rubriken der Parallelkapitel). Im Text hat Ben. nur den Anfang leicht geändert ('Laicis quamvis religiosis', entstanden aus: '. . . quod . . . a laicis quamvis religiosis, quibus').

2 , 394 : Quelle unbekannt ; vielleicht Fälschung Benedikts (gegen den Kirchenraub). Satz 1 des Textes (394a: 'Sacrilegi sunt ecclesiae praedones') klingt, wie wenn er einem Glossar^ entlehnt wäre; der Satz kehrt unten 2, 407d Anfang wieder. Das Zitat in der Mitte des Textes (394b) führt sich bei Ben. folgendermassen ein: 'Unde et in concilio Agathensi sub quarto capitulo decretum habetur ita', ist aber nicht aus dem Conc. Agath. 506 (Migne LXXXIV, 263 273) entnommen, sondern aus dem Conc. Va s e n s e I. 442 c. 4 i. f. (Migne LXXXIV, 260); die bei Ben. angeführte Stelle ist interpoliert (Un- echtes kursiv):

Ben. Conc. Vas.

. . . unde et quidam pa- trum ^ in hoc scriptis suis ''

1) MGr. Conc. II, 766. 2) Aachener Konzil und Benedikt

stimmen in Folgendem gegen das Original überein: 'his (a) quibus' statt 'iis (oder: bis) quos hoc' ; 'servari' statt '-re' ; 'auferri et' eingeschoben; 'aliud' statt 'alterum' oder 'altitudine'; 'transferri' statt 'transfera(n)tur'.

3) 'Iniquum est . . ., ut auferri et in aliud transferri'. Zu dem

'ut' mit accus, c. inf. vgl. oben 2, 386 (S. 508, N. 4). 4) Die Benutzung des Conc. Aquisgr. 836 Cap. III can. 7 (MG. Conc. II, 719 oben) ist hier auch durch die Lesarten ausgeschlossen. 5) Im Corpus glossario- rum ist freilich nichts Hergehöriges zu finden. 6) Hieronymus, gest.

420. 7) Epist. 52 ad Nepotianum (geschrieben 394) c. 16, Migne

XXII, 539.

Sti^dien zu Benedictus Levita. VII.

507

Ben.

Conc. Vas.

inseruit congruente senten-

tia, qua ait: 'Amico quip-

piam rapere furtum est, ec-

clesiae fraudare sacrilegium'.

Amico quippiam rapere furtum est, ecclesiae vero fraudar? vel ahstralii suhripi- que sacrilegium.

Vgl. wegen der Hieronymus- Stelle auch oben 2, 370 f, unten 2, 407c. In dem Schlusssatze (2, 394c 'Omnes enim') knüpft Benedikt, wie es scheint, an eine Glosse^ an ; vgl.

Ben. I Gloss.

Omnes enim contra Sacrilegus contra leges

leges facien tes faciens.

sacrilegi vocantur . . . -

Für die übrigen Worte von 2, 394 c ist ein quellen- mässiger Anhalt nicht zu ermitteln. Zu der Verbindung von Sacrileg und Infamie^ vgl. Ben. 2, 97c ^. 370h.

2, 895. Rubrik von Benedikt.

2, 395a (bis 'sacerdotum') aus Conc. Aquisgr. 836, Epist. ad Pipp. Lib. I c. 32 (MG. Conc. II, 741 1. 11 sq.). Die Bntwickelung des Satzes ist diese ^. In letzter Linie liegt zu Grunde Levit. 27, 21:

. . . sanctificatus erit Domino (ager) et possessio

consec7'ata. ad ins pestinet sacerdotum. Daraus fliesst Conc. Paris. 829 lib. I c. 15" in. (MG. Conc. II, 622 1. 5 sq.) :

Quod autem ea, quae Domino sanctificabantur,

ad ins pertinerent sacerdotum, legalia instituta ^ sanciunt.

1) Im Glossar des Cod. Vat. 3.321 (saec. VII), ed. Goetz, Corpus glossariorum Latinorum IV (1889), 167 1. 11. 2) Etwas gesucht will

es mir scheinen, wenn ßaluze II, 1232 mit Benedikts Worten 'Omnes enim contra leges facientes sacrilegi vocantur' in Be- ziehung setzt Gregorii I. Registr. 9, 89 fin. (MG. Epist. II, 102) : 'Nam sacrilegium et contra leges est, si quis, quod venerabilibus locis relin- quitur, pravae voluntatis studiis suis temptaverit compendiis retinere'. 3) Sie findet sich auch in echten, römischen Quellen, vgl. Brev. Cod. Theod. 8, 3, 1 (ed. Mommsen p. 401 sq.) : 'non modo notabilis, verum etiam sacrilegus iudicetur'. 4) Dazu N. A. XXXIV, 354. 5) Kursiv ist jeweils gedruckt, was schliesslich bei Benedikt wiederkehrt. 6) Nicht 5, wie bei Knust gedruckt ist. Knust hält unrichtig bereits den Pariaer Kanon für die unmittelbare Quelle Benedikts. 7) D. h. eben Lev.

27, 21.

Neues Archiv etc. XXXV.

33

508 Emil Seckel.

Diese Stelle hat dann die Eubrik zu Conc. Aquisgr. 1. c, c. 32 (MG. Conc. II, 726 1. 8 sq.) vor Augen :

. . . quod ea, qiiae Domino sanctificantur, ad ins per-

finennt sacerdotuni. Endlich schreibt der Text des zitierten Aachener Kanon 32 :

. . . ea, quae Domino consecrantur^, ad ius pertinesint

sacerdotmn. Benedikt schiebt vor 'consecrantur' ein: 'offeruntur^ vel' und ändert 'pertineant' zu 'pertinent'.

2, 395b scheint eine Paraphrase von 2, 392 zu sein, vgl.

2, 395b. Et sacrilegi sunt omnes, qui ea aiiferunt vel in aliud transferxint.

2, 392. . . . est . . . sacrilegii

instar, auferri et in

aliud transferri.

2, 396 399 aus dem Breviar und der Lex Visigotborum.

2,396 = Brev. Cod. Theod. 6, 1, 2 interpr.^ (ed. Haenel p. 150; ed. Mommsen p. 260). Rubrik von Bene- dikt. Im Text hat Ben. 'vel seniore' hinter 'principe' ein- geschoben und aus 'sacrilegii reus' 'sacrilegus' gemacht.

2, 397 = Lex Visig. 2, 4, 1 (Recc. Erv.)^, MG. L. Visig. p. 95 ; vgl. unten 3, 369 und Cap. Angilr. c. 10 bis. Rubrik anders als im Original und anders als unten 3, 369. Unmittelbare Vorlage von Benedikt ist An- gilr a m ; er hat am Original bereits Folgendes geändert : 'sacrilegi, raptores' statt 'criminosi sive' ; 'adulteri' ein- geschoben ; 'magosque' statt 'divinosque' ; 'ad accusationem vel' eingeschoben lauter bedeutsame Interpolationen. Ben. 2, 397 und 3, 369 sind aus Angilram abgeschrieben und zwar wörtlich bis auf eine ganz untergeordnete Ab- weichung ('concurrerint' Original und Ang. ; 'decucurrerint' 2, 397; 'cucurrerint' 3, 369).

1) Vgl. Levit. 27, 28 : 'Omne, q u od D o m i n o c o n s e c r a t u r . . .'. 2) Vielleicht war auf die Wahl dieses Ausdrucks von Einfluss Numeri 5, 9 ('. . . primitiae, quas offerunt filii Israel, ad sacerdotem pertinent') oder Conc. Aquisgr. 1. c, c. 34 in., MG. Conc. II, 741 1. 85 sqq. ('. . . quicquid ad sanctuarium Domini . . . offertur . . ., sacerdotis sint et ad eius ius pertineant'). 3) Bei Knust S. 25 ('Cod. Theod. 9, 10, 1

interpr.') muss irgend ein Irrtum untergelaufen sein. 4) Knusts

Quellenangabe (Pseudoisidor- Zitat!) bedeutet einen Rückschritt gegen- über Baluze, der bereits zutreffend auf die Lex Visig. hingewiesen hatte.

Studien zu Beneclictus Levita. VII. 509

2, 398 = Brev. Cod. Theod. 9, 30, 1 interpr.^ (ed. Haenel p. 204 ; ed. Mommsen p. 501) ; vgl. Cap. Angilr. c. 1 bis. Rubrik von Benedikt. Text in Einzel- heiten retouchiert : 'confiteatur' - statt 'fateatur' ; 'per inno- centes' statt 'vel (aut) per innoc' ; 'vel socios' statt 'vel per conscios' ; insbesondere aber wird die Norm verall- gemeinert (also auch auf den Prozess gegen Bischöfe v^egen beliebiger Verbrechen anwendbar gemacht) durch Streichung der im Original auf 'criminis sui' folgenden Worte: 'aut homicidium aut adulterium aut maleficium commisisse'. Angilram^ beruht hier nicht auf dem Original, sondern auf Benedikt (vgl. Note 2); er hat Benedikts Schlussworte 'convictus convincatur' gekürzt, um die 'socii criminis' aus der Reihe der zulässigen Beweismittel zu streichen^.

2, 399 Text wörtlich = 2, 360; vgl. was oben S. 475 zu letzterem Kapitel ausgeführt ist. Die Rubrik weicht von den Rubriken der Parallelkapitel ab.

2, 400: vgl. oben 2, 310; unten 3, 175 (weiter inter- poliert aus einer bekannten Quelle) und 3, 224 in. Rubrik '" und Anfang von 2, 400 = Conc. Arelat. I. 314 c. 17 Hisp. (Migne LXXXIV, 240)^; Abweichungen unbedeutend (in der Rubrik: 'Ne episcopus quilibet' statt 'Ut nullus epi- scopus' ; im Textanfang : 'conculcet episcopum' "' statt 'e. c' ^). Wegen der Schlussworte 'nee eum parrochia' vgl. oben S. 454 zu 2, 310''. Ihre Grundform liegt in 2, 310 vor; in 2, 400 ist hinzugefügt 'in sua parrochia' ^^, in 3, 175 'in sua parrochia veP^ alicubi' ^^

1) Vgl. oben 1, 308, unten ;3, 170, wo die Epitome Aegidii benutzt ist. Auch hier (vgl. S. 508, N. 4) hat Knust, statt den Hinweis von Baluze auf das Breviar zu übernehmen, ein abwegiges Pseudoisidor- Zitat in seine Tabula fontium gesetzt. 2) So auch Angilram. 3) Quelle

von Ben. 2, 898 kann er nicht sein. 4) Ueber die Tendenz dieser

Fälschung vgl. Studie VI (N. A. XXXI), 105 zu Ben. 1, 309. Vgl. ferner die Auslassung der Worte: 'Et si per multitudinem commissum dicetur, si non omnes, possunt tarnen aliquanti cognosci, quorum c o n - fessione sociorum uomina publicentur' (Cod. Theod. 16, 2, 31, ed. Mommsen p. 845 1. 8—11) bei Ben. 2, 115. 406. 5) Die Rubrik kann Benedikt auch unabhängig von der Originalrubrik aus dem Textanfang gebildet haben. 6) Knust zitiert noch Conc. Herudf. c. 8 (Bruns

II, 310) ; doch kommt dem Kanon der Wert nicht einer Quelle, sondern höchstens einer Parallele zu. 7) So auch Ben. 3, 175. 8) So noch, dem Original getreu, Ben. 2, 310. 3, 224. 9) Zu der Wendung 'aliquod ei incommodum faciat' kann ich bei der Korrektur nachtragen : vgl. etwa auch Conc. Aquisgr. 816, Inst, canonic. c. 119 (MG. Conc. II, 399 1. 16) : 'e/s aliqiiid incommodum /"ecerinf. 10) Vgl. dazu etwa die Worte 'in

cuius parrochia' in der Interpolation von 2, 100 (N. A. XXXIV, 356 unten). 11) Vgl. Ben. 2, 308 rubr. i. f.

33*

510

Emil Seckel.

2, 401 = Conc. Sardic. 343 c. 4 nach dem Anfang, Dion.-Hadr. (ed. 1609 p. 160); vgl. unten 3, 103. Rubrik von Benedikt. Abweichungen im Text meistens gering- fügig ('Si quis' ^ statt '. . . ut cum aliquis'; 'iudicio' ^ statt 'in iudicio' ; ferner 2 Wortumstellungen-). Charak- teristisch ist aber die Streichung der im Original ^ auf das erste 'depositus' folgenden Worte : 'fuerit eorum episcoporum iudicio, qui in vicinis locis commoran- tur et' ; über die Tendenz dieser Streichung vgl. oben S. 499, N. 1 zu 2, 381p.

2, 402. Dieses vielbesprochene Kapitel ist entweder einer unbekannten Quelle entnommen oder von Benedikt selbst mit Hülfe der Bibel zurechtgemacht.

2, 402a = 3, 331a (bis 'multata sit') gebildet unter Verwertung von Numeri 12, 8. 1. 10:

Num.

: Quare ergo

d e t r a here '^

u 1 o •*) meo

12, 8 i. f. non timuistis servo (= f a m Moy si?

12 , 1 i. f . : p r o p t e r uxorem eins Aethiopis- s a m.

12, 10 med. : et ecce Maria apparuit candens 1 e p r a.

Ben.

Quod Omnibus^ fidelibus omnibusque ordinibus sum- mopere^ cavendum^ sit, ne^ clanculo aut publice u n c - tum D o m i n i "^ detractio- nibus et vituperationibus dilanient, perpendentes illud exemplum Mari ae, quae ^ eo ', quod 'Moysi famulo* domini

propter Aethiopissam

d e t r a xit , inmunditia ^ 1 e p r ae ^ multata ^ sit.

1) Ebenso Ben. :], 103, wo die Grundform unseres Kapitels vor- zuliegen scheint. 2) Bei Ben. 3, 103 ist die Wortfolge noch die originale. S) Vgl. unten bei Ben. 4) Der Verfasser des Stücks wird eine andere Uebersetzung als die Vulgata vor sich gehabt haben; Sabatier I, 288 druckt eine alte Versio ab, die in der Tat 'detrahere de famulo meo' schreibt. 5) Der Anfang zeigt entfernte Anklänge an Conc. Paris. VI. 829 lib. III c. 2 (MG. Conc. 11, 670 1. 16. 17) : '. . . Omnibus Christianis intellegendum et observandum est, ut s u m m o - pere ab his se caveant, ne . . .'. 6) Vgl. zu 2, 402 d. 7) Die 6 mit der NotenzifFer 7 versehenen Wörter erinnern an Conc. Paris. 829 Lib. I c. 47 (MG. Conc. II, 641 1. 23. 24): 'qui (pro) eo, quod . . ., leprae inmunditia . . . multari (meruit)'.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 511

Mehr lässt sich über die Quellen nicht sagen. Wenn Hinschius p. CXIII. CLII sq. auf I s i d o r von Sevilla, Epist. 4 ad Massonam § 10 (Migne LXXXIII, 901)^ und Alleg. sacr. Script. § 61. 62 (1. c. col. 109)- hinweist, so ist dem gegenüber einfach zu konstatieren, dass die Stellen aus Isidor kein einziges Wort ^ enthalten, das Benedikt der biblischen Erzählung nicht direkt entlehnt haben könnte, und dass bei Isidor Worte fehlen, die Benedikt der Bibel entnommen hat ('unctum Domini', 'famulo', 'propter', 'detra[xit]'). Jene Stellen sind also höchstens Parallelen, an denen es auch sonst nicht mangelt^. Simson '" behauptet, unser Kapitel sei gearbeitet nach dem Stücke 'Quodsi David', das hinter dem falschen Briefe Gregors IV^. (Jaffe 2579) in den Actus pontificum Ceno- mannis in urbe degentium *' steht. Der Ben. 2, 402 a ent- sprechende Passus des Stückes deckt sich fast wörtlich mit unserem Teilkapitel ('Dei' vor 'ordinibus' eingeschoben; 'auf ^ statt 'et' ; 'pro eo' '• * statt 'eo'). Da die Erörterung 'Quodsi David' vor Erscheinen der Actus nirgends begegnet, die Actus aber erst nach Pseudoisidor erschienen sind ^, so hat umgekehrt Benedikt (nebst Pseudoisidor) als Quelle der Actus zu gelten ^°. Die Annahme von Baluze und Knust, dass Benedikt aus Pseudo- Gregor. I. ad Felicem (ed. Hinschius, Decr. pseudois. p. 750) geschöpft habe, ist nur dann diskutabel, wenn dieser in mancher Hinsicht rätselhafte^^ unechte^- Brief (Jaffe 1334) älter ist nicht nur

1) 'Nam legitur, quod Maria soror Moysi prophetissa, dum obtrectationis adversus Moysem incurrisset delictum , illico stigmate leprae perfusa est'. Kehrt wieder in der Coli. Hibernensis 11, 6.

2) 'Maria soror Moysi synagogae speciem praetulit, quae leprosa propter detractionem et niurmurationem contra Christum exstitit. Uxor Moysi Aethiopissa figuravit ecclesiam ex gentibus Christo coniunctam'.

3) Abgesehen höchstens von dem Substantiv 'detractio' ; doch begegnet dieses "Wort in Erörterungen über die Pflichten der Untergebenen gegen die Priester auch sonst, vgl. z. B. Conc. Paris. 829 lib. I c. 19 (MGr. Conc. II, 625 1. 16), und das Verbum 'detrahere' steht Numeri 12, 8 cit.

4) Irische Kanonensammlung 37, 5b (ed.- Wasserschieben S. 183): 'Gildas. Adsentiente Aaron in culpando Moi/se propier uxorcm Äethiopissam lepra Maria damnatur ; quod nobis ^wiendum, qui bonis principibus detrahixam propter mediocres culpas'. (Das kursiv Wiedergegebene deckt sich mit Xum. 12, 1. 8. 10). Vgl. auch ebenda 37, 27 (p. 188) : 'exemplo Mariae contra Moysen murmurantis'. 5) Simson , Entstehung der pseudo- isidorischen Fälschungen S. 48, N. 1. 6) edd. G. Busson et A. Ledru in den Archives historiques du Maine II (1901), 326. 7) So auch Pseudoisidor (s. u.). 8) So auch Ben. 3, 331. 9) Vgl. Seckel, Art. Pseudoisidor S. 277 f. 10) Vgl. Seckel a. a. 0. S. 278 Z. 51 fi. 11) Vgl. Seckel a. a. 0. S. 271/2. 12) Darüber sind alle neueren Forscher einig.

512

Emil Seckel.

als Pseudoisidor, sondern auch als Benedictus Levita. Die heute herrschende Ansicht legt aber den Brief Pseudoisidor selbst bei ^ und nach richtiger Ansicht ist Pseudoisidor jünger als Benedictus -. Freilich darf nicht verschwiegen werden , dass der Baluze - Knustschen Annahme eine Autorität vom Range Maassens zu Hülfe zu kommen scheint -^

2, 402b ('Et illud psalmistae') = 3, 331b: wörtlich = Psalm. 104, 15 (= 1. Paral. 16, 22).

2, 402 c ('Et dominus per Moysen ait'): wörtlich = Exod. 22, 28.

2, 402 d ('Et si David'): entwickelt (was bisher un- bemerkt blieb) aus 1. Regum 26, 9 oder 24, 7:

1. Eeg. 26, 9. ! Ben.

Et dixit David...:! David.. '. . . quis enim extendet ^ . . . m a n u m

non praesumpsit

enim (= m i 1 1 et) m a n u m suam i n Christum (= u n c t u m ^) domini et innocens erit?'

1. Reg. 24, 7. Dixitque (David) . . . : '. . . ne faciam hanc rem domino meo, christo do- mini, ut m i 1 1 am •" m a - num meam in eum, quia Christus domini est'.

in Saul m i 1 1 ere . . . ne m a n u m quidam m i 1 1 ant in unctum° domini

1) So Blondel, Knust, insbesondere Hinschius p. CVII sq. ; vgl. ferner z. B. Sdralek, Hinkmars von Rheims kauonistisclies Gutachten über die Ehescheidung des Königs Lothar II. (1881) S. 133 f., L. M. Hart- mann, MG. Epist. II, p. XXII. 2) Seckel a. a. O. S. 304 (mit Zitaten).

3) Maassen, Gesch. der Quellen I, 786 setzt nämlich die planlose Sammlung der Hs. von Fecamp, die den falschen Gregorbrief Jaäe 1334 (Maassen a. a. O. S. -41 6) enthält, etwa in den Anfang des 9. Jh. Doch dürfte hier ein Versehen auf Seiten Maassens vorliegen ; denn hätte sich Maassen der zweifelhaften Chronologie des Schreibens erinnert, so hätte er es nicht ohne jede Begründung dem 7. oder 8. Jh. zuweisen dürfen. In Konsequenz der herrschenden Meinung wird die Sammlung der Hs. von Fecamp in die 2. Hälfte des 9. Jh. herabzurücken sein.

4) Vgl. auch 1. Reg. 26, 11: 'ne extendam manum meam in christum domini'; ähnlich ebenda Vers 28. 5) Vgl. S. 510, N. 6 zu 2, 402a. Sabatier II, 511 notiert zu 1. Reg. 24, 7 eine alte Uebersetzung : 'Non iniciam manum meam in unctum domini'. 6) Vgl. die Wiederholung in 1. Reo-. 24. 11 fin.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 513

Die von Hinschius p. CLIII angezogene Stelle aus Gregor. M. Eeg. past. 3, i (Migne LXXVII, 55 sq.)^ ist wiederum nicht Quelle, sondern Parallele. üeber das Verhältnis zu den Actus pont. Cenom.- gilt Entsprechendes wie oben zu 2. 402a; ebenso über die Beziehungen zu Pseudoisidor (Greg, ad Felic p. 750 Mitte).

2, 403. Eubrik von Benedikt; ebenso die Urheber- angaben 2, 403 a ("Constantinus imperator de accusationibus episcoporum ait) und 2, 403b ('Imperator quoque Valen- tinianus de episcoporum causis sie ait"). Den Text der kaiserlichen Aeusserungen hat Benedikt aus kirchen- historischen Werken entnommen, und zwar

2, 403a ('Hae ab aliis) zweifellos aus Cassiodorius, Hist. trip. 2, 2 (Migne LXIX, 922 C), mit 4 unter- geordneten Varianten ; vgl. Cap. Angilr. c. 51a;

2, 403b ('Supra nos, inquit, est vestrum negotium, et ideo vos de vestris inter vos agite causis, quia supra nos estis') schwerlich '^ aus Cassiodorius 1. c. 7, 8 ^ (Migne LXIX, 1073 C), sondern vielmehr aus einer anderen Er- zählung desselben Vorgangs. Am Ende stellt sich heraus, dass Ben. hier und oben 1, 397^ eine uns unbekannte Kirchengeschichte zur Hand hatte ^.

1) [== Conc. Aquisgr. 816, Institutio canon. c. 103 (MG. Conc. II, 379 1. 9 lÖ)]: '. . . Cumque eum (David) viri sui ad feriendum Saul accenderent , fregit eos responsionibus , quia maniim mittere in Christum domini non deberet. Qui tarnen occulte surrexit et oram chlamydis eius abscidit. Quid enim per Saul nisi mali rectores, quid per David nisi boni subditi designantur ? Saul igitur ventrem purgare est pravos praepositos conceptam in corde malitiam usque ad opera miseri odoris extendere et cogitata apud se noxia factis exterioribus exsequendo monstrare. Quem tarnen David ferire metuit, quia piae subditorum mentes ab omni se peste obtrectationis abstinentes praepositorum vitam niillo linguae gladio percutiunt, etiam cum de imperfectione reprehendunt'. 2) "Wörtlich mit Ben. übereinstimmend bis auf 'Quodsi' statt 'Et si' ; 'seu' statt 'sive' ; 'vel' statt 'et' lauter Lappalien. 3) A. M. Hinschius,

Decr. pseudois. p. CLXXIII. 4) Die Stelle lautet hier : ' S u p er vo s

est, inquit, talis electio. Vos enim gratia divina potiti et illo splen- dore fuloentes melius poteritis eligere'. Knust zitiert aus Versehen Hist. trip. 8, 12. ö) Vgl. Studie VI (N. A. XXXI), 131. 6) Genau denselben Ausspruch 'Supra nos estis' aus Valentinians Munde will Deusdedit, Libellus contra invasores Cap. 1 n. 10 (MG. Lib. II, 351 1. 3), 'in historia Anastasii' (gest. 879!) vorgefunden haben. Bei Ana- stasius findet sich die Stelle nicht (vgl. Sackur in MG. 1. c. N. 1). Sackur meint, Deusdedit zitiere hier aus dem Gedächtnis eine dem Sinne nach ähnliche Stelle des Anastasius. Davon kann natürlich keine Rede

514 Emil Seckel.

2, 404. Eubrik und Satz 1 (2, 404 a 'Omnibus alienant' ^) von Benedikt. Im Uebrigen ist das umfäng- liche Kapitel fast wörtlich kopiert aus Conc. Aquisgran. 8-86/7, Epistola ad Pippinum regem directa, Lib. III c. 5 8 (MG. Conc. II, 760 sq.), und zwar

2, 404 b ('Unde tollere') = Epist. cit. III, 5 (74) zweite Hälfte-. Eine Abweichung: 'Unde et beatissimus' statt 'De quo beatus'. Wenn die Benedictusausgaben von Baluze und Pertz am Schluss des Teilstücks die Worte 'qui ausus fuerit' einschieben, so hat es damit folgende Bewandtnis. Diese Worte fehlen in einem Teil der Hss. (Cod.Vat. Pal. 583) und in der alten Ausgabe des Pithoeus; sie sind aus dem Original (Augustinus 1. c.) schon früh (Cod. Gothanus) in gewisse, noch festzustellende, Hss. des Benedictus übergegangen.

2, 404 c CQui aliquid aequiparet') ^ = Epist. cit. III, 6 (75). Benedikt schaltet vor 'furatur' die Worte 'aufert vel'^ ein.

2, 404 d ('Et post pauca: Quare testantur') = Epist. cit. III, 7 (76)5. Ohne Variante.

2, 404 e ('Omnes salvatoris') = Epist. cit. III, 8 (77) in.'^ Ebenfalls wörtlich wie in der Vorlage.

2, 405. Rubrik von Benedikt (aus dem Text 2, 405 a). Der Verfasser des Kapitels vermutlich kein anderer als Benedikt selbst war bibelkundiger als die bisherige Benedictus - Forschung '. In der ersten Hälfte (2, 405 a

sein ; denn entweder muss Deusdedit dieselbe Quelle wie Benedikt oder, was bis auf Weiteres wahrscheinlicher ist, Benedikt sellist benutzt haben. 1) Das Initium 'Omnibus sciendum est' findet sich bei Ben. nur hier; die Umstellung 'Sciendum est omnibus' begegnet häufig, vgl. S. 520, N. 3 zu 2, 414. Die Bezeichnung der Kirchenräuber als 'sacrilegi fures' stammt aus Augustinus bzw. Conc. Aquisgr. 836 7 (unten 2, 404b. c; vgl. 2, 405 b. 407g). Zu 'res ecclesiae diripere, vastare, invadere, alienare' vgl. unten S. 525, N. 1—4 zu 2, 426. Zu 'a iure ecclesiarum alienare' vgl. Conc. Aurel. 541 c. 19 (MG. Conc. I, 91). 2) Vorquelle : Augustinus, Trac- tatus 50. in evang. lohannis § 10 (Migne XXXV, 1762). 3) Vorquelle des ersten Satzes ('Qui aliquid comparatur') : Augustinus 1. c. 4) Die Worte fehlen sowohl in der Zwischenquelle (Conc. Aquisgr. Epistola) als im Original (oben N. 3). 5) Vorquelle des Anfangs: Augustinus 1. c.

§ 11 (Migne 1. c). 6) Voi-quelle: Hieronymus, Comment. in Matthaeum 28, 12 sq. (Migne XXVI, 226). 7) Knust meint, 2, 405 sei 'secundum Ben. 2, 395 (Conc. Paris. 829 I. c. 15). 404 (Conc. Aquisgr. S36 7 Epistola III c. 5 8)' gebildet! Jaffe f 357 notiert nicht einmal Bene- dictus als älteste Sammlung.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 515

'Nulli sacerdotum') rühren nur die i ersten Worte von Benedikt her; alles Uebrige ist beinahe wörtlich der Bibel entnommen und zwar a) 'omne quod erit domino' = Levit. 27, 28; Benedikt streicht hinter 'ager' den Haupt- satz 'non vendetur nee redimi poterit' und ersetzt ihn durch 'vel' ; ß) 'ad ius pertinet sacerdotum' = Levit. 27, 211. _ Die zweite Hälfte (2, i05b Tropter quod sacrilegus') scheint im Allgemeinen des Quellenanhalts zu entbehren ; wegen 'usque ad . . . ecclesiae . . . satisfac- tionem' vgl. oben 2, 370 h nebst Note 2. 370 k, nuten 2, 407d. 3, 433; zu 'für sacrilegus' vgl. oben 2, 404 b. c (Conc. Aquisgr.).

2, 406 aus Cod. Theod. 16, 2, 31, ed. Mommsen p. 845 1. 1 4.- 13 21; const. 31 cit. ist aus dem echten Theodo- sianus übergegangen in das Benedikt zugängliche Brevia- rium auctum der Hss. E (tit. I), YD (tit. II), O (tit. 111)3; vgl. oben 2,115. Eubrik von Benedikt (lautet anders als oben 2, 115). Der Text von 2, 406 deckt sich fast völlig mit dem Texte von 2, 115. Eine Differenz besteht nur in den Worten : 'aliquid i m p ortet iniuriae v e 1 inf erat ad divini cultus iniuriam, . . .' (2, 406), bezw. : 'aliquid, quod non oportet, iniuriae inf erat; divini cultus iniuriam . . .' (2, 115). Das Original schreibt: 'aliquid in p ortet iniuriae (1. 3. 4), quod geritur, litteris ordinum . . . defe- ratur in notitiam potestatum . . . adque ita provinciae moderator sacerdotum . . ., loci quoque ipsius et (1. 4 13)"^, divini cultus iniuriam' (1. 13. 14) u. s. w. Ben. 2, 406 steht also zu Anfang des fraglichen Passus dem Original näher als Ben. 2, 115. Im üebrigen ist auf das zu 2, 115 Gesagte zu verweisen (N. A. XXXIV, 362 f.).

2, 407. Fälschung Benedikts, teilweise selbständig stilisiert, teilweise aus fremden Lappen zusammengeflickt.

2, 407a ('Omnia quae sacerdotum'). Zu 'Omnia, quae domino offeruntur . . . consecrantur' vgl. oben 2, 395 in.

1) Möglicherweise tiat Ben. die beiden Bibelstellen in 2, 405 a aus derselben Zwischenquelle bezogen wie den Text von 2, 404; Levit. 27, 28. 21 stehen nämlich im Conc. Aquisgr. 836/7, Epist. ad Pipp. Lib. I c. 32, IMG. Conc. II, 741 1. 12 ff. 7. 2) Wegen der Auslassung des

Folgenden vgl. oben S. 509, N. 4 zu 2, 398. 3) Vgl. Mommsen,

Theodosianus I, 1, p. XC. 4) 'quod geritur ipsius et' (1. 4 13) bei Ben. weggelassen, bzw. ersetzt durch 'vel inferat ad' (2, 406) oder 'in- ferat' (2, 115).

516 Emil Seckel.

405 in. nebst Quellenangaben. Bei Aufzählung der Be- standteile des Kirchenguts ('sive in mancipiis' u. s. w.) hält sich Benedikt an die üblichen Sachenkataloge der Ur- kunden ^ Aus Zeumers Formulae lassen sich belegen die mancipia-, agri, vineae, silvae, prata, aquae aquarumve decursus, libri (MG. Form. p. 480 1. 28), utensilia (p. 86 1. 2 ; p. 203 1. 39), aedificia, vestimenta (p. 282 1. 33 ; p. 480 1. 28), pecora, pascua, mobilia et immobilia; dagegen finden sich überhaupt nicht oder wenigstens nicht in Sach- aufzählungen die artificia, petrae, pelles, lanificia, mem- branae. Die Herkunft der Wendung 'ad ins pertinent sacerdotum' ist oben zu 2, 395 und 405 nachgewiesen (Levit. 27, 21 nebst Ableitungen).

2, 407b ('Et quia tolluntur'). Die Worte 'Christum et ecclesiam unam personam esse' sind wörtlich dem Conc. Aquisgr. 836 7, Epist. III, 7 (MG. Conc. II, 760 1. 33) bzw. Augustinus (vgl. oben zu 2, 404 d) entnommen; ebenso (wenigstens beinahe wörtlich) die durch Interpolationen unterbrochenen Kernworte unseres Teilkapitels : 'quaecum- que ^ ecclesiae sunt, Christi sunt ; et quae ecclesiae . . . offeruntur, Christo offeruntur; et quae ab ecclesia eins . . .^ . . . tolluntur . . .^, Christo'^ tolluntur'.

2, 407c ('Et si ab sacrilegium est). Die hier über- arbeitete Quelle' ist oben S. 484. 506 f. zu 2, 370f und 2, 394b nachgewiesen (Hieronjmus bezw. Conc. Vasense I. 442). Benedikt 2, 407 c fälscht hinzu die Eingangsworte 'Et si ab' und den Passus 'precipue dominantium': aus 'eccle- siam (-iae) fraudare' macht er '(Christo) . . . aliquid auferre vel alienare ^ subripere vel vastare ^". Zu '(Christo), qui est rex regum et dominus dominantium' vgl. 1. Timoth. 6, 15; Apoc. 19, 16.

2, 407 d ('Omnes efficitur"). Anfang 'Omnes nam- que ecclesiae praedones manif estissime sunt s a - crilegi' = 2, 394 a, erweitert um die vorstehend nicht

1) Statt auf sie, verweist Knust auf 'Conc. Aurel. I. c. 15' (ge- meint wohl c. 11, Migne LXXXIV, 276); dort (c. 11) stehen aber von den bei Benedikt genannten Gegenständen nur die mancipia und die vineae. 2) Wo die Belege sich in Menge finden, gebe ich sie nicht.

3) Vorlage : 'quae'. 4) Zu der Interpolation 'quocumque commento (alie- nantur)' vgl. oben 1, 386. 2, 96. Einer ähnlichen Redensart bin ich unterdessen begegnet in den Decreta Symmachi (Conc. Rom. 502 Nov. 6) c. 6 rubr. Dion. - Hadr. (ed. 1609 p. 579) : 'gwolibet alienare commento'. 5) Zu der Interpolation 'sive alienando sive vastando sive invadendo . . . sive diripiendo' vgl. oben 2, 404a. 405b; unten 2, 407c. 6) Vorlage:

'procul dubio Christo'. 7) Von Knust zu 2, 407 nicht erwähnt.

8) Vgl. oben N. 5.

Ben. T a 1 i um vero scelerum patratrori b ii s ^, ni s i post praedictam satisfactionem

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 517

gesperrten drei Worte. Zu 'per ecclesiae satisfactionem' vgl. das bei 2, 405 b Bemerkte. Zu 'episcoporum per manus impositionem' vgl. Studie VI (N. A. XXXI), 80 f. ; zu 'episcoporum . . . reconciliationem' z. B. 2, 370 h. Die Wendung 'regnum Dei possidebit' ist biblisch (1. Cor. 6, 9. 10). Die Sanktion 'a liminibus sanctae ecclesiae ex- torris' findet sich in ähnlicher Form oben 2, 8S. 370 h. 383 (vgl. N. A. XXXIV, 345 bei N. 7).

2, 407 e ('Talium debemus quia) : vgl. S. Bonifatii et Lulli epist. 78, Bonif. Cudberhto archiep. Cantabrig. a. 747 (MG. Epist. III, 355 1. 13—15); doch sind die Be- ziehungen etwas lose :

Bonif. T a 1 i bus, s i aecclesiae correptionem non recipiunt . . ., nee- vivis nee nee vivis nee mortuisjmortuis- communicat communic are minime ecclesia Dei. debemus ; quia etc. ]

2, 407 f Cqui rapit sacrilegium facit') wörtlich = S. Bonif. et Lulli epist. 73, Bonif. ad Aethelbaldum regem Mercionum a. 745—746 (MG. Epist. III, 343 1. 21 sq. ^ vgl. unten 2, 426 i. f.

2, 407 g ('Qui non efficiuntur') : gefertigt mit Hülfe des angeführten Schreibens des Bonifatius an Aethelbald (1. c. p. 355 1. 9 11); vgl. unten 2, 427 Mitte. Text- verhältnisse :

Ben. I Bonif.

Qui non ^ solum s a c r i - Talern hominem antiqui

1 e gi, sed etiam fures sacri- patres nominabant raptorem legi ^ et 1 u p i atque ho- et sacrileg um et h o - micidae pauperum-micid am p a u p e r u m que necatores ^ sunt, et in- j e t 1 u p um ...et maximo

1) Das Wort 'patrator' steckte vielleicht Benedikt noch von 2, 404c her in der Feder. 2) Weniger Aehnlichkeit mit Benedikts Elaborat

hat die (bei Dümmler nicht notierte) Vorlage des Bonifatius, nämlich Leos I. Schreiben an Rusticus von Narbonne 'Epistolas fraternitatis' Jaffe 544 (c. 20 Dion. -Hadr., ed. 1609 p. 457): 'Nos autem, quibus viventibus non communicavimus, mortuis communicare non possumus'. 3) Abdruck der Stelle oljen S. 484, N. 2 zu 2, 370 f. 4) Zu 'non

solum sacrilegi' vgl. oben 2, 405 b i. f. 5) Zu '(pauperum) neca-

tores' vgl. Conc. Agath. 506 c. 4 (Migne LXXXIV, 263) oder einen der vielen jüngeren Kanonen, die den Ausdruck gebrauchen (s. z. B. MG. Conc. I, 273 Index s. v. 'necator').

518

Emil Seckel.

Ben.

super anathematis vin- culo dampnati coram Deo et sanctis eins effi- ciuntur.

Bonif. anathematis vincnlo d a m p n a ndum ante tri- bunal Christi.

2, 408, abgesehen von dem Schluss, = Lex Visigotho- rum 12, 3, 8 rubrica (Erv.), MG. L. Visig. p. 435 oder Conc. Tolet. XII. 681 c. 9 § 8 (Migne LXXXIV, 477); vgl. oben 2, 130. 327; zum Anfang auch: unten Add. IV. 2 in., zur Mitte: 3, 179 gegen Ende. Eubrik zur Eubrik von Benedikt, gleichlautend mit 2, 327 rubr. Im Text eine nebensächliche Variante ('nee . . . audeant' statt 'et ut . . . non audeant') und zwei tendenziöse Interpolationen: 'christiani ' ^ statt 'ludei' und Einschaltung von 'cum vir- ginibus' ^ zwischen 'sacerdotis' und 'nubere'. Wegen der Textentwickelung vgl. N. A. XXXIV, 369 zu 2, 130. Der Schluss (2, 408 b: 'neque viduas absque suorum sacer- dotum consensu et conhiventia plebis ducere praesumant') scheint Fabrikat des Fälschers zu sein; wenigstens hat sich eine Quelle nicht ermitteln lassen -''. Blosse Inhalts- verwandtschaft besteht zwischen Ben. 2, 408 b und Capit. ecclesiast. 818. 819 c. 21 (MG. Capit. I, 278).

2, 409 = Conc. Clippiacense 626. 627 c. 10^ (MG. Conc. I, 198 aus cod. Monac. 5508)^; vgl. unten 3, 435. Rubrik hier von Benedikt (anders unten 3, 435). Im Text weicht Benedikt 2, 409 von der Vorlage ^ an folgenden Stellen ab: 'sine ('non eo' codd. Goth. et Vat. Pal. 583) gradu se' statt 'infra prescriptum ca n o n e ^ gra-

1) Vgl. 2, 130. 327. 2) Vgl. 2, 130 (zur Sache). 3, 179 i. f.

3) Auch Scherer, Ueber das Eherecht ])ei Ben. Levita S. 18. 19 und Freisen, Gesch. des can. Eherechts S. 674 wissen keine Quelle zu nennen.

4) Knusts Hinweis auf 'Paul. Sent. II. 26' ist wertlos. 5) Vgl. auch Conc. sub Sonnatio episc. Remensi habitum 627 030 c. 8, aus Flodoardus, Hist. eccl. Rem. 2, 5, ediert MG-. Conc. 1, 204. Benedikts Text steht dem cod. Monac. 5508 näher als der Rezension (vgl. oben S. 114, N. 3) Flodoards. Bei Flodoardus fehlen z. B. folgende, Ben. und der recensio Monac. gemeinsame, Wörter : 'utrique'; 'habere'; 'in foro' ; 'usque ad Sequestrationen!'. 6) Der Schreiber der Münchener Hs. oder ein Vorgänger von ihm konnte die Merowingerschrift seines Exemplars nicht ordentlich lesen; der überlieferte Text ist m. E. (u. a. mit Hülfe des Doppeltextes bei Benedikt) zum Teil anders zu emendieren , als von Maassen geschehen ist. 7) Daraus das 'non eo' der besten Benedictus- Hss. ? und das 'non est' des cod. Monac.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 519

dum se^'-; 'habebunt^ statt 'non (Schreibfehler?) habebunt' ; 'iiicesto' statt 'incestuose' ; 'primos' statt 'proprios'. In dem Schlussworte 'fateantur' stimmen Flodoardus, Ben. 2, 409 und Ben. 3, 435 überein, während der cod. Monac. 'feriantur' schreibt^.

2, 410 aus Brev. Cod. Theod. 3, 12 rubrica und 3, 12, 3 (2) interpretatio (ed. Haenel p. 88. 90; ed. Mommsen p. 150. 152 1. 10. 11); vgl. unten Add. III. 104 in. Die Inskription 'Ex libro legum Theodosii III., capitulo XI.' hat Benedikt, und zwar annähernd richtig, gebildet. Seine Eubrik 'De incestis' ist wohl der Originalrubrik ('De in- cestis nuptiis) entnommen. Dem Excerpt aus der Inter- pretatio setzt Benedikt die Worte 'Quod incesti' voran; im üebrigen weicht er nur wenig von der Vorlage ab ('sint' statt 'habeantur'; 'legitimi heredes' statt 'heredes^ legitimi [nee ^ heredes ^'] ; 'utraeque' statt 'uterque' ^).

2, 411 428 aus S. Bonifatii et Lulli Epistolae, untermischt mit Stücken aus der Lex Visi- gothorum, aus der Bibel, aus Sextus Pytha- goricus und aus dem Conc. Turonense II. 567.

2, 411 aus Lex Visigothorum 3, 5, 2 Mitte (MG. L. Visig. p. 160 1. 8 19). Rubrik von Benedikt. Der Text steht wieder einmal dem cod. E 1 am nächsten, wie ins- besondere Benedikts Lesart 'definitione' oder (so Baluze) 'indefinitione' beweist; 'in definitione' schreibt nämlich nur cod. E 1, indessen alle übrigen Hss. 'in defensione(m)' lesen. Sonstige Textdifferenzen : 'et' hinter 'sicut' gestrichen ; 'pro- fessam' hinter 'continentiam' hat Ben. aus Eigenem ein- gefügt (seine Konjekturalkritik forderte eine Lücke im

1) 'se' fehlt bei Maassen. 2) Statt des im canon Clipp. in der

nächsten Zeile folgenden 'coniunx est' (Schreibfehler des cod. Monac.) hätte Maassen m. E. aus der bei Flodoardus, Ben. 2, 409 und 3, 435 übereinstimmenden Ueberlieferung 'coniunxerit' herstellen sollen.

3) Maassen konjiziert 'feriatur' ; m. E. liegt im cod. Monac. nichts anderes vor als Verlesung des echten, merowingisch geschriebenen 'fateantur'.

4) Im cod. L weggelassen. 5) Die eingeklammerten Wörter fehlen in den codd. EM Paris. 4406 ; Benedikt benutzt eben wohl auch hier einen Verwandten des cod. E (vgl. oben S. 477 f. .503 fl'). 6) So wenigstens codd. EM Paris. 4406 und zwei weitere Hss. ; zwei Hss. (CS) schreiben richtig mit Ben. 'utraeque' ; andere Hss. bieten 'utrique', 'utrumque' und (nach Haenel) 'utrimque'.

520 Emil Seckel.

cod. E 1 heraus, wo die echten Worte 'profitentem seu agentem penitentiam' ausgefallen waren); 'etiam' statt 'eam'; 'inlicito' statt 'non licito' ; 'vi'^ statt 'vim'; 'incesta ('in- cestiva' Baluze) polhitione' statt 'incestiva pollutio' ; 'pro- vinciarum nostrarum' hinter 'amodo' gestrichen ; und noch ein paar Kleinigkeiten.

2, 412 aus S. Bonif. et Lulli epist. 73, Bonif. ad Aethelbaldum regem Mercionum a. 745 746 (MG. Epist. III, 341 1. 19—22). Eubrik von Benedikt. Text stark über- arbeitet, wie die Nebeneinanderstellung vor Augen führt:

Ben. Scire vos convenit, quia blasphemiam Deo ir- r o g at, q u i

cum Deo sacrata vel cum V e 1 a t a f emina se com maculat.

Bonif. Apud Grecos enim et Romanos quasi blas- phemiam Deo inro- g asset, qui hoc reus sit, ut proprie de hoc pec- cato ante ordinationem inter- rogatvis , si reus inventus f uerit, ut cum velata et con secrata Deo nonna concubuisset, ab omni gradu Dei sacerdotii prohibe(a)tur.

2, 413 aus demselben Schreiben des Bonifatius, und zwar aus dem Schluss (von 'si reus' ab) der in 2, 412 be- nutzten Stelle (MG. Epist. III, 341 1. 21. 22). Rubrik von Benedikt. Die einschneidenden Aenderungen des Textes zeigt die Vergleichung des vorstehenden Abdrucks der Bonifatius- Stelle mit Benedikts Pseudokapitulare, welches lautet: 'Si clericus cum velata f emina- vel- cum- Deo sacrata- se- maculaverit -, proprio honore privetur'.

2, 414 nochmals aus demselben Schreiben des Boni- fatius (MG. Epist. III, 341 1. 25—28). Rubrik von Bene- dikt. Text weniger energisch gemodelt als in den 2 vor- hergehenden Kapiteln ; immerhin 8 Differenzen : der Anfang 'Sciendum est omnibus-^ quod Deo^ sacratarum^ femina- rum^' von Ben. gebildet ; 'enim' hinter 'corpora' gestrichen; 'et verba' statt 'et per verba' ; 'Dei ' hinter 'templa' ge- strichen ; 'scripturarum testimoniis conprobantur' statt 'per sanctam scripturam dicuntur' ; 'earum' statt 'illorum' ; da-

1) So die Vulgata der Lex Visig. 2) Vgl. den interpolierten

Text des vorhergehenden Kapitels. 3) Das Initium 'Sciendum est

Omnibus' begegnet bei Benedikt noch 7 mal: 1, 316. 2, 421. 429. 3, 384. 387. 389. 396 ; nicht ein einziges Mal ist es echt. 4) Vgl. die Inter-

polationen oben 2, 412. 413.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 521

hinter eingeschoben 'sacrilegi ac' ^; 'noscuntur' statt 'dinos- CTintur'.

2, 415a CQuod perditionis') fast wörtlich- aus dem- selben Schreiben des Bonifatius (MG. Epist. III, 341 1. 35. 36). Eubrik von Benedikt.

2, 415 b^ ('eo quod suas') =^ Prov. 6, 32 (Vulgata) ; vgl. das angef. Schreiben des Bonif. 1. 32. 33. Abweichungen: 'eo quod adulteri' statt 'Qui autem adulter est'; dahinter eingeschoben 'vel luxuriosi' (vgl. das angef. Schreiben 1. 28); 'perdunt aninias suas' statt 'perdet animam suam'.

2, 415 c ('Nam panis') = Prov. 6, 26 in. (Vulgata) ; vgl. das angef. Schreiben 1. 30. Abweichungen: 'Nam, ut ait scriptura, pretium' statt 'Pretium enim' ; 'unius est' statt 'e. u.'.

2, 415 d = 1. Cor. 6, 16 Anfang, in der Hauptsache nicht nach der Vulgata ^, sondern nach einer vorhierony- mianischen üebersetzung :

Versio antiqua Aut nescitis, quia qui se

Ben.

E t qui se iungit mere-

iungit meretrici, unum corpus trici , unum corpus e f f i - est ? 1 c i t u r •^.

2, 415 e ist gebildet nicht nach 1. Timoth. 5, 6 ', wie man, verleitet durch das 'ut ait scriptura' in 2, 415 c, trotz der abweichenden Fassung zunächst anzunehmen geneigt sein könnte, sondern wohl eher nach Sextus Pythagoricus, Sent. 7 ^. Textverhältnisse :

Sextus. Ben.

Infidelis homo mor- Et qui luxuriatur^^,

tuus est in corpore vivente^. mortuus est in corpore vi-

vente ^.

1) Vgl. den interpolierten Anfang von Ben. 2, 424. 2) Ab-

weichungen : 'Quod' statt 'Quia' ; 'sit' statt 'est' ; 'ac vorago' statt 'et vor.'. 3) Zu 2, 415 b e enthält sich Knust der Quellennachweise. 4) Hier

beginnt der Vers : 'An nescitis, quoniam qui adhaeret'. 5) Bei Sabatier, Bibliorum sacrorum Latinae versiones autiquae III, 675. (5) Dieses

"Wort deckt sich mit der Vulgata. 7) Wortlaut: 'Nam quae in deliciis est, vivens mortua est' ; unwesentlich verändert in Conc. Turon. 813 c. 27 (MG. Conc. II, 290). Vgl. übrigens unten N. 10. 8) Neueste Ausgaben : Sexti Sententiarum recensiones Latinam, Graecam, Syriacas ed. Gilde- meister (1873) § 7 (6) ; Gnomica I : Sexti Pythagorici . . . Sententiae ed. A. Elter (1892) § 7. 9) Benedikt folgt also der schlechteren

Rezension (vgl. Gildemeister 1. c. p. XXV. 2) ; ebenso Pseudoisidor (Calixt. ep. 1 c. 4, p. 136; Melch. ep. 1 c. 5, p. 244). 10) Vgl. die Inter^jolation 'vel luxuriosi' in 2, 415b. Die Worte 'qui luxuriatur' decken sich mit der Fassung, in der 1. Tim. 5, 6 cit. bei Hieronymus, Epist. 69 ad Oceanum § 9 (Migne XXII, 663) = Conc. Aquisgr. 816, Inst, canonic. c. 11 (MG. Conc. II, 329 1. 9. 10) erscheint: 'Qui luxuriatur, vivens mortuus est'.

522 Emil Seckel.

2, 416 = Lex Visigothorum 2, 5, 1 in. ([Recc] Erv. ; MG. L. Visig. p. 106); vgl. oben 2, 148. Rubrik und Text wortgetreu aus der Vorlage kopiert, nur dass, wie oben 2, 148, hinter 'conscriptae' das Wort 'esse' eingefügt ist.

2, 417 = Lex Visig. 5, 4, 1 ^ ([Eecc] Erv.; MG. L. Vis. p. 218); vgl. oben 2, 152. Rubrik und Text wörtlich wiedergegeben.

2, 418 = Conc. Turonense II. 567 c. 27 (26) (MG. Conc. I, 135). Rubrik von Benedikt. Der Text stimmt mit Maassens Recension wörtlich überein.

2, 419 aus S. Bonifatii et Lulli epist. 56 a. 743 (MG. Epist. III, 312 1. 24. 25) := Karlmanni Capitulare Liftinense 743 c. 3 (MG. Capit. I, 28) = Conc. Liftinense 743 c. 3 (MG. Conc. II, 7); vgl. oben 1, 3. Rubrik von Benedikt. Das erste Wort des Satzes im originalen Text ('Similiter') kehrt bei Ben. nicht wieder; auch die sonstigen Text- differenzen sind geringfügig (die 3 letzten Worte hat Ben. iimgestellt ; den Schreibfehler mehrerer Hss. : 'incerta' statt 'incesta' macht Ben. nicht mit; 'sunt' statt 'sint' schreibt Ben. mit den codd. 1 und V 2).

2, 420 aus S. Bonif. epist. 14, Eangyth abbatissa et Heaburg ad Wynfrithum a. 719—722 (MG. Epist. III, 263 1. 14. 15). Rubrik von Benedikt. Varianten im Text ohne Bedeutung ('eo' vor 'loco' gestrichen ; 'fuit' statt 'fuerit' ; 'suum' hinter Votum' gestrichen ; 'vovit' statt 'voverit' ; ,Deo' vor 'reddat' gestrichen).

2, 421 zurechtgemacht mit Hülfe von S. Bonif. epist. 33 , Bonif. ad Nothelmum archiepisc. Cantabrig. a. 735 (MG. Epist. III, 284 1. 15 19). Knust verweist auf 'Concil. Roman, sub Gregorio IL c. 4' (Dion.-Hadr., ed. 1609 p. 610) mit einem 'cf.', wodurch er eingesteht, statt der Quelle nur eine Parallele liefern zu können. Freisen, Gesch. des can. Eherechts S. 512, N. 17 erklärt, die Quelle nicht angeben zu können. Dümmler (MG. 1. c. p. 223, N. 4) bestreitet die ohne Beleg ausgesprochene Behauptung Hahns -, dass Benedikt die angeführte epist. 33 (30 Jaffe) Bonifatii kenne. Die wörtliche üebereinstimmung des Kapitelschlusses mit der epist. cit. beweist m. E., dass Benedikt in der Tat die Stelle des ßouifatius vor Augen hatte ; freilich verwandelt der Fälscher die zweifelnde An-

1) Nicht aus dem angeblichen Capitulare incerti anni ca. 744; vgl. Studie III (N. A. XXIX), 290. 301. 304. 2) Hahn in den Forschungen z. D. Gesch. XV, 118.

Studien zu Benedictus Levita. VU.

523

coniunctio spiritalis m a t r is maximum p

t n m sit

com- c c a-

et d i V o r t io atque

separandum

frage des h. Bonif az in einen kategorischen Rechtssatz ^, wie die Gegenüberstellung der Texte zeigt:

Bonif. Ben.

Homo quidam, sicut multi Sciendum est omnibus solent , alterius filinm de quod sacri baptismatis fönte ele- vans adoptavit sibi in filium, cnius m a t r em postea vi- dnatam marito duxit uxorem. Quod Eomani peccatum esse adserunt et capitale pec- catum, ita ut in talibus d i V o r t ia facere praeci- piant. Et adfirmant regnan- tibus christianis imperatori- bus illius matrimonii scelus capitali sententia mnltandum vel pere- grinatione perpetua d e 1 e n d u m .

2, 422 aus derselben Quelle wie 2, 419 (Karlmanni Conc. Lift. 743 c. 4; MG. Epist. III, 312 1. 27. 28); vgl. oben 1, 3. ßubrik von Benedikt. Im Text sind die echten Worte 'quoque, quod et pater meus ante prae- cipiebat' verdrängt durch die Interpolation: 'sicut et antecessores vel parentes nostri olim decreverunt'.

2, 423 aus derselben Quelle wie 2, 419. 422 (Karl- manni Conc. Lift. 743 c. 3 i. f . ; MG. Epist. III, 312 1. 25. 26); vgl. oben 1, 3. Eubrik von Benedikt, ebenso das Initium des Textes 'Praecipimus generaliter omnibus", welches Initium -^ teils dem Satzanfang des Originals (vgl. oben 2, 419): 'Similiter praecipimus', teils den Adressen der Admonitio generalis 789 (MG. Capit. I, 54 fE. ; vgl. oben 2,373 375. 378.380) nachgebildet ist. Inter- poliert sind im Text die Worte 'vel ludaeis' ; die Inter- polation knüpft an die römischen^ und westgothischen ^ Vorschriften au, welche die Veräusserung von Christen- sklaven an Juden bzw. den Erwerb und den Besitz solcher Sklaven durch Juden verbieten.

capitali sententia multandum vel pere- grinatione perpetua d e 1 e n d u m.

1) lieber eine analoge Umwandlung vgl. Studie VI (N. A. XXXI), 111. 2) Vgl. oben S. 520, N. 3 zu 2, 414. 3) Es kehrt

nirgends sonst bei Benedikt wieder. 4) Brev. C. Th. 16, 4 tit. 'Ne

christianum mancipium ludaeus habeat'. 5) Lex Visig. 12, 2, 12 ff.

12, 3, 1 (p. 481 1. 1). 12, 3, 12. 18.

Neues Archiv ete. XXXV. 34

524

Emil Seckel.

2, 424 aus S. Bonif. epist. 73, Bonifatius ad Aethel- baldum regem Mercionum a. 745 746 (MG. Epist. III, 341 1. 6 19). Rubrik von Benedikt. In seinem ersten Drittel stellt sich Benedikts Text als freie Bearbeitung- der Vor- lage dar, während er in den zwei letzten Dritteln sich aufs Engste ^ an das Original hält. Die Art der Be- arbeitung des ersten Textdrittels veranschaulicht folgende Gegenüberstellung :

Bonif. Et adhuc, quod peius est, qui nobis narrant, adiciunt, ignominiae

nobis quod hoc scelus m a X i m ae

cum s a n c t is m o n i a 1 i- bus et sacratis Deo virginibus per m o n a - steria commis sum sit.

Ben.

lubemus omnes scire - om- nibusque sacerdotibus prae- dicare atque sub poena sa- crilegii ^ denuntiare, quantum malum et quam maximuni flagitium sit cum Deo devotis feminis viduis vel virginibus sive cum velatis sive cum Deo devotis maximeque cum sanctimonialibus et sacratis Deo virgini- bus vel viduis tarn in m o - j n a s t e r i is quam et extra j commis ceri. 2, 425 aus derselben Quelle wie 2, 419. 422. 423 (Karlmanni Conc. Lift. 743 c. 2; MG. Epist. III, 312 1. 13 23); vgl. oben 1, 3. Rubrik von Benedikt. Im Text einigte Varianten^, alle sachlich ohne Bedeutung^; be- merkenswert nur etwa das geänderte Initiura ('Assentimus' statt 'Statuimus quoque').

2, 426 aus derselben Quelle wie 2, 412 415a. 424 (Bonif. ad Aethelbaldum; MG. Epist. III, 343 1. 14 22). Rubrik von Benedikt. Im Text weicht wiederum der An- fang am stärksten von der Vorlage ab :

Bonif.

Praeterea nuntiatum est

nobis, quod multa p r i v i -

legia ecclesiarum et

monasteriorum fre-

Ben.

Praecipimus ° Omnibus di- tioni nostrae subiectis , ut ' nullus privilegia ec- clesiarum vel m o n a

1) Abgesehen von 4 untergeordneten Varianten ('ante' statt 'apucl' ; 'ac' statt 'et'; 'sint' statt 'sunt' im Text von 1. Cor. 6, 19; 'quia' ein- geschoben im Text von 1. Cor. 6, 9). 2) Dieses Initium begegnet nirgends sonst bei Benedikt. 3) Vgl. die Interpolation in 2, 414. 4) Auch gegenüber dem Paralleltext oben 1, S. 5) Vgl. oben 2, 366 in. : '. . . praecipimus, ut omnes ditioni nostrae . . . subiecti'.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 525

Bonif. I Ben.

gisses et abstulisses inde quasdam facultates.

Et hoc, si verum est, p e c -

steriorum in fr angere resque ^ eeclesiarum ^ inva- dere ^ vel vastare ^ aut alie- nare ^ vel facultates earum diripere * praesumat nee sine precaria possidere pertentet , quia , sicut a sanctis patribus instructi sumus, g r a vissimum p e c

c a t u m g r a nde esse di-jcatum hoc esse dino- n o s c i t u r . . . | s c i t u r . . . ''

Im zweiten, grösseren Teil des Kapitels finden sich einige kleine Abweichungen von der Vorlage und eine Inter- polation (hinter 'rapit' eingeschoben die Worte : 'sive vastat vel allen at' *').

2, 427a aus S. Bonif. epist. 78, Bonif. ad Cudberhtum archiepisc. Cantabrig. a. 747 (MG. Epist. III, 355 1. 5—16). Rubrik von Benedikt. Abermals gefälschter Textanfang: 'Omnibus nos ipsos corrigentes posterisque nostris exemplum dantes generaliter interdicimus , ut nullus' '^, statt des echten Initium : 'Illud (lUe) autem, quod (qui)'. Im Texte ferner 3 Interpolationen: a) hinter 'rapiat' : 'aut a nobis competere^ vel quocumque modo invadere^ praesumat'^;

b) hinter 'monasterium' : 'aut praedia vel quascunque res' ;

c) am Schlüsse: 'et simul cum eis pereamus', vgl. dazu

1) Vgl. Ben. 2, 370k. iOla. 405b. 407b. 426 rubr. 427a. 431. 2) Vgl. Ben. 2, 84 rubr. 370k. 404a. 405b. 407b. c. 4:30. 431. 3) Vgl. Ben. 2, 404a. 407b. c. 431. 4) Vgl. Ben. 2, 394c. 404a. 405b. 407b.

430. 431. 5) Dass Hincraar in seinem Traktat 'Quae exequi debebat

episcopus' nicht etwa die Quelle des vorstehenden Textes, d. h. ein echtes Capitulare , aufljewahrt , sondern lediglich ein Exzerpt aus Benedikts Fälschung geliefert hat, zeigt Boretius, MG. Capit. I, 387—389. 6) Vgl. den interpolierten Anfang nebst N. 2. 3. 7) Benedikt bringt es fertig, noch ein zweites Mal seinen Königen das ausdrückliche Bekenntnis besserer Einsicht, d. h. den Uebergang ins Lager der extremen Reform- partei, in den Mund zu legen, siehe Ben. 3, 141 in. : '. . . nosmet ipsos corrigentes posterisque nostris exemplum dantes volumus, ut nullus' etc. 8) Zu 'competere . . . praesumat' vgl. Conc. Aurel. 541 c. 25 (MG. Conc. I, 93) : 'Si quis . . . res ad ius ecclesiae pertinentes . . . p e t e r e seu possidere p r a e s u m pserit' ; Conc. Aurel. 549 c. 14 (1. c. p. 104) : 'Ut nullus . . . ecclesiae res aut p e t at aut praesumat accipere' ; Conc. Paris. 614 c. 11 (9) (1. c. p. 188 sq.) : '. . . ut nullus . . . ecclesiae . . . res conpetere aut per v a d e r e audeat aut quacumque . . . per- vasione possidere ... presumat'. 9) Vgl. oben N. 1 zu 2, 426;

S. 485 zu 2, 370k.

34*

526 Emil Seckel.

oben S. 481. 486 bei 2, 370a. k. Von den blossen Text- differenzen sind hervorzuheben : 'memores estote scrip- turae' statt 'memorare' ; 'sublime' (so auch die Vulgata, 1. Tim. 6, 17!) statt 'süperbe'; 'Tales . . . ethnicis et publicanis sunt sirailes, quibus' statt 'Talibus . . . ethaici et publicani sunt' ; 'correctionem' statt 'correptionem'.

2, 427 b ('Si autem impietate' bis Sehluss) : Quelle unbekannt; vielleicht eigne Zutat des Fälschers.

2, 428a = Conc. Turon. II. 567 c. 26 (25) (MG. Conc. I, 134 sq.). Rubrik von Benedikt. Im Text etwa 30 Varianten, von denen hier nur folgende zu erwähnen sind. Gleich der Anfang ist leicht retouchiert: 'Placuit nobis et ab omnibus observari convenit' statt 'Placet itaque ac Omnibus nobis convenit observare' ; 'remedio animae suae' statt 'captu animi' ; 'Domini , qui hoc' statt 'dum nimiae' ; 'Qui vero in hac' fehlt in den Hss. (ed. Grab, hat wenigstens 'ac in') ; 'regna' statt 'Interregna' ; 'absque propra epitcopi auctoritate' eingeschoben, vgl. oben S. 482 zu 2, 370 b; 'res dispensare' (!) statt 'res Dei de- fensare'.

2, 428 b CQui vero bis nostris' bis Öchluss): Quelle unbekannt. Wahrscheinlich Fälschung Benedikts, zu der das angeführte Conc. Turonense II. 567 drei Mosaik- steinchen liefern musste : a) zu 'in praedicta nequitia per- durare voluerit' vgl. etwa Conc. cit. c. 16 (15), 1. c. p. 126 1. 13 'in hac pertinacitate perdurat' oder c. 21 (20), 1. c. p. 130 1. 11 'in hac pertina t i a perdurare voluerint'; b) zu 'et a sacerdotibus coelesti gladio feriatur' vgl. Conc. cit. c. 25 (24) Mitte, 1. c. p. 134^1. 20 'et coelesti gladio feriatur' ; c) zu 'non solum excommuni- catus, sed etiam anathematizatus moriatur' vgl. can. 25 (24) cit., 1. c. p. 134 1. 19 sq., wo nach der Rezension von Surius und Sirmond genau dieselben Worte zu lesen sind. Zu dem Passus 'omnes h o n o r es, quos habere vide- batur, p e r d at' vgl. die Parallele unten 3, 143 i. f.: 'honores, si habet, omnes perdere', auf welch letztere Stelle z. B. das Capitulare Pippini regis 754 755 c. 2 (MG. Capit. I, 31) von Einfluss gewesen sein kann.

2, 429 : unmittelbare Quelle unbekannt. Wahrschein- lich Fälschung Benedikts (in der bekannten Tendenz der Massenwirkung), und zwar anscheinend eine zweite ^ Para-

1) Die erste ist uns oben in 2, 395 b begegnet.

Studien zu Benedictus Levita. Vn. 527

phrase von 2, 392 (= Köm. Synode 502 c. 2 med.). Man vergleiche

Ben. 2, 392. I Ben. 2, 429.

Iniquum est et s a c r i - 1 e g ii instar, ut, quae . . . unusquisque venerabili e c - c 1 e s i ae contulerit . . ., ab his, quibus m;;xime servari

Sciendum est omnibiis \ quod sacrilegi um sit res ecelesiae quocumque- modo- iniuste ^ ab ecclesiis, quibus iure debentur,

convenerat, auferri et injauferri et in aliud aliud transferri. Itransferri.

2, 430 : Quelle unbekannt. Wahrscheinlich Fälschung Benedikts (abermals mit dem Zweck, durch ewige Wieder- holung derselben Gedanken mehr Eindruck zu machen). Das Initium 'Volumus omnes scire' kehrt bei Ben. dem- nächst (2, 432. 433 ; nirgends sonst) in Umstellungen wieder ('0. s. v.'; S. o. v.'). Die Termini 'res (ecelesiae) fraudare, rapere, vastare, diripere' sind in Buch II alle schon mehrmals vorgekommen. Die Wendung 'homicidae ante Deum esse depntantur' deckt sich so ziemlich mit den Worten, die Ben. oben 2, 426 aus Bonifatius abgeschrieben hat ('homicida ante conspectum iusti iudicis esse deputa- bitur). Zu 'homicidae . ., quia res pauperum . . . diripiunt' vgl. oben 2, 427 'homicidam pauperum'.

2, 431: Quelle unbekannt*. Von Natur und Tendenz des Kapitels gilt dasselbe wie für 2, 430. Den 'sacrilegia, adulteria, praedationes vastationesque' entsprechen ungefähr die 'sacrilegi, raptores, adulteri' in 2, 397. Die Wendung 'de vita conponat' ist einem Capitulare entnommen ; vgl. z. B. Cap. Karoli 810. 811? c. 1 (MG. Capit. I, 160 1. 9). Die Anordnung der Konfiskation : 'et omnes res eins tam mobiles quam et immobiles fisco nostro socientur' scheint in der Fassung dem Cap. Italicum 801 c. 3: 'et res eins in fisco nostro socientur' entlehnt zu sein. Die Ter- mini 'ecelesiae res vastare, alienare, auferre, invadere, sub- ripere' sind die von Ben. schon so und so oft gebrauchten.

1) Vgl. oben S. 520, N. 3 zu 2, 414. 2) Vgl. oben 2, 427 interp. 3) Vgl. oben 2, 428 'iniuste possidebit' ; 'res ecclesiasticäs . . . iniuste possidere' ; 'iniuste qui abstulit'. 4) Wenn Knust mit einem 'cf.' ver-

weist auf Conc. Vernense 844 c. 12 (MG. Capit. II, 385 sq.), so kann er damit wohl nur eine Parallele meinen. Er hätte viele andere Sach- parallelen anführen können, z. B. Cap. de exp. Sarr. 846 c. 6 (1. c. p. 66).

528

Emil Seckel.

Zu 'oblationes fidelium, quae sunt res ecclesiarum' vgl. oben 2, 370 d nebst Nachweisungen. Das Bibelzitat ist un- ehrlich; vgl.

Nam,

Ben.

ut ait

Sacra scrip-

1. Cor. 6, 9. 10. . . . n e q u e fornicarii neque idolis servientes n e - que adulteri neque molles neque masculorum concubitores neque fures ne- que avari neque ebriosi ne- que maledici neque rapaces i regnuniDei posside- b u n t. j

Zum Schluss des Kapitels vermag ich z. Z. nichts als eine Parallele beizubringen -.

tura, neque sacrilegi ^ne- que adulteri^ neque praedones vel vastatores, qui sunt r a p tores ^, r e g n u m Dei possidebunt.

2, 432. 433 aus lonas Aurelianensis.

2, 432 Rubrik = lonas Aurel., De institutione lai- cali 2, 5 rubr. ■'^ (Migne CVI, 177); vgl. oben 2, 230. Die beiden Rubriken lauten

bei Jonas ^:

Quod vi r i in castitate

uxores suas diligere eisque

ut p o t e vasi infirmiori h o -

n o r e m debeant impendere.

bei Ben.: D e vir i s , quod in casti- tate uxores suas diligere eis- que ut vasi infirmiori c u s t o - diam et reliquam ne- cessitatem debeant im- pendere.

2, 432 a (bis 'fideliter debebit') : zurechtinterpoliert mit Hülfe der angeführten Rubrik des Jonas °. Man vergleiche mit dieser oben abgedruckten Rubrik den Text Benedikts: 'Omnes scire volumus*'"^, quod iu beute Do-

1) Vgl. oben 2, 397. 2) Ps. - Caesarius Arel., Hom. XVII

(Migne LXVII, 1080 C) [= Dicta abbatis Pirminii c. 28 (ed. Caspari S. 186)]: 'Quanto maiora commiserunt scelera, tanto ferventius saeviet in illos ignis aeternus'. 3) Von Knust nicht gefunden. 4) Vorquelle :

1. Petr. 8, 7. 5) Baluze und Knust verweisen auf Conc. Paris. VI. 829 lib. ni c. 2 (MG. Conc. II, 671 1. 2—4) [cf. Episcoporum relatio 829 c. 54 i. f. (MG. Capit. II, 45 1. 40. 41) ; Ben. Add. II. 23 in.]. Dass Ben. 2, 432 sich dieser Zwischenquelle nicht bedient hat, legen die originalgetreuen Worte 'quod . . . viri . . . honorem' (ohne: 'debitum') nahe. 6) Vgl. oben S. 527 zu 2, 430. 7) In ganz ähnlicher Weise

hat Benedikt unten 3, 383 a. 384. 385. 386 a. 387a. 388. 389 a. 396 a zahl- reiche Jonas - Rubriken mit Initien eigener Ei'findung verziert.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 529

mino^ viri uxores suas in castitate debeant diligere; et eis utpote - vasi infirmiori honorem - et custodiam atque cuncta, quae^ neeessaria sunt-^ prout quisque potuerit ministrare"^ fideliter deb e b i t '.

2, 432b CQuod et' bis Schluss): Quelle unbekannt; vielleicht Fälschung Benedikts. Die Phrase 'ministri do- mini sumus nee sine causa Dei gladium portamus' geht zurück* auf Hom. 13, 4: 'Dei enini minister est . .; uon enim sine causa gladium portat'. Zu beachten ist, dass Benedikt seine Pseudokaiser auch 'episcopali in vice om- nium episcoporum . . . auctoritate' befehlen lässt.

2, 433 Rubrik v^örtlich = Jonas 1. c. 2, 4 rubr. in. 5 (Migne CVI, 174).

2, 433 a (bis 'declinare') ist wohl nichts anderes als Paraphrase der angeführten Rubrik des Jonas ^, sehr frei stilisiert : 'Scire omnes volumus '', sicut ^ et saepius a do- mini episcopis et reliquis Dei servis admoniti sumus ', quod viri uxoribus suis et uxores similiter viris suis veraciter fidem et dilectionem servare debent et non in aliquo ab his declinare' ; originalgetreu sind hiervon (was bei der Knappheit der Rubrik nicht ausbleiben konnte) nur die Wörter Vir, uxor, fidem, servare'.

2, 433 b ('et quod' bis Schluss) wörtlich = Jonas 1. c. 2, 4 rubr. fin.-^ (Migne CVI, 174)»; nur ist das Wort 'con- iugatis' interpoliert. Vgl. oben 2, 230.

2, 434 = Conc. Matisconense II. 585 c. 10 post in. (MG. Conc. I, 169) 1^ Rubrik von Benedikt. Anfang des

1) Die Vorschrift rührt vielmehr vom Apostelfürsten her (oben S. 528, ?f. 4). 2) Beweist, dass Benedikt die Rubrik des Jonas und nicht seine eigene Rubrik abschreibt. 3) Zu 'quae neeessaria sunt, . . .

ministrare' vgl. Can. apost. c. 34 (Dion. - Hadr., ed. 1609 Bl. XlVb): 'quae sunt neeessaria, subministrentur'. Fast dieselben Worte ('ea, quae neeessaria sunt, fideliter ministrent') hat Ben. 3, 383 b an eine andere .Tonas - Rubrik (1, 7) angehängt. 4) Bisher übersehen. 5) Von

Knust nicht gefunden. Ohne Gregenstück in Conc. Paris. 829 lib. III c. 2 und in Episcoporum relatio 829 c. 54. 6) Vgl. oben S. 527 zu

2, 430. 7) Zu 'sicut sumus' vgl. unten Add. III. 112 in. 8) Baluze und Knust verweisen wiederum auf Conc. Paris, cit. (MG. Conc. II, 671 1. 1. 2) ; aber einmal widerlegt sie der Zusammenhang, und ferner weicht Conc. Paris, von der gemeinsamen Vorlage (Jonas) in hier wichtigen Kleinigkeiten ab ('et uxores habentes . . . habere debeant' statt 'et quod non liceat .... habere'). 9) Ein Zusammenhang zwischen Jonas und Brev. Paul II, 21 (ed. Haenel p. 368) wird zu leugnen sein. 10) Nur

in zwei Sammlungen (der Hss. von Beauvais und von St. - Amand) über- liefert; vgl. Maässen, Gesch. I, 212.

530 Emil Seckel.

echten Textes ('Quod de episccpis censuimus, obtineat et in elero') wegg-eschnitten. Im übrigen folgt Ben. fast wörtlich der Vorlage ('eorum inscio episcopo' statt 'i. ep. eorum' ; 'accusanti' statt '-tis' oder '-tes').

2, 435 a (bis 'si vero secularis') = Conc. Matisconense I. 583 c. 19 (18) (MG. Conc. I, 159 sq.). Rubrik von Benedikt. Abweichungen vom Originaltext geringfügig (gegenüber cod. B nur: 'vero' hinter 'De bis' gestrichen; 'ad' statt 'apud').

2, 435 b ('poenam, quam ipsi, si convicti essent, passuri erant, patiatur') nicht aus Conc. Mat. cit.^, sondern aus dem römischen Recht und zwar in der Gestalt, in der es an anderen Stellen der pseudoisidorischen Fälschungeu erscheint; zu 'poenam, quam . . . passuri erant' vgl. Ben. 3, 253a- in.: 'poenam, quam (raus) passurus erat'; zu 'poenam, quam . . . patiatur' vgl. Cap. Angilr. c. 48 ^ = Ben. 3, 365b: 'poenam, quam (intulerit, ipse) patiatur'; zu 'ipsi, si convicti essent' vgl. Ben. 3, 253 a: 'si convincere eum' (reum) 'non potuerit' *.

2, 435c ('Et insuper' bis Schluss) : Quelle unbekannt ^ vermutlich (wie 2, 435b) gefälscht. Zu 'publica poenitentia multentur' vgl. oben 2, 96. 100. 101. 102; 'ut Spiritus salvus sit in die domini' wörtlich aus*' 1. Cor. 5, 5.

2, 436 = Lex Visigothorum (Erv.) ' 2, 1, 13 (11) rubr.^' (MG. L. Visig. p. 60); vgl. unten 3, 352; Add. III. 10. Rubrik von Benedikt; Quelle^ der Worte 'seculi leges non admittunt' ist die Römische Synode (sog. Sjnodus

1) Wo der Schluss lautet : 'communione privabitur' ('donec malum, quod admisit, per publicam paenitentiam digna satisfactione conponat' diese Massgabe der Exkommunikation nur erhalten in der besten Hs. L). 2) Quelle : Brev. Cod. Theod. 9, 27, 3 interpr. i. f. ; erstmals nach- gewiesen. 3) Quelle : Brev. Cod. Theod. 9, 1, G Epit. Paris. 4) Vgl. Brev. C. Th. 9, 1, 6 interpr. i. f.: 'sicut convictum poena constringit' ; Brev. C. Th. 9, 7, 2 interpr. : 'poenam . . . quam ille, quem impetit, c o n - v i c t u s potuisset excipere' ; Brev. C. Th. 9, 27, 3 cit. : "si non con- vicerit legibus (accusator)' ; Conc. Carthag. c. 15 (Dion. -Hadr. ed. 1609 p. 191): 'si convinci non po tu er int'. 5) Zum Gedankengang vgl. 3, 356 b (Quelle unbekannt). 6) Bisher übersehen. 7) Ben. schreibt 'legibus' mit der E- Klasse der Hss., nicht 'in legibus'. 8) Nochmals

hat Knust den (freilich durch Druckfehler entstellten) Hinweis von Baluze auf das Westgothengesetz unterdrückt und durch ein abwegiges Pseudoisidor- Zitat ersetzt. 9) Jedenfalls Urquelle; ob sich zwischen diese und Ben. 2, 436 rubr. als Zwischenrezension Ben. .3, 108 einschiebt, ist oben S. 494 zu 2, .381 f erwogen.

Studien zu Benedictus Levita. VII. 531

palmaris) vom 23. Oktober 501^ = Ben, 3, 117: '(quos ad accusationem) leges saeculi non admittunt' ^. Im Text teils nur formelle Aenderungen ('Nulle cause . . . audian- tur, quae . . . continentur' statt 'Ut nulla causa . . . audiatur, quae . . . continetur'), teils Interpolationen ('ecclesiasticis' hinter 'iudicibus' eingeschoben; Vel quae pro- hibitae esse noscuntur' am Schlüsse beigefügt). Die Inter- polationen finden sich wieder die eine buchstäblich, die andere modifiziert bei Ben. 3, 459a und im Libellus pro synodo des Ennodius, wie er bei Pseudoisidor ^ lautet :

Ben. 2, 436. Ben. 3, 459a und

Ennod. apud Pseudois. 1. c. Statutum est, ut* nullae accusationes ^ a iudicibus audiantur ecclesiasti- cis, quae legibus saeculi "^ p r o h i b entur.

Hinschius ^ ging noch davon aus, dass der pseudoisidorische Ennodius sich mit dem echten decke, dass also Benedikt die interpolierten Worte in 2, 436 und das Teilkapitel 3, 459a aus Ennodius entnommen habe. Unterdessen haben wir gelernt, dass Pseudoisidor dem echten Ennodius mehrere Sätze untergeschoben hat, darunter den hier in Frage stehenden'^. Da nun nichts davon bekannt ist, dass Pseudoisidor einen verfälschten Ennodius (gleich der ver- fälschten Hispana Augustod.) als Vorarbeit seinem Haupt- opus vorangeschickt habe, so ist die Annahme von Hin- schius umzukehren: nicht der echte Ennodius kehrt bei Benedikt wieder, sondern^ Benedikt ^'^ in dem von Pseudo- isidor verfälschten Ennodius.

Nulle cause a iudicibus ecclesiasticis audian- tur, quae legibus . . . p r o - h i b itae esse noscuntur.

1) Dion.-Hadr. ed. 1609 p. 582; MG. Auct. ant. XII, 428 1. 20. 2) "Weniger gut passen Conc. Afric. c, 96 (Dion.-Hadr., ed. 1609 p. 278) = Conc. Carth. VII. c. 2 (Hisp. ; Migne LXXXIV, 227) = Ennodius Libellus pro synodo (MG. Auct. ant. VII) p. 54 1. 23. 24: '. . . leges p u b 1 i c a e non admittunt'. 3) Hinschius , Decretales pseudo - isid.

p. 668 a 1. 13 15. 4) Die Anfangsworte 'St. est ut' sind eine Inter-

polation zweiten Grades. Statt ihrer steht bei Ennodius : 'Et'. 5) Auch dieses unechte Wort ist dem verunechteten Texte von 2, 436 aufgepfropft. Ennodius stimmt hier mit 3, 459 a überein. 6) Dieses "Wort ist aus Ben. 2, 436 rubr. herübergenommen. 7) Hinschiis 1. c. p. CXIII zu Ben. 2, 436; p. CXV zu Ben. 8, 459. Ebenso Knust zu Ben. 3, 459. 8) Siehe Magni Felicis E n n o d i i Opera, ed. Vogel (MG. Auct. ant. VII) p. ,54 im Apparat zu Zeile 24. 9) Was der Heraus-

geber des Ennodius nicht gewusst hat, 10) Und zwar Ben. 8, 459 a,

nicht das weniger interpolierte Kapitel 2, 436.

532

Emil Seckel.

Verzeichnis der Quellen des II. Buches.

I. Uebernommene Quellen^.

A. Bibel:

Act. apost. 25, 16 : 381 i.

1. Cor. 6, 16 in. : 415d.

2. Cor. (6, 16) : 176. Deut. 14, 28 + 29 : 41.

22, 6 + 7 : 42. 22,8—11 : 43 46. 22, 23 + 24 : 47.

22, 25 + 26 in. : 48.

23, 1 + 2 : 49. 23, 19 : 50.

23, 21 + 23 : 51.

24, 5 : 52. 24, 16 : 53. (26, 10) : 192 a. 27, 17 : 381 y.

Bcclesiastes 5, 1 fin. + 2 : 377 f.

6, 9 in. : 377d. Ecclesiasticus (1, 2. 3) : 70? (3, 33) : 192 b. Exod. 20, 7 : 2.

20, 12 fin. : 3. 21,7 + 8:4. 5. 6. 7. 9. 8.

21, 12 21, 14 21, 15 21, 16 21, 17

21, 18 + 19 21, 20 + 21 21, 22 : 12. 21, 23 25 : 21, 26 + 27 21, 28—30 : 21, 31 fin.?

21, 33 + 34 21,35+36

22, 1 : 18.

22, 2 + 3 in. + 4 22, 5. 6 : 20. 21.

: 10. : 11.

13.

: 14.

: 15.

14.

16.

17.

19.

22,7—9 :22. 22, 10—15 : 23. 22, 16—18 : 24—26. (22, 18) : 215 b. 22, 19 : 27.

22. 20 in. + 21 in. : 28. 22J 28 : 402 c. 22, 29 + 30 : 29. (23, 19) : 192a. (34, 26) : 192 a. Genes. 9, 6 in. : 1. Hebr. (11, 6 in.) : 185 a. Jac. (5, 14. 15) : 72; cf. 75 a. Job. ev. (6, 57) : 170b. Levit. 6, 2 in. -f 3 in. + 4 + 5 : 30. 18,6:31a. 209 b. 19, 20 : 32. 19, 26 fin. + 31 : 33. 19, 32 : 34.

19, 35 + 36 in. : 35.

20, 10. 11 : 36. 37. 20, 16 : 209 e.

Luc. 10, 16 in. : 104b. Matth. (3, 2) : 185 b. 18, 6 : 104b. (28. 12. 13) : 345b. (28, 19) : 68. Num. 5, 7 : 38 fin.

12, 1 fin. + 8 fin. + 10 med.

: 402 a. 35, 16 : 39. 85, 30 fin. : 40. 1. Paral. 16, 22 : 402 b. Prov. (3, 9) : 194.

6, 16—19 : 377b. 6, 26 in. : 415 c. 6, 32 : 415b. 11, 2+14:377e. Psalm. 104, 15 : 402b. 1. Reg. 24, 7. 26. 9 : 402 d. Rom. (11, 33) : 70.

1) Wo die (unmittelbare) Quelle eines vermutlich echten Stücks unbekannt geblieben ist, sich aber für die Quelle selbst eine Vorlage liat ermitteln lassen, ist die bekannte oder erschlossene Vorlage zwar in Ermangelung eines Bessern dem Verzeichnis eingefügt, die entscheidende Ziffer u. s. w. im Zitate der Vorlage aber in runde Klammern ein- geschlossen worden.

Studien zu Benedictus Levita. VII.

Ö33

1. Thess. (5, 17) : 171. I

Zach. 2, 8 [nicht 18] fin. : 104b.

B. C 0 n c i 1 i e n :

Afric. (D.-H.) c. 74 med. : 358. c. 96 : 362.

c. 105 post med. : 381t. Agath. 506 c. 8 : 145.

c. 32 rubr. 32 in. : 157. c. 32 fin. : 158. c. 38 in. : 132. Antioch. 341 (D.-H.)

c. 15 in. : 381 v. Aquisgran. 836. 837: Cap. IIA c. 10 -.74? Cap. IIB c. 5fin. :75a? Epist. ad Pipp. : Lib. I. 32 : 395a. III. 5 fin. : 404b. III. 6 : 404 c. III. 7 : 404 d. III. 8 in. : 404 e. Arelat. I. 314 c. 16 : 131.

c. 17 (H. Aug.) : 310 in. 400 in. c. 18. 19 (H. Aug.) : 311. c. 20 (H. Aug.) : 312. Arelat. II. 442 506 c. 24 in. (H. Aug.) : 314. c. 25 : 141. c. 49 : 142. c. 51 : 144. Arvem. I. 535

c. 14 (13) : 134. Arvern. II., cf. Aurel. V. Aurel. I. 511

c. 19 in. (15 H.) : 139. c. 22 (18 H.) : 140. Aurel. V. 549 (= Arvern. II. H.) c. 13 : 136. c. 14 : 135. c. 17 in. : .381 q. Autissiod. 573 603 (c. 15)

: 198 med. Burgund. post 800: Stat. ß. c. 25 : 174. c. 26 : 175. c. 4 : 178. c. 29 : 179. c. 28 : 184. c. 30 : 186. c. 36 : 189 d. c. 34 : 190.

c. .35 : 191. princ, c. 1 : 200. c. 2 : 201. c. 3 : 202.

Stat. B. c. 31 und Poen. Ps.- Th. c. 26 (41) § 1. 4 fin. : 206.

Poen. Ps.-Th. c. 23 (38) § 8 fin. : 195.

Poen. Ps.-Th. c. 23 (38) § 8 fin. + § 9 : 196.

Vgl. noch Ben. 2, 177. (180.) (181.) 185. 189 a c. 192. 197. 198. Carthag. (D.-H.) 419

c. 8 (Conc. Carth. 390) rubr. fin. : 364. Carthag. I. (H. Aug.)

c. 10 rubr. : 301.

c. 11 : 302.

c. 14 : 303. Carthag. II. (H. Aug.)

c. 8 : 305.

c. 9 fin. : 306.

c. 10 : 307.

c. 13 rubr. : 304. Carthag. III. (H. Aug.)

c. 10 in. : 300.

c. 20 : 308. Carthag. IV. (H.) [= Statuta ec-

clesiae antiqua]

c. 19 [8] : 3811.

c. 26 [54] :381a.

c. 30 [53] : 363. Chalced. 451 (D.-H.)

(c. 8 fin.) : 122 b. Clippiacense 626. 627

c. 7 : 164.

c. 10 : 409. Constantinop. I. 381 (D.-H.)

c. 2a in.: 381z.

c. 2b med. : 381 u. Eliberitan. ante 316 (803?) (H. Aug.)

c. 52 : 316.

c. 73 in. : 317. Epaon. 517

c. 6 (2 H.) : 154.

c. 9 (5 H.) : 155. Herutfordense 673

c. 2. 3 : 166. 167.

c. 6 : 86. 168.

c. 8 : 169.

c. 10 : 87. Incertum saec. IX. (829?)?: vgl.

162a (in.), b. 165. 170. 176.

182 b. d. 188. 199. 205 b. c.

208a/?. b.d. 215b. 248.

534

Emil Seckel.

Liftinense 743, cf. sub Fa. Matisconense I. 583

c. 19 (18) : 435 a. Matisconense II. 585

c. 10 post in. : 434. Milevitan. (H. Aug.) c. 21 (Conc.

Carth. 418 Mai 1) : 309. Ps. Nicaenum (Conc. Gallicum

saec. VII. vel VIII.?)

c. 1 : 107. Paris. V. 614

e. 6 (4) : 156. Paris. VI. 829

Lib. III. 6 riibr. : 208 rubr. Roman, sub Hilaro 465 (H. Aug.)

c. 1 med. : 341b. Roman, sub Symm. 501 (Synodus

palmaris; D.-H.) : 381 f. 436 rubr. Roman, sub Symm. 502

c. 2 med.: 392. 395b?

c. 2 fin. : 393. Sardic. 343 (D.-H.)

0. 4 post in. : 401.

c. 8 med. : 381 c. Sard. can. ßreviatio

c. 3 : 64.

c. 19 Diess. : 61.

c. 18 (20 Diess.) : 67.

c. 20 (22 Diess.) : 54. Tarracon. 516 (H. Aug.)

c. 4 rubr. 4 fin. : 318. Tolet. I. 400 (H. Aug.)

c. 11 rubr. : 319.

c. 12 rubr. : 320. Tolet. IV. 633 (H. Aug.)

c. 45 : 321. Tolet. VII. 640 (H. Aug.)

c. 1 fin. : 322. Tolet. VIII. 653 (H. Aug.)

c. 2 med. : 323.

c. 12 fin. : 324. Tolet. XI. 675 (H. Aug.)

c. 5 in. : 104a. 375b.

c. 15 : 325. Tolet. Xn. 681 (H. Aug.)

(cf. L. Visig. 12, 3) Tom. Erv. : 326. c. 5 fin. : 120. c. 9 § 8 : 130. 327. 408. c. 9 § 12 : 119. c. 9 § 19 : 122a. c. 9 § 25 : 143. Turonense 567

c. 26 (25) : 428 a.

c. 27 (26) : 418.

Valentin. 374 (H. Aug.)

c. 4 rubr. : 315. ad Wizipurch (?) : 70. 71 ?

Canones apostolorum (D. - H.) (c. 42 rubr.) : 203 a. (c. 43 rubr.) : 203 b. (c. 49) : 68.

Pulgentius Ferrandus, Brev. can. c. 37 : 56. c. 92 : 57. c. 95 : 58. c. 99. 100 : 59. 60. c. 103 : 62. c. 163 : 63. c. 192 : 65. c. 196 : 362? c. 219 : 66.

C. Dekretalen:

Anastas. II. 496, J. 744 (H. Aug.)

c. 4 : 342. Coelest. I. 428, J. 369

c. 17 in. (D.-H.) aut c. 4 in. (H.)

aut c. 6 in. (Qu.) : 381 x. Damasus I. 380, J. 235

c. 3 in. (H.) : 85. Gelasius 1. 494, J. 636

c. 5 rubr. (D.-H.) : 183. Gregor. I. 601 Registr. 11, 56 a.

J. 1843, (c. 8 post in.) : 207. Gregor. II. 726, J. 2174 [Bonif.

p. 275] : 80 b. Gregor. III. 732, J. 2239 [Bonif.

p. 279] : 80 a. Gregor. III. 739, J. 2251 [Bonif.

p. 293] : 81. Hilarus 465, cf. Conc. Rom. Innoc. I. 404, J. 286

c. 3 rubr. (H. Aug.) : 381ka.

c. 3 in. : 881 r.

c. 3 fin. : .381s. Innoc. I. 414, J. 303

c. 7 med. (H. Aug.) : 330. Innoc. I. 401—417, J. 317

c. 36 (D.-H.) :381aa. Leo I. (durchweg H. Aug.) 446?,

J. 410 c. 5 : 341a. Leo L 446?, J. 411

praef. : 339.

c. 10 fin. : 340. Leo I. 449, J. 420 : 332. Leo I. 449, J. 423

c. 6 fin. : 333. Leo I. 449, J. 438 : 334.

Studien zu Benedictus Levita. Vn.

535

Leo I. 451, J. 460

c. 2 : 335. Leo I. 451, J. 462 : 336. Leo I. 451, J. 473 : 337. Leo I. 452, J. 483

pars II : 328. Leo I. 453, J. 491 : 329. Leo I. 458/9, J. 544

praef., c. 10 rubr. : 8.38. Symmachus 50!. 502, cf. Conc.

Rom. Zosimus 418, J. 345 (H. Aug.)

: SSL

D. Römisches Recht:

a) Brev.

C. Th. 3, 12 rubr. 3, 12, 3 (2)

interpr. : 410. C. Th. 6, 1, 2 fin. : 387.

6, 1, 2 int. : 396.

7, 1, 1 : 384.

9, 1, 5 in. : 381k/?.

9, 7, 1 : 386.

9, 30, 1 int. : 398.

b) Brev. Ep. Aeg.

C. Th. 10, 1, 2:381e. C. Greg. 12, 1 : 360. 399.

c) Brev. Ep. Paris.

C. Th. 16, 2,29 : 111? 114. 388. C. Th. 16, 2, .38 : 103. 112. 391.

d) C. Th. 16 (Brev. auct.). 16, 2,23 : 113. 381 w.

16, 2, 29 : 103 fin.? 111? 114.

388. 391? 16, 2, 30 : 368. 16, 2, 31 : 115. 406. 16, 2, 34 in. : 116 in. 889. 16, 2, 40 : 117. 385. 16, 2, 47 : 111. 390. 16, 11, 3 : 367.

e) Sirmond, const. (Brev. auct.)

c. 1 : 366b.

f) Summa De ordine ecclesiastico

c. 3 in. : 118. c. 8 : 129. c. 14 : 128. c. 15 : 127. c. 16 : 126. c. 17 : 125. c. 18 : 124. c. 19 : 123. c. 29 : 109. c. 33 : 110. c. 35 : 108. c. 41 : 102.

c. 44 : 100. c. 48 : 101.

E. Germanische Volksgesetze: Lex Baiuvpariorum (canonice

compta) 2, 5 : 382 a. Lex Visigothorum (Erv., cod. E 1) 2, 1, 10 in. :343. 2, 1, 13 (11) rubr. : 436. 2, 4, 1 : 397. 2, 4, 4 in. : 146. 344. 2, 4, 5 in. : 147. 345 a. 2, 4, 13 : 348. 2, 5, 1 in. : 148. 416. 2, 5, 2 : 149. 346.

2, 5, 4 : 1.50. 349.

3, 1, 9 rubr. in. : 138 a. 3, 4, 18 fin. : 151. 3,50.

3, 5, 2 med. : 411.

4, 5, 6 : 84.

5, 4, 1 : 152. 417. 5, 7, 7 : 153.

5, 7, 12 : 159. 352. 7, 2, 7 : 160. 7, 2, 8 : 351.

7, 5, 5 : 361.

8, 1, 2 : 161. 353. 8, 1, 6 : 354.

8, 1, 10 rubr. 10 in. : 137.

8, 1, 10 : 355.

8, 1, 11 : 1.38. 356.

[12, 3, 8 rubr.] : 1.30. 327. 408.

[12, 3, 12 rubr.] : 119.

[12, 8, 19 rubr.] : 122 a.

[12,3, 25 rubr.] : 143.

(Zu den in eckigen Klammern

stehenden Stücken vgl. oben

Conc. Tolet. XII. c. 9).

F. Kapitularien:

a) Karlmanni

(11.) Cap. Liftinense 743 c. 2 : 425. c. 3 in. : 419. c. S fin. : 428. c. 4 : 422.

b) Karoli M.'

(19.) Cap. primum 769

c. 9 : 105.

c. 10 : 106 a. b.

c. 11 : 106c. (20.) Cap. Haristall. 779 inscr.

: 382 inscr.? (22.) Admonitio generahs 789

(c. 15) : 189 c.

c. 45 in. : 362?

536

Emil Seckel.

c. 61. 62 : 372. 373. c. 65 : 374. c. 67 : 375. c. 70. 71 : 376. 377a. c. 72 post in. : 377g. c. 74. 75 : 378 a. b. c. 79 : 379.

c. 81. 82 med. : 380a. b. (c. 81) : 189 b. (39.) Cap. legibus additum 803 inscr. : 291 inscr. c. 1. 2 in. 2 fin. : 291a— c. (40.) Cap. missorum De causis admonendis 803 c. 1—4 : 216 219. c. 5— 8:221a. 222—224. c. 9—12 : 226—229. c. 13 : 231. c. 15—17 : 232—234. c. 18—21 : 236—239. c. 22 : 241. c. 25 : 242. (41.) Cap. legi Ribuariae addi- tum 803

c. 5. 6 : 210. 211. c. 8 : 212. c. 9. 10: 213 a. b. c. 11. 12:214 a. b. (43/44.) Cap. duplex missorum in Theodonis villa datum 805

inscr. (G.) : 256 inscr. I. c. 1 (C.) : 2561.

c. 2 (CG.): 256 II.

c.3(V.C'?G.):258.

c. 4 (C.) : 256 III.

c. 5 (C.) : 256 IV.

c. 6 (C. G.) : 259.

c. 7 (C.) : 256 V.

c. 8 (C.) : 256 VI.

c. 9(V. C?G.):257.

c. 10 (C.) : 260.

c. 11 (V. C? G.) : 261.

c. 12 (V. C?) : 262.

c. 13 (V. C? G.) : 263.

c. 14 (V. G.) : 264.

c.l5.16(V.C?G.):265.266. II. c.l-4(V.C?G.):267— 270.

c. 5 (G.) : 271.

c. 6—11 (V. C? G.) : 272— 277.

c. 12 (V codd. 1—3) : 278.

c. 13—22 (V. C? G.) : 279— 288. (57.) Capitula omnibus cognita facienda 801 (806?) 814

c. 2 in. : 221b. c. 7 : 243. (60.) Capitulare missorum 802 —813 c. 1 : 289. c. 2—4 : 290. (61.) Cap. Aquisgranense 809 inscr. : 292 inscr. c. 1— 4 : 295-298. (67.) Capitula per missos cognita facienda 803—813 c. 1—3 : 292—294. (69.) Capitulare Baiuwaricum ca. 810?

c. 1—3 : 245—247. c. 4—6 : 249—251. c. 7 : 253. c) Episcoporum ad Hludowicum imperatorem relatio 829 c. 1 (1. 20. 21) : 162 c. c. 1 (1. 25 ff.) : 162 a. c. 1(1. 30 ff.): 162 d. c. 1 (1. 41 ff.) : 252. 254. 255. c. 35 (1.29 ff.) : 182 a. c. 35 (1. 31 ff.) : 182c. c. 37 in. 38 in. .38 fin. : 193 a-c. c. 45 in. : 205 a. c. 46 : 208aa. 7.C. c. 54(p. 44 1. 34 ff'.) :215 a. c. 54(p. 45 1. Uff.) :220. c. 54(1. 23 ff.) :225. c. 54 (1. [35.] 36 ff.) : 230. c. 54 (p. 46 1. 1 ff) : 235. c. 54(1. 4 ff.): 240. c. 54 (1. 9 ff.) : 244.

G. Bussbücher: Theodori Poenitentiale

12 §3:209 f.

14 § 5 : 90.

II 2 § 13 : 94.

II 4 § 11 : 93.

II 11 § 9 : 209g.

n 12 § 7 :209c.

II 12 § 8a in. : 209d.

II 12 §25 :209 a.

II 12 § 32 : 55. 91.

II 12 § 33 : 92.

II 13 § 5 : 95.

(II 14 § 1) : 187 in. Pseudo -Theodori Poenitentiale (cf. Conc. Burgund.) [0.23(38) §8 in.] : (189 c). [c. 23 (38) § 8 fin.] : 195. [c. 23 (38) § 8 fin. + § 9] : 196. [c. 26 (41) § 1. 4 fin.] : 206.

Studien zu Benedictus Levita. Vn.

537

Poenitentiale Vallicellanum II. (immo Tractatus quidam de poenitentia)

(c. 47 in.) : 187 in.

(c. 48 [49] in.) : 187 fin.

H. Kirchenväter und andere Schriftsteller: Ps. - Ambrosius in Epist. I. ad

Cor. 5,2 :381o. Augustinus . Ennarr. in ps. 63

§ 15 : 345b. c. Cassiodorius, Hist. trip. 2,2 :403 a.

3.8 : 381ha.

4.9 med. : 381b. 5,17 :313. 381m. 5, 29 in. : 381 ga. 7,8:403b?

7, 12 med. :381p. lonas Aurelianensis, De inst. laic.

2, 4 rubr. : 433.

2, 5 rubr. : 432 rubr. 432 a. Isidorus Hispalensis, Sententiae

2, 1 § 1 : 377c.

3, 39 § 2 in. : 365. Rufinus, Hist. eccl.

10, 2:381 n? (403 b?) Sextus Pythagoricus, Sent. § 7 : 415e. § 259 : 357a.

I. Verschiedenes: a) Capitula episcoporum:

n) Dicta abbatis Pirminii , de

singulis libris canonicis sca-

rapsus (immo Föns Pirminii)

(c. 23, p. 177 1. 6— 8) :195 a.

II. Mosaikartig in polationen ve A. Bibel: Apocal. 19, 16 : 407c.

1. Cor. 5, 5 : 435 c.

5, 11 fin. : 370k.

6, 9. 10 : 407d. 431. 6, 10 : 97b.

7,3 :91b.

2. Cor. 5, 20 : 99. Deut. 14, 29 : 42 b.

15, 3 in. 6 in. : 41b.

16, 3 fin. : 41b. 90. 98. 18, 1 in. :41b.

24, 19—21 :41b. Exod. 17, 11—13 : 370a. 21, 18: IIa.

rar

(c. 23, p. 177 1.8—11. 22.

23): 189 a. b. (c. 25 fin., p. 179 1. 14—18)

: 195b. (c. 28 fin., p. 188 1. 18—22)

: 196 med. (c. 29 in., p. 189 1. 7 12)

: 192 a. (c.30in.,p.l89/190)? :195 a. ß) Theodulfi Aurelianensis Ca- pitulare primum c. 34 : 347. c. 35 : 299. y) (Ps. - Leonis IV. Homilia aucta) : 131?

b) Schreiben kirchlicher Amts- träger :

Bonifatius Mogant. ad Aethel- baldum 745—746 (epist. 73) p. 341 1. 6 ff. : 424. p. 341 1. 19 ff. :412. p. 341 1. 21. 22 : 413. p. 341 1. 25 ff. : 414. p. 341 1. 35. 36 : 415 a. p. 343 1. 14 ff. :426. Bonifatius Mogunt. ad Cud- berhtum 747 (epist. 78) p. 351 1. 12. 13 : 79. p. 355 1. 5 ff. :427a. Bonifatius Mogunt. ad Not- helmum 735 (epist. 33) p. 284 1. 15 ff. : 421. Eangyth abbatissa et Heaburg ad Wynfrithum 719—722 (Bonif. epist. 14) p. 263 1. 14. 15 : 420.

c) Messe, (Oratio secreta 'Te igi- tur') : 176.

Ischungen und Inter- beitete Quellen.

21, 26 :4b med.?

21, 29 :15a.

21, 31 fin. : 14b. Gal. 5, 20. 21 : 220. Gen. 18, 10. 14 : 371. 2. Joh. 10: 93? Levit. 18, 7. 8. 10 fin. : 31b.

27, 21 : 405 a^. 407a.

27, 28 : 405 aa. 407a. Luc. 17, 2 in. : 104 b? Num. 5, 6 in.? 7 in. : 88.

5, 9 : 395a? 1. Petr. 3, 18 : 3701. Rom. 1, 32 : 220. 370 i.

538

Emil Seckel.

Rom. 5, 6 : 3701.

13, 4 : 432 b. l.Thess. 4, 6 in. : 299. 310fin. 400 fin. 1. Tim. 5, 6 vers. antiq.? : 415e? 1. Tim. 6, 15 : 407c. 6, 17 : 427a.

B. Concilien: Afric. (D.-H.)

c. 17 med. : 381h 7. c. 96 : 381 h/i. Agath. 506 c. 4 : 407^. c. 32 : 88? Antioch. 341 (D.-H.)

c. 15 : 381 d. Aquisgran. 816, Inst. can. c. 35 fin. 116 in. : 370 d. c. 119 : 310 fin.? 400 fin.? Aquisgran. 836. 837

Cap. III pag. 718 1. 32 : 99. Epist. ad Pipp. :

Lib. I. 16 fin. : 370 e. I. 32 : 407a. I. 34 in. :395 a? I. 36 fin. : 370 e.

I. 38 : 370 a.

II. 15 : 370e.

II. 31 : 370 a.

III. 5. 6 :404a. 405b. 407g. III. 7 :407 b.

III. 24. 27 in. : 370 a. Arelat. II. 442—506 c. 25 : 90? 98? Arelat. 813 c. 26 : 97 b. Aspasii 551 c. 1 : 88? Aurel. IV. 541 c. 19 : 404 a. c. 25 : 427a. Aurel. V. 549 c. 14 : 427a. Autissiod. 573—603 c. 44 : 88. Cabillon. 639—654 c. 6 : 370k. Carthag. (D.-H.) c. 19 in. : 381 e. Carthag. III. (H.) c. 20 : 810 fin.

400 fin. Carthag. IV. (H.) [= Stat. eccl.

antiq.]

c. 96 [52] :381hy. Chalced. 451 (D.-H.)

c. 8 fin. : 163.

c. 21 :381h;'. Gangr. 325 370 (D.-H.)

c. 7 : 370g.

c. 8 : 84rubr.? 84 in.? Hispal. II. 619 (H. Aug.)

c. 7 : 369. Incerti loci post 614 c. 12 : 88? Neocaes. 314 (D.-H.)

c. 3: 381h 7.

Paris. IV. 573 : 88? Paris. V. 614

c. 6. 8. 11 (4. 6. 9) : 88?

c. 11 (9) : 370 k. 427a. Paris. VI. 829

Lib. I. 2 : 370 a.

Lib. I. 15 : 370 d.

Lib. L 47 :402a fin.? Roman, sub Symm. 502

c. 2 med. : 395b. 429.

c. 6 rubr. : 407 b? Roman. 721 sub Greg. II.

c. 10. 11 : 96? Sardic. 343 c. 21 : 312? Tolet. V. 636 c. 3 fin. : 88 ? Tolet. VI. 638 c. 6 : 88? Tolet. XI. 675

c. 6 fin. : 370m.

c. 15 : 325. Tolet. XVI. 693 c. 9 fin. : 370m. Tolet. XVII. 694 e. 5 fin. : 370 m. Turon. I. 461 c. 8 : 90? 98? Turon. II. 567 c. 16. 21. 25 (15.

20. 24) : 428 b. Vasense I. 442 c. 4 fin. : 370 f.

394. 407c.

Can. apost. c. 34 : 432 a.

C. Dekretalen: Ps.-Damasus L 366—384 (H, Aug.),

J. 244 : 121. 369. Innoc. I. 404, J. 286 : 88. Innoc. I. 414, J. 303

c. 3 fin. : 369. Leo I. 458/9, J. 544

c. 4 fin. : 133b?

c. 15 med. : 369.

c. 24 : 90? 98?

D. Römisches Recht:

a) ßrev.

C. Th. 9, 20, 2 : 96.

9, 27, 3 int. fin. : 435 b. 16, 4 : 423.

b) Brev. Ep. Paris.

C. Th. 9, 1, 6 : 435b.

c) C. Th. 16 (Brev. auct.), 2, 31 : 117.

d) Const. Constantini I. 314 ad Ablavium : 381 h/5?

e) Const. Theodosii II. et Val. III. 430 ad Albinum : 99.

f) Summa De ord. eccl.

c. 8 : 99. c. 4A : 102.

Studien zu Benedictus Levita. Vn.

539

E. Germauische Volksgesetze: Lex Baiuwar. (canonice compta) :

97a in. (cf. 882). Lex Visigothorum : 4, 5, 6 : 370 d.e. 12, 2, 12 ff. ] 12, 3, 1 : 423.

12, 3, 12. 18 J

F. Kapitularien:

(13) Pippini Cap. 754/5 c. 1 : 101?

(14) Conc. Vern. 755

c. 9:370k? c. 15 : 133 b? (39) Cap. leg. additum 803, inscr.

et c. 1 : 98. (57) Cap. Omnibus cognita facienda

801— (806?) 8 14 c. 1 : 234? (98) Cap. Italicum 801 c. 3 : 431.

(138) Cap. eccles. 818/9

c. 1 in. : 370 d.

c. 22 24: 96. 101? 102?

(139) Cap. leg. addenda 818/9

c. 4 : 99. 116. c. [4.] 9 : 96. 97. 98. Anseg. 1, 35 : 381 h 7.

Episcoporum relatio 829 c. 2 : 370a. c. 27 : 370 c.

G. Bussbücher:

Theodori Poen. 14 § 5 : 98.

H. Kirchenväter und andere Schriftsteller: Augustinus

Tract. 50 in ev. Job. § 11 : 407b. Ebo Remensis, Apologeticum p.795

1. 27 sq. : .381 d. Hieronymus, Epist. 69 § 9 : 415 e? lonas Aurel. , De inst. laic.

2, 10 rubr. : 235.

Isidorus Hispal., Etym. 4, 24 : 870 i. Isidorus Hispal., Synon. 1, 9 : 3701. lulianus Pomerius, De vita con- templ. 2, 9 : 370 d.

I. Verschiedenes:

a) Ps.-Leonis IV. Homilia : 133b?

b) Bonifatius Mog. ad Aethel- baldum : 407 f. g. ad Cud- berhtum : 407e ?

c) Formulae oder Diplomata : 370a. 371. 407a.

d) Pontificale:

Formula excommunicationis :

88? 89? 93? Oratio episcopi in reconcilia-

tione poenitentium : 88? 101?

e) Formula abrenuntiationis : 193b.

f) Glossarium cod. Vat. 3321 s. v. sacrilegus : 394 c.

Nachtrag zu Ben. 2, 361. Mit der nötigen Skepsis ist oben S. 475 f. das Breviar bzw. die Epitome Aegidii als Quelle von 2, 361 bezeichnet worden. Unter- dessen ist es gelungen , die bisher unbekannte , wahre Quelle von 2, 361 (damit auch von 3, 348 und von Cap. Angilr. c. 38) aufzufinden in L. Visig. 7, 5, 5 ([Recc], Erv.), MG. LL. Visig. p. 306. Textverhältnisse (kursiv gedruckt, was sich bei Ben. mit der Vorlage deckt) :

Ben. 2, 361. Omnis, qui falssi aliis in- tuhrit, puniatur et pro falsi- tate ferat infamiam.

L. Visig. Qui . . . ^ ali q u i d fal- s i t a t i s intulerit, ... et i n s u p e r pro f alsitate ferat infamiam^.

1) Die hier ausgelassenen Worte lauten: 'defuncti celaverit volum- tatem aut in eadem' ; wie mau sieht, hat Ben. den Tatbestand der Vor- lage gründlich umgestaltet. 2) So cod. E 1, während die codd. R 1. 2. E 2 'infamium' schreiben.

Neues Archiv etc. XXXV.

35

IX.

Nachträge zu drn Regesten Karls IV.

aus dem Stuttgarter Staatsarchiv.

Mitgeteilt von

Adolf Piscliek.

S5*

Jj ür das additamentum primum zu den Regesta im- perii YIII hat schon Huber im Stuttgarter Staatsarchiv eine reichhaltige Ausbeute an Urkunden Karls IV. ge- funden. Eine ziemliche Reihe weiterer, bei Böhmer -Huber fehlender Stücke, deren Original oder sonstige Quelle in ■jenem Archiv verwahrt ist, ergeben die Urkundenbücher der Stadt Rottweil (1896), der Stadt Heilbronn (1904) und der Stadt Esslingen I u. II (1899 und 1905), sowie der zweite Band des Ulmischen Urkundenbuchs (1898 1900). Die Regesten über diejenigen im Stuttgarter Archiv vor- handenen Urkunden Karls IV., die sich weder bei Böhmer- Huber verzeichnet finden noch in den vier genannten Ur- kundenbüchern mitgeteilt sind , möchte ich in der vor- liegenden Veröffentlichung nachtragen. Dass sie sonst irgendwo seit Erscheinen des ersten Ergänzungsheftes zu Böhmer- Huber abgedruckt oder ausgezogen worden wären, ist mir von keiner dieser Urkunden bekannt geworden, je- doch sind einzelne von ihnen in früheren, mitunter auch von Böhmer zitierten Werken schon verwertet, aber dort, wie es scheint, bei der Sammlung des Materials zu den Regesta imperii übersehen worden.

Unter den unten aufgeführten Urkunden befinden sich einige wenige, die für nicht dem Gebiet des heutigen Württemberg angehörende Empfänger ausgestellt sind. Die Regesten sind in diesen Fällen gefertigt nach Ur- kundenabschriften enthalten in einer zu Beginn des 19. Jh. von Paul Anton Breitenbach angelegten handschriftlichen Materialiensammlung für eine diplomatische Geschichte der Deutschmeister und Chronik der Stadt Mergentheim.

Was die Art der Abfassung der Regesten betrifft, so habe ich mich insbesondere auch an die Anweisungen ge- halten, die Theodor Lindner seinen Nachträgen zu den Regesten Karls IV. im achten Band dieser Zeitschrift, S. 253 f., vorausgeschickt hat. Wo der Stoff des Ori- ginals Pergament ist (überall ausser n. 23) und wo das Siegel am Pergamentstreifen anhängt, habe ich das nicht besonders erwähnt. Der Regfistraturvermerk steht

544 Adolf Pischek.

auf der Rückseite der Urkunde, wo nichts anderes an- gegeben ist. Abgesehen von einer Ausnahme (n. 27), der eine Fälschung zu Grund liegen mag (vgl. ß.-H. n. 6967), haben die Urkunden mit Zeugen, sämtlich in lateinischer Sprache abgefasst, zugleich Invokation, Monogramm und Indiktionsangabe.

Wenige Bemerkungen , die sich mir bei der Ver- gleichung der Originalquellen mit den Böhmer-Huber'schen ßegesten ergeben haben, dürfen hier wohl noch angefügt werden. Zu B.-H. n. 509 lautet der königliche Befehl dahin, das Kloster Comburg in einem Streit wegen der Yogtei Gebsattel (statt das Kloster Gebsattel) zu schirmen. Das Datum von n. 1309 ist der 28. Mai statt 2. Juni 1350, der Ausstellort Nürnberg. Die bei n. 1922a vermisste Quelle für die Anwesenheit Karls in Giengen ist nun ab- gedruckt im Ulmischen ÜB. II, 1, S. 411. In n. 607 steht 'dieser Unsinn' wirklich in den die einzige Quelle bildenden Comburger Kopialbücbern. Die n. 7370 gehört zum 13. Januar 1374, nicht 1373. Die bei Böhmer- Huber fehlende Urkunde des Ulmischen ÜB. II, 2, S. 613 über die Erhebung des Dorfs Stotzingen zur Stadt gehört nicht zu 1366 Mai 6, sondern zu 1365 Dezember 27 (mit 1366, r. 20, imp. 11).

Karl IV.

1347 Oktober 21 im Lager vor Neumarkt ('ante civitatem Noviforensem')

richtet seine erste Bitte an das Kloster Comburg zu Gunsten von Raben, Sohn Heinrichs von Hornberg. 1

Traussumpt des Abts von Murrhardt von 1348.

1347 November 1. Nürnberg

richtet seine erste Bitte an das Kloster Comburg zu Gunsten von Johannes, Sohn Heinrichs von Hausen. 2

Transsumpt des Abts von Murrhardt von 1348.

1347 November 7. Nürnberg

bestätigt dem Kloster Ellwangen auf Bitten des Abts Kuno insgesamt Besitz, Freiheiten und Regalien, Gerichte, Jagd- und Forstrechte und nimmt es mit Gütern und Leuten in königlichen Schutz (verschieden von B. - H. n. 418). 3

'per manus Welislai' etc. R. (auf dem Bug). Orig., Maj.- Siegel, Schnur rotgelb.

Nachträge zu den Regesten Karls IV. 545

1347 November 25. Nürnberg-

bestätigt dem Tölzer von Schellenberg, dass ihm die zwei Mühlen bei Leutkirch für 100 Pfund Konstanzer Pfennige, die ihm das Eeich schuldet, verpfändet sind. 4

Ohne Unterfertigung und Registraturvermerk. Orig., Sekr. - Siegel abgegangen.

1347 November 29. Nürnberg

verleiht auf Bitten des Burggrafen Berthold von Nürnbero:, Landkommenturs zu Franken, dem Kommentur ZU Ellingen Stock und Halsgericht daselbst und erteilt dem Gericht zu Ellingen Freiheit und Recht des Gerichts ZU Weissenburg. 5

'ego Nicolaus decanus Oloraucensis' etc. 'recognovi'. Unter Maj.- Siegel an rotgelber Schnur. Abschrift in der Breitenbachschen Sammlung und Abdruck in Branden- burgische Usurpationsgeschichte im Gebiet des deutschen Ritterordens 1796/97 Beilage 112, S. 231.

1348 Januar 27. Ulm

macht der Stadt Wangen dieselben Versprechungen wie den andern schwäbischen Reichsstädten (B.-H. n. 566 581. 6507—6509). ^ 6

Ohne Unterfertigung und Registraturvermerk. Orig., Maj. -Siegel, Schnur rotgelb.

1348 Juli 12. Prag

bestätigt Burkhard von EUerbach dem Aelteren alle seine vom Reich rührenden Pfandschaften. 7

'R. per dnm. cancell. Dithmarus' (auf dem Bug). Vidimus der Stadt Ulm von 1456.

1349 September 15. Speier

weist die Stadt Ravensburg an , ihre auf Martini fällige Reichssteuer an die Grafen Ulrich und Ulrich von Helfenstein, Gevetter, Landvögte in Oberschwaben, zu entrichten. 8

Kopialbuch von 1605.

1350 April 19. Nürnberg

erteilt der Stadt Ravensburg dieselbe Weisung. 9 'p. d. episc. August. Dithmarus'. Kopialbuch von 1605.

546 Adolf Pischek.

1351 Mai 24. Prag

gibt als König von Böhmen seinen Willebrief zu der Verleihung der Burgen und Städte Giengen, Hellenstein und Heidenheim an die Grafen Ulrich und Ulrich von Helfeustein. 10

Unter Maj.- Siegel. Kopialbuch 15. Jh. Die Wille- briefe der übrigen Kurfürsten ebenda.

1352 Oktober 1. Prag

weist die Stadt Ravensburg an wie oben n. 8. 11 'Nuemburgens. electus'. Kopialbuch von 1605.

1353 September 17. Konstanz

weist die Stadt Ravensburg an wie oben n, 8. 12 Kopialbuch von 1605.

1353 September 21. Konstanz

bestätigt den Brüdern des heiligen Grabs in Denken- dorf den eingerückten Freiheitsbrief Heinrichs (VII.) d. d. Esslingen 1226 September 26 (Böhmer-Ficker n. 4016). 13

Ohne Unterfertigung. R. (auf der Rückseite). Orig., Maj. -Siegel, Schnur grünrot.

1353 November 11. Speier

nimmt das Deutschordenshaus zu Weissenburg in seinen Schutz und befreit es, da er es sich zu Gemach und Herberge vorbehalten hat , von allen sonstigen Herbergspflichten. 14

Abschrift in der Breitenbachschen Sammlung.

1353 November 27. Speier

entscheidet in einem Streit zwischen dem Grafen Albrecht von Werdenberg genannt von Heiligenberg und dem Abt Eglolf des Prämonstratenserklosters Rot Kon- stanzer Bistums, dass das Kloster befugt sei, über die ihm von dem Edeln von Wildenberg vermachten Güter in den Dörfern Cumbels und Villa im Lugnetz unbehindert von dem Grafen zu verfügen, und befiehlt, es in diesem Rechte zu schützen. 15

'per d. regem Wesaliensis'. R. (auf dem Bug). Orig., Maj. -Siegel abgeg.

1355 Juli 27. Donaustauf

weist die Stadt Ravensburg an wie oben n. 8. 16 'p. d. Luthom. epm. cancell. Rud.' Kopialbuch von 1605.

Nachträge zu den Regesten Karls IV. 547

1355 November 29. Nürnberg-

weist die Stadt Gmünd an, 337 V2 Gulden zu der Ehrengabe von II912V2 Gulden beizusteuern, die ihm die Städte nach seiner Kaiserkrönung gewährt haben. 17

Ohne Unterfertigung. R. (auf der Rückseite). Orig., Sekr. - Siegel.

1355 Dezember 11. Nürnberg

ermächtigt die Brüder des Deutschordenshauses in Mergentheim, den Markt Mergentheim zu einer Stadt zu machen unter Erlassung derselben Bestimmungen wie in B.-H. n. 6481. 18

'P. dom. imper. Luthomischl. epus. R. Hertwicus'. Orig., Maj.- Siegel und Schnur abgeg.

1355 Dezember 18. Nürnberg

erteilt in Ansehung der Dienste, die ihm der Deutsch- ordenskommentur in Mergentheim Philipp von Bickenbach zu Rom geleistet hat, den Bürgern von Mergentheim ihren ausschliesslichen Gerichtsstand vor dem Gericht ihrer Stadt, solange dieses dem Kläger ohne Verzug zum Recht verhilft. 19

'per dum. cancellar. lo. Ejstet. R. Volpertus'. Orig., Maj. -Siegel abgeg., Schnur schwarzgelb.

1356 Juni 30. Politz

weist die Stadt Ravensburg an wie oben n. 8. 20 'p. d. Rud, de Hoemburg provincialem lo. Eystet'. Kopialbuch von 1605.

1357 Mai 18. Frankfurt

weist die Stadt Ravensburg an wie oben n. 8. 21 Kopialbuch von 1605.

1357 Juli 27. Wien

bestätigt seinem Hofmarschall Burkhard von Eiler- bach drei eingerückte Pfandverschreibungen über Ein- künfte in der Stadt Sulmetingen und über den Hof Kohlberg, ausgestellt von König Adolf bei Oppenheim 1298 Juli 1, von König Albrecht in Esslingen 1303 März 16 (XVII. kal. Mart. wohl verschrieben für Apr.) und von demselben bei Opatowitz 1307 Oktober 5 (Böhmer Reg. 1246 1313, Adolf 400, Albr. 424 und 588).

Zeugen wie Böhmer - Huber n. 2681, ausserdem Bischof Meinhard von Trient, Herzog Albrecht von Oester-

548 Adolf Pischek.

reich, die Edfln Sbinco Hase von Hasenburg, oberster Kämmerer, Burkhard der Jüngere von Ellerbacb, Hein- rich Baier von Boppard, Rudolf von Wart, Gerlach Knebel von Katzenellenbogen. 22

Vidimus der Stadt Ulm von 1447.

1358 Juli 29. Nürnberg

ermahnt die Stadt Hall, entsprechend seinem früheren Gebot das dem Reich gehörige Kloster Comburg gegen jedermann zu schirmen. 23

Ohne Unterfertigung. Orig., Papier, Sekr. - Siegel rückseitig aufgedrückt.

1358 Oktober 5. Pjag

gewährt dem Deutschordenshaus und -Spital zu Donauwört für ihre daselbst gelegenen Güter Steuer- freiheit gegen jedermann, insbesondere gegenüber der Stadt Donauwört. 24

Abschrift in der Breitenbachschen Sammlung.

1358 Oktober 11. Prag

weist die Stadt Ravensburg an wie oben n. 8, 25 'p. dorn, imperat. lo. Ejstet.' Kopialbuch von 1605.

1358 Oktober 11. Prag

verleiht Heinz Reinzlin alle Rechte in dem Wald unter dem Hatzenturm, der jenem durch den Tod von Heinrich Englers Sohn von Vorsee und Hans Federlins Sohn von Altdorf angefallen ist, als Lehen vom Reiche. 26

'per dum. cancellar. lo. Eysteten. R. Milicius'. Orig., Maj.- Siegel.

1358 Dezember 13. Breslau

gibt in dem Streit zwischen dem Deutschordenshaus in Plauen und dem Vogt Heinrich von Plauen, nachdem die Zeugen durch seinen Notar Konrad von Giesenheim in Plauen vernommen worden sind, dem Deutschordens- meister Wolfram von Neuenbürg und dem Generalordens- präzeptor in Böhmen und Mähren Rudolf von Homburg seine Entscheidung kund über die Verpflichtungen des Deutschordenshauses gegen den Vogt, namentlich die Höhe der Bier- und Brotabgabe, die Stellung eines Botenpferdes, die Versehung des Gottesdienstes an 16 Altären, die Almosengewährung und die Pfründenverleihung.

Nachträge zu den Regesten Karls IV. 549

Ohne Invokation und Signnmzeile. Zeugen: Arnest Erzbischof von Prag-, die Bischöfe Theodorich von Minden und Albert von Schwerin, Wilhelm Markgraf von Meissen, die Herzoge Bolko von Schweidnitz, Przimislaus von Teschen und Bolko von Falkenberg, die Edeln Blichta (? Abschreibfehler für Niklas), Scholasticus in Prag, Jesko von Wessel und Beness, Brüder von Warteuberg. 'in- dictione Xl'. 27

Abschrift in der Breitenbachschen Sammlung.

1359 Januar 2. Breslau

erklärt die Klage für nichtig, die der Edle Johannes von Gundelfingen gegen die Stadt Ravensburg vor dem Reichshofgericht wegen der ehemaligen Feste Niederwart- stein erhoben hat, da diese Feste von des Reichs und des Landfriedens wegen und nicht in Sachen, die die Stadt Ravensburg allein berühren, gebrochen worden ist. (Ausser- dem B.-H. n. 7002). 38

'p. dum. magrm. cur. lo. Eystet.' Ohne Registratur- vermerk. Orig., Sekr. - Siegel.

1359 Januar 6. Breslau

bestätigt der Stadt Ravensburg die ihr von König Adolf verliehene Befugnis, ihren Ammann nach dem Ver- fahren der Stadt Ulm zu wählen. Die in Betracht kommende Stelle des ülmer Stadtrechts (vgl. Wirtemb. ÜB. VII, n. 2415 Ziff. 1) ist eingerückt.

Zeugen : Arnest Erzbischof von Prag, die Bischöfe Johann von Olmütz, Johann von Leitomischl, Hofkanzler, Theodorich von Minden, Albert von Schwerin, Prezlaus von Breslau, Heinrich von Lebus, die Herzoge Bolko von Schweidnitz, Bolko von Oppeln, Bolko von Falkenberg, Przimislaus von Teschen. 29

'per dum. imperat. lo. Eystet. R. Miliczius'. Orig., Maj.- Siegel, Schnur (schwarz)gelb.

1359 April 23. Nürnberg

wiederholt auf vielfaches Klagen des Klosters Com- burg sein bisher unbefolgt gebliebenes Gebot an die Schenken Albrecht und Konrad von Limpurg, auf dem ordentlichen Wege von dem Kloster Recht zu nehmen und ihm Recht zu geben und es an Leuten und Gütern un- beschwert zu lassen. 30

'p. dom. imper. lo. Eystet'. Orig., Sekr. -Siegel rück- seitig aufgedr.

550 Adolf Pischek.

1359 April 23. Nürnberg

mahnt die Stadt Hall, seinen wiederholten Geboten und ihren eigenen Verschreibungen gemäss das Kloster Comburg, das durch die Verabsäumung ihrer Schutzpflicht einen Schaden von tausend Mark Silbers erlitten hat, gegen jedermann, insbesondere die Schenken von Limpurg, zu schirmen. 31

'p. dom. imper. lo. Eystet'. Orig., Sekr. -Siegel rück- seitig aufgedr.

1359 Mai 5. Prag

bestätigt dem Kloster Ellwangen auf Bitten des Abts Kuno insgesamt Besitz, Freiheiten und Imperialien, Ge- richte, Jagd- und Forstrechte, nimmt es mit Gütern und Leuten in kaiserlichen Schutz, verfügt, dass im Kloster, im Spital und in den zwei Kustoshöfen zu Ellwangen, in den Propsteien Zell, Hohenberg, Wiesenbach mit dem Schultheissenhof dabei, in den Höfen Schriesheim und Altheira und der Stadt Tann wie bisher jeder wegen irgendwelchen Verbrechens Verfolgte Asyl geniesse, und verbietet alle Störung und Belastung des Klosters.

Zeugen: wie B.-H. n. 2947 und Johann von Rosen- berg. 32

'p. dnm. cancellar. lo. Ejsteten. corr. p. loh. de Prusnitz. E. Miliczius.' Orig., Maj. - Siegel , Schnur (schwarz)gelb.

1359 Oktober 23. Karlstein

weist die Stadt Ravensburg an wie oben n. 8. 33 'p. d. Petrum de lanowitz Henr. Austral.' Kopial- buch von 1605.

1360 Juli 21. Nürnberg

bescheinigt der Stadt Reutlingen den Empfang ihrer auf Martini fälligen 400 Pfund Haller betragenden Reichs- steuer. 31

'p. dom. imper. lo. Eystet. R. lohannes Saxo'. Orig., Maj. -Siegel.

1360 September 18. Reutlingen

verwilligt der Stadt Hall, dass sie vor keinem welt- lichen Gericht ausser ihrem Stadtgericht Recht geben solle, und erklärt die gegen sie ergehenden Verfügungen fremder Gerichte für kraftlos, wobei der Fall der

Nachträge zu den Regesten Karls IV. 551

Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung ausgenommen bleibt. 35

'per dorn, magrm. cur. lo. Ejstet.' Orig. , Sekr.- Siegel rückseitig aufgedr.

1360 September 22. Reutlingen

ermächtigt die Stadt Wangen, zu Besserung der Wege und der Landstrasse daselbst von jedem beladenen Wagen und Karren, der zwischen dem Schwarzensee und der Herfaz- Argen auf- oder abgeht, einen Zoll von 4 Heller für den Wagen und von 2 Heller für den Karren zu erheben. 36

'per dnm. imperat. Conr. de Gysinhein. R. Johannes Saxo'. Orig., Maj.- Siegel.

1360 November 4. Nürnberg

bescheinigt der Stadt Ravensburg den Vorausempfang der auf Martini über ein Jahr fälligen Reichssteuer. 37

'p. dorn, imper. Rud.' Kopialbuch von 1605.

1360 November 4. Nürnberg

bescheinigt dasselbe der Stadt Reutlingen. 38

'p. dom. imper. Rud.' Orig., Sekr. -Siegel rückseitig

aufgedr.

1363 März 20. Nürnberg

weist die Stadt Leutkirch an , ihre auf Martini fällige Reichssteuer von 100 Pfund Haller an Graf Ulrich von Helfenstein zu entrichten. 39

'ad relat. d. prepos. Wischegrad, decanus Glogov. R. Johannes Saxo'. Orig., Sekr. -Siegel.

1364 Februar 9. Brunn

weist die Stadt Reutlingen an , ihre auf Martini fällige Reichssteuer von 400 Pfund Haller an Werner von Mörsberg zu entrichten. 40

'p. d. imper. P. laurens. R. Petrus scolasticus Lubuc' Orig., Maj. -Siegel.

1364 März 25. Pirna

bestätigt auf Bitten Burkhards von Ellerbach, ge- nannt der Eitel Ellerbach, und Burkhards von Ellerbach, genannt der lange Ellerbach, Gebrüder, die eingerückten Ellerbach'schen Pfandverschreibungen über Sulmetingen

552 Adolf Pischek.

und Kohlberg von König Adolf und Albrecht, wie er sie schon auf Bitten Burkhards von Eilerbach, älteren Bruders der beiden, zu Wien bestätigt hat (vgl. oben n. 22). 41 'Per d. Rud. de Hoemburg Rud. de Frideberg. R, Petrus scolasticus Lubuc' Vidimus der Stadt Ulm von 1456.

1364 Dezember 24. Prag

weist die Stadt Ravensburg an, ihre nächste auf Martini fällige Reichssteuer an den Grafen Ulrich von Helfenstein, Landvogt in Oberschwaben, zu entrichten. 42

'p. dorn, imperat. lo. Eystet.' Kopialbuch von 1605.

1365 Januar 14. Prag

weist die Stadt Reutlingen an , ihre nächste auf Martini fällige Reichssteuer von 400 Pfund Haller an Herzog Friedrich von Teck zu entrichten. 43

'p. dnm. imperat. Rud. de Frideberg. R. Petrus scol. Lub.' Orig., Maj.- Siegel abgeg.

1365 Februar 5. Prag

erneuert dem Grafen Heinrich von Montfort die seinem Vater Grafen Wilhelm von Montfort erteilte ein- gerückte Lehen- und Pfandschaftsbestätigung von 1348 Januar 30. (B.-H. n. 593). 44

'per dnm. cancellarium Güntherus Tokler de Baben- berg. R. Petrus scolast. Lubuc' Orig., Maj. -Siegel.

1365 April (17.) Mergentheim

nimmt den Abt des Benediktinerklosters Neustadt Würzburger Diözese unter seine geheimen Kapläne und sein Hofgesinde auf und verleiht ihm die Rechte dieser Stellung, insbesondere ihm und seinem Kloster den aus- schliesslichen Gerichtsstand vor dem König oder dessen Hofmeister. Mit 1365 nach Ostern, Wochentag aus- gelassen, vermutlich Donnerstag. 45

Abschrift in der Breitenbachschen Sammlung.

1365 August 20. Sulzbach

befiehlt dem Grafen Eberhard von Württemberg und Grafen Ulrich, seinem Sohn, die Schirmung des Klosters Murrhardt mit Leuten und Gütern (verschieden von B.-H. n. 4207). 46

'p. dnm. imperatorem Guntherus de Babenberg'. Abschrift.

Nachträge zu den Regesten Karls IV. 553

1365 November 1. Pra^

befiehlt den Städten Ulm und Auo^sburg, auf die Vogtei zu Gmünd, die er dem bisherigen Vogt Hans von Rinderbach abgenommen hat, einen nnuen Vogt ein- zusetzen. 47

'ad relat. mgri. cur. P. laur.' Orig. , Sekr. - Siegel rückseitig aufgedr.

1365 Dezember 30. Prag

gestattet der Stadt Ravensburg, in dem Reichsforst Altdorf er Wald Brennholz und im Notfall auch Bauholz zu hauen, mit der Bestimmung, es solle nur von Bäutpen solcher Grösse, dass ein Fuder Holz daraus gewonnen werden möge, Brennholz gehauen vrerden dürfen, und be- stätigt die bisherigen Eechte der Stadt an dem Wald. Mit 1366, r. 20. imp. 11. 48

'Relator d. ülr. de Helfenstein Hermannus Thesauri. R. Voltzo Wormacien.' Orig., Maj.- Siegel.

1366 Januar 12. Prag

gibt der Stadt Ravensburg in Bezug auf ihre 180 Pfund Haller betragende Reichssteuer die Weisung wie oben n. 42. 49

'p. dorn. Verd. episc. lohannes Eystet.' Kopialbuch von 1605.

1366 Januar 12. Prag

erteilt dieselbe Weisung der Stadt Reutlingen für ihre 400 Pfund Haller betragende Reichssteuer. 50

'p. dom. Verd. lohus. Eystet. R. Voltzo de Worm.' Orig., Maj. -Siegel.

1366 Januar 18. Prag

erlaubt dem Edeln Heinz von L^^imberg den Bau einer Mühle am Deffingerbach, der bei Deffingen vorüber- fliesst, und verleiht sie ihm za Reichsmannlehen. 51

'per dom. imperat. Rud. epus. Verden. R. Voltzo de Wormac' Orig., Maj. -Siegel abgeg.

1366 Januar 19. Prag

weist die Stadt Gmünd an, von ihrer nächsten auf Martini fälligen Reichssteuer '^70 Pfund Haller an seinen Kammermeister Thymo von Kolditz zu be- zahlen. 52

554 Adolf Pischek.

'ad mandatum Cesaris cancellar. E. lohannes Lust.' Ori^. , Maj. - Siegel samt Pergamentstreifen ausgerissen (vielleicht kassiert wegen B.-H. n. 4264, 270 Pfund Haller war der ganze Jahresbetrag der Gmünder Steuer).

1366 September 15. Frankfurt

gibt der Stadt Ravensburg für ihre auf Martini über ein Jahr fällige Reichssteuer die Weisung wie oben n. 42. 53

'per d. patriarcham Aquilegien. lohns. Eysteten.' Kopialbuch von 1605.

1366 November 6. Nürnberg

belehnt auf Bitten des Konrad Wolfegger, Bürgers zu Ravensburg, Oberstforstmeisters über den Altdorf er Wald zwischen Ravensburg und Waldsee gelegen, dessen Sohn Wölflin zugleich für seine Brüder mit dem ge- nannten Oberstforstamt zu gemeinsamem Besitz mit ihrem Vater. 54

'p. d. magrm. curie Ludowicus de Nortenberg. R. lo- hannes de Geylnh.' Orig., Maj. -Siegel, Schnur schwarzgelb.

1367 September 21. Prag

weist die Stadt Leutkirch an, ihre auf Martini fällige Reichssteuer, je für 15^2 Schilling Haller einen Gulden, an den Landgrafen Johannes von Leuchtenberg zu entrichten , und droht ihr im Zuwiderhandlungsfall mit Pfändung durch den Burggrafen Friedrich von Nürnberg. 55

'per dom. de Koldicz decan. Glogov. R. loh. de Geylnh.' Orig., Sekr. - Siegel.

1367 September 21. Prag

erteilt dieselbe Weisung der Stadt Reutlingen unter gleicher Androhung. 56

'per dnm. de Koldicz decan. Glogov. R. lohannes Lust.' Orig., Sekr. -Siegel.

1368 Februar 3. Frankfurt

weist die Stadt Leutkirch an, was sie jährlich an Steuer und Zinsen dem Reich schuldet, an Herzog Wenzel von Luxemburg, Reichsvikar diesseits des lombardischen Gebirges, zu entrichten. 57

Ohne Unterfertigung und Registraturvermerk. Orig., Maj. -Siegel.

Nachträge zu den Regesten Karls IV. 555

1368 Februar 3. Frankfurt

gibt dieselbe Weisung der Stadt Reutlingen. 58

'per d. de Koldicz loh. Eystet. R. loh. de Geylnh.'

Orig., Maj.- Siegel.

1368 Oktober 28. ohne Ausstellort

weist die Stadt Reutlingen an. ihre auf Martini

fällige Reichssteuer, je für löVo Schilling Haller einen Gulden , an den Burggrafen Friedrich von Nürnberg zu

entrichten. 59

'p. dorn, de Koldicz decan. Glogov. R. Voltzo de Wormat.' Orig., Maj. -Siegel.

1368 Oktober 28. Rom

erteilt dieselbe Weisung der Stadt Wangen. 60

'p. dnm. imperat. decan. Glogovien. R. lohannes Lust'. Orig., Maj. -Siegel abgegangen.

1369 Oktober 18. Bautzen

erteilt dieselbe Weisung der Stadt Ravensburg. 61 'p. dorn. Prägens, archiep. lo. Lust registrator. R. lohannes de Cellis'. Orig., Maj. -Siegel.

1370 Juni 23. Prag

erlässt eine Aufforderung an die Städte Lindau, Ravensburg, St. Gallen, Ueberlingen , Buchhorn und Wangen, dem Landfrieden der Städte in Niederschwaben beizutreten, und setzt ihnen, bis er selbst nach Nürnberg kommen wird , zu einem Hauptmann des Landfriedens Ulrich den Aelteren, Grafen von Helfenstein. 62

'per Cesarem P. laur.' Orig., Sekr. -Siegel rückseitig aufgedrückt.

1370 September 26. Nürnberg

weist die Stadt Ravensburg an wie oben n. 61. 63 'mandante dno. imperatore ad relat. dm. cancellar.

Conr. de Gysenheim. R. lo. de Geilnhusen'. Orig., Maj.-

Siegel.

1370 September 26. Nürnberg

weist die Stadt Reutlingen an wie oben n. 59. 64 ünterfertigung wie eben. 'R. lohs. Saxo'. Orig.

Maj. -Siegel.

Neues Archiv etc. XXXV. 36

556 Adolf Pischek.

1371 März 8. Czaslau ('zum Czaslabs')

schlägt den Herzogen von Oesterreich tausend Gulden auf ihre Pfandschaft an der Feste zu Staufen , die ein ehrbar Schloss des Eeiches ist, zu Bau und Besserung der niedergegangenen Mauern und Dächer an der Feste. 65

'per dnm. F. de Coldicz Heinr. de Eibingo. R. lohs. Saxo'. Orig., Maj.- Siegel. (Vgl. C. F. Stalin, Wirtemb. Gesch. III, 296, Anm. 1 mit März 28).

1371 März 29. Prag

verleiht die vom ßeich zu Lehen rührende Vogtei des Klosters Neresheim auf Bitten des Grafen Ludwig des Aelteren von Oettingen, der sie an den Grafen Ludwig, Enkel seines verstorbenen Bruders Friedrich von Oettingen, und dessen Geschwister verkauft hat, den Käufern unter Vorbehalt der Rechte des Reichs. 66

Abschrift 17. Jh.

1371 September 14. Prag

weist die Stadt Reutlingen an wie oben n. 59. 67 'p. dom. Prag, archiep. Petrus prepos. Olom. R. lo-

hannes Lust'. Orig., Maj. -Siegel.

1371 September 14. Prag

erteilt dieselbe Weisung der Stadt Gmünd. 68

Kanzlei wie eben. Orig., Maj. -Siegel.

1372 Februar 15. Breslau

erhebt zu Gunsten des Grafen Ulrich des Aelteren von Helfenstein dessen Dorf Neilingen zu einem Markt, erlaubt dem Grafen dort einen Wochenmarkt mit aller Kaufmannschaft zu halten , doch unschädlich anderen Städten und Märkten im Umkreis von einer Meile, und verleiht ihm Stock und Galgen daselbst. 69

Kopialbuch Ende 16. Jh.

1372 Mai 13. Würzburg

verleiht den Kindern des verstorbenen Grafen Ulrich des Aelteren von Helfenstein, Hauptmanns des Land- friedens in Schwaben , alle Herrschaften , Grafschaften, Lehen, Güter, Zölle, Pfandschaften und Vogteien, die ihr Vater vom Reich inne hatte. 70

'Per Cesarem P. laur. R. lohannes Saxo'. Orig., Maj. -Siegel.

Nachträge zu den Regesten Karls IV. 557

1373 Oktober 14. Prag

verschreibt der Stadt Ravensburg Schirm, Gerichts- barkeit und Besteuerungsrecht über die dortigen Juden auf sechs Jahre, erlaubt ihr, die in der Stadt oder deren Gebiet gelegenen Güter zu besteuern , soweit sie von Alters her oder von Rechts wegen steuerpflichtig sind, und zur Besserung der Stadt in ihr bis auf Widerruf einen Zoll zu setzen. 71

'ad relat. dorn. Argentin. episc. Conradus de Gysen- heim. B. Johannes Lust'. Orig., Maj.- Siegel.

1373 Oktober 16. Prag

weist die Stadt Reutlingen an wie oben n. 59. 72 'p. dorn, imper. Conr. Gisenheim. R. Johannes Lust'. Orig. , Maj . - Siegel.

1374 Juni 4. Guben

weist die Stadt Ravensburg an , ihre auf Martini fällige Reichssteuer, je für I5Y2 Schilling einen Gulden, an den Rheinpfalzgrafen Friedrich, Herzog in Bayern, zu entrichten. 73

'per dum. imperat. Conr. de Gysenheim. R. Voltzo de Wormacia'. Orig., Maj. -Siegel.

1374 Juni 4. Guben

erteilt dieselbe Weisung der Stadt Reutlingen. 74 Kanzlei wie eben. Orig., Maj. -Siegel.

1374 September 29. Nürnberg

genehmigt der Stadt Gmünd die Verlegung der dem Spital gehörigen Gumpenmühle auf Reichseigen unter Be- stätigung der Rechte des Spitals an der Mühle. 75

'per dnm. Prag, archiep. Conradus de Gysenheim. R. Wilhelmus Kortelangen'. Orig., Maj.- Siegel abgegangen.

1374 Oktober 9. Nürnberg

verleiht das Reichslehen Hagenbach, das der bisherige Inhaber, der Edelknecht Engelhard von Berlichingen, wegen Armut verkauft und ihm mit dem eingerückten Brief von 1374 September 28. aufgesagt hat, dem Käufer Hermann von Wittstadt. 76

'per dnm. de Kolditz Conr. de Gysenheim. R. Wil- helmus Kortelangen'. Orig., Maj. -Siegel.

36*

558 Adolf Pischek.

1374 Oktober 11. Nürnberg

eröffnet den Städten in Ober- und Niederschwaben, die den Landfrieden daselbst beschworen haben, dass er diesen Landfrieden um redlicher Sachen willen, die vor ihn gekommen sind, widerruft und nicht mehr gehalten wissen will. 77

'de mand. dm. imperat. Nicol. Cameric, prepos.' Orig., Sekr. -Siegel rückseitig aufgedrückt.

1375 August 3. Prag

weist die Stadt Ravensburg an, ihre auf Martini fällige Eeichssteuer, je für 15^2 Schilling Haller einen Gulden, an die ßheinpfalzgrafen Stephan und Friedrich, Herzoge in Bayern, zu entrichten. 78

'de mand. dm. imper. Nicol. Cameric, pptus. R. Jo- hannes Lust'. Orig., Maj.- Siegel.

1375 August 3. Prag

erteilt dieselbe Weisung der Stadt Reutlingen. 79 Kanzlei wie eben. Orig., Maj. -Siegel abgegangen.

1376 April 7. Nürnberg

erteilt dieselbe Weisung der Stadt Leutkirch. 80

'de mand. dmn. imper. Nicol. Cameric. prep. R. Wil- helmus Kortelangen'. Orig., Maj. -Siegel.

1377 Oktober 16. Tangermünde

verleiht auf Bitten des Nikolaus Richlisruti, Bürgers zu Ravensburg, zum Mitbesitz mit diesem das Oberforstamt über den Altdorfer Wald und den Zoll in Ravensburg, der von dem Reich zu Lehen rührt, dem Ital Humpiss, Stadt- ammann zu Ravensburg, Kunz Segelbach und Hans Hubschlin, Bürgern zu Ravensburg, und ihren Erben Mannesgeschlechts. 81

'de mand. dom. imperat. Nicol. Camer. prepos. R. Wilhelmus Kortelangen'. Orig., Maj. -Siegel.

1377 November 30. Aachen

erhebt auf Bitten des Rheinpfalzgrafen Friedrich, Herzogs in Bayern, das Dorf Altdorf bei Ravensburg für alle Zeiten zu einem Markt, erlaubt den Einwohnern und Insassen einen Wochenmarkt mit aller Kaufmannschaft zu halten, doch unschädlich anderen Städten und Märkten im Umkreis von einer Meile, und verleiht ihnen Stock

Nachträge zu den Regesten Karls IV. 559

und Galgen, verbietet jedoch den Markt ohne könig- liche Zustimmung mit Mauern, Türmen oder Gräben zu befestigen. 82

'de mand. imper. Nicol. Cameric, prepos.' Kopial- buch des 16. Jh.

1377 Dezember 5. Aachen

erhebt zu Gunsten des Herzogs Friedrich von Teck dessen Dorf Dettingen auf der Alb bei Falkenstein zu einem Markt, erlaubt dem Herzog, dort einen Wochen- markt mit aller Kaufmannschaft zu halten, doch un- schädlich anderen Städten und Märkten im Umkreis von einer Meile, und verleiht ihm Stock und Galgen daselbst. 83

'de mand. dm. imper. Nicol. Camericen. pptus. R. Wilhs. Kortelangen'. Orig., Maj.- Siegel.

1378 März 9. Mergentheim

eignet und freit dem Meister und den Brüdern des Deutschordens den Hof genannt Weinantshof von Span- heim in Oppenheim gegenüber der Judenschule gelegen, den ihnen der ßheinpfalzgraf Ruprecht der Aeltere, Herzog in Bayern, gekauft hat, und verleiht ihnen für diesen Hof das Recht von Reichsburgmannen zu Oppen- heim. 84

Abschrift in der Breitenbachschen Sammlung.

1378 März 14. Nürnberg

verfügt, dass dem Herkommen gemäss für die Kost, die ein römischer Kaiser oder König, eine Kaiserin oder Königin, zu Mergentheim von dem Deutschordenshaus empfangen, zur Hälfte dieses, zu einem Viertel der Kom- mentur des Johanniterordens zu Mergentheim und zu einem Viertel das Kloster Schöntal aufzukommen habe, und befiehlt den Amtleuten in Rotenburg und Heidings- feld, die beiden letztgenannten zur Erfüllung ihrer Ver- bindlichkeit anzuhalten. 85

'de mand. dom. imper. Nicol. Cameric, prepos. R. Wilhs. Kortelangen'. Orig., Maj. -Siegel, Schnur schwarz- gelb.

1878 März 14. Nürnberg

erlaubt dem Deutschorden, sein Dorf Ellingen mit Mauern, Gräben, Erkern und in anderer Weise nach Be- darf zu befestigen. 86

560 Adolf Pischek.

'R. Wilh. Kortelangen'. Unter Maj.- Siegel. Ab- schrift in der Breitenbachschen Sammlung und Abdruck Brandenburgische üsurpationsgeschichte u. s. w. im Gebiet des deutschen Ritterordens 1796/97 Beil. 113, S. 232.

1378 März 24. Nürnberg

verbietet der Stadt Gmünd, Priorin und Konvent des Klosters vor der Stadt mit mehr als den hergebrachten Steuern und Schätzungen zu beschweren. 87

'de mand. dom. imper. Nicol. Cameric, prep.' Orig., Sekr. -Siegel rückseitig auf gedr.

1378 November 1.

erteilt der Stadt Giengen die Befugnis, ihren Am- mann zu wählen, ein Umgeld einzuführen und von jedem beladenen Wagen oder Karren, der durch die Stadt fährt, einen Zoll zu erheben. 88

Neuere Abschrift.

X.

Miscellen.

\

Zur Arbeitsweise Sigeberts von Genibloux im Liber de scriptoribus ecclesiasticis.

Von Marie Schulz.

Uuter den Literaturkatalo^en der ersten Hälfte des Mittelalters, wie sie sich bei Potthast und Wattenbach ^ zusammengestellt finden, berücksichtigen nur zwei in weiterem Umfang die Profangeschichtschreibung: Sigebert von Gembloux und der sogen. Anonymus Mellicensis. Von den übrigen beschäftigen sich die meisten fast ausschliess- lich mit theologischen Schriftstellern (Hieronymus und seine Nachfolger bis Honorius und Henricus Gandensis); einige beschränken ihr Gebiet von vorn herein, indem sie allein die berühmten Männer eines Klosters behandeln, unter denen nur hin und wieder einmal ein Geschicht- schreiber auftritt also etwa Werke wie das des Petrus diaconus oder Reiners von Lüttich. Konrads von Hirschau 'Dialogus super auctores' zeigt wieder einen anderen Charakter. Er enthält im wesentlichen Bemerkungen über antike oder christliche Schriftsteller der älteren Zeit, weshalb ihn sein Herausgeber neben die 'accessus ad poetas' stellen möchte 2.

Der grössere Teil dieser Literaturlexika ist bei Fabricius, Bibl. eccles. abgedruckt. Der bei Wattenbach geäusserte Wunsch nach einer Neuausgabe ^ ist für den Anon. Mellic. durch Ettlinger erfüllt worden^, für Sig. fehlt es noch daran. Vorarbeiten dazu hat Hirsch in seiner Abhandlung über ihn geliefert ^ Eine beträchtliche Zahl seiner Notizen hat er auf ihre Quelle zurückgeführt. Ich trage nach, was ich darüber noch ermitteln konnte.

1) Potthast, Bibl. bist. p. 1649; Wattenbach, GQ. I ', 95. 2) Schepss in Progr. d. alt. Gymn. in Würzburg 1889 S. 1 1. 3) A. a. 0. Anm. 6. 4) Ettlinger, Der sogen. Anon. Meli., Strassburg. Diss. 1896. 5) Hirsch, De vita et scriptis Sigeberti, Berlin 1841, insbesondere S. 330 fi'.

564

Marie Schulz.

Frechulf. Sig. c. 90. Frech ulfus episcopus scripsit ad Elisacharum histo- riam a conditione mundi us- que ad nativitatem Cristi. Difficultatem etiam intercur- rentium quaestionum enodare non neglexit et interponendo divinae historiae saeculares historias, contemporalitates regnorum sibi coaptans, consummavit hoc opus in Septem libris.

MG. Epp. V, 317.

Domino . . . . Elisacharo Frechulfus episcoporum minimus . . . tu ... iussisti, ut . . . quae- que pertinent ad historie veritatem . . . . colligere desudarem, a con- ditione quidem primi ho- minis usque ad Christi nativitatem domini Questiones etiam difficiles . . . . enodare non negle- gerem . . .

Igitur nomina auctorum , ex quibus ea collegi, quae in Septem libris conclusi . . .

Frechulfs Widmungsbrief an Helisachar muss Big. be- kannt gewesen sein. Die zeitliche Begrenzung, sowie die Einteilung in 7 Bücher sind dort erwähnt. Der Satz 'Difficultates' u. s, w. zeigt wörtliche Anklänge an Frechulfs 'Questiones etiam difficiles'. Die Bemerkung über das Nebeneinander von Kirchengeschichte und Profangeschichte scheint von Sig. selbst herzustammen.

Hinkmar. Sig. c. 99.

Hincmarus .... Vitam S. Remigii, primo breviter descriptam, ex brevi in librum magnae quantitatis augmentatam, ex magno libro ab- breviatam studio Fortunati episcopi et poetae, hanc, inquam, Vitam Hincmarus descripsit, inserens tarn ea quae in historiis maio- rum de ortu, vita vel morte sancti Remigii invenit, quam ea quae in diversis scedulis dispersa collegit; et secundum legem historiae nee illa praetermisit, quae vulgata relatione didicit nee testamentum eins praeteriit.

Hinkm. Prol., SS. rer. Merov. III, 250 sq.

Sicut a senibus . . . didici, a suis maioribus audierunt narrari, eos vidisse librum maxime quanti- tatis ... de ortu ac vita . . . atque obitu b. Remigii . . . Qui hac oc- casione deperiit, quoniam Egidius . . . quendam . . . Fortunatum metricis versibus insignem . . . petiit . . . aliqua miracula . . . excipere . . .

p. 253. aggrediar . . . a pro- genitoribus et ortu eius incipiens, etsictam ea quae in historiis a maioribus editis de illo inveni, quam et illa que in diversis scedulis dispersa r e p p e r i , verum et illa in serie digerens quae vulgata rela- tione percepi, quia vera

est lex hystoriae etc. (Beda, Hist. eccl. Praef.).

Dazu die Kapitelüberschrift c. 32, p. 258: 'Sequitur exemplar testa- menti beati Remigii'.

Sigeberts Angaben über Hinkmar sind nur eine verkürzte Wiedergabe von dessen eigener Vorrede. Hier wird die ältere ausführliche Yita erwähnt, die von Fortunats

Zur Arbeitsweise Sigeberts von Gembloux.

565

kürzerer Bearbeitung so in den Schatten gestellt wurde, dass sie ganz in Vergessenheit geriet. Dass Sig. von einer vierten Fassung spricht, die kurz und knapp ge- wesen sei und der ersten ausführlichen Darstellung zu Grunde gelegen habe, ist wohl ein Missverständnis seiner- seits. Hinkmar selbst weiss nichts davon. Dann zählt H. seine übrigen Quellen auf hier schreibt Sig. ihn bei- nahe wörtlich aus und rechtfertigt seine Benutzung des Gerüchts, indem er Bedas Worte zitiert auch ihr In- halt kehrt bei Sig. wieder. Auf die Verwertung des Testaments weist Hinkmar in seiner Vorrede nicht hin, aber er behandelt es in einem besonderen Kapitel. Sig. brauchte nur die Kapitelüberschriften durchzusehen, um davon Kenntnis zu erlangen.

Eegino. Sig. c. 111.

R e g i n o abbas Pruraiensis scripsit ad primum Alberoneni Metensem episcopum chro- nic a m continentem praecipua gesta Francorum, quam a nativi- tate Christi perduxit usque a d annum nati Christi 908.

Regino Chron. (SS. r. Germ. p. 1). Excellentissimi ingenii domno Adalberoni episcopo Re- gino ... fidelia mandat orationum obsequia. Chronic am, quam de nostris et antecessorum nostrorum temporibus litteris comprehendi, .... transmisi .... Quam in duobus libellis distinxi, exordium capiens a primo incarnatio- nis dominicae anno et con- summans coeptum opus usque in presentem annum, qui computatur a prefata incarnat. Dom. n o n - gentesimus octavus.

Sigeberts Angaben stimmen z. T. mit denen Reginos völlig überein. Regino selbst gibt die Materie an, die er behandeln will, die 'tempora nostra et antecessorum nostrorum', Sig. konnte mit Recht daraus entnehmen, dass er in erster Linie fränkische Geschichte geben würde. Selbst um Anfangs- und Endpunkte der von ß. dar- gestellten Periode zu ermitteln, brauchte er nicht erst das Buch selbst durchzusehen. Regino klärt seine Leser auch darüber in der Vorrede auf. Sie hat Sig. alles geliefert, was er über Reginos Arbeit berichtet.

Liudprand. Sig. c. 126.

Liutprandus Ticinen- sis ecclesiae diaconus scripsit luculento et alterno stilo ad Regimundum episco- pum Eliberitanae eccle-

Liutprandi Antapodosis (SS. r. Germ. p. 1).

In nomine .... incipit liber antapodoseos . . . retri- 1> u t i o n i s , regum atque prin- cipum partis Europae , a L i u d - prando Ticinensis ecle-

566

Marie Schulz.

Liadprand. Sig. c. 126. Liudprandi Antapodosis

(SS. r. Germ. p. l).

siae Hispanorum Historiam siae diacone ... adRece-

de gestis regum et imperatorum mundum Hispaniae pro-

sui temporis, quam attitulavit An- vintie Liberritanae ec-

tapodosim, id est retribu- clesiae episcopum. t i 0 n e m.

Sig. hat hier nichts anderes getan, als dass er die Worte etwas umgestellt hat. Hinzugefügt ist nur sein Lob über den Stil Liudprands. Alles übrige konnte er dessen eigenen Worten entnehmen.

Hist. Rem. I, 1, SS. XIII.

Probabilius ergo videtur, quod a niilitibu8 ßemi patria profugis urbs nostra condita vel Remorum gens

instituta putatur Urbis

autem nostrae nomen Durocortum quondam dictum Caesaris astruitur historia.

Flodoard. Sig. c. 131.

Flauvaldus monachus Remensis scripsit gesta pontificum Remen- sium , orditus narrationem suam a conditione ipsius civitatis , quae a qualitate civium, qui in bello erant duri cordis, primo aucupata est sibi nomen Cordurus. Postea milites Remi, a Romulo fratre suo, a facie Romuli fugientes , ad eam pro- fugerunt, eamque a nomine prin- cipis sui Remi Remum denomina- verunt.

Sig. gibt eine Inhaltsangabe des ersten Kapitels von Flodoards Reimser Geschichte. Dieser beginnt mit der Erzählung von der Gründung der Stadt durch versprengte Söldner des Remus und erwähnt dabei auch ihren früheren Namen Durocortum. Sig. hat den Namen umgekehrt, vielleicht unter dem Einfluss einer zweiten Quelle. Die etymologische Deutung hat er als gelehrte Anmerkung zugesetzt.

Marianus Scotus. Sig. c. 159.

Marianus Scottus .... scripsit Chronicam . . . mira subtilitate ostendens errorem i^riorum chrono- graphorum , ita ponentium nativi- tatem Christi , ut annus passionis eins quantum ad rationem computi non concordet veritati evangelicae. Unde ipse apponens XXIII annos illi anno, ubi priores scribunt fuisse natum Christum, ponit in margine paginae alternatim hinc annos evangelicae veritatis , illinc annos falsae priorum computationis , ut non solum intellectu, sed etiam visu possit discerni veritas et falsitas.

Mariani Chron. III, 2. Kapitelüberschrift, SS.V, 498.

Reges quoque in eadem incar- natione inscripti , sicut secundum Eusebii ßedaeque cronicas regna- verunt, ordinate e regione ad annos singulos incarnationis iuxta historiam sacri evangelii in margano semper sub sinistra manu et contra pre- dictos eosdem reges in hac quoque incarnatione inscriptos, sicut vere regnaverunt, ad ostendendum erroris cronicarum annorumque incarna- tionis iuxta Dionissium. Vgl. auch S. 538, 50 ff.

Zur Arbeitsweise Sigeberts von Gembloux. 567

Eine genaue üebereinstimmung der Worte Sigeberts mit Marian ist nicht vorhanden. Dass Sig. dessen Chronik gekannt hat, ist erwiesen. Wenn er trotzdem keine der Stellen, in denen Marian seine Chronologie rechtfertigt, ■wörtlich abgeschrieben hat, so zeigt das, dass er diesem Werk selbständiger gegenüberstand, vielleicht gerade, weil er es genauer kannte. Dann lag ja auch der Zweck der Chronik, die falsche Zeitrechnung zu beseitigen, klar auf der Hand, und Marian betonte ihn selbst an den ver- schiedensten Stellen und immer mit anderen Worten. Hier konnte es Sig. nicht schwer fallen, einen selbst- ständigen Ausdruck zu finden. Sollte sich nicht eine Parallelstelle etwa in einer anderen Hs. der ersten zwei Bücher finden, die ich nur nach der Ausgabe von Pistorius durchsehen konnte, so werden wir ohne Schwierigkeiten annehmen dürfen, dass hier Sig. selbständig ist und nur mit unbedeutenden Anklängen sich an Marian anlehnt. Eine ähnliche, offenbar auch selbständige Kritik über die Chronik erwähnt ihr Herausgeber in der Einleitung (SS. V, 485) bei Wilh. von Malmesbury.

Wir lernen aus den angeführten Parallelen eine be- stimmte Methode in Sigeberts Arbeitsweise kennen. Er hat sich die Anfänge der Bücher, die er behandelt, die Ueberschriften , Vorreden oder ersten Kapitel , zuweilen auch Kapitelüberschriften angesehen und aus ihnen ex- zerpiert, was er gebrauchen konnte. Auf diese Weise gelang es ihm, Namen und Stand des Verfassers, wie des- jenigen, dem die Schrift gewidmet war, kennen zu lernen. Aber damit nicht genug, erfuhr er oft schon durch solche Stellen den Zeitraum, den das Werk behandelte, wie seine Materie, endlich in einzelnen Fällen auch noch das be- sonders Charakteristische, die spezielle Methode oder die Tendenz des Verfassers. Häufig führt er nur dessen eigne Worte an, freilich ohne sie als fremdes Eigentum zu kennzeichnen. Oefter aber kürzt er, wählt das Wichtigste aus oder gibt mit eigenen Worten nur den Inhalt der anderen Stelle wieder. Ein blosser Abschreiber ist er mithin keineswegs.

Wenden wir uns nun, gestützt auf das soeben ge- wonnene Resultat, der zweifelhaften Stelle über Widukind zu, in der diesem neben der Sachsengeschichte noch eine besondere Vita des Kaisers zugeschrieben wird, so können wir die von Waitz aufgestellte, von Köpke akzeptierte

568 Marie Schulz.

Vermutung^ bekräftigen, dass Sig. im 1. Kapitel des ersten Buches der Sachsengeschichte die Worte 'summi impera- toris' auf Otto bezogen und so ein Leben Ottos als frühere Schrift Widukinds vermutet hat. Sig. hatte hier eben nach seiner Methode das erste Kapitel durchgesehen und alles Wichtige daraus verwendet. Allerdings müsste bei dieser Annahme in dem Kapitel bei Sig. das 'et' hinter 'imperatoris' gestrichen werden , falls nicht schon eine Hss.-Vergleichung dazu führen würde. Die Widmung 'ad Matildam filiam Othonis imp.' gehört unbedingt zu dem ersten "Satz; sie wiederholt sich in der Sachseugeschichte vor jedem Buch, während Sig. von der Vita Othonis, die er nach Waitz ja nie gesehen hatte, unmöglich die Widmung wissen konnte. Stilistisch entspricht die An- knüpfung: 'Scripsit' etc. vollkommen dem Gebrauch Sige- berts.

Der etwa gleichzeitige Anon. Mellic. erwähnt nur drei der von Sig. behandelten Schriftsteller. Die Artikel über Hinkmar und Frechulf (c. 46 und 61) erklärt Ettlinger für selbständig. Bei Regino (c. 54) schliesst er von der falschen Zahlenangabe - auf eine unbekannte Quelle oder eine den Fehler schon enthaltende Regino- Hs. Im letzten Falle würde der Anon. also auch wie Sig. die üeberschrift benutzt haben. Sicher ist die Ver- wertung einer solchen nach Ettlinger in cap. 51, einer Widmung in cap. 118. Jedenfalls waren die Quellen, die beide zu diesen ihnen gemeinsamen Artikeln benutzten, nicht dieselben ; die Kapitel des Anon. sind bedeutend magerer und in anderen Worten abgefasst als die Sige- berts. Die Verschiedenheit ihrer Arbeitsweise lässt sich dort am besten erkennen, wo sie die gleiche Vorlage ver- werten. Beide schreiben Bedas Historia ecclesiastica aus. Die Autobiographie, die Beda an das Ende seiner Historia (V, 24) stellte, hat der Anon. ebenso übernommen wie Sig. Beide nennen ihren Gewährsmann und führen ihn redend ein. Während aber der Anonymus in sklavischer Nach- ahmung seiner Vorlage nach der Aufzählung der Werke

1) Waitz in SS. lU, 409; Köpke, Otton. Stud. I: Widuk. von Corvey S. 170 f. Der Abschnitt bei Sig. (c. 129) lautet: 'Windichindus monachus Corbeiae Saxonicae scripsit historiam Saxonum usque ad mortem prinii Othonis imperatoris et ad Matildam filiam Othonis impera- toris scripsit Vitam ipsius imperatoris. Scripsit metrice . . .'. M. E. wäre nach Streichung des 'et' mit 'Scrijssit vitam' ein neuer Satz zu beginnen. 2) ßeginos Chronik soll danach bis zum Jahre 1005 reichen.

Zur Arbeitsweise Sigeberts von Gembloiix.

569

Bedas abbricht, fügt Sig. noch seine Angaben über den Tod Bedas hinzu und gibt so seiner Biographie einen wirklichen Abschluss.

Ein anderes Kapitel, das unsere Verfasser in gleicher Weise aus Beda entnommen haben, ist das Kapitel über Adamnanus ^ Beda gibt eine kurze Lebensbeschreibung und schliesst daran eine Charakteristik seines Werkes in der Weise, dass er jedesmal die allgemeine Materie, die in einzelnen Kapiteln desselben behandelt ist, angibt und dann einen längeren Abschnitt daraus anführt. Diese sich über mehrere Seiten erstreckende Darstellung (Beda V, c. 15 17) wiederholt der Anon. vollständig und wörtlich. Ganz anders handelt Sig. Er gibt Stand und Nationalität Adamnans an mit denselben Worten, die seine Quelle ent- hielt, und nachdem er seine Bildung gerühmt hat, wie es Beda tat, zählt er die Hauptmaterien seines Buches auf, indem er sich an die Worte hält, die Beda jedesmal seinen Zitaten vorausgeschickt hatte. Durch dieses selbständige Vorgehen ist es ihm gelungen, den Artikel auf wenige Zeilen zu reduzieren und doch das Wichtigste darin an- zugeben.

Beda. Hist. eccles. V, 15 17.

c. 15. Adamnan presbyter et abbas . . .

Erat scientia scripturarum nobilissime instructus . . .

Scripsit ... de locis sanctis librum . . .

c. 16. Scripsit ergo de loco dominicae nativitatis .... (folgt Zitat aus Ad.)

Scripsit ... de loco pas- sionis ac resurrectionis illius . . . (folgt Zit. aus Ad.)

c. 17. De loco quoque ascensionis dominicae . . . (folgt Zitat)

De situ .... et monu- mentis patrum ita scribit .... (folgt Zitat). Gering ist der Unterschied in den Kapiteln Sigeberts und des Anon. über Aldhelm 2. Der Anon. schliesst sich

Sig. c. 64.

Adamannus presbyter et abbas Scotorum,

scientia litterarum nobili- tatus,

scripsit librum de sanctis locis,

nativitatis.

passionis et resurrectionis

et ascensionis lesu Christi

et de monumentis sanctorum patrum.

1) Sigeb. c. 64; Anon. c. 29. 2) Sigeb. c. 66; Anon. c, 30.

Sig. nennt ihn 'Adelmus', aber Miraeus gibt dazu die Variante 'Anthelmus'.

570 Marie Schulz.

genau an seine Quelle (Beda, Hist. eccles. V, 18) an, wo- gegen Sig. einige Angaben , die ihm weniger notwendig erschienen sein mochten, weglässt.

Auf Grund dieser Vergleichuug werden wir sagen dürfen : Sig. schaltet weit selbständiger mit seiner Vorlage als der Anon. Während dieser meist wörtlich zitiert, kürzt und verändert jener. Der Abschnitt über Ceolfrid\ den der Anon. nicht behandelt, ist vollends nur eine Inhalts- angabe von Beda V, c. 21, fast ganz in eigenen Worten Sigeberts.

Eine weitere Quelle Sigeberts bildet, wie schon Hirsch für zwei Stellen (eap. 33 und 46) nachgewiesen hat, die Langobardengeschichte des Paulus diaconus. Sig. geht hier in verschiedener Weise vor. Der Abschnitt 33 über den Dichter Marcus ist nur eine sehr freie Wieder- gabe der entsprechenden Stelle bei Paulus (I, 26). Da- gegen ist das Kapitel 46 über Justinian fast wörtlich aus Paulus (I, 25) abgeschrieben. Ausserdem entstammen noch zwei andere Abschnitte dieser Quelle. Sigeberts Angaben über Arator (cap. 38) lehnen sich an Hist. Langob. I, 25 an. Ein gutes Beispiel für die Arbeits- weise Sigeberts ist das Kapitel über Fortunatus (c. 45). Paulus (II, 13) schildert ausführlich das Leben des Dichters, seine Vorbildung, die Geschichte seiner Heilung durch Martinus, seine geistliche Laufbahn, um' dann seine Werke aufzuzählen. Sig. gibt die biographischen Notizen bedeutend kürzer wieder, indem er nur die Hauptsachen auswählt. Erst als er zu der literarischen Würdigung Fortunats kommt, schliesst er sich genau an seine Quelle an und fügt noch selbst einige lobende Worte über den Dichter hinzu.

Vielleicht hat er auch seine Angaben über Theo- dorus (c. 63) der Langobardengeschichte V, 30 ent- nommen. Ist das der Fall , dann hat er auch hier er- heblich gekürzt, so dass das Kapitel nur eine Inhalts- angabe der Worte des Paulus darstellt. Ein Vergleich mit dem Anon. ist hier nicht möglich, da dieser für die beiden Kapitel, die er mit Sig. gemeinsam hat, andere Quellen benutzt. Nach Ettlinger entstammt cap. 17 über Arator der Chronik Hermanns von Eeichenau, cap. 27 über Theodorus ebenderselben Quelle, sowie der Kirchen- geschichte Bedas.

1) Sigeb. c. 67.

Zur Arbeitsweise Sigeberts von Gembloux. 571

Vermutlich werden sich ancli bei Sig. die Quelleu- gruppen nachweisen lassen, die Ettlinger für den Anon. feststellte. Dass er literarhistorische Abschnitte in Ge- schichtswerken und Viten benutzt, geht schon aus den Angaben von Hirsch hervor. Ob er auch von den sogen. Accessus Gebrauch gemacht hat, steht noch nicht fest, ist aber wahrscheinlich. Als neue Quellengruppe müssten wir für Sig. die autobiographischen Notizen in Geschichts- werken ervrähnen, die auch der Anon., freilich seltener, verwertet.

Neues Archiv etc. XXXV. 37

Zu den Lebensbeschreibungen der Hildegard von \ Bingen, Aebtissin zu Rupertsberg.

Von (Justav Sominerfeldt.

Bei Fortsetzung meiner den politischen Traktaten des Heinrich von Langenstein (siehe Neues Archiv XXXI, 483 485) geltenden Studien wies ich im Historischen Jahr- buch (München) XXX, 1909, S. 46 darauf hin, dass be- züglich des Todesdatums der Hildegard von Bingen nach von der Linde ^ und Schmelzeis - es kaum einem Zweifel unterliegen kann, Hildegard sei am 17. Sept. 1179, und nicht, wie Langenstein in dem von Eberbach aus 'inter quercus et fagos' 1383 geschriebenen Brief angibt, am 29. Sept. 1181 gestorben.

Auffallend erscheint es immerhin, dass die Jahres- zahl 1181 auch in einer dem 13. Jh. entstammenden und zu liturgischen Zwecken, mit Benutzung der zur Hand befindlichen biographischen Aufzeichnungen verfertigten 'Lectio in festo sanctae Hildegardis' enthalten ist, die Pitra^ nach der Brüsseler Hs. 5527—34, f. 209—210, zum Abdruck gebracht hat. Der Umstand, dass Langenstein zur Zeit, als er den Brief an Eckard von Ders schrieb, im Kloster Eberbach weilte, könnte die Vermutung zwar be- gründen, es sei ihm von den Eberbacher Mönchen eine der Lectio gleichartige Quelle zur Benutzung direkt über- geben worden^, indessen will damit nicht recht stimmen,

1) A. von der Linde, Die Handschriften der königl. Landes- bibliothek in Wiesbaden, Wiesbaden 1877, S. 50, Anm. 2) J. Ph. Schmelzeis, Das Leben und Wirken der heil. Hildegardis, Freiburg 1879, S. 598 601. 3) J. B. Piti-a, Analecta sacra spicilegio Solesmensi parata VIII, Paris 1882, p. 438. 4) Ueber Beziehungen, die zwischen Hildegard und dem Eberbacher Abt Eberhard, sowie dem Prior Meffrid stattgefunden hatten: Schmelzeis S. 212 217. Ausführliche Antwort- schreiben teils an den Abt, teils an den Eberbächer Konvent ('ad griseos monachos'): Migne, Patr. Lat. CXCVIl, Sp. 195. 260 268. 369 370; Pitra VIII, 334—336. 518—519. Ein Schreiben Volmars, jedenfalls aus

Zu den Lebensbeschreibungen der Hildegard von Bingen. 573

dass die Lectio das riclitige Datum 'XV. Kai. Oct.' für den Tod Hildegards hat, Langenstein hingegen 'III. Kai. Oct.' nennt (a. a. O. S. 54). Der Zweifel dürfte so zu be- heben sein, dass wir anzunehmen hätten, Langenstein, be- zugsweise sein Gewährsmann, habe das in Ziersehrift, viel- leicht unzialen Zahlen, gegebene 'XV' der liturgischen Vorlage, die in Eberbach existierte, in 'III' verlesen. Dass aber diese Vorlage ihrerseits den Irrtum bezüglich der Jahreszahl aufwies, kann unschwer aus der mystischen Be- deutung heraus erklärt werden, die man im 1-3. Jh. und später dem Jahr 1100 beilegte, zu dem man die vor- handene Altersangabe für Hildegard, eben dass sie im 82. Lebensjahre gestorben sei, auf jene keineswegs korrekte Art in Beziehung setzte.

Ueberdies ist Langenstein auf den Irrtum bald selbst aufmerksam geworden und hat in seiner augenscheinlich nach 1383 anzusetzenden Neubearbeitung des Briefes, die er dem Klosterneuburger Propst Kolomann gewidmet hat (Prag Hs. 19361, f, 57b 65b): 'XV. Kai.' 1181 ge- setzt. Dass die Bearbeitung eine spätere ist als der Brief an Eckard, scheint sich daraus zu ergeben, dass es im

Explicit (f. 65b der Prager Hs.) heisst: 'Epistola

de cursu ecclesie iuxta vaticinium sancte Hildegardis, ad honorem summe trinitatis et individue unitatis, patris et filii et Spiritus sancti, et beate virginis Marie et omnium angelorum et precipue beati Vincencii et ad honorem et nomen venerabilium patrum episcopi^ et capituli univer- salis Bononiensis et ad utilitatem universalis studii et ad honorem Romane ecclesie et universalis presulis Innocencii quarti' ^ etc.

Es ist zwar nicht bekannt, aus welchem Jahre die Beziehungen Langensteins zum Bischof von Bologna und

seinen letzten Lebensjahren, an die damals fern vom Rupertsberg [in Marmoutier?] sich aufhaltende Hildegard, bei Pitra VIII, 346 f. 1) Die Ueberschrift lautet : 'Sequitur epistola. Reverendo in Christo patri ac domino, domino Colomanno preposito Nevenburgensi Henricus de Hassia, suorum minimus'. 2) Wohl Filippo Caraffa, der 1378—1386 Bischof

von Bologna war und 1389 gestorben ist. Vielleicht wäre aber sein Nachfolger gemeint, Cosimo de' Migliorati (1386 1387), der später Erz- bischof von Ravenna wurde und 1404 als Papst Innozenz VII. den päpst- lichen Stuhl bestieg. C. Eubel, Hierarchia catholica I, 145 nennt ihn Cosmatus Melioratus. 3) Unter Innocenz IV. wurden 1243 die Unter- suchungsakten über Hildegard, die dann im 14. Jh. zu ihrer Heilig- sprechung führten, abgeschlossen : Acta sanctae Hildegardis, ed. Migne a. a. 0. Sp. 88; Schmelzeis S. 608.

37*

574 Gustav Sommerfeldt.

zur Bölog-neser Universität herstammen, doch kann kein Zweifel bestehen, dass er die Epistel, die den Zwecken des Studiums an der Universität Bologna dienen sollte, dieser erst einsandte, nachdem er sich bei dem ihm soviel näher stehenden, gleichzeitig mit den Hildegardschriften genauestens vertrauten Wormser Bischof aufs neue Eats erholt und diesem die Epistel im Wortlaut bekannt ge- geben hatte.

Die bei Lebzeiten der Hildegard gemachten Ver- suche, eine Biographie dieser Aebtissin zu liefern, sind sämtlich in den Anfängen stecken geblieben. Es ist be- kannt, dass der Mönch zu Disibodenberg, spätere Propst des neu gegründeten Klosters Ruj^ertsberg, Volmar, der um 1170 gestorben ist ^, der treue Beistand der Hildegard bei Aus- arbeitung ihrer drei Hauptschriften, des Scivias, des Liber vitae meritorum und des Liber divinorum operum war-. Er hat auch den Entwurf einer Geschichte der Jugendzeit der Hildegard in Eorm eines Sermons geliefert, der aber nach Yolmars Tode von den Nonnen zunächst geheim ge- halten wurde, und von dem nur spärliche Kunde ver- mittelst der Korrespondenz einer nicht unerheblich späteren Zeit auf uns gelangt ist 3.

Sodann begann Yolmars Nachfolger, der Euperts- berger Propst Gottfried, dem Hildegard in ähnlicher Weise wie Volmar, wenn auch nicht mit derselben Herzlichkeit, ihr Vertrauen zuwandte*, die Anfertigung einer Biographie der Aebtissin^, ist jedoch über der diesbezüglichen Tätig- keit dahingestorben ^ und hinterliess das Manuskript seinem Freund, dem Magister Dietrich (Theodoricus), der

1) H. Herwegen, Les collaborateurs de sainte Hildegarde (Revue ßenedictine XXI, 1904:, p. 201. 386): W. Wattenbach, Deutschlands Ge- schichtsquellen II '^, 163. Ein Schreiben der Hildegard an die Ruperts- berger Nonnen, durch das sie damals im Alter von ülier 70 Jahren an diese Ermahnungen herzlicher Art gelangen liess (Pitra VIII, 360. 368 ; Migne a. a. 0. Sp. 1065) zeigt den Propst Volmar noch am Leben. Dass Pitra ebd. S. 380 f. ohne Grund den Tod Volmars zum Jahre 1177 angesetzt habe, erwähnt Herwegen S. 386, vgl. auch Schmelzeis S. 275 278. 2) Herwegen S. 192 203; P. Franche, Sainte Hildegarde,

Paris 1903. Nicht ganz zutreffend wird jener Propst in einem Briefe späterer Zeit, der die Rupertsberger Klosterverhältnisse in Beziehung auf die literarische Produktion behandelt, als 'Fomarius' bezeichnet : Analecta Bollandiana I, 606. 3) Analecta BoUandiana I, 603; H. Delehaye,

Guibert abbe de Florennes et de Gembloux (Revue des questions histo- riques XL VI, 1889, p. 44). 4) Schmelzeis S. 82. 303 (nach

J, von Tritheim, Chronicon Sponheimense, Francofordiae 1601, p. 257). 5) Herwegen S. 313. 6) Migne a. a. 0. Sp. 99.

Zu den Lebensbeschreibungen der Hildegard von Bingen. 575

als Mönch zu Echternach, zu Folge einer ansprechenden und wohl auch richtigen Vermutung Weilands ^ die Schule dieses Klosters geleitet hat-. Durch den Abt zu Sankt Euchar in Trier, Ludwig (f 1188), der bis 1181 zu- gleich der Abtei Echternach vorstand ^ war Dietrich der Hildeo'ard zur Unterstützung^ vornehmlich wohl behufs gänzlicher Fertigstellung des Liber divinorum operum zu- gesandt worden. Jetzt nach Hildegards Tode (1179) ver- fasste Dietrich die ausführliche, in zahlreichen Abschriften auf uns gekommene Biographie der Aebtissin. Das Werk, das bald nach 1181, jedenfalls aber vor 1188, fertiggestellt wurde und in drei Bücher eingeteilt ist, von denen das erste noch den Rupertsberger Proj)st Gottfried zum Ver- fasser hat und nur der Ueberarbeitung Dietrichs unterlag, trägt die Widmung an den oben genannten Trierer Abt Ludwig und an den Echternacher Abt Gottfried, welcher, wie chronistisch bezeugt ist^, bis 1181 Ludwigs Kaplan gewesen war.

Die Angabe von der Lindes ^ dass diese Hildegard- Vita Dietrichs auch in einer Hs. der Leipziger Universitäts- bibliothek sich finde, erwies sich übrigens als nicht zu- trefEend. Es scheint sich um die in Hs. 1092 der Univer- sitätsbibliothek enthaltene Vita sanctae Hildegundis (f 1188) zu handeln, die für unsern Gegenstand garnicht in Be- tracht kommt.

üeber das spätere Leben Dietrichs ist fast nichts bekannt. Nach der Meinung Weilands*^ ist er bald nach 1192 gestorben, doch fehlt es für die Behauptung an eigentlichen Beweisen. Der gelehrte Kartäuser Surius, der in seiner 1574 zu Köln veröffentlichten Ausgabe der Hildegard -Vita ' den Dietrich als 'abbas Benedictinus' be- zeichnet, gibt das Jahr 1200, ohne Andeutung der Gründe, als das der schriftstellerischen Blütezeit des Dietrich an. Meinerseits hatte ich, einer Notiz von der Lindes * folgend, in der Veröffentlichung über Langenstein (Historisches Jahrbuch XXX, 44) gemutmasst, Dietrich sei zuletzt Abt von St. -Trond gewesen. Es wird aber unten von den

1) L. Weiland in MG. SS. XXIII, 16. 2) Vgl. auch Herwegen S. 314. 3) Schmelzeis S. 310; Herwegen S. 308 ff. Einen undatierten Brief Ludwigs an Hildegard aus der Zeit seiner Abtstätigkeit siehe Migne a. a. O. Sp. 287 f. 4) Catalogus abbatuna Epternacensium (MG. SS. XXIII, 34); aus der nämlichen Aufzeichnung ergibt sich 1188 als das Todesjahr des Abts Ludwig. .5) v. d. Linde S. 47. 6) MG.

SS. XXIli, 16. 7) De probatis sanctorum historiis V (Coloniae 1574), p. 271. 8) V. d, Linde S. 49.

576 Gustav Sommerfeldt.

Umständen genauer die Rede sein, die diese Annahme un- wahrscheinlich machen dürften.

Ausser durch Weiland, der es lediglich mit dem Chronisten Dietrich zu tun hat, sind die Lebensumstände unseres Magisters, soweit deren Aufhellung noch möglich ist, auch in den Werken Pregers \ von der Lindes-, Schmelzeis' ^ und Herwegens^ dargelegt worden. Sie alle identifizieren den Magister mit jenem Mönch Dietrich, dem die Echternacher , bis 726 reichende ürkunden- sammlung des 'Liber aureus' verdankt wird ^. Es ergibt sich nach der Aufstellung Weilands, dass Beziehungen dieses Dietrich zur Abtei Saint -Trond kaum bestanden haben dürften. Auch wies bereits Surius*^ kurz darauf hin, dass Dietrich mit dem gleichnamigen Abt von Saint- Trond nicht verwechselt werden darf. Letzterer hat einer wesentlich älteren Zeit angehört, regierte 1099 1107 und war schriftstellerisch tätig, indem er u. a. eine Vita sancti Trudonis und eine Vita sancti Bavonis überarbeitete. Betreffs der Abtstätigkeit dieses Dietrich in Saint -Trond geben ausser dem Urkundenbuch der Abtei ' auch die von Dietrichs Nachfolger Rudolf ausgearbeiteten, bis 1108 reichenden Gesta abbatum Trudonensium Auskunft*. Aus der Verwechselung mit diesem soviel älteren Dietrich, der gegen Schluss seines Lebens in Gent Zuflucht gefunden haben soll ^, kann es sich herschreiben, dass der Codex 5815 der Königlichen Bibliothek zu Brüssel den Dietrich immerhin als 'abbas Benedictinus' bezeichnete^. Die schwer- lich auf jenem Codex basierende gedruckte Ausgabe der 'Vita Hildegardis', von einem Ungenannten Löwen 1822 besorgt von der Linde a. a. 0. nimmt darauf bezug , bezeichnet den Verfasser dann: 'Thierry abbe de Saint Trond' und nennt 1209 als das Jahr der Niederschrift der Vita. Genau zutreffen kann dies keinesfalls, denn in den Urkunden jener Zeit wird ein Christian als Abt zu Saint -Trond für die betreffenden Jahre angegeben. Da-

1) W. Preger, Geschichte der deutschen Mystik im Mittelalter I, Leipzig 1874, S. 14. 2) v. d. Linde S. 51 ; vgl. auch v. d. Linde in

Allgemeine deutsche Biographie XII, 407 f. 3) Schmelzeis S. 310 f.

503 f. 4) Herwegen S. 313 315. 5) Der Verfasser nennt sich in diesem, dem Abt Gottfried zu Echternach allein gewidmeten Werk (Ludwig war eben schon tot) : 'eiusdem ecclesiae humilis alumpnus', siehe MG. XXIII, 38. 6) Surius a. a. O. V, 271. 7) Cartulaire de

l'abbaye de Saint -Trond, publ. par Ch. Piot I, Bruxelles 1870, S. 29; vgl. auch Wattenbach II«, 149. 8) MG. SS. X, 213-448. 9) Watten- bach a. a. 0. 10) V. d. Linde S. 17.

Zu den Lebensbeschreibungen der Hildegard von Bingen. 577

geg-en erscheint ein 'Prior' Theodoricus zu Saint -Trond allerdings in den Jahren 1200 und 1208 ^ Eben dieser Umstand mag auch für den Abt Johann von Tritheim die Veranlassung geworden sein, dass er in seinem Catalogus illustrium virorum Seite 138 von einem 'Theodoricus abbas ordinis sancti Benedicti' spricht, der der Aebtissin nahestand und deren Leben beschrieb. J. Stilting- hat die Angabe Tritheims mit, wie es scheint, zwingenden Gründen widerlegt.

Dietrich, der Verfasser der Biographie Hildegards, war, soweit wir sehen, nicht Abt sondern einfacher Mönch und Magister, wenigstens zur Zeit, als er die 'Vita' ver- fertigte (vor 1188), und das Jahr 1209 dürfte dasjenige gewesen sein, in dem die Abschrift des Codex verfertigt wurde, auf dem die zu Löwen im Jahre 1822 erschienene Ausgabe beruht^.

Bemerkenswert und von besonderem Belang scheint, dass Dietrich im Vorwort zu Buch III seiner Hildegard- Vita sich den genannten zwei Aebten gegenüber als 'vester vicarius' bezeichnet haf^. Es will doch wohl gemäss dem Zusammenhang, in dem die Aeusserung geschieht,, die Folgerung als berechtigt gelten, dass Dietrich damit nicht so sehr die Art der schriftstellerischen Tätigkeit an- deuten wollte, die er auf Antrieb jener zwei Aebte aus- geübt hat, als vielmehr die gehobene Stellung, die er in Folge seiner bedeutenden Kenntnisse im Echternacher Kloster erlangt hatte, er also eine wirkliche Rangstellung damit angegeben hat. Die Bezeichnung 'vicarius' passt ferner aufs beste zu jenem Tidericus Rufus, der im Libellus de libertate Epternacensi propugnata^ zum Jahre 1192 erscheint, und den Weiland*^ und Herwegen^ unbedenklich mit dem Magister Dietrich identifiziert haben.

Dass der Abt Ludwig, dem samt dem Abte Gottfried der Magister Dietrich die fertiggestellte, in drei Bücher sich gliedernde Hildegard -Vita gewidmet hat, zu der be- treffenden Zeit noch am Leben war, beweisen die Ein- führungsworte zu jedem der drei Bücher der Vita^.

1) Cartulaire ed. Ch. Piot I, 160—162. 2) J. Stilting in den

Acta sanctorum, Sept. V (Neue Ausgabe: Paris 1866), S. 629. _ 3) Ein Exemplar dieser Ausgabe der Vita hat in den königlichen Bibliotheken zu Berlin, Wiesbaden und Brüssel sich nicht auffinden lassen. 4) Migne a. a. O. Sp. 117. 5) MG. SS. XXIIl, S. 71. 6) Weüand a. a. 0. S. 16. 7) Herwegen S. 310. 8) Migne a. a. 0. Sp. 91 f. 99 f. 117.

578 Gustav Sommerfeldt.

In Folge mehrjährigen Aufenthalts zu Bingen und auf dem Eupertsberg bei der Hildegard war auch der Mönch Guibert von Gembloux (f nach 1212 einige Jahre, bis 1204, Abt von Gembloux ), in der Lage aus- führliche Informationen über die Aebtissin Hildegard zu gewähren ^. Der erwähnte Erzbischof von Köln, Philipp von Heinsberg (f 1191), richtete deshalb schon einige Monate vor Hildegards Tode an Guibert das Verlangen, sich die Herstellung einer Biographie der Hildegard an- gelegen sein zu lassen -. Guibert hat indessen nur, und zwar noch im Jahre 1180 zu Bingen, das Vorwort und einiges über die Anfangszeit Hildegards (bis zur Ueber- siedelung vom Kloster Disibodenberg auf den Euperts- berg) zur Niederschrift gebracht, und bedauerlicher Weise ist auch dieses wenige nicht in seiner definitiven Gestalt auf uns gekommen. Der Verlust will umso schmerzlicher dünken, da Guibert für sein Werk die in Gestalt eines Sermons abgefasste Vita benutzen konnte, von der oben die Rede war. Der Grund, weshalb Guibert von einer Weiterführung der ßiograjjhie absah , war nach seinem eigenen Eingeständnis, dass die Mönche seines Klosters und der Abt in dringendster Weise ihn aufforderten, Bingen zu verlassen und nach Gembloux zurückzukehren, was er bald nach Ostern 1180 dann auch getan hat^. Er tröstete sich über das Liegenbleiben seines literarischen Entwurfs ziemlich leicht, da er in Erfahrung gebracht hatte, dass der Propst Gottfried mit Herstellung seiner Hildegard -Vita die oben erwähnte beschäftigt sei.

1) Er wirkte als Beistand in spiritualibus neben dem oben ge- nannten Rupertsberger Gottfried, dessen Sterbejahr nicht feststeht. Dass Franche a. a. ü. unzutreflend das Jahr 1177 als das der ersten Reise Guiberts zur Hildegard nenne, hat Herwegen S. 886 des Näheren gezeigt. 2) Delehaye S. 44 und 88; Wattenbach II '^j 163; Herwegen S. 203 und 398. Die von mir im Historischen Jahrbuch XXX, 43 in Folge Ver- sehens der Drucklegung gemachte Angabe , der König Philipp von Frankreich sei es gewesen, der Guibert zur Niederschrift bestimmte, möge gleichzeitig berichtigt sein. Vgl. auch Pitra VIII, 415 und 581. Ueber den langjährigen, Ijis etwa 1170 stattgefundenen Briefwechsel der Hildegard mit dem Erzbischof Philipp, der mit ihr auch persönlich genau Ijekannt gewesen ist, siehe Migne a. a. 0. Sp. 183 f. und öfter ; Schmelzeis S. 202 204. Auch andere der Freunde Guiberts nebst den 50 auf dem Rupertsberg befindlichen Nonnen vereinten ihre Bitten mit denen des Erzbischofs Philipp : Analecta Bollandiana I, 607. Guibert war seiner Zeit durch die Hildegard selbst in Bingen mit dem Erzbischof bekannt gemacht worden: Pitra VIII, 581. 3) Delehaye S. 42 und 48 f.;

Herwegen S. 390.

Zu den Lebensbeschreibungen der Hildegard von Bingen. 579

Dieses und kein anderes Werk wii'd es sein, auf das Guibert in einem seiner undatierten Briefe an den Erz- biscbof Philipp von Köln anspielt mit den Worten^: 'Sed et in hoc gavisus sum, iniuriosum videri reputans, maioris et melioris scripta propter ineptias meas iri abolitum. Quae videlicet scripta, cum per aliquem eloquii facultate praeditum, quem ad hoc sacrae eins filiae elegerint, sup- pletis his, quae bonae memoriae primus ille eins prae- positus ante eam decedens non attigit, exculta et ad modum libri redacta fuerint, si ea vobis habere placuerint, id eis per litteras insinuabitis, et devote mittentur vobis'. Ausser den allgemeinen Informationen, die wir aus der Briefstelle gewinnen, will sich überdies mit Sicherheit zu ergeben scheinen, dass Gottfried für sein Werk die Auf- zeichnung Volmars noch nicht benutzt hat, Dietrich aber später solches zu tun beauftragt wurde.

Ein Fragment der Aufzeichnung Guiberts, das aber nach der Meinung Delehayes "^ einer älteren Zeit (1177) entstammt, hat sich immerhin erhalten. Es ist einem Brief Guiberts an den Diakon zu Sankt Salvator, späteren Mönch zu Gembloux, Bovo ^ eingefügt, der sich leider unvollständig in den Brüsseler Hss. 5387 96, f. 188 —190 und 5527—34, f. 186—190 vorfindet und danach bei Pitra VIII, 405 414 zum Abdruck gekommen ist. Pitra und Delehave haben indessen nicht mit dem durch Herwegen genauer jetzt ins Licht gerückten Umstand ge- rechnet, dass Guibert die Gewohnheit hatte, nachträglich in seinen Briefen, die ausser der Bestimmung für den Adressaten auch der Lektüre des grösseren Publikums zu dienen hatten, Abänderungen und Zusätze vorzunehmen ^. Und das hat Guibert jedenfalls mit dem Briefe an Bovo getan , wie die Analyse des Briefs bei Herwegen ^ des Näheren ergibt. Das 'obitu' in Bezug auf Hildegard Pitra *" hat es willkürlich und ohne Grund in 'habitu' ver- ändert — zeigt deutlich die durch Guibert nach 1179 vorgenommene Nachbesserung an dem Brief. Es ist also ganz einleuchtend , dass Gviibert trotz der gegenteiligen

1) Analecta Bollandiana I, 605. Delehaye S. 45 fasst die Worte unrichtig dahin auf, dass nach erfolgter Ueberarbeitung durch den 'ahquem eloquii facultate praeditum' die "scripta' dem Erzbischof über- sandt \yerden sollen. Delehaye beachtete nicht, dass das 'elegerint' konditioneil gemeint ist. 2) Delehaye S. 38 f. und 44 f. 3) Ueber

Bovo siehe Notae Gemblacenses in MG. SS. XV. 294. 4) Herwegen

S. .391 f. ö) Herwegen S. 897—402. 6) Pitra VIII, 407.

580 Gustav Sommerfeldt.

Versicherung, die er um 1180 an den Erzbischof Philipp von Köln abgab, schon bei Lebzeiten Hildegards einiges Material zu deren Biographie zusammengestellt hat und dass er dieses später bei Ausarbeitung seiner Erzählung der Jugendgeschichte Hildegards verwendet hat. Die dem Brief an Bovo eingeschalteten biographischen Angaben werden dieser Erzählung der frühesten Jugendgeschichte entlehnt sein, und die Meinung Delehayes \ dass Guibert in zwei gesonderten, wesentlich von einander verschiedenen Werken (1177 und 1180) über die Hildegard gehandelt habe, wird hinfällig.

Auf die an Bovo übersandten biographischen Notizen nimmt Guibert auch später, zu einer Zeit, als er die Abt- würde zu Gembloux bereits wieder abgegeben hatte, (um 1209) Bezug in einem Briefe an den Abt Gottfried von St. Euchar in Trier und bittet um Vervollständigung. Gottfried beantwortet dies seinerseits damit, dass er ein in seinem Besitz befindliches Exemplar der vor Jahren durch den Magister Dietrich fertiggestellten Hildegard- Vita übersendet und dazu bemerkt, es sei mit seinem (des Abtes Gottfried) Wissen und auf seine Veranlassung, einiges in der Vita 'propter fastidium longae lectionis' durch den Abschreiber übergangen worden. Guibert möge jedoch, wo ihm Lücken zu sein scheinen, Zusätze machen, wo üeberflüssiges gesagt sei, solches beseitigen und etwaige Fehler berichtigen -.

In seiner Antwort bemerkt Guibert, dass ihm zu solchen Abänderungen an keiner Stelle eine Veranlassung sich ergeben habe^: '. . . non habens prae memoria, quid inferrem vel adderem, nee inveniens in ea quicquam super- fluum, quod demerem, neque aliquid inepte positum, quod corrigerem , omnia , ut inveni , sie reliqui , ne inferior superioribus nie iactanter praeferre viderer'.

Bereits zu Lebzeiten der Hildegard hatte Guibert, wie wir nach allem gesehen haben, mit der Ausarbeitung der Vita begonnen und, als Hildegard gestorben war, das Werk revidiert und nach dem Manuskript des Propstes Volmar und anderen Quellen weiter vervollständigt. Er spricht sich darüber in dem genannten, bald nach 1180 geschriebenen Briefe an den Erzbischof Philipp von Köln des genaueren aus^. Wie ferner der Brief Guiberts an

1) Analecta BoUandiana I, 606. 2) Ebenda. 3) -Ebenda

I, 606 f., vgl. Pitra VIII, 415; Delehaye S. 85; Herwegen S. 399. 4) Analecta Bollandiana I, 600—605.

Zu den Lebensbeschreibungen der Hildegard von Bingen. 581

den Trierer Abt Gottfried von etwa 1209 deutlich, in gleichzeitiger Uebereinstimmung mit dem oben von uns Gesagten ergibt, blieb die Vita in Folge der Rückkehr Guiberts nach Gembloux, die er auf persönliches Be- treiben des damaligen Abtes von Gembloux antrat, un- vollendet ^.

Die zu Löwen im Jahre 1822 veröffentlichte 'Vita' vom Jahre 1209 ist wahrscheinlich eine auf Veranlassung Gniberts im Jahre jener Korrespondenz mit Gottfried zu Saint -Trond, dem Nachbarorte Gembloux', gefertigte Ab- schrift der Hildegard - Biographie Dietrichs, und es be- rechtigt nichts zu der Annahme, dass dieser Abschrift sie mag verloren gegangen sein oder noch existieren in besonderem Masse ein originaler Wert zukomme.

1) Herwegen S. 400.

Ein Brief des Gabriel Biel 1462.

Von F. W. E. Roth.

Gabriel Biel aus Speier ist als theologischer Schrift- steller bekannt. Er war 1462 Mainzer Domkaplau und befand sich damals im Rheingau. In dem bekannten Bischofsstreit zwischen Diether von Isenburg und Adolf von Nassau stand er auf des Letzteren Seite. Adolf wollte die Rheingauer, da es doch zur Entscheidung mit den Waffen um den Mainzer Erzstuhl kommen musste, auf seine Seite bringen und bediente sich Biels, den Rheingauern für seine Sache zu predigen. Aus dem Rheingau schrieb Biel im September 1462 an einen Freund in der Stadt Mainz einen historisch interessanten Brief über die Lage der Stadt vor der Einnahme im Oktober 1462.

Dieser Brief ist enthalten in Hs. II, 219 folio, Papier, XV. Jh. der Mainzer Stadtbibliothek und blieb ungedruckt. Diese Hs. ist von einem Liebhaber des Kirchenrechts an- gelegt und enthält viele Briefe als Formeln. F. 1*" : 'Hermannus Rosenberg decretorum doctor, scolasticus ec- clesie beate Marie ad gradus Moguntinensis reverendissimi- que in Christo patris ac domini domini Theoderici archi- episcopi Moguntinensis in spiritualibus vicarius generalis ac commissarius et executor ad infra scripta ab eodem domino archiepiscopo specialiter deputatus' etc. enthält eine kirchenrechtliche Abhandlung Hermann Rosenbergs ; f. 17^' steht: 'Processus contra ludeos'. Es ist nicht aus- geschlossen, dass Biels Brief an Rosenberg gerichtet war. Derselbe steht f. 23'" und folgt hier im Auszuge in etwas vereinfachter Schreibweise :

Dis ist die abeschrifft ejus senbrieffs, den der hoch- gelert, andechtige und ersam meinster Gabriel Byel, lerer der heyligen geschrifft, siner gutten frunde ejme in die Stadt Mentz, ee die gewonnen wart, obirsant haitt.

Gnade und erluchtuuge des heyligen geystes, crist- liche warheit zu bekennen und der selben stanthafftick-

Ein Brief des Gabriel Biel 1462. 583

liehen in diesen sorglichen tagen sonder focht der irrenden wernt zu leben, vor eynen fruntlichen gruss zuvor. Sunderlicher lieber frunt und bruder in dem heren Christo. Ich han eyn grois midliden mit uch und den uwern, daz ir so gar gedruckt sint und gephant mit beraubunge gottlicher ampt und der heyligen sacrament, nit daz die by uch underwegen bliben, sonder daz kein liephaber gottes sich der gebruchen noch do by sin mag ane ver- loist siner seien, want von ongehorsamen, benuigen und verfluchten hören gottlich ampt oder mit yne gemeyn- schafft han in den sacramenten, ist verdemlich lesterunge gottes. Want die heyligen sacrament, die krefftlichen ge- flossen sint uss den verwonten herzen uusers heren Christi und oifgesatzt uss unusssprechlicher mynne des selben unsers seligmechers zu Seligkeit der seien, verhandeln in sweren sunden frevelichen widder die ordenung gottes und siner heyligen kirchen: Waz ist das anders, dan mit den verfluchten Juden und heyden daz dure blut unsers liebsten heren unnutzlichen , so ferre an yne ist, ver- giessen, verunreinen und die werck der Seligkeit und des lebens verwandeln in werck des todes und ewiger ver- damnisse? Und herumb verware ich uch durch die liebe unsers heren Jesu, das ir uch in keynen weg der sweren sunden deilhaftigk machent, sonder umb gottes willen uch gantz entziegent aller geistlichen gemeinschafft mit den benuigen. So lieb uch uwer sele ist, so entphaent kein sacrament von yne. Ob ess noit wurde, zu teuffen yemant uch zusteende, mag man den touff nit sonder sorge vertziehen, so lassent ess eynen leyen, man oder frauwe, die nit verbannet ist, in uwern husern teuffen, unde konten ir nyemandts anders han, ir mochten uwer eygen kint teuffen. Wer es aber, daz wedder ir noch yemants anders, der nit bennig ist, by der hant were und man besorgte des kindgins doit, so must man umb der noit willen ess lassen teuffen einen bennigen. Aber die andern sacrament der bichte, des fronelichams unsers heren und des heyligen oleyes sollent ir in keynem weg von bennigen nemen, auch nit in todes noten. Dan wer ess, das got uch oder yemant der uwern wolt von hynnen nemen, das er durch sin barmherzigkeyt lange verhalten wolle, ist genug, daz man ganczen ruwen und leyt habe über die sunde und die gott bichten mogent, das ir dick gott dem heren bichtent mit vorsatz, die selbe sunde zu bichten eyme togelichen priester, wan ir den nach ordenunge der heyligen kirchen han mogent. Und lassent uch nit swere

584 F. W. E. Roth.

sin, das ir der sacrament enberent, wan zu hoffen ist, das ir der gnaden der heyligen sacrament, die ir gern entphangen wolten und umb gottes willen lassent, nit beraubet werden. Want gott, der durch die sacrament gnade gibt den, die sie wirdicklichen entphaen, hait die almechtige gewalt nit also den sacramenten angeknuppet, daz er nit möge ussen den sacramenten solich und groisser gnade geben den, die sie nit versmahen. Gut frundt, blibent stanthafftig in gehorsame der hejligen kirchen, usswendig der niemants magk selig werden , der heupt und regnerer off erden an gottes stait nit von mentsch- licher, sonder von gottlicher ordenunge ist, der babst, der nachsetzer sanct Peters. Lassent uch auch nit bewegen, ob die ongehorsamen zytliche gluck hetten und die gehorsamen getruckt wurden, wan were zytlich gluck und wolefart ein zeichen der gerechtigkejt und zytlich liden und durechtunge ein zeichen der ongerech- tickeit, so were kein ding ungerechter dan der cristen glaube und cristen sin, wan in keinem glauben under dem hymmel so vil dorechtunge und blut vergiessens gescheen ist, als an den heyligen mertelern umb cristens glaubens willen. Der here, der vor gelidden hait und gestorben ist, hait sinen nachfolgern nit gelobt hie off erden gluck, ge- mach und zytlichen frieden, druck und dorechtunge, ver- smehenisse und pinigunge. Herumb selig sint die, den ettwas umb gottes und der gerechtigkeit willen geburt zu liden, ess sy an libe, gut, ere, kiiiden, frunden. Frauwen sollen sie sich und frolich sin, wan ir belonunge wirt obirflussig sin in dem hymmel. Yzunt ist (Blatt 23'^') die zyt, daz das orteyl gottes hebet an an dem huse gottes, das ist an den wairhafftigen cristen nachfolgern gottes. Aber straffet got der here also sin frunde, o wie ontreg- lich wirt dan die straiff siner finde. Herumb gebent uch willicklich in die haut gottes, zu liden, was sin gottlicher wille verhengen wirt, wan in liden ist er nahe den sineii und lasset sie nit troistloiss. Diss sint, gude frunde, die tage der hartten straiff der sunder, die ich alwege gefocht

hau. ßetrachtendt, liebe frundt, und beweynent

mit mir der sorgklichen sweren stadt uwer mit burger und inwoner zu Mentz, want alle usswendige hulff, dar durch der arme sunder zu gnade und bekentenisse solt komen, das ist alles verkeret in orsach groisser sunde. O was kleglichs staidts ist daz. Da messe lesen, messen hören und das heilige sacrament entphangen ist nit anders dan schuldigk werden an dem bloitvergiessen und tode

Ein Brief des Gabriel Biel 1462. 585

unsers heren, tla bichten ist sunderu, da die geistlichen arzeiiey der sacrament wirt vergifft, do die stymme der predig-er verleydet, do die hirtten glich den wolffen rauben und rissen. Mich duret von ganzem herzen, als billig ist, beyde raitt und gemeynde und sunderlich die eynfaltigen, die so gar yemerlich verfuret werden. Lassent uns mit flisse alle heylige frunde gottes und gute mentschen an- ruffen, das sie got den heren vor uns bitten, das er sinen zorn ablege, das er uns straiff zu bekerunge und nit ver- beuge dem hellischen viende also yemerlich nach yme himfech^. zu ziehen die cristen mentschen, die er so dure mit sinem heiligen blut erloset haitt. Gut frundt, ich hette uch lange gern geschrieben, so hau ich ess gelassen umb sunderlich sach. Aber ich mocht ess nit lenger ver- halten broderlicher truwe halp und liebe. Auch mogent ir diese schrifft wole lassen lesen, wo uch duncket, sie nutze bringen mochte, wan ich ir gestene wil und verant- wortten, ob yemant dar widder redden wolt, wo ess sich geburt, kein ende ussgeslossen, und ich wolt, daz sie sehen mochten unser prediger, die, als ich höre, daz folck feisch- lichen stercken in irrunge und ir prediget nit mögen noch thurren verantwurten, dan allein by ire parthien. Wan wulten sie vorkommen umb ire irrige lere, do mitt sie daz folck halsstercke widder gehorsam der Romischen kirchen, oder umb alles, daz ich geprediget han diese sach andreffende und auch sost an enden, der sich das durch recht gehurt, wil ich bereit sin gegen yen zu steen in krafft des almechtigen gottes bis zum füre. Ich wolt auch, das diese schrifft die burgermeinster oder der raitt der stat sehen und lesen und das mir by yen erworben wurde ge- leide vor gewalt, daz ich mochte widder die verleyder predigen die cristenliche warheit, off des das folck der Stadt Mentz, der selickeit ich uss gantzeni hertzen begere, nit clegelich verleydet wurde. Und umb daz ich predigen wurde, wolte ich zu recht steue nit allein an den enden, do sich von recht geburt, sonder auch vor allen cristen bischoffen, die do sint in eynigkeit der heiligen kirchen und hohen schulen, der kirchen und lande nit von parthien sint und die diese sach zu zytlichem schaden oder gewinne nit antreffet, noch versegen, do uch schade usskommen mochte. Got der almechtige sy mit uch zu dem aller- besten. Uwers gebets vor mich armen sunder begere ich umb gottes willen. Geben im Rinckauwe off Samstag in der herbst fronefasten anno etc. LXII. Gabriel Byel.

Nachrichten.

195. Es sind folgende Bände der MG. erschienen: In der Abteilung Scriptores: Deutsclae Chroniken VI, 2, Vorrede, Register und Wöi'terverzeichnis zur Oesterreichi- schen Chronik von den 95 Herrschaften, von Professor J. S e e m ü 1 1 e r. In der Abteilung Leges : Constitutiones et Acta publica V, 1 (die Aktenstücke Ludwigs IV. und Friedrichs III. 1313—1320) von Dr. J. S c h w a 1 m. In der Abteilung Diplomata der IV. Band der Königs- und Kaiserurkunden, enthaltend die Urkunden K. Konrads II., herausgegeben von Professor H. Bresslau, unter Mit- arbeit von H. W i b e 1 und A. H e s s e 1.

196. Der zweite Teil der Beiträge zur Handsehriften- kunde von Wilhelm W e i n b e r g e r in den SB. der Wiener Akademie, Philos. - Histor. Kl. CLXI, 4 gibt im wesentlichen bibliographische Nach Weisungen über viele Bibliotheken, die für altklassische Philologen von Bedeutung sind, auch Bemerkungen zu den in einzelnen Bibliotheken vorhandenen Beständen und Fonds und bunte, zufällig gesammelte Notizen über dies und jenes, und zwar gesammelt vom Standpunkt des altklassischen Philologen, vornehmlich des Gräcisten. Wenn der Historiker auch viele nützliche Nachweisungen hier finden kann, so kommt er doch sehr zu kur^, er vermisst mitunter das wichtigste. Ein Prinzip der Anordnung dieser bunten Notizensamm- lung habe ich nicht auffinden können, deshalb unterlasse ich es, über die einzelnen Abteilungen der Schrift zu sprechen. O. H.-E.

197. In den SB. der Wiener Akademie, Philos. -Histor. Kl. CLXI, 7 gibt Eduard G o 1 1 o b die Geschichte und eine kurze allgemeine üebersicht über den Hss.- Bestand der Biblioteca Rossiana (des Commend. Gian Fran- cesco de Rossi zu Rom), die jetzt Sr. M. dem Kaiser von Oesterreich gehört und sich im Jesuitenkolleg in Wien (XIII.

Nachrichten. 587

Lainz) befindet. L. Bethmann gab im Archiv XII Verzeich- nisse von Hss. eines Canonico Rossi und eines Commend. Rossi zu Rom. Gollob stellt nun fest, dass von den 123 von Bethmann verzeichneten Hss. dieser angeblichen zwei Besitzer sich 120 in der Bibl. Rossiana befinden, gibt die heutigen Signaturen und zuweilen einige nähere Angaben über diese Hss., die er sämtlich verzeichnet. Die An- gaben Bethmanns über die beiden Besitzer sind ihm un- erklärlich, und ebenso, wie ich hinzusetze, die Bemerkung im Archiv XII, 409, dass sich die Hss. beider Verzeich- nisse später in der Propaganda fidei befanden, wo ich sie 1891 vergebens gesucht habe ; im Frühjahr 1895 habe ich dann 6 von diesen Hss., namentlich zwei Riccobald - Hss. (vgl. N. A. XI, 280 f.), in Wien benutzt, als sie noch im Jesuitenkolleg in der inneren Stadt sich befanden, unter denen, die diese Hss. in Wien vor 1895 benutzten, wäre noch Prof. E. Mühlbacher zu nennen, der aus der alten Hs. von Moissac VIII. 144 ein Gedicht herausgab.

O. H.-E.

198. In den Analecta Bollandiana XXVIII, fasc. 4, 417 475 beschrieb Albert Poncelet die hagiographi- schen Hss. der Nationalbibliothek zu Turin und verzeichnete mit bekannter Sachkenntnis und Sorgfalt deren Inhalt. Er hat die Arbeit schon im Jahre 1Ö02, noch vor dem Brande dieser Bibliothek gemacht und gibt jetzt bei jeder Hs. an, ob sie in dem Turiner Inventar der nach dem Brande erhaltenen Hss. vorkommt, ob und wie sie beschädigt ist. Glücklicher Weise sind die meisten Hss., die Heiligengeschichten enthalten, erhalten und zum grössten Teil nicht zu sehr durch Feuer oder Wasser ver- dorben. Es sind auch wieder einige unbekannte Stücke aus diesen Hss. beigefügt, doch keine, die Geschichte des Mittelalters betreffen. Dagegen hat Herr A. Poncelet ebenda S. 416 eine ganz kurze Erzählung über Ueber- tragung von Reliquien des h. Arnulf im Jahre 1103 im Kloster Crepy-en-Valois, die in der Gallia chri- stiana schon benutzt ist, aus einer Hs. der Bibl. Mazarine herausgegeben. O. H.-E.

199. In den Etudes Franciscaines XXI (1909), 62— G4 beschreibt A. G. L i 1 1 1 e zwei von ihm aus der Bibliothek des Sir Phillips (n. 811 und 207) erworbene mittelalterliche Hss. zur Franziskane r- Ordensgeschichte. E, M.

200. In den Etudes des pöres de la compagnie de Jesus CXVI (1908), 94—115 veröffentlicht J. Doize an-

Neues Archiv etc. XXXV. 38

588 Nachrichten.

lässlich des zweihundertsten Todestages Mabillons einen Artikel über die Gelehrtenarbeit der Benediktiner des heil. Maurus. E. M.

201. Die Quellenstudien aus dem bist. Seminar der Universität Innsbruck zeigen in dem ersten bisher er- schienenen Heft, wie der Herausgeber W. Erben auf einem der Hauptgebiete seiner wissenschaftlichen Tätigkeit, der Erforschung des Kriegswesens der mittleren und neueren Zeit, seine Schüler zu weiterer fruchtbringender Forscher- arbeit anregt. In der ersten Arbeit (Die Linzer Hs. des deutschen Vegez) bringt J. K. M a y r wertvolle Texte einer älteren und jüngeren Wagenburgordnung, von denen, nach seinen Ausführungen, die erste vor 1427, die zweite um die Mitte des 15. Jh. entstanden ist, ferner den Wortlaut einer Stadt Verteidigungsordnung, die ebenso wie eine bereits früher bekannte Stadtverteidigungsordnung des Nürnberger Archives wahrscheinlich von Johann Glöckner bald nach 1434 verfasst ist. In dem zweiten Aufsatz unter- sucht A. Philipp Ueberlieferung und Datierung der Grottkauer Einung der Fürsten und Stände Schle- siens, die er im Gegensatz zum bisherigen Zeitansatz (zu 1421) in das Jahr 1427 verlegt. Doch erscheinen ihm Artikel 11 16 und der Schlusspassus (Artikel 17) als un- organische Zusätze, 'welche nur zufällig und äusserlich mit dem Vorigen verknüpft sind'. Das erste Kapitel betrifft Bartholomäus Scultetus (1540 1614) und seine Annales Gorlicenses, in denen der Text der Einung überliefert ist; in den Beilagen folgt eine Wiedergabe dieses Textes und eine Uebersicht der von Jecht aus den Annales Sculteti geschöpften Briefe und Urkunden der Jahre 1419 bis 1437 nach der in der Hs. eingehaltenen Ordnung. H. H.

202. In den Mem. de l'acad. de Vaueluse VIII (1908), 27 58 behandelt E. Duprat die politische Geschichte von Avignon in der Zeit von 406 879. Ein zweiter Aufsatz, ebenda VIII, 373 405. IX (1909), 1—50. 105— 168, ist der älteren Kirchengeschichte gewidmet. Er be- spricht darin die unglaubwürdigen Legenden der heil. Martha, der die Christianisierung Avignons ums Jahr 48 zugeschrieben wird, und des heil. R u f u s , der im J. 70 dessen erster Bischof gewesen sein soll ; ferner die Bischofs- liste bis zum 10. Jh., welche durch die Legenden und Urkunden umfassende gelehrte Fälschertätigkeit des im 17. Jh. lebenden Polycarpe de la ßiviere in seinen hslichen Annales entstellt ist; durch ihn sind von den im Anhang

Nachrichten. 589

abgedruckten zwölf Stücken neun gefälscht, darunter je eine Urkunde Dagoberts vom J. 639, Karls Martell vom J. 739 und Karls des Grossen o. J. E. M.

203. In den Mem. de la soc. des lettres, sciences et arts de l'Avejron XVI (1900—1905, erschienen 1906) han- delte M. Constans über die Grafen von Toulouse und Rouergue unter Karl dem Kahlen. E. M.

204. Seine lateinische Dissertation von 1898 über das erste Herzogshaus von Oberlothringen hat E.. Parisot zu umfangreicher Ausführung in den Mem. de la soc. archeol. Lorraine et du musee bist. Lorrain, 4. serie, VII (1907), 151—428 und VIII, 1—265 erweitert, und diese Aufsätze sind dann als Buch Les origines de la Haute- Lorraine et sa premiere maison ducale (Paris, Picard 1909) erschienen, das mit derselben Sorgfalt und Gründlichkeit gearbeitet ist, wie seine Geschichte Lothringens unter den Karolingern, freilich auch, ebenso wie jenes, einen spezifisch lothringischen Standpunkt der Betrachtungsweise zu wahren versucht (vgl. besonders S. 456 ff. den Exkurs: La Lotha- ringie formait-elle encore en 959 un royaume autonome, distinct de l'Allemagne?). Eine Einzelkritik des Buches und seiner Ergebnisse ist hier natürlich nicht am Platze (nur gegen die Namen Charles le Gros und Henri l'Oise- leur soll Dümmlers Protest wiederholt werden) ; es ist hier vielmehr nur auf die urkundlichen Beilagen aufmerksam zu machen: 7 Nummern (davon 3 aus der lateinischen Dissertation wiederholt) von 949 an; darunter n. 7 ein Originalbrief Dietrichs IL von M ü m p e 1 g a r d an den Erzbischof H i 1 1 i n von Trier. Besonderes Inter- esse verdient n. 2, die von Ottenthai Reg. S. 75, n. 148 besprochene, angeblich vom König beglaubigte Tausch- Urkunde aus dem Kloster St. Martin zu Metz von 965, über die Parisot in einem eigenen Exkurs S. 491 ff. han- delt. Das angebliche Or. befindet sich doch in Nancy; es stammt, wie das beigegebene Facsimile zeigt, aus dem Ende des 11. oder der ersten Hälfte des 12. Jh.; Königs- und Kanzlerunterschrift sind einem Ottonischen Or. (wohl vom Jahre 947) nachgezeichnet (lässt sich der Schreiber noch bestimmen?). P. greift bei dieser Sachlage auf die von Ottenthai abgelehnte Erklärung zurück, dass eine echte Privaturkunde von 965 mit dem Eschatokoll eines Diploms von 947 zusammengeschweisst sei, und zwar sei dies ver- mutlich zwischen 1147 und 1149 geschehen, zur Zeit, da das Kloster mit Heinrich von Arlon wegen des ein-

38*

590 Nachrichten.

getauschten Gutes im Streite lag: die Tauschurkunde sollte durch diese Verbindung mit dem Eschatokoll eines Diplomes höhere Beweiskraft erhalten. Auffällig bleiben aber bei dieser Erklärung das gleiche Tagesdatum (24. Fe- bruar) der Tauschurkunde und des Diploms sowie der Ortsname (Aachen) in der Datierung der ersteren, der viel besser zu der letzteren passt. H. Br.

205. G. Freiherr Schenk zu Schweinsberg be- handelt unter dem Titel 'Genealogische Studien zur Reichs- geschichte' in dem Archiv für Hessische Geschichte und Altertumskunde N. F. VI, 465—493 (1909) als Fortsetzung einer in derselben Zeitschrift N. F. III, 349 377 (1904) veröffentlichten Abhandlung die Abstammung des Hauses Nassau. E. P.

206. Die Schrift von Friedrich Stieve,Ezzelino (III.) von Romano (Leipzig 1909) ist eine Erstlingsarbeit, als Heidelberger Dissertation verfasst. Sie ist fleissig gearbeitet und hat auch das Verdienst, dies und jenes richtig gestellt zu haben, aber sie lässt doch manches zu wünschen übrig. Die Quellenkenntnis und -Benutzung ist nicht tadellos, die Uebersicht über die Hauptquellen in der Einleitung recht dürftig. Um nur einiges anzuführen : Was soll es besagen, wenn S. 4 das Chron. Estense eine 'Schwester- schrift' der Ann. S. lustinae genannt wird? Diese sind einfach in jenem massenhaft ausgeschrieben. S. 121, N. 23 wird angeführt: 'Franc. Pip. und Riccob. Ferr. in wört- licher Uebereinstimmung' und ähnlich öfter, aber Riccobald war allein, am wenigsten erst an zweiter Stelle zu nennen, denn die Uebereinstimmung kommt daher, dass Francisc. Pipin. dessen Pomerium viel ausgeschrieben hat. Die kleine Cremonesische Chronik, die S. 125, N. 24 zitiert wird, steht SS. XXXI. Die Cronica Minor (zu zitieren nach SS, R. G., Mon. Erphesfurt.) spricht nicht von 'Selbstmord' Ezzelins, wie St. den Reg- Imp. nachschreibt, sondern sagt überein- stimmend mit Ann. Foroiul., dass er keine Nahrung nehmen wollte und auf diese Weise 'se interfecit'. Man hat nicht mehr Ann. veteres Mutinensium und Chron. Mutinense nach Muratori SS. XI und XV, sondern Alessandro Tas- soni, Giov. da Bazzano und Bonif. Morano in Cronache Modenesi und Petrus Cantinelli und Matheus de Griffonibus nach der neuen Ausgabe von Muratoris SS. zu zitieren u. s. w. Manche Nachlässigkeiten und sehr viele Druckfehler nimmt man in einer Erstlingsschrift schon in Kauf, aber un- zulässig ist das stete Zitieren von Quellen ohne jede Seiten-

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oder Kapitelangabe, das geht unter Umständen an bei Annalen, aber was macht man mit Zitaten wie 'Galv. Flam.', 'Salimb.'? O. H.-E.

207. In der Einleitung zu seinem Buche über 'Floris V. Graaf van Holland eu Zeeland, Heer van Friesland 1256 96', Gent 1907 (Univ. de Gand, Recueil de travaux publ. p. la Fac. de phil. et de lettres 34:) gibt H. Obreen eine ausführliche Uebersicht über die urkundlichen und chroni- kalischen Quellen zur Geschichte seines Helden. In einer Beilage handelt er über die von Floris und seinen Vor- gängern gebrauchten Jahresanfänge. A. H.

208. Ein recht anschauliches Lebensbild der Königin Elisabeth von Ungarn, der Mutter Ladislaus' Postu- mus, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Beziehungen zu Oesterreich in den Jahren 1439 1442 gibt E. Durst im Jahresbericht des k. k. Staatsgymnasiums in Böhm. Leipa 1906 07 und 1907 08. Die Literatur ist, soviel man aus der Uebersicht am Schluss ersieht, nur bis c. 1890 berücksichtigt. B. B.

209. Mit schlesischer Ortsnamenforschung Hodorph - Hundorf (?), Lichtewerden, Urlich beschäftigt sich ein Aufsatz von H. W o 1 f in der Zeitschrift für Ge- schichte und Kulturgeschichte Oesterreichisch- Schlesiens Jahrg. III, 154. B. B.

210. H. Stein, La mort de Childeric IL (Moyen Age XXI, 1908, p. 297—309) erklärt S. 307 ff. die 'Lau- conis Silva', in welcher der König nach der Continuatio Fredegarii c. 2 (SS. R. Merov. II, 169) ermordet wurde, nach dem Vorgang von Lebeuf durch Lognes (dep. Seine- et-Marne, arr. Meaux, cant. Lagny) in der Nähe von Chelles. Die Bestattung Childerichs, seiner Gattin und seines Sohnes in Ronen, von der die 2. Vita Audoini berichtet, be- streitet er S. 301 ff. im Hinblick auf die Wiederauffin- dung ihrer Reste in Saint-Germain-des-Pr^s im Jahre 1656, über die er aus Ms. fran9ais 18816 der Nationalbibliothek einen neuen Bericht mitteilt. W. L.

211. Vincenzo Ussani behandelt in den von E. Monaci herausgegebenen Studj romanzi VI, 1909, p. 177 193, die im 10. Jh. geschriebene Turiner Hs. Lat. A. 216 (früher D. IL 10), welche die Wunderbücher Gregors von Tours und das erste Buch der metrischen Vita Martini des

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V e n a 11 1 i u s F o r t u n a t ii s in derselben Weise enthält wie die Pariser Hs. n. 2204 (la bei Krusch, SS. R. Merov. I, 462) und einen ihr ähnlichen, aber unabhängigen Text der ersten Hss.- Klasse Gregors darbietet; einige Kollations- probeii veranschaulichen die Art der Hs., die jetzt kürzer auch von A. Poncelet, Analecta Bollandiana XXVIII, 418 beschrieben worden ist. Vgl. oben n. 198. W. L.

212. In der Sammlung der Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit ist in dritter Auflage (Bd. X) I s i d o r s von Sevilla Geschichte der Goten, Vandalen und Sueven nebst Auszügen aus der Kirchengeschichte des B e d a Venerabilis erschienen , bearbeitet von D. C o s t e , der auch schon die Uebersetzung in zweiter Auflage ge- macht hatte. Die dritte Auflage ist natürlich bedeutend verbessert, da sie auf Grundlage der neuen Ausgabe von Isidors Werken in MG. Auct. antiq. XI gearbeitet werden konnte. 0. H.-E.

213. Man ist im allgemeinen wohl darüber einig, dass die Vita Goaris (SS. R. Merov. IV, 402 ff.) zwar für die Sittengeschichte des 8. Jh. nicht geringes Interesse bietet, dass ihr Inhalt im übrigen aber wertlos ist; schon die Art der darin berichteten Wunder verbietet es, sie ernst zu nehmen. Hauck (Kirchengeschichte Deutsch- lands I^, 201) sieht darin 'ein Beispiel durchgeführter Sa- tire', und Krusch, der zum ersten Mal die ursprüngliche, robe Form der Quelle zugänglich gemacht hat, hat darin die gegen den Trierer Bischof gerichtete Spitze und den Anlass der Erfindung in dem Streit zwischen Trier und dem Kloster Prüm um den Besitz von St. Goar in der Zeit Pippins erkannt. Zu dieser ablehnenden Beur- teilung der in der Vita berichteten Dinge scheint mir aufs beste die Tatsache zu passen, dass Wilhelm Busch den Stoff seiner vielumstrittenen Satire aus der Zeit des Kultur- kampfes, des 'Heiligen Antonius von Padua', zum grossen Teil der Vita Goaris (anderes der Vita Maximins von Trier) entnommen hat, worauf J. Hofmiller in den Süddeutschen Monatsheften V, 1908, S. 424, hingewiesen hat. Ganz anders urteilt J. D e p o i n, der im ersten Abschnitt seiner 'Etudes Merovingiennes' (Revue des etudes historiques, Juli und August 1909) das urteil von Krusch widerlegen und der Quelle reichen geschichtlichen Ertrag entnehmen will. Nach ihm ist Goar schon 508 gestorben und sein Leben unmittelbar darauf geschrieben worden. Der König Sige- bert, unter dem Goar nach der Vita stirbt und in dessen

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Zeit dort auch der famose Bischof Rusticus von Trier ge- setzt wird , ist nach Depoin keiner der Merowinger des 6. und 7. Jh., sondern der durch die Sehlacht bei Zülpich bekannte Ripuarierkönig Sigebert der Lahme, der somit nicht nur über Cöln, sondern auch über Trier und Metz geherrscht hat, und König Childebert, Chlodwigs Sohn, unter dem Goar an den Rhein kommt, ist jenes Sigebert bisher unbekannter Bruder und Vorgänger, sein Vater Chlod- wig nicht etwa der Gründer des Fränkischen Reiches, son- dern ein bisher ebenfalls unbekannter Bruder des Mero- wingischen Ahnherrn Merowech und der Begründer des Ripuarischeu Königshauses, dessen Geschichte sich so er- staunlich erweitert. Depoin entgeht durch diese willkür- lichen Vermutungen aufs schönste der Klippe, an der die Vita Goaris immer gescheitert ist und scheitern wird: dass man Chlodwigs Sohn Childebert ohne Zweifel auf Childebert I. (511—558), also jenen Sigebert auf Sigebert I. (561 575) beziehen muss, zu dessen Zeit ein Bischof Rusticus in der für Jahrzehnte gut bezeugten Trierer Bischofliste gar keinen Platz findet. Ein Gegenstück zur Geschichte des Rusticus und damit eine Bestätigung für seinen frühen Ansatz der Vita Goaris sieht Depoin in der Geschichte von Remigius' Zeitgenossen Genebaud von Laon er weiss nur nicht, dass diese erst von Hinkmar von Reims herstammt (Vita Remigii c. 16, SS. R. Merov. III, 300 ff.). Als Quelle für das 5. Jh. dient ihm u. a. die zwischen der Mitte des 12. und 14. Jh. entstandene Aufzeichnung über die An- fänge von Erfurt (Holder -Egger, Monumenta Erphesfur- tensia S. 415 f.). Am meisten verblüfft freilich die Deu- tung der schönen Geschichte von dem drei Tage alten Findelkind, das auf Goars Gebet hin zu reden beginnt und die Vaterschaft des Bischofs an den Tag bringt. Depoin findet dafür eine sehr natürliche Erklärung; Goar könnte ja Bauchredner gewesen sein: 'il eüt realise fort aise- ment le miracle de faire dire quatre mots ä un enfant de trois nuits, il n'aurait eu nulle peine ä lui faire tenir de bien plus longs discours', eine Erklärung, die ganz neue, wenn auch an längst überwundene Zeiten des Rationalis- mus erinnernde Aussichten für eine zukünftige Erläuterung von Wilhelm Busch eröffnet ^1

1) Ich benutze die Gelegenheit zum Hinweis auf einen Anklang der Vita Goaris an ein von Baunister im .Journal of theological studies V (1904) aus einer Reichenauer Hs. des beginnenden 9. Jh. veröffentlichtes Bruchstück eines Irischen Sakramentars. Vgl. die Vita c. 1 (p. 411, 10) :

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In einem 2. Abschnitt sucht Depoin darzulegen, dass Gregor von Tours seine Erzählungen über die früheren Merowinger grossenteils dem ihm verwandten Herzog Gun- dulf verdanke, der 581 fünf Tage bei dem Bischof geweilt hat (Hist. VI, 11); ein Beweis wird auch hier nicht er- bracht, dagegen mancher Irrtum ausgesprochen, wie Depoin denn in der Hss. -Klasse B trotz der Ausführungen von Arndt den ursprünglichen Text Gregors sieht und den Angaben einer wertlosen Vita Gundulfs von Maastricht (AA. SS. lulii IV, 160, §4; vgl. Bibl. hag. Lat. n. 3711) vor Gregor den Vorzug gibt. W. L.

214. In den beiden letzten Jahrgängen 1907 und 1908 der Zeitschrift 'La Province du Maine' nimmt G. Busson noch einmal zu einigen Fragen der von ihm mit heraus- gegebenen Actus pontif. Genom, in urbe deg. das Wort: XV, 343. 390; XVI, 69. 128. 166, im besonderen über den heil. Turibius: XVI, 171. 204. 221. Der andere Herausgeber A. Ledru beendigt in XV, 20. 49. 97. 122. 148. 227. 262 seinen N. A. XXXIV, 240, n. 39 bereits er- wähnten Aufsatz über den heil. Bertrand, Bischof von Le Maus. E. M.

215. In der Biblioteca d. Soc. stör. Subalpina XXXIV, 4 behandelt E. Patrucco sehr ausführlich 'I Saraceni nelle Alpi occidentali e specialmente nel Piemonte', indem er zuerst alle Quellenstellen in extenso aneinander- reiht, dann die sarazenischen Spuren in Sprache und Tra- dition verfolgt und endlich eine Darstellung versucht, die der Natur der Sache nach nicht viel über die kritische Erörterung einzelner Punkte hinauskommt, vor allem zur Geschichte der Hauptniederlassung Fraxinetum, die nicht sicher zu bestimmen ist, da sich 35 Lokalitäten, deren Namen darauf zurückgehen, nachweisen lassen. E. C.

216. 'Le Probleme des premiers eveques de l'eglise de Tongres' behandelt G. M o u c h a m p im Bull, de la soc. d'art et d'hist. de Liege XV, 133 sqq. Er bespricht die Bischofsliste der Gesta episcoporum Leodiensium Heriger s und A n s e 1 m s. Nach ihm wurde das Bistum in der 2. Hälfte des 2. Jh. von einem Maternus gegründet, in

'terribilis cognitor secretorum caelestium, praescius futurorum visionum interpres', und Bannister ja. 63 : 'qui et celestium secre- torum interpres et divinorum consiliorum capax iam in hoc mundo esse promeruit angelorum comes'.

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dem er mit der Tradition am wahrscheinlichsten den gleich- namigen 3. Bischof von Trier wiedererkennt. A. H.

217. W. Biereje, Beiträge znr Geschichte Nord- albingiens im 10. Jh., Plön in Holstein 1909, erörtert nochmals eine Reihe vielbehandelter Fragen aus diesem Gebiet, für die das Material vorwiegend die Geschicht- schreiber Adam von Bremen und H e 1 m o 1 d liefern ; so u. a. im 3. u. 4. Kapitel Otto I. und seine Beziehungen zum dänischen Reiche und die Entstehung der Bistümer von Dänemark und in Oldenburg und deren erste Bischöfe. Daneben ist viel nordisches Material herangezogen, so in Kap. I. über Schleswig und seine Herrscher zu Beginn des 10. Jh. und Kap. II. über den Dänenzug Heinrichs I. und Olafs Geschlecht. Ich möchte hier nur eine quellen- kritische Bemerkung machen. Auf S. 59 f. bespricht und verwertet der Verf. eine bereits von Wigger (B. nennt den bekannten und verdienten mecklenburgischen Forscher fast stets Wiggers) herangezogene Stelle der Ann. Hirsaugienses des Trithemius (St. Gallen 1690 I. 105). Wäre es von vorn- herein vorsichtiger, auf solche Quelle zu verzichten zu- mal wenn man die von B. nicht berücksichtigte folgende Wundergeschichte heranzieht , so ergibt sich das als notwendig aus der Parallelstelle der Chronica monast. Hirsaug. desselben Trithemius (Opera ed. Freher II, p. 35) : '968 . . Fuerunt tarnen ex institutione Meginradi scho- lastici . . , e quibus . . Eginardus in quadam ecclesia Saxo- niae episcopus factus est'. Hier heisst der Mann 'Eginar- dus' statt 'Egwardus', hier weiss Trith. noch nichts von dem Bistum Schleswig noch von dem Jahre 965. Die Stellen gehören zu den vielen von Silbernagel, Trithemius 1. Aufl. 1868. S. 162 ff. verzeichneten, in denen der Ge- schichtsfälscher seine erfundenen Nachrichten aus der älteren Chronik in den jüngeren Annalen noch weiter ver- mehrt und ausgeschmückt hat. Zu den allgemeineren Re- sultaten des Verf. denke ich an anderem Orte Stellung zu nehmen. B. Schm.

218. A. Gaudenzi, 'II codice Vaticano del monastero di Acereta' (Studi medievali III, 301 312), bringt einiges Neue zur Lebensgeschichte des Petrus D a m i a n i und publiziert aus Cod. Vat. Ottob. 339 eine kurze metrische Vita des Heiligen. R. S.

219. Auf die Vollendung des grossen Werkes von Meyer von Knonau 'Jahrbücher des Deutschen Reiches

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unter Heinrich IV. und Heinrich V.' mit dem Erscheinen des siebenten Bandes (1909), der die Jahre 1115 bis 1125 behandelt, können wir hier nur kurz hinweisen; zu er- Vi'ähnen ist aber, dass er im II. Exkurs darlegt, wie Ekke- hard von Aura in seiner Erzählung der Geschichte Hein- richs V. von der grössten Ergebenheit gegen diesen Herr- scher allmählich zur Kühle und dann zu voller Abneigung übergeht. M. v. K. bezeichnet als Grund dieser Sinnes- änderung die Aufstellung des Gegenpapstes Burdinus im J. 1118. Der III. Exkurs bringt ein Verzeichnis von ur- kundlich bezeugten Verleihungen von Gütern und Rechten durch Heinrich V. 0. H.-E.

220. Das bedeutende Buch von Erich Caspar 'Petrus diaconus und die Monte Cassineser Fäl- schungen' (Berlin 1909, 284 u. XI S.) beruht auf ein- gehenden Studien von Hss. und Urkunden, die der Verf. zu Monte Cassino und Hom angestellt hat, es ist kaum möglich seinen reichen Inhalt hier in Kürze vollständig anzugeben und St'ellung dazu zu nehmen. Auf das erste hübsche Kapitel über die Geschichte von Monte Cassino und die Entwickelung der wissenschaftlichen Studien dort im 11. und 12. Jh. folgt ein Kapitel über die von Petrus geschriebenen Hss., seinen Lebenslauf und seine wichtigsten Arbeiten, wobei manche frühere Annahmen richtig ge- stellt werden, namentlich sicher mit Recht die Briefe der Oheime und des Schwagers des Petrus, die seine vornehme Abkunft bestätigen sollen, als von ihm gefälscht verworfen werden. Dann beginnt die Untersuchung der einzelnen Arbeiten mit der der im Ortus et vita sanctorum Casin. enthaltenen Heiligenleben, wobei dargelegt wird, wie die Fähigkeit des Petrus zu fälschen durch fortgesetzte Uebung allmählich wuchs. Es wird festgestellt, dass eine von ihm überlieferte Vita Aldemarii nicht von ihm herrührt, höchstens von ihm leicht stilistisch geändert ist, während eine zweite Vita von ihm umgearbeitet ist, wobei er Aldemars Lebenszeit, der zu Ende des 10. Jh. lebte, um 1070 ansetzte, da er ihn mit einem später lebenden Manne gleiches Namens verwechselte. Besonders interessant ist das IV. Kapitel über das riesige Bündel der immer ge- waltiger anschwellenden Fälschungen, durch die Placidus, der von Gregor I. erwähnte Schüler des heil. Benedikt, zu einem Heiligen ersten Ranges erhoben werden soll. Ich glaube, es ist hier der versuchte Beweis gelungen, dass das ganze dahingehörige Bündel des Registrum S. Placidi,

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die angeblich von Gordia nus und Stephanus Aniciensis verfassten Vitae Placidi, die Placidns- Chronik, die Briefe, durch die diese Fälschung-en gestützt werden sollen, ebenso wie die Vita Placidi im Ortus, in der durch nachträgliche Rasuren und Einfügungen auf die späteren Fälschungen hingedeutet wird, von Petrus herrühren. Es folgt die Be- handlung der sonst noch im Eegistrum S. Placidi ent- haltenen Heiligenleben, der Nachweis der Fälschung der angeblich von einem Mönch Paulus verfassten Vita Gebi- zonis durch Petrus und Darlegung von deren Verhältnis zur älteren von Petrus im Ortus geschriebenen Vita des- selben, (ein Grund zur Annahme einer älteren, vor Petrus existierenden Vita des Mannes scheint mir nicht vor- zuliegen, die Notiz im Liber illustrium virorum über eine solche muss andere Erklärung finden), der Nachweis der Quellen der Passio Dionisii etc., Demetrii etc., die im An- hang des Buches zuerst herausgegeben ist. Demetrius ist der Bruder des Dionysius Areopagita, er erleidet mit seinen Genossen das Martyrium in Casinum und wird dort be- stattet, das war der Zweck dieser albernen Petrus -Fäl- schung. Der dann folgenden Kritik der Schriften über den Abt Martin von MonteMassico kann ich frei- lich nicht mehr voll zustimmen : Neben der im Registrum S. Placidi überlieferten Vita dieses Mannes, die zweifellos von Petrus verfasst ist, will C. auch eine ausserhalb der Petrus -Hss. überlieferte, erst neuerdings bekannt gewordene (vgl. N. A. XXXII, 523, n. 40), in barbarischem Latein geschriebene Schrift , als deren Verfasser ein Diakon Adalbert genannt wird, dem Petrus zuschreiben. Der Be- weis dafür scheint mir nicht nur nicht erbracht, sondern missglückt und die Behauptung sehr unwahrscheinlich. Petrus soll das barbarische Latein absichtlich künstlich hergestellt haben, aber in seinen übrigen Fälschungen hat er so etwas nicht für notwendig gehalten, und man sieht bei ihm keinen Anlass zu dieser Fälschung, wenn er Adalbert nicht als alten Zeugen zitieren wollte, was er nicht getan hat. Niemals würde er bei seinem reichen Quellenmaterial einen Papst des 8. Jh. ürban genannt haben, der in der Zeit nicht existiert hat, wie es Adalbert tut. Da wäre leicht mehr zu entgegnen. Wichtig wäre die folgende Kritik der Vitae Äthan asii episcopi Neapolitani , wenn sie begründet wäre. C. hat eine modern überlieferte Vita des Mannes gefunden, die er im Anhange herausgegeben hat. Diese hält er für die älteste und originale, sie sei von Petrus selbst in der im Registrum

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S. Placidi überlieferten Vita überarbeitet, diese dann ent- weder von Petrus selbst oder von einem andern Manne (dann -wieder mit Benutzung der angeblich ältesten) in der in SS. Lang, herausgegebenen überarbeitet. Diese Beweis- führung muss ich völlig ablehnen : ich halte es nicht für möglich , dass die modern überlieferte , ganz farblose, nüchterne Vita, in der alle charakteristischen Einzelheiten beseitigt sind, Quelle für die letztgenannte, höchst un- geschickte, aber lebhafte Darstellung- gewesen ist, ich bin überzeugt, dass man bei der bisherigen Ansicht stehen bleiben muss, dass die in SS. Lang, herausgegebene die ursprüngliche ist, dass Petrus diese überarbeitet hat. Die neugefundene, in Lektionen geteilte, ist meiner Ansicht nach aus der ersten zu bekanntem Zweck exzerpiert. Der Beweis dafür wäre, glaube ich, nicht schwer zu führen. Es folgt ein Kapitel über die Fälschungen, die erweisen sollen, dass die Gebeine des h. Benedikt sich ganz oder wenigstens zum grossen Teil in Monte Cassino, nicht in St. -Benoit-sur -Loire (Fleury) befinden, und man darf hier für erwiesen halten, dass die Epitome chronicorum Casi- nensium, die unter dem Namen des Anastasius geht, von Petrus, wie man schon früher vermutete, verfasst ist, ebenso die falschen Papsturkunden, die Wunder des h. Benedikt bezeugen. Dass aber auch die neugefundene Trans- latio S. Benedicti (vgl. N. A. XII, 131 fE.) von ihm herrühren soll, wie C. zeigen will, könnte ich höchstens für möglich halten, bewiesen zu sein scheint es mir nicht. Von den Heiligengeschichten der nahe bei Monte Cassino gelegenen Stadt Atina, von denen einige Petrus nach seiner eigenen Angabe verfasst hat, ist das meiste verloren, von den erhaltenen Quellen sind nach C. die angeblich von dem Erzbischof Atenulf von Capua geschriebene Passio Nicandri et Marciani und der frühere fabelhafte Teil des Chronicon Atinensis ecclesiae auch von Petrus verfasst, die von dem Bischof Leo von Atina angeblich ge- schriebene Passio S. Marci episcopi von ihm überarbeitet. Um hier unbedingt zustimmen zu können oder etwas ab- zulehnen, müsste man die Untersuchung selbst von neuem machen. Eine bisher unbekannte Fassung der Acta Ni- candri et Marciani, die älter als Petrus ist, ist hierzu aus einer Hs. des 11. Jh. im Anhang herausgegeben. Das vorletzte Kapitel ist eins der wichtigsten und inhalt- reichsten des Buches , es charakterisiert und kritisiert Petrus' Tätigkeit als Fortsetzer und Interpolator der Klosterchronik des Abtes Leo, behandelt dann das grosse

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Urkunden -Registrum des Petrus und die Fälschungen darin, die von Petrus herrühren, und die schon vor ihm vorhanden waren. Bei dieser Gelegenheit erst werden auch die von Petrus gefälschten Urkunden aus dem Registrum S. Placidi besprochen, die mit den Placidus - Fälschungen zusammenhängen und sie stützen sollen, sie sind mit Aus- nahme der Tertullus- Urkunde (vgl. N. A. XXXIV, 198 ff.) im Anhange herausgegeben. Auch wird die Tätigkeit des Petrus als Sachwalter seines Klosters behandelt, die Fäl- schungen, die er als solcher ausheckte, um die Oberhoheit von Monte Cassino über Glanfeuil zu erweisen (zwei sind im Anhang herausgegeben), mit denen er den Erfolg er- reichte, dass Papst Anaklet II. Glanfeuil in der Tat dem Abt von Monte Cassino unterstellte, und dann der Höhepunkt seiner Tätigkeit, seine Verhandlungen vor Kaiser Lothar III. im Interesse seines Klosters, die mit der Verleihung des grossen Privilegs des Kaisers für das Kloster endeten. Dieses, das, wie C. bemerkt, von Petrus selbst verfasst ist, auf den von Petrus gefälschten Vor- urkunden basiert und auf seine Legenden -Fälschungen Bezug nimmt, ist zum ersten Mal gut im Anhang heraus- gegeben, dort ist auch, was ebenfalls besonders dankens- wert ist, des Petrus Altercatio pro cenobio Casinensi, d. i. die (natürlich höchst willkürliche und zum grossen Teil frei erfundene) Darstellung seiner Verhandlungen vor dem Kaiser Lothar, die er fast ganz in die Fortsetzung der Klosterchronik aufgenommen hat, und seiner Disputation mit einem Cisterziensermönch , von der er nur einen kleineren Teil der Klosterchronik einverleibt hat, nach einer modernen Hs. vollständig herausgegeben. Das letzte Kapitel charakterisiert Petrus als 'literarische Per- sönlichkeit' und als Mensch, wobei betont wird, dass er durch und durch Italiener ist. Gewiss ist er das, nament- lich in seiner Eitelkeit und der Lust zum Fabulieren, in der aus dem früheren Mittelalter namentlich Johannes Codagnellus von Piacenza ihm nahe steht. Dass er auch schon Züge des Renaissance -Menschen zeigt, möchte ich freilich weniger zugeben.

Aus der kurzen Skizzierung des Inhalts ist ersichtlich, von welcher Bedeutung das Buch ist, es ist ein vortreff- licher Führer durch den Ungeheuern Wust von Fälschungen des Cassineser Mönches, der so lange die historische Wahr- heit in dunkle Dunstwolken gehüllt hat, aber noch niemals im Zusammenhange geprüft ist, und fördert deren Er- kenntnis und Kritik in ganz hervorragender Weise, es

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steckt eine gewaltige Arbeit in dem Buche. Ist der Verf. unter dem Eindruck der enormen Fälschertätigkeit des Mannes zu -weit gegangen und hat ihm auch ein oder das andere Stück zugeschrieben, das ihm tatsächlich nicht zu- gehört, so wird der Wert der tüchtigen Arbeit doch da- durch nicht wesentlich beeinträchtigt. O. H.-E.

221. Mit Petrus diaconus von Monte Cassino beschäftigen sich zwei Aufsätze in den Rendiconti del E. Istituto Lombardo di scienze e lettere, ser. II, vol. 42: G. Mercati, II liber Tieol oraßjuwv di Dardano tradotto anti- camente in Latino? (p. 149 156; Nachtrag p. 316 f.) wirft die Frage auf, ob eine solche Uebersetzung entsprechend einer Nachricht des Petrus in Ms. Cassinese n. 257 exi- stiert habe. Ebenda p. 318 323 gibt P. Bonfante, Sui libri iuris civilis di M. Terenzio Varrone, Erörterungen über dieses verlorene Werk gleichfalls nach einer Notiz des Petrus in derselben Hs. Beide kommen zu dem Re- sultat, dass an Fälschung oder Missverständnis des Petrus hier nicht zu denken sei. B. Schm.

222. In der Revue historique t. CII, fasc. 1, 35 45 untersucht Louis H a 1 p h e n die zahlreichen Biographien von Thomas Becket, Erzbischof von Canterbury, in Bezug auf ihre Abhängigkeit zu einander; er stellt neue Ansichten darüber auf und begründet sie. O. H.-E.

223. G. B. Siragusa gibt im Bulletino dell' Istituto storico Italiano XXX (1909), 41 48 einige Nachträge und Berichtigungen zu seiner Ausgabe des Petrus de Ebulo (vgl. N. A. XXXIV, 245). R. S.

224. Im zweiten bis vierten Fascikel des II. Bandes des Archivum Franciscauum historicum gab P. Saturnin Mencherini die Konstitutionen des Generalkapitels von Perpignan 1331 heraus, die eine neue Gesetz- gebung des Ordens darstellen, indem sie viele neue Be- stimmungen treffen, namentlich über die Aufnahme in den Orden, von den Konstitutionen früherer Generalka23itel vieles weglassen , dagegen viel aus päpstlichen Erlassen aufnehmen. Im dritten Heft gab P. Ferdinand M'''. [De- lorme] ab Araules zwei Kataloge der General- minister der Minoriten heraus; der erste bis 1378 ist zum grössten Teil aus dem MG. SS. XXXII, 653 ff. heraus- gegebenen Kataloge exzerpiert, hat aber Zusätze ; der zweite bis 1318 aus einer Hs. von Grenoble ist original, sein Verfasser ist den Spiritualen, also auch den Generalmini-

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Stern Johann von Parma und Michael von Cesena abgeneigt. Fr. Bliemetzrieder edierte da S. 441^ 446 einen sehr interessanten Brief des Minoriten Petrus, Infanten von Aragonien, an den Kardinal und früheren Minoriten Bertrand Atgerii, der für Clemens VII. eingetreten war, über die legitime Wahl des Papstes ürbanVI. Im IV. Heft S. 561—574 gab P. Paulus Sevesi 15 Erlasse der Päpste Innocenz IV., Alexander IV. und ü" r - banIV. aus den Jahren 1245 1262, betreffend die Mai- länder Ordensprovinz der Minoriten und meist an den Mailänder Provinzialminister gerichtet, und S. 613 625 P. Hieronymus Goyens das Speculum imperfectionis, das heisst eine Schrift über Schäden und Fehler, die sich im Minoritenorden im 15. Jh. bemerkbar gemacht haben, des Br. Johannes Brugman heraus. Das III. und IV. Heft brachte auch wieder Fortsetzungen des Compendium chroni- corum des Br. Marianus von Florenz. Noch manche andere Aufsätze beider Hefte, die für uns von geringerem Interesse sind, werden hier nicht erwähnt. O. H.-E.

225. Das Buch von E. de Moreau S. J., L'abbaye de Viller s-en-Brabant aux XII. et XIII. siecles (Bruxelles 1909) ist eine gründliche, sorgfältige, mit ge- sunder Kritik und umfassender Literaturkenntnis geschrie- bene Arbeit. Das erste Buch behandelt die Geschichte des Klosters im 12. und 13. Jh., das zweite das religiöse Leben daselbst (Asketismus, Mysticismus, Beziehungen zu heiligen Frauen, namentlich der heil. Hildegard, wissen- schaftliche Studien), das dritte, bedeutendste und sehr lesenswerte, behandelt den Güterbesitz und die Einkünfte der Abtei, deren wirtschaftliches Aufblühen und den Ver- fall. Für dieses Buch konnte der Verf. namentlich die von ihm früher gelieferte Ausgabe des Polyptichon von Villers (vgl. N. A. XXXIV, 307, n. 213) verwerten.

In der Einleitung gibt der Verf. eine gründliche Studie über die Gesta sanctorum Villa riensium, die Chronica Villa riensis monasterii und deren Quellen, namentlich über die in Villers geschriebenen Bio- graphien. Die Abfassung der Gesta setzt er mit Eecht, abweichend von G. Waitz, dem Herausgeber der Gesta und der Chron. in MG. SS. XXV, erst in das Ende des 13. oder den Anfang des 14. Jh.; er zeigt, dass das Stück, das Waitz als Continuatio I. von dem vorhergehenden Werk abtrennte, noch vom Verfasser des ganzen Buchs herrührt, bezweifelt auch wohl mit Recht , ob das von Waitz

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als Continuatio II. bezeichnete Stück von neuem Verfasser geschrieben sei, bemerkt, dass bis 1333 sich die Gleich- zeitigkeit eines Erzählers nicht nachweisen lasse. Er weist auch nach, dass ein Kapitel der Gesta sowohl, wie ein Stück der Chronica Plagiat aus dem Exordium magnum ord. Cisterciensis sind, so dass, was hier von anderen Per- sonen erzählt wird, dort auf einen Abt und Prior von Vil- lers übertragen ist. Dem Buch ist eine archäologische Studie von E. M a e r e über die Kirche und das Kloster von Villers, deren schöne, noch erhaltene Ruinen berühmt sind, beigefügt. O. H.-E.

226. In den Mem. de la soc. acad. de St.-Quentin XV (Jahrg. 1901—4, erschienen 1907), 240—243 druckte Emm. L e m a i r e einen auf einen Volksaufstand zu S t. - Q u e n t i n im ersten Drittel des 14. Jh. bezüglichen Bericht. E. M.

227. In der Revue Benedictine XXV (1908), 334—357 ediert und erläutert D. ürsmer Berliere drei unbekannte Traktate über den Flagellantismus des Jahres 1349 aus einer Hs. des Hospitals zu Cues. E. M.

228. G. S m e t s , La chronique de D i n o C o m - pagni (Lüttich 1909), Separatdruck aus der Revue de l'universite de Bruxelles 1908 1909) hat im Anschluss an Untersuchungen, die in meinem Seminar im Winter 1905 auf 1906 angestellt sind, die Dinofrage noch einmal in ihrem vollen Umfange aufgenommen und ist zu dem Er- gebnis gekommen, dass an eine absichtliche Verfälschung des uns in der Ashburnham-Hs. überlieferten Textes nicht zu denken ist. Dino hat, wie S. ausführt, gegen das Ende seines Lebens wahrscheinlich eine üeberarbeitung seiner Chronik vorgenommen, diese aber nicht mehr zu Ende ge- führt ; sein hinterlassenes Manuskript wies Wiederholungen, Lücken, Widersprüche auf, wie sie noch jetzt vorhanden sind. Indem nun der erste Kopist, der Dinos eigene Handschrift vor sich hatte, hie und da solche wirkliche oder vermeintliche Mängel seiner Vorlage zu beseitigen versuchte, habe er sich Ergänzungen und Aenderungen er- laubt, die unglücklich waren und der modernen Kritik An- stoss gegeben haben. Einen grossen Teil der gegen die Chronik erhobenen Anklagen entkräftet Smets ferner da- durch, dass er in völlig schlagenden Parallelen aus modernen Memoiren ganz ebenso schwerwiegende Verschweigungen und Irrtümer hinsichtlich eigener Erlebnisse ihrer Verfasser nachweist, wie sie bei Dino zum Verdacht der Fälschung

Nachrichten. 603

Anlass gegeben haben. Die Benutzung Villanis und anderer Autoren in unserer Dinochronik stellt S. in Abrede; die üebereinstiniinungen mit dem Anonimo Fiorentino führt er darauf zurück, dass der Dante -Kommentator aus Dino geschöpft, daneben aber noch' eine andere Quelle benutzt habe. Hinsichtlich der letzteren Fragen und einiger anderen Einzelheiten können Zweifel bleiben ; im ganzen aber er- scheint mir Smets Lösung des Problems durchaus annehmbar, und sie befriedigt jedenfalls mehr als Scheffer -Boichorsts letzte Annahme einer bizarren und launenhaften Inter- polation, die um so unwahrscheinlicher wird, je mehr man ihr bis in ihre letzten Konsequenzen nachgeht. H. Br.

229. Das österr. historische Institut in Eom gibt in freier Folge Publikationen aus dem Gebiete der mittleren und neueren Geschichte heraus, die den Rahmen eines Aufsatzes überschreiten, wegen ihres fachwissenschaftlichen Inhaltes aber nicht leicht einen Verleger finden können. Der erste bisher vorliegende Band (Wien u. Leipzig 1909) bringt ungedruckte Texte und Untersuchungen zur literari- schen Polemik zu Beginn des grossen abendländi- schen Schismas von Fr. Bliemetzrieder. Die Texte stammen aus den Archiven und Bibliotheken von Eom, Paris, Wien, Ronen, Basel und Merseburg und sind mit Ausnahme der Epistola concordiae Konrads von Gelnhausen noch nicht vollständig gedruckt. Das erste Stück ist die kgl. Antwortnote der Regierung Frankreichs an die Gesandten der Kardinäle, die eine Darstellung der Verhandlungen der Prälatenversammlung zu Paris im Sep- tember 1378 enthält. Es folgen der Traktat des Kardinals Petrus Flandrin über die Frage der Gültigkeit der Wahl des Papstes Urban VI. (1378) und seine Replik auf die Dubia des Erzbischofs Petrus Tenorio von Toledo vom Februar 1380. Den vierten Teil bildet ein Traktat des Kardinals Petrus Amelii aus der zweiten Hälfte 1379, der nach Ansicht des Herausgebers gegen die Epistola brevis des Konrad von Gelnhausen gerichtet ist. Dem- gegenüber stellt die Epistola concordiae, die in doppelter Fassung überliefert ist, die Antwort des Mainzer Dom- propstes dar. H. H.

230. A. Seifert macht in den Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, Jahrg. XLVIII (1909), 28 ff. aufmerksam auf einen in der Biblio- thek des Konvents der Kapuziner in Saaz in lateinischer Sprache abgefassten Dialog (geschrieben um 1724), betref-

Neues Archiv etc. XXXV. 39

604 Nachrichten.

fend den Familiennamen des h. Johann von Nepomuk (t 1393, März 20/21). Der Lehrer vertritt die Ansicht, dass Johann 'Welflin', der Schüler, dass er 'Hasil' geheissen habe. . B. B.

231. In der Neubearbeitung von Muratoris SS. rerum Ital. als t. VIII, parte II ward in der 71. Lieferung die Vicen- tiner Chronik des Antonius Godius (de Godis, de Gudis), die nur bis zum Jahre 1260 erhalten ist, von Gio- vanni S o r a n z o herausgegeben, der in der Vorrede nach- weist, dass der Verfasser nicht schon in der ersten Hälfte des 14. Jh., wie man früher glaubte, gelebt hat, dass er 1438 gestorben ist. Natürlich ist das kleine Buch, soweit es erhalten ist, in dem das meiste aus Gerardus Maurisius und den Ann. S. lustinae Patav. entnommen ist, fast ohne Wert, aber die Herausgeber dieser Sammlung verschmähen es ja, wie ich schon öfters bemerkte, dem Benutzer durch den Druck darzulegen , was aus bekannten Quellen ent- lehnt ist, wodurch diese Ausgaben fast unbenutzbar werden. Der hier gebotene Text ist entsetzlich fehlerhaft, für ihn kommt wahrscheinlich nur eine Hs. des 15. Jh. (A) in Be- tracht. Der Herausgeber hält zwar noch zwei Hss. des 17. Jh. von jener für unabhängig und glaubt sie für die Textherstellung benutzen zu können, setzt aber ihre Les- arten doch äusserst selten ein, und die eine von diesen ist unsinnig ('reverentes' S. 12 Z. 31 für das richtige 'reveren- das' A). Die so zahlreichen Unmöglichkeiten des Textes lässt der Herausgeber unbeachtet, die Variantenangabeu im kritischen Apparat müssen oft falsch oder unvollständig sein, stimmen auch öfter mit den Angaben, die er in der Vorrede über sie macht, nicht überein. Auf den Text folgen wie bei Muratori und in den Hss. die Verzeichnisse Vicentiner Adelsfamilien. Das beste an dieser Ausgabe sind die Indices, die überhaupt in den Ausgaben dieser Sammlung gut und reich sind. O. H.-E.

232. Im Bull, de la comm. roy. d'hist. (de Belgique) 1906, p. 568 sqq. handelt H. Nelis über das Verhältnis der Chronik des E d m o n d De D y n t e r , Sekretärs Philipps des Guten von Burgund, zu der um 1430 entstandenen Portsetzung der Brabautsche Yeesten des Jean Boendale.

A. H.

233. Im Pasc. 72 der neuen Ausgabe von Muratoris SS. rerum Ital. ist die noch von dem Herausgeber, dem verstorbenen Giuseppe Mazzatinti verfasste Vorrede

Nachrichten. 605

zu den sogenannten Annales Forolivienses (t. XXII, p. 11; vgl. N. A. XXIX, 518, n. 25) und das von einem andern »Gelehrten bearbeitete Register erschienen, und damit ist die Ausgabe dieser Kompilation, die ja für das 13. Jh. nur dürftiger Auszug aus der Chronik des Pe- trus Cantinelli ist, beendet. Mazzatinti möchte in der Vor- rede eher Johannes als Jacobus de Moratinis von Forli für ihren Verfasser halten. O. H.-E.

234. Im Archiv f. d. Gesch. des Hochstifts Augs- burg I, 91 ff. bespricht A. Schröder 'Quellen zur Geschichte des Bischofs Friedrich von Zollern' (1486 1505), nämlich (S. 97 ff. zum ersten Mal gedruckte) 'Denkwürdig- keiten', die selbständig neben dem schon bekannten Tage- buch seines Hofkaplans stehen und dem mehrfach in ihnen genannten Sekretär der bischöflichen Kanzlei Andreas Drechsel (f 1491/92) zuzuweisen sind, und den Pane- giricus sowie die Threnodia des Wolfgangus Pontimontanus (Bruckberger), die 1504 bei Albert Küne in Memmingen im Druck erschienen. E. C.

235. Hermann D i e m a r hat sich ein grosses Ver- dienst erworben, indem er die Chroniken des Wigand Gerstenberg von Frankenberg , d. h. die Landes- chronik, die Eegententafel und die Stadtchronik von Fran- kenberg, für die Hist. Kommission für Hessen und Wal- deck herausgab. Für die Landes- und Stadtchronik lagen die von Wigand eigenhändig geschriebenen Originalhss. vor, nur für die kürzeren Partien, die auf verlorenen Blät- tern dieser Hss. standen, mussten andere herangezogen werden. Wir können hier den starken Band von 479 Seiten Text und 97 Seiten Einleitung nicht eingehend besprechen, wohl aber den Dank aussprechen für die mühselige und entsagungsvolle Arbeit, die hier geleistet ist, es ist nicht nur fleissige und sorgfältige, sondern auch tüchtige und umsichtige Arbeit gewesen. In der Einleitung hat er Leben und Schriften, Handschriften und Drucke eingehend, besonders ausführlich aber die Quellen Wigands und vor allem die verlorenen Quellen, besonders die beiden ver- lorenen hessischen behandelt. Ob freilich sein Erklärungs- versuch, dass Wigand nicht die Chronik des Johann Riedesel selbst ausgeschrieben habe, sondern dass diese nur in der anonymen hessischen Chronik benutzt und zitiert gewesen, Wigand also die Nachrichten Johanns nur durch diese erhalten hätte, zutrifft, muss ich dahingestellt sein lassen. Sicher ist, dass Wigands Berichte wegen seiner verlorenen

39*

606 Nachrichten.

Quellen schon für das 14. Jh. von Wert sind. Einen kleinen Nachtrag zur Quellenfrage gebe ich, indem ich bemerke, dass das Geschichtchen, das bei Saladins Tod erzählt wird (S. 145), wohl sicher aus Vinc. Bellovac. Spec. Hist. XXX, 54, der es aus Helinand entlehnt hat, stammt, da D. bemerkt, er wüsste nicht, wo es stehe. Freilich ist es in viele Chro- niken übergegangen. Auch handschriftliches und archi- valisches Material hat der Herausgeber zur Lösung der Quellenfragen und zur Lebensgeschichte Wigands heran- gezogen. Eine Urkunde von 1497 und ein Brief Wigands von 1517 sind der Ausgabe beigegeben, ferner 5 Licht- drucktafeln von Bildern aus den Originalhss. der Landes- und Stadtchronik. O. H.-E.

236. In seinem 'Essai d'une analyse des Commentarii sive Annales rerum Flandricarum (Annales Flandriae 1561) de Jacques de Mejere, I. partie: Examen des sources des Annales Flandriae', Gent 1908 (Univ. de Gand, Recueil de trauvaux publ. p. la Fac. de phil. et lettres 37) weist V. F r i s gegenüber der herrschenden Meinung nach, dass Meyere fast ausschliesslich aus auch uns bekannten Werken schöpft, dabei aber öfter beachtenswerte Lesarten aus ver- lorenen Hss. mitteilt, üngedruckt sind von seinen Quellen bisher die 'Cronike vom Viaenderen' im Ms. 437 der OefPentl. Bibl. zu Brügge (1336 90) und die Aufzeich- nungen im Ms. 433 der Univ. -Bibl. zu Gent (2. Hälfte des 15. Jh.); unbekannt oder verloren nur 3: ein libellus des Diakons Thomas von Bergues- St.-Winnoc über die Zerstö- rung seines Klosters 1383, 'Annales Hollandiae' aus der 1. Hälfte des 15. Jh. und eine Brügger Chronik derselben Zeit. A. H.

237. Die Abhandlung von R. de Urena 'Una edi- cion inedita de las leges Gothorum regum preparada por Diego y Antonio de Covarruvias en la segunda mitad del siglo XVI.' ('Discursos leidos ante la Real Academia de la Historia en la recepciön publica de Rafael de Urefia y Smenyand', Madrid 1909) erbringt den interessanten Nach- weis, dass in den codd. Matritenses 12 909 und 772 (früher Bibl. Nac. D 50; bei Zeumer V 17) eine von den Brüdern Covarruvias im 16. Jh. verfasste, aber nicht publizierte Edition der Leges Visigothorum enthalten ist. Die codd. Matrit. 12 924 (früher Ff. 103; bei Zeumer V 18) und 7656, dem 18. (nicht 16.) Jh. augehörig, bieten unvoll- ständige Abschriften des cod. 12 909. M. Kr.

Nachrichten. 607

238. Unter dem Titel 'Hodere, Kok, Hauding' wendet sich in den Bijdr. voor vaderl. geschied, en oudheidk. IV. E., D. VIII, 186 ff. W. L. Van Helten gegen die oben n. 63 erwähnten Aufstellungen von J. H. G o s s e s , der darauf ebd. S. 195 ff. entgegnet. A. H.

239. Den 'uuinileodi' des bekannten Kapitu- lares hat kürzlich Wilhelm U h 1 ein dickes Buch ge- widmet (Winiliod. Teutonia, Arbeiten zur germanischen Philologie, Bd. 5. Leipzig, Avenarius, 1909, VII u. 427 S.). Zwar nur einen Torso, jedoch einen aus Marmor schmeichelt er sich errichtet zu haben. Sein Bau hält aber, weil er auf lauter unbewiesenen oder willkürlichen Annahmen be- ruht, keiner Prüfung Stand. Unbewiesen ist die Behaup- tung, 'winiliod' könne nicht den Sinn von Liebeslied ge- habt haben , denn das mhd. , im Aussterben begriffene, daher meist nur noch in volkstümlicher Dichtung auf- tretende Masc. und Fem. 'wine' trage den Nebenbegriff des untergeordneten in sich, die Wiedergabe des Fem. durch 'Geliebte, Gattin' sei darum mindestens recht gewagt (S. 6. 8. 9. 15). Indessen überträgt der wenig ältere Notker ungescheut 'marita', 'coniux' mit 'uuinia' (Mart. Cap. 693, 21. 799, 11). Auch dass der 'geselle' während des ganzen Mittel- alters nur eine männliche Person bezeichnet habe (S. 73), widerlegt ein Blick in das Mhd. Wb. 2, 2, 30'"^. Um nun für 'winiliod' eine Grundbedeutung anderer Art zu kon- struieren, wird weiter willkürlich angenommen, in den Klöstern habe man sich für jedes dort betriebene Hand- werk eine besondere Gattung von Berufsliedern zu denken (S. 64). Ohne dass inzwischen auch nur der Schatten eines Beweises dafür beigebracht wäre, wird S. 66 fortgefahren: 'die Entstehung klösterlicher Berufslieder ist somit ge- sichert, oder doch mindestens sehr wahrscheinlich gemacht', und S. 72 geschlossen : 'jeder Stand hat seine Leiden und Freuden, jeder Stand ist aber auch verliebt. So kommt es, dass jedes Berufslied zumeist auch gleichzeitig ein Liebeslied darstellt . . . jeder Stand ist aber nicht nur verliebt, sondern auch durstig. Daher sind viele Berufs- lieder zugleich Trinklieder'. Beeinflusst von Büchers Schrift über Arbeit und Rhythmus gelangt auf diese Weise der Verf. dazu, 'winiliod' als gemeinsames Arbeitslied oder ge- meinsames Erwerbslied zu fassen (S. 105) und es dann von dem Verbum 'winnan' herzuleiten: über das einfache n setzt er sich S. 112 rasch mit den Worten hinweg: 'Könnte es nicht vielleicht doch nur ein Zufall sein, dass die Hss.

608 Nachrichten.

des Kapitulars und der Glossen stets übereinstimmend die Schreibung 'wini-' darbieten? Wer bürgt uns denn für die Einheitlichkeit der Karolinger Orthographie?' So besagt nun der einschlägige Passus des Kapitulares nach ühl (S. 96. 165) folgendes: 'und auf keine Weise sollen sie dort Winnelieder aufzuzeichnen oder etwa gar aufzuführen sich unterstehen. Und es ist Bericht zu erstatten über ihre Bleichsucht, damit durch den Aderlass Vorbeugungsmass- regeln dagegen getroffen werden können'. Alle Gattungen volkstümlicher Lyrik umfasst also das 'winiliod' : damit er- hält der Verf. Gelegenheit, den ganzen Inhalt seiner Zettel- kästen mit tausenden von Titeln über den bestürzten Leser auszuschütten. Diese Sammlungen mögen ihn nahezu 15 Jahre (S. 424) beschäftigt haben; das Buch selbst aber ist so rasch hingeschrieben worden, dass mitunter der folgende Bogen dem vorangehenden widerspricht. S. 288 wird das Wort 'Lied' mit Ivco in Zusammenhang gebracht und dazu bemerkt : 'ich vermag augenblicklich nicht zu übersehen, ob und wo dieser Deutungsversuch bereits aus- gesprochen ist'. S. 299 dagegen zeigt sich, dass Kögel längst die gleiche Vermutung gehegt hatte. S. 60 heisst es, im 4. Bande meiner Glossensammlung scheine 'winiliod' nicht vorzukommen (in den von ihm genannten Registern durfte freilich Uhl es nicht suchen), während S. 297, aller- dings vermittelt durch ein Buch Linnigs, mehrere Belege beigebracht werden. Ueberhaupt weiss der Verf. mit Glossen wenig Bescheid, sonst wäre nicht S. 297 dem aus Graff entnommenen 'huorwini scenicus' die Note beigesetzt wor- den : 'wie kommt der Schauspieler (denn das ist doch wohl 'scenicus') in diese Rolle? Sollte hier an den Lustknaben zu denken sein?' 'Cenicos' nicht 'scenicos' steht überall in den Salomonischen Glossen (Ahd. GH. 4, 46, 7. 135, 21. 169, 11); diese haben es den Aldhelmglossen (2, 22, 43) entlehnt. Dort ist es allerdings aus 'cenitos' = 'ciuaedos entstellt, aber der Glossator leitete 'cenicos' von 'caenum' ab und übersetzte wörtlich 'hurwine', zu 'horo' (Kot) ge- hörig. Das Wort hat also mit 'wine' nichts zu schaffen.

E. St.

240. Ein Aufsatz aus dem Nachlass von J. Kelle unternimmt eine neue Deutung des oft behandelten c. 19 im Edictum legationis v. J. 789 (MG. Capitularia I, 63): 'winileodos' erklärt er als 'plebei psalmi', Hymnen, deren Singen und Verbreiten den Nonnen verboten worden sei, und die Worte : 'de pallore earum' (d. h. der Kloster-

Nachrichten. 609

frauen) 'propter sanguinis minuationem' versteht er als Ankündigung eines Verbots, das mit dem Aderlassen seitens der Nonnen sich befasst habe (SB. der kaiserl. Akad. der Wiss. in Wien, Philos.-histor. Klasse CLXI, Abt. 9); vgl. N. A. XXXIII, 570, n. 213 (Jostes). A. W.

241. Nur ganz kurz kann an dieser Stelle auf E. Mayer, Italienische Verfassungsgeschichte von der Gothenzeit bis zur Zunftherrschaft I. II (Leipzig, Deichert 1909) hingewiesen werden. Wie frühere Werke des Verf. ist auch dies durch umfassende Kenntnis der Quellen ausgezeichnet, aber auch hier erheben sich gegen die Interpretation und Verwertung derselben vielfach schwere Bedenken. Wenn man sich dem Verf. also auch nicht unbedenklich als Führer anvertrauen darf, so ist doch eine grosse Zusammenfassung gerade auf diesem so zersplitterten Gebiet mit Dank und Freude zu begrüssen. E. C.

242. In der Revue des etudes juives L (1905), p. LXXXI CXI handelte Th. Rein ach über Ago- ,bards Stellung zu den Juden. Ebenda LV (1908), 1—36. 221—243. LVIII (1909). 75 105 veröffentlicht J. Regne Studien über die Lage der Juden in N a r b o n n e vom 5. 14. Jh. In den bisher vorliegenden Kapiteln behandelt er die Konziliengesetzgebung der Westgothenzeit über die Juden, die Karolingerherrschaft, darunter besonders vier Urkunden Karls des Einfältigen, und die Beziehungen der Vizegrafen zu ihrer Judenschaft in der Kapetingischen Zeit.

E. M.

243. K. G. Hugelmann behandelt im ersten Teil seiner Arbeit 'Die deutsche Königswahl im Corpus iuris canonici' (Gierkes Untersuchungen 98) die im Corpus iuris canonici und der Glosse niedergelegten Anschauungen, im zweiten untersucht er den tatsächlichen Einliuss des kanoni- schen Rechts auf die Gestaltung der deutschen Königswahl, wobei er besonders auf die electio comniunis, die Ent- stehung des Kurfürstenkollegs, das Majoritätsprinzip und die unitas actus eingeht. Ich bedauere, dass der Verf. ausser der Glosse nicht auch andere kanonistische Quellen herangezogen hat; so hätte der Kommentar Innocenz' IV. über die Dekretale 'Venerabilem' eingehende Berücksichti- gung verdient. Den Ergebnissen H's. kann ich im wesent- lichen nicht zustimmen (einem früheren Aufsatze H's. bin ich bereits in dieser Zeitschrift XXXII, 762 entgegen- getreten). Wenn er meint, Innocenz III. habe in der ge- nannten Dekretale zwischen 'regnum' und 'Imperium' keinen

610 Nachri chten .

Unterschied gemacht, so widerspricht dem schon der vor- letzte Satz dieses Stückes selber. Hier befiehlt der Papst dem Adressaten, dem Herzog von Zähringen, sich von Phi- lipp völlig loszumachen ohne Rücksicht auf einen ihm 'ratione regni' geleisteten Treueid. Denn, da Philipp 'quantum ad obtinendum inij)erium' als unwürdig ver- worfen ist, darf ihm in keiner Beziehung ein Eid gehalten werden. Die Approbation des Papstes betrifft also die deutsche Königswahl nur insofern, als sie zugleich eine Wahl zum römischen Kaiser ist. Das Imperium ist dem Papste direkt, das Pegnum nur indirekt, 'ratione peccati', unterworfen. Auch kann ich mich H's. These, lunocenz habe in der Dekretale bereits ein ausschliessliches, nicht nur bevorzugtes Wahlrecht einzelner Fürsten statuiert und damit die Herausbildung eines engeren Wählerkreises zweifellos befördert (S. 67 ff. 168 f. 177), nicht anschliessen, da mir hier ein Missverständnis H's. vorzuliegen scheint. Hinsichtlich der Ausführungen des zweiten Teiles kann ich in der Hauptsache auf meine in den 'Historischen Auf- sätzen Karl Zeumer zum 60. Geburtstag als Festgabe dar- gebracht' (Weimar 1910) S. 349 ff. erschienene Abhandlung 'Kurrecht und Erzkanzleramt im 13. Jh.' verweisen. Er- gänzend möchte ich dazu bemerken, dass mir jetzt auf Grund des von H. selbst (S. 150, N. 3) angeführten Mate- rials die Funktion eines einzigen Elektors bei den Königswahlen vor 1198 nur als ein exzeptionell, nämlich bei Designationen, angewandter Brauch erscheint. Daher erklärt sich auch sein Auftreten im Jahre 1220. Ganz unabhängig davon ist die im Jahre 1257 vollzogene Re- zeption der kanonistischen 'electio per unum'. Keinesfalls kann man, wie H. es tut, unter Hinweis auf jenen Brauch die Lehren von Bresslau und v. Wretschko über den Einfluss kanonischen Rechts auf die Königswahl bekämpfen.

M. Kr.

244. Unter dem Titel 'Qu' est-ce qu'un homme lige?' handelt im Bull, de la classe des lettres de TAcad. Roy. de Belgique 1909, p. 46 sqq. H. Pirenne über die ursprüng- liche Bedeutung dieses Wortes. Nach ihm wurden als "homines ligii' ursprünglich unfreie Leute bezeichnet, und zwar im besondern in Flandern diejenige Gruppe, die in Deutschland als die der 'ministeriales' bekannt ist.

A. H.

245. M. C o n r a t handelt in eingehender Unter- suchung über einen 'Arbor iuris des früheren Mittel-

Nachrichten. 611

alters mit eigenartiger Komputation', den der Cod. Vatic. Lat. 1352 s. XI., auf fol. 62 eingeschoben, enthält (Aus dem Anhang zu den Abhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften vom Jahre 1909). E. P.

246. Im Archivio storico per le prov. Napol. XXXIV, 432 sqq. beginnt A. de Francesco unter dem Titel 'Ori- gini e svilupjDO del feudalismo nel M o 1 i s e 703 1071' eine ausführliche verfassungs- und wirtschafts- geschichtliche Studie, für die ihm zunächst die Urkunden und Nachrichten des Chronicon Yulturnense das Material liefern. E. C.

247. Die Frage : Ist der Sachsenspiegel ur- sprünglich in lateinischer Sprache verfasst ? erörtert F. Philipp! im 3. Heft des XXX. Bandes der Mit- teilungen des Instituts für Oesterr. Geschichtsforschung S. 401 411 und kommt zu dem Ergebnis, dass diese Frage zu verneinen sei. Richtig ist, dass der ursprüng- liche lateinische Text nicht erhalten ist, und ebenso, dass der deutsche Text keine Spuren der lateinischen Vorlage erkennen lässt, sondern durchaus den Eindruck eines deutschen Originalwerkes macht. Dem gegenüber aber steht die bestimmte Aussage des Verfassers des Eechts- buches in den berühmten Sätzen der gereimten Vorrede: 'Nu danket al gemeine | Dem von Valkensteine, | Der greve Hoyer ist genant, | Daz an diütisch is gewant | Diz buch. Durch sine bete | Ejke von Repgowe iz tete. | üngerne er'z aber an quam. \ Do er aber vornam So groz dar zu des herren gere, | Do ne hatte her keine were : | Des herren liebe in gare verwan, | Daz her des buches began. | Des ime was vil ungedacht, | Do her'z an latin hatte gebracht | Ane helphe und ane lere : ] Do ducht in daz zu svere, | Daz er'z an dütisch wante. | Zu lest er doch genante 1 Des arbeites unde tete | Greven Hojeres bete'.

Dieser Text ist völlig klar und keineswegs, wie Phi- lippi meint , widerspruchsvoll ; wenn man ihn nur so ver- steht, vfie er verstanden werden muss und bisher auch stets verstanden worden ist. Mit aller Deutlichkeit und starkem Nachdruck sagt Eike, dass es ihm schwer ge- worden sei, das ursprünglich lateinisch verfasste Werk ins Deutsche zu übertragen. Mit Unrecht bestreitet der Verf., dass der zweimal gebrauchte Ausdruck 'an dütisch wenden' auf eine Uebersetzung zu beziehen sei und dass die Wen- dung 'daz her des buches began' sich auf die deutsche Bearbeitung beziehen könne, wenn eine lateinische bereits

612 Nachrichten.

vorhanden gewesen wäre. Zur Heilung der vermeintlichen Verderbnis des Textes will Philippi nun emendieren: 'Des ime was vil ungedacht, Daz her'z an latin hatte gebracht Ane helphe und ane lere : Do ducht in daz zu svere. D o er'z an dütisch wante, Zu lest er doch genante Des arbeites . . .'. Dieser Text scheint mir sehr viel schlechter zu sein als der überlieferte ! Wie schleppt der Satz 'Do ducht in daz zu svere' nach ! und das 'doch' bleibt ganz ohne Be- ziehung. Methodisch aber dürfte es überhaupt unzulässig sein, an einen so vielfach und sicher überlieferten Text sich mit blosser Konjekturalkritik heranzuwagen. Wir müssen daran festhalten : Der Wortlaut steht fest. Der Sinn ist unzweifelhaft , und wir müssen uns damit ab- finden. Ist denn aber die Annahme, dass Eike ursprüng- lich einen lateinischen Text verfasst hatte, so ganz un- wahrscheinlich? Gewiss merkt man dem deutschen Texte die üebersetzung aus dem Lateinischen nicht an. Und doch liegt in dem umfangreichen Teile von II , 66 bis III, 3 unzweifelhaft die Bearbeitung eines lateinischen Landfriedenstextes vor. Wenn aber Philippi es für so sehr unwahrscheinlich hält, dass damals ein junger vor- nehmer Laie in Sachsen die lateinische Sprache erlernt habe, so muss man ja doch auch bei seiner Emendation und Interpretation annehmen, dass Eike so viel Latein verstanden haben müsste, um auf den Gedanken kommen zu können, sein Buch lateinisch abzufassen. Ich gedenke, auf den Gegenstand noch an anderem Orte zurückzu- kommen. K. Z.

248. F. Kern, Die Bestechung K. Adolfs von Nassau (= Analekten zur Geschichte des 13. und U. Jh. II), Mitt. des Inst. f. Oesterr. Gesch. XXX, 423 443, führt den überzeugenden Nachweis, dass Adolf in der Tat durch französisches Geld von seinem Bündnis mit England abgebracht worden ist. Hauptstütze des Beweises ist die erst von Schwalra in ihrer vollen Bedeutung er- kannte Denkschrift des Musciatto Eranzesi von ca. 1298 (Const. III, n. 645), welche, allerdings in etwas versteckter Form, die gezahlten Bestechungssummen angibt. Daneben sind die Nachrichten der Chronique Normande und ihrer Ableitungen, denen in diesem Zusammenhange eine höhere Bedeutung zukommt, als man bisher annehmen wollte, geschickt verwertet. R. S.

249. In Folge eines unliebsamen Versehens ist eine vor längerer Zeit erschienene wichtisre Arbeit bisher in

Nachrichten. 613

unseren Nachrichten noch nicht besprochen worden. In den 'Quellen und Forschungen heraus^, vom Preuss. hist. Institut' IX (1906), 316—378 hat H. Otto die Eide und Privilegien Heinrichs VII. und Karls IV. für die römische Kirche im Zusammenhang untersucht und dem bisher bekannten Material eine Reihe -wichtiger Inedita hinzugefügt. Zur Geschichte der Krönung Heinrichs VII. steuert Otto ein von ihm gefundenes Schreiben Papst Clemens' V. bei (Anh. n. 1; wiederholt MG. Const. IV, n. 810); das von Schwalm aufgefundene im Okt. 1310 ent- standene Memoriale des Papstes über Rudolfs Krönung (jetzt Const. IV, n. 455) ist eingehend gewürdigt. Sämt- liche im ersten Teil der Arbeit besprochenen Aktenstücke sind jetzt in Const. IV. publiziert (vgl. besonders n. 796 £E.). Die zahlreichen Inedita zur Geschichte Karls IV. können hier einzeln nicht aufgeführt werden ; als die wichtigsten seien die Instrumente über die Approbation Karls und über die von seinen Prokuratoren im Nov. 1346 geleisteten Eide genannt. Karl hat seine am 22. April 1346 ausofefertigten Promissionen für die römische Kirche im Laufe der nächsten Jahre nicht weniger als dreimal wieder- holen müssen. Das komplizierte Verhältnis der darüber ausgestellten zahlreichen Urkunden hat Otto zum ersten Male richtig dargestellt; nur hätte S. 331 auf das Mandat vom 4. Dez. 1346 verwiesen werden müssen, durch welches Geraldus de Magnaco die Vollmacht zur Entgegennahme der Eide Karls erhielt (Theiner II, 174, n. 170; künftig Const. VIII, n. 149). Pur die Eegesten Karls gibt die Arbeit einige Berichtigungen : B.-H. 314 und 333 (letzteres der berüchtigte Brief, durch den Karl seinen Königstitel als abhängig vom römischen Stuhle anerkannt haben soll) sind ganz zu streichen; B.-H. 775 scheint mit 774 identisch zu sein. R. S.

250. Der umfangreiche Aufsatz von W. Stechele 'England und der Niederrhein bei Beginn der Regierung König Eduards III. (1327—1337)' (Westdeutsche Zeitschrift XXVII, 98—151. 441—473) gibt eine gewandt geschriebene, auf sorgfältiger Benutzung des weit ver- streuten Quellenmaterials aufgebaute Darstellung der Ent- stehung des englisch -deutschen Bündnisses gegen Philipp VI. Der Verf. beschränkt sich nicht auf eine Schilderung der Beziehungen Eduards zu den niederrheinischen Fürsten; auch die Verhandlungen mit den Habsburgern und mit Ludwig dem Bayern, die Ernennung Eduards zum Reichs-

614 Nachrichten.

vikar erfahren die gebührende Berücksichtigung. Leider hat sich über den interessanten, aber nur durch dürftige Andeutungen der Quellen bekannten Plan, dem englischen Könige bei Ludwigs Lebzeiten das römische Königtum zu übertragen, näheres nicht ermitteln lassen (S. 446). Recht gut ist der Gedanke, das bekannte Schreiben Benedikts XII. von 1337 Nov. 6, durch das Philipp vor der Gefahr des englisch -deutschen Bündnisses gewarnt werden sollte, auf Informationen zurückzuführen, die der Papst durch Walram von Köln erhielt (S. 463). Von den Beilagen ist nament- lich n. II beachtenswert, die in Tabellenform veranschau- licht, welche Kosten England für die Gewinnung deutscher Verbündeter aufwandte. Eine Fortsetzung der wertvollen Arbeit bis zur Widerrufung des Vikariats (1341) ist sehr zu wünschen. R. S.

251. Der Aufsatz von E. Bourquelot über Jo- hann von Jan dun (1280? 1328), seinen Geburtsort, seine Werke, den 'Defensor pacis', seine Beziehungen zu Ludwig dem Bayern und seinen Tod, in der Revue bist. Ardennaise XV (1908), 233 250, beruht im Wesentlichen auf N. Valois' Arbeit (vgl. N. A. XXXIV, 259, n. 81).

E. M.

252. F. Vigener, Kaiser Karl IV. und der Mainzer Bistumsstreit (1373 1378) (Westdeutsche Zeitschr. Erg. -H. 14, 1908) schildert in geschmackvoller und gründlicher Darstellung den reichsgeschichtlich höchst wichtigen Kampf Adolfs von Nassau und Ludwigs von Meissen um den Mainzer Stuhl. Von besonderem all- gemeinem Interesse ist die Vertiefung und Verfeinerung, die das politische Charakterbild Karls IV. durch V's. Aus- führungen gewinnt. Ob V's. Auffassung der Wahl Wenzels (S. 97) der von Zeumer (Goldene Bulle S. 195 f.) ver- tretenen Anschauung gegenüber zu halten ist, erscheint mir fraglich. Auf weitere Einzelheiten der Arbeit, für die die noch unveröffentlichten Materialien zu dem von V. be- arbeiteten 2. Bande der neuen Mainzer Regesten ausgiebig benutzt sind, kann hier nicht eingegangen werden. 5 Ur- kunden, darunter 3 Gregors XL, eine Karls IV. sind bei- gegeben. R. S.

253. 'Die rechtliche Lage der Juden im Rhein- land während des 14. Jh. im Hinblick auf das kirchliche Zinsverbot' behandelt A. K o b e r in der Westdeutschen Zeitschrift XXVIII (1909), 243—269. Ein 1321—24 gegen einen Baseler Juden geführter Prozess, dessen Akten im

Nachrichten . 615

Anhang des Aufsatzes ediert sind, zeigt in typischer Weise die Ausführung der von Johann XXII. gegen das Zins- nehmen der Juden erlassenen Verordnungen. Ein zweiter Anhang bringt einige Auszüge avis Kölner Schreinsbüchern.

E. S.

254. Den zwei ersten Bänden der ausgezeichneten Ausgabe der niederösterreichischen Weis- t ü m e r von G. W i n t e r ist nunmehr der dritte gefolgt (Wien und Leipzig 1909). Er enthält das Quellenmaterial für das Viertel ob dem Wienerwald. Zur Hälfte gehört es dem 15. Jh. an, nur selten gehen die Aufzeichnungen bis ins 14. Jh. zurück. Der vierte Bd., dessen Erscheinen in absehbarer Zeit zu gewärtigen ist, soll die Publikation zum Abschluss bringen. H. H.

255. Otto Oppermann vollzieht in seinen be- achtenswerten 'Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Stift Utrecht' (Westdeutsche Zeitschrift f. Gesch. u. Kunst XXVII, 185 263. XXVIII, 155 243) eine scharfe Scheidung zwischen fränkischer und sächsischer Eeichsverwaltung und sucht hieraus die Gegensätze des Verfassungslebens in Utrecht zu erklären. Im Einzelnen kann hier auf die Ergebnisse dieser Arbeit nicht ein- gegangen werden. Hervorheben möchte ich nur, dass Verf. S. 251 im Anschluss an die von mir gegebene Bewertung der Textesformen der Lex Salica mit Eecht betont, dass in den ersten vier Paragraphen des Titels 'de alodis' nicht vom Mobiliarvermögen, sondern, im Gegensatz zu dem in letzten Paragraphen behandelten Salgut , vom allodialen bäuerlichen Grundbesitz die Eede ist, 'alodis' hier also nicht Fahrhabe bedeuten kann. Ferner ist zu bemerken, dass O. (S. 202) das Diplom Heinrichs V. von 1122 = St. 3179 und in einem besonderen Exkurs (XXVIII, 233 ff.) das Diplom Heinrichs IV. vom 2. Mai 1064 = St. 2645 als Fälschungen zu erweisen sucht. Vier Urkunden des Stadtarchivs aus dem 13. Jh. sind dem Exkurse angehängt. Der Schluss der bis gegen Ende des 13. Jh. geführten Untersuchungen steht noch aus. M. Kr.

256. In den Münsterschen Beiträgen zur Geschichts- forschung N. F. XVIII handelt B. Frie über die Ent- wickelung der Landeshoheit der Minden er Bischöfe (Münster 1909). Da es den Bischöfen nicht gelang, in grösserem Umfange Frei- und Gografschaften zu erwerben und sie den Einfluss konkurrierender Gewalten in ihrem Sprengel nicht unterdrücken konnten, hat das

616 Nachrichten.

Fürstentum niemals dieselbe Ausdehnung und Bedeutung wie andere westdeutsche Hochstifter erlang-t. Späterhin vermochte es sich nur durch seine engen Beziehungen zu Braunschweig zu halten. Dagegen war, wie die in der gleichen Sammlung als Heft XXII erschienene Arbeit von J. T i g g e s über di6 Entwickelung der Landeshoheit der Grafen von Arnsberg dartut, die regsame Tätigkeit dieser Grafen, ihr Gebiet entgegen den Bestrebungen der Kölner Erzbischöfe, die ihre westfälische Herzogsgewalt geltend zu machen suchten, in ein abgeschlossenes Terri- torium zu verwandeln, vielfach vom Erfolg gekrönt, bis im Jahre 1368 der letzte Graf seinen Besitz an das Erzstift verkaufte. Ueber die staatsrechtliche Natur der Grafschaft sind jetzt noch die beachtenswerten Ausführungen von H. C. Kaiisch in den Historischen Aufsätzen Karl Zeumer zum sechzigsten Geburtstag dargebracht (Weimar 1910), S. 604, N. 3 zu vergleichen. M. Kr.

257. Den Beschluss der eindringenden Untersuchung von E. E, i e h m e über 'Markgraf, Burggraf und Hochstift M e i s s e n ' (Mitteilungen des Vereins f. Gesch. d. Stadt Meissen VII, 429—483; vgl. N. A. XXXIII, 573 f., n. 221) bilden Ausführungen über das Verhältnis des Markgrafen zum Hochstift Meissen, das trotz seiner Reichsunmittelbar- keit und trotz vielfacher Privilegierung und mancher Er- folge im einzelnen nicht zur vollen Landeshoheit durch- dringen konnte, sondern gleich dem Burggrafenamt in wesentlichen Beziehungen dem Markgrafen untergeordnet blieb. M. Kr.

258. Die eingehenden Darlegungen über die Berg- regalitäts - Rechte der Breslauer Fürstbischöfe über die Goldbergwerke bei Zuckmantel von B. König in der Zeitschrift für Geschichte und Kulturgeschichte Oesterreichisch- Schlesiens, IV. Jahrg., S. 57 ff. führen das Thema bis in das 18. Jh., greifen aber auch zurück auf die Verhältnisse seit der zweiten Hälfte des 13. Jh. Das Zuckmantier Gebiet mit der Feste Edelstein kam 1477 durch Kauf von dem Hz. Heinrich d. A. von Münsterberg an B. Rudolf von Breslau, wurde dem Fürstentum Grottkau- Neisse einverleibt, die herzoglichen Hoheitsrechte übten, die Fürstbischöfe aus. B. B.

259. Im 14. Heft der Prager Studien aus dem Ge- biete der Geschichtswissenschaft (1909), herausg. von H. Bachmann und Werunsky, behandelt Dr. F. B 1 o eh

Nachrichten. 617

die Eutwickelung des Königlichen Heim fallsrechtes im böhmisch -mährischen Landrecht, zurückgreifend bis in die Mitte des 12. Jh. oder Ende desselben, denn die an erster Stelle angeführte Urkunde von 1142 (bzw. 1142 1148) war m. E. nicht einzubeziehen. Die Erwähnung des Herzogs bei dieser Schenkung an Kloster Sedletz erklärt sich nicht aus dessen vermeintlichem Heimfallsrecht, sondern weil es sich um ein Kloster handelt. B. B.

260. R. F. K a i n d 1 s 'Studien zur Geschichte des deutschen Rechts in Ungarn und dessen Neben- ländern' (Archiv f. Oest. Gesch. XCVIII, 387—470) be- handeln zunächst den Einfluss des süddeutschen (öster- reichischen) Stadtrechts, neben dem auch, durch schlesische Ansiedler vermittelt, besonders im Norden magdeburgisches Recht sich geltend macht, das aber später, seit dem 14. Jh., von dem süddeutschen Rechte verdrängt wird. Auch der Einfluss deutschen Landrechts, sächsischer und schwäbischer Herkunft, ist ersichtlich, und ebenso drang zugleich mit der Niederlassung deutscher Ritter auch deutsches Lehenrecht in Ungarn ein. Im Besonderen be- handelt K. dann noch 'Wallfahrten nach Rom und Aachen als gerichtliche Sühne nach deutschem Stadtrechte in Ungarn'. Eine wertvolle Beigabe zu seinem Aufsatz bildet eine Reihe meist ungedruckter deutscher Urkunden s. XV. und XVI. aus der Walachei und Moldau (vornehmlich aus dem Bistritzer Stadtarchiv), die von der Bedeutung deutschen Rechts und deutscher Kultur auch in diesen Landen Zeugnis ablegen. M. Kr.

261. In der Festschrift zum 50jährigen Jubiläum der historischen Gesellschaft des Kantons Aargau (= Aar- govia Bd. XXXIII) handelt l) Walter Merz über 'Bürger- recht und Hausbesitz in den argauischen Städten' (S. 1 15); 5) in der Abhandlung: 'Der Argau nach dem Habs- burgischen Urbar' (S. 115 177) kommt Hans N ab holz zu dem Schluss, 'dass die Wurzeln der Landeshoheit in den öffentlich rechtlichen Befugnissen des Grafenamtes und nicht in der Grundherrschaft zu suchen sind'. 8) Für das mittelalterliche Windisch ergeben sich einzelne Notizen in der sehr reich illustrierten Arbeit von Samuel H e u - b e r g e r : Aus der Baugeschichte Vindonissas und vom Verlauf ihrer Erforschung (S. 263—367). J. W.

262. Im 2. und 3. Heft des XVII. Bandes (1907) der Revue Bourguignonne gibt E. Champeaux die Ver-

618 Nachrichten.

Ordnungen der Herzoge von B u r g u n d über die Justizverwaltung des Herzogtums heraus. Sie sind erlassen von den Herzogen Philipp dem Kühnen, Johann ohne Furcht, Philipp dem Guten und Karl dem Kühnen und entstammen der Zeit von 1370 1474; den Anhang bildet eine König Ludwigs XI. v. J. 1481. Der über 300 Seiten umfassenden Ausgabe geht eine noch längere Darstellung über die Entstehung und Entwickelung des burgundischen Parlamentes vom 11. bis 15. Jh. voran und folgt ein alphabetisches Register. E. M.

263. Die Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark XVII, 354—358 (1909) bringen in einer Mitteilung von K. Rubel, 'Die Westhofener Reichsleute' zwei Urkunden von 1337 und 1352 über die Rechtsverhältnisse der Reichsleute. E. P.

264. Zwei Aufsätze, der eine von P. B ä d e k e r : 'Richter und Gericht im alten D o r t m u n d ', der andere von A. M e i n i n g h a u s : 'Die Dortmunder Stadt- richterlinie', sind in den Beiträgen zur Geschichte Dort- munds und der Grafschaft Mark XVII, 217—276 und 277 —319 (1909) enthalten. E. P.

265. Als nützliche Arbeit notieren wir die Münsterer Dissertation (1909) von Hermann Nottarp: Die Ver- mögensverwaltung des münsterischen Domkapitels im Mittelalter, die auch in der (Westfäl.) Zeitschrift f. vaterl. Gesch. u. Altertumsk. LXVII, Abt. 1 erscheint.

O. HE.

266. In der von der Badischen histor. Kommission herausgegebenen Sammlung der Oberrheinischen Stadtrechte enthält das 8. Heft der I. Abt. (Frän- kische Rechte), bearbeitet von Carl Koehne, das für die Würzburgische Stadt Grünsfeld und die Mainzischeu Städte Neidenau und Osterburken vorhandene Material, nur von der letztgenannten ein eigentliches Stadtrecht aus der zweiten Hälfte des 15. Jh., sonst werden von den Landes- herren verliehene Stadtordnungen, Urkunden über einzelne Rechtsverhältnisse, Ratsverordnungen gegeben, für Grüns- feld von 1441, für Osterburken von (1401) 1409 an, für Neidenau beginnt das Material erst mit dem J. 1530.

O. H.-E.

267. In der Zeitschr. des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg III. Folge, 52. Heft, 1 ff. bespricht und publiziert F. Kogler die älteren Stadtrechtsquellen

Nachrichten. 619

von Kitzbühel. Die älteste Verleihung, durch die Herzog Ludwig II. von Oberbayern den Ort mit dem Stadtrecht von München bewidmet, gehört in das Jahr 1271, ausführliche Sa^tzungen der Bürger sind aus den Jahren 1353 und 1354 erhalten. H. H.

268. In dem Anhange zu seinem Aufsatz 'Zur Ge- schichte der rheinischen Pfalzgrafschaft VI. Die pfalz- gräflichen Gerechtsame in Zülpich bis zum 19. Jh.' (West- deutsche Zeitschrift f. Gesch. u. Kunst XXVIII, 270 ff.) behandelt H. Schwarz die Entstehungszeit der sieben Weistümer von Zülpich und Mersburden , ins- besondere Entstehung und Bedeutung des alten Zülpicher Schöffenweistums, das z. T. noch der ersten Hälfte des 13. Jh. zuzuweisen ist. Das gleiche gilt von dem Zülpicher Marktrecht, während die übrigen Satzungen dem 14. und 15. Jh. angehören. M. Kr.

269. In dem bereits 1905 in Lille und Paris er- schienenen Buche 'La hierarchie episcopale, pro- vinces, metropolitains, primats en Gaule et Germanie 742 882 (Mem. et trav. publ. par des professeurs des facultes cathol. de Lille I, 8^ XV u. 350 S.) schildert E. Lesne die Wiederherstellung der erzbischöflichen Verfassung durch die Reformen des Bonifatius und Pippins, die Zu- stände unter Karl dem Grossen und Ludwig dem Frommen, ferner Hinkmars Wirken als Vorkämpfers der Metro- politanrechte , den Widerstand der Suffragane und die Entstehung der falschen Dekretalen, deren Urheber er in Ebos Klerikern erblickt ; in einem Anhange sucht auch er nachzuweisen , dass Hinkmars Capitula presbyteris data vom 1. Nov. 852 Pseudoisidor bereits benutzen. Ein ausführliches Register ist beigegeben. E. M.

270. Eine Arbeit von A. Grein acher behandelt 'Die Anschauungen des Papstes Nikolaus I. über das Verhältnis von Staat und Kirche' (Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte herausg. von G. von Below, H. Finke, F. Meinecke, Heft 10). Die für die Darstellung belangreichen Quellenzeugnisse sind darin sorgsam zusammengetragen. E. P.

271. Im Archiv für katholisches Kirchenrecht LXXXIX, 606—611 (1909) handelt G i 1 1 m a n n über 'Die simonistische Papstwahl nach Huguccio'. E. P.

272. Die Instructiones et constitutiones des Kano- nisten und Bischofs von Mende Wilhelm Durand

Neues Archiv etc. XXXV. 4.Q

620 Nachrichten.

Speculator, eine zwischen 1292 und 1296 verfasste Samm- lung von Verordnungen und Ratschlägen für den Diözesan- klerus, waren bisher nur durch einen Frühdruck überliefert. Jetzt hat J. Berthele in dem Dorf Cessenon (Departe- ment Herault) eine vom Verfasser eigenhändig überarbeitete Hs. gefunden. In den Mem. de la section des lettres de l'acad. de Montpellier, 2. serie, III (1900—1907) 1—148 hat er eine Ausgabe veranstaltet und ihr vier Seiten der fls. in Abbildungen beigegeben. E. M.

273. üeber die Publikation der im Armutsstreit 1323 ergangenen Extravagante Johanns XXII. 'Cum inter nonnullos' handelt E. G ö 1 1 e r in der Römischen Quartal- schrift XXII (1908), Gesch. S. 143—147. R. S.

274. Aus der Schule von Aloys Schulte ist die Untersuchung von Wilhelm Feister über Stand und Herkunft der Bischöfe der Kölner Kirchenprovinz im Mittelalter hervorgegangen (Weimar 1909, 109 S., ein Teildruck als Bonner Dissertation). Die steigende Be- deutung des Hochadels und der mit dem Wormser Kon- kordat einsetzende Sieg der Territorialität sind überzeugend nachgewiesen. 'Es gibt kaum ein westfälisches Grafen- geschlecht, das im 12. und 13. Jh. nicht einen seiner Söhne auf dem Stuhle eines der sächsischen Bistümer ge- sehen hat' (S. 102). Der Schwabe Benno II. von Osnabrück war innerhalb dieser Kirchen pro vinz wohl der letzte Bischof von unfreier, ministerieller Herkunft. M. T.

275. Unter Bezugnahme auf die von A. Schulte ge- gebenen Anregungen handelt H. v. B r u i n i n g k in den SB. der Gesellschaft f. Gesch. u. Altertumsk. der Ostsee- provinzen Russlands a. d. J. 1908 S. 72 90 über 'Die Geburtsstands Verhältnisse in den livländischen Do-m- kapiteln und Klöstern'. M. Kr.

276. Einem Aufsatz in der Walhalla V, 81 154 über Otto von Lonsdorf, Bischof von Passau (1254 1265), über den er schon eine 1903 erschienene Monographie ge- schrieben hat, zu der hier Berichtigungen und Ergänzungen gegeben werden sollten, hat Ulrich S c h m i d folgende Beilagen beigegeben : I. Aufzeichnung über das Recht der Ministerialen der Passauer Kirche von 1256, die in den Monumenta Boica herausgegeben war. II. Die von Preger früher edierten , kulturhistorisch sehr interessanten Auf- zeichnungen über kirchliche Missbräuche. III. und IV. Kirchliche Statuten der Bischöfe Otto und Wichard von

Nachrichten. 621

Passau. Aber diese Ausgaben sind zum grössten Teil ganz unzulänglich, nicht nur durch massenhafte Druckfehler entstellt. O. H.-E.

277. Max Brennich stellt in der Greifs walder Dissertation Yon 1908 'Die Besetzung der Reich sab teien in den Jahren 1138 1209' im ersten Teil in chronologi- scher Eeihenfolge zusammen, was wir über die Wahlen und Investituren von Aebten und Aebtissinnen in den ein- zelnen Klöstern wissen. Mehr hätte es sich wohl empfohlen, die Wahlen in jedem einzelnen Kloster zusammen zu be- handeln, man hätte dann besser überblicken können, wie es in jeder einzelnen Abtei dabei in der Zeit zugegangen sei. Im zweiten Teil zieht er dann aus den festgestellten Einzelfällen seine Schlüsse darüber, wie es bei den Wahlen, der Bestätigung, Investitur und Weihe hergegangen sei. Man kann nicht sagen, dass sich dabei viel allgemein gül- tiges ergibt, manches bleibt hypothetisch. Im Schluss- kapitel wird die Einflussnahme der staufischen Herrscher und Ottos IV. zu den Bischofs- und Abtwahlen sehr kurz und doch auch recht dürftig, namentlich was Heinrich VI., Philipp und Otto anbetrifft, erörtert. 0. H.-E.

278. In gutgeschriebener und aufschlussreicher Einzel- untersuchung behandelt die Göttinger Dissertation von L. Arbusow 'Die Beziehungen des Deutschen Ordens zum Ablasshandel seit dem 15. Jh.' (Riga, 1909, 112 S.). M. T.

270. Aus Anlass der 500- Jahrfeier des am 18. Januar 1409 erschienenen Dekrets von Kuttenberg, durch welches König Wenzel IV. der tschechischen Nation bei der Prager Universität bei allen Wahlen und Rechtshand- lungen drei Stimmen zuspricht, ist (in tschechischer Sprache) eine kleine Sammelschrift von Vorträgen und Aufsätzen von vier Professoren der Prager tschechischen Universität erschienen u. d. T. 'Das Kuttenberger Dekret' (Prag 1909, 72 S.). W. N o V o t n y gibt eine Darstellung der Organisa- tion der Prager Universität von ihren Anfängen mit be- sonderer Hervorhebung der Unterschiede gegenüber ins- besondere Paris. In Prag haben ursprünglich die einzelnen Nationen keine eigentliche nationale Bedeutung; die Uni- versitätsnationen setzen sich aus Zugehörigen verschiedener Länder zusammen. Die ersten Gegensätze und Kämpfe unter den Nationalitäten entstanden in den sogen. Kol- legien ; eine besondere Stärkung gewann die tschechische

40*

622 Nachrichten.

Nationalität im J. 1403 durch die Gründung des Kol- legiums der tschechischen Nation. Die natürliche Ent- wickelung des tschechischen Elements an der Prager Uni- versität, nicht zuletzt gefördert durch das Aufkommen anderer deutscher Universitäten (Wien, Heidelberg, Köln, Erfurt), die Stellungnahme zum Wiklefismus, die Persönlich- keit Hussens erklären den weiteren Gang. In kurzer Ueber- sicht verfolgt N. auch die Geschichte der Prager Uni- versität bis ins 19. Jh. Es charakterisiert den Gegensatz der Auffassungen, wenn man bei N. (S. 23) liest: 'Ich sage nichts neues, wenn ich konstatiere, dass das Kutten- berger Dekret das Wesen der Universität in nichts ge- ändert hat, die Universität vorher nicht deutsch, hernach nicht tschechisch geworden ist, sondern vorher und nachher lateinisch geblieben ist' ; während K. K r o f t a un- mittelbar nach den Einleitungsworten schreibt : '(Durch das Kuttenberger Dekret) hat sich der Charakter und das Wesen dieser hohen Schule wesentlich geändert; aus einem internationalem Institut, das nur örtlich mit diesem König- reich und dessen Hauptstadt verknüpft war, wurde ein Landesinstitut und, was wichtiger ist, ein national tschechi- sches Institut'. Hier und dort die Ausführungen N's. durch einzelne statistische Angaben ergänzend, wandelt dieser zweite Aufsatz im wesentlichen dasselbe Thema in anderer Form ab, schliesst aber mit 1409 ab. Kürzer hat sich J. S u s t a gefasst , die allgemeinen Gesichtspunkte , die tieferen Gründe und das innere Werden des Kuttenberger Dekrets besonders hervorhebend, indem er darin gleichsam den Abschluss des Kampfes des nationalen und staatlichen Gedankens mit dem mittelalterlichen Universalismus er- blicken möchte. Im letzten Aufsatz behandelt dann noch G. Friedrich die Ueberlieferung dieser Urkunde. Das Original ist verloren. Auch ein Statutenbuch der Uni- versität, in welches das Dekret am 29. Sept. 1409 ein- getragen worden war, ist nicht mehr erhalten. Nach dieser Abschrift im verlorenen Statutenbuch ist ein heute im Universitätsarchiv erhaltenes Notariatsinstrument auf Ver- langen Hussens 1414 Sept. 18 angefertigt worden. Von diesem Exemplar liegt der Abhandlung eine sehr gute phototypische Nachbildung bei. Ausserdem kennt man noch vier Abschriften. Der Text ist schon mehrfach gedruckt; F. bietet einen genauen Abdruck auf Grund der gesamten bisher bekannten Ueberlieferung, ferner auch den Wort- laut des Notariatsinstrumentes. B. B.

Nachrichten. 623

280. Der II. Band des Archivs für Urkuudenforschting enthält S. 167 326 einen bedeutenden Aufsatz von M. T a n g 1 unter dem Titel 'Forschungen zu Karolinger- Diplomen'. Er zerfällt in zwei Teile, in deren erstem der Verf. Nachträge zu seinem früheren Aufsatz über T i r o - nische Noten in Karolinger - Urkunden (vgl. N. A.

XXXIII, 251, n. 72), zum Teil neue Lesungen nach den Originalen gibt und sich mit den Einwendungen aus- einandersetzt, die von anderer Seite gegen einzelne Lesungen und die Folgerungen über die Einrichtung der Kanzlei, die er aus den tironischen Vermerken gezogen hat, ge- macht wurden. Der zweite, weit umfangreichere Teil be- handelt die Osnabrücker Fälschungen: Nach einer Einleitung, in der T. die wesentlichen Ergebnisse seiner früheren Arbeiten über die gefälschten Gründungs- urkunden der anderen sächsischen Bistümer (vgl. N. A.

XXXIV, 568 f., n. 327) mitteilt, wird hier der Beweis ge- liefert, dass alle 8 Osnabrücker Karolinger -Diplome und zwei Ottos I. um das Jahr 1076 von dem Bischof Benno II. von Osnabrück, was schon Wilmans behauptet hatte, ge- fälscht seien, um in dem Zehntenstreit mit dem Kloster Corvey obzusiegen; das Verhältnis der Fälschungen zu ein- ander wird dargelegt und die echten Diplomen angehörigen Bestandteile der gefälschten Urkunden herausgeschält und somit werden auch positive Ergebnisse und verwertbare Ur- kunden-Teile gewonnen. Auf Einzelheiten der schwierigen und verwickelten, Inhalt- und Ergebnisreichen Unter- suchung können wir hier nicht eingehen, der Beweis und die Darlegungen über die einzelnen Urkunden scheinen mir vollkommen überzeugend. In dem Schlusskapitel wird nun das wenige zusammengestellt, das wir über die An- fänge des Bistums Osnabrück wirklich wissen, nachdem der Wust der Fälschungen beseitigt ist. Hier wird nun zu beweisen versucht, dass auch der gefälschte Brief des Bischofs Egilbert von Osnabrück an den Erzbischof Willi- bert von Köln (und dessen Antwort), von denen der Chro- nist Ertmann Bruchstücke erhalten hat, und auch die Papstgeschichte des sog. Pseudoliutprand von Benno ver- fasst sind. Es muss zugegeben werden, dass die Briefe und eine Stelle im Pseudoliutprand mit den Urkunden- Fälschungen im engsten Zusammenhange stehen, aber der versuchte Beweis, dass jene auch von Benno herrühren, scheint mir weniger zwingend. Dass er auch die Briefe gefälscht haben könnte, ist nicht zu bezweifeln, nur ver- misst man bei ihm einen Beweggrund dieser Fälschung,

624 Nachrichten.

da nicht wohl anzunehmen ist, dass er auch die Briefe der Synode, welche den Zehntstreit entscheiden sollte, vorgelegt hat, er hätte damit schwerlich etwas erreichen können. Gegen seine Autorschaft des Pseudoliutprand spricht entschieden, wie T. das selbst hervorhebt, die Stelle über die Verleihung von Zehnten an das Kloster Corvey, während die unmittelbar folgende Stelle über Ver- leihung von Zehnten an Hersfeld sehr wohl von ihm her- rühren könnte, die Worte 'honorificatae ecclesiae et hono- rificandae a Deo Hersveldensi' enthielten dann eine Freund- lichkeit gegen Abt Hartwig von Hersfeld, der ebenso wie Benno ein treuer Anhänger K. Heinrichs IV. war.

O. H.-E.

281. Die Arbeit von Fr. J. Bendel: Die älteren Urkunden der deutschen Herrscher für die ehemalige Benediktinerabtei Werden a. d. Ruhr (Bonn 1908) be- handelt die Gesamtheit der dem Stifte verliehenen Diplome. In der chronologischen Reihenfolge werden die Texte neu abgedruckt, woran sich jedesmal die Untersuchung der einzelnen Urkunde schliesst. Beigegeben sind der Schrift vier etwas verkleinerte, recht gut ausgeführte Fac- simile -Tafeln der DD. Karls 266, Heinrichs II. 9, Hein- richs III., Stumpf Reg. 2164. 2165. Das wesentlichste Ergebnis seiner Untersuchungen betrifft die ältere Gruppe von Urkundenfälschungen ; entgegen der bisherigen An- schauung bestreitet er, trotz der Beteiligung einer Kanzlei- hand im Eschatokoll des DH. II. 9, dessen Originalität und verlegt die Gesamtheit der falschen Karolingischen und Ottonischen Diplome nicht, wie bisher, in den An- fang, sondern in die zweite Hälfte des 11. Jh. Dies Re- sultat bedarf noch in mancher Beziehung einer Nach- prüfung, die ich mir auf Grund wiederholter Einsicht- nahme der Diplome im Staatsarchiv zu Düsseldorf noch vorbehalten möchte. H. W.

282. In einer trefflichen diplomatischen Untersuchung handelt W. Erben über die grosse Arn olf -Fälschung für Salzburg, Mühlbacher 1851 (1802) und die mit ihr in engem Zusammenhang stehenden Diplome DO. II. 165. 275. DO. III. 1 ('Karolingische und Ottonische Besitz- bestätigungen für das Erzstift Salzburg', Innsbrucker Fest- gruss, von der phil. Fakultät dargebracht der 50. Ver- sammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Graz). Zweifel , die jüngst Widmann gegen die Zuverlässigkeit der Ottouen- Diplome erhoben hatte, werden schlagend

Nachrichten. 625

zurückgewiesen. Mit gleicher Beweiskraft wird gegen Jaksch DO. II. 165 bereits als Nachurkunde der Arnolf- Fälschung gesichert. Auch die Scheidung der Fälschung in zwei Ausfertigungen, von denen uns nur eine noch er- halten ist, während gerade die zweite, längst verlorene, den jüngeren abschriftlichen üeberlieferungen und den Nachurkunden als Vorlage diente , scheint mir das Rich- tige zu treffen. Als Entstehungszeit der Fälschung kom- men nur wenige Jahre (970 977) und innerhalb dieser Grenze fast sicher nur das Jahr 977 in Betracht. Zu gleichem Ergebnis war auch ich ganz unabhängig von Erben gelangt. Der Versuch aber, den Mittelsmann zur Herstellung der Fälschung in dem Kanzleischreiber HA. zu suchen, kann wohl nur beanspruchen, als eine vielleicht mögliche Vermutung in Erwägung gezogen zu werden.

M. T.

283. 'lieber die Essener Urkunde König Ottos I. vom 15. Januar 947 ' handelt in den Beiträgen zur Ge- schichte von Stadt und Stift Essen XXX, 93 108 (1909) E. G i e s e. Die Bedeutung der Urkunde DO. I. 85 wird erörtert und ihr Inhalt, besonders die vorkommenden Orts- namen, im einzelnen erläutert. Die Echtheit der Urkunde wurde ursprünglich von Sickel angezweifelt, der sie aber später, nach Wiederauffindung der Urkunde Ottos II. von 973 (DO. II. 49), deren Vorurkunde sie darstellt, anders beurteilte. So hielt auch v. Ottenthai die Echtheit für gesichert, und dieser neueren Meinung schliesst sich G. im wesentlichen an. Einige Auffälligkeiten des Diploms beruhen darauf, dass es zum weitaus grössten Teile Em- pfängerausfertigung ist. E. P.

284. Die Göttin ger Dissertation von O. C u r s : 'Deutschlands Gaue im zehnten Jh. Nach den Königsurkunden' (1908) enthält im ersten Teil ein alpha- betisches Verzeichnis der in den Diplomen der sächsi- schen Kaiser vorkommenden Gaunamen ; in einem zweiten, systematischen Teil werden die Namen und Be- zeichnungen der Gaue, die Grafschaften, die Verleihung von Grafschaften und Wildbännen behandelt. Beigegeben wird eine Gaukarte mit Namenverzeichnis. Der Wert der nützlichen Arbeit wird etwas beeinträchtigt dadurch, dass die neueren Arbeiten zu den Diplomen nicht immer be- rücksichtigt zu sein scheinen. So fungieren als Quellen- stellen noch die modernen Fälschungen von Schott.

H. W.

626 Nachrichten.

285. Im Archiv für Urkundenforsehung II, 491 ff. weist E. Müller nach, dass das DR. II. 256'', das wir bereits in der Ausgabe auf eine karolingische Vorlage, und zwar, wie N. A. XXII, 158 f. bemerkt war, auf ein Diplom Ludwigs d. Fr. oder eine spätere Bestätigung davon, zu- rückgeführt hatten, die nächste Verwandtschaft mit dem Immunitätsprivileg Ludwig I. für Viviers (Mühlbacher, Eeg.'^ 585) aufweist. Dies ist wichtig, weil es nun höchst wahrscheinlich wird, dass Hildesheim bereits im Som- mer 815, ungefähr gleichzeitig mit der Ausstellung des Diploms für Viviers, Immunität erhalten hat, womit der terminus ante quem für die Gründung des Bistums ge- wonnen ist. An diesen Beweis knüpft M. nun aber Er- örterungen über das von ihm neu abgedruckte Hildes- heimer Urkunden-Verzeichnis aus der Zeit Bischofs Bernward, über einige andere Diplome Heinrichs II. und über die Gründung von Kloster Steterburg, die ich zumeist für wenig geglückt halte, und deren Ergebnisse ich grossen- teils sehr bestimmt ablehnen muss ; ich behalte mir ihre eingehendere Besprechung für eine andere Gelegenheit vor.

H. Br.

286. Die Arbeit von J. Kai Ib runer 'Zur älteren Geschichte der Pfarre Krems' (Jahrbuch f. Landeskunde von Niederösterreich 1909 S. 1 ff.) ist eine ausführliche histo- risch-kritische Untersuchung des falschen Diploms Hein- richs III. für die Kirche von Krems (St. 2447) und gelangt bei umsichtiger Heranziehung des einschlägigen Quellenmaterials im einzelnen, wie mir scheint, zu wohl begründeten Ergebnissen. Es steht nun sicher fest, dass St. 2447 ein Machwerk des 13. Jh. ist und dass seine Ent- stehung nichts gemein hat mit der Fälschung der österr. Freiheitsprivilegieu. K. weiss es avich sehr plausibel zu machen, dass das Spurium aus Revindikationsbestrebungen des Bistums Passau und der Pfarre Krems hervorgegangen ist, die in einem Lehensrevers Herzog Friedrichs von 1241 in bezug auf Krems deutlichen Ausdruck finden. Eine wahrscheinlich echte Urkunde der Bürgerschaft von Krems aus dem Jahre 1250, in der St. 2447 bereits erwähnt wird, gibt einen terminus ad quem für den Bestand der Fäl- schung. — Am Schlüsse folgt eine autotypische Reproduk- tion der Urkunde, die eine Nachprüfung der Erörterungen, soweit sie rein diplomatischer Natur sind, gestattet.

H. H.

287. In dem Jahrbuch der Gesellschaft für lothring. Geschichte und Altertumskunde XXI, 91 ff. veröffentlichte

Nachrichten. 627

ich erstmals eine Urkunde der Kaiserin Agnes für. das Maria -Mag-daleuenstift zu Verdun vom 19. Oktober 1059 nach dem Original in der Stadtbibliothek zu Reims. In der Eeichskanzlei geschrieben , ist sie die einzige in Form eines Diploms ausgestellte Urkunde einer deutschen Kaiserin, die wir bisher aus dem 11. Jh. kennen; das im 18. Jh. noch vorhandene Siegel von der Grösse der Kaisersiegel ist leider jetzt verloren. H. Br.

288. In den Beilagen zu einem Aufsatz von J. de Chestret de Haneffe im Bulletin de l'institut archeo- logique Liegeois XXXVIII, 114 sqq. werden u. a. das D. Heinrichs IV. Stumpf Reg. 2889* und die Urkunde Bischof Heinrichs I. von L ü 1 1 i c h , betr. Donceel von 1084, nach der gefälschten Urschrift (vgl. Bresslau N. A. XXXIV, 409 fe.) wieder abgedruckt. H. W.

289. Der fünfte Bericht von H. Simonsfeld über Urkunden Friedrichs I. in Italien (SB. der Kgl. Bayer. Akademie der Wiss., Phil. -philol. u. bist. Kl. 1909, 7. Ab- handlung) informiert über die Archive und Bibliotheken von Ascoli Piceno, Fabriano, Fermo, Forli, Gubbio, Jesi, Matelica, San Severino und Savignano di Romagna. Es folgen noch Beilagen, in denen S. auf Deperdita Fried- richs I. für Bobbio und Padua aufmerksam macht, da- gegen ein Deperditum, das man für Matelica annahm, mit St. 4435 identifiziert. Die vierte Beilage enthält ungedruckte Urkunden für Fermo (darunter eine des EB. Christian von Mainz), die fünfte bringt den Druck des Notariatsinstru- mentes von 1200, in dem Johannes Codagnellus als nota- rius erwähnt wird (vgl. loh. Codagnelli Ann. Plac. recogn. Holder- Egger p. VIII). Zu den für St. 4433 angeführten Ueberlieferungen füge icb ein notarielles Vidimus von 1501 aus dem Kommunalarchiv von Ascoli Piceno hinzu, das wegen der genauen Beschreibung der heute verlorenen Goldbulle von Wichtigkeit ist. H. H.

290. Einem dringenden Bedürfnis kommt das Buch von Fritz C u r s c h m a n n entgegen 'Die älteren Papst- urkunden des Erzbistums Hamburg' (Hamburg und Leipzig, Voss, 1909, 4t^, 129 S. und 10 Lichtdruck -Tafeln). Das Hauptverdienst der Arbeit ruht in der umfassenden Heranziehung und Sichtung der handschriftlichen Ueber- lieferung und der sorgsamen Prüfung des Formulars und der Zergliederung der Fälschungen nach ihren Quellen. Willkommen ist auch der zuverlässige Abdruck der Texte,

628 Nachrichten.

obwohl hier vom Standpunkt der Editionstechnik manches einzuwenden wäre. Bei den Urkunden Gregors IV. und Nikolaus' I. (n. 1 und 4), bei denen C. zwei und drei ver- schiedene Ueberlieferungen scheidet, wird jeder Benutzer bedauern, dass C. die Texte nach- und nebeneinander ab- druckte, ohne die entlehnten und selbständigen Teile durch verschiedenen Druck kenntlich zu machen. Ausser dem Privileg Clemens' II., das seit langem und allgemein für echt galt, und dem Leos IX., dessen Echtheit P. Kehr erwiesen hatte, tritt C. überzeugend auch für die Echtheit 'der Vorurkunde Johanns XV. n. 18 ein. Wenn er aber einen gleichen Rettungsversuch auch bei den Urkunden Gregors IV. und Nikolaus' I. in ihrer Ueberlieferung bei Caesar, Triapostolatus septentrionis, unternimmt, so kann ich ihm hierin unmöglich folgen. An die Echtheit von Privilegien, die, nachdem sie bereits zur Poenformel ge- langt waren, wieder mit der Pallien - Arenga 'Si pastores ovium' anheben, werde ich nun und nimmer glauben, und die Gründe, mit denen C. diese von ihm selbst als auf- fällig und ganz vereinzelt erkannte Erscheinung gutartig zu erklären sucht, haben auf mich keinen Eindruck ge- macht. Die Urkunde Nikolaus' I. trägt überdies schon dadurch den Stempel der Fälschung an sich, weil in 4a und 5, was C. übersehen hat, eine Wendung aus der be- rüchtigten gefälschten Gründungsurkunde Karls d. Gr. für Bremen sich findet 'et quia casus praeteritorum nos cautos faciunt in futurum' (vgl. DK. 245, MG. DD. Karoi. I, 346 Z. 18), ein Satz, der in dieser Fälschung wie das meiste Uebrige wahrscheinlich wörtlich schon aus Halberstadt be- zogen war. Ich stehe andererseits nicht an, den Abschnitt 'Die Urkunden über ßamelsloh' (S. 87 100) als besonders gelungen und überzeugend hervorzuheben. Die Fälschungen sind nicht einheitlich entstanden, sondern verteilen sich nach C. auf 5 verschiedene Zeitpunkte, die er folgender- massen ansetzt: 1) Zu Ausgang des 9. Jh. (888 909), Fälschung der Urkunde Ludwigs d. Fr. Mühlbacher 928 (899) in der ersten jetzt bekannten Fassung. 2) Um das J. 1000, Fälschung der Urk. Ludwigs d. D. M. 1372 (1333), der Bulle Nikolaus' I. C. 5 und Verunechtung von DO. I. 18. 3) 1055 1085 und innerhalb dieser Zeit wahrscheinlich in den Anfängen des Erzbischofs Liemar (seit 1072), Fäl- schung einer Urk. Sergius' III. 4) 1122 1123, 12 Papst- urkunden und ausserdem die weitere Verfälschung der Ur- kunde Ludwigs d. Fr. 5) 1133 oder unmittelbar vorher, 3 Papsturkunden, Sergius IL, Leo IV. und Hadrian IL

Nachrichten. 629

Der wesentliche Unterschied von der bisherigen Annahme besteht darin, dass die Abschnitte der Fälschung weiter auseinander gerückt werden und dass gerade der Mann vollständig entlastet erscheint, auf den man bisher mit dem Finger weisen zu können glaubte, Erzbischof Adalbert von Hamburg -Bremen. Ob diese Aufstellungen C.s richtig sind, ist mir noch sehr zweifelhaft; für den wichtigsten Abschnitt, den vierten, in den C. die Entstehung des grössten Teils der Fälschungen setzt, möchte ich dies sogar bestimmt bestreiten. Der terminus ad quem ist durch die Ueberlieferung gesichert; einzelne der Urkunden stehen bereits in dem 1125 abgefassten Codex Udalrici und im Codex Vicelini, den der Bremer Domherr Vicelin für den Abt Hamuko von Abdinghof (1114 1142) mit Erlaubnis seines Erzbischofs Friedrich (f 1123) anlegte. Weshalb aber das Wormser Konkordat durchaus den ter- minus a quo bilden muss, leuchtet mir nicht ein; es ist im Gegenteil höchst unwahrscheinlich, dass die Anlage des Codex Vicelini gerade erst in das letzte Jahr (1123) des Jahrzehnts 1114 1123 gefallen sein und dass einzelne der Fälschungen schon im ersten oder höchstens zweiten Jahr ihres Bestehens den Weg zu Udalrich von Bamberg ge- funden haben sollten. Der Anfangstermin liegt möglicher- weise weit vor 1122, und die ganze Untersuchung bedarf hier noch ernster Ueberprüfung. Die gefälschten Königs- urkunden für Bremen -Hamburg hat C. zusammenhängend nicht untersucht, aber zur Kritik einzelner von ihnen, wie der schon genannten Urkunden Ludwigs d. Fr. und Lud- wigs d. D. schätzenswerte Beiträge geliefert. Alles in allem eine erfreuliche Förderung der Forschung, aber selbst in den Grundzügen noch keine abschliessende Lösung der alten und verwickelten Streitfrage. M. T.

291. In den Bijdr. tot de gesch. van het hertogd. Brabant 1909 S. 379 f. veröffentlicht J. B. S t o c k m a n s nach dem Kapitels - Kartular die Bulle, mit der Eugen III. dem Bischof von Cambrai die von Konrad III. gewährte Freiheit von dem 'gavalum' (so !) des Grafen von Flandern bestätigt, Paris, 'kal. lunii' = 1. Juni 1147. Das Stück ist bereits besser nach dem Original bei Pflugk-Harttung, Acta I, 194 gedruckt, mit 'non. lunii' = 5. Juni 1147, Jaffe-L. 9074. Statt 'Guido pbr. card. S. Gorgonii' lies 'G. pbr. Card. S. G r i s o g o n i'. A. H.

292. Folgende Einzeldrucke von Papst Urkunden sind aus französischen Zeitschriften zu verzeichnen : Lu-

630 Nachrichten.

eins III, 13. Mai 1182 oder 1183 für das Priorat Rethel, ed. G. Eobert, Eevue hist. Ardennaise XV (1908), 222 sqq.

Gregor IX., 26. Aug. 1237, ed. L. Guiraud, Mem. de la soc. archeol. de Montpellier, 2. serie, III (1907), 195 sqq.

Clemens VI, 3. Sept. 1350, ed. J. Lestrade, Eevue de Comminges XXII (1907), 41 sq. Sixtus IV., 6. Okt. 1477, ed. Ed. Albe, Bull, de la soc. scientif ., bist, et archeol. de la Correze XXX (1908), 307 sqq. E. M.

293. 25 unedierte Urkunden P. Gregors IX. aus den Jahren 1227 1235 publiziert A. Ferretto im Gior- nale storico e letterario della Liguria IX (1908), 121 147.

E. S.

294. P. J. Goetschalckx teilt in den Bijdr. tot de gesch. van het hertogd. Brabant 1909 S. 382 eine ürk. P. Martins IV. für die Abtei St. Michael in Antwerpen von 1282 mit. A. H.

295. Im Bulletin de la Comm. roj. d'hist. (de Bel- gique) LXXVIII, 142 sqq. behandelt Em. Fairon 'ün pro] et de demembrement du diocese de Liege propose par les Brabancons en 1332 et 1336' und teilt dabei u. a. mehrere Stücke aus den Eegistern Johanns XXII. von 1332 u. 1333 mit. A. H.

296. Aus den Eegistern Clemens' VI. teilt U. Berliere in den Ann. du cercle archeol. de Mons XXXVI, 264 sqq. ein das Stift Sart-les-Moines betreffendes Stück vom 26. März 1352 mit. A. H.

297. In den Anal, pour serv. ä l'hist. eccl. de la Belgique XXXV, 36 1 sqq. teilt V. Barbier aus den Ee- gistern Innocenz' VI. fünf Stücke von 1356 u. 1357 mit, die die Einsetzung des Abts Hermann von Grandpre be- treffen. A. H.

298. Aus den päpstlichen Sekretregistern veröffent- licht K. H. Schäfer in der Eömischen Quartalschrift XXII (1908), 146—153 zwei Urkunden zur Geschichte der deutschen Dominikanerprovinz im 14. Jh. Sie betreffen einen Konflikt mit dem Ordensgeneral.

E. S.

299. In den Etudes des peres de la compagnie de Jesus CXI (1907), 467—484. 639—654 behandelt J. Doize die Finanzen des päpstlichen Stuhls in avigno- nesiscber Zeit. E. M.

Nachrichten. 631

300. In den Mem. de l'acad. de Vaucluse, 2. serie, VII (1907) 331—363 veröffentlicht P. Pansier einen Aufsatz über 'Guilhem Vial, fustier, fournisseur du pape et de nos seigneurs les cardinaux (1351 1388)', in dem er Auszüge aus dem Pechnungsbuche der von diesem gelieferten Waren aus der Zeit von 1365 1371 und Pegesten, Urkunden und Aktenstücke von 1351—1397 druckt. E. M.

301. Die 1909 erschienene zweite Abteilung des Westfälischen Urkundenbuchs enthält die Urkunden (sehr viele nur in Regestenform) des Bistums Münster der Jahre 1310 1316 bearbeitet von Archivrat P. Krumb- holtz. O. H.-E.

302. Im Bull, de la soc. d'art et d'hist. de Liege XVI, 1 sqq. und 449 sqq. stellt E. Schoolmeesters Pe- gesten des Pobert von Thourotte, Bischofs von L ü 1 1 i c h 1240 46 zusammen und druckt dabei zum ersten Mal eine grosse Anzahl Urkunden desselben ab. A. H.

303. Jos. H alkin und C. G. Pol and, Pecueil des chartes de l'abbaye de Stavelot-Malmedy, Bru- xelles 1909, I. Band, haben sich an einen Stoff gewagt, zu dessen Bewältigung ihre Kenntnisse nicht hinreichten. Der Band vereinigt das bisher zerstreute Urkundenmaterial der alten Ardennen - Stifter bis 1200, und die handschrift- lichen Forschungen haben einzelne bisher unbekannte Stücke ans Licht gebracht, aber die dürftige und gänzlich rückständige historische Einleitung und die zumeist aus Pardessus abgeschriebenen kritischen Bemerkungen zu den alten Stiftungsbriefen verraten eine solche Unkenntnis der fränkischen Quellenforschung und der historischen For- schungsmethode überhaupt, dass man eigentlich den Mut der Herausgeber bewundern muss. Dem nur in mittel- alterlichen Kopialbüchern erhaltenen und von Kopisten überarbeiteten und teilweise auch verfälschten Urkunden- material standen sie völlig hülflos gegenüber, und von der feineren Kritik, der Verbesserung des Formulars aus ein- wandfreien Quellen u. s. w. ist überhaupt keine Pede. Die Begründung meines Urteils muss ich mir für eine andere Gelegenheit vorbehalten. Die Kollationen sind im All- gemeinen zuverlässig. B. Kr.

304. Ausführliche 'Notes pour servir ä l'histoire des paroisses qui dependaient de l'abbaye de Saint-Trond' veröffentlicht G. Simenon im Bull, de la soc. d'art et et d'hist. de Liege XVII, 1 sqq. Er gibt darin zunächst

632 Nachrichten.

eine Uebersicht der Kirchen und Benefizien, die vom Abt zu vergeben waren, und behandelt dann eingehend die ein- zelnen Kirchen und ihre Geistlichen. Er teilt dabei u. a. eine ürk. des Kardinallegaten C(onrad) von Porto und S. ßufina für den Abt von St. Trond mit, 'Datum Bunne XII. kal. lunii' {= 21. Mai), die aber nicht, wie er meint, 'vers 1223', sondern nach dem Itinerar Konrads, der erst im Frühjahr 1224 zum Legaten ernannt wurde, nur zu 1224 gesetzt werden kann. Da Konrads Aufenthalt in Bonn durch Reg. imp. V, n. 10009 f. für den 21. Juni d. J. bezeugt ist, so steckt vielleicht auch in der Monatsangabe ein Fehler. A. H.

305. Dem lehrreichen Aufsatze von Fr. Grimme über den Trierer Erzbischof Jakob von S i r c k und seine Beziehungen zur Metzer Kirche (Jahrbuch der Ge- sellschaft für lothring, Geschichte und Altertumskunde XXI, 108 ff.) sind drei Urkunden vom J. 1455 beigegeben, die sich auf seine Ernennung zum Koadjutor des Metzer Stiftes beziehen. H. Br.

306. Den IV. Bd. (Paris 1903—1905) der Mettensia, Mem. et doc. publ. par la soc. nation. des antiq. de France, bildet die von P. Marichal besorgte Ausgabe des im J. 1461 angelegten Chartulars des Bistums Metz, des sog. 3. 'registre des fiefs (ßibl. nat., ms. Lat. 10 021)'. Der V. Bd. (1906—1908) enthält Versuche der Wiederherstellung der beiden älteren Chartulare, eine ausführlich auf die Archivgeschichte, die Inventare und die Kanzleiregister ein- gehende Einleitung, ein chronologisches Gesamtverzeichnis (die Hauptmasse der Urkunden setzt mit dem 13. Jh. ein) und ein langes alphabetisches Register zum Ganzen.

E. M.

307. In der Revue d'Alsace, 5. serie, IX (1908), 318 353 veröffentlicht Ed. G a s s e r einen Aufsatz über die Abtei M a s m ü n s t e r in den Vogesen. Er druckt darin die Urkunde Ludwigs des Frommen M. 776 (751), von deren grober Fälschung er keine Ahnung hat, nach be- kannter Ueberlieferung neu, aber schlecht, ferner eine solche Bischof Liutolds von Basel von 1241, und eine der Katharina von Burgund, Herzogin von Oesterreich, von 1410. E. M.

308. Die den zwei letzten Heften der Zeitschr. f. d. Gesch. des Oberrheins (N. F. Bd. XXIV) beigegebenen Archivberichte betreffen das Roth von Schrecken-

Nachrichten. 633

steiniscbe Archiv zu Billafingen, das Mentzingeusche Archiv zu Hug-stetten bei Freiburg und das Gemeindearchiv von Rust (BA. Ettenheim). Die Zahl der mittelalterlichen Ur- kunden (vom 14. Jh. an) ist nicht gross. H. H.

309. Barthel Heine mann bringt üeissig gearbeitete und sauber durchgeführte Beiträge zum Urkundenwesen der Bischöfe von Konstanz im 13. Jh. (Abhand- lungen z. mittleren u. neueren Gesch., herausgegeben von Below, Finke, Meinecke, Berlin, Rothschild, 1909, 14. Heft, 111 S.). Da das erhaltene Urkundenmaterial für die frühere Zeit auffällig gering ist, setzt die Untersuchung erst mit 1189 ein. Bedeutende Schwierigkeiten bereitete die grosse räumliche Zersplitterung der Bestände; doch hat der Verf. den grössten Teil der Originale selbst geprüft. Auf eine Geschichte der Kanzlei (der Notar Heinrich in den 70er Jahre'n des 13. Jh. war zugleich einer der ersten in Deutsch- land nachweisbaren öffentlichen Notare) folgt eine durch eine Reihe von Facsimiles dankenswert erläuterte Schei- dung der Schreiber und, wie heutzutage selbstverständlich, der Kanzlei- und Empfängerausfertigungen. Päpstliche Ein- flüsse scheinen bei den Konstanzer Urkunden geringer ge- wesen zu sein als bei denen manches anderen Territoriums; doch hätte man hierüber eine zusammenfassende Erläute- rung wohl gewünscht. Im Anhang handelt H. über Kon- rad von Mure als Urkundenschreiber (S. 106) über das bischöfliche Archiv (S. 107) und über Fragmente eines Rechnungsbuches des Konstanzer Propstes Heinrich von Klingenberg (S. 108), die er aus dem Texte der Perga- mentstreifen zusammenstellte, an denen die 7 Siegel einer Urkunde von 1278 Mai 9 hingen. M. T.

310. Die Freiburger Dissertation von E. Fleig: Handschriftliche, wirtschafts- und verfassungsgeschichtliche Studien zur Geschichte des Klosters St. Peter auf dem Schwarzwald (1908) bietet eine neue Ausgabe des Rotulus Sanpetrinus mit dem 'Versuch', die darin enthaltenen undatierten Urkunden und Traditionen chronologisch zu ordnen. H. W.

311. Eine Freiburger Dissertation von J. Enderle bringt zwei Kapitel einer grösseren Arbeit 'Studien über den Besitz des Klosters St. Blasien von seinen Anfängen bis ins 14. Jh.' Sie betreffen die Anfänge des Klosters und seinen unmittelbaren Besitz bis ins 14. Jh. Die Sorg- falt der Arbeit lässt von dem Ganzen das Beste hoffen.

H. H.

634 Nachrichten.

312. Von der durch die Badische hist. Kommission veranstalteten Ausgabe von Abbildungen der Siegel der Badischen Städte liegt nun ein drittes Heft mit den Siegeln der Städte in den Kreisen JFreiburg, Villingen und Lörrach vor (Heidelberg 1909). Die Reproduktion er- folgte auf Grund von Zeichnungen, die F. Held besorgt hat; die Erläuterungen stammen für die Kreise Villingen und Lörrach von F. F r a u k h a u s e r , für den Kreis Frei- burg von A. K r i e g e r. H. H.

313. Leben und Wirken des Bischofs Heinrichs I. von Bamberg hat Oskar Kreuzer in einer gründlichen und verdienstvollen Monographie behandelt. Nachdem er zuerst in dem Programm des Kgl. Gymnasiums zu Schwein- furt 1901 'Regesten des Bamberger Bischofs Heinrichs I. von Bilversheim, 1242 1257' vorangeschickt hatte, Hess er in 3 Abteilungen die Darstellung folgen (Heinrich I. von Bilversheim, Bischof von Bamberg 1242 1257', Programm des Kgl. Neuen Gymnasiums in Bamberg, 1907. 1908. 1909), die auf umsichtiger Quellenbenutzung aufgebaut ist und neben Ausblicken auf die Stellung des Bischofs in der Reichspolitik vor allem die Geschichte des geistlichen Territoriums und die Kenntnis genealogischer Zusammen- hänge fördert. Ein eigener Exkurs des letzten Beitrags handelt 'über die Münzberechtigung des Hochstifts Bam- berg in Kärnten'. M. T.

314. In der Walhalla, Bücherei für Vaterländische Geschichte u. s. w. heransg. von ü. Schmid III, 219 ff. publiziert J. Wiedemann eine bisher im Wortlaut un- bekannt gebliebene Urkunde des Bischofs Konrad II I. von Regensburg vom 19. Febr. 1187 nach dem Ori- ginal. Sie besitzt Interesse durch den nachträglich hinzu- gefügten Zusatz über die Belehnung K. Friedrichs I. mit dem erledigten Lehen des Burggrafenamts. Unter den Zeugen dieser Uebertragung ist zu dem Titel 'cancellarius sacri palatii' der Name unausgefüllt geblieben. Ebenda S. 222 f. publiziert U. Schmid eine Bulle Gregors IX. vom 23. Dez. 1233 für den Propst von Schussenried mit beigegebenem Facsimile. Auf den S. 225 u. 229 druckt derselbe noch zwei Privaturkunden aus der zweiten Hälfte des 13. Jh. H. W.

315. Vom Urkundenbuch der Stadt und Landschaft Zürich, bearbeitet von (f) J, E s c h e r und P. Schweizer, ist die erste Hälfte des VIII. Bandes (1304 1308) erschienen.

H. H.

Nachrichten. 635

316. Das dritte Heft der Fortsetzung der Archiv- Berichte aus Tirol (Mitteilungen der dritten (Archiv-) Sek- tion der K. K. Zentral -Kommission zur Erf. u. Erh. der Kunst- und historischen Denkmale Bd. VII; vgl. oben S. 304, n. 113) bringt ein Verzeichnis der Archivalien des Gerichtsbezirkes Kitzbühel von F. K o g 1 e r. Die Hauptmasse des IJrkundenmaterials gehört dem 15. Jh. an, doch reichen einzelne Bestände bis ins 13. Jh. zurück. Reichhaltig ist das Stadtarchiv von Kitzbühel. H. H.

317. Quintillo Perini, La contea di Nomi (Ro- vereto 1909), behandelt die Geschichte der in Südtirol im Lagarinatal belegenen Landschaft Nomi mit Benutzung ungedruckter Urkunden, von denen hier nur ein S. 15 f. herausgegebener V e r t r a. g zwischen Aldrighetto di Castel- barco und dem Herzog Friedrich von Oesterreich- Tirol vom 12. Nov. 1416 zu erwähnen ist. H. Br.

318. In der Zeitschrift für Geschichte und Kultur- geschichte Oesterreichisch- Schlesiens werden die Regesten der Urkunden nachfolgender Städte verzeichnet : Jägern- dorf seit 926 (?) in Jahrg. I, 112 von E. Rzehak, Freistadt und Jablunkau seit 1447 (bzw. 1560) in Jahrg. II, 103 von Popiolek, Burg und Stadt G r ä t z a. d. Mohra seit 1031 mit verbindendem Texte und kriti- schen Bemerkungen in Jahrg. III, 65 von E. Rzehak, Oderberg seit 1426, Schwarzwasser seit 1482 in Jahrg. III, 97 von Popiolek; die älteren Urkunden von Bielitz seit 1312 werden wörtlich wiedergegeben in Jahrg. III, 146 von Gorge; die Geschichte von Wockendorf behandelt ebenda S. 107 ff. K. M. Schneider.

B. B.

319. Eine interessante, sehr inhaltreiche Bauurkunde betreffend den Glockenturm auf der Insel Frauenwörth, ausgestellt von Elspet Aebtissin zu Chiemsee vom J. 1395, lesen wir in den Studien und Mitteilungen aus dem Bene- diktiner- und dem Cistercienser- Orden Jahrg. XXX (1909), S. 451, veröffentlicht von M. G e r t r u d i s. B. B.

320. Unter dem Titel 'Misnensia im Archiv der Stadt Mühlhausen in Thüringen' publiziert K. v. Kauf fun gen in den Mitteilungen des Vereins f. Gesch. d. Stadt Meissen VII, 490 499 einige, z. T. noch ungedruckte Urkunden zur Meissnischen Geschichte des 14. und 15. Jh. M. Kr.

321. Im 33. und 34. Bericht der wissenschaftlichen Gesellschaft Philomathie in Neisse (1904—08) teilt Unter- Neues Archiv etc. XXXV. 41

636 Nachrichten.

lau ff Eegesten über 'Neisser Urkunden im Diözesan- archiv zu Breslau' (vom Jahre 1298 an) mit. M. Kr.

322. In der Zeitschrift Oberschlesische Heimat V, 3, S. 121—129 zeigt Konrad Wutke, dass die Angabe einer gefälschten Urkunde von Leubus, Herzog Boleslaw I. von Schlesien habe an einer Heerfahrt K, Heinrichs VI. in der Lombardei Teil genommen, die man für wahr ge- halten hat, zu verwerfen ist und legt die Entstehung der falschen Nachricht dar. O. H.-E.

323. In den Mitteilungen des Westpreussischen Ge- schichtsvereins Jahrgang VIII, 35 38 handelt P. Simson über ' D a n z i g und das Ablassgeld für das Baseler Konzil' unter Mitteilung einer Urkunde des Deutsch- ordenshochmeisters vom 4, Juni 1448. M. Kr.

324. In den Beiträgen zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark XVII, 1—64 (1909) veröffentlicht El o t h e r t eine Studie : 'Die Westfalen in Danzig. Ein Stück mittelalterlicher Kolonialgeschichte'. Im Anhange sind eine Anzahl Urkunden des 14. und 15. Jh. abgedruckt.

E. P.

325. Ueber 'Die Verschwörung von Segewold (1316)', eine Episode in dem Kampfe des Deutschordens mit dem Erzbischof von Riga um die Herrschaft in Livland, handelt J. H a 1 1 e r in den Mitteilungen aus der livländi- schen Geschichte XX, 126 168 auf Grund zweier Akten- stücke des Vatikanischen Archivs, deren Wortlaut im An- hang mitgeteilt wird. M. Kr.

326. Einen kulturgeschichtlich interessanten Aufsatz veröffentlichte E. P i c a r d in den Mem. de l'acad. des Sciences, arts et belies - lettres de Dijon X (1905/6), 307 439 über den Marstall Philipps des Kühnen, Herzogs von Burgund. Er beruht hauptsächlich auf den herzog- lichen Eechnungen ; es werden darin zahlreiche Aktenstücke abgedruckt und das Reitersiegel des Herzogs samt Rück- siegel abgebildet. E. M.

327. In den Gedenkschriften des Oudheidskund. Kring van Dendermonde, 2. Reihe, XII, 310 wird die 'Eedaflegging van Maria van Burgondie als vrouwe van Dendermonde' 20. April 1477 abgedruckt. A. H.

328. P. Gautier, Etüde sur un diplöme de Robert le Pieux (Moyen Age XIII, 1909, 225—285) erweist unter Beigabe von Facsimiles in eingehender Untersuchung die

Nachrichten. 637

ünechtheit der Urkunde K. Eoberts v. Frankreich für Saint-Benigne in Dijon von 1015 Jan. 25, die auch bisher schon teils angezweifelt, teils verworfen war. Er setzt die Fälschung in das Jahr 1066 und bringt sie in Zusammenhang mit der Fälschung einer Urkunde Karls d. Kahlen von 869 Juli 21, einer solchen des K. Eudolf von 925 Mai 30, zweier Bullen Benedikts VIII. von 1012 Nov. 30 und einer undatierten Urkunde Herzog Eoberts I. von Burgund. Die Texte dieser Fälschungen gelangen im Anhang zum Abdruck. M. T.

329. Im Bulletin de la soc. de l'histoire de Paris XXXVI, 69 sqq. werden sieben Diplome französischer Könige (1140 1207) zum ersten Male gedruckt, darunter eine Urkunde der Königin Adela (Mutter Philipps II. August) von 1201. Ebenda S. 90 ff. druckt und erläutert E. P. ein Diplom Kg. Ludwig VII. von 1156/7 für St.-Cjr nach dem Original. H. W.

330. Seinem Buche 'La Provence du 1. au 12. siecle, Etudes d'histoire et de geographie politique (Mem. et doc. publ. par la soc. de l'ecole des chartes VIII, Paris 1908, 531 SS.) gibt G. de Manteyer eine chronologische Ab- handlung über die Jahresbezeichnungen in der königlichen Kanzlei und 9 Privat- (Grafen-) Urkunden aus dem Ende des 10. und dem Anfang des 11. Jh. bei. E. M.

331. Das von J. Guiraud bearbeitete Cartulaire de N o t r e - D a m e de P r o u i 1 1 e , (2 Bde., gr. 4*^, CCCLII, 286 -f- 355 SS., Paris, Alph. Picard et Fils, 1907), ist nicht der Abdruck eines alten Kopialbuchs, sondern ein 'cartulaire artificiel', ein Urkundenbuch im deutschen Sinne. Dass darin die auf die Klostergeschichte bezüg- lichen Urkunden nicht nach ihrer zeitlichen Folge ge- ordnet, sondern in 18 sachliche und örtliche Abteilungen gegliedert sind, ist ein Mangel, dem die beigegebene Zeit- tafel nicht vollkommen abhilft. So bilden die Papst- urkunden eine geschlossene Gruppe von 68 Stücken aus der Zeit von 1215 bis 1323, die sich an die Gründungs- urkunde für den heil. Dominicus v. J. 1206 anschliesst. Es folgen die Grafen- und Königsurkunden, letztere von 1226 bis 1332 (und im Anhang eine Karls VII. von 1425/6); dann die Dominikanerordenssachen von 1258 bis 1844, welche die Beziehungen dieses ältesten Klosters zum Gesamtorden und zu andern Konventen desselben be- treffen. Im zweiten Bande schliessen sich an die Gelübde-

41*

638 Nachrichten.

Urkunden in zwölf geographisch geordneten Abteilungen die auf das Kloster und seine einzelnen Besitzungen be- züglichen Stücke an, die bis zum J. 1346 (die des Anhangs bis 1427) reichen. Ausführliche Personen- und Orts- verzeichnisse zu den 548 Nummern beschliessen den Band. Die Einleitung des ersten Bandes bildet eine sehr um- fangreiche Abhandlung über das Albigensertum im Lande Languedoc im 12. und 13. Jh., auf die hier nicht ein- gegangen werden kann ; zu vergleichen ist die ausführliche und sachkundige Besprechung von Ach. Luchaire im Journal des Savants, Nouv. serie VI (1908), 17 sqq. Sehr viel bequemer wäre die Benutzung des Urkundenbuchs ge- worden, wenn man dasselbe in einem Bande vereinigt und der Darstellung den andern zugewiesen hätte; das Stärke- verhältnis der Bände wäre dabei dasselbe geblieben. Vor- züglich ist die Druckausstattung des wertvollen Werkes.

E. M.

332. In der Eevue hist. et archeol. du Maine LXIII (1908), 32. 145. 289 sqq. LXIV, 18. 132. 246 ff. LXV (1909) 48. 226. 330 sqq. veröffentlicht L. Gelier Regesten der Bischöfe von L e M a n s bis zum Ende des 13. Jh. E. M.

333. In den Mem. de la commission des antiquites du dep. de la Cote-d'Or XIV, 103—112 druckte und be- sprach E. F y o t zwei Aktenstücke des Jahres 1433, die sich auf einen Anschlag des Günstlings Karls VII. von Frankreich, Georgs de la Tremoille, gegen den burgundi- schen Kanzler Rolin beziehen. E. M.

334. In den Memorie storiche Forogiuliesi, Anno V, fasc. 1, 13 16 gab P. S. Leicht zwei Urkunden vom Jahre 1183 heraus, die sich auf eine vom Patriarchen Gottfried von Aquilej a für den Kaiser Friedrich geleistete Zahlung beziehen. Der Empfänger der Zahlung ist ein Sohn des Jakob Isembard von Pavia, der mehrfach als Geschäftsträger des Kaisers für diesen geleistete Zahlungen entgegen nimmt; vgl. LL. Const. I, n. 308. 310. 311.

Ebenda S. 17 32 erläuterte Agostino Diana die römisch -rechtliche 'oblatio libelli', die in einer dort ab- gedruckten Urkunde von Ende Sept. 1190 vorkommt über eine Gerichtsverhandlung, welche in Sachen eines Rechtsstreites zwischen dem Archidiakon und Propst von Aquileja vor demselben Patriarchen stattfand, als er gerade im Be- griff war zum Papst und König (Heinrich VI.) abzureisen.

0. H.-E.

Nachrichten. 639

335. Aus einer ehemals dem bekannten Geschicht- schreiber von Aquileja de Rubeis gehörigen Hs. gab Giu- seppe Bragato in demselben Heft dieser Zeitschrift S. 79 84 Regesten von Urkunden aus Aquileja heraus, die mit 1257 beginnen, in diesem Hefte bis 1296 reichen. Die Fortsetzung folgt in späterem Heft. Hierbei sei auch notiert eine Urkunde von 1242 über einen Rechtsstreit über den Besitz eines Knechtes, die Ant. Battistella ebenda S. 78 f. herausgab. O. H.-E.

336. Unter dem Titel 'Nuovi documenti Viscontei tratti dair archivio di stato di Venezia' gab Mario Brü- nett! im Archivio storico Lombardo, serie quarta, Anno XXXVI, fasc. 23, p. 1 90 14 Urkunden zur Geschichte der Söhne, besonders Karl und Mastinus, und Enkelkinder des von Gian Galeazzo abgesetzten Herren von Mailand Bernabö Visconti aus den Jahren 1383 1423 heraus und entwickelte die politischen Verhältnisse, auf die durch diese Dokumente neues Licht fällt, besonders das Ver- hältnis der genannten Visconti zu Gian Galeazzo und den Herzogen von Bayern. O. H.-E.

337. Der 43. Band der 'Biblioteca della societä storica Subalpina' enthält mehrere kleine Urkundenbücher. Das erste , eine von Erwig G a b o 1 1 o herausgegebene Sammlung der Urkunden von Gassino, beginnt mit einem wenig befriedigenden Abdruck der Urk. Arduins St. 1849 = DArd. 10, die trotz Holtzmanns Ausführungen hier wieder zu 1004 angesetzt ist ; einige rechtsgeschichtlich nicht uninteressante Privaturkk. des 11. Jh. schliessen sich an. Aus der zweiten von G. F r o 1 a bearbeiteten Samm- lung, dem 'Cartario di S. Maria di Belmonte e di S. Tomaso di Buzzano', ist der Druck einer Urk. Niko- laus' IL 1059 Dez. 30 (J.-L. n. 4422; Or. in Cherasco) zu notieren. R. S.

338. Gerolamo Biscaro handelte im Archivio storico Lombardo, serie IV, Anno XXXVI, fasc. 22, p. 297—314 über die Schlacht von Carcano 1160, in der K. Fried- rich I. von den Mailändern geschlagen wurde, anlässlich eines Fundes. In einer Privilegienbestätigung des Gian Galeazzo Visconti für die Leute von Erba und Orsenigo vom J. 1386 findet sich ein Auszug einer Urkunde der Konsuln von Mailand von 1160 Aug. 30, in denen die Leute von Erba und Orsenigo für die Hülfe, die sie bei der Belagerung von Carcano und in der Schlacht geleistet

640 Nachrichten.

haben, von allen Steuern und Zöllen befreit werden. Diesen interessanten Auszug druckte B. ab. Calco und Corio haben ihn gekannt.

Herr B. sagt, dass er noch die Ausgabe der Annales Mediolanenses, nicht die meinige der Gesta Federici I. in den Scriptores rerum Germanic. zitiert, weil diese nicht in den SS. der MG. erscheinen wird. Dazu ist zu bemerken, dass es doch Grundsatz ist, stets die letzte Ausgabe zu zitieren, wenn diese besser als die früheren ist, ferner dass wir durch die Neuausgaben in den SS. rerum Ger- manic. eben ungenügende ältere Ausgaben in den MG. SS. ersetzen wollen, dass nun jene allein benutzt werden sollen.

0. H.-E.

339. Beachtenswerte Erläuterungen zu der höchst merkwürdigen, unverkennbar an altrömische Formulare an- knüpfenden Fassung der von Schiaparelli aufgefundenen langobardischen Urkunden des 8. Jh. aus der Diö- zese Piacenza (oben S. 310, n. 139) geben N. Tamassia und P. S. Leicht in den Atti des R. Istituto Veneto di scienze, lettere ed arti LXVIII, 857 sqq. H. Br.

340. Im Jahre 1907 wurde in Bologna eine Kommis- sion für die Geschichte der Universität Bologna begründet, welche die Studi e Memorie per la storia dell' Universitä di Bologna herausgibt und jetzt (Bologna 1909) den ersten Band eines Chartularium studii Bononiensis hat erscheinen lassen. Der Band ist bearbeitet von Luigi N a r d i und Emilio 0 r i o 1 i und mit einem Vorwort von dem Sekretär der Kommission, Albano So r belli, ver- sehen. Die Urkunden sind zum Teil im vollen Wortlaut abgedruckt, zum grossen Teil werden nur Auszüge oder ßegesten geboten, da im wesentlichen nur das gegeben werden soll, was sich auf Professoren, Studenten und über- haupt auf das Studium bezieht. Die Urkunden werden in 5 Abteilungen zusammengefasst, nämlich solche aus dem Registro grosso (ältestem Kopialbuch der Stadt) 1189 1278, aus dem Registro nuovo (dem jüngeren Kopialbuch) 1203 1447, Prozesse und Urteile nach Originalen und Abschriften 1204 1272, aus dem Archive der Dominikaner von St. Johannes Bapt. (jetzt im Staatsarchiv zu Bologna) 1159. 1214 1499, aus dem Archive der Augustiner -Ere- miten zu St. Jakob (jetzt im Staatsarchive) 1271 1457. Am Schlüsse folgt ein chronologisches Verzeichnis aller Stücke. Die älteren und wichtigeren Urkunden aus den

Nachrichten. 641

beiden Registern waren zum grossen Teil schon von Savioli oder Sarti herausgegeben. 0. H.-E.

341. Im Archivio storico Lombardo, serie IV, anno XXXVI, fasc. 22, p. 315 386 steht der Schlussteil des N. A. XXXIV, 299 f., n. 192 .erwähnten Aufsatzes von Giovanni Collino: La guerra Veneto -Viscontea contro i Carraresi nelle relazioni di Firenze e Bologna (1388).

O. H.-E.

342. In Quellen u. Forschungen aus Italien. Archiven u. Bibliotheken XII, 271 ff. setzt F. Schneider unter dem Titel 'Toscanische Studien IV' seine interessanten Veröffentlichungen teils völlig unbekannter, teils in Fickers Regesten nur zitierter Eeichssachen fort. Es sind 27 Stücke aus den Jahren 1240 1250, der Amtszeit Pandulfs von Fasanello und Friedrichs von Antiochien zugehörig, zu- meist aus dem Sieneser Archiv stammend. Von besonderem Interesse ist bei einzelnen Stücken die praktische Verwer- tung des römischen Rechts, die in der Einleitung ausführ- lich und sachkundig erläutert wird. Zu beanstanden ist nur auf S. 275 der Ausdruck 'Ungehorsams- oder Hoch- verratsdelikt', da man mit ersterem üblicherweise vielmehr das Delikt des gerichtlichen Ungehorsams, die 'contumacia', bezeichnet. E. C.

343. Vierunddreissig Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte der Universität Pisa aus den Jahren 1343 1564 hat Carlo Fedeli 1908 in seinen Documenti pontifici riguardanti l'universitä di Pisa veröffentlicht, die seither in den Verlag von Löscher & Comp, in Rom über- gegangen sind. Beigegeben sind auf 10 Tafeln in Licht- druck die Gründungsurkunde und eine Anzahl der wich- tigsten Schriftstücke des Werkes. L. v. E.

344. In der Revue des etudes juives L (1905), 129 135 gab A. A. B e r n a r d y 16 Schriftstücke der zweiten Hälfte des 15. Jh. zur Geschichte der Juden in der Re- publik San Marino heraus. E. M.

345. In der Viertel] ahrsschrift für Sozial- und Wirt- schaftsgesch. 1909 S. 486 ff. veröffentlicht L. M. Hart- mann eine interessante Urkunde aus A m a 1 f i vom J. 1009, aus der wir erfahren, dass der Herzog Sergius IL von Amalfi, sein Grossvater und sein Vater bei einem Saraceneneinfall gefangen genommen waren; da Sergius' Grossvater Manso 1004 gestorben ist, muss dieser Einfall vor 1004 stattsrefunden haben. Wenn nun aber H. ihn mit

642 Nachrichten.

dem durch die Intervention der Normannen bekannten Saracenenangriff auf Salerno in Verbindung bringen und diesen mit Amatus und seinen Ableitungen ins Jahr 1000 verlegen will, so kann ich dem durchaus nicht zustimmen; denn der Angabe des Amatus ist die der verlorenen Ba- renser Annalen, aus denen Lupus protosp. und der Anon. Barensis schöpfen, m. E. durchaus vorzuziehen: sie setzen die Belagerung Salernos ins Jahr 1016. Und gar nicht vermag ich der Auffassung Hartmanns beizutreten , dass 'Lupus u. A.' deshalb das Jahr 1016 eingesetzt hätten, 'weil durch die Einfügung der Erzählung von der Einladung, die an die Normannen in ihre Heimat ergangen sein soll, das erste Erscheinen der Normannen bei der Belagerung von Salerno mit der Hülfe , welche andere Normannen dem Melus 16 Jahre später brachten, künstlich in einen ursäch- lichen Zusammenhang gebracht wurde' u. s. w. Lupus und der Anon. Barensis wissen ja gar nichts von dem Erscheinen der Normannen bei Salerno oder von einer au sie er- gangenen Einladung: beides erzählt ja gerade Amatus.

H. Br.

346. In der Bibliotheque de l'ecole des chartes LXX, 313—334 berichtet L. Auvray über die Hs. 302 der Stadtbibliothek zu Perugia, auf deren Bedeutung zuerst Bethmann aufmerksam geworden war. Die ersten zwei Quaternionen enthalten Briefe Gregors IX., doch so, dass der Text nicht von der ersten auf die nächste Lage hinüberreicht, sondern eine Lücke unbekannten Umfangs aufweist. Der zweite Teil der Hs. enthält die Formular- sammlung des Richard von P o f i. Auvray hält, wovon ich nicht überzeugt bin, den ersten Teil für Bruchstücke aus dem offiziellen Register Gregors IX. Von den 83 Schreiben sind 71 bisher unbekannt; manche unter ihnen bieten wichtige Ergänzungen zu unseren Epistolae saec. XIII. und verlangen dringend nach Volldrucken an Stelle der meist kurzen Eegesten, die Auvray von ihnen mitteilt. M. T.

347. Arturo S e g r e hat im Archivio storico Italiano, Serie V, t. XLIII, disp. I (1909), p. 27—95 22 Briefe des Christoforus von Piacenza, Prokurators Lud- wigs IL Gonzaga, des Herrn von M a n t u a , am päpst- lichen Hof in Avignon, aus den Jahren 1371 1376 an seinen Herrn nach den im Archiv Gonzaga befindlichen Originalen herausgegeben. Die Depeschen sind von

Nachricliten. 643

grösstem Interesse, sie sind voll der wertvollsten poli- tischen Nachrichten nnd erweitern die Kenntnis dieser Epoche in bedeutendem Masse. O. H.-E.

348. Einen Traktat des Kardinals Elziarius de Sabrano über Urbans VI. Wahl (Sept. 1378) druckt Fr. Bliemetzrieder aus cod. Lat. 62 der Bibl. des Merseburger Domkapitels und cod. Lat. 594 der Bonner Univ. - Bibl. in den Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und dem Cistercienser- Orden, Jahrg. XXX (1909), 295 ab. B. B.

349. Er. Bliemetzrieder veröffentlicht in den Anal, pour serv. ä l'hist. eccl. de la Belgique XXXV, 377 sqq. aus einer Baseler Hs. die 'Epistola et appellacio cleri Flandrensis' gegen die Bedrückungen des Papstes Cle- mens VII. von 1379. A. H.

350. In einem Aufsatz 'Das Fragment der Epistola concordiae K o n r a d s von Gelnhausen im Cod. XI. C. 8 (jetzt 2032) der Prager Universitätsbibliothek' in den Mitteilungen des Vereines für Greschichte der Deutschen in Böhmen Jahrg. XLVIII (1909), 18 ff. setzt sich Fr. Bliemetzrieder mit den darüber bisher ge- äusserten Ansichten von Lindner, H. Kaiser und A. Kneer auseiüander und kommt zu dem Ergebnis, dass 1. dieses Fragment mit dem Begleitschreiben zur selben Epistola an Kurfürst Euprecht von der Pfalz im cod. Palat. 592 dessen Edition angekündigt wird in eine Linie zu stellen, also als ein Stück des Begleitschreibens zur Epistola an König Wenzel von Böhmen aufzufassen ; 2. als dessen Entstehungszeit 1380, eher noch 1381 an- zunehmen sei. B. B.

351. E. Wolkans Ausgabe der Briefe des E n e a s Silvius Piccolomini schreitet rüstig vorwärts, so- dass schon heute auf ihre Fortsetzung (über den ersten Teil vgl. N. A. XXXV, 315, n. 154) verwiesen werden kann. Sie umfasst im ganzen 118 Briefe aus den Jahren 1443 bis 1445, derart dass solche ohne Datum (n. 106 118) an den Schluss der Edition gestellt sind. Es sind Schriftstücke von der Hand des Eneas, die er im amtlichen Auftrage verfasste, also auch solche, die z. B. König Friedrich III. oder Kaspar Schlick als Aussteller nennen. Die äussere Einrichtung der Ausgabe ist die ihrer früheren Abteilung geblieben, immerhin finden sich ihr beigefügt eine Vergleichstafel mit den älteren Ausgaben und den

644 Nachrichten.

Reg-esten von G. Voigt, sodann ein Orts- und Personen- register für beide Teile. Auf den sachlichen Inhalt der Briefe ist hier nicht einzugehen, nur dem Wunsche Aus- druck zu geben, dass sie nicht allein eifrige Fortführung, sondern auch Benutzung erfahren möchte. (Der Brief- wechsel des Eneas Silvius Piccolomini. I. Abteilung : Briefe aus der Laienzeit (1431 1445). 2. Band: Amtliche Briefe. Wien, G. Holder 1909, 216 S.; a. u. d. T. : Fontes rerum Austriacarum, II. Abt., 62. Bd.). A. W.

352. Unter den 74 Beilagen des Buches 'La maison d'Armagnac au XV. siecle et les dernieres lüttes de la feodalite dans le midi de la France' von Ch. S a m a r a n (Mem. et doc. publ. par la soc. de l'ecole des chartes VII, Paris 1907, XXI und 523 SS.) befinden sich auch (n. 20 und 21) zwei Schreiben Papst Pins' IL aus den Jahren 1459 und 1460 in der Angelegenheit des skandalösen In- cestes des Grafen Johann V. von Armagnac mit seiner Schwester Isabella, zu dessen Rechtfertigung der Eeferen- darius curiae Ambrosius von Cambrai mit Hülfe des Neffen des Papstes Calixt III., ßodrigo Borgia, durch den päpst- lichen Schreiber Johann von Volterra eine angebliche Dispensbulle Calixts III. hatte fälschen lassen, die auf Pius' IL Veranlassung vermittelst der Register entlarvt wurde. E. M.

353. In den Beilagen zu seinem Aufsatz über die Stände der Grafschaft Venaissin druckt J. G i r a r d u. a. eine Supplik der Stände an den Papst oder das Baseler Konzil vom Jahre 1432 und ein Breve Pius' IL vom 14. Dez. 1463. E. M.

354. W. Brandes hatte sich in seinen Ausführungen über die Anfänge der lateinischen Rhythmik u. a. auch auf einige Grammatikerzitate gestützt. W. Meyer geht in seiner äusserst scharfen Erwiderung 'Die drei Arezzaner Hymnen des Hilarius und etwas über Rythmus', Nachr. d. Kgl. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göttingen 1909 S. 373 ff. über die sonstige Beweisführung kurz hiuAveg und beschränkt sich darauf nachzuweisen, dass sämtliche Zeugnisse der Grammatiker über Rhythmus mit der mittel- lateinischen Rhythmik nicht das geringste zu tun haben, sondern die [xelr], die griechischen Lyriker und lyrischen Partien der Dramatiker, angehen. (Der erste, der die mittel- alterliche sogenannte rhythmische Dichtung mit diesem Namen bezeichnet, ist Beda). Wenn einmal einer, Pa-

Nachrichten. 645

laemon, an seine Darlegungen die Worte knüpft 'ut puta veluti sunt cantica poetarum vulgarium', so bleibt er doch damit innerhalb des Herrschaftsgebietes der Quantität. Als Anhang folgen die 'Aeusserungen antiker Grammatiker über Rhythmus', 39 Nummern. Der zweite Teil behandelt in der gewohnten Weise die Arezzaner Hymnen, die für Dichtungen des Hilarius erklärt werden, und im Anschluss an den dritten, der in quantitier enden troch. Septenaren gebaut ist, aber die erste Vershälfte, den troch. Dimeter, stets in zwei Dipodien zerschneidet, über die Caesur des troch. Dimeters und die Arten der rhythmischen trochae- ischen Achtsilber der älteren Zeit. K. Str.

355. In der Byzant. Zeitschr. XVIII, 309 ff. ver- öffentlicht P. Maas mit zwei italienischen Gelehrten M e r c a t i und G a s s i r i 'Gleichzeilige Hymnen in der Byzantinischen Liturgie', die bei den sonstigen vor- wiegend ungleichzeiligen Formen besondere Beachtung ver- dienen. Hier interessiert I, 6 Asiat cpcjovo-g ovoavie, denn die Aehnlichkeit mit gewissen frühmittellateinischen Hym- nen drängt sich, wie M. beuierkt, geradezu auf. Diesen Eindruck hat er noch durch eine Uebersetzung ins Latei- nische verstärkt. Aber wie ist diese Aehnlichkeit zu er- klären? Die verschiedenen Möglichkeiten: Zufall, Ab- hängigkeit des einen vom andern, werden abgelehnt zu Gunsten einer gemeinsamen Quelle, die Maas in jener Kraft sieht, 'die aus den gleichen neuen liturgischen Be- dürfnissen auf der gleichen neuen sprachlichen Grundlage (expiratorischer Akzent, Verlust der Qnantitätsunterschiede) im Osten wie im Westen der christlichen Welt ähnliche elementare Formen mit Notwendigkeit schuf (vgl. Maas ebenda XVII, 245). Aber es ist denn doch auffallend, dass dieser Hymnus in der byzant. Liturgie so vereinzelt dasteht, und die Uebereinstimmung mit der frühmittel- lateinischen Hymnendichtung, die, wie M. selbst hervor- hebt, vier Strophen vor der Doxologie bevorzugt, wird dadurch auch nicht erklärt. Sollte nicht doch vereinzelte Nachbildung eines lat. Hymnus vorliegen? Trotz der ge- wichtigen Gegengründe, die vorgetragen werden, erscheint mir diese Erklärung die probabelste zu sein. K. Str.

356. Unter der Ueberschrift 'Dies irae' handelt Karl Strecker, ausgehend von einem alten unbekannten, sehr verdorbenen Rhythmenfragment über die zahlreichen älteren Rhythmen, die das jüngste Gericht behandeln, ihre Verwandtschaft unter einander, ihre Abhängigkeit von

646 Nachrichten.

einander und von Ephrem. (Zeitschrift für Deutsches Alt. LI, 227—255). O. H.-E.

357. In den Studi storici XVIII, fasc. 2, p. 201—207 gibt A. Crivellucci, Una poesia di Paolo diaeono at- tribuita a Paolino d'Aquileia, andere Lesungen oder Kon- jekturen zu dem von Karl Neff, Die Gedichte des Paulus diaconus (Quellen und Untersuchungen . . begr. von Traube III, 4) im Anhang IX erstmalig veröffentlichten Gedicht 'Perge, libelle mens'. Nach seiner Vermutung ist es nicht von Paulinus von Aquileia, sondern von Paulus diaconus verfasst, im Jahre 782, als er sich zur Eeise ins Frankenreich anschickte, um die Befreiung seines Bruders zu erlangen, und ist an Herzog Arichis und seine Gemahlin Adelberga gerichtet. B. Schm.

358. Die Carmina Mutinensia haben die Lokalhistoriker in den letzten Jahren vielfach beschäftigt. Ihnen reiht sich jetzt Giulio B e r t o n i mit einer inter- essanten kleinen Schrift an 'II Ritmo delle scolte Mode- nesi' in Atti e Memorie della R. deput. di storia patria per le prov. Modenesi, serie V, vol. VI, Modena 1909. An die Tatsache anknüpfend, dass V. 11 16 notorisch interpoliert sind, wie schon der Befund der Hs. zeigt, scheidet er eine ganze Reihe von Interpolationen aus: V. 18 19 (falscher Reim!) und 31 34 wurden um 881 interpoliert, die Stücke 'Confessor Christi' um 900, der Einschub aus Liv. V, 47 nach 900. Die Aus- führungen sind sehr scharfsinnig, aber m. E. zu künstlich, um überzeugend wirken zu können. Sehr dankenswert sind die zwei beigegebenen Tafeln. Dass V. 11 16 nicht dazu gehören, sieht man auf den ersten Blick, ich verstehe nicht recht, warum Traube sie überhaupt, wenn auch in Klammern, in den Text aufgenommen hat. K. Str.

359. Im vorigen Heft S. 320 f., n. 165 hatte ich, ohne der Sache weiter nachzugehen, die Richtigkeit von Fr. Patettas Ergänzungen der Inschrift von Cittanova bezweifelt, weil sie dem rhythmischen Charakter des Er- haltenen durchaus widersprächen ; ich hatte dabei über- sehen, dass die Zeilen schon von W. Meyer als rhythmische Hexameter registriert waren. P a t e 1 1 a hat dann ein zweites, dickes Buch erscheinen lassen, Studi storici e note sopra alcune iscrizioni medievali, Modena 1907, und teilt darin S. 315 mit, dass G. Bertoni, Süll' iscrizione di Citta- nova, Modena 1908 seine Ergänzungen als 'ancor meno

Nachrichten. 647

fortunato dei mei predecessori' bezeichnet und selbst die Zeilen zu rhythmischen Hexametern ergänzt habe. Diese Kritik hat P. sehr übel genommen und erwidert in scharfer Weise, wobei die, allerdings in die Augen springende, ün- haltbarkeit von Bertonis Vermutungen dargelegt wird. Ob wir es mit rhythmischen Versen zu tun hätten, will er unberechtigter Weise unentschieden lassen. Wenn sie als solche aufzufassen sind, so glaubt er, an seinen früheren Ausführungen festhaltend, dass nicht nur die letzten Silben jedes Hexameters verloren gegangen seien, sondern in jeder Reihe zwei Verse gestanden hätten. Doch wird dadurch die Schwierigkeit der Er- gänzung nicht beseitigt. In einem andern Kapitel wird eine neue Ausgabe der Carmina Mutinensia von Bertoni wenig glimpflich behandelt. Aus dem sonstigen reichen Inhalt des Bandes erwähne ich Kap. 2 L'iscrizione sepolcrale di Azone mit Appendix I III u. a. m. K. Str.

360. Der gut orientierende kritische Aufsatz von Ph. Ch. Allen, Mediaeval latin lyrics in Modern Philology V u. VI ist jetzt mit dem vierten Teile, der Nachträge und Exkurse bringt, zu Ende geführt.

K. Str.

361. Auf die Feier des 50 jährigen Bestehens des historischen Vereins des Kantons St. Gallen, dessen Prä- sident der um die schweizerische Geschichtsforschung hochverdiente Hermannn Wartmann ist, hat Joh. Egli den Liber benedictionum Ekkeharts IV. nebst den kleineren Dichtungen aus dem Cod. S. Gall. 393 zum ersten Mal vollständig herausgegeben und erläutert (Mit- teilungen zur vaterländischen Geschichte XXXI = IV, F. 1). Der Herausgeber verdient in reichem Masse Dank und Anerkennung, dass er die mühevolle und entsagungs- reiche Arbeit unternommen hat, die Hs. des Dichters, die durch vielfältige Rasuren und Aenderungen schwer lesbar geworden war, zu entziffern, die verschiedenen von Ekke- hart versuchten Fassungen zu erforschen und die Verse in der Gestalt vorzulegen, in der sie des Dichters Reinschrift geboten haben würde. Mit beharrlichem Fleiss hat er die Quell- und Parallelstellen aus der Vulgata, den klassischen Schriftstellern, der hagiologischen und liturgischen Literatur (besonders Hymnen und Sequenzen) beigebracht und die kulturhistorisch interessanten benedictiones ad mensas durch einen sehr ausführlichen sachlichen Kommentar dem Verständnis erschlossen. Die Einleitung gibt nicht bloss

648 Nachrichten.

eine Würdigung der Verdienste und Werke dieses St. Gallischen Lehrers, sondern an Hand der von Ekkehart mit Notizen versehenen Handschriften entsteht eine Dar- stellung des ßildungsstandes und Wissensumfauges, die man damals in St. Gallen erwerben konnte. Dass einzelnes zu ■weitläufig, anderes zu knapp oder gar nicht behandelt ist, lässt sich bei einer Erstausgabe entschuldigen ; z. B. sind die meisten Belegstellen für die Sprichwörter aus den Casus genommen ; die ganz kurzen Bemerkungen über die Sprache Ekkeharts basieren mehr auf jenem prosaischen Werk als auf den hier veröffentlichten Versen, über deren Formen der Herausgeber allzuwenig sagt. Auf zwei von den 3 beigegebenen Tafeln sind die mit Neumen ver- sehenen Strophen der Ekkehart sehen Uebersetzung des E a t p e r t sehen G a 1 1 u s liedes nachgebildet, dessen Zeilen- und Strophenbau Wilhelm Meyer kürzlich in den Göt- tinger Nachrichten 1908 S. 45 58 erklärt hat. Der von Egli zweimal erwähnte C o m p u t u s von Ekkeharts Lehrer N o t k e r ist ausser in dem vergriffenen Einsidler Programm abgedruckt bei Piper, Nachträge zur älteren deutschen Litteratur S. 312 318 nach einer von Steinmejer in München gefundeneu Hs. ; eine aus St. Gallen stammende Abschrift des XL Jh. enthält die s. Z. von Büdinger be- handelte Sammelhs. C 176 der Zürcher Kantonsbibliothek.

J. W.

362. Aus dem Palpanista des dem 13. Jh. angehörigen westfälischen Dichters Bernhard von der Geist, welches Gedicht in 18 Hss. und 3 alten Drucken vorliegt, hat Hans Richter in den Hansischen Geschichtsblättern, Jahrg. 1909, 2. Heft, S. 475—481 ein Stück von 67 Versen, das städtisches Leben, eine Trink- und Prügel -Scene in einem Weinhause behandelt, nach der ältesten Hs. ab- gedruckt und erläutert, aber der gegebene Text ist nicht ganz fehlerfrei, das sinnstörende Komma aber in V. 541 zwischen 'cruor fusus' doch wohl nur durch Druckfehler hineingekommen. O. H. - E.

363. Eine Darstellung der Lebensgeschichte des Johannes de Garlandia fehlte bisher, darum ist ein Aufsatz von E. H a b e 1 in den Mitteilungen der Ge- sellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte 1909 sehr nützlich 'Johannes de Garlandia, ein Schulmann des 13. Jh.'. Die wichtigsten Daten seines Lebens werden festgestellt und dann seine poetischen Werke sowie seine zahllosen Schul- und Lehrbücher besprochen. Veranlasst

Nachrichten . 649

ist diese Arbeit durch Habeis Ausgabe des Cornutus: 'Der deutsche Cornutus. I. Teil. Der Cornutus des Johannes de Garlandia, ein Schulbuch des 13. Jh., Berlin, Mayer u. Müller'. K. Str.

364. Dem Mönchshof bei Manebach und seinen Be- ziehungen zum 'tugendhaften Schreiber' ist eine kleine Untersuchung von H. Hess in den Mitteilungen der Vereinigung für Gothaische Geschichte und Altertums- forschung, Jahrg. 1908/9 S. 97 101 gewidmet, die sich be- sonders mit der Persönlichkeit des 'tugendhaften Schreibers', des ßitters und Minnesängers Heinrich von Weissensee, der in der ersten Hälfte des 13. Jh. mehrere Jahrzehnte der landgräflich - thüringischen Kanzlei vorstand , be- schäftigt. E. P.

365. In der Zeitschrift für Deutsches Altertum Bd. LI, 143 156 führt in einem Aufsatz über 'Erfurter Dichter des 13. Jh.' Edward Schröder aus, dass Eber- n a n d , der Erfurter Dichter von 'Heinrich und Kuni- gunde', in der Tat ein Bürger war, wie G. Priest in seiner Dissertation über diesen Mann (vgl. N. A. XXXIII, 274 f., n. 147) annahm, dass er wahrscheinlich zu identifizieren ist mit Ebernandus luvenis (dem Stammvater der Erfurter Bürgerfamilie 'Jung'), der in Urkunden von 1212 1217 erscheint. Mit grosser Wahrscheinlichkeit weist Seh. auch den Dichter der 'Frauenzucht' S i b o t e Erfurt als seiner Vaterstadt zu und handelt über die wahrscheinliche Heimat des von Rudolf von Ems erwähnten und im Wartburg- kriege auftretenden Dichters B i t e r o 1 f, freilich ohne da zu einem sicheren Ergebnis zu kommen. O. H.-E.

366. In einem äusserst lichtvollen Akademievortrag, gehalten 1905, 'über den Prosadialog Der Ackermann von Böhmen', aber erst jetzt in völlig umgearbeiteter Form 'Ueber den Satzrhythmus der deutschen Prosa' er- schienen, gibt K. B u r d a c h reiche Belehrung über die Entwickelung des Stiles. 'In dem Italien des ausgehenden 11. Jh. liegen die Wurzeln der literarischen und gram- matischen Ausbildung der modernen europäischen National- sprachen'. Der grundlegende Unterschied zwischen der modernen deutschen und der mittelhochdeutschen Sj)rache ist weniger in Lauten und Formen, er ist in der Syntax, insbesondere in Wort- und Satzstellung und Satzbildung zu suchen. Dieser Aufschwung geschah auf Grund einer unerhörten Verfeinerung des rhythmischen Satzbaues, einer

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sorgfältigen Durchbildung des rhythmischen Satzschlusses, über dessen Entwickelung das nötige mitgeteilt wird. In dem mit Spannung zu erwartenden zweiten Teile wird die Frage behandelt werden, wann der Kursus in die deutsche Schriftsprache eintrat. K. Str.

367. Im Archivio storico Italiano, serie V, t. XLIII, disp. 1 (1909), p. 96 110 handelt Augusto ßeccaria über den Plan der Ausgabe einer Sammlung sämtlicher italienischer Inschriften des Mittelalters und entwickelt zum Schluss das Programm einer Sammlung der Inschriften von Florenz, die von ihm und anderen Floren- tiner Gelehrten vorbereitet wird. 0. H.-E.

368. In den Atti e memorie della R. deput. di stör. patr. per le provincie di Romagna, III. ser., vol. XXVII, fasc. 1 3, p. 62 70 erörtert F. Lanzoni, II primo vescovo di Comacchio, den viel und in sehr ver- schiedenen Lesungen herausgegebenen Text einer Inschrift in Comacchio und zieht die historischen Folgerungen aus seiner Lesung. B. Schm.

369. Gustav Schnürer hat in den Collectanea Friburgensia fasc. 19 (N. F. fasc. 10, Freiburg 1909) das Nekrolog des Cluniacenser Priorates München- w i 1 e r bei Murten in der Schweiz sorgfältig heraus- gegeben. Es ist zu Beginn des 12. Jh. von einer un- bekannten Frau Elsendis angelegt, im 12. und 13. Jh. dann um nahezu ebensoviel, als der ursprüngliche Bestand be- trug, vermehrt worden. Im 15. Jh. sind nur noch wenige Notizen hinzugefügt. Die bestimmbaren Personen sind in den Anmerkungen identifiziert, alle Namen in das Register aufgenommen worden. In der Vorrede wird eingehend über das, was wir von der Geschichte des Priorates wissen, und die Hs. des Nekrologs gehandelt. Beigegeben ist das Martyrolog des Stiftes und drei Traditionsnotizen und einige andere kleinere Stücke aus derselben Hs. Von den letzteren nenne ich einen neuen Text der kurzen Prophe- zeiung auf den Kreuzzug des Königs Ludwig IX. von Frankreich, die schon durch vierfache Heb erlief erung in zwei Rezensionen bekannt war, und einen ebenfalls schon aus anderer Ueberlieferung bekannten angeblich in Jeru- salem vom Himmel gefallenen Brief des Herrn. 0. H.-E.

370. Osw. V. Zingerle hat in einem eigenen Bande 82 mittelalterliche Inventare aus Tirol und Vorarl- berg herausgegeben (Innsbruck 1909). Die kultur- und

Nachrichten. 651

sprachgeschichtlich wichtigen Verzeichnisse gehören alle dem 15. Jh. an und stammen mit wenigen Ausnahmen aus dem Innsbrucker Statthalterei- Archiv. Personen- und Orts-, Wörter- und Sachen- Verzeichnis machen fast die Hälfte des Bandes aus. H. H.

371. Im Bulletin de la soc. de l'histoire de Paris XXXVI, 79 sqq. druckt und erläutert L. Le vi Ilain ein Verzeichnis der Einkünfte der mensa von S t. - D e n i s aus der Zeit Hilduins (832) nach dem beschädigten Original.

H. W.

372. Im XLV. Bd. der Verhandlungen des historischen Vereins für Niederbayern beendigt Th. Mayer die Publi- kation der zwei Passauer Mautbücher aus den Jahren 1400—01 und 1401—02 (vgl. oben S. 324, n. 176) und fügt Erläuterungen über das Passauer Niederlagsrecht, über Handel und Maut von Passau hinzu. H. H.

373. In der Revue Bourguignonne XVII (1907), 19 104 veröffentlicht L. S t o u f f die Rechnungen über den oberelsässischen Besitz der Katharina, Tochter Herzogs Philipp des Kühnen von Burgund, Witwe Herzogs Leopold des Stolzen von Oesterreich, aus den Jahren 1424 —1426. E. M.

374. Von den Beiträgen, mit denen sich eine neue Zeitschrift, das 'Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg ' (im Auftrage des histor. Ver. Dillingen herausge- geben von Prof. Dr. Alfred Schröder, 1909) recht empfehlend einführt, kommen ausser der oben n. 234 erwähnten Arbeit für uns hauptsächlich zwei in Betracht : M i e d e 1 , Be- siedelungsgeschichte des Amtsbezirks Schwabmünchen (I, 1 22) und Riedner, 'Besitzungen und Einkünfte des Augs- burger Domkapitels um 1300' (I, 43 90. Hier wird aus einer Hs. des Bayr. Reichsarchivs in München ein Urbar des Domkapitels aus dem ersten Jahrzehnt des 14. Jh. ab- gedruckt und sachkundig erläutert). M. T.

375. 'Die wirtschaftsgeschichtlichen Quellen des Stiftes Niederaltaich' führt uns Herzberg- Fränkel in schwieriger, ergebnisreicher und in diesen Ergebnissen überzeugender Forschung vor (Mitteil. d. In- stituts f. Oesterr. Geschichtsf., VIII. Ergänzungsband, 1. Heft, 1909, S. 1—130). Wir lernen auf diesem Gebiete den unermüdlichen Sammeleifer des Abtes Hermann von Altaich (1242 1273) erst recht kennen, den wir bisher einseitig fast nur als Chronisten beachtet hatten. H. -Fr.

Neues Archiv etc. XXXV. 42

652 Nachrichten.

untersucht vor allem die jetzt im Wiener Staatsarchiv als Cod. 581 verwahrte Hs. Hermanns; er weist nach, dass ihre beiden Teile ganz verschiedene Werke sind, die stoff- lich und zeitlich scharf auseinander rücken. Auf den

1. Teil, das 'Merkbuch' oder den 'Codex hirsutus', wie man ihn in Altaich selbst benannte, folgte zunächst die Anlage des grossen Urbars, das im Cod. CM 39 des Münchener Reichsarchivs vorliegt, und erst gegen Ende der Abtzeit Hermanns (1272) die Neuredaktion des Urbars, die den 2. Teil der Wiener Hs. ausmacht. In gleicher Weise wird die dieses Wirken Hermanns fortsetzende Tätig- keit des Abtes Wernhard (1289 1317) gewürdigt. Als Beilagen werden knappe tabellarische Zergliederungen des Inhalts der Wiener und Münchener Hs. gegeben. H.-Fr. hat seine Untersuchung als unerlässliche kritische Vorarbeit für eine Darstellung der Wirtschaftsgeschichte dieses be- deutenden Klosters angestellt, die er selbst zu bieten ge- denkt. Er fordert aber zugleich dringend eine kritische und geschlossene Neuausgabe dieser ganzen Ueberlieferungs- gruppe, indem er die in jeder Hinsicht unzulängliche und überdies an 7 Stellen zersplitterte Ausgabe von Chmel mit vollem Recht als unbrauchbar erklärt. Als kleinen Ab- leger seiner Untersuchung hat H.-Fr. in Bd. XXX, 337 344 über ein in der Münchener Hs. enthaltenes 'Niederaltaichi- sches Formelbuch' gehandelt; 2 für den kanonischen Zivil- prozess wichtige Stücke sind hier im Wortlaut mitgeteilt.

M. T.

876. Aus der Aktenserie 'Ambaxiatorum expensae 1367 1403' des Staatsarchivs in Genua publiziert F. Ga- botto im Giornale storico et letterario della Liguria IX (1908), 5 37 die Rechnungen zweier genuesischer Gesandtschaften des 14. Jh. Die erste ging 1367 an die Visconti, die zweite 1368 an K. Karl IV. nach Lucca. Aufgabe dieser zweiten Gesandtschaft war es, vom Kaiser die Ernennung des Dogen zum Reichsvikar über Genua zu erbitten. R. S.

377. In denHansischeuGeschichtsblättern, Jahrg. 1909,

2. Heft, S. 432 454 hat Karl Kunze die von einem Teil- nehmer aufgestellte Rechnung der Kosten einer Ge- sandtschaft der Hansa von Köln nach Brügge im J. 1425 herausgegeben. Es ist dies die Zweitälteste der im Kölner Stadtarchiv erhaltenen derartigen Rechnungen und besonders reichhaltig, daher auch recht ergiebig für Wirtschafts- und Kulturgeschichte. O. H.-E.

f

Nachrichten. 653

378. Im II. Jahresbericht der K. K. Staatsrealschule in Pola publiziert A. G n i r s aus dem Fragment eines Eechnungsbuches s. XV. des Landesmuseums von Görz eine Abrechnung über Ausgaben und zugehörige Einnahmen für das Söldneraufgebot Friedrichs III. im Krainer Krieg 1442 43. H. H.

379. In den SB. der Wiener Akademie, Philos.-Histor. Kl. CLXI , 5 gibt Kurt Käser ein Verzeichnis der in Wiener Archiven befindlichen Oesterreichischen Urbarien mit allen notwendigen und erwünschten An- gaben. Es sind darin fast alle heutigen deutschen Kron- länder Oesterreichs , am stärksten natürlich Nieder- und Ober-Oesterreich vertreten. O. H.-E.

380. Einen Beitrag zur Kritik des Martyrologium Hieronyminianum gibt F. S a v i o , Ün santuario poco noto di Roma e il martirologio Geroniminiano (Nuovo Bulletino di archeologia cristiana, Anno XV, n. 1 3, p. 5 17). Es handelt sich um den Bericht des Hieron. zum 4. Juni und benachbarten Tagen , nachgeprüft an neueren Ausgrabungen. B. Schm.

381. Dom Chr. Baur, 'St. Jean Ohrysostome et ses Oeuvres dans l'histoire litteraire', Löwen u. Paris 1907 (Univ. de Louvain, Eecueil de travaux publ. p. les membres des conf. d'hist. et de phil. 18) ist hier zu nennen, da er die Kenntnis des Kirchenvaters in der griechischen und in der lateinischen Kirche durch das ganze Mittelalter ver- folgt, nicht nur in der theologischen, sondern auch in der historischen Literatur, freilich wohl ohne Vollständigkeit zu erreichen. Den Hauptteil des Buches nehmen ein um- fangreiches Verzeichnis der Ausgaben von des Chrysostomos Werken und eine referierende Uebersicht der ihn betref- fenden Schriften ein. A. H.

382. Sehr nützlich für das Verständnis mancher früh- mittelalterlichen Quelle ist die neue Ausgabe der Hispe- rica Famina von F. C. H. Jenkinson (Cambridge 1908), der die bisher an verschiedenen Orten, vor allem von Mai, Stowasser und Zimmer veröffentlichten Stücke dieser seltsamen Literaturgattung und die verwandten Sprachdenkmäler in einem handlichen Bande vereinigt und ihre Benutzung durch ein Wörterverzeichnis erleichtert hat, das sicherlich oft gute Dienste leisten wird, wenn der Herausgeber auch auf Erläuterung und Erklärung des Wortschatzes verzichtet hat. Die Heimat ist nach den Dar-

42*

654 Nachrichten.

legmigen der Einleitung (S. XI) Irland, nicht das südwest- liche Britannien, wie Zimmer angenommen hatte. Zu. den Quellen, welche den Einfluss der Hisperica Famina ver- raten, füge ich die Briefe Columbans (ed. Gundlach, MG. Epist. III, 154 ff.) hinzu, in deren drittem p. 164, 37 unzweifelhaft im Hinblick auf die Hs. von Fleming ('tu- this') 'tithis' oder 'tethis' statt 'maris' zu lesen ist (vgl. Jenkinson S. 92 unter 'tithis' und die Ausführungen S. XIX ff. über Gildas); ebenso entspricht das Wort 'peltae' (= scuta) des 5. Briefes (p. 176, 13) dem Sprach- gebrauch der Famina (p. 38, 117). Hingewiesen sei auch auf die beigefügten wohlgelungenen Schriftproben. W. L.

383. In einem Anhange zu seinem Aufsatz über die alte Topographie von Monte Cassino in der Revue Bene- dictine XXV (1908), 277—303. 468—497 setzt sich G. Morin mit dem Buche von E. A. Low, Die ältesten K a 1 e n d a- r i e n aus Monte Cassino (Quellen und Untersuch, zur lat. Philol. des Mittelalters III, 3, München 1908) kritisch auseinander; einem Neudruck der dem 8. und 9. Jh. angehörenden Kaiendarien fügt er ein viertes von Low übersehenes ein und berichtigt in Anmerkungen dessen irrige Deutungen. E. M.

384. Im neuesten Heft des Philologus S. 396 macht M. Manitius auf den Donatkommentar des Lehrers und späteren Bischofs Erchanbert von Freising aufmerksam, der vermutlich früher geschrieben wurde als Hrabans Grammatik, wonach Erchanbert gewissermassen als der Begründer der grammatischen Studien in Ostfranken anzusehen wäre. Die Einleitung zur ars minor und maior werden (aus Clm. 14 846) mitgeteilt und einzelne Notizen zugefügt. K. Str.

385. Die Mem. de la soc. d'emul. du Jura, VIII. serie, II (1908) enthalten S. 1 49 einen Aufsatz von P.-A. P i d o u X über das in der Vatikanischen Bibliothek be- findliche Sacramentarium des Erzbischofs Hugo des Grossen, die älteste liturgische Hs. Besan^ons (1030), das u. a. auch die älteste Bischofsliste enthält. E. M.

386. In den Mem. de l'acad. de Vaucluse, 2. serie, V (1907), 115 122 beschreibt P. Pansier eine aus dem Kloster St. -Andre de Villeneuve stammende, dem Ende des 11. Jh. angehörige Hs. medizinischer Traktate, die einer ähnlichen älteren Monte - Cassineser Hs, verwandt ist.

E. M.

Nachrichten. 655

387. In den SB. der Wiener Akademie, Philos.-Histor. Kl. CLXIII, 1 vergleicht Anton E. Schönbach die zahl- reichen Geschichten, die von Caesar ins von Heister- bach in seinen Werken, dem Dialogus miraculorum, den Homilien de infantia salvatoris und den Fragmenta mira- culorum zweimal erzählt werden, dann auch solche, die er und Jakob und Vitrj und Stephan von Bourbon oder diese beiden allein erzählen, stellt die sehr starken Abänderungen fest, die bei der Wiedererzählung auftreten, und zieht daraus den Schluss, dass solche Stoffe von den Erzählern sehr frei behandelt, je nach dem obwaltenden Zweck um- gewandelt wurden. Er findet, dass die Züge der Er- zählungen fester gehalten wurden, wenn sie an bestimmte Personen, Orte und an bestimmte Zeit gebunden waren.

0. H.-E.

388. Der Aufsatz von P. Perdrizet über die älteste Beschreibung Lothringens, Mem. de la soc. d'archeol. Lor- raine et du musee bist. Lorrain VIIl (1908), 389—414, be- handelt das betreffende Kapitel aus dem Werke 'De pro- prietatibus rerum' des um die Mitte des 13. Jh. schreiben- den Minoriten Bartholomaeus Anglicus.

E. M.

389. F. Novati, Di un' ars punctandi erroneamente attribuita a Francesco Petrarca (ßendiconti del R. istituto Lombardo di scienze e lettere, ser. 11, vol. XLII, 83 118) beschäftigt sich auch allgemeiner mit den Grundsätzen der Interpunktion in Hss. im Altertum und M. -A. und gibt Auszüge aus verschiedenen Schriften, die, zumeist in der ars dictaminis, auch die Interpunktion behandeln.

B. Schm.

390. Auf Grund der von V. Kybal besorgten Edition der Regulae veteris et novi testamenti von Mathias von Janov hat A. Naegle in den Mitteilungen der Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen, Jahrg. XLVIII (1909), 1 ff. eine gute und anschauliche Charakteristik dieses den sogen. Vorläufern des Hussitentums beizuzählenden Mannes und seiner Schrift gegeben u. d. T. : 'Der Prager Kanonikus Matthias von Janov auf Grund seiner jüngst zum erstenmal veröffentlichten Regulae veteris et novi tes- tamenti'. N. beweist auch, wie unbegründet es ist, Mathias als einen Vorläufer Hussens, geschweige Luthers, als der er beispielsweise von Neander in einem Aufsatz in den Abhandlungen der K. Akad. der Wissensch. zu Berlin 1847

656 Nachrichten.

hingestellt wurde, anzusehen und begegnet sich hierin mit Loserth und Höfler. B. B.

391. Im Bulletin de la soc. d'art et d'hist. de Liege XVII, 385 sqq. handelt Dom Donatien de ßruyne unter Beigabe von 2 Lichtdrucktafeln über das Evangeliar von Maeseyck aus dem 8, Jh., die älteste Hs. Belgiens mit Miniaturen. A. H.

392. Die Miniaturen in der Hs. der Chronik von S. Vincenzo al Volturno (Cod. ßarberin. Lat. 2724) behandelt A. M u fi o z im Bullettino dell' Istituto storico Italiano (1909), 75 90. Er findet in den 64 Bildern des Codex die Hände von zehn verschiedenen Künstlern ; die Behauptung Bethmanns (Archiv XII, 386), dass ein Teil der Miniaturen nach älteren Vorlagen kopiert sei, bestreitet er. Zwei Facsimile -Tafeln sind beigegeben. E. S.

393. In Conference des societes savantes, litter. et artist. de Seine- et- Oise III (1907), 173 179 handelt Beaufils über die Arten der Anwendung des Goldes in mittelalterlichen Miniaturen. E. M.

394. Der N. A. XXXIII, 280, n. 161 angezeigte Aufsatz von J. Berthele über eine angebliche Papier- mühle im Fluss Herault im Jahre 1189 ist auch in den Mem. de la soc. archeol. de Montpellier, 2. serie, III (1907), 319—334 abgedruckt. E. M.

395. Ueber Johannes Sensenschmid, einen be- rühmten Buchdrucker aus Eger, geboren daselbst zwischen 1422 und 1432, gest. vor 1493, handelt unter genauer Ver- zeichnung seiner 66 Werke, die sich von 1470 1490 ver- folgen lassen, K. S i e g 1 in den Mitteilungen des Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen Jahrg. XLVIII (1909), 38 fE. B. B.

396. Im Nederlandsch Archievenblad von 1909 n. 4 gab R. F r u i n wieder Untersuchungen über den J a h r - a n f a n g , nämlich in Seeland in der Zeit von 1456 bis 1534 und in dem zum Bistum Lüttich gehörigen Teil von Brabant seit 1333, er wies die Annahme zurück, dass im Bistum Lüttich 1079 1229 die Indiktion vom 1. Januar gerechnet worden wäre, während das Inkarnationsjahr mit Weihnachten begonnen hätte, gegenüber der allgemeinen Meinung, dass beim Gebrauch der Indictio Romana deren

Nachrichten. 657

Beginn mit dem Anfang des Inkarnationsjahres zu- sammenfiel. O. H. -E.

397. In 'Nouvelles recherehes sur la Chronologie medievale en Flandre' setzt sich C. Callewaert in den Ann. de la soc. d'emulation de ßruges LIX, 153 sqq. weiter mit seinen Kritikern auseinander. Seine Ergebnisse für die flandrische Chronologie bis zum Ende des 12. Jh. sind: die Jahresanfänge mit Ostern, mit dem 25. März und dem 1. März kommen nur als ganz seltene Ausnahmen vor; allgemein üblich war der Jahreswechsel nicht am 1. Januar, sondern zu Weihnachten ; die neuerdings von Acht (s. oben S. 329, n. 194) behauptete und von Callewaert für viele Fälle anerkannte Umsetzung der Indiktion mit Ostern, wenn man hier das neue Jahr begann, kommt in Flandern nicht vor, wo wir sonst römische, griechische und Beda- nische Indiktion nebeneinander treffen; ausser der mit dem 1 . Januar umsetzenden römischen Epakte kannte man auch die vom 1. September an zählende ägyptische.

A. H.

398. Dr. Gustav Schöttle in Tübingen, dem wir u. A. den Nachweis der bisher ungekannten Pfennige der Pfalzgrafen von Tübingen verdanken, hat kürzlich wieder zwei Abhandlungen zur schwäbischen Münz- geschichte veröffentlicht. Die eine : das Münz- und Geldwesen der Bodenseegegenden des Allgäus und des übrigen Oberschwaben im 13. Jh. betitelt, die in der Wiener Numismatischen Zeitschrift, N. F. II. Band erschien, behandelt das Konstanzer Müuzgebiet nach seiner Ent- stehung, seinen Münzstätten, Umfang u. s. w. und ins- besondere die Münzordnung vom J. 1240, die zweite, ein Sonderabdruck aus der Geschichte der Stadt Lindau, be- trifft das Münz- und Geldwesen dieser alten Reichsstadt. Die Münzstätte zu Lindau war königlich und blieb es bis 1302, in welchem Jahre sie König Albrecht I. an den dortigen Bürger Konrad Holle verpfändete. Auf gleichem Wege erhielt sie 1315 Winman Kitzi von König Friedrich dem Schönen. Von da ab verblieb die Ausübung des Münzregals zu Lindau über ein Jahrhundert lang in Be- sitz der Familie Kitzi, diese durfte jedoch weder Münzfuss noch Gepräge ändern. Beides wurde erst 1415 durch König Siegmund gestattet. Die Stadt erkaufte zwei Jahre später das Münzamt samt der Gold- und Silberwage mit allen Rechten von Marquard Kitzi, hat jedoch, wie es scheint, erst seit dem J. 1663 gemünzt. L. v. E.

658 Nachrichten.

399. 'Umrisse einer Münzgeschichte der a 1 1 - österreichischen Lande im Mittelalter' veröfiEentlicht A. Luschin von Ebengreuth als erweiterten Fest- vortrag in der Numismatischen Zeitschrift N. F. IL Bd. 1909. Ein erster Abschnitt behandelt das frühe Mittel- alter bis 1150, in weiteren Unterabteilungen von je 50 Jahren wird der Stoff bis z. J. 1500 behandelt. Jedem Abschnitt ist eine Literatur - Uebersicht vorangestellt, dann folgt die chronologische Eeihe der Quellenzeugnisse als höchst willkommene Regesten über die wichtigsten Er- kenntnisse und Tatsachen der Münzgeschichte, daran schliessen sich ausgewählte Abbildungen von Münzen ; den Schluss macht eine Darstellung der Münzentwickelung in den betreffenden Zeitabschnitten, die in klarem Fluss und kurzen Leitsätzen die Ergebnisse fremder, vor allem aber führender eigener Forschung zusammenfasst. Nur ein Meister des Stoffes vermochte dies alles auf dem knappen Eaum von 54 Seiten zusammenzudrängen. S. 8, Regest 21 wird eine münzgeschichtlich wichtige Stelle des Kreuzzugs- berichtes Tagenos aus der Hs. der Grazer Universitäts- bibliothek mitgeteilt. M. T.

400. Mit dem österreichisch -schlesischen Münz- wesen beschäftigt sich ein Aufsatz von E. R z e h a k in der Zeitschrift für Geschichte und Kulturgeschichte Oesterreich- Schlesiens, Jahrg. III, 30. Im ersten Teil wird über den Troppauer Heller als schlesische Städtemünze im 15. Jh., im zweiten über die Jägern- dorfer Groschen unter Kg. Mathias Corvinus von Ungarn gehandelt. Im ersten Teil wird auch die Urkunde der Herzoge von Troppau Wenzel, Niklas, Wilhelm und Ernst, in der sie den Städten Troppau, Leobschütz und Zuckmantel die Prägung der Hellermünze übertragen, dd. 4. Okt. 1433 Troppau, aus einem Koj^ialbuch s. XVII ab- gedruckt, ebenso die, durch welche Troppau und Leob- schütz 1434 sich dahin einigen, dass die Münze aus- schliesslich in Troppau sein und dass die Bürger dieser Stadt drei Jahre, die von Leobschütz und Zuckmantel zu- sammen das vierte Jahr daselbst prägen sollen. Die drei Typen dieser Heller werden in guten Darstellungen vor- geführt. Ebenso die Jägerndorfer Groschen des Königs Mathias, die sog. 'Mathieser', die als halbe und ganze Groschen 1475 geschlagen worden sind. B. B.

401. Die Münzen von Worms im Auftrage von W. E. Nebel bearbeitet von Paul Joseph ist der Titel

Nachrichten. 659

eines Werkes, das 1906 zu Darmstadt in der Winterschen Buchdruckerei erschienen ist und den bekannten Heraus- geber der Frankfurter Münzzeitung- zum Verfasser hat. Die münzg-eschichtliche Einleitung im ersten Viertel des Buches behandelt das Münzrecht, die Münzerzeugung (Münzer und Hausgenossen) und die verschiedenen Wäh- rungen, welche vom Mittelalter bis in die neuere Zeit zu Worms üblich waren. Dann folgt ein kleiner urkundlicher Anhang und hierauf die Beschreibung der bekannten Wormser Gepräge, und zwar erst der kaiserlichen, dann der bischöflichen und zuletzt der städtischen Münzen. Die ältesten Münzen, die der Verf. anführt, sind Denare K. Ottos I., doch wird die Möglichkeit zugegeben, dass schon unter den Karolingern zu Worms gemünzt wurde. In der Tat gibt es einen Denar Karls d. Grossen, den Prou n. 941 unter den unbestimmten Münzstätten anführt, der schon für Worms in Anspruch genommen wurde. Er trägt auf einer Seite den Namenszug König Karls, auf der andern in den Winkeln eines Kreuzes die Buchstaben VORM oder AORM. Die Zuteilung dieses Pfennigs, von welchem der Fund von Ilanz eine Stempelverschiedenheit brachte, nach Worms ist jedoch bestritten, da andere diese Buchstaben ROMA auflösen. L. v. E.

402. Die Münz- und Geldpolitik der Stadt B a s e 1 im Mittelalter (Tübingen 1907) behandelt Bernhard Harms im 23. Ergänzungsheft der Bücherschen Zeit- schrift für die gesamten Staats Wissenschaften. Das Werk ist eine Vorarbeit zu der vom Verf. beabsichtigten Dar- stellung des Basler Stadthaushaltes im ausgehenden Mittel- alter und enthält in vier Abschnitten die Geschichte des Basler Münzwesens im 11 13. Jh., die Verpfändung der erzbischöflichen Münze an die Stadt, die Münzpolitik der Stadt und in systematischer Zusammenfassung der wich- tigsten Ergebnisse Nachrichten über Prägekosten, Schlag- schatz, Schrot und Korn und das Wertverhältnis von Gold und Silber. L. v. E.

403. üeber den Amtsiegelstempel des Komturs vom ehemaligen Deutsch - Ordens - Hause zu Burow (bei Koswig in Anhalt) handelt H. Siebert in den Mittei- lungen des Vereins für Anhaltische Gesch. u. Altertumsk. XI, 227—229. M. Kr.

404. Die Entwicklung der Stadtwappen von Troppau und Jägerndorf, deren erstes sich seit 1289, deren

660 Nachrichten.

zweites seit 1311 verfolgen lässt, behandelt E. Rzehak in Zeitschrift für Geschichte und Kulturgeschichte Oester- reichisch- Schlesiens, Jahrg. III, 84 ff. In der Gründungs- geschichte Jägerndorfs spielt bekanntlich eine falsche, nur in deutscher üebersetzung erhaltene Urkunde Kg. Heinrichs I. dd. Merseburg 27. Mai 926, die sich in den Turmknopf- dokumenten im J. 1739 vorfand, eine Rolle. B. B.

405. 'Das altdeutsche Handwerk' heraus- gegeben aus dem Nachlass von M. Heyne (Strassburg 1908) enthält die ursprünglich für den ersten Abschnitt des vierten Buches der deutschen Hausaltertümer be- stimmten Ausführungen H.'s über 'Das altgermanische Hausgewerbe und seine Ausbildung in der Zeit bis zum 10. Jh.', über 'Ansätze zu Grossbetrieben' und über 'Un- ehrliche Hantierungen'. Diese drei, die ältere Zeit be- handelnden, Abschnitte sind vollständig. Dagegen bricht die an vierter Stelle gegebene Schilderung der Entwicklung des deutschen Gewerbes vom 11. bis zum Anfang des 16. Jh. im Eingang der Grossbetriebe ab. Beigegeben ist eine Lebensskizze des Verfassers von Edw. Schröder und ein Sachregister. M. Kr.

406. In seinen 'Vraagstukken in de geschiedenis van Nijmegen's voortijd', Gelre, Bijdr. en mededeel. IX, 1 ff. handelt H. D. J. V a n S c h e v i c h a v e n u. a. über die berühmte Königspfalz daselbst und stellt unkritisch die Jahre zusammen , in denen ein König dort Aufenthalt nahm (bis zum J. 1213). Z. B. sind gleich unter Karl d. Gr. die Jahre 776, 779, 793, 796, 807, unter Ludwig d. Fr. 828 und unter Lothar 855, 856 zu streichen. Im besondern über die Burgkapelle zu Nimwegen spricht derselbe ebd. X, 67 ff. A. H.

407. Für die Topographie des mittelalterlichen Eom zu beachten ist der Aufsatz von R. Lanciani, II ricordo della 'domus aurea' nella topografia medievale di Roma (Rendiconti della R. accad. dei lincei. Gl. di sc. morali, Serie V, vol. XVIII, p. 224 230). B. Schm.

408. Im Archiv f. d. Gesch. des Hochstifts Augs- burg I, 23 ff. bespricht M. Kemmerich das Grabmal des Bischofs Wolfhard im Dom daselbst, das er der Zeit bald nach dem Tode des Bischofs (f 1302) zuweist.

E. C.

XL

Ueber den Brief Kaiser Ludwigs IL an den Kaiser Basilius I.

Von

Walter Henze.

Neues Archiv etc. XXXV. 43

Jjen Brief Kaiser Ludwigs II. an Basilius I. den Macedonier, den oströmisehen Kaiser, (Böhmer- Mühlbacher, Reg. 12, n. 1247 [1213]) hat uns der Mönch von Salerno in seiner Chronik (MG. SS. III, 521—527) aufbewahrt; er hat ihn ohne Quellenangabe seiner Erzählung der Ereig- nisse in Süditalien an richtiger Stelle eingefügt. Der zweite Teil des Briefes enthält des Kaisers erfolgreiche Kämpfe gegen die Sarrazenen, die Eroberung von Bari (2. Februar 871), seine bisherigen und seine geplanten Unternehmungen zur Befreiung Süditaliens von den Un- gläubigen, wobei er der griechischen Hülfe, namentlich in Hinblick auf seine Schwäche zur See, nicht entraten zu können meint. Der erste Teil des Briefes ist eine Recht- fertigung der karolingischen Kaiserwürde gegenüber der ablehnenden Haltung, die Basilius durch Versagen des Titels Imperator, bzw. ßaodevg einnimmt, ein interessantes Schriftstück, das den Gedanken von der Verleihung der Kaiserwürde durch den Papst, wie er durch die seitens Papst Johann VIII. erfolgte Berufung Karls des Kahlen ^ sanktioniert wurde, etwa ein Jahrzehnt vorher zur Voraus- setzung nimmt. Dass diese Auffassung unter Johanns Vor- gängern bereits bestanden hat, nimmt nicht wunder; solche Gedanken pflegen sich im Stillen vorzubereiten und zu entwickeln, ehe sie ihren geschichtlichen Moment erleben. Eher ist es erstaunlich, im Kaiser den Interpreten päpst- licher Ansprüche zu finden. Selbst wenn, was immerhin noch nicht als sicher anzunehmen ist, Ludwig sonst päpst- lichen Uebergriffen stets grundsätzlich entgegengetreten ist, so befand er sich in diesem Falle in eigentümlicher Lage : was konnte er als Rechtfertigung seiner Kaiserwürde anführen ? Ausser der mehr behaupteten als zu be- weisenden Nachfolge der alten römischen Imperatoren doch nichts anderes als die päpstliche Weihe ; denn Ludwig

1) Migne CXXVI, 669 (Jaffe, Beg. pont. I-, 3039): 'per apostolicae sedis Privilegium cunctorum favoribus approbatum sceptris imperialibus sublimavit (seil.: deus Carolum)' und 673 (.Jaffe 3040), sowie 666 (Jaffe 3088) : 'Augustale diadema . . . divinitus . . . collatum, per humilitatis nostrae ministerium' . . .

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664 Walter Henze,

vertrat erst die dritte Generation seit dem Stifter dieser karolingischen Würde, und so Hess sich aus seinem 'Erb- recht' nur eine schwache Stütze seiner Ansprüche kon- struieren, 70 Jahre nach der 'Usurpation' der Würde durch seinen Ahn Karl den Grossen. Hätte Ludwig den Wert der päpstlichen Weihe weniger hoch eingeschätzt, so blieb ihm eigentlich keine rechte Antwort an Basilius übrig. Denn was bei Karl dem Grossen wohl andern als den Byzantinern gegenüber zur ßechtfertigung dienen konnte, sein tatsächlicher Machtbesitz, das konnte der im wesent- lichen auf Italien beschränkte Nachkomme schwerlich in einem Briefe ins Feld führen, in dem er zur Reinigung 'seines' Italiens von den Ungläubigen die Hülfe der Griechen nicht entbehren zu können gesteht. Da nun sein Rechtfertigungsschreiben weniger der Initiative Ludwigs entsprungen, als vielmehr durch ablehnende Worte in dem letzten Briefe des Basilius hervorgerufen ist, so darf man aus der Betonung des päpstlichen Ursprungs der Kaiser- würde einen Zweifel an der Echtheit des Schriftstückes nicht ableiten. Kleinclauss tut das in zwei Artikeln (L'empire carolingien, in der Revue bourguignonne XII (1902), 447 ff. und La lettre de Louis IL a Basile le Macedonien im Moyen Age, 2. serie, VIII (1904), 45—53) und findet, einmal misstrauisch geworden, noch eine Reihe von Punkten, die seine Zweifel bekräftigen sollen. Seine Kritiker (N. A. XXVIII [1903], 771, n. 381; Histor. Zeitschr. XCII, 465; Revue critique 1902, p. 448; Moyen Age, 2. serie, VIII (1904), 59) haben ihm ihre Zustimmung versagt, ebenso die, die sich in grösserem Zusammenhange mit seiner Auffassung auseinandersetzen mussten (Gay, L'Italie meridionale . . ., 1904, p. 84 ff.; L. M. Hartmann, Geschichte Italiens III, 1, (1908), 306 f., Anm. 26 und vor allem Poupardin im Moyen Age, 2. serie, VII (1903), 185 ff.).

Der Gang seiner Darlegungen ist folgender : Der Verfasser des Briefes ist ein gelehrter Kleriker, wahr- scheinlich der päpstliche Bibliothekar Anastasius. Der Inhalt des Briefes, der die Kaiserwürde auf päpstliche Verleihung begründen will, verträgt sich mit der Politik Ludwigs IL nicht, entspricht dagegen den etwa seit 879 klar ins Auge gefassten päpstlichen Machtansprüchen. Ein diplomatischer Fehler ^ und eine Ungenauigkeit - in den

1) 'Imperator augustus' mit dem Zusatz 'Romanorum'. 2) Kon- stantinopel wird 'nova Roma' genannt.

Ueber den Brief Kaiser Ludwigs II. 665

Titulaturen am Beginne des Briefes erweisen ihn als nicht aus der kaiserlichen Kanzlei stammend, historische Irr- tümer betreffs der Krönung der karolingischen Kaiser und des zwischen Ludwig II. und den Neapolitanern im Jahre 871 bestehenden Verhältnisses machen ihn verdächtig. Das Ergebnis ist: Anastasius hat den Brief 879 gefälscht im Sinne der päpstlichen Partei zur Illustration des damals von der Kurie vertretenen Standpunktes ihrer Suprematie über das Kaisertum und zur Empfehlung des päpstlichen Gedankens, eine Einigung von ganz Italien und Byzanz gegenüber den Sarrazenen herbeizuführen. Nebenbei weist Kleinclauss noch auf das Fehlen der Quellenangabe in der Chronik hin.

Anzunehmen, dass der Mönch von Salerno den Brief selbst verfertigt hat, verbietet neben dem Ernst der Arbeit und der durchaus entgegengesetzten persönlichen Ansicht des Chronisten ^ auch der unverkennbare Abstand des grammatisch viel korrekter, stilistisch recht gewandt ge- schriebenen Briefes von der Chronik; zudem ist der Ver- fasser des Briefes in die 'Tagesfragen' in Konstantinopel genau eingeweiht und daran interessiert. Bisher ist diese Ansicht auch nicht aufgestellt worden. Die archivalischen Quellen fliessen dem Schriftsteller in Salerno und allen- falls noch in Amalfi; tiefer gehende Studien hat er nicht gemacht, wie seine Mitteilungen über seine Quellen zur Geschichte Amalfis dartun (c. 87, p. 511). In Salerno oder Umgegend muss ihm auch der Kaiserbrief zugänglich ge- worden sein. An offizieller Stelle mag er ihn nicht ge- funden haben; das lässt sich vielleicht aus dem Fehlen der Quellenangabe schliessen. Aber Sammlungen, wie der codex Casinensis^ 353 des Abtes Johannes, hat es gewiss noch mehrere gegeben. Mehr als ein Grund liegt vor, an diesem Briefe in Süditalien lebhaftes Interesse voraus- zusetzen. Die historischen Berichte des 2. Teiles behandeln überwiegend süditalienische Ereignisse, die Auseinander- setzung über die karolingische Kaiserwürde hat die Ge- müter dort auch später noch lebhaft erregt^; und da der Brief, sofern er echt ist, sicher in Süditalien geschrieben ist, kann er dem Benediktinermönche wohl z. B. in Salerno, Amalfi oder in Corpo di Cava in einer seinerzeit angefertigten Abschrift zugänglich gewesen sein.

1) Vgl. c. 11, p. 479. 2) Bethmann im Alten Arclüv X (1851), 359. 3) Chron. Salem, c. 11, p. 479.

666 Walter Henze.

Bedenklicher wären, wenn sie sich erweisen Hessen, die historischen Irrtümer in dem Briefe. Zunächst: Ist die päpstliche Salbung bei der Kaiserkrönung Karls des Grossen und bei der Ludwigs II. zur Anwendung ge- kommen? Die Salbung der abendländischen Kaiser hat Poupardin (Moyen Age, 2. ser., IX [1905], 119—123) in einem eigenen Artikel behandelt, dessen Inhalt ich bei der Beurteilung dieser beiden speziellen Fragen mit verwerte ^.

Dass bei der Kaiserkrönung Karls des Grossen das heilige Oel nicht zur Anwendung gekommen ist, scheint festzustehen (Poupardin p. 115. 116); sicher ist seine An- wendung bei der gleichen Zeremonie an Karl dem Kahlen (p. 123. 124). Die unctio ist jüdisch -christlichen Ursprungs und eine kirchliche Handlung; sie ist der kirchliche Be- standteil einer Krönung (vgl. MG. Capit. reg. Franc. II, n. 276, p. 341 oben). Die Krönung Karls des Grossen als etwas Neues, mag sie nun byzantinisches Vorbild nach- ahmen oder nicht, ist hier nicht beweiskräftig, und so fällt die Aufstellung Kleinclauss' (1904, S. 49. 50), dass die Salbung, spezifisch der karolingischen Königskrönung eigentümlich, zum kirchlichen Zeremoniell der Kaiser- krönung nicht passe. Eher lehrt der Brief Nikolaus' I. (Migne CXIX, 915; Jaffe, Reg. pont. I^, n. 2774) das Gegenteil, und Kleinclauss bemüht sich (1904, S. 50, Anm. 2) vergeblich , die unverkennbare Unterscheidung zwischen 'regna' und 'imperium' zu verwischen. Die unctio darf bei einer genauen Darstellung der ganzen Zeremonie nicht fehlen, bei einem kurzen Bericht kann sie sehr wohl als nur ein Teil des Ganzen unerwähnt bleiben. Auf Grund dessen den Schluss zu ziehen, dass die unctio unter- blieben sei, ist unberechtigt, den Stellen, die sie bezeugen, darum die Beweiskraft abzusprechen (Kleinclauss 1902, S. 393, Anm. 3) nicht angängig. So bleibt das Zeugnis der Annales Bertiniani (ed. Waitz a. 850, p. 38) für die Salbung Ludwigs IL (Böhmer -Mühlbacher I^, n. 1180 [1145] a), das eher noch durch die Notiz z. J. 844, p. 30 eine Stütze erhält, das des Nikolaus - Brief es (s. o.) und das des Chronicon Venetum - (MG. SS. VII, 18) bestehen, schliesslich auch das des Chronicon Salernitanum c. 103 (MG. SS. III, 519)3.

1) Vgl. auch Brunner, Deutsche Rechtsgesch. II-, 89 91. 2) Der Fehler: 'in regem' kann im Zusammenhang des Ganzen keinen Anstoss bieten. 3) Die formelhaften Wendungen, die sich bei der Krönung

Ottos des Grossen (c. 169, p. 554) wiederholen, beeinträchtigen allerdings den Wert dieses Zeugnisses.

üeber den Brief Kaiser Ludwigs II. 667

Eher lässt sich die falsche Behauptung von der Salbung" Karls des Grossen in Ludwigs Briefe begreifen. Die unctio ist bei der Krönung Karls des Grossen kaum zur Anwendung gekommen, sie gehört aber zum System kirchlicher Krönung, (vgl. das unverdächtige Zeugnis des Thegan: MG. SS. II, 594, 17) und schleicht sich des- halb hier, nach etwa 70 Jahren, bereits in die Vorstellung von Karl dem Grossen als dem 'Kaiser und dem Ge- salbten des Herrn' ein. Was beweist aber dann die offen- bar unzutreffende Behauptung für Kleinclauss' These ? Entweder hat sich Anastasius (und mit ihm gegebenen Falles LudAvig) in gutem Glauben befunden: dann kann der Brief ebenso 871 wie 879 verfasst worden sein. Oder fälschte man hier die Tatsachen, so musste man 871 wie 879 gleichermassen darauf rechnen können, dass sowohl der Adressat als auch das Publikum, auf das die Fälschung etwa berechnet war, nicht mehr in der Lage war, Zweifel zu hegen oder gar zu begründen. Also diese historische Unrichtigkeit wiegt 871 wie 879 gleichmässig leicht.

Die Richtigkeit der Angaben des Briefes über Ludwigs Verhältnis zu Neapel in den ersten Monaten des Jahres 871 zieht Kleinclauss in Zweifel. Hierzu haben Poupardin (Moyen Age, 2. serie, VII (1903), 185 f.) und Gay (a. a. O. S. 85) Stellung genommen.

Auffallend milde und zurückhaltend äussert sich der Kaiser über seine Massnahmen gegen Neapel. Er behält sich, zunächst Basilius gegenüber, sein Eigentumsrecht auf diese Stadt vor, lehnt aber den Vorwurf der Verwüstung neapolitanischen Gebietes ab. Sein Bestreben sei nur auf das Seelenheil der Leute gerichtet, das durch den Ver- derben bringenden Umgang mit den Ungläubigen Gefahr laufe, an deren Christenverfolgungen sie beteiligt seien. Nach kurzer Schilderung der Unternehmungen, mit denen die Neapolitaner den Sarrazenen Vorschub leisteten, be- zeichnet Ludwig sein Vorgehen gegen Neapel mit: 'mo- nuimus' (vorher : 'nihil exegimus nisi salutem ipsorum'). Diese ammonitio habe so wenig gefruchtet, dass sie ihren Bischof, der sie in demselben Sinne vermahnt habe, ver- jagt hätten. Sollten sie halsstarrig bleiben, so 'werde' er nunmehr sie wie ihre Gesinnungsgenossen, die Ungläubigen, behandeln. Hier wiederholt er die Vorwürfe über ihre Parteinahme für die Sarrazenen in heftigerer Form. Was er eigentlich zu tun gedenkt, deutet er nicht an.

Bischof Athanasius weilt Anfang 871 vertrieben ausser- halb der Mauern Neapels ; vor seiner Vertreibung und auch

668 Walter Henze.

bis jetzt hat Ludwig ernste Schritte gegen die Stadt nicht unternommen. Er ist bisher so rücksichtsvoll geblieben, wie vor der Vertreibung des Bischofs; er hat es nur bei Vorstellungen bewenden lassen. Soweit stimmt das Bild vollständig, das Kleinclauss (1902, S. 455. 456) von der Stellungnahme des Kaisers in den Jahren 866 ff. entwirft.

Nun die Sarrazenen. Dass sie im Lande der Nea- politaner sind, sagt die Vita Athanasii c. 6 und 7 (MG. SS. rer. Lang. p. 446, 24 und 37), ebenso das Chronicon Salernitanum c. 107, p. 521 ^. Dass sie den Neapolitanern behilflich sind, liest man in der Vita Äthan, c. 6, und eine Hand wäscht die andere. Worin die Gegenleistung bestand, das lehrt eben nur unser Brief; die Quellen fliessen hier nicht so reichlich, dass das Fehlen einer Be- stätigung dieser Nachrichten ihre Glaubhaftigkeit ver- dächtigen dürfte. Die Ausdehnung sarrazenischer Streif- züge bis in das Patrimonium Petri belegt zudem Constaut. Porphyr, de themat. II, 62 {jue^oi 'Pco^u)]?)- Von einer 'alliance en regle' (1902, S. 455) ist darum noch nirgends die Rede ; und wie weit die Neapolitaner immer aus Ueber- zeugung und nicht bloss der Not gehorchend sie hatten sich mit ihrer zuwartenden Politik gegenüber dem Kaiser (vgl. 1902, S. 455) in eine prekäre Lage gebracht die Sarrazenen gefördert haben , mag dahingestellt bleiben. Die Situation ist nach der Einnahme von Bari in Süd- italien recht schwül; Herzog Sergius von Neapel ist viel- leicht der intellektuelle Urheber der bald über den Kaiser hereinbrechenden Katastrophe, Ludwig ist, obwohl sich die Ursachen zur Klage seit Athanasius' Vertreibung gemehrt haben (s. die letzten Zeilen des Briefes in dem Neapel be- treffenden Abschnitte), immer noch zurückhaltend : genau dieses Bild spiegelt der zwischen mehr und minder heftigen Anklagen, milder Auffassung des Geschehenen und Androhung schärferer Massnahmen schwankende - Ab- schnitt des Briefes.

Der geistliche Redaktor des Briefes für Anastasius spricht hier wiederum etwas ^ : er war im Auftrage des

1) 'Neapolim Agarenos suscipiunt alimentaque nimirum illis prae- bunt'. 2) Dass die Anklagen gegen die Neapolitaner an zwei ver-

schiedenen Stellen des Absatzes: 'De Neapoli' erscheinen, dürfte kaum Zufall sein. Sie stellen am Ende die Neapolitaner aktiver dar als am Anfang. Der Wandel, der sich seit der Entfernung des Bischofs in zu- nehmender Schärfe vollzieht, prägt sich auch in der Darstellung des Briefes aus. Der Verfasser scheint sehr gut orientiert. 3) Caspar ver- öffentlicht in: Petrus Diaconus und die Monte Cassineser Fälschungen

üeber den Brief Kaiser Ludwigs II. 669

Papstes Hadrian nach der Vertreibung des Bischofs in Neapel vergeblich als Vermittler tätig gewesen (Vita Athanasii c. 7, MG. SS. rer. Lang. p. 447, 28) sieht in dem Verkehr mit den Ungläubigen die Quelle alles Uebels. Dass es sich in dem Streite zwischen Neffen und Onkel um eine Familienangelegenheit (1902, S. 454) handelt, widerlegt Kleinclauss selbst S. 456 oben, wo er den Streit als politischen anspricht. Und wenn der Bischof das Ver- trauen des Kaisers genoss und der Mittelsmann zwischen ihm und seiner Bischofsstadt war (Gest. episc. Neap. c. 64, Vita Äthan. 5, MG. SS. rer. Lang. p. 435, 1 und 444, 35), so kann er es an 'Ermahnungen', mit den Ungläubigen nicht gemeinsame Sache zu machen, nicht haben fehlen lassen.

Stände die Darstellung von Ludwigs Verhältnis zu Neapel wirklich zu der Lage im Jahre 871 im Wider- spruche und erschienen die Zweifel an Ludwigs Salbung bei seiner Kaiserkrönung berechtigt, so dürfte man die Echtheit des Briefes allerdings ernstlich in Zweifel ziehen. Die von Kleinclauss aus den abweichenden Titulaturen beider Kaiser gezogenen Folgerungen sind dagegen auf keinen Fall beweiskräftig. Die allein übliche offizielle Bezeichnung lautete: 'Imperator Romanus', nicht 'Roma- norum' ^, wie der Brief sagt. Ein Mann etwa von der Art und der Stellung des Anastasius wusste das ganz genau ; wollte er einen solchen Brief fälschen, so tat er unklug daran, ihm das Zeichen der Unechtheit durch solche Un- korrektheit an die Stirn zu heften. Er hat vielmehr guten Grund zu dieser Abweichung von der amtlichen Form und zur Wahl der Ausdrücke 'Imperator Romanorum' und 'novae Romae' gehabt.

Das Antwortschreiben Ludwigs setzt einen mehr- maligen Briefwechsel voraus ^. Den Brauch der byzan- tinischen Kanzlei kennen wir aus Const. Porphyr, de

S. 220 ff. eine bisher unedierte kürzere Fassung der Vita Äthan., die er S. 97 104 für die ursprüngliche hält, während die MG. SS. rer. Lang, veröffentlichte eine Fälschung des Petrus Diac. sei. Ist Caspars Ansicht richtig, was Holder-Egger in dieser Zeitschrift oben S. 597 f. bezweifelt, so fällt für obigen Hinweis die Stütze. Die beiden anderen Stellen der Vita Äthan., die ich hier angeführt habe, finden sich dagegen auch in der neuen Vita, die eine davon (c. 5) sogar in klarerer Fassung,

1) Der Brief Karls des Grossen, in dem er sich der Form 'Roma- norum' bedient (Kleinclauss 1902, S. 447), gilt übrigens aus anderen Gründen für unecht (MG. Dipl. Karol. I, 505. 506, s. v. Carolus).

2) 'quoniam nos super hoc pulsasti denuo, nostrum denuo sume respon- sum. secundum quod fraternitati nostrae repromiseris'.

670 Walter Henze.

cerem. II, c. 48, p. 691, 18 2ö); bestätigt wird er durch den im Archiv für ürkundenforschung I, 36 ff. veröffent- lichten byzantinischen Kaiserbrief. Basilius nannte sich also 'Pcojuaiwv ßaodevg, während er Ludwig als glya [tcov ^gdyycov] bezeichnet haben wird. Will sich Ludwig ihm gleichberechtigt zur Seite stellen, so muss er gerade den von Basilius beanspruchten Titel sich zueignen. Er über- setzt wörtlich : 'Romanorum Imperator' ^ und verficht den Titel, den er nicht erst in diesem Briefe anwendet (MG. SS. III, 523, 22), indem er den Vorschlag: 'Francorum Imperator' als diplomatisch unmöglich ablehnt und sein Kaisertum als Fortsetzung des alten Imperium Eomanum bezeichnet ^ dessen vielmehr die Griechen verlustig ge- gangen seien. Wieder findet sich da die Form: 'Roma- no r u m imperatores (existere cessaverunt').

Hat aber die Wahl dieser Ausdrucksform den an- gegebenen Zweck, so liegt in dem Titel 'novae Romae' System. 'Nicht wir sind die Eindringlinge, sondern Ihr', 'erst bestand unser Rom, dann Euer Neurom'. Der Streit um die Priorität zwischen den beiden Hauptstädten war damals im Schwange und hat z. B. prägnantere Formu- lierung in den Anfangsworten des Schreibens des Ignatius an Papst Hadrian II. gefunden (Mansi, Collectio conc. XVI, 204)3.

So bliebe denn von den Kleinclaussschen Darlegungen nur die wahrscheinliche Annahme bestehen , dass der päpstliche Bibliothekar Anastasius der Verfasser des Briefes gewesen ist, eine Vermutung, in der übrigens Kleinclauss schon einen Vorgänger in Gasquet (L'empire byzantin . . ., 1888, p. 416 Anm.) hat.

Aus Anastasius' eigenem Munde* wissen wir, dass er sich der griechischen Sprache mächtig fühlt, ja sich auf seine griechischen Kenntnisse etwas zu gute tut. Der vor-

1) Ebenso Hadrian II. an Kaiser Michael (Jafie, Reg. pont. I-, 2796 ; Mansi, Coli. conc. XV, 191) : 'in principio epistolae vestrae ira- peratorem vos nuncupastis Romanorum' ; imperatores Romanorum nennen sich die byzantinischen Kaiser Michael und Theophilus selbst in ihrem Schreiben an Ludwig den Frommen, den 'König der Franken und Langobarden und deren Kaiser, wie er genannt wird (vocato eorum imperatori)' : MG. Concilia II, 475, 30—32. 2) Hier läuft Kleinclauss 1904, S. 51 ein Versehen unter, wenn er den Satz : 'a Romanis enim hoc nomen et dignitatem assumpsimus' auf die zeitgenössischen Römer und nicht auf die antiqui imperatores bezieht, auf deren Nachfolgerschaft kurz vorher die karolingische Kaiserwürde begründet wird. 3) 'Hadriano

beatissimo papae senioris Romae Ignatius archiepiscopus

Constantinopoleos novae Romae'. 4) Migne CXXIX, 18.

lieber den Brief Kaiser Ludwigs II. 671

liegende Brief weist (p. 523, 3. 4) zwei seltenere griechische Worte auf: der Araberfürst heisse nicht jiQcoToov^ißovXoq, sondern werde u. a. auch öfter ägxirog genannt. Während letzteres Wort im Griechischen nicht nachweisbar, an eine Textverderbnis, etwa aus (XQxovra (Const. Porphyr, de cerem. II, 48), bei der sonst so sorgfältigen Hs. auch nicht zu denken ist (eher noch aus ägxrjyöv oder aus äQx[ovra ägx6]vr(jc>v ^), tritt uns ersteres in der Litteratur noch einmal entgegen. Am Eande und zwischen den Zeilen des cod. Casinensis, der die Historia tripertita des Anastasius ent- hält (Theophanes ed. de Boor II, 424. 425. 429), befinden sich eine Reihe von Schollen, ältester Herkunft, meist Erklärungen griechischer Wörter. Nun steht dort (de Boor, a. a. 0. II, 225, 7 Anm.) folgende Notiz: 'proto- symbolus Graece primus consiliarius interpretatur ; quia enim principem Saracenorum Graeci regem vocare refu- giunt, hunc protosymbolum vocant quasi primum consilia dantem'. Dieselbe Notiz findet sich am Rande der Historia Miscella, 'welche in ihrer zweiten Hälfte den Anastasius fast mit der Treue einer Hs. kopiert' (de Boor S. 426). Das doppelte Auftreten dieser Anmerkung lehrt ihre Herkunft aus einem gemeinsamen Archetypus , als welchen man die Urhs. der Chronographia tripertita des Anastasius mit einigem Rechte ansprechen kann. Eine Beziehung zu der Stelle unseres Briefes wird nunmehr nicht von der Hand zu weisen sein, und die Verfasser- schaft des Anastasius an unserem Kaiserbriefe rückt damit in helleres Licht.

In diesem Zusammenhang sollen nun auch die in den ersten Teil des Briefes eingestreuten beiden theo- logischen Abhandlungen betrachtet werden.

Die Franken, so argumentiert der Verfasser des Briefes S. 524, 9 fE., haben sich durch Glaubenseifer und Rechtgläubigkeit Gottes Gnade verdient; Gott habe sie deshalb zur Nachfolgerschaft der imperatores Romani be- rufen; mangelnde Rechtgläubigkeit hat zur Verwerfung der Griechen geführt, die sich auch in allem andern des 'römischen' Elementes entäussert haben. Nach dieser scharfen Absage lenkt der Verfasser ein. Aus Rom. 11 quillt der Trost: 'non repulit Dens plebem suam, quam praescivit'. Zwar sind die Zweige ausgebrochen, damit wir aufgepfropft werden; doch beruhigend klingt das Paulini-

1) Vgl. die Rangordnung bei Const. Porph. de cerem. II, 48.

672 Walter Henze.

sehe Wort: 'non enim nisi propter credulitatem non rectam fracti sunt, nos aiitem fide stamus'. Das bekannte: 'Wer Ohren hat, zu hören, der höre!' fügt der Verfasser, den Absatz schliessend, hinzu. Die Bedeutung dieses oft von Christus angewendeten Mahnworts ist nicht zweifelhaft: 'Denke über das, was Du gehört hast, nach und handle danach'. Das bedeutete hier : Beseitige das einzige Hindernis zwischen Gott und Dir, die 'credulitas non recta', und folge unserm Beispiel, die wir fest im rechten Glauben stehen. Dann wird, so ist aus dem Vorher- gehenden ('numquid sie offenderunt, ut caderent: absit') zu folgern, die Herrschaft Dir wiedergegeben werden. Wer hat ein Interesse daran, einen solchen Wink zu erteilen? Ludwig, der das Recht seines jungen Kaisertums erst mühsam erweisen muss, sicherlich nicht. Wohl aber die Kirche, die damals dem Ziele, die Griechen mit der Papst- kirche zu vereinigen, so nahe war wie nie. Hier spricht der Kirchen Politiker, der seine Sache neben der kaiser- lichen verficht und aus verschiedenen Gründen nur an- deuten darf, auch nur anzudeuten braucht, was er meint; nicht ohne Absicht macht er aus der 'incredulitas' der Vulgata eine 'credulitas non recta'.

Noch an anderer Stelle (S. 522, 19 ff.) begegnen wir dem Kleriker und Bibelinterpreten : Da es nur e i n Reich im Himmel gibt, so hatte Basilius gefolgert, so kann es auch nur ein Reich auf Erden geben. Doch, wendet Ludwig ein, genügt die Einheit unserer brüder- lichen Liebe trotz der Zweiheit der Reiche entsprechend der Einheit in der Trinität. Die Patriarchen, auf die sich Basilius beruft, haben auch nicht nur einen Herrscher vorausgesetzt. Wie konnte der Apostel (1. Tim. 2, 2) sonst zur Sicherung eines ruhigen, gottseligen Lebens zum Gebet für 'die Pursten' auffordern, selbst wenn sie die Kirche verfolgten? Der Zusatz von den 'Kirchen Verfolgern' findet sich an der angezogenen Stelle nicht, drängt sich auch aus dem Sinne nicht auf. Diese Ausdeutung des Begriffes: 'für die Könige und alle Obrigkeit' macht der Schreiber des Briefes ohne innere Nötigung zum Zwecke und gibt damit dem Empfänger zu denken, welche Obrigkeit wohl jetzt Kirchenverfolger genannt werden könnte; vgl. dazu den später im Briefe erhobenen Vorwurf: 'quae discrimina

a vestratibus pontifices Romani pertulerunt' und

aus dem Schreiben Nikolaus' I. an Kaiser Michael im J. 865 (Jaffe, Reg. pont. I^, 2796; Migne CXIX, 958. 959) die Worte : 'imperatores qui persecuti sunt ecclesiam Del

Ueber den Brief Kaiser Ludwigs II. 673

et maxime ecclesiam Eiomanam'. Diese malitiöse An- spielung gewinnt noch an Schärfe durch die darauf folgende Steigerung zu den 'impii' ; zudem ist die hier angezogene Jereraiasstelle ebensowenig wortgetreu zitiert oder auch nur nachweislich, wie oben der Zusatz von den Kirchen Verfolgern.

Oben war die Stelle besprochen worden, die in vor- sichtiger Andeutung die Aufforderung zur Rückkehr in den Schoss der römischen Kirche enthielt, verbunden mit der Anspielung auf Rückgabe der Herrschaft im west- römischen, älteren Reiche. Daran schliesst sich im Texte unmittelbar die Behandlung des merkwürdigen 'Ver- sprechens' an, Ludwigs Recht auf den Kaisertitel ('haec appellatio') anzuerkennen unter der Voraussetzung, dass es 'Gott gefalle, unsere Pläne zur Vollendung zu bringen'. Ludwig beteuert, sein Wort wolle er halten ; er bleibe bei dem, was er s. Zt. gesagt habe. Dann fährt er fort: 'Aber so wie bis heut ich und meine Väter, wie klar er- kenntlich ist, jenen Titel nicht "per carnem et sanguinem", durch unser Fleisch und Blut, besessen haben, ebenso verschmähen wir auch in Zukunft dessen auf diese Weise verdienten Besitz'. Man könnte bei der Frage, was 'per carnem et sanguinem' zu bedeuten habe, zunächst an das denken, 'was Du ererbt von Deinen Vätern hast', würde aber mit der Ablehnung des 'Ererbten' im Gegensatz zu der Beweisführung geraten , die Ludwig kurz vorher (S. 523, 14/15) das nomen imperatorium gerade als 'pa- ternum' bezeichnen lässt. Ausserdem vertrüge sich der nun folgende Gedanke damit nicht. Dieser gibt sich aber mit 'etenim' als Begründung des Voraufgehenden zu er- kennen. Die Väter sind es, nicht die Söhne, wie dreimal scharf hervorgehoben wird, denen die Karolinger 'honorem' oder 'gloriam' verdanken wollen. Folglich muss in dem strittigen Satze etwa das Gegenteil enthalten sein; 'per carnem et sanguinem' muss etwa mit 'per filios' identisch sein, was sprachlich -logisch unbedenklich ist. Einen Sohn hat Ludwig IL nicht, wohl aber hat Basilius einen solchen, und die Pläne, die beide Kaiser ('ea quae consiliati sumus') mit ihm hatten, sind uns bekannt. Die eheliche Ver- bindung einer karolingischen Prinzessin mit dem Kaiser- sohne bildete schon lange Zeit Gegenstand diplomatischer Verhandlungen ^. An den glücklichen Abschluss dieser

1) O. Harnack, Die Beziehungen des fränkisch - italischen zu dem byzantinischen Reiche S. 77 80.

674 Walter Henze.

Verhandlungen , an das Zustandekommen der Heirat, knüpft Basilius seine Zustimmung zur Anerkennung des Kaisertitels an Ludwig II., was er mit um so geringeren Bedenken zu tun vermochte, als dieser ohne männlichen Erben war und sich für seinen Schwiegersohn auf dem byzantinischen Kaiserthrone alle möglichen Aussichten boten. Ludwig aber besteht hinsichtlich seines Titels auf seinem Rechte: 'Was uns der Geber aller guten Gabe ge- währt , das wollen wir weder einem Sohne (!) verdanken noch durch Vermittelung eines Menschen oder überhaupt aus Menschenhand empfangen'.

Trifft meine Deutung der kaiserlichen 'Pläne' auf das Heiratsprojekt das Richtige, so Hessen sich daraus für die Verfasserschaft des Anastasius weitere Schlüsse ziehen : Mit Ludwigs Tode musste dieser Plan für die Byzantiner gegen- standslos werden, und so gut der kaiserliche Empfänger im J. 871 die Andeutungen verstehen konnte und sollte, so zwecklos und unverständlich waren sie im J. 879. Ferner musste der Mann, der dies schrieb, nicht nur Ludwig II. nahe stehen und in seine Pläne und seine Stimmung ein- geweiht sein, sondern auch mit Byzanz enge Fühlung haben, so dass er vollen Verständnisses für seine An- deutungen sicher sein konnte. Die Wahl des Ausdrucks: 'per carnem et sanguinem' (Ludwigs Tochter und Basi- lius' Sohn) ist äusserst geschickt; er wird nur von Ein- geweihten verstanden und ist doch völlig eindeutig. Die vorher eröffnete Aussicht auf die Wiedererlangung der Herrschaft im Abendlande durch die geplante Heirat knüpft sich an die Bedingung der Rückkehr zur Einheit der Kirche, selbstverständlich unter der Herrschaft des Papstes. Kirchliche und dynastische Interessen treten hier in engster Verbindung auf. Das alles führt fast mit Not- wendigkeit auf Anastasius, der im J. 870 als kaiserlich- päpstlicher Abgesandter zur Förderung des Heiratsplanes in Constantinopel weilte ^. Die für die damalige Zeit von ihm

1) Anastasius, Interpret, syn. VIII. generalis, praefatio (Migne CXXIX, 17) : 'accidit me . . . missum a Ludovico piissimo imperatore . . . ferentem etiam legationem ab apostolicis meritis decorato praesulatu vestro causa nuptialis commercii, quod efficiendum ex filio imperatoris ßasilii et genita praefati .... Augusti ab utraque parte sperabatur simul et parabatur. In tarn enim pio negotio, et quod ad utriusque imperii unitatem, imo totius Christi ecclesiae libertatem pertinere procul dubio credebatur' .... Sagt hier nicht Anastasius deutlich, das Endziel seiner Mission sei gewesen : ein Reich und eine Kirche ? Und ist nicht der kaiserliche und der päpstliche Auftrag als identisch und mit 'causa nup- tialis commercii' bezeichnet?

Ueber den Brief Kaiser Ludwigs II. 675

betonte Bereitwilligkeit beider Parteien ist inzwischen auf karolingischer Seite erheblich geringer geworden, wie unser Brief zeigt, während man auf päpstlicher Seite von dem 869 anerkannten Ignatius auch noch die Beseitigung der letzten Beschwerden, Bulgarien betreffend, zu erhoffen be- rechtigt war. Durfte man 879 von Photius noch die gleiche Erwartung hegen ?

Das Heiratsprojekt und die daran geknüpfte An- erkennung des karolingischen Kaisertitels wird auffallend zurückhaltend, diskret behandelt: 'ea quae consiliati sumus; de consilio, quod asseris'. Auf karolingischer Seite herrscht wohl kaum grosse Begeisterung dafür. Erst am Schlüsse kontrastiert der deutliche Ausdruck 'a filio' mit dem son- stigen Halbdunkel. Auch er soll, meine ich, nicht un- nötig deutlich sein. Im Gegensatze zu 'pater luminum' einerseits und abgetrennt von 'per hominem aut ab homi- nibus' liegt für ihn noch eine Nebenbedeutuag nahe, die wohl beabsichtigtes Wortspiel ist. Der zum 'pater luminum' in Gegensatz gestellte 'filius' könnte auch Christus sein ; und wer erklärt, was er von Gott dem Vater empfangen habe, wolle er nicht von dem Sohne annehmen, der bekennt sich zur ursprünglichen Passung und Deutung des Aposto- licums und entzieht in dem gerade damals brennenden Streite über das 'filioque' den Griechen ihren heftigsten Beschwerdepunkt.

Ob die Verfasserschaft des Anastasius, deren Wahr- scheinlichkeit ich mit diesem Aufsatze vergrössert zu haben hoffe, je strikte bewiesen werden kann, ist zweifelhaft. Vielleicht könnte eine sprachliche Studie hier noch manchen Hinweis geben. Eine solche möchte ich mir nach Er- scheinen der zum Vergleich nötigen Briefe in der Abteilung Epistolae der MG. vorbehalten.

Zum Schlüsse sei noch die textkritische Untersuchung einer Stelle angefügt, die inhaltlich zu den obigen Aus- führungen in Beziehung steht.

An drei Stellen erwähnt der Brief die Vorfahren Ludwigs II. und ihr Recht auf die Kaiserwürde. Einmal wird der 'abavus Carolus Magnus' als der 'imperator et Christus domini' bezeichnet (S. 523, 33), sodann wird der Einwand (S. 523, 14), der Kaisertitel sei nicht 'paternum', mit dem Hinweis auf den 'avus', also auf Ludwig L, ab- gewiesen , dessen Würde schon 'paternum' gewesen sei. Schwierigkeiten macht die dritte Stelle (S. 522). Pertz gibt mit Benutzung einer Textveränderung der zweiten Hand, deren Tätigkeit er im allgemeinen als wertlos erkannt hat,

676 Walter Henze.

lind durch Einschiebung eines 'per' den folgenden Text: 'cum, quantum ad lineam generis pertinet, non sit novum vel recens, quod iam ab avo nostro, non iam usurpatione (vel: usurpatore), ut perhibes, set Dei nutu et ecclesiae iudicio summique praesulis per impositionem et unctionem manus obtinuit', ohne damit einen grammatisch lesbaren Satz zu erzielen. Man müsste zur Annahme eines dem Stile des Verfassers widerstrebenden Anakoluths seine Zu- flucht nehmen oder an den Ausfall einiger Worte hinter 'perhibes' denken. Nun ist aber die Emendation 'usur- patione' oder 'usurpatore' paläographisch unzulässig. Wie eine zum Zweck der Neuherausgabe dieses Briefes in den MG. vorgenommene Revision des Textes auf Grundlage einer Photographie des den Brief enthaltenden Teiles des cod. Vatic. 5001 mich lehrt, ist der Eaum zwischen 'usurpa' und 'e' so klein, dass kaum für einen Buchstaben Platz ist, sondern wohl nur das spatium zwischen zwei Worten darin zu erkennen ist. Ueber dem e steht ein Haken, der entsprechend der Gepflogenheit des Codex das e = 'est' zu lesen lehrt. Damit ist ein Teil des für 'quod iam ab avo nostro' unentbehrlichen passiven Verbums gefunden, und 'usurpa = usurpatum' bietet den anderen Teil dazu. Ueber dem a scheint mir eine Wellenlinie nach links hinauf- zugehen, das Zeichen, das oft für Konjugationsendungen (für -'tum' im besonderen kann ich es nicht belegen) als Abkürzung gebraucht wird ; doch vermag ich das Vorhanden- sein dieser Linie, die freilich auch durch die Rasur des Korrektors gelitten haben könnte, nicht zweifelsfrei zu ver- sichern. Nun lautete der Text folgendermassen : 'quod iam ab avo nostro non usurpatum est, ut perhibes ; set Dei nutu et ecclesiae iudicio summique praesulis impositionem et unctionem manus obtinuit'. Die Stellung des 'manus' bleibt sonderbar; das Subjekt zu 'obtinuit' ergibt sich zwanglos aus 'avo nostro'. Wer ist der 'avus' ? Man braucht den Ausdruck nicht zu pressen und kann in ihm den Ahn, also Karl den Grossen, sehen. Näher liegt, schon mit Rücksicht auf den Zusatz: 'quantum ad lineam generis pertinet', die Beziehung auf Ludwig L, und diese ist ganz einwandfrei (vgl. S. 667, Poupardin im Mojen Age, 2. Serie, IX [1905], 117 sq.).

Xll.

Studien zu Oosmas von Prag.

n.

Von

Bertold Bretholz.

Neues Archiv etc. XXXV. 44

III. 1 Das Todesjahr des Prager Bischofs Gebhard.

Die Mehrzahl der Forscher nimmt mit Palacky (Ge- schichte Böhmens I, 321 N.) an, dass Cosmas nicht einmal das Todesjahr seines eigenen Bischofs, den er doch so sehr verehrte, dessen Kaplan er vielleicht gewesen, richtig be- halten und überliefert habe ^. Nach seiner Angabe wäre nämlich Bischof Gebhard - Jaromir am 26. Juni 1090 ge- storben; allein Palacky meinte unter Beibehaltung des Tagesdatums das Jahr auf 1089 zurückverlegen zu müssen und zwar aus folgenden Gründen. Cosmas erzählt unter der leitenden Jahreszahl 'Anno dom. ine. 1090.' zuerst den Wiederausbruch des Streites zwischen dem Bischof und seinem Bruder König Wladislaw von Böhmen wegen des Olmützer Bistums und wie sich jener entschlossen habe, nach Eom zu gehen, um sich über dieses dem apostolischen Stuhle zugefügte Unrecht zu beschweren. Gebhard nahm so erzählt Cosmas dann weiter um nach Rom zu kommen, seinen Weg zunächst über Ungarn, erkrankte dort, wurde nach Gran gebracht und verschied daselbst^. Pa-

1) Vgl. oben Bd. XXXIV, 653 ff. 2) Es genügt hier wohl auf

Bachmann als den letzten Bearbeiter der Geschichte Böhmens hin- zuweisen, der I, 271 als Todesdatum den 26. Juni 1089 bezeichnet, unter Berufung auf Grandaurs Bemerkungen in den Geschichtsschreibern der deutscheu Vorzeit S. 144, N. 1, der aber nichts anderes über die Jahi-es- zahl sagt, als zuerst Palacky a. a. 0., nach ihm Köpke in den SS. IX, 96, n. 2, ebenso Emier in den Font. rer. Boh. II, 123, Meyer v. Knonau in den Jahrbüchern unter Heinrich IV., Bd. IV, 298, u. a. Die Cosmas'sche Jahreszahl 1090 haben, ohne aber ihren von Palacky ab- weichenden Standpunkt zu motivieren, beibehalten Schlesinger, Geschichte Böhmens (1870) S. 85, Tomek, Gesch. Böhmens (1865) S. 58, Büdinger, Ein Buch ungarischer Geschichte (1866) S. 78; vgl. dazu S. 77, Anm. 2. Auch 0. Langer, Bischof Benno v. Meissen (Mitt. f. Gesch. d. Stadt Meissen I, Heft 5, S. 38) findet Palackys Aenderung der Chronologie Cosmas' unver- ständlich. 3) II, 41 : 'rex (Wratizlaus) . . . iterum subintronizat capellanum suum nomine Wezlonem in territorio Moraviensi episcopum. Quo in facto palam se fecit notabilem, non solum sprevisse, quod ipse coram impera- tore et eins episcopis collaudaverat, ut unus foret uterque episcopatus, verum etiam papae Clementis violasse Privilegium, quo eiusdem terminos episcopii roboraverat. Hanc ut apploi'aret apostolico iUatam ecclesiae iniusticiam, praesul Gebhardus iturus erat Romam, sed . . . prius adit antiquum amicum Wladizlaum regem Pannonicum . . . inscius heu fatum

44*

680 Bertold Bretholz.

lacky behauptet nun: 'Jaromir (Gebhard) hat nicht noch 1090 zu Clemens nach Rom reisen wollen können, da dieser schon 1089 von dort verdrängt worden war' und nimmt daher an, dass Cosmas 'den Tod Jaromirs . . . um ein Jahr zu spät angesetzt hat'.

Es ist allerdings richtig, dass P. Clemens III. gegen Ende des Jahres 1089 vor Urban II. hatte aus Rom weichen müssen; er hat sich dann 1090 zuerst in Ravenna, dann in Oberitalien aufgehalten und ist im Januar 1091 nach Rom zurückgekehrt. Es ist ferner nicht unmöglich, dass man auch in Prag, insbesondere in der Umgebung des Bischofs Gebhard, als dieser sich im Frühjahr 1090 auf die Reise machte, gewusst hat, dass P. Clemens III. nicht in Rom weilte. Nun sagt aber Cosmas auch nicht ausdrück- lich, dass sich Gebhard zum Papste Clemens nach Rom begeben wollte, sondern ohne Nennung des Papstes, dass er, um sich über die Verletzung des ihm verliehenen Privilegs vor dem 'apostolicus' zu beklagen, die Reise nach Rom antrat. Wenn man berücksichtigt, dass Gebhard zu- erst zu König Ladislaw von Ungarn ging, der als Gegner K. Heinrichs IV. ein entschiedener Anhänger des anti- kaiserlichen Papstes Urban II. war, dann ist es zunächst keineswegs entschieden, dass sich Gebhard damals an Cle- mens III. wenden wollte ; vielleicht wollte er sein Glück beim Gegenpapst Urban II., dem Gönner des Ungarnkönigs, versuchen. Allein wir wollen von dieser entfernteren Mög- lichkeit ganz absehen und tatsächlich mit Palacky an- nehmen, dass unter dem 'apostolicus' Clemens III. gemeint sei, der eben damals, als Bischof Gebhard die Romfahrt antrat, gar nicht in Rom zugegen war, und weiter voraus- setzen, dass man hiervon in Prag Kenntnis haben mochte. Hätte Cosmas die betrefiEende Stelle gleichzeitig nieder- geschrieben, so würde er sich vielleicht anders und deut- licher ausgedrückt haben, als es in Wirklichkeit bei ihm zu lesen ist. Allein Cosmas hat sein zweites Buch lange nach 1090 verfasst, und unter Berücksichtigung dieser Tat- sache entbehrt denn doch jene Wendung mit der örtlichen Bestimmung Roms als Zielpunkt einer Reise zum P. Cle- mens der grossen Bedeutung, die ihr Palacky zugeschrieben hat. Cosmas sagt: Gebhard sei im Begriffe gewesen (zu

sibi iam superesse propinquum. Nam prima die, qua regem adiit, nimiam corporis incidit molestiam et quia prope urbem erat Strigoniam, illuc mittit eum rex navigio . . . septima die iam advesperascente, sol lulii senas qua tangit luce kalendas . . . Gebeardus . . . migravit ab isto'.

Studien zu Cosmas von Prag. II. 681

P. Clemens) nach Rom zu gehen, ohne zu bedenken oder ohne zu wissen, dass er ihn damals nicht in Rom, sondern in einer anderen Stadt Italiens angetroffen hätte. Cosmas ist in der Angabe des Reiseziels seines Bischofs ungenau, aber deshalb muss noch seine Chronologie nicht falsch sein. Ich meine, es besteht kein zwingender Grund, ledig- lich wegen des Ausdrucks 'nach Rom' Cosmas eines chrono- logischen Irrtums zu zeihen, der im Hinblick auf die Be- ziehungen Cosmas' zu Bischof Gebhard sehr schwer in die Wagschale fiele.

Palacky allerdings meinte diesen Vorwurf um so leichter erheben zu können, weil er Cosmas' Daten auch im nächstfolgenden Kapitel für falsch und fehlerhaft er- achtete und sie korrigieren zu müssen glaubte.

Kapitel 43 des II. Buches beginnt mit den Worten : 'Eodem anno, XV. Kai. Maii, IUI. feria, in secunda eb- domada paschae' sei die St. Veitskirche in Prag abgebrannt u. s. w. Da unmittelbar vorher, am Schlüsse von Kap. 42 die Bemerkung steht, dass nach Bischof Gebhards Tod (26. Juni 1090) zu seinem Nachfolger Cosmas (nicht mit dem Chronisten identisch) am 4. März (IV. Non. Martii) 1091 gewählt worden sei, so ist mit 'eodem anno' zu Be- ginn des Kap. 43 gleichfalls das Jahr 1091 gemeinte

Nun hat Palacky ganz richtig wahrgenommen, dass die verschiedenen Angaben: 'XV. Kai. Maii', d. i. 17. April, 'IUI. feria', d. i. Mittwoch und 'in der zweiten Woche nach Ostern' nicht zum Jahr 1091 stimmen, ebensowenig zu einem der nächst vorangehenden oder nachfolgenden Jahre. Irgend ein Fehler in der handschriftlichen Ueberlieferung liegt vor, obwohl die Hss. im wesentlichen übereinstimmen. Eine Emendation ist notwendig; Palacky hat sie in dem Sinne durchgeführt, dass er einfach 'XV' vor 'Kai. Maii' gestrichen hat, 'wo dann alles aufs Jahr 1090 richtig über- eintrifft', wie er sich 1. c. p. 321, N. 125 ausdrückt. Nur muss dann, wie es auch Palacky getan hat und worin wir Späteren ihm bis nun gefolgt sind, alles was Cosmas in

1) Ich bemerke, dass diese Kapiteltrennung bei 'Eodem anno . . .' eine reine Willkürlichkeit der Editoren ist. Von den Cosmas -Hss. deu ten nur einige durch rote oder farbige Anfangsbuchstaben Kapitelbeginn an, stimmen aber durchaus nicht mit einander überein. An dieser Stelle, wo die Editoren Kap. 43 beginnen lassen, hat überhaupt keine einzige Hs. eine Initiale oder sonst eine Andeutung, dass gerade hier ein Abschnitt zu machen sei, sondern um einen Satz früher: 'Post cuius obitum a. d. i. MXCI. im. Non. Martii Cosmas electus est . . .', was viel richtiger ist, da hiermit die Geschichte eines neuen Jahres, 1091, beginnt.

682 Bertold Bretholz.

den Kap. 41 49 zu 1090 und 1091 erzählt, um ein Jahr zurückverlegt werden. Cosmas hätte also wieder einmal einen heillosen chronologischen Wirrwarr angerichtet, hätte nicht gewusst, wann sein Bischof gestorben, wann dessen Nachfolger gewählt, wann das Veitsmünster niedergebrannt, wann Wratislaws Sohn ßoleslaw gestorben, wann der Feld- zug nach Mähren unternommen worden, u. s. w., u. s. w. Hierbei wäre noch die Eigentümlichkeit zu betonen, dass Cosmas alle diese Ereignisse auf Jahr und Tag bestimmt : Bischof Gebhard starb am 26. Juni, Cosmas wurde gewählt am 4. März, das Münster brannte ab am 17. April, Boleslaw starb am 11. August, die Belagerung Brunns fällt vor und nach dem 11. Juli 1091. Die Tagesdaten acceptiert man, nur die Jahre sollen falsch sein, und trotz so zahlreicher Angaben hätte Cosmas seinen Irrtum nirgends selbst wahr- genommen.

Es gibt aber, wie ich glaube, eine einfachere Lösung, um die Widersprüche in der einen Angabe : 'Eodem anno (seil. 1091) XV. Kai. Mail, IUI. feria, in secunda ebdomada paschae' zu beseitigen, als die von Palackj vorgeschlagene, nämlich: indem man 'XV.' in 'IX.' verbessert. 'IX. Kai. Mali', d. i. der 23. April, fiel im Jahre 1091 auf einen Mittwoch und in die zweite Woche nach Ostern. Diese Annahme scheint mir schon deshalb jener Palackys vor- zuziehen, weil es wahrscheinlicher ist, dass in irgend einer Urhs. IX. zu XV. verschrieben wurde, als dass man zwi- schen 'Eodem anno' und 'Kai. Maii' die Ziffer XV. irrtüm- lich eingeschoben habe. Fehler in Hss., die durch Ver- lesung und Verschreibung insbesondere römischer Ziffern entstehen, sind noch immer verständlicher, als unmotivierte Einfügungen.

Die Sache liegt also, um es kurz zusammenzufassen, hier f olgendermassen : Wir müssen die Zeitbestimmung bei Cosmas II, 43: 'Eodem anno (1091) XV. Kai. Maii, IUI. feria, in se- cunda ebdomada paschae' für jeden Fall richtigstellen. Pa- lacky tat es durch Streichung von 'XV.' vor 'Kai.' und Korri- gierung von 1091 in 1090; ich ändere bloss 'XV.' in 'IX.', lasse aber die Jahreszahl 1091 zu recht bestehen, weil gar kein Grund vorliegt, dieses von Cosmas überlieferte Datum zu ändern. Dass sich in eine etwas komplizierte Tages- bezeichnung, die nach Monats-, Wochen- und Pestkalender bestimmt erscheint, frühzeitig ein Fehler eingeschlichen hat, der in allen uns heute erhaltenen Hss. gleichmässig wiederkehrt, ist nicht sonderlich auffallend. Dagegen möchte es doch merkwürdig erscheinen, dass Cosmas eine

Studien zu Cosmas von Prag. II. 683

ganze Reihe von Ereignissen so besonderer Art zu falschen Jahren gestellt und berichtet habe. In einem solchen Fall den Autor zu korrigieren, wird man sich doch erst be- müssigt sehen, wenn man ganz bestimmte Anhaltspunkte hat, dass wenigstens eines dieser Ereignisse in ein anderes Jahr fallen müsse, als Cosmas angibt, wenn man wahr- nimmt, dass seine Ansätze absolut unhaltbar sind. Das trifft hier gewiss nicht zu. Im Gegenteil ; wir kommen geradezu in eine chronologische Kollision, wenn wir, wie es bis nun geschehen ist, mit Palacky 'alle Daten mit "eodem anno" nicht zu 1091, sondern zu 1090' gehörend ansehen wollten. Es würde nämlich dadurch die Ge- schichte des Jahres 1091 bei Cosmas überhaupt ent- fallen, wie es denn auch in der Darstellung bei Palacky und ebenso bei Bachmann u. a. wahrzunehmen ist. Die Schwierigkeiten zeigen sich auch im einzelnen. Cosmas sagt, wir haben es bereits erwähnt, am Ende von Kap. 42, dass Gebhards Nachfolger am 4. März 1091 gewählt worden sei; Palacky korrigiert (1. c. p. 326): 1090. Cosmas sagt dann weiter in Kap. 49, dass dieser neugewählte Prager Bischof am 1. Januar 1092 zu Kaiser Heinrich IV. nach Mantua kam und dort belehnt wurde. Indem Pa- lacky an diesem zweiten Datum nichts ändert, konstatiert er das lange Intervall von 22 Alonaten zwischen Wahl und Bestätigung und sucht nun nach Erklärungen für diesen 'langen Verzug'. Er glaubt sie ja auch zu finden, allein begründet sind sie nicht, sondern beruhen auf blossen Vermutungen. Derer sind wir aber überhoben, wenn wir an Cosmas' Chronologie festhalten.

Und noch eine kleine Erwägung darf in diesem Zu- sammenhang gemacht werden. Es wurde bisher allgemein angenommen, dass Cosmas bei der feierlichen Belehnung des neuen Prager Bischofs in Mantua im Januar 1092 zu- gegen war; die Art seiner Darstellung spricht jedenfalls dafür, insbesondere auch die Bemerkung zu Beginn des Kap. 50, dass die Nachricht von König Wratislaws am 14. Januar 1092^ erfolgtem Tode 'ihnen zu Ohren kam'.

1) Bei dieser Jahreszahl verteidigt Palacky (1, c. p. 327, n. 130) die Cosmas'sche Ueberlieferung gegenüber der Dobner'schen Annahme, dass das richtige Todesjahr Wratislaws 1093 sein müsse. Dobners Gründe waren, wenn wir ihnen auch nicht beistimmen, gewiss nicht unbedacht. Er verwies 1. auf die für Wratislaws Lebensgeschichte und insbesondere auch sein Lebensende nicht belanglose Quelle der Ann. Pegavienses, die den Tod bestimmt zum J. 1093 setzen, denn er konnte nicht wissen, dass der Pegauer Annalist den Satz betreff Todesjahr und Todesart Wratislaws

684 Bertold Bretholz.

Trifft dies zu, dann wäre es aber erst recht unwahr- scheinlich, dass er die Ereignisse von 1089 bis 1091 nicht hätte richtig datieren können, dass er vergessen hätte, ob zwischen Wahl und Belehnung seines Bischofs 10 oder 22 Monate, seit Gebhards Tod IV? oder 2V2 Jahre ver- strichen wären. Auch sagt er (Kap. 42), dass die Wahl des Bischofs Cosmas (4. März 1091) geschehen sei unter der Eegierung Kaiser Heinrichs, der zu jener Zeit die Eeichsangelegenheiten in Longobardien erledigte. Es ist immerhin eher anzunehmen, dass diese Notiz zum Jahr 1091 gehört, da Heinrich IV. mitten in seinem norditalischen Siegeszug stand, als zum Jahr 1090, in dem er überhaupt erst zu Beginn des Monats April nach Italien kam.

Nach allen diesen Erwägungen wird man wohl sagen dürfen : Cosmas' Zeitangaben für die Ereignisse der Jahre 1089 1091 in den Kapiteln 41 49 des zweiten Buches sind bis auf die kleine Korrektur zu Beginn zu Kap. 43, wo statt 'XV. Kai. Maii' 'IX. Kai. Mail' zu lesen ist, richtig, bedürfen keiner Reduktion um ein ganzes Jahr, wie auf Palackys Autorität hin bis nun zumeist angenommen wurde.

IV. Zur Geschichte der Cosmas - Handschriften.

Als Marquard Freher im Jahre 1602 in seinem Sammel- bande 'Herum Bohemicarum scriptores' ^ an erster Stelle (p. 1 14) die 'Chronica Bohemorum Cosmae' edierte und hiermit wenigstens ein Bruchstück dieses Autors zum ersten Male zum Druck brachte, deutete er mit keinem Worte an, was für eine Hs. ihm zur Verfügung gestanden habe. Erst Franz Mone stellte im Jahre 1820 anlässlich der Be-

(Sturz vom Pferde) wörtlich aus Ekkehard von Aura übernimmt, der den böhmischen Verhältnissen doch nicht so nahe stand, dass wir seinen chronologischen Angaben mehr glauben müssten als Cosmas; 2. darauf, dass Cosmas in das Todesjahr "Wratislaws eine Sonnenfinsternis verlegt, die nach Bernold von St. Blasien tatsächlich am 23. September (einem Freitag) 1093 stattgefunden hat. Palacky meint, dass die Nachricht von der Sonnenfinsternis bei Cosmas interpoliert sei ; sagen wir vielleicht all- gemeiner, es sei ein an unrichtige Stelle geratenes Einschiebsel, denn die Kunde von der Sonnenfinsternis hat Cosmas nicht aus eigener Wahr- nehmung, sondern erst später gelegentlich gehört und in seinem Buche zu vermerken für gut befunden. 1) Der vollständige Titel lautet : Rerum Bohemicarum antiqui scriptores aliquot insignes , partim hactenus in- cogniti. Ex bibliotheca c. v. Marquardi Freheri, consiliarii Palatini. Hannoviae. Typis "Wechelianis apud Claudium Marnium et heredes loannis Aubrii. MDCU.

Studien zu Cosmas von Prag. II. 685

Schreibung der damals in der öffentlichen Bibliothek zu Strassburg befindlichen Hss. fest, dass der im Codex n. 88 enthaltene Cosmas -Text Frehers Vorlage gebildet haben dürfte; denn Hs. und Druck boten das gleiche mit dem Jahre 1086 abbrechende Fragment des ganzen Werkes ^ Ebenso konstatierte C. M. Engelhard, als er 1825 als erster und letzter eine Kollationierung der Strassburger Hs. mit dem Freher'schen Text vornahm, ihre auffallende Ueberein- stimmung -.

Nicht so ganz zurückhaltend war Freher, als er schon 1607 die zweite Ausgabe des Cosmas veranstaltete^. Er bezeichnet sie als Frucht seiner böhmisch -polnischen Reise, auf der er während eines kurzen Aufenthaltes in Prag zum ersten Male eine Cosmas - Hs. mit dem vollständigen Text zu Gesicht bekam*. Doch sagt er auch in diesem Falle nicht, in welcher Bibliothek ihm 'der glückliche Zufall' dieses 'denkwürdige Monument', wie er sich ausdrückt, in die Hände geführt hat, noch bietet er auch nur die ober- flächlichste Beschreibung der Hs. selbst. Wiederum erst nach geraumer Zeit, erst im Jahre 1796, konnte Joseph Dobrowsky es nachweisen , dass der Text der zweiten Freher'schen Ausgabe aus dem im Jahre 1648 von den Schweden aus Prag nach Stockholm weggeführten be- rühmten Codex 'Gigas librorum' genommen sei^. Es ist auch gut zu verstehen, dass man dem gelehrten Fremden in Prag von den Hss. -Schätzen gerade dieses durch Grösse und Originalität besonders hervorstechende Stück vorlegte, in dessen mannigfaltigem Inhalt Freher alsbald den für ihn interessantesten Abschnitt, die vollständige Chronik

1) Car. Dümge et Franc. Mone, sociorum, adnotationes de codici- bus manuscriptis historicis et anecdotis in itinere brevi Alemannico repertis, im Archiv f. alt. deutsche Geschichtskunde I, 392: Cosmae Pragensis Chronicon Boemorum. Cod. membran. saec. XII. vel ut serius XIII. fol. (Inter codd. bibl. publ. Argentinensis n. 88). 2) Die Kol-

lation gehört dem Apparat der Monumenta Germaniae an. Bekanntlich ist diese Hs. im Jahre 1870 durch Brand zu Grunde gegangen. 3) U. d. T. : Cosmae Pragensis ecclesiae decani Chronicae Bohemorum libri III. Hannoviae. Typis Wechelianis . . . MDCVII. Eine unveränderte Neuausgabe erschien dann 1621. 4) In der Dedikation an Peter Wok

von Rosenberg liest man: '. . . gaudeo, quod dum in regia urbe Praga diversor, memorabile istud monumentum indigenae vetustatis in manus meas bona fortuna detulit'. 5) J. Dobrowsky, Litterarische Nach-

richten von einer . . . Reise nach Schweden und Russland. Prag. 1796. Dort lesen wir S. 38 : 'Ich habe aber bald bemerkt, dass der Text, den Freher 1607 in Scriptores rerum Bohemicarum herausgegeben, aus diesem alten Codex genommen sey . . .'.

686 Bertold Bretholz,

des Cosmas, die ihm bis dahin nur aus einem Fragment bekannt gewesen war, entdeckte.

Die Anregung, die Freher durch die Herausgabe des Geschichtswerkes und durch den ausdrücklichen Appell nach anderen Cosmas -Hss. zu suchen, gegeben hat ^, wäre sicherlich in den Gelehrtenkreisen Böhmens auf frucht- baren Boden gefallen, wenn nicht allzubald die Zeit völ- liger litterarischer und wissenschaftlicher Brache über Böhmen hereingebrochen wäre.

Nur einen einzigen bescheidenen Versuch, einen ersten Anfang, sich im Anschluss an Freher mit Cosmas und dessen handschriftlicher Ueberlieferung zu beschäftigen, können wir nachweisen. Er geht aus von Paul Gessenius, der an der Prager Hohen Schule in den ersten Jahren des 17. Jh. das Bakalariat erlangt und zunächst in Schlan und Prag als Lehrer gewirkt hatte, worauf er eine Anstellung als Ratschreiber in der Prager Neustadt erhielt. In die Wirren des Jahres 1619 verwickelt musste er Böhmen ver- lassen, ist dann eine Zeit lang in Holland nachweisbar, lebte noch 1632, bleibt aber von da an verschollen'-.

Gessenius ist in der böhmischen Litteratur bisher bekannt durch kritische Ausgaben mehrerer Quellen, der Maiestas Carolina, die er 1617 in Hanau, des Dalimil, den der 1620 in Prag drucken liess. Man weiss auch, dass er aus der Bibliotkek des Carolinum in Prag Hss. entlehnt hat^. Gessenius besass ein Exemplar der ersten und zweiten Freher'schen Cosmas- Ausgabe, die er nebst anderen Druck- werken seinem Exemplar der 'Scriptores rerum Germani- carum, studio atque opera Erpoldi Lindenbrogk' (1609) bei- binden liess. Dieser Band mit dem Eigentumvermerk 'Ex

1) In der erwähnten Dedikation: '. . . daturus etiam porro magis operam, si quis me publicae utilitatis studiosus (quod spero) aliis exem- plaribus iuvare voluerit'. 2) Vgl. J. Jungmann, Historie literatury

ceske [Geschichte der böhm. Litteratur] , 1849 , S. 574 ; J. Jirecek, Rukovet k dejinäm literatury ceske [Handbuch zur Geschichte der böhm. Litteratur], 1875, S. 319. 3) Vgl. J. A. Hanslick, Geschichte und Be- schreibung der Prager Universitätsbibliothek, 1851, S. 35, Anm. 2. Der richtige und genaue Wortlaut in den Acta collegii Carolini (A. 14. a), p. 62, lautet: '29. VII bris. In praesentia M. D. Prorectoris Nicolai Al- berti ä Kamenek, cl. d. Campani, cl. d. Ziabonii dominus Paulus Gessinius Not. U. P. ex bibliotheca usui accepit libros quatuor: 1) Lib. in 4'^, de vita S. Adalberti, Vencesilai, Ludomülae, Basilii, Aegyptiacae Mariae m. s. p. ; 2) Itid. in 4°, in cuius frontispicio posita est epistola äcad. Oxoniensis ad acad. Prag. m. s. p. ; 3) Cod. membran. continens Chro- nicon de imperatoribus et papis scriptus ad Carolum IV.; 4) In fol. membran. continens Historiam Romanam'.

Studien zu Cosmas von Prag. II. 687

libris Pauli Gessenii Pragensis 1612' befindet sich heute in der k, k. Studienbibliothek in Olmütz (Sign. XXXIX. b. 19), dahin er aus dem aufgehobenen Karthäuserkloster Königsfeld bei Briinn gekommen zu sein scheint ^.

Auf der leeren Rückseite des Titelblattes der Aus- gabe von 1607 hat nun Gessenius eigenhändige Aufzeich- nungen gemacht, die man als kleine Vorarbeiten zu einer Cosmas -Ausgabe ansehen darf: biographische Bemerkungen über den Autor, kritische Glossen über die Chronik, Charakteristik des Inhalts, des Stils, der Schreibweise u. a. m. Ueberdies hat er am Blattrand und zwischen die Zeilen abweichende Lesarten und naheliegende Verbesserungen eingetragen, teils nach Dubravius' Historia Boiemica, deren Ausgabe von 1602 von Thomas Jordanus gleichfalls in diesem Sammelband vorkommt, teils nach drei Cosmas- Hss., die Gessenius gekannt hat. Zwei dieser Hss. benennt er als Codex Rosinianus und Codex Carolinus, die dritte zitiert er unter der Sigle 'CC Aus den von Gessenius notierten Lesarten sowie aus einigen handschriftlichen Er- gänzungen am Schluss ersehen wir mit voller Sicherheit, dass der Codex Rosinianus identisch ist mit der Cosmas- Hs., die heute in der Gersdorff 'sehen Bibliothek in Bautzen erliegt, der Codex Carolinus mit jener in der Dresdener Königlichen Bibliothek und Codex CC mit Codex n. 508 [Rec. 1544] der Hof bibliothek in Wien -. Dass diese zuletzt genannte Hs. aus Prag nach Wien gekommen ist, ist seit langem bekannt; aber auch die beiden anderen Codices lagen damals in Prag, denn mit dem Beinamen 'Carolinus' bezeichnet Gessenius eine Hs. der Prager Universitäts- bibliothek und mit 'Rosinianus' eine Hs. der in Prag auf- gestellten ehedem Rosenbergischen, zu seiner Zeit bereits Königlichen Bibliothek.

Wäre Gessenius dazu gekommen, auf dieser erweiterten handschriftlichen Grundlage eine Cosmas -Edition zu ver- anstalten, so hätte sie zweifellos den Freher' sehen Text bei weitem in Schatten gestellt. Allein, wie schon bemerkt: Inter arma silent musae. Gessenius, der Böhmen verlassen

1) Ich danke den Hinweis auf diesen Band Prof. V. Novotny in Prag. 2) An einer anderen Stelle, auf dem leeren Blatt vor der Historia Boliemica des Dubravius kopierte Gessenius den 'Sermo de s. Ludmilla, desumtus ex fasciculo sermonum festivalium codicis Carolini' mit dem Incipit: 'Puit in provincia'. Mit diesem Fasciculus ist nach Font. rer. Bohem. I, p. XV, sub n. VII (VI) Codex X, B, 12 der Prager Universi- tätsbibliothek gemeint.

688 ^ Bertold Bretholz.

musste, fand nicht so bald einen Nachfolger; die Hss.- Schätze der heimischen Bibliotheken schlummerten weiter, soweit sie nicht verschleppt worden sind, wofür gerade die Cosmas-Ueberlieferung ein treffendes Beispiel darbietet, da vier Hss., die zu Beginn des 17. Jh. noch in Prag lagen, mittlerweile in vier verschiedene Orte gewandert sind.

Die Cosmas - Forschung des 18. Jh. ging wiederum von Deutschland aus und setzte dort ein, wo sie zu Beginn des 17. Jh. stehen geblieben war. Als J. B. Mencken im Jahre 1728 seinen I. Band der 'Scriptores rerum Germani- carum, praecipue Saxonicarum' herausgab, nahm er den Freher'schen Text der zweiten Ausgabe von 1607 wörtlich auf, nur gab er ihm einen umfangreichen Notenkommentar von Chr. Gottl. Schwartz, Professor zu Altdorf, bei^. Schwartz, 'Altdorfensis acaderaiae lumen et decus eximium' war es auch, der Mencken, wie dieser in der Vorrede (sub XVII) bemerkt, zum Neudruck der selten gewordenen Freher'schen Edition veranlasste. Bezüglich der Hs., die Freher benutzte, macht übrigens Mencken in diesem Zu- sammenhang die unrichtige Bemerkung: 'usum fuisse eodem codice, quem adhuc hodie extare Pragae apud rev. Patres Soc. lesu comperimus', in dem auch 'Benessii a Weidmühl Vita Caroli IV. Imp.' enthalten sei, deren Veröffentlichung Mencken als dringend bezeichnet '^.

Wenige Jahre nach dem Erscheinen dieser dritten Cosmas -Edition wurde Mencken auf den in der Dresdner Bibliothek befindlichen Codex mit dem Cosmas -Text auf- merksam und überzeugte sich, dass dieser 'tam luculentus, tarn ab edito diversus' sei, dass er im III. Bande seiner Scriptores (1730) p. 1771 1808 wenigstens die von ihm durchgeführte Kollation zum Abdruck brachte. Allerdings

1) Der Titel lautet: 'Cosmae Pragensis ecclesiae decani Chronicae Bohemorum libri III, . . . opus ad exemplar Freherianum, quod Hanoviae typis Wechelianis a. MDCXVII. (Druckfehler statt MDCVII.) prodiit, recusum et nunc a viro doctissimo novis notis illustratum'. Schwartz' Namen findet sich dann in der Praefatio. S. auch Archiv f. ä. d. G. I, 392 f. 2) In Prag bei den Jesuiten, d. h. im Collegium Clemen-

tinum, war einstmals die schon genannte Wiener Cosmas -Hs. n. 508, die aber keine Vita Caroli IV. enthält. Die Chronik des Benesch von Weitmül, in deren viertes Buch Kaiser Karls IV. Selbstbiographie fast vollständig aufgenommen ist, ist heute nur durch eine einzige Hs. über- liefert, die in der Bibliothek des Prager Domkapitels liegt, aber keinen Cosmas -Text enthält. Es ist aber heute auch sonst keine Cosmas -Hs. bekannt, in der die Chronik des Benesch oder die Vita Caroli IV. ent- halten gewesen wäre.

Studien zu Cosmas von Prag. II. 689

beurteilte er diese dem 13. Jh. angehörige Hs. irrig als 'membrana autori fere coaeva'.

Und nun erst, nach dieser abermaligen Anregung er- wachte auch in Böhmen das Interesse an den heimischen Geschichtsquellen. Vornehmlich waren es die reichen Schätze der Prager Metropolitanbibliothek, die nach Ver- öffentlichung verlangten. F. A. Pelzel und J. Dobrowsky nahmen die Aufgabe auf sich, 'Scriptores rerum Bohemi- carum e bibliotheca ecclesiae metropolitanae Pragensis' herauszugeben, deren erster Band auf Kosten des Dom- kapitels im J. 1783 erschien und mit der Chronik des Cosmas begann ^. Dieser neuen (4.) Ausgabe war die Hs. der Metropolitanbibliothek zu Grunde gelegt, mit berück- sichtigt wurden ausser den älteren Editionen zwei Hss., ein Codex Brzewnoviensis im Kloster Brewnow bei Prag saec. XVI,, und der schon erwähnte Codex Vindobonensis saec. XIII., der früher im Jesuitenkolleg Clementinum in Prag gelegen hatte. Die Einleitung zu dieser Edition, p.V XL, an sich für die Cosmas -Forschung von grossem Belang, gab nicht nur genaue Hss.-Beschreibungen, sondern machte auch auf einige verschollene oder damals uner- reichbare Cosmas -Hss. aufmerksam, von denen die gelehrten Autoren Kenntnis erhalten hatten. Es waren dies:

1. die drei Cosmas -Chroniken, die der Prager Dekan Plychta auf Befehl Kaiser Karls IV. nach Neplachs An- gabe 'a tineis et antiquitate putrefactas ... in membranis' abgeschrieben haben soll-;

2. die Hs. in der Bibliothek des Bohuslaw von Hassen- stein, die im Jahre 1570 beim Brande von Komotau zu Grunde gegangen ist;

3. ein Codex Carloviensis, der 1465 dem Augustiuer- kloster in Prag geschenkt worden war, und den auch Bonaventura Piter, der bekannte Prälat und Historiker des mährischen Klosters Raigern (f 1764), noch benutzte und exzerpierte ^ ;

4. der von Prag nach Stockholm entführte Pergameut- codex, dessen Cosmas -Text Pelzel - Dobrowsky für un-

1) Der vollständige Titel dieser Ausgabe lautet: 'Cosmae ecclesiae Pragensis decani Chronicon Bohemorum, ad fidem codicis ms. bibliothecae capituli ecclesiae metropolitanae Pragensis recensitum, cum aliis codicibus tarn manuscriptis quam irapressis coUatum'. 2) Die Notiz findet sich

aber nur in der sogen. Wokaun-Hs. ; der Name Plychta ist Dobner'sche Kombination, in der Hs. steht P. Lych decanus; vgl. Font. rer. Bohem. m, 469, Anm. z, 3) Es ist einigermassen rätselhaft, dass diese Hs.

690 Bertold Bretholz.

bekannt hielten, weil sie damals noch nicht wissen konnten, dass er in Frehers zweiter Cosmas- Edition vorliege^. Sie berufen sich auf Magnus O. Celsius in Historia Biblioth. Stockholm, p. 42.

Eine planmässige Cosmas -Forschung schien dann mit der Begründung der Monumenta Germaniae und der Schaffung ihres Organs 'Archiv für ältere deutsche Ge- schichtskunde' beginnen zu sollen, da Cosmas' Chronik von Anbeginn zu jenen Quellenschriften gerechnet wurde, die in die Monumenta aufzunehmen seien und Dobrowskj für die Herausgabe dieses Werkes wie überhaupt aller Bohemica in Aussicht genommen war-. Allein Dobrowskj kam nicht zur Durchführung des von ihm gefassten Planes. Die Aufgabe, über Cosmas und sein Werk eine erste kritische Studie zu liefern, die über das hinausging, was zuletzt Dobner und Pelzel - Dobrowskj geschrieben hatten, fiel daher Franz Palackj zu, als er 1830 seine 'Würdigung der alten böhmischen Geschichtsschreiber' verfasste ^. Er hat hier (S. 4 6) auch eine üebersicht der ihm bekannt gewordenen Hss. geboten und führte insgesamt an:

1. Die Strassburger Hs., mit Hinweis auf die Notiz im 'Archiv' I, 392;

2. die Stockholmer Hs., mit Hinweis auf Dobrowskj, Reise nach Schweden*;

3. die Dresdner Hs., die ihm aus Menckens Varianten- apparat bekannt war;

4. die Wiener Hs. und

5. die Prager Hs., die beide von Pelzel - Dobrowskj in den 'Scriptores' benutzt worden waren;

zur Zeit Pelzeis als verloren gfalt, dass Emier 1874 ihr Vorhandensein in der Prager erzbischöflichen Bibliothek konstatierte, dass sie seither aber, wie wir noch hören werden, wieder verschollen ist. Köpke (1851) be- merkte : 'At oblivione obrutus codex in nescio cuius monasterii aut biblio- thecae latebris inventorem exspectat'. 1) Bei Pelzel - Dobrowsky heisst es p. V: Freher habe 1607 den Cosmas ediert 'e codice quodam, quem Pragae nactus erat' ; vgl. auch p. XXIV XXVI die eingehenderen Be- merkungen über die Freher'schen Cosmas - Editionen. 2) Vgl. Archiv I (1819), 105. 109 ; IV (1822), 35. 3) Als Vorläufer des Palacky'schen "Werkes ist zu betrachten J. Meinerts Aufsatz 'Die böhmischen Geschichts- schreiber des ersten Zeitraumes' in '.Tahrbb. der Literatur' XV (Wien 1821, Juli Sept.), Anzeigeblatt S. 27 43, mit einer Charakteristik des Cosmas, die Palacky in seiner Arbeit mehrfach zitiert und benutzt hat, und Anführung von bereits sieben Cosmas - Hss. {= Palacky 1 6 und 8). 4) Palacky kennt und erwähnt auch schon die 'treue Abschrift' des Stock- holmer Codex in der Wiener Hofljibliothek n. 7391 (Rec. 1213).

Studien zu Cosmas von Prag. II. 691

6. die Brünner Hs., eigentlich Mähr. Trübauer Hs., auf die zuerst J. G. Meinert im Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst herausg. von Hormayr, 1819, S. 65 ff. aufmerksam gemacht hatte;

7. die Eaudnitzer Hs., die Palackj im J. 1826 auf- gefunden hatte;

8. die Brewnower Hs., die Pelzel - Dobrowsky schon erwähnt hatten.

Palacky war es auch, der im J. 18J:3 zuerst Kunde gab von der Erwerbung einer

9. Cosmas -Hs. durch die Universitätsbibliothek in Leipzig; und fast gleichzeitig meldeten Schaf arik das Vor- handensein einer

10. Cosmas -Hs. in der Gersdorff'schen Bibliothek in Bautzen und Kaubek den Fund einer

11. Cosmas-Hs. in der Budweiser Dechantei^

Als Rudolf Koepke im Jahre 1851 im IX. Bande der 'Scriptores' Cosmas neu bearbeitete und edierte, konnte er das bis dahin bekannt gewordene Material an Cosmas- Hss. nur um zwei ziemlich belanglose Stücke vermehren, u. zw. um

12. Die Münchener Hofbibliothek-Hs., und

13. Die zweite Wiener Hofbibliothek-Hs. n. 7391, von deren Existenz, wie früher erwähnt wurde, aber auch schon Dobner und Palacky Kenntnis hatten. Durch das Buch von K. A. Barack, Die Hss. der f ürstlich - f ürsten- bergischen Hofbibliothek in Donaueschingen (Tübingen 1865, S. 481) erfuhr man von der Existenz der

14. Donaueschinger- oder Eürstenberger Cosmas-Hs., die dann Josef Emier ebenso wie die von ihm wieder- gefundene

15. Hs. der fürsterzbischöflichen Bibliothek in Prag, den alten Codex Carloviensis, bei seiner Edition des Cosmas in den Fontes rer. Bohem. II (1874) zum ersten Male be- rücksichtigte.

Die Zahl von fünfzehn Cosmas -Hss., die seit der ersten Freher- Edition aufgedeckt worden sind, ist heute nicht mehr intakt. Zu allererst ging zu Grunde die Strassburger Hs., also diejenige, die am frühesten entdeckt

1) Vgl. wegen 9 11: Abhandlungen der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften, V Folge. I von den J. 1837 1840, Prag, 1841, S. 18; Archiv f. alt. d. Geschichtskunde VIU (1843), 282 [von G. H. Pertz].

692 Bertold Bretholz.

worden war, nämlich beim Bombardement der Stadt am 24. 27. August 1870, das die kostbare städtische Biblio- thek zerstörte. Man vermisst weiter den Codex Carlo- viensis, wiewohl ihn Emier gesehen und benutzt zu haben behauptet ^. Und schliesslich fehlt dermalen die Hs. in Brewnow, laut einer mir vom dortigen hochw. Herrn Prior P. Marian Jos. Holubec 0. S. B. am 6. Mai 1905 zu- gekommenen Nachricht.

Man darf sich nicht scheuen, seiner Verwunderung offen Ausdruck zu geben, dass es heutzutage in einer Stadt wie Prag geschehen kann, dass Hss. von solchem Wert, wie es jedes Cosmas- Exemplar ist, die nachweislich 1871 noch von Emier benutzt worden sind, spurlos ver- schwinden, und möchte nur wünschen, dass sie recht bald wieder gefunden würden.

V. Die Brünner Cosmas - Handschrift.

Als Köpke und nach ihm Emier ihre Cosmas- Editionen besorgten, zitierten beide in der Uebersicht der erhaltenen Hss. unter der Signatur '5' einen 'Codex Brunnensis chart. fol. saec. XV, hodie asservatus in Museo Franciscano', der sich aber damals gewiss nicht unter den handschriftlichen Beständen des Brünner Franzensmuseums befand und richtiger als verschollen hätte bezeichnet werden müssen'-. Die wenigen Worte, die man über diesen Codex bei Köpke und Emier liest, beruhen auf der Beschreibung, die Palacky in 'Würdigung der alten böhmischen Geschichtsschreiber' S. 5 und 11 13 geboten hatte. Doch hat auch Palackj die Hs. nie selber ein- gesehen noch auch gekannt, sondern er entnahm wiederum

1) Die Mitteilung, dass die Hs. vermisst werde, stammt von dem fürsterzb. Arcliivar Franz Tischer in Prag vom 8. Juni 1903; Herr Hofrat Prof. A. Bachmann hatte die Güte mich am 11. Mai 1905 zu benach- richtigen, dass er auch 1899 und 1900 sich vergeblich bemüht habe, diese Hs. zu Gesichte zu bekommen. Alle Antworten auf meine An- fragen an die Prager Bibliotheken, ob die Hs. nicht aus dem Nachlasse Emiers, der sie wahrscheinlich im Prager Stadtarchiv benutzte, in eine andere Bibliothek geraten sei, lauteten negativ. 2) Es ist mir un-

verständlich, wieso Emier in der (tschechisch geschriebenen) Einleitung zu seiner Cosmas - Edition in den Fontes rer. Bohem. II, 18 sagen konnte: 'Bei dieser Ausgabe hielten wir uns im wesentlichen an den Text Köpkes, verglichen ihn aber noch einmal mit allen den Hss., die Köpke nicht direkt benutzt hat, sowie mit jenen, die bisher nicht bekannt waren. Das sind hauptsächlich die Hss. des Prager Kapitels, von Brewnow, Raudnitz, Donäueschingen, Brunn . . .'. Dass dem, was den Brünner Codex anlangt, nicht so sein kann, beweisen die weiteren Ausführungen.

Studien zu Cosmas von Prag. II. 693

seine Daten wörtlich einem Aufsatz J. G. Meinerts 'Die Tribauer Handschrift' im Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst, herausg. von J. Hormayr, 1819 (S. 65—66. 90 92. 101 103), sowie einem zweiten des- selben Autors in den 'Jahrbüchern der Literatur' (s. oben S. 690, Anm. 3).

Meinert hatte die Hs. im Oratorium der Pfarrkirche zu Mährisch - Trübau im Jahre 1819 entdeckt und, da eben damals auf Anregung des Landesgouverneurs Grafen von Mittrowsky das Franzensmuseum in Brunn gegründet worden war, den Wunsch ausgesprochen, dass diese Hs. 'aus dem Dunkel ihres bisherigen Aufenthaltes in diesen lichten, dem Manne vom Fache zugänglicheren Mittelpunkt und Tempel wissenschaftlicher Landschätze übertragen werde'. In Wirklichkeit kam die Hs. aber nur aus einem Versteck in ein anderes. Denn Graf Mittrowsky hatte in nicht ganz unbegründeter Voraussicht, dass das Franzens- museum in jener Zeit vielleicht doch nicht so ganz als Tempel der dort hinterlegten Raritäten angesehen würde, wie andere wertvolle Archivalien \ so auch dieses Buch in seine Privatbibliothek nach Schloss Wiesenberg (Nord- mähren) gebracht, über deren Inhalt und Wert man bis vor kurzem nichts bestimmtes wusste ''. Mittrowskys Sammlung wurde 1899 auf meine Anregung von der Stadt Brunn für deren Archiv erworben; eine mährische Bibliothek, in der sich ein Cosmas -Exemplar und ver- schiedene andere Moravica, die lange Zeit als verschollen galten, wiederfanden, glaubte ich dem Lande erhalten zu müssen. Nach Brunn kam also diese Cosmas -Hs. erst im Jahre 1899 mit der gesammten Wiesenberger Bibliothek und zwar nicht ins Franzensmuseum oder in das Landes- archiv, welche beide Institute den Ankauf ablehnten, sondern in das Brünner Stadtarchiv^.

Diese Papierhs. in Folio (24 cm hoch, 29 cm breit, 10 cm dick), mit 286 Blättern, in starke, mit gepresstem braunem

1) Vgl. ß. Bretholz, Das mährische Landesarchiv (1908) S. 1.

2) Zibrts Bibliografie I (1900), 214 wiederholte nicht einmal das wenige, was d'Elvert über diese Bibliothek in seiner Historischen Literatur- geschichte von Mähren und Oesterr. - Schlesien (1850) S. 498 mitgeteilt hat; er Hess sich wahrscheinlich durch ihn verleiten zu glauben, dass die Sammlung von Wiesenberg nach Grossherlitz gebracht worden sei,

3) Wenn Meinert in dem genannten Aufsatz in den Jahrbüchern der Literatur sagt, dass diese Cosmas -Hs. 'jetzt des Franzensmuseums in Brunn' sei, so lebte er eben in dem Glauben, dass seinem Wunsche Rechnung getragen worden sei; vielleicht war auch der Codex ganz vorübergehend dort.

Neues Archiv etc. XXXV. 45

694 Bertold Bretholz.

Leder überzogene Holzdeckel gebunden, mit gut erhaltenen Messingecken und Schliessen versehen, besteht aus fol- genden Stücken.

1) 'Incipit Über, qui "Romulum" intitulatur, eo quod de gestis Romanorum tractat, editus ad instantiam stre- nuissimi et spectabilis militis domini Gomety Yspany de Albornotio. Benenutus de Ymola' (die letzten drei Worte in eigener Zeile mit roter Tinte). Vorangeht ein alpha- betischer Namensindex. Fol. 1—7, 8—186^.

2) Eine Chronik nach den sieben Zeitaltern ; das letzte mit der üeberschrift : 'Cronica incipit a summis ponti- ficibus. Septima etas'. Daran schliesst sich ohne Unter- brechung eine Beschreibung Roms. Fol. 187 194''', Sp. 1.

3) Die Chronik des Cosmas mit der Üeberschrift: 'Incipit prohemium in cronicam Bohemorum'. Fol. 194^, Sp. 2— 239^ Sp. 1.

4) Die Chronik des sogen. Pulkawa in 100 Kapiteln, beginnt: 'Capitulum de nomine unde Slovani sive ßoemi venerunt et unde dicuntur'. Fol. 239^ Sp. 2—284", Sp. 1.

5) Nach der Urkunde 'Nos Alexander Philipp! regis Macedonum . . . illustri prosapie Sclavorum et lingue eorum pacem . . . anno ab urbe condita CCCLXV chro- nistische Notizen (eine böhmisch -mährische Chronik nannte sie Meinert) von 1344 1439), aber nicht in chronologischer Folge. Fol. 284^ Sp. 2 286\

Der zvs^eispaltig geschriebene Text des ganzen Buches zeigt einen und denselben kräftigen Zug, nur das Pro- oemium zum I. Buch des Cosmas auf fol. 194"^, Sp. 2 ist von anderer Hand etwas später nachgetragen. Das Wasser- zeichen des Papiers ist durchwegs eine Wage im Kreis. Auf dem ersten und dann auf jedem zwölften Blatt, also fol. 1, 13, 25, 37 . . . sind am oberen Rand von einer Hand saec. XV. die Lagenziffern 1 24 angebracht, nur die Zahl 17 steht auf f. 191, also auf dem zehnten Blatt nach dem richtig mit Lage 16 signierten Blatt 181, weil zwischen fol. 186 und 187 zwei Blätter herausgeschnitten sind; ebenso sind am Schluss der Hs. mehrere Blätter, ob be- schrieben oder leer lässt sich nicht entscheiden, heraus- gerissen.

Die Hs. ist inhaltlich in mehrfacher Hinsicht nicht ohne Interesse.

Die kleine böhmisch -mährische Chronik hat zwar schon Meinert a. a. O. ediert, doch ist seine Behauptung nicht zutreffend, dass sie beinahe wörtlich aus dem zweiten Fortsetzer des Pulkawa, wie er von Dobner, Monumenta

Studien zu Cosmas von Prag. II. 695

IV, 126 136 bekannt gemacht wurde, genommen sei. Viele dieser kurzen Notizen zeigen, wenn sie auch nichts wesentlich neues bringen, eine selbständige Fassung, so beispielsweise die über König Wenzels Tod 1419, u. a. m. Der Pulkawa-Text unserer Hs. wurde für die Edition dieser Quelle in den Fontes rer. Bohem. V. nicht benutzt^; er ist übrigens mit jenen der sogen, ersten Rezension nah verwandt und steht am nächsten dem der Hs. n. 199 der Breslauer Stadtbibliothek vom Jahre 1467, ist aber älter. Für eine Neuedition dieser Quelle muss somit die Brünner Hs. berücksichtigt werden.

Die Chronik nach den sieben Weltaltern ist zwar belanglos, allein die ihr angefügte Rombeschreibung immer- hin als eine neue Fassung der verschiedenen als 'Mirabilia Romae' oder 'Breves Notitiae' bekannten mittelalterlichen Rombeschreibungen beachtenswert.

Die Fassung unserer Hs. beginnt ohne jede Ueber- schrift mit einem Abschnitt betitelt 'Conditores urbis Rome' von Janus bis auf Romulus, daran sich die folgenden An- gaben anschliessen, die einigermassen an den Text der Mirabilia anklingen, den H. Jordan, Topographie der Stadt Rom im Altertum II (1871), 607 ediert hat:

'Muri Rome in circuitu et ambitu eorum continent XXII miliaria exceptis Transtiberis et civitate Leonina. Turres murorum sunt CCCLXI. Castella Rome erant XLVIII. Propugnacula murorum XVI'"IX°'. Die weiteren Abschnitte tragen die Ueberschrif ten : 'Porte Rome. Vie. Arcus triumphales. Terme. Palacia.

Theatra. Pontes supra Tiberim. Angulie. Fora.

Equi. Templa. Cimiteria'.

Nun folgt die Beschreibung der Regionen, deren erste hier schon den Namen 'Porta Capena', deren 8. 'Forum Magnum', 9. 'Palacium Magnum', 11. 'Piscina Publica', 12. 'Aventinus' heisst, während 10 und 13 keinen Namen führen 2. Als 'Regiones extantes' werden aufgezählt: 'Regio Moncium, Trivy, Columpne, Campimartis, Pontis, Aremilie, S. Eustachy, Pinee (alt 'Chacchii'), Campitolli, S. Angeli, Rippe und Regio Transtiberim'. Den nächsten Abschnitt

1) Hier sagt Emier im Gegensatz zu jener Bemerkung, die ich oben S. 692, N. "2 angeführt habe, ausdrücklich : 'Bezüglich der Hs. des Franzensmuseums in Brunn überzeugte sich Herr .J. Müller, dass sie dahin von Trebitsch (soll wohl heissen Trübau) nicht gegeben wurde, wie es hätte sein sollen'. 2) Ich beziehe mich hier auf die betreffenden Ausführungen von Jordan 1. c. S. 315 ff.

45*

696 Bertold Bretholz.

bilden: 'Mulieres clare ßome' von Gaia Cirilla bis auf 'Faustina augusta . . . mandato Antonii dea adorata est'. Unmittelbar an diesen Schlusssatz fügt sich ein umfang- reiches Verzeichnis der 'Indulgencie urbis Rome', be- ginnend :

'Item notandum est, quod in Eoma sunt CCCC et LVII ecclesie, inter quas sunt Septem ecclesie pre aliis privilegiate gratia et sanctitate, que dicuntur esse regales, quia a summis pontificibus et imperatoribus sunt constructe et maxime divine gratie cumulate'.

Nach einem Verzeichnis der Kardinäle, dann der in Eom befindlichen Abteien und einigen Notizen über die Ausdehnung Italiens lesen wir: 'Omnia superius scripta sunt scripta in studio rev. domini domini de Ursinis. In camera paramenti ipsius domini Cardinalis mirifico opere depicte sunt XII sibille, que sie dicuntur de adventu Christi'; es folgt ihre Aufzählung mit dazugehörigen Weissagungen. Damit schliesst auf F. 194"', Sp. 1 dieser Teil der Hs. Ihm voran geht das umfangreichste Stück, das 'Romulum'.

Es ist eine ausführliche römische Geschichte in elf Büchern von der Gründung der Stadt bis auf die Zeiten Kaiser Sigmunds fortgeführt mit einer Einleitung, die über die Abfassung des Werkes einigen Aufschluss bietet. Sie lautet :

'Liber primus tractat et continet gesta Romanorum ab urbe condita usque ad urbem liberatam a regibus. Capitolum primum, in quo aperitur intencio libri cum commendacione prefati domini.

"Principibus placuisse viris non ultima laus est", in- quid Oracius in epistolis suis. Haue auctoritatem secutus illustrium ßomanorum regum, consulum ac imperatorum non omnia quidem, sed [que] memorabilia fore crediderim inclita gesta, luculento Latino humili stilo et sermone ma- terno sine ulla rhetoricorum pompa verborum, brevi volu- mine, quantum materie qualitas patitur, instancia strenuis- simi militis domini Gomecij de Albornocio Yspani \ cuius mandatis prius sibi dilectus quam cognitus nequeo refra-

1) S. die Bemerkung bei Chevalier, Repertoire des sources histori- ques du moyen äge, Sp. 121 : 'Albornoz (Gomez d') neveu du preced. (i. e. Albornoz Gilles - Alvarez, Carillo d'), senateur de Rome, f ä Anagni 1:377 aoüt 12. Baluze, Vitae pap. Aven. (1693) I, 1440 f. Bei Baluze wird wegen einiger Lebensdaten verwiesen auf Codex epistolarum Gre- gorii XI. und auf die "Vita des Kardinals Aegidius Albornotii, verfasst von Genesius Sepulveda.

Studien zu Cosmas von Prag. II. 697

gari. Quem iani pluribus triumphis clarissimis celebratum, quia armorum sollercia distrahit, militaris alligat disciplina, rei publice cura sollicitat utilius gubernande, amenissime necnon opulentissime Bononie civitatis, cuius habenas regit, prudens et providus gubernator et quam, sonantibus undi- que bellorum fragoribus guerrarum turbine oppressam, revocata patria libertate iam dudum suis propulsa de laribus spectabili virtute sua potenter erexit, nobilissimorum histori- corum obscuritati sedulitati studii invigilare non valens, invitus quodammodo pertrahor ad scribendum, iuvenilis etatis imbecillitate , cui plurimum ignorantia solet esse cognita, sed propiciante deo maturitate animi roboranda famosissimos hystoriarum auctores et si non quo ad stilum, quo ad effectum saltem posseteuus imitatus ; potissime Titum Livium, Augustinum de civitate dei, Valerium Maximum, Salustium, Suetouium, Helium Spartianum, Helyum Lam- pridium, lulium Capitollium (sie), Lucium, Florum, lusti- num, Lucanum, Orosium, Entropium aliosque quam plures. Non iguarus presens opusculum minus sapere nulla cou- ditum rhetorice dulcedinis suadela, michi tamen sufficiat pref ati domini satisf acere votis ; quod si f ortasse prolixiorem vagabitur viam, veniam ex hoc merebitur, quoniam multa et magna impossibile est breviter explicare, et quia obscu- ritas est amica quam plurimum veritati'.

Das erste Buch, dessen Ueberschrift schon angeführt ist, umfasst 29 Kapitel.

Buch II, 'continens gesta consulum et tribunorum usque ad urbem captam per Gallos', 42 Kapitel.

Buch III, 'continens gesta Eomanorum ab urbe recu- perata a Gallis usque ad bellum Punicum', 27 Kapitel.

Buch IV, 'continens gesta secundi belli Punici usque ad tempus quo Capua dedit se Anibali', 30 Kapitel.

Buch V, 'continens gesta secundi belli Punici a rebel- lione Capue usque ad tempus quo Scipio ivit Yspaniam', 38 Kapitel.

Buch VI, 'continens gesta secundi belli Punici a tem- pore quo Scipio factus est consul usque ad bellum Mace- donicum', 49 Kapitel.

Buch VII, 'continens gesta belli Macedonici et alia gesta Eomana usque ad tempora luly Cesaris', 32 Kapitel.

Buch VIII, 'continens gesta Gay luly Cesaris usque ad tempora Octavy qui dictus est Cesar Augustus', 56 Ka- pitel.

Buch IX, 'continens gesta Cesaris Augusti et aliorum decem imperatorum qui successive secuntur', 30 Kapitel.

698 Bertold Bretholz.

Buch X, 'contineus gesta cesarum ab Adriano usque ad Constantinum', 42 Kapitel.

Buch XI, 'continens gesta cesarum a Constantino us- que ad Sigismundum', 73 Kapitel.

In einer zweiten Hs. des Romulum, die ich kenne und die sich in der Olmützer Studienbibliothek sub sign. II, 58 befindet ^, lesen wir am Schluss des 10. Buches :

'Ea que secuntur (also Buch XI) scripta sunt de libro lo. de Crivellis, quem de imperatoribus conscripsit tempore domini Martini pape V. satis breviter et concordat ut plu- rimum cum Francisco Petrarca in libello, quem fecit et appellavit Augustalem ; et principium habens in alio libro usque ad hunc passum etc.' und am Schluss des 11. Buches findet sich die Unterschrift : 'lohannes de Crivellis scriptor apostolicus se ipsum ad pedum oscula beatorum' -.

Der 'Liber Augustalis', mit dem das vorliegende Werk 'Romulum' in Zusammenhang gebracht wird, ist nach der Angabe von O. Lorenz, Deutschlands Geschichtsquelleu im Mittelalter 11^ 291, N. 1 'in zahlreichen Hss.' bekannt^. Freher-Struve hat ihn in Rerum Germanicarum scriptores II (1717), 1 21 ediert, ohne Anführung von Hss. Dieser Liber Augustalis ist mit dem 11. Buch des Romulum, wie es in der Brünner und Olmützer Hs. vorliegt, nahe ver- wandt, nur dass die meisten Kaiserbiographien des Romulum ausführlicher, inhaltsreicher sind und anders stilisiert er- scheinen, so dass man den Eindruck gewinnt, das elfte Buch des Romulum sei eine erweiterte Bearbeitung des Liber Augustalis. Das grosse Werk 'Romulum' des Ben-

1) Diese Hs., die den Romulum - Text ganz ebenso bietet wie die Brünner Hs. , enthält dann auch noch in gleicher Weise die Chronik von den 7 Zeitaltern und die Rombeschreibung (also fol. 187 194'*', Sp. 1 der Brünner Hs.), allein anstatt Cosmas folgt dort: 'Apulei Platonici Madaurensis Metamorfoseos libri XI, Floridum libri IV, De deo Socratis' und 'Oracio Heligabali Romanorum imperatoris habita in concione ad meretrices', mit der Schlussbemerkung : 'Leonardus Aretinus recreandi in- genii causa ridens ludensque dictavit, unde severiores rogat ne legant, urbaniores ne efferant'. Damit schliesst diese Olmützer Romulum -Hs. 2) Chevalier 1. c. 1074: 'Crivelli (Jean), de Milan, chan., archidia. d'Aquilee, abrev. apost., f 1432 juil. 28'. 3) Vgl. Potthast, Bibliotheca historica medii aevi I, 145, s. v. Benevenutus de Rambaldis; die dort angefülirte Münchener Hs. (Hofbibliothek n. 313) hat das Explicit : 'Finit feliciter libellus, qui dicitur Augustalis, continens sub compendio brevem descriptionem omnium augustorum a primo Cesare usque ad ultimum, ad illustrem Nicolaum marchionem Estensem Kalendis lanuarii intrante novo anno CCCLXXXVll. per Benevenetum de Ymola, egregium hystoriarum receptatorem et sollempnissimum autoristam. Amen, amen'.

Studien zu Cosmas von Prag. II. 699

venuto da Imola (f 1391) ist bisher nur in einer Ausgabe in italienischer Sprache bekannt, die 1867 ff. Giuseppe Guaterri u. d. T. 'II Romuleo di Mess. Benvenuto da Imola, volgarizzato nel buon seculo e messo per la prima volta in luce dal dott. G. G.' in Collezione di opere in- edite o rare dei primi tre secoli della lingua, publicata per cura della E. Commissione pe' testi di lingua nelle provincie dell' Emilia XXI u. XXII.

In der Einleitung werden (S. XVII) Hss. des lateini- schen Originals in der Laurenziana erwähnt; aus einer derselben (LXVI, 29) druckte Bandini im Catalogus codicum Latinorum bibliothecae Mediceae Laurentianae (Florenz 1774 ff.) II, 802 das Prooemium unvollständig ab. Für lateinische Hss. vgl. auch Bradley, Dict. miniat. (1889) III, 117 119^. Sowohl in der italienischen üebersetzung, wie wahrscheinlich auch in den lateinischen Hss. der Lauren- ziana umfasst das Romulum nur 10 Bücher, und nach dem von Bandini angeführten Explicit auch diese nicht in dem Umfang wie die beiden Hss. in Brunn und Olmütz.

In keinem der bisher besprochenen Bestandteile findet sich irgend ein Hinweis auf die Provenienz unserer Hs. Einen Anhaltspunkt hierfür bietet erst der Cosmas- Text, der auf den Romulum und die Chronik der sieben Zeitalter mit der angegliederten Notitia urbis Romae folgt. Der Cosmas -Text in dieser Hs. an sich ist minder- wertig, durch zahlreiche Schreibfehler, Wort- und Satz- auslassungen verderbt; im übrigen gehört er zu jener älteren Klasse, die ihre Hauptvertreter in den Cosmas -Hss. von Leipzig, Bautzen, Strassburg und Dresden hat, am nächsten steht er der Bautzener Hs. Wie alle anderen Ueberlieferungen berichtet auch diese Hs. zum J. 1115 den Tod Udalrichs, des Teilfürsten von Brunn, und im Anschluss daran den schon früher (1112) erfolgten Tod seines Bruders Lutold, sowie den Uebergang der von ihnen verwalteten zwei mährischen Westprovinzen, Brunns und Znaims, an Sobieslaw, den Bruder des böhmischen Herzogs Wladislaw, da die direkten Erben Udalrichs und Lutolds noch minderjährig waren. Darnach folgt aber nach der üblichen Kapiteleinteilung in Kap. 41 des III. Buches eine längere Einschaltung, die in keiner der übrigen Hss. vorkommt, gewiss auch nicht zum ursprünglichen Cosmas-

1) Diese Nachweise verdanke ich der liebenswürdigen Unterstützung des Herrn Professors Dr. "W. Weinberger in Brunn auf Grund seiner Nachforschungen in den "Wiener Bibliotheken.

700 Bertold Bretholz.

Text gehört, sondern lediglich ein Plus unserer Hs. dar- stellt. Diese Einfügung betrifft die in der mährischen Geschichte lange Zeit so sehr vermisste Gründungsurkunde des von üdalrich und Lutold gestifteten Benediktiner- stiftes Trebitsch.

Noch Dudik musste in seiner Geschichte Mährens II (1863), 567 schreiben: 'Um das Jahr 1109 ward im Iglauer Kreise diese dritte klösterliche Stiftung in Mähren durch ihr (d. i. Udalrichs und Lutolds) beiderseitiges Bemühen in einem öden, vom Rufe gefährlicher Räuberbanden er- füllten Walde an dem Flusse Iglawa erbaut und reichlich dotirt . . . Leider dass uns die Geschichte des Trebitscher Klosters fast ganz unbekannt geblieben ist. Wie über das Leben der Stifter, so ist auch über ihre Stiftung ein wenigstens bis jetzt undurchdringlicher Schleier aus- gebreitet'. Und Wolny, der beste Kenner der älteren kirchlichen Literatur Mährens , konnte in seiner kirch- lichen Topographie von Mähren, II. Abt., Brünner Diöcese, III (1860), 147 von Trebitsch nur berichten: 'Bekanntlich hat man über diese sonst so reiche Abtei . . . nur spär- liche und meist aus fremden Quellen fliessende Nach- richten, weil ihr Archiv höchst wahrscheinlich verloren ging und die angeblich schon im 12. Jh. begonnenen und bis in das 15. Jh. fleissig fortgesetzten Annalen derselben, welche noch Pessina für den Mars Moravicus (1677) be- nutzte, bisher nicht entdeckt werden konnten. Sie soll von den Brüdern Ulrich Fürst von Brunn (f 1115) und Lutold von Znaim (f 1]12) zur Ehre der Mutter Gottes gestiftet worden sein und wurde, wie man dies erst im Jahre 1197 verlässlich erfährt, zugleich mit reichem Besitz bedacht . . .'.

Diese Lücke wird durch die in den Cosmas-Text unserer Hs. eingefügte Abschrift der Gründungsurkunde eiuigermassen ausgefüllt. Die Urkunde ist ausgestellt von Üdalrich oder, wie er hier heisst, Dedalricus, bezeichnet die Gründung als in 'media silva Trebecensi' geschehen, erwähnt die reiche Ausstattung mit Aeckeru , Weiden, W^iesen, Wäldern, Pflügern, Rindern, Schafen, Schweinen, Zugvieh und anderen Notwendigkeiten und führt die dem Kloster geschenkten ungemein zahlreichen Dorfschaften namentlich auf. Der Text der ursprünglichen Urkunde wird aber unterbrochen, indem auch gleich die späteren Begabungen, wie von Üdalrich und Lutold, so von ihren Nachfolgern aufgezählt werden. Erst dann folgt die Schlussforme], in welcher Abgaben der abhängigen Bauern-

Studien zu Cosmas von Prag. II. 701

Schaft für andere als Klosterzwecke verboten werden. Eine Datierung trug die Urkunde ursprünglich nicht, aber der Kopist konstatierte, dass der Anfang dieser Schenkungen in das Jahr 1101 falle und dass die Kirche am 10. Juli 1104 vom Prager Bischof Herrmann geweiht worden sei^

Da diese Gründungsurkunde nirgends anders über- liefert ist, so kann sie wohl nur im Kloster selber nach dem Original in diese Hs. eingetragen worden sein; nirgends anders als in Trebitsch selbst würde man das Interesse gehabt haben, noch im 15. Jb. die uralte Gründungsurkunde in einem Cosmas -Text an ganz verständlicher Stelle ein- zufügen und zu verewigen. Wir stossen somit auf Spuren einer wissenschaftlichen Tätigkeit in diesem Benediktiner- kloster, die bis nun ganz unbekannt waren, von denen auch Pessina keinerlei Ueberlieferung besass. Man ver- fügte noch im 15. Jh. über fremde und einheimische Chroniken, die man in einen Band zusammenzuschreiben für gut befand. Die weiteren Schicksale dieser Hs. lassen sich dann zwar nicht urkundlich nachweisen, aber mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit kombinieren.

Für die Niederschrift unserer Hs. ist das Jahr 1439, das in der böhmisch -mährischen Chronik noch erwähnt ist, der terminns a quo, der auch aus den allgemeinen politischen Verhältnissen dieses Klosters sich verstehen lässt. Für Trebitsch begann nach einer mehrhundert- jährigen Periode des Glanzes zu Beginn der Hussitenkriege die erste Phase des Niedergangs; in den Jahren c. 1425 bis 1431 war das Kloster in hussitischem Besitz, wurde aber wieder befreit. Die Verwüstungen aus dieser Zeit, die wohl auch den Bücherbestand betrafen, waren wohl die Ursache, dass man die Lücken wieder ausfüllte, und diesem Aufschwung verdankt auch unsere Hs. ihre Entstehung. Aber mit dem Jahre 1468, mit dem Beginn der Kämpfe zwischen den Königen Mathias von Ungarn und Georg von Böhmen brach neues Unglück über das Kloster herein, unter dem es zwar nicht sofort zusammenbrach, von dem es sich aber nicht mehr erholte; 1490 ging der Kloster- besitz und das Kloster selbst als Pfandschaft in den Besitz des mächtigen Wilhelm von Bernstein über. Die Wan- derung der Hs. von Trebitsch nach Mährisch -Trübau dürfte am ehesten in das Jahr 1551 fallen. Damals soll

1) Die Einschiebung des späteren Zuwachses und die zeitliche Schlussbemerkung erklären sich wohl aus Notizen, die auf dem Original selber standen imd vom Kopisten mit abgeschrieben wurden.

702 ßertold Bretholz.

Arkleb von Boskowitz, Herr auf Trübau und zeitweiliger Besitzer von Trebitsch , die katholischen Geistlichen, darunter auch 14 Benediktiner, den üeberrest des Kon- ventes, vertrieben haben ^ Ihre Bücherschätze wird er sich um so lieber angeeignet haben, als er in Trübau die berühmte, von Ladislaw von Boskowitz (1485 1520) ge- schaffene Bibliothek besass, die auf diese Weise noch ein- mal eine reiche Vermehrung erfuhr^. In der Zeit des dreissigj ährigen Krieges verfiel aber die Schlossbibliothek, die mittlerweile samt der Herrschaft Trübau von den Bosko witzern an die Zierotins übergegangen war, der Kon- fiskation wegen des Verdachtes akatholische Werke zu enthalten. Sie wurde dem katholischen Pfarrer in Trübau zur Zensur übergeben ^ der dann einen kleinen Teil, darunter auch unsere Hs. für wertvoll genug erachtete, vor dem Feuerbrande zu schützen und in einem Gewölbe der Kirche aufzubewahren, wo sie, wie eingangs erwähnt wurde, Meinert im Jahre 1819 ausgrub.

Die Geschichte dieser Hs. lässt sich somit in trockenen Jahreszahlen folgendermassen übersehen :

1) C. 1439—1468 im Benediktinerkloster Trebitsch geschrieben.

2) 1551 (wenn nicht vielleicht schon zwischen 1485 und 1520) in die Boskowitz'sche Bibliothek nach Mährisch- Trübau gebracht.

3) 1639 der Pfarrkirche in Mähr. -Trübau zur Zensur übergeben.

4) 1819 in dem Oratorium dieser Kirche von dem mährischen Geschichtsforscher J. G. Meinert aufgefunden.

5) 1821 anstatt in das Franzens -Museum in Brunn, in die Mittrowsky'sche Schlossbibliothek in Wiesenberg in Mähren übertragen und seither verschollen.

6) 1899 mit der gesamten Wiesenberger Bibliothek von der Stadt Brunn angekauft und dem Brünner Stadt- archiv einverleibt.

1) Vgl. Wolny, Kirchl. Topographie von Mähren, Brünner Diöcese III (1860), 154, N. 4. 2) Vgl. M. Grolig, Die Bibliothek des Ladislaus V. Boskowitz in Mährisch - Trübau, Wien 1904. Die Möglichkeit, dass schon der Gründer der Bibliothek irgendwie in den Besitz von Hss. des Trebitscher Klosters gekommen sei, ist nicht ganz ausgeschlossen, scheint mir aber nicht sehr wahrscheinlich. 3) Sie trägt, wie auch die übrigen Bücher, die dem Pfarrer übergeben wurden, auf dem 1. Blatt den Ver- merk: 'Ecclesiae b™ae Virginis Civitatis Triboviensis in Moravia. 1639', der aber später zum Teil radiert und mit den Worten: 'Vinginado Febbrifianino (?) Mercatore' überschrieben ist.

Studien zu Cosmas von Prag. II. 703

Anhang.

Die Gründungs Urkunde des Klosters Trebitsch

in Mähren nach der Cosmas-Handschrift im

Brunn er Stadtarchiv.

[Fol. 234]. Sed quia venit nobis mencio de supradicto duce, videlicet Udalrico* et fratre eins Lutoldo, necesse est, ut pauca de multis eorum laudabilia facta enumeremus. gloriosissimi duces vere et hodie'' [fol. 234"] haud plangendi, nam discrecionis quante in divinis legibus et humanis iudiciis aut quam largi datores elemosinarum et quam pii fautores ecclesiarum fnerint, testatur eorum auc- toritas in privilegio Trebecensis ecclesie, cuius forma hec est:

In nomine sancte et individue trinitatis. Udalricus'* dei gracia id quod est. Prudencia antiquorum sapientvim et consuetudo obtinuit, ut, si quisquam cuiuslibet persone in propria patria quid stabilire*^ velit, quidve stabile fore decreverit, id sub principum et episcoporum atque abbatum omniumque comitum ceterorumve nobilium testimonio debeat memorie commendare et sub huiusmodi cirographo. Quam consuetudinem considerans, ego üdalricus*^ hoc scriptum fieri postulavi ad recordacionem et confirmacionem presentis temporis et futuri. Omnibus ergo Christianis presentibus, absentibus et futuris notum esse desidero, quod ego pro eterne retribucionis munere cum meo dilecto fratre, videlicet Lutoldo principe, monasterium domiao cooperante construximus in honore salvatoris domini nostri lesn Christi et sancte ac gloriose semper virginis Marie geni- tricis dei et domini nostri lesu Christi, situm in media Silva Trebecensi, secundum prefatam consuetudinem, idque uterque dotavimus iuxta nostrum posse agris, pascuis, pratis, silvis, aratoribns, bobus, ovibus, porcis, iumentis et ceteris subsequentibus necessariis.

Hec sunt nomina villarum, quas dedimus deo et sancte Marie in obsequio ibi deo serviencium fratrum, que cognominantur : Drinovici cum vinea et cum cultore vinee et cum tabernario, Mladcouici, Sedice locum in luco prope castrum Bren sancti Benedicti, Ribnik, Cahouici, forum Pravlou cum thabernarys et theoloneum usque ad con- finium Boemicum, Leckouici, Qlauane, Klilohouici, Omici cum vinea, Tuchssici cum vinea, Redcouici, Lasseuo, Ra-

a) 'Dedalric-' Hs. , wie bekanntlich oft 'ü' in 'de' verlesen ist. b) 'hodis' Hs. c) Danach 'fecit' durchgestrichen.

704 ßertold Bretholz.

potici, Sudici, Quassouici, Hekkartici, ßacouo, Yuance, Studlenec, Komissiii cum foro et thabernarjs, Nesseuo, Gothsalcouici, Kozlane, Malissici, Grideborici, Radmire, Igotici, Babici, Zmirk, Brod, Nemoyovici, Hozthacou, Do- brutoys, Naramce, Naboru, Lagmo, Trmaua, Lubane, Wa- hotici, Krisanouo, Beztbucici, Nagradouo, Nazoholi, Dobr- chouici, Hecleuici, Aldiconici, Wiprehtici, Stibouo, Hlu- mane, Koiatino, VIII forum ßrnen et tbabernarium, centum denarios a moneta ad capellam saiicti Benedict! XXVI.

Postquam vero beate memorie Udalricus dux migravit a seculo, fily superstitis Bratizlay fulgente potencia be ville addite sunt pro anima Rudolplii comitis: Brestani cum Omnibus, quod debent rustici, Malomirici, Bznatici, Smi- louiei, Nebouidi.

Post obitvim Wratizlai additum est Nmecino. Ipse vero dux Udalricus pro paupertate novelli populi, qui tunc in eadem solitudine locabantur, VI nummos pro decima- cione instituit.

Dux vero Lutoldus eidem monasterio ex reditibus suis bas villas obtulit: Micapi, Cracouici, Prelscici, Cretes, Starice, Rascouici, Pozdatici, Ocrasseuici, Cemire, Pohuizdi, Graykouici, Gripouici, Kobirz, Kosuhouici.

Post obitum autem supranotati ducis filius eins Con- radus dux bas addidit villas : Dalessice, Hermanice, Stru- pessin, Nouoluski, Caknouo, Sedlatino.

Hec omnia ea condicione deo et sancte Marie obtu- limus, ut nulla posteritas nostri generis nullaque potestas secularis a rusticis ecclesie datis de iure terre quicquam exigat, sed in usus ibidem famulancium pro futuro*^ ipsa ecclesia cuncta perpetuo obtineat.

Hec autem ceperunt facere ab anno MCI*^, quando post obitum Bratizlay, qui expulerat eos de Moravia, et ßoriuoy locato in Boemia, iterum rebabuerunt eam et in primis edificaverunt ecclesiolam sancti Benedict! in media Silva locatisque fratribus nigri ordinis, ut predictum est, multa bona contuleruut eis. Quam ecclesiolam dedicat Hermannus Pragensis episcopus anno MCIIII. VI. Idus lulii.

a) 'futura' Hs.

XIII.

Aus dem Certamen anime desRaimundus Astucus.

Von

Jakob Werner.

JJer Widerspruch gegen die hauptsächlich von Giese- brecht und Straccali vertretene Ansicht, dass die Goliarden oder Vaganten die Verfasser der nach ihnen benannten Dichtungen seien, wird immer lauter ^. Er gründet sich u. a. darauf, dass der Ausdruck 'goliardus' seinem ur- sprünglichen Sinne nach einen Parasiten und Spassraacher bezeichne '. Eine Stütze für diese Anschauung bietet eine invectio contra goliardos aus der Mitte des XIII. Jh., in der weder vom Vortrag noch von der Ab- fassung von Gedichten durch die Goliarden die Rede ist. Diese Strafrede entnehme ich dem Certamen anime des Eaimundus Astucus in der Hs. 1008 der Stifts- bibliothek von St. Gallen-^.

Als Besitzvermerk stehen auf der ersten Seite der Hs. (=^ S. 7) von einer Hand des 16. Jh. die in einander ver- schlungenen Buchstaben CM und die Angabe Bibliothecae Mejssonnierianae L. L. D. Ein voranstehendes Papierblatt, das jedenfalls schon im 15. Jh. dazugehörte, zeigt (S. 5) neben einer mit 'Titulus huius libri' beginnenden Ein- leitung und einem leonininischen Vierzeiler : 'Multum deliro, si cuique placere requiro' ^, eine spätere Zuschrift: 'D. Perold, olim lesuita, nunc ecclesie Christi apud Mömpel[gard] Nitiobrig. orthodox. Minister dono dedit Bartolomeo Scho- bingero Sangallensi yihuoycp 1598'. Französischen Ursprung erweist auch die Schrift mit dem unten gebogenen r nach o, p und b. Die Beschreibung bei Scherrer, Ver- zeichnis S. 383 ist dahin zu ergänzen, dass S. 7 98 und S. 99 —118 zwei für sich bestehende Pergamenthss. sind: die erste besteht aus drei unbezeichneten Lagen; die erste von 7, die übrigen von je 8 Doppelblättern, die ungefähr

1) Vgl. Wilh. Meyer, Nachrichten der Göttinger Ges. der Wiss. 1907, S. 76 und 88. Franc. Novati, A ricolta, p. 6:] (Neudruck seiner Abhandlung: I Goliardi e la poesia lat, medievale). 2) S. Santangelo, Studio sulla poesia goliardica (1902) p. 18 39. 3) Herrn Stifts-

bibliothekar Dr. Fäh spreche ich hier öffentlich für seine Gefälligkeit meinen Dank aus. 4) Auch bei Jul. "Wegeier, Philosophia patrum- (1872) n. 1042. Hch. Bebel's proverbia germanica v. W. H. D. Suringar (1879) S. 371.

708 Jakob Werner.

155 mm hoch und 110 mm breit sind. Die Liniatur misst 11 X 6 cm; jede Seite hat 36 Zeilen, für die mit Braun- stift Linien gezogen sind. Je drei senkrechte Linien bilden rechts und links die Grenzen für die Textzeileu, deren Anfangsbuchstaben auf der mittleren senkrechten Linie stehen ; nicht überall sind die Zeilenanfänge rot gestrichelt. Die Verse sind in der Caesur oder dem Sinne nach meist mit . oder ! abgeteilt ; die gleichen Zeichen stehen hinter den Versen auf einer Linie unter einander und zwar wird ! als Reklamant für nicht mit dem Versende abgeschlossene Sätze gebraucht. Die einzelnen Kapitel haben die Ueber- schriften in Rot und abwechselnd blaue und rote Initialen. Als bemerkenswert erscheint die hier und da vorkommende Schreibung 'üü (tüüs, serüüs' u. s. w.) neben dem gewöhn- lichen ii.

Eigentliche Fehler weist der Text nicht auf, so dass man die Hs. wohl für das Original halten darf: daher kommt es auch, dass keine der Anmerkungen den Ver- fasser erwähnt. Erst durch das 'Explicit certamen anime R. astuci' (S. 95) und den Anfang der darauf folgenden 'epistola de consolatione conposita ab eodem : Que sibi permittit deus edere carmina mittit Petro Ramundus, cui monstrat urania mundus' . . . ergibt sich als Verfasser Rai mundus Astucus; seine Schularbeit (V. 2: 'dicta Scolaris') widmete er dem Erz- bischof von Narbonne, Petrus A melius (V. 9 f.). der nach Gallia Christiana (1739) VI, 65—71 von 1226—1245 residierte. Da die Eroberung von Valencia im Jahr 1238 erwähnt wird (V. 13 ff.), so fällt die Abfassung des Ge- dichtes in den Zeitraum von 1238 45; der Dichter könnte also kurz vor 1220 geboren sein. Näheres ist über ihn nicht bekannt, wenn er nicht mit dem Hist. litt, de la Erance XXVIII, 462 f. erwähnten Raimond de Clermont identifiziert werden darf, dem Verfasser eines in Hexa- metern gereimten Gedichtes über die Dekretalen, das nach Haureau a. a. 0. zwischen 1234 und 1299 verfasst sein muss.

Wenn auch die Schularbeit über das 'certamen anime' an Wert weit hinter der bekannten Leistung des St. Galler Klosterschülers Ekkehart zurücksteht, so gibt sie doch ein Bild von den metrischen Uebungen, die im 13. Jh. in den Schulen üblich waren, und gestattet zu- gleich einen kleinen Einblick in den Lehrstoff, der für den heranwachsenden Klerus bestimmt war. Denn wir dürfen das nicht sehr umfangreiche Gedicht wohl als einen Ver-

Aus dem Certamen anime des Raimundus Astuciis. 709

such betrachten, ein kleines Lehrbuch der Moral für den Unterricht junger Geistlicher zu schaffen, worin der Ver- fasser einen beschränkten Stoffkreis zur Behandlung aus- gewählt hat. Der Einfluss der Schule zeigt sich auch darin, dass dem Dichter oft Wendungen aus klassischen Dichtern (meist Ovid) einfliessen. Daneben bemüht er sich, in die Form seiner Darstellung einige Abwechselung zu bringen: er schreibt nach der Mode, also gereimte Hexameter; er glaubt sogar, neue Formen desselben (V. 21: 'metrorum novorum') vorzutragen. Der Dichter verwendet meist Doppelleoniner (sog. unisoni ^) ; doch wird deren Fluss bald mehr bald weniger durch einzelne Leoniner, reimlose und gereimte Distichen oder andere Reimpaare unterbrochen; es gibt auch Abschnitte, in denen die Einzel- leoniner überwiegen, doch kommen auch Tiraden von 4 6 Zeilen vor, z. B. 2453 56, S. 718. 2482—87, S. 719. Es finden sich Cruciferi:

V. 721 f. : Sicut in estate nocuum fundit draco virus,

Sic et homo dirus malus est in prosperitate ; oder V. 2474 f., S. 719.

Collaterales z. B. 1604 f.:

Mentem Sublimat studium super astra levando,

Purgat et elimat carnem domat extenuando. Trinini salientes mit jambischem Reim V. 763 f.:

Predo boves predatur, oves, animalia bruta;

Cuncta rapit, sine lege capit maiora minuta ; V. 2443 f. S. 718; mit spondeischem und jambischen Reim V. 853 f., S. 715 oder mit verschobenem Reim: V. 1185 f.:

Non patiens, sed vim faciens miser esse probatur;

Sustinet hie sapiens, scelus insipiens operatur;

oder 1671 f.:

Aures obstruitis, decus aufugitis studiorum:

Non patet invitis, quam deseritis, via morum. Tripertiti dactylici disiuncti sind V. 739 f. :

Te miser aspice, corrige, profice, vivere si vis;

Celica respice, terrea despice plena nocivis. Einsilbige Schlusswörter sind ziemlich selten; sie stehen meist in Verbindung mit einem zweiten Mono- syllabum: V. 856: 'pr^cio res'; 2096: 'hoc thus' ; 2498:

1) In der Benennung folge ich der bahnbrechenden Arbeit von Wilh. Meyer in Göttingen: Radewins Theophilus und die Arten der ge- reimten Hexameter (1873 ; jetzt in) Gesammelte Abhandlungen z. mittellat. Rythmik I, 79—97.

Neues Archiv etc. XXXV. 46

710 Jakob Werner.

'cor des'. Fünf- und viersilbige Schlusswörter hat der Dichter nicht gemieden ; sonderbarerweise sind sie in den einzelnen Leoninern häufiger als in den Reimpaaren. Hiatus ist sehr selten: ich habe nur 2115: 'Seu edus' be- merkt; Beispiele von Elision sind mir nicht aufgefallen. Sehr stark vertreten sind in der ersten Vershälfte die spondäischen Füsse, was mit dem leoninischen Reim zu- sammenhängt, bei dem die stricta consonantia ^ wie 'pelagus' gegen 'fägus' eigentlich eine Ausnahme bildet. Die Reime sind zweisilbig und durchweg rein ; 'antiquas' : 'mendicas' spricht nicht dagegen. Im gleichen Abschnitt werden die gleichen Reimsilben sehr selten wiederholt. Von 444 Reim- stellen reimen 156 auf e -f- ^i ^9 auf a -{- x; 78 auf i -|- x; 73 auf o -j- x; 58 auf u -|- x. Häufig ist die sog. Caesurverlängerung, von der sogar die Infinitivendung -re oft getroffen wird. Prosodische Abweichungen sind nicht zahlreicher vorhanden als in anderen mittellateinischen Gedichten : -ndo findet sich im I. IV. Fuss (Wilh. Mejer, Ges. Abhandl. I, 76); äc vor Vokalen z. B. 855, 3236; schwere Fälle sind V. 857: 'üsüram', V. 830: 'involücrum'.

Qui ceptum prestas, des finem, trina potestas!

Incipit certamen anime.

Qui contemplaris patrie - iubar et meditaris Gaudia, scrutaris nova: suscipe dicta^ Scolaris!

Lector discrete! fugias figmenta* poete! Que saciant bene te, carmina sacra mete^!

5 Moribus insiste! viciisque studendo resiste! Motibus obsiste ^ pravis ! bonus est labor iste.

Invocacio ad archiepiscopum Narbonensem.

Princeps virtutum! fidei memorabile scutum, Moribus imbutum, quem vita facit bona tutum.

Presul Petre ^ bone ! pacis fideique patrone ! 10 Urbs bona Narbone te preminet opilione!

1) Vgl. "Wilh. Meyer, Ges. Abhandl. zur mittellat. Rythmik I, 83. 2) Glossen über dem Text oder am Rande : 'i. e. paradisi'. 3) Materia huius libri est pugna spiritualis ; lob : vita hominis militia est super terram ; Gregorius : absque labore certaminis non est palma victorie. finis et utilitas est ipse triumphus et merces triumphi vita eterna.

4) 'fimenta' Hs. Psalm. (118, 85): 'Narraverunt iniqui fabulationes'.

5) i. e. coUige. 6) i. e. repugna, 7) Mittit opus Petro Araelio archiepiscopo Narbonensi.

Aus dem Certamen anime des Raimundus Astuciis. 711

Extirpas hereses, vir in omni docmate preses! Cui bonus et pius es, ad nulla decencia deses.

Est per te capta^ regio bona, dulcis et apta; Que fuit invalid a, valitura Valentia- fiat! 15 Quid valeat valida crux venerando sciat!

Dat Sacra gaudia parta Valentia terra valoris ; Omnibus hanc pia summa potentia protegat horis!

Muniat et mundet! ibi copia pacis abundet! Hanc ut fecundet, doctrina salutis inundet !

20 Lux prelatorum I renovans bona gesta priorum Istam metrorum brevitatem sume novorum !

Hoc opus emenda! quia vix opus est sine menda; Addas addenda removens que sunt removenda!

Nach der 'Invocacio ad deum', die mit dem Verspaar:

33 Donans de petra torrentem, qui regis ethra, Tu me de faretra cordis fac promere metra!

schliesst, folgen zuerst kürzere Abschnitte von wenigen Versen 'de trinitate, de incarnatione domini' u. s. w. Auf S. 17 beginnt die Behandlung des eigentlichen Themas mit der 'cohortatio ad pugnam, de pugna contra demones (S. 19ff. : V. 418 531), de pugna contra carnem' : im Verlaufe werden die verschiedenen Tugenden ('de patientia, de laude paupertatis' u. s. w.) und Laster ('de vicio gule , de labore libidinosi') besprochen , einzelnen Ständen ('de malis pastoribus, de fraudibus mulierum') wird ihr Sündenregister vorgehalten, um sie zur Frömmig- keit und tugendhaftem Leben zu ermahnen; den Schluss bilden die Kapitel 'de penis reproborum, de premiis electo- rum'. Das ganze Gedicht besteht aus 3123 Zeilen^ und einem angehängten Trostschreiben von 115 Versen. Dem 'Explicit epistola de consolatione' sind drei durch § bezeichnete Sprüche angehängt, die wahrscheinlich vom Verfasser des vorher- gehenden Stückes stammen ; der erste ist stark rhetorisch :

Vives absque dolis, si nummos querere nolis;

Nam neque nummicolis contingunt gaudia solis^.

Absque gravaminibus vives, si culmina nolis;

Nam neque principibus contingunt gaudia solis*.

1) quam cum rege Aragonum adquisivit. 2) civitas est et terra. 8) Bis S. 20 hat der Verfasser reichliche Belegstellen aus der Bibel und den Kirchenvätern auf den Rändern beigefügt. 4) Vgl. Hör. Ep. I. 17, 9 : 'Nam neque divitibus contingunt gaudia solis'.

46*

712 Jakob Werner.

Von etwas späterer Hand sind beigefügt auf S. 15 der be- kannte Vierzeiler über Adam und Christus :

'Arbore sub quadam dictabat clericus Adam' ^ u. s. w.

S. 35 : Cum fex, cum limus, cum res vilissima simus, Uude superbimus ? in terram terra redimus ^. Si tibi gratia, si sapientia formaque detur, Destruit omnia, sola superbia si comitetur.

S. 65: Invectio contra goliardos.

Rura tibi, mannus^ domus, esca, pecunia, pannus Deficiunt: annus abit; hostis es, immo tyrannus.

Turpis es et lentus; te frigidus et violentus 2080 Excruciat ventus: fluxit tua grata iuventus.

Corpore detecto plerumque iaces sine tecto In terre lecto, resonas* male ventre refecto.

Corporis et mentis utriusque malum cupientis Crimina, que sentis, pertranseo more tacentis.

2085 Non urbs sive pagus retinent te nee cava fagus, Non plaga, non pelagus : degis in orbe vagus.

Discolor ut pardus pungis sterilis quasi ^ cardus ; Ad potum tardus non es, cum sis goliardus.

Verbum divinum, qui potas ante caminum, 2090 Respuis et dominum, venerans super omnia vinum.

Passurus clades aliis potare suades ; Vino sepe mades, deficiendo cades.

Potibus intentus homo fetidus et temulentus Es circunventus ^, tibi noxius et truculentus.

2095 Quando docet doctus, doctrinam caumate coctus Despicis indoctus: tua mens non percipit hoc thus.

Oscula materna fugis et documenta paterna; Deseris eterna bona pro brevitate moderna ^.

Vilis et ignotus, ab utroque parente remotus, 2100 Nudus et illotus stas in putredine totus.

1) Bei Haureau, Melanges poet. d' Hildebert p. 173 hat das Stück noch zwei Verse mehr. 2) Diese zwei Verse mit zwei anderen ver-

bunden siehe N. A. XXXI, 579. 3) Darüber die Glosse 'palafredus'.

4) Das 8 am Schluss auf Rasur ; vielleicht stand 'resonans' da. 5) 'pungis sterilis quasi' auf Rasur. 6) So die Hs. 7) 'moderna' auf Rasur.

Aus dem Certameij anime des Raimundus Astucus. 713

Per mare, per terras quasi pauper inutilis erras Non metuens guerras, cum sepe palacia verras.

Spernens antiquas mulieres queris iniquas ; Curvus mendicas, solitus consumere micas.

2105 Gaudes in Bacho ; vis vinci ; cerne, quis a quo Vinceris; in stomacho sonitu vexaris opaco.

Arboris aut turris umbram petis, ad mala curris ; Luden s cum scurris passim sine lege ligurris.

Corpus in obscuris miser igne libidinis uris ; 2110 Contemptor iuris absque rubore ^ furis.

Vix ^ es ieiunus ; das damnum pluribus unus ^ ; Stas importunus, dum speras sumere munus.

Si tua damna notes, anime vis perdere dotes; Pronus es, ut potes quidquid habere potes.

2115 Petes seu* edus, nee es istrio nee citharedus; Perfidus et fedus non horres frangere fedus.

Plebi carnali presumis obesse; sodali

Dans exempla mali vis quasi porcus ali.

Spargitur ad multa sine preside mens tua stulta, 2120 Cogitat inculta, quod obest ratione sepulta.

Optima ^ docmata spernis, apostata, dicta priorum; Dante deo, data perdis aromata, munera morum ^.

Potibus ac escis nimis insistendo senescis; Plenus torpescis et facta decentia ® nescis.

2125 Multos pervertis foribus festinus apertis; Sopitus stertis: dolor est tua vita disertis.

Laudas indignos doctus palpare malignos, Irridens dignos, ausus reprobare ^ benignos.

Factus es enormis, satur inter dolia dormis; 2130 Est caro deformis tua, vestis curta, biformis,

Qui bene, qui caute, poteras qui vivere laute, Defluis incaute: ratis es sine remige^^ naute.

1) 'dolore' durch Punkte getilgt, darüber 'rubore'. 2) 'Vis' Hs. 3) 'unum' durch Rasur zu 'unus' verändert. 4) 'seu' auf Rasur von

anderer Hand, + am Rand von erster Hand. 5) 'Optima', a auf

Rasur. 6) 'Munera dante deo data, perdis aromata morum'. 7) Aus 'escas' korr. 8) 'decentia', a auf Rasur. 9) 'ausus reprobare' auf

Rasur. 10) 'ratis es sine remi-' auf Rasur.

714 Jakob Werner.

Te cecidissse gemens et queque superflua demens Sis bonus et clemens turgida membra premens ! 2135 Te semper vehemens dolor urgeat ob mala, que mens Concepit demens ; suffer et esto tremens !

Aufer honus prisce macule, flens et resipisce! Perpetuam glisce vitam , bene vivere disce !

Quidquid obest^ adimens caveat discreta mori mens 2140 Peccatum perimens, spe comitante timens.

Ad deceptricem non accedas meretricem ! Commaculatricem tangere sperne picem !

Vestis amans cultum, promptissima pingere- vultum, Stulta sequens stultum nocet uxor adultera multum.

2145 Hiis qui sunt casti requiem ^, pie Christe, parasti !

4

Corde dole tristi, quia lapsus es et cecidisti, Gracia te Christi vocitat, quam deseruisti.

Si sapiens esses, prelatis sponte subesses; 2150 Multum prodesses, bona si faceres nee obesses.

Collige ne cesses estivo tempore messes Tu tibi^ prodesses, aliis quoque, si probus esses.

Cura malum nolle tua sit, nee tangere molle ! Arma precum tolle ! virtutum lumine polle !

2155 Crebro delinquis *', tua nee peccata relinquis ^' : Dimittes, inquis'', penis cruciande, propinquis^!

Quidquid contingat, tua menbra ^ modestia cingat ! Linguam restringat, ut non mendacia fingat.

2160 Dum potes, evade fugiens a perpete clade! In lacrimando made^! celer ad celestia vade

S. 30. Invectio contra usurarios.

828 Est dolus usura, quam damnant optima iura;

Est anime funus fenus, damnabile munus. 830 Ducit ad involucrum funestum fenebre^ lucrum.

1) Aus 'abest' korr. 2) Das zweite e auf Rasur. 3) Aus

'regem' korr. durch Radieren und übergeschrielienes i. 4) Da der

ganze Abschnitt aus Verspaaren besteht, muss hier eine Zeile ausgefallen sein. 5) 'tibi' auf doppelt so grosser Rasur. 6) '-mq-' an allen vier Stellen. 7) 'mbra' über der Zeile zugefügt. 8) '-o made' auf Rasur. 9) Aus 'funebre' korr.

Aus dem Certamen anime des Raimundus Astucus. 715

Dives in usuris curas studet addere curis : Congregat et nescit alienis ; vix requiescit ; Inmensas fugit expensas; quod in horrea ponit, Heres exponit auctoris et eius amoris 835 Oblitus ; fruges penitus consumere natus Indomitus spargit reditus, vastare paratua.

Mens oblita deum patrem sibi sufficientem Que non sufficiunt querere vana studet.

Dives crudelis res cuiuscumque fidelis 840 Nequiter adquirit; pro paucis multa requirit;

Estuat ad questum faciendo dolum manifestum.

Lucrum congestum non mitigat ^ illius estum.

Nummos enumerat lucrumque dari sibi sperat;

Mulcet debentem locupletem, torquet egentem. 845 Deceptor verbum mollit, cor celat acerbum.

Dulcis credendo furit improbus in repetendo;

Pacta facit stricta, seducit per sua dicta

Creditor usuras exercendo nocituras.

Quem dolus excecat malus, omni tempore peccat. 850 In tenebris pannos, qui consenuere per annos,

Venditor ostendit ac ad tempus breve vendit.

Plus quam deberet, lucris mens eius adheret:

In multis rebus, in pluribus et speciebus

Fallit in obscuris spreto moderamine iuris. 855 Tamquam predones per falsas venditiones

Nunc mercatores vendunt nimio precio res:

Verbo detractant ^ usuram mentemque retractant,

Cum sit in omne genus iam detestabile fenus,

In fenus latrant peioraque fenore patrant; 860 Crimina maiora faciunt vitando minora.

Inter vendentes fraudes regnant et ementes;

Iuris contractus vertunt^ in criminis actus:

Principio blandi pro spe nummos numerandi

Fraude ligant stultos, ponunt in retia multos; 865 Cartas conficiunt dolus et simulatio^ fiunt Fratres decipiunt, sepe nocere sciunt.

Carte scribuntur, mendaces efficiuntur;

Frans perpetratur; petitur, quod non numeratur;

Carte delende retinentur non retinende ^; 870 Qui persolvuntur iterum nummi repetuntur;

1) 'mittigat' Hs. 2) 'detractrant' Hs. 3) 'vertunt' auf Rasur, aber von gleicher Hand. 4) Die Silbe 'sim-' auf Rasur von gleicher Hand, 5) '-ende' auf Rasur von gleicher Hand.

I

716 Jakob Werner.

Ponitur in cartis, ne quem numeratio partis Liberet a solido : ligat ouines ceca cupido. Non intellecta fatuns suffragia iuris Lingua lectoris accelerante sinit.

875 Quis mercatorum posset figmenta malorum,

Fraudum mille modos, latitantes promere nodos? Fallunt fallentes, falluntur decipientes Ponderibus, numeris: miscent mendatia veris. Est melius falli quam fallere, set studiose

880 Mens circunspecta ^ vitat utrumque malum. Nullius est laudis pollutus crimine fraudis: Contra fas plenam qui querit habere crumenam, j

Decidet in penam, regionem perdet amenam. I

Pro lucro modico vetito deus equus iniquo

885 Equa flagella parat, quem sepe monendo vocarat. Quid nunc ditari -, populari laude beari, Hie sublimari valet et semper cruciari?

S. 32: Inveetio contra lusores.

Vitandum ludum docuit sapientia dudum :

Ludus enim diras homines invitat ad iras, 890 Fallit et incendit, pro quo lusor sua vendit.

Pro ludi scelere plures homines periere ;

Sunt facti fures pro ludi turbine plures:

Ludi iactura ludentura pectora pura

Efficit impura, quibus est seducere cura. 895 Ludus egestatem ^ parat et parit anxietatem,

Ledit honestatem, premit irapietas pietatem.

Lusor lucra volens merito perdit sua nolens;

Suffert damna prius, qui res male gestit alius :

Credens lucrari propriis solet evacuari. 900 Lusor inardescit perdens, aliena capescit;

Damnum procurat, irascitur et male iurat:

Lusor delusus animam, res, corpus in usus

Prodigit illicitos renuens audire peritos :

Insipiens, sapiente putans sapientior esse, 905 Docti docma viri mente furente fugit.

Lusor pro ludo mendieat corpore nudo,

Carcere quem crudo tenet anxia sollicitudo.

Amittit numerum lusor ludendo dierum :

Tempora non iterum redeunt, ut copia rerum.

1) So die Hs. 2) 'dictari' Hs., c auspunktiert. 3) Aus 'egen- tatem' korr.

Aus dem Certamen anime des Raimundus Astiicus. 717

910 Tempora preterita temere deperdita: nemo Forte quis amissas res rehabere potest.

Improba lusorum spes votum fallit eorum :

lacturam geminat, pro lucris damna propinat.

Inter ludentes et ludum conspicientes 915 Est sermo multus, risus ^ cum murmure stultus,

Garrulus insultus, iniuria, preda, tumultus.

Lucem lusores perdunt et lucis honores :

Culpe cultores non cessant perdere mores.

Mentibus indoctis rumpendo silentia noctis 920 Ludunt sepe rei, quibiis est lux curta diei.

Ludnnt, in ludo colludunt, arte dolosa Ignaros ludi ludificare student,

Quidquid habent seque devastant nocte dieque:

Propria consumunt et consumendo resumunt. 925 Spe restaurandi deperdita sepe nefandi,

Dum spoliare putant, spoliantur; tempora mutant

Et loca, prodesse quasi possint hec vel obesse ;

Infringunt pacta communi- federe facta.

Perdentes stringunt dentes, mendatia fingunt; 930 Que sunt vera, negant, a se bona cuncta relegant.

Dum temere ludunt, ad ludi iurgia trudunt

Ludere nolentes, nisi ludant, despicientes ;

Laudant ludentes ludi laudes recolentes.

Ad mala precipites faciunt insurgere lites. 935 Non contemplantur ^, non pugnant, non operantur;

Non compunguntur, nee passis compatiuntur ;

Crimina non plorant, sed multiplicare laborant.

Non est ludendum, set ^ in hac brevitate dolendum :

Nunc est spargendum, post mortem sparsa metendum.

S. 75. Exortatio ad mulieres fugiendas^

Delicias homo despicias, si vivere queris! 2430 Blandicias ac spurcicias fugias mulieris !

Si foveam queris mulieris, ab hoste teneris ; Si semel obtuleris te sibi, sponte peris.

Forma puellaris gemmis circundata claris Eete fit ignaris animabus, noxia caris.

2435 Sollicitatores Veneris paciendo labores, Pecis amatores perdunt virtutis odores.

1) Aus 'mersus' durch Radieren korr. 2) 'comuni' Hs. 8) 'comt-' zu 'cont-' korr. 4) 's;' Hs. 5) 'fugiendas' nachträglich mit schwarzer Tinte zugefügt.

718 Jakob Werner.

Damni doctrices et fraudis sunt meretrices^ Sollicitatrices putredinis et monitrices.

Sunt mortis memores mulierum concubitores, 2440 Ne Venus inmemores faciat sentire dolores.

Decipulam ^ Veneris fuge, colloquium mulieris ! Hec si respueris, pacificatus eris.

Cur sequeris venam Veneris, moriture viator? Quid teneris membris frueris, fetoris amator?

2445 Te solum soli mulieri credere noli !

Non debet recoli femina plena doli.

Sub scorti latere noli, vir honeste, latere! üt fex in latere ^, sie est dolus in muliere.

Si cupiens vadis mulieris sub iuga cladis, 2450 Te viciis tradis : sepe ruendo cadis.

Interius velut exterius si forte videres Limpidius, fatuas cicius fugeres mulieres.

Expedit, ut mutes vitam, terrena refutes, Femineasque cutes semper obesse putes. 2455 Sectans virtutes meretrices nolo salutes :

Has stercus reputes! sunt absque salute salutes.

O quam felices sunt, qui renuunt meretrices, Ac infelices multiplicare vices.

Serve dei veri! si queris victor haberi, 2460 Subtrahe te Veneri! sis ignotus mulieri!

Carnis candorem, peregrinum forte ruborem, Marcentem florem fugias, qui non dat odorem.

Noli ridere, dormire, loqui, residere, Pergere, concinere cum multivola^ muliere.

2465 Oscula, contactum, mulieris respue pactum:

Femina vas fractum Veneris desiderat actum.

Es procul a luce Veneri^ famulando caduce; Captus ab hoste truce cecus es absque duce •".

Te non concedas mulieri, nee sibi credas, 2470 Nee secum comedas, sed ab eius amore recedas !

1) '-es' auf Rasur. 2) Von späterer Hand auf leergelassenem

Raum nachgetragen. 3) Anspielung auf das alte Sprichwort: 'laterem lavare' ; vgl. Anal, hymnica - Dreves XXI, n. 224, 1 £f. : 'Qui servare puberem, Vagam claudere studet, lavat laterem'. 4) Aus 'multimoda' durch Rasur korr. 5) Aus 'Veneris' durch Rasur korr. 6) Den be-

kannten Bibelspruch (Matth. 15, 14) hat er so umgebildet:

Aus dem Certamen anime des Raimmidus Astucus. 719

Nil peragas secnm, nee eam consistere tecum Umquam permittas, nee ad hostem munera mittas! Que movet ad Venerem, vitare stude mulierem !

Rumpere vis o qui mulieris retia prave, 2475 De muliere cave eum muliere loqui!

Sentinam sentina trahit, mulier mulierem, Consortem eonsors: munere eapta capit.

Munera sepe petens procul absit femina fetens, Instans et repetens et repetendo metens!

2480 Que mores resecat res ^ est secura : securim Femineam voeem spernere, nolle sequi.

Non cum mendaee maneas muliere rapaee ; Hae in fornace rapieris ab igne vorace. Pulsa fallaee, eupida meretrice loquace 2485 Cum virtute iaee, siste, quiesce, taee ! A sue mordaee, tibi earne cavens ab edaee Celebs in paee vive deoque plaee !

Qui semel ae iterum capitur laqueis mulierum,

Vastator rerum vix sentit damna dierum ;

2490 In tenebris seelerum iubar odit cernere verum,

Se lacerat miserum medicum fugiendo severum.

Contemptor procerum grave cor gerit, ad bona serum.

Vulnus id bausterum deeet ungere, pungere clerum :

Det vas sincerum spirituale merum !

2495 Sunt nece peiora meretrieis menbra decora: Sis memor absque mora, quia fetent inferiora.

Si pius et scius es, carnales respice sordes! Impius inseius es, si sordi nobile cor des.

Ob res illieitas deus excussit sodomitas 2500 Ac alios multos eterna morte sepultos. A domino celi missus cibus est Danieli, Quem lacerare bonum timuerunt ora leonum. Testes antiqui, sibi mendaces et iniqui, Castam destruere Susannam non potuere. 2505 Immaculatorum sors pro mercede laborum Semper erit plena, iocunda, suavis, amena.

Cum cecus cecum presumit ducere secum, Si ducens male cum ducto sunt, est satis equum. Andere Fassungen s. Rom. Forsch. XXVI, 177, n. 54. 1) Nach 'res'

ist ein Wörtchen ausradiert. Vor dem Vers steht ein kritischer Strich.

XIV.

Bericht

über die

Totenbücher Nieder-Oesterreichs.

Von

Adalbert Fr. Fuchs.

Im Juni 1907 habe ich, da in Folge des grossen ümfanges der in der alten Passauer Diözese vorhandenen Totenbücher eine Teilung der Arbeit geraten erschien, den sehr ehrenvollen Auftrag der Bearbeitung der Nekrologien des östlichen Teiles derselben seitens der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae in Berlin übernommen, der heute die Erzdiözese Wien und die Diözese St. Polten um- fasst und sich mit dem heutigen Nieder - Oesterreich identifizieren lässt.

Vor allem galt es nun nicht bloss über die Menge von Totenbüchern, sondern auch über deren jetzigen Auf- bewahrungsort Klarheit zu gewinnen, weshalb nicht nur die entsprechende Literatur heranzuziehen war, sondern vor allem eine umfassende Korrespondenz an alle jene öffentlichen und privaten Archive und Bibliotheken ge- richtet werden musste, um mich zunächst ausreichend zu orientieren. Freilich ergab die Korrespondenz nicht ein allseitig befriedigendes Resultat, da sich herausstellte, dass von einer Reihe von heute noch bestehenden Stiftern und Klöstern die Nekrologien leider ganz oder grösstenteils verloren gegangen waren, während von den meisten auf- gehobenen Klöstern und Stiftern die Nekrologien entweder verloren oder verschollen sind. Es mag vielleicht ein oder der andere günstige Umstand noch manches derselben einst zu Tage fördern. Jedoch glaube ich alles, was mir erreichbar war, sorgsam einbezogen zu haben.

Anschliessend an diese Korrespondenz unternahm ich dann an jene grösseren Bibliotheken und Archive, von wo ich über das Vorhandensein der Nekrologien bereits unter- richtet war oder wo ich doch solche vermutete, in den Jahren 1907 1909 umfassende Reisen, die mich nicht bloss in die Lage setzten, eine Reihe von bisher un- bekannten Hss. aufzufinden, sondern, was noch weit wert- voller ist, durch Autopsie und Vergleichung festen Boden bei der Behandlung der Texte zu gewinnen.

So ergab sich denn trotz manches Unerfreulichen im Grossen und Ganzen die befriedigende Tatsache, dass ab-

724 Adalbert Fr. Fuchs.

gesehen von den beklagenswerten grossen Verlusten heute doch noch ein ziemlich umfangreiches Material an Toten- büchern vorliegt, die speziell dem Boden Nieder -Oester- reichs als des östlichen Teiles der alten Passauer Diözese angehören. Allerdings erscheint dies in Anbetracht der Tatsache erklärlich, dass gerade dieses Land und speziell Wien als Hauptstadt eine überaus ansehnliche Zahl von grösseren Stiftern der alten grossen Orden , wie Bene- diktiner, Chorherren, Cistercienser, Praemonstratenser, Karthäuser (Männer- und Nonnen Stifter) und auch eine beträchtliche Anzahl von hervorragenden Klöstern der Mendikantenorden aufwies, deren Zahl allerdings seit Josef II. stark verringert wurde.

Ich gestehe es hier sehr gerne, dass ich ausser den öffentlichen besonders in privaten Archiven und Biblio- theken ein rühmenswertes Entgegenkommen fand und dass speziell seitens der Stifter und Klöster meine Arbeit eine überaus verständnisvolle Förderung fand, welche ich wohl nicht als Erster hier rühme, sondern die auch noch künftige Forscher und Gelehrte in höchst anerkennenswerter Weise kennen zu lernen Gelegenheit haben werden. Ich benutze die jedesmal im Prooemium der behandelten Nekrologien gebotene Gelegenheit, um den einzelnen Herren Stiftsprälaten, Kloster- vorständen, Bibliothekaren und Archivaren den geziemenden Dank hierfür zu sagen. Aber nichts- destoweniger will ich auch an dieser Stelle allen Herren, die mir in so wertvoller Weise ihre guten Dienste an- gedeihen Hessen, gemeinsam meinen tiefst gefühlten Dank abstatten.

Erzdiözese Wien.

üeberblicken wir die grosse Anzahl von Stiftern und Klöstern, welche gerade in Wien selbst einst bestanden, so tritt uns die auffallende Tatsache vor Augen, dass von denselben nur verhältnismässig wenige mittelalterliche Nekrologien auf uns gekommen sind. Die weitaus grössere Anzahl derselben ist heute als verloren oder verschollen anzusehen. Allerdings kann man der Vermutung Eaum geben, dass ein oder das andere in die Hände und den Besitz privater Sammler, wie sie ja eine Weltstadt stets in grosser Zahl aufweist, gekommen und unbekannt wo aufbewahrt wird. Allein sollte auch durch Zufall

Bericht über die Totenbücher Nieder -Oesterreichs. 725

später etwas auftauchen, meine obige Behauptung wird dadurch keineswegs aufgehoben werden.

Die Ursache dieses misslichen Umstandes mag in erster Linie darin zu suchen sein, dass die Nekrologien vor allem liturgischen Zwecken dienten. Sie wurden doch einzig zu dem Zwecke angelegt, um die Namen der Brüder, Mönche und Nonnen des eigenen Klosters, der konfoederierten Klöster und aller Wohltäter, die sich durch mehr oder minder ansehnliche Widmungen um die geist- lichen Häuser verdient gemacht hatten, in der Erinnerung festzuhalten, damit sie alljährlich am respektiven Todes- tage im Chore bei der Prim u. z. bei der Commemoratio mortuorum durch Verlesung in Erinnerung gebracht und ihrer im darauf sich anschliessenden Gebete gedacht werden konnte. Es erhellt daraus zur Genüge, dass der Zweck der Nekrologien kein historisch wissenschaftlicher, sondern ein rein liturgischer war, der es auch mit sich brachte, dass man sich bei der Eintragung der Namen, um Raum zu ersparen, wenigstens im 11. 13. Jh. auf die möglichst kurze Fassung, d. i. Eintragung der Namen und des Charakters und, wenn es gut ging, auch noch des Klosters oder Wohnortes beschränkte. Beginnen die nekrologischen Noten im 14. Jh. langsam beredter zu werden, so entwickeln sie sich im 15. Jh., besonders im Ausgange desselben zu grosser Weitschweifigkeit, welche in den folgenden Jahrhunderten anhielt. Vor allem werden da eine Reihe von Epitheta ornantia den Namen hervor- ragender Persönlichkeiten vorangesetzt. Auch die Würdi- gung der Verdienste der Verstorbenen, sowie fromme Wünsche für das Wohlergehen und die Glückseligkeit im Jenseits finden sich sehr häufig an die Notizen an- geschlossen.

War nun ein solches Nekrologium in Bezug auf den Raum verbraucht, so dass weitere Eintragungen keinen Platz mehr fanden, oder drängten andere Umstände zur Neuanlage eines solchen, so wurde in dasselbe zumeist von dem früheren ein Grundstock von Notizen und Namen, zumeist der besonders hervorragenden Männer oder Frauen für jeden einzelnen Tag herübergenommen, dessen Umfang sich je nach dem Orte und Nekrologium sehr verschieden gestaltete. Bestenfalls wurde das vorausgehende N. in seinem ganzen Umfange kopiert. In den weitaus meisten Fällen wurden nur einige und zwar die hervorragendsten Persönlichkeiten, als Bischöfe, Aebte, Pröpste, Aebtissinnen, besonders hochstehende Wohltäter, z. B. die Landesfürsten,

Neues Archiv etc. XXXV. 47

726 Adalbert Fr. Fuchs.

hohe Adelige, städtische Patrizier, in das neuangelegte N. übertragen. In weiteren Fällen finden sich bei jedem Tage nur einige wenige oder gar nur eine nekrologische Notiz in das neue N. übernommen. Da nun das alte N., wenn das neue im Chore in Gebrauch kam, ausser Ge- brauch gesetzt war und abgesehen von dem rein litur- gischen Zwecke, dem es bisher ausschliesslich diente, in den Augen der Mönche der Folgezeit keinen anderen mehr hatte, und selbst zu diesem nicht mehr verwendet wurde, so ist es wohl erklärlich, wenn man das nun ausser Ge- brauch stehende N. nicht mehr mit jener Sorgfalt wie bisher hütete, so dass es im Laufe der Zeiten häufig ver- loren ging. Manchmal mochte eine zeitweilige Finanznot eines Klosters es verursacht haben, dass praktisch angelegte Mönche späterer Zeiten geleitet vom rein realistischen Standpunkte derartige ihnen nun wertlos erscheinende Hss. zerschnitten und in Einbänden als Deckblätter ver- wendeten oder die einzelnen Folien reskribierten und für neu angelegte Hss. oder für Urkunden gebrauchten. Auch die Sorglosigkeit der Folgezeit mag in manchen Klöstern den Verlust vieler wertvoller Hss. verschuldet haben. Nicht minder dürften die Zeiten der Eeformation, wo zahlreiche Klöster von Mönchen und Nonnen entleert waren, die Türkenkriege, ja vielfach vielleicht erst die Klosteraufhebung am Ende des 18. Jh., wo zahlreiche Pergamenthss. von unverständigen Händen dem Gold- schläger etc. überliefert wurden, denselben herbeigeführt haben.

Nichtsdestoweniger blieb uns dennoch ein überaus wertvoller Schatz von nekrologischen Hss. entweder ganz oder in Bruchstücken erhalten. Da sind es vor allem die Monumenta Habsburgica, welche in erster Linie unter den Wiener Nekrologien in Betracht kommen, die uns die Todesdaten der Mitglieder des Hauses Habsburg genau vermitteln. Sie sind uns in 3 Hss. der k. und k. Wiener Hofbibliothek erhalten, die unabhängig von ein- ander die verstorbenen Habsburger verzeichneten und zwar:

1) Codex 1903 auf Perg. in Kl. -4^ das Brevier eines Gaminger Kartäusers enthaltend. Demselben geht ein Kalendar voraus. Auf fol. la finden sich nun die nekrologischen Noten verzeichnet , welche sich auf die Todestage der Stifter der Gaminger Kartause und deren Familie beziehen. Das Blatt wurde beim Einbinden am linken Rande beschädigt, weshalb nicht alle Worte aussreschrieben erscheinen. Ich bezeichne dieselben zum

Bericht über die Totenbücher Nieder - Oesterreichs. 727

Unterschiede von den anderen als Notae de inclita stirpe Habsburgica.

2) Ein Necrolog-inm reichend bis in die Mitte des 14. Jh., das die verstorbenen Habsburger bis dahin enthält, ist in Codex 7. 241 auf fol. 4 5 enthalten. Es ist dies eine Papierhs. aus dem 18. Jh. und stellt sich als eine Abschrift aus einer älteren Vorlage dar. Da sich in demselben auf fol. 1 3 ein Register der Urkunden des aufgehobenen Klarissenklosters in Wien vorfindet, so ist wohl keineswegs daran zu zweifeln, dass die Vorlage dieses N. im selben Kloster einst verfasst und aufbewahrt wurde. Eine weitere Abschrift findet sich in Codex 7. 243 in 4^ auf Papier der Wiener k. und k. Hofbibliothek fol. 167 169, welche noch die Hände der Vorlage unterscheidet, indem sie nach dem 1344 verstorbenen Herzog Friedrich vermerkt: 'Recentiore aliquantum calamo sequentia ad- duntur'.

3) Ein zweites N. des Hauses Habsburg enthält Codex 7. 243 der Wiener k. und k. Hofbibliothek in 4*^ auf Papier auf fol. 170 176 in deutscher Sprache, welches sich als eine Abschrift, die aus den Kollektaneen des Jesuiten Leopold Fischer stammt, darstellt und nach dem deutschen Sprachgebrauche , welcher noch ziemlich gut konserviert erscheint, auf eine Hs. als Vorlage hinweist, die in der Mitte des 16. Jh. verfasst sein mochte.

Unter den Wiener Klöstern ist wohl das Minoriten- kl oster der Konventualen das reichste an Nekrologien, welches zu Ende des 18. Jh. aufgehoben wurde imd einst bei der Kirche zum hl. Kreuze am Minoritenplatz existierte. Die nekrologischen Denkmäler setzen sich aus 3 ver- schiedenen Hss. zusammen.

1) Das Necrologium, welches einst von Hieronymus Pez in Scriptores rer. Austriac. II, 472 ff., wenn auch text- lich vielfach ungenau, veröffentlicht wurde, findet sich in dem Perg. - Codex in Folio enthalten, der zur Zeit in der Bibliothek des Minoritenklosters in Wien, VIII. Bez., Aiserstrasse aufbewahrt ist. Derselbe dürfte bei der Auf- hebung des Konventes am Minoriten platze in das vor- benannte Kloster übertragen worden sein , da ihn die Ueberschrift am vorderen Deckblatte dem 'Conventus fratrum minorum ad s. Crucem Viennae' vindiziert. Die Hs. mit schöner Deckenpressung auf dem Ledereinbande trägt 2 Signaturen, die ältere: 1, die jüngere: A, besteht aus 51 Folien und hat zur Grundlage ein Linienschema, welches mit dem Braunstifte gezogen aus Horizontallinien

47*

728 Adalbert Fr. Fuchs.

und Vertikallinien als Randlinieu besteht. Das Tages- datum und die Heiligenfeste erscheinen mit roter Tinte eingetragen , worauf die nekrologischen Notizen mit schwarzer Tinte geschrieben folgen. Die Hs. wurde 1360 1370 von einer sorgfältigen Hand angelegt, welche einen beträchtlichen Grundstock von nekrologischen Noten gleich- zeitig verzeichnete, weshalb die Vermutung nicht von der Hand zu weisen ist, dass dem Autor ein älteres N. vorlag, aus welchem er geschöpft hat, das aber heute nicht mehr vorhanden ist. Das N. ist auf fol. 1 43 enthalten. Auf je einer Seite sind 2 4 Tage verzeichnet. Nur auf fol. 44 finden sich die Kopien von 3 Urkunden, welche Jahrtags- stiftungen zum Gegenstande haben. Das N. enthält zahlreiche Jahrtage verzeichnet, weshalb man es auch als über anniversariorum' bezeichnen könnte. Es wurde von individuellen Händen fortgesetzt.

2) In demselben Codex sind auf fol. 45 51 die Notae necrologicae de sepulturis apud patres Minores enthalten. Auch diese sind 1360 1370 von der gleichen Hand wie das N. (vgl. 1) verfasst und von einigen Händen des 14. Jh. fortgesetzt. Dasselbe veröffentlichte gleichfalls Pez a. a. O. II, 510 ff. Es ent- hält die genauen Angaben über die Begräbnisplätze der einzelnen in der Minoritenkirche zum hl. Kreuze am Minoritenplatze in Wien bestatteten Persönlichkeiten. Jedenfalls wurde diese Hs. als den praktischen Bedürf- nissen nicht vollends entsprechend angesehen, da schon kurze Zeit darauf um 1380 eine Neubearbeitung derselben unternommen wurde, deren Hs. zur Zeit im Niederöster- reichischen Landesarchive unter der Signatur Manuskripte 444 aufbewahrt wird. Es ist dies der 'Liber sepul- c r o r u m'.

3) Dieser stellt sich in der Anlage als eine sehr sorgfältige Arbeit dar, welche c. 1380 in einem Pergament- codex in Folioformat auf 53 Folien niedergelegt ist. Er kam nach der Aufhebung des Klosters am Minoritenplatze in das Kloster in der Aiserstrasse und von da durch eine höchst sonderbare Verkettung der Umstände aus dem Nachlasse Linds in das Niederösterreichische Landesarchiv. Das Linienschema ist mit braunem Stifte gezogen. Die Ueberschriften, sowie auch die Anfangsbuchstaben jeder Note sind mit roter Tinte eingetragen. Die Hs. weist je- doch einen seltenen und ausserordentlich wertvollen Vorzug dadurch auf, dass sie zumeist am linken, zuweilen wohl auch auf dem rechten Rande das Wappen des jeweilig

Bericht über die Totenbücher Nieder -Oesterreichs. 729

verzeichneten Beerdigten in Farben sorgfältig gemalt ent- hält. Nur wenige Wappen von Persönlichkeiten, die erst im 16. Jh. starben oder doch in demselben verzeichnet wurden, sind ohne Farben gezeichnet. Auch für freien Raum zu späteren Nachträgen ist reichlich gesorgt, die auch in der Folgezeit in grosser Zahl von wechselnden Händen eingetragen wurden.

Dieser 'Liber sepulcrorum' hat einen noch grösseren Wert als die Notae necrologicae, zumal er uns nicht bloss die Feststellung der in der Minoritenkirche vorhandenen Gräber und Grabdenkmäler ermöglicht fanden ja ge- rade hier eine grosse Reihe von hervorragenden Adels- geschlechtern , zahlreiche vornehme Wiener Patrizier- familien ihre letzte Ruhestätte , sondern auch durch die in Farben gemalten Wappen der Heraldik wesentliche Dienste leistet. Man wird es deshalb wohl begreiflich finden , dass ich es mir sehr angelegen sein Hess , die Wappenabbildungen unter Wiedergabe der Tinkturen durch die bekannten heraldischen Mittel auch in meine Publi- kation aufzunehmen, da sie ja dadurch nur gewinnen konnte.

Die Anlage sowohl der Notae als des Liber ist nach topographischen Gesichtspunkten durchgeführt, indem die Gräber, die an einer und derselben Stelle angebracht sind, in ihrer Reihenfolge verzeichnet erscheinen. Eine nicht gerade geringe Anzahl von Noten fallen ins 13. Jh., ob- wohl der weitaus grösste Teil dem 14. Jh. zuzuweisen ist. Es scheint deshalb, dass dasselbe diese Art des Begräb- nisses in Wien in Schwung brachte. Weitere an Zahl ziemlich ansehnliche Begräbnisse erfolgten im 15. und 16. Jh. Aber selbst diese dem Ausgange des Mittelalters und Beginn der Neuzeit angehörigen Notizen bleiben für die Geschichte Wiens und Niederösterreichs von hervor- ragendem und bleibendem Werte. Hieronymus Pez und Karl Lind erkannten denn auch folgerichtig den hohen Wert dieser eigenartigen Geschichtsquellen und wurden dadurch zu deren Bearbeitung und Herausgabe veranlasst, wenn sie auch hier und da an einzelnen Mängeln leiden. Lind besonders hat uns in seiner Ausgabe des Liber sepulcrorum in den Berichten und Mitteilungen des Wiener Altertumsvereines XII, 52 114 zugleich mit dem Texte desselben , der bis dahin in der literarischen Welt un- bekannt war, sehr sorgsame heraldisch richtige Abbildungen der gemalten Wappen an den betreffenden Stellen ge-

730 Adalbert Fr. Fuchs.

bracht und dadurch der heraldischen Wissenschaft einen wertvollen Dienst erwiesen.

Da sich auf meinen Antrag auch die Zentraldirektion der Monumenta Germaniae entschloss, in die von ihr ver- anstaltete Ausgabe der NN. der Passauer Diözese die Wappenabbildungen aufzunehmen, so trat uns der Wiener Altertumsverein in äusserst anerkennenswerter Weise die Clich^s, die seit Linds Publikation noch in seinem Besitze sind, zur Eeproduktion ab. Nur einzelne wenige, im ganzen 8 Cliches, welche entweder unterdessen verloren gegangen sind , oder deren Abbildungen Lind übergangen hat, mussten neu angefertigt werden. Hierdurch hat sich der Altertumsverein in Wien gerechten Anspruch auf An- erkennung erworben, weshalb ich auch an dieser Stelle dieses wohlwollende Entgegenkommen seitens desselben besonders würdigen und hervorheben will.

Ausser den Minoritenkonventualen kommen jedoch auch die Minoritenobservanten (Franziskaner) in Betracht, wie sie in Wien und in den österreichischen Erbländern durch Johannes Kapistran eingeführt wurden. Diese führten dort, wo uns NN. vorliegen, dieselben in Form von Annalen, indem sie die Verstorbenen in der Reihenfolge der Todesjahre unter Ausserachtlassung der jeweiligen Todestage aufzeichneten. Wenn auch diese Aufzeichnungen erst dem Ausgange des Mittelalters an- gehören , so kann doch ihre Bedeutung nicht geleugnet werden, da sie als Mendikanten der neu aufstrebenden Observanz nach der Regel des hl. Franciscus die Gunst der Herrscher aus dem Hause Habsburg gewannen, welche ihre Gewissensräte nun mit Vorliebe aus ihrer Mitte wählten. Offenbar wurde auch dadurch ihre rasche Ver- breitung in Oesterreich sehr gefördert, da wir ja in wenigen Jahrzehnten eine ganze Reihe von neugegründeten Fran- ziskanerkonventen finden.

Diese Observanten führten, wie aus einer Angabe des verdienstvollen Autors P. Placidus Herzog in der Cosmo- graphia Austriaco - Franciscana S. 182 hervorgeht, einen annalenmässigen Katalog über die Verstorbenen der ganzen Provinz, der diesem noch vorgelegen haben muss, da er aus demselben schöpfte. Da er uns aber heute nicht mehr vorliegt, wenigstens trotz gewissenhafter Nachsuche nicht mehr entdeckt werden konnte, so sehe ich mich genötigt, jene Teile, die in Herzogs Werk für meine Arbeit in Be- tracht kommen, aus dessen Werke als Necrologium der

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österreichischen Minoritenobservantenprovinz zum Abdrucke zu bringen.

Ausser diesem sind noch zwei andere Hss. in Be- tracht zu ziehen, von welchen eine in der Bibliothek des Franziskanerklosters (früher im Archiv) in Wien I, Singer- strasse aufbewahrt wird, während sich eine zweite, welche aus dem aufgehobenen Observantenkloster in Eggenburg stammte, noch vor kurzer Zeit im Besitze des Herrn Dr. Oskar Barons von Mitis befand, aber durch Veräusserung in die Hand eines mir unbekannten Privaten kam. Erstere ist eine Papierhs. in Folio mit 26 Folien in Pergament- umschlag, die um das Jahr 1583 in der Form von Annalen von einer Hand angelegt wurde. Das Schema ist auf der Aversseite miiy blinden Linien in zwei Kolumnen her- gestellt. Der Autor, der jedenfalls aus einer älteren Vor- lage als Quelle, die aber vom Provinznekrolog unbedingt verschieden war, geschöpft hat, hat hier die Abfassung eines N. der Minoritenobservanten im Kloster des hl. Theo- bald und Bernhardin ausserhalb des damaligen Wien vor Augen. Er setzte seiner Arbeit eine kurze Biographie des Begründers der Observanz des hl. Johann Kapistran und seiner Genossen voran, schloss daran die Reihe der Ver- storbenen der Observanz bis zum Jahre 1479 ohne Angabe der Todesjahre. Von da an führt er nun das N. in der Form von Annales necrologici weiter, wo die Verstorbenen ohne Angabe des Todestages in den einzelnen Todesjahren verzeichnet erscheinen. Das Werk reicht bis 1583, wo es angelegt wurde , zumal der Schriftcharakter darauf hin- weist. Das zweite N. der Observanten in Eggenburg liegt uns leider heute nicht mehr vor, obwohl mit Bestimmtheit anzunehmen ist, dass es sich in den Händen eines privaten Sammlers befindet. Es war nach einer gütigen Mitteilung des Herrn Barons von Mitis, dessen Abschrift ich auch in meiner Ausgabe folge, auf einem Pergamentrottel ge- schrieben und umfasste die Zeit von 1491 1583. Gerade der letztere Teil desselben, umfassend die Jahre 1551 1583, der sehr verwischt und darum schwer leserlich ist, fällt für die Zwecke unserer Arbeit weg. Die Anlage ist gleichfalls die der Annales necrologici, wobei ebenfalls nur die Todesjahre ohne die Todestage Berücksichtigung fanden. Obgleich es mir also unmöglich war, das Original einzusehen, so konnte ich doch auf Grund einer sorg- fältigen Abschrift, die mir Herr Dr. 0. Baron von Mitis bereitwilligst zur Verfügung stellte , dasselbe in die Nekrologienausgabe einbeziehen.

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Wesentlich genauer geführt erscheinen die Nekro- logien der beiden Doniinikanerkonvente in Wien und R e t z , deren Anlage und Erhaltung wohl eine eigen- artige genannt werden muss. Beide sind in sogenannten hölzernen Büchern eingetragen, von denen das Wiener noch vollständig in seiner Ursprünglichkeit erhalten ist, während vom ßetzer die einzelnen Tafeln bereits heraus- genommen und in der Klosterbibliothek aufbewahrt sind. Fassen wir zunächst das Wiener !Nt ins Auge, so stellt sich vor allem das Hauptmerkmal vor Augen, dass es auf hohen und breiten Holztafeln aufgetragen ist, welche mit Pergament überzogen und in einem in die Maner des Kreuzganges an der Aussenseite der Kirche eingelassenen hölzernen Schranke so angebracht sind, dass rechts und links je 5 Halbtafeln wie Buchblätter beweglich eingefalzt sind. Die Eintragungen sind von einer Hand im Jahre 1681 begonnen, reichen bis 1410 zurück und sind dann von individuellen Händen bis 1901 weitergeführt. Offenbar lag dem Autor ein älteres Verzeichnis vor. Die Anlage ist in der Form von Annalen durchgeführt, wobei jedoch die Todestage keineswegs vernachlässigt wurden. Auf der ersten Halbtafel ist als passende Einleitung ein Gemälde, das das jüngste Gericht darstellt, vorangestellt.

In ganz gleicher Weise erscheint das sogenannte hölzerne Buch des Retzer Dominikanerkonventes abgefasst, wenngleich die Tafeln heute aus dem Schranke herausgenommen sind. Dieselben sind jedoch schon sehr wurmstichig. Der Arbeit, die bis zum 18. Jh. auf Per- gament und von da an auf Papier geschrieben ist, wird vom Autor, der sie um das Jahr 1513 begonnen und ohne Zweifel aus einer älteren Quelle als Vorlage schöpfte, auf der ersten Tafel das Gemälde eines Totenkopfes mit Ara- besken verziert vorangestellt. Darauf folgen kurze Mit- teilungen über die Geschichte des Dominikanerordens, über die Gründung des Konventes und die Stifterfamilie, der Grafen von Hardegg, Burggrafen von Magdeburg. Erst hieran schliesst sich auf der ersten Halbtafel ein Prioren- katalog mit dem jeweiligen Sterbedatum, worauf das Ver- zeichnis der verstorbenen Mönche in Annalenform mit Angabe des Todestages folgt. Der Autor beruft sich selbst in der Praefatio auf ein altes Martyrologium, aus welchem er die Notizen über die Stifterfamilie entnommen hat. Offenbar war dies eine alte Hs. zum liturgischen Gebrauche, wo am Rande den einzelnen Tagen des Martyrologiums nekrologische Noten beigesetzt waren. Die Arbeit des

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Autors wurde dann vom Jahre 1524 an von individuellen Händen fortgesetzt. Im Verzeichnisse der verstorbenen Mönche wird jedes Jahr mit 'Anno domini' in roter Tinte vorangesetzt, worauf die einzelnen Namen mit schwarzer Tinte eingetragen sind.

Beide Nekrologien sind seiner Zeit von Dr. Sebastian Brunner, wenn auch öfter ungenau, in seiner Schrift 'Der Prediger - Orden in Wien und Oesterreich' herausgegeben worden. Der Retzer Konvent besass ausserdem noch ein Necrologium , in dem ausser den Todestagen der Stifter auch deren Anniversarien verzeichnet waren. Dieses lag im 18. Jh. einst noch dem gelehrten St. Pöltener Chorherren Raimund Duellius vor, der es auch in seinem Werke 'Miscellaneorum liber II' auf S. 170 ff. veröffentlichte. Dasselbe muss jetzt als verschollen gelten, da es mir trotz eifriger Nachforschungen nicht gelang, es zu Gesicht zu bekommen.

Wertvolle nekrologische Denkmäler liegen uns von dem aufgehobenen Chorherrenstifte St. Dorothea vor, und zwar ein Necrologium und Annales necrologici, welche beide bisher unediert blieben. Das N. wird im Archive des Chorherrenstiftes Klosterneuburg in der Ab- teilung : Dorotheaarchiv unter der Signatur : 'Ladel Y n. 24' aufbewahrt und ist eine Hs. in 4^ auf Pergament, die insoweit beschädigt ist, als von den 27 Folien 2 Blätter, die die Tage vom 31. August bis zum 20. September ent- halten, ferner jene Blätter, welche die Monate November und Dezember enthalten , fehlen. Der Einband ist in Pergament hergestellt. Die Hs. wurde von einer Hand um 1440 angelegt, welche einen ziemlichen Grundstock von nekrologischen Notizen aus einer uns nicht mehr er- haltenen Vorlage, etwa einem mit nekrologischen Notizen versehenen Kaiendare, herübergenommen hat, und von zahlreichen abwechselnden Händen bis ins 17. Jh. fort- gesetzt wird. Der Hs. liegt ein Linienschema zu Grunde, das aus Horizontal- und Vertikallinien besteht und auf jeder Seite einige Querrubriken herstellt, in denen die ein- zelnen Tage Aufnahme finden sollten. Die Folien, auf welchen die Monate November und Dezember ver- zeichnet waren, fehlten sicherlich schon im 17. Jh., da rückwärts der Hs. ein Anhang von Papierfolien bei- geschlossen ist, auf welchen von verschiedenen Händen des 17. Jh. nekrologische Noten derselben Zeit verzeichnet sind. Dem Codex ist ausserdem ein Martyrologium und eine Regel des hl. Augustin beigebunden, welche auf den

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eminent liturgischen Zweck, den die Hs. hatte, deutlich wie in vielen anderen Fällen hinweisen.

Während jedoch das N. auch die Verstorbenen der konfoederierten Stifter berücksichtigte und verzeichnete, liegt uns in den Annales necrologici desselben Stiftes eine Arbeit vor, welche bloss die verstorbenen Chorherren des eigenen Stiftes enthält. Diese sind in der Göttweiger Hs. auf Papier in Kl. -4° n. 497, XV Miscel- lanea erhalten, welche ausserdem noch Abschriften von Wahlakten der Pröpste und von sonstigen Akten und Urkunden enthält, die sich auf die Geschichte der Stifter St. Dorothea in Wien und Rothenmann in Steiermark be- ziehen. Diese Annales, welche man etwa auch als Series professorum bezeichnen könnte, da sie auch eine Reihen- folge der Stiftsprofessen darstellen, bei der öfter die An- gabe der Todesjahre und Tage neben den sonst vermerkten Professjahren vermisst wird, sind von zwei verschiedenen, zeitlich jedoch nicht weit von einander abstehenden Händen verfasst, von denen die erste in der Zeit des ausgehenden Mittelalters den ersten Teil der Eintragungen bis 1503 besorgte, während die zweite die Nachträge bis 1507 als Fortsetzung beifügte.

Ein günstiger Zufall hat uns offenbar auch die nekrologischen Denkmäler des Cistercienserinnen- klosters zu St. Maria Magdalena vor dem Schottentore in Wien erhalten. Die Hs. auf Pergament in Klein -Folio auf 38 Folien befindet sich jetzt im Besitze Sr. Excellenz des Herrn Grafen Hans Wilczek in der Bibliothek der Burg Kreuzenstein bei Korneuburg als Codex n. 28 001. Durch die besondere Güte Sr. Excellenz wurde mir derselbe nach Brunnkirchen überlassen, so dass mir Müsse und Gelegenheit zur Autopsie und Text- bearbeitung hinreichend geboten war. Die einstige Zu- gehörigkeit desselben zu obenbezeichnetem Kloster geht aus der Aufschrift auf fol. la hervor: 'Das puech gehört czu Sand Maria Magdalen vor Schottentor czu Wien' etc. Derselbe enthält auf fol. 1 31a das Necrologium, auf fol. 31b 34 a die annalenmässig verzeichneten nekro- logischen Notizen, auf fol. 35a 37b den Anniversarien- katalog.

Diese Hs. wurde im Jahre 1452 angelegt, weshalb sowohl das N. als die Notae necrologicae von der ersten Hand bis zu diesem Jahre geführt erscheinen. Dem N. liegt ein Linienschema zu Grunde, das aus braunen Linien besteht. Die Monatsüberschriften, sowie die grösseren

Bericht über die Totenbücher Nieder - Oesterreichs. 735

Heiligenfeste sind mit roter Tinte, die übrigen Feste, die Sonntagsbnchstaben in Majuskel, der römische Kalender und die Epakten mit schwarzer Tinte eingetragen , an welche sich ein leergelassener Raum in der Breite von 6 Horizontallinien für die nekrologischen Noten anschliesst, die von wechselnden Händen bis in die Mitte des 16. Jh. fortlaufend mit schwarzer Tinte verzeichnet sind. Auf je einer Seite sind 6 Tage verzeichnet. Nur wenige Ein- tragungen sind der ersten Hand zuzuweisen.

Anders geartet ist die Anlage der Notae necro- 1 o g i c a e , die gleichfalls ein Linienschema zur Grundlage haben, das mit brauner Tinte gezogen ist. Dieselben sind auf fol. 31b 34a ohne Beisetzung der Jahreszahlen nach Art von Annalen eingetragen und zwar auf fol. 31b 32 a die vor 1452 verstorbenen Nonnen des Klosters, deren Namen offenbar aus einem älteren, vermutlich auch annalenmässig geführten Verzeichnisse als Vorlage ab- geschrieben sind. Daran schliesst sich ein Verzeichnis der Pröpste, der Confessarii (Beichtväter) des Klosters, der Wohltäter aus dem Hause Habsburg und der übrigen Stifter und Wohltäter desselben in chronologischer Reihen- folge. Jedenfalls sind auch diese von der Hand des Autors aus einem älteren uekrologischen Verzeichnisse kopiert und dann fortgesetzt worden. Auf fol. 33 a 34a sind dann die nach 1452 verstorbenen Nonnen bis 1545 eingetragen, und zwar erfolgte diese Aufzeichnung etappenmässig, in- dem eine Hand von c. 1464, eine weitere von c. 1510 und eine dritte von c. 1545 die bis zu ihrer Zeit Verstorbenen nachträglich aufzeichnet.

Auf fol. 35a 37b folgt dann der Anniversarien- katalog dieses Klosters, welcher im Jahre 1514 von einer Hand offenbar nach einem älteren Verzeichnisse hergestellt und in der Folgezeit von weiteren Händen fortgesetzt wurde. Auch diesem liegt ein mit brauner Tinte ge- zogenes Linienschema zu Grunde. Alle oben aufgeführten nekrologischen Denkmäler sind bisher unediert geblieben.

Sehr beklagenswert ist wohl der Verlust des ältesten N. des ßenediktinerstiftes der Schotten in Wien, von dem uns heute nur mehr ein Abdruck vorliegt, den der verdiente Melker Benediktiner Hieronymus Pez in seinen Scriptores rerum Austriac I, 700 f. brachte und dabei einen Codex zu Grunde legte, welcher damals in der Bibliothek des jetzt aufgehobenen Benediktinerstiftes Klein - Mariazeil aufbewahrt war. Im Prooemium hierzu erwähnt derselbe, dass sein Bruder, der gelehrte Melker

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Benediktiner Bernhard Pez davon Kenntnis erlangt habe, dass sich ein anderer Codex mit einem Necrologium des Schottenstiftes damals in der k. und k. Hofbibliothek in Wien befinde, der allerdings heute als verschollen gelten muss. Das von Pez edierte N. hat aber bedeutend früher, nämlich im Jahre 1584, durch Johannes Rasch (er selbst nennt sich Rassius, Pez bezeichnet ihn richtiger als Raschius) unter dem Titel 'Mortilogus capituli Scotensis et anni- versarii monasterialis, calendarium defnnctorum' seine Ver- öffentlichung gefunden und stimmt fast vollständig mit Pez' Ausgabe überein, sodass die Annahme naheliegt, dass beiden ein und dasselbe Ms. vorlag. Allerdings muss diese Hs. in ihrem Inhalte sehr mager gewesen sein, da sich fast ausschliesslich nur die Todestage von österreichischen Herzogen und Stiftsäbten verzeichnet finden. Neben diesem N. müssen im Schotten stifte im Mittelalter eines oder mehrere N. geführt worden sein, welche aber heute ebenso wie das uns im Druck vorliegende verloren ge- gangen sind. Heute liegen uns noch zwei N. vor, die im 17. Jh. verfasst und durch das 18. Jh. geführt wurden, die aber leider für die Ausgabe der Monumenta Germaniae belanglos sind, da sie zwar die Todestage der mittelalter- lichen Stiftsäbte aber sehr willkürlich an Tagen ver- zeichnen, wo es gerade dem Autor geeignet erschien, so dass dadurch keinesfalls die wirklichen Todestage der- selben festgelegt sind.

Das nur im Drucke noch erhaltene Schottennecro- logium findet für das 15. Jh. einigermassen eine Ergänzung durch die nekrologischen Noten, welche im Codex 405 der Bibliothek desselben Stiftes auf Papier in Kl. -8^ in rotem Ledereinbande (Signatur: 55, G, 16) aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. auf fol. 99 b 101 von einer Hand im Jahre 1468 eingetragen sind; es sind da die Todestage einzelner Aebte und der Professen vom Jahre 1426 an aufgezeichnet. Diese nekrologischen Notizen sind bisher unediert ge- blieben.

Von grossem Werte und Bedeutung ist wohl das N. des einstigen Kollegiatkapitels an der Kirche zu Alienheiligen in Wien, späteren Domkapitels zu St. Stephan, welches im Archive des heutigen Metro- politankapitels ohne Signatur aufbewahrt wird und mir auf Beschluss des hochw. Metropolitankapitels vom Archivare, dem Herrn Praelaten Dr. Ferd. Wimmer, zur Bearbeitung in Wien überlassen wurde. Dasselbe ist bisher unediert geblieben, stellt sich als eine Pergamenths. in Gross -Folio

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auf 38 Folien in einem Ledereinbande dar und geht nach einer alten Kapitelüberlieferung auf den Stifter des Dom- kapitels Herzog Rudolf IV. selbst zurück, der die Hs. an- legen liess und bei der Stiftung dem Kapitel gewidmet haben soll, eine Ueberlieferung, die übrigens auch durch die Zeit der ersten Eintragungen eine nachträgliche Be- gründung gewinnt.

Dem N. gehen auf der Innenseite des vordem Deckels auf dem daselbst angeklebten Folium einige nekrologische Notizen voran, die ich im Drucke dem N. vorangestellt habe. Das N. ist auf Grund eines Kaiendars angelegt, das durch ein Schema so angeordnet ist, dass der römische Kalender, die Heiligenfeste und Sonntagsbuchstaben in einer mittleren Kolumne verzeichnet sind, die in der Mitte eines jeden Foliums durch vertikale Randlinien abgegrenzt erscheint, während links und rechts davon je eine breite Kolumne zur Eintragung von uekrologischen Notizen frei geblieben ist. Für jeden Monat ist eine Seite verwendet und da wiederum zumeist die rechte Kolumne, während sich in der linken Kolumne seltener und fast nur immer dann, wenn rechts bereits der Raum zu enge war, Notizen eingetragen finden. Nur wenige nekrologische Noten stammen von der ersten Hand, die die Hs. um 1365 an- gelegt hat. Die meisten fallen erst in eine spätere Zeit, stammen von abwechselnden Händen, welche offenbar immer die eines Kapitulars war, und reichen bis ins 16. Jh. An das N. schliessen sich Notizen über die an das Kapitel zu leistenden Zinse, eine Series der installierten Domherren, Statuten des Domkapitels und Urkunden über Besitzerwerbungen , die sicherlich kein geringeres histo- risches Interesse beanspruchen als das N. selbst.

Als letztes mir vorgelegenes nekrologisches Denkmal aus Wien reihe ich noch eine nekrologische Notiz über die im Jahre 1-436 in Wien an der Pest verstorbeneu Doktoren und Professoren der Wiener Universität ein, welche im Codex 4497 der Wiener k. und k. Hofbibliothek auf Papier in aus dem 15. Jh. aufgezeichnet ist. Derselbe enthält auf 354 Folien dogmatische Vorlesungen, die in der ersten Hälfte des 15. Jh. geschrieben sind, denen diese bisher unedierte Notiz eingefügt erscheint.

Als die weitaus wertvollsten, vollständigsten und in- haltreichsten stellen sich jedoch die nekrologischen Denk- mäler des Augustinerchorherrenstiftes Kloster- neuburg dar, die mit einziger Ausnahme des von Dr. Hartmann Zeibig im Archive für Kunde österr. Geschichts-

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quellen VII, 269 ff. veröffentlichten N., dem übrigens, wie uns unsere Untersuchung- zeigen wird , eine weniger be- achtenswerte Hs. zur Edition vorlag, bisher völlig unediert g-eblieben sind. Der Wert dieser NN. wird durch den g-ünstigen Umstand noch besonders erhöht, dass sie mit einziger Ausnahme des ältesten N. vollzählig und in un- unterbrochener Reihenfolge uns erhalten sind. Auch die ganze Anlage als Codices in Folio und die sorgfältige Führung weist in unwidersprochener Weise auf die grosse Sorgfalt hin, die man gerade diesen einst rein liturgischen, nun aber historisch so bedeutungsvollen Hss. zuwendete. Es mag dies auch mit ein Beweis für den guten Geist sein , der im Mittelalter und später diese Kanonie an- dauernd beherrschte.

Das älteste uns erhaltene N. dieses Stiftes liegt im Codex ms. 79 der Stiftsbibliothek auf Perg. in Folio vor und ist auf fol. 77' 108 enthalten. Demselben geht ein Martyrologium voraus, ein Umstand, der auch wie zu vielen anderen Malen auf den rein liturgischen Zweck dieser Hs. hinweist. Sie wurde unter Zugrundelegung eines Kaiendars in den ersten Jahrzehnten des 14. Jh. verfasst und weist einen nicht unbeträchtlichen Grundstock von älteren nekrologischen Noten auf, welche vom Autor jedenfalls aus einem älteren N. herübergenommen wurden, das heute als verloren gelten muss , zweifellos das älteste N. des Stiftes war und die Zeit von der Gründung des Stiftes bis in den Beginn des 14. Jh. umfasst haben mochte. Wir werden mit der Annahme nicht fehlgehen, dass der Raum- mangel in dieser Hs. für weitere Einträge die Neuanlage des uns im Codex 79 vorliegenden N. notwendig machte. Wie der Grundstock der aus demselben übernommenen Notizen erkennen lässt, mag sie sehr reichhaltig ge- wesen sein.

Alle Klosterneuburger NN. sind derart angelegt, dass die zahlreichen Einträge in zwei Kolumnen untergebracht sind, wovon die erste die Fratres und Sorores, die zweite die Familiäres enthält. Möglicherweise hat sich diese schematische Behandlung des nekrologischen Stoffes auch schon auf das erste nun verlorene N. erstreckt.

Codex 79 weist auf jeder Seite ein Linienschema auf, das zwei Kolumnen enthält, welche durch eine mittlere schmale, mittels zweier Yertikallinien hergestellte Kolumne getrennt sind. Jede dieser Kolumnen hat oben die Ueber- schrift in roter Tinte und zwar die linke: 'Fratres et sorores', die rechte: 'Familiäres nostri'. Links sind die

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Sonntagsbuchstaben , der römische Kalender und die Heiligenfeste mit roter Tinte eingetragen. Die Arbeit der ersten Hand ist durch eine Reihe von wechselnden Händen bis in den Beginn des 15. Jh. fortgesetzt worden, wenngleich man ohne weiteres hervorheben muss, dass nur eine geringe Anzahl von Notizen in das 15. Jh. fällt. Von den Noten , die fast ausschliesslich mit schwarzer Tinte niedergeschrieben sind, sind nur einige wenige, welche besonders hervorragende Persönlichkeiten betreffen, mit roter Tinte verzeichnet. Nicht blos die Arbeit der ersten Hand ist als eine sehr reinliche und sorgfältige zu be- zeichnen, sondern auch deren Fortsetzung durch spätere Hände ist entschieden sorgsam durchgeführt.

Sonderbarer Weise wurde in Klosterneuburg um das Jahr 1370, bestimmt vor 1374 ein neues N. angelegt, welches uns in der Pergamenths. 626 der Stiftsbibliothek in Folioformat auf fol. 112' 173 erhalten ist. Dass diese vor 1374 angelegt wurde, geht daraus hervor, dass der am 20. Sept. 1374 verstorbene Otto von Tulln hier schon von einer späteren Hand nachgetragen ist. Die Anlage dieses sehr sorgfältig verfassten N. ist dieselbe wie im Codex 79 mit dem einzigen Unterschiede, dass die Sonntagsbuch- staben abwechselnd mit roter und blauer Tinte geschrieben sind. Die Hand des Verfassers hat das in Codex 79 ihm vorliegende N. kopiert, jedoch nicht alle Eintragungen des Codex 79 herübergenommen. Das Linienschema ist mit brauner Tinte gezogen. Der Umstand, dass auch hier ein Martyrologium dem N. vorausgeht, weist auch hier wieder auf den liturgischen Zweck hin. Unklar hingegen er- scheint der Zweck dieser Neuanlage des N. überhaupt, da doch das ältere N. in Codex 79 trotz dieser Neuanlage eines N. von wechselnden Händen bis in den Beginn des 15. Jh. fortgesetzt wurde, während gerade die Kopie in Codex 626 nur sehr wenige Nachträge von späteren Händen aufweist, obgleich hinreichend Raum hierfür in der Hs. geboten war. Fast hat es den Anschein, dass dieses N. nicht für das Stift selbst,, sondern für irgend einen Em- pfänger bestimmt war und diesem zu weiterem Gebrauche dienen sollte. Die sorgfältige Schrift und Anlage legt dies nahe. Auch die Zeit der Abfassung möchte fast darauf hinweisen, dass es etwa für das um diese Zeit neu gegründete Kollegiatkapitel an der Kirche zu Alienheiligen (später Domkapitel zu St. Stephan) in Wien bestimmt sein mochte, dass es etwa auf Wunsch Rudolfs IV. für dasselbe hergestellt wurde, aber dann aus unbekannten Gründen

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die Uebergabe und Ingebrauchnahme seitens desselben unterblieb. Der um die Veröffentlichung der Kloster- neuburger Geschichtsquellen sehr verdiente Chorherr Dr. Hartmann Zeibig hat dieses N. seiner Ausgabe des Kloster- neuburger N. zu Grunde gelegt, weshalb dieselbe leider als unzureichend betrachtet werden muss.

Ein weiteres für unsere Zwecke sehr wichtiges N. liegt uns in Codex 80 der Klosterneuburger Stiftsbibliothek auf Pergament in Folio vor, welches auf 49 Folien ge- schrieben erscheint. Der Codex enthält neben dem Mar- tjrologium auch ein Evangeliar mit den Sonn- und Feier- 1 tagsperikopen, die dem N. in der Hs. vorangehen, und ist, soweit das N. in Betracht kommt, im Jahre 1421, wie der Autor selbst in einer kurzen Einleitung angibt, in der Art angelegt, dass die Noten des Codex 79 vorerst kopiert und dann von wechselnden Händen bis ins 17. Jh. fortgesetzt eingetragen wurden. Dieser Hs. liegt das gleiche Schema wie in Cod. 79 zu Grunde.

Ein viertes N., das aber für unsere Arbeit und Zweck nicht mehr in Betracht kommt, ist in Codex 1247 der Stiftsbibliothek erhalten, im Jahre 1649 angelegt und stellt sich als eine Abschrift des N. "in Codex 80 dar, welche von 1649 an von verschiedenen Händen originaliter weitergeführt wurde. Nur eine kleine Neuerung tritt uns da entgegen , nämlich die , dass wir hier nicht mehr römische, sondern moderne Datierung angewendet finden.

TJeberblicken wir das in den 3 in Betracht kom- menden Hss. uns vorliegende Material, so muss man ge- stehen, dass in Klosterneuburg die Nekrologien mit sel- tener Beharrlichkeit vom Beginne des 14. Jh. bis in die neueste Zeit sorgfältig geführt wurden, ja Codex 79 lässt uns desgleichen den Schluss auf eine sorgfältige Vorlage desselben, nämlich das uns verloren gegangene N. des 12. und 13. Jh., machen. Alle NN. dieses Stiftes sind von mir in eine Arbeit zusammengefasst, jedoch so, das Codex 79 der Kürze halber alsA, Codex 626 als B, Codex 80 als C bezeichnet wird. Der Umstand, dass die Hss. durchaus derart angelegt sind, dass für spätere Eintragungen reich- haltiger Raum vorhanden war, lässt die Vermutung zu, dass abgesehen etwa von üngenauigkeiten des jeweiligen Schreibers die meisten Einträge an richtiger Stelle ge- macht wurden , da durch den freien Kaum zumeist die Möglichkeit hierzu geboten war. Nur selten dürfte die das N. führende Hand durch Raummangel genötigt ge- wesen sein, Todesfälle auf ein anderes Datum zu verlegen.

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Erst zu Ende des 15. und Beginn des 16. Jh. beginnt der sonderbare Brauch, dass wiederholt an einem Tage eine grössere Anzahl von Verstorbenen eines Stiftes von einer Hand gleichzeitig eingetragen ist. Dies dürfte wohl darin seinen Grund haben, dass der Rottelträger des betreffenden Stiftes nicht nach jedem einzelnen Todesfalle von dem- selben behufs Mitteilung an die konfoederierten Stifter ausgesendet wurde, sondern wegen der ansehnlichen Reise- auslagen, die man damals offenbar stark in Erwägung zog, zuweilen nach jedem Jahre, manchmal sogar erst nach Ablauf von mehreren Jahren mit dem Rotulus abgesendet wurde. Nur so ist es erklärlich, wenn eine grössere Reihe von Verstorbenen bis zu 6, 8 und 10 von einer Hand gleichzeitig an einem Tage verzeichnet ist. Jedenfalls hat diesfalls die das N. führende Hand alle im Rotulus verzeichneten Todesfälle einfach ohne Rücksicht auf die sicherlich darin auch angegebenen verschiedenen Todestage der einzelnen Verstorbenen am Tage der Ankunft des 'baiulus' oder an einem der nächsten Tage, der für um- fangreichere Einträge genügend freien Raum darbot, auf- gezeichnet.

Eine nicht unwesentliche Ergänzung erhalten die zahlreichen Klosterneuburger Nekrologien durch die zwei bisher unedierten 'libri oblationum et anniver- sariorum', von welchen der ältere in Cod. 625 der Klosterneuburger Stiftsbibliothek auf Papier in Gross -4^ auf 23 Folien in einem Umschlage aus Pergament ent- halten ist. Diese Hs. ist zu Ende des 14. Jh. von sorg- samer Hand angelegt und enthält die oblationes und anniversaria auf einem mit brauner Tinte gezogenen Linien- schema, in welchem links die Sonntagsbuchstaben mit schwarzer, die Monatsauf Schriften, die römische Datierung und die Heiligenfeste mit roter Tinte geschrieben sind. Für jeden einzelnen Tag ist eine Querkolumne bereit gestellt.

Bemerkenswert ist jedoch hier die Erscheinung, dass schon kurze Zeit darnach, nämlich zu Beginn des 15. Jh., ein neuer 'liber oblationum et anniversariorum' in Kl. -4° verfasst wurde. Dieser wird heute als Hs. B, historische Denkmale n. 38, im Stiftsarchive aufbewahrt und ist eine Pergamenths., die übrigens leider beschädigt ist, da fol. 14 herausgerissen ist, auf welchem die Tage vom 2. 15. Juli aufgezeichnet waren. Er erscheint sehr sorgfältig ge- arbeitet und weicht vielfach von Codex 625 ab. Man kann wohl annehmen, dass sich der Autor hier zwar viel-

Neues Archiv etc. XXXV. 48

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fach auf Codex 625 stützte, sich aber dennoch von der Vorlage grösstenteils unabhängig hielt. Was war nun der Grund zur Abfassung dieses Codex? Wohl kein anderer als der, dass trotz der Sorgfalt die Arbeit in Cod. 625 dennoch unzulänglich war, da nicht alle Jahrtage, die bis dahin gestiftet waren , ihre Aufnahme fanden , wodurch die Neuzusammenstelluug der Jahrtagstiftungen und ge- widmeten Oblationes so bald notwendig wurde. Dieser Umstand hat offenbar den Autor der jüngeren Hs. dazu bewogen, sich nicht unbedingt an die ältere Vorlage zu halten.

Ausserdem kommen in der Klosterneuburger Stifts- bibliothek noch 4 Hss. in Betracht. Es sind dies durch- aus liturgische Bücher und zwar ein Missale und 3 Bre- viarien, welchen jedesmal ein Kalendar vorausgeht, in dem sich nekrologische Notizen aufgezeichnet finden, welche unediert sind. So liegt in Codex 967 auf Pergament in KL- 8*^ das Brevier des Klosterneuburger Propstes Simon Heundel aus der Mitte des 15. Jh. vor, in dessen Kaien- dare auf fol. 2 7 einzelne Notizen aus der Zeit von 1440 1450 eingetragen sind, welche Verwandte und dem In- haber des Breviers offenbar sehr nahestehende Personen betreffen. Ich führe sie der Kürze halber mit A ein. Nicht minder interessant ist der Umstand , dass der Codex 609 auf Pergament in K1.-4*' das Missale des be- kannten Humanisten und Klosterneuburger Chorherrn Wolfgang Winthager mit einem vorausgehenden Kaiendare enthält, auf dessen fol. 3 8 nekrologische Notizen aus der Mitte des 15. Jh. von der Hand Winthagers ver- zeichnet sind , die die Todestage einzelner ihm nahe- stehender Persönlichkeiten anführen. Ich bezeichne sie mit B. Als nächste Hs. kommt Codex 1191 in Kl. -8^', ebenfalls ein Brevier, in Betracht, das auf fol. 9 15 ein Kalendar enthält, in dem sich einige Eintragungen aus dem Beginne der zweiten Hälfte des 15. Jh. vorfinden, die von Bedeutung sind. Dasselbe gehörte dem Strassburger Propste Petrus Semler. Ich fasse diese Notizen unter C zusammen. Desgleichen liegt uns in Codex 1169 auf Pergament in Kl. -8*^ gleichfalls ein Brevier vor, in dessen Kaiendare auf fol. 1 6 nekrologische Notizen aus dem Beginne des 16. Jh. eingeschrieben sind. Ich füge sie unter D, der Zusammenfassung der Noten aller 4 Hss., ein.

Kein Zweifel besteht wohl darüber, dass auch das Cistercienserstift Heiligenkreuz einst an Nekrologien reich war. Leider aber ist "uns nur mehr

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Bericht über die Totenbücher Nieder -Oesterreichs. 743

Weniges davon erhalten. Vom ältesten N. liegen uns heute nur noch einige Fragmente vor, welche von Zeiss- berg in der Zeitschrift f. österreichische Gymnasien XXVIII, 1 11 ediert und in einer gelehrten Unter- suchung als Reste des ältesten Heiligenkreuzer N. an- gesprochen worden sind. Sie sind uns in 4 Folien er- halten, von welchen je eines in den beiden Codices 1508 und 2340 der Wiener k. k. Hofbibliothek auf Per- gament vorne und rückwärts als Schutzblätter angeklebt waren, heute aber losgelöst sind. Bedauernswert ist nur der Umstand, dass sie bei dieser eigenartigen Verwendung arg beschädigt, die einen am oberen Eande, die anderen am unteren Eande und am Seitenrande beschnitten wurden. Die 4 Folien erweisen sich als zu einem N. gehörig, welches auf Pergament in Gross -4^ in der zweiten Hälfte des 12. Jh. verfasst und bis in die sechziger Jahre des 13. Jh. weitergeführt wurde. Die Aufzeichnungen rühren von lauter verschiedenen Händen her, so dass eine erste Hand überaus schwer zu unterscheiden ist und die Einträge von den späteren Händen von denen der ersten Hand kaum zu trennen sind. Die Hs., der ein mit brauner Tinte ge- zogenes Linienschema zu Grunde liegt, ist derart angelegt, dass der StofE der nekrologischen Notizen in 4 Kolumnen verteilt wurde, die immer auf zwei einander zugekehrten Seiten aufgetragen sind, und zwar enthält die 1. die Monachi (M.), die 2. die Novitii (NOV.), die 3. die Fratres (FR.), die 4. die Familiäres (FAM.). Es erscheinen von denselben auf der linken Seite stets die Monachi und Novitii ohne Abteilung eingetragen, während auf der rechten Seite die Kolumnen der Fratres und Familiäres durch Vertikallinien abgeteilt sind.

Jedoch sind die Fragmente derart unvollständig, dass von keinem Tage alle vier Kolumnen vorliegen, sondern entweder nur die zwei ersten oder die zwei letzten. Die Aufschriften sind mit roter Tinte in Majuskel hergestellt. Die zwei Folien der Hs. 1508 sind oben und am rechten Rande beschnitten, so dass vor allem da die Aufschriften fehlen. Die zwei Blätter der Hs. 2340 sind hingegen unten und am rechten Rande beschnitten, wodurch in der Kolumne der Familiäres einige Notizen verloren gegangen sind. Das N. muss 37 Folien umfasst haben und be- deutend breiter gewesen sein als die beiden Hss., welchen die Folien beigebunden wurden. Es war nicht blos sorg- fältig angelegt, sondern auch geführt. So sind uns denn also blos die Tage vom 11. 30. Jänner, vom 10. Februar

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1. März, vom 19. August 7. September, vom 28. Ok- tober — 16. November und diese nur unvollständig er- halten. Das N. mag ursprünglich mit einem Martyrologium zu einer Hs. vereinigt gewesen sein.

Ausser diesen Fragmenten besteht in Heiligenkreuz nur mehr ein N. in einer verhältnismässig späten Be- arbeitung in einer Hs., welche in den Jahren 1628 1638 vom damaligen Stiftsprior Mathias Graf von Palffy an- gelegt wurde. Demselben muss ein älteres, uns verloren gegangenes N., welches von dem ältesten, uns nur mehr fragmentarisch erhaltenen N. verschieden war, zur Vorlage gedient haben, aus welchem viele Notizen in dieses heriibergenommen wurden. Dieses N. wird bis in unsere Zeit fortgesetzt und dient heute noch, wie mir von Dr. Florian Watzl versichert wurde, zum täglichen Gebrauche im Chore. Dieses N. zeigt mit dem ältesten N. gar keine Berührungspunkte.

Es entsteht nun die Frage, ob in der Zeit von c. 1260 1626 blos eines oder mehrere N. geführt wurden und im Stifte einstmals vorlagen. Es erwähnt P. Jodocus in einer Aufzeichnung vom Jahre 1516, wie mir mein geehrter Freund Dr. Florian Watzl mitteilte, ein Necrologium antiquum, das aber von dem von Zeissberg zuerst ent- deckten N. antiquissimum unbedingt verschieden sein muss. Da nun Prior Graf Palffy erst 1626 sein N. an- zulegen begann, um 1516 jedoch ein N. als antiquum, wohl damals schon ausser Gebrauch stehend , erwähnt wird, so kann wohl die Annahme nicht von der Hand ge- wiesen werden, dass zwischen dem N. antiquissimum und dem Palffys von 1626 zwei NN. liegen müssen, die uns heute leider nicht mehr erhalten sind. Das im Jahre 1516 erwähnte N. antiquum ist aller Wahrscheinlichkeit nach das zweite in Heiligenkreuz geführte N. gewesen und mag etwa die Zeit von 1260 an bis ans Ende des 14. oder Beginn des 15. Jh. umfasst haben.

Einen Auszug aus dem N. des Priors Graf Palffy, welches Georg Lanz mit zahlreichen gelehrten Noten ver- sehen im Archive für österr. Geschichte LXXXIX, 245 ff. veröffentlichte, enthält auch der Göttweiger Codex ms. 29 (Nekrologiencodex), der aber für unsere Ausgabe belanglos erscheint. Auch das Palffysche N. hat eine Einteilung des nekrologischen Stoffes in 4 Kolumnen, in deren 1. die Imperatores und Reges , in deren 2. die Episcopi und Abbates aufgenommen sind, während in der 3. die Monachi und in der 4. die Laici aufgezeichnet sind.

Bericht über die Totenbücher Nieder - Oesterreichs. 745

Eine andere nekrologisehe Quelle liegt uns in dem 'liber pitantiarum et anniversariorum' vor, welcher als 'Calendarium S. Crucis consolatorium' um 1688 von P. Georg Strobl verfasst und dessen Castrosolium S. Crucis cenotaphicum betitelten Werke auf fol. 113' 124 als Anhang inseriert wurde. Diese Hs. auf Papier in Eolio wird ohne Signatur im Heiligenkreuzer Archive auf- bewahrt. Die Pitanzen wurden gleichfalls von Lanz in Studien und Mitteilungen des Benediktiner- und Cister- cienserordens XIX, 390 ff. und 562 ff. veröffentlicht. Für unsere Zwecke kommen jedoch nur die Anniversarien in Betracht, zu deren Bearbeitung der Autor des Castrosolium P. Georg Strobl offenbar eine ältere Hs. benutzt hat.

Fassen wir die Ergebnisse dieser Forschungen kurz zusammen, so stellt sich trotz des beträchtlichen, uns vor- liegenden Stoffes dennoch die nicht zu leugnende bedauer- liche Tatsache heraus, dass von einer ziemlich grossen Anzahl von Stiftern und Klöstern, die in Wien und in dem Bereiche der heutigen Wiener Erzdiözese gelegen waren, besonders von den aufgehobenen, die Nekrologien verloren gegangen oder verschollen sind. Ja selbst von einer ßeihe von heute noch bestehenden Stiftern mit Aus- nahme von Klosterneuburg und der Wiener Minoriten- konventualen sind sehr wertvolle Hss. in Verlust geraten. Auch das Wiener erzbischöfliche Konsistorialarchiv soll einer gütigen Mitteilung des Herrn Prälaten und Kanzlei- direktors Franz Kornheisl gemäss keine nekrologischen Hss. der aufgehobenen Stifter und Klöster enthalten. Wohl verwahrt die k. k. Hofbibliothek in Wien mehrere nekrologische Hss. , aber auch hier scheint ein von Bernhard Pez im 18. Jh. noch gekanntes N. der Schotten in Wien verloren gegangen zu sein. Wenigstens war es für mich unauffindbar. Die übrigen öffentlichen Archive und Bibliotheken enthalten mit einziger Aus- nahme des Niederösterreichischen Landesarchives, in dem der Liber sepulcrorum der Wiener Minoriten aufbewahrt wird, keine derartigen Hss.

Diözese St. Polten.

Günstiger stellt sich , was die nekrologischen Hss. betrifft, die Lage in dem Bereiche dieser Diözese dar, da die alten Stifter und Klöster ihre NN. etwas besser er- halten haben , wenn man auch hier das bedauernswerte

746 Adalbert Fr. Fuchs.

Geständnis machen muss, dass gerade von den ältesten und ersten NN. derselben nur wenige und diese vielfach nur fragmentarisch auf uns gekommen sind.

So war zweifellos das Benediktinerstift Göttweig einstmals sehr reich an Nekrologien , von welchen nur mehr Fragmente des ältesten N. in zwei von Codices abgelösten, stark beschädigten Deckblättern vor- liegen, die im Archive des Benediktinerstiftes Melk zur Zeit aufbewahrt werden. Sie stammen aus der Mitte des 12. Jh. und deuten in ihrer Form darauf hin, dass das N. in Kl. -4^ angelegt war. Demselben lag ein Linienschema zu Grunde, welches mit blinden Linien aufgetragen ist. In dasselbe waren links die Novilunien und die Wochentags- buchstaben mit schwarzer Tinte verzeichnet, während der römische Kalender und Festkalender sich mit roter Tinte geschrieben daran reihen. An diesen schlössen sich nun die nekrologischen Notizen, für welche an jedem Tage ein grösserer Raum in der Breite des Foliums frei blieb. Diese sind ohne jede Unterscheidung aufgezeichnet, so zwar dass Priester, Nonnen, Laienbrüder, Wohltäter nach der Reihenfolge der Todesjahre durch einander ein- geschrieben wurden. Von diesen 2 Blättern, die auf Bücherdeckeln inwendig aufgeklebt waren , ist das erste Blatt, welches die Tage vom 7. 18. September enthält, am linken Rande beschädigt, so dass von den ersten Tagen des Monats September und auch von den späteren Tagen desselben Monats Eintragungen fehlen. Vom zweiten Blatte ist uns überhaupt nur ein schmaler Längsstreifen erhalten, auf dessen einer Seite nur mehr die Novilunien, die Wochentagsbuchstaben und die Datierung erhalten sind, während auf der anderen Seite nur noch einzelne Ein- tragungen vorhanden sind, deren zeitliche Feststellung nicht mehr möglich ist.

Diese Hs., welche mit ihren Noten nur bis zum Ende des 12. Jh. reicht, enthält einen nicht unbeträchtlichen Grundstock von nekrologisehen Noten, die von der ersten Hand eingetragen sind, was darauf hinweist, dass der Autor aus einem älteren N. schöpfte, das entweder in einem Martyrologium in der Form von Randnoten ver- zeichnet war, oder aber, was wohl auch viel Wahrschein- lichkeit für sich hat , schon ein N. in aller Form war. Wenigstens lässt die hervorragende geistige und reforma- torische Tätigkeit, welche zu Ende des 11. und zu Beginn des 12. Jh. in Göttweig entfaltet wurde und von da aus weite Kreise in Oesterreich und ausserhalb desselben in

Bericht über die Totenbücher Nieder -Oesterreichs. 747

seinen Bereich zog, mit ziemlicher Gewissheit darauf schliessen, dass man auch in liturgischer Hinsicht nichts verabsäumte, da diese bei der Erneuerung der Mönchs- disziplin doch in erster Linie stand. Dass man nun um die Mitte des 12. Jh. ein neues N. hier anlegte, mag viel- leicht auf den Göttweiger Abt Wernher (1150 1155) zu- rückzuführen sein, welcher 1150 ins Stift berufen wurde und die damals gerade wieder etwas in Verfall geratene Disziplin wiederherstellte. Als Reformator mochte er auch die Neuanlage des N. besorgt oder veranlasst haben.

Ausserdem liegt uns nur mehr das N. der Gött- weiger Benediktiner-Nonnen vor , das um 1500 im Auftrag des Göttweiger Abtes Mathias I. verfasst und den Nonnen zum liturgischen Gebrauche am 20. März 1505 überreicht wurde. Diese Hs. zeigt schon eine Ab- teilung des nekrologischen Stoffes, indem in zwei Kolumnen und zwar in der 1. die Monachi und Laici, in der 2. die Sorores und Laicae eingetragen sind. Dieser Codex wurde von denselben bei ihrer [Jebersiedelung von Göttweig in das Cisterziensernonnenkloster St. Bernhard bei Hörn 1557 mitgenommen und kam von da nach der Auflassung dieses Klosters in das Stift Altenburg bei Hörn, wo er heute noch aufbewahrt wird. Die Hs. ist in Kl. -4° auf 193 Folien verfasst und enthält alle jene liturgischen Auf- zeichnungen, welche für das Nonnenkloster von Wichtig- keit und Wert waren, also das Kalendar, ein Jahrtags- verzeichnis, eine zusammenfassende Darstellung der Gebets- verpflichtungen der Nonnen beim Tode von Mönchen, Nonnen und konföderierten Persönlichkeiten, eine Abschrift des Einkleidungs- und Professritus, ein Martyrologium und endlich eine deutsche üebersetzung der Beuediktinerregel. Leider hat sie, die gewiss in der zweiten Hälfte des 18. Jh. noch vollständig war, seit dieser Zeit durch eine bar- barische Hand, welche fol. 48, fol. 84—106, fol. 118—130 herausschnitt, um sie etwa zum Verschliessen von Kompott- gläsern zu verwenden, arg gelitten. Jedoch hat es uns ein besonders günstiger Umstand ermöglicht, das beschädigte N. zu ergänzen, da in der 2. Hälfte des 18. Jh. in Gött- weig eine Abschrift desselben genommen wurde, die in Codex 29 des Göttweiger Manuskriptenkabinettes (Nekro- logiencodex) erhalten ist, so dass der fehlende Teil, das ist die Zeit vom 1. Januar bis 10. Mai, daraus ergänzt werden konnte.

Ueber dieses N. habe ich schon bei der ersten Aus- gabe desselben als Anhang zu meinem Göttweiger Urkunden-

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buch (Fontes rerum Austriac. LV, 849 870) gehandelt und bin damals bei dessen eingehender Untersuchung zum Schlüsse gekommen, dass demselben drei Nekrologien vor- angegangen sein müssen (vgl. ebenda S. 868). Ich setzte damals ohne die von Keiblinger zuerst veröffentlichten Fragmente (Geschichte des Benediktinerstiftes Melk 1, 1163 1165) näher identifiziert zu haben, was übrigens auch Keiblinger selbst nicht vermochte, das älteste N. als bis in den Beginn des 13. Jh. reichend an, nahm für ein zweites die Zeit vom Beginn des 13. bis zu Ende des 14. Jh. in Anspruch und vermutete, dass ein 3. N. vom Ende des 14. Jh. bis zur Zeit der zwei Kompilatoren des Nonnennekrologiums, d. i. bis 1500, denselben vorgelegen war. Heute ist durch die genaue Identifizierung der beiden Melker Fragmente in dieser Untersuchung mit dem ältesten Göttweiger N. schon ein fester Boden gewonnen, während ich damals auf Konjekturen angewiesen war. Es deckt sich meine damalige Annahme betreffs der Zeitdauer des ersten und ältesten N. so ziemlich mit der nun wirklich festgestellten Zeitdauer desselben, wie die Fragmente zeigen, da diese Hs. bis ans Ende des 12. Jh. tatsächlich reichte, während ich seiner Zeit auf Grund meiner Kon- jekturen ihren terminus ad quem mit dem Beginne des 13. Jh. annahm. Betreffs der kritischen Untersuchung des Göttweiger Nonnennekrologiums verweise ich deshalb auf meine dortige Untersuchung. Gerade dieser überaus günstige Umstand lässt nun auch meine damaligen An- nahmen betreffs der zwei weiteren NN. als ziemlich be- gründet erscheinen.

An dieses N. reiht sich die Ausgabe des J a h r - tagsverzeichnisses, wie dasselbe in dem Codex des Nonnen -N. enthalten ist und wie es von mir im An- schlüsse an das N. in Fontes rer. Austriac. LV, 954 ff. veröffentlicht wurde. Dass ich die beiden Melker Frag- mente als Rest des ältesten Göttweiger N. anspreche, be- ruht auf dem glücklichen Umstände, dass sich gerade in den Noten der wenigen Tage, die uns davon noch vor- liegen, eine Reihe von Persönlichkeiten verzeichnet sind, welche sich unzweifelhaft auf Grund von vergleichenden Untersuchungen mit Hülfe der Göttweiger Traditionsbücher als Göttweiger Mönche und Angehörige von Familien er- weisen, die, wie z. B. die Herren von Kilb, Minnenpach (Imbach), Zöbing, Mühlbach etc., mit dem Stifte stets in engster Beziehung standen, so dass eine Zuweisung an ein anderes Stift als absolut ausgeschlossen gelten muss.

Bericht über die Totenbücher Nieder -Oesterreichs, 749

Durch den Umstand, dass dieses N. schon bald, bestimmt vor Schluss des Mittelalters, zerstört wurde, wie die als Schutzdeckel verwendeten Fragmente sicher beweisen, wird auch meine in Fontes LV, 868 aufgestellte Annahme als richtig erwiesen, nämlich dass die Kompilatoren dieses N. nicht benutzten. Ich hatte allerdings dort mich in meiner Beweisführung auf negative Argumente stützen müssen, während jetzt auch ein positives Moment hierfür gewonnen ist. Es konnte den Kompilatoren nicht mehr vorliegen, da es schon zerstört war. Offenbar wurden die einzelnen Namen, die in der Kompilation auf das erste N. hinweisen, von diesem in die späteren NN. übernommen, von wo aus sie die Kompilatoren allerdings manchmal sehr fehlerhaft in ihre Kompilation übertrugen.

Als ältestes uns vollständig erhaltenes N. haben wir das N. des Ben ediktin er stiftes Melk in Be- tracht zu ziehen. Dasselbe ist im Codex 486 der Melker Stiftsbibliothek in Folio auf Pergament auf fol. Ib 27a erhalten, der ausserdem die so wertvollen Annales Melli- censes enthält. Dieses ist von einer Hand aus der ersten Hälfte des 12. Jh. c. 1143 1147, die auch an der Arbeit der Annales gleichzeitig beteiligt war, angelegt und von individuellen Händen bis ins 14. Jh. fortgesetzt. Wohl muss sogleich betont werden, dass die Eintragungen aus dem 12. Jh. weitaus zahlreicher sind als die der folgenden Jahrhunderte , was wohl auf die zeitweilige Vernach- lässigung der nekrologischen Eintragungen in dieser Zeit schliessen lässt. Aus dem 15. Jh. finden sich gar keine Einträge, aus dem 16. Jh. nur wenige vor. Das N. ist auf 12 auf einander folgenden Seiten aingelegt, so dass je eine Seite für einen Monat beansprucht ist, und hat ein Kalendar zur Grundlage, das am linken Bande eingetragen ist, während rechts daran sich die Noten schliessen. Das Linienschema ist blind aufgetragen. Das Kalendar ver- zeichnet die Epakten, den römischen Kalender (diesen rot geschrieben), die Sonntagsbnchstaben und die Heiligenfeste. Von den Sonntagsbuchstaben ist A stets rot geschrieben. Im Kaiendare finden sich auch einige Noten über den Beginn der Jahreszeiten etc. mit roter Tinte geschrieben. Die Hs. ist eine sehr sorgfältige. Ueber einzelnen Noten des 12. und 13. Jh. sind von späteren Händen über der Zeile ergänzende Vermerke nachgetragen. Einzelne nekro- logische Noten hervorragender Persönlichkeiten sind gleich- falls mit roter Tinte geschrieben. Die Anlage der Hs. fällt in die Regierungszeit des Melker Abtes Erchanfried

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und es liegt nahe, mit der Anlage des fast gleichzeitigen Göttweiger N. eine zeitliche Beziehung herzustellen, so dass beide etwa auf eine gemeinsame Anregung zurück- zuführen sein mögen. Sonderbarer Weise führt dieses N. fast nur Melker Mönche und Nonnen , sowie Wohltäter dieses Stiftes an. Da es mit den Annales zusammen in einer Hs. erscheint, so scheint hier das historische Interesse bei dessen Abfassung die Hauptrolle gespielt zu haben, was sich auch aus einem anderen Momente, über das wir bald handeln werden, ergibt. Dieses N. wurde zuerst von dem berühmten Melker Benediktiner Hieronymus Pez in seinen Scriptores rer. Austriac. I, 304 ff. veröffentlicht.

Dass obiges N. jedoch nicht das eigentliche im liturgischen Gebrauche stehende ist, beweisen nur zu deutlich die Fragmente eines anderen fast gleichzeitigen N., die als einzelne Folien, welche einst als Deckblätter in Codices eingeklebt waren und von dort abgelöst wurden, nun teils in der Stiftsbibliothek, teils im Stiftsarchive auf- bewahrt werden. Erstere wurden von Dr. Odilo Holzer im Jahresberichte des Melker Gymnasiums XXXXVI (1896), 50 ff., letztere von P. Ignaz Keiblinger in seiner Geschichte des Benediktinerstiftes Melk I, 1160 ff. ver- öffentlicht. Dieses N. war auf Pergament in Kl. -4*^ um 1160 verfasst und hatte nach dem Bestände der Fragmente zu schliessen ursprünglich einen Umfang von 118 Folien. Die Anlage war derart, dass jede Seite durch zwei romanische Halbbogen oben und durch eine schmale mittlere Kolumne und 2 Vertikallinien, die an die Bogen sich anschliessen, in zwei Kolumnen abgeteilt ist nach Art der romanischen Doppelfenster, also in gewisser Hinsicht ein Schema in architektonischer Gestaltung zu Grunde liegen hat. In jeder dieser Kolumne ist nun Raum für die Noten je eines Tages geschaffen, so dass auf je einer Seite zwei Tage zur Darstellung gelangen.

Diese Anlage erinnert einigermassen an die alten Diptychen, welche auf zwei einander gegenüberstehenden Seiten die Namenseintragungen enthalten, wenn auch die Faltung der Folien der Kommodität halber unterblieb. Auch hier tritt uns die so oft beobachtete Tatsache ent- gegen, dass von der Hand des Autors ein ganz beträcht- licher Grundstock von nekrologischen Noten eingetragen ist, der jedenfalls aus einer älteren Vorlage übernommen wurde. Es beweist dies sehr deutlich, dass auch in Melk schon vordem fortlaufende nekrologische Aufzeichnungen gemacht wurden, die der Autor dieses N. als Quelle und

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Vorlage reichlich benutzte. Ob wir es nun in dieser uns nicht mehr überlieferten Vorlage mit einem Martjrologium mit nekrologischen Randnoten, mit einem ausgesprochenen Nekrologium oder mit einem Kaiendare, in das solche Noten aufgenommen wurden, zu tun haben, das müssen wir wohl dahingestellt sein lassen. Wohl spricht die kurze Zeit seit der Einführung des Benediktiner -Ordens in Melk bis zur Neuanlage des fragmentarisch erhaltenen N., nämlich zirka 80 Jahre, wenigstens dagegen, dass ein mit hinlänglichem Räume ausgestattetes N. vorgelegen hatte. Anderseits spricht der Umfang des Grundstockes der von der Hand des Autors verzeichneten Namen fast gegen die Annahme eines Martyrologiums mit Randnotizen als Vorlage, da diese für ein Martjrologium fast schon zu zahlreich erscheinen. Es wäre höchstens an die Art der Ausstattung eines solchen zu denken, wie es uns in dem von mir neu festgestellten Mondseer Martjrologium in der k. k. Hofbibliothek in Wien mit nekrologischen Randnoten vor Augen tritt.

Die Hs. wurde dann von verschiedenen Händen bis ins 13. Jh. fortgesetzt und mit dem 13. Jh., obgleich, wie die Fragmente zeigen, an jedem Tage noch genügend Raum für weitere Eintragungen vorhanden war, dennoch aufgegeben. Jedenfalls wurde da ein neues N. angelegt, das dann die nekrologischen Noten der Folgezeit aufnahm, da nicht anzunehmen ist, dass man in Melk von da an kein N. mehr geführt hätte, während in anderen Stiftern gerade aus der nächsten Zeit sehr reichhaltige NN. heute noch im Originale vorliegen. Durch die gewiss an- zunehmende Neuanlage wurde das nun fragmentarisch erhaltene N. , das einzig nur dem liturgischen Zwecke diente, ausser Gebrauch gesetzt, was auch sicherlich den Grund zu seiner späteren Zerstörung bot. Dass ferner in Melk speziell während des 15. Jh., wo daselbst ein so überaus reges geistiges und monastisches Leben herrschte, das sich als Melker Reform auch auf die anderen Bene- diktinerstifter ausbreitete und hervorragende Geistesmänner als Hauptvertreter derselben hervorrief, kein N. geführt ■worden sein sollte, wenn auch im ältesten N. gerade aus diesem Jh. nekrologische Notizen gänzlich fehlen, kann unter gar keinen Umständen angenommen werden. Wir werden uns also, da uns diese Hss. heute nicht mehr vor- liegen, darauf beschränken müssen, sie als verloren zu betrachten.

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Von hohem Alter ist desgleichen das im Codex 491 der k. k. Hofbibliothek in Wien auf Pergament in Gross -8*^ in einem einfachen Ledereinbande aus neuerer Zeit uns erhaltene N. des aufgehobenen Chorherren- stiftes St. Andrä a. d. Traisen, wenn wir auch hier uns von der Annahme ferne halten müssen, als läge uns in demselben das älteste N. dieses Stiftes vor. Das- selbe ist von einer Hand nach der Mitte des 13. Jh. c. 1260 1270 auf 18 Folien angelegt. Das Pergament ist zum Teile reskribiert und lässt noch recht gut das alte Linienschema darauf wahrnehmen. Das N., das sehr sorg- fältig geschrieben ist, beweist durch den ziemlich umfang- reichen Grundstock von nekrologischen Notizen, welche der Autor selbst eintrug, dass er ein älteres N. zur Vor- lage hatte, das uns allerdings verloren gegangen ist. Da von der Gründung dieses Stiftes bis zur Anlage des noch vorhandenen N. mehr als ein Jahrhundert verflossen ist, so lässt sich annehmen, dass etwa Eaummangel im ältesten, nun verlorenen N. die Ursache der Neuanlage gebildet haben mochte. Die Hs. ist dann von individuellen Händen bis ins 15. Jh. fortgesetzt. Allerdings muss man gestehen, dass der Zuwachs an nekrologischen Noten in den fol- genden Jahrhunderten ein verhältnismässig geringer war, ein Umstand, der zur Genüge auf die in dieser Zeit in St. Andrä herrschende Nachlässigkeit oder - milder ge- sagt — andauernde Sorglosigkeit betreffs der Evidenz- haltung des N. schliessen lässt.

Die Hs. des N. weist wiederholt sinnstörende Lese- fehler des Autors auf, welcher seine Vorlage oft fehlerhaft und unrichtig las. Derselben ist ein Kalendar, wie ge- wöhnlich, zu Grunde gelegt, das links die goldene Zahl und den römischen Kalender mit roter Tinte geschrieben enthält, worauf der Heiligenfestkalender und die nekro- logischen Noten in schwarzer Tinte folgen. Nur einige wenige Noten sind mit roter Tinte geschrieben, die selbst- redend Eintragungen von Personen von hoher Bedeutung betreffen. Die Aufschrift eines jeden Monates, die zugleich auch die Zahl der Tage und die Mondzahl angibt, ist gleichfalls mit roter Tinte hergestellt. Die Hs. hatte einen vorwiegend liturgischen Charakter, wie sich aus den dem N. nachfolgenden Gebeten bei der Einkleidung von Chor- frauen, 'benedictiones ad indumenta monialium', ergibt.

Eine Abschrift dieses N. findet sich auch in Cod. 7455 der Wiener Hofbibliothek auf Papier in 8^ fol. 1—29 vor, welche aus dem 18. Jh. stammt. Diesem ist auch das

Bericht über die Totenbüeher Nieder -Oesterreichs. 753

Calendarium Alberti plebaui in Waldcbirchen beigebunden. Da der hochverdiente Dr. A. von Meiller im Archive f. österr. Geschichtsquellen XIX, 397 fiE. nur sehr spärliche Auszüge aus dem N. veröffentlicht hat, so kann man mit gutem Rechte behaupten, dass dasselbe eigentlich grössten- teils unediert ist.

An dieses N., welches ich als A bezeichne, schliesse ich unter B einzelne nekrologische Noten an, die aus einem neueren N. stammen, das uns in der Papierhs. in Folio erhalten ist, welche im Archive des Stiftes Her- zogenburg ohne Signatur aufbewahrt wird. Dieses N. wurde in den Jahren 1724 1726 angelegt und ist betitelt: 'Necrologium seu elenchus quotidianus defunctorum vel defunctarum ex canoniis et monasteriis cum canonia ad S. Andream eis Trasenam confoederatis'. Jedenfalls sind in dieses aus einer älteren, uns jetzt verlorenen Vorlage aus dem Ende des Mittelalters einzelne Noten aufgenommen worden, die für unsere Arbeit noch in Betracht kommen. Nur haben wir in diesem N. schon die Wirkungen der wissenschaftlichen Fiktion vor Augen, die die Pröpstereihe des Stiftes St. Andrä, das doch erst um 1150 gegründet wurde, weiter hinaufschraubt und deshalb fingierte Namen von Pröpsten, die nicht existierten, zu einer Zeit, da das Stift noch gar nicht gegründet war, sogar aus dem Beginne des 11. Jh. ungescheut aufführt, wie z. B. als erster Propst Otto t 26. I. 1032, als 2. Propst Babo f 11. I. 1052, als dritter Propst Hugo f 18. I. 1070, als 4. Propst Kalochus t 22. I. 1090, während am 23. I. der 1178 verstorbene 1. Propst Gottschalk als der 1. Propst des Stiftes seit der Stiftung durch Walther bezeichnet wird. Da man Walthers von Traisma Stiftung nicht gut weiter zurückverlegen konnte, so wurde einfach ein mehr als hundertjähriger Bestand der Stiftung vordem angenommen und man statuierte hierzu eine Reihe von Pröpsten, die man sonder- barer Weise alle im strengsten Wintermonate Jänner ver- storben sein Hess. Vor einem voreiligen historischen Ge brauche dieser Noten, die auf reiner Fiktion beruhen, sei hier abermals gewarnt, sowie ich in der Textausgabe in der Anmerkung darauf aufmerksam mache.

Ein bisher unbekanntes, unediertes, aber doch nicht unwichtiges N., respektive Notae necrologicae der eiste rciensernonnen von St. Bernhard bei Hörn bietet die Hs. der Wiener Hofbibliothek 1226 auf Pergament in Gross- auf 173 Folien, die eine Psalmen- erklärung aus dem Anfange des 12. Jh., ferner Brevier-

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teile aus dem 14. Jh. enthält, die dem Codex beigebunden sind. Auf fol. 1 6 steht ein Kalendar aus dem Beginne des 13. Jh., in welchem vom Ende des 13. Jh. bis ins Ende des 15. Jh. von wechselnden Händen nekrologische Notizen verzeichnet sind. Eine erste Hand Hess sich hier gar nicht festhalten, da alle Eintragungen von verschiedenen Händen gemacht sind.

Ein äusserst reichhaltiges und darum sehr wertvolles N. ist uns im Cistercienserstifte Lilienfeld erhalten. Dasselbe wurde seiner Zeit von meinem hoch- verehrten Lehrer seligen Angedenkens Dr. Heinrich Ritter von Zeissberg in Fontes rer. Austriac. XLI herausgegeben und mit einer weit ausgreifenden Einleitung, sowie zahl- reichen erklärenden Anmerkungen in sehr verdienstlicher Weise versehen. Nur in einzelnen Fällen liegen uns Lese- fehler vor. Die Hs. auf Pergament in Kl. -Folio, welche vor zirka 30 Jahren von dem hochverdienten Archivare P. Paul Tobner aufgefunden wurde und seitdem im Stifts- archive aufbewahrt wird, ist in Quaternionen auf 118 Folien angelegt, denen gegenwärtig 23 Papierblätter vorgebunden sind. Der Einband in Schweinsleder wurde 1639 besorgt und trägt die Aufschrift des damaligen Abtes: 'C. S. A. C.' = Cornelius Strauch abbas Campililiorum. Die Hs. war ursprünglich grösser und wurde beim Einbände an den Rändern nicht unwesentlich beschnitten, so dass da- durch eine Reihe von Randnotizen teilweise beschädigt wurden. Das N. umfasst 117 Folien. Ausgefallen davon ist das 1. Folium, welches die ersten beiden Kolumnen der Tage 1. 3. Jänner, nämlich die Monachi und Moniales, umfasste, ferner ^/g Sexternio, welcher die 3. und 4. Ko- lumne der Tage vom 10. 12. Dezember, nämlich die Con- versi und Familiäres, umfasste, ferner die Tage vom 13. 31. Dezember vollständig enthielt. Vermutlich fehlten diese Folien schon zur Zeit des Abtes Kornelius Strauch, jedenfalls aber lagen sie Hanthaler nicht mehr vor.

Die Hs., welche mit einem Linienschema, bestehend aus 30 Horizontallinien auf jeder Seite, ausgestaltet ist, ist derart eingerichtet, dass je 3 Tage auf zwei einander gegen- überliegenden Seiten behandelt erscheinen, der nekrologi- sche StofE in 4 Kolumnen verteilt ist, so dass auf je einer Seite zwei Kolumnen behandelt sind, die oben mit einem Rundbogen abgeschlossen sind, der in der Mitte und an den zwei Rändern mit 3 Türmchen verziert ist. Die Farben, mit welchen dieselben hergestellt sind, wechseln und zwar rot, blau, gelb, braun und grün. Links in der ersten Ko-

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lumne sind das römische Tagesdatum mit roter Tinte, die Wochentagsbuchstaben abwechselnd mit roter und blauer Tinte in Majuskel geschrieben, worauf die Novilunien folgen. Der noch übrige Teil derselben ist für die Mönche be- stimmt, während die 2. Kolumne, wenigstens soweit sich die Teilung des Stoffes durch die erste Hand erkennen lässt, für die Eintragung der Moniales reserviert gewesen zu sein scheint. Jedoch haben die späteren Hände diese Scheidung nicht mehr beibehalten, sondern Monachi und Moniales ohne Rücksicht auf die Kolumnenüberschrift durcheinander eingetragen, weshalb auch in der Ausgabe diese Unterscheidung fallen gelassen werden musste. Die 3. Kolumne ist für die Conversi, die 4. für die Familiäres bestimmt. Jeder neue Monat beginnt mit einer neuen Seite und wird mit der Initiale Kl. eröffnet, die abwechselnd rot oder blau gezeichnet ist und fast über die ganze Seite herabreicht.

Die erste Hand des Autors ist deutlich erkennbar und zeichnet sich durch Reinheit und Schönheit der Schrift aus. Nur sind deren Eintragungen mit blasser Tinte aus- geführt. Der Autor hat die Hs. nach der Mitte des 13. Jh. c. 1270 angelegt. Da er nun einen ziemlichen Grundstock von nekrologischen Notizen für jeden Tag verzeichnet, so ist der Schluss naheliegend, dass ihm irgend ein nekrolo- gisches Verzeichnis, entweder ein mit nekrologischen Rand- noten versehenes Martjrologium oder ein Kalendar mit solchen, vorlag, in dem die Verstorbenen seit der Gründung des Stiftes verzeichnet waren, das uns aber leider nicht mehr erhalten ist. Jedenfalls dürften wir es in der ver- loren gegangenen Vorlage kaum mit einem Necrologium zu tun haben, da kaum anzunehmen ist, dass so bald nach der Gründung (c. 1202), wenn damals schon ein N. an- gelegt worden wäre, schon c. 1270 ein neues N. notwendig geworden wäre.

Kurze Zeit nach der Anlage wurde das N. von einer zweiten Hand fortgesetzt, die noch vor dem Ende des 13. Jh. tätig war, neue Noten hinzugefügt und frühere, stark verblasste Noten des Autors mit schwarzer Tinte nachgefahren und so deutlich gemacht hat. Die zweite Hand war aus derselben Schule, aus der die erste Hand hervorging. Schon diese berücksichtigte die Unterschei- dung der Kolumnen der Monachi und Moniales nicht mehr, worin ihr die verschiedenen späteren Hände folgten. Uebrigens korrigierte die zweite Hand auch einzelne von der ersten Hand gemachte Fehler. Die ferneren von wech-

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selnden Händen gemachten Eintragungen sind durchaus nicht immer streng chronologisch geschehen, sondern wieder- holt sind von späteren Händen Noten aus späterer Zeit vor solchen, die zeitlich bedeutend früher fallen, verzeichnet worden, wenn es der Raum gestattete. Dieser Umstand lässt es überhaupt wiederholt sehr zweifelhaft erscheinen, ob die Namen der Verstorbenen tatsächlich an dem Tage eingetragen wurden, an welchem sie aus dem Leben schieden. Auch nicht alle Wohltäter des Stiftes erscheinen verzeichnet, ja es fehlen sogar manche von denen, die sich im Stifte ein anniversarium gestiftet haben. Einzelne Notizen dürften in späterer Zeit ausradiert worden sein, da sonst die zahl- reichen Rasuren unerklärlich wären. Nebst vielen Mönchen wurden sogar manche Aebte nicht eingetragen, was wohl deutlich darauf hinweist, dass die Führung des Nekrolo- giums zu Zeiten eine weniger sorgfältige war. Nicht selten kommt es vor, dass an einem Tage eine ganze Reihe von Mönchen eines und desselben Klosters eingeschrieben ist. Diese auffallende Tatsache kann wohl nur dadurch erklärt werden, dass das betreffende Kloster nicht nach jedem Todesfalle, sondern, um Unkosten zu ersparen, erst nach einer Reihe von Todesfällen den baiulus mit dem Rotulus an die konfoederierten Klöster und Stifter abfertigte, wo dann die jeweilige das N. führende Hand nicht die sicher- lich im Rotulus genau verzeichneten Todestage der ein- zelnen Verstorbenen beachtete und jeden derselben an seinem Todestage verzeichnete, sondern einfach alle im Rottel stehenden Verstorbenen am Tage der Ankunft des baiulus oder an einem der nächsten Tage, der mehr freien Raum bot, eintrug. Bemerkenswert ist wohl der Umstand, dass uns diese Tatsache erst zu Ende des 15. und Beginn des 16. Jh. aufstösst, also zu einer Zeit, da die wirtschaft- liche Lage der meisten Klöster in Folge des allgemeinen wirtschaftlichen Niederganges eine ungünstige war, was auch die Sparsamkeit derselben in den Kosten des baiulus ganz gut erklärt.

Vielfach kommt es im Lilienfelder N. auch vor, dass sich Namen von Mönchen zu verschiedenen Tagen von der gleichen Hand verzeichnet vorfinden, was sich etwa da- durch erklären lässt, dass z. B. die das N. führende Hand nach Abschluss der Gebetsverbrüderung diese Namen ein- fach aus einem übersendeten nekrologischen Verzeichnisse oder Kaiendare oder sonstwo herübernahm. Eine Reihe von Eintragungen des 18. Jh. wurden unter absichtlicher Nachahmung des Schriftcharakters des 13. und 14. Jh. von

Bericht über die Totenbücher Nieder - Oesterreichs. 757

der Hand des gelehrten, aber leider nicht sonderlich ge- wissenhaften Lilienfelder Cisterziensers P. Chrjsostomus Hanthaler wohl in fälschender Absicht gemacht. Dieses N. ist offenbar das älteste, das als solches in diesem Stifte angelegt wurde.

Auf fol. 118 ist der Liber confoederatorum von einer Hand des 15. Jh. aufgezeichnet. Er ist mit einer üeberschrift in roter Tinte eingeleitet, woran sich die anderen Einträge mit schwarzer Tinte in der Weise an- schliessen, dass immer nur ein Name eine Zeile einnimmt. Nur die Frauen sind immer beim Namen des Mannes auf- gezeichnet. Dieser Aufzeichnung liegt ein Linienschema bestehend aus 39 Horizontallinien und 2 Vertikallinien zu Grunde. Auch dieser wurde von Zeissberg abgedruckt (vgl. a. a. 0. S. 186 fE.).

Eine Tabula anniversariorum, die auf Papier geschrieben in der Stiftskirchensakristei zu Lilienfeld auf- bewahrt wird und aus der ersten Hälfte des 19. Jh. stammt, geht offenbar in ihren älteren Teilen auf ein älteres Ver- zeichnis zurück. Sie wurde von dem Archivare P. Paul Tobner in dessen Werke 'Grabsteine und Grabdenkmale in der Kirche und im Kreuzgange des Stiftes Lilienfeld' S. 137 ff. veröffentlicht.

Ein sehr wertvolles und überaus reichhaltiges N. weist auch das aufgehobene Chorherrenstift St. Polten auf, welches uns in einem Pergamentcodex in Kl. -4'^ mit der Signatur: A nr. 6 in der bischöflichen Alumnats- bibliothek in St. Polten erhalten ist. Die Foliierung ist «ine neuere und dürfte wohl auf Dr. Theodor Wiedemann zurückzuführen sein, welcher das N. teilweise auch mit kritischen Anmerkungen versehen, wenn auch nicht gerade mustergültig, in Fontes rer. Austriac. XXI, 441 ff. zuerst publizierte. Das N., dem ein Kalendar zu Grunde liegt, ist auf 177 Seiten angelegt. Die römische Datierung und vom Festkalender sind die. höchsten Feste mit roter Tinte geschrieben, während die anderen nur mit schwarzer ein- getragen sind. Auf jeder Seite sind zwei Tage verzeichnet. Die Hs. ist in den ersten Jahrzehnten des 14. Jh. angelegt und dann von wechselnden Händen bis zum Ende des 17. Jh. fortgesetzt. Die Anlage erfolgte ohne Teilung des -Stoffes und ist eine sehr reinliche, zweckmässige und über- sichtliche. Zu wiederholten Malen sind an einzelnen Tage Vermerke über Anniversarien aus dem 14. Jh. eingetragen, welche aber im 15. Jh. radiert wurden, um neuen Ein- tragungen Platz zu machen. Die Hand des Autors hat

Neues Archiv etc. XXXV. 49

758 Adalbert Fr. Fuchs.

einen nicht unbeträchtlichen Grundstock von nekro- logischen Notizen verzeichnet, was wohl auch hier mit ziemlicher Gewissheit darauf hinweist, dass demselben ein älteres N. als Vorlage diente, aus der er sie schöpfte, die aber verloren gegangen ist. Wir haben es hier also nicht mit dem ältesten N. dieses Stiftes zu tun, weshalb auch die aus einem früheren N. übernommenen Noten unsere Hs. um so wertvoller machen. In den Eintragungen, welche nach dem Autor von wechselnden Händen im Laufe der Jahrhunderte besorgt wurden, wechseln auch die Tinten. Es finden nämlich ausser der schwarzen auch die rote, blaue, gelbe und grüne Tinte Anwendung. Leider ist die Hs. heute nicht mehr vollständig, da 3 Folien, welche die 12 Tage vom 14. bis 25. Juni incl. enthalten, herausgeschnitten sind. Dies war schon zur Zeit der Edition Wiedemanns der Fall, die hier schon eine Lücke aufweist.

An die Hs. schliesst sich ein Verzeichnis der mit dem Stifte konföderierten Stifter und Klöster an. Den Ab- schluss bilden vollständige Kopien von zwei Urkunden 1) vom Jahre 1305, 2) vom 21. März 1320, welche jedoch von Dr. Josef Lampel in dessen Urkundenbuche des Chor- herrenstiftes St. Polten bedauerlicher Weise völlig über- gangen sind, obwohl sie für ihn ohne Schwierigkeit auf- findbar gewesen wären. Da sie eines grösseren historischen Interesses durchaus nicht entbehren , so wären sie als höchst erwünschte 'Nachträge' seinerseits an geeigneter Stelle gewiss sehr am Platze. Ich will hier nur pflicht- gemäss und unter Beobachtung gewohnter Loyalität darauf aufmerksam gemacht haben, ohne diesem Autor, dem dies in erster Linie zukommt, vorgreifen zu wollen.

In den Beginn des 14. Jh. fällt auch die Anlage des uns erhaltenen N. des Benediktinerstiftes Klein- Mariazell, welches uns in der Pergament -Hs. in Kl. -4*^ unter der Signatur: 921, E, 2 iij. der Bibliothek des Stiftes Melk erhalten ist. Es ist auf fol. 113 138 dieses Codex geschrieben, der ausserdem noch das Martyrologium und die Benediktinerregel enthält und so wieder auf den aus- gesprochen liturgischen Zweck hinweist, dem auch das N. zu dienen hatte. Die heute noch vollständig erhaltene Hs. ist derart angelegt, dass auf jeder Seite 7 Tage, also eine Woche, unter einander verzeichnet sind, für die 7 Quer- kolumnen durch Linien ausgespart sind. Jede Seite trägt ein einfaches Linienschema, das aus je zwei rechten und einer linken Vertikallinie als rechten und linken Rand-

Bericht über die Totenbücher Nieder -Oesterreichs. 759

linien hergestellt ist, in das dann durch Horizontallinien die 7 Querkolumnen eingezeichnet sind. Die Monats- überschriften sind rot geschrieben. Am linken Rande sind die Sonntagsbuchstaben mit schwarzer Tinte, die römische Datierung mit roter, darauf folgend die Heiligenfeste wieder in schwarzer Tinte eingetragen, von denen nur die höchsten Feste rot geschrieben sind. Die nekrologischen Noten sind fast durchweg schwarz geschrieben. Nur einige wenige, welche Persönlichkeiten von hervorragender Bedeutung betreffen, sind rot verzeichnet.

Das N., welches sich im Ganzen als eine ziemlich sorgfältige Arbeit darstellt, ist besonders von der ersten Hand sehr sorgsam und reinlich angelegt worden, die einen wenn auch nicht besonders grossen Grundstock von nekro- logischen Notizen aus einem älteren, uns jetzt verloren gegangenen N. in ihr neu angelegtes übertrug. Da die Anlage unseres N. in den Beginn des 14. Jh. fällt, so kann wohl mit ziemlicher Gewissheit angenommen werden, dass in Klein -Mariazell ein älteres, uns nun verlorenes, ziemlich reichhaltiges vor demselben geführt wurde, welches möglicher Weise bis in die Zeit der Gründung des Stiftes im Jahre 1136 zurückging und etwa die Zeit von 1136 1300 umfasste. Dennoch hat unser Klein -Mariazeller N. einen nicht zu unterschätzenden Wert für die voraus- gehenden Jahrhunderte, für die der von dessen Autor übertragene Grundstock von nekrologischen Notizen in Betracht kommt. Seit der Anlage erscheint die Arbeit der Führung des N. eine ziemlich regelmässige bis ins 16. Jh. gewesen zu sein. Nur haben die einzelnen Schreiber nicht immer die chronologische Reihenfolge ein- gehalten, sondern einzelne Noten auch an Stellen ver- zeichnet, wo sich gerade Raum darbot, zumal sie durch die Enge des verfügbaren Raumes vielfach dazu gezwungen waren. Das N. wurde seiner Zeit von dem Melker Bene- diktiner P. Vincenz Staufer in den Studien und Mit- teilungen aus dem Benediktiner- und Cistercienserorden I. und II. Bd., teilweise mit erläuternden Anmerkungen versehen, zuerst herausgegeben.

Weniger erfreulich hingegen steht es betreffs der Erhaltung der Nekrologien in dem von Heiligenkreuz aus besiedelten Cistercienserstifte Zwettl. Das von Linck noch in seinen Annales Claraevallenses unter dem Namen 'Mortilogium commune' erwähnte alte N., welches ihm sicher noch vorlag, muss heute als verschollen gelten, ja es lässt sich selbst die Zeit kaum genau namhaft

49*

760 Adalbert Fr. Fuchs.

machen , in der diese unersetzliche Hs. verloren ging. Dennoch sind uns einige wenige, wenn auch an Umfang geringe, nekrologische Denkmäler erhalten, welche auch in diesem Stifte auf die rege Sorgfalt hindeuten, welche den nekrologischen Aufzeichnungen des Mittelalters zu- gewendet wurde.

Vor allem kommen da einige Codices der Zwettler Stiftsbibliothek in Betracht, in denen sich solche Eintra- gungen finden. Besonders beachtenswert erscheint da Codex 84 auf Pergament, auf dessen Folien 1 9 das Zwettler Kalendar enthalten ist, in welchem von zwei ver- schiedenen Händen in der Zeit um 1200 mehrere nekrolo- gische Noten eingetragen sind, welche bisher nicht ver- öffentlicht wurden. Mit diesen, die ich unter A zusammen- fasse, verbinde ich jene Eintragungen von verschiedenen Händen, welche die Todestage einzelner Stiftsäbte betreffen und die am Rande des im selben Codex auf fol. 10 122 enthaltenen Martyrologiums gemacht sind. Sie fasse ich unter B zusammen. Diese Hs. wurde bald nach 1173 an- gelegt und stand im Chore bis 1720 im täglichen Gebrauche. Das hatte nun zur Folge, dass von einzelnen Händen aus privatem Interesse am Rande desselben einzelne von 1304 an bis ins 17. Jh. reichende nekrologische Notizen ver- zeichnet wurden. So vermerkt die erste Hand den Todes- tag des Abtes Ebro (f lo04) und trägt auch den des grossen Zwettler Abtes Bohuslaus (f 1258) nach. Bei diesen im Martjrologium gemachten Eintragungen bleibt es wohl sehr zweifelhaft, ob sie sich auf den Tag beziehen, an dem sie verzeichnet sind, oder auf dessen tagsvorher erfolgende Proklamation, da im Chore das Martyrologium eines jeden Tages immer am Vortage zur Verlesung kommt. Ein nicht uninteressantes Beispiel hierfür ist zweifellos der Todestag des Zwettler Abtes Johannes, welcher nach dem Martjro- logium am 25. März 1474 verstorben ist, während Linck seinen Todestag unter Berufung auf das verloren gegangene Mortilogium Zwetlense commune mit dem 24. März 1474 angibt. Dieser Fall weist darauf hin, dass diesfalls das Datum der Proklamation des Martyrologiums das richtige ist. Jedoch sind diese Einträge keineswegs zahlreich.

Weiter erscheinen im Calendarium Zwetlense in Co- dex 84, der ausser dem Martyrologium auch noch eine aus dem 12. Jh. stammende Cistercienserregel enthält, eine Reihe von Eintragungen, die von abwechselnden Händen des 14. und 15. Jh. ohne Rücksicht auf eine chronologi- sche Ordnung gemacht sind und grösstenteils mit der Con-

Bericht über die Totenbücher Nieder - Oesterreichs. 761

tinuatio Zwetlensis IV. übereinstimmen. Diese kannte schon Linek und benutzte sie in seinen Annales Clarae- vallenses. Sie gab schon Hieronjmus Pez in seinen Scrip- tores rer. Austriac. I, öiS ff. heraus, während v. Fräst im Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen I (1849), 381 Berichtigungen hierzu veröffentlichte. Neuer- dings wurden sie in MG. SS. IX, 689 unter genauer Be- obachtung der zeitlichen Folge der einzelnen Notizen her- ausgegeben, welcher Edition auch ich folge.

Neben diesen nekrologischen Quellen kommen noch zwei Verzeichnisse (Kataloge) der verstorbenen Mönche in Betracht, von welchen das ältere in das 14. Jh. fällt und in Codex 72 der Stiftsbibliothek auf Pergament in grösserem Formate als Deckblatt angeklebt war, aber von dem ver- dienstvollen Archivare P. Benedikt Hammerl losgelöst wurde. Es war Linck unbekannt und blieb bisher unediert. Dieses chronologische Verzeichnis enthält von einer Hand aus der Mitte des 14. Jh. Aufzeichnungen der von 1325 1348 der Eeihe .nach verstorbenen Mönche des Stiftes, welche selbstredend aus einer älteren Quelle, einem bereits vorliegenden älteren Verzeichnisse geschöpft wurden. Das- selbe wurde dann von individuellen Händen bis c. 1390 fortgesetzt. Ein weiteres interessantes Verzeichnis, das zwar gleichfalls unediert ist, aber schon von Linck, der es als 'Mortilogium antiquum monachorum, respective conver- sorum' oder auch anders als 'Catalogus monachorum mor- tuorum' zitierte, benutzt wurde, liegt uns in der Pergament- Hs. 5 derselben Bibliothek in grösserem Formate auf fol. 263^ und 264 vor und zwar sind auf fol. 263^ die verstor- benen Mönche, auf fol. 264 die verstorbenen Konversen eingetragen. Die Hand, welche in 4 Kolumnen den Ka- talog anlegte, gehörte dem Ende des 14. oder Beginn des 15. Jh. an und trug die früher verstorbenen Mönche und Konversen von 1324 an nach. Ihre Arbeit wird dann von individuellen Händen bis zirka 1450 fortgesetzt. Auch der Verfasser dieses von mir als B bezeichneten Catalogus, der seine Arbeit offenbar aus privatem Interesse ausführte, schöpfte unzweifelhaft aus einem älteren uns verlorenen Verzeichnisse, das aber von der Vorlage des älteren Kata- logs, den ich als A bezeichne, unbedingt verschieden war, da sonst einige Abweichungen nicht recht erklärlich wären.

Dieser Umstand beweist zur Genüge, dass in Zwettl seit dem Beginne des 14. Jh. mehrere solche chronologi- sche Arbeiten über die Verstorbenen des Stiftes offenbar aus privatem Interesse geführt wurden, die dann in der

762 . Adalbert Fr. Fuchs.

Folgezeit anderen Mönchen die Grundlage dazu boten, diese Arbeiten zu kopieren und weiterzuführen. Ich habe der Uebersichtlichkeit halber die beiden Verzeichnisse unter A und B in Spaltendruck nebeneinandergestellt. Zu beson- derem Danke verpflichtete mich bei meiner Bearbeitung dieser nekrologischen Monumente mein Freund, der ver- dienstvolle Stiftsarchivar und Bibliothekar P. Benedikt Hammerl.

Auch von der Kartause Gaming sind uns nekro- logische Monumente im Codex 12 811 der Wiener k. k. Hofbibliothek in Kl.-i^ auf Papier auf fol. 139^—148 erhalten und zwar auf fol. 139^ 144 das Nekrologium, welchem ein Kalendar zu Grunde liegt. Dieses wurde von dem Kartäuser Fr. Wilhelm von Landshut verfasst, wie er selbst auf dem Deckblatte des hinteren Einbanddeckels vermerkt: 'fr. Wilhelmus de Lantzhueta, compilator h(uius) libri'. Jedenfalls hat er aus einem älteren N. geschöpft, das sich auf ein Kalendar stützte. Auf fol. 144*^ war dann eine Series professorum verzeichnet, die desgleichen von der Hand Wilhelms von Landshut begonnen und von verschie- denen Händen des 15. Jh. fortgesetzt wurde. Diese führt auf 2 Kolumnen die Namen der Gaminger Prioren auf, wie sie Wilhelm von Landshut aus dem Codex privilegio- rum unter Angabe nicht bloss der Jahre, sondern auch der Folien, wo sie sich vorfinden, zusammengestellt hat. Auf fol. 145 b 146 b sind die Gaminger Kartäuser zusammen- gestellt mit Angabe des Einkleidungsjahres nach der Er- innerung des Fr. Wolfgang senior und dann von anderen Händen fortgesetzt. Auf fol. 147 a folgen dann die Namen der Konversen in Gaming gleichfalls mit Angabe des Ein- kleidungsjahres und -tages. Da aber in allen diesen Reihen (Serien) die Todestage nicht angegeben erscheinen, so fielen sie für unsere Arbeit ausser Betracht und wurden deshalb nicht einbezogen.

Auf fol. 147b sind auf 2 Kolumnen die Anniver- saria eingetragen, welche gleichfalls von Wilhelm von Landshut aus einem älteren Verzeichnisse übertragen sind. Jedoch sind sie nicht mehr vollständig, da das folgende Blatt 148 herausgerissen ist. In dieser Hs. sind am rück- wärtigen Deckblatte auch noch die Geburtstage einer Reihe von Persönlichkeiten der Familie von Zinzendorf von 1460 1484 angegeben, worauf die Historiker resp. Genealogen hiermit hingewiesen werden.

Einige nekrologische Notizen enthält übrigens auch der Codex 1895 der Wiener k. k. Hofbibliothek

Bericht über die Totenbücher Nieder -Oesterreichs, 763

in Kl. -4*^ aus dem 14. Jh., in welchem das Brevier eines Gaminger Kartäusers vorliegt, dem auf fol. 1 6 ein Ka- lendar aus dem Ende des 14. Jh. vorausgeht. In diesem sind oifenbar aus Privatinteresse die Todestage der Stifter und des Priors Ortolf verzeichnet. Dass diese Hs. un- bedingt einem Gaminger Kartäuser gehörte, geht aus dem Umstände unzweifelhaft hervor, dass in dem Kaiendare am 13. Oktober die 'Dedicatio ecclesie' als Hauptfest ver- zeichnet ist, welches denn auch tatsächlich der Tag der Einweihung der Klosterkirche zu Gaming war.

Wenn auch in späterer Abschrift, liegen uns nekro- logische Monumente von der Kartause Aggsbach an der Donau vor und zwar in Codex 871 (rote Nummer) des Göttweiger Manuskriptenkabinettes auf Papier in Folio auf fol. 23 25, welche von einem Aggsbacher Kartäuser im 18. Jh. offenbar nach einem älteren N. hergestellt ist. Freilich liegt hier nicht etwa eine Kopie des ursprünglichen N. vor, sondern die Hs. bietet nur Exzerpte aus demselben. Ausserdem finden sich darin Materialien für die Geschichte der Kartausen Aggsbach, Gaming und Mauerbach, so dass man ohne weiteres annehmen darf, dass es einzig nur das historische Interesse war, welches zu dessen Abfassung führte.

Annales necrologici liegen uns ferner in einem Codex des Seitenstettener Archives (früher stand er in der dortigen Bibliothek) auf Papier in Kl. -4*^ in Ledereinband vor, die um 1660 von dem Gaminger Kartäuser Johannes Prosper verfasst sind. Die Hs. kam vermutlich geschenk- weise in das Benediktinerstift Seitenstetten. Der Verfasser gesteht in der Praefation selbst die Benutzung älterer Quellen. Offenbar waren es zumeist Gaminger Quellen- schriften, die ihm vorlagen. Der Codex wurde dadurch beschädigt, dass an mehreren Stellen Folien heraus- geschnitten sind, jedoch so, dass die Hs. dadurch inhalt- lich keinen Schaden nahm. Ausser diesen Annales necro- logici von Aggsbach sind noch, was auf den universellen Charakter nekrologischer Aufzeichnungen der Kartäuser überhaupt schliessen lässt, Annales necrologici fundatorum et benefactorum ordinis Cartusiani und Annales ordinis Cartusiani enthalten, welche aber für den Bereich meiner Arbeit ausser Betracht fallen und sonst einmal von mir an passender Stelle veröffentlicht werden sollen.

Beklagenswert ist es ferner, dass uns vom Benedik- tinerstifte Altenburg nicht mehr das alte N. oder eines derselben vorliegt, sondern nur mehr eine Kompila-

764 Adalbert Fr. Fuchs.

tion, welche um das Jahr 1760 auf Papier in Folio her- gestellt wurde und in der Stiftsbibliothek unter der Signatur: VII n. 199 aufbewahrt wird. Dessen Verfasser hat jedoch unzweifelhaft aus einem älteren N. als Vorlage geschöpft und zwar muss dies ein N. gewesen sein, welches bis ins 16. Jh. herabreichte, das er exzerpierte, während er ein anderes, welches von da an bis ins 18. Jh. reichte, wie es den Anschein hat, ziemlich genau kopierte. Für meine Arbeit kommen nur die Exzerpte aus dem älteren N. in Betracht.

In gleicher Weise müssen wir den Verlust der alten Herzogenburger NN. sehr bedauern, da sie gerade wegen der Nachbarschaft zu dem Stifte St. Andrä jeden- falls für die Kontrole des uns noch vorliegenden St. An- dräer N. von grösster Wichtigkeit und Bedeutung wären. Jedoch liegt uns heute noch eine Kompilation dieses Chor- herrenstiftes aus dem Jahre 1777 in einer Papierhs, auf Folio in zwei Bänden in Ledereinband der dortigen Prae- latur vor, welche sich als 'Continuatio necrologii seu elenchi quotidiani defunctorum' bezeichnet. Jeder Band enthält ein Halbjahr. Jedem Tage ist ein eigenes Blatt zugewiesen und jede Seite in zwei Spalten abgeteilt, wo- von die erste die Verstorbenen 'ex Confoederatis' enthält, die zweite den Verstorbenen 'ex Nostris' reserviert ist. Im ersten Bande finden sich nun in der zweiten Spalte fast an jedem Tage Eintragungen unter: 'Ignoto die', was wohl nicht ganz richtig ist und nach meinem Dafürhalten eher 'ignoto anno' heissen sollte. Der Verfasser dieses N. hat gleichfalls aus einem älteren N., das heute verloren ist, geschöpft, aber bedauerlicher Weise bei der Eintragung der Todestage der Pröpste vielfach grosse Willkür geübt, so dass seinen Angaben durchaus nicht immer Glauben beigemessen werden kann.

Auch betreffs des aufgehobenen Chorherrenstiftes Dürnstein sind wir leider auf das jedenfalls nur aus- zugsweise von Duellius in seinen Miscellaneorum liber I, 164: ff. veröffentlichte N. angewiesen, da das Original- Necrologium heute nicht mehr vorliegt. Desgleichen sind auch die ältesten Nekrologien des Benediktinerstiftes Seiten- stetten heute nicht mehr erhalten und das jetzt noch vor- liegende im dortigen Stiftsarchive aufbewahrte N., welches im 18. Jh. verfasst ist, reicht in seinen Eintragungen nicht vor das 16. Jh. zurück. Wir vermissen ferner schmerzlich die Nekrologien der Praemonstratenserstifte Geras und teilweise auch von Pernegg. Das Geraser N. muss noch

Bericht über die Totenbücher Nieder - Oesterreichs. 765

im 18. Jh. vorhanden gewesen sein, da der Geraser Prae- monstratenserchorherr Alram in seinen handschriftlich uns erhaltenen Aufzeichnungen über die Stiftsgeschichte das- selbe benutzt hat. Ausserdem fehlen uns die Nekrologien des aufgehobenen Chorherrenstiftes Waldhausen, des auf- gehobenen Cistercienserstiftes Säusenstein und des auf- gehobenen Nonnenklosters Erla, der aufgehobenen Domini- kanernonnenklöster Tulln und Imbach und einiger anderer kleiner, weniger bedeutender Klöster,

Als Nachträge bringe ich das Necrologium der Martinsbruderschaft in Judenburg in Steier- mark, das in Codex 7 243 der k. k, Hofbibliothek in Wien auf Papier in KL -4° auf fol. 189 196 erhalten ist. Es ist dies, wie sich deutlich erkennen lässt, eine Ab- schrift aus einer älteren Vorlage, die von einer Hand des 18. Jh. gemacht wurde. Daran schliessen sich die An- nales necrologici des Chorherrenstiftes Rothenmann in Steiermark in der einstigen Salzburger Erzdioezese, welche eigentlich eine Series professorum darstellt und im Codex 497 (rote n.) des Göttweiger Manuskriptenkabinettes auf Papier in Kl. -4^ von einer Hand aus dem Ende des 15. Jh. verfasst ist. Dieser Codex enthält ausserdem die Annales necrologici des Stiftes St. Dorothea in Wien und überdies noch Akten der Geschichte der beiden Stifter. Des- gleichen füge ich ein N. der Chorfrauen von Voran in Steiermark in der alten Salzburger Erzdioezese an, das zu Beginn des 16. Jh. verfasst ist und uns im Codex 582 der Wiener k. k. Hof bibliothek in Kl. - 4*^ auf Pergament vorliegt. Diese Hs. ist insofern beschädigt, als das erste Blatt fehlt, auf dem die Tage vom 1. 8. Jänner incl. ver- zeichnet waren.

Auch die Fragmente eines N. eines unbekannten Klosters bringe ich im Anhange, die auf 2 Folien im Codex 684 auf Pergament der Wiener k. k. Hof- bibliothek in Folio aus dem 12. Jh., welcher einst dem Stifte Göttweig, wie das Bücheranathem besagt, gehörte und die Werke des hl. Hilarius von Poitiers enthält, er- halten sind. Obgleich die Tabulae codicum dieser Biblio- thek nach Denis sie als 'Necrologium in Gallia inchoatum, in Gottwico continuatum' bezeichnen, so entspricht dies meines Erachtens keineswegs der Wirklichkeit. Ich ver- mute vielmehr, dass diese 2 Blätter, die ein kleines Format darstellen und der Hs. rückwärts beigebunden sind, einem N. eines oberitalienischen Klosters entstammen. Da sie nur zwei willkürliche Eintragungen von je einem verstor-

766 Adalbert Fr. Fuchs.

benen Göttweiger und Melker Mönche enthalten, die offen- bar aus Privatinteresse eingezeichnet wurden, so kann man wohl schwerlich behaupten, dieses N. wäre in Göttweig- fortgesetzt worden. Daran schliesse ich die Fragmente eines unbestimmbaren N., die sich in Codex 15 Oi7 der Wiener k. k. Hofbibliothek in Kl. - 4*^ auf Pergament vorfinden. Es sind dies nämlich nur 2 Folien eines N., das in Gr.-8^, wie es scheint, abgefasst war. Diese 2 Blätter stellen ein im 12. Jh. verfasstes Kalendar dar, worin dann im 13. und 14. Jh. nekrologische Notizen gemacht wurden. Diese Hs. muss einem Kloster der alten Salzburger Erz- diözese angehört haben. Desgleichen nahm ich in den Anhang auch nekrologische Notizen auf, welche einem Kaiendare des Codex 12 785 der Wiener k. k. Hof- bibliothek auf fol. 1 6 beigefügt sind. Dieses stammt aus dem 14. Jh., in das im Laufe desselben Jh. eine Eeihe von nekrologischen Noten verzeichnet wurden. In diesem Codex ist auf dem vorderen Deckblatte der Vermerk mit der Ueberlieferung niedergeschrieben, dass der Abt von Viktring ihn in der Kirche 's. Ruperti in Monte' zugleich mit Eeliquien der Heiligen aufgefunden hat.

XV.

Miscellen.

Hinkmariana im Cod. Paris. Sangerm. 12445.

Von Max Conrat (Colin).

Der Inhalt des Cod. Lat. 12445 der Pariser National- bibliothek (= S. Germ. 366) saec. IX/X ist bei Haenel Lex Romana Visigothorum p. LXXXVI, 390 besonders ein- gehend angegeben. Bei dieser Beschreibung, der, von den römischrechtlichen Partien abgesehen, der Index der Hs. zu Grunde liegt, kommt indessen insbesondere die Be- ziehung, in der einzelne Stücke des Codex zu den Schriften des Hinkmar von Rheims (Migne, Patrol. Lat. CXXV und CXXVI) stehen, nicht zu ihrem Recht. Denn gewiss hat sich der Schriftsteller von den römischrechtlichen Partien der Hs.^ für seine Verwertung des Liber decimus sextus des Codex Theodosianus ^ eines Auszugs der Art, wie er, nebst einem Anhang, hier und in dem Cod. Berol. Phillips.

1) Die Angaben bei Haenel sind, was die Texte aus dem Codex Theodosianus und aus den Novellen anlangt, überholt durch Mommsen. Theod. I, 1, p. LXXXVIII u. LXXXIX, und P. Meyer, Legeä Novellae p. LVIII u. LIX. Ich lasse hiermit eine genauere als die Haenelsche Beschreibung folgen. Römischrechtliches findet sich an ver- schiedenen und zwar den folgenden Stellen der Hs. : 1) f. 187^ 202^ der im Text genannte Auszug des Liber decimus sextus , nebst An- hang. Nämlich sieben ersten Sirmondischen Konstitutionen und ein Appendix aus dem Breviar (C. Th. 9, 1, 1 u, 3—11 cum Interprett. [vor Const. 6 Nov. Mart. 1 Interpr.] u. 1, 1, 1 u. 2 cum Interprett. Ferner von Nov. Val. unter der Rubrik 'De episcopali iudicio et de diversis negotiis' Interpr. [nicht die des Breviars] und Text von 12, 1, § 1 7; 8, 1 cum Interpr.; 12, 1 die authentische Interpr.). 2) f. 210'^ 214» Texte aus dem Breviar cum Interprett. C. Th. 2, 26, 1. Nov. Val. 8, 1 u, 2 (fehlen im Breviar, Ziffer nach Ed. P. Meyer). Paul. Tit. 5, 4 u. 5 und 15—19. C. Th. 4, 14—16. 3) f. 2161^— 220'\ Gleichfalls Texte aus dem Breviar cum Interprett. C. Th. 11, 14. Paul. 5, 34—39. C. Th. 9, 29, 3. 11, 11, 1; 3; 4. C. Th. 4, 16—20. 4) f. 234» Br. Nov. Val. 12, pr. 1 u. 2 cum Interpr., und f. 237» Ep. lul. 866 u. 511. 2) Einige Texte

schöpfte Hinkmar aus der Quesnelschen oder einer ihr verwandten Sammlung (vgl. N. A. XXIV, 351).

770 Max Conrat (Cohn).

160 vorliegt^, bedient 2. Die Beziehung geht aber weiter. Es ist nämlich das von f. 204* zweite Kolumne bis f. 208* zweite Kolumne reichende Stück eine Hinkmarsche Schrift, nämlich der bei Migne CXXV, 1060 sqq. als 'Expositio ('ad Carolum regem pro ecclesiae libertatum defensione') secunda cui titulus : Rotula' abgedruckte Traktat. Zwischen einem weiteren Stück (f. 185^ 187^), einem Tractatus anonymi de coniugio et viduis, wie es in der Beschreibung bei Haenel heisst, und einer Schrift des Hinkmar, dem im Jahre 860 abgefassten Gutachten über die Ehescheidung des Königs Lothar (Migne CXXV, 623—772), besteht nun aber schliesslich ein Verhältnis, das sich nicht mit einem Worte charakterisieren lässt. Hinkmars Schrift enthält bekanntlich Erörterung und Beantwortung der Hinkmar aus den Kreisen der Bischöfe vorgelegten Fragen und Be- denken und zwar in der Gestalt, dass sich der Interrogatio die Responsio des Verfassers anschliesst: zwischen dem Traktat und den Responsionen zu Interrogatio IV und V existiert dann jene Beziehung, die ich, soweit mich meine auf der Nationalbibliothek gemachten Notizen hierzu in Stand setzen, im folgenden darlegen will.

Eine Vorstellung vom Inhalt der zwei Responsionen gewähren die Schlussworte der vierten Responsio Hinkmars

1) Eine Darstellung des Auszugs (inclusive die Sirmondischen Konstitutionen) bei Mommsen p. XC u. XCI. 2) Vgl. N. A. XXIV,

349 fl". Die Annahme gründet sich darauf, dass die sämtlichen in Frage kommenden Texte (vgl. S. 769") des Liber decimus sextus in dem Auszuge vorkommen und sich aus seiner Benutzung die merkwürdige Inskriptionenversetzung, die die Zitate Hinkmars charakterisiert, erklärt. Auch begreift sich dann, dass Hinkmar (CXXV, 402) einen Text aus dem fünften Titel (Const. 1) mit 'In libro decimo sexto Theodosianae legis capite (= titulo) quarto' zitieren konnte, da im Auszuge der fünfte Titel (De haereticis) die vierte Stelle einnimmt. Die gleichen Erscheinungen mögen freilich auch in dem in Cod. Oxon. des Breviars aufgenommenen Auszug begegnen (bei Mommsen p. XC): diesem fehlt aber der Anhang und es scheint, dass Hinkmar auch ihn benutzt hat. Die hier auftretende Folge Br. C. Th. 9, 1, 5 u. Nov. Mart. 1 Interpr. (vgl. S. 769'), die Novelle mit dem Zusatz 'Secundum has leges decrevit Carthaginense concilium capitulum XXX', findet sich nämlich ganz annähernd auch im Conc. Duciacense vom J. 871 (Responsa episcoporum c. 7, Mansi XVI, 651), dessen Ausführungen offenbar von Hinkmar beeinflusst sind, ja nicht selten Text aus Hinkmar (z. B. Mansi XVI, 657 = Migne CXXV, 1055; Mansi p. 652 = Migne CXXVI, 576) wörtlich herüber- nehmen. Dass auch die eigentümliche Zitierweise von Br. Nov. Val. 12, 1 Interpr. bei Hinkmar, CXXVI, 446, nach Ed. Migne 'In capituli interpretatione edicti Valentiniani de episcopali iudicio, posteriore videlicet constitutione' mit der Stellung der authentischen Breviarinterpretation im Anhange zum Auszug (vgl. S. 769') zusammenhängt, glaube ich nicht.

Hinkmariana im Cod. Paris. Sangerm. 12445. 771

'ecce quibus modis sociantur coniugia vel contubernia usurpantur' und die Interrogatio V: 'qualiter vel pro quibus rebus secundum auctoritatem inita coniugia separari valeant et sine quibus separari non debeant, et si post disiunctionem vir aut femina uterque vivens ad aliam debeat copulam aspirare, vel si pari iudicio quiscunque eorum in coniugio peccans debeat iudicari'. Diese Aeusserungen können aber zugleich als Inhaltsangabe unseres Traktats gelten, wie ja auch die Schlussworte der vierten Responsio im Traktat sich wiederholen, es aber statt der genannten Worte der Inter- rogatio heisst: 'sequuntur autem modi quibus debeant vel soleant dissociari'. Hierin ist jedoch die Beziehung der beiden Schriften nicht beschlossen. Vielmehr kehrt ganz überwiegend der Text des Traktats in Hinkmars nur um- fangreicheren Ausführungen wörtlich wieder, sodass auch von einem Abdruck abgesehen werden kann, bezw. muss. Fünf Abschnitte lassen sich unterscheiden ^, von denen die drei ersten mit Text der Responsio zu Interrogatio IV über- einstimmen, indem Abschnitt 1 sich mit der Partie 'Qualiter coniugium iniri debeat satis superque ista sufficiunt' deckt (Migne CXXV, 648 f.), Abschnitt 2, aus einer Dekre- tale Leos I. (Jaffe, Reg.' n. 544), dem Hinkmarschen Stücke 'Igitur si quis filiam suam profectus est honestatis' (Migne p. 650) entspricht und Abschnitt 3 den Text von dem Satze 'Sed et . . de multinubis in concilio Neocaesariensi capite tertio ita scriptum est' ab bis zum Schluss ('contu- bernia usurpantur') wiedergibt (Migne p. 050). Hiernach setzt Abschnitt 2 mitten in der von Hinkmar selbst voll- ständig wiedergegebenen Dekretale Leos ein, während auch der Einsatz insofern von Hinkmar, soweit der Drack ein Urteil gestattet, abweicht, als es dem Originaltext ent- sprechend, statt des Hinkmarschen 'Igitur si quis filiam suam' heisst: "^Igitur cuiuslibet loci clericus si filiam suam'. Auch Abschnitt 3 gibt einen kürzeren Einsatz, nämlich bloss 'Sed et de multinubis in concilio Neocaesariensi capite tertio ita scriptum est' (statt zwischen 'Sed et' und 'De' die Worte 'quia extra ordinarios ordo non praetermittit eccle- siae, quin aut resipiscentes recipiat aut contemnentes abiciat') und lässt später 'Quae hie ponere non necessarium ducimus' fehlen. Der vierte Abschnitt mit dem bereits erwähnten Einsatz 'Sequuntur autem modi quibus debeant

1) An der Spitze steht von jüngerer Hand: 'quid sit legale con- iugium vel quid non'.

772 Max Conrat (Cohn).

vel soleant dissociari', der unserer Schrift eigentümlich ist, lässt in vier bezifferten Kapiteln Text folgen, der in ße- sponsio V wiederkehrt. Er entspricht den folgenden Partien des Hinkmarschen Textes (Migne p. 650 652). Erstes Kapitel (I) = 'Primo qui secundum evangelicam admonitionem coniugium dicitur'. Zweites Kapitel (II) = 'Secundo aeque secundum evangelicam veritatem causa fornicationis. Unde in concilio Africano ad poenitentiam redigantur. Item in concilio Eliberatino necessitas infirmitatis dare com- pulerit'. Drittes Kapitel (III) = 'Si quacunque de causa rationabiliter (fehlt bei Hinkmar [Ed. Migne]) dissocientur illiciti consortii fuisse detegantur'. Viertes Kapitel (IUI) = 'In concilio Agathensi' (bei Hinkmar [Ed. Migne] Cap. 25 'concilio Agathensis') 'De his qui sine causa uxores suas relinquunt accipiant communionem'. Es bleibt dann noch der fünfte Abschnitt, der indessen ganz unabhängig von Hinkmar ist. Er schliesst sich mit den folgenden Worten, die gleichzeitig auch den Inhalt charakterisieren, an: 'quia vero hec qualiscumque conpactio non solum communi consensu licentiose, immo fideiussorum obstric- tione sub obtentu religionis propter habitus religiosi ad- sumptionem dispacta est, quid de huiusmodi sacrae diffi- nitiones decernant, licet ipsi melius noveritis, conscribimus'. Es werden dann die folgenden Texte, unter bezüglicher Quellenangabe, ein- und aufgeführt. 1) 'In concilio carta- ginensi cap. CIIII.' 'De viduis quae professa continentia velate sunt ita scriptum habetur' ('Sicut bonum est castitatis praemium omnes episcopi subscripserunt') (4. Konzil vom J. 436: vgl. Mansi III, 959). 2) 'Simmacus quoque papa in decretis ad Cessarium episcopum cap. IUI ista de- cernit dicens' ('Neque viduas ad nuptias transire patimur diuturna observatione permanserint) (Jaffe ßeg.- n. 764). 3) 'Demonstrans, qualiter intelligi debeat, quod Gelasius cap. XXI. in decretis de viduis dixerat et quidam minus prudenter advertere soleant . neque enim sedes apostolica sibi ipsi potest esse contraria'. Der in Bezug genommene Text des Gelasius ist Jaffe- n. 636. 4) 'Sicut idem Sim- macus ad Aeonium scribit episcopum inter alia'. ('Quanta enim vicariis beatissimi petri apostoli faciat rata esse quae gesserit') (Jaffe- n. 754). 5) 'In concilio Toletano sub Sisenando rege cap. LVI. ita scriptum habetur' ('Duo sunt genera viduarum postea castitatis propositum abiecerunt') (4. Konzil vom J. 633: Mansi X, 632). 6) 'Item in alio concilio Toletano sub Chintilano rege cap. VI.' ('Proclivis cursus est superiori sententia condemnentur') (6. Konzil

Hinkmariana im Cod. Paris. Sangerm, 12445. 773

vom J. 638 : Mansi XI, 665). 7) 'Item in Toletano concilio sub Recensvindo principe cap. V ('Omnes femine quae iam in Präteritum sub aerumnis arduae paenitentie maneant relis^ate') (10. Konzil vom J. 656: Mansi XI, 36). 8) 'Item in canonibus Turonensis ecclesiae cap. XXI. ad locum' ('Excludantur excusationis adinventiones excommuni- catum se esse cognoscat') (Konzil von Tours vom J. 567 : MG. Concilia I, 121 sqq.). 9) 'Item in canonibus Parisiacis cap. V.' ('Sacrarum etiam virginuin neque per raptum extraneus in perpetuo anathemate feriatur') (Konzil von Paris 556 ~ 573 : MG. p. 141). 10) 'Hanc synodum inter ceteros sanctus quoque Germanus confirmavit episcopus in concilio Aurelianensi cap. XVI. (lies 'XIX') ('De raptu vir- ginura consecratarum seu in proposito sub defensione vi- ventium anno integro pacem ecclesiasticam non babebit') (Konzil von Orleans vom J. 538: MG. p, 73). Der Ab- schnitt schliesst mit den folgenden Worten: 'similiter et in aliis canonibus de huiusmodi causa multoties incultum (lies 'inculcatum' vgl. z. B. Migne CXXV, 655) habetur, quae ob prolixitatem hie adunare omisimus, praesertim cum ista satis abundeque sufficiant'.

Wie erklärt sich nun das beschriebene Verhältnis, das zwischen unserem Traktat und Hinkmars Schrift besteht? Hat ersterer aus Hinkmar geschöpft oder umgekehrt Hink- mar für seine Responsionen den Traktat verwertet, freilich schwerlich in unserer, sondern in einer älteren Hs. ? Hat also Hinkmar, soweit er mehr enthält, den Traktat ergänzt, wo er aber von ihm abweicht, verändert, während der fünfte Abschnitt ungenutzt blieb , oder hat umgekehrt der anonyme Verfasser den Hinkmar zusammengestrichen, bezw. bearbeitet, den fünften Abschnitt aber, sei es auch nach einer Vorlage, hinzugefügt? Ein Ergebnis, dass Hinkmars Responsionen unser Traktat zu Grunde liegt, wäre, meine ich, von nicht geringem Interesse, immerhin erschiene auch die Feststellung, dass, offenbar nicht lange nach ihrer Abfassung, Text aus Hinkmars Schrift mit anderem Text zu einem Traktat verschmolzen worden ist, nicht ganz bedeutungslos. Es dünkt mir sehr schwierig eine Entscheidung zu treffen. Dass im dritten Abschnitt des Traktats, worauf bereits hingewiesen ist, in dem Hink- marschen Satze 'Rapiuntur quoque contra fas et iura viduae vel virgines ac sanctimoniales, unde medicinae sacris designantur canonibus , quae hie ponere non necessarium ducimus' die Schlussworte 'Quae hie ponere non necessa- rium ducimus' fehlen, entspricht vollkommen dem Sach-

Neues Archiv etc. XXXV. 50

774 Max Conrat (Cohn).

verhalt, da sich der fünfte Abschnitt damit beschäftigt: sie können aber ebenso gut von dem Verfasser des Traktats gestrichen als von Hinkmar, der den fünften Abschnitt nicht hat, beigefügt sein. Für die Annahme der Abhängig- keit des Traktats von Hinkmar darf man sich schwerlich auf den Umstand berufen, dass Verkürzung einer Vorlage ein wahrscheinlicherer Sachverhalt ist, als die Erweiterung, ebensowenig darauf, dass Hinkmar sonst unvermutet zu einem Autor, der sich fremder Federn bedient, gestempelt wird. Erheblicher fällt für diese Lösung ins Gewicht, dass der Verfasser des Traktats im zweiten Abschnitt von der Dekretale Leos nur die zweite Hälfte aufnimmt, sodass Hinkmar, der sie vollständig gibt, sie hätte ergänzen müssen, was jedenfalls eine ungewöhnlichere Art der Ergänzung als mittels eigener Zutaten darstellt. Die Gründe, die für die Ableitung des Hinkmarschen Textes aus dem Traktat sprechen, wollen mir indessen schwerwiegender erscheinen. Es ist einmal der Umstand, dass sich der fünfte Abschnitt, der doch nicht aus Hinkmar entlehnt seih kann , wie er sich als Fortsetzung der vorhergehenden Partien ausgibt, auch in seinem Inhalt und in seiner Darstellungsweise dafür gelten darf ^. Es wird sich sodann schwerlich bestreiten lassen, dass in dem vierten Abschnitt nicht allein äusser- lich durch die Kapitelteilung, sondern auch in der Dar- stellungsweise die Disposition, die in einer Scheidung des Stoffes in vier Punkte besteht, schärfer in die Erscheinung tritt, als bei Hinkmar, obschon er die gleiche Stoff- verteilung im Auge hat^. Schliesslich lässt sich auch

1) Der Verfasser spricht in der Mehrzahl ('conscribimus', 'omisimus'), wie in dem mit Hinkmar gemeinsamen Texte. Hier und dort die gleiche Redeweise (Abschnitt 5 zum Schluss : 'cum ista satis abundeque sufficiant' ; Abschnitt 1, mit Hinkmar, zum Schluss : 'satis superque ista sufficiunt'). Uebereinstimmung in der Zitierweise (Abschnitt 5 : 'Symmachus quoque papa in decretis ad Caesarium episcopum cap. IUI. ista decernit dicens' ; andererseits Abschnitt 1 : 'beatus Siricius papa in decretis ad Himerium Tarraconensem episcopum capitulo quarto ita dicit', mit Hinkmar. Ab- schnitt 5 : 'Item in canonibus Parisiacis cap. V.' und 'Item in canonibus Turonensis ecclesiae cap. XXI. ad locum' ; andererseits Abschnitt 1 : 'Ex concilio Ancyrano capite decimo' und : 'sed et sanctus Evaristus papa Ro- manus quartus a beato Petro in decretalibus ad locum ita scribit', beides wie bei Hinkmar). Gleiche Lexikologie (Abschnitt 5 : 'sacrae diffinitiones' ; andererseits Abschnitt 1 : 'sanctorum diffinitiones', wie bei Hinkmar'). 2) Von den vier Punkten bez. der Erörterung der vier 'Modi quibus (coniugia) debeant vel soleant dissolvi' tritt der erste und zweite Punkt, im Traktat und bei Hinkmar übereinstimmend, an ersterer Stelle verschiedene Kapitel bildend, deutlich hervor ('Primo . . amore fit salutis aeternae ; Secundo aeque secundum evangelicam veritatem causa fornicationis'). Der dritte Punkt

Hinkmariana im Cod. Paris. Sangerm. 12445. 775

der Sachverhalt, dass Abschnitt 2 mit 'Igitur cuiuslibet loci clericus si filiam suam viro habenti concubinam in matrimonio dederit', statt 'Igitur si quis filiam suam' u. s. w. des Hinkmar in der Ed. Migne, den authentischen Text aufgenommen hat, am füglichsten aus der Priorität des Traktats erklären.

ist der Sachverhalt: 'Si quacunque de causa rationabiliter dissocientur', der vierte ('In concilio Agathense') 'De his qui sine causa uxores suas relinquunt (ita scriptum est') : so nach dem Traktat, wo daraus Kapitel 3 und 4 entstehen. Hinkmar hat ofienbar dieselbe Verteilung im Auge : im Druck der Ed. Migne, wo das 'Si quacunque de causa dissocientur' mit den vorangehenden Worten : 'Sub una iudicii divini lege tenentur' zu einem Satz zusammengezogen ist und diesem fälschlich das Ansehen eines wörtlichen Zitats aus den zuvor angeführten Texten (Innocenz ad Ex- superium, Jaffe- n. 293; 'Augustinus in libro de decem chordis' [Sermo IX], Migne XXXVIII, 75 ; Hieronymus in epistola ad Oceanum de morte Fabiolae [Epist. LXXVII], Migne XXII, 691) gegeben ist, kommt es freilich nicht zum Ausdruck. Doch fehlt bei Hinkmar, wenigstens in Ed. Migne, bezüglich des dritten Modus das Wort 'Rationabiliter', zu 'dissocientur', das gleichsam das Punctum saliens der Verteilung ist. Ea kann schliesslich aber noch darauf hingewiesen werden, dass sich bei Hinkmar in Folge der Häufung des Stoffes die Disposition dem Leser nicht so leicht eröffnet wie im Traktat.

50"

Ueber eine neue Widukind- Handschrift.

Von Oswald Holder - Egger.

Bisher waren uns drei Hss. von Widukinds ßerum Saxonicarum libri tres erhalten, jetzt ist eine vierte auf- getaucht: das ist ein Glücksfall, den man kaum zu hoffen gewagt hätte, der alle die, welche an der Historiographie des deutschen Mittelalters wahren Anteil nehmen, mit ganzer Freude erfüllen muss , denn , abgesehen von dem Gewinn, der durch die neue Ueberlieferung dem Texte dieses köstlichen Werkes erwächst, wird die Hoffnung be- lebt, dass noch manche schmerzlich vermisste Handschrift wiedergefunden werden mag.

Die neue Hs. hat sich zu London im Besitz einer englischen Dame befunden, ist mit mehreren anderen Hss. aus dem Besitz derselben Dame, die jetzt aber, wie ver- sichert wird, keine Hss. mehr hat, am 10. Dezember 1909 zu London von der Firma Sotheby, Wilkinson and Hodge versteigert^ und von dort ist sie zu Ende des Jahres 1909 an die Königliche Bibliothek zu Berlin gelangt, die man herzlich dazu beglückwünschen darf, diesen Schatz gerettet und mit ihm ihren jetzt schon so stattlichen Besitz an lateinischen Hss. bereichert zu haben.

Der Codex ist ein sehr unansehnlicher Band in kleinem Quartformat von nur ISYa cm Blatthöhe, llVs cm Breite, in neuerem, geschmacklosem Einband, der wohl dem 18. Jh. angehört. Auf der Innenseite des Vorderdeckels ist ein Ex - libris (Wappen) aufgeklebt mit dem Aufdruck 'Sir James Colquhoun of Luss^ Bar*'. Derselbe Name 'JaColquhoun'

1) In dem Auktions - Kataloge dieser Firma von demselben Tage ist die Widukind - Hs. S. 39 unter n. 326 aufgeführt. 2) Luss ist ein Kirchspiel in der schottischen Grafschaft Dumbarton. Von der Familie Colquhoun sind bekannter Patrick, geboren 1745 in Dumbarton, gest. 1820, der über Volkswirtschaft geschrieben hat, und sein Enkel, der Jurist Sir Patrick, geb. 1815, gest. 1891. Ueber Sir James wird man

Ueber eine neue Widukind - Handschrift. 777

steht schon darüber und wieder auf einem vorgebundenen Papier- Schmutzblatt geschrieben: 'Sir James Colquhoun'. Darunter 'Rosidlm(?)-Luss', darunter 'The Elms -Parkstone', alle diese Bemerkungen wohl von der Hand des Besitzers der Hs. Die Hs. enthält 49 pergamentene Textblätter, ausserdem ein Vorsatz- und Schluss- Pergament -Blatt, die beide sicher von den bei dem neuen Einbände beseitigten Vorder- und Hinterdeckeln abgelöst sind, da man erkennen kann, dass sie mit den Rückseiten ehedem aufgeklebt waren und dass sie mit dem Lagenbestande der Hs. nicht zu- sammenhängen. Auf dem Vorsatzblatt findet sich oben eine Rasur von ungefähr einer Zeile, von dem, was da- stand, ist nichts mehr zu sehen, so gründlich ist radiert. Es ist wohl sicher, dass da ein Vermerk über den früheren Besitzer der Hs. gestanden hat. Einige Zeilen tiefer steht von einer Hand des 15. (allenfalls des 14. Jh.) geschrieben:

'Windichinus monachus corbeiensis de gestis Saxonum 1. III'. und am Schluss von Widukinds Werk f. 39^ hat dieselbe Hand bemerkt: 'Explicit windichinus de gestis saxonum'. Auf dem Vorsatz - Blatt steht etwas unter der ersten Notiz noch folgender Vermerk von der Hand des Johannes Trithemius :

Codex ioannis tritemii abbatis monasterii sancti iacobi apostoli prope wircipurg.

Auf dem Schluss -(Deckel) -Blatt steht ebenfalls von seiner Hand folgender Vermerk:

Anno domini. w. 2d. rb. tercio id. octobris. ego ioan- nes tritemius abbas pro isto codice dedi abbati et monas- terio diui (es folgen griechische Buchstaben, die keine Worte und keinen Sinn ergeben, also ein Kryptogramm) opuscula sancti Anselmi. consenserunt abbas. prior, et se- niores.

Was bedeutet zunächst die durch kleine lateinische Buchstaben und die arabische Zahl 2 ausgedrückte Jahr- zahl? Die Notiz scheint nach den Schriftzügen gleich- zeitig mit der von Johannes von Trittenheim auf dem Vorsatz - Blatt geschrieben zu sein. Als er diese schrieb, war er schon Abt von St. Jakob, was er im Jahre 1506 wurde, also müsste die Schluss -Notiz zwischen diesem und seinem Todesjahre 1516 geschrieben sein, aber welches von diesen Jahren durch das Kryptogramm ausgedrückt sein soll, ist

später Notizen sammeln können, womit ich mich jetzt nicht befasst habe. Er selbst oder ein anderer reisender Schotte oder Engländer wird die Hs. in Deutschland gekauft haben.

778 Oswald Holder - Egger.

mir unerfindlich. An dem längeren griechischen Krypto- gramm haben sich die Herren Professor M. Tangl und Dr. R. Salomon und ich vergeblich abgemüht: ich ver- mute, dass es nie enträtselt werden wird ^, weil es keinen Sinn ergeben soll, ich glaube, dass hier ein Schwindel vorliegt, den man diesem Herrn Abt wohl zutrauen kann. Wenn er die Hs. auf legalem Wege erworben hat, wozu das Versteckspielen mit der Jahrzahl und dem Namen des Klosters, von dem er die Hs. erhalten haben will? Warum ist der Name dieses Klosters auf dem Vorsatz- Blatt, wie ich vermuten musste, so sorgfältig ausradiert? Wenn er dagegen die Hs. geliehen erhalten hatte und sie dann, wie z. B. die von Hartmann Schedel entliehene^, als gute Beute betrachtete und zurückbehielt, so hatte er wohl Grund, ein solches Tauschgeschäft zu fingieren, na- mentlich wenn er etwa wirklich Anselms Werke gegen ein anderes Aequivalent einem Kloster überlassen hatte. Da das Kryptogramm für uns unlesbar war, habe ich es auf einer Lichtdruck -Tafel diesem Bericht beigegeben: mögen Andere versuchen zu enträtseln , was uns nicht gelungen ist, ich würde dem, der ihm eine einleuchtende Deutung abzugewinnen vermag, überaus dankbar sein. Wenn nun nicht etwa wider Erwarten die Lesung des Kryptogramms doch noch gelingt, wissen wir leider nicht, aus welchem Stift die Hs. stammt, soviel ist aber sicher, was ohnehin schon anzunehmen, dass sie in Deutschland geschrieben ist, Pergament und Schriftcharakter ist deutsch, die Schriftart scheint mir Nord- oder Mitteldeutschland anzu- gehören, ich entsinne mich, ganz ähnliche Schrift in Hss. aus diesem Gebiete gesehen zu haben, wenn ich auch nicht mehr sagen kann, in welchen Hss. ich sie fand.

Vor dem Beginn des Widukind -Textes , der in der Hs. keine Ueberschrift hatte, hat Trithemius f. 1 oben geschrieben : 'Windekindi monachi Corbeiensis de origine et gestis Saxonum ad Mechtildem monialem filiam Ottonis primi, et sunt libri tres. Claruit anno Domini DCCCCL'.

1) Das ist mir schon mehr Ueberzeugung als Vermutung, und diese gründet sich darauf, dass eine grosse Anzahl Buchstaben des griechischen Alphabets in dem Kryptogramm überhaupt nicht erscheint, dagegen mehrfach die gleiche oder wenig veränderte Buchstabenfolge. Mir scheint, es wäre ganz unmöglich, eine hier passende Lösung zu finden, auch wenn einige Zeichen non valentia wären. Fände aber Jemand doch eine Lösung und Lesung, so würde ich das dankbar anerkennen. 2) Vgl. C. "Wenck, Die Entstehung der Reinhardsbrunner Geschichtsbücher S. 115; N, A. XIX, 156. XXI, 246.

yintjQ cJomini. ^v. 2.c/.r^ h^rrO ti^ och hrif. i!^ iocn777e0 h^fvrtittis t^ßc^spro

Handschrift der Berliner König]. Bibliothek Schlußblau (f. 50).

Ueber eine neue Widukind - Handschrift. 779

Er muss eine Widukind -Hs. schon lange vor dem Jahre 1506 gekannt haben, schon in dem 1494 in letzter Re- daktion vollendeten Werk de scriptoribus ecclesiasticis ^ hat er einen Artikel über Widukind, den er zum grössten Teil aus Sigeberts Schrift de scriptoribus ecclesiasticis c. 129 entlehnte, aber er sagt, dass die Historia Saxonum, wie er das Werk mit Sigebert nennt, 'Ab exordio Saxonum' beginnt, dass sie drei Bücher enthält, was er beides bei Sigebert nicht fand, und er gibt die Anfangsworte des Werkes: 'Flore virginali cum ma[iestate]' an. Am Schluss sagt er, wie in der mitgeteilten Ueberschrift : 'Claruit sub Ottone Imperatore primo. Anno Domini 150' (was na- türlich Druckfehler für 950 ist). Er nennt ihn hier und auch in der Monast. Hirsaugiensis Chronica-, wo er die Angaben des ersten Werkes mit zum grössten Teil schwindel- haften Zusätzen wiederholt, 'Windichinus' genau wie der Schreiber in der oben mitgeteilten Notiz des Vorsatz - Blattes und in der Unterschrift, während er in den Aus- gaben "^ von Sigeberts Werk 'Windichindus' genannt wird. Wenn wir auch noch keine kritische Ausgabe des Werkes besitzen, so wird doch diese Namensform richtig wieder- gegeben sein, da Sigebert in der Chronik^ die Form 'Guindichiudus' hat, sicher ist das anlautende d der End- silbe, das gerade bei Trithemius und in der Hs. fehlt, authentisch. Man wird danach doch vermuten dürfen, dass es eben die neu gefundene Hs. war, die er vor 1494 und doch wohl schon mehrere Jahre früher gekannt hat, dann wird es um so wahrscheinlicher, dass er sie schon damals entliehen , nie zurückgegeben hat und sich nun erst nach 1506 veranlasst fühlte, durch eine schwindelhafte Bemerkung deren legalen Besitz zu behaupten. Denkbar wäre es ja auch, dass er die Hs. für das Kloster Sponheim, dessen Bibliothek er so sehr bereicherte, erworben und dass er sie mitgenommen hätte, als er von dort fortging, und ebendeshalb nun erst seine trügerische Bemerkung eintrug. Die 49 Text -Blätter der Hs. bestehen aus sieben Lagen von verschiedenem Umfange: die erste (f. 1 8) hat 8, die zweite (f. 9—14) 6, die dritte (f. 15—22) und vierte (f. 23 30) wieder 8, die fünfte (f. 31—35) nur 5, die sechste (f. 36—41) 6 und die siebente (f. 42—49) 8 Blätter. Die Lasren sind mit Ausnahme der dritten und siebenten

1) lohannis Trithemii opera historica I (Francofurti 1601), 260. 2) Ebenda 11, 31. 82. 3) Miraeus, Bibliotheca ecclesiastica p. 149.

4) SS. VI, 351 Z. 60.

780 Oswald Holder - Egger.

durch die Kustodenzahlen I, II, IUI, V, VI auf dem unteren Eande der Schlussblätter bezeichnet. Der ganze Codex ist von einer Hand in der zweiten Hälfte des 13. Jh. in 33 Langzeilen auf jeder Seite geschrieben. Zwar scheint der Schriftcharakter recht oft zu wechseln, doch kommt das daher, dass der Schreiber, wenn er an einem Tage zu schreiben beginnt, zunächst kleiner und zier- licher schreibt, im Verlauf der Arbeit aber die Schrift- züge grösser werden, wie man das ja oft genug in Hss. beobachtet. Auf der Schlussseite der dritten Lage f. 22'*' sind, wie gewöhnlich, 33 Zeilen auf der Seite geschrieben, es ist dann aber noch in fünf Zeilen in viel kleinerer Schrift unten der Schluss des Kapitels II, 28 von 'custo- die mancipatione' an hinzugefügt, während die folgende Seite f. 23 mit Kap. II, 29 beginnt. Aus dieser Beob- achtung sollte man schliessen, dass die einzelnen Lagen, wie so oft, an verschiedene Schreiber nach vorher be- stimmter Einteilung gegeben worden seien, doch trifft das nicht zu, die vierte Lage ist wie die folgenden von der früheren Hand geschrieben, wahrscheinlich hat der Schreiber irrig die vierte Lage mit Kap. 29 begonnen, ohne den Schluss von II, 28 auf f. 22^ geschrieben zu haben, den er dann dort nachtrug, denn man bemerkt, dass er auf f. 23 nach einer Pause mit kleinerer Schrift, wie oben bemerkt, zu schreiben wieder begonnen hat. Der Schreiber war ein Mann, der von dem Text, den er abschrieb, wenig oder garnichts verstanden hat, er macht die unsinnigsten Wort- trennungen ^, zieht Worte, namentlich Präpositionen zu dem folgenden Wort, wie er sie ebenso oft falsch von ihm trennte, ungehörig zusammen, begeht Fehler, wie sie einem verständnisvollen Schreiber nicht zuzutrauen sind -, sehr oft hat er aber seine Fehler gleich selbst oder doch kurz darauf nach der Vorlage verbessert. Man weiss jedoch, dass die unwissenden Schreiber keineswegs die schlechtesten sind, weil sie um so getreuer nachmalen, und das trifft auch hier zu. Die Interpunktion, zu der nur der Punkt verwandt wird, ist freilich durchaus schlecht, sie fehlt eben so oft, wo sie nach mittelalterlicher Weise stehen sollte, als sie an falschen Stellen gesetzt ist.

1) Z. B. nici e = perniciem, se curiorem, omnimo dis, per fidia, materialico erceri' (im Text des Honorius) u. s. w. 2) Wie 'plais' für 'paleis', 'plaudern' für 'paludem' ötter, 'acculatis' für 'accusatis', 'cu dux- erunt' für 'conduxerunt', 'nudique' für 'undique', um nur dies wenige anzuführen.

Ueber eine neue Widukind - Handschrift. 781

Die ersten 39 Blätter enthalten das vollständige Werk Widukinds mit Kapitelverzeichnissen vor jedem Buch, hinter den Vorreden. Der Text schliesst auf f. 39^ wie der bekannte mit den Worten 'ac g-loriosa seclis relinquens monimenta'. Die Bücher, die Vorreden, die Kapitelver- zeichnisse haben keine üeberschriften und Unterschriften, es sind zwischen dem ersten und zweiten Buch zwei Zeilen leer gelassen, zwischen dem zweiten und dritten Buch aber gar kein freier Raum, nur Absatz. Alle Kapitelzahlen, sowohl in den Kapitelverzeichnissen wie im Text der Bücher fehlen, vielleicht sollten sie rot ergänzt werden, denn auch die mit Minium einzusetzenden Initialen der Vorreden, Kapitelverzeichnisse, aller Kapitel fehlen, nicht nur im Widukind, sondern auch in den auf ihn folgenden Stücken. Nur für die Kapitel I, 2—6. 8. 11—13. 17. 18 ist kein Absatz gemacht, aber auch da für die einzusetzende Initiale in der Zeile Raum frei gelassen, später findet sich fast stets, mit wenigen Ausnahmen, bei Kapitelanfang Absatz. Am Anfang der Bücher ist für besonders grosse Initialen Raum leer gelassen. Die Initialen waren wohl überall klein schwarz am Rande vorgeschrieben, aber nur noch selten vorhanden, meist wohl bei dem neuen Einband am Rande abgeschnitten, wobei auch einige am Rande ergänzte Worte beschädigt sind, es findet sich mit Ausnahme der von Trithemius eingesetzten Unterschrift kein Rot, keine andere Farbe in der Hs.

Nach dem Schluss des Widukind -Textes auf f. 39^*' oben folgt nach zwei Zeilen Zwischenraum ohne Ueberschrift ein Stück beginnend mit den Worten '(c)onstantinus ^ ita- que princeps principum' bis f. 43 'pessima morte extermi- nati sunt' aus der Schrift Summa gloria des Honorius Augustodunensis - c. 17^ '^30 und 32 (c. 31 fehlt).

Danach folgen einige Traktate, stets ohne Üeber- schriften, die aufzufinden ich mich nicht viel bemüht habe. Zunächst ohne jeden Zwischenraum ein aus drei Kapiteln bestehendes Fragment, f. 43 43^, aus des Honorius Augu- stodun. Schrift Scala coeli maior c. 6 9, Migne, Patrol.

1) Initiale fehlt, c klein am Rande. 2) MG. Libelli de lite

III, 71 sqq. 3) In c. 18, Lib. II, 72 Z. 9 finden sich in dieser Hs.

einige, hier gesperrte, Worte mehr, die man fast für original halten könnte: 'Ad regem ergo pertinent sola secularia, ad sacerdotes autem sola spiritalia iudicia'. Ausser einigen weggelassenen Worten und einigen lächerlichen Schreibfehlern, die auch die Verständnis- losigkeit des Schreibers zeigen , wie 'finem' für 'fidem', 'tenarum' für 'penarum', 'prelia' für 'predia', ist der Text nicht schlecht.

782 Oswald Holder - Egger,

Lat- CLXXII, 1233 sq., das beginnt: '(O)mnia que forma- liter subsistunt in hoc mundo sunt. Nusquam autem le- gitur, quod uspiam terrarum bestia X coruna habens rep- periatur, ut in Daniele legitur'. Es schliesst mit der Frage : 'Similiter gaudia in spiritu visa utrum sunt vera gaudia an falsa'?

Es folgt f. 43''' 45"^ obne Zwischenraum eine Erzäh- lung von der Frau des Guarinus de Longo -ponte, die, weil sie glaubte, dass eine Frau von einem Manne nur ein Kind em- pfangen könne, sieben Söhne gebar, von denen sie sechs ertränken lassen wollte, aber der Vater rettete sie und ver- heiratete seine Söhne mit den sieben Töchtern eines Juden. Das Stück beginnt: (c)um omnipotens conditor nature iura ipsius inmutando in adsuetis mirabilior appareat, opere precium est mirabile quoddam qualicumque stilo memorie mandare. Inter Gallie urbes Parisius civitas situ loci, cultu regio habetur inclita. In hac vir prevalide potentie Guarinus de Longo -ponte fuit'. Schliesst: 'que cui vult miseretur, quem vult exaltat'.

Nach einer Zeile Zwischenraum folgt f. 45"^' 46^ ein Bruchstück eines Traktates in Briefform, den man 'De con- tinentia clericorum' benennen könnte. Wäre er bekannt, so müsste er eigentlich in den Libelli de lite herausgegeben sein, doch habe ich ihn dort nicht gefunden. Das Bruch- stück beginnt: '(d)e presbiteris; inquid, qui se a parte re- proba libidinis conversatione deo reprobabiles exibent, te- nendum ^ est quod apostolica - Providentia ecclesiastico iustoque rigore constituit'. Schliesst: 'Potui plura de scriptis patrum hiis inserere, sed quia epistolaris brevitas, que iam se nimis extendi reclamat, non consensit, simpli- citer, quid de interrogatis sentirem, paternitati vestre in lusum ^ exposui'.

Danach wieder ohne Zwischenraum f. 46'^ 48 ein Traktat über Beichte, der beginnt: '(d)e confessione sal- vator in ewangelio leprosis, cvim sui corporis curationem ab eo peterent, precepit dicens: Ite, ostendite vos sacer- dotibus'. Schluss: 'Quod ipse prestare dignetur qui pro nobis dignatus est crucis inproperia portare. Amen'. Da- nach f. 48 49 eine Predigt: '(F)ratres dilectissimi, quam sanctus, quantus, quam venerabilis sit dies dominicus, nemo explicare valet'. Schluss: 'Qui cum patre et spiritu sancto vivit et regnat in secula seculorum'. Endlich f. 49 49^:

1) 'tenendus' Hs. 2) 'aplica' Hs. 3) So, wie es scheint, die

EnduDg 'us' korrigiert. Es dürfte 'usum' zu lesen sein.

Ueber eine neue Widukind - Handschrift. 783

'(A)ugustinus. In quodam loco: Interrogo vos, fratres vel sorores, dielte michi, quid vobis plus esse videtur, verbum dei, an corpus Christi'. Schliesst unvollständig^: 'Unde et locus, in quo crucifixus est dominus noster, Calvaria'. Also die folgenden Blätter, wohl mindestens eine ganze Lage, fehlen, es folgt das vom Eückendeckel losgelöste Blatt, auf dem die Notiz des Tritheraius steht.

Man sollte zunächst vermuten, die noch gefundene Hs. sei eine derjenigen, von deren früherer Existenz wir Kunde hatten, und doch trifft das nicht zu. Die drei bisher vorhandenen Hss. vertreten, wie bekannt, drei be- sondere Rezensionen des Werkes, die sich durch ganz ver- schiedene Texte in der Erzählung vom Verrat des Erz- bischofs Hatto von Mainz (I, 22) und in dem Bericht über den Zug Ottos I. nach Frankreich (III, 2), dann durch einige Auslassungen und Zusätze von einander unter- scheiden. Es sind die Dresdener (A), die Londoner (B l) und die von Monte Cassino (C). Dazu tritt aber die editio princeps von Martin Frecht, die nach einer recht guten, bisher verschwundenen, Hs. der B- Rezension (B 2) gemacht ist. Die neue Hs. gehört aber durchaus der C- Klasse an. Sie bietet sowohl I, 22 wie III, 2 den Text der Hs. von Monte Cassino und hat I, 22 wie diese den eingeschobenen Satz 'Is, ut ferunt credimus', sie hat wie diese die Kapitel- verzeichnisse vor jedem Buch, wenn auch wie im Text auch hier die Kapitelzahlen fehlen, sie hat da, wo C stärker von A. B abweicht, den C-Text, wie II, 16: 'imperio, in- quit, tibi regali denuntio teste populo' -, am Schluss des Prologs zum zweiten Buch : 'qua est conscriptum' mit C gegen 'qua est inceptum' A. B 1. 2, II, 39: 'Carlomannum' gegen richtig 'Karolum' A. B 1. 2, das Kapitel III, 15 be- ginnt erst mit dem Worte 'Edictumque' wie C ^, und mit III, 24 beginnt ebensowenig wie in C ein neues Kapitel, in III, 69: 'oppressos' mit C gegen 'afflictos' B 1. 2 und 'circumventos' A*; es fehlen wie in C die Schlussworte von III, 49 'Nam ipsi reservat!'. Nur I, 22, wo in der letzten Ausgabe der SS. rerum Germ. S. 31 überflüssiger Weise eine Sternnote gesetzt ist, hat die Hs. wie B 2 'post

1) Oder vielmehr wohl dieses Stück reicht nur bis Mitte von f. 49'*' : 'ut videam voluntatem domini', und dann beginnt ein neues mit den Worten : '(I)urare est a malo', das am Ende der Seite unvollständig schliesst. 2) Vgl. die editio quarta der SS. rerum Germ, von K. A.

Kehr S. 69, N. *. 3) S. 95 Z. 1. 4) S. 84, N. k hat die Hs.

wie C 'ibi', das also nicht erst in C hinzugefügt ist.

784 Oswald Holder - Egger.

tertium diem defecisset' gegenüber B 1 'diem post tertium defecisset' und C: 'diem postremum defecisset'. Das be- weist aber, dass hier gar nicht verschiedene Lesart der Rezensionen, sondern in der Hs. von Monte Cassino einfach Verderbnis, in B 2 und der neuen Hs. leichte Wortumstel- lung vorliegt, auf die auch verschiedene Schreiber unab- hängig von einander leicht kommen konnten ^, die Text- Lesart ist die richtige, da sie durch B 1. C (in der Wort- stellung) geboten die ungewöhnlichere ist, auf die ver- schiedene Schreiber eben nicht verfallen'-.

Die Hs, ist sonach mit C 2 zu bezeichnen ^ und so nenne ich sie fortan. Sie hat auch eine grosse Menge un- richtiger Lesarten mit der Hs. von Monte Cassino gemein, oft fehlen die in dieser Hs. weggelassenen Worte auch in ihr ^, aber noch viel öfter stehen in C 2 in C fortgelassene Worte ^ und die grosse Masse der Verderbnisse von C, welche Hs. bekanntlich sehr viele Fehler hat, ist in C 2 vermieden*': darin besteht der grosse Wert der neuen Hs., dass wir mit ihrer Hülfe die Lesarten einer viel älteren und viel besseren Hs. als C, der Mutterhs. von C und C 2, feststellen können, einer Hs., die sicher schon im 10. Jh. geschrieben war, da C schon aus dem Anfang des 11. Jh. stammt, während B 1 und A erst in dem 12., oder letztere gar erst zu Anfang des 13. Jh., geschrieben sind. Auch diese Hs. hatte ja freilich schon ihre Mängel, wie das oben gegebene Verzeichnis der in C und C 2 fehlenden Worte zeigt, aber sonst sind diesen beiden Hss. gemein- same Fehler doch selten. Weichen ihre Lesarten auch öfter von dem in der letzten Ausgabe festgestellten Texte ab, so wird man da doch stets neu zu erwägen haben, ob nicht eben sie doch das ursprüngliche bieten und in

1) Daher hat sie auch Frutolf, was natürlich für die Textherstellung garnichts bedeutet. 2) Noch ausdrücklich will ich doch bemerken,

dass die Hs. I, 35 wie B 1. 2. C 'Gana', nicht die Korrektur von A 'Kietni' hat. 3) Also C jetzt eigentlich C 1, ich behalte hier aber die Sigle C bei. 4) So fehlen die Worte, wie in C, SS. rer. Germ. ed. 4.

p. 1, N. n, p. 19, N. k, p. 24, N. e, p. 36, N. h, p. 38, N. f, p. 44, N. c, p. 45, N. m, p. 48, N. a. u, p. 59, N. d, p. 67, N. p, p. 69, N. d, p. 72, N. k, p. 73, N. a, p. 100, N. n, p. 109, N. e. q, p. 112, N. m. u. 5) Ich führe hier nur Stellen an, an denen in C mehrere Worte oder ganze Wortreihen (nicht nur einzelne Worte) ausgefallen sind, die in C 2 stehen: S. 10, N. a, S. 32, N. g, S. 41, N. c, S. 49, N. f, S. 50, N. a (hier fehlt 'et', aber 'regibus' steht in 0 2), S. 63, N. d, S. 70, N. n, S. 94, N. m, S. 109, N. k, S. 111, N. u, S. 121, N. o. 6) So z. B.

S. 19, N. b nicht 'patratis' wie C, sondern 'peractis' mit den übrigen Hss., S. 70, N. b 'prebebat', nicht 'preberet' wie C, u. s. w.

lieber eine neue Widukind - Handschrift. 785

manchen Fällen wird man das entschieden bejahen müssen. Wenn z. B. S. 5, N. 5 C. C 2 'tradit' haben, wo 'accipit' ^ vorhergeht, gegen 'tradidit' A. B 1.'2, so möchte man jenes gern vorziehen, wenn S. 19, N. o B 2. C. C 2 'vindicabo' bieten gegen 'vindicando' A. B 1, so wird man sich auch gern für jenes entscheiden, zumal 'purgabo hoc scelus meum, vindicabo dominum meum' nachdrücklicher klingt. S. 20, N. k wird man 'ingrueret' einsetzen müssen, wenn das auch weniger gut ist, da so B 2. C. C 2 und ursprüng- lich auch B 1 haben, was hier dann zu 'ingruerit' verändert ist, und so A. Wenn C S. 30, N. g 'duriorem Collum', C 2 'duriolem' hat gegen 'durius' A. B 1. 2, so kann man doch nicht zweifeln, dass die Mutterhs. von C. C 2 schon 'duriorem' hatte und wird annehmen müssen, dass der grammatische Fehler schon im Original stand, denn welcher Schreiber verändert das richtige 'durius' in 'duriorem' ? Umgekehrt ist die Korrektur der Hss. A. B aber ganz er- klärlich, und ähnliche Sprachfehler finden sich im Widu- kind-Text öfter. S. 106, N. g hat 'erat', das in A. B 1. C. C 2 fehlt, sicher nicht im Original gestanden, während dessen Ergänzung in B 2 (der ed. princ.) und durch einige Benutzer des Widukind nahezu selbstverständlich ist. Da- gegen wird man Bedenken tragen müssen S. 109, N. e 'loricae' aus dem Texte zu entfernen, obgleich es in B 1. 2 C 1. 2 und Ann. Saxo fehlt und nur in A, bei Frutolf und in den Ann. Magd, steht, denn erstens ist diese Ergänzung nicht so leicht zu machen und zweitens hat doch auch an anderer Stelle A die ursprüngliche Lesart gegen die Mehr- zahl der anderen Hss. bewahrt. Die merkwürdigste Stelle in der Beziehung ist S. 104, N. e, wo A. B 2 das sicher ursprüngliche, weil grammatisch falsche, 'arsa' haben, während B 1. C. 0 2 und Ann. Magd, 'concremata' bieten. Es ist ja möglich, dass diese Korrektur neben 'arsa' auch schon im Original stand, aber da Frutolf 'exusta est' und Ann. Saxo 'incensa est' bieten, so sollte man glauben, dass auch sie noch in ihren Hss. 'arsa' lasen und nun selbst- ständig, aber verschieden besserten.

Bestätigt C 2 zuweilen die Lesarten von C als original, so entscheidet es oft mit andern Hss. gegen 0. Haben S. 5, N. d Bl. C: 'Actumque est foedus', A: 'Initumque', B2. C2: 'Ictumque', so wird man doch diese Lesart jetzt einsetzen müssen. Auch S. 17, N. c neigt sich jetzt die

1) Hier 'accepit' B 2. C 2.

786 Oswald Holder - Egger.

Wagschale zu 'victoriae' gegen 'victoria' A. C, da B 1. 2. C2 'uictorie' haben. S. 59, N. n steht 'nos' nur in Bl, es ist in C übergeschrieben, da es aber in A, B2. C2 fehlt, wird es fallen müssen. Haben S. 97, N. c B 2. C 'Eae', A 'Hec', Bl 'Hae', C2 'He', so wird man auch mehr geneigt sein, jetzt 'Hae' aufzunehmen. S. 98, N. e hat auch C 2 mit A. B2 'quam quod', so dass man das in B 1. C fehlende 'quod' wohl wird einsetzen müssen. Der simple Schreiber von C 2 hat an manchen Stellen die originalen Lesarten bewahrt, wo die meisten andern abirrten, so S. 13, N. p das originale 'diffusos scapulas cesarie', das ja auch ur- sprünglich in C stand, aber ein Leser hat da wie die Schreiber von A und B 1 an dem seltenen griechischen Accusativ Anstoss genommen und geändert. So hat C 2 S. 15, N. i richtig 'quam duri', wo C 'quandiu', B 2 'quam- diu' bieten. S. 79, N. g hatte B 1 allein richtig 'quoniam', A und C 'quo', B 2 'Quomodo'. Dazu habe ich in der Note bemerkt, es werde im Original 'quo' (die alte Abkürzung für 'quoniam', wofür man später 'qm' schrieb) gestanden haben, und so hat C2! S. 102, N. r hat C 2 mit C. (B 1) die alte Eorm 'itiner' bewahrt, S. 125, N. h das sonderbare 'funxit' mit C.

Besonders wichtig wird C2 natürlich für die, Kapitel- verzeichnisse, die nur in C. C 2 stehen und dann nach dem Schlüsse der Hs. A (III, 69), namentlich für die Partie, die in B 1 fehlt (III, 73 75), da ein Blatt ausgeschnitten ist, für welche also bisher nur B2. C vorlagen. Da ent- scheidet C2 S. 124, N. i. m mit B2 für 'praecedit' und 'cantatricibus' gegen C, und S. 123, N. i ist mit Bl. 2. C2 'nuntiabant' zu schreiben gegen C 'nuntiant'. Natürlich habe ich nur einige Beispiele zur Charakterisierung der neuen Hs. angeführt, ohne die Stellen erschöpfen zu wollen, für die ihre Lesarten von Wichtigkeit sind.

Die Orthographie der Hs. des 13. Jh. weicht natürlich insofern von der ursprünglichen ab, dass sie stets einfach e für ae, oe, § hat, sonst kann man nicht sagen, dass sie sehr modernisiert ist, der ungebildete Schreiber hat sogar sehr oft gute alte Namensformen von Personen und Orten bewahrt ^, wenn auch manche ihm geläufigere Personen- namen eine jüngere Form erhalten haben. Er hat gewiss nicht selten Worte und Wortreihen weggelassen, er hat sehr viele, oft lächerliche, Schreibfehler begangen, aber

1) S. 1 der Ausgabe hat C 2 die Form 'Widuchindus', S. 38 zuerst (N. h) 'windukind', nachher wie der Text 'widukindi'.

Ueber eine neue Widukind- Handschrift. 787

der Schaden ist gering-, er ist nur deshalb als solcher zu rechnen, als man den Apparat einer neuen Ausgabe mit dem Ballast dieser Fehler einmal wird belasten müssen, man kann sie aber auch entlasten, indem man eine be- trächtliche Anzahl von Lesarten der Benutzer streicht, die in der letzten Ausgabe gar zu reichlich angeführt sind, obgleich sie in den meisten Fällen für die Textherstellung garnicht in Betracht kommen.

Noch eine auffallende Erscheinung in der Hs. ist zu erwähnen: In den Kapiteln II, 11 (f. 18^) und II, 23 28 (f. 21"^' 22^*^) waren eine Anzahl Worte von dem Schreiber weggelassen und für sie Raum frei gelassen. Da das nur an diesen Stellen geschehen ist, wird man annehmen, dass da die kopierte Hs. durch Feuchtigkeit oder eine andere Einwirkung beschädigt war. Nur in II, 11 sind die fehlenden Worte 'geuehardus, ob cuius, inuitus' sämtlich richtig mit ganz blasser Tinte viel später, doch wohl erst im 15. Jh., von einer Hand ergänzt worden, aber der fehlende Namen war von anderer Hand, doch wohl schon früher, aber auch erst im 15. Jh., mit 'gewe*hdus' (so!) am Rande ergänzt, vmd dieselbe Hand ergänzte weiter unten am Rande die Worte 'Rex at (autem)', die im Texte fehlten, für die aber kein Raum freigelassen war. Das konnte nur mit Hülfe einer andern Widukind- Hs. be- werkstelligt werden, denn der Gevehardus kommt im ganzen Werk sonst nicht vor, und diese Namensform stand nur in der verlorenen Hs. B 2, und auch die andern Er- gänzungen Hessen sich doch nicht so ganz leicht durch Konjektur richtig finden. Es stellt sich also die auf- fallende Tatsache heraus, dass man im 15. Jh. da, wo sich die Hs. befand, wenigstens zu einer Zeit eine zweite Wi- dukind-Hs. zur Verfügung hatte.

Nicht selten hat C 2 auch unrichtige Lesarten mit Hss. anderer Rezensionen, nicht mit C, bald mit A, bald mit einer von beiden oder beiden B-Hss. gemein, wie ja auch die übrigen Hss. zuweilen in Fehlern mit einander übereinkommen. Das kann natürlich nur durch Zufall er- klärt werden.

Wir wissen, dass ausser der Frechtschen Hs. noch zwei andere , heute verlorene Widukind - Hss. existiert haben. Die eine befand sich 1516 in dem Kloster Neu- werk bei Halle ^, da aber Trithemius schon 1516 starb, ist es ausgeschlossen, dass diese mit der neu gefundenen

1) Archiv V, 525 f.

788 Oswald Holder - Egger.

identisch sein kann ^. Die andere will der berücbtigte J. F. Falke besessen haben, was man nur deshalb schwer be- zweifeln kann, weil Grupen erklärt, die Hs. gesehen zu haben. Sie soll dem Kloster Corvey selbst gehört haben. Falke hat auch einige angebliche Lesarten dieser Hs. an- geführt, die K. A. Kehr in seiner Ausgabe sämtlich wieder- holt hat. Sie machen keineswegs einen Vertrauen er- weckenden Eindruck und gar wenige stimmen mit C 2 überein. S. 21, N. a bat Falke 'Suevi', aber C 2 mit C 'Suuaui'. Ebenda N. b hat C 2 freilich mit A. C die richtige Lesart 'Transbadani', die auch Falke angibt. S. 51, N. b will Falke als Name des uns durch Runenstein be- kannten dänischen Fürsten in seiner Hs. 'Chnutam' ge- funden haben, was nicht sehr glaublich ist, die Form scheint eher erfunden zu sein, indem F. irrig an einen König Knud dachte, C 2 hat 'chunpä' (für 'chnupam'). Aber ich brauche die Lesarten von C 2 und Falke nicht weiter zu vergleichen, denn dieser gibt (S. 26, N. n r, S. 27, N. a. b. d und S. 90, N. a d. g) auch Varianten zu Stellen an, die nur in der Rezension B, nicht in C. C 2 stehen. Hatte Falke also eine Hs., so war sie eine der B- Klasse, nicht die des Trithemius, von der er auch nicht sagen konnte, dass sie aus Corvey stammte, da er in ihr keinen Hinweis darauf gefunden hätte. Dass die Hs., welche Grupen gesehen hat, doch vielleicht diese gewesen ist, kann man freilich bestimmt nicht leugnen^, dann hat aber Falke greulich geschwindelt, da er fast garkeine ihrer wirklichen Lesarten anführte ^ und sogar solche von Stellen, die garnicht in ihr standen. Warum er das getan haben sollte, ist freilich ganz unerfindlich.

1) Auch scheint wenigstens die Neuwerker Hs. noch Thietmars Chronik und anderes enthalten zu haben, also eine sehr grosse Hs. ge- wesen zu sein. Freilich könnte das 'Ibi habetur' der a. a. 0. mitgeteilten Notiz so gedeutet werden, dass es nicht heissen sollte : 'In derselben Hs. steht', sondern nur: 'Zu Neuwerk befindet sich auch'. 2) Dies mit

Rücksicht auf S. 38, N. 1, wozu vgl. oben S. 786, N. 1, 3) Noch zwei Beispiele will ich geben : S. 68, N. v will Falke in seiner Hs. die Namens- form 'Haaldus' gefunden haben, C 2 hat 'ad aldus' mit falscher Wort- trennung. S. 60 hat die Hs. wie der Text 'Elmeri', Falke N. p aber 'Helmeri', was keine Hs. bietet.

Zu den Teilnehmerlisten des Protokolls über den letzten Tag des Laterankonzils von 1112.

Von Otto Schumann.

Das Protokoll über die Verbandliino-en des letzten Tages des Laterankonzils von 1112 (23. März), abgedruckt von Weiland in den MG. Const. I, 570 573, entbält zn- näcbst einen kurzen Beriebt über die Hauptpunkte der Verbandlungen , das vom Papste abgelegte Glaubens- bekenntnis und den Besebluss der Verdammung des In- vestiturprivilegs von 1111. Darauf folgt die Liste derer, die an den Verbandlungen teilgenommen baben, und am Schlüsse werden die Verfasser des Protokolls vermerkt.

Die Teilnehmer sind in vier Abteilungen aufgeführt : Erzbischöfe, Bischöfe (voran die Kardinalbischöfe) , Kar- dinalpriester ^, Kardinaldiakone. Bei der Liste der Kar- dinalpriester hat nun der Herausgeber der Constitutiones, der im übrigen den Text gegenüber dem teilweise ganz sinnlosen Abdruck bei Pertz (Leges II, 2, 181) sehr wesent- lich verbessert hat, durch eine verfehlte Interpunktion den ursprünglichen Sinn in irreführender Weise entstellt. Doch ist eine Emendation, wie ich zu zeigen hoffe, unschwer durchzuführen.

Die Aufzählung der Teilnehmer beginnt- folgender- massen:

'Archiepiscopi qui cum suis suffraganeis interfuerunt

sunt: lohannes patriarcha Veneticus' (folgen

die übrigen Namen).

'Episcopi vero : Centius Sabinensis et alii

fere C episcopi. Bruno Signinus et lohannes Tusculanus episcopi, cum essent Eome, illa die concilio non inter-

1) Sie werden in den meisten Hss. als 'cardinales' schlechthin be- zeichnet, während die Kardinaldiakone nur 'diaconi' heissen.

Neues Archiv etc. XXXV. 51

790 Otto Schumann.

fuerunt ; qui postea lecta dampnatione pravilegii consen- sernnt et laudaverunt'.

Fast genau derselbe Vermerk : 'cum essent Rome, illa die concilio non interfuerunt ; postea lecta dampnatione nefandi pravilegii consenserunt et laudaverunt' findet sich auch am Schlüsse der nunmehr folgenden Liste der Kar- dinalpriester. Das hat Weiland verleitet, den Yermerk auf diese ganze Liste zu beziehen und demgemäss folgender- massen zu interpungieren :

'Cardinales vero Bonifacius tituli Sancti Marci,

Robertus tituli Sancti Eusebii (folgen die weiteren

Namen) Vitalis tituli Sancte Balbine, Petrus tituli

Sancti Sjsti et Albericus tituli Sancte Savine cardinales cum essent Rome' etc.

Danach wären alle diese Kardinalpriester am letzten Tage dem Konzil fern geblieben. Das ist an sich schon unwahrscheinlich, ja ganz unmöglich. Abgesehen davon erscheinen die Kardinalpriester 'Robertus tituli S. Eusebii' und 'Gregorius tituli SS. Apostolorum' weiter unten unter denen, die das Protokoll verfasst haben, müssen also bei den Verhandlungen zugegen gewesen sein. Dasselbe gilt von dem Kardinalpriester 'Divizo tit. S. Martini', der mit Bischof Girard von Angouleme nach dem Bericht der Gesta episcoporum et comitum Engolismensium ^ auf ge- meinsamen Beschluss der Versammlung an Heinrich V. geschickt wurde, um ihm den Beschluss des Konzils, die Verdammung des 'pravilegium', zu verkündigen.

Die Interpunktion Weilands ist demnach unhaltbar, und es leuchtet ohne weiteres ein, dass der Vermerk 'cum essent Rome' etc. sich, ebenso wie im voraufgehenden Ab- schnitt nur auf Bruno von Segni und Johann von Tus- culum, so hier nur auf die letzten, und zwar mindestens die letzten zwei der aufgezählten Kardinalpriester beziehen kann. Darauf lässt auch schliessen, dass hinter dem letzten Namen noch einmal das Wort 'cardinales' wiederholt ist.

Wo findet nun der Einschnitt, der folglich in der Reihe der Kardinalpriester zu machen ist, seine Stelle?

1) SS. XXVI, 823: 'Placuit . . papae et toti concilio, quatenus Girardus . . . cum quodam cardinale Diviciaco ad imperatorem dirigeretur', (Waitz hält ebda. n. 1 'Diviciaco' für einen Ortsnamen, etwa Deutz. Ueber die knappe, aber doch vollkommen ausreichende Zeit für die Gesandt- schaftsreise des Kardinals Divizo und die Bedeutung der in einem Synodalprotokoll vereinzelten und auffälligen Beifügung der "Worte 'cum essent Rome' werde ich an anderer Stelle eingehend handeln.

Zu den Teilnehmerlisten des Protokolls u. s. w. 791

Darauf weist uns die Lesart der Ausgabe des Baluze, bezw. der ihr zu Grunde liegenden Hs. (4 bei Weiland); diese hat hinter dem vorletzten Namen, Petrus, ein 'vero' eingeschoben. Zweifellos ist dies die richtige Lesung, und der Einschnitt gehört demnach zwischen den drittletzten und zweitletzten Namen der Liste ^.

Die ganze Teilnehmerliste lautet dann folgender- massen :

'Archiepiscopi qui'

'Episcopi^ vero'

'Cardinales vero: Bonifacius tit. S. Marci, . . . [folgen die übrigen Namen bis:] . . . Vitalis tit. S. Balbine. (Petrus vero tituli Sancti Systi et Albericus tituli Sancte Savine cardinales, cum essent Rome, illa die concilio non interf uerunt ; postea lecta dampnatione nefandi pravilegii consenserunt et laudaverunt)'.

'Diaconi vero : lohaunes abbas Sublacensis

Theobaldus, Roscemannus'.

'Hü omnes ^ in dampnatione predicti pravilegii con- senserunt cum abbatibus et innumerabili multitudine tam clericorum quam laicorum'.

Die beiden Vermerke betr. die Kardinalbischöfe und Kardinalpriester, die erst nachträglich ihre Zustimmung gaben, sind offensichtlich nachträglich in das Protokoll eingefügt.

1) Dass gerade 4 das sicher gleichfalls echte 'cardinales' hinter dem letzten Namen nicht hat, ist unwesentlich. 2) Vor 'episcopi' ist

besser ebenfalls ein Absatz zu machen. 3) "Weiland bezieht das 'hü

omnes' nur auf die diaconi, doch gehört es zweifellos zur ganzen Liste.

51"

Register.

Bearbeitet von Ernst Müller.

A.

Aargau 617.

Ablassgeld 636.

Ablasshandel 621.

Acta regum Bohemiae selecta 306 ; S. Sebastiaui 221 ff.

Actus pontificum Cenomannis in urbe degentium 511. 513. 594.

Adalbero, Hzg. von Kärnten 102.

Adalbert, Eb. von Hamburg-Bremen 629.

Adam von Bremen 276. ö95.

de Adam s. Salimbene.

Adela, Kgin. von Frankreich, Urk. 637.

Aderlass 608 f.

Kg. Adolf von Nassau 612. 614.

Afralegende 271 f.

Aggsbach , Kartause , Nekrologien 763; ÜB. 305.

Agnes, Gem. K. Heinrichs III., Urk. 627.

Agobard, Eb. von Lyon 609.

Alarich I., Kg. der Westgoten s. Breviarium.

Alba 310.

Albericus de Rosciate 284.

Albertus de Bezanis 3 f.

Albigenser 638.

d'Albornoz, Gromez, römischer Se- nator 694. 696 f.

Albrecht IV., Burggraf von Nürn- berg 292.

Album Beige de diplomatique 326 ff.

Aldemarii Vitae 596.

P. Alexander II. s. Urkk.

P. Alexander IV. s. Urkk.

Alexandri epistola ad Aristotelem 324 f.

Alfred . Kg. von England , Dicta 424 ff.

alodis 615.

Altaich s. Niederaltaich.

Altenburg l)ei Hörn, Benediktiner- stift, Necrologium 763 f.

Altercatio pro cenobio Casinensi auctore Petro diacono 599.

Amam 641 f.

S. Amandus, Vitae 4.

Amelii s. Petrus.

Amelius s. Petrus.

Ammerschweier, Stadtarchiv 302.

P. Anastasius II. 351.

Anastasius, päpstlicher Bibliothekar 12. 664 ff.

V. Andlaw, Archiv s. Freiburg i. Br.

St. Andrä a. d. Traisen, ChorheiTen- stift, Necrologium 752 f.

Andrea Gatari 286.

Angeln s. Lex Anglorum.

Angelsachsen 325; Annalen .885. 417. 419. 422.

Angouleme, B. Girard.

Anna, Hzgin. von Kärnten (Urk.) 306.

Annalen des Kl. St. -Denis 19 X. 1. S. Angelsachsen, Flandern, Oesterreich.

Annales Austriae 5; Forolivienses 605 ; Fuldenses 276 ; Gorlicenses 588 ; Hirsaugienses des Trithemius 595 ; S. lustinae Patav. 590. 604 ; Marbacenses 280 ; Sangallenses maiores 58 ff. ; Wintonienses 886 N. 1. 2. 419; Xantenses et Veda- stini 4. 263.

Annatenverzeichnis der ßeimser Kirchenprovinz 309.

de Annoniaco s. Johannes Porta.

Register.

793

Anonj'mus Mellicensis 563. 568 ff.

Ansbach, Kl. 277.

Anselm s. Gesta episcop. Leodiens.

Antiphonar 328.

Antiquitates 12.

Antonius Godius 604.

Antwerpen, Abtei St. Michiels 308.

Apuleius im MA. 318.

Apulien 285.

Aquileja , Patriarchat 638 ; Ur- kunden 639. Patriarch : Gott- fried. — S. Paulinus.

Aquino 290.

Aragonien, Infant Petrus.

arbor iuris 610 f.

Archive, Archivberichte = Inven- tars s. Ammerschweier , Assisi, Avignon, Brixen, Frankfurt a. M., Freiburg i. Br., Hopfgarten, Kitz- bühel, Laisackerhof, Lienz, Lüb- benau, Mailand, Monferrato, Mühl- hausen i. Th., München, Nieder- österreich, Oberrhein, Oesterreich, Prutting, Rattenberg, Tirol, Vati- kan , Windisch - Matrei. Vgl. auch Handschriften.

Kg. Arduin, Urk. 689.

Arezzo, Hymnen 644 f.

Argenteuil, Priorat 31 N. 1. 34. Prior : Manasserus,

Arles, B. Caesarius.

Armagnac, Grafen von 644.

Armutsstreit v. .1. 1323: 620.

Arnold von Auch, päpstlicher Käm- merer 299.

Arnold von St. Emmeram 277.

Arnsberg, Grafschaft 616.

H. Arnulf 587.

K. Arnulf, Urk. 624 f.

St. Arnulf in Metz, Kl. 326.

Assisi, Archiv 283.

Atergau 266.

Athanagild, Kg. der "Westgoten 39.

Athanasius, ß. von Neapel 667 ff.

S. Vita.

Atina 598. Atinensis martyr s.

S. Secundinus. Atlas, historischer s. Oberösterreich. Attila 369 f. Auch s. Arnold. Audoini Vita II. 591. Augsburg, Domkapitel (Urbar) 651.

Bischöfe : Friedrich von Zollern, Wolfhard.

Augustiner - Kongregationen 295.

Augustinus 783 ; Quelle des Bene-

dictus Lev. 471. 516. Augustinus Triumphus 8. Aura, Ekkehard s. Frutolf. Ausonius 316. Auspicius 316 f. Autun s. Hispana, Honorius. Auxerre, B. Germanus. Avignon 588 f. ; päpstliches Archiv

299 f.

B.

Baden, Städtesiegel 634.

Baiern , Hzg. Tassilo. S. Lex Baiuwariorum, Oberbaiern.

Balderich, B. von Lüttich (Urk.) 308 f.

Baldricus = Graf Lambert II. von Löwen (Urk.) 307 f.

Balduin (II.) v. Wenden, Eb. von Bremen 268.

Balduin, Abt von St. Edmund 21.

Bamberg, Hochstift 634; Visions- und Wundergeschichte 276. B. Heinrich I. ; Kleriker Udalrich.

Bartholomäus Anglicus 655.

Bartolomeo Gatari 285 f.

Basel, Münz- und Geldpolitik 659.

Bischöfe: Berthold, Liutold.

S. Konzilien.

K. Basilius I. 12. 661 ff.

Baudemund 4.

Baudonivia, Nonne 221.

Beauvais, St. Lucian 40 N. 2. 50.

Bebenburg s. Lupoid.

Becket s. Thomas.

Beda Venerabilis 333 f. 377 f. ;

Kirchengeschichte 333. 373. 564 f.

568 ff. 592 ; Martyrolog 274. 333. Beichte, Traktat 782. Belgien, Urkundenwesen 326 ff. Belmonte, S. Maria di 639. H. Benedikt von Nursia 317. 597 f. Benedikt Biskop 349. P. Benedikt VII., Urk. 296 f. P. Benedikt VIII., Urkk. 637. P. Benedikt XII., Schreiben 614. Benedictus Levita 6 f. 105 ff. 433 ff. ;

Quellenverzeichnis des 2. Buchs

532 ff Benediktbeuren , Kl. 313. S.

Carmina. Benediktiner, Klöster im Lodesani-

schen 267 ; Kongregationen 295 ;

vgl. Mauriner - Kongregation.

794

Register.

St, -Benigne in Dijon, Kl. 637.

Benno 11., B. von Osnabrück 623 f.

St. - Benoit - sur - Loire (Fleury), Kl. 598.

Benvenuto da Imola 694. 699.

Benvenutus de S. Georgio 288.

Bergregal 616.

Bern, Geschichtsquellen 304.

Bernhard, Hzg. von Braunschweig 202 ff.

Bernhard von der Geist 648.

St. Bernhard bei Hörn, Cistercienser- nonnen, Necrologium 753 f.

Berthold, Hzg. von Zähringen 298.

Berthold, B. von Basel (Urkk.) 302.

H. Bertrand, B. von Le Mans 594.

Besangon, Erzbistum 654. Eb. Hugo der Gr.

Bestattung 159 f.

Bestialität 175.

de Bezanis s. Albertus.

Biandrate, Grafen 288.

Bibel, Quelle des Benedictus Lev. 532 f. 537 f.

Bibliotheken 586; Biblioteca Ros- siana 586 f. S. Handschriften, Rom.

Bibliothekskataloge, mittelalterliche Deutschlands 264.

Biel, Gabriel (Brief) 582 ff.

Bielitz 685.

Bilger, E. 9.

Bingen s. Hildegard.

Bischöfe, Hierarchie 619; Kriegs- dienst 480 ff. ; Kölner Kirchen- provinz 620. S. Episkopal- system.

Biterolf, Dichter 649.

St. Blasien, Kl. 683.

Bobbio, Kl. (Inventare) 323.

Böhmen, Herzogs- und Königsurkk., 306, s. Konstanze, Wenzel IV.; Landrecht 617; Ortsnamen 267.

Böhmer, J. Er. 302.

Boemuud II., Eb. von Trier 295.

Boleslaw I., Hzg. von Schlesien 636.

Bologna 641. 697; Bistum 578; Chroniken 285; Universität 574; Urkundenbuch 640.

H. Bonifatius 267; Briefe, Quelle des Benedictus Lev. 537. 539; Statuta 119 ff.

P. Bonifatius IV. 362; Dekret 375.

Bordeaux, B. H. Severin.

Bosau s. Helmold.

Boselli 311.

Boulogne, Graf Philipp.

Bourges, Ostertafel 49.

Braga, B. Martin.

Brandenburg , Bistum 9 ; Mark,

historische Volkslieder 6. Braunschweig, Herzoge : Bernhard,

Friedrich , Heinrich der Löwe,

Heinrich, Otto. Bremen, Erzb. : Adalbert, Balduin,

Otto von Braunschweig ; Dom-

scholaster Adam; Domherr Vicelin. Breslau, Fürstbistum 616. Bresslau, H. 3. 6. 10. Bretholz, B. 5. Breuil s. Guillaume. Breviarium Alarici 873 f. Brevier 317. Briefe s. Codex epistolaris, Epistola,

Epistolae, Papstbriefe, Urkunden

und im übrigen die Schreiber- namen. Briord (Dep. Ain) an der Rhone,

Grabschrift 41 f. Brixen , Dekanat- und Pfarrarchiv

305. Brunn, Teilfürst Udalrich. Brüssel, Pfarrkirche St. Michael und

Gudula 807 f. Brugman, Br. Johannes, Speculum

imperfectionis 601. Brunner, H. 3. 6.

Bruno, Kardinalb. von Segni 789 f. Bullenschrift, neuzeitliche 300. Burchard, B. von Würzburg, Vita

277. Burckard s. Johannes B. Burghausen, Vertrag 292. Burgund , Herzogtum 618.

Herzoge : Philipp der Kühne,

Robert I. , Katharina , Maria ;

Kanzler Rolin. Buzzano, S. Tomaso di 639. Byzanz, Liturgie 645.

C.

P. Calixt II., Dekret 396 f.

P. Calixt III. 644.

Cambrai, Bistum 629.

Canones - Sammlung des B. Martin

von Braga 404. S. Dekretalen,

Hispana. Canterbury, Erzbistum 375. 378.

391 N. 3. 410. 419 ff. Eb.

Thomas Becket. S. Kl. Christ

Church.

Register.

795

Capodistria, Bistum 296. Carcano, Schlacht bei 639 f. Carmina Burana 322 ; Mutinensia

320 f. 646 f. S. Gedichte,

Lieder. Carrara, Chronik 285 f. Caesarius, B. von Arles, Vita 221 £F. Caesarius von Heisterbach, Dialogus

miraculorum, Homiliae de infantia

salvatoris, Fraomenta miraculorum

655; Vita s. Elisabeth und Sermo

de translatione b. Elisabeth 281 ff. Caspar, E. 12. Cassiodorius , Historia tripartita,

Quelle des Benedictus Lev. 537. Celano s. Thomas. Ceolfrid, Abt von Wearmouth und

Jarrow 349. 377. Certamen anime des Raimundus

Astucus 705 ft". Chacimilliers s. Mathieu. Charderich, Abt von St. - Denis 34. Kg. Charibert I. 37. 39 f. Kg. Charibert II. 37. 43. Chaumont, St. Peter, Prior Nicolaus. Chelles, Aebtissinnen : Gela, Helvide,

Helvise, Mathilde. Chiemsee, Aebtissin Elspet. Kg. Chüdebert I. 37 ff. 40 f. 593. Kg. Childebert II. 37. 40 f. Kg. Childebert III. 32 N. 1. .35.

38. 40 N. 2. 47 f. ; Ürk. 48. Kg. Childebert, Sohn Grimoalds d. A.

38. 43 ff. Kg. Childerich II. 38. 44 ff. 591. Kg. Childerich III. 38. 51 ff. Kg. Chilperich I. 37. 39. 41. Kg. Chilperich II. 20. 38. 41.

49 f. Chirihheim (Kirchen in Baden) 276. Kg. Chlodomer 37. Kg. Chlodwig I. 21. 34. 37 f. Kg. Chlodwig II. 20. 38. 44 f. Kg. Chlodwig III. 20. 35. 38. 47 f. Kg. Chlothar I. 37. 39. Kg. Chlothar II. 20. 37. 41 f. Kg. Chlothar III. 20. 38. 45 ff. Kg. Chlothar IV. 38. 50. Choisy - au - Bac (Dep. Oise), Kl, 48. Chorbischöfe 478 ff. Christ Church, Kl. in Canterbury,

Mönch Eadmer. Christian I., Eb. von Mainz (Urkk.)

299. 627. Christoforus von Piacenza (Urk.)

642 f.

Chrodechildis, Gem. Kg. Chlodwigs I, 34.

Chrodechildis , Gem. Kg. Theude- richs III. 34.

Chroniken: Chronik, Österreich, von den 95 Herrschaften 6 ; nach den sieben Weltaltern 695 f. 698 N. 1 ; von München 303 ; von S. Vincenzo al Volturno 656. Chroniken von Bologna 285; deutsche 6. 586; Italiens im MA. 270 ; des Kl. Ribnitz 286 f. Chronica monast. Hirsaug. des Trithemius 595; mon. Villariensis 601 f. Chronicon Ati- nensis ecclesiae 598 ; Estense 590 ; Salernitanum 663. 665 f. 668 ; Suevicum universale s. Epitome Sangallensis ; Trunchiniense 288 ; Wirziburgense 60 ff. C r o n a c a Carrarese 285 f. ; delle tribolazioni 284. S. Compendium, Corpus, Epitome chronicorum, Geschicht- schreiber, Historia, Scriptores, Weltchronik und im übrigen die Verfassernamen.

Chronologie s. Zeitrechnung.

Chrysostomos s. H. Johannes.

Cittä di Castello 297.

Cittanova, Inschrift 321. 646 f.

P. Clemens (III.) s. Wibert.

P. Clemens III. 680 f.

P. Clemens V., Schreiben 613.

P. Clemens VI., Urk. 630.

P. Clemens VII. 314 (Schreiben). 643.

Clementis s. Matthäus, Odo.

Codagnellus s. Johannes.

Codex diplomaticus regni Croatiae, Dalmatiae et Slavoniae 306; epi- stolaris des Johann von Jenstein, Eb. von Prag 314; Udah-ici 629; Vicelini 629.

Collectio s. Hispana,

Colonna s. Jakob.

Colquhoun, Familie 776 f.

H. Columban 274 f.; Briefe 654; Vita 221 ff.

Comacchio, Inschrift 650.

Compagni s. Dino.

Compendium chronicorum des ßr. Marianus von Florenz 284. 601.

Computus Notkers des Deutschen 648.

Concilia 3. 7. S. Konzilien, Kon- zilsakten.

Constantius , Vita Germani episc. Autissiodor. 221 ff.

796

Register.

Constitutiones et Acta ijublica 3. 5.

7. 586. Continuatio Fredegarii 591. Corbie, Abt Girard. P. Coi-nelius 366 ft". Corpus chronicorum Bouonieusiuni

285. Corvey, Kl. 84. 623 f. S. Widu-

kind. Cosmas, B. von Prag 681 ff. Cosmas von Prag, Chronik 5. 677 ff. ;

Hss. 684 ff. ; Fortsetzungen 278. Cremona, Bischöfe : J ohann, Liud-

prand. Crepy - en -Valois, Kl. 587. de Crivellis, Johannes 698. Cronaca s. Chroniken.

D.

Kg. Dagobert I. 34. 37. 41 ff.

S. Urkk. Kg. Dagobert II. 37. 43 fi". Kg. Dagobert III. 32 X. 1. 38. 47 ff. Dalmatien, ÜB. 306. P. Damasus 338 (Brief) ; Gedichte 350. Damiani s. Petrus. Dänemark 595. Dante, Monarchia 8. 293. Danzig 636.

Datarie, päpstliche 301. Decreta s. Dekretalen und PP. Boni-

fatius IV., Calixt U., Gregor VII.,

Nicolaus II., Urban II. Deditio 83 N. 2. Defensor pacis 614. Dekretalen 772; Quelle des Bene-

dictus Lev. 534 f. 538. S.

Decreta. Denar 289.

Dendermonde s. Maria von Burgund. St. -Denis, Kl. 651; Annalen 19

N. 1 ; Nekrologien 17 ff. Aebte :

Charderich, Dodo, Gauslinus, Hil-

duin, Hugo, Odo, Suger, Wilhelm.

Prior Thibaud. Mönche

21 ff. Desiderata 276. Determinatio compendiosa de iuris-

dictione imperii 8. 263. Deusdedit 513 X. 6. Deutschland, Gaue 625. S.

Chroniken , Germania , Recht,

Reichstagsakten .

Deutschorden 621. 636; Hochmeister-

Urk. 636; Siegelstempel 659,

Vgl. Mergentheira. Dichter s. Erfurt, Gedichte, Poetae

und die einzelnen Xamen. Dichtungen s. Ekkehart IV. von

St. Gallen, Suchenwirt. Dicta Aelfredi regis 424 ff. ; abbatis

Pirminii, Quelle des Benedictus

Lev. 537. Dieustrechte 7. 9. 'Dies irae' 645 f. Dietrich I., Hzg. von Oberlothringen

75 f. Dietrich II. von Mümpelgard 589. Dietrich von Wettin 93 ff. Dietrich, Abt von St. -Trond 576. Mag. Dietrich von Echternach 574 ff.

579 ff. Dijon, Kl. St. - Benigne 637; St.

Stephan (Urkk.) 309. Dino Compagni 602 f. H. Dionysius, B. von Korinth 22.

S. Vita. Dionysius Exiguus, Ostercyclus 49. Diplomata Karolinorum 9f. ; regum

et imperatorum Germaniae saec.

XI. 10. 586 ; saec. XII. 10. S.

Kaiserurkk., Königsurkk., Ottonen,

Urkunden. Diplomatik s. Album , Dorsual-

notizen, Imbreviaturen, Papsttum,

Urkundenwesen. Distelmeier , Christian , branden- burgischer Kanzler 5. Divizo , Kardinalpriester von St.

Martin 790. Dodo, Abt von St. -Denis 35. Dominici de Gravina Chronicon de

rebus in Apulia gestis 285. H. Dominicus 637. Dominikaneroi-den 286. 630. 637. Donatkommentar des B. Erchanbert

von Freising 654. Dorsualnotizen der italienischen No-

tariatsurkk. 311 f. Dortmund , Richter und Gericht

618. Douzy s. Konzilsakten. Drechsel, Andreas 605. Dürnstein , Chorherrenstift , Xecro-

logium 764 f. Durand s. Wilhelm. Dynter s. Edmond.

Register.

797

Eadmer, Mönch in Christ Chiirch in

Canterbury 386 N. 3. 391 N. 4.

396 N. 4. 410 f. 420 f. Eberbach, Kl. ö72 f. Ebernand von Erfurt 649. Ebo von Reims , Apologeticum,

Quelle des Benedictus Lev. 492 f. Ebulo s. Petrus. Echteruach, Kl., Liber aureus 576.

Mönch Mag. Dietrich. Edictum legationis v. J . 789 : 607 £f. Edmond de Dynter 604. St. Edmund, Abt Balduin. Eduard III., Kg. von England 613 f. Eggenburg , Observanten , Necro-

logium 731. Egilbert, B. von Osnabrück (Brief)

623 f. Egloffstein s. Johann. Ehe , Trennung 146. 174. 182 f. ;

Verbot 146. 174. S. Tractatus. Ehwald 12.

Eike von Repgow 611 f. Einhard, Vita Karoli Magni 381 f.

384 f. 406 f. 417. Ekkehard v. Aura s. Frutolf. Ekkehart IV. von St. Gallen 647 f. H. Elisabeth 293. S. Vita. Elisabeth, Kgin. von Ungarn 591. Elsass s. Oberelsass, Theoderich. Elspet, Aebtissin zu Chiemsee (Urk.)

635. Elziarius de Sabrano, Kardinal 643. H. Emmeram, angebliches Grab 277. St. Emmeram zu Regensburg,

Mönch Arnold. Eneas Silvius Piccolomini, Briefe

315. 643 f. S. P. Pius IL England 613 f. ; Hss. des Liber

pontificalis 333 ff. Könige:

Alfred, Eduard III., Heinrich I. Ennodius 531.

Enthaltsamkeit der Kleriker, Traktat

782. Enzykliken v. J. 1252: 301. Episkopalsystem des Benedictus Lev.

452 ff. 458. Epistola Alexandri ad Aristotelem

324 f. ; Sidonis 5. 263. Epistolae 11 f. S. Briefe. Epitome chronicorum Casinensium

598 ; Sangallensis 59 ff. Erchanbert, B. von Freising 654. Erchenrad, B. von Paris 23.

Erfurt, Dichter 649.

Ernst, Hzg. von Schwaben 73 ff. 102 f.

Essen, Kl. 625.

Este, Chronicon 590.

St. Euchar in Trier, Abt Gottfried.

P. Eugen III., Urk. 629.

P. Eugen IV., Originalregister 309.

Eugenia s. Passio.

Eugippius, Vita Severini 273.

Evangeliar von Maeseyck 656.

Evesham, Kl. 378. 419.

Exkommunikation 187 f.

Ezzelin (III.) von Romano 590 f.

F.

Fälschungen s. Legenden-, Urkunden- fälschungen, Siegel.

Fakenham s. Nicolaus.

Falke, J. F. 788.

Famina Hisperica 653 f.

Fastenzeiten 137 ff.

Fastlinger 12.

Fermo, Urkk. 627.

Ferrara s. Riccobald.

FeugneroUes s. Philipp.

Fieschi, Privilegiensammlung 299 f.

Firmung 130. I Flagellantismus 602, { Flandern, Annalen des Jacques de Meyere 606; Kartulare (Ver- zeichnis) 309; Klerus 643; Tuch- industrie 269 ; Zeitrechnung 329. 657. Graf Theoderich.

Flandrin, Petrus, Kardinal, 603.

Fleury (St. -Benoit-sur- Loire) 598.

Flodoard von Reims 566.

Florenz 641, S. Gesta, Marianus.

Floris V., Graf von Holland und Seeland, Herr von Friesland 591.

Fontes iuris Germanici antiqui 8. 263.

Forli, Annalen 605.

P. Formosus 386 fi". 419 f.

Formula aV)renuntiationis , Quelle des Benedictus Lev. 150.

Formulae , Quelle des Benedictus Lev. 481 f. 487. 516.

Formelbuch, Formularsammlung s. Niederaltaich, Richard von Pofi.

Francesco Petrarca 312.

Franciscus Pipinus 590.

Franken s. Lex Salica.

Frankenberg, Chronik 605.

Frankfurt a. M., Stadtarchiv 301 f.

Frankreich , Könige : Lothar, Phi- lipp II., VI. Königsurkunden

798

Register.

637 ; s. Karl der Einfältige, Rudolf,

Robert, Ludwig VII., Adela.

S. Mönchswesen. Franziskanerorden 283 f., 587. 600 f.;

Generalkapitel von Perpignan

600. Vgl. Minoriten. Frauenwörth 635. Fraxinetum 594. Frechulf von Lisieux 564. Fredegarii contiuuatio 591. Freiburg i. Br.. v. Andlawsches Archiv

302. Freiburg (Schweiz) 324. Freising , Privaturkunde 52 f.

Bischöfe: Erchanbert, Otto. Freistadt 635. K. Friedrich I. 232 f. 244. 634 ;

Siegel 252 N. 2. 253. S. Urkk. K. Friedrich II. 310; Siegel 254 f.;

Urk. 299. K. Friedrich III. 586. 653; Urk. 643. Friedrich, Hzg. von Braunschweig

201 ff. Friedrich II., Hza".von Oberlothringen

75 ff. Friedrich , Hzg. von Oesterreich-

Tirol 635. Friedrich, Burggraf von Nürnberg

218. Friedrich I., Eb. von Köln (Brief)

312 f. Friedrich III. von Saarwerden, Eb.

von Köln 268. Friedrich v. Zollern, B. v. Augs- burg 605. Friesen , Gesch. und Rechtsgesch.

290. 607; Kirche S. ölichele in

Rom 301; Tuche 269. Friesland, Herr : Floris V. Frutolf-Ekkehard 6. 596. Fuchs, A. Fr. 12. Fürstenurkunden 302. Fulda, Annalen 276. Fussfall des Kaisers 292.

O.

Gailesvinda, westgotische Prinzessin, Gem. Kg. Chilperichs I. 39.

Galeazzo Gatari 285 f.

St. Gallen 58 ff. 103 f.; Annalen 58 ff. ; Epitome 59 ff. ; Privaturk. 52 f. ; Urkundenbuch 303. Mönche: Ekkehart IV., Notker, Ratpert.

Gallus, Name 274 f.

Galluslied Ratperts 648.

Gaming, Kartause, Nekrologien 762 f.

Garlandia s. Johannes.

Gaspare Pontani, Diario Romano 285.

Gassino, Urkk. 639.

Gatari s. Andrea, Bartolomeo, Ga- leazzo.

Gaue Deutschlands 625.

Gauslinus, Abt von St. - Denis 25.

Gebhard, B. von Prag 679 ff.

Gebhardt 6.

Gebizonis Vitae 597.

Gedichte s. Carmina, P. Damasus, Dichter, Dichtungen, 'Leda', Lie- der, Lyrik, Modena, '0 Roma uo- bilis', Poetae, Rhythmen, Volks- lieder, Waltharius.

Geismar, Scliloss 211 ff.

Geist, Bernhard von der 648.

Geistliche, Standesverhältnisse 620.

S. Klerus.

Gela, Aebtissin von Chelles 34.

P. Gelasius IL 395 f. 411 f. S. Urkk.

Geldgeschichte Basels 659; Schwa- bens 657.

Gelnhausen, Urk. 291. S. Konrad.

Gembloux, Mönche: Guibert, Sige- bert.

Genealogie, Studien zur Reichs- geschichte 590.

Sainte-Genevieve, Kl. 31 N. 2. 38.

Abt Stephan. Genua 652.

Georg de la Tremoille 638.

St. Georgenberger Kartular 306.

de S. Georgio s. Benvenutus.

Geras, Prämonstratenserstift, Nekro- logien 764 f.

Gerhard, Mönch in Reichenau 312.

Gericht in Dortmund 618 ; s. Send- gericht*. — Jüngstes Gericht, Rhythmen 645 f.

Gerichtsurkunden in Toscana 297.

Gerichtsverfassung und Verfahren in den alten Vierteln des Landes ob der Enns 266.

St. -Germain -des -Pres, Kl. 31 N. 2. 38. 46. 295.

Germania sacra 264. 266.

Germanus , B. von Auxerre , Vita 221 ff.

Gerstenberg, Wigand 605 f.

Gertrud, Aebtissin von Nivelles 44.

Register.

799

Geschichtschreiber des Mittelalters

269 f. ; der deutschen Vorzeit 592.

S. Italien, Scriptores. Geschichtsquellen s. Bern, Görlitz,

Kartäuserorden, Mecklenburg. Gessenius, Paul 686 ff. Gesta episcoporum Leodiensium

594 f. ; Florentinorum 4 ; sanc-

torum Villariensium 601 f. ; Sil-

vestri 227 f. Giebichenstein 85. Gildas 654. Giornale storico della letteratura

Italiana 264. Girard, B. von Angouleme 790. Girard, Abt von Corbie 23. Girardi s. Petrus. Gisela, Schwester Karls des Grossen

(ürk.) 33 f. Gisilbert von Mons 327. Glanfeuil 599. Glöckner, Johann 588. Glossario medievale Ligure 267. Glossarium, Quelle des ßenedictus

Lev. 507 N. 1. H. Goar 592 f. Godius, Antonius 604. Göding, Grüudungsurk. 307. Görlitz, Annalen 588; Geschichts- quellen 287 f. Goliardeu 707. 712 S. Goslar, Ratsverordnungen 293. Goten s. Westgoten. Gotskircher, Sigmund 286. Gottfried, Patriarch von Aquileja 638. Gottfried, Abt von St. Euchar in

Trier 580 f. Gottfried, Propst von Rupertsberg

574 f. 578 f. Göttweig, Benediktinerstift, Nekro-

logien 746 ff. Grabschriften der Päpste 350 ff.

S. Briord. Gradenigo s. Pietro. Grätz a. d. Mohra 635. Grauert 8.

Gravina s. Dominicus. P. Gregor I. 317. 361 f. 425 f. ;

Dialoge 221 ff. 372 f. 381 N. 1 ;

Vita 334. Vgl. Sacramentarium. P. Gregor II. 404. P. Gregor VII. 326 (Brief), Dekrete

391 f. P. Gregor IX., Urkk. 630. 634. 642. P. Gregor XL, Urk. 614. Gregor von Tours 591 f. 594.

Griechen 367. f.

Grimoald d. A., Hausmeier 38. 43 ff.

(Urk.). Grottkau, Einung 588. Grünsfeld 618.

Guarinus de Longo -ponte 782. Guibert, Mönch von Gembloux 578 ff. Guilhem Vial 631. Guillaume de Breuil 285. Gumbert, Gründer des Kl. Ansbach,

Vita 277. Kg. Guntram 37. 40. Güterbock, Br. 14.

H.

Habsburg, Haus, Xekrolosien 726 f. S. Kg. Rudolf.

P. Hadriau I. .384 f. 406 f.

P. Hadrian IV. 232 f. 244.

Hagiographie, Hss.: Rom 271, Turin 587: Jahresbericht 270.

Hamburg. Erzbistum(Papsturkunden) 627 fi". Eb. Adalbert.

Handschriften : Altenburg bei Hörn, Stiftsbibl. 747. 764 ; Bautzen, Gers- dorffsche Bibl. 687. 691. 699; Berlin, Kgl. Bibl. 769 f. 776 ff. ; Bonn, Univ.-Bibl. 643; Brewnow, Kl. 689. 691 f. ; Brügge, öffentl. Bibl. 606; Brunn, Stadtarchiv 691 ff.; Brüssel 572. 576. 579; Budweis. Dechautei 691; Cam- bridge, Univ.-Bibl. 334 ff. 892 N. 1. 410. 420. 424 ff.; Cheltenham 286 ; Donaueschingen, Hof- Bibl. 691 f.; Dresden, Kgl. Bibl. 687 f. 690. 699; Florenz, Bibl. Lauren- ziana 699, Riccardiana 284; St. Gallen, Bischöfl. Ordinariat 286, Stiftsbibl. 707 f. ; Gent 277, Univ.- Bibl. 606 ; Göttweicr, Manuskripteu- kabinett 734. 744.' 747 f. 763. 765 ; Graz, Univ. - Bibl. 658 ; Heiligen- kreuz 744, Archiv 745 ; Herzogen- burg, Prälatur 764, Stiftsarchiv 753 ; Jena 280 f. ; Klosterneuliurg, Stifts - Archiv 733 f. 741 f., Stifts- Bil)l. 738 ff. ; Kreuzenstein (Burg), Bibliothek 734 f. ; Leiden 341 N. 2. 403 N. 2. 405; Leipzig, Univ.- Bibl. 575. 691. 699; Lilienfeld, Kirchensakristei 757, Stiftsarchiv 754 ; Linz 588 ; London, Britisches Museum 6. 220 N. 5. 335 f. 377 f.

800

Register.

380. 383 N.5. 385. 389 N. 2. 398 ff. 419 f. 423 N. 1. 427 ff. ; Madrid 328. 606; Mainz, Stadtbibl. 582; Melk, Stiftsarchiv 746. 750, Stifts- Ijibl. 749 f. 758 f.; Merseburg, Dom- kapitelbibl. 643 ; Monte Cassino 654. 671; München, Hofbibl. 691. 698 N. 3, Reichsarchiv 652 ; Münster, Staatsarchiv 629 (Codex Vicelini) ; Nordkirchen 281 f. ; Olmütz, Stu- dienbibl. 698 f. ; St.-Omer 380 N. 1 ; Oxford 300. 334. 351 N. 1. 374; Paris 220 N. 4. 281. 352 f. 355. 592, Nationalbibl. 7. 275. 403. 405. 414 f. .591. 769 ff.; Perugia, Stadtbibl. 642 ; St. Polten, bischöfl. Alumnatsbibl. 757; Prag 573, Domkapitelbibl. (Metropolitan- bibl.) 688 fi'., fürsterzbischöfl. Bibl. 689 N. 3. 691 f., Univ.-Bibl. 643. 687; Raudnitz 5. 691 f.; Rom 271, Bibl. Vallicellana 300, Vaticana 279. 451 N. 1. 507 N. 1. ,595. 611. 656. 676 ; Seitenstetten, Stiftsarchiv 763 f. ; Stockholm 685. 689 f. ; Strassburg, öffentl. Bibl. 685. 690 ff. 699; Trier, Stadtbibl. 220 N. 5; Turin, Nationalbibl. 587. 591 f. ; Venedig, Bibl. Marciana 380 N. 1 ; Verdun 351 N. 1. 355 f.; Wien 328. 358 N. 6, Bibl. des Franzis- kanerkl. 731, k. k. Hofbibl. 687 ff. 726 f. 737.743. 751 ff'. 762 f. 765 f., des Minoritenkl. 727 f., Rossiana (Jesuitenkolleg in Lainz) 586 f., Archiv des Metropolitankapitels 736 f.; Niederösterreichisches Lan- desarchiv 728, Staatsarchiv 652; Zürich, Kantunsbibl. 648 ; Zwettl 284, Stiftsbibl. 760 ff. S. Neu- werk.

Handschriftenkunde 586.

Handwerk, altdeutsches 660; Ge- nossenschaften s. Mailand.

Hansa, Geschichte 652; Name 301.

Hanthaler, P. Chrysostomus 757.

Hardenberg s. Heinrich.

Harlebeke, Kirche 307.

Hartwig, Abt von Hersfeld 624.

Hausmeier, Urkunden s. Grimoald d. Ä., Pippin d. M., Karl Marteil.

Hausruck 266.

Hauthaler, W. 4.

Havelberg, Bistum 9.

Heiligenkreuz, Cistercienserstift, Ne- krologien 742 ff.

Heiligenleben s. Vita.

Heimfallrecht 617.

K. Heinrich II., Bulle 248 N. 1;

Vita 276. S. Urkk. K. Heinrich III. 88 ; Siegel 259 ff.

297. S. Urkk. K. Heinrich IV., Siegel 261 f.

S. Urkk. K. Heinrich V. 596. 790; Urk. 615. K. Heinrich VI., Siegel 253 f., Urk.

297. K. Heinrich VII. 613 ; Archiv 236.

243 f. ; Herrschaftsverhältnisse in

Italien 268; Urk. 613. Heinrich I,, Kg. von England 396.

428 ff. Heinrich der Löwe 291 f. Heinrich, Hzg. von Braunschweig

202 ff. Heinrich, Graf von Waldeck 201 ff. Heinrich I., ß. von Bamberg 634. Heinrich I., B. von Lüttich 627

(Urk.). H. Heinrich IL Zdik, B. von Olmütz

267. Heinrich, B. von Orleans 23. Heinrich von Hardenberg 324. Heinrich von Klingenljerg 6.33. Heinrich von Langenstein 572 ff. Heinrich von Weissensee 649. Heisterbach s. Caesarius. Hellmann 12.

Helmold, Slavenchronik 5. 263. 595. Helvide, Aebtissin von Chelles 24 N 1. Helvise, Aebtissin von Chelles 24 N. 1 . Hennegau, Herrschaften 308. Henze 12.

Heriger s. Gesta episcop. Leodiens. Hermann IL, Landgraf von Hessen

201 fl". Hermann, Abt von Altaich 651 f. Hermann von Reichenau 58 ff. Herrscherj ahre, vereinfachte 52 f. Hersfeld, Kl. 624; Abt Hartwig. Herzogenburg, Chorherrenstift, Ne-

crologium 764. Hessel, A. 10.

Hessen, Landgraf Hermann IL Hierarchie, bischöfliche 619. H. Hieronymus 425 ff., Brief 336.

338; Quelle des Benedictus Lev.

521. S. Martyrologium. Hilarius 614 f. Hildegard von Bingen, Aebtissin von

Rupertsberg , Lebensbeschreibun- gen 572 ff.

Register.

801

Hildesheim, Bistum 10. (Urkunden- verzeichnis) 020.

Hilduins Vita Dionysii .382. 417.

Hillin, Eb. von Trier 589.

Hinkmar, Eb. von Reims .325. 564 f. 593. 619. 769 ff.; Briefe 12; Gut- achten über die Ehescheidung des Kg. Lothar II. 770 ff.; Rotula 770; Vita Remigii 373.

Hirsch, H. 11.

Hirschau, Kl., Annalen und Chronik des Trithemius 595.

Hispana 466 ff. ; H. Gallica 467 ff.; H. G. Augustodunensis 467 ff. Vgl. Dekretalen.

Hisperica Famina 653 f.

Historia Mauriniacensis monasterii 278 ff. ; de preliis 325.

hgberch 280.

Hofmeister, A. 5.

Hofrechte 7. 9.

Hohenburg, Kl. 280 f.

Holder -Egger, 0. 3 f. 14.

Holland , Graf Floris V. S. Kg. "Wilhelm.

homines ligii 610.

P. Honorius I. 375 (Brief) ; Inschriften 359 f. 362 f. 366.

Honorius Augustodunensis 781 f.

Hopfgarten, Gerichtsbezirk, Archive .305.

P. Hormisdas 360. 371. 373 (Brief).

hostis = Heer 273.

Hrabanus Maurus 318. 325.

Hugo der Gr., Eb. von Besangen 654.

Hugo, Eb. von Sens 24 N. 1.

Hugo IV., Abt von St.-Denis 33.

Hus 622.

Hymnen 817. 644 f. 'S. Arezzo, Repertorium.

I. J.

Jablunkau 635.

Jacques de Meyere 606.

Jägerndorf 635 ; Groschen 658 : Wappen 659 f.

Jahresanfang 656 f. S. Herrscher- jahre.

Jahresbezeichnungen 637.

Jakob Colonna, Kardinal 284.

Jakob von Sirck, Eb. von Trier 632.

Jakob de Varagine 283.

St. Jakob zu Lüttich, Kl. 308 f.

Jandun s. .Tohann. Janov s. Matthias. Jarrow, Kl. 377. 419. Abt

Ceolfrid. Jenstein s. Johann. Jerusalem, Reich 268. .lesus, Kürzungsform 328. Imbreviaturen 311 f. Imola s. ßenvenuto. P. Innocenz III. 22. P. Innocenz IV. 301 ; Urkk. 601. P. Innocenz VI., Urkk. 630. Inschriften s. Cittanova, Comacchio,

Grabschriften , P. Honorius I.,

Italien, Modena, Pavia, Rom.

P. Symmachus. Interpunktion 655. Inventare aus Kl. Bobbio 323; mittel- alterliche aus Tirol und Vorarlberg

650 f. S. Archivinventare. Investiturprivileg v.J. 1111: 789 ft\ Investiturstreit in der Normandie

427 ff'. P. Johann I. 371. P. Johann III. 371 f. P. Johann VII. 3(53 f. P. Johann VIII., Register 12. P. Johann XV., Brief .389. P. Johann XXII. , Extravagante

620; Urkk. 630. Johann, Kardinalb. von Tusculum

789 f. .Johann, B. von Cremona 310. Johann II., El), von Mainz 195 ff. Johann von Jenstein, Eb. von Prag

314. Johann von Victring 5. 263. Johann von Egloffstein, Dompropst

von Würzbui'g 200 f. Johann IL, Burggraf von Nürnberg

292. lohannis Burckardi Liber notarum

285. H. Johannes Chrysostomos 653. Johannes Codagnellus 599. 627. lohannes de Crivellis 698. loliannes de Garlandia 648 f. .Johann von .landun 614. H. Johann Kapistran 730 f. H. Johann von Nepomuk 603 f. lohannes Porta de Annoniaco 5 f. .Johann von Trittenheim s. Trithemius. Jonas, Vita Columbani 221 ff. 274 f. Jonas von Orleans, De Institutione

laicali 182 f. 528 f. Jordanus von Osnabrück 8. 284.

802

Register.

Iren 316 f.

Irland 274 f.; Sakramentar 593 N. 1.

Isidor von Sevilla 511 ; Etymologiae 319 f. 328. 485; Gesch. der Goten, Vandalen und Sueven 592 ; De rerum natura 312 ; Sententiae 221 ff. 477. 489 ; Synon. 486.

Italien, Chroniken 270; Geschicht- schreiber des 12. und 13. Jh. 277; Inschriften 650; historische Litteratur s. Giornale ; Notariats- urkunden 811 f. ; Verfassungsgesch. 609. Kg. Arduin. S. K. Heinrich VII., Normannen, Pie- monte.

Itinerare des MA. 324.

Juden 523. 582. 609. 614 f. 641.

Judenburg in Steiermark, Nekro- logium der Martinsbruderschaft 765.

Julian von Toledo 4.

lulianus Pomerius, De vita contempl., Quelle des Benedictus Lev. 482 f.

S. Justina zu Padua s. Annales.

Justizverwaltung im Herzogtum Burgund 618.

K.

Kaiser s. Fussfall.

Kaiserkrönung 665 ff.

Kaisersiegel 246 ff. S. die Kaiser- namen.

Kaiserurkunden 302. 304. S. Diplomata, Urkunden.

Kaiserwahlen der Stauferzeit 291. -^ S. Königswahl.

Kaiserwürde, Karolingische 663 ff.

Kaiendarien s. Monte Cassino.

Kalendarium necrologicum fratrum Minorum conventus in Goerlitz 288.

Kanonensammlung s. Dekretalen, Hispana.

Kapistran s. Johann K.

Kapitularien als Quelle des Bene- dictus Levita 535 f. 539. S. Edictum.

Kardinäle 789 ff. S. Bruno, Divizo, Elziarius, Jakob Oolonna, Johann, Konrad, Petrus Amelii, Petrus Flandrin, Petrus Girardi.

Karl Martell 50 f. ; Urk. 589.

K. Karl der Grosse 325. 384 f. 406 f. ; Bestattung 276 ; Vita s. Einhard. S. Urkk.

K. Karl der Kahle, Urk. 637.

K. Karl IV. 313. 614. 652 ; Bericht über seine Krönung 5 f. ; Bullen- stempel 256 N. 1 ; Eide und Privilegien für die römische Kirche 613; ßegesten 541 ff. ; Selbstbiographie 688. S. Urkk.

Kg. Karl der Einfältige von West- franken, Urk. 609.

Kärnten 634; Herzoge: Adalbero, Anna.

Karolinger, Urkunden 9 f. 623 ff., s. Frankreich, Hausmeier, Urkunden. S. Kaiserwürde und die Haus- meier- und Königsnamen.

Kartäuserorden , Geschichtsquellen 763.

Kartulare s. Flandern, St. Georgen- berg, Metz, Parc, St. Peter.

Kasimir, Hzg. von Polen 93 ff.

Katharina von Burgund, Hzgin. von Oesterreich 632 (Urk.). 651.

Kiburg s. Werner.

Kirche, Römische 613 ; Zustände im Mittelalter 295 f.

Kirchen, Ort in Baden 276.

Kirchenraub 482 ff. 506 f.

Kirchenrecht s. Recht.

Kirchheim im Elsass 276.

Kitzbühel, Stadtrechtsquellen 619 ; Gerichtsbezirk, Archivalien 635.

Klarissenregel, Regensburger 325 f.

Klein - Mariazeil , Benediktinerstift, Necrologium 758 f.

Klerus, Enthaltsamkeit (Traktat) 782; Flanderns 643. S. Geistliche.

Klingenberg s. Heinrich.

Klosterneuburg , Augustinerchor- herrenstift, Nekrologien 737 ff.

Köln , H. Ursula - Kirche und St. Pantaleon-Kl. 326 ; Kirchenprovinz 620. Erzb.: Friedrich I., III., Severin.

Königsurkunden 304. S. Böhmen, Diplomata, Frankreich, Ungarn, Urkunden.

Königswahl, deutsche 291. 609 f.

Kollegien an der Universität Prag 621 f.

Konfirmation (Firmung) 130.

K. Konrad II. 70 ff. ; Siegel 250 N. 2. 259. S. Urkk.

Kg. Konrad III., Urkk. 10.

Konrad , Kardinallegat von Porto und S. Rufina, Urk. 632.

Register.

803

Koni'ad III. , B. von Regensburg. Urk. 634.

Konrad von Gelnhausen, Dompropst von Mainz 603. 643.

Konrad Heinrich von Wesel 814.

Konrad v. Megenberg 8.

Konrad von Mure 323. 633.

Konrad v. Scheiern, Urk. 297.

K. Konstantin IV., Brief 376.

P. Konstantin, Brief 378.

Konstanz, Münzgebiet 657 ; Bischöfe, Urkundenwesen 633. Propst Heinrich von Klingenberg.

Konstanze, Kgin. von Böhmen, Urk. 307.

Konzilien, Basel 315. 636. 644; Lateran (1112) 789 ft'.

Konzüsakten 277 f. ; Quelle des Benedictus Lev. 533 f. 538 ; des 6. allgemeinen v. J. 680 : 375 f. ; des römischen v. .1. 721 : 378 f. 404 ; von Douzy v. J. 871 : 770 X. 2.

Korinth, B. H. Dionysius.

Koser, R. 3. 14.

Krammer, M. 7 £f.

Krems, Pfarre 626.

Kremsmünster, Kl., Stiftungsurk. .305.

Kreuzfahrt des Landgrafen Lud- wig III. von Thüringen 6.

Kriegsdienst der Bischöfe 480 ff.

Kroatien, ÜB. 306.

Krusch, Br. 3 f.

Kunegundis, Gem. K. Heinrichs II., Vita 276.

Kurfürstenkolleg 609 f.

Kürzungsform für Jesus 328.

Kuttenberg, Dekret 621 f.

Lagny, Abt Roger. Laieninvestitur 427 £f. Laisackerhof, Adelsarchiv 302. Lambert II., Graf von Löwen 307 f. Lambert von St. - Omer , Liber

floridus 277. 334 f. 380 N. 1. 415. Land ob derEnns, Gerichtsverfassung

und Verfahren 266. Landeshoheit 615 ff. Landrechte s. Böhmen, Mähren. Langenstein s. Heinrich. Langobarden, Privaturkk. 310 f. 640.

S. Lombarden, Languedoc 638. Laterankonzil v. J. 1112: 789 £f.

Lauconis silva 591.

Lausitz 93 ff.

'Leda, die moderne' (Gedicht) 322.

Legenda Aurea des .Takob de Vara- gine 283.

Legenden s. Afralegende, H. Severin.

Legendenfälschungen im St. Me- dardus-Kl. bei Soissons 10; des Petrus diaconus 599.

Leges 3. 6 ff . 586. S. Lex.

Lehnsverzeichnis Heinrichs von Hardenberg 324.

Lehnswesen 611..

Leitmeritz , Kollegiatkirche , Stif- tungsurk. 306 f.

P. Leo I. 350 f. 369 f.

P. Leo III. 385 f.

Leopold, Hzg. von Oesterreich, Urk. 302.

Levison, W. 4.

Lex Anglorum et Werinorum 6 ; Baiuwariorum 6 Quelle des Bene- dictus Lev. 501 f. ; Salica 7. 288 ff. ; Saxonum 6 ; Visigothorum 606, Quelle des Benedictus Lev. 535. 539.

Liber Augustalis 698 f. ; Pontificalis 4. 333 ff.

Lieder , historische in deutscher Sprache 6; mittellateinische 322 f.; unanständige in der Kirche 157 N. 2. 165. S. Galluslied, Lyrik, Volkslieder.

Lienz, geistliche Archive 304 f.

Ligurien s. Glossario.

Lilienfeld, Cistercienserstift, Nekro- logien 754 ff.

Lille, Kapitel von St. Peter 309.

Limoges, Kathedrale, Necrologium 40.

Lindau, Münz- und Geldwesen 657.

Linz, Diözese, Nekrologien 12.

Linzgau 302.

Lisieux s. Frechulf.

Litteratur, historische Italiens s. Giornale.

Litteraturkataloge 563.

Liturgie, byzantinische 645.

Liudprand von Cremona 565 f. Liutold, B. von Basel (Urk.) 632. Livland 636 ; Domkapitel und Klöster

620. Lochner 6. Lodi s. Benediktiner. Lombarden 310. S. Langobarden. Longo -ponte s. Guarinus.

804

Register.

Lonsdorf s, Otto.

K. Lotbar I. 39. 291.

K. Lothar JIL 599; Siegel 253. S. Urkk.

Kg. Lothar II., Ehescheidung^ 770.

Lothar, Kg. von Frankreich (954 986) 46.

Lothringen 655 ; Weistümer 293. S. Kg. Lothar II., Oberlothringen.

Löwen, Graf Lambert II.

Lübbenau, Schlossarchiv und -Bib- liothek 5.

Lucca 70 f. S. Tholoraeus.

P. Lucius III., 'Crk. 630.

Luditz 293.

K. Ludwig I., der Fromme, Siegel 248 N. L S. Urkk.

Kg. Ludwig der Deutsche, Urk. 628 f.

K. Ludwig II., Brief 12. 661 ff.

K. Ludwig IV. der Baier 586. 613 f.

Ludwig VII., Kg. von Frankreich. Urk. 637.

Landgraf von Thü-

Laudgraf von Thü-

Ludwig III. ,

ringen 6. Ludwig IV. ,

ringen 268. Lüttich, Bistum 630. Bischöfe:

Balderich , Heinrich I. , Robert

von Thourotte. S. Gesta, St.

Jakobski. Lupoid von Bebenburg 8. 292. 294 f. Lutold, Teilfürst von Znaim ()99 f. ;

Urk. 708 f. Lj'on, Eb. Agobard. Lyrik , historisch - politische des

13. Jh. 6 ; lateinische des MA. 647.

S. Lieder.

Mabillon 295. 588.

Mähren, Landrecht 617.

Maeseyck, Evangeliar 656.

Magdeburg, Eb. Wichmann.

Magnoald, Abt von Tussonval 34.

Mailand 639 f. ; Handwerksgenossen- schaften (Statuten) 304 ; Staats- archiv 309 f.

Mainz 582. 584 f. ; Bistumsstreit 582 ff. 614. Erzb. : Bonifatius, Chri- stian I., Johann IL; Dompropst Konrad von Gelnhausen.

Malmedy, Kl, s. Stablo.

Malmesbury, Kl. 377. 419. S. Wilhelm.

Manasserus (Manasses), Prior von Argenteuil 34.

Manegold, Graf 102 f.

Le Maus, Bistum 10: Bischofsregesten 638. Bischöfe : H. Bertrand, H. Turibius. S. Actus.

Marbach, Kl., Annalen 280.

Maria von Burgund, Frau von Den- dermonde 636.

Marianus de Florentia 284. 601.

IMarianus Scotus 566 f.

San Marino 641.

Marlenheim im Elsass 276.

Marnay, Prior Philipp.

Marsilius von Padua 8.

H. ^Nfartha 588.

H. IMartin, Vita 591 f.

P. IMartin IV. s. Urkk.

P. Martin V., Bulle .309.

Martin, B. von Braga 404.

Martin, Abt von Monte Massico 597.

St. Martin, Kl. zu Metz 589 f.

St. Martin in Rom, Kardinalpriester Divizo.

Martyrologium Hieronymianum 653. S. Beda, Xotker.

Masmünster, Kl. 632.

Mathieu des Chacimilliers, Prior von Reuilly 27.

Mathilde, Aebtissiu von Chelles 24 X. 1.

Matthaeus Clementis 314.

Matthaeus Palmerius, Liber de tem- poribus 285.

Matthias von .Tanov 655.

St.-Maur-les-Fosses, Abt Yulfei'ius.

Mauriner - Kongregation 588.

Mauritius, B. von'Paris (Brief) 309.

Mautbücher s. Passau.

Mecklenburg, Geschichtsquellen286 f.

St. -Medardus-Kl. bei Soissons 48; Urkunden- und Legendenfälsch- ungen 10.

Medizinische Traktate 654.

INIegenberg s. Konrad.

Meissen 635 ; Bistum 256 f. (Ur- kundenfälschungen) 616.

Melania d. J., Vita 221 ff.

Melk, Benediktinerstift, Nekrologien 749 ff. S. Anonvmus.

Memleben, Kl. 256 f.

Mende, B. Wilhelm Durand.

Mercien, Kg. Offa.

Mergentheim . Deutschmeister und Stadt als Empfänger von Urkk. Kaiser Karls IV. 545 fi'.

Register.

805

Merowinger , Chronologie 15 ff. S. Urkk. und die Königsnamen.

Merseburg, Frieden 90 ff.

Mesko, Hzg. von Polen 90 ff.

Messe, Quelle des Benedictus Lev. 128 f.

Methode, historische 269.

Metz, Bistum 219. 632 (Kartulare). B. Theoderich III. S. St. Arnulfski., St. Martinski.

Meyer, Heinrich 6.

Meyer, Hermann 8.

Meyer, P. Johannes 286.

Meyere s. Jacques.

Michel, H. 6.

St. Michiels zu Antwerpen, Kl. 308.

Milly s. Thibaud.

Minden, Fürstentum 615 f.

Miniaturen 328 f. 656.

Ministerialen, Recht 620.

Minoriten 284:. 600 f.; Generalminister 600 f. S. Franziskaner, Kalen- darium.

Minoritenobservanten, Provinz Oester- reich , Necrologium 730 f. S. Eggenburg, Wien.

Mirabilia ßomae 694 ff.

Mittellatein. Lieder 322 f. S.Lyrik.

Modenä, Gedichte und Inschriften 320 f. 646 f.

Mönchswesen in Frankreich 295.

Moldau 617.

Molise 611.

Monasticon metropolis Salzburgensis antiquae 264 ff.

Monferrato, Archiv 310.

Mons s. Gisilbert.

Monte Cassino , Fälschungen des Petrus diaconus 596 ff. ; Hs. me- dizinischer Traktate 654; Kalen- darien 654 ; Klosterchronik 598 f. ; Placita 291.

Monte Massico, Abt Martin.

Monumenta Habsburgica 726 f. ; pa- laeographica 326.

Morigny, Kl, Chronik 278 ff.

Mosbach 267.

Müh] hausen in Thüringen, Stadt- archiv 635.

Müller, E. 9 f.

Mümpelgard s. Dietrich II.

München, Stadtarchiv und -Chronik 303.

Münchenwiler, Cluniacenser - Priorat bei Murten in der Schweiz, Ne- crologium 650.

Neues Archiv etc. XXXV.

Münster, Bistum 631 ; Domkapitel 618.

Münzbereehtigung des Hochstifts Bamberg in Kärnten 634.

Münzgeschichte : Basel 659 ; Oester- reich 658; Oesterreichisch- Schle- sien 658; Schwaben 657; "Worms 658 f. S. Denar, Jägerndorf.

Muratoris Rer. Ital. SS., Neuausgabe 285 f. 604.

Mure s. Konrad.

Murten 99 ff.

N.

Namur 308 f.

Nanthilde, Gem. Kg. Dagoberts I. 34.

Narbonne 609. Eb. Petrus Amelius.

Narses 371 f.

Nassau, Haus 590. S. Kg. Adolf.

Nationen an der Universität Prag 621 f.

Neapel 665. 667 ff. B. Athanasius. .

Neidenau 618.

Neisse 636.

Nekrologien 12 ; Niederösterreichs 721 ff. S. Aggsbach, Altenburg, St. Andrä, St. Bernhard, St.-Denis, Dürnstein , Eggenburg, Gaming, Geras, Göttweig, Habsburg, Hei- Hgenkreuz, Herzogenburg, Juden- burg, Kalendarium, Klein -Maria- zeil, Klosterneuburg, Lilienfeld, Limoges, Linz, Melk, Minoriten- observanten, Münchenwiler, Passau, St. Polten , Premontre , Racine, Retz, Rothenmann, Seitenstetten, Vorau, "Wien, Zwettl.

Nepomuk s. H. Johann von N.

Neujahrsspiel von Sens 323.

Neumünster, Propst Sido.

Neuwerk bei Halle, Kl. (Widukind- Hs.) 787 f.

Nibelungenlied 321 f.

P. Nicolaus I. 619 ; Briefe s. Urkk.

P. Nicolaus IL, Dekrete 890 f., Urk. 639.

Nicolaus, Prior von St. Peter in Chaumont 25.

Nicolaus de Fakenham 283.

Niederaltaich, Formelbuch 652; wirt- schaftsgeschichtliche Quellen 651 f. Abt Hermann.

Niederösterreich , Staatsarchiv (Ur- kundenverzeichnis) 305 ; Toten- bücher 721 ff. ; "Weistümer 615.

52

806

Register.

Niederrhein 613 f.

Nienburg, Kl. 256 f.

Nimwegen, Königspfalz und Burg- kapelle 660.

Nivelles, Aebtissinnen : Gertrud, Wul- fetrude.

Nomi, Grafschaft 635.

Nordalbingien 595.

Nordeuropa 276.

Noricum s. Severin.

Nonnandie, Investiturstreit 427 flf. Hzg. Robert.

Normannen 6-42; Herrschaft in Unter- italien und Sizilien 277.

Notariat 633. Urkunde, italienische 311 f.

Noten, tironische 9. 328. 623.

Notitia (des Jordanus von Osna- brück?) 8. 284.

Notker der Deutsche von St. Gallen, Computus 648; Martyi-olog 275.

Notmesse 169 ff.

Noyon, Bischofssitz 4.

Nürnberg 315 f. Burggrafen : Al- brecht IV., Friedrich, Johann II.

Nursia s. H. Benedikt.

Nuwenburg, Schloss 211 ff.

O.

Oberacht 291 f.

Oberbaiern, Herzoge 299.

Oberelsass 651.

Oberlothringen, erstes Herzogshaus 589 f. Herzoge: Dietrich I., Friedrich II.

Oberösterreich, historischer Atlas 266.

Oberrhein. Archivberichte 302. 632 f. ; Stadtrechte 618.

Oblatio libelli 638.

Oderberg 635.

Odo Clementis, Abt von St. - Denis, Eb. von Ronen 22.

Oesterreich, Annalen 5. 62 ; Chronik von den 95 Herrschaften 6 ; Münz- gesch. 658; Staatsarchive 304; Urbare 323. Herzoge : Frie- drich, Leopold, Rudolf IV., Katha- rina. — S. Land ob der Enns, Mi- noritenobservanten , Niederöster- reich, Oberösterreich.

Oesterreichisch-Schlesien 635; Münz- wesen 658.

Offa, Kg. von Mercien (Urk.) 33.

Olmütz, ß. H. Heinrich II.

St.-Omer s. Lambert.

Oppenheim, Vertrag 195 ff.

Ordericus Vitalis 393 N. 4. 394 N. 3.

Orden s. Franziskaner, Kartäuser, Klarissen, Minoriten, Minoriten- observanten , Prämonstratenser, Prediger.

Orleans, Bischöfe : Heinrich, Jonas, Theodulf.

'0 Roma nobilis' (Gedicht) 821.

Ortsnamen im südlichen und süd- westlichen Böhmen 267.

Ortsnamenforschung Schlesiens 591.

Orvieto, Beamte 312.

Osnabrück , Bistum , Urkundenfäl- schungen 10. 623 f. Bischöfe : Benno II., Egilbert; Scholasticus Jordanus.

Osterburken 618.

Ostercyclus des Dionysius 49, des Victorius 49.

Osterstil in Flandern 329. 657.

Ostertafel von Bourges 49.

V. Ottenthai, E. 3. 10.

Otto 8.

K. Otto I., Siegel 257 f. S. Urkk.

K. Otto II.. Siegel und Urkunden 256 ff. —'s. Urkk.

K. Otto III., Bulle 258 N. 2. S. Urkk.

Otto, Hzg. von Polen 93.

Otto von ßraunschweig , Eb. von Bremen 202 ff.

Otto von Freising, Chronik 5, Bilder dazu 280 f.; Gesta Friderici 281.

Otto von Lonsdorf, B. von Passau 620 f.

Ottonen, Diplome 624 f. S. Urkk. und die Königsnamen.

Ovid im MA. 318.

P.

Padua, juristische Fakultät 313; S. Justina (Annalen) 604. S. Marsilius, Rolandin.

Palaeographie s. Album , Bullen- schrift, Kürzungsform, Miniaturen, Monumenta.

Palmerius s. Matthaeus P.

Palpanista Bernhards von der Geist 648.

Panico, Grafen von 312.

Papiermühle 656.

Register.

807

Papstbriefe im Archiv von Assisi 288 f. S. Papsturkunden, Re- gister, Urkunden.

Päpste, Grabschriften 350 ff.

Papstgeschichte s. Liber Pontificalis, Pseudoliutprand.

Papstkataloge 380 ff. 400 ff. 415 ft\ 421.

Papsttum : Avignonesisches Archiv 299 f.; Bullenstempel 301; Da- tarie 301 ; Diplomatik 300 f. ; Finanzen 630 ; Kanzlei 301 ; Kurie 313 f. ; Register 12. 309. Biblio- thekar : Anastasius ; Kämmerer : Arnold v. Auch. S. Salbung.

Papsturkunden 301. 306. 630. 637. 641 ; des Erzbistums Hamburg 627 ff. ; Fälschungen des Petrus diaconus 598. S. Bullenschrift, Enzykliken, Papstbriefe, Privile- giensammlungen, Urkk.

Papstwahl 619.

par litterarum 232 ff.

Parc, Kl. (Kartulare) 308.

Paris, Notre-Dame 31 N. 2. Bischöfe: Erchenrad, Mauritius.

P. Paschalis II. 395. 407 ff. 427 ff. S. Urkk.

Passau, Mautbücher 324. 651 ; Bistum 620 f. ; Nekrologien 12. 721 ff. B. Otto von Lonsdorf.

Passio Eugeniae 221 ff".

St. Paul in Kärnten, Kl. 265.

Paulinus von Aquileja 646.

H. Paulus, Gebeine 367 ff.

P. Paulus I. 383 (Brief). 406.

Paulus diaconus 275 f. 646.

Pavia 71 ; Inschrift 356.

Pavo (des .Tordanus von Osnabrück?) 8. 284.

Pelagius 325.

Pereis, E. 11.

Perpignan , Franziskaner - General- kapitel 600.

St. Peter auf dem Schwarzwald, Kl. (Rotulus) 303. 633.

Petrarca, Francesco 312.

H. Petrus, Gebeine 367 ff.

Petrus Amelii, Kardinal 603.

Petrus Amelius, Eb. von Narbonne 708. 710 f.

Petrus Damiani 595.

Petrus diaconus von Monte Cassino 596 ff. 600.

Petrus de Ebulo 600.

Petrus Flandrin, Kardinal 603.

Petrus Girardi, Kardinal 314.

Petrus, Infant von Aragonien, Minorit (Urk.) 601.

Pfalzgrafen bei Rhein: Ruprecht II., Kg. Ruprecht, Ruprecht Pipan.

Philipp II. August, Kg. von Frank- reich 22.

Philipp VI., Kg. von Frankreich 613 f.

Philipp der Kühne, Hzg. von Bur- gund 636.

Philipp, Graf von Boulogne 21.

Philipp von FeugneroUes, Prior von Mamay 26.

Piacenza, Bistum 310. 640. S. Christoforus.

Piccolomini s. Eneas Silvius.

Piemonte 594.

Pietro Gradenigo, Doge von Venedig (Schreiben) 313.

S. Pietro di Castelletto al Cervo, Kl. 312.

Pinnow 6.

Pipinus, Franciscus 590.

Pippin d. M., Hausmeier (Urk.) 47 f.

Kg. Pippin, Regierungsepoche 51 ff.

Pisa, Universität 641.

P. Pius II., Schreiben 644. S. Eneas Silvius Piccolomini.

H. Placidus 596 f.

Placita 7 ; Monte Cassineser 291.

Piatina, Privilegiensammlung 299 f.

St. Polten, Nekrologien des Chor- herrenstiftes 757 f. ; der Diözese 12. 721. 745 ff.

PoenitentialeVallicellanum II., Quelle des Benedictus Lev. 537. S. Pseudo - Theodor, Theodor.

Poetae Carolini 12. S. Dichter, Dichtungen, Gedichte, Rhythmen und im übrigen die Dichternamen.

Pofi s. Richard.

Polen, Feldzug v. J. 1032 : 90 ff. Herzoge: Kasimir, Mesko, Otto.

Polycarpe de la Riviere 588 f.

Pomerium des Riccobald von Ferrara 590.

Pomerius s. Julianus.

Pontani s. Gaspare P.

Pontificale 296; Quelle des Bene- dictus Lev. 539.

Porta de Annoniaco, Johannes 5 f.

Porto, Kardinalb. Konrad.

Prämonstratenser 298. 313.

Prag, Universität 621 f. Bischöfe (Erzb.) : Cosmas, Gebhard, Johann von Jenstein; Dekan Cosmas.

52*

808

Register,

Predigerorden 286.

Predigt über Sonntagsheiligung 782.

Premontre, Kl., Necrologium 323.

Priester, Strafgewalt 161.

Privaturkunden 634. 637. 639. S. Preising, St. Gallen, Lango- barden, Weissenburg und die Aus- stellernamen.

Privilegiensammlungen des Fieschi und Piatina 299 f.

Prophetieen 650.

Prosa s. Satzrhythmus.

Prouille, Kl. Notre-Dame, ÜB. 637 f.

Provence 637.

Provinzialsynoden s. Salzburg.

Prozess Heinrichs des Löwen 291 f.

Prüm s. Regino.

Prutting, Pfarrarchiv 303.

Pseudo-Ambrosius, Quelle desBene- dictus Lev. 498.

Pseudoisidor 374 f. 378 f. 467 ff. 511 ff. 619; englische Hss. 421. S. Dekretalen.

Pseudo - Leonis IV. Homilia (aucta), Quelle desBenedictusLev.537. 539.

Pseudoliutprand 623 f.

Pseudo - Theodori Poenitentiale, Quelle des Benedictus Lev, 536.

Pulkawa 694 f.

Q.

Quatemberfasten 137. Quellenkritik 57. St.-Quentin 602.

R.

Racine, Dom R. Fl., Necrologium 15 ff.

Radegundis, Vita 221 ff.

Raimundus Astucus 705 ff.

Ranshofen am Inn, Augustiner-Chor- herrnstift, Traditionscodex, 305.

Ratpert, Mönch in St. Gallen, Gal- luslied 648.

Rattenl^erg, Stadt- und geistliche Archive 305.

Rechnungen, Rechnungsbücher 631. 652 f.

Recht, deutsches in Ungarn 617; s. Dienstrechte, Fontes, Ministerialen, Stadtrechte. Kanonisches 582. 609 f. 619 f. 652; s. Zivilprozess. Römisches 641. 769 f.; Quelle

des Benedictus Lev. 535, 538; s. Breviarium Alarici. Reformacio Predigerordens 286. Regensburg, Klarissenkl. 325. B. Konrad III. S. St. Emme- ramskl. Regesten s. Le Maus. Regino von Prüm 565. Register P. Johanns VIII. 12; P.

Eugens IV. 309. Registrum S. Placidi 596 ff. Reichenau,K1.58ff. 102 ff. Mönche:

Gerhard, Hermann. Reichsabteien 621. Reichsgeschichte s. Genealogie, Reichsleute, Westhofener 618. Reichstagsakten, Deutsche 193 ff. Reichsverwaltung 615. Reims 566 ; Kirchenprovinz (Annaten- verzeichnis) 309. Erzb. : Ebo, Hinkmar, Remigius. S. Flodoard. Reinhardsbrunn, Kl., Urkk. 10. Remigius, Eb. von Reims, Vita 378, Repertorium hymnologicum 277. Repgow s. Eike, Retz, Dominikaner , Necrologium

732 f. Reuilly, Prior Mathieu. Rheinland 614 f. S. Niederrhein,

Oberrhein, Pfalzgrafen. Rhythmen 12. 644 f. S. 'Dies irae',

Gericht. Rhythmus De Asia et de universi

mundi rota 12. 318 ff'. Ribnitz, Kl. (Chroniken) 286 f. Riccobald von Ferrara, Pomerium

590. Richard von Pofi 642. Richenberg, Kl,, Urkk. 10. Riviere s. Polycarpe. Robert, Kg. von Frankreich, Urk.

637. Robert I., Hzg. von Burgund, Urk.

637. Robert, Hzg. von der Normandie

427 ff. Robert, Graf, Urk. 307. Robert von Thourotte, B, von Lüttich

631. Roger, Abt von Lagny 25, Rolandin von Padua 277. Rolin, burgundischer Kanzler 638. Rom, Beschreibung (Mirabilia) 694 ff. 698 N. 1 ; Bibliotheken 271 ; Frie- senkirche S. Michele 301; christ- liche Inschriften im Vatikan u, a.

Register.

809

Kirchen 350 ff. ; Topographie 660 ;

St. Peters -Tor 359. Senator Al-

bornoz. S. Kirche, Konzilien,

Konzilsakten, St. Martin, Recht,

Romulum, Vatikan. Romano s. Ezzelin. Romulum 694. 696 ff. Rosciate s. Albericus, Rosenberg, Hermann 582. Rothenmaun in Steiermark, Chor-

herrenstift,Annales necrologici 765. Rotulus Sanpetrinus 303. 633. Ronen, Eb. Odo. Rouergue, Grafschaft 589. Kg. Rudolf von Habsburg 323 ff. ;

Siegelstempel 253. Rudolf, Kg. von Frankreich, Urk.

637. Rudolf IV., Hzg. von Oesterreich

737. 739. S. Rufina, Kardinalb. Konrad. Rufinus, Historia ecclesiastica, Quelle

des Benedictus Lev. 537. H. Rufus 588. Rupertsberg, Kl. 574 N. 2. Aebtissin

Hildegard von Bingen ; Pröpste :

Gottfried, Volmar. Kg. Ruprecht von der Pfalz 195 ff.

200 ff. Ruprecht II. von der Pfalz 195 ff. Ruprecht Pipan von der Pfalz 195 ff.

Saarwerden s. Friedrich III.

Saaz in Mähren, Kirche 307.

Sabrano s. Elziarius.

Sachsen, Bistümer (Urkk.) 10; s. Hamburg, Hildesheim, Osnabrück. S. Lex.

Sachsenspiegel 611 f.

Sacramentarium Gregorianum 325 ; des Eb. Hugo des Gr. von Be- sancon 654; irisches 593 N. 1.

Salbung, päpstliche bei der Kaiser- krönung 666 f.

Salerno 642. S. Chroniken.

Salfranken s. Lex Salica.

Salimbene de Adam 4. 277.

Salomon, F. 7 f.

Salomon, R. 7 f.

Salzburg, Amandus -Tradition 4; Erz- bistum 295 (Provinzialsynoden). 624 f. (LTrkuudenfälschungen) ; Mo- nasticon 264 ff. ; Taiding'e 293.

Samanek, V. 11.

sanctus, Wortbedeutung 270 f.

Sarazenen 663. 665. 667 ff. ; in Amalfi 641 f. ; in Piemonte 594.

Sardinien 267.

Satzrhythmus der deutschen Prosa 649 f.

Sazawa, Kl. 278.

Schedel, Hartmann 778.

Scheiern s. Konrad.

Schisma, das grosse abendländische 283. 313. 603.

Schlesien, Fürsten und Stände 588; Ortsnamenforschung 591. Hzg. ßoleslaw I. S. Oesterreichisch- Schlesien.

Schleswig, Bistum 595.

Schmeidler, B. 4 f. 263.

Schneider, F. 5. 12.

Schwaben , Münzgeschichte 657 ; Städte 299 ; Weltchronik 55 ff. Hzg. Ernst.

Schwabmünchen, Amtsbezirk 651.

Schwalm, J. 3. 7 f.

Schwarzburg, Grafen 316.

Schwarzwasser 635.

Schweiz, Bündnisse 303.

V. Schwerin, A. Freiherr 6.

V. Schwind 6.

Scriptores 4 ff. 263. 586 ; rerum Ger- manicarum 3 ff. 263 ; rerum Me- rovingicarum 3 f. S. Actus, An- nalen, Chroniken, Epitome, Ge- schichtschreiber , Geschichtsquel- len, Gesta, Historia, Muratori und im übrigen die Verfassernamen.

Scultetus, Bartholomaeus 588.

H. Sebastianus s. Acta.

Seckel, E. 6 f.

S. Secundinus martyr Atinensis 271.

Seeland, Graf Floris V.

Seemüller, J. 6.

Segewold, Verschwörung 636.

Segni, B. Bruno.

Seitenstetten, Benediktinerstift, Ne- crologium 764.

Sendgericht 293. ! Seneca im MA. 318. i Seus, Neujahrsspiel 323; Eb. Hugo.

Sensenschmid, Johannes 656.

P. Sergius I. (Brief) 377 f.

H. Severin, B. von Bordeaux, Vita 272 f.

H. Severin von Köln, Legende 272 f.

H. Severin, Apostel von Noricum, Vita 273.

810

Register.

Sevilla s. Isidor.

Sextus Pythagoricus , Sententiae ,

Quelle des Benedictus Lev. 474.

521. Sibote, Dichter 649. Sido, Propst von Neumünster 5. 263. Siegel der Badischen Städte 634.

Fälschungen 252 ff. ; Stempel 659.

S. Kaisersiegel. Kg. Sigbert I.' 37. 40. 598. Kg. Sigbert 11. 37. 41. Kg. Sigbert III. 37. 43 f. Sigebert von Gembloux, Liber de

scriptoribus ecclesiasticis 563ff.779. K. Sigmund 324. H. Sigolena 219 ff. P. Silvester I., Gesta 227 f. P. Silvester II. 389. Silvius s. Eneas. V. Simsen, B. 3 f. Sirck s. Jakob. P. Siricius 425 ff. P. Sixtus IV., Urk. 630. Sizilien s. Normannen. Slaggert, Lambert 287. Slavonien, ÜB. .306. Soest, Fehde 6. Soissons s. St.-Medardus-Kl. Sonntagsheiligung 143 f. 163 ff. ; Pre- digt 7S2. Speculum imperfectionis des Br.

Johannes Brugman 601. Sponheim, Kl. 779. Stablo, Kl., ÜB. 631. Stadtrechte von Kitzbühel 619 ; des

Oberrheins 618. Stadtverteidigungsordnungen 588. Standesverhältnisse von Geistlichen

620. Statuta Bonifatii 119 ff. Stein am Rhein 302. Steingaden, Kl. 313. Stenographie 328. S. Noten. P. Stephan III. 381 ff. 405 ; Briefe s.

Urkunden. P. Stephau IV. 384. 406. Stephan, Abt von Ste.-Genevieve, B.

von Tournai (Brief) 309. Steterburg, Kl. 626. Stilgeschichte 270. Stilus curie parlamenti des Guillaume

de Breuil 285. Strafgewalt der Priester 161. Strecker, K. 12. Suchenwirt, Dichtungen 6. Suger, Abt von St.-Denis 18. 31 N. 2.

Sulpicius Severus 221 ff.

P. Symmachus, Inschriften 351 ff.

365 f. Syno(Je s. Konzilien, Konzilsakten,

Salzburg.

T.

Tänze in der Kirche 156 N. 4. 165.

Tageno 658.

Taidinge, Salzburgische 293.

Tangl, M. 3. 7. 9 ff . 14.

Tassilo, Hzg. von Baiern, Urk. 305.

Taufzeiten 131 f. 141 f.

Tegernsee, Kl. 313. 326.

Theoderich vom Elsass, Graf von Flandern 281.

Theoderich III., B. von Metz (Urk.) 299.

Theodor! Poenitentiale, Quelle des Benedictus Lev. 536. 539.

Theodulti Aurelianensis Capitulare primum, Quelle des Benedictus Lev. 450 f. 471.

Kg. Theudebald 37 f.

Kg. Theudebert I. 37 f.

Kg. Theudebert II. 37. 40.

Kg. Theuderich I. 37 f.

Kg. Theuderich IL 37. 40 f.

Kg. Theuderich III. 20. 34. 38. 46 f.

Kg. Theuderich IV. 20. 35.38. 50 f.

Thibaud von Milly, Prior von St.- Denis 22 f.

Thidreksage 321 f.

Tholomeus von Lucca, Annalen 4; Determinatio compendiosa de iuris- dictione imperii u. a. Traktate 8. 263.

Thomas Becket, Eb. von Canterbury 600.

Thomas von Celano 283.

Thourotte s. Robert.

Thüringen, Landgrafen: Ludwig III., IV.; H. Elisabeth.

Tirol , Archivberichte 304 f. 635 ; Inventare 650 f. Hzg. Frie- drich.

Toledo s. Julian.

Tongern, Bistum 594 f.

Toscana 641: Gerichtsurkk. 297.

Totenbücher s. Nekrologien.

Totenfeier 159 f.

Toulouse, Grafschaft 589.

Tournai, B. Stephan.

Tours, B. Gregor.

Register.

811

Tractatus anonymi de coniugio et viduis 770 ff". ; anooymus de ori- gine ac translatione et statu ßo- mani imperii 263 ; de praerogativa Romaui imperii 8. 284.

Tractatus de iure imperii saec. XIII. et XIV. selecti 7 f.

Traditionen 633. S. Ranshofen.

Translatio s. Benedicti 598.

Traube - Bibliothek 18 f.

Trebitsch, Kl. 700 ff.

Tremoille s. Georg.

Trier , Domkapitel (Urkundenver- zeichnis)302. Erzb. : Boemundll., Hillin, Jakob v. Sirck. S. St. Eucharius - Kl .

Trithemius, Johannes ,")95. 777 ff.

Troclaris, Kl. 219. 231.

St.-Trond, Kl. 31 N. 2. 307. 575 ff. 631 f. Abt Dietrich.

TropjDau, Heller 658; Herzogsurk. 658; Wappen 659 f.

Trunchiniense chronicon 288.

Tuchindustrie 269.

Tugendhafter Schreiber 649.

Turibius, B. von Le Mans 594.

Turin , Nationalbibliothek , hagio- graphische Hss. 587.

Tusculum, B. Johann.

Tussonval, Abt Magnoald.

Udalrich von Bamberg, Codex 629. Udalrich. Teilfürst von Brunn 699 f.,

Urk. 703 f. Uhlirz, K. 5. Ungarn, Königsurkk. 306. Kgin.

Elisabeth. S. Recht. Universitäten, Nationen 621 f. S.

Bologna, Padua, Pisa, Prag, Wien. Unteritalien s. Normannen. P. Urban II. 392 ff. (Dekrete und

Brief). 680. P. Urban IV., Urk. 601. P. Urban VI. 313 f. 601. 603. 643. Urbarien 323. S. Augsburg, Nieder-

altaich, Oesterreich. Urkunden (auch Briefe) : Königs-

urkunden: Dagobert I. 41 f.

296. 589; Childebert III. 48;

Karl der Grosse 277. 296. 384 f.

406 N. 12. 419. 589. 624; Gisela,

Schwester Karls des Gr. 33 f. ;

Ludwig der Fromme 9. 628 f. 632;

Ludwig der Deutsche 628 f. ; Lud- wig IL (Brief) 12. 661 ff'.; Karl der Kahle 637; Arnulf 624 f.; Otto I. 9. 623. 625. 628; Otto IL 256 ff. 624 f.; OttoIIL256f. 297. 624 f.; Heinrich IL 297. 624. 626; Arduin 639; Konrad IL 10. 297. 586; Heinrich III. 10. 298. 624. 626; Agnes 627; Heinrich IV. 826. 615. 627; Heinrich V. 615; Lothar 312. 599; Konrad III. 10; Friedrich I. 10. 291. 298 f. 310. 627 ; Heinrich VI. 297 ; Friedrich 11. 299; Heinrich VIL 613; Karl IV. 8. 302. 541 ff. 613; Wenzel .302; Friedrich III. 643. Papst- urkunden: Damasus 338; Zosi- mus 403 f. ; Hormisdas 373 ; Ho- norius I. 375; Sergius I. 377 f.; Konstantin 378; Stephan III. 382. 405; Paulus I. S83; Nicolaus I. 11. 628. 666. 672; Benedikt VII. 296 f.; Johann XV. 389; Bene- dikt VIII. 637 ; Nicolaus IL 639 ; Alexander IL 391 ; Gregor VII. 326; Urban IL 393 ff.; Paschal IL 296. 408 N. 7. 409 ff. 427 ff.; Ge- lasiusll. 396. 412. 421; Eugen III. 629; Lucius IIL 630; Gregor IX. 630. 634, Briefe 642; Innocenz IV. 601 : Alexander IV. .302. 601 ; Urban IV. 601; Martin IV. 308. 630; Cle- mens V. 613; Johann XXIL 630; Benedikt XII. 614; Clemens VI. 630; Innocenz VI. 630; Gregor XL 614; Clemens VIL 314; Martin V. 309 ; Pius IL 644, s. Eneas Silvius Piccolomini; Sixtus IV. 630. S. Acta, Briefe, Epistolae, Fürsten- urkk., Gerichtsurkk. , Hausmeier, Kaiserurkk. , Kartulare , Königs- urkk. , Notariatsurk. , Papsturkk., Privaturkk. und im übrigen die Aussteller- und Empfängernamen.

Urkundenbücher s. Aggsbach, Bo- logna, Dalmatien, St. Gallen, Kroa- tien, Prouille, Slavonien, Stablo, Westfalen, Württemljerg, Zürich.

Urkundenfälschungen s. Hamburg, St. Medardus-Kl., Meissen, Mem- leben, Nienburg, Osnabrück, Salz- burg, St.-Valerj-, Werden.

Urkundenwesen Belgiens 326 ff. ; der Bischöfe von Konstanz 633.

Utrecht, Stadt und Stift 615; Bistum und Domkapitel 297 f.

812

Register.

V.

St.-Vaast, Kl, Annales 4. 263.

Vaganten 707. 712 ff.

Valencia 708. 711.

St. -Valery, Kl. 296 f.

Varazze s. Jakob de Varagine.

Vatikan, Archiv 300; Inschriften 350 ff.

Vegetius, deutsch 588.

Venaissin, Grafschaft 644

Venantius Fortunatus 221. 318; Schrift über den H. Severin von Bordeaux 272 f. ; metrische Vita Martini 591 f.

Venedig 313. Doge Pietro Gra- denigo.

verbosari (-re) 154 N. 5.

Verdun, Maria -Magdalenenstift 627.

Versus de vita Vicelini 5. 263.

Vial s. Guilhem.

Vicelin, Domherr in Bremen, Versus de vita 5. 263; Codex 029.

Vicenza, Chronik 604.

P. Victor III. 392.

Victorius, Ostercyclus 49.

Victring s. Johann.

P. Vigilius 374.

Villers - en - Brabant , Kl. (Chronik und Gesta) 601 f.

S. Vincenzo al Volturno, Chronik 656.

Visconti 284. 639. 641. 652 ; Urkk. 11.

Vita, Vitae : Aldemarii 596 ; Amandi 4; Athanasii episcopi Neapolitani 597 f. 668 f. ; Audoini 591 ; Bur- chardi episc. Wirziburg. 277; Cae- sarii episc. Arelat. 221 ff. ; Colum- bani 221 ff. 274 f. ; Dionysii 382 N. 1. 3. 417; Elisabeth 281 ff. 284; Gebizonis 597 ; Germani episc. Autissiodor. 221 ff. ; Goaris 592 f. ; Gregorii I. papae 334; Gumberti fundatoris monasterü Ansbach 277 ; Heinrici II. imp. et Kunegundis 276 ; Hildegard von Bingen 572 ff. ; Karoli M. s. Einhard ; Martini 591 f.; Melaniae iunioris 221 ff; Radegundis 221 ff. ; Remigii 373 ; Seveiins von Bordeaux 272 f. ; Severins von Köln 272 f.; Severins von Noricum 273 ; Sigolenae 219 ff. ; Wandregiseli ahbatis 229 ff. S. Acta, Legenden, Passio, Translatio, Versus.

Volkslieder, historische der Mark Brandenburg 6.

Volmar, Propst von Rupertsberg 571 N. 4. 573. 579 f.

Vorarlberg, Inventare 650 f.

Voran in Steiermark , Chorfrauen- stift, Necrologium 765.

Vulferius , Abt von St. - Maur - les Posses 23.

W.

Wagenburgsordnung 588.

Walachei 617.

Waldeck, Graf Heinrich.

Wallfahrten 617.

Waltharius 321 f.

Wambae historia 4.

Wandregiseli abbatis Vita 229 ff.

Wappen 659 f. 728 ff.

Warnen s. Lex Anglorum et We- rinorum.

Wearmouth, Kl. 377. 419. Abt Ceolfrid.

Weissenburg, Kl. , Privaturkunden 52 f.

Weissensee s. Heinrich.

Weistümer 293 ; Niederösterreichs 615; von Zülpich 019.

Weif, Graf 72 f. 75 ff.

Weltchronik, schwäbische 55 ff.

Wenden s. Balduin.

Kg. Wenzel 313 f. ; Urk. 302.

AVenzel IV"., Kg. von Böhmen, Urk. 621 f.

Werben, Gerichtstag 92 ff.

Werden a. d Ruhr, Kl. 624.

Werminghoff, A. 3. 7. 11.

Werner, J. 12.

Werner von Kiljurg 82 f. 89 f.

Wesel s. Konrad Heinrich.

Wessex, Diözesen 386 ff. 417. 419.

Westfalen in Danzig 636. ÜB. 031.

Westgoten, Gesetze 000 ; s. Brevia- rium Alarici. Könige : Athana- gild , Wamba, Prinzessin Gaile- svinda.

Westhofen, Reichsleute 018.

Wettin s. Dietrich.

Wibel, H. 10.

P. Wibert, Clemens (IIP) 391 ff.

Wichmann, Eb. von Magdeburg 208.

Widukind von Corvey 507 f. ; Hs. 770 ff.

Wien, Biblioteca Rossiana im Je- suitenkolleg zu Lainz 580 f ; Bis- tum 260; k. k. Ministerium des Innern, allgemeines Archiv (In-

Register.

813

ventar) 304 ; Nekrologien der Erz- diözese 12. 721 ff. ; der Stifter und Klöster : Klarissen 727 ; Minoriten- konventualen 727 ff. ; Minoriten- observanten 731 ; Dominikaner

732 f. ; Chorherren St. Dorothea

733 f. ; Cistercienserinnen St. Maria Magdalena 734 f. ; Benediktiner- Schotten 735 f. ; KoUegiatkapitel zu Allenheiligen (Domkapitel zu St. Stephan) 736 f. ; der Univer- sität 757.

Wilhelm, F. 8.

Kg. Wilhelm von Holland, Siegel- stempel 253 N. 1.

Wilhelm Durand Speculator 619 f.

Wilhelm III., Abt von St. -Denis 34.

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum 374 ff. 380 ff. 398. 409 ff. 413 N. 11. 414 N. 1. 418 f. 421 N. 2. 422 ff. 427.

Wilhelm s. Guillaume.

Winchester s. Annales.

Windisch 617.

Windisch - Matrei , Gerichtsbezirk, Archive 304 f.

uuinileodi 607 ff.

Wipo 6. 55 ff.

Wirtschaftsgeschichte s. Niederal- taich.

Wockendorf 635.

Wolfhard, B. von Augsburg, Grab- mal 660.

Worms, Münzen 658 f. ; Peterskirche 328.

Wucherverbot 163.

Württemberg, Empfänger von Urkk. K. Karls IV. 544 ff. ÜB. 303.

Würzburg, Bistum und Domkapitel 201 ; Chronik 60 ff. B. Bur- chard; Dompropst Johann von Egloffstein.

Wulfetrude, Tochter Grimoalds d. Ä., Aebtissin von Nivelles 44 f.

H. Wynfrith s. Bonifatius.

X.

Xanten, Annalen 4. 263.

Y.

York, Erzbistum 383. 396 N. 5. 411. 419. 421.

Z.

Zähringen, Hzg. Berthold.

Zdik s. H. Heinrich II.

Zeitrechnung s. Flandern, Herrscher- jahre, Jahresanfang, Jahresbezeich- nungen, Osterstil, Ostertafel, Oster- cyclus.

Zeumer, K. 3. 6 ff.

Zinsverbot 163. 172 f. 614 f.

V. Zinzendorf, Familie 762.

Zivilprozess, kanonischer 652.

Znaim, Teilfürst Lutold.

Zollern s. Friedrich.

P. Zosimus 403 f. (Brief).

Zuckmantel, Goldbergwerke 616.

Zülpich 619.

Zürich, ÜB. 303 f. 634.

Zwettl, Cistercienserstift, Nekrologien 759 ff.

Verzeichnis der Verfasser

der in den Nachrichten erwähnten Bücher und Aufsätze. [Die Ziffern gehen auf die Nummern der Nachrichten].

Agnelli, G. 10.

Albe, Ed. 292.

Albert, P. P. 13.

Allen. Ph. Ch. .860.

Anger, D. 79.

ab Araules, P. F. Ma. [Delorme] 224.

Arbusow, L. 278.

Aubert, F. 53.

Auvray, L. 346.

Babudri, Fr. 84. Bachmann, A. 43. Bädeker, P. 264. Balzani, U. 24. Bannister 213 N. 1. Barbier, V. 297. Bastgen 101. Battistella, A. 335. Baumgarten, P. M. 96. Baumgartner, E. 48. Baur, D. Chr. 381. Beaufils 393. Beaunier 79. Beccaria, A. 367. Beer, R. 189. Bendel, Fr. J. 172. 281. Berliere, D. U. 227. 296. Bernardy, A. A. 344. Berthele, J. 272. 394. Bertoni, Gr. 145. 358. Besse, J.-M. 79. Biereye, W. 217. Bihl, M. 48. Bihlmeyer, H. 25. Biscaro, G. .338.

Bliemetzrieder, Fr. 48. 149. 150. 152. 158. 224. 229. 348. 349. 350. Bloch, F. 259. Bloch, H. 68.

Blume, Cl. 160. Beer 168.

Bone.Ui, Gr. 59. 191. Bonfante, P. 221. Bour, R. S. 185. Bourquelot, E. 251. Brackmann, A. 6. Bragato, G. 335. Brandes. W. 156. 157. Brennich, M. 277. Bresslau, H. 195. 287. V. Bruiningk, H. 275. Brunei, Cl. 85. Brunetti, M. 336. de Bruyne, D. D. 391. Butler, P. 109. Burdach, K. 366. Bussen, G. 214.

Callewaert, C. 194. 397.

Capasso, C. 51.

Caspar, E. 220.

Cauchie, A. 140.

Gelier, L. 332.

Chalandoö, F. 40.

Champeaux, E. 262.

Chapman, J. 182. ,

de Chestret de Haneffe, J. 288.

Chevalier, U. 41.

Chiapelli, L. 77.

Chroust 187.

Cipolla, C. 148. 174.

Collino, G. 341.

Conrat, M. 245.

Constans, M. 203.

Coppieters Stochove, H. 46.

Coste, D. 212.

Courtot, P. -L. 193.

Crivellucci, A. 357.

Verzeichnis der Verfasser.

815

Curs, 0. 284. Curschmann, Fr. 290.

Delehaye, H. 26. Depoin, J. 213. V. Destouches, E. 107. Diana, A. .334. Diemar, H. 235. Doize, J. 200. 299. Dubrulle, H. 133. Dupont, R. 131. Duprat, E. 202. Durst, R. 208.

Egli, J. 361. Elter, A. 179. Enderle, J. 311. Erben, W. 282. Escher, J. 110. 315. Eubel, K. 48.

Fairon, Em. 295. Fayen, A. 135. Fedeli, C. 343. Ferrant, J. 124. Ferretto, A. 293. Fleig, E. 105. 310. de Francesco, A. 246. Frankhauser, F. 312. Frie, B. 256. Friedrich, Cl. 119. 279. Fris, V. 60. 236. Frola, G. 337. Fruin, R. 396. Fuchs, A. 116. Fumi, L. 136. Fyot, E. 333.

Gabotto, E. 337.

Gabotto, F. 376.

Gallet-Miry 190.

Gasser, Ed. 307.

Gassiri 355.

Gaudenzi, A. 140. 218.

Gautier, P. 328.

Gerola, G. 138.

Gertrudis, M. 319.

Giese, R. 283.

Gillmann 271.

Girard, J. 353.

Gnirs, A. 378.

Göller, E. 273.

Goetschalckx, P. J. 128. 294.

Gollob, E. 197.

Golubovich, H. 48. Gorge 318.

Gosses, J. H. 63. 89. 238. Goyens, P. H. 224. Greinacher, A. 270. Griname, Fr. 305. Gritzner 74. Groh, Fr. 17. Gualandi, E. 143. Güterbock, F. 69. Guiraud, J. 331. Guiraud, L. 292.

Habel, E. 363. Vander Haeghen, V. 38. Halkin, J. 303. Haller, J. 325. Halphen, L. 222. Hampe, K. 45. Harms, B. 402. Hartmann, L. M. 345. Hasack, M. 33. Heinemann, B. 309. Held, F. 312. van Helten, W. L. 238. Henniges, D. 48. Herzberg - Fränkel 375. Hess, H. 364. Hessel, A. 195. Heuberger, S. 261. Heymann, E. 71. Heyne, M. 405. Hilka, A. 180. Hille, J. 76. Hilliger, B. 61. Höfer, H. 186. Hölscher, U. 75. Hofmiller, J. 213. Hoppe, W. 16. Hornung, Tb. 27. Hübner, K. 80. Huet, G. 162. Hugelmann, K. G. 243. Huyskens, A. 47.

Jecht, R. 58. Jenkinson, F. 0. H. .382. Joseph, P. 401. Jung, R. 100. Jusselin, M. 132.

Kaindl, R. F. 260. Kalisch, H. C. 256. Ivalll)runer, J. 286. Käser, K. 175. 379.

816

Verzeichnis der Verfasser.

V. Kauflfungen, K. 320. Kelle, J. 240. Kemmerich, M. 87. 408. Kern, F. 248. Klimesch, J. M. 9. Kober, A. 253. Koehne, C. 266, König, B. 258. Kogler, F. 267. 316. Krabbo, H. 36. Krammer, M. 3. Krenzer, 0. 313. Krieger, A. 312. Krofta, K. 279. Ki-umbholtz, R. 301. Kunze, K. 377.

Lampel, J. 116.

Lanciani, R. 407.

Lanzoni, F. 368.

Ledru, A. 214.

Lehmann, P. 56.

Leicht, P. S. 334. 339.

Leidinger, Gr. 94.

Lemaire, Emm. 226.

Lemmens, L. 48.

Lesne, E. 269.

Lestrade, J. 292.

Levillain, L. 371.

Levison, W. 28.

Lindner, P. 7.

Lippi, S. 11.

Little, A. G. 199.

Lopez, A. 48.

Luschin von Ebengreuth, A. 399.

Maas, P. 158. 159. 355. Maere, R. 225. Manara, F. 192. Manitius, M. 384. de Manteyer, G. 330. Des Marez, G. 126. Marichal, P. 306. Mayer, E. 241. Mayer, Th. 176. 372. Mayr, J. K. 201. Mazzatinti, G. 233. Medin, A. 54. Mehring 106. Meininghaus, A. 178. 264. Meli, A. 73. Mencherini, P. S. 224. Mercati, G. 221. 355. Merkel, J. 21. Merz, W. 261.

Meyer, F. E. 108. Meyer, H. 70. 78. Meyer, W. 169. 170. 354. Meyer von Knonau, G. 219. Miebach, A. 20. Miedel 374. Mirot, L. 44. Mitterwieser, A. 107. Monchamp, G. 216. Monticolo, G. 191. de Moreau, E. 225. Morin, G. 181. 383. V. Mülinen, W. F. 111. Müller, E. 285. Mulder, W. 50. Muüoz, A. 392. Muratori, Rer. Ital. SS., bearbeitung 52. 231. 233.

Nabholz, H. 261. Naegle, A. 390. Nardi, L. 340. NeHs, H. 125. 188. 232. Nottarp, H. 265. Novati, F. 92. 389. Novotny, V. 42. Novotny, W. 279.

Obreen, H. 207. Oppermann, ü. 255. Orioli, E. 340. v. Ottenthai, E. 113. Otto, H. 95. 249.

Pansier, P. 300. 386. Pardi, G. 144. Parisot, R. 204. Pascal, C. 161. Patetta, Fr. 165. 359. Patrucco, E. 215. Pelster, W. 274. Perdrizet, P. 388. Perini, Q. 317. Peyron, P. 98. Philipp, A. 201. Philippi, F. 247. Picard, E. 326. Pidoux, P.-A. 385. Pirenne, H. 22. 188. 244. Plüss, A. 111. Pösinger, B. 115. Poncelet, A. 41. 198. 211. Popiolek 318. Poupardin, R. 30. (329).

Neu-

Verzeichnis der Verfasser.

817

Priest, Gr. M. 35. Prou, M. 83.

Redlich, 0. 113.

Regne, J. 242.

Reichert, ß. M. 55.

Reimers, H. 97.

Reinach, Th. 242.

Ricci, F. 62.

Richter, H. 362.

Riedner, 0. 27. 374.

Riehme, E. 257.

Rietschel, S. 64,

Robert, G. 292.

Roethe 167.

Roland, C.-G. 130. 303.

Romano, G. 88.

Rossi, G. 12.

Rothert 324.

Rubel, K. 263.

Rüegg, F. 177.

Rzehak, E. 318. 400. 404.

Salomon, R. 81.

Samanek, V. 19.

Samaran, Ch. 352.

Sant' Ambrogio, D. 141.

Savio, F. 380.

Scandone, F. 65.

Schäfer, K. H. 82. 298.

V. Schenk zu Schweinsberg, G. 205.

Scherlen, A. 102.

van Schevichaven, H. D. J. 406.

Schiaparelli, L. 1.39.

Schiess, T. 109.

Schiffmann, K. 117.

Schillmann, F. 95.

Schlenz, J. 121.

Schmeidler, B. 2. 39.

Schmid, U. 276. 314.

Schmitt, Chr. 14.

Schmitz, F. 72.

V. Schneider, E. 106.

Schneider, F. 2. 86. 342.

Schneider, K. M. 318.

Schnürer, G. 369.

Schönach, L. 120.

Schönbach, A. E. 184. 887.

Schöttle, G. 398.

Schoolmeesters, E. 302.

Schröder, A. 234.

Schröder, E. 365. 405.

Schubert, H. 188.

Schulz, M. 23.

Schwalm, J, 195.

Schwarz, H. 268. Schweizer, P. 110. 315. SeemüUer, J. 195. Segre, A. 347. Seifert, A. 122. 230. Sepulcri, A. 67. Sevesi, P. P. 224. Siebert, H. 403. Siegl, K. 395. Simenon, G. 304. Simonsfeld, H. 147. 289. V. Simson, B. 2. Simson, P. 323. Siragusa, G. B. 223. Smets, G. 228. Smiciklas, T. 118. Sommerfeldt, G. 151. 155. Soranzo, G. 231. Sorbelli, A. 340. Stapper, R. 183. Starzer, A. 114. Stechele, W. 250. Stein, H. 210. Stein, W. 99. Stieve, Fr. 206. Stockmans, J. B. 291. Stouff, L. 373. Strecker, K. 163. 164. 356. Strnadt, J. 8. Susta, J. 279. Suttina, L. 66.

Tamassia, N. 339. Tangl, M. 280. Techen, Fr. 57. Tigges, J. 256. Tocco, .F. 49. Tolomei, G. 54. Torelli, P. 93. 137. della Torre, A. 142. Treixier, G. 123. Tumbült, G. 108.

Uhl, W. 239. Unterlauff 321. de Urena, R. 237. üssani, V. 211.

Valat, G. 184. Vannerus, J. 90. Verriest, L. 129. Vigener, F. 252. Villetard, H. 171. Vivanet, F. 11.

816

Verzeichnis der Verfasser.

V. Kauffungen, K. 320. Kelle, J. 240. Kemmerich, M. 87. 408. Kern, F. 248. Klimesch, J. M. 9. Kober, A. 253. Koehne, C. 266. König, B. 258. Kogler, F. 267. 316. Krabbo, H. 36. Krammer, M. 3. Kreuzer, 0. 313. Krieger, A. 312. Krofta, K. 279. Krumbholtz, R. 301. Kunze, K. 377.

liampel, J. 116.

Lanciani, R. 407.

Lanzoni, F. 368.

Ledru, A. 214.

Lehmann, P. 56.

Leicht, P. S. 334. 339.

Leidinger, Gl. 94.

Lemaire, Emm. 226.

Lemmens, L. 48.

Lesne, E. 269.

Lestrade, J. 292.

Levillain, L. 371.

Levison, W. 28.

Lindner, P. 7.

Lippi, S. 11.

Little, A. G. 199.

Lopez, A. 48.

Luschin von Ebengreuth, A. 399.

Maas, P. 158. 159. 355. Maere, R. 225. Manara, F. 192. Manitius, M. 384. de Manteyer, G. 330. Des Marez, G. 126. Marichal, P. 306. Mayer, E. 241. Mayer, Th. 176. 372. Mayr, J. K. 201. Mazzatinti, G. 233. Medin, A. 54. Mehring 106. Meininghaus, A. 178. 264. Meli, A. 73. Mencherini, P. S. 224. Mercati, G. 221. 855. Merkel, J. 21. Merz, W. 261.

Meyer, F. E. 108. Meyer, H. 70. 78. Meyer, W. 169. 170. 354. Meyer von Knonau, G. 219. Miebach, A. 20. Miedel 374. Mirot, L. 44. Mitterwieser, A. 107. Monchamp, G. 216. Monticolo, G. 191. de Moreau, E. 225. Morin, G. 181. 383. V. Mülinen, W. F. 111. Müller, E. 285. Mulder, W. 50. Mufioz, A. 392. Muratori, Rer. Ital. SS., bearbeitung 52. 231. 233.

Nabholz, H. 261. Naegle, A. 390. Nardi, L. 340. Nelis, H. 125. 188. 232. Nottarp, H. 265. Novati, F. 92. 389. Novotny, V. 42. Novotny, W. 279.

Obreen, H. 207. Oppermann, 0. 255. Orioli, E. 340. V. Ottenthai, E. 113. Otto, H. 95. 249.

Pansier, P. 300. 386. Pardi, G. 144. Parisot, R. 204. Pascal, C. 161. Patetta, Fr. 165. 359. Patrucco, E. 215. Pelster, W. 274. Perdrizet, P. 388. Perini, Q. 317. Peyron, P. 98. Philipp, A. 201. Philippi, F. 247. Picard, E. 326. Pidoux, P.-A. 385. Pirenne, H. 22. 188. 244. Plüss, A. 111. Pösinger, B. 115. Poncelet, A. 41. 198. 211. Popiolek 318. Poupardin, R. 30. (329).

Neu-

Verzeichnis der Verfasser.

817

Priest, G. M. 35. Prou, M. 83.

Redlich, 0. 113.

Regne, J. 242.

Reichert, B. M. 55.

Reimers, H. 97.

Reinach, Th. 242.

Ricci, F. 62.

Richter, H. 362.

Riedner, O. 27. 374.

Riehme, E. 257.

Rietschel, S. 64.

Robert, G. 292.

Roethe 167.

Roland, C.-G. 130. 303.

Romano, G. 88.

Rossi, G. 12.

Rothert 324.

Rubel, K. 263.

Rüegg, F. 177.

Rzehak, E. 318. 400. 404.

Salomon, R. 81.

Samanek, V. 19.

Samaran, Ch. 352.

Sant' Ambrogio, D. 141.

Savio, F. 380.

Scandone, F. 65.

Schäfer, K. H. 82. 298.

V. Schenk zu Schweinsberg, G. 205.

Scherlen, A. 102.

van Schevichaven, H. D. .3. 406.

Schiaparelli, L. 139.

Schiess, T. 109.

Schiffmann, K. 117.

Schillmann, F. 95.

Schlenz, J. 121.

Schmeidler, B. 2. 39.

Schmid, U. 276. 314.

Schmitt, Chr. 14.

Schmitz, F. 72.

V. Schneider, E. 106.

Schneider, F. 2. 86. 342.

Schneider, K. M. 318.

Schniirer, G. 369.

Schönach, L. 120.

Schönbach, A. E. 184. 387.

Schöttle, G. 398.

Schoolmeesters, E. 302.

Schröder, A. 234.

Schröder, E. 365. 405.

Schubert, H. 188.

Schulz, M. 23.

Schwalm, ,J. 195.

Schwarz, H. 268. Schweizer, P. 110. 315. Seemüller, J. 195. Segre, A. 347. Seifert, A. 122. 230. Sepulcri, A. 67. Sevesi, P. P. 224. Siebert, H. 403. Siegl, K. 395. Simenon, G. 304. Simonsfeld, H. 147. 289. V. Simson, B. 2. Simson, P, 323. Siragusa, G. B. 223. Smets, G. 228. Smiciklas, T. 118. Sommerfeldt, G. 151. 155. Soranzo, G. 231. Sorbelli, A. 340. Stapper, R. 183. Starzer, A. 114. Stechele, W. 250. Stein, H. 210. Stein, W. 99. Stieve, Fr. 206. Stockmans, .T. B. 291. Stouff, L. 373. Strecker, K. 163. 164. 356. Strnadt, .T. 8. Susta, J. 279. Suttina, L. 66.

Tamassia, N. 339. Tangl, M. 280. Techen, Fr. 57. Tigges, J. 256. Tocco, .F. 49. Tolomei, G. 54. Torelli, P. 93. 137. della Torre, A. 142. Treixier, G. 123. Tumbült, G. 103.

rhl, W. 239. Unterlauff 321. de Urena, R. 237. Ussani, V. 211.

Valat, G. 134. Vannerus, J. 90. Verriest, L. 129. Vigener, F. 252. Villetard, H. 171. Vivanet, F. 11.

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818

Verzeichnis der Verfasser.

van Waefelghem, R. 127. 173. Wagner, P. 166. Wagner, R. 18. Weber, G. A. 37. Weinberger, W. 196. Wentzcke, P. 34. 91. Wibel, H. 195. Wiedemann, J. 314.

Winter, G. 254. Wolf, H. 209. Wolkan, R. 154. 351. Wutke, K. 322.

Zak, A. 15. Zimmer, H. 29. V. Zin^erle, 0. 370.

Die Chiffren unter den Nachrichten dieses Bandes haben folgende Bedeutuns::

A.

H.

Adolf Hofmeister.

H.W.

Hans Wibel.

A.

W.

Albert Werminghoff.

J.W.

Jakob Werner.

B.

B.

Berthold Bretholz.

K. Str

. Karl Strecker.

B.

Kr.

Bruno Krusch.

K. Z.

Karl Zeumer.

B.

Schm. Bernhard Schmeidler.

L. V.

E. Arnold Luschin Ritter

E.

C.

Erich Caspar.

von

Ebengreuth.

E.

M.

Ernst Müller.

M. Kr

. Mario Krammer.

E.

P.

Ernst Pereis.

M. T.

Michael Tangl.

E.

St.

Elias Steinmeyer.

0. H.

-E. Oswald Holder -Egger.

H.

Br.

Harry Bresslau.

R. S.

Richard Salomon.

H.

H.

Hans Hirsch.

W. L.

Wilhelm Levison.

Berichtigung.

S. 782, Z. 3 lies: cornua (statt coruna) ; Z. 25 lies: (d)e presbiteris, inquid (mit Komma statt Semikolon).

Nachtrag zu S. 778.

In dem Moment, da der Band abgeschlossen werden soll, teilt mir der Bibliothekar an der Königlichen Biblio- thek zu Berlin Herr Dr. E. Jacobs mit, dass es ihm mit Hülfe von loannis Trithemii Polygraphiae libri VI (1518) gelun- gen ist, das Kryptogramm auf der beigegebenen Tafel mit der Notiz des Trithemius zu lösen. Die Jahreszahl ist danach 1492, der Name des Klosters: 'Pantaleonis in Co- lonia'. Nähere Angaben bleiben vorbehalten.

0. H.-E.

DD Gesellschaft für Jü.tere

2 Deutsche GescMchtslrirode imr

G32 Beförderung einer Gesarsn-

Bd,35 tausgabe der Quellcnnchriften

Deutscher Geschichten des

Mittelalters Neues Archiv

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