a = an „nu NEUE UNTERSUCHUNGEN Division of Mollusk; »echonal Librarr ÜBER DIE ENTWICKELUNGSGESCHICHTE UNSERER FLUSSMUSHEL, BR,..C, GC, CARUS. Mit. vier Kupfertafeln. 2‘ (Bei der Akademie eingegangen den 14. Mai 1831.) Sestional Library- pt. of Moll. U.S.N.M. Lea SCLION. KOIIXKI PT. [82 1 Wenn schon im Allgemeinen der Nutzen nicht zu verken- nen ist, den ungewöhnliche, dem Hergebrachten entgegenge- setzte, Ansichten und Meinungen von jeher dem Leben und der Wissenschaft gebracht haben, indem sie, selbst im Falle ihnen späterhin innerer Irrthum und Naturwidrigkeit nachge- wiesen werden konnte, schon insofern wohlthätig und bele- bend einwirken mussten, als sie nöthigten das Hergebrachte und zur Zeit Gültige einer wiederholten und genauern Prüfung zu unterwerfen, so hat insbesondere doch die Naturwissenschaft dergleichen Reactionen die mannichfaltigsten Bereicherungen zu danken. Zu dieser Bemerkung fühle ich mich veranlasst, indem ich bedenke, wie mir selbst neuerlich eine den gemein- hin angenommenen Vorstellungen über die Entwickelungs- weise unserer Süsswassermuscheln gerade entgegengesetzte Mei- nung des Prof. L. Jacobson in Kopenhagen Veranlassung ge- worden ist, eine vor ohngefahr fünfzehn Jahren entworfene Arbeit über Anatomie und Physiologie dieser Thiere *) wieder vorzunehmen, die ganze Bildungsweise dieser wunderlichen Geschöpfe einer ausführlichen Revision zu unterwerfen, diese *) Diese Untersuchungen erschienen später abgedruckt und mit einer Kupfertafel begleitet in meinem Vorwort zu der Uebersetzung von Brookes Anleitung zum Studium der Conchyliologie. Leipzig bei Fleischer. 1823. 4 C. G. Carus, Geschichte durch eine grosse Reihe neuer genauer Beobach- tungen zu vervollständigen, und so die mannichfaltigen Dun- kelheiten, welche über diesen Vorgängen schwebten, nach Kräften aufzuklären und zu Tage zu fördern. Die erwähnte dänisch geschriebene Abhandlung des Prof. Jacobson führt die Aufschrift: Undersögelser til naermere Oplysning af den herskende Mening om Dammuslingernes Fremarling og Udvikling *), und zielt wesentlich darauf, eine von dem ältern Naturforscher Rathke **) geäusserte Meinung über die kleinen Zweischalthiere, welche in den Kiemen der Süsswassermuscheln zuweilen in so ausserordentlicher Menge gefunden werden ***), zu bestätigen, eine Meinung, nach welcher diese kleinen sich lebhaft bewegenden Thiere keinesweges die Embryonen der Muschel selbst seyn sollten, sondern vielmehr als Parasiten und als eine eigenthümliche noch nicht gehörig beschriebene Thier- gattung zu betrachten wären. Diese angebliche neue Thiergat- tung wird von Rathke und Jacobson Glochidium genannt, und folgendermaassen definirt: Glochidium: Animal cirrhis longissimis instru- ctum. Testa aequilatera, aequivalvis, inter mar- ginem exteriorem hamata. *) Aus den Schriften der Königl. Dänischen Akademie der Wissenschaften abge- druckt in Bidrag til Blöddyrenes Anatomie og Physiologie ved Lud. L. Jacob- son. 1. Hft. Kjöbenhavn 1828. 4. **) Naturhistorie Selskabets Skrifter. Kjöbenhavn. 1797. T.IV. St.1. S.139. *#*) Pfeiffer (Naturgeschichte deutscher Land- und Süsswassermollusken, 2. Heft, S. 14.) fand nach einer künstlichen Zählung in den beiden Kiemen einer Anodonta ohngefähr 400,000 Individuen. (Eine grosse kann leicht viermal so viel enthalten.) über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 5 Die in den Kiemen vorkommende Art wird von ihm Glo- chidium parasiticum genannt. Die Gründe, durch welche Prof. Jacobson darzuthun bemüht ist, dass wirklich jene Thiere einer besondern Gattung angehörig seyn müssten und keinesweges Embryonen der Fluss- oder Teichmuscheln seyn könnten, sind folgende sieben: *) 1) Innere Organisation und äussere Form dieser Thiere sind durchaus abweichend von denen der Muschel (Anodonta und Unio). 2) Die, welche man bei Anodonten und Unionen findet, sind von derselben Beschaffenheit. 3) Sie haben sowohl bei den verschiedenen Arten der Mu- scheln, grösseren und kleineren, als zu verschiedenen Jahres- zeiten, dieselbe Grösse. 4) Ihre Schalen sind hart und enthalten mehr Kalk, als sie im Verhältnisse zu ihrer Grösse haben sollten, wenn sie namlich unentwickelte Muscheln wären. 5) Ihre Bewegungen sind zu kräftig und lebendig für jun- ge Muscheln, und von einer ganz andern Beschaffenheit, als bei Muscheln im Allgemeinen. 6) Ihre Entwickelung ist nicht an ein bestimmtes Alter, noch an eine bestimmte Jahreszeit, gebunden. 7) Die ungeheure Menge derselben steht in keinem Ver- hältnisse zu der Menge der Muscheln, deren Junge sie seyn sollten. Da nun allerdings diese von Rathke und Jacobson ver- theidigte Meinung dem vollkommen widersprach, was Männer *) Jacobson I.c. p.45. 6 C. G. Carus, wie Poli, Leeuwenhoek, Cuvier, Bojanus, Treviranus, Pfeiffer und Andere, denen auch ich an mehreren Stellen meiner Arbeiten beizutreten pflegte, als Resultat ihrer Beobach- tungen ausgesprochen hatten, so konnte eine so kühn hervor- tretende Behauptung nicht fehlen, die Augen des gelehrten Pu- blikums auf sich zu ziehen, und so geschah es denn, dass zu- erst die französische Akademie von Herrn Blainville einen Bericht über diese Arbeit erhielt *), welcher bereits nicht un- erhebliche Gründe gegen die Jacobsonsche Ansicht aufstellte. Auch enthält dieser Aufsatz die Angabe einiger Untersuchun- gen, welche eigends zur Erörterung des eigentlichen Entwicke- lungsherganges durch Hrn. de Roissy an Muscheln der Seine angestellt worden waren. Diese Untersuchungen waren aller- dings viel zu unvollständig, um in einer Streitigkeit etwas zu entscheiden, welche nun einmal ihrer Natur nach nicht durch noch so scharfsinnige Gründe und Gegengründe entschieden werden konnte, sondern durchaus eine folgerichtige und voll- ständige Beobachtung der ganzen Entwickelung dieser zwei- schaligen Weichthiere forderte; indess bestätigten sie aufs neue einige zum Theil auch frühern Beobachtern schon bekannte Er- fahrungen, welche sich nicht leicht mit der von Jacobson aufgestellten Hypothese vereinigen liessen. Hierhin gehörte z.B. das periodische Ausstossen der in den Kiemenfächern ent- haltenen Massen der embryonischen oder nach Jacobson para- sitischen Zweischalthierchen; ein Ausstossen oder Gebähren, welches, da es in regelmässigen Massen (an die Laichmassen *) Er ist enthalten in Annales des sciences naturelles, Mai 1828. p.22, und im Wesentlichen mitgetheilt in Heusinger’s Zeitschrift für die organische Phy- sik. Bd.III. Hft.1. S. 94. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 7 der Schnecken erinnernd) erfolgt, zwar sehr füglich bei Em- bryonen zu begreifen, hingegen in solcher Form bei Schma- rotzerthieren etwas ganz unerhörtes wäre. Ferner die früher, so viel ich weiss, noch nicht gemachte Beobachtung, dass bei solchen Muschelarten, wo die Eyermassen im Ovario orange- roth sind, auch die embryonischen Massen in den äussern Kie- menblättern orangeroth gefunden werden, weiss hingegen, wo die Eyer im Ovario weiss sind. Eine Wahrnehmung, welche allerdings auch schwer mit der Annahme von Parasiten zu ver- einigen seyn dürfte. Auch Raspail *), einer der irefflichsten *) Annales des sciences d’observation par Saigey et Raspail. T.I. No.1. enthält p. 107 eine Revue zoologique sur la generation chez les Bivalves, welche fol- gende Schriften über diesen Gegenstand namhaft macht: I. Mem. sur les organes de la generation des mollusques; par G.R. Tre- viranus. (Zeitschr. f. Physiol. 2.1]. cah. 1. p. 1. 1824.) Il. Sur lopinion singuliere de G. R. Treviranus relativement aux organes genitaux de lanodonte; par un anonyme. (Isis 1827, t. XX. p. 752.) III. Appendice aux observations des anodontes; par G. R, Treviranus. (Zeitschr. f. Physiol. z. III. 1828. p. 153.) IV, De la generation chez la Moule des Peintres; parxle Dr. Prevost, (Biblioth. univ, de Geneve, Avril1826, p.341; Annal. des sc. nat., Avril 1826, pP. 447; Mem. de la Soc. d’hist. nat, et phys. de Geneve, t, III. Ire part., 1825.) V. Note sur lappareil de la generation dans les moulettes et les anodon- tes; par M. de Blainville. (Nouv. bull, de la Soc. philom, Oct. 1825. p. 126.) VI. Observations sur la generation des moules, et sur un systeme de vais- seaux hydroferes dans ces animaux; par M. Baer. (Notizen aus dem Gebiete der Natur u, Heilkunde; Janv. 1826, n.265. p-1-) VI. Extrait de 7. Memoires sur les Entozoaires ou vers intestinaux des mollusques; par M, Baer, (Bull. des sc. nat. et de geol., tom. IX. n. 103, Sept. 1826.) VIII. Recherches sur la maniere dont se fait la propagation dans l’huitre commune et dans les coquilles bivalves d’eau douce; par M,. M. Evr. Home et Bauer, (Trans. phil. of Lond. 1827. P. I. p.39.) 8 C. G. Carus, neuern Beobachter, arbeitete mit Eifer über diesen Gegenstand, glaubte auch nicht an Jacobsons Meinung, gab eine hübsche Abbildung des Embryo’s aus den Kiemen *), kam aber nicht dazu, die vollständige Reihe der Ausbildung des Eyes zu be- obachten. Mir selbst erregte dieser Gegenstand das lebhafteste In- teresse; denn es konnte unmöglich gleichgültig seyn, ob ein für die Physiologie so wichtiges Factum, als das Ausbrüten der Eyer in den Athmungswerkzeugen der Muscheln, ein Fac- tum, worauf so vieles andere in der thierischen Organisation mir von jeher wesentliche Beziehung zu haben schien, und welches stets einen der wichtigsten Belege für den innigen Consensus zwischen Athmungs- und Geschlechts - Organen IX, Histoire naturelle. de l’Alcyonelle fluviatile, Ze partie; par M. Raspail. (Bull. des sc. nat. et de geol., tom. XII. n. 134, Sept. 1827; le Globe, 13. Nov, 1827; Mem. de la Soc. d’hist. nat. de Paris, tom. IV. p. 131 et suiv., 1828.) X. Rapport fait & U Academie des sciences de Paris par M. de Blainville, sur un memoire de M. Jacobson, ayant pour titre: Observations sur le deve- loppement pretendu des oeufs de moulettes ou unios, et des anodontes, dans leurs branchies. Lu en Dec. 1827, publie en 1828, in4. 40 p. (Se distribue au secretariat.) XI. Sept m&moires sur les entozoaires ou vers Intestinaux des mollusques; par M. Baer. (Nov, act. Acad. Caes. Leop. natur. curios. Bonnae, tom. XII. p. II. 1827, paru en 1828.) XII. Note de M. Baer, relative & sa premiere opinion sur la determination des entozoaires des acephales. (Isis, cah, de Juillet 1828.) XIII. Aeponse @ cet article; par M. Raspail. (Adressee a U Isis en Janvier 1829, inedite.) XIV. Note sur la parturition vivipare des moules de riviere; par M. Ras- pail; adressee & lAcademie des sciences le 14. Juillet. 1828. *) Diese Abbildung gehört zu No.XIV. Falsch ist dabei die Deutung des Bys- sus-Fadens als Nabelstrang, als mit welchem er nicht das mindeste gemein hat. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. ) abgegeben hatte, ob dieses lactum bei näherer Untersuchung sich bewahrheite oder nicht, ob alle die frühern Beobachter rich- tig beobachtet hatten, oder ob sie sich, und ich mich mit ihnen, durch den Anschein hatten vollkommen täuschen lassen? Und gesetzt das Letztere, welche merkwürdige und ganz ungewöhn- liche Erscheinung sah man dann wieder in der Geschichte thierischer Organismen sich hervorthun! Eine so unmässige Anhäufung von Parasiten innerhalb eines lebenden gesund- scheinenden Individuums! und wenn dies nicht ohne Beispiel war, welche merkwürdige Bildung eines Eintozoon! kein Ein- geweid-Wurm! ein Eingeweid-Mollusk! ein Mollusk mit Kalk- schalen, mit Schalen, welche auf- und zugeklappt werden, wie an der Muschel selbst. Bei alle dem war die Unmöglich- keit solcher Bildung nicht nachzuweisen; Professor Jacobson, als genauer Beobachter in andern Fällen bewährt, hatte auch diese Angelegenheit mit vieler Umsicht und Kenntniss des frü- her geleisteten behandelt, und so konnte man nicht umhin, seinen Angaben, wenn auch nicht unbedingten Glauben, doch aufmerksame Beachtung zu schenken. Ueberdies war die Ja- cobson’sche Arbeit neuer als die ausführlichsten Entwicke- lungsgeschichten der Muscheln, welche neuere Forscher bear- beitet haben; denn die sehr sorgfältige und verdienstliche Ar- beit des Herrn Pfeiffer *), deren fast durchgängige Naturge- mässheit die nachfolgenden Beobachtungen in helleres Licht setzen werden, so wie die freilich sehr mangelhafte und unvollkommene Arbeit von Ev. Home, mit ihren eben so schön gestochenen als falsch gezeichneten Abbildungen **), Hlarano: **) Philosophical Transactions. Year 1827. p. 39. Vol. XVI. DT. A) 10 C. G. Carus, stimmten beide mit Poli’s und Cuvier’s Ansichten über- ein. Um sonach denn zu einer bestimmten Entscheidung über so verschiedene und zweideutige Angaben zu gelangen, be- stimmte ich den Frühling und Sommer des Jahres 1830 zu ei- ner anhaltenden und streng fortgesetzten Reihe von Beobach- tungen über die Fortpflanzungsweise unserer Süsswassermu- scheln, und ging dabei von der Ansicht aus, dass vor allen Dingen ein recht genaues Verfolgen der Veränderungen, wel- che die Eyer des grossen und unwiderleglich als Ovarium anzuerkennenden, die Darmwindungen umgebenden und unter- halb der Leber gelegenen Organes durchlaufen, nothwendig und unerlässlich sey; denn hierbei müsse es sich zeigen, ob das Ey bei fortschreitender Veränderung und Ausbildung in diejenige Form allmälig übergehe, welche man an den Zwei= schalthierchen der Kiemen gewahr wird, oder ob dies nicht geschehe. Im erstern Falle war es erwiesen, dass diese mi- kroskopischen Zweischaälthiere wirklich die Embryonen der Muschel, und aus jenen allgemein anerkannten Eyern im Ova- rio entstanden seyen; im andern Falle war die Existenz einer eigenen Entozoen-Gattung, Glochidium, unwiderruflich anzu- erkennen. Nun sagt Poli *) von der Malermuschel: mensibus nuper memoratis (scilicet mense Februario et Martio) la- cteo humore, atque ovis ultra fidem turgescunt,“ ich sorgte also dafür, dass mir von der Mitte des Monats März an die Mu- scheln unserer Elbe von einigen Fischern ein bis zweimal wöchentlich, frischgesammelt, zugetragen wurden, wo sie denn *) Testacea utriusque Sictliae. Vol.I. P. Il. p.4. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 11 in Gefässen mit oft erneutem Flusswasser zu weiterer Unter- suchung so lange bewahrt wurden, als ein gesunder lebens- kräftiger Zustand ihrer Brut zu bemerken war, so dass denn auf diese Weise wahrend der Monate März, April, Mai, Juni, Juli, August, und dann bis wieder zum März 1831, wohl über ein halbes Tausend dieser Thiere der Untersuchung unterwor- fen worden sind. Was die Arten betrifft, welche zu diesen Untersuchungen verwendet wurden, so waren es theils Unio- nen, insbesondere (nach den von Pfeiffer gegebenen Abbildun- gen und Beschreibungen bestimmt) Unio tumida, batava und littoralis. Seltener kam in der Nähe der Stadt die Unio pic- torum vor; bei einem Transport Muscheln aus den kleinern Leipziger Flüssen war hingegen diese die häufigere, eben so fand sie sich häufig in der Elbe bei Pillnitz. Eine kleinere Muschel, welche nach den von Pfeiffer gegebenen Beschrei- bungen und Abbildungen am meisten mit Unio elongatula übereinstimmte, wurde nur einmal gefunden. Noch hatte ich Gelegenheit, mehrere Individuen von Unio margaritifera zu untersuchen, da aus einem kleinen Flusse bei Oelsnitz im Voigt- lande, wo diese Muscheln ihrer Perlen wegen als Regal förm- lich gehegt werden, mein geehrter Freund, der zweite Inspek- tor des Königl. Naturalien-Kabinets, Dr. Thienemann, wel- cher an diesen Beobachtungen immer eifrigen Antheil genom- men, einen Transport verschrieben hatte. Ich will hierbei so- gleich einen Umstand bemerklich machen, welcher theils für die Geschichte der Eyer der Muscheln, theils aber auch für die Bestimmung der Species nicht unwichtig ist, und von den frü- hern Forschern, selbst von dem achtsamen Beobachter Pfeif- fer, nicht berücksichtigt wurde, vielmehr nur beilaufig einmal von Blainville mit angeführt wird; es betrifft dies nämlich 12 C. G. Carus, die Farbe der Eyer noch innerhalb des Ovarii. Dieselbe zeigt sich aber bei Unio tumida weiss, bei Unio littoralis hingegen hoch orange-roth, fast zinnoberroth (Taf.I. Fig. VIH, IX.), bei Unio batava wieder weiss, so dass diese beiden letz- tern, sich übrigens selbst bis zur Form des Schlosses sehr nahe stehenden Arten, sicherer durch die Farbe des Eyerstocks, als durch alle andern Merkmale, sich unterscheiden lassen. Bei Unio pictorum hinwiederum sind die Eyermassen von schwe- felgelber Farbe, hingegen bei Unio margaritifera wieder grau- lich-weiss, in welcher Farbe ich sie auch immer bei den Ano- donten gesehen habe. Was dieses letztere Genus betrifft, so scheint hier die Fortpflanzung spater zu erfolgen; die Eyer wa- ren (und so auch fand sich’s im Mai bei Unio margaritifera) im Ovario noch wenig in der Ausbildung vorgeschritten, und sie haben deshalb anfänglich weniger zur Untersuchung ge- dient, späterhin bekam ich dagegen viele Anodonten mit Eyern in den Kiemen, und habe an ihnen, wie sich zeigen wird, sehr merkwürdige Wahrnehmungen gemacht. Was die Species betrifft, so erhielt ich aus der Elbe sehr häufig Anodonta in- termedia, aus den Teichen der Gegend Anodonta cygnea und ponderosa. | Es würde nun viel zu weitlaufg werden, wenn ich die Geschichte der einzelnen Beobachtungen hier niederlegen woll- te; denn wie viele Stunden habe ich nicht, namentlich in den fünf Monaten April bis August, am Praparirtische und vor dem Mikroskop (einem schönen Instrumente von Plössl in Wien, an welchem ich gewöhnlich unter Vergrösserungen von 60 bis 100, seltener mit Vergrösserungen von 240 mal im Durchmes- ser arbeitete) anhaltend zugebracht, bis ich dahin gelangte, deutlich das Wesentliche des Herganges der Entwickelung über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 13 einzusehen, die mannigfaltigen Formen, welche in den Eyern durch beginnendes Absterben und Auflösen hervorgebracht wur- den, von der normalen gesunden Form zu unterscheiden, kurz mit dem Gegenstande vertraut zu werden! Dergleichen An- schauungen sind an sich unschätzbar, und der Freudigkeit, welche wir empfinden, wenn in einem früher ganz dunkeln Gegenstande wir anfangen, immer heller und heller die ver- schiedenen Seiten der Erscheinung gewahr zu werden, lässt sich kaum eine andere an die Seite stellen, allein dergleichen muss man selbst erfahren, für die wissenschaftliche Mitthei- lung gehören nur gezogene Resultate solcher Forschungen, und diese werde ich hier in einzelnen Abtheilungen geben. I. Vom Verhalten der Muschel-Eyer innerhalb des Eyerstocks. Es ist eine bekannte Sache, dass bei den zweischaligen Mollusken das Ovarium (denn eine deutliche Trennung in ein rechtes und linkes Ovarium wird man nie nachweisen können) um die Windungen des Darmkanals und unterhalb der Leber in demjenigen Theile des Thieres, welcher der Fuss genannt zu werden pflegt, und welcher eigentlich das Abdomen dar- stellt, gelagert ist. Schon Poli in seinem bekannten trefllichen Werke bildet den Bau des Ovarii aus vielen Muscheln ab, giebt die Abtheilungen desselben in einzelne mit Eyerkeimen gefüllte Lobulos sehr genau an, und lässt so die grosse Aehn- lichkeit bemerken, welche zwischen dem ebenfalls gelappten Bau der Leber und dem des Ovarii besteht. Was nun unsere Süsswassermuscheln betriflt, so zeigt sich auf das deutlichste ” 14 C. G. Carus, das Ovarium aus zarten äusserst dünnhäutigen Säcken (Taf. I. Fig. 1.1.) geformt, welche voller Eykeime liegen, welche letztere unter sich keinesweges immer die gleichen Grade von Entwik- kelung haben. Nur da, wo die Eyermassen entweder ganz un- reif sind, oder da, wo sie ihre völlige Reife erlangt haben, ist eine ziemlich vollkommene Gleichartigkeit sichtbar. Ist das erstere der Fall, so erscheint dem unbewaflneten Auge der In- halt des Ovarii als eine blosse Milch, unter dem Mikroskop hingegen stellt er sich als eine Punktmasse, als eine fein ge- körnte Flüssigkeit dar (Taf.I. Fig. IV.), unter welcher dann oft nur hie und da einzelne Körner etwas mehr aufgeschwollen gefunden werden (Taf.I. Fig. IL.2. Il.1.). Hierbei will ich nun sogleich bemerken, dass die Fortpflanzungszeit, namentlich von Unio tumida, batava, littoralis äusserst unbestimmt ist, da vom März an bis im Juni eine Menge geöffneter Indi- viduen bald blos diese milchartige Punktimasse, bald Eyermas- sen in weiter gerückter Entwickelung, bald völlig reife Eyer im Ovario gewahr werden liessen, bald endlich schon die Eyer ausserhalb des Ovarii und in verschiedenen Stufen der Entwickelung darstellten. Die Beschaffenheit eines reifen gesunden Eyes im Ovario (welche, die Farbe abgerechnet, ich bei den verschiedenen Unionen völlig dieselbe gefunden habe) ist folgende. Das Ey bildet eine von zartem wasserhellem Cho- rion *) begränzte reine Kugel (Taf.L Fig.1.2. 1.4. 11.2. V. VII), welche mit dem PHössel’schen Mikrometer gemessen, 5 einer Wiener Linie im Durchmesser hat. In dem gleich- *) Der Begriff von Chorion und Ammnion fällt hier übrigens in eins zusammen, da späterbin, wenn der Fötus deutlich wird, sich hier so wenig als bei den Schnecken ein besonderes Amnion bildet. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 15 falls wasserhellen Eyweiss dieses Chorions schwimmt ein Dot- ter, ebenfalls von reiner Kugelgestalt, 2, Linie im Durchmesser haltend, und gewöhnlich nicht ganz in der Mitte des Eyes, sondern etwas nach einem Rande hin gelegen. Auch diese Dotterkugel enthält eine klare eyweissige Flüssigkeit, allein die Dotterhaut, durch welche sie begränzt wird, ist von einer ei- genen dichten körnigen Punktmasse gebildet, welche sie un- durchsichtig macht, und ihr irgend eine bestimmte Färbung, weiss (bei Unio tumida und batava), gelb (bei Unio picto- rum), roth (bei Unio littoralis), mittheilt. Eine runde Stelle von # bis # des ganzen Durchmessers der Dotterkugel ist je- doch zu bemerken, wo dieser gekörnte Ueberzug fehlt, so dass man in das Innere des Dotters hinein sieht, welches dann macht, dass wenn das Ey von unten beleuchtet ist, diese Stelle als ein heller Fleck des Dotters sich darstellt. Der Analogie mit Eyern höherer Thiere nach könnte man diese Stelle die Narbe (Cicatricula) nennen, obwohl sie im Wesen ihr nicht ganz gleich ist, da nicht wie dort aus ihr sich der eigentliche Thierleib entwickelt; denn wir werden finden, dass hier eben so wie in allen niedern Thieren der ganze Dotter zur jungen Muschel sich umbildet. Ob übrigens vielleicht hier die Stelle des Herzens sei, von wo aus späterhin die beiden Schalen sich theilen, kann ich nach den bisherigen Untersuchungen noch nicht bestimmen. Zuweilen finden sich an einer Dotterkugel mehrere dergleichen helle Flecken vor, und namentlich ist dies öfters bei nicht ganz reifen Eyern der Fall (Taf. I. Fig. V.). Es scheint indess diese Vervielfältigung mehr einem Mangel an jener körnigen Substanz der Dotterhaut zuzuschreiben, als auf mehrfache Fruchtkeime zu deuten, da ich unter so viel Tausenden von Muschel-Eyern, als ich unter dem Mikroskop 16 C. G. Carus, betrachtet habe, noch nie zwei junge Individuen in einem Ey gesehen habe. Vergleicht man die reifen Eyer mit den un- reifen, so findet der Unterschied, ausser der Grösse, sich haupt- sächlich gegeben durch geringeren Zwischenraum zwischen Dotter und Eyschalenhaut oder Chorion, so dass bei sehr klei- nen Eyern die zarte Hülle, welche ich hier Chorion genannt habe, unmittelbar, und anfänglich ganz ununterscheidbar an der Dotterhaut anliegt (Taf.I. Fig.Il.2.). Zugleich sind diese schr kleinen Eyer noch sehr durchsichtig, welches durch ge- ringere Anhäufung der gekörnten Substanz auf der Dotterhaut verursacht ist. Grösstentheils immer, und nur bald mit mehr bald mit weniger Deutlichkeit, besonders bei noch nicht ganz reifen Eyern, bemerkte ich in der Mitte der Cicatricula ein Körnchen oder Bläschen, welches mich vielfältig an das von Purkinje entdeckte Urbläschen im Vogeley erinnert hat, von welchem ich jedoch hier noch nicht gerade behaupten möchte, dass es der erste Keimpunkt des Eyes seyn müsste, namentlich weil ich es an den Eyern der Anodonten nicht mit gleicher Deutlichkeit finden konnte. Was überhaupt diese letztern be- trifft, so unterscheiden sie sich im Allgemeinen, und namentlich bei Anodonta intermedia (Taf.II. Fig. VL), durch beträchtli- chere Grösse des Chorion und grössere Menge des Eyweisses; sie haben bei Anodonta intermedia einen gelblichen Doitter, und halten hier gegen >; Wiener Linien im Ganzen, und ge- 15 gen „; Wiener Linien im Dotter im Durchmesser. Ich will nun noch bemerken, dass die Eyer der Muscheln auch bereits im Ovario sehr häufig dem Verderben unterwor- fen sind, namentlich sobald die trächtige Muschel etwas lan- gere Zeit in nicht frischem Wasser sich befunden; wobei dann die Eyer Formen annehmen, welche durchaus nicht mit den über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 17 normalen Gestalten zu verwechseln sind, aber schr leicht irre führen können. Es gehört dahin namentlich ein unregelmäs- sigwerden der Gestalt des ganzen Eyes und des Dotters insbe- sondere, welche von der rein sphärischen Gestalt sich entfernt (Taf. I. Fig. 11.5. VI). So sind dergleichen unregelmässige, dem kranken oder vielmehr abgestorbenen Ey angehörige Formen, von Pfeiffer (a.a.0. Heft2. Taf. II. Fig. 4.6.7.) als normale abgebildet worden. Ferner eine häufige Verunstaltung, welche auch mich anfangs irre führte, indem ich geneigt war, sie für normale beginnende Umbildung der Dotterkugel zum Fetus an- zuschen, und welche darin besteht, dass bei dem Aufschwellen des Dotters (welchem Aufschwellen die Körper der absterben- den oder todten Mollusken im Wasser allgemein ausgesetzt sind) der Inhalt der Dotterkugel durch die runde dünnere Stelle der Dotterhaut, welche ich Cicatricula genannt habe, fast nach Art eines Bruchsacks, herausgetrieben wird (Taf.I. Fig VI.), und auf diese Weise bald einer bald mehrere (bei mehrfacher Cica- tricula) halb durchsichtige, halb mit körniger Substanz erfüll- ter rundlicher Anhänge entstehen, welche an gesunden Eyern nie vorkommen. II. Vom Uebergange der Muschel-Eyer aus dem Eyerstocke in die äussern Riemenbläiter und der weitern Entwickelung der Eyer in denselben. Wir kommen hier schon zu einem der wesentlich streiti- gen Punkte dieser ganzen Angelegenheit, indem Jacobson überhaupt die Entwickelung der Eyer in den Kiemen bezwei- felt, und in seiner der Pariser Akademie gemachten Mittheilung Vol. XFT. P.T. 5 18 C. G. Carus, als besondern Grund für seine Ansicht von’ dem parasitischen Glochidium sagt: „Man begreift nicht, wie so zarte und wich- tige Organe, wie die Kiemen, als eine Art Gebärmutter dienen können, und man findet in der Thierreihe kein anderes Bei- spiel dieser Art, während diese Organe gar oft der Sitz von Parasiten sind *).“ Dagegen erinnert freilich schon Blain- ville **): „Warum soll es dem Organ schwerer werden, na- türliche Parasiten als zufällige zu nahren?“. Und es ist dieser Einwurf von Prof. Jacobson um so weniger begründet, da er selbst in einer andern Abhandlung ***) bei Cyclas cornea recht schön nachweist, wie die Embryonen in den in der Wurzel der innern Kiemenblätter befindlichen Höhlen sich entwickeln. Bei alle dem hätte man indess doch mit Recht zweifeln können, ob wirklich die Eyer des Ovariti in die Kie- menhöhlen treten, so lange man nur die Form kannte, unter welcher die von Jacobson Glochidium genannten Thiere in den Kiemen sich finden, da diese Form sowohl von der oben beschriebenen der Eyer des Eyerstocks, als von der Form, in welcher sich die kleinen frei lebenden Muscheln finden, be- trächtlich abweicht. Es kam daher zunächst darauf an, zu un- tersuchen: ob nicht die Eyer in den Kiemen sich schon in frühern Entwickelungsperioden vorfinden lies- sen, so dass der vollkommene Uebergang mit allen Mittelgliedern von der Eyform im Eyerstocke, bis zur Form eines sogenannten Glochidium, sich nach- weisen liesse? Nun hatte zwar bereits Pfeiffer in der *) Siehe Heusinger’s Zeitschrift. III. Bd. 1.Hft, S.96. **) Ebendaselbst S. 100. *+*) Cycladens anatomiske Undersögelse; p.55 des oberwähnten Bidrag etc. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 19 mehrgedachten Schrift *) solche Uebergangsformen beschrieben und abgebildet, allein theils war diese Abhandlung Jacobson bekannt, und dass er auf diesen Umstand nicht Rücksicht ge- nommen hatte, lies annehmen, dass er in diese Beobachtungen ein Misstrauen zu setzen sich berechtigt glaubte, theils war bei Pfeiffer gar nicht auf die Möglichkeit Rücksicht genommen, es könnte doch etwa mit jenen mikroskopischen Schalthieren irgend eine andere Bewandniss haben. Eine lange Reihe von Untersuchungen wurde deshalb namentlich auf diesen Punkt gerichtet, und wenn ich die Resultate dieser Untersuchungen nun dem Leser mittheile, so wird sich schon hieraus allerdings die gänzliche Unhaltbarkeit der von Jacobson und Rathke aufgestellten Meinung ergeben. Der erste Umstand, durch welchen es mir bereits höchst wahrscheinlich werden musste, dass was von Eyern oder Em- bryonen in den Kiemen gefunden wird, aus dem Ovario dort- hin gelangen müsse, war die völlig gleichmässige Färbung des Inhalts der äussern Kiemenblätter und des Ovarii bei trächti- gen Thieren. Dies ist vorzüglich auffallend bei Unio littora- lis, wo die Eyer des Ovarii, wie schon oben bemerkt, eine hochrothe Farbe haben, und wo, wenn man trächtige Indivi- duen triffi, nicht minder die äussern von Eyern geschwollenen Kiemen die schönste hochrothe Färbung zeigen, wie es die gegebene Abbildung (Taf. I. Fig. VII.) darstellt. Unio tumida, Unio batava haben weisse Eyer im Ovario, und von dersel- ben Farbe sind dann auch die trächtigen Kiemen. Vollkom- men aber wird die Ueberzeugung davon, dass die Eyer des *) Naturgeschichte deutscher Land- und Süsswasser-Mollusken, 2.Abtheil. T.II. Fig. 11, 12. 20 C. G. Carus, Eyerstocks selbst in die Kiemen treten, erst dann, wenn man glücklicherweise den Zeitpunkt trifft, wo das Ey der Kiemen noch ganz die Form des Eyes im Eyerstock hat, welches dann natürlich voraussetzt, dass nur eben erst der Uebertritt von ei- nem in das andere Organ erfolgt sey. Diese Wahrnehmung habe ich nun allerdings in vielen Individuen zu machen Ge- legenheit gehabt, und werde nun sogleich mick daran geben, die Beschaffenheit der einzelnen Eyer und ihre verschiedenen Entwickelungsstadien ausführlicher zu beschreiben. Vorher jedoch sey es mir erlaubt, noch etwas bei Beant- wortung einer Frage zu verweilen, welche ebenfalls schon frü- hern Forschern Gelegenheit zu mannigfaltigen Discussionen ge- geben hat; nämlich: auf welchem Wege gelangen die Muschel-Eyer aus dem Ovario in die Kiemen? Der treffliche Poli sagt *): „in quibusdam aliis ramuli isti (ova- rii) ex abdominis lateribus hinc inde educti, singulos bran- chiarum loculos pervadunt“ — und weiterhin: „ex iconibus ad fabricam Myae pietorum spectantibus dilucide patebit quam artificiose immodicus ovorum acervus in singulis branchiarum loculis disponatur“ — drückt sich jedoch über die Art und Weise, wie die Eyer aus dem Eyerstock ausire- ten, nicht bestimmt aus. Nichts destoweniger sind ihm in der Malermuschel zwei Schlitzchen nicht entgangen, welche über dem schwärzlich-zelligen Organ unter dem Herzen, zwischen Fussmasse und Vordertheil der innern Kiemen, jederseits ge- funden werden, von welchen er jedoch sagt **): „harum ri- *, Testacea utr. Sicil, Vol. I. introd. p. 69. =) Ibid, Ond. sec, p326- über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 21 marum usum — — ignoramus. Hierauf machte Oken °) seine Entdeckung bekannt, dass die Eyer aus einer Spalte ne- ben dem Bauch (Fuss) austräten, um zu den Kiemenfächern zu kommen; Bojanus sah späterhin dasselbe **), dahingegen war ich selbst früherhin mehr der Meinung, dass die Eyer wohl wie bei den Actinien durch die Magenhöhle ausgewor- fen werden möchten ***), und so glaubte auch Treviranus, dass sie wohl durch den Darmkanal austreten könnten ****), Pfeiffer hingegen }) sah nach mässigem Druck auf den Bauch Eyer aus dem einen Schlitz hervortreten, glaubt jedoch, dass der zweite Schlitz dann die Eyer aufnehme und in den langs des innern Randes der äussern Kieme laufenden Kanal führe, welches gegen Bojanus Meinung ist, nach welcher der zweite äussere Schlitz in das von ihm Lunge genannte zellige schwärz- liche Organ führt. Ueber so verschiedene Meinungen bei so vielfältigen von mir vorgenommenen Untersuchungen dieser Thiere in’s Reine zu kommen, musste also auch ein wichtiges Augenmerk seyn, und ich theile hierüber folgendes mit: Was zuerst das Vorhandenseyn der von Poli entdeckten zwei Schlitze betrifft, so fand ich dasselbe nicht nur in allen unter- suchten Arten vollkommen bestätigt, sondern ich musste auch ganz der besondern Meinung von Bojanus beitreten, welcher theils, gleich Oken und Pfeiffer, den innern Schlitz zum *) Göttinger gel. Anzeiger. 1806- **) Russische Sammlung für Naturwissenschaft u. Heilkunde, Bd.II. Hft. 4. S.547. und Sendschreiben an Cuvier, Isis 1819. H£t.1. "**) Lehrbuch der Zootomie. S.618. *H) Zeitschrift für Physiologie. Bd.I. Hft. 1. S.37. Tr asıa.sO N Abthr2.1S-11. 22 C. G. Carvs, Ovarıum führend annimmt, theils den äussern Schlitz, als zu dem von ihm sogenannten Lungenfach leitend, darstellt, denn ich fand, dass es unschwer gelang, durch einen feinen Tubu- lus, mittelst des äussern Schlitzes, dieses sogenannte Lungen- fach (welches mir am meisten den Schleimsäcken der Schnek- ken vergleichbar scheint) vollkommen aufzublasen. Was hin- gegen die Oeffnungen des Eyerstockes betrifft, so sind vorzüg- lich Arten mit farbigen Laich recht geeignet, die Richtigkeit jener von Pfeiffer gemachten Angabe zu zeigen, nämlich dass, wenn bei einem Individuum, mit reifen Eyern im Ova- rio, man auf die Seiten des Bauchs drückt, die Eyer aus den rechts und links dem Bauche zunächst gelegenen Schlitzen zahlreich hervortreten. Es gelang mir dies namentlich sehr vollkommen bei Unio littoralis, mit den schön rothen Eyern, wo man den kleinen Oviduct, welcher jederseits aus der Bauch- masse hervortritt, um sich durch den innern Schlitz zu endi- gen, durch einen mässigen Druck auf die Gegend des Ovariüi förmlich injieiren kann, so dass er durch die rothe Färbung sich dann sehr .deutlich vor der schwärzlichen Farbe des Schleimorgans heraushebt (Taf. II. Fig. IV. Man sieht dann, dass seine Austrittsstelle aus der Bauchmasse fast unmittelbar hinter der Austrittsstelle von Herz- und Mastdarmröhre sich befindet. Dass also die Muschel-Eyer durch einen dop- pelten Oviduct das Ovarium verlassen und an jeder Seite zwischen Bauchmasse und innern Kiemenblatt hervortreten, ist eine ausgemachte Thatsache. Bei alledem würde es immer noch schwer verständlich seyn, wie diese austretenden Eyer den ziemlich weiten Weg zu der hin- tern Oeflnung des unter der äussern Kieme verlaufenden Ka- nals, und durch dieselbe zu den Fächern der Kieme selbst über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 23 zurücklegen können, wenn uns nicht auch bei höhern Thieren ganz dasselbe vorkame, und uns somit nöthigte, eine unmittel- bare Attraction der Eyer gegen den Ort ihrer Bestimmung an- zunehmen. Man gedenke in dieser Beziehung z.B. nur an die weiblichen Geschlechtsorgane der Frösche, man erinnere sich, wie hier die Mündungen der Oviducten ganz oben in der Brust zu beiden Seiten des Herzens sich befinden, während die Ova- rien unten in der Bauchhöhle liegen, und wie nichtsdestowe- niger die abgetrennten ausserordentlich zahlreichen Eyer durch den freien Raum der Bauchhöhle alle richtig in die engen Mündungen der Oviducte eindringen, und man wird sich aber- mals überzeugt finden, dass der lebendige Organismus nicht mit dem Triebwerke einer von Menschen gebauten Maschine verglichen werden darf, wo nichts sich bewegt, was nicht von aussen gestossen oder fortgedrangt wird. Nur auf diese Weise also, durch freie Wechsel-Anziehung, und wesentlich be- günstigt durch die Strömungen des zur Athmung dienenden Wassers, welche wieder ihrerseits durch die feinen Oscillatio- nen der Kiemensubstanz (wovon späterhin!) bedingt werden, ist der Uebergang der Eyer aus den Oviducten-Mündungen in die Kiemenfächer zu denken. Hierbei muss ich nun noch be- merken, dass ich bei so viel Hundert untersuchten trächtigen Unionen und Anodonten nie die Eyer anders als in den äus- sern Kiemenblättern gefunden habe, und wenn daher Boja- nus (in dem angeführten Sendschreiben) sagt, dass sie mitun- ter auch in den innern Kiemen vorkämen, so ist dies wohl (wenn nicht ein Irthum) Eigenthümlichkeit einer andern hier nicht vorkommenden Species gewesen. Was nun die Entwickelung der Eyer in den Kiemen be- trifft, so wäre zuerst wohl eine bestimmte Angabe über die zu 24 C. G. Carıs, derselben erforderliche Zeit wünschenswerth. Hierüber sehe ich mich jedoch, was die Unionen betrifft, ausser Stande, ganz genaue Darstellungen zu geben. Meine Beobachtungen haben mir nämlich gezeigt, dass die Vorgange keinesweges bei den verschiedenen Individuen zu gleicher Zeit Statt haben; denn während ich bei der bei weitem grössern Mehrzahl sammitli- cher vom März bis im August untersuchten Muscheln die Kie- men völlig leer fand, zeigten sich die Kiemen zu ein und der- selben Zeit, bei andern mit frisch eingetretenen Eyern, wieder bei andern mit mehr oder weniger entwickelten Eyern, und noch bei andern mit lebenden Embryonen angefüllt, und so geschah es denn, dass oft mehrere Wochen später bei einzel- nen Individuen die Entwickelung der Eyer weniger vorgerückt gefunden wurde, als sie mehrere Wochen früher angetroffen worden war. Wollte man hingegen versuchen, bei einem und demselben Individuum nach vorsichtiger geringer Aufsperrung der Schalen einige Eyer aus den Kiemen zu nehmen, und das Thier dann wieder ins Wasser zu setzen, so konnte man zwar wohl dieses Experiment einige Tage nacheinander wiederholen, allein sehr bald erfolgte dann entweder das Ausstossen der Eyermassen aus den Kiemen und die durch Abortus geborenen Eyer starben dann trotz aller Erneuerung des Wassers schr bald ab, oder schon innerhalb der Kiemen erfolgte eine krank- hafte Veränderung und Absterben der Eyer, so dass also ein langes Fortbeobachten der-Ey-Entwickelung in ein und dem- selben Individuum nie möglich wurde. Wahrscheinlich ist es jedoch aus der geringen Veränderung, welche die Eyer in den Kiemen innerhalb 2 bis 4 Tagen erlitten, dass diese Entwicke- lung ziemlich langsam von Statten geht, und dass vielleicht 4, 6 bis 8 Wochen gebraucht werden, bevor der Fetus dergestalt über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 25 entwickelt ist, dass er in naturgemässer Reife ausgestossen wer- den kann. Hiermit stimmt nicht nur der langsame Gang der Lebens-Funktionen der Muschel überhaupt (z. B. des Herz- schlags) überein, sondern auch der Umstand, dass die junge Muschel (nach Pfeiffer) 3 bis 5 Jahre braucht, ehe sie selbst der Fortpflanzung fähig ist, eine Angabe, mit welcher es voll- kommen harmonirt, wenn ich bei Anodonten von mehr als 1 Zoll Länge das Ovarium noch ganz unentwickelt vorfand. Was nun die Fortpflanzungszeit der Anodonten betrifft, wo zwar auch einzelne Individuen in ihrer Eyerentwickelung bald um 14 Tage oder 3 Wochen vorauseilen oder nachfolgen, so findet doch hier eine im Ganzen grössere Gleichheit statt, wesshalb denn die meisten Individuen, die ich jedesmal zusammen erhielt, auch im gleichen Zustande sich befanden. Namentlich waren bei A. intermedia die Eyer im Juli überall im Ovario ziemlich reif, Ende Juli traten sie in die Kiemen, und mit dem Anfang August war ihre dort fortschreitende Entwickelung bereits voll- ständig im Gange. Gegen Ende August waren die zweischali- gen Embryonen innerhalb der Eyhaut fast ganz entwickelt; im September war die Eyhaut gesprengt und die Fetus lagen frei in den Kiemenfächern, innerhalb welcher sie dann über- wintern, um im ersten Frühjahr ausgestossen und geboren zu werden. (Am 17. März 1831 stiess eine Anodonta, welche im Röhrwasser überwintert worden war, die erste Masse leben- der Fötus aus.) Gehen wir nun zur genauern Betrachtung der so merk- würdigen Entwickelungsgeschichte des Eyes in der Kieme über, so müssen zunächst folgende Entwickelungsstufen unterschieden werden: 1) Ey im Zustande ursprünglicher Eygestaltung. Vol. XVI. P.1. 4 26 C. G. Carus, 2) Ey mit umgebildetem Dotter und Rotationsbewegung des- selben. 3) Deutliche Vorbereitung des rotirenden Dotters zur Form der jungen Muschel. 4) Die junge allmälig schwächer rotirende Muschel mit ih- ren geöffneten Schalen, innerhalb des Eyes deutlich ent- wickelt. 5) Die freien nicht mehr rotirenden Muschel-Fetus ohne Ey- schalenhaut, sich durch Byssusfäden verbindend. 1. Ey im Zustande ursprünglicher Eygestaltung. Wenn man in den ersten Tagen nach erfolgtem Uebertritt der Eyer in die Kiemen eine Kieme öffnet, und aus den vol- len Kiemenfächern einige Eyer auf den Objektenträger des Mikroskops bringt, so wird man noch auf keine Weise im Stande seyn, eine wesentliche Verschiedenheit von den Eyern des Eyerstocks wahrzunehmen. (Man vergleiche Taf. I. Fig. IX. mit Fig. VO. und Taf. I. Fig. I, III. mit Taf. IL. Fig. I.) An dem völlig kugelrunden Dotter ist der helle Fleck wie im Eyerstocke bemerklich, die Verhältnisse des Dotters zum Eyweiss sind im Ganzen dieselben, und wenn auch zuweilen die Menge des Eyweisses etwas vermehrt erscheint, welches Pfeiffer schon als Merkmal der Weiterbildung aufstellt, so möchte ich dies doch nicht als Gesetz aufstellen, da es nicht immer der Fall ist. Nur insofern zeigt sich ein wesentlicher Unterschied in der ganzen Eyermasse, als bei den Eyern der Kieme wir durchaus keine unreifen Eykeime unter den reifen Eyern bemerken, dahingegen in dem Eyerstock selbst, wenn er noch so sehr mit reifen Eyern erfüllt ist, über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 27 doch immer einzelne unreife Eyer mit vorkommen; ein Umstand, welcher darauf schliessen lässt, dass nie diese unreifen Eyer, sondern nur die gleichartig reifen Eyer durch die Ovidukten mit ausgeleert werden. Auch sah ich in den Kiemen nie Eyer mit einer doppelten oder dreifachen Cicatricula, welche Bildung also überhaupt wohl auch nur der frühern unvollkommenen Bildungsstufe angehört; auch hier so wenig als im Ovario jemals Eier mit mehr als einem Dotter. Wie nun jede organische Weiterbildung ihrem Wesen nach auf Differenzirung beruhen muss, so zeigt sich auch. an dem länger in den Kiemen verweilenden Muschel-Ey zuerst ein ungleichwerden der Peripherie der Dotterkugel. Die indif- ferente rein-sphärische Gestalt derselben wird nicht mehr wahrgenommen, und an einer Stelle, welches höchst wahr- scheinlich allemal die Stelle der Cicatricula ist, wird ein etwa —; oder 2; des gesammten Durchmessers der Dotterkugel be- tragender Eindruck bemerklich. Zugleich verändert sich das Ansehen der Substanz des Dotters in etwas, es ist nicht mehr die blos feinkörnig punktirte Substanz der Kugelfläche, son- dern ein mehr zelliges und nicht mehr so ganz gleichförmiges Ansehen des Dotters tritt hervor, und hiermit ist der Ueber- gang zu der zweiten Bildungsstufe gegeben, welche ich zuerst in der Form, wie sie sich bei Unio tumida darstellt, beschrei- ben werde. 2. Ey mit umgebildetem Dotter und Rotationsbewe- gung desselben. Sobald das Muschel-Ey die eben näher beschriebene Ge- staltveränderung vollkommen angenommen hat, beginnt auch die erste Lebensregung in demselben auf eine Weise, welche, 28 C. G. Carus, als ich sie zum erstenmale erblickte, mich auf das freudigste überraschte, und mich nachher immer, so oft ich sie gesehen habe, mit besonderer Bewunderung erfüllt hat. Diese Bewe- gung ist nämlich eine drehende, und man bemerkt gleich anfangs, dass bei Unio tumida diese Drehung nur in horizon- taler Richtung (etwa wie ein Teller, welcher auf glatter Flä- che stehend, durch seitliches Anstossen im Kreise gedreht wird) zu erfolgen bestimmt ist. Nichts destoweniger sind diese Bewegungen nicht gleich anfangs vollkommen in diesen Sinne geregelt, sondern man bemerkt haufig noch ein Umdrehen von unten nach oben, wo es dann mehr der Dotterdrehung, wel- che ich bei Limnaeus stagnalis früher ausführlich beschrie- ben habe *) und wie sie bei Eyern der Anodonta vorkommt, ähnlich ist, auch scheinen sie überhaupt noch ungleich und unregelmässig zu erfolgen. Bald aber bemerkt man nun, dass der Dotter selbst sich noch weiter umgestaltet, er wird gleich- sam von oben und unten etwas zusammengedrückt, die Kugel- form wird somit ganz aufgehoben, und die Peripherie nähert sich bereits von weitem der Gestalt eines Dreiecks mit abge- rundeten Ecken und mit einwärts gedrückter Grundfläche, in welcher Gegend denn auch die etwas weitzelligere Substanz eine grössere Durchsichtigkeit des werdenden Thierkörpers be- dingt (Taf. Il. Fig. V, VIl. a. b. VII). Von nun an beginnen denn auch die Rotationen mit der grössten Bestimmtheit, und obwohl man oft mehrere Hundert von trachtigen Muscheln un- tersuchen wird, bevor man eine gerade in dem rechten Zeit- *) Von den äussern Lebensbedingungen der weiss- und kaltblütigen Thiere, Leipzig. 1823, erste Beilage: vom Ey der Teichhornschnecke. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 29 punkte triffii, wo die Eyer auf dieser Bildungsstufe verweilen, so habe ich doch auch in einem Falle vier Tage hintereinan- der, d.i. den 9ten, 10ten, 11ten, 12ten Juni, an einer und der- selben trächtigen Muschel die Rotationen der Embryonen be- obachtet. Der Tag, wo ich zum erstenmal dieses höchst merk- würdige Schauspiel beobachtete, war der Morgen des 26. Mai 1830, und dass es gerade mich, der ich mich früher so lange Zeit mit Beobachtung der Rotationen der Schnecken-Embryonen beschäftigt hatte, auf das lebhafteste interessiren musste, mag man leicht abnehmen. Um nun eine deutliche Vorstellung von dieser Bewegung, und zugleich eine genügende Erklärung dieses sonderbaren Phänomens möglich zu machen, wird erfor- derlich seyn, zuerst einen Ueberblick zu geben von dem Ver- hältnisse, in welchem die einzelnen Gegenden eines bis auf diese Stufe entwickelten Embryo zu denen der weiter entwik- kelten jungen Muschel stehen. Eine in dieser Hinsicht unter- nommene Vergleichung zeigt aber zuvörderst auf das Bestimm- teste, dass die eingedrückte Grundfläche dieses abgestumpften unregelmassigen kuglichen Dreiecks der Stelle entspreche, an welcher sich späterhin das Schloss der Schale bildet, woraus dann weiter folgt, dass an den beiden Enden dieser Grundflä- che einerseits Mund- andererseits Aftergegend liegen muss. Von diesen beiden Stellen an theilen sich also späterhin die beiden Schalen, indem sie, ohngefähr gleich einer reifen Scho- te, von einander springen. Hieraus folgt dann ferner, dass der Muschel-Embryo, wenn er in der jetzt betrachteten zweiten Entwickelungsperiode sich befindet, die beständige Neigung zeigt, sich in wagerechter Lage eine Seitenfläche nach un- ten, die andere nach oben im Ey schwimmend zu erhalten; denn man mag Hunderte oder Tausende von Eyern dieser 0 C. G. Carus, © Unionen auf dieser Entwickelungsstufe betrachten, allemal wird man den Embryo, wenn er auch nicht in Rotation begriffen, aber nur sonst noch in lebenskräftigem Zustande ist, so schwim- mend erblicken, dass die drei rundlichen Seiten des Dreiecks in wagerechter Ebene erscheinen. Hier hätten wir nun zuerst ein schwer lösbares Problem an der Frage: warum liegen oder vielmehr schwimmen diese Embryonen im Ey nur in wagerechter Richtung? Vielleicht liessen sich hier- über folgende Betrachtungen als erklarende Momente aufstellen: man könnte nämlich sagen, es werde hierdurch ein Gegensatz ausgesprochen zwischen der Lage des Thieres und der ursprüng- lichen Theilung jener Kugelgestalt, mit welcher dieses, gleich jedem Thier überhaupt, seine Bildung anhebt. Ich habe naäm- lich schon früher *), am Ausführlichsten aber in meinem grös- sern Werke über den Skeletbau **), nachgewiesen, dass die Pelecypoden oder Muschelthiere im Verhältniss zu den Gaste- ropoden oder Schnecken dadurch wesentlich von einander ab- weichen, dass bei den erstern die senkrechte Theilung der primitiven Kugelgestalt von Rücken zu Bauch, in rechte und linke Hälften, vorherrschend ist, während bei letztern die Thei- lung von einer Seite zur andern in Rücken und Bauchschale als ursprünglich statt findet. Bemerken wir nun, dass diese Muschel-Embryonen constant eine Seitenfläche nach oben keh- ren, während bei Schnecken constant die Rückenfläche auf- wärts gekehrt ist, so müssen wir allerdings einen Gegensatz zwischen primitiver Differenzirung der Form und constanter *) Göthe’s Hefte zur Naturwissenschaft, Bd,II. Hft.1. S.17, u. Vorwort z. Ueber- setzung von Broke’s Anleitung zur Conchyliologie, Leipzig 1823. S. XXVIII. **) Von den Ur-Theilen des Knochen- und Schalengerüstes, Leipzig 1828. S. 69. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 51 Lage des Embryo anerkennen; wollte man aber weiter fragen: warum theilt sich die primitive Kugelgestalt bei Schnecken wagerecht, bei Muscheln senkrecht? so würde man doch nur antworten können, dass, insofern beiderlei Theilungen die nun eben gegebenen Möglichkeiten einfacher Theilung einer reinen Sphäre sind, sie auch nothwendigerweise irgend einmal wirk- lich dargebildet werden müssen. — Es ist also die in Folge einer in der Mittel-Linie vorherrschenden Differenzirung eintretende, von den Seiten abgeplattete Form, die nächste Ursache der wagerechten Lage im Schwimmen, und gewiss nie wird man überhaupt einen platten gleichförmig leichten Körper anders als wagerecht schwimmen sehen. Eben deshalb ist diese Lage auch bei den Eyern von Anodonta, wo der Dotter immerfort mehr kuglich bleibt, weit weniger vorherrschend, wie denn dies späterhin noch bemerkt werden wird. — Nun aber von der Drehung! Es ist also gesagt, dass, sobald jene abgeplattete Gestaltung der jungen Unionen gehörig entwickelt ist, die Drehung be- ginnt, und dass die Drehung selbst eine horizontale ist, (ohn- gefahr nach dem Schema Taf. Il. Fig. VL). Wollte man sich sonach diese Drehung an einer ausgewachsenen Muschel den- ken, so hätte man sich ein solches Thier auf einer der Seiten- flächen liegend und durch Anstoss an Mund oder Afterende der Schale in wagerecht drehende Bewegung versetzt, vorzu- stellen. Haften wir sogleich noch etwas an dieser Vorstellung der ausgebildeten Muschel, um uns über die Ursache der em- bryonischen Drehung irgend einen Aufschluss zu verschaffen! Beobachten wir nämlich eine lebende Muschel, so finden wir die hintere Schalenöffnung für die Athemröhren des Mantels bestimmt, und beobachten wir nun eine in einem Wasserge- 32 C. G. Carvs, fässe ruhig liegende athmende Muschel, so sehen wir das durch die obere Athemröhre von den Kiemen hervorströmende Wasser einen fortdauernden Wirbel erzeugen, welchen man auf der übrigens ruhigen Wasserfläche mit Leichtigkeit gewahr wird, indem alle Stäubchen, welche in dieser Gegend im Wasser schwimmen, lebhaft im Kreise bewegt werden, Es wird jetzt nicht schwer seyn, einzusehen, dass, so wie in die- sem Fülle die den Wirbel hervorbringende Muschel ihrer Grösse und Schwere wegen ruhig liegt und die Wasserstäubchen um sich wirbeln macht, dass, sage ich, eben so in einem an- dern Falle, d.i. bei dem kaum -; Linie im Durchmesser hal- tenden, im Ey schwimmenden Muschel-Embryo, sobald durch das polare Verhalten der Athmungsgegend zu dem um- gebenden Medium ein ähnlicher Wirbel, d.i. periodisches An- ziehen und Abstossen, bedingt wird, der Embryo selbstin eine wirbelnde Bewegung versetzt werden müsse, Will man aber ferner bedenken, dass bei einem solchen Em- bryo die Andeutung der Stelle der Athmungsorgane auf den innern Rand des fast scheibenförmigen wagerecht schwimmen- den Körpers bedingt sey, so wird man auch sogleich verste- hen, warum die Drehung in einer Ebene und als wagerechte Rotation hervortreten müsse. Ich muss aber von der Richtig- keit dieser Ansicht der Entstehung solcher rotirenden Bewe- gung um so mehr überzeugt seyn, als es mir früher schon bei den Schnecken, und namentlich bei Paludina vivipara, durch Beobaehtung des Wirbels in der etwas milchigen Eyflüssigkeit gelungen war, eine Verständigung über die Entstehung der Rotationen dieser Embryonen zu erlangen *), eine Arbeit, auf *) Acta natur. curiosor, Acad. Leopold. T. XIII. P. II. p.765. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 33 welche ich mich hier, um nicht zu weitläufiig zu werden, um so mehr beziehen kann, da die Erscheinung im Wesentlichen in beiden Fällen vollkommen gleich und eigentlich nur in der Richtung der Drehungen verschieden ist. Vollkommen bestä- tigt wurde mir übrigens jene Ansicht, als ich dahin kam, ein- zelne, in der Rotationsperiode begriffene Embryonen (beson- ders von Anodonta intermedia) ausserhalb ihres Chorions in einem Wassertropfen auf dem Glasschieber liegend zu beob- achten. Es bildete sich nämlich schon hier in einem 2,4 gros- sen Embryo (s. Taf. IV. Fig. X.) jener gewöhnliche Wasserwir- bel an der Stelle, wo künftig die Athemröhren sichtbar wer- den, aus; lebhaft trieben sich Monaden und Wasserstäaubchen hier am athmenden Embryo im Kreise umher, ja was nun vor- züglich beweisend ist, wenn der Wirbel recht lebhaft wurde, so fing, selbst freiliegend, der leichte Embryo hier- durch an sich zu bewegen, ja, im Kreise sich zu dre- hen, also gerade so, wie ich es auch bei Embryonen von Pa- ludina vivipara gesehen hatte. Kurz ausgedrückt! würde also die Erklärung dieser Rota- tion die seyn, dass man sagte: die erste Andeutung der Respi- ration des Embryo erscheine als polare Bewegung zwischen der für Athmung gegebenen Körperstelle und der umgebenden Ey- flüssigkeit, und die Rotation des innerhalb einer sphärischen Höhle schwimmenden Embryo werde durch die wirbelnde re- spirenende Bewegung bedingt, welche als die Folge eben die- ses auf Anziehung und Abstossung ruhenden polaren Verhält- nisses anzusehen sey. — Und soviel denn über Art und Ursache dieser Bewegungen, welche wenn sie überhaupt und schon an und für sich merkwürdig sind, es insbesondere noch dadurch werden, dass hierin eines der wichtigsten Gesetze für Thierbil- Vol. XVI. P.T. 9 34 C. G. Carus, dungen, nämlich, dass alle freien Bewegungsglieder Metamor- phosen von Respirations-Organen sind, eine neue Bestätigung enthält, indem gezeigt wird, dass dann, ‚wenn der ganze Or- ganismus sich noch in erster unentwickelter Form bewegt, er diesnuraber durch Respiration vollbringen kann. — Was die Geschwindigkeit und Dauer dieser Bewegungen betrifft, so bemerke ich hierüber folgendes: Erstens die Geschwindigkeit betreffend, so erfolgen diese Umdrehungen keinesweges immer in demselben Maasse, zuweilen geht die Umdrehung eine Zeit lang schneller und wird dann wieder langsam, mitunter tritt sogar Ruhe ein, und plötzlich hebt dann die Bewegung wieder an, dahingegen ein andermal eine gleichförmige Geschwindig- keit der Drehungen Stunden lang anhält. Wenn die Rotatio- nen rascher erschienen, so beobachtete ich gewöhnlich, das 18 bis 20 Sekunden zu einer Umdrehung erfordert wurden, dahingegen, wenn die Rotationen sehr langsam erfolgten, auch 50, 60, ja 80 Sekunden nöthig waren, um eine Umdrehung zu bewirken. Was zweitens die Dauer dieser Rotationsperiode des Muschel-Embryo im Allgemeinen betrifft, so vermag ich aller- dings nicht etwas genauer darüber zu bestimmen, nur soviel ist gewiss, dass sie nicht auf einen gar zu kurzen Zeitraum beschränkt seyn kann, da ich selbst einmal an ein und dersel- ben Muschel, an welcher noch dazu gleich anfänglich nach gewaltsamer Aufsperrung der Schale die eine Kieme verletzt worden war, vier Tage hinter einander das Drehen einzelner Embryonen in den zu verschiedenen Zeiten auf den Schieber des Mikroskops gebrachten Eyern beobachtet habe. Ueberhaupt muss man doch immer bedenken, dass man diese Rotationen nicht anders als unter sehr naturwidrigen Verhaltnissen für das Leben der Muschel beobachten kann, da man zu diesem Behuf über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 33 entweder das trächtige Thier verletzen und die Eyer aus ihrer Lagerstätte reissen, oder abwarten muss, bis ein trächtiges Thier, wegen Verletzung oder Aenderung der Qualität und Tempera- tur des Wassers, die unreifen Eyer ausstösst, und unter diesen abortiven Eyern sich einige befinden, welche gerade das Phä- nomen der Drehung zeigen. Es ist daher wohl möglich, dass wenn selbst unter ungünstigen Verhältnissen die gleichförmige Drehung eines und desselben Eyes oft einige Stunden lang be- obachtet werden kann, sie in der ganz natürgemässen Lage des Eyes eine weit geraumere Zeit und mit grösserer Schnelligkeit statt finden kann; ja dass sie wahrscheinlich überhaupt so lange fortgehen muss, als der durch die Athmung fortwährend erregte Wirbel stark genug ist, um den ganzen Embryokörper in drehende Bewegung zu versetzen. Ich muss hierbei übri- gens noch eines Umstandes gedenken, welcher für die Bezie- hung dieser Bewegung auf Respiration nicht ohne Wichtigkeit ist, nämlich, dass, wenn die auf dem Objektenträger liegenden Eyer anfıngen, langsamere Rotationen des Embryo zu zeigen, man häufig nur nöthig hatte, einen Tropfen frischen Flusswassers hinzuzulassen, und alsbald erfolgten die Drehungen von neuem mit Lebhaftigkeit; natürlich, weil da- durch der Athmungsprozess kräftiger angefacht wurde. Als nun das Bisherige bereits grösstentheils niedergeschrie- ben war, glückte es mir am 21. Juli, endlich auch zwei Exem- plare mit tragenden Kiemen von Anodonta intermedia zu er- halten, nachdem ich längere und kürzere Zeit vorher vergeb- lich. manches Exemplar dieser Species geöffnet hatte. In bei- den hatten die Eyer circa 2, Wiener Linien und das Dotter + W.L. Durchmesser. Die Dotter der einen lagen ruhig in ihren Eyhüllen, die Dotter der andern hingegen rotirten und 36 C. G. Carus, zeigten eine mehr durchsichtige weitzellige Substanz, deren Rand mit einzelnen frei vorragenden Zellen besetzt war (siehe Tab. IV. Fig. LI), gegenüber diesem zelligen Rande hatte auch hier, wie bei Unio tumida, der Dotter einen deutlichen aber tiefern Eindruck, und zeigte zu beiden Seiten desselben je eine dunkele Stelle, wodurch die Stelle der werdenden Schalen an- gedeutet war. Was die Bewegung selbst ahnbelangte, so wich sie nur in folgenden: Momenten etwas von der bei Unio tu- mida beobachteten ab; 1. war die Drehung nicht ganz so. gleichförmig, geschah oft ruckweise, hörte auch zuweilen ganz auf und begann dann von neuem; 2. war sie, wenn im ganz gleichförmigen Gange, gewöhnlich rascher als bei Unio, so dass 15 bis 16 Sekunden schon zu einer Umdrehung hinreichten; 3. war sie nicht so regelmässig blos in horizontaler Richtung, sondern es erfolgt haufig ein Ueberstürzen, oder Drehen, wenn auch nicht in vertikaler, aber doch in schief aufsteigender Richtung, obwohl es mir nicht zweifelhaft blieb, dass auch hier, sobald das Ey recht ruhig und im erneuten Wasser lag, die horizontalen Umdrehungen bei weitem die vorherrschenden waren. Ich konnte übrigens auch hier an demselben trächti- gen Thiere die Rotationen der Embryonen bis zum dritten Tage beobachten. Am vierten waren die Embryonen alle todt. Von dieser Zeit an erhielt ich dann trächtige Anodonten sehr häufig, und Anfang August waren fast in allen die äussern Kiemen voll drehender Embryonen, so dass am 6. August z.B. ich Eyer beobachtete, in welchen die Rotationen, oder mit an- dern Worten die Respirationsbewegungen so lebhaft waren, dass alle auf den Schieber des Mikroskops gebrachten Eyer rotirten, so, dass man mit einem Male 16 bis 20 Embryonen im lebhaften Umwälzen überblicken konnte. Wirklich über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 37 eins der überraschendsten Schauspiele, welche die mikroskopi- sche Beobachtung darbieten kann, und welches ich die Freude hatte, in Pillnitz dem berühmten Alex. v. Humboldt, zugleich mit Sr. Kais. Hoheit dem Gross-Herzoge von Toscana, und dem in dessen Gefolge befindlichen Prof. Savi aus Pisa vorzeigen zu können. Uebrigens war es hier merkwürdig, auch solche Embryonen noch rotiren zu sehen, in welchen die Bildung schon beträchtlich vorgeschritten, und selbst die Schale, wenn auch ausserordentlich zart, doch deutlich gebildet war. Wobei ich noch insbesondere bemerke, dass alle Embryonen eines trächtigen Thieres immer einerlei Entwickelung hatten. Es fragt sich nun noch: lassen auch diese Rotatio- nen am Muschel-Embryo wohl eine besondere Ein- wirkung auf die fernere Bildung des Thieres zurück? Ich habe nämlich in den früher angeführten Abhandlungen, vor mehreren Jahren, nachgewiesen, wie merkwürdig die Schalen- bildung des Schnecken-Embryo durch die in früherer Periode statt findende Drehung modifieirt werde, und wie man eigent- lich sagen konnte, dass die ganze Windung des Gehäuses nichts andres sey, als das verhärtete Schema dieser embryoni- schen Bewegungen. Damals wurde mir von mehrern Seiten der Einwurf gemacht, wie doch wohl diese Spiralwindung Product der Drehung des Embryo seyn könne, da doch auch bei mannichfaltigen zweischaligen Conchylien die Spiralwindung vorkomme, so bei Chama cor und Chama lazarus. So lange man nun nicht wusste, dass die zweischaligen Muscheln eben- falls eine bestimmte, wenn auch anders gerichtete Rotation ha- ben, so schien dieser Einwurf allerdings einiges für sich zu haben, und es isi wohl möglich, dass manche Naturforscher so- gar jener meiner Ansicht die ziemlich grobe Hypothese von 38 C. G. Carus, R. E. Graut *) vorgezogen haben, welcher durch die Pulsatio- nen des Herzens, gleich wie durch Hammerschläge, den Leib der embryonischen Schnecke auf die entgegengesetzte Seite hinüber werfen, und so die Spiralwindung entstehen lässt. Anders erscheint allerdings die Sache nun, nachdem wir wissen, dass die Rotationen eben so gut den Muscheln als Schnecken im embryonischen Zustande zukommen! Denn nicht nur, dass sich nun die stärker gewundenen Muschelgehäuse in ihrer Entstehung ganz eben so wie die Schneckengehäuse er- klären, sondern man wird bei genauerer Untersuchung nicht verkennen können, dass bald mehr bald weniger deutlich, selbst in unsern Unionen und Anodonten, die Andeutung einer be- ginnenden Spiralwindung, in der immer mehr nach einer Seite, und zwar nach der Athmungsöffnung hin gerichteten concentrischen Ausbreitung der Wirbel des Schlosses vorhan- den sey. Wie schwer übrigens dahin zu gelangen sey, das merk- würdige Phänomen der Rotation der Muschel-Embryonen zu beobachten, davon giebt es schon Zeugniss, dass dasselbe bis aul den heutigen Tag fast ganz unbeachtet und ungekannt ge- blieben ist, und dass Männer, mit Beobachtung der Muscheln beschäftigt, wie Jacobson, Blainville, Raspail, Bojanus, Oken, und besonders der scharfsichtige Beobachter Pfeiffer, der zuerst eine einigermaassen vollständige Entwickelungsge- schichte der Flussmuscheln- gegeben hat, auch keine Ahnung von diesem interessanten Vorgange gehabt haben. Wie indess *) Aus Edinburgh Journal of Science mitgetheilt in Heusinger’s Zeitschr. f. org. Physik. 1.Bd. 2. Hit. S. 265. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 30 doch eine. so wichtige Erscheinung selten sich ganz und gar verbergen kann, sondern man ‚dieselbe doch hier und da, wenn auch nur desultorisch, einmal beachtet finden wird, so ist es auch diesen 'Rotationen gegangen. Namentlich hat das Phäno- men selbst der vielfältig verdiente Anton Leeuwenhoek in einem vom 1. October 1695 datirten Sendschreiben *) bereits mit klaren Worten beschrieben, und eine gute Abbildung von den in dieser Bildungs-Epoche sich befindenden Muschel-Em- bryonen gegeben. Die Species, an welcher er es beobachtete, ist allerdings nach der etwas rohen Abbildung des ganzen Thie- res nicht genau zu bestimmen, doch scheint sie der Unio tu- mida nahe zu kommen. Er nennt sie Veen-Oesters, oder Veen-Mosseln. Seine Worte über diese Drehungen sind: „Innatas has conchas, quamprimum eas ex ovario exeme- ram, indidi tubo vitreo, eosque sic microscopio opposui, ac statim magna cum admiratione ac voluptate vidi, guomodo conchae hae nondum natae, ac membranis adhuc involutae, lente circum volutarentur; neque id per breve aliquod tem- pus sed quaedam per tres horas continuas in hoc suo motu perseverabant. Hic singularum concharum innatarum, in- tra membranas suas, motus, tanto majori mihi erat volup- tati, quia eae in omni hac agitatione, nec ad hanc, nec ad illam membranae, cui inerant, magis accedebant partem, sed undique aeque ab membrana distabant, non aliter gquam si sphaeram circum axem suum circumvolvi videre- mus. Atque hoc pacto saepe mutationem in innatis his *) Epistolae ad societatem regiam Anglicam et alios illustres viros. Ex Belgic. in lat. ling. trans, Lugd. Bat. 1719. Tom. III. continuat. 2. p.26. Epist. 95. 40 C. G. Carus, conchis animadvertere erat, modo enim nobis apparebat plana ejus pars, ac tum videre licebat formam ac partes tenuissimas testae, unde et nobis patebat quomodo testa queat augeri; modo apparebant conchae latera. (Ob hier- mit Rotationen in verticaler Richtung, welche bei mir nur als die unvollkommenen Versuche anhebender Drehung erschienen, oder zufällig verschiedene Stellungen nicht drekender Embryo- nen gemeint seyen, ist nicht ganz klar, dass indess die Dre- hungen auch wesentlich in horizontaler Richtung erfolgten, geht aus der Abbildung hervor, welche mit der von mir (Taf. II. Fig. VIIL) gegebenen im wesentlichen völlig übereinstimmt.) Ac ut verbo dicam hocce spectaculum quo una cum nata mea et sculptore, per duas continuas horas fruebamur, amaenitate sua omnia alia longe superabat, qguamcunque enim adspiceremus concham innatam, apparebant phaeno- mena captum nostrum longe superantia.“ Diese treu, wenn auch etwas unvollständig, mitgetheilte Beobachtung blieb indess ganz unbeachtet, bis Prof. Weber in Leipzig bei Gelegenheit einiger Bemerkungen zur Geschichte der Beobachtung der Ro- tationen des Schnecken-Embryo hierauf aufmerksam machte, und die Stelle selbst übersetzt mittheilte *). Eben so im Vor- beigehen nur wurde sie von Blainville *) und Home **) erwähnt. Nun kommt es aber eigentlich bei Naturbeobach- tung mehr auf die Verfolgung des Phänomens durch seine ganze Entwickelung, als auf ein einmaliges Sehen an, und da dies von Leeuwenhoek nicht gegeben war, und die Beobach- *%) Meckel’s Archiv für Anatomie u. Physiologie, Jahr 1828, $. 418. **) Annales des sciences naturally Mai 1828. ***) Philosophic. Transactions. 1828. p. 45. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 41 tung, ausser Bauer, den ich gleich erwähnen werde, niemand wiederholt hatte, so war es, als ob sie gar nicht existirte. Ich selbst auch erinnerte mich daher erst später, als ich durch das Phanomen, als durch ein Neues, zuerst überrascht worden war, und es schon in seiner Folge studirt hatte, an das Anführen dieser bereits 155 Jahre früher gemachten Beobachtung. Die einzigen Neueren, welchen das Phänomen sich dargeboten, die es aber weder genau verfolgt, ja zuletzt durch Unterlegung ei- ner falschen Ursache es eigentlich ganz aufgehoben haben, waren Ev. Home und Franz Bauer *), Ihre Worte sind nach Heusinger’s Uebersetzung folgende (wobei ich nur noch be- merke, dass auch hier von Bestimmung der Species nicht die Rede ist, sondern die Muschel kurzweg the large fresh-water muscle genannt wird): „Während dieser Lage im Ovidukt sieht man viele der Jungen sich wie um einen Mittelpunkt herumdrehen. Diese Bewegung hat schon Leeuwenhock wahrgenommen, dem die Erscheinung so wunderbar vorkam, dass er seinen eigenen Augen nicht allein trauen wollte, son- dern seine Frau (sic!) und Tochter herbeirief, dass sie die Wahrheit desselben bezeugen möchten (!); dasselbe begegnete Herrn Bauer, als er es zum ersten Male sah, er wünschte an- dere Zeugen, als seine eigenen Augen, er rief ein junges Dienstmädchen herein (!), richtete ihre Augen auf den Gegen- stand, und fragte sie, was sie sähe? sie antwortete, ein kleines weisses Ding, das sich rund herum dreht (sic!). Diese dre- hende Bewegung des Embryo’s zog natürlicher Weise meine *) Philosophic. Transact. a. a. O. wiedergegeben in Heusingers Zeitschrift für organ. Physik. 1.Bd. S.395. Yol. XFT. P.I. 6 42 C. G. Carus, ganze Aufmerksamkeit auf sich, und als ich die Porzellain- Manufactur in Worcester gesehen hatte, fand ich sie der Kreis- bewegung, welche man Thonstücken, aus denen Schüsseln, Näpfe u.s. w. gedreht werden, gibt, so ähnlich, dass ich auf einige Zeit ganz getäuscht wurde (!!). Herr Bauer entdeckte aber durch aufmerksame und anhaltende Beobachtung (!!) bald die wahre Ursache dieser sonderbaren Erscheinung, welche von einem kleinen Wurm hervorgebracht wurde, der in das Bläschen gelangt war, und während er an dem Embryo frass, diese Bewegungen machte, indem er die junge Muschel mit sich herumtrieb und selbst dem Auge des Beobachters nicht sichtbar war.“ Was diese letzte angebliche Erklärung betrifft, so ist diess die eigentliche und ärgste Täuschung, nachdem vor- her das wahre Phänomen schon gesehen worden war. Ich werde nämlich später darauf kommen, einiges über die son- derbaren Infusorien und Räderthierchen zu sagen, welche im Ovario der Muscheln und öfters auch in den trächtigen Kie- men gefunden werden, und welche durch ihre wunderbar dre- hende Bewegung äusserst merkwürdig sind. Hier will ich nur bemerken, dass man allerdings gar nicht selten sieht, theils wie mitten unter den Eyern ein oder ein paar dieser Räderthier- chen in lebhaft walzender Bewegung sich herumdrehen und die nahe liegenden Eyer beunruhigen, theils wie zuweilen ein solches Thierchen in lange anhaltender Bewegung um das Ey (aber nie im Ey und am Embryo selbst) mit Schnelligkeit her- umkreist, ja dadurch zuweilen das ganze Ey selbst in eine Art von drehender Bewegung versetzen kann. Allein bei alle dem kann man sich fest überzeugt halten, dass dies, welches man gerade bei den unreifen Eyern im Ovario am häufigsten sicht, gänzlich verschieden sey von den eigentlichen regelmässigen über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 43 Rotationen des Embryo, und niemand, der nur einmal beide Phänomene mit Aufmerksamkeit betrachtet hat, wird fernerhin in Gefahr kommen, so heterogene Dinge mit einander zu ver- wechseln. Uebrigens braucht man nur die freilich höchst ele- gant gestochenen, aber erbärmlich gezeichneten, Tafeln von H. Bauer mit der Natur zu vergleichen, um sich zu überzeu- gen, wie oberflächlich seine Beobachtungen in diesem Falle gewesen sind. Und so viel denn hiervon und von den we- sentlichen Erscheinungen dieser zweiten Entwickelungsstufe der Muschel-Embryonen überhaupt. Bevor ich indess zur Geschichte einer dritten Entwicke- lungsperiode übergehe, muss ich doch noch einer merkwürdi- gen Umänderung gedenken, welche krankhafter Weise oder im wirklichen Absterben der bis zur Stufe der Rotation ent- wickelten Embryonen vorkommt. Schon bei der Geschichte des Eyes im Eyerstock nämlich hatte ich angeführt, dass, wenn das Ey abstirbt, man ein Anschwellen desselben beobachte, welches ein Hervorquellen der innern Dottersubstanz aus den dünnern Stellen der Cicatricula zur Folge habe. Es ist daher zu erwarten, dass auch der beginnende Embryo, wenn er ab- stirbt, eben so wie vom Wasser umgebende Körper ausgebil- deter todter Mollusken überhaupt, aufschwellen werde, und wirklich beobachtet man denn auch hier dieses Aufschwellen, aber in einer sehr sonderbaren Form. Kaum haben nämlich, nachdem man entweder die frühzeitig ausgestossenen Eyer ei- nige Zeit lang in möglichst frischem Wasser aufbewahrt hat, oder nachdem die trächtigen Muscheln selbst auf solche Weise aufbewahrt worden sind, die Eyer angefangen abzusterben (welches zu verhindern ich mich vergeblich bemüht habe, wie denn Leeuwenhoek schon dasselbe berichtet), so bemerkt 44 C. G. Carus, man sichtlich das Aufschwellen des Dotters (s. Tab. Il. Fig. VIL. c.), welches allmälig fast alles Eyweiss verdrängt; der Dotter ver- liert seine dreieckige Gestalt und wird kuglich, aber indem so die gesammte Oberfläche desselben sich auszudehnen genöthigt wird, erscheint eine Struktur dieser Oberflache deutlicher, wel- che in dem zusammengedrängten lebenden Zustande ganz ver- deckt ist, und nicht minder als jene Rotation, höchst merk- würdig genannt werden muss. Man sieht nämlich die spha- risch aufgeschwellte Haut mit durchsichtigen runden Flecken besetzt, welche in mehr entwickelten Eyern von einem strah- ligen Rande und einem kleinen rautenförmigen oder fünfecki- gen Felde umgeben sind, welches je von den naheliegenden durch einen schmalen durchsichtigen Streif abgesondert ist (s. Taf. 1. Fig. ULX.XL). Die ganze Kugel, so in 20 bis 25 bis 30 einzelne Felder getheilt, deren jedes mit einem durch- sichtigen runden Fleck bezeichnet ist, gleicht somit auffallend einer Echinide, und mehrere kundige Freunde, denen ich diese Formen unter dem Mikroskop sehen liess, riefen sogleich aus, dass eine auffallende Aehnlichkeit mit einem Echinus, oder vielmehr Cidaris, nicht zu verkennen sey. Es sieht übrigens gar zierlich aus, wenn man diese kleinen fast durchsichtigen Kugeln auf dem Objektenträger langsam hin und her rollen lasst, und dann durch die durchsichtigen Stellen der nach oben gekehrten Fläche die Zeichnung der untern Fläche durch- schimmern sieht. Dabei habe ich gefunden, dass die Zeich- nung und Menge der Felder nicht überall gleich sey. Uebri- gens ist, sobald der Körper einmal auf diese Weise aufge- schwollen, irgend eine Art von Bewegung nicht mehr zu ent- decken, nur einigemal war es der Fall, dass es unter dem Mi- kroskop schien, als ob ein Theil des Umfanges sich mit einem über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 45 Male zusammenzöge, und bei dieser Zusammenziehung dann die Durchsichtigkeit aufgehoben würde, welche vorher die Ku- gel auszeichnete. Was die Felder-Abtheilung dieser Kugelflä- chen betrifft, so ist sie übrigens sowohl der Menge der Felder als ihrer Form nach nicht immer gleich; die Felder scheinen zahlreicher bei Unio tumida als bei batava, wo zugleich der ganze Umfang dadurch unregelmässiger gemacht wird, und die Felder grösser und mehr vorstehend sind, ja sie scheinen bei ersterer zahlreicher bei weiter vorgerückter Bildung als bei ge- ringerer Entwickelung. Fragt man nun, welche Bedeutung diese Felder-Abtheilung für den Körper des Muschelthiers hat, so scheint es mir doch, dass sie auf nichts andres gedeutet werden kann, als auf die Entstehung der Schale. Wir werden nämlich finden, dass schon in der vierten der hier angenommenen Entwickelungs- stufen eine Schale gleich dem feinsten Glashäutchen das Thier vollkommen umgiebt, und ich halte dann dafür, dass die Or- ganisation des Mantels zur Absonderung des zur Krystallisation bestimmten Kalksaftes durch diese wohl drüsige Entwickelung auf der Kugelfläche ausgedrückt sey. Uebrigens ist es sicher eine merkwürdige Erscheinung, dass der Embryo einer Mol- luske, deren ganze Sippschaft doch am Ende nur eine höhere Potenzirung jener vollkommnern Oozoen darstellt, zu welchen die Echiniden gehören, in seiner Entwickelungsfolge eine Stufe durchläuft, wo unter gewissen Umständen ganz die Bildung hervortritt, welche auf das spre- chendste an die Gestalt der Echiniden erinnert; denn es ist unverkennbar, dass hier dasselbe grosse und wichtige Gesetz sich documentirt, welches bedingt, dass die Larvenform des Insekts die Wurmform wiederholen muss, dass der Fetus 46 C. G. Carus, höherer Tbiere mit Kiemenathmung anheben muss, dass das keimende Farrenkraut die Form der Jungermannia annimmt und dergleichen mehr. Gehören übrigens diese eigenthümlich abgetheilten Kugeln noch immer der individuellen Lebensform, wenn auch der er- löschenden oder eben erloschenen an, so werden dagegen an- dere Formen sichtbar, wenn das Ey völlig abgestorben und die Dotterkugel durch Fäulniss aufgelöst ist. In diesem Falle näm- lich zerfällt die letztere in einen Haufen globulöser meist un- durchsichtiger Körper (es ist fast, als ob jede einzelne Zelle eine Kugel für sich bildete), und wie Pfeiffer schon bemerkt hat, werden hieraus endlich Haufen von Infusorien, so dass das eine abgestorbene Ey die Geburtsstätte von Hunderten neuer Infusorien wird. 3 Deutliche Vorbereitung des noch rings geschlos- senen Dotters zur Form der jungen Muschel. Unmittelbar an die abgerundet-dreieckige flache Gestalt, welche der Dotter oder werdende Embryo in der Periode der Drehung zeigt, schliesst sich bei Unio tumida eine etwas an- dere Form, in welcher die Gestalt der jungen Muschel schon deutlicher bemerklich wird und zugleich ihr Umfang sich merk- lich mehr consolidirt, so dass, wenn man früherhin oft noch ein abwechselndes Anschwellen und Einziehen selbst während der Drehung bemerkte, Aenderungen dieser Art jetzt gar nicht mehr vorkommen, welches auf weiter Vorgerücktseyn der Scha- lenbildung deutet, obwohl man wegen grosser Zartheit die Schale noch nicht deutlich unterscheiden kann. Betrachtet man den auf der flachen Seite liegenden Embryo, so erscheint über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 47 das Dreieck mit abgerundeten Ecken schärfer begränzt, die Basis des Triangels (welches die Stelle für das Schalenschloss ist) kann jetzt bestimmter unterschieden werden (s. Taf. III. Fig.1.), die durchsichtige Stelle in der Nähe desselben, wo sich die Vorkammern des Herzens entwickeln, ist deutlicher be- gränzt, und ich zweifle nicht, dass wenn man nur die Em- bryonen auf dieser Stufe im vollkommen naturgemässen und lebensfrischen Zustande untersuchen könnte, man schon jetzt den Herzschlag wahrnehmen müsste, da ich ihn im wenig mehr entwickelten Thiere, wo das Ansehen dieses durchsichti- gen Fleckes wenig von dem, wie es sich auf gegenwärtiger Stufe darstellt, verschieden ist, schon deutlich beobachtet habe. Beobachtet man den Muschel-Embryo von seiner schmalen Seite aus (s. Taf. IL Fig.l.a.), so sieht man jene beilförmige Figur, welche diese ganze Ordnung Weichthiere (Pelecypoden) aus- zeichnet, beseits sehr bestimmt ausgedrückt; die abgestumpfte Seite bezeichnet das Schalenschloss, der bauchig zugeschärfie Rand bezeichnet die Stelle, wo bald die Schalen von einander klaffen werden, obwohl sie jetzt noch als in einer einfachen Kugellläche entwickelt, untrennbar mit einander verbunden sind, und ein Klaffen der Schale auf dieser Entwickelungsstufe noch gar nicht bemerkt wird. Ein Rotiren des Embryo auf diesar Bildungsstufe habe ich bei Unio tumida nicht mehr gesehen. Dabei muss ich jedoch allerdings anführen, dass zu dieser Zeit im ganz lebensfrischen Zustande gewiss auch in dieser Gattung noch Drehungen vorkommen, als wofür die Analogie mit den Eyern von Anodonta intermedia genugsam spricht. Beobachtet man nämlich diese in gegenwärtiger drit- ter Periode, so sieht man auch bei schon deutlich entwickel- ten Schalen und einer kuglich vorgedrängten Körpermasse 48 GC. G. Carus, zwischen denselben (eine Masse, welche hier fast dieselbe was- serhelle Substanz und eine ähnliche Bedeckung mit meist fünf- eckigen Feldern zeigt, wie bei den absterbenden Eyern von Unio tumida beschrieben wurde) die Drehung noch ganz deut- lich, und es scheint sogar, dass hier der Uebergang in das vierte Entwickelungsstadium des mit geöffneten Muschelschalen verschenen Embryo nur dadurch erfolge, dass diese kuglich vorgetriebene Dotterfläche (vergl. Taf. IV. Fig. VIH. bis XIL) in ihrer Mittellinie aufreisse, so die Hälften des Mantels bilde, und dadurch das Zusammenfallen des Körpers und beweglichwerden der an den Seiten dieser Fläche herangebildeten Schalenhälf- ten bedinge. Ueberhaupt, wenn man bedenkt, dass die Dre- hungen, wie oben gezeigt wurde, nichts anderes sind, als noth- wendige l'olge des Respirationswirbels, so muss man auch ein- sehen, dass diese Bewegung, so lange das Thier athmet, noth- wendig vorhanden seyn muss, sobald nur das Thier noch leicht genug ist, um im Wasser zu schwimmen, und so lange es in einer kuglichen Höhle eingeschlossen bleibt. 4. Die junge Muschel mit ihren geöffneten Schalen innerhalb des Eyes deutlich entwickelt. Wenn Rathke oder Jacobson die Brut der Muscheln in den Kiemen zufällig einmal gerade auf der Entwickelungsstufe, von welcher jetzt die Rede seyn wird, beobachtet hätten, so würden sie sogleich von der Vorstellung, dass diese Embryo- nen nicht Embryonen, sondern Parasiten seyen, haben zurück- kommen müssen, denn nicht genug, dass’ die Eyhülle, das Cho- rion, mit seinem wasserhellen Eyweiss noch völlig dasselbe ist, wie man es bereits im Ovario wahrnimmt, sondern man kann über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 49 nun auch, wenn man recht lebenskräftige Embryonen unter dem Mikroskop vor sich hat, den Herzschlag deutlich erken- nen, und da er genau an der Stelle, d. i. unter dem sich öff- nenden Schalenschlosse, sich zeigt, wo auch bei dem entwik- kelten Thiere das Herz liegt, so wenig in Zweifel seyn, dass man wirklich das rhythmische Ausdehnen und Zusammenzie- hen der zartwandigen Vorkammern sehe, dass der Gedanke an Entozoen schon durch diesen Anblick sich widerlegen muss, wenn man auch nicht, wie ich es hier dargelegt habe, den vollständigen Uebergang aus der Form des einfachen kuglichen Dotters zur Bildung der jungen Muschel erkannt hätte. Von dem Einzelnen der Form, welche die Eyer auf dieser Entwickelungsstufe darbieten, werden die beigefügten Zeich- nungen den besten Begriff geben, bemerken will ich daher nur, dass die Grösse und Zartheit des Chorions, so wie die wasserhelle Beschaffenheit des Eyweisses, noch immer vollkom- men die bisherige geblieben ist, und dass die Grösse des doch schon sehr ausgebildeten Muschel-Embryo, von der breiten Fläche gesehen, mit der Grösse der Dotterkugel ziemlich voll- kommen übereinstimmt, hingegen, wenn von der schmalen Fläche gesehen, sich bedeutend kleiner (eben durch das von den Seiten Zusammengedrücktseyn) darstellt, so dass also der Dotter hier ohngefähr eben so bei fortschreitender Ausbildung an Umfang verliert, wie etwa bekanntermaassen das Hühner- Ey während der Bebrütung und Entwickelung des Hühnchens leichter wird. Was nun die Bildung der jungen Muschel zuerst wesentlich von der blossen Dotterbildung unterscheidet, ist: die Dehiscenz der Mantel- und Schalenhälften. Diese Dehiscenz nämlich, welche schon im Pflanzenreiche durch das Aufspringen der reifen Frucht oder Saamenkapsel sich Vol. XVI. P.1. 7 50 C. G. Carus, äussert, und welche in jeder Thierbildung durch das Auf- thun der Mund- und After- und Geschlechtsöffnungen, durch das Aufreissen der Pupille, durch das Aufreissen der Eyhäute bei völliger Fruchtreife, und durch so viele andere Erscheinun- gen, welche wohl einmal eine besondere Zusammenstellung verdienten, sich als eins der Grundphaänomene der Bildung le- bendiger Einzelwesen darstellt, beurkundet sich auch hier durch das Oeffnen der beiden Schalenhälften der anfangs ringsum ge- schlossenen Dotterkugel. Wie man aber etwa von der zerris- senen Pupillar-Membrane noch späterhin die fluktuirenden Rän- der gewahr wird, so zeigten auch an diesen kaum geöffneten Muschel-Embryonen von Unio tumida (Taf. Il. Fig. U. UI. und besonders IV.) die getrennten Ränder eine fluktuirende Mem- bran, welche man wohl für den Saum des Mantels halten muss, welcher beim Bewegen der Schalen sich sogar mitunter über letztere hervorschlägt, und vorn, da wo die der Basis des Scha- lenschlosses gegenübergestellte Spitze des Dreiecks sich belin- det, den sonderbaren Haken bildet, welchen mehrere Naturfor- scher schon erwähnt haben, der jedoch von Jacobson bei frei liegenden Fetus am ausführlichsten beschrieben, und nur irrigerweise als ein Beweis gebraucht worden ist, dass diese Embryonen keine Embryonen, sondern Parasiten, namlich sein Glochidium wären. Dieser Haken,. welcher auf den ersten Blick allerdings kein Analogon in der Form des erwachsenen Thieres zu haben scheint, lässt indess bei naherer Untersuchung doch unwiderleglich sich in denjenigen Organen wieder er- kennen, welches die Spalte des Mantels bekleidet, da wo das Wasser zum Athemholen einströmt, um zu den Kiemen zu ge- langen. Die beiden mit Fimbrien besetzten Wülste des Mantels, welche sich hier finden, haben, sobald man nur den über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 51 Muschel-Embryo mit eingeschlagenen Haken betrachtet, so vollkommen dasselbe Ansehen, welches die mit Fimbrien besetzten Haken zeigen, dass einzig und allein darinn ein wesentlicher Unterschied gegeben scheint, dass die Haken an der Mitte des geöffneten Mantel- und Schalen-Randes und frei herausgeschlagen, die gefranzten Wülste aber am hintern Ende des geöffneten Mantel- und Schalen-Randes und festliegend ge- sehen werden. Hierbei muss man indess nicht unbeachtet las- sen: 1) dass, wie schon oben bemerkt wurde, in jeder ausge- wachsenen Muschel eine Art Spirallinie gegeben ist, und, bei dem dadurch bedingten ungleichen Fortwachsen der beiden Enden der Muschel nothwendig sich das, was früher in der Mitte war, nun an das eine Ende gerückt *) zeigen muss (s. Taf. IV. Fig. XVI. a. u. b.), und mehr oder weniger deutlich sieht man daher an der ausgewachsenen Muschel noch eine vom innersten Nabel der Schale schief nach der Gegend der Athemöffnung laufenden Linie, welche diese Richtung bezeich- net (Fig.XV. b.a.); 2) dass der ganz aufgeklappte Zustand des Muschel-Embryo keinesweges ein naturgemässer ist, sondern allemal beginnendes Absterben des Embryo anzeigt, so dass man auch die Schalen abgestorbener Fetus nie anders als auf- geklappt finden wird. Ist dieses aber nun der Fall, und muss also der durch Dehiscenz am Mantelrande geöffnete Muschel- Fetus im gesunden Fortleben und Fortwachsen immer mit ge- schlossenen, oder doch weiter als bei der erwachsenen Muschel *) In dieser Beziehung ist es sehr bedeutungsvoll zu finden, dass ältere Fetus, z.B. wie man sie bei Anodonten im ersten Frühjahr, bevor sie aus den Kie- men ausgestossen werden, sieht, bereits deutlich ungleichrandige Schalenhälf- ten haben, so dass die Haken schon gar nicht mehr in der Mitte stehen. 32 C. G. Carus, (Behufs des Athmens) geöffneten Schalen gedacht werden, so fragt sich noch sehr: ob nicht wirklich diese sogenannten Ha- ken im gesunden unverletzten Zustande eigentlich immer an der Spitze verbunden bleiben, und nur durch das gewaltsame Aufklappen der Schale von einander reissen und schon da- durch das Absterben des Thieres bedingen? Denkt man sich daher die Muschel geschlossen und die gefranzten Haken an beiden Seiten eingeschlagen, dem Mantel anhängend, und un- ter einander verbunden, denkt man sich dieselben ferner mit der Athemspalte gegen das hintere Muschelende, durch unglei- ches Fortwachsen der Muschelschalen zurückgedrängt, so ist der Uebergang zu der Bildung des ausgewachsenen Thieres, wie mir scheint, klar genug. — Was die Embryonen dieser Periode bei Unio betrifft (Tab. II. Fig.1l.), so haben sie im Ganzen noch eine mehr abgerundet-dreieckige Form und ge- wölbtere Schalenhälften; ihre Bewegung ist ein oft wiederhol- tes Aufsperren und Zuklappen der Schale, nur dass das Oefl- nen, weil die Muschel noch im Ey eingeschlossen, auf eine geringe Weite beschränkt ist. Uebrigens ist mir wahrschein- lich, dass das (Taf. III. Fig. Il. a. dargestellte) Sprengen der Ey- “ haut (eine abermalige Dehiscenz, welche indess mit sofortigen Absterben des zerrissenen Gebildes verknüpft ist) eben durch das etwas weitere Aufsperren der Schale vermittelt werde (man s. die Abbildung eines schon so aufgesperrten verzogenen Eyes der Anodonta in Taf. IV. Fig. XV.). Ein besonders merk- würdiges Verhalten (welches ich jedoch bisher nur bei Ano- donten beobachten konnte) ist es auch, dass hier schon zu der Zeit, wo die Muschel noch im Ey eingeschlossen ist, sich doch der Byssus schon anfängt zu entwickeln, indem er aus der Mitte des Thierleibes, da wo die Masse des Fusses sich später- über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 53 hin ausbildet, als ein Convolut, welches der äussern Form nach fast an den Nabelstrang höherer Thiere erinnern könnte (und, so wenig es auch sonst ihm analog ist, von Raspail so- gar als solcher aufgeführt wird), hervortreibt (s. Taf. IV. Fig.XV. a.). Wie die Form der Schalen in dieser Periode sich darstellt, geht sattsam aus den Abbildungen hervor, und bedarf deshalb keiner weitläuftigen Beschreibung. Was den weichen Thierleib betrifft, so sind allerdings in einem „; bis „; Linie grossen Körperchen die einzelnen Theile desselben nur schwer zu un- terscheiden; doch will ich bemerken, dass die nicht vorsprin- gende Masse des Fusses, die noch nicht unterscheidbaren Blät- ter der Kiemen, und dagegen die verhältnissmässig grössere Stärke des Mantels besonders als noch abweichend von der Form der ausgebildeten Muschel ins Auge fallen, dahingegen an der durchsichtigen Stelle in der Nähe des Schlosses, und ebendaselbst also wo man an der erwachsenen Muschel das pulsirende Herz findet, auch hier das abwechselnde Ausdehnen und Zusammenziehen der Vorkammern, bei glücklicher Be- leuchtung deutlich, obwohl in ziemlich langsamer Bewegung, nämlich 5—6 Mal in der Minute, gesehen wird. Desgleichen fehlen auch nicht die deutlichen Schliessmuskeln der Schalen, welche als ein zartes querüber verlaufendes Faserbündel er- scheinen, und selbst die Stelle der Athemröhre des Mantels, an welcher der Respirationswirbel späterhin immer lebhafter sich entwickelt, ist so entschieden angedeutet, dass es fast nie fehit, dass bei hinlänglich entwickelten aber nicht mehr drehenden Embryonen innerhalb der Eyhaut, zwischen den geöffneten Schalen ein kleiner Wirbel einige etwa dort fluktuirende Mo- lekulen (vielleicht sind es Auswurfsstoffe des jungen Thieres) ziemlich rasch umbhertreibt (Taf. IV. Fig. XV. b.). 54 C. G. Carus, Was die Zeit betrifft, während welcher diese Veränderun- gen im Ey, von dessen Dotter mit einfacher Kugelform an bis zur ausgebildeten Muschel, innerhalb der Eyhaut erfolgen, so ist schon mehrfach gelegentlich bemerkt worden, dass genaue Bestimmungen hierüber kaum möglich sind, indem man nicht im Stande ist, an einem und demselben Thiere alle Stadien durch zu beobachten, und bei den Unionen die Zeit der Fort- pfanzung so verschieden ist, dass man zu keinem allgemein gültigen Schlusse gelangt. Beobachtet man jedoch Anodonta intermedia, so lässt sich wohl mit ziemlicher Bestimmtheit sagen, dass etwa ein Monat der Zeitraun sey, welcher hierzu erfordert werde, indem, wie schon erwahnt, bis Mitte Juli fast bei allen untersuchten Individuen die Kiemen leer, Ende Juli aber mit noch nicht drehenden Eyern gefüllt waren, in den letzten Tagen dieses Monats fanden sich dann bereits einzelne drehende aber unentwickelte Eyer; im Anfang August waren sie dann alle in Rotation begriffen, und Ende August fand ich fast überall die Kiemen mit schon weit ausgebildeten jungen, jedoch noch im Ey eingeschlossenen Muscheln erfüllt, welches dann schliessen lässt, dass circa ein Monat zu dieser Entwik- kelung gebraucht wird. 5. Die freien Muschel-Fetus ohne Eyschalenhaut sich durch Byssusfäden verbindend. In diesem letzten Stadium der Fetus-Entwickelung veran- dert sich, so weit ich es habe irgend beobachten können, die Beschaffenheit der jungen Muschel nicht mehr wesentlich. Die Schale consolidirt sich nach und nach mehr, und die jeder Gattung eigenthümliche Form ist schon bestimmter zu erken- über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 55 nen; z.B. in den Unionen das mehr Gewölbte der Schalen, in den Anodonten die Abplattung und mehr dreieckige Figur. Ferner zeigen sich die Muskelfaserstreifen, welche zum Schlies- sen der Schalen wirken, bestimmter entwickelt, und immer noch wie zu der Zeit, wo das junge Thier innerhalb der Ey- haut lebt, sind die mit Fimbrien besetzten Haken an den Scha- lenspitzen stark entwickelt, wogegen innerhalb der Schalen die in der ausgebildeten Muschel so stark vorragende Masse des Leibes, welche mit dem Namen des Fusses bezeichnet zu wer- den pflegt, nur unbedeutend vorragt, und von der Seite gese- hen, platt erscheint. Eben so sind auch die späterhin so aus- gedehnten merkwürdigen Organe, die Kiemen, noch nicht in ihrer eigenthümlichen Form zu erkennen, doch ist es mir merk- würdig gewesen, bei einzelnen Individuen, unter recht günsti- gem Licht (Taf. IV. Fig. XIV.) vier grössere und zwei kleinere vorspringende zarte durchsichtige, bisher noch von niemand beschriebene, Blätter gewahr zu werden, welche von den Sei- ten der Schalenbekleidung gegen den mittlern Raum frei her- einragen, und die ich allerdings für die Keime theils der vier Kiemenblätter (a. £.), theils der beiden um den Mund stehen- den kiemenartigen Blättchen (y.) halten möchte. Es scheint mir dann, dass erst, wenn der Fuss anfängt hervorzutreiben, die Kiemenblätter an ihrer Basis zusammenrücken und in das gewöhnliche Verhältniss treten. Ueberhaupt sind die Gegenden des Körpers hier sicher noch wesentlich anders als im völlig entwickelten Thier vertheilt. So habe ich z.B. schon oben be- merkt, dass die Gegend, welche hier an der Spitze des Drei- ecks liegt, und wo sich die beschriebenen Haken befinden, der seitlichen Spitze der Muschel, wo sich beim ausgebildeten Thiere die Athmungsöffnung zeigt, wahrhaft entspreche. Betrach- 56 C. G. Carus, tet man daher eine dieser jungen Muscheln von ihrer Spitze aus, so zeigen sich neben den erwähnten Haken zwei Oeffnungen in der Figur einer liegenden &, welche wohl den spätern Athemspalten des Mantels gleich sind, und wo die Franzen der eingeschlage- nen Haken die Franzen der Athemspalte des Mantels zu begründen scheinen. Deutlich sieht man dann auch hier den Byssusfaden aus der Mitte des Leibes hervorgehen, welcher eine beträchtli- che Länge erreicht, und an Stärke und Neigung zu spiralför- migem Zusammendrehen dem Stiele der Vorticellen verglichen werden kann. Dabei ist es gewiss merkwürdig zu sehen, wie diese Mollusken nur als Fetus Fäden spinnen, wie andere Mu- scheln (z. B. Pinna) zeitlebens. Es erinnert dies an das Ver- hältniss der Articulaten, wo viele (z.B. Lepidoptern-Larven) in frühern Zuständen nur spinnen, während andere (z.B. Spinnen) es zeitlebens thun. — An diesen Fetus bemerkt man übrigens, wie bereits fast von allen Beobachtern angeführt ıst, ein öfte- res Auf- und Zuklappen der Schale, ich will jedoch dabei be- merken, dass es gewiss nicht geradezu anzunehmen sey, es wäre dies die eigentliche Athmungsbewegung, da es immer erst entsteht, wenn die jungen Muscheln schon eine Zeit lang un- ter dem Mikroskop gelegen haben, und da man sieht, dass das Oeffnen immer stärker wird, je mehr das Leben derselben schwindet, bis endlich die Abgestorbenen gleich ausgewachse- nen todten Muscheln ganz geöffnet daliegen. Auch wäre ein Athmen dureh Auf- und Zuklappen ganz abweichend von dem Athmen der frühern Lebensperioden sowohl als des reifen Al- ters, in welchen beiden, wie sattsam bemerkt worden, das Athmen ohne Bewegung der Schale nur durch das Wirbeln des Wassers durch die Athemröhre, oder vielmehr an der Stelle, wo diese sich entwickeln soll, geschieht. Aus solchen Gründen über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 57 halte ich demnach dieses Auf- und Zuklappen auch in dieser Periode für kein natürliches Athmen, sondern für krampfhafte Bewegungen, welche den herrannahenden Tod verkündigen. Ueber die Zeit, während welcher die jungen Muscheln nun so blos in einen durchsichtigen Schleim eingehüllt, und durch den Byssusfaden (welcher, wie bemerkt, aus der Leibesmasse her- vortreibt) unter einander verbunden, in den Kiemenfächern liegen, fehlen auch in andern Arten noch genauere Nachwei- sungen. Häufig mag dieselbe auch nicht viel über einen Mo- nat betragen, denn wenn ich bei Unionen im Frühjahr sehr häufig die Kiemen mit Jungen in der ersten, zweiten oder drit- ten Entwickelungsperiode trächtig fand, so waren sie im ho- hen Sommer durchgängig leer, ohne auch in dem Ovario et- was anderes als jene milchige Flüssigkeit zu zeigen, deren Punktmasse, wie oben gesagt ist, aus den Keimen der Eyer für künftiges Jahr besteht. Dagegen habe ich bei Anodonten, namentlich bei A. cygnea, oftmals im Spätherbst die Kiemen noch voll junger Muscheln gefunden, und ich schloss bereits hieraus, dass diese Jungen sodann innerhalb des mütterlichen Thieres überwintern und erst im Frühjahr ausgestossen werden möchten. Von Anodonta intermedia erhielt ich sodann im October eine Anzahl Exemplare, in denen bei allen die äussern Kiemenblätter voll Junge dieser Periode waren, so dass also hier die Eyer im Juli in die Kiemen treten, im Anfang August zu drehen anfangen, im Anfang October die Jungen ohne Schalen in den Kiemen liegen, bis dann (wie auch schon er- wahnt) im März das Ausstossen derselben erfolgt. *) — Was *) Als ich im April 1831 von derselben Art eine Anzahl Individuen frisch er- hielt, waren bei allen die äussern Kiemenfächer leer, dabei aber doch ol. XVI. PT. 8 58 C. G. Carus, endlich die Art dieses Ausstossens oder Gebärens betriffi, so ist allerdings auch schon durch andere, und namentlich durch die von Pfeiffer aufgezeichneten Beobachtungen bekannt, dass immer ein ganzes Kiemenfach auf einmal sich hierbei zu ent- leeren pflegt, und dass diese traubenförmigen aber ziemlich compakten Massen durch den oberhalb der äussern Kiemen verlaufenden Oviduet mittelst der obern röhrenförmigen Athem- öffnung des Mantels ausgestossen werden. Wie leicht übrigens dieses Ausstosssen auch vor gänzlicher Reife der Eyer erfolgt, habe ich oben schon erwahnt und haufig genug beobachtet. Indem ich jedoch dieses Phänomen abermals in Erwähnung bringe, wird es jetzt unumgänglich nothwendig, der eigenthüm- lichen Bewegungen der Kiemen etwas näher zu gedenken, welches uns dann freilich, nachdem wir die Betrachtung der fünf Entwickelungsperioden der Muscheln in den Kiemen, so weit unsre bisherigen Beobachtungen reichen, beendigt haben, zu einer besondern und neuen Reihe von Betrachtungen leiten muss, denen billig ein besonderer Abschnitt gewidınet wird. II. Von den eigenthümlichen Bewegungen der Kiemenblätter, als wesentlich mitwirkende Be- dingung zur Eyeraufrahme und zum Ausstos- sen der Eyer in den Muscheln. Die Grundbedeutung der Athmungsfunktion ist: einen ent- schiedenen Gegensatz darzustellen zur Ernährung, durch eine sichtlich noch (wie ein leerer Uterus nach der Geburt) in ihren Dimensionen erweitert und in ihrer Substanz verdickt. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 59 andauernde Verflüchtigung organischer Substanz, oder mit an- dern Worten, durch eine stetige Auflösung individueller Exi- stenz in die Totalität der Umgebung des lebendigen Geschöpfs. Dieser Process zeigt sich nun gleich jedem andern in sehr ver- schiedenen Entwickelungsstufen. Die niedrigste Stufe und der einfachste Hergang ist ein ruhiges Verdunsten oder vielmehr gassförmiges Verflüchtigen, wie das Athmen der Pflanzen. Eine Stufe weiter und die beiden Factoren dieser Wechsel- wirkung, d.i. äussere einwirkende Umgebung und innere nach aussen strebende Substanz stellen sich in ihrem Gegensatze be- stimmter auseinander, und es entsteht ein Wechselspiel von Anziehung und Abstossung; es wird nämlich das indifferente ursprünglich in eine Zeit zusammenfallende und deshalb ru- hige Anziehen und Abstossen in verschiedene Zeiträume ver- theilt, und indem dadurch die räumliche Ruhe aufgehoben wird, begründet sie so den ersten Gegensatz der räumlichen Bewegung, deren primitive Formen allemal als Attraktion und Repulsion sich darstellen. Auch hier sind nun wieder unendliche Zwischenglieder! — Zunächst an völlig gleichzeitige, und deshalb raumlich als Ruhe erscheinende Anziehung und Abstossung, knüpft sich ein abwechselndes Pradominiren jeder derselben in möglichst kleinen Zeitabschnitten, wel- ches dann räumlich als diejenige Bewegung erscheinen muss, welche wir Erzitterung, Öscillatiion nennen, und es geht hier- aus hervor, dass Oscillation das eigentliche Mittelglied zwischen Ruhe und Bewegung sey, und jede primitive Bewegung als Oscillation sich darstellen muss. Erkennen wir nun aber an jeder individuellen Lebenser- scheinung nothwendig zuerst den Gegensatz, in welchem es sich als Individuum zum Universum befindet, und geht daraus 60 C. G. Carus, überhaupt der Gegensatz zwischen Assimilation des Aeussern (was wir Ernährung nennen) und Verllüchtigung des Innern (was wir im weitesten Sinne Athmung nennen) als der beiden organischen Grundfunktionen hervor, so knüpft sich an diese Erkenntniss nicht nur zuerst die Einsicht davon, warum die erste und wesentliche Theilung am Thierleibe die zwischen äusserer und innerer Fläche wird, von denen die erstere, als Haut, der Athmung eben so vorherrschend bestimmt ist, wie die letztere, als Darm, der Ernährung; sondern wir erkennen nun auch, warum auf der äussern Fläche das Wechselspiel von Anziehung und Abstossung (welches, wie oben gezeigt wurde, im Begrifl jener Verflüchtigung begründet ist) der erste Grund aller Bewegung der Hautfläche, und weiterhin somit auch der wesentliche Grund der Entwickelung aller äussern Bewegungs- Organe seyn muss. — Die innere fortschreitende Differenzirung nämlich, worauf alle organische Bildung beruht, bringt es mit sich, dass bei einigermassen weiterer Gliederung des Körpers einige Stellen der Haut mehr, andere weniger für Athmung thätig sind, und es begreift sich nun leicht, dass die Stelle, in welcher die Idee dieser Funktion lebendiger ist, sich nicht nur mehr in Athmungsbewegung (und zuerst also in Oscillation) bethätigen, sondern sich immer mehr zu wirklichen Bewe- gungsgliedern herausbilden muss, woher es denn kommt, dass die philosophische Anatomie bestimmt nachzuweisen vermag, dass allen vielfältigen äussern Beweggliedern immer der eine, nur unendlich metamorphosirte Begriff des Athemorgans, oder der Kieme, zum Grunde liegt. Ferner folgt es aber noth- wendig aus dem Vorhergehenden, dass allen Hautstellen, wel- che vorzugsweise als Athemorgan sich documentiren sollen, und noch mehr also den mehr entwickelten Stellen dieser Art, oder über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 61 den Riemen, diejenige Bewegung, welche als die primitive erkannt wurde, nämlich die Oseillation, vorzugsweise eigen seyn müsse. laassen wir hier nun einen Ueberblick der frühesten Formen der Athemorgane folgen, um dies anschaulich zu machen: — Wenden wir unsern Blick in dieser Beziehung auf das niedrigste Reich der Thierwelt, auf die Eythiere und insbesondere auf die Protozoen, so geben uns schon unter diesen die Infusorien in den mannichfaltigen Haarkränzen, welche bald die Leibes- seiten, bald die Mundöffnung umgeben, deutliches Beispiel der obigen Anordnung. Die feinen wie Glas durchsichtigen Fäden, welche bei Leucophrys, Kolpoda, Vorticella, Lacinularia, Rotifer, und andern sich finden, und durch ihre ausserordent- lich schnelle Oscillation gewöhnlich die optische Täuschung wie von laufenden Rädern hervorbringen, gehören vollkommen in die Reihe dieser Gebilde. Ferner gehören auch hierher die federbuschartigen Armkränze der Plumatellen, an welchen un- ter hinlänglich starker Vergrösserung eine längs ihrer ganzen Fäden verlaufende lebhafte Undulation sichtbar ist, durch wel- che allein bei scheinbar ganz ruhiger Stellung der Arme ein lebhafter Wirbel im Wasser hervorgebracht wird. *) Ferner kommen ähnliche Organe in den Acalephen vor, wo sie, be- *) Beobachtet man bei starker Vergrösserung einen solchen Tühlfaden (der hier nun schon statt blosser oscillirender Kieme in die Bedeutung einer höhern Potenz, nämlich in die eines Bewegungsorganes, getreten ist) längere Zeit, so giebt dieses Oscilliren oder Unduliren seiner Seiten auch eine optische Täu- schung, nämlich es scheint, als ob durchsichtige Kügelchen gleich Perlen in ununterbrochener Reihe um die Ränder des Fadens herumliefen, auf einer Seite aufsteigend, auf der andern absteigend, ähnlich einem Blut- au — 62 C. G. Carus, sonders in den Rippenquallen, von Eschscholtz *) beschrie- ben werden, und längs der Körperseiten als kleine Kiemen- känme sitzen, deren Bewegung einen Farbenschiller hervor- bringt. Manches ähnliche würden ferner mikroskopische Un- tersuchungen bei vielen Strahlthieren zeigen, so z. B. wahr- scheinlich an den bunten Fadenkränzen um die Mundöffnung der Aktinien u.s. w., sobald dergleichen mit Genauigkeit und Umsicht vorgenommen würden. Und nun treffen wir denn unmittelbar in dieser Reihe auf die Kiemen der Mollusken, welche theils auch noch als kammförmige Organe (wie die Kiemen bei Paludina vivipara), theils als Kiemenblätter (wie eben bei den Muscheln) vorzukommen pflegen. Jn beiderlei Formen wiederholt sich denn (was freilich bisher noch ganz unbeachtet geblieben ist) jenes Phänomen der Oscillation auf die merkwürdigste Weise! Zuerst wurde mir dieses Oscilliren der Kiemen in Paludina vivipara bemerklich, als ich mich vor einigen Jahren mit Untersuchungen über die Entwickelung der Jungen dieser Schnecken beschäftigte; denn indem ich einzelne Stücken dieser Kiemen beim lebenden Thier abschnitt, und unter dem Mikroskop untersuchte, wurde ich anfangs höchlich überrascht, indem es mir vorkam, als laufe ein eiufa- cher Strom wasserheller Blutkügelchen um jede Kiemenfaser herum, eine Wahrnehmung, die um su befremdender erschien, jemehr es dem gesunden Menschenverstande widerstreitet, dass ein wahrer Kreislauf in einem einzelnen abgeschnittenen Or- gan nicht fortdauern könne, da doch natürlich dann die geöffne- ten Gefässe sich entleeren müssten. Aber selbst in einem Frag- *) System der Acalephen. Berlin 1829. S.4. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 63 ment einer einzelnen Kiemenfaser dauerte dies Phänomen ge- raume Zeit fort. Erst vermannichfaltigte Experimente und oft wiederholte Beobachtungen überzeugten mich, dass das, was auf den ersten Blick ein Kreislauf zu seyn schien, eben so wenig ein Kreislauf war, als das Bewegen am Mundende der Räderthierchen ein Umlaufen eines Rades; dass vielmehr ein Unduliren oder Öscilliren der Kiemensubstanz Statt fand, durch welches ein steter Wechsel von Anziehen und Abstossen des die Kieme umgebenden, zur Athmung dienenden, Wassers be- dingt wurde. *) Bei den gegenwärtigen Untersuchungen über die Muschel-Eyer kam ich nun auch auf die mikroskopische Beobachtung der Muschel-Kiemen und fand, dass sich diese hinsichtlich dieser primitiven Bewegungen mit jenen Schnek- ken-Kiemen durchaus gleich verhielten, und zwar so, dass man jeden Querstrahl am Kiemenblatt einer einzelnen jener Kie- menfasern vergleichen könne (gleichsam, als ob ein ganzer Kie- menkamm zu einem einzigen blatt verwachsen sey). Um die- ses interessante Schauspiel zu beobachten, muss man indess namentlich bei Anodonta intermedia eine beträchtlich starke Vergrösserung anwenden (über 200 Mal im Durchmesser), so- dann wird man gewahr werden, wie die Ränder jedes einzel- nen Kiemenstrahls an einem dem lebenden T'hier abgerissenen Stückchen Kiemenblatt sich in heftiger oscillirender oder un- *) Ich gestehe, dass ich seit diesen Beobachtungen noch misstrauischer gegen die Richtigkeit der Schultz’schen Entdeckungen von einem Kreislauf, sogar in einzelnen abgerissenen Stückchen des Schöllkrauts, werden musste; denn täu- schender kann nie im Schöllkraute das sogenannte Cirkuliren gesehen werden, als an solchen Stückchen Schneckenkieme das Oscilliren der Ränder einem Umlaufen von weissen Blutkügelchen in einem Randgefäss ähnlich sicht, 64 0. G. Canus, dulirender Bewegung befinden, dergestalt, dass einzelne ausge- tretene Blutkügelchen oder Monaden u. dergl. lebhaft gegen diese zitternde Flache bald angezogen bald abgestossen werden, so dass man es wohl etwa dem Tanz von Sandkörnern auf einem klingenden Resonanzboden vergleichen könnte. Hier waren wir denn auf dem Standpunkt angekommen, von wo aus nun ein klares Verständniss jener merkwürdigen Phanomene in der Entwickelungsgeschichte der Muscheln sich ergeben kann, allein ehe ich hierauf näher eingehe, möge man nur noch ei- nen Blick werfen auf die höher entwickelten Formen der Ath- mungs-Organe in den obern Thierklassen: 1) um gewahr zu werden, „wie die Ausdehnungen und Zusammenziehungen, wel- che dort Einathmung und Ausathmung begründen, nichts an- ders seyn als höhere Potenzirungen jener einfachsten oscillato- rischen Bewegung; 2) um zu erkennen, auf welche merk wür- dige Art in jenen entwickelten Organen mit dieser höhern Form der Bewegung jene primitive sich verbindet, und zwar zu Folge des Gesetzes sich verbindet, welches verlangt, dass immer die höhere Form die niedere in sich aufnehme. Aber überraschend ist es, unter welch’ neuer Form diese Oscillatio- nen in den höhern Athmungs-Organen hervortreten! — Um hier den Uebergang zu finden, muss man fragen, was ist es, was durch feinste Oscillationen solider Substanz wesentlich be- dingt wird? — und die Antwort wird seyn: der Klang, der Ton; denn Ertönen ist nichts andres als ein feinstes Rrzittern in Schwingung gerathender Substanz. Ueberlegt man nun die- ses wohl, so tritt ein höchst harmonisches Verhältniss hervor, in dem wir gewahr werden, wie sofort in der Bedeutung der Athmungsorgane als primitive Bewegungsorgane auch der Auf- schluss darüber gegeben ist; warum das Athemorgan zugleich über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 65 nothwendig bei höherer Ausbildung das Stimmorgan werden muss, und warum das Oscilliren desselben, welches auf der niedrigsten Stufe allein den steten Wechsel des zu respiriren- den Medii bedingt, auf höherer Stufe, wo diesem Zweck durch die grössern Bewegungen des Ein- und Ausathmens entspro- chen wird, hier in einzelnen Stellen mit Lebhaftigkeit und Willkühr erregt, das Vermögen zu klingen, zu ertönen, und endlich Stimme zu bilden begründet, an welches sich sodann eine unendliche Perfektibilität anknüpft. Doch kehren wir von dieser Digression zu unsern Mu- scheln zurück, um gewahr zu werden, welchen Einfluss oscil- lirende Bewegung ihrer Kiemen auf die gesammte Oekonomie ihrer Organisation haben möge! Hier bemerken wir denn zu- vörderst die Strömung des zur Athmung dienenden Wassers durch Mantelspalten und zwischen Kiemenblättern, wodurch der mehrerwähnte Wasserwirbel hervorgebracht wird, welchen wir über den Athmungsöffnungen der ruhig respirirenden Mu- schel beobachten! Es bleibt aber keinem Zweilel unterworfen, dass diese Strömungen, welche mir lange Zeit selbst unerklar- lich gewesen, nur als Wirkung jener oscillirenden Bewegungen anzusehen sind; denn nicht nur, dass die Beobachtung der Fe- derbuschpolypen auf das deutlichste zeigt, wie zwischen den scheinbar vollkommen ruhigen Armen einzig und allein mittelst des Oscillirens der Substanz der letziern eine starke kreisende Strömung hervorgebracht wird, ja dass die von Grant beob- achtete Strömung durch die Kanäle der Spongien sicher auch nur von ähnlichen Öscillationen der Wände bedingt seyn muss, da besondere Organe oder Bewegungen zu diesem Zweck hier gänzlich fehlen, so lehrt auch der Augenschein, dass eben so bei der athmenden Muschel alle grössern Bewegungen durch- Vol.XVI. P.1. 9 66 C. G. Carus, aus wegfallen, und folglich einzig und allein das Osecilliren der Kiemen (an welchem die Mantelwände keinen Antheil neh- men) die Ursache davon enthalten kann. Man ist nämlich sehr wohl im Stande, bei grossen Muscheln während dieses Ath- mens durch die Athemspalten bis ins Innere des Thiers zu blicken, und alles erscheint dem unbewaffneten Auge bewe- gungslos. Bedenkt man nun aber, dass zu derselben Zeit je- der der vielen Hundert Kiemenstrahlen seiner Länge und sei- ner Ränder nach in den lebhaftesten Oscillationen sich befin- det, und dass diese Oscillationen regelmässig fortschreitende Richtung beobachten, so erklärt sich vollkommen, wie durch das Zusammenwirken so vieler Tausend kleiner Erschütterungen das Hindurchströmen des Wassers durch die Mantel- und Kie- menhöhle vermittelt werden kann. Erkennen wir aber auf solche Weise, wie die Oscillatio- nen der Kiemensubstanz das wesentliche Moment sind, um die für Vermittelung der Athmung nothwendigen Bewegungen, durch welche immer frisches athembares Medium den Kiemen zugeführt wird, zu bewerkstelligen, so werden wir dadurch auch in den Stand gesetzt, zu verstehen, welche Kraft es sey, wodurch die Eyer, nachdem sie aus den Ovidukten getreten sind, in die Kiemenfächer geführt werden. Da nämlich die Eyer neben den innern Kiemenblättern austreten, und in die äussern Kiemen geführt werden sollen, so müssen sie notihwen- dig, um dahin zu gelangen, längs einer Seite des Kiemenblat- tes hinauf und längs der andern zurück geführt werden, wel- ches nur, indem sie dem Zuge des strömenden Wassers folgen, geschehen kann. Nun geht aber wirklich der Hauptstrom des geathmeten Wassers in unsern Muscheln vom Vordertheil ge- gen das Hintertheil und nach der ausströmenden runden Athem- über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 67 röhre, und diesem Zuge haben die Eyer nur zunächst zu fol- gen, um aus den Ovidukten zum hintersten Rande der Kieme zu gelangen. Wahrscheinlich schliesst aber das Thier diese Athemröhre zur Zeit des Uebertritts der Eyer, und dann muss der nothwendig sich umbiegende und aussen an den Kiemen zurückfliessende Strom des Wassers die Eyer in der genannten Richtung zurück und in die Kiemenfächer führen. Die Kie- men sind übrigens, wie denn die Wirkungen im Organismus immer aus dem Ganzen geschehen, dann auch schon zur Auf- nahme der Eyer vorbereitet, indem ich sie bei Muscheln, wo die Eyer das Ovarium zu verlassen bereit waren, immer schon aufgelockert und eine schleimige Flüssigkeit enthaltend, gefun- den habe. Was das Gebähren der Eyermassen aus den Kiemenfächern betrifft, so ist es keinem Zweifel unterworfen, dass auch hier die Bewegung der Kiemenwände das einzige ursachliche Mo- ment seyn könne, und ausser der Oscillation treten hier nach dem Maximum der Ausdehnung dieser Fächer *) jedenfalls wirkliche Contractionen, also Oscillationen in höherer Potenz, hervor, welche, sobald sie während geöffneter Athemröhre geschehen, zur Folge haben müssen, dass die aus den Kiemen getretenen Fetusmassen dem Zuge des Wassers folgen und aus der runden Athemröhre hervordringen. *) Der Unterschied in der Stärke einer trächtigen und nicht trächtigen Kieme ist wirklich ausserordentlich, namentlich bei den Anodonten. Bei +. intermedia, wo die leeren äussern Kiemenblätter, z.B. im Juni, kaum Y, Linie Dicke ha- ben, sind sie Ende Juli, wo die noch unentwickelten Eyer eben eingetreten, schon 4—5 Linien, und Ende September, wo sich die Jungen schon sehr ent- wickelt haben, 6—9 Linien dick, 68 C. G. Carus, Endlich sind es denn nun auch dieselben Oscillationen der Kiemen; oder vielmehr der Stelle des sich entwickelnden Eyes, welche für die Athmungsorgane bestimmt ist, von welcher, wie oben gezeigt worden, die so höchst merkwürdigen Rotationen des Embryo bedingt werden. Denn da der werdende Thier- körper ursprünglich immer in der Gestalt der Kugel erschei- nen muss, und da der Embryo von Muschel und Schnecken also gleichfalls ursprünglich sphärisch erscheint, so kann die an einer Stelle desselben hervortretende Anziehung und Abstos- sung des athembaren Medii, welche jene Oscillationen bedingt, indem sie eine wirbelnde Strömung der nächsten Flüssigkeit erregt, nicht anders als die schwimmende embryonische Sphäre in die Bewegung versetzen, welche als Rotation, d. i. Axendre- hung, eben so ein Ur-Phänomen der Bewegung ist, wie die Kugelform ein Ur-Phänomen der Gestaltung. Es geschieht also auf diese Weise durch Hervortreten der einfachsten Form der Athmung, dass ein werdender Thierleib im kleinsten Raume uns Bewegungen gewahr werden lässt, welche in den unge- heuren Räumen der Sonnensysteme von den Weltkörpern selbst in stetiger Ordnung ausgeführt werden, und wiederum wird uns so die Erkenntniss aufgeschlossen, dass in den grössten wie in den kleinsten Erscheinungen der Natur immer nur ein und dasselbe Gesetz, nur ein und dieselbe harmonische Folge sich bethätige. So hätten denn die vorstehenden Untersuchungen folgende Sätze vollständig nachgewiesen: 1. Die Eyer der Unionen und Anodonten entstehen als ein- zelne mit Eyweiss und Chorion umgebene Dotterkugeln in dem Ovario des Thieres. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 69 2. Dort reif geworden treten sie durch die zu beiden Sei- ten der Leibesmasse befindlichen Oviducten aus, und gehen in die Fächer der äussern Kiemenblätter über. 3. Sie finden sich dort in den ersten Tagen nach dem Uebergange ganz in gleicher Beschaffenheit, und namentlich gleicher Farbe wie im Ovario. 4. Ihre Dotterkugeln fangen sich dann allmälig an auszu- bilden, zeigen die Andeutung beider hier stumpfdreieckiger Schalenhälften, und gerathen durch Beginn der Athmung und des davon abhängigen Wirbels der Eyflüssigkeit in Rotation, ganz ahnlich den Embryonen der Schnecken. 5. Während dieser Rotationen bildet sich der Embryo mehr und mehr in seinen dreieckigen Schalen aus, und sprengt nach ohngefahr einem Monat das Chorion, nachdem er schon vor- her einen Byssusfaden zu spinnen begonnen hat, wobei denn allmalig auch die Form des gleichseitigen abgerundeten Drei- ecks sich verändert, indem die Spitze desselben durch stärke- res Anwachsen derjenigen Seite, welche die Mundöffnung ent- halt, mehr gegen die Aftergegend hingedrängt wird. 6. So als innerhalb der Kiemenfächer frei lebender, aber immer noch in seiner Form wesentlich von der erwachsenen Muschel abweichender Fetus, ist er von Rathke und Jacob- son fälschlich als eine gänzlich von der mütterlichen Muschel verschiedene parasitische Thiergattung, unter dem Namen Glo- chidium, beschrieben und (obwohl ın mehrer Hinsicht man- gelhalt *) ) abgebildet worden; es ist aber nunmehr diese somit angenommene Thiergattung als ein Unding anzuerkennen, und *) Man vergleiche die Figur XIII. Taf. IV. Jacobsons mit der von mir Fig. XV. und XIV. derselben Tafel gegebenen. 70 C. G. Carus, der Name Glochidium in die Systeme der Zoologie keineswe- ges aufzunehmen. Auf welche Weise übrigens die Metamorphose von denı Zustande des frei in den Kiemen lebenden Byssusziehenden Fetus bis zu dem Zustande der ausgebildeten Muschel sich ver- vollständigt, darüber sind noch nähere Untersuchungen anzu- stellen, und ich hoffe selbst in spaterer Zeit meine ausführli- chen Untersuchungen auch hierüber vorzulegen. Anhang Bemerkungen über die wahrhaft in den Unionen und Anodonten vorkommenden Parasiten, besonders über das Drehthier Peripheres conchilio spermaticum (mihi), und das Pfennigel Nummulella conchilio- spermatica (mihi). Nachdem nun in dem Vorhergehenden auf das deutlichste dargethan ist, dass die hier so ausführlich beschriebenen klei- nen Geschöpfe keine Parasiten, sondern Embryonen der Mu- schel sind, so kann ich nicht umhin, auch am Schlusse noch einige Bemerkungen über die wahrhaften Parasiten der Mu- scheln hinzuzufügen, deren allerdings ein einziges Individuum oft zu vielen Tausenden hegen hann. Auch dies ist übrigens ein Gegenstand, welcher zu-äusserst mannichfaltigen Untersu- chungen Veranlassung gegeben hat, und es ist buchstäblich wahr, dass wenn man nur die parasitischen Organismen, wel- che an unsern hiesigen Flussmuscheln vorkommen, vollstän- dig beschreiben wollte, ein eigenes grosses Werk von vieljäh- viger Arbeit nöthig werden würde. Denn bald sehen wir an über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 71 den Rändern der Schalen besondere Arten von Hydronema- teen *) hervorkeimen, bald wachsen dort wirkliche Confer- ven, dann sieht man wieder Vorticellen verschiedener Art auf den Schalen in zahlreichen Büscheln wohnen, verschiedene Annelliden nagen sich in verschlungenen Gängen auf der Ober- fläche der Schalen ein; öffnet man aber die Schalen, und un- tersucht den weichen Thierleib, so erstaunt man noch mehr über die Menge dort lebender Parasiten. Am auffallendsten zuerst sind durch ihre Grösse die ihre Jungen vorzugsweise in der Substanz des Mantels einnistenden kleinen Spinnen (Hy- drachna concharum v. Baer, oder Lymnocharis Anodontae Pfeiffer und Trombidium notatum Rathke), dann haben wir durch die unermüdlichen Forschungen des Prof. v. Baer die abentheuerlichen Formen des Bucephalus polymorphus, Distoma duplicatum und Aspidogaster conchicola kennen lernen, aber welch’ eine Masse von Formen lebt nun nicht noch in den Muscheln, wenn man in das Reich des infusoriel- len Lebens hineinblickt! — Nicht mit Unrecht hat v. Baer dieses Reich mit dem Namen chaotisches Gewimmel im In- nern der Muschel bezeichnet, und machte man sich nur hier die Aufgabe, mit der Schärfe Ehrenbergs zu sichten, zu beschreiben und zu ordnen, so würde nur allein hierzu wieder ein eigenes langes Studium erfordert werden. Bei der gegen- wartigen Arbeit sei es mir erlaubt, auf diese Gegenstände noch zum Schlusse einen flüchtigen Blick zu werfen, und unter ih- nen nur diejenigen näher zu berühren, welche mit der uns hier beschäftigenden Entwickelungsgeschichte in irgend einer *) Sie kommen wesentlich mit denjenigen überein, welche ich in diesen Actis (Fol. XV, P. II.) an Salamander-Larven beschrieben habe. 172 C. G. Carus, besondern Beziehung stehen. Es gehören aber hierher ganz vorzüglich die innerhalb des Eyerstocks, besonders zur Zeit der noch nicht reifen Eyer, vorkommenden höchst merk wür- digen rotirenden Massen, deren auch v. Baer a..a. O. gedenkt. Er nimmt zwar diesen Zustand des Geschlechtsorganes (indess auch nur mit einem vielleicht) als Hoden an, welche Mei- nung ich jedoch nicht gelten lassen kann, da nur zu deutlich diejenige gekörnte Masse des Geschlechtsorgans, welche dem blossen Auge sich als milchige Flüssigkeit (gleichsam wie Sper- ma) darstellt; dadurch, dass etwas später in der Jahreszeit schon kleine Dotterkügelchen dort sich entwickeln, und endlich jedes Kügelchen zu einem vollständigen Ey wird, ihre Natur als Eyerstocksmasse zu erkennen giebt. In diesem Eyerstock nun, und zwar allerdings auch häufig genug zwischen den bereits mehr entwickelten Eyern, aber am häufigsten dann, wenn der Eyerstock noch eine blosse gekörnte Punktmasse enthält, und (wie mir immer geschienen hat) namentlich zahlreich, wenn die Muschel längere Zeit in nicht ganz frischen Wasser gele- gen hat, finden sich diese wunderlichen Geschöpfe, deren Be- schreibung ich im Folgenden zu geben versuche. Ihre Gestalt ist nie ganz dieselbe; sie gleichen bald der traubigen, aus meh- veren Abtheilungen zusammengesetzten Niere eines Fetus, bald und am Gewöhnlichsten jener Wolkenform, welche Howard den Cumulus genannt hat, und lassen dann oft deutlich ein dickeres oberes Ende, eine rundliche mittlere Anschwellung, und ein rundliches unteres Ende wahrnehmen, wahrend das Ganze von glasartiger Durchsichtigkeit überall die rundlich-bogenför- migen Coretoure erkennen lässt. (Taf. II. Fig. VIIL zeigt die Gestalt, in welcher sie am häufigsten gesehen werden, Tatf.1. Fig. VL a. zeigt ein Drehthier neben Eyern, schwächer ver- über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 173 grössert). Die glasige Durchsichtigkeit wird zuweilen durch einzelne auf ihrer Oberfläche ansitzende Punkte gestört, allein es scheinen dies nur zufällig durch den umgebenden Wirbel herangerissene Keimkörper des Eyerstocks zu seyn, denn eben so sah ich zuweilen, dass kleine, offenbar fremde Körperchen (z.B. Klümpchen schwärzlichen Schleims oder auf den Objek- tenträger gefallenen Staubes) der Aussenfläche anhingen und mit ihr herumbewegt wurden. Was die Grösse betrifli, so ge- hören diese Geschöpfe zu den Riesen unter den Infusorien, denn ich habe sie oft 7z bis „; einer Linie gross gefunden. Allerdings finden sie sich auch bei weitem kleiner, „5 bis 5 einer Linie, vor, und man kann sie gewöhnlich in diesem Zu- stande nur dadurch von der sie umgebenden Punktmasse der Keimkörner des Eyerstocks unterscheiden, dass man an der Stelle, wo sie liegen, ein stätes Oscilliren und Rotiren zwischen den Keimkörnern gewahr wird. Von besonderer äusserer oder innerer Organisation habe ich übrigens an diesen Thieren bis- her auch nicht eine Spur gewahr werden können, und da ich sie doch bei 240maliger Vergrösserung häufig lange beobach- tete, da ich gleichzeitig an den dazwischen umherschwimmen- den wahren Infusorien die Faserkränze, die Mundöffnungen und die kuglichen Magenzellen erkennen konnte, und hier der Körper immer nur ganz wie eine Glasblase, ohne besondere innere Organisation, erschien, so ist diess zwar immer noch kein Beweis, dass durchaus nichts der Art vorhanden sein könne, zumal da das fortwährende Rotiren des Körpers aller- dings ein nicht unbedeutendes Hinderniss der ganz genauen Beobachtung ist, allein es beweist wenigstens doch, dass die innere Ausbildung in ihnen ohngefähr im Verhaältniss zu der der höhern Infusorien etwa nur auf der Stufe stehen kann, Fol. XFT. P.1. 10 74 C. G. Carus, wie die der Medusen zu der der höhern Mollusken oder Fische. Möglich ist es jedoch allerdings, dass diese wolkenartig gestal- teten Thierchen wirklich nichts anderes als eben belebte Schleimblasen ohne alle weitere Organisation sind; denn es wäre offenbar eine falsche Nutzanwendung von Ehrenberg’s herrlichen Entdeckungen über Infusorien, wenn man voraus- setzen wollte, dass jedwede dieser niedern Thiergattungen einen zusammengesetzten innern Bau haben müsse, weil so viele ihn haben. Wie jede Thierbildung namlich mit der ein- fachen Kugelbildung, dem Ey, anfangen muss, so muss es auch Thiergattungen geben, welche diese Entwickelungs- stufe des Thierreichs als beharrende Form darstellen, und es ist mir in Wahrheit, nach dem oberwähnten, sehr glaublich, dass die hier beschriebenen Geschöpfe solcher einfachen Bil- dung sein mögen. Ganz besonders merkwürdig ist nun aber an diesen Thie- ren ihre unausgesetzte drehende Bewegung, und zwar eine Umwälzung auf einer und derselben Stelle, ohne jenes will- kührliche Umherschwimmen, welches die eigentlichen Infuso- rien auszeichnet. Diese Umwälzung ist übrigens keine reine Axendrehung, sondern das Thier beschreibt dabei fortwährend die Kreislinie eines Rades, wobei der nierenförmige Leib als ein Theil der Peripherie des Rades zu denken ist, so dass es erscheint, als ob Vorder- und Hinterende des Thieres fortwäh- rend im sich Suchen und sich Fliehen begriffen wären. Da- bei geschieht nun die Bewegung selbst mit bedeutender Schnel- ligkeit 80, 100 und mehrere Male in der Minute. Nur wenn das Wasser auf dem Schieber vertrocknet, wird die Bewegung schwächer, und dann war es, wo ich einigemal das Thier ru- hig liegend und ohne Bewegung beobachten konnte, nur dass über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 75 auch dann im ganzen Umfange desselben jenes Oscilliren fort- dauerte, welches, wie ich sogleich zeigen werde, ohne Zwei- fel auch hier als alleinige Ursache des Drehens angesehen werden muss. Es ist nämlich eine schon von v. Baer hin- sichtlich der durch das anatomische Messer abgetrennten Theile der Planarien beobachtete, und von mir eben so oftmals an künstlich abgetrennten Theilen der Muschelkiemen gesehene Thatsache, dass dergleichen Fragmente, so wie sie frei im Wasser schwimmen, eine anhaltende Rotation um sich selbst zeigen, oder in Bogenlinien fortschwimmen. Nun habe ich aber bereits oben der feinen oscillirenden, einen Wasserwirbel hervorbringenden Bewegung der Kiemen gedacht, und, beob- achtet man nun so ein einzelnes frei rotirendes Stückchen, so ist es ganz klar, dass nichts anderes als eben dieses Oscilliren jene Bewegung hervorbringen kann; denn es wird hierdurch eben so jenes Wechselspiel von Anziehung und Abstossung hervorgerufen, wie unter andern Umständen bei gewissen che- mischen Processen, z. B. wenn ein Stückchen auf Wasser schwimmender Kampfer rotirt, oder wenn ein Stückchen Ku- pfervitriol in Salzwasser auf Quecksilber gelegt, indem letzteres mit Eisen berührt wird, in die heftigsten rotirenden Bewegun- gen geräth. Gieich wie nämlich hier chemische Anziehung und Abstossung die Ursache des Wasser-Wirbels ist, welcher diese Körperchen umhertreibt, so erregt dort organische Anziehung und Abstossung mittelst des Oscillirens jener abgerissenen Stückchen den Wirbel, welcher dieselben in Bogenlinien um- hertreibt, deren Bahnen (wie schon v. Baer richtig erinnert) durch die Gestalt des Körpers bestimmt zu werden pflegen. Auf diese letztere Art also ist auch die Entstehung der einför- migen Drehungen jenes wunderlichen Geschöpfs zu denken, 76 C. G. Carus, dessen Beschreibung ich oben gegeben habe, und an welchem sie mir gerade deshalb so merkwürdig gewesen sind, weil, wie nun nach allem Vorhergehenden wohl sattsam klar seyn muss, sie in hohem Grade den Rotationen des werdenden Embryo im Ey gleichen, und weil sie noch dazu an einem Thiere vor- kommen, welches in niedrigster Form thierischen Daseyns zwi- schen den Eyern im Eyerstock der Muschel lebt. Nach allem Vorhergehenden scheint es mir klar, dass die- sem einfachen blasenförmigen sein Leben nur durch seine Rotation bethätigenden Geschöpfe die Stelle im zoologischen System nirgends anders als unmittelbar über dem Flaemato- bium (Reichenbach) angewiesen werden könne, dafern man den Blutkügelchen unter diesem Namen eine gewisse thierische Selbstständigkeit zugestehen will, denn allerdings finden wir uns hier an dem schwer zu bestimmenden Gränzpunkte, wo wir individuales Leben vom partiell individualen unterscheiden sollen. Ist namlich nicht auf der einen Seite jedem besondern Organ eines Thieres ein gewisses selbstständiges Leben zuzu- schreiben, ohne dass wir es deshalb Thier nennen, und ist nicht hinwiederum das Leben wirklich sogenannter Thiere, wie z.B. das der Saamenthierchen, so genau an gewisse Thier- säfte und Organe gebunden, dass wir wieder ungewiss werden, ob wir sie nicht als Theile des Organs betrachten sollen? — Kurz alle Gränzabsteckung wird hier eben so willkührlich wie etwa zwischen Thier- und Pflanzenreich. Kann man nun aber einerseits allerdings zweifeln, ob die Blutkügelchen schon als besondere Thiere gelten sollen, so ist auf der andern Seite von den Saamenthieren diess doch unbedingt angenommen worden, und diesen letztern kommt unser drehendes Geschöpf, welches durch Oscillation und Drehung, so wie durch Grösse über den über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 77 Blutkügelchen steht, offenbar schon sehr nahe, so dass ich denn mich für berechtigt halte, sie unter einem besondern Namen und als besondere Gattung in das Thierreich einzufüh- ven, und dieser Name sei: Peripheres *) conchiliospermaticum, oder das Drehthier des Muschel-Eyerstocks. Die kurze Geschichte und Charakteristik desselben liesse sich wohl in folgenden Worten geben: Zwischen den Körnchen, welche die Punktmasse des Eyer- stocks constituiren (Taf. I. Fig. IV.), und aus welchen späterhin die wirklichen Eyer werden, entstehen hier und da oscillirende Bewegungen, gleichsam als ob durch einen Irrthum der Bil- dungsrichtung ein Eykeim, ohne zuvor zum Muschel-Ey sich zu entwickeln, zum selbstständigen Thier werden wollte. Ein oscillirendes Pünktchen ist es, welches das Erzittern der um- liegenden Masse erregt, es wird grösser, nimmt eine rundlich, blasige, nierenförmige Gestalt an, ohne weiter besondere thie- rische Organe zu verrathen, und wird nun durch das fortdau- ernde Öscilliren seiner Oberfläche in anhaltend drehende Be- wegung versetzt, ohne jedoch mit dieser Rotation die Spur ei- ner weitern willkührlichen Ortsveranderung zu verbinden. Hiermit war ich nun im Begriff, diesen Aufsatz zu schlies- sen, als mir, indem ich während des Monat Mai 1831 an frisch herzugeschafften Muscheln die obigen Beobachtungen noch ein- mal recapituliren wollte, abermals ein merkwürdiger zwischen den Eyern des Eyerstocks lebender Parasit vorkam, dessen Bildung und Bewegung gleichfalls so viel Eigenthümliches dar- bot, dass ich dessen Beschreibung noch anzufügen nicht unter- *) Von zegıpegns, drehend, sich herumbewegend. 78 C. G. Carus, lassen kann, zumal da er bisher von keinem einzigen Beob- achter erwähnt worden ist. Die Gestalt desselben zeigt Taf. II. Fig. IX. a. in der Lage, wie es sich mir am häufigsten darbot; nämlich als eine tellerförmig vertiefte Scheibe mit concentri- schen Ringen und radienförmigen Zeichnungen zwischen den zwei innern Ringen. Der äussere Rand ist wie an Vorticellen mit einem Wimperkranze besetzt, dessen Oscilliren den täu- schenden Anblick eines schnell umlaufenden Rades, wie am Räderorgan der Rotiferen, hervorbringt. Deutlich unterschei- det man zwei Oeffnungen, eine nach dem Rande, eine mehr nach der Mitte gelegen. Die erstere entspricht der von Ehren- berg an den Vorticellen beobachteten und dort Mund und After enthaltenden Grube, möchte aber hier wohl nur Mund- öffnung sein, wo dann die andere innere als After zu betrach- ten sein würde. Im Innern unterscheidet man mehrere kugli- che Zellen, und es ist mir im hohen Grade wahrscheinlich, dass sich bei fortgesetzter Untersuchung zeigen würde, es habe eine ähnliche Structur des Darmkanals mit anhängenden kug- lichen Magenzellen, wie sie Ehrenberg bei Vorticella, Rol- poda und andern Infusorien nachgewiesen hat, auch hier statt. Versuche, welche ich anstellte, diese sonderbaren Thierchen mit im Wasser gelösten Carmin (nach Ehrenberg’s Methode) zu füttern und dadurch die Mägen zu injieiren, gelangen nicht, und dergleichen Versuche vielfach zu wiederholen, gebrach es mir dazumal durchaus an Zeit. — Anders ist nun das Ansehen dieses Thierchens, wenn es sich, um rasch fortzuschwimmen, auf die Seite wendet. Diese Gestalt zeigt Taf. III. Fig. IX. b. Man sieht hier die mit dem Faserkranze besetzte- Scheibe von der Seite, und gewahrt an ihrer hintern Fläche einen flach- kuglichen vorstehenden Anhang, welcher wahrscheinlich als über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 79 eigentlicher Leib die Darmwindung enthält. Die Substanz des Thierchens ist völlig wasserhell oder glasartig; die Grösse des- selben betrug zwischen „; und „5 Wiener Linien. Vorzüglich merkwürdig waren die ausserordentlich raschen und kräftigen Ortsbewegungen des Thierchens.. Schwamm dasselbe mit der scheibenförmigen Flache aufwärts gekehrt im Wasser (wie Fig.IX. a.) so stand es oft längere Zeit völlig ruhig oder drehte sich wirklich bald langsamer, bald schneller, um die Axe der Scheibe, (eine Bewegung, welche durch den Pfeil bezeichnet ist, und wohl von dem radförmigen Flimmern des Faserkran- zes unterschieden werden muss), dann aber gewahrte man auch ein kreiselndes Fortbewegen der ganzen Scheibe, welches in- dess bei weitem nicht mit der Raschheit erfolgte, mit welcher das Körperchen pfeilschnell vorwärts schoss, wenn es die Stel- lung auf der Seite (wie Fig.IX. b.) angenommen hatte. In dieser Lage sahen wir es; so wie ein Schmetterling von Blume zu Blume fliegt, so von Ey zu Ey schweifen, eine Zeitlang an jeder Eyfläche umherfahren, dann sich ablösen, dann wieder etwa die wagerechte Stellung aufnehmen und in dieser bald blos mit dem Faserkranze wirbeln, bald sich selbst gleich ei- nem wagerecht gelegten Rade umdrehen. Das Vollziehen die- ser mannichfaltigen Bewegungen scheint einzig und allein durch die verschiedene Thätigkeit des Fasernkranzes bedingt zu werden, da nicht nur ausser diesen kein besonderes Bewe- gungsorgan am Thiere vorkommt, sondern auch besondere Be- wegungen der Thierscheibe selbst durchaus nicht zu entdecken sind. Bedenken wir aber, dass alle diese Fasernkränze doch keine andere Bedeutung als die der Respirationsorgane haben können, so fällt hier abermals Bewegungs- und Athmungs-Or- gane zusammen. Vergleiche ich nun dieses Thierchen, wel- 80 C. G. Carus, ches damals in den trachtigen Eyerstöcken vieler Exemplare von Unio batava, littoralis und pictorum ziemlich häufig vorkam, mit den bisher beschriebenen Gattungen von Infuso- rien, so zeigt sich noch die meiste Aehnlichkeit mit den For- men, welche aus freigewordenen Vorticellen hervorgehen und bald Urceolaria, Eclissa, Kerobalane u. s. w. genannt worden sind. Es hat mit dieser den wimpernden Faserkranz, die seit- lich am Rande des Trichters befindliche Nahrungsöffnung, ja selbst mit Rerobalane den in der Seitenansicht wahrnehmba- ren hintern kuglichen Anhange gemein, unterscheidet sich übrigens bedeutend in der ganzen Bildung, und am meisten freilich durch seine Lebensart als Eniozoon, zwischen den Eyern und Eykeimen des Eyerstocks, also an einem Orte, wo von Entstehung aus gestielten Vorticellen gar nicht die Rede sein kann; wie man denn überhaupt wohl dahin kommen könnte, die Infusorien, welche als Entozoen nur in andern Thieren vorkommen, von den freilebenden eben so mittelst ei- ner eigenen Abtheilung zu sondern, wie man dies z.B. hin- sichtlich der Würmer zu thun genöthigt gewesen ist. — Indem ich also für diese Thierform zur Unterscheidung noch einen besondern Namen aufführen muss, wähle ich wegen der aul- fallenden Achnlichkeit, welche die scheibenförmige Bildung und innere radienförmige Zeichnung mit den Trochiten, oder noch mehr mit den Nummuliten, hat, den Namen: Nummulella conchiliospermatica, oder Pfennigel des Muschel-Eyerstocks, über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 81 Erklarung der Kupfertafeln. Tafel I. Fig.J. Ein stark vergrössertes Stückchen eines Eierstocks von Unio tumida (im Juni gezeichnet). 1) Einige zarthäutige Säckchen des Eyer- stocks mit grössern und kleinern Eichen gefüllt; 2) ausgetretene ein- zelne Eierchen verschiedener Grösse. Fig. II. Weit stärker vergrösserte Eykeime aus dem Ovarium einer Unio tumida (im März gezeichnet). 1) Ein Häufchen Eier in natürli- cher Grösse; 2) Eykeime, in deren einem sich erst die Ablössung des Dotters von der Schalenhaut und das dazwischen liegende Eyweiss aus- bildet; 3, 4) grössere Eykeime. In allen gewahrt man auf der durch- sichtigen Areola oder Cicatricula in der Mitte das Urbläschen des Eyes; 5) ein Dotter, welcher abgestorben ist, und in welchem die wasserhelle innere Dotterhaut durch die Areola bruchartig hervortritt. Fig. III. Schwächer vergrösserte, aber zum Theil weiter entwik- kelte Eier aus derselben Species (im Mai gezeichnet). Fig. IV. Sehr stark vergrösserte Punktmasse aus einem Eyerstock einer Unio tumida, in welchem sich die einzelnen Eykeime aus diesen Punkten noch nicht deutlicher entwickelt haben, weshalb dann dem blossen Auge der ganze Inhalt des Eyerstocks als eine weisse sperma- ähnliche Flüssigkeit gleich der Milch der Fische erscheint. Fig. V. Vergrösserte Darstellung der Eyer aus dem Eyerstock von Unio tumida; die Dotterkugeln der Eyer sind weisslich und enthalten 1—2—5 Areolae (im Mai gezeichnet). Fig. VI. Eyer desselben Thieres, von denen 3 abgestorben, welches die aus den Areolis sich hervordrängende Dotterhaut und die unregel- mässigere Form des Chorions beurkundet. Bei a. bewegt sich in der zwischen den Eiern noch rückständige Punktmasse ein Drehthier. Vol. XVI. P.T. 11 82 C. G. Carus, Fig. VII. Kleinere Eykeime und zwei vollkommen entwickelte Eyer von Unio littorali.. Hier sind die Dotter ziegelroth, der Durchmesser eines ganzen reifen Fyes beträgt „5 Wiener Linie, der Durchmesser des Dotters allein „5 Linie (im April gezeichnet). Fig. VIII. Die ganz aus der Schale herausgenommene Unio litto- ralis, deren äussere Kiemen mit den rothen Linien bereits angefüllt sind. Mai unterscheidet in der Mitte den Leib mit dem Fusse des Thieres, an dessen Seiten das noch nicht ganz entleerte rothe Ovarium durchschimmert. Zur Seite des Fusses liegen die kleinen Kiemenblätt- chen des Mundes, dann die innern leeren und die äussern angefüllten und dadurch roth gefärbten Kiemen, an welchen zur Linken eine Stelle verletzt ist, um die Fig. IX. abgebildeten Eyer herauszunehmen. Zu äusserst der Mantel mit den die Athmenspalte umgebenden Franzen. F Fig. IX. Zwei vergrösserte Eyer aus den Kiemen der Unio littora- lis mit ihren Areolis. Die Dimension ist wie an den reifen Eyern am Eyerstock No. 7. von „5 Wiener Linie und 9) Eyer solcher Art in na- türlicher Grösse. Tafel Il. Fig. I. Abgestorbene Eyer aus den Kiemen der Unio tumida, die Dotter aufgeschwollen und durch die fünfeckige Zeichnung ihrer Ober- fläche merkwürdig; bei 100maliger Vergrösserung gezeichnet. Fig. II. Noch unentwickelte aber gesunde Eyer aus den Kiemen der Unio tumida (im Mai stark vergrössert gezeichnet). Fig. III. Eben dergleichen etwas weiter entwickelte, dann abge- storbene und in ihren Dottern aufgeschwollene Eyer mit noch deutli- cherer fünfeckiger Zeichnung (im Mai stärker vergrössert gezeichnet). Fig. IV. Der obere Theil des Bauches von Unio littoralis, aus dem nierenartigen und schwärzlichen Organ frei herauspräparirt. a. Die bei- den Oviducten, welche die röthlichen Eyer ausstreuen; b. der aus dem über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 83 vordern Bauchende hervortretende im Herzen eingeschlossene Mastdarm; c. Bauch. Fig. V. Ey aus einer von Unio tumida mittelst Abortus aus den Kiemen ausgestossenen Eyertraube, in welchen ich zuerst die rotirende Bewegung des zur jungen Muschel sich umbildenden Dotters gewahr wurde. Die halbe Kreislinie und die Richtung der Pfeile bezeichnen die Drehung. Die Beobachtung war den 26. Mai 1830 in der neunten Morgenstunde gemacht. Fig. VI. Schematische Zeichnung von den rotirenden Fortbewegun- gen des Muschel-Embryo’s im Ey. Fig. VII. Dergleichen Eyer wie das Fig. V. abgebildete, und zwar a. und b. die drehenden Embryonen; c. hingegen mit abgestorbenem yınd zellig aufschwellenden Embryo. Fig. VIII. Eine ganze Gruppe Eyer aus den Kiemen der Unio tu- mida mit drehenden Embryonen (am 10. Juni gezeichnet). Durchmes- ser der Eyer „, Linie; eine jede Drehung 20—60 Sekunden Zeit brau- chend. Fig. IX. Ein einzelnes dergleichen Ey, auch in der Drehung be- griffen (den 10. Juni gezeichnet). Fig. X. und XI. Unter stärkern Vergrösserungen gezeichnete abge- storbene und weiter entwickelte, aus den Kiemen von Unio tumida durch Abortus ausgestossen, und durch den fünfeckig zellig aufgeschwollenen Dotter merkwürdig, Tafel IIL Fig I. Eyer aus den Kiemen von Unio tumida, in einer etwas wei- ter vorgeschrittenen Entwickelung, als sie Taf.II. Fig. VIII. dargestellt waren. Die Form der jungen Muschel wird immer deutlicher, und bei a, wo ein Embryo auf der schmalen Seite liegt, erkennt man bereits die beilförmige Gestalt der Muschel (im Juni gezeichnet). 84 C. G. Carus, Fig. II. Eine Gruppe noch weiter entwickelter Muschel-Embryonen aus den Kiemen von Unio tumida, die Schalen sind schon völlig gebil- det, so wie die Haken, man erkennt die Muskelbänder, und einer der Embryonen hat durch Aufklaffen der Schale bereits das Chorion, dessen Umfang sich übrigens während der ganzen Entwickelung nicht vergrös- sert, gesprengt, so dass auch hier der Durchmesser des ganzen Eyes nicht mehr als „5 Linie beträgt (Ende Juni gezeichnet). Fig. III. Ein einzelnes solcher Eyer, wie Fig. II. abgebildet war, noch etwas weiter entwickelt. Fig. IV. Ein solcher Embryo, aus dem Ey herausgenommen und mit den Schalen aufklaffend; man erkennt hier die herausgeschlagenen, durch Dehiscenz getrennten Ränder des Mantels und ihr Verhältniss zum Haken vorzüglich deutlich. Fig. V. Ein ähnlicher Embryo, noch etwas stärker vergrössert, so dass man die Fimbrien auf den eingeschlagenen Haken deutlicher gewahr wird (wie die vorigen im Juli gezeichnet). Fig. VI. Reife Eyer aus dem Ovario der Anodonta intermedia; das ganze Ey hält 3—% Linie im Durchmesser, die ebenfalls mit einer Areola bezeichnete gelbliche Dotterkugel „; Linie (Ende Juli). Fig. VII. Eyer von Anodonta Intermedia, nachdem sie einige Tage in den Kiemen gelegen haben, und wo bereits die Dotterkugel zum Anfang des Embryos verändert ist. Dimension wie in der vorigen Figur (Anfang August). Fig. VIII. Stellt ein grösseres Exemplar von dem Drehthiere (Pe- ripheres conchilio spermaticum) aus dem Eyerstocke einer Unio batava dar. Der „z Linie lange Parasit liegt zwischen grössern Eyern in der Punktmasse des Eyerstocks, und die Richtung seiner Drehung ist durch die Bogenlinie und den Pfeil bezeichnet. Fig. IX. Der andere merkwürdige Parasit aus dem Eyerstocke der Unio batava, den ich Nummulella conchiliospermatica genannt habe. a. Das Thier wagerecht schwimmend von oben gesehen, der Pfeil be- über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel. 85 zeichnet die Richtung seiner Drehung; ce. das Thier von der Seite ge- sehen im raschen Vorwärtsschwimmen, dessen Richtung durch den Pfeil bezeichnet ist. Tafel IV. Fig. I. und II. Embryonen aus den Kiemen von Anodonta interme- dia, etwas weiter als in der 7ten Figur der vorigen Tafel entwickelt, und bereits in lebhaften Rotationen begriffen, deren Richtung durch die Pfeile bezeichnet sind, die Umdrehung geschah in 15 Sekunden. DBeob- achtet an einer etwas zeitiger trächtig gewordenen Muschel, den 22sten Juli 1830. Fig. III. Ein dergleichen etwas weiter entwickeltes Ey. Bestimm- ter ist schon die Andeutung der Schalenhälften auf dem durchsichtigen Embryo-Körper gegeben; alle Eyer dieses am 6ten August beobachteten Thieres waren in lebhafter Rotation, und sogar, nachdem die trächtige Muschel die Nacht über trocken auf dem Tisch gelegen hatte, waren früh noch die meisten Embryonen in drehender Bewegung. Die Länge des hier abgebildeten Embryo betrug mit der obern Linie des Schlosses +5 Wiener Linie. Fig. IV. Stellt die Ränder von ein Paar Kiemenabtheilungen der Anodonta intermedia unter 240facher Vergrösserung im Durchmesser dar, um die undulirenden Bewegungen dieser Ränder zu zeigen. Die Undu- lationen erfolgen in der Richtung der grössern Pfeile und stellen auf eine täuschende Weise das Bild einer um diese Ränder laufenden Reihe Kügelchen dar; bei den kleinern Pfeilen sind im Wasser schwimmende Atome gezeichnet, welche durch die lebhaften Undulationen der Kiemen wechselsweise lebhaft angezogen und abgestossen werden, und so einen Wirbel hervorbringen, welcher die wesentliche Ursache der durch die athmende Muschel ziehende Wasserströmung ist, und eben so haupt- sächlich die Strömungen der Eyer zu den Kiemen und von den Kiemen (welche man schwerlich mit v. Baer durch Muskel-Contractionen be- dingt glauben darf) verursacht. 86 C. G. Carus, Fig. V. Aehnliche Eyer wie Fig. III. eines abgebildet war, in ver- schiedenen Richtungen ihrer Drehung. Fig. VI. Ein dergleichen Embryo schematisch dargestellt, um die Verhältnisse der Schalen zu der hintern Mantelöffnung, welche bereits bestimmt angedeutet ist, zu zeigen. Fig. VII. Noch weiter entwickelte Embryonen aus den Kiemen von Anodonta intermedia, bei welchen durch Dehiscenz bereits der Mantel geöffnet ist, wodurch die Muschel mehr abgeplattet zusammenfällt. Fig. VIII. Dergleichen Eyer, wo die Dehiscenz noch nicht erfolgt ist; die fünfeckige Zeichnung des blasig aufgetriebenen wasserhellen Mantels und die körnige Struktur der Schaale deutlich in’s Auge fällt, und die Rotationen nach der Richtung der Pfeile lebhaft erfolgen. Fig. IX. Ein einzelner dieser Embryonen, ausserhalb des Chorions, frei im Wasser liegend, Mantel und Schale erscheinen deutlich in ihrer Struktur und am Hinterrande bildet sich der auf Athmung bezügliche Wasserwirbel, welcher, wie in der Abhandlung gezeigt ist, die alleinige Ursache der Rotationen des Embryo enthält. Sein Durchmesser beträgt #5 Wiener Linien. Fig. X. Ein dergleichen etwas weiter entwickelter Embryo mit schon festerer Schale, er ist aus dem Chorion genommen, zeigt am Hin- terrande den Wasserwirbel und wird noch so freischwimmend durch diesen Wasserwirbel langsam nach der Richtung des Pfeils selbst um- gedreht. Fig. XI. Ein dergleichen Embryo innerhalb des Chorions. Fig. XI. Einer dergleichen ausserhalb und von der Seite und gleich den Vorigen etwas stärker vergrössert gezeichnet. Fig. XIII. Kopie der vorzüglich in Beziehung auf den Byssus und die Gesammtform der Schalen irrigen Abbildung eines solchen Muschel- Embryo von Jacobson. über die Entwickelungsgeschichte der Flussmuschel, 87 Fig. XIV. und XV. Die zum Austritt aus dem Chorion reifen Em- bryonen von Anodonta intermedia. XV. ein im Anfang September ge- zeichnetes Ey, wo die klaffenden Muschelschalen schon das Chorion un- regelmässig ausdehnen, man bemerkt sehr deutlich die Fimbrien der eingebogenen Haken und den hervorgetriebenen zusammengewickelten Byssusfaden; auch treiben sich am Hinterrande kleine schwimmende Atome im raschen Wirbel umher, auf die Athmungsbewegung deutend, obwohl der Wirbel jetzt nicht mehr den ganzen Embryo zu bewegen im Stande ist. XIV. ist ein aus dem Chorion ausgetretener, und im Anfang October aus den Kiemen genommener und gezeichneter Embryo, an welchem man ausser den sehr deutlich sich darstellenden Haken und den einfachen aus der Mitte des Leibes hervorgehenden Byssusfaden bei 100fältiger Vergrösserung und recht günstigem Lichte nach jeder Seite drei hervorragende wasserhelle Blättchen bemerkt, von welchen ich a. 8. für Andeutung der grossen äussern und innern Kiemenblätter, y. für Andeutung der Kiemenblättchen des Mundes halte. Fig. XVI. Schematische Zeichnung, um die Umänderungen des Ha- kens am Muschel-Embryo zu den gefaserten Rändern an der Athmen- spalte des Mantels der alten Muschel zu zeigen. a. Schema einer klei- nen Muschel, mit dem noch in der Mitte stehenden Haken y. Db. älte- re in schiefer Richtung «a. forgewachsene Muschel, wodurch die Fim- brien y. in die Nähe der hinteren Athmungsöffnungen £. rücken. 5 Pest UT Zee zo am dhnda „Ast Buy ndszwundıh ai in roh 14 & gimed 408 "ori Sa äh al al 2 u mn nn ra RN ee in Lan Tom bh en Bm‘ undatt aobnolinierh nie Al ala. Fr are? why wohgornd wie ni ah rag la ots. gliruig en nie ne ie ‘ Sr Al ee er ud Lan ru er 4 ma gerilduum:i mente bes ernenh B; A Kar rn a) aan fm Be u Pr SE na meh mE ; Fa sa: PORT zehn Anne a 0 mebuncne sera yab- uk aan mn Kies. Salon wei. Re a" E E uw" An ih ann il, ER r es ee, ni zit ce ana uns a Me sb an m rad: A Bere anssgalıl oh lo ER Au A i A N { IM F La 2 h) 34 . j 3 DE NS OA TR zu 21. & us, del. N. VL. @ NN else Pr Ol. 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