De KORSTEIESPEOPIFE FOR EDVCATION | FOR SCIENCE LIBRARY 07 IHE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY Notizen aus dem 8 00 4 2 A ) Gebiete der Uatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt M. J. Schleiden, der Rechte, der Medieiln und der Phlloſophie Doctor, des Koͤnigl. Niederländiſch-Großherzogl.-Luxemburgiſchen Ordens der Gichenfrone Ritter, Ordentlichem Honorarprofeſſor zu Jena, der Linnean Society zu London, der Kalſerl. Leopolting Carolfniſchen Geſellſchaft der Naturforſcher, der Societas physico-medica zu Erlangen, der Re⸗ gensburger botaniſchen Geſellſchaft, des naturwiſſenſchaftlichen Vereins des Harzes, des Hamburgiſchen naturwiſſenſchaftlſchen Vereins ordentlichem, corre— fvonvirendem und Ehrenmitgliede und Dr. Nobert Froriep, des rothen Adler-Ordens vierter Claſſe Ritter, Königl. Preuß. Geh. Medleinalrathe a. D. und praktiſchem Arzte in Weimar, Mitgliede und Correſpondenten der Königl. Akademie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Academie royale de Médecine zu Paris, der Hufelandiſchen merleiniſch⸗chlrurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins für Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft für Natur» und Heilkunde in Berlin, der Geſellſchaft für Grpfunve zu Berlin, der Svenska Läkare -Sällskap zu Stockholm, der Societas physico-medica zu Moſkwa, der K. K. Geſellſchaft der Aerzte in Wien des arztlichen Vereins zu Hamburg, ver Louisiana Society of Natural History and Sciences zu Neu» Orleans und des Deutſchen Vereins für Hellwiſſenſchaft zu Berlin; Ehren ⸗Mltgllede des Vereins Großherzogl. Badiſcher Mevielnal = Beamten für vie Beförderung der Staats Arznelkunde, des Apotheker Vereins im nördlichen Deutſchland und des naturwiſſenſchaftlichen Vereines des Harzes. 7 \ Dritter Reihe erſter Band, Weimar, Druck und Verlag des Landes- Induſtrie-Comptoirs. 1847. en 6 9 nh 1 e KRONE Pr eee Pa Vorwort. Die Notizen ſind nach 25jährigem Beſtehen, während deſſen von dem Gründer der Zeitſchrift allein 50 Bände und von demſelben in Gemeinſchaft mit ſeinem Sohne in zehn Jahren 40 Bände derſelben herausgegeben worden ſind, — mit Anfang des Jahres in eine neue Periode eingetreten, da ſich der Gründer dieſer ſo lange mit Wohlwollen aufgenommenen Zeitſchrift wegen Krankheit von der Herausgabe zurückziehen mußte. Die Unterzeichneten begannen mit dem 1. Januar 1847 unter den früheren Namen des Blattes die dritte Weihe, welche von dem bisher befolgten Plane nur in ſo fern abweichen wird, als von nun an mehr, als es bisher der Fall war, Orginal-Mittheilungen gegeben werden ſollen, während übrigens wie bis— her die Herausgeber das, was ihnen bei ihrer mit dem Neueſten fortſchreitenden Beſchäftigung mit der natur- und heilwiſſenſchaftlichen Literatur wichtiges oder weiter anregendes vorkömmt, ungeſäumt mit theilen werden. Die Redaction wird ſich auch fernerhin nicht an Hefte von beſtimmtem Umfang oder an beſtimmte Zeiten des Erſcheinens derſelben binden, ſondern, wie gerade die Wee zufließen, einen Bogen in groß Quartformat drucken laſſen und verſenden. Jena und Weimar, März 1847. M. J. Schleiden und N. Froriep. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitſchrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 1. (Nr. 1. des 1. Bandes.) Januar 1847. Druck unt Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptolrs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. J. Ueber den Generationswechſel oder die Fort— pflanzung und Entwickelung durch abwechſelnde Generationen. Von Joh. Japetus Sm. Steenstrup ”). (Hierzu Fig. 1-26 der mit dieſer Nummer ausgegeb. Tafel.) Wir erfüllen hiermit die in No. 839 (No. 3 des XXXIX. Bos.) S. 40 gegebene Zuſage, indem wir unſern Leſern eine gedrängte Ueberſicht des Werkes mittheilen, deſſen Kenntniß zur Ergänzung der in der neueſten Zeit von Hrn. v. Baer (ſ. d. angezogene N. d. Bl.) und Hrn. Du: jardin (ſ. No. 859, No. 1 d. XL. Bos. d. Bl.) über verwandte Gegenſtände angeſtellten Forſchungen den Leſern d. Bl. willkommen ſein wird. Die Hrn. Steenstrups Schrift zu Grunde liegende Doctrin, nämlich der Generationswechſel, iſt eine Modifi— cation der allgemein verbreiteten Anſichten über thieriſche Metamorphoſe und ſtellt die Nothwendigkeit einer Reihen— folge von Generationen in vielen Fällen auf, bevor der völlig entwickelte fpecififche Typus erreicht werden kann. Sie iſt ein Beiſpiel von metamorphiſcher Thätigkeit, nicht des Individuums, ſondern der Raſſe. Das Geſetz des Ge— nerationswechſels beſagt, daß viele Thiere Weſen erzeugen, welche ihrem Erzeuger völlig unähnlich ſind und die der Verf. Ammen (altrices) nennt; daß dieſe dann eine Reihe von Metamorphoſen erleiden, jedoch nie in der Ausdehnung, daß ſie zur Mutterform gelangen, und daß dieſe erſte Ge— neration eine zweite erzeugt, welche nach verſchiedenen Me— tamorphoſen die urſprüngliche Form der erſten Erzeuger wieder annimmt, oder daß ſelbſt eine dritte Generation (Groß— ammen, abaltrices) erforderlich wird, bevor die vollkommene ſpecifiſche Form wieder erreicht wird. Wir ſehen aus dieſer Schrift, daß dieſes ſogenannte Ammen nicht mehr als eine vereinzelte Naturerſcheinung da— ) Copenhagen bei C. A. Reitzel, 1842. 80. No. 1981. — 881. — 1. ſteht. Es iſt nicht auf eine einzelne Claſſe oder Reihe be— ſchränkt, ſondern die Reihe der Wirbelthiere iſt, wenn man die von Ehrenberg beobachtete cycliſche Entwickelung der Vorticellen hinzunimmt, die einzige, in welcher die Erſchei— nung noch nicht beobachtet worden iſt. Alles deutet darauf hin, daß etwas Durchgreifendes in dieſem Entwickelungs— gange iſt und er gleichſam mit einer gewiſſen Nothwendig— keit auftritt. Man wird ihn deßhalb gewiß bald in einer weit größern Ausdehnung und Allgemeinheit erkennen und darf ihn nicht länger als etwas Paradores betrachten, wie man bisher allzu ſehr geneigt geweſen iſt, die dahin einſchlagenden Phänomene zu deuten, ſondern er muß im Einklang mit der übrigen Entwickelung der Natur ſtehen, in welcher der Grundgedanke dieſes Entwickelungsganges auch anderswo aus— geſprochen ſein muß, wenn er ſich gleich in einer Form aus— geprägt hat, unter der wir ihn weniger leicht erkennen. Dies finden wir, wenn wir dieſe Entwickelungsweiſe weiter durch die Natur verfolgen und indem wir ſie uns durch die Er— ſcheinungen, durch welche ſie ſich äußert, veranſchaulichen. Sammeln wir, bevor wir auf die Schilderung der an den einzelnen Geſchöpfen gemachten Beobachtungen ein— gehen, in einem Bilde die ganze Entwickelung durch Ammengenerationen, ſowie fie an den Glockenpolypen (Cam- panularia), Kolbenpolypen (Coryne), Meduſen, Salpen, Vorticellen und Eingeweidewürmern auftritt, fo zeigt es ſich gleich als ein beſonderer und folglich weſentlicher Zug in dieſem Entwickelungsgange, daß die Art (d. i. die Art in ihrer Entwickelung) durch die einzelnen erwachſenen zeugungsfähigen Individuen beider Geſchlechter und die Ent⸗ wickelung dieſer nicht repräſentirt wird, ſondern daß dazu noch Individuen einer oder mehrerer vorausgehender Gene— rationen erforderlich ſind, welche gleichſam ein Supplement jener bilden. Der Unterſchied zwiſchen dieſem Entwickelungs— gange und dem allgemein anerkannten der Natur, bei wel— chem die Art durch das Individuum beider Geſchlechter und deſſen Entwickelung repräſentirt wird, iſt alſo von Seiten 1 3 15 der Individuen ein Mangel an vollſtändiger Individualität als Artrepräſentanten, an Artindividualität. Betrachten wir nun dieſen Entwickelungsgang in ſeinen verſchiedenen Mo— menten in den verſchiedenen Familien, ſo werden wir deſſen Bedeutung in der Natur erfaſſen, wenngleich in den Beob— achtungen noch viele Lücken ſind. So ſehen wir die höchſte Unvollſtändigkeit und Un— freiheit bei den Glockenpolypen und ähnlichen Polypenthieren, bei welchen die Generationen, welche die Einheit der Art repräſentiren, einander ſehr ungleich und in allen ihren In— dividuen gleichſam zu einer äußern Einheit in einem Po⸗ lypenſtocke verſchmolzen ſind. Sie ſitzen organiſch mit ein— ander verbunden und ſind in der Regel nur frei in ihrer erſten Generation und zwar nur auf ihrer früheſten Ent— wickelungsſtufe und nur eine kurze Weile, während die frei ſchwimmende flimmerhaarige Brut höchſtens einige Stunden im Waſſer umhergleitet, um eine paſſende Stelle zur Grün— dung eines neuen Polypenſtockes zu finden. Bei den Co— rynen oder Kolbenpolypen wird die organiſche Verbindung zwiſchen den Individuen und Generationen etwas loſer; die vollkommneren keimbereitenden oder eiertragenden Individuen werden gewöhnlich völlig frei, oft ſogar in einem frühern Alter (Coryne fritillaria; Corymorpha), jo daß ſie ihre voll— kommene Entwickelung erſt nach der Losreißung von der Ammengeneration erhalten. Bei den Meduſen und Salpen werden die zu einem Ganzen zuſammengehörenden Genera— tionen einander ähnlicher; die erſte Generation der Meduſen iſt noch feſtſitzend, aber lebhafter und beweglicher in ihren Theilen; die Individuen der vollkommneren Generationen verlaſſen das Ammenthier, während ſie ſehr klein ſind, und erleiden bedeutende Veränderungen, nachdem ſie frei und frei— ſchwimmend geworden; beide Generationen der Salpen end⸗ lich ſind frei und freiſchwimmend; nur ſind die Individuen der einen organiſch unter ſich verbunden, haben jedoch keine gemeinſchaftlichen Organe (im ausgewachſenen Zuſtande), und inſofern des Verf. Deutung des Generationswechſels der Aſeidien richtig iſt *), haben wir hier genau die Entwicke— lung der Salpen auf einer etwas niedern Stufe. Die In⸗ dividuen der einen Generation ſind organiſch verbunden, ohne gemeinſchaftliche Organe zu haben; beide Generationen ſind aber feſtſitzend. In der Claſſe der Eingeweidewürmer ſcheint ſich ein ähnliches Streben, ſich frei zu machen und zu ver vollſtändigen, auszuſprechen. Bei den Bandwürmern macht die Generation der vollkommnern Individuen im Außern eine Einheit aus; ſie befreien ſich nur ſucceſſid von einander, indem ſie ihrem Tode entgegengehen und ſind ihr ganzes Leben hindurch mit dem Ammenthiere verbunden. Bei ei— nigen Saugwürmern bleiben die ſpätern Generationen in den frühern, bis ſie ihre volle Entwickelung erreicht haben; bei andern verlaſſen ſie ſie in einem frühern Stadium, ſind frei und freiſchwimmend und erleiden eine vollſtändige Verwand— lung. Bei einigen dieſer letzten werden die frühern Ge— nerationen zu unbeweglichen und gleichſam lebloſen Schläu— ) Dies wird u. a. von Hrn. van Beneden beſtritten. S. d. Anmerkung weiter unten. 1. 4 chen umgebildet, während ſie bei andern frei und beweglich bleiben (die Ammen und Großammen der Cercaria ephe- mera und C. echinata), ihr ganzes Leben hindurch aber eine Form behalten, welche am meiſten den Larven der vollkomm⸗ nern Generationen gleicht. Man kann auf dieſe Weiſe un⸗ ſtreitig ein Fortſchreiten in einer gewiſſen Richtung beobach⸗ ten; anfangs bilden alle Generationen nicht bloß mit Rück⸗ ſicht auf das Innere, ſondern zugleich mit Rückſicht auf das Außere eine Einheit; ſie bilden eine feſtſitzende Colonie; darauf löſen die Generationen ſich mehr und mehr von ein— ander ab und werden zugleich freier, und endlich löſen ſich alle Individuen innerhalb der Generationen von einander ab und erhalten freie Bewegung. Auf dieſer letzten Stufe finden wir die Entwickelung zur Freiheit und Vollſtändig⸗ keit bei Thierchen, welche freilich nicht länger an die unor⸗ ganiſche Natur auf dem Meeresgrunde gebunden ſind, die aber doch in andere thieriſche Organismen verſenkt leben, und dieſe gehören nicht dem Meere, ſondern dem ſüßen Waſſer an. Auf einer noch höhern und freiern Stufe wer⸗ den wir daher die Entwickelung bei Thieren finden, die nicht Waſſerthiere, ſondern Luftthiere ſind, und auf einer hohen Stufe finden wir ſie bei den Blattläuſen (Aphides). Schon lange hat man die Fortpflanzung der Blattläuſe durch eine Reihe von Generationen gekannt. Im Frühling kommt nämlich aus den Eiern eine Generation hervor, welche auf: wächſ't und ſich verwandelt und ohne vorhergehende Be— fruchtung eine neue Generation gebiert, dieſe auf dieſelbe Weiſe wiederum eine dritte u. ſ. f., ſo daß man bei man⸗ chen Arten neun ſolcher vorbereitenden Generationen beobachtet haben will; zuletzt entſteht aber immer eine Generation, die aus Männchen und Weibchen beſteht, von denen die erſten nach der Verwandlung gewöhnlich geflügelt werden. Befruchtung und Eierlegen finden Statt, und die lange Reihe von Generationen fängt im folgenden Jahre wieder von vorn an. Alle Indisiduen ſind frei, haben freie Be— wegungen und erleiden eine Verwandlung. Hier haben wir aber Luftthiere vor uns, und ſie ſind nicht länger Paraſiten, die in andern Organismen lebeu. Sie leben höchſtens nur paraſitiſch auswendig auf andern Organismen und nur auf Pflanzen. Die Erſcheinungen dieſer Entwickelung zeigen ſich nicht bei Entozoen, ſondern bei Epiphyten. Nichts⸗ deſtoweniger iſt der Entwickelungsgang noch ſich ſelbſt gleich; nur ſieht man in der äußern, freiern, edlern Form, in wel⸗ cher er auftritt, das Beſtreben, etwas Höheres zu erreichen. Jedes Glied (Generation) bringt gewiß ſeine Brut der be— abſichtigten Vollkommenheit näher; aber dieſes Hersvorrufen von etwas Vollkommnerem geſchieht nur durch das Ammen beſonderer Thiere und iſt der ſtillen Wirkſamkeit eines Or⸗ ganes überlaſſen, ohne daß die ammenden Thiere ſich deſſen ſelbſt bewußt ſind; es iſt nur eine Function, keine Willens⸗ äußerung. Überall im Thierreiche ſehen wir Beiſpiele, wie die ruhige, dem Thiere unbewußte Wirkſamkeit ſich zu will⸗ kürlichen Handlungen entwickelt, welche das Thier in Folge einer innern, dunkeln, unwiderſtehlichen Ahnung (3. B. des Kunſttriebes) unternimmt. In der Entwicklung und der ſich dabei äußernden Brutpflege der Bienen, Weſpen, Amei⸗ 5 1. I. ſen, Termiten ſehen wir gerade die Sorge für die Brut durch Willensäußerungen und willkürliche Handlungen von einer Menge dazu geborner Individuen hervorgerufen; die Brut, welche ſich zu vollkommnern zeugungsfähigen Indi— viduen entwickeln ſoll, erhält ihre Beſchützung nicht im Leibe der Pflegerinnen und ihre Nahrung auch nicht von einem dieſe ſecernirenden Organe derſelben; beides wird ihnen von außen durch Mittel gewährt, welche die Pflegenden durch ihre bewußte Thätigkeit bewirken. Möge nun die vollkommnere Entwickelung der Brut durch Ammen oder ſelbſtbewußt handelnde Pfle— gerinnen befördert werden, jo ſehen wir doch, daß die Natur ſtets darauf ausgeht, eine Menge Individuen her— vorzubringen, deren Vorſorge dann die Förderung der Aus— bildung einer ſpätern Generation oder Brut weniger zahl— reicher Individuen überlaſſen wird. Dieſe vorausgeſandte und vorbereitende Menge ſcheint ſtets aus weiblichen Indi— viduen zu beſtehen, und das männliche Geſchlecht ſcheint von dem jenen anvertrauten Beruf ganz ausgeſchloſſen zu ſein, weßhalb auch die Männchen aller der Thiere, bei wel— chen ſich Ammen oder Pflegerinnen finden, nur eine ſehr untergeordnete Zahl ausmachen. Daß das Ammen weib— lichen Individuen anvertraut iſt, ſcheint natürlich, weil wir an ihnen ein Organ kennen, deſſen natürliche Function ein ſolches Geſchäft fein würde. Bei vollkommenen Weibchen ſind die Fortpflanzungsorgane in zwei Partien getheilt, die eine ſehr verſchiedene Thätigkeit haben: den Eierſtock (ovarium), welcher keimbereitend iſt und das Ei hervorbringt, und den Gierleiter und die Gebärmutter (ovi- ductus et uterus), in welchem das Ei bis zur Geburt des Fötus entwickelt wird. Bei Ammengenerationen findet ſich nun kein eigentlicher Eierſtock, und die Keime liegen in Or— ganen, die man als Gierleiter und Gebärmutter zu betrach- ten bat. Von dem jetzigen Standpunkte unſerer Kenntniſſe aus hat man aber anzunehmen, daß die Ammengenerationen nie ſelbſt keimbereitend ſeien, ſondern daß ſie mit Keimen in dem Organe geboren werden, in welchem die Fötus ſpäter groß gezogen werden, und danach ſcheint es, als ſei der weibliche Fortpflanzungsorganismus überall geſpalten, wo ſich eine Entwickelung durch Ammen findet, ſo daß in den vollkommnern Weibchen ein beſonderes Ovarium ausgebildet iſt, während ſich bei den Ammengenerationen ein ſtark ent⸗ wickelter uterus findet, weßhalb ſie auch, als individualiſirte Gebärmütter, die Wirkſamkeit dieſes Organes zur Lebens— aufgabe erhalten haben und in ihrer Ausbildung den Ge: ſchöpfen vorausgehen müſſen, welche ihrer Pflege anvertraut werden. Die Pflegerinnen ſind bei der Hummel, Biene, Weſpe und wahrſcheinlich allen in geordneten Colonien le— benden Inſecten ebenfalls Weibchen. Vom Cierſtocke iſt kaum eine Spur, der uterus iſt rudimentär, und jede Fort- pflanzung von der materiellen Seite, fo zu jagen, un: möglich. Die Verkümmerung des Organes erlaubt nicht ein Mal ein Ammen, und die Anlage zur Artfortpflanzung iſt aus dem Pßpchiſchen in ein Phyſtſches übergegangen, als ein Trieb zur Pflege der Brut, während die Erfüllung dieſes Triebes durch die beſondere Umbildung begünſtigt 1. 6 wird, welche gewiſſe Organe auf Koſten der Fortpflanzungs— organe erleiden, um Werkzeuge im Dienſte der Brutpflege fein zu können. Die Kiefer der arbeitenden Ameiſen ſind ſtärker, als die der Männchen und Weibchen; die Arbeits- bienen ſind mit breiten Mandibeln verſehen; das Werk— zeug zum Eierlegen iſt bei ihnen in ein Vertheidigungs— werkzeug (Stachel) umgebildet, u. ſ. w. Es folgt von ſelbſt, daß die Entwickelung der Art hier nicht durch mehrere Generationen, ſondern nur durch mehrere Bruten der ſelben Generation geſchehen kann. Der Verf. weiſ't auch darauf hin, daß, gleichwie bei den Ammen die ganze Förderung des Wohles der Brut nur durch eine ſtille organiſche Thätigkeit geſchieht, nur eine Function des vegetativen Lebens der In— dividuen iſt, ſo auch alle Thierformen, bei deren Ent— wickelung Ammen bethätigt ſind, wirklich an die Fortpflan— zung und den Lebenscyelus der Pflanzen erinnern. Denn das Eigenthümliche der Pflanze und gleichſam ihr eigent— liches Kennzeichen iſt, daß der Keim, das urſprüngliche In— dividuum im Pflanzenei oder Samen, nur durch eine ganze Reihe von Generationen Individuen hervorzurufen vermag, welche wieder im Stande ſind, Samen oder Individuen der erſten Form hervorzubringen, der die Pflanze ihren Urſprung verdankte. Es iſt gerade der große Triumph der Morpho— logie, daß ſie zu zeigen vermag, wie die Pflanze, dieſe nach einem bloß vegetativen Principe oder Grundſatze geordnete Colonie verſchiedener Individuen, ſich durch eine oft ſehr lange Generationsfolge zu ſtets vollkommneren Individuen entfaltet, bis ſie nach den zunächſt hervorgehenden Genera— tionen Kelch und Krone mit vollkommnen männlichen und weiblichen Individuen, Staubblättern und Fruchtblättern, hervorbringt, ſo daß nicht ein Mal im Pflanzenreiche der gröbere Hermaphroditismus gilt, welchen man im Thierreiche noch zu erblicken glaubt. Wir wenden uns nun zu einigen der Beobachtungen, welche dem Verf. zu obigen wichtigen Betrachtungen veran— laßt haben und die derſelbe in vier Capiteln ſchildert. Wir werden bei jedem Capitel nach einer kurzen Ueberſicht des Inhalts diejenigen Figuren beſchreiben, welche die Hauptſtadien des Entwickelungsganges der verſchiedenen Geſchöpfe erläutern. Das erſte Capitel beſchäftigt ſich mit der Entwickelung der Meduſen (Quallen, Meerneſſeln) und giebt vornehmlich die ſchönen Unterſuchungen des ſchwediſchen Naturforſchers Sars über die Zeugungserſcheinungen jener intereſſanten Thiergruppe. Die Beobachtungen von Sars über die Ent⸗ wickelung der Medusa aurita weiſen nach, daß dieſes Thier kleine, den Infuſorien ähnliche Geſchöpfe hervorbringt, welche, ſobald ſie ſich von dem Mutterthiere getrennt haben, mit Hülfe von Flimmerhaaren (ſchwingenden Wimpern), mit denen ihre ganze Oberfläche bedeckt iſt, frei in dem fie umgeben⸗ den Waſſer umherſchwimmen. Nach einer gewiſſen Zeit firiren ſich jedoch dieſe umherſchweifenden Embryonen und nehmen, nachdem fie eine Reihe von Metamorphoſen durch⸗ laufen haben, die Form eines Polypen an. Dieſe Form iſt jedoch nur eine oberflächliche, indem die anatomiſche Stru— ctur der Thierchen genau die des Meduſentypus iſt. In 1 * 7 1 dieſem Stadium der Entwickelung hört die individuelle Me— tamorphofe auf und die polypenähnliche Meduſe beginnt nun eine reproductive Function. In dem hinteren Theile ihres Körpers fangen neue Keime an ſich zu entwickeln, de— ren Erzeugung die Hauptaufgabe des Meduſenlebens zu ſein ſcheint. Sobald dies nämlich geſchehen iſt, ſtirbt die Me— duſe, die Keime löſen ſich ab und entwickeln ſich durch eine Reihe von Metamorphoſen zur Form der urſprünglichen Meduſe. Die polypenartigen Thiere ſind demnach die Am— men, welche an und für ſich nicht die Beſtimmung haben, die Form der Species zu erlangen, ſondern auf dem Wege der Zeugung eine neue Reihe von Organismen, die wah— ren Meduſenlarven, hervorzubringen, welche mit der Zeit die typiſche Form der Species erlangen. . Fig. 1. Die einem Infuſionsthierchen (3. B. Leuco- phrys oder Bursaria) gleichende Brut der Medusa aurita, die ſich aus in den Ovarien liegenden kugelförmigen Eiern ent— wickelt, ſich nach dem Auskriechen in den ſich gleichzeitig entwickelnden beſondern Behältern der vier Mundarme an— ſammelt, dann das Mutterthier verläßt, und in dieſer Ge— ſtalt als ein Schwarm freier Weſen mit dem dickeren Ende voran im Waſſer umherſchwimmt. Fig. 2. Die Brut an dem dicken Ende mittels des in Fig. 1 ſichtbaren Saugwärzchens an Tange, Steine ꝛc. befeſtigt. In das entgegengeſetzte Ende zieht ſich eine Oeff— nung hinein; bald bemerkt man an demſelben vier Höcker, die ſchon am fünften bis ſechsten Tage nach dem Freiwer— den des Thieres zu vier Tentakeln entwickelt ſind, wie man ſie in Fig. 3 *) ſieht. Am zehnten Tage find acht Ten— takel vorhanden (Fig. 4), ſpäter 24 bis 30 (Fig. 5). Von der Größe eines kleinen Sandkorns iſt das Thier nun 1 Li— nie lang geworden. Fig. 6 3). Die Oberfläche des eylindriſchen Thier— chens bekommt Einſchnürungen, welche immer tiefer werden, ſo daß zuletzt (Fig. 7) das Thier wie ein Stapel überein— andergeſetzter Taſſen ausſieht. Dieſe je mit acht freien ein— geſchnittenen Lappen oder Strahlen beſetzten Abſchnitte tren— nen ſich von einander und ſchwimmen, geſtaltet wie Fig. 8 *, mit der gewöhnlichen periſtaltiſchen Bewegung der Meduſen im Waſſer umher. Gleichwie bei dieſen, hängt von der Mitte der unteren hohlen Fläche ein vierſeitiger, ausſtreckba— rer Mund herab, der dem Thiere die Geſtalt eines Sonnen— ſchirms (Fig. 9) giebt. Im Laufe der Entwickelung wird dasſelbe der urſprünglichen Species immer ähnlicher, bis es ſich zuletzt, wenn es etwa 1 Zoll Durchmeſſer erlangt hat, in der Form Fig. 10 ganz mit derſelben identifieirt, während die inneren Organe, beſonders die Fortpflanzungs— organe, im Spätſommer ſo weit gezeitigt ſind, daß eine Be— fruchtung der Eier des Weibchens Statt findet, aus welchen wiederum eine infuſorienartige Brut entſteht. ) In dieſer Form iſt das Thier früher von Sars unter dem Namen Seyphistoma beſchrieben worden (Beiträge zur Natur- geſchichte der Seethiere. Bergen 1828). ) Früher von Sars unter dem Namen Strobila beſchrieben. Ebendaſ. h Von Eſchholtz Ephyra genannt. 15 8 Was aus dem polypenartigen Gipfel wird, welcher die Reihe der auf einander geſetzten Meduſenlarven (Fig. 6) ſchließt, iſt ungewiß. Daß er ſich in derſelben Weiſe, wie die Teller- oder ſchirmförmigen Larven, zu einer Medusa aurita entwickele, erklärt der Verf., wegen der ſchon erreich- ten Größe und abweichenden Verhältniffe, für unmöglich. Wenn die Larven ſich ihrer vollkommneren Ausbildung nä⸗ hern, wird der Stock ohne ein ſolches aufſitzendes polypen- artiges Individuum getroffen (Fig. 7). Der Verf. hat bei Reikiavig auf Island einen glockenförmigen Polypen beob- achtet (Fig. 11), welcher zu einer außerordentlich hohen Entwickelung gelangte, bevor ſich in feinem Hinterleibe Me- duſenlarven ausbildeten; dagegen fehlt es durchaus an Be— obachtungen, welche dafür ſprächen, daß die polypenförmigen Gipfel nach der Ausbildung und dem Losreißen der Larven einer ferneren Entwickelung entgegengehen. Es ſcheint alſo, daß fie, nachdem ſie ihren Lebenszweck als ammende Indi⸗ viduen weiblichen Geſchlechts erfüllt haben, abſterben. Im zweiten Capitel, in welchem der Verf. faſt durch⸗ aus auf eigenen Beobachtungen fußt, werden Beiſpiele der— ſelben Erſcheinung aus einer anderen Claſſe der wirbelloſen Thiere, nämlich aus der der Polypen, beigebracht. Die Kol- benpolypen (Coryne), und ihre Verwandten (Syncoryne, Co- rymorpha), ſowie die Glockenpolypen (Campanularia) ſind die Beiſpiele, und wir finden, daß die Coryne nur die Amme eines ſich frei bewegenden meduſenartigen Geſchöpfes iſt. Der Verf. iſt übrigens der Anſicht, daß die ganze Familie der Kolbenpolypen (Coryne, Syncoryne u. Corymorpha) als ſolche zu ſtreichen ſei, indem ſie nur im Entwickelungsſtadium son Thieren ſei, welche in ihrem vollkommenen Zuſtande den Meduſen gleichen. Bei der eyeliſchen Entwickelung der Campanularia werden drei geſonderte Generationen erzeugt, ſo daß wir hier nicht nur Ammen, ſondern auch Großam— men haben. Das vollkommene Individuum iſt eine kleine kugelförmige, eiertragende, mit Tentakeln verſehene Zelle, welche zu einer beſtimmten Zeit auf der Höhe der Achſel— zellen des Polypen erſcheint. Fig. 12 zeigt uns die Coryne Fritillaria, welche der Verf. bei Island häufig auf Balanenſchalen ſitzend dom Meeresgrunde heraufzog. Sie hat die Länge eines vollen halben Zolles und beſteht aus einem dünnen, häutigen Schaft und einem darauf ſitzenden, ziemlich dünnen, nur mit fünf bis ſechs Tentakeln verſehenen Polypenkopfe, von deſſen Baſis vier kreuzweis geſtellte vierſeitige Glocken herabhängen, fo daß das Ganze einer Kaiſerkrone (Fritillaria) ähnlich fiebt. Die Glocken, von denen Fig. 13 eine darſtellt, lö— ſen ſich ſpäter ab und ſchwimmen als freie meduſenartige Weſen im Waſſer umher, nachdem ſie ſich ſchon früher, als ſie noch am Polypen ſaßen, lebhaft bewegt hatten. Dieſe abgelöſ'ten Glocken ſtarben zwar in der Gefangenſchaft bald; allein über denſelben Stellen, wo der Verf. die Exemplare der Coryne Fritillaria erhalten, fand er meduſenähnliche Thiere, welche er für ausgewachſene freie Corpnenglocken halten mußte (Fig. 14). Außer in der Größe, unterſchie⸗ den ſie ſich von dieſen faſt lediglich durch das gelappte Organ, welches an den Glocken der Coryne nur in Geſtalt 9 1 einer Warze hervortrat. Es iſt wie mit Blaſen und klei— nen Kugeln angefüllt, und von dem Grunde desſelben ſprin— gen zwei ſehr lange Randfädchen hervor. Die Bewegung geſchah ganz wie bei den Corynenglocken, indem ſie ſich unter rhythmiſchem Aus- und Einpumpen des Waſſers rück⸗ wärts ſtießen. Das gelappte Organ hält der Verf. für das Fortpflanzungsorgan und erklärt den Kolbenpolypen ſelbſt nur für eine vorläufige Ammengeneration, an der ſich Meduſenlarven ausbilden. Ebendahin zieht er, nach Sarſes, Lovens, Wagners ꝛc. Beobachtungen Syncoryne ra- mosa Sars, S. Sarsii, Coryne echinata und vulgaris und Corymorpha nutans Sars, und ſpricht demzufolge die Ver— muthung aus, daß die ganze Familie der Kolbenpolppen nur ein Entwickelungsglied zur Meduſenform ſei. Fig. 15 ſtellt eine Campanularia geniculata oder einen Glockenpolypen ſehr ſchwach vergrößert dar. Es geht deut⸗ lich hervor, daß die Individuen, welche, umſchloſſen von umgekehrt glockenförmigen Zellen, einen ſolchen Polypen— ſtock ausmachen, dreifacher Art ſind, und daß jede Art ihre beſtimmte Stellung hat. Die zahlreichſten ſind die kleinern Zellen (Individuen), welche am Ende des Stengels und der Zweige ſtehen, Fig. 15 a, a. In den Winkeln zwiſchen den Zweigen und dem Stengel ſitzen Achſelzellen, Fig. 15 b, b, welche ſtets geſtreckter und beinahe doppelt ſo groß ſind; während auf dieſen eine dritte Art von Zellen „e ſitzt, welche kugelförmig und die kleinſten von allen ſind. Dieſe kleinen kugel - over blaſenförmigen Individuen, welche Fig. 16 a u. b vergrößert darſtellt, enthalten zwei, ſelten drei, ziemlich große Eier und ſind alſo als wirkliche Weib— chen zu betrachten. Wenn die ovale Haut des Eies platzt, kommt ein ovales, etwas langgeſtrecktes Junges (Fig. 16 a und Fig. 17) hervor, welches über den ganzen Körper mit Flimmerhaaren beſetzt iſt und mit Hülfe derſelben im Waſſer allerhand gleitende und drehende Bewegungen ausführt. Dieſes Thierchen ſetzt ſich ſpäter, z. B. an Tangen, feſt, zieht ſich zuſammen und nimmt eine kreisrunde Geſtalt an, Fig. 18. Aus ihm wächſt dann ein Polypenſtamm hervor, deſſen Anfangsſtadium Fig. 19 darſtellt. Bald erſcheinen Tentakel und eine Mundöffnung, und nun nimmt der Po- lyp Nahrung (Cyclops und andere kleine Gruftenthiere) zu ſich. Nun ſchießt ein Zweig nach dem anderen heraus, und am Ende dieſer Zweige wachſen Zellen oder Polypen hervor, welche dem Polypen am Ende des jungen Stam— mes oder Fig. 15 4, vollkommen gleichen. Wenn dieſe Individuen vollkommen ausgebildet ſind, ſieht man die grö— ßeren Zellen in den Winkeln zwiſchen den Zweigen und dem Stengel (Fig. 15 b,b und vergrößert Fig. 20) auf: ſchießen. Sie ſind mit einem gewoͤlbten Deckel verſehen, ſo daß das Thier ſeine Tentakel nicht ausbreitet und nicht aus ſeiner Zelle hervortritt. Zwiſchen der äußeren und in— neren Membran bilden ſich aber neue Individuen, welche die ſogenannte Darmröhre umgeben. An dieſer entſtehen kleine Erhöhungen, Fig. 20 b, die ſich vergrößern und bla— ſenartig werden. In dieſem Zuſtande ſieht man deutlich auf ihnen kugelrunde Körper, f,g, deren auf jeder Blaſe zwei vorhanden und die von einer dünnen, glasklaren Haut, 1 10 h, umſchloſſen ſind, auf deren äußerer Seite man einen Kranz von kleinen Höckern, k, erblickt. Bei fortgehender Entwickelung nähert ſich die glasklare Hülle mit ihrem In— halte dem Deckel der Achſelzelle und durchbricht denſelben, ohne daß ihre Verbindung mit der Darmröhre aufhört. Später erhebt ſich die nachfolgende Hülle über die Achſel— zelle und jo alle Hüllen der Reihe nach. Dieſe Hüllen öff— nen ſich, und um die Oeffnung her erſcheint ein Kranz von ungefähr zwölf unregelmäßig gezähnelten Tentakeln, Fig. 16 b, und man ſieht nun, daß die Hüllen nichts anderes als ku— gelförmige Individuen, vollkommen entwickelte Weibchen, ſind, da die dunkeln, in ihnen liegenden Kugeln Eier ſind, an denen man einen helleren Flecken, das Keimbläschen (ve- sicula Purkinji) wahrnimmt. Aus dieſen Eiern entſteht dann wieder ein mit Flimmerhaaren beſetztes Thierchen, aus dieſem ein Polypenſtamm ꝛc. Die Polypen in den achſel— ſtändigen Zellen ſind alſo die Ammen der weiblichen voll— kommnen Thiere, während den achſelſtändigen Polypen ſchon eine Generation von anders geformten Polypen, welche die Spitze der Zweige einnehmen und dem Stammpolypen glei— chen, alſo eine Generation son Großammen vorausgegan— gen iſt. Der Verf. iſt der Anſicht, daß die Wiſſenſchaft ſchon eine hinreichende Anzahl von Beobachtungen beſitze, um uns zu berechtigen, die Entwickelungsgeſchichte von Plu- mularia und anderen Tubularien, ſowie auch die der Sertu— larien mit der eben an den Campanularien erläuterten Dar— ſtellung in Einklang zu bringen. (Schluß folgt.) Miſcellen. 1. Scorpioneſſer. Capitain Kennedy (Algeria & Tunis in 1845 vol. I. p. 159) erzählt als Augenzeuge von einem arabi⸗ ſchen Knaben von auffallend abſtoßendem Aeußeren (namentlich mit einem höchſt mißgebildeten Kopfe), deſſen leere und doch theil⸗ weis ſchlaue Geſichtszuge mehr eine thieriſche als menſchliche Na⸗ tur anzuzeigen ſchienen. Der Knabe beobachtete die Reiſegeſell— ſchaft regungslos mit ſtieren Blicken. Capt. K. kümmerte ſich an⸗ fangs nicht weiter um dieſes anſcheinend irrſinnige Individuum, obwohl alle ſolche von den Eingebornen ſehr beachtet und als hei: lige Perſonen verehrt werden, bis ihm mitgetheilt ward, der Knabe habe ſo eben ſeine geheiligte Natur dadurch bewieſen, daß er einen lebendigen Scorpion ohne Schaden verſchluckt habe. Dem ungläubigen Engländer, der meinte, es ſei vorher der giftige Sta⸗ chel des Thieres ausgebrochen worden, ward alsbald der Beweis von der Wunderkraft ſolcher Menſchen erneuert. Der Knabe er— ſchien mit einem andern Scorpion in ſeiner bloßen Hand und ließ den Stachel des Thieres genau durch ein Stück Holz unterſuchen. Das Thier war ziemlich groß, über zwei Zoll lang, voll Lebens⸗ kraft und im Stande, ſeinen Feind ſehr gefährlich zu verwunden. Der Knabe erhob nun ier Hand, ſteckte den Scorpion in ſeinen Mund und faßte das Thier mit den Zähnen, worauf man deutlich dasſelbe ſich winden ſah und das Knacken ſeiner Schale hörte, als es der Knabe ganz gemächlich kaute und zuletzt verſchluckte. Wer der Hand noch Mund hatten den mindeſten Schaden gelitten, und der Araber wiederholte in kurzer Zeit darauf nochmals dasſelbe Schauſpiel. 2. Die Kohle des Maiskorns iſt ſchwer zu veraſchen wegen der großen Menge von phosphorfaurer Magneſia. John Davy glaubt, daß ſie einen vortrefflichen ſchwarzen Anſtrich für Topferwaren, ähnlich dem der etruriſchen Vaſen, liefern konne. (Edinburgh new phil. Journ., July to Oct. 1846, p. 261.) 11 1. HE 12 Heilkunde. (J.) Heilung einer rechtwinkligen Ankyloſe des Knie— gelenks nach Dr. Rhea Barton. Von Gordon Buck. Die Operation von Rhea Barton, welche in des Herausgebers chirurg. Kupfertafeln, Heft 79, Taf. 399, zu— erſt mitgetheilt worden iſt, hat ſeit jener Zeit auch in Deutſch— land mehrfach glückliche Anwendung gefunden, obwohl ſie noch lange nicht jo recipirt iſt, wie ſie es verdient; wir thei— len daher folgenden Fall mit, um neue Anregung dazu zu geben. William Keith, ein Landmann aus Canada, von kräftigem Ausſehen, 22 Jahr alt, ward am 12. Septbr. 1844 wegen einer Ankyloſe des rechten Knies in das Spi— tal zu Newyork aufgenommen. Das Knie hatte in Folge einer Verletzung, welche ſieben Jahre früher mit einer Art zugefügt war und den inneren condylus des femur getrof— fen hatte, eine rechtwinklige Stellung angenommen und war durchaus unbeweglich geworden. Die Condylen des Schenkelknochens ragten ſtark hervor, und die Knieſcheibe ſchien zwiſchen ihnen und der tibia eingeklemmt. Ueber dem condylus internus fand ſich unter einer großen Narbe, der früheren Hiebwunde, ein unregelmäßiger Knochenaus— wuchs. Außerdem fanden ſich noch mehrere Narben frühe— rer Absceßöffnungen, z. B. eine auf jeder Seite des Schen— kels und drei auf der vorderen und ſeitlichen Fläche über den Condylen. Die Sehnen zu beiden Seiten der Knie— kehle traten bedeutend hervor; die Haut und übrigen Weich— theile in der Umgebung des Knie's waren beweglich und normal beſchaffen. Seit der Heilung der Wunde hatte ſich Patient vollkommen wohl befunden und namentlich keine Schmerzen im Beine gehabt; er hatte ſich an den Gebrauch der Krücken gewöhnt, bewegte ſich indeß zuweilen auch ohne dieſelben, indem er ſich alsdann bückte oder zuſammenkauerte, um ſich dem verkürzten Gliede anzubequemen. — Da in die— ſem Falle das Gelenk nicht mehr eriſtirte und ſicherlich die articulirenden Flächen nicht mehr ſecernirten, ſo ſchien es am rathſamſten, anſtatt der Ereiſion eines keilförmigen Stücks aus dem Schenkelknochen, oberhalb der Condylen, eine Ausſagung an den Gelenktheilen ſelbſt, jedoch auf ähnliche Weiſe, vorzunehmen. Nach gehöriger Auseinander— ſetzung der Sache und der erforderlichen Vorbereitung un— terwarf ſich Keith am 12. Octbr. der Operation, welche folgendermaßen ausgeführt wurde. Zu der Vorbereitung, von welcher ſo eben die Rede war, waren fünf Tage zuvor die Sehnen des muse. semi- tendinosus, semimembranosus, biceps und gracilis fubcutan durchſchnitten worden, wobei (was ſo häufig geſchieht) der PBerpnäalners verletzt wurde, jo daß Taubheit und Schmerz bis zum Fuße hinab folgten. Die kleinen Operationswun— den waren danach wieder geheilt, und es zeigte ſich keine Spur von Entzündung am Schenkel. Nach Anlegung eines Tourniquets in der oberen Ge— gend des Schenkels ward über die Mitte der patella, von dem äußeren nach dem inneren condylus herüber, ein hori⸗ zontaler Einſchnitt gemacht, von deſſen Mitte ein Schnitt nach der spina tibiae herab geführt wurde. Man trennte hierauf in der Ausdehnung von zwei Dritttheilen der Peri⸗ pherie des Knochens das ligamentum patellae ſowie die feit- lichen Gelenkbänder. Drei Viertelzoll unterhalb der Ge⸗ lenkfläche ward der Knochen eingeſägt und dabei der Säge die Richtung nach dem hinteren Rande der Gelenkflächen gegeben. Darauf ſetzte man die Säge, parallel mit dem er⸗ ſten Schnitte, an den oberen Theil der patella an und gab ihr die Richtung, daß fie in einem etwas weniger als red: ten Winkel den erſten Schnitt treffen mußte. Zwei Dritt⸗ theile beider Sägeſchnitte wurden mit einer gewöhnlichen Amputationsſäge geführt, das Uebrige wurde ſodann mit einer kleinen Säge und mit dem Meißel vollendet. Als man das keilförmige Knochenſtück entfernte, ergab es ſich, daß der Durchſchnitt nicht weit genug geführt war, und daß der hintere Theil der Condylen noch mit der tibia in knö— cherner Verbindung blieb. Ein ferneres Stück ward darauf noch vom Schenkelknochen weggenommen, indem man die Säge auf die Wundfläche ſelbſt anſetzte; die alsdann noch übrigen geringen Verbindungen wurden durch vorſichtige Beugung des Knies durchbrochen, wonach die unregelmäßi— gen Hervorragungen am Knochen endlich mit der Knochen— zange geebnet wurden. Als nun das Bein geſtreckt ward, konnten (was indeß durch genauere Ausmeſſung vor der Operation hätte vermieden werden können) die Knochenflä— chen vorn nicht mehr als bis auf Fingerdicke einander ge— nähert werden. Da zugleich die Weichtheile des Schenkels ſich ſtraff anſpannten und die Ertenſion hemmten, jo wur: den die Anheftungen der Sehnen hinten an der tibia los— getrennt, während man das Bein auf das äußerſte bog; außerdem aber wurden auch noch fünf Achtelzoll von der Dicke des Schenkelknochens vorn abgeſägt. Jetzt fanden ſich bei der Ertenſion die Knochenflächen überall in Berührung und die Weichtheile hinter dem Knie in gehöriger Span⸗ nung, um dem Gliede Feſtigkeit und Stütze zu gewähren. Da die Schnittfläche an den Condylen in ihrem Durchmeſſer von vorn nach hinten den Durchmeſſer der Tibialſchnittfläche übertraf, ſo entſtand eine Hervorragung nach vorn von et— wa einem halben Zoll. Die Blutung war unbedeutend und die Ligatur nur für zwei kleine Aeſte der poplitea erforder— lich. Die Weichtheile hinter dem Gelenke, welche dasſelbe noch von der Arterie trennten, waren nicht weiter geſtört worden. Die Ecken der Hautlappen wurden abgekürzt und mit ſieben Nähten befeſtigt; das Glied alsdann auf eine ſchiefe Fläche mit geringer Biegung des Knies gelegt und, nachdem der Pat. in das Krankenzimmer zurückgetragen wor⸗ den, noch mit Heftpflaſtern zwiſchen den Nähten und end— lich mit einer Compreſſe und trockener Charpie bedeckt. 13 N Die Operation, mit Ausſchluß des Verbandes, dauerte vierzig Minuten und ward, obgleich äußerſt ſchmerzhaft, mit großer Standhaftigkeit ertragen. Am Abend fröftelte Pat. und fühlte bei Bewegung der Arme Zuckungen in den Gliedern. Das Knie fing an ſchmerzhaft zu werden, der Puls war jedoch kaum beſchleu— nigt, und es ſickerte eine reichliche Menge Blut aus der Wunde. Verordnung: Leinſamenverband und vierzig Tro— pfen Opiumtinctur. Den 13. Oethr. Nacht ruhig, Schlaf nach Mitternacht; Fröſteln dauert fort, Puls 112, Zunge wenig verändert. Von Zeit zu Zeit Zuckungen in den Gliedern, Zunahme von Schmerz im Gelenke. Das Bluten hat faſt aufgehört, die Theile ſind kaum geſchwollen, Temperatur nur mäßig erhöht. 6. p. m. Reaction iſt völlig eingetreten, Puls 120. Es werden 24 Blutegel an das Knie geſetzt, welche reich— lich nachbluten. Verordnung: 40 Tropfen Opiumtinctur, um Mitternacht zu wiederholen, wenn nöthig. Den 14. nach Mitternacht trat Ruhe ein, der Schmerz hat abgenommen, Schmerzhaftigkeit der Inguinaldrüſen. Ausſehen gut. Puls 108. Kaltwaſſer-Verband. 6. p. m. Vermehrter Schmerz, Puls 120. Kopf- und Rücken- ſchmerzen, kein Stuhlgang. Sechs Blutegel an die Weichen— gegend, achtzehn an das Knie um die Condylen. R. Tart. stib. gr. 1, Inf. Senn. comp. Zvjjj sum. 3j horis altern. Den 15. Nachts unruhig, Schmerzen im Rücken und im Leibe, Knie weniger ſchmerzhaft. Das Zucken hat nach— gelaſſen, der Schmerz in der Inguinalgegend iſt geringer. Puls 108. Zunge in der Mitte gelb belegt, Knie mäßig geſchwollen, ohne Röthe. Ein Stuhlgang. Verordnung: Enema laxat. 6. p. m. Schmerzen im Leib und Rücken. Puls 108. Verordnung: Enema Amyli c. tinct. Opü 3j. Den 16. Nachts ruhig, Leib offen, Puls 100. Die Pflaſterſtreifen wurden entfernt, und die Wunde zeigte ein geſundes Ausſehen, ohne eryſipelatöſe Erſcheinungen. Eite— rung beginnt; gegen Abend Zunahme des Schmerzes im Unterleibe; keine Schmerzen im Knie. Verordnung: Enema Amyli o. tinet. Opii 3j. Warmer Umſchlag auf den Leib. Den 17. Schmerzlos, Puls 96. Zunehmende Eiterung. Warmer Verband auf das Knie. Den 18. Nachts Unruhe in Folge von Kolik und Zuckungen im Gliede. Schmerzen im Knie und im Fuß— rücken. Puls 92. Mäßige Geſchwulſt und Röthe des Knies. Den 20. Günſtiger Fortgang. Puls 92. Mehr nahr⸗ hafte Diät verordnet, Auſtern u. dergl. Die letzten Nähte wurden nun entfernt. Den 23. Allgemeinbefinden fortdauernd günſtig. Die Muskelzuckungen veranlaſſen das meiſte Leiden, ſie beſchrän— ken ſich nicht auf das Glied, ſondern erſtrecken ſich auch auf andere Körpertheile; zwei oder drei Mal haben ſie die Ge— därme bedeutend afficirt. Es iſt demzufolge eine Verſchiebung eingetreten, jo daß die Condylen des Schenkels um 1 Zoll vor der tibia hervorragen. Puls 88. Appetit gut, Zunge rein, Unterleib gebunden. Eiterung mäßig und gut. Die Wunde vernarbt, mit Ausnahme der Winkel über den Condylen. Verordnung: Sulph. Morph. solut. git. XV, * 14 A. Menth. pip. 3j, hor. somni. Und wenn nöthig, Ol. Ri- eini 3j. Den 1. Nov. Der Verlauf iſt im Allgemeinen gün— ſtig, zuweilen tritt noch heftiger Schmerz im Knie ein. Die Zuckungen dauern fort, aber in geringem Maße. Die Stel— lung der Knochen iſt verbeſſert, ſo daß die Knochenenden beſſer an einander paſſen. Reichlicher Ausfluß aus dem äußeren Wundwinkel. Den 9. Deebr. Seit mehr als acht Tagen iſt die Wunde geheilt, Schmerz und Zuckungen haben nach all— mäliger Abnahme gänzlich aufgehört. Die Knochen haben ſich vereinigt, und es iſt nur noch eine ſchwache Beweglich— keit zwiſchen denſelben zu bemerken. Das Allgemeinbefin— den hat ſich allmälig verbeſſert, und die nächtliche Ruhe iſt gut und braucht nur noch zuweilen durch einen Schlaf— trunk geſichert zu werden. Puls 90. Zunge rein, Appetit gut und Leib offen. Während der ganzen Behandlung ruhte das Glied auf einer doppelt ſchiefen Fläche mit ſeitlichen Schienen und Kiſſen über und unter dem Knie. In der erſten Woche des Januars verließ Patient ſein Bett, mit dem Gliede von dem Apparate unterſtützt, welcher zur ge— waltſamen Ausdehnung des Kniegelenks gebraucht wird. Ein geringer Grad von Beugung und Streckung war noch möglich, aber ſeitliche Bewegung konnte man nicht mehr machen. Pat. war bald im Stande, mit Krücken zu gehen und den Fuß anzuſetzen, ſo daß er auch in Kurzem den Apparat wegließ. Mit Zunahme der Kräfte gewann Pat. auch Stärke im Beine, ſo daß er zwei oder drei Wochen vor ſeiner Entlaſſung blos mit einem Spazierſtock im Spital herumging. Der Unterſchied der Länge beider Extre— mitäten wurde durch ein ſteigbügelförmiges Geſtell erſetzt, welches mittels einer eiſernen Platte an die Stiefelſohle be— feſtigt war. Die knöcherne Verbindung zwiſchen den Kno— chen war ohne bemerkbare Beweglichkeit hergeſtellt und die Hautnarbe, ſowie die unterliegenden Gewebe waren weich und beweglich. Die einzige Unbequemlichkeit beim Ge— ben beſtand in einem Schmerz der Wade und des Fuß: rückens. Der Unterſchied in der Länge beider Beine be— trug 5 Zoll, wovon jedoch nur die Hälfte der Operation zugeſchrieben werden konnte; das Uebrige rührte von der un— vollkommenen Entwickelung des Gliedes in Folge der Ge— lenkentzündung her. Drei Tage vor Entlaſſung nach ſeiner Heimath, am 22. April, ging Pat. zwei (engliſche Meilen) mit einem bloßen Stock ohne Schmerz oder beſondere Er— müdung. Die ercidirten Knochenſtücke, die unteren zwei Drittel der patella, waren durch einen ſchrägen Schnitt von oben nach unten und von vorn nach hinten entfernt worden, und waren mit dem äußeren condylus durch Knochen ſo ver— wachſen, daß keine Spur der Verbindungsſtelle ſichtbar war. Mit dem inneren condylus war ſie durch verhärtetes Zell— gewebe verbunden. Beide Condplen waren in die Gelenf- flächen der tibia „vergraben“ und mit derſelben feſt verbun⸗ den. Die durchſchnittene Fläche der Condylen war größten⸗ theils von feſtem, elfenbeinartigem Markgewebe und zeigte nur wenig Zellgewebe. Von Spnovialhaut und Gelenkknorpel 15 7 1. war feine Spur. Die tibia und die patella beſaßen ihre Normalſtructur, nur daß in ihnen, ſowie in dem inneren condylus eine haſelnußgroße Höhle befindlich war, welche von einer rothen Membran ausgekleidet war und eine röth— liche, fettige Materie enthielt. Eine ähnliche Höhle befand ſich im äußeren condylus, war aber von Bändern durch— ſchnitten. Wir bemerken nur noch, daß Dr. Buck die Zuckungen, welche dem Patienten ſoviel Beſchwerden verurſachten, im Allgemeinen der gänzlich veränderten Stellung aller Theile, beſonders der Muskeln, durch die Operation zuſchreibt, daß er aber der Durchſchneidung des nervus peronaeus bei der Section der Sehnen die Hauptſchuld beimißt, weil jene Zuckungen hauptſächlich in den Wademuskeln Statt fanden, und weil der Pat. ſich über Schmerzen im Verlaufe des Nerven beklagte. (Americ. Journ. of med. Sc., October 1845.) 2 Mifcellen (1) Neues Tracheotom. Dieſes Inſtrument ift eine von Hrn. Milliken angegebene Modification des Readſchen Inſtrumen— tes, und wurde von Hrn. Carmichael in 2 Fällen mit dem be— ſten Erfolge angewendet. Der Operateur kann vermittels desſelben zu gleicher Zeit die trachea firiren und anhaken, und dann durch Vorſchiebung des Inſtruments mit Leichtigkeit ein kreisförmiges Stück aus den Knorpelringen herausſchneiden. Die Schneide des Inſtrumentes bildet einen ſtumpfen Winkel mit dem Griffe, wo— durch die Exeiſion ſehr erleichtert wird. — Fig. 27 der beil. Taf. giebt eine Seitenanſicht des Inſtrumentes; die Ränder ſind an der concaven Stelle bei a. B eine Stahlfeder, welche ein Stück Silber— drath quer über die Ränder etwas erhoben erhält. C eine Schraube zur Fixirung der Feder. — Fig. 28 giebt eine Vorderanſicht des Inſtrumentes. (Dublin Quarterly Journal, May 1846.) (2) Ein neues Mittel, um chirurgiſche Operationen für den Patienten unmerklich zu machen, wird nach Galignani’s Messenger, 9. Dechr., aus Boſton berichtet. Schwefeläther, 2—3 Minuten eingeathmet, ſoll den Patienten für eben fo lange Zeit in einen bewußtloſen Zuſtand verſetzen, während welcher Zeit die ſchwerſten Operationen ohne Schmerz beendet werden können. Dr. Morton in Boſton, ein Zahnarzt, ſoll den ſichern Erfolg ſchon mehr als zweihundert Mal erprobt haben; Dr. Hayward desgleichen bei einer Schenkelamputation, über welche der Patient nachher ſehr erſtaunt geweſen fein ſoll. In einigen Fällen ſchlug der Verſuch fehl, wahrſcheinlich wegen unrichtiger Anwendung. (3) Benzoeſäure. Vor einigen Jahren empfahl Dr. Alex. Ure, von Liebigs Theorie über die Umwandlung der Harnſäure in 1. 16 Hippurſäure durch die Wirkung der innerlich gegebenen Benzorjäure darauf geleitet, dieſe als Heilmittel gegen Harnſteine mit vorherrſchen⸗ der Harnfäure. Bald darauf theilte Keller in Liebigs Annalen d. Chemie u. Pharmacle die Reſultate einiger an ſich ſelbſt angeſtell⸗ ten Experimente mit, welche die Unrichtigkeit der Behauptung des Dr. Ure nachwieſen, indem der Harn von Individuen, welche Ben⸗ zuefäure genommen hatten, nach der Abſcheidung der Hippurſäure noch die gewöhnliche Quantität Harnſäure enthielt. Ganz vor Kurzem unterwarfen Booth und Boye in America dieſe Behaup⸗ tung von Neuem der Unterſuchung, welche ihnen folgende Ergeb⸗ niſſe lieferte: Die Bildung von Harnſäure in geſundem Harne wird weder in Quantität noch in Qualität derſelben durch Ein⸗ bringung von Benzoeſäure in den Organismus und durch Um⸗ wandlung dieſer in Hippurſäure im mindeſten afficirt. Die Zeit⸗ dauer, welche die Benzoeſäure bedarf, um durch den Organismus hindurch zu gehen und als Hippurſäure im Harne wieder zu er⸗ ſcheinen, beträgt 20 — 40 Minuten nach Einbringung derſelben mit den Speiſen in den Magen; jene Reproduction dauert danach 4—8 Stunden an und hört dann auf. Die Quantität der im Harne gefundenen Hippurſäure iſt größer, als die der genommenen Benzoe⸗ fäure (faſt um ein Drittel). Im Harne findet keine Combination von Harnſtoff und Hippurfäure Statt. Aus dieſen Reſultaten geht deutlich hervor, daß die Benzoeſäure nicht als ein Heilmittel gegen die Harnſäurediatheſe angeſehen werden kann. (Dublin Quart. Journ., May 1846.) (4) Über die Beſtandtheile der Luft in Pferde⸗ ſtällen hat Hr. J. L. Laſſaigne Verſuche angeſtellt und folgende Reſultate derſelben der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften am 14. Dec. 1846 mitgetheilt. 1) Die eingeſchloſſene Luft in den Pferdeſtällen enthält bei verſchiedenen Höhen den nämlichen Verhältnißtheil an Kohlenſäuregas. 2) Dieſes Gas verhält ſich alſo nicht in der Nähe des Bodens, wie man bisher glaubte, ſondern iſt in der ganzen Luftmaſſe gleichförmig vertheilt. 3) Das binnen 1 Stunde von jedem Pferde ausgehauchte Kohlenſäuregas hat etwa ½ des Volumens des Pferdekörpers oder 219,72 Liter. 4) Das Verhält⸗ niß des Kohlenſäuregaſes, welches der Menſch aushaucht, zu dem, welches das Pferd aushaucht, iſt ungefähr = 1: 12,8. 5) Die Quantitäten des in den Lungen des Menſchen und Pferdes ver⸗ brannten Kohlenſtoffs find den Quantitäten des erzeugten Kohlen⸗ ſäuregaſes proportional. Der Menſch verbrennt in der Stunde 8,96 Gramm, das Pferd 110,21 Gramm. 6) In den Pferdeſtäl⸗ len, welche nicht feſt verſchloſſen ſind, findet von unten nach oben eine Luftſtrömung Statt, durch welche die Luft allmälig wechſelt und die Anhäufung des ausgehauchten Kohlenſäuregaſes mehr oder weniger verhindert wird. 7) In einem feſt verſchloſſenen Stalle muß, wenn die Reſpiration der Pferde nicht ſchon nach 2 Stunden behindert ſein ſoll, auf jedes Thier ein Luftvolumen von wenigſtens 31 Kubikmeter oder 31,000 Liter vorhanden ſein. (L'Institut, No. 676, 16. Dec. 1846.) Nekrolog. — Dr. Aug. Berard, Profeſſor d. hir. Klinik an d. Pariſer med. Facultät und Mitglied d. Akademie, ein frucht⸗ barer Schriftſteller, iſt im October 1846 geſtorben. Bibliographiſche Neuigkeiten. A. S. Hart's Elementary treatise on Hydrostatics and Hydro- dynamics. London 1846. 80. Observations in Natural History: with an introduction on habits of observing, as connected with the study of that science. Also a calendar of periodie phenomena in natural history: with remarks on the importance of such Registers by the Rev. Leonard Jenyns. 8°. London 1846. (Anleitung für Dilettanten.) Dr. M. Halt's observations and suggestions in Medicine. Lon- don 1846. 8“. Dr. E. Kratzmann (pr. Arzt in Marienbad), die neuere Me⸗ diein in Frankreich nach Theorie und Praxis. Mit vergleichen⸗ den Blicken auf Deutſchland. I. Abth. Leipzig 1846. 8. (17 Bogen.) (Hierzu 1 Tafel Abbildungen in J.) Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, elne von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 2. (Nr. 2. des I. Bandes.) Januar 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3¼ Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Natur kunde. II. Nutzloſigkeit der Galle für den Verdauungsproceß“). Von N. Blondlot. Nachdem der Verf. ſowohl durch pathologiſche als durch phyſiologiſche Belege die Bedeutung der Galle für die Ver— dauung zweifelhaft gemacht hat, geht er zur Schilderung des ſpeciellen Falles über, in welchem es zuerſt geglückt iſt, eine Fiſtel, durch welche die ganze Gallenmenge ausfloß, an einem Thiere zu machen, das noch 3 Monate nach der Ope— ration bei vollkommner Geſundheit war. Er ſagt hierüber folgendes: Eine kleine, etwas magere, im Ganzen aber geſunde ſpaniſche Hündin von 3—4 Jahren ward nach den eben erwähnten Vorſichtsmaßregeln operirt und ließ in der erſten Woche nach der Operation nichts ungünſtiges wahrnehmen. Da die Galle ungehemmt ausfloß und das Thier dieſelbe größtentheils wieder aufleckte und hinabſchluckte, ſo ward auch durchaus keine ikteriſche Erſcheinung, nicht ein Mal eine merkliche Entfärbung der faeces beobachtet. — Nach 14 Tagen war die Hauptwunde vollkommen vernarbt, die Nadel, mittels deren die Gallenblaſe an der Bauchwand be— feſtigt worden, war von ſelbſt abgefallen, die Wände der Blaſe dagegen erſchienen mit den Rändern der kleinen Bauch⸗ wunde innig verwachſen, jo daß die Galle fortwährend ab- floß, ohne auch nur im Geringſten in die Bauchhöhle einzu⸗ dringen. Um dieſelbe Zeit hatte ſich jedoch, ungeachtet das Thier immer die normale Futtermenge zu ſich genommen, eine bedeutende Abmagerung eingeſtellt, was von den reichlich entleerten faeces, denen unvollkommen oder gar nicht ver— daute Speiſen beigemengt waren, und welche von vorüber— gehendem Gurren in den Gedärmen und heftigen Koliken begleitet waren, herzurühren ſchien. In der Vermuthung ) Siehe No. 853. St. 264 dieſer Zeitſchrift. No. 1982. — 882. — 2. nun, daß die auf normwidrige Weife fortwährend dem Ma— gen zugeführte Galle einen bedeutenden Antheil an dieſem Abmagerungszuſtande habe, legte ich dem Thiere einen mit dichter Leinwand überzogenen Maulkorb an, ſo daß ihm das Auflecken der Galle von nun an unmöglich war. Dar— auf wurden die Stühle mehr entfärbt und von feſterer Con— ſiſtenz, ohne daß jedoch Conſtipation erfolgte, die über— haupt nur dann eintrat, wenn das Thier viel Knochen ge— freſſen hatte. Bald konnte auch eine, obſchon ſehr lang— ſame, doch fortdauernde Abnahme der Magerkeit bemerkt werden, ſo daß das Thier heute, faſt 3 Monate nach der Operation, nahezu ſeine natürliche Beleibtheit wieder er— langt hat. Zur ſelben Zeit iſt das Thier auch wieder zu Kräften gekommen, beſitzt ſeine frühere Lebhaftigkeit, begleitet mich überall hin, ohne daß Jemand ſein Leiden bemerkt. Es ſäuft und frißt, es fehlt ihm durchaus nichts, der Harn, obſchon im Allgemeinen ein wenig dunkel, zeigt keine ikteri— ſche Färbung, die Stühle werden weich und zwei Mal täg— lich entleert: mit einem Worte, es iſt nirgends eine Abnor— mität zu entdecken. Betrachten wir nun den weſentlichſten Theil der Frage, die Entleerung der Galle nämlich nach außen und ihre gänzliche Abweſenheit im Darmcanale, etwas näher. Unmittelbar nach Eröffnung der Gallenblaſe war die reichlich ausfließende Galle dicht, fadenziehend und dunkelgrün gefärbt; es war dies die Galle, welche ſich angeſammelt hatte, ſolange die Entziehung von Nahrung dauerte, der wir das Thier vor der Operation unterworfen hatten. In den darauf folgenden Tagen floß ſie mit Intermiſſionen und nicht mehr ſo reichlich auf ein Mal ab; dabei erſchien ſie fafrangelb, halbdurchſichtig und zaͤhe, wie das Weiße vom Gi; die Reaction war neutral, oder mindeſtens fo ſchwach alkaliſch, daß ich nicht mit Gewißheit die Alkaleſcenz zu be— haupten wage. b 2 19 2. I. 2. 20 Um die Quamität der binnen 24 Stunden ſecernirten Galle beſtimmen zu können, dilatirte ich die Fiſtelöffnung mittels eines Schwammes und führte dann eine kleine, ziem— lich enge, elfenbeinerne Canüle mit doppelter Randleiſte in dieſelbe ein. Schon nach einigen Tagen fand ich die Canüle vollkommen firirt, das Fleiſch hatte ſich um fie herum zuſammengezogen und einen Wulſt gebildet, und das Thier konnte ohne Gefahr herumlaufen. Wenn ich jedoch die Oeffnung der Canüle mit einem Stöpſel verſchloß, ſo ſammelte ſich die Galle keineswegs in der Gallenblaſe an, ſondern floß zwiſchen der Canüle und den Weichtheilen aus, eine Thatſache, die allem Anſcheine nach daher rührt, daß die Leberlappen unter einander verwachſen ſind und deßhalb eine Dilatation der zwiſchen denſelben gelagerten Blaſe nicht mehr geſtatten. Verhält ſich die Sache der Art, ſo iſt es möglich, daß die Adhäſtonen mit der Zeit von ſelbſt verſchwin— den, und ich dann, nachdem die Weichtheile die Canüle immer enger umſchließen, in den Stand geſetzt werde, die geſammte, in einem beſtimmten Zeitraume ſecernirte Galle in ihrem natürlichen Behälter anzuſammeln, um dann mit einiger Genauigkeit erforſchen zu können, welchen Einfluß der Wechſel der Nahrungsmittel und anderer für die thieri— ſche Haushaltung wichtigen Verhältniſſe auf die Quantität und Qualität des Leberjecrets auszuüben vermag. In dieſem Augenblicke muß ich mich mit approrimati⸗ ven, dem bloßen Augenmaße entnommenen Schätzungen be— gnügen. Ihnen zufolge beträgt nun die Menge der von meinem Hunde binnen 24 Stunden entleerten Galle durch— ſchnittlich nicht über 40 — 50 Grammen oder 10— 12 ½ Drachmen. Wenn die Visiſectoren eine bedeutend größere Quantität angeben, ſo darf nicht unbeachtet bleiben, daß der Reiz, welchen die directe Einwirkung der Luft auf die Mündung des allgemeinen Gallenganges ausübt, ſowie die Störung, welche eine fo eingreifende Operation im Cir— eulations- und Athmungsproceß hervorruft, die Gallen: ſecretion bedeutend ſteigern müſſe, und daß andrerſeits in allen dieſen Verſuchen ſich der Lebergalle, welche man allein zu beſtimmen ſuchte, immer auch eine gewiſſe Menge Bla⸗ ſengalle beimiſchte. — Nimmt man nun mit Haller an, daß, entſprechend der Größe, ein Menſch vier bis fünf Mal mehr Galle ausſondere, als ein Hund, jo würde nach un— ſerer Angabe die innerhalb 24 Stunden in den Darmcanal gelangende Galle beim Menſchen 200 bis 250 Grammen betragen, was ſo ziemlich mit jenen Beobachtungen überein— ſtimmt, bei denen in Folge einer Obliteration des ductus choledochus durch einen Gallenſtein, die Galle ſich einen abnormen Weg durch die Bauchwand bahnte. In der That ſchätzt Bloch, der ähnliche Fälle geſehen, die tägliche Gallen— ſecretion bloß auf einige Unzen. Indeß giebt es mehrfache Umſtände, welche auf die Quan⸗ tität der Galle influiren. So wird ſie bekanntlich durch ſtickſtofffreie Nahrungsmittel bedeutend vermehrt. Auf gleiche Weiſe wirkt das Freſſen überhaupt, denn während im nüch⸗ ternen Zuſtande das Thier oft Stunden lang keinen Tro⸗ pfen Galle ausſondert, fließt dieſelbe ſchon 10 — 15 Minus ten nach der Aufnahme des Futters in reichlicher Menge ab, was dann während der ganzen Digeſtionszeit fortdauert. Auch ein krankhafter Zuſtand überhaupt iſt nicht ohne Ein⸗ fluß. So oft mein Hund traurig, leidend, appetitlos und von Koliken geplagt war, entleerte ſich die mehr braun ge⸗ färbte Galle in größerer Quantität, — eine Thatſache, die übrigens ſchon Haller gekannt hat und die für die Therapie von hohem Intereſſe werden könnte. Endlich vermehrt auch die Anſtrengung während der Stuhlentleerung und beim Erbrechen augenblicklich die Gallenſecretion: ſo ſah ich an meinem Hunde, als er ſich durch Genuß zu vieler Knochen eine Indigeſtion zugezogen hatte, die Galle beim jedesmaligen Erbrechen reichlich aus der Fiſtelöffnung ſtrömen, während die erbrochenen Maſſen ganz weiß waren. Bei dieſer Gelegenheit will ich auch der beinahe aus⸗ ſchließlich aus phosphorſaurem Kalk beſtehenden, mehr oder weniger weißen, nur geringe Gallenſpuren zeigenden Stühle gedenken, welche bekanntlich dann bei Hunden eintreten, wenn dieſe viele Knochen gefreſſen. Was iſt nun die Ur⸗ ſache dieſer Erſcheinung. Liefern etwa die organiſchen Kno⸗ chenbeſtandtheile weniger Galle, und iſt es dem Mangel der Galle im Speiſecanal zuzuſchreiben, daß unter ſolchen Ver⸗ hältniſſen immer Conſtipationen eintreten? Aber ich habe bei meiner Hündin, nachdem ſie viel Knochen gefreſſen, nicht die geringſte Ausſonderung beobachtet. — Ich erkläre mir daher obiges Phänomen folgendermaßen. Wie ich an einem andern Orte (Traité de la Digestion, p. 317) gezeigt, wer⸗ den bei der Aufnahme von Knochen in den Darmcanal bloß die organiſchen Beſtandtheile derſelben abſorbirt, während die erdigen Elemente in Pulverform im Darme zurückblei⸗ ben. Nun iſt es bekannt, daß der phosphorſaure Kalk der Knochen die Darmſchleimhaut adſtringirt, und jo die Aus⸗ ſonderung ihres lubrificirenden Secretes hemmt. In der That ſtillte ich die Diarrhöe, welche ſich bei meiner Hündin in den erſten Wochen nach der Operation oft einſtellte, da⸗ durch beinahe augenblicklich, daß ich ihr einige Knochen reichte. Sowie aber alles, was die Darmſchleimhaut zur Secretion anregt, dieſelbe Wirkung gleichzeitig auf die Gal⸗ lenblaſenentleerung ausübt, ſo müſſen auch diejenigen Mittel, welche auf entgegengeſetzte Weiſe auf die Darmſecretion influi⸗ ren, auf gleiche Art die Evacuation des Leberſecrets beſtimmen. In unſerem Falle häuft ſich daher die ſecernirte Galle in der Blaſe an und fließt erſt dann aus, wenn ſie den Be⸗ hälter ganz angefüllt hat. So ſah ich bei einem geſunden Hunde, dem ich einige Tage hinter einander Knochen gereicht, die anfangs wenig gefärbten Fäcalſtoffe am Ende grünbraun werden, gerade als hätte das Thier gewöhnliche Nahrung zu ſich genommen. Doch kehren wir zum Hauptgegenſtande unſerer Unter⸗ ſuchung, zur Hündin mit der Gallenblaſenfiſtel zurück, und zwar um zu beweiſen, daß hier die Galle durchaus nicht in den Darmcanal übergeht. Die erſte Erſcheinung, die für dieſes Verſchwinden der Galle im Speiſecanal ſpricht, iſt die Entfärbung der faeces, genau derjenigen analog, die wir bei vollkommen ausgebil⸗ detem icterus beobachten. Wenn dieſe Entfärbung übrigens keine vollkommene iſt, ſo darf uns dies nicht irre leiten, 21 2. I. 2. 22 indem die faeces die Farbenſchattirungen der Speiſereſte natürlich beibehalten, daher nach Milchſpeiſen, Brot und weißem Fleiſch weiß, nach gekochtem Fleiſch graulich, nach rohem Fleiſch röthlich ſein müſſen. Noch muß ich hier eine andere Modification der Fäcalfarbe zur Sprache bringen. Zu— weilen kommt es nämlich vor, daß im Innern ganz weiße faeces nach außen einen dünnen, gelb, braun oder ſelbſt ſchwarz ge⸗ färbten, durch Waſſer leicht wegzuſpülenden Ueberzug haben. Da nun dieſe Erſcheinung nur bei conſiſtenten und figurir— ten Fäcalſtoffen, alſo nur bei ſolchen beobachtet wird, die lange im Dickdarme verweilt haben, ſo dürfte die Annahme erlaubt ſein, daß eben dieſes Darmſtück einen mehr oder weniger gefärbten Schleim ausſondere, der, nebſt dem Farbe: ſtoffe der Galle und der differenten Nahrungsmittel, zur Färbung der Stühle im normalen Zuſtande beiträgt. Ich habe dieſe letzte Beobachtung überdies nicht bloß bei der Hündin mit der Blaſenfiſtel, ſondern auch bei den anderen Hunden, denen ich bloß den allgemeinen Gallengang unter— bunden, insbeſondere bei jenem, der 32 Tage die Opera— tion überlebte, gemacht, obſchon ich mich durch die Section überzeugte, daß der ductus choledochus völlig obliterirt war und deswegen kein Tropfen Galle in den Darm gelangen konnte. Den zweiten, noch überzeugendern Beweis für die Ab— weſenheit der Galle in den faeces habe ich aus der chemi— ſchen Analyſe gewonnen. Denn, ſo ſorgfältig ich auch die— ſelben mit Alkohol behandelte, konnte ich immer nur eine unbedeutende Menge von Fett und einen inſipiden, in Waſ— fer unlöslichen Extractivſtoff, nie aber auch nur eine Spur der harzigen Gallenmaterie erhalten. Eine fernere Thatſache, welche für die Abweſenheit der Galle im Darmcanale ſpricht, iſt folgende: hätte ſich näm— lich die Galle in den Darm ergießen können, ſo würde die Fiſtelöffnung bald wieder zugewachſen ſein, wie dies in Schwanns Verſuchen geſchehen. Auch hätte dann die Entleerung der Galle durch die Fiſtelöffnung nicht nach dem Eſſen, um welche Zeit die Galle ja eben in den Zwölf: fingerdarm gelangen müßte, ſondern im nüchternen Zuſtande vermehrt ſein ſollen. Den ſicherſten Beweis endlich ſchöpfte ich aus der Se⸗ ction, welche ich an einem Hunde, der genau derſelben Ope— ration unterworfen, ganz dieſelben Erſcheinungen darbot, wie die noch lebende Hündin, am vierzigſten Tage nach der Operation unternahm. Ich fand ſämmtliche Baucheingeweide normal; der allgemeine Gallengang fehlte gänzlich, der Bla— ſengang communicirte direct mit dem Lebergange einer-, und mit der, gleichfalls zu einem Canale eingeſchrumpften Blaſe andrerſeits, ſo daß alles zuſammen mehr einem einzi— gen Canale glich, der von der Leber zur Fiſtelöffnung hin⸗ ging. Zum Ueberfluſſe unterſuchte ich auch noch einige in den Därmen enthaltene, ungefärbte Speiſereſiduen, ohne je: doch mittels Alkohol eine Spur von Gallenharz ausziehen zu können. Somit vereinigen ſich alle Umſtände, um zu beweiſen, daß bei der Hündin, die ich vor 3 Monaten ope⸗ rirt, keine Communication zwiſchen der Leber und dem Darm canale beſteht; demungeachtet aber die Verdauung ohne ir— gend eine Störung und überhaupt ſämmtliche Functionen vollkommen normgemäß vor ſich gehen. Nach dem allen kann von einer weſentlichen Rolle der Galle beim Verdauungsproceſſe füglich nicht mehr die Rede ſein. Wir wollen nun der Vollſtändigkeit halber auch die untergeordneten Zwecke prüfen, welche man ihr zugeſchrieben: 1) Sollte die Galle als Löſungsmittel für die Fette fungiren. Allein ich habe meiner Hündin mehrere auf ein— ander folgende Tage hindurch ſehr fette Nahrung gereicht, und dennoch konnte ich — obſchon keine Galle mit derſelben in Berührung kam, — in den Fäcalſtoffen nur unbedeutende Mengen mittels Aether ausziehen. Demzufolge läßt ſich mit Wahrſcheinlichkeit annehmen, daß die Emulſion der Wett: ſubſtanzen in dem Magen und den Gedärmen einfach da— durch gebildet wird, daß ſie mit dem fein zertheilten Chy— musbrei zuſammenkommen. In der That miſcht man Fett oder Oel mit künſtlich bereitetem Chymus durch einander, bei einer Temperatur von 400, und ſchüttelt die Maſſe, io bildet ſich eine Emulſion und auf der Oberfläche eine rahmige Schicht. 2) Hielt man dafür, daß durch die Galle der ſaure Speiſebrei neutraliſirt, und in Folge davon der Chylus oder ſeine Elemente niedergeſchlagen werden. Dieſe Anſicht iſt nun vollkommen unzuläſſig, indem die friſche Galle ſo ſchwach alkaliſch reagirt, daß fie kaum das empfindlichſte Reactions— papier angreift. 3) Nach Sandras und Bouchardat ſollen der Zucker und die übrigen ſtickſtofffreien Subſtanzen durch die Galle dem Darme zugeführt werden, um, falls die Reſpi— rationsorgane friſches Brennmaterial erfordern, von Neuem abſorbirt zu werden. Das iſt jedoch gewiß nicht der Fall, indem ich trotz reichlicher zuckerhaltiger Nahrung nie auch nur eine Spur von Zucker in der Galle entdecken konnte. 4) Eben ſo unhaltbar iſt Liebigs Anſicht, nach welcher die Hauptbeſtandtheile der Galle als Reſpirations— material wieder vom Darmcanale reſorbirt werden ſollen. Denn führt man dafür an, daß weit mehr Galle von der Leber aus— geſchieden wird, als ſich in den faeces nachweiſen läßt, ſowie daß gar kein freies Natron in den faeces enthalten iſt, wäh— rend es doch in der Galle reichlich vorhanden ſein müſſe: ſo fällt der erſte Beweis ſchon durch meinen Nachweis der unbedeutenden, binnen 24 Stunden abgeſonderten Gallen- menge weg, noch mehr aber, wenn man berückſichtigt, daß man die Quantität der Gallenelemente gewöhnlich aus der mehr oder weniger concentrirten Blaſengalle beſtimmt bat, während die friſche Galle ein weit geringeres ſpecifi⸗ ſches Gewicht beſitzt; der zweite Beweis aber beruht auf einer ganz grundloſen Annahme, indem, einer genauern Unterſuchung zufolge, die Galle keineswegs reicher an Al— kalien iſt, als der Schleim oder ein anderes analoges Secret. 5) Verleiht etwa die Galle den Fäcalſtoffen ihren cha— rakteriſtiſchen Geruch, oder dient fie dazu, einem noch unan⸗ genehmeren Geruche vorzubeugen, indem ſie die faulige Gäh— rung, die eintreten könnte, behindert? — Beide Annah— men werden dadurch widerlegt, daß die Stühle meiner Hündin von normalem Geruche ſind. 2 = 23 2.1 6) Vermag vielleicht die Galle als stimulans auf die Gedärme zu wirken und ſie zur Stuhlentleerung anzuregen? Vor allem iſt die Galle keineswegs ein ſolch gerimoniöſer Stoff, für den die Alten ſie ſo oft erklärt; mit der Haut oder ſelbſt mit Muskelſubſtanz in Contact gebracht, ruft ſie daſelbſt keine merkliche Irritation hervor, wie dies etwa der Harn oder Magenſaft thun; ferner würden ſich die Gedärme, wenn die Galle auch ſchärfer wäre, bald an ſie gewöhnen, wie der Magen an die ſtärkſten Gewürze; endlich trat bei meiner Hündin gleich nach der Operation an Statt der Con— ſtipation, die man nach dieſer Annahme hätte erwarten ſol— len, colliquative Diarrhöe ein, während gegenwärtig die Stühle der Zeit und Conſiſtenz nach regelmäßig erſcheinen. Ich wäre vielmehr geneigt, anzunehmen, daß die Galle mittels ihrer Viſcoſität, dazu diene, gleich der Synovia in den Gelenken, in Verbindung mit dem pankreatiſchen und Darmſafte die Schleimhaut einerſeits zu lubrificiren, um dadurch den Fortgang der kaeces zu erleichtern, andrerſeits ſie vor der zu heftigen Reizung des mit Magenſaft geſchwän— gerten Speiſebreies einigermaßen zu ſchützen. Auf dieſe Weiſe würde ſich auch die Thatſache erklären, weßhalb bei allen Thiergattungen die Galle und der pankreatiſche Saft unmittelbar unterhalb des Magens ſich in den Darm er— gießen. (Blondlot, Essai sur les fonctions du foie et de ses annexes, Paris et Nancy 1846, überſ. in Eckſteins Handbibliothek VI.) I. Ueber den Generationswechſel oder die Fortpflanzung und Entwicklung durch abwechſelnde Generationen. Von Joh. Japetus Sm. Steenstrup. (Hierzu Fig. 21—26 der mit No. 1 d. Bl. ausgegeb. Tafel.) (Schluß.) Im dritten Capitel kommen wir zu den Molluſken, und es werden darin vornehmlich die Fortpflanzungserſcheinun— gen der Salpen beſprochen. Die urſprünglich von Cha— miſſo beobachtete Thatſache, daß die vereinzelten Salpen (proles solitaria), welche alſo nie ſelbſt Glieder einer Sal— penkette (proles gregata) gebildet, ſtets eine Brut enthalten, welche der Salpenkette gleicht, indem nämlich die einzelnen foetus auf dieſelbe Weiſe, wie die Individuen der im Meere freiſchwimmenden Salpenketten, zuſammen verbunden ſind, während in den Individuen, welche die Salpenketten bilden, eine Brut enthalten iſt, welche der Form nach den verein— zelten Salpen gleicht, wird als ein Beiſpiel von Genera— tionswechſel ausführlich beſprochen. Die vereinzelten und geſelligen Formen ſtehen, nach dem Verf., durch ein Ver— hältniß, wie das der Ammen zu dem vollkommenen Thiere, mit einander in Verbindung. Ein ganz ähnlicher Genera- tionswechſel findet, dem Verf. zufolge, aller Wahrſcheinlich— keit nach auch bei Botryllus Statt). Durch Figuren iſt dieſes Capitel nicht erläutert. ) Vergl. van Beneden über Embryogenie, Anatomie und Phyſiologie der einfachen Aſeidien, welcher ſich mit dem Verf. nicht ganz einverſtanden erklärt, in No. 829 (No. 15 des XXXVIII. Bos.) S. 225 d. Bl. 2. f 24 Das vierte und letzte Capitel der Schrift iſt der Ent⸗ wickelung der Trematoden, jener ſaugenden Eingeweidewür⸗ mer gewidmet, welche in verſchiedenen thieriſchen Organen, der Niere, Urinblaſe und beſonders der Leber (daher der Name Leberegel) der höheren Thiere, hauſen und von denen ſelbſt die niederen Thierclaſſen, nämlich die Molluſken, nicht verſchont find, und von denen viele ſehr intereſſante Bei⸗ ſpiele des Generationswechſels darbieten, welche durch auf zwei Tafeln befindliche Figuren verdeutlicht werden. Wir bedauern, daß uns der Mangel an Raum nicht geſtattet, auf die Einzelheiten dieſes Capitels einzugehen, ſondern daß wir uns mit der kurzen Schilderung eines einzigen Bei⸗ ſpieles begnügen müſſen. In dem Waſſer, in welchem die Süßwaſſerſchnecken Limnaeus stagnalis und Planorbis corneus erhalten worden find, finden ſich häufig zahlloſe Schwärme von Cercaria (echinata v. Seb. 2). Dieſelben haben den Körper eines Di- stoma mit Hinzufügung eines Schwanzes. Sie nehmen ſich wie kleine Kaulquappen aus und find ungemein regſame Geſchöpfe, indem ſie mit der größten Beweglichkeit umher⸗ ſchwimmen. Es iſt jetzt entſchieden, daß dieſe Cercaria nur die Larve eines Distoma iſt, welches in der Schnecke ſchma⸗ rotzend lebt. Dieſer Leberegel oder dieſes Doppelloch (Distoma) Fig. 21 erzeugt eine dem Mutterthiere durchaus unähn⸗ liche organiſche Form. Die Analogie ſpricht dafür, daß es Eier legt, aus denen ovale Junge ausſchlüpfen, die ſich im Innern der Schnecke oder dem ſie umgebenden Waſſer raſch bewegen. Dieſe hypothetiſche Brut verwandelt ſich in einen königsgelben Wurm, die Amme der Cercarien, welche Fig. 22 etwas und Fig. 23 ſtark vergrößert und breit ge⸗ drückt darſtellt. In Fig. 23 find die dieſelbe anfüllenden Cercarien oder Egellarven deutlich zu erkennen. Fig. 24 zeigt die völlig entwickelte Cercaria echinata. Die Cerca⸗ rien, welche aus den königsgelben Würmern auskriechen, entſchlüpfen in das die Schnecke umgebende Waſſer und bieten, an Statt des Entozoenlebens ihrer Vorfahren, alle Ei⸗ genthümlichkeiten ächter Infuſorien dar. Nach einiger Zeit heften ſie ſich an die Oberfläche der Schnecke an, verlieren ihre Schwänze und umhüllen ſich mit verhärtetem Schleim, innerhalb deſſen ſie verſchiedene Metamorphoſen durchma⸗ chen, wobei ſie immer tiefer zu den inneren Organen der Schnecke eindringen, bis ſie endlich die Form eines Distoma angenommen haben, wie Fig. 25 ſie zeigt. Dieſe geſtaltet ſich alsdann durch mehrere geringere Umbildungen zur Form Fig. 21, und auf dieſe Weiſe iſt der eigenthümliche Ent⸗ wickelungskreis der Generationen vollendet. Der Zeugungs— kreis des Distoma beſteht demnach aus Großammen, Ammen und vollkommenen Distomata. Doch fehlt in dieſer Kette noch ein Glied, das ſich indeß durch die Analogie von Mo- nostomum mutabile erſetzen läßt, welches Entozoon die Schä= delhöhle gewiſſer Waſſervögel bewohnt und Embryonen mit Flimmerhaaren erzeugt, die in!!Folge einer Metamorphoſe in Geſchöpfe wie Fig. 26 verwandelt werden, welche den Am— men der Gercarien oder den königsgelben Würmern gleichen. Miſecellen. 3. Das Fleiſch der Löwen wird in der Gegend von Tunis egeſſen, und gegen unſere Erwartung fanden wir es vorzüglich. Kippenffüde, die Enden der Rippen, mit etwas Salz und ſpaniſchem Pfeffer gekocht, lieferten uns ein delicates Abendeſſen. Der Geſchmack kam dem des jungen Rindfleiſches nahe, und es war weder zaͤhe Heilk (II.) Ueber den Einfluß von Sumpfgegenden auf Häufigkeit und Verlaufder Lungenſchwindſucht und des typhöſen Fiebers. Von Dr. Boudin, Chef des Militärſpitals zu Verſailles. Es muß hier zunächſt die Frage entſchieden werden, ob typhö⸗ ſes Fieber und Lungenſchwindſucht in Sumpfgegenden, die einen bedeutenden Einfluß auf unſeren Organismus hervorrufen, wirklich verhältnißmäßig ſelten auftreten. Es handelt ſich alſo, wie man ſieht, keineswegs darum, ob zwiſchen intermittens auf der einen, phthisis und typhöſem Fieber auf der andern Seite ein Antagonismus obwalte. Nicht allein können in einem und demſelben Spitale alle drei Krankheiten gleich— ke vorkommen, indem die Vereinigung von Krankheiten, deren eſen und Urſprung verſchieden iſt, durch nichts verhindert iſt; ſondern ſelbſt das Erſcheinen von intermittens an Orten, wo Lun— genphthiſis und typhöſes Fieber herrſchen, bleibt unter Umſtänden keineswegs völlig ausgeſchloſſen, da jene oft unter dem Einfluſſe von Sumpfluft durch eine nur unbedeutende Modification des Dr: ganismus erzeugt wird. Ebenſo findet der Antagonismus am Orte ſelbſt nur in einem befhränften Sinne Statt, da in einer Provinz, einem Departe⸗ ment, ſelbſt einem Kreiſe, deſſen Boden Verſchiedenheiten zeigt, auch verſchiedene Krankheiten auftreten können. Ja ſelbſt in einer und derſelben Stadt können beide Arten von Krankheiten ange⸗ troffen werden, wenn das Terrain derſelben ſo beſchaffen iſt, daß ſich der Boden plötzlich erhebt, um Berge zu bilden, wahrend die Niederung dem Einfluſſe der Sumpfluft ausgeſetzt bleibt, was namentlich auf den Antillen häufig der Fall iſt. Unter ſol⸗ chen Umſtänden muß offenbar in demſelben Verhaltniſſe, als der pathogenetiſche Einfluß der Sumpfluft mit der Grhöhung des Bo: deus abnimmt, auch ihre Heilkraft abnehmen. Hieraus erklart ſich die nur allmälig hervortretende Verſchiedenheit der Krankheit nen, ſowie der ſcheinbare Parallelismus von Affectionen, deren Weſen ſich geaenfeiti ausſchließen. uf gleiche Weiſe kann die verſchiedene Neigung, welche das Bett eines großen Fluſſes an verſchiedenen Stellen Nanes Verlau⸗ fes zeigt, das abwechſelnde Erſcheinen und Verſchwinden von ty⸗ phöjen und Sumpffiebern = Folge haben. Ein Beiſpiel hiervon giebt der Rhein. Vom Urſprunge desſelben bis nach Chur faſt unbekannt, zeigt ſich an ſeinen Ufern das intermittirende Fieber von hier bis nach Mainfeld, verſchwindet von da ab, erſcheint in der Strecke von Straßburg bis Bingen von neuem, verſchwindet wieder, um in Göln und ganz befonders im Rheindelta noch ein Mal aufzutreten. Das Erſcheinen und Verſchwinden des Uebels fällt überall mit dem langjamen und ſchnellen Laufe des Fluſſes zuſammen. Endlich ſind noch zwei Bedingungen vorhanden, die, indem ſie die pathogenetiſche Wirkung des Sumpfelements aufheben, gleich— ieitig auch deſſen Heilkraft vernichten. Die erſte dieſer Bedingun⸗ en iſt ein gewiſſer geographiſcher Breitegrad, auf der ſüdlichen albfugel ein anderer, als auf der nördlichen, der aus unbekann⸗ ten Gründen mit dem endemiſchen Erſcheinen der Sumpfkrankhei⸗ 2. 26 noch von ſtrengem Geruch. — (A Journey through Algeria and Tunis by Capt. Clark Kennedy. Vol II., p. 205. 4. In Irland herrſcht ein ſeltſamer Aberg aube über den Champignon: derſelbe ſoll nicht weiter wachſen, ſobald er ge⸗ ſehen worden iſt. Verwandt damit iſt der Volksglaube der Flam⸗ länder, daß Schlangeneier und Pilze giftig werden, wenn die Sonne fie beſcheint. (Athenaeum, 17. Oct. 1846, N. 990.) unde. A ten unvereinbar iſt. Die zweite beſteht in dem Einfluſſe der Men: ſchenraſſen, deren einige fuͤr das Sumpfelement nicht empfänglich ſind. Als ein Beiſpiel für die erſte Bedingung dient Petersburg, unter dem 590 Grad nördlicher Breite, und die Inſel Maurice, un⸗ ter dem 20 Grad ſüdlicher Breite, zwei Punkte, die ungeachtet der Sümpfe von intermittirenden Fiebern frei bleiben; als ein Beiſpiel für die zweite iſt die Negerraſſe anzuſehen, die, wie nach⸗ gewieſen iſt, ſehr wenig Empfänglichkeit für Sumpffieber beſitzt. In Florida, ſagt Quatrefages, fallen die Strahlen einer faſt tropiſchen Sonne ſenkrecht auf Sümpfe und Land, wo die in Fäulniß übergehenden Trümmer von gefällten Bäumen fortwährend jene inſicirenden Miasmen entwickeln, denen ſich die weiße Raſſe nicht ungeſtraft ausſetzen darf. Dagegen ſcheint die Negerraſſe in dieſem für uns tödtlichen Medium ſich zu gefallen. Elend und ausgeartet in den noͤrdlichen Staaten, wo ſie frei iſt, erlangt ſie hier unter dem Sklavenjoche ihre volle körperliche Entwickelung. Da die Frage über die Heilkraft der Sumpfluft nur auf dem Wege der Erfahrung zu entſcheiden iſt, ſo wollen wir jetzt den Krankheits— uſtand verſchiedener Ortſchaften durchgehen, über welche wir uns ichere Nachrichten zu verſchaffen im Stande waren. — In allen medieiniſchen Werken, die über Sümpfe handeln, findet man eine unbeſtimmte Andeutung der Heilkraft derſelben; nur wird jene Heilkraft nicht der Sumpfdiatheſe ſelbſt, ſondern dem Fieber, dem Symptom jener Sumpfdiatheſe, zugeſchrieben. Hieraus erklären ſich die febres interm. depuratoriae der Alten; hieraus entſpringt die Anſicht Boerhaave’s, daß nicht bösartige intermitti⸗ rende Fieber zur Verlängerung des Lebens beitragen: Febres intermittentes, nisi malignae, corpus ad longaevi- tatem disponunt et depurant ab inveteratis malis. Nomelius erzählt von einer hartnäckigen Hämorrhagie, die nur durch ein Wechſelſteber geheilt werden konnte. Die Heilung einer Geſichtslähmung durch Wechſelſieber theilt Amatus Lufita⸗ nus mit. Nach van Swieten find mehrere mit habituellen Schmer⸗ zen behaftete Individuen durch Fieberanfälle geheilt worden. Daß Convulſionen oft nach einer febr. tertiana wichen, wird von Hip⸗ vofrates behauptet. Werlhof ſah einen habituellen comatö- fen Zuſtand, Pauli eine in Folge von Gicht entitandene Para⸗ lyſe, Eller und Cole eine Hemiplegie nach febr. intermittens heilen. Andere, wie Baillou, Hoffmann und Rollhart wollen Hypochondrie und Hyſterie auf dieſelbe Weiſe geheilt haben. Endlich ſoll noch Epilepſie unter dem Einfluſſe von Wechſelfieber verſchwinden, wie von Hippokrates, Galen, Lanzoni, Bruger, Salmuth und Paulini angegeben wird. Ä Was nun die Lungenphthiſis ganz befonders betrifft, fo ſcheinen einige Beobachter des Alterthums ſchon geahnt zu haben, daß der Aufenthalt an Orten, wo intermittens herrſcht, von wohlihätigem Einfluſſe darauf ſei. So rieth Celſus für Schwindſüchtige den Aufenthalt in Alexandrien an, wo die Luft dick iſt: Opus est coeli mutatione, sie ut densius quam id est quo dis- cedit aeger petatur. Ideoque Alexandriam ex Ita- lia itur. Plintus giebt an, daß fein Freigelgſſener Zoſimus, der an Lungenblutung litt, durch eine Reiſe in Agypten geheilt wurde. Ante aliquot annos sanguinem rejecit, atque 27 2. I. 2. 28 ob id in Aegyptum missus a me, post longam pere- rinationem conlirmatus rediit nuper. Yancifi äus Bert hierüber Folgendes: quid quod tepor qui inter ipsos algores sinuosis eis locisasolarıbusradiissolis ex- citatur, affectis pulmonibus mederi solet. Phthisis und typhöſes Fieber in Sumpfgegenden, geographiſch betrachtet. Aſien, Oſtindien, Madras. „Am häufigſten“, ſagt Dr. Annesley, „werden in Indien remittirende und intermitti- rende Fieber angetroffen, namentlich bei den Eingebornen und bei den bereits ſeit längerer Zeit daſelbſt lebenden Europäern. In den ſüdlichen Provinzen beobachtet man ſelten Krankheiten der Reſpi— rationsorgane, weniger ſelten dagegen in den hochgelegenen Ort— ſchaften des Nordens.“ Nach den Angaben desſelben Schriftſtel— lers ſind im Jahre 1821 von der engliſchen Armee in Madras, die aus 91,599 Individuen, und zwar 9,553 Europäern und 82,046 Eingebornen, beſtand, als Fieberkranke (nicht typhöſe) in die Ho— ſpitäler aufgenommen: Europäer 3,200 Eingeborne 17,055. Todesfälle kamen in dem Jahre vor: 1) an phthisis: 14 Europäer, 26 Eingeborne; 2) an Pneumonie: 8 Europäer, 22 Eingeborne; typhöſes Fieber iſt gar nicht erwähnt. Indien. Moelmyne. Von 1829 bis 1836 wurden ins Spital aufgenommen: An eintägigen Fiebern 1,149 Soldaten An febris tertiana 233 An — quartana . 2 An — remittens. 594 An typhöſem Fieber .. 0 An Lungenphthiſis .. 4 An Hämoptbken 2 Birmanenreich. Rang oon. Mit intermittirendem Fieber 805 Mit remittirendem Fieber . 1,290 Mit Lungenſchwindſucht .. 7 Mit aint 3 Mit typhöſem Fieber. 0. Prome. Auf 240 Todesfälle kam ein einziger mit Lungen— ſchwindſucht vor. Arracan. Unter 318 in der engliſchen Garniſon vorgefommes nen Todesfällen waren 224 in Folge von Fiebern, 6 in Folge von Lungenkrankheiten. Syrien. Volney berichtet in feiner „Reiſe durch Agyp⸗ ten und Syrien“, daß man die mit Lungenkrankheiten behafteten Europäer von Aleppo nach Latakié oder nach Said ſchickt. „Die Küſte“, fügt er hinzu, „an welcher jene beiden letztge— nannten Oerter gelegen ſind, erzeugt intermittirende Fieber in Menge.“ America. Vereinigte Staaten. Dr. Green in New Vork berichtet, daß zu Whitehall, einer Provinz in Wa⸗ ſhington, wo Sumpffieber einheimiſch find, kein einziges Bei— ſpiel von daſelbſt entſtandener phthisis vorkommt, und daß Schwind⸗ ſüchtige, wenn ſie ſich dahin begeben, eine ſehr deutliche und an— haltende Beſſerung erfahren. In der Nähe von Rutland, er⸗ zählt derſelbe Arzt, wo man einen Moraſt in einen Teich umge— wandelt hat, iſt das endemiſch geweſene intermittirende Fieber verſchwunden und dafür Lungenphthiſis aufgetreten. Das alte Ver: hältniß kehrte wieder, nachdem der Sumpf auf Bitten der Bevölke— rung wieder hergeſtellt worden. Folgende Thatſachen ſind aus dem im Jahre 1840 durch das Gouvernement der Vereinigten Staaten bekannt gemachten Berichte über die Krankheiten und die Sterb—⸗ lichkeit der Armee entlehnt. Es wurden aufgenommen: Fort Howard. Breitegrad 440. Das Mittel des Militär⸗ beſtandes beträgt jährlich 1,647; darunter kamen in dem zehn jäh⸗ rigen Zeitraume von 1829 bis 1898 ver: 390 Catarrhe und Lungenentzündungen, 60 Pleureſien, 28 Phthiſen. Das Verſchontbleiben von Wechſelſiebern, meint der Bericht⸗ erſtatter, hängt gewiß mit dem Umſtande zuſammen, daß die ſum⸗ pfigen Niederungen immer mit Waſſer bedeckt find. Fort Conſtitution. Breitegrad 430. Mittel des jährlichen Beſtandes 390. In zehn Jahren kamen vor: 7 Catarrhe und Pneumonien, 4 Pleureſien, 2 Lungenſchwindſuchten, 1 Wechſelfieber, von Fort Monroe herüberge⸗ kommen. Fort Wollcott. Breitegr. 41. Mittel der jährigen Be⸗ ſatzung 380. In zehn Jahren kamen vor: 110 Catarrhe und Pneumonien, 5 Pleureſien, 2 Lungenſchwindſuchten. ’ „In einem Zeitraume von 30 Jahren“, ſagt Dr. Turner, „iſt nicht ein einziger Fall von Wechſelfieber vorgekommen, der nicht erotiſchen Urſprunges geweſen wäre.“ Fort Trumbull. Breitegr. 41. Jährliches Mittel der Beſatzung 604. In einem 10jährigen Zeitraume kamen vor: 101 Catarrhe und Pneumonien, 15 Pleureſien, 8 Lungenſchwindſuchten. Malaria fieber kennt man hier kaum. Fort Columbus. Breitegr. 400. Beſatzung 948; in zehn Jahren: 358 Catarrhe und Pneumonien, 12 Pleureſien, 9 Lungenſchwindſuchten. „Ich habe“, ſagt Dr. Ruſſel, „nicht einen einzigen Fall von Wechſelfieber beobachtet, der aus der Beſchaffenheit des Ortes ſelbſt hätte hergeleitet werden können.“ Fort Hancock. Breitegr. 460. ſatzung 1633; in zehn Jahren: 476 Catarrhe und Pneumonien, 83 Pleureſien, 9 Phthiſen. „Sumpffieber exiſtiren hier nicht.“ Fort Winnebago. Breitegr. 430. Beſatzung 1544; in zehn Jahren: 459 Catarrhe und Pneumonien, 29 Pleureſien, 10 Phthiſen. „Ich habe nie geſehen“, ſagt Dr. Tool, „daß die in der Nähe befindlichen Moräfte Krankheiten veranlaßt hätten.“ Bellona Arſenal. Breitegr. 370. Jährliches Mittel der Beſatzung 249; in zehn Jahren: 52 Catarrhe und Pneumonien, 2 Bleurefien, 0 Phthiſen. „Das jährliche Mittel der Wechſelſieber iſt hier 44, das der remittirenden 46 auf 100. Engliſches America Neu-Schottland und Neu⸗ Braunſchweig. Von 46,442 Soldaten, die die Garniſonen dieſer beiden Provinzen ausmachten, ſind in den 20 Jahren von 1817 bis 1836 geſtorben an: 0 Sumpffiebern, intermittirenden oder remittirenden 0 Typhus : = Lungenſchwindſucht = E 212 ſonſtigen Lungenleiden . - 102 „Wechſelfieber“, ſagt Dr. Tulloch, „ſind hier jo ſelten, daß in den Hoſpitälern kaum jährlich zwei vorkommen, und dieſe immer bei Individuen angetroffen wurden, die bereits früher in Oberca⸗ nada von denſelben ergriffen waren.“ „Wenn dieſer Umſtand auch,“ Jährliches Mittel der Jährliches Mittel der Be⸗ Jährliches Mittel der „ „ 29 2.1. fügt Verf. hinzu, „in Bezug auf Halifar nichts Auffallendes darbietet, da dieſe Stadt auf ſandigem, trockenem Boden ruht, ſo bleibt dies doch in Bezug auf Windſor, Annapolis, Gum: berland und Frederikt own merkwürdig, da fie ſämmtlich von ablreihen Sümpfen umgeben ſind.“ Dieſer Umſtand erinnert an die von uns früher angeführte Bemerkung, daß in Petersburg und Maurice keine Wechſelfieber vorkommen. Canada. Bei einer milit. Bevölkerung von 12,825 Individuen in Obercanada wurden in dem 10jährigen Jeitraume von 1818 bis 1827 in die Hoſpitäler aufgenommen: von 1000 Individuen 190 mit Wechſel- und remittirenden Fiebern. Während desſelben Zeit— raumes wurden in Niedercanada von einer mil. Bevölkerung von 20,341 Individuen nur 27 mit Wechſel- und remittirendem Fieber Bes haftete auf 1000 aufgenommen. Mehrere dieſer letzten ſind auch hier, wie Dr. Tulloch bemerkt, von anderswo hergebracht worden. Das Verhältniß der Lungenkrankheiten per 1000 angegeben war in demſelben Zeitraume folgendes: Obercanada. Untercanada. e e e Pneumonien 30 60 c Antillen. Hier, wo die Sumpffieber unbedingt am häufig: ſten von allen Krankheiten beobachtet werden, iſt das typhöje Fie⸗ ber, ſo zu ſagen, völlig unbekannt. Auf Martinique iſt es, nach dem Zeugniß von 8 in dem Maße ſelten, daß die daſigen Aerzte, die längere Zeit nicht in Frankreich geweſen ſind, es kaum kennen. Chervin verſichert, während ſeines ſechs— jährigen Aufenthaltes auf den Antillen und in Guyana nicht einen einzigen derartigen Fall beobachtet zu haben. „Man hat Grund zu glauben“, meint er, „daß die ſeit einiger Zeit in den Aequinoctial⸗ gegenden mit dem Namen, „typhoſes Fieber“, bezeichneten Pyrexien nichts weiter als Sumpffieber waren.“ Daß phthisis auf den Antillen vorkommt, iſt gewiß ſchon bes obachtet worden, und ich will dieſer Beobachtung keineswegs wi⸗ derſprechen; allein es handelt ſich hier bloß, das Verhältnis auf⸗ zufinden, in welchem dieſe Krankheit an ſumpfigen Orten vorkommt, die einen deutlich ausgeſprochenen Sumpfcharakter zeigen und an ſolchen, in denen jener Charakter fehlt. Endlich will ich hier noch die Beobachtung Artold's und Musgrave's anführen, daß mit Tuberkeln behaftete Individuen nur äußerſt ſelten vom gelben Fieber befallen werden, einer Krankheit, die einer gewiſſe Analogie mit den Sumpffiebern hat. Auſtralien. Van Diemens⸗Land. im Stande, uns irgend ein Document über den pathologiſchen Zu⸗ ſtand dieſes Welttheils zu verſchaffen. Alles, was wir darüber wiſſen, beſchränkt ſich auf die jüngſt von Dr. Power ausgeſpro⸗ chene Behauptung, daß typhöſes Fieber und 9 ſucht auf Van Diemens Land häufig vorkommen, während er Wechfelfieber gar nicht erwähnt. Africa. Capder guten Hoffnung. Unter 32,506 Sol⸗ daten, die in dem Zeitraume von 20 Jahren, von 1818 bis 1836, in die Hofpitäler aufgenommen wurden, befanden ſich: Bruſtkranke 2218 4 Wechſelſieber. . 13. Die letzten waren hoͤchſt wahrſcheinlich, wie bemerkt wird, in anderen Klimaten entſtanden. Maurice. Während derſelben Zeit find ins Hoſpital auf: genommen worden: 33,108 darunter Bruſtkranke . 280 unter dieſen Lungenſchwindſüchtige 233. Waͤhrend dieſes ganzen Zeitraumes kamen auf 30,515 Men⸗ ſchen nur 13 Wechſelſieber vor. Senegal. Dr. Thevenot giebt in feiner „Topogra⸗ phie vom Senegal“ folgende Verhaltniſſe an: Unter 952 in det zweiten Halfte 1837 und der erſten 1838 in das Hofpital St. Louis aufgenommenen Kranken befanden ſich: Wir waren nicht * 2. 30 Wechſelſieber . . 48 perniciöfe Fieber. 12 remittirende Fieber . 59 typhöfe Fieber 0 eee 0 Die Wechſelſfieber bildeten alſo drei Viertel aller Krankheiten. „Die Urſache der Krankheiten iſt in dem Boden begründet, der bald trocken, bald ſumpfig erſcheint.“ Algerien. Algier. Unter den 1368 in das Militärho⸗ ſpital vom April bis zum October 1840 aufgenommenen Fieber⸗ kranken befanden ſich nach der Angabe des Dr. Laveran: Wechſelſieber .. . Tertianfieber ee ch remittirende Fieber . 92 perniciöfe Tertianſiebe er . 15 pſeudo⸗continuirende Fieber. . . 106 complicirte Quartan- u. Tertianfieber 61 An anderen Krankheiten kamen in derſelben Zeit vor“): typhöſe Fieber 48 oder 1 auf Lungenſchwindſucht 9 = 1 = 19. Eine Thatſache, die angemerkt zu werden verdient, iſt die, daß nicht ein einziger von typhus befallener Soldat über acht Mo- nate in Algier geweſen war. Nach Bonnafont gehören Bruſtaffectionen im Allgemeinen und phthisis insbeſondere zu den am ſeltenſten vorkommenden Krankheiten in Algier. Er giebt folgendes Verhältniß der an phthisis und typhus verſtorbenen Europäer zu den übrigen Todesfällen an: 1836 1 Phthiſiſcher unter 39 Todesfällen 1837 1 . — 49 = 1838 1 : 5 5 Typhus. Wechfelfieber. 1836 auf 84 Todesfälle. 00 7 1837 = 172 s . 1833 = 301 = 3 127 Summa 557 E 7 163 Nach Guyon, Chirurgien en chef der africaniſchen Armee, war die Sterblichkeit der Civilbevölkerung Algiers: im Jahre 1839 1915 darunter 53 Phthiſiſche, : 1840 1707 : 41 1841 1944 . 97 2 Medéah. — Auf 777 vom April bis zum September 1842 im Hoſpital behandelten Fieberkranken befanden ſich nach Rietſchel: drei- und viertägige Wechſelſieber 558 complicirte Fieber . 51 Lungenſchwindſuchteen .» 0 typo eee 0. Blidah. — Auf 798 in den Jahren 1840, 1841 und 1842 an inneren Krankheiten im Hofpitale Verſtorbenen kamen nach der Angabe Finots: pernieiöfe Fieber . 255 complicirte Wechſelſieben — 40 Pneumo nen 27 Lungenſchwindſuchten . . 10 typhoſe Ji eber 0 Bona. — Unter den 6245 in den Jahren 1833, 1834 und 1835 im Hofpitale von Moreau behandelten Kranken waren: 1417 Quartanſieber, 893 Tertianfieber, mehr als 1000 ſonſtige Sumpffieber, 17 für typhus gehaltene Fieber, 12 Lungenſchwindſuchten. Conſtantine. — „Die Krankheiten dieſes Ortes“ ſagt An⸗ tonini in einem an das Conseil de santé des Armees überſand⸗ ten Bericht, „bilden drei Hauptgruppen. Zu der erſten gehören, Da die Feindſeligkeiten mit Abd el-Kader wieder aufgenom⸗ men wurden, ſo langten um dieſe Zeit viele Regimenter aus Frankreich hier an. 31 2. außer den Affectionen der Athmungsorgane, Entzündungen des Verdauungsapparats; die zweite umfaßt die Wechfelfteber: es iſt auffallend, dieſe hier noch zu finden; man iſt indeß berechtigt, ihre Entſtehung zum Theil dem frühern Aufenthalte in Bona oder in den Lagern zuzuſchreiben. Man kann faſt mit Si⸗ cherheit behaupten, daß Wechſelfieber hier in der Stadt keines- wegs endemiſch find. Die dritte Gruppe von Krankheiten ums faßt die typhöſen Fieber; fie kamen hier in ziemlich großer Zahl vor.“ In dieſem Berichte werden zwei in Bezug auf unſern Gegen- ſtand hoͤchſt wichtige Thatſachen beſtätigt: 1) das nicht endemiſche Vorkommen von Sumpffiebern in Conſtantine; 2) das häufige Auftreten von Lungenkrankheiten und typhöſem Fieber an demſel— ben Orte. Die von andern gelieferten medieiniſch-topographiſchen Be: richte über Conſtantine beſtätigen dieſe Anſichten vollkommen. So erzählt Dr. Deleau, daß von acht euxopäiſchen Frauen, die hier in dem Zeitraume von 1838 bis 1840 geſtorben find, vier Lungen: ſchwindſuchten hatten. Ebenſo deutlich ſpricht ſich Bonnafont hierüber aus. „Unter 11,000 Kranken kamen in den Hoſpitälern zu Algier nur 27 Todesfälle in Folge von phthisis vor, während in Conſtantine unter 2300 Kranken 15 phthiſiſch ſtarben.“ „Meh— rere vor ihrem Eintritte ins Heer mit hartnäckigen catarrhaliſchen Uebeln behaftete Soldaten, die während ihres zweijährigen Aufent⸗ haltes in der Provinz Algier von denſelben vollſtändig befreit wur: den, brauchten nur zwei Winter in Conſtantine zuzubringen, um ihr altes Uebel mit erneuter Heftigkeit wieder ausbrechen zu ſehen. Mehrere unter ihnen wären unrettbar verloren geweſen, wenn wir uns nicht beeilt hätten, ſie dem Einfluſſe des ſchädlichen Kli— ma's von Conſtantine zu entziehen, indem wir ſie nach Bona oder Algier verſetzen ließen.“ Europa. Malta und die ioniſchen Inſeln. — Der Dr. Hennen, der von 1820 bis 1828 auf den engliſchen Beſitzun⸗ gen im mittelländiſchen Meere als Inſpector der Geſundheitspoli— zei fungirte, berichtet: daß das Verhältniß der Bruſtkrankheiten auf den verſchiedenen ioniſchen Inſeln ſehr verſchieden ausfällt; im Allgemeinen aber ſtehen dieſelben in umgekehrtem Verhältniß zu den Wechſelfiebern. Auf Malta, wo Wechſelfieber im Vergleich zu Corfu wie 1 zu 24 ſich verhalten, verhalten ſich die Bruſtkrankheiten wie 85 zu 1000, während auf Corfu nur 46 auf 1000 gezählt werden. Unter 15,191 auf der letztgenannten Inſel beobachteten Kranken fand Dr. H. nur zwei Fälle von typhöſem Fieber. Griechenland. — Die Reſultate der Beobachtungen der DD. Rour und Duponchel find bereits früher angeführt worden. Sicilien. — Nach der Angabe Spallanzani's werden die mit phthisis behafteten jungen Leute aus den trockenen Ge— genden nach den moraſtigen verſetzt. Italien. Venedig. — Schon früher hat Brera das ſeltene Vorkommen der Lungenſchwindſucht in Venedig beſtätigt ge— funden, was er dem Einfluſſe der Ausdünſtungen der Lagunen zu⸗ ſchreibt. Später beobachtete Olivier (d' Angers) dasſelbe. Die von ihm während ſeines Aufenthaltes in Venedig angeſtellten Un— terſuchungen ergaben, daß unter 1200 Kranken, die jährlich in dem 2. 32 daſigen Hoſpitale behandelt werden, ſich nicht mehr als 7 bis 8 Phthiſiſche fanden, während die übrigen fait ſämmtlich an Bed: felfieber oder Rheumatismus litten. Rom. — Der Einfluß der Sumpfluft iſt hier nicht an allen Punkten der Stadt in gleichem Grade bemerkbar. Baron Michel behauptet, daß die eng zuſammengedrängten Wohnungen in ge⸗ wiſſen Stadtvierteln wohlthätig einwirken. Der Ghetto, oder das Judenviertel in Rom, bekannt durch ſeine Unreinlichkeit und engen Wohnungen, wird immer als ein Ort aufgeführt, wo Wechſelfieber nur ſelten vorkommen. Man ſicht leicht ein, daß in dem Maße, als die pathogenetiſche Wirkung der Sumpfluft in einem Stadttheile abnimmt, auch ihre therapeutiſche Wirkung ſich vermindern muß; es geht daraus hervor, daß, wenn man die Krankheiten dieſer Stadt insgeſammt betrachtet, ſich ſcheinbar Krankheitsformen vereint finden, die ſich in der That an⸗ tagoniſtiſch verhalten. Schon 1694, als die Wechſelfieber in Rom große Verwüſtun⸗ gen anrichteten, bemerkte Lanciſi, daß die mit Wällen umgebe⸗ nen Gefängniſſe von denſelben verſchont blieben. Volney hat ein ähnliches Verſchontbleiben vom gelben Fieber in den Gefäng⸗ niſſen zu Philadelphia beobachtet. Der von ihm dafür angeführte Grund, die Mäßigkeit nämlich, ſcheint jedoch ein Irrthum. (Schluß folgt.) Miicellen. (5) Über die Migraine hat Hr. Auzias⸗Turenne der Akademie zu Paris eine Abhandlung überreicht, worin er folgende Hauptſätze zu beweiſen und weiter auszuführen ſucht: 1) Unter Migraine hat man immer eine ſehr mäßige Compreſſion eines ſen⸗ ſibeln Nerven und namentlich des trigeminus zu verſtehen; 2) die Vermittler dieſer Compreſſion find einige mit Blut überfüllte ve⸗ nöſe sinus und beſonders die sinus cavernosi; 3) die Behandlung der Migraine hat daher die Aufgabe, dieſe Compreſſion zu ver⸗ hüten, dies iſt die prophylaktiſche Behandlung, ihre Wirkung zu vermindern, palliative Behandlung, endlich die Wirkungen zu be⸗ ſeitigen. Dieſe Reſultate können durch das allgemeine Regimen, durch gymnaſtiſche Mittel und durch pharmaceutiſche Agentien her⸗ beigeführt werden. (Comptes rendus, No. 8. 1846.) (6) Gegen das Abſchneiden der Knochenenden bei einem falſchen Gelenk erklärt ſich Sir Benj. Brodie ſehr entſchieden. Die Operation beſteht bekanntlich darin, daß man über einem nicht vereinigten Knochenbruch die Haut einſchneidet, die Bruch⸗ enden hervorholt und mit der Säge abſchneidet, ſie in ihre Lage urückbringt und das Ganze mittels Schienen wie eine complicirte Argen behandelt. Br. will viele Wundärzte geſprochen haben, welche die Operation häufig, aber immer ohne Erfolg, haben aus⸗ führen ſehen. Er erwähnt einen Fall, in welchem der Wundarzt die Vereinigung bewirkt zu haben glaubte, obwohl nur die Weich⸗ theile verdickt waren; Br. ſagt, er glaube nicht, daß ein Wund⸗ arzt von nur einiger Vorſicht jetzt noch dieſe Operation ausführen 11815 (Dies entſpricht indeß den Erfahrungen in Deutſchland nicht. . F.) * Bibliographiſche Neuigkeiten. Congres central d’agriculture troisieme session du 18 au 26. Mai 1846. Compte rendu et proces verbaux des séan- ces. 18°. (28 Bogen.) Paris 1846. Journal de la Société d’horticulture de Macon. 1846 No. 1. erſcheint monatlich. 80. 1846.) Tome I. Aoüt (1 Bogen.) Macon Sir George Ballingal. Introductory lectures to a course of mi- litary surgery, delivered in the university of Edinburgh, May 1 1846. (Vertheidigt die Errichtung beſonderer med. Schulen für Militärärzte.) j The why and the wherefore or the philosophy of life, health and disease. New and original views explanatory of their nature, causes and connexion, and of the treatment of disease upon a few general principles, based upon the laws of nature and common sense; with rules for the preservation of health and renovation of the System. By Charles Searle. M. D. London 1846. (Der Verf. meint, Liebig ſei jeinem Weg gefolgt, nicht er Liebigs!) * Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitſchrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 3. (Nr. 3. des 1. Bandes.) Januar 1847. Druck und Verlag des Landes» Induftries Gomptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. III. Unterſuchungen über die Saftbewegung in den Pflanzen. Von Dr. Daſſen. III. Abtheilung. (Vergl. N. Not. Bo. 39, No. 815. 846.) Ueber die Saftbewegung im primären Holze, ſowie die Verbindung derſelben zwiſchen die— ſem und anderem Holze. Das primäre Holz befindet ſich, außer in dem Sten— gel, beſonders noch in der Wurzel und den Blättern. In den erſtern Theilen enthält es die rohen Säfte, in den Blättern erleiden dieſe eine Umänderung, wobei ein großer Theil derſelben aus der Pflanze entfernt wird. Früher wurde bereits nachgewieſen, daß in den Wur⸗ zeln eine auftreibende Kraft, ſowie in den Blättern eine anziehende wirkſam ſei. Kommen nun aber beide Kräfte dem primären Holze zu, oder gehören fie dem Zellgewebe an, das in den Würzelchen ſowohl, wie im Blatte die Au⸗ ßenſeite dieſes Holzes umgiebt? Um ſich im Allgemeinen eine richtige Idee von der Saftbewegung im primären Holze zu bilden, bedarf jene Frage einer Erörterung; und zu Die: ſem Zwecke iſt es nöthig, die Aufſaugung der Wurzel und die Ausdünſtung der Blätter einer kurzen Betrachtung zu unterwerfen. Es iſt bekannt, daß abgeſchnittene Zweige in eine gif: tige Auflöſung geſetzt, dieſe in ſich aufnehmen und darnach abſterben. In vielen Fällen gelangt der giftige Stoff bis in die Blätter, ſo daß derſelbe im primären Holze eine Fort⸗ bewegung erfährt. Werden ſolche Stoffe auch durch un⸗ verſehrte Würzelchen aufgenommen? Alle Forſcher, die ſich mit der Saftaufſteigung in den Pflanzen beſchäftigten, ha⸗ ben die Antwort bereits gegeben, denn alle fanden, daß durch das unverletzte Würzelchen keine nachtheiligen oder fär— No. 1963. — 883. — 3. benden Beſtandtheile in die Pflanze gebracht werden konnten. Weil man indeß bei dieſen Verſuchen nur Pflanzen benutzte, deren Wurzeln die Beſtimmung hatten, in der Erde, nicht aber im Waſſer zu leben, ſo ſchienen dem Verfaſſer die Reſultate einigermaßen unzuverläſſig, nicht weil er an der Sorgfalt der Verſuche gezweifelt hätte, ſondern weil er jene Wurzeln zur Entſcheidung der Frage für weniger geeignet hielt. Deßhalb ſtellte er Waſſerpflanzen, namentlich Stra- tiotes aloides und Nymphaea alba, mit unverſehrten Wur— zeln in eine Abkochung von Fernambukholz und in vers dünnte Auflöſungen von Queckſilberſalzen. Doch ſo oft die Verſuche auch wiederholt, auf ſo verſchiedene Weiſe ſie auch angeſtellt wurden, niemals wies die ſorgfältigſte Unterſu⸗ chung die Aufnahme farbiger oder giftiger Subſtanzen durch die Wurzeln nach. Sobald indeß die Spitzen der Wür⸗ zelchen abgeſchnitten wurden, drangen obige Subſtanzen bei- derlei Art in reichem Maße ein, und es zeigte ſich ganz unverkennbar, daß ſie eben ſo gut in die primären Holzbün⸗ del der Würzelchen, als in das ſecundäre Holz aufſtiegen. Hierdurch hält es der Verfaſſer für ſtreng erwieſen, daß das Aufſteigen der Säfte in dieſes Holz und das Aufneh— men derſelben in die Pflanze zwei ſehr verſchiedene Erſchei— nungen ſind; aber von welcher dieſer beiden Erſcheinungen hängt die den Wurzeln inwohnende auftreibenbe Kraft ab? Zur Löſung dieſer Frage nahm der Verf. im Mai zwei ſehr kleine blutende Weinſtöcke aus dem Boden, ohne die Wur⸗ zeln zu beſchädigen. Bei dem einen nahm der Verf. von beinahe allen Wurzeln die Spitzen ab, bei dem andern blie— ben ſie unverletzt. Sie wurden alsdann in einen Eimer mit Waſſer geſtellt, der, um eine angemeſſene Temperatur zu erhalten, in gährenden Pferdedünger geſetzt wurde. In den erſten beiden Tagen während des Verſuchs wurde an keiner dieſer beiden Pflanzen eine Spur von Aus: 3 35 3. I. 3. 36 fließen der Säfte bemerkt. Am dritten Tage ſah der Ver— faſſer indeß aus dem abgeſchnittenen Ende der Pflanze mit unverſehrten Würzelchen einige Feuchtigkeit ausfließen, was mit gelegentlichen Unterbrechungen einige Tage anhielt. An der Pflanze mit den an den Spitzen abgeſchnittenen Wür— zelchen zeigte ſich keine Spur einer vermehrten Saftbewegung. Aus dieſem Verſuche glaubt Verf. ſchließen zu müſſen, daß die Wurzelkraft außerhalb des primären Holzes und mithin im umkleidenden Zellgewebe ihren Sitz habe. Sol— ches wird unterſtützt durch die Unterſuchung der einſaugen— den Würzelchen. Ohlert fand dieſe aus einem Holzbün— del gebildet, das in ein zelliges Gewebe auslief und endigte. In dieſem Gewebe fand ſowohl die Verlängerung des Wür— zelchens als auch die Einſaugung der Säfte beſonders Statt, jo daß die Einſaugung dort geſchteht, wo das Würzelchen noch nicht vollendet iſt und ſich eine große bildende (pla— ſtiſche) Kraft entwickelt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß hier die eingeſogenen Säfte diejenigen Stoffe zurücklaſſen, die in das neue pflanzliche Gewebe aufgenommen wer— den können, und daß durch Anziehung neuer mit ſolchen Stoffen geſchwängerter Säfte die ausgenutzten nach oben entfernt werden. Dieſes widerſpricht allerdings der gewöhn— lichen Theorie, welche die Neubildungen den in den Blät— tern verarbeiteten Säften zuſchreibt, welche Theorie im All— gemeinen der Verf. im Entfernteſten nicht beſtreiten will; ſie ſchließt jedoch nicht aus, daß auch die rohen Säfte zu Neubildungen mitwirken können. Denn der Verf. ſah bei früheren Verſuchen an der Wurzel eines in der Nähe des Bodens abgeſchnittenen Johannisbeerſtrauchs im Frühling eben ſo viele neue Würzelchen entſtehen, wie an den an— dern. Auch ſpricht für dieſe Anſicht die ſo wichtige That— ſache, daß die abgehauene Wurzel von Pinus larix ohne Blätter ſecundäres Holz bildet; eine Erſcheinung, die ſonſt kaum zu erklären wäre. Die von den Blättern ausgeübte anziehende Kraft bleibt noch zu unterſuchen übrig. Es wirft ſich hier wie— derum die Frage auf: Hat dieſe Kraft an den primären Holzbündeln, oder in dem dieſe Bündel umgebenden Zell— gewebe ihren Sitz? Es leuchtet ein, daß die aufziehende Kraft der Blätter mit der Verdunſtung im innigſten Ver⸗ bande ſtehe. Läßt ſich daher nachweiſen, wo dieſe Verdun— ſtung Statt findet, ſo wird man in der Erkenntniß des Sitzes dieſer anziehenden Kraft einen Schritt weiter gekom— men ſein. Dieſen Zweck vor Augen haltend, hat der Ver— faſſer mehrere Verſuche unternommen, um Feuchtigkeiten aus den Blättern verdunſten zu laſſen, die ſichtbare Spuren dort hinterließen, wo dieſe Verdunſtung Statt fand. Bei den meiſten Verſuchen erreichten die angewandten Mittel die Blätter nicht, in anderen wurde das ganze Blatt getroffen und gefärbt; endlich glückte es dem Verf., einen für dieſen Zweck paſſenden Stoff ausfindig zu machen. Stellt man Zweige von Myrtus communis in eine gewöhnliche Auflö— ſung von Salpeter, ſo bleiben ſie wenigſtens einige Tage lebendig; vor dem Abſterben bedeckt ſich die obere Blatt— oberfläche mit ſehr kleinen, nadelförmigen Kryſtallen. Dieſe konnten daſelbſt nicht entſtehen, ohne von der verdunſteten Auflöſung zurückgelaſſen zu ſein; und dieſe Verdunſtung hatte mithin an der Stelle Statt gefunden, wo die Kry⸗ ftalle ſich zeigten. Eine ſorgfältige Unterſuchung lehrte nun: daß ſie ſich 1) auf der Oberhaut befanden, an der einen Seite in dieſe eingeſenkt, während alle andere Seiten frei waren; 2) daß ſie in der Oberhaut und theilweis im Pa⸗ renchym unter der epidermis gefunden waren; 3) daß ſie ſich (in manchen Fällen 2) allein im Parenchym befanden. Auch hat der Verf. dieſe Kryſtalle in der Nähe der feinen Blattadern und zum Theil auf denſelben gefunden, aber viel allgemeiner auf aus Zellgewebe gebildeten Theilen, die dieſe Adern umgeben. Die Verdunſtung findet mithin be- ſonders im Zellgewebe der Blätter Statt. Doch bevor die Feuchtigkeiten hier verdunſten können, müſſen ſie zugegen ſein; und wie kommen ſie dahin? Dies kann, wie ſpäter⸗ hin einleuchten wird, unmittelbar durch die Wurzelkraft nicht bewirkt werden. Die Säfte können daher in das Zellge⸗ webe treten, entweder durch eine anziehende Kraft des Ge— webes, oder durch eine ausſtoßende der primären Holzbün— del. Daß an dieſe letzten nicht gedacht werden dürfe, nach⸗ dem bewieſen worden, daß die auftreibende Kraft der Wür— zelchen nicht in den primären Holzbündeln, vielmehr im umgebenden Zellgewebe ſeinen Sitz hat, bedarf kaum der Erwähnung. Die Säfte werden mithin auf die Stelle, wo fie verdünſten, durch eine Anziehung des Zellgewebes ſelbſt geführt, und in dieſem Gewebe iſt folglich das zugegen, was früher anziehende Kraft der Blätter genannt wurde. Das primäre Holz nimmt wohl keinen Theil an der Kraft, die an ihren äußerſten Endpunkten in der Wurzel und den Blättern wirkſam iſt. Der Verfaſſer geht alsdann zur Saftbewegung im Holze ſelbſt über. Dieſe Unterſuchung zerfällt in zwei Ab— theilungen: 1) über die Bewegung der Säfte im verhärte⸗ ten primären Holze und 2) über die Bewegung derſelben im nicht verhärteten primären Holze. Nur allein das verhärtete primäre Holz kann mit dem ſecundären Holze in Betreff des Aufſteigens der Säfte ver- glichen werden; denn nur allein dieſe beiden Holzarten bie⸗ ten dieſelben oder doch faſt dieſelben phyſiſchen Eigenichaf- ten dar. Es iſt daher die Unterſuchung, in wie fern das primäre Holz mit dem ſecundären übereinſtimme, von Wich- tigkeit. Als das geeignetſte Mittel hiezu glaubte der Verf. unterſuchen zu müſſen, welchen Widerſtand dieſes Holz der auftreibenden Wurzelkraft darbiete. Statt aber in dieſer Beziehung mit dem ſecundären Holze zahlreiche Verſuche an⸗ zuſtellen, begnügte ſich der Verf. mit einigen wenigen in Betreff des primären Holzes, denn nur wenige geeignete Pflanzen ſtanden zu Gebote. Dieſe wurden eben ſo wie früher *) in einer gebogenen Glasröhre von der Dicke des zu unterſuchenden Stengels befeſtigt; die Glasröhre alsdann mit Waſſer und ferner mit einer Queckſilberſäule, wie oben bei den Verſuchen mit dem ſecundären Holze beſchrieben iſt, gefüllt. Auf dieſelbe Weiſe wurde das Reſultat beobachtet und berechnet. ) Vergl. No. 846 (No. 10 d. XXXIX. Bos.) d. Bl. 37 3 Rapis flagelliformis, das Queckſilber ſinkt 0,01 Elle in 19 Minut. Alo& arborescens = 2 : 0,01 = =27 = Aspuragus officinalis = : = «OD cr s Adi“ Dracaena Capensis = : - 01. ART Vergleicht man dieſe Reſultate mit den beim fecundä= ren Holze erlangten, und bedenkt man, daß in den Zweigen des letztgenannten Gewebes auf demſelben Raume viel mehr Gefäße und verlängerte Zellen zugegen ſind, als in den Zweigen mit verhärtetem primärem Holze, das ſtets mit Zellgewebe verbunden iſt, dann wird man ſich überzeugen, daß das primäre und ſecundäre Holz in Betreff des Wi— derſtandes, den ſie Blättern und Wurzeln beim Anziehen und Auftreiben der Säfte leiſten, wenig oder gar keinen Unterſchied zeigen. Das primäre Holz ſcheint indeß den Saͤften ſelber einen kräftigeren Widerſtand zu leiſten, als das ſecundäre Holz, wenigſtens gelang es dem Verf. nie durch einen Stengel von Asparagus offieinalis mit einer ver— doppelten Queckſilberſäule Dinte zu preſſen, ein Verſuch, der bei ſecundärem Holze ſtets gelang. Weil der Verf. dieſe Verſuche nur anſtellte, um die Theile, durch welche die Säfte laufen, kennen zu lernen, wurde bei den letzten Holzſorten weder die Zeit, noch die Höhe der Queckſilberſäule ange— merkt, die zur Erreichung des Zweckes nöthig war. Ein anderer beſtimmterer Unterſchied zwiſchen beiden Holzſorten iſt die Unmöglichkeit der Seitenbewegung der Säfte beim primären verhärteten Holze. Dieſes Reſultat wurde durch folgenden Verſuch ermittelt. Ein Stengel von Asparagus oflicinalis, der aus zwei mit einander verbundenen Zweigen beſtand, wurde am Vereinigungspunkte bis auf die Hälfte ſeines Umfanges verdünnt und alsdann dem Drucke einer doppelten Queckſilberſäule ausgeſetzt. Der in der Röhre befeſtigte Theil des Stengels communieirte einigermaßen mit einem der beiden Zweige; dieſer Zwelg wurde oben ſorg— fältigſt mit einer Blaſe zugebunden. Aus dieſem Zweige konnten keine Säfte ausfließen; aber auch aus dem anderen Zweige floſſen keine, wiewohl der Verſuch vier Tage fort⸗ geſetzt wurde. Dieſes Factum beſtätigt das über die Mark⸗ ſtrahlen Geſagte, denn dieſe fehlen dem primären Holze; mithin muß auch die denſelben einzig zukommende Verrich— tung fehlen. Ueber Saftbewegung im nicht verhärteten pri- mären Holze. Strömen die Säfte mit derſelben Leichtigkeit durch das weiche, wie durch das verhärtete, primäre Holz? Sehr ſchwer hält es, über dieſen Punkt Verſuche anzuſtellen; denn einen weichen Zweig in einer gläfernen Röhre zu befeſtigen, ohne Druck auf ihn auszuüben, iſt eine Unmöglichkeit. Man kann deßhalb nur Zweige benutzen, die bei einem ziemlich feſten Gewebe zugleich weiches primäres Holz enthalten; aber dennoch läuft man Gefahr, einen ſchädlichen Druck aus: zuüben, ohne ſich davon zu überzeugen. Die Reſultate der vielen über dieſen Gegenſtand angeſtellten Verſuche ſollen deßhalb auch nicht mitgetheilt, ſondern bloß bemerkt wer: den, daß die gewöhnliche Queckſilberſäͤule in achtzehn Mi⸗ nuten um 0,1 ſank, wenn ſie nach gewohnter Weiſe an * 3. 38 einem Zweige von Piper magnoliaefolium, der nur mit wei— chem primären Holze verſehen war, befeſtigt wurde. Be: denkt man nun, daß ½5 dieſes Zweigs aus Zellgewebe und Rinde beſtand, jo wird man hieraus mit gutem Grunde ſchließen können, daß das weiche primäre Holz keine grö⸗ ßeren Schwierigkeiten darbietet, als das verhärtete, was mit den hierüber gehegten Erwartungen durchaus übereinſtimmt. Eine andere Frage iſt die: Hat das primäre Holz eine grö⸗ ßere Verwandtſchaft zu den rohen Säften, kann es ſich zur Erhaltung des Lebens hinreichend mit Saft verſehen? Der Verf. glaubt dieſelbe verneinend beantworten zu müſſen; denn verſchiedene Blätter oder abſterbende Zweige von As- paragus officinalis verdorrten, wenn die oberſten Zweige weggenommen und keine neuen entwickelt wurden. Im ums gekehrten Falle blieben die Zweige bisweilen Wochen und Monate lebendig; doch diejenigen Bündel, die mit dieſen Zweigen in keiner Verbindung ſtanden, vertrockneten, wäh— rend die anderen ſaftreich blieben. Dieſe Thatſache ſpricht für die früher behauptete anziehende Kraft der Blätter. In anderen Fällen findet das Abſterben der primären Bündel, denen man ihre Blätter wegnimmt, keineswegs Statt. So hat der Verf. beſonders mit Sambucus niger viele Verſuche angeſtellt, um ſich zu überzeugen, daß die Faſern, die ins Blatt übergehen, auch die Säfte zum Blatte führen. Hiezu wurde es nöthig, die Faſern unterhalb des Blatts, in das ſie ausliefen, durchzuſchneiden; alsdann ſtarb das Blatt ab, aber in der Markſcheide, unterhalb des Durchſchnittspunktes, konnte Verf. keinen Unterſchied zwiſchen dieſen und den an— dern wahrnehmen. Doch hier waren die Umſtände günſti— ger, als in den Verſuchen bei Asparagus, bei denen die Wurzelkraft fehlte. Der Verf. würde des Verſuchs mit Sambucus auch nicht erwähnt haben, wenn er nicht wünſchte, durchaus vorurtheilsfrei zu erſcheinen. (Schluß folgt.) Mifcellen. 5. Die ſogenannten Herenringe, unregelmäßige Strei⸗ fen, Kreisbogen, ſeltner Kreiſe üppigeren dunkelgrünen Graſes, wur⸗ den bisher immer dem Wachsthume von Pilzen zugeſchrieben. Dieſe Anſicht vertheldigt auch noch in gewiſſer Weise Schloß berger, wogegen v. Seyffer bemerkt, daß wahrſcheinlich die Greremente des Viehes die Veranlaſſung wären, da man en nie auf nicht beweideten Wieſen anträfe, da das Ausg oder Aus⸗ breiten von Ererementen ganz dieſelben Erſcheinungen hervorrufe, und da die n wohl nur als begleitendes Phänomen von derſelben Urſache abzuleiten ſei. (Würtembergiſche naturw. Jah: resberichte, 2. Jahrg. 2. Hft. 1846. S. 160 ff. und S. 239 ff.) 6. Gymnarchus niloticus, ein bis jetzt wenig gekann⸗ ter Fiſch Agyptens, beſitzt eine ſehr ſchoͤn entwickelte Lunge, nebſt dem wie gewöhnlich geſtalteten Kiemenapparate. Die Lunge liegt an der Stelle der Schwimmblaſe dem ganzen Bauchtheile der Wirbelfäule entlang, zeigt ein anderes freies Ende in Geſtalt eines fonifchen Zipfels, mündet daun mit einer kurzen, aber fehr weiten Luftröhre in den Schlund (durch deſſen obere Wand) ein und geht anfaͤnglich rundlich, dann immer flacher gedrückt und auf ihrer obe⸗ ren Flache von den Nieren begleitet, nach hinten. Dabei wird ſie mit ihrem mittleren Theile der ganzen Länge nach immer dünner, während ihre ſeitlichen Theile dicker, maſſiger bleiben, fo daß ein 3 * 39 Zerfallen in rechte und linke Lunge angedeutet iſt. Gegen den After hin zieht ſich die Lunge in eine fein abgerundete Spitze aus, an welcher nach vorn die bei dieſem Fiſche ſehr anſehnliche Harn— blafe liegt. Der Bau der Lunge gleicht dem des Lepidosiren auf das Frappanteſte, beſteht aus einer äußern ſehr zarten Wandung und aus zahlreichen Parietalzellen, welche zierliche Maſchenwerke bildend, von der innern Oberfläche dieſer entſpringen und beſonders im oberen (vorderen), dickeren Theile der Lunge in mehreren Schichten uͤber einander liegen. Die Lunge iſt übrigens durchſichtig, ſo daß (II.) Ueber den Einfluß von Sumpfgegenden auf Häufigkeit und Verlauf der Lungenſchwindſucht und des typhöſen Fiebers. Von Dr. Boudin, Chef des Militärſpitals zu Verſailles. (Schluß.) Der Einfluß der Sumpfluft auf die Zahl der Phthiſiſchen zeigt ſich indeß auch in Rom von Bedeutung, da hier, nach Andral, die in Folge von phthisis Verſtorbenen nur den zwanzigſten Theil der Todesfälle überhaupt ausmachen, während man in Neapel, wo Mechfelfieber, wie bekannt, nicht fo häufig vorkommen, nach An- dral eine phthisis unter acht Todesfällen, nach Dr. Journée 1 unter 2,34 beobachtet wird. In Genua kommt ein Phthiſiſcher unter ſechs Todesfällen; in Nizza, deſſen Klima man ſo ſehr gerühmt hat, kommt einer auf ſieben vor. Die letzte Angabe ſcheint indeß nur in ſo fern rich⸗ tig, als man zugleich die von außerhalb gekommenen Phthiſiſchen mitgezählt hat. Endlich hat Prof. Hildebrand während ſeiner Univerſitätszeit in Pavia, wo Wechſelfieber zu den häuſigſten Krankheiten gehören, nur äußerſt ſelten phthisis geſehen. Nach Gianini bekommt den an Hämoptbe Leidenden die Sumpfluft ſehr gut, wie viele Beobachtungen beweiſen; Anfälle von Bluthuſten ſind an ſolchen Orten ſehr ſelten, oder vielmehr gar nicht vorhanden. Spanien. — Brouſſais ſagt in feiner allgemeinen Par thologie: In der Nähe von Cadir iſt nichts ſeltener als Bruſt— entzündungen und Tuberkel; faſt ſämmtliche Krankheiten beſtehen hier in Wechfelfiebern und Entzündungen der Verdauungsorgane. Schweiz. — Schönlein erzaͤhlt, daß ein zwiſchen dem Wallenſtädter und Züricher See gelegener ſumpfiger Ort, Ga— ſterland, nachdem er ausgetrocknet worden, von den endemiſch daſelbſt herrſchend geweſenen Wechſelfiebern befreit wurde. Dafür trat aber eine bis dahin hier unbekannte Krankheit, Lungenſchwind— ſucht, auf. So ſieht man nach demſelben Verf. an den Ufern des Rheins dort Wechſelfieber erſcheinen, wo der Lauf des Fluſſes lang— ſam iſt und das Waſſer desſelben ſtagnirt, wie bei der Einmün⸗ dung desſelben in den Conſtanzer See; dieſe Krankheiten werden dagegen durch typhöſes Fieber verdrängt, da wo der Boden ſich hebt, ſo z. B. im Canton Appenzell. Frankreich. Corſica. Baſtia. — Dr. Lorenz ſagt in feiner medieiniſchen Topographie dieſer Stadt: Im Süden be⸗ findet ſich der See Biguglia und eine ſumpfige Wieſe, im Weſten zwei andere ſumpfige Thaler. Oft finden Bruſtkranke, die von den verſchiedenſten Mitteln ohne Erfolg Gebrauch gemacht haben, ſo— fort Erleichterung, wenn ſie aus der Ober- in die Unterſtadt ſich überſiedeln. Bekanntlich find Wechfelfieber die vorherrſchenden Krank— heiten dieſer Stadt. Hyeres. — Dieſes Städtchen in der Provence ſteht ſeit lan— ger Zeit in großem Rufe wegen ſeines günſtigen Einfluſſes auf Schwindſüchtige. In neuerer Zeit hat Barth dieſen günſtigen 3. I. 3. 40 man, wie z. B. bei Schlangen, ſchon von außen die Zellen erkennen kann. An der Einmündungsſtelle der Luftröhre bildet der Schlund rechts und links eine ſtarke Longitudinalfalte, welche offenbar zur willkürlichen Verſchließung und Oeffnung der Luftröhren dient. Zur Inſertion der dieſe Falten regierenden Muskeln dient ein am Kiemenapparate anliegender langer Knorpel, den man in dieſer Beziehung auch wohl mit dem Kehlkopfrudimente des Lepidosiren vergleichen könnte. (Prof. Dr. Erdl in d. Münchner gelehrt. Anz. 1846, N. 202.) Einfluß in feiner in den Archives de Medecine bekannt gemachten Abhandlung ganz beſonders hervorgehoben. Um ſich nun von der Beſchaffenheit des Bodens dieſes Ortes einen Begriff zu machen, wollen wir die Bemerkung des Dr. Genſollen anführen. „Es iſt nachgewieſen“, ſagt dieſer Arzt in feiner Topographie von Hyeres 1820, „daß die in der Nähe belegenen Sümpfe die Urſache der Krankheiten ſind, welche jährlich die Bevölkerung befallen. Die blaſſen Einwohner der benachbarten Dörfer werden jährlich von intermittirenden und remittirenden Fiebern heimgeſucht.“ An ei: nem andern Orte ſagt er: „Die endemiſchen Krankheiten von Hye⸗ res ſind, wie man ſieht, dieſelben, welche an von Sümpfen umge⸗ benen Ortſchaften auftreten.“ . Ramel bemerkt in ſeinem Werke: über den Einfluß der Sümpfe auf die Geſundheit, Marſeille X., daß in Ciotat und Cannes, wo keine Sümpfe ſich finden, die Lungenſchwindſucht häufig vorkommt. Der Verf. der Statiſtik des Departements Var führt an, daß nach der Austrocknung der Moräſte bei Bras, St. Lau⸗ rent und Frejus die Zahl der Wechſelfieber ſich vermindert hat. Später fügt er hinzu: „Leider verdunkelt eine fürchterliche Krank⸗ heit dieſes Gemälde, die Lungenſchwindſucht nämlich.“ „Dr. Isnard verſicherte mich“, ſagt Brunache in feinen Re- cherches sur la Phthisie ete. Paris 1844, „daß man in Graſſe viele Tuberkulöſe und nur äußerſt ſelten Wechſelfieberkranke findet, während an den Ufern des Var, ſo z. B. in Cagnes, wo Sumpf⸗ krankheiten einheimiſch ſind, phthisis ſelten angetroffen wird.“ Nach Dr. Dar find die häufigſten chroniſchen Uebel in Aigues⸗ Mortes Rheumatismen, Obſtructionen, beſonders die der Milz, Hydropſien und asthma humidum; Lungenphthiſis iſt ſelten. — Im Jahre V. ſtarb daſelbſt eine Frau an phthisis; dies war der einzige unter 107 Todesfällen, der durch phthisis veranlaßt wor⸗ den. Im folgenden Jahre kam auf 70 Todesfälle auch nur ein einziger in Folge von phthisis vor. Im Jahr 1843 ſchrieb Dr. Skilizzi, Arzt in Aigues⸗Mor⸗ tes, an Hrn. Tribe folgenden Brief in Bezug auf den pathologi— ſchen Zuſtand dieſes Ortes. „Die hier nicht zahlreich vorkommen⸗ den Phthiſen verlaufen viel langſamer, als an nicht ſumpfigen Or⸗ ten. Die vorkommenden Fälle ſind mehr erworben, als angeerbt. Nicht minder wichtig iſt der Umſtand, daß faſt nur Frauen von phthisis befallen werden, während man fie äußert ſelten bei den an den Moräſten beſchäftigten Arbeitern antrifft, und ebenſo ſel⸗ ten bei den 280 Zollbeamten, die beſtändig daſelbſt wohnen.“ „Die Stadt Metz“, ſagt Dr. Santy, „an den Ufern eines Sees gelegen, hat vor mehreren Jahren die ſie umgebenden zahl⸗ reichen Suͤmpfe verſchwinden ſehen; die Wälle ſind niedergeriſſen, die Straßen erweitert; dadurch hat die Zahl der Mechjelfieber bes deutend abgenommen. Wir haben jetzt kaum den hundertſten Theil von Wechſelſiebern zu behandeln, als es unſere Vorgänger hatten. Die alten Leute in Metz wiederholen fortwährend, daß Bruſtkrank⸗ heiten früher bei Weitem ſeltener waren, und daß mit der Ab⸗ nahme der Fieber die Schwindſucht häufiger gewor⸗ den iſt. Was die Frage aubetrifft, ob nicht weit vorgejchrittene 41 3. I. 3. 42 Schwindſuchten durch den Aufenthalt an moraſtigen Orten gebeſſert oder ſelbſt geheilt werden können, müſſen wir der Erfahrung ge⸗ mäß behaupten, daß Bruſtaffectienen in Loupian, einem hochge⸗ legenen, fieberfreien Orte, viel ſchneller einen unglücklichen Aus⸗ gang nehmen, als in Metz, Bauzigues, Vallarue, Oertern, die nie⸗ rig und feucht ſind und häufige Wechſelſieber erzeugen.“ Aus ſei⸗ nen Unterſuchungen zieht S. folgende Schlüſſe: 1) Seit der Verminderung der Sumpfausdünſtungen haben die Wechſelfieber bedeutend abgenommen. 2) An die Stelle der Fieber ſind Schwindſuchten aufgetreten. 3) Die an den Ufern des Sees ſich zeigenden Bruſtübel ha— ben einen viel langſameren Verlauf, als anderswo. Baumes, Prof. in Montpellier, früher Arzt in St. Gilles, einer von Moräſten umgebenen Stadt, ſagt in feinem Traité des effluves marecageux: Was die Wirkung dieſer ſchlech— ten Luft auf die Oekonomie beſonders auszeichnet, iſt, daß die Reſpirationsorgane gewöhnlich ganz verſchont bleiben. Marſeille. — Verlaſſen wir die Moräſte der Provence und Languedocs und unterſuchen eine Ortſchaft dieſer Provinzen, die dem Einfluſſe der Sümpfe nicht ausgeſetzt iſt, ſo ſehen wir die Scene gleich wechſeln. „Während meiner Anweſenheit in Marſeille“, ſagt Dr. Bru⸗ nach e, „ließ ich es mir ganz beſonders angelegen ſein, die Krank⸗ heiten der Einwohner von Martigues und in den Ebenen der Ca⸗ margue zu ſtudiren, deren Kranke in großer Zahl nach dem Hotel- dieu von Marſeille fteömen. Unter 300 aus jenen Sumpfgegen⸗ den kommenden Kranken, die ich in den Jahren 1841 und 1842 zu beobachten Gelegenheit hatte, fand ich nicht mehr als zwei Fälle von phthisis und einen einzigen von iyphus.“ Ganz anders ſtellt ſich das Verhältniß bei den Einwohnern Marſeille's, da hier, wie die Regiſter des -Hötel-dieu beweiſen, unter vier Todesfällen einer in Folge von phthisis vorkommt. Im September 1842 graſſirte bier der typhus- fo ſehr, daß unter 105 aufgenommenen Fieber⸗ kranken 27 Typhoͤſe ſich befanden. In Wandern Monate wurden 67 Kranke aus den erwähnten Sumpfgegenden aufgenommen und in dieſelben Säle verlegt, worunter man keinen einzigen mit Ty⸗ phusleiden bemerkte. Ich habe mich überzeugt, daß unter 175 in der Civilabtheilung des Hötel-Dieu während der erſten Hälfte 1842 verſtorbenen Individuen ſich 63 Typhuskranke befanden. „Was die Immunität gegen typhus anbelangt“, fährt Brunache fort, „ſo finden ſich hier zahlreiche und unwiderlegbare Thatſachen vor, die eine ſolche beweiſen.“ Im Auguſt 1841 ſchickte die von Algier 7 17. Truppenabtheilung, waͤhrend ihres 12tägigen ufenthaltes in Marſeille, 49 Fieberkranke nach dem Hoſpital. Zu derſelben Zeit wüthete der typhus unter der Garniſon der Stadt (19. u. 20. Truppenabtheilung) in dem Maße, daß unter 7 Kran⸗ fen 5 tyohöfe waren. Dagegen beſtanden die Krankheiten der ans gekommenen Truppen ausſchließlich in periodiſchen Fiebern von ver⸗ ſchiedenem Typus, unter denen einige perniciöfe ſich fanden. Ein zweites Beiſplel: Die 62. Abtheilung der Linientruppen verließ im Beginne 1842 Algier und nahm ihren Standort in Marſeille, wo fie ungefähr fünf Monate verweilte. Während der Typhusepidemie nun blieb dieſe von Africa gekommene Truppenabtheilung völlig vom typhus verfchont, während die von anderswo angelangten Sol⸗ daten, ſowie die Garniſon der Stadt ſelbſt zahlreich von der Krank⸗ heit affcirt wurden. Und zwar muß man dieſe Widerſtandskraft keineswegs dem Aufenthalte in Africa zuſchreiben, da wir fie taͤg⸗ lich bei einer Menge Kranker zu beobachten Gelegenheit haben, die aus dem Norden kommen, ſowie bei den Arbeitern in den Ebe⸗ nen der Camargue und an dem Canale der Durance, die in Maſſe in das Hotel-dieu aufgenommen werden, wo fie, ungeachtet der Nähe der zahlreichen Typhuskranken, vollig von dem Uebel ver⸗ ſchont bleiben.“ „Ein auffallendes Beiſpiel dieſer Widerſtandskraft findet ſich cher noch unter unſern Augen. Die Garniſon von Marſeille be⸗ fteht jetzt aus zwei ſeit acht Monaten hier angelangten Infanterie⸗ regimentern; das eine, aus Grenoble, lieferte unter je zehn inneren Kranken fieben Typhoſe; das andere, aus a Punkten Corſica's kommend, wo Sumpffieber einheimiſch find, läßt nur hochſt ſelten einen Typhnsfall wahrnehmen, der, wenn ſich ein ſolcher ſie von einem Manne ausgeht, der viele Jahre hi 9 unter ihnen zeigt, nur die jungen neu ins Militär eingetretenen Soldaten befällt.“ Daß dieſe Beobachtung auf die Bewegung der Truppen in der Zukunft einen wichtigen Einfluß haben muß, iſt leicht einzuſehen. Was mich anbetrifft, ſo behaupte ich ohne Weiteres, daß diejenigen Plätze, die gewohnlich von typhöfen Fiebern heimgeſucht werden, vorzugsweiſe mit ſolchen Regimentern beſetzt werden müſſen, die längere Zeit an Orten verweilt hatten, wo Wechſelfieber herrſchen. Dadurch erreicht man den doppelten Nutzen, daß die mit Wechſel⸗ fieber gerade Behafteten leichter geheilt werden, ſowie dadurch dem neuen krankmachenden Elemente Conſtitutionen entgegengeſetzt wer: den, die durch den Einfluß ihres früheren Aufenthaltsortes für dasſelbe unempfaͤnglich gemacht wurden. In England, wo die wiſſenſchaftlichen Beobachtungen ſchneller, als bei uns, zur Anwen— dung kommen, iſt dieſes Princip bereits mehr als ein Mal mit Glück angewendet worden. Seit 1804 hat die britiſche Regierung zur Zeit der Typhusepidemien in Gibraltar dieſen Platz mit Re⸗ gimentern aus den Antillen beſetzen laſſen, die auch von der herr— ſchenden Epidemie völlig verſchont blieben. Montpellier. — „Das typhoͤſe Fieber“, ſagt Dr. Rougier in dem Annuaire therapeutique 1844, „herrſchte 1812 in Mont⸗ pellier nur unter den Artillerieſoldaten, während das von Africa angekommene Infanterieregiment, das ſich noch unter dem Ginfluife der Sumpfintorication befand, von der Krankheit frei blieb.“ Dax. — „Dieſer Ort“, ſagt Dr. Lamothe — ſeit 24 Jah⸗ ren Arzt am daſigen Spitale — „iſt dem Einfluſſe der Sumpfmias⸗ men auegeſetzt. Ich habe bemerkt, daß alle Phthiſiſchen Fremde find. Ich kenne keine Familie in Dar, die mit conftitutioneller phthisis behaftet ware.“ Departement Ain. — „Die Bewohner der Sümpfe von Breſſe“, jagt Dr. Nepple, „werden äußerſt ſelten von tubereulosis und scrophulosis befallen. Dagegen werden Tubereulöſe ſehr haus fig in denjenigen Landſtrichen gefunden, wo der Boden Abhänge bildet.“ — Folgendes iſt ein Auszug aus dem 1843 von Dr. N. an die Akademie der Wiſſenſchaften gerichteten Briefe. „Das ſeltene Vorkommen der Schwindſucht an ſumpfigen Or⸗ ten iſt für mich eine unzweifelhafte Thatſache, und ſteht dieſelbe immer in umgekehrtem Verhältniß zu der Stärke des Sumpfein⸗ fluſſes, fo daß die im Centrum jener Sümpfe belegenen Ortſchaf— ten keinen einzigen Fall von phthisis aufzuweiſen haben, während die Zahl der Schwindſuchten zunimmt, je mehr man ſich vom Cen⸗ trum entfernt. Es geht daraus hervor, daß es eine gewiſſe Grenze giebt, wo tubereulosis und Wechſelſieber vereint ſich finden. So z. B. mein Wohnort: Montluel, beſitzt viele Phthiſiſche, unge⸗ achtet hier Jahr aus Jahr ein Wechſelſieber herrſchen. Die das Wechfelfieber veranlaſſenden Sumpfmiasmen nämlich find von hier eine Viertelmeile weit entfernt, ſo daß ihr Einfluß nur ſchwach, nicht anhaltend und bloß fiebererzeugend iſt. Der ganze Organis⸗ mus erleidet dadurch keinesweges eine dauerhafte Veränderung, um dem Tuberculiſationsproceſſe Wöderſtand leiſten zu fönnen. Ganz anders verhält es ſich mitten unter den Moräften. Was den ty- phus anbetrifft, ſo bedauere ich hierüber aus eigener Beobachtung nichts mittheilen zu können.“ 2 Dieſe Erklarung des Dr. Nepple iſt um Ei wichtiger, als urch die Sumpf: und weil fie, grade krankheiten zu beobachten Gelegenheit hatte 10 f 5 ftufenweife Ausbildung o wie ich früher angegeben hatte, eine ener Widerſtandskraft zugiebt. In einem Briefe an Dr. Nepple äußert Dr. Pacoud, Arzt am Krankenhauſe 15 Bourg, über dieſen Gegenſtand Folgen- des. „Wahrend einer 45jährigen Praxis hat ſich mir keine einzige Thatſache dargeboten, die mit den von Ihnen in der Umgegend von Montwel gemachten Beobachtungen im Widerſpruche ſtand. Meine ärztliche Veſchaftigung dehnte ſich früher bis über die mo⸗ raſtigen Ortſchaften hin aus; ich fand bei der ſorgfaltigſten Unter⸗ ſuchung feine einzige Spur von tuberenlöfer puchisis. Das Kranz kenhaus in Bourg, das viele Kranke aus jenen Gegenden aufnimmt, hat keinen Schwindſüchtigen unter ihnen aufzuweiſen. Da ich die⸗ ſen Gegenſtand für zu wichtig hielt, um bloß meine eigene Erfah⸗ 43 9. 83 44 rung für maßgebend zu halten, ſo holte ich auch die Meinung an⸗ derer Beobachter hierüber ein, und ganz beſonders die des Dr. Hu⸗ delet, Hoſpitalarztes in Bourg. Er erinnert ſich nicht, einen Fall von Schwindſucht gefunden zu haben. Eine aus meiner Erfahrung gezogene Beobachtung iſt die, daß die Kinder der Reichen, die der Erziehung wegen anderswohin geſchickt werden, des wohlthäti— gen Ginfluffes der Sumpfgegend verluftig gehen.“ Bei Gelegenheit der Mittheilung dieſer Bemerkungen Nep— ple's an die medieiniſche Geſellſchaft zu Lyon erklärten Candy und Rates, Aerzte am Hötel-Dieu, bereits ſeit längerer Zeit in der ſumpfigen Ebene von Forez analoge Beobachtungen gemacht zu haben. Candy ſetzte hinzu, daß, ſeitdem der hygieniſche Zuſtand dieſer Gegend eine beſſere Beſchaffenheit annahm, die Schwind⸗ ſucht auch weniger felten geworden ift. Später erhielt Nepple von Dr. Arofrein, Arzt in Chätillon-les-Dombes, die Nachricht, daß in ſeinem Bezirke die phthisis ſehr ſelten iſt. Wäh— rend eines dreijährigen Zeitraumes dame unter 400 Todesfällen nur 8 Phthiſiſche vor, von denen einer dem Bezirke nicht ange— hörte. Und doch liegt dieſe Stadt keinesweges in dem ſumpfigſten Theile von Breſſe. Rochefort. — Chaſſinat, attachirter Arzt am Miniſte⸗ rium des Innern, theilte der medieiniſchen Akademie zu Paris eine Ueberſicht der Sterblichkeit unter den Gefangenen der Galeeren— kerker mit, worin die in Folge von Schwindſucht vorgekommenen Todesfälle zu den Todesfällen überhaupt ſich verhalten wie: in Breſt 21% zu 100 in Toulon 4½ zu 100 in Rochefort, 2% zu 100. Demnach betragen die Todesfälle nach Schwindſucht in den Moräſten von Rochefort nur die Hälfte von denen in Toulon und nur den neunten Theil von denen in Breſt. Straßburg. — Nach Graffenhauer, der eine medici⸗ niſche Topographie dieſer Stadt herausgab, fanden ſich hier unter 20,161, von 1806 bis 1815 vorgekommenen Todesfällen, 1349 Phthi— ſiſche, 1501 mit putridem Fieber Behaftete, und nur 17 ſtarben in Folge von Wechſelfieber. In dem Militärſpitale war die Hälfte der 1839 vorgekomme— nen Todesfälle, nach den Angaben Paſcals, die Folge von typhöſem Fieber, ſowie geuter oder chroniſcher Pneumonie. Nur zwei Mal wurde der Tod durch Sumpffieber veranlaßt. Dr. Hahn bemerkt, daß die Zahl der Schwindſüchtigen und Typhuskranken in ſeinem Regimente in dem Verhältniſſe abnimmt, je länger dasſelbe in den Moräſten der Straßburger Citadelle verweilt. Paris. — Daß hier phthisis und typhöſes Fieber ungemein häufig vorkommen, während der Einfluß der Sumpfluft nur ſehr un⸗ bedeutend erſcheint, iſt eine unbeſtreitbare Thatſache. Wir wollen hier nur die Sterblichkeit in dem Militärhoſpitale Gros - Caillou während der erſten Hälfte von 1838 anführen: 5 Sterblichkeit überhaupt. .. 297 Todesfälle an Schwindſucht und typhus . 125 = an Wechſel fieber 0 = In der zweiten Hälfte desſelben Jahres verhält es fich anders. Zwei aus den Sumpfgegenden von Morbihan und Charente-In⸗ ferieure angelangte Regimenter lieferten 585 Wechfelfieberfranfe und nur 13 mit typhöſem Fieber. Cherbourg. — Nach Lepeck aus Cloture iſt phthisis in Cherbourg ſehr ſelten, ungeachtet der daſelbſt herrſchenden endemi— ſchen Einflüſſe, wie die des Wechſelfiebers. Nièevre. — v. Crozant machte nachſtehende vier Beob— achtungen von Lungenſchwindſucht bekannt, die durch den Aufent- halt an den Sümpfen von Nievre geheilt wurden. Die zwei er: ſten rühren von Dr. Lizon her. Erſter Fall. — Am 13. Juli 1829 wurde ich zu einem 27jährigen, wohl ausſehenden Manne, Namens Charles Meu— nier, gerufen, der ſeit einiger Zeit eine am linken Ufer der Noain gelegene Mühle bei Sully Latour bewohnte. Ueber den Geſundheitszuſtand feiner Familie konnte ich nichts erfahren. Frü⸗ her nie ernſtlich krank geweſen, beklagte ſich Pat. jetzt über einen trockenen Huſten mit etwas Bruſtbeklemmung, wobei er indeß ſeine Arbeit noch verrichten kann. Er iſt ſeit zwei Tagen bettlägerig, hat ſehr erſchwertes Athemholen ohne Auswurf. Am vorderen, oberen Theile der linken Lunge matter Ton bei der Percuſſton. Bei der Auſcultation ſchien mir an dieſer Stelle das Reſpirations⸗ geräuſch ſchwach. Da Fieber zugegen war, Puls hart und groß, machte ich einen Aderlaß, verordnete Ruhe, Diät und einen beſänf⸗ tigenden Trank. Ich ſah den Kranken erſt am 29. Auguſt 1½ Monat ſpäter, wieder. Es waren Abmagerung, Diarrhoe und reichliche Schweiße da. Das Fieber hatte bedeutend abgenommen. Wenig Appetit, beſtändiger Huſten; reichlicher Auswurf von eiterartigen, ſchlecht ſchmeckenden, bisweilen mit Blut gemengten Maſſen. Bei der Auſcultation fand ich an der früher erwähnten Stelle Blaſe⸗ geräuſch und deutliche Pectoriloguie. Das Uebel war nun nicht zu verkennen, und ich ſtellte eine ſchlimme Prognoſe. Ich verſchrieb Morton'ſche Pillen und eine Tiſane Lichen mit sirop de Tolu. Ich ſah den Kranken vom 29. Auguſt bis zum 3. October fünf Mal; ſein Allgemeinbefinden hatte ſich, wider mein Erwarten, merklich gebeſſert. Obgleich die Erſcheinungen der Aufeultation unverändert blieben, ſo nahm doch der Appetit zu, der Auswurf verminderte ſich, nur der Huſten dauerte fort; die Verdauung war gut. Ungeachtet der ungünſtigen Jahreszeit gewann er ſo viel an Kräften, daß er gegen Ende Octobers ſeine Untergebenen ſelbſt be⸗ aufſichtigen konnte. Acht Monate hinter einander ſah ich ihn nicht; am 24. Juni 1830 kam er zu meiner größten Verwunderung mich zu be⸗ ſuchen und verſicherte mich, daß er, vollſtändig geheilt, ſeine ge⸗ wohnten Befchäftigungen wieder übernommen habe. Ich auſcul⸗ tirte ihn und überzeugte mich ſogleich durch das Blaſegeräuſch, daß die Caverne noch beſtand. Deſſenungeachtet huſtete er nicht. Seit dieſer Zeit verlor ich ihn aus dem Geſichte, und erſt am 25. December 1843 (13 Jahre nach unſerem letzten Zuſammen⸗ treffen) war ich ſo glücklich, ihn wieder zu finden. Ich auſcultirte ihn ſogleich und konnte nichts von der dageweſenen Caverne auf⸗ finden; er erfreute ſich der beſten Geſundheit. Zweiter Fall. — Am 13. April 1829 wurde ich vom Vater Caſſier nach Buffiere zu feiner ſeit einiger Zeit bettläge— rigen Tochter geholt. Ich fand ein 19jähriges, ſeit längerer Zeit krankes Mädchen, das mager und elend ausſah; ſie huſtete und warf aus; ihr Zuſtand hatte ſich verſchlimmert; als ich ſie ſah, hatte ſie Schweiße, Huſten, reichlichen Auswurf von eitrigen, ſtin⸗ kenden Maſſen, fait beſtändiges Fieber und gar keinen Appetit. Bei der Auſcultation fand ich eine unzweifelhafte Pectoriloquie, ſowie alle Zeichen einer großen Excavation an dem oberen, vorde— ren Theile der linken Lunge. Ich ſagte den Aeltern, daß ihre Tochter an phthisis leide und beſchränkte meine Verordnung auf ein beſänftigendes Regimen und balſamiſche Paſtillen. Am 27. desſelben Monats fand ich ſie in demſelben Zuſtande; ich hörte nicht weiter von ihr ſprechen, und ich glaubte ſie todt. Im Mai 1840, fünfzehn Monate nachher, fand ich ſie auf einer Wieſe die Schafe hütend. Ich erfuhr von ihr, daß ſie ſich wohl befinde; daß ſie ihre Regel, ihren Appetit, ſowie ihre Kräfte wieder erlangt habe. Sie verrichtete ihre gewohnten Arbeiten, nur war ſie ungeachtet ihres guten Ausſehens mager und ſchmächtig, wie ſonſt. Seit einiger Zeit war fie von Huſten und Auswurf befreit. Leider hatte ich ſpäter nicht mehr Gelegenheit, die Bruſt dieſes Mädchens zu unterſuchen. Dritter Fall. — Im Juli 1839 wurde ich aufgefordert, eine Frau zu beſuchen, die früher in meinem Wohnhauſe gedient hatte und ſpäter ſich nach einem der geſündeſten Dörfer der Sul⸗ lyer Commune zurückzog. Ich fand eine magere, blaſſe Frau, die über ein ſeit dem Frühling entſtandenes Wechſelſteber klagte. Das Fieber war ein eintägiges mit abendlichen Barorysmen, gegen welches alle Chinapräparate fruchtlos blieben. Sie erzählte mir hierauf, daß ſie gewöhnlich an Catarrh gelitten habe, und daß ſie während des Winters immer von trockenem Huſten gequält werde; daß ſeit dem Eintritte des Fiebers der Catarrh zwar nicht fertgeblieben, der Huſten aber feucht geworden und von reichlichem Auswurfe be⸗ gleitet iſt. Ich konnte den Auswurf nicht ſehen; nach ihrer Aus⸗ ſage indeß hat ſie Blut ausgeworfen, und wie mich ihr Mann 45 3.13. 48 verficherte, hat fie bereits vor ihrer jetzigen Krankheit Blut ges brochen. Sie hatte Beklemmung, etwas Herzklopfen, reichliche Kopf⸗ und Bruſtſchweiße, beſonders in der Nacht, Appetitmangel, gewöhnlich regelmäßigen Stuhl, zuweilen Durchfall. Die phyſica⸗ liſchen Zeichen bei der Auſcultation find mir entfallen; die phy⸗ ſiologiſchen Zeichen erſchienen mir indeß damals ſo charakteriſtiſch, daß ich fie für phthiſiſch erklärte und eine ſchlechte Prognoſe ſtellte. Einige Tage darauf reiſ'te ich nach Paris, ohne ſie wieder zu ſehen, erhielt jedoch über ihren Zuſtand häufige Nachrichten. Sie brachte den Winter in demſelben Zuſtande zu und ſchleppte ſich bis zum Frühling 1840 mit dem Fieber, Huſten, Schweißen u. ſ. w. Um dieſe Zeit verſchlimmerten ſich die Erſcheinungen: Abmagerung und Schwache nahmen bedeutend zu, und als ich ſie im Auguſt zum zweiten Male ſah, fand ich an der Spitze der rech⸗ ten Lunge eine enorme, in voller Eiterung begriffene Tuberfelhöhle, Blafegeräufh, Pectoriloquie u. ſ. w. An den übrigen Stellen der Bruſt hörte man hier und da Schleimraſſeln und crepitirendes Geräuſch; dieſelben Geräuſche fanden ſich auch an der rechten Lun⸗ genſpitze. Die Diarrhoe war haufiger geworden, das Fieber trat täglich unter Froſtſchauern ein, wie fie bei hektiſchem Fieber ges wohnlich nicht beobachtet werden. Während meiner zweimonatli⸗ chen Anweſenheit auf dem Lande ſah ich ſie faſt täglich, ohne ir⸗ end eine ernſte Behandlung einzuleiten, da ich eine ſolche für er⸗ ſelglos hielt. Sie verließ hierauf das Dorf und miethete ſich in dem von mir bewohnten Landhauſe ein, das an dem Ufer eines Fluſſes gelegen, von ungeſunden Gräben umgeben und deſſen Bo⸗ den ſumpfig und fiebererzeugend war. Bei meiner Abreiſe glaubte ich ſicher, daß ſie nicht mehr den Winter überleben würde; dem war jedoch nicht ſo. Immer ſchwächer werdend, befand fie ſich im Mai 1841 in dem letzten Stadium der Auszehrung und des marasmus. Einige Mal ſtand ſie aus dem Bette auf, doch unter der größten Anſtren⸗ gung. Auf der linken Seite war das Blaſegerauſch noch eben ſo ſtark zu hören, wie früher. Mit Ausnahme der rechten Schlüſſel⸗ beingegend, waren an allen Stellen der Bruſt die anderen Geräuſche verſchwunden. Der noch immer eitrige Auswurf nahm eine con- ſiſtente, abgerundete Form an. Es ſtellten ſich um dieſe Zeit häu⸗ fige Ohnmachten ein, in denen ich die Kranke bisweilen für todt hielt. Nach der letzten trat eine Art von Reaction ein. Das ſeit einiger Zeit 77 1 Fieber erſchien von neuem, dazu ges ſellte ſich ein faſt den ganzen Körper einnehmender erythematöjer Ausſchlag. Dieſe Erſcheinungen boten in dem Zuſtande, in wel⸗ chem Pat. ſich befand, keine großen Hoffnungen dar, und als ich ſie im Juli verließ, rechnete ich nicht darauf, ſie künftiges Jahr wieder zu ſehen. Sie brachte den Winter leidlich zu; im Frühling 1842 ge⸗ wann fie an Kräften, im Sommer fand ich fie ganz wohl, und ich glaubte eher in der Diagnoſe mich geirrt zu haben, als eine Wie⸗ derherſtellung unter ſolchen Umftänden vor mir zu ſehen. Ich aus ſcultirte fie und fand links noch das frühere Blaſegeräuſch, aber fein Raſſeln mehr; das Reſpirationsgeräuſch war an dem ganzen Umfange der Bruſt, ſelbſt unter dem rechten Schlüſſelbeine, normal; weder Fieber, noch Schweiße; Pat. aß mit Appetit, verdauete gut, atte ſelten Diarchöe, warf zuweilen aus, doch ſeit fünf bis ſechs onaten nie Blut. Im Jahr 1813 ſah ich die Frau wieder. Sie iſt vollkommen geſund, hat weder Huſten, noch Auswurf, verſieht den beſchwerli⸗ chen Dienſt einer Dienſtfrau auf dem Lande, waſcht, verrichtet die Arbeit im Felde u. ſ. w. Seit dem vorigen Jahre befindet ſie ſich ganz wohl, mit Ausnahme einiger im Marz eingetretenen Wech⸗ ſelfieberanfälle, die durch China ſchnell curirt wurden. Ihrer Anz abe gemäß datirt ſich ihre vollſtändige Wiederherſtellung (Ber: hwinden des Huſtens und Auswurfes) vom September oder Octo⸗ ber 1812 her, alſo ſeit fünfzehn Monaten. Dieſes Jahr habe ich fie wiederholentlich auſcultirt, wobei alle Zeichen für eine voll⸗ Kante Heilung ſprachen. Unter dem linken Schlüſſelbein ift das — noch etwas verlängert und ein wenig blaſend. dem ganzen übrigen Umfange der Bruſt aber normal. Vierter Fall. — Eine Viertelmeile von meinem Wohn: orte befand ſich ein junger Mann von achtzehn Jahren, den ein Arzt für bruſtkrank im letzten Stadium erklärt hatte, und den ich auf Verlangen beſuchte. Villain war Müllerburfche bei feinem Vater in der neuen Mühle am Noain; er lag im Sterben, als ich ihn ſah. Seine Mutter iſt ſchwachlich und von häufigem Hu⸗ ſten geplagt. Sein Vater war geſtorben, an welcher Krankheit weiß ich nicht. Was Pat. ſelbſt anbetrifft, ſo ſah er, wie die Kin⸗ der in Sully überhaupt, mager und ſchwaͤchlich aus und ſchien kaum dreizehn Jahr alt. Sein kränklicher Zuſtand wurde früher dem Fieber zugeſchrieben und demgemäß behandelt; immer von Hu⸗ ſten gequält, wurde er voriges Jahr faſt um dieſelbe Zeit bettläge— rig und blieb von damals her ſehr ſchwach. Während jener Krank⸗ heit, ſowie nach derſelben warf er häufig Blut aus und blieb mit nächtlichen Schweißen, Huſten, mit reichlichem Schleimauswurf und Diarrhoe behaftet. Was die Aeltern ganz beſonders beun= ruhigte, war Fieber mit abendlichen Parorysmen, Appetitloſigkeit und immer zunehmender Abmagerung. Seit drei Wochen verließ er das Bett nicht mehr. Als ich ihn ſah, befand er ſich in dem hoͤchſten Grade der Abmagerung, was als Folge einer beſtändigen Diarrhöe zu betrachten war. Kraftloſigkeit, ſchwache, heiſere Stimme, Appetitmangel, bitterer Geſchmack im Munde, keine Leibſchmerzen. Der hartnäckige Huſten war mit eiterartigem Auswurfe verbunden, der in vielem Bron⸗ chialſchleime ſchwamm. Links unter dem Schlüſſelbein etwas Raſ⸗ ſeln, nach hinten matter Pereuſſionston und Blaſegeräuſch; an dem übrigen Theile der Lunge verſtärktes Reſpirationsgeräuſch. Rechts nach vorn unter dem Schlüſſelbeine ſehr ſtarkes, cavernöfes Raſſeln, Gurgelgeräuſch und ſehr matter Ton bei der Percuſſion; der übrige Lungentheil ſchien geſund. Während meines zweimo⸗ natlichen Aufenthaltes in Sully-Latour ſah ich den le vier bis fünf Mal. Meine Verordnungen beſchränkten ſich auf nicht ſehr wirkſame Medicamente, mit Ausnahme eines Brechmittels, das zur Herausbeförderung der verſchluckten Auswurfsmaſſen ge reicht werden mußte. Ich bemerkte während der ganzen Zeit keine Verändernng, ich verließ ihn in einem hoffnungsloſen Zuſtande, mich nur wundernd, daß er es noch fo lange aushielt. Im folgenden Jahre, 1842, erfuhr ich, daß mein Pat. wieder auf den Füßen wäre, daß er jetzt weder huſtet, noch auswirft, mit Appetit eſſe und die Mühlenarbeiten verrichte. Man erzählte mir, daß man ihm gewiſſe Kräuter angerathen habe, daß er ſich danach ſehr wohl befunden, an Kräften zugenommen habe, Schweiße und Durchfall ſich nach und nach vermindert haben, fpäter ganz ver⸗ ſchwunden ſeien; daß er ſeine feuchte Wohnung nicht verlaſſen habe, und daß das Fieber bereits ſeit acht oder zehn Monaten ausge⸗ blieben. Ich hatte keine Gelegenheit, damals den Kranken zu ſehen. Vorigen Sommer (1843) unterließ ich nicht bei meiner An⸗ kunft, mich nach dem Knaben zu erkundigen. Ich erfuhr, daß er immer noch geſund ſei, und daß er eine andere Mühle bewohne. Ich beeilte mich, ihn zu ſehen. Ich fand einen wohl ausſehenden, robuſten, jungen Menſchen von 21 Jahren, an dem keine Spur von dem Bu leidenden Zuſtande zu bemerken war, und den ich kaum wiedererkannte. Ich nahm bei der Unterſuchung der Bruſt nichts weiter wahr, als eine kleinere Wölbung des vordern, obern Theils der rechten Bruſthalfte, wo das Reſpirationsgeräuſch minder deut⸗ lich, als an der übrigen Bruſt zu fein ſchien. Er war immer noch Muüllerburſche, lief weite Strecken, trug Mehlſacke auf dem Rücken, ſetzte ſich fortwährend der kalten Luft aus und behielt deſſenunge⸗ achtet ſtets eine vortreffliche Geſundheit. (Annales d’Hygiene publ., Janvier 1845.) Miſcellen. (7) Fettentartung des Herzens. Von Dr. Stokes. — Ein 50 jähriger Mann wurde im Zuſtande großer Schwache in Folge mangelhafter Nahrung in das Meath: Spital aufgenom⸗ men. Die geringſte Anſtrengung veranlaßte große Erſchopfung, die Herzaction war ſchwach, die Herztöne gleichfalls ſchwach, aber normal, Der Kranke ſtarb ganz plotzlich. Bei der Sec⸗ tion fand ſich in der linken pleura eine Quantität Serum; die 47 3. Lungen waren geſund. Das Herz erſchien anfangs ſehr groß, was aber nur von einer beträchtlichen Ablagerung von Fett im Herz— beutel herrührte. Der Sack des pericardium war obliterirt, der linke Ventrikel ſehr groß und erweitert und die Muskelſubſtanz des— ſelben ſehr ſchlaff, die des rechten Ventrikels atrophiſch und nach außen mit reichlichem Fette bedeckt. Um den Urſprung der chor- dae tendineae war gleichfalls Fett abgelagert. — Dieſe Bett: degeneration des Herzens iſt früher von Hrn. Ad ams beſchrieben worden, welcher 2 Fälle in den Dublin Hosp. Rep. vol. IV. mit⸗ getheilt hat. In beiden Fallen waren während des Lebens wie— derholt apoplektiſche Anfälle eingetreten. — Das Uebel beruht höchſt wahrſcheinlich auf dem Vorhandenſein von freiem Oel im Blute in Folge geſchwächter Aſſimilationskraft und mangelnder Energie des Kreislaufes; es gehört zumeiſt dem höheren Lebens— alter an und endet durch Ruptur oder apoplektiſche Anfälle plötzlich tödtlich. (Dublin Quart. Journ., May 1846.) SI Plötzlicher Tod in Folge einer theilweiſen Di- latation des rechten Herzens; von Dr. Canella in dem Giornale dei progressi di med., März 1844, mitgetheilt. — Ein 62jähriges Weib, vollkommen geſund, ſturzte, als ſie ſich mit anderen Frauen unterhielt, plötzlich auf die rechte Seite hin und ſtarb augenblicklich. Bei der Obduction fand man in der Schädelhöhle einige Blutgefäße auf dem rechten Gehirnlappen zerriſſen, andere mit Blut überfüllt. Ungefähr auf der Mitte der rechten Hemi⸗ ſphäre ſah man in der arachnoidea und pia mater zwei aus pla⸗ ſtiſcher Lymphe beſtehende, einen halben Zoll einnehmende Exſudate. In der Bruſt erſchien die linke Lunge an ihrem unteren Theile etwas ſchwärzlich; das Herz hatte ſeine normale Lage. Auf der Mitte des rechten Ventrikels befand ſich eine weiche, beim Drucke nachgebende Geſchwulſt, die in ihrem größten Umkreiſe 17 Zoll maß. Nachdem der tumor aufgeſchnitten wurde, wobei 2 Pfund coagulirtes Blut ausfloß, ſah man, daß dasſelbe aus den ausge— dehnten Muskelfaſern beſtand, die die äußere Wand des Herzens nach außen drängten, und daß ſeine Baſis durch einen knorpeligen, 2 Zoll im Durchmeſſer haltenden Ring gebildet war; das übrige Herz, ſowie die großen Arterien- und Venenſtämme boten nichts Bemerkenswerthes dar. — Dieſer Fall iſt das erſte Beiſpiel einer partiellen Dilatation des rechten Ventrikels; ſie iſt der des linken Herzens vollkommen ähnlich, nur iſt der bedeutende Umfang merf- würdig, ſo daß C. verſucht war, ſie eine Hernie des rechten Herzens zu nennen. — Der plötzlich eingetretene Tod läßt ſich nur aus dieſer bedeutenden Degeneration des Herzens erklären, und zwar durch eine in Folge der enormen Geſchwulſt plötzlich eingetre— tene Herzparalyſe. (9) Ueber die Wirkung des Kali hydrojodicum in der syphilis hat Gauthier ausgedehnte Erfahrungen mitgetheilt. — Unter 150 Fällen, in denen er dies Mittel angewandt hatte, trat nur fünf Mal Speichelfluß ein, der von dem durch Queckſilber 2 ſich darin unterſcheidet, daß er ungeachtet des Fortgebrauchs des Mittels von ſelbſt wieder ſchwindet. Einige Mal wurden auch unbedeutende Hauteruptionen beobachtet. — Die beim Gebrauch des Kali hydrojodicum am häufigſten ſich zeigenden Erſchei— nungen ſind vermehrte Eßluſt, geſundere Geſichtsfarbe, beſſere Er— 6. 48 nährung des Körpers und vermehrte Diureſe. Das Kali hydro- jodicum zeigte ſich G. nützlich bei ſecundären und tertiären ſyphi⸗ litiſchen Symptomen. Nach mehrtägigem Gebrauch des Mittels ſah er die unerträglichſten Knochenſchmerzen ſchwinden; jede Art von caries, ozaena mit caries der Naſen⸗ und Gaumenknochen nahm bei Anwendung dieſes Mittels einen beſſeren Charakter an und ging bald zur Heilung über. Dasſelbe war der Fall bei gummata, Perioſtoſen, Tuberkeln, in Verſchwärung übergegangenen tuberculöſen Syphiliden; bei weit um ſich greifenden Hautzerſtörun⸗ gen mit Deftruction der tiefer liegenden Gebilde; bei phlyzaciſchen Sypbiliden (großpuftlig), bei ecthyma; endlich bei allen geſchwü⸗ rigen Syphiliden. — Nicht zu paſſen ſchien ihm das Kali hydro- jodicum in den eranthematifchen, papulöfen und fquamöfen Syphi⸗ liden. ar war es von der höchſten Wirkſamkeit in allen bes deutenden Fällen von ſecundärer und tertiärer syphilis, wo die Con⸗ ſtitution des Kranken ſtark deteriorirt war. — Die Dofis des Kali hydrojodicum, mit welcher G. den Anfang macht, iſt 20—25 Cen⸗ tigramm (3 — 4 Gr.) täglich; er ſteigert die Doſis allmälig bis auf einige Grammen. Am häufigſten war die höchſte tägliche Dofis 3 Gramme (D]), ſelten A, und nur in Ausnahmsfällen betrug fie 7—8 Gramme. Das Medicament muß noch lange nach dem Verſchwinden der ſyphilitiſchen Erſcheinungen fortgebraucht werden. Bei Verdauungs⸗ beſchwerden iſt Syrup. Diacodii ein gutes adjuvans. — G. be: dient ſich folgender Formel: 2 Gramm Salep und 15 Gramm Gummi arab. werden mit 6 Glas Waſſer zu einem mucilago ge⸗ kocht und darin das Kali hydrojodicum aufgelöf’t. — Geſchwüre der Nafenhöhle, der Naſe ſowie des Körpers überhaupt werden mit einem Jodwaſſer beſtrichen, das auf 60 Centigramm Kali hydro- jodicum, 2 Gramm Jodtinctur und 150 Gramm deſtillirten Waſ⸗ ſers beſteht. Fünf Recidive hat G. nach dieſer Behandlungs⸗ methode beobachtet. Was aus den übrigen Geheilten geworden iſt, iſt unbekannt. — Zuletzt theilt G. eine Reihe von Beobachtungen mit, welche die ausgezeichneten Heilwirkungen des Jods in der syphi- lis beweiſen. (Observations pratiques sur le traitement des ma- ladies syphilitiques par l’iodure de potassium. Paris et Lyon 1845.) (10) Glücklich verlaufende neunte Schwangerſchaft nach ſiebenmaligem abortus in Folge der Anwen⸗ dung toniſcher Mittel und Aderläſſe. Von Dr. Muſ⸗ ſche. — Mad. V. B., 26 Jahre alt, von lymphatiſcher Con⸗ ſtitution, war bis zu ihrer Verheirathung ſtets geſund geweſen. Nach ihrer erſten Schwangerſchaft kam ſie zur rechten Zeit mit einem gut ausgebildeten Kinde nieder, ſeitdem aber abortirte ſie ſieben Mal zu 3, 5, 6 und 7 Monaten. Verf. wandte eine Reihe toniſirender und antiſpasmodiſcher Mittel (Eiſenpräparate, Alaun, Opium, Baldrian) an, und die Dame fühlte ſich darauf weit kräf⸗ tiger, als früher. Vier Monate ſpäter wurde ſie von Neuem ſchwan⸗ ger; die obige Behandlungsweiſe wurde in gemildertem Grade fort⸗ geſetzt, und einige Tage vor der erſten und zweiten Menſtruations⸗ epoche, ſowie noch zwei Mal vor dem achten Monate zur Ader ge⸗ laſſen. Sie kam zur gehörigen Zeit mit einem kräftigen, wohl⸗ gebildeten Knaben nieder und hat ſeitdem noch 3 Schwangerſchaf⸗ ten regelmäßig bis zu Ende geführt. — Als Urſachen des früheren abortus nimmt Verf. den chlorotiſchen Zuſtand der Mutter und eine paſſive Uterincongeſtion an. (Journ. de méd. de Bruxelles, Oct. 1845.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Historia fisica de Chile, por Claudio Gay. Tom. I. Bo- tanica 8°. (32 Bogen.) Paris 1846. Precis elementaire d’histoire naturelle, par M. G. Delafosse. 5e Edit. 12°. (27°/, Bogen.) Paris 1846.) De Amputatione in articulo pedis. Commentatio auct. Fr. Che- Hus. Acced. IV tabul. lithogr. Heidelb. 1846. 4°. (3%, B.) Nouveaux elemens d’hygiene par le docteur Ch. Londe. 3e. Ed. consid. augmentee; deux Volumes 8°. (89 Bogen.) Paris 1846.) Trait& des poisons ou toxicologie appliquee à la médecine le- gale, à la physiologie et à la therapeutique, par Ch. Flandin. Tome I. 8%. (47 Bogen.) Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. . Fr. v. Froriep gegründete Zeitſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rh. Dr. N. Froriep zu Weimar. No. 4. (Nr. 4. des I. Bandes.) Januar 1847. Druck und Verlag des Landes» Inpuftrie» Gomptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Kthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3½ Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. IV. Ueber eine neue Krankheitserſcheinung bei der Zuckerrunkelrübe im J. 1846. (Nach einem Bericht des Hrn. Payen in d. Akad. d. Wiſſ. zu Paris.) Die Krankheit ſcheint die Runkelrübe zur Zeit ihres Reifens zu befallen und noch fortzudauern, nachdem ſie aus dem Boden gezogen worden. Im Allgemeinen iſt die Run— kelrübenernte dieſes Jahr gut, ihr Saft iſt reichlich und ſehr zuckerhaltig, und man gewinnt mittels verſchiedener Proce— duren ſehr ſchöne Fabrikate. Doch haben ſich in mehreren Fabriken einige auffallende Umſtände ſchon bei den erſten Momenten der Fabrication gezeigt. So hat man in einer neu errichteten Zuckerſiederei in der Nähe von Bouſſu in Belgien eine eigenthümliche Beſchaffenheit des Saftes be— merkt, der unverkennbar alkaliſch iſt, während ſeine nor— male Reaction einen Anflug von Säure beſitzt. Die Ur— ſache dieſer Anomalie muß ohne Zweifel der Erſcheinung zugeſchrieben werden, von welcher weiter unten die Rede ſein wird. Es muß noch bemerkt werden, daß in dieſer Fabrik die Anwendung einer größeren Menge von Kalk, um die Defäcation zu beſchleunigen, und ein ſtärkerer An— theil von Knochenkohle zur Gewinnung eines Zuckers hin— reichend geweſen iſt, der ſich in kurzer Friſt abklären, in Brode formen und dem Verbrauche übergeben läßt. Hr. Papen erfuhr ſpäter von Hrn. Kuhlmann, daß ſich bei Lille in einer ganzen Ernte von 15 Hectaren urbar gemachten Waldbodens ſpecielle Krankheitsſymptome zu zeigen anfingen. Die erſten Zuckerertracte von dieſer Ernte hatten die gewöhnliche Beſchaffenheit, aber die von der Krankheit befallenen Rüben gaben bald kein anderes als ein braunes, ſyrupartiges Product, deſſen Werth ſich nicht über die Melaſſe erhob. Da die Umſtände, unter No. 1981. — 881. — 4. welchen das Phänomen ſeinen Urſprung genommen hat, ganz erceptioneller Natur und von der Art fein können, daß fie ſich anderswo nicht wiederholen, jo hat ſich Hr. Kuhl— mann vorgenommen, alle darauf bezüglichen Einzelheiten ſorgfältig zu beobachten und ſeine weiteren Beobachtungen mitzutheilen. Ein drittes Factum dieſer Art iſt aus der Gegend von Arras zur Kenntniß des Hrn. Payen gekommen, wo man in einer Landwirthſchaft die Cultur der Runkelrübe für Zuckerbereitung ſeit dem J. 1812 betrieben hat. Beim erſten Anblick ſchienen einige Runkelrüben, welche man aus den am ſtärkſten angegriffenen ausgewählt hatte, dasſelbe äußere Anſehen zu haben, wie man es zu Lille beobachtet hat. Hier beſchränkte ſich das Uebel auf einen ſehr geringen Theil der ganzen Maſſe, und obgleich das Abkochen im luft— leeren Raume ſehr langſam vor ſich ging, ſo hatte doch der Zucker des erſten Abſudes Kryſtalle von großem Volum, weiß, reichhaltig und leicht abtropfbar. Folgendes ſind die näheren Anzeichen, wie ſie Hr. Papen feſtgeſtellt hat. Man ſieht rings um die angegriffenen Runkelrüben, vorzüglich aber an den Inſertionspunkten der zerſtörten Blät⸗ ter gelbe Flecken, die ſich über die ganze Rübe verbreiten und dort Einſenkungen und ſelbſt muldenartige, mehr oder weniger tiefe Höhlungen bilden. Wenn man die Runkel⸗ rübe in einer Fläche durchſchneidet, welche die Achſe berührt, ſo wird man fleckige Stellen von veränderlicher Dicke ge wahr werden, die ſich mit ihrer rothen Färbung in der Linie der Gefäßgewebe-Bündel fortſetzen. In einem mehr oder weniger tief eindringenden Gürtel zeigt ſich das Gewebe durchſichtiger, als in den anderen Theilen der Rübe, welche tiefer in der Erde gelegen haben und von der braunen Sub— ſtanz nicht angegriffen worden find. Dieſe krankhaften Er: 4 51 4. ſcheinungen machen nur langſame Fortſchritte, ſo lange die Rüben iſolirt ſind, aber ſie nehmen reißend zu, wenn die— ſelben in Haufen aufgeſchichtet ſind. Wenn man Runkelrübenſchnitte von ſolchen Exempla— ren, die durch die rothe Materie gelitten haben, zwei Stun— den lang aufkochen läßt, ſo zeigen die angegriffenen Theile eine merkbare Verhärtung, während das normale Zellgewebe ſich erweicht und bei dem geringſten Drucke nachgiebt. Dieſe Merkmale genügen, um die ſpecielle Affection von der ge— wöhnlichen zu unterſcheiden; wenn man aber die Unter— ſuchung weiter fortſetzt, ſo erkennt man, daß in der ge— bräunten Gürtelzone ein faſt gänzlicher Verluſt des Zucker— gehaltes eingetreten iſt, und daß überdies in den durchſich— tiger gewordenen Gewebſchichten der Verhältnißtheil kryſtalli— ſirbaren Zuckers vermindert worden, eine beträchtliche Quan— tität Schleimſubſtanz ſich gebildet hat, der Saft keine merk— bare Säure mehr beſitzt und vielmehr eine leichte alkaliſche Reaction darbietet. Endlich zeigt eine unmittelbare Unter— ſuchung unter dem Mikroſkope, wie die gefärbte Subſtanz in das Zellgewebe übergeht und daſelbſt mit einzelnen Fäſer— chen und kugelförmiger Granulation vergeſellſchaftet eindringt. Wenn man erſt iodiſirtes Waſſer und dann Schwefelfäure zwiſchen die Flächen des unterſuchten Körpers hineinbringt, ſo zeigen ſich dieſe Bildungen ſehr klar und leicht unter— ſcheidbar. Alle dieſe Züge ſcheinen große Aehnlichkeit mit der Krankheit zu verrathen, welche die Kartoffeln betroffen hat; doch glaubt ſich Hr. Payen noch nicht berechtigt, die völlige Identität des Uebels anzunehmen, und es dürften allerdings noch vollſtändigere Unterſuchungen, die auf Experimente be— gründet ſind, vorhergehen müſſen, ehe man die Aehnlichkeit, die mögliche Identität oder die entſchiedene Ungleichheit zwi— ſchen den beiden Krankheitszuſtänden feſtſtellen kann. Wie ſich aber auch die Sache verhalten mag, ſo ſcheint doch aus der Natur und den Conſequenzen der factiſchen That— ſachen, wie ſie aufgeführt worden ſind, hervorzugehen, daß man die Runkelrüben, welche ein Anzeichen des Übels an ſich tragen, ſo ſchnell als möglich in Verarbeitung nehmen müſſe. Dieſe Beſchleunigung der Arbeit kann nur äußerſt vortheilhaft für den Zuckergewinn ſein, da man dabei den— ſelben ſowohl in größerer Menge als auch von weit beſſerer Qualität erzielen wird. Was die Grundurſache der krankhaften Veränderung betrifft, ſo hat ſie, nach Hrn. Payens Meinung, wahr— ſcheinlich ihren Sitz in der ausſchließlichen oder allzu oft erneuten Benutzung desſelben Bodens für eine und dieſelbe Pflanzenart. Eine jedes Jahr ſich wiederholende Bodencul— tur gelangt endlich an die Grenze, die ſie ſich gewiſſermaßen ſelbſt geſetzt hat, indem ſie die Schmarotzerinſecten oder Pflanzen, denen ſie ein allzu leichtes Nahrungsmittel dar— bietet, zu ſtark vermehrt. So hat man in der Umgegend von Arras, Lille und Valenciennes ſchon die ſchlimmen Fol: gen erkannt, welche die ausſchließliche Cultur der Runkel— rübe mit ſich führt. Die auf ſolche Weiſe ſeit 10, 12 oder 15 Jahren benutzten Ländereien ſind demnach ein Raub 4. 52 der Inſecten geworden, welche im Allgemeinen ein Mal jedes Jahr die junge Pflanze verderben. Hr. Bayen theilte zu gleicher Zeit einen Brief des Hrn. Kuhlmann mit, in welchem dieſer auf folgende Weiſe den Charakter und den Gang der Krankheit verzeichnet hat: „Beim erſten Auftreten der Krankheit zeigten ſich die näch⸗ ſten Symptome, die man beobachtete, in dem Welkwerden der Blätter. Dieſes Welken hat in den letzten Tagen des Juli Statt gefunden und iſt damals der übergroßen Dürre zugeſchrieben worden. Kurze Zeit nachher trieben von Neuem einige Blätter am Rande des Schlußringes der angegriffenen Runkelrüben hervor, aber die mittle⸗ ren Blätter blieben immer vertrocknet. Bei der Beob- achtung des Verlaufes der Krankheit bemerkt man zusör- derſt auf der Oberfläche der Rüben violettfarbige Flecken mit einem rothen Rande; die Haut ſenkt ſich auf den krank⸗ haften Stellen ein, und bald dringen ſchwärzliche Flecken mehr und mehr in das Zellgewebe, welches darauf eine eigen- thümliche Verhärtung erleidet, was man leicht gewahr wird, wenn man die Rübe durch Kochen erweicht. Wenn die Krankheit weitere Fortſchritte gemacht hat, zeigen ſich Ver⸗ letzungen und äußere Schaden, die oft die ganze Ober⸗ fläche der Rübe einnehmen und durch die Zerſtörung des Zellgewebes zu bedeutender Tiefe eindringen. Die Subſtanz der Runkelrübe, die im Normalzuſtande auf Säuren reagirt, wird alkaliſch, je mehr die Krankheit ſich entwickelt hat, und zuletzt verliert, in einem noch ausgebildeteren Stadium, der Zuckergehalt nach und nach alle Fähigkeit ſich zu kry⸗ ſtalliſiren.“ Hr. Thénard bemerkte hiezu, daß er vermuthe, da die Krankheit anſcheinend nach ihrer erſten Kundgebung an den Blättern ihren weitern Gang von außen nach innen nehme, als ſei dadurch die Möglichkeit gegeben, das Einrei⸗ ßen des Übels dadurch zu verhindern, daß man den Schluß⸗ ring und die Blätter von dem übtigen Theile der Rübe entferne, ſobald man das Vorhandenſein der Krankheit an den Blättern erkenne. Außerdem weiß man, daß der Ver⸗ hältnißtheil des Zuckers bei jungen wie bei der Reife nahen Rüben immer derſelbe mit gleichem Gewichte bleibt. Es würde demzufolge kein anderer Verluſt als in Betreff der Quan- tität der Ernte eintreten. Es ſcheint, daß dieſer Verſuch, die jungen Rüben einzuernten, eine nähere Prüfung wohl verdiene. Auf eine von Hrn. Thénard an Hrn. Payen ge richtete Anfrage, erklärte dieſer, daß er auf ſeiner letzten Reiſe in den nördlichen Departements Frankreichs und nach Belgien habe in Erfahrung bringen können, wie die Kar⸗ toffeln im Allgemeinen viel weniger von der Krankheit an— gegriffen zu fein ſchienen, als man nach den erſten Sym- ptomen habe befürchten müſſen; doch gäbe es, beſonders im Weſten, gewiſſe Oertlichkeiten, wo ſich die Krankheit faſt über den ganzen Umfang der Ernte verbreitet habe. (L’In- stitut, No. 668, 21. Oct. 1846.) 53 41. III. Unterſuchungen über die Saftbewegung in den Pflanzen. Von Dr. Daſſen. III. Abtheilung. (Vergl. N. Not. Br. 39, No. 815. 816.) (Schluß.) Als allgemeines Reſultat dieſer Unterſuchungen in Be— treff des primären Holzes glaubt der Verf. aufſtellen zu müſſen, daß es in Bezug auf die Saftbewegung ſich von dem ſecundären Holze wenig unterſcheide; denn der Mangel der Seitenbewegung im erſten bedingt keinen wahren Un⸗ terſchied, weil die Organe, die im ſecundären Holze dieſe Bewegung ausführen, im primären Holze fehlen. Der Verf. hat bisher nur über die Saftbewegung im primären und ſecundären Holze, als für ſich beſtehenden Theilen, geſpro— chen; in keiner Pflanzenart iſt indeß das ſecundäre Holz für ſich zur Ausübung jener Verrichtung hinreichend; es bedarf hierzu der Hülfe des primären Holzes, und in vielen Fällen hat das letzte zur Leitung der Säfte aus den Wurzeln nach den Blättern wiederum das erſte nöthig. Es ent— ſteht daher die Frage: wie wirken beide Holzarten auf die Saftbewegung in derſelben Pflanze? Andern Orts zeigte der Verf. ſchon, daß das primäre Holz nach oben ſehr zu— nimmt, jo daß dieſes Holz bei einem 30 — 40 jährigen Fich⸗ tenſtamme im Vergleiche mit dem im Hauptſtengel in den Blättern einige hunderttauſend Mal ſtärker iſt. Je älter der Baum wird, je weiter ſich deſſen Zweige ausbreiten, je mehr Knoſpen ſich entwickeln, deſto größer wird dieſer Unterſchied. Schon aus dieſer einzigen Thatſache geht her— vor, daß in unſern gewöhnlichen Bäumen das primäre Holz rings um den Markeanal keinen nennenswerthen Einfluß auf die Saftbewegung haben kann, vielmehr ſcheint es durch— aus keinen Einfluß auszuüben; denn es iſt nun von ſo vielen verhärteten Holzlagen eingeſchloſſen, daß die Würzel— chen, die allein mit den neueren Jahrringen zuſammen— hängen, wohl ſchwerlich ihre Säfte in das ſelbe hinauftreiben können. Wirklich findet man auch in ganz alten Bäumen, die im Frühlinge gefällt werden, die Bündel in der Mark: ſcheide eben ſo trocken, wie das umgebende ſecundäre Holz, während die neueren Jahrringe feucht ſind. Auch verſchwin⸗ den durch Fäulniß in manchen Bäumen die erſten und fol— genden Jahrringe mit den primären Bündeln, während der Baum hierdurch gar nicht zu leiden ſcheint. Es iſt mithin wohl ganz gewiß, daß zwiſchen den Würzelchen und Blät- tern bei unſern gewöhnlichen Bäumen die Verbindung bei⸗ nahe ganz allein durch das ſecundäre Holz hergeſtellt wird. Wie findet das Statt? Wie kommen die Säfte aus den primären Holzbündeln der Würzelchen in das ſecundäre Holz? Ueberall, bei den verſchiedenſten Pflanzen, wo der Verf. den Zuſammenhang der Faſern aus den Würzelchen mit dem ſecundären Holze unterſucht hat, gelangte er zu der Ueber⸗ zeugung, daß die Grundbeſtandtheile dieſer Bündel ſich an ähnliche Theile des ſecundären Gewebes anſchließen. Um aus den Bündeln in dieſes Gewebe überzugehen, iſt es da— her nöthig, daß die Säfte 1) aus den verlängerten Zellen und Gefäßen der primären Bündel fließen, und 2) in die 4. 54 verlängerten Zellen und Gefäße des ſecundären Holzes auf: genommen werden. Die erſte dieſer Erſcheinungen wird durch die auftreibende Kraft der Würzelchen bewirkt, die andere wird hierdurch befördert; aber hier kommt noch et— was anderes zu Hülfe, etwas, das durch künſtliche Verſuche nicht nachgewieſen werden kann. Es iſt nämlich früher ſchon gezeigt worden, daß das Holz bei Mangel an Säften ſich leicht mit Luft anfüllt. Aus dieſer Thatſache läßt ſich ſchließen, daß die Grundbeſtandtheile des Holzes mit etwas angefüllt ſein müſſen, mit anderen Worten, daß ſie mit ei— ner gewiſſen Saugkraft verſehen ſind. Dieſe Kraft durch Zahlen auszudrücken, iſt dem Verf. bis jetzt unmöglich ge— weſen, weil er das Mittel, um die Kraft zu meſſen, noch nicht finden konnte; denn ſoll die genannte Saugkraft thä— tig ſein, ſo darf keine künſtliche Oeffnung zugegen ſein, ein Gegenſtand, der bei Verſuchen nie zu vermeiden iſt. Aber dieſe Kraft beſteht, und als Beweis für dieſelbe führt der Verf. außer der Anfüllung der Pflanze mit Luft die That⸗ ſache an, daß Blätter in abgeſchnittenen Zweigen vertrock— nen, ohne die Feuchtigkeit aus dem ſecundären Holze an ſich zu ziehen, wenn man durch das Bedecken der Schnitt— fläche mit einer Blaſe das Eindringen der Luft unmöglich macht. Vergleichende Verſuche mit abgeſchnittenen Zweigen, von denen einige auf der Schnittfläche geſchloſſen waren, andere nicht, haben dieſe Thatſache beſtätigt. Könnte ſich in ähnlichen Fällen das Holz wieder mit anderen Säften füllen, dann würden die Blätter die vorhandenen an ſich gezogen haben, ſo daß das Holz eine Kraft beſitzt, die Säfte an ſich zu halten, oder wenn ſie entfernt werden, ſich wie— derum zu füllen. Nach dieſer kleinen, nothwendigen Ab— ſchweifung kehrt der Verf. wieder zur Unterſuchung des Ueber— gangs der Säfte aus den primären Wurzelbündeln in das ſecundäre Holz zurück. Dies letzte wird im gewöhnlichen Lauf der Dinge durch die Blätter bewerkſtelligt. Es ent— ſteht folglich eine aufwärtsſteigende Bewegung, und verlän— gerte Zellen und Gefäße des ſecundären Holzes ſaugen mit— hin aus den Würzelchen mit größerer oder geringerer Kraft, je nachdem ſich mehr oder weniger Saft im ſecundären Holze befindet. Iſt dieſes Holz endlich im Anfange des Früh: lings einigermaßen mit Luft gefüllt und fangen die Wür⸗ zelchen an zu wirken, fo find dieſe mit fo vieler Kraft ver— ſehen, daß fie allein die Säfte auftreiben und die Luft aus— treiben; aber dies geht ſchwer und langſam, denn derſelbe Birkenbaum, der ſpäter in einem Tage viele Flaſchen Saft lieferte, hatte nach des Verf. Beobachtungen früher ſechs Wochen nöthig, um dieſe Säfte vom untern Ende des Sten— gels bis in die oberſten Spitzen der Zweige zu treiben. Die beiden Urſachen der Saftaufſteigung, die anziehende Kraft der Blätter und die auftreibende der Würzelchen, find mit⸗ hin beide wirkſam, um den Uebergang der Säfte aus den primären Wurzelfaſern in das ſecundäre Holz zu bewerk— ſtelligen; aber nach den verſchiedenen Jahreszeiten ſind dieſe Kräfte von einander ſehr verſchieden; denn im Frühlinge iſt das Würzelchen beſonders thätig, ſpaͤter find es die Blät⸗ ter, was auch, abgeſehen von den deßhalb angeſtellten Verſuchen, noch daraus hervorgeht, daß im Frühlinge keine 4 * 55 Blätter zugegen find, und im Sommer und Herbſte die Würzelchen theils durch Abſterben, theils durch ihre Aus— bildung zu Wurzeln ſeltener werden. In Betreff dieſes Punktes bleibt noch zu bemerken übrig, daß der Saft auch aus dem ſecundären Holze des Stengels leicht in die primären Wurzelbündel übergehe, was der Verf. auf folgende Weiſe ermittelt. Ein Wurzelzweig der gewöhnlichen Birke wurde, wie früher beſchrieben iſt, dem Drucke der Queckſilberſäule ausgeſetzt. Die Durchſchnitts— fläche des Zweiges wurde nun geſchloſſen und einige Wür— zelchen abgeſchnitten. Bald erſchienen an dieſen Safttro— pfen, die, weggewiſcht, von andern bald erſetzt wurden. Aehn— liches hatte der Verf. ſchon früher beim Weinſtocke beob— achtet, wo er aus einem abgeſchnittenen Würzelchen die helle, aufſteigende Flüſſigkeit tröpfeln ſah, nur mit größerer Schnelligkeit, als bei obigem Verſuche. Trotz der doppel— ten Wände, nämlich derjenigen der verlängerten Zelle und des Gefäßes des primären, ſowie derſelben Wände derſelben Theile des ſecundären Holzes, iſt dennoch der Uebergang der Säfte zwiſchen Wurzel und Stengel ſehr leicht. Man darf ſich hierüber nicht wundern, denn in jeder dieſer Holz— arten müſſen die Säfte unaufhaltſam durch dieſe Wände ſtrömen. Das der Verbindung zwiſchen dem primären Blatt— oder Blumenſtengelbündel und dem ſecundären Holze ent— gegenſtehende Hinderniß iſt weniger leicht zu überwinden; denn ward das Bündel nicht ſelbſt dem Drucke der Queck— ſilberfläche ausgeſetzt, ſo glückte es dem Verf. nicht, Säfte durch dieſe Theile zu treiben. Der Verfaſſer hat auf die gewöhnliche Weiſe Verſuche mit Knoſpen der Birke, der Kaſtanie und des Weinſtocks angeſtellt; aber ungeachtet die Säule verdoppelt, verdreifacht und endlich vervierfacht wurde, ſo fand doch keine Durchrieſelung Statt, wenn der Verf. nur die Knoſpe durchſchnitt; wurde indeß das verhär— tete, ſtets mit einigem ſecundären Holze, das beſonders bei Alnus und Aesculus ſtark entwickelt iſt, umkleidete Stielchen der Knoſpe durchſchnitten, ſo fand einiges Durchſickern Statt. Dieſelben negativen Reſultate erhielt Verf. beim Durchſchnei— den der Blätter; nur dann, wenn der Druck auf den Zweig, auf dem fie entwickelt waren, angewandt wurde, ſank die Queckſilberſäule; aber dann wurde der Druck auch auf die Bündel der Markſcheide ausgeübt, welche in den Blättern endigen. Wiederum dieſelben Reſultate erhielt der Verf. bei durchgeſchnittenen Fruchtſtielen, wenn nicht die unmittel- baren Bündel von dem Drucke getroffen wurden; war dies der Fall, dann fand auch Durchrieſelung, wie bei Aesculus, Statt. Bei Myrica gale gelang indeß das Durchtreiben des Saftes auf keine Weiſe. Knoſpen, Blätter und be— fruchtende Werkzeuge ſind mithin vor der auftreibenden Kraft der Wärzelchen geſchützt; was ſich auch ſchon vermuthen ließ; denn wie würden ſonſt z. B. die zarten Knoſpen des Weinſtocks von der großen Kraft, mit der die Säfte em— porgetrieben werden, unverſehrt bleiben? Auch die anato— miſche Unterſuchung ließ dieſes Reſultat vorausſehen; denn nirgends fand der Verf., daß die Blattbündel ſich ſo innig mit dem ſecundären Holze vereinigten, wie ſolches mit den Wurzelbündeln geſchieht. Das Blattbündel läuft nur durch 4. I. 4. 56 das ſecundäre Holz nach der Markſcheide, wo fie nur auf der einen Seite von ſecundärem Holze umgeben iſt; da hin⸗ gegen die Wurzelbündel ſich in ſehr feine Fäſerchen theilen und entweder auf oder in dem ſecundären Holze endigen, ſo daß dies letzte gleichſam die Fortſetzung der Wurzel⸗ bündel wird; dies gilt jedoch nur von den ſecundären Wür⸗ zelchen; doch dieſe ſind die einzigen, die in einer perenni⸗ renden Pflanze mit ſecundärem Gewebe verſehen ſind, wäh— rend die primären Würzelchen in der ganzen Claſſe der Monocotyledonen fehlen. Das Blatt nimmt mithin in den Pflanzen mit ſecundärem Holze die Feuchtigkeit aus dieſem Holze eben ſo zu ſich, wie die Wurzeln aus der Erde. Doch auch aus dem primären Blatt und den andern Bündeln geht der Saft ſehr leicht in das ſecundäre Holz über, was dem Verf. dadurch deutlich wurde, daß er Zweige, die nur mit dieſen Theilen, Blattſtielen, Blumenſtielen oder Ranken verſehen waren, in Waſſer ſtellte; alsdann ward das ſe— cundäre Holz durch die Thätigkeit der übrigen Blätter ent⸗ leert, aber das in Waſſer geſenkte primäre Bündel hat Ueberfluß, und aus dieſem füllt ſich auf dieſelbe Weiſe das ſecundäre Holz, wie in andern Fällen dieſes aus dem pri— mären. (Nieuw Archief voor binnen- en buitenlandsche Ge- neeskunde in haren geheelen omvang. Door Dr. J. van Deen. I. Jaargang, 5. Stuk.) Miſeelle n. 7. Ueber die Wirkung verſchiedener Düngerarten hat Hr. Kuhlmann eine neue Reihe von Verſuchen bekannt ge⸗ macht, deren wichtigſten Reſultate in folgender Tafel zuſammen⸗ geſtellt ſind. Ernteertrag | Stickſtoffpro⸗ ge Düngende Subſtanz. an Heu von cente im wöhnliche der Hectare. Dünger. Ernte ohne Dünger. Kilogr. 1) Kein Dünger 3820 2) Ammonialaliſches Waj- fer aus den Gasanſtal⸗ ten, mit dem ſauren Waf- ſer aus den Anſtalten zur Bereitung der Kno⸗ chenkohle neutraliſirt ) — 26,43 6916 3) Natronſalpeter — 15,74 4752 4) Kalkſalpeter . » — 17,00 3710 5) Chlorcalcium .. — — 0 6) Schwefelſaures Ammo⸗ R — 20,30 3436 7 Phosphorſaures Natron — — 0 8) Knochenaſche . 2 — — 0 9) Knochenleim — 16,51 3104 10) Guano von In — 4,98 8500 11) — 4,38 10595 12) Leinolkuchen 8 — 5,20 1442 1 Rübßssd — — 0 1) = Be. — — 0 15) Stärkemehl. — — 0 16) Stärfe zucker — — 0 (Ann. de Chim. & de Phys., „Oct. 1846.) ) Dieſe Düngerflüſſigkeit enthielt ſämmtlichen aus den Knochen ertrahirten phosphorſauren Kalk. 57 4. I. 4. 58 8. Vor ungefähr 12 Jahren hatte ein Herr Mich our, mit ſei⸗ nem Hunde ſpielend, dieſem einige Geldſtücke hingeworfen, von denen derſelbe ein ſilbernes Fünffrankſtück und einen großen Sou von Glockenmetall verſchluckt hatte, ohne dadurch augenblicklich oder in der Folge beläſtigt zu fein. Vor Kurzem ſtarb dieſer Hund durch einen hiervon völlig unabhängigen Zufall. Bei der ange⸗ ſtellten Section fanden ſich beide Münzen noch im Magen. Die Silbermünze war ſcheinbar unverändert, aber ihr Gewicht von 25 Gr. auf 23,425 Gr. vermindert. Die Kupfermünze war ſehr dünn geworden und mit einem ſchwarzen Ueberzuge von Schwefel⸗ kupfer (2) bedeckt; ihr Gewicht hatte ſich von 20 Gr. auf 5,505 Gr. vermindert. Hätte das Thier länger gelebt, würde ſie wahrſchein⸗ lich ganz aufgeloſ't worden fein. (L'Institut, No. 674, 2. Dechr. 1846, p. 398.) Heilkunde. (III.) Neue Form von innerer Einklemmung durch ſogenannte Darmverſchlingung. Von Dr. Michel Levy. Rey, 25 Jahre alt, Municipalgardiſt, wurde am 23. Januar um 6 Uhr Morgens nach dem Hoſpital Val-de— Gräce gebracht. Er iſt groß gewachſen, robuſt, wohl ge: nährt und von ſanguiniſch-nervöſem Temperamente. Ge— ſtern (am 22.), nachdem er mit einem Urlaub auf kurze Zeit ausgegangen war, beſchleunigte er ſeinen Rückweg, um gegen 8 Uhr Abends auf dem Magdalenenplatze einzutreffen. Hier angelangt, nahm er, ohne einen Augenblick auszuruhen, ſeine Mahlzeit aus Hammelfleiſch, Kartoffeln, Bohnen und Pflaumen beſtehend, zu ſich, trank darauf einige Glas Waſ— fer und lief ſofort mit einigen Kameraden nach der Kaſerne zurück. Er hatte kaum ſeinen Poſten erreicht, als er plötz— lich heftige Kolikſchmerzen verſpürte, die die ganze Nacht hindurch anhielten und gegen 6 Uhr Morgens ſeine Auf— nahme ins Hoſpital nöthig machten. Pat. liegt auf dem Rücken, iſt blaß; das Geſicht Schmerz verrathend, doch nicht gerunzelt, die Augen tief liegend; Hauttemperatur mäßig; Puls ein wenig beſchleu— nigt, ſchwach, zuſammengezogen; die Zunge trocken, in der Mitte weißlich; Durſt lebhaft; häufiges Aufſtoßen, Brech— neigung, kein Erbrechen; der Leib aufgetrieben; durch die Bauchwandungen ſind die einzelnen Darmſchlingen wahrzu— nehmen, die ungleich ausgedehnt die Bauchwand ſpannen. Der leiſeſte Druck auf den Unterleib bringt die lebhafteſten Schmerzen hervor, und der Kranke ſtößt dabei einen eigen— thümlichen Schrei aus. In der linken Darmbein- und Nabelgegend ergiebt die Percuſſion einen Luftton; in der rechten Darmbeingegend erſcheint der Ton in einem ziem⸗ lichen Umfange matt. Seit geſtern Morgens kein Stuhl. Die Urſache dieſer Erſcheinungen war leicht einzuſehen. Das nach einem ermüdenden Wege eingenommene Mahl, welchem bald ein zweites folgte, konnte nur unsvollſtändig chymificirt werden; die Speiſen gingen größtentheils unver: daut in den Dünndarm über, der ſich um die zur Chy- lification nicht geeigneten Stoffe heftig zuſammenzog, da ſie auf deſſen Schleimhaut wie ein fremder Reiz wirkten. Zu dieſen tumultuariſchen periſtaltiſchen Bewegungen geſellten ſich nun noch heftige Erſchütterungen des durch feſte, flüſſige und gasartige Subſtanzen ungleichmäßig ausgedehnten Dünn⸗ darms hinzu, ſo daß die freieren Theile desſelben ſich um— rollten und einkeilten. Dieſe Anſicht wurde durch die von Londe an zwei Hunden angeſtellten Verſuche beſtätigt, von denen der eine nach einer reichlichen Mahlzeit zu einer an— geſtrengten Bewegung gezwungen wurde, während der an— dere danach ruhig blieb. Nach dem Tode fand ſich bei dem erſten der Magen leer und der Darm mit unverdauten Spei— ſen angefüllt; bei dem zweiten enthielt der Magen noch ſeinen ganzen Speiſebrei. Nur zwei Umſtände machten die ſichere Diagnoſe einer Einklemmung zweifelhaft; 1) die Ab— weſenheit eines firen, umſchriebenen, örtlichen Schmerzes; 2) das Nichtvorhandenſein von Erbrechen. Iſt eine Ein⸗ klemmung vorhanden, ſo vermag die Kunſt hierbei nichts und die Symptome müſſen unaufhaltſam ſich ſteigern; iſt keine da, ſo bleibt nichts weiter zu thun, als den Krampf zu heben, und die Ausleerung der unverdauten im Dünn— darme angehäuften Maſſen zu befördern. Ich verordnete Diät, Lindenblütheninfus, Aether, narkotiſche Kataplasmen über den Unterleib, Oelklyſtier, warmes Bad. Pat. konnte im Bade nicht bleiben; beim Herausſtei— gen trat eine Ohnmacht von kurzer Dauer ein. Am Abend verordnete ich ein abführendes Klyſtir, das eben ſo wie das erſte ohne Wirkung wieder abging. Es ſtellten ſich von Neuem Brechneigungen ein; galliges Erbrechen. Um ſechs Ubr Abends klagt Pat. über unerträgliche Kolikſchmerzen in der Nabelgegend: 50 Blutegel auf den Unterleib appli- cirt, bringen keine Linderung hervor. Die Schmerzen dauern die ganze Nacht hindurch. Am 24. Morgens klagt der Kranke, der bei vollem Bewußtſein iſt, über unauslöſchlichen Durſt und fortdauernde Kolikſchmerzen. Das Geſicht iſt blaß und gerunzelt; die halb geöffneten Augen drücken ein tiefes Leiden aus; der Puls iſt beſchleunigt, klein, faſt fadenförmig. Die Zunge weiß und trocken; die Bauchwand hart und ſo geſpannt, daß ſie ſich nicht eindrücken läßt, und ſo ſchmerzhaft, daß fie jede Unterſuchung unmöglich macht; anhaltende Stuhl: verſtopfung. — Behandlung. — Leichtes Lindenblü— theninfus, 40 Blutegel auf den Unterleib, Klyſtir, das ſo⸗ gleich wieder abgeht. Die Füße werden kalt. Wärmflaſche an den Füßen, Sinapismen an den Waden; die Kataplasmen werden fort— eſetzt. > Die Schmerzen nehmen an Heftigkeit zu, zwei- oder 59 dreimaliges Erbrechen von Schleim und den genoſſenen Ge— tränken. Gegen Mittag Consulfionen; die Kälte der Extre— mitäten nimmt zu, die Cauteriſationen wechſeln mit Ohn— macht ab, um 1 Uhr erfolgt der Tod. 36 Stunden ſpäter wurde die Section von Hrn. Bel: lin gemacht; das Präparat wurde von Hrn. Pariſe unterſucht und der pathologiſch-anatomiſchen Sammlung des Hoſpitals einverleibt. Die Leiche hatte das Ausſehen eines Menſchen, der in der vollen Blüthe ſeiner Geſundheit durch einen plötzlichen Todesfall hinweggerafft worden. Lungen, Herz, ſeröſe Häute, Gehirn vollkommen normal. Das peritonaeum enthält ungefähr zwei Pfund dunkelbrau— nes, ſchmieriges Waſſer. Dieſes mit aufgelöſ'tem Blute ge— miſchte Serum nimmt die Beckenhöhle und die zwiſchen den Darmſchlingen befindlichen Räume ein. Der ſeröſe Ueberzug bietet unreine gleichförmige, offenbar cadaveröſe Röthe dar. Keine Spur von Pſeudomembranen, noch ſonſtigen krank— haften Producten. Die Dünndarmſchlingen find durch Luft und Flüſſig— keiten ſtark ausgedehnt. Am untern Theile iſt der Darm bräunlich, ſelbſt ſchwärzlich, während er nach oben durch ſeine Blutleere auffällt. Leber und Milz, von normaler Größe, erſcheinen feſt, wenig gefärbt, wenig Blut enthaltend; die Gallenblaſe mit einer dicken, ſchwarzen, ſchmierigen Galle angefüllt. Nieren und Blaſe geſund. Ich ließ mehrere Suturen am oesophagus, duodenum und einigen Stellen des Darmes anlegen, um die etwa in denſelben enthaltenen Sub— ſtanzen nicht austreten zu laſſen. Hierauf wurde Magen und Darmcanal, letzter vom mesenterium gelöſ't, aus der Bauch— höhle entfernt. Während der Lostrennung bemerkte ich rechts vor dem vierten Lendenwirbel einen durch den Darm ſelbſt gebildeten Ring, in welchen zwei Darmſchlingen eingeklemmt waren. Man ſieht deutlich ein Darmdivertikel, das in Form eines Knotens zwei Darmſchlingen wie eine 8 umfaßt. Die Art der Bildung und des Zuſammenhanges des Kno— tens mit dem mesenterium war ſchwer zu begreifen, da die— ſes zum großen Theil bereits getrennt war. Einige der anweſenden Aerzte glaubten, daß dieſer Knoten in Folge einer Perforation des mesenterium entſtanden ſei. Ich und Pariſe, der das Präparat genau unterſuchte, waren nicht dieſer Meinung. Der von dem Knoten umſchlun— gene Darmtheil hat wenigſtens 2 Meter Länge und be— ſteht aus zwei Schlingen des untern Ileumtheils, der nur an feinen unterſten 12 Centimetern, wo er mit der valvula ileo-coecalis zuſammenhängt, frei erſcheint. Die Form des Knotens war folgende. Da, wo die beiden Darmſchlingen in einander über— gingen, gegen die Mitte des eingeklemmten Darmtheils, un— gefähr 1 Meter oberhalb der valvula ileo-coecalis, ſieht man von der freien Darmfläche ein Divertikel abgehen, das im aufgeblaſenen Zuſtande gleichen Durchmeſſer mit dem Darme ſelbſt hat und von allen Darmhäuten gebildet iſt. An ſei— nem Urſprunge dilatirt, verengt ſich das Divertikel gegen ſeine Mitte hin bis zu einem platten Bande und läuft end— lich in eine abgerundete, mit Luft angefüllte, hühnereigroße 4.1. 4. 60 Blaſe aus. Zuerſt ſteigt dieſes Divertikel in die Höhe, krümmt ſich dann nach links, umgiebt den Stiel der obern Schlinge, wendet ſich nun nach rechts und erſcheint endlich mit feinem Blaſenende in der Bifurcationsſtelle, da gerade, wo es entſprungen iſt und wo das Blaſenende eingekeilt ſich zeigt. Aus dieſer Beſchreibung erſieht man, daß die obere Darmſchlinge mit dem ſie umgebenden Divertifel eine Art Schleife bildet, die ſich leicht löſen ließe, wenn nicht das blaſenförmige Ende des letztern, ähnlich einem Tampon, die Unlöslichkeit bewirkte. Man konnte ſich von dieſem Ver⸗ halten der Theile leicht überzeugen, wenn man die Ver⸗ ſchlingung etwas lockerte. Zog man alsdann an dem obern Ende des Darmes, ſo ging die eingeklemmte Darmſchlinge zurück, der Knoten löſ'te ſich, und die Einklemmung war gehoben. Zog man hingegen die ganze Darmſchlinge oder den dem Divertikel zunächſt liegenden Theil derſelben an, ſo wurde die Einklemmung noch ſtärker. Das Blaſenende des Divertikels ſpielte alſo bei der Einklemmung die Haupt⸗ rolle. Dieſe verſchwand, ſowie man die Luft aus dem Bla⸗ ſenende entleerte. Die Einklemmung der untern Darmſchlinge geſchah auf folgende Weiſe. Der Dünndarm ſteigt, nachdem er das Divertikel abgegeben hat, weiter abwärts, bildet eine Schlinge von 1 Meter Länge, wendet ſich dann wieder zum Knoten hin⸗ auf, und durch denſelben durchdringend, geht er in den Blind— darm über. Man kann ſich die Einklemmung dieſer Darm⸗ ſchlinge nicht anders denken, als durch eine rotirende Be— wegung, die fie um ihre Achſe gemacht und jo das Diser- tikel, bevor die obere Schlinge von demſelben umfaßt war, mit ſich fortgezogen hat. Was das Innere des Darmcanals anbetrifft, jo war der Magen ganz leer, blaß und mit ſeinen Wänden ſich faſt berührend; die Schleimhaut des kundus war mit unregel- mäßigen, ſchieferfarbenen Flecken bedeckt. Das duodenum und ein großer Theil des jejunum, ebenfalls leer, zeichnete ſich ebenſo wie der Magen durch blaſſe Färbung und Blut⸗ leere aus; die valvulae conniventes waren weniger deutlich, als im Normalzuſtande. Je näher der Einklemmung, deſto weiter wurde das jejunum, in deſſen Höhle eine große Quan⸗ tität durch Blut ſchwarz gefärbter Flüſſigkeit und eine Menge faſt völlig unveränderter Speiſen (Hammelfleiſch, Bohnen, Kartoffeln, Pflaumen) ſich befand. Die erſte, ebenfalls ſtark ausgedehnte Darmſchlinge enthielt dieſelbe ſchwarze Flüſſig— keit mit Speiſereſten vermengt. Die zweite, weniger aus⸗ gedehnte, von der Einklemmung umfaßte Schlinge war bloß mit der genannten Flüſſigkeit und Gaſen angefüllt. In dem Blaſenende des Divertikels fand Pariſe nur Luft, ich und Pellin glauben indeß auch Flüſſigkeit darin angetroffen zu haben. Der unterhalb der Einklemmung gelegene Theil des ileum, ſowie die dicken Gedärme waren zuſammengezogen, ſonſt vollkommen normal. Die Wandungen der dilatirten Darmtheile waren verdickt, dunkel gefärbt, theilweiſe roth, braun, ſchwarz; die Gefäße derſelben ſtark injieirt, das zwi⸗ ſchen den Häuten liegende Zellgewebe mit Blut infiltrirt; namentlich fand ſich dieſe Infiltration an der mit dem me- 61 En. senterium zuſammenhängenden Darmwand. An eine Rup— tur irgend eines größern Gefäßes war nicht zu denken, da das peritonaeum überall unverletzt war. Die Schleimhaut löſ'te ſich leicht von der fibröſen ab; die Falten derſelben ſind ausgeglichen, ſelbſt in dem über der Einklemmung ge— legenen Theil. In den eingeklemmten Darmſchlingen ſelbſt und etwas höher hinauf bietet die Schleimhaut eine auf— fallende Veränderung dar. Man ſieht nämlich auf derſel⸗ ben neben einander gruppirte, kleine, flache Vertiefungen mit ſenkrechten Wandungen, die durch Scheidewände von einander getrennt find und einige Ahnlichkeit mit Bienen⸗ zellen haben. Die zwiſchen dieſen Gruppen befindliche Schleim⸗ haut iſt in ihrem Ausſehen von der übrigen Darmſchleim— haut nicht verſchieden. Die Gruppen haben an einigen Stellen etwas Regelmäßiges, indem die Grübchen gleiche Form und Große haben, welche letzte einem Nadelkopfe gleicht. Nach oben bin erſcheinen dieſe Grübchen größer, weniger regelmäßig. Gegen das Licht gehalten, erſcheint der Darm in der Gegend dieſer Grübchen dünner und durchſichtiger. In der Umgegend iſt weder eine Ekchymoſe, noch eine Zer— reißung wahrzunehmen. Zwiſchen den Gruppen befinden ſich hie und da einzelne Grübchen, die den iſolirten Darm— follikeln entſprechen. Dieſe Vertiefungen ſcheinen hier zu— nächſt durch die Glättung der Follikel hervorgebracht, welche wiederum durch die ſtarke Spannung der Darmhäute über— haupt und der Schleimhaut insbeſondere veranlaßt wurden. Auf dieſe Weiſe erklärt ſich leicht die regelmäßige Form der Eindrücke, die Durchſichtigkeit der Schleimhaut an dieſen Stellen, ſowie endlich der Umſtand, daß das unterhalb der Einklemmung befindliche Ileumende, wo, wie bekannt, zahl: reiche Follikelgruppen ſich finden, gar keine Eindrücke zeigte. Dieſer Fall, der ſeiner hohen Wichtigkeit wegen aus— führlich mitgetheilt werden mußte, liefert ein Beiſpiel, wie wenig die Kunſt bei innern Einklemmungen vermag; denn welcher Chirurg würde wohl hier an eine Operation den- fen, die für den Kranken eben fo gefährlich werden muß, wie die Einklemmung ſelbſt? Die Phyftologie und die Hygienik können in dieſem Falle die Beſtätigung ihrer Anſicht finden, in Bezug auf gewiſſe Bedingungen, die der regelmäßige Gang des Ver⸗ dauungsgeſchaͤfts nothwendig vorausſetzt. Wenn der Magen Subſtanzen erhält, die ihm zuwider find oder den Bebürf- niſſen des Organismus überhaupt nicht entſprechen, ſo ent⸗ leert er ſie durch Erbrechen. Dieſes kann aber nur dann geſchehen, wenn die Muskelkraft des Magens unverlegt iſt, welche nun ihrerſeits eine gehörige Innervation und eine hinreichende Quantität Blut vorausſetzt. In dem erzähl⸗ ten Falle bekam der Magen Nahrungsmittel, nicht aber die zur Verarbeitung derſelben erforderliche Quantität Blut. Dieſes war durch die der Mahlzeit vorangegangene ſtarke Körperbewegung nach dem Muskelſyſteme hingeleitet; das ſchnelle, anhaltende Gehen, das der Mahlzeit folgte, hielt das Blut im Bewegungsapparate zurück, ſo daß dem Magen dadurch die hinreichende Blutmenge fehlte, ſowohl für die Chymification, als für die Elimination der ihm zugeführ⸗ ten Stoffe. Er verhielt ſich alſo mehr paſſiv, und ließ ſie 4. 62 unverändert in den Darm übergehen, welcher Uebergang noch durch die Erſchütterungen, ſowie durch den wiederhol— ten Druck des Zwerchfells begünſtigt wurde, zu dem das angeſtrengte Athmen während des ſchnellen Gehens Veran— laflung gab. Die nicht chymifieirten Speiſen drangen nun durch den obern Theil des Dünndarms, ohne irgend eine Reaction hervorzurufen; der untere Theil aber zog ſich hef— tig zuſammen, um dieſe fremden Körper auszutreiben und verurſachte ſo die Einklemmung. Die Hygienik verbietet, unmittelbar nach einer ange— ſtrengten Bewegung zu eſſen. Die energiſche Thätigkeit der Bewegungsorgane hat die Reſpiration und die Circulation beſchleunigt, ſtarke Wärmeentwickelung und Nerventhätigkeit im Muskelapparate bewirkt; man muß alſo warten, bis ſich das Gleichgewicht wiederhergeſtellt hat. Ebenſo verbietet ſie heftige Bewegungen nach dem Eſſen. In der That wird durch die Bewegung Blut und Nerveneinfluß nach den Mus— keln hin und vom Magen abgeleitet. Dieſe Erſcheinung iſt in dieſem Falle durch die auffallende Blutleere des Magens zur Evidenz erwieſen. Endlich erſieht man aus dieſer Beobachtung, wie ſtark die revulſoriſche Kraft der Muskelbewegung auf die inne— ren Organe iſt; daher die Muskel- und gymnaſtiſche Be— wegung mit Recht von dem Arzte als das kräftigſte Mittel empfohlen wird, um Stockungen in den Gefäßen und Ner— ven der Eingeweide vorzubeugen. (Gazette med, de Paris No. 9.) Miſecellen. (10 Fälle von finuöfen Geſchwüren in Folge von Erfoliation der Beckenknochen. Von Prof. Syme. — 1) John Robertſon, 30 Jahre alt, wurde am 13. Dec. 1845 in einem Zuſtande ungemeiner Erſchoͤpfung, in Folge anhaltender profuſer Eiterabſonderung aus mehreren kleinen Oeffnungen am Unterſchenkel und am Oberſchenkel, ins Spital aufgenommen. Er bot in jeder Beziehung das Ausſehen eines an tabes dorsualis im letzten Stadium Leidenden dar; die Eiterabſonderung war ſehr ſtark und von höchit unangenehmem Geruche. Er gab an, daß er, früher vollkommen geſund, vor 16 Monaten, nachdem er 3 Tage hindurch mit dem Aufladen von Sand auf Wagen e ge⸗ weſen war, bald darauf heftige Schmerzen in den Lenden, beſon⸗ ders an der inneren Seite empfunden hatte. Binnen 2 Monaten hatte ſich darauf allmälig ein wenig unterhalb der linken Weiche eine Anſchwellung gebildet, welche nach weiteren 2 Monaten ſich öffnete und eine große Menge Eiter entleerte; nach und nach wa— ren dann die anderen Oeffnungen oberhalb der Harnblaſengegend entſtanden. Bei Einführung der Sonde ſtieß dieſelbe auf ein ne— krotiſches Knochenſtück; die Oeffnung wurde nun erweitert und 2 Knochenſtücke von resp. 1“ und 1½“ Länge und // —ô“ Breite herausgezogen. Dieſelben beſtanden aus ſchwammigem oder zelligem Knochengewebe, und eins derſelben ſchien ein Stück vom tuber ischii zu fein. Der Ausfluß verminderte ſich alsbald und hörte dann ganz auf, die Geſchwüre ſchloſſen ſich, und der Kranke er⸗ langte ſehr raſch feine Kräfte und feine frühere Geſundheit wie: der. — 2) Alex. Paterſon, 18 Jahre alt, wurde am 20. Ja⸗ nuar a. e. wegen einer Harnröhrenverengerung ins Spital auf: enommen. Er hatte 8 Monate vorher durch das Auffallen eines eiſernen Maſchinenſtücks auf das Becken eine heftige Quet— ſchung erlitten, worauf Harnertravaſation und ausgebreitete bran⸗ dige Zerſtörung des Dammes eintraten und nach einem Monat ein Knochenſtück ſich ablöfte. Die Wunde verheilte darauf allmälig, 63 4. I. 4. 64 aber das Harnen wurde ſehr erſchwert, und endlich floß der Harn nicht mehr auf dem normalen Wege, ſondern durch eine Oeffnung am Damme ab, welche auf der rechten Seite nahe an der Hüfte inmitten einer breiten und ſehr feſten Narbe ſich befand. Die Unterſuchung ergab eine fehr enge Structur am bulbus urethrae; da jedoch ein kleines Bougie eingeführt werden konnte, fo wurde die Structur allmälig ſo dilatirt, daß eine Bougie von mittlerem Umfange in die Blaſe eingeführt werden konnte, welche auf die— ſem Wege auf eine harte, Fnochenartige Subſtanz ſtieß. Verf. führte nun am 5. Febr. eine Hohlſonde in die Blaſe ein, machte av linken Seite des Dammes eine große Ineiſion, erweiterte die Oeffnung und zog zwei Knochenſtücke von 2“ Länge und 1 Breite (wahrſcheinlich Portionen von der symphysis pubis) heraus. Der Kranke erholte ſich ſehr bald und wurde am 10. März völlig ge— heilt entlaſſen. (Monthly Journal, Febr. 1846.) (12) Morfee iſt der Name einer Krankheit, welche längs der Ufer des Rio de la Plata bis zum Amazonenfluß herrſcht und am mei— ſten dem Pellagra ähnlich iſt. Hr. Rendu, der im Auftrag der fran— zöſiſchen Regierung Südamerica bereiſ'te, beſchreibt ſie folgenderma— ßen. Zuerſt zeigen ſich Flecken auf der Haut, nach einigen Monaten werden dieſe zu harten Knoten, über denen die Haut ihre Em— pfindlichkeit verliert. Dieſe Knoten können ſich wieder zertheilen, ſie können geſchwürig werden, am häufigſten aber dauern ſie fort, nehmen am Umfang und Härte zu, in manchen Fällen wird die Naſen— ſchleimhaut ergriffen, es folgt Zerſtörung der Naſenknochen, und wenn die Luftröhre ergriffen wird, ſehr bald der Tod. Außerdem klagen die Kranken über Muskelkrämpfe, Ameiſenkriechen in den Gliedern und Somnolenz. Eines der auffallendſten Symptome iſt Brüchigkeit der Nägel und brandige Abſtoßung der Phalangen. Alle Verſuche der Heilung ſind bis jetzt erfolglos geweſen. Die einzige eonſtante Erſcheinung, welche bei den Leichenöffnungen be— merkt worden iſt, beſteht in einer merklichen Verminderung des Umfangs des Gehirns. (Gazette des Höpitaux, 27. Aoüt. 1846.) (13) Zur Auffindung von Nadeln, die in das Fleiſch eingeſtochen ſind, empfiehlt Prof. Smee die Anwendung des Elektro-Magnetismus. Durch dieſes Mittel kann bekanntlich der Stahl magnetiſch gemacht werden, und hierdurch kann man nicht allein die Gegenwart, ſondern auch die Richtung und die Größe des fremden Körpers in der Tiefe erkennen; das erſte ſchließt man aus der Einwirkung auf eine Magnetnadel, deren ungleichnamiger Pol angezogen werden wird; das zweite kann man aus der Quan⸗ tität des dadurch kundgegebenen Magnetismus ſchließen. Um nun das Nadelſtückchen in der Tiefe magnetiſch zu machen, umwickelt man den kranken Körpertheil mit einem mit Seide überſponnenen Kupferdraht, deſſen Enden mit den beiden Polen einer galvaniſchen Säule in Verbindung gebracht werden, worauf durch dieſen Strom der Stahl in Zeit von einer halben Stunde magnetiſch wird; oder man bringt den kranken Körpertheil 20 Minuten lang mit einem Elektromagneten in genaue Berührung. Nachdem eines dieſer Mit- tel angewendet worden, nähert man dem afficirten Körpertheil eine magnetiſch gemachte Nähnadel, die an einem Faden von Coconſeide aufgehängt iſt. Iſt nun ein magnetiſch gewordenes Nadelſtück in der Tiefe der Theile verborgen, ſo wird dies durch die aufgehängte Nadel, durch ihre Bewegung, ihre Anziehung oder Zurückſtoßung angezeigt, und wenn der Körper nur einige Größe hat, ſo kann man die Lage des Nord⸗ und des Süppols desſelben durch An⸗ ziehung oder Abſtoßung der aufgehängten Nadeln leicht erkennen. Mit dieſem geiſtreich ausgedachten Verfahren hat Hr. Smee nicht nur Nadeln, ſondern ſogar einen Stahlſplitter entdeckt, welcher noch nicht ein Mal ein Milligramm Gewicht hatte. (14) Eine Cyſte vor dem sinus maxillaris. Eine Frau von 72 Jahren hatte an der linken Wange eine Geſchwulſt von der Größe eines Hühnereies, über welcher die Hautfarbe nicht verändert war. Die Geſchwulſt war vor 2 Jahren entſtanden und hatte ſich bis auf die letzten 4 Monate ſehr langſam vergrößert. Die Kranke befand ſich übrigens wohl und fühlte nur bisweilen ein leichtes Durch⸗ ſchießen durch dieſe Wange. Bei genauerer Unterſuchung zeigte ſich vom Augenhöhlen- bis zum Zahnrande eine Geſchwulſt mit regelmäßiger Oberfläche, halbfeſter Conſiſtenz, über welcher die Haut vollkommen verſchiebbar iſt. Die Naſe iſt etwas nach der andern Seite gedrängt, aber es zeigt ſich weder Trockenheit der Naſe noch Thränenträufeln; eben ſo wenig iſt am Auge oder am Gaumen etwas anomales zu bemerken. Die Zähne der kranken Seite ſind nicht in üblerem Zuſtande, als die der andern. Bei genauerer Unterſuchung bemerkt man, daß die Geſchwulſt am Al⸗ veolarrande des Eckzahns in die Mundhöhle hineinragt. Die Ge⸗ ſchwulſt iſt nicht beweglich, fie hängt mit der Knochenfläche zu⸗ ſammen, es zeigt ſich eine Spur von Fluctuation, dagegen fehlt jede Andeutung von Crepitation. Die Geſchwulſt wurde für eine Balggeſchwulſt des Oberkieferbeins gehalten. Sie wurde an der innern Seite der Oberlippe geöffnet, worauf ſogleich ungefähr 1 Unze gelber Flüſſigkeit abfloß, in welcher einige glimmerähn- liche Blattchen (wahrſcheinlich Choleſterine) ſchwammen. Der Knochen war nicht entblößt, es war eine einfache Waſſerbalg⸗ geſchwulſt in dem Zellgewebe über dem Knochen, und die innere Fläche desſelben wurde mit Höllenſtein geätzt und auf dem Wege der Eiterung in 14 Tagen geheilt. Dieſe Beobachtung iſt für die Diagnoſe von Wichtigkeit. (15) Als Mittel bei gangrae na senilis empfiehlt Sir B. Brodie die Einwickelung in Kammwolle. Er betrachtet dabei dieſelbe als ein Mittel, die Wärme zuſammenzuhalten. Kurz nach⸗ dem es ihm von Hrn. Vance, welcher darüber in dem Green⸗ wich⸗Spital reiche Erfahrung geſammelt hatte, empfohlen worden war, hatte er Gelegenheit, einen Verſuch zu machen. Er hatte wie gewöhnlich Breiumſchläge gemacht, ohne der Krankheit Ein⸗ halt zu thun. Nun wickelte er den Fuß in lange Fetzen von Kammwolle von den Zehen bis zum Schenkel herauf und zwar eine Schicht über die andere, ſo daß das Glied wohl vier Mal ſo dick ausſah, als zuvor. Der Erfolg war vortrefflich. Der Brand ſchritt nicht weiter vor, der Kranke wurde hergeſtellt. Dasſelbe Verfahren hat B. ſeitdem in vielen andern Fällen angewendet, und er kann natürlich nicht behaupten, daß dies immer mit gutem Er⸗ folge geſchehen; er verſichert aber, daß das Reſultat jedenfalls beſſer geweſen ſei, als bei irgend einer andern Behandlung. (Lectures on Pathology and Surgery.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Histoire naturelle des insectes. Hymenopteres, par M. le comte Tome IV. par M. Aug. Brulte. 8°. (43 Bogen.) Avec atlas de 12 pl. Paris 1846. Amedée Lepelletier de Sain-Fargeau. W. B. Carpenter. Principles of human physiology with their chief applications to pathology, hygiene and forensic medi- cine, 3d Ed. 8%. London 1846. (40 Bogen.) David Craigie. Elements of the practice of Physic, presenting a view of the present state of special pathology and thera- peutics. 8°, 2 Vols. Edinb. 1846. (140 Bogen.) D. J. Corrigan, on famine and fever as cause and effect in Ire- land; with observations on Hospital Location and the dispen- sation of Out- door Relief and Food and Medicine. Dublin 1846. (2½ Bogen.) Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Mer. Rtb. Dr. Fr. v. Frorſiep gegründete Zeitichrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 5. (Nr. 5. des J. Bandes.) Januar 1847. Druck unt Verlag des Yanves » Antuftrie» Gomptoirs zu Weimar. Stückes 3½ Sgr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. V. Elektrophyſiologiſche Unterſuchungen. Von Hrn. Matteucci“). (Brief des Verf. an Hrn. Dumas). Ich habe vor etwa einem Jahre die Ehre gehabt, der Akademie der Wiſſenſchaften einen Auszug der drei erſten Reihen meiner elektrophyſiologiſchen Forſchungen, welche ſo eben im zweiten Bde. der Philosophical Transactions von 1845 zu London erſchienen ſind, durch Ihre und Hrn. v. Humboldts Vermittlung vorzulegen. Die erſte Reihe be— trifft das Studium der elektriſchen Strömung in den Muss keln und der Geſetze der Entwickelung dieſer Strömung, und ich glaube dargethan zu haben, daß der Urſprung dieſer Strömung einzig in den chroniſchen Reactionen zu ſuchen iſt, welche zwiſchen der Muskelfaſer und dem Arterienblute eintreten. Dieſe Strömung, die von der Integrität des Nervenſyſtems unabhängig iſt, wird in der That in Be: treff ihrer Intenſität durch die Functionen der Reſpiration und Circulation, durch die umgebende Temperatur und die Anweſenheit gewiſſer Gifte oder Gaſe, welche die Arteriali— ſirung des Blutes mehr oder weniger verhindern, weſentlich modificirt, und ich muß in dieſer Beziehung auf die Ueber: einſtimmung aufmerkſam machen, welche zwiſchen einem mei— ner Verſuche und demjenigen herrſcht, welchen Sie in Be— zug auf gewiſſe, im Blute enthaltene Salze angeſtellt haben. Eine Auflöfung von Seeſalz ſchwächt, wenn man die Mus: keln in dieſelbe taucht, die elektriſche Strömung bedeutend. Ihren Verſuchen zufolge, würde es ſehr intereſſant ſein, dieſe Forſchung auch auf andere Salze auszudehnen, und ) Erganzung der in No. 852 (Ro. 16 d. XXXIX. Bis.) S. 241 bereits mitgetheilten Nachrichten über die neueſten Ver: ſuche des Verf. No. 1965. — *. — 5. ich bin überzeugt, daß man zwiſchen beiden Erſcheinungen eine volle Übereinſtimmung entdecken würde. In der zweiten Reihe meiner Unterſuchungen habe ich die elektriſche Strömung im Froſche beſonders ſtudirt. Es hat mir viel Befriedigung gewährt, darthun zu können, daß eine ſolche Strömung in allen Thieren vorhanden iſt, daß ſie von einer Structur der Muskelbündel herrührt, die ich genau nachgewieſen habe, und daß ſie aller Wahrſcheinlich— keit nach nur ein Fall der Muskelſtrömung iſt. In der dritten Reihe endlich habe ich die Erſcheinung der indueirten Zuſammenziehung ſtudirt, und nach— dem ich mich weitläufig über alle möglichen Erklärungs— arten dieſer Erſcheinung, in ſo fern ſie elektriſcher Art wäre, ausgeſprochen und das Vorkommen dieſer indueirten Con— tractionen ſelbſt durch Schichten iſolirender Körper hindurch nachgewieſen habe, bin ich zu dem Schluſſe gelangt, daß die bei der Muskelcontraction und in einem lebenden Ner— ven entwickelte Kraft eine Induction veranlaſſe. Ich erlaube mir nunmehr, Sie zu erſuchen, der Aka— demie einen Auszug der vierten und fünften Reihe meiner elektrophyſiologiſchen Unterſuchungen, die ich jetzt beendigt habe und ebenfalls in den Philosophical Transactions voll— ſtändig abdrucken laſſen werde, mitzutheilen. Im erſten Theile der fünften Reihe habe ich neue Ver— ſuche in Betreff der Erſcheinungen am Zitterrochen beſchrie— ben. Bei ſo ſchwer zu erklärenden Erſcheinungen gehören ſehr viele Erperimente dazu, um zu deutlichen und entſchei— denden Reſultaten zu gelangen. Eines derſelben, welches ich ſcharf nachgewieſen habe, iſt, daß das Organ der elek— triſchen Fiſche aus einer großen Anzahl von Elementar— organen zuſammengeſetzt iſt, von denen jedes die Fähigkeit beſitzt, unter dem Einfluſſe der Nerventhätigkeit Elektrieität zu entwickeln, ſo daß das Organ, obwohl es mit keinem J 67 5. J. unſerer phyſicaliſchen Apparate Aehnlichkeit hat, dennoch ein Elektricitätsmultiplicator iſt. Directe Erfahrungen beweiſen, daß die kleinſte Portion der Prismen des Organs des Zit⸗ terrochens, d. h. ein Gran jener Art von Eiweiß, jedes Mal eine elektriſche Entladung giebt, wenn man den ſich in die— ſelbe veräſtelnden Nerven reizt. Hieraus ergiebt ſich eine höchſt einfache Erklärung der vorzüglichſten Geſetze der Ent: ladung des Zitterrochens, nämlich: 1) daß die Pole ſich an den Enden der Prismen befinden; 2) daß die Intenſität der Strömung in den verſchiedenen Theilen des Organs der Höhe der Prismen proportional iſt; 3) daß die Strömung bei der Entladung ſtets dieſelbe Richtung befolgt. Das erſte dieſer Geſetze wird durch die Richtung der Strömung, ſowohl beim Zitteranle, als beim Zitterrochen, bewieſen; bei beiden Fiſchen liegen die Pole immer an den Enden der Prismen. Ich hoffe mich bald in den Stand geſetzt zu ſehen, dieſes Geſetz auch am elektriſchen Wels darzuthun, da Se. Hoheit Ibrahim Paſcha von Agypten mir die Zu— ſicherung ertheilt hat, mir Exemplare von dieſem Fiſche zu⸗ kommen zu laſſen. In Betreff des zweiten Geſetzes habe ich ſchon durch meine erſten Verſuche dargethan, daß man die jtärffte Strömung erhält, wenn man die beiden Enden des Galvanometers an die der Medianlinie ganz nahe liegenden Punkte der Rücken- und Bauchfläche des Zitter— rochens anlegt, welche genau der dickſten Stelle des elektri⸗ ſchen Organes entſprechen. Ich habe dieſe Reſultate noch in der neueſten Zeit wieder beſtätigt und dieſelben ſogar noch entſcheidender gemacht, indem ich auf die verſchiedenen Theile des vom Thiere abgelöſ'ten Organes einwirkte, wel— ches durch Reizung feiner Nersen in Thätigkeit geſetzt ward. Was endlich die conſtante Richtung der Entladung bei dem Zitterrochen und den übrigen elektriſchen Fiſchen betrifft, fo ſcheint fie mir offenbar von der ſpecifiſchen Thätigkeit, welche, wie ich nachgewieſen, die Nerven des elektriſchen Or⸗ ganes entwickeln, hergeleitet werden zu müſſen. Was für eine Hypotheſe man auch zur Erklärung der Erzeugung der Elek— trieität durch die nervöſe Thätigkeit in den elektriſchen Fi— ſchen aufſtellen möge, jo ſtimmt es doch mit allen phyſt— caliſchen Analogien überein, daß, da fie in den ſpeeifiſchen Nerven eine conſtante iſt, die Richtung, in welcher die Ner— venkraft wirkt, ja ſelbſt die Richtung, in der die Trennung der beiden elektriſchen Fluiden von Statten geht, ebenfalls eine conſtante fein muß. Der Grad der Erregung des Ner— venſyſtems, welche die Urſache der Entladung iſt, bleibt in Betreff der Intenſität der letzten ein noch unbeſtimmbares Element. Wir wiſſen, daß die Kraft der Entladung von dem Willen des Thieres abhängig iſt, und daß, was noch wichtiger, dieſelbe mit den Functionen der Reſpiration und der Ernährung, ſowie mit der längern oder kürzern Ruhe, die er genoſſen, in Beziehung ſteht. Ich muß Ihnen in dieſer Hinſicht eine Thatſache mittheilen, die ich beim Experimen— tiren mit dem lebenden Zitteraal, der ſich im königlichen Palaſt zu Neapel befindet, entdeckt habe. Ich habe gefun— den, daß der Zitteraal den Schlag beliebig mit dem gan— zen oder nur mit einem Theile des Organes verſetzen konnte. Dies wären die Hauptgeſetze einer wahrſcheinlich ſehr ein— 5. 63 fachen, aber eben fo dunkeln Erſcheinung, wie die der Ent: wickelung der Elektricität durch chemiſche Thätigkeit, durch Wärme (im Turmalin) 1c. In der großentheils aus Ei⸗ weißſtoff beſtehenden Zelle des elektriſchen Organes gewiſſer Fiſche entwickelt ſich nach beſtimmten Geſetzen durch die Thä⸗ tigkeit der Nervenkraft, welche in den ſich in der Zelle ver⸗ breitenden Nerven ins Spiel tritt, Elektricität. Dies berechtigt uns aber, ich wiederhole es hier hundertſten Male, noch lange nicht zu dem Schluſſe, zu dem ich, nach Hrn. Berzelius Behauptung, gelangt ſein ſoll, nämlich daß die Nervenkraft und die elektriſche Strömung identiſch ſeien. Im zweiten Theile der fünften Reihe meiner Unter⸗ ſuchungen habe ich von neuem die inducirte Contraction ſtu⸗ dirt. Ich beſchränke mich hier darauf, Ihnen die Haupt: reſultate mitzutheilen. 1) Die inducirte Contraction oder, allgemeiner geſagt, die Inductionsthätigkeit der Nervenkraft, äußert ſich immer nur durch den in Contraction tretenden Muskel. Ich habe durch eine ſehr große Anzahl von Ver: ſuchen dargethan, daß der Nero, in welchem ſich die Ner— venthätigkeit fortpflanzt, daß das Nervencentrum, bis zu welchem dieſelbe gelangt, nie dieſe Induction offenbaren. Ebenſo verhält es ſich mit allen übrigen Organen, ausge⸗ nommen den Muskeln, deren Nerven gereizt worden. Dieſe Induction iſt eine Erſcheinung des ſich contrahirenden Mus⸗ kels. 2) Wenn man einen elektriſchen Strom ziemlich an⸗ haltend durch die Muskeln eines lebenden oder friſchgetödte⸗ ten Thieres ſtreichen läßt, ſo daß manche Nerven ſeiner Muskeln von der Strömung, die von der Peripherie nach dem Mittelpunkte geht, und andere von der entgegengeſetz⸗ ten Strömung durchſtrichen werden, ſo erlangt man ſtets, ſowie die Strömung aufhört, eine tetaniſche Consoulſton, welche eine Zeit lang in dem Muskel anhält, deſſen Nersen der umgekehrten Strömung unterworfen geweſen find, wäh— rend in Betreff der der directen Strömung ausgeſetzt geweſenen Muskeln nichts Aehnliches Statt findet. Ueberdem haben die der umgekehrten Strömung ausgeſetzt geweſenen Nerven an Erregbarkeit zugenommen, ſo daß man durch ſehr uner⸗ hebliche Reizmittel ſehr ſtarke Contractionen durch dieſelben bewirkt, wogegen die der directen Strömung unterworfen ge⸗ weſenen Nerven ihre Reizbarkeit vollſtändig eingebüßt ba- ben. Endlich kommt es bei dieſen Verſuchen vor, daß, wenn man, ehe man das Durchſtreichen der Strömung Auf: hören läßt, galvanoſkopiſche Fröſche auf die Glieder legt, die ich die Directen und umgekehrten nennen will, man bei den umgekehrten Gliedern ſehr ſtarke, indueirte Contractio⸗ nen, bei den directen aber nichts Aehnliches erlangt, ſobald die Strömung unterbrochen wird. Dieſe Experimente laſſen ſich mit auf die gewöhnliche Weiſe präparirten, am Becken durchgeſchnittenen, rittlings aufgelegten und mit den beiden Füßen in zwei Gläſer eintauchenden Fröſchen ſehr leicht an⸗ ſtellen. Bei dieſer Anordnung geht begreiflicher Weiſe die directe Strömung durch das eine, und die umgekehrte Strö⸗ mung durch das andere Bein. Dieſe allerdings noch ſehr dunkeln Thatſachen beweiſen ſchon das Vorhandenſein einer ſehr merkwürdigen Beziehung zwiſchen der Richtung, in zum 69 5. welcher eine elektriſche Strömung durch einen Nerven ftreicht, und der Art und Weiſe, wie die Nervenkraft ſich im Ner⸗ venſyſteme erzeugt und verbreitet. In der vierten Reihe meiner elektrophyſiologiſchen Un— terſuchungen habe ich endlich das Studium der Einwirkung der elektriſchen Strömung auf die Nerven wieder aufgenom⸗ men, und ich hoffe, dies iſt mit einigem Erfolge geſchehen, da es mir gelungen iſt, eine ſehr große Menge bisher durch keine Analogie mit einander verbundener Thatſachen um eine kleine Anzahl wiſſenſchaftlich vollkommen feſt⸗ ſtehender zu gruppiren. Ohne Meßapparate war es un⸗ möglich dieſe Studien weiter zu führen, und mit dem Bre⸗ guet ſchen Apparate, welchen Hr. Arago der Akademie vor zwei Jahren beſchrieben hat, iſt mir dies gelungen. Ich kann hier die Reſultate aller in meiner Denkſchrift er— wähnten Verſuche nur ganz kurz zuſammenfaſſen. 1) Das Durchſtreichen der elektriſchen Strömung durch einen gemiſchten Nerven verändert die Erregbarkeit eines ſolchen Nerven, je nach der Richtung der Strömung in dem Nerven, in einer ſehr verſchiedenen Weiſe. Die Erregbar— keit wird geſchwächt oder zerſtört, und zwar je nach der Intenſität der Strömung, mehr oder weniger ſchnell, wenn fie vom Mittelpunkte nach der Peripherie zu durch den Ner- ven ſtreicht (directe Strömung); die Erregbarkeit wird da— gegen erhalten oder geſteigert, wenn dieſelbe Strömung in der entgegengeſetzten Richtung, nämlich von der Peripherie nach dem Centrum zu, durch den Nerven ſtreicht (umge— kehrte Strömung). 2) Dieſe Veränderungen in der Erregbarkeit des Ner— ven, welche durch den Durchgang der Strömung hervorge— bracht werden, verſchwinden nach der Unterbrechung der Strömung mehr oder weniger ſchnell wieder. Wenn der Nerv einem lebenden oder friſchgetödteten Thiere angehört, ſo daß deſſen Reizbarkeit ſehr bedeutend iſt, ſo beſtehen dieſe Veränderungen nur während des Durchſtreichens der Strö— mung ſelbſt fort, während fie noch 1 — 10 oder 15 Mi⸗ nuten länger dauern, wenn der Nero bereits an ſeiner Reiz: barkeit bedeutend eingebüßt hat. 3) Wenn eine Strömung von derſelben Stärke auf einen gemiſchten Nerven einwirkt, ſo iſt die Contraction, welche man im Augenblicke des Eintretens der Strömung erhält, je nach der Richtung dieſer ſehr verſchieden; die directe Strömung erregt ſteis eine ſtärkere Contraction, als die umgekehrte. Vorſtehende Reſultate reichen zur Aufſtellung einer ſehr einfachen Theorie über die phyſiologiſche Wirkung der Strö⸗ mung hin, und man braucht ſich in dieſer Beziehung nur einer Thatſache zu erinnern, welche man lange vergeſſen zu haben ſcheint. Die möglich ſchwächſte elektriſche Entladung, welche man mittels einer Lepdener Flaſche oder einer Elek— triſirmaſchine durch den Nerven eines Froſches gehen läßt, bringt die möglich ſtärktſte Contraction hervor. Ich habe in dieſer Beziehung ſehr vielerlei Verſuche angeſtellt und gefunden, daß Entladungen, die durch keines unſerer Elek: troſtope mehr angezeigt wurden, ſehr heftige Contractionen veranlaßten, wie ſie ſich nur mit der intenſtoſten elektriſchen 8. 70 Strömung erzeugen laſſen. Wenn man ſich nun erinnert, daß eine der Entladung der Leydener Flaſche ähnliche Er— ſcheinung ſtets ſowohl beim Schließen als beim Oeffnen des elektriſchen Kreiſes eintritt, und daß gerade zu dieſen Zeitpunkten die Contractionen durch die elektriiche Strö— mung erregt werden, ſo wird man ſich die phyſiologiſche Wirkung der Strömung leicht erklären können. Wenn man dieſe in den Nerven eines lebenden oder friſch getödteten Thieres einſtreichen läßt, ſo muß man zweierlei unterſchei— den, nämlich die elektriſche Entladung, welche beim Schlie— ßen des Kreiſes Statt findet und welche die Contraction veranlaßt, und zweitens die Wirkung der fortgeſetzten Strö— mung, welche die Reizbarkeit der Nerven je nach ihrer Rich— tung nach den oben dargelegten Geſetzen verändert. Es liegt alſo auf der Hand, daß die durch die Entladung beim Oeffnen des Kreiſes veranlaßten Erſcheinungen ſich vorherſehen laſſen, da ſie die Folge der bekannten Art und Weiſe ſind, in welcher die Reizbarkeit der Nerven durch die fortgehende Strömung verändert worden iſt. Ich habe mich in meiner Denkſchrift dieſer ſehr einfachen Grundſätze zur Erklärung ſämmtlicher elektrophyſiologiſchen Erſcheinun— gen bedient. Ich hoffe, die Akademie wird in dieſer kurzen Dar— ſtellung der neueſten Reſultate meiner Forſchungen den Be— weis erkennen, daß mich die Aufmunterung, die ſie mir bei meinen Arbeiten hat zu Theil werden laſſen, fortwährend anſpornt, auf dem angebahnten Wege weiter fortzuſchreiten. (Comptes rendus des seances de l’Ac. d. Sc., T. XXIII. No. 7, 17. Aoüt 1846.) Mifcellen 9. Von den arteſiſchen Brunnen Londons war in einer der letzten Sitzungen der Institution of Civil Engineers die Rede und Hr. Braithwaite ſprach über die Einwirkung der tie⸗ fen Brunnen auf den Waſſerzufluß in dem Londoner Baſſin. Er machte darin beſonders 1 aufmerkſam, daß die zahlreichen tie⸗ fen Brunnen, welche in und bei London gebohrt worden ſind, all⸗ mälig das Kalkbaſſin austrocknen, und daß jeder neue Bohrverſuch die Wirkung hat, den Waſſerſpiegel ſämmtlicher bereits exiſtirender Brunnen tiefer zu ſenken. Als Beweis wurde angeführt, daß ein Brunnen in Combes Brauerei, welcher vor 20 Jahren gebohrt worden war und das Waſſer damals bis 70 Fuß unter der Ober: fläche gebracht hatte, jetzt 120 Fuß unter der Oberfläche bleibe, ſo daß ſich alſo der Spiegel um 50 Fuß geſenkt habe. Hieraus und aus einigen andern Erſcheinungen wurde abgeleitet, daß der Waſ⸗ ſerzufluß raſch abnehme; den Grund dafür ſuchte man eben ſowohl in der verbeſſerten Methode der Trockenlegung der Gartenländer durch Abzugscanäle unter dem Boden, welche den Regen aufneh⸗ men, als in dem vermehrten Bedürfniß der Brunnen. Es wurde ſodann auch noch Seng daß die tiefen Quellen (aus den Schich⸗ ten unter dem Kalk) nicht bloß theuer und unſicher, er auch ar nicht unerfchöpflic ſeien, und daß man fortan auf das Sorg⸗ ſeältigſe nach Waſſer durch Brunnen aus dem Londoner Kalk ſuchen müſſe. (London med. Gazette, July 1846.) 10. Ueber die Organifation der polygaſtriſchen Infuſorien iſt eine Merl Sep Arbeit von C. Eckhard erſchie⸗ nen. Er erklärt ſich mit Ehrenberg für die 1 atur der Cloſterien, der Bacillarien und der von Sie bold auch zu den Pflanzen gezaͤhlten Volvocinen, betrachtet dann ausführlich die 5 9 71 57% L. Körperbedeckung, die Bewegungsorgane, den Nahrungscanal, die Fortpflanzung und die dabei thätigen Organe, indem er ſyſtematiſch die Ehrenberg ſchen Beobachtungen zuſammenſetzt und mit meh— reren intereſſanten neuen Thatſachen vermehrt. (Wiegmanns Archiv 1846, 3. Heft.) Seilk (IV.) Antroversio uteri — ein Geburtshinderniß. Die von mehreren Geburtshelfern, namentlich Bau— deloeque aufgeſtellte Beobachtung: die Antroversio uteri gebe nie ein Hinderniß bei der Geburt ab, wird durch nachſtehende Fälle widerlegt. 1) Im October 1840 wurde Dr. Pellegrini zu einer Frau gerufen, bei der das Geburtsgeſchäft bereits ſeit 12 Stunden begonnen hatte. Die kleine, 40jährige Frau hatte bereits vier Mal geboren und war mit Gicht behaftet. Der Bauch lag ſackförmig über den Schenkeln, ſo daß der Grund der Gebärmutter, trotz der horizontalen Lage der Gebärenden, die Knie berührte. Im vierten Schwanger: ſchaftsmonate hatte ſich der Leib zu ſenken angefangen. Da ein Gleiches auch in den früheren Schwangerſchaften Statt gefunden, die Geburt nichtsdeſtoweniger regelmäßig verlief, ſo nahm die Frau weiter keine Notiz davon. Das Auf— richten des Gebärmuttergrundes war von der Hebamme ver— gebens verſucht worden; die Wehen waren ſtark, das Frucht— waſſer bereits ſeit mehreren Stunden abgefloſſen. Bei der innern Unterſuchung war der Kindeskopf im Beckeneingange zu fühlen, der weit geöffnete Muttermund war nach der Wirbelſäule hingerichtet, die hintere Gebärmutterwand nach vorn; die Wehen hatten die Richtung von unten nach oben. Die Geburt konnte unter dieſen Umſtänden nicht beendigt werden; da die Aufrichtung der Gebärmutter indeß un— möglich war, ſo blieb nichts übrig als die Wendung. P. führte die rechte Hand in die Scheide ein, ſtieß den Kindeskopf in die linke Darmbeingrube zurück, ging vor der vordern Kindesfläche vorbei und zog, während die Heb— amme die Gebärmutter in die Höhe hob, den bereits todten Fötus an den Füßen heraus. Selbſt jetzt konnte der ute- rus, nachdem er leer geworden, nicht in ſeine normale Lage gebracht werden, indem ſich eine Maſſe von Eingeweide auf demſelben gelagert hatte; die Löſung der placenta war daher noch ſehr ſchwierig. Um der nachfolgenden Entzündung vorzubeugen, wurde ein Aderlaß gemacht. Vier Tage ſpä— ter ſtarb die Kranke an einer metroperitonitis. 2) Dr. Breſeiani de Borſa wurde am 4. Juli 1844 zu einer 20jährigen Frau gerufen, bei der bereits ſeit zwei Tagen das Fruchtwaſſer abgefloſſen war, ohne daß der Kindskopf vorrückte. Bei genauer Unterſuchung fand ſich eine bedeutende Difformität des Beckens. Die Wirbel— faule war ſeitwärts gekrümmt, die erista oss. il. der linken Seite ſtand einige Finger breit höher, als die der rechten; 5: 72 Nekrolog. — J. B. B. Cyries, Ghrenpräfident der geographiſchen Geſellſchaft zu Paris, iſt am 13. Juni 1846 geſtor⸗ Pe Er hat viele Reiſen ins Franzöfiſche überſetzt, viel für Ver⸗ breitung geographiſcher Kenntniſſe gewirkt und war übervies ein eifriger Anhänger Galls. un de. Scham, Sitz- und Heiligenbein boten Spuren dageweſener rhachitis dar. Beſonders merkwürdig war die bedeutende Vorwärtsbeugung der Gebärmutter, ſo daß der Grund der⸗ ſelben das Bett berührte. Außer der Vorwärtsbeugung war noch eine ſeitliche Neigung zugegen, ſo daß der Gebärmut— tergrund über die crista oss. il. der rechten Seite in Form eines Deſtillirkolbens herüberhing. Der Muttermund war weder rund, noch verſtrichen, ſondern in Form einer Spalte geöffnet, die von zwei dicken Lippen begränzt, in ſchräger Richtung von dem Boden der rechten Gelenkpfanne nach der linken symphysis sacro-iliaca verlief. Zwiſchen den bei— den Lippen des Muttermundes war eine weiche, abgeplattete, ſenkrecht gelagerte Geſchwulſt zu fühlen. Das Seiligenbein ragte ſo weit in die Beckenhöhle hinein, daß der Durch— meſſer des Beckenausganges nur 2 Zoll betrug. Die Be— endigung der Geburt auf natürlichem Wege war nicht zu erwarten; andererſeits ließen die Wehen, welche die Ge— bärende ſeit zwei Tagen bereits empfand, eine Ruptur der Gebärmutter und Austritt des Fötus in die Bauchhöhle be— fürchten. Verf. verſuchte die Wendung; ließ durch einen Gehülfen den Gebärmuttergrund von unten nach oben, von außen nach innen und von rechts nach links hinüberdrän— gen; alles jedoch ohne Erfolg. Das Anlegen der Zange war unmöglich; die Embryotomie oder Ercerebration durch das Leben des Kindes contraindicirt. Den Schamfugen— ſchnitt wollte Verf. nicht vornehmen, weil der Kindeskopf ſich nicht im Beckeneingange befand, und weil das Becken in hohem Grade verengt war. Das einzige Mittel war der Kaiſerſchnitt. Allein Verf. überzeugte ſich bald, daß keine der gebräuchlichen Methoden in vorliegendem Falle anz zuwenden ſei. Bei dem Schnitte zwiſchen Nabel und Scham— bein nach Baudeloeque und Mauriceau würde hier der Gebärmutterkörper gar nicht getroffen worden, nach der Lauverjatſchen Methode aber würde der Schnitt, bei dieſer Lage der Gebärmutter in der Nähe der Scheidenöffnung und nicht am Muttergrunde ausgekommen ſein, wobei die Verletzung wichtiger Gefäße zu befürchten ſtand; der linke, ſeitliche Schnitt nach der ältern Methode war hier wegen der Lagerung des uterus nach rechts eben jo wenig anwendbar. B. verrich⸗ tete daher die Operation auf folgende Weiſe. Er ſuchte zuerſt den Verlauf der arteria epigastrica auszumitteln, die in dieſem Falle längs des äußern Randes des geraden Bauchmuskels verlief; er ließ die Stelle von einem Gehülfen mit dem Finger bezeichnen. Hierauf machte er mit einem conderen Biſtouri einen Hautſchnitt längs der Arterie, 73 5˙ trennte die Bauchmuskeln, öffnete das Bauchfell mittels eines gefnöpften Biſtouri unter Leitung des Fingers, ſchnitt hierauf in gleicher Richtung und Länge die Gebärmutter ein, öffnete die Eihäute und zog das Kind an den Füßen beraus. Alsdann führte er die Hand längs des Nabel: ſtranges in die Gebärmutterhöhle ein, löſ'te die placenta und ließ hierauf kaltes Waſſer in den uterus einſpritzen. Die Wunde wurde bis auf 1½ Zoll mittels der umſchlun— genen Naht vereinigt und in die Oeffnung ein ausgefaſer— ter Leinwandſtreifen eingelegt. Die ſpäter eingetretene pe- ritonitis puerperalis wurde durch ſtrenge Antiphlogoſe beſei— tigt. 43 Tage nach vollendeter Operation brach Feuer in demſelben Hauſe aus, wobei die geängſtigte Kranke nur mit Mühe gerettet wurde. Trotz dieſer erſchütternden Gemüths— bewegung genas dieſelbe bald vollkommen. (Ann. univ. di Med, Jun. und Decembr. 1845.) (V.) Zwei Fälle von erfolgreicher Behandlung eines aneurysma a. popliteae durch die Compreſſion. Von Prof. W. H. Porter. 1) William Devereur, Schneider, 29 Jahre alt, wurde am 3. Dec. 1544 in das Meath-Spital aufgenom— meu. Früher ſtets geſund, hatte er vor 2 Monaten ein ungewöhnliches Klopfen oder Pulſiren in der rechten Knie— kehle bemerkt, an deſſen Stelle 6 Wochen ſpäter eine Ge— ſchwulſt ſich ausbildete, welche nach und nach die Größe einer kleinen Orange annahm und die Beweglichkeit des Gliedes ſtark behinderte. Bei der Unterſuchung fand ſich ein ſtark pulſirender tumor, welcher den ganzen rechten Kniekehlenraum einnahm und nach außen feſt und unnach— giebig, nach innen zu dagegen weicher war. Die Erpanſion während der Diaſtole derſelben war nach allen Richtungen hin auf gleiche Weiſe wahrnehmbar, und ein lautes Blaſe— balggeräuſch durchweg hörbar; Druck auf die Arterie in der Weiche verkleinerte die Geſchwulſt um faſt zwei Drittel. Das Allgemeinbefinden war völlig zufriedenſtellend, und der Kranke klagte nur zuweilen über Schmerzen längs des Unter— ſchenkels bis zum Knöchel hin. Am 6. Dec. wurde mit der Compreſſion der Schenkelarterie vermittelſt zweier Turni— kets begonnen, von welchen das eine etwa 2“ unterhalb des Poupartſchen Bandes und das andere ungefähr über der Stelle, wo das Gefäß in die Sehne des m. triceps eintritt, angelegt wurde. Beide Turnikets wurden abwechſelnd nach einander feſt zugeſchraubt, der Kranke konnte zuerſt den Druck nicht lange ertragen, er wurde fieberhaft und das Bein ſchwoll an, aber bald verſchwanden dieſe ungünſtigen Zu— fälle, der Druck wurde gut ertragen, und am 6. Januar bot der tumor folgendes Ausſehen dar. Er war hart, bedeu— tend verkleinert und durchaus ohne Pulſation, er verkleinerte ſich ſpäter immer mehr und war endlich nur noch als eine kleine, kernartige Verhärtung tief in der Kniekehle zu fühlen. Bis zum 19. Juli 1845, an welchem Tage der Kranke zuletzt . 5. 74 unterſucht wurde, war nicht die leiſeſte Spur von Recidio eingetreten. 2) Dr. Murray fühlte, nachdem er mehrere Male mit dem linken Fuße fehl getreten war, eine Empfindung von Krampf im Oberſchenkel und ein Steifwerden des Kniees, welches letztere ſpäter andauernd wurde und beſonders beim Beugen des Kniees läſtig fiel. Nach längerer Zeit bildete ſich ein tumor in der Kniekehle aus, welcher ſich nach und nach deutlich als ein aneurysma herausſtellte. Am 2. Au— guſt 1845 wurde die Compreſſion der Arterie, obwohl in milderem Grade begonnen, und Ende Septembers war die Pulſation verſchwunden und nur noch eine Verhärtung zurück— geblieben; die Brauchbarkeit des Gliedes war faſt vollſtändig wieder hergeſtellt. (Dublin Quart. Journal, May 1846.) Kalkliniment und Kammbaumwolle gegen Verbrennungen. Bon Dr. Bayan. Die Vereinigung dieſer beiden Mittel, die bisher nur einzeln angewendet worden, hat ſich Hrn. Payan beſonders bei Verbrennungen kleiner Kinder ſehr heilſam erwieſen. Die beiden Hauptindicationen ſind hier bekanntlich: ſchnelle Be— ſchwichtigung des Schmerzes, dann Verhütung feiner Wieder kehr. Der erſten kann bei kleinen Kindern nicht durch Opiate oder andere narcotiea entiprochen werden, da leicht Nar— koſe zu befürchten iſt; das Kalkliniment beruhigt die Schmer— zen leicht, ohne irgend eine nachtheilige Nebenwirkung her— vorzurufen. Verhütet wird der Wiedereintritt des Schmer⸗ zes, wenn der Verband ſo eingerichtet iſt, daß er ſo ſelten wie möglich erneuert zu werden braucht, was durch das Bedecken der Brandwunde mit Kammbaumwolle am beſten zu erreichen iſt. — Zur Beſtätigung ſeiner Anſicht theilt Hr. Papan einige Krankheitsfälle mit. Ein fünfmonatliches Kind bekam durch Begießen mit kochendem Waſſer eine Verbrennung der unteren Ertremitä— ten, die über Oberſchenkel und drei Viertel des Unterſchen— kels der linken Seite, ſowie über einen großen Theil des rechten Unterſchenkels ſich verbreitete und mit Blaſenbildung verbunden war. Am dritten Tage, nachdem ſich die epider- mis losgeſtoßen hatte, ſtellte ſich Fieber ein, das Kind wurde ſehr unruhig und nahm die Bruſt nicht mehr. Payan, hinzugerufen, ließ ein Liniment aus Süßmandelöl und Kalk— waſſer anfertigen, trug, nachdem er es umgeſchüttelt und den gebildeten Schaum entfernt hatte, mittels eines Feder⸗ bartes etwas davon auf die verbrannten Stellen auf, deckte darüber eine dicke Lage feiner Kammbaumwolle, die er mit einigen Cirkeltouren befeſtigte. Es trat ſogleich Nachlaß der Schmerzen ein, das Kind ſchlief in der Nacht ruhig, war am folgenden Tage heiter und am elften Tage, als der Verband entfernt wurde, zeigte ſich die Brandwunde vollſtändig vernarbt, ohne irgend eine fehlerhafte Narbe wahrnehmen zu laſſen. — Ein anderes, dreijähriges Kind, ebenfalls mit einer Verbrennung des zweiten Grades an (v1) 75 5. den Füßen, wurde am rechten Fuße mittels derſelben Me— thode behandelt, während der linke, weniger verletzte Fuß, des Vergleiches halber, bloß mit Kammbaumwolle bedeckt wurde. Die Schmerzen am rechten Fuße wichen gleich nach angelegtem Verbande, die Schmerzen in dem linken aber hielten den ganzen Tag hindurch an. Am vierzehnten Tage war die Heilung des rechten, ſtärker verbrannten Fußes ebenſo vollſtändig, wie die des linken. In dieſen beiden Fällen wurden in den erſten Tagen von einem anderen Arzte Fomente aus aqua vegeto- mine- ralis in Anwendung gezogen; folgender dagegen wurde gleich von Anfang an mittels der in Rede ſtehenden Methode be— handelt. Ein dreijähriger Knabe bekam durch Begießen mit ko— chendem Waſſer eine Verbrennung des rechten Vorderarms und der Hand mit Phlyctänenbildung. Die verletzten Theile wurden mit einem aus einem Theile Süßmandelöl und drei Theilen Kalkwaſſer beſtehenden Liniment beſtrichen und mit Kammbaumwolle bedeckt. Gleich darauf ließen die Schmer— zen nach; am elften Tage waren die Wunden vollſtändig vernarbt, ohne daß man den erſten Verband während dieſes Zeitraumes zu erneuern nöthig hatte. DD. Miquel und Espezel wandten dieſelbe Me— thode — jener bei ſeinem eigenen Kinde — in ähnlichen Fällen mit eben ſo glücklichem Erfolg an. Für die Nützlichkeit dieſer Behandlung der Verbren— nungen auch bei Erwachſenen ſpricht folgender Fall. — Die Frau eines Feuerzeugfabricanten erhielt durch die Er— ploſion von Knallſtoffen Brandwunden an beiden Händen, Vorderarmen und dem Geſichte. Es waren hier neben dem zweiten Grade auch Verbrennungen des dritten Grades wahr— zunehmen. Payan, anderthalb Stunden darauf die Kranke beſuchend, ließ die verbrannten Stellen, die man inzwiſchen mit geſchlagenem Eiweiß beſtrichen hatte, durch friſches Waſſer reinigen und mit dem mehrerwähnten Liniment und Kamm— baumwolle verbinden. — Nachmittags mußte, mit Rück— ſicht auf den vollen ſtarken Puls, ein Aderlaß gemacht wer— den. — Am zehnten Tage waren Hände und linke Ge— ſichtshälfte vernarbt; am funfzehnten waren es die Vorder— arme. Nur an der rechten Geſichtshälfte, wo die Haut völ— lig zerſtört geweſen, trat Eiterung und wuchernde Granu— lationbildung ein, welche eine leichte Cauteriſation mit ar- gentum nitricum erheiſchte. Aus dieſen Thatſachen ergiebt ſich: 1) daß die gleich— zeitige Anwendung von Kalkliniment und Kammbaum— wolle gegen Verbrennungen, ganz vorzugsweiſe bei Kindern heilſam, auch bei Erwachſenen von Nutzen fein kann; 2) daß Verbrennungen des erſten, zweiten und dritten Gra— des am zweckmäßigſten durch dieſe Methode zu behandeln ſind; 3) hat man dieſe Mittel nicht ſogleich bei der Hand, jo iſt die vorläufige Fomentation mit aqua vegeto - minera- lis, Oel, Eiweiß, Salben und ſonſtigen Mitteln vorzuziehen; 4) der Verband muß fo ſelten wie möglich erneuert wer— den, weßhalb dieſer bei kleinen Kindern, wenn die Ver— brennung die unteren Extremitäten betrifft, mit dünnem Wachstaffet zu bedecken iſt. (Journ. d. Conn. med. chirurg.) * 76 (VII.) Fall von bösartiger Scrotalgeſchwulſt. Von Hrn. O' Ferrall. P. Smith, 44 Jahr alt, wurde wegen einer enor⸗ men Scrotalgeſchwulſt, welche faſt bis zu den Knieen hin⸗ abreichte und durch profuſe Hämorrhagien aus großen an der Oberfläche verlaufenden Venen die Kräfte des Kranken faſt erſchöpft hatte, in das St. Vincent-Spital aufgenom⸗ men. Der tumor hatte eine unregelmäßige Geſtalt, ent⸗ ſprang mit einem Stiele von der Scham und dem Damm und breitete ſich dann in eine große Maſſe aus, deren brei⸗ teſte Portion ungefähr 4“ oberhalb des unteren Endes ſich befand. Die den Stiel bedeckenden Integumente gehörten augenſcheinlich den Bauchwandungen und der Scham an und zeigten vier deutlich geſonderte und hervorragende Fal⸗ ten; die den kumor deckende Haut war glatt und von zahl- reichen, großen Venenſtämmen durchzogen; an einer Stelle deutete ein vorhandenes kleines Geſchwür die Quelle der Blutungen an. Der tumor fühlte ſich ſehr ſchwer an und hatte eine unregelmäßige Conſiſtenz; die härteſte Portion war eine ungefähr 1“ unterhalb des linken äußeren Bauch⸗ ringes gelegene unregelmäßige Maſſe von dem Umfange ei- ner Orange und von knorpelartiger Dichtigkeit. Die grö- ßere Portion des tumor fühlte ſich feſt, wenn auch nicht knorpelartig an, und an zwei bis drei Stellen war un⸗ deutliche Fluctuation bemerkbar. Vom penis war nur die Eichel ſichtbar, welche aus den Bedeckungen ungefähr 3“ unterhalb des Schambeins hervorragte. Der rechte Hode war etwa 3“ unterhalb des Bauchringes anſcheinend ge— ſund zu fühlen; der linke Samenſtrang lag ſehr tief und war von erweiterten Venen umgeben; die genaue Lage des linken Hoden war nicht zu ermitteln. Der tumor maß vom Schambeine bis zum kundus 28°, der Umfang in der Mitte betrug 22,5“; wegen feiner Schwere mußte der Kranke den⸗ ſelben ſtets in einem Beutel tragen. Das Uebel war zu— erſt vor zehn Jahren in Form einer harten Anſchwellung am linken Samenjtrang entſtanden und hatte dann nach und nach den bezeichneten Umfang erreicht. Nachdem der Kranke einige Zeit hindurch ſtärkende Koſt und Eiſen⸗ mittel erhalten hatte, wurde am 29. Nov. 1844 die Ope⸗ ration ausgeführt. Der Kranke wurde in die Stellung für die Lithotomie gebracht, der kumor in die Höhe gehoben und aufwärts gezogen, und nachdem die Einführung eines Troikars in die elaſtiſche Portion der Geſchwulſt nur etwas venöſes Blut entleert hatte, mit einem großen, breit rückigen Biſtouri am Damme zwei gerade Einſchnitte ges macht, welche in einem dem After zugewendeten Winkel zuſammenſtießen. Dieſe Einſchnitte wurden nun raſch dicht am tumor um deſſen untere und ſeitliche Flächen herum⸗ geführt, wodurch auf der rechten Seite die Scheidenhaut des Teſtikels und links ein Bündel von fingerdicken, ge— wundenen Strängen (ein enormer varix) bloßgelegt wur— den. Man brachte nun den tumor in horizontale Lage, machte von der Scham aus zwei gerade in einem Win⸗ kel zuſammenſtoßende Einſchnitte und verband dieſelben mit den erſten Einſchnitten durch zwei kurze Inciſtonen, wor⸗ 77 5.1. auf der Samenſtrang durchſchnitten und der tumor raſch entfernt werde. Die Gefäße des Samenſtranges, ſowie einige kleine Hautäſte wurden unterbunden und die Wund⸗ ränder durch die blutige Naht vereinigt. Die Operation hatte im Ganzen ungefähr acht Minuten gedauert und der Blutverluſt kaum vier Unzen betragen. Gleich nach der Ope— ration kehrten die ſeit zehn Jahren abwärts gezogenen Be— deckungen ohne weiteres in ihre normale Lage zurück. Der weitere Verlauf war völlig günſtig, und einen Anfall von Eryſipel und acutem Rheumatismus abgerechnet, ging der Kranke raſch ſeiner völligen Geneſung entgegen. Beſchreibung des tumor. Eine lockere Capſel aus verdichtetem Zellgewebe umhüllte den krankhaften Aus— wuchs; derſelbe war durchweg ſolide und ohne Spur einer Cyſte, die Schnittflächen glichen denen der fibröſen Uterin— geſchwülſte. Die weißliche, etwas ins Gelbliche ſpielende Subſtanz beſtand aus einer Menge von Läppchen, die durch Streifen verdichteten Zellgewebes getrennt waren und hier und da kleine Körnchen einer kalkartigen Ablagerung dar— boten. Einige Läppchen hatten die Dichtigkeit der Inter— vertebralſubſtanz, andere waren elaſtiſcher und dem Ence— phaloidgewebe ähnlich; das Mikroſkop wies bei dieſen eine Miſchung von Faſern und Zellen, wie fie bösartigen Ge— bilden eigen iſt, nach. Der linke Hode war atrophiſch, ſonſt aber unverändert. (Dubl. Quart. Journ., May 1846.) (Es ſcheint hier eine einfache Desmoidgeſchwulſt, wie ſie in der Uterus ſubſtanz jo ungemein häufig vorkommt, vorgelegen zu haben. R. F.) (VII.) Ueber die mit Zahnkrankheiten in Ver— bindung ſtehenden Fiſteln des Geſichtes. Von Ad. Giraud. Die Fiſteln im Geſichte können aus ſehr verſchiedenen Urſachen entſtehen, hängen aber in ſehr vielen Fällen mit Affectionen der Zähne zuſammen. Die ſpecielle Diagnoſe iſt hierbei nicht immer leicht, und zur Sicherung derſelben muß man das Aus ſehen der äußeren Oeffnung, den Ver: lauf der Fiſtel und die Beziehungen derſelben zu den Zähnen unterſuchen. Was die äußere Oeffnung betrifft, ſo bieten die Zahnfiſteln mehrere Unterſchiede von den bei Knochenkrankheiten vorkommenden Fiſteln dar. Sie laufen ſehr ſpitz zu, und die äußere Oeffnung iſt faſt unbemerkbar, von geringem Umfange und von einer Depreſſion auf röth— lichem Grunde umgeben; ringsherum verläuft ein kleiner verhärteter Ring. Die Zahnfiſteln kommen weit ſeltener am Ober: als am Unterkiefer vor (im Verhältniß von 1: 4— 5), was in der Tendenz des Eiters, ſich zu ſenken, ſeine Erklärung findet. Der Verlauf der Fiſtel iſt von verſchiedener Lange. Er iſt zuweilen jo kurz, daß die bei— den Oeffnungen nahe an einander zu liegen ſcheinen, und in dieſem Falle bleibt nach der Heilung gewöhnlich eine färfere Depreſſton zurück; meiſt iſt derſelbe aber länger. Er iſt ſelten geradlinig, und in der Mehrzahl der Falle iſt ſeine Richtung von unten nach oben und von außen nach innen gewunden; in anderen Fällen iſt er horizontal und 5. 78 geht bald von rechts nach links, bald von links nach rechts. Bei der Heilung bildet ſich am häufigſten eine entſtellende Narbe, und die Deformität rührt ſowohl von der mehr oder weniger dunklen Färbung der Stelle als auch von der in Folge der Adhärenz der innern Oeffnung entſtehenden De— preſſion her. Die rothe Färbung verliert ſich oft, um nicht zu ſagen immer, zu gleicher Zeit mit dem entzündlichen Zu— ſtande, und die Haut nimmt nach und nach ihre normale Farbe wieder an; zur Beſeitigung der Depreſſion eignet ſich, nach Hrn. Pétrequin am beſten die Durchſchneidung des Fiſtelganges zwiſchen der Wange und dem Alveolarbogen. Was nun endlich die Unterſuchung der Beziehungen der Fiſtel zu den Zähnen betrifft, ſo führe man zu dieſem Behufe eine feine biegſame Sonde von außen nach innen und ein wenig von unten nach oben in die äußere Oeffnung ein. Wenn die Sonde in einen Gang mit rauhen Wan⸗ dungen geräth und nach kurzem Verlaufe auf einen harten und ſonoren Körper ſtößt, ſo kann man mit Beſtimmtheit annehmen, daß die Urſache der Fiſtel eine Zahnaffection ſei. Nun entſteht aber die Frage, welches iſt der kranke Zahn? Wenn ein Zahnſtumpf vorhanden iſt, fo iſt die Diagnoſe leicht, allein es kommt ziemlich häufig vor, daß kein Zahn krank zu ſein ſcheint und der Kranke niemals an Zahuſchmerzen gelitten haben will, und dennoch hat die Sonde das Vorhandenſein eines kranken Zahnes nachgewie— ſen. In ſolchen Fällen wendet man, um die hintere Partie des Alveolarrandes zu erkennen, ein kleines speculum an, oder ſchlägt mit dem Stiele eines Biſtouri's auf die ein— zelnen Zähne, oder ſucht dieſelben mit dem Finger zu er— ſchüttern, oder auch man taucht einen Schwamm in warmes oder kaltes Waſſer und läßt die Tropfen auf die einzelnen Zähne nach der Reihe fallen, wo dann das laue Waſſer ein angenehmes, das kalte ein unangenehmes ſchmerzhaftes Gefühl in dem kranken Zahne hervorbringt. Sollten alle dieſe Mittel nicht ausreichen, fo löſe man das Zahnfleiſch ein wenig von den Zähnen und wird dann leicht den Sitz der Affection erkennen. Sobald man den kranken Zahn aufgefunden hat, ſo muß derſelbe ausgezogen werden, wor⸗ auf dann binnen kurzer Zeit die Fiſtel von ſelbſt verichwin- det. (Journ. des connaiss. méd. chirurg., Féeyr. 1846.) Miſcellen. (16) Gegen epulis empfiehlt Brodie in feinen 3 über Pathologie und Chirurgie Aetzmittel; es darf aber nicht bloß der äußere Theil der Geſchwulſt, der mit dem Zahnfleiſche verbun: den iſt, zeritört werden, die Hauptſache iſt, den Theil, welcher in der Zahnhöhle entſpringt, zu zerſtören. Die Wundarzte, welche dies nicht beachten, ſind zu wiederholten Operationen mit dem Meſſer oder mit dem cauterium gensthigt. Das Zweckmaͤßigſte ſcheint Br. die Anwendung des Kali causticum fusum; man befeſtigt es unter rechtem Winkel an eine Kornzange, indem man es daran feſt bindet; es muß vorher hinreichend zugeſpitzt werden, damit es in die Zahnhohle eingedrückt werden könne, nachdem zuvor der Zahn ausgezogen iſt. Ein Aſſiſtent, welcher den Lippenrand zurück⸗ hält, muß einen Pinſel zur Hand haben, womit er den ſich weiter ausbreitenden Theil des Aetzmittels zugleich wegnimmt. (17) Ein Fall von Anſchwellung in der Subſtanz des nervus quintus und ſeines ganglion iſt von Hrn. 79 5. Dixon der R. Med. & Chir. Soc. 23. June mitgetheilt worden. Im October 1844 kam eine Frau wegen Schwäche des linken Auges in feine Behandlung, der quintus derſelben Seite hatte ſeit 6 Monaten ſchon feine Empfindungs- und Bewegungefunction verloren. Im December erfolgte Entzündung des Auges mit Lympherguß in die vordere Kammer und Verſchließung der Pupille. Später wurde der rectus externus und levator palpebrae, ſowie die Muskeln, welche vom Facialnerven verſorgt werden, gelähmt. Am 8. Febr. 1846 ſtarb die Kranke. Die Symptome (ausführlicher in Trans- actions of Med. Chir. Soc. fol. 28 p. 389) wurden ſämmtlich durch die Sectionen hinreichend erklärt. Der linke Temporalmuskel war fait ganz geſchwunden, Gehirn und Nerven der rechten Seite wa— ren normal, links vom pons Varolii lag eine ovale Maſſe, welche unter der dura mater bis zur fissura orbitalis reichte. Die Ge— ſchwulſt, von welcher die drei Aeſte des quintus abgingen, hatte ſich eine unregelmäßige Aushöhlung im großen Keilbeinflügel ge— bildet. Die übrigen Nerven waren normal. Die Geſchwulſt felbit beſtand aus einer Degeneration des Stammes des quintus und ſeines ganglion; fie beſtand aus einer röthlichen weichern und einer gelblichen ſeſten Maſſe, ohne Spur von Nervenröhrchen oder Ganglienkügelchen; die Augennerven waren ſämmtlich normal, im Augapfel zeigte nur die choroidea vollkommenen Pigmentmangel und die Linſe eine vollſtändige Verdunkelung und Verwachſung mit der iris. (London med. Gazette, 17. July 1846.) AH Knochige Geſchwulſt an einem Nerven. Eine Frau von 28 Jahren empfand zuerſt im Jahre 1839 eine kneipende Empfindung im rechten Fuße bei jeder Berührung des Schenkels, welche Empfindung ſpäter ſpontan eintrat und nach etwa 2 Jah— ren zum acuten Schmerze wurde, welcher ſich auf den inneren und unteren Theil der Fußſohle beſchränkte und in heftigen, gegen / Stunden dauernden Parorysmen eintrat. Im Jahre 1842 nahmen die Schmerzanfälle an Heftigkeit und Dauer zu und kehrten nach einer kurzen Pauſe von dreiwöchentlicher Ruhe jeden Abend wieder. Im Jahre 1843 verheirathete ſich die Kranke, und die Paroxysmen traten nun regelmäßig gegen 2 Uhr des Morgens ein, verſchwanden aber während ihres Wochenbettes. Bei der Aufnahme der Kran— ken ins Spital im September 1845 fand Colborne bei genauer Unterſuchung einen tumor von der Größe einer Wallnuß nahe an den innern Schenfelmusfeln und 2— 3“ oberhalb der patella, deſſen Berührung die heftigſten Schmerzen in der Fußſohle hervorrief. Da die angewandten therapeutiſchen Mittel ganz oder faſt ganz erfolglos geblieben waren, ſo wurde am 18. d. M. der tumor, welcher zwiſchen den Faſern des n. poplitaeus internus ſaß, erſtir— pirt. Derſelbe war hart, auf der Oberfläche gefurcht, beſtand gegen % aus phosphorſaurem und kohlenſaurem Kalk und einer Spur von phosphorſaurem Eiſen und ſchwefelſaurem Kalk mit animali— ſcher Materie; er wog 228 Gran. Nach der Operation traten heftige Schmerzen in der Wunde, Taubheit der Extremität und lebhaftes Fieber ein, doch war der Verlauf günſtig und die Kranke genas vollkommen. (Prov. med. and surg. Journal, 29. Oer. 1845.) (19) Hernia vagino-labialis. Dr. Stoltz hat einen Fall der Art beobachtet und zieht aus demſelben, verglichen mit andern, folgende allgemeine Charakteriſtik des Leidens. Man hat dieſe Hernie von der Pubertät bis zu den klimakteriſchen Jahren entſtehen ib; 80 ſehen, in der Schwangerſchaft ebenſo, wie bei Frauen, die nie ge⸗ baren; ſie entwickelte ſich in der Mitte oder am Ende der Schwan⸗ gerſchaft, ſchwand nach der Geburt (im Gegenſatz zu andern Her⸗ nien), recidivirte bei neuer Schwangerſchaft. Als 8 die⸗ nen, wie bei Hernien überhaupt, Fall, Stoß 1c. Bisher fand man nur Darm, oder die Blaſe als contentum, das Netz nicht. Nach A. Cooper tritt der Darm längs des Sitzbeins herab, — nach Cloquet längs der vagina, zwiſchen dieſer und dem rec- tum, hinter dem ligamentum latum, — nach Verf. vor dem letzten zwiſchen dem ligamentum rotundum und der Blaſe. Die Her⸗ nie treibt das Bauchfell vor ſich her und dringt durch die Beckenfaſcie und den levator ani (von welchem fie mit Faſern gleich einem cre- master umgeben fein kann); dann tritt fie durch ein Dreieck, welches die muse. ischio-cavernosi nach außen, constrictor cunni nach innen, transvers. perinaei nach hinten bilden. Bei der hernia perinaeal. hingegen liegt der transversus peringei nach vorn, das ligamentum sacro-ischiadicum nach außen und hinten, der sphincter ani nach innen. Die hernia labialis gelangt zuletzt ins Zellgewebe der Schamlippe, wo ſie mehr nach innen und in der vagina ſelbſt gefühlt wird. Ein leichter Druck reducirt ſie, und man fühlt beim Huſten, das labium zwiſchen den Fingern haltend, den Andrang des con- tentum. Auch entdeckt der Finger wohl den Bruchring zwiſchen vagina und Sitzbein. Incarceration iſt nicht beobachtet; bei er⸗ forderlicher Operation wären die a. pudenda int. und vagin. zu vermeiden. Außer Koliken, Blähungen ꝛc. find keine Zufälle be⸗ kannt. Bei einer Entbindung wäre ſie, um Druck durch den Kin⸗ desfopf zu verhüten, zurückzubringen. Als Cur zieht Verf. ein cy⸗ lindriſches pessarium der Compreſſion des labium vor. (Gaz. med. de Strasbourg, Décbr. 1845.) (20) Conceptionen nach inversio uteri. Dewees zweifelt, daß nach einer completen Inverſion wirklich der uterus voll⸗ kommen in feine frühere Function wieder eintreten könne. Ein Dr. Meigs ſagt in der London Med. Gazette vom 19. Juni 1846, daß er einen Fall beobachtet habe, welcher dies entſchieden beweiſe. Den Fall ſelbſt hat er in Phil. Pract. of Med. 2d Edit. p. 356 mitgetheilt. Die Inverſion wurde von einer unwiſſenden Hebamme durch heftiges und ſchmerzhaftes Zerren an dem Nabelſtrange be— wirkt, jo daß der umgeſtülpte uterus mit daran angewachſener pla- centa ganz und gar aus den Geburtstheilen herverhing. Die Hebamme machte ſogar den Verſuch, ſämmtliche vorgefallene Theile abzureißen, und ſtand davon erſt ab, als Zeichen herannahenden Todes einzutreten ſchienen. Dr. M. reponirte den uterus, und es gelang, die bereits faſt verblutete Patientin zu erhalten. Dieſe Kranke nun wurde vollkommen wieder hergeſtellt und gebar noch mehrere Kinder, wobei ſie von dem Prof. F. Bache entbunden wurde. Der beſte Beweis, daß bei einer vollkommenen Inverſion nicht, wie man behauptet hat, Ovarien und Tuben abgeriſſen wer⸗ den müſſen. Dr. M. erwähnt noch einen Fall, in welchem eine Frau 2 Jahre lang an inversio uteri litt, wobei alle Verſuche, das Organ zu reponiren, ihm und andern Geburtshelfern mißlang; deſſenohngeachtet wurde ſie 4 Jahre ſpäter ſchwanger und abortirte im dritten Monat, wobei Dr. Warrington ihr Beiſtand leiſtete. (Ueber dieſen letzten Fall wäre eine viel genauere Nachricht wün⸗ ſchenswerth und nothwendig geweſen. R. F.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Voyage en Scandinavie, en Laponie etc. sous la direc- tion de M. Paul Gaimard. Aurores boréales par M. V. Lottin, A. Bravais, C. B. Liliehook et P. A. Liliestrom. Partie II. Quatrieme Livraison. 8°. (20 B.) Paris 1846. (13. Liefe⸗ ferung des Werks.) Legons élémentaires d'histoire naturelle, comprenant un Apercu sur toute la zoologie et un traité de conchyliologie. Ouvrage adresse a Mr. Frangois Delessert par M. J. C. Chenu. 8°. (83 B.) 12 pl. Paris 1846. Memoire sur la lithotritie par M. Bonnet. 8°. (1½ B.) Lyon 1846. Traitement moral, hygiene et education des idiots et des autres enfans arrieres ou retardes dans leur developpe- mens, agites de mouvemens involontaires, debiles, muets non sourds, begues etc. par Ed. Seguin, ex-instituteur des enfans idiots des hospices civils de Paris. 12°. (30/2 B.) Corbeil et Paris 1846. 8 4 Sir Charles Bell; par Amedée Pichot. Ss. (3 B.) Paris 1846. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitfchrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 6. (Nr. 6. des I. Bandes.) Januar 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptolrs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des elnzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3¼ Sgr., mlt colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. VI. Mikroſkopiſche Unterſuchungen über die Natur und Entwickelung der Wandungen der vegetabili— ſchen Zellen. Von M. P. Harting, Prof. zu Utrecht ). (Im Auszuge.) 1) Die Membran, welche die Wandungen der jungen Zellen bildet, iſt durchaus oder dem größten Theile nach aus Celluloſe zuſammengeſetzt. Protein findet ſich darin nicht. 2) Die Wandungen der Zellen beſitzen ſchon in einem ſehr zarten Alter ächte durchgehende Poren, welche gewöhn— lich und beſonders wenn die Zellen irgend von langer Ge— ſtalt ſind, in der Richtung einer Spirale geordnet ſind, wo— nach es wahrſcheinlich wird, daß die junge Zellwand aus einer oder mehreren an einander hängenden ſpiralförmigen Faſern beſtehe. 3) Der Inhalt der jungen Zellen iſt mit einem eigen— thümlichen bäutigen Sacke Cutriculus internus) umgeben, welcher an der innern Fläche der Zellwandung ſchwach ad— härirt. Man findet dieſen Zuſtand noch in vielen ſchon altern Zellen, deren Wandungen nicht verholzt find; allein nach dem Verholzen hängt der häutige Sack feſt an der Wandung der Zelle, und in vielen Fällen verſchwindet er zuletzt gänzlich. Das Protein findet ſich zuweilen unter den Beſtandtheilen dieſer Membran, fehlt aber auch zuwei— len ganz. Die im innern Utrikel der jungen Zellen ent— haltenen Subſtanzen beſtehen dagegen immer theilweiſe aus Protein. Die Celluloſe gehört nie zu den Beſtandtheilen des innern Utrikels. Die Membran, aus der er beſteht, iſt ) Mikrochemische Onderzoekingen over den aard en de ont- wikkeling van den Plantaardingen celwand etc, In 8°, Mit 8 colorirten Tafeln. No. 1986. — 886. — 6. aus einer eigenthümlichen, in Waſſer, Alkohol, verdünnter Salpeterſäure, Salzſäure, Schwefelfäure und Phosphorſäure, Königswaſſer, den Bromuren und der concentrirten Solution mehrerer Salze nicht auflöslichen Subſtanz gebildet. Durch die meiſten dieſer Reagentien wird ſie, da ſie ſich zuſammen— zieht und von der Wandung der Zelle abtrennt, deutlich erkennbar. 4) Die Subſtanz, welche die Kerne der Zellen bildet, ſcheint mit derjenigen des innern Utrikels viel Aehnlichkeit zu haben. Die Celluloſe fehlt darin ganz und gar, und eben ſo wenig läßt ſich darin Protein entdecken. In mit % ihres Gewichts an Waſſer verdünnter Salpeter- und Schwefelſäure iſt fie, ſelbſt wenn dieſe längere Zeit auf fie einwirken, nicht auflöslich. 5) Die Beſtandtheile der verdickten Zellwandungen zer— fallen in zwei Sauptelaffen, nämlich die, welche Protein ent— halten, und die, welche keins enthalten. 6) Zu den Zellwandungen, welche kein Protein ent— halten, gehören diejenigen der Zellen, welche die Schichten des beſondern Zellgewebes (Collenchyms) bilden, welches man in vielen dicotyledoniſchen Stengeln unmittelbar unter der epidermis findet. Die faſerigen Zellen des Baſtes der Aſclepiadeen und viele parenchymatöſe Zellen mit verdickten Wandungen gehören ebenfalls dieſer Claſſe an. In allen Fallen iſt die incruſtirende Subſtanz aus pectinſauren Sal— zen oder aus einem Stoffe (der Pectoſe) gebildet, welcher mit der Pectinſäure iſomeriſch iſt und ſich leicht in dieſelbe verwandelt. Dieſe Stoffe befinden ſich ſogar ſchon in den Wandungen der Zellen, die, wenngleich ſie im Alter ſchon ein wenig vorgerückt ſind, noch ſehr dünne Wandungen be— figen, und welche man deßhalb gewöhnlich für nicht ineru— ſtirt hält. Das hornartige Periſperm mehrerer Monocotyledonen 6 83 6. I. 6. 81 beſteht aus Zellen, die wegen ihrer von Protein freien Wan— dungen ebenfalls in dieſe Claſſe gehören. Indeß unter— ſcheiden ſie ſich in Anſehung der chemiſchen Zuſammen— ſetzung von den vorſtehend erwähnten Geweben bedeutend. Der ineruſtirende Stoff iſt in dieſem Falle bald iſomeriſch mit vegetabiliſchem Schleime (024, 138, 019), bald mit der Celluloſe, jedoch von beiden in Anſehung der chemiſchen Zuſammenſetzung verſchieden. 7) Die Wandungen der wirklich verholzten Zellen ent— halten immer Protein. Man trifft darin zwei über einander liegende Hauptſchichten, welche ſich durch ihre chemiſche Re— action von einander unterſcheiden. Sie enthalten vier ver— ſchiedene Stoffe, deren Verhältnißtheil jedoch ſehr abweichend iſt, nämlich: a. Celluloſe, welche man einzig in der innern Schicht der Wandung findet, und welche größtentheils in der un— mittelbar an die Höhle der Zelle grenzenden Gegend der Wandung angehäuft iſt. b. Einen Stoff, welcher ſich innig mit der Celluloſe der Wandung vermiſcht, aber ſich in größerer Menge nach dem äußern Umkreiſe der innern Schicht zu findet. c. Die Subſtanz, welche die äußere Schicht der Zell— wand bildet, und die ſich durch die Einwirkung concentrirter Mineralſäuren davon abſcheiden läßt. Dieſe Subſtanz be— merkt man ſpäter auch in der innern Schicht der Wandung. d. Protein, welches die ganze Wandung durchdringt. 8) Die Subſtanz b, welche ſich innig mit der Cellu— loſe der innern Schicht vermengt hat, unterſcheidet ſich von der, welche die äußere Schicht, e, bildet, durch die Eigen— ſchaft, daß ſie durch die Einwirkung der Säuren und Al— kalien ſtark anſchwillt, ſowie durch ihre Auflöslichkeit in concentrirter Schwefelſäure. Es ſprechen Gründe dafür, daß dieſe Subſtanz aus pectinſauren Salzen oder Pectoſe beſtehe. Die Subſtanz e, welche die äußere Schicht der Wan— dung bildet, charakteriſirt ſich durch ihre Unveränderlichkeit in concentrirter Schwefelſäure und verhält ſich gegen andere Reagentien genau auf dieſelbe Weiſe, wie das Häutchen der epidermis. Aus dieſem Grunde und weil die Bildungsweiſe in beiden Fällen dieſelbe iſt, kann man dieſe Schicht das Oberhäutchen der Holzzellen nennen. 9) Während der Periode, wo die Zelle fortfährt an Durchmeſſer zuzunehmen, geſchieht die Verdickung der Wan— dungen nicht, wie man gewöhnlich annimmt, durch das Hinzutreten neuer Schichten von innen, ſondern durch Stoffe, welche in dem die Zelle enthaltenden Sacke *) anfangs auf: gelöſ't ſind, dann in der Richtung von innen nach außen durch die Wandung dringen, und von denen ein Theil ſich als Oberhäutchen um die Zelle her ablagert, während der Reſt ſich mit der Celluloſe der innern Schicht vermiſcht, welche anfangs allein die Wandung der Zelle bildete. Dieſe Ablagerung von neuen Stoffen wird in einer ſolchen Weiſe bewirkt, daß während der Wachsthumsperiode des Organes die Höhlung der Zellen, weit entfernt ſich zu verengern, im in dem in der Zelle enthaltenen Sacke? Der Überſetzer. Gegentheil fortfährt, ſich genau in demſelben Verhältniß auszudehnen, wie die der übrigen Cellen, welche keine Ver⸗ holzung erleiden. 10) Zu einer ſpätern Periode, allein immer einige Zeit, nachdem die Zellen aufgehört haben ſich zu vergrö— ßern, d. h., nachdem das ſie enthaltende Organ die End⸗ ſchaft ſeines Wachsthums erreicht hat, ſchreitet die Verdickung, wenn dieſelbe fortfährt, von außen nach innen in der Art ſort, daß die Höhle der Zelle mehr und mehr verengt wird. 11) Die Poren und Canäle in der Wandung der ver⸗ holzten Zellen ſind nur die fernere Entwickelung der durch⸗ gehenden Poren der Wandung der jungen Zellen. Man kann drei Formen derſelben unterſcheiden, welche das Re⸗ ſultat der gleichförmigen oder ungleichförmigen Entwickelung der beiden Hauptſchichten ſind, welche die Wandung bilden. a. Wenn die Secretion und das Wachsthum des Ober: häutchens der Zelle gleichzeitig und in demſelben Grade, wie das Wachsthum der innern Schichten zweier an einander ſtoßender Zellen Statt findet, ſo bleiben die Poren offen, und es bildet ſich ein Canal zwiſchen den beiden Höhlen der Zellen, welcher dieſe mit einander in Verbindung ſetzt. b. Wenn zu irgend einer Periode der Entwickelung der Zelle die Quantität der das Oberhäutchen bildenden Subſtanz diejenige übertrifft, welche zur Verſtärkung der innern Schicht beitragen ſoll, ſo daß dieſe nicht ſo ſchnell wächſ't, wie die äußere Schicht, ſo erſtreckt ſich das Ober⸗ häutchen über die Perforation hinaus, und der Canal wird durch eine Scheidewand in zwei Hälften getheilt. c. Wenn die innere Schicht der Wandung ſchneller anwächſ't, als das Oberhäutchen, ſo daß ſich dieſes nicht im gleichen Grade ausdehnen kann, ſo entſteht daraus eine Höh— lung, in welcher die beiden Ringe endigen. Der Sitz der eigentlichen Canäle iſt folglich immer die innere Schicht, während der Sitz der Höhlungen das Ober— häutchen der Zelle iſt. 12) Die Wandung, ſowie die Faſer der jungen Tra⸗ cheen (ächten Spiralgefäße) beſteht aus Celluloſe. Zu einer ſpätern Periode, wo jedoch die Wandungen der holzigen Zellen noch nicht ineruſtirt ſind, dringen dieſelben Stoffe, welche zur Verſtärkung der Wandung der holzigen Zellen dienen, in die Spiralfaſern, ſowie in die aus denſelben entſtehenden Ringe und netzförmig geordneten Faſern ein. Die chemiſche Zuſammenſetzung der holzigen Zellen und Spiralfaſern iſt aus dieſem Grunde eine und dieſelbe. Das Verholzen der Wandung der ächten Tracheen beginnt zu derſelben Zeit, wie das der umgebenden Zellen. 13) Das Wachsthum der Spiralfaſern der Ringe ꝛc. in die Dicke geſchieht mittels der Säfte, welche aus den benachbarten Zellen in die Wandung des Gefäßes eindringen. Dies Wachsthum in die Dicke kann durch keine innere Ablagerung Statt finden, weil die Gefäße während dieſer Periode ihrer Entwickelung nur Luft enthalten. 14) Die Wandung der punctirten und geſtreiften Ges fäße iſt durchaus aus den nämlichen Materialien wie die Spiralfaſern gebildet; auch iſt ihre Entwickelung die näm⸗ 85 6. I. 6. 86 liche, d. h. ſie wachſen durch die Säfte, welche aus den holzigen Zellen in die Gefäßwandung eindringen. 15) Die Wandung der laterführenden Gefäße iſt ganz oder größtentheils aus Celluloſe gebildet. In dieſen Ge— fäßen mit ſehr verdickten Wandungen findet man, daß die Celluloſe innig mit einer andern Subſtanz vermiſcht iſt, welche kein Protein enthält, ſondern aus pectinſauren Sal— zen oder Pectoſe zu beſtehen ſcheint. Außerlich bemerkt man eine ungemein dünne Schicht, die ſich gegen Reagentien wie das Oberhäutchen der holzigen Zellen verhält. 16) Das Oberhäutchen der Zellen der epidermis über: zieht alle freien Oberflächen der Pflanze. Es iſt nicht die primäre Membran der obern Wandung der Epidermiszellen, ſondern beſteht aus einer Subſtanz, welche, nachdem ſie die Wandung durchdrungen, ſich an deren obern Fläche abge— lagert hat. Gewöhnlich bildet ſich dieſe Ablagerung nur an der obern Fläche; allein es giebt auch Fälle, wo die anderen Oberflächen damit in derſelben Weiſe, wie es bei den holzigen Zellen der Fall iſt, verſehen ſind. Wenn die obere Fläche allein mit dem Oberhäutchen bedeckt iſt, fo läßt dieſes ſich leicht durch Schwefelſäure in Geſtalt eines Fellchens davon ablöſen. Die primäre Wandung der Zellen, welche dann frei geworden iſt, beſteht aus denſelben Stof— fen, wie die, aus denen im Allgemeinen die Zellen mit dün— nen Wandungen zuſammengeſetzt find. Die Reagentien wir— ken auf das Oberhäutchen der epidermis genau in derſelben Weiſe ein, wie auf das Oberhäutchen der holzigen Zellen. 17) Die Wandungen der Zellen des Korks verhalten ſich gegen die chemiſchen Reagentien, wie das Oberhäutchen. Es läßt ſich mit gutem Grunde annehmen, daß der Kork der Hauptſache nach aus denſelben Stoffen beſteht, wie das Oberhäutchen, ſowohl der epidermis, als der holzigen Zellen. Die Subſtanz, welche die äußere Membran der Pollenkörner bildet, ſcheint ebendahin zu gehören. VII. Ueber das Blut der Anneliden. Von Hrn. A. de Quatrefages. Bekanntlich führte Cuvier bei Aufſtellung der Claſſe der Anneliden unter andern Kennzeichen auch dasjenige auf, daß das Blut dieſer Thiere roth ſei. Dieſes Kennzeichen ward gleich anfangs von Hrn. v. Blainville beſtritten, welcher angab, daß bei einigen der größten an unſeren Küſten vorkom— menden Arten das Blut kaum gefärbt ſei; allein aus Hrn. v. Blainville's eignen Ausdrücken ließ ſich Cuviers Anz ſicht wenigſtens im Allgemeinen rechtfertigen. Indem ſpäter Hr. Milne Edwards bekannt machte, daß es Tubicolen mit grünem Blute gebe, wies er die Unerheblichkeit des von dem berühmten Verfaſſer des Regne animal aufgeſtellten Kenn⸗ zeichens viel ſchlagender nach. Seitdem hat Hr. Dujardin eine neue Ausnahme der Art entdeckt, welche ſich ihm bei einer kleinen Annelide der Küſte des Canals La Manche, nämlich an Chlorema Edwardsii, darbot, und ich ſelbſt habe mehrere Arten entdeckt, an welchen ſich dieſelbe Eigenthüm— lichkeit wahrnehmen läßt, und die ich ſpäter näher zu be: ſchreiben gedenke. Die Farbe des Blutes ſcheint alſo bei der Claſſe der Anneliden von keinem bedeutenden Belange zu ſein; allein manche Naturforſcher dürften meinen, daß der weſentliche Umſtand nicht in der Art der Färbung ſelbſt, ſondern in dem Vorhandenſein irgend einer farbigen Flüſſigkeit liege. Ich glaube nicht, daß man mit dieſer Modification der Cu— vier ſchen Anſicht weiter kommt, als mit der urſprünglichen Meinung dieſes großen Naturforſchers. Bei einer großen Anzahl von Anneliden ift das Blut durchaus farblos, und ich glaube, daß man faſt alle kleine umherſchweifende Anne— liden oder Tubicolen, welche zwiſchen den Tangen und unter den Steinen unſerer Küften jo häufig ſind, in Maſſe hierher rechnen könnte. Hr. delle Chiaje führt an, daß er bei einer Anne— lide der neapolitaniſchen Meere und zwar bei denſelben Er— emplaren in gewiſſen Gefäßen rothes und in andern Ge— fäßen grünes Blut getroffen habe. Ich habe an einigen Arten der ſieilianiſchen Küſten Beobachtungen angeſtellt, welche das, was dieſe Thatſache für alle, welche die Art der Circulation der Anneliden kennen, auf den erſten Blick Unglaubliches hat, leicht erklärt. Bei manchen Tubicolen zeigt das Blut, wenn es dünne Schichten bildet, eine grün— lichgelbe Farbe, während es, in Maſſe geſehen, deut— lich roth erſcheint. Gewiſſe Arten von Nemerten bieten dieſelbe Eigenthümlichkeit dar, und an einer derſelben habe ich alle Abſtufungen dieſer Erſcheinung, welche bei ihr von der Anhäufung der ziemlich großen, in einer farbloſen Flüſ— ſigkeit ſchwebenden Blutkügelchen herrührten, wahrgenommen. Die Beobachtung des neapolitaniſchen Naturforſchers iſt dem⸗ nach höchſt wahrſcheinlich unvollſtändig, übrigens in Betreff der Veränderlichkeit der Blutfarbe bei demſelben Eremplare richtig. Es iſt dies eine Erſcheinung der Abſorption der Lichtſtrahlen, welche denjenigen ähnlich iſt, welche die Phy— ſiker, unter andern Young, völlig erklärt haben. Hr. Milne Edwards hat, meines Wiſſens zuerſt, das Blut der Anneliden mikroſkopiſch unterſucht und er— kannt, daß dasſelbe keine eigentlichen Kügelchen, wie die, welche ſich im Blute der Wirbelthiere fortbewegen, enthält. Man trifft in der That im Blute der größten mir vorge— kommenen Arten nichts anderes, als außerordentlich winzige Granulationen, welche, ſo weit ſich dies mit Hülfe der ſtärk— ſten Vergrößerungsgrade beurtheilen läßt, ziemlich unregel— mäßig zu ſein ſcheinen. Die Farbe des Blutes ſcheint mir nicht von der Anweſenheit dieſer Körperchen herzurühren. Der Färbeſtoff iſt hier in dem Blute ſelbſt aufgelöſ't, und auch dieſer Umſtand bildet einen ſehr ſcharfen Unterſchied zwiſchen der Beſchaffenheit des Blutes der Anneliden und derjenigen des Blutes der Wirbelthiere. Wenn man die eben erwähnten Beobachtungen nicht mit der nothwendigen Vorſicht anſtellt, jo kann man glau— ben, im Blute unregelmäßige Granulationen von ziemlich bedeutendem Umfang, ja bei manchen Arten ſolche von 0,01 Millim. Durchmeſſer und darüber anzutreffen; allein dieſe Körnchen gehören nicht zum Blute, ſondern ſtammen aus der in der allgemeinen Körperhöhle enthaltenen Flüſſigkeit. Dieſe Höhle und die in derſelben eingeſchloſſene Flüſ— 6 00 87 6. J. ſigkeit ſcheint mir im Organismus der niedrig organiſirten Thiere eine wichtige Rolle zu ſpielen, deren genaue Er— mittlung man ſich bis jetzt nicht angelegen genug hat ſein laſſen. Bei den umherſchweifenden Anneliden, bei den Ne— merten fallen die in dem Ovarium und dem Teſtikel nur ganz rudimentär entwickelten Eier oder Spermatozoiden in dieſe Höhle, und dort durchwandern fie die ferneren Stufen ihrer Entwicklung, abgeſondert von allen feſten organiſchen Theilen und außer aller unmittelbaren Beziehung zu dem Gefäßapparate. Es ſcheint, daß die ſie auf allen Seiten benetzende Flüſſigkeit eine lebende ſei, und daß jie ihnen die nöthigen Materialien liefere, um ihr Volumen in man= chen Fällen zu verzehnfachen. Deßhalb verhält ſich dieſe Flüſſigkeit zu ihnen genau wie ein Organ, wie ſich der Eierſtock oder der Teſtikel ſelbſt nur zu ihnen verhalten könnten. Die in der allgemeinen Höhle der Anneliden ent— haltene Flüſſigkeit iſt gewiſſermaßen ein flüſſiges Organ. Es läßt ſich ſchwerlich annehmen, daß eine Flüſſigkeit, welche bei der Ernährung der Eier oder Spermatozoiden eine ſo deutliche Rolle ſpielt, in Betreff der Muskeln und Eingeweide, welche durch ſie von allen Seiten beſpült wer- den, ſich ganz indifferent verhalte. Alles führt uns viel— mehr auf die Anſicht hin, daß ſie in Betreff derſelben ähn— liche Functionen ausführe, wie die, welche ſie in Betreff der Fortpflanzungsproducte erwieſenermaßen erfüllt. Deß⸗ halb haben wir dieſe Flüſſigkeit als eine durch den ganzen Körper verbreitete ernährende und als einen mächtigen Bun— desgenoſſen des Blutes ſelbſt zu betrachten. Sobald aber dem Blute nicht mehr ausſchließlich die Functionen der Ernährung obliegen, vermindert ſich deſſen Wichtigkeit für den Organismus, und es darf uns dann nicht wundern, wenn wir finden, daß der Apparat, welcher dazu dient, es in die verſchiedenen Körpertheile zu verbrei— ten, eine beträchtliche Unvollkommenheit, eine Verkümmerung darbietet. Bei gewiſſen umherſchweifenden Anneliden und Tubicolen ſieht man die Gefäßveräſtelungen ſehr ſparſam wer— den. Dieſe Thatſache läßt ſich bei den Arten, deren Blut ſtark gefärbt iſt, leicht conſtatiren, und ihren höchſten Grad er— reicht ſie bei den Nemerten, bei denen nur noch Hauptſtämme vorhanden ſind. Ich werde übrigens in einer größern Ar— beit, welche ſich gegenwärtig unter der Preſſe befindet, und in welcher ich die merkwürdige Gruppe der Nemertier aus— führlich beſchreibe, auf dieſen Gegenſtand zurückkommen. Die in der allgemeinen Körperhöhle der umherſchwei— fenden Anneliden und Tubicolen enthaltene Flüſſigkeit wird durch die Contractionen und allgemeinen Bewegungen des Körpers beſtändig hin und her bewegt, und jede Portion derſelben kann daher mit den verſchiedenen Organen in Be— rührung kommen. Allein unter gewiſſen Umſtänden ſcheint ſie regelmäßigere, einer wirklichen Circulation ähnlichere Ber wegungen darzubieten; wenigſtens habe ich dies bei ſehr kleinen Sipunkeln, welche ſich zwiſchen dicht ſtehenden Co— rallinen und Tangen finden, beobachtet *). Die allgemeine ) Ich betrachte die Sipunkeln und die ihnen verwandten genera als zum Typus der Anneliden gehörend. Dieſe Anſicht bes ruht auf anatomiſchen Umſtänden, welche ich an den Echiuren 6. 88 Körperhöhle iſt, wie bei den Nematoiden, in unregelmäßige Kammern getheilt, und dieſe Kammern ſtehen mit einander in Verbindung. Ich habe die mit brombeerförmigen und hier ziemlich gleich großen Kügelchen angefüllte Flüſſigkeit in dieſem Syſteme von Fächern ſich in einer lang gezogen elliptiſchen Bahn mit gewelltem Umriß bewegen ſehen. Wenn man die Höhle nach der Quere zuſammendrückt und ſo in zwei Hälften theilte, ſo beſchrieb die Flüſſigkeit zwei nach innen gerichtete Curven. Man ſieht, daß Diele Erſcheinung in mehreren Beziehungen an die hinreichend bekannte Cir⸗ eulation der Chara erinnert. Es hält ziemlich ſchwer, dieſen Granulationen eine be⸗ ſtimmte Rolle anzuweiſen. Gewiß iſt, daß fie zu dem phy⸗ ſiologiſchen Zuſtande des Thieres, indem man ſie bemerkt, in einer deutlichen Beziehung ſtehen. Je kräftiger dasſelbe iſt, deſto zahlreicher und größer ſind die Körnchen. Bei den mikroſkopiſchen Anneliden wird die Zahl dieſer Körperchen während der Trächtigkeit der Thiere, zu welcher Zeit ſich dieſe ungemein lebens kräftig zeigen, doppelt und dreifach fo groß, wie früher. Man kann ſich nicht wohl enthalten, in den eben er⸗ wähnten Thatſachen etwas ähnliches zu erkennen, wie das— jenige was man in der Claſſe der Inſecten bemerkt. Bei dieſen findet man nur eine Art Nahrungsſaftes, und das Blut gleicht faſt immer der in der allgemeinen Höhle der Anneliden enthaltenen Flüſſig⸗ keit. Bei einigen Larven erinnert jedoch, wie wir an einem andern Orte dargelegt haben ), das Blut der Inſeeten an das eigentliche Blut dieſer näm- lichen Anneliden, indem es, wie dieſes, mit einem darin aufgelöſ'ten Färbeſtoff angeſchwängert iſt. Da übri⸗ gens die Producte der Verdauung, indem ſie aus dem Nahrungsſchlauche heraustreten, ſich unmittelbar mit der in der allgemeinen Höhle befindlichen Flüſſigkeit ver⸗ miſchen müſſen, ſo iſt man wohl zu dem ſchon oben er— wähnten Schluſſe berechtigt, daß dieſe Flüſſigkeit hinficht⸗ lich ihrer phyſtologiſchen Rolle gewiſſermaßen das Blut der Wirbelthiere repräſentire, und daß ſie um ſo wichtiger werde, je verkümmerter der Circulationsapparat und je mehr derſelbe auf die innern Körpertheile beſchränkt iſt. Wir werden übrigens ſpäter Gelegenheit haben, auf dieſe hier nur andeutungsweiſe behandelten Betrachtungen zurückzukom⸗ men. (Annales des Sciences naturelles, Juin 1846.) Miſcelle n. 11. Über die Ungleichheit in der calcinirenden Function der Molluſken bei ſonſtiger gleicher Or⸗ ganiſation, von Hrn. L. Reeves. (Mittheilung in d. Brit. Assoc. for the Advanc. of Sc., d. 16. Sept. 1846.) — Von den vier ſchalenabſondernden Arten der Cephalopoden — dem Tinten⸗ beobachtet habe, und über die man in der neuen illuſtrirten Ausgabe des Regne animal ausführliche Nachrichten findet. Zoophytes, 12e livraison, pl. 23. ) In einer Sitzung der philomathiſchen Geſellſchaft. S. L'In- stitut, 27. Aoüt 1845.) 89 6. ſiſch, dem Papier: Nautilus, dem Perlen-Nautilus und der Spi- rula oder dem Widderhorn — zeigt eine jede eine verſchiedene Weiſe der Bildung ihres Gehaäuſes, welches ſich nicht allein unter dem Mikroſkope ganz verſchieden zeigt, ſondern auch aus verſchie⸗ denen Tbeilen des Körpers abgeſondert wird, obwohl dieſe Thiere in allen ihren anatomiſchen Elementen, welche die Weichtheile der⸗ ſelben ausmachen, unter ſich auf das engſte verwandt ſind. Wäh⸗ rend die kalkhaltigen Theile des Tintenfiſches nur durch eine in⸗ nere knöcherne Platte oder Scheibe, die vorzugsweiſe aus kehlen⸗ ſaurem Kalke beſteht, repräſentirt werden, ſo zeigt die Schale des Perlen⸗Nautilus einen ſehr in die Augen fallenden mechaniſchen Apparat, der von dem die inneren Weichtheile umhüllenden Man⸗ tel abgeſondert wird. Derſelbe beſteht aus zwei verſchiedenen Ab⸗ lagerungen, der äußeren Cruſte und der inneren Perlmutter, und hat die Beſtimmung, auch bei den mannigfachſten Veränderungen des Druckes, welchem das Thier in den Tiefen ſeines Aufenthaltortes unterworfen iſt, den Bewohner der Schaale flott zu erhalten. Die Schale des Papier: Nautilus iſt hinwiederum ein leichtes, elaſtiſches Boot, welches, durchſichtig und dem Lichte zugänglich, nur von dem Weibchen zum Behuf der Aufbewahrung ſeiner Eier ausgeſchieden wird. In dieſem Thiere iſt zugleich das Geſchäft der Calcination, auf eine merkwürdige noch unerflärte Weiſe, von dem Mantel I. 90 auf das hintere Paar der Arme übertragen worden. Mit der Spirula verhält es ſich nun wiederum anders, da bei derſelben jene abſondernde Thätigkeit in dem Mantel eines im Verhältniß zu andern Cephalopoden weit größeren Thieres, unter bis jetzt noch ganz unbekannten Umſtänden, ſeinen Sitz hat. — Eine Zeichnung, die vorgewieſen wurde, war von einem lebenden Exemplar genom⸗ men, das erſt neulich aus der Nähe von Neuſeeland zum erſten Mal in vollkommenem Zuſtande mitgebracht worden war, und wel⸗ ches Hr. Reeves gern zergliedert hatte, um ein für die Geſchichte der Phyſiologie der Cephalopoden nicht unwichtig ſcheinendes Pro⸗ blem durch die anatomiſche Unterſuchung dieſes Thieres möglicher Weiſe zu löſen. (Athenaeum, No. 989.) 12. Als vorzuſchlagende Surrogate für die Kartoffel empfiehlt Hr. Morris Stirling in England die Jeruſalemer Arti⸗ ſchoke, die Scorzonera, und überhaupt alle Pflanzen, welche Stärke— mehltheile in ihren Wurzeln enthalten, und bringt zugleich in Vor: ſchlag, als Mittel, die Kartoffelpflanze ſelbſt zu verbeſſern, hybride Gewächſe durch die Vermiſchung des Solanum tuberosum mit eini⸗ gen andern Solanumarten zu erzielen. Nekrolog. — Mr. Hume, der beſonders in angewen⸗ deter Chemie ausgezeichnete Chemiker, iſt im 91ſten Jahre zu Thornbury geſtorben. 6. Heilkunde. (VIII.) Ueber die Geſchmacksveränderung bei Paraly— ſen des facialis. Von Dr. Bernard (de Ville franche). Die Lähmung des facialis charakteriſirt ſich durch auf— gehobene Muskelbewegung der entſprechenden Geſichtshälfte mit Erhaltung des Gefühls. Dieſer Nerv muß alſo als rein motoriſch betrachtet werden, was auch jetzt von den Phyſiologen allgemein angenommen wird. Die meiſten Fälle von Paralyſen dieſes Nerven haben allerdings einzig und allein Bewegungslähmung zur Folge, allein in man— chen Fällen kommt noch ein Symptom vor, das ſich in dem erſten Augenblicke nicht gut mit den ausſchließlich motori— ſchen Kräften des facialis in Verbindung bringen läßt: ich meine die eigenthümliche Geſchmacksveränderung der entſpre— chenden Zungenhälfte. Dieſes bereits früher von mehreren beobachtete Phänomen wird durch nachſtehende Thatſachen beſtätigt. Ich werde zunächſt die Eigenthümlichkeiten und den anatomiſchen Sitz dieſer die Paralyſe des lacialis begleiten⸗ den Sinnes veränderung aus Beobachtungen nachweiſen, als⸗ dann aber es phyſiologiſch zu erklären ſuchen, um endlich die Bedeutung dieſes Symptoms in pathologiſcher Beziehung feſtzuſtellen. Beobachtungen von halbſeitiger Geſichtsläh— mung mit Geſchmacks veränderung. Zu den in den Annales médico - psychologiques 1843 von mir mitgetheilten fünf Fällen dieſer Art will ich noch folgende hinzufügen. Erſter Fall. — Hourlier, zehn Jahr alt, be— kam im Verlaufe eines acuten Eranthems (Maſern) tief— ſitzende, lebhafte Schmerzen im rechten Ohr, die Dr. Me— niere von einem Absceſſe im mittleren Ohre herleitete. Es trat wirklich bald Eiterabfluß ein, worauf die Schmer— zen abnahmen. Ungefähr vierzehn Tage ſpäter, als der Eiterausfluß faſt ganz aufhörte, bemerkte der Knabe eines Morgens beim Erwachen, daß ihm das Sprechen ſchwer wurde; er rief ſeine Mutter, die, über die Geſichtsverzerrung des Kindes erſtaunt, es ſogleich nach dem Kinderhoſpital brachte. Aus dem rechten Ohre ſickerte eine ſeröſe Flüſſigkeit; an der entſprechenden Geſichtshälfte war das Gefühl normal, die Bewegung dagegen vollſtändig gelähmt, das Geſicht nach links verzogen; der Kranke konnte die Stirn nur auf der linken Seite runzeln; das rechte Auge konnte nicht ge— ſchloſſen werden, der entſprechende Naſenflügel war unbe: weglich und etwas eingedrückt; das Zäpfchen und die Zunge, letztere nach allen Richtungen hin gleich beweglich, zeigten keine Lageveränderung; was das Sprechen betrifft, ſo waren nur die Lippenbuchſtaben etwas erſchwert. — Legte man auf die aus dem Munde hervorgeſtreckte Zunge ſchwe⸗ felſaures Chinin oder Kochſalz, ſo zeigte ſich der Geſchmack auf der rechten Seite ſtumpf und träge, auf der linken leb— haft und ſchnell. Als ich den Kranken ungefähr zwanzig Tage nach dem erſten Eintritte der Lähmung ſah, waren alle Sym⸗ ptome noch deutlich wahrzunehmen. Die Zungenſchleim⸗ haut war auf beiden Seiten gleich feucht und von ziemlich gleichem Ausſehen. Beim Berühren oder bei leichtem Stechen zeigte ſich das Taſtgefühl der Zunge auf beiden Seiten voll: — 91 6. kommen normal. Nur im Geſchmacksſinne war eine merk— liche Verſchiedenheit beider Seiten wahrzunehmen. Legte man auf den vordern Theil der Zunge auf der rechten Seite fein pulveriſirte Citronenſäure, To ſchmeckte der Kranke die⸗ ſelbe erſt nach längerer Zeit und nur ſchwach, auf der lin— ken Seite dagegen war die Geſchmacksempfindung durchdrin— gend und augenblicklich. Am 20. Januar, fünf Wochen nach dem Beginne der Krankheit, nahmen die Lähmungsſymptome allmälig ab, und mit ihnen verſchwand auch nach und nach der Unterſchied des Geſchmacksſinnes. Ja, dieſer ſchien ſogar noch ſchneller als die übrigen Lähmungsſymptome zu verſchwinden. Am 18. Febr. 1844 verließ Pat. vollkommen geheilt das Krankenhaus. Zweiter Fall. — Gauvin, Schloſſer, 35 Jahr alt, wurde am 29. Juni 1843 in das Höpital de la Cha- rite in Paris aufgenommen. Im October 1841 trat ein reichlicher Eiterausfluß aus dem linken Ohre ein, nachdem Huſten und Blutauswurf einige Zeit vorausgegangen war. Im Mai 1842 zeigte ſich die linke Gefichtshälfte angeſchwol— len, ſchmerzhaft und geröthet, wobei Pat. ein Fröſteln ver⸗ ſpürte. Dieſe Symptome endigten mit dem Aufbruche ei— nes Absceſſes durch den äußern Gehörgang. Von dieſer Zeit an war der Ausfluß immer ſehr reichlich, und, nach der Angabe des Kranken, ſoll eines Tages in dem Eiter ein kleiner Knochen ſich gefunden haben, der zwei Zähne und ein rundes Köpfchen hatte. Beim Schnäuzen fühlte er gleichſam einen Wind im Ohre. Am 3. März 1843 traten, ohne daß der Eiterabfluß aufgehört hatte, plötzlich ſehr lebhafte, tiefſitzende Schmerzen im Ohre ein, die nach drei Tagen nachließen und einer Lähmung der ganzen linken Geſichtshälfte Platz machten. Bei ſeiner Aufnahme ins Spital am 29. Juni 1843 fanden ſich die Zeichen einer ſchon ziemlich vorgeſchrittenen tubereulosis der Lungen, und in Bezug auf die Geſichtslähmung nachſtehende Symptome: Die Geſichts— züge verzerrt, die Bewegung der linken Geſichts hälfte völlig aufgehoben; das Gefühl unverſehrt. Der Kranke kann das linke Auge nicht ſchließen, dieſes thränt ein wenig, übri— gens iſt das Sehvermögen durchaus normal. Aus dem linken Ohre, deſſen Gehör völlig erloſchen iſt, dauert der Eiterausfluß fort. Die Bewegungen der Zunge ſind frei; das Zäpfchen nicht verzogen; die Ausſprache der Lippen⸗ laute etwas erſchwert. Der Geſchmacksſinn iſt auf beiden Seiten der Zunge ſehr verſchieden. So unterſcheidet der Kranke den Geſchmack von chininum sulphur. z. B. auf der linken erſt nach einiger Zeit, auf der rechten dagegen au— genblicklich. Dieſe Verſuche wurden von Rayer in Ge⸗ genwart mehrerer Perſonen wiederholt angeſtellt. Man lei— tete die Geſichtslähmung von einer durch tuberculosis des Felſenbeins bedingten Krankheit des ſiebenten Nervenpaares her. Während der ganzen Zeit, daß Pat. im Hoſpitale blieb, dauerte der Ausfluß fort; die übrigen auf die Ge— ſichtslähmung Bezug habenden Symptome blieben ebenfalls ſtationär, nur entſtand ſpäter vor dem äußern Gehörgange noch eine längliche, beim Drucke ſchmerzhafte Geſchwulſt. Die Erſcheinungen der Lungenſchwindſucht ſchritten immer vor, bis am 15. December 1843 der Tod erfolgte. I. 6. 92 Section. In den Lungen fanden ſich große Ca⸗ vernen; die Bronchial- und Halsdrüſen waren mit Tuber⸗ kelmaterie angefüllt. Das ſelbe Krankheitsproduct wurde auch in der vor dem äußern Gehörgange befindlichen Anſchwel⸗ lung angetroffen. Nach Eröffnung der Schadelhöhle und Hinwegnahme des Gehirns ſah man auf der außern und obern Fläche der Baſis des linken Felſenbeins eine abge⸗ rundete Oeffnung in der harten Hornhaut von ungefähr 2 Gentimeter im Durchmeſſer. Die Knochenſubſtanz des Felſenbeins war an dieſer Stelle entblößt und über dem mittleren Bogengange hart und nekrotiſch; tiefer hinab in der Gegend des hiatus Fallopii fand ſich erweichte Tuberkel⸗ maſſe in die Knochenſubſtanz infiltrirt, ſo daß die Sonde von hier aus bis in die Paukenhöhle eindrang. Der die⸗ ſer Seite entſprechende mittlere Gehirnlappen zeigte ſich mit ergriffen; ſo ſah man an demſelben eine geſchwürige Stelle mit Subjtanzverluft von ungefähr 3 Millimeter Tiefe, de— ren Grund hart und gelblich war. Rund um dieſe Stelle herum hatten ſich Adhaſionen zwiſchen den Gehirnhäuten und der dura mater des Felſenbeins gebildet, ſo daß der Eiterheerd ſich nur durch das Felſenbein nach außen ent⸗ leeren konnte. Das ſiebente Nervenpaar, portio dura et mollis, war bis zu ſeinem Urſprunge krankhaft verändert; an der Stelle, wo er in den innern Gehörgang eintritt, be⸗ fand ſich an demſelben eine kleine, weißliche Anſchwellung, die durch Tuberkelmaſſen innerhalb des Neurilems gebildet war. Der facialis erſchien im Schneckengange angeſchwol⸗ len und gelblich und bis zu ſeiner erſten knieförmigen Biegung tuberculös entartet; weiter hinab konnte er nicht mehr verfolgt werden, indem er ſich in der erweichten Tu⸗ berkelmaſſe verlor, die das mittlere Ohr, ſowie die Desorga- niſirten Zellen des Zitzenfortſatzes anfüllte. Hier ſchien der Urſprung des Übels zu ſein, das ſich von hier aus durch den hiatus Fallopii nach der Schädelhöhle und durch den innern Gehörgang nach dem Nersenanfange verbreitet hat. Das peripheriſche Ende des facialis fand ſich erſt am untern Ende des Fallopiſchen Canals wieder und zeigte auch hier krankhafte Anſchwellung. Der trigeminus und ganz beſonders der nery. lingualis wurden mit großer Sorg⸗ falt unterſucht, ohne daß irgend etwas Krankhaftes an ih⸗ nen entdeckt werden konnte. Ebenſo waren die Speichel- drüſen mit ihren Ausführungsgängen vollkommen normal. Dritter Fall. — Lagarde, Drechsler, 37 Jahr alt, bekam am 17. Febr. 1844 ohne irgend eine vorher⸗ gegangene Urſache ein Gefühl von Taubſein in der Zunge, die er angeſchwollen glaubte. Sprechen und Schlingen wa⸗ ren unbehindert, und nur der Geſchmacksſinn war an der rechten Seite der Zunge erloſchen. Pat. machte ſelbſt den Verſuch mit Senf und Kochſalz, die er mit der linken Zun⸗ genſeite kaum wahrnahm, mit der rechten augenblicklich em⸗ pfand. Am 18. geſellten ſich zu dieſem Symptome Thrä⸗ nen und tiefes Pulſiren des linken Auges. Nach einer ganz ruhigen Nacht bemerkte der Kranke beim Erwachen am 19. eine Verzerrung des Mundes; im Verlaufe des Tages trat Naſenbluten ein. Am 20. läßt ſich Pat. in das Hotel Dieu aufnehmen; am 21. findet man folgende 95 Erſcheinungen: das Geſicht nach rechts verzogen; die linke Geſichtshälfte unbeweglich; das Gefühl überall normal; das linke Auge kann nur unvollkommen geſchloſſen werden; Pat. kann nicht pfeifen; beim Kauen häufen ſich die Speiſen zwiſchen den Zähnen und der linken Backe an. Sprechen und Schlingen ſind normal; an Zäpfchen und Zunge keine Lageveränderung. Der Geſchmacksſinn zeigt ſich bei den Verſuchen mit Kochſalz und Alaun auf der linken Seite viel ſchwächer, als auf der rechten. Das Allgemeinbefinden iſt vortrefflich: Pat. hat guten Appetit, ſchläft gut, hat keine Kopfſchmerzen u. ſ. w. Ebenſo wenig läßt ſich ir gend eine äußere Verletzung oder Schmerz in der Gegend des Verlaufs und des Austrittes des facialis wahrnehmen. Nach der Anwendung von Blaſenpflaſter fangen die Sym— ptome am 23. an abzunehmen und verſchwinden allmälig ganz. Am 16. März verläßt Pat. vollſtändig geheilt das Spital. Vierter Fall. — Broton, 45 Jahr alt, Mau⸗ rer, erhielt bei einem Sturz von einem Gerüſte eine Kopf: wunde an der linken Seite mit Verluſt des Bewußtſeins und Blutaustritt aus dem linken Ohre. Es wurde ſo— gleich ein Aderlaß gemacht und der Kranke nach der Cha— rite transportirt. Das Bewußtſein kehrte erſt am folgen— den Tage, am 25. Mai 1843, Morgens 6 Uhr, wieder. Der linke Geſichtsnerv iſt gelähmt; Pat. klagt über lebhafte Schmerzen an der linken Kopfſeite. Prof. Velpe au dia— gnoſticirte eine Fractur des Felſenbeins. Nach einer ange— meſſenen Behandlung verſchwinden in den folgenden Tagen die Gehirnſymptome und der Kopfſchmerz, die Wunde ver— narbt, nur die Paralyſe des lacialis bleibt unverändert. Auf der linken Seite kann die Stirn nicht gefaltet, das Auge nicht geſchloſſen werden; der Mund iſt nach rechts verzogen; das Sprechen ziemlich frei; die Lage des Zäpf— chens nicht verändert; beim Kauen häufen ſich die Speiſen zwiſchen Zähnen und Backe an; das Sehvermögen normal; Gehör und Geruch nicht merklich verändert; nur der Ge— ſchmacksſinn iſt auf beiden Seiten der Zunge verſchie— den. So bringt gepülverte Citronen- oder Weinſteinſäure auf der rechten Seite ſchnell ſauren Geſchmack hervor, wäh— rend die linke Zungenhälfte nur ſehr langſam und nicht genau die Natur der Subſtanz zu unterſcheiden vermag. An dem Ausſehen der Zunge iſt keine Verſchiedenheit wahr— zunehmen; ſie iſt überall gleich feucht und mit gleichem Taſtgefühle verſehen. Blaſenpflaſter und Galvanis mus brach⸗ ten nur unmerkliche Beſſerung hervor. Am 14. Juni 1843 verlangte Pat. ſeine Entlaſſung; das Allgemeinbefinden war vollkommen wiederhergeſtellt, die Geſichtslähmung aber un⸗ verändert. Aus dieſen Beobachtungen ergeben ſich folgende charakteriſtiſche Zeichen der Geſchmacksvderänderung in Folge von Paralyſe des facialis. Der Geſchmack erſcheint hier nicht total aufgehoben, ſondern nur herabgeſtimmt, in ſei⸗ ner Reaction geſchwächt und langſam wirkend; das Taſt⸗ gefühl der Zungenſchleimhaut bleibt dabei durchaus normal. Was den Ort der Geſchmacksveränderung betrifft, jo iſt dieſe nur auf die zwei vorderen Dritttheile der der Para⸗ lyſe entſprechenden Zungenſeite beſchraͤnkt. Endlich als 6.1. 6. 94 Hauptcharakter dieſer Geſchmacksveränderung iſt das gleich- mäßige Ab- und Zunehmen derſelben mit den übrigen Läh⸗ mungsſymptomen zu betrachten. Durch die erwähnten Cha⸗ raktere iſt die Gefchmadsseränderung in Folge von Para— lyſe des facialis leicht von der zu unterſcheiden, die in Be— gleitung irgend einer Krankheit des trigeminus auftritt. Der anatomiſche Grund der in Rede ſtehenden Geſchmacksver— letzung iſt alſo einzig und allein im nervus facialis zu ſu— chen, und zwar in der chorda tympani, die, nachdem ſie im mittleren Ohre den bekannten eigenthümlichen Verlauf gemacht hat, ſich endlich mit dem nervus lingualis innig verbindet. Die Verſuche an Thieren beſtätigen dieſe Anſicht vollkommen. Durchſchneidet man den facialis über der Ur- ſprungsſtelle der chorda tympani, oder zerreißt man gar dieſe für ſich mittels eines durch den äußern Gehörgang eingeführten ſcharfen Hakens, ſo ſieht man danach conſtant jene charakteriſtiſche Geſchmacksveränderung eintreten. Ohne weiter in das Detail jener Verſuche einzugehen, wollen wir nur die daraus für die Pathologie ſich erge— benden Reſultate erwähnen. Dieſe find: 1) daß jene Ge— ſchmacksveränderung in allen den Fällen von Geſichtsläh— mung fehlen muß, wo die lähmende Urſache, von welcher Art dieſe auch fein mag, ihren Sitz an dem nervus facia- lis unterhalb der Urſprungsſtelle der chorda tympani hat. 2) Wird jenes Symptom immer vorhanden ſein, ſo oft die lähmende Urſache jo hoch an dem Felſenbeintheile des ſiebenten Nervenpaares ſich befindet, daß dadurch die Fun— ction der chorda tympani zerſtört wird. Daraus ergiebt ſich, daß alle Geſichtslähmungen, deren Urſachen im mittle— ren Ohr ihren Sitz haben, nothwendig auch die chorda tympani betreffen und mit Geſchmacksveränderung verbunden fein müſſen. Beiſpiele davon ſehen wir in dem erſten, zweiten und vierten Falle. So finden wir auf phyſiologi⸗ ſchem wie auf pathologiſchem Wege die Erſcheinung er— klärt, warum die Geſichtslähmung bald mit, bald ohne Ge⸗ ſchmacksveränderung einherſchreitet; ja es können ſogar Bälle vorkommen, wo nur Geſchmacksveränderung ohne anderwei⸗ tige Geſichtslähmungen vorhanden iſt, dann nämlich, wenn die chorda tympani durch eine traumatiſche oder irgend eine andere Urfache innerhalb der Paukenhöhle, wo fie ganz iſo⸗ lirt verläuft, für ſich allein zerſtört wird. Bei Thieren laſſen ſich dieſe Verſuche leicht ausführen. (Schluß folgt.) Miſcellen. (21) Fall von erfolgreicher Behandlung eines Groups durch ſtarke Blutentziehungen und Jodkali. Von Dr. Pu refoy. — T. L., ein fräftiges, geſundes Kind von 14 Monaten, wurde am 19. Febr. a. pr. von Heiferfeit und Fieber befal⸗ len, welche Symptome ſich in der Nacht des 23. zu einem heftigen Anfalle von Group ſteigerten (Aderlaß, Brechmittel, Abführmittel, Blaſenpflaſter auf die Bruſt). Nach temporärer Erleichterung trat am 25. ein ſo heftiger Rückfall ein, daß augenblickliche Erſtickung drohte. Das Kind lag mit dem Kopfe hinten über gebeugt auf dem Arme der Amme, das Athmen geſchah nie und unter großer Musfelanftrengung, der Croupton war fehr laut und rauh, das Geſicht aufgedunſen, die Haut der Extremitäten kalt, Puls fre⸗ quent. Nach einem Aderlaſſe von 3 Unzen trat zunächſt raſcher 95 6.1. 6. 96 collapsus ein, doch wurde die unmittelbar drohende Gefahr durch elinde Reizmittel und Zulaſſen der friſchen Luft nach einer Stunde Befeitigt. (Calom. gr. iii; Vin. Antim. c. Vin. 117 7 alle 2 bis 3 Stunden). Am nächſten Morgen war das Geſicht bleich und ödematös aufgetrieben, das Athmungsgeräuſch rauh, doch nicht ſo laut wie früher, der Puls frequent und ſchwach und große pro- stratio virium. Das Kind erhielt nun alle 2 Stunden 1 Gran Jodkali und in der Zwiſchenzeit Pulv. Hydrarg. c. creta gr. j, Pulv. rad. Ipecac. gr. ½; ein kleines Blaſenpflaſter wurde oben am Bruſtbeine applicirt, und zur Nahrung Hühnerbrühe, Sago und Arrow-root mit Wein gereicht. Dieſe Behandlung wurde 8 Tage lang fortgeſetzt, worauf Diarrhoe eintrat, welche bald gelinden Ad— ſtringentien wich. Die obigen Mittel wurden nun in längeren Zwiſchenräumen noch 8 Tage lang angewendet, ſo daß das Kind binnen 14 Tagen 36 Gran Hydrarg. c. ereta und 32 Gran Kali hydrojod. verbrauchte. Der kleine Kranke nahm dann noch 14 Tage lang täglich etwas Portwein und war nach einem Monat völlig hergeſtellt. Dublin Quart. Journ., May 1846.) (22) Calluserweichung in Folge unzureichender Nahrung. Der 16jährige J. R. wurde am 14. September in das Londoner Hoſpital aufgenommen. Er klagte über lebhaften, beim Gehen bedeutend zunehmenden Schmerz im linken Ober— ſchenkel. Der Gang iſt langſam und unſicher; der Kranke ſcheint ſehr vorſichtig aufzutreten. Bei der Unterſuchung findet man in der Mitte des Oberſchenkels eine nach vorn hervorragende Stelle. Faßt man den Knochen unter- und oberhalb dieſer Stelle und be— wegt ihn nach entgegengeſetzten Richtungen, ſo nimmt man ein leichtes, aber deutliches Verſchieben der Knochentheile wahr. Der Kranke iſt blaß, abgemagert, ſchwach; der Puls klein, beſchleunigt. Über die Anamneſe Folgendes. Vor zwei Jahren hatte der Kranke den linken Oberſchenkel in der Mitte gebrochen. Nach neunwö— chentlicher Behandlung im Hoſpitale waren die Bruchenden feſt mit einander verwachſen, und Pat. konnte ohne die geringſte Be— ſchwerde gehen. Vom Hoſpitale entlaſſen, wurde er in ein Armen— haus aufgenommen, wo er während eines faſt zweijährigen Auf- enthaltes an Nahrung erhielt: 5 Unzen Fleiſch drei Mal wöchent⸗ lich, Suppe drei Mal, Brod und Käſe ein Mal. Auf Verord—⸗ nung des Arztes gab man ihm einige Mal etwas Porter. — Die erſten Symptome der Calluserweichung waren localer Schmerz, ſpäter behindertes Gehen und das Vortreten des gebrochenen Kno— chenendes nach vorn und außen. Der Schmerz trat ungefähr drei Monate vor ſeiner abermaligen Aufnahme ins Spital ein. Es wurde eine nahrhafte, beſonders Fleiſchdiät angeordnet, dazu ein de- coctum Chinae mit Eiſen. Pat. mußte horizontale Lage und voll⸗ kommene Ruhe des Gliedes beobachten. Nach ſiebenwöchentlicher Behandlung war der callus vollkommen conſolidirt. (The Lancet.) (23) Calluserweichung im Verlaufe eines rheu⸗ matiſchen Fiebers. — J. M., 46 Jahr alt, häufig von Rheumatismus befallen, wurde wegen eines Bruches des Unter— ſchenkels in ein Spital zu London aufgenommen. Nach ſechs Wochen waren die Bruchenden feſt mit einander verwachſen. Nun trat ein rheumatiſches Fieber ein, das drei Wochen anhielt. Wäh⸗ rend der Dauer dieſes Fiebers löſ'te ſich der neu gebildete callus wieder auf, ſo daß die Bruchenden der Knochen ſich über einander ſchieben ließen und wahrſcheinlich nur mittels des ligamentöſen Apparates zuſammengehalten wurden. Nach vierzehn Tagen er⸗ langte indeß die Knochenſubſtanz ihre frühere Solidität wieder. (The Lancet.) (24) Die Urſache der Nichtvereinigung gebrochener Knochen ſucht Sir B. Brodie in den meiſten Fällen in all⸗ gemeiner Schwächung der Conſtitution. Er führt folgende Fälle an. Ein Herr, welcher ſehr ſtark wurde, ſetzte ſich auf ſehr ſpär⸗ liche Diät, obwohl er früher an gutes Leben gewöhnt war. Nach ſechsmonatlichem Faſten brach er ſeinen Arm; Br. wurde mehrere Mo⸗ nate nachher hinzugerufen, weil kaum erſt eine Spur von Vereinigung ſelbſt durch weiche Subſtanz bemerkt werden konnte. Eine jehr corpulente Dame entſchloß ſich ebenfalls, um magerer zu werden, zu ähnlicher Diät, bei derſelben blieb ein Bruch des Vorderarms, den ſie einige Monate ſpäter erlitt, ebenfalls ohne Vereinigung. Ein junger Mann, welcher wegen Kränklichkeit eine ſehr ſpärliche Diät beobachtete, machte dieſelbe Erfahrung an ſich. Ueberhaupt Störung des allgemeinen Befindens iſt in vielen Fällen die Urſache. So brach z. B. ein Mann den Oberſchenkel, während er viel an Verſtopfung litt. Sein Wundarzt ließ ihn nach dem Beinbruche 10 Tage lang ohne Darmausleerung; auch bei ihm erfolgte keine Ver⸗ einigung der gebrochenen Knochen und es iſt wenigſtens ſehr wahr⸗ ſcheinlich, daß die langdauernde Verſtopfung die Veranlaſſung dazu gab. (25) Das merkwürdige Mittel, die Schmerzem⸗ pfindung während einer chirurg. Operation zu umgehen, deſſen wir in No. 1 der Notizen Zr R. Erwähnung gethan, iſt jetzt auch in Europa erprobt. Hr. Liſton hat, nach den Medical Times am 26. Decbr. d. J. in dem University College Hospital eine Schenkelamputation und die Ausreißung des Nagels der großen Zehe ausgeführt, nachdem die Inhalation von Schwefeläther (mit⸗ tels eines geeigneten Apparates) die volle Wirkung ausgeübt hatte. Keiner von beiden Patienten hatte nachher eine Ahnung, daß die Operation ausgeführt. Durch die Einathmung der Schwefeläther⸗ dämpfe wird eine Berauſchung wie von Alkohol oder Opium be⸗ wirkt, der Effect iſt bei verſchiedenen Perſonen verſchieden, einige find danach ganz bewußtlos, andere behalten eine gewiſſe Percep⸗ tionskraft, merken was der Operateur thut, empfinden aber keinen Schmerz. Die Wirkung dauert 5—10 Minuten und das Mittel hat keine unangenehme Nachwirkung, in höchſt ſeltenen Fällen bleibt der Kopf noch einige Stunden etwas eingenommen, der Athem be⸗ hält bisweilen nach 12—24 Stunden einen Geruch nach Schwefel⸗ äther. Die Erfindung gehört den DDr. Jackſon und Morton, Zahnärzten in Boſton, welche ein Patent darauf genommen und Agenten nach Europa abgeſendet haben, um ſich den Nutzen dieſer Erfindung zu ſichern. (26) Die Knochenkrankheit der Zündholzfabrik⸗ arbeiter ſoll (nach einer Mittheilung in der A. A. Zeit.), nach den Unterſuchungen des Fr. v. Bibra, Folge des ozon (eines von Schönbein beſchriebenen neuen Körpers) ſein, welches ſich im Körper jener Arbeiter bilde. Nekrolog. — Dr. John Thomſon, früher Prof. der Pathologie an der Univerſität zu Edinburgh, iſt, in feinem 82jten Jahr, im Octob. v. Jahres geſtorben. Sein Werk über die Ent⸗ zündung iſt von bedeutendem Einfluß geweſen. Bibliographiſche Neuigkeiten. Notice historique sur l’empoisonnement par Parsenie, sur emploi de appareil de Marsh et des autres moyens de doser ce toxi- e par M. J. E. Hillairet. 8°. (6¼ B.) Paris 1846. Nouvelle branche de physique, ou études sur les corps à l'état spheroidal par B. H. Boutigny (d’Evreux). 2e Edit. entiere- ment refondue. 8°. (154, B.) aux Batignoles. 1846. Systeme d’atmospherologie par Pierre Beron. Tome I. 8°. (19½ B.) avec 7 pl. Paris 1846. Compendium de médecine pratique; par M. Ed. Monneret et M. Louis Fleury. Tome VIII. 29e Livr. (Syp. — Typ.) 8°. (12 B.) Paris 1846. Des résultats de la Lithotritie, methodiquement appliquee aux seuls cas qui la comportent par Mr. Civiate. 8e. (2 B.) Paris 1846. Le médecin de la famille, contenant la description claire et pré- eise de toutes les maladies, les moyens de les prevenir etc. par H. Crosithes. Livraisous 1 — 4. 8°. avec 4 pl. Paris 1846. (iſt auf 40 Bogen mit 40 Tafeln berechnet.) Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 7. (Nr. 7. des J. Bandes.) Januar 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Natur kunde. VIII. über Bewegung der Nervenſtränge. Briefliche Mittheilung von Profefor Mayer in Bonn. Die Beobachtung einer Bewegung in den Nervenſträn— gen des Blutegels, welche Dr. Mandl gemacht und wor: über in der Sitzung der Akademie der Wiſſenſchaften in Paris vom 5. October d. J. verhandelt wurde (ſ. Com- ptes rendus hebd. des séances de Academie des sciences No. 14 (5. Octobre 1846 p. 683): „Mouvements observes dans certains filets du systeme nerveux chez les Sangsues“), ift für den Phyſtologen eben jo überraſchend als intereſſant. Indem ich es dem Entdecker überlaſſen möchte, dieſe Beob— achtung außer dem Blutegel, an welchem er ſelbe bis jetzt allein fand, — beim Krebſe und Froſche war dies Phä— nomen von ihm nicht wahrzunehmen — noch an andern Thieren nachzuweiſen, erlaube ich mir nur die Bemerkung, daß ich dieſe Beobachtung ebenfalls zu beſtätigen im Stande bin. An einem aus einer Hirudo officinalis herausgenom⸗ menen Stückchen des Ganglienſtranges bemerkte ich, außer pendelartigen langſamen Bewegungen ſeitlicher Aſte, an dem Längenaſte über eine Stunde anhaltende abwechſelnd auf— und abſteigende, gleichſam periſtaltiſche, Bewegungen, wobei der Nervenſtrang ſich contrahirend krümmte oder einbog und darauf wieder ſich erpandirend gerad erſtreckte und fo fortwährend rhythmiſch, alle 8 — 10 Secunden. Dabei ſah ich den Nervenſtrang ſich falten, Querſtreifen zeigen und am Rande ein gekerbtes Anſehen annehmen. Es war dadurch deutlich geworden, daß dieſe Bewegungen nicht von außen dem Nervenſtrange, etwa von der zelligen Pigmenthülle oder von etwa anklebenden Muskelfibrillen, von welchen letztern keine Spur zu ſehen war, mitgetheilt war, ſondern von den Ner⸗ venfibern und Nervenfibrillen ſelbſt ausgehe. Es iſt ſomit dieſe Bewegung eine dem Nervenſtrange ſelbſt und zwar dem No. 1987. — 887. — 7. Faſerplasma desſelben und feiner Nervenſcheide angehörige contractive und expanſtve Erſcheinung. Es iſt dieſelbe eine Lebensthätigkeit des Plasmatheiles des Nerven, woran der Albumentheil oder der körnige Theil des Nerven nicht par— ticipirt oder ſich dabei paſſiv verhält. Daß dieſe Bewegung vom Faſerplasma des Nerven ausgehe, wird dadurch be— ſtätigt, daß ſich dieſelbe Bewegung auch an einzelnen Mus— kelbündeln des Blutegels wahrnehmen läßt, welche ich in dieſer Hinſicht der mikroſkopiſchen Unterſuchung unterwarf und daran eine abwechſelnde pendelartige Bewegung, nur lang— ſamer und leiſer als bei den Nervenſträngen, bemerken konnte. Ich habe aber dasſelbe Phänomen an der Muskelfaſer be— reits früher geſehen. In meiner Schrift „Elementarorgani— fation des Seelenorganes“ S. 7 heißt es: Ein oder meh— rere feine Muskelbündel vom Froſche von 00“ Quer: durchmeſſer beugen ſich bogenförmig und richten ſich meh- rere Male hinter einander, ſich ſtreckend, wieder gerade auf, alſo fortgeſetzte Contraction und Expanſion. Auch beruht die Contraction der Muskelſubſtanz, meiner Beobachtung der kleinſten Muskelfibern nach, bloß auf Contraction der Plas- mafafer der Muskelſubſtanz. Es iſt ſomit durch die Ho— mogenität beider Subſtanzen in den ſo differenten Organen eine vitale Identität, oder eine conſenſuelle Wirkſamkeit ver— mittelt, welche auf die Endigung der Nerven in dem Mus⸗ kel und auf die Hervorrufung der Bewegung des Muskels durch den Nerveneinfluß ein wichtiges Licht zu werfen im Stande iſt. Es gehoͤrt ſomit die Erſcheinung der vitalen Contractilität der Plasmafaſer an und iſt, wenigſtens bei niedern Thieren, noch nach dem Tode rhythmiſch andauernd. Ob ſelbe auch bei höhern Thieren und überhaupt während des Lebens Statt finde, iſt noch durch Beobachtung zu er— weiſen. Daß dieſe Bewegung ſo energiſch, möchte ich ſagen, oder ſo deutlich beim Blutegel ſich ausſpricht, davon liegt 7 99 7 der Grund wohl in feinem Bau, vermöge deſſen derſelbe ſich vom Kopf bis zum Schwanz bis auf einen, kleinen Klumpen zuſammenziehen kann, wobei der Ganglienſtrang wohl ebenfalls zu ſolchet Contraction befähigt ſein mußte, und es wird ſich die Erſcheinung in gleicher Stärke nur etwa noch beim Regenwurme, bei den Raupen und an dem Fuße der Gaſteropoden finden laſſen. Es iſt wohl kein Zweifel, daß dieſelbe Erſcheinung in ſchwächerem Grade auch an den Nerven (Muskelnerven) der höhern Thiere und ferner während des Lebens, namentlich bei der Contraction des Muskels in den Muskelnerven Statt habe; aber es iſt ſchwer, ſie durch die Beobachtung zu conſtatiren. Mir we⸗ nigſtens iſt es nie gelungen, eine Bewegung in den Nerven oder im Gehirne und Rückenmarke bei den heftigſten Con⸗ vulſtonen der Muskeln der Thiere wahrzunehmen, ſo oft ich auch früher und ſpäter darnach geſucht habe. Daß aber während des Lebens ein gewiſſer Grad von Bewegung, von Spannung und Erſchlaffung in den Faſern der Nerven und ſelbſt des Gehirns und Rückenmarkes eintrete, dafür ſpricht nicht nur ein dunkles Gefühl, welches wir bei der Action des Nervenſyſtems empfinden und durch bezeichnende Aus⸗ drücke, Anſpannung, intensio, attentio, 8 0 ausſpre⸗ chen, ſondern eine andere wohl mehr argumentirende Er⸗ ſcheinung, nämlich die des Vorkommens der ſogenannten Nervenſchlingen, laquei nervorum, im Körper. Es beſitzen die Nerven, ſo zu ſagen, eine vorherrſchende Nei⸗ gung, ſich um andere Organe herumzuſchlingen und an ſelbe ſich anzuranken. Es giebt laquei nervorum eircum 1. ossa, z. B. die chorda tympani impavida inter malleum et incudem transgrediens, der nervus radialis, ulnaris etc. 2. musculos, z. B. der m. coracobrachialis, sartorius, 3. vasa, z. B. arcus aortae, arteria subelavia dextra, 4. viscera, z. B. renes, durch welche bei den Vögeln die Lumbalnerven tre— ten, 5. glandulas, z. B. gl. lacrymalis, parotis, 6. glandulas lymphaticas, bei großen Säugethieren geht ein Hautnerd des Halſes durch eine glandula Iymphatica hindurch, 7. mem- branas serosas, z. B. pericardium für den n. phrenicus. 8. nervos ipsos, 3. ®. der n. hypoglossus ſchlingt ſich um den n. accessorius und vagus herum, 9. ganglia, z. B. der n. pterygoideus ſammt dem tympanicus durchbohrt das gan- glion oticum. Es dürfte aus dieſem Anhalten der Nerven an andern Organen, aus dieſem Aufſuchen eines feſten Punktes gleich⸗ ſam wohl der Schluß gemacht werden dürfen, daß während der Thätigkeit derſelben eine Art von Bewegung oder Span⸗ nung erfolgen müſſe, welche durch ſolches Anhalten allein möglich wird. Bart Noch wäre zu unterfuchen, ob nicht bei den Erſchei— nungen der Erection, in dem Momente des Nachlaſſens des erpanfiven Zuſtandes, eine ähnliche Contraction in den Nerven des erectilen Organes eintrete. Allein die Natur hat die Expanſion des Nerven dabei bereits dadurch verhütet, daß dieſe in dem erectilen Organe, dem penis, dem uterus, der äußern Haut, ſehr geſchlängelt verlaufen. Auch die Ausdehnung der Arterien iſt durch ähnliche Anordnung, durch die vielen Windungen, gyri, welche ſelbſt auf die ‚al 100 kleinſten Arterien, arteriae helicinae, welche ſomit nicht die Urſache, ſondern die Folgeeinrichtung der Erection ſind, ſich erſtrecken, von der Natur verhütet worden. IX. über die Eingebornen Guiana s. Von Sir Robert Schom burgk. Die Abhandlung, aus der wir Nachſtehendes entneh- men, ward ſchon zu Ende des Jahres 1844 der Londoner ethnologiſchen Geſellſchaft vorgetragen, gelangte aber erſt vor kurzem, im Edinburgh new philos. Journ., July — Oct. 1846, zur öffentlichen Kunde. Der Raum geſtattet uns leider nicht, dieſelbe vollſtändig wiederzugeben; wir müſſen uns hauptſächlich auf dasjenige beſchränken, was auf die Körperbildung und Stammoerwandtſchaften dieſer Indianer Bezug hat. Obgleich die Bewohner des nördlichen, im Vergleiche mit dem des ſüdlichen America groß und ſtark ſind, io läßt ſich doch leicht zwiſchen beiden eine Stammverwandt⸗ ſchaft erkennen, die namentlich bei den Frauen ſehr hervor— tretend iſt. Sowohl bei den Männern, als den Frauen, iſt der Kopf im Verhältniß zum Rumpf und der Rumpf im Verhältniß zu den Gliedmaßen voluminös. Das Haar iſt meiſt ſchwarz, doch zuweilen auch roth, ſchlicht, grob und dicht. Die Regenbogenhaut iſt ſchwarz, die Augen- wimpern ſind lang, die Augenbrauen ſchön gewölbt und dünn. In der Schönheit des Körperbaues kann ſich der Guianer mit dem Europäer meſſen. Bei manchen Indisi— duen iſt die ſchiefe Stellung der Augen, indem der äußere Winkel nach der Schläfe hinaufgezogen iſt, ſehr auffallend. Der weite Abſtand der Augen von einander hat der Ame— ricaner mit dem Mongolen gemein. Der größte Unterſchied zwiſchen dem längſten und kürzeſten Durchmeſſer der Augen⸗ höhlen iſt 0,7 und der geringſte 0,2 Zoll. Die Naſe iſt meiſt hervorragend, lang und gegen die Naſenlöcher hin dick, und die letztern find, wie beim Kaukaſier, niederwärts gerichtet. Der Mund iſt ziemlich groß, die Lippen ſind hervorragend, doch nicht aufgeworfen, wie beim Africaner. Die Zähne der Guianer, namentlich der Frauen, werden durch das Kauen des Caſſavabrodes, behufs der Bereitung eines berauſchenden Getränkes, frühzeitig verdorben. Das Becken iſt ſtark mit Muskeln bedeckt und hat ziemlich die— ſelbe Geräumigkeit, wie bei der kaukaſiſchen Raſſe. Die Hand iſt klein und ſchmal; der Fuß im Vergleich mit dem kaukaſiſchen etwas breit, wodurch er aber zugleich an Kraft zu gewinnen ſcheint, da die Guianer ſchon in der Kindheit als Fußgänger eine große Ausdauer zeigen. Die Haut der Frauen fühlt ſich ſanft an, wenngleich die Poren weit grö— ßer ſind, als bei den Europäern. Die Südamericaner ſind gewöhnlich von kleiner Sta⸗ tur, nämlich die Männer durchſchnittlich 5 Fuß 4 Zoll engl. hoch; der größte, der dem Verf. vorgekommen, maß 5 Fuß 8 Zoll, während Hearne in Canada Indianer von 6 Fuß 4 Zoll traf. Zu den vom Verf. geſammelten Schädeln der Carai— 101 2 ben, Wapiſiana⸗, Taruma-, Arawaak- und Makuſi-In⸗ dianer hat Prof. Owen Folgendes bemerkt: „Dr. Prichard hat in Betreff der Kopfbildung der Südamericaner die Anſicht ausgeſprochen, daß die Schädel⸗ form bei jedem Stamme eine beſondere ſei. Bei den Pe— ruanern iſt der Kopf gewöhnlich länglich, ſeitlich ein wenig zuſammengedrückt, die Stirn etwas hervorragend, kurz und hinterwärts etwas ſchräg gerichtet. Bei den Pampasbe— wohnern iſt der Kopf meiſt rundlich, faſt ellipſoidiſch, kurz, ſeitlich nur wenig zuſammengedrückt; die Stirn mäßig her— vorragend und nicht zurückweichend. Bei den Chiquitos iſt dieſe Schädelform noch ſtärker ausgeprägt und der Kopf faſt kreisrund; bei den Moros iſt er wieder länger, und dies iſt auch bei den Guarani's oder Indianern von Para= guay der Fall (History of Man, 1843). Auch ſind nach Dr. Mortons Beobachtungen die Köpfe der Caraiben von Natur rundlich.“ „Über die von Sir R. Schomburgk mir übergebe— nen Schädel verſchiedener Indianer, welche ſämmtlich das Gebiet von Guiana bewohnen und nach d'Orbigny's Claſſification der ſüdamericaniſchen Eingebornen zu der Ab— theilung „Caraiben“ der großen Baſilio-Guarani-Gruppe gehören, habe ich Nachſtehendes zu bemerken.“ „Die guianiſchen Caraiben haben längſt den haupt— ſächlich bei den Inſelcaraiben ſonſt üblichen Gebrauch der künſtlichen Abplattung des Schädels aufgegeben. Der mir vorliegende weibliche Schädel iſt, von oben geſehen, oval. Das Hinterhaupt iſt nicht platt, wie bei den Peruanern und Californiern, ſondern mäßig vorragend, rundlich und etwas ſchmal. Die Stirn iſt ſchmal und neigt ſich in ei— ner ſanſten Curve gleich von dem Raume zwijchen den Au— genhöhlen, welcher weiter hervortritt als die eristae supra- orbitales, hinterwärts, während fie auf der Medianlinie keine Rinne darbietet. Die Flügel des os sphenoideum bieten einen ½ Zoll langen Rand dar, der ſich bis an die Seitenwand— beine erſtreckt. Die Backenknochen und der untere Rand der orbita ſind mäßig hervorragend. Die Naſenknochen bieten unter dem Höcker zwiſchen den Augenhöhlen eine ſehr geringe Einſenkung dar. Die Oberkieferknochen ragen ein wenig hervor. Der untere Rand des processus malaris des os maxillare ift ein wenig concab. Der untere Rand der orbita iſt etwas concaver, als der obere. Die Sphenvor: bitalſpalte iſt nach vorn weit offen. Die Länge des Schä— dels beträgt 6½ Zoll, feine größte Breite 5 Zoll, feine Höhe, vom Scheitel bis zum Rande des foramen magnum, 5 Zoll.“ „Von den drei Schädeln der Taruma-Indianer, die ſaͤmmtlich von Frauen herrühren, bieten zwei etwas ſtärker hervortretende Stirnen dar, als der caraibiſche Schädel, während die Stirn beim dritten dieſelbe Curve beſchreibt, wie beim caraibiſchen. Die Naſenknochen ſind breiter und platter. In andern Beziehungen ſind die Schädel dem ca— raibiſchen ſehr ähnlich, und an einem derſelben, der von einem LAjährigen Mädchen ſtammt, bemerkt man rechts eine abnorme Erhöhung der obern Gegend des Stirnbeins.“ „Der Schädel des Wapiſiana-Indianers iſt oval, aber 1 * 102 das Hinterhaupt etwas hervorragender und ſchmäler. Der Raum zwiſchen den Augenhöhlen iſt ein wenig eingeſenkt, da die eristae supraorbitales denſelben an Höhe übertreffen. Die Stirn iſt ein wenig converer, als beim caraibiſchen Schädel; doch iſt die allgemeine Ahnlichkeit mit dieſem voll— kommen jo groß, wie man ſie ſonſt bei Individuen derſel— ben Raſſe trifft.“ „Der Schädel des Makuſt-Indianers iſt, von oben ge— ſehen, länglicher und ellipſoidiſcher; die Stirn breiter, die Seitenwandbeingegend ſchmäler oder wenigſtens nicht brei— ter, als bei den kürzern Schädeln der Caraiben und Ta— ruma-Indianer. Wegen der ſtarken Entwickelung der si- nus frontales treten die cristae supraorbitales über den Raum zwiſchen den Augenhöhlen hervor. Die Naſenkno— chen ſind hervorragender, als bei den Caraiben und Ta— ruma = Indianern; die Backenknochen ragen eben jo weit her— vor; der äußere Winkel des processus malaris greift über die concave Linie hinaus, welche von da nach den proces- sus alveolares geht. Der Geſichtstheil des Schädels ähnelt im Allgemeinen dem des patagoniſchen Indianers, während das hervorragende convere Hinterhaupt den Schädel der Ca— raibenform näher ſtellt. Bei einem der Makuſiſchädel iſt die Sphenoorbitalſpalte vorn fait fo weit, als bei den übri— gen Caraiben, wogegen ſie bei einem zweiten ſo eng, wie beim Patagonier iſt. Die Naſenknochen ſind beim zweiten Makuſtſchädel platter, als beim erſten.“ „Bei allen dieſen Indianerſchädeln ſind die ächten Backenzähne weit kleiner, als beim Neger und Auſtralier, wogegen die Schneidezähne, Spitzzaͤhne und zweihöckerigen Backenzähne ebenſo groß ſind, wie bei den ſchwarzen Men— ſchenraſſen. Bei allen iſt die Hinterhauptgegend ſehr con— ver und die ganze Schädelform ſymmetriſcher, als bei den Peruanern, Chileſen, und Patagoniern.“ Wiewohl bei Ahnlichkeit der Körperform die Verſchie— denheit der Sprachen nicht gegen eine gemeinſchaftliche Ab— ſtammung zeugt, ſo läßt ſich doch aus einer Ahnlichkeit der Sprachen mit Sicherheit auf eine einſtige Verbindung von Volksſtämmen ſchließen. Nun herrſcht aber hinſichtlich der Sprachen der nördlichen und ſüdlichen Americaner die größte Übereinſtimmung, namentlich zwiſchen denen der Wapiflana = und der Delaware-Indianer oder Lenapé-Stämme. Was den Urſprung der Americaner betrifft, ſo ent— ſcheidet ſich der Verf. für die Anſicht, daß fie aus Aſien über die Behringsſtraße oder die aleutiſchen Inſeln eingewan— dert ſeien, indem die civiliſirten Tolteken und Azteken, ebenfalls Aſiaten, ſpäter von nachrückenden wildern Stäm⸗ men verdrängt und vertilgt worden ſeien. Wirklich ſtehen die nomadiſchen Völkerſchaften Nord— aſiens den americaniſchen Indianern in anatomiſcher Be— ziehung ungemein nahe. Auch iſt der Umſtand höchit merk— würdig, daß beide an die Eriſtenz eines guten Geiſtes, ſo— wie an ein künftiges Leben glauben. Der Verf. zieht hier eine Parallele zwiſchen den religiöſen Anſichten und Ge— bräuchen, der Lebensweiſe, den Sprachformen ꝛc. der Sa— mojeden und Jakuten (nach Erman) einerſeits und denen der Guianer andererſeits und weiſ't zwiſchen beiden eine 7 103 F. J. auffallende Übereinſtimmung nach, worauf er ſchließlich eine mehr ins Einzelne gehende Schilderung der gegenwärtig in Guiana anzutreffenden dreizehn Stämme liefert, deren Ge— ſammtſeelenzahl er auf einem Areal von etwa 100,000 engl. Quadratmeilen auf höchſtens 6000 ſchätzt. Mi ſeellen. 13. Ein Mikroſkop von origineller Conſtruction iſt von Barnabita dem faiferl, königl. lombard. Inſtitute über- geben. Es beſteht hauptſächlich in einem cylindriſchen Glasſtücke, deſſen Baſis dem Objecte zugewendet concav it, mit einer durch die Entfernung vom Obßjecte willkürlich beſtimmten Krümmung. In der Mitte befindet ſich eine kleine ſtärkere Concavität, deren Krümmung durch Rechnung beſtimmt wird und mit Spiegelfolie belegt iſt. Das obere Ende des Cylinders iſt conver und ebenfalls mit Folie belegt, die Krümmung iſt nur durch Rechnung zu be— ſtimmen. Die Mitte dieſer Fläche hat eine kleine nicht belegte Concavität, deren Krümmungshalbmeſſer durch den Abſtand des Bildes von dem kleinen auf der untern Fläche aufwärts geworfe— nen Bilde beſtimmt wird. Das Bild wird durch ein Ocular mit zwei Gläſern betrachtet. Der Gegenſtand, von unten durch einen Hohlſpiegel erleuchtet, wirft feine Strahlen ungebrochen durch die untere concave Fläche auf die obere convere, hier werden fie fo zurückgeworfen, daß ſie auf den kleinen converen Spiegel der un— 2 104 teren Fläche fallen und von dieſem wieder durch die Oeffnung der oberen Flache aufwärts gehen, wo fie das vergrößerte Bild bilden. Der beſcheidene Verfaſſer halt fein Inſtrument noch bedeutender Verbeſſerungen fähig, rühmt aber als Hauptvorzüge 1) größere Lichtſtärke im Verhältniß zu andern katadioptriſchen Mikroſkopen; 2) ſtärkere Vergrößerung, die vom Ocular unabhängig iſt; 3) bie unveränderliche und faſt beliebig große Entfernung des Objects vom Objectivcylinder und 4) die Möglichkeit außerordentlich kleiner Dimenſionen bei Ausführung des Inſtrumentes. (Giornale dell' I. R. istituto lombardo e biblioteca italiana, ſascic. 36. 14. Uber den Einfluß des Lichtes auf die Infu⸗ ſionsthierchen bemerkt L. K. Schmarda folgendes. Waſ⸗ fer mit Euglena viridis und Amphileptus anser wurde in zwei Gläſer vertheilt und davon das eine ans Fenſter, das andere in einen Schrank geſtellt. Im letzten waren binnen drei Tagen die meiſten Thierchen geſtorben, während ſie ſich im erſten bedeutend vermehrten, die Euglenen 10 Tage, die Amphilepti bis 3 Wochen fortlebten. Sowohl im Lichte als im Schatten entwickelten ſich Trichodina grandinella, Hydatina senta und Notonema lacinulata, jedoch im Dunkeln langſamer und in geringerer Anzahl. — Am Lichte bildeten ſich in einer Conferveninfuſion Cloella glaucoma, Bodo intestinalis und Euglena viridis, im Dunkel Bodo socialis, in beiden Medien Monas termo, Vibrio tremulans und Glaucoma scintillans. Im allgemeinen entitehen alle grüne Infuſorien nur im Lichte. — Durch Beſchattung laſſen ſich viele Infuſorien, ſo Pandorina marium, Chlamidomonas pulvisculus, Stentor niger ete. ſchnell von einem Theile eines Glaſes nach dem andern dem Lichte ausgeſetzten jagen. — (Kleine Beiträge zur Naturgeſchichte der Infuſorien von L. K. Schmarda. Wien 1846.) Heilkunde. (VIII.) Ueber die Geſchmacksveränderung bei Paraly⸗ fen des facialis. Von Dr. Bernard (de Villefranche). (Schluß.) Eine andere ſehr intereſſante Frage in Betreff der Function des nervus facialis iſt die: durch welchen Mecha— nismus hat die chorda tympani, als Zweig des facialis, einen Einfluß auf den Geſchmacksſinn? Die Anſichten der Phyſiologen ſind hierüber ſehr verſchieden. Bellingeri, von einem falſchen Geſichtspunkte in Bezug der Function des ſiebenten Nervenpaares ausgehend, hält die chorda tympani für einen Gefühlsaſt des facialis, der die Geſchmacksempfindung vermittelt. Arnold, den ka- cialis für rein motoriſch haltend, läßt die chorda tympani nur neben dem nerv. lingualis bis zum ganglion submaxil- lare verlaufen, woſelbſt jene in zwei Zweige ſich ſpalte; der kleinere Zweig dringe mit dem Lingualnerven in die Zunge, der größere verliere ſich im ganglion ſelbſt. A. betrachtet dieſen Zweig als die motoriſche Wurzel des ganglion, wo— von die Contractilität des Whartoniſchen Ganges abhänge. Longet ſchreibt die Geſchmacksveränderung bei Läh— mungen des -facialis zweien Urſachen zu: 1) der, daß die an der gelähmten Seite befindliche Zungenhälfte mit einer kleinern Quantität der ſchmeckbaren Subſtanz in Berüh— rung kommt; 2) einer leichten Trockenheit der Zunge, die durch das Ausfließen des Speichels aus der gelähmten Lip— pencommiſſur bedingt wird. Was die Function der chorda tympani anbelangt, über deren anatomiſchen Verlauf er die Anſicht Arnolds theilt, ſtellt Longet folgende Hypotheſe auf. Das Geſchmacksorgan beſitzt außer den äußerlichen Muskelapparaten, die das Sprechen, Speien, Saugen u. ſ. w. vermitteln, noch andere contractionsfähige Gebilde, die in den Ausführungsgängen der Speicheldrüſen ſich finden. Dieſe Gebilde find, wenn auch nur ſehr entfernt, analog der iris, dem innern Muskel des Hammers u. ſ. w. Wenn irgend ein ſcharfer Stoff mit der Zungenſchleimhaut in Berührung gebracht wird, jo entſteht, wie bekannt, eine reichliche Spei⸗ chelabſonderung, um den zu heftigen Reiz auf dieſe Weiſe zu vermindern, gerade wie die Contraction der iris bei grel— lem Lichte, die Contraction des Hammermuskels bei lau— tem Schalle. Der reichliche Zufluß des Speichels zu den Ausführungsgängen muß nothwendig die Contractionskraft der letzten in gleichem Maße ſteigern, und da wir die mo= toriſchen Nerven der iris, des Hammermuskels, einiger Gau— menſegelmuskeln zuerſt durch ganglia durchtreten ſehen, wie durch das ganglion ophthalmicum, oticum und sphenopalatinum, ſo ſcheint auch die Contractionskraft der Ausführungsgänge der Speicheldrüſen durch diejenigen Zweige des facialis ver— mittelt zu ſein, die durch das ganglion submaxillare und parotideum durchgehen. Außer der anatomiſchen Nersens ähnlichkeit finden wir noch zwiſchen den ſpeichelabſondernden und leitenden Organen und zwiſchen der iris, dem Sams mermuskel, der membr. tympani und dem Gaumenſegel eine 105 Ur gewiſſe Analogie in Bezug auf die phyſiologiſche Function, indem der Speichel für den Geſchmacksſinn eine ähnliche Beſtimmung hat, wie jene Organe für die übrigen Sinne. Longet, der, wie man ſieht, nur eine ſyſtematiſche Ordnung von ſecundären Sinneserſcheinungen aufzuſtellen beabſichtigt, läßt ſich auf die Beweiſe für die von ihm ver— muthete Wirkung der chorda tympani gar nicht ein. So käme es nach dieſer Theorie hauptſächlich darauf an, nach— zuweiſen, daß die Contraction der Speichelgänge wirklich von der chorda tympani abhängen, und daß nach deren Lähmung der Speichel nicht mehr in den Mund ſich er— gieſſe und die Zunge trocken werde. Nun ſehen wir aber bei Thieren nach vollſtändiger Lähmung beider Facialnerven die Mundſchleimhaut ebenſo feucht wie im geſunden Zu— ſtande, nur daß der Speichel, wenn die Abſonderung des— ſelben durch irgend ein Reizmittel reichlicher wird, durch die gelähmten Lippencommiſſuren ausfließt. Die mitgetheil— ten Fälle zeigen ein Gleiches auch beim Menſchen. So bringt alſo die Lähmung des facialis keine Trockenheit der Zunge hervor, und geſetzt auch, dies wäre der Fall geweſen, ſo iſt dadurch die Geſchmacksveränderung, ſelbſt nach der Theorie von Longet, keineswegs erklärt. Da der reichlich abgeſonderte Speichel die Subſtanz verdünnt und dadurch den zu ſtarken Geſchmackseindruck mildert, ſo müßte die Zungenhälfte der gelähmten Seite, da ſie durch die vermin— derte Speichelabſonderung trockener wird, den Geſchmacks— eindruck ſtärker empfinden, während aus allen Beobachtun— gen gerade das Gegentheil hervorgeht. Die größere oder kleinere Quantität des Speichels, der übrigens durch nichts verhindert wird, ſich gleichmäßig im Munde zu vertheilen, hat alſo auf die Geſchmacksveränderung, die gerade an der Mittellinie der Zunge aufhört, durchaus keinen Einfluß; vielmehr ſcheint es durch den letzten Umſtand an ſich er— wieſen, daß jene Veränderung in der Zungenſchleimhaut ſelbſt und nicht in den fie bedeckenden Flüſſigkeiten begrün— det iſt. — Prof. Berard giebt von der in Rede ſtehenden Ge— ſchmacksveränderung folgende Erklärung. „Ich gebe aller— dings zu, daß die chorda tympani einigen Einfluß auf das Gefühl der Zunge hat, ohne die Behauptung von der rein motoriſchen Kraft des lacialis aufzugeben. Dieſer ſchein— bare Widerſpruch wird nämlich gehoben, wenn man be— denkt, daß der nervus tympanicus, ein Zweig des lacialis, durch den nervus vidianus, einen Zweig des trigeminus, ver⸗ ſtärkt wird, und hierdurch iſt alſo die Geſchmacksverände— rung bei halbſeitigen Geſichtslähmungen erklärt.“ Aus dieſer Berard ſchen Erklärung ergiebt ſich als nothwen— dige Folge: 1) daß der nervus facialis an ſich auf den Geſchmacksſinn gar keinen Einfluß hat, und 2) daß jene Geſchmacksveränderung einzig und allein durch den mit der chorda tympani verbundenen nerv. vidianus bedingt wird. Viele Anatomen geben bekanntlich jene gemiſchte Natur der chorda tympani nicht zu und betrachten fie als einen nur vom lacialis allein herkommenden Aſt. Dieſer Gegenſtand, der bisher nur auf anatomiſchem Wege erörtert wurde, kann am ſicherſten auf dem Wege 7 106 des Experiments entſchieden werden. So haben wir den nervus facialis oberhalb der Verbindungsſtelle mit dem ner- vus vidianus, da nämlich, wo er mit dem acusticus in den innern Gehörgang eindringt, bei Hunden durchſchnitten; bei anderen wurde der facialis in der Gegend des mittleren Ohrs, alſo unterhalb der Vereinigungsſtelle des vidianus, zerſtört; in beiden Fällen war die Geſchmacksveränderung ohne Un— terſchied vorhanden, obgleich der vidianus in den erſten Ver— ſuchen geſchont worden. Dieſe wiederholt angeſtellten Ver— ſuche, ſowie die Unempfindlichkeit der chorda tympani gegen örtliche Reize beweiſen, daß der vidianus zur Bildung des nervus tympanicus gar nicht beiträgt, und daß letzter als ein ungemiſchter Aſt des facialis, ebenſo wie dieſer rein motoriſch iſt. Der aus den pathologiſchen und phyſiologiſchen Erſcheinungen zu ziehende Schluß in Betreff der Wirkung der chorda tympani iſt alſo: daß dieſer rein motori— ſche, von dem facialis entſpringende Nerven— aſt in der Zungenſchleimhaut ſich vertheilt und derſelben die Fähigkeit mittheilt, die Ge— ſchmackseindrücke augenblicklich und vollſtän— dig wahrzunehmen. Dieſer aus Thatſachen hervorge— gangene Schluß kann keineswegs darum verworfen werden, weil er mit der jetzt herrſchenden Theorie der Nervenwir— kung unvereinbar erſcheint. Übrigens kann dieſe Wirkung der chorda tympani durch folgende Betrachtungen über den Mechanismus der Geſchmacksperception eine hinreichende Er— klärung finden. Unterſuchen wir den feineren Bau der Zungenſchleimhaut genauer, ſo ſehen wir ſie aus mehreren über einander liegenden Schichten gebildet, die von außen nach innen folgende Ordnung einhalten: 1) das epithe- lium, die äußerſte Schicht; 2) das Gefäßnetz der Papillen; 3) unter dieſem das Nervengeflecht der Empfindungsnerven; 4) endlich die fibröſe Schicht. — Die auf die Zunge ge— brachten Subſtanzen müffen daher, bevor fie die Empfin— dungsnerven berühren, die den Eindruck davon zum Gehirn leiten, zuerſt das epithelium und das Gefäßnetz durchdrun— gen haben. Da nun die Geſchmacksempfindung im Nor⸗ malzuſtande eine augenblickliche iſt, jo muß auch die Ab: ſorption der Subſtanz augenblicklich geſchehen; während nach aufgehobener Wirkung der chorda tympani, wo die Empfindung langſamer wird, nothwendig auch das Durch— dringen der Subſtanz durch die zwei obern Schichten ver— langſamt ſein muß. Die Lähmung der chorda tympani trifft alſo nicht die Geſchmacksempfindung direct, ſondern nur die zwiſchen dem Geſchmacksnerven und der zu ſchmecken— den Subſtanz befindlichen Zwiſchenlagen, die Papillen näm— lich, wodurch nur eine Modification in der Geſchmackswahr— nehmung entſteht. Von dem Mechanismus dieſer ſecundä— ren Nervenwirkung kann man ſich leicht einen Begriff ma— chen, wenn man die Erſcheinungen kennt, die in den Schleim: hautpapillen vor ſich gehen. Gruby hat nämlich durch mitroſkopiſche Beobachtungen nachgewieſen, daß die Schleim— hautpapillen, wie die des Dünndarmes, im Augenblicke der Abſorption des chylus in einer beſtändigen, ſchnellen Bes wegung von Verlängerung und Verkürzung ſich befinden, welche Bewegung als die Hauptbedingung einer activen, 107 7. vollſtändigen Abſorption zu betrachten iſt. Dieſe Bewegung der Schleimhautpapillen, in denen man ihrer Kleinheit we— gen keine Muskelfaſern wahrnehmen kann, ſetzt nothwendig den Einfluß eines motoriſchen Nerven voraus. Dieſe mo— toriſchen Schleimhautnerven find nun in der Zunge offen— bar vorhanden, da man die chorda tympani den lingualis bis an ſein äußerſtes Ende begleiten und in den vorderen zwei Dritteheilen der Zunge ſich vertheilen ſieht. Dieſer anato— miſche Beweis wird nun noch durch den phyſtologiſchen un— terſtützt, indem nämlich die Zungenſchleimhaut, nach Zer— ſtörung der chorda tympani, nicht der Geſchmacksempfin⸗ dung, ſondern einzig und allein der Lebhaftigkeit der Ab— ſorption verluſtig wird, die alsdann bedeutend verlangſamt, gleichſam nur durch paſſive Imbibition geſchieht. Ein Glei⸗ ches haben die Verſuche von Müller, ſowie meine eignen bei der Magenſchleimhaut nachgewieſen, deren Reſorption nach Durchſchneidung der vagi langſamer wird. Aus dem Angeführten halten wir uns zu dem Schluß berechtigt, daß die chorda tympani, die in der Zun— genſchleimhaut ſich verzweigt, als ein motori⸗ ſcher Nervenaſt zu betrachten iſt, der vermöge ſeiner Einwirkung auf die Zungenpapillen die Beſtimmung hat, die Fortleitung des Geſchmacks⸗ reizes zu dem Geſchmacksnerven zu regeln und zu beſchleunigen. Von dieſem Geſichtspunkte aus betrachtet, ſind die Zungenpapillen voll— kommen jenen modificirenden Apparaten ana= log, die zwiſchen den Nerven der anderen Sin⸗ nesorgane und ihren natürlichen Reizen gele— gen ſind. Die aus dieſen Thatſachen für die Pathologie ſich er— gebenden Folgerungen ſind: daß die Geſchmacksverän— derung eins der regelmäßigen Symptome der Paralyſe des facialis bildet; und daß nicht die Verletzung irgend eines Gefühlsnerven die Urſache derſelben iſt, ſondern daß ſie bloß von einer Unthätigkeit des Geſchmacksorganes abhängt, der des Einfluſſes des vom facialis entſpringenden ihm an⸗ gehörenden motorifchen Nervenaſtes — der chorda tympa- ni — entbehrt. Sobald dieſes Symptom fehlt, iſt der facialis nicht vollſtändig gelähmt. Man kann alſo auf dieſe Weiſe die Fälle, wo der facialis an feinem Urſprung, über dem Urſprunge der chorda tympani, gelähmt iſt, leicht von den unvollkommenen Paralyſen dieſes Nerven unterſcheiden. Nach den von uns bisher beobachteten Thatſachen können wir die Geſchmacksveränderung als ein häufiges Symptom der halbſeitigen Geſichtslähmung betrachten; daß die Pa⸗ thologen dieſes Phänomen nur ſelten anführen und die Fälle, in denen es vorkommt, nur als Ausnahme betrachten, hat ohne Zweifel darin ſeinen Grund, daß dieſe functionelle Störung des Geſchmacks leichter dem Beobachter entgeht, als die aufgehobene Beweglichkeit der Geſichtsmuskeln. Die Kranken ſelbſt nehmen dieſe Störung nur ſelten wahr, da ſie nur in einer auf einen kleinen Raum der Zunge be— ſchränkten Geſchmacksberminderung beſteht. Um dieſe Er— ſcheinung recht deutlich hervortreten zu laſſen, muß man die Zunge aus dem Munde hervorziehen, ſchmeckbare Sub— J. 2% 108 ſtanzen darauf legen und fo die Geſchmackswahrnehmung beider Zungenhälften mit einander vergleichen. (Arch. gen. d. Med.) Vorſtehende Erörterungen ſcheinen beſonders für die praktiſch wichtige Frage von Bedeutung, ob in einem ge⸗ gebenen Falle von Lähmung des facialis, dieſe wirklich (wie ſo häufig) eine rheumatiſche d. i. peripheriſche ſei oder eine organiſche Urſache habe. R. F. (IX.) über die Schädlichkeit der bleiernen Ciſternen. Wären unſere Vorfahren mit den giftigen Eigenſchaf⸗ ten der Bleiſalze bekannt geweſen, und hätten ſie gewußt, daß, wenn Waſſer in einem bleiernen Gefäße der Luft aus⸗ gelegt iſt, ein langſamer Orydationsproceß vor ſich geht, welcher durch die aus der Atmoſphäre in das Waſſer auf- genommene freie Kohlenſäure unterhalten wird, jo würden die bleiernen Ciſternen und Waſſerleitungsröhren gewiß nicht in ſo allgemeinen Gebrauch gekommen ſein, wie es der Fall iſt. In unſern Zeiten, wo alles, was ſich auf die öffent⸗ liche und individuelle Geſundheitspflege bezieht, mit Inter⸗ eſſe geleſen wird, glaube ich mich nun nicht umſonſt zu be- mühen, wenn ich die Aufmerkſamkeit des Publicums auf dieſen Gegenſtand lenke. Da ich zufällig ein Haus bezog, deſſen frühere Be- wohner die ganze Einrichtung desſelben ſehr vernachläſſigt hatten, fo fand ich auch die Waſſerciſterne in einem ſehr verwahrloſeten Zuſtande. Ehe ich fie ausleerte, bemerkte ich auf dem Waſſer derſelben ein weißliches Häutchen; doch ohne dies weiter zu beachten, ließ ich ſie gründlich reini⸗ gen. Sie faßte etwa 200 Gallonen, bot alſo eine ſehr ausgedehnte Metalloberfläche dar. In meiner Familie wurde damals über Tiſch und auch ſonſt nichts als Waſſer getrunken, und es fiel mir auf, daß ſchon nach kurzer Zeit meine Kin⸗ der zu kränkeln anfingen. Sie verloren den Appetit und magerten ab. Ich ſchickte ſie an die Seeküſte, wo ſie ſich ſchnell erholten. Während ihrer Abweſenheit blickte ich ein Mal zufällig in die Ciſterne und ſah in derſelben einen der Zinkſtäbe, deren ich mich gewöhnlich bediene, liegen. Ich vermuthete, daß die Kinder damit geſpielt hätten und daß er ſo hineingerathen ſei. Als ich ihn herausnahm, fand ich, daß er mir die Finger ſchwärzte. Dies erregte meine Aufmerkſamkeit. Dieſe ſchwarze Subſtanz konnte ich für nichts anderes als für kohlenſaures Bleiprotoryd, ein ſehr giftiges Salz, halten. Ich muß hier bemerken, daß die Wirkung des Bleies ganz anderer Art iſt, als die ge— wöhnlicher Gifte. Es wirkt ſchleichend, und wenn es nicht in großer Menge auf ein Mal in den Organismus gelangt, fo veranlaßt es keine eigenthümlichen Krankheitsſymptome. Die Bleiſalze gehören vielmehr in kleinen Quantitäten zu jenen ſchleichenden Giften, die ſich weder durch Geſchmack noch durch Geruch bemerkbar machen, aber, wenn ſie lange Zeit in ſchwachen Doſen von dem Organismus aufgenom⸗ men werden, endlich Störungen veranlaſſen, die gewöhnlich andern Urſachen zugeſchrieben werden. Alle Bleiſalze wir⸗ ken auf den Organismus lähmend, und in welcher Weiſe die Finger und Handgelenke der Schriftſetzer und Maler von 109 7. denſelben angegriffen werden, iſt bekannt. Die letzten wer— den auch von der ſogenannten colica pictorum befallen, bei welcher Krankheit die Muskelhaut der Därme gelähmt iſt. Ich bediente mich von nun an, ſammt meiner Familie, des Waſſers aus der Ciſterne nicht mehr, ſondern ließ dieſe unentbehr— liche Flüſſigkeit aus einem benachbarten Ziehbrunnen ho— len. Auch blieben die ſämmtlichen Familienglieder geſund. Da ich vermuthete, daß das Waſſer, welches der Luft eine ziemlich große Oberfläche darbot, Kohlenſäure abſor— birt habe, und daß dieſelbe, wenngleich in geringer Menge, doch im freien Zuſtande (da keine andere Baſis, z. B. Kalk, vorhanden ſei, auf welche ſie hätte einwirken können) das Blei angegriffen und ein kohlenſaures Salz gebildet habe, ſo beſchloß ich, der Sache durch eine genaue Unterſuchung auf den Grund zu kommen. Ich nahm alſo zu verſchiede— nen Zeiten Waſſer aus der Ciſterne, im Ganzen etwa 50 Gallonen und ließ jede Gallone bis auf eine Unze Flüſ— ſigkeit verdampfen. Die 50 Unzen verdampfte ich dann bis auf 4, um das Salz noch ſtärker zu concentriren, und ſtellte mit der ſo erhaltenen Flüſſigkeit folgende Verſuche an. Ich füllte erſt damit vier Unzengläſer. — Erſtes Glas. Als ich Schwefelwaſſerſtoff-Ammonium eintrug, erhielt ich einen ſchwarzen Niederſchlag, nämlich Bleiſul⸗ phurat. — Zweites Glas. Als ich eine Auflöſung von chromſaurem Kali-Deutorvd eintrug, bildete ſich ein gelber Niederſchlag von chromſaurem Blei. — Drit— tes Glas. Als ich eine Auflöſung von Kalium-Jodid eintrug, zeigte ſich ein gelber Niederſchlag von Blei— iodid. — Viertes Glas. Beim Einſenken eines Zink— ſtreifens beſchlug derſelbe mit Blei im reguliniſchen Zuſtande. Die Anweſenheit des Bleies ergab ſich alſo aus allen vier Verſuchen, insbeſondere aus dem letzten, der mir einer ſehr nützlichen praktiſchen Anwendung fähig zu ſein ſchien. Um meinen Gedanken jedoch erſt weiter zu prüfen, nahm ich zwei Kaninchen von demſelben Wurfe und gab jedem 2 Drachmen von einer Auflöfung von eſſig— ſaurem Bleideutoryd ein. In die eine Doſis hatte ich vor⸗ her einen Zinkſtreifen gelegt, in die andere nicht. Das Reſultat war, daß das Kaninchen, welches die Doſis ver— ſchluckte, die vorher mit Zink behandelt worden war, durchaus nichts zu leiden ſchien, während das andere nach 35 Stunden ſtarb, nachdem es, wie es ſchien, bedeutende Schmerzen gelitten hatte. Wer eine bleierne Ciſterne beſitzt, ſollte ſich alſo ſo— fort einen Zinkboden machen laſſen, den er auf den Blei— boden der Ciſterne zu legen hat. An bleierne Waſſerröh— ren ſchraube man in gewiſſen Abſtänden ein Stückchen Zinkröhre, das man von Zeit zu Zeit abnimmt und reis nigt. Den Zinkboden hat man jede Woche oder alle vier: zehn Tage ein Mal herauszunehmen und ſorgfältig zu rei⸗ nigen. Zink iſt nicht theuer, und Hammerzink eignet ſich dazu am beſten. Das Zink wird jedes Atom Blei, das ſich im Waſſer auflöft, an ſich ziehen und feſthalten. Ich boffe, daß durch dieſe Mittheilung die Geſundheit vieler Menſchen werde erhalten werden. (John Robinson M. B. The Athenaeum, No. 991.) » * 110 (N.) Chroniſches Empyem; Paracenteſe; Chlor⸗ natriumeinſpritzungen in die Bruſthöhle; Heilung. Von Dr. Thomas Wells. Dieſer Fall betrifft einen Arzt, Dr. M' Queen, 33 Jahr alt, der das Empyem in Folge einer ſchlecht geheil— ten pleuritis vor einem Jahre bekommen hatte. Als er ſich an Dr. W. wandte, waren alle Symptome des hektiſchen Fiebers, ſowie pleuritiſches Erſudat der linken Bruſtſeite vorhanden. Am 7. Juni 1836 wurde die Paracenteſe gemacht. Nur ein Theil der eiterartigen Flüſſigkeit wurde entleert, wobei ſich ein Gefühl von Beſſerung, ſpäter Ohnmacht ein- ſtellte. Pat. befand ſich in der darauf folgenden Nacht beſſer, als in den früheren. Tags darauf ließ man das Erſudat von ſelbſt abfließen, was nach einiger Zeit auf— hörte. Die Nacht, vom 8. — 9., war etwas unruhig; ein neuer Abfluß verſchafft Erleichterung. Am 10. neue Off: nung, um dem noch zurückgebliebenen Erſudat Ausgang zu verſchaffen; man ſieht deutlich, wie die Luft in die Bruft- höhle eindringt. Das Wiederverwachſen der Inciſion wird durch Einlegen einer Wieke verhütet. Am 11., 12. und 13. wird der Ausfluß ſtinkend; beunruhigende Symptome von Erſchöpfung. Da W. ſah, daß die Krankheit zu einem ſchlimmen Ausgange ſich hinneigte, ſo wagte er, mit Zuſtimmung des Kranken, eine Einſpritzung eines Viertelpfundes einer dünnen Chlornatriumauflöſung zu verſuchen. Die Injectionsflüſ— ſigkeit blieb 10 Minuten in der Bruſthöhle zurück, worauf ſie mit der Spritze wieder ausgezogen wurde. Pat. fühlte ſich hiernach erleichtert. Den folgenden Morgen, am 14., erſcheint das Fieber gemäßigt; die in dem Pleuraſacke ſecernirte Flüſſigkeit weniger ſtinkend. Es wird eine noch größere Quantität Chlornatrium eingeſpritzt und nach einigen Minuten wieder entleert. Dieſe Behandlung wird in den folgenden Tagen fortgeſetzt unter immer zu⸗ nehmender Beſſerung. Man giebt ſich keine Mühe mehr, den Eintritt der Luft in die Bruſthöhle zu verhindern; weil es einerſeits unmöglich iſt, andererſeits keine merklichen Nachtheile daraus entſpringen. Die Quantität, ſowie die Stärke der Auflöſung werden allmälig geſteigert. Die In⸗ jectionen werden bis zum 20. Juli fortgeſetzt, an welchem Tage der Kranke die Stadt verläßt. Aus der Bruſthöhle floß damals nur der vierte Theil eines Seſters in 24 Stun- den aus. Seit zehn Tagen konnte Pat. kleine Spazier— gänge machen. Unter der innern Anwendung von toniſchen und alterirenden Mitteln hat ſich das Allgemeinbefinden be— deutend gebeſſert. W. rieth dem Kranken, die Einſpritzun⸗ gen fortzuſetzen. Am 7. März 1837 benachrichtigte Pat. Dr. W., daß er ſogleich nach ſeiner Abreiſe das Waſſer einer diuretiſchen Mineralquelle getrunken habe, die ihm be: deutende Beſſerung brachte. Seit dieſer Zeit iſt die Beſſe— rung, wenn auch nur langſam, vorgeſchritten: er kann vier bis fünf engl. Meilen täglich reiten; aus der Bruſtfiſtel wird täglich ein Viertel⸗Seſter Flüfjigkeit entleert; ſeit einiger Zeit bat der Kranke jede Behandlung eingeſtellt, wobei er ſich 111 70 weniger gut befindet und eine Zunahme des Umfanges der linken Bruſthälfte bemerkt. Dr. W. rieth ihm die Injection einer ſchwachen Su— blimatauflöſung zu verſuchen, und dies ſpäter nöthigenfalls mit Arg. nitr. zu vertauſchen. Am 25. Mai 1837 ſchrieb Pat. an Dr. W., daß er vor Kurzem einen leichten Fieberanfall gehabt hat, wobei die Flüſſigkeit aus der Fiſtel in größerer Quantität ent— leert wurde; hierauf aber haben die Kräfte zugenommen und der Ausfluß ſich vermindert. Im März 1844 erhielt W. vom Pat. die Nachricht, daß ſein Zuſtand noch faſt derſelbe ſei, wie im Mai 1837. Nur iſt jetzt eine bedeutende Verbildung des Bruſtkaſtens vorhanden. Die Differenz der beiden Bruſthälften beträgt 4 Zoll; der Körper iſt nach der linken Seite ſo hinüber— gebeugt, daß die linke Schulter um 2 Zoll niedriger ſteht, als die rechte. Auch iſt eine leichte Krümmung der Wir— belſäule zugegen. Das Herz hat ſeine normale Lage. Re— ſpiratoriſches Geräuſch iſt an der linken Seite nicht zu hö— ren. Dieſe Unannehmlichkeiten ausgenommen, befindet ſich Dr. M' Qu een jetzt beſſer, als jemals; er iſt Pflanzer ges worden und kann bedeutenden Anſtrengungen ohne beſon— dere Nachtheile ſich unterziehen. (The American Journal of med. science.) Mifcellen. (27) Im Bulletin gen. de Therapeut., Mars 1845 wird ein neues Mittel, das Ceylanmoos, erwähnt. Dies Moos, nach den neueſten Unterſuchungen von Sphaerococcus oder Fucus licheno- des herſtammend, findet in allen den Fällen ſeine Anwendung, wo das Carragheen indicirt iſt. Was die daraus zu bereitende Ge⸗ latine betrifft, ſo ergaben die, mit dieſem und den übrigen Moos— arten angeſtellten, vergleichenden Verſuche von Schacht, daß auf 100 Grammen Gallert von ziemlich gleicher Conſiſtenz 24 Gramm. Lichen island., 4 Grammen Carragheen und 6 Grammen Gey- lanmoos gehören. Das letzte, weniger gelatinös als das Carra⸗ gheen, hat vor dieſem den Vorzug, ein weniger gefärbtes Gal- lert zu liefern. — Nach Dr. Siegmund ſoll dieſes Mittel kein Jod enthalten; allein durch folgendes Verfahren läßt es ſich darin mit Beſtimmtheit nachweiſen. Man verbrennt das Moos, zieht den Rückſtand wiederholt mit heißem Waſſer aus, dampft die zu⸗ ſammengegoſſene Flüſſigkeit bis zur Trockene ab, übergießt die er⸗ haltene feſte Maſſe mit rectificirtem Weingeiſt, klärt fie nach eini⸗ "ur 112 ger Zeit, dampft wieder ab und thut alsdann den Rückſtand in eine gut ausgetrocknete Glasröhre. Nun gießt man einige Tropfen concentrirter Schwefelfäure hinzu, verſtopft die Röhrenmündung mit einem in Stärke getränkten Bapierftöpfel und ſetzt das Gemiſch einer langſamen Wärme aus. Die blaue Färbung des Stopſels eigt die Anweſenheit des Jods. In welchem Verhältniſſe das Jod ie darin befindet, ift ſchwer zu beſtimmen. 30 Grammen wurden auf die angegebene Weiſe behandelt, nur mit dem Unterſchiede, daß das Abdampfungsproduct der fpirituöfen Löfung wieder in deſtillirtem Waſſer aufgelöſ't und daraus durch eine Löſung von Argentum nitricum gefällt wurde. Der fo erhaltene Nieverichlag wurde nun mit verdünnter Salpeterſäure, dann mit verdünnter Ammoniakflüſſigkeit ausgewaſchen, dann vollftändig getrocknet; man erhielt fo 1 Centigramm Jodſilber, welches 0, 000460 Gramm Jed auf 31 Gramm Ceylanmoos ausmacht. — Eine gleiche Quan⸗ tität Carragheen, auf dieſelbe Weiſe behandelt, lieferte 0,0057 Gramm Jod, fo daß dieſes Moos mehr Jod als das Geylanmeos enthält. (28) Über die radicale Heilung der Varicocele. Sir Aſtley Cooper empfahl in den Guy's Hospital Reports die Exeiſion eines Theils des Hodenſackes als Eur für Va⸗ ricocele. Er ließ den Hoden gegen den Leiſtenring drücken und ſchnitt alsdann ein größeres oder geringeres Stück der Haut am untern Theile des scrotum ab. Dr. Watſon modificirt die Ope⸗ ration dahin, daß er den Hoden nach der Seite drücken läßt, die Hautfalte in der Richtung des Leiſtencanals von oben nach unten, zwiſchen einer langen, gebogenen Zange faßt und alsdann mit einem Zuge des Biſtouri's abträgt. Die bedeutende Retraction der Haut macht 5 bis 6 Nähte nöthig, und einige Touren Heftpflaſterſtreifen dienen, um den Theilen Stützung und Halt zu gewähren. In feinem der 5 Fälle, in welchen Dr. Watſon dieſe Methode ſelbſt befolgt hat, iſt völlige Heilung per primam intentionem bewirkt worden, aber die endliche Vereinigung war durchaus ſolide. Eine unangenehme Complication iſt erysipelas, doch hat es in den vor⸗ liegenden Fällen keine weſentliche Störung hervorgebracht. Als Contraindication erwähnt Dr. Watſon beſonders neuralgiſche Affectionen bei irritablen Subjecten, in ſofern ſie nicht von der Variocele hervorgerufen wurden. (Americ. Journal of Med., Oct. 1845.) (29) Als ſicheres Antidotum bei der epidemiſchen Cho⸗ lera empfiehlt ein Dr. Parker in einem eigenen Schriftchen fol⸗ gendes Getränk: 30 Gran Natron bicarbonicum in einem halben Glas voll Waſſer, mit einem Theelöffel voll gewöhnlichem Syrup gemischt, — in einem andern Glaſe wird ½ Weinglas voll Waſſer mit 20 Gr. Acidum tartaricum oder citricum gemiſcht und dies in das erſte Glas gegoſſen, während des Aufbrauſens zu trinken. Alſo eine potio Riveri, welcher der Syrup zugeſetzt iſt, damit die Kohlenſäure nicht fo raſch entweiche. e — Capitain Manby, Erfinder des Rettungs⸗ ſeils für Schiffbrüchige, welches das Leben ſo vieler Menſchen erhalten hat, iſt im 76. Jahre in Cheltenham geſtorben. Bibliographiſche Neuigkeiten. Connaissance des marchandises, ou dictionnaire analytique et rai- sonne des articles indigenes et exotiques, drogueries, épice- ries etc. par J. B. Roussel aine. Tome I. (A — Cen.) 8°. (29½ B.) e La petite chimie agricole ou la médecine des plantes; par Aug. Clastrier. 8°. (3 B.) Marseille 1846. Nouveaux élemens d'Hygiene par le Dr. Ch. Londe. 3e Edit. 1040 augmentee. 2 Vols. 8°. (80¼ B.) Paris 6. Société d’&mulation pour les sciences pharmaceutiques. Notice. 80. (2½ B.) Traité des poisons, ou toxicologie appliquee ü la médecine le- gale, a la physiologie et ä la therapeutique par Ch. Flandin. Tome I. 80. (47%, B.) Paris 1846. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 8. (Nr. 8. des J. Bandes.) Januar 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. X. Unterſuchungen über das Vorkommen des Herm— aphroditismus in der Natur. Von J. J. Sm. Steenstrup, Lector der Botanik und Mineralogle an der Akademle Soröe *). Von dieſer Schrift, welche als eine Ausführung der Andeutungen über Hermaphroditismus betrachtet werden kann, die der durch die Originalität ſeiner Naturanſchauung aus— gezeichnete Verf. bereits in ſeiner Abhandlung über den Generationswechſel (No. 1. u. 2. dieſ. Bos.) mitgetheilt hat, iſt zu Greifswald eine vom Prof. Hornſchuch beſorgte Über⸗ ſetzung (Ato, XVI. und 130 Seiten 1846) erſchienen, nach welcher wir eine kurze Überſicht des Gegenſtandes mitzutheilen uns beeilen. Eine Beurtheilung derſelben durch v. Baer, welche uns ſo eben brieflich zugegangen, fügen wir in der nächſten Nummer unſerer Notizen bei. Die Abhandlung hat zum Zweck zu unterſuchen, in wie weit die Lehre vom Hermaphroditismus in der Natur begründet iſt. Dem Verf. gilt die Vertheilung der ent— gegengeſetzten Geſchlechter an zwei verſchiedenen Weſen als ein abſolutes Naturgeſetz und die Vereinigung vom männ— lichen und weiblichen Geſchlecht in einem und demſelben Weſen folglich als eine phyſiologiſche Unmöglichkeit. Der Gang der Abhandlung iſt demnach der, daß ſie in einem erſten vorbereitenden Abſchnitte ſowohl die Grundzüge der gewöhnlichen Fortpflanzung, als der ſogenannten herma— phroditiſchen aufſtellt, wobei der Verf. dieſer letzten ganzes Weſen in ihrer vollkommenen Nichtübereinſtimmung mit der ganzen Wirkungsart der Natur, ſowie mit den ſicherſten Sätzen der Phyſiologie, vergleichenden Anatomie und Ent: wickelungsgeſchichte des Organismus darzuſtellen ſucht. Als Seit Kurzem zum Profeſſor der Zoologie an der Univerſität Kopenhagen befördert. No. 198. — . — 8, Folge der ſich hieraus ergebenden Unwahrſcheinlichkeit eines Hermaphroditismus werden hierauf Betrachtungen über die Art angeſtellt, auf welche die Wirklichkeit desſelben unter— ſucht werden muß, und über die Gründe, welche allein der Wiſſenſchaft volle Sicherheit für das Vorkommen dieſes Ver— hältniſſes geben können. In einem zweiten Hauptabſchnitte wird demnach die gewählte Unterſuchungsart zur Ausfüh— rung gebracht und das ganze Thierreich mit Rückſicht auf die aufgeſtellte Behauptung eines vorkommenden Hermaphro— ditismus und die vermeintlichen Beweiſe für dieſen durch— gegangen. Nach einer beſtimmten Ordnung gehen die Un— terſuchungen von den höhern Thieren und dem Geſchlechts— verhältniſſe dieſer aus; ſie werden durch die Gliederthiere auf der einen Seite des Thierreichs herab, bis zu deſſen tiefſter Stufe, den Infuſionsthieren, fortgeſetzt, wenden um und ſteigen nun durch die Strahlthiere und Weichthiere an der andern Seite des Thierreichs auf, bis ſie bei den hö— hern Thieren anlangen, von denen man annimmt, daß ſie außerhalb des eigentlichen Gebietes des Hermaphroditismus ſtehen. Bei dieſer Muſterung aller ſogenannten Hermaphro— diten findet nun der Verf. keinen einzigen Beweis oder Wahrſcheinlichkeitsgrund für ihre hermaphroditiſche Natur; ſondern vielmehr, daß alle die Verhältniſſe, auf denen die Annahme ihres Hermaphroditismus beruht, mit den Ver: hältniſſen, welche man bei Tauſenden von Thieren trifft, deren getrenntes Geſchlecht außer allem Zweifel ſteht, völlig übereinſtimmen. Da nun, dem Verf. zufolge, dem Herm— aphroditismus, außer der innern Wahrſcheinlichkeit, auch alle äußere Beweiſe für deſſen Wirklichkeit fehlen, ſo wird in einem dritten, ſchließenden Abſchnitte die Behauptung nie— dergelegt, daß der Hermaphroditismus im ganzen Thierreiche nirgends vorkomme, und es wird, da nach einer natürlichen Auffaſſung der Pflanzen auch bei dieſen ein ſolches Ver— 8 115 8. hältniß nicht angenommen werden könne, dieſe Vehaup⸗ tung auf die ganze organiſche Natur ausgedehnt, worauf die Abhandlung mit einigen allgemeinen Beobachtungen über die Fortpflanzung ſchließt, wie ſie ſich nunmehr uns dar— ſtellen zu wollen ſcheint. Der Überſetzung find einige kurze Abhandlungen von Dr. Creplin, Dr. Fr. Müller, Dr. Karſch, dem Stud. Mar Schultze und dem Überſetzer angehängt, in denen in Betreff der Eingeweidewürmer, der Hirudineen, Hydren, Rippenquallen ꝛc. Wahrnehmungen mitgetheilt werden, welche mit den Anſichten des Verf. nicht im Einklange zu ſtehen ſcheinen, auf die wir jedoch, da es ſich hier zunächſt um eine überſichtliche Darlegung der Ideen Steenstrups handelt, nicht näher eingehen können. Wenden wir uns nunmehr zu der nähern Betrachtung Inhaltes der Schrift, ſo hebt der Verf., nachdem er hinreichend bekannte Art der Fortpflanzung durch We— ſen von zwei entgegengeſetzten Geſchlechtern geſchildert, in der Einleitung vornehmlich den ſich aus der Entwickelungs— geſchichte der Geſchlechtsorgane ergebenden Satz hervor, daß die männlichen und weiblichen Organe im rudimentären Zuſtande nicht von einander unterſchieden werden können, ſo verſchieden ſie ſich auch an erwachſenen Geſchöpfen dar— ſtellen mögen, daß die urſprüngliche Ahnlichkeit der beiden Geſchlechtswerkzeuge aber bei vielen Thieren durch das ganze Leben fortdauere, ſo daß man nach der bloßen äußern Form die Geſchlechter entweder gar nicht oder doch nur ſehr ſchwer unterſcheiden könne. Nach dem allgemeinen Naturgeſetze, daß die Entwickelung der höhern Weſen die Formen durch— läuft, die für die niedern eigenthümliche und bleibende ſind, laſſe ſich nun jene bleibende Ahnlichkeit der Geſchlechtswerk— zeuge bei den niedrig organiſirten Thieren erwarten, wäh— rend ſie bei höhern Thieren nur ausnahmsweiſe, als eine Hemmung der Entwickelung in einer beſonderen Richtung auftreten werde. Das Weſen des Hermaphroditismus, wie ihn die Wiſ— ſenſchaft gegenwärtig als beſtehend annimmt, definirt der Verf. folgendermaßen. „Entweder ſind die Fortpflanzungswerkzeuge beider Ge— ſchlechter fo ausgebildet, und haben eine ſolche relatide Lage, daß die von ihnen beiden abgeſonderten Fortpflanzungsſtoffe (Samen und Gier) in gegenſeitige Berührung kommen kön⸗ nen und die Samenfeuchtigkeit alſo die Eier befruchten kann; oder die Fortpflanzungswerkzeuge beider Geſchlechter finden ſich wohl in einem und demſelben Thiere, aber nicht in einer ſolchen Lage oder einem ſolchen Verhältniſſe zu ein— ander, daß der Same des Samenſtockes (Hoden) auf die von dem Cierſtocke abgeſonderten Eier einwirken kann, weß— halb immer zwei ſolcher hermaphroditiſchen Individuen ein— ander durch gegenſeitige Paarung befruchten müſſen.“ Nun hat aber z. B. die Beobachtung gezeigt, daß von zwei Meerſchnecken, die ſich paaren, immer nur die eine Eier legte. Deßhalb hat man angenommen, beide Herm— aphroditen derſelben Species fungirten abwechſelnd als Männ— chen und Weibchen, und nach einer neuern Einkleidung des Hermaphroditismus, welche von dieſer Befruchtung nur ei— des die 8. 116 nes Individuums abſah, hat man angenommen, jedes In: dividuum befruchte ſich zwar ſelbſt, wie bei der erſten Haupt⸗ form des Hermaphroditismus, bedürfe aber eines anderen Individuums, um in die gehörige Stimmung zu dieſem Be- fruchtungsacte verſetzt zu werden. Der Verf. ſucht nun nach⸗ zuweiſen, daß dieſe Anſichten, welche als nothwendige Fol⸗ gen aus der Annahme des Hermaphroditismus hervorge⸗ gangen find, ganz unvereinbar mit den auf poſitidven Beob⸗ achtungen beruhenden Vorſtellungen über Geſchlecht und Geſchlechtsgegenſatz ſeien, da das Geſchlecht nicht etwas ſei, was ſeinen Sitz an einer gegebenen Stelle des Organismus habe oder ſich lediglich vermittels eines beſtimmten Werf- zeuges äußere, ſondern den ganzen Organismus durchdringe und ſich an jedem Punkte desſelben entwickele. „Bei ei— nem männlichen Individuum iſt jeder, auch der kleinſte Theil männlich, mag er dem entſprechenden Theile eines weiblichen Individuums auch noch ſo ähnlich ſein, und in dieſem iſt ebenſo der allerkleinſte Theil nur weiblich. Eine Vereinigung beider Geſchlechtswerkzeuge in demſelben In— Disiduum würde deßhalb dieſes erſt zweigeſchlechtig ma- chen, wenn die Naturen beider Geſchlechter durch den gan— zen Körper herrſchten und ſich auf jedem einzelnen Punkte geltend machten, etwas, das ſich in Folge des Gegenſatzes beider Geſchlechter nur als eine gegenſeitige Aufhebung der— ſelben, als ein Verſchwinden alles Geſchlechts in einem ſol— chen Geſchöpfe äußern könnte.“ Hinſichtlich der Weiſe, wie die Wirklichkeit des Herm— aphroditismus unterſucht werden muß, fordert der Verf. in dem einleitenden Theile ſeiner Abhandlung ſehr billig den vollſtändigen Nachweis des Vorhandenſeins von wirklich männlichen und weiblichen Fort- pflanzungsorganen in demſelben Organismus, wozu erforderlich, daß die Beſchaffenheit des abgeſonderten Fortpflanzungsſtoffes, ob dieſer Same oder Ei ſei, ſowie, daß das Organ, in dem er aufgefunden worden, auch deſſen wirkliche Bildungsſtätte ſei, ſtreng dargethan werde. Daß die längere Anweſenheit des Samens im weiblichen Organismus kein Beweis der Abſonderung desſelben in Die: ſem Organismus ſei, ergiebt ſich ſchon aus dem Beiſpiele der Säugethiere, wo der Same durch den ganzen Gierleiter hinaufgeht, ja ſich oft auf dem Cierſtocke findet. Noch ver⸗ führeriſcher iſt aber das Anſehen bei denjenigen niederen Thieren, wo die Natur bei dem Weibchen beſondere Neben— werkzeuge zur Aufbewahrung des von dem Männchen ent⸗ gegengenommenen Samens ausgebildet hat, wie d. Sie— bold und andere Forſcher es uns nach und nach bei den meiſten Ordnungen der Inſecten, Tauſendfüße und bei den Krebsthieren zum Theil gezeigt haben. So überwintern z. B. bei den Weſpen nur die Weibchen, nachdem ſie im Herbſte den Samen der Männchen entgegengenommen, den ſie den Winter über in ihren Samenbehältern aufbewahren. Auch Männchen können theilweiſe Functionen übernehmen, die eigentlich dem Weibchen zukommen. Der Verf. gedenkt hier eines den Ornithologen noch kaum bekannten merkwür⸗ digen Falles dieſer Art, nämlich daß bei den Odins hüb⸗ nern (Phalaropus), das unanſehnlichere, kleinere Männchen 117 brütet, während man am weit ſchöneren und größeren Weib: chen den Brütfleck nie findet. Er beobachtete dies 1840 auf den Wieſen bei Krijusif, wo Ph. cinereus in großer Menge niſtet, und auch bei Ph. platyrhynchus iſt dasſelbe wahr: genommen worden. Ferner legen bei den Seenadeln (Syn- gnathus) die Weibchen mehrerer Arten die Eier in eine Rinne am Bauche des Männchens, die ſich oft ganz über ihnen ſchließt und in denen ſie dom Samen befruchtet wer— den. Dasſelbe Princip dürfte ſich bei den wirbelloſen Thie⸗ ren in einer noch weit verwickelteren und täuſchenderen Weiſe geltend machen. So hat man lange Zeit von vie len Geſchöpfen nur das eine Geſchlecht entdecken können und deshalb angenommen, das andere eriſtire gar nicht; ja von der ganzen Gallweſpengattung kennt man, ungeach— tet der vielen Tauſende unterſuchter Weibchen, die Männ— chen noch jetzt nicht. Der Verf. erinnert hier u. A. an die von v. Siebold unlängſt enthüllten (vergl. Wieg— manns Archiv, fortgeſetzt von Erichſon, IX. Jahrg. 1843, S. 137 — 162, Taf. VII.) merkwürdigen Geſchlechts— verhältniſſe der Strepsiptera. Er macht auch darauf auf: merkſam, daß, wie man, z. B. bei den Tintenfiſchen, Sa= menbüchien (Spermatophoren) in eine beſondere Abtheilung der weiblichen Geſchlechtsorgane aufgenommen findet, ſolche Samenbüchſen in anderen Fällen ebenſowohl an ſolchen Stellen abgeſetzt werden dürften, wo das Weibchen ſpäter ſeine Eier legen will, ſo daß dieſe ſpäter durch das Ber— ſten der Büchſen befruchtet würden, kurz, er meint, daß der Natur eine Menge noch unbekannter Umwege zu Gebote ſtehen dürften, die den Hermaphroditismus nur als ein Auskunftsmittel, die Mangelhaftigkeit unſerer Kenntniſſe zu beſchönigen, erſcheinen laſſen würden. Der Verf. geht alsdann in der eigentlichen Durch— führung ſeiner Aufgabe an die Beleuchtung des behaupte— ten Hermaphroditismus bei den verſchiedenen Thiergruppen und findet zuerſt in Betreff aller Wirbelthiere, daß bei ihnen nur pſeudohermaphroditiſche Formen vorkommen, in denen ſich unmöglich etwas anderes ſehen läßt, als entwe— der unvollkommene oder überzählige Entwickelungen in ei⸗ ner und derſelben Geſchlechtsrichtung. Was die höheren Gliederthiere, die Inſecten, Tauſendfüße, Spinnen und Krebsthiere, anbetrifft, ſo ge⸗ langt er durch eine ins Einzelne gehende Betrachtung ihrer Geſchlechtsverhältniſſe und Fortpflanzungsweiſe ebenfalls zu der Überzeugung, daß ſich bei ihnen kein Zuſtand finde, welcher ſich als der Vorläufer des behaupteten Hermaphro⸗ ditismus bei den niedrigeren Formen betrachten laſſe. Nunmehr kommt der Verf. zu den niedrigeren Gliederthieren (Würmern und Raäderthieren — Blutegeln, Plattwürmern, Eingeweidewürmern und Infuſorien) und jo- mit in den eigentlichen Brennpunkt des behaupteten Herm⸗ aphroditismus, da die große Abtheilung der Gliederwürmer mit ihren Tauſenden von Arten durchgehends für herm— aphroditiſch gilt. Sich auf eigene, im Sommer 1844 an⸗ geſtellte Unterſuchungen berufend, weiſ't er zuvörderſt nach, daß bei den vollkommneren Meerwürmern, als Lepidonote, Phyliodoce, Nereis, Nephthys, ſtets die Geſchlechter an zwei SL 85 118 verſchiedene Individuen vertheilt ſind; ferner, daß bei den in Röhren wohnenden Terebella- und Serpula - Arten das— ſelbe Verhältniß Statt findet, und folgert daraus auf ein Gleiches bei allen Gliederwürmern des Meeres, indem er nachzuweiſen ſucht, daß in den Beobachtungen von Qua— trefages, Böck, Stannius, v. Siebold, Rathke x. nichts enthalten ſei, was dem widerſpreche. Den Land- und Süßwaſſerwürmern wird eine in Betreff des Lumbricus ins Einzelnſte gehende und durch Figuren erläuterte Betrachtung gewidmet und aus dieſer der Schluß gezogen, daß, aller Gegenſcheingründe ungeachtet, auch hier die Vertheilung der entgegengeſetzten Geſchlechter an zwei verſchiedene Thiere Statt finde. Auch die noch wenig bekannten Geſchlechts— verhältniſſe der Naiden, Räderthiere und Tardigraden wer— den aus demſelben Geſichtspunkte beurtheilt. Nun kommt die Muſterung an die andere Reihe der Gliederwürmer, die mit den Egeln beginnt, und wo ſich die Unterſuchung auf feſterem Grunde bewegt, da man bei ihnen wenigſtens äu— ßerlich die zwei Werkzeuge kennt, die nach der allgemeinen Meinung den zwei Geſchlechtsthätigkeiten vorſtehen ſollen. Durch eine genaue, durch Abbildungen erläuterte Unterſu— chung aller von verſchiedenen Forſchern beigebrachten Mate— rialien gelangt nun unſer Verf. zu dem Schluß, daß das— ſelbe Werkzeug ganz unſtreitig bei einigen Egeln eine männ— liche und bei anderen eine weibliche Thätigkeit ausübe, und daß die Geſchlechter bei den Egelthieren ebenſowohl an ver— ſchiedene Individuen vertheilt ſeien, als bei anderen Thie— ren. Man findet wohl z. B. bei den Knorpelegeln (Clep- sine), ſowie bei den eigentlichen Egeln, in den Blaſen, die die Eier abſondern, eine größere oder geringere Anzahl von Zellenmaſſen, die von den Brombeerkörpern oder Entwicke⸗ lungsformen des Samens nicht unterſchieden werden können, aber dies braucht nicht ſo ausgelegt zu werden, daß die Blaſen auch gleichzeitig den Samen erzeugen, ſondern dieſer iſt wahrſcheinlich durch die Paarung eingebracht. Der Verf. beruft ſich in dieſer Beziehung auf eine directe Erfahrung, welche beweiſ't, daß bei den Knorpelegeln ſehr große Eier und kaum eine Spur von Brombeerzellen vorhanden ſein können, während, wenn man einen Hermaphroditismus mit gegenſeitiger Befruchtung oder (nach Treviranus) mit Selbſtbefruchtung annähme, man nothwendig in demſelben Thiere die beiden Fortpflanzungsſtoffe zu derſelben Zeit in ihrer ſtärkſten Entwickelung fordern müßte. Ferner legte von zwei gepaarten Egeln (Nephelis vulgaris), welche der Verf. 1837 eingeſperrt hielt, der eine niemals Eier, der andere blieb lange Zeit dabei, eine Capſel nach der ande: ren zu legen, und in allen wurden die Jungen ausgebrütet. Wenn nun aber der Hermaphroditismus bei den Thier⸗ formen, bei welchen man ihn am unzweideutigſten beobach⸗ tet haben wollte, nicht als erwieſen betrachtet werden kann, ſo iſt dies natürlich um ſo mehr bei denjenigen Thieren der Fall, die man, ohne eine gründliche Kenntniß ihres in— neren Baues zu haben, beſonders aus dem Grunde zu den Hermaphroditen rechnete, weil das wenige, das man von ihnen wußte, dem an den Egelthieren beobachteten zu ent— ſprechen ſchien. Dies gilt in abſteigender Ordnung von den 8 * 119 8. Plattwürmern (Planariae), Saugwürmern (Trematodes) mit den nahe verwandten anderen Eingeweidewürmern, an welche die eigentlichen Infuſionsthiere geknüpft werden können. Der Verf. begnügt ſich übrigens nicht mit dieſem allgemei— nen Schluſſe, ſondern beleuchtet die Geſchlechtsverhältniſſe jeder dieſer Thiergruppen im beſonderen. Er wendet ſich alsdann zu den niedrigeren Weich— thieren (Strahlthieren), den Quallenpolypen, Quallen, Seekorken, Edelkorallen, Steinkorallen, Seeanemonen und Stachelhäutern, indem er von der tiefſten Stufe des Thier— reichs, auf der er bereits angelangt iſt, auf der anderen Seite desſelben wieder hinaufzuſteigen gedenkt. Er ſucht bei allen dieſen Gruppen darzuthun, daß die Beobachtungen der gründlichſten Forſcher nichts enthalten, was einen ei— gentlichen Hermaphroditismus begründe, und hat in dieſem Capitel oftmals Gelegenheit, auf ſeine eigenen Wahrneh— mungen in Betreff des Generationswechſels und des Am— mens zu verweiſen, durch welche über die Fortpflanzung der Keulenpolypen (Coryne) 2. jo viel neues Licht verbreitet worden iſt. Von dieſen Weichthieren geht er dann zu den höhe— ren Weichthieren, den Moosthieren (Alexonella), See— ſcheiden (Aseidia) und Salpen über und ſchließt mit den Muſcheln und Schnecken. Er findet auch hier überall die Idee des Hermaphroditismus auf willkürliche Annahmen oder vorgefaßte Anſichten gegründet. Um dies in Bezug auf die Schnecken darzuthun, wählt er vorzugsweiſe die Lun— genſchnecken, und indem er die zwei Geſchlechter der Helix pomatia abbildet, ſucht er die Trennung der beiden Ge— ſchlechter bei dieſer Species durch eine ins Einzelnſte gehende anatomiſche Beſchreibung nachzuweiſen. Übrigens beſchrän— ken ſich ſeine Unterſuchungen keineswegs auf dieſe Art allein, ſondern er hat auch Vergleichungen mit vielen anderen an— geſtellt, und ihm zufolge wird jeder mit den bis jetzt ge— lieferten anatomifchen Arbeiten über die ſogenannten herm— aphroditiſchen Schnecken einigermaßen vertraute ſich leicht davon überzeugen können, daß die Hauptverſchiedenheit in der Form der Geſchlechtswerkzeuge bei den verſchiedenen Gat— tungen vornehmlich in der größeren oder geringeren Hem— mung begründet iſt, welche die eine Seite, die bisher durch falſche Vorausſetzungen hinſichtlich eines vorhandenen Herm— aphroditismus für männlich angeſehen worden iſt, erlitten hat. Der Verf. weiſ't hier auf die analoge einſeitige Ent— wickelung des Eierſtockes bei den Vögeln hin, indem nur ſehr wenige Vögelgattungen auf beiden Seiten vollſtändig entwickelte Eierſtöcke beſitzen, während bei allen übrigen der rechte Eierſtock in einem jo unentwickelten Zuſtande ver— bleibt, daß man nach dem Eileben nicht eine Spur von demſelben finden kann, außer wo eine Hemmung in dem Verſchwinden desſelben eingetreten iſt, wie man es als Aus— nahme für einzelne Individuen (Gänſe, Enten) oder als ſtetige Hemmungsbildung bei gewiſſen Gattungen oder Ar— ten (Adlern, Geiern und einigen Papageien) findet, was Wag— ner in ſeinem Lehrbuche der Zootomie 1, 142, näher darthut. Auf dieſe Weiſe hätte alſo der Hermaphroditismus für 8 120 die Erfahrung alle Wirklichkeit eingebüßt, wie er ſchon a priori für den Gedanken aller Natürlichkeit entbehrte; alle Erſcheinungen, unter denen man ihn verſteckt glaubte, wären bei unparteiiſcher Betrachtung als ſolche erkannt worden, unter denen die Vertheilung des Geſchlechts an verſchiedene Weſen bei Tauſenden von Geſchöpfen auftritt. Dieſe Anſicht dehnt der Verf., um den Hermaphroditismus aus der ganzen organiſchen Schöpfung hinaus zuweiſen, auch auf das Pflanzenreich aus, indem er die Blätter als wirk⸗ liche Individuen darſtellt, wonach denn die Staub- blätter und Fruchtblätter auf dieſelbe Individualität Anſpruch hätten und die zwei Geſchlechter hier ebenſo wenig, wie bei den Thieren, in demſelben Weſen vereint wären. Die originellen Anſichten des Verf., deren Ausführung wir hier leider nur ganz kurz haben andeuten können, ha⸗ ben bereits von manchen Seiten Widerſpruch hervorgerufen, und bei dem gegenwärtigen Stande der Wiſſenſchaft läßt ſich ſchwer entſcheiden, ob ſie ſtehen oder fallen werden. Jedenfalls begrüßen wir ſie freudig als eine Erſcheinung, die für den Fortſchritt der Wiſſenſchaft nicht ohne bedeu— tende Folgen bleiben wird. Miſeellen. 15. Über den Trepang, eine Art von Holothuria, ſagt Hr. Earl in ſeinem Werke Enterprize in tropical Australia: „In Hinſicht auf Größe und Geſtalt gleicht dieſe Holothurie einer ſtachlichen Gurke, ausgenommen, daß die Farbe weißgrau iſt, ob⸗ wohl manche Varietäten ſogar völlig ſchwarz vorkommen. Der Trepang wird in allen ſicher liegenden Häfen gefunden, wo er auf dem Boden ſich aufhält und von Molluſken und Seegewächſen ſich nährt. Er wird zur Ebbezeit auf Felſen und Uferbänken geſam⸗ melt, wo die Fiſcher in knietiefem Waſſer waten und ihre Boote nach ſich ziehen, wenn der Fuß dabei mit einer Holothurie in Be⸗ rührung kommt, ſo wird ſie aufgenommen und in das Boot gewor⸗ fen. Zuweilen ſuchen ſie tieferes Waſſer auf, wo dann die Fiſcher ſich der Eingeborenen bedienen, welche geübte Taucher ſind; wenn fie jedoch ſolche Hülfe nicht erhalten konnen, ſo ſtechen ſie mit ſpitzen Eiſen, die Wiederhaken haben, woran ein langer Stiel von Bam⸗ busrohr befeſtigt iſt. Das Einmachen und der Zubereitungsproceß it ſehr einfach. Die Holothurie wird, wenn ſie aus dem Boote genommen iſt, in einem eiſernen Keſſel eine halbe Stunde lang über einem ſchwachen Feuer leicht geſchmort. Dann wird ſie auf den Boden geworfen, und mit einem ſcharfen Meſſer durch einen Schnitt der Länge nach an der Rückenſeite geöffnet. Hierauf wird ſie wieder in den Keſſel gelegt und etwa drei Stunden lang in Salzwaſſer gekocht, woran etwas von der Mangroverinde gethan iſt; hierbei ſchält ſich die äußere Haut ab. Sie iſt dann hinlänglich gekocht und nun werden, nachdem das Waſſer abgegoſſen, die Holethu— rien in Trockenhäuſern (kleinen mit Matten gedeckten Hütten) auf Rahmen von geſpaltenem Bambusrohr geordnet und unter dem Dache ausgebreitet. Jedes Stück iſt ſorgfältig mit der aufgeſchnit⸗ tenen Seite nach unten gelegt und dann wird ein Feuer angemacht, deſſen Rauch ſehr bald den Trepang hinlänglich trocknet, um zu geſtatten, daß er in Körben oder Beuteln zur Exportation verpackt werde. 16. Agelacriniten, die man bisher nur in America auf⸗ gefunden, hat, wie man aus Leonhards und Bronns neuem Jahrbuche, 1846 No. 2, erſieht, Dr. Beyrich unlängſt in Böhmen ent⸗ deckt. Ihr Körper iſt ſcheibenformig; auf jeder Fläche desſelben bemerkt man fünf Strahlen, welche alle in gleicher Entfernung vom Rande ein Ende nehmen. Die untere Fläche iſt eben und ſogar ein wenig concav und bietet überall viereckige Schuppen dar; die obere iſt 121 8. 1. mit * eder Warzen beſetzt. Unten ſieht man eine Oeffnung (die des Eierſtocks 2), die zwiſchen zwei Strahlen liegt, welche wei⸗ ter von einander entfernt ſind, als die andern. Dieſe ſonderbaren Thiere lebten paraſitiſch auf andern, an die ſie ſich mit ihrer un⸗ tern Fläche feſtſetzten. Ihre eigentlichen Verwandtſchaften ſind ſchwer zu ermitteln; fie gehören wohl eher zu den Aſteriden, als zu den Cxinoiden. Nekrolog. — Jehannes Horfel ſtarb zu Berlin am 15. Nov. 1846. Er war Profeſſer der Phyſiologie und Mitglied der Aka⸗ Heilk (XI.) über die Radicalcur der Varicocele. Ven Dr. Helot. Nachdem Verf. in einem frühern Artikel die Patholo— gie der Varicocele abgehandelt hatte, beſpricht er in vorlie— gendem die verſchiedenen Operationsmethoden, welche ſeit den aͤlteſten Zeiten bis auf die Gegenwart gegen dieſelbe in Ausführung gebracht wurden. — Die Cauteriſation mit dem ferrum cand. bei oberflächlichem, die Unterbindung mit nachfolgender Erſtirpation der kranken Partien bei tie— fer ſitzendem Übel ſtellen die allerälteſten Methoden dar. Letzte wurde noch von Paré, Heiſter, Petit und vie: len anderen Chirurgen geübt; allein ſchon Boyer, Riche— rand, Aſtley Cooper, Samuel Cooper, Dupuy⸗ tren verwarfen ſie völlig, ſo daß ſie jetzt gar nicht mehr in Gebrauch iſt, obgleich einige Chirurgen, wie Delpech und andere, ſie wieder einzuführen verſucht haben. Aſtley Cooper fürchtete die Verletzung der Venen ſo ſehr, daß er bei der in Rede ſtehenden Krankheit den Rath giebt, einen Theil des serotum wegzunehmen, um auf dieſe Weiſe den dilatirten Venen durch die Narbe einen natürlichen Stützpunkt zu verſchaffen. Dieſe Methode ſcheint indeß, wenn— gleich neuerdings auch von Velpeau befolgt, von keinem Er- folge. Die Unterbindung der arteria spermatica hat in dem einen Falle, wo ſie Amuſſat mit ſcheinbarem Erfolge verrichtet hatte, nicht nur keine Heilung, ſondern auch Atrophie des Teſtikels herbeigeführt. — Gagnebeé, die phlebitis als Folge der Einwirkung der äußern Luft auf die Venen be— trachtend, machte 1830 den Vorſchlag, dieſe ſubeutan zu unterbinden, woraus ſpäter viele verſchiedene Methoden ent— ſprangen, die ſämmtlich den Zweck hatten, eine Obliteration der Venen durch adhäſive Entzündung zu erzielen, wozu von verſchiedenen verſchiedene Inſtrumente, wie: Pineetten, Nadeln, Faden, angegeben ſind, und die bald mit, bald ohne Verletzung der Haut — ſubeutan — verrichtet werden. Der Vorbereitungsact, welcher allen dieſen Operationsmethoden gemeinſam iſt, beſteht darin, den Kranken eine bis zwei Stunden vor der Operation herumgehen zu laſſen, um da— durch eine Anfüllung der ausgedehnten Venen zu bewirken; die Operation ſelbſt geſchieht am beſten im Stehen; ſie wird eingeleitet durch die Abſonderung der varicöien Venen vom vas deferens und der arteria spermalica. Erſtes — 8. 122 demie der Wiſſenſchaften daſelbſt. Außer den Mittheilungen über ſeine Vorträge in der Akademie iſt kaum etwas von ihm herausgegeben. Aber durch Geiſt und bewundernswürdig umfaſſende Kenntniſſe, ſo⸗ wie durch freundliche und unermüdliche perſönliche Theilnahme und Forderung hat er im Kreiſe feiner Bekannten und Schüler vielleicht mehr Gutes für die Wiſſenſchaft gewirkt, als mancher, der volu⸗ minsſe Werke drucken ließ. Sein Name wird wenigſtens in der Botanik nicht ausſterben, da ein Roſaceengenus nach ihm Horke- lia genannt worden iſt. unde. leicht erkennbar durch ſeine härtliche, elaſtiſche Beſchaffenheit, durch das Gefühl, das es beim Drucke dem Kranken ver— urſacht, ſowie durch feine Lage hinter den varicöſen Ve— nen wird von einem Gehülfen mit den Fingern nach innen zurückgehalten. Der größern Sicherheit wegen müſſen beide vasa deferentia aufgeſucht werden, da man irrthüm— licher Weiſe das entgegengeſetzte für das der zu operirenden Seite halten kann, was namentlich dann leicht vorkommt, wenn man unter der Wurzel des penis zu operiren gend- thigt iſt. Methode von Breſchet. Dieſe beſteht in der An⸗ legung zweier Zangen, die durch Druck das Abſterben der von ihnen umfaßten Haut und dilatirten Venen bewirken. Das Inſtrument, in ſeiner Form ſpäter von einigen Chi— rurgen, wie Landouzy, Berard ıc., etwas abgeändert, trägt an ſeinem männlichen Blatte zwei Querbalken, die in entſprechende Vertiefungen des weiblichen Blattes eingreifen, und kann durch eine Druckſchraube feſter und lockerer an— gelegt werden. Um die Scrotalhaut außerhalb des anzu— wendenden Druckes vor Quetſchung zu ſchützen, ſind die Zangenblätter nach dem Griffe zu kreisförmig gebogen, ſo daß ſie einen leeren Raum zwiſchen ſich laſſen, in welche ſich die Serotalhaut hineinlegt. Bei der Anlegung des Inſtrumentes umfaßt der Chirurg, nach Zurückdrängung des vas deferens und der art. sperm., in einer Hautfalte alle varicbſen Venen mit der Hand, worauf ein Gehülfe an der obern Hautfalte die Zange anlegt und mittels der Schraube befeſtigt. Nachdem ſich nun der Chirurg von dem Umfaßt⸗ ſein aller varicöſen Venen überzeugt hat, bildet er auf ähn⸗ liche Weiſe unterhalb der kranken Venen eine Hautfalte, an die eine zweite Zange angelegt wird. Die Folgen die: ſer Operation ſind unmittelbar darauf eintretender, leb— hafter Schmerz, in den folgenden Tagen bedeutende ent⸗ zundliche Erſcheinungen, Spannung und Geſchwulſt der Scrotalhaut, ſchmerzhafte Erectionen des Gliedes, bisweilen Anſchwellung des Hodens und, wenn Tripper zugegen war, bedeutende Verſchlimmerung desſelben. Unter gewiſſen Um⸗ ſtänden ſieht man ſpäter lebhaftes Fieber mit Kopfſchmerz entſtehen; in einigen Fällen bildete ſich am serotum Eryſi⸗ pelas, ja in einem Falle ſogar Phlegmone aus, die Inci⸗ ſionen nöthig machte. Die vollſtändige Durchſchneidung der. von der Zange umfaßten Theile erfolgt gegen den zehnten 123 8. bis fünfzehnten Tag, die Vernarbung der Wunde aber erſt vier bis ſechs Wochen nach dem Abfallen des Inſtruments, ja zuweilen noch ſpäter. Daß dieſe entzündlichen Erſchei— nungen, je nach ihrem Grade, eine mehr oder weniger aus— gedehnte Antiphlogoſe erheiſchen, braucht nicht weiter er— wähnt zu werden. Um den in Folge der Erectionen ſpäter entſtehenden unerträglichen Schmerzen vorzubeugen, iſt es nöthig, das Glied vor der Anlegung der Zange ſtark in die Höhe ziehen zu laſſen, damit dasſelbe eine hinreichende Quantität Haut zu ſeiner Aufrichtung behalte. Einem an— dern Übelſtande, dem leichten Auseinanderweichen der Wund— ränder, das ſich durch keinen Verband verhindern läßt, wird durch die verſchont gebliebene Hautbrücke abgeholfen. Was den Ausgang dieſer Methode betrifft, ſo iſt derſelbe aller— dings weit ſeltener ein unglücklicher, als nach der unmittel— baren Unterbindung, indeß find Thatſachen bekannt, welche die Unſchädlichkeit und völlige Sicherheit dieſer Behandlungs— weiſe ſehr in Zweifel ſtellen. Als Palliativeur bei noch nicht weit vorgeſchrittenem Übel, wie fie manche angewen— det wiſſen wollen, iſt fie ſchon wegen der längern Zeit, Die fie zur Heilung bedarf, ganz zu verwerfen. In einem Falle hatte die Operation den Tod des Operirten zur Folge. Unter den glücklicher verlaufenen Fällen erzählt Land ouzy einen, wo Breſchet die Operation wegen eines Reeidios zum zweiten Male an demſelben Kranken vornehmen mußte. Vidal will einen Kranken, der bereits früher von Bre— ſchet und Ricord ohne Erfolg operirt worden, mittels ſeiner Methode glücklich hergeſtellt haben. Ein abermaliges Auftreten des Übels bei einem Kranken, den Breſchet ein Jahr zuvor mit Glück operirt hatte, und der den Kranken deßhalb von neuem operirte, theilte Demarquoy dem Verf. mit. Aus allen dem erſieht man, daß Reeidive nach dieſer Methode vorkommen können, die, wenn auch nicht bald, doch einige Zeit nach der Operation auftreten. Methode von Sanſon. Dieſe, die ſtreng genom— men keine Radicaleur genannt werden kann, beſteht in der Anlegung einer mit gefütterten Blättern verſehenen Zange, wodurch die Circulation in den dilatirten Venen, ohne Zer— ſtörung der Gefäßwandungen, gehemmt und die Gefäßröh— ren durch Bildung von Blutpfröpfen obliterirt werden. Die: ſer Zweck wird indeß nie dadurch erreicht, da die ſcheinbar obliterirten Venen ſchnell wieder permeabel werden. Methode von Renault. Es wird eine Nadel, mit einem Faden verſehen, hinter den erweiterten Venen durch die Scrotalhaut durchgeſtochen, die Fadenenden über einem hölzernen Cylinder oder einer Federpoſe vorn zuſammenge— knüpft, fo daß Haut und Venen von dem Faden umfchnürt ſind, und durch allmäliges Umdrehen des Cylinders immer feſter zuſammengezogen werden, bis eine vollſtändige Durch- ſchneidung der Theile erfolgt. Die Wunde wird alsdann wie eine einfache behandelt. Fricke zieht durch die Venen ſelbſt ein oder mehrere Setons, die nur ſo lange liegen bleiben, bis Entzündung der Wandungen und Obliteration der Höhlen erfolgt iſt. Dieſes Verfahren liefert, bei ſeiner größern Gefahr, weni— 8. 124 ger Ausſicht auf radicale Heilung, als das vorgenannte, da die Venen bald wieder durchgängig werden. Methode von Velpeau. Dieſer ſticht eine große Stecknadel hinter den Venen durch eine Falte der Scro⸗ talhaut und wickelt um die Nadelenden einen Faden, entweder in Form einer © oder nach Auswärtsbeugung der erſten rundum, worauf die Nadelſpitze mittels der Kneipzange entfernt wird. Um die Obliteration der Venen in einer größeren Strecke zu bewirken, muß in einiger Ent⸗ fernung noch eine zweite Nadel auf dieſelbe Weile einge: ſtochen und umwickelt werden. Die danach eintretenden Er⸗ ſcheinungen ſind nicht minder gefährlich, als nach der Bre— ſchet' ſchen Methode, von der fie ſich nur durch größere Ein- fachheit unterſcheidet. V. ſcheint übrigens dieſe Methode nicht mehr zu üben. Methode von Ricord. Das ältere, einfachere Verfahren von R. beſtand darin, eine mit einem Faden verſehene Nadel nach Bildung einer Hautfalte hinter den dilatirten Venen durch das scrotum durchzuſtechen, ſie nach Loslaſſen der Hautfalte an dem Ausſtichspunkte wieder ein⸗ zuſtechen und vor den Venen unter der Haut fortzuführen, bis ſie an dem erſten Einſtichspunkte wieder zum Vorſchein kommt, jo daß die erweiterte Gefäßpartie mit vollkomme⸗ ner Schonung der Haut von einer Fadenſchlinge umgeben iſt, deren beide Enden, an einem Punkte ſich befindend, feſt zuſammengeknüpft werden. Später änderte R. dieſe ſubeu⸗ tane Unterbindung dahin ab, daß er ſich ſtatt einer, zweier Nadeln bediente, deren jede mit einem doppelt zuſammen⸗ gelegten Faden verſehen iſt. Die eine Nadel wird hinter, die andere vor den Venen unter der Haut durch das scro- tum durchgeſtochen, und zwar ſo, daß die Schleife des einen Fadens mit den Enden des andern auf einer Seite zu lie— gen kommt und, durchgezogen, eine Art von Doppelſchlinge bildet, mittels welcher die umſchlungenen Venen durch An⸗ ziehen der Fadenenden feſter oder lockerer zuſammengeſchnürt werden können. Zur Befeſtigung der Fadenenden hat R. ein hufeiſenförmiges Inſtrument angegeben, wodurch die all- mälig zu ſteigernde Zuſammenſchnürung erleichtert wird. Das letzte Verfahren hat vor dem erſten zwar das voraus, daß die Faden nach Belieben feſter und lockerer gemacht oder ganz entfernt werden können; da indeß R. in keinem Falle genöthigt war, die Faden vor der vollſtändigen Durch- ſchneidung der Venen zu entfernen, ſo bleibt das ältere Ver— fahren, ſeiner Einfachheit wegen, das zweckmäßigere. Zu Gunſten dieſer Methode überhaupt ſpricht allerdings die ge— ringere Verletzung bei derſelben; das Zurückbleiben des gan⸗ zen vergrößerten serotum indeß hat den Nachtheil, den Ho— den keinen hinreichenden Stützpunkt zu gewähren. Was den Ausgang dieſer Methode betrifft, ſo kommt auf eine große Anzahl gelungener Operationen eine ganz erfolgloſe, eine, wonach das Übel recidivirte und eine Wiederholung derſelben nöthig machte, endlich eine, in deren Folge der Kranke ſtarb. Methode von Vidal. — Erſtes Verfahren. Ein dünner Silberdraht, an deſſen oberem Ende eine dicke, mit lanzettförmiger Spitze verſehene Stahlnadel angeſchraubt 125 8. J. iſt, wird hinter den varicöſen Venen durch das scrotum durchgezogen, und deſſen Enden über zwei zu beiden Seiten angelegten Bandrollen vorn zuſammengeknüpft. Eine Art von Hohlſonde, unter die Drahtſchlinge geſchoben, dient, den Grad der Zuſammenſchnürung durch Umdrehen nach Be— lieben zu verändern. — Zweites Verfahren. Um: rollen der Venen des Samenſtranges. Hier wird außer dem erſten hinter den kranken Venen durchgezogenen Silberdraht noch ein anderer vor denſelben unter der Haut durch dieſelben Ein - und Ausſtichspunkte durchgeführt. Dreht man nun die beiden Metalldrähte zuſammen, ſo rol— len ſich die zwiſchen ihnen eingeſchloſſenen Venen knäulför— mig um die Drahtſchnur auf. Die Befeſtigung der Draht— enden nach vorne geſchieht auf die früher angegebene Weiſe durch abermaliges Umdrehen, wobei ſtatt der Sonde ein einfacher Tampon untergelegt wird. V. will dieſe Methode in ſehr zahlreichen Fällen mit glücklichem Erfolge angewen— det haben. Zur vollſtändigen Heilung iſt hier, wie bei der Breſchet ſchen und Velpeau'ſchen Methode, eine Zeit von ungefähr zwei Monaten nöthig. Was den Grad der Gefährlichkeit und die Sicherheit einer Radicalcur durch dieſelben betrifft, darüber muß die Zukunft entſcheiden. (Arch. gen. d. Med., Juill. 1846.) (XII.) über mehrere chemiſche Reactionen, welche auf den Geſundheitszuſtand großer Städte Ein— fluß haben. Von Hrn. Chevreul. Nachdem ich durch directe Verſuche dargethan habe, daß überall, wo ſchwefelſaure Alkalien und gewiſſe orga— niſche Stoffe ſich in Waſſer befinden, zu welchem die Luft nicht freien Zutritt hat, ſich ein Sulphur bildet, habe ich die Verderbniß der ſchwefelſauren Kalk enthaltenden Waſſer des Pariſer Beckens, die des Waſſers, welches für den Be— darf der Schiffe in eichene Fäſſer gefüllt wird, und die des in den untern Schiffsraum eingedrungenen Meerwaſſers zu erklaren vermocht. Aus der ſchnellen Verderbniß der orga— niſchen Stoffe und der Anhäufung derſelben im Boden volk— reicher Städte habe ich auf die Urſache der Ungeſundheit und ſelbſt der krankmachenden Eigenſchaften geſchloſſen, welche dieſer Boden und das Waſſer der in denſelben ge— grabenen Brunnen nach gewiſſer Zeit erlangen, wenn der— ſelbe ſich nicht in einer ſolchen Lage befindet, daß er be— ſtändig durch die Tagewaſſer ausgewaſchen wird. Zu den organiſchen Stoffen, welche den Boden großer Städte in dieſer Weiſe inficiren, ſind vorzüglich zu rechnen: thieriſche Überreite, welche man begräbt, die Subſtanzen, welche aus den Abtritten entweichen, der auf die Straßen geſchüttete Harn, die organiſchen Stoffe, die aus den menſchlichen Wohnungen in den Boden eindringen, die in den Gaslei— tungsröhren niedergeſchlagenen Fluͤſſigkeiten, welche durch Abzugsröͤhren entweichen c. Dazu kommt noch, daß ſich unter günſtigen Umſtaͤnden in poröſem Kalkſteine ſalpeter⸗ ſaures Kali, ſalpeterſaurer Talk und beſonders ſalpeterſau⸗ 92 126 rer Kalk erzeugen, daß die Anweſenheit mehr oder we— niger ſchwefelſauren Kalkes einen nachtheiligen Einfluß äu— ßert, und ſo iſt denn kein Mangel an Körpern, welche in Verbindung mit organiſchen Subſtanzen Miasmen erzeu⸗ gen können, welche ohne die Anweſenheit der letzten nicht zur Entwickelung gekommen fein würden. Insbe⸗ ſondere ertheilt der ſchwefelſaure Kalk oder Gyps dem Pa— riſer Boden eine eigenthümliche ungeſunde Beſchaffenheit, die man in Städten nicht bemerkt, deren Boden und Waſſer von dieſem Salze frei ſind. Der Mittel, welche man anzuwenden hat, um den Ge— ſundheitszuſtand großer Städte zu verbeſſern, ſind hiernach einerſeits bloß vorbeugender Art, andererſeits wirken fie direct auf Verhinderung der Ungeſundheit oder auf Bekämpfung der bereits eingetretenen Ungeſundheit hin. Die Vorbeugungsmittel beſtehen darin, daß man die Quantität der in den Boden eindringenden organiſchen Stoffe ſo viel als möglich vermindert, alſo die Begräbniß— plätze und Abdeckereien ſo weit als möglich von den Städ— ten entfernt, daß man die Abtritte mit waſſerdichten Wän— den verſieht, daß man durch Brunnen, Waſſerrinnen, Stra— ßenbäche für die beſtändige Säuberung des Bodens ſorgt, daß man zahlreiche Abzüge anlegt, in denen die Brunnen— röhren und Beleuchtungsgasröhren hinlaufen. Der Mittel, durch welche man die Ungeſund— heit des Bodens direct bekämpfen kann, giebt es nur wenige. Das erſte beſteht darin, daß man den Sauerſtoff der Atmoſphäre und das Licht überall da ein— wirken läßt, wo ſich organiſche Stoffe befinden, welche durch beginnende Zerſetzung Miasmen erzeugen würden. Der Sauerſtoff wirkt auf Verwandlung der organiſchen Stoffe in Waſſer, Kohlenſäure und Stickſtoff hin, indem er eine langſame Verbrennung zu Wege bringt, und dieſe Wirkung wird durch den Einfluß des Lichtes mächtig begünſtigt. Die Producte derſelben haben für den thieriſchen Organismus nichts Gefährliches. Zur Erreichung dieſes Zweckes hat man die Straßen ſo breit und die Höfe ſo weit als möglich anzulegen, ſo daß Luft und Licht überall freien Zutritt haben. Ein zweites Mittel iſt gegeben, wenn eine Stadt mit zahl⸗ reichen Ziehbrunnen verſehen iſt, in denen ſich das Waſſer ſchnell erſetzt, weil man dieſelben zu häuslichen Zwecken und um den Boden rein zu waſchen fortwährend benutzt. Auf jeden Fall laſſen ſich aber die Ziehbrunnen als ein Mittel zur Reinigung des aus dem Boden in dieſelben ein- dringenden Waſſers betrachten, weil dasſelbe in ihnen mit dem Sauerſtoffe der Luft in freiere Berührung tritt, als dies der Fall iſt, wenn die Erdſchichten nicht durchbohrt ſind. Wenn man aber dieſen heilſamen Einfluß den Ziehbrunnen im Allgemeinen zugeſtehen muß, ſo wird man doch auf der andern Seite zugeben, daß ſie bei ihrer dermaligen Be— ſchaffenheit in volkreichen Städten, deren Boden inſicirt iſt, von ſehr beſchränktem Nutzen ſind. Deßhalb lege ich hohen Werth auf ein drittes Mittel, welches gegenwärtig gewiſſer— maßen das einzige iſt, das wir beſitzen, um kraͤftig auf ſol⸗ chen Boden einzuwirken, der nicht fortwährend von nieder⸗ 127 8. gehenden Tagewaſſern oder von dem Waſſer eines benach— barten großen Stromes durchſickert und gereinigt wird. Dieſes Mittel beſteht in der Anlegung zahlreicher Baumpflanzun— gen innerhalb der großen Städte. Daß die Bäume auf die Geſunderhaltung des Erdreichs einen bedeutenden Einfluß ausüben, läßt ſich nicht beſtreiten, da ſie ja beſtändig zer— ſetzbare Stoffe, deren Verharren im Boden denſelben infi— eiren würde, in ſich aufnehmen. Allein dergleichen Baum— pflanzungen müſſen hinſichtlich der Vertheilung der Bäume in einer angemeſſenen Weiſe angelegt werden, und namentlich hat man darauf Rückſicht zu nehmen, daß die Bäume ſich gehörig entwickeln können, und daß ihre Wurzeln nicht in einen ſchon inficirten Boden gelangen, zu welchem der Sauer— ſtoff der Atmoſphäre keinen Zutritt hat. (Aus dem Be— richt über die Sitzung der Pariſer Akad. d. Wiſſenſch., im Institut No. 673, 25. Nov. 1846.) (XIII.) Fall von erfolgreicher Operation eines ein— geklemmten, angebornen Leiſten-Hodenſackbruches. Von Hrn. Adams. Am 14. Sept. 1839 wurde Verf. zu Hrn. H. W., einem Rechtsgelehrten von ungefähr 42 Jahren, gerufen, welcher ſehr aufgeregt im Zimmer auf- und abging und über heftige Schmerzen in der linken Leiſte und im Ho— denſacke, welcher ſtark angeſchwollen war, klagte. Die An— ſchwellung war in Folge einer Anſtrengung plötzlich ein— getreten; ſie hatte ſich bereits vor zwei Monaten beim Ein— ſteigen in einen Wagen in geringerem Grade gezeigt, war aber unter Anwendung eines leichten Druckes bald wieder verſchwunden. Die Anamneſe ergab, daß der Hode der linken Seite bis zum elften Lebensjahre im Leiſtencanale zurückgeblieben war; um dieſe Zeit hatte der Kranke von einer Wagendeichſel einen Stoß in die linke Weiche bekom— men, in deſſen Folge eine ſchmerzhafte Anſchwellung (or- chitis) an dieſer Stelle eingetreten war. Bald darauf war der Hode ins serotum hinabgeſtiegen, der Leiſtencanal war aber offen und vom Darm ausgefüllt geblieben, welcher letzte erſt im Alften Jahre aus dem Leiſtenringe hervortrat. Da antiphlogiſtiſche Mittel, warme Bäder u. dergl. nichts fruchteten und die taxis ohne Erfolg blieb, jo wurde am Nachmittage, fünf Stunden nach dem Eintritte der Ein— 8. 128 klemmung, die Operation ausgeführt. Dieſelbe wurde ohne große Schwierigkeit vollendet, der ſtark von flatus ausge— dehnte Darm reponirt, der bloßliegende Hode in feine ge— hörige Lage gebracht und dann die Wunde durch drei blu⸗ tige Nähte vereinigt. Der Verlauf war im Ganzen gün⸗ ſtig, am ſiebenten Tage war der Kranke Reconsaleſtent, und nach drei Wochen konnte ſchon ein leicht andrückendes Bruchband angelegt werden. Im December 1843 behan⸗ delte Verf. von neuem denſelben an hydrops in Folge von chroniſchem Magen- und Bauchfellleiden, und am 7. Jan. 1844 ſtarb der Kranke. Bei der Section ergab ſich die angeborene Hernie als vollſtändig geheilt; der innere Ring war hermetiſch verſchloſſen und mit einer harten Narbe ver: ſehen; der äußere Ring war von ſtarken, ligamentartigen Bändern umgeben, und die Bedeckungen, ſowie die fascia superficialis adhärirten an demſelben. Der Samenſtrang erſchien im Leiſtencanale normal, über denſelben hinaus ad— härirte er an der Innenſeite des secrotum. (Dubl. Quart. Journal, Febr. 1846.) Mifcellen. (30) Durch die Ausziehung des Ols aus dem Maismehl iſt es, wie Hr. Lapane der Pariſer Akademie unterm 30. Nov. 1846 anzeigte, demſelben gelungen, dieſes Mehl, theils für ſich, theils in Vermiſchung mit Waizenmehl, mit dem beſten Erfolg zur Brotbereitung zu verwenden. Er hatte ſeinem Briefe fünf Proben von Brot beigefügt: No. 1 war aus reinem Maismehl bereitet; es war etwas matt von Farbe (mat), aber ſchmackhaft und, obgleich vor mehreren Wochen ge⸗ backen, vollkommen gut erhalten. No. 2, aus ½ Mais- und ½ Waizenmehl bereitet, war weniger gut, als No. 1. No. 3, aus % Mais- und 2, Waizenmehl, war durchaus gut; No. 4, aus 2, Mais- und ½ Waizenmehl, ebenfalls gut; No. 5, aus / Mais⸗ und ½ Waizenmehl, hatte keine ſchöne weiße Farbe. (L’Institut, No. 674, 2. Dec. 1846.) (31) Als charakteriſtiſches Merkmal der fissura ani bezeichnet Hr. Blandin nicht allein heftigen Schmerz beim Stuhlgang, der dem Volumen der faeces entſpricht, ſondern be⸗ ſonders den Umſtand, daß bald nachher der Schmerz nachlaſſe, um 7 — 1 Stunde ſpäter viel heftiger wieder einzutreten. Das we⸗ ſentliche der Krankheit ſieht Bl. indeß nicht in der kleinen Riß⸗ wunde, fondern in einem krampfhaften Zuſtande des sphincter ani. (Gazette des höpitaux, 1847 No. 2.) Nekrolog. — M. J. E. F. Hauff, emer. Prof. d. Mathematik und Phyſik an der Univerfität Gent (ein Würtember⸗ ger), iſt am 24. Dec. 1846 in Brüſſel geſtorben. Er iſt der Exfin⸗ der der Behandlung eingeklemmter Brüche mittels der Luftpumpe. (vergl. Chir. Kupfert. v. R. Froriep. Heft 79. Taf. 398.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Reflexions sur organisation végétale et animale, la transfor- mation des matieres, l’immortalit@ de l’äme etc. par Antoine Deryaix. 8°. (4 Bogen u. 2 Tafeln.) Vienne 1846. Procede simple et facile pour préparer l’iodure potassique en quelques minutes par M. J. H. J. Pypers. Anvers 1846. 8°. Siluroideorum bataviensium conspectus diagnosticus; auct. J. Bleeker. 8°. Bataviae 1845. Prof. F. Selmi: Studi sperimentali e teorici di chimica mole- colare. Fasc. 1. 2. Modena 1846. La conservation del’homme, puisee dans la science her- metique, ou Part divin de prolonger la vie a l’etat de force et de santé. Edité sur les manuscrits originaux par le che- valier J. de Saint Germain. 8°. (5 Bogen.) Paris 1846. De l’Asthme. Recherches medicales sur la nature, les cau- ses et le traitement de cette maladie, par M. Amedee Leferre. 80. (8¼ Bogen.) Paris 1846. Du delire des sensations par C. F. Michea Dr. en med. Ouvrage couronné par l’Academie royale de médecine. 8d. (24 Bogen.) Paris 1846. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 9. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Stückes 3½ Sgr. (Nr. 9. des I. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbilvungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Januar 1847. Naturkunde. (XI.) Über Hrn. Steenstrups Unterſuchungen betreffend das Vorkommen des Hermaphroditismus in der Natur '). Von K. E. v. Baer. (Auszug aus einem Briefe an L. Fr. v. Frorlep). Aus Wien am 4. Jan. 1847. Ich habe in der letzten Zeit meines diesjährigen Auf— enthaltes in Trieſt den Abdruck meines Berichtes an die Akademie der Wiſſenſchaften in St. Petersburg in den N. Notizen geſehen. (No. 3 des XXXIX. Bandes.) Indem ich Ew. Hochwohlgeboren dafür meinen erge— benſten Dank abſtatte, benutze ich die Gelegenheit, um einen Schreib- oder Druckfehler zu verbeſſern, der ſich wahrſchein— lich auch im Originalabdrucke findet. Es wird eines Hy- pospadiaeus erwähnt, der alſo keine Kinder habe er— zielen können. Das Wörtchen „alſo“ könnte glauben machen, als hielte ich alle Hypoſpadiäen für unfruchtbar. Ich wünſche es daher geſtrichen oder etwa mit dem Wörtchen „deswegen“ vertaufcht zu ſehen. In einer Anmerkung zu dieſem Abdrucke wünſchen Ew. Hochwohlg., daß ich noch während meines Aufenthal— tes an der See die neueren Unterſuchungen des Hrn. Steens— trup benutzen könne. Ich glaubte dieſe Außerung auf das mir natürlich längſt bekannte Buch desſelben Verfaſſers über den früher ſogenannten Generationswechſel, oder das Am— menverhältniß in der Entwickelung der Thiere beziehen zu müſſen. Erſt auf meiner Rückreiſe habe ich in Wien durch meinen verehrten Freund, Hrn. Dr. Dieſing, das neue Werk, Unter ſuchungen über das Vorkommen des Herma⸗ phroditismus in der Natur, in der Überſetzung, (Greifswald 1846 in 410,) kennen gelernt und konnte nun nicht zweifeln, daß Ew. Hochwohlgeb. dieſes Werk gemeint haben. ) Vergl. No. 8 dieſes Bandes der Notizen. No. 199, — 889. — 9. So ſehr ich nun auch bedauern muß, während meines Aufenthaltes in Trieſt dieſes Werk nicht gekannt zu haben, weil dann noch manche Beobachtungen in beſtimmter Be— ziehung zu demſelben ſich hätten anſtellen laſſen, ſo glaube ich doch einiges über dasſelbe ſagen zu können, und gegen Ew. Hochw. mich auszuſprechen ſehe ich mich um jo mehr veranlaßt, da Sie mich öffentlich zur Beachtung dieſer „Un— terſuchungen“ aufgefordert haben. Von einer ausführlichen Beurtheilung kann dabei nicht die Rede ſein, denn mein auf wenige Tage beſchränkter Aufenthalt hierſelbſt hat mir bisher nur eine curſoriſche Kenntnißnahme erlaubt. Vor allen Dingen muß ich bemerken, daß auch dieſe curſoriſche Kenntnißnahme mir eben ſo vielen Genuß gewährt, als Achtung für den Verfaſſer eingeflößt hat. Obgleich in Bezug auf das Endreſultat ganz verſchiedener Meinung, halte ich das Werk nicht nur für ein ſehr nützliches, ſon— dern auch für ein vortrefflich ausgearbeitetes. Nützlich iſt es, weil der Verfaſſer nicht nur zuſammenzuſtellen ſich be: müht, was man von den Geſchlechtsverhältniſſen der Thiere weiß, und dieſen Vorrath mit eigenen Beobachtungen ver— mehrt, ſondern auch ſich beſtrebt zu zeigen, daß die biähe- rigen Beobachtungen als nicht genügend betrachtet werden können, um einen vollſtändigen Hermaphroditismus in der Wirklichkeit nachzuweiſen. Es iſt an ſo vielen Thieren in der letzten Zeit die früher angenommene Vereinigung bei— derlei Geſchlechtsfunctionen vollſtändig widerlegt worden, daß wohl die Frage erregt werden mußte, ob nicht die geſammte Anſicht von einem normalen Hermaphroditismus unbegrün— det ſei? Und es kann in der That die Wiſſenſchaft nur fördern, wenn ein Mann, wie Hr. Steenstrup, es ſich zur Aufgabe macht, die verneinende Antwort zu verfechten und dadurch zu unterſtützen, daß er an die noch geltenden Fälle von Hermaphroditismus das Meſſer der ſchärfſten Kritik an— 9 131 9. gelegt wiſſen will und auf die Möglichkeit von Irrthümern hinweiſ't, auch wo dieſe nicht wahrſcheinlich find. Ja une ſer Verfaſſer iſt in dieſer Richtung vielleicht noch nicht weit genug gegangen, indem er, ſo viel ich bis jetzt habe bemer— ten können, den letzten Schritt zum Ziele noch nicht ges than hat, der, meiner Anſicht nach, in dem Verlangen lie⸗ gen würde, nachzuweiſen, daß jeder Stoff mit Flimmerfäden (wie Hr. Steenstrup oder deſſen Überſetzer die Sperma— tozoen benannt wiſſen will) befruchtend wirkt. Nachtheilig für die Wiſſenſchaft würde eine ſolche Aufgabe nur durch blinde Nachfolge werden können, wenn nämlich andere die Entwickelung und ſcharfe Ausbildung des Zweifels als ſchon durchgeführten Beweis betrachteten und dieſe Anſicht ihre ferneren Beobachtungen mit oder ohne Bewußtſein färbte. Eine ſchärfere Beweisführung bei jeder Darſtellung von Herm— aphroditismus kann nur förderlich ſein. Hat man aber ein Mal die Nützlichkeit der Aufgabe zugeſtanden, ſo wird man die Ausarbeitung eine vortreffliche nennen müſſen. Man ſieht, der Verf. hat lange den Stoff des Buches bei ſich herumgetragen und ihn dann in die für ſeinen Zweck paſ⸗ ſendſte Form gegoſſen. Voran gehen allgemeine phyſiologiſche Betrachtungen, welche die Vorſtellung von Hermaphroditismus als unge— reimt darzuſtellen bemüht ſind; dann folgt, da doch Eier und Sperma in demſelben Individuum zu oft gleichzeitig beobachtet ſind, um an der Beobachtung ſelbſt zu zweifeln, die Auseinanderſetzung der Möglichkeiten, wie das Sperma von außen eingedrungen ſein könne. Das receptacu- lum seminis der Inſecten und die Samenbüchſen oder Spermatophoren anderer Thiere werden benutzt, um die Übertragung anſchaulich zu machen. — Dabei aber wird übergangen, daß für die erſtere Art der Übertragung ein hohles Paarungsorgan und für die letztere die Bildung von Spermatophoren im männlichen Geſchlechte nachgewieſen ſein muͤßte, um für eine beſtimmte Thierart das gleichzeitige Vorkommen von Sperma und Eiern in demſelben Indioi⸗ duum ohne Hermaphroditismus zu erklaren. Wie hier im abſichtlichen Schweigen am rechten Orte, fo zeigt ſich die künſtleriſche Anlage nicht weniger in dem größeren Abſchnitte, der die Abweiſung des Hermaphrodi⸗ tismus im einzelnen enthalten ſoll. Zuerſt wird von den Wirbelthieren (1) erwieſen, daß man an ihnen keinen regel⸗ rechten Hermaphroditismus kenne und dann von den In⸗ ſecten, im weiteſten Sinne des Wortes, — doch wohl nur, damit der weniger aufmerkſame Leſer ſich gewöhne, den Hermaphroditismus als ein abgelegtes Vorurtheil früherer Zeiten zu betrachten. Von den Rothblutwürmern werden die ſicher dibeiſchen vorangeſchickt, um von ihnen Zweifel für die Lumbriceen und Hirudineen mitzubringen. Durch die Planarieen geht er dann zu den Binnenwürmern über, an welchen wohl jeder kundige Leſer mit Spannung die Widerlegung oder auch nur die begründete Bezweifelung des Hermaphroditismus aller Gruppen erwartet, dagegen nur Bezweifelung einzelner Deutungen findet. Der weniger kun⸗ dige hat ſich ſchon gewöhnt, die neuen Zweifel mit den früheren ficher begründeten in gleiche Linie zu ſtellen. 132 Statt dem Gange der Darſtellung weiter zu folgen, mag es genügen, den künſtleriſchen Plan anzuerkennen. So würde der Verf. offenbar nicht das Anſehen angenommen haben, als ſei das getrennte Geſchlecht der Stachelhäuter (Echino⸗ dermen) und der Schirmquallen noch durch mühſamen Kampf zu erweiſen, wenn er nicht gefühlt hätte, daß die Berichti⸗ gung von Irrthümern, die vor vielen Jahren beſtanden ha⸗ ben, den ſchwierigen Weg über die Seeſcheiden (Aſcidien) und die noch als hermaphroditiſch geltenden Formen von Bauchfüßern ebnen müſſe. Aber Sie fragen mich wohl, oder haben mich viel⸗ mehr ſchon öffentlich gefragt: Was ich über das allge⸗ meinſte Reſultat des beſprochenen Werkes zu ſagen habe? Ich antworte, daß ich, auch ohne das Daſein desſelben zu kennen, da die deutſche Überſetzung während meiner An⸗ weſenheit in Trieſt erſchienen iſt, aus gelegentlichen Beob— achtungen die entſchiedenſten Gegenbeweiſe in wenigen Zei- len glaube geben zu können. Das Endreſultat ſpricht nämlich der Verf. S. 101 ſo aus: „Der Hermaphroditismus verlor alſo (im Verfolge der Unterſuchung) für die Erfahrung alle ſeine Wirklichkeit, ſowie er im voraus für den Gedanken verloren hatte alle ſeine Natürlich⸗ keit; alle Phänomene, worunter er verborgen geglaubt wurde, mußten bei unpartheiiſcher Be⸗ trachtung erkannt werden als Phänomene, uns ter welchen die Vertheilung der Geſchlechter an verſchiedene Weſen (Individuen ?) bei tauſenden von Thieren auftritt.“ Obgleich ich aufrichtig die Tendenz des Ganzen anerkannt habe und ſelbſt die Anwen⸗ dung künſtlicher Mittel, um in einer alten Vorſtellung, die vielleicht ein altes Vorurtheil fein konnte, wankend zu ma⸗ chen, nicht mißbilligen kann, muß ich doch dieſen geſperrt gedruckten Satz ſehr ſtark nennen und ich finde nicht, daß ihn der Verfaſſer auch nur von ſeinem Standpunkte aus und nach ſeiner Darſtellung verantworten kann. Ja wenn die theoretiſche Demonſtration, — daß jedes Thier Mann oder Weib ſein müſſe, da jeder Körpertheil notb- wendig männlich oder weiblich ſei, — evident wäre! Aber daran muß doch viel fehlen, da die Erfahrung dagegen ſpricht. Prüfen wir ein Mal jenen allgemeinen Satz an den Seeſcheiden (Afeivien). Bekanntlich liegen bei den meiſten Arten zwei Canäle nahe bei einander, in welchen von meh— reren neueren Naturforſchern Eier und Sperma erkannt ſind. Herr Steenstrup meint aber (S. 79), damit ſei der Hermaphroditismus keinesweges esident gemacht. Dazu ſei noch erforderlich, daß nachgewieſen werde, daß die enthaltenen Stoffe wirklich Eier und Sperma ſeien und daß jeder dieſer Stoffe Erzeugniß eines eigenen Werkzeu⸗ ges ſei. Nun, ich habe etwa an einem halben Dutzend Arten Befruchtungsserfuche gemacht. Die Eier entwickelten ſich leicht und die Embryonen ließen ſich meiſt bis zur kennt⸗ lichen Aſeidienform erhalten. Es waren alſo nicht nur Eier, ſondern fruchtbare Eier, welche ich der Befruchtung unterworfen hatte, und nicht nur Sperma, ſondern Sperma 133 9. derſelben Species, das gebraucht war; denn eines Theils ge— langen mir die Kreuzungsverſuche verſchiedener Species bis jetzt noch nicht, und andern Theils war es auch ganz gleich— gültig, ob ich das Sperma des ſelben Individuums oder eines anderen Individuums derſelben Art nahm. Ohne Einwirkung des Sperma aber erfolgte keine Entwickelung der Gier, alſo durfte man dieſe nicht etwa für ſchon befruchtet anſehen. — Herr Steenstrup — (und das iſt denn doch wohl eine von den Gewaltſamkeiten, die ſich unſer Verfaſſer zuweilen erlaubt) — findet in den Seeſcheiden nach der Lage der Werkzeuge eine Selbſtbefruchtung äußerſt ſchwierig, wenn nicht unmöglich, während die Lage der Werkzeuge gerade die Befruchtung durch andere Thiere möglich und natürlich machen ſoll! — Wie? Samenleiter und Eileiter gehen in eine gemeinſchaftliche Höhle, die Kloake, über — und die Selbſtbefruchtung ſoll äußerſt ſchwierig, wenn nicht unmög— lich ſein! Dagegen ſoll an den feſtſitzenden Aſeidien eine Paarung und Überführung eines nicht verdünnten Sperma ſehr natürlich ſein! Nehmen wir ein Mal eine ſehr ge— meine Art, Phallusia intestinalis, die immer jo an: geheftet iſt, daß ſie ſenkrecht ins Waſſer herab hängt, die Kloake nach unten gerichtet. Sperma und Eier ſind ſchwerer als Waſſer; durch welchen Mechanismus ſollte das Sperma aus einem Individuum in das andere hinüber geführt wer— den, da jeder vorſtülpbare Theil fehlt? wie namentlich, ohne mit Waſſer verdünnt zu werden? Das Sperma im Samen leiter iſt aber immer unverdünnt. — Vor allen Dingen fehlt aber dieſem Thiere ſowie ſeinen nächſten Verwandten der offene Weg zur Aufnahme des Sperma von einem an— dern Individuum, während alle Einrichtungen darauf be: rechnet ſcheinen, um ein abgehendes Ei gleich nach dem Eintritte in die Kloake zu befruch— ten. Wir ſehen z. B. in der bei⸗ gedruckten Figur die Mündungen der Geſchlechtswege von Phallu- sia canina, die der Phallusia intestinalis im äußern und in⸗ nern Bau ungemein ähnlich iſt. Der ziemlich weite Samenleiter a öff⸗ net ſich keinesweges mit einer ent— ſprechenden weiten Oeffnung, ſon⸗ dern endet mit einer Erweiterung, die man auf den erſten Anblick für geſchloſſen halten könnte, die aber in der That wie eine Art Sieb von mehreren kurzen Ganälen (0, 6) nach verſchiedenen Rich⸗ tungen durchbohrt iſt. Neben dieſer Erweiterung endet ſeit⸗ lich der Eileiter (e) mit zuſammengezogener Ausmündung (d). Geht nun ein Ei — oder, wie es gewöhnlich geſchehen mag, eine kleine Portion Eier — durch dieſe ffnung in die Kloake über, fo wird in dem nebenliegen⸗ den Samenleiter das Sperma zuvörderſt hinauf gepreßt (was man bei durchſichtigen Clavellinen im ganzen Verlaufe des Samenleiters unter dem Mikroſkope ſehen kann,) — und im Momente, in welchem das Ei austritt, durch die engen Canäle der Kuppe in die Kloake ſe) gedrückt. Hier 9. 134 aber iſt die Befruchtung nicht etwa bloß wahrſcheinlich, ſondern auch unvermeidlich. Wenn unſer Verfaſſer hier und an andern Orten zwei verſchiedene Organe zur Bereitung des Sperma und der Gier verlangt, und v. Siebolds Anſicht, daß das trau— benförmige Organ in der Tiefe der Leber unſerer Land— ſchnecken Eierſtock und Hoden zugleich ſei, verwirft, ſo könnte ich ihm eine Doris entgegen halten, aus deren Zeugungs— organ ich nach Belieben nur Sperma oder Eier entnommen habe. Dieſes, Organ zeigt nämlich an feiner Oberfläche ein gelbliches Netz, das durchſichtige Maſchen umſchließt. Stach ich mit feinen Nadeln dieſe hellen Räume auf, ſo drang nur Sperma, nie ein Ei hervor. Dagegen fand ich, daß die mit Sperma gefüllten cylindriſchen Räume von Scheiden umgeben werden, die an der Oberfläche als ein Netz erſchienen und die Eier enthielten. Kurz, das zeugende Organ dieſer Doris erſchien mir ſo gebaut, als wenn das in geſonderte Gänge zerfallene Zeugungsorgan der Land— ſchnecken ſich in Eine Maſſe vereinigt hätte. Daß der be⸗ fruchtende Stoff im Innern des befruchtbaren Stoffes ges bildet wird, ginge aus Herrn Steenstrups eigenen Beob- achtungen hervor, wenn er nicht To gewaltſame Deutungen hinzugefügt hätte, daß er die Eier in Spermatozoenſtöcke verwandelt, um nur nicht Eier und Sperma in demſelben Organe entſtehen zu laſſen, oder wo Eier und Sperma ganz unverkennbar neben einander lagen, das letztere als von andern Individuen eingebracht betrachtet wiſſen will. Da— gegen iſt nur die Kleinigkeit einzuwenden, daß die Sperma⸗ tozoen in dieſem Organe, ſo viel ich finden konnte, immer unreif ſind — an ihren Bildungsmaſſen haftend, immer mit Köpfen verſehen und viel kleiner als im kettenförmigen Gange, dem Samenleiter. Soll nun unreifes Sperma von einem Individuum in den Geſchlechtsapparat eines an— dern gebracht werden — und zwar in die tiefſte Tiefe des— ſelben — bloß um die Anſicht zu retten, daß jedes Thier Mann oder Weib ſein müſſe? Nein, der doppelte Stoff, der mit Ausnahme des Sproſſens und ähnlicher Vermeh⸗ rungsarten, zur Erzeugung neuer Individuen erforderlich iſt, wird, der Pflanzen gar nicht zu gedenken, ohne Zweifel bei ſehr vielen Thierarten in demſelben Individuum erzeugt, mag man dieſes nun ein Mannweib (Hermaphrodit), oder lieber geſchlechtslos nennen wollen. Die Vorſtellung vom Hermaphroditismus kann nur widerſinnig oder naturwidrig erſcheinen, wenn man die Vereinigung eines männlichen und eines weiblichen Weſens in einem nicht gedoppelten Weſen derſelben Art ſucht, da die Differenz der Männlichkeit und Weiblichkeit nur in verſchiedener Ausbildung derſelben Theile liegt; allein daß differente Stoffe in demſelben Individuum oder in demſelben Organe eines Individuums gebildet wer⸗ den, hat nichts Widerſinniges. Daß es aber die Stoffe ſind, welche das neue Individuum bilden — machen uns ja die künſtlichen Befruchtungen nur zu augenſcheinlich. Doch ich fühle, mein Schreiben könnte für einen blo— ßen Brief viel zu lang werden — und bliebe für eine gründliche Erörterung doch zu kurz. Halten Sie aber das Geſagte für druckwürdig, ſo hätte ich nichts dagegen. Das 9 * 135 9. hier beſprochene Werk iſt in der That von der Art, daß es manchen Leſer verleiten könnte, die bisherige Kenntniß von der Vereinigung beider Zeugungsſtoffe in demſelben Thiere als alten Aberglauben zu verwerfen. Deswegen iſt ein frühzeitiger Widerſpruch nicht unwichtig; ich freue mich daher, daß der deutſchen Ueberſetzung ſchon bei ihrer Ent— laſſung aus der typographiſchen Bildungsanſtalt manches „Caveto!“ angehängt iſt. Man will in unſern Tagen am Gebäude der Wiſſenſchaften nicht allein die ſchadhaften Stellen ausbeſſern, ſondern gleich ein neues Fundament le— gen — um radical aufbauen zu können. XII. Über die Phosphoreſcenz der Leuchtwürmer. Von C. Matteucei. Wir entlehnen die nachfolgenden genaueren Unterſu— chungen über das Leuchten der Lampyris italica (luceiola der Italiener) den intereſſanten Legons sur les phénomenes phy- siques des corps vivants, par Matteucei, nach der zweiten ita— lieniſchen Ausgabe vermehrt ins Franzöſiſche übertragen, Paris 1847. Die Lampyris iſt ein auf Pflanzen lebender Käfer, ſeine beiden letzten Körperabſchnitte, die bei Tage gelblich erſchei— nen, verbreiten in der Nacht mit öftern Unterbrechungen ein reichliches Licht. — Die gelbe Materie, welche die bei— den letzten Körperringe erfüllt, fährt fort zu leuchten, wenn man ſie aus dem Thiere herausnimmt, z. B., wenn man das Thier tödtet und jene beiden Ringe zwiſchen den Fin— gern zerquetſcht. Schon daraus geht hervor, daß das Leuch— ten ſelbſt kein Met des Lebens iſt. — Die Hauptvoerſuche, die der Verfaſſer anſtellte, ſind folgende. Mehrere Leuchtkäfer, in ein Glasröhrchen um ein em— pfindliches Thermometer gelegt, brachten keine Erhöhung desſelben hervor. Wurde die Röhre in Waſſer getaucht und dieſes bis 300 R. erwärmt, fo wuchs die Intenſität des Lichtes, die Unterbrechungen hörten auf, bei 400 R. hört das Leuchten plötzlich und für immer auf. Dasſelbe Reſultat geben die vom Thiere getrennten letzten beiden Glieder). — Bei VOR. wird das Licht nur etwas ſchwächer, bei — 50 R. hören die Thiere auf zu leuchten, ohne aber getödtet zu ſein, denn nach einigen Minuten in der Wärme gewinnen ſte ihre Leuchtkraft wieder. In Kohlenſäure hört das Leuchten auf, beginnt aber wieder in der atmoſphäriſchen Luft, wenn der Aufenthalt in der Kohlenſäure nicht zu lange (unter 30 bis 40 Min.) war. Etwas länger hält ſich das Leuchten im Waſſerſtoffgas. Unter einer Glocke mit atmoſphäriſcher Luft hatten die ganzen Thiere nach 24 Stunden aufgehört zu leuchten. Der Sauerſtoff war gänzlich verſchwunden und durch ein gleiches Volumen Kohlenſäure erſetzt. Die hintern Seg— mente allein hatten in derſelben Zeit den Sauerſtoff noch nicht vollſtändig verzehrt. In Chlorgas bleibt das Leuchten eine Zeit lang, hört aber dann für immer auf. ) Dasſelbe gilt auch für alle folgenden Verſuche, ausdrücklich ein anderes bemerkt iſt. wenn nicht 9. 136 In reinem Sauerſtoffe leben die Thiere etwa 40 Stun— den, die hinteren Segmente getrennt, leuchten aber noch nach vier Tagen. Dabei wird Sauerſtoff verzehrt und durch Kohlenſäure erſetzt. In einem Gemiſch von 2/3 Kohlenſäure und ½ Sauer: ſtoff können die Thiere nicht mehr lange leben. In atmoſphäriſcher Luft wurden 20 Leuchtkäfer ein⸗ geſchloſſen. 20 anderen wurden ihre beiden letzten Glieder genommen und ſowohl die verſtümmelten Thiere, als die Segmente jede für ſich mit atmoſphäriſcher Luft eingeſperrt. Nach zehn Stunden hatten die verſtümmelten Thiere (welche noch lebten) und die leuchtenden Segmente zuſammengenom⸗ men faſt gerade fo viel Sauerſtoff verbraucht, als die unserletzten Thiere. Letztere hatten 2,8 Cub. Cent. Kohlenſäure gebildet, die verſtümmelten Thiere 1,9 und die Leuchtſegmente 0,8. Im Agatmörſer zerrieben, verliert die Leuchtmaterie ſchnell ihre Phosphoreſcenz und gewinnt ſie nicht wieder ſelbſt im Sauerſtoffgas. In Schwefelwaſſerſtoffgas hören die Thiere ſchnell auf zu leben und zu leuchten. In der toricelliſchen Leere verſchwindet das Leuchten nach 2 — 3 Minuten, augenblicklich zugeſetzte Luft ruft es aber wieder hervor. Inſecten, mit Sorgfalt in Waſſerſtoffgas bewahrt, pro— dueiren eine geringe Menge Kohlenſäure auf Koſten der noch in den Tracheen enthaltenen Luft. Bei den Segmenten findet dies nicht Statt. In undurchſichtige eiſerne Käſtchen eingeſchloſſen, ver— lieren die Thiere nur dann ihr Leuchtvermögen, wenn ſie dann nicht gleichzeitig genährt werden, alſo verhungern. Ueberzieht man die leuchtenden Segmente lebender Thiere mit Terpenthin, ſo wird das Leuchten zwar etwas geſchwächt, aber niemals ganz unterbrochen. In einer Auflöſung der Nux vomica ſtarben die In— ſecten etwa 8 — 10 Minuten früher, als in reinem Waſſer, in Opium dagegen etwa eben ſo viel ſpäter. Beobachtet man ein Leuchtwürmchen in dem Augenblicke, wo man ſich ſeiner bemächtigt, auf dem Rücken liegend, ſo erſcheinen die letzten Abſchnitte des abdomen von der Farbe eines röthlichen Firniſſes. Während des Tages und an eben geſtorbenen Indioiduen iſt dieſe Farbe nicht ſo deutlich und wird gelblich. So lange das Inject lebt, ſieht man von Zeit zu Zeit, bald öfter, bald ſeltener, die Abſchnitte leuch— ten. Bei aufmerkſamer und wiederholter Beobachtung be= merkt man, daß das Licht nicht überall gleichzeitig erſcheint. Es genügt, das Thier leicht an irgend einem Körper⸗ theile zu reizen, um für einen Augenblick die Lichterſcheinung hervorzurufen. Berührt man einen Theil der hinteren Ab- ſchnitte, ſo dauert der Schein um ſo länger. Wenn man in einem ſolchen Augenblicke den Kopf des Thierchens ab- ſchneidet, ſo wird das Licht ſchwächer und hört bald gänz⸗ lich auf, und nun erkennt man deutlich die rothe Färbung der Membran der letzten Segmente. In dieſem Zuſtande kann man das Thier ſelbſt ſehr ſtark am thorax reizen, ohne die Lichterſcheinung hervorzurufen, was vielmehr nur dann Statt hat, wenn man die leuchtenden Abſchnitte ſelbſt 137 9.1. berührt; dann erglänzen die gereizten Stellen und das Licht breitet ſich allmälig auch auf die übrige Oberfläche aus. Bringt man dabei das Thier auf den Objectivträger des Mikroſkops (natürlich mit Ausſchluß jeder Beleuchtung), ſo erkennt man eine ſchnelle oſcillatoriſche Bewegung in den einzelnen Theilen der leuchtenden Materie, und im ſelben Augenblicke werden ſie leuchtend. Entfernt man die Mem— bran der Bauch- und Rückenſeite von der Leuchtmaterie, ſo bemerkt man unter dem Mikroſkope eine gelblich körnige Subſtanz, in welcher Gruppen rother Kügelchen, eine große Menge Veräſtelungen (von Tracheen?) und eine Art von Röhren ſich befinden, welche den Anſchein von Muskelfaſern zeigen, bei genauerer Beobachtung aber ſich als hohl aus weifen. — Beobachtet man bei Nacht, ſo ſieht man, daß die gelbe Materie der Sitz des Lichtes iſt, und wenn man die— ſelbe zwiſchen zwei Glastäfelchen preßt, ſo zeigt ſich das Licht noch immer am Rande. Die völlig gereinigte Bauchhaut iſt durchſichtig und dicht mit Haaren beſetzt. Die Rückenhaut weniger durch— ſichtig, auch mit Haaren verſehen und außerdem an ihrer innern Seite mit einer großen Menge Tracheen beſetzt, welche in der gelben Materie ſich verbreiten. Im vorletz— ten Bauchringe findet ſich jedes Mal ein Bläschen von ſchön rother Farbe, welche aus einer Gruppe rother Kügel— chen gebildet iſt (7). Die gelbe Materie hat einen eigenthümlichen Geruch, welcher an den des Fußſchweißes erinnert. Sie iſt weder ſauer noch alkaliſch, trocknet leicht aus, ſcheint durch Säuren zu coaguliren, löſ't ſich weder in Alkohol, Ather, noch in ſchwachen alkaliſchen Löſungen. Sie wird von concentrirter Schwefel- und Salzſäure aufgelöſ't und verändert, von der letz— ten aber nicht blau gefärbt. In einer Glasröhre erhitzt, bildet ſie ammoniacaliſche Producte. Phosphor iſt nicht zu entdecken. Aus allem dieſen läßt ſich der Schluß ziehen, daß in den leuchtenden Abſchnitten die aus Kohlen-, Waſſer-, Sauer⸗ und Stickſtoff beſtehende eigenthümliche gelbe Sub: Heilk 9. 138 ſtanz auf Koften des durch die Tracheen zugeführten Sauer— ſtoffs der Luft unter Luftentwicklung ohne bedeutende Tem— peraturerhöhung verbrennt. Miſcellen. 17. Über den Clathrus cancellatus Lin. theilt Trin— chinetti einige intereſſante neuere Beobachtungen mit. Die weiße Hülle des Pilzes hat einen ganz andern Geruch als der rothe gitter— formige Theil, welcher einen fo charakteriſtiſchen Leichengeruch hat, daß er ſogar die leichenſuchenden Inſecten täuſcht. — In Folge ver: ſchiedener Verſuche durch Anwendung von Reagentien hält es Trin- chinetti für überwiegend wahrſcheinlich, daß eine an Ammoniak gebundene flüchtige Saure den Geruch der Hülle und ein noch un— bekanntes flüchtiges Alkaloid den Geruch des übrigen Theils dieſes merkwürdigen Pilzes bedingt. (Giornale dell’ I. R. istituto lom- bardo e biblioteca italiana, fascie. 37.) 18. Über die Laichzeit des Härings an der Küſte Nor- wegens giebt Probſt Ekſtroͤm ſehr genaue Nachrichten. Hiernach dauert dieſelbe länger, als gewöhnlich angenommen wird, nämlich von Mitte März bis Mitte Mai. Auch wird durch zahlreiche Unter- ſuchungen bewieſen, daß die größern ausgelaichten Haringe ſich längere Zeit an den Laichplätzen aufhalten und eine große Menge der eben ausgekrochenen Brut (die ſog. Häringsaugen) verzehren. (Archiv ſkandinaviſcher Beitr. z. Naturgeſch. Bd. 1. Hft. 1.) Nekrolog. Bory de St. Vincent ſtarb am 22. Dec. 1846. Er war 1780 zu Agen geboren, ging 1799 mit Capitain Baudin nach Neuholland, aber ohne dieſes Land zu erreichen. Die Canarien und Bourbon gaben ihm Stoff genug zu zwei grö— ßeren Werken Précis de histoire generale de Parchipel des Ca- naries, Paris 1802 und Voyage dans les quatre principales iles des mers d’Afrique (Paris 1803). Mit van Mons gab er ſpä— ter die Annales des sciences physiques heraus, arbeitete an Cour— tins Gneyelopädie und an dem Dictionnaire classique de histoire naturelle. 1829 wurde er an die Spitze einer wiſſenſchaftlichen Expedition nach Morea geſtellt, deren Reſultate (Paxis 1832) er⸗ ſchienen. 1839 übernahm er, trotz ſeines Alters, die Leitung der wiſſenſchaftlichen Commiſſion zur Erforſchung von Algier. — Außer vielen andern Arbeiten hat er insbeſondere noch eine genaue Unter— ſuchung der Maſtrichter Kalkgebirge, in ſeiner Voyage souterrain (Paris 1821) und ein umfaſſendes Werk über den Menſchen „L’homme, essai zoologique sur le genre humain )“ geliefert. „) Überſetzt, Weimar Landes» Inpuftrie-Gomptoir 1837. 120, un de. (XIV.) Entfernung der kranken Ovarien aus der Bauchhöhle mit glücklichem Erfolge. Don Atlee. Eine 25jährige, lymphatiſche, ſchwächliche Frau fing im December 1836 zu leiden an. Zwei Monate früher be— merkte ſie ein allmäliges Anſchwellen der Unterbauchgegend, das mit ſtechenden Schmerzen in der regio iliaca vergeſell— ſchaftet war. Dieſe Schmerzen ließen einige Wochen lang nach, worauf fie an der zweiten regio iliaca zum Vorſchein kamen. Sie konnte nicht mehr das Schnürleib vertragen; der Leib nahm immer mehr an Umfang zu, und viele da— gegen angewandte Mittel blieben fruchtlos. Endlich wur— den am 20. Juni 1840 mittels der Punction 20 Pfund einer klaren, ſtrohgelben Flüſſigkeit entleert. Mit Ausnahme eines einzigen links vom Nabel gelegenen Punktes, der beim Drucke etwas empfindlich ſchien, war keine krankhafte Ver⸗ änderung irgend eines Baucheingeweides nach der Punction zu entdecken. Im December 1842 wurde ſie zum fünften Male punctirt. Nach Entleerung der Flüſſigkeit fühlte man unmittelbar über der rechten Inguinalgegend eine harte Ge— ſchwulſt von der Größe eines Hühnereies, die über dem Beckeneingange hervorragte. Die Flüſſigkeit ſammelte ſich nach dieſer Punction viel ſchneller an, als nach den frühe— ren; der Athem wurde ſtark beklommen, und Menſtruations— beſchwerden traten ein. Am 13. Mai 1843 entleerte Atlee noch 32 Pfund Flüſſigkeit, aber von dunkelerer Farbe. Die Geſchwulſt hatte jetzt die Größe eines Kinderkopfes. Beim Befühlen der linken Seite bemerkte er eine zweite, eigroße, wenig em— 139 9 J. pfindliche Geſchwulſt, die unbeweglicher als die rechte war. Der Finger, in die vagina eingeführt, fühlte den Mutter— mund in ſeiner normalen Lage, aber unbeweglich und gegen das Schambein angedrückt. Es war klar, daß man es hier mit einer organiſchen Krankheit der Ovarien zu thun hatte, die offenbar mit ascites complieirt war; denn 1) konnte die Kranke genau den Anfangspunkt der Anſchwellung angeben, der nicht an der einen oder der andern Seite, ſondern in der Mitte war; 2) war die durch die Punction entzogene Flüſſigkeit hell, ſtrohgelb, ſerös, nicht gelatinös, grünlich wie bei den ein— gebalgten Waſſerſuchten; 3) flottirten die Eingeweide in der Fluͤſſigkeit, welche Lage auch immer die Kranke annehmen mochte; endlich 4) pflanzte ſich der Stoß genau nach der gegenüber liegenden Stelle herüber. Die Krankheit war ges fährlich, ja faſt ſicher tödtlich. Die verſchiedenartigſten mit ſeltener Ausdauer angewandten Mittel, wie purgantia, diu- retica, ſchweißtreibende zꝛe., waren fruchtlos geweſen; drei Mal wurde die Kranke einer Salivationscur unterworfen. Unter dieſen Umſtänden machte A. die Kranke mit allen Gefahren der Operation bekannt, ſetzte ihr alle aus der— ſelben möglicher Weiſe entſtehenden Folgen genau aus ein— ander, erzählte ihr, ſo viel es möglich war, die gelungenen wie die mißlungenen Fälle; gleiche Eröffnungen machte er auch ihren Angehörigen, und als dieſelben ſich endlich da— zu entſchloſſen hatten, unternahm er die Operation am 29. Juni 1843. Nachdem die Kranke auf einen Tiſch gelagert worden, durchſchnitt Atlee die Haut in einer Strecke von 8 Zoll, einen halben Zoll unter dem Nabel beginnend und 1½ Zoll über der Symphyſe endigend. Er trennte hierauf behutſam die unter der Haut gelegenen Theile bis auf das perito- naeum, welches er dann mit der Spitze des Biſtouri's an— ſtach. Die ſogleich hervorſpritzende Flüſſigkeit beſtätigte die Diagnoſe des ascites. Durch eine in die Offnung einge— führte Troicarröhre floſſen 18 Pfund Flüſſigkeit aus. Nach— dem nun das peritlonaeum mittels des geknöpften Biſtou— ri's geſpalten worden, ſah man zuerſt den innern obern Theil des rechten ovarium. Die Geſchwulſt war hier durch kleine Hydatiden gebildet, von der Größe eines Hirſekorns bis zu der einer Erbſe, die wie Pilze über dem Niveau des Peritonäalüberzuges hervorragten; die Geſchwulſt ſelbſt er— ſtreckte ſich weiter nach rechts bis zu den vasa iliaca hin und ragte bis in das große Becken hinein. Das linke ovarium füllte vollſtändig die linke Beckenhöhle aus. Das rechte ovarium, oder vielmehr der rechts von der hydatidöſen Maſſe gelegene Theil desſelben war mit dem Beckeneingange feſt verwachſen. In einer zwiſchen den Hy— datiden und dem übrigen Theile der Geſchwulſt befindlichen Furche ſah man ein faſt 8““ breites und 6“ langes Ge— fäßbündel, wie Arterien, verlaufen, die von dem Netze im linken hypochondrium entſprangen und als die einzigen Blutäſte der Geſchwulſt angeſehen werden konnten. Dieſe wurden daher durch eine Lederſchnur unterbunden und ½ Zoll von der Geſchwulſt entfernt durchſchnitten. Um nun die Geſchwulſt von dem Beckenumfange beſſer trennen zu kön— 9. 140 nen, mußte der Hautſchnitt bis zu den Schambeinen ver⸗ längert werden, worauf dann die vielen Adhaſionen bald mit dem gefnöpften Biſtouri, bald mit dem Finger gelöft, zwei noch blutende Gefäße unterbunden, die Geſchwulſt als⸗ dann aus der Bauchhöhle hervorgehoben, das ligament. lat., mit dem ſie zuſammenhing, durchſchnitten und endlich die Geſchwulſt am Stiele gelöſ't wurde. Weniger ſchwierig war die Entfernung des linken Eier⸗ ſtockes, da er keine anomalen Adhäſionen hatte und über— all vom Bauchfell überzogen war. Dies wurde zuerſt un⸗ terbunden, dann das ligam. lat. durchſchnitten, worauf es ſich leicht löſen ließ. Die Blutung war nicht ſehr beträcht⸗ lich. Nachdem nun die Bauchhöhle mittels feiner Schwämme gereinigt und der zur Unterbindung des Arterienbündels benutzte Lederriemen mit einem Seidenfaden vertauſcht wor⸗ den, führte man die Enden der Ligaturfaden nach außen und vereinigte die Wunde mittels umſchlungener Nähte und Heftpflaſterſtreifen. Die ganze Operation dauerte 45 Mi— nuten, von denen 15 auf das Abzapfen der Flüſſigkeit kamen. Da ſich die Därme während der Operation häufig vor⸗ drängten und der anfangs gemachte Verſuch, ſie in der Bauchhöhle zurückzuhalten, mißlang, jo wurden ſie außer⸗ halb der Bauchhöhle ſanft mit der Hand unterſtützt, wo⸗ durch jedem mißlichen Zufalle vorgebeugt iſt. Es trat wäh⸗ rend der Operation weder Erbrechen, noch Ohnmacht ein. In den folgenden Tagen ſtieg der Puls bis auf 100 Schläge; lebhafte Schmerzen und ſonſtige beunruhigende Symptome ſtellten ſich nicht ein. Nur ein Aderlaß wurde am Abend gemacht. Den 20. Juni fuhr die Kranke ein wenig aus. Am 26. September waren die noch zurückgebliebenen Liga— turen gelöſ't und die Wunde vollſtändig vernarbt. Man konnte ſich nun überzeugen, daß die Kranke durch die Ope- ration nicht nur von den entarteten Ovarien, ſondern auch gleichzeitig vom ascites geheilt war, da weder durch das Gefühl, noch durch das Geſicht irgend eine Spur von Flüſ— ſigkeit in der Bauchhöhle entdeckt werden konnte. (The American Journal of the med. science.) (XV.) Vaginal-Kaiſerſchnitt, wegen vollſtändiger Obliteration des Muttermundes. Von Hrn. de Corral y Ona. Die Beobachtung, welche wir hier mittheilen, verdient hinſichtlich der geſchickten Ausführung der Operation und des dadurch erlangten Reſultates eine Stelle unter den we⸗ nigen gehörig genau bekannten Fällen dieſer Art, welche die Wiſſenſchaft bereits beſitzt. Beobachtung. Donna Maria Trinidad Pi⸗ meyro, 20 Jahr alt, kräftig, von lymphatiſch⸗-ſanguini⸗ ſchem Temperament, war ſeit dem ſechzehnten Jahre men⸗ ſtruirt, litt jedoch ſtets bis vor zwei Jahren an einer ſehr ſchmerzhaften Dysmenorrhöe. Damals ward ſte zum erſten Male ſchwanger, und die Geburt ging zwar langſam, aber glücklich von Statten. Als ihre zweite Schwangerſchaft zu Ende ging, be— 141 9. gannen die Wehen Nachmittags den 1. Febr. 1845. Spät in der Nacht ward der Verf. durch den Profeſſor Alar— cos, welcher ihm ſagte, er könne keine Offnung am uterus finden, zu Hülfe gerufen. Als er ankam, wurde die Kranke gerade von ſtarken, austreibenden Wehen gequält. Herr de Corral touchirte ſie nun ebenfalls; da, wo das obere Drittel der Höhle mit deren mittlerem Drittel zuſammen— grenzt, fand er eine halbkugelförmige, harte, regelmäßig ge— ftaltete und glatte Geſchwulſt, die er für den durch die un— tere Wandung der Gebärmutter bedeckten Kopf des Kindes erkannte. Indem er dieſe Geſchwulſt, ſowie die vagina, ihrer ganzen Ausdehnung nach bis an deren Einfügung an die Gebärmutter, ſorgfältig befühlte, konnte er an dieſer durchaus keine Mündung erkennen; nur am hinteren und oberen Theile der Mutterſcheide, nach der der hinteren Lefze des os tincue entſprechenden Stelle zu, fand er zwei bis drei harte Querfalten, die einander unter ſehr ſpitzen Winkeln kreuzten und für Narben erkannt wurden. Durch das rectum hindurch fühlte man den Kopf der Leibesfrucht ſehr deutlich. Ein in die Blaſe eingeführter Katheter ſtieß, nachdem er durch den Blaſenhals geglitten war, gegen den Kopf an; wenn man ihn in der Richtung gegen den obe— ren Grund der Blaſe einzuſchieben ſuchte, konnte er zwi— ſchen dem os pubis und dem Fötuskopfe nicht durch; mehr niederwärts geſchoben, glitt er ſo weit, daß man ſein Ende leicht durch die Blaſen- und Gebärmutterwandung hindurch fühlen konnte. Auf dieſe Weiſe war klar, daß der in der Höhle herabgeſtiegene Kopf der Leibesfrucht die Blaſe wei— ter als gewöhnlich nach unten und hinten getrieben und ſie vorn und hinten platt gedrückt hatte. Überdies war die Harnröhre ſo ausgedehnt, daß der Verf. den kleinen Fin— ger ohne Schwierigkeit in dieſelbe einführen und auf dieſe Weiſe den Kopf ſo deutlich fühlen konnte, daß es ihm ſchien, als ſei derſelbe lediglich durch die Fötalhüllen bedeckt. Auf dieſe Unterſuchung hin, kam man nach reiflicher Überlegung zu dem Schluſſe, daß eine vollſtändige Oblitera— tion des Muttermundes eriftire, welche durch die Verwach— ſung ſeiner Lefzen veranlaßt worden; ſowie daß der Kopf ſich mit der vorderen Portion des Hinterhaupts präſentire; endlich, daß dieſe Obliteration das einzige Hinderniß der Entbindung und die hysterotomia vaginalis angezeigt ſei. Die Operation wurde alſo mit Zuſtimmung der HHn. Villannem 9 Solis, Nietoy Serrano, Uriarte, Ufera und Don Ramon Segovia, ſowie im Beiſein der letzten vier Arzte, ausgeführt. Nachdem die Patientin in die bei dergleichen Opera- tionen gewöhnliche Lage gebracht worden, führte einer der Anweſenden den Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand fo in die vagina ein, daß die innere (Palmar-) Fläche die— ſer Finger nach oben und vorn gewendet war, um damit gegen den vorderen Theil der Fötalgeſchwulſt zu drücken und zugleich den unteren Grund der Blaſe zu heben. Der Verf. führte dieſelben Finger ſeiner linken Hand mit nach hinten und unten gekehrter innerer Fläche ein und drückte mit den⸗ ſelben, an der Grenze der vagina und des uterus, gegen den hintern Theil derſelben Geſchwulſt. Auf dieſe Weiſe wa— 9. 142 ren die Blaſe, Mutterſcheide und der Maſtdarm wirkſam vor Verletzung geſchützt. Außerdem begrenzten die vier Fin— ger in dieſer Stellung von vorn nach hinten einen etwa 1 Zoll breiten Raum, welcher dem am ſtärkſten hervortre— tenden Theile der Geſchwulſt entſprach. Der Verf. ſetzte dann innerhalb dieſes Raumes ein converes Biſtouri mit feſtem Griff an, deſſen Klinge bis 4 oder 5 Linien von der Spitze mit einem Streifen Bandes umwickelt war, und machte rechts in die Wandung der Gebärmutter, und zwar an der, dem os tincge entſprechenden Stelle, einen 6 Li— nien langen Querſchnitt, indem er die Theile vorſichtig von außen nach innen trennte und der Verlängerung des Schnitts mit der Fingerſpitze folgte, um den dicht an der Wandung anliegenden Kopf des foetus nicht zu verletzen. Dieſe Wandung hatte 2½ bis 3 Linien Stärke. Mittels einer geknöpften Hohlſonde ward hierauf die Offnung bis zu 2½ — 3 Zoll erweitert und das Übrige den Anſtren⸗ gungen der Natur überlaſſen. Wirklich trat binnen einer Stunde in Folge der kräftig eintretenden Wehen der Kopf hervor und dehnte die Membranen zu einer Blaſe aus, welche dann platzte. Zwei Stunden nach der Operation endigte die Entbindung ohne Hämorrhagie und ohne irgend einen an— deren übeln Zufall, als eine unvollſtändige Zerreißung des Mittelfleiſches. Die Wiederbelebung des durch den anhaltenden Druck ohnmächtig gewordenen Kindes gelang. Die Milchſecretion ſtellte ſich in günſtiger Weiſe ein. Die Wöchnerin wurde von einem unregelmäßigen Wechſelfieber (fevre intermit- tente erratique) befallen, das jedoch durch Faſten und ſchwefelſaures Chinin beſeitigt ward. Es iſt nun ſeit der Entbindung über einen Monat verſtrichen und die Mutter, befindet ſich wohl, wenngleich ſchwach. Durch die neue Offnung gingen die Lochien ab. Man kann den Finger leicht durch dieſelbe einführen, und man beabſichtigt ſie durch ausdehnende Mittel offen zu er— halten. Manche Geburtshelfer haben die Möglichkeit einer voll: ſtändigen Verſchließung des Muttermundes geläugnet und behauptet, daß in den Fällen, wo man dieſe Offnung nicht habe auffinden können, ſie dennoch vorhanden, aber ſo ſchräg nach hinten gerichtet geweſen ſei, daß der Finger nicht in dieſelbe habe gelangen können. Dieſe Anſicht kann in man⸗ chen Fällen den Beobachtern ſehr zu Statten gekommen fein; allein im vorl’egenden Falle und unter den hier erwähn— ten Umſtänden kann man darauf keine Zweifel gründen, indem poſitiv angegeben iſt, daß man den oberen Theil der Mutterſcheide, da, wo dieſelbe ſich an die Gebärmutter an⸗ ſchließt, ringsherum mit dem Finger befühlt habe, ohne die ffnung des Mutterhalſes irgendwo zu finden. Die Off⸗ nung konnte hier alſo nicht aus dem Grunde unbemerkt bleiben, weil ſie ſich etwa zu weit hinten befunden hätte, da der Finger an eine noch mehr hinterwärts gelegene Stelle gelangte, als die, wo jene hätte vorhanden ſein können. (Nach der Gaceta medica, in der Gazette médicale de Paris, No. 1, 1847.) 143 9. (XVI.) Lageveränderung der Milz und des pancreas Von Hrn. Francisco Alonso. Eine 33 Jahr alte Frau, über deren frühere Geſund— heitsumſtände durchaus nichts in Erfahrung gebracht wer— den konnte, die aber abgemagert und kachektiſch war, wurde im Hoſpitale wegen zweier Afterfiſteln nach dem Deſault'- ſchen Verfahren operirt. Alles hatte nach der Operation einen günſtigen Verlauf und kündigte eine nahe Geneſung an, als plötzlich, ohne daß ſich irgend eine beſtimmte Ver— anlaſſung hätte angeben laſſen, der ganze Unterleib ſchmerz— haft und vorzüglich gegen Druck empfindlich ward, häufiges gallichtes Erbrechen eintrat, die Zunge roth und trocken, der Durſt heftig, der Harn ſparſam, der Puls zuſammen— gezogen und ſchnell ward, und ſich zugleich Verſtopfung ein— ſtellte. Hiergegen wandte man Blutegel, allgemeine Bäder, erweichende Umſchläge, lindernde Tränke an. Nach viertägiger Behandlung verſchwanden dieſe Sym— ptome, und ſchon glaubte man dieſe bedenkliche Complica— tion beſeitigt zu haben, als nach ſechstägigem gutem Be— finden die Symptome der Bauchfellentzündung zwar mehr allmälig, aber endlich noch intenſiver wiederkehrten. Da Blutentziehungen wegen der Schwäche der Patientin nicht weiter verordnet werden durften, ſo wurden alle drei Stun— den 4 Gramm Mercurialſalbe eingerieben. Dennoch wur— den die Bauchwandungen immer heftiger geſpannt, die Darm— ſchlingen bildeten unter denſelben Wülſte, und in der rechten regio iliaca bemerkte man eine harte Geſchwulſt, von 3 Zoll Durchmeſſer. Am achten Tage nach dieſem Rückfälle geſellten ſich zu den übrigen Erſcheinungen Symptome von innerer Stran— gulation, Erbrechen von fäcesartigen Stoffen, häufiges Auf— ſtoßen, ein cadaveröſes Anſehen des Geſichts und faſt un— fühlbarer Puls. Acht und vierzig Stunden nach dem Ein— treten dieſer Symptome erfolgte der Tod. Leichenöffnung. Beim Offnen der Bauchhöhle fand ſich das Bauchfell injieirt; die ſtark aufgetriebenen Darm— ſchlingen hatten unter einander und mit dem Bauchfell Ad— härenzen eingegangen. Alsdann zog die Geſchwulſt, welche man ſchon bei Lebzeiten in der rechten regio iliaca bemerkt hatte, die Aufmerkſamkeit des Verf. auf ſich. Nachdem das ſie bedeckende große Netz durchſchnitten worden, ge— langte man in eine mit flüſſigem Blute gefüllte Höhle, die ſich alsbald entleerte. An der Wandung derſelben hing eine „ 141 conſiſtente, dunkelrothe Maſſe feſt, und mit Verwunderung bemerkte man, daß es die Milz ſei. Hypertrophiſch, er⸗ weicht, mürbe, war dieſes Organ zu zwei Dritteln ſeiner Oberfläche mit den benachbarten Theilen verwachſen und hatte in Blut gelegen. Vor demſelben hatten das große Netz hinten, und auf den Seiten Schlingen der mit einander verwachſenen Darmwindungen eine Art von Cyſte um das⸗ ſelbe gebildet. Nachdem man die Darmſchlingen von einander getrennt, überzeugte man ſich davon, daß die Milz mit der ſogenannten cauda des pancreas verwach- fen war und auf dieſes Organ einen ſtarken Zug ausge⸗ übt hatte, ſo daß es eine ſenkrechte Lage angenommen und indem es über den Quertheil des colon wegſtrich, dieſen in der Nähe der Stelle, wo er ſich an den herabſteigenden Theil des colon anſchließt, zuſammengedrückt und ſtrangu— lirt hatte. Die übrigen Höhlen des Körpers, ſowie die Nachbar⸗ ſchaft der Afterfiſteln, boten weiter nichts Bemerkenswer⸗ thes dar. Die Redaction der Gazette médicale (No. 1, 1847) macht zu dieſer urſprünglich der Gaceta medica von Madrid entlehnten Beobachtung die Bemerkung, daß in dreien unter den vier Fällen von Lageveränderung der Milz, die in der neueſten Zeit bekannt geworden, dieſes Organ in der rechten fossa iliaca gefunden worden ſei. i ee les (32) Zur Verhütung von Pockennarben empfiehlt Dr. Rognetta die Bedeckung der Puſteln mit einer Paſte aus grauer Salbe und Stärkemehl. Mit dem Finger ſtreicht man ein oder zwei Mal täglich eine dicke Schicht über Stirn, Augenlider, Naſe, Wangen, Ohren, Lippen und verhütet dadurch ſicher jede Geſchwulſt, den unerträglichen Schmerz, die Affection der Augen, — die Pu⸗ ſteln entwickeln fi nicht, und es folgen gar keine Narben. Die⸗ ſes Mittel iſt auch zu brauchen, wenn, was ſo oft geſchieht, bei Frictionen mit Brechweinſteinſalbe die Puſtelbildung ſich über grö- ßere Flächen ausbreitet und z. B. am Halſe Flecken und Narben zurückz ulafjen droht. R. F.) 633 3) Die Cholera iſt von Teheran bereits bis Bagdad, Kur⸗ diſtan, die Südgrenze des Kaukaſus vorgedrungen; in Teheran hat ſie aufgehört, der Schah und die Behörden ſind dahin zurückgekehrt, aus Tabris dagegen haben ſich die meiſten Reichen mit dem Gou⸗ verneur (Rahman Mirza, Bruder des Schah) auf die benach⸗ barten Gebirge geflüchtet. Nekrolog. — J. Scott, ausgezeichnet als Augenarzt und fleißiger Mittheiler oeuliſtiſcher Journalaufſätze, iſt zu Lon⸗ don geſtorben, — desgleichen in Frankreich der 3 Prof. der Geburtshülfe an der Ecole de médecine zu Paris, Mr. Deneur. Bibliographiſche Neuigkeiten. Traite sur les vins de France par P. Batitliat. 8°. 2 B. avec Lad pl.) Macon et Paris 1846. maremma toscana, memoria di Carlo Martelli. Bastia 1845. 80. (4¾ B.) Erichſon, W. 12155 der We während d. J. 1844. Thoughts on animalcules or a Glimpse of the invisible World revea- led by the Microscope. By G. A. Mantelt. London 1846. 8°. „Bericht über die wiſſenſchaftl. Leiſtungen im gr. 8°. Berlin Reforme médicale. Boucherie chirurgicale reprimee; considera- tions sociales sur les attentats de la médecine parisienne contre la vie des animaux par Aubin Gauthier. 8°. (3 B.) Paris 1846. Elemens d’anatomie, de physiologie et dhygiene à usage des gens du monde par F. G. Lemercier. Premier livre. De la reproduction. 12°. (4 B.) Paris 1846. 8 Handatlas fümmtlicher medic. pharmaceut. Gewächſe. 1 — 13. Lieferung. kl. 40. Jena 1846. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 10. (Nr. 10. des 1. Bandes.) Februar 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Stückes 3½ Sgr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3½ Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XIII. Das Mehari oder Dromedar ). Von E. Carette. Die Bewohner der Sahara ſprechen nur mit Bewun— derung von den glänzenden Eigenſchaften des Mehari; es iſt der Gegenſtand vieler Volkstraditionen, welche im beſten Glauben von der Welt und mit jener Liebe zum Wunder— baren, welche einen Hauptzug im arabiſchen Charakter bil— det, von dieſem Volke erzählt werden. Nach der allgemein verbreiteten Meinung erbt das Me— häri alle guten Eigenſchaften des Naturells feiner Mutter, ubrigens auch diejenigen feines Vaters. So iſt es z. B. im Stande, zwiſchen dem Aufgange und dem Untergange der Sonne ſo viel Mal die Strecke einer Tagereiſe zu durch— laufen, als ſeine Mutter, die ihm das Leben gab. Die Schätzung des Werthes der Weibchen iſt alſo eine ſehr wich— tige Sache. Dieſer Werth pflegt in 10 Grade getheilt zu werden, welche die Adelsahnen des Thieres bilden. Vom einfachen Kameel, welches jeden Tag ſeine Station zurücklegt, bis zum aschari, welches 10 Stationen in einem Tage zurückzulegen vermag, werden die zwiſchenliegenden Grade durch folgende Namen unterſchieden, die den arabiſchen Ordinalzahlen ent: ſprechen: Das Dromedar, welches in 1 Tage den Raum von 2 Tagesmärſchen durchläuft, heißt theni. Das Dromedar, welches in 1 Tage den Raum von 3 Tagesmärſchen durchläuft, heißt theläthi. Das Dromedar, welches in 1 Tage den Raum von 4 Tagesmärſchen durchläuft, heißt arba'i. ) Vergl. auch Fortſchritte d. ven 145, wo auch von den übrigen Rede ist. No. 1990. — #90. — 10. u. Naturgeſch., Bd. I., S. ransportmitteln In Africa die Das Dromedar, welches in 1 Tage den Raum von 5 Tagen durchläuft, heißt chemäsi. Das Dromedar, welches in 1 Tage den Raum 6 Tagen durchläuft, heißt sedäsi. Das Dromedar, welches in 1 Tage den Raum von 7 Tagen durchläuft, heißt seba'i. Das Dromedar, welches in 1 Tage den Raum 8 Tagen durchläuft, heißt themäniüi. Das Dromedar, welches in 1 Tage den Raum 9 Tagen durchläuft, heißt tesa 'i. Das Dromedar, welches in 1 Tage den Raum 10 Tagen durchläuft, heißt 'aschari. Obgleich die glänzenden Eigenſchaften des Mehäri als ein Geſchenk der Natur, als ein Privilegium der Geburt betrachtet werden, ſo rechnen doch die Araber, um den Keim derſel— ben zu entwickeln, viel auf die Erziehung. Folgendes find über dieſen Gegenſtand die Volksſagen in der Sahara. Kaum iſt das Thier zur Welt gekommen, ſo ſcharrt man es in den Sand, damit feine noch ſchwachen und zar- ten Beine unter der Laſt des Körpers nicht mißgeſtaltet wer⸗ den. 14 Tage lang bleibt es in dieſer Art von Gefangen- ſchaft. Während dieſer Zeit iſt Butter die einzige Nahrung, welche man ihm reicht; erſt den 14. Tag bekommt es ein wenig Muttermilch und dann noch 5 Tage lang Butter. Nach Ablauf dieſer zweiten Periode bekommt das Thier aber: mals ein wenig Milch. Am Ende des erſten Monats bekommt das Mehari die Freiheit, oder richtiger ausgedrückt, es verändert ſeine Ge— fangenſchaft. Es kommt aus ſeinen Sandwindeln und kann alsdann ſich erluſtigen und ſeiner Mutter folgen; aber man beginnt nun, es zu gurten, und es behält dieſen Zuſtand der Behinderung 3 Monate lang. Auf den Gurt folgt der eiſerne Ring, Namens Regen, in welchem der Zügel befeſtigt wird. 10 von 147 Man führt dieſen Ring durch die Naſe des Thieres, welches ihn nun fürs ganze Leben behält. Auf dieſe Erziehung, welche als unerläßlich nothwen— dig betrachtet werden kann, folgt die Erziehung der Annehm— lichkeit und des Lurus, die hauptſächlich darauf berechnet iſt, die Intelligenz des Dromedars zu üben und zu entwickeln. Es lernt nun den Willen, ja ſogar die Launen ſeines Herrn zu errathen und ihnen zuvor zu kommen. Wenn dieſer ſein mezrag ſchleudert, fo muß das Thier mit gehöriger Schnel— ligkeit vorwärts eilen, damit der Reiter die Waffe im Nie— derfallen noch ergreifen könne. Wenn ſein Herr während des raſchen Laufes auf ein Mal ſein mezrag in den Sand ſtößt, ſo muß das Thier, ohne alle andere Benachrichtigung außer der Bewegung des Reiters, um dieſen feſten Punkt ſich herum drehen, bis die Lanze wieder ergriffen worden iſt, und nur dann erſt verfolgt es wiederum die gerade Liz nie, ohne in feiner Geſchwindigkeit nachzulaſſen. Wenn der Reiter verwundet im Kampfe fällt, ſo bleibt das Mehäri ſogleich neben ſeinem Herrn ſtehen; es fragt ihn mit un⸗ ruhigem Auge, und wenn er noch athmet, wenn ihm noch fo viel Kraft übrig iſt, um ein Zeichen zu geben, ſo läßt ſich der gelehrige und intelligente Diener nieder, um ihm beim Aufſteigen behülflich zu ſein. Der Targi wendet die größte Sorgfalt auf dieſe zweite Erziehung ſeines Renners. Er gewöhnt ſich daran, mit ihm zu ſprechen, und das Thier lernt bald aus den ver— ſchiedenen Beugungen der Stimme die Abſicht deſſen zu erkennen, der ſie hervorgebracht hat. Auf ein Wort, auf ein Zeichen beugt es die Kniee, erhebt ſich wieder, grüßt, bleibt ſtehen, oder eilt fort. Im raſcheſten Lauf iſt ein einziges Wort ausreichend, um es zu langſamerem Gang zu beſtimmen oder gänzlich anzuhalten. Zu allen dieſen Eigenſchaften kommt beim Mehari noch die Sanftmuth hinzu; die Kinder ſpielen zwiſchen ſeinen Beinen, ohne die geringſte Furcht oder die geringſte Gefahr. Vor dem gewöhnlichen Kameel hat es auch noch das vor— aus, daß es keinen unangenehmen Schrei vernehmen läßt. Aber die Behendigkeit und die Gelehrigkeit ſind die beiden Tugenden, welche hauptſächlich die Bewunderung der Wüſtenbewohner erregen. Man erzählt ſehr viele Beiſpiele von der Geſchwindigkeit des Mehari, ſehr häufig aber nach Hörenſagen, d. h., man kennt zwar den Zeugen, aber nicht die Thatſache. Nachſtehendes Factum aber haben mehrere Bewohner von Waͤregla ſelbſt mit angeſehen. Ein gewiſſer Hadſchi-Mohammed, vom Stamm Sa'id— Atba bei Wäregla, war Beſitzer eines arba' (d. h. eines Dromedars, welches die Strecke von 4 Tagemärſchen in einem Tage zurücklegte), welches zu probiren er noch keine Gelegenheit gehabt hatte. Eines Tages wurde er vom Scheik des Stammes beauftragt, einen Brief an Ben-Dſchel— lab, den Scheik von Tuggurt, zu beſorgen. Die Entfer— nung dieſer Stadt von Wäregla beträgt in gerader Linie 170 Kilometer. Er reiſ'te alſo eines Morgens ab und den folgenden Tag bei Sonnenuntergang war er zurück. Als man ihn ſobald wiederkommen ſah, entſtanden tauſend Ver— muthungen. Zuerſt glaubte man, daß ihm ein Unfall unter— 10. 1. 10. 148 wegs begegnet ſei und ihn genöthigt habe, zurückzukehren. Aber Mohammed zerſtreute bald alle Zweifel, indem er den— jenigen, welche ihn umgaben, das Siegel Ben-Dſchellabs vorzeigte. Eines Tages führten die Scha'amba eine Nazzia gegen die Tuäreg aus und kamen mit Beute beladen zurück; ſie marſchirten 8 Tage nach einander und, beruhigt durch die Entfernung, welche ſie von ihren Feinden trennte, hielten ſie den neunten Tag an, um die Beute zu theilen. Sie waren ganz ruhig eben damit beſchäftigt, als die Tusreg auf ihren Dromedaren mit einem Mal wie ein Orkan er⸗ ſchienen und, ehe noch die Scha'amba Zeit gehabt hatten, ihre Feinde zu erkennen, alles wieder nahmen, was ſie ver⸗ loren hatten. Dieſes iſt die Meinung über die Dromedare, welche durchgehends in der Sahara herrſchend iſt; aber die Leute von Ghedames, welche im Stande find, die Wahrheit zu er— fahren, indem ſie mit den Tuareg in häufigem Verkehre ſtehen, verſichern, daß alle dieſe Erzählungen übertrieben ſeien. Die Namen sedäsi und 'aschäri find ihrer Verſiche— rung nach Volksmährchen, die auf keinem wahren Grunde ruhen. Mit den Dromedaren, ſagen ſie, verhält ſichs, wie mit den Pferden: es giebt gute und ſchlechte. Aber nie— mals legen ſie mehr zurück, als 4 Tagemärſche in einem Tage. Man verlangt deren 5, wenn die Rettung des Le— bens davon abhängt, es iſt aber ſelten, daß das Thier eine ſo harte Probe aushält. Man muß dann Tag und Nacht reifen, und das Mehari entweder mit einem Stocke antrei— ben oder eine kleine Lanze gebrauchen, mit der man ihm die Seiten zerfleiſcht. Das Mehäri wird geführt mittels einer ſchwachen Schnur, die an dem Ringe befeſtigt iſt, den es in der Naſe trägt, und feine Empfindlichkeit iſt von der Art, daß der geringſte Druck ausreicht, um es in die Richtung zu leiten, in welcher der Druck ausgeübt wird. Als Beiſpiel erzählt man folgende Thatſache: Ein Reiſender, welcher an einem Waſſer— orte des Frühſtückens halber anhielt, hatte unterdeſſen ſein Mehäri in Freiheit weiden laſſen. Nachdem die Mahlzeit und das Schlafſtündchen vorüber waren, ſah ſich der Araber rings um, denn fein Mehari war verſchwunden. Was war aus ihm geworden? Daß es fortgelaufen ſei, war faſt un— möglich, denn die ernſten und phlegmatiſchen Gewohnheiten dieſes Thieres ließen an einen ſolchen Leichtſinn nicht denken. Endlich gewahrt es der Reiſende in einer großen Entfernung immer ruhig und unempfindlich, wie gewöhnlich; er läuft ihm nach, und indem er ſich bückt, um den Zügel aufzunehmen, findet er ihn feſt gehalten in dem Loche eines Springhaſen. Eins dieſer Nagethiere hatte, angelockt durch den Olgeruch, indem nämlich das Ende der Schnur mit Ol getränkt war, dasſelbe mit feinen Zähnen ergriffen, um es mit fortzu— nehmen. So ſchwach nun auch das Thier an der Schnur gezogen hatte, ſo war es doch nicht unbemerkt geblieben von dem Mehari, welches ſich, wie gewöhnlich ernſt und fügſam, von feinem kleinen Führer hatte leiten laſſen. Die Bewegung des Mehari ſcheint ähnliche Übelkeit, als das Schaukeln eines Schiffes zu erzeugen, und um dieſe 149 Unannehmlichkeit zu verhüten, pflegen die Reiſenden ſich von den Lenden bis unter die Arme mit Binden zu umwickeln und feſt zu ſchnüren. Sie bedecken ſich auch die Augen und die Ohren, um ſie der Wirkung des Windes und des Sandes zu entziehen. (Annuaire des voyages et de la géographie pour lannee 1846 par F. Lacroir, p. 234 — 238.) XIV. Ueber die natürlichen Perioden der Vegetation. Von Quetelet. In der Akademie der Wiſſenſchaften in Brüſſel hat Quetelet eine Arbeit über die periodiſchen Erſcheinungen an den Pflanzen vorgelegt, welche einen Theil ſeiner Ar— beit über das Klima von Belgien ausmacht. Der Verfaſſer hat in derſelben zuerſt die Beobachtungen zuſammengeſtellt, welche er ſelbſt ſeit 1839 in Brüſſel über die Belaubung, die Blüthezeit, die Fruchtreife und den Blattfall angeſtellt hat. Der zweite Theil dieſes Werkes iſt der Betrachtung ähnlicher Beobachtungen gewidmet, welche ſeit Linné's Zeiten auf den Hauptpunkten der Erde gemacht ſind, be— ſonders durch Sennebier, den Abbé Cotte, Forſter, Schübler, A. v. Humboldt, d'ßbombres-Firmas, Leopold von Buch, Heß, Fritſch, den Vorſtehern der Univerſität zu New-York und andere. Eben jo hat endlich der Verfaſſer die Beobachtungen verarbeitet, welche nach einem gemeinſchaftlichen Plane, der von der Brüſſeler Akademie entworfen wurde, angeſtellt ſind. Die Orte, die zu dieſen Beobachtungen mitgewirkt haben, ſind: Brüſſel, Löwen, Gent, Lüttich, Brügge, Oſtende, Utrecht, Uecht, Leyden, Gröningen, Joppe, Lochem, Paris, Dijon, Valognes, London, Swaff— ham, Polperre bei Plymouth, Mackerstown in Schottland, Lauſanne, Venedig, Parma, Guaſtalla, München, Jever und Stettin. Die Hauptreſultate, zu welchen Quetelet geführt worden iſt, laſſen ſich in kurzem zuſammenfaſſen. 1) Eine beträchtliche Anzahl verſchiedener Einflüſſe ver— einigen ſich, um die periodiſchen Erſcheinungen der Vege— tation abzuändern; von allen iſt in unſerem Klima die Wärme am wichtigſten. 2) Man darf annehmen, daß die Fortſchritte der Ve— getation proportional find der Summe der Temperaturen oder richtiger der Summe der Quadrate der Temperaturen über dem Gefrierpunkte, welche nach dem Winterſchlafe vom erſten Erwachen der Natur an auf die Pflanzen eingewirkt haben. 3) Die Winterkälte, wenn ſie die Geſundheit der Pflan— zen nicht angreift, und beſonders wenn nur der Boden mit Schnee bedeckt iſt, verurſacht keine merkliche Verſpätung in der ferneren Entwickelung der Pflanzen. Indeß muß man doch auf die Wirkungen, die ſie hätte hervorbringen können und beſonders auf den Zuſtand Rück⸗ ſicht nehmen, in welchem ſich die Pflanze beim Beginn des Winterſchlafes befand, ein Zuſtand, welcher einer ge— wiſſen Summe von Temperaturen, die ſchon auf die Pflanze eingewirkt haben, entſpricht. — 10. J. 10. 150 Wenn es ſich um die Reife der Ernten und über— haupt um Pflanzen handelt, welche unter dem unmittelbaren Einfluſſe der Sonne wachſen, ſo muß man das den directen Strahlen der Sonne ausgeſetzte Thermometer und nicht, wie gewöhnlich, das im Schatten aufgehängte zu Rathe ziehen. 4) Die Temperaturen der Nacht dürfen nicht mit denen des Tages zuſammengeſtellt werden in Bezug der Wirkung, welche ſie auf die Vegetation ausüben. Man muß noth— wendig auch auf die Quantität des Lichtes Rüͤckſicht neh— men, welche der Pflanze zu Gute kommt. 5) Ein Grad der Breite höher nach Norden bringt nahebei dieſelbe Verzögerung hervor, als eine verticale Er— hebung von mehr als 300 Fuß (100 Meter), nämlich eine Verzögerung, welche ſich für unſer Klima auf etwa vier Tage beläuft. Die Angabe darf indeß nur als eine Art von Mittel aus den vielen Zahlen angeſehen werden, welche im Laufe des ganzen Jahres beſtändig abändern. Die Ver— ſchiedenheiten der Breite und Höhe wirken hierbei wahr— ſcheinlich nur durch die Verſchiedenheit der Temperaturen. 6) Wenn alles übrige gleich iſt, ſind die Umänderun— gen der Temperatur für die Vegetation ſtets vortheilhaft. Dasſelbe gilt für Hochebenen, wo ſich der Einfluß der Strahlung in größerem Maße geltend machen kann. 7) Die iſanthiſchen Linien (Linien gleicher Blüthezeit) ſind in den verſchiedenen Jahreszeiten nicht parallel; ſo daß die Linie auf der Erde, in welcher die Syringe am ſelben Tage blüht, zehn Tage ſpäter durch eine andere Reihe von Orten geht, in denen dieſelbe Erſcheinung ſich zeigt. — Daher iſt die Zone zwiſchen dieſen zwei Linien nicht über— all gleich breit, wie es eine Zone zwiſchen zwei Parallelen ſein würde. Ja ſie iſt nicht ein Mal conſtant, d. h. einen Monat ſpäter haben die iſanthiſchen Linien einen durch— aus anderen Verlauf, und Orte, welche früher eine Verzöge— rung zeigten, können nun umgekehrt ein Voraneilen zeigen. 8) Der Blattfall iſt eine Erſcheinung, welche in unſe— rem Klima eben ſo ſehr von der augenblicklichen Temperatur, als von der, welche vorherging, abhängt. — Gewöhnlich wird derſelbe durch die erſten Herbſtfröſte herbeigeführt. Aus den der Abhandlung beigefügten Tafeln geht her— vor, daß die erſten Spuren der Vegetation nach dem Win— ter ſich an der Weſtküſte von England 20 bis 30 Tage früher zeigen, als in Belgien und faſt zur ſelben Zeit wie im Norden Italiens und im Süden Frankreichs. Aber zur Zeit der Blüthe iſt dieſer Vorſprung ſchon verloren, und zur Zeit der Fruchtreife iſt ſogar Belgien entſchieden voraus. Die Belaubung und Blüthezeit tritt in Brüſſel zwan⸗ zig Tage früher ein, als in Berlin. Derſelbe Unterſchied gilt faſt für ganz Norddeutſchland; für das ſüdliche Schwe⸗ den und den Staat New-Pork ſteigt er auf einen Monat, für Lappland auf zwei Monate. Die Belaubung tritt in Brüſſel nur wenige Tage ſpä⸗ ter ein, als in Parma und Venedig, aber für die Zeit der Fruchtreife iſt Brüſſel um 50 Tage zurück. 10* 151 10. Mifcellen. 19. Uber die Temperatur, welche der Geyſer und der Strockur bei verſchiedenen Tiefen vor und nach den Ausbrüchen darbieten, haben die HHn. Deseloizeaux und Bunſen im letzt verfloſſenen Sommer Unterſuchungen angeſtellt, deren Reſultate der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften am 16. Novbr. 1846 mitgetheilt wurden. Sie bedienten ſich dazu einiger in hermetiſch verſchloſſenen Futteralen befindlicher Thermometer. Was den großen Geyſer betrifft, deſſen Totaltiefe im Allgemeinen 22 Meter beträgt, ſo wandten ſie gleichzeitig 5 Thermometer an, die ſich in derſelben ſenkrechten Linie befanden und in Abſtänden von 4 Meter von einander befeſtigt waren. Bei dem Strockur, deſſen Waſſerſäule durchſchnittlich nur 9 Meter hoch iſt, wandten ſie nur 3 Thermometer an. Die Inſtrumente blieben 30 Minuten lang untergetaucht. Aus fünf Reihen von Beobachtungen, welche am großen Geyſer angeſtellt wurden, ergiebt ſich, daß die Tem— peratur der Waſſerſäule des Mittelſchachtes ihrer ganzen Höhe nach beſtändig wechſelt, und daß dieſelbe am Grunde des Schachtes vor den Hauptausbrüchen ihr Marimum mit 1270 Centigr. und nach den Ausbrüchen ihr Minimum mit 1220 erreicht. In der Nähe der Oberfläche und bis zu einer Tiefe von 2½ bis 3 Meter zeigte fi) eine Temperatur von eirca 85%. Aus den drei am Strockur angeſtellten Verſuchen ſcheint ſich zu ergeben, daß die Temperatur des Waſſers ſich in ihm nur innerhalb ſehr enger Grenzen ver— ändert. Gegen die Sohle hin iſt fie ungefähr 113° und etwa 6 Me— ter über der Sohle bleibt ſie ſich ziemlich gleich. Von da an ſinkt fie allmälig, bis fie ſich an der Oberfläche zu etwa 1000 zeigt. Ein am 12. Juli auf die Sohle des Schachtes gebrachtes und exit am 13. Juli wieder herausgenommenes Thermometer ſtand nach R 10. 152 einem Ausbruch von 47,1 Meter Höhe auf 115%. No. 675, 9. Dec. 1846.) 20. Die genaue Beſchreibung eines ächten Avaren⸗ ſchädels giebt Retzius, nachdem er nach Schafarik (Slaviſche Alterthümer) die Avaren als ein türkiſch⸗ uraliſches Baſtardvolk be: zeichnet, mit folgenden Worten: Hinterhaupt kurz (diam. fronto-oceip. 0,147 m.), hoch (diam. occip. vertical. 0,157 m.), eine ſenkrechte Linie, von deſſen oberſtem durch die tubera parietalia gebildeten Theile herabgezogen, fällt weit hinter den Theil des Hinterhauptbeines, auf welchem ſich die bogenförmigen Linien befinden. Die größte Breite (0,137 M.) fällt dicht über die Höhe der Schuppennäthe der Schlaf⸗ beine. Das Stirn bein, ungewöhnlich hoch und nach hinten ſteil, hat auf der Mitte (2“ über den Augenbrauenbogen) eine quer über laufende Vertiefung und gleich über dieſer einen ebenfalls quer lau⸗ fenden, ſtark erhöhten Höcker; zwiſchen dieſem und den Scheitel⸗ höckern läuft wieder eine quer über gehende Vertiefung, welche die Vereinigung der Pfeil- und Kreuznath trifft. Die Jochbogen find klein, wenig hervorſtehend, die Alveolarfortſätze des Oberkiefers flein, lothrecht; die vorderen Offnungen der Augenhöhlen rhom⸗ boidal, der Gaumen gut gewölbt, die Mammillarfortſätze klein. — (Archiv ſkandinaviſcher Beitr. z. Naturgeſch. Bd. 1. Hft. 1.) Nekrolog. — Jehn Gilbert ſtarb am 26. Juni 1846 auf einer Erpedikion im Innern von Auſtralien durch den Wurf⸗ ſpieß eines Wilden, der ſeine Bruſt durchbohrte. Er war früher lange Zeit im Dienſte der zoologiſchen Geſellſchaft in London ge⸗ weſen. Eine Notiz darüber findet ſich auch in dem Bericht des Herrn Leichardt über die erſte Reiſe durch das Innere des Gon- tinents von Neuholland, von welcher in No. 1 des II. Bandes der Fortſchritte der Geographie und Naturgeſchichte aus einem Briefe Leichardts die erſte Originalnachricht gegeben iſt. (L’Institut, Heilkunde. (XVII.) über die Galvanopunetur (Galvanacupun⸗ etur) bei der Behandlung der Aneurysmen. Von Hrn. Monchet, Dr. M. und Hrn. A. Follet, Dr. M. In No. 40 der Gazette médicale (bemerkt Dr. Mon- chet) theilt Hr. Petrequin acht Fälle von Behandlung der Aneurysmen durch die Galvanopunctur mit *) und ſchließt ſeinen Artikel mit der pomphaften Erklärung, daß dieſe chirurgiſche Operation zu den wichtigſten und nützlich— ſten Entdeckungen gehöre, daß ſie kein Wundfieber und über— haupt keine der übeln Folgen der blutigen Operationen er— zeuge, daß ſie ungemein einfach und leicht ausführbar ſei, ſowie daß dadurch eine ungemein ſchnelle Heilung erreicht werde. Rechtfertigen aber die mitgetheilten Beobachtungen eine ſolche Anpreiſung? Ein Kranker ſtarb, jedoch, wie Hr. P. ſagt, nicht in Folge der Operation, ſondern an einem hin— zugetretenen heftigen Fieber. Bei einem aneu- rysma der art. brachialis ſchlug die Operation fehl. Bei einem aneurysma der art. poplitaea mußten, außer der ) Auch der Akademie der Wiſſenſchaften hat Hr. Petrequin unlängſt eine Abhandlung über denſelben Gegenſtand mitge— theilt, in welcher jedoch nur einiger der oben erwähnten acht Fälle gedacht iſt. Vergl. No. 858 (No. 22 d. XXXIX. Bds.) S. 343 u. ff. d. Bl. D. Überſetzer. Acupunctur, Druck und Eis umſchläge angewandt wer⸗ den, um das Klopfen der Geſchwulſt zu beſeitigen. Bei einem anderen aneurysma der art. brachialis entzündete fich der Sack und brach nach außen auf, jo daß er ſich gänz⸗ lich entleerte. Hier kommt offenbar das ganze Verdienſt der Heilung auf Rechnung der Entzündung. Die Anwendung des Galvanismus hatte eher geſchadet, als genützt. Ein Kranker wird, mit einer Geſchwulſt ſo groß wie ein Ei an der art. poplitaea, als geheilt entlaſſen. Ein anderer, ebenfalls mit einem aneurysma der art. po- plitaea Behafteter verläßt das Hoſpital zu bald, als daß er für vollkommen geheilt erklärt werden könnte. Bei dem achten kündigt alles nur eine baldige Heilung an. Nur ein Fall, der zweite, wo es ſich um ein aneurysma der art. temporalis handelte und Heilung Statt fand, giebt zu kei⸗ nen Einwendungen Anlaß. Alle Kranke klagten bedeutend über Schmerz. In einem Falle nahm die Vorbereitung auf die Operation drei Wochen und die Cur ſelbſt einen Mo— nat in Anſpruch. Sieben bis acht Wochen ſind aber eben keine kurze Zeit für eine Behandlung wegen aneurysma der art. brachialis. Wenn wir nun unparteiiſch von der Sache urtheilen wollen, jo müſſen wir zugeben, daß die als geheilt betrach- teten Patienten ihre Wiederherſtellung dem angewandten Drucke, dem Eiſe, dem ruhigen Verhalten verdankten. Dieſe 153 Mittel wurden ſämmtlich bis zum letzten Augenblicke ange: wandt. Aber Heilungen von Aneurysmen kleiner Gefäße durch dieſe Mittel ſind etwas Alltägliches. Die Galvano— punctur iſt alſo überflüſſig; ja, ich möchte ſie für höchſt gefährlich erklären, da ſie die bedenklichſten Zufälle veran— laſſen kann (2), und wenn man dennoch die Unterbindung vor= nehmen muß, ſo läuft man offenbar mehr Gefahr, wenn man ſie an einem ſchon entzündeten Gefäße ausführt. Zur Unterſtützung meiner Anſicht will ich hier einen Fall von der Heilung eines aneurysma der art. brachialis durch Compreſſion mittheilen. Loelher, ein Voltigeur des 22ſten Linienregiments, 24 — 25 Jahre alt, von guter Conſtitution, kommt am 28. Jan. 1845 wegen in Folge eines organijchen Herz— leidens entſtandener anasarca in das Hoſpital von Dfigeli. Es wurde ihm an beiden Armen zur Ader gelaſſen. Nach dieſer Operation ſchien ſich das Odem der obern Extremi— täten zu verſchlimmern, allein nach zwei bis drei Tagen hatte der rechte Arm ſeine gewöhnliche Stärke wieder er— langt. Da die Geſchwulſt am linken Arm am Elnbogen— gelenke nicht abnahm, ſo wurde dieſe Stelle genau unter— ſucht und das Leiden der art. brachialis entdeckt. Man wandte die Auscultation mehrmals an und ſtellte dadurch die Thatſache außer Zweifel. Der Kranke wurde am 14. Febr. zu den Bleſſirten gebracht. Bei der Höhe des Elnbogengelenks war eine etwas empfindliche und iſochroniſch mit dem Pulſe klopfende Geſchwulſt von der Größe eines Hühnereies vorhanden. Mit dem Stethoſkop hörte man darin das Blaſebalggeräuſch ſehr deutlich. Die Geſchwulſt hatte 34 Centimeter im Um⸗ fange, wenn man über das olecranum und ihren Gipfel hin maß. Der Kranke verließ das Hoſpital am 20. Mai. Geſchwulſt maß damals 27 Centimeter. Gegen die Herzkrankheit war eine kräftige antiphlo— giſtiſche Behandlung angewandt worden. Das aneurysma ward durch Compreſſion am mittlern, inneren Theile des Armes bekämpft; allein ſie konnte nie vollſtändig und an— haltend zur Einwirkung gebracht werden. Der Vorarm und die Hand waren zugleich mit einer Rollbinde umgeben, die man mit einer zertheilenden Flüſſigkeit benetzte. Als die Wandungen des aneurysma ſich hinlänglich verdickt hatten und man das Blaſebalggeräuſch nicht mehr deutlich ver— nahm, wandte man den Druck direct auf die Geſchwulſt an. Endlich wurden von Zeit zu Zeit Einreibungen in den Arm und die Geſchwulſt vorgenommen. Der Kranke langte am 21. Mai, mit einer unempfind⸗ lichen ziemlich harten Geſchwulſt in der Armbeuge, zu Phi— lippeville an. Er konnte den Arm frei bewegen und befand ſich jo wohl, daß er dringend darum bat, man möge ihn wieder Dienſt thun laſſen. Er bewegte den Arm kräftig, um mir zu beweiſen, daß er völlig geheilt ſei. Ich wandte aber von neuem gelinden Druck auf die Geſchwulſt an und verbot dem Patienten, ſich ſeines Armes zu bedienen. Ob er mir gehorcht hat, weiß ich nicht. Ich verließ Philippeville im Juli. Die Das Bataillon 10. 1. 10. 154 Loelhers ward im September auf eine langwierige und höchſt mühſelige Erpedition ausgeſandt. Im Februar 1846 fand ich Loelher an einem durch die Strapatzen veran— laßten Wechſelſieber erkrankt. Ich unterſuchte feinen Arm; die Geſchwulſt war bedeutend weniger voluminös und nur noch ein kleiner, ſehr harter Knoten. Der Arm war, gleich dem ganzen Körper, bedeutend abgemagert, aber die Ge— fäße des Vorarmes ſchienen mir durchaus normal. Ich ſuchte nach zwei arteriae humerales, konnte ſie aber nicht finden. Bei dieſem Kranken hatten alſo höchſt einfache, aber anhaltend angewandte Mittel, ungeachtet eines organiſchen Herzleidens, die Heilung bewirkt. Dieſer Fall bietet übri— gens nichts außerordentliches dar; aber fanden nicht bei den von Hrn. Petrequin erlangten Erfolgen dieſelben Bedingungen, wie bei Loelher, Statt? Würde man nicht mit dem geſtoßenen Eiſe, dem Drucke, dem ruhigen Ver— halten ausgereicht haben? War nicht der Galvanismus überflüſſig oder gar zuweilen ſchädlich? Dieſe Methode, die man gern allgemein einführen möchte, iſt ſogar gefährlich, wie die fünfte Beobachtung Petrequins beweiſ't. Hat hier nicht eine blutige Ope— ration, die man eben vermeiden wollte, dennoch vorgenom— men werden müſſen? Hat man nicht durch die erſte Ope— ration bedeutend viel Zeit eingebüßt? Und muß man ſich nicht glücklich ſchätzen, wenn man unter ſo ungünſtigen Be— dingungen, bei Unterbindung eines entzündeten Gefäßes, überhaupt eine Heilung zu Wege bringt? Die Redaction der Gazette médicale findet dieſe Ein— würfe des Dr. Monchet im ganzen genommen wenig be— gründet und hebt vorzüglich hervor, daß zwiſchen der Ope— ration und dem Spitalfieber, welches das Subject der er— ſten Beobachtung Petrequins dahinraffte, wohl nicht der geringſte Cauſalnerus beſtanden habe. Das Zeugniß der italieniſchen Arzte ſpricht ebenfalls ſehr zu Gunſten der Gal— vanopunctur gegen Aneurysmen, und faſt gleichzeitig mit der Zuſchrift des Dr. Monchet erhielt die Redaction eine ſolche vom Dr. Follet, welche ſich über den fraglichen Ge— genſtand in ganz entgegengeſetzter und zwar in folgender Weiſe äußert. „Wenn ein neues therapeutiſches Mittel in die Wiſſen— ſchaft eingeführt wird, ſo ſucht man mehrentheils deſſen Anwendung auszudehnen und es auch gegen andere Leiden zu benutzen. Selten ſind jedoch dergleichen Verſuche von Erfolg. Sehen wir denn nicht tagtäglich Mittel auftauchen, welche Mode werden und angeblich viele ſehr verſchiedene Krankheiten heben? Allein bald ſchwindet ihre Glorie, und ſie gerathen wieder in Vergeſſenheit. Dies rührt daher, daß ſich die therapeutiſchen Mittel faſt nie auf eine voll⸗ ſtändige Theorie, d. h. auf eine ſolche gründen, welche zu: gleich eine genaue Kenntniß der pathologiſchen Thatſache und der Wirkungsweiſe des therapeutiſchen Mittels umfaßt. Wenn wir aber in irgend einem gegebenen Falle eine ſolche Kenntniß beſitzen, ſo bleibt das therapeutiſche Mittel ſelten auf dieſen einzelnen Fall beſchränkt, weil es faſt immer verwandte pathologiſche Zuſtände giebt, für die das Mittel 155 ebenfalls paßt. Dieſe Betrachtungen wurden in mir durch die Anwendung der Galvanopunctur zur Cur der Aneurys— men erweckt. In dieſem Falle iſt die Theorie vollſtändig befrie— digend. Schon lange hat man in der That dahin geſtrebt, die Obliteration des Aneurysmenſackes durch die Coagulation des darin befindlichen Blutes zu erreichen, und die verſchiedenen therapeutiſchen Methoden, welche man gegen dies Leiden an— wandte, bezweckten durchgehends eben dieſes. Dieſer Zweck iſt nunmehr ſicher durch die Galvanopunctur erreicht wor— den, und die Richtigkeit der Theorie erlaubt uns zu hoffen, daß dieſer Erfolg auch in anderen analogen Fällen erreicht werde. Es iſt der erſte Schritt auf einem bekann— ten Wege geſchehen. So ſcheint mir, der Theorie zufolge, die Heilung der varices durch die Galvanopunctur mit Ge— wißheit?) in Ausſicht geſtellt. Sie iſt, fo zu ſagen, nur das Seitenſtück zu der Cur der Aneurysmen, und es wundert mich, daß Hr. Petre quin dieſelbe noch nicht verſucht hat. „In dieſelbe noſologiſche Familie gehören noch andere Leiden, bei denen man Säcke zu obliteriren ſucht, welche zwar nicht mit Blut, aber mit einer eiweißſtoffigen und folglich coagulirbaren Flüſſigkeit gefüllt find, und gegen welche Leiden man daher die Galvanopunctur ebenfalls mit Erfolg anwenden dürfte. Ich meine gewiſſe Waſſerſuchten, z. B. die der Eierſtöcke, gegen welche wir ſo wenig Hülfs— mittel beſitzen; die der tunica vaginalis ete. Könnte man die Galvanopunctur nicht ſelbſt gegen gewiſſe Fälle von Bauchwaſſerſucht verſuchen? Man hat ja gewagt Wein einzuſpritzen, um Adhärenzen zwiſchen den Falten des Bauch— fells zu Wege zu bringen und die Höhle desſelben zu obli— teriren. Wäre es alſo verwegen, wenn man dasſelbe Re— ſultat durch die Galvanopunctur zu erlangen trachtete? Würden wir nicht endlich in dieſer Operation ein ſicheres Mittel zur Heilung der Hydatidencyſten, der Sehneneyſten ꝛc. beſitzen, indem dadurch der zu deren Beſtandtheilen gehö— rende Eiweißſtoff coagulirt würde? Dies Reſultat ſcheint ſich mit Sicherheit (12) vorausſehen zu laſſen, und hoffentlich wird die Praxis die Theorie bald in dieſer Beziehung be— ſtätigen.“ (Gazette médicale de Paris, No. 1, 1847.) (XVIII.) über Modificationen in der Operation des grauen Staares. (Auszug einer Abhandlung des Hrn. Gu pin.) Es giebt keinen Chirurgen, welcher ſich mit Augenkrank— heiten beſchäftiget, der nicht auch manch Mal Veranlaſſung gehabt hätte, Vervollkommnung der Operations- und Hei— lungsmethoden des grauen Staares zu wünſchen. Auch ich mußte daher ſogleich, als ich durch die Diſſertation des Dr. de Abreu mit den Reſultaten ſeines Lehrers, des Dr. Cunier in Brüſſel, dem unter zehn Operationen keine miß— lungen war, bekannt wurde, gleich vielen anderen zu Ver— ſuchen mit einer Methode, die ganz neue Ausſichten bot, mich aufgefordert fühlen. ) Dieß iſt nach der bisherigen Erfahrung über die Behandlung der Varicen nicht der Fall — und möchten auch Verſuche mit der Galvanopunctur beim Varir große Vorſicht erheiſchen. R. F. 10. 1. 10. 156 Im Jahre 1845 habe ich die Depreſſion mit einer rechtwinkelig gekröpften Nadel (wie ſie uns in Frankteich Luſardi kennen gelehrt hat) fünfundzwanzig Mal aus⸗ geführt, indem ich Punkt für Punkt die nachfolgenden Vor⸗ ſchriften befolgte, welche in der Diſſertation des Dr. de Abreu angegeben find. Von dieſen 25 Operationen find mir im Ganzen fünf mißlungen, acht leidlich und zwölf vollkommen gelungen. Die Fälle waren nicht ausgewählt und mehrere boten große Schwierigkeiten dar. Indem ich nun in dieſem Jahre mit der größten Sorgfalt dieſe Reſultate meiner Operation erwog, fand ich, daß die Methode des Hrn. Cunier als allgemeine Methode der ge⸗ wöhnlichen Depreſſion und der Keratonyris vorzuziehen ſei, daß ſie aber der Extractionsmethode nachſtehe. Unter 40 Extractionsoperationen, welche während derſelben Zeit von meinem Gehülfen, Hrn. Walezewski, in meiner Kli⸗ nik beobachtet worden waren, finde ich ſieben mißlungene, drei halbgeglückte und dreißig mit vollkommenem Erfolge behandelte Fälle, und es war letzter weit vollkommener und dauernder, als bei den mittels der Niederdrückung behan— delten Fällen. Außerdem bleibt nach der Methode des Hrn. Cunier auch faſt immer ein beträchtliches Zittern der iris zurück. Ich hatte mich danach entſchloſſen, dieſe eigenthüm⸗ liche Depreſſion in dieſem Jahre nur in Aus nahmsfällen anzu⸗ wenden, ſobald ich es nämlich für räthlich halten möchte, die Punction bloß 3 Millimeter von der Hornhaut ein wenig über der Are der Augen zu machen. Ermuthigt durch den Erfolg aller meiner Verſuche, habe ich nun ſeit einem Monate nach dieſer Methode zwölf Operationen unter folgenden Umſtän⸗ den gemacht. Vier feſte, einfache graue Staare; zwei graue Staare, deren Kryſtalllinſen mir feſt zu ſein ſchienen und deren Cap⸗ ſeln mit der iris kreisförmige Verwachſungen eingegangen waren, welche ſich der Erweiterung der Pupille widerſetzten; drei andere, faſt ganz weich, deren verwachſene Capſeln ſich aber ebenfalls der Erweiterung der Pupille widerſetzten; zwei traumatiſche graue Staare; einen grauen Staar, wel- cher mit ſyphilitiſcher iritis und Atreſie complicirt war. Un⸗ ter dieſen zwölf Operationen zähle ich ſchon elf erfolgreiche, und ich darf auch noch auf den guten Ausgang der zwölf- ten rechnen. Warum ſollte nun das, was mir jetzt gelingt, nicht eben ſo gut auch meinen Collegen gelingen, und warum ſollte man nicht bemüht ſein, die Staaroperationen durch Beobachtung folgender Regeln zuserläfjiger zu machen: 1) Die Depreſſion, je nach den Umſtänden leicht mo⸗ dificirt, kann mehr als zehn gelungene Fälle gegen einen mißlungenen gewähren, ſelbſt wenn man unfügjame und unkluge Leute, dabei auch üble Fälle operirt; ſie müßte daher als allgemeine Methode in Anwendung kommen. 2) Um ohne abſolute Nothwendigkeit die iris, die cho- roidea oder die Ciliarfortſätze weder zu ſtechen noch zu zer⸗ reißen, macht man die Operation mit einer faſt rechtwinke⸗ lig abgekröpften Nadel, deren Kröpfung immer gegen die iris und choroidea gewendet wird, ſobald die Nadel ins Auge eingeführt iſt. Um das nachfolgende Zittern der iris und den ſchwar⸗ 157 zen“ Staar zu vermeiden (in dieſem Betreff bin ich mit mei: nem geſchickten Collegen, dem Dr. Cunier, nicht einver— ſtanden), wird die Nadel 3 Millimeter von der Hornhaut ein wenig über der horizontalen Ebene, welche durch die Are der Augen geht, ins Auge eingeführt. Die Kryſtall⸗ linſe wird, wenn es angeht, mit ihrer Capſel in den Glas— körper gedrückt, dergeſtalt, daß ihre vordere Seite dem unteren und ihre hintere Seite dem oberen Theile des Auges zuge— wendet wird. Wenn die Kryſtalllinſe weich iſt, discidirt man ſie auf der Stelle und wiederholt nach acht oder zehn Tagen, wenn die durch das Einſtechen der Nadel hervorgerufene Irritation beſeitigt iſt, die Zerkleinerung abermals und kann ſogar, um beträchtlichere Stücke aus dem Auge herauszunehmen, zu einer Punction ſchreiten. Dieſe Punction wird neben dem Rande der Hornhaut mit einem ſchmalklingigen Meſſer gemacht; ſie kann einen Einſchnitt in die Hornhaut von 5— 7 Millimeter Länge nothwendig machen; aber man muß ſich hüten, den Schnitt in die Verbindung der Hornhaut mit der sclerotica zu machen, damit man keinen Vorfall der Iris bekomme, was mir durch meine Schuld bei einem der obenerwähnten Fälle be— gegnet iſt. Bei ſolchen grauen Staaren, welche mit iritis und vollftändiger oder unvollſtändiger Verſchließung der Pupille complicirt ſind, wird die Operation der künſtlichen Pupille derjenigen des grauen Staares vorausgehen und dieſe da— durch ſicherer und leichter machen, weil man nun die Be— wegungen der Nadel ſehen kann. Man ſichert den Erfolg dieſes Verfahrens, wenn man eine halbe Stunde oder eine Stunde nach der Ope— ration dem Patienten zur Ader läßt und im Nothfall in kaltes Waſſer getauchte Compreſſen aufs Auge legt. Die Entzündung bekämpft man durch den Aderlaß, durch blu— tige Schröpfföpfe auf den Hals, welche um fo beſſere Re— ſultate gewähren, als ſie durch Mercurialeinreibungen mit Belladonna auf Schlaf und Stirn und durch innerliche Ga— ben von Calomel unterſtützt werden. In Fällen von doppeltem grauen Staar verrichtet man niemals beide Operationen auf ein Mal, um die Mög— lichkeiten einer Entzündung zu vermindern. Bei angeborenen grauen Staaren modificirt man end⸗ lich die obigen Regeln, je nachdem es die Umſtände gebie- ten. (Comptes rendus, T. 23, No. 17, p. 759.) (XIX) Vergleichende Verſuche über Wirkung des Chlor-, Brom- und Jodkaliums. Von den H Hrn. Bouchardat und Stuart⸗Cooper. Wenn man die Wirkung des Chlor-, Brom- und Jodkaliums in kleinen Gaben auf den Menſchen in Erwä⸗ gung zieht, ſo ſollte man glauben, daß das Chlorkalium minder wirkſam ſei, als das Brom- und das Jodkalium; die Erfahrung lehrt indeſſen, daß gerade das Gegentheil der Fall iſt. 10. 1. 10. 158 Kleine Fiſche, welche einzeln in Auflöſungen geſetzt wurden, welche auf 1000 Gramm Waſſer 1 Gramm Jod-, Brom- und Chlorkalium enthielten, ſtarben nach ſiebzehn Stunden in der Auflöſung des Chlorkaliums, nach 35 Stun— den in der Auflöſung des Bromkaliums und lebten länger als acht Tage in der Auflöſung des Jodkaliums. Ebenſo haben wir abgeſondert Fröſche in Auflöſun— gen gebracht, welche ein Proc. Chlor-, Brom- und Jod— kalium enthielten; ſie ſtarben nach ſechs Stunden in der erſten, nach zehn Stunden in der zweiten und nach 48 Stun⸗ den in der dritten Auflöſung. Ein Huhn, dem man 5 Gramm Bromkalium einge— geben hatte, ſtarb in nicht ganz zwei Stunden; ein gleich kräftiges Huhn, welches dieſelbe Quantität Jodkalium be: kommen hatte, widerſtand 22 Stunden lang. Ein Kaninchen, dem wir 10 Gramm Bromkalium gegeben hatten, ſtarb innerhalb zehn Stunden. Bei zwei Kaninchen, von welchen das eine 5 Gramm Bromkalium und das andere 5 Gramm Chlorkalium bekommen hatte, ſtellte ſich Erbrechen ein, die Darmausleerungen waren flüſ— ſig, und die Thiere erholten ſich wieder. Ein anderes Ka— ninchen, welchem durch die Speiſeröhre 10 Gramm Brom— kalium eingeſpritzt worden waren, bekam fluͤſſige Darmaus— leerungen und ſtarb nach achtzehn Stunden. Ein anderes Kaninchen, welchem die Speiſeröhre unterbunden worden war, vertrug 5 Gramm dieſes Salzes, ohne zu ſterhen, war aber zwei Tage lang ſehr leidend; die Darmauslee— rungen waren flüſſig. Bromkalium, in die Venen der Kaninchen eingeſpritzt, tödtet fie in der Gabe von 1 Gramm augenblicklich und in der Gabe von 50 Centigramm nach 30 Secunden. Ein Hund, dem man in ſeinem Futter 10 Gramm Chlorkalium gegeben hatte, wurde davon ſehr ſtark incom— modirt. Die Wirkung des Bromkaliums war weniger be— merklich und diejenige des Jodkaliums in derſelben Gabe nicht zu bemerken. 20 Gramm Chlorfalium, in die Speiſeröhre eines Hundes eingeſpritzt, tödtete denſelben nach fünfzehn Mi— nuten. Ein anderer Hund, der 20 Gramm Jodkalium bekommen hatte, widerſtand 36 Stunden. In der Gabe von 50 Centigrammen in die Venen eines Hundes einge— ſpritzt, machte das Chlorkalium denſelben einen ganzen Tag lang krank; das Bromkalium in derſelben Gabe affieirte ihn noch lebhaft; bei derſelben Gabe von Jodkalium war die giftige Wirkung weit weniger bemerkbar. Ein Hund, in deſſen Venen man 85 Centigramm Chlorkalium ein: geſpritzt hatte, ſtarb in weniger Zeit als einer Minute. Ein anderer Hund, in deſſen Venen man 90 Centigramm Bromkalium eingeſpritzt hatte, ſtarb eine Minute nach der Operation. Ein anderer Hund, in deſſen Venen man 1 Gramm Jodkalium eingeſpritzt hatte, unterlag zwei Mi— nuten nach der Einſpritzung. Chlorkalium in der Gabe von 2 Grammen in die Ve— nen eines Hundes eingeſpritzt, ſtreckte denſelben wie vom Blitz getroffen nieder; bei derſelben Gabe von Jodkalium widerſtand das Thier eine Minute lang. Bei allen unſeren Verſuchen war das Blut immer coagulirt, wenn das Chlor-, Jod-, Bromkalium in ſolcher Gabe in die Circulation gebracht worden war, daß der Tod davon erfolgen mußte. Die ganz allgemeine Thatſache, welche aus unſeren Verſuchen hervorgeht, iſt die, daß, wenn dieſe Salze zu gleichen Gewichten in den Circulationscanal gebracht werden, das Chlorkalium raſcher und ſicherer tödtet, als das Jod- und Bromkalium. Dieſe Thatſache, zu deren Gunſten alle unſere Verſuche ſprechen, ſteht im Widerſpruche mit kliniſchen Beobachtungen, welche bei der Anwendung dieſer Salze an kranken Menſchen gemacht worden ſind. Hier nun die Erklärung dieſer Differenzen. Wenn man mit dem Chlor-, Brom- und Jodkalium Magenſaft vermiſcht, ſo bemerkt man nichts bei dem erſten Salze; beim Bromkalium wird durch Einwirkung der Säure des Magenfaftes Brom in Freiheit geſetzt und eben fo Jod beim Jodkalium. Werden Jod-, Brom-, Chlorkalium in hohen Gaben in den Circulationscanal gebracht, jo wirken ſie bloß wie Kaliſalze, und jemehr die Verbindung Kalium enthält, um deſto energiſcher iſt die Giftwirkung. Werden dieſe Subſtanzen in miſchungsändernder Gabe in den Verdauungsapparat gebracht, ſo bemerkt man beim Chlorkalium nichts, beim Brom- und Jodkalium iſt die Wirkung dagegen augenfällig; Brom und Jod werden frei, und dieſe Verbindungen wirken nicht mehr wie Kaliverbin— dungen, ſondern wie Brom- oder Jodverbindungen. Es laſſen ſich deßhalb leicht die ſonderbaren phyſiologiſchen Wir— kungen der Jod- und Bromalkalien, in miſchungsändernden Gaben gereicht, erklären. Es iſt ein phyſtologiſches Geſetz, welches nicht allein aus den in dieſer Abhandlung mitgetheilten Verſuchen, ſon— dern auch aus ſehr zahlreichen Thatſachen hervorgeht, welche durch eines unſerer Mitglieder in ſeiner Abhandlung über die Wirkung der Gifte auf die Pflanzen und auf die im Waſſer lebenden Fiſche mitgetheilt worden ſind. Dieſes Ge— ſetz kann auf folgende Weiſe formulirt werden: die Energie der phyſtologiſchen Wirkung der löslichen Salze eines und desſelben Metalles ſteht, bei gleichen Gewichtsquantitäten, im umgekehrten Verhältniſſe des Gewichtsäquivalentes des mit dieſem Metalle verbundenen elektronegativen Körpers, 10. J. 10. 160 wenn die phyſtologiſchen Eigenſchaften dieſes eleftronega= tiven Prineips in dieſen Verbindungen latent find und wenn die Bedingungen der Löslichkeit dieſelben bleiben. (Comptes rendus etc., J. 23, No. 17.) Mif celle n (34) Über eine merkwürdige Wirkung des Blitzes hat Hr. d'Hombres-⸗Firmas in einem Briefe an die Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften folgendes berichtet. Ein junger Mann wurde nicht weit von Zante durch einen aufſteigenden Blitzſtrahl getödtet, der von dem rechten Fuß aus durch den Körper und in der Nähe der Schulter heraus gefahren zu ſein ſcheint. Der Weg des Blitzes war am Körper durch einen ſchwaärzlichbraunen Streifen be⸗ zeichnet, und die Haut bot daſelbſt kleine Riſſe oder veräſtelte Sca⸗ rificationen dar. Hin und wieder bemerkte man kleine braune Flecken von der Größe einer Linſe. Das merkwürdigſte war jedoch, daß man am Körper mitten auf der rechten Schulter, da, wo der Blitz herausgefahren zu fein ſchien, ſechs ſleiſchfarbene Kreiſe be⸗ merkte, während dieſe Gegend übrigens durchaus ſchwärzlich war. Dieſe ſechs Kreiſe waren von drei verſchiedenen Größen und lagen hinter einander, indem ſie an einem Punkte einander berührten. Sie hatten genau die Größe von 6 Goldmünzen (einer ſpaniſchen Piſtole, drei Guineen und zwei halben Guineen), welche der junge Mann auf der rechten Seite des Gürtels in Papier gewickelt und in einen um die Lenden geſchlungenen Leinwandſtreifen geſchlagen, getragen hatte. An dieſen Goldſtücken ließen ſich jedoch ſo wenig, wie an dem Papier und der Leinwand, Spuren von der Einwirkung des Feuers bemerken. Dr. Dicopulo, welcher die Leiche genau unterſuchte, hat dieſe Umſtände der mediciniſch-chirurgiſchen Geſell⸗ ſchaft von Zante berichtet. (L'Institut, No. 677, 23. Dec. 1846.) (35) Über einen 101 Gramm wiegenden Blafen- ſtein, welcher freiwillig einer Frau abging, be richtet Sr. Carrio in der Gaceta medica und nach dieſer die Ga- zette médicale de Paris, No. 1, 1847. Eine 66jährige Frau war im Alter von 56 Jahren von Harnverhaltung befallen worden und ſeitdem vielfach mit ſchmerzhaften Leiden der Harnwege behaftet geweſen. Als Hr. Carrio ſie beſuchte, klagte fie über ſchneidende Schmerzen nach dem Blaſenhalſe zu; es ging tropfenweiſe ein mit Blut vermiſchter und unerträglich riechender Harn ab, in dem ſich ein aus rothem Sand und Schleim beſtehender Niederſchlag bildete. Die Zunge war roth und punctirt; Durſt; Puls hart und häufig; etwas Erbrechen; allgemeine Hitze. Eines Morgens legten ſich alle dieſe Symptome plötzlich, nachdem unter Schmerzen, welche heftiger waren, als die bei ei ner Entbindung, ein 3 Zoll 5 Linien langer und 2 Zoll 7 Linien dicker Stein von dem oben angegebenen Ge— wicht durch die Harnröhre abgegangen war. Die Oberfläche des⸗ ſelben war glatt. Als man ihn durchſägte, erkannte man, daß er aus drei concentriſchen Schichten beſtand. Die äußeren waren aus phosphorſaurem Ammoniak⸗Talk und kohlenſaurem Kalk⸗Talk zu⸗ ſammengeſetzt; der Kern beſtand aus Harnſäure. Bibliographiſche Neuigkeiten. Des systemes de culture et de leur influence sur l'économie so- ciale par M. H. Passy, pair de France, M. de l’Inst. Paris 1846. 80. (11¼ Bogen.) L’Herbier des demoiselles ou traité complet de la botanique par Edmond Audouit. Paris 1846. So. (28 Bogen.) Griſebach, A., Bericht über die Leiſtungen in der Pflanzengeo— graphie während d. J. 1844. gr. 8%. Geh. Berlin 1846. Harleß, E., Monographie über den Einfluß der Gaſe auf die Form der Blutkörperchen von Rana temporaria. gr. 8%. Geh. Erlangen 1846. Quitzmann, F. A., der Körper des Menſchen nach ſeinem Bau und ſeinen Vorrichtungen. 8e. Stuttgart 1846. The journal of agrieulture and the transactions of the highland and agrieultural society of Scotland. July 1846. De la scrofule, de ses formes, des affections diverses qui la caractérisent, de ses causes, de sa nature et de son traitement par M. Alph. Mitcent. Paris 1846. 8°. (26 Bogen.) Manuel annuaire de la santé, ou Medecine et Pharmacie do- mestiques par F. V. Raspail. 14e tirage. 18%. (7% Bo: gen.) Paris 1846. Miscellunea. Instruction pour servir de guide aux officiers de santé, dans l’appreciation des infirmites ou maladies qui ren- dent impropre au service militaire. 8%. (8 Bogen.) Paris 1846. Traité théorique et pratique de la syphilis; par le Docteur J. S. de Barbe. So. (24 Bogen.) Paris 1846. * Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. II. (Nr. II. des I. Bandes.) Februar 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoirs zu Welmar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3¼ Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XV. Unterſuchungen über den Stengel der Dico— tyledonen. Von Dr. Daſſen ). Die in den Schriften herrſchende Verwirrung in der Beſtimmung des Stengels macht die Angabe nöthig, was Verfaſſer unter dieſer Benennung verſtehe: die Erklärung könne fürwahr mit wenigen Worten gegeben werden, indem er die Sorge hierbei, inwiefern die Definition der Natur entipreche, durchaus dem Leſer überlaſſe. Jeder Theil iſt dem Verf. ein Stengel, der Würzelchen und Blättern, oder Blatt- und Blumenzweigen den Urſprung giebt; während Würzelchen und Blattzweige vom Augenblicke an Theile des Stengels werden, in welchem fie entweder durch Ent— wickelung ihrer primären oder durch Ausbildung ihrer ſecun— dären Theile, dauerhaft mit dem urſprünglichen Stengel vereinigt, wiederum anderen (d. h. zu ihrer Zeit) Würzel— chen und Blättern oder Blatt- und Blumenzweigen einen Urſprung geben. Der Stengel kann mithin aus der Entwickelung von Würzelchen und Knoſpe und aus der Entwickelung von je— dem dieſer Theile allein entſtehen. Dieſe drei Entwicke— lungsweiſen finden auch wirklich bei den zweiſamenlappigen Pflanzen Statt, ſo daß man den Stengel dieſer Pflanzen am natürlichſten nach den conſtituirenden Theilen, aus denen er gebildet iſt, unterſcheiden kann; man erhält auf dieſe Weiſe: 1) einen Stengel aus der Entwickelung von Knoſpe und Würzelchen; 2) einen Stengel, vorzüglich aus einem Würzelchen; und 3) einen Stengel, vorzüglich aus einer Knoſpe gebildet. ) Nieuw Archief voor binnen -en buitenlandsche geneeskunde in haren geheelen omvang, door Dr. J. van Deen. II. jaar- gang, I. stuk. No. 1991. — 891. — 11. Den aus der erſten Bildungsform hervorgehenden wird Verf. den vollkommenen, aus der zweiten den unvollkomme— nen Wurzel- und aus der dritten den unvollkommenen Knoſpenſtengel nennen. Über jede dieſer Formen wird Verf. einige Beobachtungen mittheilen und mit der erſten den An— fang machen. Den vollkommenen zweiſamenlappigen Stengel haben alle Baumarten, die meiſten Sträucher und der größte Theil der einjährigen Pflanzen aus dem gemäßigten Klima. Der Hauptunterſchied, den er darbietet, beſteht in der An- oder Abweſenheit der ſecundären Bildungen, beſonders des ſecun— dären Holzes. Dieſe Theile ſind durchaus nothwendig, wenn dieſer Stengel in der gemäßigten oder kalten Luft— zone länger als einen Sommer dauern ſoll. Verfaſſer wird demnach zuerſt dieſen Stengel bei Pflanzen aus dem ge— mäßigten, alsdann bei Pflanzen aus dem heißen Klima be— trachten. Je nachdem der Stengel der erſtgenannten Pflanzen eine ein- oder mehrjährige Dauer beſitzt, muß er unterſchieden wer— den. Die einjährigen zerfallen wieder in ſolche, die ohne ſecun— däres Holz, und in ſolche, die mit ſecundärem Holze verſehen ſind; zu jenen gehören nur ſehr kleine einjährige Pflanzen, von denen Verf. nur eine einzige als Beiſpiel für die ganze Claſſe einer näheren Unterſuchung unterwirft. Er wählt hiezu Senecio vulgaris, ein Pflänzchen, das leicht unterſucht werden kann und überall zu haben iſt. Spaltet man den zum Theil hohlen Stengel, und entfernt man das den hoh— len Wänden anklebende Zellgewebe, ſo ſieht man eine un— mittelbar an die Rinde geſtellte Reihe von Bündeln, die nach oben hin zum Theil in die Blätter, zum Theil in die Blumen auslaufen. Dieſelben Bündel, die in dem auf— wärtsſteigenden Stocke ſehr deutlich getrennt ſind, vereinigen ſich wieder zu einem großen Bündel in dem Theile des Stengels, der durch die Entwickelung des Würzelchens ge— 11 163 bildet wird, wonach ſie ſich mehr nach unten wiederum tren— nen und in Würzelchen vertheilen. Die Rinde, die dieſen Stengel umgiebt, iſt äußerſt dünn und beſteht allein aus Zellgewebe. Das iſt die einfache, innere Conſtruction, die fürwahr jeder ſehr leicht ſelbſt unterſuchen kann, und viel— leicht mit größerem Nutzen, als man anfangs glauben ſollte. Bei dieſer einfachen Zuſammenſetzung will Verf. indeß noch einen Augenblick verweilen. Vom äußerſten Wurzelſpältchen bis zum entfernteſten Blatte läuft dasſelbe Bündel oder ein Theil desſelben ununterbrochen fort. Dieſe bei vielen an— deren Pflanzen eben ſo leicht wahrzunehmende Thatſache gab Veranlaſſung zu der Lehre, daß der Stengel aus der Vereini— gung der verſchiedenen Blattbündel beſtehe. Bei dieſer De— finition kehrt man indeß das Weſen der Sache um; denn der Blattſtiel bildet nicht den Stengel, ſondern vielmehr der letzte, indem er ſich theilt, den Blattſtiel oder beſſer das Blatt, wie auch das Würzelchen. Dieſe beiden Theile ſind mithin Entwickelungen des Stengels. In dieſer ſo einfa— chen als wahren Thatſache liegt der vollſtändige Grund der ſogenannten Pflanzenmetamorphoſe aufgeſchloſſen. Denn die Theile, die dieſer Metamorphoſe unterworfen ſind, ent— ſtehen alle auf dieſelbe Weiſe, aus derſelben gemeinſchaft— lichen Quelle, nämlich aus den primären Stengelbündeln durch eine Theilung derſelben, und unterſcheiden ſich nur in ihrer ferneren Ausbildung. Iſt es zu verwundern, daß alſo bei einiger Störung dieſer weiteren Ausbildung ver— ſchiedene Zwiſchenformen beobachtet werden zwiſchen den verſchiedenen Blatt-, Blumen- und Fruchttheilen? Doch Verf. kehrt zu ſeiner Aufgabe zurück und will noch kurz angeben, auf welche Weiſe der Stengel von Se- necio zu der oben mitgetheilten Conſtruction gelangte. Un— terſucht man den über der Erde befindlichen Stengel ſehr junger Gremplare oder der jüngſten Schüffe der Zweige, dann findet man die Bündel rings um Zellgewebe geſtellt, das das gewöhnliche Mark darſtellt. Die Urſache, warum dieſes verſchwindet, iſt ſehr einfach: die innerſten Zellen ent— wickeln ſich zuerſt, worauf die Ausbildung der mehr nach außen gelegenen folgt; dies muß ein Zerreißen der bereits fertigen nothwendig verurſachen, eine Sache, die bei gerin- ger Vergrößerung leicht wahrzunehmen iſt. Unterſucht man den Stengel in einem noch früheren Zeitraume, dann bilden alle Bündel nur ein Ganzes, die erſt ſpäter durch Entwicke— lung des Marks getrennt werden. Während nun dieſe Ent⸗ wickelung in den aus der Wurzel kommenden Theilen des vollkommenen Stengels in der großen Mehrzahl nicht Statt findet, jo findet man hier auch die Bündel jtetS vereinigt, oder nur in ſehr wenigen Fällen, wie bei Aesculus, durch eine Säule von Zellgewebe nicht in Bündel getrennt, ſon— dern in einen Cylinder verändert. Der einjährige, vollkommene Stengel mit dem ſecun⸗ dären Holze iſt anfangs dem vorhergehenden vollkommen gleich, nur bildet ſich, nachdem derſelbe ſo weit entwickelt iſt, daß er einige Blatter beſitzt, an der inneren Seite der Rinde eine Baſtlage (liberlaag) und alsbald an der Außenſeite der primären Holzbündel und des Markes jecun- däres Holz. Dieſe Bildungen fangen ſtets am collum an 142 J. . 164 und ſteigen, inſofern es wenigſtens das Holz betrifft, nie höher, als bis zu den Stengeltheilen, welche aufhören in die Länge zu wachſen. Dieſe verſchiedenen, aber wichtigen Erſcheinungen können ſehr leicht bei unjerer allgemein ber breiteten Sonnenblume beobachtet werden. Nach dem Vorhergehenden wird es nicht nöthig ſein, über den vollkommenen Stengel der Bäume und Sträucher des Ausführlicheren zu verhandeln. Im Weſen der Sache ſtimmen ſie mit dem Vorhergehenden alle überein, nur daß die primären Theile hier nie die große Ausbildung erlan⸗ gen; Mark, primäres Holz und Rinde erreichen hier nicht den Umfang, und meiſtens find auch die Zellen und Gefäße, aus denen dieſe Theile beſtehen, von geringerer Größe und aus dickeren Wänden gebildet. Auch erſcheinen die ſecun⸗ dären Bildungen viel früher, wie Verf. es bei keimenden Eichen wahrnahm; aber auch dieſe Theile haben anfangs einen viel geringeren Umfang und eine viel derbere Zuſam⸗ menſetzung, als bei den früher erwähnten Pflanzen. Dieſe frühere und ſtärkere Ausbildung der ſecundären Theile wird durch die ſehr ſpäte Entwickelung der Blumen und Früchte begünſtigt, indem die für dieſe Theile beſtimmten Nahrungsſtoffe mithin gänzlich von den genannten Bildun⸗ gen in Anſpruch genommen werden können. — Im All⸗ gemeinen kommt daher der vollkommene Stengel mit ſecun⸗ Düren Theilen bei einer relativ geringen Ausbildung der primären und einer relativ ſchnelleren, aber kräftigen Ent⸗ wickelung der ſecundären Elemente zu Stande. Wie dieſer Stengel an Länge zunehme, möge jetzt mit wenigen Worten gezeigt werden. Die Blatter umfaſſen hier in ihren Anſatzpunkten (Achſeln) beinahe ſtets Augen, welche aus einem primären Holzbündel beſtehen, der ſich dort von demſelben Bündel trennt, wo auch das Blattbündel aus demſelben Bündel her⸗ vorkommt. Dieſes Bündel nun, mit Zellgewebe umgeben, vertheilt ſich zur Seite und nach oben in Blattbündel, die zur Zeit ihrer Entwickelung wiederum ein Auge (Knoſpe) in ihren Anſatzpunkten (Achſeln) führen. Solange nun die primären Theile der ſich entwickelnden Knoſpe nicht ihre volle Größe erreicht haben, bilden ſich keine ſecundaren Theile; kaum aber hat ein Theil des Marks ſeinen vollen Umfang, das primäre Bündel ſeine ganze Länge gewonnen, was un⸗ ten ſtets am früheſten geſchieht, ſo bildet ſich auch ſchon Baſt (liber) und ſecundäres Holz, das mit den zur ſelben Zeit entſtehenden neuen Baſt- und Holzlagen derjenigen Theile des Zweiges, auf dem das Auge ſich entwickelte, zu⸗ ſammenſchmilzt. Durch dieſes Zuſammenſchmelzen werden die ſich entwickelnden Knoſpen mit dem Mutterſtamme ver⸗ einigt, und der Stengel ſelbſt gewinnt an Ausdehnung. Im Weſentlichen findet dasſelbe in den Würzelyen Statt. Auch dieſe bilden, inſofern ſie nicht abſterben, ſecundare Theile, die mit denſelben Theilen des Mutterſtengels zuſam⸗ menſchmelzen. So geſchieht es, daß der Stengel unſerer Bäume und Sträucher ſich unaufhörlich an beiden Endpunk⸗ ten vergrößert, während ihre fertigen Theile beſtändig mit neuen jecundären Lagen überzogen werden; man kann ſich daher das Auge eines Baumes als den Keim eines Steck— 165 lings ohne jecundäre Theile vorſtellen, der auf einen ande— ren, mit dieſen Theilen verſehenen, eingepflanzt iſt und ſpäter mit dieſen letzten durch gemeinſchaftliche Holz- und Rindelagen vereinigt wird. Es müſſen jetzt noch die Unterſchiede angegeben wer- den, die einige Pflanzen aus der heißen Zone in Betreff des abgehandelten Stengels darbieten. Schon früher erwahnte Verf., daß der vollkommene Stengel der Dicotyledonen ohne ſecundäre Gebilde in un⸗ ſerem Klima nur bei einjährigen Pflanzen vorkomme. Dies verhält ſich in der heißen Zone anders. Die ununterbro— chene Vegetation macht es daſelbſt möglich, daß dieſer Sten⸗ gel ohne jene Hülfsmittel fortdauernd beſtehe, ſowie Blume von den Piperaceen bezeugt, daß ſie keinen geſchloſſenen Holzring enthalten, obſchon ſie oft die Dicke eines Armes erreichen. Dreijährige vom Verf. unterſuchte Zweige von Piper magnolifolium beſaßen weder Baſt (liber) noch ſe— cundäres Holz und boten vollkommen die Conſtruction un— ſerer kleinſten Erautartigen Pflanzen dar. Demungeachtet können ſich auch hier die ſecundären Stengelgebilde ent— wickeln, wie Duvernoi es beobachtet hat. Dieſelbe ein— ſeitige Bildung primärer Theile findet man auch, und zwar in noch viel größerem Maße, bei allen Fettpflanzen, wie— wohl auch hier durch die Länge der Zeit bisweilen ſecun— däres Holz und Rinde in geringer Maſſe gebildet werden. Aus derſelben Quelle, der ununterbrochenen Vegetation der Pflanzen in der heißen Zone, geht noch ein anderer Unter— ſchied in Betreff der ſecundären Theile hervor. Dieſe wer— den nämlich in der gemäßigten Zone lediglich allein im Frühlinge und Sommer gebildet, und es entſtehen daher Lagen, die in Betreff des ſecundären Holzes unter dem Namen der Jahrringe bekannt ſind. Dieſe können daher bei den tropiſchen Bäumen wenigſtens nicht jo deutlich vor— kommen; denn hier erleidet die Holzformation entweder gar keine Unterbrechung, oder doch nur auf kurze Zeit durch die Entwickelung der Blumen, wie es z. B. beim Kaneel⸗ baume vorkommt, oder durch den Wechſel der Blätter, wie es bei anderen zu ſein ſcheint. Für verſchiedene Pflanzenfamilien aus dem gemäßigten Klima iſt die Stengelart, die beſonders durch den abwärts— ſteigenden Stock gebildet wird, ſehr charakteriſtiſch. So er— halten viele Umbelliferae, Compositae und Cruciferae allein durch dieſen Stengel die Fähigkeit, den Winter hindurch aus⸗ zudauern, und ohne dieſen und den beſonders durch den aufwärtsſteigenden Stock gebildeten Stengel würde unſer Land und alle nördlich gelegenen Gegenden ihrer perenni⸗ renden, krautartigen Gewächſe beraubt fein. Bedenkt man nun, daß es hauptſächlich dieſe Pflanzen ſind, die zuerſt im Frühlinge hervorſproſſen, und die ſo vielfache wichtige Arten für Land⸗ und Gartenbau liefern, dann muß es wahrlich befremden, daß gerade die genannte Stengelart ſo wenig die Aufmerkſamkeit der Gelehrten auf ſich gezogen hat. All⸗ gemein ſcheint man der Anſicht, daß fie mit dem vollkomme⸗ nen Stengel dieſelbe Conſtruction theilen; beſonders betrach— tet Decandolle dieſen Stengel als die Wurzel und die jahrlich abfallenden Zweige als den wahren Stengel. 11% L. 14, 166 Bei dieſer Beſtimmungsweiſe liegt die Vorausſetzung zum Grunde, daß der abwärtsſteigende Stengel keinen we— ſentlichen Unterſchied von der Wurzel darbiete, und daß er mithin die charakteriſtiſchen Merkmale dieſer beſitze. Dem iſt indeß nicht ſo, wie es ſpäter deutlich werden wird. Je— denfalls zeigt dieſe Stengelart ſecundäre Gebilde, die das Wuür zelchen nie darbietet. Auch beſteht fie nicht einzig aus der Entwickelung der radicula, ſondern zugleich auch des cauliculus und der plumula, die beide freilich wenig ent— wickelt werden, aber nichts deſtoweniger zugegen ſind, ob— ſchon Descaisne allein bei der Mangoldwurzel vom cau- liculus ſpricht. Um ſich hiervon zu überzeugen, beobachte man die Keimung unſerer gewöhnlichen Rüben, bei denen deutlich wahrzunehmen iſt, daß die Blätter ſich innerhalb und oberhalb der Samenlappen entwickeln. Dieſe Blätter gehören mithin zur plumula und die Samenlappen zum cau- liculus. Dasſelbe findet man bei der Mangoldwurzel und bei der gewöhnlichen gelben und weißen Wurzel. Oft ſelbſt erhält das erſte internodinm oder der cauliculus bei dieſem Stengel eine anſehnliche Ausbildung. So iſt der große Auswuchs bei einigen, bei der Rübe und dem Radies unter dem Namen „tuber“ bekannt, eine Verbildung dieſes Theils. Durchgehends iſt indeß die Ausbildung des cauliculus und der plumula ſo unbedeutend, daß beide lediglich allein durch ihre Erzeugniſſe, die Samenlappen und die Blätter, Be— weiſe ihrer Gegenwart liefern. In ſolchen Fällen ſcheinen die Blätter aus dem oberſten Theile der Wurzel hervorzu— ſproſſen, wie bei Taraxacum und vielen anderen Pflanzen. Die äußere Form des abwärtsſteigenden Stengels iſt ſehr verſchieden. Im Allgemeinen iſt er länglichrund, ohne Zweige, von oben nach unten allmälig dünner zulau— fend, indem er zuletzt in ein oder mehrere Würzelchen en— digt, während ſich an den Seiten, beſonders an den unte— ren Theilen, ebenfalls Würzelchen befinden. An ſeinem oberen Ende ſproſſen Blätter oder Blumenſtengel oder auch Zweige, an denen ſich alsdann Blätter und Blumen befin— den, von denen die Blätter ſich durchgehends von denen, die aus dem Stengel ſelber kommen, in der äußern Form unterſcheiden. Dieſe Zweige ſterben ohne Unterſchied in demſelben Sommer ab, in dem ſie ſich bildeten. In anderen Fällen ſtirbt das untere Ende des Sten— gels ab, wie Verf. es bei Hypochaeris maculata beobach— tete. Der mehrjährige Stengel dieſer Pflanze bricht unten plötzlich ab, unmittelbar unter der Stelle, wo mehrere Wür⸗ zelchen hervorkommen. Dadurch ſtieg beim Verf. die Ver⸗ muthung auf, daß die Entwickelung dieſer Würzelchen den Tod des unterſten Theils verurſache, und um zur Wahrheit zu gelangen, unterſuchte er den Stengel keimender Pflan— zen, bei denen ſich der untere Theil noch vorfand; doch ſobald der Stengel ſeine Dicke erlangt hatte, ſah Verf. in der Mitte desſelben viele Würzelchen entſtehen und in dem Maße als dieſe ſich vergrößerten, ſtarben die im unteren Theile ab. Dieſer Theil nahm von dem Augenblicke an nicht mehr ferner an Größe zu und ſtarb alsdann bald ab. Im Au— guſt fand Verf. ihn noch mit dem lebenden Theile des Stengels verbunden, aber im nächſten Frühlinge war keine 11 * 167 Spur mehr von ihm aufzufinden. Bei anderen Arten die— ſes Geſchlechts ſcheint derſelbe Proceß vorzugehen, nur mit dem Unterſchiede, daß ſich hier mehr Würzelchen ent— wickeln und an Größe zunehmen, ſo daß der Stengel zackig erſcheint, wie es unter anderen bei Hypochaeris glabra vor= kommt. Auf dieſelbe Weiſe entſteht das, was man die fibröſe Wurzel nennt. Hier ſtirbt ein Theil des abwärts— ſteigenden Stengels unmittelbar unter ſeinem oberen Ende ab, indem ſich gleich unter den Blättern Würzelchen in Fülle entwickeln, wie bei Valeriana offieinalis, fo daß dieſe Pflanze einen ſehr kurzen und ganz von Würzelchen umgebenen nie— derſteigenden Stengel erhält. Sehr früh ſtirbt bereits der größte Theil des abſteigenden Stengels in dieſem Falle ab. Bisweilen ereignet es ſich indeß, daß ein längeres Stück erhalten bleibt, und dann bilden ſich an deſſen Endpunkte Würzelchen und ebenſo auch an deſſen oberem Ende. Hier— durch wurde Schultz zu der ſonderbaren Behauptung ver— leitet, daß der abwärtsſteigende Stengel in die Höhe wachſe. Bei Planlago major findet dasſelbe Statt; der abwärtsſtei— gende Stengel behält eine größere Länge und die Würzel— chen entwickeln ſich nur in geringer Anzahl. Bei Paeonia vertheilt ſich der Stengel, ohne abzuſterben, ſehr ſchnell in einige Würzelchen, welche ſich ausdehnen und wahre Zweige bilden, wodurch dieſer Stengel ein zackiges Anſehen erhält. Dieſe verſchiedenen Formen des abwärtsſteigenden Stengels bieten alle möglichen Übergänge dar. Die Richtung des Stengels iſt ſtets eine ſolche, daß deſſen jüngſtes und dünnſtes Ende in Bezug zu ſeinem äl— tern oberen Ende immer ſenkrecht ſteht, und nur die Zweige verbreiten ſich ſchräg nach unten. Hierdurch kann er ſtets beſonders von dem Theile des Stengels, der durch den auf— wärtsſteigenden Stock gebildet wird, mit dem er in vielen Fällen in der Conſtruction übereinſtimmt, unterſchieden wer— den. Er iſt im Allgemeinen einer geringeren Ausdehnung fähig, als der vollkommene Stengel; gewöhnlich überſchrei— tet ſeine Länge keine 3 Zoll. Man hat ihn indeß in Eng— land bei Pastinaca sativa bis zu 4— 5 Fuß Länge ange— troffen. 5 Gleichwie beim vollkommenen Stengel, iſt es auch hier nothwendig, primäre und ſecundäre Theile zu unterſcheiden. Die erſten entſtehen durch die weitere Ausbildung der ra- dieula, des cauliculus und der plumula, obſchon letztere beide Theile durchgehends ſehr wenig dazu beitragen. Im ausgewachſenen Stengel läßt es ſich ſchwer unterſcheiden, was jedem dieſer Theile zuzuſchreiben ſei, denn ſie bilden ein ununterbrochenes Ganze. Anfangs iſt die radicula, aus der dieſer Stengel emporſproßt, allen anderen gleich gebil— det, ſowie Verf. es kurz nach der Keimung oft wahrge— nommen hat. Anſtatt daß ſich jedoch nun die plumula verlängere, bleiben die Blätter ſcheinbar dem Boden nahe; doch während dieſe ſich vergrößern und vermehren, nimmt das Würzelchen an ſeinem unteren Ende an Länge und an ſeinem oberen Ende an Dicke zu. Das letzte findet auf ver— ſchiedene Weiſe Statt, welche ſich auf vier Hauptregeln zu— rückführen laſſen. 1) Das primäre Holzgewebe vermehrt ſich bedeutend, 11. I. 11. 168 wird indeß nicht in Bündel getrennt und bildet ein zuſam⸗ menhängendes Ganze, in deſſen Mitte ſich bisweilen Zell⸗ gewebe entwickelt. Dies findet bei Taraxacum Statt. 2) Innerhalb des primären Holzgewebes findet eine ſtarke Entwickelung des Zellgewebes Statt. Dieſes Gewebe bildet kurz nach ſeiner Entſtehung eine Scheide, und etwas ſpäter theilt ſich dieſe in Bündel, wie bei Plantago. Hier bilden ſie durchgehends nur eine Reihe, in der fo viele Bün⸗ del als Blätter zugegen find. Jedes Blatt enthält in ſei⸗ nem Stiele fünf Bündel, welche ſich im oberen Theile des Stengels zu einem einzigen vereinigen; es ſind bei dieſer Pflanze ebenſo viel Würzelchen, wie Blätter. 3) Es findet keine oder doch nur eine ſehr geringe Entwickelung des Zellgewebes im Innern des Stengels Statt, aber dieſes bildet ſich ſtrahlenförmig vom Mittelpunkte nach der Rinde. Hierdurch entſtehen verſchiedene Holzbündel, die auf der Durchſchnittsfläche ſtrahlenförmig erſcheinen; denn ſie fangen in der Mitte aus einem Punkte an, werden nach außen hin gleichmäßig breiter, ſo daß ſie auf der Durch— ſchnittsfläche ein Dreieck bilden. Gewöhnlich findet man dieſe Bündel aus einer Menge kleinerer gebildet, die durch feines Zellgewebe getrennt werden. Dieſe Form findet man bei Heracleum spondylium, Paeonia u. ſ. w. 4) Es bildet fih nicht nur Zellgewebe som Mittel- punkte des Stengels aus nach deſſen Peripherie, ſondern auch rund um den Stengel in den primären Holzbündeln in verſchiedenen Ringen, ſo daß hierdurch ein Stengel entſteht, der aus einigen Ringen von Bündeln gebildet iſt. Unſere gewöhnliche Bete liefert davon ein deutliches Bild. Iſt die Ausbildung des Zellgewebes ganz zu Stande gebracht, dann ſind im Stengel gerade ſo viele Bündel, wie in allen Blatt⸗ ſtielen zuſammen, oder fünf Mal ſo viel als Blätter zu⸗ gegen ſind. Übrigens ſteht man den Verlauf dieſer Bündel ſehr deutlich in den Würzelchen. Theilt ſich der Stengel ſelbſt unten in zwei oder drei Zweige, was ſich bisweilen ereignet, dann ſind die Bündel hier anfangs nicht in Bün⸗ del geſtellt, aber ſehr bald ändert ſich das und nimmt der Zweig die Form des Hauptſtengels an. Am obern Ende ſieht man die Bündel aus den Blät⸗ tern ununterbrochen in die Stengelbündel übergehen; nur einige machen Krümmungen, oder vereinigen ſich, was einer unregelmäßigen Entwickelung des Zellgewebes zugeſchrieben werden muß. Dieſe Formation folgt gleichen Geſetzen, die auch beim vollkommnen Stengel gelten, d. h. die mittelſten Zellen bilden ſich zuerſt, und von hier, wie aus einem Mittel⸗ punkte, geht die weitere Fortbildung nach der Peripherie bin. Man ſieht aus dieſen Angaben, wie ſehr der abwärts ſteigende Stengel in der Entwickelung der primären Theile den größten Theil des vollkommenen Stengels übertreffe. In dieſer Hinſicht kann er einzig mit den Fettpflanzen verglichen werden, mit denen er, wie es ſpäter auseinander geſetzt werden wird, in vielen Punkten übereinſtimmt. Die ſecundären Gebilde bieten hier auch manche Unter⸗ ſchiede dar. Bisweilen iſt es die Rinde, die ſich beſonders entwickelt, bisweilen das Holz; durchgehends tragen beide Theile gleichmäßig zur Verdickung bei. 169 Secundäres Holz und ſolche Rinde weichen aber bei dieſer Stengelart gewöhnlich ſehr ab von denſelben Theilen im vollkommenen Stengel. So beſteht die ſecundäre Rinde von Leontodon taraxacum einzig aus einem Gewebe von länglich runden Zellen, und ſo oft Verfaſſer auch unterſuchte, nie ſah er Bündel aus verlängerten Zellen, wie man ſie in der Rinde der andern Stengelart gewöhnlich beobachtet. Bei den genannten Pflanzen bildet ſich indeß die Rinde gerade wie bei den Bäumen; denn man findet ihn aus vielen La— gen gebildet, und die innerſte dieſer Lagen zeigt ſtets durch ihre Weichheit u. ſ. w. an, daß ſie zuletzt entſtanden ſei. Auch hier hängt die Rinde im Mai loſe mit dem Holze zuſammen, und die innere Oberfläche iſt feucht. In der Rinde der gewöhnlichen Scorzonere entdeckt man indeß Bün⸗ del, gebildet aus verlängerten Zellen; ſie ſind jedoch viel weicher und in allen Theilen dem gewöhnlichen Zellgewebe der Rinde ähnlicher, als den Baſt-(liber) bündeln beim voll- kommenen Stengel. Dasſelbe gilt im Allgemeinen von den gleichen Bün— deln in der Rinde aller dieſer Stengel; auch iſt das Zell— gewebe, in dem ſie erhalten ſind, niemals grün und harzig, ſondern weiß, ſchleimig und durchgehends von ſüßem Geſchmacke. Größere Verſchiedenheiten bietet das ſecundäre Holz dar. Bei einigen, wie bei Heracleum und Paeonia, iſt es dem des vollkommenen Stengels völlig gleich. Bei Dau- eus carota iſt es noch in der Conſtruction und der Aus ßern Form mit den vorhergehenden übereinſtimmend, aber hier verbinden ſich die Bündel aus den Knoſpen zum Theil mit demſelben, und es iſt nicht in Ringen um den Stengel geſtellt, ſondern in von oben nach unten laufende Bündel. Dieſe find indeß durchaus verſchiedeu von denen des primä— ren Holzgewebes; denn ſie ſind viel dicker, haben keine ſchrau— benförmigen Gefäße und entſtehen ſo, wie das gewöhnliche ſecundäre Holz. Auch ſind ſie hier nicht durch Zellgewebe getrennt, ſondern hängen durchgehends vermittels einer dün— nen Lage von dem Gewebe, aus dem ſie beſtehen, an ein— ander. Bei andern dieſer Stengelarten nähern ſie ſich mehr dem primären Holze, wie bei der Rübe, wo es aus Bün— deln zuſammengeſetzt iſt, die nur im zweiten Lebensjahre ge— bildet werden; während die Rinde loſe mit dem Holze zu— ſammenhängt. Zwiſchen dieſen Bündeln befindet ſich Zell— gewebe, wie es bei der Scorzonere vorkommt. 1101 11 170 Bei der erſten Betrachtung können Zweifel entſtehen, ob dieſe Bündel nicht zum primären fibröſen Gewebe ge— hören; bald wird man ſich indeß überzeugen, daß ſie dem ſecundären Holzgewebe untergeordnet werden müſſen. Sie enthalten keine ſchraubenförmigen Gefäße, entſtehen nicht im Zellgewebe, ſondern zwiſchen Rinde und den primären Theilen des Stengels. Sie haben keine grüne, ſondern eine weißliche oder gelbe Farbe; auch erſcheinen ſie nie eher, als bis die primären Theile ihre vollkommene Entwickelung erreicht haben. In jeder Hinſicht gehören ſie mithin zu den ſecundären Theilen der Pflanze; auch werden ſie gebildet aus verſchiedenen zum ſecundären Holze gehörenden Gefäßarten und verlängerten Zellen; aber ſie weichen darin von der gewöhnlichen Form ab, daß ſie keinen geſchloſſenen Ring, ſondern ein Netzwerk von Bündeln oder in andern Fällen einzelne Bündel bilden. Wegen dieſes Unterſchiedes iſt Ver: faſſer geneigt, das erſte das einfache fecundäre Holz, das andere das bündelförmige fecundäre Holz zu nennen. Es muß indeß dabei bemerkt werden, daß beide Arten durch zahlloſe Übergänge in einander übergehen. a (Fortſetzung folgt.) Miſcellen. 21. Einen Beitrag zur Lehre von der Vertheilung der foſſilen Organismen giebt Preſtel in Emden. Schon Owen, Lyell und andere haben darauf aufmerkſam gemacht, wie die Vertheilung foſſiler Organismen eine große Analogie mit der gegenwartig Statt findenden nicht verkennen und daraus ſchließen laſſe, daß die Configuration des Landes ſchon früh die— ſelbe wie noch jetzt geweſen ſei. Preſtel macht nun darauf auf⸗ merkſam, daß der in beträchtlichen Mengen an der Küſte von Oſt⸗ friesland und Jever gefundene Bernſtein, ungleich dem Bernſtein der Oſtſee, durchaus keine Einſchlüſſe von Infecten ꝛc. zeige, was merkwürdig genug mit dem Umſtande übereinſtimmt, daß auch jetzt noch dieſe Küfte an Kaͤfern, Fliegen, Spinnen u. ſ. w. ſehr arm iſt. (Allg. deutſche naturhiſtoriſche Zeitung von Dr. Sachſe. Jahrg. 1. Heft 5.) 22. Die Bewegung der Dotterzellen der Plana- rien, zuerſt von v. Sieboldt geſehen, iſt wieder von Kölliker beobachtet und ausführlich beſchrieben worden. Sie beſteht in einer nach Art der periſtaltiſchen Bewegung von einem Ende der Zelle zum andern fortlaufenden und dann wieder zurück kehrenden, bald ſeichteren, bald tieferen Einſchnürung. (Wiegmanns Ar: chiv 1846, Heft 4.) Nekrolog. — A. Anderſon, Prof. der Phyſik zu St. Andrews in Schottland, iſt am 5. Decbr. 1846 geſtorben; er war ſeit 1809 Recter zu Perth und ſeit 1837 Prof. zu St. Andrews. Heilkunde. (XX) Sanitätspolizeiliche Studien über den Ge— ſundheitszuſtand der Land- und Seetruppen. Von Hrn. Boudin. Arrian ſpricht in feiner Geſchichte der Expedition Alexan⸗ ders nach Indien (lib. V. c. 26.) von den ungeheuren Verluſten, welche die macedoniſche Armee durch Krankheiten erlitt. Friedrich der Große pflegte zu ſagen, daß das Fieber mehr von feinen Sol: daten getödtet habe, als ſechs blutige Schlachten, und zur Zeit Franz J. von Frankreich wurde ein tapferes franzöſiſches eer von 3000 Mann unter den Mauern Neapels durch Typhusſieber bedeu⸗ tend gelichtet. W von den Soldaten Karls V., Ludwigs XIV. und Karls XII. ſielen einem ähnlichen Übel zum Opfer, und das⸗ ſelbe war in den Kriegen der franzoͤſiſchen Republik der Fall. Nach der Schlacht von Leipzig ei die Sterblichkeit bei der franzoſi⸗ ſchen Beſatzung von Mainz nicht weniger als 25,000 von 60,000 Mann, und bei der Garnifen zu Torgau ftarben von 25,000 Mann 171 13,448. Sehen wir nicht ſelbſt heutzutage mitten im Frieden und trotz der mannigfachen Verbeſſerungen der militäriſchen Hygiene anze Armeen in verſchiedenen Theilen Europas durch typhus und Bruſtkrankheiten, und in America, Aſien und Africa durch Dysenz- terie und Sumpffieber deeimirt werden. Unter den 80000 Mann, welche im Jahre 1842 die franzöſiſche Armee in Algier bildeten, ſtarben 69 von 1000 activen Soldaten und 1843 60; ſeitdem hat ſich aber der Geſundheitszuſtand der Co— lonie bedeutend gebeſſert. 1840 kam 1 Todesfall auf 0 Kranke, 1841 = 1842 = 1 a Aue! = 183 1 2 2 23 = 1844 = 1 32 = Wenn wir auf den Geſundheitszuſtand der Seemiliz einen Rückblick werfen, jo finden wir, daß im Jahre 1741 Commo⸗ dore Anſon, welcher England mit 400 Mann verließ, bei ſei⸗ ner nach wenigen Wochen erfolgten Ankunft zu Juan Fernandez, 200 durch typhus und Scorbut verloren hatte und von den übri⸗ gen 200 kaum 8 noch activen Dienſt zu leiſten vermochten. Im Jahre 1772 jedoch, nachdem die Hygiene der Marine weſentliche Verbeſſerungen erfahren hatte, verlor Capitän Cook auf ſeiner erſten Reiſe von 112 Mann nur 5. Aus den officiellen Berichten über den Geſundheitszuſtand der engl. Marine von 1830 — 1836 erſehen wir, daß von 157,770 Mann 2,175, alſo 13,8 : 1000 ſtarben, wobei aber die Mortalität auf ſehr ungeſunden Statio— nen, wie in Indien und an der Weſtküſte Africas, mit einbe— griffen iſt. Zuſammenſtellung der Todesfälle durch Krankheit und in der Schlacht. Die franzöſiſch-ägyptiſche Armee verlor von der Zeit ihres Abzuges aus Frankreich bis im Ende d. J. 1804 im Ganzen 8915 Mann, von welchen 3614 in der Schlacht fielen, 854 an Wunden, 290 an verſchiedenen Zufällen und 4157 an Krankheit ſtarben. Bei der franzöfifchen Expedition nach Morea ſtarben bin⸗ nen ſieben Monaten (1. September 1828 — 1. April 1829) von 17,000 Mann allein durch Krankheit 840, was ein jährliches Ver— hältniß von 84,6 : 1000 ergeben würde. Nach den officiellen Do— cumenten der britiſchen Armee, herausgegeben von dem General- Inſpector H. Marſhall, betrug der Verluſt der engl. Armee in Spanien während 41 Monate (Januar 1811 — Mai 1814) bei einer Streitmacht von 61,511 Mann 24,930 Sterbefälle durch Krankheit und 8889 in der Schlacht, alſo 118,6 : 1000, und 42,4 : 1000, und 225 : 1000 Soldaten leiſteten wegen Krankheit keinen activen Dienſt, ſo daß demnach die Armee auf ein Viertel ihrer effectiven Stärke redueirt war. Von den Officieren ſtarben 66 : 1000 in der Schlacht und 37: 1000 durch Krankheit. In den vier Schlachten von Talavera, Salamanca, Vittoria und Waterloo wurden 39 : 1000 Offiziere und 31,1 : 1000 Sol: daten getödtet. In der engl. Marine betrugen vom Januar 1780 bis April 1783 die Todesfälle durch Krankheiten 3230, in der Schlacht 640 und durch Verwundung 500. Wir erſehen hieraus, daß ſowohl bei den Land- als Seetruppen die Todesfälle durch Krankheit die durch Krieg an Zahl bei weitem übertrafen. Folgende Tabelle giebt eine Überſicht der jährlichen Todesfälle in der engl. Armee (im Verhältniß zu 1000). Dur Dur = Verwundung. Kraucheit. SAN: Erpedition von Walcheren, Auguſt 1809 16,7 332,0 348,7 Krieg auf der Halbinſel vom Januar 1811 an, 61,511 Mann 42,4 118,6 160,9 Dieſelbe Periode, Officiere . 66,0 37,0 103,0 In Birmah (im Jahre 1824) . 35,0 450,0 406,0 0 (wohl: 485,0) Oſtliche Völker kennen in militäriſcher Beziehung die verwü- ſtende Eigenſchaft der Sumpfmiasmen und benutzen dieſelbe als Mittel zur Vernichtung feindlicher Heere. Es wird berichtet, daß die Araber, als ſie mit Baſſora Krieg führten, rings um dieſe Stadt Überſchwemmung bewirkten, wohl wiſſend, daß Fieber bald 11. I. 11. 172 ihre Feinde aufreiben würden, und Hr. Aubert Roche führt an, daß von 18,000 an den giftſchwangeren Küſten des rothen Meeres gelagerten Arnauten nach Verlauf von zehn Jahren kaum 4000 übrig blieben. Ganze Armeen find in älteren und neueren Zeiten durch Sumpfmiasmen faſt vollſtändig vernichtet worden, ohne eine ein⸗ zige Schlacht geliefert zu haben; ſo wurde 3. B. das franzöſiſche Heer bei Navarino im Jahr 1828 durch Fieber und Dysenterie decimirt, während einige in geringer Entfernung auf den Hügeln campirende Regimenter geſund blieben. Die Wirkungen des Sumpf⸗ giftes bewieſen ſich im Auguſt 1809 zu einer epidemiſchen Jahres- zeit höchſt verderblich für das engl. Heer auf Walcheren, von 39,219 Mann ſtarben 217 durch den Feind und (vom 28. Auguſt bis zum 23. December) 4175 durch die Sumpfmiasmen. Krankheiten und Sterblichkeit der in ihrem eigenen Lande dienenden Truppen. Krankheiten und Mortalitätsverhältniß ſind in verſchiedenen Ländern ſehr verſchieden. So betrugen im Jahre 1842 die re⸗ giſtrirten Todesfälle in Frankreich . 836,152 = 23,97 : 1000 in England Pe 349,519 = 22,07 : 1000 in Oſterreich (einem Theile von) 682,208 = 22,95 : 1000 in Preußen 2558 1000 in Rußland (einem Theile von) 1,856,183 = 35,90 : 1000 Die geringſte Sterblichkeit iſt demnach in England und die größte in Rußland. Die Mortalität in Frankreich und Preußen ſcheint im Abnehmen begriffen zu ſein; ſie betrug in Frankreich von 1817 - 1836 25,2 : 1000, in Preußen von 1820 — 1834 28,0 : 1000 und in Schweden von 1810 — 1829 24,6 : 1000. Wenn wir die Sterblichkeit der militäriſchen Bevölkerung Frankreichs unterſuchen, jo finden wir 19,4 Todesfälle: 1000, alfo doppelt ſo viel, als beim Civilſtande; in England kommen 9,91 Todesfälle: 1000 (bei der piemonteſiſchen Armee kamen dagegen nach Graf Morozzo 90 auf 1000). Obwohl in Frankreich die Sterblichkeit der Gemeinen 19,9 : 1000 beträgt, fo iſt die der un⸗ beſoldeten Offiziere doch nur 10,8: 1000 und die der königlichen Garde 14,7. In dem preußiſchen Heere von 110,000 Mann betrug die Durchſchnittszahl der Kranken von 1821 — 1830 44 : 1000, und die Sterblichkeit war faſt dieſelbe, wie die der erwachſenen männ⸗ lichen Bevölkerung des ganzen Königreiches von 20 — 25 Jahren. Im Jahre 1840 betrug die männliche Bevölkerung (von 20 — 25 10 und die Sterblichkeit 6853, alſo 1: 101 oder 10 ) Die ſächſiſche Armee von 12,533 Mann hat eine geringere Sterblichkeit, als irgend eine andere, nämlich 4,5: 1000, doch mag dieſes davon een daß chronische Fälle des Dienſtes entlaſſen werden oder als Reconvaleſcenten einen langen Urlaub erhalten. Was die engl. Armee betrifft, ſo verhält ſich die Sterblichkeit bei der Garde zu der bei der franzöſiſchen Garde wie 21,6 : 14,7 oder wie 3: 2 (Ergebniſſe der Jahre 1830 — 36 incl.); fie betrug bei den in Irland ſtehenden engl. Truppen von 1797 — 1828 15,5: 1000, und bei der engl. Polizeimacht zu London von 23,698 Mann in den Jahren 1830 — 1837 211 Todesfälle oder 9: 1000. Das Mortalitätsverhältniß bei den in ihrem Vaterlande die⸗ nenden engliſchen Hilfstruppen ſtellt ſich folgendermaßen heraus: Malteſiſches Corps in Malta. . » 2 2 9: 1000 Hottentotten am Cap der guten Hoffnung . 12,5: 1000 Truppen der oſtind. Compagnie in Bengalen (Ein⸗ geborene der nördlichen Provinzen) . » » Armee don? SEE dr: Ceyloneſiſche Truppen in Ceylon 25,8: 1000 Wenn wir dieſe Mortalität mit der im franzöſiſchen Heere vergleichen, ſo finden wir dieſelbe bei dieſem bedeutend größer, wovon der weſentlichſte Grund darin liegt, daß das Werbegeichäft in Frankreich ſehr häufig Unkundigen überlaſſen bleibt, und auf dieſe Weiſe nicht ſelten kränkliche Individuen der Armee einver⸗ leibt werden. Über die Armee der vereinigten Staaten von Nordamerica fin⸗ 173 den wir in dem 1840 veröffentlichen officiellen Berichte folgende Angaben über den Geſundheitszuſtand und die Sterblichkeit des Heeres von 1829 — 1838 incl. Ins Spital Auf⸗ Armeebeſtand. genonmene. Todesfalle. Nördliche Diſtricte . 32,242 32,154 281 Südliche 5 24,979 54,411 823 Mortalität im Norden 18,8 Todesfälle auf 1000 Mann, 5 „Süden 52,3 s a 47 s z Centrum 44,2 s el 5 Von allen Truppen alſo, welche in ihrem Geburtslande die⸗ nen, findet ſich die geringſte Sterblichkeit bei dem malteſiſchen Corps (9 1000) und die größte bei der Südarmee der vereinigten Staa⸗ ten (53,3: 1000). Allein dieſe Durchſchnittszahl kann kaum als Typus gelten, indem die in den vereinigten Staaten Geborenen in den ſüdlichen Diſtricten als Fremde anzuſehen find, und das Klima der letzten, als ein faſt tropiſches, ſowie die daſelbſt vorhandenen Sumpfmiasmen für Weiße hoͤchſt verderblich werden. Über den Einfluß fremder Klimate auf den Geſund— heitszuſtand der außerhalb ihres Vaterlandes die- nenden Truppen. Während eines Zeitraumes von zehn Jahren kamen in Groß⸗ britannien auf eine Streitmacht von 47,061 Mann im Durch⸗ ſchnitt 721 Todesfälle jahrlich ( 15 : 1000), in den verſchiede⸗ nen britiſchen Beſitzungen dagegen auf 53,153 Mann durchſchnitt⸗ lich 3037 Todesfalle (= 57 : 1000). In Bezug auf die letzten finden wir wiederum eine Schwankung von 14,1 : 1000 in Süd⸗ Auſtralien bis zu 483 : 1000 zu Sierra Leone. Die Steigerung der Temperatur coincidirt ſtets mit einer Steigerung der Mortali— tät, wozu ohne Zweifel auch Sumpf- und telluriſche Miasmen das ihrige beitragen. Die jährliche Mittelzahl der Todesfälle in allen nicht tropiſchen engl. Beſitzungen beträgt 21,1 : 1000, in den tro⸗ piſchen dagegen 63,4: 1000 und in Großbritannien 15,9: 1000, alſo Großbritannien — 5! Nicht tropische engl. Befigungen. . = 1,3 Tropiſche engl. Beſitzungen . = 4 Die Sterblichkeit der farbigen Truppen der verſchiedenen Naf- ſen ſteigt beim Dienſte außerhalb ihres Vaterlandes, wo ſie 15,2: 1000 beträgt, auf 35,8 : 1000, aljo etwa = 1: 2,28. Die Se: voys aus den nördlichen und hügeligen Provinzen Indiens werden in den Alluvialebenen dieſes Landes eben ſo gut wie die Europäer deeimirt. Eine bedeutende Schwankung in Bezug auf Krankheiten und Sterblichkeit findet jährlich in den heißen Klimaten Statt und bietet wiederum Varietäten in den einzelnen Stationen dar. So kamen im Jahre 1819 zu Tabago 222 Todesfalle auf 1000 und zu St. Chriſteph nur 9 : 1000; im Jahr 1828 zu Dominica 43: 1000, 1817 dagegen ebendaſelbſt 559 : 1000. Wenn wir dieſe Reſultate mit denen der in Irland von 1797 — 1823 dienenden Truppen zuſammenſtellen, ſo finden wir bei dieſen eine Mortalität von im minimo 10 : 1000, im maximo 1000, Mittel 15,5 : 1000. Nach den officiellen Berichten über den Geſundheitszuſtand der Seemacht im Jahre 1840 kamen auf 157,770 Mann von 1830 — 1836 incl. im Ganzen 210,272 Kranke, 2175 Todesfälle und 5190 als dienſtunfähig Verabſchiedete; und auch hier finden wir die niedrigſte Mortalität beim Dienſte in der Heimath und die höchſte in der Fremde, mit alleiniger Ausnahme von Südamerica. Die Schwankungen zwiſchen dem maximo und minimo der Mortalität ſind nicht ſo bedeutend bei der Marine, wie bei den Landtruppen (minimum 7,7 in Südamerica, maximum 22,5 Cap der guten Hoffnung und Kuͤſte von Africa). Relatives jährliches Verhältniß zu 1000. Seemacht. Landmacht. Krankheit. Todesfälle n Todesfälle. 9⁰ 48 U 7 Über die Auswahl der Lecalität für Beſatzungen und geeigneter Stationen in . Klimaten zur Sicherung des Geſundheitszuſtandes der Truppen. Wenn wir die Sterblichkeit der Truppen in einigen tropiſchen Ländern erwägen und während eines Zeitraums von 20 Jahren 1 E 28 74 eine jährliche Durchſchnittszahl von 97 zu Badulla auf Ceylon, 177 zu Spaniſh Town auf Jamaica, 200 zu Bahama und 483 : 1000 zu Sierra Leone finden: fo erlangt der oben erwähnte Gegenſtand eine hohe Wichtigkeit und nimmt unſere volle Berück⸗ ſichtigung in Anſpruch. Militärifche Bedürfniſſe überwiegen zwar uweilen alle anderen, und es mag nicht ſelten dringend nothwendig fein, wenigſtens auf eine gewiſſe Zeit in ungeſunden Localitäten zu verweilen: allein in den meiſten Fallen kann gewiß auch die Hygiene gehörig berückſichtigt werden, und es iſt auffallend genug, daß bei den heutzutage durch die Chemie, Meteorologie und Phyſik gegebenen Hilfsmitteln ſelbſt das Thermometer noch ſo wenig be— nutzt wird, bevor bedeutende Unternehmungen, welche ohne derglei⸗ chen Vorſichtsmaßregeln eine ſehr große Sterblichkeit zur Folge haben könnten, ausgeführt werden. Bei der franzöſiſchen Armee in Algier kamen im Jahre 1839 zu Boufarif 12, zu Djidzeli 121 und zu Philippeville 122 Todesfälle auf 1000 im Spitale behandelte. Dieſe Angaben betreffen jedoch nur ein Jahr, und die Kranken wurden während desſelben häufig von einem Spitale in das andere gebracht. Bei der engliſchen Armee auf den ioniſchen Inſeln kamen von 1817-1836 zu Corfu 20,1 \ : 9 5000 „Cephalonia 0,5 R Ithaca 26,1 1000 = Zante 32,0 „ eride „ 201 woraus wir erſehen, daß oft an einander ſehr nahe gelegenen Platzen der Betrag der Sterblichkeit ein ſehr verſchiedener iſt. Innerhalb der Wendekreiſe iſt ein noch ſtärkerer Contraſt zwi⸗ ſchen der Salubrität der verſchiedenen Inſeln bemerkbar. Von 1817 — 1836 betrug die jährliche Mortalität auf eine Streitmacht von 4333 Mann auf 1000 : zu Antigua, Montſerrat 40,6 Britiſch Guyana 814,0 St. Vincent. 54,9 | Trinidad 106,3 Barbados 58,6 | St. Lucia 122,8 Grenada 61,8] Dominica 9 137,4 St. ChHriftopp . > . 71,0 ] Tab .... 152,8 Auf Jamaica hat die Berückſichtigung der Wahl geſunder Stationen für die Truppen die günſtigſten Reſultate zur Folge ge⸗ habt; auf dieſer Inſel findet zwiſchen dem Minimum und Maris mum der Mortalitat eine ſehr bedeutende Schwankung Statt. Fol⸗ gendes iſt im Verhältniß der Todesfälle auf den verſchiedenen Sta- tionen während eines Zeitraums von 20 Jahren: Phönir Park 1833 — 1836 29 Montpellier 1833 — 1826 30 Maroon Town 1817 — 1836 32,5 Mandeville 1833 — 1836 35 Fort Auguſta 1817 — 1836 78,3 Lucia 1817 — 1836 91 1000 Stony Hill 1817 — 1836 96 Falmouth 1517 — 1836 110 Port Noyal 1817 — 1836 122,3 Up⸗Park Camp 1817 — 1836 152,8 Pert Antonio 1817 — 1836 Spaniſh Town 1817 — 1836 177,7 In verſchiedenen in dieſer Tabelle nicht angeführten Theilen der Inſel ſoll die Sterblichkeit jahrlich 500 : 1000 betragen, aber die Durchſchnittszahl zu Maroon Town 32,5, faſt dieſelbe, wie bei den Gardetruppen zu London, woraus die Wichtigkeit geſunder Stationen e Seitdem die Truppen auf die 2000“ ober⸗ halb der Meeresflache liegenden hügeligen Landſtriche verſetzt find, werden fie nicht mehr durch Sumpfmiasmen decimirt. Bei einem in den Ebenen campirenden Negerregimente hat der e nicht gelitten; follte dieſe Raſſe von dem ver- heerenden Einfluſſe der malaria 2 71 fein? — Die Poſten von Up⸗Park Camp und Stony Hill ( und 1360“ über der Mee⸗ reoflache) find nicht fo geſund, wie die von 2000“ Erhebung. Das: ſelbe iſt jedoch nicht auf Ceylon der Fall, denn wir finden hier eine jaͤhrliche Mortalität für einen Zeitraum von 20 Jahren: 175 von 23,0 zu Salle bei einer Streitmacht von 182 Mann 24,0 zu Mucia Elia - 2 116 — 42,7 zu Natna poora = = 5 „ 54 — 51,9): 1000 zu Colombo 5 . : 920 — 60, zu Kandy „ * ⸗ : 433 — 91,4 zu Trincomalee = = 2 284 — 97,1 zu Badulla 2 + 2 75 woraus wir erſehen, daß die 1676“ und ſelbſt 2000“ über der Mee— resfläche gelegenen Stationen (wie Kandy und Badulla) keinen Schutz vor den tropiſchen Krankheiten gewähren, und die Mortali— tät ſogar noch zu ſteigern ſcheinen. Für den Neger zeigen ſich hoch gelegene Stationen nicht fo vortheilhaft, wie für den Euro⸗ päer: fo ſtarben zu Ninera Elia auf Ceylon im Jahre 1835 von 51 Negern, welche 6200“ über dem Meere ſtationirt waren, 15 = 300: 1000, während die engl. Garniſon nur 24 von 1000 verlor. Zu Boſton in Nordamerica iſt die Sterblichkeit unter der ſchwar— zen Bevölkerung drei Mal ſo groß, als bei der weißen. Der vortreffliche Geſundheitszuſtand der in hoch gelegenen Ge— genden, auf Quarz-, Gneiß- und Granitfelſen am Cap der guten Hoffnung ſtationirten Europäer zeigt die Wichtigkeit der Berückſich—⸗ tigung der medieiniſchen Geologie, und wie geſund warme Klimate ohne den Einfluß von Sumpfmiasmen ſein können. Allgemeine Schlußfolgen. 1) Die Verluſte, welche Armeen durch Krankheiten erleiden, ſind bei weitem größer, als die durch den Krieg und das Feuer des Feindes. 2) Die geringſte Sterblichkeit findet ſich bei den in ihrer Heimath dienenden Truppen, und ſie ſteigt bei europäiſchen Heeren, je mehr ſie ſich dem Aquator nähern. Bei Negertruppen dagegen nimmt die Sterblichkeit mit ihrer Entfernung vom Aquator bedeu— tend zu. 3) Selbſt beim Dienſte in der Heimath iſt die Sterblichkeit bei europäifchen Armeen größer, als im Privatleben. 4) In einander ſehr nahe liegenden Gegenden iſt die Sterb— lichkeit oft ſehr verſchieden, was für die Wahl militäriſcher Sta— tionen, für die Anlegung von Lagern u. ſ. w. große Berückſichtigung verdient. 5) Zwiſchen den Wendekreiſen bietet die jährliche Mortalität große Verſchiedenheit dar. 6) In ungeſunden tropiſchen Gegenden genügt die Wahl einer hoch gelegenen Stellung oft, den Geſundheitszuſtand der Europäer fat auf demſelben Standpunkte, wie in ihrer Heimath zu erhalten. 7) Die geologifche Beſchaffenheit eines Landes übt nicht nur auf den Geſundheitszuſtand und die Mortalität von Armeen, ſon— dern auch auf das Vorhandenſein oder Nichtvorhandenſein von Krankheiten, welche zum Kriegsdienſte untauglich machen, einen entſchiedenen Einfluß aus. 8) Die Steigerung der Mortalität von Armeen, namentlich in warmen Klimaten, hängt vornehmlich von Sumpfmiasmen ab. 9) Die Sterblichkeit der Landtruppen iſt durchweg bedeutend größer, als die der Seetruppen. 11, L. 4. 176 10) In den mittleren Theilen Europas trägt eine dichte Be⸗ völkerung in der Nähe einer Beſatzung zur Erzeugung von Krank: heiten und zur Steigerung der Mortalität bei derſelben bei. 11) Zahlreiche Thatſachen ſtreiten gegen die Anſicht, daß der Geſundheitszuſtand franzöſiſcher Truppen durch einen längern Aufent⸗ halt in wärmeren Klimaten nach und nach gebeſſert und alklimati⸗ ſirt werde. 12) In militäriſcher Beziehung iſt die Kenntniß von der Zu⸗ nahme der Krankheiten in gewiſſen Jahreszeiten in den verſchiede⸗ nen Theilen der Erde, und von den verſchiedenen klimatiſchen und kosmiſchen Einflüſſen auf den Geſundheitszuſtand von Armeen, un⸗ gemein wichtig, und dieſer Gegenſtand iſt bis jetzt durchaus noch nicht gehörig gewürdigt worden. 13) Der pathogenetiſche Einfluß der Jahreszeiten auf die Trup⸗ pen ſteht mit der Beſchaffenheit des Bodens, der Breite, Länge und Höhe eines Platzes, feiner Lage in der nördlichen oder ſüß lichen Hemiſphäre, ſowie mit der Raſſe und der Abſtammung der Krieger in Verbindung. 14) Die geringſte Mortalität findet ſich bei den Soldaten, welche ein Alter von 18—25 Jahren haben. (Dublin Quart. Journ., Aug. 1846.) Miſcellen. (36) Behufs der Ein athmung von Schwefelätherdäm⸗ pfen als Schmerzpräſervativ iſt der beſte Apparat 1 Glasflaſche mit 2 Offnungen, 1 für das Mundſtück, 1 für den Luftzutritt; der ein⸗ fachſte Apparat dagegen iſt eine Rindsblaſe, an welcher ein Mund⸗ ſtück aus Elfenbein angebracht iſt. In die aufgetriebene Blaſe oder Flaſche thut man 1 Unze Schwefeläther, ſchüttelt und giebt das Mundſtück dem zu Operirenden zwiſchen die Lippen, während man ihm die Naſe zuhält; wenn die Lippen erſchlaffen, ſo iſt der Zeit⸗ punkt zur Operation da. — Die Zahl der einzelnen Beobachtun⸗ gen mehrt ſich. Eine der merkwürdigſten iſt folgende nach dem He- rald: Ein Mann, bei dem die Radicaloperation einer hernia con- genita von Hrn. Key gemacht werden ſollte, athmete etwa 6 Mi⸗ nuten die Atherdämpfe ein; hierauf begann die Operation und dauerte 16 Minuten. Als ihn die Umſtehenden fragten, ob er den Schmerz gefühlt habe, antwortete er: „Durchaus nichts, ich habe mir die Herrn außen herum betrachtet“; womit er die Herren meinte, welche in den Operationsſaal nicht Zutritt gefunden und an dem Fenſter in der Decke des Operationsſaales zugeſehen hatten. (37) Das Schmerzpräfervativ ift jetzt auch bei einem Thiere erprobt worden. Mr. Lucas mußte bei einem Neufundlän⸗ der Hunde eine große Geſchwulſt abnehmen; er erwärmte einen Topf, goß Schwefeläther hinein und ſteckte nun den Kopf des Thie⸗ res in die Offnung des Topfes; der Hund wurde ſogleich betäubt und in dieſem Zuſtand ohne Schmerzempfindung operirt. (Liver- pool Mercury.) 5 Nekrolog. — Der ausgezeichnete Thierarzt Hr. Mouatt zu London hat im kranken Zuſtande in ſeinem 70. Jahre am 4. Jan. d. J. ſich ſelbſt den Tod gegeben. Bibliographiſche Neuigkeiten. Nouveau dietionnaire elassique d'histoire naturelle ou Repertoire universel, par ordre alphabetique, des sciences na- turelles et physiques; redige par une société de naturalistes. 2. Edit. revue et corrigee avec soin par M. B. S., ancien pro- fesseur. Tome 25 — 30. (mon- ovo) 12°. avec atlas in 4°, de 90 pl. (pour ces six Vol.) Tomes 31—37. (ovo-poy) (150 B.) Tomes 38—40. (poy-sal) (65 B.) Paris 1846. — (Im Gan⸗ zen werden es 48 Bändchen mit 1 Atlas in 40. von 105 Pl.) Quelques considerations sur la monomanie par M. Balliarger. 80. (½ B.) Paris 1846. Recherches sur l’emploi du calomel à doses refractees dans le traitement des maladies veneriennes par le Dr. Dany. 8°. (2 B.) Paris 1846. Traite sur le safran de Gatinais par Conrad et Waldmann, droguistes. 8%. (% B.) Paris 1846. Müller, A., mediciniſche Topographie der Stadt Wiesbaden. gr. 8o. Wiesbaden 1846. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. Fr. v. Froriep gegründete Zeitſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 12. (Nr. 12. des I. Bandes.) Februar 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Compteirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XVI. über die Umwandlung des Schwefelwaſſer⸗ ſtoffgaſes in Schwefelſäure. Von Hrn. Dumas. Die Reiſenden, welche Popayan beſucht haben, be— ſchreiben mit Intereſſe den bewunderungswürdigen Waſſer— fall, welchen der Rio de Paſambio oder Rio Vinagre in einiger Entfernung von der Mündung des Vulcanes Pu— race bildet, aus der er entſpringt, obgleich das durch den Sturz zerftaubte Waſſer weithin feine ſäuerlichen Tröpfchen verbreitet, die einen langen Aufenthalt in der Nähe des un— geheuren Trachyt-Amphitheaters, in deſſen Mitte der Waſ— ſerfall ſich herabſtürzt, nicht geſtatten. Die Herren v. Humboldt und Bouſſingault haben dargethan, daß dieſes ſaure Waſſer des Rio Vina— gre freie Schwefelſäure enthält, ſowie auch freie Hydrochlor— ſaͤure. Ohne mich für den Augenblick bei der Unterſuchung der Urſachen aufzuhalten, welche im Stande geweſen find, freie Hydrochlorſäure zu erzeugen, die ſich hier, wie in vie— len anderen Vulcanen, bemerkbar macht, will ich die Auf: merkſamkeit auf die Erzeugung der Schwefelſäure lenken, welche hier ebenfalls vorkömmt. Sie kommt auch an einer anderen merkwürdigen Stelle vor, auf welche die Aufmerkſamkeit der Akademie neuerdings gelenkt worden iſt; nämlich an den Fumarolen, durch welche die toſcaniſchen Lagunen ſich charakteriſiren. Aus offenen Mündungen im Boden, die unaufhörlich Waſſerdampf mit Borſäure ausſtrömen, welche man hier gewinnt, kommt auch in kleiner Quantität Schwefelwaſſer⸗ ſtoffgas hervor. Die Erfahrung lehrt nun, daß dieſe Dämpfe oder das Waſſer, welches ſie mit ſich führen, obgleich keine Schwefel: No. 1992 — 892. — 12. ſäure enthaltend, doch bald, indem es zu Boden fällt, mit Hülfe des kohlenſauren Kalkes, welchen dieſer Boden ent— hält, ſchwefelſauren Kalk bildet. Es liegt auf der Hand, daß das Schwefelwaſſerſtoff— gas die Schwefelſäure und dieſe den ſchwefelſauren Kalk erzeugt habe, der um die Fumarolen herum ſo gewöhnlich iſt, und den die Analyſe in dem Schlamme der Lagunen, in dem Waſſer derſelben und in der Borfäure nadhweif't, welche an dieſen merkwürdigen Orten gewonnen wird. Ich habe dieſe Bildung von ſchwefelſaurem Kalk oder von ſchwefelſauren Metalloryden auch in einer mit Recht berühmten Anſtalt wieder gefunden, wo ſie ſchon die Auf— merkſamkeit unſeres Collegen, Herrn Francoeur, in An— ſpruch genommen hat; nämlich in den Schwefelbädern zu Air in Savoyen. Die Säle, in welchen das Waſſer zu den Bädern und zu den Douſchen vertheilt wird, ſind meiſtentheils aus Kalk— ſtein gebaut; nach und nach blähen ſich die Wandflächen derſelben auf und überziehen ſich mit Gypskryſtallen. Dies erfolgt ſo ſchnell, daß man ſich veranlaßt gefunden hat, bei den neuen Bauten anſtatt der Kalkſteine gebrannte Bad- ſteine anzuwenden. An den Thüren kann man nicht ohne Nachtheil die gewöhnlichen eiſernen Beſchläge anwenden, ſo raſch erfolgt die Orydation des Eiſens und feine Umwandlung in ſchwe— felſaures Eiſen. Man giebt dieſen Thüren in der Regel Angeln und Riegel aus Kupfer, welches beſſeren Widerſtand leiſtet, als das Eiſen, dennoch aber mit der Zeit in ſchwe— felſaures Kupfer verwandelt wird. Die Gewäſſer von Air bieten dieſelben Erſcheinungen, wie die toſcaniſchen Lagunen. Es zeigt ſich indeſſen auch noch etwas anderes, was bis jetzt nur hier beobachtet worden iſt. 12 179 Die Zeugvorhänge, die in dieſen Badeanſtalten zur Trennung der Patienten dienen, ſättigen ſich ſehr bald mit freier Schwefelſäure. Schon nach einigen Wochen giebt ſich die Gegenwart dieſer Säure aufs deutlichſte zu erkennen, und das Vorhangszeug wird davon ſtark angegriffen, ſo daß, wenn man, ohne dasſelbe vorher zu waſchen, es in einem Kaſten ꝛc. aufbewahrt, es von freien Stücken zerſtört wird und bei der geringſten Reibung in Staub zerfällt. Ich habe indeſſen nachgewieſen, daß die Dämpfe der Waſſer von Air keine Schwefelſäure enthalten. Ein Gefäß mit Lakmustinctur kann ihrer Einwirkung ausgeſetzt bleiben, ohne daß es die Veränderung zeigt, welche die Schwefel— ſäure unfehlbar hervorbringen, würde. Ein Gefäß mit ſalz⸗ ſaurer Barytauflöſung zeigt in dieſen Dämpfen, ſelbſt nach einigen Tagen, keine Trübung. Aber die Quantität Schwefelſäure, womit das Linnen— zeug in dieſen Dämpfen ſich ſättigt, iſt ſo groß, daß man in dieſer Anſtalt bei der Anwendung der Dampfbäder die mit Zeug ausgefütterten Kaſten, welche man früher anwen— dete, hat aufgeben müffen, weil das Zeug zu raſch zerſtört wurde. Der Dampf der Waſſer von Aix enthält alſo, wie übrigens auch die Hrn. Bonjean und Fran coeur gefunden haben, keine freie Schwefelſäure, obgleich die Ge— genwart dieſer Säure ſich an allen den Punkten kund giebt, welche die Dämpfe berühren *). Ich habe daraus gefolgert, daß die Schwefelſäure ſich auf Koſten des Schwefelwaſſerſtoffgaſes und unter Einwir— kung eigenthümlicher Urſachen bilden müſſe. Unter dieſen Urſachen lag die auffallendſte offenbar in der thatſächlichen Vermittelung des gewebten Stoffes, des Hauptſitzes der Erzeugung freier Schwefelſäure. Ich habe verſucht, die Wirkungen wieder hervorzubrin— gen, welche die Bäder von Aix mir dargeboten hatten, indem ich nämlich unter verſchiedenen Zuſtänden der Feuchtigkeit oder der Temperatur, aber immer unter Mitwirkung eines gewebten Zeuges, das Schwefelwaſſerſtoffgas der Luft aus— ſetzte. Wenn ich in eine Glasröhre zuſammengerollte Zeug— klümpchen von Linnen oder Baumwolle legte und durch die Röhre einen Luftſtrom, vermiſcht mit Schwefelwaſſerſtoffgas, ſtreichen ließ, ſo habe ich keine Erzeugung von Schwefelſäure bemerken können, ſobald die Gaſe trocken und die Tempera— tur die gewöhnliche war. War die Leinwand feucht, und beſaß das Gas die ge— wöhnliche Temperatur, ſo habe ich ebenfalls keine Erzeugung von Schwefelſäure bemerkt, ja nicht ein Mal in dem Falle, wenn der Verſuch einige Tage lang fortgeſetzt wurde. Wurde aber die Temperatur der Röhre, in welcher die feuchte Leinwand lag, auf 40 oder 500 und beſſer noch auf 80 oder 900 erhöht, jo habe ich mich überzeugt, daß die Schwefelſäure fi) nach Verlauf von 15 oder 20 Stunden in ſehr anſehnlichen Quantitäten bildete. Verlängert man ) Vanquelin hatte auch die Bildung von Schwefelſäure mit⸗ tels der Dämpfe des Waſſers von Enghien erkannt. 12. 1. 12. 180 den Verſuch, ſo nimmt das Verhältniß der auf dieſe Weiſe gebildeten freien Säure im Verhältniß mit der Dauer des Verſuches zu, und nach einigen Tagen giebt die in de— ſtillirtem Waſſer ausgewaſchene Leinwand eine ſehr ſaure Reaction ganz deutlich zu erkennen und macht das Waſch⸗ waſſer fähig, die Auflöſung von ſalzſaurem Barytwaſſer ſtark zu trüben. So verwandelt ſich alſo das mit Luft gemiſchte Schwefel⸗ waſſerſtoffgas unter Mitwirkung eines poröſen Körpers und beſonders der Leinwand und unter Einwirkung einer nicht ſehr hohen Temperatur langſam in Schwefelſäure. Dieſe Art der Verbrennung iſt, wie man ſieht, ganz verſchieden von jener, die eintritt, wenn man Schwefelwaſſer⸗ ſtoffgas in Berührung mit der Luft und unter Erzeugung von Flamme verbrennt. In ſolchem Falle entſteht bekannt⸗ lich Waſſer, ſchweflige Säure, faſt immer ein Niederſchlag von Schwefel und Spuren von Schwefelſäure. In dem Falle, wo die langſame Verbrennung des Schwefelwaſſerſtoffgaſes unter den eben aus einander geſetzten Bedingungen erfolgt, habe ich weder ſchweflige Säure, noch Schwefel, welcher die Folge davon iſt, ſondern bloß Schwefel- ſäure bemerkt. Wenn dagegen das Schwefelwaſſerſtoffgas im Waſſer aufgelöſ't iſt und man die Auflöſung der Berührung der Luft überläßt, ſo entſteht auch eine langſame Verbren⸗ nung, aber fie erzeugt nur Waſſer und Schwefel, wel— cher niederfällt. Es iſt allgemein bekannt, daß dieſer Nie⸗ derſchlag von Schwefel eine charakteriſtiſche Eigenthümlichkeit der ſchwefelhaltigen Mineralwaſſer iſt, die, wenn ſie an die Luft gelangen, in allen Anfängen ihres Laufes denſelben niederſchlagen. Endlich giebt es auch noch eine andere Art von Ver— brennung des Schwefelwaſſerſtoffgaſes, welche mit der eben beſchriebenen nicht verwechſelt werden kann. Dieſe Verbren⸗ nung iſt von unferem Collegen Hrn. Thénard beobachtet worden. Als nämlich Kohle mit Schwefelwaſſerſtoffgas ge— ſättigt worden und in Sauerſtoffgas gebracht wurde, To be= merkte man, daß die Kohle ſich erhitzte, einen Niederſchlag von Schwefel gab und bald eine Exploſion mit Erzeugung von Waſſer und ſchwefliger Säure bewirkte. Gewiſſe poröſe Körper, beſonders die Leinwand, haben die Eigenſchaft, die Verwandlung des Schwefelwaſſerſtoff⸗ gaſes in Schwefelſäure bei einer Temperatur zu bewirken, die von der gewöhnlichen wenig entfernt iſt. Ich werde in einer anderen Abhandlung nachweiſen, wie die Metalle in Gegenwart von Schwefelwaſſerſtoffgas und Luft die Bildung von ſchwefelſauren Kalken bewirken. Die Erſcheinung iſt ziemlich complicirt. Indem ich mich aber gegenwärtig darauf beſchränke, dieſe leichte Umwandlung des Schwefelwaſſerſtoffgaſes unter dem Einfluſſe der Luft und poröſer Subſtanzen in Schwe⸗ felſäure zu betrachten, erlaube ich mir noch folgende zwei Bemerkungen. In den großen Städten, beſonders in London, hat man die Bemerkung gemacht, daß der Luft ausgeſetzte Maſ⸗ ſen von Guß- oder Schmiedeeiſen angefreſſen werden, was 181 man der Gegenwart von ſchwefligſaurem Gas in der Luft zugeſchrieben hat. Dieſes ſchwefligſaure Gas ſollte herrüh⸗ ren von der Verbrennung der Steinkohle auf den vielen wirthſchaftlichen oder induſtriellen Herden, welche in dieſer unermeßlichen Stadt in Thätigkeit ſind. Indeß dürfte es kein unnützes Bemühen ſein, ſich zu überzeugen, ob das Schwefelwaſſerſtoffgas, welches die zahlreichen Abzuchten Lon⸗ dons aushauchen, mit der Erzeugung dieſer Anfreſſungen und der Bildung von ſchweſelſauren Salzen, welche damit verbunden ſein würde, nichts zu ſchaffen habe. Dieſe übri— gens ſehr allgemeinen Emanationen von Schwefelwaſſerſtoff— gas, welche in Paris, wie in London, ſich ſehr auffallend kund geben, können alſo Veranlaſſung zu einer langſamen Erzeugung von Schwefelſäure und folglich von ſchwefelſau— ren Salzen an ſolchen Orten geben, wo die Baſen vorhan— den ſind, um ſich zu ſättigen. N . Alſo überall, wo ſchwefelſaure Alkalien ſich in Berüh⸗ rung mit organiſchen Subſtanzen befinden, thun die Beob⸗ achtungen der Hrn. Chesreul, Vogel und Lewy dar, daß ſie die Veranlaſſung und die Quelle einer Erzeu— gung von Schwefelwaſſerſtoffgas werden können. f Überall, wo das Schwefelwaſſerſtoffgas und die Luft anderentheils in Berührung mit feuchten Pflanzenreſten ſte⸗ hen, werden ſich Schwefelſäure und ſchwefelſaure Salze bilden. Der Schwefel könnte alſo von den ſchwefelſauren Sal— zen, welche ihn in den großen Waſſeranhäufungen enthal⸗ ten, durch die Luft auf die Länder übergehen, welche ihn für die Vegetation ihrer Pflanzen oder zur Erzeugung der Thiere nöthig haben, die durch die Pflanzen genährt wer— den ſollen. Der Schwefel ſpielt in der That, was ganz beſonders beachtet zu werden verdient, eine wichtige Rolle in der Er— zeugung aller ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen der Pflanzen und der Thiere; ſie enthalten davon im Durchſchnitte den hun— dertſten Theil ihres Gewichtes. 10 Kilogramm trockene ſtickſtoffhaltige Subſtanz, un⸗ gefähr die Quantität, welche ein Menſch von mittlerem Wuchſe beſitzen mag, enthalten alſo 100 Gramm Schwefel, eine Quantität, deren Betrachtung, wie man ſieht, von Wich— tigkeit iſt. 5 Demnach repräſentirt die Bevölkerung Frankreichs of— fenbar eine Quantität Schwefel, die nicht weniger als 2,000,000 Kilogramm beträgt. Wollte man nun einen richtigen Begriff von der Quan⸗ tität Schwefel haben, die in der Menge der Thiere und Pflanzen eriſtirt, welche den franzöſiſchen Boden bedecken, ſo würde man die Wahrheit durch eine Verzehnfachung die— ſer Quantität keinesweges überſchreiten. Eine regelmäßig auf der Oberfläche der Erdkugel er: zeugte Bewegung, welche den Pflanzen oder den Thieren, die ſie bewohnen, beſtändig ſo bedeutende Maſſen von Schwefel zuführt, muß durch Geſetze geordnet ſein, welche der näheren Betrachtung aller Freunde der Naturphiloſophie würdig ſind. Ohne die Behauptung zu wagen, daß ich den Proceß entdeckt hätte, durch welchen dieſe Schwefelmaſſen übergetragen 12. I. 12. 182 werden, habe ich wenigſtens die Hoffnung, daß die in die— ſen Zeilen enthaltenen Bemerkungen mit dazu beitragen werden, dieſen Proceß bekannt zu machen und wenigſtens die Aufmerkſamkeit dieſer Ordnung von Thatſachen zuzu— wenden. (Comptes rendus, T. 23, No. 17, p. 774.) XVII. Dumas’ Unterſuchungen über die thieri— ſchen Flüſſigkeiten. I. Über die Milch der Fleiſchfreſſer. Die Milch der Pflanzenfreſſer enthält ſtets, aber in ver: änderlichen Mengen, die vier Arten von Stoffen, welche ſich auch in allen ihren Nahrungsmitteln finden, nämlich eiweiß— artige Stoffe, vertreten durch das Caſein, fette Stoffe in der Butter, Zuckerſtoff als Milchzucker und endlich die ver— ſchiedenartigen Salze, welche ſich in allen thieriſchen Gewe— ben und Flüſſigkeiten finden. In der Milch der Fleiſchfreſſer verſchwindet, ſo weit man bis jetzt darüber urtheilen kann, der eine Beſtandtheil, nämlich der Milchzucker, und die Nahrung des jungen Fleiſch— freſſers iſt auf dieſe Weiſe auf eiweißartige Stoffe, Fette und Salze, d. h. auf die Beſtandtheile des Fleiſches ſelbſt, be— ſchränkt. Die Verſuche des Verf. zeigen aber, daß, wenn man in der Regel auch keinen Milchzucker in der Milch der Fleiſchfreſſer entdecken kann, derſelbe doch ſogleich darin er— ſcheint, ſobald man dem Futter dieſer Thiere Brot zufügt. — Überhaupt hielt es der Verf. für intereſſant, eine Reihe von Experimenten anzuſtellen über die Zuſammenſetzung der Milch der Fleiſchfreſſer und ihre Verſchiedenheiten, wenn das Thier auf verſchiedene Weiſe ernährt wird, ſo daß es bald mehr wie ein Fleiſchfreſſer, bald mehr wie ein Pflanzen- freſſer behandelt wurde. Es wurden zu dieſen Unterſuchun⸗ gen Hündinnen genommen, welche ſich ſehr gut dazu eig⸗ nen. Für die Analyfen der Milch iſt Folgendes zu bemer— ken: die Milch wurde im luftleeren Raum über Schwefel⸗ ſäure abgedampft, weil unter Mitwirkung der Wärme die Ertractioſtoffe ſich dunkel färben. Die trockene Milch wurde bis zur Erſchöpfung mit kochendem Ather behandelt und die ütherifche Auflöfung in einer tarirten Schale abgedunſtet, deren Rand vergoldet war, um das Heraufkriechen der Fette zu verhindern. Auf dieſe Weiſe wurde die Butter beſtimmt. Der Rückſtand wurde mit kochendem Waſſer behandelt, wel— ches durch einige Tropfen Eſſigſäure angeſäuert war; da— durch wurden die Grtractivftoffe, der Zucker, wenn er vor: handen war, und die Salze ganz oder zum Theil ausgezo— gen. Dieſe Flüͤſſigkeit wurde dann zum Trocknen abge: dampft. Wenn viel Zucker vorhanden iſt, jo kryſtalliſirt derſelbe aus und die gummöſen Stoffe bleiben im Waſſer gelöſ't; man preßt dann den Zucker zwiſchen doppeltem Fließpapier, welches man anfeuchtet, aus. Iſt nur wenig Zucker vorhanden, fo extrahirt man am beſten erſt mit kal— tem Alkohol, um die Kalkphosphate zu entfernen, löſ't dann wieder im Waſſer und verdunſtet zur Kryjtallifation. Im— 12 * 183 12. mer löſ't dabei der Alkohol ein klein wenig Zucker ‚auf. Der Rückſtand nach der Behandlung der Milch mit Ather und angeſäuertem Waſſer iſt Caſein, welches oft noch eine gewiſſe Menge von unlöslichen Salzen enthält. Will man nun die Gegenwart oder Abweſenheit des Zuckers feſtſtellen, ſo bringt man die kochende Milch durch einige Tropfen Eſſigſäure zum Gerinnen und läßt aus der abfiltrirten Flüſ— ſigkeit den Zucker auskryſtalliſiren. Aus einer größeren Reihe von Unterſuchungen zieht dann der Verf. folgende Schlüſſe. Wenn die Hündinnen nur auf animaliſche Koſt beſchränkt waren, ſo ließ ſich kein Zucker in ihrer Milch auffinden, obwohl bei der Schwierig— keit der Aufſuchung desſelben daraus noch nicht mit völli— ger Sicherheit auf gänzliches Fehlen dieſes Beſtandtheiles geſchloſſen werden darf. — Die Milch der Fleiſchfreſſer kann aber Milchzucker enthalten, und dies ſcheint davon ab— zuhangen, daß Stärkemehl mit unter den Nahrungsſtoffen vorkommt. Wenn fernere Unterſuchungen dieſe Reſultate beſtätigen ſollten, ſo würde man dahin kommen, eine weſentliche Ver— ſchiedenheit in der Zuſammenſetzung der Milch der Pflan— zenfreſſer anzunehmen, wenn dieſe einer unvollſtändigen Er— nährung unterworfen ſind. In dieſem Falle nähern ſie ſich den Fleiſchfreſſern, in ſo fern die Bildung der Milch ganz auf Koſten ihres Blutes oder ihrer Gewebe geſchehen muß. Die Unterſuchungen weiſen unwiderſprechlich nach, daß das Caſein der Pflanzenfreſſer und Fleiſchfreſſer völlig gleich zuſammengeſetzt iſt. — Indeß verdickt ſich doch die Milch der Hündin durch bloße Hitze, während die Milch der Kuh dazu die Beihülfe einer Säure erfordert. Es iſt be— kannt, daß Frauenmilch weder durch die Wärme noch durch Säuren gerinnt, wenn man nicht eine beträchtliche Menge von Alkohol hinzufügt. Gleichwohl iſt das Caſein der Frauenmilch mit den beiden vorigen ganz gleich zuſammen— eſetzt. ; Der Verf. glaubt bei feinen Unterſuchungen das Vor— handenſein einer Caſeinmembran um jedes Butterkügelchen mit völliger Eoidenz nachgewieſen zu haben. Wenn man nämlich Milch mit reinem Ather ſchüttelt, ſo trennen ſich in der Ruhe dieſe zwei Flüſſigkeiten vollſtändig wieder von einander. Die Milch behält ihr früheres Anſehen, und der Ather hat nichts nachweisbares aufgelöſ't. Wenn man da— der Zuſatz von Ather, um ihr allen Gehalt an Butter zu entziehen; die Milch, welche ſich dann von der Atherſolu— tion abſondert, iſt nicht mehr opaliſirend. Ferner, wenn man Kochſalz bis zur Sättigung in der Milch auflöſ't, ſo erhält man nach dem Filtriren eine völ— lig klare Flüſſigkeit, welche aus dem löslichen Caſein, dem Milchzucker und den Salzen beſteht. Die Milchkügelchen bleiben auf dem Filtrum. Wenn man dieſe nun auch noch ſo oft mit Salzwaſſer auswäſcht, ſo bleiben doch ſtets be— trächtliche Mengen in Salzwaſſer unlöslichen Caſeins mit der Butter verbunden ). ) Meine mikroſkopiſchen Unterſuchungen haben mich ebenfalls das Vorhandenſein einer eigenthümlichen Haut, welche jedes 12. 184 Miſcellen. 23. Die Pflanzen⸗geographiſchen Verhältniſſe von Texas werden in einem raſchen Überblick von F. Lind hei⸗ mer vorgeführt. Er bemerkt, daß zu den pflanzenreichſten Gegen: den bis jetzt noch kein Sammler vorgedrungen, weder zu den Ter⸗ raſſen und Kuppen des Guadalupequellen-Gebirges, noch in die lieb: lichen Thäler von dem Liano und dem San Saba, noch zu dem über 100 Meilen nördlicher liegenden großen Salzſee am oberen Brazos, noch zu den ſteilen Gebirgen an den Quellen des Rio Nue⸗ ces. — Intereſſant iſt die Bemerkung, daß 100 — 120 engl. Mei⸗ len Entfernung von der Küſte die Blüthezeiten ſchon um 1 bis 1½ Monat verſpäten. Die an Louiſiana grenzenden Sümpfe bilden Dickichte von einem großen Rohr, Miegia macrocarpa und Sabal Adan- sonii, welche weiter weſtlich in Wälder von Pinus taeda, Quercus falcata, alba, obtusiloba und Carya alba übergehen. Zwiſchen Trinidad und dem Jacinto folgt dann eine weite öde Prairie; an den Flußufern wieder Waldungen, imponirend durch Cupressus disticha, Liquidambar styraciflua und Magnolia grandiflora. — Die Prairien find reich an Panicum- und Paspalum-Arten. — Bis zur weſtlichen Brazos⸗Prairie erhält fich der Charakter der nordameri⸗ caniſchen Flora. Weiter weſtlich treten große continuirliche Wälder von Quercus obtusiloba, und Poſtoakwälder auf. Weiter nach Diten und Süden wird die Flora mehr der mexicaniſchen ähnlich. Nichts deſto weniger enthält Teras eine große Anzahl eigenthümlicher und intereſſanter Arten. (Wiegmanns Archiv 1846, 3s Heft.) 24. Über die Structurverhältniſſe der Noctiluca miliaris, welche das Leuchten der franzöſiſchen Meere veranlaßt, gab Doyere eine intereſſante Mittheilung in der Societe philo- matique. Es follen dadurch Dujardins Anſichten über die Or⸗ ganiſation gewiſſer niederer Thiere vollkommen beſtätigt werden. Das Thier beſitzt weder Muskeln, noch Nerven, noch Verdauungs⸗ organe, noch einen Geſchlechtsapparat, ſondern nur eine Fleiſch⸗ ſtoff ähnliche Maſſe (masse sarcodique), die eine Mundöffnung zeigt und fähig iſt, ſich zu Magenzellen auszuhöhlen, um Infu⸗ ſorien und Conferven zu verdauen. Dieſelbe Maſſe verlängert ſich in eine Art Darmſtücke zu Längsfaſern, die der Muskel⸗ oder Nervenfiber ähnlich ſieht. Man ſieht dieſe Organe ſich bilden und wieder verſchwinden, ſich mit einander verbinden, ſich trennen und vervielfältigen, ſich von einem Orte zum anderen begeben und ſelbſt die auf ihrem Wege befindlichen anderen Organe durchſetzen (! 2). Das Thier zeigt durchaus keine Andeutung von Kügelchen und iſt deßhalb völlig durchſichtig. — M. Doyere macht zum Schluß darauf aufmerkſam, wie dieſe Beobachtung den Unterſuchungen Ehrenbergs und der aus Deutſchland herüber gekommenenen Zellentheorie durchaus widerſpreche. (L'Institut 1846, No. 677.) 25. Das Vorkommen der Wanderheuſchrecke in Schweden wird von Boheman erwähnt. — Stud. von Ihlen berich⸗ tet: „Am 16. Sept. 1844 beobachtete ich auf einer Excurſion längs dem ſüdlichen Strande von Brävifen in Oſtgothland auf einer Wieſe nahe bei Allond eine große Menge Heuſchrecken, die ſich ſogleich als Gryllus migratorius auswieſen. Sie zeichneten ſich durch ihre nichts verſchonende Gefräßigkeit aus, und der ganze Schwarm ver⸗ ſchwand nach einigen Stunden, ohne daß andere Beobachtungen feinen weitern Zug verrathen hätten.“ — Eine ſpätere Nachricht beſagt aber, daß ſich zur ſelben Zeit bei Mem und Slätbaken auf dem ſüdlichen Theile von Wikboland ebenfalls ein großer Zug brau⸗ ner großer Heuſchrecken eingefunden und nach einigen Stunden der Verwüſtung wieder entfernt habe. (Archiv ſkandinaviſcher Beiträge zur Naturgeſch. Bd. 1. Heft 1.) Butterkügelchen umgiebt, erkennen laſſen. Die Butterkügel⸗ chen ſind alſo nicht bloße Fetttröpfchen, ſondern Elementaror⸗ gane, Zellen, in denen ſich die Butter entwickelt. Mandl. Wer mit den Unterſuchungen Aſcherſons über die Hap⸗ togenmembran irgend bekannt iſt, weiß, daß dieſer letzte Schluß von Mandl, wenn nicht falſch, doch mindeſtens ſehr vorei⸗ lig iſt. S. 185 12. I. 12. 186 Heilkunde. (XXI.) über die Heilung der Hydrocele durch Ein— blaſen von Kantharidenpulver. Dr. Latour zu Doullevant macht mit einer neuen Methode zur Heilung der Hpdrocele bekannt, die er für vortheilhafter hält, als die Cur durch Einſpritzungen. „Bei den Einſpritzungen“, ſagt er, „hat man, wenn ſie auch noch ſo zweckmäßig vorgenommen werden, immer zu fürchten: 1) Daß die weinige oder iodiſirte Flüſſigkeit in das Gewebe des Hodenſackes ſich infiltrirt, wenn die Canüle wäh— rend der Operation die Höhle der tunica vaginalis verläßt, geſchehe dies nun durch die Unfügſamkeit des Patienten oder durch irgend eine andere Veranlaſſung, und daraus kön— nen ſodann Gangrän, Absceſſe, Fiſteln und andere üble Folgen entſtehen. 2) Daß die durch die Flüſſigkeit zu ſtark ausgedehnte tunica vaginalis platzt, wodurch dann ebenfalls Infiltration des scrotum entſteht, ſelbſt wenn die Canüle an Ort und Stelle bleibt. 3) Daß eine gewiſſe Quantität der Flüſſigkeit in dem Sacke zurückbleibt, was zwar anſcheinend wenig auf ſich hat, aber dennoch oft eine Entzündung verurſacht, durch welche ſich die Cur ſehr in die Länge zieht. 4) Endlich das Eindringen der Flüſſigkeit in die Pe— ritonäalhöhle, wenn zwiſchen dieſer und der Höhle der tu- nica vaginalis abnorme Verbindungen beſtehen. Dieſer Zu: fall hat zwar, wenn die Cur von einem geſchickten Arzte geleitet wird, wenig zu bedeuten, kann aber doch, wenn, wie z. B. in Lazarethen, weniger umſichtig verfahren wird, übele Folgen nach ſich ziehen. Dieſe Heilmethode bringt alſo, wenngleich ſie unter den Händen des Hrn. Velpeau, zumal, ſeitdem derſelbe, ſtatt der weinigen, iodiſirte Einſpritzungen anwendet, ſehr glänzende Reſultate geliefert hat, vielfache Übelſtände mit ſich, weßhalb ich eine andere, welche ſelbſt bei weniger geſchickter Behandlung gar keine Gefahr darbietet, an de— ren Stelle geſetzt zu ſehen wünſche. Dieſe lege ich nun— mehr dar. Operations verfahren. 1) Mittels eines gewöhn⸗ lichen Trokars ſteche ich in der üblichen Weiſe in den Hoden— ſack ein; 2) ich entleere den Sack der Hydrocele von aller in demſelben etwa befindlichen ſeröſen Flüſſigkeit; 3) in die in das scrotum eingeführte Canüle bringe ich einen Feder— harzkatheter ein, in deſſen vorderem Ende ich mit einem Federmeſſer eine Art Löffel ausgehöhlt habe, den ich mit feingepülverten Kanthariden fülle. Sobald ich mich davon überzeugt habe, daß dieſer Katheter, welcher in der Canüle den gehörigen Spielraum haben muß, in den Sack einge— drungen iſt, blaſe ich ſtark hinein und entleere dadurch den Löffel, erſt nach der rechten, dann, nachdem ich ihn wieder gefüllt, nach der linken, oberen und unteren Seite, ſo daß ich im ganzen vier Mal Kantharidenpulver einblaſe; 4) laſſe ich die Canüle noch einige Minuten an Ort und Stelle, damit die eingedrungene Luft wieder entweichen könne, und damit iſt die Operation beendigt. Vortheile dieſes Verfahrens. Es iſt 1) für den Kranken ſchmerzlos, daher derſelbe ſich völlig fügſam und ruhig verhält, was bei dem Einſpritzen nicht der Fall iſt; 2) für die Peritonäalhöhle iſt, ſelbſt wenn abnorme Verbindungen vorhanden ſein ſollten, nichts zu fürchten; 3) eine Infiltration in die Wandungen des serotum iſt durchaus unmöglich; A) eine Zerreißung der tunica vagina- lis iſt eben ſo wenig zu beſorgen. Ferner bietet meine Operation: 1) Präciſion und Leich— tigkeit in der Ausführung; 2) ein rationelles Mittel zur Erlangung einer adhäſiven Entzündung dar; 3) iſt die Entzündung, die ſie veranlaßt, eine entſchiedene und zu dem Zwecke hinreichende; 4) findet binnen weniger als vierzehn Tagen eine Radicalcur durch Adhäſion Statt.“ Dr. Latour dürfte ſich die durch das Einſpritzen mög— licher Weiſe entſtehenden übelen Folgen etwas zu gefährlich vorſtellen, wenngleich die von ihm angezeigten allerdings öfters vorkommen. Das, was er über die Gefahr des Zu— rückbleibens von Flüſſigkeit in der tunica vaginalis ſagt, ſcheint uns übrigens wenig begründet. Bei dem alten Ver— fahren mit weinigen Einſpritzungen läßt man immer ab— ſichtlich etwas von der Flüſſigkeit in dem Sacke verweilen. Eben ſo verfährt man bei den Jodineeinſpritzungen, und dies iſt ſogar eine der Vorſichtsmaßregeln, durch welche man den Erfolg der Operation zu ſichern ſucht. Ja, durch das Einſpritzen einer ſehr geringen Quantität der reizenden Flüſ— ſigkeit erreicht man, indem man alsbald die Canüle wie— der herauszieht, eine adhäſive Entzündung. Wir haben, ſagt der Berichterſtatter, in Paris in Gemeinſchaft mit Dr. Pi⸗ card in dieſer Weiſe einen Patienten operirt, der mit einfacher Hydrocele der tunica vaginalis behaftet war, in— dem wir nur 20 Grammen (circa 5 5) Jodinetinctur ein— ſpritzten und dieſe Quantität darin ließen. Die Eur er: folgte ſchnell und ſeit zwei Jahren iſt kein Rückfall eingetre— ten. Was die Verbindung der Hydrocele mit der Perito— näalhöhle betrifft, ſo findet ſich dergleichen nur bei Kindern, die mit angeborener Hydrocele behaftet ſind, und dieſe Fälle laſſen ſich mehrentheils leicht erkennen und bieten keine be⸗ ſondere Gefahr dar. Hrn. Latours Verfahren ſcheint uns übrigens auf rationellen Grundſaͤtzen zu beruhen, und wir bedauern nur, daß er uns nicht ſagt, ob und wie oft er dasſelbe ange— wandt habe, denn die Erfahrung bleibt doch in der Thera— peutik immer das Haupteriterium. Sollte man übrigens nicht der Sache ein Genüge thun, wenn man nur ein oder zwei Mal Kantharidenpulver in die Hydrocele einblieſe? Eine in einem jo beſchränkten Sacke, wie der der lunica vaginalis, hervorgerufene Entzündung würde ſich gewiß nach 187 deſſen ganzer Ausdehnung über denſelben verbreiten. Möchte es doch dem Dr. Latour gefallen, uns über die Reſultate ſeiner Methode bald näheres mitzutheilen. (Gazette des Höpitaux, No. 6, 16. Janvier 1847.) (XXII.) Über die Unveränderlichkeit und die Wer ſentlichkeit der Krankheiten als traditionelle Baſis der Mediein. Von Jean Paul Teſſier. Seit Hippokrates, d. h. ſeit 2200 Jahren, haben die Arzte die Baſis der Medicin außerhalb der Mediein ſelbſt in phyſiologiſchen, mehr oder wenigen poſitiven Theorieen geſucht. Es genügt ſchon, an die Namen dieſer Doctrinen zu erinnern, z. B. an die heilende Kraft der Natur, an das strictum und laxum, an die vier Elemente, an die Ur— kraft, an den Animismus, an das Lebensprineip, an die Irritation, an den chemiſchen Humorismus, an die Solidar— pathologie u. ſ. f., um darzuthun, daß die Geſchichte der Syſteme in der Mediein auf die Geſchichte der phyſtologi— ſchen Hypotheſen und auf die Anwendungen derſelben zurück— zuführen iſt. Wohin hat uns aber dieſe Methode ge— führt? Ich werde mich wohl hüten, meine perſönliche Mei— nung als Antwort zu geben, wenn ich das Zeugniß der Akademie der Wiſſenſchaften anrufen kann. Nun erklärte zu Anfang dieſes Jahrhunderts und zur Zeit ihrer Reor— ganiſation die Akademie, daß die Mediein ſich noch in einem empiriſchen Zuſtande befinde und ſich noch nicht zum Rang einer eigentlichen Wiſſenſchaft emporgeſchwungen habe. Damit man aber in dieſer Entſcheidung keinen an— deren Gedanken erblicken möge, als die Abſicht, die Inter— eſſen der Wahrheit mit denen der Humanität zu vereinigen, fo bildete die Akademie, auf den Vorſchlag des berühmten Laplace, in ihrem Schooß eine medieiniſche Abtheilung, damit die Mediein, dem Beiſpiele der anderen Naturwiſſen— fchaften folgend und im Beſitz ihrer Methoden, ihre Re— form bewirken und zu gleichem Grade wiſſenſchaftlicher Voll— kommenheit gelangen möge. Dieſe Entſcheidung der Aka— demie beweiſ't, daß die nur zu lange Reihe phyſiologiſcher Hypotheſen, die als Baſis der Mediein abwechſelnd gegeben und genommen wurde, bis dahin nur ein ſehr trauriges Re— ſultat gegeben habe. Dürfen nun wohl, Angeſichts dieſer Thatſachen und dieſer hohen Zeugniſſe, die Arzte auf einem Wege beharren, der immer zum Irrthume geführt hat, auf welchem man aber zu großen Reſultaten gelangt ſein würde, ſobald er der richtige geweſen wäre, indem es von Empe— dokles bis auf Bichat der Mediein weder an Zeit, noch an geiftvollen Männern gefehlt hat? Unſererſeits würden wir in ſolchem Falle gleichzeitig die Lehren der Autorität und diejenigen der Erfahrung verkennen. In welcher Reihe von Ideen und von Thatſachen ſollen wir aber nun die Baſis der Mediein finden, d. h. ein unveränderliches Prineip, welches geſtattet, alle mediei— niſchen Thatſachen einander methodiſch zu coordiniren? Nachdem der Verf. ſich dieſe Frage geſtellt hat, findet 12. 1. 12. 188 er ihre Beantwortung in der Unveränderlichkeit der Krank: heiten und fährt in folgender Weiſe fort: „Die Unveränderlichkeit der Krankheiten iſt in der That durch die folgende Demonſtration ſtreng begründet: Seit Hippokrates bis auf unſere Zeit find die mei- ſten Krankheiten nach und nach von Medicinern verſchiede⸗ ner Jahrhunderte, Länder und Syſteme beſchrieben worden. Nun ſtimmen dieſe Beſchreibungen für benannte Krankhei⸗ ten vollkommen unter einander überein; die Beſchreibun— gen der neueren Schriftſteller find nur in der Regel voll— ſtändiger und ausführlicher, als die der alten Schrift⸗ ſteller. Um nur ein einziges Beiſpiel anzuführen: die von Hippokrates beſchriebenen Fieber, deren Beſchreibung fo ſehr von derjenigen der gegenwärtig in Paris beobachte⸗ ten Fieber abweicht, ſind genau dieſelben intermittirenden und remittirenden Fieber heißer Länder, welche unſere Mi⸗ litärärzte auf Moren und in Algier angetroffen haben, und die auch ſo gut von Torti beſchrieben ſind, welcher ſie in Rom ſtudirte. Endlich beweiſen auch die kliniſchen Beobachtungen täglich, daß die Krankheiten in ihrem Fundamentalcharakter immer die nämlichen ſind. Man beſchreibt zwar oder entdeckt entweder verkannte Krankheiten oder neue Krankheiten; ſind aber dieſe Krank— heiten ein Mal erkannt und beſchrieben, ſo ändern ſie ſich eben jo wenig, als die anderen. So, haben die Ausichlagsfieber von der Zeit der arabiſchen Arzte an bis auf uns herab ſich nicht verändert; dasſelbe gilt auch von der syphilis ſeit der Entdeckung Americas. So hat endlich der Rotz (la morve), ſeit man ihn beim Menſchen erkannt hat, immer dieſelben Fundamentalcharaktere dargeboten. Die— ſer Charakter der Unveränderlichkeit der Krankheiten iſt ſo— gar von ſolcher Art, daß der Rotz, wie die Hundswuth ei⸗ nige Thierarten durchlaufen und von der einen auf die an— dere übergehen können, ohne ihre Natur zu ändern. Gewiſſe Krankheiten verſchwinden in gewiſſen Län— dern, aber dieſes Verſchwinden bringt nicht eine Ummand- lung hervor und hat ſie auch noch niemals hervorgebracht. Endlich kann man aus der Unseränderlichkeit der Krankheiten einen zoologiſchen Charakter ableiten. Wenn es Krankheiten giebt, die mehreren Thierarten und dem Men— ſchen gemein ſind, ſo giebt es deren in der That auch, welche ausſchließlich einer Art angehören. Der Menſch lie fert in dieſer Beziehung zahlreiche Beiſpiele, unter welchen das merkwürdigſte die Fieber ſind. „Die hauptſächlichſten dieſer Krankheiten ſind, wie je— dermann weiß, das typhusartige Fieber, das ausſetzende Fieber, die Maſern, das Scharlachfieber und die Pocken; und dieſe Krankheiten, die in allen medicinijch bekannten Ländern beobachtet werden, die folglich allen Menſchenraſſen gemein ſind, hat man noch niemals bei irgend einer Thier— art beobachtet; und diejenigen von ihnen, welche von einem Menſchen dem anderen inoculirt werden können, iſt man noch niemals im Stande geweſen einem Thiere zu inoculi⸗ ren. (Dieß iſt rückſichtlich der Pocken doch nicht zuzugeben. D. Red.) Der Umſtand nun, daß den Menſchenraſſen Krank⸗ 189 beiten gemein find, denen das ganze übrige Thierreich entgeht, ſcheint mir übrigens ein Argument mehr zu Gunſten der Einheit der Menſchenart zu ſein. Es würde leicht ſein, dieſe Beiſpiele zu vervielfältigen. Die Unveränderlichkeit der Krankheiten iſt alſo zu— gleich eine unbeſtreitbare medieiniſche Thatſache und ein zoo— logiſches Merkmal von einigem Werthe.“ (Comptes rendus, T. 23, No. 23, p. 1068.) (XXIII.) über die Heilung der phthisis durch die ſogenannte Lungengymnaſtik und auf Fettbildung hinwirkende Diät. Von Hrn. Bureaud⸗Riofrey, Dr. M. Die Heilbarkeit der phthisis, ſagt der Verf., iſt lange bezweifelt worden; allein die Unterſuchungen Rogsée's, Félix Boudet's, Hughes Bennet's und vieler be— rühmten Anatomen haben das Gegentheil bewieſen. Dies Reſultat ſteht wiſſenſchaftlich feſt; allein die Pathologen, welche ſich auf anatomiſche Gründe ſtützten, haben die Heil— barkeit der phthisis nur an Leichen demonſtrirt, und es han— delt ſich doch vorzüglich darum, ſie an den Lebenden dar— zuthun. Dieſen Zweck hatte ſich nun Dr. Bure aud-Rio⸗ frey vorgeſetzt, und die von ihm erlangten Reſultate ha— ben die Folgerungen der Anatomen beſtätigt. Die Phthiſiker, welche von ihm curirt worden ſind, be— ſaßen faſt ſämmtlich ganz ähnlich beſchaffene Lungen oder dieſelbe Eigenthümlichkeit der Conſtitution. Dr. Bureaud— Riofrey's Anſicht zufolge, werden die Phthiſiker, deren Lungen nicht eingepreßt ſind, und deren Bronchen der Er— pectoration weite Wege darbieten, wenn ſie geheilt ſind, Aſth— matiker. In anderen Fällen dagegen wurden die phthisis durch die Ernährung geheilt, indem man darin die fettigen Beſtandtheile vorherrſchen ließ. Die Lungengymnaſtik und die Fettdiät ſind demnach die beiden Mittel, welche Dr. B. zur Heilung der phthisis in Anwendung zu bringen vorſchlägt. Der Tuberkel, ſagt der Verf., iſt ein fremder Körper; er muß aus dem Organismus ausgeſtoßen oder doch in la— tenten Zuſtand verſetzt werden. Behufs der Ausſtoßung er— weicht er ſich in der Regel und wird dann durch die Bronchen ausgehuſtet. Bei engen Bronchen können die erweichten Tuberkel und der Eiter nicht ausgeworfen werden, und zerſtören durch ihr längeres Verweilen die Lunge. Der Huſten, fährt der Verf. fort, iſt nicht lediglich ein Sym- ptom, ſondern eine Anſtrengung der Natur, von welcher man den möglichen Nutzen ziehen muß. Ihn beſeitigen zu wollen, iſt eine fehlerhafte Behandlung. Die ſtufenweiſe Er— weiterung der Bronchen iſt alſo, dem Verf. zufolge, die rationelle Vorbereitung auf Austreibung der Tuberkeln. Wenn die Tuberfel in den latenten Zuſtand (als Con- crement) übergehen ſoll, fo müſſen die fetten Beſtandtheile des Blutes mit den unaſſimilirbaren Salzen, aus denen die Tuberkeln beſtehen, in Antagonismus treten. Das Ver: fahren der Landwirthe, welche die phthiſiſchen Kühe mäſten und fie dabei fort und fort melken, beweiſ'tt, daß die Mä⸗ 12. L 13. 190 ſtung das Leben der mit phthisis behafteten Thiere ſehr ver— längern kann. Die Forſchungen, die man im Schlachthauſe an gemäſteten, phthiſiſchen Kühen, welche nicht an der Tu— berkelkrankheit geſtorben, ſondern durch das Meſſer des Metz— gers getödtet worden ſind, angeſtellt hat, beweiſen, daß in den Lungen ſolcher Kühe häufig kreidige Concremente ein— gelagert, gleichſam eingebalgt ſind. Bei ſchwachen, magern Kühen zeigen ſich dergleichen Concremente ſelten, dagegen erweichte Tuberkeln deſto häufiger. Eben ſo verhält es ſich mit dem Menſchen. Ein geſchwächter Zuſtand begünſtigt die Erweichung und Vereiterung der Tuberkeln; unterſtützt man dagegen die Kräftigung der Gewebe durch eine ange— meſſene Ernährung, jo werden die Tuberkeln concret oder latent. Der Verf. beruft ſich in dieſer Beziehung auf die von Liebig, Dumas, Payen und Bouſſingault erlangten chemiſchen Reſultate. Dem Dr. Bureaud-Riofrey zufolge, wäre die Diätetik der Phthiſiker noch durchaus neu zu begründen. In allen authentiſchen Fällen, wo die phthisis curirt ward, ſpielte eine ſtarknährende Diät die erſte Rolle. Als Hauptergebniß der Unterſuchungen des Dr. Bu— reaud-Riofrey ſtellt ſich alſo heraus, daß bei allen Phthiſikern, welche mit erweichten Tuberkeln behaftet ſind, vor allem die Luftwege durch die Lungengymnaſtik erweitert werden müſſen, und daß, wenn der Zuſtand des Magens es erlaubt, der Patient gemäſtet werden muß, um die Tuberkeln in den conereten Zuſtand zu verſetzen. (Aus den Verhandlungen der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften am 4. Januar. Gazette des Höpitaux, No. 3, 9. Janv. 1847.) (XXIV.) Einige Beobachtungen über Uterinpolypen und Ulceration mit Fällen. Von Dr. W. F. Montgomery. Wir begnügen uns aus der größeren Arbeit des Verf., welche ſich vornehmlich mit Darlegung einer Reihe von zwanzig theils ſelbſt, theils von anderen beobachteten Fällen beſchäftigt, die weſentlichſten Reſultate in folgenden Apho— rismen zuſammenzuſtellen. Sehr kleine Polypen oder po— lypöſe Auswüchſe kommen häufig vor; dieſelben werden oft beim Touchiren nicht entdeckt, und können ſelbſt der Unter: ſuchung vermittelſt des Mutterſpiegels entgehen, namentlich wenn das Inſtrument nicht darauf eingerichtet iſt, die Lip⸗ pen des Muttermundes von einander zu trennen. Sie ſind eine gewöhnliche Urſache von Ulceration oder Menorrha— gie, oder von beiden zuſammen, zu deren Heilung die Entfernung des Polypen eine weſentliche Bedingung iſt. Wenn nun einerſeits ein vorhandener kleiner Polyp der Auffindung entgehen kann, ſo kann andererſeits ein eigen— thümlicher Zuſtand der vorderen Lippe des Muttermundes irrthümlich für einen Polypen gehalten werden und der Ve— handlung große Schwierigkeiten entgegenſetzen. Sehr kleine Polypen des Muttermundes kommen ſelten für ſich allein vor, ſondern ſind zumeiſt, gleich anderen Polypen, mit ande ren Affectionen des uterus, namentlich fibröſen Tumoren, 191 combinirt. Wenn die Polypen bei Frauen im vorgerückten Alter vorkommen, ſo ſind ſie, namentlich die vasculären, oft die Vorläufer eines bösartigen Uterinleidens. Da Polypen ſehr häufig von Ulceration des Muttermundes und Mutter— halſes, Schmerzen und Gewebsalteration begleitet find, fo werden dieſe Symptome zuweilen irrthuͤmlich einem vorhan— denen Krebsleiden zugeſchrieben, welcher Irrthum um jo leichter begangen wird, wenn gerade zur Zeit der Unter— ſuchung ein Polyp von ziemlich großem Umfange durch den Muttermund hindurchdringt, aber noch nicht über denſelben hinausgetreten iſt und ihn ausdehnt. Bei Polypen von größerem Umfange iſt die Ligatur in den meiſten Fällen die geeignetere Operationsmethode, indem die Application derſelben im Allgemeinen die krankhaften Ausflüſſe alsbald unterdrückt, die anderen Symptome lindert und endlich das übel heilt. Kleine Polypen und polypöſe Grerefeenzen wer— den am beſten vermittelſt der Torſion, in einigen Fällen auch durch Atzmittel beſeitigt; bei großen Polypen dagegen iſt die Torſton eine unſichere und nicht anwendbare Me— thode. Die Exeiſton iſt ſelbſt bei Polypen von kleinem Um— fange und dünnem Stiele nicht frei von der Gefahr bedeu— tender Blutung, während letztere bei großen Polypen noch weit gefährlicher werden kann. In gewöhnlichen Fällen von gutartigen Polypen ohne Complication mit Uterinleiden giebt die Entfernung der Geſchwulſt durch die Ligatur oder andere geeignete Mittel ſelbſt unter anſcheinend hoffnungs— loſen Verhältniſſen in den meiſten Fällen ein vollkommen gün— ſtiges Reſultat. Bei bösartigen Auswüchſen vermag die Entfernung derſelben durch die Ligatur zuweilen völlige Hei— lung zu bewirken und leiſtet ſelbſt bei nicht ſo entſchiede— nem Erfolge ſtets Gutes. Die Stelle, von welcher der Po— lyp entſpringt, veranlaßt bedeutende Verſchiedenheiten un— ter den Symptomen des letzten: ſo bewirkt z. B. ein Po— lyp der Lippe des Muttermundes weniger Symptome und geringeren Ausfluß, als ein weit kleinerer Polyp, welcher von irgend einem Theile innerhalb des Muttermundes ent— ſpringt. Ein Polyp von mäßigem Umfange, welcher auf einer Lippe des Mutter mundes aufſitzt, wird bei der Schwan— gerſchaft oder Geburt ſelten ſtörend und kann ſelbſt wäh— rend der letzten durch den auf ihn einwirkenden Druck aus— geſtoßen werden. Wenn ein bereits gelöſ'ter Polyp zu groß iſt, um leicht durch die vagina zu gehen, ſo darf er nicht zurückgelaſſen werden, ſondern iſt ſo raſch als möglich zu entfernen. Fibröſe Geſchwülſte, welche ſich urſprünglich in der Subſtanz des uterus gebildet haben, können ſpäter her— abſteigen, durch den Muttermund gehen und einen gewöhn— 12. I. 12. 192 lichen geſtielten Polypen in der vagina bilden. Im nicht⸗ ſchwangeren Zuſtande tritt dieſe Veränderung ſehr allmälig und langſam ein; bei hinzukommender Schwangerſchaft aber kann das Herabſteigen und die Austreibung des tumor aus dem uterus während des Geburtsactes raſch vor ſich gehen, und auf dieſe Weiſe ein Polyp ſelbſt von großem Umfange ſogleich nach der Entbindung zum erſten Male ſichtbar wer⸗ den, ohne daß man ſein Vorhandenſein früher geahnet hätte. Bei der Behandlung ſeit langer Zeit beſtehender und von ſtarkem Ausfluſſe begleiteter Polypen muß der Arzt Congeſtiv⸗ zuſtänden nach dem Gehirne vorzubeugen ſuchen. (Dublin Quart. Journ., Aug. 1846.) Miſeellen. (38) Die abnorme Entwickelung von Haaren, heißt es in der Gazette des Höpitaux, 9. Janv. 1847, fommt bei den an Scropheln und hektiſchem Fieber leidenden jungen Subjecten insbeſondere im Geſicht, an der Stirn und an den Händen vor. Bei choleraartigen Darmentzündungen im zarteſten Kindesalter, welche gewöhnlich tödtlich find, iſt dieſe Entwickelung des Haar⸗ ſyſtems wirklich außerordentlich, ſo daß das Geſicht der Kinder in dieſer Beziehung ohne Übertreibung dem eines achtzigjährigen Grei⸗ ſes ähnlich wird (12). Auch an ferophulöfen Gelenken gewahrt man, beſonders bei Kindern, dieſe abnorme Haarentwickelung, während die anderen Körpertheile davon frei bleiben. Übrigens iſt dieſe ſon⸗ derbare Erſcheinung keineswegs bloß den Kindern eigen; wenn ſie aber bei Erwachſenen vorkommt, fo iſt dies doch nur bei ſolchen der Fall, welche noch nicht ſehr alt und dabei von ſchwächlicher Conſtitution ſind. Der Profeſſor Trouſſeau hatte unlängſt im Necker⸗Ho⸗ ſpitale ein ſehr ſchwächliches 24jähriges Mädchen von lymphatiſcher Conſtitution zu behandeln, deren von der Scrophelkrankheit ergrif⸗ fenes linkes Handgelenk mit langen feinen weißen Haaren durchaus überwachfen war, während man auf dem gefunden rechten Hand- gelenke kaum einen leichten Flaum bemerkte. (39) Über den Biß der giftigen rothen Spinne in Toſcana (Aranea tredecim-guttata Rossi) giebt der Dr. Luigi Verdiani in der Gazetta toscana delle scienze medico -fisiche, 16. Oct. 1846, eine ausführliche Abhandlung, worin er ausführt, daß dieſe Spinne gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts zuerſt in Volterra bemerkt worden ſei. Nach dem Pater della Valle, der 1787 darüber geſchrieben hat, war 1782 die Ernte in Toſcana ſo unzulänglich, daß man das Samengetraide im Frühjahr darauf aus Sieilien und Africa kommen laſſen mußte; im Jahr 1785 wurde die Spinne bereits ſehr viel beobachtet (ob früher gar nicht, iſt freilich nicht nachgewieſen), ſeitdem aber verbreitete ſie ſich immer mehr und mehr. Die Spinne lebt im Feld, beſonders an geſchütz⸗ ten Lagen. Kleine Thiere, Inſecten, Eidechſen, ſelbſt Vögel ſter⸗ ben von einem einzigen Biſſe, größere, z. B. Hunde, werden davon nur ſehr krank. Beim Menſchen folgt ein heftiger Schmerz, der ſich von der Bißſtelle allmälig über den Leib verbreitet, Aufregung, Zucken, Erbrechen, Bläſſe, Kälte, kleinen Puls, beengten Athem, Ohnmachten ꝛc. veranlaßt. Scarificationen, Schröpfföpfe, Morphium, Abführmittel und endlich diaphoretica führen die Heilung herbei. BVibliographiſche Neuigkeiten. Instruction pour le peuple. Cent traites. (1 B.) Paris 1846. La Phrenologie, le geste et la physionomie, mis en scene et ex- pliques par 120 sujets, compositions et portraits grav6s sur acier. Dispositions innées etc. Texte et dessins par Hte Bruyeres, peintre, beaufils du Docteur Spurzheim. I. Livrais. 8%. (1½ B. u. 4 Tafeln.) Paris 1846. (Es follen 30 Lieferungen a 1 Fre. werden.) Mineralogie. 8°. On the ventilation of rooms, houses and workshops etc. by the Metropolitan Working Classes Association for Improving the public health. 5th thousand. 12°. (1 B.) Geh. London 1846. L’elythromochlion. Proced& simple pour retirer la matrice et la maintenir dans sa forme naturelle dans les cas de descente de la matrice. Brevet d’invention (sans garantie du gouverne- ment); par le Docteur H. F. Kitian. 8d. (1½ B. u. 1 Taf.) Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Frorſep gegründete Zeltſchrlft, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. Ne. 13. (Nr. 13. des J. Bandes.) Februar 1847. Druck und Verlag des Landes » Inpuftrie» Gomptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Natur kunde. XVII. Dumas’ Unterſuchungen über die thieri— ſchen Flüſſigkeiten. (Fortſetzung des in der vorigen Nummer angefangenen Aufſatzes.) I. über das Blut. Das Blut enthält bekanntlich drei weſentliche ſtickſtoff— reiche Beſtandtheile, Eiweißſtoff, Faſerſtoff und Globuline. Die beiden erſten kann man leicht abſcheiden. Die letztere hat man lange nicht unverändert trennen können, jetzt in— deß gelingt es ſehr leicht nach der von Müller ange— gebenen Methode, indem man geſchlagenes und vom Faſer— ſtoffe befreites Blut mit dem drei- bis vierfachen Volum ei— ner geſättigten Auflöſung von Glauberſalz verſetzt und dann filtrirt; die Filtration geht dann raſch vor ſich, und die klar durchgehende Flüſſigkeit läßt die Blutkörperchen unverändert auf dem Filtrum zurück. — Indeß muß man auch hier einige Vorſichtsmaßregeln nicht vernachläſſigen. Wenn durch Schlagen vom Faſerſtoffe befreites Blut einige Stunden ge— ſtanden bat und dann auch mit einem noch ſo großen Über⸗ ſchuſſe von Glauberſalz verſetzt wird, ſo filtrirt es ſich doch äußerſt ſchwer, und die Flüſſigkeit läuft ſtets gefärbt durch. Hat man dagegen das Erperiment ſogleich gemacht, eine klar durchlaufende Flüſſigkeit erhalten, und wäſcht nun die auf dem Filtrum zurückgebliebenen Blutkörperchen mit einer Glauberſalzlöſung aus, ſo färbt ſich dieſe anfänglich ſchwach, dann allmälig dunkler und wird endlich jo intenſiv roth, daß man eine weſentliche Veränderung der Blutkörperchen nicht mehr bezweifeln kann. — Gleichwohl muß man, um die Blutkörperchen rein zu erhalten, ſie öfters mit einer Auflöfung von Glauberſalz auswaſchen, weil fie ſonſt mit Blutſerum durchtraͤnkt bleiben würden. — Nach manchen vergeblichen Verſuchen entdeckte der Verf. eine merkwürdige No. 1993. — 893, — 13. Eigenschaft der Blutkörperchen, welche es erlaubt, dieſe Schwie— rigkeit zu umgehen. So lange nämlich die Blutkörperchen in Berührung mit der Luft oder mit lufthaltigem Waſſer, mit einem Worte, im arteriellen Zuſtande ſind, läuft die Flüſſigkeit, in welcher fie ſuspendirt find, farblos durchs Filter und läßt ſie unverändert auf demſelben zurück; ſobald ſie aber das violette Anſehen angenommen haben, welches das Venenblut charakteriſirt, fo wird die durchgehende Fluͤſ— ſigkeit gefärbt. Indem man nun ein dünnes Glasröhrchen in das Filter taucht und mit Hülfe desſelben einen beſtän— digen raſchen Luftſtrom durch die Flüſſigkeit treibt, erlaubt die bewegte Flüſſigkeit den Blutkügelchen nicht ſich an die Wände des Filters feſtzuſetzen und erhält ſie fortwährend in einem arteriellen Zuſtande. Gleichwohl darf man, um des Erfolgs ſicher zu ſein, keine Vorſichtsmaßregel verſchmähen, welche die Beendigung des Experimentes beſchleunigen könnte. Wenn man auf dieſe Weiſe alles vorſichtig geleitet, ſo er— hält man in wenigen Stunden vollkommen reine und uns veränderte Blutkügelchen. Man darf indeß niemals mehr als 5 — 6 Gramm zu Zeit verarbeiten. Jene ſo ſchnelle Veränderung der Blutkügelchen, ſo— bald ſie des Einfluſſes der Luft oder luftenthaltender Flüſ— figfeiten beraubt find, die auffallende Energie, mit der ſich die Blutkörperchen, welche auf der Oberfläche liegen, des ſämmtlichen in der Flüſſigkeit enthaltenen Sauerſtoffes be— mächtigen, ſind Verhältniſſe, welche bei Beurtheilung der Veränderung des Blutes in den Lungen gewiß weſentlich in Betracht zu ziehen ſind. Gewiß iſt, daß die Blutkügelchen die Eigenſchaft, durch Sauerſtoff eine hellrothe Farbe anzunehmen, auch dann noch behalten, wenn ſie durch Glauberſalzlöſung völlig vom Se— rum befreit und in derſelben ſuspendirt ſind. Anders iſt es zum Theil mit anderen Salzlöſungen. Die Eigenſchaf⸗ 13 195 13. ten des Glauberſalzes theilen das phosphorſaure, das wein⸗ ſaure und milchſaure Natron und vielleicht alle Verbindun— gen von Alkalien mit organiſchen Säuren. Den ganz ent⸗ gegengeſetzten Einfluß üben aber Kochſalz und Salmiak aus; die Blutkörperchen werden in Berührung damit und mit Luft ſogleich violett und dunkel. Sollte nicht damit die Erſcheinung des Scorbuts nach dem andauernden Genuſſe geſalzener Speiſen in Verbindung ſtehen? Merkwürdig iſt, daß die zuletzt genannten Salze auch in der Weiſe verändernd auf die Blutkörperchen einwirken, daß das Serum gefärbt durch das Filtrum läuft. Die zuerſt genannten Salze zeigen noch folgende kleine Verſchiedenheiten. Die Salze organiſcher Säuren, wie Wein⸗ ſäure und Citronſäure, erhalten die Unverletztheit der Blut— körperchen beſſer, als Salze mit Mineralſäuren, Salze des Natrons beſſer, als die des Kalis und zumal des Ammoniaks. Es beſteht daher ein intereſſanter, eigenthümlicher Zu— ſammenhang zwiſchen der Unverſehrtheit der Blutkörperchen, der Arterialität des Blutes, den Erſcheinungen der Reſpira⸗ tion und der Quantität und Qualität der im Blute aufge— löſ'ten Salze. Leicht überzeugt man ſich durch dieſe Unterſuchungen von der Möglichkeit der Aſphyrie ohne Veränderung äußerer Verhältniſſe, wenn nur beſtimmte Salze dem Blute beige— miſcht ſind, welche das Verhalten der Blutkörperchen zum Sauerſtoff verändern. Auch könnte die Diagnoſe der Blut— krankheiten durch eine dem Mitgetheilten ähnliche Unterſu— chung der Blutkörperchen aus friſchem Aderlaßblute gewiß weſentlichen Vortheil ziehen. Die gereinigten Blutkörperchen wurden noch vom Verf. unter der Luftpumpe über Schwefelſäure getrocknet, mit ko— chendem Ather und Alkohol behandelt und dann der Reſt des Glauberſalzes durch Waſſer entfernt. Die nun vorge⸗ nommene Elementaranalyſe gab folgende Reſultate. Blutkörperchen von einer Frau, — vom Hunde, — vom Kaninchen. m Kohlenſtoff 55,1 55,1 — 55,4 54,1 Waſſerſtoff 7 ee 1 75010 Stickſtoff 17,2 17,3 — 17,3 1255 Sauerſtoff u. ſ. w. 20,6 20,4 — 20,2 21,3 100,0 100,0 — 100,0 100,0. Es folgt aus dieſen Analyſen, daß die Blutkörperchen zur Gruppe der eiweißartigen Stoffe gehören, und der Koh⸗ lenſtoffgehalt ſcheint nur deßhalb etwas größer als beim Ca⸗ ſein und Eiweißſtoff auszufallen, weil der ſehr kohlenſtoff⸗ reiche Farbſtoff des Blutes zugleich mit analyſirt iſt. Der Verf. hofft durch fernere Unterſuchungen die Frage zu entſcheiden, ob die Subſtanz der Blutkörperchen mit dem Eiweißſtoff, Faſerſtoff oder Caſein identiſch iſt, oder einen eigenen Stoff für ſich bildet. (Archives gener. de Medee. par Mandl, Juin 1846.) 13. XVIII. über die Glaftieität und die Cohäſions⸗ verhältniſſe der vorzüglichſten Gewebe des menſchlichen Körpers. Von Wertheim. Der folgende Auszug der zum Bericht ernannten Com⸗ miſſion der Pariſer Akademie wird unſere Leſer in den Stand ſetzen, den intereſſanten Inhalt jenes Werkes zu beurtheilen. Der Verfaſſer hat ſich in demſelben mit den rein me⸗ chaniſchen Verhältniſſen der Hauptbeſtandtheile des menſch⸗ lichen Körpers beſchäftigt, ohne die Modificationen, welche etwa durch die Lebenskraft in dieſen Verhaltniſſen herbei⸗ geführt werden könnten, zu berückſichtigen. — In der Chirurgie, in der Orthopädie, in der gerichtlichen Me⸗ diein, bieten ſich Fälle genug dar, wo es wichtig iſt darüber urtheilen zu können, welche äußere Gewalten ohne Nachtheil auf die Hart- oder Weichtheile des Körpers einwirken kon⸗ nen, welche Ausdehnungen oder Beugungen dieſe Theile er⸗ tragen können, welche beſtimmte Gewalt eine Zerreißung hervorbringen konnte, endlich, welchen Unterſchied dabei Ge⸗ ſchlecht, Alter und dergleichen ausüben. — Aber auch ab⸗ geſehen von dieſen praktiſchen Anwendungen ſcheint die Kennt⸗ niß der Elaſticität dieſer Gewebe ein ſelbſtändiges, theore— tiſches Intereſſe darzubieten. - Man weiß aus den Experimenten Webers, daß Seidenfaden ſich nicht genau nach demſelben Geſetze verlän— gern wie Metalldrähte, und daß die Ausdehnungen und Ver: kürzungen, welche einer gewiſſen Vermehrung oder Vermin⸗ derung der Laſt entſprechen, nicht plötzlich eintreten, ſondern daß man den augenblicklichen, primären Erfolg von dem ſecundären, ſich längere Zeit fortſetzenden, zu unterſcheiden habe. Es muß daher die Frage entſtehen, ob dieſes auch für alle thieriſchen Gewebe Gültigkeit habe, und welches das eigentliche Geſetz dieſer Verlängerungen ſei, denn die bis jetzt angeſtellten Unterſuchungen von Muſchenbroeck, Clif⸗ ton, Wintringham, Hales, Valentin, Otz und Henri beſchränken ſich faſt ausſchließlich auf die Cohäſtons⸗ verhältniſſe. Der Verf. benutzte zu ſeinen Verſuchen friſche Leichen beider Geſchlechter vom Alter eines Jahres bis zum Alter von 74 Jahren. Von jedem Körper wurden möglichſt lange Stücke genommen, welche möglichſt genau überall die gleiche Dicke hatten. — Es wurden dann augenblicklich die Dich⸗ tigkeiten jedes Theiles beſtimmt, und nachdem ſie eingeſpannt waren, mittels des Kathetometers die Entfernung der bei- den Endpunkte zuerſt unter der Einwirkung einer beſtimm⸗ ten Laſt und dann ohne dieſelbe gemeſſen. Um den Ein⸗ fluß der Zeit kennen zu lernen, wurde eine Meſſung gleich nach Entfernung des Gewichts und mehrere andere Meſſun⸗ gen in gleichen auf einander folgenden Zeiträumen gemacht; auf gleiche Weiſe wurde verfahren, während das Gewicht bis zur Zerreißung des Theils geſteigert wurde. Von den Knochen wollte der Verf. das Wadenbein, als den längſten und geradeſten des Körpers, benutzen, aber hier trat die Schwierigkeit ihn zweckmäßig zu befeſtigen ein. Verſucht man ihn einfach bei den Gelenkfortſätzen zu faſſen, 196 197 fo findet man, daß ſchon bei einer Laſt von 140 Kilogr. die Gelenkfortſätze ſich von der feſteren Subſtanz des Kno— chens trennen, und wenn man verſucht, den Knochen ſelbſt zwiſchen die Backen des Schraubſtocks zu faſſen, ſo wird er zerquetſcht und zerreißt ſchon bei einer verhältnißmäßig ge— ringen Laſt. Da es außerdem ſchwer war die mittlere Dicke des Hauptſtücks dieſes Knochens zu beſtimmen, um die Re— ſultate auf eine Einheit der Oberfläche zurückzuführen, ſo zog der Verf. es vor, nur dünne, gerade und überall gleich dicke Streifen aus dem Schenkel und Wadenbeine zu be— nutzen. Alle Verſuche konnten natürlich nur drei bis vier Tage nach dem Tode angeſtellt werden, und man könnte fürchten, daß dann die ſchon anfangende Zerſetzung die Gewebe, we— ſentlich verändert habe, und es war daher unerläßlich we— nigſtens einen vergleichenden Verſuch anzuſtellen. Zu dem Ende wurden von einem friſch getödteten Newfoundländer eine Sehne, ein Muskel, ein Nero, eine Arterie und eine Vene der rechten Seite und fünf Tage darauf die entſpre⸗ chenden Theile der linken Seite desſelben Thieres dem Ver— ſuch unterworfen. Dieſe Verſuche zeigten, daß, die Muskeln ausgenommen, die für den Menſchen gefundenen Zahlen als richtig angeſehen werden können, daß man aber für die Muskeln die Coefficienten der Elaſticität mit 1,15 und die der Cohäſion mit 1,44 multipliciren müſſe, um die für den friſchen Zuſtand gültigen Werthe der Claſticität und der Cohäſion zu finden. Der Verf. glaubt aus ſeinen Verſuchen folgende Schlüſſe ziehen zu dürfen. 1) Das ſpecifiſche Gewicht der Sehnen, Muskeln und Venen verändert ſich mit dem Alter, aber bei den Knochen, Nerven und Arterien findet keine conſtante Veränderung der Art Statt. Bei den Arterien tritt ſogar, in Folge der Ver: dickung und Verknöcherung, eine merkliche Zunahme des ſpe— cifiſchen Gewichtes ein. Die dichte Subſtanz der Knochen ſcheint beim Weibe eine geringere ſpecifiſche Schwere zu ha⸗ ben, als beim Manne. 2) Das Knochengewebe verlängert ſich merklich den an- gehängten Gewichten proportional, alſo in derſelben Weiſe wie die unorganiſchen Körper und das Holz, ſo daß, wenn man die Gewichte als Abſciſſen, die entſprechenden Verlän— gerungen aber als Ordinaten nimmt, die Linie, welche die allmälige Verlängerung ausdrückt, eine gerade iſt. Mit den Weichtheilen des Körpers dagegen verhält es ſich in ihrem natürlichen Feuchtigkeitszuſtande anders. Das Geſetz ihrer Verlängerung wird durch eine Curve dargeſtellt, die ſich ſehr dem Schenkel einer Hyperbel nähert, deren Scheitel in den Anfangspunkt der Ordinaten fällt. 3) Wenn die elaſtiſchen und anhaltenden Verlängerun: gen ſehr groß werden, wie das für die Gefäße der Fall iſt, fo wachen die elaſtiſchen Ausdehnungen in einem viel ge— ringeren Maße; dies iſt wahrſcheinlich der Größe der ſecun— dären Ausdehnungen zuzuſchreiben, welche man zu den pri⸗ mären Ausdehnungen hinzu addiren müßte, um ſie mit dem allgemeinen Geſetze in Übereinftimmung zu bringen. 4) Wenn man den Coefficienten der Elaſticität der 13. 1. 13. 198 Weichtheile auf dieſelbe Weiſe beſtimmt, wie es bei den Metallen angenommen iſt, ſo kann man ſeinen Werth in jedem einzelnen Falle durch die Auflöſung einer Gleichung zweiten Grades beſtimmen. 5) Die Coefficienten der Elaſticität der Knochen, der Sehnen und Nerven ſcheinen mit dem Alter zu wachſen, während die der Muskeln bedeutend abnehmen. 6) Ordnet man die verſchiedenen Gewebe nach der Größe ihres Elaſticitätscoefficienten oder nach ihrem Cohä— ſionsgrade, ſo erhält man in beiden Fällen folgende Reihe: Knochen, Sehnen, Nerven, Muskeln, Venen, Arterien. 7) Die Cohäjton der Muskeln vermindert ſich mit zu— nehmendem Alter. 8) Die Nervenſtämme haben bei gleichem Querſchnitt eine ſchwächere Cohaäſion, als ihre unmittelbaren Aſte, dieſe eine geringere, als die Hautnerven, ſo daß dieſe Eigenſchaft zuzunehmen ſcheint, wie der Durchmeſſer abnimmt. Durch Austrocknen wird bei allen Geweben Elaſtieität und Cohäſtion erhöht; die Ercentricitäten ihrer Hyperbeln vermindern ſich, und die Curven nähern ſich mehr und mehr einer geraden, welche gleichſam die Grenze aller Hyperbeln iſt, welche den verſchiedenen Graden der Austrocknung der⸗ ſelben Subſtanz entſprechen. (Comptes rendus, 25. Dee. 1846.) XIX. Über den Minhocao von Goyaz. Von Auguſte de St. Hilaire. Wir entlehnen die folgenden Nachrichten über ein in— tereſſantes, freilich zur Zeit noch ſagenhaftes Thier den Com- ptes rendus vom 28. Dec. 1846 Luiz Antonio da Silva e Souza, dem wir die werthvollſten Nachrichten über Geſchichte und Statiſtik der Provinz Goyaz (vom 5 22 bis zum 220 ſüdlicher Breite) verdanken, ſagt, indem er vom See des Padre Aranda ſpricht, daß derſelbe von Minhocoes bewohnt ſei und fügt hinzu, daß dieſe „Ungeheuer“, wie er ſich ausdrückt, in den größten Tiefen des Sees ſich aufhalten und oft Pferde und Rindvieh auf den Grund hinabziehen. Der fleißige Pizarro, fo wohl unterrichtet in allem, was Braſilien betrifft, wie: derholt ungefähr dasſelbe und bezeichnet den See Fein, der ebenfalls der Provinz Goyaz angehört, als einen Aufent- haltsort der Minhocoes. Ich (St. Hilaire) hatte ſchon oft von dieſen Thieren ſprechen hören und betrachtete ihre Eriſtenz als eine Fabel, bis mir das plötzliche Verſchwin⸗ den von Pferden, Maulthieren und Rindern beim Übergang über die Flüſſe von Leuten beſtätigt wurde, deren Glaub— würdigkeit nicht in Zweifel zu ziehen war. Am Rio dos Pildes wurde mir ebenfalls viel von den Minhocoes erzählt, welche in dieſem Fluſſe häufig, zur Zeit des hohen Waſſers, die ſchwimmend über den Fluß ſetzenden Thiere hinabzie— hen ſollen. Das Wort Minhocao iſt ein Augmentativ von Min— hoca, welches einen Regenwurm bezeichnet, und man giebt an, daß das fragliche Thier ganz einem großen Regen⸗ wurme gleiche, mit dem Unterſchiede, daß dasſelbe eine ſicht— 13 * 199 bare Mundöffnung habe, ſchwarz, kurz und ungemein dick ſei, daß es nie auf der Oberfläche des Waſſers erſcheine und ſeine Beute am Bauche packe. Etwas ſpäter beſtätigte mir Joaquim Alvez de Oliveira, der Commandant von Me— japonte, alles was ich ſonſt ſchon gehört und erwähnte mehrerer neuer Beiſpiele von Unglücksfällen, die dieſes Thier veranlaßt. Zugleich verſicherte er mich, daß nach der Aus⸗ ſage der Fiſcher der Minhocao ein ächter Fiſch mit Floſſen ſei. — Ich hatte anfänglich gemeint, der Minhocao möchte vielleicht der Gymnotus Carapa fein, welcher nach Pohl ſich im Rio Vermelho aufhält, aber nach dieſem Schrift⸗ ſteller wird der genannte Fiſch von den Eingeborenen Terma— termi genannt. — Auch haben die Wirkungen des Gym- notus, welche allen Mulatten und Negern wohl bekannt ſind, nichts mit denen des Minhocao gemein. Durch Prof. Ger— vaio wurde meine Aufmerkſamkeit auf Biſchoffs Bes ſchreibung des Lepidoſiren gelenkt, und in der That ſtimmt das Wenige, was wir vom Minhocao wiſſen, recht gut zu jenem intereſſanten, von Natterer entdeckten Thiere. Der Lepidoſiren findet ſich in ſtehenden Waſſern in der Nähe des Rio da Madeira und des Amazonenſtromes, und der Minhocao ſoll nicht nur in Strömen, ſondern auch in Seen vorkommen. Allerdings iſt die Entfernung des Sees von Fein bis zu den von Natterer angegebenen Orten ſehr groß, aber die Hitze von Goyaz ſteigt ſchon ſehr hoch. Die Serra da Paranahyba e do Tocantim, welche dieſe Prodinz durchſtreicht, iſt eine der bemerkenswertheſten Waſſer— ſcheiden zwiſchen den nach Norden und nach Suden fließen— den Rieſenſtrömen Braſiliens, und der Rio dos Pilöes ge— hört ſo gut wie der Rio da Madeira zu den erſten. Der Lepidoſiren hat, ganz wie der Minhocao, die Geſtalt eines Wurmes: beide haben Floſſen, und es iſt ſehr erklärlich, daß man dieſe am Minhocao nicht immer erkannt hat, denn auch beim Lepidoſiren ſind ſie ganz verkümmert. „Die Zähne des Lepidoſiren“ jagt Biſchoff, „ſind ganz geeig— net eine Beute zu faſſen und zu zerreißen, und nach ihrem Bau und den Muskeln zu ſchließen, welche ſie bewegen, müſ— ſen ſie mit großer Kraft gebraucht werden.“ Dies ſtimmt Seilk (XV.) über die Zuckerharnruhr oder Diabetes mellitus. Von Hrn. Oliver Curran. Nach Hrn. Bouchardat machen ein enorm geſteiger— ter Appetit, unerſättlicher Durſt, heftiges Verlangen nach zucker⸗ und ſtärkemehlhaltiger Nahrung, Unterdrückung der Hautthätigkeit und die Entleerung einer großen Quantität zuckerhaltigen Harnes, die hervorſtechendſten Kennzeichen der oben genannten Krankheit aus. Seine eigenen Unterſuchun⸗ gen ergeben das Reſultat, daß der Durſt im Verhältniß zu der verbrauchten Quantität zucker- oder ſtärkemehlhaltiger 13. J. 13. 200 wunderbar mit dem überein, was man vom Winborao vor: ausſetzen muß, und es iſt daher nicht unwahrſcheinlich, daß der Minhocao eine große Art von Lepidoſiren iſt, die man als Lepidosiren minhocao bezeichnen könnte. Zoologen, welche dieſe entfernten Gegenden beſuchen, werden wohl thun längere Zeit am Ufer des Sees von Feia, Padre Aranda und des Rio dos Pildes zu verweilen, um der Wahrheit auf den Grund zu kommen und zu entſchei⸗ den, ob ungeachtet der Ausſagen jo vieler Menſchen der Minhocao dennoch in das Reich der Fabelweſen zu verwei⸗ ſen ſein möchte. Miſeellen. 26. Über die Verdauung alkoholiſcher Getränke haben Bouchardat und Sandras Verſuche angeſtellt und ſind zu folgenden Reſultaten gelangt. Dieſe Stoffe werden im Darm⸗ canale nur durch die vorhandenen Flüſſigkeiten verdünnt, aber nicht verändert; ſie werden durch die Venen beſonders im ä auf⸗ geſogen, oder bei großem Übermaße im ganzen Verlauf des Darm⸗ canals. Die Ehylusgefäße nehmen keinen Alkohol auf. Ein Mal in den Kreislauf aufgenommen, wird der Alkohol durch kein Organ ausgeſchieden, nur durch die Lungen verdunſtet ein äußerſt kleiner Theil desſelben. Bei fehr bedeutender Aufnahme von Alkohol in das Blut behält das Arterienblut die dunkele Farbe des Venen⸗ blutes, und es können alle Erſcheinungen der Aſphyrie eintreten. Durch den beſtändig vom Organismus aufgenommenen Si kann der Alkohol vollkommen zu Waſſer und Kohlenſäure verbrannt werden. Viel häufiger iſt aber die Bildung von Eſſigſäure. Der Alkohol und ſeine Verbrennungsproducte verſchwinden ſehr ſchnell aus dem Organismus, beſonders wenn derſelbe gleichzeitig Glykeſe (Stärkezucker) oder Dertrine aufgenommen hat. (Archives gené- rales de med. par Mundt, 1846 Mai.) 27. Bon der ächten Jalappenpflanze, Exogonium purga Benth., gab Dr. Balfour in ver Cdinburgher botani⸗ ſchen Geſellſchaft eine ausführliche Beſchreibung nebſt folgenden Bemerkungen über die Geſchichte der Jalappenwurzel. Dieſelbe wurde lange Zeit der Convolvulus jalappa Linn. Wiltd., der Ipo- moea macrorrhiza Möichaur, einer Pflanze von Veracruz, zuge⸗ ſchrieben. Neuere Nachrichten zeigen, daß die Jalappe von der oben genannten Pflanze, die in der Nähe von Xalappe etwa 6000 F. über dem Meeresſpiegel wächſ't, herrührt. Sie gehört zur Familie der Convolvulaceen und iſt von Dr. Chriſtiſon an den Edinburgher botaniſchen Garten geſendet. Jener aber erhielt fie von Dr. Core in Philadelphia. un de. Nahrung ſtehe, und daß die reſp. Menge des im Harne enthaltenen Zuckers conſtant eine Beziehung zu der in der Nahrung enthaltenen zucker- oder ſtärkemehlhaltigen Materie zeige. Dieſe Wechſelbeziehungen ſtellen ſich in ſchlimmen Fällen ſehr deutlich heraus, ſind jedoch dann weniger augenfällig, wenn ſtärkemehlhaltige Subſtanzen nur einen kleinen Theil der Nahrung ausmachen, und wenn einem Kranken längere Zeit hindurch der Genuß aller der zur Zuckerbildung geeigneten Subſtanzen entzogen wird, ſo ſcheint der Organismus die Fähigkeit zu verlieren, Stärke in Zucker umzuwandeln, und der Urin kann ſelbſt nach wieder zuge⸗ laſſenem Genuſſe ſtärkemehlhaltiger Nahrung noch einige Zeit 201 13. lang normal bleiben; über kurz oder lang wird ſich jedoch das frühere Verhältniß wieder herſtellen, und obige That— ſache ſich wiederum bewahrheiten. A priori ſcheint es ra- tionell anzunehmen, daß, wenn dem Kranken die Elemente des Zuckers entzogen werden, auch kein Zucker im Harne ſich finden könne. Hr. B. ſtellte Verſuche darüber an, ob Zucker ſich aus Proteinverbindungen bilden könne, was ihm jedoch bei der Temperatur des menſchlichen Körpers niemals gelang, und jo ſucht er die Fälle, in welchen bei aus ſchließ— lichem Genuſſe animaliſcher Koſt der Harn dennoch Zucker enthielt, durch die Vermuthung zu erklären, daß hier die Wachſamkeit des Arztes getäuſcht worden ſei und der Kranke dennoch Brot oder dgl. genoſſen habe. Das Blut bei der Harnruhr enthält nach Rollo, Ambroſiani, Maitland, Mac Gregor, Guibourt, Chriſtiſon und Kane Zucker, was jedoch von Nicho— las und Guendeville, Vauquelin und Segalas, Soubeiran und Henry, d' Arcet, Wollaſton, Marcet u. a. durchaus geläugnet wird. Hrn. Bouchar— dats Erperimente vermitteln dieſe auffallenden Wider— ſprüche. Er fand nämlich, daß das Vorhandenſein oder Nichtvorhandenſein des Zuckers im Blute weſentlich don der Zeit, in welcher der Aderlaß vorgenom- men worden, abhänge. Das des Morgens entzo— gene Blut enthält wenig oder keinen Zucker, indem die ganze während der Verdauung der letzten Mahlzeit ge— bildete Quantität des letzten während der Nacht durch den Harn eliminirt worden iſt. Wird übrigens das ent— zogene Blut nicht alsbald unterſucht, ſo wandelt ſich der in demſelben enthaltene Zucker raſch in Milchſäure um, und ſo kann die ſpäter angeſtellte Unterſuchung zu Irrthümern Veranlaſſung geben. Was die Alkaleſcenz des Blu— tes betrifft, ſo wird dieſelbe nach Hrn. Mialhe bei der Harnruhr vermindert oder verſchwindet gänzlich; Hr. B. iſt aber entgegengeſetzter Anſicht, obwohl er zugiebt, daß das aus der Vene gelaſſene Blut ſchnell ſeine Alkaleſcenz ver— liere. Die Zuſammenſetzung des Blutes fanden Nicholas und Guendeville, Soubeiran und Henry jun. bei diabetiſchen Patienten etwas verändert, was auch von le Canu und Bouchardat beſtätigt wurde; letzterer bezweifelt jedoch, daß dieſe Veränderung conſtant ſei. Contenta des Magens beim Diabetes. Hr. B. fand bei Unterſuchung der in Folge der Darreichung eines Brechmittels ausgebrochenen Flüſſigkeit, daß dieſelbe in keinem Falle irgend eine Proteinverbindung in Zucker umwandelte, dagegen auf Stärke, ſelbſt rohe, ſehr kräftig einwirkte, er gewann vermittels eines ſehr einfachen Ver- fahrens aus jener eine in jeder Beziehung der Diaſtaſe iden⸗ tiſche Subſtanz, welche ſich niemals in normaler Fluſſigkeit vorfand. Das letzte ſcheint jedoch ein Irrthum zu fein, in- dem Bernard und Vareswil nachgewieſen haben, daß der Magenſaft, durch einen geringen Zujag von Natron car- bonicum alkaliſch gemacht, die Fähigkeit verliert, Fleiſch auf— zulöjen, dagegen gleich kräftig wie Speichel oder Pankreas⸗ Saft wird, Stärke in Zucker umzuwandeln, während an⸗ dererſeits der pankreatiſche Saft ſowohl, als der Speichel 1.48, 202 durch Hinzufügung von etwas Säure die Eigenſchaften des Magenſaftes erlangen. Harnruhrkranke ſterben entweder an allmälig zuneh— mender Erſchoͤpfung mit gleichzeitiger Entwickelung von Tu— berkeln, oder gehen plötzlich und gewiſſermaßen unerwartet zu Grunde. In den Fällen erſter Art findet ſich nach dem Tode keine Spur von Zucker im Organismus, und dasſelbe iſt bei rafchem tödtlichen Ausgange der Fall. Hr. B. ent: nimmt hieraus, da das Ausſchwitzen des Magenſaftes von dem Geſundheitszuſtande des Individuums abhängt, einen neuen Beweis dafür, daß die Zuckerbildung beim Diabetes vornehmlich oder ausſchließlich in der im Magenſafte ent— haltenen Diaſtaſe ibre Quelle finde. Uber das Weſen der Harnruhr. Nach Hrn. Bouchardat wird bei dieſer Krankheit die Diaftafe vom Magen abnorm oder wenigſtens in abnormer Quantität ſe— cernirt; dieſelbe reagirt auf das Stärkemehl der Nahrung und wandelt es in Zucker um, und da zur Ausführung dieſer Metamorphoſe eine dem achtfachen Gewichte der Stärke gleiche Waſſermenge erforderlich iſt, ſo erklärt ſich hieraus der unerfättliche Durſt. Der auf dieſe Weiſe gebil⸗ dete Zucker geht, von den Darm- und Magenvenen abſor— birt, in die Leber über; da feine Quantität jedoch zu groß iſt, um ganz von der Galle aufgenommen zu werden, ſo wird er in den Kreislauf eingeführt und durch die Nieren ausgeſchieden. Hr. B. nimmt auch an, daß die niedrigere Körpertemperatur bei Diabetikern — wahrſcheinlich eine Folge des Genuſſes großer Quantitäten kalten Waſſers und des Wärmeverluſtes bei der Umwandlung der Stärke in Zucker — gleichfalls die Zerſtörung des Zuckers im Blute verhindere. Er betrachtet die plötzliche Unterdrückung der Hautausdün— ſtung als eine der häufigften Urſachen der Affection, ſowie als ein anderes prädisponirendes Moment ihm eine allzu ſtärkemehlhaltige Nahrung gilt; er deutet zugleich auf einen möglichen Zuſammenhang der Krankheit mit Pankreasleiden hin. Man hat Verſuche gemacht, das panereas zu erſtir⸗ piren, aber die Thiere ſtarben ſtets unmittelbar nach der Operation. In einem Falle fand ſich Zucker im Harne nach Unterbindung des ductus pancreaticus, aber bei der Section zeigte ſich, daß das pancreas mit dem Darmcanale von Neuem durch Verſchwärung communicirte. Bei Thie⸗ ren, welche ausſchließlich mit Malz — welches ſo reich an Diaſtaſe iſt — gefüttert wurden, fand ſich zuweilen, aber keinesweges immer, Zucker und zwar in höchſt geringer Menge im Harne. In keinem Falle der Art wurde jedoch großer Durſt oder abnorme Freßbegierde beobachtet. Dr. Golding Bird fand Zucker im Harne ganz geſunder Perſonen und conjtatirte das endemiſche Vorkommen zuckerhaltigen Harns in gewiſſen Gegenden Englands, was jedoch mit dem daſelbſt vorherrſchenden Genuſſe von Bier zuſammenzuhängen ſcheint. Behandlung. Wir beziehen uns auch hier auf die Angaben des Hrn. Bouchardat, welcher in feiner Ab: handlung 42 Fälle von Diabetes mittheilt, von welchen 12 theils an phthisis consummata, theils an Erſchöpfung, theils an intercurrirenden Krankheiten zu Grunde gingen, 14 we— ſentlich gebeſſert und 16 vollſtändig geheilt wurden. Die 203 Hauptbaſis der Behandlungsweiſe des Hrn. B. iſt das Aus ſchließen aller Subſtanzen, welche Zuckerbildung veranlaſſen, von der Nahrung; wir geben in folgendem die einzelnen Momente feines Heilserfahrens. Diät. Der Genuß aller ſtärkemehlhaltigen Subſtan— zen, ſowie deren Verbindungen, iſt ſtreng zu unterſagen, was oft um ſo ſchwieriger auszuführen iſt, als gerade die Kranken nach Speiſen der Art ein ungemeſſenes Verlangen zeigen. Um dieſer Gier nach ſtärkemehlhaltigen Subſtanzen einigermaßen zu genügen, kann man den Kranken Kleber— brot reichen, welches nichts enthält, was im Magen in Zucker umgewandelt werden könnte. Dieſes Brot wird am beſten nach Hrn. T. Martins Angabe bereitet: man kne— tet 40 Theile Waſſer und 100 Theile feinen Mehls wie bei der Brotbereitung zu einem Teige zuſammen, welchen man dann im Sommer ½ Stunde, im Winter eine ganze Stunde lang ruhig ſtehen läßt, um das Waſſer ſich gehörig mit dem Mehle verbinden zu laſſen. Der Teig wird darauf auf ein feines Metallſieb gebracht, der Einwirkung mehrerer aus einem darüber aufgehängten Gefäße herabkommender feiner Waſſerſtröme ausgeſetzt und tüchtig mit der Hand durchgeknetet, bis das Waſſer ungefärbt abfließt. Die Stärke findet ſich dann im Filtrat, und auf dem Siebe bleibt der Kleber im Betrag von ungefähr ½ des Gewichtes des ver⸗ wendeten Mehles — obwohl die Quantität natürlich je nach der Beſchaffenheit des Mehles variirt — zurück. Wenn der Kleber zur Brotbereitung benutzt werden ſoll, ſo muß er friſch bereitet ſein, indem er bereits in wenigen Stunden ſich zu verändern beginnt. Er wird nun mit ½ feines Gewichtes des feinſten Mehles vermiſcht und mit dem ge— hörigen Zuſatz von Salz und Hefe die erforderliche Zeit ge— knetet, worauf man ein ſehr leichtes, elaſtiſches, geruchlos und angenehm ſchmeckendes Brot erhält, welches ſehr nahr— haft iſt und außer beim Diabetes auch bei Dyspepfte, Ma⸗ genkrampf und ähnlichen mit Säurebildung und Verdauungs— ſtörungen verbundenen Übeln mit dem günſtigſten Reſultate angewendet worden iſt. Animaliſche Koſt jeglicher Art, ſowie Eier, Milch, But- ter und Käſe können mit gehöriger Berückſichtigung ihrer reſp. Verdaulichkeit u. ſ. w. dem Kranken reichlich gereicht werden. Von den Vegetabilien eignen ſich zur Nahrung Spinat, Endivie, Lattig, Sauerampfer, Spargel, grüne Boh— nen, Kohl, beſonders in Verbindung mit fettem Schweine— fleifch oder geſalzenem Speck, ſowie alle Arten Kreſſe, mit Ol und hart gekochten Eiern zubereitet. Eine ſehr ange— nehme und zuträgliche Speiſe gewährt auch friſcher von Stärke ſorgfältig befreiter Kleber, mit Butter und geriebe— nem Käſe angemacht. Zum Deſſert dienen Oliven, Mandeln, Lamberts- und Wallnuffe, ſowie von Zeit zu Zeit, jedoch ſtets nur in geringer Menge, Apfel, Birnen, Kirſchen, Ko: rinthen, Stachelbeeren, Erdbeeren, Weintrauben und Ananas. In Bezug auf Getränke iſt eine ſehr ſorgfältige Aus— wahl nothwendig. Die Erfahrung hat gezeigt, daß ſpiri— tuöſe Getränke, mäßig genoſſen, nützlich find, daß ſie aber nur mit großer Vorſicht gereicht werden dürfen. Die fran— zöſiſchen Rothweine (Burgunder und Bordeaur) werden ſehr 13. 1. 13. 204 gut vertragen und können täglich zu einer Pinte gereicht wer⸗ den; zuweilen, aber nur unter beſonderen Umſtänden, muß man eine drei- bis vierfach größere Quantität geſtatten, aber der geringſte Grad von Berauſchung iſt ſtets nachtheilig. Manche Kranke können auch gar keinen Wein vertragen. Bier und alle zuderhaltigen Getränke find nachtheilig und dürfen höchſtens nur in ſehr geringen Quantitäten genoſſen werden. Kaffee ſagt fait allen Diabetikern zu und iſt mit wenig oder gar keinem Zuckerzuſatz zu genießen. Limonade und andere kühlende Getränke lindern den Durſt nur für den Augenblick und ſind dem reinen Waſſer bei weitem nachzuſetzen, ſie ſind zumeiſt ſogar nachtheilig. Außer Speiſe und Trank erfordert weſentliche Berück⸗ ſichtigung auch die Kleidung. Der ganze Körper muß vor plötzlicher Erkältung gehörig geſchützt, und die unmerk— liche Hautausdünſtung durch Tragen von Flanell begünſtigt werden. Bewegung im Freien, ſowie körperliche Übung, doch nie bis zur Ermüdung, find ſehr zweckmäßig. Bäder ſind im Allgemeinen nicht von großem Nutzen, doch ſind lauwarme Bäder bei gehörigem Schutze vor Erkältung zu⸗ weilen dienlich, und kalte Bäder — namentlich Seebäder — wenn ſie ertragen werden, oft von ungemein günſtigen Re⸗ ſultaten begleitet. Die therapeutiſche Behandlung der Zucker⸗ harnruhr iſt, obwohl nützlich und nie zu vernachläſſigen, dennoch nur von ſecundärem Werthe neben den oben ge— nannten Maßregeln. Ammonium carbonicum iſt oft von großer Wirkſamkeit; der Gebrauch dieſes Mittels muß aber ſtets durch das Tragen ſehr warmer Kleidung unter⸗ ſtuͤtzt werden, indem dasſelbe ſonſt in die Nieren übergeht und einen alkaliſchen Zuſtand des Harns bewirkt. Es wird entweder in folgender Verbindung: Ammonium carbonicum 77 Gr., Rum 310 Gr., Waſſer 1550 Gr., den dritten Theil ) Stunde vor der Mahlzeit zu nehmen, oder als Bolus, je 1 Gr. des Carbonats und eben ſo viel Theriak enthaltend, 2— 10 vor Schlafengehen zu nehmen, gereicht. Das Wie der Wirkung iſt noch nicht conſtatirt. Das Vichywaſſer leiſtete in einigen von Jadiour und Bouchardat be handelten Fällen ſehr entſchiedene Dienſte; Contour und Mialhe rühmen die alkaliſchen Bicarbonate im Allgemei— nen, namentlich die Natron verbindungen. — Pulvis Doveri und Opiate werden von Hrn. B. nur als diaphoretica ans gewendet. Er verordnet bei Diabetes mellitus niemals Mor- phium oder pures Opium, um den Magen nicht zu affici— ren, das pulvis Doveri dagegen hat er zu 10 — 12 Gran Abends mit entſchiedenem Nutzen angewendet, obwohl er von allen Opiaten dem Theriak am meiſten Wirkſamkeit bei⸗ mißt, welches Mittel er zu 36 —1 Abends reicht. —, Wenn Bläſſe und andere Symptome dem Falle eine große Ahnlich⸗ keit mit Chloroſe geben, To zeigen ſich die tonico-amara allein oder in Verbindung mit Eiſen ſehr wirkſam; von den Eiſenpräparaten zieht Hr. B. vornehmlich das pulveri= ſirte Eiſen oder das durch Waſſerſtoff reducirte Metall in An⸗ wendung. Küchenſalz, Speiſen beigemiſcht, bewirkt eine Verminderung des Durſtes des Kranken, hat jedoch, allein angewendet, ſich nicht als beſonders wirkſam erwieſen. — Im 205 Anfange der Behandlung reicht Hr. B. ein Brechmittel aus Ipecacuanha und darauf ein Abführmittel, hält jedoch ſpäter entleerende Mittel, ausgenommen zur Bekämpfung beſonderer Symptome, für unnütz. Als Palliatiomittel find beſonders noch die Subſtanzen zu erwähnen, welche die Einwirkung der Diaſtaſe aufheben; hierhin gehören: Kalkwaſſer, caleinirte Magneſia, Alkalien, Salpeter -, Phosphor- und Schwefel ſäure, Alaun, Tannin, ſowie andere adstringentia. Allgemeine Blutentziehungen ſind ſtets nachtheilig; ört— liche dagegen durch Blutegel oder Schröpfköpfe am epiga- strium, in den Weichen, ad anum (bei vorhandener Hämor— rhoidalanlage), zeigen ſich nicht ſelten nützlich. (Dublin Quarterly Journ., Aug. 1846.) (XXVL) über die Geſchichte der Behandlung von Aneurysmen durch Druck. Von Hrn. Wilde. Verf. ſtellt in dieſer Abhandlung alle bis jetzt be— kannt gewordenen Fälle von Behandlung der Aneurysmen durch Druck zuſammen und fügt einige andere von Prof. H. Todd, Crampton, Cuſack, Adams und Harri— ſon hinzu. Folgende Tabelle giebt eine Überſicht der bis jetzt mitgetheilten Fälle ſammt ihren Reſultaten: Operateur. Reſultat. Aneurysma. 5 2 8 a bed aa Unterbindung 11820 Todd zu Dublin a.popliteae) 30 | d. a, cruralis. 2 1820 Todd zu Dublin . a 27 do. 3 1825 Todd zu Dublin : 36 Geheilt 41824 Duggan zu Dublin a. cruralis | 33 a Unterbindung 5 1826 Cuſack zu Dublin a.popliteae| — | d.a.cruralis. 6/1843 5 5 = = * 55 Geheilt. 7 1844 8 2 * = = 26 5 8 1846 8 5 = = 8 33 = 9 1830 P. Grampton zu Dublin|a. cruralis | 36 : 10 1842| Hutten zu Dublin a. poplitene 30 : 11 1813 Dr. Bellingham zu Dublin» = 32 : 12 1814 z : = |a. cruralis | 35 a 1318460 : . a, popliteae 40 Zweifelhaft. 14 1843 Liſton zu London a. cruralis 30 Geheilt. 15 184444 5 2 . - 53 : 16/1843 Harriſon zu Dublin a.popliteae) 29 ; 17 1814 Kirby zu Dublin . a 28 . 18 1844 Allen im Haslar: Spital]: . 32 5 19 1844 Greatſer zu London . : 27 . 20 1844 Porter zu Dublin 2 29 : 21018450757 8 — . 22 1844 Jolley zu Torbay . : 28 . Unterbindung 231813 Harriſon zu Briſtol Be 42 | d.a.cruralis. 24 1845 | Dartnell zu Chatham 38 Geheilt. 25 1816 Mackern zu Litherland ſa. cruralis 30 5 26 1845 Storks zu London a.poplitene) 32 : 27 184600 - . nc, 24 23 1845 O' Farrell zu Dublin Fare 32 s 29 1816 5 1 s : . 37 5 13. I. 13. 206 Die Dauer der Behandlung in dieſen Fällen variirte von 5—91 Tage. Wir begnügen uns nun hier die Schlußfolgen des Verf. beizufügen. I) In dem jetzigen Jahrhunderte find zahlreiche Ver— ſuche gemacht worden, nach außen gelegene Aneurysmen, na— mentlich die der a, poplitea, durch Compreſſton der Arterie zwiſchen dem Sacke und dem Herzen zu heilen, und verſchie— dene Inftrumente find zu dieſem Behufe angegeben worden. 2) Durch dieſe Mittel ſind ohne Zweifel wirklich Hei— lungen erzielt worden. 3) Das aneurysma a. popliteae ſcheint für die Anz wendung der Compreſſion am meiſten geeignet zu fein. 4) Hr. Todd hat das Verdienſt, die Compreſſion von Aneurysmen in der Kniekehle zuerſt verſucht und mit Er— folg ausgeführt zu haben; die eigentliche Begründung der Methode aber verdanken wir den Hrn. Hutton, Cuſack und Dr. Bellingham. 5) Die früher angewendeten Inſtrumente waren durch— weg mangelhaft, indem ſie den Druck nur auf einen Punkt ausübten; die von Dr. Harriſons Kranken, Hoey, ein— geführte Verbeſſerung, eine Reihe von Compreſſorien längs der Arterie zu applieiren, hat weſentlich zur Beſeitigung dieſes Mangels beigetragen. 6) Aus den von Prof. Porter und Hrn. Cuſack mitgetheilten Fällen ſcheint hervorzugehen, daß zur Erlangung einer radicalen Heilung es nicht erforderlich iſt, die Pul— fation im tumor vollſtändig zu unterdrücken. 7) Die Heilung kommt auf die Weiſe zu Stande, daß ſich ein coagulum im Sacke bildet, indem entweder der Strom des durch die Arterie fließenden Blutes geſchwächt oder mit Hilfe der Contraction des Sackes das Blut leichter gerinn— bar gemacht wird. 8) Zur Bewirkung dieſes Gerinnens iſt der Galvanis— mus nicht ohne Erfolg angewendet worden. 9) Die Section zeigt uns, daß es nicht nothwendig iſt, die Arterie zwiſchen dem Punkte der Compreſſion und dem Sacke zu obliteriren, um das coagulum und Heilung zu bewirken. 10) Die Compreſſion hat, auch an der ercentriſchen Seite des Sackes angewendet, Coagulation bewirkt. (Dublin Quart. Journ., Aug. 1846.) Miſe ellen. (40) Gin aneurysma der aorta ascendens, das ſich in die rechte Vorkammer öffnete. Am 24. Nov. 1840 wurde Dr. Peacock zu einem 48 jährigen Manne gerufen, der ſich ununter⸗ brochen brach und über Schmerzen an den Füßen und Knieen klagte; der Puls an der Radialarterie war kaum zu fühlen, die Ertre⸗ mitäten waren kalt, das Geſicht gelb und aufgetrieben, der Unterleib angeſchwollen. Dieſe Zufälle waren plötzlich während der Beſchäf⸗ tigung des Kranken eingetreten. Nach dem Hoſpitale gebracht, er⸗ lag derſelbe 18 Stunden nach dem Auftreten jener Zufalle. Von den anamneſtiſchen Verhältniſſen war nur fo viel bekannt, daß der Kranke feine Beſchaͤftigung, Wartung der Pferde, ohne Unterbres chung fortgefegt hatte und dem Trunke ergeben war. Bei der 30 207 Stunden nach dem Tode vorgenommenen Section fand man bie Bauchhöhle mit einer großen Menge gelblicher Flüſſigkeit angefüllt, die Magenſchleimhaut normal, den pylorus fo verengt, daß man den Zeigefinger nur mit Mühe durchführen konnte, Dünn- und Dickdarm geſund, die Leber mit vensſem Blute überfüllt, die uͤbri⸗ gen Unterleibsorgane geſund. Die Pleuraſäcke beider Bruſthaͤlften enthielten viel Serum, die Lungen waren emphyſematös, der Herz⸗ beutel mittels einer Zellgewebsſchicht mit dem Herzen verwachſen, das Herz ſelbſt ſehr groß, der rechte Ventrikel bedeutend dilatirt mit verdünnten Wandungen, inwendig mit einer Fettſchicht ausge— kleidet, und die Muskelſubſtanz zum Theil in Fett degenerixt. Die Arterienklappen, ſowie die valvula trieuspidalis geſund. Die linke normal große Vorkammer hatte hypertrophiſche Wände und ſchloß ein feſtes, farbloſes Faſerſtoffebagulum ein; der linke dilatirte und hypertrophiſche Ventrikel war an ſeiner innern Fläche fettig dege⸗ nerirt, doch nicht in dem Grade, wie ver rechte. Die Wande die⸗ ſes Ventrikels waren an der Baſis 5 Linien dick, gegen die Mitte hin 4, von da bis nach der Spitze des Herzens hin nahm die Mus⸗ kelſubſtanz immer mehr ab und wurde durch Fettablagerungen er⸗ ſetzt, ſo daß an der Spitze ſelbſt, wo die Fettſchicht ſehr bedeutend erſchien, die Muskelſubſtanz bis auf eine einfache Lage geſchwunden war. Die valvulae semilunares waren verdickt, die sinus Valsalvae erweitert, namentlich der hintere, der bis in die linke Vorkammer hinein ragte. An der aorta ascendens fand ſich ein aneurysma, das ½ Zoll über der Anheftungsſtelle der valvulae semilunares ſcharf begrenzt anfing und die vordere und rechte Seite des Gefäßes ein⸗ nahm. Das aneurysma ftüßte ſich nach unten auf die Baſis des rechten Ventrikels und den appendix der rechten Vorkammer; nach oben endigte es 1½ Zoll unterhalb des Urſprungs des tumor aneurysmaticus; der untere Theil dieſer aneurysmatiſchen Erwei⸗ terung bildete eine eiförmige Verlängerung, die in die rechte Vor⸗ kammer hinein ragte, unmittelbar unterhalb der Einmündung der vena cava descendens. An der linken Seite jener Verlängerung fand ſich eine kleine Offnung, die mit einer entſprechenden in dem appendix der Vorkammer communicirte, und von kleinen Lymph⸗ granulationen umgeben war. Die Wände dieſer Vorkammer waren an mehreren Stellen ſo verdünnt, daß die Höhle von dem aneu- rysma nur durch eine durchſichtige Membran getrennt ſchien. Die vena cava descendens, durch den aneurysmatiſchen Sack. ge⸗ drückt und nach der rechten Seite gedrängt, war in ihren Wan⸗ dungen verdickt, doch frei für den Blutdurchgang. Die obere Wand des aneurysmatiſchen Sackes war ſo verdünnt, daß eine Ruptur nur durch das ſehr verdickte und adharirende pericardium ver⸗ hindert wurde. Die Höhle des aneurysma enthielt nur wenig kleine Blutcoagula, die Wände desſelben erſchienen hier und da verdickt und verdünnt; der Bogen der aorla war beträchtlich er⸗ weitert. 1½ Zoll unterhalb des Urſprunges der subelavia sinistra 13. 1. 13. 208 fand ſich ein zweites aneurysma von der Größe einer Kaſtanie. Bei beiden Aneurysmen ſetzte ſich die innere Arterienhaut in die Höhle des Sackes fort. (London and Edinb. Monthly Journ., Jan. 1845.) (A) über Empyem überhaupt, ſowie über eine neue Form desſelben, ſogenanntes pulſirendes Empyem verbreitet ſich Dr. Mac Donnel im Dublin Journal, woraus nachſtehendes fich ergiebt: 1) Das pulſirende Empyem bietet ähnliche Symptome wie das aneurysma aortae und das Lungenencephaloid dar. So gingen in allen vom Verf. beobachteten Fällen dieſer Art Seiten⸗ ſchmerzen, Dyspnoe, Huſten und Unmöglichkeit auf der kranken Seite zu liegen den Geſchwülſten voran. Die Conſtitution der Kranken erſchien im hohen Grade geſchwächt. Hierauf entſtand plötzlich ein lebhafter Schmerz an irgend einer Stelle der Bruſt, wo kurz darauf eine kleine, weiche, zurückdrückbare Geſchwulſt ſich zeigte, die allmälig größer wurde und deutliches Bulfiren wahr⸗ nehmen ließ. Vom aneurysma aortae thoracis unterſcheidet ſich dieſe Empyemform durch den Krankheitsverlauf, den matten Percuf⸗ ſionston der ganzen Bruſthälfte, die Abweſenheit des Blaſegeräuſches und der Vibration, ſowie endlich durch die Beſchaffenheit und den Umfang der Fluctuation; vom Lungenencephaloid durch Mangel gelee- ähnlicher Expectoration und chroniſcher bronchitis, durch Abweſenheit des Odems und der varicöſen Ausdehnung der Venen der kranken Seite. — 2) Der im Verlaufe eines Empyems eintretende, eitrige Auswurf iſt nicht immer die Folge einer Lungencaverne oder einer bronchitis; meiſtentheils wird dieſer Auswurf durch das Beſtreben der Natur hervorgerufen, den angeſammelten Eiter auf dem kürze⸗ ſten und ſicherſten Wege zu entleeren. — 3) Was die Lunge der entgegengeſetzten Seite betrifft, ſo iſt ſie häufiger der Sitz einer einfachen Congeſtion, als einer wahren bronchitis, da, ungeachtet der wahrzunehmenden verſchiedenen Aftergeräuſche, die allgemeinen Symptome, welche eine Entzündung der Bronchien zu begleiten pflegen, wie Fieber, Huſteneracerbationen, Dyspnoe u. ſ. w., gänz⸗ lich fehlen. — 4) Die Leber findet ſich beim Empyem nicht nur mechaniſch aus ihrer Lage verdrängt, ſondern auch mit Blut über⸗ füllt, auf welcher Seite auch das Empyem feinen Sitz haben mag. Verf. ſchließt daraus, daß die Volumvergrößerung der Leber in ſolchen Fällen von der neuen Function derſelben, der Decar⸗ bonifation des Blutes herrührt, welche Function die Leber auch in anderen Herz- und Lungenkrankheiten zu übernehmen gensthigt ift. Dieſe Leberanfchoppung ſchwindet fogleich, ſobald das Hinderniß der Blutcirculation durch Beſeitigung des urſprünglichen Herz- oder Lungenleidens aus dem Wege geräumt iſt. Dasſelbe wird auch beim Empyem beobachtet. Das Verſchwinden der Leberanſchop⸗ pung iſt eins der erſten Zeichen der beginnenden Reſorption des Empyems und der aufgehobenen Compreſſion der Lungen, deren normale Function ſich nun wieder herſtellt. Bibliographiſche Neuigkeiten. Recherches chimiques sur le mereure et sur les constitutions sa- lines par M. E. Mitlon. So. (7 B.) Paris 1846. (Aus den Annales de chimie et de physique. 3e serie. XVIII.) Wenderoth, G. W. F., Flora hassiaca, oder ſyſtemat. Ver⸗ zeichniß aller bis jetzt in Kurheſſen und angrenzenden Gegenden beobachteten Pflanzen, enth. die offen blühenden Gewächſe. gr. So. Caſſel 1846. Herrmannsen, A. N., indicis generum malacozoorum primordia. Vol. I. fasc. I. 8. Cassel 1846. Waterhouse, G. R., A Natural History of the Mammalia. Vol. I., containing the Order of Marsupiata, or Pouched animals, with 22 illustrations engraved on steel and 18 engravings on wood. 8°, plain 29 sh., coloured 34 sh. 6 p. London 1846. Anatomie chirurgicale de la région de Paine par C. P. Robin. 4. (8 B.) Paris 1846. * Elwert, Beitrag zu den Rück⸗ und Fortſchritten in der Mediein. gr. 8o. Bremen 1846. . Heinroth, J. C. A., gerichtsärztliche und Privatgutachten hauptſächlich in Betreff zweifelhafter Seelenzuſtände. Geſammelt und herausgegeben von H. Th. Schletter. Nebſt einer biogr. 1818. des Verf. von F. M. A. Querl. gr. 80. Leipzig 6. De Betton , therapeutic manipulation or medicina mechanica: a successfull treatment of various discorders of the human body by mechanical application. 2d Edit. 8°. London 1846. Reiter, M., Beiträge zur richtigen Beurtheilung und erfolgrei⸗ chen Impfung der Kuhpocken. gr. 8%. München 1846. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 14. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptolrs zu Weimar. (Nr. 14. des I. Bandes.) Februar 1847. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. 9 2 Sg Natur kunde. XX. über die Veränderungen hinſichtlich des rela— tiven Niveaus des Meeres und Landes. Von Leonard Horner, Eſa., Präfivdenten der Londoner geologiichen Geſellſchaft *). Bekanntlich hatten die an gewiſſen Küſten eingetrete— nen Veränderungen in der relativen Höhe der See und des Landes ſchon in früheren Zeiten die Aufmerkſamkeit der Geologen erregt, und dies war insbeſondere bei manchen Küſtengegenden des mittelländiſchen Meeres und der Oſtſee der Fall; jedoch hat man erſt in neuerer Zeit vielfache Bei— ſpiele von der einſtigen Einwirkung des Meeres an weit höheren Stellen von Küſten entdeckt, als die, bis zu wel— chen das Waſſer gegenwärtig gelangen kann, und deßhalb iſt man auch erſt jetzt darauf hingeleitet worden, dieſe wich— tige geologiſche Erſcheinung, nämlich die Erhebung vieler Seeküſten, nach ihrer vollen Bedeutung zu würdigen. Manche dieſer Veränderungen haben ſich innerhalb der hiſtoriſchen Zeiten und gleichſam vor unſeren Augen zugetragen, und ſcheinen uns in Betreff der Erklärung der in früheren Pe— rioden eingetretenen ähnlichen Veränderungen die zuverläſſig⸗ ſten Anhaltepunkte zu bieten. Es iſt ſchon längere Zeit bekannt, daß man längs der Küſten Schwedens und Nor: wegens, bis zum Nordcap, ja Spitzbergen hinauf, ausge— waſchene Felſen, ſowie lange horizontale Schichten oder Terraſſen von Uferſteinen, Sand und Thon, mit Muſchel⸗ fragmenten vermiſcht, weit über der gegenwärtigen Fluth⸗ höhe zu beobachten Gelegenheit hat. Dieſe Geröllſchichten, welche man ſogar bei 600 Fuß Höhe angetroffen hat, und die zuweilen eine Mächtigkeit von mehr als 160 F. beſitzen, lagern gewöhnlich auf dem maſſiven Felſen und enthalten ) Aus der bei der Jahresverfammlung der Geſellſchaft am 20. Febr. 1846 gehaltenen Rede des Pröfdenten. No. 1994. — #91. — 14. häufig Muscheln, die ſo gut erhalten find, daß fie noch das friſcheſte Farbenſpiel zeigen, und daß die Bivalven, die der Art nach dieſelben ſind, wie die noch im benachbarten Meere lebenden, das die beiden Schalen verbindende Ligament noch beſitzen, woraus ſich ergiebt, daß die Veränderungen entweder während des letzten Theils der tertiären Periode oder zu Anfang der gegenwärtigen geologiſchen Periode Statt gefunden haben. Dieſe Thatſachen werden in den Schriften von Playfair, von Buch, Keilhau, Sef— ſtröm, Lyell ꝛc. angeführt, und Hr. Bravais, welcher ſich ein Jahr in den Finnmarken, zwiſchen 70 und 71% n. Br., aufhielt und eine 50 — 60 engl. M. lange Reihe empor— gehobener Terraſſen und alter Seeufer im Altenfjord ſehr genau gemeſſen hat, brachte unlängſt einige höchſt merk— würdige Fälle dieſer Art zur öffentlichen Kenntniß. Auch längs der ganzen Weſtküſte Großbritanniens fin⸗ den ſich intereſſante Beiſpiele von der Erhebung der Küſte, und hier iſt die Erhöhung ſogar in manchen Fällen noch weit bedeutender, als in Norwegen, wie ſie denn z. B. bei Moel Tryfane in Caernarvonſhire mehr als 1000 F. be⸗ trägt. Daß man ſie hier nicht ſo ununterbrochen findet, wie in Norwegen, dürfte ganz einfach daher rühren, daß die Küſte Großbritanniens faſt durchgehends ſchon lange angebaut iſt, wodurch natürlich alle lockeren Materialien viel— fache Orts veränderungen erlitten haben. Übrigens beobachtet man dergleichen Veränderungen des Niveaus nicht nur an den europäiſchen Küſten, ſondern das Feſtland Nordamericas ſowohl als Südamericas bieten der— gleichen an den Küften des atlantiſchen, wie des ſtillen Welt— meeres in noch weit größerem Maßſtabe dar. Hrn. Dar: win verdanken wir die Beſchreibung vieler merkwürdigen Beiſpiele, und einiger derſelben, auf die er in der unlängſt erſchienenen zweiten Auflage feiner Reiſebeſchreibung auf: merkſam gemacht hat, will ich hier beſonders erwähnen. 14 211 Mir iſt übrigens kein Geolog bekannt, deſſen Beobachtun— gen und aus dieſen gezogene Folgerungen mehr Vertrauen verdienten; denn er unterſuchte die von ihm beſchriebenen Gegenden offenbar mit völlig vorurtheilsfreiem Blicke. Über— dies ſtehen dieſe Thatſachen mit mehreren erſt im letztver— floſſenen Jahre in Europa und Nordamerica ermittelten ana— logen Erſcheinungen in naher Beziehung. Bei Coquimbo in Nordchili erheben ſich fünf ſanft ge— böſchte Terraſſen über einander, die da, wo ſie die ſtärkſte Entwickelung darbieten, aus Uferſteinen beſtehen. Zu Guasco, weiter nördlich, ſind die Terraſſen weit breiter, ſo daß ſie für Ebenen gelten können und ſich im Thale 37 engl. M. weit landeinwärts erſtrecken. Muſcheln von vielen noch jetzt lebenden Species liegen nicht nur bis zu einer Höhe von 250 Fuß auf der Oberfläche der Terraſſen, ſondern ſind auch in eine zerreibliche kreideartige Felsart eingelagert, welche an manchen Stellen 20 — 30 Fuß mächtig iſt, und dieſe jungen Schichten lagern auf einer alten tertiären For— mation, welche Muſcheln enthält, deren Species, wie es ſcheint, ſämmtlich ausgeſtorben find. „Hinſichtlich der Bil— dung dieſer Terraſſen muß uuftreitig angenommen werden, daß der ganze ſüdliche Theil des americaniſchen Feſtlandes ſich lange Zeit hindurch allmälig erhoben hat, und daß folglich alle im ſeichten Uferwaſſer abgelagerten Materialien bald trocken gelegt und der abreibenden Einwirkung der Ebbe und Fluth ausgeſetzt worden ſind *).“ Er beſchreibt ein großes Thal bei Copiapo, welches ſich weit landeinwärts erſtreckt, und deſſen mit Uferſteinen bedeckte Sohle glatt und horizontal iſt, und bemerkt, er be— zweifle keineswegs, daß ſich dieſelbe in ihrem gegenwärtigen Zuſtande allmälig über die Meeresfläche erhoben habe **). Ferner meint er: „Ich habe überzeugende Beweiſe gefun— den, daß dieſer Theil des ſüdamericaniſchen Feſtlandes in der Nähe der Küſte ſich um wenigſtens 400 bis 500 Fuß und an manchen Stellen um 1000 bis 1300 F. erhoben hat, und zwar innerhalb der Periode des Auftretens der jetzt lebenden Muſchelarten ***).“ In Bezug auf die Nach— barſchaft von Valparaiſo jagt er: „Die Beweiſe der Gr: hebung dieſes ganzen Küſtenſtrichs liegen offen da; bei der Höhe von einigen 100 Fuß findet man viele alt ausſehende Muſcheln, und ich habe deren bis zu 1300 F. Höhe ge— troffen. Dieſe Muſcheln liegen entweder locker an der Ober: fläche oder ſind in einer röthlichſchwarzen Dammerde einge— lagert. Mit Verwunderung erkannte ich mit dem Mikro⸗ ſkope, daß dieſe Dammerde wirklich Seeſchlamm iſt, der von winzigen Theilchen organiſcher Körper wimmelt ).“ Auf der dem atlantiſchen Weltmeere zugekehrten Seite fehlt es nicht an ähnlichen Beiſpielen: „Das Land vom La-Plataſtrom bis zum Feuerland, eine Strecke von 2000 engl. Meilen, iſt in Maſſe gehoben worden. Dies iſt ſeit dem Auftreten der jetzt lebenden Seemuſcheln geſche— hen und beträgt in Patagonien 300 — 400 F. Die alten *) Dartein's Journ. of a Voyage round the world, 2. edit.. p. 344. „ECbendaſelbſt, S. 355. Ebendaſelbſt, S. 7) Ebendaſelbſt, S. 14. 1. 14. 212 verwitterten Muſcheln, die auf der Oberfläche der empor⸗ geſchobenen Ebenen liegen, haben theilweiſe noch ihre ur⸗ ſprünglichen Farben. Die Erhebungsbewegung iſt durch we⸗ nigſtens acht Perioden der Ruhe unterbrochen worden, wäh⸗ rend deren die See das Land tief ausgewaſchen hat, was man an den bei verſchiedenen Höhen bemerkbaren langen Linien von ſchroffen Uferwänden erkennt, welche die verſchie⸗ denen Ebenen oder Terraſſen von einander trennen ).“ Nun iſt es wichtig zu bemerken, daß in manchen der obigen Fälle, ſowie in anderen von Hrn. Darwin mitge⸗ theilten, die Beweiſe der Niveauveränderung nicht lediglich in der Anweſenheit von Terraſſen oder gehobenen Ufern lie⸗ gen, ſondern daß auch auf weiten Landſtrichen in bedeuten⸗ der Entfernung von der Küſte Seemuſcheln don den noch lebenden Species auf oder in geringer Tiefe unter der Erd⸗ oberfläche liegen, kurz, daß Hochebenen des Feſtlandes noch vor gar nicht ſehr langer Zeit den Meeresgrund bildeten. Die Verfaſſer der Geologie Rußlands (Geology of Russia) haben einen Meeresgrund beſchrieben, der ſich don der Küſte des Eismeeres faſt 200 engl. Meilen landeinwärts erſtreckt, und den ſie zuerſt ermittelt haben. Indem ſie die Dwina, welche bei Archangel in eine Bucht des Eismeeres fällt, ſtromaufwärts verfolgten, entdeckten ſie etwa 150 engl. Meilen von der genannten Stadt, am Einfluſſe der Waga in die Dwina, viele ziemlich friſch ausſehende Muſcheln, die in eine etwa 10 F. mächtige ſandige Thonſchicht regelmäßig eingelagert waren. Dieſe Schicht, über welcher eine etwa 20 F. ſtarke Lage von grobem Kies und ſonſtigem Ge— ſchiebe lagerte, ruhte auf rothem und weißem Gops, wel⸗ cher ein Glied der Permiſchen Formation jener Gegend bil— dete. Sie verfolgten dieſes Muſchellager 8 engl. M. weit. An manchen durch den blauen Thon oder Seeſand vor der Atmoſphäre geſchützten Muſcheln haben ſich die Farben völ— lig friſch und die Schalen oft noch verbunden erhalten, und ſelbſt die abgebleichten ſind noch faſt underſehrt. Dr. Bed in Kopenhagen, der dieſe Muſcheln unterſuchte, hält ſie ſämmtlich für ſolche Species, die noch jetzt in den nörd— lichen Meeren vom 42. bis zum 84. Grade leben. Herr Smith zu Jordan Sill iſt der Meinung, daß allerdings noch viele dieſer Muſcheln lebend erijtiren, daß jedoch einige beſonderen Abarten angehören, die jetzt nur in hohen, aus- getrockneten Seeufern vorkommen. Hr. Lpell erkannte die Gruppe als identiſch mit der, welche bei Üddewalla in Schwe— den, welches 1000 engl. M. von der Dwina entfernt iſt, entdeckt worden iſt und Hr. G. Sowerby meint, daß dieſe Muſcheln allerdings meiſt noch lebende Species ſeien, daß ſich aber darunter auch Formen fänden, die man ſelten, ja vielleicht nie, anderswo als in gehobenen Meeresgründen von halbfoſſilem Charakter antreffe. Die Verf. erklären das Vorkommen dieſer Muſcheln an der Mündung der Waga für einen unumſtößlichen Beweisgrund dafür, daß die Strecke von dort bis Archangel zu einer Zeit Meeresgrund geweſen ſei, wo bereits die jetzt lebenden Muſchelſpecies eriftirt hät⸗ ten. Ein ähnliches Fluthbette ſcheint etwa 300 engl. M. Ebendaſelbſt, S. 171. 213 weiter öſtlich in dem Thale der Petſchora eriftirt zu haben; denn Graf Keyſerling ſammelte 180 engl. M. von der gegenwärtigen Mündung dieſes Fluſſes Fragmente von Mu⸗ ſcheln noch jetzt lebender arktiſcher Species auf den thoni— gen Böſchungen der tieferen Theile des Thales, während ſie auf den benachbarten Hochebenen nicht zu finden waren, wogegen der dortige Sand, Kies und Thon hin und wieder Mammuthknochen enthielt, woraus er folgerte, daß die muſchelführenden Ablagerungen ſich in einer Meeres— bucht gebildet bädden, die ſich tief in ein von großen, aus— geſtorbenen Säugethierarten bewohntes Land hinein er— ſtreckt habe. In der Skizze, welche dieſelben Verfaſſer von der geo— logiſchen Structur Sibiriens entworfen, weiſen fie ſehr bün- dig nach, daß die große Region, in der man die Knochen des Rhinoceros, Mammuth und Bos urus in ſolcher Menge findet, insbeſondere der ausgedehnte niedrige Strich von Nordſibirien und alle niedrigen Vorgebirge zwiſchen dem Ob, dem Jeniſſei und der Lena, zu einer weit ſpäteren Zeit gehoben worden ſei, als die, wo große Heerden dieſer Thiere jene Region viele Generationen hindurch bewohnt hätten. Nach Lyells Vorgange folgern ſie, daß die Ver— kühlung des Klimas, welche auf die Erhebung jener Fluth— betten erfolgt ſei, das Ausſterben jener großen Vierfüßer veranlaßt habe. Wiewohl in dem gewaltigen Landſtriche von der Oſt— fee bis zu dem Hochlande im Weiten des Uralgebirges nir— gends vulcaniſches Geſtein durchgebrochen iſt, ſo fehlt es doch nicht an klaren Beweiſen von der Einwirkung unter— irdiſcher Kräfte, welche dieſe ganze Region nach der Ablage: rung der tertiären Mioceneſchichten und nachdem dieſelbe, während das Meer ſie noch überfluthete, ihre gegenwärtige Geſtaltung angenommen, emporgeſchoben haben. „Von der Nordſee bei Hamburg im Weſten bis zum weißen Meere im Oſten iſt ein 2000 engl. Meilen langer und 400 bis 800 engl. M. breiter Landſtrich mehr oder weniger ſtark mit lockeren Geſchieben, die Fündlinge und kryſtalliniſche Blöcke von koloſſaler Größe enthalten, überlagert, und dieſe ſaͤmmtlichen Blöcke ſtammen von dem ſkandinaviſchen Hoch— gebirge.“ Die öſtliche und ſüdöſtliche Grenze dieſer Fünd— linge bezeichnet die Küſtenlinie, von welcher aus weſtlich alles Land bis zur Oſtſee vom Meere bedeckt war. Zwi— ſchen dieſer Küſtenlinie und dem Ural liegt die Gegend, welche die Gouvernements Perm, Wjätka und Orenburg um⸗ faßt, und eine beträchtliche Strecke weſtlich vom Ural findet ſich keine Spur von einer oberflächlichen Ablagerung, die ihren Urſprung dem Meere verdankte. „Wir nehmen“, ſagen die Verf., „alſo an, daß die ſo charakteriſirte Region wirklich trocken lag und von Mammuthen bewohnt wurde, als die Fündlingsblöcke über das benachbarte nordweſtliche Meer geführt wurden.“ Dieſe nach der Überführung des Seegrundes durch die aus Norden kommenden Geſchiebe Statt gefundene Erhebung muß wenigſtens 800 — 1000 F. betragen haben, da die Gipfel der Waldai-Berge, welche ſich an der Oſtgrenze von Litthauen und ſüdlich vom Gou— vernement Petersburg hinziehen und ſtellenweiſe bis zu die— 14. I. 14. 214 ſer Höhe anſteigen, am ſüdlichen Abhange mit ſolchen Blöcken belegt ſind. In Betreff der Gegend um Savannah in Georgien (Nord: america) bemerkt Hr. Lpell: „Es liegt auf der Hand, daß zu einer ver haͤltnißmäßig nicht ſehr alten Zeit, zu welcher der atlantiſche Ocean bereits von den noch jetzt lebenden Schalthieren bewohnt war, der Grund des Occans in die— ſer Gegend gehoben und trocken gelegt worden iſt. Das ebene Marſchland war nach dem Binnenlande zu von einer ſteilen Wand oder Seeküſte begrenzt, welche in die tertiären ſandigen Schichten eingeſchnitten war, und bei verſchiedenen Höhen findet man im Inneren noch mehrere ſolche Ufer— wände, welche bezeugen, daß die ganze tertiäre Formation ſtufenweiſe über die Meeresfläche gehoben worden iſt.“ In einem mir erſt vor wenigen Tagen zugegangenen Briefe des Hrn. Lyell ſchreibt mir dieſer von Savannah aus, „daß er an der Küfte von Georgien ganz ähnliche Terraſſen oder auf einander folgende Uferwände getroffen habe, wie fie Patagonien darbietet, und daß dieſelben in die tertiären Ab— lagerungen eingeſchnitten ſeien.“ Allein an derſelben Küſte läßt ſich heutzutage auch eine Senkung wahrnehmen. Herr Lyell berichtet: „Auch Senkungen haben, vielleicht bis weit ins Binnenland hinein, an dieſer Küſte Statt ge⸗ funden; denn an vielen Stellen in der Nähe der See findet man Spuren mit Schlamm und Sand überführter Wälder und ich vermuthe, daß die Küſte dort im allmäli— gen Niederſinken begriffen ſei; denn die See dringt offen- bar mehr und mehr in die Süßwaſſerſümpfe ein. Über: all an der Küſte bemerkt man Zeichen eines in neueren Zei— ten Statt gefundenen Sinkens.“ Indem er einiger mit ei— ner Geſchiebformation zu Brooklyn bei Newyork in Ver— bindung ſtehender Erſcheinungen gedenkt, bemerkt er, er ſei zu dem Schluſſe gelangt, „daß die Geſchiebe, während einer mehrmals hinter einander Statt gefundenen Untertauchung einer Gegend, welche früher emporgehoben und trocken ge— legt geweſen ſei und bereits ihre gegenwärtige geographi— ſche Bildung oder oberflächliche Form erlangt gehabt habe, abgeſetzt worden ſeien.“ In der Umgegend der Niagara: fälle, am Ontario = See und im Thale des St. Lorenzſtro⸗ mes weiſt er auf mehrere überzeugende Beweiſe von der Trockenlegung und Untertauchung während der hier in Be— tracht kommenden jungen Periode hin. Er führt an, daß er ſich im St. Lorenzthale nach Schweden und Norwegen verſetzt geglaubt habe, indem er gewaltige Strecken mit ſo jungen Ablagerungen bedeckt gefunden, daß ſie nur Muſcheln von noch lebenden Species enthielten, während ſie auf Schich— ten der älteſten paläozootiſchen und nicht foſſilienführenden Gebirgsarten ruhten. Weite Flächen ſind mit Seemuſcheln jetzt lebender Arten bis zur Höhe von 500 F. über der Meeresflache bedeckt, und alle Felſen haben ſich in Maſſe um viele 100 F. geſenkt und wieder erhoben. Veim Dorfe Beauport, drei engl. Meilen von Quebec, ſammelte er an einer aus Thon, Sand, Kies und geſchobenen Steinen be— ſtehenden Uferwand Muſcheln, welche Dr. Beck von Kopen⸗ hagen faſt durchaus für die nämlichen foljilen Species er: kannte, die ich im Sommer des letztverwichenen Jahres zu 14 * 215 Üddewalla in Schweden gefunden und in meiner, in den Philosophical Transactions vom Jahr 1835 abgedruckten Ab— handlung „über die Erhebung des Landes“ (on the Rise of Land) hatte abbilden laſſen. Unter den in jenen weit aus einander liegenden Ländern (Canada und Schweden) häu— figſten Species wollen wir Saxicava rugosa, Mya truncata, M. arenaria, Telling calcarea, T. groenlandica, Natica clausa und Balanus Uddevallensis namhaft machen. Alle dieſe Ar— ten leben noch jetzt in den nördlichen Meeren, und während ich ſie in Schweden unter 589 und 60° n. Br. foſſil ges funden hatte, ſchickte ſie mir Hauptmann Bayfield aus einer unter 470 n. Br. liegenden Gegend Canadas zu.“ Als Lyell den St. Lorenzſtrom aufwärts verfolgte, fand er bei Montreal, etwa 60 F. über dem Meeresſpiegel des Fluſſes, Mytilus edulis in großer Menge mit noch zuſam— menſitzenden Schalen und feiner Purpurfarbe, nebſt Tellina groenlandica und Saxicava rugosa, in horizontalen Schich— ten von Dammerde und Märgelthon. Bei 90 F. Höhe zeigten ſich dieſelben Muſcheln in Geſellſchaft von geſchobe— nen Gneiß- und Syenitblöcken von 3 F. Durchmeſſer, durch welche das canadiſche Geſchiebe charakteriſirt wird, und ſpä— ter gelangte er in eine Verſenkung zwiſchen den beiden An— böhen bei Montreal und fand daſelbſt ein 6 F. mächtiges Kieslager, das zahlreiche Schalen von Saxicava rugosa und Tellina groenlandica enthielt. Dieſes Lager befindet ſich, ſeiner Schätzung nach, 640 F. über dem Meere, 306 F. über dem Ontario-See und nur 25 F. unter dem Spie— gel des Erie-Sees. Dergleichen verhältnißmäßig junge Veränderungen in der relativen Höhe des Landes und Meeres wurden von frü— heren, und werden mitunter noch von den heutigen Geolo— logen dem Steigen und Fallen des Meeres zugeſchrieben. Als Playfair vor beinahe einem halben Jahrhundert gegen dieſe Anſicht auftrat, wies er alsbald, unterſtützt vom ſchwe⸗ diſchen Naturforſcher Celſius, die Unhaltbarkeit einer ſol— chen Hypotheſe nach. Er zeigte zuerſt, daß dieſe relativen Veränderungen ſich lediglich durch die Annahme einer Be— wegung des Landes erklären laſſen, und daß eine dauernde locale Veränderung in der Höhe der Meeresoberfläche phy— ſiſch unmöglich iſt. „Für die Einbildungskraft iſt es aller— dings leichter zu begreifen, daß ein bewegliches Element, wie das Meer, welches täglich zwei Mal ſteigt und fällt, ſich dauernd geſenkt habe, als daß das feſte Land empor— geſtiegen ſei; allein für den Verſtand iſt die erſte Erklä— rungsweiſe weit ſchwieriger, als die letzte. Denn um die abſolute Höhe der Meeresoberfläche an irgend einer beſonde— ren Stelle zum Steigen oder Fallen zu bringen, müßte die— ſelbe auf der ganzen Oberfläche unſeres Planeten um eben— ſoviel ſteigen oder fallen, während in Betreff der Hebung oder Senkung des Landes eine ſolche Nothwendigkeit nicht Statt findet. Wenn ſich das Meer an der ganzen Küſte Großbritanniens um 30 F. ſenken ſoll, ſo muß eine 30 F. tiefe Waſſermaſſe nach der ganzen Ausdehnung der Oceane um eben fo viel aus der Stelle gerückt werden, und jo leuch— tet ein, daß die einfachſte Hypotheſe zur Erklärung dieſer 14. I. 14. 216 Niveauveränderungen die iſt, daß ſie durch die Erhebung oder Senkung des Landes ſelbſt erfolgen.“ Obwohl nun dieſe bündige Widerlegung der früheren Anſicht ſchon im Jahre 1802 zur öffentlichen Kenntniß ge⸗ langte, ſo finden wir doch noch immer Geologen von Ruf, welche gewiſſe Erſcheinungen durch das Steigen und Fallen des Meeres erklären wollen. Ich habe derglei⸗ chen Anſichten wiederholt in dieſem Verſammlungs zimmer äußern hören, und ſelbſt der treffliche Beobachter, Hr. Mac: lauren zu Edinburgh, ſagt in einer ſo eben erſchienenen Abhandlung über Fündlinge und gefurchte und geritzte Fel⸗ ſen am Ufer des Gare Loch in Dumbartonſhire: „Das abnorme Vorkommen von Granitblöcken am Gare Loch ſcheint ſich am beſten durch die Annahme erklären zu laſſen, daß fie auf Eisbergen vom Ben Cruachan, Ben Nevis oder ir⸗ gend einem anderen nördlich gelegenen hohen Granitberge hergeflößt worden ſeien. Das Meer muß damals 1500 F. höher geſtanden haben, als gegenwär⸗ tig, um die Eisberge über den niedrigſten Theil des Walles hinüberzuflößen. Ein ſich vom weſtlichen oder nördlichen Theile Hochſchottlands ablöſender Eisberg, der auf einem Meere trieb, das 1500 bis 2000 F. über der jetzigen Höhe des atlantiſchen Oceans ſtand, konnte den Transport ſolcher Steine vollkommen und einzig und allein bewirken ꝛc.“. In Betreff eines 32 F. über der gegenwärtigen Fluthhöhe von Gare Loch wahrnehmbaren alten Meerufers wird bemerkt: „Wir müſſen annehmen, daß, als der Gletſcher das Thal von Gare Loch ausfüllte, die See wenig ſtens 30 Fuß, wahrſcheinlich noch bedeutend mehr, höher ſtand als gegenwärtig ).“ Allerdings iſt es möglich, daß der Verf. ſich bei dergleichen Erklärungen in Betreff der Urſache der Veränderungen in der relativen Höhe don Meer und Land nur einer Ungenauigkeit in ſeinen Ausdrücken ſchuldig gemacht hat; allein wenn dies der Fall iſt, ſo darf man doch nicht dazu ſtillſchweigen, weil dadurch Irrthümern Vorſchub geleiſtet wird, die zu den verkehrten Anſichten über viele auf der Erdoberfläche Statt gefundene Veränderungen Anlaß geben können. Wäre das Land in Norwegen unbeweglich geweſen, hätte ſich das Meer dort geſenkt, ſo würden die Linien der alten Küſten, die ein mehrmaliges Sinken des Meeresſpie⸗ gels bezeichnen würden, ununterbrochen und parallel fort⸗ laufen; allein die gehobenen Ufer befinden ſich an Stellen, die gar nicht weit von einander entfernt liegen, bei verſchie⸗ denen Höhen. Andere Beobachter hatten dies ſchon be⸗ merkt; allein Hrn. Bravais verdanken wir die erſten ge⸗ nauen Meſſungen in Betreff der relatiden Höhe der verſchie— denen Terraſſen, und aus dieſen ergiebt ſich, daß deren Pa- rallelismus nur ſcheinbar iſt. Während ſeines Aufenthaltes am Altenfjord, unweit des Nordcaps, dehnte er ſeine Ni: rellirungsarbeiten über 9 — 10 Myriameter (55 bis 62 engl. Meilen) aus, und er ermittelte, daß die beiden dortigen Hauptlinien des alten Niveaus, welche ſchräg aus dem Meere aufſteigen, ſich einander, indem ſie der jetzigen Küſte zu⸗ *) Jamesons Edinb. phil. Journal, Jan. 1846. 217 ſtreichen, immer mehr nähern. Die größte Höhe erreichen fie am oberen Theile des Fiords, und dort ſtehen fie zu— gleich am weiteſten von einander ab. Es liegt alſo auf der Hand, daß ſich das Land an verſchiedenen Theilen des Fiords in einem verſchiedenen Grade bewegt hat. Es ſcheint, als ob ſich das Feſtland in Maſſe mit einer Neigung gegen das Meer hin gehoben und die Achſe der Bewegung ziem— lich derjenigen der großen norwegiſchen Bergkette entſprochen habe. Es wäre ſehr zu wünſchen, daß ähnliche Meſſungen, wie die von Hrn. Bravais angeſtellten, an allen denjeni— gen Punkten unſerer Küſten vorgenommen würden, wo ſich mehrere Terraſſen oder emporgehobene Küſten über einander befinden. Hrn. Darwins Erklärung der parallelen Stra— ßen von Glen Roy, daß dieſelben alte Seeufer ſeien, wird jetzt ziemlich allgemein als richtig anerkannt, und es wäre ſehr zu wünſchen, daß durch genaue Meſſungen dargethan würde, ob dieſelben wirklich völlig parallel ſeien, da, wie Hr. Bravais bemerkt, dieſelben dem Auge, das nur eine kleine Strecke derſelben auf ein Mal überſehen kann, ſo er— ſcheinen können, ohne es wirklich zu fein. Daß das Land an verſchiedenen Punkten der Erdober— fläche ſich gehoben oder geſenkt hat, und daß es von jeher bis auf unſere Zeiten ſolchen Schwankungen unterworfen geweſen iſt, unterliegt wohl gegenwärtig keinem Zweifel mehr. Ohne deßhalb ſo weit wie mein Freund Hr. Dar— win gehen zu wollen, welcher meint, daß der Geolog ſich täglich mehr davon überzeuge, daß nichts, ſelbſt der Wind nicht, ſo ſchwankend ſei, als das Niveau der Erdrinde, halte ich doch für ausgemacht, daß die Beweglichkeit des Landes und die Unbeweglichkeit des Meeres zu den erwieſenen Sätzen der Geologie zu rechnen ſei. (Edinburgh new phil. Jour- nal, July — Octob. 1846.) Miſcellen. 28. Über die Entwickelung der Daunen und Fe⸗ dern haben wir eine Arbeit von Dr. C. Reclam erhalten. Die Entwickelung der Daunen (plumae), über deren Bildung bisher alle Unterſuchungen fehlten, beginnt am Embryo mit dem achten Tage; es erſcheinen kleine, runde Papillen, welche ſich einige Tage fpäter über die Haut erheben. Die eintretenden Blutgefäße kehren, ohne ein Netz zu bilden, an der Spitze der Papillen im ſpitzen Winkel um und geben denſelben ein ſtreifiges Auſehen, indem ſich die Pig⸗ mentzellen vorzugsweiſe in der Nahe ihrer Wände ablagern. So viel derartige Streifen ſich bilden, ebenſo viele Daunen entſtehen 14. I. 14. 218 in der Papille (10 — 12); fie werden anfangs durch eine Scheide der epidermis zuſammengehalten, die indeß raſch eintrocknet, an der Spitze ſich abſtreift und dann die einzelnen Daunen austreten läßt. ie Gefäße obliteriren zuerſt an der Spitze der Papille; die Daunen werden dann nur durch die in der Mitte ihrer Bündel eingeſchloſſene pulpa ernährt, die ſelbſt aus Gefäßen und Zellen beſteht. Der Keim (pulpa) und der Hautbalg (folliculus — eine Einſtülpung der Haut) bilden die matrix für ein ſolches Bündel. Die Bildung derſelben differirt dadurch von dem Wachsthume der Haare, Zähne und Nägel, daß nicht zuerſt die Spitze ſich bildet, ſondern der größere Abſchnitt der Daune ſammt der Scheide zu ein und derſelben Zeit ſich entwickelt. Der Schaft (rachis) bildet ſich auf ganz analoge Weiſe, wie die Haare. Die Fahnenſtrahlen (radii) entwickeln ſich durch Aneinanderlagerung von Zellen; ihre Wimpern (cilia) find ſeitliche Fortſetzungen dieſer Zellen. Beides giit in gleicher Weiſe auch für dieſelben Bildungen an der Feder. An jenen Stellen, wo ſpäter Federn (pennae) wachſen, geht das Bündel der Daune ohne alle Unterbrechung in die Scheide der Fe: der ſelbſt über; beide haben einen gemeinſamen folliculus; doch bildet ſich für die Feder eine neue pulpa und eine befondere Scheide, die vom Grunde des Follikels ausgehen und hier die ernährende Arterie aufnehmen. Auch die Feder wird durch die pulpa ernährt, indem dieſe zuerſt Molecularkörnchen abſcheidet, aus denen ſich zu⸗ erſt Kern und Kernkörperchen bilden, um welche herum dann die Zell⸗ hülle entſteht. Naturgetreue Abbildungen verſinnlichen dieſe Bil— dungsweiſe auf ſehr anſchauliche Weiſe, beſonders für die Bahnen: ſtrahlen. An der Feder bildet ſich die Spitze zuerſt. Die Faſern des Kieles (calamus) und der Fortſätze des Schaftes entwickeln ſich aus Zellen, ſo daß eine einzelne Zelle ſpäter in eine bedeutende Menge Faſern ſich zerſpaltet. — Rückſichtlich der Entſtehung und Zuſammenſetzung des Schaftes der pluma ſowohl als der penna ſtimmt der Verf. ganz mit Schwann überein. (C. Reclam de plumarum pennarumque evolutione. Leipzig 1846.) 29. Über die Asa-foetida- Pflanze gab Dr. Fal⸗ coner in der Linnean Society einen Bericht. Er entdeckte die Pflanze im Thale von Aſtore, einem der Nebenthäler des Indus hinter Kaſchmir, welches ſich aber nicht bis Kaſchmir ſelbſt erſtreckt. Die Pflanze war, als ſie gefunden wurde, ſchon trocken, wurde aber von einem wehlunterrichteten Eingebornen für die ächte Asa-foeti- da- Pflanze erklärt. Dr. Falconer war nicht zur Zeit der Asa- foetida- Arnte gegenwärtig, brachte aber eine Wurzel und einige Früchte der Pflanze mit nach Serampur. Die erſte bildete einen Stamm und Blätter aber keine Blüthen, war aber offenbar mit der Kämpferſchen Pflanze identiſch. Der Stamm iſt ausdauernd (5), 5 bis 8 Fuß hoch, e und hat an der Baſis etwa 2 Zoll im Durchmeſſer. Die Wurzel iſt ſpindelförmig, einfach oder ge⸗ theilt, die Blätter bilden einen Büſchel oberhalb der Wurzel, ſind zahlreich, breit und etwa 18 Zoll lang. An der erwachſenen Pflanze iſt der Blattſtiel ſtielrund, ſtengelumfaſſend und am Grunde ge⸗ furcht, etwas höher dreifach getheilt; die Abtheilungen des Blattes find doppelt fiederſchnittig. Die Dolden find 10 bis 20ſtrahlig und ſtehen auf dem kugelförmig verbreitertem Ende des gemein⸗ ſchaftlichen Blüthenſtiels. Dr. Falconer nennt die Pflanze Nar- thex asa foetida. (Athenaeum, No. 996.) * Heilkunde. (XXVII.) über die ektromatiſche Methode bei der Behandlung der Pocken. j Von Serres. Die, durch eine von Hrn. Piorry (vgl. die folgende No.) ſo eben der Akademie mitgetheilte Abhandlung erhobene Frage iſt für die Praxis jo wichtig, daß ich es für nützlich erachte, einige Erläuterungen über die verſchiedenen Mittel zu geben, welche ich ſeit mehr als 29 Jahren angewendet habe, um entweder die Blatterpuſteln in ihrer Entwickelung zu hem⸗ men, oder ſie gar nicht zu Stande kommen zu laſſen. Zuerſt will ich bemerklich machen, daß dieſes Verfah- 219 ren eine Nachahmung deſſen beabſichtigt, was in der Va— rioloidenpuſtel vorgeht, die in ihrer Natur durch die Ein— wirkung des Kuhpockengiftes modificirt iſt; ich will dann hinzufügen, daß Jenner der erſte war, welcher auf den Gedanken gekommen iſt, mit ſalpeterſaurem Silber die Kuhpockenpuſtel zu ätzen, um in gewiſſen Fällen ihre In— tenſität zu mäßigen. Die praktiſchen und erperimentellen Gründe, welche mich bewogen haben, dem ſalpeterſauren Silber die Anwendung des Vig oſchen Pflaſters zu ſubſtituiren, um die Pocken— puſteln zu modificiren, find jo gut aus einander geſetzt durch Hrn. Dagincourt, gegenwärtig Arzt in meiner Abthei— lung, der das Pflaſter mehrmals in dieſem Jahre angewen— det hat, daß ich nur die Stelle aus der Abhandlung hier abſchreiben will, welche er über dieſen Gegenſtand der Ad— miniſtration der Hoſpitäler für den Zweck einer Concurs— bewerbung überreicht hat. Man wird daraus erkennen, wie weit dieſes thera— peutiſche Verfahren gediehen ſei, welches Hr. Piorry heute durch ſeine eigenen Verſuche erweitert hat: „Die Araber, welche weder die Impfung der Kuh— pocken noch diejenige der Menſchenpocken beſaßen, um die allgemeine Entwickelung der Menſchenpocken zu verhüten, ſcheinen die erſten geweſen zu ſein, welche durch örtliche Mittel das Zuſammenfließen des Ausſchlages zu verhindern und folglich die Gefahren zu beſeitigen ſtrebten, welche die— ſes Symptom herbeizuführen pflegt. „Die Beobachtung mußte ihnen in der That die große Gefahr gezeigt haben, von welcher ein Patient bedroht iſt, der an einem zuſammenfließenden Ausſchlage leidet, und zwar durch die Reaction, welche eine ſo beträchtliche Ei— terung im Körper erregt, und durch die faſt unvermeidlichen Complicationen, welche ſie mit ſich führt; aber welches auch die Mittel geweſen ſein mögen, die ſie in Anwendung brach— ten, und die Erfolge, welche ſie damit erlangten, fo iſt fo viel ausgemacht, daß ſie in der Wiſſenſchaft nicht aufgenommen waren, weil wir finden, daß die Arzte zur Zeit des Wieder— erwachens der wiſſenſchaftlichen Mediein nicht davon ſprechen, und daß dieſelben unter dem Einfluſſe von Humoraltheorien, welche jener Zeit eigen waren, vielmehr einen ganz ent— gegengeſetzten Weg verfolgten. „Weit entfernt, dahin zu ſtreben, die Zahl der Puſteln zu vermindern, wollten ſie im Gegentheil den Puſtelausſchlag ſo zahlreich wie möglich machen, um den in den Körper gelangten Krankheitsſtoff ganz daraus zu beſeitigen; für dieſen Zweck empfahlen ſie die Anwendung von Wärme und von erregenden Getränken. „Eingenommen von jener theoretiſchen Anſicht, dem Kochen der Säfte, verkannten fie jene wichtige, von ihren Vor— gängern bereits aus der Beobachtung geſchöpfte Thatſache, daß das ſecundäre Suppurationsfieber im Verlaufe der Pocken— krankheit das gefährlichſte ſei, und daß alle Anſtrengungen des Arztes dahin gerichtet fein müſſen, dasſelbe zu mäßigen, indem er ſoviel wie möglich den Ausſchlag mäßigt. „Unter den neueren Arzten iſt Sydenham der erſte, welcher dieſe Wahrheit in die Praxis eingeführt hat: er 14. I. 14. 220 erhebt ſich mit Kraft gegen die von ſeinen Zeitgenoſſen an⸗ gewendeten Behandlungsarten, und indem er zuerſt dem Zu⸗ ſammenfließen des Ausſchlages zu begegnen ſucht, ſo em⸗ pfiehlt er für dieſen Zweck Lüftung und kühlende Getränke. „Ihm verdanken wir alſo die rationelle Begründung der Behandlung der Pocken und zwar in der Art, daß wir jetzt nichts weiter thun, als die Bahn verfolgen, die er ge: brochen hat. Wir finden überdies noch bei dieſem Arzte den Keim der Idee, welche einige ſpätere Arzte veranlaßt hat, außerdem noch örtliche Mittel vorzuſchlagen, um auf eine wirkſamere Weiſe zu dem Reſultate zu gelangen, welches er mit Hilfe jener allgemeinen Behandlung zu erreichen ſtrebte. „Cotunio iſt es, welcher in der Behandlung der Pocken dieſe neue Ara eröffnete, indem er den Rath gab, häufig erweichende Waſchungen des Geſichtes der Pocken⸗ kranken vorzunehmen, damit die Puſteln in dieſer Gegend nicht zur Reife kommen möchten. Mag er nun durch Beob- achtung der Rückwirkungen des Ausſchlages und der Ge— ſchwulſt der allgemeinen Bedeckungen des Antlitzes auf das Gehirn bewogen worden ſein, dieſes Verfahren vorzuſchla— gen, oder hat er ſich, was wahrſcheinlicher iſt, bloß vor— genommen, mit Hilfe dieſes Mittels die Narben im Ge— ſicht zu verhüten, ſo ſcheint doch ſeine Behandlung wegen ihrer geringen Wirkung von ſeinen Nachfolgern kaum in An⸗ wendung gebracht worden zu ſein. „Dieß war nun in unſeren Tagen der einzige Vorſchlag örtlicher Behandlung, als im Jahr 1817 Hr. Serres, der damals die Abtheilung der Pockenkranken im Spitale la Pitie zu leiten hatte, durch die Beobachtung der Wir— kung des ſalpeterſauren Silbers auf flache Puſteln der an Syphilis oder an Zona leidenden Patienten veranlaßt wurde, dieſes Atzmittel auch an den Pockenpuſteln für den Zweck zu verſuchen, die Ausbildung der Puſtel von vornherein zu verhindern, und der damit verbundenen enormen Anjchwel- lung des Antlitzes entgegen zu treten, welche ſehr häufig primitio Hirnhautentzündungen oder conſecutis Ophthalmien, Ohrenentzündungen und ſubeutane Absceffe erzeugt. „Das Ergebniß entſprach ſeinen Erwartungen, wie in der Diſſertation eines feiner Schüler, des Hrn. Réomes, im Januar 1824 aus einander geſetzt iſt, und wie es durch zahlreiche Beobachtungen in einer Abhandlung des Hrn. Serres vom Jahr 1825 in den Archives générales de médecine weiter nachgewieſen worden iſt; außerdem erhielt aber Hr. Serres durch die Anwendung dieſes Mittels noch ein anderes, beſonders bei Frauen nicht minder ſchätz⸗ bares Reſultat: nämlich die Verhütung einer Narbe an den Theilen, wo das Agmittel angewendet worden war. „Dieſe Cauteriſation machte indeſſen häufig durch ört⸗ liche Reizung der Theile, auf welchen ſie angewendet wurde, das ein- oder zweimalige Anſetzen son Blutegeln, noth⸗ wendig; und unter dem Einfluſſe dieſes Mittels gab ſich nun merkwürdiger Weiſe dieſer entzündliche Zuſtand voll- kommen, während es wenig oder keine Wirkung auf die Geſchwulſt bei der ſich ſelbſt überlaſſenen Krankheit ausübte. „Die Anwendung des ſalpeterſauren Silbers als ört— liches Mittel war alſo immerhin ſchon in doppelter Hin⸗ 221 ſicht ein vorzügliches Mittel, indem es die Pockenpuſteln in ihrer Entwickelung hemmte; es waren indeſſen noch einige Unannehmlichkeiten damit verbunden, die ſich hauptſächlich auf den Schmerz bei ſeiner Anwendung und darauf zurückführen laſſen, daß manchmal die Reizung, welche das Atzmittel verurſachte, ermäßigt werden mußte. „Die Kenntniß der antiphlogiſtiſchen Wirkung des Queck— ſilbers und einer Stelle aus Zimmermanns Werk über „die Erfahrung“ Traité de l’Experience, welche alle Welt vergeſſen hat, bewog einige Jahre ſpäter Hrn. Serres, die örtliche Wirkung des Queckſilbers auf den Pockenaus— ſchlag zu verſuchen. Seine Verſuche waren von Erfolg ge— krönt und die Therapie um ein Mittel bereichert, welches wenigſtens eben ſo ſicher in ſeinen Wirkungen iſt, als das ſalpeterſaure Silber und bei ſeiner Anwendung keine unan— genehmen Folgen hat *). „Im Jahr 1835 machte Hr. Gariel in den Archives de medecine die Reſultate bekannt, welche er bei Hrn. Serres mit Hilfe dieſes Mittels hatte erlangen ſehen. „Im Jahre 1838 nahm Hr. Briquet die Verſuche des Hrn. Serres wieder auf und machte eine lange Ab— handlung im dritten Bande des genannten Journals über denſelben Gegenſtand bekannt. Die Folgerungen daraus ſind in Kürze nachſtehende: 1) Während der Periode der Suppuration unterliegen die Pockenpatienten, und zwar unterliegen ſie in Folge der Zufälle, welche durch dieſe Suppuration herbeigeführt wer— den; wenn man ſich alſo der Entwickelung der Suppuration widerſetzt, ſo beſeitigt man auch die Entwickelung dieſer Zufälle. 2) Die örtlichen Mercurialmittel und beſonders das von Hrn. Serres angewendete emplastrum Vigonis haben Ein— ) Im November 1834, als ich mich bei meinem Freunde, Hrn. Caillard, Arzt des Hötel-Dieu, mit dem Dr. Gariel sen., deſſen Sohn als Arzt den 1. Januar des nächſten Jahres in meine Abtheilung kommen ſollte, befand, kam die Unterhal⸗ tung auf die ektromatiſche Behandlungsmethede der Menſchen⸗ pocken. Als ich meinen Collegen die Unannehmlichkeiten entwickelte, welche ich als Folge des Atzeus der Puſteln in Maſſe mit ſalpeterſaurem Silber beobachtet hatte, ferner die abortiven Wirkungen, welche das Queckſilberpflaſter in ? ezug auf die Puſteln herbeigeführt hatte, erinnerten mich dieſe Praktiker an den von Baillou beobachteten und von Zim⸗ mermann erzählten Fall, in welchem die Pockenpuſteln auf einer mit Vigo's Mercurialpflaſter bedeckten Oberflache in ihrer Entwickelung unterdrückt worden waren. Die Kennt⸗ niß dieſes Falles, deſſen wir in der reichen mebicinifchen Bibliothek des Hrn. Caillard näher nachgeſehen hatten, bewog mich, dem Hrn. Gariel sen. zu bemerken, daß ich, febald ſein Sohn in meine Abtheilung getreten fein würde, eine Reihe von Verſuchen anſtellen wolle, um die Wirkung dieſes neuen örtlichen Mittels auf die Pocken feſt zu ſtellen. Und dieſes iſt denn nun auch wirklich geſchehen, wie man ſich aus der Diſſertation des Hrn. Dr. Gariel jun. überzeu⸗ gen kann. Es iſt daher wehl kaum nöthig, hier noch zu bemerken, aus welcher Quelle Hr. Gariel jun. die Idee der ektromati⸗ ſchen Wirkung des emplastrum Vigonis cum mercurio ge— ſchoͤpft habe. 14. I. 14. 222 fluß auf den Verlauf der Krankheit, wenn fie gutartig, auf ihre Mortalität, wenn ſie bösartig iſt. 3) Vergleichende Verſuche haben gezeigt, daß die Einrei— bungen mit Olivenöl, die Anwendung von Diachylon und anderen Pflaſtern, oder das Auflegen von Goldblättchen die Puſteln nicht verhinderte, ihre vollſtändige Entwickelung zu erlangen. 4) Je nach der Zeit, wo das Queckſilbermittel ange— wendet worden, ſowie nach der Intenſität des Ausſchlages, erlangt man vollſtändige Zertheilung der Puſteln, ihre Um— wandlung in Bläschen oder ihre tuberculöſe Verhärtung. „Die Reſultate, welche dieſes Jahr (1846) in der Ab⸗ theilung des Hrn. Serres mit Hilfe des emplastrum Vi- gonis cum mercurio erlangt wurden, ſind mit den von Hrn. Briquet erlangten in jeder Hinſicht identiſch. Wir wol- len indeſſen mit Hrn. Serres die Aufmerkſamkeit ganz ſpeciell auf einen der Punkte der Wirkung des Vigo ſchen Pflaſters richten, welchen Hr. Briquet im Dunkel gelaſ— ſen zu haben ſcheint: wir meinen die Wirkung, welche es auf die Geſchwulſt des Antlitzes ausübt, die mit dem zu— ſammenfließenden Pockenausſchlage verbunden zu ſein pflegt. Dieſe Wirkung aber halten wir für ſehr wichtig, und zwar wegen des Einfluſſes, den dieſes Symptom, unſeres Grad): tens, auf die Entwickelung von Gehirnzufällen ausübt. „Aus dieſer Unterſuchung der verſchiedenen örtlichen Mit— tel, welche gegen die Pocken gerichtet worden ſind, ergiebt ſich, daß das emplastrum Vigonis das einzige ſei, welches den doppelten Zweck erfüllt, den man bei der Behandelung dieſer Krankheit zu erreichen ſtrebt, es beſeitigt nämlich die Geſchwulſt des Antlitzes und verhindert die Entwickelung der Suppuration in den Pockenpuſteln“ ). Indem ich die Verkümmerung der Pockenpuſteln oder die Unterdrückung ihrer Entwickelung durch Anwendung von Mitteln beobachtete, die bald in die Tiefe, bald auf die Oberfläche allein wirkten, mußte ich, um mir von dieſem Erfolge genügende Rechenſchaft geben zu konnen, ſorgfältig die innerſte Structur dieſer Puſteln und ihrer verſchiedenen Va— rietäten ſtudiren. In Folge dieſer anatomiſchen Studien habe ich er— kannt, daß die Pockenblatter, nachdem ſie ohne vollſtändige Entwickelung erlangt hat, aus 2 Bläschen beſteht, von denen eine im anderen ſitzt, und zwar: 1) aus einem oberflächlichen Bläschen, welches ich we— gen feiner Beſchaffenheit Pockenerzeugungsbläschen (vesicule varioligene) genannt babe; 2) und aus einem zweiten tieferen Bläschen, welches ich Puſtelbläschen (vesicule pustuleuse) nenne. Ich werde in einer anderen Arbeit Gelegenheit nehmen, die Bedingungen der Exiſtenz dieſer beiden Bläschen aus einander zu ſetzen und ihren Einfluß auf den Verlauf und den Ausgang der verſchiedenen Pockenarten näher zu be ſtimmen.“ (Comptes rendus, Tom. XXIII., No. 20, p. 924— 931.) *) Memoire sur la methode ectromatique de la variole; par M. Dagincourt, interne des höpitaux. Concours de internat. 6 223 Mi ſeellen. (42) über eine beſſere und der Geſundheit nicht ſchädliche Benutzung der Gewäſſer ſpricht Hr. Blandet in einer der Akademie je Paris eingereichten Abhandlung. Gr fagt: Das Waſſer ins Meer fließen laſſen, heißt — ein wichtiges Element des Ackerbaues verlieren, die Flüſſe zum niedrigſten Waſſerſtande verdammen, darin die Fiſche vor Trockenheit umkommen laſſen und an der Mündung der Fluͤſſe remittirende Fieber unterhalten. — Das Waſſer iſt der Nerv der ſuͤdländiſchen Cultur; das Bewäſ— ſerungsmaterial wird in der Lombardei in der That verkauft, indem man für 12000 Kubikmeter 20 Fr. bezahlt; nun fallen aber in Frank⸗ reich 319,356 Millionen Kubikmeter Waſſer im Durchſchnitt jährlich ins Meer, dies giebt demnach einen jährlichen Verluſt von mehr als 532 Millionen Franken, die man ins Meer wirft. Außerdem führt das Waſſer den Schlamm mit ſich fort, der in Berührung mit Salzwaſſer zerſetzt und ungeſund wird; das Leben kehrt ſich gegen das Leben, und das Feld, welches ernähren könnte, iſt nur noch ein Sumpf, welcher vergiftet. Um dieſen Übeln abzuhelfen, hat man den Vorſchlag gemacht, die Berge wieder zu beholzen, als ob es möglich wäre, in Granit und auf Plateaus, welche völlig erſchöpft find, zu pflanzen! Eindeichungen und koſtbare Dämme find un: genügend, die Anlegung von Sammelteichen iſt das einzige wirk— ſame Hilfsmittel. Nicht aber an niedrig gelegenen Orten, ſondern auf den Höhen muß man dieſe Waſſeranſammlungen veranſtalten, wenn man die Bevölkerung nicht mörderiſchen Krankheiten ausſetzen will. In einer Höhe von 300 Meter iſt die Luft ſchärfer und die Kälte beträchtlicher, wodurch die Entwickelung von Fiebermiasmen ver— hindert wird. Ein ſolches Sammelbecken muß überdies nach Nor⸗ den offen liegen, denn die Seen der Thäler mit ſüdlicher Erpofition find ungeſund; man vergleiche den gefunden nördlichen Abhang der Alpen mit dem ſüdlichen Abhange und dem ungeſunden Veltlin. Der Boden des Beckens muß aus einer Thonſchicht oder aus Gra— nit beſtehen. Zwei hohe Mauern, deren Zwiſchenraum mit Thon ausgeſchlagen iſt, können benutzt werden als Damm zwiſchen zwei Thälern, wie man es noch heut zu Tage aus einer römiſchen Ruine bei St. Remy abnehmen kann). Große Waſſerbecken alſo über *) Noch mehr an dem Becken von St. Ferreol über dem Canal de Lan— guedoc. (R. F.) 14. I. 14. 224 den Ebenen werden auf dieſe Weiſe durch Regengüſſe gefüllt und durch das Anwachſen der Gießbäche des mittägigen Frankreiche, wo es jährlich 100 Tage regnet und täglich 8 Millionen Millimeter Regen fallen. Dieſe fünftlihen Seen würden nicht nur den Ackerbau bele⸗ ben, ſondern auch zur Regulirung der Flußbetten und dadurch zur Beſeitigung endemiſcher Fieber beitragen. Hundert Wehre an der oberen Loire und dem oberen Allier, zum Preiſe von 5 Millionen Fres. erbaut, würden jede Überſchwemmung unmöglich machen. Dieſe Waſſerfänge würden überdies die Möglichkeit gewähren, tief gele⸗ gene Landſtriche trocken zu legen, und man würde mehr als 200,000 Hectaren, die gegenwärtig mit ſtagnirendem Waſſer bedeckt, die Luft verpeiten, alsdann trocken legen und eben ſowohl für die Geſundheit unſchädlich machen, als für die Cultur gewinnen können. (Comptes rendus, T. 23, No. 24, p. 1105.) (43) über Phlebitis giebt Prof. Forget aus Straßburg in der Gaz. méd. de Paris 1847, No. 2 eine Reihe von Beobach⸗ tungen, aus denen er folgende Schlüſſe zieht: 1) phlebitis spom- tanea iſt häufig, aber nicht immer eine Complication chroniſcher Krankheiten. — 2) Sie iſt ſehr wahrſcheinlich primitiv, d. h. früher vorhanden, als die Gerinnung des Blutes. — 3) Phlebitis spontanen iſt wahrſcheinlich mit der phlebitis traumatica von glei⸗ cher Natur. — 4) Wenn die phlebitis spontanea faſt immer mit Verwachſung und nur ſelten mit Eiterung und purulenter Reſor⸗ ption endet, ſo liegt der Grund davon wahrſcheinlich darin, daß die entzündete Vene der Einwirkung der Luft entzogen iſt. — 5) Räumt man dieſe Urſachen ein, ſo ergeben ſich daraus wichtige praktiſche Folgerungen, z. B. der Nutzen der unmittelbaren Vereinigung bei großen Operationen; die Nothwendigkeit, die Offnung einer Vene nach dem Aderlaſſe genau zu verſchließen; der Nutzen der ſelten erneuerten Verbände und die Trefflichkeit der ſubcutanen Operationsmethode. — 6) Die phlebitis spontanea bietet dieſel⸗ ben Symptome dar und iſt ſehr wahrſcheinlich von gleicher Natur mit der Affection, welche wir phlegmatia alba dolens nennen. Letztere iſt alſo nicht eine Krankheit, welche bloß bei den Wöch⸗ nerinnen vorkommt, ſondern kann bei beiden Geſchlechtern und unter äußerſt verſchiedenen Umſtänden entitehen. — 7) Die phle- bitis spontanea verurſacht zwar manch Mal ein beträchtliches Odem, zertheilt ſich jedoch faſt immer leicht und ohne Anwendung energiſcher Mittel. — 8) Die phlebitis spontanea iſt bloß eine zufällige Complication und bedingt nicht immer eine ſchlimme Prognoſe. Bibliographiſche Neuigkeiten. Holländiſche 255 zu den anatomiſchen und phyſiologiſchen Wiſ— ſenſchaften von J. van Deen, F. G. Donders und Mo- lefchott. Utrecht und Düſſeldorf 1846. L’Ateneo, compilato dai professori Folinea, de Giulio, de Mar- tino, Cazilli, Ciccone. Napoli 1846. (Anatom. phyſiol.) J. Hyrtl, Lehrbuch der Anatomie des Menſchen, mit Rückſicht auf phyfiologifche Begründung und praftifche Anwendung. gr. 8°. Prag 1846. 8 Ph. Fr. de Siebold, Fauna Japonica. Pisces, elaborantibus C. J. 1 et H. Schlegel. Decas 12. Fol. Lugduni Batav. A. v. Planta Reichenau. Das Verhalten der wichtigſten Al⸗ kaloide gegen Reagentien. 8%. Heidelberg 1846. Traité pratique et historique de la lithotritie par le Docteur Ci- viale, Membre d. l’acad. roy. de med. 8°. (39 Bogen, 7 Ta⸗ feln.) Paris 1846. La veérité en médecine, suivie de l’etude de quelques - unes des sciences qui lui pretent leur concours. Ouvrage publie par une société de médecins et de savans, sous la direction de F. Perrusel. I. Livr. (8°. 3½ Bogen.) Nantes 1846. (Auf etwa 25 Bogen angelegt.) Lectures on the urine and on the pathology, diagnosis and treat- ment of urinary diseases. By John Aldridge. 8°. (5 Bogen.) Dublin 1846. Memoire sur le rétréeissement et Poblitération de l’intestin dans les hernies par le Dr. Guignard. 4“. (6 Bogen.) Paris 1846. With, G. C., Handbuch der Veterinärchirurgie. Aus dem Dä- niſchen und mit Zuſätzen verſehen von J. M. Kreutzer. 5. Lief. gr. 8%. Augsburg 1846. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Frorſep gegründete Zeltſchrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 15. (Nr. 15. des J. Bandes.) Februar 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrle⸗Comptolrs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXI. Die Phyſiologie des Verdauungsproeeſſes als Reſultat neuerer Unterſuchungen und Beob— achtungen. Von Hrn. Oliver Curran. Der Nutzen der Zähne, die zu unſerer Ernährung die— nenden Subſtanzen zu zerkleinern, um leichter in den Ma— gen gelangen oder der Einwirkung der vorhandenen Auf— löſungsmittel unterworfen werden zu können, iſt zu offen— bar und deutlich, um irgend einen Zweifel zu veranlaſſen. Dagegen hat man aber mit Recht die Frage aufgeworfen, ob jenes Zerbrechen und Zerkleinern auch für die Verdauung halb fluſſiger oder gallertartiger oder bereits früher ge— hörig zerkleinerter Subſtanzen ein nothwendiges Moment ſei. Zur Beantwortung dieſer Frage iſt es zuvörderſt nothwen— dig, über die Wirkung und den Nutzen des Speichels, einer Flüſſigkeit, die, wie bekannt, während des Kauens ſich in großer Menge mit dem Nahrungsmittel vermiſcht, eine möglichſt klare Vorſtellung zu erlangen. Wenn wir die Werke neuerer Phyſiologen durchblicken, ſo finden wir in denſelben wenig mehr Belehrung über dieſen Gegenſtand, als bereits von den alten griechiſchen Schriftſtellern ge— geben iſt. Die allgemeine Annahme ſcheint die zu ſein, daß, wenn der Speichel irgend einen Nutzen hat, derſelbe bis jetzt noch nicht genügend nachgewieſen worden iſt. Kri— mer (Verſuch einer Phyſiologie des Blutes, S. 23) fand eine geringe Digeſtionskraft in der Thränenflüſſigkeit, da— gegen keine deutliche im Speichel. Donné (Arch. gener., serie 2. t. 8) ſchreibt dieſem die Function zu, während der Verdauung den Magenſaft zu neutraliſiren, und der— ſelben Anſicht tritt auch Eberle (Phyſtologie der Ver: dauung, S. 151) bei, welcher jedoch annimmt, daß das im Speichel enthaltene freie Alkali und der Stickſtoff dieſer Flüſ— figfeit einen geringen Grad von Verdauungsfähigkeit ertheilen. No. 1995. — #95. — 15. Die auflöfende Eigenschaft des Kali's im Speichel wird auch von Truttenbacher (der Verdauungsproceß, S. 48) an: genommen, während Schultz (de aliment. concoct., p. 99) ſo weit geht, zu behaupten, daß der Speichel eine wichtigere Rolle bei der Verdauung als der Magenſaft ſelbſt ſpiele. Andererſeits ſchreibt Berzelius (Chemie, Bd. 7, S. 244) als Reſultat ſeiner Unterſuchungen dem Speichel keinen größeren Einfluß auf den Verdauungsproceß zu, als reinem Waſſer bei gewöhnlicher Temperatur. Derſelben Anſicht ſind Helm (zwei Krankengeſchichten, S. 15), Müller (Phy— ſiologie, Bd. J.), Simon (phyſiol. und pathol. Anatomie) Laſſaigne (in feinen Vorträgen an die Acad. des scien- ces im Mai und Juni 1845) und viele andere, während nach Dr. Baly die von Beaumont und Purkinje (Isis, 1837, No. 7) angeſtellten Verſuche zeigen, daß der Speichel die auflöſende Wirkung des Magenſaftes ſogar verzögere. Liebig betrachtet die Speichelpartikelchen als die ertra— vaſculären Repräſentanten der Blutkügelchen oder als „Sauer— ſtoffträger“ und drückt ſich in dieſer Beziehung folgender: maßen aus (vgl. deſſen organiſche Chemie in ihrer An— wendung auf Phyſiologie und Pathologie): „An der Ein: wirkung des Magenſaftes auf den Nahrungsſtoff nimmt kein anderes Element Antheil, als der Sauerſtoff der Atmoſphäre und die Elemente des Waſſers; jener Sauerſtoff wird un— mittelbar in den Magen eingeführt. Während des Kauens des Nahrungsſtoffes wird im Munde von eigends zu dieſem Zwecke beſtimmten Organen eine Flüſſigkeit, der Speichel, ausgeſondert, welcher die bemerkungswerthe Eigenſchaft be— ſitzt, in einem weit höheren Grade noch als Seifenwaſſer, Luft in der Geſtalt von Schaum zu umſchließen. Dieſe Luft gelangt vermittels des Speichels mit dem Nahrungsſtoffe in den Magen, und bier geht ihr Sauerſtoff eine Verbin: dung ein, während ihr Stickſtoff durch die Lungen nach außen geſchafft wird.“ 15 227 Die chemiſche Zuſammenſetzung des Spei— chels iſt faſt von allen Chemikern, welche ſich mit der or— ganiſchen Analyſe beſchäftigt haben, ſehr genau unterſucht, und es find zahlloſe Beobachtungen über dieſen Gegenſtand veröffent— licht worden (vgl. namentlich die von der Sydenham Society veranſtaltete Überſetzung der „Chemie des Menſchen“ von Simon). Wenn wir jedoch mehr als 20% der feſten Beſtandtheile unter der Rubrik jenes unbekannten Etwas „Ertract“ aufgeführt, einige 3040 % mehr mit noch un— beſtimmterer Bezeichnung belegt und 8—10 % gar nicht be— rückſichtigt finden, ſo iſt es klar, wie gehaltlos und un— genügend alle Beſtimmungen der Art ſein müſſen — und wenn wir noch etwas weiter gehen, die von verſchiedenen ausgezeichneten Analytikern erlangten Reſultate mit einander vergleichen und dieſelben in einer Menge ſehr weſentlicher Einzelnheiten völlig von einander abweichend finden, ſo müſſen wir zugeben, daß die organiſche Chemie bis jetzt noch nicht den Standpunkt erreicht hat, um befriedigende Aufſchlüſſe über die wirkliche Zuſammenſetzung des Speichels zu geben. (Vgl. einige Analyſen von Tiedemann und Gmelin u. a. in Dumas Traité de chimie p. 600.) Wir wiſſen in der That, daß das ſpeeifiſche Gewicht desſelben zwiſchen 1,005 — 1,007 variirt, und daß dasſelbe einige Fettbläschen, Epithelium— ſchuppen und die ſogenannten Speichelkörperchen (von ¼800 Millim. im Durchmeſſer), ſowie ungefähr 1 /% feſter Be— ſtandtheile (Kalium, Natrium und Calcium in Verbindung mit Chlor, Phosphorſäure, Schwefeleyan und verſchiedenen organiſchen Säuren) enthält: aber Bouchardat und Sandras (sur la salive du cheval in Supplem. a l’An- nuaire de Thérapeutique 1846), Doune und verſchiedene andere von van Setten (Observationes de Saliva etc. Groning. 1837) zuſammengeſtellte Autoritäten haben genü— gend nachgewieſen, daß die Zuſammenſetzung des Speichels beim Menſchen unter dem Einfluſſe ſehr unbedeutender Mo— mente beträchtlichen Variationen unterworfen iſt und bei den übrigen Thieren nach der Lebensweiſe oder Structur variirt. Der chemiſchen Unterſuchung jedoch verdanken wir die Auffindung der Eigenthümlichkeiten einiger der im Spei— chel enthaltenen Urbeſtandtheile, ſowie die in Folge dieſer Entdeckung möglich gewordene Claſſification jener aus der Phyſtologie, Pathologie und Erperimentirung abgeleiteten losgeriſſenen und iſolirten Thatſachen. Vor einigen Jahren beobachtete Treviranus die Ent— wickelung einer rothen Farbe im Speichel durch Eiſenoryd, was bald darauf von Tiedemann und Gmelin als ein Beweis für das Vorhandenſein von Schwefeleyan-Kalium in jener Flüͤſſigkeit nachgewieſen wurde. Neuere Chemiker haben die Wahrheit dieſer Behauptung völlig conſtatirt. Etwas ſpäter erhielt Berzelius aus dem Speichel einen eigen— thümlichen organiſchen Stoff, das von ihm ſogen. Ptyalin, welchem nach ihm der Speichel ſeine Klebrigkeit, ſowie ſeine übrigen Eigenthümlichkeiten verdanken ſollte. Die von an— deren Chemikern zur Gewinnung dieſes Prineips im reinen Zuſtande empfohlenen Verfahrungsweiſen ſind jedoch von denen von B. angewendeten ſo ſehr verſchieden, daß ſich mit großer Wahrſcheinlichkeit der Name Ptyalin, gleich einem 14 1.45. 228 vegetabiliſchen Ertract, als ein genereller Ausdruck für ein anderweitig nicht näher beſtimmbares Product aber nicht Educt — der zur Iſolirung jenes Princips vorgenommenen Manipulationen anſehen läßt. Der erſte Schritt zur Begründung einer wahren In⸗ ſalivationstheorie war ohne Zweifel die von Leuchs (Faſt⸗ ners Archiv, Bd. 22, S. 106) vor etwa 15 — 16 Jahren gemachte Beobachtung, daß Stärke, durch Kochen gallertartig gemacht, durch die Behandlung mit friſchem Speichel in eine Auflöſung von Glycoſe (Traubenzucker) umgewandelt werde. Bald darauf fand Sebaſtian (Müllers Archiv, 1836), daß rohe Stärke, mit Speichel digerirt, die Eigenthümlich⸗ keit verliere, durch Jodtinctur blau gefärbt zu werden. Die Thatſache jedoch, daß der Speichel bei der Verdauung Stärke in Zucker umwandele, wurde, obgleich durch weitere Verſuche von Schwann, Lehmann u. a. hinlänglich nachgewie⸗ ſen, von den Phyſiologen nur wenig berückſichtigt, bis es Mialhe im Anfange des vergangenen Jahres gelang, aus dem Speichel vermittelſt eines ſehr einfachen Proceſſes eine in allen ihren chemiſchen und phyſiologiſchen Eigenſchaften mit der aus der Gerſte gewonnenen Diaſtaſe identiſche Sub— ſtanz darzuſtellen. Die über dieſelbe angeſtellten Verſuche zeigten, daß die animaliſche oder Speicheldiaſtaſe keine chemi— ſche Einwirkung auf die ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen — Fibrin, Albumin, Caſein, Gelatine und Gluten — noch auf die neutralen ternären Verbindungen — Rohrzucker, Inulin, Gummi arabicum und condenſirte Celluloſe — hervorbringt, dagegen ſehr raſche und wichtige Veränderungen in den Eigenſchaften der ſtärkemehlhaltigen Subſtanzen, ſelbſt wenn die Quantität des Stärkemehls 2000 Mal größer als die der vorhandenen Diaſtaſe iſt, bewirkt. Wenn wir z. B. eine kleine Quantität Stärkemehl einige Augenblicke lang kauen, fo finden wir bald, daß der eigenthümliche fade Geſchmack desſelben ſich in einen Zuckergeſchmack umwandelt, was noch weit deutlicher bei dem Kauen gut ausgebackenen Brotes hervortritt, und in beiden Fällen finden wir bei der Unter— ſuchung des gekauten Stückes, daß eine große Menge der in demſelben enthaltenen Körner durch Zuſatz von Jod nicht mehr blau gefärbt, aber beim Kochen mit einer ſchwa— chen Natronlauge ſchnell braun wird. Die Umwandlung des Stärkemehls in Zucker oder Dertrin iſt auf dieſe Weiſe leicht und genügend nachgewieſen. Was nun die Umſtände betrifft, unter welchen dieſe Umwandlung begünſtigt oder erſchwert wird, jo zeigen uns die Experimente don Mialhe und Bouchardat, daß die membranöſe Hülle der Stärke— körnchen der Einwirkung der Diaſtaſe einen bedeutenden Widerſtand entgegenſtellt, und daß demzufolge alle Momente, welche die Iſolirung der Körnchen und das Zerreißen der Hülle derſelben begünftigen, in demſelben Verhältniſſe auch die Umwandlung des Stärkemebls in Zucker befördern. Man hat demnach gefunden, daß Stärke, einige Zeit hindurch mit gepülvertem Glaſe in einem Mörſer zerquetſcht, ſehr raſch durch Diaſtaſe — animaliſche ſowohl, als vegetabiliſche — verändert wird, welche Veränderung noch ſchneller eintritt, wenn die Stärke lange in Waſſer digerirt worden iſt, ſo daß ſie eine Paſte bildet, und die faſt augenblicklich geſchieht, 229 ſobald die Temperatur bis zu 140 — 1509 F. erhöht wird und die Berührungspunkte durch Umrühren vermehrt werden. Kreoſot, Tannin, die Mineralſäuren und eine große Zahl von Salzen heben dieſe Reaction vollſtändig auf, während Blauſäure und ſtark verdünnter Spiritus dieſelbe nicht be— einträchtigen — Thatſachen, welche unter anderen von Bou— chardat zum Beweiſe dafür beigebracht worden ſind, daß die Ferment⸗ und Diaſtaſekügelchen lebende oder organiſirte Körper ſeien. Der Speichel reagirt im geſunden Zuſtande ſtets alkaliſch (ef. Donne in Arch, gener. serie 2., t. 8. 58, und Bernard These 1843), obwohl er durch die Beimiſchung von ſaurem Schleim neutral erſcheinen kann. Dieſe Alka— leſcenz giebt ihm ohne Zweifel die Eigenſchaft, mit fetten Materien eine Emulſion zu bilden; da aber das Alkali nicht mehr als 0,00 1 des ganzen Speichels ausmacht, jo kann die auf obige Weiſe influencirte Quantität Fett nur höchſt ge— ring ſein (ſ. Burdachs Phyſiologie, Bd. 9. S. 265 ff.). Der Speichel übt durchaus keine chemiſche Einwirkung auf die Proteinverbindungen aus (vgl. Malie Gaz. med. serie 3. I. No. 18; Hood analytic Physiology p. 165; Burdach a. a. O., S. 319). Sein Nutzen jedoch, den Speiſe— biſſen anzufeuchten und glatt zu machen, die Geſchmacks— empfindung zu entwickeln, die Organe der letzten gehörig feucht zu erhalten, und vermöge des in ihm enthaltenen Waſſers einige Beſtandtheile unſerer Speiſen aufzulöſen, iſt eben ſo wichtig, als deutlich nachzuweiſen, ſcheint aber nicht eigenthümlich genug zu fein, um die ſo kuͤnſtliche Structur der Speicheldrüſen nothwendig zu machen. Wenn wir in dieſem Betreff die vergleichende Anatomie zu Rathe ziehen, jo finden wir bei den pflanzenfreſſenden Quadrupeden die Speicheldrüſen ſogar noch mehr als beim Menſchen ent— wickelt, während dieſelben bei der ganzen Claſſe der Carni— voren theilweiſe ganz fehlen und theilweiſe ſehr klein ſind. Bei den Marsupialia haben wir das fleiſchfreſſende Opoſſum mit ausnehmend kleinen Speichel ſecernirenden Organen, namentlich Parotiden, während das Känguruh, welches aus— ſchließlich von Pflanzennahrung lebt, dieſelben Organe von enormer Größe beſitzt. Der Contraſt iſt gleich groß zwi— ſchen den Ratten und den fleiſchfreſſenden Nagern einerſeits und dem Kaninchen, Haſen ꝛc. andererſeits. Der Biber hat ungemein große Parotiden, obwohl das aquatiſche Leben dieſes Thieres nach der gewöhnlichen Digeſtionstheorie dem— ſelben eigentlich den Speichel ganz entbehrlich machen ſollte. Bei den Pachydermata und Ruminantia, deren Nahrung vor= nehmlich eine ſtärkemehlhaltige iſt, finden wir den Speichel— apparat in der höchſten Entwickelung und Activität, in Ver: bindung mit einem gleich vollkommenen Zerkleinerungsapparate. Bei den pflanzenfreſſenden Cetacea, welche in jeder anderen Be: ziehung in Betreff der Structur ihrer Verdauuungsorgane den Pachydermata und Ruminantia jo nahe ſtehen, finden ſich nach Wagner und Cuvier Rudimente von Speicheldrüſen, und bei einer Familie derſelben, den Dugongs, iſt die Ohr— ſpeicheldrüſe von enormem Umfange. Bei den fleiſchfreſſen⸗ den Getaceen dagegen iſt keine Spur einer Speicheldrüſe vorhanden. Bei den Vögeln tritt uns dasſelbe Verhältniß des Speichelapparates zur Lebensweiſe des Thieres entgegen, 15. I. 15. 230 und jo find die Speicheldrüſen am meiſten bei den Gallina- ceae, am wenigſten bei den Aceipitres und Palmipedes ent- wickelt. In der Claſſe der Reptilien laſſen ſich dieſelben gleichfalls unvollſtändig nachweiſen; bei den Cheloniae und Batrachiern iſt keine Spur von derartiger Drüſenſtructur vorhanden, bei mehreren Ophidiern dagegen, welche von Vegetabilien leben, finden ſich ziemlich große Submarillar— und Submandibulardrüſen. In der ganzen Claſſe der Fiſche findet ſich kein Organ für die Speichelabſonderung, und die Nahrung iſt demgemäß auch ausſchließlich eine animali— ſche. Der Karpfen macht hiervon die einzige Ausnahme, indem derſelbe, vornehmlich von Vegetabilien lebend, eine ſehr vollkommene Reihe von Zähnen und wenn auch nicht eine Speicheldrüſe, doch wenigſtens ein an Lage, Form und Structur derſelben nicht ganz unähnliches Organ beſitzt. Bei den wirbelloſen Thieren finden wir zwar den Speichel— drüſen analoge und in Form und Beſchaffenheit je nach der Lebensweiſe der Gattung variirende Röhren; wir wiſſen jedoch von dem Weſen der Secretionen bei dieſer Abtheilung des Thierreichs ſo wenig, und die Lebensbedingungen der— ſelben find im Allgemeinen fo verſchieden von denen der Vertebrata, daß es bei der Anführung der Thatſache, daß Speichelröhren ſich bei mehreren im Waſſer lebenden Molluſken finden, kaum der Mühe werth erſcheint, nachzuweiſen — was durch andere Argumente weit beſſer nachzuweiſen ſein möchte — daß der Zweck des Speichels ein ganz anderer ſei, als der des reinen Waſſers. Die Pathologie, welche zunächſt der comparativen Anatomie uns meiſt über den Nutzen der Organe ſehr be— ſtimmte Aufklärung giebt, liefert in dieſer Beziehung in Betreff des Speichels faſt gar keine Materialien, indem die in dieſer Flüſſigkeit durch Krankheit bewirkten Veränderun— gen bis jetzt noch nicht unterſucht worden ſind. Haller bemerkte eine Veränderung der Eigenſchaften des Speichels durch Indigeſtion (Elem. physiol. t. VI. p. 280); nach l'He— ritier iſt derſelbe wäſſerig bei Chloroſe; Simon fand ihn ſauer bei acutem Rheumatismus und Donns bei gastritis, Dyspepſie, entzündlichen Affectionen des Gehirns und uterus, Wechſelfiebern u. ſ. w. Brugnatelli fand Oralfäure in dem Speichel eines Schwindſüchtigen, und Mialhe und Bouchardat, daß das Verhältniß der Diaſtaſe ſehr großen Variationen unterworfen fei: doch ſind alle dieſe Beob— achtungen zu unvollſtändig und zu gering an Zahl, um irgendwie Anhaltspunkte zu gewähren. Die einzigen hierher gehörigen und ziemlich zahlreich beobachteten Thatſachen ſind die Fälle von beiderſeitigen Speichelfiſteln oder von Verletzung der Unterlippe mit profuſer Speichelabſonderung aus dem Munde. Fälle der Art, welche Abmagerung herbeiführten, die nach einer erfolgreichen Operation wieder verſchwand, finden ſich bei Ruy ſch u. a. — Wir find jedoch überzeugt, genug Daten beigebracht zu haben, welche zeigen, daß die Annahme der Phyſtologen, der Speichel ſei entweder ganz nutzlos oder ein bloßes Subſtitut für reines Waſſer, völlig irrig ſei. Die Eigenthümlichkeit des Speichels, ſtärkemehlhaltige Subſtanzen chemiſch zu verändern, iſt im Oriente ſeit dem graueſten Alterthume bekannt geweſen; die Chineſen gebrauchen Speichel 15 * 231 als Ferment bei der Brotbereitung, und die Eingeborenen von Guyana und einiger Gegenden Aſiens bereiten ein be— rauſchendes Getränk aus den gekauten Wurzeln von Ja- tropha Manihot, Piper methysticum und anderen an Stärke⸗ mehl reichen Pflanzen. — Die Nahrung wird, nachdem ſie gehörig gekaut iſt, zu einer Kugel zuſammengeballt, nach hinten in den pharynx geworfen und vermittelſt einer eigenthümlichen excito-motori— ſchen Action der Conſtrictoren dieſer Röhre raſch in den Magen geführt. Die Schleimhaut der Speiſeröhre iſt mit einer Menge von Schleimdrüſen zum Anfeuchten des Biſſens und zur Erleichterung der Weiterbeförderung desſelben ver⸗ ſehen. Der oesophagus iſt demnach nichts anderes, als eine Leitungsröhre, deren Länge und Geſtalt je nach den Umſtänden verſchieden iſt. So iſt dieſelbe ſehr lang bei der Giraffe, deren Hals in der That ein Greiforgan iſt und das Thier befähigt, die Aſte der Bäume, welche ihm zur Nahrung dienen, zu erreichen; lang ferner bei den Gra- minivorae und Tauchovögeln aus gleich deutlicher Urſache, kurz bei dem Löwen und Tiger, deren Halsmuskeln jo wir— ken müſſen, daß ſie das Thier befähigen, große Laſten im Munde zu tragen, ſowie bei dem Elephanten, welcher nicht ſeinen Kopf nach der Nahrung ausſtreckt, ſondern dieſelbe vermittelſt des handartigen Rüſſels zum Munde führt u. |. w. Was nun die Bedeutung des Magens für den Ver⸗ dauungsproceß anbetrifft, jo betrachteten die älteren Phyſiolo⸗ gen denſelben als ein Organ, dazu beſtimmt, gleich dem Kropfe der Vögel die Speiſe zu zerreiben und zu zerquet— ſchen — und jo ſchätzte Pitcairn die contractile Kraft der fibröſen Hülle des Magens einer Kraft von 12,951, Fracaſſin von 117,088 und Wainewright ſogar von 260,000 F gleich! Genaue Unterſuchungen und ausgedehn— tere Kenntniſſe der Phänomene des Lebens haben jedoch die zuweilen bei der Verdauung vorkommenden mechaniſchen Operationen als anderen chemiſchen und dynamiſchen Pro⸗ ceſſen, welche nach heutigen Begriffen das eigentliche Weſen der Verdauung ausmachen, bei weitem untergeordnet und als ſecundär nachgewieſen. Heut zu Tage zweifelt Niemand mehr an dem Vorhandenſein eines mit beſonderen Eigen⸗ ſchaften begabten Magenſaftes, aber trotz der ſehr zahlreichen, höchſt genau angeſtellten Unterſuchungen und Beobachtungen von Spallanzani, Beaumont und vielen anderen, ſind wir bis jetzt noch nicht im Stande, die Frage: Was iſt der Magenſaft, wie bildet er ſich, und welchen Zweck hat derſelbe, genügend zu beantworten. Als das Vorhandenſein des Magenſaftes zuerſt entdeckt wurde, nahm man an, daß derſelbe von kleinen zwiſchen den die Schleimhautfläche des Magens ausklei— denden Papillen berſteckt liegenden Drüſen ausgeſondert werde: allein die mikroſkopiſche Unterſuchung hat dieſe An— ſicht nicht beſtätigt. In neuerer Zeit gab Dr. Boyd kleine über die Schleimhaut serjtreute cylindriſche Zellen als die Quelle des Magenſaftes an; dieſer Anſicht traten Biſchoff, Purkinje u. a. bei, und Müller und Wasman brach— ten dieſelbe in Verbindung mit der Theorie von der Gallen— entwickelung. Aber außer dem, daß dieſe drüſigen Röhren 15. J. 15. 232 auch an Stellen ſich finden, welche keinen Magenſaft ab⸗ ſondern, find die ſucceſſive Entwickelung und das Ausſtoßen der Körnchen, ſowie die ganze Geſchichte des Magenſafts⸗ Cytoblastema von den verſchiedenen Mikroſkopiſten ſo ver⸗ ſchieden beſprochen und dargelegt worden, daß zur Begrün⸗ dung jener Beobachtungen als wiſſenſchaftliche Thatſachen noch weit beſtimmtere und genauere Unterſuchungen erfor⸗ derlich ſind. Eine von den früheren Annahmen ganz ver⸗ ſchiedene Anſicht über den Urſprung des Magenſaftes ſtellt Bernard auf, welcher denſelben nicht als eine Se: eretion, ſondern als eine Exhalation anſieht. Nach ihm ſind die anatomiſchen Elemente der Magenſchleimhaut nur 3 an Zahl, nämlich Krypten oder Follikel zur Abſon⸗ derung des Schleimes, das Intermediatgewebe der mit Epithelium bedeckten und an Form, Structur und utzen den Darmzotten ganz identiſchen Papillen, und end⸗ lich die kleinen, zuerſt von Gruby beſchriebenen Körper⸗ chen, welche aus halbmondförmigen Zotten beſtehen, aus ſehr feinem, einem vaſculären Netzwerke zur Grundlage dienendem Zellgewebe zuſammengeſetzt und nicht von Epithelium bedeckt ſind. Aus dieſen letzten Zotten wird der Magen⸗ ſaft während des Zuſtandes von Turgeſcenz, in welchem ſich die Magenſchleimhaut während der Verdauung befindet, auf dem Wege der Exhalation ausgeſchwitzt. (Fortſ. folgt.) Miſcellen. 30. Über die allmälige Entwickelung der Pflan⸗ zenſubſtanz beim Weizen theilt Bouſſingault die Re⸗ ſultate ſehr intereſſanter Verſuche mit, die kürzlich in folgendem beſtehen. — Am 19. Mai 1844 wurden 450 Weizenpflanzen auf⸗ gezogen, gewaſchen und dann lufttrocken gewogen: Stengel und Blätter gaben 277,4 Gr., Wurzeln 46,0 Gr. — Am 9. Juni, als der letzte Weizen in Blüthe ſtand, wurden vom ſelben Platze abermals 450 Pflanzen gewählt. Dieſe gaben für die Ahre 110,5 Gr., für Stengel und Blätter 850,0 Gr. und für die Wurzeln 99,5 Gr. — Endlich zur Zeit der Ernte am 15. Auguſt liefer⸗ ten 450 Pflanzen an Körnern 677,1 Gr., Spindel und Spreu 154,5 Gr., Stroh 927,5 Gr., Wurzeln 121,0 Gr. — Alſo wog eine mittlere Pflanze No. 1 am 19. Mai 0,62 Gr. No. 2 am 9. Juni 2,36 — No. 3 am 15. Auguſt 4,18 — Die Elementaranalyſen ergaben C H 2 a N. 0. Aſche. Nö. 1 „ 58 1,8 51,4 37 No. 2 38,3 6,3 0,9 52,1 275 No. 3 37,2 6,8 0,9 51,1 4,0 Die Geſammternte betrug für die Hectare 4666 Kilogr. Demnach berechnet ſich folgende Tabelle in Kilogr. Zeiten. Zuwachs von 1 auf 2] 1942 750,7 123,11016, Zuwachs von 2 auf 3 2035 728,1 154,2] 953, (Annales des sc. nat., Juill. 1846.) „) Nach Abzug von 150 Kilogr. für die Ausſaat, entſprechend 39,5 K. C.; 3,0 K. N. und 3,0 K. Aſche. 1. den 19. Mai 689 *) | 257,0) 40,0 354,112, 25,5 2. den 9. Juni 2631 1007/7 163,1 1370,7 23,7 65,8 3. den 15. Auguſt 4666 17358 317,302324,3 42,0 186,6 611,3 40,3 6 18,3 120,8 * 233 31. uber die Möglichkeit des Pfropfens bei den Gräſern u ein Apotheker Calderini in Mailand Verſuche angeſtellt. Er begann im Jahre 1843 in der Weiſe, daß er den oberen Theil bei zwei jungen Gräfern vorſichtig an einem Knoten ablöſ'te und dann vertauſchte. Über die Hälfte dieſer Verſuche gelangen, fo daß ſich der abgelsſ'te Theil wieder mit dem Knoten vereinigte und ſich vollkommen entwickelte. Dadurch ermutbigt, pfropfte er auf dieſelbe Weiſe Milium auf Panicum und umgekehrt, und faſt ſämmtliche Verſuche gelangen, wenn die Vorfidyt ange: wendet wurde, das Pfropfreis ſo auszuſuchen, daß es ganz genan auf den Knoten des Subjects und in die unverſehrt gebliebene Blattſcheide dieſes Knotens paßte. Nur das Reifen der Früchte wurde dadurch um etwas verzögert. — Um dieſe Verſuche auch nützlich zu mas chen, pfropfte derſelbe im Jahre 1844 die Knoſpen vom Reis auf Aſte des in den Reisfeldern ſehr üppig vegetirenden Panicum crus gulli. Zwar kam nur ein Theil dieſer Pfropfreiſer zur Entwicke⸗ lung, aber dieſe trugen auch eine bei weitem größere Menge von 15. 1. 15. 234 Körnern, als der gewöhnliche Reis, die Pflanzen waren ebenfalls kräftiger und größer. — Die ſo erhaltenen Körner wurden 1845 neben gemeinem Reis in einen paſſenden Boden geſäet. Von ih⸗ rer erſten e an wuchſen jene kräftiger, als dieſe. Der Stengel behielt den Charakter des Panicum. Zur Zeit der Reife wurde der gemeine Reis von der unter dem Namen brusone be— kannten Krankheit ergriffen, während der andere geſund blieb. Die fo gewonnenen Körner wurden 1845 abermals auf denſelben Bo⸗ den neben gemeinem Reis geſäet. — Beide lieferten geſunde Ern⸗ ten, aber die Baſtardpflanzen gaben einen um die Hälfte kräftige⸗ ren Stengel (von etwa 30 Mailänder Zoll) und einen um die Hälfte reicheren Körnerertrag (von 150 Körnern auf jede Ahre). — Die Größe der Körner war gleich. Ein Zufall zeigte, daß dieſer Baſtardreis faſt eben fo gut auf einem nur gewöhnlich feuchten Boden gedeihen könne. Hr. Calderini gedenkt ſeine Verſuche fortzuſetzen. (Ann. des sc. nat., Sept. 1846.) Heilkunde. — — > (XXVIII.) Die hauptſächlichſten Gegengifte und die Behandlung der Vergiftungen. Von Bouchardat. Das Hotel -Dieu iſt vermöge feiner centralen Lage das— jenige Hoſpital, zu welchem die Bevölkerung von Paris und die Verwaltung am häufigſten ihre Zuflucht nehmen, wenn ein Zufall oder eine gefährliche Krankheit raſche Hilfe un— entbehrlich machen. Zu dieſen dringenden Fällen kann man die Vergiftungen rechnen. Meine Aufmerkſamkeit mußte alſo häufig auf dieſen wichtigen Gegenſtand gelenkt werden; ich habe auch an Thieren zahlreiche Verſuche über die Gegengifte angeſtellt und glaube demnach im Stande zu ſein, in dieſem Betreff nützliche Auskunft zu geben. Für dieſen Zweck will ich jetzt die Unterſuchungen zuſammen— faſſen, die ich entweder noch nicht bekannt gemacht habe, oder die in verſchiedenen meiner Pe zerſtreut ſind. Ich theile die Hilfsmittel, die eine Perſon in Anſpruch nehmen kann, welche das Opfer einer Vergiftung geworden iſt, in drei Kategorien. Hat man das Gift erkannt, ſo iſt die erſte zu erfüllende Indication, dasſelbe aus dem Körper zu Schaffen. Für dieſen Zweck wendet man Brechmittel, Brech-Purgirmittel, Purganzen und die Magenpumpe an. Die zweite Indication iſt diejenige, das Gegengift anzuwen— den. Die dritte Indication beſteht darin, dem Vergifteten die ärztliche Sorgfalt zu widmen, welche ſein Zuſtand er⸗ heiſcht. Dieſe Sorgfalt kann eine allgemeine, für alle Ver— giftete ſich eignende ſein, und muß in Anwendung von ſol— chen Mitteln beſtehen, wie ſie ſich für jede beſondere Ver— giftung nothwendig machen. 1) Um das Gift auszuleeren, nimmt man ſehr häufig feine Zuflucht zum Brechweinſtein, indem man 5 Centigr. (1,82 Gr.) des Mittels, in einem halben Glas Waſſer aufgelöſ't, reicht; man wiederholt dieſe Gabe in Zwiſchenräumen von eini— gen Minuten drei oder vier Mal; man läßt viel lauwar⸗ mes Waſſer trinken, und es iſt häufig zweckmäßig, das Gr: brechen durch Kitzeln des Zäpfchens zu begünſtigen. Hat man keinen Brechweinſtein, jo kann man denſelben durch 20 Genti- grammen (3,2 Gr.) ſchwefelſaures Kupferoryd, in zwei Eßlöffeln voll Waſſer aufgelöſ't, erſetzen; man wiederholt die Gabe, und manch Mal iſt dieſes Vomitiv noch beſſer, weil es raſcher wirkt. Wenn das Gift unauflöslich iſt und man Grund hat anzunehmen, daß es bereits den Magen verlaſſen habe und ſich im Dünndarme befinde, jo muß man einem Brech-Pur⸗ girmittel 300 einräumen. Man löſ't 20 Centigr. Brech⸗ weinſtein 60 Gramme (eirca Zjj) ſchwefelſaures Natron oder ſchwefelſaure Talkerde in 1 Liter Waſſer auf und läßt es raſch auf einander gläſerweiſe nehmen. Man hat auch häufig bei Vergiftungen mit ſchädlichen vegetabiliſchen Subſtanzen den Rath gegeben, ſtarke Kochſalzauflöſungen, etwa 50 Gramme Kochſalz aufs Liter Waſſer, zu verordnen, die ebenfalls als ein Brech-Purgirmittel wirken. Dieſes Mittel kann äußerſt ſchätzbar ſein, denn Kochſalz hat man immer vorräthig, und ein Ausleerungsmittel kann nicht zu frühzeitig gereicht werden. Iſt das Gift in Geſtalt von Klyſtiren genommen wor— den und in die dicken Därme gelangt, ſo muß man ſeine Zuflucht zu purgirenden Klyſtiren nehmen. Dasjenige, wel— ches man unter ſolchen Umſtänden vorzugsweiſe anzuwenden hat, beſteht aus 20 Grammen Sennesblättern, 50 Grammen ſchwefelſaurem Natron und 500 Grammen Waſſer. Dieſes Klyſtir iſt weit zweckmäßiger, als die weit energiſcheren draſtiſchen Mittel, deren Wirkung langſamer iſt; auch babe ich es oft mit Erfolg verordnen ſehen. Wenn man nicht durch emetica Erbrechen erregt, ſo iſt es zweckmäßig, ſobald das Gift ſich noch im Magen befindet, zur Ausleerung des— ſelben die Magenpumpe anzuwenden. 2) Das Gegengift iſt für mich diejenige Subſtanz, welche mit dem eingenommenen wirkſamen Theile des Gif— tes eine unlösliche oder unſchädliche Verbindung eingeht. Über die Anwendung der Gegengifte giebt es einige allge— meine Regeln, die wir jetzt erörtern wollen. Man muß, fo viel nur immer möglich, ein Gegengift von vollkomme— ner Unſchädlichkeit und welches überall ſogleich zu haben iſt, wählen. Dieſes Gegengift muß man in größeren Quantis täten reichen, als zur chemiſchen Neutraliſation ſtreng er: forderlich iſt, und zwar aus mehreren Gründen. Das Gegengift konnte wirklich faſt unmittelbar nach feiner Anz wendung wieder ausgeworfen werden, und in den glüdlicd)- 2 235 ſten Fällen muß man in Erwägung ziehen, daß die meiſten unauflöslichen Verbindungen nur beſchränkt und nur relativ unlöslich ſind; da eine raſche Wirkung Noth thut, ſo wird ferner eine große Maſſe Gegengift weit wirkſamer ſein, das Gift von allen Seiten einzuhüllen und die raſche Bildung ei— ner unauflöslichen oder unſchädlichen Verbindung zu bewirken. Es giebt mehrere Gegengifte, welche, obſchon ſie mit den Giften in Waſſer äußerſt wenig lösliche Verbindungen bilden, dennoch nicht von vollſtändiger Wirkſamkeit ſind; dieſe Verbindungen können mit der Zeit im Verdauungs— apparate langſam aufgelöſ't werden und die Fortdauer der Zufälle bewirken. Es iſt in dieſen Fällen zweckmäßig, nach Anwendung des Gegengiftes ein ausleerendes Mittel zu verordnen. Wenn das Gift den Magen verlaſſen und in den Dünndarm eintreten konnte, ſo muß man, unter übrigens gleichen Umſtänden, einem unauflöslichen Gegengifte dann den Vorzug vor einem löslichen geben, deſſen Wirkung ſich auf den Magen beſchränken könnte. 3) Eine Vergiftung iſt eine beſtimmte Krankheit, her— beigeführt durch eine bekannte Urſache; man muß ſie mit allen vernünftigen Mitteln bekämpfen, deren Wirkſamkeit durch die Erfahrung beſtätigt worden iſt. In beinahe allen, um nicht zu ſagen in allen Vergiftungsfällen ſtellt ſich der Tod ein in Folge von beträchtlichen Störungen, welche ſich in den großen Apparaten der Circulation und der Reſpi— ration kund geben. Man muß alſo dieſe Functionen, deren ununterbrochene Ausübung zur Erhaltung des Lebens un— entbehrlich iſt, überwachen und alles anwenden, daß ſie nicht, ſelbſt nicht augenblicklich, aufgehoben werden; denn die fort— geſetzte Aufhebung derſelben iſt eben der Tod. Man belebt die Circulation, wenn man die Haut durch warme Decken, durch trockenes Reiben, durch Senfpflaſter, an verſchiedenen Punkten angebracht, wieder erwärmt; manch Mal iſt es von Nutzen, einen kleinen Aderlaß anzuwenden. Man erleichtert die Reſpiration durch Einführung von reiner Luft in hinlänglicher Quantität, durch abwechſelndes Drücken auf die Wandungen des thorax, durch Einblaſen von Luft, durch zweckmäßig angewendete galvaniſche Erſchütterungen. Wenn die Ausſonderungsorgane auch leicht die abſor— birten Gifte aus dem Körper abführen, ſo wird es von Wichtigkeit ſein, die Thätigkeit dieſer Organe, wenn es möglich iſt, zu erhöhen, wie Orfila gethan hat, indem er in Fällen von Antimon- und Arſenikvergiftungen diure— tiſche Mittel verordnete, um die Gifte durch die Nieren aus— ſondern zu laſſen; und wie wir ſelbſt verfahren haben, in— dem wir Mittel verordneten, welche, wenn die Gifte durch die Leber ausgeſchieden werden, was faſt bei allen minera— liſchen Giften der Fall iſt, auf Ausleerung der Galle wirkten. Wenn das Gift abſorbirt iſt und nicht leicht und ſchnell aus dem Körper geſchafft werden kann, ſobald man es nicht im Blute mit dem Gegengifte verfolgen kann, ſo muß man alsdann dynamiſche Mittel oder Agentien an— wenden, deren Wirkung nicht ſchädlich iſt und an die Stelle der ſchädlichen dynamiſchen Wirkung des Giftes treten kann. Wir wenden uns nun zur Geſchichte der Gegengifte im beſonderen. 15. 1 15. 236 Vergiftungen durch Säuren. Ich glaube die Therapeutik der Vergiftung durch Säu⸗ ren auf eine äußert ſichere Weiſe feſtgeſtellt zu haben. In den Fällen von Vergiftung durch Säuren reicht das Gegengift allein aus, um den Kranken herzuſtellen, ohne daß die Anwendung von Ausleerungsmitteln und ſtellsertre⸗ tenden Agentien Noth thut. Alle Schriftſteller über Therapie und Torikologie verordnen, um die Vergiftung durch Säuren zu bekäm⸗ pfen, die Anwendung von Magneſia, von kohlenfauren Al— kalien, von Seife; dieſes iſt ganz rationell, aber nicht aus⸗ reichend; ich glaube deßhalb dadurch einen wirklichen Dienſt geleiſtet zu haben, daß ich die bei Vergiftungen anzuwen⸗ dende Behandlung ganz ſcharf angegeben habe. Man muß zuerſt (wie allgemein angerathen worden) gebrannte Magneſia im Überſchuſſe reichen; ich gebe dem Magneſiahydrat den Vorzug und werde weiter unten, bei Gelegenheit der Arbeit des Hrn. Buſſy über ein Gegen⸗ gift der arſenigen Säure, das Recept dazu mittheilen. Dieſe alkaliſche Erde vereinigt ſehr ſchätzbare Vortheile: ſie iſt unſchädlich, purgirend, unauflöslich und kann in den Dünn- darm gelangen und die Säure ſättigen, welche ſich vielleicht in demſelben befindet; aber ihre Unlöslichkeit macht ſie un— zulänglich, um eine Hauptindication zu erfüllen. Ich habe bewieſen, daß, in den Fällen von Vergiftung durch Schwe⸗ felſäure, dieſe Säure abſorbirt worden ſei und, nachdem ſie ins Blut gelangt, daſelbſt Blutklumpen bilden könne, welche die Circulation unterbrechen und den Tod herbeiführen. Man muß deßhalb dieſe abſorbirte Schwefelſäure verfolgen, und dieſes geſchieht ſehr leicht, indem man nach der Magneſia eine lösliche alkaliſche Subſtanz verordnet, die raſch abſor— birt wird und die Blutklumpen auflöſ't, welche ſich bereits zu bilden begannen. Nichts eignet ſich für dieſen Zweck beſſer, als das doppeltkohlenſaure Natron. Man darf es aber nicht vor der Magneſia reichen, denn die bedeutende Entbindung von Kohlenſäure, die eine unmittelbare Folge ſeiner Anwendung ſein würde, könnte jene Durchlöcherungen des Magens erleichtern, welche im Fall einer Vergiftung durch die Säuren jo ſehr zu fürchten find. Die Magnefta iſt frei von dieſer Gefahr; zuerſt muß man mit ihr die im Verdauungsapparate befindlichen Säuren ſättigen. Folgen: des iſt die Behandlungsformel, welche ich häufig in Fällen von Vergiftung durch Säuren angewendet habe: 1) Magneſiahydrat 20—50 Gramme in 1 Liter Waſſer eingerührt. 2) Nach Anwendung der Magneſia reichliche Auflöſungen von doppeltkohlenſaurem Natron, 10 Gramme dieſes Salzes aufs Liter Waſſer gerechnet, was ein ſchickliches Verhältniß iſt. Seit ich im Hötel-Dieu bin, iſt auf meinen Antrieb dieſe Behandlung der Vergiftung durch die Säuren mehr— mals in ſehr ſchlimmen Fällen und zwar mit völligem Er- folge angewendet worden. Man hat ſie verordnet in den Fällen von Vergiftung durch Indigſchwefelſäure 8), durch ) Im Orig. bleu en liqueur, was wohl die Auflöfung des Ins digo in Schwefelſäure iſt. 237 Schwefelſäure, welche mit ihrem eigenen Gewichte Waſſer verdünnt war, und durch Salpeterſäure. Anmerkung. Dieſe Behandlung kann, wohl ver⸗ ſtanden, nicht in Fällen von Vergiftung durch Säuren, deren Natronſalze giftig find, wie z. B. die Arſenikſäure ꝛc., zur Anwendung kommen. (Fertſetzung folgt.) (XXIX.) Vergleichende Verſuche über die Behand— lung der dermatitis variolosa. Von Hrn. Piorry. Der Dr. Chanut, gegenwärti Arzt zu Dijon, wurde im Jahr 1832 von zuſammenfließenden Pocken im Antlitze befallen. Die Liebe, welche wir dieſem trefflichen Zöglinge widmeten, veranlaßte uns zu Verſuchen, ob die Nes, über welche ſich ſchon, unſeres Wiſſens, Albert ausgeſprochen hatte, daß die Blattern der Men⸗ ſchenpocken ſich nicht entwickeln, ſobald ſie vor Luft und Licht ge⸗ ſchützt ſind, richtig ſei; wir legten deßhalb im Augenblicke des Aus⸗ bruches ein ganz friſch zubereitetes Diachylonpflaſter aufs Antlitz. Der Erfolg war beinahe vollſtändig für Wangen und Stirn, und überhaupt für alle Stellen, wo das Pflaſter mit der Haut in enauer Berührung geweſen war. Kaum bemerkt man an dieſen Stellen Blatternarben; auf der Naſe und am Kinn, wo das Pfla⸗ ſter nicht in fo vollſtändiger Berührung war, hatten die Puſteln ihren gewöhnlichen Verlauf gehabt, und tiefe Narben zurückgelaſſen. Wir ſetzten einige Zeit lang im Hoſpitale la Pitié unſere Ver⸗ ſuche fort und wiederholten fie im Jahre 1834 und 1835 im Ho- tel-Dieu. Seit der Zeit hat Hr. Gariel, welcher meine Klinik. im Jahre 1832 beſuchte, dem emplastrum Vigonis cum mercurio eine Einwirkung derſelben Art auf die Pockenpuſteln zugeſchrie— ben. Wir haben comparative Verſuche mit einer und der anderen dieſer Subſtanzen angeſtellt; wir haben ſie erneuert, nachdem die Hon. Briquet und Nonat die Arbeiten des Hrn. Gariel wieder aufgenommen hatten, und wir ſind zu der Überzeugung ge— langt, daß das Big o⸗Pflaſter Vorzüge vor dem Diachylonpflaſter 112 ffnung der Puſteln. Veſicatorium auf die Haut in der Pockenkrankheit. — Nachdem ich vergebens die ektro— matiſche Methode unſeres gelehrten Collegen und Freundes, des Dr. Serres, angewendet hatte, hielt ich es für nützlich, die Blat⸗ terpuſteln zu öffnen, um den Eiter auszuleeren, der ſich darin bil⸗ det, und auf dieſe Weiſe zu verhindern, daß der Eiter die Haut aushöhle; um auch die Reſorption und folglich auch die Pyohä⸗ mie zu verhindern, haben wir unſere Zuflucht zur Einſchneidung der Puſteln mit der Scheere genommen. Dieſes Verfahren iſt indeß auf große Oberflächen nicht anwendbar. Wir haben anhaltende Bäder nehmen laſſen, welche die epidermis erweichten; wurden dann die Puſteln mit einer etwas de Leinwand gerieben, fo leerte ſich der Eiter aus, und die Vernarbung erfolgte am nächſten Tage; dieſe Methode war erfolgreich für große Oberflächen. So oft wir die Puſteln auf einer Seite des Armes, des Antlitzes, der Schenkel oder der Hände öffneten, fand leine Auftreibung des dar⸗ unter liegenden Zellgewebes an dieſen Theilen Statt, man be— merkte keine Geſchwulſt, und es erfolgte Vernarbung, während da⸗ egen auf der anderen Seite die Geſchwulſt beträchtlich war, die Sem fertbeſtanden, mit trockenem Schorf ſich bedeckten und häu⸗ fig die Entzündung einen 1 5 Grad erreichte, auch manch Mal ſehr ſchlimme Absceſſe zur Folge hatte. Wie gut auch dieſe Methode ſein möge, fo iſt fie doch nur anwendbar in denjenigen Fallen, wo guter Eiter in den ziemlich einzeln aufgeſchoſſenen Puſteln ſich aabzuft. Sie iſt nicht mehr anwendbar bei zuſammenfließenden Pocken des Antlitzes, wo man in den dicht an einander ſitzenden Puſteln nur eine trübe und jauchige Serofität, ſtatt eines guten Eiters, antrifft. In ſolchen ſchlimmen Fallen verhindert das Offnen der Tauſende von Puſteln keineswegs die Bildung des Schorfes, der eine Art von feſter Maſke bildet, unter welcher Eiter von ſchlechter Beſchaffenheit ſich an⸗ häuft und die ſchlimmſten Verheerungen anrichtet. Um die Anhäufung des Giters unter den Schorfen des Ant: 15. I. 15. 238 liges zu verhindern und in der Sefnung, hinſichtlich der Ent: zündung, welche die Blatterpuſteln umgiebt, ähnliche Wirkungen zu erlangen, wie mit Zugpflaftern, wenn fie auf die Stelle gelegt wer: den, wo ein Rothlauf ſeinen Sitz hat, ſind wir durch die Theorie auf den Gedanken gekommen, das Zugpflaſter in der dermatitis variolosa anzuwenden. Wir haben zuerſt die Zugpflaſter auf einer Seite des Antlitzes, dann auf den beiden Wangen, dann auf der Stirn, dem Kinn und der Naſe angewendet und damit die merkwürdigſten Erfolge erlangt. Diejenigen Pantte der allgemeinen Bedeckungen, wo die Blaſenpflaſter gelegen hatten, heilten viel früher, als jene, wo dergleichen Pflaſter nicht angewendet worden waren. Seit drei Monaten iſt dieſe Methode in mehr als zwölf Fallen angewendet worden, und wir haben es niemals zu bereuen gehabt, ſie in Anwendung gebracht zu haben. Wir haben ſchon mehrmals von dem häufigen Vorkommen ei⸗ ner ſpeciellen Kehlkopfsentzündung in der Blatterkrankheit geſpro— chen, welche herbeigeführt wird durch Puſteln, die an der Guttural⸗ oͤffnung des Kehlkopfs und an der epiglottis aufſchießen; oft bre— chen dieſe Puſteln auch an den Qießbeckenknorpeln, häufig an dem Theile der Schleimhaut aus, welcher zwiſchen dem erſten Luft⸗ rohrenringe und den unteren Bändern der Stimmritze liegt, und ſehr häufig noch an der oberen und unteren Lippe der glottis oder in den Kehlfopfhöhlen (vergl. die Abbildung in R. Frorieps klin. Kupfer⸗ tafeln 9. Lief. Taf. XLIX.). Die Pockenpatienten, bei welchen dieſe Puſteln ausbrechen, bekommen mit den erſten Tagen des Ausbruches einen Kehlkopfshuſten, welcher in der Regel für das Symptom ei— nes Catarrhes genommen wird; in den folgenden Tagen wird das Athmen beſchleunigt, hoch und ängſtlich; die Stimme iſt völlig bes deckt, und die Patienten haben ein läſtiges Gefühl, welches ſie auf die Gegend des Kehlkopfs und der Luftröhre beziehen. In einer mehr vorgeſchrittenen Periode und wenn die Hautpuſteln eine große Entwickelung gegen die Zeit des Abtrocknens hin erlangt haben, nehmen die Erſtickungszufälle zu und erreichen einen hohen Grad; gewöhnlich ſtellt ſich der Tod in den Stunden oder an dem Tage nach dieſen Zufällen ein. Hr. Piedagnel und ich haben auf das Sorgfältigſte eine Frau unterſucht, welche an zuſammenfließenden Pocken und Kehl— kopfsentzündung litt, und wir entſchloſſen uns ſie zu operiren, ſobald die Reſpiration ſehr behindert ſein würde. Am folgenden Tage, dem 17. Octbr., hatte die Schwerathmigkeit ihren hoͤchſten Grad erreicht, der Mund war angefüllt mit einem dicken Speichel— ſchaum, woraus hervorging, daß die Luftpaſſage am Rande der glottis und über derſelben ſehr ſchwierig ſei und bald unterbrochen werden würde. Es war kein Wundarzt mehr im Hoſpitale, aber wir zögerten nicht und führten den Luftröhrenfchnitt in zwei Tempos aus. Augenblicklich athmete die Patientin leicht, die Auſcultation zeigte kaum noch einigen Rhonchus in den Lungen, und die Pa: tientin gab durch ihre Geberden, und mit ſehr heiſerer Stimme, fos bald man das Röhrchen verſchloß, zu verſtehen, daß ſie ſich beſſer be— finde. Des Abends, in der Nacht und am folgenden Tage bis gegen 11 Uhr des Morgens ließ der Zuſtand dieſer Frau, die Art wie ſie athmete, der Zuſtand des Pulſes und der Intelligenz glauben, daß der vollſtaͤndigſte Erfolg den Luftröhrenſchnitt Fronen würde; aber mit einem Mal und ohne erkennbare Urſache (denn man hat mir geſagt, daß nichts, weder auswendig noch inwendig, die Luft abgehalten habe, in das Rohrchen einzutreten) erfolgte der Tod ganz plötzlich. Bei der Leichenunterſuchung fanden wir zehn Puſtein unter der glottis am Rande des Ringelknorpels; eine andere fanden wir an einem der unteren Bänder der Stimmritze und noch eine andere am rechten oberen Bande der Stimmritze ganz hinten an der Stelle, wo ſich der Gießbeckenknorpel anheftet; die Gutturalmündung des Kehlkopfes enthielt zahlreiche Puſteln, die epiglottis war damit bedeckt, und der Mund wie der Schlund waren ebenfalls damit gefüllt; die Zunge war weißlich und äußerſt dick belegt. Die Bronchien waren roth und enthielten wenig Schaum; es fand eine leichte hypoſtatiſche Lungenentzündung Statt; die eingeſunkenen Lungen hatten folglich ein ſehr kleines Volumen. Offenbar hatte der Schaum die Luft nicht verhindert aus dieſen Organen zu ent⸗ weichen, wo man überhaupt nichts fand, was den Tod erklä⸗ ren konnte. Eine ſehr mäßige Rothe war in der Luftröhre um 239 die Stelle der Operation herum und an dem Orte zu bemerken, wo die Canüle geſeſſen hatte. Dieſe Beobachtung bedarf keines Commentars; ein vollitändiger Erfolg war nicht vorhanden, weil die Patientin am folgenden Tage erlag; aber der Tod iſt weder in Folge einer Affection der Luft— röhre oder der Lungen, noch als eine Folge der Operation einge— treten. Bei einem ſolchen Falle darf man in der Beige nicht ögern, und ſobald ein Patient, von laryngitis variolosa befallen, irgend bedeutendere Behinderung des Athmens ſpürt, fo muß der Luftröhrenſchnitt vorgenommen werden. (Comptes rendus, T. XXIII., No. 20, p. 924.) Miſcellen. (44) über die anatomiſche Beziehung der Thätig- keit der Kopfnerven giebt Dr. Budge in den hannov. Anna⸗ len (1846 VI. 3.) folgende für die ärztliche Diagnoſe brauchbare Überficht (wobei wir die Sinnesfunctionen des Auges, Ohres, der Naſe und Zunge weglaſſen). Schmerz hängt ab von | Bewegung hängt ab von in Stirngegend, Zweigen des 1. 2.ſſin Stirn- u. Ge- N. facialis Vorderkopf und u. 3. Aſtes des N. ſichtsmuskeln oh— Schlaͤfengegend, trigeminus ne d. Kaumuskeln Scheitel u. Hin-VN. occipitalis und dem masseter u. N. facialis u. 3. terkopf auricularis vom] buccinator Aſt d. N. trige- 2. und 3. Hals⸗ minus nerven denübrigen Kau- 3. Aſt des N. muskeln trigeminus Naſe 1. u. 2. Aſt d. N. den Naſenmus-⸗ N. facialis trigeminus keln Auge N.oculomotoriusſſden Augenmus- N. oculomoto- u. 1 Aſt des N. keln u. zwar Le- rius trigeminus vator palpebrae sup. m. recti, sup., int., N. oculomoto- inf. u. oblig. inf. rius m. rectus ext. | N. abducens m. oblig. sup. N. trochlearis Iris. N. oculomoto- torius, vielleicht auch sympath. 15. I. 15. 240 Schmerz der Haut des Mit: teltheils des Ge— ſichts der Haut d. Ober⸗ theils d. Geſichts 2. Aſt des N. tri- geminus 2. und 1. Aſt des trigeminus der Haut des unte⸗ 2. und vorzüglich ren Geſichts bis zu Anfange des Halſes d. Zähnen des Oberkiefers d. Zähnen des Unterkiefers d. harten Gau— men d. weichen Gau⸗ men, Zäpfchen u. Mandeln d. Zunge. d. Schlunde 3. Alt des tri- geminus und 3. Halsnerven Aſt des tri- geminus 3. Aſt des tri- geminus 2. Alt des tri- geminus 2. Aſt des tri- geminus, vagus, vielleicht glosso- pharyngeus 3. Aſt des trige- minus, vielleicht aud) glossopha- ryngeus 2. Alt des trige- minus(vidianus), hauptſächlich N. vagus u. glosso- d. muse. mylo- hyoideus d. musc.digastri- cus d. musc. sterno- eleidomast. d. musc. cucul- laris d. weichen Gau⸗ men u. Zäpfchen d. Zunge d. Schlunde on | hängt ab von | Bewegang hängt ab von 3. Aſt des N. trigeminus 3. Aſt des N. trigeminus und facialis N. accessorius Mill. N. accessorius Mil. 3. Aſt des tri- geminus, N. glossopharyng. und vagus N. hypoglossus | N. vagus- und N. glosso-pha- ryngeus Ohr, und zwar die 3. Aſt d. N. trige- Haut des äußeren geminus, u. 2. u. Ohrknorpels 3. Halsnerven d. äußeren Ohr⸗ muskeln pharyngeus d. Speiſeröhre N. vagus d. Speiferöhre N. vagusu. plex. oesophageus d. Magen N. vagus, Plex. d. Magen |N.vagusu.plex. coeliacus cCoeliacus d. Kehlkopf N. vagus d. Kehlkopfe N. vagus d. Luftröhre und N. vagus d. Luftröhre u. d. N. vagus d. Lungen Lungen d. Herzen N. vagus d. Herzen N. vagus, acces- i |sorius, hypo- glossus, sym- pathicus. (45) Eine neue Anwendung des Schwefeläthers, über N. ſacialis, viel⸗ 8 leicht N. vagus d. Haut d. äußeren 3. Aſt d. N.trigem. Gehörganges, | und N. vagus des mittleren und 3. u. 2. Aſt d. N. inneren Ohrs trigeminus d. musc. sta- N. facialis pedius deren Zuläſſigkeit man bis jetzt noch Zweifel hegen konnte, iſt (nach dem Spectator) jetzt von Prof. Simpſon gemacht, nämlich bei der Geburtsthätigkeit. Eine verwachſene und früher mit großen Beſchwerden erſt nach 4 Tagen der Schmerzen entbundene Perſon ließ der Edinburgher Profeſſor Schwefeläther einathmen; die Ent⸗ bindung ging in wenigen Minuten ohne Unterbrechung der Wehen vor ſich, und die Frau hatte keine Ahnung von Schmerz. Bibliographiſche Neuigkeiten. Natural history of New- Vork (by Authority) 4°. with coloured plates, eingetheilt in folgende Abtheilungen: Geology I. Distriet by Prof. W. W. Mather. — II. District by Prof Emmons. — III. District by Prof. van Nuxem. — IV. District by Prof. Hall. Zoology. Mammalia by Dr. de Kay with general introduction by Governor Leward. Reptiles and fishes by Dr. de Kay. 2 vols. Mollusca and erustacea by Dr. de Kay. Ornithology by Dr. de Kay. — Botany. A Flora of the state of New-York comprising full descriptions of all the indigenous and naturali- sed plants, with remarks on their economical and medicinal properties by Prof. Zorrey. 2 vols. Mineralogy and chemi- - cal analysis by Prof. Beck. Palaeontology. Fossils, coal for- mation etc. 1 vol. — Dieſes ſchöne Werk ſcheint raſch fort⸗ geſetzt zu werden. Descriptive Catalogue of the anatomical Museum of St. Bartholo- mew’s Hospital. Vol. I. Pathological Anatomy (published by order of the Governors.) 85. (30 Bogen.) London 1846. A. Ellis. Lectures and Observations on clinical surgery. Dublin 1846. post 8%. (18 Bogen.) R. M. Glover on the pathology and treatment of scrofula; being the Fothergillian Prize Essay for 1846. 8°. (20 Bogen.) London 1846. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Frorlep gegründete Zeltſchrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 16. (Nr. 16. des I. Bandes.) Februar 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptolrs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXI. Die Phyſiologie des Verdauungsproeeſſes als Reſultat neuerer Unterſuchungen und Beob— achtungen. Von Hrn. Oliver Curran. (Fortſetzung.) Die in der vorigen No. entwickelte Anſicht findet in folgenden Experimenten ihre Unterſtützung. Erſtes Erperiment. — Bei einem geſunden, ſeit 24 Stunden faſtenden Hunde wurde durch Trennung der Bauchdecken der Magen bloßgelegt, alle Zweige der Milz— arterie, die a. coronaria ventriculi ausgenommen, unter— bunden‘, der Magen darauf geöffnet und feine innere Fläche forgfältig mit einem Schwamme abgetrocknet. Das Thier wurde nun vermittels Durchſchneidung der medulla oblon- gata getödtet und 80 Centiliter Blut, friſch aus den Ca— rotiden eines anderen Hundes entnommen, ſogleich in die Arterien des Magens injieirt. Die unmittelbaren Folgen waren Röthung der Schleimhaut und Ausſchwitzen einer ſauren Flüſſigkeit; da jedoch von letzter nicht genug ge— ſammelt werden konnte, um ihre Eigenſchaften nachzuweiſen, und da man den Einwurf machen konnte, daß die Säure in der Schleimhaut enthalten geweſen wäre: ſo wurde das Er— periment dahin verändert, daß mit dem injicirten Blute etwas gelbes blauſaures Kali vermiſcht wurde, welches Salz, wie bekannt, nicht chemiſch auf das Blut einwirkt. Auch in dieſem Falle ſchwitzte die ſaure Flüſſigkeit aus und wurde durch ein Eiſenſalz blau gefärbt — ein Beweis, daß dieſe Säure unmittelbar aus dem injicirten Blute kam. — Dieſe Thatſache wurde noch durch zahlreiche andere Experimente beſtätigt, von welchen folgendes als Beiſpiel dienen mag: Zweites Erperiment. — Ein geſunder Hund wurde mit gehacktem Fleiſche gefüttert, und eine Viertel— No. 1996. — 896. — 16. ftunde nachher, als man den Verdauungsproceß in voller Thätigkeit vermuthen konnte, eine halbe Unze Waſſer, welche 1% gelbes blauſaures Kali enthielt, in die Jugularvene injieirt. Das Thier war nach der Injection fo munter wie früher, und ſchien durch dieſelbe nicht im geringſten gelitten zu haben. Nach einer halben Stunde wurde die medulla oblongata durchſchnitten, das Futter war noch nicht in das duodenum gelangt, und der ganze Speiſebrei wurde durch Eiſenoryd blau gefärbt; der Harn zeigte dieſelbe Reaction, aber in keiner der anderen Flüſſigkeiten des Körpers fand ſich die kleinſte Spur vom Cyanid. Drittes Erperiment. — Um zu ermitteln, ob die Säurebildung während der Verdauung auf den Magen beſchränkt ſei, oder auch in anderen Partien des Verdauungs— apparates Statt finde, wurde ein Hund mit Suppe gefüt- tert, in welcher milchſaures Eiſenoryd aufgelöſ't war, nach einer halben Stunde dasſelbe Salz in einem Klyſtire bei— gebracht und dann ſogleich das gelbe Cyanid in die Venen injicirt, worauf das Thier 25 Minuten darnach getödtet wurde. Die contenta des Magens waren durch die Reaction des Eiſencyanids auf das milchſaure Eiſenoryd blau gefärbt und einige wenige blaue Flecke auch im Anfange des duo- denum bemerkbar, aber der ganze übrige Darmeanal war frei von Färbung. Viertes Erperiment. — Eine Auflöſung von ſchwefelſaurem Eiſenoryd wurde in die eine Jugularvene eines kräftigen Hundes injieirt, welcher eine Viertelſtunde vorher eine tüchtige Mahlzeit gehalten hatte, während zu gleicher Zeit eine Auflöſung von gelbem blauſauren Kali in die andere Jugularvene injicirt wurde. Das Thier war anfangs etwas betäubt, erholte ſich aber bald wieder und fing wieder an zu freſſen. Als man dasſelbe nun 1½ Stunden darauf tödtete, fand man den im Magen enthaltenen Speiſebrei tiefblau 16 243 gefärbt, die Magenſchleimhaut dagegen, welche blutig ges fleckt war, zeigte nicht die geringſte Verfärbung, noch war die blaue Färbung an irgend einer anderen Stelle des Kör⸗ pers ſichtbar. Dieſes Experiment wurde drei Mal ſtets mit gleichem Erfolge wiederholt und beweiß t nach Hrn. Bernard, daß der Magenſaft nicht eher ſauer wird, als bis er auf der Magenſchleimhaut ausgeſchwitzt iſt, wofür auch der Umſtand ſpricht, daß, wenn man die Zotten— fläche des Magens abſchabt, die ſaure Reaction verſchwin—⸗ det, indem nicht die ganze Dicke der Schleimmembran, ſon— dern nur ihre freie Oberfläche ſauer reagirt. Man darf jedoch nicht mit Montegre annehmen, daß der Magenſaft, alkaliſch ausgeſchieden, durch Fermentation ſauer werde, in— dem ſowohl die angegebenen Experimente, als auch die von Beaumont u. m. a. die Unrichtigkeit dieſer Anſicht nach⸗ weiſen. Die Reſultate der ſo eben angeführten Verſuche leiteten Hrn. Bernard zu der Annahme, daß der Magen⸗ ſaft in der That nichts anderes ſei, als eine Erſudation der im Blute enthaltenen Säuren, und dieſe Ver⸗ muthung wird durch folgende Thatſachen faſt zur Gewißheit erhoben: wenn Milch-, Phosphor-, Eſſig- oder Butterſäure in das Blut injicirt werden, ſo findet man dieſelben im Magen ausgeſchieden, Löſungen von Alkalien, Magneſia oder Eiſen dagegen nicht. Wenn man Salze, wie Ferrum lacticum, Ferrum v. Magnesia butyrica u. a. m. injicirt, ſo erleiden ſie eine Zerſetzung, indem die Säuren ſich im Magen⸗ ſafte und die Baſen im Harne vorfinden. Wird ein Thier durch eine Injection von Cyanqueckſilberlöſung in das Blut vergiftet, ſo hat der Mageninhalt einen ſtarken Geruch nach Blauſäure, aber das Queckſilber findet ſich nicht in demſel⸗ ben, ſondern im Harne. Wenn ein Salz, welches im Blute keine Zerſetzung erleiden kann, in den Kreislauf eingebracht wird, ſo findet man es unverändert im Magenſafte wieder. — Aus dem Vorhergehenden läßt ſich nun mit vollem Rechte ſchließen, daß der Magenſaft ausſchließlich ein Product der Magenſchleimhaut ſei; daß er ſich augenblicklich nach dem Genuſſe von Nahrung bilde und ſo lange producirt werde, als noch etwas Nahrung im Magen enthalten iſt; daß ſeine Entſtehung von dem während der Digeſtion vorhan— denen Zuſtande arterieller Turgeſeenz abhänge; daß ſeine Zuſammenſetzung gemeinſam mit der des Blutes variire, und die Beſchaffenheit des letzten zur Zeit des Genuſſes von Speiſe gewiſſermaßen repräſentire, und daß endlich, ſowie eine der Functionen des Drüſenſyſtems im Allgemeinen darin beſteht, aus dem Blute eines oder mehrere ſeiner Alkalien abzuſcheiden, auch die Magenſchleimhaut die ihr eigenthümliche Function beſitze, aus dem Blute die etwa vorhandenen Säuren und unzerſetzbaren chemiſchen Verbindungen abzuſondern. Die ſchemiſche Geſchichte des Magenſaftes hat unſere Kenntniſſe von dieſem um nichts weſentliches ver⸗ mehrt; man hat verſchiedene Analyſen angeftellt, welche aber vielfach von einander abweichen. Spallanzani, der ei⸗ gentliche Entdecker des Magenſaftes, ſchrieb zuerſt im Jahre 1783 die Eigenthümlichkeiten desſelben einer Säure zu; 1785 entdeckte Carminati, daß im Magen der Carnivoren nur 16. J. 16. 244 während der Verdauung eine Säure vorhanden ſei, und im Jahr 1800 zeigte Werner, daß der Verdauungsact bei allen Glaffen der Säugethiere von dem Ausſchwitzen einer Säure begleitet ſei. Montegre ſchrieb jedoch (um 1812) die Aeidität des Magenſaftes einer beginnenden Gährung oder Zerſetzung zu, aber erſt im Jahr 1824 wurde der Gegen⸗ ſtand durch die gleichzeitigen Unterſuchungen von Prout und Tiedemann und Gmelin einer genaueren Wuürdi⸗ gung unterworfen, welche Phyſiologen faſt dasſelbe Neiultat erlangten, daß nämlich freie Chlorwaſſerſtoffſäure im Magen⸗ ſafte vorhanden ſei. Prout läugnete jedoch, daß der Magen während der Verdauung irgend eine organiſche Säure ent⸗ halte, während T. und Gm. in demſelben freie Eſſigſaure und beim Pferde ſogar Butterſäure vorfanden. Seitdem iſt der Verdauungsproceß ſehr genau und gründlich ſtudirt, und faſt von jedem Chemiker find Zuſätze zur Geſchichte desſelben gemacht oder zu machen verſucht worden. Brugnatelli und Treviranus fanden bei einigen Thieren Fluorwaſſerſtoff⸗ ſäure, und bei einem Phthiſiker Oxalſäure im Magenſafte. Schulz beſtritt Prouts Anſicht von der Gegenwart der Salzſäure und machte Eſſigſäure zum Säuerungsprincip, als welches ſeinerſeits Matteucci die pofitive Elektricität auf⸗ ſtellte. Blondlot ſchloß aus einer großen Reihe von Er- perimenten und Analyſen des aus einer künſtlich gemachten Magenfiſtel erhaltenen Magenſaftes, daß vieler ſeine Ei⸗ genſchaften ausſchließlich doppeltphosphorſaurem Kalke ver⸗ danke, und läugnete die Exiſtenz freier Säure im Magen während der Verdauung; dagegen entdeckten Cheoreul, Leuret, Laſſaigne, Bouchardat u. a. in demſelben freie Milchſäure, Dungliſon u. a. Phosphorſäure und Bouchardat in einigen Fällen auch Ameiſenſäure. Die Arbeiten von Melſens, Bernard und Bareswil (im December 1844 der Acad. des sciences vorgelegt) ſcheinen das Säuerungsprineip im Magenſafte bis zur Genüge nach⸗ zuweiſen. Hr. Melſens weiſ't nach, daß Kryſtalle von isländiſchem Spath, in einer mit der aus dem Magen eines Hundes während der Verdauung entnommenen Flüſſigkeit gefüllten und feſt verkorkten Flaſche eingeſchloſſen, ſehr bald opak werden, während ſich über ihnen Gasblaſen bilden — ein Beweis für das Vorhandenſein einer nicht combinirten Säure. Die Gegner der Anſicht von freier Säure im Ma⸗ gen berufen ſich auf die Thatſache, daß der Magenſaft beim Zuſatze eines Alkalicarbonats gewöhnlich nicht aufbrauſe, aber Bernard und Bareswil zeigen, daß dieſes einer ſo großen Verdünnung der Säure zuzuſchreiben ſei, daß die ſich entwickelnde kleine Quantität Kohlenſäure augenblicklich durch das vorhandene Waſſer aufgelöſ't wird, während bei künſtlicher Concentration des Magenſaftes Aufbrauſen be⸗ wirkt werde. Um zu ermitteln, welche Säure gewöhnlich und conſtant bei nicht ſaurer Beſchaffenheit der Diät vor⸗ handen ſei, fütterten Bernard und Bareswil Hunde und andere Thiere mit verſchiedenen Arten den Nahrung und unterſuchten genau die Beſchaffenheit des vermittels künſt⸗ licher Magenfiſteln gewonnenen Magenſaftes, worauf ſie zu folgenden Reſultaten gelangten: im Magenſafte findet ſich keine freie Salzſäure, dagegen — bei geſunden Thieren — con⸗ 245 ſtant freie Milchſäure und etwas freie Phosphorſäure. So unbeſtimmt nun auch bis jetzt die analytiſche Chemie des Magenſaftes geblieben iſt, ſo ſind doch die phyſikaliſchen und chemiſchen Eigenſchaften desſelben durch ſowohl innerhalb als außerhalb des Körpers angeſtellte Verſuche ſehr gründ— lich und genau unterſucht worden. Dieſe Verſuche ſind je— doch im Allgemeinen nur als eine Maſſe ungeordneter That— ſachen anzuſehen, aus welchen keine allgemeinen Schlußfolgen und zwar deßhalb gezogen worden ſind, weil die Mehrzahl der Phyſiologen von der Anſicht befangen find, daß die Ver— dauung allein im Magen vermittels des Magenſaftes bewirkt werde (vgl. Liebigs organiſche Chemie 2.) und daß die Sanguification ein allmälig fortſchreitender und aus mehre— ren Stadien zuſammengeſetzter Proceß ſei. Wenn wir mit Dr. Prout die Nährmittel in drei große Kategorien: albu— minöſe oder proteinäre, adipöſe oder fetthaltige und fäcu— lente, zucker- oder ſtärkemehlhaltige eintheilen, fo finden wir, daß, während Schwann, Beaumont, Bouchardat und Sandras, Tiedemann und Gmelin, Payen u. m. a. keine beſondere Einwirkung der gewöhnlichen ſauren Flüſſigkeit des Magens außerhalb des Körpers auf die bei— den letzten Claſſen wahrzunehmen vermochten, alle Expe— rimentatoren einſtimmig jener die Kraft zuſchreiben, die ver ſchiedenen Proteinverbindungen raſch aufzulöſen und vor Zer— ſetzung zu bewahren. Leider fehlt bei allen Verſuchen über dieſen Gegenſtand gar zu ſehr das Methodiſche, und zwar in Folge der faſt gänzlich mangelnden Berückſichtigung der ſo praktiſchen Claſſification Prouts. Faſt alle bis zu den letzten Jahren veröffentlichen Erperimente beziehen ſich aus— ſchließlich auf albuminöſe oder fetthaltige Subſtanzen und berückſichtigen nicht gehörig den Unterſchied zwiſchen dem bloßen Zerfallen der letzten in Folge der Auflöſung ihres Areolargewebes und der eigentlichen Auflöſung oder chemi— ſchen Verbindung des Oles mit dem Löſungsmittel. — Die große und allgemein angenommene Thatſache von der Fähig— keit des Magenſaftes, die ſeiner Einwirkung unterworfenen animaliſchen Subſtanzen in einen flüſſigen Zuftand zu ver— ſetzen, hatte noch keine gehörige Würdigung gefunden. Nach— dem die Verſuche von Tiedemann und Gmelin, ſowie fpäter von Beaumont und Müller nachgewieſen hatten, daß keine Säure oder irgend eine bekannte Säureverbindung eine ähnliche Eigenſchaft beſäße, erſchien es vernunftgemäß, anzunehmen, daß bei der Verdauung noch etwas außer der Sphäre gewöhnlicher chemiſcher Affinitäten liegendes mit im Spiele ſei. So ſtand die Sache, da zeigte im Jahre 1834 Eberle, geleitet durch die Andeutungen von Berzelius in Betreff des Gerinnens der Milch durch Lab, und einer zu vermuthenden analogen Action eines organiſchen Prin- cips im Magenſafte, durch eine große Reihe ſpäter von Schwann und Müller völlig beſtätigter Erperimente, daß Berzelius Conjectur vollkommen richtig ſei. Eberle behauptete, daß jeder mit einer Säure verbundene Schleim die Eigenſchaften der Verdauungsflüſſigkeiten beſitze, Schwann dagegen fand, daß dieſes in Betreff des Blaſenſchleims nicht der Fall ſei, obwohl fpätere Beobachter ſich wieder für Eber⸗ les Anſicht erklärten. Als nun bald darauf Schwann 16. J. 16. 246 nachwies, daß das organiſche Princip, welchem der Magen⸗ ſaft ſeine Wirkſamkeit verdanke, im Waſſer auflöslich ſei, und Pappenheim und Wasman zeigten, daß dasſelbe aus ſeiner Löſung durch Alkohol niedergeſchlagen werden könne: ſo fand es ſich auf ein Mal in die Claſſe der Fer— mente eingereiht, welchen in allen feinen Eigenthümlichkeiten und chemiſchen Eigenſchaften das Pepſin, Chymoſin oder Gaſteroſe — wie es verſchiedentlich bezeichnet worden iſt — völlig analog iſt. Wir müſſen jedoch geſtehen, daß die Be— zeichnung „Ferment“ eine ſehr nichtsſagende iſt. Wir wiſſen zwar, daß die Fermente im Allgemeinen aus kleinen Kügel— chen beſtehen, welche durch faſt dieſelben Agentien wie orga⸗ niſche Körper zerſtörbar ſind, und die Fähigkeit beſitzen, zu organiſche Materie enthaltenden Auflöſungen unter günſtigen Umſtänden hinzugeſetzt, in denſelben eigenthümliche Verän— derungen zu bewirken: aber Bouchardat hat nachgewie— ſen, daß die weinigen Fermente durch Gehirnportionen er— ſetzt werden können, während Eberle, wie bereits erwähnt iſt, gefunden hat, daß faſt jeder Schleim, zu einer ſauren Lö— ſung hinzugeſetzt, derſelben Verdauungsfähigkeit mittheilt. Eine noch intereſſantere Entdeckung iſt kürzlich von Bernard und Bareswil gemacht worden, daß nämlich, während jede freie Säure ausreicht, um dem Pepſin Verdauungsfähig— keit zu ertheilen, dieſelbe Säure, im Überſchuſſe zu dem nor— mal ſauren Speichel und Pankreasſafte hinzugeſetzt, dieſen Flüſſigkeiten die Fähigkeit, welche ſie früher beſeſſen haben, nimmt, auf Stärke zu wirken, und ihnen die ganze Di— geſtionskraft des Magenſaftes zu Theil werden läßt, und daß andererſeits der Magenſaft, alkaliſch gemacht, die Pro— teinverbindungen nicht länger auflöſ't, dagegen ein mächti— ges Löſungsmittel für Stärke wird, welche er in Dertrin und Glykoſe umwandelt. (Comptes rendus, t. XIX. p. 12.) Wir ſehen alſo, daß nicht nur der Magenfaft eine freie Säure enthält, ſondern daß die Aeidität für die eigentliche Beſtim— mung derſelben als Löſungsmittel der albuminöſen Beſtand— theile unſerer Nahrung eine weſentliche Bedingung iſt. Iſt nun aber dieſe Digeſtion das Reſultat des Spieles chemi— ſcher Affinitäten im Zuſammenhange mit einer wirklichen Veränderung des Zuſtandes, oder nur ein einfacher Löſungs— act? Folgender ſehr einfacher Verſuch des Hrn. Bernard, welcher ſpater von Bouchardat, Laſſaigne u. a. hin⸗ länglich bekräftigt worden iſt, berechtigt uns zu der Behaup⸗ tung, daß bei der Verdauung etwas mehr als eine bloße Löſung im Magen vor ſich gehe. Er injicirte in den Kreis— lauf von Hunden und anderen Thieren Auflöfungen von Ei: weiß u. dgl. m. in reinem Waſſer, welche in allen Fällen durch den Harn wieder abgingen, in welchem ſie durch die gewöhnlichen Reagentien nachgewieſen werden konnten. Da— gegen konnten Eiweiß, Faſerſtoff, Caſein u. ſ. w., eine ge⸗ hörige Zeit hindurch im Magenſafte digerirt und dann mit Waſſer verdünnt in die Venen injieirt, durch die forgfältigfte Unterſuchung in keiner einzigen Erxcretion oder animalifchen Flüſſigkeit aufgefunden werden. Wir ſehen alſo als Re— fultat des Vorausgeſchickten, daß der ſaure Saft des Ma⸗ gens das eigentliche Löſungs- und Aſſimilirungsmittel der albuminöſen Portion unſerer Nahrung iſt, und gehen nun 16* 247 zur Betrachtung der Verdauung der anderen Nährſtoffe über. Die neutralen ternären Körper zerfallen naturgemäß in drei ſcharf markirte Kategorien, deren Repräſentanten Zucker, Gummi und Stärkemehl find, und da wir bereits mehrere Beweiſe dafür beigebracht haben, daß Stärke im Munde beim Kauen in Dextrin und Glykoſe theilweiſe umgewandelt wird, ſo wollen wir nun die Veränderungen betrachten, welche die ſtärkemehlhaltigen Subſtanzen in dem übrigen Theile des Verdauungscanales erleiden. Verdauung von Dertrin. Experiment. Ein Hund bekam nach 24ſtündigem Faſten eine Mahlzeit aus 100 Grammen Dextrin, 300 Grm. Fleiſchſuppe, 100 Grm. Brot, 1 Grm. gepülvertem Safran und 1 Grm. Kali 200— ticum und wurde drei Stunden darauf vermittels Durch— ſchneidung der medulla oblongata getödtet. Der Magen enthielt 72 Grm. eines ſauren Kleiſters, in welchem Safran, blauſaures Kali und Glykoſe augenſcheinlich vorhanden wa— ren. Das duo denum enthielt 17 Gran einer zähen, gelb— lichen Fluͤſſigkeit, in welcher blauſaures Kali und Dertrin gefunden wurden. Der Überreſt der Dünndärme enthielt ähnliche Materien, welche allmälig dicker wurden, durch das Vorhandenſein von Milchſäure durchweg ſauer waren und deutliche Spuren von blauſaurem Kali und Glykoſe zeigten. Die contenta des Dickdarms reagirten neutral, aber Kali und Dertrin waren noch vorhanden. Der chylus des duc- tus thoracicus war völlig frei von Safran oder Kali— cyanid, enthielt aber Dertrin; auch das Blut enthielt Dex— trin. Die ſtark alkaliſche Galle zeigte deutliche Spuren von Kalicyanid und Dextrin; der Harn enthielt weder Dex— trin noch Glykoſe. — Wir ſehen alſo, daß Dertrin, dem Futter eines Hundes beigemiſcht, während ſeines Aufenthaltes im Darmcanale eine theilweiſe Veränderung in Milchſäure zu erleiden ſcheint, zum größeren Theile aber unverändert von den Blut- und Lymphgefäßen aufgenommen und nach— 16. J. 16. 248 her nicht durch eins der Excretionsorgane, wofern es nicht in ſehr großer Quantität gereicht worden iſt, aus dem Kör⸗ per ausgeſchieden wird. Die letzte Thatſache iſt auch von Hrn. Bernard durch Injection von Glykoſe und Dertrin in die Venen beſtätigt worden. Mialhe fand, daß Milch⸗ zucker gleichfalls unverändert reſorbirt wird, und er theilt demgemäß die Hydrocarbonate in die unmittelbar (Öly: koſe, Milchzucker, Dertrin) und in die mittelbar aſſimi⸗ lirbaren, zu welcher letzten Claſſe Rohr- und Runkelrüben⸗ zucker, ſowie Stärke gehören. (Schluß folgt.) Miſeceellen. 32. Die Art, wie das Frettchen feine Opfer töd⸗ tet, iſt, nach Dr. Buchanans genauen Beobachtungen, ſehr ver⸗ ſchieden von der gewöhnlich angenommenen und in allen Hand⸗ büchern der Zoologie vorgetragenen. — Hat es mit einem größeren Thiere, wie mit einem Kaninchen, zu thun, ſo verbeißt es ſich in das⸗ ſelbe und hält es feſt, bis der Tod aus Blutverluſt oder Erſchöpfung erfolgt. Iſt das Thier aber kleiner, z. B. eine Ratte, ſo ſpringt das Frettchen auf ſeinen Gegner und verſetzt demſelben nur einen einzigen Biß in den Hinterkopf oder in den Nacken, aber jedes Mal ſo, daß einer ſeiner langen, ſpitzen Fangzähne zwiſchen Schädel und oberſtem Wirbel in das Rückenmark eindringt und fo augen⸗ blicklich das Thier tödtet. 33. Ein bei der Bildung des Torfes vorkommendes intereſſantes Verhältniß haben die HHrn. Moride und Bobierre in einem Briefe an Bouſſingault berührt. Bekanntlich ent⸗ hält der Torf wenig oder gar keine phosphorſauren Salze, die doch in den Pflanzen, aus denen er entſteht, reichlich vorhanden ſind. Die Verſuche der genannten Herren zeigten aber, daß ſelbſt unlss⸗ liche Phosphate in Berührung mit verfaulenden vegetabiliſchen Sub⸗ ſtanzen vollkommen in Waſſer löslich werden und daher leicht von denſelben aufgenommen und weggeführt werden. Die beim Verweſungsproceſſe entſtandene Kohlen- und Ejkafäuze find die Vermittler dieſer Löslichkeit. (Comptes rendus, 21. Dec. 1846.) He E (XXVII.) Die hauptſächlichſten Gegengifte und Behandlung der Vergiftungen. Von Bouchardat. (Fortſetzung.) Vergiftungen durch die Alkalien. An dem, was alle Schriftſteller in dieſen Fällen von Vergiftungen verordnet haben, iſt nichts zu ändern. Es genügt, Limonade, mit Eſſig angeſäuertes Waſſer in hinläng— licher Quantität zu reichen, um das eingenommene Alkali zu neutraliſiren. Wenn die Vergiftung durch Kali und ſeine kohlenſauren Salze erfolgt iſt, ſo gebe ich der Wein— ſteinſäure-Limonade vor jeder anderen Säure den Vorzug, ſobald das alkaliſche Gift in großer Quantität eingenom— men worden iſt; denn die Kaliſalze ſiud keineswegs ſo un— unde. ſchädlich, als man gemeiniglich annimmt, das doppeltwein- ſteinſaure Kali aber iſt doch am wenigſten wirkſam unter ihnen. Vergiftungen durch die arſenige Säure. Man hat in den letzten Jahren zahlreiche Unterſu— chungen über die Gegengifte der arſenigen Säure angeſtellt, und die Therapeutik der Arſenikvergiftung ſchien unwandel⸗ bar feſtgeſtellt zu ſein, als die neuen Beobachtungen des Hrn. Buſſy noch ein wichtiges Blatt der Geſchichte derſel— ben hinzufügten. Hr. Buſſy hat gezeigt, daß die Magneſia, da ſie eine unauflösliche Verbindung mit der arſenigen Säure eingeht, ſehr vortheilhaft angewendet werden könne, um die Vergif— tung durch dieſe Säure zu bekämpfen. Hr. H. Lepage hat ihm eine Beobachtung mitgetheilt, welche die Wirkſam⸗ keit dieſer neuen therapeutiſchen Methode beſtätigt. Wie dem 249 aber auch fein möge, ſo werde ich, ohne eine gründlichere Prüfung derſelben vorgenommen zu haben, doch ſchwerlich die Vortheile des Eiſenorydhydrates aufgeben, deſſen Wirkſam— keit ich im Vereine mit Hrn. Sandras unter allen Formen durch zahlreiche Verſuche an Thieren beſtätigt gefunden habe. Wenn ich heute gerufen würde, um einen durch arſe— nige Säure Vergifteten zu behandeln, ſo würde ich in folgen— der Art zu Werke gehen: Zuerſt würde ich das Erbrechen nach den oben ange— gebenen Regeln begünſtigen; alsdann würde ich Eiſenoryd— hydrat in Gallertform (hydrate de peroxyde de fer en ge- lee) verordnen, und zwar ½ Kilogramm dieſer Gallert in 2 Liter Zuckerwaſſer eingerührt. Es iſt unerläßlich, einen großen Überſchuß des fällenden Körpers zu geben, denn wenn man, wie Orfila bewieſen hat, davon nur die ſtreng noth— wendige Quantität giebt, um arſenigſaures Eiſenoryd zu erzeugen, ſo iſt die giftige Wirkung der arſenigen Säure nicht zerſtört, ſondern nur gehemmt. Hat man kein Eiſenorydhydrat in Gallertform, fo darf man nicht anſtehen, 30 Gramme crocus martis aperitivus *) in 1 Liter Waſſer eingerührt, nehmen und unterdeſſen die Gallert des Eiſenorydhydrates bereiten zu laſſen. Unſere Verſuche haben uns die unbeſtreitbare Wirkſamkeit dieſes Mittels be— wieſen. a Unſere Verſuche an Hunden haben uns auch gezeigt, daß man, als Gegengift der arſenigen Säure, das Zweifach— Schwefeleiſen in Gallertform anwenden könne **); aber ich halte es für unendlich beſſer, mit dem Eiſenorydhydrate zu— gleich 20 Gramme Magneſia zu verordnen. Dieſes Gegen— gift muß vorzugsweiſe ſchätzbar ſein, nicht allein, weil es mit der arſenigen Säure eine unauflösliche Verbindung bildet, ſondern auch, weil die Magneſia purgirt und das arſenika— liſche Gift bis in die Därme verfolgt, auch dadurch, daß es die Stühle vermehrt, ſeine Austreibung aus dem Körper *) Eiſenorydhydrat von der Zuſammenſetzung 2 Fr? O + 310 oder Eiſenroſt. ) Hr. Mialhe hat neuerdings noch auf der Anwendung des Einfach⸗Schwefeleiſens in der Arfenifvergiftung beſtanden; aber bei unſeren Verſuchen hat ſich dieſes Gegengift weit we⸗ niger wirkſam gezeigt, als das Eiſenorydhydrat. Das Zwei⸗ fach Schwefeleiſen iſt ſehr nützlich zur Bekämpfung der Ver⸗ giftung durch mehrere Metallſubſtanzen; es wirkt wie das Ein⸗ fach- Schwefeleifen, deſſen Nützlichkeit Hr. Mialhe gerade zu der Zeit bekannt machte, wo ich, im Vereine mit Hrn. Sans dras, beſchaͤftigt war, Verſuche anzuſtellen, welche in unferer Abhandlung über die Gegengifte des Arfenifs, des Queckſilbers, des Kupfers und des Bleies niedergelegt find (Annuaire the- rapeutique 1844). Wir konnen nicht mit Hrn. Mialhe die Nichteriſtenz des von Berzelius beſchriebenen Einfach- Schwefeleiſenhydrates annehmen. Dieſe Zuſammenſetzung bil⸗ det ſich alle Mal, ſobald das Zweifach⸗Schwefelalkali im Übers ſchuſſe iſt; nicht ſo verhält es ſich aber, wenn ein Über⸗ ſchuß von Zweifach-Schwefeleiſen vorhanden it. Wir haben, nach Berzelius, auf dieſer Bedingung beſtanden und ge⸗ ſagt, daß es unerläßlich ſei, das ſchwefelſaure Eiſenoryd in das Zweifach-Schwefelkalium zu gießen. — Man muß auch beachten, daß das Zweifach⸗Schwefeleiſen durch die Wirkun des atmofphärifchen Sauerſtoffes ſehr raſch entmiſcht und Schwefe abgeſetzt wird. Deßhalb verordnen wir, ihn mit Zuckerſyrup zu verbinden und in gut verſchloſſenen Flaſchen aufzubewahren. 16. 1. 16. 250 begünſtigt. Aus dieſem Grunde gebe ich zugleich Eiſen— orydhydrat und Magneſia. Da dieſe letzte Subſtanz nur wirkſam iſt, wenn ſie mit der Vorſicht bereitet worden, welche Hr. Buſſy bekannt gemacht hat, ſo will ich mich darüber noch beſonders verbreiten. Wenn man die Gegengifte gereicht hat und der Puls ſchwach wird, auch die Haut kalt zu werden beginnt, ſo be— günſtigt man die Reaction durch Senfpflaſter, warme Decken, trockene Reibungen, einen kleinen Aderlaß, reizende Getränke. Wenn die Kälteperiode einer regelmäßigen Reaction gewichen iſt, ſo muß man, mit ſtrenger Sorge für offnen Leib, diuretiſche, mit Salpeter verſetzte Getränke, nach Orfila's Rath, verordnen; man erleichtert auf dieſe Weiſe die Aus— treibung des Giftes durch Stuhlgang und Harn, d. h., man öffnet dieſer giftigen Subſtanz die beiden Hauptreinigungswege. Bereitung der Magneſia, welche man als Gegen— gift anwendet (nach Buffy). Man kann leicht Magneſia im brauchbaren Zuſtande durch folgendes Verfahren erhalten. Man giebt baſiſch-kohlen— ſaure oder weiße Magneſia des Handels in einen irdenen Schmelztiegel, den man damit nur zur Hälfte füllt; der Schmelztiegel wird ſo weit erhitzt, daß der Boden desſelben die Temperatur der Dunkelrothgluth annimmt; man rührt das kohlenſaure Salz während des Caleinirens beſtändig mit einem eiſernen Spatel um; das Waſſer und die Kohlen— ſäure, welche nun frei werden, bewirken in der Maſſe eine Art von Wallung, in Folge welcher ein Theil der Magneſia manch Mal aus dem Schmelztiegel geſchleudert wird. Nach— dem dieſe Gasentwickelung aufgehört hat, prüft man die Magneſia mit Salzſäure; fie darf keine Kohlenſäure mehr enthalten. Indeſſen würde eine Magneſia, in welcher noch ein kleiner Theil von Kohlenſäure rückſtändig geblieben, im— mer einer ſolchen vorzuziehen ſein, die lange Zeit einer zu hohen Temperatur ausgeſetzt geweſen iſt. Wenn die Magneſia nur ſchwach caleinirt worden iſt, ſo verbindet ſie ſich raſch und leicht mit dem Waſſer und bildet mit ihm, bei der gewöhnlichen Temperatur, gleich dem Eiweiße eine conſiſtente Gallert. Zwei Gramme Magneſia find ausreichend, um 50 und mehr Grm. Waſſers eine gallert— artige Conſiſtenz zu verleihen. Wird dieſe Quantität Magnefia in 1 Liter Waſſer ein— gerührt, ſo kann ſie, wie geſagt, 1 Grm. arſenige Säure, ebenfalls in 1 Decigrm. Waſſer aufgelöſ't, abſorbiren, der: geſtalt, daß ſie, nachdem man die Miſchung einen Augen— blick umgerührt und filtrirt hat, von Schwefelwaſſerſtoffgas nicht mehr niedergeſchlagen wird. - Man muß es vermeiden, die Magneſia zu ſtark calci— nirt anzuwenden, denn ſie äußert alsdann faſt gar keine Wirkung. Man erkennt eine ſolche Magneſia an folgenden Merkmalen: ihre Dichtigkeit iſt weit größer, als diejenige der vorhergehenden; ihre Cohäſion iſt weit beträchtlicher; anſtatt ſich mit dem Waſſer zu verbinden und mit ihm einen Teig zu bilden, fällt fie in der Fluͤſſigteit in pulveriger Ge— ſtalt nieder und kann mehrere Monate mit dem Waſſer in Berührung bleiben, ohne ſich mit ihm zu verbinden. Mit 251 einer Auflöſung von arfeniger Säure in Berührung gebracht, abſorbirt fie dieſelbe nur äußerſt langſam. Man kann auch auf dem naſſen Wege ein in Fällen von Vergiftung ſehr wirkſames Magneſtahydrat bereiten, 100 Gramme kryſtalliſirte ſchwefelſaure Magneſia (Bitter— ſalz) enthalten 51,22 Waſſer, 16,26 Talkerde und 32,52 Schwefelſäure. Man bedarf nun, der Theorie nach, 38,21 Kali oder 45,52 Kalihydrat, um eine Auf— löſung von 100 Gramme dieſes Salzes vollſtändig zu zer— ſetzen und daraus die Magneſia im Zuſtande des Hydrates zu fällen. Wendet man aber, anſtgtt des reinen Kalis, zu die— ſer Zerſetzung das gewöhnliche Atzkali an, welches immer ſalzſaure, ſchwefelſaure, kohlenſaure Salze und überſchüſſiges Waſſer enthält, ſo kann man ohne Nachtheil 50 Theile desſelben auf 100 Theile des zu zerlegenden Salzes an— wenden. Operirt man anderntheils mit ziemlich verdünnten Flüſſigkeiten, iſt z. B. die ſchwefelſaure Talkerde in ihrem 25 fachen Gewichte Waſſer aufgelöſ't und das Kali in feinem 20fachen Gewichte derſelben Flüſſigkeit, ſo braucht man den Niederſchlag nicht zu waſchen, ſondern begnügt ſich, ihn ſtark in einer Leinwand auszudrücken. Die geringe Quantität von ſchwefelſaurem Kali und ſchwefelſaurer Talkerde, die im Niederſchlage zurückbleibt, kann keine nachtheiligen Folgen haben, ſo lange man den Niederſchlag, um ihn zu reichen, in eine ſo große Quantität Waſſer einrühren muß. Werden 10 Grm. ſchwefelſaure Talkerde, in 250 Grm. Waſſer auf— gelöſ't, auf die weiter oben angegebene Weiſe mit 5 Grm. Atzkali zerſetzt, das vorher in 100 Grm. Waſſer aufgelöſ't worden, ſo geben ſie eine Flüſſigkeit, welche noch einen Über⸗ ſchuß von ſchwefelſaurer Talkerde enthält, und in welcher das Atzkali eine gewiſſe Quantität Talkerde niederſchlägt und einen Niederſchlag liefert, welcher, in Leinwand aus— gepreßt und in Waſſer eingerührt, ohne gewaſchen worden zu fein, augenblicklich 1 Decigrm. arſenige Säure, in 1 De— eiliter Waſſer aufgelöſ't, abſorbirt. Ich mache noch bemerk— lich, daß dieſes Verhältniß der arſenigen Säure noch lange nicht die Grenze deſſen ift, was die Magneſia abſorbiren kann. Indeſſen halte ich, wie ſchon oben bemerkt worden, die Anwendung einer gut bereiteten gebrannten Magneſia für ebenſo zuverläſſig und noch leichter, als diejenige des Magneſtahydrates. Vergiftung durch das Atzſublimat und die an⸗ deren Queckſilberſalze. Hr. Orfila hat entdeckt, daß das Eiweiß ein treff— liches Gegengift des Atzſublimates ſei; ſeine Wirkſamkeit iſt auch in der That durch zahlreiche Verſuche beſtätigt wor⸗ den. Dieſe Subſtanz wird häufig verwendet, iſt jedermann zur Hand und vollkommen unſchädlich. Gleich nach den erſten Symptomen, welche die Queck— ſilbervergiftung charakteriſiren, läßt man den Patienten ei⸗ nige Gläſer voll Eiweiß und Eigelb, in Waſſer eingerührt, nehmen. Man muß es vermeiden, einen großen Überſchuß von Eiweiß zu geben, weil es, wenn es nicht durch Erbrechen ausgeworfen wird, einen kleinen Theil des ſich eben bilden— den Niederſchlages auflöſen könnte. 16. J. 16. 252 Zweckmäßig wird es fein, zu gleicher Zeit oder ſobald man es ſich verſchaffen kann, 10 Grm. durch Waſſerſtoff reducirtes Eiſen, oder 50 Grm. Zweifach-Schwefeleiſen⸗ gallert einnehmen zu laſſen. Die Wirkſamkeit dieſes letz⸗ ten Mittels habe ich im Vereine mit Hrn. Sandras in Fällen von Vergiftungen durch die Queckſilberſalze darge⸗ than. Es iſt unerläßlich, das Erbrechen und die Darmaus⸗ leerungen durch häufige wäſſerige oder ſchleimige Getränke zu begünſtigen. Cullerier iſt es gelungen, zweihundert Kranke, die eine große Gabe Atzſublimat bekommen hatten, dadurch zu retten, daß er jeden innerhalb 24 Stunden 7—8 Liter Milch, Leinſamenabkochung und lauwarmes Waſſer nehmen ließ. Vergiftung durch die Kupferſalze. Das beſte Gegengift der Kupferſalze und dasjenige, deſſen conſtante Wirkſamkeit bei den von Hrn. Sandras und mir an Thieren angeſtellten Verſuchen ſich ergeben hat, iſt das durch Waſſerſtoffgas reducirte Eiſen; man muß das— ſelbe in wenigſtens ebenſo ſtarker Quantität, als das ein— genommene Kupferſalz reichen. Hat man Zweifach⸗Schwefeleiſenhydrat zur Hand, fo kann man auch dieſes mit großem Nutzen verordnen. Man kann 100 Gramme Zweifach-Schwefeleiſengallerte (2), in 200 Grm. Zuckerſyrup eingerührt, geben. Hat man weder durch Waſſerſtoffgas reducirtes Eiſen noch Zweifach-Schwefeleiſenhydrat (2) zur Hand, ſo darf man nicht anſtehen, eiweißhaltiges Waſſer zu reichen (das Weiße von 6 Eiern in 1 Liter Waſſer eingerührt). Das Eiweiß bildet mit den Kupferſalzen unlösliche Verbindungen. Hr. Orfila hat die Wirkſamkeit dieſes Gegengiftes durch zahl— reiche Verſuche dargethan. Man hat viel über die Nützlichkeit des Zuckers bei den Vergiftungen durch die Kupferſalze discutirt. Diejenigen Arzte, welche dieſe Subſtanz gerühmt haben, behaupteten, daß das Kupferſalz im Verdauungsapparate durch den Zucker zerſetzt werde. Dieſe Erklärung iſt unrichtig; denn wenn der Rohrzucker, durch den Magenſaft umgewandelt, die Eigen— ſchaft beſitzt, die Kupferſalze im maximo zu reduciren, ſo müßte wenigſtens die Temperatur weit höher ſein, als ſie im Verdauungsapparate zu ſein pflegt. Ich erkenne es an, daß man mit Kupferſalzen Vergiftete dadurch habe retten können, daß man fie mit Zucker anfüulte und gleichzeitig das Erbrechen, ſowie die Darmausleerungen begünſtigte; aber die Rolle des Zuckers iſt hierbei eine ganz andere, als diejenige, welche man ihm zugeſchrieben hat. Hr. Sandras und ich haben in unſeren Verſuchen über die Verdauung der Zuder- arten und ihre Rolle bei der Ernährung bewieſen, daß, wenn man einem Thiere einen großen Überſchuß von Zucker giebt, die Abſorption dadurch beträchtlich lang ſamer von Statten geht, und zwar ganz in Übereinſtimmung mit den von Hrn. Dutrochet nachgewieſenen Geſetzen. Man begreift nun ganz leicht, wie der Zucker, ſobald der Körper durch Erbrechen und Stuhlgang das Kupfer fort⸗ ſchaffen kann, indem er die Abſorption des Giftes auf eine merkwürdige Weiſe verſpätet, von Nutzen ſein 253 könne; aber in dieſem Falle kann man ihn nicht neben die Gegengifte ſtellen, ſondern vielmehr neben die Auslee— rungsmittel und diejenigen Subſtanzen, welche die Abſorption hemmen. Vergiftung durch die Bleiſalze. Bei der Behandlung einer Vergiftung durch Bleiſalze kommt dreierlei in Betrachtung: 1) Die Behandlung einer heftigen Vergiftung durch Bleiſalze in ſtarker Gabe, auf ein Mal oder auf einige Mal genommen. 2) Die Behandlung der langſamen Vergiftung durch die Bleiſalze. 3) Die prophylaktiſche Behandlung der Bleivergiftung. Gegen die beiden letzten Arten der Vergiftung wende ich bloß Schwefeleiſenhydrat in Syrup an, und es bleibt demnach nur von der Behandelung einer heftigen Vergiftung durch Bleiſalze zu ſprechen übrig. Das Gegengift, auf deſſen Wirkſamkeit man mit aller Zuverläſſigkeit rechnen darf, iſt das Zweifach-Schwefeleiſen— hydrat (hydrate de persulfure de fer), welches man den Patienten in reichlicher Gabe nehmen läßt. Es iſt räthlich, dasſelbe mit ſeinem einfachen oder doppelten Gewichte Zucker— ſyrup nehmen zu laſſen. Hat man kein Schwefeleiſenhydrat zur Hand, ſo kann man auch eine Auflöſung von 50 Grm. ſchwefelſauren Natrons und ſchwefelſaurer Talkerde verordnen. In beiden Fällen kann man Erbrechen und Darm— ausleerungen mittels zwei Tropfen Crotonöl herbeiführen. Vergiftung durch Hydrothionſäure oder durch das Gas der Abtrittsgruben. Es iſt von Belang, daß man ſobald als möglich Chlor mit Vorſicht einathmen läßt; Hr. Labarraque hat einen Abtrittsfeger, der erſtickt war, dadurch gerettet, daß er ihm mehrmals ein leinenes Tuch, in eine Auflöſung von Chlornatron getaucht, unter die Naſe hielt. Hat man kein Chlornatron bei der Hand, ſo findet man (denn der Erfolg hängt davon ab, daß die Hilfe ohne Verzug gewährt werde) bei allen Gewürzkrämern das ſoge— nannte Javelliſche Bleichwaſſer, welches aus Chlorkali be— ſteht; damit tränkt man ein Stück Leinwand und hält es von Zeit zu Zeit mit Vorſicht unter die Naſe des Erſtickten. Man kann auch, wenn es ſich nothwendig macht, die Ent⸗ bindung des Chlors noch dadurch verſtärken, daß man einige Tropfen Eſſig auf die in das Bleichwaſſer eingetauchte Lein— wand bringt. Man kann auch, wie Hr. Mialhe, eine langſame und allmälige Entbindung des Chlors auf die Weiſe erlangen, daß man in eine Compreſſe eine Hand voll Chlorkalk einſchließt und auf dieſe Compreſſe einige Tropfen Eſſig gießt. Wenn der Patient wieder zu athmen anfängt, ſo muß man ihn an die Luft bringen, die Wärme auf die Haut zurückrufen, indem man ſie mit einer Haarbürſte ſtark reibt, und indem man den Körper in gewärmte Decken ein- hüllt. Man nimmt einen Aderlaß vor; alsdann reicht man einen krampfſtillenden Trank mit 2 Grm. Ather. 16. I. 16. 254 Vergiftung durch Schwefelleber oder durch ihre Auflöſung, bekannt unter dem Namen Radical de Bareges, Auflöſung für Schwefelbäder, flüſ— ſiges Schwefelkali (oder durch die anderen Schwefelalkalien). Man muß unmittelbar durch Darreichung einer großen Quantität lauwarmen Waſſers, durch häufige ſchleimige Ge— tränke und durch Kitzeln des Zäpfchens Erbrechen herbei— führen, ſollte dieſes nicht gelingen, ſo nimmt man zur Magenpumpe ſeine Zuflucht. Weder mit ſchwefelſaurem Kupfer, noch mit ſchwefelſaurem Zink kann man das Erbrechen bewirken, denn dieſe Salze werden durch das Schwefelalkali zerſetzt. Man reicht ſodann in halb: gefüllten Gläſern, ſo lange beim Erbrechen ſich noch der Geruch von faulen Eiern kundgiebt, die Auflöſung von 10 Grm. Einfach- oder beſſer Zweifach-Schwefeleiſen in 1 Liter Waſſer und 200 Grm. Zucker; anſtatt des giftigen Schwefelkalis bildet ſich purgirendes ſchwefelſaures Kali und unauflösliches Schwefeleiſen. Ich habe neuerdings die Wirk— ſamkeit dieſes Gegengiftes entdeckt und durch Verſuche an Thieren beſtätigt; dasſelbe iſt äußerſt ſchätzbar, denn die doppelte Zerſetzung erfolgt augenblicklich, und die beiden daraus hervorgehenden Producte ſind unſchädlich; da aber das ſchwefelſaure Eiſen ſchädlich werden könnte, ſo muß man ſeine Anwendung überwachen und dieſelbe ſogleich ein— ſtellen, wenn die durch das Erbrechen heraus beförderten Sub— ſtanzen kein Schwefelkali mehr enthalten. Vergiftung durch Hydrocyanſäure. 1) Es iſt nicht nöthig, ein Brechmittel zu verordnen. 2) Im Falle einer Vergiftung durch Blauſäure muß man ſich beeilen, das Gegengift nehmen zu laſſen; denn wenn der Tod durch Anwendung dieſes Mittels bezweckt wurde, ſo ſäumt er auch nicht lange. Wenn die Säure rein iſt und ſelbſt wenn ſie mit einem gleichen Volumen Waſſer verdünnt worden iſt, ſind die Zu— fälle ſo raſch, daß, nach Hrn. Larroque, von der Anwen— dung eines Gegenmittels nichts zu hoffen iſt; hat man es da⸗ gegen mit der in der Mediein gebräuchlichen Blauſäure zu thun, ſo iſt die Abſorption, beſonders wenn das Mittel noch mit Waſſer verdünnt war, um ſo langſamer, je größer die Ver— dünnung war, und es läßt ſich dann von dem Gegengifte des Hrn. Smith ein guter Erfolg erwarten. Man kann dasſelbe im voraus bereiten, denn es hält ſich, nach Herrn Larroques Verſicherung, mehrere Monate, wenn man fol⸗ gende Vorſichtsmaßregeln anwendet. Zu einer Miſchung von ſchwefelſaurem Eiſenorydul und ſchwefelſaurem Eiſenorpd ſetzt man eine Zuckerauflöſung hinzu, fällt ſodann mit kohlen— ſaurem Natron und bewahrt das Ergebniß in vollen und gut verſchloſſenen Gefäßen auf: . Zuckern ee ie Schwefelſaures Eiſenorydul 9 Schwefelſaures Eiſenor dd. 90 = Waſſer er Kryftallifirtes tohlenſaur. Natron 560 = [2 Qu * Chlor, neben dem Gegengifte des Dr. Smith ange— wendet, kann ſehr gute Dienſte leiſten. 3) Wenn bei einem Experiment das Thier ohne Leben zu ſein ſcheint, ſo kann man längs der Rückgratsſäule häu— ſige Begießungen mit kaltem Waſſer vornehmen. Ich habe, gleich Hrn. Louyet, die Wirkſamkeit dieſes vom Dr. Ro— binſon angegebenen Mittels geprüft. Vergiftung durch die Alkaloide und durch die Subftanzen, welche etwas von dieſen Alkaloiden enthalten. Die meiſten der vegetabiliſchen Alkaloide und die Sub— ſtanzen, welche dieſe Alkaloide enthalten, können als. furcht— bare Gifte für den Menſchen betrachtet werden. Sie wirken in kleiner Gabe und werden raſch abſorbirt. Es iſt deß— halb äußerſt wichtig, ſie raſch aus dem Körper fortzuſchaffen. Um dieſen Zweck zu erreichen, befolge man die von mir ge— gebenen Anweiſungen. Das Gegengift der Alkaloide, das einzige, deſſen Wirk— ſamkeit bis jetzt durch die Erfahrung dargethan worden, iſt das jodhaltige Jodkalium. Folgendes iſt das Recept für das jodhaltige Waſſer, welches ich als Gegengift der Alkaloide und der Subſtanzen, welche dergleichen enthalten, anwende: BUS ee e ee 20 Centigrm. Jodeln, 10 = Wa? dern (nicht 5 Centigrm. wie S. 33 der 2ten Auflage meines Manuel de matiere médicale gedruckt ſteht). Man giebt dieſe Auflöſung in halbgefüllten Gläſern, und das Erbrechen wird begünſtigt, damit nicht der gebildete unlösliche Niederſchlag im Verdauungsapparate verweile. Dieſes Gegengift iſt mit Erfolg in Fällen von Ver— giftung durch Opium, die Morphinſalze, Aconit an— gewendet worden, und ich habe ſeine Nützlichkeit in Fällen von Vergiftung durch das Opium, die Morphinſalze, die Belladonna und den Stechapfel, durch den Tabak und das Strychnin an Thieren erprobt? Man kann die— ſes Gegengift in Fällen der Vergiftung durch Schierling, durch die Rebendolde und die anderen giftigen Schirm— pflanzen, durch Stephanskörner, durch weiße Nies— 16. 1. 16. wurz, durch Sabadillſamen, durch die Herbſtzeit— loſe und durch das Chinin mit großer Ausſicht auf Er⸗ folg anwenden; von keinem Nutzen würde es aber ſein in Fällen von Vergiftung durch das Digitalin und durch den rothen Fingerhut. Ich kann nicht ſagen, ob es in Fällen von Vergiftung durch giftige Schwämme von Nutzen fein würde. Immer iſt die Auflöſung von jodhaltigem Jodkalium unendlich beſſer zur Bekämpfung der Vergiftungen durch die Alkaloide und durch die Subſtanzen, in welchen dieſelben enthalten ſind, als die Galläpfel und der Gerbeſtoff, welche in dieſer Beziehung gerühmt wurden; denn wenn der Gerbe— ſtoff auch eine unlösliche Verbindung mit faſt allen dieſen Körpern bildet, jo Löjt ſich dagegen dieſelbe in dem gering⸗ ſten Überſchuſſe von Säure auf, und bekanntlich bietet die im Magen enthaltene Flüſſigkeit häufig dieſe Reaction dar. (Schluß folgt.) Miſcellen. (46) über die Wirkung der Schwefelätherinhalatio- nen hat am 8. Febr. a. c. Hr. Flourens der Akademie einige Experimente mitgetheilt, welche er zur Erforſchung der Einwirkung jenes Mittels auf das Rückenmark angeſtellt hat. Er ließ einen Hund bis zur Unempfindlichkeit Schwefeläther einathmen, legte das Rückenmark am oberen Theile desſelben bloß: dies geſchah, ohne Schmerzäußerung zu veranlaſſen; eben ſo wurde die Tren⸗ nung der hinteren oder ſenſitiven Nervenwurzeln ohne Schmerz— empfindung ausgeführt, wie dies auch von Quetſchung und Zerrung des Rückenmarks zu ſagen iſt. Nach einiger Zeit hörte die Wirkung des Athers auf, und es kehrte die Empfindlichkeit des Rückenmarks zurück. (47) Die locale Wirkung des Schwefeläthers hat Hr. Serres durch Experimente an Kaninchen feſtzuſtellen geſucht und dabei die intereſſante und gewiß noch folgenreiche Er⸗ fahrung gemacht, daß die Senſibilität an der bloßgelegten und mit Ather berührten Stelle des Nerven und von da in alle Ver⸗ zweigungen gegen die Peripherie aufgehoben war, oberhalb aber unverſehrt blieb. Von zwei Nerven bei demſelben Thiere wurde einer mit Ather befeuchtet, der andere bloß mit der Luft in Be— rührung gelaſſen; 5 Minuten darauf war der erſte ganz empfin⸗ dungslos, der zweite behielt Empfindung und Bewegungseinfluß unverſehrt. Die locale Einwirkung des Strychnins auf fo ätheri⸗ ſirte Nerven blieb ohne alle Einwirkung und ſtellte namentlich die Empfindung nicht her. Bibliographiſche Neuigkeiten. Römer, M. J., familiarum naturalium regni vegetabilis Synopses monographicae. Fasc. II. Peponiferarum Pars J. 8 maj. Geh. Weimar, L. I. C. 1847. Boudin, J. Ch. M. Etudes de geographie médicale, notamment 1840. question de l’antagonisme pathologique. 8°. Paris Carus, C. G., Pſyche. Zur Entwickelungsgeſchichte der Seele. gr. 8°. Pforzheim 1846. 1 Mädler, J. H., die Centralſonne. gr. 4. Dorpat 1846. Freschi, Dott. Franc., Manuale teorico-pratico di medieina le- gale ad uso dei medici, dei chirurghi, magistrati, colle annesse disposizioni in materia civile e criminale portate dai vigenti codici di Parma, Austria, Francia, Piemonte, Napoli, Toscana, Roma e Modena. 3 Vol. Milano 1846. J. Robinson. The surgical, mechanical and medical treatment of the teeth, including dental mechanics. 2d Edit. post 8°. (20 B.) illustrated with 139 engravings drawn by Felix Roffe and executed by W. Cleghorn. Ivanvich, V., einundzwanzig neue Fälle von Blaſenſteinzer⸗ trümmerung. gr. 8%. Geh. Wien 1846 Elſäſſer, C. L., die Magenerweichung der Säuglinge. gr. 8. Geh. Stuttgart 1846. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Mer. Rth. Dr. . Br. v. Frortep gegründete Zeltſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 17. (Nr. 17. des J. Bandes.) Maͤrz 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptolrs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. x Naturkunde. XXI. Die Phyſiologie des Verdauungsproeeſſes als Reſultat neuerer Unterſuchungen und Beob— achtungen. Von Hrn. Oliver Curran. (Schluß.) Verdauung von Rohr- und Runkelrübenzucker. Erſter Verſuch. — Ein Hund wurde vier Tage hindurch ausſchließlich mit Rohrzucker gefüttert, während welcher Zeit er 200 Grm. in feſter Geſtalt und 100 Grm. in Auflöſung conſumirte. Er wurde durch Durchſchneidung des Rückenmarks getödtet, drei Stunden nach einer Mahl— zeit von 100 Grm. Zucker und 250 Grm. Waſſer. Der Magen enthielt 25 Grm. eines Syrups mit ſaurer Reaction, beſtehend aus Zucker und Glykoſe, Milchſäure, Chlornatrium und Ammonium, phosphorſaurem Kalk und Schleim. Der Dünndarm hatte in ſeinem erſten Dritt— theile dieſelben contenta, aber gegen das coecum hin hatte der Rohrzucker an Quantität ſehr abgenommen, die Glykoſe war dagegen noch deutlich bemerkbar, die Reaction war durch— weg ſauer. Die Dickdärme waren mit einer conſiſtente— ren Maſſe von dunklerer Farbe und neutraler Reaction angefüllt, welche nur noch ſchwache Spuren von Glykoſe zeigte. Der Chylus war ungemein ſpärlich, enthielt Zucker und Glykoſe und war deutlich alkaliſch. Das Blut (arterielles wie venöſes) enthielt Ameiſenſäure und Glykoſe; der Harn enthielt gleichfalls Glykoſe. Aus dieſem Verſuche erſehen wir, daß die erſte und bemerkenswertheſte Veränderung des Zuckers im Verdauungs— canale in einer Umwandlung desſelben in Milchſäure be— ſteht, eine Reaction, welche, wie wir wiſſen, unter dem Ein— fluffe ſchwacher Säuren vor ſich geht, und welche, wie Herr No. 1997. — 897. — 17. Fremy nachgewieſen hat, ſtets zu Stande kommt, wenn Zuckerauflöſungen mit thieriſchen Membranen in Berührung gebracht werden. Die zweite bemerkenswerthe Thatſache iſt die Bildung der Glykoſe, welche in der Speiſe nicht vor— handen war; dieſe ſowohl wie die Milchſäure verſchwinden allmälig aus dem Darmcanale, und wir finden ſie im ductus thoracicus, in der Galle und im Blute, während nur eine kleine Portion der Glykoſe aus der letzten Flüſſigkeit un— verändert durch die Nieren ausgeſchieden wird. Zweiter Verſuch. — Ein ſeit 24 Stunden faſten— der Hund bekam eine Miſchung aus 100 Grammen Zucker, 50 Waſſer, 150 Bouillon, 1 Safran, 0,50 Grm. Kalicyanid und wurde nach 1½ Stunde getödtet. Der Magen ent⸗ hielt 280 Grm. eines gelblichgrünen, ſauren Syrupes, das duodenum 25 Grm. einer ähnlichen Flüſſigkeit, und der übrige Darmcanal gleichfalls eine ähnliche Maſſe, welche gegen das Ende der Röhre hin conſiſtenter und dunkler wurde. In einem jeden Theile des Verdauungscanales war das Vorhandenſein von Safran, Kalicyanid, Rohrzucker, Gly— koſe und freier Milchſäure deutlich zu erkennen. Der Chy— lus reagirte alkaliſch und enthielt etwas Glykoſe, aber we— der Safran noch das Cyanid. Das Blut enthielt Glykoſe, die Galle blauſaures Kali und Glykoſe; der dunkelgefärbte und ſehr ſtrenge riechende Harn war mit alkaliſchen Phos— phaten überladen und enthielt Harnſtoff und Kalicyanid, aber keine Spur von Zuckerſtoff. Hier finden wir außer der gleichen Affinitätswirkung auch ein ſehr intereſſantes Beiſpiel jener von Dutrochet zuerſt unterſuchten Claſſe phyſicaliſcher Phänomene, näm⸗ lich der Endoſmoſe und Eroſmoſe. Ein ſeit 24 Stunden faftendes Thier nimmt eine Quantität eines ſtarken Syrups zu ſich, und bei der einige Zeit nachher angeſtellten Unter— ſuchung finden ſich die contenta des Verdauungscanales, anftatt 17 259 17. durch Reſorption vermindert zu fein, im Gegentheil an Quan— tität vermehrt, und in Folge dieſer Unthätigkeit der Ab— ſorption findet ſich kein Zucker im Harne, obwol in geringer Menge im Chylus, Blute und in der Galle. Dritter Verſuch. — Ein anderer Hund erhielt zum Frühſtücke Suppe mit 250 Grm. Rohrzucker gemiſcht; nach drei Stunden katheteriſirt fand ſich Zucker nur in ſehr geringer Menge im Harne. Nachdem Hr. Bouchardat durch dieſe und andere Experimente die Folgen der Ingeſtion großer Quantitäten Zuckers conſtatirt hatte, ſtellte er Verſuche über die Darrei— chung von kleinen Quantitäten Zuckers an. Im Harne fand ſich in dieſem Falle nie Zucker, im Blute dagegen Glykoſe. Hr. B. wiederholte auch die bereits von Hrn. Bernard angeſtellten Verſuche, aus welchen reſultirte, daß Rohrzucker, in die Venen injieirt, ſtets völlig unverändert durch den Harn ausgeſchieden wird, ſowie auch, daß jene Subſtanz einige Stunden hindurch im Magenſafte digerirt und dann, in die Venen injieirt, vollſtändig verſchwindet und im Harne nicht wieder aufzufinden iſt. Das letzte iſt jedoch nur bei der In⸗ jection geringer Quantitäten Zuckers ſtatthaft; die angege— bene Wirkung des Magenſaftes wird eben ſo gut durch eine verdünnte Säure hervorgebracht. Wir ſehen alſo, daß Rohr— zucker, in das alkaliſche Blut eingebracht, daſelbſt nicht auf die Weiſe verändert zu werden vermag, wie es die Zwecke der Ernährung beanfpruchen, und wie ein fremder Körper ausgeſchieden wird; daß derſelbe aber, durch die Einwirkung einer ſehr verdünnten Säure vorher in Zucker-Glykoſe um— gewandelt, die erforderlichen Transformationen durchmacht, und dann zum Nutzen des Organismus verwendet wird. Daß der Rohrzucker vorher noch eine weitere Veränderung erleide, während er in dem im Normalzuſtande ſtets ſtark alkaliſchen Blute eireulirt, ſcheint aus folgenden Verſuchen Bouchardats hervorzugehen. Erſter Verſuch. — 100 Grm. Glykoſe in 500 Grm. Waſſer wurden mit einer gleichen Quantität einer Löſung von Natronbicarbonat in 1500 Grm. Waſſer vermiſcht. Die Miſchung wurde darauf vermittels des Biot' ſchen Po— lariſkops unterſucht und lenkte den polariſirten Strahl 140 nach rechts ab; nach 12ſtündiger Digeſtion bei 320 R. bes trug die Abweichung nur 120, nach ſechs Tagen 8“ und nach drei Monaten 0. Zweiter Verſuch. — Eine Dertrinſolution, von gleicher Stärke wie die obige Glykoſelöſung, wurde mit einer gleichen Menge der oben angegebenen alkaliſchen Flüſſigkeit gemiſcht. Die Abweichung am Polariſkop betrug 32“, nach 24 Stunden 240, nach drei Monaten noch 220, und das Dertrin konnte unverändert aus der Auflöſung geſchieden werden. Dritter Verſuch. — Eine gleich ſtarke Auflöſung von Rohrzucker bewirkt, denſelben Bedingungen wie oben un— terworfen, anfänglich eine Abweichung von 160, welche nach drei Monaten nur auf 150 gefallen war. Verdauung von Stärke. Wir entnehmen die folgenden Reſultate den Verſuchen von Bouch ardat und Sandras. Rohe Stärke, eis AT; 260 nige Tage hindurch in kaltem Waſſer digerirt, findet ſich, Menſchen oder Hunden innerlich gereicht, unverändert in den Ererementen wieder; durch eine Magenfiſtel in den Magen eingebracht, findet fie fi) nach 24 Stunden unverſehrt in dieſem wieder. Weder die Digeſtion im Magenſaft außer: halb des Körpers noch in ſtark verdünnter Salzfäure übt eine Einwirkung auf dieſelbe aus. Gekochte Stärke wird nicht nur von den eigent⸗ lichen Herbivoren, ſondern auch von den Fleiſchfreſſern leicht verdauet, nur finden ſich in den Excrementen der letzten einige Stärkekörner, was bei den erſten nie der Fall iſt. Hunde und andere Thiere, ausſchließlich mit Brot oder Brot⸗ ſuppe gefüttert, und kurz nach einer vollen Mahlzeit getödtet, bieten die ganze Länge des Verdauungscanales hindurch deut- liche Anzeichen von freier oder mit kleinen Spuren von Der- trin und Glykoſe combinirter Milchſäure dar; die beiden letzten Subſtanzen finden ſich auch im Blute und in der Galle, aber nie im Harne. Aus allen den von B. und S. angeſtellten Verſuchen läßt ſich nun folgendes ſchließen: 1) Im Magen, in welchem während des Verdauungs⸗ proceſſes ſtets eine ſaure Reaction vorherrſcht, erleiden ftärfe: mehlhaltige Subſtanzen wenig oder gar keine Veränderung. 2) Die Disintegration der Stärkekörnchen und ihre Umwandlung in Zucker und Dertrin beginnt im duodenum gleichzeitig mit der Entwickelung einer alkaliſchen Reaction. 3) Die Umbildung eines Theiles des auf dieſe Weiſe entſtandenen Zuckers und Dertrins und die Aufſaugung des Überreſtes dieſer Verdauungsproducte geht genau auf die— ſelbe Weiſe vor ſich, wie bei der Darreichung kleiner Quan- titäten Zuckers. 4) Die Umwandlung der Stärke in Dertrin und Gly: koſe im Darmcanale der Thiere, und das ſpätere Verſchwin— den derſelben aus den Fäcalſtoffen findet mehr oder weniger vollſtändig Statt, je nachdem die Stärkekörnchen vorher mehr oder weniger vollſtändig zerbrochen oder ihrer Hülle (durch Maſtication, Attrition oder Kochen) beraubt worden ſind, und je nachdem ſtärkemehlhaltige Nahrung einen größeren oder geringeren Beſtandtheil der gewöhnlichen Speiſe des Thieres bildet. 5) Da die beiden Enden des Verdauungscanales unter— halb des Zwerchfelles während der Verdauung entſchieden ſauer find, während die zwiſchenliegende Portion bei unver: änderter Beſchaffenheit der Schleimhaut eine alkaliſche Re— action darbietet, und da dieſe Alkaleſcenz nahe an der Stelle zuerſt auftritt und am ſtärkſten markirt iſt, wo der ductus hepaticus und pancreaticus ihre contenta in das duodenum entleeren, gegen das coecum hin dagegen immer mehr ab— nimmt: ſo können wir mit gutem Grunde annehmen, daß die Veränderung der Stärke in Zucker und Dertrin, welche, wie wir geſehen haben, pari passu mit der alkaliſchen Re— action vor ſich geht, entweder durch die pankreatiſche oder Gallenflüſſigkeit oder durch beide zuſammen hervorgebracht werde. Über den Nutzen des pancreas. Der erſte, wel: cher den pankreatiſchen Saft näher unterſuchte, war de la Boé (Sylvius um die Mitte des 16. Jahrhunderts), wel— cher in demſelben ein Neutraliſationsmoment des Alkalis in 261 der Galle, eine Efferveſcenz bewirkende Säure annahm. De Graaf und Schuyl beſtätigten dieſe Theorie, und auch Tiedemann und Gmelin fanden den Pankreasſaft ſauer im Normalzuſtande, behaupteten aber, daß derſelbe durch die Leiden des Thieres alkaliſch werde. Andererſeits beſchrieben Wepfer, Pichlin und Brunner denſelben als eine neutrale Flüſſigkeit von ſalzigem Geſchmacke, wäh— rend Mayer, Magendie, Leuret, Laſſaigne u. A. ihn ſtets alkaliſch fanden. Die Anſichten über den Nutzen der Pankreasflüſſigkeit waren noch mehr von einander ab— weichend und mit einander im Widerſpruche. Haller (Elem. Physiol. t. IV. p. 451.) betrachtete dieſelbe als beſtimmt, die Scharfe der Galle zu mildern, und die zu ſtarke Erre— gung der periſtaltiſchen Bewegung durch letztere zu verhin— dern; eine ähnliche Anſicht ſprachen Werner, Eberle und Krimer aus. Berzelius, Burdach, Magendie und Simon ſcheinen zu keinem beſtimmten Reſultate über dieſen Gegenſtand gelangt zu ſein, und Tiedemann und Gme— lin, welche den pankreatiſchen Saft ſehr genau und gründ— lich ſtudirten, geben an, daß derſelbe 8,7 — 3,7% eines feſten Rückſtandes, beſtehend aus Osmazom, einer durch Chlor ſich röthenden Subſtanz, einer Caſein ähnlichen Sub: ſtanz, Eiweiß, Speichelſtoff, eſſigſaurem Natron, Chlorna— trium, etwas phosphorſaurem und ſchwefelſaurem Kalk, ſo— wie kohlenſaurem Kalk, enthalte — und fie betrachten ihn demgemäß als weſentlich vom Speichel verſchieden, welchem derſelbe von den Alten ſehr nahe geſtellt wurde. Spätere Unterſuchungen von Leuret und Laſſaigne ſcheinen da— gegen mehr zu Gunſten der alten Anſicht zu ſprechen. Dieſe Erperimentatoren fanden, daß der pankreatiſche Saft eva— porirt, niemals mehr als 53% feſten Rückſtand zurückließ, welcher aus einer in Alkohol löslichen und einer anderen in Waſſer löslichen Subſtanz, Spuren von Eiweiß, Schleim, kohlenſaurem Natron, Chlornatrium, Chlorkalium und phos— phorſaurem Kalk beſtand — und ſie halten, ihren Unter— ſuchungen zufolge, die Pankreasflüſſigkeit als faſt analog mit dem Speichel. Bouchardat und Sandras tödteten einen großen, fleiſchigen Haushahn vermittelſt Durchſchneidung des Rücken— markes und ſchritten ſogleich darauf zur Unterſuchung der Eingeweide. Sie bemerken: „das pancreas iſt bei dieſen Thieren, wie bekannt, ungemein groß und ergießt ſeinen Saft durch mehrere Canäle in den Dünndarm. Wir prä— parirten ſorgfältig den größten derſelben, welcher dicht am ductus hepaticus ausmündet. Der pankreatiſche Canal wurde durchſchnitten, und durch gelinden Druck mit Mühe einige wenige Tropfen des pankreatiſchen Saftes aus dem durch— ſchnittenen Ende herausgedrückt, welcher bei der Unterſuchung folgende Charaktere darbot. Er war durchſichtig und Ele: brig und färbte geröthetes Lakmuspapier wieder blau. Wenn er auch nur in ſehr kleiner Quantität mit Stärkegallerte ge— miſcht ward, fo wurde dieſe flüſſig und in Dertrin und Glykoſe umgewandelt. Wenn eine kleine Quantität des— ſelben mit etwas Waſſer gemiſcht wird, dann einige Stärke⸗ koͤrner hinzugefügt werden und die Temperatur allmälig N. LI. 262 (doch nie bis über 70% C.) geſteigert wird, fo erfolgt eine Disaggregation der Stärkekörner, und der Proceß iſt der Art, daß die Miſchung nie die Form eines Teiges annimmt. Wenn man reinen Alkohol auf den Pankreasſaft träufelt, ſo bildet ſich ein Niederſchlag, welcher, durch Filtriren ge⸗ trennt und dann von neuem im Waſſer aufgelöſ't, auf Stärke gerade ſo wie der Pankreasſaft ſelbſt einwirkt. Die— ſes iſt Diaftafe, deren Vorhandenſein in dem Dünndarme der kräuterfreſſenden Vögel wir zur Genüge nachgewieſen haben (vgl. Supplem. a EAnnusire de Therap. 1846, p. 147.).“ Dieſelben Reſultate ergeben an Gänſen angeſtellte Verſuche; aber die Verf. bemerken weiter: „die ſehr kleine Quantität von Pankreasſaft, welche wir auf dieſem Wege zu erhalten vermochten, würde die Sphäre unſerer Experimente gar zu ſehr beſchränkt haben, wenn wir nicht auf eine ſehr einfache Methode gekommen wären, uns größere Quantitäten jener Flüſſigkeit zu verſchaffen. Wir nahmen zu dieſem Behufe das panereas einer Gans und fanden, nachdem wir die größe⸗ ren Blutgefäße ſorgfältig abpräparirt und das Organ ge— hörig von Blute gereinigt hatten, daß die in demſelben ent— haltene Flüſſigkeit geröthetem Lakmuspapiere die blaue Farbe wiedergab. Einige Stücke dieſes pancreas wurden darauf mit noch warmer, aber ſehr ſteifer Stärkegallerte gemiſcht, und binnen wenigen Minuten war die Gallerte in eine nicht klebrige Flüſſigkeit umgewandelt. Ein ähnlicher Verſuch wurde mit den Geweben verſchiedener Organe und bei ver— ſchiedenen Thieren angeſtellt und ergab folgende Reſultate: Am Lebergewebe war keine Spur von Verflüſſigung wahr: nehmbar; auf die noch mit Speichel und Schleim imprä⸗ gnirte Zunge fand kaum eine bemerkbare Einwirkung Statt, welche bei den Sublingualdrüſen noch ſchwächer, aber den— noch deutlich hervortrat. Wenn das pancreas in Waſſer eingeweicht und dann ausgedrückt wird, ſo erhält man eine Flüſſigkeit, welche eine beträchtliche Auflöſungsfähigkeit bes ſitzt. Durch wiederholtes Präcipitiren mit Alkohol und durch Auflöſen in Waſſer — wie bei der Diaſtaſenbereitung aus Gerſte — erhält man einen flockigen Niederſchlag, welcher, raſch getrocknet, ſehr bedeutende auflöſende Kraft beſitzt.“ Die Verſuche der genannten Beobachter, den pankreatiſchen Saft in größerer Quantität von den größeren Graminivo— ren zu erhalten, waren nicht ſehr erfolgreich, indem der ductus pancreaticus ſich in verſchiedene ſehr kleine Aſte ſpal— tete oder in einer Fettmaſſe vergraben war, ſo daß es ſehr ſchwer war, ſich über die Beſchaffenheit der geſammelten Flüſſigkeit zu vergewiſſern. Ebenſo wenig vermochten ſie von Hunden die von de Graaf und Tiedemann und Gmelin angeführten Quantitäten zu ſammeln, doch iſt dieſer Theil ihrer Unterſuchungen noch nicht vollendet. In allen Fällen jedoch waren fie im Stande, die auflöſende Eigenſchaft der gewonnenen Flüſſigkeit nachzuweiſen und fan— den, daß das menſchliche pancreas häufig ſelbſt 30 Stunden nach dem Tode noch Stärke in Dertrin und Glykoſe umzu— wandeln vermag. Wir haben bereits früher angeführt, daß die Analogie des pancreas mit den Speicheldrüſen ſchon von den älteſten Beobachtern aufgeſtellt worden ſei, und finden dieſe Beziehung auch durch die pathologiſche und verglei— 12 263 chende Anatomie beſtätigt. Die Entwickelung des pancreas im Thierreiche ſchließt ſich genau an die Entwickelung der Speicheldrüſen an; es fehlt, wo dieſe fehlen, und nimmt wie dieſe an Größe ab oder zu, und ſelbſt die Ausnahmen von dieſer Regel dienen hierfür als Beweiſe. So haben der Igel, der Maulwurf, der Bär u. a. m. ein weit größeres pancreas, als die anderen Carnivoren, allein wir wiſſen, daß dieſe Thiere gerne verſchiedene Arten von Vegetabilien genießen, für deren gehörige Aſſimilation die ſtärkere Ent⸗ wickelung jenes Organes Bedingung zu fein ſcheint. Die Vögel ferner, deren Speicheldrüſen klein ſind und wenig Nutzen haben, indem ſie ihre Nahrung nicht kauen, haben ein großes und kräftiges panereas, welches ſie befähigt, raſch zu verdauen und den Darmcanal zu entleeren, wie es für ein die Luft bewohnendes Thier ſo nothwendig iſt. Dieſe ſtärkere Entwickelung des pancreas, ſagt Cuvier (Anat. compar. t. IV. p. 593.), tritt jedoch weniger bei den Raub⸗ vögeln hervor, iſt dagegen um ſo markirter bei den Vögeln, welche von Vegetabilien leben, namentlich bei den Grani— voren. Die Taube, wahrſcheinlich von allen Vögeln am meiſten körnerfreſſend, hat, im Verhältniſſe zu ihrer Größe, das größte pancreas. Die große Zahl der ductus pancreatici und die Vielfachheit ihrer Mündungen bei den körnerfreſſen⸗ den Thieren ſprechen gleichfalls für die Wichtigkeit der pan— kreatiſchen Flüſſigkeit für dieſelben. Bei den Fiſchen fehlt, mit nur einer bis zwei Ausnahmen, das pancreas durchgehends. Weber fand es beim Karpfen, welcher auch vornehmlich von Vegetabilien lebt; bei einigen Chondropterygiern dagegen iſt das Vorhandenſein einer fo conglobirten Drüfe der Art bis jetzt nicht ſo leicht zu erklären. Die Krankheiten des panereas find nur wenig ſtudirt worden; wenige Fälle ſind während des Lebens erkannt wor⸗ den, und wir wiſſen gleich wenig über die Sympathologie wie über die Behandlung derſelben. Dr. Batters by, deſſen Abhandlung über Krebs des pancreas (vgl. Dublin Journal, vol. XV, p. 240) faſt alles enthält, was wir über die Pathologie dieſer Drüſe wiſſen, kommt nach einer ſehr genauen Unterſuchung aller bis dahin veröffentlichten Fälle zu dem Schluſſe, daß der genaue Zuſammenhang und die innige Sympathie zwiſchen den Bauch- und Mund⸗ ſpeicheldrüſen kaum bezweifelt werden könne und weſentliche Momente für die Diagnoſe ſeien. Dieſe Thatſachen nun ſowohl, wie die oben zu Gunſten der beſonderen Function der Speicheldrüſen angeführten, ſcheinen die Anſicht, daß die Flüſſigkeit der Speicheldrüſen und des pancreas die eigent- lichen Löſungsmittel der Stärke ſeien, als höchſt wahrſchein⸗ lich darzuſtellen. Über den Nutzen der Galle bei der Ver: dau ung. Die Anſichten hierüber find ungemein verſchie⸗ den, doch werden wir uns hierbei nicht aufhalten, ſondern ſogleich zu den von Bouchardat und Sandras beige- brachten Thatſachen übergehen. Haller fand, daß Galle mit Fett eine Emulſion bilde, und ſchloß daraus, daß jene im Körper dazu diene, die Reſorption fetthaltiger Stoffe durch die Lymphgefäße zu begünſtigen. Dieſe Anſicht iſt von Berzelius durch Verſuche außerhalb des Körpers 17 . . 264 conſtatirt worden und geſtattet wohl keinen Zweifel. Nun geben alle Beobachter einſtimmig an, daß man während der Verdauung das Fett gleich Ol auf der Oberfläche der con- tenta des Magens ſchwimmend finde, daß dagegen in den Gedärmen dergleichen nicht zu bemerken ſei, wo nur mil⸗ chichte Streifen ſichtbar ſeien, und wiederum haben die Ver⸗ ſuche von Bouchardat und Sandras zur Genüge nach⸗ gewieſen, daß die Galle weder auf die Protein verbindungen (Albumin, Fibrine, Gluten, Gelatine ır.), noch auf die neu⸗ tralen ternären Körper (Stärke, Zucker, Gummi u. ſ. w.) ir⸗ gend einen Einfluß ausübt. Sie haben ferner die Angabe von Brodie, Tiedemann und Gmelin beſtaätigt, daß bei Thieren, bei welchen durch Unterbindung das Einfließen der Galle in die Gedärme verhindert wird, die Milchgefaße nur eine klare Flüſſigkeit in ſehr geringer Menge enthalten, wobei der Körper ſehr raſch abmagert. Aus dieſen That⸗ ſachen läßt ſich unbeſtreitbar ſchließen, daß wenigſtens ein Nutzen der Galle darin beſteht, mit der ölhaltigen Materie der Nahrung eine Emulſion zu bilden, wodurch das Fett mit Waſſer miſchbar wird und dadurch von den Lymph⸗ gefäßen leichter reſorbirt werden kann. Gewiß iſt aber auch, daß die Galle noch andere Zwecke haben muß. Zucker, Dextrin, Kalicyanid u. ſ. w., als Nahrungsmittel genoſſen, ſowie Arſenik und verſchiedene mineraliſche Gifte, auf irgend welche Weiſe in den Kreislauf gebracht, werden in der Galle wieder gefunden, und das coma bei Gelbſucht in Folge von Obſtruction eines Gallenganges, das alternirende Verhältniß zwiſchen der Größe der Lungen und der Leber u. a. m. ſpricht offenbar dafür, daß in der Galle irgend eine Schädlichkeit ausgeſchieden werde. B. und S. halten die Leber für den Wächter am Eingange der allgemeinen Circulation. Die som Magen aus reſorbirten Subſtanzen gelangen zur Milz und von da durch die Milz- und Pfort⸗ adervenen in die Leber, wo die ſchädlichen und nicht aſſi⸗ milirbaren Subſtanzen in der Galle zum Darmcanale zus rückkehren. Von hier aus von Neuem reſorbirt, machen ſie denſelben Verlauf durch, bis die nöthigen Veränderungen im Blute vor ſich gegangen ſind; wenn aber die Quan⸗ tität dieſer durch die Leber hindurch gehenden Subſtanzen einen gewiſſen Betrag überſchreitet, jo vermag die Leber nicht die ganze Menge abzuwerfen, und jo treten Sub⸗ ſtanzen ins Blut, bevor ſie für die Zwecke des Organismus verwendbar geworden ſind, und werden ſpäter mit dem Harne ausgeſchieden. Die chemiſche Analyſe der Galle hat bis jetzt wenig Licht über den Gegenſtand verbreitet. Keiner der zahlreichen Erperimentatoren über die Galle (Berzelius, Bracon= not, Gmelin, Liebig, Prout u. v. a.) hat Schwefel in derſelben gefunden, und dennoch hat Redtenberger kürzlich nachgewieſen, daß Taurin nicht weniger als 30 9% Schwefel enthält. Dieſe Entdeckung wirft die meiſten der von Liebig gegebenen fo ſchönen und geiſtreich zuſammengeſtell— ten Formeln völlig über den Haufen, und lehrt, wie viel noch zu thun iſt, bevor die analptiſche Chemie über die vitalen Proceſſe gründliche Aufſchlüſſe zu geben vermag. Die Wich⸗ tigkeit der Functionen der Leber, mögen ſie nun ſein, welche 265 fie wollen, geht augenſcheinlich aus dem Umfange und den Verbindungen dieſes Organes bei allen Wirbelthieren, ſowie bei vielen Wirbelloſen (Molluſken) hervor; über ihren eigentlichen Nutzen aber vermag uns die vergleichende Ana— tomie nur einige Andeutungen zu geben. Bei fleiſchfreſſen— den Thieren im Allgemeinen iſt der Magen klein und der Darmcanal kurz, die Leber dagegen verhältnißmäßig groß. Die Größe der Leber ſteht auch in umgekehrtem Verhältniſſe zur Entwickelung der Lungen und zur Activität der Reſpi— ration — andere jenes Organ betreffende Einzelnheiten jedoch hinſichtlich ſeiner Verbindungen, des Verlaufes und der Be— ſchaffenheit ſeiner Gänge u. ſ. w. laſſen ſich bis jetzt noch nicht zu allgemeinen Reſultaten erheben. Die Pathologie lehrt uns nur, daß die Gegenwart von Galle im Blute oft gleich einem Gifte wirkt; aber ſehr häufig beſteht auch Gelbſucht lange Zeit hindurch, ohne wei— tere übele Zufälle zu veranlaſſen. (Dublin Quarterly Journal, Aug. 1846.) Miſcellen. 34. Daß die Temperatur des Menſchen nicht ſo con⸗ ftant ſei, als gewöhnlich angenommen wird, hatte Dr. J. Davy ſchon in einer früheren Arbeit gezeigt. Er hat jetzt die Verſuche mit einem ſehr empfindlichen Inſtrumente fortgeſetzt, welches Zehn— tel der Fahrenheitiſchen Grade zeigt. Die Reſultate ſind kurz fol— gende. Das Maximum der Temperatur findet des Morgens Statt beim Erwachen, das Minimum um Mitternacht, die größte Diffe— 191 1 266 renz beträgt 0%8 F. (0,33 R.). — Die jährlichen Variationen laufen der Lufttemperatur parallel, ſind aber weniger bedeutend, als man erwarten ſollte. — Bei jeder Körperanſtrengung, die nicht bis zur Erſchöpfung fortgeſetzt wird, ſteigt die thieriſche Wärme im geraden Verhaͤltniſſe der Anſtrengung. Paſſive Bewegung, z. B das Fahren im Wagen, ſcheint den entgegengeſetzten Erfolg zu haben. — Die Ruhe in einer kalten Luft bringt die Körperwärme ſchnell um 1 —20 F. herunter. Angeſtrengtes Denken erhöht eben⸗ falls ein wenig die Körperwärme, aber nicht fo ſehr, als körper— liche Bewegung. Eine ſtarke Mahlzeit mit Wein erniedrigt die Temperatur bedeutend. Dieſe Beobachtungen wurden acht Monate lang fortgefeßt, unter gleichzeitiger Beobachtung des Pulſes, der Ne: ſpiration und der Lufttemperatur. Man kann ſie kurz ſo zuſammenfaſſen: die Temperatur des menſchlichen Körpers iſt in einer beſtändigen Schwankung, einer regelmäßigen innerhalb 24 Stunden und einer unregelmäßigen im Verhältniſſe zu verſchiedenen äußeren Verhält— niſſen. (Archives gencrales de médee, par Mandi, April 1846.) 35. Das Vorkommen der Zooſporen beſchränkt ſich, nach den neuen Unterſuchungen von Thäret, nicht bloß auf einige Conferven und verwandte niedrige Pflanzen, ſondern kommt auch bei hochentwickelten Fucaceen vor, z. N. bei Laminaria digitata, saccharina, Haligenia (2) bulbosa, Stilophora rhizodes, Chorda filum u. ſ. w. Was man bei dieſen Pflanzen als einfache Sporen beſchrieben hat, ſind nur Haufen von Zooſporen, die zur beſtimm⸗ ten Zeit die Sporenhülle verlaſſen und ſich im Waſſer mit lebhaf- ter Bewegung verbreiten. Ihre Bewegungsorgane beſtehen in zwei ungleich langen Wimpern, die längere iſt zur Seite des Schnabels (2) befeſtigt, die kürzere ſchleppt hintennach und ſcheint als Steuerruder zu dienen. Bald nach dem Freiwerden dieſer Zooſporen tritt auch die Keimung ein. Sie verlängern ſich ſchlauchfoͤrmig, das eine Ende ſchwillt an, die feſteren Stoffe des Inhaltes ziehen ſich hier— her zuſammen, und bilden, wie es ſcheint (), die Grundlage der neuen Pflanze. (Bull. de l’acad. roy, de Belgique, 1846, No. 11.) Heilkunde. (XVIII.) Die hauptſächlichſten Gegengifte und Behandlung der Vergiftungen. Von Bouchardat. (Schluß.) Vergiftung durch das Opium und die Mor: ph inſalze. I) Man muß den Magen durch Brechmittel, durch Brechpurgirmittel und, wenn es angeht, durch die Magens pumpe ausleeren. 2) Man verordnet ſodann eine Auflöſung des jodhalti— gen Jodkaliums. 3) Den Narkotismus bekämpft man durch Kaffee in ſtarker Gabe; der Kaffee iſt kein Gegengift, aber ein treff— liches Mittel in der durch Morphin erzeugten Krankheit. Ich habe mich vielmals von ſeinem großen Nutzen überzeugt. Will man damit zum Ziele kommen, fo muß man ihn reich- lich und ohne Zucker, oder ſehr wenig gezuckert und ſchwach mit Alkohol verſetzt verordnen. Ich verordne ihn ohne Zucker und mit Alkohol verſetzt, weil er ſo ſchnell wie möglich ab— forbirt werden ſoll, und weil die gezuckerten Flüſſigkeiten weit länger im Verdauungsapparate bleiben, als andere, welche nicht gezuckert ſind. Alle unſere Verſuche über die Verdauung der Zuckerarten haben die Wichtigkeit dieſer Thatſache bewieſen. Der Alkohol in kleiner Quantität trägt zur Begünſtigung der Abſorption bei. Hier folgt das Recept, von welchem ich Gebrauch zu machen pflege: R. geröfteten und geſtoßenen Kaffe . . 50 Grm. bereite durch Auslaugen flüſſigen Kaffee . 500 = Branntwein! MENT = In Zwiſchenräumen von vier oder fünf Minuten zu nehmen. Man kann auch den Kaffee als Klyſtir anwenden. Vergiftung durch die Belladonna, den Stech— apfel, den Tabak, die anderen giftigen Sola⸗ neen und ihre Producte. 1) Man leert ſo vollſtändig als möglich den Der: dauungsapparat aus. 2) Man reicht die Loͤſung des jodhaltigen Jodkaliums, indem man zugleich das Erbrechen begünſtiget. 267 3) Man wendet Blutentziehungen an und, wenn die Reaction beträchtlich iſt, niederſchlagende Getränke und Bäder. Vergiftung durch die Brechnuß, die St. Igna— tiusbohne, das Strychnin, das Bruein und anz dere Erzeugniſſe oder Zuſammenſetzungen, welche Strychnin enthalten. Das Strychnin, ſowie diejenigen Zuſammenſetzungen und Erzeugniſſe, welche Strychnin enthalten, werden vom Verdauungsapparate, wenn ſie in denſelben übergegangen ſind, nicht zurückgeſtoßen. Deßhalb können die fleiſchfreſſen— den Thiere, wie z. B. die Löwen, die Wölfe, die Hunde, die einen ſo empfindlichen Magen haben, daß ſie die ver— ſchluckten Gifte faſt augenblicklich wieder auswerfen, durch das Strychnin und die ſtrychninhaltigen Zuſammenſetzungen, die ſie nicht wieder von ſich geben, vergiftet werden. 1) Man muß alſo bei dieſen Vergiftungen auf die zu— verläſſigſte und raſcheſte Weiſe häufiges Erbrechen erregen. Stark geſalzenes Waſſer, Brechmittel — ſind die Agentien, welche man vorzugsweiſe anzuwenden hat. 2) Man verordnet gleichzeitig jodhaltiges Waſſer. Man muß das Gegengift überſchüſſig geben, denn ich habe die Erfahrung gemacht, daß die Jodverbindung des jodwaſſerſtoffſauren Strychnins, obgleich ganz unlöslich in mit Säure geſchärftem Waſſer, dennoch vergiftete. Es gehört in der That eine weit ſtärkere Gabe von Strychnin und weit mehr Zeit dazu, aber es iſt dennoch erwieſen, daß die Ausſichten auf Abſorption weniger günſtig ſind, wenn man das Verhältniß des Gegengiftes vermehrt und die Auslee— rungen begünſtigt. 3) Um die Zufälle von tetanus zu bekämpfen, welche durch Abſorption des Strychnins oder der ſtrychninhalti— gen Gifte herbeigeführt werden, fehlt es uns noch an guten kliniſchen Angaben; es giebt indeſſen einige Grundſätze, auf welche man fußen kann, ohne Gefahr zu laufen, ſich zu täuſchen. In den Fällen von tetanus, durch Strychninvergiftung herbeigeführt, ſtellt ſich der Tod in Folge einer Aſphyrie ein, weil die Muskeln, welche die abwechſelnde Expanſion und Zuſammenziehung der Bruſt vermitteln, die für den Athmungsact unentbehrlich iſt, fo ſteif werden, daß ihre Function ganz aufhört. Aus dieſem Geſichtspunkte unter— ſcheiden ſich die ſtrychninhaltigen Zuſammenſetzungen weſent— lich von den miſchungsändernden Giften, z. B. von den Mercurialmitteln. Dieſe löſchen das Leben aus; die ſtrych— ninhaltigen Gifte dagegen ſteigern die Lebensthätigkeit der unwillkürlichen Muskeln bis zu einem ſehr hohen Grade, und daher dieſe Steifheit, auf welche Aſphyrie folgt. Wenn die Reſpiration beſtändig unterhalten werden könnte, ſo würde, nachdem die Wirkungen des Strychnins vorüber ſind, jede Gefahr, jede Krankheit verſchwunden ſein, bis auf eine ge— ringe Schlaffheit, die nothwendige Folge dieſer Überreizung. Nicht ſo verhält es ſich bekanntlich bei den miſchungsändern— den Giften; die Geneſung iſt langwierig, zweifelhaft, denn fie greifen alle Lebenselemente an. In dem Falle einer Ver giftung durch Strychnin muß man alſo die Reſpiration durch 171. 17% 268 Einführung von Luft oder Sauerſtoff, durch abwechſelndes Zuſammendrücken und Ausdehnen der Wandungen des thorax um jeden Preis zu unterhalten ſuchen. Man könnte auch das ſubſtituirende Agens, nämlich das Opium, deſſen Wirkung, um die tetaniſche Steifheit zu bekämpfen, viel ſicherer und viel raſcher iſt, entweder durch Klyſtire oder, wenn das Erbrechen Zwiſchenräume hat, durch den Magen in den Körper bringen. Ich würde alſo, ohne allen Anſtand, 30 oder 40 Tropfen Laudanum Sydenhamii, in 50 Grm. Waſſer aufgelöſ't, verordnen und die Wirkung überwachen. (Gazette Medicale 1847, No. 2.) (XXX.) über fremde Körper, welche zufällig in das mittlere Ohr gerathen ſind oder ſich in demſelben entwickelt haben. Von Dr. Die Arbeit, welche ich hiermit der Akademie überreiche, wird hoffentlich nicht nur zur Hebung der nächſten Urſachen mancher Arten von Taubheit, ſondern auch zur Verhinderung mancher bedenklichen, ja lebensgefährlichen Zufälle das 5 beitragen. Die im mittleren Ohre befindlichen fremden Kiıyer veranlaffen zuweilen die Entzündung einer Portion des Schlä— fenknochens, ſowie krankhafte Zuſtände des Gehirnes und ſeiner Hüllen. Dieſe Abhandelung kann alſo zugleich als eine Einleitung zu dem Studium jener gefährlichen Krank— heiten, die man gemeinhin Gehirnotorrhöen nennt, betrachtet werden. In den bisher erſchienenen Schriften über Gehörkrank⸗ heiten iſt von den in die Trommelhöhle eingeführten frem— den Körpern nicht die Rede. Sabatier allein erwähnt eines jungen Mädchens, dem ein Papierkügelchen in den äußeren Gehörgang gerathen war, welches die Zerſtörung des Trommelfelles veranlaßte und ſo in die Trommelhöhle gelangte. Dort hatte ſich dann ein Absceß gebildet, welcher mit der Schädelhöhle communicirte. Ein Verſuch, den frem— den Körper auszuziehen, wurde nicht gemacht, und erſt bei der Section erkannte man die Urſache des Todes. Nach den von mir geſammelten Thatſachen bin ich über— zeugt, daß dieſe Fälle keineswegs ſo ſelten ſind, als man glaubt. Wenn man fie verkannt hat, jo lag dies an un- genauer Beobachtung, oder vielleicht ſind viele auch gar nicht zur Sprache gekommen, weil man den gräßlichen Lei⸗ den, die daraus entſtanden, in keiner Weiſe zu begegnen wußte. Meines Erachtens hätte man ſie jedoch deßhalb nicht verſchweigen ſollen; denn ihre Erwähnung würde andere Chirurgen angeſpornt haben, ihren Scharfſinn dieſem Gegen— ſtande zuzuwenden. Mir ſind dergleichen traurige Zufälle mehrfach vorgekommen, und ich glaube derſelben, ſowie der Methode, durch welche ſich ihnen vorbeugen läßt, öffentlich gedenken zu müſſen. Wenn ſich fremde Körper im mittleren Ohre befinden, ſo kann dies herrühren: Deleau d. j. 269 1) von deren Eindringen durch eine in dem Trommel: felle entſtandene Offnung; 2) von ihrer Bildung in der Trommelhoͤhle; 3) von der Ablöſung der Gehörknöchelchen und cariöfer Portionen des Schläfenbeines; 4) von deren Eindringen durch die Euſtachiſche Röhre; 5) von den fremden Körpern, die ſich nach gewiſſen Krankheiten in den Ohrtrompeten verhalten. Nicht alle dieſe fremden Körper ſind gleich gefährlich; ich habe jedoch der Vollſtändigkeit wegen aller gedenken müſſen. Von den fremden Körpern, welche durch das Trommelfell hindurch in das mittlere Ohr ge= langt ſind. Von dieſen habe ich bereits in einer der Akademie der Wiſſenſchaften im J. 1836 mitgetheilten Denkſchrift gehandelt. Damals war die Rede von einem Kieſel und einem harten Samen, welcher in Berührung mit der Schleimhaut des mittleren Ohres aufgequollen war. Beide Körper hatte ich ausgezogen, und ich theilte dies Reſultat, ſowie die Schil⸗ derung der durch die Anweſenheit dieſer Körper veranlaßten Zufälle mit. Seitdem habe ich zwei nicht weniger inter— eſſante Beobachtungen dieſer Art geſammelt. Erſte Beobachtung. — Ein Kind zu Gtampes, der zehn jährige Lefevre, ſteckte 155 ein Glfenbeinftäbchen ins linke Ohr. Mehrere Chirurgen der Stadt bemühten ſich vergeblich, den frem— den Körper herauszuziehen, verfuhren jedoch wenigſtens ſo vorſich⸗ tig, daß ſie ihn nicht tiefer hineinſtießen. In Paris ging es dem Patienten ſchlimmer; dort zerriß man ihm das Trommelfell, ſo daß das Stäbchen theilweiſe in die Trommelhöhle glitt; denn um anz hineinzufallen, war es zu lang. Die dadurch veranlaßten Juflle waren ganz die nämlichen, wie in den früher von mir mitgetheilten beiden Fallen. Schlafloſigkeit, ſtechende Schmerzen in der gcgen linken Seite des Kopfes, Ausfließen blutigen Eiters aus dem Gehörgange; erſchwertes Kauen, krampfhafte Bewegun⸗ gen der Wangenmuskeln, endlich Augenſchmerzen. Nach der Ausziehung des fremden Körpers verſchwanden alle dieſe Symptome; allein die Offnung in dem Trommelfelle hat ſich auc eee ffenbar war es mir leichter, dieſes Elfenbeinſtäbchen aus⸗ zuziehen, als den Kieſelſtein, welcher bei dem jungen Gaultier anz in der Trommelhöhle lag. Ich fand es nicht für nöthig, Warer durch die Euſtachiſche Röhre einzufprigen, indem ich mit einem bloßen gekerbten (dentele) Stäbchen dieſen Zweck erreichte. Alle Fälle, die mir von Member Körpern in der Trommel- hohle vorgekommen find, waren das Werk von Gbirurgen, welche nicht begreifen, daß man, um in den äußeren Gehörgang einge: drungene und zwiſchen deſſen geſunden oder entzündeten Wandun⸗ en eingeklemmte Körper auszuziehen, in den Canal muß hinein⸗ ehen können, und daß die ruhige Haltung des Kopfes nicht mit Gewalt, ſondern durch die Willenskraft des Patienten erlangt wer: den muß; ſonſt hat man folgendes zu erwarten: Zweite Beobachtung. — Ein junger Knabe 8 Seineſtraße brachte ſich eine Muſchel ins Ohr. Diefer e Korper veranlaßte eine ſchmerzhafte Entzündung. Ein Chirurg verſuchte denſelben auszuziehen, zerſtückelte ihn aber und zerriß das Trommelfell. Der Patient ward in ein Hoſpital gebracht. Die Zufälle erreichten eine gräßliche Hohe. Man glaubte 11 jede Gefahr hin eine Operation unternehmen zu müſſen, und hielt das Kind mit Gewalt feſt. Es ſtarb unter den fürchterlichſten Schmerzen. Ich habe aus dem Gehörgange Erbſen, gien na — Kaffeebohnen, Muſcheln, Kupferkugeln, geſchliſſene falſche Edel⸗ 17.1 N 270 ſteine (Straß), Haferkörner, knochenharte Samereien ꝛc. ausgezo⸗ gen, ohne je das Trommelfell zu verletzen. Allein um mit dieſem ünſtigen Erfolge zu operiren, muß man ſich genau nach meinen Vorſchriften richten. Von den Polypen der Trommelhöhle. Die fleiſchigen Auswüchſe, die man Polypen, fungi, nennt, und die nach der theilweiſeu Zerſtörung des Trommel— felles entſtehen, ſind nichts ſeltenes. Diejenige Varietät, welche ſich erzeugt, ohne daß eine ſolche Verletzung vorher— gegangen, kommt weniger häufig vor. In ärztlichen Schrif— ten iſt nicht von ihnen die Rede. Seitdem ich jedoch deren ſtufenweiſes Wachsthum, von ihrem Eindringen in den Ge— hörgang und nach deren Hervorkommen aus demſelben beob— achtet habe, bin ich überzeugt, daß ſie häufiger ſind, als man gewöhnlich meint. Zuerſt wurde meine Aufmerkſamkeit durch folgenden Fall auf dieſen Gegenſtand gezogen. Erſte Beobachtung. — Der Wjährige Hr. Des foſſez hatte in ſeiner Jugend öfters an Ohrenweh gelitten, welches jedoch ohne weitere übele Folgen geblieben war. Er lebte regelmäßig und war nie ſyphilitiſch geweſen. Wiewohl er Lieutenant bei der Linieninfanterie war, fo hatte er ſich doch nie ungünftigen Witte⸗ rungseinfluſſen auszuſetzen gebraucht. Ohne daß man eine an⸗ dere Veranlaſſungsurſache, als eine leichte Krätze, die er im Jahre 1831 bekommen, hätte auffinden können, wurde er plotzlich auf dem rechten Ohre taub. Im Jahre 1837 und ſpäter wurde er jährlich mehrere Male von 190 97 Ohrenſchmerzen befallen, welche die ganze rechte Seite des Kopfes einnahmen und damit endigten, daß eine mit Blut⸗ ſtreifen durchzogene wäfferige Flüſſigkeit aus dem Gehörgange lief. Zwiſchen den Anfällen verſpürte der Kranke im Ohre eine Art Neur— algie, die ſich bis in den Unterkiefer hinabzog. In dieſem Zus ſtande befand er ſich zu Ende 1839, als ich das kranke Organ von außen und durch die Euſtachiſche Röhre unterſuchte. Eines Theiles fand ich das Trommelfell geröthet, aber völlig unverſehrt; anderen Theils die Trommelhöhle mit einer Subſtanz gefüllt, deren Natur ich nicht zu beſtimmen vermochte. Ich wandte antiphlogiſtiſche und beruhigende Mittel an, die jedoch keineswegs anſchlugen, ja ſogar das Eintreten einer ſchmerzhaften Kriſis nicht verhinderten, die vor meinen Augen mit dem Berſten des Trommelfelles und dem plöß: lichen Hervorbrechen eines Polypen endigte, der ſich wie ein Pilz entfaltete. Alsdann hörten die Schmerzen auf; ja ſogar die Neur⸗ algie fand nicht mehr Statt. Das Platzen des Trommelfelles fand an deſſen vorderem Theile nach unten zu Statt. Dieſer Umſtand iſt nicht zu überſehen, da, wie wir bald finden werden, weit bedenklichere Zufälle eintreten, wenn der obere und hintere Theil der Membran birſt und der Polyp folglich ſeinen Druck nach jener Seite hin ausübt. Die Diagnoſe kann begreiflicher Weiſe bei dergleichen Krank⸗ heiten nur nach der Beſichtigung des Polypen ſelbſt vorgenommen werden. Die Unterſuchung des äußeren Ohres und das Katheteris ſiren der Ohrtrompete, ſowie das Einblaſen von Luft ſind zum Er⸗ kennen eines Polypen in der Trommelfellhoͤhle unzureichend. Das ganze Trommelfell bedeckte ſich bei Hrn. D. binnen eini⸗ en Tagen mit einer fleiſchigen Schicht, die ſich mittels einer ge⸗ nöpften Sonde leicht hin- und herſchieben ließ. Das Gewächs wurzelte in der Trommelhöhle, und fein langer Stiel trat durch die finung im Trommelfelle hervor. Die Fleiſchkrone des Polypen wurde durch den äußeren Gehörgang hindurch weggeäatzt, und dann begann ich durch die Offnung im Trommelfell auf den in der Trom: melhöhle befindlichen Theil des Polypen einzuwirken. Auch war ich im Begriffe, adſtringirende Flüſſigkeiten durch die Euſtachiſche 3 einzuſpritzen, als plotzlich das Regiment des Hrn. D. Be: fehl erhielt, Paris zu verlaſſen. Dies war um ſo trauriger, da der Patient bereits wieder ein wenig auf dem kranken Ohre hörte. 271 Obwohl ich in dieſem Falle die Heilung nicht vollenden konnte, ſo habe ich doch für nöthig gehalten, mich über deſſen Einzeln— heiten einigermaßen zu verbreiten, da er mich in den Stand ſetzte, den Verlauf derſelben Krankheit bei anderen Patienten genauer zu ſtudiren. Das Gelingen der ausdauernd fortgeſetzten Cur in den folgenden beiden Fallen, in denen der Polyp eine viel ungünſtigere Lage hatte, laßt übrigens annehmen, daß ich auch Hrn. Des- foſſez gründlich geheilt haben würde, wenn er nicht durch Um— ſtände meiner Behandlung entzogen worden wäre. Zweite Beobachtung. — Seit ſeinem vierzehnten Jahre hatte Hr. Strauß periodiſch an Ohrenweh gelitten, das man durch lindernde und narkotiſche Mittel bekämpft hatte. Als er 24 Jahre alt geworden, erreichten die Schmerzen einen unerträg— lichen Grad. Man wandte Aderläſſe und Fontanellen (exutoires) an, die jedoch nur ſehr palliativ wirkten. Vor 8 Jahren trat eine Vereiterung ein, und der Patient begab ſich nach Montpellier, um den Prof. Lallemand um Rath zu fragen, der ihn in die Bäder von Air in Savoyen ſchickte. Hr. Boucher zu Lyon verordnete ihm adſtringirende Einſpritzungen. Dieſe Mittel brachten durchaus feine Linderung der Leiden zu Wege. Zu Nancy, Wien und Baden-Baden hatte Hr. Strauß, beſonders in Folge der dort von ihm gegebenen Concerte, die furchtbarſten Schmerzen auszu— halten. Die Arzte tröpfelten ihm allerhand ins Ohr und behan— delten ihn mit Räucherungen. Endlich unterſuchte ich das Ohr im Januar 1842 und entdeckte einen nicht bedeutend großen, aber harten Polypen, welcher über der Anfügungsſtelle des Hammerſtieles ſaß. Übrigens gelang es mir damals nicht, zu beſtimmen, ob der Polyp ſeine Wurzeln in der äußeren Fläche des Trommelfelles habe, oder ob die Wurzeln von innen durch dieſe Membran hindurchgedrungen ſeien. Wenn ich jedoch die lange Dauer der Krankheit bedachte, ſo hielt ich das letzte für wahrſcheinlicher. Nach dem erſten Male Atzen, mußten zur Linderung des Schmerzes Aderläſſe und narkotiſche Ein— tröpfelungen angewandt werden. Später verurſachte dieſe Opera— tion weniger Schmerz, und bald war es mir möglich, die Ränder der Offnung zu erkennen, durch welche der Polyp in den äußeren Gehörgang eingetreten war. Die Behandlung nahm natürlich viel Zeit in Anſpruch. Ich durfte nur nach langen Zwiſchenzeiten ätzen und adſtringirende Mittel anwenden, und ſo brauchte ich 15 Monate zur Vollendung der Cur. Die Offnung in dem Trommelfelle iſt noch vorhanden, und der Kranke hört zwar nicht fein, aber doch nicht falſch, und ich hoffe, Hr. Strauß wird die Welt noch lange durch ſein ſchönes Talent unterhalten. (Schluß folgt.) Miſecellen. (ag) über die Anwendung des Galvanismus zur Überführung von Arzneiſtoffen in krankhafte Ge⸗ webe hat Prof. Dr. Klencke (vergl. Wiener Zeitſchrift, Mai 1 L 272 1846) eine Reihe von Verſuchen angeſtellt, welche dieſe Art endermatiſcher Application von Heilmitteln um vieles wirkſamer und ausgedehnter erſcheinen laſſen, als die gewöhnliche einfache, die bei fetten oder ſehr reizbaren Perſonen im Allgemeinen feinen günſtigen Erfolg hat. Vorbereitende Verſuche wurden mit vielen Arzneiſtoffen, als Tart. stib., Morphinpräparaten, Aloe, Moſchus, Belladonna, Crocus, Stramonium, am gefunden Organismus ange⸗ ſtellt, und deren Wirkung gab ſich dabei durch allgemeine bekannte Symptome zu erkennen. Bei der zweiten Reihe von Verſuchen wurde die Heilung vorhandener krankhafter Zuſtände auf galvaniſch⸗ pharmacodynamiſchem Wege bezweckt und erreicht. Auf einen lym⸗ phatiſchen Kropf ward z. B. die aqua strumalis (1 Unze Spongiae carbonicae auf 1 tb kochendes Waſſer und 12 Stunden digerirt) fo angewandt, daß die Zwiſchenlagen der Platten mit dieſer Klüffigfeit getränkt wurden. Bei einem anderen Kropfe ward eine Jodkalium⸗ ſolution (%½ Drachme und mehr auf 2 Unzen) in derſelben Weiſe gebraucht. Die Application geſchah täglich zwei Mal 20 Minuten lang, und nach 8 Wochen war der erſte Kropf bis auf ½ ſeines Umfanges verkleinert, während der zweite nur noch eine kaum be⸗ merkbare Anſchwellung der mittleren Drüſenlappen erkennen ließ. Ein primärer Schanker heilte lediglich durch galvaniſche Einleitung des Sublimates, indem im Ganzen binnen 3 Wochen 8 Gran ver⸗ braucht und in Solution auf die feuchten Zwiſchenleiter der Plat⸗ ten applicirt worden waren. Eine chroniſche ſyphilitiſche Rheu⸗ matoſe der Haut- und Muskelnerven der rechten Schulter eines Mannes, mit ſcheinbarer Ausſchwitzung in die Gewebe, ward eben— falls mit Sublimat, doch fo behandelt, daß der aufgelsſ'te Subli⸗ mat (anfangs 1 Gran, ſpäter 2 Gran auf die Unze) mit Com⸗ preſſen auf die Scapulargegend gebracht und hier mit dem Zink⸗ pole in Verbindung geſetzt, während der andere Pol auf die vor⸗ dere Gelenkfläche der Schulter applicirt wurde und zugleich täglich Durchleitungen des Sublimates durch größere Diſtanzen des Körper⸗ ſtammes Statt fanden. Die Rheumatoſe beſſerte ſich bei dieſer Behandlung bedeutend. Merkwürdig iſt auch insbeſondere die Hei⸗ lung einer Sehnengeſchwulſt, die durch einen tiefen Nadelſtich am Zeigefinger eines Mannes entſtanden war. Der Finger wurde als Zwiſchenglied einer galvaniſchen Kette betrachtet, deren übrige feuchte Zwiſchenſcheiben mit einer Auflöfung von Jodkalium benetzt wurden, während dem Kupferpole eine Lage von Queckſilberamal⸗ gam untergeſchoben war. — Während man bisher endermatiſch nur Alkaloide und Alkaloidſalze und einige Extracte anzuwenden vermochte, kann der galvaniſche Strom jedes Arzneimittel, welches eine Verflüchtigung zu erleiden, alſo ein Elektrolyt zu werden fähig iſt, in die Gewebe einführen. (49) Gegen Albuminurie oder die Brightſche Krankheit empfiehlt Prof. Forget zu Straßburg die Salpeterſäure in der Gabe von 3j] bis 3j auf 1 Liter Waſſer. Er führt 3 Fälle an, worunter 2 Heilungen nach drei- bis vierwöchentlicher Behandlung; die Heilung hält er für erwieſen, wenn das Eiweiß allmälig aus dem Urine verſchwindet, überſieht jedoch, daß Recidive nach ſolchen ſcheinbaren Heilungen ſehr häufig beobachtet werden. Bibliographiſche Neuigkeiten. Botanique des malades: histoire naturelle des plantes médicales. Almanach populaire de la santé pour l’an 1847 par le cha- noine Clavel, médecin. 320. (4 B.) Paris 1846. Roloff, J. F., die Reform der Naturwiſſenſchaften 2. und 3. Heft. Beſondere Kritik der Mechanik. I. II. Thl. 8e. 1847. Geh. Hamburg 1846. Roloff, J. F., das Barometer im Verhältniß zur Mediein. 80. 1847. Geh. Hamburg 1846. Berthold, A. A., Mittheilungen über das zoologiſche Muſeum zu Göttingen. I. Verzeichniß der aufgeſtellten Reptilien. kl. 8. Geh. Göttingen 1810. a N De l’asthme. Recherches medicales sur la nature, les causes et le traitement de cette maladie; par M. Amedee Leferre. So. de 8 feuilles Y,. Paris 1846. Wunderlich, C. A., Handbuch der Pathologie und Therapie. III. Band. 2. Abth. Affectionen der Athmungsorgane. 2. Lief. gr. 8o. Geh. Stuttgart 1846. Analekten für Frauenkrankheiten, herausg. von einem Vereine prakti⸗ ſcher Arzte. 17. Bd. 4. (letztes) Heft. gr. 8%. Geh. Leip⸗ zig 1846. Heilmethode, die, des Naturarztes Joh. Schroth. Dargeſtellt von einem praktiſchen Arzte. 160. Geh. Frankfurt a/M. 1846. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Mer. Rth. Dr. L. Fr. v. Frorlep gegründete Zeitſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 18. (Nr. 18. des I. Bandes.) Maͤrz 1847. Druck unt Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptolrs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des elnzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abblldungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXII. Das vom Prof. E. H. Weber bei mehreren Säuge— thieren entdeckte an der hinteren Wand der Harnblaſe, zwi— ſchen den Enden der vasa deferentia verlaufende Organ, welches dieſer berühmte Phyſiolog als uterus masculinus an= ſpricht, iſt, wenn man auch die Anſicht des Entdeckers nicht ganz theilt, dennoch von größtem Intereſſe. Eben die ver— gleichende Anatomie dieſes Organes conſtatirt deſſen Wichtig— keit; denn bei dem Menſchen könnte dieſes Organ als ein bloßer sinus prostatae, wie es Morgagni ſchon benannte, oder auch als ein recessus der beiden ductus ejaculatorii betrachtet werden. Seine größere Entwickelung bei den Säuge— thieren ſichert ihm aber eine höhere Bedeutung. Beim Pferde (Hengſt und Wallach) ſcheint uns dieſer sinus oder dieſer Canal am vollkommenſten entwickelt und dem uterus am meiſten nahe zu kommen. Bei dem Hengſte fand ich ihn nach unten zweigetheilt und mit zwei feinen Offnungen am unteren Rande des caput gallinaginis ausmündend. Dem— ungeachtet ſprechen mehrere Gründe gegen die Anſicht, daß dieſes Organ das Analogon des uterus bei dem männlichen Thiere ſei. Das naturgemäße Analogon des uterus ſind die Samenbläschen, viele die Bewahrungs - und Ausbrü— tungsorgane, jo zu ſagen, des männlichen Zeugungsſtoffes, wie der uterus das Bewahrungs - und alte, I dam Uterus masculinus. des weiblichen Zeugungsſtoffes iſt. Die Ahnlichkeit, in m und Lage, zwiſchen den Samenbläschen und dem doppel— hörnigen uterus bei vielen Säugethieren, beſonders bei den Nagern, iſt bekanntlich ſo groß, daß man oſt beim erſten Anblick Männchen und Weibchen leicht mit einander ver— wechſelt. Für dieſe Vergleichung ſprach ich mich ſchon früher aus, als Döllinger die Anſicht aufſtellte, daß die pro- stata des Mannes das Analogon des uterus ſei. Es findet No. 1998 — 898. — 18. aber, meinen Unterfuchungen zufolge, dieſes Organ fein Ana— logon in einem anderen Theile des weiblichen Geſchlechts— apparates und iſt mit dieſem ſeiner Structur nach völlig identiſch. Das Nähere hierüber findet man in meiner näch— ſtens erſcheinenden Schrift: „Über den gegenwärtigen Stand— punkt der Anatomie und Phyſtologie in Europa.“ Bonn, den 20. Jan. 1847. Prof. Mayer. XXIII. Entdeckung der Structur des Glaskörpers. Von A. Hannover. Man ſtellte ſich ſonſt den Glaskörper als aus Zellchen zuſam— mengeſetzt vor, weil er, wenn man ihn ſeiner Hülle entkleidet, nicht mit einem Male, ſondern bloß nach und nach ausläuft; als⸗ dann bleibt nur eine häufige Subſtanz zurück, in welcher, wie man annahm, die Flüſſigkeit ſich eingefchloffen befand. Wenn man anderer Seits das Auge gefrieren ließ, ſo konnte man aus dem Glaskörper Eisklümpchen von verſchiedener Größe und Form herausnehmen und davon, wie Zinn ſchon ſehr richtig beobachtet hatte, ein feines Häutchen abſondern. Pappenheim“) ſah, daß der Glaskörper des Rindes und des Menſchen, nachdem er ihn in kohlenſaurem Kali gehärtet hatte, weiß wurde und ſich, einer Zwiebel gleich, in concentriſche Schich— ten theilte. Seiner Beobachtung nad) find die verſchiedenen Blät: ter weich, bieten keinen ſchuppigen Bruch dar und konnen bis zu einem gewiſſen Punkte mit den Schichten des durch die Waͤrme geronnenen Eiweißſtoffes verglichen werden. Jede Schicht iſt am Rande aus äußerſt feinen Faſern und an einander gedrückten Körn— chen mit einem inwendig dunkleren Kerne zuſammengeſetzt. Im menſchlichen Auge waren die Filamente, welche iſolirt werden konnten, von unermeßbarer Feinheit, ein wenig gekrümmt, wie die Sehnenfaſern und gelblich. Im friſchen Glasfocber vermochte der⸗ ſelbe Beobachter niemals, ſelbſt nachdem er von kohlenſaurem Kali ) Traite special de la structure de l’oeil, p. 182. 18 Gebrauch gemacht hatte, eine Spur von Organiſation zu entdecken, weil eine anhaltende Wirkung des obigen Salzes dazu gehörte, ehe die Faſern zum Vorſchein kamen. Die Meinung, daß der Glaskörper eine blattrige Structur befige, iſt wenigſtens, was den Menſchen betrifft, unrichtig, und dieſe Structur kann hier als das Reſultat der ſchichtweiſen Gerinnung des gewöhnlichen Eiweißſtof— fes betrachtet werden. Um einen Niederſchlag in den Häutchen zu bewirken, welche ſich im Glaskörper befinden, wendete Brücke !) eine concentrirte Auflöfung von eſſigſaurem Blei an. Auf Schöpsaugen wurde die sclerotica quer 2 oder 3 Linien hinter dem Rande der cornea durchſchnitten und mit der choroidea und der retina abgenommen. Die Oberfläche wurde fogleich von einer weißen Schicht bedeckt, und als man nach einigen Stunden ein Stück der hinteren Por— tion des Glaskörpers abſchnitt, war die Oberfläche des Schnittes mit feinen Streifen, weiß wie Milch und der Oberflache parallel laufend, verziert, ſo daß ſie genau das Ausſehen eines fein ge— ſtreiften Bandachates darbot. Brücke überzeugte ſich bald, daß dieſe Streifen von milchweißen, die Kryſtalllinſe durchſetzenden Schichten herrührten, dergeſtalt, daß die äußerſten der retina ziem— lich parallel, und die innerſten der hinteren Oberfläche der Linſe parallel liefen; dergeſtalt auch, daß die Winkel in der Achſe des Auges am größten waren, und hinter Zinns Zone immer kleiner wurden und in dieſem Punkte ſich mehr näherten, bis auf 0,004 par. Zoll. Die äußeren Schichten endigten ſich damit, daß ſie ſich mit dem Theile der Glashaut vereinigten, auf welchem Zinns Zone liegt. Aber er konnte ſich nicht überzeugen, ob die mittleren und inneren Schichten ſich eben ſo endigten, oder ob ſie hinter Zinns Zone mit einander vereinigt ſind, ſo daß die mittleren Schichten ſich als innere Schichten fortſetzen und auf dieſe Weiſe in einander gefügte Säcke bilden. Es iſt auch ungewiß geblieben, ob die innerſte Schicht unmittelbar hinter dem Theile der Glas— haut liegt, welcher die fossa orbicularis überkleidet, oder ob ſich hier ein Raum von 1 bis 1½ Linie befindet, welcher gar keine Schicht darbietet. Die Beobachtung Brücke's an den Schöpsaugen iſt nur zum Theil richtig: die äußeren Schichten find zwar mit der retina con— centriſch, wie die inneren Schichten, unter welchen er wahrſchein— lich die vorderen verſteht, mit der hintern Oberfläche der Kryſtall— linſe. Dagegen drückt er nicht vollſtändig die Endigungsweiſen der Schichten aus; denn ſie gehen wirklich von der einen in die anderen über, und es entſtehen dadurch Säcke, die ganz verſchloſſen und in einander gefügt ſind. Ich habe dieſe Anordnung an Augen gefunden, die während langer Zeit in verdünnter Chromſäure ge— legen hatten; daraus ergab ſich eine beträchtliche Dichtigkeit, wahre ſcheinlich herbeigeführt durch das Gerinnen der Subſtanz, welche Protein enthält, obgleich vielleicht ein Theil des letzten durch Eroſmoſe ausgezogen iſt und äußerlich das Präparat in dichten Flocken bedeckt. Ich will zuerſt die Structur des Glaskörpers eini— ger Säugethiere beſchreiben und dann ſeine ganz andere und ganz eigenthümliche Beſchaffenheit beim Menſchen. Unter den Säugethieren iſt mir ſeine Structur am deutlichſten beim Pferde erſchienen. Wenn man horizontal einen Querſchnitt des Auges ausführt, der gerade durch den Sehnerv läuft, ſo ge— wahrt man auf der Oberflache des Schnittes eine ziemlich beträcht— liche Zahl concentriſcher Blätter, die wiederum in feinere Blätter zertheilt find. Der ganze Glaskörper hat die Form einer ſchräg auf ſeine Seiten zuſammengedrückten Zwiebel, deren äußere Hälfte, wegen der allgemeinen Form des Auges, größer iſt. Die trans⸗ verſale Oberfläche der Zwiebel liegt gegen die hintere Wandung der Kryſtalllinſe und des Ciliarkörpers, ihre Spitze gegen die Ein— trittsöffnung des Sehnerves. Die ganze Oberfläche enthält concen= triſche Blätter, deren allgemeine Form dieſelbe iſt. Die äußeren Blätter folgen dem inneren Umriſſe des Auges, ſind da dicker, wo ſie auf der retina aufliegen, und beſonders an der Stelle, wo ſich das Auge ſtark nach auswärts krümmt; ſie werden dagegen dünner hinter der Kryſtalllinſe und wiederum dicker auf der gegenüber ) Müllers Archiv 1843, S. 345. 18. 276 liegenden Seite. In feiner Totalität beobachtet, beſteht alfo der Glaskörper, wie geſagt, aus mehreren völlig verſchloſſenen und in einander gefügten Säcken von verſchiedener Dicke an den ver⸗ ſchiedenen Punkten; die äußeren ſind die größten; die inneren, welche außerdem dem Eintritte des Sehnerves näher als der Kry⸗ ſtalllinſe liegen, ſind die kleinſten. Wenn man eine Linie annimmt, welche von der Mitte des Sehnerves nach der Mitte der hinteren Wandung der Kryſtalllinſe gezogen wird, fo läuft fie durch die Spitze aller Säcke und durch die Mitte ihrer Gonverität. Die äußeren Säcke ſind weicher und durchſichtiger; die inneren und be⸗ ſonders die hinter der Kryſtalllinſe liegenden ſind dichter und zu⸗ gleich feiner. Ju ihrer Geſammtheit genommen, ſind die Säcke dicker an den Seiten des Auges und dünner in ihrem gekrümmten Theile, wie z. B. gegen den Eintrittspunkt des Sehnerves hin. Zertheilt man das Auge in verticaler Richtung mittels eines durch die Mitte geführten Querſchnittes, ſo erhält man denſelben An⸗ blick, als wenn man eine Zwiebel auf dieſelbe Weiſe zerſchneidet. Dieſer Schnitt iſt indeſſen nicht ſo inſtructiv, denn man erhält auf dieſe Weiſe nur den Anblick einer Structur aus concentri⸗ ſchen Blättern. Im Niveau der gezackten Offnung (ora serrata) iſt die äußere Seite des Glaskörpers ziemlich mit ihr verbunden, während ſie ſich vom Ciliarkörper, wo die Glashaut deutlich dicker wird, leicht trennen läßt. Noch beſſer will ich dieſe Beziehungen beim Menſchen beſchreiben. Ich fand eine vollkommen ähnliche Structur bei der Katze, beim Hunde, beim Rinde und beim Schöpſe; indeſſen werden die in einander gefügten Säcke fo dunn und fo gegen einander ge⸗ drückt, beſonders bei den drei erſten Thieren, daß der ganze Glas⸗ körper eine feſte Maſſe zu bilden ſchien. Ich empfehle demnach für die erſte Unterſuchung das Auge des Pferdes; vielleicht beruht hier das vollſtändigere Sichtbarſein der Säcke auf der geringeren Con⸗ ſiſtenz des Glaskörpers im friſchen Zuſtande, oder auf der gerin⸗ geren Quantität von Eiweißſtoff, obſchon nach Berzelius die fein ar des Eiweißſtoffes im Glaskörper äußerſt gering ein ſoll. Die Differenz zwiſchen der vorher beſchriebenen Structur von in einander gefügten Säcken und der Structur des menſchlichen Auges mußte groß ſein, um von mir bemerkt zu werden. Beim Menſchen bemerkte ich zuerſt die Structur des Glaskörpers an zwei colobomatoſen Augen und ſeit der Zeit an mehreren normalen Augen, die ich, um ſie zu härten, in verdünnte Chromſäure legte. Der Glaskörper des menſchlichen Auges beſteht nur aus Kugel⸗ ſegmenten, deren Bogen nach auswärts gewendet find, während ihre Kanten gegen die Achſe des Auges convergiren. Nicht beſſer kann man ſeine Structur vergleichen, als mit derjenigen einer Orange, die ſich bekanntlich in mehrere Segmente zerlegen läßt. Zerſchneidet man vertical ein gut mit Chromfaure gehärtetes Auge, ſo erblickt man auf der Schnittfläche eine Menge feiner nach innen convergirender Linien, welche die Seiten der Kugelſegmente ſind. Die Achſe, gegen welche alle Segmente convergiren, ift die Achſe des Sehnerves, von der Mitte des Eintrittspunktes dieſes Nerves bis zur Mitte der cornea, und nimmt folglich dieſelbe Stelle ein, wie die Achſe im Canale des Ölasförpers bei den Kindern. An gehärteten Augen Neugeborener, wo die Arterie noch offen iſt ), bemerkt man noch weit deutlicher, als bei Erwachſenen, daß der Canal die gemein⸗ ſchaftliche Achſe aller Segmente iſt; aus dem Canale entſpringen mehrere Radien, welche jtärfer als die anderen find. Die Kanten der Segmente reichen indeſſen nicht ganz bis zur Achſe; auch iſt der dem Canale zunächſt liegende Theil des Glaskörpers jo zu ſagen ohne Textur und von einer gleichformigeren Structur; er iſt auch beim Kinde abſolut und relativ weit größer, als bei Er- wachſenen, und auf einem Verticalſchnitte ſcheint er durch eine Kreislinie von den Segmenten getrennt zu ſein. Vielleicht rührt dieſes gleichförmige Ausſehen daher, daß inwendig die Segmente *) Ich beſitze ein Auge eines neugeborenen Kindes, in Chrom⸗ ſäure gehärtet, wo man auf einer verticalen Durchſchneidung zwei Offnungen in der Mitte des Auges erblickt, nämlich für die Centralarterie und für die Centralvene. 277 fo fein werden, daß man ſie beinahe confundirt. Bei den Erwach— ſenen habe ich übrigens niemals weder den Canal, noch die Arterie offen gefunden. enn wir dieſe Vergleichung der Structur des Glaskörpers mit derjenigen einer Orange fortſetzen, fo wird das Ausſehen, wels ches ein horizontaler oder longitudinaler Schnitt darbietet, ganz deutlich werden. Auf dieſelbe Weiſe, wie man eine ebene Wand erhält, wenn man eine Orange durch die Mitte zertheilt, ohne eines ihrer natürlichen Segmente zu verletzen, ebenſo verhält ſich auch der Glaskörper. Wenn man dieſe Zerlegung ſo ausführt, daß keines der natürlichen Segmente dabei verletzt wird, ſondern daß die Schnittlinie gerade zwiſchen die Wandungen zweier ſolcher Segmente fällt, ſo ſieht man nur eine ebene Oberflache und klärt in nichts die übrige Structur auf. Bei einem etwas ſchrägeren Schnitte dagegen, durch welchen mehrere natürliche Segmente durch— ſchnitten werden (ebenſo, wenn man eine Orange nicht in ihrer Achſe, ſondern auf ihrer Seite durchſchneidet), erblickt man auf dem Schnitte eine mehr oder weniger beträchtliche Zahl von Li— nien, welche mit dem converen Rande des Auges parallel laufen, aber keine geſchichtete Structur annehmen laſſen. 1 Br Auf zwei Augen habe ich ungefähr 180 Radien und folglich ungefähr ebenſo viele Segmente gezählt, in welche der Glaskörper zertheilt war. Wenn der innere verticale Durchmeſſer des Auges 9,5 Linien und feine Peripherie ungefähr = 30 Linien iſt, fo wird der Bogen jedes Segmentes ungefähr 0,17 Linien haben. Es können indeſſen zwei oder drei Segmente dadurch, daß ſie gegen die Mitte des Auges convergiren, mit einander zuſammenfallen. Hat nun jedes Segment ſeine eigene Wand, oder giebt es für zwei Segmente eine gemeinſchaftliche Wand? Ich bin nicht im Stande geweſen, dieſe Frage zu entſcheiden; ebenſo wenig glaube ich, daß das Innere der Segmente durch transverſale Wände getheilt ſei. An einem mit Chromſäure behandelten Präparate hing der ganze Glaskörper ſehr innig mit der retina und mit der hinteren Ober: fläche der Kryſtalllinſen-Capſel zuſammen. Die Glashaut, auf deren äußerer Fläche ich ſchon ) bei den Fiſchen, den Vögeln und den Säugethieren ein flaches Oberhäut: chen von großen, ſechseckigen Zellchen mit großen Kernen nachge— wieſen habe, erzeugt Wände, die ſich ſenkrecht von ihrer inneren Oberfläche ablöſen und gegen den Mittelpunkt des Auges conver⸗ giren, wodurch fie für den flüffigeren Theil des Glaskörpers ein membranöjes Skelett bildet. Dieſer Theil iſt indeſſen nicht ganz wäſſerig; denn an dem mit Chromſäure behandelten Präparate be⸗ ſitzt der Inhalt der Segmente eine gallertartige Conſiſtenz, fo daß man nicht im Stande iſt, mit einer Nadel in das Innere eines Segmentes zu dringen, ohne den Wandungen Gewalt anzuthun oder fie zu beſchädigen. Brücke ſagt, daß man eine ganz ie liche Beſchaffenheit erhalte, wenn man den Glaskörper mit eſſig⸗ faurem Blei behandele. Unter dem Mikroſkope bieten die Wandungen der Segmente das Ausſehen durchſichtiger Häute dar, die ohne alle Structur mit einer unzähligen Menge ſehr kleiner Kerne bedeckt find, fo daß man fie als die Wirkung eines Niederſchlages betrachten muß. Brücke erhält einen ähnlichen Niederſchlag mit eſſigſaurem Blei. Die Beziehungen des Glaskörpers nach vorne hin verdienen eine beſondere Beſchreibung. Die gezackte Offnung iſt genau die vordere Grenze der retina: keines der Elemente dieſer Membran überſchreitet nach vorwärts dieſe Grenze. Die äußere Oberfläche des Glaskörpers iſt jo gut mit ihr vereinigt, daß eine Trennung unmöglich iſt, ohne die retina oder die Glashaut zu zerreißen. In dieſem Punkte theilt ſich die Glashaut in zwei Blätter: in ein hinteres Blatt, deſſen vordere Seite glatt iſt und deſſen hintere (oder innere) die Wandungen der Segmente trägt; und in ein vorderes Blatt, welches ſich auf der gezackten Offnung mit einer Gefaßausbreitung vereinigt, die ſich zwiſchen der retina und dem Slasförper befindet. Dieſe Gefäßausbreitung nennt man nun in der Regel das Gefaͤßblatt der retina, obſchon dieſe Benennung ganz unrichtig iſt. Zuerſt iſt dieſe Gefäßausbreitung kein Blatt, Müllers Archiv, 1840, Seite 328, 336, 340. 18. I. 18. 278 oder kann nicht als ein ſolches dargeſtellt werden, weil ich an ei— nem mit Chromſäure behandelten Präparate nicht im Stande ge⸗ weſen bin, von der retina die ganze Veräſtelung der Centralar— terie zu trennen, ohne ſie zu zerreißen, und ohne mit ihr ein Blatt von Jellgewebsfaſern, welche die Gefäße durchlaufen ſollten „hin⸗ wegzunehmen. Außerdem gehören dieſe Gefaße nur zum Theile der retina: ſie ſtehen erſtens in Beziehung mit ihr an ihrem vorderen Ende, ohne in die tiefer gelegene Subſtanz der retina einzudringen, vielmehr laufen ſie zwiſchen dem inneren Blatte der Nervenzellchen. Ich habe niemals ein Gefäß an einer anderen Stelle der ganzen retina angetroffen. Dieſe Gefäße vereinigen ſich ſodann in einen arteriellen und venöfen Kreis, welcher auf der inneren Seite der ezackten Offnung, oder ein wenig mehr nach hinterwärts liegt. Man nimmt gewohnlich an, daß die retina von dieſem Punkte bis zum ſogenannten Gefäßblatte ſich mit der Glashaut verſchmilzt und den Giliarförper bedeckt. Ich glaube indeſſen, daß der größte Theil dieſer Hülle dieſem vorderen Blatte der Glashaut angehört, ſes Blatt bedeckt zuerſt den nicht gefalteten Theil des Giliarförpers, welche ſich merklich verdickt, und daß weiterhin die retina einen Theil des Gefäßblattes aufnimmt, wenn dieſe Gefäße die äußere Seite oder die innere Seite dieſer Einhüllung durchlaufen. Dies von da die Ciliarfortſätze, giebt dann ein Blatt, welches die hin— tere Wand des Petit! ſchen Canales bildet, breitet ſich weiterhin nach vorn auf die Giliarfortfäge aus und liefert endlich ein Blatt, welches die vordere Wand desſelben Canales bildet. Deßhalb ift der Durchſchnitt des Petit' chen Canales nicht dreieckig, wie man hd gewohnlich darſtellt, ſondern trapezoidiſch. Die hintere Wand iſt etwas ausgebreiteter, als die vordere; die innere, welche durch die Seite der Kryſtalllinſe gebildet wird, iſt offenbar breiter, als die äußere, welche einem Theile der Ciliarfortſatze angehört ). Zwiſchen den beiden Blättern, wo die Glashaut ſich von der zackigen Offnung trennt, liegt ein weiter ringförmiger Canal, wel— cher den Theil der vorderen Oberflache des Glaskörpers bedeckt, der nicht zur linſenförmigen Grube gehört, folglich etwa den Ciliartheil des Glaskorpers. Der Canal folgt in feiner ganzen Ausbreitung den Vertiefungen und Erhöhungen des Ciliarkörpers; ſeine vordere concave Wand wird gebildet von der Glashaut, welche den ganzen Giliarförper bedeckt und die hintere Wand des Petit’ ſchen Canales begrenzt; die Wandung verengert ſich ein wenig längs des Seitentheiles der hinteren Oberflache der Kryſtalllinſen-Capfel in und hinter der Einfügung der hinteren Wand des Petit'ſchen Canales. Seine hintere convere Wand wird von dieſem Blatte der Glashaut gebildet, welche auf ihrer inneren Seite die Wandungen der Segmente des Glaskörpers trägt. Der äußere ſcharfe und ziemlich begrenzte Rand des Canales iſt die gezackte Offnung, näm⸗ lich der Punkt, wo die Glashaut ſich theilt, um den Canal zu bilden; der innere Rand iſt der Winkel zwiſchen der hinteren Wand der Kryſtalllinſen-Capſel und demjenigen Theile der Glashaut, welcher die hintere Wand des Canales bildet; die Glashaut iſt feſt vereinigt mit der ue dn Wand der Kryftalllinſen⸗ apſel und kann davon nicht ohne Anſtrengung getrennt werden, während die Wande des Canales ſich nur leicht einander berühren. Die Ahn⸗ lichkeit zwiſchen der Form dieſes und des Petit ' ſchen Canales, weil nämlich beide aus der in verſchiedene Blätter zertheilten Glas: haut gebildet werden, wird noch dadurch verſtärkt, daß der Theil Es iſt mir nicht möglich geweſen, in Zinns Zone Muskel- fafern zu finden, wie Retzius angiebt, obſchon ich dieſe An⸗ ordnung ſehr vielmals beim Menſchen, beim Rinde und beim Hunde aufgeſucht habe; ſowohl an friſchen Präparaten, als an mit Chromſäure gehärteten find die transverſalen Linien, welche den Muskelfaſern auf eine charakteriſtiſche Weiſe eigen⸗ thümlich ſind, mir nicht ſichtbarer vorgekommen, als im fri⸗ ſchen Zuſtande. Ich habe dagegen gefunden, daß die Zone wie eine vollftändige Haut ohne Offnungen (Jacobſon) aus ner und fteifen Faſern mit parallelen, glatten Rändern ge ildet ſei: ich glaube, daß fie ſich den elaſtiſchen Faſern nähern. Die Benennung Aufhängeband (ligament suspenseur) der Kry⸗ ſtalllinſe iſt ganz richtig. 18 279 oder der innere Rand der beiden Canäle auf eine wenig ſcharfe Weiſe begrenzt iſt; die Einfügung der beiden Wände des Petit!⸗ ſchen Canales auf die obere Seite der Kryſtalllinſen-Capſel iſt auch nicht ſehr ſcharf; im Gegentheil, es laſſen ſich die Faſern der Wände ziemlich weit auf der Kryſtalllinſen-Capſel verfolgen. Hat dieſer Canal nun einen flüſſigen Inhalt, und welches iſt die Be— ſtimmung desſelben? Auch dieſe Frage kann ich nicht entſcheiden. Nicht genugſam kann ich die von Jacobſon eingeführte Er— haltung der Präparate in verdünnter Chromſäure empfehlen, be— ſonders für die Unterſuchungen über die Structur des Auges; man kann äußerſt leicht beliebige Schnitte in jeder Richtung machen, und die Theile, ſelbſt die allerfeinſten, z. B. die Ciliarfortſätze des Glaskörpers, treten mit außerordentlicher Schärfe hervor. Merk⸗ würdig iſt es, daß die Structur des Glaskörpers Hrn. Jacobſon entgangen iſt; vielleicht hat er bloß Längenſchnitte im menſchlichen Auge ausgeführt, welche die Structur desſelben nicht ſo deutlich, als die Querſchnitte, oder als Präparate, die eine lange Zeit in Chromſäure gelegen haben, erkennen laſſen; denn ein Zeitraum, von ſechs Monaten iſt erforderlich, damit ſich dieſe Structur voll— ſtändig enthülle. Darin liegt auch die Urſache, weßhalb ich von der Structur des Glaskörpers bei den drei anderen Thierclaſſen nicht ſprechen kann. (Archives d' Anatomie, 1846, pag. 210.) XXIV. Theorie des Verdauungsproceſſes als Re— ſultat neuerer Unterſuchungen. Von Hrn. Oliver Curran). Im Munde werden eiweißhaltige Subſtanzen nur zer— kleinert, um leichter niedergeſchluckt und für ihre Löſung im Magenſafte, indem der Einwirkung des Löſungsmittels hie— durch eine größere Fläche dargeboten wird, vorbereitet zu werden. Fetthaltige Stoffe verbinden ſich und bilden eine Emulſion mit einem geringen Theile des Alkali's im Spei— chel; doch iſt dieſe Veränderung von keiner Bedeutung. Zucker erleidet keine Veränderung, ſondern wird nur im Waſſer des Speichels aufgelöſ't. Stärkemehlhaltige Sub— ſtanzen werden zwiſchen den beiden Kronen der Backenzähne zerriffen und zerrieben, auf daß fie ſich innig mit dem Spei— chel vermiſchen können, und die Gorticalhulle der Stärke— körnchen zerriſſen werde, welches letzte noch durch die Tem— peratur, bei welcher die Maſtication vor ſich geht, bedeu— tend erleichtert wird. Der Speichel unterdeſſen, in Folge der durch die Speiſe auf die Enden der Speichelgänge aus— geübten Reizung reichlich hervorgelockt, wirkt vermöge eines der Diaſtaſe analogen Urbejtandtheiles und unter dem Ein— fluſſe feiner eigenen Alkaleſcenz chemiſch auf die Stärke ein und wandelt ſie in Dertrin und Glykoſe um, wodurch die— ſelbe löslich gemacht wird. Nur ein Theil der Stärke jedoch erleidet dieſe Veränderung im Munde; das übrige ballt ſich nach einer beſtimmten Zeit mit dem Speiſebiſſen zuſammen und wird durch die combinirte Thätigkeit der Zunge und der Wangen in den pharynx gedrängt, von wo aus die excito-motoriſche Action der Conſtrictoren es raſch ohne weis tere Veränderung in den Magen hinein treibt. Im Magen bewirkt das Eintreten der Speiſe als— bald eine ſehr bedeutende Turgeſcenz der Schleimhaut, bei welcher die Säuren und gewiſſe Salze des Blutes zugleich Vergl. auch die Abhandlung desſelben Verf. in No. 15, 16 und 17 dieſes Bandes. 18. I. 18. 280 mit einer im Zuſtande der Auflöſung ſich befindenden eigen⸗ thümlichen organiſchen Subſtanz durch Exoſmoſe aus den nicht mit epithelium bekleideten Papillen hervortreten. Durch dieſe Flüſſigkeit werden die albuminöſen Beſtandtheile unſerer Nahrung aufgelöſ't und chemiſch einigermaßen verändert. Zuderhaltige Stoffe werden durch den Contakt der Schleim— haut und unter dem Einfluſſe der Säuren des Magens zum Theil in Milchſäure umgewandelt und dann, wie jene, von den Venen des Magens abſorbirt. Das Fett, durch die Auf⸗ löſung des Areolargewebes, in welchem es eingeſchloſſen war, frei geworden und durch die Hitze geſchmolzen, wird durch die Muskelaction des Magens mit den anderen, underändert gebliebenen Nahrungsſtoffen in das duodenum weiter ge⸗ ſchafft. Im Dünndarme bildet die Galle eine Emulſion mit dem flüſſigen Fette, welche Emulſion, von den Lomph⸗ gefäßen abſorbirt, dieſen die ihnen eigenthümliche Färbung giebt. Der pankreatiſche Saft reagirt auf die Stärke und wandelt ſie in Dertrin und Glykoſe um; ein Theil der letz— ten wird dann durch den Contact der Schleimhaut in Milchſaure umgewandelt, und die am Darme ſich veräſtelnden Zweige der Gekrösdenen abſorbiren darauf die Milchſäure, Dertein, Glykoſe, Rohrzucker, ſowie andere vorhandene lös— liche Stoffe. . Dickdarm. Im übrigen Theile des Darmcanales geht derſelbe Abſorptionsproceß vor ſich, aber die einzige hier vorkommende chemiſche Veränderung iſt die Bildung von Milchſäure aus dem unverändert von dem oberen Theile des Canales hierher gelangten Rohr- und Harnzucker. Die von den Magen- und Darmsenen aufgenommenen Stoffe werden durch die Pfortader in die Leber geführt, die über⸗ ſchüſſige Glykoſe, ſowie andere Ingredientien kehren dann wieder in der Galle zum Darmcanale zurück, um von neuem abſorbirt und in die Leber gebracht zu werden, bis die für die vollſtändige Aſſimilation erforderlichen Umwandlungen im Blute vollendet ſind. Wenn zum Eintritte in das Blut nicht gehörig vorbereitete Subſtanzen in größerer Menge zur Leber gelangen, als dieſes Organ abzuwerfen vermag, ſo ubernehmen die Nieren einen Theil feiner Action und ſcheiden die überſchüſſige Glykoſe oder albumen durch den Harn aus. Die gegebenen Anſichten rechtfertigen folgende analoge Annahmen: Bei den Pflanzen kann die Stärke nur dann zur Ernährung dienen, wenn fie durch ein Ferment (Diaſtaſe), welches weder in den Wurzelkeimen, noch in den Schößlin— gen, ſondern dicht am Keime abgeſondert wird, löslich ge— macht worden iſt. Auf gleiche Weiſe kann bei Thieren Stärke nicht eher aſſimilirt werden, als bis ſie eine äßn- liche Einwirkung erfahren hat, und Diaſtaſe findet ſich im Munde und in den Gedärmen. — Die Vegetabilien können die neutralen Hydrocarbonate ſich nicht eher aneignen, als bis das im Boden enthaltene Alkali dieſe Subſtanzen in andere lösliche, und namentlich in Ulmin, umgewandelt hat. So können auch die Thiere dieſelben Subſtanzen nicht eher aſſimiliren, als bis dieſelben durch die Alkalien 281 der vitalen Flüſſigkeit umgewandelt worden ſind, und auch hier iſt Ulmin eins der Producte der Reaction. Bei geſunden Pflanzen reagirt die Lebensflüſſigkeit, der Saft, ſtets neutral oder ſauer, bei gefunden Thieren iſt das Blut ſtets alkaliſch. Bei gefunden Pflanzen enthält der Saft Glykofe, bei gefunden Thieren enthält das Blut dieſelbe nicht. Bei einigen kranken Thieren dagegen (Diabetes melli- tus) reagirt das Blut ſauer und enthält Glykoſe, und bei einigen kranken Pflanzen wird der Saft alkaliſch und enthält keine Glykoſe. (Dublin Quarterly Journ., Aug. 1846.) Miſeellen. 36. Fledermausdünger, ein neuer Guano. F. Dickon, ein ausgezeichneter Landwirth aus Lincolnſhire, iſt nach Jamaica gezogen, um dort eine beſſere Agricultur einzuführen. Es 18. 1. 18. 282 iſt ihm gelungen, den Ertrag großer Zuckerplantagen um ein bes trächtliches zu vermehren, befonders durch einen neuen Dünger. Große Fledermäuſe bewohnen zu Myriaden die Felſen jener tropi: ſchen Gegenden, und Mr. Dickon ließ eine Ritze eines Felſens auf— brechen, wodurch er ſehr viele einfliegen ſah. Man gelangte in eine Höhle von 250 Fuß Länge, 20 Fuß Breite und 20 — 30 Fuß Höhe, und fand, daß ſie von tauſenden jener nächtlichen Thiere bewohnt war, und daß der Boden der Höhle, mehr als 4 Fuß dick, durch mehr als 600 Tonnen Laſt Fledermausguano bedeckt war, der dem beiten Ichaboe-Guano gleich kam. (Galignani’s Messen- ger, 3. Febr.) 37. An den ſüßen fleiſchigen Deckblättern der Tawara (Freycinetia Banksii), erzählt Hr. Angas in feinem Werke: Savage Life and Scenes, labten wir uns in den Wäldern bei Paukemarpau in Neuſeeland öfters. Der untere Theil dieſer Deckblätter ſchmeckt, wenn fie völlig a c 8 ſind, ziemlich wie eine recht ſaftige ſüße Birne und dabei nach Vanille. Die Pflanze, welche dieſes Product liefert, iſt ein Schmarotzergewächs, welches bis in die Gipfel der hödyiten Forſtbäume hinaufkriecht und dort Büſchel von langen ſchmalen Blättern bildet. Heilkunde. (XXX) über fremde Körper, welche zufällig in das mittlere Ohr gerathen ſind oder ſich in demſelben entwickelt haben. Von Dr. Dele au d. j. (Schluß.) Dritter Fall. — Bei Fräulein Bonhoure, 23 Jahre alt, fanden ganz ähnliche Umſtände Statt. Sie zog mich im J. 1840 in Geſellſchaft ihres Bruders zu Rathe, welcher einen Ohr: polypen hatte, der in die äußere Flache des linken Trommel: felles Wurzel geſchlagen hatte und ſehr ſchnell vollſtändig beſei— tigt ward. Bei Fräulein B. dauerte die Cur 2 Jahre. Allerdings war ihre Krankheit viel bedenklicher, und ſie befolgte meine Vorſchriften nicht genau. Seit ihrem ſiebenzehnten Jahre war ſie mit einem Eiterausfluſſe aus dem rechten Ohre behaftet geweſen, und vorher hatte fie heftig an Ohrenweh gelitten. Nachdem ich den Gehoͤr⸗ gang mehrmals unterſucht und einen Polypen, welcher das innere rittel desſelben füllte, ausgerottet hatte, konnte ich mich leicht davon überzeugen, daß der Auswuchs in der Trommelhöhle wur⸗ zelte. Die Offnung in dem Trommelfelle befand ſich etwas hinter: wärts in dem oberen Theile desſelben. Die Heilung wurde, wie bei Hrn. Strauß, durch Cauteri⸗ ſiren und gebrannten Alaun bewirkt. Daß die Polypen des mittleren Ohres bedenklichere Zufälle erzeugen, wenn fie im oberen Theile der Trommelhöhle wurzeln, rührt daher, daß ſie in dieſem Falle die chorda tympani compri⸗ miren und die Reihe der Gehörknschelchen zurücktreiben, welche dann der Entwickelung des Auswuchſes einen bedeutenderen Widerſtand lei⸗ ſten, als wenn der Polyp unter dieſer Reihe liegt. Hr. Strauß und Frl. Bonhoure hatten viel mehr zu leiden, als Hr. Des: foſſez. Folgendes Beiſpiel iſt ein noch ſchlagenderer Beleg zu dieſem Satze. Vierte Beobachtung. — Seit mehreren Jahren war das achtzehnjahrige Fräulein M. mit einer chroniſchen Entzündung des ganzen rechten äußeren Ohres behaftet, und es floß aus dem⸗ felben fortwährend Eiter. Das Trommelfell war geröthet und mit vielen Fleiſchwärzchen beſetzt, aber nicht durchbohrt. Periodiſch litt Fräul. M. an bedeutenden Schmerzen im Ohre und der ganzen rechten Seite des Kopfes. Ihr gewöhnlicher Arzt ſuchte dieſe durch Blutentziehungen und narkotiſche Mittel zu lindern; allein dieſe Mittel waren nur palliativ. Die Krankheit wurde von Jahr zu Jahr ſchlimmer, und zuletzt konnte die Patientin nicht mehr arbei— ten. Sie conſultirte mich im J. 1841. Ich überzeugte mich von dem Krankſein des ganzen mittleren Ohres. In die Ohrtrompete eingeſpritztes Waſſer gelangte nicht in die Trommelhöhle; das Ge: hör war durchaus nicht erlojchen. Durch allgemeine und örtliche Blutentziehungen ward zuvör⸗ derſt das Kopfweh beruhigt. Einſpritzungen von lauem Waſſer, ein ſtarkes Fontanell im Nacken und leichtes Atzen der im inneren Drittel des äußeren Gehörganges befindlichen Fleiſchwärzchen vers beſſerten den Zuſtand dieſes Theiles des Ohres. Allein ich konnte mir zu dieſem Erfolge nicht lange Glück wünſchen; denn das ganze Gehororgan wurde nun ungemein ſchmerzhaft, und die Patientin konnte den Unterkiefer nicht bewegen; das linke Auge trübte ſich, es ſtellte ſich heftiges Kopfweh ein, und ungeachtet der gegen dieſe Zufälle angewandten Aderläffe und des Faſtens, wurde das Trommel⸗ fell in feiner oberen und hinteren Portion perforirt. Es ergoß ſich viel blutiges Waſſer in den Gehörgang, und zwei Tage fpäter klemmte ſich ein Polyp in die Offnung des Trommelfelles ein. Dieſe Kriſis hatte nicht die günſtigen Folgen, wie bei Hrn. Des: foſſez, ſondern die Kopfſchmerzen dauerten fort, und es trat heftiges Fieber ein. Die Kranke war genöthigt, das Bett zu hüs ten; ihr gewohnlicher Arzt fuhr fort ſie zu behandeln und ver⸗ ſäumte die von mir verordneten allgemeinen Blutentziehungen ans zuwenden. Am ſechsten Tage machte das Gehirnfieber dem Leben des Frl. M. ein Ende. Die Erlaubniß zur Section konnte nicht erlangt werden. I habe in obigen Faͤllen nicht der ſämmtlichen allgemeinen Symptome gedacht, da ſie derſelben Art waren, wie in dem Falle, we ſich ein Kieſel und eine Guineabehne in dem mittleren Ohre befanden. Vom cerumen im mittleren Ohre. Das Ohrenſchmalz bildet ſich nie im mittleren Ohre ſelbſt; aber es kann ſich darin nach der faſt gänzlichen Zerftörung der äußern Wandung dieſer Höhle anhäufen. Da dieſer Zufall alſo nur eine unweſentliche Nebenerſcheinung iſt, fo werde ich hier nichts weiter über denſelben ſagen. 283 Von der Ablöſung der Gehörknöchelchen oder cariöfer Portionen des Schläfenbeines in der Trommel⸗ höhle. Man findet in Schriften viele Beobachtungen von Otorrhöen, bei denen die Gehörknöchelchen verloren gingen; allein keine Nach— richten über die bedenklichen Zufälle, welche durch das längere Ber: weilen dieſer Knöchelchen auf dem Boden der Trommelhöhle ent: ſtehen. Sie unterhalten daſelbſt eine acute Ohrenentzündung, die ſich durch allgemeine und örtliche Blutentziehungen nur in etwas lindern läßt. Nicht ſelten ſieht man ſogar dieſe Entzündungen ſich über den Schläfenknochen und die dura mater verbreiten und unter den heftigſten Schmerzen dem Leben ein Ende machen. Ein ge— ſchickter Chirurg muß dieſen traurigen Zufällen durch Ausziehung der Körper vorzubeugen wiſſen. Siebente Beobachtung. — Ein junger Mann aus der Nachbarſchaft von Paris ward im J. 1836 von einer acuten Ente zuͤndung des inneren linken Ohres befallen, in Folge deren das Trommelfell barſt und eine reichliche Eiterung eintrat. Nach— dem die Schmerzen gelindert worden, verordnete man ein Blaſen— pflaſter auf den Arm, ſowie Einſpritzungen eines mit Waſſer vers dünnten Decoctes von China und Jod. Dieſe Einſpritzungen ver— anlaßten heftige Schmerzen. Innerlich ließ man eine Hopfeninfuſion mit Enzianſyrup nehmen; ferner wurde das Trommelfell cauteriſirt. Dieſe Behandlung ward ein halbes Jahr fortgeſetzt. Zu Ende 1836 zog man mich zu Rathe. Der Eiterausfluß war ſehr ſtark geworden. Seit einigen Tagen wax die regio mastoidea ſchmerz⸗ haft, und die Halsdrüſen zeigten ſich geſchwollen und gegen Be— rührung empfindlich. Ungeachtet einer kräftigen antiphlogiſtiſchen Behandlung dauerte die Entzündung fort. Ich erkannte durch die in dem Trommelfell entftandene Offnung hindurch, ſowie durch Berühren mit der Sonde, einen weißlichen harten Körper, den ich mit einer ſehr feinen Zange auszog. Es war der Hammer, welcher nicht die geringſte Zerſetzung erlitten hatte. Die Otorrhöe ward nun binnen einigen Monaten vollſtändig eurirt. Der Kranke blieb auf dieſem Ohre taub. Achte Beobachtung. — Der Marquis de Villette war ſeit ſeiner Kindheit auf beiden Seiten mit Otorrhöe behaftet geweſen, und die Membranen der Trommelhöhle zeigten ſich großen— theils zerftört. Er war vielfach, jedoch ohne allen Erfolg behan— delt worden. Im Jahr 1836 ward er von einer höchſt acuten inneren und äußeren Entzündung des linken Ohres befallen. Die Wandungen des äußeren Gehörganges waren ſo geſchwollen, daß man die feinſte Sonde nicht in denſelben einführen konnte. Hr. Recamier und ich wurden zu einer Conſultation herbeigerufen, und wir wandten die geeignetſten Mittel an, ohne die Entzün— dung zu dämpfen. Sechs Wochen lang konnte der Patient den Unterkiefer nicht bewegen. Endlich ſtellte ſich eine ſo reichliche Ei— terung ein, daß ſich die Entzündung gleichſam durch dieſelbe er— ſchöpfte. Wir konnten uns nun des Ohrſpiegels bedienen und ent— deckten ein Knochenplättchen, welches in der Trommelhöhle und dem Gehörgange feſtſaß. Dasſelbe ward ausgezogen, und binnen wenigen Tagen hörten alle Zufälle auf. ch will nun einen dritten Fall mittheilen, in welchem abge— löſ'te Knochentheile in die Trommelhöhle gefallen waren und das Leiden tödtlich wurde. Neunte Beobachtung. — Im März 1841 kam der 28 jährige Hr. B. von Newyork nach Paris, um mich zu conſulti⸗ ren. Er war 1840 ſyphilitiſch und, ehe er noch vollftändig curirt war, zum zweiten Male angeſteckt worden. Sein Hals wurde an— gegriffen, und bald auch die Ohren zur Mitleidenſchaft gezogen. Er wurde harthörig, bald traten Schmerzen ein, und es fand ein ſtar⸗ ker Eiterausfluß aus beiden Ohren Statt. Die antiſyphilitiſche Behandlung ward kräftig fortgeſetzt, ohne daß dadurch die Ohren⸗ krankheit gebeſſert worden wäre. Als ich den Patienten unterſuchte, befanden ſich ſeine Gehör— organe in folgendem Zuſtande. Das Gehör war gänzlich erloſchen; die äußeren Gehörgänge geröthet und verengert; die Trommelfelle perforirt und mit ſtark eiternden Granulationen bedeckt. Der Eiter war weiß, zuweilen 18. I. 18. 284 mit Blut vermiſcht, aber von normaler Farbe. Auf ein Erkranken des Schlaͤfenbeines deutete nichts hin. Die apophysis mastoidea und die pars squamosa waren gegen Berührung nicht empfind⸗ lich. Durch das Katheteriſiren und Einſpritzen von Flüſſigkeiten überzeugte ich mich davon, daß die Ohrtrompeten verengert und die Trommelhöhlen durchaus verſtopft waren. Die Schleimhaut des Halſes (Rachens) war roth, aber nicht ulcerirt. Aus dieſen Umſtänden ergab ſich zur Genüge, daß eine Queck⸗ filbereur nicht völlig helfen könne; indeß verordnete ich, der Vor: ſicht halber, Einreibungen mit Queckſilberſalbe. Der Patient war kräftig, aß und trank mit Appetit und machte ſich viel Bewegung. Ich fand locale Blutentziehungen durchaus unbedenklich, und durch dieſe ward die Entzündung gemildert, und ich konnte die Fleiſch⸗ wärzchen, mit denen der ganze innere Theil des Gehörganges be⸗ ſetzt war, leicht cauteriſiren. Bald trat Beſſerung ein; die Eite⸗ rung nahm ab, und dann und wann hörte der Kranke etwas. Um jedem aus dem Aufhören einer eingewurzelten Eiterung möglicher Weiſe entſpringenden Nachtheile vorzubeugen, ließ ich ein Eiterband in den Nacken legen. In Betreff der Diät war der Patient ſehr unfügſam. Ich fand ihn oft bei einem Frühſtücke, das aus Paſteten und ſtarken Weinen beſtand; auch vor Erkältungen hütete er ſich durchaus nicht ſorgfältig. Alles ſchien jedoch gut zu gehen, als eines Tages auf beiden Seiten eine ſehr heftige innere und äußere otitis ausbrach, die von Fieber und ſchlimmem Kopfweh begleitet war. Der Zu— ſtand des Gehörganges geſtattete die Unterſuchung der Trommel⸗ felle nicht mehr, und die Eiterung wurde in den Ohren ſehr ſtark, während ſie ſich am Eiterbande verminderte. Antiphlogiſtiſche und beruhigende Mittel ſchienen gegen dieſe Entzündung machtlos, und die Schmerzen dauerten fort. Ich glaubte nun, es müßten ſich einige Knocheufragmente abgelöſ't haben und in die Trommelhöhle gefallen ſein. Dieſe Diagnoſe zeigte ſich als richtig; denn als nach einigen Tagen der linke Gehörgang weniger verengert war, gelang es mir den Hammer auszuziehen, welchen ich durch die im unteren Theile des Trommelfelles befindliche Offnung hindurch ſehen konnte. Alsbald beſſerte ſich der Zuſtand dieſes Ohres, und die Eiterung am Eiterbande nahm zu. Allein aus dem rechten Ohre ließ ſich, da der Gehörgang ge— ſchloſſen blieb und die Fleiſchwarzen ſtark nachgewuchert hatten, nichts ausziehen. Es ſtellte ſich ein Fieber ein, welches von den Verdauungsorganen auszugehen ſchien. Die Zunge ward geröthet, es traten Koliken ein, und auf die Verſtopfung folgte Durchfall. Die dagegen angewandten Mittel wirkten günſtig, und das Fieber legte ſich. Der Kranke griff wieder zu feiner ſtärkenden Diät, wie er ſie nannte. Der Madeirawein erſchien wieder auf dem Tiſche, aber leider ſtellten ſich die Kräfte nicht wieder her; die Haut blieb trocken, die Geſichtsfarbe ward gelb, und unruhige Träume ſtörten den Schlaf. Die Functionen des Herzens und der Lunge waren normal, nur der Puls ſchwach. e Ich berief den Profeſſor Andral und noch zwei Arzte zu einer Conſultation. Wir konnten uns über den Grund dieſer allgemeinen Hinfälligkeit nicht vereinigen. Es wurden die Fragen aufgeworfen: ob Eiter reſorbirt werde? ob die Entzündung die Meningen er⸗ griffen habe? ob das Gehirn entzündet ſei? Doch es ward nichts entſchieden, als daß ſich Hr. V. in einer ſehr gefährlichen Lage befinde. Er ſtarb nach wenigen Tagen unter der Behandlung eis nes meiner Collegen. Ich erfuhr, daß die apophysis mastoidea ſich entzündet, und daß ſich hinter und unter dem rechten Ohre ein gewaltiger Eiter⸗ heerd gebildet habe. Ob die Leiche ſeeirt worden iſt, weiß ich nicht. Bei ſeiner Ankunft zu Paris war Hr. V. allerdings mit einer un⸗ gemein bösartigen Otorrhöe behaftet; allein Zeichen von caries fehlten durchaus, und die Entzündung reichte nicht bis über das Schläfenbein hinaus. Wahrſcheinlich war das Labyrinth ergriffen, da cophosis vorhanden war. Dieſe Diagnoſe wird durch die an⸗ fänglichen guten Erfolge der Cur beſtätigt. Die Eracerbation der Krankheit war alſo durch die Ablöfung der Gehörknöchelchen ver anlaßt worden, was ſich aus der nach dem Ausziehen des Hammers eintretenden Beſſerung des linken Ohres ergiebt. Hätte ich es mit einem fügſameren Patienten zu thun gehabt, ſo wäre es mir viel⸗ 285 leicht gelungen, auch die rechte Trommelhöhle von den darin wahr: ſcheinlich befindlichen abgeloſ'ten Knöchelchen zu befreien. Es kann auch wohl fein, daß das ſchwefelſaure Chinin, wel⸗ ches der Patient, ohne mein Vorwiſſen, in zu ſtarken Doſen genom⸗ men haben dürfte, zum Theil an dem Zuſtande ſchuld war, in dem ich ihn vor der Gonfultation mit Hrn. Andral fand. Primäre Verftopfung der Trommelhöhle durch Schleim. Ich war früher der Meinung, daß eine ſolche weſentliche Ver: ſtopfung des mittleren Ohres nicht vorkommen konne; denn wie läßt ſich eine Schleimſecretion ohne vorhergegangene Modification der dieſen Theil des Gehörorganes auskleidenden Membran als möglich denken? Neuerdings ſind mir indeß mehrere Fälle vorge— kommen, welche über die Eriſtenz ſolcher Leiden keinen Zweifel laſſen. Zehnte Beobachtung. — Hr. Remoiſſenet, 36 Jahr alt, ward an verſchiedenen Korpertheileu mit Flechten behaftet und im Jahr 1833 ſyphilitiſch. Von dieſen Leiden war er gründlich eurirt, als er eines Tages Falſett zu fingen verſuchte und alsbald heftiges Halsweh bekam, das den dagegen angewandten Mitteln nicht wich. Auch die Flechten kamen wieder. Sein Arzt verord—⸗ nete ihm die Bäder von Bareges und ein Gurgelmittel, von wel: chem der Patient einige Tropfen in Waſſer thun ſollte. Allein anſtatt deſſen wandte er es pur an, und alsbald empfand er in der ganzen Rachenhöhle ein heftiges Brennen, auf welches eine ſehr in⸗ — Entzündung und Ulcerationen folgten, die das ganze Gaumen— ſegel und die hintere Wandung des pharynx einnahmen. Dieſes hinzugetretene Leiden verlangte eine mehrere Monate dauernde Be— handlung und veranlaßte manche Unannehmlichkeiten; ſo konnte der Patient Gh weder ſchneuzen, noch nieſen; feine Augen trieften be— ſtändig, ſeine Sprache war verändert, und endlich ward er völli taub. In dieſem traurigen Zuſtande unternahm ich am 4. Auguſt 1840 die Behandlung des Hrn. R. Die bloße Anſicht der Rachenhöhle gab mir über alle dieſe Leiden Aufſchluß. Der ganze untere Rand des Gaumenſegels war mit der hinteren Wandung des pharynx fo vollſtändig verwachſen, daß keine Communication zwiſchen der Naſe und dem Munde mehr Statt fand. Die Verbindungslinie der beiden Schleimhäute war durchaus nicht mehr zu erkennen, und ich glaubte eine angeborene Deformität vor mir zu haben. Da der Kranke ſich nicht ſchneuzen konnte, fo füllten ſich die Naſenhöhlen mit Flüſſigkeit, und die Thrä: nen floſſen aus den Thränenpunkten. Beim Sprechen konnten die Nafentöne nicht gebildet werden. Ferner drang der ſich in dem Sacke, welchen das Gaumenſegel mit dem pharynx bildete, anſam⸗ melnde Schleim in die Trommelhoͤhle. Purch das Katheteriſiren der Ohrtrompeten und Einblaſen von Luft erlangte der Patient das Gehör auf kurze Zeit wieder. Die Indication war unverkennbar die, daß die Communication der Rachenhöhle mit den Nafenhöhlen wiederhergeſtellt werden mußte. Ich nahm die Operation in Gegenwart des Dr. Willaume von Metz vor, indem ich das ganze Gaumenſegel nach der Quere fo nahe als möglich am pharynx ſpaltete und dann mittels der Belloc ſchen Sonde einen ſtarken Charpiemeißel in die Wunde einbrachte. Dieſer Verband ward mehrere Monate täglich erneuert, und der Kranke ſelbſt that dies mittels eines gewichſ'ten Fadens, welchen er zu dieſem Ende in dem einen Naſenloche ließ. Nachdem die Vernarbung der Wundränder eingetreten war, gelang es durch Katheteriſiren und Einblaſen von Luft, die mittle⸗ ren Ohren von allem dieſelben verſtopfenden Schleime zu befreien. Einige Monate, nachdem ich dieſe Beobachtung gemacht, con⸗ ſultirte mich ein Mann von Amiens, der ganz denſelben Fall dar: bot, aber ſich der Operation nicht unterwerfen wollte. Schließlich will ich noch einen Fall ſchildern, in welchem die Cuſtachiſche Röhre wahrſcheinlich durch im knochigen Theile der⸗ felben aufgetrockneten Schleim verſtopft war, indem auch hier Taub⸗ beit durch in dem mittleren Ohre ſich verhaltende fremde Körper veranlaßt wurde. Elfte Beobachtung. — Hr. Moore, 36 Jahr alt, hatte in ſeinem fünften Jahre die Maſern gehabt und in Folge dieſer Krankheit an hartnäckiger Taubheit gelitten. Im ſiebenten 18. 1. 18. 286 Jahre verordnete ihm Itard das Tabakſchnupfen; im zehnten 5 legte man ihm ein ſtarkes Eiterband in den Nacken; im elf⸗ ten wurden ihm zwei Moren auf die apophyses mastoideae ge— ſetzt. Später wandte man aromatiſche Räucherungen und inner⸗ lich bittere Mittel und antiſcorbutiſche Syrupe an. Endlich ſtellte ſich eine Kinnkrätze ein, welche durch Aliberts und Bietts Behandlung bald gehoben ward, ohne daß ſich jedoch das Gehör- leiden im geringſten verbeſſert hätte. Am 27. Jan. 1841 ſah ich Hrn. Moore zum erſten Male. Durch Katheteriſiren und Einblaſen von Luft gelang es, ihm das Gehör vollſtändig wieder zu verſchaffen. Iſt dieſe nach 31 Jahren ſo unverhofft eingetretene Heilung etwa durch die Ausdehnung der Euſtachiſchen Röhren oder die Ver: ſchiebung eines in dem knochigen Theile der Ohrtrompeten verwei— lenden Körpers bewirkt worden? Ich wüßte darüber keine be— ſtimmte Meinung abzugeben; indeß wird man die Erſcheinungen, welche der Heilung folgten, aus Hrn. Moores eigener Feder nicht ohne Intereſſe leſen. „Bei meinem erſten Beſuche konnte ich das Geräuſch einer 8 Zoll von meinem Ohre entfernten Taſchenuhr nicht hören; gleich nach dem Einblaſen von Luft vernahm ich dasſelbe in den entfernteſten Theilen des Zimmers. Als ich Sie verließ, verurſachten alle Töne, die ich vernahm, ein mir ſehr läftiges Summen. Die Perſonen, welche mit mir redeten und an deren Stimme ich gewöhnt war, ſchienen mir in einer viel höheren Tonart zu ſprechen, als ſonſt. Am folgenden Tage vernahm ich die Tone reiner. Ich ging den Abend ins Theater, von welchem mich meine Harthörigkeit bisher verbannt hatte. Ich ſaß ſehr weit von der Scene und verſtand doch alles ſehr gut.“ „Bei und nach meinem zweiten Beſuche verſpürte ich ganz ähnliche Wirkungen. Überhaupt verdanke ich Ihrer einfachen Be— handlung ein Reſultat, welches alle die läſtigen Curen, denen ich mich früher unterworfen habe, nicht bewirken konnten.“ Schlußfolgerungen. In obiger Abhandlung über die im mittleren Ohre vorkom— menden fremden Körper habe ich mich an die von Breſchet im großen Dictionnaire des sciences medicales aufgeſtellte Definition halten zu müſſen geglaubt: „Fremde Körper nennt man alle dies jenigen Subſtanzen, die in den menſchlichen Körper zufällig gelangt ſind oder ſich darin entwickelt haben, ohne mit der normalen Le⸗ bensthätigfeit der Organe in dem richtigen Verhältniſſe zu ſtehen, daher ſie deren Functionen mehr oder weniger ftören.’‘ Deßhalb durfte ich auch die Ohrpolypen, ſowie die abgelöj’ten Gehörknochelchen als fremde Körper betrachten. Es ergiebt ſich aus meiner Arbeit: € 1) Daß die Chirurgen vor dem Tode der Patienten die in dem mittleren Theile des Gehörorganes durch fremde Körper ver: anlaßten Zufälle verkannt haben. 2) Daß ihnen zur Ausziehung dieſer Korper oder zur Heilung des Leidens durchaus nicht die richtigen Mittel bekannt waren. 3) Daß ſich daſelbſt häufig fleiſchige Auswüchſe entwickeln. 4) Daß man durch Beobachtung des Verlaufes der durch idio— pathiſche Reizung der Trommelhöhle entſtandenen und durch fremde Korper aue nA Entzündungen, ſowie durch Beobachtung der Ausdehnung dieſer Entzündungen über das Labyrinth und die ca- vitas mastoidea dahin gelangen werde, die Umbildung dieſer Ent⸗ zündung in Schlafen- und Gehirnoterrhoen zu erkennen. Hierüber gedenke ich mich bald in einer eigenen Arbeit vollſtän⸗ diger zu erklaren. (Gazette des Höpitaux, 2. et 5. Janv. 1847.) Mifcellen. (50) Über die ſubeutane Unterbindung der Ber nen, insbefondere zur Heilung der varices der uns teren Extremitäten hat Prof. Pitha in der Prager Viertel jahrſchrift, Heft 4, 1846 feine 2 mitgetheilt. Er giebt dem von Ricord zuletzt angewandten Verfahren, wo man ſich, 287 anftatt einer, zweier Fadenſchlingen bedient, wovon die eine unter, die andere über der Vene eingeführt und durch gegenſeitige Drehung beider das Venenpaquet in einer fubeutanen Doppels ligatur gefaßt wird, welche nach Belieben, und zwar ohne die mindeſte ſeitliche Zerrung der Venen, zugeſchnürt werden kann, den Vorzug. Durch die einfache Schlinge wird nämlich die Vene nur von einer Seite gefaßt und erleidet durch dieſelbe keine circuläre Einſchnürung, fondern nur eine ſeitliche, ſomit ungleiche Zuſammen— drückung. Zugleich findet eine ſeitliche Zerrung der Vene gegen die erſte Einſtichsöffnung und ſomit Gefahr diffuſer Phlebitis Statt. Bei der Doppelſchlingenligatur wird dagegen die Vene complet unterbunden; die Ligatur kann, fo oft es nöthig, ohne die min- deſte Zerrung der Vene, ohne den geringſten Druck auf die Haut feſter gezogen oder gleich anfangs mit aller Kraft zugeſchnürt wer⸗ den. Der wichtigſte Vorzug dieſer Methode beſteht aber darin, daß die durch ſie Fünftlich erzeugte Phlebitis erfahrungsmäßig con— ſtant eine begränzte und adhäfive iſt und daher die Gefahr der Pyhämie und ſecundären profuſen Phlebitis verhütet wird. Selbſt wenn (bei dyskraſiſchen Patienten) in dem die Vene zunächſt ums gebenden Zellgewebe Entzündung und Eiterung eintritt (Phlebitis externa, Crunveilhier), ſo beſchränkt ſich dieſer Proceß doch nur auf den, unterhalb der Ligatur befindlichen, peripheriſchen Theil der Vene und ergreift ſelten mehr als einen, höchſtens zwei der nächſten Zweige. Nie ſah Verf. ein Übergreifen der Eiterung über die Ligaturſtelle. Daß die abwärts greifende Ausbreitung der Ent— zündung unſchädlich, ja für die weitere Obliteration der Vene von Vortheil iſt, verſteht ſich von ſelbſt. Unumgänglich nothwendig iſt es, daß der Patient nach der Operation unausgeſetzt die horizon— tale Lage im Bette einhalte, ein Mal, um die bezweckte Phlebitis in den Grenzen der Adhaſiv-Entzündung zu halten, ſodann, um den neu eingeleiteten Kreislauf durch die tiefen Venen zu erleichtern. (51) Syphilitiſche Wucherungen hat Hr. J. Venot, nach Desruelles' Vorgange, mittels der wäſſerigen Auflöſungen des Opiums und Schierlings, binnen 6 Monaten 118 Mal mit Erfolge örtlich behandelt. Von der Auf⸗ löfung müſſen 30 Theile wenigſtens 10 Theile Opium enthalten. Bei trockenen geſtielten Condylomen wirkt das Mittel wenig, dagegen bei näſſenden breiten Condylomen, kurz bei allen Gefäßhypertrophien iſt die concentrirte Opiumauflöſung von faſt ſpecifiſcher Wirkung, vorzüglich nach vorausgeſchickter allgemeiner Behandlung. Die Bes getationen trocknen ein und ſcheinen dabei, je nachdem das Opium in die Gewebe eindringt, aus mehreren Lagen zu beſtehen. Dieſe offenbar giftige Einwirkung kann jedoch, wenn man nicht vorſichtig verfährt, auf geſunde Organe Statt finden und gefährliche Zufälle veranlaſſen. Dies verhindert Hr. Venot, indem er den Schier⸗ ling mit dem Opium verbindet, d. h. auf 500 Theile deſtillirten Waſſers 60 Theile wäſſerigen Opium- und 25 Theile Schier⸗ lingsertractes nimmt. Übrigens ift doch die Behandlung langwie— 18. I. 18. 288 rig, und der Verf. ſah ſich öfters nach ſechzigtägiger Dauer ber: ſelben noch genöthigt, dieſelbe durch Höllenſtein und Bleimittel zu unterſtützen. (Die örtliche Application der tinct. Thujae hat ſich mir viel raſcher und ſicherer wirkſam erwieſen. R. F.) 52) Atiologiſche Unterſuchungen über den Cre⸗ tinismus hat nach Schmidts Jahrb. Antonio Garbiglietti (im Giornale di Torino, Giugno 1845) mitgetheilt. Bei feinen im Herzogthume Savoyen angeſtellten Beobachtungen fand der Verf., daß durchgehends die meiſten Cretins in den Thälern vorkamen, welche von Bergen aus Gneiß und Glimmerſchiefer eingeſchloſſen ſind, daß ſie ſich deſto ſeltener zeigten, je häufiger in den Bergen Kalkformationen zu erſcheinen anfangen und daß ſie endlich ganz verſchwanden, wo dieſe die Oberhand gewinnen. Der Gretinismus ſteht alſo ſeiner Häufigkeit nach im geraden Verhältniſſe zu den Schiefergebirgen, im umgekehrten zu den Kalkgebirgen. Doch iſt die geologiſche Beſchaffenheit des Bodens nur indirect wirkſam; denn auch wo dieſe dem Cretinismus günſtig iſt, findet ſich der⸗ ſelbe nur in den tiefen Thälern, während die höheren Gegenden davon frei bleiben. Die mangelnde Lufterneuerung des Sonnen: lichtes, welche mit jener geologiſchen Natur des Gebirges am häu⸗ figſten zuſammentreffen, müſſen alfo für die eigentlichen pathologi⸗ ſchen Urſachen des Cretinismus gelten. Der Verf. widerlegt durch Beiſpiele die Anſichten, daß hartes, desorydirtes oder Schneewaſſer an der Erzeugung des Cretinismus ſchuld ſein könnten. (53) Hinſichtlich der günſtigen Wirkung der nar- cotica gegen fungus medullaris theilt Hr. Inoſemtzeff in der Gazette med. de Paris zwei Fälle mit, in denen ihm die Beſeitigung eines Markſchwammes des Auges und der Milz in dem einen, fo wie des rechten Eierſtockes in dem anderen Falle, durch Anwendung narkotiſcher Mittel gelang. Dieſe Mittel find nach ihm, da ſie durch Beſänftigung der Schmerzen nützlich werden, in allen Fällen angezeigt, wo heftige Schmerzen das Hauptſymptom bilden. Das morphium aceticum nebſt dem Amygdalin find die nach feinen Erfahrungen wirkſamſten Mittel dazu. Von der Voraus⸗ ſetzung, daß die nächſte Urſache der fungöſen Entartung in einer krankhaften Thätigkeit des Nervenſyſtemes zu ſuchen ſei, ausgehend, findet Verf. eine Analogie zwiſchen ihr und den Hypertrophien, welche während intermittirender Fieber entſtehen, und hält die durch Anwendung der narkotiſchen Mittel geheilten Entartungen für eine durch Reizung des Cerebroſpinalſyſtems bedingte Phyſkonie, fo wie die dem Gebrauche des Chinins weichenden Phyſkonien der Leber und Milz als der Ausdruck eines eigenthümlichen krank⸗ haften Zuſtandes des Ganglienſyſtemes zu betrachten ſein dürften. (Goſchen. Schmidts Jahrb. 1. 1847.) Nekrolg. — Baron Pasquier (der Vater des Wund⸗ arztes, welcher die Behandlung der Harnröhrenſtricturen je eifrig bearbeitet hat) zu Paris, erſter Wundarzt des Königs und Inſpecteur beim Militär- Medieinalweſen, iſt im 74. Jahre geſtorben. Bibliographiſche Neuigkeiten. Lachaisnes-Pierre, J. R., Proced& pour mesurer la t&te humaine, en trouver les proportions et la dessiner ressemblante depuis sa grandeur reelle jusqu’a la plus petite dimension; et me- thode theorique et pratique pour prendre les signalemens. 80. Paris 1846. Moigno, Abbé, Repertoire d’Optique moderne, ou analyse com- plete des travaux modernes relatifs aux phenomenes de la lu- miere. gr. 80. br. 1. 2. Part. Paris 1847. Schinz, H. R., Naturgeſchichte der Vögel. Neueſte verm. Ausg. 4. u. 5. Heft. gr. 4%. Geh. Zürich 1846. Mauz, Dr. E. Fr., Erörterungen über die Kartoffelkrankheit im Jahre 1846 und Nachträge zu deren Verhütung im Jahre 1847. 8. 66 S. Stuttgart 1847. Verati, Prof. Lisim., Sulla storia, teoria e pratica del magne- tismo animale e sopra vari altri temi relativi al medesimo. Vol. II. 8°. Firenze, Bellagambi 1846. P. M. Latham. Lectures on subjects connected with clinical Medicine; comprising diseases of the Heart. 2 Vols. 12°. (58 B) London 1846. Medico-chirurgical Transactions published by the Royal Medical and Chirurgical Society of London. 2d Series. Vol. II. Se. (24 B.) London 1846. , Müller, J. F., Handbuch der DVeterinär-Ophthalmolegie für Thierärzte. 1. Lief. gr. 8. Braunſchweig 1846. Die Rhachitis von Dr. Jules Guerin. A. d. Fr. überſetzt von Dr. G. Weber. 8. 52 S. 1 Tab. Nordhauſen 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. . Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 19. (Nr. 19. des I. Bandes.) Maͤrz 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXV. über die Nerven der Knochen. Von Hrn. Gros. Unterſuchungen über die Structur der Knochen, ange— ſtellt ſeit dem Monate April 1846, bei Gelegenheit einer Mitbewerbung um die Stelle eines anatomiſchen Gehilfen bei der Facultät, haben mir einige Reſultate in Bezug auf lymphatiſche Gefäße, Blutgefäße und beſonders in Bezug auf die Nerven der Knochen gewährt. Lomphatiſche Gefäße. — Die Gewißheit ihrer Eriſtenz habe ich wenigſtens für die Markröhren der langen Knochen erlangt. Blutgefäße. — Sie bilden zwei netzförmige Sy— ſteme, ein äußeres im periosteum und ein anderes inneres im Marke. In dieſem letzten bin ich einige Differenzen zwiſchen den Arterien und den Venen gewahr geworden. Die Arterien liegen mehr gegen die Mitte hin und ſind netz— foͤrmiger; die Venen ſind mehr entfernt von der Achſe und gewöhnlich in parallellaufenden Längenäſten geordnet. Ihre letzten kleinen Zweige habe ich mit Hilfe des Mikroſkopes erkannt und mit unbewaffnetem Auge gezeigt, wie ſie in die Knochen-Canälchen eindringen. Auf eine Arterie kommen in der Regel zwei Venen und zwei Nerven. Nerven. — Ich will hier nur von denen der langen Knochen ſprechen. Im Laufe meiner Arbeit weiſe ich nicht allein die Exiſtenz der Knochennerven nach, ſondern zeige auch, daß ein ſchöner Compler von Nerven dem Knochen⸗ ſyſteme zugewieſen ſei, deren Zahl doppelt ſo groß, als die der Arterien derſelben iſt. Im Niveau der großen Mark— röhren gewahrt man dieſe Nerven am ſchönſten, offenbar in Verbindung mit der Anweſenheit des Markes. Dieſer Nervenapparat iſt übrigens, wie überall, mit dem Gefäß⸗ apparate parallellaufend und in Übereinſtimmung. No. 1999. — 899. — 19. Im Schenkelknochen des Pferdes, deſſen Gefäßcanälchen ſenkrecht zur Richtung des Knochens laufen, giebt die Schenkel— arterie in der Höhe dieſes Canälchens einen ſtarken Stamm ab, den ich trone diaphysaire nenne; dieſer Stamm theilt ſich bald in zwei gleiche Aſte, einen Markaſt, welcher in das Loch eindringt, und einen für das periosteum, welcher ſich davon im rechten Winkel entfernt, um ſich transverſal um die Diaphyſe herumzuwinden und ſie mit ſeinen Veräſtelungen ganz zu bedecken. Drei Nerven zum wenigſten, aus dem N. eruralis entſprungen, gelangen zu demſelben Loche, und i bin noch in Zweifel über einen vierten Aſt, welcher son dem N. ischiadicus kommt. Letzterer iſt übrigens beim Menſchen und beim Rinde conſtant. Zwei dieſer Nerven begleiten die Schenkelgefäße, die Gefäße der Diaphyſe und der Markhöhle; der dritte gelangt zu dem Gefäßcanale durch die Fleiſchmaſſe des m. vastus internus hindurch, und iſt manch Mal doppelt. Am foramen nutritium angelangt, verhalten ſich dieſe Nerven bei verſchiedenen Leichen ein wenig verſchieden; conſtant iſt aber eine Ganglienbildung, ein wahrer Nervenknoten im Ver⸗ bindungspunkte dieſer Nerven oder bloß an einem von ihnen. Eines meiner Präparate zeigt ſie alle drei graulich, geſchwollen und ganglienartig in der Nähe des Loches. Mein Normal: Präparat bietet einen in die Länge gezogenen ganglienartigen Körper dar, der quer über dem vorderen Rande der Mündung ſitzt und an feinem äußeren Ende den vom m. vastus in- ternus kommenden Nerv aufnimmt, an feinem mittleren Theile aber den oberen Begleitungs-Nerv des Stammes der Dia— phyſe, durch welchen man ihn als in zwei Hälften getheilt betrachten kann: eine innere nämlich, Haferkornartig aufge: ſchwollen, im foramen nutritium ſitzend und in der Tiefe zwei Aſte abgebend, welche mit dem unteren, dem ganglion fremden, Begleitungs-Nerven ſich verbinden und das Nervenſyſtem für die Markröhre bilden; eine andere äußere, mit der vorhergehenden 19 291 19. zuſammenhängend und ein abgeplattetes Band darſtellend, das unter der Arterie des periosteum liegt, welcher fie zugewieſen iſt, indem ſie ihr die beiden Begleitungs-Nerven liefert. Dieſe ganglienartige Bildung, über deren Natur kein Zweifel entſtehen kann, iſt hinſichtlich der Form, des Volumens und der mehr oder weniger nahen Lage am Loche 20. ſehr variabel; manch Mal iſt ſie mehrfach; aber in dieſen Ab— weichungen glaube ich doch ein Geſetz zu erkennen, nämlich das von zwei Mittelpunkten, von welchen der eine den Mark— gefäßen und der andere denen des periosteum angehört. In allen Fällen haben die beiden entſprechenden Nerven— ſyſteme zuletzt immer dieſelbe Anordnung. Der Körper des Knochens iſt alſo umſchlungen von einer Art von Nerven- und Gefäßſchlingen, deren höchſter Theil dargeſtellt iſt, eines Theils durch den Diaphyſenſtamm und anderen Theils durch den Nervenknoten, der, meines Erachtens, auch den Namen Diaphyſenknoten verdient. Dieſe Schlinge iſt das vitale Band, welches die oberflächlichen Theile der Diaphyſe mit ihren tiefen Theilen verbindet. Dieſe Anordnung findet ſich wenigſtens, ihre weſent— lichen Theile anlangend, bei den anderen langen Knochen ſämmtlicher Säugethiere im allgemeinen wieder; aber das gewöhnliche Subſtrat iſt ein plexus, der ſich in ein Geflecht für das Mark und für das periosteum theilt; es iſt mehr oder weniger complicirt und manch Mal ganglienartig, wie beim Rinde. Ein plexus iſt alſo der gewöhnliche Fall oder die Regel, für welche das wahre ganglion beim Pferde der höchſte Ausdruck fein würde, während das ganglionartigeGeflecht beim Rinde ein zwiſchenliegendes Glied bilden würde. Der Zweck dieſes plexus ſcheint zu ſein, Nervenäſte, die aus ver— ſchiedenen Quellen entſpringen, zu ſammeln, um daraus ge— wöhnlich zwei Stränge zu bilden, die ſich um die Markgefäße herum, bis zur Spaltung derſelben im Marfcanale, veräſteln. Hier bildet ſich ein neuer plexus, aus welchem die beiden Begleitungs-Nerven jeder Gefäßabtheilung entſpringen; dieſe Nerven fahren ſodann fort, ſich in gleicher Weiſe um die Gefäße herum zu veräſteln, bis zu den ſchwammigen Enden der langen Knochen, wo ſie ſich über die Zellchen verbreiten und parallel den Gefäßnetzen Endgeflechte bilden. An einem der Präparate, welches ich bei der Facultät niedergelegt habe, ſind die Nerven bis zu den Zellchen in dem unteren Ende der tibia verfolgt, wo man ſieht, wie dieſelben ſich in ein Geflecht veräſteln. Ein anderes Geſetz, welches ich hier nur andeuten kann, iſt dasjenige der regelmäßigen Verbindung, der inner— ſten und ſehr vervielfältigten Verbindungen zwiſchen den Nerven der Knochen und denen der Gelenke, und dieſes nicht bloß für die Gelenkenden der Knochen, ſondern auch für die Mittelſtücke, d. h. für die Punkte, welche von den Gelenk— enden am meiſten entfernt ſind. Wir finden am Schenkel noch eine ſchöne Anwendung dieſes Geſetzes — in einem Aſt, welcher zugleich 1) an das Hüftgelenk und an den Schenkel— beinkopf; 2) an das foramen nutritium des Mittelſtückes; 3) an den inneren Condylus Aſte abgiebt; ferner — in einem anderen Aſt, welcher die beiden letzten Punkte mit Aſten verſieht, — beſonders aber in der Geſammtheit der 10. 292 Nerven, welche zwiſchen dem Schenkelbeinloche und dem Knie, für welche ſie faſt ausſchließlich beſtimmt ſind, eine Art von Nervengeflecht mit weiten Maſchen bilden, wel: ches ſich nach oben längs der art. eruralis fortſetzt, Die: ſelbe enger einjchließt, um in der Gegend der Weiche an den Aſten des N. cruralis und an einigen zarten Fäden zu endigen, welche aus den unteren Lumbarganglien ent⸗ ſpringen. (Comptes rendus, T. 23, No. 24 p. 1106.) XXVI. Überficht der neueren Arbeiten über die in⸗ nere Structur der Leber. Von Dr. Louis Mandl. Die Unterſuchungen der Schriftſteller“) haben es bis jetzt ganz unentſchieden gelaſſen, wie ſich die Gallencanäle endi⸗ gen und in welcher Beziehung dieſe letzten zu den Leber⸗ zellen ſtehen. Wir wollen unſere Meinung über dieſen Gegen⸗ ſtand darlegen, wie wir ſie durch die ſeit mehreren Jahren zahlreich gemachten Beobachtungen gewonnen haben. Die Exiſtenz der Leberzellen iſt jetzt eine von allen Mikrographen beſtätigte Thatſache. Jedermann weiß näm⸗ lich, daß es wirkliche Zellchen find, verſehen mit einer eigen- thümlichen Membran und einem Kerne, welcher Körnchen und manch Mal Fetttröpfchen einſchließt. Bei unſeren Un⸗ terſuchungen an verſchiedenen Thieren haben wir manch Mal Lebern angetroffen, deren Zellchen ſich leicht iſoliren ließen, wie z. B. beim Rinde; manch Mal bildeten ſie unregel⸗ mäßige Haufen oder longitudinale Reihen, aus mehr oder weniger zuſammenhängenden Zellchen zuſammengeſetzt. In allen Fällen genügt es, ein Stückchen Leber eine halbe oder eine ganze Stunde lang in einer concentrirten Atzkalilöſung liegen zu laſſen, um die Zellchen leicht zu erblicken; auch ihre Kerne ſind alsdann weit deutlicher. Ein zu langer Aufenthalt in der Kalilauge oder ein ausgeübter Druck auf die Zellchen zerſtört die Zellmembran und der Inhalt, die Körnchen und Tröpfchen, entweichen. Die Menge der Körn- chen oder der Tröpfchen im Inneren des Zellchens macht es manch Mal ſehr ſchwierig den Kern zu erblicken; das Kali zieht die Tröpfchen heraus, und man erkennt alsdann den Kern leicht. Neben den Zellchen erblickt man auch häufig primitine Körperchen (Kerne), welche frei herumſchwimmen. Gleich allen Zellchen durchlaufen auch diejenigen, aus welchen das Lebergewebe beſteht, gewiſſe Grade der Entwicke— ) ) Theile, in Wagners Handwörterbuch der Phyſiologie, Bd. II. S. 308; Braunſchweig 1845. 2) Karsten, Nova acta nat. curios., Vol. XXI. P. I. ) Huſchke, Splanchnologie, überſetzt von A. J. L. Jourdan, in der Encycl. anatom., Vol. V.; Paris 1845. ) Krauſe, Müllers Archiv; Berlin 1845. 5) Nicollucci, Struttura intima del fegato. Napoli 1846. Meckel, Müllers Archiv; Berlin 1846. ) Lereboullet, Acad. des sciences; Janvier 1846. 8) Mandl, Archives d’anatomie generale et de physiologie, Fe- vrier; Paris 1846. °) Lereboullet, Gazette médicale de Strasbourg; Mars 1846. 10) Guillot, Acad. des sciences, 7. Sept. 1846. 1) andi, Anatomie microscopique (le serie, 14e livr.); Paris 1846. 293 lung; man darf ſich deßhalb nicht wundern, große Diffe: renzen in ihren Dimenſionen, nicht allein bei den verſchiede⸗ nen Thieren, ſondern auch bei derſelben Art und demſelben Individuum anzutreffen. Jedenfalls muß man ſich hinſicht⸗ lich der Dimenſionen, wie überall anderwärts, an die voll kommenen Zellchen halten. Nach unſeren Unterſuchungen meſſen fie beim Froſche 0,015 — 0,02 Millimeter; beim Weißfiſche 0,008 — 0,01 Millimeter; beim Rinde 0,02 — 0,03 Millim.; beim Menſchen 0,01 — 0,02 Millim. Ihre Kerne haben einen Durchmeſſer von 0,005 — 0,008 Millim. Sie ſind manch Mal rund, manch Mal abgeplattet; beim Menſchen von ſehr deutlich ausgeſprochener vieleckiger Form. Dieſe Thatſachen widerlegen zur Genüge die Meinung des Hrn. Dujardin und diejenige des Hrn. N. Guillot, nach welchen dieſe Zellchen unregelmäßige Theilchen ſind, welche von keiner Membran eingeſchloſſen werden und ſich in einem mittleren Zuſtande zwiſchen flüſſig und feſt be: finden. Eben fo wenig haben wir die von Huſchke be— hauptete Thatſache beſtätigt gefunden, daß nämlich aus je— dem Zellchen ein Filament auslaufe, welches dasſelbe mit den Gallencanälchen in Verbindung bringe und durch wel— ches die Galle entweichen ſollte. Die Leberzellchen ſind an einander gepreßt und bilden Inſelchen, welche von Blutgefäßen umgeben ſind. Den gegenwärtigen Zuſtand unſerer Kenntniſſe über die Verthei— lung dieſer Gefäße in der Leber verdanken wir faſt einzig und allein den Unterſuchungen Kiernan's. Man kann ſich leicht von der Exiſtenz der Haargefäße überzeugen, ſelbſt ohne Einſpritzungen zu machen, wenn man den freien und durchſichtigen Rand der Leber eines kleinen Thieres, z. B. eines Froſches oder einer Maus unter dem Mikroſkope bei einer 100 fachen oder 150fachen Vergröße⸗ rung unterſucht. Wenn man Fröſche nimmt, muß man vorzugsweiſe ſolche Individuen wählen, deren Leber von ſchwarzem Pigmente frei iſt; auch muß man ſo viel wie möglich jede Compreſſion vermeiden. Unter dieſen Umſtänden iſt es leicht, ein ſehr ſchönes Netz von Capillargefäßen mit ſehr deutlichen Wandungen, und das Lebergewebe in rundlichen oder ein wenig vielecki⸗ gen Maſchen liegen zu ſehen. Wenn man das Präparat zerreißt, ſo findet man ſehr dünne Haargefäße, deren Stru— ctur mit derjenigen der Haargefäße anderer Gewebe über— einſtimmt, auch im Einklange zu ihrem Durchmeſſer ſteht. Man ſieht dann häufig Stämme von Arterien oder Venen, letzte bedeckt mit Pigmentzellchen, an denen die Haarge— fäße hängen. Perſonen, welche mit hiſtologiſchen Unter⸗ ſuchungen weniger vertraut ſind, können ſich leicht von der Eriſtenz dieſer Haargefäße überzeugen, wenn ſie vorher die Blutgefäße mit Jodtinctur einſpritzen. Die Haargefaͤße find dann lebhaft gelb gefärbt und in den Leberzellchen leicht zu erkennen. Wir können folglich nicht die Meinung der Hrn. Du⸗ jardin und Verger theilen, die da annehmen, daß das Blut frei durchs Lebergewebe eirculire, ohne in beſondere Gefäße eingeſchloſſen zu ſein. Deßgleichen müſſen wir auch die Anſicht des Hrn. N. Guillot bekämpfen, welcher be⸗ 19. I. 19. 294 hauptet, daß das Blut in nicht membranöſen Canälen in der Leber circulire. Alle hiſtologiſchen Thatſachen find die— ſen Meinungen entgegen, und die aufmerkſame Unterſuchung des Lebergewebes beweiſ't ihre Unrichtigkeit. Wir kennen bis jetzt Anhäufungen von Zellchen mit Capillargefäßen umgeben. Es handelt ſich noch darum, das Ende der Gallencanäle zu erkennen: dieſes iſt eine äu— ßerſt ſchwierige Frage, die vielleicht noch eine große Menge neuer Unterſuchungen erheiſcht. Um dieſelbe aufzuklären, haben wir es für nützlich erachtet, zuerſt die Leber niederer Thiere zu ſtudiren, und wir haben für dieſen Zweck die Schalthiere und beſonders den Krebs gewählt. Bei dieſen Thieren beſteht bekanntlich die Leber aus iſolirten Läppchen, welche die Form von Röhren haben. Jede dieſer Röhren, in ein Tröpfchen Waſſer gethan, ohne von einem zweiten Glaſe bedeckt zu ſein und bei einer Ver— größerung von 150 — 200 Durchmeſſern unterſucht, beſteht nach unſeren Forſchungen aus einer ſehr dünnen, äußeren Membran, einem parenchyma und einer inneren, mit Galle gefüllten Cavität. Das parenchyma iſt am dickſten am freien Ende der Röhre und ſetzt ſich von hier, immer dünner werdend, bis zum gegenüberliegenden Ende fort. Es be— ſteht aus Zellchen von verſchiedenen Graden der Entwicke— lung. Die innere Cavität oder das Gallencanälchen iſt ge— füllt mit Fetttröpfchen und mit Tröpfchen einer weißen amor⸗ phen Subſtanz, welche wir ſchon mehrmals zu bezeichnen Gelegenheit gehabt haben. Dieſe Tröpfchen ſchließen manch Mal zufällig Körnchen oder ſelbſt Leberzellchen ein, was ihnen das Anſehen wirklicher Zellchen giebt. Nach und nach werden ſie undurchſichtig, und es bilden ſich inwendig ein, zwei oder ſelbſt mehrere durchſichtige Tröpfchen einer röthlichgrauen Färbung. Dieſe Unterſuchungen waren ſeit langer Zeit beendigt, als ich mehrere Abhandlungen über denſelben Gegenſtand erhielt, in welchen einige Reſultate angegeben waren, die ich für unrichtig halte. So iſt z. B. das parenchyma der Röhre von Karſten und von Nicollucci als ein an der Peripherie liegendes Blutgefäß genommen worden, und die Tröpfchen der weißen amorphen Subſtanz hält letzter, wie auch Meckel, für Leberzellchen. Das parenchyma un⸗ terſcheidet ſich von den Blutgefäßen vollkommen durch die Zellchen, aus denen es zuſammengeſetzt iſt, während man in jedem Blutgefäße die im Blute eriſtirenden Kügelchen findet. Man findet manch Mal neben der Röhre einen Streifen Zellgewebe, auf welchem zufällig einige Leberzell⸗ chen einer zerriſſenen Röhre ſich befinden; ein anderes Mal bemerkt man dieſe letzten auf einem Streifen einer gerinn= baren Subſtanz. Dieſe verſchiedenen Streifen hat nun Harz ſten für das an der Peripherie liegende abgeſonderte Blut⸗ gefäß gehalten. Nirgends haben wir an der Röhre eine Spur von Blutgefäß entdecken können. Durch Compreſſton leert man dieſe und ſieht, wie ſich darin Falten bilden. Mauch Mal haben wir am Ende der Röhre transverſale Faſern ange— troffen, und es ſind wahrſcheinlich dieſe Faſern oder dieſe Falten, welche Karſten für Capillargefaͤße gehalten hat. 19 * 295 19. Nicollueci erklärt für ſolche die Räume zwiſchen den Tröpf— chen und der weißen amorphen Subſtanz, welche er, wie wir ſchon bemerkt haben, für Leberzellchen hält. Die Thatſachen, welche wir ſo eben mitgetheilt haben, beweiſen offenbar, daß die Leberzellchen bei den Schalthieren ſich nicht ablöſen, um in die Galle geführt zu werden, wie dieſes bei den Zellchen aller anderen Drüſen der Fall iſt. Hr. Lereboullet hatte anfangs behauptet, daß bei der Familie der Kelleraſſeln die Zellchen der Leber in das In— nere des Nahrungscanales geführt würden; wir bekämpften ſogleich dieſe Anſicht und finden in einer ſpäteren Abhandlung von Hrn. Lereboullet keine Spur mehr von dieſer Meinung. Welches iſt nun der Grund, der verhindert, daß die Leberzellchen bei den Schalthieren in den Gallencanal fallen? Der Grund davon iſt das Vorhandenſein einer beſonderen Membran, welche dieſen Canal begrenzt. Das Vorhanden— ſein dieſer Membran haben wir ſchon früher angekündigt; auch iſt ſie von Karſten und Meckel geſehen worden. Die Unterſuchungen, deren wir eben gedenken, ſind empfindlich und ſehr ſchwierig auszuführen; aber die Schwie— rigkeiten nehmen noch zu, wenn es ſich um die Leber der höheren Thiere und beſonders der mit Rückenwirbeln ver— ſehenen handelt. Beſteht denn nun zuerſt eine beſondere Haut um jedes Läppchen herum? Valentin iſt geneigt eine ſolche anzunehmen und Kraufe verfichert, daß es ihm gelungen ſei, dieſelbe zu erkennen. Wir fühlen uns auch veranlaßt, die Eriſtenz derſelben anzunehmen, aber nicht um jedes Läppchen herum, wohl aber um jedes Inſelchen, welches zwiſchen den Maſchen der Haargefäße liegt. Dieſe letzten befänden ſich alſo außerhalb der eigentlichen Leberſubſtanz und verbreiteten ſich bloß auf der Oberfläche des Läppchens; die Inſelchen zwiſchen den Maſchen bildeten folglich Säcke der Drüſen, welche in der Leber eine dieleckige Geſtalt an— nehmen. Und wirklich ſehen wir auch in keiner Drüſe die Blutgefäße in das Parenchym ſelbſt eindringen, und wir können für die Leber eine ſolche Anomalie nicht annehmen. Man darf alſo das Läppchen, Korn, acinus der Leber nicht als etwas den Säcken der gelappten Drüſen Analoges be— trachten; dieſe letzten werden in der That repräſentirt durch die vieleckigen von Haargefäßen umgebenen Inſelchen. Was nun den Urſprung der Gallencanälchen anlangt, ſo wiſſen wir noch nicht, ob dieſelben aus einem Würzelchen in jedem Inſelchen entſpringen, oder aus einem gemeinſchaft⸗ lichen Stamme im Läppchen; ebenſo wenig wiſſen wir, ob, wie bei den niederen Thieren, dieſe Würzelchen mit einer beſonderen Membran verſehen ſind, was wahrſcheinlich iſt. Übrigens ſind die Leberzellchen in der Regel bei den höhe— ren Thieren in Folge einer dieſelben vereinigenden Zwiſchen— zellſubſtanz ſehr cohärent und dieſer Umſtand würde ſchon genügen, um ihre Abweſenheit in der Galle zu erklären. Jedes Läppchen beſteht alſo aus einer Menge an ein⸗ ander gedrückter Inſelchen, was ihnen eine vieleckige Form giebt. Verſehen mit einer beſonderen Membran, wie die Säcke aller anderen Drüſen, find ſie auch von Haargefäßen umgeben. Die Pfortader umgiebt die Läppchen; die Leber⸗ vene gelangt bis zum Mittelpunkte, wahrſcheinlich begleitet von 10. 296 einem Gallencanälchen, deſſen Urſprung noch unbekannt iſt. Nirgends dringen die Blutgefäße in die Leberſubſtanz ſelbſt ein. Dieſes waren die Hauptreſultate, welche wir in unſe⸗ rer früheren Abhandlung niedergelegt hatten. Wir ſind ſchließlich genöthigt, unſer Bedauern darüber auszudrücken, daß einige Schriftſteller Thatſachen, wie die Griften; der Leberzellchen und der Capillarwandungen, leugnen wollen, welche für alle offen da liegen, die ſich mit hiſtologiſchen Unterſuchungen beſchäftigen, und daß ſie anderen Theils in einer unverſtändlichen Sprache Fragen entſcheiden wollen, welche nur durch beharrliche Unterſuchung beantwortet wer⸗ den können. (Archives d' Anatomie, Octbr. 1846.) XXVII. Alter Gletſcher im Departement der oberen Saöne. Von Hrn. Virlet d' A ouſt. Seit den öffentlichen Mittheilungen der Hrn. Ho: gard und Eg. Royer über die Haufen von Felſentrümmern (moraines) am weſtlichen Abhange des Wasgaugebirges, und der HHrn. Leblane und Edouard Collomb über diejenigen des öſtlichen Abhanges dieſes Gebirges ſtellt es niemand mehr in Zweifel, daß ehedem dieſe Bergkette zur Bildung von Gletſchern Veranlaſſung gegeben habe, die in allen Richtungen von der Maſſe der Ballons?) ausſtrahlten, wie es noch heut zu Tage um die hauptſächlichſten Gipfel der Alpenkette herum der Fall iſt. Beobachtungen, welche ich neuerdings Gelegenheit ge: habt habe, im Thale des Ognonfluſſes gegen das nördliche Ende des Departements der oberen Saöne anzuſtellen, ver⸗ vollſtändigen die Monographie der alten Wasgaugletſcher und bieten einiges Intereſſe dar, in wie fern ſie nämlich die ſüdlichſte noch unbekannte Grenze dieſer Gletſcher anzeigen. Der Fluß Ognon läuft an ſeinem Urſprunge gegen Südweſten ein wenig ſüdlich durch ein tiefes Thal, deſſen Eriſtenz ſehr wahrſcheinlich mit dem Dislocationsſyſteme der Cöte d'Or in Verbindung ſteht. Wenn man dieſes Thal verfolgt, um ſich ins Wasgau zu begeben, ſo ſtößt man, nachdem man das Dorf Saint-Germain paſſirt iſt, un⸗ gefähr 6 Kilometer nordöſtlich von der kleinen Stadt Lure, auf eine Reihe von Hügeln, welche quer durch das Thal eine Art von Damm bilden. Sie erheben ſich auf 50 bis 75 Meter über die Sohle der Stadt und ſind gänzlich aus wandernden Trümmern und untermengten Sandhaufen ge— bildet, welche hier von einem großen Gletſcher abgeſetzt wor⸗ den ſind, der offenbar vom Ballon des Dörfchens Servance herabgeſtiegen und in dem Thale des Ognonfluſſes bis an das Städtchen Lure vorgeſchritten war. Wenn man die unermeßliche Anhäufung wandernder Blöcke unterſucht, welche dieſen Grenzhaufen von Felſen⸗ trümmern bilden, ſo bemerkt man in der That, daß alle Materialien, aus denen er zuſammengeſetzt iſt, dieſer Ge— birgsmaſſe angehören; daß ſie aus einer Miſchung von oft ſehr voluminöſen Puddingſteinen oder Wasgauer Sandſteinen, von Bruchſtücken eines metamorphiſchen Baſaltſchiefers be⸗ ») Die höchſten Kuppen des Wasgaugebirges. 297 ſtehen, wie zum Theil auch die Berge, welche das Thal bis über das Dorf Servance einfaſſen; ferner aus Bruchſtücken von grünem Porpbyr (prasophyre), den man weiterhin trifft, und an deſſen Hervortreten die Modificationen ſich anzu— ſchließen ſcheinen, welche die benachbarten Gebirgsarten er— fahren haben, denn ſie haben einen Theil der äußeren Ei— genſchaften dieſer plutoniſchen Gebirgsart angenommen; und endlich aus Bruchſtücken eines röthlichgrauen Granits, wel— cher große Ahnlichkeit mit dem rothen ägyptiſchen Syenit hat, und deſſen Lagerſtätte ſich zu Anfang des Thales bei Chaͤteau-Lambert findet. Unter dieſen Blöcken von allen Dimenſionen, bald eckig, bald abgerundet in Geſtalt von Ge— röll, bieten viele von denen, welche aus den härteſten Ge— ſteinen beſtehen, noch die Streifen, ein charakteriſtiſches und deutliches Zeichen ihres Gletſcherurſprunges, dar. Dieſes La— ger von aufgehäuften Felſentrümmern, welches der vorge— ſchrittenſte Punkt des Gletſchers von Servance geweſen zu ſein ſcheint, ſtützt ſich auf der einen Seite ſüdlich vom Wei— ler la Goulotte auf Hügel des bunten Sandſteines von St. Germain, den man zu Bauſteinen benutzt, und auf der an— deren Seite an die Wände des Berges Vanne, der von die— ſer Seite die Grenze des Wasgaugebirges bildet. Die Wei— ler Granges-Gueénins und Granges-Bruülces find auf dieſem Trümmerlager erbaut, und der Weiler Monteſſaur öſtlich von dem Felſentrümmerhaufen und an der Stelle, wo der Fluß Ognon ſich dahinter einen Durchgang gebrochen hat. (Com- ptes rendus, T. 23, No. 22, p. 1041.) Heilkunde. (XI.) Geburtshinderniß durch Mißbildung des Beckens, mit nachfolgender fistula vesico-vagi- nalis, durch eine unbedeutende Hilfe geheilt. Von Hrn. Torres de Villanueva. Eine Fiſtel zwiſchen der Harnblaſe und der vagina, die den ganzen Grund der Blaſe einnahm und dennoch faſt von ſelbſt geheilt! In einem ſolchen Reſultate iſt allerdings die Rechtfertigung enthalten für den Raum, welchen wir dieſer Beobachtung widmen; aber es mögen ſich daraus auch die kritiſchen Bemerkungen erklären, zu welchen wir uns bei einer ſo außerordentlichen Thatſache ganz natürlich veranlaßt ſehen werden. Beobachtung. — Der Verf. dieſer Beobachtung wurde zu einer jungen Frau von 21 Jahren gerufen, die von den Wehen zu ihrer erſten Niederkunft befallen war. Er fand fie niedergeſchlagen, das Antlitz roth, die Binde— haut der Augen injicirt, die Pupillen zuſammengezogen, mit Photophobie, dabei epileptiſche Krämpfe mit Übelkeit, Gr: brechen, hartem und ſehr häufigem Puls. Man ſagte ihm, daß die Wehen ſchon vor drei und einem halben Tage be⸗ 19. J. 19. 298 Miſcellen. 38. Als ein Curio ſum erwähnen wir, daß in der Royal Society ein Herr Steven ſon einen Aufſatz vorlas, der die An⸗ ſicht enthielt, daß die moderne (!) Theorie der A des Waſſers falſch ſei; das Waſſer, ein einfacher Körper, verbinde ſich vielmehr mit der elektriſchen Flüſſigkeit, um Waſſerſtoff zu bil⸗ den, und jene ſei identiſch mit dem Phlogiſton der früheren Chemiker. 39. Mittheilung über die von Dr. Koch nach Eu⸗ ropa gebrachten foſſilen Reſte des Hydrarchus. — Als im Herbſt des vorigen Jahres dies merkwürdige foſſile Skelett nach Europa gebracht und zuerſt in Dresden aufgeſtellt wurde, veranlaßte der Unterzeichnete mehrere Naturforſcher, namentlich die Herren Dr. Geinitz, Prof. Dr. Günther und Hofr. Dr. Rei⸗ chenbach, mit ihm gemeinſchaftlich dieſe ſehr große Merkwürdig⸗ keit genau zu unterſuchen. Zeichnungen wurden darüber angefer⸗ tigt, und in kurzem werden die Reſultate dieſer Forſchungen in einem beſonderen Foliohefte hier bei Arnold erſcheinen. Vor⸗ läufig will ich jedoch gegenwartig als eine beſondere Merk— würdigkeit und als etwas durchaus Neues anzeigen, daß bei der auf meine Veranlaſſung durch Hrn. Prof. Dr. Günther vorgenommenen Abſchleifung und mikroſkopiſchen Unterſuchung fei⸗ ner Fragmente von Knochen- und Zahnſubſtanz des Hydrarchus, nicht nur deutliche, durch rothbraune Färbung ausgezeichnete Blut⸗ gefäße in der verſteinerten Subſtanz ſichtbar geworden find, ſon⸗ dern auch deutliche einzelne Blutkörperchen hier erkenn⸗ bar wurden. — Dieſe vorweltlichen Blutkörperchen, die erſten, welche man, fo viel mir bekannt iſt, geſehen hat, find ziem⸗ lich von der Größe der Salamanderblutkörperchen, etwas länglich, laſſen den Kern in der Hülle erkennen und konnten ſomit auch dieſem merkwürdigen Geſchöpfe, welches, wenn nicht einer eigenen Thierelaſſe, doch gewiß einer beſonderen Thierordnung angehörte, eine Ahnlichkeit mehr mit den Am: phibien vindiciren. Dresden, 1. März 1847. Carus. gonnen hätten, und daß ſie den Kopf in Zeit bis zum Eintritt gefördert, aber ihn nicht weiter hätte bringen können. Die Frau war rachitiſch und der linke Schenkel atro— phiſch. Man konnte folglich Fehler der Beckenbildung ver⸗ muthen, aber die außerordentliche Spannung der weichen Theile der Mutter und der Kopfſchwarte des Fötuskopfes verhinderten im Augenblicke, ſie mit Genauigkeit zu erkennen. Die Oberhaut des Kopfes ging bereits los, und das Stethoſkop ließ kein Geräuſch des Herzens erkennen. Überzeugt vom Tode des Kindes, perforirte der Geburtshelfer nun den Schädel mit der Scheere, leerte ihn aus und konnte nun den ganzen Körper ziemlich leicht zu Tage fördern. Vom Tage der Entbindung an hatte die Patientin ge⸗ ſagt, ſie ſpüre keinen Harnabgang und der Harn müſſe, wie es ſie bedünken wolle, beſtändig fließen. Ein eigenthüm⸗ licher Geruch, der ſich verbreitete, wenn man die Bettdecke empornahm, und der gänzliche Mangel eines Bedürfniſſes zu uriniren, ließen am folgenden Tage keinen Zweifel mehr, daß eine Communication zwiſchen der vagina und der Blaſe beſtehe. Man hatte anfangs dieſe Symptome einer 299 incontinentia urinae für die Folgen der gewaltſamen Hand— griffe, die Pat. während der Operation ausgehalten hatte, angeſehen; als aber am dritten Tage die Patientin die Aufmerkſamkeit des Arztes auf einen fremden Körper lenkte, den ſie in den Geſchlechtstheilen ſpüre, ſo erkannte man hier einen Schorf, der von der Gangrän der Gewebe, welche einen ſo langen Druck ausgehalten hatten, herrührte. Es wurde jetzt eine örtliche Unterſuchung nothwendig. Der Verf. ſtellte fte auf die Weiſe an, daß er den Zeige: finger in die vagina einführte, nachdem er zuvor einen Katheter in die Harnblaſe eingelegt hatte. Er conſtatirte auf dieſe Weiſe einen Subſtanzverluſt von der Länge faſt des ganzen vorderen Theiles der vagina, mit Einſchluß des dritten Theiles oder der Hälfte des Umfanges der Blaſe in der Gegend des Anfangs des unteren Blaſenbodens. Da aus dem Katheter nicht ein Tropfen Harn abfloß, und da man das Ende desſelben mit der Spitze des Fingers ganz frei berühren konnte, ſo war die Diagnoſe einer fistula ure- tro-vesico-vaginalis nicht ſchwierig zu ſtellen, um jo mehr, als die Patientin in der vagina einen brennenden Schmerz ſpürte, den ſie ſelbſt der Berührung des Harnes beimaß. Gebärmutter und Maſtdarm hatten an der Gangrän keinen Theil genommen. Trotz der Leichtigkeit, mit welcher eine ſo friſch gebil— dete Wunde wieder hätte vereinigt werden können, hielt der Verf. dieſen Vortheil doch nicht für bedeutend genug, um die Gefahr einer Entzündung der Gebärmutter oder des Bauchfelles aufzuwiegen, welche die Operation an noch ent— zündeten Organen ſeiner Anſicht nach ſicherlich herbeigeführt haben würde. Er begnügte ſich deßhalb, der Patientin einſt— weilen den Rath zu geben, das Bette zu hüten und immer auf einer Seite zu liegen. Durch dieſe einfache Vorſichts— maßregel gelang es der Patientin, den Harn fünf Stun— den lang bei ſich zu behalten. Durch Umſtände, die von ſeinem eigenen Willen nicht abhängig waren, hatte Hr. de Villanueva ſeit der Zeit dieſe Patientin ganz aus dem Auge verloren, als er nach vier Monaten erfuhr, daß ihre Fiſtel vollſtändig geheilt ſei, und daß ſie ſich einer guten Geſundheit erfreue. Ein Jahr ſpäter machte ſie ihm einen Beſuch, ihn um Rath zu fragen, ob fie ſich wieder verheirathen könne. Sie verficherte ihm, daß ſie von ihrer Fiſtel hergeſtellt ſei, ohne etwas anderes gethan zu haben, als 28 Tage lang die Lage beizubehalten, die er ihr angerathen habe. Der Harn habe ſich fortwäh— rend durch die vagina ausgeleert, aber in immer geringerem Grade bis zum 23. Tage, wo die Ergießung desſelben in die vagina gänzlich aufgehört habe. Hr. de Villanueva, der die erzählte Thatſache noch bezweifelte, kam auf den Gedanken, um ſich darüber aufzuklären, ihr zu ſagen, daß eine Unterſuchung ſich nöthig mache, um zu wiſſen, ob, im Fall einer abermaligen Niederkunft, die Geſchlechtstheile ſich in einer Beſchaffenheit befänden, eine Entbindung möglich zu machen. Mit dem in die vagina eingeführten Zeige— finger berührte er eine Narbe, welche ſich in der weiter oben angegebenen Richtung, von der Mündung der vagina bis nahe an den Hals der Gebärmutter, ausbreitete, welche letzte 19. J. 19. 300 man übrigens an ihrer Conſiſtenz, an ihrer glätteren Ober⸗ fläche und an dem gänzlichen Mangel des Schleimes von der Schleimhaut unterſcheiden konnte. Die Narbe ſchien ihm kein Hinderniß zu ſein, daß die Patientin eine neue Che ſchließe, aber nach dem, was ſich ſchon ereignet hatte, mußte er ſie darauf aufmerkſam machen, daß ein zweites Kind ihr wahrſcheinlich das Leben koſten würde. — — Dieſes Reſultat iſt ſo ſchön und das Mittel, welches dasſelbe herbeigeführt haben ſoll, war fo einfach, daß wir uns glücklich ſchätzen würden, wenn wir es ohne Wider⸗ ſpruch annehmen könnten; gewiſſermaßen ungern gehen wir deßhalb daran, die Beweiſe einer näheren Prüfung zu un⸗ terwerfen. Aber ſo viele Umſtände erheben ſich gegen die Wahrſcheinlichkeit der Thatſache, daß wir uns nicht ent⸗ halten können, unſern Zweifeln darüber Worte zu geben. Um eine jo außerordentliche Heilung darzuthun, ſtützt ſich der Verfaſſer auf die Erklärung der Patientin und auf eine von ihm angeſtellte Unterſuchung der Theile. Wen wird man nun wohl überreden können, daß eine junge Frau von 22 Jahren, die ſich wieder zu verheirathen wünſcht, ſich ſollte verbunden halten, ihrem Arzte die reine Wahr— heit zu ſagen, beſonders wenn fie dieſer Arzt früher behan— delt hatte und der einzige Vertraute in Bezug auf ihre Krankheit geweſen war, an deſſen günſtigem Zeugniſſe ihr viel gelegen ſein mußte, für den Fall, daß man etwa über fie bei demſelben Erkundigungen einziehen wollte? Ange— nommen aber auch, daß ſie aufrichtig geweſen ſei, iſt es denn nicht bekannt, bis zu welchem Grade der Wunſch ge— heilt zu ſein hinſichtlich der Heilung ſelbſt täuſchen könne, und wie viele Frauen in dieſem Betreff auf die ehrlichſte Weiſe von der Welt ſich ſelbſt täuſchen? Was nun die Unterſuchung anlangt, ſo war ſie in der That zu unvollſtändig, als daß man dieſelbe für ein gülti- ges Argument anſehen könnte. Dergleichen Unterſuchungen dürfen keinesweges leichthin angeſtellt werden. Wir ſind indeſſen weit davon entfernt anzunehmen, daß die Hlung einer fistula vesico-vaginalis fo ſchwierig zu conſtatiren ſei, als zu einer anderen Zeit vor der Akademie der Mediein behauptet wurde, und die minutiöſen Beobachtungen, die man damals bei dem ſchönen Falle einer durch Hrn. Jobert bewirkten Hei⸗ lung als Erforderniſſe aufſtellte, find, unſeres Bedünkens, auch in dieſem Falle ganz am unrechten Orte und nicht zu recht⸗ fertigen. Aber zwiſchen dem blinden Glauben und dem un- bedingten Skepticismus giebt es noch eine Mittelſtraße, die man bei dem gegenwärtigen Falle nicht eingeſchlagen zu haben ſcheint. Weil man mit der Spitze des Fingers eine Narbe fühlt, darf man deßhalb behaupten, daß dieſe Narbe an keiner Stelle mehr offen ſei! Und dieſe Verſicherung wird gegeben, ohne das speculum, ohne den Katheter angewendet zu haben, ohne ſelbſt die Patientin uriniren zu laſſen! Es genügt, dieſe Lücken angedeutet zu haben; die daraus zu ziehende Folgerung iſt einleuchtend. 2 Ungeachtet dieſer Einwürfe erkennen wir mit eben ſo viel Genugthuung als Bereitwilligkeit an, daß eine ſehr bee deutende Beſſerung bloß durch die Einwirkung der Zeit und der Lage eingetreten ſei. 301 EL Diefer neue Fall muß die Wundärzte immer mehr er: muthigen, die active Behandlung einer Verletzung dieſer Art niemals zu beginnen, ohne zuvor abgewartet zu haben, was die Natur zur Wiederherſtellung derſelben auszurichten dermöge. (Gazette médicale, 1847, No. 2.) (XIII.) Von den Fällen, in welchen die Opera— tion der Gaſtroſtomie anwendbar iſt. Von Sedillot ®). In einer früheren Abhandlung über die Gaſtroſtomie (ſoll die Herſtellung eines Mundes am Magen bezeichnen) hatte ich ganz in Kürze die Gründe dieſer neuen Operation entwickelt, und gegenwärtig lege ich der Akademie in einer zweiten Ab- handlung die Fälle vor, in welchen die Gaſtroſtomie an— wendbar ſein dürfte. Ich kenne mehr als 50 Fälle von unwegſamen Ver— engerungen der Speiſeröhre und des Magenmundes, aus au⸗ thentiſchen Quellen geſchöpft, und habe ſie ihrer Natur nach in 15 beſondere Claſſen getheilt, nämlich: 1) Angeborener Mangel eines Theiles der Speiſeröhre; 2) Verengerungen, durch äußere Geſchwülſte bewirkt; 3) Verengerungen, durch Geſchwülſte bewirkt, welche ſich zwiſchen den Wandungen der Speiſeröhre entwickelt haben; 4) Hernien der Schleimhaut der Speiſeröhre; 5) Speiſeröhrpolypen; 6) atrophiſche Verengerungen der Speiſeröhre, ohne krankhafte Umwandlungen, die in den Wandungen dieſes Canales entdeckt werden könnten; 7) Verſchließungen des Canales als Folge von Wun— den und Narben; 8) fibröſe Verengerungen; 9) fibröſe Terturveränderung der Muskelhaut der Speiſe⸗ roͤhre (v. Albers oesophagostenosis genannt); 10) knorpelige Verengerungen; 11) knochige Umbildungen; 12) vollftändige Verſtopfungen; 13) Krebsgeſchwüre der Speiſeröhre; 14) unpaſſirbare Verengerungen des Magenmundes; 15) tödtliche Verengerungen der Speiſeröhre von un= bekannter Natur. Ich habe jede dieſer Claſſen von Veränderungen in eben ſo vielen beſonderen Capiteln betrachtet und bin zu der Folgerung gelangt, daß die Gaſtroſtomie in vielen Fällen im Stande iſt, das Leben auf unbeſtimmte Zeit zu ver- längern. Obſchon ich in ſpäteren Abhandlungen mit den anderen Fragen mich beſchäftigen werde, welche auf die Gaſtroſtomie ſich beziehen, ſo will ich doch vorläufig die Akademie über einige Thatſachen unterhalten, welche ihr Intereſſe in An⸗ ſpruch nehmen dürften. Bei meinen Verſuchen an Thieren habe ich für die Operation drei Verfahrungsarten in An⸗ wendung gebracht: ) Vergl. N. Notizen Bd. 39 No. 19 (No. 855) S. 297. 19. 302 1) diejenige des Hrn. Blondlot mittels des Glüheiſens; 2) diejenige mittels der Nath, bei welcher ich mit eini— gen Fäden die zerſchnittenen Wandungen des Magens an die Ränder der Bauchwunde befeſtigte; 3) bei dem dritten Verfahren habe ich auf der Stelle ein Platinroͤhrchen mit Flügeln in den Magen geſchoben. Eine Ergießung hat nicht Statt gefunden, die gaſtriſchen Subſtanzen ſind vollſtändig im Magen geblieben, ohne ir— gend eine Neigung, daraus zu entweichen, und die Ernäh— rung kann mittelbar bewerkſtelligt werden, ohne daß die Thiere weder von der Operation, noch von ihren Folgen ernſtlich beläſtigt würden. Ich habe an demſelben Tage die Gaſtroſtomie und die Unterbindung der Speiſeröhre ausgeführt. Das Thier be— findet ſich noch gegenwärtig ganz wohl. Es war intereſſant, zu erfahren, ob die Ernährung nicht gelöſ't würde, und fuͤr dieſen Zweck habe ich folgen— den Verſuch angeſtellt: Ich verminderte die Quantität der Nahrungsſtoffe, die ich in den Magen eines Hundes einſpritzte, welchen ich ſeit 4 Monaten durch den gebildeten Magenmund ernährte. Das Thier magerte in wenigen Tagen um 300 Gramm ab. Ich habe dann von neuem das Verhältniß der Nahrungsmittel vermehrt, und in einigen Tagen hatte der Hund die ver— lorenen 300 Gramm wieder erlangt. Die Ernährung ging alſo vollſtändig und ohne alle Hinderniſſe von Statten. In dieſem Augenblicke unterſuche ich die Wirkungen der Unterdrückung der Speichelſäfte im Verdauungsacte auf diejenigen Thiere, denen ich die Speiſeröhre unterbunden hatte. Der Verſuch wird concludent ſein, und wir können ihn auf die Weiſe abändern, daß wir ihn auf verſchiedene Nahrungsſtoffe anwenden. In einer dritten Abhandlung werde ich von den Wun— den und den Fiſteln des Magens beim Menſchen handeln. (Comptes rendus, T. 23, No. 20, p. 907.) (XXXII.) über die Darſtellung der Knallpulver. Von J. Pelouze. Die Fabrication der Knallpulver hat eine ſehr bedeu⸗ tende Entwickelung, beſonders ſeit der Zeit erlangt, wo die Gewehre für die Armeen mit Percuſſion eingerichtet worden ſind. Man ſchätzt die Zahl der jährlich in Frankreich, ſo— wohl von Privatleuten, als von den großen, für Rechnung des Staates betriebenen Fabriken angefertigten Zündhütchen auf mehr als 1200 Millionen. Es iſt allgemein bekannt, daß unter allen Induſtrie⸗ zweigen ohne allen Vergleich die gefährlichſte und zugleich eine der ungeſundeſten, die Fabrication der mit Knallqueck— ſilber gefüllten Zündhütchen iſt. Die in dieſen Zeilen an— gedeuteten Verſuche laſſen im Intereſſe der Geſundheitspolizei hoffen, daß dieſer mörderiſche Induſtriezweig bald durch einen anderen werde erſetzt werden, der keine größeren Gefahren darbietet, als die gewöhnliche Fabrication des Schießpulvers. Wenn man auf einen ftählernen Amboß eine kleine Quantität erplodirbares Papier oder Baumwolle legt und mit einem Hammer darauf ſchlägt, ſo läßt ſich ein ſtarker Knall vernehmen; der größte Theil der Subſtanz iſt indeſſen nicht verbrannt worden, und damit die Entzündung derſelben vollſtändig werde, muß man den Schlag ſehr vielmal wieder— holen. Dasſelbe iſt der Fall, wenn das hier angewendete Pyr— orylin in ein kupfernes Zündhütchen gebracht und auf einem Zündkegel vom Hammer des Schloſſes geſchlagen wird. Der größte Theil der Subſtanz wird dabei nicht zerſtört und ver— ſtopft den Canal des Zündkegels. Die auf dieſe Weiſe ge— hemmte Entzündung theilt ſich nur ſelten der Ladung mit, beſonders wenn man für dieſelbe gewöhnliches Pulver an— gewendet hat. Es iſt wahrſcheinlich, daß man durch eine Veränderung des Zündkegelcanales den Unannehmlichkeiten einer ſolchen unvollkommenen Verbrennung begegnen könnte, und daß es andererſeits auch möglich wäre, die Nachtheile zu beſeitigen, welche mit dem Pyrorylin im Zuſtande der Zertheilung, in welchem es ſich in der Baumwolle in Flocken oder im ent— zündlichen Papiere befindet, verbunden ſind, ſo daß in dem einen oder in dem anderen Falle dieſe Subſtanz allein zur Herſtellung des Knallpulvers benutzt werden könnte. Sub— ſtituirt man aber dem Pyrorylin in Geſtalt von Papier und Baumwolle dieſelbe Subſtanz, aus ſehr dichten Geweben von Hanf, Flachs und Baumwolle dargeſtellt, ſo erhält man in der That mit dieſem Präparate, in Geſtalt von kleinen Scheib— chen in den kupfernen Zündhütchen angewendet, Knallzün— dungen, deren Detonation eben ſo ſtark iſt, wie diejenige des Knallqueckſilbers. Die Schieß baumwolle, comprimirt mit einigen Kör— nern von gewöhnlichem Pulver in neuen Zündhütchen, giebt ſehr gute Knallzündungen. Das Pulver bewirkt die Verbren— nung des ſämmtlichen Pyrorylins, und die Entzündung theilt ſich leicht der Ladung mit. Die Kohle und der Schwefel geben ebenfalls gute Reſultate. Ich werde bald auf die Fabrication dieſer neuen Zünd— hütchen zurückkommen. Das eben mitgetheilte wird, wie ich hoffe, genügen, um die ganze Aufmerkſamkeit von Per— ſonen, die ſich für dieſen auch dem Arzte ſo wichtig gewor— denen Induſtriezweig intereſſiren, auf dieſen Gegenſtand zu lenken. (Comptes rendus, T. 23, No. 20, p. 902.) 19. 304 Mifcellen. (54) Ein neues Inſtrument zur Behandlung der Thränenfiſteln hat (nach Schmidts Jahrb. 1847. 2.) Hr. Ro⸗ gier du Beaufort in den Metaxa Ann., Aprile 1844 beſchrieben. Es beſteht aus drei Stücken, nämlich 1) einem ungefähr 10 Linien langen, dünnen Goldröhrchen, das am oberen Ende leicht gebogen iſt und am unteren koniſch, doch abgerundet zuläuft. Das obere iſt mit einem runden Scheibchen verſehen, deſſen Durchmeſſer ſich nach dem der Schnittöffnung oder des Fiſtelgeſchwüres richtet, und deſſen Ränder ein wenig aufwärts gebogen find. Die Mittelöffnung des Scheibchens iſt etwas kleiner, als der innere Durchmeſſer des Röhrchens ſelbſt, an welchem ſich eine Linie unter der Scheibe noch eine dritte Offnung befindet, welche / der (2 Linien meſſen⸗ den) Peripherie des Röhrchens einnimmt, und deren Ränder ein⸗ wärts gebogen find. 2) Aus einer Spritze, die bis 2 Unzen Klüf- ſigkeit faßt und in eine etwas gebogene metallene Röhre ausläuft, welche denſelben Durchmeſſer hat, wie die Mittelöffnung des Scheib⸗ chens und 2½ Linie von ihrem Ende mit einem Scheibchen ver⸗ ſehen iſt, das ſich genau in dasjenige des Goldröhrchens einfügt. 3) Aus einem Handgriffe, an welchem ſich zwei aufwärts geſpal⸗ tene, divergirende, gekrümmte Stahlfedern befinden, welche in die Krümmung des Goldröhrchens eingeführt werden können. Die An⸗ wendung dieſes Apparates, mittels deſſen der Patient ſich die In⸗ jectionen ſelbſt appliciren kann, erleichtert die Heilung ungemein. Die Einführung des Röhrchens iſt leicht, die Befeſtigung desſelben zuverläſſig, und die feitliche Offnung in demſelben geitattet ſowohl den Thränen, als dem Eiter und der injieirten Flüſſigkeit den Durchgang. (55) Über die unvollſtändige Luxation des oberen Radialendes bei Kindern hat Hr. Perrin im Journal de Chir., zur Beſtätigung dieſer von vielen in Zweifel gezogenen un⸗ vollſtändigen Luration, zwei Fälle mitgetheilt. Beim erſten war ein Vorſprung des Radialendes nicht wahrzunehmen; im zweiten wiederholte ſich die Luxation während vier Jahren fünf Mal. In beiden Fällen wurde die Einrichtung nach Duvernoy's Ver⸗ fahren durch foreirte Supination und Flection nach außen, mit gleichzeitigem Drucke auf den Radialkopf nach vorn, bewirkt. Der Vorderarm ruhte dabei nicht, wie man gewöhnlich angiebt, in ge⸗ bogener Lage auf dem Bauche, ſondern war beide Male völlig ausgeſtreckt und wurde zur Seite des Rumpfes etwas nach hin⸗ ten gehalten; die Beugung war möglich, obwohl mit Schmerzen für den Kranken verbunden. Anſtatt der völlig unveränderlichen Pronation ließ ſich die Hand in halbe Supination bringen, ohne fühlbaren Widerſtand am Elnbogen; von da an aber wurde dieſer Widerſtand deutlich und die völlige Supination unmöglich. Die Giltigkeit der Diagnoſe hält der Verf. deßhalb geſichert, weil Schulter- und Handgelenk unverletzt, gewiſſe Bewegungen unmög⸗ lich, ein Widerſtand am Elnbogen deutlich fühlbar, das charakteri⸗ ſtiſche Knacken beim Einrichten hörbar, ſowie die Functionen des Armes alsbald wieder hergeſtellt waren. Bibliographiſche Neuigkeiten. Vrolik, W., Tabulae ad illustrandam Embryogenesin hominis et mammalium, tam naturalem quam abnormem. Fasc. XI. Fol. min. Leipzig 1846. Bronn, H. G., Lethaea geognostica oder Abbildung und Bes ſchreibung d. für die Gebirgsformation bezeichnendſten Verſteine— rungen. 3. Aufl. Stuttgart 1846. Weber, IJ. C., die Alpenpflanzen Deutſchlands und der Schweiz. 1. Bd. od. 1— 12. Hft. München 1846. Rawitz, J., über die einfachen Nahrungsmittel. Mit einem Vorwort von F. Günsburg. gr. 8. Geh. Breslau 1847. Heurteloup, Baron, Trois épisodes pour servir à l’histoire de la lithotripsie, vulgairement appelèe lithotritie, ou Defense obli- gee contre trois injustes attaques. 8°. Paris 1846. Noppe, Henri, Le médecin de soi-meme aux bains de mer, ou Manuel complet d’Hygiene et de Therapeutique , indispensable aux baigneurs. 80. Bruxelles 1846. Dassen, H. J., Handboek voor de leer van de krachten der geneesmiddelen. 2 deelen. gr. Se. Groningen 1846. Monatsſchrift, rheiniſche, für praktiſche Arzte. Herausg. v. Naſſe, Wutzer, Kilian, Unger, Claſſen. 1. Jahrgang 1847. 12 Hefte. gr. 8. Coͤln 1847. vi Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Mer. Rih. Dr. Fr. v. Froxiep gegründete Zeitſchrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 20. Druck und Verlag des Landes» Inbuftrie= Gomptoirs zu Weimar. Stückes 3½ Sgr. (Nr. 20. des J. Bandes.) Maͤrz 1847. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Natur kunde. XXVIII. über Dinornis. Von Prof. Owen. In den Sitzungen der Londoner zoologiſchen Geſell— ſchaft vom 23. Juni und 14. Juli 1846 theilte Hr. Owen die Reſultate der ihm durch neue Knochenſendungen aus Neuſeeland möglich gewordenen Fortſetzung ſeiner Unterſuchun— gen über dieſe intereſſante Vogelgattung mit. Der Haupt— ſache nach beſtehen dieſelben in folgendem. Zuvörderſt beſchrieb Hr. Owen die Knochen, unter denen ſich eine Portion des Schädelknochens des Dinornis struthioides, ſowie die entſprechende Portion des Schädel— knochens des Dinornis aromioides befinden, welche der Stru— ctur der Dronte näher kommen, als der irgend eines leben— den Vogels, aber ſich durch die bedeutende Breite der unte— ren Hinterhauptsgegend auszeichnen, welche von unten nach oben und vorn ſehr ſchräg gerichtet iſt. Die faſt platte Seitenwandbeingegend verliert ſich gerade nach vorn in die ebenfalls ſehr niedrige Stirnbeingegend. Die Schläfengruben ſind außerordentlich breit und tief, die Augenhöhlen klein, der sinus olfactorius (chambre olfactive) verlängert ſich weit (doch nicht ſo ſtark wie bei Apteryx) nach hinten. Die Ebene des foramen magnum iſt ſenkrecht. Der Verf. ver: breitet ſich über noch viele andere Kennzeichen der Structur des cranium der Gattung Dinornis und hebt die fpecififchen Verſchiedenheiten an den beiden verſtümmelten Schädelkno— chen hervor, worauf er in die Einzelheiten der Bildung des os tympani des Dinornis giganteus eingeht und dasſelbe mit dem der jetzt lebenden Vögel vergleicht. Alsdann beſchreibt Hr. Owen die verſchiedenen Rücken- und Halswirbelbeine, welche von Dinornis giganteus, ingens, struthioides und crassus herzurühren ſcheinen. Dieſe Kno— chen ſind vollſtändig und gut erhalten und, nebſt den weiter: hin erwähnten Knochen der Extremitäten, in einer Thon⸗ formation (formation elastique [plastique 2])) an der Küſte der Mittelinſel (Middle-Island) bei Waikawaite gefunden worden. No. 1000. — 900. — Unter den intereffanteften Stücken der aus dieſer Loca— lität ſtammenden neuerlangten Knochen findet ſich ein faſt vollſtändiges sternum, welches Hr. Owen dem Dinornis giganteus zuſchreibt. Es iſt ein ziemlich quadratiſcher, nicht gekielter, ſchildförmiger Knochen, deſſen Breite bedeutender iſt, als deſſen Länge. Der hintere Winkel und der ſchwert— förmige Knorpel find, wie bei Apteryx, lang ausgezogen, aber vorn nicht aufgeworfen. Die rabenſchnabelförmigen Fort— ſätze (depressions coracoides?) ſind ſehr klein. Dieſer Kuo— chen ward ſehr genau beſchrieben und mit den ungekielten Bruſtbeinen der ſtraußartigen Vögel verglichen, woraus ſich ergab, daß der von Apteryx mit dem des Dinornis die meiſte Ahnlichkeit hat. Hr. Owen beſchrieb hierauf folgende Knochen der Er— tremitäten, welche bis zum Jahre 1843 nur unsvollſtändig und zum Theil gar nicht bekannt waren: das vollſtändig erhaltene femur des Dinornis giganteus; Tibien und Tarſo— metatarſalknochen derſelben Species, welche bekunden, daß eine vorzüglich ſtark gebaute Varietät dieſes Rieſenvogels einſt die Mittelinſel bewohnte; den tarso-metatarsus des Dinornis ingens von der Nordinſel (North-Asland), welcher ſich durch eine runzelige Verſenkung auszeichnet, die auf das Vorhan— denſein einer vierten, nach hinten gerichteten Zehe und folg— lich auf die Exiſtenz einer von Dinornis verſchiedenen Gat— tung (Palapteryx) hindeutet; Schenkelknochen, Tibien und Tarſometatarſalknochen eines Dinornis von der Statur des Dinornis ingens, der aber ſtärker gebaut war und auf der Mittelinſel lebte; es findet ſich die Andeutung einer Gelenk— fläche für eine hintere Zehe; Tibien und Tarſometatarſal— knochen des Dinornis (Palapteryx) dromioides von der Nord— inſel, welche ſich durch Länge und Dünne der Structur aus— zeichnen; am tarso-metatarsus zeigt ſich ebenfalls die Gelenk— fläche für eine vierte (hintere) Zehe, was darauf hindeutet, daß dieſer Vogel zu der nämlichen Untergattung gehört, wie der Dinornis ingens der Nordinſel. Hr. Owen beſchrieb alsdann Schenkelknochen, Tibien 20 307 und Tarſometatarſalknochen, welche auf der Mittelinfel auf: gefunden worden ſind und einer neuen Species angehören, für welche er den Namen Dinornis casuarinus vorſchlägt. Eine kleine Vertiefung von 5 Linien Länge und 3 Linien Breite zeigt an, daß dieſe Art eine hintere Zehe beſaß, welche der Stellung nach derjenigen bei Apteryx entſpricht, aber mehr rudimentär iſt. Ferner zeigte Hr. Owen ein femur und einen tarso- metatarsus, ebenfalls von der Mittelinſel, vor, welche einer neuen dreizehigen Species, Dinornis crassus, angehören. Bei einer der des Straußes faſt gleichkommenden Statur bieten dieſe Knochen im Verhältniſſe zu ihrer Länge eine beinahe doppelte Dicke dar. Dies muß der ſtämmigſte aller Vögel, der ächte Repräſentant der Pachydermen in der Claſſe der gefiederten Thiere geweſen ſein. Die dritte neue Species iſt verhältnißmäßig klein und hält ſich in Anſehung der Statur zwiſchen Dinornis didi- formis und Dinornis otitikormis. Sie gründet ſich auf Kno— chen, die ausſchließlich auf der Nordinſel gefunden worden ſind und erhielt vom Verf. den Namen Dinornis curtus. Die Abhandlung war von vielen Abbildungen beglei— tet und enthielt ſchließlich Bemerkungen über die geogra— phiſche Verbreitung der Gattung Dinornis (L'Institut, No. 679, 6. Janv. 1847). Als Anhang theilte Prof. Owen die in No. 867 (No. 9 d. XI. Bds.), S. 131 d. Neuen Notizen befindlichen oſteologiſchen Unterſuchungen über die Dronte mit. XXIX. Auszug eines Briefes des Hrn. Leopold Billa an Hrn. Arago. Ich vollendete meine Arbeit über das Erdbeben zu Piſa auf dem Felde, auf den Hügeln, welche der Hauptſchauplatz der letzten Umwälzungen geweſen ſind, als eine meteorolo— giſche Erſcheinung von überraſchendem Ausſehen und Con— ſiſtenz meine ganze Aufmerkſamkeit feſſelte. Dieſe Erſchei— nung bezieht ſich auf die großen Regen, welche im vergange— nen Monat October Statt gefunden haben. Folgendes iſt ihr merkwürdiger Verlauf, wie ich ihn öſtlich von Piſa und Livorno hier beobachtet habe. Der Himmel begann ſich auf der ſüdweſtlichen Seite meines Horizontes etwa in der Richtung der Inſel Elba mit düſterem Gewölke zu überziehen. Dieſe Wolken erhoben ſich nach und nach in der Atmoſphäre und breiteten ſich in Geſtalt eines Gewitters aus, wobei ſie gegen Nordoſt zogen. Auf dieſem Zuge näherten ſie ſich ſehr der Erde. Ihr Aus— ſehen war um ſo düſterer und drohender, als der übrige Theil des Horizontes in Nordoſt heiter oder bloß mit ruhi— gen Cirrhuswolken beſäet war. Manch Mal nahm die Maſſe des Gewölkes die Form eines gigantiſchen Gewitter— bogens an, in welchem man lebhafte Blitze zucken ſah, wor— auf große Donnerſchläge folgten. Es fand gleichzeitig ein merkwürdiges Sinken der Temperatur Statt, und zuletzt er— goß ſich ein furchtbarer Regen, untermiſcht zuweilen mit Hagel. Das Gewitter dauerte nicht lange, etwa eine halbe oder eine ganze Stunde; ſodann verdünnten ſich die Wolken 20. I. 20. 308 und ſetzten ſich auf den Gipfel der Berge von Piſa und auf die Apenninen, als ob ſie von ihnen angezogen worden wären. Nun wurde der Himmel etwas heiter, aber man bemerkte immer, wenn ich mich ſo ausdrücken darf, einen Gewitterkeim im Horizonte nach Südweſten hin. Nach und nach wiederholte ſich dieſelbe Reihenfolge der Erſcheinungen mit kleinen Differenzen den Tag über ſo gut wie des Nachts. Bei dieſem meteorologiſchen Verlaufe war die Atmoſphäre ziemlich ruhig: der Wind ſchwankte zwiſchen Südoſt und Nordoſt. Es that mir leid, daß ich nicht die erforderlichen Inſtrumente bei mir hatte, um mit Genauigkeit alle Um⸗ ſtände aufzufaſſen, welche in der Atmoſphäre Statt hatten. Aber ich war ſehr erſtaunt über dieſe meterologiſche Be— ſchaffenheit, die ſich hauptſächlich von Mitte Octobers an bemerklich machte. Am überraſchendſten für mich war es, täglich die Quelle der Dünſte an einem conſtanten Punkte des Horizontes zu erblicken, den ich mit der Bouſſole genau beſtimmen konnte; er lag in Bezug auf meinen Standpunkt 25 bis 300 ſüdlich. Eben ſo wunderte mich auch die Er— ſcheinung, daß dieſe Dünſte ſich auf einer concentrirten Baſis erhoben, die allmälig ſich in der Atmoſphäre erweiterte; ich glaubte eine entfernte Ahnlichkeit mit jenen Rauchſäulen zu gewahren, die aus der Mündung des Veſuves bei den gro— ßen Ausbrüchen desſelben aufſteigen; nur ihre Dimenſionen waren weit gigantiſcher. Eines Tages zählte ich bis gegen ſieben dieſer Gewitteranſammlungen und Entladungen. Etwa zu derſelben Zeit erhielt ich die Nachricht, daß ein mare moto ſich zu Livorno ereignet habe. In den Hü— geln von Piſa vernahm man neues unterirdiſches Getöſe, verbunden mit kleinen Stößen. Den 28. October ging ich nach Piſa, um beſtimmte Nachrichten über einige Zufälle einzuholen, die im König— reiche Neapel Statt gefunden haben ſollten. Es circulirten in dieſem Betreffe verſchiedene Gerüchte: man ſprach von Erd— beben und von ſchrecklichen Überſchwemmungen. Am 29. und 30. ſprach ich mit mehreren meiner Freunde, unter an— deren (geſtatten Sie mir Perſonen zu nennen) mit den Hrn. Verrucei und dem Prof. Gherardi von Bologna über die meterologiſchen Erſcheinungen, deren ich eben gedacht habe. Als ich von dieſen Männern veranlaßt wurde, meine Meinung über die wahrſcheinliche Urſache dieſer Erſcheinun⸗ gen auszuſprechen, konnte ich mich nicht entſchließen, einen Gedanken kund zu geben, der mir durch den Kopf ging, aber zu gewagt erſcheinen mochte; indeſſen äußerte ich mit allem nöthigen Vorbehalte, daß die Erſcheinung mög— licher Weiſe ihre Veranlaſſung in irgend einem ſubmariniſchen Ereigniſſe haben könne, wel⸗ ches auf irgend einem entfernten Punkte des mittelländiſchen Meeres Statt gefunden haben möchte; und ich fügte noch hinzu, daß es in dieſer Hinſicht intereſſant ſein dürfte, Erkundigun⸗ gen bei den Capitänen der Dampfſchiffe ein zu⸗ ziehen, welche dieſes Meer zu befahren pflegen. Ich beziehe mich auf das Zeugniß der oben von mir ge— nannten achtbaren Perſonen, um die Wahrheit meiner Worte zu beſtätigen. Der Prof. Gherardi lud mich beſonders 309 ein, an irgend eine Stelle der Küſte mich zu begeben, um den Heerd der Gewitter beſſer zu unterſuchen. Alles dieſes ereignete ſich am Morgen. Den Abend desſelben Tages, am 30. October, traf ich meinen Collegen Hrn. Cuppart und Hrn. Geamboi, einen jungen ſehr ausgezeichneten Mann und meinen Schüler, beide von Meſ— fina. Dieſer theilte mir eine Nachricht mit, welche mich in Erſtaunen ſetzte und mir zugleich unbeſchreibliches Vergnügen machte: er hatte des Morgens einen Brief von Meſſina erhalten. Dieſer Brief, vom 15. Octbr. datirt, ſprach erſt von ſchrecklichen Gewittern, welche Sicilien verwüſtet hätten; das ſtürmiſchſte derſelben habe ſich in der Nacht des 30. Sept. entladen und die Felder von Bavpuſo bis nach Termini und hauptſächlich bis nach Melazzo zerſtört; man zählte auch am Tage, wo der Brief geſchrieben worden, 93 Opfer der Über— ſchwemmung. Andere Nachrichten aus Neapel verkündigten auch, daß dieſe Gewitterregen ſich bis zur Stadt Neapel aus— gedehnt hätten, und daß Caſtellamare überſchwemmt worden ſei. Aber der wichtigſte Artikel des Briefes war der fol— gende, den ich mir die Freiheit nehme hier wörtlich anzuführen: „Am 6. October lief ein Capitän eines Kauffarthei— ſchiffes in dieſen Hafen ein und brachte dem Hafencapitäne die Nachricht: als er ſich im Meere von Siculiana bei Gir— genti und Sciacca, acht Meilen von der Küſte, in der Nacht vom 4. bis zum 5. October befunden, ſo habe er in der Entfernung eine große Hellung bemerkt, die er anfangs durch ein in Brand gerathenes Schiff bewirkt geglaubt habe. In der Abſicht, demſelben Hilfe zu leiſten, habe er ſich dem Orte genähert, aber zu ſeinem großen Erſtaunen und Schrecken ſah er aus dem Meer eine Flamme und einen unermeßlichen Rauch aufſteigen, in welchem ſich glühende Kugeln erhoben, die in großer Entfernung und mit einem fürchterlichen Ge— töſe niederfielen. Der Capitän verſichert, daß die Stelle, aus welcher die Flammen emporgeſtiegen, ſeinem Ermeſſen nach über eine Meile Umfang gehabt habe. Das Meer be— fand ſich in großer Ausdehnung in einem wallenden Zu— ſtande und verurſachte ein ſo ſtarkes Getöſe, daß man das— ſelbe mehrere Meilen weit hörte. Nachdem er ein Zeuge dieſes großen Schauſpieles geweſen, ſegelte er nach Meſſina, um dieſes Ereigniß zu melden.“ Ich habe Ihnen dieſe Nachrichten mittheilen wollen und werde ſie in Kürze als Anhang zu meiner Arbeit bekannt machen. Ich will mich indeſſen nicht beeilen, Beziehungen zwiſchen den drei Ordnungen der terreſtriſchen, ſubmarinen und atmoſphäriſchen Erſcheinungen, die faſt gleichzeitig in Italien Statt gefunden haben, aufzuſtellen. (Comptes ren- dus, Tom. XXIII., No. 21, p. 988.) XXX. über die Bildung der tunica decidua. Einige neuere Beobachtungen, welche ganz mit der von Sharpey, E. H. Weber, Biſchoff c. aufgeftellten Theorie der Umbildung der Uterinſchleimhaut in die decidua übereinſtimmen, veranlaſſen mich zu einer vorläufigen, kur⸗ zen Mittheilung über dieſen Gegenſtand. Bei einer Frau, die drei Monate ſchwanger ſein ſollte, 20. I. 20. 310 fand ſich ein 5Y2 Zoll langer foetus, bei dem die eigent: lichen Eihäute vollkommen glatt und die placenta ganz aus⸗ gebildet war. Eine häutige decidua eriftirte noch nicht. Die Uterinſchleimhaut war an der vorderen und hinteren Wand ſtark hypertrophirt, faſt 2 Linien dick, aber ſchon überall ſehr leicht von der Uteruswand abzuſtreifen. Ihre Oberfläche war wulſtig, matt, ſammetartig, weich und von unzähligen, klei— nen Löchern ſiebförmig durchbrochen. Die oberen Schichten beſtanden aus einem dichten Pflaſterepithel, deſſen Zellen hie und da mit Fettkörnchen gefüllt waren; die tieferen Lagen ſtellten junges, ſehr gefäßreiches Bindegewebe, die Löcher Mündungen der Utriculardrüſen dar. Den Übergang dieſer dicken, hypertrophirten Schleimhaut in eine membranöſe Schicht konnte man nun ſehr gut an den Einknickungsſtellen der Ute— ruswandungen, d. h. am fundus und an den beiden Seiten, wo die vordere und hintere Wand an einander ſtießen, er— kennen. Die kleinen, runden Drüſenlöcher wurden hier im— mer größer, flacher und länglicher, die Epithellagen dünner, die Bindegewebsſchicht platter, ſo daß das Ganze einem faſe— rigen, grobmaſchigen Gewebe glich. Bei einem jungen Mädchen fand ſich zufällig während der Section ein ſchwangerer uterus. Die Uterinſchleimhaut verhielt ſich ganz ähnlich, wie in dem vorigen Falle, nur daß die Drüſenlöcher kleiner waren und die Einknickungs— ſtellen noch nicht membranös erſchienen. Die Hypertrophie der Schleimhaut endigte ganz plötzlich am orif, int. An der vorderen Wand, nahe an der Einmündung der rechten tuba, ſaß die decidua reflexa, deren Oberfläche eben jo glatt, wulſtig und mit, obwohl nicht jo zahlreichen, Drüſenlöchern beſetzt war, als die decidua vera. In derſelben fand ſich ein Ei, kaum von der Größe einer kleinen Wallnuß, das chorion ringsum noch mit langen Zotten beſetzt. An der inneren Seite der decidua reflexa lagen zwei kleine, zum Theil in ihr Gewebe eingebettete Blutertravaſate. Ein ähn— liches, größeres bedeckte die Stelle der Uterinſchleimhaut, welche gewöhnlich als serotina bezeichnet zu werden pflegt. Das corpus luteum befand ſich am linken Gierjtode *). Dieſe beiden Fälle zeigen ziemlich beſtimmt den Mecha— nismus der Deciduabildung. Zuerſt geſchieht eine Hyper— trophie der Uterinſchleimhaut, welche ſcharf am orif. int. endigt: in den tieferen Schichten geſchieht eine reichliche Neu— bildung von Bindegewebe, in den höheren von Epithelialzellen, wobei das zu bemerken iſt, daß die neuen Zellen pflaſter— förmig, nicht mehr cylindriſch find. Mit der Zunahme der Dicke der Schleimhaut werden die Drüſenſchläuche ausgezo— gen. Dieſe hypertrophirte Schleimhaut verändert ſich nun in dem Maße, als die Ureruswandungen ausgedehnt werden: ibre Umwandlung tritt zuerſt an den Stellen ein, wo die Ausdehnung ſich zuerſt geltend macht, am fundus und den ſeitlichen Winkeln. Die Drüſenlöcher ziehen ſich aus einan— der, das Bindegewebe bildet eine immer dünner werdende Membran, deren Zuſammenhang mit den Uteruswandungen immer lockerer wird. Den poſitiven Beweis, daß die Uterinſchleimhaut wirk— „) Beide Präparate haben der Geſellſchaft für Geburtshilfe vor: gelegen. 20 * 311 lich zur decidua wird, habe ich an einem abortus von etwa vier bis fünf Monaten führen können. Die placenta mit den Eihäuten war gut abgegangen. Rings um die placenta, an der Stelle, welche auch ſpäterhin immer noch ein verdick— tes, ſehniges Anſehen hat (annulus fihrosus), war die Uterin- ſchleimhaut noch beſtimmt zu erkennen, namentlich die Drü— ſenlöcher eben ſo deutlich als zahlreich. Zunächſt fand ſich dann das ſchon oben erwähnte grobmaſchige, faſerige An— ſehen, bis ſehr bald die gleichmäßigerſcheinende, vollkommen membranöſe decidua folgte. Daß die decidua reflexa nur durch ein Herumwachſen der Uterinſchleimhaut um das Ei zu Stande kommt, iſt klar. Der Proceß iſt alſo ganz derſelbe, wie derjenige, durch wel— chen ein Gallenſtein aus der Höhle der Gallenblaſe in ihre Häute, oder ein Venenſtein aus dem Gefäßrohr in das um— liegende Bindegewebe hinein geräth. Daß die um das Ei herumgewachſene Uterinſchleimhaut über demſelben verwächſ't, muß ſich an dem orif. int. wiederholen, da eine Schließung der ganzen Uterushöhle nur durch einen Verwachſungspro— ceß an dieſer Stelle geſchehen kann. — Die decidua sero- tina iſt natürlich auch nur Uterinſchleimhaut, wie man ſich ſehr beſtimmt überzeugen kann. Auf die Anheftung des aus dem linken Cierſtocke gekom— menen Eies auf der rechten Seite des uterus, auf die in der Höhle der decidua reflexa befindlichen Blutertravaſate mag es genügen, hier aufmerkſam zu machen. Berlin, Charité, 2. März 1847. R. Virchow. XXXI. Über die Veränderungen der Beſchaffenheit, welche die durch Feuer entſtandenen Gebirgsarten darbieten. Von J. Durocher. In den Lehr- und Handbüchern der Geologie ſind die durch Feuer entſtandenen Gebirgsarten als zwei beſondere Arten beſchrieben, die zu einer der beiden großen Claſſen der plutoniſchen und der vulcanifhen Gebirgsarten gehören. Dieſe zwar im Allgemeinen richtige Claſſification iſt doch auch zuweilen mangelhaft, und die Natur bietet uns merkwürdige Beiſpiele von Umwandlungen der Gebirgsarten und von gegenſeitigen Übergängen dar, ſo daß dieſelbe Mi— neralmaſſe, in benachbarten Theilen betrachtet, bald zu der einen Art, bald zu einer anderen gehört, und ſogar häufig in einem Falle als plutoniſche Gebirgsart, und in einem anderen als vulcaniſche Gebirgsart aufgeführt werden muß. Es folgen hier einige Beiſpiele, die ich zu beobachten Ge- legenheit gehabt habe. Der Diorit (ein Hornblendegeſtein) geht auf der Rhede von Breſt in eine Gebirgsart über, welche zum größeren Theil aus Glimmer beſteht; in den Dep. Cötes-du-Nord und der unteren Loire geht dieſer Diorit manch Mal in Schillerſpath und in eine ſerpentinartige Gebirgsart über. Übrigens iſt er nicht immer frei von Quarz und manch Mal geht er in quarzhaltigen Porphyr und Bergkieſel über, wie man an den Ufern der Mayenne zwiſchen Laval und Chateau-Gontier ſehen kann. 20. I. 20. 312 Der Ophit der Pyrenäen, welcher auch zu dem Horn⸗ blendegeſteine gehört, aber weit neueren Urſprunges, als der Diorit der Bretagne iſt, nimmt manch Mal in dem öſt⸗ lichen Theile dieſer Kette das Ausſehen einer vulcaniſchen Gebirgsart an; eben fo verhält es ſich mit dem Lerzolit, der große Veränderungen in Beſchaffenheit und Anſehen dar⸗ bietet, ja ſich ſogar an gewiſſen Stellen unter der Geſtalt eines weißlichen Bimsſteines, ähnlich denen der Bulcane, zeigt. In Skandinavien beobachtet man analoge Thatſachen; es giebt Übergänge vom Diorit zum gemeinen Serpentin; man ſieht da häufig den Diorit und auch den Serpentin mit Eiſenorydul geſättigt und in unmerklichen Abſtufungen in Magneteiſenſtein ſich umwandelnd. Der Granit geht ſehr häufig in Syenit über, und dieſer nimmt Granaten, Schil⸗ lerſpath, Labradorhornblende auf und bildet damit gemiſchte Syenite, welche man in Norwegen Norite nennt. Aber ein Beiſpiel der merkwürdigſten Umwandlungen wird uns in dieſem Lande durch eine andere Granitart geboten, die neueren Urſprunges iſt und beträchtliche Maſſen im Süden von Norwegen bildet. Dieſer Granit geht anfänglich in einen ſehr grobkörnigen Syenit über und bildet dann den Zirconſyenit, jo merkwürdig durch die große Quantität ſelte⸗ ner Mineralien, die ſich in demſelben finden, und don denen mehrere nur auf vulcaniſchen Lagerſtätten angetroffen werden. In großer Ausbreitung ſieht man dieſen Syenit in den Rhombenporphyr mit großen Feldſpathkroſtallen übergehen. Und dieſer Porphyr wird ſelbſt an der weſtlichen Küſte des Meerbuſens von Chriſtiania ein Augitgeſtein, bedeckt mit prächtigen ſchwarzen Pyrorenkryſtallen, und iſt von tüchtigen Geologen, wie es z. B. die HHrn. von Buch und Nau— mann ſind, Baſalt genannt worden. Die Analogie iſt von der Art, daß man ſelbſt in dieſem Augitporphyr Kör⸗ ner von Chryſolith findet (in der Umgegend von Skien); man findet auch im Syenit von Elfdalen in Schweden Erx— emplare, welche dem Zirconſyenit der Umgegend von Chri- ſtiania entſprechen. Eine und dieſelbe Mineralmaſſe bietet uns alſo vier verſchiedene Typen dar: den Granit, den Zir— conſyenit, den Feldſpathporphyr und den Augitporphyr; und man hat in Skandinavien das merkwürdige Schauſpiel einer baſaltiſchen Gebirgsart, nicht mit tertiären und ſecundären, ſondern mit Übergangsgebirgsarten verbunden, ein Contraſt, welcher nicht weniger auffällt, als der in Italien, wo eine Granitgebirgsart zur Bildung einer tertiären mit beigetragen hat. (Comptes rendus, T. 23, No. 21, p. 978.) ieee 40. Eine Malachitmaſſe von ungeheurer Größe erwähnt Murchiſon in ſeinem Werke über Rußland. Es liegt dieſelbe zu Niſchnii Tagylſk in einer Tiefe von 280 Fuß, und man kennt bis jetzt nur die Spitze davon in einer Länge von 18 und einer Dicke von 9 Fuß; dieſelbe ruht auf einer ungeheuren Baſis der⸗ ſelben Subſtanz, deren Gewicht mindeſtens 500,000 Tb beträgt. (L’Institut, No. 679.) 41. Über das Überwallen abgehauener Tannenftöde hat Göppert neue Beobachtungen angeſtellt und nachgewieſen, daß die einzelnen Schichten der Überwallungsſubſtanz durchaus den Jahresringen entſprechen, die ſich ihnen correſpondirend im Umfange des Stockes entwickeln. (Monatsber. d. Berl. Akad., Sept. Oct. 1846.) 313 20. I. 20, N 314 Heilkunde. (XXXIV.) Über die Natur der Glykosurie (Diabetes mellitus), ſowie über die Schwierigkeiten der Be— handlung dieſer Krankheit in den Hoſpitälern. Von Hm. Bouchardat. Die gegenwärtige Arbeit reiht ſich an diejenigen an, welche ich ſchon früher in Bezug auf denſelben Gegenſtand bekannt ge— macht habe (welche ſich auch in verſchiedenen früheren Jahrgängen der Notizen, wie N. Not. Bd. VI. S. 43. 1839. Bd. XXII. S. 183. 1842 finden). Wenn ich auf denſelben ſo oft zurückkomme, ſo leitet mich dabei die Überzeugung, daß dies nöthig iſt, um meiner Be— handlungsweiſe, durch die ich viele Patienten gerettet habe, über andere Methoden, welche zum Theil auf ſehr irrigen Anſichten be— ruhen, entſcheidenden Sieg zu verſchaffen. Über die Natur der Glykosurie. Die an Glykosurie Leidenden verdauen das Stärkemehl in einer anderen Weiſe, als geſunde Perſonen. Alle von mir angeſtellten Verſuche, alle von mir gemachten Beobachtungen beweiſen dieſe Hauptthatſache, auf die ich chen in meinen erſten Arbeiten nachdrücklich hingewieſen habe. Die Beweiſe ſind kurzgefaßt folgende. Die Patienten find ſehr durſtig, und ihr Durſt ſteht im geraden Verhältniſſe mit der Menge ftärfemehliger Nahrungsitoffe, die ſie zu ſich genommen haben, und ſie werden ſo lange vom Durſte gequält, bis ſie ſo viel Flüſ— ſigkeit getrunken haben, als zur Verwandelung des Zuckers in Gly⸗ foje unter der Einwirkung der Diaſtaſe nöthig iſt. Bei gefunden Perſonen iſt nichts ähnliches wahrzunehmen. Iſt dies Kennzeichen nicht höchit wichtig und einzig bei der Glykosurie vorhanden? Wenn man einen Patienten dieſer Art ſich eine Stunde, nach— dem er ſtärkemehlhaltige Speiſen genoſſen hat, erbrechen läßt, fo läßt ſich die Anweſenheit von Stärkezucker in dem Ausgebrochenen ſowohl durch das Frommherz' ſche Reagens, als durch die weinige Gährung mit der größten Leichtigkeit darthun, und ich habe ſogar darin granulirte (mamelone) Glykoſe gefunden. Man unterſuche das, was ein Geſunder unter gleichen Umſtänden vomirt hat, und man wird nie Glykoſe daraus darſtellen können. Mit⸗ tels des Frommherz' ſchen Reagens erkennt man hoͤchſtens Spu⸗ ren davon, und durch einen Zuſatz von Bierhefe wird darin nie eine durchgreifende weinige Gährung entwickelt. Man erkennt in dieſem Falle alſo einen hoͤchſt auffallenden Unterſchied. Man laſſe einen Glykesuriſchen nüchtern vomiren und die ausgebrochenen Stoffe werden, obgleich fie ſauer find, Stärfemehlgallerte in Gly— keſe verwandeln. Man ſtelle einen vergleichenden Verſuch mit einem geſunden Menſchen an, und das Ausgebrochene, welches eben⸗ falls fauer reagirt, wird in der Stärkemehlgallerte nicht die eringſte Veränderung bewirken. Aus dem, was ein Glykosuri⸗ ſcher vomirt hat, läßt ſich jene thieriſche Diaſtaſe ausziehen, auf deren Vorhandenſein ich bereits im Jahre 1838 in einer Ab⸗ handlung über Diabetes mellitus aufmerkſam gemacht habe. Die Glykosurie beſteht alſo weſentlich in einer Störung der Verdauungs⸗ functionen und keineswegs in einem Mangel an Alkalien im Blute, welchen noch niemand nachgewieſen hat. Die ſtärkemehligen Stoffe werden bei den Glypkosuriſchen im Magen und nicht in den Daͤrmen verdauet. Dieſes Reſultat ergiebt ſich aufs beſtimmteſte aus meinen Verſuchen über dieſe Krankheit, deren Sitz man bald in den Nieren, bald im Blute hat finden wollen. Wenn die ſtärkemehligen Stoffe in den Därmen aufgelöf’t wer⸗ den, fo iſt der Harn nicht zuckerhaltig, weil die Auflöfung, bevor fie in die allgemeine Blutmaſſe eingeführt wird, erſt durch die Le⸗ ber gehen muß, während fie, wenn jener Proceß im Magen Statt findet, direct in die Circulation gelangt. Warum fecernirt aber der Magen bei den Glykesuriſchen eine Diaſtaſe haltende Flüſſigkeit? Zu dieſem Reſultate konnen mehrere Urſachen beitragen; zuvorderſt eine Störung in den Hautfunctionen, auf die ich ſchon in meinen früheren Arbeiten aufmerkſam gemacht habe; ferner der anhaltende übermäßige Genuß von ſtärkemehligen Nahrungsſtoffen und drittens ein Erkranken der Bauchſpeicheldrüſe und ihrer Canale. Seitdem ich in Gemeinſchaft mit Hrn. Sans dras die Eigenſchaft des Pankreasſaftes, daß er das Stärkemehl aufloſ't, Ra Haan habe ich dieſes Organ bei den an Glykos— urie Geſtorbenen ſehr ſorgfältig unterſucht. Ich habe dasſelbe mit Hilfe des Dr. Stuart Cooper, erſten Hülfsarztes am Hötel- Dieu, vier Mal ſehr forgfältig ſecirt. In drei Fällen, über die ich alsbald näheres bemerken werde, haben wir in der Größe und Con— ſiſtenz des pancreas und feiner Canäle nichts abnormes wahrgenom⸗ men; allein in einem Falle hatte dieſe Drüſe nur noch ein Drit⸗ tel ihres normalen Umfanges und ihr Greretionscanal war voll kommen verſtopft. Dieſen organiſchen Fehler hatte ich in meiner letzten Abhand⸗ lung mit ziemlicher Beſtimmtheit vorausgeſehen, und aus demſelben läßt ſich die Atiologie der Glykosurie ſehr einfach erklären. Die Flüſſigkeit, welche das zur Auflöfung der ſtärkemehligen Stoffe ges eignete Ferment enthält, wird beim gefunden Menſchen im Zwölf: fingerdarme durch die Bauchſpeicheldrüſe ſecernirt; allein dieſe Se— eretion kann auch, in Folge einer Functionsvertretung, von der es in der thieriſchen Okonomie noch andere Beiſpiele giebt, die aber glücklicher Weiſe nur ſelten vorkommt, im Magen Statt finden. Daraus entſpringt dann die Glykosurie. Dieſe Theorie beruht nicht auf Hypotheſen, ſondern auf That— ſachen, die ich durch directe Verſuche feſtgeſtellt habe, und es er: klären ſich nach derſelben alle gehörig beobachteten Erſcheinungen, welche die Glykosurie begleiten. Wir wollen alſo den Hauptſatz, auf den ſich jede rationelle Therapeutik der Glykosurie ſtützen nt noch ein Mal wiederholen: Die Glykosurie beſteht in einer krankhaften Verdauung der ſtärkemehligen Stoffe. Statt daß dieſelben, wie beim geſunden Men⸗ ſchen, durch die Einwirkung des Pankreasſaftes in dem Darmcanal aufgelöf’t werden, geſchieht dies im Magen, deſſen Saft alsdann Diaſtaſe enthält. Schwierigkeit der Behandlung der Glykosurie in den Hoſpitälern. In den Hoſpitälern, wo eine Behandlungs: methode vielſeitiger Beurtheilung unterworfen iſt, ſtellt ſich die Brauchbarkeit oder ne derſelben gewohnlich am bün⸗ digſten heraus. Ich erinnere mich nicht, daß ſchon jemand auf dieſen im allgemeinen richtigen Satz aufmerkſam gemacht hätte; in unſerem Falle jedoch erleidet er eine Ausnahme. Weshalb? Weil es bis jetzt unmöglich geweſen iſt, in einem Hoſpitale allen den Bedingungen zu entſprechen, unter welchen allein unſere Me⸗ thode vollſtaͤndig gelingen kann. Sie iſt alſo in den Hoſpi⸗ tälern noch nie ihrem ganzen Umfange nach zur Anwendung ges kommen. Allein auch die bis jetzt unter theilweiſe ungünſtigen Umſtän⸗ den dort angeſtellten Verſuche beweiſen in den Augen wahrheits⸗ liebender, ein ichtevoller und vorurtheilefreier Arzte die Brauchbarkeit unſeres Heilverfahrens zur Genüge, und nur an ſolche Arzte wen⸗ den wir uns im Nachſtehenden. Die Schwierigkeit der Behandlung der Glykosuriſchen in Kos fpitälern liegt theils in den Kranken ſelbſt, theils in der gemein: ſchaftlichen Krankenkoſt. Man bemerkt an den Glykosuriſchen eine auffallende Geiſtes— trägheit. Sie begreifen ſchwer, daß eine Krankheit, bei der ihnen Eſſen und Trinken ſchmeckt, gefährlich ſein könne, und eine rein auf die Regeln der Geſundheitslehre baſirte Aae mit ſagt ihrem Geſchmacke ſelten zu; man ſoll ihnen vielmehr mit Arzneiſtoffen Hilfe ſchaffen. Sie thun deßhalb alles 0 um den Arzt zu täuſchen und ſich ſeinen Vorſchriften zu entziehen. Dies läßt Fe allerdings durch unausgeſetzte Überwachung und vollſtändige Iſoli— rung vermeiden; allein dann beginnen eben die aus der gemein⸗ ſchaftlichen Bekoͤſtigung und dem Mangel an körperlicher Bewegung entſpringenden Schwierigkeiten. Indem man den Glykosuriſchen alle ſtaͤrkemehligen Nahrungs⸗ mittel abſchneidet, erfüllt man nur diejenige Indication, welche die 315 wenigſten Schwierigkeiten darbietet. Denn wenn der Patient dieſe fo wichtige Claſſe der Nahrungsſtoſſe ſoll entbehren können, wenn er nicht ein Opfer der ihn beſtaͤndlg bedrohenden Tuberkelſchwind— ſucht werden ſoll, fo muß feine Diät aufs forgfältigite überwacht und beſtändig verändert werden; ſonſt ekelt ihn bald alle Speiſe an, und es entſteht Anorexie, Abmagerung, Tuberkelkrankheit.“ g Wäre aber eine hinreichend abwechſelnde Diät, wie ich fie im Supplemente zu meinem Annuaire de therapeutique, Jahrg. 1846, S. 209 näher dargelegt habe, in einem Hoſpitale moglich? Die Erfahrung ſpricht dagegen. Man wird wohl dem Kranken täglich 2 Pfd. gekochtes oder gebratenes Fleiſch zukommen laſſen, allein dies Fleiſch wird kalt ſein, den Appetit nicht reizen und dem Pa⸗ tienten bald zuwider werden. Er bedarf vier Gerichte, z. B. Fleiſch, Eier, Fiſch, nicht ſtärkemehliges Gemüſe, und dieſe muͤſſen gut zu— bereitet und warm aufgetragen werden, wenn er den Mangel an ſtärkemehligen Nahrungsmitteln ſoll aushalten können. Das aus Gluten bereitete Brot kann wohl in erſprießlicher Weiſe zur An⸗ wendung kommen; allein es iſt immer nur ein Nothbehelf. Zwei bis drei Flaſchen Bordeaurwein täglich find als Erſatz der ſtarke— mehligen Nahrungsmittel nöthig; aber der Arzt wird Anſtand neh⸗ men, einem Glykosuriſchen dieſe Doſis zu verordnen, da dieſer einen großen Theil des Weines an ſeinen mit Pneumonie oder ty⸗ phöſem Fieber behafteten Nachbar verkaufen dürfte. Ein vollſtändi⸗ ger, öfters zu wechſelnder Flanellanzug iſt durchaus nothwendig; allein in einem Hoſpitale iſt dieſe Indication ſchwer zu erfüllen, Zerſtreuung und körperliche Bewegung, namentlich der Arme, ſind ebenfalls Bedingungen der Geneſung; wie ſtänden dieſelben aber bei vollſtändiger Iſolirung des Patienten zu erreichen 2 Wenn die von mir vorgeſchriebene hygieniſche Behandlung auch bei einem wohlhabenden Patienten ſehr leicht in Anwendung zu bringen iſt und, vorausgeſetzt daß er nicht zugleich mit Lungentu— berkeln behaftet iſt, aller Todesgefahr vorbeugt, ſo liegt doch auf der Hand, daß in einem Hoſpitale dieſe Bedingungen nicht ein Mal annähernd zu erfüllen ſind, daher auch das Reſultat nicht ſo genü— gend ausfallen kann. Im glücklichſten Falle erlangt der Kranke ſeine körperliche und geiſtige Kraft wieder, glaubt ſich geheilt und verläßt das Hoſpital; allein er hat ſich der anhaltenden Arbeit entwöͤhnt; er geräth in Noth, er muß wieder zu den wohlfeileren ſtärkemehligen Nahrungsmitteln greifen, und alsbald wird er wie⸗ der glykosuriſch, bekommt Tuberkeln und kehrt in einem gefährliche ren Zuſtande, wie vorher, in das Spital zurück. Man hilft ihm vielleicht wieder auf, allein derſelbe Fall wiederholt ſich, und zu— letzt unterliegt er der galoppirenden Schwindſucht. Und ſolche Fälle werden nun hervorgehoben, um die Unzu— länglichkeit meiner Heilmethode zu beweiſen! Ich verwerfe jedoch ein ſolches Urtheil. Erſt wenn man mir nachweiſen kann, daß, obgleich alle von mir vorgeſchriebenen Bedingungen erfüllt worden find, meine Curmethode ſich als unzulänglich bewieſen hat, werde ich mich für widerlegt bekennen. Wenn weder Lungentuberkeln, noch eine unheilbare organiſche Krankheit des panereas oder feiner Canäle vorhanden find, kann die auf die Grundſätze der Geſundheitslehre baſirte Behandlung eine ſchnelle Cur bewirken, auf welche in den meiſten Fällen eine radicale Heilung folgen wird, wenn man nicht zu viel ſtärkemehlige Nahrungsmittel genießt und die ee den, des Harns ſorg— fältig überwacht, damit, wenn das leiſeſte Anzeichen eines Rück⸗ falles bemerklich wird, der Genuß der ſtärkemehligen Stoffe als— bald wieder vollſtändig ausgeſetzt werde. Wenn Lungentuberkeln exiſtiren, fo werden die von mir vor— geſchriebenen hygieniſchen Mittel das Fortſchreiten der phthisis hemmen, und eine gewiſſe Anzahl Patienten haben unter ſolchen Umſtänden ihr Leben mehrere Jahre, ohne anſcheinend krank zu fein, fortgeſetzt; allein man darf nie überſehen, daß die Glykosuri— ſchen, welche zugleich mit Lungentuberkeln behaftet ſind, durch Er— kältungen ſich leicht eine Lungenentzündung zuziehen, die dann ihrem Leben ſehr ſchnell ein Ziel ſetzt. Iſt eine organiſche Krankheit des pancreas vorhanden, fo er⸗ ſcheint die Glykoſe im Harne, ſobald der Patient ſtärkemehlige aal genoſſen hat. Dieſe müſſen alſo, ſo lange das panereas krank iſt, ſtreng verboten werden. Die Behandlung iſt dann nur 20. I. 20. 316 palliativ, man erreicht aber durch dieſelbe fait immer eine voll⸗ ſtändige Wiederherſtellung der Kräfte und eine ſehr erträgliche Exiſtenz. Wenn aber die von mir empfohlene Behandlung in den Ho: ſpitälern, ſowie für die armen Kranken überhaupt, nicht vollſtänd ig zur Anwendung kommen kann, ſo fragt es ſich, ob ſie durch die un⸗ längſt angeprieſenen Arzneimittel cucirt werden können !“ Aller⸗ dings wäre es ungemein vortheilhaft, wenn man, ohne die ſtärke⸗ mehligen Nahrungsmittel zu verbieten, die Glykosurie gründlich heben könnte. Man hat unlängſt (vergl. Gazette médicale, 2. et 6. Mai 1846) behauptet, das Blut der Glykesuriſchen ſei neutral oder ſo⸗ gar ſauer, und auf dieſe, von dem Entdecker keineswegs bewieſene Hypotheſe, deren Unrichtigkeit ich vielmehr klar dargethan habe, hin, hat man ſich beeilt, eine Curmethode als untrüglich anzuprei⸗ fen. Zuvörderſt müſſen wir bedenken, daß das Blut der Glykosu⸗ riſchen ebenſo wohl alkaliniſch iſt, als das der Geſunden. Mehrere meiner Verſuche haben dieſen Satz feitgeitellt. Hr. Gappezuoli iſt zu demſelben Reſultate gelangt. Die Theorie fällt alfo ohne weiteres über den Haufen, weil die Vorausſetzung, auf die ſie ſich ſtützt, falſch it”). Wir wollen nun das Recept betrachten, welches aus derſelben hervorgegangen iſt. Man ſoll den Patienten ſtarke Doſen Natronbicarbonat verordnen, und dann behauptet man, wür⸗ den ſie Brot in derſelben Weiſe aſſimiliren, wie andere Leute. Dies iſt aber, wie ich gleich nachweiſen werde, ein gefährlicher Irrthum. Die Arzte, ſelbſt die geſchickteſten, loben ſich, weil es ihnen ſchwer fällt, mit der Wiſſenſchaft ſtets gleichen Schritt zu halten, eine das Gedächtniß nicht allzuſehr beſchwerende Curmethede. „Dem Glykosuriſchen hilft Natronbicarbonat;“ das behält ſich leichter, als die Einzelheiten einer Behandlungsweiſe, bei der man die chemiſche Zuſammenſetzung jedes Nahrungsmittels beſtändig berüd- ſichtigen muß, damit die gewaltige Lücke, welche durch das Weg— fallen der ſtärkemehligen Stoffe entſteht, in der geeigneten Weiſe ausgefüllt werde. Selbſt wenn alſo die Richtigkeit der Theorie nicht jedermann einleuchtet, wird doch jedermann Neigung verſpü⸗ ren, ſich für eine ſo bequeme Heilmethode zu entſcheiden. Jedes Mal, wenn mir die hygieniſche Methode zur Wieder⸗ herſtellung eines von mir behandelten Glykosuriſchen ihre Dienſte verſagte, habe ich ſtarke Doſen von Alkalien verordnet, und na— mentlich wandte ich, lange bevor die neue Theorie auspoſaunt wor⸗ den war, vorzugsweiſe kohlenſaures Ammonium an. Auch erlangte ich durch dieſe Behandlung in vielen Fällen gute Reſultate. Das kohlenſaure Natrondeutoryd (Bicarbonat) iſt von mir nur aus⸗ nahmsweiſe mit Erfolg verordnet worden, wovon weiter unten die Rede fein wird. Wenn ſich das kohlenſaure Ammonium als uns genügend zeigte, habe ich, ſeit die neue Theorie auf die Bahn ge— bracht worden, ſtets das Natronbicarbonat in ſtarken Gaben ange— wandt, und in dieſen Fällen hat mir dieſes Mittel nie die gering— ſten Dienſte geleiſtet. Dies werde ich unten ebenfalls mit ſchlagen⸗ den Beiſpielen belegen. Ein Patient im Krankenſaale des Hrn. Honors, auf den ich bald noch ein Mal zurückkommen werde, ließ, obwohl er die vor— geſchriebene Diät ziemlich genau befolgte, doch täglich noch 1% Li: „Ich würde mir gar nicht die Mühe gegeben haben, dieſe Theo— rie zu widerlegen, wenn ſie nicht verderbliche Folgen für die Praris veranlaſſen könnte; allein wenn man ein Mal eine Hy⸗ potheſe reitet, ſo macht man ſobald nicht Halt, und leider geht man hier auf Koften der armen Patienten zu weit. Die⸗ jenigen, welche ſich von der akaliniſchen Beſchaffenheit des Blutes der Glykosuriſchen überzeugen wollen, thun wohl, wenn ſie die Blutentziehung lange nach einer aus ſtärkemehligen Stoffen beſtehenden Mahlzeit vornehmen; denn bald nach einer ſolchen enthält das Blut Glykoſe, und dieſe verwandelt ſich in Vermiſchung mit Blut in Milchſäure; jo daß dasſelbe weni⸗ ger alkaliniſch erſcheint, als es dies wirklich iſt. Die geringe Alkalität des Blutes würde dann nicht die Urſache, ſondern eine Wirkung der Glykosurie ſein. Auch thut man wohl, raſch zu verfahren und, damit das Blut ſchnell coagulire, das Ge— fäß in Eis zu ſtellen. 317 ter Harn, welcher auf das Liter 45 Grammen Stärkezucker ent: hielt. Das Natronbicarbonat ward nach und nach bis zu Gaben von 20 Grammen täglich verſchrieben, und dieſe Doſis vierzehn Tage lang fortgefegt. Die Krankheit verſchlimmerte ſich aber, in⸗ dem der Patient täglich 2½ Liter urinirte, und der Harn auf das Liter 52 Grm. Stärkezucker enthielt. Ein anderer Patient, ebenfalls unter Hrn. Honoré's Be handlung, erhielt mit ebenſo wenig Erfolg zehn Tage lang Na⸗ tronbicarbonat, indem die Harnſecretion, ſowie der Verhältniß⸗ theil des Zuckers im Urine, ſich vermehrte. Ebenſo verhielt es ſich mit M., deſſen Krankengeſchichte ich im Anhange zum Annuaire etc. Jahrg. 1846 mitgetheilt habe. Später habe ich einem jungen Pa⸗ tienten, in deſſen Harn nur noch wenig Glykoſe anzutreffen war (7,5 Grammen aufs Liter), das Mineralwaſſer von Vichy verord— net, und während des Gebrauches dieſes Mittels nahm die Harn⸗ ſecretion zu und der Verhältnißtheil der Glykoſe ſtieg bis 52 Grm. auf das Liter. In zwei Fällen trat nach dem Verordnen des Natronbicarbo— nats der Tod ſo plötzlich ein, daß ich die Behandlung mit Alkalien ſeitdem nur ſehr ſtufenweiſe eintreten laſſe. Eben war die neue Theorie der Welt verkündigt worden, als ein Glykosuriſcher ins Hoſpital kam. Der Arzt war hocherfreut, daß er nach der neuen Behandlungsart dieſem Patienten die gewöhnliche Koſt reichen laſſen konnte, und entſchied ſich ſogleich für die neue Curmethode. Aber ſchon am dritten Tage nach dem Beginne dieſer Cur trat eine Lungenentzündung ein, welche binnen 24 Stunden tödtlich ward. Wenige Monate darauf ward ein ebenfalls im hohen Grade an Diabetes mellitus leidender Patient in den Saal Sainte Ma- deleine aufgenommen. Ohne ihm die ſtärkemehligen Nahrungs- mittel zu entziehen, verordnete man ihm täglich 20 Grm. kohlen⸗ ſaures Natrondeutoryd. Schon nach 24 Stunden ward derſelbe aber von Erſtickungsſymptomen befallen, und 12 Stunden fpäter war er tobt. Ein ſolches plötzliches Verſcheiden iſt bei den Glykosuriſchen nichts ungewöhnliches, und man würde daher unbillig ſein, wenn man es in den erwähnten Fallen der Behandlung mit Alkalien aufbürden wollte; allein allerdings dürfte das Natronbicarbonat, indem es das Blut dünnflüſſiger macht, jene abnormen Lungenent— zündungen begünſtigen, in Folge welcher die Lungen ſich bei der Section von ſchwarzem Blute ſtrotzend und gleichſam hepatiſirt zeigen. Ich muß daher als durchaus erwieſen betrachten, daß in Fällen von bedenklicher Glykosurie das kohlenſaure Natrondeutoryd wenigſtens unnütz iſt, und daß folglich die auf die neue Theorie gegründete Praxis nicht mehr werth iſt, als dieſe Theorie ſelbſt. Unter ganz beſonderen Umſtänden wende ich jedoch ſchon ſeit langer Zeit das Natronbicarbonat mit günſtigem Erfolge an. Um die Gur der Glykoſuriſchen, bei welchen in Folge der angemeſſenen Diät der Zucker leicht aus dem Harne verſchwindet und dieſer Bes ſtandtheil in Begleitung überſchüſſiger Harnfäure nur noch in ſehr geringer Quantitat vorhanden iſt, zu befeſtigen, habe ich mit Nutzen das Mineralwaſſer von Vichy und allaliniſche Bäder verordnet. Hr. Gaillot, Profeſſor zu Grignon, machte mich ſchon vor Jah⸗ ren auf dieſes letzte Mittel aufmerkſam, welches ſich mir in Fällen, wo die Glykesurie mit Abſchuppung der Haut complicirt iſt, als ſehr nützlich bewährt hat “). Die Hypotheſe, daß das Blut der Glykosuriſchen neutral oder alkaliniſch ſei, iſt alſo grundfalſch, und die Curmethode, bei welcher die ſtärkemehlige Diät nicht verboten und kohlenſaures Natrondeutoryd verordnet wird, iſt gefährlich; denn man ſetzt ein in den meiſten Fallen unnützes Medicament an die Stelle einer in allen Fällen wirkſamen Behandlung. In den mediciniſchen Journalen von 1846 findet ſich eine Be⸗ obachtung, nach welcher die Glykesurie mit peruvianiſchem Balſam ») Auf das Verordnen des Vichywaſſers gegen leichte Glykosurie war ich durch die werthvollen Beobachtungen des Hrn. Che: vreul über den Einfluß der Alfalien auf Umbildung der or⸗ ganiſchen Subſtanzen bei Anweſenheit von Sauerſtoff geleitet worden. 20. I. 20. 318 geheilt worden fein ſoll. Dieſen Balſam, fowie den Tolu- und Copaivabalſam habe ich öfters, doch ohne allen Nutzen, gegen dieſe Krankheit angewandt. Dennoch dürften in manchen Fallen, na⸗ mentlich in ſolchen, wo die Glykosurie mit einem Pankreasleiden complicirt iſt, balſamiſche Mittel paſſen; allein auch ſie würden jedenfalls nur ausnahmsweiſe gute Reſultate geben. Beſondere Beobachtungen. — Mehrere der Patienten, welche ich in meiner letzten Arbeit in die Claſſe der hingehalte⸗ nen Glykosuriſchen geſtellt hatte, find ſeitdem verſchieden, zwei an phthisis, einer an hoͤchſt acuter bronchitis und ein vierter an Lungenentzündung. Bei allen war aber zuvor die Glykosurie in Folge des Abweichens von der vorſchriftsmäßigen ſtärkemehlloſen Diät zurückgekehrt. Auch hatten ſie ſämmtlich wiederholt und ohne allen Erfolg ſtarke Doſen Natronbicarbonats erhalten. Nun will ich noch über vier neue Fälle berichten, in welchen es mir gelang das Leiden vollſtändig zu heben, und welche, mit den 16 im Anhange zu dem Annuaire ete., Jahrg. 1846, zuſammen zwanzig ausmachen. Sie betreffen zwei Männer und zwei Frauen. Bei dreien dieſer Patienten waren alle Umſtände E günſtig; dem vierten dagegen konnte ich keineswegs ein günſtiges Prognoſticon ſtel⸗ len, und dennoch war der Erfolg der Cur ein durchaus befriedigender. Erſte Beobachtung. — M. D., der Apotheker einer klei⸗ nen Provinzialſtadt, analyſirte den Harn des M. und erkannte dar⸗ in die Anweſenheit von Stärkezucker. Er ſchickte mir ½ Liter dieſes vorher filtrirten Harnes. Derſelbe hatte eine blaſſe Farbe, roch nach Molken und wog 1,039. In einer Röhre von 303 Milli: meter im Polariſationsapparate mit bloßen Augen betrachtet, ver: anlaßte er eine Abweichung von 12%. Er enthielt ungefahr 90 Grm. Stärkezucker auf das Liter. M. harnte täglich 4½ Liter, allein wenn er den ihn peinigenden Durſt völlig zu loͤſchen verſuchte, fo harnte er noch weit mehr. M. war ſchon bedeutend von Kräften gekom— men, als er ſich der von mir im Supplement des Annuaire de Therapeutique, Jahrg. 1846, bekannt gemachten Behandlung un⸗ terzog. Der Erfolg war eben ſo raſch, als entſchieden. Der Zucker verſchwand aus dem Harne, die Kräfte ſtellten ſich wieder ein, und nach einem Monate war M. vollkommen geneſen. Er beſuchte mich ſpäter in Paris. Ich unterſuchte ſeinen Harn chemiſch, und obgleich M. ſeither wieder einige ftärfemehlige Nahrungsmittel ges nojjen hatte, war in dem Urine keine Spur von Glykoſe zu ent⸗ decken. Dieſer Fall beweiſ't hoͤchſt ſchlagend, daß die Glykosurie durch eine rein hygieniſche Behandlung vollſtändig gehoben wer: den kann. Zweite Beobachtung. — Bei dieſem Patienten waren alle Umſtände der Cur hoöchſt günftig, und dieſe erfolgte denn auch ungemein ſchleunig. M. iſt 46 Jahr alt, ſehr Fräftig und gut bei Leibe. Er klagt über nichts als über brennenden Durſt, unregel⸗ mäßigen Appetit und es iſt ihm auffallend, daß er ſo viel Harn läßt; allein dieſe Umſtände beunruhigen ihn ſo wenig, daß er nur ufällig, als er ſich bei einem berühmten Arzte feiner Frau wegen Raths erholt, des brennenden Durſtes erwähnt, von dem er gepei— nigt werde. Der Arzt überzeugte ſich auf der Stelle davon, daß M. glykosuriſch ſei und rieth ihm, mich zu conſultiren. M. harnt binnen 21 Stunden 5½ Liter eines wenig dunkel⸗ gefärbten, ſchwach riechenden Harns von 1,027 ſpecifiſcher Schwere. Mit dem i Reagens gekocht, reducirt er das— ſelbe; mit Kalkmilch gekocht, färbt er dieſe; mit dem Polariſations⸗ apparate geprüft, veranlaßt er in einer Rohre von 303 Millim. eine Abweichung des Lichtes von 6,5%. Daraus ſchloß ich, daß darin auf das Liter 46,5 Grm. Stärkezucker enthalten ſeien. M. leidet alſo, doch nur in geringem Grade, an Glykosurie. Sein Zuſtand war ein ſolcher, daß man vorausſehen konnte, der Pa⸗ tient werde durch 1 der geeigneten Diät völlig — werden. Ich nahm ihn in Behandlung, und ſchon nach zwei Tagen enthielt fein Harn keinen Stärfezuder mehr, und die Flüſſigkeit war, der Quantität, Farbe und peciſſſchen Schwere (4,018) nach, vollkommen normal. Es ward dem Patienten nun erlaubt, eine eringe Quantität ſtärkemehliger Nahrungsſtoffe zu ſich zu nehmen. Der Harn ward nach dem zwei Mal analyfirt und keine Spur von Glykoſe darin gefunden. einem hat ſich Hr. M. ſtets der beiten Geſundheit erfreut. 319 Dritte Beobachtung. — Dieſe Patientin befand ſich un— ter weniger günſtigen Umftänden. Sie litt ſeit einem halben Jahre an Glykosurie und hatte, ungeachtet ihre Eßluſt ſtets gut geweſen und immer vollſtändig befriedigt worden war, ſehr an Fleiſch und Kräften verloren. Endlich war die Krankheit von einem geſchlck— ten Arzt erkannt und die Patientin an mich gewieſen worden. Sie ließ binnen 24 Stunden 4% Liter Harn von 1,039 ſpecifiſcher Schwere, der im Biot' ſchen Polariſatlonsapparate, in einer Röhre von 303 Millim. betrachtet, eine Abweichung von 11“ veranlaßte. Er enthielt auf das Liter 82 Grm. Stärkezucker. Mad. .. „ bes quemte ſich gleich zu der von mir vorgeſchriebenen Diät, und ſchon nach acht Tagen ſtellten ſich bei ihr die Kräfte theilweiſe wieder her. Sie ließ täglich nur noch 1½ Liter Harn, der jedoch in einer Röhre von 303 Millim. noch eine Abweichung von 5% veranlaßte und auf das Liter 37,25 Grm. Stärkezucker enthielt. Die Diat wurde nun ſo ſtreng als möglich eingerichtet und zehn Tage hinter ein— ander täglich 5 Grm. kohlenſaures Ammonium verordnet. Der Harn nahm bis 0,85 Liter ab und enthielt keine Spur von Stärke— zucker mehr. Ich unterſuchte denſelben mehrere Mal, und obwohl Mad. .. . allmälig wieder zur ſtärkemehligen Koft überging, fand ich nie Glykoſe darin. Die Patientin erlangte ihre körperliche und geiftige Kraft, ſowie ihre frühere Wohlbeleibtheit wieder. 2 Vierte Beobachtung. — Der vierte Fall, über den ich zu berichten habe, betrifft eine Patientin, die, weil ihre Krankheit complicirt war, indem ihr Harn nicht nur Glykoſe, ſondern auch Eiweißſtoff enthielt, noch nicht vollſtändig geneſen iſt. Übrigens iſt auch der letzte Beſtandtheil faſt völlig aus dem Harne verſchwunden, und der allgemeine Geſundheitszuſtand hat ſich bedeutend gebeſſert. Mad. . .. iſt 64 Jahr alt und wahrſcheinlich ſchon lange glykosuriſch. Sie conſultirte eines der ausgezeichnetſten Mitglieder der medieiniſchen Akademie, das die Krankheit für Glykosurie er⸗ kannte und die Patientin an mich wies. Sie war ſeit einem hal— ben Jahre bedeutend abgemagert und ſo geiſtesſchwach geworden, daß fie ſich über die geringſte Kleinigkeit betrübte. Abends beim Schlafengehen zeigten ſich die Füße und Unterſchenkel merklich ge⸗ ſchwollen. Sie harnte binnen 24 Stunden 3,75 Liter von 1,035 ſpecifiſcher Schwere, welcher in einer Röhre von 303 Millim. eine Abweichung des Lichtes um 9e veranlaßte und auf das Liter 67,5 Grm. Stärkezucker enthielt. Mad. . . . befolgte alsbald die hygieniſche Curmethode. Der Durſt verminderte ſich, und eben ſo nahm der Harn an Menge ab. Sie ließ täglich nur noch faſt 1 Liter, allein im Polariſations⸗ apparate unterſucht, veranlaßte derſelbe noch eine Abweichung von 30, und er enthielt noch auf das Liter 21,5 Grm. Glykoſe. Der Verhältnißtheil des Eiweißſtoffes war derſelbe, wie früher. Ich vers ordnete nun täglich 5 Grm. kohlenſauren Ammoniums, nebſt 5 Grm. Theriak. Dieſe Medicamente wirkten günſtig. Mad. . . . ſchickte mir Harn, welcher keine Glykoſe mehr enthielt. Nun wurde mit der Mediein ausgeſetzt, aber die Diät beibehalten. Ich unterſuchte den Harn mehrere Mal; ſeine ſpeeifiſche Schwere hielt ſich zwiſchen 1,015 und 1,021, und er enthielt keinen Stärkezucker mehr; da⸗ gegen war, obwohl in geringer Menge, noch Eiweißſtoff vorhanden. Ich beſtimmte die binnen 24 Stunden abgegangene Menge Harn— 20. I. 20. 320 ftoffes zu 16,25 Grm. Spätere Unterſuchungen des Farnese ergaben wieder die gänzliche Abweſenheit von Glykoſe und einen immer abnehmenden Verhältnißtheil Eiweißſtoffes. Mad.... hat ihre frühere Wohlbeleibtheit noch nicht wieder erlangt, allein ihre kör⸗ perlichen und geiſtigen Kräfte haben ſich zuſehends aufgenommen. Überhaupt iſt ihr gegenwärtiger Geſundheitszuſtand in Betracht ihres Alters ſehr erträglich. Die Anweſenheit einer ſehr geringen Quantität Eiweißſtoffes im Harne iſt, zumal wenn fie mit der von Benzoefäure, einer Ber: minderung des Verhältnißtheiles des Harnſtoffes, einer merklichen Vermehrung des Harnes und Störung der Verdauung zuſammen⸗ trifft, gewöhnlich ein böſes Zeichen. Sind jedoch dieſe Complica⸗ tionen nicht vorhanden, ſo iſt die Prognoſe viel günſtiger; deßhalb glaube ich, daß Mad. ... noch lange in erträglicher Geſund heit fortleben werde, und ich ſtehe nicht an, ſie in die Claſſe der von der Glykosurie Geheilten zu ſtellen. Meine bisherigen Erfahrungen hinſichtlich der Behandlung der Glykosurie laſſen ſich folgendermaßen kurz zuſammenfaſſen. Wenn man einen Patienten vor ſich hat, der wohlhabend genug und zu⸗ gleich hinlänglich verſtändig it, um ſich genau nach der vorge— ſchriebenen Diät, zu welcher gelegentlich noch die Anwendung von kohlenſaurem Ammonium hinzutritt, zu richten, jo erhält man fol- gende Reſultate: Sind keine Lungenkuberkeln oder unheilbare Stö⸗ rungen im pancreas vorhanden, ſo wird die Geneſung ſchnell und in den meiſten Fällen radical erfolgen, wenn nur auch ſpäterhin im Genuſſe der ſtärkemehligen Nahrungsmittel Maß und Ziel gehalten und der Urin öfters ſorgfältig unterſucht wird, damit man beim geringſten Anzeichen eines Rückfalles dieſe Nahrungsmittel wieder ſtreng verbannen könne. (Gazette médicale de Paris, No. 1. 1847.) : Mificellen. (56) Ein neues Reductionsverfahren bei Lura⸗ tionen des Daumens wandte Hr. Gerdy bei einer recenten Luration des Daumens nach hinten mit dem beſten Erfolge an. Er umfaßte mit beiden Händen den lurirten Daumen, indem er die beiden Zeigefinger auf die Palmarfläche und die beiden Dau— men auf die Dorſalfläche applicirte und drängte dann vermittels der beiden erſteren Finger das untere Ende des Mittelhandknochens nach oben und zu gleicher Zeit vermittels der beiden anderen Fin— ger das obere Ende der Phalanx nach unten. Man vernahm ſo⸗ gleich ein leiſes Kniſtern und die Repoſition war vollſtändig. Nun wurde ein Verband angelegt und der Kranke nach wenigen Tagen ge— heilt entlaſſen. (Journ. des connaiss. medico-chirurg., Aoüt. 1846.) (97) Die Anwendung des Schwefeläthers zur Her⸗ beiführung eines kataleptiſchen Schlafes bei Thieren hat Hr. Ducros (vergl. N. Notizen No. 826. Bd. 38, No. 12, S. 192, Mai 1846) zu Anfang des vorigen Jahres der Akademie u Paris bereits angezeigt, in ſo fern hat er gewiſſermaßen Prioritätsanſprüche. Die Anwendung beim Menſchen iſt jedoch von dem americaniſchen Arzte Jackſon und dem Zahnarzte Mor: ton zuerſt verſucht. Bibliographiſche Neuigkeiten. Rieckher, Th., chem. Unterſuchungen einiger Sool- und Mutter laugen von Würtemberg, Baden, Heſſen und Preußen. 4“. Marbach. Geh. Stuttgart 1847. Plattner, C. Fr., die Probirkunſt mit dem Löthrohre. gearb. und vermehrte Aufl. gr. Se. Leipzig 1847. Bartenſtein, das Friedrichshaller Bitterwaſſer, feine Anwen— dung und Wirkung. gr. 8%. Nordhauſen 1847. Hall, H. C. van, Handboek der Kruitkunde. 1837 der Elementa Botanices. 1. stuck. Ze 2. um: 3. verbeterde uit- gr. 8°. Groningen La verit& en médecine, suivie de l’&tude de quelques-unes des sciences qui lui pretent leur concours. Ouyrage publie par une société de medeeins et de savans, sous la direction de F. Perrussel. Premiere livraison. 8°. de 3 feuilles ½. Nantes 1847. Choulant, Ludw., Gutachten und Aufſätze im Gebiete der Staatsarzneikunde. gr. 8». Geh. Leipzig 1846. Cooper, W. W., Practical Remarks on Near Sight, Aged Sight, and Impaired Vision with Observations upon the Use of Glas- ses and on Artificial Light. By William White Cooper, Fellow of the Royal College of Surgeons of England. Post 8°. pp. 226. London 1847. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 21. (Nr. 21. des I. Bandes.) Maͤrz 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptolrs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXXII. Bouſſingaults Verſuche über die Ernährung '). Im Verlaufe meiner Unterſuchungen über die Entwickelung des Fettes in den Thieren, hatte ich öfters Gelegenheit zu beob— achten, daß der Reiß beträchtlich mehr fette Subſtanz an Ather ergab, nachdem er einige Zeit in dem Muskelmagen einer Ente geweſen war, als vorher. Dieſe Beobachtung war indeß für ſich noch ohne Bedeutung; denn die Fettzunahme konnte auch darauf beruhen, daß das Stärkemehl raſcher abſorbirt wurde, als das Fett, welches ſich auf dieſe Weife in dem Theile der Nahrung coneen— trirte, der bis dahin der Verdauung noch entgangen war. Nach- dem ich aber gefunden hatte, daß der trockene Chymus im Dünn⸗ darme desſelben Thieres 5% Fett enthielt, dagegen aber der ver: daute Reiß nur einige Tauſendtheile davon, glaubte ich dieſen Thate ſachen meine Aufmerkſamkeit zuwenden zu müſſen; denn nicht allein deuteten fie darauf hin, daß die verſchiedenen Stoffe von den Ber: dauungsorganen in verſchiedenen Verhältniſſen abſorbirt wurden, fondern fie ließen ſogar vermuthen, daß die Menge des in den Ber: dauungsproducten vertheilten Fettes unter Umſtänden größer fein könne, als der urſprüngliche Fettgehalt der Nahrung; und in die— ſem letzten Falle mußte unterfucht werden, ob das Fett vom Stärke⸗ mehle oder vom Eiweiße des Reißes herrühre. Dies veranlaßte mich, die folgenden Verſuche anzuſtellen, des ren Hauptzweck es iſt, das Gewicht der eingenommenen Nahrung mit demjenigen der verdauten zu vergleichen, und aus der Differenz das Gewicht der vom Organismus aſſimilirten oder durch den Re⸗ ſpirattonsproceß verbrauchten Stoffe zu erfahren. Meine Verſuche wurden an Enten gemacht, und dabei im All: gemeinen fo verfahren, daß den Enten 36 Stunden lang alle Nah: rung entzogen wurde, während ſie Waſſer nach Belieben erhielten; dann wurden ſie gefüttert und nachher in eine Schachtel gebracht, welche ſo eingerichtet war, daß alle Abſonderungen leicht geſammelt werden konnten. Bei derartigen Verſuchen iſt es vortheilhaft, die Nahrung einzuſtopfen, weil der Widerwille des Thieres gegen dieſe oder jene Nahrung oft durch den Hunger nicht überwogen wird. Nach einer beſtimmten Anzahl von Stunden, welche in der Bes ſchreibung eines jeden Verſuches angegeben iſt, wurde das Thier getödtet, und der Inhalt aus den Verdauungsorganen herausge⸗ *) Ann. de Chim. & de Phys., Dec. 1846. No. 1001. — 901. — 21. nommen. Derſelbe wurde vor und nach dem Austrocknen gewogen, mit Ather behandelt, der ätheriſche Auszug mit Waſſer ausgezogen, und der Rückſtand für ſich als Fett gewogen. Die ſtets ſehr wäf- ſerigen Abſonderungen wurden im trockenen Zuſtande gewogen, und durch Ather ebenfalls das Fett daraus ausgezogen; mitunter wurde auch aus den im Waſſer unlöslichen Theile die Harnfäure beftimmt. Für meinen Zweck war es unerläßlich, die Stoffe kennen zu lernen, welche ſich in den Verdauungswerkzeugen zu Anfange eines jeden Verſuches befanden, nachdem das Thier anderthalb Tage ohne Nahrung geblieben war. Auch mußte das Gewicht und der Fett— gehalt der während der Hungerzeit Statt gehabten Abſonderungen be⸗ ſtimmt werden. Dieſe vorläufigen Unterſuchungen ſtellten die ſon— derbare Thatſache heraus, daß ein Vogel, der nichts zu ſich nimmt als Waſſer, doch in ſeinen Eingeweiden faſt eben ſo viel trockene Subſtanz hat, als wenn er reichlich genährt wird. Erſter Verſuch. Die Ente wurde getödtet, nachdem ſie 36 Stunden lang keine Nahrung erhalten hatte. Im Drüſenmagen wurde eine ſehr geringe Menge einer gelben, klebrigen, ſauren Subſtanz gefunden, im Muskelmagen einige Sandkörner. Der Dickdarm fand ſich erfüllt mit einer braun lichen, ſehr homogenen, deutlich ſauren Subſtanz von der Conſiſtenz des Honigs. Der Dünndarm und die Kloake waren faſt leer. Der Blinddarm enthielt eine wenig flüſſige, dunkelgrüne, übelrie— chende Si Inhalt beider Magen und der Friſch Getrocknet Fettgehalt Eingeweide f . 10,82 Gr. 2,29 Gr. 0,105 Gr. Abſonderungen während ber letzten 24 Stunden . — 2,74 = 0,055 Normaler Fettgehalt . 5 5 h 0,160 Gr. Zweiter Verſuch. Die Ente wurde getödtet, nachdem ſie 36 Stunden lang keine Nahrung erhalten hatte. Friſch Trocken Fettgehalt. Inhalt beider Magen r . 1,40 Gr. 0,30 Gr. | 0,145 Gr Inhalt der Eingeweide . 9e „ 20 1 ; Inhalt des Blinddarmes . 1,29 =: 0,241 : Spur Abſonderungen, während der letzten 24 Stunden 8 8 A — 2,71 0081 = 0,176 Gr. 21 323 Die Abſonderungen enthielten lösliche Beſtandtheile 1,19 Gr. unlösliche Beſtandtheile 1,52 = Von den unlöslichen Beſtandtheilen war 0,27 Harnſäure. Dritter Verſuch. Die Ente wurde getödtet, nachdem ſie 36 Stunden lang keine Nahrung erhalten hatte. Inhalt beider Magen und der Ein- Friſch Trocken Fettgehalt. geweide Ä 10,00 Gr. 2,10 Gr. 0,12 Gr. Abſonderungen währen 3 der 2 5 24 Stunden A — 22,80 0,05 = 0,17 Gr. Vierter Verſuch. Die Ente wurde mit Thon gefüttert. Ich unterſuchte auf dieſe Art, ob die Einführung eines unver: daulichen Stoffes eine fettreichere Secretion der Eingeweide ver— anlaſſe, als die gewohnliche. Eine Ente, welche 36 Stunden lang keine Nahrung erhalten hatte, wurde auf zwei Male mit Kügelchen von naſſem Thon ge⸗ ftopft. Fünf Stunden nach dem erſten Stopfen begann der Thon in Form langer Cylinder entleert zu werden, nr von einer gelben, ſauren Flüſſigkeit reichlich begleitet wurden. Die Ente wurde 24 Stunden nach dem Beginne des Verſuches getödtet. Friſch * Felge Inhalt beider Magen . — Inhalt der Eingeweide und des Blinddarmes 11,45 Gr. 2,85 Gr. 0,125 Gr. Abſonderungen 8 5 5 — 18,0 = 0,055 = 0,180 Gr. Die Menge des unter dieſen Umſtänden erhaltenen Fettes iſt dieſelbe, wie bei den früheren Verſuchen. Im Durchſchnitte beträgt der Fettgehalt in dem In⸗ halte und in den Abſonderungen der Verdauungs⸗ werkzeuge einer Ente 0,17 Gr. Der trockene Inhalt der Verdauungs- werkzeuge 2,36 = Die trodene Subſtanz der Abſon derungen während der letzten 24 Stunden 2,75 = Dieſe Zahlen nehme ich als Ausdruck für den normalen Fettgehalt und für das normale Gewicht des Inhaltes der Verdauungswerkzeuge an. Das Gewicht der normalen Abſonderungen wird nach der Dauer des Verſuches corrigirt. Fünfter Verſuch. Die Ente wurde mit Reiß are Eine Ente erhielt 71 Gr. rohen Reiß, welcher einige Zeit ge: wäſſert war; nach 12 Stunden wurden ihr nochmals 80 Gr. gegeben; nach 12 folgenden Stunden wurde fie getödtet. In ihrer Speiſe⸗ röhre fand ſich völlig unveränderter Reiß, welcher nach dem Trock— nen 21 Gr. wog. Der verfütterte Reiß enthielt 0,864 trockene Subſtanz und 0,004 Fett. Die ganze Menge Reiß, welche zur Verdauung kam, betrug alſo nach Abzug der obigen 21 Gr. 112,32 Gr. ). Im Drüſenmagen war das Nahrungsmittel noch erkennbar; jeder Kern war in eine ſchleimige, gelbe, ſaure Flüſſigkeit einge⸗ ſchloſſen. Im Kropfe bildete es einen gleichmäßigen, etwas trocke⸗ nen und ſchwach ſauren, eben ſo gefärbten Teig. Der Dünndarm =) 9 15 Feen 1 nicht ganz richtig: 5 r a des eingeſtopften Reißes. 151 08 Gr⸗ — 130, 46 Gr. trockene Subſtanz desſelben. 130,46 — 21 = 109,46 Gr. Menge des in den Verdauungs- apparat gelangten Reißes. Bouſſingault gen aber die 21 Gr. trockene Reißſubſtanz gleich von den 151 Gr. waſſerhaltigen Reißes ab. Anm. d. Üb. 21 1.21: 324 war mit einer gelben flüffigen Sulze erfüllt, welche Lakmuspapier röthete; es wurde um ſo weniger flüſſig, je weiter es von der Stelle entfernt war, wo ſich der Darm mit dem Kropfe vereinigte; der Dickdarm enthielt nur wenig von einer dicken, dunkelgelben, faſt braunen Subſtanz; der Blinddarm war mit einer grünen, dicken, ſtinkenden Subſtanz erfüllt. Die ſehr flüſſigen, ſchwach ſau⸗ ren Abſonderungen hielten etwas von der grünen Subſtanz des Blinddarmes ſuspendirt; Harnſäure wurde kaum bemerkt. 3 3, 5 Trocken Fett. nhalt des Drüſenmagens 8 Gr. 1,70 Gr. N 5 Inhalt des Muskelmagens 800 = 4,42 9 0,045 Gr. Inhalt des Dünndarmes 14,25 „ 3,35 = 0,155 Inhalt des Dickdarmes 0,37 0,15 aa Abſonderungen . - g — - AM ⸗ 0,140 14,56 Gr. 0,340 Gr. Ganzer Fettgehalt des Inhaltes und der x Mbfonderungen det Ver⸗ dauungswerkzeuge 5 : 0,340 Gr. Normaler Betrag desſelben 0, 111 unterschied 4 0, 17 Gr. Fettgehalt des Reißes — 0, 52 Unterſchied — 0,35 Gr. In 24 Stunden wurden alſo 0,35 Gr. vom Fettgehalte der Nahrung aufgenommen, d. i. etwas mehr als 0,01 in der Stunde. Aſſimilation und Verbrennung von Nahrungs- ſtoff Zuhalt und Ausſcheidungen der eee e 1, 56 Gr. Normaler Betrag derſelben . 02 nnuefcie 5 54 Gr. 11; 2 > Gewicht des ausgetrockneten Reißes Folglich waren aſſimilirt oder verbrannt: in 24 Stunden . 5 — 102,74 Gr. in 1 Stunde 5 g 4,28 = Die Zuſammenſetzung des ausgetrockneten Reißes iſt Stärkemehl und ähnliche Stoffe 89,20 Gr. Eiweiß. 5 3 2 e 68 _ Fett. 8 0,46 5 Zellſtoff 8 1,10 = Unorganiſche Subſtanz 0,56 = 100,00 Gr. In den 4,28 Gr. der aufgenommenen Nahrung find enthalten 3,82 Gr. Stärkemehl und 0,37 Gr. Eiweiß, deren vereinter Kohlen⸗ ſteffgehalt beträgt 2 Gr. Sehen wir, ob dieſe Menge für die Bedürfniſſe des Athmungsproceſſes hinreicht. In einer früheren Arbeit habe ich gezeigt, daß eine Ente, bei einem Körpergewichte von 1,33 Kil. durch das Athmen täglich 42 Gr. Kohlenſtoff verbrennt. Die Enten, mit denen die vorlie⸗ genden Verſuche angeſtellt wurden, wogen durchſchnittlich 1,09 Kil.; man kann Bi annehmen, daß fie taglich 30 Gr. Kehlenſtoff ver- brauchten, d ſtündlich 1,25 Gr. Da aber in der ſtündlich auf⸗ genommenen Nang 2 Gr. Kohlenſtoff enthalten waren, fo ſieht man, daß die eingefütterte Menge des Reißes für die Erhaltung des Athmungsproceſſes mehr als hinreichend war. Sechster Verſuch. Die Ente wurde mit Reiß gefüttert. 100 Gr. eingeweichter Reiß wurde auf zwei Portionen, die zweite 8½ Stunden nach der erſten, eingefüttert; 12,55 Gr. davon waren, als die Ente nach 14½ Stunde getodtet wurde, in der Speiferöhre zurückgeblieben, fo daß die Menge des verdaueten Rei⸗ ßes betrug 87,55 Gr., entſprechend 75,56 Gr. trockener Subſtanz. Friſch Trocken Fett. Inhalt beider Magen . 13,63 Gr. 9,76 Gr. 0,065 Gr. Inhalt der Eingeweide. 23,63 = 5,41 ⸗ Inhalt des Blinddarmes Sue 0,280 = alfalifcher Stoff) 2 — 0,27 = . Abſonderungen . 2 e — 2,00 = 0,08 = 325 Ganzer Fettgehalt des Inhaltes und der Abſonderungen der Ver: dauungswerkzeuge 3 3 8 0,43 Gr. Normaler Betrag desſelben 5 f . 0,17 = Unterſchied + 0,26 Gr. Fettgehalt des Reißes 5 35 a Unterſchied — 0,09 Gr. Affimilation von Nahrungsſtoffen oder Ver⸗ brennung durch den Athmungsproceß. Inhalt und Ausſcheidungen des Verdauungsapparates 17,4 Gr. Normaler Betrag derſelben 8 A e 0 4,08 Unterſchied 13,36 Gr. Trockene Subſtanz des verdaueten Reißes e 2 75,56 = Folglich aſſimilirt oder verbrannt in 15 Stunden 62,20 Gr. in 1 Stunde 415 ⸗ Dieſer Verſuch ſtimmt mit dem vorigen ſehr gut überein; nach ihm iſt beinahe dieſelbe Stoffmenge vom Organismus aufgenommen; nur die Menge des der Nahrung entzogenen Fettes iſt etwas we⸗ niger beträchtlich. Man muß indeſſen vorausſetzen, daß die Fett⸗ abjorption beträchtlicher iſt, als es die Beobachtung anzeigt. We⸗ nigſtens darf man daraus, daß der im Inhalte und in den Abſon⸗ derungen der Verdauungswerkzeuge aufgefundene ganze Fettgehalt geringer iſt, als der Fettgehalt der Nahrung, noch keinen Schluß gegen die Fettbildung während der Verdauung ziehen. Eine völlige Gleichheit würde mir ſogar zu Gunſten der Fettbildung zu ſprechen ſcheinen; denn es iſt eine unnatürliche Annahme vorauszuſetzen, daß nichts davon während des Durchganges der Nahrung durch die Eingeweide abſorbirt werde. Die folgenden Verſuche wurden in der Abſecht angeſtellt, über die Verhältniſſe der Fettabſorptien durch die Verdauungswerkzeuge eine Aufklärung zu erhalten. Siebenter Verſuch. Die Ente wurde mit Käſe gefüttert. Der Käſe war durch Gerinnung von abgerahmter Milch ge⸗ wonnen; ſtark ausgedrückt, enthielt er 0,358 trockene Subſtanz und 0,074 Kutter; da er ohne vorheriges Waſchen ausgepreßt worden war, fo enthielt er nothwendigerweiſe auch Milchzucker. In 6½ Stunden erhielt die Ente 120 Gr. Käfe, entfprechend 42,96 Gr. trockener Subſtanz. Das Thier wurde nach 11½ Stun: den getödtet. In der Speiſeröhre waren 4,93 Gr. trockene Käſe⸗ ſubſtanz zurückgeblieben. Der Vormagen enthielt eine ſehr dicke Sulze, der Muskelmagen einen flüſſigen, ſauren Teig. Im Anfange des Dünndarmes fand ſich ein Stoff von derſelben Flüſſigkeit und derſelben ſauren Beſchaffenheit; weiter abwärts nahm der Chymus eine grüne Farbe an, jedoch mit Beibehaltung der flüſſigen und ſauren Beſchaffenheit. Im Dickdarme befand ſich ein dicker, grü⸗ ner, kaum ſaurer ſtinkender Teig. Während der Austrocknung, be⸗ ſonders zuletzt, entwickelte ſich ein ſehr ſtarker Geruch nach gebra⸗ tenem Fleiſche. Dieſen Geruch beobachtete ich ſtets, ſelbſt bei der Austrocknung des Eingeweideinhalts von ſehr entkräfteten Enten. Die Abſonderungen waren ſehr flüſſig und reich an Harnſaͤure. Friſch Trocken Fett. Inhalt beider Magen 7 10,73 Gr. 4,68 Gr. 0,58 Gr. Inhalt der Eingeweide . 15,25 3,25 „0,82 Abjonderungen . - d . — 5,00 0,4 ⸗ 12,93 Gr. 1,54 Gr. Fettgehalt des Inhaltes und der Abſonderun⸗ gen der Verdauungswerkzeuge . £ l n Normaler Betrag desſelben 5 n Unterſchied 1,37 Gr. Fettgehalt des eingefütterten Kaäſes . 5 „ rr Folglich wurde Felt aus der Nahrung aufgenommen: in 15 Stunden * 5 5 5 u in 1 Stunde > . A 0 Aſſimilation oder Verbrennung von Nahrungsſtoff. Inhalt und Ausſcheidungen des Verdauungsapparates 7,87 Gr. Normaler Betrag derſelben . enn A . Unterſchied 9,26 Gr. 215 I: 21. 326 Trockene 1 des Kaäſes .. 309,03 Gr Folglich wurde aſſimilirt oder verbrannt: in 11½ Stunden N 2 8 28,77 in 1 Stunde . . E . 2, 5 Die 2,5 Gr. aufgenommenen Nahrungsſtoffes zerfallen in 0,57 Gr. Fett mit einem Kohlenſtoffgehalte von 0,46 Gr. und in 1,93 Gr. Käſeſtoff mit einem Kohlenſtoffgehalte von 1,04 Gr. Stündlich werden alſo 1,5 Gr. aus der Nahrung aufgenommen. Dieſe Zahl iſt ſogar ein Minimum, denn die ausgeſchiedene Harnſäure enthält bei gleichem Gewichte weniger Kohlenſtoff, als der Käſeſtoff, aus dem ſie entſtand. Übrigens ſind die 1,5 Gr. Kohlenſtoff mehr als hinreichend, um die Athmungsverbrennung zu unterhalten. Noch will ich bemerken, daß das aſſimilirte Fett nicht allein Kohlenſtoff in den Organismus bringt, fondern auch Waſſerſtoff, welcher an der Erzeugung der thieriſchen Wärme Theil nimmt. Auch iſt der Käfe als hoͤchſt nahrhaft anerkannt, man benutzt ihn, um bei jungen Thie⸗ ren eine raſche Entwickelung von Fleiſch und Fett hervorzurufen. Die ſtündliche Fettabſorption beträgt 0,57 Gr., wenn dasſelbe zu einigen Procenten mit einem ſo ſtickſtoffreichen und für die Er⸗ nährung ſo geeigneten Stoffe verbunden iſt, wie der Käſeſtoff. Es müßte intereſſant ſein, die Grenze dieſer Abſorption aufzufinden, indem man eine weſentlich aus Fett beſtehende Nahrung gabe. Achter Verſuch. Die Ente wurde mit Speck gefüttert. Der geräucherte Speck, deſſen man ſich bei dieſem Verſuche bediente, enthielt von der Schwarte getrennt: Fett 96,3 Zellgewebe 1,0 Salz 1,0 Feuchtigkeit 1,7 100,0 Die Ente erhielt 50 Gr. Speck und wurde nach 12 Stunden getödtet, nachdem man ſich davon überzeugt hatte, daß ihr Kropf leer war. Der Muskelmagen enthielt nichts als eine gelbe ſaure Materie. Der Dünndarm war mit einem ſehr flüſſigen, der Dick⸗ darm mit einem etwas dickeren, hellgrauen, opaliſirenden und ſchwach ſauren Chymus erfüllt. Der Blinddarm ſtrotzte von einer grünen, ſehr übel riechenden Flüſſigkeit. Die Abſonderungen waren fehr reichlich, da das Thier viel getrunken hatte; ſie waren ſauer mit einer Schicht von geronnenem Fett überzogen. Friſch Getrocknet Fettgehalt. Inhalt beider Magen . . 0,40 Gr. 0,10 Gr. Inhalt der Eingeweide . „16,89 3,09 0,67 Gr. Asen des Blinddarmes . + 1,0 =» 08 » 0,71 Abſonderungen 2 R — : 30 -: 730687 42,50 Gr. 38,25 Gr. Fettgehalt des Inhaltes und der Ausſchei— dungen der Verdauungswerkzeuge wre 39,5 Normaler Betrag desſelben . R 2 0,17 unterſchied + 38,08 Gr. Fettgehalt des Speckes . . * . 3 . 1 48,15 Gr. Folglich wurde Fett aus der Nahrung aufgenommen: in 12 Stunden e 0 . 10,07 Gr. in 1 Stunde. > 4 5 8 F a Aſſimilation und Verbrennung von Nahrungsſtoff. Inhalt und Ausſcheidungen der Verdauungswerkzeug 42,50 Gr. Normaler Betrag derſelben . A 2 x 8 3,85 Unterſchied 38,65 Gr. Trockne Subſtanz des gefütterten Speckes > 10 f 19,15 2 Folglich wurde affimilirt oder verbrannt: in 12 Stunden re r 6,8 In einer Stunde wurden alſo 0,84 Gr. Fett aufgenommen, das iſt faſt dieſelbe Menge, wie in meinen früheren Verſuchen, als ich zu 125 Gr. Reiß noch 60 Gr. Butter hinzufügte und eine 21 * 327 Ente damit fütterte. Das täglich aufgenommene Fett beträgt 19 bis 20 Gr.; das ſtündlich aufgenommene 0,81 Gr. Vergleicht man die trockene Subſtanz mit der des Inhaltes und der Abſonderungen der Verdauungswerkzeuge, fo ſieht man, daß nur Fett abſorbirt wurde. Der Speck ohne das Fleiſch iſt aber offenbar eine unzureichende Nahrung, nicht allein weil er ſtickſtoffarm iſt, ſondern auch weil das Fett, welches er dem Or— ganismus zuführt, nicht ein Mal hinreichenden Brennſtoff für die Athmung liefert. Die 0,81 Gr. ſtündlich aufgenommenes Fett ent— halten nur 0,7 Kohlenſtoff, während das Thier ſtündlich 1,25 Gr. davon durch das Athmen verbrennt. Man ſieht endlich, daß das Fett für ſich gegeben, nicht reich— licher aufgenommen wird, als wenn es mit einem ſtärkemehlreichen Nahrungsmittel gemengt iſt. Ich unterſuchte nun, ob derſelbe Fall einträte, wenn das Fett mit einem ſtickſtoffhaltigen Stoffe ſo innig verbunden iſt, wie bei den Olſamen, welche im höchſten Grade zur Ernährung und Mäſtung der Thiere geeignet ſind. Neunter Verſuch. Die Ente wurde mit Cacao gefüttert. Ich machte vergebliche Verſuche, Lein- oder Rübſamen einzu— ſtopfen. Dieſe Samen drangen in die Luftröhre, und die Enten erſtickten. Dies beſtimmte mich, Gacaofamen anzuwenden; dieſe enthielten: Butter, ausgezogen durch Ather 48,4 Legumin und Albumin . 0 20,6 In Waſſer lösliche Beftandtheile 13,4 Selig 7, 9,6 Waſſer 93 8 . 0 8„ 100,0 Auf Theobromin habe ich keine Rückſicht genommen; das Le— gumin und Albumin berechnete ich aus einer Stickſtoffbeſtimmung ?). Die Ente erhielt innerhalb 12 Stunden 50 Gr. von den Sa— men und wurde dann getödtet. Im Kropfe fanden ſich noch eine Quantität vor, welche getrocknet 4 Gr. wog. Die Abſonderungen waren eylindriſch, chocoladefarbig; der flüſſige Theil war ſehr reiche lich, denn das Thier hatte beinahe 1 Liter deſtillirtes Waſſer zu ſich genommen; es war gelb und hatte keine ſaure Reaction. Der Drüſen- und Fleiſchmagen enthielten einen braunen, ſehr trockenen und ſauren Teig. Der Chymus hatte nicht einerlei Farbe; an einigen Stellen war er milchartig; an anderen, beſonders im Dickdarme, glich er vollkommen einer dicken Chocolade; überall war er ſehr ſchwach ſauer. Inhalt beider Magen und der Friſch 14,00 Gr. Trocken Fettgehalt Eingeweide . . . . 3,05 Gr. 1,00 Gr. Abfonderungen + . s — 221,90 11,40: 24,95 Gr. 12,40 Gr. Fettgehalt des Inhaltes und der Ab— ſonderungen der Verdauungswerkzeuge 12, = Normaler Betrag desſelben e 0,17 Unterſchied 12,23 Gr. 46 Gr. Cacao enthielten 42,32 Gr. trockene Subſtanz und an Fett — 22,27 Gr. Folglich wurde Fett aufgenommen: in 12 Stunden 10,04 Gr. in 1 Stunde 0,83 = Affimilation und Verbrennung von Nahrungsſtoff. Inhalt und Abſonderungen der Verdauungswerkzeuge 24,95 Gr. Normaler Betrag derſelben . & ö . 3,85 = Unterſchied 21,10 Gr. Trockene Subſtanz des gefütterten Cacaos 8 8 4232 Folglich wurden aſſimilirt und verbrannt: in 12 Stunden . > . 21,22 = e Sting war ed. 1 ) 1,072 Gr. Cacao gaben 29 Cub. Centimeter Stickſtoff bei 10% C. und 760 Mm. Barometerſtand; 1,250 Cacao gaben an Ather ab 0,605 Butter. 21 1. 21. 328 0,83 Gr. Cacaobutter enthalten ungefähr 0,66 Gr. Kohlen⸗ ſtoff; 1 Gr. Legumin, welche zu der ſtündlichen Menge aſſimilirter oder verbrannter Nahrung noch hinzukommen, enthalten davon 0,51 Gr.; der ſtündlich aufgenommene Kohlenſtoff beträgt alfo 1,17 Gr. Dieſe Zahl ſteht zwar der Zahl 1,25, welche dem bei der Athmung verbrauchten Kohlenftoffe entſpricht, ſehr nahe, aber ſie iſt doch geringer. Da der Cacao mit Recht für eine ſehr nahr⸗ hafte Subſtanz angeſehen wird, fo wiederholte ich den Verſuch. Zehnter Verſuch. Eine zweite Ente wurde mit Cacao gefüttert. In 6 Stunden erhielt eine Ente 31,7 Cacao; nach dem Tode fanden ſich noch 6 Gr. der Samen im Kropfe, ſo daß 23,7 Gr. Cacao zur Verdauung kamen. Friſch Trocken Inhalt beider Magen . . . 6,09 Gr. 2,89 Gr. Inhalt der Eingeweide . F 5 28,20 4,60 Abfonderungen . 7 F . . — 90 Inhalt des ganzen Verdauungsapparates . 2 17,39 Gr. Normaler Betrag desſelben e 3,05 Unterſchied 14,34 Gr. Trockene Subſtanz des gefütterten Cacaos 21,80 - Folglich wurden aſſimilirt und verbrannt: in 6 Stunden . - £ 8 5 7,46 in 1 Stunde 3 . 1,24 Dieſes Reſultat entfernte ſich noch mehr von dem erwarteten, als das vorhergehende. Wie dem auch ſein mag, die Verſuche zeigen, daß die Menge des aus der Nahrung in beſtimmter Zeit aufgenommenen Fettes dieſelbe, nämlich 0,8 Gr. bleibt, wie fett⸗ reich auch das Nahrungsmittel iſt. Man darf alſo eine gewiſſe Grenze des Fettgehaltes nicht überſchreiten, wenn man die Fett⸗ bildung befördern will, ohne in den Excrementen einen Theil des Fettgehaltes geradezu zu verlieren. Da die Menge des aufgenommenen Fettes conſtant iſt, muß man mit fettleerer Nahrung erperimentiren, um zu erfahren, ob ſich während der Verdauung Fett bildet. Denn wenn nach der Verdauung ſolcher Nahrung der Chymus dieſelbe Menge Fett ent⸗ hält, welche in ihm vorkommt, wenn das Thier gar keine Nahrung erhalten hat, ſo hat man wenigſtens eine große Wahrſcheinlichkeit dafür, daß ſich im Verdauungsapparate kein Fett entwickelt. Elfter Ver ſuch. Die Ente wurde mit Stärkemehl gefüttert. Nach 36ſtündigem Hunger wurde eine Ente innerhalb 6 Stun⸗ den mit Stärkemehl gefüttert, welches 51,78 Gr. trockene Subſtanz enthielt. Neun Stunden nach dem Anfange des Verſuches wurde die Ente getödtet; im Kropfe war nichts zurückgeblieben. Der Vor⸗ magen enthielt eine gelbe, ſulzige, ſaure Maſſe; der Fleiſchmagen war leer; die Eingeweide waren mit einer blaßgelben ſauren Flüſ⸗ ſigkeit erfüllt, welche ſich im Dickdarme verdichtete; die Abſonderun⸗ gen waren gelb, ſehr flüſſig, ſauer und enthielten wenig Harnſäure. Friſch Trocken Fettgehalt Inhalt des Magens (ventricule) 0,80 Gr. 0,20 Gr. 0,006 Inhalt der Eingeweide R 2022 3,62 0,138 Abſonderungen » 8 R se 4,02 = 0,035 - 7,84 Gr. 0,179 Gr. Ganzer Fettgehalt des Inhaltes und der Abſon— derungen der Verdauungs werkzeuge 0,79 Normaler Betrag desſelben . . . . 0,170 Unterſchied 0,009 Gr. Dieſer Unterſchied fällt innerhalb der Beobachtungsfehler. Aſſimilation und Verbrennung von Nahrungsſtoff. Inhalt und Abſonderungen der Verdauungswerkzeuge 7,84 Gr. Normaler Betrag derſelben 0 R ° > 8 3,89 = Unterſchied 4,45 Gr. Trockene Subſtanz des eingefütterten Stärkemehls 51,78 - Folglich wurden aſſimilirt oder verbrannt: in 9 Stunden 47,33 = in 1 Stunde 5,26 329 Dieſe 5,26 Gr. Stärkemehl führen dem Organismus 2,37 Gr. Kohlenſtoff zu, eine viel größere Menge als für die Erhaltung der Athmung erfordert wird. Zwölfter Verſuch. Die Ente wurde mit Zucker gefüttert. Der Verſuch dauerte 9 Stunden. Eine halbe Stunde nach der erſten Fütterung hatte die Ente eine ſehr reichliche und flüſſige Ausleerung. Sie erhielt im Ganzen 60 Gr. trockenen Zucker. Friſch Trocken Fettgehalt 1,50 Gr. 2,80 Gr. 0,110 Gr. 10,00 = 0,055 = 12,80 Gr. 0,165 Gr. Ganzer Fettgehalt des Inhaltes und der Ab⸗ ſonderungen der Verdauungswerkzeuge . . . 0,165 = Normaler Betrag derfelben . 2 . . . 0,170 = Unterſchied — 0,005 Gr. Affimilation oder Verbrennung von Nahrungsſtoff. Inhalt der Verdauungswerkzeuge . 8 . . 12,80 Gr. Normaler Betrag desſelben . - = ° 5 3,89 = Unterſchied 9,41 Gr. Inhalt der Verdauungswerkzeuge Abſonderungen . . . . Trockene Subſtanz des eingefütterten Zuckers 60,00 Folglich wurde aſſimilirt oder verbrannt: in 12 Stunden . N 8 2 3 50,59 in 1 Stunde N . . : 5,62 = 5,62 Gr. Stärkemehl enthalten faſt genau dieſelbe Menge Kohlenſtoff, wie die 5,26 Gr. Stärkemehl des vorigen Verſuches. (Schluß folgt.) Heil k (XXV.) über die mikroſkopiſchen Charaktere der Knochenerweichung. Von John Dalrymple. Verf. bezieht ſich in dieſer Arbeit auf einen Fall von mollities ossium, welcher erſt nach dem Tode erkannt wurde. Die Unterſuchung zweier von dem Übel afficirter Lenden— wirbel und einer Rippe ergaben folgende Reſultate: Die Affection ſcheint in dieſem Falle in der ſchwammigen Stru— ctur des Knochens begonnen zu haben, indem die äußere Knochenplatte feſter und geſunder, als die innere iſt. Die glatte Oberfläche der Rippe jedoch zeigt ſich hier und da durch innere Anſchwellungen, welche die äußeren Platten her— vordrängten, zu unregelmäßig geformten, abgerundeten dun⸗ kelrothen Hervorragungen aufgetrieben, welche durch die Pe= rioſthülle hindurch ſichtbar ſind. Die äußeren Schichten ſind noch hart und laſſen ſich nicht ohne Mühe durchſchneiden; ſie ſind jedoch dünn und zeigen auf der Schnittfläche große zellenartige Räume, welche mit einer rothen gallertartigen Sub- ſtanz, durch welche ſich hier und da feine Knochenfaſern hin— durchziehen, angefüllt ſind. An dieſen Knochenfaſern gerade laſſen ſich mehrere der wichtigeren krankhaften Veränderun— gen nachweiſen. Die erwähnte, gallertartige Subſtanz be— ſteht aus granulirter Materie, Olkügelchen, Fettzellen, mit Kernen verſehenen Kernzellen, geſchwänzten Zellen und Blut⸗ 211. 21. 330 Miſcellen. 42. Munchies oder weiße Indianer. In einem kürz⸗ lich erſchienenen Werke wird ausführlich eine Raſſe weißer Wilder beſchrieben, Munchies genannt, welche in einem Thale der Sierra de los Mimbros an einem Nebenfluſſe des Rio Gila in der Provinz Sinora in Mexico leben ſollen. Es find etwa 800 Individuen mit der Haut der eircaſſiſchen Raſſe und von ſchönen Formen. Sie ſind friedlich, redlich und ſittlich in ihrem Betragen und haben manche Verfeinerung der Lebensbedürfniſſe. Sie leben in Höhlen und Häuſern auf den unzugänglichen Gebirgen, welche jenes Thal umgeben. Handſchriften älterer Reiſender in America, welche im Vatican aufbewahrt werden, ſollen von ähnlichen Stämmen in den Cordilleras Nachricht geben. Es iſt noch auszumachen, ob dieſes Volk Abkömmlinge der mit Columbus gelandeten Spanier oder des merkwürdigen Volkes find, welches die Städte von Mexico und Yucatan gründete, deren Ruinen über ganz Mexico und Central⸗ america zerſtreut ſind. (Litterary Gazette, No. 1561.) 43. Nach einer durch Poggendorff beftätigten Ent⸗ deckung von Jacobi in Petersburg wird das Knallgas auch dann von einer blanken Platinafläche zu Waſſer verbunden, wenn es nicht mit den Platten ſelbſt, ſondern nur mit einer abjorbiren: den Flüſſigkeit, z. B. Waſſer, in Berührung ſteht, in welcher die Platinaplatte untergetaucht iſt. Zum Gelingen des Experimentes gehört indeß eine große Reinheit der Oberfläche der Platina, wie ſie am beſten die platinirten Platinableche zeigen. Poggendorff fand noch, daß die Vereinigung des Knallgaſes in einem Voltame— ter auch ſchon eintrat, während noch von der poſitiven Platte Sauer⸗ Ref entwickelt wurde. (Monatsbericht der Berliner Akademie, Nov. 6.) unde. zellen. Bei einer 600fachen Linearvergrößerung finden wir folgendes: 1) Die granulirte Materie erſcheint als das Reſultat des Zerfallens der Gewebe oder unfruchtbarer Zellen, ge— miſcht mit einer zahlloſen Menge ſehr kleiner Oltügelchen; zum Theile ſcheint ſie auch aus geborſtenen Kernzellen her— vorgegangen zu ſein, indem die letzten ähnliche mikroſkopi⸗ ſche Körnchen enthalten. Ob ein Theil dieſer granulirten Maſſe aus Molccülen phosphatiſcher Erden fei, iſt zweifelhaft. 2) Die Olkügelchen ſind ſehr zahlreich vorhanden, und von 50 — 1300“ und mehr im Durchmeſſer, ſie find an ihren dunkelen Grenzlinien und ſtarker Refractionskraft leicht zu erkennen und ſcheinen zwiſchen den verſchiedenen Kern: zellen frei umherzuſchwimmen. Sie ſind weit zahlreicher an dem kranken Wirbelſtück, als an der Rippe. 3) Fettzellen. Außer den Olkügelchen bemerkt man viele dunkele granulirte Zellen, meiſt von ovaler Geſtalt und et— was unregelmäßigem Umfange; ſie ſcheinen aus einer dün— nen, durchſichtigen Zellwandung zu beſtehen, deren Inneres mit dicht an einander geſchloſſenen Oltügelchen gefüllt iſt, wodurch dieſe Zellen das dunkele Ausſehen erhalten. Sie gleichen faſt in jeder Beziehung den im colostrum vor— handenen Fettzellen. Bei einigen derſelben, deren Form eine unregelmäßigere iſt, ſcheint die Zellwandung geborſten zu fein, und die Kügelchen hängen hier nur noch durch Cohaͤſion 331 zuſammen. Durch Druck werden ſie aus einander gedrängt und bilden dann die frei in der Flüſſigkeit umherſchwimmenden Olkügelchen. 4) Kernzellen ſcheinen den Hauptbeſtandtheil der gallert— artigen Maſſe zu bilden und zeigen ſich in großer Anzahl, von verſchiedener Größe und Form, wahrſcheinlich nur Mo— dificationen oder mehr oder weniger vorgeſchrittene Stadien einer und derſelben Materie. Die größere Menge derſelben iſt rund, einige ſind oval, andere unregelmäßiger gebildet und an dem einen Ende zugeſpitzt. Die runden und kleine— ren ſind etwa anderthalb bis zwei Mal ſo groß, als die Blutzellen, und enthalten meiſtens einen einzigen, matt— grauen Kern mit einem ſehr hellen und deutlich wahrnehm— baren Kernchen. Die ovalen Zellen haben häufig zwei Kerne, ein jedes mit einem hellen Kernchen. Die größeren und unregelmäßiger geformten Zellen enthalten häufig drei Kerne mit Kernchen, aber ſelten mehr. In allen Zellen befindet ſich außer dem Kerne auch noch ſehr feine granulirte Ma— terie, gleich feinen ſchwarzen Punkten erſcheinend. 5) Die geſchwänzten Zellen ſind nur ſehr gering an Zahl und erſcheinen mehr als ſchwache Verſuche zu pro— greſſiver Entwickelung; vollſtändig gebildetes filamentöſes Gewebe iſt jedoch nicht ſichtbar. 6) Blutzellen oder Blutſcheiben, in jeder Hinſicht nor— mal, ſind ſehr zahlreich zwiſchen den anderen Zellen extra— vaſirt und geben der ganzen Maſſe ihre rothe Färbung. Dieſer mikroſkopiſche Befund der in den zelligen Höh— len des kranken Knochens vorhandenen weichen Materie ſtimmt faſt vollſtändig mit der von Hrn. Birkett in Hrn. Sollys Aufſatz über mollities ossium (ef. medico-chirurg. Transact. Vol. IX., New Series, p. 453) gegebenen Beſchrei— bung überein; die Angaben der HHrn. Rainey und Si— mon weichen jedoch ſowohl von denen Birketts als un— ter einander ſo ſehr ab, daß wir über den wirklichen That— beſtand derſelben in Zweifel geſetzt werden. Rainey beſchreibt „eine Menge rundlicher Körperchen von der Größe der Blutkörperchen, mit ſehr fein granulirter Subſtanz angefüllt (weder Kerne noch Kernchen werden er— wähnt) und außerdem Fettkügelchen, jedoch keine regelmäßi— gen Fettbläschen“, während Simon „nicht im Stande war, irgend eine neue Zellenformation oder auch nur eine reife Zelle zu entdecken; Cytoblaſten waren zwar in ſo großer Menge vorhanden, daß das Vorſichgehen irgend eines ſol— chen Proceſſes vermuthet werden konnte, aber auch nichts weiter, mit Ausnahme zwei bis drei anſcheinend abgelöſ'ter junger Fettzellen.“ — Dieſe Verſchiedenheit der Befunde läßt ſich vielleicht durch die Vermuthung erklären, daß jene drei Beobachter ihre Unterſuchungen an verſchiedenen Kno— chenpartien von verſchiedenen Körpertheilen und in mehr oder weniger vorgerückten Stadien des Übels anſtellten, denn während Herr Birkett einige wenige geſchwänzte Zellen in den Schädelknochen fand , entdeckte er keine in den Wirbeln, und im Oberſchenkelbeine „nichts als Fettzellen und Blutſcheiben.“ Mag dem nun fein wie ihm wolle, ſo bleibt ein ſehr wichtiger Theil der Unter— ſuchung noch immer unberührt, nämlich die Beſchaffenheit 21. I. 21. 332 des noch vorhandenen Knochens oder früher geſunden Ge: webes. Es wird daher von Intereſſe ſein, wo möglich den Punkt zu beſtimmen, an welchem die harten Knochen⸗ partien zu leiden beginnen, und auf welche Weiſe die ur⸗ ſprünglichen Gewebe verloren gehen und die neugebildete Materie an die Stelle des früher geſunden Knochens tritt. Wir müſſen zuvörderſt bemerken, daß von den in der krank⸗ haften Maſſe gefundenen weichen Elementen die Olkügelchen, Fettzellen und Blutſcheiben (innerhalb der Gefäße) bereits in dem normalen Knochengewebe vorhanden waren. Die beiden erſten finden ſich im Übermaße vor, und die letzten ſind ertravaſirt. Die Kernzellen jeglicher Art ſind wahrſchein⸗ lich Neugebilde und daher Krankheitsproducte. Dieſe letzten bilden mit der granulirten Materie und den Überreſten un— fruchtbarer Zellen und zerſtörten Gewebes in einem flüſſigen menstruum die gallertartige Maſſe, welche die großen Zellen oder erweiterten Zellchen des Knochens anfüllt; an dieſen Stellen ſind die harten Theile oder Knochenfaſern verſchwun— den, erweicht, aufgelöjt und mit ihren Knochenzellen, eige⸗ nen Canälchen und dem früheren Apparate ihres Wachs⸗ thums und ihrer Ernährung, den Haverſianiſchen Canälen, der auskleidenden Membran und den Capillargefäßen fort⸗ geſchwemmt. In Betreff des Betrages der Zerſtörung muß ich hier zuvörderſt bemerken, daß bei den von mir unter- ſuchten Wirbeln und Rippen die Quantität des geſchwunde⸗ nen Gewebes nicht durch eine gleiche Quantität neugebilde⸗ ter oder krankhafter Maſſe ſich erſetzt findet, ſondern daß eine wirkliche Verminderung, eine wahre interſtitiäre Ab— ſorption eingetreten iſt. Die Lendenwirbel ſind kaum dicker, als die Intervertebralſubſtanz, und haben faſt ein Drittel ihres normalen Umfanges eingebüßt. Außer dieſer Wermin- derung des Umfanges findet ſich zugleich ein bedeutender Mangel der cohäſiven Eigenſchaften des Knochens, welche ſich mit Leichtigkeit durchbrechen oder durchſchneiden, ja an einigen Stellen ſich biegen laſſen, ohne zu brechen, während ſie an anderen wieder ſehr brüchig ſind. Dieſes iſt augen— ſcheinlich die Folge des Verluſtes der erdigen Beſtandtheile des Knochens; dieſe Entartung findet ſich jedoch nicht gleichmä⸗ ßig verbreitet, ſondern zumeiſt in der unmittelbaren Nähe der die gallertartige Subſtanz enthaltenden Höhlen, während durch die letzten ſich noch einzelne Knochenfaſern hinziehen, zum Theil wenig verändert, zum Theil erweicht, aber nicht zer— ſtört, ſondern mehr in einem Zuſtande von Metamorphoſe begriffen. Die äußere Knochentafel leiſtet länger Widerſtand, als die anderen Partien des Knochens, und ein ganzer Knochen kann im allgemeinen ſo weich geworden ſein, daß er ſich biegen läßt, ohne zu brechen, während die äußere Platte desſelben noch ſo hart iſt, daß ſie ſelbſt vermittels eines ſtarken Meſſers nur mit Mühe durchſchnitten werden kann. Die Affection nimmt demnach ihren Anfang wahrſcheinlich in den Zellen und Markeanälen, und ſchreitet don den Ha— verſianiſchen Canälen zu den Knochenzellen und Canälchen fort. Wenn man von dem Rande einer der mit der weichen, rothen Materie angefüllten Höhlen ein Knochenſtückchen ab⸗ löſ't, fo findet man oft an demſelben die Ränder dünn ge⸗ 333 nug, um mitkroſkopiſch unterſucht zu werden, ohne daß man etwas anderes nöthig hat, als ſie nur von den adhärirenden Kernzellen und Blutſcheiben durch Abwaſchen zu befreien. Bei einer 600 fachen Linearvergrößerung werden dann einige wichtige Veränderungen ſichtbar. Die Knochenränder dicht am Rande der oben erwähnten Höhlen erſcheinen ungemein ver— dünnt und in einer Maſſe von Kernzellen, welche ſehr feſt am Knochen anhängen, eingebettet. Wenn man dieſelben durch Waſchen entfernt, ſo ſcheint der Knochen ſelbſt aus polyedrifchen Zellen zuſammengeſetzt zu ſein, einigen Formen vegetabiliſchen Gewebes gleichend; aber dieſe Zellen ſind nur undeutlich ſichtbar und erſcheinen unterhalb der Oberfläche und außerhalb des focus. Wenn man das Auge auf die Oberflächen firirt, ſo werden die eigentlichen Knochenzellen (die Knochenkörperchen einiger Autoren) ſichtbar. Statt der gewöhnlichen länglichen, ſchmal ovalen Zellen jedoch mit den von den Wandungen ausſtrahlenden mehr oder weniger ver— breiteten dendritiſchen Canälchen findet man die Zellen be— deutend vergrößert oder unregelmäßig abgerundet, und die Canälchen in umgekehrtem Verhältniſſe verkürzt. Auf den erſten Blick ſcheinen die Knochenzellen zahlreicher, als im Normalzuſtande zu ſein, was jedoch von der gegenſeitigen Annäherung der vergrößerten Zellen herrührt. In den Fällen, wo die Knochenzellen ſich nur in den erſten Stadien der Als teration befinden, erſcheinen die Canälchen weniger affieirt, und zuweilen wie abgeſtutzt aus der Oberfläche hervorſtehend, ähnlich der Röhrenſtructur des Elfenbeines nach gemachtem Querdurchſchnitte in der Richtung der Röhren. Ferner von den Rändern oder mehr in der Nähe der wahrſcheinlich weniger afficirt gebliebenen ſolideren Portionen des Knochens finden ſich die Knochenzellen mehr von norma— lem Umfange und normaler Geſtalt, und die Canälchen län— ger und ſich mehr veräſtelnd, mit einem Worte weniger krank— haft ergriffen. Es iſt ſchwer zu beſtimmen, ob die vergrößerten Kno— chenzellen Kernzellen enthalten oder nicht, denn da die gallert⸗ artige Materie von allen Seiten die Knochenportionen um— giebt und aus Myriaden von Zellen, Blutzellen, Olkügel— chen und granulirter Materie zuſammengeſetzt iſt, ſo laßt ſich ohne ſebr ſorgfältiges und mehrfach wiederholtes Ab— waſchen keine deutliche Anſicht der Knochenzellen erlangen. Das oben erwähnte zellige Ausſehen des Knochens ſcheint daher zu entſtehen, daß Portionen der die Knochenzellen un— mittelbar umgebenden Structur durchſichtiger find als anders⸗ wo, gerade ſo, als ob der dichtere Theil des Gewebes in der unmittelbaren Nähe jener Körper abſorbirt worden wäre und demzufolge das durchgehende Licht leichter durchſcheinen könnte. Obwohl dieſer Punkt keine genaue Beſtimmung zu⸗ laßt, beſonders da jenes Ausſehen um fo leichter erkannt wird, wenn das Mikroſkop nicht in den richtigen focus ge— ſtellt iſt, jo wird doch hiedurch die Vermuthung begünftigt, daß die Abſorption in der unmittelbaren Nähe der Knochen⸗ zellen eingetreten ſei, ſowie auch, daß die Vergrößerung die⸗ ſer Zellen eine Folge der progreſſiven Abſorption ihrer in⸗ neren Wandungen ſei, wodurch dann ihr normales Wachs⸗ thum und Ernährung beeinträchtigt ſind. 31. I. 21. 334 Wir kennen zwar bis jetzt die Functionen der Knochen— zellen und ihrer Canälchen noch nicht genau, wahrſcheinlich jedoch dienen ſie den Zwecken des Wachsthumes und der Ernährung. An dem Querdurchſchnitte eines Röhrenkno— chens fanden ſie ſich in den concentriſchen Knochenplatten, welche ein jedes Syſtem der Haverſianiſchen Ganäle umge⸗ ben, ziemlich regelmäßig angeordnet. Die letzten enthalten die Capillarnetze der Blutgefäße, aus welchen ohne Zweifel das Blutplasma oder der eigentliche Träger der Ernährung ausgeſchieden wird. Können nun nicht die Canälchen als ein Syſtem von Capillarröhren die Flüffigfeit zu den Kno— chenzellen, als Aneignungsorganen, hinführen, und mag ferner nicht auch die Verſchiebung alter und die Bildung neuer Molecülen in denſelben Canälen vor ſich gehen? Die Gr: gebniſſe der von mir an den kranken Knochen angeſtellten Unterſuchungen ſcheinen dieſer Anſicht einige Wahrſchein— lichkeit zu verleihen. In der Nähe der mehr erwähnten Höhlen, aus welchen die Knochenerde bereits verſchwun— den iſt, finden wir die Knochenzellen insgeſammt vergrößert und an Form verändert, indem an den Oberflächen, wie an den Innenwandungen der Knochenzellen ſelbſt, interſtitielle Reſorption vor ſich geht. Indem nun jene ſich nach und nach immer mehr vergrößern, laufen ſie endlich in einander und bilden die mit den reproductiven Kernzellen und den Reſten alten Gewebes angefüllten Höhlen. Während dieſer Zerſtörungsproceß vor ſich geht, findet eine ungewöhnliche Turgeſcenz des Gefäßſyſtemes Statt, wie ſich aus der bedeutend geſteigerten Röthung und den jo zahl: reich extravaſirten Blutſcheiben ergiebt. Seit längerer Zeit ausgetretenes Blut erleidet, mikroſkopiſch, mannigfache Ver⸗ änderungen, die Zellen werden zuſammengeſchrumpft, uns regelmäßig, gezähnt u. ſ. w.; hier jedoch ſind die Scheiben zumeiſt ganz normal. \ In Folge der Gefäßcongeſtion nun tritt eine Functions— ſtörung ein, das urſprüngliche Gewebe wird zerſtört, und weiche wie harte Elemente aus dem ergriffenen Theile durch deſſen Gefäße, und aus dem Körper durch die Nieren ent— fernt. Die verloren gegangenen Partien werden jedoch nicht durch neugebildete Materie gleicher Art erſetzt, ſondern wir finden an der Stelle der Knochenmolecüle Gytoblaften, ge— kernte Kernzellen, welche wahrſcheinlich wie bei bösartigen Affectionen aus ſich ſelbſt neue zu produciren im Stande ſind. Bleiben wir auf dieſem Standpunkte der Beobachtung ſtehen, ſo würde die Knochenerweichung auf die Kategorie bösartiger Affectionen oder einfach fungöſer Entartung des Knochens reducirt erſcheinen — mit welchen Affectionen jene auch in der That einige oberflächliche Ahnlichkeit darbietet. Bei wahrhaft bösartigen Knochenlelden werden die urſprüng— lichen Structuren zerſtört und durch neugebildete, weiche Maſſen erſetzt, aber die Maſſe nimmt ſtets an Umfang zu, und die neuen Zellen produciren immer wieder neue. Bei dem wah⸗ ren Oſteoſarkome dagegen bildet ſich neuer Knochen, welcher in ſeinen weſentlichen Charakteren von geſundem Knochen nicht ſehr verſchieden iſt. Bei der Knochenerweichung aber bildet ſich ein neuer Knochen, und der Umfang der Theile wird ſtets vermindert. Es ſcheint daher wahrſcheinlich, daß 335 bei der letzten Affection die Kernzellen nur eine beſchränkte Lebensdauer haben; die geſchwänzten Zellen bieten einige ſchwache Verſuche fortſchreitender Entwickelung dar, aber die Mehrzahl ſtirbt nach einem gewiſſen Reproductionsbeſtrehen ab, oder wird zerfallend, in granulirte Materie und Öl: kügelchen umgewandelt, aufgelöft und durch die Nieren aus dem Organismus fortgeſchafft. Auf dieſe Weiſe nehmen jene Zellen eine wenig höhere Stellung ein als die Eiterzellen, nur mit dem Unterſchiede, daß dieſe ſich wahrſcheinlich nicht reproduciren, erſtere dagegen wahrſcheinlich ihres Gleichen neu erzeugen. ODubl. Quart. Journ., Aug. 1846.) Miſcellen. (58) Fall von Unterbindung beider Carotiden mit glücklichem Ausgange. — Von Dr. J. M. Warren. Der Kranke war ein Mann von 23 Jahren. Die linke Geſichts— hälfte war faſt gänzlich, die rechte etwa zur Hälfte von einer großen Teleangiektaſie eingenommen; die Unterlippe war angeſchwol— len und nach außen umgeſtülpt nnd nach innen mit fungöfen Gra— nulationen bedeckt. Auf der ganzen kranken Partie war eine un⸗ regelmäßiges Geſchwür mit verdickten Rändern und verhärteter Baſis vorhanden. Die untere Fläche der Zunge war von Granulationen bedeckt, die obere Fläche der Sitz von 5— 6 kleinen Geſchwüren, und die ganze Zunge ragte, namentlich nach links ſtark angeſchwol— len, zwiſchen den Zähnen hervor. Die Verfärbung des Geſichtes erſtreckte ſich auch über das Kinn zum Halſe hin, einen Raum von 7—8“ im Durchmeſſer bedeckend und war angeboren. Die Anſchwellung und Ulceration waren erſt ſeit den letzten 4 Jahren hinzugetreten. Verf. unterband zunächſt die linke carotis, worauf binnen 10 Tagen das Geſicht bläſſer, die Geſchwulſt kleiner und das 21. I. 21. 336 Geſchwür mehr zur Heilung geneigt wurde. Unter der Anwendung einer Auflöfung von Zinc, sulph. vermittels Compreſſen auf die Junen⸗ feite der Unterlippe verkleinerte ſich der tumor noch mehr und die verfärbte Partie wurde noch bläſſer. Nach Verlauf von 3 Wochen wurde nun auch die rechte carotis unterbunden, worauf binnen 20 Tagen die Ulceration an der Lippe vollftändig heilte. Verf. entfernte nun die kranke Partie an der Unterlippe durch einen förmigen Schnitt nach vorgängiger fubeutaner Durchſchneid ung des erectilen Gewebes; die erxſtirpirte Partie fühlte ſich theils ſchwammig, theils verhärtet an, das Muskelgewebe war faſt voll⸗ ſtändig verſchwunden. Nach 2 Monaten wurde der Kranke geheilt entlaſſen. Die Verfärbung im Geſichte war ſehr abgeblaßt und die am Halſe völlig verſchwunden, das früher dunkel geröthete und angeſchwollene Ohr hatte ſein normales Ausſehen wieder erlangt. An den Arterien des Kopfes war durchaus keine Pulſation nn nehmbar. Am Halſe dagegen pulfirten dicht über der clavicula zwei große Arterien ſehr ſtark unter der Haut (wahrſcheinlich die vergrößerten aa. supra-scapulares). Der Kranke iſt ſeitdem völlig wohl geblieben. (Amer. Journ. of med. sciene., April 1846.) (59) Über die Anwendbarkeit des Chinin. sulphur. gegen Wechſelfieber bei Schwangeren theilt Dr. Ebrard einige Beobachtungen im Journ. de med. de Lyon, Mai 1846 mit. Er ſpricht ſich durchaus zu Gunſten der Anwendung jenes Mittels in dem erwähnten Falle aus und giebt 7 Beobachtungen, welche für dieſe Anſicht ſprechen. Er hat Anfälle von Wechſelfieber im vierten, fünften und ſechsten Monate der Schwangerſchaft die Vorboten der Geburtsarbeit herbeiführen ſehen, in welchen Fällen das Chinin. sulphur. jene Anfälle und zugleich jene Symptome des abortus beſſer als Aderläſſe und Opium beſeitigte. In 3 Fällen dagegen, wo das febrifugum zu ſpät oder zu ſchüchtern angewen⸗ det wurde, trat der abortus wirklich ein, und in zwei Fällen unter: lagen ſogar die Kranken in Folge der durch die Fieberanfälle und den abortus bewirkten Erſchöpfung. Schließlich macht Verf. noch darauf aufmerkſam, daß die Chinarinde ſchon ſeit längerer Zeit als das beſte Heilmittel gegen die epidemiſch vorkommenden Früh⸗ geburten in Sumpfländern anerkannt ſei. Bibliographiſche Neuigkeiten. Beneden, P. J. van, Recherches sur Pembryogénie, anatomie et la physiologie des Ascidies simples. gr. 8°. Bruxelles 1847. Correspondence of the late James Watt, on his discovery of the theory of the composition of water. By J. P. Muirhead, Esq. London. J. Murray, 1846. Naturkunde, volksthümliche. In einer Sammlung gemeinfaßl. bearb. Hand- und Lehrbücher herausg. von G. Blumenbach. 2. Bd. 1. und 2. Lief. A. u. d. T.: Mineralogie od. Natur⸗ geſchichte des Steinreichs, bearb. v. K. C. v. Leonhard. 9°. Stuttgart 1846. Martini und Chemnitz, ſyſtem. Conchyliencabinet. Herausgeg. und vervollſt. v. H. C. Küſter. 62. Lief. od. 2. Bd. 2. Hft. gr. 4°. Nürnberg 1846. Chaudoir, M. de, M. H. Hochhuth , enumeration des Carabiques et Hydrocanthares. gr. 8°. Kiew. (Riga) 1846. Ranking, W., — The Half-yearly Abstract of the Medical Scien- ces; being a Practical and Analytical Digest of the Contents of the prineipal British and Continental Medical Works publi- shed in the preceding Six Months. Edited by W.H. Ranking, M. D. Vol. 4. July to Dec. 1846 post 8°. pp. 502. Braithwaite, W., The Retrospect of Medicine; being a Half- yearly Journal containing a Retrospective View of every Dis- covery and Practical Improvement in the Medical Sciences. Edited by W. Braithwaite. Vol. 14. July to December 1846, 12mo. pp. 476. Des Anomalies artérielles, considerees dans leurs rapports avec la pathologie et les operations chirurgicales; par le docteur J. M. Dubreuit, professeur d’anatomie a la faculte de médecine de Montpellier. 8°. de 29 feuilles, plus un atlas de 2 feuilles de texte et 17 pl. 4°. Jam. Manby Gully, the Water Cure in chronic disease: an ex- position of the causes, progress, and terminations of various chronic diseases of the digestive organs, lungs, nerves, limbs and skin, and of their treatment by Water and other Hygie- nic means. London, Churchill 1846. Alderson, J., Practical Observations on some of the Diseases of the Stomach and Alimentary Canal. By James Alderson, M. D. 8°, pp. 224. 10 col. plates. Fondation de la société de chirurgie dentaire de Paris, approu- vee par le chef de la facult de médecine; par M. Audibran. Su. de 9 feuilles /. Paris 1847. James Syme, a treatise on the diseases of the rectum. Edin- burgh, Black 1846. “ Faber, W. E., die Wuthkrankheit der Thiere und des Menſchen. e die Wuthkrankheit des Menſchen. gr. 8°. Karlsruhe 7. Vir, C. W., Zoo⸗Symptomatologie. 2. Bd. Die Diagnoſtik 1047 e 2 Bände. gr. 8%. Geh. Gießen Grifſelich, L., Geſundheitslehre. 8b. Leipzig 1846. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Frorlep gegründete Zeltſchrlft, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 22. (Nr. 22. des I. Bandes.) Maͤrz 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Natur kunde. XXXII. Bouſſingaults Verſuche über die Ernährung. (Schluß.) Dreizehnter Verſuch. Die Ente wurde mit Gummi arabicum gefüttert. Da die Nahrungsmittel häufig dem Gummi analoge Stoffe enthalten, ſo erwartete ich, dasſelbe würde raſcher abſorbirt werden, als Stärkemehl und Zucker. Der Verſuch beſtätigte dieſe Erwar⸗ tung nicht. 50 Gr. Gummi wurden eingefüttert. Die Abſonderungen waren ſchleimig, ſchwach ſauer; nach dem Eintrocknen wogen ſie 46 Gr. und hatten faſt alle Eigenſchaften des Gummis, ſie ent⸗ hielten nur 0,11 Gr. Harnſäure. Das Gummi war alſo faſt voll: ſtändig der Verdauung entgangen. Dieſe Verſuche machen es alſo ſehr wahrſcheinlich, daß die ſtickſtoffleeren Nahrungsmittel, Stärkemehl und Zucker, bei der Ver⸗ dauung kein Fett erzeugen, daß ſie aber mehr Brennſtoff in den Organismus überführen, als zur Erhaltung des Athmens nöthig iſt. Vierzehnter Verſuch. Die Ente wurde mit Eiweiß gefüttert. Das Eiweiß war durch Wärme erhärtet. Um 9 Uhr Morgens wurde eingefüttert 60 Gr. Um 11 Uhr Morgens = : 60 Um 2 Uhr Nachm. 5 5 50 : Um 4 Uhr Nachm. : . 50 Um 7½ Uhr Abends = s 50 = 270 Gr. Die Ente wurde um 9 Uhr Abends getödtet; in ihrem Kropfe waren zurückgeblieben 69,35 Gr. Eiweiß; die Menge des zur Ver⸗ dauung gekommenen Eiweißes betrug alſo 200,65 Gr., welche 27,69 Gr. trockene Subſtanz enthielten. Zwei Stunden nach der erſten Fütterung hatte das Thier eine reichliche harnſaure, weiche Ausleerung; es hatte nichts getrunken, da der Waſſergehalt des Eiweißes groß genug war. No. 1002. — 902. — 22. Im Bor: und Musfelmagen fand ſich das Nahrungsmittel in Stücken, welche von einem gelben, ſauren Schleime eingehüllt wa= ren; der Chymus im Dünndarme war ſehr flüſſig, gleichartig und dunkelgrün; ſeine Flüſſigkeit verminderte ſich gegen den Dickdarm hin. Vor der Vereinigung mit dem Blinddarme war der Darm auf eine Länge von 0,05 M. durch ein ſtinkendes Gas ſtark aus— gedehnt. Von da gegen die Cloake hin befand ſich eine graue, dickliche Materie von widerlichem Geruche; fie reagirte alkaliſch. Friſch Trocken Fettgehalt Inhalt der beiden Magen 13,23 Gr. 5,03 Gr. 0,03 Gr. Inhalt der Eingeweide . = 23,73 4,28 = 0,27 = Abſonderungen . . . — 7,40 = 0,07 16,71 Gr. 0,37 Gr. Fettgehalt des Inhaltes und der Abſon— derungen der Verdauungsorgane 0,37 Normaler Betrag desſelben . . . 9 A OE Unterſchied + 0,20 Gr. Das Fett war gelb, von der Conſiſtenz der Butter. Hätte es aus dem Eiweiße der Butter hergerührt, ſo müßte das Eiweiß 0,006 Fett enthalten, es enthielt sr noch nicht den zehnten Theil davon; denn 2 Gr. getrocknetes und ſehr fein zerriebenes Eiweiß geben an Ather noch nicht 0,006 Gr. ab. Aſſimilation oder Verbrennung von Nahrungsſtoff. Inhalt und Abſonderungen der Verdauungswerkzeuge 16,71 Gr. Normaler Betrag derſelben 0 5 4 5 4 8,78. ı° Unterſchied 12,93 Gr. Trockene Subſtanz des gefütterten Eiweißes . 2.1. 21409. .s Folglich aſſimilirte oder verbrannte Subſtanz: in 12 Stunden . . . . 12:71, u in 1 Stunde R 1,23 1,23 Gr. Eiweiß enthalten nur 0,67 Gr. Kohlenſtoff, waͤh⸗ rend das Thier 1,25 Gr. braucht. Aus dem Geſichtspunkte der Athmung wäre alſo das Eiweiß ein unzureichendes Nahrungsmittel. Die Schwierigkeit, das ſehr voluminöfe coagulirte Eiweiß eine zufüttern, veranlaßte mich, den Verſuch mit etwas getrocknetem Ei⸗ weiß zu wiederholen. 22 339 Funfzehnter Verſuch. Zweite Ente mit Eiweiß gefüttert. Das Eiweiß wurde fo weit eingetrocknet, daß es an den Kan— ten durchſcheinend wurde, während es in der Mitte undurchſichtig blieb. Die Ente erhielt 225 Gr. Eiweiß, welche nach dem theil⸗ weiſen Eintrocknen nur noch 42,50 Gr. wogen und 31,05 Gr. trocknem Eiweiß entſprachen. Nach 15 Stunden wurde das Thier getödtet. Das im Kropfe zurückgebliebene Eiweiß wog völlig ge— trocknet 5,88 Gr.; die zur Verdauung gekommene Menge Eiweiß betrug alſo 25,17 Gr. Kl Trocken Fettgehalt Inhalt beider Magen . > „50 Gr. | 0 P Inhalt der Eingeweide . a 15,79 = 3,74 Gr. 0,40 Gr. Abjonderungen . © . — 6,0 0,13 10,14 Gr. 0,53 Gr. Das Fett war beinahe farblos, Butter. Ganzer Fettgehalt des Inhaltes und der Abſonderungen der Ver— dauungswerkzeuge 2 5 8 . . . 0,53 Gr. Normaler Betrag derſelben . 2 8 8 8 6 Unterſchied + 0,36 Gr. Aſſimilation oder Verbrennung von Nahrungsſtoff. Inhalt und Abſonderungen der Verdauungswerkzeuge 10,14 Gr. Normaler Betrag derſelben 5 R 8 8 „ 2 Unterſchied 6,07 Gr. Trockne Subſtanz des gefütterten Eiweißes . „ DD Folglich aſſimilirte oder verbrannte Subſtanz: in 15 Stunden N . . . 19,00 = in 1 Stunde . 0 5 8 8 222 Dies in den Organismus übergeführte Eiweiß enthielt alſo abermals nicht genug Kohlenftoff für die Erhaltung des Athmungs— proceſſes. von der Conſiſtenz der Sechzehnter Verſuch. Die Ente wurde mit reinem Käſeſtoffe gefüttert. Wir haben geſehen, daß der gewöhnliche Fett und Milchzucker haltige Käſe ein völlig ausreichendes Nahrungsmittel iſt. Die Frage nach dem Verhalten des reinen Käſeſtoffes iſt alſo von großem Intereſſe. Ich wuſch abgerahmte und geronnene Milch mit Waſſer aus, preßte das ungelöftte mehrere Tage lang aus, und behandelte es ſo lange in einem Verdrängungsapparate mit Ather, bis ſich kein Butterfett mehr auflöſ'te. Dieſe Behandlung wurde 14 Tage lang fortgeſetzt. Der Rückſtand gab keine Spur von Fett mehr an Ather ab, auch nachdem er aufs feinſte gepülvert war. Der Käſeſtoff ſtellte nach der Abdunſtung des Athers ein weißes, geſchmack- und geruchloſes Pulver dar, welches, bei 110° C. getrocknet, 0,732 trockne Subſtanz enthielt. Um ihn füttern zu fonnen, wurde er in heißes Waſſer gebracht, in welchem er zu einer elaſtiſchen leim— artigen Maſſe wurde; dieſe Maſſe konnte nach ſtarkem Auspreſſen geformt und in Stücke geſchnitten worden. Zwölf Stunden nach dem erſten Füttern wurde das Thier ge— tödtet; es hatte ſo viel von der feuchten Maſſe erhalten, daß dieſes 57,06 Gr. trockne Subſtanz enthielt. Davon waren aber 20,03 Gr. im Kropfe ſtecken geblieben, ſo daß der zur Verdauung gekommene Käſeſtoff nur 37,03 Gr. betrug. Zwei Stunden nach dem erſten Füt— tern hatte das Thier ſchleimige Ausleerungen gehabt, welche aus einer faſt farbloſen ſauren Flüſſigkeit und darin ſchwimmender grüner Materie aus dem Blinddarme und aus Harnſaäure beſtand. Drei Stunden fpäter war die Harnſäureabſonderung ſehr reichlich. Im Magen (ventrieule) waren die Käſeſtoffſtückchen oberflächlich wie angefreſſen und in eine gelbe, ſehr ſaure Flüſſigleit eingehüllt. Dieſelbe ſaure Maſſe fand ſich auch im Kropfe wieder, gemengt, wie dies häufig der Fall iſt, mit Quarzkörnern und Glasſtückchen. Im Dünndarme war der Chymus grünlich, ſehr flüſſig und ſauer; im Dickdarme war er dicker, dunkler und weniger ſauer. Die Ein⸗ geweide waren ihrer ganzen Länge nach gefüllt. 22. 1.122. 340 Friſch Trocken Retigehalt Inhalt beider Magen . P 20,00 Gr. 9,50 Gr. 0,05 Gr. Inhalt der Eingeweide 1 2 P e Abſonderungen . . . . — 6,05 0,06 17,77 Gr. 0,42 Gr. Bett des Inhaltes und der Abſonderungen ber Verdauungswerkzeuge . 2 - 2 5 > 0,42 Normaler Betrag derſelben . . 8 + 8 0,17 . Unterſchied + 0,25 ®r. Das Fett war ſchön gelb, feit und kryſtalliniſch. Der Feit⸗ überſchuß iſt beinahe demjenigen gleich, welcher bei der Verdauung des Eiweißes erhalten wurde. Aſſimilation und Verbrennung von Nahrungsſtoff. Inhalt und Abſonderungen der Verdauungswerkzeuge 17,77 Gr. Normaler Betrag derſelben . x 1 R 2 ara Unterſchied 13,54 Gr. Trockne Subſtanz des eingefütterten Käſeſtoffes 37,03 Folglich wurden aſſimilirt oder verbrannt: in 12½ Stunden . . . = 23,49 in 1 Stunde 1,87 = Dieſe 1,87 Gr. Käſeſtoff enthielten 1 Gr. Kohlenſtoff, alſo nicht genug für die Erhaltung des Athmens. Siebzehnter Verſuch. Eine zweite Ente wurde mit Käſeſtoffe gefüttert. Bei dieſem Verſuche gab ich der Ente eine ſehr ſtarke Doſis reinen Käſeſtoffes, um zu ſehen, ob ſie bei dieſer Nahrung ihr Körpergewicht behielte. Der Käſeſtoff war wie vorhin bereitet worden, nur mit dem Unterſchiede, daß er erſt nach dem Eintrocknen und Pulvern mit Ather behandelt wurde. 4 1,722 Gr. dieſes gut getrockneten, geſtoßenen und mit Ather behandelten Käſeſtoffes gaben 0,0015 Gr. Fett. Nachdem die Ente 36 Stunden lang gehungert hatte, wog ſie 1105 Gr. Zu wiederholten Malen wurde ſie mit angefeuchtetem Käſeſtoffe gefüttert, welcher im Ganzen 103,20 Gr. trockne Subſtanz enthielt; nach 2 Tagen wurde ſie getödtet. Sie wog nur nech 1085 Gr., hatte alſo 20 Gr. am Gewichte verloren. Die trockne Subſtanz des verdauten Käſeſtoffes betrug aber nur 96,15 Gr., weil im Kropfe 7,05 Gr. ſtecken geblieben waren. Am erſten Tage hatte die Ente nur ſehr wenig getrunken; daher waren ihre Abſonderungen ſehr feſt und harnſaurereich. In der erſten Nacht hatte fie ziemlich ½ Liter zu ſich genommen und gab ſehr flüfjige, aber immer viel harnſäurehaltige Abſonderungen. Friſch Trocken Fettgehalt Inhalt beider Magen. 8 0,50 Gr. 0,10 Gr. 9 Inhalt der Eingeweide „ 825 2% 0% 0. Abſonderungen 5 a 690,00 = 38,50 = 0,27 40,80 Gr. 0,50 Gr. Fett in dem Inhalte und in den Abſon— derungen der Verdauungswerkzeuge 0,50 = Normaler Betrag desſelben . k 8 9 | 5 Fett des gefütterten Käſeſtoffes . R - 0,08 = el Unterſchied + 0,25 Gr. Affimilation oder Verbrennung von Nahrungsſtoff. Inhalt und Abſonderungen der Verdauungswerkzeuge 40,80 Gr. Normaler Betrag derſelben . 8 . er: 7,86 Unterſchied. 32,94 Gr. Trockne Subſtanz des gefütterten Käſeſtoffes . x 96,15 Folglich wurden aſſimilirt oder verbrannt: in 48 Stunden = 8 . 63,21 - in 1 Stunde 8 8 2 0 1,36 = Dieſe beiden Verſuche ſtimmen dahin überein, daß der aufge⸗ nommene Käſeſtoff für die Ernährung unzureichend iſt. Ich behaupte, daß Käſeſtoff aufgenommen worden iſt; denn in den Abſonderungen findet man nur zweifelhafte Spuren davon. Ihr unlöslicher Theil beſteht faſt ganz aus Harnſaure. Ihre Zuſammen⸗ ſetzung iſt folgende: 541 2.1. 28% 342 Fett 0,27 Gr. Folglich wurden aſſimilirt oder verbrannt: Harnſäure 21,10 in 8 Stunden F le, 238,28 Gr. Unlosliches 9,7: in 1 Stunde . 2 d 4,78 Löoliches 7,40 Aus den Abſonderungen erhielt ich 4,40 Gr. Harnſäure. Die — 5 ſtündliche Erzeugung von 1 betragt alla ; ; Zu den löslichen Theilen gehört auch Ammoniak. Die Harn: 1 Safe nab bung e 044 Gr. ſaͤurebildung iſt ſehr beträchtlich, fie entſpricht einem Siebentel des enoſſenen Käſeſtoffes; denn 21,1 Gr. Harnſäure enthielten 7,60 dr. Kehlenſtoff und eben fo viel enthalten 14,2 Gr. Käfeftoff. Achtzehnter Verſuch. Die Ente wurde mit Leim gefüttert. Nach einem Berichte, welcher durch Magendie im Namen einer Commiſſion an die Akademie erſtattet worden war, gehört die Gallerte nicht mit unter die Nahrungsſtoffe. Auf den Grund dieſes Berichtes erwartete ich den gefütterten Leim in den Abſon⸗ derungen vollſtändig wieder zu finden. Der Verſuch hat dies nicht be ſtätig t. a Ih nahm den Tifchlerleim von Buchsweiler. Derſelbe ift durchſcheinend, faſt farblos. Vor dem Füttern ließ ich ihn in Waſſer aufquellen. In 5 Stunden erhielt eine Ente 60 Gr. davon. 4 Stunden nachher wurde fie getödtet. Die Abſonderungen beſtanden aus einer Flüſſigkeit von faurer Reaction, in welcher man eine weiße Materie und die grüne Sub⸗ ſtanz aus dem Blinddarme bemerkte; die Flüſſigkeit wurde durch Galläpfelaufguß gefällt, enthielt alſo noch Leim. * Friſch Trocken Fettgehalt Inhalt beider Magen g £ Inhalt der Eingeweide . 11,00 Gr. 3,01 Gr. — Abſonderungen . . „„ 28,00 Normaler Betrag derſelben . ‘ . . . Unterſchied 27,73 Gr. Trockne Subſtanz des gefütterten Leimes „„ en Folglich aſſimilirt oder verbrannt: in 8 Stunden R 32,27 = in 1 Stunde 1 R a b 4,02 = 4,02 Gr. Leim enthalten 2,04 Gr. Kohlenſtoff; während die Ente nur 1,25 Gr. zum Athmen verbraucht. Aus den Abſon⸗ derungen ſchied ich 3,40 Gr. Harnſäure ab, während in derſelben Zeit eine bloß mit Zucker oder mit Stärkemehl gefütterte Ente nur 0,09 Gr. derſelben Säure erzeugt. Der Leim iſt alſo fowohl zur Erhaltung der Athmung tauglich, als auch unterliegt er ähnlichen Veränderungen wie Eiweiß und Käſeſtoff. Neunzehnter Verſuch. Die Ente wurde mit Gallerte gefüttert. Eine Ente wog 1129 Gr.; ſie ea in zwei Tagen 120 Gr. Leim und wog dann 1140 Gr.; ihr Gewicht blieb alſo bei dieſer Koſt faſt conſtant. Zwanzigſter Verſuch. Die Ente wurde mit Gallerte gefüttert. Eine Wiederholung des achtzehnten Verſuches führte zu fol⸗ genden Reſultaten: Friſch Trocken Juha beider Magen Inhalt der Eingeweide . 5 4 5 18,00 Gr. 3,50 Gr. Abſonderungen e — 21,50 25,00 Gr. Inhalt und Abſonderungen der Verdauungsapparate 25,00 „ Normaler Betrag desselben „ e e e Unterſchied 21,72 Gr. Trockne Subſtanz des gefütterten Leimes e 60,00 Aus den beſchriebenen Verſuchen iſt es alſo einleuchtend, daß der Leim keineswegs völlig unnahrhaft iſt. Er würde ein volle cle. Nahrungsmittel ſein, wenn ihm nicht die nöthigen Salze ehlten. Einundzwanzigſter Verſuch. Die Ente wurde mit Fibrin gefüttert. Nach den Verſuchen, welche in dem Gommiffionsberichte über die Knochengallerte erwähnt worden ), iſt das Eiweiß und das Fibrin im reinen Zuſtande eben ſo untauglich zur Ernährung als die Knochengallerte. Ich glaube in dem allerdings ſehr beſchränkten Umfange meiner Beobachtungen erkannt zu haben, warum Albumin und Käſeſtoff zur Nahrung unzureichend ſind. Der Verſuch, den ich mit Fibrin anftellte, ſcheint mir ein neuer Beweis zu Gunſten meiner Meinung u ſein. i Gekochtes Rindfleiſch wurde von Fette befreit und 24 Stunden lang in einer großen Waſſermaſſe vertheilt und geknetet. Nachdem das Waſſer öfters erneuert worden war, wurde der Faſerſtoff in einem Tuche ausgedrückt. Trotz der vielen Auswaſchungen hatte es den Fleiſchgeruch behalten. 9,13 Gr. davon, bei 130 C. ge⸗ trocknet, hinterließen 3,67 Gr. trockne Subſtanz; das ausgedrückte Fibrin enthielt alſo 0,042 völlig trocknes Fibrin. Das vollig ges trocknete Fibrin hinterließ 0,012 Aſche. In 8 Stunden erhielt eine Ente 98,70 Gr. feuchtes Fibrin, nach 5½ Stunden wurde fie getödtet. Der Inhalt des Kropfes wog nach dem Trocknen nur 0,70 Gr. Die Abſonderungen waren flüſſig, ſauer, reich an Harnſäure. Der Chymus glich dem, welcher ſich bei der Verdauung von Käſeſtoff bildete. Friſch Trocken Inhalt beider Magen — — Inhalt der Eingeweide . . F . 14,50 Gr. > Gr. Abſonderungen . . . . 2 15,20 18,50 Gr. Inhalt und Abſonderungen der Verdauungswerkzeuge 18,50 - Normaler Betrag derſellden 3,91 Unterſchied 14,59 Gr. Trockne Subſtanz des getrockneten Fibrins 38,68 Folglich wurden aſſimilirt oder verbrannt: in 16 Stunden. 8 * 4 24,19 in 1 Stunde. . . . 8 1,78 Die 1,78 Gr. Fibrin enthalten kaum 1 Gr. Kohlenſtoff; es fehlen alſo 0,25 Gr. Kohlenſtoff, um den Abgang zu erſetzen, der mit dem Athmen verbunden ift, Die Abſonderungen fand ich uc aus 1 Harnſäure 5,09 Löslichem 5,90 Unlöslihem 4,21 = 15,20 Gr. Zweiundzwanzigſter Verſuch. Eine Ente wurde mit Eiweiß und Knochengallerte gefüttert. Cs war noch übrig zu unterſuchen, ob ein ſtickſtoffhaltiges, für ſich die Alhmung Pe unterhaltendes Nahrungsmittel in noch geringerer Menge aufgenommen werde, wenn es mit einem leicht abſorbirbaren Nahrungsmittel vereinigt iſt. Deßhalb fütterte ich *) Magendie Rapport de la Commission dite de la gelatine, tom. XIII. des Comptes rendus, pages 16, 198 et 237. 22* 343 mit einer Miſchung von Eiweiß und Leim. Der Verſuch wurde mit einer 3 Monate alten Ente gemacht, welche nur 910 Gr. wog. Sie erhielt 75 Gr. Eiweiß und 30 Gr. Fibrin; nach 4 Stunden wurde ſie getödtet. Im Kropfe fanden ſich 28 Gr. Eiweiß, ſo daß nur 47 Gr. davon, entſprechend 6,49 Gr. trockner Subſtanz, ver— daut wurden. Friſch Trocken Inhalt der Verdauungswerkzeuge » > 18,50 Gr. 6,90 Gr. Abfonderungen . . . . . — = 11,65 = 18,55 Gr. Aſſimilation oder Verbrennung von Nahrungsſtoff. Inhalt und Abſonderungen der Verdauungswerkzeuge 18,55 Gr. Normaler Betrag desſelben . . . . . 2,831 = Unterſchied 15,74 Gr. Trockne Subſtanz des gefütterten Eiweißes 6,49 Gr. 1 36,19 x e : : Leimes 30,00 Folglich wurden aſſimilirt oder verbrannt: in 4 Stunden . 0 25 20,75 = in 1 Stunde . 2 8 8 8 5,19 = Nach der urſprünglichen Miſchung beſtanden dieſe 5,19 Gr. aus Eiweiß 0,92 Gr. Leim A426 - Die beiden Nahrungsmittel vereinigt wurden alfo in einem Verhältniſſe aufgenommen, welches von demjenigen fehr wenig ab: weicht, in welchem ſie einzeln aufgenommen worden waren. Eine Ente von 1300 Gr. Gewicht hatte ſtündlich aufgenommen Eiweiß 1,23 Gr. Leim 4,78 = Dreiundzwanzigſter Verſuch. Muskelfleiſch. Das Muskelfleiſch, in welchem Fibrin, Gallerte, mit phosphor— ſauren und organiſchſauren Salzen der Alkalien und zugleich mit dem Blutfarbeſtoffe vereinigt find, iſt im höchſten Grade nahrhaft. Ich bin erſtaunt über die Geſchwindigkeit, mit welcher es bei den folgenden Verſuchen aufgenommen wurde; ich muß aber hinzufügen, daß es das einzige von allen verſuchten Nahrungsmitteln war, wel—⸗ ches die Enten ohne Nachhilfe zu ſich nahmen. Innerhalb 4 Stun⸗ den nahm eine fette Ente 201 Gr. rohes Rindfleiſch zu ſich. Als ſie nach 6 ferneren Stunden getödtet wurde, war im Kropfe nichts zurückgeblieben. Die Abſonderungen waren ſehr flüſſig; unmittelbar nach der Ausleerung ſauer und ſehr harnſäurehaltig. Scharf und anhaltend getrocknet, hinterließ das Fleiſch 1,238 trockne Subſtanz, d. i. 47,84 Gr. für 201 Gr. Friſch Trocken Inhalt des Muskelmagens . 8 — — Inhalt der Eingeweide 5 15,10 Gr. 2,90 Gr. Abſonderungen . - 2 2 2 — = 20,08 = Unterſchied 22,98 Gr. Inhalt und Abſonderungen der Verdauungswerkzeuge 22,98 - Normaler Betrag desſelben . 8 3 5 3,62 - Unterſchied 19,36 Gr. Trockne Subſtanz des gefütterten Fleiſches . „ 1 Folglich wurden aſſimilirt oder verbrannt: in 11 Stunden 8 8 = 3 28,48 = in 1 Stunde Hehe? 2 2 Berechnet man den Kohlenſtoffgehalt des Fleiſches zu 0,53, To enthalten die 2,59 Gr. an Kohlenſtoff 1,04 Gr., alſo viel mehr als zur Athmung erfordert wird. Die Abſonderungen fand ich zuſammengeſetzt aus Harnſäure 8,68 Gr. Unlöslichem 8323 Löslichem 6,80 20,80 Gr. Es gelang mir nicht, die Gegenwart des Harnſtoffes nachzu⸗ 22. I. 22. 34 weiſen; er e te ich mich von der Abweſenheit der Hip⸗ purſäure, ſelbſt in den Hallen, wo pflanzliche Nahrungsmittel ge⸗ geben worden waren. Nach den Anſichten Dumas' beſteht die Verdauung in einer Doppelreihe von Erſcheinungen; ſie erſetzt die Blutbeſtandtheile, welche durch die Athmung fortwährend angegriffen werden; ſie ver⸗ mehrt die organiſche Körpermaſſe. Die Producte der Verdauung müſſen daher eines Theiles dem Verbrennungsproceſſe des Athmens, der Quelle der thieriſchen Wärme genügen, andern Theiles der Stoffzunahme. Nach meinen Beobachtungen ſcheint der Athmungs⸗ proceß der unerläßlichſte zu ſein; ein der Nahrung beraubtes Thier athmet, ohne zu aſſimiliren. Jede Koſt, welche dem Blute nicht die zur Erhaltung des Athmens nöthigen Stoffe zuführt, hat ein ſchnelleres oder langſameres Verſchmachten zur Folge. Jedes le⸗ bende Weſen muß um fein Beſtehen zu ſichern, in beftimmter Zeit eine beſtimmte Menge Wärme entwickeln; deßhalb muß es in die⸗ ſer Zeit eine beſtimmte Menge Brennſtoff aufnehmen. Aber auf dieſe beſtimmte Menge Nahrung beſchränkt, nährt es ſich nicht vollkommen, weil es die Verluſte nicht erſetzt, welche von den Abſonderungen herrühren, die ſelbſt während der äußerſten Diät nicht ausbleiben. Die in dieſer Abhandlung aus einander geſetzten Reſultate er⸗ klären, warum Eiweiß, Fibrin und Käſeſtoff, obgleich durch die Verdauung in beträchtlicher Menge aufgenommen, einzeln gegeben, für die Ernährung unzureichend ſind, indem ſie zeigen, daß durch ſie dem Organismus nicht ſo viel Brennſtoff zugeführt wird, als zur Erhaltung des Athmens nöthig iſt. — Um vollitändig nähren zu können, müſſen ſie mit ſolchen Stoffen vermengt ſein, welche ein Mal in das Blut gelangt, hier gänzlich verbrennen, ohne ſich in Stoffe zu verwandeln, welche, wie Harnſtoff und Harnſäure, ein Mal gebildet, ſogleich wieder ausgeſchieden werden. So gehen die weſentlich verbrennlichen Nahrungsmittel, wie Stärkemehl, Zucker und organiſche Säuren, zu denen ich auch die Gallerte hinzuzuſetzen wage, ſtets in größerer oder geringerer Menge in die Zuſammen⸗ ſetzung der vollkommenen Nahrungsmittel ein. Mifcellen. 44. Die bisherigen Anfichten über Regeneration der verlorenen Körpertheile bei den Inſecten hat Pictet weſentlich berichtigt. Man muß unterſcheiden 1) Larven von In⸗ ſecten mit unvollkommener Metamorphoſe während ihres Wachs⸗ thumes, 2) Larven im eigentlichen Sinne des Wortes von In⸗ ſecten, mit vollkommener Metamorphoſe während ihres Larvenzuſtan⸗ des und vor ihrer Verwandlung betrachtet, 3) dieſelben Larven während ihrer allmäligen Umwandlungen. Die vorliegenden That⸗ ſachen erlauben, den erſten eine Reproductionskraft für die verlore⸗ nen Füße zuzuſchreiben, wenn die Verletzung vor der letzten Häu⸗ tung Statt findet. Doch iſt hier noch viel zu unterſuchen. Für die zweite fehlt es bis jetzt an guten Beobachtungen. Über die dritten endlich ſind bis jetzt neue Unterſuchungen von Newport an Vanessa urticae angeſtellt. Er ſchnitt den Raupen dieſes Schmet⸗ terlinges die ächten Füße ab, und bei denen, welche die Operation überlebten, war das fpäter aus der Puppe ſchlüpfende Inſect meiſt ganz vollkommen; doch fehlten in einigen Fällen einige Füße, in anderen waren die den abgeſchnittenen correſpondirenden Füße etwas kleiner. Die Beobachtungen Pictets zeigen nun, daß dieſe Miß⸗ verhältniffe rein zufällig waren, und daß überhaupt kein Ubergang der Beine der Larve in die des Inſectes Statt finde, und daß die Glieder beider Zuſtände ſich nur der Lage nach entſprechen, daß alſo auch hier von einer eigentlichen Reproduction gar nicht die Rede fein kann. (Bibl. univ. de Geneve, 15. Dec. 1846.) 45. Weitere Beſtätigungen der Theorie des Generations⸗ wechſels erhielten wir von Joh. Müller. Vexillaria flabellum iſt die Larve einer Ascidia. Der von J. Müller beſchriebene räthſelhafte Pluteus paradoxus iſt die Larve einer Ophiura. Die allmälige Entwickelung wurde vom Verfaſſer vollſtändig verfolgt. Außerdem wurden noch drei andere offenbare Seeigellarven beob⸗ achtet, aber nicht bis zur völligen Ausbildung verfolgt. (Monats⸗ ber. d. Berl. Akad., Sept. u. Oct. 1846.) 22. I. 22. 346 Heilkunde. (XXXVI.) Beobachtungen über die Anweſenheit von Arſenik in den Mineralwaſſern. Von M. L. Figuier. Hr. Walchner hat neulich geäußert, daß, nachdem er Spuren von Arſenik in faſt allen Eiſenoryden entdeckt habe, er auf den Gedanken gekommen ſei, dieſes Metall in den Ocherniederſchlägen der kohlenſauren Mineralwaſſer auf: zuſuchen, und daß es ihm wirklich gelungen ſei, in dieſen Niederſchlägen Arſenik und Kupfer nachzuweiſen. Dieſe Thatſache hat die Aufmerkſamkeit der Chemiker und Arzte lebhaft in Anſpruch genommen, und Hr. Flan⸗ din hat die Verſuche des Hrn. Walchner wiederholt. Er hat das Mineralwaſſer von Paſſy unterſucht und iſt zu dem Reſultate gelangt, daß dieſes Mineralwaſſer keine Spur von Arſenik enthalte. Um die wichtige von Hrn. Walchner angekündigte Thatſache zu prüfen, machte es ſich nothwendig, dieſelben Mineralwaſſer, aus welchen er ſelbſt ſeine Folgerungen gezo— gen hatte, zu unterſuchen. Da ich mich nun in der Lage befand, dieſe Unterſuchungen auszuführen, ſo widmete ich mich denſelben mit Eifer und will jetzt der Akademie die Reſultate einiger Unterſuchungen vorlegen, welche die von Hrn. Walchner angekündigte Thatſache in allen Punkten beſtätigen. Bei Gelegenheit einer ſehr ausgebreiteten Arbeit über die Mineralwaſſer Deutſchlands, welche Hr. Mialhe und ich, auf Erſuchen des Prof. Trouſſeau, in dieſem Jahr aus— geführt haben, analyfirten wir auch die Hauptquellen Wies- badens. Unter den von Wiesbaden uns überſendeten Gegen⸗ ſtänden befanden ſich auch etwa 500 Gramme des Rück— ſtandes der freiwilligen Verdunſtung der Hauptquellen; und dieſen Rückſtand eben habe ich unterſucht. Die Gegenwart des Arſeniks in dieſen Rückſtänden wurde erwieſen 1) durch Auflöfung des Rückſtandes in kochender Schwefelſäure, Uber: fättigen der Auflöſung mit überſchüſſigem Kali, wobei die Fluſſigkeit in den von Marſh angegebenen Apparat einge: tragen wurde; 2) durch Auflöſung dieſes Rückſtandes in Hy⸗ drochlorſaure und durch Fällung der Flüſſigkeit mittels eines Stromes von Schwefelwaſſerſtoffgas. Meine Verſuche laſſen keinen Zweifel über die Gegen— wart des Arſeniks im Rückſtande des Wiesbadener Mineral: waſſers. Aber in welchem Zuſtande erijtirt das Arſenik in dieſen Waſſern? Ich bin geneigt zu glauben, daß es ſich im Mineralwaſſer im Zuſtande von arſenigſaurem Natron und folglich in löslicher Form befindet. Durch die freiwillige Verdunſtung an der Luft geht das im Mineralwaſſer enthaltene Gifenoryd in einen Zuſtand höhe: rer Orydation über und, indem es ſich in der Flüſſigkeit nie⸗ derichlägt, verändert es das chemiſche Gleichgewicht der Mi- ſchung und veranlaßt den Niederſchlag arſeniger Saͤure im Zuſtande unauflöslichen arſenigſauren Eiſens. Den Zuftand der Orydation des Arſeniks anlangend, unterliegt es keinem Zweifel, daß dieſes Metall ſich wirklich im Mineralwaſſer im Zuſtande arſeniger Säure befinde. Das Schwefelwaſſerſtoffgas bewirkt, wie wir in dem weiter oben angeführten Verſuche geſehen haben, unmittelbar die Präcipitation des Schwefels, ein Umſtand, welcher ſich bei der Arſenikſäure nicht darbieten würde. Nächſt der Thatſache, daß Arſenik in den Mineralwaſſern von Wiesbaden vorhanden ſei, war die intereſſanteſte hier aufzuklärende Frage offenbar die Beſtimmung ſeiner Quan— tität. Mit der nöthigen Strenge ausgeführt, würde dieſe Beſtimmung den höchſten Grad von Intereſſe darbieten. Ich will jetzt die Verſuche berichten, welche ich in dieſem Betreff angeſtellt habe, ohne jedoch aus den Thatſachen mehr Folge— rungen zu ziehen, als fie geitatten. Die unlöslichen Rückſtände des Wiesbadener Waſſers, welche zu den vorhergehenden Verſuchen gedient haben, rüh— ren von der freiwilligen Verdunſtung des Mineralwaſſers her und ſind am Rande der Quelle geſammelt worden. Dieſe Rückſtände können alſo bis zu einem gewiſſen Punkte ein beſtimmtes Volumen dieſes Waſſers repräſentiren, wenn man es mit dem Gewichte der unauflöslichen Subſtanzen vergleicht, die ein beſtimmtes Volumen dieſes Waſſers zurückläßt: wenn man alſo die Quantität arſenigſauren Eiſens beſtimmt, die ein gegebenes Gewicht dieſer Rückſtände enthält, ſo kann man daraus auf das Verhältniß dieſer Zuſammenſetzung in einem entſprechenden Waſſervolumen ſchließen. Indeſſen ſind dieſe Ergebniſſe nur als annähernde An— gabe zu betrachten. Die Chemiker, welche ſich mit Mineral- waſſern beſchäftigt haben, nehmen an, daß das Gewicht des unlöslichen Rückſtandes eines Waſſers niemals genau ein beſtimmtes Volumen Waſſer repräſentiren könne, denn dieſe Niederſchläge bieten eine chemiſche Zuſammenſetzung dar, et— was verſchieden von derjenigen der unauflöslichen Rückſtände, welche man erhält, wenn man die Verdunſtung des Mine— ralwaſſers durch Kochen erlangt. Nun iſt in dem vorliegen— den Falle der Niederſchlag, den ich behandelt habe, ſeiner Zuſammenſetzung nach von demjenigen verſchieden, welchen das abgedampfte und aller ſeiner löslichen Beſtandtheile be— raubte Wiesbadener Waſſer liefert. Es enthält mehr Eiſen und weniger Kieſelerde als dieſes letzte. Ich überreiche alſo bloß unter dem Titel einer Anzeige die Reſultate, welche ich erhalten habe. Da es ſich darum handelt, äußerſt winzige Subſtanzquantitäten ins Auge zu faſſen, ſo kann man, wie ich glaube, ohne große Nachtheile die Frage in folgender Art geſtellt annehmen. Ein Liter Waſſer der Wiesbadener Hauptquelle (Carls— brunnen) läßt 0,557 Gr. unlöslichen Rückſtand im kochen— den Waſſer. 20 Grm. des vorherigen Rückſtandes, mit kochendem Waſſer erſchöpft, repräſentiren alſo, wenn man die vorher— gehende Angabe annimmt, 359 Liter Waſſer. 347 Dieſer Rückſtand hat bei der Analyſe gegeben 0,124 Gr. metalliſches Arſenik. Nun geben aber 0,124 Gr. metalliſches Arſenik, durch die Rechnung in arſenige Säure umgewandelt, 0,163 Gr.. Wenn man alſo die oben angegebene Proportionalität annimmt, nämlich das Verhältniß des analyfirten Rückſtan⸗ des zu einem beſtimmten Volumen Mineralwaſſer, ſo würden 359 Liter Wiesbadener Waſſer 0,163 Gr. arſenige Säure, oder 100 Liter Waſſer 0,045 Gr. arſenige Säure ent— halten. Können 45 Milligrm. arſenige Säure, in 100 Liter Waſſer vertheilt, eine therapeutiſche Gabe dieſer Zuſammen— ſetzung repräſentiren? Dieſes läßt ſich leicht entſcheiden, wenn man die Formel der am gewöhnlichſten angewendeten Arſe— nikpräparate zu Rathe zieht. Nun wird Boudins arſe⸗ nicaliſche Flüſſigkeit, deren Gebrauch von Tage zu Tage ſich mehr ausbreitet, und die mit Recht in der Behandlung der ausſetzenden Fieber als ein heroiſches Mittel betrachtet wird, in ſolchen Verhältniſſen gereicht, daß die Patienten täglich 5 Milligrm. arſenige Säure nehmen. Um eine tägliche Gabe von Boudins Flüſſigkeit zu repräſentiren, würde es alſo genügen, 11 Liter Wiesbadener Mineralwaſſer zu nehmen. Nimmt man alſo alle weiter oben mitgetheilten An— gaben als richtig an, ſo ergiebt ſich daraus, daß der Arſe— nikgehalt der Wiesbadener Mineralwaſſer ihnen nothwen— dig die therapeutiſchen Eigenſchaften der Arſenicalien mit- theilen müffe. Ich habe wohl kaum nöthig zu bemerken, daß die Quantität von 11 Liter ums Doppelte das Ver⸗ hältniß des Mineralwaſſers überſchreitet, welches ein Patient jeden Tag nimmt, der davon als Getränk und als Bad Ge— brauch macht. Die obigen Reſultate zeigen alſo, daß das Arſenik eine wichtige Rolle in der therapeutiſchen Wirkſamkeit des Wies- badener Waſſers ſpielen müſſe. Sie machen eine directe Be— ſtimmung dieſer Quantität, aufs Mineralwaſſer ſelbſt und nicht auf die Rückſtände feiner freiwilligen Verdunſtung ba— ſirt, nothwendig, eine Unterſuchung, welche begreiflicher Weiſe nur am Orte ſelbſt angeſtellt werden kann, weil es ſich dar— um handelt, 400 bis 500 Liter Waſſer zu verdunſten. Der Zweck, den ich mir vorgeſetzt habe, indem ich dieſe Reſultate bekannt mache, iſt ganz einfach der, zu einer ſolchen Unter— ſuchung aufzufordern. Die von Hrn. Walchner angezeigte Thatſache muß übrigens, meines Erachtens, jetzt als gänzlich außer Zweifel geſtellt betrachtet werden. Dieſe Thatſache eröffnet einen neuen Weg für die therapeutiſche Würdigung der Wirkung der Mi⸗ neralwaſſer und verſpricht folglich den Chemikern Reſultate, die im höchſten Grade geeignet ſind, ſie zu fernerer Thätig— keit in dieſer Richtung zu ermuthigen. Man kennt eine ſehr große Zahl von Mineralwaſſern, die in chemiſcher Hinſicht vom Brunnenwaſſer nicht verſchie— den ſind und dennoch täglich äußerſt energiſche Wirkungen allgemeiner Reaction hervorbringen, folglich auf die Okono— mie die tiefſten Modificationen ausüben. Dieſe merkwürdi⸗ gen Thatſachen, welche täglich die Arzte in Staunen ſetzen, haben bis jetzt noch keine plauſible Erklärung gefunden und 22. I. 22. 348 haben weſentlich dazu beigetragen, gegen den Werth chemie ſcher Indicationen, auf Mineralwaſſer angewendet, ein ge wiſſes Mißtrauen zu erregen, welches erſt mit der Zeit über⸗ wunden werden wird. Einige Arzte gehen in der That ſo weit, daß fie die therapeutiſche Wirkſamkeit der Mineral: waſſer einer ganz beſonderen Eigenthümlichkeit als Geſund⸗ brunnen zuſchreiben. Es wird aber jetzt ſehr wahrſcheinlich, daß dieſe merkwürdigen Wirkungen zum Theil einigen Sub⸗ ſtanzen zugeſchrieben werden müſſen, die in ſchwacher Gabe wirken, und wahrſcheinlich können die Chemiker dem Ver⸗ zeichniſſe dieſer bis jetzt verkannten Agentien noch einige Na- men hinzufügen, deren Exiſtenz nachzuſpüren wir durch die arſenige Säure gelernt haben. Bei dieſer Gelegenheit wollen wir noch bemerken, daß auch Chatin der Akademie eine Arbeit über die Gegen— wart des Kupfers und des Arſeniks in einer eiſenhaltigen Quelle des Parks von Verſailles und über die chemiſche Rolle der organiſchen Subſtanzen in den eiſenhaltigen Waſſern der oberen Niederſchlagsformationen vorgelegt hat. Er ſelbſt giebt das Reſultat ſeiner Forſchungen kürzlich mit folgenden Worten: 1) Es ergiebt ſich aus meinen Unterſuchungen der Nie⸗ derſchläge der Waſſer zu Paſſy, daß dieſelben weder Arſenik noch Kupfer enthalten. - 2) Die kohlenſäuerliches Eiſen enthaltende Quelle zu Trianon enthält Spuren von Kupfer und eine ſehr leicht ſchätzbare Quantität Arſenik. 2 Kilogrm. Ocherſchlamm re⸗ präſentiren ungefähr 2500 Liter Waſſer und haben ergeben 28 Milligrm. Arſenik, ungefähr alſo 1 Milligrm. auf 100 Li⸗ ter Waſſer. 3) Vergleicht man die von Walchner, von Flan— din und von Chatin erhaltenen Reſultate, ſo iſt man zu der Annahme geneigt, daß die kohlenſaures Eiſen enthalten— den Waſſer, mit Ausnahme derer, welche ſchwefelſaures Ei— fen enthalten, in der Regel auch arſenithaltig find. (Com- ptes rendus, T. 23, No. 17, p. 818 u. No. 20, p. 931.) (XXVII.) über die Epidemie der arachnitis ce- rebro-spinalis in den iriſchen Arbeitshäuſern und in einigen Dubliner Spitälern. Von Dr. Robert Mayne. Das genannte Übel beſteht weſentlich in einer acuten Entzündung der Membranen des Gehirnes und Rückenmar⸗ kes, vornehmlich aber der arachnoidea und iſt ſeit Anfang dieſes Jahres epidemiſch in mehreren Arbeitshäuſern und Spitälern zu Dublin, Belfaſt und Bray aufgetreten. Wäh⸗ rend der Jahre 1840, 1841 und 1842 erſchien es zuerſt in epidemiſcher Verbreitung in Frankreich. Die pathologi⸗ ſchen Charaktere ſcheinen faſt allenthalben dieſelben zu ſein; die das Gehirn und Rückenmark umkleidende ſeröſe Haut zeigte ſich durchweg als der Sitz ausgebreiteter Entzündung, 319 und abweichend von den gewöhnlicheren Formen der arachnitis iſt die arachnoidea spinalis ſtets weit ſtärker afficirt, als die a. cerebralis. In den von mir angeſtellten Sectionen zeigte die Schädeldecke und die dura mater eine nur geringe un— gewöhnliche Vascularität; die die Hirnhemiſphären bedeckende pia mater war im Gongeftivzuftande, und die großen Venen erſchienen ſtark aufgetrieben. Die freie Fläche der Hirn— arachnoidea fühlte ſich trocken und klebrig an, und hatte an mehreren Stellen, namentlich an der basis cerebri, ihre Durchſichtigkeit verloren; aber im Sacke der arachnoidea fand ſich weder Lymphe noch ein anderer inflammatoriſcher Erguß. Lymphe von gelblicher oder grünlicher Farbe zeigte ſich da— gegen an der Oberflache des Gehirnes unter der ſeröſen Hülle, und zwar in geringerer Menge an der Oberfläche der Hemiſphären, in weit größerer dagegen an der basis cerebri, namentlich in dem, dem eirculus Willisii entſprechen— den Subarachnoidalraume. Im Rückenmarkscanale füllte ein ähnliches Erſudat den Subarachnoidalraum an und er: ſtreckte ſich bis zum Ende der cauda equina, während dagegen im Vertebralcanale die Höhle der arachnoidea frei von Erſudat war. Die Subſtanz des Gehirnes und Rücken— markes war nicht im geringſten afficirt. In einigen der mir mitgetheilten Fälle jedoch waren dieſe Organe zuweilen zugleich mit krankhaft ergriffen; in einigen enthielten die Hirnventrikel inflammatoriſche Ergüſſe, und die plexus cho- roidales erſchienen ungewöhnlich gefäßreich; in anderen Fäl— len war die Subſtanz der Centralorgane mehr oder weniger erweicht, und in noch anderen fand ſich ein ſerös-eiteriger Erguß an der basis cerebri und in der theca vertebralis. In allen Fällen jedoch war vornehmlich die serosa affieirt, während die Nervenſubſtanz wenig oder gar nicht ergrif— fen war. Das Übel befiel in allen bekannt gewordenen Fällen, bis auf wenige Ausnahmen, nur Knaben unter 10 Jahren; in Frankreich zeigte es ſich zumeiſt unter den jungen Re— kruten von Verſailles, Lyon, Metz, Straßburg, Avignon, Nancy und Poitiers. Die Affection beginnt zumeiſt mit ſehr heftigen Sym— ptomen und tritt plötzlich ohne weitere Vorboten auf. In vielen Fällen treten zuerſt heftige Leibſchmerzen ein, worauf ſogleich Erbrechen und nicht ſelten auch Durchfall erfolgt. In den ſchlimmſten Fällen find dieſe Symptome von deut: lichem collapsus begleitet, die Ertremitäten werden kalt und blau, der Puls wird fadenförmig, und das Übel nimmt ganz das Ausſehen von cholera an. Nach wenigen Stun— den ſtellt ſich eine mehr oder minder vollſtändige Reaction ein: die Muskeln der Gliedmaßen und vornehmlich des Halſes werden auffallend ſtarr, der Kopf fällt nach hinten gegen die Wirbelfäule und bleibt in dieſer Stellung firirt; das Geſicht nimmt ſehr häufig den tetaniſchen Ausdruck an, zuweilen tritt ein Zucken der Geſichtsmuskeln ein; die Glie— der werden unbeweglich, die Haut heiß, der Puls voll und frequent (120 — 140); der Magen bleibt oft reizbar, das epigastrium iſt gegen Druck ſehr empfindlich, und der Kranke wird von dem heftigſten Durſte gequält. Binnen kurzem ſtellen ſich allgemeine Gonsulfionen von furchtbarer Heftigkeit 22. I. 22 350 oder ein halbeomatöfer Zuſtand ein, welcher — in ſchlim— men Fällen — in vollſtändiges coma übergeht; der Puls wird langſam und ſchwach, der Kranke vermag weder zu ſprechen noch zu ſchlucken, sedes involuntarii ſtellen ſich ein, und endlich ſchließt der Tod die Scene. Alle dieſe Sym— ptome können ungemein raſch auf einander folgen, und die Mehrzahl der Falle endete gegen den vierten Tag, während nur einige wenige ſich 14 — 21 Tage lang hinzogen; in einigen Fällen trat der Tod ſogar ſchon nach 15 Stun— den ein. Wenn auch in einigen Fällen unmittelbare Symptome einer Affection innerhalb des Schädels vorhanden waren, wie Kopfſchmerz, Hitze der Schädelhaut, Congeſtion der conjunctiva, Schielen, Lichtſcheu u. ſ. w., fo fehlten dieſelben jedoch in vielen Fällen gänzlich. Zuweilen war eine große Senſibilität der Haut bemerkbar und die geringſte Bewegung oder Berührung preßte den Kranken ein Stöhnen aus, häu— figer jedoch fand eine Verminderung des Gefühles Statt; nicht ſelten beobachtete man eine unregelmäßige und müh— ſame Reſpiration ohne das geringſte ſtethoſkopiſche Zeichen eines Bruſtleidens. Trotz der während des Lebens ſo ſtark markirten Magenſymptome ergab die Section keine Affection dieſes Organes. Die Prognoſe iſt im Allgemeinen eine ſehr ungünſtige, und das Übel endete in den meiſten Fällen tödtlich. Das— ſelbe war in Frankreich der Fall, wo in Aoignon von 30 Fällen 29 tödtlich verliefen und im Allgemeinen die Mor— talität 80 % betrug. a Was die Behandelung betrifft, ſo hat ſie, wie aus dem eben geſagten leicht zu ermeſſen, bis jetzt wenig geleiſtet. Bei bedeutendem collapsus im Beginne der Krankheit ſcheint jede Hilfe vergeblich zu ſein; die raſche Application ſtarker Hautreize (Senfteige, Terpenthin), Wärme und Reiben, na— mentlich auf dem Rücken und an den Gliedmaßen, ſind hier angezeigt. Nach dem Eintritte der Reaction iſt eine ſtrenge und energiſche Antiphlogoſe (allgemeine und örtliche Blut— entleerung, Mercur, äußerlich und innerlich) unerläßlich, ob— wohl auch ſie mich zuweilen im Stiche gelaſſen hat; in einem Falle jedoch war ſie von dem glücklichſten Erfolge. In Frankreich waren die Anſichten über die einzuſchlagende Behandlung ſehr getheilt. Blutentziehungen bis zur Ohn— macht wurden angewendet, brachten aber an und für ſich keine Rettung. Hr. Rollet erzielte günſtige Erfolge durch reyulsiva und Blutentleerung; feine Methode beſtand in der Application des Glüheiſens längs der Wirbelſäule. Hr. Gaſſaud erklärte das Übel für miasmatiſchen Urſprunges und zog das Chinin, sulphur. in Anwendung; ſelbſt Opium wurde von einigen Arzten angewendet. Über die Atiologie der Affection läßt ſich nichts ge— naueres angeben. (Dublin Quart. Journ., Aug. 1846.) Miſeellen. (60) Heilung einer Geſchwulſt am Halſe ver⸗ mittels der Acupunctur. — Ven Hrn. Coſtelli. Gin junges Mädchen hatte an der rechten Seite des Halſes unterhalb des m. sterno-mästoideus eine kleine Geſchwulſt, welche ſich in 351 Folge einer heftigen Anſtrengung beim Heben einer Laſt 6 Mo— nate zuvor gebildet hatte. Nach erfolgloſer Anwendung von Jod⸗ einreibungen wandte ſich Verf. zur Acupunctur, welche er alle 2 Tage fünf Mal nach einander wiederholte. Anfangs führte er nur 2 Nadeln ein, ſtieg aber allmälig bis auf 7. Dieſe Zahl war wahr— ſcheinlich zu bedeutend, indem darauf eine lebhafte entzündliche Reaction eintrat. Nach achttägigem Ausſetzen der Operation wurde ſie von neuem, jedoch mit nie über 5 Nadeln, begonnen, welche jedes Mal 1½ — 2 Stunden eingeſtochen blieben. Die Geſchwulſt nahm darauf allmälig an Umfang ab und verlor ſich dann voll⸗ ſtändig. (Bullet. delle scienze mediche, Jan. 1846.) 61 Mittel zu Beſeitigung ſchädlicher Dünſte aus Gruben. Hr. Baucille, mit der Unterſuchung der Lucasquelle in Vichy beauftragt, fand die Gruben mit einer ſolchen Menge kohlenſauren Gaſes angefüllt, daß das Betreten derſelben lebensgefährlich wurde. Er hatte vergebens Ventila— tion durch erhitzte Luft, Reinigung vermittels der Compreſſion, mittels Einſtrömens von Waſſer, Kalkwaſſer u. ſ. w. verſucht. Da ſtellte er auf dem Rande der Grube einen kleinen, mit kochendem Waſſer angefüllten Keſſel auf, von welchem ein Rohr in die Grube hinabragte, ſo daß er die Dämpfe in dieſelbe hineingehen laſſen konnte. Der aus der Mündung der Röhre herausſtrömende Dampf war an— fangs undurchſichtig und rußig, darauf aber wurde er allmälig rein und nach 25 — 30 Minuten konnten die Gruben ohne Gefahr be— treten werden. Dieſes Verfahren mußte während der Arbeiten mehrmals wiederholt werden und iſt vom Verf. auch mit Erfolg zur Beſeitigung von Schwefelwaſſerſtoffdünſten angewendet worden. (Annal. d' Hygiene, Avril 1846.) (62) Einen neuen Apparat für Fracturen des Ober- und Unterſchenkels beſchreibt Hr. Henry im Journ. des connaiss. med. chirurg., Aoüt. 1846. Derſelbe iſt aus Kaut⸗ ſchuck gemacht, nimmt das fracturirte Glied in ſich auf und com⸗ primirt es allmälig vom erſten Tage der Behandlung an mit Scho⸗ nung jeder Anſchwellung und Entzündung. An den Seitenpartien befinden ſich 2 kleine Rinnſchienen, durch welche eine Feder läuft, welche fi) an der Stelle der Fractur fixirt und dieſelbe Freisför- mig umſchließt. Längs des Apparates ſind einige Riemen zur Be⸗ feſtigung desſelben angebracht. Ein ziemlich dicke Form, welche zufolge ihrer Elaftieität und Geſchmeidigkeit der runden Form des Gliedes ſich anpaßt, erſetzt an den Seitentheilen die Schienen von Holz oder Pappe. Dieſer Apparat eignet ſich beſonders für Militär- und andere Transporte. (63) Fall von Punction bei Hydrocephalus mit glücklichem Erfolge von Dr. James Edward. Im Sommer 22. I. 22. 352 1839 wurde Verf. zu einem achtmonatlichen Kinde gerufen, wel: ches an Hydrocephalus chronicus litt, an welchem Übel bereits 2 andere Kinder in derſelben Familie früher geſtorben waren. Das Kind war verdrießlich und ſchreckhaft, legte den Kopf ftets an und hatte einen kleinen, unregelmäßigen Puls, es ſchlief ſehr unruhig und litt abwechſelnd an Durchfall und Verſtopfung. Scarificatio⸗ nen des Zahnfleiſches, Blutegel an die Schlafe, laue Bäder, kalte Umſchläge auf den Kopf, Blaſenpflaſter im Nacken u. ſ. w. lei⸗ ſteten nichts, das Übel wurde immer ſchlimmer und Krämpfe und Schielen ſtellten ſich ein. Verf. entſchloß ſich daher zur Punction des Kopfes, welche er auf folgende Weiſe ausführte. Nachdem eine gekleiſterte Binde locker um den Kopf gelegt worden war, führte Verf. einen gewöhnlichen Hydroceletroikar etwas nach rechts von dem ſeitlichen Winkel der vorderen Fontanelle ungefähr 1“ tief in der Richtung des rechten großen Ventrikels ein, worauf gegen 8 Unzen einer röthlichen Flüſſigkeit abfloſſen. Die Ganüle wurde nun entfernt, die Wunde mit einer Compreſſe bedeckt und die Binde feſt zuſammengezogen. Ein leichtes Naſenbluten trat darauf ein, welches 24 Stunden ſich öfters wiederholte. (Nährende Diät, gelinde Abführmittel.) Die krankhaften Symptome verloren ſich nach und nach und das Kind genas vollſtändig. (Monthly Journ., June 1846.) (64) Einen Fall von Heilung einer Eiterinfection durch Calomel theilt Dr. Reymonet in der Clinique de Marseille, Juin 1846 mit. Der Fall betraf einen 50 jährigen Mann, welcher an einem callöfen Geſchwüre an der Fußſohle und an einer ausgebreiteten Phlegmone der ganzen Unterertremität litt. Zahl⸗ reiche Absceſſe und Eiterſenkungen machten tiefe Einſchnitte bis unter die Aponeuroſe nothwendig, und 8 Tage darauf ſtellten ſich Froſtſchauer und kalter Schweiß ein, die Gefichtszüge alterirten ich, die Zunge wurde trocken, die Haut und namentlich die sclerotica gelb gefärbt, das rechte hypochondrium ſchmerzhaft, der Kranke fing an zu deliriren, und die eiternden Wunden begannen auszu⸗ trocknen. Verf. verordnete 1 Gramme und am nächſten Tage 50 Centigr. Calomel, worauf ſich der Zuſtand des Kranken raſch beſ⸗ ſerte, ſo daß derſelbe jetzt der Geneſung nahe iſt. Nekrolog. — Felir d' Arcet, bekannt durch feine Beob⸗ achtungen über die Peſt in Agypten und durch viele andere Arbei⸗ ten auf dem Gebiete der Geſundheitspflege, welcher im Begriffe war, in Rio Janeiro mit Unterſtützung des Staates eine großartige chemiſche Fabrik zu errichten, iſt durch unvorſichtiges Anbrennen ſeines Bettes in ſeinem 39. Jahre auf eine jammervolle Weiſe am 18. Dec. 1846 ums Leben gekommen. Bibliographiſche Neuigkeiten. Dan. Noble, the brain and its physiology; a critical disquisition on the methods of determining the relations subsisting be- tween the structure and functions of the encephalon. Lon- don, Churchill 1846. Dr. R. D. Thomson’s experimental researches on the food of animals and the fattening of cattle; with remarks on the food of man. London, Longman etc. 1846. Munke, G. W., populäre Wärmelehre oder Darftellung des We— ſens und Verhaltens der Wärme. gr. 8%. Geh. Leipzig 1846. Grunert, Joh. Aug., optiſche Unterſuchungen. 2. Th. Theo⸗ 105 Ber achromatiſchen Objecte für Fernröhre. gr. 8%. Leipzig W. H. Robertson, che nature and treatment of gout. London, Churchill 1846. Preeis de la doctrine médicale de l’&cole de Montpellier; par Alexis Alquie. Quatrieme edition, revue etc. 8°, de 37 feuil- les ½ plus une pl. Montpellier 1846. De la contagion de la peste et de la reforme des quaran- taines; par le docteur J. Garin. 8°. de 2 feuilles /. Lyon 1847. Dendy, W. C. — Hints on the health and disease of the skin. By Walter Cooper Dendy. 2d edition, with addition. 12°, (pp. 56.) 5 H. C. B., Haandbog i den almindelige Anatomie. 1. Häfte. Lex. 8°. Kopenhagen 1846. Bennet, J. H., prakt. Abhandl. üb. Entzündung des Gebär⸗ mutterhalſes. Aus d. Engl. von G. F. A. Matthiä. gr. 8%. Winterthur 1846. Heilmann, H., Darſtellung mehrerer intereſſanter Beobachtun⸗ gen und Heilungen hartnäckiger Augenkrankheiten. gr. 8°. In Comm. Geh. Coöln 1846. Oſterlen, F., Handbuch der Heilmittellehre. 2. Aufl. gr. 8. Tübingen 1847. 5 Traube, L., Beiträge zur erperimentellen Pathologie. 2. Heft. gr. 8°. Geh. Berlin 1846. 2 Schmidt, J. H., kleines Hebammenbuch. kl. So. Berlin 1847. Regiſt er zum erſten Bande dritter Reihe der Notizen aus dem Gebiete der Natur— und Heilkunde. (Die römiſchen Ziffern bezeichnen die Nummern, die arabifchen die Seiten.) A. Adams, Operation eines eingeklemmten an⸗ geborenen Leiſten-Hodenſackbruches. VIII. 127. Atzſublimat und andere Queckſilberſalze, Ver: giftung durch dieſ. XVI. 251. Agelakriniten in Böhmen. VIII. 120. Albuminurie od. Brightſche Krankheit, Mit⸗ tel dagegen. XVII. 272. Alkalien, Vergiftung durch dieſ. XVI. 247. 254. Alkaloide, Vergiftung durch dieſ. XVI. 255. Alkoholiſche Getränke, Verdauung derſ. XIII. 200. Alonſo, Lageveränderung der Milz und des pancreas. IX. 143. Anatomifche Unterfuchungen einzelner Über: reſte von Dinornis. XX. 305. — über die Thätigkeit der Nerven des Kopfes. XV. 239. Aneurysma art. popliteae, Behandlung des: felben durch Compreſſion, von Prof. Por: ter. V. 73. — desgl. von Wilde. XIII. 205. — durch Galvanacupunctur. X. 151. — Offnung ein. An. aort. ascend. in die rechte Vorkammer. XIII. 206. Ankyloſe, Heilung einer rechtwinkeligen des Kniegelenkes, nach Dr. Barton. I. 11. Anneliden, über das Blut derſelben, von A. de Quatrefages. VI. 87. Anſchwellung des n. quintus u. feines gan- glion. V. 77. Antidotum bei der epidemiſchen Cholera. VII. 112. Antroversio uteri, ein Geburtshinderniß. W. I Arachnitis cerebro-spinalis als Epidemie in den iriſchen Arbeitshäuſern u. Spitälern, von Dr. Mayne. XXII. 348. Aranea tredecim-guttata in Toſcana, Biß dieſer giftigen Spinne. XII. 192. Arſenige Säure, Vergiftung durch dieſelbe. XVI. 248. Arſenik, über die Anweſenheit desſ. in den Mineralwaſſern, von Figuier. XXII. 345. Arteſiſche Brunnen Londons, Einfluß derſ. auf den Waſſerzufluß im Londoner Baſſin. V. 70. Asa-foetida-Pflanze in der Nähe von Kaſch⸗ mir, von Dr. Falconer. XIV. 218. Atlee, Entfernung kranker Ovarien aus der Bauchhoͤhle. IX. 137. Atmoſphäriſche Beobachtung in Bezug auf ein ſubmarines Ereigniß im Mittelmeere, von Pilla. XX. 307. Avarenſchädel, anatomiſche Beſchreibung eis nes ſolchen. X. 152. B. v. Baer, über Steenstrups Unterſuchungen in Betreff des Hermaphroditismus in der Natur. IX. 129. Barnabita's Mikroſkop von origineller Con⸗ ſtruction. VII. 103. Bartons Operation der rechtwinkeligen An⸗ tyloſe des Kniegelenkes. I. 11. Beckenknochen, finuöfe Geſchwüre in Folge von Grfoliation derſ. IV. 62. Belladonna u. andere Solaneen, Vergiftung durch dieſ. XVII. 266. Benzoefäure, kein Mittel gegen Harnſteine. I. 16. N Bernard, üb. Geſchmacksveränderung bei Pa⸗ ralyſen des facialis. VI. 89. VII. 103. Blandet, über beſſere Benutzung der Ge: wäſſer. XIV. 223. Blaſenſtein, freiwilliger Abgang ein. 100 Gr. wiegenden. X. 160. Bleierne Ciſternen, über die Schädlichkeit derſ. VII. 108. Bleiſalze, Vergiftung durch dieſ. XVI. 25° Blitz, über eine merkwürdige Wirkung des. X. 160. Blondlot, über die Nutzloſigkeit der Galle für den Verdauungsproceß. II. 17. Blut, Unterſuchungen über das thieriſche, von Dumas. XIII. 193. Bouchardat, die Wirkung d. Chlor-, Brom⸗ und Jodkaliums. X. 157. — die haupt: ſächlichſten Gegengifte u. Behandlung der Vergiftungen. XV. 233. XVI. 247. XVII. 265. — die Natur der Glykosurie und die Behandlung dieſer Krankheit in den Hoſpitälern. XX. 313. Boudin, der Einfluß von Sumpfgegenden auf Lungenſchwindſucht und typhöſe Fieber. II. 25. III. 39. — ſanitätspolizeiliche Studien ꝛc. XI. 169. Bouſſingault, Entwickelung der Pilanzenfub- ſtanz beim Weizen. XV. 232. — Ver⸗ ſuche über die Ernährung. XXI. 321. XXII. 337. Brechnuß, Vergiftung durch dieſ. XVII. 267. 4 Brodie, gegen das Abſchneiden der Knochen— enden bei einem falſchen Gelenke. II. 32. — über Nichtvereinigung gebroche— ner Knochen. VI. 96. — Vergl. Kali causticum, Bureau-Riofrey, über Heilung der phthisis durch fettbildende Diät. XII. 189. C. Calluserweichung in Folge unzureichender Nahrung. VI. 95. — im Verlaufe ei⸗ nes rheumatiſchen Fiebers. VI. 95. Carotiden, Unterbindung beider mit glückli— chem Erfolge, von Dr. Warren. XXI. 335. Carus, Unterſuchung von Kochs vorweltlichem Hydrarchus. XIX. 298. Carette, über das Mehari od. Dromedar in der Sahara. X. 145. Cerumen im mittleren Ohre. XVIII. 282. Ceylanmoos, chemiſche Beſchaffenheit desſ. VII. 111. Champignons, iriſcher Aberglaube über dieſ. II. 26. Chemiſche Reactionen in Bezug auf den Ge— ſundheitszuſtand großer Städte, von Che- vreul. VIII. 125. Chinin, sulphur. gegen Wechſelſieber bei Schwangeren angewendet. XXI. 336. Chlornatriumeinſpritzungen bei chroniſchem Empyem. VII. 110. Cholera, Antidotum bei der epidemiſchen. VII. 112. — Vorrücken derſelben bis zum Kaukaſus. IX. 144. Chroniſches Empyem und Parakenteſe ꝛc., von Dr. Wells. VII. 110. Clathrus cancellatus, chemiſch unterſucht. IX. 138. de Corral y Ona, Vaginal-Kaiſerſchnitt bei vollſtändiger Obliteration des Muttermuns des. IX. 140. Cretinismus, ätiologiſche Unterſuchungen des— ſelben nach Garbiglietti. XVIII. 268. Croup, Behandlung desſ. durch Blutentzie⸗ hung u. Jodkali. VI. 94. Curran, über Zuckerharnruhr oder diabetes mellitus. XIII. 200. — die Phyfiologie des Verdauungsproceſſes. XV. 225. XVI. 241. XVII. 257. XVIII. 279. Cyſte vor dem sinus maxillaris. IV. 64. D. Dalrymple, über die mikroſkopiſchen Charak⸗ tere der Knochenerweichung. XXI. 329. N eee Darmverſchlingung, neue Form innerer Ein⸗ klemmung durch dieſelbe, von Levy. IV. 57. Daſſen, Unterſuchungen über die Saftbewe— gung in den Pflanzen. III. 33. IV. 53. — über den Stengel der Dicotyledonen. XI. 161. Daunen und Federn in ihrer Entwickelung, von Dr. Reclam. XIV. 217. Deleau jun., über fremde Körper, die zu⸗ fällig in das mittlere Ohr gerathen ſind oder ſich in demſelben entwickelt haben. XVII. 268. XVIII. 281. Dermatitis variolosa, vergleichende Verſuche über die Behandlung derſ., von Piorry. XV. 238. Dertrin, Verſuch über die Verdauung desſ. XVI. 247. Diabetes mellitus, ſ. Curran u. Bouchardat. Dilatation des rechten Herzens, Tod in Folge derſ. III. 47. Dinornis, anatomiſche Unterſuchung desſ., von Prof. Owen. XX. 305. Dotterzellen, Bewegung derſelben in den Pla— narien. XI. 170. Dumas, über die Umwandlung des Schwefel- waſſerſtoffgaſes in Schwefelſäure. XII. 177. — Unterſuchungen über die thieri- ſchen Flüſſigkeiten: 1) über die Milch der Fleiſchfreſſer. XII. 182. 2) über das Blut. XIII. 193. Düngerarten, über die Wirkung verſchiedener. IV. 56. E. Earle, über die Trepangfiſcherei in Auſtra⸗ lien. VIII. 120. Eiterinfection, geheilt durch Calomel. XXII. 352. 6 Ektromatiſche Methode bei der Behandlung der Pocken, von Serres. XIV. 217. Elaſticität und Cohäſionsverhältniſſe der vor⸗ züglichften Gewebe des menſchlichen Kör⸗ pers, von Wertheim. XIII. 196. Elektromagnetismus, benutzt zur Auffindung in das Fleiſch eingedrungener Nadeln. IV. 63. Elektrophyſtologiſche Matteucci. V. 65. Empyem, neue Form eines ſogen. pulſiren⸗ den. XIII. 208. — Chlornatriumein⸗ ſpritzungen bei chron. Empyem. VII. 110. Ernährung, Bouſſingaults Verſuche über die: ſelbe. XXI. 321. XXII. 337. Exogonium purga Benth., die achte Jalappen⸗ pflanze. XIII. 200. Unterſuchungen, von F. Fettentartung des Herzens. III. 46. Figuier, über die Anweſenheit von Arſenik in den Mineralwaſſern. XXII. 345. Fissura ani, charakteriſtiſches Merkmal derſ. VIII. 128. Fiſteln des Geſichts in Verbindung mit Zahn⸗ krankheiten, von Ad. Giraud. V. 77. Foſſile Organismen, Beitrag zur Lehre von der Vertheilung derſ. XI. 170. Fracturen des Ober⸗ u. Unterſchenkels und neuer Apparat dafür. XXII. 351. Frettchen, Art desſ., ſeine Opfer zu tödten. XVI. 248. G. Galle, über den Nutzen derſelben bei der Verdauung. II. 17. XVII. 263. Galvanacupunctur bei Behandlung der Aneu⸗ rysmen, von den DDr. Monchet u. Follet. 151. Galvanismus, als Mittel zur Überführung von Arzneiſtoffen in krankhafte Gewebe, von Dr. Klenke. XVII. 271. Gangraena senilis, Kammwolle als Mittel gegen dieſ. IV. 64. Gaſtroſtomie, Verſuche über die Ausführung dieſer Operation, von Sedillot. XIX. 301. Gebirgsarten, über die Veränderungen in der Beſchaffenheit der durch Feuer entſtandenen, von Durocher. XX. 311. Geburtshinderniß durch Mißbildung des Beckens und Heilung der nachfolgenden fistula vesico-vaginalis. XIX. 297. Gegengifte, ſ. Vergiftungen. Generationswechſel oder die Fortpflanzung und Entwickelung durch abwechſelnde Ge⸗ neration, von Steenstrup. I. 1. — Be ſtätigung dieſer Theorie durch Joh. Müller. XXII. 344. Geſchwulſt, knochige an einem Nerven. V. 79. — Halsgeſchwulſt vermittels Acu⸗ punctur geheilt. XXII. 350. Gewäſſer, über beſſere Benutzung derſ. XIV. 223. Geyſer und Strockur mit verſchiedener Tem⸗ peratur. X. 151. Glaskörper, Entdeckung der Structur desſ., von Hannover. XVIII. 274. Gletſcher, alter am weſtlichen Abhange des Wasgaugebirges (obere Saone), von Vir⸗ let d'Aouſt. XIX. 296. Grauer Staar, Modificationen in der Ove⸗ ration desſ., von Guepin. X. 155. Gros, über die anatomiſche Structur der Nerven der Knochen. XIX. 289. Gucpin, ſ. Grauer Staar. Guiana, die Eingeborenen daf., von Rob. Schomburgk. VII. 100. Gymnarchus niloticus, ein wenig bekannter Fiſch Agyptens. III. 38. H. Haare, abnorme Entwickelung derſ. 192. Häring, Laichzeit desſelben an der norwegi⸗ ſchen Küſte. IX. 138. Hannover, über die Structur des Glaskör⸗ pers. XVIII. 274. 5 Harting, mikroſkepiſche Unterſuchungen über die Natur und Entwickelung der vegeta- biliſchen Zellen. VI. 81. Helot, über die Radicalcur der Varicocele. VIII. 121. Hermaphroditismus in der Natur, von Prof. Steenstrup. VIII. 113. vergleiche v. Baers Kritik. IX. 129. Hernia vagino-labialis. V. 79. Herenringe, Veranlaſſung der ſogenannten. III. 38. Horner, über Veränderungen hinſichtlich des relativen Niveaus des Meeres und Landes. XIV. 209. Hydrarchus, Unterſuchung des vorweltlichen, von Prof. Carus. XX. 298. Hydrocele, geheilt durch Einblaſen von Kan⸗ tharidenpulver, von Dr. Latour. XII. 185. Hydrocephalus, glücklicher Fall von Punc⸗ tion desſ. XXII. 351. Hydrocyanſaure, Vergiftung durch dieſelbe. XVI. 254. Hydrothionſäure, Vergiftung durch dieſelbe. XVI. 253. XII. 3. Infuſorien, über die Organiſation der poly⸗ gaſtriſchen, von C. Eckhard. V. 70. über den Einfluß des Lichtes auf dieſ. VII. 104. Inſecten, über Regeneration verlorener Kör: pertheile bei denſ., v. Prof. Pictet. XXII. 344. Inversio uteri, Conceptionen nach derſ. V. 80. Regiſt er. K. Kali causticum ſusum als Mittel gegen epu- lis, von Dr. Brodie. V. 78. Kali hydrojodicum, Wirkung desſelben in der syphilis. III. 47. Kalium, vergleichende Verſuche über die Wir⸗ kung des Chlor-, Brom- u. Jodkaliums, von Bouchardat u. Cooper. X. 157. Kalkliniment und Kammbaumwolle bei Ver— brennungen angewendet, von Dr. Payan. V. 74. Kartoffel-Surrogate. VI. 90. Knallgas, Entdeckung Jacoby's in Peters: burg in Betreff desſ. XXI. 330. Knallpulver, über die Darſtellung desf. von Pelouze. XIX. 302. Knochen, Urſache der Nichtvereinigung ge⸗ brochener, von Dr. Brodie. VI. 96. Knochen ꝛc., vgl. Nerven. Knochenenden, gegen das Abſchneiden der— ſelben bei einem falſchen Gelenke, von Brodie. II. 32. Knochenerweichung, die mikroſkopiſchen Cha⸗ raktere derſ., von Dalrymple. XXI. 329. Knochenkrankheit der Zündholzfabrikarbeiter. VI. 96. Körper, über Elaſticität und Cohäſionsver⸗ hältniſſe des menſchlichen, von Wertheim. XIII. 196. verſchiedene Temperatur desſ., von Dr. Davy. XVII. 265. fremde, die zufällig in das mittlere Ohr gerathen find oder ſich in demſelben ent: wickelt haben, von Dr. Deleau jun. XVII. 268. XVIII. 281. Kupferſalze, Vergiftung durch dief. 252. Kupfer⸗ und Silbermünzen, Veränderung ſolcher im Magen eines Hundes. IV. 57. XVI. L. Lageveränderung der Milz und des pancreas. IX. 143. Leber, Überſicht der neueren Arbeiten über die innere Structur derſ., von Dr. Mandl. XIX. 292. Leiſtenhodenſackbruch, Operation eines einge⸗ klemmten angeborenen, von Adams. VIII. 127. Leuchtwürmer, über die Phosphoreſcenz derſ., von Matteucci. IX. 135. „Levy, über eine neue Form innerer Einklem⸗ mung durch ſogen. Darmverſchlingung. IV. 57. 5 Licht, über den Einfluß desſelben auf die Infuſorien. VII. 104. Löwenfleiſch, als Speiſe benutzt. II. 25. Luft in Pferdeſtällen, Beſtandtheile derſ. I. 16. Luration, über unvollftändige des oberen Ra⸗ dialendes bei Kindern. XIX. 304. — Luxationen des Daumens, neues Redue— tionsverfahren. XX. 320. M. Magneſia, Zubereitung derſelben als Gegen— gift. XVI. 250. Maiskorn, Kohle desſ. I. 10. Maismehl, Verwendung desſelben zur Brot: bereitung. VIII. 128. Malachitmaſſe von ungeheurer Größe. 312. Mandl, die neueren Arbeiten über die innere Structur der Leber. XIX. 292. Matteucci, elektrophyſiologiſche Unterſuchun— gen. V. 65. — über die Phosphoreſcenz der Leuchtwürmer. IX. 135. Mayer, über Bewegung der Nervenftränge. VII. 97. über Webers uterus mas- culinus. XVIII. 273. Mayne, über arachnitis cerebro -spinalis. XXII. 348. Mehari, das, (Dromedar) in der Sahara, von Carette. X. 145. Migräne, Urſache und Behandlung derſ. II. 32. Mikroſkop von origineller Conſtruction. VII. 103. Mikroſkopiſche Unterſuchungen über die Wan⸗ dungen der vegetabiliſchen Zellen. VI. 81. — über Knochenerweichung. XXI. 329. Milch der Fleiſchfreſſer, Unterſuchungen dar. von Dumas. XII. 182. Mineralwaſſer, über die Anweſenheit von Arſenik in denſ. XXII. 345. Minhocao oder der Lepidoſiren in Braſilien, von Aug. de St. Hilaire. XIII. 198. Molluffen, über Ungleichheit in der calcini⸗ renden Function derf., von Reeves. VI. 88. Monchet und Follet, über Galvanacupunctur bei Aneurysmen. X. 151. Montgomery, Beobachtungen über Uterin— polypen mit Ulceration. XII. 190. Morfee od. Pellagra in den Laplata » Gegen: den. IV. 63. Morphinſalze, ſ. Opium. Munchies od. weiße Indianer in der merica- niſchen Provinz Sinora. XXI. 330. XX. N. Narcotica, günſtige Wirkung derſelben gegen fungus medullaris. XVIII. 288. Nekrolog: Prof. Anderſon in St. Andrews. XI. 170. — Felir d'Arcet in Rio Ja- neiro. XXII. 352. — Dr. Bérard in Paris. I. 16. — Bory de St. Vin⸗ cent in Paris. IX. 138. — Prof. De⸗ neur in Paris. IX. 144. — Eyries in Paris. V. 72. — J. Gilbert in Auſtra⸗ lien. X. 152. — Prof. Hauff in Brüſſel. VIII. 128. — Prof. Horkel in Berlin. VIII. 121. — Hume in Thornbury. VI. 90. — Capt. Manby in Cheltenham. VII. 112. — Bar. Pasquier in Paris. XVIII. 288. — Dr. Scott in London. IX. 144. — Thomſon in Edinburgh. VI. 96. — Pouatt in London. XI. 176. Nerven der Knochen, über die anatomiſche Structur derſelben, von Gros. XIX. 289. — des Kopfes, anatomiſche Beziehung ihrer Thätigkeit. XV. 239. Nervenſtränge, über Bewegung derſ., von Prof. Mayer. VII. 97. Niveau, Veränderung des relativen von Meer und Land, von Horner. XIV. 209. Noctiluca miliaris, Structurverhältniſſe derſ. XII. 184. O. Ohr, das mittlere, ſ. Körper und cerumen. Opium und Morphinſalze, Vergiftung durch dieſ. XVII. 265. Ovarien, Entfernung kranker aus der Bauch⸗ höhle, von Atlee. IX. 137. Owen, anatom. Unterſuchung einzelner Über⸗ reſte des Dinornis. XX. 305. P. Pankreatiſcher Saft, über den Nutzen desſ. XVII. 260. Parakenteſe bei chroniſchem Empyem. VII. 110. Paralyſen des facialis mit Geſchmacksverän⸗ derung, von Dr. Bernard. VI. 89. Payen, über eine neue Krankheitserſcheinung bei der Zuckerrunkelrübe. IV. 49. VII. 103. j Pelouze, über die Darftellung des Knallpul— vers. XIX. 302. Pflanzenſubſtanz des Weizens, von Bouffin⸗ gault. XV. 232. Regiſter. Pfropfen, Möglichkeit desſelben bei Gräſern, von Calderini. XV. 233. Pilla's Bericht über atmoſphäriſche Beob— achtungen in Toſcana, in Bezug auf ein ſubmarines Ereigniß im Mittelmeere. XX. 307. Phlebitis, Beobachtungen von Prof. Forget. XIV. 224. Phthisis, Heilung derſelben durch Lungen— gymnaſtik und auf Fettbildung hinwirkende Diät. XII. 189. Piorry, über Behandlung der dermatitis va- riolosa. XV. 237. Pocken durch die ektromatiſche Methode geheilt. XIV. 218. Pockennarben, Mittel zur Verhütung derſ. IX. 144. Polypen der Trommelhöhle. XVII. 270. Q. Queckſilberſalze, ſ. Atzſublimat. Quetelet, über die natürlichen Perioden der Vegetation. X. 149. N. Regeneration verlorener Körpertheile bei den Inſecten, von Prof. Pictet. XXII. 344. S. Säuren, Vergiftungen durch dieſ. XV. 236. 248. 253. 254. Saftbewegung in den Pflanzen, von Daſſen. III. 33. IV. 55. Sanitätspolizeiliche Studien über den Ge— ſundheitszuſtand der Land- u. Seetruppen. 31.2169: Scorpioneſſer in Nordafrica. I. 10. Scrotalgeſchwulſt, über einen Fall bösartiger, von O'Ferral. V. 76. Schomburgk, Rob., die Eingeborenen Guia⸗ na's. VII. 100. Schwangerſchaft, glücklicher Verlauf nach mehrmaligem abortus, in Folge toniſcher Mittel und Aderläſſe. III. 48. Schwefelätherdämpfe, Anwendung derſelben bei Operationen. I. 15. VI. 96. — Apparat dazu. XI. 176. — Anwen⸗ dung bei Thieren. XI. 176. XX. 320. — bei einer Entbindung. XV. 240. — Verſuche über die locale Wirkung derſ. XVI. 256. — Wirkung auf die Empfind⸗ lichkeit des Rückenmarkes. XVI. 256. Schwefelleber u. Schwefelkali, Vergiftung durch dieſ. XVI. 254. Schwefelwaſſerſtoffgas umgewandelt in Schwe⸗ felſäure, von Dumas. XII. 177. — Mittel zur Neutraliſation d. Ausdünſtung desſ. XXII. 351. Sedillot, über die Operation der Gaſtroſtomie. XIX. 301. Serres, Behandlung der Pocken durch die ektromatiſche Methode. XIV. 218. de St. Hilaire, über den Minhocao od. der Lepidoſiren Braſiliens. XIII. 198. Stärke, Verſuche über die Verdauung derſ. XVII. 259. Steenstrup, über Generationswechſel. I. 1. II. 23. — über den Hermaphroditismus in der Natur. VIII. 113. — vergl. v. Baers Kritik. IX. 129. Stengel der Dikotyledonen, unterſucht von Daſſen. XI. 161. Strychnin, Vergiftung durch dasſ. 267. Sumpfgegenden, Einfluß derſelben auf Lun⸗ genſchwindſucht und inphöfe Fieber. II. 25. III. 39. ; Syphilitiſche Wucherungen, Heilung folder durch wäſſerige Auflöſungen des Opiums und Schierlings. XVIII. 287. XVII. T. Temperatur, verſchiedene des Geyſer und Strockur X. 151. — verſchiedene des menſchlichen Körpers. XVII. 265. Teras, Pflanzen⸗geographiſche Verhältniſſe daſ. XII. 184. Texier, über traditionelle Baſis in der Me⸗ diein. XII. 187. Thränenfiſteln, neues Inſtrument zur Be⸗ handlung derſ. XIX. 304. Torf, Beobachtung hinſichtlich der Bildung desſ. XVI. 248. Tunica decidua, über die Bildung derſ., von Dr. Virchow. XXI. 309. Tracheotom, neue Modification des Read'⸗ ſchen Inſtrumentes. I. 15. Traditionelle Baſis der Mediein, ſ. Unver⸗ änderlichkeit. Trepangfiſcherei in Auſtralien, von Carle. VII. 120. Trommelhöhle, primäre Verſtopfung derſelben durch Schleim. XVIII. 285. Tumor am Halſe, Heilung eines ſolchen durch Acupunctur. XXII. 350. u. Uberwallen abgehauener Tannenftöde. 312. Unveränderlichkeit der Krankheiten als tra⸗ ditionelle Baſis der Medicin, von Teſſier. XII. 187. Uterinpolypen mit Ulceration verbunden, nach Beobachtungen von Dr. Montgomery. XII. 190. Uterus masculinus, vergl. Mayer. XX. V. Vaginal-Kaiſerſchnitt wegen vollſtändiger Obliteration des Muttermundes. IX. 140. Varices ꝛc., Heilung derſelben durch ſubeu— tane Unterbindung der Venen. XVIII. 286. Varicocele, radicale Heilung derſ. VII. 112. — von Dr. Helot. VIII. 121. Verdauungsproceß, Nutzloſigkeit der Galle für denſ. II. 17. vergl. XVII. 263. — Regiſt er. Phyſiologie desſ., von Curran. XV. 225. XVI. 241. XVII. 257. XVIII. 279. Vegetabiliſche Zellen, ſ. Wandungen. Vegetation, die natürlichen Perioden derf., von Quetelet. X. 149. Verdauung alkoholiſcher Getränke, von Bou⸗ chardat u. Sandras. XIII. 200. — des Rohr- u. Runkelrübenzuckers. XVII. 256. Vergiftungen u. die hauptſächlichſten Gegen⸗ gifte, von Bouchardat. XV. 233. XVI. 247. XVII. 265. Virchow, über die Bildung der tunica de- cidua. XXI. 309. W. Wanderheuſchrecke, Vorkommen derſelben in Schweden. XII. 184. Wandungen der vegetabiliſchen Zellen, mi- kroſkopiſche Unterſuchungen über die Natur und Entwickelung derſ., von Prof. Har⸗ ting. VI. 81. Webers uterus masculinus bei mehreren 7 Säugethieren, von Prof. Mayer in Bonn. XVIII. 273. Weizen, Entwickelung der Pflanzenſubſtanz desſ., von Bouſſingault. XV. 232. Wells, über chroniſches Empyem, Parafen: teſe ıc. VII. 110. Wertheim, über Elaſticität und Cohäſions⸗ verhältniſſe des menſchlichen Körpers. XIII. 196. Wilde, Geſchichte der Behandlung der Aneu— rysmen durch Druck. XVII. 205. 3. Zooſporen, Vorkommen derſelben bei Fuca⸗ ceen. XVII. 266. Zucker (Rohr- u. Runkelrüben⸗), Verſuche über die Verdauung desſ. XVII. 256. Zuckerharnruhr oder diabetes mellitus, vgl. Curran. XIII. 200. Bouchardat. XX. 313: Zuckerrunkelrübe, über eine neue Kranfheits- erſcheinung an derſ., von Payen. IV. 49. Bibliographische Neuigkeiten. A. XXI. 336. XIV. 224. XXII. 351. XVII. 272. XIV. 223. XXI. 336. X. 159. Alderson. Aldridge. Alquié. Analekten. Ateneo etc. Audibran. Audouit. XI. 176. II. 31. Balliarger. Ballingal. de Barbe. X. 160. Bartenſtein. XX. 319. Batilliat. IX. 143. Beck. XV. 240. Beiträge, holland. Bendz. XXII. 352. van Beneden. XXI. 335. Bennet. XXII. 352. Beron. VI. 95. Berthold. XVII. 271. XIV. 233. Betton. XIII. 208. Bleeker. VIII. 127. Blumenbach. XXI. 335. Bonnet. V. 80. Boudin. XVI. 225. Boutigny. VI. 95. Braithwaite. XXI. 335. Bronn. XIX. 303. Bruyeres. XII. 191. C. Carpenter. IV. 63. Carus. XVI. 255. Catalogue (of the Lond. Anat. Mus.). XV. 240. Chaudoir. XXI. 335. Chemnitz. XXI. 335. Chelius. III. 47. Chenu. IV. 79. Ghoulant. XX. 320. Civiale. VI. 96. XIV. 224. Clastrier. VII. 111. Clavel. XVII. 271. Congres d'agricult. II. 31. Conrad. XI. 176. Cooper. XX. 320. Corrigan. IV. 64. Craigie. IV. 64. Dany. XI. 176. Dassen. XIX. 304. van Deen. XIV. 223. Delafosse. III. 47. Denby. XXII. 352. Deryaix. VIII. 127. Dictionn. d’hist. nat. Donders. XIV. 223. Drosilhes. VI. 96. Dubreuil. XXI. 335. XI. 175. E. Ellis. XV. 240. Elſaßer. XVI. 256. Elwert. XIII. 208. 8 Emmons. XV. 239. Erichſon. IX. 143. F. Faber. XXI. 336. Flandin. III. 48. VII. 112, Fleury. VI. 96. Freschi. XVI. 255. . Gaimard. V. 79. Garin. XXII. 352. Gauthier. IX. 144. Gay. III. 47. Glover. XV. 240. Griſebach. X. 159. Griſſelich. XXI. 336. Grunert. XXII. 351. Guerin. XVIII. 288. Guignard. XIV. 224. Gully. XXI. 336. Hall. I. 16. XV. 239. van Hall. XX. 319. Handatlas. IX. 144. Harleß. X. 159. E e Heilmann. XXII. 352. Heinroth. XIII. 208. Herrmannsen. XIII. 207. Heurteloup. XIX. 304. Hillairet. VI. 95. Hochhuth. XXI. 336. Hyrtl. XIV. 223. I. Jenyns. I. 15. Journ. of agrieult. X. 159. Ivanvich. XVI. 256. IK. de Kay. XV. 239. Kilian. XII. 192. Kratzmann. I. 16. Küster. XXI. 335. L. Lachaisnes. XVIII. 287. Latham. XVIII. 288. Ri gi een Lefevre. VIII. 128. XVII. 272. Lemercier. IX. 144. Leonhard. XXI. 335. Lepelletier. IV. 63. Londe. III. 48. M. Mädler. XVI. 255. Mantell. IX. 143. Martelli. IX. 143. Martini. XXI. 335. Mather. XV. 239. Mauz. XVIII. 287. Michéa. VIII. 128. Milcent. X. 160. Millon. XIII. 207. Mineralogie. XII. 191. Miscellanea. X. 160. Moigno. XVIII. 287. Monatsſchrift, rheiniſche. XIX. 304. Moleſchott. XIII. 223. Monneret. VI. 96. Müller. XI. 176. XVIII. 288. Muirhead. XXI. 335. Munke. XXII. 351. N. Naſſe ꝛc., ſ. Monatsſchrift. Nat. hist. of New- Vork. XV. 239. Noble. XXII. 351. Noppe. XIX. 304. van Nuxem. XV. 239. 0. Oſterlen. XXII. 352. P. Passy. X. 159. Perrussel. XIV. 224. Pichot. V. 80. v. Planta. XIV. 223. Plattner. XX. 319. Pypers. VIII. 127. . Querl. XIII. 208. Quitzmann. X. 159. IR. Ranking. XXI. 335. Raspail. X. 160. Rawitz. XIX. 303. Reiter. XIII. 208. Rieckher. XIX. 319. Robertson. XXII. 351. Robin. XIII. 207. Robinson. XVI. 256. Romer. XVI. 255. Roloff. XVII. 271. (bis) Roussel. VII. 111. S. de Saint Germain. VIII. 128. Schinz. XVIII. 287. Schlegel. XIV. 223. Schletter. XIII. 208. Schmidt. XXII. 35 Schroth. XVII. 272 Searle. II. 32. Seguin. V. 80. Selmi. VIII. 127. de Siebold. XIV. 223. Soc. d’hortic. de Macon. II. 31. Société pharmaceut, VII. 112. Syme. XXI. 336. vo T. Temmintk. XIV. 223. Thomson. XXII. 351. Torrey. XV. 239. Transact. med. chir. XVIII. 288. Traube. XXII. 352. V. Vennet. XXII. 352. Verati. XVIII. 287. Vir. XXI. 336. Vrolik. XIX. 303. W. Wi XXI 335 Waldmann. XI. 176. Waterhouse. XIII. 207. Weber. XIX. 303. Wenderoth. XIII. 207. With. XIV. 224. Wunderlich. XVII. 272. Notizen Gebiete der Uatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von M. J. Schleiden, der Rechte, der Mediein und der Phlloſophie Doctor, des Königl. ⸗Niederländiſch⸗Großherzogl.⸗Luxemburgiſchen Ordens der Eichenkrone Ritter, Ordentlichem Honorarprofeſſor zu Jena, der Linnean Society zu Yonvon, der Kalſerl. Leopoldine ⸗Caroliniſchen Geſellſchaft der Naturforſcher, der Societas physico-medica zu Erlangen, der Re: gensburger botaniſchen Geſellſchaft, des naturwiſſenſchaftlichen Vereins des Harzes, des Hamburgiſchen naturwiſſenſchaftlichen Vereins ordentlichem, corre ſpontirendem und Ehrenmitgliede und Dr. Nobert Froriep, des rothen Atler-Ordens vierter Claſſe Ritter, Königl. Preuß. Geh. Mevicinalrathe a. D. und praktiſchem Arzte in Weimar, Mitgliede und Gorreiponventen der Königl. Akademie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Academie royale de Médecine zu Paris, der Hufelandiſchen medleiniſch⸗ chlrurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins für Heiltunde in Preußen, der Geſellſchaft für Natur- und Hellkunde zu Berlin, der Geſellſchaft für Grofunde zu Berlin, der Svenska Lükare -Sällskap zu Stockholm, der Societas physico-medica zu Moſtwa, der K. K. Geſellſchaft der Arzte in Wien, des ärztlichen Vereins zu Hamburg, der Louisiana Society of Natural History and Sciences zu Neu = Drleans und des Deutſchen Vereins für Heilwiſſenſchaft zu Berlin; Ehren» Ditglieve des Vereins Großherzogl. Badiſcher Mevieinal= Beamten für die Beförderung der Staats »Arzneitunde, des Apotheker-Vereins im noͤrtlichen Deutſchland und des naturwiſſenſchaftlichen Vereines des Harzes. Dritter Reihe zweiter Band. Weimar, Druck und Verlag des Landes-Induſtrie-Comptoirs. 1847. F} » — a. A Br EI ER zum zweiten Bande dritter Reihe der Notizen aus dem Gebiete der Natur— und Heilkunde. (Die römischen Ziffern bezeichnen die Nummern, die arabiſchen die Seiten.) A. Absceſſe, über Poſtpharyngeal-Absc., von Dr. Beffems. XXXIV. 189. Actaeon viridis, ſ. Molluffen. N Actinien, über den feineren Bau derſ., von Luſchke. XXIII. 4. — Erklärung der Abbildungen. XXVII. 70. Adenitis, vgl. Angiloleueitis. Ather: Inhalation, Priorität der Erfindung. XXIII. 16. — Charriere's Apparat zu derſelben. XXXIV. 192. — Verſuche mit d. verbeſſerten Apparat über die Quan⸗ tität des Athers, von Bonnet in Lyon. XXXVI. 223. — Beobachtungen über dieſelbe in phyſiologiſcher u. pſychologiſcher Beziehung, von Dr. Hammerſchmidt in Wien. XXIV. 19. — Verhandlungen über Schwefelätherdämpfe vor der Pariſer Akademie. XXXVI. 209. — Discuſſion über dieſelbe bei Entbindungen, von Du— bois. XIV. 39. — Anwendung bei Repoſition eines eingeklemmten Bruches. XXXIII. 175. — Unterſuchungen über dieſ. von van Deen. XLIII. 321. Ather, Wirkungen des eingeathmeten auf hiere, von Gruby. XXIV. 17. — desgl. von Mandl. XXXVI. 212. — über die Anwendung desſ., um Glieder⸗ thiere in einen ſcheintodten Zuſtand zu verſetzen, von Sen. v. Heyden in Frank⸗ furt. XXIV. 21. — Einſpritzung des Athers in den Maſtdarm bei Hunden, von Dupuy. XXXIX. 272. — bei Kanin⸗ chen, von Vicente y Hedo. XLII. 320. — Einfluß desſelben auf die Circulation des Blutes u. die Leibesfrucht bei Schwan⸗ geren. XXXIX. 372. — Anwendung desſelben als Mittel ſimulirte Krankheiten zu erkennen. XL. 288. — Anwendung von reinem Sauerſtoffgaſe zur Aufhebung längerer Gefühlloſigkeit. XXXVIII. 256. — Zwei Falle nach der Inhalation er⸗ folgten Todes. XL. 286. — vergl. Blutgefäße, Nerven, Nervencentren. Afterſiſſur, Beſchreibung der Operation derſ., ſowie des dazu gehörigen Inſtrumentes, nach Dr. Aucler. XXIII. 9. — Hei⸗ lung derſelben durch Atzen mit Hilfe des speculum , von Dr. Herpin. XXVII. 71. Agaric- mineral, ſ. Schwammſtein. Alpengewäſſer, über die geologiſchen Urſachen 7 5 verheerenden Wirkungen derſ. XXX. 113. Ammoniak, kohlenſaures, in Bezug auf Nah⸗ rung der Thiere. XXVIII. 88. Ammonium, phosphorfaures, mit Anwendung auf Gicht und en XXXII. 160. Amputationen, freiwillig erfolgende bei einem neugeborenen Kinde, von Dubois. XXXIII. 172 Analyſe der warmen Quelle des Paramo de Ruiz. XXXI. 138. — des Rio vinagre, ebendaſ. — des Blutes nach Ather-In⸗ halation. XXXVI. 213. Anatomie des weiblichen Beutelthieres, von Pappenheim. XLIV. 339. Anatomie, patholog., des morbus Brightii, von Johnſon. XLIV. 349. Aneurysma am Elnbogenbuge, durch Galva⸗ nismus geheilt, von Petrequin. XXVIII. 93. — über falſche Aneuryſmen, vgl. Arterien. Angiloleueitis und verwandte Erſcheinungen, Anwendung von Hoöllenſteinpomade gegen dieſ., von Jobert. XXXII. 147. Aphonie, fünfmonatliche, durch Einathmen von Jodinedämpfen gehoben, von Dr. Monks. XXVII. 79. Apios tuberosa, als Surrogat der Kartoffeln. XXXI. 137. Apparat, neuer beweglicher, zum Verbinden Bleſſirter. XXXVIII. 256. Arachnoidea des Gehirns und Rückenmarkes, die r derſ., von Rai⸗ ney. XXXIX. 256. Arteria subclavia, Unterbindung derſ., von Prof. Warren. Arterien, über verwundete, Nachblutung und 1 Aneuryſmen, von Liſton. XLI. Arterienentzündung, Fälle von ſchleichender allgemeiner, durch antiphlogiſtiſche Mittel geheilt, von Rinino. XXXVIII. 254. Arthritis, Heilung derſelben mit Höllenſtein⸗ pomade. XXXII. 155. — Arthr. go- norrhoica, Schilderung derſ., von Foucart. XXVII. 77. Ascidien und Meerigel, v. Baer's Forſchun⸗ gen in Betreff derſ. 280. Asplenium trichomanes, Monſtroſität auf lättern desſ. XXVI. 58. Aſthma bei ſerophulöſen, rhachitiſchen und phthiſiſchen Kindern, von Dr. Brunache. XXXIX. 270. Aucler, Beſchreibung der Operation der After⸗ fiſſur und des dazu gehörigen Inſtrumentes. XXIII. 9. B. Bacillaria paradoxa, über den Bau und die Bewegung derſ., von Thwaites. XXXVII. 223 v. Baer's naturhiſtoriſche Reiſe am Mittel: meere. XL. 280. Balanophoren, Beiträge zur Kenntniß derſ., von Prof. Göppert. XII. 289. Barbados und die Cole's-Hoͤhle in Belegt. ſcher Hinſicht, von Davy. XXV. vereinzelt ſtehende Felſen auf Barbados, von demſ. XXXIII. 163. Batrachier, über die Entwickelung der Ge: webe bei denſ., von Köllifer. XXIII. 1. — über die Geſchlechts- u. Harnorgane der dauernd 9 Batrachier, von Duvernoy. XXXII. 161. Baͤume, über die Natur, die Lebensdauer u. das Größenmaß derſelben, von Harvey. XXXVIII. 241. Baudelocque, über ein neues Verfahren zum Sondiren des Ohres. XLII. 319. Beckenknochen, ſpontane Trennung desſelben während einer Entbindung. XXIX. 111. een, linimentum febrifugum. XXX. Benedetti, über das gerbſaure Gifen als Heilmittel bei Chloroſe. XXIV. 32. Bertherand, Unterſuchungen über die Ge: ſchwülſte unter der Zunge. XXXIII. 169. Beſſeme, über Poftpharyngeal = Absceſſe. XXXIV. 189. n Bidart, über die Lage des Vorderarmes bei — 0 5 des radius und der ulna. XLII. Blaſenwurm, über einen neuentdeckten im Gehirne des Menſchen, von Fredault. XIII. Blitz A merkwürdige Wirkung eines ſolchen. XXIX. 104. Blondin, über fremde Körper in den Gelenk⸗ hoͤhlen. XL. 282. 354 Blumen, über die urſprüngliche Regelmäßig— keit ſpäter unregelmäßiger Blätter. XXVII. 70. Blut, Analyſe desſelben nach Ather-Inhala— tion, von Laſſaigne. XXXVI. 214. Blutgefäße, über die Wirkung d. Einſpritzens von Schwefeläther in dieſ., von Flourens. XXXVI. 224. ö Bouchardat u. Sandras, über die Functio— nen der pneumogaſtriſchen Nerven bei der Verdauung. XXXIII. 73. Bouſſingault, über den Einfluß des Koch— ſalzes beim Futter auf das Wachsthum des Viehes. XXXIII. 166. XXXVI. 229. Bright'ſche Krankheit und Alteration der Niere bei derſ., von Toynbee. XXXIX. 352. Brot, ungeſäuertes, Vorſchriften für die An— fertigung desſ. XXVIII. 94. l Bruch, eingeklemmter, mit Hilfe der Atheri— ſation reponirt. XXXIII. 175. Brunache, uber das Aſthma der ferophulöfen, rhachitiſchen und phthiſiſchen Kinder. XXXIX. 270. Bruſtdrüſe, über die neuralgiſchen Schmerzen derſ., von Velpeau. XXIV, 30. C. Cancer mediastini, ſ. Lungenkrebs. de Candolle, uͤber die Dauer der Keimkraft der Samen verſchiedener Pflanzenfamilien. XXXI. 134. Carica papaya, reife Früchte derſ. in Eng: land. XXXI. 137. Carotis, Gehirnaffection in Folge der Unter— bindung derſ., von Vincent. XIIII. 335. Cephalophoren, von d. Waſſergefäßſyſtem derſ., nach v. Siebold. XLIV. 341. Champouillon, über die Moglichkeit am Leich— nam Verbrennungen hervorzubringen. XXVII. 78. f Charrièere's Apparat zu Ather-Einathmung. XXXIV. 192. Chemiſche Beſchaffenheit der heißen Quellen Islands. XXVI. 55. — Chemiſche Un⸗ terſuchungen unter Anwendung des Mi— kroſkopes. XXXVII. 225. Chirurgiſche Affeetionen, über die Hochlage— rung der krankhaften Partien bei dergl., von Dupuy. XL. 279. ee Nutzbarkeit derſ. XXIX. Civiale, über die theils der Lithotritie ſelbſt zugeſchriebenen, theils vom Operateur ab⸗ hangenden, üblen Folgen dieſer Operation. XXX. 121. Coleopteren, über die Blutbewegung in denf. XXVII. 72. Coley, über Muttermähler u. ihre Behand— lungsweiſen. XXXVIII. 253. Creatin, genauere Unterſuchung desſ., von Liebig. XXIV. 24. Vgl. Fleiſchertract. Cruſtaceen, über die Panzer derſ., von La⸗ valle. XXV. 40. Cumming, über die indiſche Heilmethode der syphilis durch Räucherung. XXX. 126. — über eine Lichterſcheinung am menſch— lichen Auge. XLI. 299. Cyanoſe von 40 jähriger Dauer, von Spitta. XLI. 302. Weg t e D. Darmausleerungen, grüne, der Kinder, von Dr. Thomſon. XXXIV. 187. (gl. im vorigen Bande: Golding Bird.) Daſſen, vgl. unten Dicotyledonen. Davy, Bericht über die merkwürdige Cole's⸗ Höhle auf der Inſel Barbados. XXV. 33. — über daſelbſt vereinzelt ſtehende Felſen. XXXIII. 163. — über die Na⸗ tur des Schwammſteines (Agaric-mineral). XXXIII. 165. — über die Anwendung des Mikroſkopes bei chemiſchen Unterſu— chungen. XXXVII. 225. van Deen, Beobachtungen u. Unterſuchungen über Atheriſation. XLIII. 321. Dicotyledonen, Unterſuchungen über den Sten— gel derſ., von Daſſen. XL. 273. (Fort⸗ ſetzung von Bd. I. No. 11 S. 161.) Didelphis virginiana, ſ. Anatomie. Dotter, über die Allgemeinheit der Theilung desſelben im Thierreiche, von Ccoſte. XXXVI. 216. a Wirkung derſelben auf Irre. XIIII. 0. Dubois, Discuſſion üb. Ather-Inhalationen b. Entbindungen, vor der Pariſer Akademie. XXV. 39. — Freiwillig erfolgende Am— putationen bei einem neugeborenen Kinde. XXXIII. 172. Dufoſſé's Beobachtungen über die Entwicke⸗ lung der Meerigel. XLII. 312. Dupuy, über die Hochlagerung der kranken Partien bei Behandlung chirurg. Affectio— nen. XL. 279. Duvernoy, über die Geſchlechts- und Harn— organe der Batrachier. XXXIII. 161. E. Echinus eseulentus, ſ. Meerigel. Einbalſamirung, verſchiedene neue Methoden derſ. XXXVII. 239. Einhorn, in England aufgefundenes Gerippe eines ſolchen. XXXIX. 266. Eiſen, gerbſaures, als Heilmittel bei Chlo— roſe. XXIV. 32. Elektricität, zur Desinfection anzuwenden. XXVIII. 96. Embryogenie der gaſtropodiſchen Weichthiere. XXXIV 177. XV. 192. Erdbeben, Wirkung derſelben in Peru auf die Fruchtbarkeit des Bodens. XXXIV. 187. Erichſon, Bemerkungen über Etymologie und Synonymik der Naturwiſſenſchaften. XLIV. 337. Erythema nodosum, beſtes örtliches Mittel dagegen. XXVII. 80. Erarticulation, neue Methode der Exartiecu— lation des Fußes. XXIII. 14. Erſtirpation der letzten Phalanx der großen Zehe, Vorzug derſelben vor der Amputation der Zehe, von Dr. Payan. XXIX. 109. F. Feuerſteine, über die Entſtehung derſelben in der oberen Kreide, von Toulmin Smith. XXXI. 129. Fleiſchertract, Liebigs Unterſuchungen über dasſ. XXIII. 8. XXIV. 24. Flimmerbewegung in den Nierencanälchen der Tritonen. XLIII. 328. Flourens, über den Einfluß von Schwefel⸗ äther auf die Nervencentren. XXXVI. 209. — Wirkung bei Einſpritzen in die Blutgefäße. XXXVL 224. — Deſſen Theorie der Knochenbildung durch einen Krankheitsfall beſtätigt. XL. 281. Foſſilien, vgl. XXIV. 23. XXV. 40. . über arthritis gonorrhoica. XXVI. Fouquet, über die Todſtarre als ſicheres Kenn⸗ ee des Todes. XXXV. 203. XXXVL 217. Frédault, über einen neuentdeckten Blaſen⸗ wurm im Gehirne des Menſchen. XLII. 309. Fröſche, Außerungen ihrer Klugheit. XLI. 296. Froſchknochen, foſſile, bei Osnabrück, zur Beſtimmung neuer Arten benutzt. XXIV. Fündlingsblöcke, Vorkommen von ſolchen in Skandinavien, von Martins. XXV. 38. G. Galle, über die Zuſammenſetzung derſ., von Mulder. XXVI. 54. Galvanismus, über den Einfluß desſelben auf die Action des uterus während der Entbindung, von Prof. Simpſon. XXIV. 1. — zur Heilung eines aneurysma an Elnbogenbuge angewandt. XXVIII. Ganglien, über den Bau derſelben bei den Rochen, von Robin. XXVI. 49. Gasentwickelung im Magen und Ruptur in Folge derſ. XXV. 208. Gaſtroſtomie, neue Verſuche von Sedillot. XXIII. 16. Geburtszange, über ein neues Schloß für dieſ. XXVII. 240. Gehirnaffeetion, ſ. Carotis. Gelenfhöhlen, über fremde Körper in denſ., von Blondin. XL. 262. Geſundheitspflege in den Gefängniſſen, von Raoul = Chaſſinat. 21. XXXVIII. 247. Girard, über den Einftuß der Wechſelfieber auf Epilepſie und Irreſein. XXXII. 156. Goöppert, Beiträge zur Kenntniß der Bala⸗ nophoren. XLI. 289. Granulationen des Mutterhalſes und ihre 208 von Prof. Chomel. XXXV. 07. Gras u. Surell, Unterſuchungen über die geologiſchen Urſachen der verheerenden Wirkungen der Alpengewaſſer. XXX. 113. Gruby, über die Wirkungen des eingeathme⸗ ten Athers auf verſchiedene Thiere. XXIV. 17. Guillon, über Zufälle in Folge eines Stückes Schweinsborſte in den Geweben des Halſes. XXXIV. 190. H. Hals, Zufälle in Folge ꝛc., ſ. Guillon. XXXIV. 190. Hammerſchmidt, Beobachtungen über die Schwefeläther⸗Einathmung in phyſiolegi⸗ 1 u. pſychologiſcher Beziehung. XXIV. ee Polyp. Harvey, über die Naber die Lebensdauer u. rg Größenmaß der Bäume. XXXVIII. Herpin, Heilung der Afterfiſſur durch Atzen mit Hilfe eines speculum. XXVII. 71. v. Heyden, über die! nwendung des Schwefel⸗ aͤthers, um Gliederthiere in einen ſchein⸗ todten Zuſtand zu verſetzen. XXIV. 21. N in Agypten und Sierra Leone. LIV. 342 Hirſchart, ausgeſtorbene, aus den im Lough Gür bei Limerik aufgefundenen Knochen nachgewieſen, von Rich. Glennon. XXXII. 145. Homöopathie in Marokko. XXXIII. 176. Hughes, ſtatiſtiſche Unterſuchungen über den Veitstanz. XIII. 317. Hühnchen, über die Entwickelung des Herzens in demſ. XXIII. 9. Hydatidencyſte an der Vorſteherdrüſe, von Lowdell beobachtet. XLI. 303. SS Janfens d. S., Heilung einer Luxation des humerus in die fossa infraspinata mit Bruch der cavitas glenoidea. XLI. 300. Ichthyosis auct., vergl. Keratoſe. Jobert, ‚über Anwendung von Hollenſtein⸗ vomade bei Angiloleucitis. XXXII. 147. Johnſon, über die patholog. Anatomie des morbus Brightii. XLIV. 349. Irre, von der Wirkung der Douche auf dieſ., von Bourdel. XLIN. 330. Isatis indigotica, als Surrogat der Chineſen ſtatt Indigofera. XXX. 122. Iſolirung, Wirkungen derſelben bei Wahn: ſinnigen. XXVI. 60. K. Kartoffelkrankheit, Erklärung derſelben als eine gangraena, oder durch die Wirkung von Aphis vastator. XXXVI. 218. — Eigenthümlichkeit derſelben in Oſtindien. XXXIII. 170. Katheter, über einen neuen elaſtiſchen, von Mattei. XXIV. 23. Kerateſe (Ichthyosis duct.), mikroſtopiſche Forſchungen in Betreff derſ., von Nico— lucci. XXXIX. 268 Kluyskens, über die Diaftafe ber symphysis sacro-ilinea. XXXIX. 265 Knochenbildung, Flourens“ heerie 85 einen Krankheitsfall beſtätigt derſ. XL. Knochenerweichung in Folge eines ungewöhn⸗ lichen Gebarmutterleidens. XXXVIII. 248. Knochenmark, über die Entſtehung desſelben, 8 des Knorpels, von Rathke. XLII. Re g i fte n Knorpel, ſ. Knochenmark. Köllifer, über die Entwickelung Gewebe bei den Batrachiern. XXIII. Kopfaffectionen, über die teig des äußeren Gehörganges und des Trommel⸗ felles als wichtiges Mittel zur Diagnoſe derſ., von Warden. XXXI. 137. Krebsartige, jedoch gutartige Affection des Oberkiefers, von Lisfranc. XXVII. 80. Kryſtalle, über mikroſkopiſche in den Pflanzen. XXVI. 56. Kupferminen zu Swanſea, nachtheiliger Ein⸗ fluß ihrer Ausdünſtungen. XLI. 296. L. Laſſaigne, Analyſe 57 Blutes nach Atheri⸗ ſation. XXXVI. 2 Lebendigbegrabene, Jah derſelben in Frank⸗ reich. XXV. 47. Lichterſcheinung am menſchlichen nur als Hilfsmittel aux Diagnofe ꝛc., von Cum⸗ ming. XII. 299. Liebig, Unterſuchungen über das Fleifchertract. Ta 8. — über das Creatin. XXIV. Linimentum febrifugum des Dr. Bellencontre. XXX. 127. Linimentum oleo-calcareum und Kammwolle bei heftigen Sinapismenentzündungen an⸗ gewandt, von Dr. Payan. XXX. 128. Liſton, Bemerkungen über verwundete Arte rien, Nachblutung u. falſche Aneuryſmen. XLI. 295. Lithotritie, über die derf. ſelbſt zugeſchriebenen, ſowie üb. die vom Operateur abhangenden üblen Folgen derf., von Dr. Civiale. XXX. 121. — über den neuen Stein⸗ brecher von Leroy d'Etiolles. XXX. 128. Locusta, über das Schließen der häutigen Flügel dieſes genus. XXXVII. 232. Lungenkrebs u. cancer mediastini. XLIII. 333. Luſchka, über den feineren Bau der Actinien. XXIII. 4. — Erklärung der Abbildun⸗ gen. XXVII. 70. Luxation der zweiten Phalanx des rechten Zeigefingers nach vorn. XII. 287. — des humerus in die lossa infraspinata, von Janßens d. S. XLI. 300. M. Magen und Maſtdarm, Verſuche über die Wirkung durch dieſelben gereichter Arzneien, von Reſtelli u. Strambio. XXIX. 103. Malapert, über das Saponin und die Eigen⸗ ſchaften der dieſen Beſtandtheil enthal— tenden Pflanzen. XXXIV. 190. Malgaigne, neue Methode der Grarticulation des Fußes. XXIII. 14. Mandl, über die Wirkung von Atherdämpfen auf Thiere. XXXVI. 212. Mannbarkeit der Frauen auf Madeira, über die Zeit derſ. XXVI. 56. Martins, Bericht über die Fündlingserſchei⸗ nungen in Skandinavien. XXV. 38. Mattei, über einen neuen elaſtiſchen Kathes ter. IN 23. Medicamente, vgl. narketiſche u. nauſeoſe. 355 vi ſ. Aſeidien u. v. Baer. — Dur foſſe's Beobachtungen über die Entwicke⸗ lung derſ. XLII. 312. Meningitis infantum, neues Symptom derſ. XXVI. 64. Menſchenknochen, über rieſenhafte foſſile, in Schonen, von Prof. Nielſen. XXV. 40. Meteorſteinfall im bayriſchen Mindelthale. XXVI. 56. Mikroſkop, über die Anwendung desſelben als Hilfsmittel bei chemiſchen Unterſu— chungen, von Davy. XXXVII. 225. Mikroſkopiſche Unterſuchungen, vergl. XXVI. 52. ebendaſ. 56. XXVII. 75. XXXVII. 225. XIX. 268. Molluſken, Unterſuchungen über die Embryo⸗ genie der i von Vogt. DIV 17 XXV. 193. Monks, über fünfmonatliche, durch Einath⸗ men von Jodinedämpfen gehobene Aphonie. XXVII. 79. Monſtroſität auf Blättern von Asplenium trichomanes. XXVI. 58 Morbus Brightii, ſ. Anatomie. Moſes, über die Schmarotzerthiere in der menſchlichen Haut. XXV. 45. Moren, neue Art derſ., von, Gueépratte. XXVI. 64. Mulder, über die Zuſammenſetzung der Galle. XXVI. 54. Muttermähler und ihre Behandlungsweiſen, von Dr. Coley. XXXVIII. 253. Meerigel, N. Narkotiſche und tetaniſche Medicamente, ſ. Nervenſyſtem. j Naufeofe Medicamente, die geeignetſten Mittel, den Geſchmack derſ. zu verdecken. XXXI. 143. 1 Bruch in Zweibrücken. XXIII. 10. — Jam. Crowther in Mancheſter. XXIII. 10. — Dutrochet in Paris. XXIV. 1 — Kohetſchka in Wien. XXIX. 112. k Nelaton, üb. einen merkwürdigen Uterus: polypen. XXXI. 140 Nemertier, über die Anatomie derſ., von de Quatrefages. XXVIII. SI. XXIX. 97. Nervencentren, über die Wirkung des Schwe⸗ Kam auf dieſ., von Flourens. XXXVI. Nervenſyſtem, neue Eintheilung desſelb., von Marſhal⸗Hall. XXXVI. 216. ob narkotiſche und tetaniſche Medicamente direct oder durch Vermittelung des Venen⸗ blutes auf das Nervenſyſtem wirken, von Reſtelli und Strambio. XXXVI. 214. Nerven, über die Structur derer, welche unter d. Einfluſſe des Schwefelathers ihre Fun⸗ ctionen eingebüßt Bar von Dr. Pappen⸗ heim. XXXVII. Netzhaut, mikroſkop. Aue e üb. die Day Structur derſ., von Bacıni. XXVI. Nicolucci, mikroſkop. la über die Keratoſe. XXXIX Niere, über die innerſte Structur derſ. beim Menſchen und ihre 1 Alteration, von Toynbee. XXXIX. 262 356 Nilpferd, Frucht desſelb. XLIV. 342. Nomenclator zoologicus, vgl. Erichſon. Nux vomica, mit Alkohol bereitetes Extract davon. XLIV. 352. O. Ohr, Verfahren zum Sondiren desſ., von Baudelocque. XIII. 319. Ohrenpulver, ſ. Silber. Owen, über den Grundtypus und die Ho⸗ mologien des Skelets der Wirbelthiere. XXXII. 148. P. Paeini, neue mikroſkop. Unterſuchungen üb. die feinere Structur der Netzhaut. XXVI. 52 Pappenheim, Anatomie des weibl. Beutel— thieres. XLIV. 339. Payan, über d. Vorzug der Exſtirpation der letzten Phalanx der großen Zehe vor der Amputation der Zehe. XXIX. 109. — über die Anwendung von linim, oleo-cal- careum und Kammwolle bei heftigen Si— napismenentzündungen. XXX. 128. Peganum harmala und der darin enthaltene Farbeſtoff. XI III. 327. Pellarin, über Behandlung der Seekrankheit. XXIX. 109. Petrequin, Heilung eines aneurysma in dem Elnbogenbuge durch Galvanismus. XXVIII. 93. Pflanzencompaß in Teras. XXX. 122. Philipps, Behandlung der Serophelkrankheit. XXVIII. 92. Phyſiologiſche Inſtitute, über Bedeutung u. Benutzung derſelb., von Prof. Siebert. XXVIII. 87. Pinel's Werk über Natur, Urſachen und Be: 52 8 5 der Geiſteskrankheiten. XXVI. 87 Plectanthrus graveolens oder coleus, aus d. Familie der Labiaten. XXVIII. 96. Pneumogaſtriſche Nerven, f. Verdauung. Polyp, merkwürdiger, von der Structur des Uterusgewebes. XXXI. 140. Harn⸗ röhrenpolyp bei einer Frau, von Dr. Thore. XLIII. 327. Prevoſt und Lebert, über die Entwickelung des Herzens im Hühnchen. XXIII. 9. Protococcus atlanticus. XXVIII. 87. Pruritus vaginae, Mittel dagegen. XXV. 48. Puls, Falle von andauernd langſamem, von Dr. Stokes. XXIV. 27. Q. Quatrefages, de, über die Anatomie der Ne— mertier. XXVIII. 81. XXIX. 97. N. Rainey, über die Ganglienbeſchaffenheit der arachnoidea des Gehirns und Rückenmar— kes. XXXIX. 257. Ramus descendens noni, Beobachtung einer Anomalie desf. XXIX. 112. Raoul-Chaſſinat, über Geſundheitspflege in Regiſt er. d. Gefaͤngniſſen. XXXVII. 231. XXX VIII, 247. a Rathke, über die Entſtehung des Knorpels und Knochenmarkes. XLII. 305. Reſtelli und Strambio, über die Wirkung durch den Magen und Maſtdarm gereichter Arzneien. XXIX. 103. — über die Wir⸗ fung der narfotifchen und tetanifchen Me— re auf das Nervenſyſtem. XXXVI. 14. Rhopalocnemis Jungh. |. Balanophoren. Rinino, über Heilung ſchleichender allgemei— ner Arterienentzündung durch antiphlogi- stica etc. XXVIII. 254. Robin, über den Bau der Ganglien bei den Rochen. XXVI. 49. Rothe Meeresfärbung an der Mündung des Tajo. XXVIII. 87. S. Salze, über die düngende Wirkung der ſal— peterſauren. XXXII. 152. — Einfluß des Kochſalzes beim Futter auf das Wachs⸗ thum d. Viehes, v. Bouſſingault. XXXIII. 166. XXXVII. 229. Samen, über die Dauer der Keimkraft derſ. in verſchiedenen Pflanzenfamilien, von de Candolle. XXXI. 134. Saponin und die Eigenſchaften der dieſ. Be— ſtandtheil enthaltenden Pflanzen, von Ma- lapert. XXXIV. 190. Scheintod, diagnoſt. Merkmale zur Unter: ſcheidung desſelben vom wirklichen Tode. XXXI. 144. Schleiden und Schmid, über die Vegetation der Futterwicke. XXVII. 65. Schmarotzerthiere in der menſchlichen Haut, von Dr. Moſes. XXV. 45. Schwammſtein (Agaric- mineral), über die Natur desſ., von Davy. XXXIII. 163. Schwefeläther, ſ. Ather-Inhalation. Schweine, Beobachtung über die geiſtige Fähigkeit americaniſcher. XXXIX. 265. Scropheln, zur Statiſtik derſ. XXV. 48. — über Behandlung derſelb., von Philipps. XXVIII. 92. Seekrankheit, Behandlung derſ., von Dr. Pellarin. XXIX. 109. Siebert, über Bedeutung und Benutzung phyſiolog. Inſtitute. XXVIII. 87. v. Siebold, von dem Waſſergefäßſyſteme bei den Cephalopoden. XLIV. 341. Silber, mit ſalpeterſaurem verſetztes Pulver gegen chroniſche Ausflüſſe aus den Ohren angewendet. XLIV. 352. Simpſon, über den Einfluß des Galvanis⸗ mus auf die Action des uterus während d. Entbindung. XXIV. 31. Smith, über die Entſtehung der Feuerſteine in d. oberen Kreide. XXXI. 129. Spaltungsflächen, über die Richtung derſ. in ſchieferigen Geſteinen. XXV. 204, Speiſeröhre, über Communication derſ. mit se Lungen ꝛc., von Dr. Vigla. XLIV. Spitta, ein Fall von Cyanoſe von 40jähri⸗ ger Dauer. XII. 302. 1 Staaroperationen, Mittel, die ungünftigen Reſultate derſ. quantitativ zu vermindern, von Gucpin. XLI. 304. Statiſtiſche Unterſuchungen über den Veitstanz, v. Dr. Hughes. XLII. 317. Vgl. Scropheln. Sterblichkeit unter dem engliſchen Militair in Weſtindien. XXVI. 64. — unter den Studirenden der verſchied. Pariſer Facul⸗ täten. XXXII. 160. Stokes, über Fälle von andauernd langſa⸗ mem Pulſe. XXIV. 27. Stout, mikroſkop. Unterſ. eines Falles von synchysis fulm. XXVII. 75. Svitzer, über Trichina spiralis. XXXV. 194. Symphysis sacro-iliaca, über die Diaftafe derſ., von Kluyskens. XXXIX. 265. Synchysis fulminans, mikroſkopiſche Unter: ſuchung eines mitgetheilten Falles, von Stout. XXVII. 75. Syphilis, über die indiſche Heilmethode derſ. durch Räucherung, von Dr. Cumming. XXX. 126. — Tertiäre Zufälle derſ., von Venot. XXXII. 158. T. Theobroma cacao, reife Früchte derſ. in England. XXXI. 137. Thesium linophyllum, über den Bau feiner Wurzeln, von Miſſen. XL. 279. Thieruhr, als Gegenſtück der Pflanzenuhr. XLIV. 342. Thomſon, über die grünen Stuhlausleerun⸗ gen der Kinder. XXIV. 187. Thwaites, über den Bau und die Bewegun von Bacillaria paradoxa. XXXVII. 228. Tod, Anſichten auſtraliſcher Wilden von demf. XXXI. 136. über die Todſtarre, als ſicheres Kennzeichen des Todes, von Dr. Fouquet. XXXV. 203. XXXVI. 217. Trachelocampylus, ſ. Blaſenwurm. Trichina spiralis, Unterſuchung derſ., von Prof. Svitzer in Kopenhagen. XXXV. 194. Tritonen, Flimmerbewegung in den Nieren⸗ canälchen bei denſ. XIIII. 328. Trüffeln, für Auswüchſe der Wurzelfaſern gehalten. XXXV. 204. Typhus, über einen eng umgränzten und durch locale Miaſmen erzeugten, von Dr. Chriſtiſon. XXIX. 107. u. Urodela, ſ. Batrachier. V. Varicocele, Behandlung derſelben mittels der Compreſſion, von Curling. XIIII. 336. Vegetation an den Gränzen des Getraide⸗ baues. XXXIII. 169. Veitstanz, ſ. Statiſtik. Velpeau, über die neuralgiſchen Schmerzen der Bruſtdrüſe. XXIV. 30. Venot, über tertiäre Zufälle der Luſtſeuche. XXXII. 158. Sr Verbrennung, über die Möglichkeit, vergleichen am Leichnam hervorzubringen. XXVII. 78. Verdauung, über die Functionen der pneu⸗ mogaſtriſchen Nerven bei derſ., von San⸗ dras u. Bouchardat. XXXIII. 173. Vicente y Hedo, über Ginfprigung von Ather in den Maſtdarm. XLII. 320. Vigla, über Communication der Speiferöhre mit den Lungen u. Bronchien. XLIV. 343. Vogt, über die Embryogenie der gaſtrepodi⸗ 1 2 Molluſken. XXXIV. 177. XXXXV. Vorderarm, über die Lage desſelben bei Brüchen des radius und der ulna, von Bidart. XLII. 313. W. Wahnſinn, über die geiſtige Behandlung desſ., nach Dr. Pinel. XXVI. 57. vergl. Irre. Warden, über diagnoſtiſche Beſichtigung des Regiſt er. äußeren Gehörganges und des Trommel⸗ felles. XXXI. 137. * Quelle des Paramo de Ruiz. XXXI. 138. Wärme, Quantität der jährlich bei der Ver⸗ 2 des Waſſers gebundenen. XXIV. Warren, Unterbindung der linken arteria subelavia unter eigenthüml. Umjtänden. XLIV. 350. Waſſer, die Beſtandtheile der beim Unter⸗ grundtrocknen abfließenden. XXX. 121. Mechfelfieber, Einfluß derſelben auf Epilepſie und Irreſein, von Girard. XXXII. 156. Wirbelthiere, über den Grundtypus und die Homologien des Skelets derſ., von Prof. Owen. XXXII. 148. 357 3. Zauberringe, zur Erklarung d. ſog. XIII. 313. Zaunkönig, Neſt mit Jungen mitten im Winter. XXIX. 104. Zerreißung, gleichzeitige, der oberen Sehnen beider Knieſcheiben bei einem 5 jährigen Manne. XXIII. 15. Zinc. sulphur., Anwendung desſelben zur Einbalſamirung vermittels Injection. XXXI. 144. Zucker im Auswurf eines Diabetiſchen aufs gefunden. XXXVIIL 248. Zungengeſchwülſte, Diſſertation über dieſelben, von Bertherand. XXXIII. 169. Zunge, über die innere Structur ihrer Mus: kelmaſſe und der dieſelbe bedeckenden Mem⸗ bran, von Bourgery. XL. 280. Bibliographische Neuigkeiten. A. 312.411. XLIII. 336. XXXII. 175. XXV. 48. Aßmann. XXXIV. 191. Audubon. XXIII. 15. Autenrieth. XXXIV. 175. Ayre. XLIII. 335. Bachmann. XXIII. 15. Badham. XXVI. 63. Baumeiſter. XXV. 47. de Beaumont. XXXVII. 239. Beck. XXIX. 111. Becker. XLII. 319. Bellingham. XXXVII. 240. Benech. XXXVI. 224. Berg. XXXIV. 191. Berthold. XXIII. 15. Bertoloni. XXIV. 32. Berzelius (2). XLII. 319. Binswanger. XXXII. 159. Biſchoff (2). XLII. 319. Blandin. XLI. 304. Bodichon. XXX. 128, Böck. XXX. 127. Bonnet. XXXIV. 191. Brandt, XXVII. 79. Bressolles. XL. 288. Brett (2). XXXIV. 191. Brissart-Gobert. XLI. 303. Brown. XLIII. 335. Buddeus. XXVII. 79. Buſſon. XXIII. 15. XXX. 127. Bull. XLI. 304. Burdach. XXV. 47. XLI. 303. Burcand-Riofrey. XXVI. 64. Bushnan. XXIV. 32. Buys-Ballot. Aichhorn. Amette. Anstead. Ashwell. XLIII. 335. C. Caillat. XL. 187. Catherwood. XLIII. 336. Chevreul. XL. 187. Child. XXXVII. 240, XLII. 320, Glater. XLIII. 336. Cock. XXV. 47. le Coeur. XXXI. 144. Cole. XXVII. 79. Collomb. XXXIV. 191, Combay. XXXIV. 192. Comte. XXIV. 31. Coste. XXV. 48. Cotta. XXIV. 32. XLIV. 351. XLI. 304. XLIV. 351. Desmares. XXXIX. 272. Dieffenbach. XXXVII. 240. Druitt. XLIV. 352. Drury. XXV. 47. Dublin Examiner. XXIII. 16. Duchatel. XLII. 320. Ducros. XL. 187. Ducrotay. XXVI. 63. Dufft. XXIX. 111. Duflos. XXXVII. 239. Dumont. XLIV. 352. Dunker. XXXI. 143. Durand-Duquesney. XXV. 63. E. XXIV. 31. XLIN. 335. Daurier. Debay. Dellisle. Edwards. Eichelberg. Engel. XXVIII. 96. Erdl. XXIV. 31. Erdmann. XXIX. 112. Euler. XIII. 319. XL. 288. F. Faber. XXIX. 112. Farini. XXVII. 80. Fau. XXXV. 255. Favrot. XLIV. 352. Fiedler. XXXVII. 240. Fiſcher. XXIII. 16. Flourens (2). XXV. 47. Foulhieux. XLIV. 352. Fraas. XXVI. 63. Frank. XXX. 127. Fries. XXIII. 15. Funke. XLII. 320. . Gaignard. XXV. 48. Gardiner. XL. 287. Germar. XL. 287. Girardin. XL. 287. Göbel. XL. 287. Golfin. XXIV. 32. Gondrot. XXXIV. 192. Gordon. XXXV. 207. Gotische. XXV. 47. Gray. XXVI. 63. XXVIII. 95. XLIII. 336. Gream. XLII. 320. Green. XXX. 127. XXXIX. 271. Griffin. XXXI. 143. Gruber. XXXII. 159. Günther. XXX. 128. Guthrie. XL. 288. Hamernjk. XXXI. 144. Harleß. XXXVIII. 256. Harty. XXXI. 144. Hassall. XXVIII., 96. Hattutte. XXIX. 112. Henfrey. XXVIII. 255. Hering. XXIX. 112. Herrich⸗Schaffer. XXIV. 31. XLI. 304. 358 Hertwig. XLIII. 335. Heßler. XXVIII. 95. Heurteloup. XXXII. 160. Heydenreich. XXV. 47. Heyfelder. XXXIII. 176. Hirſch. XXXVII. 240. V. d. Hoeven. XXIV. 32. XXXII. 159. Hornung. XXV. 48, Horsford. XL. 187. Hübener. XXIX. 112. Hubert-Valleroux. XLI. 304. I. Jackson. XXXIII. 159. Jäger. XXXV. 207. Jankey. XXXV. 208. Jaubert. XXIII. 15. Institut de bienfaisance. XXIII. 16. Johnson. XXXIX. 271. Johnston. XLII. 319. Jones. XXXII. 159. Jordan. XXV. 48. Itzstein.. XXIV. 32. K. Karſten. XL. 287. Kenngott. XLI. 303. King. XLIV. 352. Kirchner. XXVI. 64. Knolz. XXXV. 208. XLIII. 336. Krombholz. XXXV. 207. Kunth. XXVII. 95. L. Lafontaine. XXXIII. 176. de Lamare. XLIII. 336. Lambert. XXXII. 160. Landouzy. XLII. 320. Langet. XXXIII. 176. Langlebert. XXXIX. 271. Lee. XXXVII. 240. Lesson. XXIII. 15. XLI. 303. Lietzau. XLI 304. Lincoln lunatic asyl. XLII. 320. Lindenberg. XXV. 47. Lindley. XXV. 47. Ling. XXXVII. 240. Link. XXVI. 64. XXVIII. 96. Löwig. XLIII. 335. Longet. XXXIX. 272. Lonsdale. XLIV. 352. Lubanski. XXXI. 144. Lund. XXV. 47. Lyell. XXXII. 175. M. Magne. XL. 288. Maillot. XXXII. 160. Malatier. XXXIV. 191. Mantell. XXXVII. 239. Martin. XXXII. 175. Martiny. XLIII. 335. Mathieu. XXXVI. 224. Mayer. XXXI. 143. Mayer. XLI. 304. Mayer. XXIII. 16. XXXI. 144. Mayo. XXXV. 207. Mem. de l’Ac. d' Arras. XL. 288. Mem. de l’Ac. de Paris. Menke. XXXI. 143. XLIV. 351. Regiſter. v. Mercklin. XLIII. 335. Merle-Delisle. XXXVII. 239. v. Meyer. XL. 287. Millon. XLIII. 335. Mitchell. XXVI. 63. Monckton. XXXVII. 239. Müller. XXIV. 31. XLI. 303. XLII. Mulsant. XXXI. 143, des Murs. XXXVII. 239. N. Nägele. XXXV. 208. Naumann. XXIII. 15. Nees van Esenbeck. XXV. 47. Neligan. XXXVI. 224. Newnham. XXIX. 111. Ney. XIII. 320. 0. Obert. XLII. 320. Ollivier. XXV. 48. XL. 288. d' Orbigny. XXVI. 223. P. Paget. XXV. 48. Pajot. XXVIII. 96. Payen. XLIV. 351. Peclet. XLIV. 351. Pellarin. XLIV. 352. Pescetto. XXVII. 80. Peterſen. XXIII. 15. Pfeiffer. XXXI. 143. Pfeufer. XII. 304. Philippe. XXVI. 64. Pichard. XXXV. 207. Poinsot. XLIV. 351. Posselt. XXXI. 143. Potter. XXVIII. 96. Pouchet. XXVI. 64. Pravaz. XLIII. 336. Pritchard (3). XXIV. 31. A. Quenard. XLII. 319. R. Rademacher. XII. 304. Redwood. XLII. 336. Reichenbach. XXV. 47. Reiset. XLIII. 335. Reuß. XII. 303. Richardson. XXVIII. 95. Ritterich. XLIII. 336. Robinson. XXXIV. 192. Rohatzſch. XXXII. 160. Roſenberg. XXV. 48. XXXVIII. 256. Roſt. XIII. 320. Roulland. XL. 288. Roussel. XXXVI. 223. Rousseau. XLI. 303. Rowe. XXV. 48. Royle. XXVII. 80. Rurke. XXIV. 32. S. Saint-Arroman. XIIII. 336. Saint-Hilaire. XLIV. 351. de la Salzede. XXXIV. 191. Sappey. XXXVI. 223. XLII. 320. Sars. XXVII. 79. Saunders. XXXVII. 240. Sauzeau. XXV. 47. Schaper. XXIII. 16. Schlegel. XXVIII. 95. Schleſinger. XXXIII. 176. XLI. 304. Schmalz (2). XXIII. 16. Schmidt. XXVII. 79. Schmidt⸗Göbel. XLIV. 351. Schneider. XLI. 304. Schulz. XXXIV. 192. XL. 288, Scrope. XXIV. 31. Seymour. XL. 288. Shaw. XLI. 303. Shelford. XXVIII. 95. Siebert. XXIII. 16. de Siebold. XXVIII. 95. XXX. 128. Sieveking (2). XXIV. 32. Silliman. XXXVIII. 255. Simon jun. XLI. 304. Smee. XXX. 127. Smith. XXXVI. 224. Soubeiran. XLI. 303. Spach. XXIII. 15. Spinola. XXVIII. 96. Stoppel. XLI. 303. Strumpf. XXIV. 31. Swan. XXXIV. 191. XXXVIII. 256. T. Temminck. XXVIH. 95. Thienemann. XXXI. 143. Thoma. XII. 303. Transactions. XL. 288. Trog. XXIV. 31. Turnbull. XXVII. S0. Turner. XXIV. 31. Tſchudi. XXXVIII. 95. U. Union med. XLI. 304. WW; Verdat. XXIV. 32. Vernois. XXIII. 16. Vinçard. XLIII. 335. Vivien de St. Martin. XLII. 319. Voget. XLI. 303. Vogt. XXV. 207. Vrolik. XXIII. 15. W. Walker. XXIX. 111. XLI. 304. Wallis. XLI. 304. Walther. XXIII. 16. Maison. XXXIX. 271. Weber. XXXVII. 240. Weickert. XXVI. 64. Weiß. XXXIV. 192. Werneck. XXXV. 208. Weylandt. XXX. 128. Whately. XLI. 303. Whewell. XXVIII. 95. White. XXIX. 112. Wiese. XXXI. 144. Wiglesworth. XIII. 335. Wilkinson. XXXI. 143. Wilson. XXVI. 64. Wöhler. XXX. 128. 2 Youatt (2). XLIV. 351. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 23. (Nr. 1. des II. Bandes.) Maͤrz 1847. Druck und Verlag des Landes -⸗Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. J. Kölliker, über die Entwickelung der Gewebe bei den Batrachiern. (Hierzu die Fig. I— der mit dieſer Nummer ausgegeb. Tafel.) Wir theilen hier den kurzen Inhalt von Unterſuchungen mit, welche ſpäter ausführlich bekannt gemacht werden ſollen und nur vorläufig in den Ann. d. sciences nat., Aoüt 1846, auszugsweiſe erſchienen ſind. 1) Der Verf. ſchildert zuerſt den bekannten Furchungs— proceß des Dotters bis zur Auflöſung desſelben in einzelne kernhaltige Zellen (Primitiozellen). 2) Die Zellen der chorda dorsalis ſind ganz einfach vergrößerte Primitiozellen, nicht wie Prévoſt und Lebert behauptet haben, die vergrößerten Kerne derſelben. — Dieſe Zellen ändern dabei allmälig ihren Inhalt zu einer kleinen Flüſſigkeit um, gleichzeitig wächſ't auch ihr Kern und zeigt endlich ein deutliches Kernkörperchen. — Die Scheide der chorda dorsalis ſcheint eine Abſonderungsſubſtanz dieſer Zellen zu ſein. 3) Die erſten Knorpelzellen find bei den Batra- chiern ebenfalls nichts anderes, als Primitiozellen, deren fer- nere Entwickelung anfänglich der der vorigen Zellen gleicht; ſpäter entwickeln ſich dann in ihnen mehrere Generationen junger Zellen, deren Wände ſich mit denen der Mutterzellen verbinden und dieſelben ſo verſtärken. Die Knorpel der Er— tremitäten bilden ſich ganz eben ſo wie die des Schädels, mit dem einzigen Unterſchiede, daß die Zellen derſelben gleich bei ihrer Erſcheinung durchſichtig ohne Fettinhalt ſind. 4) Die erſten Blutkügelchen ſind nichts anderes, als Primitiozellen. Dieſe verlieren ganz allmälig ihre Fettkörn— chen, erhalten eine leichte gelbliche Färbung, die immer dunk⸗ ler wird, und nehmen nach und nach unter gleichzeitigem Deutlicherwerden des Kernes die längliche Geſtalt an. Die erſten Blutkörperchen bilden ſich im Herzen und in den gro— No. 1003. — 903. — 23. ßen Gefäßen, und find nur die Centralzellen der erſten An— lagen dieſer Organe. Bald nach dem Verſchwinden der äuße— ren Kiemen findet man in dem Blute der Larven ſchon die farbloſen Lymphkörperchen, wie beim erwachſenen Thiere. 5) Die Primitiobündel der Muskeln des Stam⸗ mes und Kopfes bilden ſich aus Primitivzellen, die der Er— tremitäten aus Zellen ohne Fettinhalt. — Dieſe Zellen ord— nen ſich, in Reihen verwachſen, zu einer Röhre, deren Mem— bran aus den Wänden der Zellen, deren Inhalt von den Kernen, den Körnchen und der klaren Flüſſigkeit gebildet wird. Die Primitiofaſern der Muskeln entſtehen aus einer Metamorphoſe dieſes Inhaltes entweder im ganzen Um— fange an der inneren Fläche der Membran (ſo bei den Er— tremitäten des Froſches und beim Triton), oder nur an einer Seite (Muskeln des Stammes und Kopfes beim Froſche). Im erſten Falle finden ſich in der Achſe des Primitivfaſer⸗ bündels Zellenkerne, welche lange ſichtbar bleiben. Im letz— ten Falle befinden ſich die Kerne außerhalb des Faſerbündels zwiſchen ſeiner Oberfläche und der Membran der Röhre. Die Haut, welche die Primitiobündel umgiebt, und die Kerne ſind identiſch mit dem Sarkolemma und den Kernen der Mus⸗ keln des erwachſenen Thieres. 6) Blutgefäße. — Bei den meiſten Batrachiern, beſonders aber beim Triton und Bombinator iſt die Bildung der Gefäße des Schwanzes außerordentlich leicht zu beobach— ten; gleichwohl ſind die Reſultate der Beobachtungen von Schwann, von Prévoſt und Lebert, und von Platner ſo außerordentlich verſchieden. Nach meinen Unterſuchungen haben alle Gefäße des Schwanzes urſprünglich die mikroſko— piſchen Charaktere der feinſten Capillaren, d. h., ſie beſitzen eine zarte, völlig homogene Haut mit Kernen, die hier und da an die innere Fläche derſelben angeklebt ſind. — Die Art und Weiſe, wie ſich der große arterielle und venöſe Stamm längs der Wirbelſäule bilde, konnte der Verf. nicht 1 3 23, II. 1. 4 verfolgen, da um die Zeit ihres Auftretens die Gewebe der Larven zu dunkel und undurchſichtig ſind. Sowie aber der Schwanz der Larve ſich verlängert, wachſen auch jene beiden Stämme, die durch eine einfache Schlinge in einander über— gehen, nach hinten in der Weiſe fort, daß ſie Verlänge— rungen hervortreiben, welche, indem ſie ſich mit runden Pri— mitivzellen verbinden, die am unteren Ende der chorda dor- salis angehäuft find, mit ihnen zu einer Höhle verfchmelzen. — Die erſten ſeitlichen Gefäße des Schwanzes haben die Form einfacher Bogen, welche von der Arterie zur Vene gehen. Sie entſtehen aus einer Verbindung von Verlängerungen der Arterie und Vene mit gewiſſen langen, ſternförmigen Zellen der Subſtanz des Schwanzes. — Sobald dieſe Bogen ge— bildet und für das Blut zugänglich ſind, treten aus ihnen neue Verlängerungen hervor, die ſich ebenfalls mit veräſtel— ten Zellen in Verbindung ſetzen und ſo ſecundäre Bogen bilden. — Auf dieſe Weiſe dehnt ſich das Capillarnetz im— mer weiter aus und wird auf dieſelbe Weiſe immer dichter. Aus den Primitiozellen entſtehen zwei Arten ſternför— miger Zellen: die einen, vielfach veräſtelt, werden Pigment— zellen, die anderen, mit zwei bis fünf Strahlen, dienen zur Bil— dung der Blutgefäße und nehmen auch an der Bildung der Lymphgefäße und Nerven Theil. Die Verlängerungen der Gefäße entſtehen aus kleinen feitlichen, kegelförmigen Wülſtchen, die ſich allmälig zuſpitzen und verlängern, zuweilen dabei krümmen. Allmälig, beſon— ders nach der Verbindung des Fortſatzes mit anderen, bildet ſich dann auch vom Gefäß aus eine Höhle in ihn hinein. Das Herz iſt anfänglich nur eine compacte Maſſe von Primitiozellen, ohne Höhlung. Später bildet ſich in dem— ſelben eine Flüſſigkeit, in welcher die Centralzellen ſchwim— men, und gleichzeitig bemerkt man die erſten Contractionen; ſodann ändert ſich die Fluͤſſigkeit in Blut um, und die Höh— lung ſetzt ſich mit den Höhlungen der großen Gefäße in Verbindung. Die Zellen der Wand werden Muskel und Sehnenfaſern und epithelium. In ganz ähnlicher Weiſe ſcheinen ſich die Hauptſtämme der Adern zu entwickeln. 7) Lymphgefäße. — Es gelang dem Verf. im Schwanze der Batrachierlarven (Rana, Bufo, Bombinator, Triton) lymphatiſche Gefäße zu entdecken. Sie liegen in der— ſelben Ebene mit den Blutgefäßen, kreuzen dieſelben in verſchiedenen Richtungen und bilden einen oberen und einen unteren Hauptſtamm, von welchem Aſte ausgehen, die ſich vielfach im Parenchym verzweigen, aber nur ſelten anaſto— moſiren, und deren äußerſte Aſtchen zugeſpitzt endigen. — Im Baue gleichen fie ganz den feineren Capillaren, nur iſt ihre Wandung zarter, in ihrer Geſtalt weichen ſie durch den geſchlängelten Verlauf ihrer Contouren und ihre zahlreichen ſeitlichen zugeſpitzten Fortſätze weſentlich ab. Selbſt die Haupt— ſtämme beſitzen aber keine Klappen im Inneren. Der In— halt iſt homogen, farblos, ſelten ſieht man ein Lymphkörper— chen, häufiger aber immer noch ſehr ſelten, kleine punktförmige Körnchen. Die Bewegung der Lymphe iſt etwa zwölf Mal ſo langſam, als die des Blutes, aber ganz ſtetig. Die Entwickelung der Lymphgefäße iſt ganz der der Blutgefäße gleich. Anaſtomoſen zwiſchen beiden finden nor— mal nicht Statt, treten aber ſehr leicht auf bei allen Ver— anlaſſungen, welche Extravaſate hervorrufen. 8) Nerven. Die Nerven im Schwanze der Lar⸗ ven von Rana, Bufo und Triton gleichen ſich ſehr und wei⸗ chen faſt in jedem Punkte von denen der erwachſenen Thiere ab, namentlich in ihrer Veräſtelung, in ihrer freien Endung, ihrer außerordentlichen Feinheit und ihrer Bläſſe. — Dieſe Nerven, deren Verlauf der Verf. kurz ſchildert, ſind durch⸗ aus einfach und homogen, in ihren Hauptſtämmen eben To wohl, wie in ihren Verzweigungen. Hin und wieder finden ſich dreieckige oder ſpindelförmige Erweiterungen mit einem Kern und einigen kleinen Körnchen. Die letzten Endungen find äußerſt fein und liegen alle in der Haut. Dieſe Nerven bilden ſich gleichzeitig mit dem Blute und den Lymphgefaßen und ebenfalls auf dieſelbe Weiſe. Dieſe Primitionerden deh— nen ſich ſehr bald aus. Nach und nach entſtehen in ihnen Röhren von 0,0008 — 0,0012“ Diürchmeſſer, die völlig den feinen Faſern des sympathicus, opticus oder des Gehirnes gleichen, und deren Entwickelung langſam von dem Haupt⸗ ſtamme nach den Aſten fortſchreitet. Die bei jungen Larven einfachen und ganz leeren Hauptſtämme enthalten bei älteren Larven zwei, drei oder mehr ſolcher unzweifelhafter Nersenz faſern. Je weiter die Entwickelung fortſchreitet, deſto ſelte— ner werden die freien Endungen, die ſich nach und nach alle zu Schlingen verbinden. Ob die ſecundären Nervenfaſern ſich jemals veräſteln, läßt der Verf. unentſchieden. — Die Entwickelung der anderen Nerven als der des Schwanzes iſt außerordentlich ſchwer zu verfolgen. Der Verf. beobachtete indeß die veräſtelten Primitionerven auch noch in der Haut des Bauches, und er glaubt geſehen zu haben, daß ſich die Nervencylinder der großen Stämme aus verlängerten Zellen bilden, welche ſich mit einander verbinden und ſo zarte, blaſſe Nervenfaden mit Kernen darſtellen, ſpäter aber ſich verdicken, in ihrem Inneren einen dunkeln Inhalt entwickeln und ſo in ächte Nervenfaſern übergehen. Erklärung der Abbildungen auf beiliegender Taf. Fig. 1. Capillaren, 350 Mal vergrößert. a) Dem Blute zugängliche Capillaren; b) Zellenkerne, an der inneren Fläche der Membran befeſtigt; c) Körper veräſtelter Zellen; d) Kerne dieſer Zellen; e) Verlängerungen der Zellen, mit Verlängerung der Ca— pillaren ſich verbindend; f) Verlängerung eines Gefäßes; g) Blutkörperchen; h) Lymphkörperchen. Fig. 2. Lomphgefäße, 400 Mal vergrößert. a) Haut des Gefäßes; b) Verlängerungen der Haut; c) Fettkügelchen, die Kerne umgebend; d) Endungen der Gefäße; e) veräſtelte Zellen mit einer ſolchen Endung eben verbunden; t) veräftelte Zellen im Begriffe, ſich mit ſchon gebildeten Lympheapillaren zu verbinden. 5 23. U. 1. 6 Fig. 3. Primitionerven, 400 Mal vergrößert. a) Verzweigungen des Hauptſtammes, wie er aus der Mus: kelſubſtanz des Schwanzes austritt; b) Aſte der Primitiozellen, die zur Bildung der Nerven gedient haben; c) Kerne derſelben; d) Fettkügelchen; e) Freie Endungen der Zweige des Nerven. Fig. 4. a) Aſte der Primitionerven, zwei feinere Nervenfaſern ent— haltend; b) Aſt, eine Nervenfaſer enthaltend; c) Endungen der feinen Nervenfaſern; d) Schlingen derſelben; e) Aſte der Primitionerven, welche noch leer ſind; f) Erweiterungen der Primitionerven ; g) Kerne derſelben; h) Anaſtomoſen derſelben; i) Endungen derſelben. II. Über den feineren Bau der Actinien. Mitgetheilt von Dr. Hubert Luſchka in Conſtanz. (Hierzu die Fig. 5 — 11 der mit dieſer Nummer ausgegebenen Tafel.) Wenn die Unterſuchungen der niederen Thierformen für die Erkenntniß der höheren ſchon in ſo fern von großem Intereſſe ſind, als in den verſchiedenen oft einſeitig hervor— tretenden Lebensäußerungen derſelben, und in der Configura— tion ihrer reſpectiven Organe die Prototypen gegeben ſind: ſo nehmen ſie dieſes noch in ungleich höherem Grade in Anſpruch, wenn es ſich darum handelt, den Bau und die Entwickelungsweiſe der organiſchen Elemente des thieriſchen Organismus zu erforſchen. Die oft unüberwindlichen Schwies rigkeiten, die ſich bei hiſtologiſchen Studien am gewordenen Thiere ſowohl, als bei der Beobachtung der Entwickelung desſelben aus dem Eie ergeben, finden da minder Statt, weil die Formen einfacher, in ihren ſtufenweiſen Bildungen mehr neben einander liegend find und in keine die urſprüng— liche Form ſo leicht verleugnende Geſtalten übergehen. Dazu kommt bei Thieren, die, wie die Aectinien, eine jo unge— meine Lebenszähigkeit beſitzen, der Vortheil, daß die orga— niſche Subſtanz ſich nicht ſo raſch verwandelt, ja in den kleinſten Objecten die Unterſuchung noch Leben erkennen läßt. Es iſt zu verwundern, daß man nicht vor der fo ent⸗ ſchiedenen Behauptung der Identität der Bildung pflanzlicher und thieriſcher Formelemente dieſe niederen Thierformen zu Rathe gezogen hat. Dadurch würden gewiß die Anſichten um vieles limitirt und mindeſtens nicht ein für Thier und Pflanze gleich giltiges Entwickelungsgeſetz aufgeſtellt worden ſein! Man kann nicht zweifeln, daß es der nächſten Zeit vorbehalten iſt, beſonders durch vergleichende hiſtologiſche Stu⸗ dien, die ſchon mehrfach lautgewordenen Zweifel einer dur ch⸗ gängigen Zellenbildung bei den Thieren zu begründen, und ganz beſtimmt der Anſicht den Sieg zu verſchaffen, die ſich gegen eine allerſeits Statt findende Übereinftimmung der Bildung thieriſcher und pflanzlicher Formelemente ausſpricht. Die folgenden Mittheilungen ſind die Reſultate der Un⸗ terſuchungen, die ich in Venedig im Spätjahre 1845 an verſchiedenen Actinien, am häufigſten an Actinia cereus, an— geſtellt habe. Ich bediente mich eines Plöſſl'ſchen In: ſtrumentes und einer 500 fachen Vergrößerung. Beim Manz gel eines Mikrometers konnten keine Meſſungen vorgenommen werden. In dem Schleime, welcher die Thiere in mehr oder weni— ger dicker Schicht überzieht und immer in größter Menge um die an der oberen Fläche derſelben befindliche Offnung ge⸗ troffen wird, erkennt man durch das Mikroſkop verſchieden— geformte Beſtandtheile. Als einfachſte finden ſich größere und kleinere elementare Körnchen, ſodann ſolche, die aus einem Aggregate derſelben beſtehen und ſich als granulirte Körperchen von verſchiedener Geſtalt ausweiſen. — Außer dieſen zeigen ſich ſtabförmige Körperchen, die meiſt ſchwach gekrümmt ſind und ganz homogen und licht erſcheinen; end— lich finden ſich platte Körper von kreisrunder und elliptiſcher Geſtalt, die von einem hellen homogenen Ringe umgeben ſind und eine breitere, meiſt etwas dunklere Mitte erkennen laſſen. Bei der Bewegung der Flüſſigkeit auf dem Objee— tentiſche ſtellen ſie ſich häufig auf den Rand, der mäßig ab— gerundet und ſchmal iſt, ähnlich dem Rande einer Blut— ſcheibe. Bei mehreren dieſer Körperchen erkannte ich das Fehlen der mittleren Subſtanz, ſo daß ſie bloß Ringe dar— ſtellten, welche ſich bei einigen auch an einer Stelle geöffnet zeigten (Fig. 5). Von dieſen körperlichen Theilen ſcheinen nur die Molecularkörnchen und die granulirten Körper dem, Schleime eigenthümlich zu ſein; die beiden anderen ſind aber wohl nur als abgeſtoßene Gewebetheile zu betrachten und finden ſich im Gewebe des Thieres in größter Menge vor. Das Vorkommen von eigenthümlichen Schleimkörperchen auch bei dieſen Thieren wirft auf die phyſiologiſche Bedeutung des Schleimes ein neues Licht und läßt dieſen durchaus nicht als eine bloße Auswurfsmaterie erſcheinen, ſondern als eine Flüſſigkeit, die mit dem plaſtiſchen, insbeſondere aſſimi— lativen Leben des Thieres in einer nahen Beziehung ſteht und, als Träger hiezu nöthiger Stoffe und Kräfte, jene ge— formten Theile enthält, ähnlich wie dies auch in anderen Flüſſigkeiten, Blut, Milch, Samen ꝛc. gefunden wird. Es iſt die Richtigkeit dieſer Anſicht von der Bedeutung des Schlei— mes bei dieſen niederen Thieren um ſo weniger in Zweifel zu ziehen, als die Organe der Aſſimilation hier ſo unvoll— ſtändig ſind, und er daher zur Vermittelung der äußeren Potenzen mit dem lebenden Thiere eine wichtige Bedeutung hat. Jene ſtabförmigen Körper und Ringe waren mir von beſonderem Intereſſe, weil fie Anhaltspunkte geben für Ent: ſtehungsweiſe der ganz ähnlichen ſtabförmigen Körperchen in der relina des Menſchen und der höheren Thiere. Es blieb mir bei der Unterſuchung nämlich kaum ein Zweifel übrig, daß ſie aus den Ringen der Scheiben, welche ja auch in der Netzhaut vorkommen, durch Eröffnung derſelben an einer Stelle, entſtehen. Das Gewebe der Hülle ſowohl als der Tentakel beſteht, dem größten Theile nach, aus platten Körperchen von runder und elliptiſcher Geſtalt, die, innig mit einander verbunden, 1? 7 23. II. 1. 8 ein continuirliches Ganze darſtellen. Es beſtehen dieſe Kör— perchen aus zwei deutlich unterſcheidbaren Theilen, einem peripheriſchen und einem centralen. Der erſte umgiebt den letzten als ſchmaler Ring, iſt ganz homogen, grauröthlich und durchſcheinend, der mittlere Theil iſt dunkler gefärbt und entweder ebenfalls homogen oder feinkörnig. Die Kör— perchen ſind auf eine ſehr mannigfaltige Weiſe angeordnet, meiſt unbeſtimmt an einander gehängt, häufig aber auch linear an einander gereihet. Es beſtehet dabei das eigene Ver— halten, daß die an einander ſtoßenden Ringe mit einander verſchmelzen, in der Weiſe, daß jedes Körperchen, welches in den Context eingeht, die Selbſtändigkeit ſeiner Peripherie einbüßt (Fig. 6). Daher kommt es, daß man beim Zer— quetſchen und Zerren des Objectes verſchieden-, meiſt gabelig⸗ geſtaltete Fragmente von Faden bekömmt, indem Theile der mit einander verſchmolzenen geringten Körper iſolirt werden. An den Verbindungsſtellen und zwiſchen den längeren Faſer— ſtücken ſieht man dann häufig noch Reſte jener körnigen, die Mitte der platten Körperchen ausmachenden Maſſe (Fig. 7). Vielfach findet man in dem Gewebe jene platten, ge— ringten Körper, wie ſie linear an einander gereiht ſind. Es zeigt ſich dabei hinſichtlich der Formen derſelben eine gewiſſe Geſetzmäßigkeit ihrer Aufeinanderfolge. Die runden Körper werden nämlich zuerſt elliptiſch, ſodann verſchmelzen ihre ſeitlichen Theile zu continuirlichen Faden, die nur da und dort noch die Spuren des urſprünglichen Getrenntſeins durch Ausbuchtungen oder winkelförmige Vertiefungen erkennen laſ— ſen. Die zwiſchen dieſen nunmehr continuirlichen Faſern ein— geſchloſſene Maſſe iſt äußerſt feinkörnig und zeigt nur bis— weilen noch Reſte der in der Quere mit einander verſchmol— zenen Ringabſchnitte, welche indeſſen um ſo mehr verſchwin— den, als die Faſern ihrer vollkommenen Ausbildung entgegen— gehen (Fig. 9). Auf dieſe Weiſe bilden ſich die Faſern, die man als ein conſtantes Formelement in dem Gewebe der Actinien findet. Die vollſtändig ausgebildeten Faſern ſind farblos oder blaßroth und licht, zeigen einfache, aber ſcharfe Contouren, ſind durchaus homogen, gerade geſtreckt oder nur ſchwach wellenförmig und parallel laufend (Fig. 8). Sie liegen in jener aus den platten geringten Körpern beſtehen— den Grundmaſſe wie eingebettet, aber nicht im ganzen Gewebe verbreitet, ſondern bündelweiſe angeordnet. Man unterſcheidet zwei Arten derſelben. Die einen oberflächlicher gelegenen find eirculär und laufen um die ganze Circumfe— renz des Thieres, die anderen tiefer liegenden find longitu— dinal und kreuzen ſich mit den erſten. — Beide finden ſich ſowohl im Mantel, als in den Tentakeln und ſind auch ſchon im Gröbern durch das längs und quer geſtreifte An— ſehen des Thieres ausgeſprochen. Als ein weiterer Form— beſtandtheil machten ſich jene ſchon im Schleime beobachteten ſtabförmigen Körperchen bemerklich. Sie befolgen in ihrer Anordnung eine beſtimmte Richtung und ſind, ſowohl der Länge als der Quere nach, meiſt linear hinter einander ge— lagert, ſo daß ſie für den erſten Blick das Anſehen von ge— gliederten Faden bieten. — Es haben dieſe Körperchen, welche bei den höheren Thieren nur in den ſtabförmigen Körperchen der retina ein Analogon finden, für die Hiſto— geneſe ohne Zweifel ein beſonderes Intereſſe, da man ihren Urſprung ganz beſtimmt aus den Ringen der ſchelbenförmi⸗ gen Körper entnehmen kann. Sie ſtellen gewiſſermaßen die Fragmente eines continuirlichen Fadens dar, der ſich bilden würde, wenn ſich dieſelben in einer ſeiner Entſtehung ent⸗ ſprechenden Weiſe anordneten. — In größter Menge fand ich ſie in den Wänden der den Hauptinhalt der Körperhöhle aus machenden Canälchen. Sie liegen hier in der die Grund— lage der Wandung bildenden ſtructurloſen Maſſe, laufen der Länge und Quere nach über einander und geben ſo dem Ganzen ein gegittertes Anſehen. Der Inhalt jener Ganäl- chen iſt eine Flüſſigkeit, in welcher einfache Körnchen und verſchieden geformte granulirte Körper ſich zeigten, wie ſie auch im Schleime gefunden wurden (Fig. 10). Es iſt mir nicht ganz klar geworden, womit die in ſo großer Menge vorhandenen Canälchen in Beziehung ſtehen, halte es aber für ſehr wahrſcheinlich, daß fie canaliculi mu- eipari ſeien. Überall im Gewebe erkennt man außer den bisher be— zeichneten Gebilden, welche nur bei ausgewaſchenen, gut ge— wählten Objecten ſo deutlich, wie beſchrieben, zu ſehen ſind, eine Menge größerer und kleinerer Molecülen und granulirter Körper, welche demſelben für den erſten Blick ein unbeſtimmt körniges, ſchwer zu entwirrendes Anſehen verleihen, wie dies denn auch von früheren Forſchern in dieſer Weiſe angegeben worden iſt. Als geformte Beſtandtheile hätten wir alſo im Gewebe der Uctinien gefunden: 1) einfache molecülare Körn— chen; 2) größere granulirte Körper; 3) platte geringte Kör— per; 4) ſtabförmige Körperchen; 5) continuirliche Faden. Daß dieſe Gebilde in einer gewiſſen genetiſchen Bezie— hung zu einander ſtehen, kann niemanden, der unbefangen be— obachtet, entgehen. Dabei iſt es höchſt intereſſant, zu erkennen, wie manche Gewebe höherer Thiere auf einer beſtimmten Stufe ihrer Bildung den hier bei den Aetinien gefundenen Ent— wickelungsgang wiederholen. So fand ich (vergl. Ent⸗ wickelung des Eiters und der Granulationen. Freiburg, den 1. März 1845.) bei der Entwickelung der Granulationen die Bildung der Faſern in einer der hier bezeichneten ganz ent— ſprechenden Weiſe. Miſeellen. 1. Das Fleifhertract. Es iſt längſt bekannt, daß das Fleiſch friſch getödteter Thiere eine ſaure Reaction zeigt. Berzelius hat dieſelbe der Anweſenheit von Milchſaure zugeſchrieben, ohne jedoch ſeine Annahme durch Analyſen zu ſtützen. Die Unterſuchun⸗ gen Liebigs ſollen in Bezug auf die im Organismus vorkom⸗ menden nicht flüſſigen Säuren jede Unbeſtimmtheit entfernen. — Zerhackt man das Fleiſch friſch getödteter Thiere zu einem feinen Teige und wäſcht denſelben mit kaltem Waſſer aus, ſo erhalt man eine dunkelrothe Flüͤſſigkeit, welche ſich in der Siedehitze unter Abſetzung geronnenen Eiweißes faſt vollig entfärbt. Die ſo er⸗ haltene klare, dunkelgelbe Flüſſigkeit reagirt ſehr beſtimmt ſauer und hat einen angenehmen und aromatiſchen Fleiſchbrühgeruch. Neutraliſirt man fie mit Barytwaſſer, fo ſchlägt ſich phesphor⸗ ſaurer Baryt und phosphorſaure Talkerde nieder; ſie wird ſchwach alkaliſch, ohne daß Baryt darin aufgelöft bleibt. Nach Entfer⸗ nung des Niederſchlages erhält man durch gehsriges Abdampfen Kryſtalle von dem durch Chevreul entdeckten Creatine. Bei weis terer Concentration der Flüſſigkeit ſcheiden ſich nadelformige Kry⸗ 9 23. II. 1. 10 ſtalle aus, welche durch Filtriren abgeſondert und umkryſtalliſirt perlmutterglaͤnzende Flittern darſtellen. Die von dieſen Kryſtallen etreunte Flüffgfeit wird bei noch weiterem Eindampfen dick und Befeht dann aus einer ſyrupartigen Mutterlauge und kleinen, con⸗ centriſch gruppirten, in Alkohol und ſelbſt in einer Miſchung von Alkohol und Ather ſehr leicht loslichen Kryſtallen. Dieſe zwei letzten Arten von Kryſtallen beſtehen aus Kali- oder Kalkſalzen weier neuen ſtickſtoffhaltigen Säuren. Die letzte Mutterlauge ent⸗ hät milchſaures Kali. Um die Milchſaure daraus zu gewinnen, 25 ſie Liebig mit Alkohol, faͤllt das Kali durch eine al— koholiſche Löfung von Dralfüure und ſetzt fo lange Ather hinzu, als dadurch noch eine Trübung erzeugt wird. Die übrige Fluſſig⸗ keit enthält freie Milchſäure, deren Kalkſalze nach der Analyſe die Formel Celle 0e + Cao + 4 Ag. zufam, eben fo wie dem Zink⸗ ſalze die Formel Ce He Oe + Zu 0 T2 Ag. — Liebig erhielt aus dem Fleiſche eines Fuchſes wenigſtens a fo viel Milchſäure, als aus dem Rindfleiſche. Die Aſche des Fleiſchertractes ent: hielt bloß phosphorſaure Salze. Das Verhaͤltniß der Kalium⸗ Natronſalze in dieſer Aſche iſt ſehr verſchieden. Auf 1 Aqui⸗ valent Kali enthält das Ochſenblut 12 bis 13 Aquivalente Na: tron; im Fleiſchertracte desſelben Thieres iſt das Verhältniß um⸗ gekehrt. Das Pferdeblut enthält auf 1 Aquivalent Kali 3,62 Aquivalente Natron; das Pferdefleiſchertract auf dieſelbe Aqui— valentenmenge von Natron 6,9 Aquivalente Kali. (L'Institut, No. 683 und 684.) 2. über die Entwickelung des Herzens im Hühn— chen haben Prévoſt und Lebert neue Unterſuchungen angeſtellt. Die Reſultate ſind kurz folgende: 1) Die Thiere, welche ſpäter ein getheiltes Herz zeigen, haben ſchon früh ein in zwei ähnliche Portionen getheiltes Herz. Bei denen, die ſpater nur ein einkammeri⸗ ges Herz beſitzen, findet dies nicht Statt. 2) Bei den Säugethieren und Vögeln findet ſich ein tranſitoriſcher getheilter bulbus, ein un⸗ getheilter dagegen bei Batrachiern und Fiſchen. 3) Das bleibende Herz bildet ſich unter dem tranſitoriſchen linken Ventrikel zuerſt als linke bleibende Kammer. 4) Der bleibende rechte Ventrikel bildet ſich fpäter unter dem vergänglichen rechten Ventrikel, die große Ent⸗ wickelung der linken Kammer beſtimmt hier ſeine Lage. 5) Der tranfitorifche bulbus iſt ein von dem bleibenden bulbus aortae we: ſentlich verſchiedener Theil des Herzens, letzter bildet ſich fpäter und erſt nach dem Auftreten des bleibenden linken Ventrikels. 6) Es giebt zwei primitive Aorten, die aber nicht verwachſen, um die bleibende Aorta zu bilden. Dieſe bildet ſich vielmehr zwiſchen jenen beiden verſchwindenden Gefäßen, und der adſtringirende Theil der Aorta entſteht aus zwei kurzen Gefäßen, welche aus den Kiemen— blutleitern an dem Orte entſpringen, wo ſich die Primitivaorten von denſelben trennen und ſich vorwärts gegen die Mittellinie wen— den. 7) Der Aortenbogen ſchneidet die abſteigende Aorta unter der Verbindungsſtelle ihrer Wurzeln und nicht, wie man bisher glaubte, in der Höhe des vierten Kiemenaſtes ab. Im tranſitori⸗ ſchen bulbus bilden ſich zwei Gefäße, welche ſich vereinigen, um das Kiemengefäß abzugeben, von welchem die Arterien der Kiemen— bogen entſpringen. (L'Institut, No. 686.) Nekrolog. — James Crowther ſtarb den 13. Januar in Mancheſter, wahrſcheinlich zum Theil vor Hunger und Kälte, in ſeinem 79. Jahre. Er war ein genauer Freund und Begleiter von Walker, J. Dewhurſt und E. Hobſon, half Dr. Hull bei der Beſchreibung ſeltener Pflanzen der Umgegend und lieferte dem Sir James Edward Smith die ſeltenſten Mooſe und Flech— ten. Er war auch, ohne geſchrieben zu haben, ein bedeutender Botaniker und lebte in der letzten Zeit von 3 Schillingen, die er wöchentlich aus einer Unterſtützungscaſſe erhielt. Nekrolog. — Am 11. Febr. ſtarb zu Zweibrücken der Botaniker Bruch im 66. Jahre ſeines Lebens, berühmt als einer der erſten Mooskenner Europas und der thätigſte Arbeiter an der ausgezeichneten Bryologia europaea von Bruch und Schimper. Heilkunde. (J) Beſchreibung der Operation der Afterfiſſur und des dazu gehörigen Inſtrumentes, nach Dr. Aueler. (Hierzu Fig. 12 und 13 d. beil. Taf.) Nachdem der Patient auf die Seite gelegt war, in eine ähnliche Lage, wie bei der Operation der Afterfiſtel, den einen Schenkel nämlich ausgeſtreckt und den anderen auf das Becken gebogen, zog ein Gehilfe, welcher dem Wundarzte gegenüber ſtand, den Hinterbacken ſtark nach der Seite em— por, die derjenigen, auf welcher die Operation gemacht wer: den ſollte, gegenüber lag. Beiläufig wollen wir noch be⸗ merken, daß die Zerſchneidung des m. orbicularis recti jeder Zeit nicht auf der Mittellinie, oder gegen das Steißbein, oder gegen das perinaeum hin, ſondern auf einem der Sei: tentheile des Afters und an einem der Punkte gemacht wer— den darf, welche dem mittleren Theile des sphincter am nächſten liegen. Nun noch ein Wort, ehe wir weiter gehen, über die Inſtrumente, die man anwenden kann, und denen Dr. Blandin den Vorzug giebt. Streng genommen fünnte man das gewöhnliche Teno— tom oder ein geknöpftes Biſtouri anwenden; aber dieſe bei— den Inſtrumente erfüllen nicht vollſtändig die Indieationen, die man zu erreichen ſtrebt. Das gewöhnliche Tenotom hat keine ſattſam lange Klinge, um die ganze Breite des Mus⸗ kels zu ergreifen, und obgleich ſeine Spitze ſtumpf iſt, ſo pflegt ſie doch nicht ſtark genug geknöpft zu ſein, um die Befürchtung einer Durchlöcherung der Darmſchleimhaut ganz zu beſeitigen. Nun ſind aber die Nachtheile einer ſolchen Durchlöcherung bekannt; ohne der entzündlichen Zufälle, welche die Folge davon ſein könnten, Erwähnung zu thun, würde der geringſte Nachtheil die Erzeugung einer Fiſtel fein, welche durch beſtändigen Durchgang flüſſiger Koththeile durch den Fiſtelgang unterhalten werden würde. Das geknöpfte Biſtouri anlangend, würde die Klinge desſelben weder dünn genug, noch ſchmal genug ſein, man müßte denn ein Inſtrument für dieſen Zweck ganz beſonders fertigen laſſen; und ſelbſt in dieſem letzten Falle würde man noch den Nachtheil haben, daß ſich die Schneide des Viſtouris im Augenblicke der Einführung nicht decken läßt, ſo daß eine Verletzung der umgebenden Weichtheile zu be— fürchten ſteht. Um alle dieſe Unannehmlichkeiten zu vermei⸗ den, müßte man ſich eines Inſtrumentes bedienen, welches mit der Stärke des geknöpften Biſtouris die Dünne des Te 11 23. notoms und die verborgene Klinge des gedeckten Biſtouris verbindet. Was dieſes letzte anlangt, hatte Dr. Blandin die Bemerkung gemacht, daß unter den ſo zahlreichen und eben deßhalb fo undvollſtändigen chirurgiſchen Inſtrumenten, welche die Beſtecke der Operateurs anfüllen, man kein gedecktes Biſtouri findet, an welchem Spitze und Schneide der Klinge auf gleiche Weiſe gedeckt ſind, ohne daß ſie zugleich den Nachtheil mit ſich führten, entweder die Schneide oder die Spitze ſtumpf zu machen, wenn man Klinge und Scheide ſich auf einander bewegen läßt. Dieſes berückſichtigend, hat der geſchickte Fabrikant chirurgiſcher Inſtrumente, Herr Charriere dasjenige Biſtouri ausgeſonnen, von welchem wir zuerſt hier eine vollſtändige Abbildung und Beſchreibung geben, und welches auf eine vollkommene Weiſe jede der oben angeführten wichtigen Indicationen erfüllt. Seine Ein— richtung iſt folgende: die totale Länge des Inſtrumentes be— trägt 0,15 Millim., nämlich 0,055 M. für die Klinge, 0,095 M. für das Heft. Die gerade lanzenförmige, in der Mitte 3 Millim. breite Klinge, welche durch allmäliges Schmalerwerden in eine ſehr feine Spitze ausläuft und dieſelbe Richtung, wie das Heft, verfolgt, hat auf ihrem linken Rande die Schneide, und auf dem rechten einen etwas abgeſchrägten Rücken von 11/, M. Dicke. Die obere Seite der Klinge hat eine vertiefte Mittel— furche, welche ¼ ihrer Länge einnimmt. Auf dieſer oberen Fläche gleitet ein anderes etwas brei— teres Stück, als die Klinge, zugerundet am Ende und oben conder, deſſen untere Fläche einen hervortretenden Rücken darbietet, welcher in der beſchriebenen Furche ſich verſchieben läßt. Dieſes obere Stück tritt mittels eines am Heft ange— brachten Knopfes in das Innere des Heftes dergeſtalt ein, daß es eine Länge der Klinge entblößt, wie man ſie für nöthig hält (ſ. Fig. 13). Das geſchloſſene Inſtrument (Fig. 12) ift jo eingerichtet, daß die Klinge in einen Fiſtelgang oder unter die Haut durch eine ſehr ſchmale Offnung eingeführt werden kann, ohne die Gewebe anders, als eine ſtumpfe Unter- ſuchungsſonde zu verletzen. Um die Schneide oder die Spitze in Wirkſamkeit zu ſetzen, genügt es, wenn das Inſtrument mit der rechten Hand gehalten wird, während man den Dau— men auf den Knopf hält, den ſtumpfen Theil, welcher die Klinge bedeckt, eine rückgängige Bewegung in das Heft ma⸗ chen zu laſſen, ähnlich derjenigen, welche man ausführt, wenn man die Klinge eines Schiebe- Federmeſſers in das Heft zurücktreten läßt. Bei den erſten Modellen, nach denen die vorliegende Zeichnung entnommen iſt, hatte der Schieber des Heftes fünf runde Ausſchnitte, dazu beſtimmt, den Führungs-Knopf des ſtumpfen oberen Stückes aufzunehmen. Ohne die Anhalte— kerben des Schiebers zu unterdrücken, hat Hr. Charriere in einem neuen Modelle, welches er uns zur Anſicht mit— getheilt hat, dieſe Ausſchnitte, welche der Regelmäßigkeit des Heftes ſchadeten und einige Störung in der Handhabung des Inſtrumentes herbeiführen könnten, beſeitigt. Auf der Seite des Heftes, welche dem Rücken der Klinge entſpricht, hat Hr. Blandin Abtheilungspunkte angebracht, 12 welche die Lage der Klinge anzeigen, wenn fie in die Ge: webe eingeſtoßen iſt. Man begreift nun leicht, daß man bloß mit dieſem Te⸗ notombiſtouri (welchen Namen wir für ganz angemeſſen er⸗ achten) die ganze Operation ausführen könne, was einen großen Vortheil gewährt, denn die Vereinfachung eines In⸗ ſtrumentes gilt in der Chirurgie eben ſo viel, als die Ein⸗ heit der therapeutiſchen Methoden in der Medien. Man kann alſo mit dem Tenotombiſtouri, indem man nur einige Millimeter der Klinge entblößt, die Punction der Haut be- werkſtelligen; nachdem ſodann die Klinge von neuem bedeckt iſt, kann man das Inſtrument zwiſchen den Muskel und die Schleimhaut einſchieben, ohne die geringſte Gefahr, dieſe zu durchbohren und ohne daß man die Theile zu verletzen fürchten darf, zwiſchen welche man das Inſtrument einſchiebt, indem dieſes alsdann eine ſtumpfe, breitgedrückte Sonde darſtellt. Handelt es ſich endlich darum, den Muskel zu durchſchneiden, ſo läßt man den ſtumpfen Theil auf der ſcharfen Klinge zurückgleiten, und man hat ein gewöhnliches Biſtouri. Der Mechanismus des Inſtrumentes wird auf dieſe Weiſe hinlänglich erläutert ſein, und wir werden in der Folge bei der Beſchreibung des Manuellen der Operation nicht wieder darauf zurückkommen. . Hr. Blandin unterſcheidet vier Tempos bei der Ope- ration: 1) Punction der Haut. 2) Einführung des Fingers in den Maſtdarm und Span- nung der Haut auf beiden Seiten des Afters. 3) Einſchiebung des Tenotoms zwiſchen die Schleim- haut und den Muskel. 4) Zerſchneidung des Muskels. Die Punction der Haut iſt eine ſo einfache Sache, daß es ganz unnütz ſein würde, dabei zu verweilen, wenn nicht einige Vorſichtsmaßregeln hinſichtlich der Stelle der Punction in unerläßliche Berückſichtigung kämen. Die Stelle der Punction iſt keinesweges eine gleichgil- tige Sache: wird fie nämlich zu nahe am After bewerkſtelligt, ſo erſchwert ſie die vollſtändige Zerſchneidung aller Muskel⸗ faſern, oder gelingt dieſelbe dennoch, ſo ſetzt man ſich der Unannehmlichkeit aus, die Hautöffnung zu vergrößern, und wenn ſodann der Patient vor vollendeter Vernarbung zu Stuhle gehen muß, ſo könnte die Berührung des Darmin— haltes der Wunde eine Reizung veranlaſſen und eine ent= zündliche Thätigkeit hervorrufen, die ſogar unter einigen, wenn auch ſeltenen Umſtänden, zu einem Blutgeſchwüre Veranlaſſung geben könnte. Würde man dieſe Punction in zu großer Entfernung vom After vornehmen, ſo würde man einige Schwierigkeit haben, die innerſten Faſern des sphineter zu zerſchneiden, die, was weſentliche Bedingung iſt, immer vollſtändig zerſchnitten werden müſſen. Ungefähr 2 oder 3 Centim. von der Off: nung des Afters macht man daher die Hautpunction. Wenn wir die Aufmerkſamkeit ſo lange Zeit auf dieſen Punkt rich⸗ ten, ſo geſchieht es aus dem Grunde, weil man beobachtet hat, daß bei Mus keldurchſchneidungen unter der Haut das Ganz⸗ 13 28. I. % 14 bleiben einiger, wenn auch nur ſehr feiner Faſern, das Re— ſultat der Operation faſt vollſtändig vernichten kann. Als vor einigen Jahren die Strabotomie eine, man verzeihe uns den Ausdruck, Modeoperation war, iſt der Fall häufig vorgekommen, daß die vollſtändige Zerſchneidung des Mus⸗ kels, mit Ausnahme von einem oder zweien Fleiſchfäſerchen, kein Reſultat ergab hinſichtlich der Richtungsveränderung des Aug⸗ apfels, und man mußte mit Hilfe des ſtumpfen Hakens dieſe dem Inſtrument entgangenen Faſern tief aufſuchen, um bie: ſes Reſultat zu erlangen. Was nun bei den Muskelfaſern des Auges ſich ereignete, findet auch Statt bei der Zer— ſchneidung des Afterſchließmuskels. Selbſt Hrn. Blandin iſt es trotz der äußerſten Sorgfalt, die er bei ſeinen Opera— tionen anwendet, begegnet, manch Mal zu einer zweiten Zer— ſchneidung ſchreiten zu müſſen, nachdem die erſte unvoll— ſtändig ausgefallen war, um die Contractur gänzlich zu be— ſeitigen. Wir ſelbſt haben uns in demſelben Falle befunden und mußten nach einigen Tagen eine zweite Zerſchneidung des zuſammengezogenen Muskels vornehmen. Die Einführung des Fingers in den Maſtdarm iſt von beſonderer Wichtigkeit, indem die innere Fläche des Zeige— fingers dem unter die Schleimhaut eingeführten Inſtrumente zur Leitung dient. Manchmal verhindert auch dieſe Ein— führung wohl die Zerreißung der Schleimhaut, welche ohne die Einführung des Fingers weit leichter Statt finden kann. Iſt ein Mal das Inſtrument ſanft in die kleine Wunde eingeführt, ſo richtet ſich der Operateur nach den Abthei— lungspunkten an derjenigen Seite des Heftes, welche dem Rücken der Klinge entſpricht, und wendet die Schneide nach auswärts, ſo daß er den Muskel von dem oberfläch— lichen Theile gegen den tiefen Theil hin zerſchneidet. Und iſt endlich die Klinge des Tenotomes von der bedeckenden Scheide befreit, ſo unterſcheidet ſich das Manuelle in nichts von der gewöhnlichen Tenotomie. In dem Augenblicke, wo das ſchneidende Inſtrument dieſen Muskel zerſchneidet, ver— nimmt man das wohlbekannte krachende Geräuſch, welches der Zerſchneidung eines ſtark geſpannten Muskels eigenthüm— lich iſt. Der Beweis, daß die Operation beendigt, und daß die Mus kelzerſchneidung vollſtändig ſei, ergiebt ſich daraus, daß die Contractur ſogleich aufhört, und daß der in den Maſtdarm eingeführte Finger ganz deutlich eine mehr oder weniger breite Furche fühlt, von dem Zwiſchenraume gebildet, welcher die beiden zerſchnittenen Enden des Schließmuskels trennt. Der Verband des Patienten nach der Operation iſt ganz einfach und beſteht in einem kleinen Charpiebäuſchchen, mit Cerat beſtrichen, oder, beſſer noch, in einer einfachen, in kal⸗ tes Waſſer getauchten Compreſſe. Es iſt ſelten, wenn die Operation vollftändig und gut ausgeführt iſt, daß nicht alles nach drei oder vier Tagen beendigt ſei. Man wird indeſſen in den gewöhnlichen Fällen und be⸗ ſonders in Städten wohlthun, den Patienten fünf oder ſechs Tage lang das Bette hüten zu laſſen, was dazu beiträgt, feine Herſtellung zu befeſtigen. (La Lancette Frangaise, 7. Janv. 1847.) (I.) über eine neue Cxarticulationsmethode des Fußes. Von Hrn. Malgaigne. Verf. führte dieſe Operationsmethode bei einem 42jähri⸗ gen Kranken, bei welchem der calcaneus bedeutend afficirt war, mit Erhaltung des astragalus und mit völlig glücklichem Erfolge aus. Er beſchreibt dieſe ſeine Methode — deren Er— findung eigentlich von Hrn. de Lignerolles herrührt — folgendermaßen: Der Kranke wird auf den Rücken gelagert, ein Gehilfe zieht die Haut des Unterſchenkels in die Höhe, und ein anderer comprimirt die Arterie in der Schenkelfalte. Der Operateur umfaßt nun den Fuß mit der linken Hand, legt die Schneide des Meſſers horizontal gegen die Achilles— ſehne an und durchſchneidet mit einem einzigen Schnitte die Haut, die Sehne und das Zellgewebe bis auf die Knochen, wobei er das Meſſer ſo dicht als möglich an der oberen Fläche des calcaneus vorüberführt und die Schneide etwas mehr nach außen als nach innen drückt. Er ſetzt nun die— ſen erſten Einſchnitt nach außen vom Fuße fort, ſteigt bis zu 1 Centim. unterhalb des malleolus externus hinab und geht dann faſt unmittelbar wieder zum Fußrücken hinauf, indem er ſich jedoch ungefähr 3 Gentim. vor dem Mittels fußgelenke hält. Er durchſchneidet darauf in dieſem Niveau quer die Bedeckungen des Fußrückens, umkreiſ't den inneren Rand und gelangt ohne Veränderung der Richtung bis zur Hälfte oder zu zwei Dritteln der Breite der Fußſohle. Er führt dann das Meſſer bis zu dem inneren Ende des hinte— ren Einſchnittes zurück, läßt es ſchräg unter einem Winkel von etwa 450 gegen die planta pedis hinabſteigen und ges langt dann wieder zu dem erſten Einſchnitte, ſo daß er einen inneren Lappen von 8 — 10 Centim. Breite an der Baſis und 4 — 6 an der Spitze erhält, welcher rund zulaufen muß. Dieſer Lappen wird nun zunächſt an der Fußſohle, mit Ein— ſchluſſe der ganzen Dicke des Muskelfleiſches, ſo daß nur die tieferen Sehnen an den Knochen zurückbleiben, und dann an der Seite und am Fußrücken bis zum Niveau des zu tren— nenden Gelenkes abpräparirt. Indem nun der das Bein umfaſſende Gehilfe den Lappen nach oben ſchlägt, ermittelt der Operateur mit dem Zeigefinger und Daumen der linken Hand die ſeitlichen Grenzen des Chopart ſchen Gelenkes und öffnet das Kahnſprung-Beingelenk, indem er den Kopf des astragalus umtreiſ't, jo daß mit einem Schnitte das ligam. astragalo - calcaneum externum, und nach innen die Synovialſcheide am Halſe des astragalus getrennt werden. Außerdem müſſen noch das innere Ligament und die hintere Synovialcapſel, ſowie die Sehnen des m. Nexor communis digit. pedis, flexor proprius hallueis und, wenn nöthig, auch des tibialis anticus durchſchnitten werden. Nun bleibt noch die Trennung des ligam. interosseum übrig. Zu dieſem Be⸗ hufe wird das Meſſer mit der Schneide nach hinten platt auf die kleine vordere Gelenkfläche des calcaneus aufgelegt, die Spitze nach außen ſo weit als möglich eingeſtoßen und, der Richtung des Gelenkes folgend, mit der nach hinten ge— wandten Schneide alles im Wege liegende durchſchnitten. Sobald die erſten Faſern getrennt ſind, läßt das ligam. in- 15 23. II. terosseum die beiden Knochen aus einander weichen, und das Übrige iſt bald ausgeführt. Man unterbindet nun die Ar— terien und ſchlägt den Lappen wieder um, welcher ſo zuge— ſchnitten iſt, daß feine Baſis den Kopf des astragalus und den malleolus internus vollſtändig deckt; feine größte Dicke entſpricht der hinteren Fläche des astragalus, deren Höhlung dadurch ausgefüllt wird, und ſeine Spitze legt ſich an die äußeren Bedeckungen unterhalb des malleolus externus an. Sobald demnach der Lappen gehörig angelegt iſt, ſo be— ſchreibt die Vereinigungslinie einen Halbkreis, deſſen vorde— res Ende ſich oberhalb und etwas nach außen vom Kopfe des astragalus, und deſſen anderes Ende ſich dicht hinter dem malleolus internus befindet. (Journ. de chirurgie, Avril 1846.) Miſcellen. ( Eine Beobachtung über die gleichzeitige Zer⸗ reißung der oberen Sehnen beider Knieſcheiben bei einem 59 jährigen Manne hat Hr. Renouard in No. 4 der Gaz. med. de Paris vom 23. Jan. d. J. mitgetheilt. Nachdem der Patient 2 Monate in feiner Heimath erfolglos behandelt wor⸗ den, ließ er ſich 127 Stunden weit nach Paris ſchaffen. Hr. R. fand es unmöglich, das Ende der abgeriſſenen Sehne durch irgend eine Art von Verband mit der Knieſcheibe in Berührung zu hal— ten; die Naht zu dieſem Zwecke zu verſuchen, hielt er für ganz zwecklos, und man mußte ſich damit begnügen, die zerriſſenen Theile einander ſo viel möglich zu nähern, indem die unteren Extremitäten ausgeſtreckt gehalten wurden, was bei der rechten mittels einer Rellbinde und zweier Schienen, bei der linken, welche am übelſten 1, 16 zugerichtet war, mittels eines Apparates geſchah, der geſtattete, das Bein ohne Umſtände zu entblößen, um reizende Einreibungen vorzunehmen. Fünf und einen halben Monat nach dem Unglücks⸗ falle ward der Verband abgenommen. Der Patient war im Stande, mittels Krücken im Zimmer umherzugehen und konnte ſelbſt ohne Krücken eine Zeit lang aufrecht ſtehen. Sein Zuſtand beſſerte ſich allmälig, und nach ferneren ſechs Monaten konnte er mit Hülfe eines Stockes, deſſen er namentlich beim Treppenſteigen bedurfte, wieder weite Spaziergänge machen. (2) Verſuche in Betreff der Gaſtroſtomie hat Hr. Sedillot angeſtellt und deren Reſultate in einer der letzten Sitzungen der mediciniſchen Geſellſchaft zu Straßburg mitgetheilt. Im Juli 1846 nahm er die Operation an einem Hunde vor und legte demſelben einen verſiegelten Maulkorb an. Täglich wurden durch die Wunde mittels eines Katheters, der darin liegen blieb, 600 Gramme Brot und 1 Liter Fleiſchbrühe eingeführt. Im Juli wog der Hund 7500 Grammen, am 3. December 8500 Grm. Am 15. Sept. führte Hr. S. die Gaſtroſtomie an einem zweiten Hunde aus, bei welchem zugleich die Speiſeröhre unterbunden ward. Der⸗ ſelbe erhielt täglich dieſelbe Quantität Futterſtoffe, wie der vorige und wog zu Anfange des Erperimentes 6200 Grm., während er am 3. Dec. 6250 Grm. wog. Beide Thiere wurden der Geſellſchaft vorgeführt und zeigten ſich ſehr munter, ſuchten ſich ſogar eines Stückes Brot, welches auf dem Tiſche lag, zu bemächtigen. Dieſe Verſuche beweiſen, daß die Gaſtroſtomie can Gefahr ausgeführt werden, und daß man die ſo operirten Subjecte hinreichend ernähren kann. (Gazette med. de Paris, No. 4, 23. Janv. 1847.) (3) Ein Dr. Wells zu Herford (Nordamerica) reclamirt die Priorität der Ather-Inhalation gegen Operations⸗ ſchmerz. Er hat, nach feiner Mittheilung an die Academie de Medecine de Paris, ſchon im December 1845 Verſuche im Spitale zu Maſſachuſets gemacht und dieſe den DD. Jackſon und Mor⸗ ton mitgetheilt, welche ſich die Erfindung angeeignet hätten. Bibliographiſche Neuigkeiten. Audubon and Bachman. — The Viviparous Quadrupeds of North America. By John James Audubon, F. R. S., and the Rev. John Bachman, D. D. Vol. I, imp. 8°. (pp. 404.) London 1847. Illustrationes plantarum orientalium, auctoribus comite Jaubert et Eduardo Spach. Volumen secundum. Livraison 19 et 20. Feuilles 13—16. 4°. de 4 feuilles, plus 20 pl. Paris 1847. Oeuvres completes de Bu/fon, avec les suites par M. Lesson, membre de I’Institut. Illustrees de 500 sujets. Tome V. Histoire des oiseaux, tome III. 18°. de 9 feuilles plus 4 gra- vures. — Idem. Tome XIX. Histoire des mineraux, tome IV. 18°. de 10 feuilles. Paris 1847. Naumann, C. Fr., Elemente der Mineralogie. Leipzig 1847. Peterſen, Cl., über den Einfluß der Waldungen auf die Wit: terungsverhältniſſe und das Klima. gr. 8%. Geh. Altona 1847. Berthold, A. A., über verſchiedene neue oder ſeltene Reptilien gr. 8%. Geh. A ee und Cruſtaceen aus China. 4. Göttingen Fries, E., summa vegetabilium Scandinaviae. Sect. I. 8 maj. Geh. Stockholm 1846. Vrolik, W., tabulae ad illustrandam embryogenesin hominis et mammalium, tam naturalem quam abnormem. — De * van den Mensch en van de Zoogdieren. Fasc. XII. Imp. 40. Amsterdam, Leipzig 1846. Vernois, Doct. Max., Du diagnostic anatomique des maladies du foie, et de sa valeur au point de vue therapeutique. (These de concours.) 8°. Paris 1847. Mayer, Doct. A., Recherches sur la nature, les causes et le traitement de la phthisie pulmonaire. 8°. Paris 1847. Dublin examiner, in Anatomy, Physiology, Surgery, practice of Physic, and the Collateral Branches of Medicine. 8°. Dublin 1846. Fiſcher, K. C. F., noch ein nothwendiges Wort über die Frage: Können Realſchulen zweckmäßige Vorſchulen zum Studium der Medicin werden? gr. 8. In Comm. Nordhauſen 1847. Schmalz, E., über die Erhaltung des Gehörs. 3. verm. und gänzlich umgearbeitete Aufl. gr. 8%. Geh. Leipzig 1846. Schmalz, E., Beiträge zur Gehör- und Sprachheilkunde. 2. Hft. gr. 8b. Geh. Leipzig 1847. Siebert, A., Annotationes clinicae. Part. I. Geh. Jena 1846. Siebert, A., kliniſche Beiträge. 1. Reihe. Aus dem Lat. überf. von einem feiner Schüler. Instruction pour le peuple. Cent traites sur les connaissances les plus indispensables. Onzieme livraison. Institutions de bien- faisance. Traite 53. 8°. d'une feuille. Paris 1847. Walther, P. F. v., Syſtem der Chirurgie. 2. Bd. 2. Lief. gr. 8°. Freiburg 1847. 2 2 Schaper, C. W. L., Beiträge zu d. Lehre von d. Arſenikvergif⸗ tung. gr. 8e. Berlin 1847. 8o. Geh. Jena 1846. (Hierzu 1 Tafel Abbildungen in #. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. Fr. v. Frorlep gegründete Zeltſchrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 24. (Nr. 2. des II. Bandes.) Maͤrz 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. III. Die Wirkungen des eingeathmeten Athers auf verſchiedene Thiere. Von Gru by. Der Verf. theilte der Akademie in Paris am 8. Febr. 1847 im folgenden kurzen Auszuge die Reſultate ſeiner zahl— reichen Verſuche über das vielbeſprochene Thema mit. Zeit bis zur eintre⸗ Dauer Zeit bis zum ein⸗ Thiere. tenden Bewußtloſigkelt. derſelben. tretenden Tote. im Mittel. Fröſche 15 Min. 30 Min. 60 Min. Mäuſe 8 = 5 = 5 Kaninchen 8 D = 12 Erwachſene Hunde 12? - 15 4 = Junge Hunde e 11 * 1897 1) Die Fröſche können im bewußtloſen Zuſtande zu allen Unterſuchungen über die Blutbewegung in den Capil— laren der Leber, der Nieren, Lungen und der durchſichtigen Häute dienen. 2) Eben jo die Kaninchen und Hunde für die Circu— lation im Netze und Gekröſe. 3) Mit Leichtigkeit kann man bei Kaninchen und Hun— den die Bewegung der Lymphe und des chylus unter dem Mikroſkope beobachten. 4) Die Muskeln der Thiere ſind erſchlafft, unter dem Mikroſkope nehmen ſie wieder Bewegung und Contractili— tät an. 5) Bei Fröſchen gelingt es oft, auf der Oberfläche des ſeröſen Überzuges der Leber die Flimmerbewegung der Wim— pern zu beobachten. 6) Bei allen Thieren iſt anfänglich die Reſpiration beſchleunigt und wird dann ſtetig langſamer, je länger das Experiment dauert. No. 1004. — 901. — 21. 7) Unterbricht man den Verſuch zur rechten Zeit, fo nehmen Herzſchlag und Reſpiration wieder an Schnelligkeit zu. 8) Wird der Verſuch über das angegebene maximum verlängert, ſo werden Herzſchlag und Reſpiration ſtetig lang= famer bis zum Tode. 9) Fröſche vor dem Verſuche zur Ader „gelaffen oder ſtark verwundet, widerſtehen dem Einfluſſe des Athers länger. 10) Noch länger, wenn ſie vorher enthirnt ſind. 11) Die Hunde find unempfindlich gegen Stiche und Kneipen in der Haut; die willkürliche Bewegung der Glieder bleibt zum Theil unverändert. 12) Selbſt, nachdem alle willkürliche Bewegung bei den Hunden aufgehört hat, beſitzt das Muskelgewebe noch in den Sleroren und Grtenforen feine Contractilität (1). 13) Wird der Verſuch bei Hunden noch länger fortgeſetzt, ſo werden die Muskeln ſchlaff und ähneln macerirten Muskeln. 14) Die Primitiobündel der Muskeln ſind dann zum Theil in ihre Primitivfaſern aufgelöſ't und dieſe zum Theil in die Kügelchen, woraus ſie beſtehen (2). 15) Hunde, bei denen der Verſuch bis zum Aufhören der Reſpiration fortgeſetzt wurde, kommen nach Unter: brechung des Verſuches ſogleich wieder zu ſich, wenn man einen Aderlaß an der Jugularsene vornimmt, 16) Bei Hunden, die ein Mal vom Ather narcotiſirt und dann wieder zum Bewußtſein gebracht ſind, wirkt die wiederholte Anwendung bei vielen ſchneller, als das erſte Mal. 17) Einige Hunde werden bei Anwendung des Athers wüthend, aber bei verdoppelter Doſis verfallen ſie ebenfalls in Unempfindlichkeit. . 15) Der Tod, den die verlängerte Einwirkung des Athers hervorruft, iſt bedingt durch Anhäufung des Blutes im Ge— hirne, in den Lungenvenen, den Hohlvenen, durch Verſtopfung der Leber und der Nieren und endlich durch Lähmung der Reſpirationsmuskeln. (Comptes rendus, 8. Fev. 1847.) 2 19 24. II. 2. 20 IV. Beobachtungen über die Schwefeläther-Ein— athmungen in phyſiologiſcher und pfychologiſcher Beziehung. Mitgetheilt von Dr. Hammerſchmidt. So intereſſant dieſe Erſcheinungen in phyſtologiſcher Beziehung rückſichtlich der während der Narkoſe eintretenden Empfindungsloſigkeit find, eben fo wichtig dürften aber auch die Beobachtungen ſein, die man während dieſes Zuſtande über das Seelen- und Traumleben zu machen im Stande iſt. Wir hatten Gelegenheit, bereits gegen 100 Beobachtun— gen theils an uns ſelbſt, theils an den verſchiedenſten In: dividuen in Bezug auf das Seelen- und Traumleben wäh— rend der Ather-Narkoſe zu machen. Die dießfälligen Er— ſcheinungen, die gewiß auch für unſeren Leſerkreis hohes Intereſſe haben dürften, glauben wir in ſolche eintheilen zu können, welche allen Ather-Narkotiſirten gemeinſam ſind, und in individuelle, und faſſen die Endreſultate unſerer Er— fahrungen in folgenden Sätzen zuſammen: a. Die menſchliche Willenskraft vermag bei gehörig wirkendem Apparate die Einwirkung der Betäu— bung wohl zu verzögern, aber nicht ganz zu hindern. b. Die menſchliche Willenskraft vermag die Dauer der Betäubung abzukürzen bis auf ein Mi— nimum, und das Wiedererlangen des vollen Bewußtſeins zu beſchleunigen. c. Der Zeitraum, welcher zur Betäubung erforder— lich iſt, wird nach der Individualität verſchieden modifi— cirt, und tritt bei ſchwächeren Individuen ſchneller ein, als bei geiſtig und körperlich ſtarken. d. Die gemeinſamen Empfindungen aller Narkotiſirten ſcheinen in der Reihenfolge nachſtehende zu ſein: Beſchleunigtes Athmen — Ohrenklingen oder Sau— ſen — Verſchwimmen der Gedanken — Vergehen der Sinne — röchelndes Athmen — allgemeine Vibrationen — Ge— fühl eines unendlich ſchnell Dahinfliegenden — Eintritt einer gewiſſen Leere — Erwachen nach dem Zuſtande einer kürzeren oder längeren Bewußtloſigkeit mit unbeſtimmten Erinnerungen mit einzelnen, oft unzuſammenhängenden Au— ßerungen — plötzliches volles Bewußtſein mit nachfolgen— den Schwankungen. — Bei allen äußert ſich nach der Narkoſe eine gewiſſe Heftigkeit und meiſtens der Wunſch nach Wiederholung, der ſich beſonders bei wirklich erfolgter Wiederholung ſteigert. e. Individuelle Erſcheinungen ſind die Träume während der vollen Betäubung oder wenigſtens eine be— ſtimmte Erinnerung an dieſelben mit einem mehr oder min— der vorherrſchenden Gefühle der Behaglichkeit — Lebendig— keit der Geiſtesthätigkeit — aber auch Trauer und Melancholie. f. Sinnestäuſchungen treten häufig ſchon im Bes ginne der Narkoſe auf, eben jo im Zuſtande, der nach dem Erwachen bis zur Erlangung des vollen Bewußtſeins Statt findet mit der Empfindung des Fliegens, unbeſtimmter Er— hebung, ſchnellen Fortbewegens überhaupt, oder Vorbei— fliegens von Bildern und Erſcheinungen, von Lichtkreiſen, alienirtem Geruchsſinne (ſo daß z. B. Ammoniak als höͤchſt angenehm riechend bezeichnet wird) u. a. g. Das Gehör ſchwindet zuletzt und kehrt am erſten wieder zurück. Wir glauben nach mehreren an uns ſelbſt angeſtellten Verſuchen, daß das Gehör ſelbſt bei dem Zurücktreten aller anderen Sinne, und alſo auch während der vollen Narkoſe, noch theilweiſe thätig ſei und den Träumen eine gewiſſe Richtung gebe. (Ein Beleg für die Anſicht, daß das Gehör als höchſter Sinn des Menſchen zu betrachten ſei, ſiehe Nr. 28 der allg. öſterr. Zeitſchrift 1846.) Zunächſt vor dem Gehöre ſchwindet das Sehen, das Gefühl iſt aber noch länger thätig, als das Sehen — die Muskelthätigkeit wird nicht immer aufgeho⸗ ben. — Beim Erwachen aus der Betäubung zeigt ſich Muskelthätigkeit nebſt dem Gehöre zuerſt regſam — hierauf folgt das Sehen, dann das Gefühl und die Sprache — zuletzt der Geruch und Geſchmack. h. Die Träume oder die Erſcheinungen wäh⸗ rend der Betäubung wiederholen ſich bei den⸗ ſelben Individuen in einer analogen Richtung — ſo daß zwar die Form ſich ändert, aber doch gleichſam der Grundgedanke der Träume ein ähnlicher bleibt. i. Die Träume können durch die Willens⸗ kraft eine gewiſſe Richtung bekommen, werden aber auch durch das Temperament und überhaupt durch die In⸗ dividualität geregelt. k. An den Träumen ſcheinen gewiſſe tiefe Eindrücke in dem Leben des Individuums, vorherrſchende Neigung, das was ihm als das Höchſte und Wünſchens⸗ wertheſte erſcheint, namentlich auch der letzte Ge— danke, ja das letzte Wort, das man vor der vol— len Betäubung gedacht, weſentlichen Antheil zu haben. l. Perſonen mit reger Einbildungs- und ſtar⸗ ker Erinnerungskraft träumen lebendiger und erinnern ſich ihrer Träume deutlicher. Dieſe verſchwinden zwar mei= ſtens auch während der Erlangung des vollen Bewußtſeins, die Erinnerung an das Geträumte kehrt aber ſpäter, durch Ideenaſſociation geleitet, wieder zurück. m. Während der Träume iſt der Begriff der In- dividualität, ſelbſt die Fähigkeit, Vergleichungen anzu⸗ ſtellen und Schlüſſe zu machen, nicht aufgehoben — allein man findet ſich in dieſem Zuſtande, ſowie bei dem Erwachen, ſeinen gewohnten Verhältniſſen entrückt. Immer klingt in dieſe Traume aber die Erinnerung an etwas Bekanntes, ſchon Erlebtes hinein. Höchſt intereſſant iſt es jeden Falls auch, daß die während der Narkoſe verlebte Zeit einen ungeheuer langen Zeitraum auszufüllen ſcheint, während ſie doch nur ½ — 2 Minuten in Wirklichkeit währt. Die Verſuche, welche wir in dieſer Beziehung an uns ſelbſt und Anderen anſtellten, wurden in der Art gemacht: daß wir die Beobachtungsmomente durch ſchriftliche Be— merkungen zu unterſtützen ſuchten — es wurden namlich von uns und Anderen, die wir beobachteten, die Empfindungen und Gefühle vom Beginne der Narkoſe bis zur vollen Betäu— bung während des Verſuches ſelbſt niedergeſchrieben — zugleich aber von den Beobachtenden alle Umſtände, insbeſondere 21 24. II. 2. 22 jenes, was während dieſer Zeit geſprochen wurde, aufgezeich— net, und dies ſpäter mit den gehabten Träumen in Ver⸗ gleich geſetzt — es wurde ferner der Einfluß des Spres 8, des Vorleſens, der Muſik, des Lichtes und verſchie— dener Gerüche auf die Narkotiſirten beobachtet, und das Nachſchreiben, Leſen, Zeichnen, Rechnen, und das Muſiciren der Narkotiſirten während der Narkoſe verſucht. Wir er: lauben uns über dieſe höchſt intereſſanten Verſuche, die ein wahrhaft erhebendes und beruhigendes Gefühl zurücklaſſen und zur Überzeugung führen, daß der Tod nichts Schmerz— liches an ſich haben könne, eheſtens ein Mehreres mitzuthei— len, und ſchließen mit der Überzeugung, daß auf dieſem Wege wiſſenſchaftlicher und ernſter Beobachtung ſeiner ſelbſt, während derlei Narkoſen, mancher Aufſchluß über das noch in ſo tiefes Dunkel verſenkte Seelen- und Traumleben, über die verſchiedenen Geiſtesthätigkeiten und über die Phrenolo— gie erzielt, manches pſychologiſche Problem gelöſ't werden dürfte. Wien, den 10. Febr. 1847. Über die Anwendung des Schwefeläthers, um liederthiere in einen ſcheintodten Zuſtand zu verſetzen. Als ich im Jahre 1830 ein Opatrum sabulosum durch Abwaſchen mit Schwefeläther von ſeinem grauen, erdigen Überzuge befreien wollte, beobachtete ich, daß dasſelbe bei dieſer Behandlung ſehr bald in einen ſcheinbar lebloſen Zu— ſtand verfiel, aus dem es nach kurzer Zeit wieder erwachte. Die den Entomologen bekannte Schwierigkeit, kleine In— ſecten, namentlich Mikrolepidopteren, für die Sammlungen gehörig zuzubereiten, da ihre Flügel, Führer und Beine nach dem Tode ſehr ſchnell trocknen und dann eine Aus— breitung dieſer Theile ohne Beſchädigung kaum ausführbar iſt, brachte mich nun auf den Gedanken, auch dieſe Thiere in Betäubung zu verſetzen, in dieſem Zuſtande zuzubereiten und dann ſchnell zu tödten. Meine Verſuche gelangen. — Das hierzu beſtimmte Thier wurde durch verdunſtenden Schwe— feläther in ſcheintodten Zuſtand verſetzt, in dieſem angeſpießt und da während der Betäubung alle Körpertheile mit Leich— tigkeit zu bewegen ſind, ohne daß dasſelbe Widerſtand lei— ſtet, dieſe dann gehörig ausgebreitet und durch Papierſtreifen mit Nadeln befeſtiget. War ſolches geſchehen, ſo wurde das Thier, noch ehe es wieder auflebte und ſeine Körper— theile in eine andere Lage zu bringen verſuchen konnte, in früheren Jahren durch Anwendung von Feuer, in neuerer Zeit aber durch einen Stich mit einer in verdünntes Vi— triolöl getauchten Nadelſpitze plötzlich getödtet. Bei der Vorzüglichkeit dieſer Methode, da durch ſie Thiere in der größten Vollkommenheit zubereitet werden, die man früher gar nicht oder doch nur in ſehr unvollkommenem Zuſtande aufbewahren konnte, wende ich dieſelbe ſeit dem Jabre 1831 bei den meiſten von mir lebend geſammelten Infecten, Arachniden und Myriapoden, beſonders den kleine— ren Arten an, und habe ich mich bemüht, mein Verfahren möglichſt dadurch zu verbreiten, daß ich ſehr viele Entomolo— gen aus den verſchledenſten Ländern und Gegenden, die mich mit ihren Beſuchen erfreuten, genau damit bekannt machte. Auch auf dem wiſſenſchaftlichen Congreſſe, der im Jahre 1842 zu Straßburg Statt fand, hielt ich in der natur— wiſſenſchaftlichen Section über dieſen Gegenſtand einen Vor— trag, wie aus dem Bulletin de la dixieme session du Con- gres scientiſique de France, tenue à Strasbourg, pag. 41 zu erſehen iſt. — Dr. Sodowſky in Riga machte nach meinen an ihn gerichteten brieflichen Mittheilungen vom Januar 1839, meine Verfahrungsweiſe auch in dem Bulle tin de la Soc. imp. de Moscou, Année 1841, pag. 529 etwas näher bekannt. Obgleich es nicht ferne lag, ſo habe ich doch unter— laſſen, Verſuche mit Schwefeläther an höheren Thieren zu machen und kann ich daher nur von Gliederthieren einige Beobachtungen mittheilen, die hier mit wenigen Worten folgen. Kleinere Inſecten werden von mir unter einem etwa einen Zoll hohen und einen Zoll im Durchmeſſer haltenden, cylindriſchen, oben mit Glas geſchloſſenen Pappkäſtchen da— durch betäubt, daß ſolches mit ſeinem offenen Theile auf Tuch oder Leinwand geſetzt wird, auf dem ein mittels eines Pinſels gebrachter Tropfen Schwefeläther verdunſtet. Iſt der Schwefeläther gut, ſo werden die Inſecten hierdurch in der Regel ſchon nach 5 bis 15 Secunden in einen völlig ſchein— todten Zuſtand verſetzt. Aber nicht nur einzelne verſchiedene Arten widerſtehen etwas länger der Betäubung, als andere, ſondern auch bei gleichen Arten kommt es häufig vor, daß von vielen Individuen, die ſich gleichzeitig in dem Ather— dunſte befinden, einige etwas früher, andere etwas ſpäter betäubt werden. Einzelne Individuen ſuchen bei der Ver: dunſtung durch Laufen oder Fliegen ſchnell zu entkommen, während andere, ruhig ſitzend und ohne die geringſte Be— wegung zu machen, in die Betäubung verfallen. Das fchein- todte Thier macht auch beim Durchſpießen mit der Nadel nicht die geringſte Bewegung, und nur wenn in dieſem Zus ſtande, in eine ihm beigebrachte kleine Körperwunde, ein wenig Vitriolöl mittels einer Nadelſpitze eingebracht wird, erfolgt augenblicklich der wirkliche Tod, der ſich dadurch zu erkennen giebt, daß das Thier mit einer einzigen Bewegung die Beine krampfhaft nach hinten gerade ausſtreckt. Das Erwachen erfolgt je früher, je kürzere Zeit ſich das Thier im Atherdunſte befunden hat; doch zeigt ſich auch hierbei Verſchiedenheit nach der Individualität, indem gleichzeitig betäubte Thiere bald früher, bald ſpäter erwachen; einzelne aber auch dann an dieſem oder jenem Köͤrpertheile gelähmt bleiben, oder auch gar nicht wieder erwachen, ſondern ſich als völlig getödtet zeigen. Die Erwachenden kommen nur nach und nach in ihren früheren nüchternen Zuſtand zurück und ſcheint der Kopf zuletzt ſeine völlige Thätigkeit wieder zu erlangen. Daher drehen ſich einige dann fliegend im Kreiſe herum, während der betäubte Kopf auf dieſelbe Stelle gerichtet bleibt. Werden, Scolopender und ähnliche lang geſtreckte Thiere in den Atherdunſt gebracht, ſo verbreitet 2 * EN Wr . * 23 ſich die Betäubung allmälig vom Kopfe an nach hinten zu und das Thier läuft noch umher, während der vordere Theil des Körpers ſchon als völlig leblos erſcheint. Bei geflü— gelten Inſecten werden häufig die Flügel früher wieder brauchbar, als die Beine. Oft ſind es die Klauenglieder, welche beim Erwachen zuerſt eine Bewegung zeigen. Sehr zart gebaute Inſecten, z. B. Ephemera, Chironomus, Coc- cus & und andere, find ſehr bald, nachdem fie in Betäu— bung verfallen, auch ſchon völlig todt. Gliederthiere mit feſtem, hornartigem Hautſkelette, wie viele Käferarten die, wie bekannt, in ſtarken Brantwein ge— legt und dann, ſelbſt nach mehreren Stunden wieder heraus— genommen, noch häufig, wenngleich mit ſiech bleibendem Körper, wieder aufleben, bleiben, auch kurze Zeit in Schwefel— äther eingetaucht, völlig todt. Soll daher ein Gliederthier nur in einen ſcheintodten Zuſtand verſetzt werden, ſo iſt zu verhüten, daß der zum Verdunſten beſtimmte Ather nicht als Fluͤſſigkeit mit dem Thiere in Berührung kommt, indem er durch alle Körperöffnungen äußerſt ſchnell in die inneren Theile eindringt und bald tödtet. Noch will ich bemerken, daß bei kleinen Thierchen G6. B. mehreren Milbenarten), die wegen ihrer beſtändigen Beweglichkeit unter dem Mikroſkope nur ſchwierig genau zu beobachten find, das Betäuben durch Schwefeläther ebenfalls mit Vortheil angewendet werden kann, indem ſie beim Wiedererwachen ihre gegliederten Körpertheile anfangs nur ſchwach bewegen und hierdurch eine deutlichere Anſicht mög— lich machen. Frankfurt, im März 1847. Senator von Heyden. Miſeceellen. 3. Foſſile Froſchknochen fand Dunker in den Muſchel⸗ und Korallenkalken von Hellern in der Nähe von Osnabrück, welche zur Tertiärformation gehören. Heinrich von Meyer weiſ't darin drei neue Arten nach, welche ſich vorzüglich durch die Form des Schulterknochens unterſcheiden. Nach demſelben Merkmale hat v. Meyer bereits 24 Arten von Fröſchen in den tertiären Gebilden von Weißenau (in Rheinheſſen) beſtimmt. (L’Institut, No. 686.) 24. II. 2. 24 4. Eine genauere Unterſuchung des Creatins gab Liebig, indem er mehrere Centner Fleiſch in Arbeit nahm. — Das Creatin kryſtalliſirt in Formen des klinorhomboldiſchen Snitemes. Die Kryſtalle find groß, durchſichtig und glänzend. Bei 100% verlieren ſie 12,18 % Waſſer, entſprechend 2 Atomen. Seine Zuſammen⸗ ſetzung iſt: CN HU 0° Das Creatin iſt ein neutraler oder indifferenter Stoff. In ſchwa⸗ chen Säuren und Alkalien löſ't er ſich, ohne verändert zu werden. In Berührung mit ſtarken Säuren geht er in eine Baſe, welche ſich mit der Säure verbindet, aber nicht wieder in Creatin zurüd- geführt werden kann, über. Dieſe iſt Creatinin; bei Anwendung von Salzſäure oder Schwefelſäure beruht feine Bildung auf der Ausſcheidung von 4 Atomen Waſſer; ſeine Zuſammenſetzung iſt Cs NS H’ 0? Das Creatinin iſt in Waſſer und Alkohol löslicher, als das Crea⸗ tin. Seine Auflöfung hat einen ammoniakähnlichen Geruch; fie bläut geröthetes Lakmuspapier; mit allen Säuren bildet fie Salze. Das Platinſalz (sel de platine) iſt durch die Größe und goldgelbe Farbe ſeiner Kryſtalle ausgezeichnet. Die angegebene Formel be⸗ zeichnet diejenige Menge, welche mit einem Atom Säure in Ver⸗ bindung tritt. Die Kryſtalle des Creatinins gehören zu dem mono⸗ klinometriſchen Syſteme; ſie ſind farblos und glänzend. — Wird das Creatin in der Siedhitze anhaltend mit Barytwaſſer behandelt, ſo zerfällt es in Harnſtoff und eine andere neue Baſe. Der Harn⸗ ſtoff zerſetzt ſich in Ammoniak und Kohlenſäure, welche, mit Baryt verbunden, als kohlenſaurer Baryt niederfällt. Zieht man von der Formel des Creatins die des Harnſtoffes ab, ſo erhält man die durch die Analyſe beſtätigte Formel der neuen Baſe # CNS HU 06 * C2 NZ H 02 » Ce N H’ 0% Dieſe neue Baſe it alſo iſomer zuſammengeſetzt mit Pelouze's Laſtamid. Sie iſt in Waſſer ſehr löslich; wenn die Löſung die Conſiſtenz des Syrups hat, ſcheiden ſich große glänzende Kry⸗ ftalle davon ab, welche die Kryſtallform des Bitterſalzes haben und in Alkohol und in Ather unlöslich ſind; ſie ſind ſehr flüchtig und ſublimiren ſich unter dem Siedepunkte des Waſſers. — Das Creatin iſt bis jetzt im Fleiſche der Rinder, der Kälber, der Ham⸗ mel, der Schweine, der Pferde, der Haſen, der Hühner und der Hechte gefunden. (L'Institut, No. 683 et 684.) — 40 magere Hennen geben ungefähr 24 Gr. Creatin; 56 35 Rindfleiſch 16 Gr. und 100 Ib Pferdefleiſch 36 Gr. Nekrolog. — In der erſten Woche des Februars ſtarb zu Paris im 70. Jahre Hr. Dutrochet, ſeit 16 Jahren Mitglied der Akademie und einer der fleißigſten Arbeiter auf dem Felde der Pflanzenphyſiologie. Seine Entdeckung der Geſetze der Endoſmoſe ſichern ihm einen bleibenden Namen in der Geſchichte der Phyſiolo⸗ gie überhaupt. Heilkunde. (III.) über einen neuen elaſtiſchen Katheter. Von M. Mattei). (Hierzu Fig. 14 der mit Nr. 1 dieſes Bos. ausgegeb. Tafel.) Der neue von Hrn. Mattei erfundene Katheter ſoll nicht etwa zur bequemeren Einführung im Falle von Stri⸗ „) Nach deſſen bei der Pariſer mediciniſchen Facultät am 21. Juli 1846 vertheidigten Inauguraldiſſertation. 55 Seiten in 8. cturen der Harnröhre dienen, ſondern feine Lage in derſel⸗ ben ungerrückter beibehalten und den ungünſtigen und oft gefährlichen Zufällen vorbeugen, welche bei den gegenwärtig üblichen Kathetern öfters vorkommen, wenn dieſe lange Zeit in der Harnröhre verweilen. Dieſe Zufälle ſind dreierlei Art. Entweder wird in einer ſchädlichen Weiſe auf die Richtung des Canales eingewirkt, oder er wird erweitert oder die an den inneren Wandungen des ſelben Statt findende 25 Reibung hat nachtbeilige Folgen. Die Vermeidung dieſer Nachtheile hatte nun Hr. Mattei bei Erfindung ſeines heters zu beſeitigen ſich vorgeſetzt. An einen guten atheter macht er folgende Anforderungen. Er muß im Canale feſt liegen bleiben, ohne durch Bänder feſt gebunden zu ſein. Denn die Bänder können nie das Hin- und Her— rutſchen verhindern, wenn ſie nicht ſo feſt angezogen wer— den, daß ſie Schmerzen verurſachen. Er darf den Canal nur an ſolchen Stellen ausdehnen, die der Erweiterung be⸗ dürfen; er muß der männlichen Ruthe geſtatten, ſich nach allen Richtungen zu biegen und ſich dem natürlichen Laufe der Harnröhre vollſtändig und zwanglos anbequemen. Zur Vermeidung der Bänder hat der Erfinder feinen Katheter an beiden Enden mit hervortretenden Theilen ver— ſehen. (Vgl. d. Figur A und C.) Der äußere Wulſt (C) iſt ſehr leicht anzufertigen, in— dem man etwas Siegellack oder dergleichen heiß macht, an dem Ende des Katheters feſt klebt und ihm eine geeignete Geſtalt ertheilt. Die Herſtellung des inneren Wulſtes (A) hatte dagegen Mor Schwierigkeit, denn derſelbe mußte jo ichtet ſein, daß er ſich während des Einführens des rs verdünnte. Hr. Mattei verfiel darauf, den wo ſich die Löcher des Katheters gewöhnlich befin— ius drei Streifen zu bilden, die ſich während des Ein— ens an einander legten und in der Blaſe von ſelbſt aus einander gäben, ſo daß der Harn durch die ſo entſtehen— den drei Lücken abziehen könnte. Man läßt alſo einen elaſti— ſchen Katheter anfertigen, der ſich in einen großen oliven— foͤrmigen hohlen Knollen endigt und ſchneidet in dieſen drei elliptiſche Löcher, ſo daß nur drei Streifen ſtehen bleiben (ſ. d. Figur 1, 2, 3), von denen jeder ſo breit iſt, wie ein Drittel der Peripherie des Katheters. An der Spitze des letzten bleibt ein 3 — 4 Linien langes Stück geſchloſſen. Auf dieſe Weiſe läßt ſich der Katheter durch die Harnröhre ſchieben, indem die Streifen ſich nieder- und an einander legen, und ſowie dieſe in die Blaſe gelangt ſind, treten ſie von einander und bilden eine Ausladung, welche den Ka— theter am Zurückgleiten hindert. Außerdem war noch der Indication zu entſprechen, daß der Katheter durch fein längeres Verweilen in der Harn⸗ röhre durchaus keinen ſchädlichen Druck auf deren Wandun— gen ausübe, und deßhalb mußte die Subſtanz des Kathe— ters ungemein weich und geſchmeidig fein. Deßhalb über: zog man den Schlauch (B) des Katheters lediglich mit einer ſehr dünnen Gummiſchicht, ſo daß er ſo geſchmeidig blieb, wie ein gewöhnliches Zeuch, und in der Harnröhre keine cylindriſche Geſtalt hatte, ſondern ſich allen Krümmungen des Canales und allen Falten ſeiner Schleimhaut anbe— quemte. Da jedoch die Patienten, bei denen der Katheter liegen bleibt, öfters auch ein die Harnröhre ausdehnendes Inſtrument bedürfen, ſo kann man den Wänden des Ka— theters an den Stellen, welche den krankhaft veränderten Theilen der Harnröhre, die mehrentheils zwiſchen dem bulbus und dem Blaſenhalſe liegen, entſprechen, eine bedeutendere Starke geben. Die Einführung des Katheters hat leine Schwierigkeit. 24. 11. 2. 26 Man ſteckt eine ziemlich ſteife Sonde in denſelben und ölt ſie ein. Dann ſchlägt der Chirurg mit der linken Hand die Ruthe des Patienten in die Höhe und hält die Eichel feſt, faßt den Katheter am inneren Wulſte und drückt dieſen zwiſchen dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger zuſammen, worauf er das Inſtrument 4 —5 Centimeter tief in die Harnröhre einſchiebt. Dann läßt er dieſes Ende des In— ſirumentes los und faßt das andere folgendermaßen: Er nimmt die Röhre des Katheters ſo zwiſchen den Zeige- und Mittelfinger, daß der Wulſt an der inneren Fläche dieſer Fin— ger anliegt, und drückt mit dem Daumen ziemlich feſt auf die im Katheter ſteckende Sonde, ſo daß deren vorderes Ende gegen die Spitze des Katheters drückt und den dort befindlichen Wulſt dünn und geſtreckt hält, worauf man das Inſtrument, wie beim gewöhnlichen Katheteriſiren, durch die ganze Harnröhre bis in die Blaſe ſchiebt. An der Tiefe, bis zu der man es eingeſchoben, an dem Auslau— fen des Harnes und dem Freiwerden des inneren Wulſtes des Katheters wird man bald ſpüren, daß dieſer in die Blaſe eingetreten iſt. Sind in der Harnröhre verhärtete Falten oder Verengerungen, ſo muß man dieſe allmälig, aber ſtätig überwinden und wenn der Katheter gut angefer— tigt iſt, wird der zuſammengedrückte Wulſt überall durch— gehen, wo der Schnabel des Katheters durchkann. Nach— dem der Katheter bis in die Blaſe geführt iſt, zieht man die Sonde heraus. Sollte der Katheter dabei Miene machen, der Sonde zu folgen, was jedoch Hrn. Mattei nie vor— gekommen iſt, ſo müßte man mit der linken Hand die Harnröhre an der Baſis der Ruthe oder am bulbus zu— ſammendrücken, während man die Sonde herauszieht. Hülfe auch dies nicht, ſo brauchte man nur den geraden Kathe— terismus vorzunehmen, wo dergleichen nicht vorkommen kann. Über den Werth dieſes Katheters hat theilweiſe noch die Erfahrung zu entſcheiden. Seinem Principe nach iſt er vortrefflich, und um durch eine geſunde Harnröhre die Blaſe kuͤnſtlich zu entleeren, wird er unſtreitig jedem anderen bis— her bekannt gewordenen vorzuziehen ſein. Allein bei An— weſenheit von ſchlimmen Strieturen, klappenartigen Membra⸗ nen oder Hypertrophie der prostata dürfte er weniger paſſen. Da die Sonde ſtets an den Schnabel des Katheters feſt angedrückt werden muß, wenn derſelbe ſtätig in der Harn: röhre fortgleiten fol, jo muß fie eine gewiſſe Starrheit dar— bieten, ſonſt würde ſie ſich ſammt dem Katheter biegen. So müßte man denn mit einem gewiſſermaßen unbieg 4 In⸗ ſtrumente katheteriſiren, was in den angegebenen Fällen nicht immer angeht. Noch ein anderer Übelſtand iſt zu erwägen, nämlich daß der Mechanismus vieles Katheters nicht wohl geſtattet, daß man dieſen ein wenig zurückzieht, um ihn dann wieder vorwärts zu ſchieben, was doch ein ſehr werth— volles Manöver iſt, um ſchwierige Stellen der Harnröhre zu überwinden. Hier würde es gefährlich ſein; denn die Sonde ſpielt im Katheter immer mehr oder weniger frei, und hätte man nicht zu fürchten, daß im Augenblicke des Zurückziehens der Metalldraht den Schnabel des Katheters verlaſſen könnte, fo daß die Spalten des Wulſtes klafften und beim Vorwärts ſchieben der Draht durch eine der Spalten W 27 herausträte und die Schleimhaut verletzte? Vor dieſem Zufalle würden ſich, ſelbſt wenn er ſich durch große Vor— ſicht vollſtändig vermeiden ließe, gewiß viele Chirurgen fürch— ten. (Gazette médicale de Paris, No. 1, 1847.) — Die letzte Befürchtung der Gazette iſt wohl zu umgehen, wenn an dem Drahte (oder der Sonde) gerade diejenige Länge bezeich— net wird, bei welcher der innere Wulſt im gehörigen Grade geſtreckt wird, wenn das Zeichen mit dem Daumen ganz in das äußere Ende des Katheters hinein gedrückt iſt. (IV.) Einige Fälle von andauernd langſamem Pulſe. Von Dr. William Stokes. Erſter Fall. — Edmund Butler, 68 Jahr alt, wurde am 9. Febr. 1846 in das Meath-Spital aufgenom- men. Er gab an, daß er, früher ſtets geſund, vor drei Jah— ren plötzlich Ohnmachtsanfälle bekommen hatte, welche, ſeit— dem in unregelmäßigen Zwiſchenräumen und von bald ſchwä— cherer, bald ſtärkerer Intenſität, vornehmlich nach heftigen Bewegungen, Überladungen des Magens oder Verſtopfung, häufig ſich wiederholten. Vor jedem Anfalle fühlte er, wie ein Klumpen, vom Magen aus, hinauf in den Kopf ſtieg, dort unter einem lauten Geräuſche zu explodiren ſchien und ihn betäubte, und oft empfand er zugleich ein Zittern in der Herzgegend. Die Dauer des Anfalles war ſelten mehr als vier bis fünf Minuten, während welcher Zeit er aber völlig bewußtlos, wiewohl ohne Krämpfe oder Schaum vor dem Munde, blieb. Der letzte Anfall war ungefähr einen Monat vor ſeiner Aufnahme eingetreten. Bei der Aufnahme ſah er ſehr bleich und abgemagert aus und lag gewöhnlich in hal— bem Schlummer, aus welchem er jedoch leicht erweckt werden konnte und dann ſehr lebhaft und verſtändig ſich geberdete. Das Allgemeinbefinden war gut, bis auf etwas Huſten mit leichtem Schleimauswurf und ein Gefühl von Froſt über den ganzen Körper, welcher, namentlich Nachmittags, jeden Tag mit Hitze abwechſelnd periodiſch eintrat. Die Unterſuchung der Bruſt ergab überall einen normalen Pereuſſionston und ein lautes Reſpirationsgeräuſch namentlich nach hinten mit ſtarkem Schleimraſſeln verbunden. Der Herzimpuls war un— gemein langſam und ſchwach; der erſte Herzton von einem ſanften Blaſegeräuſche begleitet, welches bis zum Anfange des zweiten Tones ſich hinzog und ſehr deutlich längs des Bruſtbeines und ſelbſt bis in die Carotiden hinein hörbar war. Der zweite Ton war etwas unvollſtändig. Puls 28, langſam und träge, die Arterien pulſirten ſichtbar über den gan— zen Körper und ſchienen insgeſammt erweitert zu ſein; Harn von neutraler Reaction, hell und klar; alle anderen Höhlen und Eingeweide des Körpers völlig normal (Wein). Am 17. Febr. Puls zwiſchen 28 — 30; am 21. Puls 30, Hu— ſten beſeitigt, Vorboten eines Ohnmachtanfalles (welcher je— doch nicht eintrat). Am 23. zeigte ſich eine ödematöſe An— ſchwellung hinter dem linken Ohre, welche ſich nach dem Kopfe hinauf verbreitete und bei der Berührung etwas em— 24. II. 2. 28 pfindlich war; Puls 36. Am 3. März war das Odem auf der linken Seite verſchwunden und erſchien auf der rechten, verſchwand aber auch da ſchon am nächſten Tage in Folge der Application von Vreiumſchlägen. Das Ausſehen und Allgemeinbefinden des Kranken hat ſich ſeit ſeiner Aufnahme bedeutend gebeſſert, er ſteht jeden Tag auf und fühlt ſich weit kräftiger; er hat zwei Mal die Vorläufer cines An— falles gehabt, welchem letzten ſelbſt er aber jedes Mal va- durch vorzubeugen wußte, daß er ſich auf allen Vieren aus⸗ ſtreckte und den Kopf niedrig hielt; der Puls war zwiſchen 28 — 30 geblieben. — Am 4. März klagte er über häufi⸗ gen Harndrang, woran er ſeit zwölf Monaten bereits öfters gelitten hatte, wahrſcheinlich in Folge eines Proſtataleidens; bei der Unterſuchung des Herzens bemerkte man zwiſchen den regelmäßigen Contractionen zuweilen eintretende, ſehr ſchwache Halbſchläge ohne Impuls, welche auch am Radialpulſe wahr⸗ nehmbar waren, obwohl weniger deutlich. Am 14. Halb: ſchläge verſchwunden, Puls 29. Am 18. klagte der Kranke über Herzklopfen und ein Gefühl von Weh in der Herz— gegend; Herzimpuls verſtärkt und aus zwei getrennten Pul⸗ ſationen zuſammengeſetzt, undeutliche Zwiſchenſchläge in den Intervallen der Herztöne; Puls 32. Seitdem trat keine we- ſentliche Veränderung ein, und der Kranke verließ im März das Spital. Im Juni wurde er von neuem aufgenommen; die Herzphänomene waren dieſelben geblieben, aber als neues Symptom eine ſehr ſtarke Pulſation der rechten Jugularsene hinzugetreten. Dieſe Pulſationen find faſt doppelt io free quent, als die Herzſchläge; jeder dritte Schlag iſt ſtark und plötzlich, während die anderen Schläge weit ſchwächer ſind. Die Ohnmachtsanfälle ſind bis jetzt höchſtens nur andeu— tungsweiſe eingetreten. Zweiter Fall. — Ein 50jähriger Mann wurde in das Spital mit den Symptomen des marasmus senilis auf- genommen. Seine Haut war von blaßgelblicher Färbung, und ſein ganzes Ausſehen zeigte große Schwäche an; zu— gleich klagte er über Huſten und Dyspnoe. Der Puls ſchlug gewöhnlich 35 die Minute, ſtieg aber zuweilen bis auf 40 Schläge. Die Herzaction war ſchwach, aber regelmäßig, und neben dem erſten Tone ein Klappen-Regurgitationsgeräuſch hörbar, welches am Bruſtbeine hinauf lauter wurde, und in der Gegend des zweiten Rippenknorpels am deutlichſten her— vortrat. Der Kranke ſtarb ohne Kampf. Bei der Section fand man die Aortenklappe verdickt und verengert, das Herz war weich, ſchlaff und von dicker Fettſchicht bedeckt; an der aorta fanden ſich mehrere atheromatöſe Stellen. In dieſem Falle blieb der zweite Herzton normal, und es fand keine Regurgitation in den Ventrikel Statt. — Das gleichzeitige Vorhandenſein don Aortengeräuſch mit den Sym⸗ ptomen einer Schwächung des Herzens in den beiden gege— benen Fällen iſt in ſo fern wichtig, als dieſe Combination die Diagnoſe dunkler Herzaffectionen erleichtern möchte. Es iſt zwar kein Grund vorhanden zu glauben, daß irgend ein nothwendiger Zuſammenhang zwiſchen dem geſchwächten oder Fettzuſtande des Herzens und einer Affection der aorta oder ihrer Klappen eriſtire; daß aber dieſe Combination häufig vorkomme, ergiebt ſich daraus, daß in den beiden oben ge— 29 24. I. 2. 30 gebenen Fällen langſamer Puls neben Aortengeräuſchen vor⸗ handen war, daß in dem einen derſelben die Section ein organiſches Leiden der aorta nachwies; daß in Hrn. Adams Falle (Dubl. Hosp. Reports, vol. IV. p. 396) die Aortenklap⸗ pen mit Knochenſtücken beſäct waren, und auch die Caroti— den und die aa. mediae durae matris Knochenablagerungen zeigten; daß in dem von Dr. Cheyne im zweiten Bande der Dubl. Hosp. Reports mitgetheilten Falle das Herz bedeu— tend fettig entartet und die aorta mit atheromatöſen Con— cretionen bedeckt war, und daß endlich, nach dem von Pro— feſſor Law im 17ten Bande des Dubl. Journal gegebenen Sectionsbefunde, bei der Leiche des Grafen von K., welcher während ſeines Lebens einen ſehr langſamen Puls gehabt hatte und Ohnmachten unterworfen geweſen war, die Se⸗ milunarflappen der aorta verdickt und theilweiſe oſſifieirt und das Gehirn ſtark erweicht war. — Folgenden Fall verdanke ich der gütigen Mittheilung des Hrn. Adams. Der Kranke war bis wenige Monate vor ſeinem Tode ſtets völlig geſund geweſen; in Folge mehrerer ſchwächend einwirkender Mo⸗ mente aber fiel der Puls unter 40, und ein lautes Blaſe— balggeräuſch war längs der aorta und in der Herzgegend hörbar, zugleich pulſirten auch die Arterien des Halſes ſehr ſtark. Bei der Section fand ſich das Herz ungemein brüchig, die Klappen waren degenerirt und vermochten die Regurgi— tation in den Ventrikel nicht zu verhindern. — Kürzlich habe ich einen anderen Fall beobachtet, welcher die Combi— nation eines Pulſes unter 30, wiederholte pſeudo-apoplek— tiſche Anfälle ohne nachfolgende Paralyſe und deutlich ver— nehmbares Klappengeräuſch neben dem erſten Herztone dar— bot. Der Kranke iſt im vorgerückten Lebensalter, erfreut ſich aber eines ſehr guten Allgemeinbefindens; die Anfälle werden durch ſchwächende Diät oder Medicin verſtärkt. Die gegebenen Beobachtungen zeigen, daß die Combi— nation von andauernder Verlangſamung des Pulſes mit krank— hafter Alteration der Aortenmündung nicht ſelten iſt. Wir verdanken Dr. Corrigan die wichtige praktiſche Bemerkung, daß in Fällen von andauerndem Offenſtehen der Aortenklappe die Kranken im Allgemeinen kein ſtrenges Régime vertragen, ſondern ſich am beſten bei einer ſtärkenden und ſelbſt reizen— den Koſt befinden, und ich ſtimme völlig mit Prof. La w darin überein, daß die pſeudo-apoplektiſchen Anfälle in Fällen von langſamem Pulſe und geſchwächtem linken Ventrikel weit häufiger einer Verminderung oder Schwächung des Kreislau— fes als activer Congeſtion zuzuſchreiben ſind. — Wir ha— ben alſo ſieben Fälle von andauernder Verlangſamung des Pulſes; in fünf fand ſich eine organiſche Affection der aorta, oder der Klappen, oder beides, und in vieren war ein deutliches Aortengeräuſch hörbar; in zwei Fällen war der zweite Herz: ton normal und in zweien das Geräuſch der Regurgitation in die Aortenklappe vorhanden. Ich glaube jedoch nicht, daß das Aortengeräuſch irgendwie ein unmittelbares Symptom oder eine nothwendige Combination von geſchwächtem Herzen fei; fein Vorkommen in dieſen Fällen iſt augenſcheinlich auf der Combination mit Aortenleiden begründet, und wir haben genügende Beweiſe dafür, daß ein geſchwächtes Herz ohne Aortenleiden vorhanden ſein kann und dennoch kein Geräuich hervorgebracht wird. Bei der typhöſen Erweichung des Her— zens haben wir ſelten ein Klappengeräuſch erkannt und wo es vorkam, war wahrſcheinlich carditis hinzugetreten. Die typhöſe Erweichung mit einem Pulſe von 30 — 40 Schlägen iſt gewöhnlich von keinem Aftergeräuſche begleitet. (Dublin Quarterly Journal, Aug. 1846.) (V.) über die neuralgiſchen Schmerzen der Bruſtdrüſe. Von Hrn. Velpeau. Die Diagnoſe einfacher neuralgiſcher Schmerzen der mamma und diejenige der Schmerzen, welche einer bösartigen Affection derſelben angehören, ſcheint ziemlich leicht zu ſein und bietet auch in der That in vielen Fällen keine große Schwierigkeit dar, in anderen Fällen jedoch iſt ſie ungemein ſchwer, immer aber, wie leicht erſichtlich, für Prognoſe und Behandlung von ungemeiner Wichtigkeit. Außer der Angſtlichkeit der Kranken kann ſelbſt die unmittelbare Unterſuchung der ſchmerzhaften Bruſt den Arzt zum Irrthume verleiten. Die mamma be— ſteht nämlich, wie bekannt, aus einer gewiſſen Anzahl von Lappen oder Läppchen von verſchiedener Conſiſtenz, und wenn man die Bruſt mit einer Hand von der Seite her zuſammen— drückt und dann dieſelbe mit der anderen Hand befühlt, ſo findet man die einzelnen Lappen oder Läppchen von ſo ver— ſchiedener Dichtigkeit, je nachdem man dieſelben von der einen oder der anderen Seite drückt, daß man ſehr leicht dazu verleitet werden könnte, die vorhandenen Schmerzen von einem bösartigen tumor abzuleiten. Die Schmerzen, über welche die Frauen ſich beklagen, haben gewöhnlich nach un— ten und außen von der mamma ihren Sitz und ſind häufig die Folge der andauernden Tractionen, welche die Bruſtdrüſe in dieſen Richtungen zu erleiden hat. Zuweilen jedoch hängen ſie von einer wirklichen Neuralgie der mamma ab, und folgende Anhaltspunkte dienen dazu, dieſes Übel von einem Skirrhus zu unterſcheiden. Ein wirklicher Krebs ver— urſacht gewöhnlich nicht von Anfang an Schmerzen; wenn daher die Kranke ſeit langer Zeit Schmerzen empfindet, ohne daß ein deutlicher tumor wahrzunehmen iſt, jo muß man den Gedanken an eine Entartung fahren laſſen. Um nicht da einen tumor zu ſehen, wo keiner vorhanden iſt, erfaſſe man bei der Unterſuchung der Bruſt dieſelbe nicht von der Seite, ſondern drücke ſie im Gegentheile mit allen Fingern flach an und unterſcheide ſorgfältig die verſchiedene Em: pfindung, welche bei der Berührung der Drüſenläppchen und bei der einer neuen Geſchwulſt entſteht. Wenn man bei ſeitlichem Drucke einen tumor gefühlt hat, welcher beim Drucke von vorn nach hinten verſchwindet, ſo kann man das erſte Ergebniß als Täuſchung betrachten. Die Prognoſe der neu— ralgiſchen Schmerzen würde völlig günſtig ſein, wenn ſie nicht die Quelle zahlreicher eingebildeter Schreckniſſe wären, man darf jedoch den Kranken nicht bloß ſagen, daß ihnen nichts fehle, ſondern das beſte Beruhigungsmittel beſteht darin, die wirklich vorhandenen nervöſen Schmerzen zu be— ſeitigen. Die Behandlung kann in den meiſten Fällen, in 31 24. II. 2. 32 denen die Schmerzen Folge der durch das Corſet und die Kleidung bewirkten Zerrung der Bruſt ſind, wobei die Brüſte aus einander gedrängt werden, eine rein mechaniſche ſein. Man richte nämlich die Schnürbruſt fo ein, daß die Brüfte nach innen zu einander genähert und mehr zuſammengehalten werden; das Auslaſſen des Corſets iſt dagegen eher nach— theilig. Außerdem kann man noch örtliche ſchmerzſtillende Mittel, Frictionen und Linimente aus Opium, Belladonna, Hyoscyamus u. f. w., ſowie unter gewiſſen Umſtänden auch innerlich Ferruginosa, Bismuthum, Valeriana, ferner einfache, alkaliſche oder Schwefelbäder u. dgl. m. mit Nutzen anwenden, bei welcher Behandlung die neuralgiſchen Symptome ſich dann gewöhnlich ziemlich raſch verlieren. (Journ. des con- naiss. med. chirurg., Aout 1846.) Miſcellen. (4) Über den Einfluß des Galvanismus auf die Action des uterus während der Entbindung. Von Prof. J. Y. Simpſon. — Dr. v. Herder zu Weimar ſcheint zuerſt (im J. 1803) die Anwendung des Galvanismus als wehentreibendes Mittel vorgeſchlagen zu haben, und ſpäter wurde dieſes Mittel, auch von Ramsbotham, Kilian, Höninger und Jacobi und vor⸗ nehmlich von Dr. Radford empfohlen und praktiſch angewendet. Um die Wirkſamkeit des Galvanismus in dieſer Beziehung zu prüs fen, ſtellte Verf. eine Reihe von Verſuchen an Kreißenden an, zu welchen er ſich theils eines elektro- magnetiſchen, theils eines ein⸗ fachen galvaniſchen Apparates bediente und im Allgemeinen den galvaniſchen Strom ſo ſtark als möglich einwirken ließ. Bei allen Experimenten wurde der von Dr. Radford angegebene Voginal⸗ Conductor, ein ſtarker, 7“ langer und bis nahe an ſein Uterinende mit einem iſolirenden Material bedeckter Kupfertraht angewendet. Das Reſultat der vom Verf. angeſtellten 8 Perſuche war im All⸗ gemeinen folgendes: In einem Falle bewirkte der Galvanismus häufigere, aber kürzere Wehen, in 5 Fällen brachte derſelbe gar keine Wirkung auf die Uterinaction hervor; in einem Falle hörten die Wehen während der Anwendung des Apparates auf und traten ſogleich nach dem Ende der Application wieder ein und in einem Falle hörten die Wehen gleichfalls während der Application auf, um erſt 24 Stunden nach der Beendigung derſelben wiederzukehren. In keinem einzigen jener Verſuche war eine Spur von ungewöhnlicher toni⸗ ſcher Zuſammenziehung des uterus (beſtehend in größerer Härte desſelben oder ſtärkerem Andrange der Blaſe oder des Kindeskopfes) wahrnehmbar. Aus dem Gegebenen reſultirt, daß der Galvanis⸗ mus bis jetzt als wehentreibendes Mittel durchaus als werthlos zu betrachten iſt. (Monthly Journ., July 1846.) (5) Über das gerbſaure Eiſen als Heilmittel bei Chloroſe von Dr. Giovanni Benedetti. Das gerbſaure Eiſen iſt nach dem Verf. das ſicherſte Heilmittel bei der Chloroſe. Der- ſelbe hat überhaupt die Erfahrung gemacht, daß das Eiſen um ſo leichter Chloroſe und Anämie beſeitigt, wenn es mit Extracten oder Abkochungen bitterer Subſtanzen vermiſcht iſt. Während dreier Jahre wandte er die Tinct. ferri malici in einer faturirten Abkochung von Quassia amara oder Cort. Chinae mit weit ſiche⸗ rerem und raſcherem Erfolge als reine Gifenprävarate an. Da je⸗ doch dieſe Mirtur einen hochſt unangenehmen Tintengeſchmack hat, fo ließ er gerbſaures Eiſen (aus einem Decocte von Galläpfeln und kohlenſaurem Eiſen) anfertigen, welches er mit dem beſten Erfolge in 6 Fällen anwandte. Die Gabe des Mittels betrug 10 Gran bis ½ Drachme in Syrup oder Pillen (mit Extr. Ab- sinthii); die Dauer der Behandlung variirte von 12 — 25 Tagen. (Il Raccoglitore medico, April 1846.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Strumpf, F. L., ſyſtematiſches Handbuch der Arzneimittellehre. In Lief. gr. 8%. Geh. Berlin 1846. Müller, L., Berzelius' Anſichten. Ein Beitrag zur theoreti— ſchen Chemie. gr. 8%. Geh. Breslau 1847. Trog, J. G., tabula analytica fungorum in Epierisi seu Synopsi hymenomycetum Friesiana descriptorum. 12°. Geh. Bern 1846. Herrich-Schäffer, G. A. W., ſyſtematiſche Bearbeitung der Schmetterlinge von Europa. 17 — 20. Heft. Mit 4 illum. Kupfern. gr. 4%. Regensburg 1846. Erdl, M. P., die Entwickelung des Menſchen und des Hühnchens im Eie. 1. Bd. 2. Th. Entwickelung der Leibesform des Men ſchen. gr. 4%, In Carton. Leipzig 1847. . Cahiers de Histoire naturelle; par NM. Me Edwards et M. Achille Comte. Nouvelle edition. Troisieme cahier. Mineralo- gie et geologie. 12°. de 9 feuilles ½, plus 8 pl. Paris 1847. Andr. Pritchard, mieroscopic illustrations with descriptions of the new Microscopes. 3d ed. Lond., Whittaker 1846. (7 sh. 6p.) Andr. Pritchard , History of Infusoria, living and fossil. With engr. Lond., Whittaker 1846. (12 sh.) Andr. Pritchard, notes on Natural History, from the „Micro- scopie Cabinet.“ With 10 col. pl. Lond., Whittaker 1846. (5 sh.) Turner. — Elements of Chemistry; including the Actual State and Prevalent Doctrines of the Science. By the late Edward Turner, M. D. F. R. S. L. & E. Sth edition, edited by Baron Liebig and William Gregory, M. D. F. R. S. E. Part. I. Inorganic Chemistry. 8°. (pp. 688.) London 1847 Scrope, W. — Days of Deer Stalking in the Forest of Athol: with some Account of the Nature and Habits of the Red Deer, Scottish Forests, Legends, Superstitions, Poachers, Freeboo- ters etc. By William Scerope. F. L. S. 3d edition, crown So. (pp. 452.) London 1847. Bertolonii, A., Flora italica. Tome VI. Fasc. 4. gr. 8°. Wien 1847. Cotti, Dott. Carlo, Sulle malattie della mamella. 8°. Lodi 1846. Golfin, H., Essai sur la methode de verification scientifique ap- pliquee aux sciences en general, a la medeeine et ä la thera- peutique en partieulier. 8°. Paris 1847. Verdat, E., Essai sur la desartieulation de la cuisse, suivi d’une nouvelle observation, couronnee de succes. 4°. Geh. Bern 1847. Bushnan, J. S.— Observations on Hydropathy: withan Account of the Principal Cold Water Establishments of Germany. By J. Stevenson Bushnan, M.D. ofEdinb. 12°. (pp. 200.) Lon- don 1847. Rurke, J., The Accoucheur's Vade-mecum, or, Modern Guide to the Practice of Midwifery. 12°. (pp. 450.) London 1847. Sieveking, A. W. 14. Bericht über die Leiſtungen des weibl. Vereins für Armen- und Krankenpflege. gr. 8°. Geh. Ham⸗ burg 1846. Sieveking, F., Andeutungen über Ventilation. Eine Anrede an gebildete Nichtärzte. gr. 8%. Geh. Hamburg 1846. Itzſtein, A., das gallenſaure Natron als Arzneimittel. gr. 89. Geh. Mainz 1846. Hoeven, C. van der, De historia morborum liber unus, auditorum in usum editus. S maj. Lugduni Bat., Luchtmaus 1846. Geh. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitſchrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 25. (Nr. 3. des II. Bandes.) Maͤrz 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. VI. Bericht über eine merkwürdige Höhle auf der Inſel Barbados, Cole's-Höhle genannt. Von John Davy, M. D., Generalinſpector der Militärhoſpitäler. Ich habe bei der gegenwärtigen Mittheilung keineswegs die Abſicht, dieſe bekannte Höhle genau zu beſchreiben, ſon— dern ich will vielmehr nur einige Beſonderheiten derſelben hervorheben, die namentlich in geologiſcher Beziehung in— tereſſant zu ſein ſcheinen. Vorläufig ſei bemerkt, daß die Cole's-Höhle ſich ziem— lich in der Mitte der Inſel auf einem Gute befindet, wel— ches the Spring (die Quelle) heißt, und deſſen Name daher rühren ſoll, daß in der Höhle ein Bach quillt, der unter der Erde fortſtrömt. Sie iſt etwa 6 engliſche Meilen von der Hauptſtadt Bridgetown entfernt, und ihr Eingang mag ſich 5 — 600 Fuß über der Meeresfläche befinden, während ſie ſich bis etwa 30 Fuß ſenkrechter Tiefe verſenkt. Der Ein: gang iſt ſchmal, und das einfallende Licht dringt daher nicht tief in dieſelbe, ſo daß man ſich ſchon wenige Fuß von der Mündung völlig im Dunkeln befindet. Sie iſt eigentlich nur eine unterirdiſche Schlucht von ungleicher Weite und höchſt unregelmäßiger Geſtalt, während fie nach verſchiedenen Rich⸗ tungen Zweige abgiebt. Der Gang, welcher ſich am weis teſten ausdehnt, iſt nie bis ans Ende verfolgt worden, und es iſt noch problematiſch, ob er in der Richtung der niedri— gen Seeküſte oder nördlich nach dem bergigen Binnenlande zu endigt. Auf beiden Seiten derſelben ſtrömen Bäche, ſo daß für die eine, wie für die andere Annahme Gründe ſpre— chen; allein das Streichen der Schlucht iſt, im Ganzen ges nommen, der letztern günſtiger. Die Höhle befindet ſich in einem kreideartigen Felſen, deſſen Maſſe jedoch an verſchiede— nen Stellen ſehr abweichende Materialien darbietet und oft Muſcheln und Korallen enthält, an anderen Stellen aber mehr No. 1006 — 905. — 25. den Charakter eines kreestone (Süßwaſſertuffs) *) hat. Die ganze Gebirgsart bietet übrigens dieſe Beſchaffenheit dar. An Waſſer iſt die Höhle ſehr reich; man findet nur wenige Stellen, wo das Waſſer nicht durch die Decke der— ſelben herabtropft, und es quillt, wie bereits geſagt, ein Bach in derſelben. Die Quelle befindet ſich etwa 150 Fuß vom Eingange. Ihre Temperatur betrug um Mittag, am Il. Juli, 770 Fahrenheit, und dies möchte wohl die mittlere Jahres- temperatur der Stelle ſein. Sie ſprudelt kräftig aus dem Felſen hervor und bildet ſofort einen klaren Bach, welcher bald unter dem Boden verſchwindet, aber in geringer Ent— fernung wieder hervorkommt und in der Hauptſchlucht, bald geſchwind, bald träge und Lachen bildend, ſo weit fortläuft, als man dieſelbe bis jetzt verfolgt hat. Eine andere, mit dieſer communieirende Schlucht beſitzt keinen Bach, wohl aber auf der Sohle einige Lachen und bedeutende Thonab— lagerungen, die ſich auch hier und da in der Hauptſchlucht finden, und aus denen ſich ergiebt, daß in der Regenzeit die Höhle Überſchwemmungen unterworfen iſt, und daß der Aus— gang derſelben eng ſein muß, ſo daß zu dieſen Zeiten das Waſſer ſich darin anſammelt und theilweiſe ſtockend wird, daher der Thon ſich ablagern kann. Der an den Wänden abgeſetzte Thon beweiſ't, daß das Waſſer in der Höhle zu— weilen viele Fuß hoch ſteht. Obwohl die Höhle jo feucht iſt und alle übrige Um: ſtände, abgeſehen von der Dunkelheit, der Vegetation ſo gün— ſtig ſind, ſo fehlt dieſe doch vollſtändig. Ich konnte, alles Nachforſchens ungeachtet, nicht ein Mal irgend eine ver— ſchimmelte Stelle darin finden. Die einzigen lebenden Ge— „) Freestone, franz, pierre tendre, ein Bauſtein, ver ſich, wenn er frlſch aus dem Bruche kommt, ln läßt und an der Luft erhärtet, wohin z. B. der in England berühmte Portlandstone gehört. Der liberf. 3 35 25. II. 3. 36 ſchöpfe, die man bis jetzt in ihr angetroffen hat, ſind einige Süßwaſſerkrebſe, welche ſich in dem Bache aufhalten, einige heuſchreckenartige Inſecten an den Wänden und eine Menge Fledermäuſe, welche ſich an den trockneren Stellen anhängen. Eine Proteusart iſt bis jetzt in den Lachen noch nicht ent— deckt worden. An einem Orte, wo ſtets Waſſer fließt und gewöhn— lich herabtröpfelt, iſt es in Betracht der Beſchaffenheit des Geſteines nicht zu verwundern, daß ſich viel abgelagerter koh— lenſaurer Kalk findet. Dies iſt, meiner Anſicht nach, die intereſſanteſte Erſcheinung in der Höhle. Es liegen mir Proben vor, die ich ſelbſt abgeſchlagen und die ſich offenbar aus ſüßem Waſſer abgeſetzt haben, welche nicht nur in An— ſehung der äußeren Form, ſondern auch durch ihre innere Structur ſehr merkwuͤrdig ſind. Sie bilden eine Reihe, welche, dem Anſehen nach, alle Abſtufungen vom Bergkalk— ſteine bis zum pariſchen Marmor enthält. Selbſt in den kleineren Stalaktiten und Stalagmiten ſind dergleichen und andere Unterſchiede wahrzunehmen; ſo kann der eine Theil derſelben ſehr feinkörnige, concentriſche Schichten darbieten, ein anderer verworren kryſtalliniſch und ein dritter regelmä— ßiger kryſtalliſirt fein. An einem Handſtücke, das von einem Stalaktiten herrührt, iſt die Structur im Allgemeinen ſtrah— lig, mit Hinneigung zu prismatiſcher Kryſtalliſation, und zugleich zeigen ſich Querlinien, welche gleichſam die Spalt— flächen bezeichnen und auf die rhomboidiſche Form hindeu— ten, ſo daß man zugleich an den Aragonit und den Kalk— ſpath erinnert wird. An gewiſſen Stellen finden ſich auch an den Ufern des Baches Schichten, welche ſehr an Tuff oder poröſen Freeſtone erinnern und aus kohlenſaurem Kalk in kryſtalliniſchen Körnern, welcher den Kitt bildet, ſowie aus Sand und etwas Thon beſtehen. Ich habe es der Mühe werth gehalten, einige dieſer Handſtücke, welche hinſichtlich ihrer Beſchaffenheit die größ— ten Verſchiedenheiten darbieten, chemiſch zu unterſuchen, und will hier die erlangten Reſultate kurz mittheilen. Das rein weiße kryſtalliniſche Eremplar, welches dem pariſchen Marmor ähnelt, ſchien lediglich aus kohlenſaurem Kalke zu beſtehen; wenigſtens habe ich keine andere Sub— ſtanz darin entdecken können. Dasjenige, welches dem Bergkalkſtein ähnelt, iſt bräun— lichgrau von Farbe, feinkörnig und zum Theil feinkryſtalli— niſch und enthielt, außer kohlenſaurem Kalk, eine geringe Menge Thonerde und Spuren von Eiſenoryd, auch etwas fein pulveriſirten Stoff, der von Säuren nicht aufgelöſ't ward und ſich unter dem Mikroſkope wie Thon ausnahm, auch mit einigen Quarzſandkörnchen vermengt war. Das tuffähnliche Handſtück, welches poröſem Sandſteine glich, beſtand, wie bereits erwähnt, aus kryſtalliniſchen Kör— nern von kohlenſaurem Kalke, nebſt ein wenig Thon oder Sand. In dieſem kohlenſauren Kalke ward auch eine win— zige Quantität phosphorſauren Kalkes gefunden. Der mit etwas Thon vermengte Sand, welcher nach der Behandlung mit einer Säure zurückblieb, beſtand theilweiſe aus vom Waſſer rundgewaſchenen Quarzkörnern, theilweiſe aus Par— tikelchen, welche vuleaniſcher Aſche ähnelten und ſcharfkantig waren. In dieſer Weiſe nahmen ſich dieſe Beſtandtheile un— ter ſtarker Vergrößerung aus. Der Thon war ſehr zuſammengeſetzter Art und enthielt ein wenig kohlenſauren Kalt, etwas kohlenſauren Talk und eine winzige Menge phosphorſauren Kalkes, außerdem Sand und ſehr viel Thon, der ſich in verdünnter Salzfäure ſchwer auflöſ'te. Daß er zuſammengeſetzter Natur war, ergab ſich auch aus dem Umſtande, daß er vor dem Löthrohre ſchmolz. Unter den Handſtücken, die ich mit aus der Höhle nahm, befanden ſich auch zwei Steinarten, deren ich beſonders ge— denken muß. Die eine war ein von der Wand der Höhle abgeſchlagener Stein, der aus einer Incruſtation von kohlen— ſaurem Kalke beſtand und von brauner, theilweiſe faſt ſchwar⸗ zer Farbe war. Sein Farbeſtoff war Talkperoryd *) in Ver⸗ miſchung mit etwas Eiſenoryd. Die andere beſtand in klei— nen, theils kugeligen, theils ovalen Maſſen, von denen die größte eine Mandel an Volumen nicht übertraf. Sie zeig- ten ſich an einer Stelle des Bachufers in großer Menge und waren ſo mürbe, daß ſie beim Ablöſen leicht zerbröckelten; an die äußere Luft gebracht (die Luft in der Höhle war bis zur Sättigung mit Waſſerdunſt angeſchwängert), gewannen fie an Feſtigkeit. Manche zeigten auf dem Bruche im In— neren einen ocherartigen Kern, ſo daß man ſie für im Ent⸗ ſtehen begriffene Concremente von Thoneiſenſtein halten konnte, indem ſich vielleicht während des Wachſens mehr Eiſenoryd in denſelben angeſammelt und ſich zuletzt eine Thonſchicht über ſie abgelagert hatte. Was für Schlüffe laſſen ſich aber auf die Unterſuchung der übrigen Exemplare gründen? Daß die ſo verſchieden⸗ artigen Materialien derſelben ſich entweder aus ihrer Auf— löſung in Waſſer, in Folge des Entweichens der Kohlen— ſäure, oder aus ihrer mechaniſchen Vermengung mit Waſſer, in Folge eines verhältnißmäßig ruhigen Zuſtandes der letz— ten, niedergeſchlagen haben, ſteht außer allem Zweifel. Das Hauptergebniß iſt alſo, daß ſo viele Abarten don Steinen ſich aus Waſſer ablagern können; der reinweiße kryſtalli— niſche Marmor durch die Niederſchlagung von bloßem koh— lenſauren Kalke aus dem Waſſer, in welchem dieſer aufge— löſ't war; der Bergkalkſtein in Folge der Bildung eines ähnlichen Niederſchlages, mit welchem jedoch einige fremd— artige Stoffe vermiſcht waren; der tuffähnliche Stein oder Sandſtein durch einen Niederſchlag, der noch mehr fremd— artige Theile, und unter dieſen Quarzſand und eine der vulcaniſchen Aſche ähnliche Subſtanz enthielt. Da ſich nun die kreideartigen und andere Ablagerungen in dieſer Höhle fortwährend ſchnell vermehren, jo gehört eben keine ſehr lange Periode dazu, um die Schlucht vollſtändig auszufüllen, ſo daß ſie dann einen der Gänge bilden würde, wie die alte Werner' ſche Hypotheſe deren annimmt; und wenn dann ein Steinbruch in demſelben angelegt würde, ſo würde man in demſelben unregelmäßige Marmorſchichten neben einem dem Bergkalke ähnlichen Geſteine und neben einer Art von Tuffſtein finden. An manchen Stellen der Inſel hat *) Es ſcheint hier nicht peroxide of magnesia (Talfperorgd), ſondern eroxide of manganese (Manganperoryp, Braunſtein) gemeint zu ſein. 1 = \ 5 a Der Überjeger. 37 25. II. 3. 38 man ſchon jetzt ähnliche Formationen gefunden, und die eine Erſcheinung ſcheint die andere zu erklären. Was die Beſtandtheile der ſich gegenwartig in der Höhle bildenden Steinarten betrifft, ſo läßt ſich deren Quelle leicht auffinden. Woher der kohlenſaure Kalk ſtammt, liegt auf der Hand; die verwitterte, löcherige Beſchaffenheit der weiter höher liegenden Kreidefelſen, deren Oberfläche der Einwir— kung des Kohlenſäure enthaltenden Regenwaſſers ausgelegt iſt, giebt darüber hinlänglichen Aufſchluß. Der Thon oder Schlamm in der Höhle hat viel Ahnlichkeit mit dem fein— ſten Theile der oberen Bodenkrume. Die in dem Tuffſteine enthaltenen Theilchen, welche vulcaniſcher Aſche gleichen, ſind wahrſcheinlich ebenfalls aus dem Boden ausgewaſchen wor— den und rühren vielleicht von dem Aſchenregen her, welcher bei dem letzten vulcaniſchen Ausbruch auf St. Vincent auf die Inſel Barbados niederfiel, und von welchem man noch jetzt eine dünne Schicht einige Zoll tief unter der Oberfläche an Stellen findet, wo der Boden ſeit jenem Ereigniß unge— ftört geblieben iſt. Über die Art und Weiſe, wie die ver— ſchiedenen Abarten des Geſteins ſich gebildet haben, gedenke ich hier keine Betrachtungen anzuſtellen. Es ſcheint hier hauptſächlich auf die zur Zuſammenſetzung verfügbaren Mas terialien angekommen zu ſein, ſo daß, wo reiner kohlenſau— rer Kalk niedergeſchlagen wurde, Marmor, wo kohlenſaurer Kalk mit verſchiedenen fremdartigen Beimiſchungen niederfiel, Tuffſtein ꝛc. erzeugt wurde. Eben fo wenig werde ich die Frage beleuchten, ob die kryſtalliniſchen Stalaktiten ihre eigen— thümliche Structur gleich während ihres Entſtehens oder erſt ſpäter nach der Ablagerung der Materialien in Folge einer inneren anordnenden und durch die Anweſenheit von Waſſer begünſtigten Bewegung der Partikelchen erlangt haben. Übri— gens wäre es wohl der Mühe werth, dieſe letzte Frage gründlich zu unterſuchen. Schließlich möchte ich noch bemerken, daß die Cole's- Höhle, eine der größten Naturmerkwürdigkeiten der Inſel Barbados, ſehr zugänglich iſt. Ein guter Fahrweg führt durch eine angenehme Gegend bis an die tiefe Bergſchlucht, in welcher ſich der Eingang zur Höhle befindet, und binnen einer Stunde kann man von Bridgetown aus dahin gelan— gen. Auch fehlt es nicht an brauchbaren Führern. Wünſcht man die verborgenen Theile der Höhle zu beſuchen, ſo muß man die Kleider wechſeln und ſich mit einigen Wachslich⸗ tern verſehen. Einer Laterne bedarf man nicht, da durchaus kein Zugwind in der Höhle vorkommt, und ſo weit man auch in dieſelbe eindringen mag, ſo hat man doch nirgends zu fürchten, in Schwaden von irreſpirabler Luft oder ſchla— genden Wettern zu gerathen. Ich hielt mich drei Stunden in derſelben auf und athmete überall ſo leicht, wie im Freien. Ich gedenke dieſes Umſtandes beſonders deßhalb, weil der Geiſtliche Hughes in ſeiner vor etwa einem Jahrhundert erſchienenen Naturgeſchichte von Barbados (Natural History of Barbadoes) erzählt, er habe wegen Ermüdung und aus Mangel an Luft nicht weiter als eine Viertelmeile weit in die Höhle eindringen können. Wachslichter find den hier zu Lande üblichen Fackeln aus Bündeln von trockenen Nobr: ſtreifen vorzuziehen, welche letztere, wegen der Hitze und des Rauches, die fie erzeugen, ſehr unangenehm ſind. (Edin- burgh new philosophical Journal, July — October 1846.) VII. Über die Fündlingserſcheinungen Skandinaviens. In der am 2. Nov. 1846 abgehaltenen Sitzung der Société geologique de France hat Hr. Martins einige Bemerkungen hinſichtlich der zweiten Denkſchrift des Hrn. Du— rocher über Skandinavien *) mitgetheilt. Seine Arbeit war von einer Karte begleitet, in welche der Verf. die Richtung der Streifen oder Furchen eingetragen hatte, wie ſie von den Hrn. Böthling, Seftſtröm, Keilhau und Silje— ſtröm beobachtet worden ſind. Da Hr. Durocher zehn mittlere Richtungen der Streifen im ſüdlichen Skandinavien angenommen hat, ſo wies Hr. Martins darauf hin, daß dieſe ſtrahlen- oder fächerförmigen Richtungen mit der Anz nahme, daß ſich eine einzige Fluth von Norden gegen Sü— den bewegt habe, welche Anſicht von Hrn. Durocher vor mehreren Jahren aufgeſtellt worden, unvereinbar ſei; jedoch habe dieſer Geolog feine Meinung ſpäter geändert. Darüber befragt, ob er gegenwärtig zehn gleichzeitige oder nach ein— ander Statt gefundene Strömungen annehme, habe er er— widert, er könne ſich über dieſe Frage nicht entſcheiden. Hr. Martins machte darauf aufmerkſam, daß die Anordnung der Streifen in der Schweiz ziemlich dieſelbe ſei, wie in Skandinavien, daß die Fündlingserſcheinung ſich dort unter derſelben Form zeige, wie die Huren. v. Buch, Elie de Beaumont und Durocher dargethan hätten, und daß die Erklärung durch die frühere weite Ausdehnung der Gletſcher auf beide Länder paſſe. Hierauf warf Hr. Mar- tins Hrn. Durocher vor, er habe unter der allgemeinen Benennung „Geſchiebe“ drei verſchiedene Formationen mit einander vermengt: 1) die Sanclosars, Dünen junger For⸗ mation, welche durch das Verſinken der ſkandinaviſchen Küſte entſtanden ſeien und Überreſte menſchlicher Wohnungen, Kähne ꝛc., ſowie Muſcheln enthalten, die noch jetzt in der Oſtſee leben; 2) die Fündlingsformation mit ebenen oder terraſſenförmigen Flächen, welche, Hrn. Loven zufolge, Mus ſcheln enthalte, deren Analoga im Eismeere zu treffen ſind, und in der Hr. Deſor ſolche abgeriebene und geſtreifte Kie— ſel gefunden hat, wie ſie den alten und neuen Moräſten der Schweiz, der Vogeſen und wahrſcheinlich auch der Pyrenäen charakteriſtiſch ſind; 3) die ächten alten, nicht in ihrer Lage geſtörten Moränen, welche ſich in den Thälern der höchſten Gebirge finden und, nach Schimper, den jetzigen Moränen der Gletſcher der Schweizeralpen entſprechen. Hr. Durocher hat gegen die frühere Ausdehnung der ſkandinaviſchen Gletſcher mancherlei Bedenklichkeiten erhoben. Die Böſchung des ſüdlichen Skandinaviens hat er zu drei Minuten berechnet und geleugnet, daß auf einer ſo geringen Abdachung eine Fortbewegung der Gletſcher möglich ſei; allein Hr. Martins antwortet ihm darauf, daß die Hrn. Hop⸗ fins und Agaſſiz durch Verſuche dargethan haben, daß ein Eiswürfel auf einer noch ſo ſchwachen Böſchung hin— „) S. No. XIII, S. 413, Be. I. d. Fortſchritte d. Geogr. u. Naturgeſch. 3 39 25. gleitet, ſowie, daß die Sohle des Aargletſchers, der ſich im Jahre um 60 Meter fortbewegt, nur eine Böſchung von 1½“ habe. Die übrigen Einwürfe, welche Hr. Durocher gegen die Gletſchertheorie vorbringt, ſtreiten noch viel kräfti— ger gegen die Fluththeorie, und Hr. Martins macht dar— auf aufmerkſam, daß Hr. Durocher ſich in jener Denk— ſchrift darauf beſchränkt, ſeine Gründe gegen die Einwirkung der Gletſcher vorzutragen, ohne den Beweis zu liefern, daß alle Erſcheinungen ſich durch die Fluththeorie erklären laſſen. Der letzte Einwurf des Hrn. Durocher bezieht ſich auf die frühere Ausdehnung der Gletſcher in der Schweiz. Dieſe konnte, ſagt er, nur unter der Bedingung Statt fin— den, daß die Schweiz eine mittlere Temperatur von — 150 beſaß, alſo dieſelbe, welche man gegenwärtig in Spitzbergen findet. Hr. Martins erinnert daran, daß, nach Sco— resby's Beobachtungen, die mittlere Temperatur von Spitz— bergen nur — 89 betrage; die des Sommers iſt, nach Par— ry's, Franklin's, Scoresby's und der Nordcommiſſion Beobachtungen, + 2,430, und dies wäre bei einer mittle— ren Temperatur von — 150 unmöglich. Bei einer jo nie— drigen Temperatur, bemerkt Hr. Martins, würde die Schweiz keine Gletſcher beſitzen; denn dieſe entſtehen durch reichliche Schneefälle im Winter, welche z. B. in Sibirien bei ſehr ſtrenger Kälte nicht eintreten, ſowie durch das Schmelzen die— ſes Schnees, der, von Waſſer durchdrungen, das Gletſchereis bildet. So findet man auf der großen Hochebene des Mont- blanc, bei 3910 Meter Höhe über der Meeresfläche, kein Eis, und die mittlere Temperatur dieſes Punktes iſt — 9,1%; um ſo weniger könnte ſich alſo bei einer mittleren Temperatur von — 150 Eis bilden. Hr. Martins bewies alsdann, daß eine Erniedrigung der mittleren Temperatur der Schweiz um 20 hinreichen würde, um die frühere Ausdehnung der Gletſcher von neuem hervor— zubringen. Die Grenze des ewigen Schnees würde dann bei 2320 M. Höhe ſein, ſtatt daß ſie ſich jetzt bei 2700 M. befindet, und der Fuß der niedrigſten Gletſcher würde ſich bei 770 M., ſtatt bei 1100 M., finden. Wegen der Ver— II. 3. 40 größerung ihres ſeitlichen Umfanges würden ſie ſich aber noch tiefer, nämlich bis 400 M., erſtrecken, und dies iſt die mitt⸗ lere Höhe der Schweizer Ebenen. Eine Erniedrigung der Temperatur um nur 20 reicht alſo zur Erklärung dieſer gro⸗ ßen Erſcheinung hin, und man begreift nicht, daß die Geo⸗ logen, welche Temperaturerhöhungen von 10 bis 15% für durchaus möglich halten, ſich jo ſehr dagegen fträuben, daß eine jo geringe Temperaturerniedrigung habe Statt finden können. (L'Institut, No. 674, 2. Dec. 1846.) Mifcellen., 5. Die Panzer der Cruſtaceen beſtehen aus drei deut⸗ lich verſchiedenen Lagen, einer zarten Epidermisſchicht, einer eben⸗ falls dünnen Pigmentſchicht und dem eigentlichen Panzer oder der Hautſchicht (couche dermique). Die Grundlage für das Ganze iſt ein Gewebe von theils ſenkrechten, theils horizontalen Faſern, welches ſich in einer Continuität über den ganzen Körper hinzieht und bei der Häutung ganz abgeworfen wird. An den Gelenken fehlt die Ablagerung von Kalkſalzen, welche übrigens dem Panzer ſeine Feſtigkeit verleiht. Es kommen hauptſächlich drei Verſchie⸗ denheiten vor, je nachdem 1) die ganze Schale aus ſenkrechten, parallelen Faſern beſteht, oder 2) in dieſe horizontale Faſern einge⸗ flochten ſind, welche gelblich verzweigt und unter einander durch Anaſtomoſen verbunden find, oder 3) die Schale ganz aus ſolchen hori⸗ zontalen Faſern beſteht. Die Haare der Panzer wurzeln ganz in der Hautſchicht und durchdringen die beiden anderen. Sie entſtehen aus einer bulbusähnlichen Verdickung und ſind ihrer Länge nach von einem Canale durchſetzt. Dies ſind die Hauptreſultate einer, wie uns ſcheint, noch lange nicht genügenden Arbeit von Lavalle über dieſen Gegenſtand. (Comptes rendus, 4. Janv. 1847.) 6. Über rieſenhafte foſſile Menſchenknochen iſt abermals ein Bericht erſtattet und zwar in der Akademie der Wiſ⸗ ſenſchaften zu Stockholm vom Secretär derſelben nach einer Mit⸗ theilung des Hrn. Nielſen, Prof. der Zoologie in Lund. Bei Aufgrabungen in einem Torfmoore zwiſchen Yitad und Falſterbro, nicht weit von der Küſte, wurden Menſchenknochen von außerordent⸗ licher Länge zwiſchen rieſenhaften Thierknochen (Pferden, Renn⸗ thieren, Hirſchen, Bären u. ſ. w.) und einer Menge Pfeile und Lanzenſpitzen von Knochen und Feuerſtein gefunden; Exemplare davon ſollen an die Akademie geſendet werden. (Athenaeum, No. 1003.) Seile (VI.) Discuſſion über das Einathmen von Schwefel⸗ äther bei Entbindungen vor der Pariſer medieiniſchen Akademie am 23. Febr. d. J. Von Hrn. P. Dubois. „Zwei unſerer Collegen, die HHrn. Bouvier und Velpeau, haben zuerſt die Anſicht ausgeſprochen, daß das Einathmen von Schwefelätherdämpfen auch bei Entbindun— gen von Nutzen ſein dürfte. Hr. V. war der Meinung, daß ſich dadurch gewiſſe, die Niederkunft verhindernde oder verzögernde Schwierigkeiten beſeitigen ließen. Im Publicum unde. hat ſich ſogar der Glaube verbreitet, das Gebären könne von nun an ganz ſchmerzlos von Statten gehen. In dieſem Punkte iſt man allerdings in ſeinen Erwartungen zu weit gegangen. Die Unterſuchungen, welche ich angeſtellt, hatten zum Zwecke, folgende zwei Fragen zu erledigen: 1) ob es gelingen konne, mittels des Schwefeläthers gewiſſe Hinderniſſe beim Gebären zu beſeitigen; 2) ob ſich die Schmerzen (Wehen) beim Ge⸗ bären dadurch unterdrücken ließen? Dieſe Fragen knüpfen ſich an mehrere andere, die nothwendig vorher erledigt wer⸗ den mußten. Ich mußte erſt ermitteln, ob der Schwefel⸗ äther nicht nachtheilig auf Mutter und Kind wirke; ob ver: 41 25. II. 3. 42 ſelbe ſeine Wirkungen nicht bis auf die Wandungen der Bärmutter erſtrecken, und deren weſentliche Eigenſchaften aufheben werde. Auf der anderen Seite mußte ich mich davon überzeugen, ob der Schwefeläther auch nach der Ent— bindung keine nachtheiligen Folgen veranlaſſe.“ Nachdem nun Hr. Dubois die Gründe der Befürcht⸗ niſſe auseinander geſetzt hatte, welche ihm einerſeits die be— ſonderen phyſiologiſchen Zuſtände, auf welche er hier ein— zuwirken hatte, andererſeits die unter anderen Umſtänden durch den Schwefeläther veranlaßten Zufälle einflößten, welche in Betracht der Neigung ſchwangerer Frauen zu Condvulſionen hier beſonders zu beachten waren, theilte er nachſtehende Nefultate feiner Verſuche mit. Die erſte Beobachtung bezieht ſich auf eine achtzehn— jährige Frau, welche zum erſten Male gebar, und bei der, nachdem ſie Schwefelätherdämpfe eingeathmet, die Zange angewandt wurde. Sie hatte während der Operation durch— aus keine ſchmerzhafte Empfindung, und das Kind ſchien ſich leichter herausziehen zu laſſen, als in gewöhnlichen Fallen. Die zweite Beobachtung betrifft eine Frau, bei welcher ebenfalls die Zange in Anwendung kam. Das Einathmen der Dämpfe erzeugte bei ihr eine Unterdrückung der intel= lectuellen Fähigkeiten oder wenigſtens der geiſtigen Per— ception, ohne daß deßhalb das Gefühlsvermögen aufgehoben worden wäre. Die Operation veranlaßte Beängſtigung und Achzen. Dennoch hatte die Kranke, als ſie wieder zur Be— ſinnung kam, durchaus keine Erinnerung an das, was mit ihr vorgegangen war. Aus dieſen Thatſachen ſcheint ſich zu ergeben, daß der Schwefeläther bei Entbindungen mit demſelben Nutzen an— gewandt werden könne, wie bei chirurgiſchen Operationen. Doch auf dieſen Punkt werden wir ſpäter zurückkommen. Kann der Schwefeläther die natürlichen Schmerzen (Wehen) aufheben? Kann er die Contractionen der Bär— mutter und ſelbſt die der Bauchwandungen verhindern? Dieſe Frage iſt in phyſiologiſcher wie in praktiſcher Beziehung. von Belange. In praktiſcher Hinſicht wäre es allerdings ein lißel: ſtand, wenn der Schwefeläther die Zuſammenziehungen des uterus aufhöbe; auf der anderen Seite war es in phyſio⸗ logiſcher Beziehung wichtig, zu ermitteln, ob die durch den Schwefeläther veranlaßte Betäubung des Nervenſpſtemes ſich bis auf die Uteruswandungen erſtrecke. Folgende That⸗ ſachen werden zur Aufklärung dieſes Fragpunktes beitragen. Eine Frau, die zum erſten Male gebar, war ſeit zwei Stunden von ſehr heftigen, ſchnell hinter einander folgenden und ſchmerzhaften Wehen ergriffen. Durch das Einathmen von Schwefelätherdämpfen wurden bei derſelben ſehr bedenk— liche Symptome hervorgerufen. Gleich darauf nämlich ſtellte ſich heftiger Andrang nach dem Kopfe ein, die Augen wur: den in dem Grade injieirt, daß es ſchien, als werde das Blut aus denſelben herausſpritzen. Die Zunge ſchwoll, und ein ſchaumiger Speichel trat aus dem Munde. Dieſer Zu⸗ ſtand dauerte drei Minuten, und während dieſer Zeit war die Patientin gegen Kneipen völlig unempfindlich. Es fan⸗ den einige von der Kranken durchaus nicht empfundene Con⸗ tractionen des uterus Statt; denn als fie nach drei Minuten wieder zur Beſinnung gelangte, erklärte ſie, nichts gefühlt zu haben. Als ich während des bewußtloſen Zuſtandes das Ohr an den Unterleib legte, zählte ich 160 Schläge des Herzens des Fötus (in der Minute). Einige Minuten ſpäter war der Herzſchlag wieder bis auf ſeine normale Geſchwindigkeit, 125 Schläge, herabgegangen. Bei einer anderen Frau, welche ſehr heftige ſchmerz— hafte Wehen hatte, erzeugte der Schwefeläther binnen drei Minuten vollſtändige Bewußtloſigkeit. Während dieſer blie— ben die Wehen ſehr kräftig, aber ohne daß die Frau ge— ſchrieen hätte. Der Contraſt zwiſchen den kräftigen Zu— ſammenziehungen, welche man mit der an die Bauchwandung gelegten Hand fühlte und der völligen Unempfindlichkeit der Frau war höchſt auffallend. In dieſem Zuſtande fand die Entbindung Statt. Beim Erwachen erklärte ſie, durchaus nicht gelitten zu haben. Nachdem auf dieſe Weiſe ermittelt worden, daß der trunkene Zuſtand, welchen der Schwefeläther veranlaßt, die Empfindung für Uteruswehen beruhige, blieb noch in Er— fahrung zu bringen, ob dadurch nicht die unter gewöhn— lichen Umſtänden vom Willen abhängigen Contractionen der Bauchmuskeln aufgehoben würden. Es bot ſich eine Gele: genheit zur Erledigung auch dieſes Punktes dar. Einer kreißenden Frau, die ſehr heftige Schmerzen ſchlug ich die Anwendung des Schwefeläthers vor, und ſie ging darauf ein. Nach zehn Minuten war der be— wußtloſe Zuſtand eingetreten. Die Patientin ſchien feſt zu ſchlafen und war völlig unempfindlich; aber der uterus und die Bauchwandungen zogen ſich ſehr kräftig zuſammen. Ich ließ noch mehr Atherdampfe einathmen, und die Frau ge— rieth nun in einen Zuſtand von vollſtändigem collapsus. Das Kind ward geboren, ohne daß fie den gering ſten Schmerz empfunden hätte. Ich will bei dieſer Gelegenheit auf einen nicht un— erheblichen Umſtand aufmerkſam machen, nämlich daß, ob— wohl die Entbindung äußerſt raſch erfolgte, doch nicht die mindeſte Verletzung des Mittelfleiſches Statt fand. Ferner hat keine einzige Wöchnerin, bei welcher der Schwefelather zur Anwendung gekommen, Zufälle gehabt, welche als eine Nachwirkung des Athers hätten betrachtet werden können. Keine hat an Kopfweh oder dergleichen gelitten. Allerdings ſtarben zwei dieſer Frauen an Bärmutter— Bauchfellentzündung; doch war glücklicherweiſe bei keiner derſelben der Schwefeläther lediglich verſuchsweiſe angewendet worden, ſondern bei beiden hatte die Geburt mit der Zange bewerkſtelligt werden müſſen. Da jedoch bei einer noch ſo wenig aufgehellten und ſchwierigen Frage Alles berückſichtigt werden mußte, ſo wurde die Section dieſer beiden Verſtorbenen ſorgfältig ausgeführt und dabei fanden ſich lediglich diejenigen pathologiſchen Vers änderungen, welche alle an metro-peritonitis Geſtorbenen darbieten. An den Nervencentren und Reſpirationsorganen ließ ſich durchaus nichts Regelwidriges wahrnehmen. Über⸗ dies graſſirte damals in dem Entbindungshauſe, wo dieſe litt, 43 beiden Frauen niederkamen, die metro-peritonitis in epidemi— ſcher Weiſe. Die Folgerungen, die ſich aus obigen Thatſachen er— geben, ſind einestheils, daß ſich durch Schwefeläther die bei Entbindungen vorkommenden Operationen ſchmerzlos machen laſſen, und daß dadurch die natürlichen phyſtologiſchen Schmerzen (Wehen) der Geburtsarbeit für das Gefühl mehr oder weniger aufgehoben werden können; anderntheils, daß die durch den Schwefeläther erzeugte Trunkenheit weder die Contractionen des uterus, noch die der Bauchmuskeln aufhebt, wohl aber den Widerſtand von Seiten des Mittelfleiſches ver— mindert, endlich, daß der Schwefeläther auf die Geſundheit und das Leben des Kindes in keiner nachtheiligen Weiſe einzuwirken ſcheint. Fragt man mich nun, was ich von der Anwendung des Schwefeläthers in dieſem Falle eigentlich denke, ſo er— widere ich, daß ich ſie nach dem gegenwärtigen Stande der Sache nicht für allgemein zuläſſig halte. Es liegen noch bei Weitem nicht genug Erfahrungen vor, als daß man dies noch ſo geheimnißvolle Mittel in dieſem Falle mit Ver— trauen empfehlen könnte. Dieſe Mittheilung ward mit lebhaften Zeichen des Bei— falls aufgenommen. Alsdann fand folgende Discuſſion Statt: Hr. Rour: Wie lange dauerte die Anwendung der Zange? Hr. Dubois: Vier Minuten. — Und wie lange die natürliche Geburt? — Zwölf Minuten. Hr. Capuron: Hr. Dubois hat uns nicht geſagt, was nach einer mittels der Anwendung des Schwefeläthers bewirkten Entbindung mit der, Gebärmutter vorgeht; eben fo wenig, welchen Einfluß das Atheriſiren auf die Entbindung äußert. Hr. Dubois: Dieſe Fragen erledigen ſich ohne Wei— teres aus der obigen Darlegung der Umſtände. Die Con— traction des uterus wird in keiner Weiſe beeinträchtigt; er zieht ſich nach der Entbindung wie gewöhnlich zuſammen. Hr. Capuron: Hr. Dubois hat geſagt, die Con— tractionen des uterus ſeien gewiſſermaßen unwillkürlich (Hr. Dubois: ich ſage abſolut unwillkürlich). Baudeloe— que bringt aber Thatſachen bei, welche zu beweiſen ſcheinen, daß die Wehen gewiſſermaßen unter der Herrſchaft des Wil— lens ſtehen: er führt Beiſpiele an, wo Frauen ihre Nieder— kunft willkürlich beſchleunigen konnten. Hr. Dubois: Man verwechfelt hier das Eine mit dem Anderen; bei der Entbindung wirken offenbar verfchie= dene Organe zuſammen; ich habe nicht behauptet, alle An— ſtrengungen zur Bewirkung der Geburt ſeien unwillkürlich, ſondern nur die Contractionen des uterus ſelbſt ſeien dies. Die Contractionen der Bauchwandungen ſtehen offenbar unter der Herrſchaft des Willens, und begreiflicherweiſe können die Frauen mit Hilfe dieſer Contractionen die Niederkunft be— ſchleunigen. Hr. Moreau: Für Hrn. Dubois Anſicht ſpricht der Umſtand, daß Frauen im comatöſen Zuftande oder nach dem Tode entbunden worden ſind. Hr. Gerdy: Hat Hr. Dubois beobachtet, daß das Kind in Folge des Atheriſirens gelitten habe? 25. II. 3. 44 Hr. Dubois: In einem der beiden Fälle, wo die Zange zur Anwendung kam, fragte ich mich, ob der Zu: ſtand, in welchem fi das Kind befand, vom Schwefeläther oder von der Zange herrühre? Die Zange hatte ſo gelinde gewirkt, daß ich ihr dieſen Zuſtand nicht zur Laſt legen zu dürfen glaubte. Übrigens that das Herz des Kindes in einem der Fälle, wo man ſich der Zange nicht bedient hatte, 160 - 170 Schläge in der Minute; nach Verlauf einiger Zeit nahmen die Pulſationen aber ihre normale Geſchwindig⸗ keit wieder an. 8 Hr. Gerdy: Hat der Ather auf die Entbindung (de- livrance, das Abgehen der placenta 2) keinen Einfluß gehabt? Hr. Dubois: Durchaus keinen. Hr. Velpeau: Ich finde die Schlüſſe des Hrn. Du⸗ bois den Prämiſſen durchaus nicht entſprechend. Ich er— wartete nach den von ihm beigebrachten Thatſachen, er werde uns den Rath geben, ſobald die Entbindung Schwierig⸗ keiten finde, das Atheriſiren anzuwenden. Hr. Dubois ſagt, es ſei dies einer der unvorhergeſehenen Fälle, für den man die nöthigen Inſtrumente nicht gleich bei der Hand habe. Eine Niederkunft gehört aber nicht zu den unvorher— geſehenen Fällen, und die Zange wendet man nie ohne vor— hergehende längere Zögerung an. Ich ſehe alſo darin keinen erheblichen Grund gegen die Anwendung des Schwefeläthers. Auf der anderen Seite hat Hr. Dubois geſagt, der Wider- ſtand von Seiten des Mittelfleiſches verſchwinde wie durch Zauber; iſt dies nicht ein Umſtand, der in gewiſſen Fällen von ungemeinem Nutzen ſein kann? Hr. Dubois: Ich glaube nicht, daß die Anwendung der Zange im Allgemeinen eine fo langwierige und ſchmerz— hafte Operation ſei, daß ſie die Anwendung des Schwefel— äthers rechtfertigen könnte. Handelte es ſich von einem durchaus unſchuldigen, einfachen Mittel, ſo würde ich nichts dagegen haben; allein die Bedenklichkeiten, die mir gegen dasſelbe ſchon vor deſſen Gebrauche aufſtiegen, ſind durch die wenigen Erfahrungen, die hinſichtlich des letzten vor— liegen, zwar vermindert, aber keineswegs ganz beſeitigt wor— den. Allgemein möchte ich demnach den Schwefeläther nicht empfehlen, ſondern ihn lediglich ausnahmsweiſe angewandt wiſſen. Hr. Blandin: Hr. Dubois hat von einem ſter⸗ toröſen Zuſtande geſprochen. Ich habe nichts Ahnliches be— merkt. Sollte er die Einathmung der Dämpfe weiter ge— trieben haben, als wir Chirurgen? Oder hängt dies Symptom von dem eigenthümlichen Zuſtande der ſchwangeren Frauen ab? Hr. Dubois. Dieſer ſtertoröſe Schlaf iſt mir in zwei Fällen vorgekommen und hat, meiner Anſicht nach, mit dem Zuſtande der Schwangerſchaft nichts zu ſchaffen. Ich habe das Einathmen der Dämpfe nie ſo weit getrieben, daß Er— kalten und Verfärbung der Haut erfolgt wäre. Hr. Amuſſat fragte Hrn. Dubois, ob er vor und nach dem Durchſchneiden der Nabelſchnur die Farbe der Nabelarterie und Vene, ſowie die Farbe des Blutes beob— achtet habe, was Hr. Dubois verneinte. Dieſe Frage iſt nicht unwichtig, da der Zuſtand des Blutes durch das 45 25. Einathmen von Atherdämpfen immer bedeutend verändert und das Arterienblut braun, faſt ſchwarz wird, wie Hr. Amuſſat in einer der letzten Sitzungen der Akademie durch Verſuche an Hunden dargethan hatte. Selbſt das Venenblut verändert ſich und ſcheint bei ſeinem Durchgange durch die peripheriſchen Haargefäße keine Modification zu erleiden. Es iſt alſo ſehr wahrſcheinlich, daß das Blut der Nabelarterie des Fötus ſchwarz werde, wenn die Mutter Schwefeläther— dämpfe einathmet, und daß die Störungen in der Circulation, die Beſchleunigung der Herzſchläge, welche Hr. Dubois beobachtet hat, ſich auf dieſe Weiſe erklären. Hr. Moreau rühmt die Umſicht, mit der Hr. Du⸗ bois verfahren und erklärt ſich mit ihm durchgehends ein— verſtanden. Hr. Malgaigne macht die Anſicht des Hrn. Vel: veau zu der ſeinigen und glaubt, daß die Anwendung des Atheriſtrens bei Entbindungen jedenfalls nicht bedenklicher ſei, als bei chirurgiſchen Operationen. Er hält es durch— aus für gerechtfertigt, daß das Atheriſiren den Patientinnen wenigſtens vorgeſchlagen werde, wenn dasſelbe als wün— ſchenswerth erſcheine. In der Verzögerung, welche das Athe⸗ riſtren veranlaßt, findet er einen Hauptgrund, weßhalb man ſich gegen deſſen Anwendung ſträubt. Hr. Dubois er⸗ widert hierauf, daß dieſer Grund wenigſtens bei Entbindun— gen nicht haltbar ſei, wo der Accoucheur oft 24 Stunden lang einen unthätigen Zeugen der Anſtrengungen der Natur abgeben müſſe, und ermahnt wiederholt zur Vorſicht bei Anwendung dieſes Mittels. (Gazette médicale de Paris, No. 9, 27. Fevr. 1847.) (VII.) Schmarotzerthiere in der menſchlichen Haut. Von J. W. Moſes, M. Dr. Gegen Ende des Monats Juli fragte mich eine Dame wegen eines Ausſchlages um Rath, welcher in der Hals-, Achſel- und Bruſtgegend erſchienen war und ein unerträg— liches Jucken veranlaßte. Bei näherer Unterſuchung fand ich Häufchen großer papulae, die roth und ein wenig ſpitz und an den Stellen, wo ſich die Patientin eben gejuckt hatte, denen der urticaria nicht unähnlich waren. Die Dame erklärte mir, ſie fühle ſich übrigens vollkommen wohl und hielt den Ausſchlag für Hitzblätterchen, welche vielleicht von fehlerhafter Diät oder einem verdorbenen Magen herrührten. Ich empfahl ihr demnach die leidenden Theile häufig mit lauem Waſſer zu baden und verordnete einige gelinde ab— führende Mittel. Hiermit wurde 10 — 14 Tage fortgefah⸗ fahren, ohne daß die geringſte Beſſerung eingetreten wäre. Nur fo lange das laue Waſſer wirklich zur Anwendung kam, war das Jucken weniger lebhaft. Mittlerweile hatte der Ausſchlag bedeutend um ſich ge: griffen, und der Unterleib und die epigaſtriſche Gegend waren damit überzogen. Sie theilte mir nun mit, ihr etwa 16 Monate altes Kind ſei ebenfalls am Halſe, unter den Armen und beſonders hinter den Ohren und auf dem Kopfe davon m. 46 ergriffen. An den letzten Stellen waren Bläschen vor: handen, aus denen eine dünne, faſt waſſerhelle Feuchtigkeit ſchwitzte, die beim Auftrocknen Schorfe bildete, welche denen des eczema durchaus glichen. Ihre beiden anderen Knaben von 4 bis 6 Jahren wurden nun ebenfalls an denſelben Stellen mit dem Ausſchlage behaftet und auf dem Kopfe des einen zeigten ſich große Fladen, anſcheinend von eczema. Als ich den Kopf dieſes Knaben mit einer mäßig vergrö— ßernden Loupe unterſuchte, erkannte ich um die Schorfe her ein röthliches Pulver, von dem ich etwas mit der Spitze einer Stecknadel ablöſ'te und auf einen Bogen weißen Pa— pieres brachte, wo es ſich denn zeigte, daß dies Pulver aus Thierchen beſtand, welche, nachdem man ſie aus einander gebreitet, ſich ziemlich ſchnell fortbewegten. Die einzelnen Milben waren mit unbewaffnetem Auge kaum zu erkennen. Sie waren ſcharlachröthlich, und wenn man ſie zerquetſchte, bekam das Papier einen Flecken von derſelben Farbe. Ihre Geſtalt war oval, ſie hatten 6 Beine, und es paßte auf ſie die in Cuviers Naturgeſchichte mitgetheilte Beſchreibung des Acarus autumnalis ziemlich genau. Eine Freundin, welche bei der Dame zum Beſuche war, wurde faſt unmittelbar nach ihrer Ankunft angeſteckt. Beide verſicherten mir, das Jucken ſei faſt unerträglich. Da ich nunmehr die wahre Urſache der Krankheit aufgefunden zu haben glaubte, unter— ſuchte ich die Kinder genau, und nun entdeckte ich auf dem Gipfel jeder papula (denn die Krankheit bot nun drei deutlich verſchiedene Formen: Knötchen, Bläschen und Schorfe dar) einen feſtſitzenden Acarus, der ſich, ohne daß er dabei ge— tödtet war, kaum ablöſen ließ. Indem ich jedoch die Steck— nadelſpitze unter die Haut einbrachte, gelang es mir, Hun— derte derſelben von meinen Patienten abzulöſen, wodurch dieſen keine geringe Erleichterung zu Theil wurde. Denn die Kinder konnten vor Jucken kaum ſchlafen, und ihr Allgemeinbefinden wurde dadurch ſehr angegriffen, ſo daß ſie ſich den Tag über ungemein übellaunig und reizbar zeigten. Die wunden Stellen hinter den Ohren, die ſich ſchnell vergrößerten, waren von dieſen winzigen Inſecten überall umgeben. Ich verſuchte verſchiedene Waſchmittel, um die Milben zu tödten; allein nichts wirkte ſo entſchie— den, als Hirſchhorngeiſt und Ol, wodurch die Thierchen augenblicklich getödtet wurden und eine röthlichbraune Farbe annahmen. Mittels dieſer Salbe, häufiger warmer Bäder nebſt reichlicher Anwendung von Seife, ferner durch Ablöſen der Milben und Entfernung der Patienten von den Orten, wo ſich dieſelben aufhalten (ich fand, daß die Milben vorzüglich in welten Apfelbaumblättern ſitzen), gelang es mir, meine Pa: tienten binnen 14 Tagen von dieſem unangenehmen Leiden zu befreien. Dieſe Milben können beträchtlich weit hüpfen und ent— fernten ſich daher oft, während man fie unter dem Mikro— ſtope unterſuchte, plötzlich aus dem Geſichtsfelde. Da fie zu den eierlegenden Thieren gehören, fo bringen fie ihre Eier unter die Epidermis, und zugleich tritt wahrſcheinlich aus ihrem Körper eine ätzende Feuchtigkeit heraus, welche das Jucken und die locale Reizung veranlaßt, die natürlich durch Kratzen vermehrt wird. So entſteht wahrſcheinlich 47 eine locale Desorganiſation des Hautgebildes und eine ab— norme Thätigkeit, vermöge deren ſich für die Brut Neſter— chen bilden, wie wir im Pflanzenreiche in Folge der Stiche der Cynips quercus folii und der Blattläuſe etwas Ahnliches wahrnehmen. St. Aſaph, 12. Oct. 1846. (London Medical Times, No. 369, Vol. XV, 24. Oct. 1846.) Mificellen. (6) Die Zahl der Lebendigbegrabenen in Frank- reich, welche nur durch einen Zufall dem Leben wiedergegeben wurden, betrug nach einem officiellen Berichte von 1833 bis jetzt 94. Von dieſen erwachten 85 aus ihrer Lethargie in dem Augen— blicke, wo die Beſtattung vor ſich gehen ſollte; 13 wurden durch die von ihren Angehörigen angewendeten Mittel wieder zu ſich gebracht; 6 lebten durch das Niederfallen des Sarges, in welchem fie eingeſchloſſen waren, wieder auf; 9 verdankten ihr Leben den Stichen, welche bei Anlegung des Sterbekleides in ihren Körper zufällig gemacht wurden; 5 dem Erſtickungsgefühle, welches ſie im Sarge empfanden, 19 dem zufälligen Aufſchube der Be— erdigung und 6 der abſichtlichen Verzögerung derſelben. (Aus Encyclogr. med. in Monthly Journ., Juny 1846.) — Es iſt bei dieſer kurzen, in den Zahlen nicht ſtimmenden und in jeder Bezie— hung auffallenden Notiz aufs Neue darauf aufmerkſam zu machen, wie dringend es wäre, daß der fragliche Punkt endlich ein Mal 48 einer gründlichen und firengen Prüfung unterworfen würde. Über: eugend conftatirte Fälle find mir nicht bekannt, dennoch bildet die Furcht vor dem Lebendigbegrabenwerden ein Schreckbild, welches ſelbſt von den Verwaltungsbehörden anerkannt und genährt wird, welchem bedeutende Summen zum Opfer gebracht werden, während es noch eine Menge vollſtändig aufgeklärte Bedürfniſſe der Geſund⸗ heitspolizei giebt, für welche nie Geld vorhanden iſt. Wir ſind in der That nicht reich genug, um fortwährend dem Aberglauben Tempel zu bauen, wie man bis jetzt wenigſtens die Leichenhäuſer bezeichnen muß. R. F. (7) Gegen Pruritus vaginae empfiehlt Dr. Meigs die Anwendung folgenden Mittels: Br Natr. boracic, 16 gram- mes, Morph. sulphur. 30 centigr., Ag. Rosar. 250 gr. Die Kranke reinigt zunächſt die Theile mit lauem Seifenwaſſer, trocknet fie ſorgfältig ab und wäſcht ſie dann mit einem in obige Miſchung eingetauchten Schwamme oder Leinwand. Dieſes Verfahren wird drei Mal wiederholt. Verf. hat namentlich bei Schwangeren obi- ges Mittel und zwar ſtets mit dem beſten Erfolge angewendet. (Journ. des connaiss. méd. chir., Juill. 1846.) (8) Über die Erheblichkeit der Scropheln giebt Hr. Phillips in feinem Werke: On serophula, its nature, its causes, its prevalence, and the principles of treatment, London 1846, folgende ſtatiſtiſche Notizen. Unter 2023 Familien mit 7587 Kindern fanden ſich 1738 oder faſt 23 % Scrophelkranke. In 506 Fällen waren beide Eltern vollig geſund, in 276 litten beide Eltern mehr oder weniger an Scropheln, in 589 zeigte nur der Vater, und in 652 nur die Mutter Spuren dieſer Krankheit. Bibliographiſche Neuigkeiten. Reichenbach, A. B., die Pflanzenuhr oder Beſchreibung der Pflanzen, an welchen zu beſtimmten Stunden des Tages eine a Veränderung wahrzunehmen ift. gr. 16“. Leip zig 47. Baumeiſter, W., Handbuch der landwirthſch. Thierkunde und Thierzucht. 9. Lief. gr. 8». Stuttgart 1847. Heydenreich, ſyſtem. Verzeichniß der europ. Schmetterlinge. 2. Ausg. gr. 8. Leipzig 1847. Burdach, K. Fr., Anthropologie für das Umgearbeitet und neu herausgegeb. von E. gr. 8°. Stuttgart 1846. Synopsis Hepaticarum, scrips. C. M. Gottsche, J. B. G. Linden berg, C. G. Nees ab Esenbeck. Fasc. IV. Smaj. Geh. Ham- burg 1847. Lund, N.. Conspectus Hymenomycetum circa Holmiam crescen- tium. 8°. Geh. Christiania 1846. Coch, E., Practical Anatomy of the Nerves and Vessels supply- ing the Head, Neck, and Chest: intended as a Guide for the use of Students in the Dissection of those Structures. By Edw. Coch. 8°. London 1847. Drury, H., Arundines Cami; sive Musarum Cantabrigensium Lu- sus Canori. Collegit atque edidit Henricus Drury. A. M. 3d edition, 8°. (pp. 336.) London 1847. Lindley, J., School Botany; or, the Rudiments of Botanical Science. By John Lindtey, Ph. D. etc. New edition, with numerous alterations, and nearly 400 illustrations. 8°. (pp. 172.) London 1847. Amelioration des diverses races d’animaux domestiques; par NM. Sauzeau. 8°. de 2 feuilles. Paris 1847. Theorie experimentale de la formation des os; par P. Flourens, seerétaire perpetuel de l’Acad. des sc. (Institut de France.) 8°. de 10 feuilles %, plus 7 pl. Paris 1847. Fontenelle, ou de la Philosophie moderne, relativement aux scien- ces physiques; par P. Flourens, membre de l’Academie fran- gaise ete. 12°. de 10 feuilles /. Paris 1847. 1 - Publikum. urdach. 1. Lief. Observations sur plusieurs plantes nouvelles, rares ou critiques de la France; par Alexis Jordan. Troisieme fragment. Sep- tembre 1846. 8°. de 16 feuilles ½, plus 12 pl. Idem. Qua- trieme fragment. Nov. 1846. 8°. de feuilles °/, plus 2 pl. Lyon 1846. Ashwell, S.— A practical Treatise on the Diseases peculiar to Women, illustrated by Cases derived from Hospital and Pri- vate Practice. By Samuel Ashwell, M. D. 2d edition. 8“. (pp. 754.) London 1847. Rowe, G.R., Nervous Diseases, Liver and Stomach Complaints, Low Spirits, Indigestion, Gout, Asthma, and Disorders pro- duced by Tropical Climates; with Cases. By George Robert 18405 M. D. F. S. A. 9th edit. 8°. (pp. 212.) London 846. Paget, J., The Motives to Industry in the Study of Medicine: an Address delivered at St. Bartholomew’s Hospital, on Thurs- day, 1. Oct. 1846. By James Paget, F. R. C. S. Warden of the College. 8“. (pp. 30.) London 1846. Guignard, P. E., Memoire sur le rétrécissement et l’obliteration de l’intestin dans les hernies. 4°. Paris 1847. Examen critique des diverses méthodes curatives employees jus- qu’ä ce jour dans le traitement des maladies des femmes; par Clement Otlivier (d’Angers), médecin etc. 8°. d'une feuille. Paris 1847. Manuel de Dissection, ou Elémens d’anatomie generale, descriptive et topographique; par le docteur E. Coste, professeur suppléant et chef des travaux anatomiques de l’Ecole-de-Medecine de Marseille, chirurgien de l’'Hötel-Dieu ete. 8°. de 46 feuilles. Paris 1846. g Hornung, A. M., die medieiniſchen Krankheitsproceſſe und ihre Heilmethoden. gr. 8%. In Comm. Salzburg 1846. Roſenberg, C. H., des Leibes und der Seele vollſtänd. Ge⸗ ſundheits- und Erziehungslehre. In Lieferungen. gr. 8%. Wien 1846. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrlft, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 26. (Nr. J. des II. Bandes.) April 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. VIII. über den Bau der Ganglien bei den Rochen. Von Robin. Wer den neueren intereſſanten Verhandlungen über die Natur der ſympathiſchen Nervenfaſern und über ihren Ur— ſprung aus Ganglienkugeln gefolgt iſt, dem werden die fol— genden Unterſuchungen, welche Robin am 13. Febr. 1847 in der Sitzung der Société philomatique vortrug, gewiß willkommen ſein. Die Unterſuchungen wurden an den Ganglien der hin— teren Wurzeln der Rückenmarksnerven angeſtellt. — In den hinteren Wurzeln trifft man auf zweierlei Nervenfaſern. 1) Die erſten ſind die gewöhnlichen mit doppelten Con— touren, 0,020 bis 0,030 Millim. breit. Sie find in ge— ringen Entfernungen plötzlich verſchmälert, und ihr Inhalt bewegt ſich leicht hin und her, Tröpfchen von verſchiedener Form und Größe bildend und an den abgeriſſenen Enden austretend. 2) Die anderen ſind bei weitem zarter, zu vier bis acht in dichte Bündelchen feſt vereinigt, ſo daß ſie ſchwer zu iſo— liren ſind, an Zahl übrigens den vorigen ungefähr gleich. Ihr Durchmeſſer iſt nur 0,003 bis 0,006 Millim.; ſie ſind auch varicös, aber ſowohl die ſchmäleren als die breiteren Stellen ſind viel länger, als bei den anderen Faſern. Sie ſind fein, längsſtreifig und hin und her gebogen, ähnlich wie die Faſern des elaſtiſchen Gewebes, und zeigen hin und wieder ovale Kerne von 0,003 Millim. Länge. Die dünneren Stellen find oft nur 0,002 Millim. breit, die dickeren 0,005 bis 0,007 Millim., mit ſchmierigem, zuweilen etwas körnigem Inhalte von dunklerer Farbe, deſſen Grenze ſich von dem äußeren Contour deutlich unterſcheidet, ſo daß auch dieſe Faſern deutlich doppelte Contouren zeigen, ſo weit, wie die No. 1006. — 906. — 26. weiteren Stellen reichen. Aus den abgeriffenen Enden tritt der Inhalt nur in Form kleiner ſphäriſcher Tropfen aus. Die Anſchwellung der hinteren Wurzel iſt ganz der Gegenwart von Ganglienkugeln zuzuſchreiben, und vielleicht iſt hier auch das Bindegewebe etwas reichlicher vorhanden. Die Ganglienkugeln zeigen zwei ſehr verſchiedene Bildungen, und jede derſelben entſpricht einer Art der Nervenfaſern und ſteht mit derſelben in Verbindung; die größeren mit den breiten Faſern, die kleineren mit den feineren. Die folgen— den Unterſuchungen ſind mit einer 300maligen Vergrößerung, ohne Gebrauch eines Deckgläschens, gemacht. A. Die größeren Ganglienkugeln ſind ſphäriſch, oft an beiden Polen bis zu 3/4 oder 2/ ihres Durchmeſſers abge— plattet; dieſer iſt 0,160 bis 0,095 Millim., gewöhnlich 0,120 Millim., und man kann ſie ſchon mit unbewaffnetem Auge erkennen. Von außen nach innen nimmt man an ihnen wahr: a. zwei deutliche parallele Linien, etwa 0,015 Millim. von einander entfernt, die Dicke der Zellenwand bezeichnend; b. eine Lage waſſerheller, runder Zellen ohne Kerne, etwa 0,016 bis 0,025 Millim. im Durchmeſſer und ziemlich feſt der zelligen Hülle anhängend; e. eine feinkörnige, die übrige Höhle ausfüllende Subſtanz von gelblichgrauer Farbe, bei der Behandlung mit Alkohol ſich zuſammenziehend und dunk— ler, durch Eſſigſäure durchſcheinender werdend. Wird die äußere Hülle geſprengt, ſo tritt dieſe Subſtanz aus, ohne ſich zu trennen, obwohl man keine ihr eigenthümliche Mem— bran erkennen kann; d. endlich im Mittelpunkte oder dem Umfange etwas näher bemerkt man eine kugelige oder eiför— mige Zelle, ſcharf gezeichnet, mit durchſichtigem Inhalte und einem, zuweilen auch zwei oder drei Kernen mit ſcharf ge— zeichnetem Contour und glänzender Scheibe (centre brillant). 4 51 26. Zuweilen finden ſich um den Kern herum einige ganz feine Körnchen angehäuft. In dieſe Kugeln münden an den beiden etwas abge— platteten Polen die breiten Nervenfaſern, die man oft bei gelungenen Präparaten 3 — 4 Millim. weit verfolgen kann. Ehe die Faſer an die Kugel tritt, verengert ſich ihre Höh— lung um mehr als die Hälfte auf eine größere Strecke, um die Wand der Kugel zu durchſetzen und öffnet ſich dann plötzlich trichterförmig. Man ſieht oft den etwas flüſſigeren und dunkeleren Inhalt einer Faſer in die Kugel eintreten und deren Inhalt vor ſich her ſchiebend; zuweilen zieht ſich die Kugel wieder zuſammen und treibt denſelben in die Ner— venfaſer zurück; mit Hilfe eines leichten Deckgläschens kann man dieſe Erſcheinung oft hinter einander hervorrufen. Durch Alkohol wird der Inhalt der Kugel zuſammengezogen und bleibt dann häufig durch zwei Faden mit den beiden Mün— dungen der Faſern in Verbindung. Mit der Centralzelle ſteht die Nervenfaſer niemals in Verbindung, wie Harleß behauptet und abgebildet hat. Die Kugeln ſind außen mit ziemlich den Meridianen entſprechend geordneten Faſern von Bindegewebe beſetzt, die an den Polen auf die Nervenfaſern übergehen und um die— ſelben eine Art von Neurilem bilden. Auf der äußeren Fläche dieſes Bindegewebes finden ſich noch einige feine, ge— bogene, veräſtelte und anaftomofirende Faſern elaſtiſchen Ge: webes. Wenn nur an dem einen Pole der Kugeln eine Nervenfaſer ſichtbar iſt, ſo machen es doch die übrigen Er— ſcheinungen ſtets wahrſcheinlich, daß die andere Faſer nur durch die nöthige Präparation abgeriffen iſt. B. Die kleineren Ganglienkugeln find eiförmig, zuweilen faſt kugelig oder birnförmig, etwa 0,116 bis 0,080 Millim. lang und 0,060 bis 0,070 Millim. breit. Von außen nach innen zeigen ſich folgende Theile: a. eine äußerſt zarte Umhüllungsmembran, deren beide Con— touren zuweilen in eine einzige dicke und dunklere Linie zu— ſammenfließen. Dieſe Membran iſt ſtructurlos, durchſichtig und nur zuweilen mit einzelnen Bindegewebefaſern durchzo— gen; b. eine Lage kugeliger, waſſerheller, ſcharf gezeichneter Zellen von 0,016 bis 0,020 Millim. Durchmeſſer, mit centra— lem, ſcharf gezeichnetem dunklen Kerne und, halbmondförmig oder länglich, 0,005 bis 0,008 Millim. lang; c. den In— halt nimmt man anfänglich wegen jener Zellen gar nicht wahr, bei Anwendung von Alkohol zieht er ſich aber zu— ſammen, wird gelblich, durchſcheinend und körnig; d. meiſt, wenn auch nicht immer, findet ſich im Innern noch eine der anderen ähnliche Zelle, die ſich graulich von dem klaren gelblichen Inhalte der Kugel abſetzt. An die Pole der langen Achſe dieſer Kugeln treten zwei feine Nervenfafern, deren Contouren bei ihrer Einmündung ſtets einfach werden. Sie ſind hier immer leer, verhalten ſich aber übrigens zu dieſen Kugeln ganz wie die breiten Ner— venfaſern zu den größeren. Auch hier hat Harleß Un— recht, wenn er die Faſern mit der Centralzelle in Verbin: dung bringt. In den Ganglien bilden die kleineren Kugeln Gruppen von vier bis acht, die größeren von ſechs bis zehn Stück. I. 4. 52 Die von den kleineren abgehenden Nervenfaſern verbinden ſich ſogleich in dichte Bündelchen. Die beiden Arten von Ganglienkugeln finden ſich mit gewiſſen Modificationen auch bei den übrigen Wirbelthieren. Die Verbindung der Nervenfaſern mit den Kugeln iſt wegen des innigen Zuſammenhanges der Elemente und der Menge des Bindegewebes in den Ganglien überall ſchwicriger dar: zuſtellen, als bei der Plagioſtomen, doch gelingt es noch ziemlich leicht bei den Vögeln. (L’Institut, 687.) IX. Neue mikroſkopiſche Unterſuchungen über die feinere Structur der Netzhaut. Von Ph. Pacini “). II n'y a petit dans la Nature que les petits esprits. Raspail. Paeini führt die feineren Elemente der Netzhaut auf die des Gehirnes zurück und ſchickt daher die Reſultate ſeiner Unterſuchungen über die morphologiſchen Kugelele— mente der Corticalſubſtanz des Gehirnes vor— aus. Letztere ſind: 1) Nerbenkörnchen (Granuli s. Nucleoli nervosi. — Körnige Grundſubſtanz Henle's, amorphe graue Subſtanz Mandl s). Es ſind außerordentlich feine und einfache durch die Rindenſubſtanz verbreitete Körperchen von 0,0008 **) Durchm. und haben die Bedeutung der Kernkörperchen. 2) Nervenkerne (Nuclei nervosi). Von 0,0058 Dchm. mit ſcharfen Contouren und Kernkörperchen. 3) Nervenzellen (Cellule nerv., Belegungskörper Valentin's, graue Körper Mandl's). Sie haben eine ſehr feine Umhüllungshaut, ſind fein granulirt und enthalten oft, die beiden vorigen Elemente einſchließend, Kerne mit oder ohne Kernkörperchen; ihr Dchm. iſt 0,0121. 4) Ganglienkörper (Corpuscoli gangliari). Sie ſind fein granulirt, enthalten alle vorigen Elemente und ha— ben ſo die Bedeutung einer großen, andere einſchließenden, Zelle. Ihr Dchm. iſt 0,0275. Dieſe vier Elemente ſoll man beſonders deutlich auf Durchſchnitten der Rindenſubſtanz des kleinen Gehirnes ſehen, indem ſie daſelbſt ſchichtweis über einander liegen, oben die Körnchen, unten die Ganglienkörper. über den Zuſammenhang der Faſer- und Kugelelemente im Gehirne iſt hier nur ſo viel zu erwähnen, daß P. den Urſprung von Hirnfaſern aus Ganglienkugeln einige Mal ſah; auch feine Nervenkerne ſah er reihenweis an zierlichen Stielen an die Hirnfaſern zweizeilig befeſtigt und, indem er dieſe Stiele Theilungen oder Veräſtelungen der Primitio⸗ fafern nennt, ſcheint es ihm nicht unwahrſcheinlich zu ſein, daß auch ſeine Körnchen an unermeßlich fein zertheilten Fa⸗ *) Nuovericerche mieroscopiche sulla tessitura intima della Retina nell’ Uomo, nei Vertebrati, nei Cefalopodi, e negli In- setti etc. di Filippo Pacini. Aus den Nuovi Annali delle Scienze Naturali a Bologna fasc. Luglio e Agosto 1845. Mit dem oben angeführten Motto des Autors. **) Millimeter. Die Meſſungen beziehen ſich immer auf das menſchliche Auge. 53 fern hängen, obgleich er auch die Möglichkeit zugiebt, daß ſie confervenartig an einander gereiht ſein möchten. Da die Unterſuchung der meuſchlichen Netzhaut, wegen ihrer leichten Zerſtörbarkeit nach dem Tode, ſehr ſchwierig iſt, müſſen die Thieraugen zur Ergänzung und zum Ver⸗ ſtändniſſe der Elemente der menſchlichen Netzhaut benutzt werden, was um ſo weniger Schwierigkeiten hat, als die Netzhaut aller Wirbelthiere nach einem beſtimmten Typus gebaut iſt. g Die vorzüglichſte Methode, die Netzhaut zu unterſuchen, iſt folgende: Man bildet mit der vom Glaskörper und der Gefäßhaut fein gelöſ'ten Netzhaut eine Falte, deren convere Seite durch die concave (innere) der Netzhaut gebildet wird; wichtig iſt dabei die Richtung der Falte. Man legt das Präparat zwiſchen zwei Glasplatten und, indem man nun den Focus des Mikroſkopes verändert oder einen mehr oder minder ſtarken Druck auf die Netzhaut ausübt (P. verſpricht bei dieſer Gelegenheit, ein neues Compreſſorium bekannt zu machen), kann man, bei der vollkommenen Durchſichtigkeit der Netzhaut, alle Schichten ſehr ſchön betrachten. Nur an der verfehlten Methode liegt die Mangelhaftigkeit der frühe: ren Unterſuchungen anderer Autoren. Der Bau der Netzhaut iſt nun folgender: Zwiſchen Glaskörper und Netzhaut findet man eine feine, homogene Haut von 0,0010 Dachm., auf welcher unendlich kleine Pflaſterepithelien liegen, und die theils mit der Glas— haut eng zuſammenhängt, theils von ihr getrennt werden kann. Sie ſetzt ſich am Ciliarringe an und verhindert die weitere Fortſetzung der Schichten der eigentlichen Netzhaut über dieſen hinaus. Zwiſchen dieſer Grenzmembran und der Glashaut liegt die Gefäßausbreitung, welche durchaus nicht in die Dicke der Netzhaut eindringt. Die feinſten Capillaren bilden Endigungen, in welchen die Blutkörperchen nur in einer Reihe an einander liegen. Über der Grenzmembran liegt: 1) die Schicht der eigentlichen Netzhaut, gebildet durch die Ausbreitung des Sehnerven, deſſen Primitivfafern vom Eintrittspunkte aus als Radien (Meridiane) bis zum ungefähren Aquator des Augapfels laufen, und ſich dann umbiegend als Ringe um den Ciliarring gehen. Sie endigen in Schlingen; 2) eine Lage von Kugeln, entſprechend den Nerven— zellen des Hirnes (ſ. oben); die Kugeln haben 0,0111 — 0,0188, die ganze Schicht 0,0186 im Durchmeſſer. Aus jeder Kugel entſpringt eine Faſer 3) des Lagers, welches, wie P. ſelbſt ſagt, beim erſten Anblick etwas problematiſch erſcheint. Von feiner blaſſen, gelb: röthlichen Farbe hängt die Farbe des gelben Fleckes ab, welcher (um das Centralloch herum, auf dem ſämmtliche Schichten fehlen) einzig und allein durch dieſe drei Schichten gebildet wird. Hat man die Netzhaut in der Richtung eines Meridianes gefaltet, fo ſieht man die grauen von der amorphen, körnigen Subſtanz (ſ. oben) umgebenen Faſern radienartig ſo nach der Circumferenz laufen, daß die inneren kurz, die äußeren lang ſind. Alle enden in den Kugeln der zweiten Linie. 26. II. 4. 54 J Vollkommen durchſichtiges Lager von, in vier bis fünf Reihen regelmäßig neben- und über einander liegenden, Kugeln, an welchen zuweilen kleine Stiele geſehen wurden. Sie haben den Charakter der Nervenkerne. Dicke der Schicht 0,0496. 5) Cylinderſchicht, Jacob'ſche Membran. Um ſie richtig beobachten zu können, ſoll man die Netzhaut fo fal- ten, daß die Cylinder auf die convere Höhe der Falte kom⸗ men. Dicke der Schicht 0,0246. — Die einzelnen Cy— linder beſtehen aus außerordentlich feinen, eng auf ein⸗ ander liegenden Scheiben (feine Querſtreifen, horizontale Bruchfläche). Die Zwillingszapfen ſind zwei unten verbundene coni, oder ein mit einem Cylinder verbundener dicker conus, fo daß die coni nichts find, als modificirte Cylinder. Beide gleichen in mancher Hinſicht den Nervenzellen, und es ge⸗ hört daher die Cylinderlage integrirend zur eigentlich nervö— ſen Netzhaut. Am inneren Ende tragen die Cylinder eine Kugel, deren Lage als Supplementärlager zwiſchen 4 und 5 iſt. Auf dem äußeren Ende ſitzen ebenfalls Endkugeln auf, welche in gewiſſer Ordnung zu den Pigmentzellen und den Cylindern geordnet find. Nachdem P. den Bau der Netzhaut der Wirbelthiere vollendet hat, beſchreibt er die Augen und Netzhaut der Se- pia officinalis und Musca domestica und bringt feinen Be: fund in Analogie mit den Elementen der Netzhaut der Wir— belthiere. Als letzter Abſchnitt folgen dann kritiſche Beobachtungen über die Unterſuchungen früherer Autoren, ein Verſuch des Autors, ſeine Reſultate doch einigermaßen mit denen ſeiner Vorgänger in Einklang zu bringen, indem er die einzelnen Schichten, welche Andere gefunden, nach ſeinem Syſteme aus⸗ legt und in feine Reihe einordnet. (Wobei er nur zu deutlich zeigt, daß er eben ſo wenig im Stande iſt, fremde Unterſuchungen zu verſtehen, als eigene klar und unbefangen auszulegen — resp. zu machen.) Die dem Werkchen beigegebenen Abbildungen ſind ſehr mittelmäßig, erleichtern aber das Verſtändniß ſehr, indem ſie die feinſten Partien in groben Zügen wiedergeben. “ * X. Mulder, über die Zuſammenſetzung der Galle. Mulder hat die Galle neuerdings einer ausführlichen Unterſuchung unterworfen; feine vorzüglich durch eine zahle reiche Reihe von Elementaranalyſen geſtützten Reſultate recht⸗ fertigen die früheren Anſichten von Berzelius gegen die ſpäteren von Theyer und Schloſſer. Der Mutterſtoff der Galle iſt das Bilin von Berze— lius, welches jedoch rein nur in mäfferigen oder alkoholi⸗ ſchen Auflöſungen erhalten werden kann, da es beim Gin: dampfen demſelben Zerſetzungsproceſſe unterworfen iſt, wie bei der Behandlung mit Säuren und beim Faulen. Es ent⸗ hält Schwefel und Stickſtoff. Seine Zerſetzungsproducte ſind: 4* 55 26. II. 4. 56 Taurin C4 1114 N, 05 82 Ammoniak H N Waſſer 112 0 und Fette C50 1172 O5 + n Ag. Das Taurin nimmt alſo den ganzen Schwefelgehalt des Bilins auf; außer ihm und Ammoniak entſtehen keine ſtickſtoffhaltigen Zerſetzungsproducte. Die ſtickſtoffleeren Zer— ſetzungsproducte bilden folgende Reihe, deren Endglied das Dyslyſin iſt. Cholſäure Coo H2 06 + 5 U20 (2) Fellinſäure e 0 Fellanſäure „ „ 3 20 Cholinſäure = „ „ 20 Dyslyſin (in Alkohol löslich) e 20 Dyslyſin (in Alkohol unlöslich) = = = + ½ H Dyslyſin (in Ather unlöslich) 00 Mit der Fellinſäure und Cholinſäure paart ſich das Bilin zu Bilifellin- und Bilicholinſäure. Ein Gemenge von dieſen beiden und gewöhnlich auch von Fellinſäure und Cho— linſäure machen die Choleinſäure Theyers und Schloſ— ſers aus. Der Name Choleinſäure muß alſo aus der Wiſſenſchaft geſtrichen werden. Das Natron der Galle findet ſich urſprünglich als koh— lenſaures Natron und tritt erſt nach angefangener Zer— ſetzung mit den gebildeten Fettſäuren zu einer ſeifenartigen Verbindung zuſammen. Allein die Zerſetzung des Bilins beginnt ſchon in der Gallenblaſe; ihre Veranlaſſung iſt un- bekannt. In der Anweſenheit von Schleim iſt fie nicht zu ſuchen, denn auch ganz ſchleimfreie Galle geht in denſelben Zerſetzungsproceß ein. Im Darmcanale wird ſie durch den ſauren Magen- und Darmſaft ſehr befördert, ſo daß in den faeces durchaus kein Bilin, keine Galle im gewöhnlichen Sinne vorkommen können, wohl aber Fellinſäure, Cholin— ſäure, vielleicht auch Dyslyſin und Taurin vorkommen müſſen; und dieſe letzten können, nach Mulder, nicht wieder reſor— birt werden. Die Galle iſt alſo nach ihm ein reines Er— tract. (Scheikundige Onderzoekingen etc., 4. Deel, 1. Stuck.) Mifcellen 7. In den ln Quellen Islands zeigt ſich ein merk⸗ würdiges Verhältniß der Kieſelerde zu den Alkalien: Geyſer Laugar Verhältniß des Sauerſtoffes wie Kieſelerde 0,5190 0,1350 Natron 0,3427 0,0942 zu Kali 0,0097 0,0000 ! 1 = V ß Badſtoſa Hpergarein Store ver Salzrſtofſe wie Kieſelerde 0,2630 0,3240 0,3160 2 Natron 0,2529 0,3188 0,3072 zu Kali 0,0124 0,0000 0,0150 | 1 Zieht man die Alfalimengen, die zur Sattigung des Chlors und der Schwefelſäure nöthig find, ab, fo bleiben die Sauerſtoffver— hältniſſe im Geyſer = 9 : 1, Badſtofa = 8: 1, Laugar 6 1. Zur Erklärung dieſer Erſcheinung verweiſ't Damour auf folgen— den Verſuch: 12,819 Gr. caleinirter Meſotyp wurden wiederholt mit kochendem Waſſer behandelt; dieſes nahm 0,3153 auf, beſtehend * e e wie \ Kieſelerde 0,0395 aus 5 Alaunerde 0,0360 zu Natron 0,2398 1 Die Alaunerde war bei verſchiedenen Verſuchen in verſchiedener Menge vorhanden. Gewiſſe für unlöslich gehaltene Mineralſub⸗ ſtanzen werden, dem zu Folge, ziemlich leicht ſchon bei gewöhnlichem Drucke und mäßig erhöhter Temperatur aufgelöft. Um fo mehr wird das unter hohem Drucke bedeutend ſtärker erhitzte Waſſer auf die trachytiſchen Wände der unterirdiſchen Duellenbehälter wirken. (Comptes rendus, 8. Fevr. 1847.) 8. Über das Alter, in welchem die Mannbarfeit bei den Frauen auf Madeira eintritt, hat Dr. Robert⸗ ſon im Edinburgh medical & surgical Journal Nachrichten mit⸗ getheilt. Die mittlere Temperatur der Hauptſtadt Funchal iſt etwa 64° Fahrenh. Die Inſel liegt unter 32° n. Br. In Betracht dieſer Temperatur und der geographifchen Breite ſtellt fi die Mann⸗ barkeit durchſchnittlich ſehr jpat ein. Aus 228 Fällen ergab ſich nämlich das Mittel von 15 Jahren 5 Monaten, während es in England, unter Berückſichtigung von 540 Fallen, zu 14 Jahren 10 Monaten gefunden ward. Über obige Fälle giebt folgende Ta⸗ belle nähere Auskunft. Alter. Madeira. England. 9 0 10 0 14 11 2 19 12 11 35 13 19 66 14 35 99 15 67 104 16 40 85 17 21 54 18 12 34 19 17 16 20 4 8 21 0 2 22 0 1 228 540 9. Ein Meteorfteinfall hat am 25. Dec. vorigen Jah⸗ res die Bewohner von Mindelthal und den benachbarten Thälern in Schrecken geſetzt. Gegen 2 Uhr Nachmittags erhob ſich ein donner ähnliches Geräuſch, welches 3 Minuten anhielt. Im Dorfe Schönes berg ſah man einen ſchwarzen Körper mit großer Geſchwindigkeit ſich über den Häuſern hinbewegen, der bald darauf in einen Gar⸗ ten fiel, wo er in einen bis auf zwei Fuß tief gefrorenen Lehm⸗ boden eindrang. Die Form des Steines iſt die einer unregelmäßi⸗ gen geſtutzten Pyramide mit einer ſehr breiten und 3 ſchmalen Flächen. Außerlich iſt der Stein mit einer faſt ſchaumigen Cruſte bekleidet, nur die Grundfläche iſt vollkommen glatt. — Die innere Structur zeigt große Ahnlichkeit mit feinfornigem Dolerit, der Bruch iſt graulichweiß mit grauen Flecken. Man unterſcheidet metalliſche Stellen, welche ſich unterm Mikroſkope als Octasder von Eiſen und vielleicht zum Theil von Zinn erkennen laſſen, wäh⸗ rend die anderen Beſtandtheile Pyroren, Olivin, Labrador, Py⸗ rit u. ſ. w. ſind. Der Stein wiegt 14 Pfund 17 Unzen, ſeine Hohe iſt 8 Zoll, feine Breite 7 Zoll, feine Dicke 5 Zoll. Dieſe Erſcheinung war von bedeutenden Veränderungen im Zuſtande der Atmoſphäre begleitet. Anfänglich war der Himmel von Wolken bedeckt, und es drohte ein heftiger Schneefall, das Thermometer ſtand auf 0%. Bei der Erſcheinung des Meteors hellte ſich der Himmel ganz plötzlich auf, beſonders in der Richtung, welche jenes nahm, und bald ſchien die Sonne in vollem Glanze. (L'Institut, No. 686.) 10. Über mikroſkopiſche Kryſtalle in den Pflanzen hat Edw. Quekett feine Unterſuchungen fortgeſetzt. In den Kelchblättern des gemeinen (2) Pelargonium, des Geranium robertia- num und lueidum fand er kleine gehäufte und ftrablenformig um einen gemeinſchaftlichen Mittelpunkt geordnete Kryſtalle, jede Zelle 57 26. II. 4. ausfüllend. Nur die Zellen des Randes find durchſichtig und frei von Kryſtallen. Die Kryſtalle ſind vollkommen deutlich; ihre Zahl, ihre Regelmäßigkeit find ſehr auffallend. Ihre Größe wechſelt zwiſchen ½% bis Yısoo Zoll. Sie ſcheinen aus oralſaurem Kalke u beſtehen. Die Balfamineen, Tropäoleen, Oralideen, Lineen haben 8 Kryſtalle; die Malvaceen zeigen fie, aber ſelten. Die Kelch— blätter von Dianthus caryophyllus und Prunella vulgaris zeigen cubiſche Kryſtalle; die Fuchſien enthalten eine große Menge nadel⸗ 58 foͤrmiger Kryſtalle. Die Kelchblätter der Kirſche verhalten ſich wie die des Geranium. Als Reſultate meint Quekett ausſprechen zu dürfen, daß die Gegenwart der Kryſtalle ein gutes Merkmal zur Be⸗ ſtimmung zweifelhafter Verwandtſchaften ſei. (L'Institut, No. 686.) 11. Fruchthäufchen auf der oberen Flache der Blätter von Asplenium Trichomanes fand N. B. Ward in einem einzigen Gremplare; fo viel uns bekannt, eine noch nicht beobachtete Monſtroſität. (Athenneum, No. 1006.) Heilkunde. (VIII.) Aus Dr. Pinel's Werk über Natur, Urſachen und Behandlung der Geiſteskrankheiten. Von Dr. Coſtello. Über die geiſtige Behandlung des Wahnſinnes. Bei allen chroniſchen Leiden des Gehirnes, bei dem partiellen Wahnſinne, welcher durch einen krankhaften Zu— ſtand des Organes unterhalten wird, z. B. bei gewiſſen Monomanien und Melancholien, ja ſelbſt im Anfangsſtadium des allgemeinen Wahnſinnes, kann der Arzt, nachdem er alle übrigen Hilfsmittel ſeiner Wiſſenſchaft erſchöpft zu haben glaubt, die geiſtige Behandlung vielleicht noch mit Erfolg in Anwendung bringen. Dieſe beſteht aber nicht lediglich in dem Bekämpfen und Berichtigen irriger Vorſtellungen oder wahnwitziger Ideen durch richtige Anſichten, logiſche Folgerungen und heftige Gemüthsbewegungen, ſondern um— faßt auch alle, bei anderen, namentlich chroniſchen Gehirn— krankheiten anwendbaren geiſtigen Mittel, deren Zahl un— gemein groß iſt. Ein Arzt, welcher die ganze Wichtigkeit dieſer Behand— lung erkannt hat, muß auf Beſeitigung der geiſtigen Ver— anlaſſungsurſachen hinarbeiten, welche das Delirium erregt haben und dasſelbe entweder beſtändig unterbalten oder doch während der Geneſung ſehr leicht einen Rückfall erzeugen können. Liebe, Religion, Eiferſucht, Kummer machen oft den Wahnſinn bloß deßhalb unheilbar, weil fie in der gün— ſtigen Kriſis der Krankheit von Neuem einwirken. Leute, die geiſtig nicht vorzüglich begabt ſind, widerſtehen dem Ein— fluſſe dieſer Affecte nicht leicht, da ein ſehr mächtiger Ent: ſchluß und große Geiſteskraft dazu gehören, eine Leidenſchaft zu vergeſſen oder zu überwinden, welche ſtark genug war, um Wahnſinn zu erzeugen. Religiöſe Gefühle und Bedenk— lichkeiten laſſen ſich gewöhnlich um jo ſchwerer beſeitigen, als ſie ſich auf die heiligſten und ehrwürdigiten Intereſſen der Menſchheit gründen und mit vieſen identificirt werden, und es hält eben ſo ſchwer, einen religiöſen Monomanen über religiöſe Angelegenheiten beſonnen urtheilen zu machen, als einen politiſchen zu einer unbefangenen Anſchauung der ſtaatlichen Verhältniſſe zu bringen, und dennoch hat man, wenn es nicht gelingt, dieſe eraltirten Anſichten zu ver— bannen, ſtets einen Rückfall in den Wahnſinn zu befürchten. Ein anderer Punkt, auf den viel ankommt, iſt, daß man den Patienten von allen ſeinen gewohnten Neigungen, von ſeinen Verwandten und Bekannten entferne, ihn mit einem Worte von allen ſeinen früheren Gewohnheiten ab— bringe. Die Erfahrung hat gelehrt, daß ohne dieſe vor— bereitende Maßregel alles Übrige unnütz iſt. Bei der geiſtigen Behandlung iſt ferner zu berückſichti— gen, daß man die Aufmerkſamkeit des Patienten vorzugs— weiſe auf gewiſſe Gegenſtände zu richten hat; daß man ihn veranlaſſen muß, über Alles, was er thut oder ſagt, nachzu— denken, und daß man durch die gewaltſamſten Mittel, als Schrecken und heftige Gemüthsbewegungen, den ihm zur Gewohnheit gewordenen falſchen Gang der Gedanken und Gefühle zu unterbrechen und in eine andere Bahn zu len— ken hat. Bei der Monomanie müſſen wir der firen Idee, welche im Geiſte des Patienten Wurzel geſchlagen hat, und die ihn wie eine Furie verfolgt, kräftig entgegentreten. In gewiſſen Fällen handelt es ſich darum, übele Neigungen durch An— regung der entgegengeſetzten Neigungen zu verbannen und freundliche, heilſame Gefühle an die Stelle fehlerhafter Ten— denzen treten zu laſſen. Bei der Melancholie und dem chroniſchen Delirium muß unſer Beſtreben dahin gehen, den Patienten mit neuem Muthe, neuer Hoffnung zu beleben, indem wir ihm ver— ſichern, er werde bald geneſen und indem wir alle chimäri— ſchen Gedanken, welche ſeine Ausſicht in die Zukunft trüben, zu vertreiben ſuchen. Man muß ihn zu ſeinen frühe Liebhabereien, zu feinen natürlichen Gefühlen, deren Stö mit feiner Geiſteskrankheit innig zuſammenhängt, zur führen ſuchen. Kurz, die Behandlung muß darauf gerichtet ſein, den Patienten in die für ſeinen Zuſtand günſtigſte Geiſtesſtimmung zu verſetzen, ſo daß jeder ihm und Anderen ſchädlichen Handlung nach Möglichkeit vorgebeugt wird. Dies wären die wichtigſten Indicationen, welche bei der geiſtigen Behandlung zu erfüllen ſind und deren nähere Begründung wir nun verſuchen wollen. Zuvörderſt haben wir den Einfluß der Leidenſchaften auf unferen Organismus, ſowie deren Wirkungsweiſe bin: ſichtlich der Erzeugung des Wahnſinns zu unterſuchen, ins dem wir ſie hier lediglich als organiſche Erſcheinungen be— trachten, die beitändig durch Vergnügen und Schmerz auf den Körper zurückwirken. 59 26. II. 4. 60 Einen ſtürmiſchen und leidenſchaftlichen Antrieb können wir uns nicht ohne ein zugleich der Befriedigung desſelben entgegentretendes Hinderniß denken. Es handelt ſich dabei ſtets um Vermeidung eines unangenehmen oder um Exlan— gung eines angenehmen Gefühles. Dieſe natürlichen Ten— denzen knüpfen ſich an die freie Entwickelung aller unſerer Functionen, und der mächtigſte Hebel unſerer Handlungen iſt unſtreitig jener Inſtinct, welcher ſich auf die Fortpflan— zung unſerer Species bezieht und welcher drei ſehr ſtarke Gefühle, nämlich: die Erhaltung des Lebens, die Repro— duetion der Species und den Schutz der Nachkommenſchaft während des Kindesalters umfaßt. Zu den unangenehmen Empfindungen, welche uns an die Erhaltung des Lebens erinnern, gehört der Hunger; das Beſtreben, Nahrung einzunehmen und unſere ſonſtigen Lebens— bedürfniſſe herbeizuſchaffen, welches den Handlungen des Menſchen, des civiliſirten, wie des wilden, unter tauſend For— men zu Grunde liegt. Ferner die Beängſtigung, welche wir beim Athmen fühlen, wenn es uns an hinreichender Luft fehlt; die ſchmerzhaften Eindrücke der Hitze und Kälte, welche uns zum Bekleiden und zum Häuſerbaue nöthigen; das unan— genehme Gefühl, welches wir haben, wenn wir den Drang, die Exeremente auszuleeren, nicht befriedigen können; das Gefühl der Ermattung, welches in Folge übermäßiger kör— perlicher Anſtrengung eintritt und uns dringend zum Aus— ruhen mahnt; endlich der leidende Zuſtand, welcher durch Störungen in den Functionen der Organe verurſacht wird und der uns treibt, ärztliche Hilfe nachzuſuchen. Dieſer Erhaltungstrieb veranlaßt uns urſprünglich, nach denjenigen Nahrungsmitteln zu ſtreben, welche unſerm Gaumen am beſten zuſagen; die Luft aufzuſuchen, in welcher wir am leichteſten athmen und uns überhaupt unter diejenigen Um: ſtände zu verſetzen, unter denen alle unſere körperlichen Fun⸗ ctionen am vollſtändigſten und regelmäßigſten von Statten gehen, während das Vergnügen, welches wir z. B. bei der Befriedigung des Geſchlechtstriebes empfinden, unſerer Nei— gung zur Erfüllung der Pflicht der Erhaltung der Species mächtigen Vorſchub leiſtet. Aus dieſen verſchiedenen Empfindungen von Schmerz oder Vergnügen, welche ſämmtlich auf die Lebenserhaltung Bezug haben, entſpringen im ſocialen und civiliſirten Leben alle jene künſtlichen Bedürfniſſe, welche neue Veranlaſſungs— urſachen zu Begierden und Gemüthsbewegungen werden, z. B. die Sucht nach Ehrenſtellen, Geld, Ruhm zc., nach welchen man des Wohllebens und der Eitelkeit wegen trach— tet, und dieſe beſtändig angeregten und ſelten befriedigten Begierden wirken fortwährend auf unſere geiſtigen Fähig⸗ keiten ein, bis dieſe endlich abgenutzt ſind. Auf dieſe Weiſe ſtehen unſere Bedürfniſſe mit Reſultaten in Verbindung, die man auf den erſten Blick als jenen ganz fremd betrachten könnte, und ſie veranlaſſen tagtäglich Wahnſinn, Raſerei, Selbſtmord und alle jene Verdrehungen der Intelligenz und des Gefühles, welche, wie es ſcheint, die unzertrennlichen Begleiter eines hochentwickelten Culturzuſtandes ſind. Alle menſchlichen Leidenſchaften laſſen ſich alſo, ganz abgeſehen von deren moraliſcher oder unmoraliſcher Bedeu⸗ tung, auf das natürliche oder künſtliche Bedürfniß derjenigen Genüſſe zurückführen, welche unſer phyſiſches oder geiſtiges Wohlbefinden erheiſcht. Wir wollen nun annehmen, daß zu dieſer allgemeinen Urſache noch eine ungewöhnliche Erreg⸗ barkeit, eine hochentwickelte nervöſe Reizbarkeit hinzutrete, und alsbald werden jene Bedürfniſſe zu einer Quelle un⸗ erträglicher Leiden, und ſie machen ſich durch leidenſchaftliche Ausbrüche Luft, die um ſo heftiger ſein werden, je ſchroffer und unvorhergeſehener die Hinderniſſe ſind, die ſich der Be⸗ friedigung des Bedürfniſſes entgegenſtellen. Nachdem wir nun die Natur der Leidenſchaften betrach⸗ tet haben, wollen wir deren Wirkungen näher ins Auge faſſen. Nach der Aufregung treten Niedergeſchlagenheit, Schwäche, ein allgemeines Gefühl von Schlaffheit, Geſichts⸗ bläſſe, Erkalten der Ertremitäten, Verzögerung des Blut⸗ umlaufes, Beängſtigung, Zerſtreutheit, Athmungs beſchwerden, Seufzen, endlich ein ſchlaftrunkener Zuſtand, ja ſelbſt Ka⸗ talepſie ein. Wenn die Leidenſchaft beſtändig und anhal⸗ tend auf denſelben Punkt hinwirkt, ſo äußern ſich die Fol⸗ gen nicht ſo ſtürmiſch, aber nicht weniger tiefgreifend, und wegen der äußeren Ruhe um ſo gefährlicher. Anfangs zeigt ſich die Wirkung nur in der Geſtalt eines allgemeinen Mangels an Intereſſe am Leben und deſſen Greigniffen, einer entſchiedenen Abneigung gegen körperliche Bewegung, Abſpannung der Verdauungskraft, langſamen Dahinſiechens unter dem Einfluſſe melancholiſcher Gedanken. Zuweilen bemerkt man eine unwiderſtehliche Neigung zum Denken an den Tod und Selbſtmord; zuweilen ſtillen oder tobenden Wahnſinn, der ſich in eraltirten tollen Gedanken oder in dumpfem Dahinbrüten äußert, eine auffallende Veränderung der Geſichtszüge hervorbringt und zuletzt plötzlich in die hef— tigſte Raſerei ausbricht. Analyſiren wir alle dieſe Urſachen, alle dieſe Wirkun⸗ gen des Kummers, Schreckens, Zornes, Haſſes, der Eifer⸗ ſucht und Freude, ſo finden wir, daß, abgeſehen von den aus der Lage und Leibes beſchaffenheit der verſchiedenen In⸗ dividuen hervorgehenden Modificationen, dieſe Leidenſchaften ſtets dadurch die Macht erlangen, einen nachtheiligen Einfluß auf das Gehirn auszuüben, daß ſie dem Selbſterhaltungstriebe Eintrag thun oder ſchmeicheln, und daß ſie in dieſem Or⸗ gane Störungen erzeugen, welche von einfacher Congeſtion bis zur wirklichen Desorganiſation fortſchreiten. Wenn die geiftige Behandlung wirkſam fein ſoll, jo müſſen vor Allem die Grundurſachen des Übels ermittelt und dann die Art, wie dieſelben auf den Organismus eingewirkt haben, Schritt vor Schritt verfolgt werden. Die geiſtigen Urſachen ſind alſo nichts weiter, als Stei⸗ gerungen gewiſſer Functionen des Gehirnes ſelbſt, wodurch dieſes Organ zuletzt erkrankt. In gewiſſen Fällen von Wahnſinn können dieſelben, in geeigneter Verbindung mit anderen Mitteln, ihrerſeits als Heilmittel angewandt werden. Wirkungen der Iſolirung. Die Trennung der Wahnſinnigen von den Gegenſtän⸗ den, von denen ſie bis zum Ausbruche der Krankheit umgeben waren, von den Verwandten, Freunden und Die⸗ 61 26. II. 4. 62 nern, an deren Nähe ſie gewöhnt ſind, kurz eine gänzliche Unterbrechung aller bisherigen Beziehungen und Gewohn⸗ heiten, iſt eine Hauptbedingung, durch deren Erfüllung jede irgend Erfolg verſprechende Cur eingeleitet werden muß. Die tägliche Erfahrung lehrt, wie ſchwer es hält, reiche Wahnſinnige zu Hauſe zu heilen. Wenn es nicht angeht, den Patienten in eine Irrenanſtalt zu bringen, ſo muß er wenigſtens alsbald ein anderes Logis beziehen, wo er lauter ihm bisher fremde Geſichter ſieht. Durch dieſe Iſolirung erfüllen wir mehrere ſehr wichtige Anzeigen. Wir entfernen den Pa— tienten von den Veranlaſſungsurſachen, die ihn heftig affieirt haben, und durch welchen die von ihm empfundenen Ein— drücke beſtändig neu aufgeregt werden könnten. Schon dieſe Maßregel muß darauf hinwirken, dieſelben zu vergeſſen. Ferner wird er nicht länger durch den Anblick der Perſonen betrübt oder geärgert, welche Zeugen des erſten Ausbruches ſeiner Krankheit waren und oft mit halfen, wenn er end— lich gebändiget werden mußte. Gegen dieſe Leute zeigen die Wahnſinnigen, ſei es nun aus Scham oder irgend einem anderen Grunde, ſtets eine unüberwindliche Abneigung. Läßt man den Patienten durch die Perſonen bedienen, an die er gewöhnt iſt, ſo beſteht er darauf, daß ſie ſeine Befehle reſpectiren und geräth in Zorn, wenn es nicht ſogleich ge— ſchieht. Auch wird ſeine bisherige Dienerſchaft in Aus— führung der Anordnungen des Arztes gegen den Willen des Patienten nicht die gehörige Feſtigkeit bewähren. Ganz anders verhält es ſich, wenn er von neuen Menſchen um— geben iſt. Dieſe können über ihn jeden erforderlichen Grad von Autorität ausüben. Als Fremde werden ſie von ihm leicht eine Nachgiebigkeit erlangen, die er ſeinen Verwandten und Bekannten hartnäckig verweigert haben würde, und wenn fie ſich auch noch fo gefällig und höflich benehmen, jo hat doch dieſes Benehmen gleich von vorn herein den Anſtrich, als ob es in Folge der ihnen ertheilten Inſtruction Statt finde; wogegen, ſo oft der Fall eintritt, dem Kranken ir— gend etwas zu verweigern, dies ohne alles unnütze Hin- und Herreden geſchieht. So ſchätzt derſelbe ſich zuletzt glücklich, einer gütigen Behandlung theilhaftig zu werden, und es iſt zweckmäßig, daß ihn die Leute merken laſſen, eine ſolche finde aus Mitleiden mit ſeinem Zuſtande Statt. Sobald alsdann ſein Geiſt ſich einigermaßen wieder geſammelt hat, wird der Patient ſich in allen Beziehungen höchſt fügſam zeigen. Indem man fo den Wahnſinnigen in ganz neue Ver: hältniſſe verſetzt, wird er durch Alles, was er erlebt, in einer höchſt erſprießlichen Weiſe von ſeinen übelen Ge— wohnheiten abgezogen. Dabei ſind die Wahnſinnigen ge— wöhnlich ungemein neugierig, und dieſer Trieb findet unter ſolchen Umſtänden jo volle Befriedigung, daß ſich die frü— heren ſchmerzlichen Eindrücke abſtumpfen und die Gedanken und Gefühle eine andere Richtung bekommen. Manche haben geläugnet, daß die Iſolirung nützlich wirke; allein die Erfahrung, gegen welche keine Theorie auf— kommen kann, hat über dieſen Punkt vollig entſchieden. Man hat ſich eingebildet, daß die Trennung von ſeinen Verwandten, Freunden und Dienern den Wahnſinnigen ſo angreifen könnte, daß ſein Zuſtand dadurch verſchlimmert würde. Dieſer Einwurf iſt nicht nur ungegründet, ſondern ſteht mit der Wirklichkeit ganz und gar im Widerſpruche. Die Gefühle des Wahnſinnigen ſind nicht weniger verrückt, als deſſen Verſtand, und der ächte Wahnſinn wird ſogar an dieſer Verkehrung des Gefühles erkannt. Der Wahn— ſinnige liebt das nicht mehr, was er früher liebte, und kennt ſogar oft den Ort, wo er ſich befindet, die Perſonen, die ihn umgeben, nicht mehr. Wenn er übrigens fähig wäre, die Trennung von geliebten Perſonen ſchwer zu empfinden, jo wäre dies ein höchſt günftiger Umſtand und ein Grund mehr, den Patienten ſobald als möglich zu iſoliren. Man könnte ſich dieſer Stimmung mit dem beſten Erfolge be— dienen, um den Patienten dahin zu bringen, ſich ſo zu benehmen, daß dieſe Trennung abgekürzt werden dürfte. Zeigte er ſich aus einem Grunde der Art fügſam, ſo kann man zu ſeiner baldigen Geneſung volles Vertrauen hegen. Von manchen Seiten iſt die Befürchtung ausgeſprochen worden, daß der Anblick anderer Wahnſinnigen und das Zuſammenleben mit ihnen einen nachtheiligen Eindruck machen könnte. Auch dieſer Einwand wird durch die tägliche Er⸗ fahrung durchaus widerlegt. Der erſte Eindruck des Stau— nens, welchen der Patient beim Eintritte in die Irren— anſtalt empfindet, iſt ſtets heilſam. Er fühlt alsbald, daß er ſich an einem Orte befindet, wo er gehorchen muß; was aber diejenigen betrifft, welche ſo verrückt ſind, daß ſie nicht wiſſen, wo ſie ſind, ſo kann weder von einem günſtigen noch von einem ungünſtigen Eindrucke die Rede ſein. Die Wahnſinnigen, welche einigermaßen fähig ſind, ſich einen Begriff von dem Orte zu bilden, empfinden bei der Aufnahme in die Anſtalt einen lebhaften beſchämenden Eindruck und werden dadurch um ſo geneigter, den Arzt als ihren Be— ſchützer, ihren Führer zu betrachten. Mit den Wärtern machen ſie ſich bald, nur in höchſt ſeltenen Fällen aber mit den übrigen Wahnſinnigen bekannt. Gewöhnlich ſchämen ſie ſich ihrer ſelbſt und ihrer Leidensgefährten, ſie halten ſich abgeſondert und hängen ihren firen Ideen nach. Erſt wenn Reconsaleſcenz eintritt, bilden ſich zwiſchen den Irren Freundſchaften, und ſelbſt dieſe Abneigung gegen die übri— gen Irren kann in manchen Fällen zur geiſtigen Beha lung benutzt werden. Der Haupteinwurf, den man gegen die Iſolirun hoben hat, gründet ſich auf die Beſorgniß, daß man des Wahnſinnes als eines Vorwandes bedienen könnte, um ſich Eingriffe in die perſönliche Freiheit von Perſonen zu geſtatten. Allein die Geſetzgebung hat in dieſer Beziehung hinlänglich Vorkehrungen getroffen, und kein an einer offentlichen Anſtalt angeſtellter Arzt würde ſich wohl zu einer Handlung hergeben, deren Opfer er zuletzt ſelbſt werden würde. Bei der Iſolirung in einer öffentlichen oder Privat— anſtalt ſetzen wir voraus, daß in Betreff der Diät, Beauf⸗ ſichtigung, Behandlung und Abwartung alle nöthigen Vor: fehrungen getroffen ſeien. Man hat das Reiſen als ein Mittel der Iſolirung in Vorſchlag gebracht, und da auf Reiſen dem Patienten be: 63 26. II. „A. 64 ſtändig neue und unterhaltende Gegenſtände vorgeführt wer— den, ſo iſt dies Auskunftsmittel allerdings ſehr empfehlens— werth, wenn der geiſtige Zuſtand des Patienten eine ſolche Anregung mit Nutzen geſtattet, d. h., wenn ſeine Recon— valeſcenz bereits einigermaßen befeſtigt iſt. Allein ſelbſt dann muß es mit Vorſicht angewandt werden, und es iſt durchaus nöthig, daß der Patient in Geſellſchaft ſeines Arztes reiſe. In dieſem Stadium der Geneſung iſt die gei— ſtige Behandlung von der größten Wichtigkeit, und wenn der Patient von dem Manne, der im Laufe der Krankheit ein ſolches moraliſches Übergewicht über ihn erlangt hat, auf einer Reiſe begleitet wird, ſo bieten ſich tauſend Ge— legenheiten dar, dieſen Einfluß dadurch geltend zu machen, daß der Arzt die Aufmerkſamkeit des Patienten auf die— jenigen Gegenſtände lenkt, welche am meiſten geeignet ſind, ihn auf eine vergnügliche Weiſe von den ihn früher beherrſchen— den Ideen abzulenken und ſo ſeine Denkkraft zu regeln und immer mehr zu befeſtigen. Die Länder, deren Klima weder zu kalt, noch zu warm iſt, z. B. die Schweiz, Deutſchland, Frankreich und Italien, ſind diejenigen, in welchen Patienten dieſer Art mit dem beſten Erfolge reiſen werden. In einem Falle bewirkte die Seekrankheit zufällig eine Cur. Ein völlig wahnſinniger Student wurde von feinem Bruder nach America zurückgeſchickt und auf der Überfahrt 22 Tage lang fo ſeekrank, daß er in einem völlig ermatteten Zuſtande zu Hauſe anlangte. Er gelangte bald wieder zu Kräften und bekam zugleich feinen Verſtand wieder 8). Ich bin feſt *) Dieſer Fall ſpricht für Dr Pellarin's Theorie der Seekrankheit, nach welcher die Urſache dieſes Leidens darin beſteht, daß dem Gehirne zu wenig Blut zuget, ſo daß es nicht in dem erforderlichen Grade gereizt wird. Dieſe geringe Reizung muß nun aber bei Gehirnkrankheiten, denen eine acute oder chroniſche Überreizung dieſes Organes zu Grunde liegt, offenbar der Heilung ſehr foͤrderlich fein. — Dr. P' s. Aufſatz wollen wir in einer der nächſten Num⸗ mern unſeres Blattes mittheilen. überzeugt, daß durch Seereiſen und namentlich durch die Seekrankheit, unter Anwendung aller erforderlichen Vorſicht, viele Fälle von chroniſchem Wahnſinne, die für incurabel gelten, gehoben werden könnten. (Medical Times, No. 370, Vol. XV, 31. Oct. 1846.) Miſcellen. (9) Sterblichkeit unter dem engliſchen Militair in Weſtindien. Nach den ſtatiſtiſchen Berichten des Colonel Tulloch und des Militairarztes Balfour ſterben in Großbritannien jährlich von 1000 jungen Leuten unter 30 Jahren fünfzehn; auf den großen und kleinen Antillen ſteigert ſich dieſe Zahl durchſchnittlich auf 85, in Jamaica ſogar auf 143. Die Zahl der Todesfälle, welche ſeit 1817 unter dem brit. Militair, mit Einſchluß von Barbadoes und Trinidad, eingetreten ſind, beträgt 10,381; und in Jamaica während derſelben Periode 11,040, ſo daß alſo ſeit 1817 allein auf den weſtindiſchen Inſeln 21,421 Soldaten, meiſtentheils geborne Briten, dem Klima als Opfer gefallen find. Die Todesfälle der Garniſon von Bermuda ſind in der angegebenen Summe nicht mit eingerechnet. (10) Eine neue Art Moren giebt Hr. Guepratte in der Gaz. med. de Montpellier, Juill. 1846 an. Dieſelbe wird auf folgende Weiſe bereitet: Man taucht ein Stück nicht appretirten Calicots in eine genügende Quantität Bleieſſig ganz ein, trocknet es und ſchneidet dann Streifen daraus, welche zu einem Cylinder zuſammengerollt und durch 4 Näthe zuſammengehalten werden. Bei der Application bedeckt man die zu afficirende Stelle mit etwas aufgelöſ'tem Gummi arabicum und ſetzt dann den Cylinder auf, welcher ſich ſehr leicht entzuͤnden läßt und ſehr regelmäßig ohne Rauch, ohne Funken und ohne Geruch völlig aufbrennt. (11) Als ein neues Symptom von meningitis in- fantum führt Trouſſeau eine erythemartige Röthung der Haut an, welche durch Hinfahren über dieſelbe mit dem Finger einige Tage vor dem Tode ſowohl wie ganz im Anfange der Krankheit hervorgebracht wird. Dieſe Röthe kann auf allen Stellen des Kör⸗ pers, am leichteſten aber im Geſichte, erzeugt werden. (Journal für Kinderkrankheiten, Januar 1846.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Dav. Badham, A treatise on the esculent Mushrooms of England, including their classical history, uses, characters, habits of growth, structure, nutritious properties etc. with col. fig. and dissections. London, Reeve & Ce. 1846. Osteographie, ou Description iconographique comparée du sque- lette et du systeme dentaire des eing classes d’animaux ver- tébrés récens et fossiles, pour servir de base à la zoologie et a la géologie; par Mr. M. M. Ducrotay de Blainville. Mam- miferes ongulogrades. G. Palaeotherium. Texte in 4° de 24 feuilles ½ et atlas. Paris 1847. Coup-d’oeil sur la végetation des arrondissements de Lisieux et de Pont-l’Eveque, suivi d'un catalogue raisonné des plantes vasculaires de cette contree; par Durand-Duquesney. In 8° de 8 feuilles. Lisieux 1847. Fraas, C., Klima und Pflanzenwelt in der Zeit, ein Beitrag zur Geſchichte beider. gr. 8. Geh. Landshut 1847. Gray and Mitchell, The Genera of Birds; comprising their Generie Characters, a Notice of the Habits of each Genus, and an extensive List of Species. By G. R. Gray. IIlustrated with about 350 plates by D. W. Mitchell. First Order, Ac- cipitres. Imp. 4°. London 1847. Link, H. F., Jahresbericht über die Arbeiten f. phyſtol. Botanik in d. J. 1844 u. 1845. gr. 8°. Geh. Berlin 1846. Theorie positive de l’oculation spontanee et de la fecondation des mammiferes et de l’espece humaine, basee sur l’obser- vation de toute la serie animale; par le docteur F. A. Pou- chet, professeur de zoologie au Museum d’histoire naturelle de Rouen etc. In 8° de 32 feuilles ½, plus un atlas in 4°, de 4 feuilles Y/; et 20 pl. gravees et coloriees. Paris 1847. Curabilit& de la phthisie et des scrofules, appuy&e sur des preu- ves authentiques; par A. M. Bureaud-Riofrey. In 8°, de 14 feuilles. Paris 1847. Kirchner, J., Abhandlung über die verftellten Krankheiten. 2. Ausg. 8. Geh. Salzburg 1846. Traitement des affections de l’oeil par emploi des verres com- bines; par H. Philippe, de Londres, opticien de la faculte de médecine de Montpellier. In 8° d'une feuille. Paris 1847. Weickert, F., Guͤnthers Methoden der Aufſuchung der Ars terien am menſchlichen Körper. 32%. Cart. Leipzig 1846. On Diseases of the Skin. By Erasmus Wilson, F. R. S. 2d edit. 8°, (pp. 518 with plates, cloth, 28 sh.) London 1847. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Broriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 27. (Nr. 5. des II. Bandes.) April 1847. Druck und Verlag des Landes Induſtrie-Comptoirs zu Welmar. Preis elnes ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Nthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XI. über die Vegetation der Futterwicke. Von M. J. Schleiden und E. E. Schmid, Profeſſoren zu Jena. Wir beſitzen über die chemiſchen Verhältniſſe der Ve— getation der Pflanzen jo wenig brauchbare, unter richtigen Geſichtspunkten angefangene und mit Conſequenz durch— geführte Verſuche, daß ein jeder Beitrag zur Zeit noch will— kommen ſein muß. Von dieſer Anſicht geleitet, haben wir im phyſiologiſchen Inſtitut zu Jena *) eine Reihe von Unter— ſuchungen unternommen, von denen wir die zuerſt vollendete in ihren Reſultaten hier vorlegen, welcher dann die an— deren hoffentlich bald nachfolgen ſollen, wobei wir dann auch ausführlich die Einzelheiten unſerer Arbeit mittheilen werden. Die Arbeit umfaßt zunächſt vier Culturpflanzen, und wir wählten gerade dieſe, damit das Ergebniß auch wo möglich eine praktiſche Seite darbieten möchte. Von dieſen vier Pflanzen, Futterwicke (Vicia sativa), Leindötter (Ca- melina sativa), Hafer (Avena sativa) und Gerſte (Hordeum sativum) haben wir deßhalb die Futterwicke zuerſt vor: genommen, weil voraus zu ſehen war, daß ihre Unter— ſuchung die am wenigſt allgemeingiltigen und deßhalb am wenigſt werthvollen Reſultate liefern würde. Wir mußten aber erwarten, daß die erſte Unterſuchungsreihe uns noch auf manche Mängel unſerer Methoden führen würde und hielten es daher für zweckmäßig, auf die wahrſcheinlich noch mit vielen Fehlern behaftete Arbeit nur das wenigſt werth— volle Material zu verwenden. — Die Vegetation der Futter— wicke iſt ſehr unregelmäßig, die Pflanzenindividuen ſind zur ſelben Zeit außerordentlich verſchieden in ihrer Größe und Unter der Leitung der Profeſſeren Schleld en, Schmid, Häfer und Dr. Domrid,. No. 1007. — 90 . — 27. ihrem Entwickelungszuſtande, und bei dem allmäligen Ab— ſterben der Blätter von unten nach oben, während die Spitze des Stengels ſich immerfort entwickelt und zu blühen fort— fährt, hat auch die Vegetation der Pflanze durchaus keinen feſten Abſchluß. Gleichwohl iſt die Arbeit weit über unſere Erwartung ausgefallen, und wir haben bei reiflicher Vorüberlegung im Laufe der Unterſuchung nur wenig an unſeren Methoden zu ändern und zu beſſern gefunden. Die Wägungen umfaſſen größtentheils Hunderte von Pflanzen, die mit aller Sorgfalt und möglichſter Berück— ſichtigung aller individuellen Verſchiedenheiten ausgewählt ſind, ſo daß das mittlere Gewicht (gleichſam das Gewicht einer Normalpflanze) als ein ſehr ſicheres angeſehen wer— den kann. i Die Wicken wurden gleichzeitig (d. 15. Mai 1845) ins freie Land (einen zum Kammergute Zwätzen gehörigen Acker) und in Töpfe geſäet, die mit derſelben Erde gefüllt waren. Dieſe letzteren wurden am 2. Juni vorſichtig auf— genommen und bildeten das Material für die erſte Periode. Sie hatten die erſten Blätter nach den Cotyledonen ziem— lich entfaltet. Am 12. Juli wurden Pflanzen aus dem freien Lande genommen, die im Beginne der Blüthe ſtanden und zum Theil ſchon einzelne Hülſen angeſetzt hatten: dieſe wurden als Pflanzen zweiter Periode verarbeitet. Am 6. Auguſt wurden zum zweiten Male Pflanzen vom Felde ge— holt, an denen die meiſten Schoten der Reife nahe waren: dieſe lieferten die dritte Periode. Endlich am 3. September wurden als Material für die vierte Periode zum dritten Male Pflanzen vom Felde entnommen, an denen alle Schoten vollkommen reif und nur an der Spitze der Pflanze noch grün waren. 5 67 Elementare Zuſammenſetzung der Wicken in 100 Theilen. J. 27. II. 5. Tabelle. 0 IE | Aſche. A. Stengel. 1. Periode, 44,93 6,125 9,11 31,70 8,135 2 = 43,905 5, 70 4,40 33,485 | 12,42 3: = 45,40 6 2,93 34, 02 11,54 4. z 45,01 5,83 2,36 34, 67 12,13 B. Samen. 3. Periode 46,21 6,34 6,53 36,71 4,21 17 % 45,75 | 661 | 592 38,8 | 3,44 — . C. Hülſen. 3. Periode 46,57 5,90 2,36 35,74 9,43 4. : 5,96 le) 1,98 35,55 10,78 II. Tabelle. Gewicht einer Pflanze in Grammen. A. Die ganze Pflanze enthält: In der | Se Ze Anorganische Subjtanz. 1. Periode 0,0326 0,0303 0,0023 = 7,06 % Dt: 0,922 0,805 0,170 = 12,79 = 3% 1,559 1,413 0,146 = 986 - Ant 2,182 2,018 0, 164 = 7,91 = B. Bom Gewichte der ganzen Pflanze fällt in der | auf 5 1 Anorganiſche Subſtanz. 1. Periode Stengel 0,0125 0, 00076 = 6,02 % Wurzeln 0,0072 0,00071 = 9,88 - Samen⸗ ſchalen 6,0044 0,00041 = 9,22 - Gotyledonen| 0,0085 0,00045 = 5,23 = 0,0326 0000233 3. Periode Stengel und Wurzeln 0,876 0,1013 = 10,58 % Samen 0,379 0,0159 — 4,21 Hülſen 0,304 0,0286 — 9,43 = 1,559 | 0,1458 a 65 Ein Samen der 4. Periode wog 0,046 Grammen, genau eben jo viel, als derjenige der Aus ſaat; fein Aſchen⸗ gehalt betrug 0,00 158 Grammen. Eine Pflanze trug im Durchſchnitt 23 Körner. Die Austrocknung der Pflanzen geſchah durch einen trockenen Luftſtrom von 1150 C. mit Hilfe eines Aſpirators und eines Olbades. Die friſchen Pflanzen verloren etwa 70 % Waſſer, bis fie lufttrocken wurden, und hielten dann noch 10 — 12% zurück. Das Veraſchen wurde in einem beſonders dazu ein- gerichteten Muffelofen, bei reichlichem Luftzutritte, aus⸗ geführt. Nach geſchehener Veraſchung wurde ein Tiegel mit kohlenſaurem Ammoniak in die Muffel geſetzt und dieſe ge— ſchloſſen, bis ſie ſich mäßig abgekühlt hatte. Die noch warmen Aſchen wurden in gut verſchließbare tarirte Gefäße gefaßt und ſo gewogen. Zur Elementaranalyſe dienten die gewöhnlichen Apparate. — Die Pflanzen der erſten 2 Perioden ließen ſich leicht in ein fo feines, kaum fühlbares Pulver zerreiben, daß ſie mit Kupferoryd verbrannt werden konnten. Die Pflanzen der folgenden Perioden wurden zuerſt auf einer Art Schrotmühle gemahlen, dann noch möglichſt fein zerrieben; zu ihrer Verbrennung wurde chromſaures Blei— oryd genommen. Die Stickſtoffbeſtimmung geſchah durch Natronkalk, nach der Will und Varrentrappſchen Methode. III. Tabelle. A. 1000 reife Samen enthalten in Grammen: H Aſche. | 21,04 | 30 | 2,72 | 17,60 | 1,58 B. 1000 Pflanzen erſter Periode enthalten in Grammen: Stengel und Wurzel 1,22 | 1,80 6,24 1,47 der Same 0,85 0,76 4,94 0,85 207 2,56 | 11,18 | 2,32 C. 1000 Pflanzen vierter Periode enthalten in Grammen: Stengel und Wurzel 40,17 16,26 238,87 8357 Samen 8 71,12 | 63,70 | 411,89 | 37,01 Hülſen 23, 81 824 | 147,89 | 44,84 993,57 135,13 8,20 798,65 |165,42 organiſche unorganiſche | = D. Es enthalten Subſtanz Subſtanz | Summa. 1000 reife Samen 44,40 1,58 485,98 1000 ganze Pflanzen | erſter Periode 2,33. 823 69 27. U Der Aſchengehalt, der auf Tabelle I. sub A. erſte Pe⸗ riode angegeben iſt, ſtimmt mit dem Tab. II. sub B. erſte Periode nicht völlig überein, weil zur Aſchenbeſtimmung und Elementaranalyſe eine andere, vielleicht um ein Unbedeuten— des im Wachsthume differirende, Quantität Pflanzen an⸗ genommen wurde. Der Berechnung Tabelle III. sub B. liegt für die Quan— tität der trockenen Subſtanz von Stengel und Wurzel die Tabelle II. sub B., für die Elementarzuſammenſetzung die Analyſe Tab. I. sub A. erſte Periode zum Grunde, da ohne Zweifel die Pflanzen beider Portionen ſo wenig verſchieden waren, daß unmöglich eine weſentliche Differenz in der Glementarzufammenfegung gleicher Theile eingetreten fein konnte. Da für die Elementaranalyſe der Samenſchalen und Samenlappen der Pflanzen erſter Periode uns kein Material mehr geblieben war, ſo iſt in der Tab. III. sub B. für die organiſche Subſtanz derſelben die Zuſammenſetzung der rei— fen Samen ſubſtituirt worden, wobei allerdings wohl der Stickſtoff etwas zu niedrig, der Kohlenſtoff, Waſſerſtoff und Sauerſtoff etwas zu hoch angeſetzt iſt. Die hier mitgetheilten Tabellen über die Reſultate der Unterſuchung geben einige intereſſante Verhältniſſe, die wir kurz in Folgendem andeuten wollen: 1) Das Gewicht einer Pflanze in der erſten Periode verhält ſich zum Gewichte des reifen Samens, wie 1: 1,29. 2) Den abſoluten Gehalt an N darf man bis zur erſten Periode als unverändert anſehen, während vom C, 0 und H etwa ½ verloren geht. Dieſer erſte Verluſt iſt durch die bekannten Erſcheinungen des Keimungsproeeſſes leicht erklärlich. Auffallend dagegen iſt es, daß ſich ſchon in Dies ſer Periode, während der Gehalt an organiſcher Subſtanz fo bedeutend vermindert iſt, doch der Aſchengehalt um 47 % vermehrt hat. 3) Von der erſten Periode bis zur vierten nimmt die Pflanze nicht nur im Ganzen an Gewicht zu, ſondern es vermehrt ſich auch die abſolute Menge jedes einzelnen Be— ſtandtheiles, den ſie enthält, fie giebt von dem, was fie eine mal aufgenommen, nichts wieder ab. 4) Während ſich die abſolute Menge des N in der Pflanze von der erſten Periode (eben ſo vom Samenzuſtande) bis zur vierten fait bis um das 32fache vermehrt, vermin- dert ſich ſeine relative Menge im Stengel in derſelben Zeit von 9,11% auf 2,36 9%. Je jünger alſo eine Pflanze iſt, um ſo reicher iſt ſie an N. 5) Die Vermehrung des Kohlenſtoffes iſt 67=, die des Waſſerſtoffes 65fach von der erſten bis zur vierten Periode, vielleicht darf man beide als gleich anſehen; dagegen iſt der Sauerſtoff in derſelben Zeit um das 71fache vermehrt, was auf Bildung organiſcher Säure zu deuten ſcheint. 6) Der abſolute Aſchengehalt ſteigt von der erſten bis zur vierten Periode auf das 70fache; die bedeutendſte Zu— nahme findet aber von der gekeimten Pflanze bis zum An— fange des Blühens Statt, faſt um das 5 fache, und in die— fer Periode iſt der relative Aſchengehalt am größten. 7) Von der dritten zur vierten Periode vertheilt ſich 5. 70 der Aſchengehalt weſentlich anders in der Pflanze, indem ſich die größere Menge allmälig in die Samen und Hülſen zieht und den Stengel verhältnißmäßig aſchenarm zurückläßt. Hierbei iſt indeß auch nicht zu vergeſſen, daß in der vierten Periode ſchon ein Theil der unteren Blätter der Pflanze abgeſtorben und abgefallen iſt. 8) Als ein allgemeines Reſultat kann man noch aus dieſen Unterſuchungen ableiten, daß für die Einſicht in die Geſetze der Vegetation die bloß procentiſchen Gehaltsbeſtim— mungen faſt ganz ohne Bedeutung ſind, und daß ſie erſt dann intereſſante Schlüſſe erlauben, wenn man ſie auf ein mittleres abſolutes Gewicht der Pflanzen und Pflanzentheile beziehen kann. Ob dieſe Andeutungen zu Geſetzen ausgedehnt werden dürfen, oder ob ſie noch weſentliche Beſchränkungen leiden, können erſt fernere Unterſuchungen lehren. Hier mögen dieſe erſten Anfänge als ein Beweis daſtehen, daß das phyſtologi— ſche Inſtitut wenigſtens ſich beſtrebt, der Aufgabe nachzu— kommen, die es ſich ſelbſt geſtellt. (Aus dem dritten Pro— gramm des phyſiologiſchen Inſtitutes zu Jena, 1847.) II. Nachtrag zu der Mittheilung des Dr. H. Luſchka in Conſtanz über den feineren Bau der Actinien “). Erklärung der Abbildungen. Fig. 5. Formbeſtandtheile im Schleime. Molecular— körnchen; granulirte Körper; geringte Körper; ſtabförmige Körperchen. Fig. 6. Grundmaſſe des Gewebes der Actinien, aus platten geringten Körpern beſtehend, die mit ihrer Peri— pherie in verſchiedener Weiſe mit einander verſchmolzen ſind. Fig. 7. Bruchſtücke, welche durch die Zertrümmerung des Gewebes erhalten wurden und die über die Art der Verſchmelzung und Faſerbildung überhaupt Aufſchluß geben. Fig. 8. Stellt die vollſtändig ausgebildeten Faſern dar. Fig. 9. Belehrt über die Bildung der Faſern aus den geringten Körpern. (Ein ſehr inſtructives und treu nach der Natur gezeichnetes Object.) Fig. 10. a ftellt den Abſchnitt eines Canälchens dar, mit den ſtabförmigen Körpern in feiner Wandung: b iſt der herausgetretene Inhalt. Fig. 11. It ein Stückchen der Hülle der Actinia cereus, an welchem die verſchiedenen das Gewebe zufammen- ſetzenden Beſtandtheile geſehen werden. Miſcellen. 12. über die urſprüngliche Regelmäßigkeit ſpä⸗ ter unregelmäßiger Blumen hat Barneoud neue Unter⸗ ſuchungen bekannt gemacht. Er theilt Beobachtungen über die Ranunculaceen, Violarieen, Orchideen, Labiaten, Scrophularinen, Ariſtolochieen, Dipfaceen, Leguminoſen, Polygaleen und Fumarieen mit, die im Allgemeinen nur das ſchon Bekannte beſtätigen; für manche Einzelheiten müſſen wir unfere Leſer auf die Arbeit ſelbſt 0 Durch ein Perſehen ift dieſe Erklarung der Kupfertafel in No. 1 vier ſes Banden der No. d. Neelie III. Reihe nicht mit abger ruckt worden. 5 * 71 27. II. 5. 72 verweiſen. In drei Punkten vertheidigt er eine eigne Anſicht: 1) daß alle Blüthendecken, die fpäter als einblätterig zu bezeichnen find, gleich anfänglich als ein geſchloſſener Ring nur mit freien Spitzen auftreten, — was wohl nur darauf hinausläuft, daß die Unterſuchungen nicht weit genug rückwärts gehen; 2) daß bei allen Ranunculaceen zwei Knoſpenhüllen vorhanden ſind, — wobei aber die von Schleiden erwähnten Fälle nicht berückſichtigt wur— den; 3) daß die Samenknoſpen der Ranunculaceen gleich anfäng— lich drei Verſchiedenheiten in ihrer Richtung und Krümmung zei⸗ gen, — was aber auf zu minutiöfe Unterſchiede hinauszulaufen ſcheint. (Ann. d. sc. nat., Novembre 1846.) 13. Blutbewegung in den Coleopteren. Nicolet entdeckte eine Circulation der Grnährungsflüffigfeit in den Flügel⸗ decken der Coccionellen, in denen ein Syſtem von Lücken, die mit der allgemeinen Höhlung communiciren, die Stelle der Blutgefäße vertritt. (Comptes rendus, 4. Janv. 1847.) Heilk (IX.) Behandlung der Afterfiſſur durch Atzen mit Hilfe des speculum. Von Dr. Herpin, Vicepräſidenten der medieiniſchen Facultät und des Geſundheitsrathes zu Genf. Seitdem Boyer die vor ihm kaum beachtete After— fiſſur beſchrieben, ſowie nachgewieſen hat, daß dieſes ſchmerz— hafte Leiden ſich durch Einſchneiden in den sphincter gründlich heben laſſe, hat man mehrere weniger heroiſche Mittel gegen dasſelbe in Vorſchlag gebracht. Man hat das Ausſchneiden der Spalte, deren Cauteri— fation, wenn ſie nicht bis über den After reichte, mit Bella— donnaſalbe beſtrichene Wieken, Ratanhia- und Moneſiakly— ſtire und andere adſtringirende Mittel angeprieſen; allein das Ausſchneiden muß in den meiſten Fällen ſchwieriger ſein, als das Einſchneiden, während die Folgen mehrentheils die— ſelben ſind. Da die Fiſſur gewöhnlich nicht auf die After— öffnung beſchränkt iſt, ſo wendet man die Cauteriſation ſelten dagegen an. Die Belladonna zeigt ſich in den meiſten Fällen unwirkſam; die adſtringirenden Klyſtire, welche, wenn ſtarke Conſtriction Statt findet, ſchmerzhafter find, als man glau— ben ſollte, bewirken nicht immer eine gründliche Heilung, ſo daß viele Chirurgen noch immer der von Boyer zuerſt ausgeführten Operation den Vorzug geben. Indeß iſt das Einſchneiden eine blutige Operation, und viele Patienten ſträuben ſich gegen deren Anwendung, wenn ſie nicht furchtbare Schmerzen zu leiden haben. Eine ge— fährliche Blutung tritt ſelten, aber doch zuweilen, ein. Die Operation iſt gerade nicht ſchwierig, verlangt jedoch eine geübte Hand; und abgeſehen von größeren Städten, findet man leider jetzt faſt nirgends geübte Chirurgen, weil es ſo viele Wundärzte giebt, daß an einen und denſelben nur wenige Operationen kommen. Die Heilung der Wunde nimmt gewöhnlich einen Monat ſorgfältiger Behandlung und Ruhe in Anſpruch. Dieſe Übelſtände müßte man jedoch gering achten, wenn das Einſchneiden die allein zuverläſſige Curmethode wäre, wogegen man einem anderen Heilverfahren, mit dem weni— ger Ungelegenheiten verknüpft ſind, den Vorzug zu geben hätte, in ſo fern es den Erfolg in gleichem Grade verbürgte. Dieſen Bedingungen ſcheint nun das Cauteriſiren (Atzen) zu entſprechen, welches zwiſchen der Anwendung des Meſſers und der Anwendung adſtringirender Mittel ungefähr die Mitte hält. Die Erfahrung muß allerdings hierüber noch das entſchei— dende Wort ſprechen, da die Thatſachen, auf welche ich mich un de. berufen kann, dazu nicht hinreichen. Meine Abſicht iſt nur, die Aufmerkſamkeit der Chirurgen auf die von mir erlang⸗ ten Reſultate zu lenken, indem ſie mir der Art ſcheinen, daß ſie zum Fortſchreiten auf demſelben Wege auffordern, damit ſichere Anhaltepunkte zur Beurtheilung der Frage hin⸗ ſichtlich der angemeſſenſten Heilmethode gewonnen werden. Die Beobachtungen, welche ich hier beibringen werde, ſind, wie man aus dem Datum erſehen kann, ſchon vor zehn Jahren geſammelt worden, und wenn ich mich nicht früher zu deren Mittheilung entſchloſſen habe, ſo lag der Grund eben darin, daß ich ſie zu vervielfältigen hoffte. Ich bin übrigens, was die Therapeutik betrifft, der Anſicht, daß man den Werth eines Heilmittels erſt dann beurtheilen und es erſt dann geſchickt anwenden kann, wenn es einem ein Paar Mal mißglückt iſt. Dies war mir nun mit dieſem noch nicht widerfahren. Allein der Zufall hat es ſo gewollt, daß mir ſeitdem in meiner Praxis kein einziger Fall von Afterfiſſur wieder vorgekommen iſt. Ich habe mich alſo jetzt dazu entſchloſſen, die von mir in Anwendung gebrachte äußerſt einfache Be⸗ handlungsweiſe meinen Collegen mitzutheilen. Beobachtung. — Mad. P., damals 28 Jahr alt, von mittlerer Statur und gut entwickelt, im Allgemeinen einer trefflichen Geſundheit ſich erfreuend, aber zuweilen an Ver⸗ ſtopfung leidend, ward am 25. April 1834 von ihrem erſten Kinde entbunden. Ihre Schwangerſchaft war günſtig ver⸗ laufen, die Entbindung eine natürliche; allein es trat nach derſelben eine Blutung ein, welche vorzüglich am ſechsten Tage beunruhigend wurde, indeß noch an demſelben Tage ſtand. Die Entbindung war übrigens vollſtändig normal geweſen. Mad. P. ſäugte ihr Kind ſelbſt. Im Mai, wo fte wie früher an Verſtopfung litt, empfand ſie bei jedem Stubl- gange Schmerzen, welche längere Zeit anhielten und son ihr auf Rechnung der Hämorrhoiden geſetzt wurden, mit denen ſie in der That behaftet war. Ich verordnete abfüb- rende Mittel und Altheeſalbe. Dennoch ſteigerten ſich die Schmerzen und hielten ein bis zwei Stunden nach jedem Stuhle an. Sie waren ſo heftig, daß die Patientin, um nicht öfters zu Stuhle geben zu müſſen, die gegen die Ver— ſtopfung verordneten Arzneimittel gar nicht nehmen wollte. Am 7. Juni unterſuchte ich Mad. P. Die Einbringung des Fingers in den After hatte Schwierigkeit, da ein hoher Grad von Conſtriction vorhanden war. Ich erkannte eine Fiſſur, welche ſich bis über den Schließmuskel hinaus erſtreckte. Ich wandte Wieken an, welche mit einer Miſchung von Cerat 73 N. 74 und Belladonnaertract beſtrichen waren. Bei dem Einlegen derſelben empfand die Patientin heftige Schmerzen, und ob— wohl ich die Wieken immer kleiner machte, ſo fand Mad. P. dieſelben doch unerträglich. Anfangs ſchien Beſſerung einzu— treten, die jedoch nicht anhielt. Ich erinnerte mich nun, unſern Collegen, Hrn. Olivet, von einer merkwürdigen Heilung einer Afterfiſſur erzählen gehört zu haben. Ein Mann war mit einer ſolchen behaftet, die ſich durch den Schließmuskel des Afters und bis über den Muskel erſtreckte. Hr. Olivet veranlaßte den Kranken, wie bei einer Afterausleerung zu drücken, wodurch die Scharte theilweiſe zum Vorſchein kam; er cauteriſirte dieſelbe dann mit Höllenſtein und wagte den Stift ſogar eine Strecke weit in den After einzuführen, um den oberſten Theil des Riſſes zu erreichen. Durch eine geringe Anzahl von Cauteriſatio— nen dieſer Art, zwiſchen denen er ein bis zwei Tage ver— ſtreichen ließ, gelang es Hrn. Olivet das Leiden gründlich zu beſeitigen. Bei Mad. P. war der Riß zu hoch und die Zuſammen— ſchnürung des Afters zu ſtark, als daß ſich der Zweck auf dieſe einfache Weiſe hätte erreichen laſſen; allein mittels des speculum ani ließ ſich die Operation ohne Schwierigkeit aus- führen. Ich ließ ein ſolches Inſtrument von etwas kegel— förmiger Geſtalt und 8 Centim. Länge anfertigen, welches am oberen Ende 2 Gentim. und am unteren 25 Millim. ſtark, und deſſen oberer Rand ſchräg zugeſchnitten war. Ein hölzerner Kern füllte den Cylinder vollſtändig aus und ragte oben 15 Millim. weit aus demſelben hervor. Dieſer Vor: ſprung war eichelförmig abgedreht. Nachdem ich mich genau von der Lage der Fiſſur über- zeugt hatte, führte ich das wohleingeölte Inſtrument ſeiner ganzen Länge nach ein, wobei die Kranke bedeutende, doch kaum beftigere Schmerzen empfand, als beim Einführen des Fingers. Indem ich nun das Inſtrument an deſſen Griff feſt— hielt, zog ich den Kern heraus, und als ich ein Licht näherte, erkannte ich in dem Ausſchnitte des Cylinders einen vorſprin— genden Wulſt, auf welchem die Scharte lag; es war keine Spalte, die ich, dem Namen des Leidens zufolge, zu finden erwartete, ſondern eine, allerdings ſchmale, mit Fleiſchwärz⸗ chen bewachſene Oberfläche. Allerdings konnten die von Seiten der Kranken unwillkürlich Statt findenden Austreibungsbe— wegungen und der rings umher durch die Ränder des Aus— ſchnittes ausgeübte Druck darauf hinwirken, daß dieſe Ober— fläche ungewöhnlich ſtark hervorgequollen war. Wie dem auch ſei, ſo cauteriſirte ich dieſelbe doch nach ihrer ganzen Ausdehnung. Die Kürze meines Stifthalters war mir bei dieſer Operation ein wenig hinderlich: ſpäter vermied ich dieſen Übelſtand, indem ich mich eines längeren bediente. Gleich nach dem Atzen wollte ich das speculum heraus- ziehen; allein wegen des in den Ausſchnitt vorgequollenen Wulſtes veranlaßte die Bewegung des Inſtrumentes ſehr hef— tige Schmerzen. Obgleich die Ränder des Ausſchnittes ab- gerundet waren, ſo rieben ſie doch die Schleimhaut in einer ſchmerzhaften Weiſe. Ich beſeitigte dieſen Übelſtand dadurch, daß ich den Wulſt mit dem Zeigefinger niederdrückte. Das Inſtrument ließ ſich dann leicht berausziehen; allein es be— gegnete mir bei dieſer Gelegenheit eine kleine Unannehm— lichkeit, die ich meinen Nachfolgern erſparen möchte. Die Kuppe meines Zeigefingers war einige Augenblicke mit dem auf der Oberfläche der Scharte befindlichen ſalpeterſauren Silber in Berührung geweſen und blieb davon einige Tage über ſchwarz. Später bediente ich mich bei dieſer Gelegen— heit eines Fingerlings von ganz dünnem Leder. Die Kranke empfand nach der Operation nicht viel mehr Schmerzen, als in Folge eines Stuhlganges. Ich verordnete eine rein animaliſche Diät und Abends eine Opiumpille, um die nächſte Darmausleerung weiter hinauszuſchieben. Als ich am folgenden Tage der Patientin eine abermalige Cauteri— ſation vorſchlug, bat ſie mich inſtändig, dieſelbe zu verſchieben. Ich willigte ein, und noch denſelben Tag fand ein reichlicher Stuhlgang Statt, auf welchen viel geringere Schmerzen folg— ten, als früher, die zugleich weit weniger lang anhielten. Ich verſchob das Atzen wieder, und vier bis fünf Tage nach der Operation gingen die Stühle faſt ſchmerzlos ab, und der geringe Schmerz hörte bald auf. Noch einen Monat lang traten bei den nur ſchwierig abgehenden Stühlen geringe, ſehr kurze Zeit anhaltende Schmerzen ein. Später befand ſich Mad. P. anderthalb Jahre lang vollkommen wohl; allein am 9. Januar 1839 wurde ſie von einem zweiten Kinde entbunden, und kaum hatte ſie ſich von ihrer Niederkunft erholt, als die Symptome der After— fiſſur wieder eintraten. Da fie anfangs nur wenig litt, ſo wollte ſie ſich nicht, wie ich ihr vorſchlug, cauteriſiren laſſen; allein da die Schmerzen ſich ſteigerten, ſo operirte ich ſie am 26. Febr. nochmals. Die Heilung fand dieſes Mal noch ſchneller Statt, als im Jahre 1834, und ich wandte ebenfalls nur eine einzige Cauteriſation an. Später hat Mad. P., deren Hausarzt ich fortwährend blieb, keinen Rückfall wieder gehabt, obwohl ſie ſeitdem noch drei Kinder geboren hat. > In dem von der einen Gauterifation der Mad. P. bis zur anderen fallenden Zeitraume hatte ich noch zwei Mal Gelegenheit zur Ausführung dieſer Operation, und zwar beide Mal bei verheiratheten Frauen, doch nicht in Folge von Niederkunften. Die eine dieſer Operationen fand am 25. Juni 1835, die andere kurz darauf Statt. In beiden Fällen reichte ich mit einmaligem Atzen aus. Ich nahm dasſelbe in meinem Conſultationszimmer vor, und die Patientinnen gingen zu Fuß nach Hauſe. Sie beſuchten mich dann nur noch zwei Mal, da die Heilung ſehr ſchnell erfolgte. Eine der Frauen habe ich nachmals aus dem Geſichte verloren; die andere aber hat keinen Rückfall gehabt. Ich führe die Operation ohne Gehilfen aus und be— diene mich der vorbereitenden Maßregel, daß ich einige Stun- den zuvor das rectum durch ein Klyſtir ausſpülen laſſe. Die Kranke legt ſich auf die Seite, auf welcher ſich die After— fiſſur befindet (wenn dieſe ſeitlich iſt), und ich bringe ſie ganz in dieſelbe Lage, als ob ich durch Einſchneiden operi— ren wolle. Auf die Manipulation komme ich hier nicht zu— ruck, da ich bereits oben alles Nöthige darüber gejagt habe; 75 27.08. nur will ich bemerken, daß ich die Mittel zur Hinausſchie— bung der Stühle nicht mehr in Anwendung bringen würde, da mich die Erfahrung gelehrt hat, daß, wenn an dem Tage nach der Operation auch eine Darmausleerung Statt findet, dies auf den Erfolg der Operation keinen nachtheiligen Ein— fluß äußert. Ich ſchlage alſo vor, die Cauteriſation an die Stelle des Meſſers oder der ſelten genügenden adſtringirenden Mittel treten zu laſſen. Damit will ich mir keineswegs anmaßen, eine neue Entdeckung gemacht zu haben, indem ich nur ein ſchon bekanntes Mittel auf einen gegebenen Fall in einer zweckmäßigen Weiſe und mit Erfolg angewandt habe. Viel— leicht haben andere ſchon vor mir dasſelbe gethan; ich lege auf die Priorität nicht den geringſten Werth, ſondern be— gnüge mich mit dem Bewußtſein, etwas Nützliches geleiftet zu haben und würde mich ſehr freuen, wenn andere mein Beiſpiel mit demſelben guten Erfolge nachahmten und da— durch manchen Leidenden einer ſchmerzloſen Exiſtenz zurück— gäben. (Gazette médicale de Paris, No. 9, 27. Fevr.) (X.) Mikeroſkopiſche Unterſuchungen über einen von Hrn. Desmarres mitgetheilten Fall von Synchysis fulminans. Von Hrn. Stout. Von dieſem eigenthuͤmlichen Leiden und der Erklärung, welche die Hrn. Sichel und Desmarres über deſſen Weſen aufgeſtellt haben, iſt bereits in der Gazette médicale (1846, p. 194) die Rede geweſen *). Ungeachtet einiger Abweichungen in den Anſichten dieſer beiden Ophthalmolo— gen, ſtimmen dieſelben doch darin überein, daß die Percep— tion von Funken durch die Anweſenheit kleiner undurchſich— tiger Körper veranlaßt werde, welche das Licht refleeti— ren, ſtatt es zu brechen. Hrn. Stouts Anſicht nach rührt die Erſcheinung dagegen von kleinen kryſtallini— ſchen durchſichtigen Körpern her, und zu dieſer Meinung iſt er durch genaue Unterſuchung der Patien— tin gelangt, an welcher Hr. Desmarres dieſe Krankheit zum erſten Male beobachtete. Nachdem er ſich zuerſt bei ge— rade einfallendem hellen Lichte davon uͤberzeugt hatte, daß bei jedesmaligem Blinzeln die beweglichen Flimmern ſehr thätig waren und hinter der Regenbogenhaut aufſtiegen, in— dem ſie in der Pupille funkelten, ließ Hr. Stout die Kranke ſich ſo auf den Rücken legen, daß das Auge dem Lichte zu— gewendet war. In dieſer neuen Lage ſah er nun die Kör— perchen nicht mehr hinter der iris aufſteigen. Ohne die Lage der Patientin zu verändern, unterſuchte er nun das Auge mittels des anatomiſchen Mikroſkopes von Oberhau— ſer. Nachdem er dem Kopfe eine ſolche Richtung gegeben, daß der Lichtrefler der Hornhaut ſich ganz am äußeren Rande derſelben befand, präſentirten ſich drei Viertheile der iris und Pupille in der günſtigſten Weiſe, und er brachte nun das *) Vergl. Neue Notizen, No. 865 S. 111. 5. 76 Mikroſkop in die Nähe der äußeren Seite des Kopfes, fo daß ſich das Objectioglas über dem Auge befand. Er ſuchte zuerſt den Stand der iris, und indem er ſich desſelben als Ausgangspunktes bediente, ſenkte er das Objectioglas noch ein wenig, um den Brennpunkt in die Glas feuchtigkeit zu verſetzen. Auf dieſe Weiſe befanden ſich die vergrößerten Ränder der iris und die Pupille in dem bedeutend umfangs⸗ reichen Geſichtsfelde. Bald ſah er bewegliche Flimmern, allein dieſelben ſchienen ſich in einer anderen Weiſe zu bewegen, als wenn man ſie mit unbewaffnetem Auge betrachtete. Sie boten eckige Umriſſe und eine deutliche Drehung um ihre Achſe dar, indem ſie zugleich die Glasfeuchtigkeit in her- ſchiedenen Richtungen durchkreuzten. Auch blieben ſie länger ſichtbar. Das Merkwürdigſte war aber, daß ihre Reflexe oft in Regenbogenfarben ſpielten, unter denen Gelb und Blau vorherrſchten. Dieſe kleinen beweglichen und ſich drehenden Flimmern funkelten immer nur einen Augenblick und entſchwanden dem Blick, indem ſie in den Grund des Auges ſanken und ſich nicht hinter die iris bewegten, wie es der Fall war, wenn die Kranke ſtand. Indeß ſah dieſe deßhalb nicht ſchlechter und klagte auch nicht darüber, daß ſie ſchwarze Punkte vor den Augen ſehe. Indem alsdann Hr. Stout an die Erörterung der phyſiſchen Eigenſchaften dieſer Körper, ſowie der Art und Weiſe geht, wie dieſelben die fraglichen Erſcheinungen her— vorbringen, ſtellt er folgende drei Sätze auf, die uns aus der ſo eben erwähnten Beobachtung durchaus folgerecht ab— geleitet ſcheinen. 1) Die beweglichen Flimmern ſind wirkliche Körperchen in der Glasfeuchtigkeit, welche, wie ſich aus der Geſchwindig⸗ keit ihrer Bewegungen ergiebt, ein bedeutendes ſpecifiſches Gewicht beſitzen und, durch das Blinzeln fortgeſchnellt, die Glasfeuchtigkeit durchkreuzen, dann aber durch die Schwer— kraft niederſinken. 2) Dieſe Körperchen find kryſtalliniſch und durch- ſichtig, weil ſie eckige Umriſſe beſitzen und ihre Anweſen— heit vor der Pupille oder im Grunde des Auges, wie ſich aus dem oben erwähnten Verſuche ergiebt, das Sehen nicht verhindert und die Myodopſie nicht vermehrt. Wären ſie undurchſichtig, ſo würden ſie ſelbſt dann ſichtbar ſein, wenn ſie ſich nicht durch Lichtreflere wahrnehmen ließen; ſie würden das Licht einſaugen und in dieſem Falle weit weniger fun— keln, als dies wirklich der Fall iſt. 3) Das Funkeln rührt daher, daß dieſe kleinen durch— ſichtigen kryſtalliniſchen Körper gleich eben ſo vielen kleinen Prismen wirken, deren Flächen theils dem einfallenden Lichte, theils dem Auge des Beobachters zugewendet ſind, und die während ihrer Drehungsbewegung in die günſtigſten Lagen gelangen, um theils das Licht zu brechen, theils es zu zer— legen, indem ſie ſo, je nachdem die Strahlen in das Auge gelangen, kleine weiße oder farbige Blitze veranlaſſen. (Ga- zette médicale de Paris, No. 4, 23. Janv. 1847.) 77 27. (XI.) Über arthritis gonorrhoica. Von Dr. A. Foucart. In gewiſſen Fällen kann ſich eine Gelenkentzündung entwickeln, welche in deutlichem Zuſammenhange mit einer vorhandenen Gonorrhöe ſteht. Dieſe Gelenkentzündung kommt unter folgenden drei Umſtänden zu Stande: Entweder findet eine Unterdrückung des Ausfluſſes vor dem Auftreten des Rheumatismus Statt, und letzterer iſt dann Folge einer Metaſtaſe oder des die Unterdrückung der Secretion bewir— kenden Moments — oder der Ausfluß beſteht fort, und die Entwickelung des Rheumatismus hängt von einer wahrnehm— baren Gelegenheitsurſache (Erkältung, Quetſchung, übermäßige Anſtrengung) ab — oder endlich der Ausfluß beſteht fort, und es läßt ſich für das Zuſtandekommen der arthritis keine andere Urſache, als die vorhandene Gonorrhöe ſelbſt auf— finden. In den beiden letzteren Fällen tritt zuweilen in Folge der intenſiven Entwickelung des Rheumatismus eine Unterdrückung des Ausfluſſes ein, ſo daß alſo hier keine Metaſtaſe, ſondern vielmehr eine Art von Revulſion Statt findet. Die arthritis gonorrhoica befällt zumeiſt nur ein Gelenk, und zwar vornehmlich das Kniegelenk. In der größeren Mehrzahl der Fälle iſt ſie von mehr oder weniger lebhaften, oft ſehr heftigen Schmerzen begleitet; in weniger häufigen Fallen findet eine Röthung der die Gegend des kranken Gelenkes bedeckenden Haut Statt, wo dann das Übel faſt alle Symptome des normalen Gelenkrheumatismus darbietet, und trotz ſeines ſehr acuten und intenſiven Auf— tretens einer energiſchen Behandlung raſch und ſicher weicht. Wenn die Affection mehr den ſubacuten oder chroniſchen Charakter an ſich trägt, und ohne andere Symptome als die eines hydarthrus, ſowie ganz ohne entzündliche Reaction auftritt — oder wenn dieſelbe im Anfange alle Zeichen einer acuten, heftigen Entzündung darbietet, und nicht in den er— ſten Tagen beſeitigt werden kann: ſo iſt das Übel weit hart— näckiger und ſchwerer zu beſeitigen, als der einfache Gelenk— rheumatismus. Die Dauer der Affection beträgt in dieſen Fällen bei günſtigem Verlaufe 6 — 16 Wochen. Obwohl die arthritis gonorrhoica ziemlich häufig ihren Ausgang in Zertheilung nimmt, ſo geht ſie doch auch zu— weilen, und zwar häufiger als der einfache Gelenkrheuma— tismus, in Ankyploſe oder Eiterung über. Die Behandlung muß in dem acuten Stadium eine ſtreng antiphlogiſtiſche, in dem ſubacuten oder chroniſchen eine revulſive und reſolvi— rende ſein. In den Fällen, wo die Mercurialien mit Erfolg angewendet wurden, wirkten ſie nicht ſpecifiſch, ſondern nur vermöge ihrer jo bedeutenden reſolvirenden Eigenſchaften. Ob— wohl nun das Vorkommen des rheumatismus gonorrhoicus unbeſtreitbar iſt, ſo iſt doch kein einziges poſitives Factum vorhanden, welches für die Möglichkeit einer gonorrhoea rheumatica — als Metaſtaſe eines vorhandenen Rheumatis— mus — ſpräche. (Journ. des connaiss. med. chir., Juill 1846.) 11.554 78 (Xll.) über die Möglichkeit, nach dem Tode Ver— brennungen, ähnlich denen während des Lebens, zu erzeugen. Von Prof. Champouillon. Das Vorhandenſein von Phlyktänen galt bisher als Beweis, daß Verbrennungen während des Lebens erzeugt worden, und ihr Vorhandenſein oder Nichtvorhanden— ſein iſt in dieſer Beziehung faſt der einzige Anhaltspunkt für medico = legale Beſtimmungen. Hr. Champouillon beſtreitet den Werth dieſes Zeichens und giebt an, daß Phly— ktänen, ähnlich denen am lebenden Körper, auch an der Leiche unter gewiſſen Umſtänden hervorgebracht werden können. Hr. Leuret hatte bereits früher eine ähnliche Beobachtung ge— macht. Er hatte nahe bei den ödematöſen Beinen einer Leiche ein mit glühenden Kohlen gefülltes Kohlenbecken aufge— ſtellt und fand darauf eine reichliche Anſammlung von röth— lichem Serum unter der Haut; er brachte nun das Kohlen— becken auch anderen ödematöſen Stellen des Körpers nahe, und ſtets war dasſelbe Phänomen die Folge. Bei nicht ödematöſen Körpern vermochte es keine Blaſenbildung zu bewirken. Nach den Verſuchen von Prof. Champouillon iſt es nöthig, um wahre Bläschen zu erzeugen, den Körper in gehöriger Entfernung in einen Focus mit andauerndem Ausſtrahlen zu bringen, worauf ſich conſtant eine oder meh— rere Phlyktänen von verſchiedenen Durchmeſſern bilden. Wenn man nur einen Focus mit abnehmenden Strahlen anwendet, deſſen Hitze in Verhältniß zu ihrem Verluſte ſich nicht wieder erſetzt, ſo tritt keine Bläschenbildung ein. Eine rothe Fär— bung der Phlyktänen iſt nicht conſtant, ſie wurde in 22 Ver— ſuchen nur ſechs Mal beobachtet. Im Allgemeinen bilden ſich die Bläschen nicht augenblicklich, ſondern binnen zwei bis ſechs Stunden; vielleicht mag ihr Zuſtandekommen durch Anwendung ſtärkerer Hitzegrade beſchleunigt werden. Verf. hat auf die angegebene Weiſe ſowohl unmittelbar nach dem Tode, als während der Dauer der Leichenſtarre, als auch bei bereits eingetretener Fäulniß Bläschen hervorgebracht, ohne daß dieſe verſchiedenen Zuſtände auf ihr Zuſtandekommen irgend einen Einfluß auszuüben ſchienen. Der rothe Ring um die Verbrennung, welcher, nach Dr. Chriſtiſon, die Entſtehung der letzteren während des Lebens beweif't, wurde gleichfalls von Herrn Champouillon an Leichen nebſt den Bläschen hervorgebracht. Dieſe Randröthe gleicht ganz der am lebenden Körper, iſt jedoch nur ganz oberfläch— lich und eine bloße Injection der Hauteapillargefäße; am lebenden Körper dagegen iſt das Blut in die Gewebe ertra— vaſirt, und die Entzündung giebt ſich durch eine opake, homogene Schicht, ein wahres organiſches Amalgam, zu er— kennen. Das einzige Zeichen, aus welchem wir die Bildung der Bläschen vor oder nach dem Tode zu erkennen vermögen, iſt, nach dem Verf., das Ausſehen der Haut, wenn man die epidermis von derſelben entfernt, Iſt die Verbrennung nach dem Tode erzeugt, fo erſcheint die cutis trübweiß, ihre Ober: fläche iſt klebrig, und es fehlt jede Blutinjection. Iſt die Verbrennung dagegen während des Lebens zu Stande ge— 79 27. II. kommen, ſo bietet die dermis eine ſtark entzündliche Färbung dar, welche durch kaltes Waſſer nicht beſeitigt wird. (Annal. d’Hygiene publique, Avril 1846.) (XIII.) Seit fünf Monaten beſtehende Aphonie durch Einathmen von Jodinedämpfen gehoben. Von Edward Monks. Iſabella Thorn, 12 Jahr alt, von phlegmatiſchem Temperament und plethoriſcher Conſtitution, kam im Januar 1842 wegen eines Catarrhs in meine Behandlung. Nach etwa drei Wochen waren die fieberiſchen Symptome, der Huſten ꝛc. gehoben; allein die Stimme blieb leiſe und heiſer und wurde binnen 14 Tagen faſt unhörbar, jo daß man ſie nur vernehmen konnte, wenn man das Ohr dem Munde der Patientin ganz nahe brachte. Eine krankhafte Verände— rung der Sprachorgane ließ ſich nicht ermitteln. Dieſe Apho— nie oder Lähmung der Stimmorgane hielt an, und als die Stimme auch beim Eintreten der ſchönen Jahreszeit ſich nicht wieder einfand, wurden die Verwandten der Patientin ängſt— lich und zogen mich Anfang Mai 1842 abermals zu Rathe. Die Patientin war ſehr wohlbeleibt und wurde nun mit Brechmitteln und abführenden Mitteln, ſpäter mit Mercurial— mitteln, Kaliumiodid, China und jäuerlichen, adſtringirenden Gurgelwaſſern behandelt. So wurde bis zum 25. Juni fort— gefahren, ohne daß die geringſte Beſſerung eingetreten wäre, und ſchon war davon die Rede, die Kranke an die See— küſte zu ſchicken, in der Hoffnung, daß die Seeluft günſtig auf ſie wirken würde, als mir einfiel, daß das Einathmen von Dämpfen gewiſſer Medicamente vielleicht von gutem Er— folge ſein könnte. Ich verordnete daher, daß die Kranke täglich zwei Mal fünfzehn Minuten lang Jodinedämpfe aus einer tubulirten Flaſche einathmen und gleichzeitig folgende Mirtur nehmen ſolle: R. Quininae bisulph. gr. j, acid. iodie. gr. iij, tinet. au- rant. 3 ij, aquae c. syrup, ad 5j. m. t. d. Am 2. Juli war die Stimme vernehmbarer geworden, obwohl ſie noch einen heiſeren Ton hatte. Das Einathmen und die Mirtur wurden fortgeſetzt. rn hr 50 Am 10. Juli war die Stimme natürlich und die Aus⸗ ſprache hell und vollkommen, ſo daß die Patientin aus der Behandlung entlaſſen werden konnte. Mehrere Monate ſpäter hatte ich Gelegenheit, die Pa⸗ tientin wieder zu ſehen und mich davon zu überzeugen, daß ihre Wiederherſtellung von Beſtand war. Beiläufig will ich bemerken, daß ich das doppelſchwefel⸗ ſaure Chinin in Verbindung mit Jodinfäure häufig bei ato⸗ niſchen Krankheiten, z. B. phthisis, ſowie gegen das Ende der Cur von chroniſchen Entzündungen und syphilis gerordne. (Norwood, 23. Sept. 1846. Medical Times, No. 1, Vol. XV, 3. Oct. 1846.) Miſcellen. (12) Einen Fall von gutartiger Affection des Oberkiefers mit allen Charakteren des Krebſes theilt Hr. Lisfranc im Bullet. gen. de ther., Juill. 1846, mit. Ein Mann von 40 Jahren, welcher ſich vor einem Jahre den Ober: kiefer fracturirt hatte, und bei welchem der Bruch nicht conſolidirt war, bot bei ſeiner Aufnahme ins Spital folgende Symptome dar: An der rechten Wange am Kieferknochen befand ſich eine Geſchwulſt von der Größe des Daumens; der Körper und der Aſt des Oberkiefers, ſowie die Weichtheile waren ſtark geſchwollen, und im Munde waren grauliche, weiche, leichtblutende und mit Jauche bedeckte Wucherungen vorhanden. Der Kranke empfand ſeit länge⸗ rer Zeit lancinirende Schmerzen im Oberkiefer. Nach einiger Zeit abscedirte ſich der kleine tumor an der Wange, der Absceß wurde geöffnet und entleerte guten Eiter, worauf die Schmerzen verſchwan⸗ den und die Anſchwellung abnahm. Unter der Anwendung von Jodkali verſchwanden auch die Wucherungen im Munde, und die Anſchwellung verlor ſich endlich bis auf einen kleinen Überreſt an der Stelle der Fractur, welche noch vorhanden iſt. (13) Als das beſte örtliche Mittel gegen Erythema nodosum empfiehlt Dr. Coley das Auflegen in laues oder kaltes Waſſer getauchter linnener Lappen. Wenn Verſchwärung eintritt, fo lege man allabendlich Streifen von Bleipflaſter und eine Rollbinde an; bevor jedoch die Ulceration eintritt, kann das Übel durch folgende Pillen: Calom. gr. j, Pulv. Lini gr. 48, Mu- eil. Gumm. Mimos. q. s. ut f. pill. 24, S. zwei Mal täglich 2 — 3 Pillen zu nehmen, ſehr raſch beſeitigt werden. Die Tumoren verſchwinden dann gewöhnlich binnen zehn bis vierzehn Tagen, in hartnäckigeren Fallen kann die Gabe des Calomels vorſichtig geſtei⸗ gert werden. (Aus Dr. Coley's Treatise on the Diseases of Children.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Brandt, J. Fr., Symbolae Sirenologicae quibus praecipue rhyti- tinae historia naturalis illustratur. gr. 4%. Petropoli. Geh. Leipzig 1847. Sars, M., Fauna littoralis Norvegiae. Mit 10 Kupfertafeln. 1. Lief. Roy. Fol. Chriftiania 1846. Schmidt, C., Entwurf einer allgem. Unterſuchungsmethode der Säfte und Excrete des thieriſchen Organismus. gr. 8o. Geh. Mitau 1847. Buddeus, A. Zur Kenntniß von St. Petersburg im kranken Leben. 2 Bde. gr. 8°. Geh. Stuttgart 1847. Cole, J. — Spinal Affections, and the Prone System of Treating them; being an Enquiry into the Nature, Causes and different Methods, with a View to illustrate the Great Advantages of the Prone System for the Cure of those Maladies. With Engravings and numerous Cases. By James Cole. 2d edition 12°. London 1847. Farini, L. C., Sulle questioni sanitarie ed economiche agitate in Italia intorno alle risaie. 8°. Firenze 1846. Pescetto, Dott. G. B., Biografia medica ligure T. I. 8°. Ge- nova 1846, tipogr. del R. J. Sordo-muti. Royle. J. F. — A Manual of Materia Medica and Therapeutics, including the Preparations of the Pharmacopoeas of London, Edinburgh, and Dublin; with many new Medicines. By J. Forbes Royte, M. D. F. R. S. 12°. (pp. 744.) London 1847. Turnbult, J. — A Tabular View of the Physical Signs and Diagnosis of the Diseases of the Lungs, with a Synopsis of the Signs Which occur in each Disease. By James Turnbull, M. D., Physician to the Liverpool Northern Hospital. Royal 8°. London 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 28. (Nr. 6. des II. Bandes.) April 1847. Druck und Verlag des Landes Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abblldungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. lber die Anatomie der Nemertier. Von Hrn. v. Quatrefages. Im Auszuge.) 1) Die Integumente. Sie beſtehen a) aus einer mit ſehr dicht ſtehenden feinen und kurzen Flimmerhaaren bedeck— ten epidermis, welche ſelbſt bei den größten Borlaſien nur 3% Millim. ſtark iſt, und deren Flimmerhaare am Vorder— körper, namentlich um den Mund her, meiſt etwas länger find, als am Hinterkörper, auch zuweilen, wenn Kopfgrüb— chen und Spalten fehlen, an den ſonſt von dieſen einge— nommenen Stellen kleine Büſchel bilden; b) aus einer der- mis, welche unmittelbar unter der epidermis liegt und aus zwei Schichten beſteht, von denen die obere, durchſichtige und ziemlich homogene, doch mit vielen eiförmigen oder rund— lichen Lücken verſehene, etwa ½5 Millim. Stärke hat; die untere, deutlich zellige, von oben geſehen, ein Netz von ellip— tiſchen Maſchen bildet; e) aus einer faſerigen Lage, welche die dermis von den eigentlichen Muskeln trennt, und die durch die oberen Schichten der Integumente Fortſätze bis faſt an die Oberfläche ſendet. Die Faſern haben mehrentheils eine trandverfale Richtung. Am deutlichſten zeigt alle dieſe Erſcheinungen die Borlasia Angliae. Die Integumente der Nemertier zerſetzen ſich, gleich denen der Planarien, ungemein ſchnell, und es handelt ſich daher um eine raſche mikro— ſkopiſche Unterſuchung. Von ſteifen Stacheln und Brenn— neſſelorganen, wie ſie die Integumente der Planarien dar— bieten, eriftirt bei den Nemertiern keine Spur. Bei den Planarien fehlt dagegen die erſte Schicht der dermis. 2) Hautmuskelſchichten. Locomotion. Es ſind zwei Hautmuskelſchichten vorhanden, eine äußere mit cylindriſchen Längsfaſern, die ſich wiederum bei der Borlasia Angliae am deutlichſten darſtellen, und einer inneren mit No. 1008. — 908. — 28. Querfaſern. Zwiſchen dieſen beiden Schichten befindet fich eine Art von Aponeuroſe, welche durch die obere Schicht Ausläufer bis faſt an die Integumente ſendet. Die Dicke dieſer Muskel⸗ ſchichten läßt ſich bei friſchen Exemplaren ſchwer beſtimmen. Bei einer 30 — 35 Fuß langen Borlaſie, welche bereits ſeit vier Jahren in Alkohol aufbewahrt worden, und bei der ſie offenbar zuſammengezogen und verdickt war, betrug ihre Stärke etwa 1 Millim. Jedenfalls iſt die äußere Schicht ſtärker, als die innere. Daß die Längsmuskelfaſern Bündel bilden, die von einem Ende des Thieres bis zum anderen reichen, iſt nicht wahrſcheinlich; zumal da die Nemertier einzelne Abſchnitte ihres Körpers beliebig zuſammenziehen können. Die Faſerſchicht der Integumente iſt mit den Hautmuskel⸗ ſchichten innig verbunden und ſcheint die Rolle einer Apo— neuroſe zu ſpielen, jo daß ſie eher zu den Muskeln, als zu der Haut gehören möchte. Auch bei den kleinſten Species laffen ſich die Hautmuskeln deutlich erkennen, wenn man die Integumente durch flüſſiges Ammonium auflöſ't und es, fo: bald dasſelbe hinreichend gewirkt hat, durch Salzſäure neu: traliſirt. Wenn ſich eine Borlasia von ſelbſt theilt, jo reißt immer zuerſt die äußere Muskelſchicht und ſpäter erſt die innere, ſowie die Integumente. Über dem Stumpfe ziehen ſich dann beide Muskelſchichten zuſammen, ſo daß die Wunde nur eine kleine Offnung darbietet, welche manche Forſcher fälſchlich fuͤr einen Saugnapf angeſehen haben. Die oben erwähnten Muskelſchichten dienen zu den all— gemeinen Bewegungen des Thieres, folglich zur Locomotion, welche dreierlei Art iſt. Manche Species, z. B. Polia bem- bix, ſchwimmen, ſich lebhaft ſchlängelnd, ungefähr wie die Blutegel, während die meiſten auf dem Grunde nur lang— ſame Biegungen ausführen. Alle Arten kriechen auf feſten Oberflächen, und dabei verändert ſich ihre Körpergeſtalt höͤchſt auffallend. Die ganze Körpermaſſe ſammelt ſich in einen 6 83 28. Il. 6. 84 Ballen und fließt dann gleichſam durch ſchnell in derſelben Richtung auf einander folgende Zuſammenziehungen wieder aus einander. Am vollkommenſten bieten die Polien dieſe Erſcheinung dar. Die dritte Art der Locomotion gewahrt man zumal an den großen Species der Gattungen Valencinia, Borlasia und Nemertes. Mitten aus dem Knäuel, zu dem ſich der Körper zuſammengezogen hat, ſchiebt ſich zuweilen das vordere Körperende ſtätig, und ohne daß man die ge— ringſte Muskelcontraction gewahrt, hervor, ſo daß der Knäuel immer kleiner wird und das Thier ſich zuletzt ganz entfaltet. Da dieſe Art von Fortbewegung nicht nur Statt hat, wenn das Thier an der Wandung des Gefäßes klebt und dort einen feſten Stützpunkt hat, ſondern auch, wenn es ſich an der Oberfläche des Waſſers befindet, ſo ſcheinen die Flimmer— haare dabei eine Hauptrolle zu ſpielen. Alle dieſe Bewe— gungen führen die Nemertier mit gleicher Leichtigkeit aus, welche ihrer Oberflächen auch gerade nach unten gerichtet ſein mag; doch beſitzen ſie eine deutlich charakteriſirte Bauch— fläche, welche in der Regel die untere iſt und bei manchen Arten eine verſchiedene Farbe, außerdem aber die Genital— öffnung darbietet. 3) Die allgemeine Körperhöhle. Die bisher beſchriebenen Schichten umhüllen zuſammen die Höhle, in welcher die Eingeweide liegen, und welche in mehrere Ab— theilungen zerfällt. Sie iſt mit einer beſonderen organiſchen Schicht ausgekleidet, von der nach innen Ausläufer und Bän— der ausgehen, und mit einer Flüſſigkeit gefüllt, welche zu— weilen merkwürdige Eigenſchaften darbietet. a) Abtheilungen der allgemeinen Höhle. Die Abtheilung, welche dem Kopfe entſpricht, iſt von dem Reſte der Körperhöhle durch eine Querſcheidewand mit ſenkrechten Faſern getrennt, welche in die Hautmuskelſchichten eingeſetzt ſind. Die Scheidewand bietet mehrere Offnungen zum Durch— gange der Nersen- und Gefäßſtämme, ſowie des Nahrungs— ſchlauches dar und liegt hart vor der Genitalöffnung, welche man für den Mund ausgegeben hat. Dieſe vordere Abthei— lung enthält das Gehirn, die Kopfnerven, große Gefäßſchlin— gen und die vordere Portion des Nahrungsſchlauches; auch wird fie in verſchiedenen Richtungen von Bändern und Mus— keln durchſetzt. Der Reſt der allgemeinen Körperhöhle iſt durch die ſenkrechten Scheidewände, an denen die Zeugungs— organe hängen, in drei Kammern getheilt, von denen die mittlere, der Medianlinie folgende, einen Theil des Nahrungs— ſchlauches enthält, während in den beiden ſeitlichen die Eier— ſtöcke oder die Teſtikel ſchwimmen. b) Die ziemlich ſtarke Membran, welche die allgemeine Körperhöhle auskleidet, bietet bei den großen Species erkennbare Querfaſern dar, und ihre theils band ⸗, theils ſäulenförmigen Ausläufer verbinden ſich theils mit den Scheidewänden der Zeugungsorgane, theils mit Dies ſen ſelbſt. Bei den kleineren Species erſcheint ihre Structur homogen und aus feinen Kügelchen beſtehend. Daß die Bänder und Säulchen museulöſer Natur find, unterliegt kei— nem Zweifel, da man ſieht, wie ſie ſich zuſammenziehen und wieder ſchlaff werden, und die ganze Schicht, von der ſie ausgehen, ſcheint eine gleichartige Beſchaffenheit zu haben. c) Die Flüſſigkeit, welche die allgemeine Körperhöhle füllt, iſt meiſt farblos, doch bei den Spe⸗ cies mit rothem Blute, z. B. Polis sanguirubra, hell roſa⸗ farben. Sie bewegt ſich in den Kammern, was man an den Bewegungen der darin enthaltenen Körperchen erkennt, die meiſt unregelmäßig geſtaltet, durchſcheinend und farblos, doch bei manchen Species von beſtimmter Form und Farbe find. Bei Polia sanguirubra findet man fie kahnförmig und dunkler roſafarben, als die Flüſſigkeit; bei Cerebratulus de- pressus ſcheibenförmig, aus an einander gereihten Körnchen zuſammengeſetzt und in der Mitte mit einem runden rothen Fleckchen verſehen, bei Polia bembix linſenförmig und, ein⸗ zeln geſehen, grünlich, während ſie ſich, wenn ſie in immer dickeren Schichten über einander liegen, erſt orangegelb, dann orangeroth, endlich faſt rein carminroth ausnehmen. Die Nemertier beſitzen alſo, gleich den Anneliden, eine innere Höhle, welche mit einer eigenthümlichen Flüſſigkeit gefüllt iſt, die einen großen Theil des Volumens des Thieres aus⸗ macht und hier insbeſondere eine wichtige Rolle bei der Ernährung und Fortpflanzung zu ſpielen ſcheint. Bei kräf⸗ tigen Exemplaren enthält die Flüſſigkeit offenbar mehr Kör- perchen, als bei matten, und zur Begattungszeit findet man deren vorzüglich viele. Sie liefern wahrſcheinlich die Ma- terialien zur Ernährung der Eier, welche in die Seitenkammern im noch nicht völlig entwickelten Zuſtande abgelagert werden. Ob die drei Kammern der Haupthöhle unter einander, ſowie mit der Kopfhöhle communiciren, läßt der Verf. da- hingeſtellt; doch hält er es, wenigſtens bei den Species mit temporärer Genitalöffnung, für wahrſcheinlich. Da ſelbſt bei kleineren Polien die Mittelkammer mit Körperchen gefüllt iſt, ſo leugnet der Verf. eine directe Com⸗ munication mit dem umgebenden Waſſer. Eine ſolche dürfte jedoch bei den Arten, welche, wie Borlasia Angliae, eine permanente weitklaffende Genitalöffnung beſitzen, vorhanden ſein. Doch ſcheint es ſich mit dieſer Offnung zu verhalten, wie bei manchen Molluſken, z. B. Doris, welche die Off— nung, mittels deren die Bauchhöhle mit dem umgebenden Waſſer communieirt, beliebig ſchließen und öffnen können. 4) Der Verdauungs apparat der Nemertier bietet durchgehends eine große Gleichförmigkeit dar, und bei allen Species kann man einen Mund, Rüſſel, oesophagus und Darm erkennen, die eine mehr oder weniger geſchlängelte und gegen das untere Ende hin aufwärts zurückgehende Röhre bilden, welche weniger lang iſt, als der ganze Körper und fi) in der Mittelkammer, zwiſchen den Scheidewänden der Reproductionsorgane, befindet. Bei manchen Arten iſt der oesophagus mit einem ſtiletführenden Apparate verſehen, bei anderen nicht. Von Speicheldrüſen und einer Leber fand der Verf. keine Spur, eben ſo wenig einen After, welchen doch die meiſten Forſcher erkannt haben wollen. a) Der Mund liegt bei den Valeneinien an der unte⸗ ren Seite des Kopfes, bei allen übrigen von dem Verf. un⸗ terſuchten Nemertiern am vorderen Ende des Körpers. Um dieſe kleine Mündung her ſind die Flimmerhaare länger, als an der übrigen Körperoberfläche. Vom Munde erſtreckt ſich nach dem Inneren des Körpers eine Art fleiſchiger Säule 85 28. I. 6. 86 bis etwa in die Mitte der Kopfhöhle, wo fie ſich an eine ſehr voluminöſe Muskelmaſſe anſchließt, die theils durch die Anfangsſchichten des Rüſſels, theils durch die Muskeln ge— bildet wird, welche dazu dienen, den Rüſſel vorwärts zu be— wegen. Bei der Polia glauca bietet dieſer Theil eine eigen⸗ thümliche Einrichtung dar. Von dem vorderen Ende der Säule gehen vier durchſcheinende Bänder aus, die ſich ſpiral⸗ förmig nach hinten winden und einander mehrere Mal kreuzen. Gegen das hintere Ende der Säule hin verbinden ſie ſich zu einer Scheide mit Längsfaſern. Dieſe Bänder ſind wahr— ſcheinlich Muskelbündel, welche den Mund bei dem Vorwärts— ſchieben des Rüſſels erweitern. Das Innere dieſes vorderſten Theiles des Nahrungsſchlauches iſt, wie dieſer überhaupt, mit Flimmerhaaren beſetzt; doch fehlen darin die oft ziemlich großen Wärzchen, welche man im Rüſſel und Darme findet. b) Der Rüſſel beginnt hinter der erwähnten Muskel⸗ maſſe, iſt viel weiter, als die Mundſäule und hat eine mehr complicirte Structur. Er beſteht aus zwei deutlich von ein= ander getrennten Muskelſchichten, zwiſchen denen ſich ein ho— mogenes, durchſichtiges Gewebe befindet, welches viele ſehr ausdehnungsfähige Bänder und Säulchen bildet. Beide Mus— kelſchichten beſtehen aus Längsfaſern, und zwiſchen dieſen be— merkt man bei den größeren Arten auch eine Schicht von Querfaſern, die jedoch bei Polia filum, P. mutabilis etc. zu fehlen ſcheint. Das Innere dieſer Muskelſchichten iſt mit einer homogenen, durchſcheinenden Membran ausgekleidet, welche der Schleimhaut der höheren Thiere entſpricht und mit Wärzchen beſetzt iſt, die bei manchen Arten (Polia man- dilla, Artesia maculata, Polia coronata) nicht weniger als 1½% Millim. Höhe darbieten und ebenfalls mit Flimmer— haaren bewachſen ſind. Der vordere Theil des Rüſſels liegt in einer Art von faſeriger Scheide, die zugleich die Decke der Mittelkammer der allgemeinen Höhle bildet. Weiter nach hinten ſetzen ſich Quermuskelbündel, welche den Rüſſel und einen Theil des Darmes an die Decke der Mittelhöhle befeſtigen, noch eine Strecke weit fort, bis fie, immer ſchwä⸗ cher und minder zahlreich werdend, etwa bei der Mitte der Länge des Nahrungsſchlauches ganz verſchwinden. Die nor— male Lage aller dieſer Theile läßt ſich nur bei in Spiritus aufbewahrten Exemplaren wahrnehmen, da ſie bei friſchen durch die krampfhaften Bewegungen ſehr weſentlich verän— dert wird. c) Speiſeröhre nennt der Verf. eine enge Portion des Nahrungsſchlauches, welche den Rüſſel vom Darme trennt. Die Wandungen dieſes Theiles ſind mehr oder weniger ver— dickt, bei Nemertes antonina ſogar umgekehrt flaſchenförmig. Bei vielen Arten iſt dieſe Speiſeröhre von einfacher Stru— ctur, indem ſie nur am oberen und unteren Ende, ſowie in der Mitte eine Einſchnürung, am oberen Ende ſogar eine Art von Schließmuskel, endlich verſchiedene Abänderungen des inneren Kalibers darbietet. Hierher gehören namentlich die Valencinien und Borlaſten. Die Wandungen enthalten deutliche Querfaſern; Längsfaſern konnte der Verf. darin nicht entdecken. Die Schleimhaut des oesophagus iſt dicker, als die des Rüſſels und Darmes, und in dem oberen Ab: ſchnitte desſelben glatt und nackt, im unteren dagegen häufig mit Wärzchen und Flimmerhaaren verſehen. Bei anderen Nemertiern dagegen iſt die Speiſeröhre mit einem Stilet— apparate verſehen, deſſen typiſchen Charakter, wie er ſich bei Polia mandilla und Nemertes balmea findet, der Verf. folgen⸗ dermaßen beſchreibt: das Stilet ſelbſt beſteht aus einer Spitze und einem Körper (Stiele); die Subſtanz der erſte— ren iſt feſt und durchſichtig; ihre Geſtalt ift kegelförmig, und nach hinten zu befindet ſich ein wulſtiger oder kugel⸗ förmiger Theil. Der Körper iſt eine mehr oder weniger ovale Maſſe, die zuweilen (Nemertes balmea) mit derſelben harten Subſtanz, aus welcher die Spitze beſteht, überzogen iſt, übrigens nur einen gekörnten Stoff darbietet. Chemiſche Unterſuchungen haben dem Verf. dargethan, daß das ganze Stilet aus einer animaliſchen Grundlage beſteht, in welche ein Kaltſalz abgelagert iſt, das von hinten nach vorn immer häufiger wird, ſo daß die Spitze faſt ganz aus demſelben beſteht. Das Stilet befindet ſich in einem Beutel, der in— nerhalb der Stärke der Oſophaguswandungen ausgehöhlt iſt, und in deſſen hinterem Theile ſich eine gekörnte, drüſenför⸗ mige Maſſe befindet, die wahrſcheinlich das Organ iſt, welches das in dasſelbe eingepflanzte Stilet ſecernirt hat. Dieſer Beutel mündet in den Rüſſel aus und iſt mit einer eigen— thümlichen Membran ausgekleidet, die ſich bei Nemertes balmea deutlich darſtellt. Neben dieſem Hauptbeutel befinden ſich bei den beiden obengenannten Thieren noch zwei Nebenbeutel, die ebenfalls drüſenförmige Maſſen enthalten, die, des Verf. Anſicht nach, eine Art Gift ſecerniren, indem die vom Stilet der Nemertier getroffenen Thierchen, z. B. Gntomoftraceen, augenblicklich ſterben. Übrigens hat der Verf. dieſe Neben— ſäckchen bei vielen mit einem Stilet verſehenen Arten nicht deutlich auffinden können. Zwei am hinteren Theile des Stiletbeutels angeſetzte ſehr feine Muskelbänder dienen wahr⸗ ſcheinlich zum Vorwärtsſchnellen des Stilets. Bei Polia coronata findet ſich der Stiletapparat in der hinteren, bei allen übrigen vom Verf. unterſuchten Species in der vorde— ren Abtheilung des oesophagus. — Neben dem eben be: ſchriebenen Apparate ſind noch rechts und links vom Stilete, zuweilen auch über und unter demſelben (Polia vermiculus), zwei Beutelchen vorhanden, die der Verf. ſtileterzeu— gende Säckchen nennt, und welche zwei bis ſechszehn Kör⸗ perchen enthalten, die wie Stiletſpitzen geformt ſind, und an denen man ſogar zuweilen einen rudimentären Stilet— körper gewahrt. Polia armata beſitzt ausnahmsweiſe vier dieſer Säckchen, während man bei P. quadrioculata und P. humilis nur eines findet. ) Der eigentliche Darm beginnt hinter der Speiſe⸗ röhre und beſteht aus denſelben Arten von Muskelſchichten, wie der Rüſſel, die hier nur bedeutend ſchwächer find. Seine Schleimhaut iſt ebenfalls mit Wärzchen beſetzt, die jedoch gewöhnlich kleiner, als die im Rüſſel, aber ebenfalls mit ſchwingenden Flimmerhaaren beſetzt find. Der hin- und her⸗ gewundene Darm ſchwimmt in der Mittelkammer der all⸗ gemeinen Höhle und wird hin und wieder durch Bänder gehalten. Er erreicht aber das hintere Ende dieſer Höhle nicht, ſondern nimmt gegen das hintere Viertel derſelben ſchnell ein geringeres Kaliber an und ſchlägt ſich dann in 6 * 87 Geftalt einer Schnur ohne röhrenförmige Höhlung wieder aufwärts, um ſich an die Rückenwand der Abdominalhöhle zu befeſtigen. Eine Afteröffnung iſt weder am hinteren Kör— perende, noch am Rücken wahrzunehmen. Auch hat ſich der Verf. bei mehreren Species durch Sectionen davon überzeugt, daß der Darm wirklich blind ausgeht. (Schluß folgt.) Miſeellen. 14. Eine rothe Färbung des Meeres wurde in gro⸗ ßer Ausdehnung (beiläufig auf einer Fläche von etwa 60 Millionen Q. Meter) durch die Herren de Freyeinet und Turrel auf der Corvette la Creole in der Nähe der Tajomündung beobachtet. Sie zeigte ſich in abwechſelnd helleren und dunkleren Streifen. Die geſchöpfte Flüſſigkeit enthielt eine große Menge rother Pünktchen. 9 8 unterſuchte dieſelbe (wie lange nachher?) Beim Offnen des Fläſchchens verbreitete ſich ein ſtarker Geruch nach Seile (XIV.) über Bedeutung und Benutzung der phyſiologiſchen Inſtitute. Vom Prof. Dr. Siebert. „Die Entwickelung der Medicin als einer Wiſſenſchaft kann wohl auf längere oder kürzere Zeit durch ſolche Be— ſtrebungen, welche ſie ihrem natürlichen Gange entfremden, gehemmt werden, aber weil dieſer Gang ein nothwendiger iſt, ſo muß er auch im Ganzen ein unaufhaltſamer ſein. Wie die Phyſtologie des Menſchen nur ein Zweig der Biologie, ſo iſt die Heilkunde nur ein Zweig der Natur- wiſſenſchaften überhaupt. So oft die Mediein davon ab— wich, wurde ſie in ihrer natürlichen Entwickelung gehemmt oder zurückgeworfen. Seit mehr als drei Decennien hat ſie dieſe Bahn wieder betreten: eine Bahn, welche ſegensreich wird, wenn es der praktiſchen Mediein gelingt, gleichen Schritt mit den ihr als Hilfsdoctrinen dienenden Zweigen der raſch voraneilenden Naturwiſſenſchaft zu halten. Daß ſie nicht gleichen Schritt hielt, daß ſie ſich von dem Ganzen losriß und ſtörriſch ihren eigenen Weg zu wandeln ſuchte, iſt ſo häufig die Urſache des unnatürlichen Zwieſpaltes ge— weſen, welcher leider ſtets zum Nachtheile der praktiſchen Mediein ausfiel. Um ähnlichen Calamitäten zu entgehen, iſt es noth— wendig, dieſelben in ihren Urſachen und Wirkungen ins Auge zu faſſen. Iſolirt, der geſammten Naturkunde entfremdet, ſuchte zu allen Zeiten ſolcher Irrſale ſich die praktiſche Mediein ihre eigene Baſis zu ſchaffen. Das verſchiedene Material hiezu kann man unter 3 Rubriken zuſammenfaſſen: 1) Der Empirismus nahm die Krankheits-Phäno— mene in ihrer äußeren Geſtaltung und Anordnung an, wie 28. II. 6. 88 Schwefelwaſſerſtoff. Der Vodenſatz enthielt mehrere algenartige grünliche, nicht näher beſtimmte Gebilde, und nur mit Mühe gelang es, einzelne rothe Körnchen zu finden, die aus einer zarten hyalinen Zelle und einem homogenen rothen Kerne beſtanden. Sie hatten etwa 0,0033 . .. bis 0,005 Mm. Durchmeſſer. Montagne nennt fie Protococeus atlanticus. Um einen Duabratmillimeter zu decken, ſind 40,000 Individuen erforderlich, und man mag ſich da⸗ nach eine Vorſtellung von der in jenem gefärbten Theile des Mee⸗ res enthaltenen Menge machen. (Ann. d. sc. nat., Novemb. 1846.) 15. Kohlen ſaures Ammoniak der Nahrung der Thiere beigemengt, zeigte nach Verſuchen von Kuhlmann keine auffallende Wirkung. — Zwei faſt ganz gleiche engliſch⸗ chineſiſche Schweine wurden länger als zwei Monate ganz gleich ernährt, aber dem Futter des einen wurden täglich 100 Grammen kohlenſaures Ammoniak zugefügt, was für die ganze Verſuchszeit etwas über 6 Kilogr. betrug. Während der ganzen Zeit befand ſich das Thier vollkommen wohl und behielt dasſelbe Gewicht wie das andere. Der Harn und der Koth blieben wie bei dem anderen Thiere völlig neutral, nur ſchien der Harn etwas reicher an Harn⸗ ſtoff zu ſein. unde. ſie gute oder ſchlechte Beobachter beſchrieben und anordneten, und kämpfte mit Waffen dagegen, die ihnen als wirkſam, mit größerer oder geringerer Wahrheitsliebe, durch die Er— fahrung erprobt empfohlen wurden. 2) Die künſtlichen medieiniſchen Syſteme entſprangen dem Drange der iſolirten und eben dadurch hilfloſen Mediein, ihren Meditationen ein Subſtrat anzu= eignen, welches nur einer einſeitigen Außerung des ge— ſunden oder kranken Lebens entnommen, und welches der eracten Deduction mehr oder minder zugänglich war, wie die Schwäche, die Erregung, die Dynamik, der ausſchließ— liche Chemismus, die ausſchließliche Mechanik, die Staſe, die Somdo- und Iſopathik, der Paraſitismus u. ſ. f. 3) Die Philoſophie ſuchte ſich die Phänomene des geſunden und kranken Lebens a priori zu conſtruiren. Gut war es, wenn fie fi) der Naturwiſſenſchaft nicht entfrem⸗ dete, und jene Lücken in der Heilkunde, welche die annoch unvollſtändige Forſchung ließ, auf rationelle, d. i. philoſo— phiſche Weiſe auszufüllen ſuchte. Schlimm war es zur Zeit der ſogenannten „Naturphiloſophie,“ wo ſie bei ihren Con⸗ ſtructionen gerade die Natur am allerwenigſten zu Rathe zog. Die jetzige Periode der Mediein, welche nur für die— jenigen verwirrend und unverſtändlich iſt, die entweder aus Trägheit oder aus Hochmuth ſich theils hinter dem Recepten— Nimbus, theils hinter ſterilen Doctrinen verſchanzen, verſtößt weder die Philoſophie noch die Erfahrung, ja ſie enträth in ihrem Eklekticismus keineswegs mannigfache Erwerbung der Sectirer und Doctrinäre, aber ſie weiß, daß die Krank- heitsphänomene nur aus den biologiſchen erklärt werden können, daß die phyſiologiſche Würdigung der einzelnen Phänomene eine wirkliche Erkenntniß der Krankheit allein möglich macht, daß ſie nur durch chemiſche und ſtatiſche 89 28. Il. 6. 90 Veränderung der flüſſigen und feſten Theile des Organis— mus entſtehen können. Ohne chemiſche Kenntniſſe kann man etwas nicht auffinden, was chemiſch verändert iſt; ohne Phyſik kann man keinen abnormen Proceß erklären, der auf phyſikaliſcher Nothwendigkeit beruht; ohne bewaffnetes Auge kann man weder die normale noch die abnorme Zuſammen— ſetzung der feſten und flüſſigen Theile erkennen und beurthei— len. Ohne Biologie (Anatomie und Phyſiologie, Zootomie, Pflanzenphyſiologie), ohne pathologiſche Hiſtologie, ohne organiſche Chemie, ohne Phyſik darf es wohl dem Medi— einer nicht einfallen, die Krankheitsphänomene auffinden oder erklären zu wollen. Wenn er ſie aber auffindet, ſo hat er ſchon die halbe Erklärung, denn fie würden für ihn kein Gegenſtand der Forſchung geweſen ſein, wenn er ſich nicht auf dem Wege befunden hätte, auf dem auch die Deutung möglich iſt. Wer zur Zeit noch glaubt oder vorgiebt, die mit un— bewaffneten Sinnen ermittelte Conſiſtenz, Farbe, Geruch ꝛc. eines organiſchen Gebildes, eines thieriſchen Seeretes, genüge zur richtigen Beurtheilung ſeiner Beſchaffenheit, der hat ent— weder keinen Begriff von dem Reichthume, welchen die Na— turwiſſenſchaft der Mediein zugewendet hat, oder er verſucht es abſichtlich und frevelhaft in das Rad einzugreifen, das ihn weit abſeits der Sterilität zuſchleudern wird. Wer den Kranken nicht examiniren, wer ſeine Ant— worten nicht verſtehen und verwerthen kann, iſt nicht wür— dig, die Approbation als Arzt zu erhalten. Wer die me— chaniſch-noſognoſtiſche Unterſuchung nicht anzuwenden ver— ſteht, kann unmöglich der Reihe gebildeter Arzte beigezählt werden; er wird von der Exiſtenz einer großen Anzahl von Krankheiten keinen Begriff, geſchweige ein Urtheil darüber oder eine Waffe dagegen haben. Und wir fragen, iſt es nicht eine frevelhafte Unterlaſſungsſünde, die mediciniſche Phyſik, die Mikroſkopie, die pathologiſche Chemie bei Seite zu ſetzen, da, wo ſie uns der Erkenntniß des geſunden und kranken Lebens näher rückt? Wir haben in der That in unſerem deutſchen Vater— lande noch das traurige Beiſpiel, daß eine große Anzahl der Praktiker aus Hochmuth oder Bequemlichkeit ſich dieſer Disciplinen überheben zu dürfen glaubt. In der That, dieſe werden wohl alsbald ihre Renitenz zu bereuen haben. Die Zeit iſt vorüber, in der ſich die ärztliche Meditation in myſterlöſes Dunkel hüllen und gegen ein lockeres, mißver— ſtandenes Heer von Symptomen mit (ihm und Jedem) myſtiſchen Droguen zu Felde ziehen konnte. Der Praktiker, welcher die genannten Hilfsdisciplinen ſich zu eigen gemacht hat, wird mit größerer Klarheit nicht allein die Krankheits— fälle in concreto, ſondern das Weſen der Krankheitsproceſſe überhaupt beurtheilen können, er wird in Zuſammentritt am Krankenbette mit anderen Arzten, welche darin zurückblieben, ſelbſt bei geringeren Geiſtesgaben eine weit vollſtändigere Diagnoſe und Prognoſe, eine weit richtigere Therapie an— geben können. — Was haben denn nun die genannten und ſo ſehr ge— prieſenen Disciplinen der praktiſchen Medicin für einen we— ſentlichen Nutzen gebracht? — Wir wollen den Tragen, welche mit Behagen die Antwort: „gar nichts“ hören wür— den, zu ihrer Erleichterung wenigſtens die geben: „non multa,“ müſſen aber zur Erhebung der Thätigen: „sed multum“ hinzufügen. In der That nicht viel iſt es, was zur Zeit die praktiſche Mediein zu ihrer weſentlichen För— derung der letzten Periode eifriger Forſchung entnahm, aber das Wenige iſt von ſo großem Vortheil, daß es die Re— ſultate der tiefjinnigen Speculation eines halben Säculums aufwiegt und hinreicht, einen allgemeinen Eifer zu entflammen. Wenn in den letzten drei Jahren ein Stilleſtehen und Athemholen, eine beſondere Betrachtung des Erworbenen die Einen, eine hin und her irrende Raſtloſigkeit die Anderen auszeichnete, ſo war es Entmuthigung der Dritten, was zuſammengenommen uns einerſeits deutliche Anzeichen ver— rieth, daß ein kurzer Ruhepunkt, ein Zeitabſchnitt in der Geſchichte der Forſchung eingetreten iſt, andererſeits ermahnt, die Fehler zu entdecken, welche unſere wiſſenſchaftliche Pe— riode, wie jede des Ringens und Drängens, auszeichnet. Unſeres Bedünkens ſind es vorzüglich zwei Fehler, denen man zu entkommen oder vielmehr zu begegnen ſuchen muß. Der erſte beſteht in den allzu großen Verſprechungen, denen wohl ſchwerlich vollſtändig, wenigſtens nicht in ſo kurzer Zeit die Reſultate folgen. Findet man nun nach einigen Jahren die ſanguiniſchen Hoffnungen einigermaßen getäuſcht, ſo geſtaltet ſich hieraus für die Schwachen ein hinreichender Grund, die ganze Sache fallen zu laſſen. Der zweite Feh— ler entſpringt aus dem unabläſſigen und zwar einſeitigen Forſchen, ſo daß treffliche Arbeiten in der organiſchen Che— mie oder am Mikroſkope eine große Anzahl von Thatſachen aufhäufen, ohne daß die praktiſche Mediein, reſp. die Phyſto— Pathogenie, in den Stand geſetzt ſei, fie zu verwerthen. Nüch— terne Beſonnenheit begegnet dem erſten Fehler, während dem zweiten nur dadurch Abhilfe werden kann, daß ſich die prakti— ſche Mediein in innige Verbindung mit den genannten For— ſchungsweiſen ſetzt, vielmehr ſich dieſelben ſelbſt aneignet. Wollen wir übrigens vier Jahre zurückgehen und ſehen, was damals ſchon die chemiſche und phyſikaliſche Unter— ſuchung thieriſcher Flüſſigkeiten und Gewebe vor fich ge⸗ bracht hatte, ſo werden wir bei dem Vergleiche mit dem jetzigen Stande der Sache leicht ſehen, was ſich zur Er— kennung der Krankheiten und zur Feſtſtellung der Diagnofen als beſtändig erwieſen hat, geſchweige des bedeutenden Ma— terials, zu verwenden für die Lehre der Ernährung, der Me— tamorphoſe und der Elementarzuſammenſetzung der organi— ſchen Beſtandtheile. Die chemiſche Unterſuchung des Blutes brachte uns die Veränderungen desſelben, welche zum Theil ſchon die Alten aus dem phyſtkaliſchen Verhalten vermutheten, zur klaren Anſchauung, und rechtfertigt großentheils das auf dieſem Grund eingeſchlagene Heilverfahren. Ohne chemiſche und mitroſtopiſche Unterſuchung des Harnes und ſeiner Sedimente iſt eine richtige Beurtheilung derſelben unmöglich, und in der That haben dieſe Unter— ſuchungsmethoden fo viel für Pathologie, Diagnoſtik und Therapie geleiſtet, daß ihre Unterlaſſung den Arzt im größe ten Dunkel läßt und zu bedeutenden Irrthümern Veranlaſſung 91 28. II. 6. 92 giebt. Es bedarf nicht daran zu erinnern, wie viele wich— tige Krankheiten, nicht allein der uropoetiſchen Organe, ſondern auch der chylopoetiſchen, der Blutmaſſe, der Nerven— centren lediglich aus der genauen Unterſuchung des Harnes aufgefunden und beurtheilt werden, und dies noch, bevor oder ohne daß die übrigen Krankheitserſcheinungen deutlich dafür ſprächen. Es laſſen ſich mit bloßen Augen weder die Qualität noch die Urſprungsſtelle ſo vieler aus dem Körper geſtoßener Secrete und pathiſcher Producte erkennen, und wirklich leiſtet in Betreff der sputa, des Erbrochenen, des Inhaltes von Geſchwülſten, der in den sedes enthaltenen Maſſen das Mikroſkop jo Vieles und Zuverläffiges, daß man jenen Arzt, welcher dieſe Unterſuchungsmethode ver— ſchmäht, der Hilfloſigkeit anheimfallen ſieht. Die Schwierigkeiten, welche ſich dem Praktiker bei die— ſen und ähnlichen Unterſuchungsmethoden in den Weg ſtellen, liegen einerſeits darin, daß nach unſeren jetzigen Studien— plänen für die Medieiner auf Cultivirung der einſchlägigen Disciplinen nicht hinreichend Rückſicht genommen wurde, andererſeits darin, daß die Unterſuchungen für allzu zeit— raubend angeſehen werden. Letzteres iſt in der That nicht der Fall, wenn man ſich die gehörige Übung verſchafft hat, und wenn bei weiterer Fortbildung die Unterſuchungsmetho— den ſich mehr und mehr vereinfachen werden. Überhaupt aber darf von Zeitaufwand keine Rede ſein, wenn es ſich von Dingen handelt, deren Ermittelung eine unabweisbare Nothwendigkeit iſt. Die Beſeitigung des Erſteren iſt eben die Aufgabe des phyſiologiſchen Inſtitutes, welches zu die— ſem Zwecke mit den Disciplinen der praktiſchen Mediein in innige Verbindung tritt und ſich an dieſelben anreiht. Es macht ſich deßhalb zur Aufgabe: 1) Durch mikroſkopiſche Hiſtologie und Unterſuchungen über die organiſche Metamorphoſe, zur Begründung des phy— ſiologiſchen Studiums weſentliche Beiträge zu liefern; 2) durch mikroſkopiſche Unterſuchungen von Präpara⸗ ten, welche Operationen an Lebenden und Sectionen liefern, die Lehre der pathologiſchen Hiſtologie zu begründen und zu erweitern; 3) durch mikroſkopiſche Unterſuchung der Flüſſigkeiten, Ercrete, Krankheitsproducte von Kranken, die in den hieſigen Kliniken behandelt werden, die Diagnoſtik zu vervollſtän— digen, desgleichen 4) durch chemiſche Unterſuchung dieſer Stoffe nicht allein denſelben Zweck zu fördern, ſondern auch, da einem jeden Krankheits-Cyelus ein Cyclus von chemiſchen Unterſuchungen entſpricht, der Atiologie, der Pathogeneſe, der Lehre von dem Krankheitsproceſſe, son der Entwickelung und Entſchei— dung (Kriſen⸗Lehre) eine möglichſt eracte Baſis zu geben. Die Unterſuchung dieſer Gegenſtände geſchieht im phy⸗ ſiologiſchen Inſtitute nicht getrennt und unabhängig von der Lehre am Krankenbette, ſondern die kliniſchen Lehrer influi— ren in der Weiſe auf das phyſiologiſche Inſtitut, daß es demſelben angiebt, worauf es der praktiſchen Mediein in den gegebenen Fällen ankomme, was bei denſelben gegebene Größen, was Probleme ſeien; die Reſultate der Unterſuchun— gen des Inſtitutes influiren dagegen auf die Meditation am Krankenbette, indem es derſelben beſtimmte Zeichen an die Hand giebt, welche das diagnoſtiſche Urtheil erweitern, ver⸗ vollſtändigen und reſp. rectificiren müſſen. Der Arzt, wenn es ihm auch ſeine Beſchäftigung nicht erlaubt, complicirtere, und zwar quantitative chemiſche Unter⸗ ſuchungen anzuſtellen, wenn er ſich am Krankenbette ſelbſt auf die qualitativen beſchränken muß, und genöthigt ift, jene durch einen Mann „vom Fache“ ausführen zu laſſen, wird doch niemals die richtigen Fragen an den letzteren ſtellen, er wird niemals deſſen Antworten richtig zu verwerthen wiſſen, wenn er nicht ſelbſt vollſtändige Kenntniß der einzuſchlagen⸗ den Proceduren beſitzt, wenn er nicht ſelbſt Meiſter in der Sache iſt. Aus dieſem Grunde legt man den Herren Stu⸗ direnden der Medicin die Beachtung der mehrfältig erwähn⸗ ten Disciplinen ans Herz, man empfiehlt dringend die Er⸗ werbung von Kenntniſſen und techniſcher Fertigkeit, wofür in den akademiſchen Jahren noch Zeit und Gelegenheit iſt, welche verſäumt zu haben eine ſpätere Reue, und zwar zu einer Zeit, wo das Verſäumte kaum nachzuholen, auf eine bittere Weiſe fühlbar machen wird. In Betreff der Reihenfolge, in welcher das Studium der Mediein und ihrer Hilfswiſſenſchaften zweckmäßig ver⸗ folgt wird, iſt der Beſuch des phyſiologiſchen Inſtitutes nach Beendigung der anatomiſchen, zootomiſchen und phyſtologi— ſchen Collegien und vor dem Beſuche der allgemeinen und ſpeciellen Pathologie und Chirurgie, vor dem der kliniſchen Inſtitute anzurathen. Bei drängender Zeit können auch die Arbeiten im phyſtologiſchen Inſtitute mit den theoretiſchen Collegien der Mediein, Chirurgie und Geburtshülfe zugleich begonnen werden; jedenfalls aber müſſen ſie dem Beſuche der Kliniken vorhergehen, da die Krankheitsphänomene für den alſo Ausgerüſteten eine höhere Bedeutung bekommen, die Möglichkeit zur augenblicklichen Verwerthung zulaſſen und ſomit der kliniſchen Beobachtung einen inſtructiven und nach⸗ haltigen Werth ſichern.“ (Drittes Programm des phyſ. Inſtitutes zu Jena.) (XV.) über die Behandlung der Scrophelkrankheit. Von Hrn. Benjamin Phillips. Mereur iſt nicht als ein Specificum gegen Scropheln zu betrachten, ſondern leiſtet nur in Verbindung mit ande⸗ ren Mitteln als purgans oder alterans oft gute Dienſte. Der Gebrauch dieſes Mittels darf nie bis zur Erſchöpfung oder Salivation getrieben werden. Jod. Die Heilkräfte dieſes Mittels erſcheinen hier nicht ſo bedeutend, als gewöhnlich angenommen wird. Gegen Ende des Herbſtes oder im Anfange des Winters bei poli⸗ kliniſchen Kranken angewendet, bewirkt es oft nach Wochen und Monaten keine ſichtliche Beſſerung. Die Wirkung dieſes Mittels ſcheint keine ſpecifiſche zu ſein, ſondern nur der Art, daß die Schleimhautflächen zuweilen durch dasſelbe eine wohl⸗ thätige Modification erleiden, durch welche die geſunde Er⸗ nährung befördert wird. Barium iſt als auflöſendes Mittel in Bezug auf Drüſengeſchwülſte und die ſerophulöſe Conſtitution im Al: 93 28. I. 6. 94 gemeinen kaum dem Jod nachzuſetzen; es wirkt jedoch reizender und iſt bei inflammatoriſchen Zuſtänden durchaus contraindi— cirt, während es bei torpiden oder anämiſchen Subjecten oft ſich höchſt wirkſam zeigt. Ich gebe es gewöhnlich in Auf: löfung (gr. j in ag. destill. 31 mit gtt. x tinet. gentian. comp.) zu ½ — 3 Gran zwei Mal täglich. Calcaria muriatica hat ſich mir in keinem einzi— gen Falle als beſonders wirkſam gezeigt. Alkalien. Das Kali causticum habe ich vielfach an— gewendet, obwohl nicht in ſo großen Gaben wie Brandiſh, und fand das Ale als ein ſehr paſſendes Vehikel für das— ſelbe. In vielen Fällen zertheilte es ſehr raſch Drüſenge— ſchwülſte, in anderen dagegen leiſtete es gar nichts. Am meiſten leiſtete es in den Fällen, wo die Secretionen über: wiegend ſauer waren, und hier wirkte es wohlthätig auf die ganze Conſtitution. Leberthran nützte faft bei allen Formen von Scro— pheln (Drüſenanſchwellungen, Fiſtelgänge, Geſchwüre, Lupus faciei, Caries) ohne jedoch bedeutende Beſſerung zu bewirken, indem entweder der Magen bei ſeinem Gebrauche zu leiden anfing oder dem Kranken die Geduld ausging. Der Haupt⸗ nutzen dieſes Mittels ſcheint mehr der wohlthätigen Ein— wirkung des thieriſchen Oles auf Digeſtion und Nutrition als der Gegenwart von Jod zugeſchrieben werden zu müſſen. Seewaſſer, täglich becherweiſe mit einer gleichen Menge Milch vermiſcht und vor Schlafengehen genommen, wirkte durch Regulirung der Darmausleerung wohlthätig; doch bleibt dahingeſtellt, ob nicht die Zeit und der Ort die heilſamen Erfolge herbeiführten. Seebäder leiſten nicht mehr, als reine Luft und ein— fache Flußbäder. Mineralwäſſer verdanken im Allgemeinen ihre Wirk— ſamkeit mehr dem Enthuſiasmus ihrer Gönner, als ihren eigenen Einflüſſen. (Aus des Verf. Werk: Scrofula, its nature ete. Monthly Journ., June 1846.) (XVI.) Fall von Heilung eines großen aneurysma in dem Ellenbogenbuge vermittels des Galvanismus. Von Hm. Petrequin. Ed. Fouant, 30 Jahre alt, welcher feit acht Jahren an einer Hypertrophie des Herzens litt, erlitt im Februar 1846 bei einem Aderlaß eine Verletzung der Arterie. Als derſelbe am 8. [Mai in die Behandlung des Verf. kam, fand ſich ein aneurysma von dem Umfange eines Hühnereies in dem Verlaufe der a. brachialis vor, an deſſen Spitze die Aderlaßnarbe ſichtbar war. Die Anſchwellung war der Sitz lebhafter, ausdehnender, deutlich ſichtbarer und mit dem Ra⸗ dialpulſe iſochroniſcher Pulſationen, ſie war renitent und zeigte undeutliche Fluctuation. Vermittels des Stethoſkops ver- nahm man ein ſehr ſtarkes Blaſebalggeräuſch, welches bei der Compreſſion der Arterie oberhalb der Geſchwulſt zugleich mit den Pulſationen verſchwand, dagegen bei einer Compreſſion unterhalb des aneurysma ſtärker hervortrat. Nachdem Verf. drei Wochen hindurch die Symptome des organiſchen Herz— leidens durch die geeigneten inneren Mittel gemildert hatte, ſchritt er am 5. Juni zur Galvanopunctur. Der Kranke wurde auf einen Stuhl geſetzt, und der Arm auf einen Tiſch neben die galvaniſche Säule gelegt und von Gehilfen fixirt. Verf. ſtaͤch nun an vier einander entgegengeſetzten Punkten der Geſchwulſt vier geſtählte Nadeln in den Sack ein, ſo daß ihre Spitzen ſich in demſelben kreuzten, ließ die a. brachialis oberhalb der Geſchwulſt von einem Gehilfen comprimiren, und ſetzte die Köpfe zweier Nadeln vermittels zweier mit Seide umwickelter Meſſingdrähte mit den beiden Polen einer, aus 60 Platten— paaren beſtehenden, galvaniſchen Säule in Verbindung. Der elektriſche Strom war ſehr intenſiv und erzeugte zuweilen gelbglänzende, helle Funken; die Stöße waren ſehr heftig. Der tumor nahm anfangs an Umfang ab und wurde dann geſpannt und roth, der Kranke klagte über eine brennende Hitze an den Einſtichpunkten, um welche ſich ein kleiner Brandſchorf bildete. Nach zehn Minuten nahm die Dichtig— keit des tumor deutlich zu, und man fühlte Gerinnſel ſich bilden, der Kranke ward unruhig und ſchwitzte ſtark; nach fünfzehn Minuten verſchwanden die Pulſationen, und nach zwanzig Minuten wurden die Nadeln entfernt, ein Tourni— quet um die Arterie und Eis auf den tumor applicirt. Der Kranke ging in ſein Bett zurück, fühlte aber die Glieder wie gebrochen und zerſchlagen. Fieberhafte Reaction trat nicht ein, der aneurysmatiſche Sack ging in Entzündung und Eiterung über, die Geſchwulſt verſchwand vollſtändig, und am 4. Juli wurde der Kranke völlig geheilt entlaſſen. Bei der ſpäter angeſtellten Unterſuchung zeigte ſich die Armarterie durchweg permeabel und ſehr oberflächlich gelegen, dagegen tiefer, ſowie mehr nach hinten eine zweite a. brachialis (alſo die hohe Theilung derſelben). Schließlich räth Verf., um die Bildung eines Brandſchorfes und conſecutive Eiterung zu verhüten, ſtets nur Nadeln mit einer iſolirenden Schicht über: zogen anzuwenden. (Journ. de med.de Lyon, Juill. 1846.) (XVII.) Vorſchriften für die Anfertigung ungeſäuerten Brotes nebſt Bemerkungen. Zur Anfertigung von Weißbrot nimmt man: Mehl 3 Pfd., Kali bicarbonicum, gepülvert, % Unze, Salzſäure (ſpec. Gew. 1,17) 3, Waſſer 26 Unzen, Salz 2 Unze; — von braunem Brote: Weizenmehl 3 Pfd., Kali bicarbon. 4½ Drachmen, Salzſäure 5 Drachmen und 25 Tropfen, Waſſer 30 Unzen, Salz 27 Unze. Miſche zuerſt das Kali und das Mehl gehörig mit einander, welches am Beſten auf die Weiſe geſchieht, daß man mit der einen Hand das Kali durch ein feines Sieb auf das Mehl ſchüttet und mit der anderen Hand letzteres unterdeß fortwährend umrührt; nachher kann man die Miſchung noch ein bis zwei Mal durchſieben. Darauf loͤſe man das Salz in dem Waſſer auf und ſetze die Säure hinzu, was unter fortwährendem Umrühren geſchehen muß; und miſche dann das Ganze ver— mittels eines hölzernen Löffels gehörig durch einander. Der auf dieſe Weiſe gebildete Teig wird nun in zwei Theile ge— 95 28. II. 6. 96 theilt, welche unverzüglich auf Zinn in den Backofen ge⸗ ſchoben werden und ungefähr 1½ Stunde hindurch backen müſſen. 5 Das gewöhnliche Brot kommt leicht im Magen von neuem in Gahrung und verdirbt zugleich auch alle mit ihm in Contact ſich befindende Nahrung. Das ungeſäuerte Brot iſt von dieſem Übelſtande frei und eignet ſich beſonders für diejenigen, welche an Kopfſchmerz, Säurebildung, Flatulenz, Aufſtoßen und anderen Magenbeſchwerden, ſowie an Gicht und Harngries leiden; es iſt auch bei verſchiedenen Haut— krankheiten wohlthätig. Dieſe Bemerkungen beziehen ſich namentlich auf das braune Brot, welches außerdem auch unſchätzbar für diejenigen iſt, welche an Torpidität des Darm— canales leiden, oder an den Genuß von Hafergrütze in ihrer Jugend gewöhnt worden ſind. Man glaubt im Allgemeinen, daß Brot aus dem fein⸗ ſten Mehle angefertigt das beſte ſei, und daß die Weiße ein Beweis ſeiner Güte ſei; allein dieſe beiden Anſichten ſind durchaus irrthümlich. Die Weiße kann dem Brote durch Alaun zu großem Nachtheile des Conſumenten mitgetheilt wer— den, und es iſt bekannt, daß das Brot aus ungeſiebtem Mehle für ſich allein das Leben unterhält, während das aus geſiebtem dieſes nicht vermag. Dem weißen Brote fehlt namentlich eine größere Portion ſaliniſcher Subſtanzen, welche für das Wachs— thum der Knochen und Zähne nothwendig ſind; das braune Brot iſt nährender und leichter verdaulich und eignet ſich daher beſonders für Ammen und Kinder, ſowie für diejeni⸗ gen, welche ſchwache Knochen ober Zähne haben und an Stuhloerſtopfung leiden. Sollte die Kleie für Manche zu reizend und unangenehm ſein, ſo muß ſie zum Theil oder gänzlich entfernt werden. (Monthly Journal, June 1846.) Miſcellen. (14) Über den Patchouli theilt Hr. Apotheker Martin im Bullet. gen. de Therap., Juill. 1846, Folgendes mit. Der Pat- chouli, Plectanthrus graveolens oder coleus, gehört zur Familie der Labiaten; fein glatter, holziger Stamm ift mehrere Meter hoch und ½ — 2 Centim. dick; feine ſchön grünen Blätter werden durch das Trocknen gewöhnlich graulich. Er wächſ't urſprünglich in In⸗ dien und auf der Inſel Bourbon, und ſein Blatt wird in Stücke geſchnitten und, zuweilen mit anderen nicht riechenden Varietäten des Patchouli verfälſcht, nach Europa geſchickt. Der Patchouli ver: breitet mehr Wohlgeruch, wenn er trocken, als wenn er feucht liegt; ſein Parfüm wird leicht vom Waſſer, Alkohol, Ather und den feſten Olen aufgenommen. Der Parfümeur bereitet aus dem Patchouli ein Pulver zu sachets (wohlriechenden Kißchen), eine alkeholiſche Tinctur und eine Eſſenz. Letztere wird durch Deſtillation der Pflanze mit Waſſer gewonnen, ſie hat die Conſiſtenz des Dlivenöles, iſt von grüngelblicher Farbe, mildem Geſchmacke und ſehr angenehmem Geruche; in Waſſer gegoſſen ſchwimmt ſie zwiſchen zweien Schich⸗ ten dieſer Flüſſigkeit. Nach der vom Verfaſſer angeſtellten chemi⸗ ſchen Analyſe, enthält das Blatt des Patchouli ein flüchtiges eſſen⸗ tielles Ol, eine grüne refinofe Subſtanz, Tannin und einen im Waſſer löslichen Extractivſtoff. (15) Die Elektricität zur Des infection anzu⸗ wenden, hat Hr. Pezzoni in dem Memoriale della Medicina contemporanea vorgeſchlagen. Die Idee dazu ward in ihm durch Hrn. Henry’s (von Mancheſter) gelungene Verſuche zur Zer⸗ ſetzung des Pocken - und Peſtgiftes durch Hitze hervorgerufen. Die Anwendung künſtlicher Wärme iſt in vielen Fällen ungemein ſchwierig. Manche Subſtanzen leiden durch dieſelbe, und der anzuwendende Grad derſelben wird ſich nicht leicht genau beſtim⸗ men laſſen. Die Elektrieität würde, Hrn. Pezzoni zufolge, dieſe Übelſtände nicht darbieten. Die Luftelektricität ſpielt bei der Ent⸗ ſtehung der Peſt, nach allen Erfahrungen, eine Hauptrolle, und es läßt ſich alſo mit Grund annehmen, daß fie auch zur Desinfection anwendbar ſein könne. Ob ſie alsdann auch durch Nichtleiter, z. B. durch einen ganzen Ballen Baumwolle, hindurch wirken werde, muß die Erfahrung entſcheiden. Jedenfalls bedarf überhaupt die Anſicht des Hrn. Pezzoni der praktiſchen Prüfung. Bibliographiſche Neuigkeiten. Richardson and Gray. — The Zoology of the Voyage of M. M. S. Erebus and Terror, under the command of Captain Sir J. C. Ross, during the Years 1839 to 1843. London 1847. Heßler, J. F., Handbuch der Phyſik. gr. 8D. Geh. Wien 1847. Kunth, K. S., Lehrbuch der Botanik I. Thl. Allgemeine Bo— tanif. 8%. Geh. Berlin 1847. Tſchudi, J. J. v., Unterſuchungen über die Fauna Peruana. X. Lf. Imp. 40. St. Gallen 1847. Fauna Japonica auctore P. F. de Siebold. — Pisces elaboran- tibus C. F. Temminck et H. Schlegel. Decas XIV. et XV. Fol. Lugd. Batav. Leipzig 1847. Shelford, L. — A Practical Treatise of the Law concerning Lunatics, Idiots, and Persons of Unsound Mind; with an Ap- pendix of the Statutes of England, Ireland, and Scotland rela- ting so such Persons, and Forms of Proceedings in Lunacy. By Leonard Sei, Esq. 2d edit. with considerable al- terations and additions, including the New General Orders, Statutes, and Decision. 8°. (pp. 1142.) London 1847. Whewelt, W. — History of the Inductive Sciences, from the Earliest to the Present Time. By William MVH ,, DD. New edition, revised and corrected, 3 vols, 8°. (pp. 1832.) London 1847. Arthur Hill Hassalt, Microscopie Anatomy of the human body in health and disease. Illustr. with num. drawings in colour. London, Highley 1846. (In 12 monatl. Liefer. a 2 sh. 6 p., Die erſte enthält die Darſtellung der Lymphe, des Chylus und des Blutes.) Link, H. F., Anatomie der Pflanzen in Abbildungen. gr. 4. Berlin 1847. Potter, R. — An Elementary Treatise on Optics, containing all the requisite Propositions carried to first Approximations : with the Construction of Optical Instruments. For the use of Junior University Students. By Richard Potter, A. M. 8°. London 1847. —̃— Des Eilets de inhalation des vapeurs de l’ether, de son action sur homme sain et dans les operations chirurgicales comme moyen d’eviter la douleur. Resume de toutes les experien- ces faites a l’etranger et en France par MM. Rour, Velpeau, P. Dubois ete. Par le docteur Pajot. In 12°. d’une feuille ½. Paris 1847. Engel, J., Anleitung zur Beurtheilung des Leichenbefundes. gr. 8%. Geh. Wien 1847. Spinola, W. Th. J., Mittheilungen über die Rinderpeſt. gr. 80. Geh. Berlin 1847. 3. Heft. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. . Br. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 29. (Nr. 7. des II. Bandes.) April 1847. Druck und Verlag des Landes » Inpuftrie= Gomptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3½ Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Natur kunde. Über die Anatomie der Nemertier. Von Hrn. v. Quatrefages. (Schluß.) 5) Der Circulationsapparat. Die Nemertier beſitzen eine vollſtändige Circulation. Der dieſe Function vermittelnde Apparat bildet ein zuſammenhängendes Gefäß— ſyſtem mit deutlich charakteriſirten Wandungen, und die in dieſen Canälen eingeſchloſſene Flüſſigkeit weicht von der, welche die Körperhöhlen benetzt, in der Beſchaffenheit ab. a) Der Gefäße ſind drei, zwei liegen an den Seiten etwas niedrig, das dritte ſtreicht auf der Medianlinie des Rückens hin. Hinten vereinigen ſich dieſelben zu einem ſtar— ken Stamme, welcher manch Mal eine Höhle bildet, die die ganze Breite des Körpers einnimmt. Die beiden Seitenge— fäße laufen von hinten nach vorn, bis ſie zu der Scheide— wand gelangen, welche die Kopfhöhle vom übrigen Körper trennt, worauf ſie dieſe Scheidewand durchſetzen, in den Kopf eindringen und die Nervenſtämme in der Nähe des Urſprun— ges derſelben kreuzen. Der mittlere Gefäßſtamm ſtreicht hart unter den Hautmuskeln hin, bis er zu der Muskelſcheide an der vorderen Portion des Rüſſels gelangt, in dieſelbe ein— dringt und feinen Weg unter dem Nüffel fortſetzt. So dringt er in die Kopfhöhle ein, ſpaltet ſich dort gabelförmig, und die beiden Aſte richten ſich dann ſeitlich nach den Stellen, wo die Seitengefäße die Nersenftimme kreuzen. Dort biegt ſich jeder Aſt um, ſo daß er um das Gehirnganglion einen faſt vollſtändigen Kreis bildet, und anaſtomoſirt an deſſen Seite mit dem entſprechenden Seitengefäße. Die ſo verei— nigten Gefäße des Körpers bilden im Kopfe eine einzige leicht hin- und hergebogene Schlinge, deren Kaliber ftärker iſt, als das der Aſte, aus denen ſie entſpringt, und welche dem Umriſſe des Kopfes hart unter den Hautmuskeln folgt. No. 2009 — 909. — 29. XII. Bei den Species mit rothem Blute iſt dieſe Anordnung des Circulationsapparates ſehr leicht zu erkennen; bei den übri— gen iſt dazu Übung in mikroſkopiſchen Beobachtungen nöthig. Daß dieſe Gefäße feſte Wandungen beſitzen, geht aus mehre— ren vom Verf. beigebrachten Umſtänden deutlich hervor. b) Das Blut iſt mehrentheils farblos, bei manchen Spe— cies jedoch mehr oder weniger dunkelroth, zuweilen wie bei Polia sanguirubra und Cerebratulus depressus, ins Gelbliche ziehend. Je nachdem es mehr oder weniger angehäuft iſt, verändert ſich natürlich ſein Farbenton. So wird es z. B. bei Polia bembix in ſtarken Schichten dunkelroth, während es in ſchwa— chen gelblichgrün ausſieht. Im Blute der Nemertier finden ſich faſt nie Kügelchen oder auch nur unregelmäßige Granu— lationen. Der Färbeſtoff iſt bei den Arten mit farbigem Blute in der Flüſſigkeit vollkommen aufgelöſ't, wie bei den Anneliden und gewiſſen Inſectenlarven. Nur bei Polia bem- bix fand der Verf. ziemlich regelmäßige Kügelchen, welche dieſelben Erſcheinungen darboten, wie die in der Flüſſigkeit der allgemeinen Körperhöhle enthaltenen. (S. oben.) Der Circulationsapparat der Nemertier iſt alſo, der Grundlage nach, ganz von derſelben Beſchaffenheit, wie der der Anneliden, nur daß bei ihm alle Verzweigungen fehlen, und er bloß auf die Gefäßſtämme reducirt iſt. Nirgends iſt ein eigentliches Herz vorhanden, wenngleich bei manchen Species an den Anaſtomoſen Erweiterungen wahrzunehmen ſind, wo dem Blute vielleicht ein verſtärkter Impuls mitge— theilt wird. Dasſelbe gilt von der Höhlung, zu welcher ſich die drei Hauptgefäße im Hinterkörper vereinigen. Übrigens kann man ſich durch den Augenſchein davon überzeugen, daß ſich die Wandungen der Gefäße nach ihrer ganzen Ausdeh— nung zuſammenziehen. Die Circulation iſt jedoch keines⸗ weges regelmäßig. Öfters ſtockt fie im Kopfe, während fie im Körper ihren Fortgang hat; feltener findet der umge— 7 99 29, II. 7. kehrte Fall Statt. Obgleich das Gefäßſyſtem einen geſchloſſe— nen Kreis bildet, ſo ſchwankt doch das Blut darin nur in unregelmäßigen Wellen hin und her, was ſich bei den Anne— liden anders verhält. Der Verf. macht darauf aufmerkſam, daß ſehr viele Beobachter die Gehirnganglien für Herzen und die Nervenſtämme für Gefäße gehalten haben. 6) Einen beſonderen Reſpirationsapparat hat der Verf. bei den Nemertiern nicht auffinden können, und dieſer Apparat wird durch die allgemeine Körperober— fläche repräſentirt, deren Structur und Flimmerhaare ſehr an die Organiſation der Athmungsorgane anderer Thiere erinnern. Die Spalten oder Grübchen an den Seiten des Kopfes, welche manche Nemertier darbieten, und die von manchen Beobachtern für die Eingänge zu einem inneren Reſpirations— apparate gehalten worden find, communieiren mit dem Inne⸗ ren des Körpers nicht. Der Verf. hat deren Grund ſtets geſchloſſen gefunden. Wäre ſeine Annahme, daß die ganze Körperoberfläche die Rolle des Reſpirationsapparates ſpielt, gegründet, ſo würde das Athmen allerdings mehr direct auf die in der allgemeinen Körperhöhle befindliche Flüſſigkeit, als auf das in beſonderen Gefäßen eingeſchloſſene Blut einwirken; allein bei den umherſchweifenden Anneliden findet ein ähn— liches Verhältniß Statt. 7) Der Zeugungsapparat. Die Geſchlechter ſind bei den Nemertiern getrennt. Die Zeugungsorgane der Männ— chen haben mit denen der Weibchen eine außerordentliche Ahnlichkeit, erzeugen aber Spermatozoiden, während in letzte— ren Eier entſtehen. a) Eierſtöcke und Teſtikel. Die aus einer Reihe blinder Säcke, welche bei manchen Arten (Borlasia Angliae) mehr oder weniger gefingert, bei den meiſten aber einfach ſind, beſtehenden Zeugungsorgane hängen an den beiden Scheidenwänden, welche die Mittelkammer der allgemeinen Körperhöhle einſchließen. Die Wandungen dieſer Eierſtöcke und Teſtikel ſind in der Regel ziemlich ſtark und wenig durchſichtig. Bei der Borlasia ſcheinen ſie aus mehreren Zell⸗ ſchichten zu beſtehen und äußerlich mit Flimmerhaaren be⸗ wachſen zu ſein. Eine ähnliche Structur findet man bei den Edwardſien. Die Fortpflanzungszeit ausgenommen, findet man, ſowohl bei den Männchen, als bei den Weibchen, in dieſen blinden Säcken nur eine mehr oder weniger opaleſci⸗ rende Flüſſigkeit, in welcher man Agglomerationen von un— regelmäßig geſtalteten Körperchen bemerkt. b) Die Eier. Sobald die Zeugungsorgane in ihre ſpecifiſche Thätigkeit treten, findet man bei den Weibchen die Eierſtöcke mit einer Flüſſigkeit gefüllt, in welcher Körper ſchwimmen, die ein ſehr verſchiedenartiges Auſehen darbieten. Unter anderen ſieht man ganz homogene und durchſcheinende Kügelchen, die bald iſolirt, bald mit Granulationen umgeben find, und welche der Verf. für Purkinje'ſche Bläschen halten möchte; ferner zuweilen ſchön goldgelbe Oltröpfchen. Gehörig charakteriſirte Eier findet man in dieſen Organen im Allgemeinen nicht. Dieſe trifft man nur in den feitlis chen Kammern und zwar in verſchiedenen Stadien der Ent— wickelung. Bei der Polia quadrioculata zeigten ſie ſich zus weilen im noch ſehr unreifen Zuſtande in die Maſchen des 100 zelligen Gewebes eingelagert; mehrentheils ſchwimmen ſie aber in der Flüſſigkeit zwiſchen den blinden Säcken und der Wan⸗ dung des Körpers. Man erkennt an ihnen deutlich den Dotter, deſſen membrana propria jedoch ſchwer aufzufinden iſt, ſowie das Purkinje ſche Bläschen. Den Wagner ſchen Flecken konnte der Verf., vielleicht wegen unzulänglicher Durchſichtig⸗ keit des Eies, nicht wahrnehmen. Wenn die Eier vollſtän⸗ dig entwickelt ſind, ſo iſt der ganze Körper dermaßen mit ihnen vollgepfropft, daß fie den Darm ganz nach vorne drän— gen, ſo daß derſelbe atrophiſch zu werden ſcheint, während ſie zugleich die Mediankammer faſt durchaus obliteriren und durch den Druck, den ſie auf einander ausüben, ihre ſphä⸗ riſche Geſtalt verlieren. Zu dieſer Zeit ſieht man die ſie umhüllende Membran ſehr deutlich, und der Dotter ſcheint von derſelben durch eine ſehr dünne, durchſichtige Schicht ge— trennt zu ſein. Bei den Borlaſien und Nemerten iſt die Zahl der Eier vorzüglich ſtark, ſo daß ſie z. B. bei der Nemertes balmea ſieben bis acht Tauſend beträgt. c) Die Spermatozoiden. Bei den Männchen hat der Fortpflanzungsproceß ziemlich denſelben Verlauf, wie bei den Weibchen. Die blinden Säcke des Teſtikels füllen ſich mit Granulationen von verſchiedenem Durchmeſſer, welche bald einzeln, bald zu rundlichen Gruppen vereinigt ſind. Aber völlig ausgebildete Spermatozoiden ſelbſt nimmt man in den blinden Säcken nicht wahr. Dieſe zeigen ſich nur in den Seitenkammern, und auch hier findet man ſie in ſehr verſchiedenen Stadien der Entwickelung, von gekörnten Grup- pen, wie die in den Teſtikeln, bis zu geſchwänzten Sperma— tozoiden, die entweder zu Gruppen vereinigt oder iſolirt ſind. Die Spermatozoiden häufen ſich ebenfalls in dem Grade an, daß ſie faſt die ganze Körperhöhle anfüllen. Der Verf. hat fie bei Nemertes balmea, Folia baculus und Cerebratulus crassus beobachtet, bei denen ſie einen ſehr dünnen Körper und Schwanz haben, ſo daß man einer ſtarken Vergrößerung bedarf, um ſie zu erkennen. Bei denen der N. balmea iſt der Körper länglich und an beiden Enden ſich ziemlich gleich⸗ förmig verſchmalernd (Länge ¼150 Millim., Stärke 150 M.), bei P. baculus und C. crassus iſt er ziemlich birnförmig und höchſtens 00 Milim. lang. Der Schwanz iſt bei der er⸗ ſteren Species faſt doppelt, bei den beiden letzteren drei Mal fo lang, wie der Körper. Die Spermatozoiden der N. bal- mea bewegten ſich, nachdem ſie aus dem Körper des Thieres herausgetrieben worden, noch faſt einen Tag lang ſehr leb— haft im Seewaſſer, wogegen ſie in ſüßem Waſſer faſt augen⸗ blicklich erſtarrten. Bei den Nemertiern ſcheinen die Männchen viel ſeltener zu fein, als die Weibchen. Unter wenigſtens 150 Erem- plaren, welche der Verf. zur Fortpflanzungszeit unterſuchte, fand er nur fünf bis ſechs Männchen. Unter 34 Species, die er ſtudirte, hat er nur von dreien die Männchen kennen gelernt. Übrigens hat man in Betreff mancher Eingeweide⸗ würmer ein noch weit ſtärkeres Mißverhältniß der Geſchlechter nachgewieſen. Je unvollſtändiger die Organiſation wird, deſto ſtärter ſcheint das weibliche Geſchlecht vorzuherrſchen, und ſchon bei den umherſchweifenden Anneliden tritt dieſe Tendenz ſehr deutlich hervor. Vor dem Beginne der Res 101 productionszeit kann man übrigens bei den Nemertiern die Männchen keineswegs von den Weibchen unterſcheiden, da die Zeugungsorgane beider einander in allen Beziehungen, ja ſelbſt in Anſehung ihrer contenta, durchaus gleichen. 8) Das Nervenſyſtem der Nemertier iſt deutlich charakteriſirt und bei den Arten, welche man bei durchfallen— dem Lichte unterſuchen kann, ſehr leicht zu erkennen. Bei den größeren Species hält es nicht ſehr ſchwer, es auf ana— tomiſchem Wege darzuthun, ſelbſt wenn die Eremplare ſchon längere Zeit in Alkohol aufbewahrt worden ſind. Der Ap— parat iſt übrigens ungemein einfach und beſteht aus einem Gehirne und zwei Seitenſtämmen, welche zahlreiche Faden in den Kopf und Rumpf ausſenden. a) Das Gehirn beſteht aus zwei, öfters, im Verhält— niſſe zum Umfange des Kopfes, ziemlich großen Ganglien, die zu beiden Seiten der Speiſeröhre in der Kopfhöhle lie— gen und mittels eines unter der Speiſeröhre hinwegſtrei— chenden, immer ziemlich ſtarken Stranges, ſowie über dem oesophagus durch einen ſehr feinen Faden mit einander ver— bunden ſind, ſo daß ſich ein vollſtändiger Nervenring um die Speiſeröhre her befindet. Vorwärts gehen von den Gan— glien die Kopfnervenſtämme nach dem Rüſſel, dem Munde, den Augen und den Kopfgrübchen oder der Stelle ab, wo dieſe gewöhnlich liegen. Die nach dem Rüſſel ſtreichenden ſind die innerſten, die den Kopfgrübchen zugehenden die äu— ßerſten. Jedes der beiden Ganglien beſteht aus zwei mit einander verſchmolzenen Maſſen, von denen die innere etwas mehr vorwärts ſteht und die Kopfnerven liefert, während aus der äußeren die ſeitlichen Nervenſtämme entſpringen und nur einige Faden nach dem Rüſſel ſtreichen. Bei der gro— ßen Borlasia Angliae iſt das Gehirn mit einer ſtarken faſeri— gen dura mater umhüllt, welche auch für die Stämme ſtarke Scheiden liefert, aber bei den kleinen Species gewöhnlich nicht zu erkennen iſt. Innerhalb der durchſichtigen und ſpar⸗ ſame Kügelchen darbietenden Subſtanz der Ganglien glaubt der Verf. einen kleinen Ventrikel erkannt zu haben. Bei vielen Nemertiern iſt die Gehirnmaſſe farbig, und bei einigen Arten, z. B. Polia berea und P. opaca, iſt dieſe Färbung nur ſtellenweiſe vorhanden. b) Die ſeitlichen Nervenſtämme ſtreichen hinter⸗ warts, durchſetzen die ſenkrechte Scheidewand und ſetzen dann ihren Lauf bis ans hintere Körperende fort. Von ihnen gehen Faden ab, die wahrſcheinlich die Muskeln verſorgen. Die Stämme liegen zwiſchen der Muskelſchicht mit Längs— faſern und der mit Querfaſern und ſcheinen von einer eigen— thümlichen Scheide umhüllt zu ſein, bieten aber nirgends eigentliche Ganglien dar, obwohl ſich öfters an den Stellen, von denen die Faden abgehen, leichte Anſchwellungen zeigen, die jedoch keineswegs conſtant vorhanden ſind. Auch die Stämme ſind öfters eine kurze Strecke vom Gehirne aus farbig; die Fäden fand der Verf. aber durchgehends farblos, und nur bei der Polia berea orangefarben, daher fie ſich bei dieſer Species vorzüglich gut verfolgen laſſen. Außer dem Verf. hat bis jetzt nur Hr. Rathke das Nervenſyſtem der Nemertier für das erkannt, was es wirk— lich iſt, indem die meiſten Forſcher die Gehirnganglien, wegen 29. II. 7. 102 ihrer Färbung, für ein Herz hielten. Mit dem Nervenſyſteme anderer niederen Thiere verglichen, hat es die meiſte Ahn— lichkeit mit dem der Nematoiden. 9) Die Sinnesorgane. Als ſolche betrachtet der Verf., außer den Augenpunkten, auch die mit ſchwingenden Flimmerhaaren beſetzten Grübchen, welche ſich bei manchen Species an den Seiten des Kopfes finden. a) Die Augen. Bei den meiſten Nemertiern kann hinſichtlich der Natur der farbigen Punkte, welche man in großer Menge an dem Kopfe, insbeſondere an deſſen vorde— rem Theile bemerkt, kein Zweifel beſtehen. Doch fand der Verf., wenn er das Pigment noch fo ſorgfältig ablöſ'te, lange Zeit unter demſelben nur eine hellere Stelle in den Geweben, aber keine Kryſtalllinſe oder dergleichen, obwohl ſich nach dieſen mit Augenpunkten beſetzten Stellen offenbar vorzüglich viele Nervenfaden begaben. Die erſten Spuren von einer deutlicheren Organifation der Augen bot ihm die Folia coronata dar. Hier erkannte er mitten in dem Pig: mentflecken einen helleren Saum, welcher von einem, nicht ſcharf begrenzten, dunkleren Ringe umgeben war, um welchen her das Pigment ſich ſtrahlig ausbreitete. Bei der Nemer- tes antonina verſchwindet endlich jeder Zweifel. Bei ihr kann man die von den großen Kopfnervenſtämmen ausgehen— den Faden deutlich bis zu den Augenpunkten verfolgen; dort breitet ſich die Nervenſcheide zu einem cylindriſchen Becherchen aus, in welchem man deutlich eine von Pigment umgebene Kryſtalllinſe erkennt. Das Pigment iſt am vorderen Theile derſelben weniger dunkel, und man erkennt, wie ſich die Ner— venmaſſe in Form eines ſehr feinen Fadens bis an dasſelbe begiebt und ſich dort zu einem breiten Flädchen ausbreitet. Bei Oerstedia maculata find ähnliche Erſcheinungen wahre zunehmen. b) Die Kopfgrübchen. Sie liegen an den Seiten des Kopfes, find mehr oder weniger tief, und öfters ſieht man an deren Stelle nur Büſchel von längeren Flimmer— haaren, manch Mal auch gar nichts Beſonderes. Bei faſt allen Species gehen nach dieſen Stellen beträchtlich ſtarke Bänder, deren Zuſammenhang mit dem Nervenſyſteme der Verf. conſtatirt hat. Bei der Polia bembix löſ't ſich vom Seitennervenſtamme, hart an der Stelle, wo dieſer aus dem ganglion tritt, ein ſehr ſtarker Nerv ab, der ſich nach dem Kopfgrübchen der entſprechenden Seite ſchlängelt und dort ausbreitet, indem ſeine Subſtanz zugleich feinkörnig wird. Bei Polia humilis geht der Grübchennerv von der vorderen Gehirnmaſſe aus, und theilt ſich in der Nähe des Grübchens in drei bis vier Faden, welche ſich ſämmtlich an den Haut⸗ muskelſchichten ausbreiten. Bei Nemertes peronen ſtreicht von derſelben Gehirnmaſſe ein Nerv hinterwärts nach einem an der Körperwandung liegenden ovalen Organe, welches hohl und wahrſcheinlich mit einer eigenthümlichen Flüſſigkeit gefüllt iſt. Ahnliches beobachtet man bei Cerebratulus cras- sus, und hier bemerkt man, dem eiförmigen Organe gegen— über, an den Integumenten eine hellere Stelle, gleichſam als ob von dieſem Organe aus ein Fortſatz oder Zapfen durch die Hautbedeckungen dränge. Die Beſtimmung dieſes Organes, ſowie der Kopfgrüb— 7 * 103 chen, wagt der Verf. nicht poſitiv feſtzuſtellen. Doch hält er es für wahrſcheinlicher, daß ſie dem Gehörorgane der Molluſken entſprechen, als daß fie, wie Hr. Rathke an— nimmt, den Taſtſinn vermitteln. Rückſichtlich der Augen nimmt er an, daß ſie bei den Arten, wo dieſer Apparat weniger entwickelt iſt, nur eine verworrene Perception des Lichtes ermöglichen, während ſie bei Nemertes antonina, wo fie faſt jo vollkommen organiſirt find, wie bei den kleinen gaſteropodiſchen Mollusken, deutliche Bilder der äußeren Ge— genſtände erzeugen dürften. (Annales des Sciences naturelles, Oct. et Nov. 1846.) 29. II. 7. 104 Mificellen. 16. Merkwürdige Wirkung des Blitzes. Madame Moroſa de Lagumo ſaß während eines Gewitters am Fenſter und fühlte plötzlich eine Erſchütterung, die keine nachtheilige Fol⸗ gen hinterließ. Aber eine Blume, die in der Richtung dee elektri⸗ ſchen Stromes am Fenſter ſtand, wurde vollkommen deutlich auf ihren Schenkel abgezeichnet, und das Bild blieb bis zum Abend des Tages ſichtbar. (Comptes rendus, 25. Janv. 1847.) 17. Ein Neſt eines Zaunkönigs mit 7 noch nack⸗ ten Jungen wurde am 16. Dec. 1847 unter einem Wagenſchop⸗ pen in Angles auf der Montagne noire gefunden, welches Gebirge zu jener Zeit ſchon zwanzig Tage lang zwei Fuß hoch mit Schnee bedeckt war. (Comptes rendus, 18. Janv. 1847.) Heilkunde. (XVIII.) Vergleichende Verſuche über die Wirkung gewiſſer durch den Magen und den Maſtdarm gereichter Arzneien. Von den Herren Reſtelli und Gaetano Strambio ). Die Stadtpolizei zu Mailand läßt alle Hunde, die man in den Straßen ohne Beißkorb trifft, fangen und todtſchla— gen. Die ohnehin dem Tode verfallenen Thiere haben wir durch Verſuche noch nützlich zu machen geſucht, indem wir die von Dr. Luioni vorgelegte wichtige Frage „ob die Heilſubſtanzen ſicherer und ſchneller wirken, wenn ſie durch den Magen oder wenn ſie durch den Maſtdarm beigebracht werden,“ durch das Experiment entſcheiden wollten. In der Reihe unſerer Verſuche, an der Zahl 150, haben wir vornehmlich die Arzneien, deren Wirkungen äußer— lich deutlich, ſchnell und kräftig vortreten, wie die des Strych— nins und des eſſigſauren und ſchwefelſauren Morphiums, zu erforſchen geſucht. Dieſe Subſtanzen wurden theils in wäſ— ſeriger, theils, um gewiſſere Wirkungen zu erhalten, in alko— holiſcher, und zwar, um ſtets eine beſtimmtere und entſchie— denere Wirkung zu haben, mit Alkohol von 36“ gemachter Auflöſung mit Hilfe einer Klyſtirſpritze bald in die Speiſeröhre, bald in den Dickdarm unſerer Hunde geſpritzt. Wir hatten anfangs gedacht, zu demſelben Ende die Blauſäure anzu— wenden; aber die blitzartige Wirkung dieſes Giftes, ſeine wandelbare Zuſammenſetzung und Wirkſamkeit, ſowie die Leichtigkeit, mit der ſie ſich verändert, haben uns bewogen, ſie wegzulaſſen. *) Wir nehmen dieſen intereſſanten Artikel aus einem Briefe des Dr. Strambio an Prof. Panizza, Leiter der Mailänder medic. Zeitung. — Während mehrere Pathologen jagen, daß der Maſtdarm der Auffaugung der Heilſubſtanzen einen weniger ſicheren und weniger ſchnellen Durchgang biete, als der Magen, äußert Dupuhtren die entgegengeſetzte Behauptung in der entſchiedenſten Weiſe. „Fünf bis ſechs Tropfen Lauvanum in einem großen Kly⸗ ſtire“, rat er, „machen mehr Wirkung, als eine dreifache in den Magen ge= brachte Gabe.“ (Leons orales t. 1. p. 87.) Um einen fo ſtreitigen Punkt aufzuhellen, waren Verſuche nöthig. Die von den H Hrn. Reſtelli und Strambio eben unternommenen ſcheinen uns wenig zu wünſchen übrig zu laſſen, ſei es in rail ihrer Zahl, in Bezug auf die Art, in der ſie 1 ſind, oder in Bezug auf die Beſtimmtheit ihrer Ergebniſſe. Vor der Einſpritzung in den Maſtdarm haben wir immer Sorge getragen, den Darm durch Klyſtire aus reinem Waſſer zu leeren. Was den Magen anlangt, wollten wir keine Brechmittel reichen, ihn zu leeren, weil deren Wirkung die der Arzneien, mit denen Verſuche gemacht werden ſollten, hätte verſtecken können. Man verſuchte daher Erbrechen durch Kitzeln des Gaumenſegels zu erreichen; da aber dieſe Verſuche ſtets vergeblich waren, beſchloſſen wir, die Thiere, in deren Magen wir die giftigen Subſtanzen einbringen wollten, voraus einen ganzen Tag lang völlig faſten zu laſſen *). Nachdem dieſe Vorkehrungen getroffen waren, brachten wir alle Arzneien mit Hilfe einer Spritze theils in die Speiſeröhre, theils in den Darm. Ein Viertelgran Strychnins, in vier Grammen Alkohols gelöſ't und in die Speiſeröhre mehrerer Hunde geſpritzt, brauchte 12 Minuten und 24 Secunden, die erſten Zeichen der Vergiftung, und 28 Minuten 20 Secunden, den erſten Anfall des Starrkrampfes hervorzubringen. Die nämliche Gabe auf ſelbe Weiſe in den Maſtdarm anderer Hunde ge— bracht, ließ bemerkbare Zeichen nach 6 Minuten und den Anfall der Zuckungen nach 19 Minuten eintreten. Durch den Magen war die längſte Friſt vor den erſten Sym⸗ ptomen 13 Minuten und vor dem erſten Anfalle 30 Minu⸗ ten; die kürzeſte Friſt 10 und 20 Minuten. Durch den After war die längſte Friſt 10 und 20 Minuten; die küͤrzeſte 4 und 10 Minuten. Die Morphiumſalze, in einer langen Reihe Verſuche gereicht, ließen ihre eigenthümlichen Wirkungen mit Unter⸗ ſchieden eintreten, die zwiſchen beiden Wegen durchaus ühn- lich (gleich?) waren. So brauchten 12 Gran Morphium⸗ ſyrupes, in beinahe 5 Grammen Waſſers gelöft, um ihre erſten Wirkungen zu äußern: ) Wir bemerken, daß auf dieſe Art die Leere des Magens viel gewiſſer erlangt ward, als die des Maſtdarmes durch Klöftire erlangt werden konnte. Wenn alſo, trotz dieſem Unterſchiede, welcher die Wirkung der Arzneien durch den Darm weniger kräftig machen ſollte, fie daſelbſt im Gegentheil größer ge⸗ weſen iſt, fo iſt das ein Umſtand, der a fortiori beiträgt, nach der Meinung der Verfaſſer allen den Vorzug zu erweiſen, den in dieſer Hinſicht der untere Weg hat. Jules Gué rin. 105 Durch den Magen Durch den Maſtdarm Mittele Friſt 5 Min. 10 Se. 4 Min. 16 See. Längſte Friſt 6 2 00 = 6 = 00 z Kürzeſte Friſt Z - 00 - an Dieſelbe Gabe eſſigſauren Morphiums, in 4 Grammen Waſſers aufgelöſ't, brauchte: Durch den Magen Mittele Friſt 7 Min. Durch den Maſtdarm 5 Min. 16 Ser. Längſte Friſt 5 an e Kürzeſte Friſt 0% ee In 4 Grammen Alkohols Durch den Magen aufgelöſ't: Durch den Maſtdarm Mittele Friſt 5 Min. 30 Sec. 4 Min. 36 Sec. Längſte Friſt 7 = 00 eee Kürzefte Friſt A = 00 = EAN TR: Man könnte aber einwenden, daß die Kraft, die Wirk— ſamkeit einer Arznei nicht nach der bloßen Erwägung des Zeitraumes, den ſie zum Wirken braucht, gemeſſen werden kann. Folgende Verſuche heben dieſe Schwierigkeit. 1) Mit einem Viertelgran Strychnins, in gewöhn— lichem Alkohol aufgelöſ't und durch den Mund gereicht, er— folgte der Tod in 65 Minuten mitteler Friſt; er fand in 40 Minuten Statt, wenn man durch den Maſtdarm wirkte. 2) Bei allen ähnlichen Verſuchsarten waren die Starr— krampfanfälle, die Kennzeichen der Wirkungen des Strych— nins, länger dauernd und kräftiger nach der Einſpritzung in den Darm, als nach der Einbringung in den Magen. 3) Ein Sechstelgran Strychnins, in den Maſtdarm gebracht, genügte bei drei Hunden Starrkrampfanfälle und den Tod herbeizuführen. Bei drei anderen Hunden war die nämliche Gabe, durch die Speiſeröhre beigebracht, nicht allein nicht tödtlich, ſondern ſie bewirkte nur bei einem derſelben einen leichten Starrkrampfanfall. 4) Eben jo find die Erſcheinungen, welche man durch die Darreichung des eſſigſauren und ſchweſelſauren Mor- phiums erlangt, merklich ernſter und länger dauernd, wenn man auf die Schleimhaut des Maſtdarmes, als wenn man auf die des Magens wirkt. Iſt es uns nicht erlaubt, aus obigen Verſuchen zu ſchließen, daß die Heilſubſtanzen durch den Maſtdarm ſchnel⸗ ler und kräftiger wirken, als durch den Magen? Unter— ſcheiden wir jedoch; und um nicht in den Irrthum zu verfal⸗ len, worein die Anhänger der Gegenmeinung gefallen ſind, ſagen wir, daß man nicht zu ſehr und nicht zu bald ver— allgemeinern muß. Man weiß, daß gewiſſe reinigende, ge— wiſſe harntreibende Mittel, durch den Maſtdarm gereicht, nur ſchwach wirken, wenn ſie nicht in geſteigerten Gaben gereicht werden. Aber dieſe Ergebniſſe der Erfahrung ſchwächen keinesweges die, welche wir eben kennen ge— lernt haben. Dieſe wie jene ſind in ihren Grenzen wahr. Man hat alſo künftig nicht zu ſagen, die Seil: ſubſtanzen wirken, ohne Unterſchied betrachtet, mehr auf die Schleimhaut des Maſtdarmes, als auf die des Magens, ſon— 29. 1.7. 106 dern gewiſſe Subſtanzen wirken mehr durch den Maſtdarm und gewiſſe andere mehr durch den Magen. Bisher iſt es unmöglich, dieſe Scheidung ſtreng zu beſtimmen: die Erfahrung alfo hat erſt noch darüber zu entſcheiden. (Gaz. med. de Par. 1847, no. 7.) (XIX.) Behandlung von Fußgeſchwüren, ohne daß der Patient ſich ruhig zu verhalten braucht. Von W. R. Gore, Chirurg des Hoſpitals zu Limerick. Nach 15jähriger Erfahrung in Behandlung mehrerer hundert Fälle von Fußgeſchwüren erlaube ich mir meine Curmethode dem Publicum vorzulegen. Die Krankheit, von der es ſich handelt, kommt ſehr häufig vor, und jeder meiner Collegen wird daher Gelegenheit haben, die Brauchbarkeit meines Verfahrens praktiſch zu prüfen. Im Jahre 1830 ward ich aufgefordert, eine ältliche Dame von einem varicöſen Geſchwüre, welches ihr ſehr läſtig war, zu befreien. Es beſtand bereits neun Jahre lang, und die Patientin hatte aus beſonderen Gründen den Wunſch, von dem Leiden auf jede Gefahr hin befreit zu werden. Ich wandte zuerſt die gewöhnlichen Mittel, Heftpflaſter, gleich— förmigen Druck und Ruhe an, und um die Kranke vor den nachtheiligen Folgen des Zuheilens einer ſo lange beſtandenen eiternden Fläche zu ſchützen, wurde ihr vorn unter dem Knie, zwiſchen dem Kopf der tibia und dem der fibula, ein Fontanell geätzt und offen gehalten. Schon vom zweiten Tage an konnte ich es nicht mehr dahin bringen, daß ſie das Beſuchszimmer gemieden oder ſich überhaupt ruhig verhalten hätte. Gegen alle Erwartung aber war das Geſchwür 25 Tage nach Atzen des Fontanelles völlig geheilt. Die erſten zwei Tage hindurch wurden auf beide Stellen Breiumſchläge gelegt. Das alte Geſchwür wurde dann mit Heftpflaſterſtreifen und einer Binde verwahrt und eine Erbſe in das Fontanell gelegt, welches letztere man noch fünf Monate nach dem Zuheilen des Ge— ſchwüres offen erhielt. Übrigens trug die Dame fortwährend einen enganſchließenden Strumpf an dem kranken Beine, und die Venen desſelben nahmen dadurch bedeutend, an Stärke ab. Dieſer intereſſante Fall überzeugte mich, daß der Ausfluß aus dem Fontanelle die eigentliche Urſache des ſchnellen und feſten Zuheilens des Geſchwüres ſei, welches Reſultat durch den Druck auf die Venen begünftigt worden war, obwohl der Druck vor dem Legen des Fontanelles die Heilung nicht hätte bewirken können. Alsbald machte ich das Fontanell an der oben ange⸗ gebenen Stelle zum Hauptmittel bei der Behandlung aller Geſchwüre an den unteren Extremitäten, bei welchen dieſe Heilmethode Anwendung finden konnte, indem ich den Schutz, welchen ein ſolches Fontanell gegen ungünſtige Nachwirkun— gen beim Zuheilen veralteter Geſchwüre gewährt, ganz als Nebenſache betrachtete. Erſt im folgenden Jahre fand ſich wieder eine Gelegenheit zur Prüfung dieſes Heilserfahrens, 107 als ich zu Killaloe, in Geſellſchaft des verſtorbenen Dr. Reid, vom 68. leichten Infanterieregimente, von einem Hrn. North wegen eines ſchon ſeit langer Zeit aufgebrochenen Beines um Rath gefragt ward. Ich fand ein ausgedehntes chroniſches Geſchwür, nebſt varicöſem Zuſtande der Venen des Unter— ſchenkels. Der Patient hatte ſchon vieles ohne Erfolg ge— braucht. In dieſem Falle machte ich das Fontanell mit der Lancette, legte ein Paar Erbſen hinein, und behandelte das Geſchwür gerade jo, wie das der alten Dame. Bald wurde geſunder Eiter ſecernirt, und das Geſchwür heilte raſch zu. Ich ſah es zehn Wochen ſpäter und fand es mit einem geſunden Oberhäutchen bedeckt. Von dem Fontanelle wollte ſich der Patient gar nicht wieder trennen, ſondern behielt es bis an ſeinen Tod, welcher mehrere Jahre darauf erfolgte. Er behauptete, es befreie den mittleren Theil ſeines Unter— ſchenkels von allen krankhaften Empfindungen, und er fühle ſich weit heiterer geſtimmt, als früher. Dieſer Herr war der Schwager des Dr. Bright Caſey zu Limerick, und ſein Sohn iſt bei dem Geſchäfte des Hrn. Todd daſelbſt ange— ſtellt, was ich anführe, damit man dieſen Fall um ſo glaub— würdiger conſtatiren könne. Seitdem habe ich in dem Hoſpitale, bei welchem ich angeſtellt bin, eine große Menge von Fällen nach dieſer Methode behandelt, im Ganzen 876, von denen 85 an Frauen und 291 an Männern vorkamen, und zwar mit ſolchem Er— folge, daß ich mein Heilverfahren allgemein anzuempfehlen mich gedrungen fühle. Es iſt einfach und, da es nach der Theorie des Contraſtimulus wirkt, durchaus gefahrlos. Es ſchützt vor allen übeln Nachwirkungen; es leitet den Zudrang von Säften und die krankhafte Thätigkeit von dem Geſchwüre, ſei es nun friſch oder alt, in einer heilſamen Weiſe ab und geſtattet der Natur, ſowie den zur Anwendung gebrachten örtlichen Mitteln, ihre volle Wirkung zum Schließen des Geſchwüres. Die Cur iſt ferner zuverläſſig. Ich kann auf Fälle hinweiſen, in denen dieſelbe ſeit 15 Jahren ohne Rück— fall beſtanden hat. Sie nimmt nur 10 — 30 Tage in An— ſpruch, und viele meiner Collegen haben ſich von dem Werthe derſelben überzeugt. Dr. Gelſton, der Vorſteher unſeres Grafſchafts-Hoſpitals, wendet, ſeitdem er mit meinem Ver— fahren bekannt geworden, kein anderes an und behandelt gegenwärtig 15 Fälle nach demſelben. Man könnte aller— dings von mir verlangen, daß ich die von mir behandelten Geſchwüre nach deren Beſchaffenheit genauer beſchriebe; allein vor der Hand muß ich mich mit dieſer kurzen Anzeige be— gnügen. (The Medical Times, No. 368, Vol. XV, 17. Oct. 1846.) (XX) über eine eng umgränzte, durch locale Miasmen erzeugte Typhusepidemie. Von Dr. Robert Chriſtiſon. In einem ſpärlich bevölkerten Diftricte von Peeblesſhire wurde am 22. Januar 1846 Mad. W., die Frau eines 29. II. 7. 108 Pächters, 70 Jahr alt, von Fieberfröſten, allgemeiner pro- stratio virium und Appetitloſigkeit, zu welcher ji fünf bis ſechs Tage ſpäter zuweilen Erbrechen geſellte, befallen. Als ihr Arzt fie zuerſt am 30. beſuchte, klagte ſie über Fröſteln, Schmerzen im Rücken und in den Beinen, Kopfſchmerz, Licht⸗ ſcheu, Wundſein des Halfes und Trockenheit des Mundes, über ein ſchmerzhaftes Klopfen längs des Verlaufes der aorta, Übelkeit und Brechneigung mit zuweilen eintretendem Er⸗ brechen, Durſt, Schlaf- und Appetitloſigkeit und große Er⸗ ſchöpfung. Der Puls ſchlug 92 und war ſchwach, die Zunge mit einem dicken braungelblichen Belage bedeckt, der Schlund etwas geröthet, das Ausgebrochene war theils ſchleimig, theils gallig, der Darmeanal war verſtopft, die Stuhlentleerungen dunkel gefärbt und übelriechend, und der Harn ungewöhn⸗ lich ſtark gelb gefärbt. Das Antlitz bot einen angſtvollen Ausdruck dar, und die Augen waren geröthet; die Tempera⸗ tur des Körpers und namentlich der Extremitäten war nie— driger, als gewöhnlich. Unter der Anwendung von abfüh⸗ renden und ſchweißtreibenden Mitteln erholte ſich die Kranke allmälig und wurde am 9. Febr. als Reconvaleſcentin ent⸗ laſſen. Nach wenigen Tagen waren jedoch alle früheren Symptome wiedergekehrt; ungemein ſtarker Durſt, häufiges Erbrechen, Puls 100, ſchwach und intermittirend, Zunge mit dickem, braunem Belage, anhaltende Stublserftopfung ; die Kranke collabirte raſch und ſtarb am 16. Febr. — Am 25. Januar wurde auch Hr. W., ein ſchwächlicher Mann von 70 Jahren, befallen, erholte ſich gleichfalls zuerſt wieder, wurde aber dann wieder ſchlimmer und ſtarb am 18. Febr. — Ein im Hauſe des Pächters dienendes Mädchen, zwanzig Jahr alt, erkrankte am 26. Januar und ſtarb bereits am 1. Febr. In dieſen drei Fällen waren die Symptome durchaus die— ſelben, und die Körper zeigten nach dem Tode eine blaßgelbe Färbung der Haut. Außer dieſen Perſonen wurden noch zwölf andere auf ähnliche Weiſe, jedoch in mehr oder meni- ger heftigem Grade, befallen, welche insgeſammt genaſen. Alle dieſe Individuen wohnten theils in dem Pachthauſe oder hielten ſich den Tag über in demſelben auf; in der Nach⸗ barſchaft wurde kein einziger von dem Übel befallen. Was die Lage des Hauſes betrifft, ſo iſt dieſelbe eine völlig ge— ſunde, indem dasſelbe an dem Ufer des Tarth auf einer freiliegenden Hochebene, ringsum von graſigen Hügeln und angebautem Lande umgeben, liegt. Da nun auf dieſe Weiſe das Entſtehen jener typhöſen Affection höchſt myjteriös er⸗ ſchien und man an Vergiftung glaubte, ſo wurde von Seiten der Regierung eine genaue Unterſuchung angeordnet. Dieſe ergab nun, daß die Abzugscanäle in der Nähe des Pacht⸗ hauſes, welche außer den gewöhnlichen Abflüſſen des Hauſes auch den Inhalt von drei Privets in ſich aufnahmen, volle ſtändig verſtopft und ſeit drei Jahren nicht gereinigt worden waren, in Folge deſſen ſich eine ungeheure Menge von fau⸗ lender animaliſcher Materie in ihnen angeſammelt hatte. Hiemit war demnach das rein locale Vorkommen jenes Übels vollſtändig erklärt. (Monthly Journal, July 1846.) 109 (XXL) über den Vorzug der Erſtirpation der letzten Phalanx der großen Zehe vor der Ampu⸗ tation der Zehe. Von Dr. Payan. Detez, Zollbeamter, erlitt Ende Mai 1841 eine ſo heftige Zermalmung der äußeren und vorderen Partie der rechten großen Zehe, daß binnen wenigen Tagen ſchon ein Anfang von Gangrän ſich einſtellte; die Nagelphalanr war ſogar an einigen Stellen ganz bloßgelegt. Der zuerſt herbei— gerufene Arzt begnügte ſich damit, die Weichtheile durch Heftpflaſterſtreifen zuſammenzuziehen und einen einfachen Verband anzulegen, beim Erſcheinen der Gangrän feuchtete er die Charpiebäufchehen mit Terpenthin an. Acht Tage nach dem Unfalle wurde Verf. conſultirt, und verordnete nun ſtatt des Terpenthins das Chlorwaſſer. Am 13. Juni hatte ſich ein Brandſchorf von dem Umfange einer Mandel faſt völlig gelöft und wurde vermittels einer Scheere entfernt, worauf die Phalanx auf die Hälfte ihrer Ausdehnung ſchwärzlich, des Perioſts beraubt und augenſcheinlich nekrotiſirt ſichtbar wurde. Am 15. war dieſe Phalanx etwas beweglich, und der Knochen wurde nach vorgängiger Erweiterung der vor— handenen Continuitätstrennung von ſeinen Verbindungen ohne große Schwierigkeit getrennt und mit einer Pincette herausgezogen, worauf ein einfacher Verband angelegt ward. Die Heilung ging nicht ſo raſch von Statten, wie es ohne Zweifel nach geſchehener Amputation der Phalanx der Fall geweſen wäre, indem die Vernarbung erſt nach 36 Tagen beendet war. Das ſpätere Reſultat war jedoch ein weit mehr zufriedenſtellendes, als wenn die Amputation geſchehen wäre, indem der Kranke, ſtatt eines difformen und wenig nützen— den Zehenſtumpfes, eine wirkliche Zehe behielt, welche zwar verkürzt war, aber faſt alle Eigenſchaften der vollſtän— digen Zehe beſaß. Bei der 10 Monate nachher angeſtell— ten Unterſuchung fand ſich auch, daß die vordere Par— tie der Zehe, obgleich ihres Knochens beraubt, dennoch ſehr ſolide und reſiſtent war, in Folge der faſt knorpel— artigen Feſtigkeit, welche die Gewebe, die früher die exeidirte Phalanx umgeben, angenommen hatten. Jene Partie hatte zugleich etwas Beweglichkeit behalten, indem die Sehne des m. flexor profundus ſich noch an ihr injerirte, und endlich hatte ſich ein neuer, gut geſtalteter Nagel gebildet. (Bullet. gener. de therap., Juill. 1846.) (XXII) über die Seekrankheit. Don Dr. Charles Pellarin, vormaligem Marinechirurgen. In der Sitzung der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften, am 25. Januar, las Dr. Pellarin eine Abhandlung über die Eee: krankheit ver. Gr weiſ't darin die Ungegründetheit der Anfichten nach, welchen zufolge dieſes Leiden von einer Hirncongeſtion oder von den Stoßen herrühren ſoll, die durch die Bewegung des Schiffes den Unterleibsorganen mitgetheilt werden. Der Verf. entwickelt dann eine Theorie, die er ſchon in feiner Inauguraldiſſertation vom 24. Auguſt 1840 vor der mediciniſchen Facultat von Paris ver⸗ theidigt hatte, und die er nunmehr durch zahlreiche neue Beobach⸗ tungen und Gründe unterjtügt, 29. II. 7. 110 Die Seekrankheit rührt von den Störungen her, welche der Blutumlauf theils durch das ſeitliche, theils durch das in der Rich⸗ tung der Längenachſe Statt findende Schwanken des Schiffes erleidet. In Folge dieſer Störung tritt aber nicht, wie Wollaſton meinte, eine Gehirncongeſtion, ſondern vielmehr ein ſolcher Mangel an Zus fluß von Blut nach dem Gehirne ein, daß dieſes Nervencentrum nicht mehr in dem erforderlichen Grade gereizt wird. Die See: krankheit rührt von einem anhämiſchen oder, richtiger geſagt, hypo⸗ haͤmiſchen Zuſtande des Gehirnes her, und ganz Ahnliches beob⸗ achtet man zuweilen gegen das Ende der Operation bei Perſonen, denen man ſtehend oder ſitzend zur Ader läßt. Die unzureichende Reizung des Gehirnes durch das arterielle Blut wäre demnach, nach Hrn. Pellarin, die primäre oder pathogenetiſche Erſcheinung der Seekrankheit. Dieſe Anſicht unter: ſtützt er unter anderem durch folgende Gründe. Man beobachte ein Subject, welches von der Seekrankheit er: griffen wird; es erblaßt, feine Extremitäten erkalten, feine Nägel werden blau, wie dies beim Eintreten eines Froſtanfalles des Wech⸗ ſelfiebers der Fall iſt. Welche Individuen widerſtehen der Seekrankheit am kräftigſten? Diejenigen, bei welchen die Circulation vorzüglich thätig ift, und welche dieſelbe durch Leibesbewegung, durch koͤrperliche Arbeit un: teritügen. Ganz junge Kinder, bei denen das Herz ein verhältniß⸗ mäßig ſehr bedeutendes Volumen hat, werden von der Seekrank⸗ heit nicht oder doch nur in ſehr geringem Grade ergriffen. Thiere, namentlich Vierfüßer, leiden daran weniger, als der Menſch, weil bei ihnen das Hirn ſich ziemlich in derſelben horizontalen Ebene befindet, wie das Herz. Unter den Paſſagieren leiden diejenigen, die ſich am ruhigſten verhalten, die ſich am wenigſten auf das Ver⸗ deck an die freie Luft begeben, am längſten und ſchwerſten, und unter der eigentlichen Schiffsmannſchaft bekommen diejenigen am ofteften Anwandlungen von der Seekrankheit, welche die leichteften Dienſte verrichten. Wenn Schiffe bei heftigen Stoßwinden beile⸗ gen, wird den Officieren oft übel, während die kräftig arbeitenden Matroſen nichts dergleichen empfinden. Kummer und Langeweile prädisponiren zur Seekrankheit, während alles, was auf Belebung und Erheiterung hinwirkt, derſelben entgegen arbeitet. So wußte ſich Hr. Arago durch ſchnelles und kräftiges Einathmen ſo lange vor der Seekrankheit zu ſchützen, bis ſeine Reſpirationsmuskeln allzu erſchöpft waren, um dieſes Mittel länger anzuwenden. Der Verfaſſer zieht aus ſeiner Theorie eine Folgerung, deren Richtigkeit er zwar während feines Aufenthaltes an Bord nicht dar⸗ gethan hat, deren Prüfung er jedoch den Seefahrern anempfiehlt. Er vermuthet, daß man mittels des Stethoſkopes bei Seekranken in den großen Gefäßen dasſelbe Blaſebalggeräuſch vernehmen werde, wie bei den Chlorotiſchen. 2 Hr. Pellarin macht auf eine Ahnlichkeit zwiſchen den Übel— keiten, welche die Seekranken verſpüren und denjenigen aufmerkſam, von denen Frauen beim Beginne der Schwangerſchaft befallen wer⸗ den. Die Bärmutter wird im letzteren Falle der Mittelpunkt eines ſtarken Blutandranges und deßhalb dem Gehirne ein bedeutender Theil des ihm 1 7 8 5 Blutes entzogen. Für dieſe Ahnlichkeit ſpricht auch der Umſtand, daß ſchwangere Frauen ſelten Übelfeiten empfinden, jo lange fie im Bette liegen, während letztere ſich ges wöhnlich beim Aufſtehen einſtellen. Behandlung der Seekrankheit. Man kann zur Be⸗ ſeitigung der Seekrankheit zwei Arten von Mitteln anwenden. Das erſte beſteht darin, daß man ſich der Veranlaſſungsurſache fo viel als möglich entzieht, indem man z. B. in einem in geſchmeidigen Gelenken hängenden Bettrahmen liegen bleibt, jo daß das Schwan⸗ ken des Schiſſes bedeutend gebrochen wird. Dies Mittel laßt ſich jedoch nur während einer kurzen Überfahrt anwenden, und beim Gebrauche desſelben gewöhnt man ſich nicht an das Seeleben. Die zweite Art von Mitteln hat den Zweck, die Wirkungen der Urſache auf den Organismus zu bekämpfen, und zu dieſem Ende hat man den Blutumlauf nach Möglichkeit thaͤtiger zu machen. Ein Gürtel iſt ebenfalls zweckmäßig, nicht weil er den Eingeweiden eine feſte ab ‚giebt, ſondern weil er das Blut nach dem Kopfe treibt. Che ſich Übelleiten irgend bemerklich gemacht haben, wirken warme, aufs regende Getranke günſtig. Von eigentlichen Medicamenten konnen 111 ſolche, welche in ähnlicher Weiſe wirken, z. B. Opium, eſſigſaures Ammonium ꝛc., mit Nutzen verordnet werden. Sind Übelkeiten bereits eingetreten, fo hat man feine Zuflucht lediglich zu Pallia— tivmitteln zu nehmen. Citronenſäure oder aromatiſche Reizmittel verſchaffen zuweilen Erleichterung; am beſten wirkt aber dann die horizontale Lage in einem Hängerahmen. 5 5 Da, wie ſchon Plinius anführt, die Seekrankheit bei man⸗ chen Übeln des Kopfes, der Augen, der Bruſt günſtig wirkt, ſo ſchlägt der Verf. einen Apparat vor, mittels deſſen ſich dieſelbe zu therapeutiſchen Zwecken erzeugen laſſe, ohne daß man nöthig habe, eine Seereiſe zu unternehmen. (Gazette med. de Paris, No. 5, 30. Jan. 1847.) Miſeellen. (16) Spontane Trennung des Beckenknochens wäh⸗ rend einer Entbindung hat Hr. W. Hudſon am 19. Jan. 1836 bei einer Frau von kleiner Statur beobachtet, die zum fünften Male niederkam. Das große, 10 bis 11 Pfund wiegende, Kind kam ohn⸗ mächtig zur Welt, ward jedoch wieder belebt. — Der Muttermund hatte ſich vollſtändig erweitert, und die Membranen waren geplatzt, bevor der gehörig verknöcherte Kopf in jenen eintrat. Er präfene tirte ſich in linker Occipito-iliacal-Lage. Während der heftigen Wehen, welche eben das Berſten der Membranen herbeiführten, hörte Hr. Hudſon ein offenbar vom os pubis der Mutter ausgehendes Kra— chen, welches einige anweſende Frauen mit einem Piſtolenſchuß verglichen. Die Geburtsarbeit hatte indeß ihren Fortgang und war etwa eine Stunde nach dieſem Zufalle beendigt, wobei jedoch die Mutter einen heftigen Schmerz in der Gegend des os pubis und der regio sacro-iliaca verſpürte, der auch nach der Niederkunft fortbeſtand. Man bemerkte nun, daß die Kranke nicht ſtehen und ſich überhaupt der unteren Extremitäten nicht bedienen konnte. Mittels einer ſehr ſchmerzhaften Unterſuchung überzeugte man ſich davon, daß die ossa pubis ſich frei auf einander bewegten, und daß auch die symphyses sacro-iliacae ſehr beweglich waren. Man ließ die Kranke ſich auf den Rücken legen und umwickelte ihr das Becken mit einer 4 Zoll breiten und 18 — 24 Fuß langen Binde, die, ſo oft ſie locker wurde oder ſich verſchob, von neuem feſt an⸗ gelegt ward. Trotz der antiphlogiſtiſchen Behandlung entwickelte ſich eine Entzündung, die ſogar das Katheteriſiren nöthig machte. Nach ſechs bis ſieben Wochen konnte die Kranke, während der Ver⸗ band des Beckens an Ort und Stelle blieb, ein wenig gehen. Sie 29. II. 7. 112 hielt ſich jedoch meiſt zu Bette und trug den Verband noch mehr als drei Monate lang. Endlich verwuchſen die Knochen wieder ge: hörig, und zwei Jahre ſpäter entband Hr. Hud ſon die Patientin wieder von einem Kinde, welches 7½ bis 8 Pfd. wog. Die Re⸗ convaleſcenz von dieſer Niederkunft war ſehr günſtig. (Gazette med. d. Paris, No. 9, 27. Fevr. 1847.) (17) Ein neues Mittel, die Koreomorphosis für gewiſſe Fälle noch nützlicher zu machen, giebt Dr. Trinchinetti in der Gaz. med. di Milano an. Wenn nämlich die künſtliche Pupille an der äußeren Peripherie der iris angelegt wird, fo gehen die Lichtſtrahlen, welche durch dieſe Offunng ein⸗ dringen können, durch die am wenigſten convere Partie der Horn- haut und den engſten Theil der vorderen Augenkammer. Anderer⸗ ſeits durchdringt der Lichtbündel die Kryſtalllinſe an ihrer Peripherie, wo die Brechung weit ſchwächer, als am Centrum Statt findet, und die Folge dieſer beiden Umſtände iſt Störung des Sehvermögens. Zur Ausgleichung dieſes Übelſtandes empfiehlt nun Verf. den Ge⸗ brauch einer converen Linſe, welches Mittel ſich ihm bereits in einem Falle bewährt hat (Gaz. méd. de Paris, Juill. 1846.) Im Bullet. gen. de therap., Aout 1846 beſtreitet Dr. Deval die Ori⸗ ginalität des Vorſchlages des Dr. Trinchinetti, und führt eine Stelle aus Scarpa's Werke über die Augenoperationen an, wo letz⸗ terer in Fällen obiger Art den Gebrauch converer Linſen empfiehlt. (18) Auf eine von Hrn. Parkman beobachtete Ano⸗ malie des ramus descendens noni wird in der Ga- zette médicale de Paris No. 9, vom 27. Febr. d. J., aufmerk⸗ ſam gemacht. Bekanntlich entſteht dieſer durch ſeinen gemiſchten Urſprung merkwürdige Nervenaſt durch eine Anaſtomoſe des nervus hypoglossus mit einem von dem plexus cervicalis herabſteigenden Aſte. In dem von Hrn. Parkman beobachteten Falle kam aber der gewöhnlich vom n. hypoglossus ausgehende Zweig vom nervus pneumo-gastricus und mit dem n. hypoglossus fand durchaus keine Verbindung Statt. Dieſe anomale Zuſammenſetzung war beider⸗ ſeits vorhanden; doch lag auf der rechten Seite die Vereinigungs⸗ ſtelle etwas niedriger, und der vom n. pneumo-gastricus ausgehende Zweig bog ſich, nachdem er mit dem Zweige des plexus cervicalis in Berührung getreten, rückwärts nach oben, und nahm an der weiteren Vertheilung des Nerven keinen Theil. Dieſe Vertheilung war übrigens ganz dieſelbe, wie man ſie bei der normalen Be⸗ ſchaffenheit des Nerven findet. Nekrolog. — In Folge einer unbedeutenden Verletzung bei einer Leichenſection iſt zu Wien der Prof. d. ger. Med. Dr. Kohetſchka am 15. Marz geſtorben. Bibliographiſche Neuigkeiten. Botany of the Voyage of H. M. S. „Sulphur“ under the command of Sir Edward Belcher, R. N. etc. Royal 4°. plates and let- terpress. London 1847. Aichhorn, Sigm., Charaktere d. höheren ſyſtem. Einheiten des Thierreiches. gr. 8°. Geh. Grätz 1847. Beck, B., anatomiſch-phyſiol. Abhandlung über einige in Knochen verlaufende und an der Markhaut derſelben ſich verzweigende Nerven. Imp. 4. Geh. Freiburg 1847. Dufft, J. C., kleiner naturhiſtoriſcher Schulatlas. 3. Lief. kl. 8%. Leipzig 1847. Newnham, W. — Man in his Physical, Intellectual, Social, and Moral Relation. By W. Newnham. 18°. (pp. 192.) London 1847. Walker, G. — The First of a Series of Lectures delivered at the Mechanics’ Institutions, Southampton Buildings, on the Con- dition of the Metropolitan Grave Yards. By George Alfred Walker, Surgeon. 8“. (pp. 28.) London 1847. White, A. — A Treatise on the Plague, more especially on the Police Management of that Disease, illustrated by the Plan of Operations successfully carried into effect in the late Pla- ue of Corfu; with Hints on Quarantain. By A. II Atte, M. D. eputy Inspector-General of Military Hospitals. 8°. (pp. 358.) London 1847. Considerations pratiques sur la carie des dents; par R. Hattute et E. Hattute. In 8d. de 3 feuilles. Paris 1847. Erdmann, J. F., aus der ärztlichen Praxis. gr. 8%. 1847. Geh. Halle 1847. Hering, E., die thierärztlichen Arzneimittel, nebſt einem Anhang über die Einrichtung einer thierärztlichen Hausapotheke. gr. 8%. Geh. Stuttgart 1847. Faber, W. E., die Wuthkrankheit der Thiere und der Menſchen. 1. Th. die Wuthkrankh. der Thiere. gr. 8b. Geh. Karlsruhe 1847. Hübener, E. A. L., die Kindertödfung in gerichtärztlicher Be⸗ ziehung. gr. 8%. Erlangen 1847. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zei ſchrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 30. (Nr. 8. des II. Bandes.) April 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XIII. Unterſuchungen über die geologiſchen Urſachen der verheerenden Wirkung der Alpengewäſſer. Das durch die Überſchwemmungen herbeigeführte vielfache Unglück hat ſeit einigen Jahren ein geſteigertes Intereſſe an den Unterſuchungen über den Lauf der Alpengewäſſer hervorgerufen. So iſt es gekommen, daß das Ausrotten und Urbarmachen der Wälder, ſowie das Auswaſchen der Bergabhänge durch die Regenbäche heut zu Tage der Gegen— ſtand der Volksunterhaltung geworden iſt. Bald wird den franzöſiſchen Kammern von der Regierung ein Geſetzentwurf vorgelegt werden, welcher verſchiedenen dieſer Übelſtände abhelfen ſoll; allein alle Maßregeln werden ihren Zweck verfehlen, wenn ſie nicht nach den Grundſätzen der Wiſſen— ſchaft angewandt werden. Noch nie war die Mitwirkung der Wiſſenſchaft nothwendiger. Sie allein zeigt die richtigen Mittel und lehrt die falſchen vermeiden, ſowie ſie allein den unzweckmäßigen Gebrauch der Staatsmittel verhütet. Das Studium der Regenbäche, welche die Urſachen aller dieſer beklagenswerthen Unordnungen ſind, hat ſehr allgemeines Intereſſe gewonnen. — Vor einigen Jahren wurde auf den Bericht einer Commiſſion eine ausgezeichnete Arbeit des Brücken- und Wegebaumeiſters Surell über die Alpengewäſſer von der Akademie gekrönt. Neuerdings hat der Bergwerksingenieur Gras zu Grenoble die Reſul— tate ſeiner Beobachtungen als Fortſetzung der Unterſuchung ſeiner Vorgänger der Akademie übergeben. — Folgendes ſind die Hauptpunkte dieſer Arbeit. Nach Surell iſt ein Regenbach ein Waſſerſtrom, welcher an einer Stelle ab— ſchwemmt und an der anderen abſetzt und ſo aus ſeinem Bette tritt. Gras drückt ſich genauer aus, indem er ſagt: es iſt ein Waſſerſtrom, deſſen Bett ſteil und abſchüſſig, deſſen Falle beträchtlich und unregelmäßig find, und welcher No. 1210. — 910. — 30. meiſtentheils an einer Stelle feines Laufes durch den Abſatz ſeines Gerölles aus ſeinem Bette gedrängt wird. Die Verwüſtungen, welche dieſe Regenbäche hervor— bringen, die Ausſpülungen ihres Bettes, das Fortreißen des losgewaſchenen Gerölles, die Überſchwemmungen, welche da— durch entſtehen, ſind immer Reſultat geſteigerter Waſſermenge und der vermehrten Schnelligkeit ihres Laufes, verbunden mit der Mürbheit des Bettes, auf dem die Bäche fließen. Von den drei hier angeführten Thatſachen wurden zwei ſchon von Hrn. Surell früher berührt und bilden den Gegenſtand, um den ſich ſeine Arbeit dreht; der dritten, der Natur des Bodens, hat ſich Herr Gras vorzugsweiſe zugewendet. Einen wichtigen Geſichtspunkt haben jedoch beide vernachläſſigt, nämlich den meteorologiſchen. Von zwei Bergtrichtern von gleicher Offnung, welche unter völlig gleichen geologiſchen Verhältniſſen gleiche Abhänge mit eben ſo gleichen Auswaſchungen haben, kann der eine, welcher den gewöhnlichen regenbringenden Winden ausgeſetzt iſt, dieſe Wolken anhalten, ſie zur Verdichtung bringen und ſo auf ſich die heftigſten Regen entladen, welche durch ihre Anzahl, ihre Schnelligkeit und ihr oͤfteres Wiederkehren gefährliche Regenbäche hervorbringen; während der andere, nicht in dieſer Richtung ſtehend, nur ruhigen, nie ſolche Gefahr bringenden Regengüſſen ausgeſetzt ſein wird. Für den, welcher die ſo begonnene Naturgeſchichte der Regenbäche fortſetzen will, wäre ſomit die Orientirung der Berggipfel und der zwiſchen ihnen liegenden Waſſerbecken ein neues höchſt beachtenswerthes Ele— ment. Ihm bleibt vorbehalten, zu erklären, wie es kommt, daß im Rhonethale, je nach der verſchiedenen Richtung des Windes, das eine Mal die Gewäſſer der linken, das andere Mal die Gewaͤſſer der rechten Seite und zuweilen die beider Seiten zuſammen die Überſchwemmungen verurſachen. Die Sevennen verlaufen von N. O. nach S. W., alſo 8 115 in einer Richtung, welche der der Winde, die im unteren Rhonethale die großen Regen herbeiführen, gerade quer entgegentritt. Dieſe Regenwinde kommen nämlich aus S. O. Der Jura, von welchem der Ain herabkommt, tritt dem Südweſtwinde, dem Regenwinde dieſer Gegend entgegen. Es bleibt noch zu erklären, warum die Überſchwemmungen des Rhone und der Loire, welche ihre Quellen und Regenbäche gerade aus entgegengeſetzten Himmelsgegenden erhalten, jo ſelten gleichzeitig Statt finden. Beobachtungen wie die, welche die Société hydrometrique in Lyon anſtellt, vielleicht noch verbunden mit den entſprechenden Höhenangaben und der Dauer der Regenbäche, würden unſere Kenntniß hierüber ſehr fördern. Surell, welcher ſeinen Gegenſtand ſehr allgemein behandelte, hatte eine Zuſammenſtellung aller Umſtände gegeben, welche einem Regenbache eigenthümlich ſind. Er ſchließt mit der Beſchreibung und Bekämpfung des abſtracten, aus dieſen Einzelheiten abgeleiteten Regenbaches. Es war vorauszuſehen, daß dieſer Arbeit bald eine andere folgen würde, welche analytiſcher Natur ſein und alle Verſchiedenheiten der Lage, ſowie der Arten von Gefahr, welche die Regenbäche nach ihren eigenthümlichen Verhält— niſſen hervorbringen können, beſchreiben und erwägen würde. Gras mußte durch ſeine geologiſchen Studien und durch ſeine Ausflüge in einem ſo verwüſteten Lande, wie das Departement der Iſere iſt, ganz natürlich auf die eigen— thümlichen und localen Wirkungen der Regenbäche aufmerk— ſam werden. Indem er, wie ſein Vorgänger, die allgemeine Wir— kung der Regenbäche betrachtet, ſagt er: Es giebt wohl kaum einen Reiſenden, welcher ſich nicht der großen Maſſen von Kieſelſteinen erinnert, welche von den Wänden der Berge an die beſten Thäler überſchwemm— ten. Die Bemühungen der Einwohner, ihr Eigenthum vor dieſer zerſtörenden Landesplage zu ſchützen, ſind meiſtentheils erfolglos geblieben, und es vergeht wohl kaum ein Jahr, wo nicht in den von den Alpen durchzogenen Departements ſo— wohl Häuſer als auch bebaute Felder unter dieſem Schutte begraben werden. Dies ſind die erſten, unmittelbaren Wir— kungen der Regenbäche. Das zweite mehr allgemeine Unglück, welches man keinem einzelnen Regenbache zuſchreiben kann, iſt die Folge ihrer Geſammtwirkung, nämlich die großen Überſchwemmun⸗ gen, welche von Zeit zu Zeit die reichſten und bevölkertſten Ebenen verwüſten. Es iſt augenſcheinlich, daß dieſe Über⸗ ſchwemmungen wenigſtens theilweiſe durch die ſchnelle Ver— einigung des Regenwaſſers in den Thälern entſtehen, und wiederum findet man, daß dieſe ſchnelle Vereinigung wieder eine directe Folge von der Vermehrung der Gieß - und Regenbäche iſt. Dieſe ſind gewiſſermaßen die Wege, welche das Schnee- und Regenwaſſer verfolgt, wenn ſie den Haupt— ſtrömen zuſtürzen, um dieſe zu vergrößern. Je leichter und je vielfacher die Verbindungen ſind, deſto größer wird die Waſſermaſſe ſein, die in einer gewiſſen Zeit zur Niederung hinabläuft. Die ſchwierige Aufgabe, an deren Löſung die Eriſtenz eines großen Theiles unſeres Grundes und Bodens 30. II. 8. 116 geknüpft iſt, beſteht demnach in der Ausrottung der Regen⸗ bäche oder in ihrer Verwandlung in weniger ſtürmiſche und verheerende Bäche. Durch eine ins Einzelne gehende genaue Prüfung der Regenbäche in der Dauphiné und beſonders der im Thale des Graiſivaudan wurde Gras auf eine Anderung der von Surell aufgeſtellten Claſſification der Regenbäche hingeführt. Dieſe Anderung iſt auf praktiſche Reſultate gegründet. Surell nahm drei Arten von Regenbächen an: 1) die, welche von einem Engpaſſe an in einem wirk⸗ lichen Thale fließen: ſie zeichnen ſich durch ein weites Becken und durch ein langes, tief eingekeiltes Abflußbett aus; 2) die, welche vom Gipfel in der Richtung des läng⸗ ſten Abhanges fließen: das wenig ausgedehnte Becken iſt gewöhnlich durch eine Einbuchtung des Gipfels und meiſten⸗ theils an deſſen Rande gebildet; 3) die dritte Abtheilung beſteht aus denen, welche tiefer als der Gipfel, auf dem Abhange ſelbſt des Berges beginnen: ihr Aufnahmebecken verwandelt ſich in eine breite, durch einige Regenbäche gebildete Schlucht (welche in der Schweiz den Namen „Runge“ führen). Bei Aufſtellung dieſer Claſſification ging Surell be: ſonders vom topographiſchen Standpunkte aus. Die geologi⸗ ſchen Studien haben Gras zu einer anderen Eintheilung geführt. Die franzöſiſchen Alpen ſind beinahe an allen Stellen aus mächtigen Schichten harter Felſen gebildet, welche mit weicheren Schichten abwechſeln. Dieſe Abwechſelung von harten und weichen Schichten zeigt ſich auf tauſenderlei Art und ſelbſt durch die Hebung auf beträchtlicher Höhe, ſo daß man überall mächtige Böſchungen auf ſehr mürben Grund: lagen findet. Die Zerſtörung dieſer hat den Sturz der harten Schichten nach ſich gezogen. Dies iſt ein charafteri- ſtiſcher Zug unſerer Alpen. In keiner anderen Gegend iſt dieſe Erſcheinung ſo auffallend und ſo allgemein. Man ſieht beinahe überall, wo der Durchſchnitt der Felſen zu Tage liegt, trichterartige Vertiefungen, eine Folge von Bergſtürzen, welche den Regenbächen als Aufnahme— becken dienen. Auf der anderen Seite, wo das Lager mehr zu Tage liegt, haben fie weniger abgeriſſene und mehr aus— gebreitete Becken. Daraus folgen zwei Arten von Regen⸗ bächen, welche ganz verſchiedene Charaktere haben. Der Urſprung oder das Aufnahme- oder Sammelbecken der erſten Claſſe iſt von harten, ſteilen, unzugänglichen Fels— maſſen von 600809 Neigung gebildet. Dieſe Wände find gewöhnlich nackt und zeigen auch nicht die geringſte Spur von Vegetation, ſind daher auch der allmäligen Zerſtörung aus: geſetzt. Gras nennt ihre Waſſerſtröme ſteile Regenbäche (torrents a escarpements). Die Becken der zweiten Claſſe bieten eine Oberfläche dar, deren Neigung wächſ't, je höher man ſteigt, ohne daß fie jedoch gerade ſehr auffallende Abwechſelungen darbie— ten. Ihr Längendurchſchnitt iſt eine nach der dem Himmel zugewandten Seite concave Curse, deren größte Neigung ſelten 30 — 400 überſteigt. Die Oberfläche des Receptionsbeckens iſt beinahe immer der Holzanpflanzung fähig. Dieſe Form 117 wiederholt ſich jedes Mal, wenn die Felsſchichten ſämmtlich ungefähr denſelben Härtegrad, beſonders bei gleicher Neigung dieſer Lagen, zeigen. Das Bett dieſer Regenbäche wird deſto zerriſſener ſein, je mehr Waſſer in ihnen fließt; weßhalb dies beſonders beim unteren Theile Statt finden wird. Aber jemehr ſich das Bett auswäſcht, deſto mehr vermindern ſich die zer— ſtörenden Urſachen durch Abnahme des Vöſchungswinkels, bis dieſer ſich endlich einer Grenze nähert, worauf das Bett ſich ziemlich gleich bleibt. Sind jedoch nicht alle Theile des Bodens von gleicher Härte, ſo werden die harten Theile als Vor— ſprünge bleiben und jo Stromſchnellen und Waſſerfälle ver— urſachen. Gras nennt dieſe Art Regenbäche mit Becken ohne Böſchung (torrents sans escarpements). Er ſtellt hierauf noch eine dritte Claſſe von Regen— bächen auf, nämlich ſolche mit gemiſchten Becken: in dieſer folgt ein Receptionsbecken ohne Böſchung einem anderen mit Böſchung und umgekehrt. Gras ſpricht in ſeiner Abhandlung beſonders von Regenbächen, deren Becken eine Böſchung haben. Von dieſen bieten ihm die Umgebungen von Grenoble merkwürdige Bei: ſpiele dar. Das Iſerethal von Grenoble bis St. Nazaire am Mittelmeere bietet, im Verlaufe des erſten Myriameters, vier beſtimmte Regionen dar; die unterſte Region iſt eine ſehr fruchtbare Ebene zwiſchen der Iſere und der Landſtraße, deren Neigung durchſchnittlich 19 iſt. Sie beſteht aus einer mächtigen Schicht von angeſchwemmtem Lande. Die zweite Region wird durch bebaute Hügel gebildet; dieſe bilden die Ufer der Iſere während der Überſchwem— mungen. Sie haben eine mittlere Neigung von 70 —80 und beſtehen aus Mergel und ſehr kalkhaltigem weichem Thon— ſchiefer, welcher zur unteren Juraformation gehört. Die dritte Region iſt die Waldgegend; ſie beginnt 500 Meter über der Ebene (alſo 730 über dem Meeresſpiegel); die Böſchung, welche je höher je ſteiler wird, hat durch— ſchnittlich einen Neigungswinkel von 260 — 270 und kann ſelbſt bis auf 35% ſteigen. Die Oberfläche iſt von Fels— maſſen bedeckt, welche getragen von thonigen Mergelſchichten, von der Höhe herabgeſunken ſind. Dieſer Mergel iſt ſehr zerſtörbar und gehört der Thonſchicht an. Hierauf folgt endlich die vierte Region, die der nackten Felſen. Dieſe beſteht aus einer großen Kaltböſchung, welche an einzelnen Orten ſenkrecht, zuweilen ſogar überhängend iſt. Im Durchſchnitte hat ſie einen Winkel von 600700, Dieſe Böſchung beginnt 700 — 750 Meter über dem Thal: grunde, und die Spitze erreicht eine Länge von 1100 M.; weßhalb ihre wahre Höhe auf 350 — 400 M. angeſetzt werden darf. Sie beſteht aus den höchſten Theilen der mittleren Juraſchicht, einem durchaus nackten Geſteine mit rauher Oberfläche, welches durch die Atmoſphärxilien beſtän⸗ dig angegriffen und zerriſſen wird. Auf dieſer Breite eines Myriameters zählt man 9 Regenbäche mit ſteilen Receptionsbecken. Ihr Bett durch— läuft die Ebene, und der Ort, wo ſich das fortgeriſſene Ge⸗ roll abſetzt, befindet ſich auf den bebauten Hügeln. Der Receptionscanal iſt in den Mergel der Waldregion einge: 30. II. 8. 118 waſchen; das Receptionsbecken endlich wird durch die ſteilen Wände der oberſten Felsſchicht gebildet. Zwei Thatſachen, erzählt Herr Gras, ſetzen uns in Erſtaunen und ſcheinen durchaus unerklärbar. Das iſt erſtens die unverhältnißmäßige Aufhäufung von Kalktrümmern von jeder Größe, welche ſie zur Zeit ihrer Waſſergröße abſetzen, und welche bei gewöhnlichem Zuſtande mit dem trockenen Bette des Regenbaches einen eigenthümlich überraſchenden Contraſt bilden. Zweitens der geringe Flächenraum der Horizontalprojection des Receptionsbeckens. Wenn alle die Trümmer, welche der Regenbach abſetzt, erſt vom eben vorbei— fließenden Waſſer losgeriſſen werden ſollten, fo würden ſie allerdings mit dem Waſſer, welches ſie herbeiführt, in gar keinem Verhältniſſe ſtehen; denn oft führt das Waſſer eine ihm gleiche Quantität Geröll mit ſich. Die Sache verhalt ſich aber anders. Der ſteile Felſen, welcher das Receptionsbecken bildet, verwittert mehr und mehr, und dieſelbe Kraft, welche das Regenwaſſer ins Re— ceptionsbecken zuſammenführt, vereinigt auch nach und nach in ihm die ſich löſenden Steine. Wenn dieſe Trümmer nun das Bett des Regenbaches erreichen, ſo gleiten ſie in dieſer ziemlich tiefen, von glatten Wänden gebildeten Schlucht, deren Neigung ungefähr 45“ iſt, jo lange fort, bis fie an eine hinreichend ebene Stelle kommen, um liegen bleiben zu können. Dieſe Bedingungen ſind jedoch nur am unteren Theile der Schlucht oder an der Stelle erfüllt, wo der Ab— ſatz des Gerölles beginnt. In dieſer Gegend häuft ſich nun das durch das Bett des Regenbaches heruntergekommene Geröll auf. Auf eine ſolche Weiſe bereitet der Regenbach, während man ihn un— thätig glaubt, unvermerkt die Mittel zu ſeinen ſpäteren Ver— wüſtungen. Er verproviantirt ſich, wenn man ſich ſo aus— drücken darf. Dieſe Vorbereitungen währen oft Monate und Jahre. Gehen wir nun zu dem zweiten eben erwähnten merk⸗ würdigen Punkte über. Wie kann ein Receptionsbecken, deſſen Horizontalprojection oft ſehr klein iſt (man hat deren, nach dem Berichte des Verfaſſers, wo die Horizontalpro— jection kaum eine Ausdehnung von einigen hundert Quadrat⸗ metern hat), eine Maſſe Waſſer liefern, die hinreicht, um die ſo aufgehäuften Trümmer oft beträchtliche Strecken weit fortzuführen. Dieſe Erſcheinung hängt mit der Heftigkeit der Regenſtürme in jenen Berggegenden und mit der Schnel— ligkeit, mit welcher das Regenwaſſer von jenen Böſchungen herabfließt, zuſammen. In jenen Gegenden fallen oft ſo heftige Regen, die jedoch glücklicher Weiſe nie lange an— halten, daß der Waſſerſtand im Regenmeſſer die Höhe eines Millimeters für die Minute erreicht, während ſonſt bei einem gewöhnlichen heftigen Regen dieſes Inſtrument nie mehr als ½0 Millimeter für die Minute angiebt. Die einzelnen Waſſerſtrahlen, welche durch den Regen entſtehen, kommen ſchnell am Fuße der Böſchung an und vereinigen ſich im abſchüſſigen Bette des Regenbaches, To daß das ganze Regenwaſſer auf ein Mal abfließt. Die Schnelligkeit dieſer Strömungen wird durch zwei Umſtände vermindert: erſtens durch das allmälige Flachwerden des 8 * 119 Bettes und durch die dammartige Aufhäufung des angeſam— melten Gerölls. Auf dieſe Weiſe bildet ſich eine große Anhäufung von Waſſer, ſo daß zuweilen das ſämmtliche Waſſer des Regen— ſturmes ſich an dem Punkte aufſtaut, wo das Geröll auf— gedämmt liegt. So gelingt es endlich dem Waſſer, dieſen Widerſtand zu überwinden, und man ſieht nun einen aus Waſſer und Steinen beſtehenden Berg ſich mit Ungeſtüm fortbewegen, bis die allmälige Abflachung des Bettes ſeinen Lauf hemmt; hier ſinkt er in ſich ſelbſt, das Bett des Regenbaches iſt verſtopft, die Waſſer treten aus und verbreiten überall Ver— wüſtung und Unfruchtbarkeit. Zuweilen kommen von dieſer Regel bedeutende Ab— weichungen vor, welche dem forſchenden Auge des Hrn. Gras nicht entgehen konnten, und welche dieſer ſehr vortheil— haft benutzt hat. Einige Regenbäche nämlich, welche ſich der Lage und den übrigen geologiſchen Verhältniſſen nach von den eben beſchriebenen gar nicht unterſcheiden, führen gar kein Geröll und haben deßhalb natürlich auch keine Ablagerungsſtelle. Der Verfaſſer erkannte bald, daß dieſe Erſcheinung mit einer Steindecke zuſammenhing, welche die ganze Länge des aus Mergel beſtehenden Bettgrundes bedeckt. Wenn der mürbe Grund unbedeckt iſt, ſo greifen ihn die Waſſerſtrahlen nach und nach an und bilden erſt eine Menge kleiner Furchen, die ſich bei jedem Regen vergrößernd, zuletzt in eine einzige zuſammenlaufen und ſo endlich ein Receptionsbecken bilden, in welchem ſich alles Waſſer vereinigt. Wenn dagegen der Mergelgrund mit Geröll bedeckt iſt, ſo fließen die Waſſerſtrahlen unter dieſem Steinhaufen, wel— cher vermöge ſeines unbeſtändigen Gleichgewichtes durch Rutſchen und Nachfallen ſeine Lage beſtändig ändert und ſo die Vereinigung der einzelnen Waſſerſtrahlen, alſo auch die Bildung von größeren Furchen und Waſſerriſſen hindert. So gelangt das Waſſer, ohne in Schuß gekommen zu fein, nach und nach am Fuße des Abhanges an und ver— läßt den Schutthaufen, welchen es nicht mit ſich fortreißen konnte. Gras ſchließt ſeine Betrachtungen über die Regenbäche mit folgenden Vorſchlägen. Jedes Mal, wenn ein Regenbach eine große Menge von Geröll mit ſich führt, ſo findet man, wenn man auf ſeinen Urſprung zurückgeht, daß dies gewöhnlich das Re— ſultat der Zerſtörung eines großen Felſens iſt, deſſen weiche und mürbe Unterlage weder durch Schutt noch durch Vegetation geſchützt iſt. Umgekehrt bilden ſich jedes Mal, wenn die mürbe Grundlage einer großen Böſchung weder von Schutt noch Pflanzen bedeckt iſt, Regenbäche mit Ab— lagerungen, deren Verheerungen der Größe der in die Bö— ſchung eingewaſchenen Receptionsbecken entſprechen. Die praktiſche Seite dieſer Arbeit iſt die Aufſtellung von Mitteln, die Regenbäche entweder auszurotten oder ſie wenigſtens in weniger gefährliche Bäche umzuwandeln. Nach— dem Surell die gebräuchlichſten Schutzmittel, die Längen— dämme, die Aufführung von Schutzzäunen und Schutzmauern aufgeführt hat, zeigt er zugleich die Wirkungsloſigkeit dieſer 30. II. 8. 120 Vorkehrungen an den ſteilen Stellen der Regenbäche. In der That iſt das erſte Mittel durchaus unzureichend, denn wenn das Waſſer den Damm nicht wegreißen kann, ſo wirkt es mit deſtomehr Kraft gegen den Grund des Beckens, wäſcht ihn aus und führt durch das Untergraben des Grundes den Sturz des Dammes herbei. Die Schutzmauern haben den Übelſtand, daß ſie wegen ihrer nothwendig großen Anzahl auf einer ausgedehnten Berglehne ſehr koſtſpielig ſind. Daher ſchenkt Surell ſein ganzes Vertrauen der allmäligen Be⸗ waldung dieſer Gegenden. Der Wald verhindert die Aus⸗ waſchung durch das Durcheinanderſchlingen der Baumwur⸗ zeln, welches dem Boden eines Theils Schutz gewährt, an⸗ dern Theils aber die Vereinigung der einzelnen Waſſer⸗ ſtrahlen verhindert. Der zweite Theil der Surell' ſchen Arbeit iſt der Ent⸗ wickelung ſeines Syſtems gewidmet. Dies beſteht in der Anlegung einer Waldzone, welche, jede Wendung des Ge— birges verfolgend, je nach der verſchiedenen Berghöhe eine Breite von 40 — 500 Meter haben und ſowohl den Ur⸗ ſprung als auch den Verlauf der Regenbäche bedecken ſoll. Gras zeigt, daß dieſes Syſtem nicht allgemein an⸗ wendbar iſt, und daß ſich dieſe Unbrauchbarkeit beſonders auf ſolche Regenbäche bezieht, welche ein ſteiles Receptions— becken und ein mit Geröll umgebenes, in nackten, bröcklichen, für jede Vegetation unzugänglichen Mergel eingekeiltes Bett haben. Er meint, daß es hier nur ein von der Natur ſelbſt vorgezeichnetes Mittel gäbe, nämlich die künſtliche Auffüllung des Canales ſeiner ganzen Länge nach. Dieſes Mittel ändert ganz und gar die Natur des ganzen Regenbaches. Die Ausführung dieſes Vorſchlags iſt indeſſen wohl ſchwieriger, als das Aufſtellen der Theorie. Das Becken müßte an der Stelle, wo ſich der Receptionscanal bildet, durch einen feſten Damm verſchloſſen ſein. Dieſen Damm errichte man aus ſenkrecht in die Erde gerammten, durch Querhölzer verbundenen, ſtarken Pfählen, welche von einer ſoliden Mauer in ihrer Lage geſchützt und mit ebenfalls einge⸗ rammten Strebepfeilern noch mehr befeſtigt ſind. Man fange mit der Errichtung dieſer Dämme von oben an und mache die unteren den oberen immer parallel und ſetze den letzten an die Stelle, wo die Neigung der Bö- ſchung ſo abnimmt, daß das Waſſer ſchon an und für ſich an dieſer Stelle langſamer fließen würde. Dieſe Querdamme halten das durch die Verwitterung entſtehende Geröll auf und bilden jo nach und nach das künſtlich mit Gerölle aus⸗ gefüllte Bett, welches ſpäterhin den Abſatz des Gerölls ver- hindern ſoll. Unglücklicher Weiſe liegt die Verhütung der durch die Regenbäche verurſachten Verheerungen nur im Intereſſe der Dorfgemeinden. Die Schwierigkeiten und Mühſeligkeiten, mit denen die Ausführung obiger Pläne verbunden iſt, läßt fürch⸗ ten, daß die Geldfrage nicht das einzige dabei zu überwindende Hinderniß ſein dürfte. Aber man muß die Hoffnung nicht aufgeben, und es wäre zu wünſchen, daß die Ausrottung des Regenbaches, welcher bisher das Thal von Graiftsaudan vers wüſtete, dem Hrn. Gras anvertraut würde. Der Erfolg dieſes erſten Verſuches würde vielleicht zur Verbreitung Dies 121 fer Maßregeln in der Dauphiné dienen, einem Lande, das ſchon ſo viel durch die Regenbäche gelitten hat, und welches durch deren Ausrottung ſo vieles ſchöne Land retten könnte. (Comptes rendus, No. 4, 1847.) Miſcellen. 18. Das beim Untergrundtrocknen (thorough- draining) abfließende Waſſer enthält eine große Menge auflösliche, dem Boden entzogene Beſtandtheile. John Wilſon fand darin im Nov. 1844, nachdem die Abzugscanäle mehrere Wo⸗ chen trocken geweſen waren, nach einem Regenguſſe 2,25 Gran in 1 Pfunde Waſſer. Bis zum 29. April 1845 wurde das Land oft gepflügt in der Winterbrache, und es fiel häufiger Regen. Eine am 29. April gemachte Unterſuchung lieferte 0,844 Gran auf das Pfund abfließenden Waſſers. — Das Feld wurde dann zubereitet und mit Guano und Gerſte beſtellt. Ein am 16. Mai nach einem 30. II. 8. 122 Regen angeſtellter Verſuch gab 1,525 Gran auf das Pfund. Dieſe letzte Probe war beſonders reich an organiſcher Subſtanz und an ſolchen Stoffen, die nur aus dem Guano ſtammen konnten, insbe⸗ ie an phosphorfauren Salzen. (Philosophical Magazine, Jan. 847. 19. Statt der Indigofera wird im Norden von China Isatis indigotica oder Tein-ching der Chineſen in großer Menge angebaut. Man pflanzt ſie in Reihen und ſchneidet ſie ab, wenn ſie ½ bis 1 Fuß hoch ſind. Die Blätter werden dann in eine flache Ciſterne geworfen und mit Waſſer bedeckt; nach einer be— ſtimmten Zeit wird die Brühe in eine andere Ciſterne abgelaſſen, mit Kalk verſetzt und häufig aufgerührt, wobei fie allmälig tief indigo⸗ blau wird. Endlich dampft man die Flüſſigkeit ab. — (Ann. & Magaz. of nat. hist., Febr. 1847.) 20. Ein natürlicher Compaß. In den Prärien von Teras findet ſich überall eine kleine Pflanze, welche unausgeſetzt ihre Blätter und Blüthen nach Norden wendet, die meteorologi— ſchen Verhältniſſe mögen übrigens wechſeln wie ſie wollen. Sie dient auf dieſe Weiſe den Wanderern zum ſicheren Führer in dieſen endloſen Flachen (2). (Athenaeum, No. 1008.) Heilkunde. (XXIII.) Über die theils der Lithotritie ſelbſt zu— geſchriebenen, theils vom Operateur abhangenden üblen Folgen jener Operationsmethode. Von Dr. Civiale. Das Zerbrechen und namentlich das Verbiegen der Inſtrumente bewirken faſt immer in der urethra oder in der Harnblaſe Quetſchungen und Zerreißungen, welche jene ſpäte— ren Störungen, die man beobachtet hat, herbeiführen. Allein nicht unter dieſen Umſtänden allein erleiden die Gewebe, auf welche man einwirkt, mechaniſche Verletzungen, ſondern die— ſelbe Wirkung findet auch in anderen und zwar weit zahl— reicheren Fällen Statt, wo dann das Übel ſich oft nicht im Momente der Operation, ſondern erſt ſpäter offenbart, und dann gewöhnlich nicht auf ſeine eigentliche Urſache zurück— geführt wird. Die unvollftändigen Heilungen, welche weniger ſelten ſind, als man es gewöhnlich annimmt, ſind meiſtens die Folge der durch die Operation herbeigeführten Störungen. In einer gewiſſen Anzahl von Fällen treten die durch ein übereiltes, unvorſichtiges Manövriren hervorgebrachten Ver: letzungen im Augenblicke der Operation ſelbſt wenig oder gar nicht hervor, und wenn man nicht Augenzeuge geweſen iſt, ſo kann man jene nur aus den Schmerzen, über welche der Kranke klagt, aus dem Abfließen einer gewiſſen Quan⸗ tität Blut, welches ſtets mit Urin vermiſcht iſt, ſchließen — allein niemand wird leugnen, wie unzuverläſſig dieſe Sym⸗ ptome ſind. Fälle dieſer Art ſind ſehr häufig, und die üblen Zufälle ſind hier immer mehr ſecundäre als primäre, wenig— ſtens zeigen ſie ſich nicht von Anfang an, und können daher leicht zu irrthümlichen Erklärungen Veranlaſſungen geben. In anderen Fällen treten die geſchehenen Verletzungen ſogleich augenſcheinlicher hervor, und zeigen ſich alsdann faſt im⸗ mer — und zwar namentlich am Blaſenhalſe — während der Operation ſelbſt. Sie ſind hier bald die Folge der an— geſtellten Verſuche, das Inſtrument einzubringen und wieder hervorzuziehen, bald verſchiedener anderer weiterhin näher anzugebender Umſtände. Mehrere Urſachen können dazu bei— tragen, jene Störungen zu bewirken. Seit langer Zeit ſchon hatte die Einführung der geraden Katheter aufgehört ein Problem zu ſein, und dennoch ſtießen ſelbſt geſchickte Chirurgen bei der Einbringung der geraden Inſtrumente auf große Schwierigkeiten. Quetſchungen, Zerrungen und Zer— reißungen traten ein, weil man Gewalt anwandte, und die Harnröhre nicht gerade zu richten verſtand. Jene Zufälle ſind zwar heutzutage, wo man ſich der gebogenen Inſtru— mente wieder bedient, ſeltener, ſie kommen aber dennoch noch vor, namentlich wenn allzu-kühne Wundärzte die Lithotritie anwenden wollen, ohne fie zu kennen, und nicht Sorge da= für tragen, die gekrümmte Partie des Inſtrumentes in der Richtung der tieferen Region der urethra zu placiren und firirt zu erhalten. Daher die Verletzungen an der unteren oder oberen Partie der inneren Mündung des Canales. Bis zur Erfindung der Lithotritie hatte man nur ſehr unbeſtimmte Begriffe über die Gapacität der urethra, über die Elaſtieität und Ausdehnungsfähigkeit derſelben, ſowie über die nachtheiligen Folgen einer zu weit getriebenen Aus— dehnung ihrer Wandungen. Die Folge davon war, daß man bei den Verſuchen, die neue Methode in Anwendung zu bringen, ſich nicht immer innerhalb der geeigneten Gren— zen hielt. So bewirkten z. B. diejenigen, welche ſich zu voluminöſer Inſtrumente bedienten, eine Schwächung der urethra und des Blaſenhalſes und veranlaßten üble Zufälle. — Ich habe bereits anderweitig erwieſen, daß man den eigentlichen Mechanismus der dreiarmigen Pincette nich recht verſtand, und deßhalb Fehler an dieſem Inſtrumente finden wollte. Dasſelbe gilt auch von dem perforateur oder litho- 123 triteur. An den Seiten des Kopfes desſelben befinden ſich drei Einſchnitte, welche dazu dienen, die Arme der Zange in ſich aufzunehmen, wenn das Inſtrument geſchloſſen wird. Ich habe das Mittel angegeben, um zu erkennen, ob jene Einſchnitte paffend angebracht, und ob der Perforator und die Zangenarme das nöthige Verhältniß zu einander haben. Es ſcheint, daß man meine Bemerkungen wenig berückſichtigt hat, und man iſt nicht wenig überraſcht geweſen, das In— ſtrument nicht aus der Blaſe zurückziehen zu können. Ver— ſehen der Art, welche fi) Dupuytren und mehrere andere Operateure zu Schulden kommen ließen, führten üble Folgen herbei, welche der Methode zur Laſt gelegt wurden, während ſie allein auf Rechnung der Wundärzte kommen, welche die Lithotritie ausübten, ohne dieſelbe genau zu kennen. In einer noch größeren Anzahl von Fällen wurden Ver— letzungen am Blaſenhalſe bewirkt, weil man das Inſtrument von den Steinfragmenten nicht frei zu machen wußte, oder Fragmente herausziehen wollte, welche die urethra nicht paſſi— ren konnten. Einestheils iſt jedoch das Inſtrument ſehr leicht von dem Gebröckel zu reinigen, und andererſeits zeigen die an dem trilabium und dem lithotriteur angebrachten Scalen ſehr genau das Volumen der Fragmente an. Die üblen Folgen obiger Irrthümer kommen daher gleichfalls nicht auf Rechnung der Methode, ſondern der Operateure. Seitdem man ſich der gekrümmten Inſtrumente bedient, kommen Zu— fälle der Art noch häufiger, als früher, vor, indem dieſe In— ſtrumente, namentlich diejenigen mit tiefer Rinne, ſich leicht mit dem Steingerüll anfüllen und ſchwerer ſich von dem— ſelben befreien laſſen. Nicht ſelten hat man daher Mühe, ſie herauszuziehen, und wenn man, was leider nur zu häufig geſchieht, Gewalt anwendet, ſo ſind Verletzungen, welche ſelbſt tödtlich werden können, die gewöhnliche Folge. Auch die Einführung der gekrümmten Inſtrumente oder ein zu gewalt— ſames Verfahren während der Operation ſelbſt veranlaßten zuweilen Verletzungen, welche die Beendigung der Operation unmöglich machten. Alle dieſe Zufälle ſind allein das Re— ſultat eines übereilten oder gewaltſamen Verfahrens. Die gekrümmten Inſtrumente ſind dergeſtalt conſtruirt, daß man ſehr genau das Volum der in der Rinne oder zwiſchen den Armen befindlichen Maſſe erkennen kann. Man braucht nur die Scalen anzuſehen, bevor man das Inſtrument aus der Blaſe herauszieht, und wenn dasſelbe mit dem von ihm umſchloſſenen Körper zuſammen ein Volum von über 4“ hat, ſo muß man den letzteren entweder zermalmen, oder das Inſtrument auf die von mir angegebene und ſtets völlig ge— nügende Weiſe frei machen. Iſt der erfaßte Körper ſchlecht zwiſchen den Armen placirt, ſo wird man dieſes ſogleich merken, ſobald das Inſtrument von hinten nach vorne über den Blaſenhals hinweggeht. Man weiß nämlich, daß bei Erwachſenen und Greiſen der Blaſenhals eine der engſten und am wenigſten ausdehnſamen Partien der urethra aus- macht, ſo daß alſo, wenn der fremde Körper über die Zangen— arme hinausragt, derſelbe Schmerzen bewirken und das Her— ausziehen des Inſtrumentes behindern würde. Auf dieſe Weiſe kennt man alſo die Umſtände, welche üble Zufälle bewirken können, und da man in dem Augenblicke, wo die— 30. II. 8. 124 ſelben drohen, davon in Kenntniß geſetzt wird, ſo hat man es in feiner Macht, ihnen zuvorzukommen. Es giebt noch andere Umſtände, welche Verletzungen und Zerreißungen in der Harnröhre und am Blaſenhalſe herbei: führen können. Dieſelben finden ſich zwar ſehr ſelten, ver- dienen jedoch hier näher berückſichtigt zu werden. Was mich ſelbſt anbetrifft, ſo operire ich ſtets, ohne viele Weitläufig⸗ keiten zu machen, auf einem gewöhnlichen Bette, und ohne weitere Fixrirungsmittel anzuwenden. Meine Collegen haben mir jedoch nicht nachgeahmt, fie machen von beſonderen Ope- rationstiſchen Gebrauch, auf welchen die Kranken feſtgebun⸗ den werden und ziehen Stützmittel in Anwendung, um das Inſtrument während der Operation zu firiren. Diele be— ſonderen Operationstiſche ſind unnütz, und die Stützen können ſogar ſehr gefährlich werden. In Betreff der Application der Lithotritie hat man viel von Zerrungen, Zerreißungen und Perforationen der Harn— blaſe geſprochen, und dieſe Zufälle der Liſte derer anzureihen geſucht, welche man der neuen Methode zur Laſt legte. Zu⸗ nächſt muß ich hier bemerken, daß man in den Fällen, welche in ihren Einzelheiten mitgetheilt worden ſind, bald Inſtru— mente anwandte, welche mehr dazu geeignet waren, die Blaſe zu klemmen, als den Stein zu firiren, bald Verfahrungs— weiſen befolgte, welche nothwendig ein ſolches Reſultat her— beiführen mußten. Man erinnere ſich daran, daß die Arme meines trilabium ſehr lange Haken haben, welche bei geſchloſſenem Inſtrumente über einander liegen, ohne ſich zu berühren, ſo daß fie ſelbſt bei Vernachläſſigung jeder Vor⸗ ſicht die Blaſe unmöglich einklemmen können. Statt dieſes Inſtrumentes aber wollte man anfänglich Pincetten anwen— den, deren gleichlange Arme ſehr kurze Haken haben, welche ſich an einander legen und ſehr leicht Zerrungen der Blaſe hervorbringen. Auf gleiche Weiſe ſetzte man an die Stelle des rationellen Verfahrens, welches vorſchreibt, vor Ausführung der Lithotritie, eine Injection in die Blaſe zu machen, um die Wandungen derſelben auszudehnen, die Sand» habung des Inſtrumentes zu erleichtern, und die Schmerzen der Operation zu vermindern, — befolgte man, ſage ich, ein anderes Verfahren, welches darin beſtand, die injicirte Flüſſig— keit abfließen zu laſſen, damit bei der Contraction der Blaſe der Stein in das am Halſe geöffnete Inſtrument hineinge— rathe. Nun aber ſetzte dieſes Verfahren, ohne von ſeinen ſonſtigen Nachtheilen zu reden, der Gefahr aus, beim Schlie— ßen des Inſtrumentes die Schleimhaut zu kneipen und ein⸗ zuzwängen, was noch um ſo leichter geſchah, als die Ver— theidiger dieſes Verfahrens mangelhaft conſtruirte Inſtrumente anwandten. Ein anderer Fehler, welchen ich bereits ange— deutet habe, verdient hier Erwähnung, indem er das Ein— kneipen der Blaſenwandung bewirkt zu haben ſcheint. So⸗ bald nämlich das trilabium in der Blaſe angelangt iſt, ſtößt man die Zange vor und ſchiebt die Scheide zurück, um die Arme aus einander treten zu laſſen. Die Mehrzahl der chirurgiſchen Lehrbücher geben dagegen die Vorſchrift, die Scheide kräftig zurückzuziehen, ohne daran zu denken, daß ſie auf dieſe Weiſe aus der Blaſe heraustritt. Wenn man nun dieſelbe wieder in das Organ einführt, um die Arme 125 einander zu nähern, jo zwängte man zuweilen die Schleim: haut bald zwiſchen der Scheide und der Zange, bald zwiſchen den Armen der letzteren beim Aneinandertreten derſelben ein. Hier war alſo nicht die Methode, ſondern das resp. Verfahren fehlerhaft. Das Einkneipen der Blaſenwandung iſt demnach nicht ein Zufall, welcher der Lithotritie als ſolcher angehört, indem ſowohl die Inſtrumente, als die Verfahrungarten, wie ſie von mir angegebenen ſind, denſelben zu vermeiden ge— ſtatten. Dasſelbe findet auf die Zerreißung der Blaſenſchleim— haut ſeine Anwendung, nur iſt der Fehler hier ein größerer und gefahrvollerer von Seiten des Operateurs. Was die Perforation der Blaſe anbetrifft, von welcher Breſchet, Tanchou, Bancal u. A. Beiſpiele mitgetheilt haben, ſo kann man gewiſſermaßen überraſcht darüber ſein, daß dieſer Zufall der Lithotritie zugeſchrieben worden iſt. Man weiß, daß die Steinſchneider mehr als ein Mal die Blaſe mit ihren Inſtrumenten durchbohrt haben, und niemand hat das der Cyſtotomie zum Vorwurf gemacht, was den Cyſtotomen zur Laſt fiel. Warum ſollte man der Lithotritie nicht dieſelbe Gerechtigkeit widerfahren laſſen? Gewähren die gebogenen Inſtrumente, welcher man ſich heutzutage gewöhnlich bedient, mehr Sicherheit, als die ge— raden? Trotz aller Verſicherungen, welche man uns gegeben hat, ſcheint die Thatſache noch nicht gehörig begründet zu ſein. Zunächſt ſetzen der pereuteur und das demſelben ſub— ſtituirte gefenſterte Inſtrument mehr als das trilabium der Gefahr aus, die Blaſe zu kneipen, zufolge der Weiſe, auf welche die beiden Arme ſich in einander ſchieben, und die eingezwängte Partie muß in demſelben Augenblicke gequetſcht und gezerrt werden, denn das Inſtrument wirkt faſt wie ein Kneif. Mit dem gegliederten Inſtrumente läuft man weni— ger Gefahr, die Blaſenwandung einzuzwängen, dennoch ſcheint dieſes zuweilen vorgekommen zu fein. Der Lithoklaſt mit breiten und platten Zähnen iſt von allen krummen Inſtru— menten dasjenige, welches am wenigſten dem Zufalle ausſetzt, die Blaſenwand einzukneipen. Die beiden Arme berühren ſich, indem fie ſich einander nähern, nicht mit ihren Rän— dern, wie bei den früher erwähnten Inſtrumenten, und dieſe Mänder ſelbſt ſind, ſtatt mit Zähnen beſetzt zu ſein, leicht zugerundet und wenig verletzend. Wenn alſo ſelbſt hier eine Partie eingezwängt wird, ſo würde dieſelbe doch wenig zu leiden haben, man müßte denn einen höchſt gewaltſamen Druck anwenden. Nachdem wir nun ſomit die gebogenen Inſtrumente in Betreff ihrer Applicationsfähigkeit gewürdigt haben, wollen wir die Verhaltungsmaßregeln angeben, welche jenen Zufall zu vermeiden und deſſen Folgen vorzubeugen lehren. In einfachen Fällen, wenn der Stein nicht ſehr volu— minös iſt, die Blaſe nichts Ahnormes darbietet und ihre Wandungen durch die Injection geſpannt ſind, kann höchſt ſelten nur ein Einkneipen der letzteren vorkommen; und das: ſelbe ift bei Anwendung des trilabium ſowohl wie des Li⸗ thoklaſten und ſelbſt bei vorſichtiger Anwendung des pereuteur faſt unmöglich. In den Fällen dagegen, wo der Stein mit einem pa: thologiſchen Zuſtande der Blaſe, mit Tumoren, Excreſcenzen, 30. II. 8. 126 Muskelhypertrophie, Falten, Unebenheiten u. ſ. w. an der Innenfläche complieirt iſt, kann man nicht mit derſelben Sorgloſigkeit und Sicherheit, ſelbſt nicht mit den vollkommen⸗ ſten Inſtrumenten, zu Werke gehen. Hier muß man jeden— falls, namentlich beim Aufſuchen der kleinen Bruchſtücke, höchſt vorſichtig manövriren, und hier finden die Vorſichts— maßregeln ihre Anwendung, wie ich ſie für die Fälle von Complication des Steines mit fungus angegeben habe. Wenn man einen großen Stein mit dem gefenſterten Inſtrumente oder dem pereuteur zu erfaſſen ſucht, fo kann das Einknei— pen gleichfalls Statt finden, und man kann daher nicht ohne Beſorgniß dieſe Inſtrumente in wenig geübten Händen er— blicken. Wie dem nun aber auch ſein mag, ſo ſetze ich den Fall, daß der Vorfall eingetreten iſt, und man anſtatt des Steines oder zugleich mit demſelben einen Vorſprung, eine Falte der Blaſenſchleimhaut gefaßt hat. Der Operateur wird, wenn er, wie früher angegeben, verfährt, dieſes ſehr bald bemerken, denn, ſowie er das Inſtrument ſchließt, fühlt er zwiſchen den Armen einen weichen, nachgiebigen Körper. Wenn man jedoch, ſtatt eines wirklichen Steines, eines jener von mir beſchriebenen weichen Agglomerate erfaſſen wollte, ſo würde eine eingeklemmte Muskelfalte für das Gefühl keine große Verſchiedenheit darbieten. In ſolchem Falle braucht man nur einen allmälig zunehmenden Druck auf den gefaß— ten Körper auszuüben, und zu gleicher Zeit den Kranken über ſeine Empfindungen zu befragen, um bald jedes Zwei— fels enthoben zu ſein. Überdies würden in ſolchen Fällen die ſeitlichen Bewegungen ſowohl wie des Kommens und Gehens am Inſtrumente leicht und ausgedehnt ausführbar ſein, während ſie bei Einklemmung einer Muskelfalte nur ſehr beſchränkt ſein würden. (Bullet. gener. de Therapeut., Juill. 1846.) (XXIV.) über die indiſche Heilmethode der sy- philis durch Räucherung. Von Dr. G. Cumming. Ein junges indiſches Mädchen kam wegen eines großen phagedäniſchen Geſchwüres an beiden labia pudendi und einem kleinen mit einem Grinde bedeckten Geſchwüre an der Ober— lippe in die Behandlung des Verf., nachdem ſie faſt ſechs Monate hindurch von den Eingeborenen erfolglos behandelt worden war. Cataplasmen örtlich, und innerlich Mercur und Sarſaparilla leiſteten nichts, und ſo entſchloß ſich Verf. nach Verlauf von zwei Monaten folgende inländiſche Fumigations⸗ methode in Anwendung zu ziehen. Die zur Räucherung be— ſtimmte Subſtanz wird auf folgende Weiſe bereitet: R. Plumb. oxyd. rubr. 3 rupees (3j 3j), Mydrarg. eben fo viel, Lith- argyr. pulver. 1 tolas (Zjvd). Das Queckſilber wird in einem Mörſer mit dem Bleioxyd bis zur Erſtinction der Kügelchen verrieben, dann die Bleiglätte hinzugeſetzt und gleichfalls unter Zuſatz von etwas Waſſer zu einer feuchten Paſte verrieben. Dieſe wird dann in vierzehn gleiche Theile getheilt und ein bis zwei Tage lang getrocknet. Wenn man 127 nun die Fumigation anſtellen will, fo bringt man in ein Feuer-Chattee (ein irdenes Gefäß mit weiter Offnung) Kuh— miſt, erhitzt denſelben ſtark und legt dann ein Stück von obiger Paſte darauf. Man ſtellt nun das Feuer-Chattee unter einen Rohrſtuhl, auf welchen ſich der Kranke, völlig entklei— det und nur von einem großen Tuche, welches auch den ganzen Stuhl umhüllt, bis über die Augen bedeckt, ſetzt. Binnen kurzem tritt ein ſehr ſtarker Schweiß ein, und der Kranke bleibt eine halbe Stunde auf dem Stuhle ſitzen, worauf die Operation beendigt iſt; dieſelbe wird jeden Mor— gen erneuert, bis alle vierzehn Theile der Paſte verbraucht ſind, worauf die Heilung meiſt vollſtändig erfolgt iſt. Ptya— lismus tritt nur in einigen Fällen ein, aber gegen den zehn— ten Tag findet gewöhnlich eine Empfindlichkeit des Zahn— fleiſches und ein Wundſein im Schlunde Statt. — In dem oben angeführten Falle war am achten Tage der Fu— migation das Geſchwür am labium, und am vierzehnten auch das an der Lippe geheilt, und fünf Tage darauf wurde die Kranke entlaſſen. (Monthly Journal, May 1846.) Miſcellen. (19) Über die wohlthätigen Wirkungen des von Hrn. Bellencontre angegebenen Linimentum febri- fugum. — Die gute Wirkung des von Dr. Bellencontre angegebenen Liniments gegen Wechſelſieber hat ſich in folgenden Fällen bewährt. — 1) Demoiſ. B., 20 Jahre alt, litt im Sommer des verfloſſenen Jahres an einer febris intermittens tertiana, welche durch Chinin beſeitigt wurde, aber eine große Schwäche zurück— ließ. Am 22. März a. . ſtellte ſich ein neuer, und 14 Tage ſpä⸗ ter ein dritter Anfall ein, welche beide gleichfalls durch Chinin glücklich beſeitigt wurden. Nach längerem Wohlbefinden trat von Neuem ein Parorysmus ein, und Verf. wandte nun, nachdem ders ſelbe ſich drei Mal wiederholt hatte, nach der Vorſchrift des Dr. B., Einreibungen längs der Wirbelſäule mit einem Liniment aus Ol. essent. Terebinth. 125 grammes, Laudanum de Rousseau 4 gr. an. Nach zweimaligen Abends und Morgens angeſtellten Frictio— nen blieb der Anfall aus und iſt jetzt binnen 6 Wochen nicht wie— der eingetreten. — 2) Mad. Bruneau, 40 Jahre alt, wurde im Juni 1844 von einer tertiana befallen, welche wegen vorherrſchen— 30. II. 8. 128 der biliös⸗gaſtriſcher Symptome, die Anwendung des Chinins nicht geſtattete. Es wurden Einreibungen mit obigem Linimente an⸗ geſtellt, und nach zweimaliger Application blieb das Fieber aus, ohne ſpäter wieder einzutreten. — Außer dieſen beiden Fällen wurde noch in 2 anderen eine quotidiana bei einem 13jährigen Mädchen und eine tertiana bei einem jungen Manne von 19 Jah⸗ ren durch das erwähnte Liniment dauernd beſeitigt. (Bullet. gener. de thérap., Juill. 1846.) (20) Fall von erfolgreicher Anwendung des Lini- mentum oleo-calcareum und der Kammwolle bei hef⸗ tiger Sinapismenentzündung. Von Dr. Bayan. — Mad. F., 65 Jahre alt, erlitt am 1. Januar a. c. einen Anfall von Apoplexie, bei welchem unter anderen Mitteln auch 2 große Eenf- teige an die Waden applicirt wurden, welche durch einen Irrthum der Krankenwärterin gegen drei Viertelſtunden liegen blieben, ohne jedoch ſelbſt nach dieſer Zeit eine ſtarke Röthung oder Schmerz zu bewirken ?). Zwei Tage nachher jedoch klagte die Kranke über leb⸗ hafte Schmerzen an den Unterſchenkeln, und es bildeten ſich an denſelben eine Menge mit dickem, röthlichem Serum angefüllter Phlyktänen. Erweichende Umſchläge, dieſelben mit Bleiwaffer, Malven, Fliederblumen, Linimente aus Olivenöl, Süßmandelsl, Eiweiß, Cerate von Plumbum aceticum, Opium, Belladonna u. ſ. w. ſchafften durchaus keine Linderung, und am fünften Tage waren die Schmerzen noch von derſelben Intenſität, wie früher. Verf. verordnete nun ein Liniment aus 3 Theilen Kalkwaſſer und 1 Theil Süßmandelöl, welches vermittels eines Federbartes auf die kranken Partien aufgetragen wurde, worauf man dann dieſelben mit ge⸗ ſchorener Wolle bedeckte. Die Kranke fühlte ſich unmittelbar nach dieſer Application bedeutend erleichtert, und genoß zum erſten Male ſeit 5 Tagen eines ruhigen Schlafes. Nach 2 Tagen wurde der Verband erneuert und unter der wiederholten Anwendung desſelben, ſowie erweichender Kataplasmen war am 20. die kranke Partie voll ftändig vernarbt. (Bullet. gener. de therap., Aoüt 1846.) (21) Einen neuen Steinbrecher, welcher, ohne dicker zu ſein, als die früheren, weit kräftiger wirkt, hat Hr. Leroy d' Etiolles erfunden und am 22. Febr. d. J. der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften zur Prüfung vorgelegt. Zur Vergleichung mit den früheren Inſtrumenten dieſer Art zeigte er das alte Heurteloup' ſche und das jetzt allgemein übliche verbeſſerte Charrière' ſche vor. Wir machen auf dieſe neue Er⸗ findung aufmerkſam, ohne vor der Hand eine genauere Beſchreibung derſelben mittheilen zu können. *) Alſo war gelbes Senfmehl genommen worden, wovor nicht genug gewarnt werden kann. R. F. Bibliographiſche Neuigkeiten. Smee, A. — The Potato Plant, its Uses and Properties: to- gether with the Cause of the Present Malady; the extension of that Disease to other Plants; the Question of Famine ari- sing therefrom; and the best Means of averting that Calamity. By A. Smee, F.R. S. 8°. (pp. 190, 10 plates,) London 1847. Burmeiſter, H., Beiträge zur näheren Kenntniß der Gattung Tarsius. gr. 4%. Geb. Berlin 1847. Böck, J. B., naturgetreue Abbildungen der in Deutſchland ein⸗ heimiſchen wilden Holzarten. 10. und 11. Lief. gr. 4%. Geh. Augsburg 1847. Büffon's ſämmtliche Werke ſammt den Ergänzungen von Cu- vier. Einzige Ausgabe in deutſcher Überſetzung von H. J. Schaltenbrand. 5. Bd. 1. Abth. Vierfüßige Thiere. 1. Bd. 1. Hälfte. 2. unveränderte Aufl. gr. 8%. Geh. Elberfeld 1847. Frank, J., nn für phyſiologiſche und kliniſche Arzneimittel lehre und Toxikologie. 1. Bd. 4. Heft (Schluß des 1. Bds.) gr. 8e. Geh. Leipzig 1847. Green, H. — A Treatise on Diseases of the Air-Passages; comprising an Inquiry into the History, Pathology, Causes, and Treatment of those Affections of the Throat called Bron- chitis, Chronic Laryngitis, Clergyman’s Sore Throat etc. By Horace Green. London 1847. Hygiene oculaire. De l’utilit€ et du danger de l’usage des lu- nettes, et des circonstances dans lesquelles il faut s’en servir; par N. Weylandt d’Hettanges. In 8°. de 2 feuilles. Avignon 1847. Etudes sur l’Algerie et l’Afrique; par Bodichon, docteur-medecin a Alger. In 8°. de 16 feuilles /. Paris 1847. Wöhler, F. und E. v. Siebold, das forenſiſch⸗chemiſche Ver⸗ fahren bei einer Arſenikvergiftung. gr. 8°. Geh. Berlin 1847. Günther, über den Einfluß des Turnens auf die einzelnen Le⸗ benserſcheinungen des Menſchen. Eine Rede. gr. 8°. Geh. Dresden 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zei ſchrlft, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 31 . (Nr. 9. des II. Bandes.) April 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Stückes 3%, Sgr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., ves einzelnen mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XIV. über die Entſtehung der Feuerſteine in der oberen Kreide. Toulmin Smith, Eſg. (Im Auszuge.) Unter den Theorien, welche die Formen und Modifica— tionen zu erklären ſuchen, unter denen der Feuerſtein ange— troffen wird, iſt die des Hrn. Buckland, daß, wenn Kieſel— erde und Kreide zuſammen in Form einer dicklichen Flüſſigkeit abgeſetzt wurden, dieſelben ſich nach den Geſetzen der chemi— ſchen Verwandtſchaft von einander geſchieden haben, zu vag, als daß man ſich in ſpeciellen Fällen leicht von deren Werthe überzeugen könnte, obwohl dies manch Mal möglich iſt. Nur Hrn. Bowerbanks Theorie ſtellt eine deutliche und be— ſtimmte Erklärung aller Formen auf, unter denen man den Feuerſtein findet, und beſteht bekanntlich darin, daß ſowohl die gewöhnlichen Knollen, als die horizontalen Platten und ſenkrechten oder ſchrägen Adern des Feuerſteines ſämmtlich aus Seeſchwämmen entſtanden ſeien, die ſich an denſelben Stellen befunden, und von deren urſprünglicher Structur ſich nur ſehr wenig erkennen laſſe. Der Verf. hat, wie er ſagt, nicht die Abſicht, Hrn. Bowerbanks Theorie durchaus zu widerlegen, ſondern will bloß nachweiſen, daß fie nicht für ſämmtliche Fälle aus— reiche; allein er zeigt ihre Unhaltbarkeit in fo vielen Ver: hältniſſen, daß ſie gleichſam auf nichts reducirt wird. Wel— chen Einfluß übrigens vorgefaßte Meinungen auf die Beob— achtungen der Mikroſkopiſten ausüben, ergiebt ſich z. B. aus dem Umſtande, daß Hr. Bowerbank an der Oberfläche aller Feuerſteine eine Menge Spongiennadeln und Spuren der Mündungen der Spongiencanäle beobachtet hat, während Prof. Ehrenberg behauptet, die Rinde der Feuerſteine be— ſtehe faſt durchgehends aus Panzern von Infuſorien. No. 1211. — 911. — 31. Von J. Der Verf. giebt zu, daß man im Feuerſteine nicht ſelten Spongiennadeln finde, allein er leugnet, daß man deren im— mer wahrnehme. In manchen Proben von derſelben Stelle trifft man z. B. deren ſehr viele, in anderen ſehr wenige, in noch anderen gar keine. Dennoch können dieſe Nadeln durch die Agentien, welche auf fie eingewirkt haben, in kei— nem Falle zerſtört worden ſein. Übrigens findet man deren auch in der Kreide ſelbſt. Nach der Bowerbank' ſchen Theorie wird ferner an— genommen, daß der Feuerſtein eine fremdartige Subſtanz ſei, welche die Stelle der Spongien angenommen habe. Wenn nun der Feuerſtein ohne Ausnahme von Meerſchwämmen her— rührte, ſo müßte deſſen Maſſe zu der Subſtanz der Spon— gien eine ſpecifiſche chemiſche Wahlverwandtſchaft beſitzen. Dies iſt aber nicht der Fall. Der Verf. beſitzt deutlich cha— rakteriſirte Spongien, die er aus der Kreide erlangt hat, bei denen ſich nur ein Theil in Kieſelerde verwandelt hat, der Reſt aber mit Kreide umhüllt iſt, während ſich die Kieſel— ſubſtanz weit über die Grenzen der Spongien hinaus in der Kreide ausbreitet. Übrigens wird Kieſelerde z. B. von den Blättern und Stengeln der Plumbago, ſowie an den Gelenken des Bambusrohres ausgeſchieden, und am Geyſer auf Island, ſowie an mehreren heißen Quellen der Azoren zeigen ſich viele Pflanzen mit Kieſelerde ineruftirt, fo daß alſo die Ab— lagerung dieſes Stoffes, auch wo Spongien durchaus fehlen, häufig vorkommt. Ferner trifft man ſelten, vielleicht nie, das netzartige Gewebe, welches man für das der Spongien hält, durch die ganze Maſſe eines Feuerſteines verbreitet. Oft findet man davon nur geringe oder gar keine Spuren. Wie wäre es aber, wenn der Feuerſtein lediglich den Spongien feine Ent⸗ ſtehung verdankte, zugegangen, daß dies netzartige Gewebe größtentheils verſchwunden wäre, während ſich im Feuerſteine 9 131 31. die zarteften Structuren anderer Naturproducte erhielten, die nach der Bowerbank'ſchen Theorie ſchon leblos waren, als ſich die Spongie über denſelben entwickelte? Demnächſt zeigen die im Feuerſteine vorgefundenen Spon— gienfragmente deutlich geriſſene, nicht abgerundete Ränder, welches letztere der Fall fein müßte, wenn fie Uberbleibſel von großen Meerſchwämmen wären, die ſich in Feuerſtein verwandelt hätten. Der Verf. hält dieſe Fragmente daher für ſolche, welche loſe im Meerſchlamme gelegen haben und mit anderen organiſchen Überreſten in den Feuerſtein einge— lagert worden ſeien. Ganz ähnliche Spongienfragmente fin— den ſich auch in der Kreide ſelbſt. Auch trifft man neben den Feuerſteinknollen vollſtändig erhaltene Spongien an, deren Structur ſich auf dem Bruche deutlich darſtellt, während man in den Feuerſteinknollen und Platten noch nie einen Meerſchwamm aufgefunden hat, an dem ſich noch die Wurzel befunden hätte. Der Verf. weiſ't zunächſt darauf hin, daß man in den jetzt lebenden Spongien nie eine ſolche Anhäufung von Mu— ſcheln und anderen voluminöſen Naturproducten findet, wie in dem Kreidefeuerſteine. An einem aufs Gerathewohl her— ausgegriffenen Handſtücke des letzteren bemerkt man von außen zwei Exemplare von Plagiostoma, eines von Terebratula, eines von Peeten, zwölf von Ostrea und mehrere von Serpula, außerdem unzählige kleinere Muſcheln und mehrere Fragmente eines viereckigen Ventriculiten. Dies Handſtück iſt etwa 8 Zoll lang, 4 Zoll dick, nirgends zerbrochen und von höchſt phan— taſtiſcher Geſtalt. An einem anderen Handſtücke bemerkt man zwei ſchöne Eremplare von Dianchora und wenigſtens acht von Ostrea, außerdem viele kleine Muſcheln. Dieſe liegen an der Oberfläche, nur ein wenig in die Feuerſteinmaſſe ein— geſenkt und durchaus nicht von derſelben bedeckt. In einer ſolchen Lage konnten ſie aber unmöglich mit den Spongien verbunden ſein. Sie würden bei der geringſten Bewegung des Waſſers herabgefallen ſein. Sie finden ſich eben ſo wohl an der unteren, als an der oberen Seite der Feuerſteinmaſſen und in weit größerer Anzahl an den Knollen, als an den Platten; ferner auch an der unteren Seite des oberen ge— ſchweiften Theiles der becherförmigen Feuerſteinmaſſen, welche Ventriculiten enthalten, ſo daß dieſe Muſcheln weder von oben herabgefallen, noch von den Spongien, im Verlaufe des Wachsthumes derſelben, umhüllt worden ſein konnten. Auf die im Feuerſteine enthaltenen Echiniten paßt, dem Verf. zufolge, die Schwammtheorie durchaus nicht. Man findet die Echiniten in der That oft mitten in der Feuer— ſteinmaſſe. Häufig ſitzen an ihnen noch die Dornen, daher die weichen Theile, als die Thiere ineruſtirten, noch nicht zerſetzt waren. Die Feuerſteinmaſſen, an denen ſie ſtitzen, berühren ſie häufig nicht an einer der großen Mündungen der Schale, ſondern an irgend einer Stelle der Wandungen der letzteren, und dennoch iſt die ganze Schale mit Feuer— ſteinmaſſe ausgefüllt, und beide Mündungen ſind geſchloſſen. Hr. Bowerbank behauptet, im Fall nicht die ganze Höh— lung des Echiniten mit Feuerſteinmaſſe gefüllt ſei, entſprächen die Lücken ſtets einer oder beiden Hauptmündungen. Dem Verf. liegen jedoch Exemplare vor, bei denen das Gegentheil II. 9. 132 der Fall iſt, wo die Mündungen mit Feuerſteinmaſſe ge⸗ ſchloſſen ſind und die Höhle leer iſt. Häufig findet man genau in der Mitte einer rundlichen Feuerſteinmaſſe Zoophyten, die zuweilen nur mit einer Kieſel— ſchicht ineruftirt find, übrigens ihre Geſtalt genau beibehalten haben, zuweilen auch mehr oder weniger oder gänzlich von der Kieſelmaſſe durchdrungen find. Im erſteren Falle ift die Kieſelmaſſe wahrſcheinlich früher erhärtet, als ſie Zeit hatte, den organiſchen Körper zu durchdringen; die weichen thieri⸗ ſchen Theile ſind verſchwunden; an deren Stelle findet ſich eine Lücke, und nur die harten haben ſich unter der ſchützen⸗ den Hülle erhalten. Wären Schwämme über denſelben ge⸗ wachſen, wie Hr. Bowerbank meint, ſo müßten dieſe harten Theile offenbar von der Feuerſteinmaſſe dicht um⸗ ſchloſſen ſein. In manchen Fällen iſt es aber rein unmög⸗ lich, die Schwammtheorie gelten zu laſſen. Bei dem von Hrn. Charlesworth entdeckten Eremplare von Mososau- rus (Leiodon, Owen) ſind die Höhlen in der Zahnſub— ſtanz theilweiſe mit Feuerſteinmaſſe gefüllt. Der Verf. beſitzt einen Feuerſtein, auf deſſen Bruche ſich ein Kiefer mit wenig⸗ ſtens 16 winzigen Zähnen darſtellt. Der Kiefer ſelbſt iſt nicht in Feuerſtein verwandelt; allein die Höhlen in der Zahn— ſubſtanz, welche durch den Bruch aufgedeckt worden, ſind ſämmtlich mit Feuerſteinmaſſe ausgefüllt. Die Zähne ſelbſt find nicht über / Zoll lang, und in ihren winzigen Canä- len kann doch wirklich kein Meerſchwamm gewachſen ſein; wohl aber konnte die aufgelöſ'te Kieſelerde in dieſelben ein— dringen, welche, wie ſich aus zahlreichen Erſcheinungen er⸗ giebt, eine nähere Verwandtſchaft zu weichen thieriſchen Sub— ſtanzen, als zu Knochen oder Muſcheln, beſitzt. So findet man z. B. Fiſche und Kruſtenthiere, bei denen nur die in— neren Theile in Feuerſteinmaſſe verwandelt ſind, während die Schuppen und Panzer es nicht ſind. Der Verf. wendet ſich alsdann zu den unzähligen Fällen, in denen organifche Überreſte, wie von Ventriculiten und Choa= niten ꝛc. in Feuerſteinmaſſen eingelagert ſind, und welche die freien, zierlichen Geſtalten noch in derſelben Vollkommenheit darbieten, als ob ſie ſich in ihrem natürlichen Elemente be= fänden, woraus ſich ergiebt, daß ſie, während ſie der höchſten Lebensthätigkeit theilhaftig waren, plötzlich von der Feuer— ſteinmaſſe eingehüllt worden ſind. Man findet dieſelben im Feuerſteine, wie in der Kreide, durchaus in gleichen Zuftänz den, bald völlig entfaltet, bald zuſammengezogen und durch⸗ aus unverſehrt, mit Wurzeln ꝛc., jo daß fie offenbar nicht vorher todt und in einem Meerſchwamme haben eingeſchloſſen ſein können. Übrigens iſt ihre innerſte Structur von der Feuerſteinmaſſe durchdrungen. Wenn ferner ein Ventriculit äußerlich nur theilweiſe umhüllt iſt, ſo findet man, daß in— nerlich die Maſſe genau eben jo weit in denſelben eingedrun— gen iſt. Alle dieſe Erſcheinungen ſind nach der Schwamm⸗ theorie nicht zu erklären, ſondern man muß annehmen, daß eine mehr oder weniger flüfjtge mineraliſche Subſtanz jene Naturproducte ganz oder theilweiſe umhüllt und durchdrun⸗ gen habe. Der Verf. weiſ't auch nach, daß die Ventriculiten ſelbſt keine Spongien geweſen ſein können, da man an ſchönen 133 Gremplaren die Integumente noch vollſtändig in der Feuer: ſteinmaſſe wahrnehmen kann, die eine von der inneren Stru— ctur ganz abweichende Form haben. Dasſelbe gilt von den Choaniten. Die Schwammtheorie, nach welcher alle gegenwärtig vom Feuerſteine eingenommenen Stellen früher mit Spongienmaſſe gefüllt geweſen ſein ſollten, iſt alſo in dieſer Ausdehnung durchaus unhaltbar, und weiſ't man ihr geringere Grenzen an, ſo verliert ſie ihren Werth; denn darüber beſteht kein Zweifel, daß Spongien, gleich anderen organiſchen Überreſten, häufig mit Feuerſtein umhüllt gefunden worden. Endlich weiſ't der Verf. noch in einem durch Figuren erläuterten Abſchnitte nach, daß die äußere Geſtalt vieler Feuerſteinmaſſen durchaus dafür ſpreche, daß ſie ſich aus einer flüſſigen Subſtanz, deren Oberfläche ſchnell erhärtet ſei, un— ter Einwirkung von Strudeln in dem umgebenden Medium gebildet haben; ferner, daß der Feuerſtein ſchon vollkommen erhärtet und ſpröde geweſen fein müſſe, ehe die Kreide ſelbſt hart geworden ſei. Er erläutert dies an mehreren von ihm ſelbſt an Ort und Stelle erlangten Exemplaren, aus deren Beſchaffenheit ſich ergiebt, daß durch irgend eine mechaniſche Gewalt ein Stück von der Feuerſteinmaſſe abgeſprengt ward, bevor die um dieſelbe her befindliche Kreide erhärtete. In. die Einzelheiten dieſer Demonſtration können wir ihm hier nicht folgen. Die Ablagerung der Feuerſteinmaſſen in verſchiedenen Schichten erklärt der Verf. ſehr natürlich ſo, daß der Meeres— grund zu verſchiedenen Zeiten ein verſchiedenes Niveau gehabt habe. Die Abſtände dieſer Schichten von einander bleiben ſich feineswegs gleich, indem ſich, wie bei anderen Forma— tionen, die Bedingungen, welche die Bildung eines harten Grundes veranlaßten, von Zeit zu Zeit geändert haben. So findet man z. B. im ſüdöſtlichen England in der unteren Kreide gar keine Feuerſteine, während die mittlere Kreide dieſelben unregelmäßig in ihre ganze Maſſe eingeſprengt ent— hält und ſie nur in der oberen Kreide in regelmäßigen Schichten vorkommen, welche Verhältniſſe ebenfalls mit der Schwammtheorie unvereinbar ſind. Es ſprechen alſo außerordentlich viele Umſtände gegen die Theorie des Hrn. Bowerbank und zugleich dafür, daß bei der Entſtehung des Feuerſteines keine abnormen Umſtände obgewaltet haben. Denn, daß ſich mineraliſche Concremente durch Wahlverwandtſchaft und allgemeine Molecülaranziehung um organiſche Kerne gebildet haben, trifft man auch in an— deren Gebirgsarten häufig. Die Kieſelflüſſigkeit ſchlug ſich wahrſcheinlich periodiſch und nur während eines gewiſſen Abſchnittes der Kreideperiode nieder, und ob ſie die Form von Knollen oder die von Platten annahm, das hing von örtlichen Umftänden ab. Wo organiſche Überreſte in Menge neben einander lagen, war die Kieſelfluͤſſigkeit von ihnen in Maſſe angezogen, während jeder einzelne Überreſt wieder einen beſonderen Mittelpunkt der Anziehung bildete, und jo ent: ſtanden die phantaſtiſchen Formen der Knollen, deren Maſſe nicht immer zur Umhüllung aller vorhandenen organiſchen Körper hinreichte. War z. B. eine Schicht winziger orga⸗ niſcher Körper vorhanden, fo fand eine gleichförmige Anz 31. I. 9. 134 ziehung der Kieſelflüſſigkeit Statt, und es entſtand eine Feuer— ſteinplatte. Übrigens beſaß dieſe Flüſſigkeit eine beſondere Verwandtſchaft für die ſowohl animaliſche als vegetabiliſche organiſche Subſtanz, denn ſie drang ebenſowohl in die organiſchen Körper ein, als daß ſie dieſelben umhüllte, und in vielen Fällen ſind dieſelben völlig von ihr durchdrungen und nicht von ihr umhüllt. Die außerordentliche Dünne, ſowie die bedeutende ſpecifiſche Schwere der Kieſelflüſſig— keit und der von oben Statt findende Druck mögen ihr dabei zu Hilfe gekommen ſein, und da ſie ſich beim Erſtarren nur unbedeutend zuſammenzieht, ſo füllte ſie auch nach dem Er— härten die Lücken, in die ſie eingedrungen, ziemlich voll— ſtändig aus. (Annals & Mag. of Nat. Hist., Jan. 1847.) XV. Über die Dauer der Keimkraft der Samen verſchiedener Pflanzenfamilien. Von Hrn. Alph. de Candolle. Bisher hatte man nur im Allgemeinen und auf em— piriſchem Wege Kenntniß von dem Umſtande, daß manche Samen die Keimkraft länger behalten, als andere. Genaue vergleichende Verſuche waren in dieſer Beziehung noch nicht angeſtellt. Der Verf. ließ zum Behufe ſolcher Verſuche Samen von Gewächſen verſchiedener Familien in demſelben Garten und Jahre (1831) ſammeln, in gleicher Weiſe transportiren und aufbewahren und im Jahre 1846 von jeder Species eine gleiche Anzahl Körner in Boden von derſelben Temperatur und Feuchtigkeit ſäen. Die 15 Jahre— über waren dieſe aus dem botaniſchen Garten von Florenz ſtammenden Samen in einer dunkeln, trocknen und vor ſtarken Ertremen der Temperatur geſchützten Kammer auf— bewahrt worden. Von jeder der 368 Species wurden 20 Körner abgezählt und bei der Wahl der letztern ſorgfältig darauf geſehen, daß ſie nicht unvollkommen entwickelt waren. Dann füete man fie den 14. Mai in mit Haideerde gefüllte Töpfe und begoß ſie von Zeit zu Zeit. Die mittlere Tem— peratur des Juni, in welchem Monate die meiſten Species aufgingen, betrug 19» Gentigr., die des Juli 18,50. Nach Ende Juni ging indeß faſt gar kein Same mehr auf. Die 368 Species gehörten 53 Familien an, nämlich Asclepiadeae (1 Species), Amyrideae (1 Spec.), Amaran- thaceae (9 Spec. aus 2 Geſchlechtern), Balsamineae (1 Spec.), Boragineae (4 Spec. aus 4 Geſchl.), Campanulacese (3 Spec. aus 1 Geſchl.), Capparideae (2 Spec. aus 1 Geſchl.), Caryophylleae (16 Spec. aus 4 Geſchl.), Chenopodieae (8 Spec. aus 6 Geſchl.), Cistineae (3 Spec. aus 2 Geſchl.), Compositae (45 Spec. aus 33 Geſchl.), Coniferae (1 Spec.), Convolyulaceae (1 Spec.), Cruciferae (34 Spec. aus 20 Geſchl.), Cucurbitaceae (2 Spec. aus 1 Geſchl.), Dipsaceae (3 Spec. aus 2 Geſchl.), Euphorbiaceae (4 Spec. aus 2 Geſchl.), Frankeniacene (1 Spec.), Gentianaceae (1 Spec.), Geraniaceae (3 Spec. aus 1 Geſchl.), Gramineae (32 Spec. aus 18 Geſchl.), Hydrophyllacese (1 Spec.), Hyperieineae (2 Spec. aus 1 Geſchl.), Iridene (5 Spec. aus 4 Geſchl.), 9 0 135 Labiatae (30 Spec. aus 16 Geſchl.), Leguminosae (45 Spec. aus 21 Geſchl.), Liliaceae (3 Spec. aus 1 Geſchl.), Lineae (1 Spec.), Lythrarieae (3 Spec. aus 2 Geſchl.), Malvaceae (10 Spec. aus 6 Geſchl.), Myrtaceae (1 Spec.), Onagrarieae (4 Spec. aus 2 Geſchl.), Papaveraceae (6 Sp. aus 3 Geſchl.), Paronychieae (3 Sp. aus 3 Geſchl.), Phyto- lacceae (2 Spec. aus 2 Geſchl.), Plantagineae (5 Spec. aus 1 Geſchl.), Plumbagineae (1 Spec.), Polygoneae (5 Spec. aus 2 Geſchl.), Portulacaceae (1 Spec.), Primulaceae (5 Spec. aus 4 Geſchl.), Ranunculaceae (9 Spec. aus 4 Geſchl.), Resedaceae (1 Spec.), Rhamneae (2 Spec. aus 2 Geſchl.), Rosaceae (1 Spec.), Rubiaceae (6 Spec. aus 5 Geſchl.), Sapindaceae (1 Spec.), Serophulariaceae (10 Spec. aus 4 Geſchl.), Solanaceae (7 Spee. aus 4 Geſchl.), Tiliaceae (2 Spec. aus 2 Geſchl.), Umbelliferae (10 Spec. aus 9 Geſchl.), Urticaceae (2 Spee. aus 2 Geſchl.), Va- lerianeae (1 Spec.) und Verbenaceae (3 Spec. aus 6 Ge— ſchlechtern). Unter dieſer dieſen 368 Species keimten nur 17, näm— lich Impatiens Balsamina fl. pl. (Balsamineae); Emex spino- sus (Chenopodieae); Nepeta botryoides (Labiatae); Vicia sordida, Dolichos unguiculatus, D. brasiliensis, Coronilla va- lentina, Trifolium expansum, T. subterraneum, Acacia far- nesiana, A. glandulosa, Medicago denticulata (Leguminosae) ; Malva caroliniana, M. lactea, Lavatera arborea, L. eretica, Kitaibelia vitifolia (Malvaceae). Selbſt bei dieſen Species war die Keimkraft der Samen ſehr geſchwächt, denn bei den meiſten gingen unter 20 Kör— nern nur 2—3 auf. Bei Lavatera cretica keimten 6, bei Dolichos unguiculatus 15. Die ſtärkſte Verhältnißzahl der noch keimfähigen Samen gaben die Malvaceae, bei denen ſich unter 10 Species 5 keimfähig erhalten hatten. Ihnen zunächſt ſtehen die Leguminosae, welche unter 45 Species 9 keimfähige zählten; dagegen befand ſich unter den 30 Species der Labiatae nur eine, unter den reſp. 16, 32, 34 und 45 Species der Caryophylleae, Gramineae, Cruci- ferae und Compositae aber nicht eine einzige, deren Samen noch keimfähig geweſen wären. Die übrigen Familien waren zu ſchwach vertreten, als daß fi) aus den Reſultaten die— ſes Verſuches bündige Folgerungen in Betreff derſelben ab— leiten ließen. Dagegen geftattet die Zuſammenſtellung der jährigen, zweijährigen, ausdauernden und Holßpflanzen eine Verglei— chung. Von 357 war dem Verf. genau bekannt, zu wel— cher dieſer vier Abtheilungen ſie gehörten, die übrigen 11 ließ er bei Seite. Jährige Pflanzen Totalzahl 21 aufgegangen 9, von 100 Spec. 5 Zweijährige = : = N Ve 0 Ausdauernde = z 105 P 113 3 282 Holzpflanzen B 44 z Eee 57 357 16 durchſchnittl. 4,4 Von den 208 monocarpiſchen Pflanzen, die ſich unter obigen 357 Species befanden, keimten 9 oder 4,3 Proc., und von den 149 polycarpiſchen 7 oder 4,7 Proe. Aus obigen Zahlen ergiebt ſich, daß unter den Holz— 31. II. 9. 136 pflanzen vorzüglich viele und unter den zweijährigen vor⸗ züglich wenige die Keimkraft beibehalten hatten. In wiefern das Volumen der Samen das längere Fort⸗ beſtehen der Keimkraft begünſtigt, wurde bei dieſen Verſuchen nur in beſchränkter Weiſe ermittelt, da z. B. ſehr große Samen, wie Cocosnüſſe ꝛc., nicht zur Anwendung kamen und Schminkbohnen, Samen mancher Irisarten, Gonsol- vulaceen ꝛc. die größten von jenen Sämereien waren. Unter denen, die keimten, befanden ſich übrigens keine ganz kleinen Sämereien, was ſich natürlich daraus erklärt, daß die äuße⸗ ren Potenzen ſchneller bis ins Innerſte ſo kleiner Samen zerſtörend einwirken, während ſelbſt friſche Samen son Or⸗ chideen, Orobanchen ꝛc., die ſehr winzig ſind, ſchwer keimen. Bei den Samen der Malvaceen und beſonders der Legu⸗ minoſen, welche ſich in Anſehung der Dauer der Keimkraft am begünſtigtſten zeigten, fehlt das albumen faſt ganz; allein bei den Samen der Gruciferen und Compoſiten iſt dies in noch höherem Grade der Fall. Die Gramineen und Um⸗ belliferen, deren Samen ſehr viel albumen enthalten, zeigten ſich in Betreff der Dauer der Keimkraft nicht gut bedacht. Dies Moment ſcheint alſo in dieſer Beziehung keine ent— ſcheidende Rolle zu ſpielen, und eben ſo wenig ſcheint von der Structur des Samens oder der Frucht etwas abzuhän⸗ gen. So behielten z. B. die von dem pericarpium und dem Kelche bedeckten Samen der Compoſiten, trotz dieſer ſchützenden Hülle, die Keimkraft nicht. 5 Vergleicht man das Reſultat dieſer Verſuche mit den Ergebniſſen der Experimente, welche der Verf. im J. 1832 über die relative Geſchwindigkeit des Keimens der Samen verſchiedener Pflanzenfamilien anſtellte (de Candolle, Physio- log. veget., p. 648); jo findet ſich z. B., daß die Amaran⸗ thaceen, Cruciferen und Caryophylleen, welche ſehr ſchnell keimen, die Keimkraft auch ſehr bald einbüßen, während die Malvaceen ebenfalls ſehr ſchnell keimen und dennoch die Keimkraft lange behalten. Dagegen keimen die Leguminoſen ziemlich langſam und büßen die Keimkraft auch langſam ein, während die Serophulariaceen und Umbelliferen lang⸗ ſam keimen und dennoch ihre Lebensfähigkeit ſchnell verlieren. Im Allgemeinen läßt ſich auch hier erkennen, daß ſehr kleine Samen ſchnell keimen und verderben und mittelgroße Samen langſamer keimen und ſich länger keimfähig halten. Der Verf. beabſichtigt, dieſe Forſchungen fortzuſetzen, da ſeine Verſuche allerdings noch nicht hinreichend aus— gedehnt ſind, um allgemein giltige Folgerungen daraus zu ziehen. Auffallend war nur, daß unter den Olſämereien aus den Familien der Gruciferen, Lineen ꝛc. keine die Keim: kraft 15 Jahre lang beibehalten hatten, da man ihnen doch, nach der Meinung der Gärtner und Landwirthe, in dieſer Beziehung eine beſondere Dauerhaftigkeit zuſchreibt. (Nach den Annales des Sciences naturelles, Dec. 1846.) Wife N 21. Die ſeltſamſten Anſichten vom Tode haben die Wilden im Süden von Auſtralien. Sie nehmen nämlich keinen natürlichen Tod an. Wird einer von ihnen krank, ſo ſchreiben ſie das der Bezauberung eines Feindes zu. Stirbt derſelbe, ſo wird 137 er feierlich beſtattet, ſeine Hütte niedergebrannt und die Stätte ſei— nes Sterbelagers aufgegraben, bis man einen von einem Wurme — 1 Gang in der Erde findet. Dieſer Gang wird als der eg des Feindes angeſehen, der durch ſeinen Zauber den Verſtorbe⸗ nen getoͤdtet. Die Richtung des Ganges zeigt, in welcher Gegend der Feind zu ſuchen ſei, und alsbald bricht der ganze Stamm in dieſer Richtung auf; die erſten Wilden, auf welche fie treffen, wer— den dann beſchlichen, überfallen, gemordet, und als Sieges - und Sühnezeichen das Nierenfett der Getödteten mit zurückgebracht. Auf dieſe Weiſe iſt natürlich ein beſtändiger Vertilgungskrieg zwiſchen den einzelnen Stämmen, und darin mag vor allem die Urſache der fpärlichen Bevölkerung Neuhollands liegen. (Haydon, Australia felix.) 2 Reife Früchte von Theobroma cacao und Ca- rica papaya wurden am 19. Jan. in der Horticultural Society in London vorgelegt; fie waren in den Gärten des Herzogs von Northumberland gewachſen und wohl die erſten, welche in Europa reiften. — In derſelben Sitzung legte Hr. Thorn die Knollen von Apios tuberosa vor und machte darauf aufmerkſam, daß dieſe Pflanze, wenn auch nicht als Erſatz, doch als Beihilfe wäh— rend der herrſchenden Kartoffelnoth dienen könne. (Athenaeum, No. 1009.) 23. Utricularia nelumbifolia Gardn, iſt, wie unſere einheimiſchen Utricularien, eine Waſſerpflanze, aber auffallend durch ihren eigenthümlichen Standort. Sie währt nämlich nur in dem Waſſer, welches ſich in den Scheidentheilen der Blätter großer Til: landſien anſammelt, welche die dürren, felſigen Orgelgebirge in Braſilien, etwa in einer Höhe von 5000 Fuß, ſchmücken. Ihre Ausläufer gehen regelmäßig von einer Tillandſie geradeswegs auf eine andere über. 31. II. 9. 138 24. Das Waſſer einer warmen Quelle des Paramo de Ruiz in Neugranada enthält nach Lewy freie Mineralſäuren, was bis jetzt nur vom Rio vinagre bekannt war. Die Zuſammen⸗ ſetzung dieſer Wäſſer iſt folgende: Die von Lewy unterſuchte Quelle wurde von Degenhardt in einer Höhe von 3800 Meter entdeckt. Sie entſpringt wahrſchein⸗ lich aus Trachyt. Ihre Temperatur iſt 69% C. — Ein von Bouſſingault vorgeſchlagener, von Lewy im Kleinen ausge⸗ führter Verſuch zeigte, daß das Waſſer dieſer Quelle ohne weiteres zur Bereitung von ſchwefelſaurem Chinin verwendet werden konne, was bedeutend erſcheinen wird, wenn man weiß, daß die Quelle mitten in den Chinawäldern entſpringt. Ihre Waſſermenge iſt lei— der noch nicht beſtimmt. — Bouſſingault führte bei der Ge— legenheit an, daß nach ſeinen Beſtimmungen der Rio vinagre in 24 Stunden ungefähr 38,600 Kilogr. Schwefelſäure und 31,600 Ki: logr. Salzſäure liefert. Quelle des Paramo de Rulz, Rio vinagre, nach nach Lewy. Bouſſingault. Schwefelſaure Thonerde 0,166 0,131 Schwefelſaures Eiſenoryd 0,102 — Schwefelſaure Kalkerde 0,034 6,031 Schwefelſaure Talkerde 0,094 — Chlornatrium 0,091 0,022 Kieſelerde 0,018 0,023 Schwefelſäure 0,255 — Salzſäure 0,033 0,081 Waſſer 99,207 99,681 100,000 100,000 Heilkunde. (XV.) über die Beſichtigung des äußeren Ge— hörganges und des Trommelfelles als wichtiges Moment zur Diagnoſe von Kopfaffectionen. Von Dr. Adam Warden. Von allen Krankheiten bieten wohl keine für die ge— naue Würdigung der Symptome größere Schwierigkeiten dar, als die Affectionen des Kopfes, und es möchte daher nicht unwichtig fein, hier auf ein diagnoſtiſches Mo— ment, welches meiner Erfahrung nach der Beſichtigung des äußeren Ohres entnommen werden kann, aufmerkſam zu machen. Aus einer Reihe von 242 gewöhnlich mit dem Namen von Ohrkrankheiten belegten und von mir beobach— teten Fällen boten 45 oder ungefähr ein Fünftel Symptome dar, welche mehr oder weniger mit Kopfaffectionen in Ver— bindung ſtanden. Von allen jenen Fällen verliefen nur 2 tödtlich, und zwar beide in Folge von Apoplerie. Der eine dieſer Kranken hatte bereits früher einen apoplektiſchen An— fall gehabt, und bot die Anlage zu einem Reeidive des— ſelben in hohem Grade dar. Die Taubheit des einen Ohres war vollſtändig, und das andere konnte das Schlagen einer Uhr nur in der Entfernung von ½“ vernehmen. An dem tauben Ohre endete der äußere Gehörgang in einen kegel— förmigen Blindſack, und die Schleimhaut war durchweg hypertrophiſch und injicirt. An dem anderen Ohre war das Paukenfell halbknorpelig und von rothen Gefäßen durch— zogen. In dem zweiten lethalen Falle war kein Symptom von Kopfaffection vorhanden, aber beide Ohren litten ſeit vier Monaten an allmälig zunehmender Taubheit, und waren mit graulichem Eiter, Lymphſtreifen und unvollſtän— dig ausgebildetem Ohrenſchmalze angefüllt. Die Schleimhaut war an mehreren Stellen vereitert, und bot an anderen ein ungleiches und gereiztes Ausſehen dar. Erweichende Ein— ſpritzungen wurden angewendet, aber der Kranke ſtarb nach acht Tagen. Es iſt unnöthig, hier die verſchiedenen Theorien und eine Detailbeſchreibung über die Circulation innerhalb des Schädels zu geben; ich will jedoch erwähnen, daß an den ſtarren Rän⸗ dern der Knochencanäle, durch welche die Carotiden und an— dere Gefäße hindurchtreten, deutlich Erſatzwege und Divertikel der Blutſtröme bei geſteigerter Herzaction abgehen, und wir können daher mit Recht erwarten, daß die nach außen von dem Schädel gelegenen Theile durch den rückfließenden Strom welchen jene Canäle nicht durchlaſſen, überſtrömt werden müſſen. In dieſer Beziehung verhält ſich das Ohr anders, als das Auge, indem es ſich dicht an dem Canale der carotis be— findet und unmittelbar aus demſelben Zufuhr erhält. Wenn daher ein Blutandrang gegen den Kopf Statt ſindet, ſo wer— den die der Obſtructionsſtelle zunächſt gelegenen Gefäße auch zuerſt und im höheren Grade von demſelben mit betroffen werden. Die tiefe und geſchützte Lage des Trommelfelles und die Nähe desſelben an dem Mittelpunkte der animali⸗ 139 ſchen Wärme und Feuchtigkeit (?) machen dasselbe gleichfalls gez neigter, an jeder den Kopf afficirenden Störung des Kreislaufes Theil zu nehmen, und ich glaube aus zahlreichen Beob— achtungen ſchließen zu können, daß Veränderungen in der Beſchaffenheit jener Membran in vielen Fällen auf Kopf— affectionen folgen, dieſelben begleiten oder auch ihnen voran— gehen, und ſomit diagnoſtiſche Anhaltspunkte werden können. Zu dieſen Veränderungen gehören vornehmlich die der Vas— cularität, mögen dieſelben nun in dem Erſcheinen von rothen Gefäßen an Stellen, wo dieſelben ſonſt nicht ſichtbar werden oder in jeder anderen Art von abnormer Injection beſtehen. Wenn auch im geſunden Zuſtande rothe Gefäße der Schleim— membran in ihrem ganzen Verlaufe von den hinteren Choanen durch die Euſtachiſche Röhre hin angehören mö— gen, ſo verſchwinden ſie doch vollſtändig an dem inneren Schleimhautüberzuge des Paukenfells. Demungeachtet iſt letzteres mit großer Empfindlichkeit und hoher Organiſation begabt und reagirt gegen den geringſten Reiz auffallend raſch und ſtark. Die Gefäße, welche das tympanum mit Blut verſorgen, beſtehen aus zahlreichen kleinen Zweigen, welche aus verſchiedenen Quellen herkommen. Die Arterien gehen von der carotis externa oder interna aus, und die Venen münden in die v. jugularis interna ein. Die von der carotis externa entſpringenden Arterien entſtehen 1) aus der pharyngea ascendens, welche kleine Zweige zur tuba Eustachii, zum m. internus mallei und dem vorderen Theile der Paukenhöhle ſendet; 2) aus der auricularis posterior, deren ramus stylo-mastoideus bei feinem Eintritte in den canalis Fallopii Zweige abgiebt, welche durch die hintere Wandung des tympanum hindurch an die Schleimhaut des— ſelben, den m. stapedius und in die cellulae mastoideae ge— hen; 3) aus der maxillaris interna, deren Anfang außer der a. tympani inferior noch mehrere kleinere Aſte an die Pau— kenhöhle und die tuba Eustachii abgiebt. Einige derſelben gehen unmittelbar vom Stamme der Arterie, andere von dem ramus auricularis profundus aus, und die a. meningea me- dia ſchickt vor ihrem Eintritte in die Schädelhöhle Aſte zur Euſtachiſchen Röhre und giebt innerhalb des Schädels den ramus acusticus ab, welcher durch den Spalt in den ca- nalis Fallopii eintretend, in demſelben mit dem ramus stylo- mastoideus und auditorins internus anaſtomoſirt, während andere Zweige an das promontorium und das Dach der Paukenhöhle gehen. Die acceſſoriſche a. meningea media ſendet gleichfalls Zweige zur Paukenhöhle, welche den Boden der letzteren durchbohren und mit der vorhergehenden Arterie anaſtomoſiren; — 4) die a. temporalis ſendet an ihrem Urſprunge einen Aſt zur Schleimhaut des tympanum, wel⸗ cher durch die fissura Glaseri hindurchgeht. Auch die ca- rotis interna giebt ſowohl vor ihrem Eintritte in den Kno— chencanal als von ihrer erſten und zweiten Krümmung Aſte ab, welche ſich an die Euſtachiſche Röhre und die vordere Wandung des tympanum vertheilen. Aus einer jo mannig— fachen Gefäßcommunication und Blutzufuhr von innerhalb und außerhalb des Schädels können wir mit Recht auf Ab— weichungen in dem Zuſtande der Ohreireulation ſchließen, welche mit allen den Veränderungen in Verbindung ſtehen, welche 31. II. 9. 140 in Folge allgemeiner entzündlicher Erregung oder loraler Hyperämie in dem Kreislaufe jener Gefäße vor ſich gehen. Um nur ein Beiſpiel anzuführen, finden wir bei dem ſo häufig vorkommenden Ohrenklingen das Trommelfell mit abnormen Gefäßen bedeckt, und das Übel verſchwindet nicht eher, als bis unter der Anwendung der nöthigen antiphlo⸗ giſtiſchen Mittel auch die abnorme Vascularitat der mem- brana tympani ſich verloren hat. In chroniſchen Fällen der Art fehlt das Ohrenſchmalz, die Schleimhaut iſt dunkel geröthet und gedunſen, und das Trommelfell zeigt eine mehr oder weniger vorgeſchrittene ſarcomatöſe Alteration ſeines Gewebes, welche zumeiſt von dem oberen Theile der Membran in der Richtung des Hammers ausgeht, jedoch auch von der ganzen Peripherie aus gegen die Mitte hin vorſchreitet. Zur Veranſchaulichung der oben mitgetheilten Anſichten theilen wir hier folgende Fälle mit: 1) Hr. J., 40—50 Jahre alt, iſt ſeit mehreren Jahren auf dem linken Ohre taub, das rechte leidet erſt ſeit weni⸗ gen Tagen. In dem erſten, jedoch noch mehr in dem letzteren, findet ein ſtarkes Klingen Statt; Taubheit und Geräuſch nehmen vornehmlich nach dem Eſſen und dem durch ſchreckhafte Träume geſtörten Schlafe zu. Der Kranke lei— det häufig an Kopfſchmerz und Schwindel; er hört den Schlag einer Uhr nur, wenn dieſe dicht an das Ohr ge— halten wird; Puls 72, voll und ſtark. Bei der Unter⸗ ſuchung der Ohren erſcheint die Schleimhaut in beiden ſtark geröthet und mit reichlichem halbflüſſigen cerumen bedeckt; die Schneiderſche Haut und die ossa turbinata find gleich— falls lebhaft geröthet. Schröpfköpfe, kalte Douche, larirende Pillen und eine ausſchließlich vegetabiliſche Diät ſtellten den Kranken binnen 6 Wochen vollſtändig her. 2) Hr. A., 45 Jahre alt, iſt auf dem rechten Ohre ſeit 4 Monaten taub und leidet an bald dicklicher, bald wäſſeriger und blutiger Otorrhöe. Er fühlt zuweilen beim Ausſchneuzen der Naſe Luft durch das Ohr ziehen und klagt über ſtarkes Ohrenklingen, Kopf- und Ohrenſchmerz und Schwindel. Die Schädelhaut vom Ohre aufwärts iſt wund und gedunſen, der Nacken ſteif, die Zunge belegt und das Allgemeinbefinden geſtört, Puls 76, ſchwach. Der rechte Gehörgang und das Trommelfell erſcheinen bei der Unter— ſuchung degenerirt, uneben, reizbar und mit Jauche bedeckt. Alterantia, Abführmittel und Gegenreize ſtellten den Kranken binnen Kurzem vollſtändig her. (Monthly Journ., June 1846.) (XXVL) über einen merkwürdigen Polypen von der Structur des Uterusgewebes. Ein Frauenzimmer von 46 Jahren wandte ſich an Hrn. Nelaton wegen einer aus der vulva hervorgetretenen Ges ſchwulſt, die ſchon vor mehreren Jahren ſich zu entwickeln begonnen hatte. Bei der Unterſuchung derſelben ergab ſich Folgendes. 141 Das hymen zeigte ſich bei der Unterſuchung unverſehrt und vollſtändig erhalten. An dem Eingange der vulva zeigte ſich eine Geſchwulſt von der Größe und Geſtalt einer kleinen Birne, röthlich gefärbt und im Anſehen durchaus einer etwas großen Mandeldrüſe ähnlich. Sie ſaß an einem ungemein langen, dünnen Stiele von der Stärke eines Gänſekieles, der im Inneren des Mutterhalſes an die hintere Lefze ange— ſetzt war. Die Oberfläche des Polypen war glatt, ſchleimig, und der ihn bedeckende Schleim glich genau dem, welchen der uterus abſondert. Wenn man ihn ſanft zwiſchen den Fin— gern drückte, ſo quoll aus den Zellen oder Lücken, die man an deſſen Oberfläche bemerkte, und von denen wir weiter un— ten mehr ſagen werden, ein ähnlicher Schleim hervor, der ebenfalls durchſichtig, aber zäh, klebrig und gummiartig war. Nachdem ſich Hr. Nélaton mittels des an dem Stiele der Geſchwulſt hinaufgeführten Fingers deutlich davon überzeugt hatte, an welcher Stelle der fremde Körper ange— ſetzt war, und daß er dort einen ſehr geringen Durchmeſſer hatte, führte er an dem Finger eine Scheere ein, öffnete dieſelbe vorſichtig in der vagina, faßte den Stiel in der Höhe des Mutterhalſes und ſchnitt den Polypen an ſeiner Baſis in einem Zuge durch, ohne daß die Patientin dabei viel Schmerz verſpürt hätte. Die Schnittfläche fühlte ſich glatt und mit der umgebenden Schleimhaut ausgeglichen an. Dieſe Beobachtung iſt in mehr als einer Beziehung merkwürdig; zuerſt wegen der Länge des Polypenſtieles, welche faſt ganz eine Folge der mechaniſchen Beſchaffenheit der Theile war, durch die der Polyp hervorwachſen mußte. Nach- dem er aus der vagina herausgetrieben worden und durch die Offnung im hymen gelangt war, wirkte natürlich bez ftändig ein Zug auf ihn ein, und jo mußte ſich der Stiel verlängern und verdünnen. Als Hr. Nélaton den erſtirpirten Polypen aufmerk— ſam unterſuchte, bemerkte er an demſelben eine ſolche Stru— etur, daß er nothwendig annehmen mußte, er ſei lediglich aus dem hypertrophiſchen Gewebe des uterus gebildet, und dieſes habe nur eine polypenartige Geſtalt angenommen. Dieſe feine Anſicht ſtützte ſich auf folgende Gründe. Das Gewebe der Geſchwulſt war zähe, dicht, feſt, wie das des uterus, wenngleich es ſich beim Drücken zwiſchen den Fin— gern ziemlich ſchlaff anfühlte. Aber als man den Polypen der Länge nach mit dem Biſtouri durchſchnitt, überzeugte man ſich von der Dichtheit ſeiner Subſtanz. Es war hier offenbar keine auslösbare weiße Maſſe vorhanden, die nur mit der Schleimhaut überzogen geweſen wäre und unter dem Scalpell geknirſcht oder in ihrer Mitte eine deutlich faſe— rige Structur dargeboten hätte. Wir haben bereits geſagt, daß die Oberfläche der Geſchwulſt Lücken darbot, die ſich ungefahr eben ſo ausnahmen, wie die, welche man an den Mandeln bemerkt. Dieſe Lücken drangen mehr oder weniger tief in die Maſſe des Polypen ein, indem manche derſelben blind ausgingen, andere einen durchgehenden Canal bildeten. Durch ihre Höhlung konnte man eine Sonde führen, und ſie war mit einer Fortſetzung der äußeren Schleimhaut des Polppen ausgekleidet. 31. Il. 9. 142 Der intereſſanteſte Umſtand in Betreff dieſes Polypen iſt aber folgender: Zur Zeit der Menſtruation beobachtete die Patientin, daß die blutige Flüſſigkeit aus der Oberfläche der Geſchwulſt ausſchwitzte. Hr. Nélaton glaubte an— fangs, die Kranke müſſe ſich geirrt und das an dem Po— lypen hin aus der Scheide laufende Blut für ſolches gehal— ten haben, welches aus dem Polypen ſelbſt gekommen ſei. Allein das Frauenzimmer berief ſich in dieſer Beziehung auf die beſtimmteſten Beobachtungen. Sie hatte den Polypen, wenn ſie menſtruirt war, öfters abgetrocknet und das Blut immer wieder in Geſtalt kleiner Tröpfchen aus deſſen Ober— fläche ausſchwitzen ſehen. Schon an ſich ſelbſt würde dieſe Beobachtung von großem Intereſſe ſein, weil ſie Aufſchluß über die phyſiologiſchen Erſcheinungen der Menſtruation giebt; aber mit den übrigen Umſtänden zuſammengehalten, ergiebt ſie die Gewißheit, daß die Anſicht des Hrn. Nélaton hin— ſichtlich der Natur der Geſchwulſt die richtige iſt. Wir haben uns ſo umſtändlich über dieſen Fall aus— geſprochen, weil wir hier offenbar ein Beiſpiel von der ſo ſeltenen Varietät der Mutterpolypen haben, die ſich durch locale Hypertrophie des eigenthümlichen Ge— webes des uterus *) bildet. Er ſchließt ſich an die von Hrn. Hervez de Chégoin im Journal general de Médecine, T. CI, 1829, mitgetheilten Beobachtungen an, aus denen hervorgeht, daß viele faſerige Gewächſe des ute- rus, nachdem ſie ſich innerhalb der Wandung des Organes gebildet haben, ſich zuletzt von derſelben abſondern, indem ſie eine mehr oder weniger ſtarke Schicht der Wandung ſammt der Schleimhaut vor ſich hertreiben und ſo eingebalgt bleiben. Dieſe Schicht hat ihre größte Stärke beim Anſatz des Stieles, deſſen Dicke von der Quantität des mit in die Höhe geſchobenen Parenchyms des uterus abhängt. Im Vorbeigehen wollen wir noch bemerken, daß ſchon Vacouſſain dieſe von Hrn. Hervez de Chégoin er— wähnte Zuſammenſetzung der Polypenhüͤlle aus den Fleiſch— fafern des uterus erkannt hatte, ohne daß er jedoch daraus irgend eine praktiſche Folgerung zog; denn er gedenkt eines über 2 Pfd. wiegenden Polypen, der mit einer ſtarken, fleiſchigen Membran überzogen war. (Mem. Acad. chi- rurg., T. Ill, p. 524.) Schon aus dem rein wiſſenſchaftlichen und ätiologiſchen Geſichtspunkte betrachtet, würde dies höchſt wichtig ſein; in therapeutiſcher Beziehung iſt es dies aber noch weit mehr. Denn was geht denn aus der von Hrn. Hervez de Che: goin bemerkten Structur, ſowie aus der Uterusnatur, wenn wir uns dieſes Ausdruckes bedienen dürfen, des von Hrn. Nelaton beobachteten Polypen eigentlich hervor? Daß das Ausſchneiden ſolcher Geſchwülſte angezeigt und daß deren Abbinden unſtatthaft iſt. Es läßt ſich ohne Gefahr in das Gewebe des uterus einſchneiden. Im Hoſpital von Your: eine hat Hr. Huguier in gewiſſen Fallen von Mutter— ſchleimfluß, welche ſich durch kein anderes Mittel hatten heben laſſen, oͤfters tiefe Einſchnitte in das Organ ſelbſt e ü trice. „) Im Originale ſteht matiöre, wahrſcheinlich für e ae 143 gemacht, ohne daß daraus üble Zufälle entſtanden wären. Anders verhält es ſich mit der Ligatur. Wenn in dieſe Portionen des Parenchyms der Bärmutter eingeſchnürt wor— den, ſo hat dies gewöhnlich, wo nicht immer, ſehr bedenkliche Folgen, indem bedeutende Schmerzen und Entzündung des uterus entſtehen. Schließlich wollen wir noch eines Grundes gedenken, welcher dafür ſpricht, daß dieſer Polyp aus dem Gewebe des uterus beſtanden habe, nämlich, daß er aus dem Mutter— halſe hervorwuchs und alle bisher beobachteten Polypen der— ſelben Art ebendaſelbſt befeſtigt waren. (Gazette des Hö- pitaux, No. 3, 9. Janv. 1847.) Miſcellen. (22) Über die geeignetſten Mittel, den Geſchmack nauſeoſer Medicamente zu verdecken, giebt Hr. William Acton in dem Pharmaceutical Journal feine Bemerkungen. — Die beſte Art, feſte Mittel zu reichen, iſt die in Oblatenpapier, welches, nach Dr. Ure, auf folgende Weiſe angefertigt wird. Man rührt eine gewiſſe Quantität feinen Mehles mit reinem Waſſer an, ſo daß nichts klümperiges zurückbleibt, bringt dann die Maſſe zwiſchen 2 gleich einer Zange zuſammenſchließende, vorher erhitzte und mit Butter beſtrichene Eiſenplatten und ſetzt dieſelben der Hitze eines Kohlenfeuers aus. Man läßt darauf die Platten abkühlen und erhält dann einen dünnen, trockenen, feſten, brüchigen Kuchen von der Dicke einer Spielkarte. Wenn nun ein Pulver genommen werden ſoll, fo vermiſcht man dasſelbe mit Syrup oder dgl., bricht von dem Oblatenpapier ein gehörig großes Stück ab, taucht es in Waſſer, legt es auf eine Schüſſel und wickelt dann die Latwerge in das— felbe ein, worauf es mit Hilfe von etwas Waſſer niedergeſchluckt wird. Individuen, welche keine Pillen ſchlucken können, können dennoch einen Bolus in Oblatenpapier ſehr gut nehmen; derſelbe gleitet raſch den Schlund hinab, ohne die krampfhafte Action der Muskeln des pharynx und larynx zu erzeugen, welche häufig das Pillenſchlucken II. 9. 144 begleitet. — Nauſeoſe Flüſſigkeiten werden am beften in Gapfeln genommen. Die Capſel muß eine beſtimmte Größe haben, um die jedesmalige Gabe genau beſtimmen zu können, und nie unter // dick fein, indem fie ſonſt leicht im Munde platzt oder ſich zu raſch im Magen auflöſ't. Die käuflichen Gopaivecapfeln, welche heutzutage aus Gelatine angefertigt werden, dürfen nicht leck fein und müſſen nach der Mahlzeit genommen werden, indem dann der Magenſaft nicht ſo raſch auf die Gelatine wirkt und das Aufſtoßen vermieden wird. Die Capſeln werden am beſten geſchluckt, wenn man vorher etwas Waſſer in den Mund nimmt und dann die Capſel auf die Zunge legt. (Monthly Journ., June 1846.) (23) Behufs der Unterſcheidung des Scheintodes vom wirklichen Tode hat Hr. Mandl ein Verfahren entdeckt (2), welches er am 22. Febr. d. J. der Pariſer Akademie der Wiſſen⸗ ſchaften mittheilte. Dies Mittel beſteht in Unterſuchung der von dem Gefühle unabhängigen organiſchen Erſcheinungen, welche durch Brennen, namentlich Verbrennung des zweiten Grades, veranlaßt werden. Hr. M. hat folgende Reſultate erhalten: 1) bei den Leben⸗ den erzeugt das Verbrennen im zweiten Grade eine Blaſe; 2) an Cadavern bemerkt man nichts ähnliches; 3) mit Ather angeſtellte Verſuche haben Hrn. Mandl bewieſen, daß das Gefühlsvermögen mit der Erzeugung dieſer Blaſe nichts zu ſchaffen hat. Übrigens will der Verf. nicht behaupten, daß bei allen Krankheitszuſtänden eine Blaſe erzeugt werde, obwohl die von ihm in dieſer Beziehung angeſtellten Verſuche ſämmtlich dafür ſprechen. (24) Einen Fall von Einbalſamirung vermittels der Injection von Zinc. sulphur. theilt Dr. Lefebore im Journ. de chim. méd., Juill. 1846 mit. Er löſ'te 5 Kilogrm. Zinc. sulphur. in 5 Kilogrm. kalten Waſſers auf und ſetzte dann 500 Grm. Cupr. sulphur. und 125 Grm. Schwefelfäure hinzu, wor⸗ auf dieſe Miſchung vollſtändig in die Jugularvene eingeſpritzt wurde. Die Fäulniß war zur Zeit der Operation bereits bedeutend vorge⸗ ſchritten, der Bauch tympanitiſch und die Gliedmaßen und das Ge- ſicht aufgetrieben; einige Stunden nach der Injection verſchwanden alle dieſe Phänomene, und der ganze Körper bekam fein natürliches Ausſehen wieder. Nur der Leib blieb aufgetrieben, man entleerte die in demſelben befindliche Luft durch Anſtechung, und injicirte 1 Liter Chlorkalk. Acht Tage nach der Injection war der Körper noch durchaus unverändert. Bibliographiſche Neuigkeiten. Griſſiu, J. J. — Chemical Reereations: a Popular Compendium of Experimental Chemistry. For the use of Beginners. By John Joseph Griffin. 9th edition. 18°. London 1847. n L., die analytiſche Chemie. Fol. Geh. Heidelberg Thienemann, F. A. L., Fortpflanzungsgeſchichte der geſammten Vögel. 2. Hft. gr. 40. Leipzig 1847. Mutsant, M. E., Histoire naturelle des coléoptères de France. Suleicolles. Securipalpes. In 8°. Paris 1847. Zeitſchrift für Malakozoologie. Herausgegeben von K. T. Menke 16 Pfeiffer. 4. Jahrgang 1847. 12 Nrn. gr. 8%. Caſſel Dunker, W. und H. v. Mayer, Palaeontographica. Beiträge zur Naturgeſchichte der Vorwelt. 1. Bd. 2. Lief. gr. 4%. Geh. aſſel 1847. Wilkinſon, G. Br., London und deſſen günſtiger Geſundheits⸗ zuſtand. Die Urſachen desſelben. Waſſerleitung und Lichtſyſtem und deren Anwendbarkeit in Berlin. Deutſch von E. W. Ul: mann. gr. 8. Geh. Berlin 1847. Hamernjk, J., phyſiologiſch-pathologiſche Unterſuchungen über die Erſcheinungen an den Arterien und Venen. gr. 8°. Geh. Prag 1847. Wiese, de genesi et diagnosi emphysematis pulmonis, quod dicunt vesicularis chronici, Commentatio. gr. Se. Geh. Lips. 1847. Harty, W. — Observations on the History and Treatment of Dys- entery and its Combinations; with an Examination of their Claims to a Contagious Character, and an Inquiry into the Source of Contagion in its analogous Diseases — Angina. By W. Harty. Dublin. 2d edition. 8°. 1847. La fievre typhoide est-elle contagieuse? Sur quelles bases doit-Etre établi son traitement? par le docteur Alex. Mayer. In 8°, d’une feuille. Besancon 1847. Etudes pratiques sur l’Hydrotherapie, d’apres les observations recueillies a l’etablissement de Pont-à Mousson; par le docteur Lubanski. In 8°. de 33 flles. Paris 1847. Des Bains de Mer. Guide medical et hygienique du baigneur. Ouvrage divisé en quatre parties. Par M. J. Le Coeur, de Caen. Deux vols in Se, ensemble de 56 feuilles /. Paris 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. Fr. v. Froriep gegründete Zeitichrift, in dritter Neihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 32. (Nr. 10. des II. Bandes.) April 1847. Druck und Verlag des Landes Induſtrle⸗Comptolrs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XVI. Irland Über die im Lough Gür bei Limerick in aufgefundenen Knochen einer ausgeſtor— benen Hirſchart. Hr. Richard Glennon hat unlängſt in jener Locali— tät, in Geſellſchaft des Hrn. Nolan, Nachforſchungen an— geſtellt, die intereſſante Ergebniſſe geliefert haben. Lough Gür iſt ein langer, ſchmaler, gewundener See, in deſſen Mitte ſich eine Inſel befindet. Derſelbe iſt von Trümmer-Bergkalk-Felſen umgeben, jo daß man, wenn man ſich ihm nähert, die Ruinen einer Stadt vor ſich zu ſehen glaubt. Vor einiger Zeit ließ der Grundherr, Graf Salis, einen Canal anlegen, welcher aus dem See geſpeiſ't wird. Dadurch fiel das Waſſer des letzteren um viele Fuß, und hierdurch wurden um die Inſel her eine ſo große Menge Knochen bloßgelegt, daß die Bauern der Umgegend ſie wagenweiſe nach Limerick ſchafften, von wo ſie dann als Düngfnochen nach Liverpool verſchifft wurden. Gegenwär— tig liegen keine mehr zu Tage, ſondern man muß ſie ſich durch Baggern verſchaffen. Durch das theilweiſe Austrocknen des Sees ſind zugleich treffliche Torflager bloßgelegt worden, in denen man ebenfalls Knochen findet. Die obengenannten Herren ſuchten und gruben an vie— len Stellen und wurden beſonders an einer durch einen reichen Fund für ihre Mühe belohnt. Dort waren Knochen von 5 Hirſch-, 5 Rinder-, 2 Ziegen-, 2 Schweine-Arten, nebſt ſolchen von Haſen oder Kaninchen, Schwänen, Gänſen, Enten, Truthühnern (2) und mehreren Arten von Federwild beiſammen. Die Hauzähne der Eber waren jo häufig, daß ſie ſich wie Kies aus einer Kiesgrube ausſchaufeln ließen. Hr. Glennon theilt rückſichtlich der wichtigſten dieſer Knochen folgende nahere Nachrichten mit. I. Hirſchknochen. 1) der Rieſenhirſch, deſſen Gehörn No. 2012 — 912. — 32, bis 100 7 wiegt. Zwei ungehörnte Schädel von Kirch: kühen waren vorzüglich durch den Umſtand merkwürdig, daß ſich am Vorderſchädel ein Loch befand, welches darauf hin— zudeuten ſchien, daß ſie durch einen Arthieb getödtet worden ſeien. 2) Eine kleinere Hirſchart, deren Schädel verhältniß— mäßig länger und ſchmäler iſt, als der des Rieſenhirſches, während die Geſichtsportion weniger aufgetrieben und auch die Hinterhauptsgegend abweichend geſtaltet iſt. 3) Der gemeine Hirſch, Edelhirſch mit einer Krone auf dem Gehörn. 4) Eine Species mit 8 —9 ſehr ſpitzen und langen Enden, aber ohne Krone. 5) Der Dammhirſch, deſſen Exemplare in der Größe ſehr von einander abweichen. II. Rinderknochen. 1) Eine Art mit ſehr breitem, qua— dratiſchem, plattem und beinahe ebenem Vorderhaupte, von weit bedeutenderer Größe, als irgend eine der jetzt lebenden Rinderraſſen. Von Manchen wird dieſelbe für den Auerochſen erklärt; Hr. Glennon läßt die Richtigkeit dieſer Anſicht dahin geſtellt und nennt die Species vorläufig das „plattköpfige Rind.“ 2) Eine ebenfalls große und ſtarke Species mit concavem Vorderhaupte und einem Höcker zwiſchen den Hörnern. 3) Eine Art, deren Schädel viel glatter iſt als bei den übrigen, auch eine ganz andere Structur darbietet. Vom Unterkiefer nach den Naſenknochen gemeſſen iſt er vorzüglich hoch. Das Stirnbein iſt ſehr lang und an den Seiten ab— gerundet. Das Thier muß ein ſehr langes Geſicht gehabt haben. Überhaupt war bei den obigen Species das Geſicht weit länger, als beim Hausrinde. Die Knochenkerne der Hörner haben bei dieſen drei Arten nicht die Richtung, wie beim Büffel, ſondern dieſelbe wie beim gemeinen Rinde. 4) Eine Species, die ebenfalls ein langes Geſicht und kleine, dünne, einwärts gedrehte Hörner hat. 5) Eine Speeies, die dem jetzt lebenden kurzgehörnten Rinde Englands ſehr ähnelt. — Die Ziegenſchädel find denen der Hausziege 10 147 ſehr ähnlich, obwohl die Hörner ſtärker rückwärts gebogen ſind wie bei manchen Antilopen. Die Schweineſchädel wei— chen von denen des zahmen Schweines ſehr ab. Die eine Species hat eine ſo vorgezogene Schnauze, daß ſie krokodil— ähnlich erſcheint. Der Raum, welcher die beiden Zahn— reihen des Oberkiefers trennt, mißt nur 1½ Zoll, während der Knochen vom Augenwinkel bis zur Spitze des Naſen— knochens 9 Zoll mißt. Hr. Glennon betrachtet die Umſtände, unter denen die Rieſenhirſchſchädel hier aufgefunden worden, als durchaus beweiſend, daß dieſes Thier von den alten Irländern ge— zähmt und mit andern Hausthieren geſchlachtet worden ſei. Hierfür ſpricht allerdings vieles. Lough Gür (der Name bedeutet: Verſammlungsſee) wird von keinem Fluſſe durchſtrömt, durch welchen die Knochen von anderen Locali⸗ täten aus dahin geſchwemmt worden ſein könnten. Ferner ſind die Schädel aller größeren Thiere auf der Stirn durch— löchert, ſo daß die Tödtung durch den Metzger mittels eines Art- oder Keulenſchlages bewirkt zu ſein ſcheint. Dann ſind die Hauzähne ſämmtlicher Schweine ziemlich von der— ſelben Größe, was ebenfalls dahin deutet, daß letztere ſämmt— lich in einem gewiſſen Alter geſchlachtet worden ſeien. Fer— ner finden ſich in Vermiſchung mit dieſen Knochen Meſſer— ſtiele vom Horne des Dammhirſches, Bohrer und Meißel, ſowie irdene Scherben. In anderen Gegenden Irlands, z. B. zu Sallymount in der Grafſchaft Kildare, hat man in den ſogenannten däniſchen Feſtungswerken viele Knochen und Schädel des Rieſenhirſches neben einem Menſchenſchädel ge— funden. Endlich ward vor einigen Jahren in der Grafſchaft Wexford auf einem Grundſtücke des Hrn. Grogan Mor= gan das noch mit Sehnen, Haut und Haar bedeckte Bein eines Rieſenhirſches ausgegraben. Aus allen dieſen Um— ſtanden ſchließt nun Hr. Glennon, daß die Inſel des Lough Gür vor alten Zeiten der Verſammlungsort zahle reicher Volksmaſſen, vielleicht das Standquartier eines Heeres geweſen ſei, und daß alle jene Knochen von den für den Bedarf ſo vieler Menſchen geſchlachteten Thieren herrührten. Prof. Owen bekämpft indeß dieſe ſchon früher von Hrn. H. D. Richardſon zu Dublin aufgeſtellte Anſicht, daß der Rieſenhirſch (Megaceros Hibernicus) gleichzeitig mit dem Menſchen gelebt habe und von dieſem gezähmt worden ſei. Er behauptet aus anatomiſchen Gründen, die von Hrn. Glennon im Lough Gär aufgefundenen ſogenannten Hirſch— kuhſchädel ſeien verſtümmelte männliche Schädel. Er hat dieſelben genau unterſucht und glaubt, beim Abbrechen der Geweihe ſeien die Löcher, welche man für durch Artſchläge entſtandene erklären will, zufällig veranlaßt worden. Er hat dieſe Schädel, welche ins Britiſche Muſeum gelangt ſind, genau unterſucht und an ihnen alle charakteriſtiſchen Kenn— zeichen des männlichen Rieſenhirſches entdeckt. Hr. Ri— chardſon hat ſich übrigens bei dieſen Gründen nicht be— ruhigt, und allerdings ſcheint nach obigem die Sache vor der Hand noch unentſchieden bleiben zu müſſen. (Auszug aus dem Zoologist, January & February 1847.) 32. II. 10. 148 XVII. über den Grundtypus und die Homologien des Skelets der Wirbelthiere. Von Prof. Owen. In der Einleitung feiner der Londoner Royal Society am 29. Jan. d. J. vorgetragenen Abhandlung weiſ't der Verf. darauf hin, wie früher der Arzt, der Thierarzt, der Ornithotom, der Reptiliotom, der Ichthgotom, jeder das Skelet ſeiner Objecte lediglich ſeinen ſpeciellen Zwecken ge⸗ mäß unterſucht habe, ohne auf vergleichende Anatomie irgend Rückſicht zu nehmen, jo daß Knochen von ganz verichiedener Bedeutung, z. B. das os quadratum am Kopfe des Pferdes und das os quadratum beim Vogelſkelet, dieſelbe Benennung erhalten, während man denſelben Knochen bei verſchiedenen Thieren durch mehrere Namen bezeichnet habe, bis Cuvier in dies Chaos einige Ordnung gebracht und diejenigen Kno⸗ chen, welche bei den anderen Geſchöpfen gewiſſen Knochen des Menſchenſkelets entſprechen, durchgehends jo benannt habe, wie ſie beim Menſchen heißen. Hierauf erläutert er den Un⸗ terſchied der Ausdrücke analog und homolog mit Hilfe des Skelets des ausgeſtorbenen und des jetzt lebenden flie- genden Drachen. Die Flügel des ausgeſtorbenen Pterodac- tylus werden durch Knochen geſtützt, welche eine Modification des Vorarmes ſind, deſſen Theile, wie bei der Fledermaus, lang und dünn geworden ſind, während der eine Finger, welcher unſerem kleinen Finger entſpricht, gewaltig lang aus⸗ gezogen iſt. Dagegen werden die Flügel des kleinen Draco volans, welcher gegenwärtig im tropiſchen Indien don Baum zu Baum ſchwirrt, von deſſen Rippen geſtützt, die ſich vom Bruſtbeine abgelöſ't und weit ausgebreitet haben. Der Flü⸗ gel des Pterodactylus iſt dem des Draco volans analog, indem er dieſelbe Function beſorgt, aber keineswegs ho mo— log, da er anatomiſch aus anderen Theilen beſteht. Das wirkliche homologon des Flügels des Pterodactylus iſt beim Draco volans das Vorderbein. Die Erkenntniß des entſprechenden oder desſelben Theiles bei verſchiedenen Thierarten nennt Prof. Owen die Be⸗ ſtimmung der ſpeeiellen Homologie; die Exkennt⸗ niß ſeiner Beziehung zu irgend einem primären Abſchnitte des typiſchen Skelets der Wirbelthiere die Beſtimmung feiner allgemeinen Homologie. Bevor der Verf. ſich über die höheren Generaliſationen, welche ſich aus der Betrachtung des gemeinſchaftlichen oder Grundtypus ergeben, verbreitet, erläutert er durch viele Beiſpiele, wie viel bereits in Anſehung der Beſtimmung der ſpeciellen Homologien ge— leiſtet worden iſt, wobei er namentlich bei den Fällen ver⸗ weilt, in denen die Natur und Bedeutung der beſonderen Verknöcherungspunkte, mit denen die Bildung verſchiedener Knochen des menſchlichen Schädels, des os oceipitale, sphe- noideum, temporale etc., anhebt, erforſcht worden iſt. Von mehr als 90 Procent der Knochen des menſchlichen Skelets ſind bereits die homologa an den Skeletten ſämmtlicher Wir⸗ belthiere ſo ſicher nachgewieſen, daß ſämmtliche Anatomen ſich darüber vereinigt haben, und Prof. Owen meint, daß ſich in Bezug auf die wenigen noch übrigen Procente, mit 149 ſehr wenigen Ausnahmen, die Angelegenheit in derſelben be— friedigenden Weiſe werde erledigen laſſen. Was iſt nun aber die Bedingung oder Urſache dieſer ſpeciellen Homologien? Hierüber find die Anſichten der Ana— tomen getheilt. Die meiſten der jetzt lebenden vergleichenden Anatomen ſcheinen die Frage auf ſich beruhen laſſen zu wollen oder, nach Cuvier's Vorgange, mit Agaſſiz der Anſicht geradezu entgegenzutreten, als ob das Geſetz der ſpeciellen Homologien überhaupt von einem höheren und allgemeineren Geſetze der typiſchen Übereinſtimmung abhänge, wie es z. B. bei der Theorie, nach welcher das cranium aus einer Reihe von falſchen oder ankylotiſchen Wirbelbeinen beſteht, voraus— geſetzt wird. Dieſe von Ofen, Bojanus, Gothe, Ca— rus, de Blainville, Grant, Geoffroy St. Si: la ire c. geiſtreich vertretene Theorie ſcheint, nach den neueſten Schriften von Wagner, Müller, Stannius, Hall⸗ mann und Anderen von der neuen deutſchen Schule, ſowie denen von Milne Edwards zu urtheilen, gegenwärtig auf dem Feſtlande wenig Anerkennung zu finden. Aber das Geſetz der ſpeciellen Homologien lediglich teleologiſch oder ſo erklären zu wollen, daß dieſelben Knochen in verſchiede— nen Thieren vorkommen, weil dieſelben Functionen zu er— füllen ſind, geht, dem Verf. zufolge, nicht an, da viele Er— ſcheinungen dagegen ſprechen. Wenn man auch z. B. zugiebt, daß die zahlreichen Verknöcherungspunkte an dem Schädel des menſchlichen Fötus die Geburt erleichtern und zu erleich— tern beſtimmt ſind, ſo liegt der Erſcheinung doch noch ein höheres Princip zu Grunde, als dieſer Zweck, indem alle dieſe Punkte permanent abgeſonderte Knochen der kaltblüti— gen Thiere repräſentiren. Ferner beſteht das cranium der ausgewachſenen Vögel aus einem einzigen Knochen, der ſich aus eben ſo vielen Verknöcherungspunkten entwickelt, wie der menſchliche Schädel, ohne daß in dieſem Falle derſelbe teleologiſche Grund irgend Statt finden kann. Dann be: haupten beim Vogel, wie bei den Menſchen, die verſchiede— nen Verknöcherungspunkte ſtets dieſelbe relative Lage, wie am Schädel des Crocodils, wo ſie, wie bei den meiſten Fi— 32. II. 10. 150 ſchen, nie mit einander verwachſen. Einige Mißgriffe, Über⸗ treibungen und Metaphern der früheren deutſchen Homologen, ſowie die aprioriſtiſchen und zum Theil unlogiſchen Anſichten Geoffroy St. Hilaire's gaben Cuvier Gelegenheit, die „Einheit der Organiſation“ mit beißender Satyre zu eritifiren, und in der zweiten Ausgabe der Lecons d' Ana- tomie comparée ſagte er ſich von der Theorie der Schädel— wirbel gänzlich los. Prof. Owen gedenkt dann ſeiner Forſchungen in Be— treff der Erledigung der Frage, ob ein allgemeiner Typus der Organiſation des Skelets der Wirbelthiere nachzuweiſen ſei und entſcheidet ſich dahin, daß das Endofkelet ſämmtlicher Wirbelthiere aus einer Reihe von Segmenten oder Abſchnit— ten beſtehe, welche in der Richtung der Körperachſe auf ein— ander folgen. Für dieſe Segmente oder osteocommata des Endoſkelets ſcheint ihm der Name vertebrae oder Wirbel in einem erweiterten Sinne beibehalten werden zu können. Er erläutert hierauf die Theile einer typiſchen vertebra und wendet die ſo gewonnene Erkenntniß auf die vier Segmente an, in die ſich die Schädelknochen zerlegen laſſen, was er in Bezug auf die Fiſche, Vögel, Beutelthiere und den menſch⸗ lichen Foͤtus nachweiſ't. Der Grundtypus behauptet ſich am reinſten bei den Fiſchen, alſo bei derjenigen Claſſe der Wir— belthiere, wo die vegetative oder irrelative Wiederholung am ſtärkſten vorherrſcht, und der Typus durch Modificationen und Combinationen von Theilen, welche die gegenſeitige Mitwirkung behufs ſpecieller Functionen vermitteln, am we— nigſten verwiſcht iſt. Die vier Segmente des cranium ent— ſprechen den vier Hauptabſchnitten des Gehirnes und den Nerven, welche ſich nach den vier Sinnesorganen des Kopfes begeben. Der Verf. nimmt in Bezug auf dieſe Wirbel die Nomenclatur nach deren Neuraldornen: oceipitalis, parieta- lis, frontalis und nasalis an und zählt ſie von hinten nach vorn auf, weil ſie, gleich den Schwanzwirbeln, ihren typi— ſchen Charakter mehr und mehr verlieren, je nachdem ſie ſich vom Rumpfe entfernen. Folgende Tabelle legt die allge— meinen Reſultate der Analyſe des Verf. dar. Vertebrae occipitales parietales frontales nasales. Centra os basioceipitale os basisphenoideum os praesphenoideum vomer Neurapophyses proc. exoccipitalis Proc. alisphenoideus proc. orbitosphenoideus proc, praefrontalis Spinae neurales - supraoceipitalis - parietalis — frontalis — nasalis Parapophyses - paroceipitalis - mastoideus — postfrontalis — nonus Pleurapophyses scapula - stylohyoideus - tympanicus - palatalis Haemapophyses proc. coracoideus - ceratohyoideus — articularis — maxillaris Spinge haemales episternum = basihyoideus — dentalis - praemaxillaris Divergirendes Anhängſel Vorderbein od. Floſſe ossa branchiostega operculum - pterygoidei & Der obere oder Neuralbogen des Occipitalwirbels diente dem epencephalon, d. h. der medulla oblongata und dem cerebellum ; der des Parietalwirbels dem mesencephalon oder dritten Ventrikel, den Sehlappen, dem conarium (2) und der hypophysis; der des Frontalwirbels dem prosen- cephalon oder den Hemiſphären des großen Hirnes, endlich der des Naſalwirbels dem rhinencephalon oder den crura und ganglia olfactoria zum Schutze. zygomatici *) Alsdann zeigt der Verf. durch eine Reihe von Bei— ſpielen, wie die Elemente dieſer Schädelwirbel, trotz mannig⸗ faltigen Modificationen, einander, ſowie den Elementen ande rer Segmente des Endoſkelets entſprechen. Ahnliche Homo— logien ſcheinen [hen Ofen und Spir bei den Benennungen: „) In dem Sinne dleſer Theorie haben wir alle Knochen in obiger Ta⸗ belle, mit Ausnahme der Körper (centra), als Apophoſen (processus) aufge⸗ führt. Ser liberfeger. e 151 32. scapula des Kopfes, ilium des Kopfes, femur des Kopfes ꝛc., über welche Cuvier mitleidig lächelte, durchgeführt zu haben. Das Lächerliche oder Incongruente lag aber bloß darin, daß dieſe Namen bereits ſpecielle Modificationen gewiſſer Verte— bralelemente bezeichneten. Für dieſe Elemente ſollte man, wenn man ihrer im Allgemeinen gedenkt, auch einen allge— meinen Namen haben. Hätte Oken z. B. geſagt, das os tympani des Vogels ſei eine pleurapophysis, jo würde ihn Cuvier verſtanden und vielleicht gelobt haben; da er ic) aber des Ausdruckes Schulterblatt des Kopfes bediente, ſo erſchien dies Cuvier völlig unſinnig. Prof. Owen führt ferner Beiſpiele von der Verſchie— bung mancher Vertebralelemente behufs der Erreichung be— ſonderer Zwecke an, z. B. die der Neurapophyſen am Hei— ligenbeine der Vögel, die der Rippen am Ihorax des Men— ſchen ꝛc., wo rückſichtlich der Beziehung ſolcher verſchobenen Theile zu den Wirbeln, denen ſie wirklich angehören, kein Zweifel obwalten kann. Die Verſchiebung des Scapular— bogens vom Occipitalwirbel iſt aber eine ganz ähnliche und nur dem Grade nach verſchiedene Modification. Beim Kro— kodil hat jeder Halswirbel, eben ſo wohl wie jeder Rücken— wirbel, ſeine Rippen, und beim Krokodilembryo ſind dieſe Elemente als deutlich beſondere Theile ſelbſt an dem Lenden-, Heiligenbein- und einigen Schwanzwirbeln wahrzunehmen. Der Oceipitalwirbel würde nur aus ſeinem Centrum und Neuralbogen beſtehen, wenn der lockere und offenbar ver— ſchobene arcus scapulo-coracoideus nicht als deſſen pleura— pophyſiſches und hämapophyſiſches Element erkannt worden wäre. Dieſer Bogen tritt in jedem Wirbelthierembryo zu— erſt dicht am oceiput auf, und bei den Fiſchen, welche den Embryonenſtand der höheren Wirbelthiere repräſentiren, be— hält der Scapularbogen ſeine urſprüngliche und typiſche Ver— bindung mit dem Occipitalwirbel bei. Die allgemeine Homologie der Locomotionsorgane, als Fortbildungen der divergirenden Anhängſel der unteren Wir— belbogen, ward durch Beiſpiele erläutert und der Parallelis— mus in dem Verlaufe der Modificationen aller ſolcher An— hängſel nachgewieſen. Da der Scapularbogen zu dem Schädel gehört, ſo wurde daraus gefolgert, daß die Bruſt- oder vorderen Gliedmaßen, als Anhängſel jenes Bogens, weſent— liche Theile desſelben Segmentes des Skelets ſeien. 10, 152 Aus dem allgemeinen Satze, daß das Skelet der Wir: belthiere aus einer Reihe von weſentlich einander ähnlichen Segmenten beſteht, folgt natürlich, daß man an demſelben Skelete die entſprechenden Theile von Segment zu Segment verfolgen kann. Das Studium dieſer ſeriellen Homologien begann Vice d' Azyr in feinem: Parallelismus der vorde— ren und hinteren Extremitäten. Am Schluſſe ſeiner Abhandlung beſteht Prof. Owen darauf, daß für denſelben Begriff durchgehends derſelbe Name gebraucht werden müſſe, wenn das Fortſchreiten der Wiſſen⸗ ſchaft nicht unnöthigerweiſe gehemmt werden ſolle. (Aus den Verhandlungen der Royal Society zu London, vom 29. Januar 1847.) Miſcellen. 25. Düngende Wirkung der ſalpeterſauren Salze. Thieriſche Stoffe üben einen befördernden Einfluß auf das Pflanzen⸗ wachsthum nur durch die mit ihrer Zerſetzung verbundene Ent⸗ wickelung von kohlenſaurem Ammoniak. Kuhlmann ſtellt die Anſicht auf, daß auch die ſalpeterſauren Salze nur durch Ammoniak⸗ bildung befruchtend wirken, indem fie durch Fäulniß desorpdirt werden. Dieſe Anſicht wird geſtützt einestheils dadurch, daß die Fäulniß, als Desorydationsproceß angeſehen, die kräftigſten Ver⸗ wandtſchaften zu überwinden vermag, anderntheils durch Verſuche, welche eine Desoryvation der Salpeterfäure zu Ammoniak that⸗ ſächlich erweiſen. Bei allen Verſuchen Kuhlmanns iſt Waſſer⸗ ſtoff im Entſtehungszuſtande das desorydirende Mittel. Es bildet ſich nämlich ſalpeterſaures Ammoniak, wenn man Metalle, die ſich auf Koften des Waſſers orydiren können, in ſchwacher Salpeter⸗ füure löſ't, oder wenn man einer Miſchung von Eiſen oder Zink mit Schwefelſäure oder beſſer Salzſäure, Salpeter, ſalpeterſaures Kupferoryd, oder ein anderes ſalpeterſaures Oryd, deſſen Metall durch Eiſen und Zink redueirt wird, zuſetzt. Im letzten Falle findet gar keine Entwickelung von Waſſerſtoffgas Statt; für 1 Aqui⸗ valent gelöftes Zink erhält man 1 Aquivalent reducirtes Kupfer und 1 Aquivalent Ammoniak. (Bibliotheque univers, de Genev., No. 12, 1847.) 26. Wenn man Nachtſchmetterlinge, die bei Tage ruhig ſitzen, mit einer Nadel auf der Stelle anſpießt, ſo bleiben ſie bis zum Eintritte der Nacht ruhig ſitzen; dann fangen ſie an zu zappeln, bis der Tag anbricht, worauf fie wieder in ihren frühe⸗ ren ruhigen Zuſtand übergehen und ſo fort. Bei Tagſchmetter⸗ lingen findet gerade das Umgekehrte Statt. Turner ſchließt dar⸗ aus wohl mit Recht, daß das Zappeln angeſpießter Schmetterlinge 1817 Folge von Schmerzgefühl ſei. (The Zoologist, Jan. 847.) Heil k (XXVII.) Zwei Fälle von Angioleueitis, gegen welche Höllenſteinpomade angewandt wurde. Ge— brauch dieſes Mittels in verſchiedenen Krankheiten. Von Hrn. Jobert (von Lamballe). Erſte Beobachtung. — Wunde am Unter— ſchenkel. Rothlauf. Angioleucitis und ade- nitis inguinalis. Einreibungen mit Höllen— unde. ſteinſalbe. Heilung. Franz Kaiſer, 43 Jahre alt, Drechsler, hatte ſich beim Holzhacken mit der Art in den linken Unterſchenkel gehackt. Die einfache nicht ſehr tiefe Wunde befand ſich an der vorderen und inneren Seite des Unterſchenkels etwa am untern Drittel ſeiner Höhe, und das Inſtrument hatte hart an der inneren Seite der tibia, deren Knochenhäutchen jedoch unverſehrt war, einen Hautlappen gebildet, deſſen feſthängender Theil oberwärts gerichtet war. 153 Der Patient ward an demſelben Tage, wo die Verwundung Statt gefunden, am 6. Nov. 1846, ins Hoſpital St. Louis aufgenommen, und behufs der Vereinigung per primam in- tentionem wandte man an zwei bis drei Punkten die um— wundene Naht an. Der Kranke begab ſich nach Hauſe und ſtellte ſich am 9. Nov. zur Conſultation wieder ein. Die Nadeln wurden ausgezogen, allein die Vereinigung per pri- mam intentionem hatte nicht Statt gefunden. Die Wund— ränder waren etwas geröthet, geſchwollen und ſchmerzhaft. Man verordnete Kataplasmen. Am 11. fand ſich Kaiſer wieder im Hoſpitale ein. Die Wunde eiterte, und die Umgebung derſelben war auf mehrere Centimeter eryſipelatös geröthet. Hr. Jobert gab ihm nun das Bett No. 57 im Saale Saint-Auguſtin. Am 12. bot der örtliche Zuſtand durchaus keine Ver— änderung dar. Allgemeines Unwohlſein; Anorerie; Puls voll, hart, häufig. Hr. J. verordnete Limonade, einen ein— fachen Verband und Beſtreichen des Umkreiſes der Wunde mit Höllenſteinpomade. Faſten. Am 13. hat ſich das erysipelas nicht weiter ausgedehnt; der örtliche Schmerz und die allgemeinen Symptome haben ſich ein wenig gemindert; allein der Patient hat die Nacht über nicht ſchlaſen können und klagt über lebhafte Schmer— zen am inneren Theile des Schenkels und der Leiſten der rechten Seite. Wirklich erkannte man am 14. alle Sym— ptome einer oberflächlichen angioleueitis und adenitis. An der inneren Seite des Beines zeigten ſich viele gewundene roſarothe Streifen, welche dem Laufe der Lymphgefäße ent— ſprachen und hin und wieder mit kleineren eryſipelatöſen Stellen über den oberflächlichen Drüſen beſetzt waren. Dieſe Stellen waren ſchmerzhaft, und die entzündeten Drüſen bil— deten cylindriſche Geſchwülſte. Ferner zeigten ſich in der Inguinalgegend derſelben Seite mehrere geſchwollene und gegen Druck empfindliche Drüſen. Alle geſchwollene oder ſchmerzhafte Stellen wurden mit Höllenſteinpomade beſtrichen. Am 15. hat der Patient die Nacht leidlicher zugebracht und fühlt weniger Schmerz. Dennoch wurde an den fol— genden Tagen die Salbe noch drei Mal angewendet, um die Entzündung völlig zu beſeitigen und die Geſchwulſt ganz zu zertheilen. Am 20. waren alle Complicationen verſchwun— den, und die Wunde bot ein günſtiges Anſehen dar. Un: geachtet des Rothlaufs war der Hautlappen erhalten worden und fing an zu verwachſen. Dennoch fand die vollſtändige Heilung der Wunde erſt am 21. Dec. Statt, und an bie: ſem Tage ward der Kranke, da die Leiſtendrüſen nunmehr völlig ihr normales Volumen angenommen hatten und durch— aus ſchmerzlos waren, aus dem Hoſpitale entlaſſen. Zweite Beobachtung. — Wunden am Fuße. Erysipelas. Angioleueitis und adenitis. Höl— lenſteinpommade. Heilung. Jean Houdard, 18 Jahre alt, Maurer, hat No. 50 des Saales St. Au— guſtin inne. Am 10. Nosbr. 1846 war ihm ein gegen 80 Centner ſchwerer Stein auf den rechten Fuß gefallen. Man hatte ihn ſogleich ins Hoſpital gebracht. Der Fuß war ſtark geſchwollen und bot an der Rückenfläche eine ziem⸗ lich bedeutende Blutergießung, außerdem zwei Wunden, eine 32. II. 10. 154 an der Wurzel der dritten Zehe, die andere am äußeren Rande des Fußes, etwa zwei Zoll vor dem malleolus ex- ternus dar. Der Metatarſalknochen war nicht gebrochen oder zerdrückt, was daher rührte, daß der Fuß, als die ge— waltige Laſt auf ihn fiel, ſich gerade in einer Vertiefung des Bodens befand. Am 10. Nov. beſchränkte man ſich auf Anwendung von erweichenden Breiumſchlägen um den Fuß. Den 11. verordnete Hr. Jobert einen Aderlaß, ſowie die Fortſetzung der erweichenden örtlichen Mittel. Am 13. erſetzte man die Breiumſchläge durch mit Kampherſpiritus befeuchtete Com— preſſen. Am 14. zeigte ſich an der hinteren Seite des Fußes Rothlauf, welcher ſogar ſchon den benachbarten Theil des Unterſchenkels ergriffen hatte. Das einmalige Beſtreichen mit der Höllenſteinpomade reichte hin, den Schmerz zu lin— dern, und das erysipelas auf die bereits ergriffenen Theile zu beſchränken. Am 18. traten neue Symptome auf. Auf der Haut des inneren Theiles des rechten Beines bemerkte man rothe gewundene Streifen, die gegen Berührung ſehr em— pfindlich waren und ſich wie dünne cylindriſche Schnuren anfühlten. Die Leiſtendrüſen der entſprechenden Seite waren geſchwollen und ſchmerzten, wenn man darauf drückte. Es war alſo offenbar angioleucitis und adenitis inguinalis vor⸗ handen. Hr. Jobert ließ die geſchwollenen Drüſen und entzündeten Lymphgefäße mit Höllenſteinpomade reiben. Schon am folgenden Tage hatte ſich der Schmerz in der Leiſte und am Schenkel ſo bedeutend vermindert, daß der Kranke während der Nacht einige Stunden geſchlum— mert hatte. An den folgenden Tagen verſchwanden der Schmerz und die Geſchwulſt der Lymphgefäße gänzlich, allein die Drüſen zeigten ſich, obwohl ſie ebenfalls völlig ſchmerzlos geworden, noch ein wenig geſchwollen. Am 2. December entdeckte Hr. Jobert längs des Laufes der Lymphgefäße drei kleine Absceſſe, von denen der eine unter dem malleolus internus, der andere am inneren und unteren Theile des Unterſchenkels, der dritte am inneren und unteren Theile des Oberſchenkels ſich befand. Sie wur— den mit dem Biſtouri geöffnet, und es lief phlegmonöſer Eiter aus. Am 3. wurden noch zwei kleine Absceſſe wahrgenom— men und ebenfalls geöffnet; einer lag am inneren und oberen Theile des Unterſchenkels, der andere hinter dem con- dylus internus des Schenkelbeines. Die fünf kleinen Absceſſe wurden einfach verbunden und vernarbten bald, und die Cur der Hauptwunden war am 27. December jo weit vor— geſchritten, daß nur noch ein wenig Steifheit bei der Be— wegung des Tibiotarſalgelenkes den Kranken beläſtigte. Abgeſehen von dem Intereſſe, welches die in dieſen beiden Fällen angewandte Behandlung darbietet, hat die angioleueitis bei dem zweiten Patienten einen ſehr merk— würdigen Ausgang gezeigt. Die erſte Wirkung der Ent⸗ zündung der Lymphgefäße iſt bekanntlich die Coagulatlon der Lymphe. Gewöhnlich nimmt das coagulum durch Re⸗ forption an Umfang ab, und das Gefäß behält ſeine nors 155 male Stärke. Zuweilen wird der flüſſigere Theil des coa- gulum reſorbirt, während der feſtere mit den Wandungen des Gefäßes Adhärenzen eingeht und das letztere obliterirt. In ſeltneren Fällen häuft ſich die Lymphe ſtellenweiſe an, dehnt die Wandungen des Gefäßes aus, coagulirt und ad— härirt an jenen. Dieſe coagula gehen alsdann, ſtatt ſich ganz zu zertheilen oder vollſtändig zu verhärten, indem ſie ſich erweichen, don innen heraus in Eiterung über, ſo daß an dem ganzen Laufe der Lymphgefäße hin und wieder kleine Abseeſſe entſtehen. In dem erſten Falle hatte die Krankheit den erſten dieſer Ausgänge gehabt, welcher der gewöhnlichſte und gün— ſtigſte von allen iſt; d. h. die coagula waren reſorbirt wor— den, die Gefäße hatten ihr normales Caliber behalten und die Lymphe ihren gewöhnlichen Lauf wieder genommen. Im zweiten Falle dagegen endigte die angioleueitis mit meh— reren Absceſſen. Die Eiterbildung, welcher die Adhärenz der coagula vorhergeht, hat unter dieſen Umſtänden, wie wir geſehen, weiter keine übelen Folgen, da der auf nur wenige Punkte beſchränkte Eiter nicht ins Blut treten kann. Hr. Jobert wendet übrigens die Höllenſteinpomade ſchon ſeit Jahren gegen verſchiedene Leiden an und zieht dieſelbe den anderen gegen dieſelben Krankheiten gewöhnlich verordneten Medicamenten vor. Dahin gehören die rheu— matiſche arthritis, die weißen Geſchwülſte im Anfangsſtadium, das Phlegmon und ſelbſt die ostitis und periostitis. Auch andere Arzte find dem Beiſpiele des Hrn. Jobert gefolgt, und fo verdanken wir z. B. dem Hrn. Lepelletier fol gende von ihm im J. 1846 geſammelte Beobachtungen. Dritte Beobachtung. — Arthritis mit Höl— lenſteinpomade behandelt. Heilung. Ein Kärr⸗ ner, welcher einen ſehr ermüdenden Marſch gemacht und in Folge desſelben am Tibiotarſalgelenk des rechten Fußes gelitten hatte, ward ins Hoſpital Saint-Louis aufgenommen. Hr. Moiſſenet erkannte eine arthritis mit beträchtlicher Ergie— ßung von Seroſität und wandte dagegen das Beſtreichen mit Höllenſteinpomade an. Nach dreiwöchentlicher Behandlung hatte ſich die Geſchwulſt des Gelenkes völlig geſetzt, und der Kranke konnte es frei und ſchmerzlos bewegen, ſo daß er als geheilt entlaſſen ward. Vierte Beobachtung. — Lupus am Unter— ſchenkel. Erysipelas. Anwendung der Höllen— ſteinpomade. Heilung. Ein Mann ließ ſich in demſelben Hoſpitale wegen eines lupus (2) am unteren Theile des linken Unterſchenkels behandeln. Bald geſellte ſich Roth— lauf dazu, welcher den Unterſchenkel, Oberſchenkel und die Hinterbacke der rechten Seite ergriff. Auch hier wandte Hr. Moiſſenet die Behandlung mit Söllenſteinpomade an, und der Rothlauf ward alsbald gehemmt und die Ent— zündung in ſehr kurzer Zeit vollſtändig beſeitigt. Fünfte Beobachtung. — Weiße Geſchwulſt am rechten Knie, in Folge von acutem Rheu— matismus im Gelenke. Höllenſteinpomade. Heilung. Koſthechi, ein Mann von 28 Jahren, ein von Wahnſinn befallener polniſcher Advocat, gelangte im Bicetre unter die Behandlung des Hrn. Maiſonneuve, 32. II. 10. 156 als er im März 1846 von acutem Rheumatismus im rechten Femorotibialgelenke befallen ward. Man behandelte ihn anfangs kräftig antiphlogiſtiſch, dann mit ſchwefel⸗ ſaurem Chinin. Trotz dieſer etwa 14 Tage lang eingehaltenen Behand⸗ lung zertheilte ſich die Entzündung nicht, und man bemerkte nun folgende Erſcheinungen: das Knie war bedeutend ge⸗ ſchwollen, teigartig und ſo empfindlich, daß der geringſte Druck unerträgliche Schmerzen veranlaßte. Der Unterſchenkel war gegen den Oberſchenkel gebeugt und das Knie bereits auffallend deform, indem das obere Ende des Unterſchenkels nach außen verſchoben war. Die Farbe der Haut war violetrokch. Man fühlte in dem Gelenke fremde Körper, die in einer Flüſſigkeit ſchwammen, welche abgezapft ward und aus mit Blut durchzogenem Serum beſtand. Gegen dieſe weiße Geſchwulſt wurden erſt mehrere kurze Zeit einwirkende Blaſenpflaſter, dann zwei Fontanellen an⸗ gewandt, ohne daß Beſſerung eingetreten wäre. Nun erſt nahm Hr. Maiſonneuve, da er zufällig von der erfolg⸗ reichen Anwendung der Höllenſteinpomade in ähnlichen Fällen Kunde erhalten, zu dieſem Mittel ſeine Zuflucht, und nach 1Atägiger Anwendung vesjelben war der Kranke jo weit hergeſtellt, daß das Knie ſeine normale Form wieder angenommen hatte und er ohne Krücken gehen konnte. Die im Hoſpital Saint Louis angewandte Höllenſtein⸗ pomade wird nach folgendem Recepte bereitet: 30 Grammen Schweineſchmeer, 4, 3 oder 12 Grammen ſalpeterſaures Silber. (Gazette des Höpitaux, 2. et 5. Janv. 1847.) (XXVII.) Über den Einfluß der Wechſelfieber auf die Epilepſie und das Irreſein. Von Hrn. Girard, Dr. M. Schon vor langer Zeit haben andere Forſcher einen gewiſſen Zuſammenhang zwiſchen den Wechſelfiebern und der Epilepſie bemerken wollen, und das Ausſetzen der Anfälle beider Leiden mag wohl zuerſt auf dieſe Anſicht geführt haben. Die unzweifelhaft günſtige Wirkung des ſchwefelſauren Chinins gegen Epilepſie hat dieſelbe beſtätigt. Hr. Girard führt zur Be⸗ kräftigung derſelben folgenden ſehr eigenthümlichen Fall an, in welchem die Epilepſie mit den Fieberanfällen abwechſelte und mit dem Fieber verſchwand. Beobachtung. — Franciſca Charny, 21 Jahr alt, ward am 27. Dec. 1834 in das Irrenhaus von Aurerre gebracht. Sie war epileptiſch. Ihre Krankheit hatte im Alter von ſieben Jahren begonnen, und man ſchrieb dieſelbe dem Umſtande zu, daß man fie genöthigt hatte, jo viel Brannt⸗ wein zu trinken, bis ſie in einen bewußtloſen Zuſtand ver⸗ fiel. Ihre Verſtandeskräfte waren ſehr beſchränkt. Beim Heranwachſen und in Folge der Anfälle ward ihr Charakter bösartig. Als ſie im ſechszehnten Jahre menſtruirt ward, wurden die Anfälle, die früher allmonatlich fünf bis ſechs Mal eingetreten waren, ſeltener und regelmäßig, indem nun jeden Monat nur einer vorkam, welchem ein dumpfes Kopf⸗ 157 weh ein bis zwei Stunden vorherging. Der eigentliche Anfall trat plötzlich ein, indem die Kranke beſinnungslos hinſtürzte und von heftigen Consvulſionen, geräuſchvoller, ſchnarchender Reſpiration, violetter Farbe des Geſichtes und der Lippen, ſtarren erweiterten Pupillen, leichtem Schaume vor dem Munde, Zähneklappen und zuweilen von unwillkür— lichem Abgange des Harnes befallen wurde. Sie ſtieß nie einen Schrei aus. Auf dieſen Zuſtand folgte torpor, ein erloſchener Blick, Kopfweh, und dieſe ſämmtlichen Symptome dauerten etwa zwei Stunden. Der eigentliche Anfall währte fünf bis ſechs Minuten. Am 25. Februar 1840 ward die Charny von ein— tägigem Wechfelfieber befallen, welches fünf Wochen anhielt und während deſſen die epileptiſchen Anfälle durch— aus wegblieben. Das Fieber ward durch China ge— hoben, und alsbald traten die epileptiſchen An⸗ fälle wieder ein. Zu Anfange Novembers 1842 bekam die Charny wie— der das Wechſelfieber, und alsbald ſetzte die Epilep— ſie wieder aus. Jenes ward durch Veränderung des Aufenthalsortes und eine toniſche Diät gehoben, und dieſe traten ſofort wieder ein. Im Auguſt 1844 ftellte ſich das Fieber, und dieſes Mal mit bedeutend ſchlimmeren Symptomen, wieder ein. Die Anfälle waren heftiger. Die Kranke ward ſehr kraftlos, verdaute ſchlecht, und ihr Unterleib ward ſchmerzhaft und auf— gebläbt. Trotz der Anwendung von China unter allen For— men, trotz einer angemeſſenen Diät, körperlicher Bewegung ꝛc., hielt das Fieber bis zum December an, und während dieſer ganzen Zeit kam auch nicht ein einziger epileptiſcher Anfall vor. Mittels einer Maceration von Wermuth und Gamander ward endlich das Fieber ge— hoben, und am 6., 7. und 8. December trat nur noch ein geringes Fröſteln in der Gegend der Wirbelſäule ein; aber am 20. December bekam die Patientin dafür einen epi— leptiſchen Anfall. Im April 1845 kehrte das Wechſelfieber zurück und hielt bis zum Juli an, ohne daß ein epileptiſcher Anfall vorgekommen wäre. Jener ward durch Wer⸗ muth und Gamander gehoben und verſchwand am 2. Juli. Am 15. Juli fand ein epileptiſcher Anfall Statt. Endlich ſetzten die epileptiſchen Anfälle nochmals aus, als ſich während des Septembers und Octobers 1845 das Fieber wieder eingefunden hatte. Dieſes hörte am 28. Oct. auf, der Gebrauch jenes Aufguſſes ward bis zum März des folgenden Jahres fortgeſetzt, und es trat kein neuer Anfall ein. Im April, wo die Beobachtung niedergeſchrieben ward, befand ſich die Kranke noch in demſelben Zuſtande. Indem ſich der Verf. auf die von vielen Arzten ge⸗ theilte Anſicht ſtützt, daß das Wechſelfieber eine Neuroſe ſei, findet er darin die Erklärung dieſer Vertretung der Epi⸗ lepſie durch jene Krankheit, welche zuletzt definitis an die Stelle derſelben trat. Übrigens kann, unſerer Meinung nach, dieſe Erklärungsweiſe höchſtens für dieſen ſpeciellen Fall in Anwendung kommen, indem die Epilepſie in der Regel kei⸗ neswegs dem Wechfelfieber den Platz räumt. Vielmehr brin⸗ 32. II. 10. 158 gen die meiſten Pyrerien die Epilepſie vorübergehend oder ein für alle Mal zum Weichen. Dies haben wir z. B. in Betreff des typhöſen Fiebers beobachtet. Nach dieſem ſetzten die epileptiſchen Anfälle, die früher ſehr häufig geweſen, etwa ein Jahr lang ganz aus, traten dann zu weit von einander liegenden Zeiten ein und verſchwanden endlich ganz. Die Heilung beſteht nunmehr ſchon ſeit fünf Jahren. Wie könnte man nun behaupten, daß in dem von Hrn. Girard be obachteten Falle das Wechſelfieber die Epilepſie dadurch geheilt habe, daß die eine Neuroſe an die Stelle der anderen ge— treten ſei, und nicht durch jenen allgemeineren, aber ſeinem Weſen nach unbekannten Proceß, der bei der Verdrängung der Epilepſie durch andere Krankheiten Statt findet? Dieſen Punkt erledigt Sr. Girard keineswegs. Schließlich führt der Verf. noch eine Beobachtung an, aus der er folgert, daß das Wechſelfieber an die Stelle des Wahnſinnes treten könne und knüpft daran Betrachtungen, gegen die wir das Nämliche einzuwenden haben, wie in Be— treff ſeiner Bemerkungen über die Urſache des Verdrängens der Epilepſie durch das Wechſelfieber. (Gaz. méd. d. Paris, No. 5, 30. Janv. 1847.) (XXIX.) Tertiäre Zufälle der Luſtſeuche; Knochen— brüchigkeit. Von H. J. Venot. Erſter Fall. — Pierre R.. . „ 24 Jahr alt, hatte ſchon mehrere Mal Queckſilberbehandlungen wegen Tripper und Schanker durchgemacht. Als er am 16. Oetbr. 1844 in das Spital der Syphilitiſchen zu Bordeaur auf— genommen wurde, hatte er zwei große ſpeckige Geſchwüre auf den Schultern, bis auf die Vorderarme von linſenförmi— gen Syphiliden umgeben, und einen Knochenauswuchs auf dem Rande des linken Schienbeines; endlich eine lebhaft entzündete erodirte Stelle an der Scheidewand der Naſe und der Oberlippe. Potaſſium-Jodur, bis zu 3 Grammen täglich geſtei— gert, hatte das Ausſehen der Verſchwärungen auf den Schul⸗ tern ſehr ſchnell verbeſſert, die Syphiliden blaß gemacht und den Knochenauswuchs vermindert, als, am 9. Noobr. desſelben Jahres, R. . .., beim Umdrehen auf feinem Lager, in ſeinem rechten Knie ein Krachen fühlte. Obgleich im Augenblicke des Zufalles ſelbſt kein Schmerz bemerkt wurde, zeigte ſich dieſer, ſobald Pat. ſtehen wollte, was ihm unmöglich war. Den folgenden Tag erkannte man einen Bruch der Knieſcheibe mit beträchtlichem Außeinanderweichen der Bruchſtücke. Man erhielt die in ihre Verbindung zurückgebrachten Knochenfragmente in Verbindung, während man bis zum 15. Dec. das Potaſſium-Jodur höchſtens bis zu 3 Grm. täglich fortſetzte. Man erlangte auf dieſem Wege das gänz— liche Verſchwinden der ſyphilitiſchen Erſcheinungen, eine ſehr regelmäßige Heilung des Knochenbruches mit Beſſerung der Kräfte und des Allgemeinbefindens. Zweiter Fall. — Jeanne O. . „ 28 Jahr alt, kam den 15. Febr. 1845 in das Hoſpital mit tertiären, 159 39, ſtark ausgeprägten Symptomen, wie eiternde Syphiliden, graue Geſchwüre am Gaumenſegel, breiten, feuchten Puſteln u. ſ. w. Man unterwarf ſie der Anwendung einer ſtren— gen arabiſchen Behandlung, womit man einige Jodbäder verband. Durch den Gebrauch dieſer Heilmittel verbeſſerte ſich das örtliche Übel augenſcheinlich, und es trat eine nicht minder günſtige allgemeine Anderung ein. Am, 27. Februar machte die Kranke, als ſie den linken Urmel ihres Kleides anziehen wollte, eine vielleicht etwas zu raſche Bewegung halber Umdrehung mit dem Arme, den ſie beklei— den wollte und brach das entſprechende Schlüſſelbein. Man legte den geeigneten Verband an, immer dabei mit der anti— ſyphilitiſchen Behandlung fortfahrend. Die Heilung war am 24. März vollendet. Dritter Fall. — Eugénie B. kam am 19. Jan. 1846 in das Hoſpital. 27 Jahr alt, hatte dieſe Frau nur zwei ziemlich gutartige Schanker vor vier oder fünf Jahren gehabt; ſie war deßhalb, aber unregelmäßig, behandelt wor— den; innerlich hatte ſie nur Saſſaparillendecoet genommen. Seitdem hatte ſie, anfänglich jedes Jahr im Frühlinge und im Herbſte, eine rhinitis, ſpäter einen Ohrfluß. Nach und nach ergriff der Beinfraß die Knochen der Naſe; endlich zeigte ſich ein allgemeiner Puſtelausſchlag, der alle Kenn— zeichen der Luſtſeuche darbot. Zu gleicher Zeit waren Ab— magerung, leibliche und geiſtige Erſchlaffung, trockener Huſten und beinahe fieberhafte Häufigkeit des Pulſes dazu gekommen. Hr. Védiot oerſchrieb Eiſenprotoiodur Syrup, China— aufgüſſe, Bäder aus Thierleim und Schwefel (bains gela- tino-sulfureux), ſtärkende Nahrung, ein wenig Bordeaur— wein. In acht Tagen ging es ſchon etwas beſſer. Am 3. Febr. ſtellte eine Krankenwärterin beim Niederſetzen des Verbandkaſtens auf das Bette dieſer Kranken denſelben ge— rade, aber doch ohne Gewalt, auf deren Schenkel und brach ihr das Oberſchenkelbein, wie ſie eine unter den Decken befind— liche Glasröhre zerbrochen haben würde. Der Bruch be— fand fi) an dem oberſten Dritttheile; er war wenig ſchmerz— haft und ward ſogleich eingerichtet, was keinen Schmerz verurſachte. Aber die Kranke verfiel aus Furcht, ihre anderen Knochen auch zu brechen, in einen Zuſtand von Fühlloſig— keit, der das Fieber vermehrte; Durchfall, Huſten, Aus— wurf, nächtliche Schweiße geſellten ſich dazu; endlich fand, obgleich man den Verband abgenommen hatte, der Tod am 27. Febr. Statt. 160 ſes war noch kein Heilungsproceß zwiſchen beiden Bruch⸗ ſtücken eingetreten. Das Knochenſyſtem hatte, wie man fand, geringe Feſtigkeit. Die leichteſte Drehung der Rippen reichte hin ſie zu zerbrechen. Die ſogenannte dichte Sub⸗ ſtanz der Knochen der Extremitäten widerſtand ſo wenig, daß bei einem Zuge am rechten Arme, um die Leiche auf- zuheben, der radius und cubitus zerbrachen. (Gazette med. de Paris, 1847, tome 2, no. 6.) Miſcellen. (25) Von der Anwendung des phosphorſauren Ammoniums gegen Gicht und Rheumatismus rühmt Dr. Buckler glückliche Erfolge. Er legt denſelben, wie man aus den von ihm mitgetheilten Beobachtungen ſehen kann, vornehmlich folgende theoretiſche Vorſtellung zu Grunde. In der Zeit der Ab⸗ nahme eines heftigen Anfalles von Gicht oder Rheumatismus ent⸗ hält der Harn einen Überſchuß an Harnſäure; auch erfolgen bei dieſen Krankheiten in den Geweben Niederſchläge von Soda- und Kalkſalz. Iſt es daher nicht möglich, daß während der Krankheit die Harnſäure mit der Soda und dem Kalke eine unlösliche und der Entfernung durch den Harn und die Haut unfähige Zuſammen⸗ ſetzung bilde? Es wird ſich alſo darum handeln, eine Subſtanz zu finden, die im Stande iſt, die unlöslichen Salze in zwei lös⸗ liche Salze zu verwandeln. Man würde hier dem Fieber; und allen anderen Zufällen vorbeugen, welche die Gegenwart fremd⸗ artiger nicht entfernbarer Stoffe in der Okonomie nach ſich zieht. Nun aber kann das phosphorfaure Ammonium mit den unlöslichen harnſauren Salzen zwei Salze bilden, ein Sodaphosphat, das wirk⸗ lich löslich iſt und ein harnſaures Ammoniakſalz, das es nicht nicht minder iſt. — Wir glauben nicht, daß das ſchwefelſaure (2) Ammonium je zu dem Zwecke und mit der Abſicht angewandt worden iſt, wie ſie eben angeführt wurde. Wir fragen bei dieſer Theorie nur, was aus dem Kalke wird. Es iſt ſonderbar, daß der Verfaſſer nicht daran zu denken ſcheint; dennoch iſt es ein ſehr wichtiger Beſtandtheil der chemiſchen und therapeutiſchen Aufgabe. (Gazette medic. de Paris, tome 2, no. 8. Nach dem American Journal of the medical sciences 1846.) (26) Nach ſtatiſtiſchen Ermittelungen find zu Paris von 1825 bis 1846 (alſo in 21 Jahren) 33 Medicinſtudirende in Folge von Verletzungen beim Seciren an typhöjem Eiterfieber geſtorben. Uber- haupt hat ſich ergeben, daß, während zu Paris in demſelben Zeit⸗ raume die Sterblichkeit bei den Studirenden des Rechtes 1: 80, bei den Zöglingen der polytechniſchen Schule = 1 : 75, bei den Schülern der Seminarien = 1: 70 war, die Sterblichkeit unter den Mediein Studirenden immer ſtärker war als 1: 50. Man erinnert ſich dabei, daß die mittlere Lebensdauer der Arzte über⸗ haupt zu den niedrigſten gehört, die bis jetzt ſtatiſtiſch ermittelt wor⸗ den ſind. (Gaz. méd. de Paris, No. 15.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Hoeven, J. van der, Handbuch der Zoologie. Nach der zweiten, verbeſſerten und vermehrten holland. Aufl. ins Deutſche über: ſetzt von J. Moleſchott. 1. Bd. 1. Lieferung. gr. 8%. Geh. Düſſeldorf 1847. Binswanger, L., pharmacologiſche Würdigung der Borſäure, des Borar und anderer borſaurer Verbindungen. gr. 8%. 1847. 1 8 age, 1847. E ruber, W., Beiträge zur Anatomie, Phyſiologie und Chirurgie. 1. Abth. 4. Geh. Prag 1847. N 8 A Manual of the Principles and Practice of Ophthalmie Medicine and Surgery. By T. Wharton Jones, F. K. S. 12°. (pp. 606, cloth, 12 sh. 6d.) London 1847. Rohatzſch, R. H., Handbuch für die Phyſikatsverwaltung. 2 Theile in 1 Bde. 2. Aufl. gr. 8°. Geh. Augsburg 1847. De la Lithotripsie sans fragmens au moyen des deux procedes de l’extraction immediate ou de la puiverisation immediate des pierres vesicales par les voies naturelles, appuyes d'un grand nombre de faits pratiques; par le baron Heurteloup. In 8°. de 23 feuilles, plus 2 pl. Paris 1847. Memoire sur la fievre typhoide et sur son traitement abortif; par J. L. Lambert. In 8°. d'une feuille . Paris 1847. Lettre sur le traitement des fievres intermittentes de l’Algerie, adressce à M. le docteur Gouraud pere par F. C. Maillot. In 8° d’une feuille. Lille 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von tem Gr. S. Ob. Mer. Rtb. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitichrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. N. Froriep zu Weimar. No. 33. (Nr. 11. des II. Bandes.) Mai 1847. Druck unt Verlag des Landes -Intuſtrie-Compteirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XVIII. über die Geſchlechts- und Harnorgane der dauernd geſchwänzten Batrachier (Urodela). Von Hrn. Duvernoy. (Im Auszuge.) Die Unterſuchungen des Verfaſſers betreffen zuvörderſt die zum Secerniren der Samenfeuchtigkeit beſtimmten Organe, die er ſpermatogeniſche Drüſen nennt. Bekanntlich ſind bei faſt allen Wirbelthieren die Hoden doppelt vorhanden, aber nicht durchaus von derſelben Geſtalt, wiewohl ſie der Länge nach zu beiden Seiten der Wirbelſäule liegen. Dies hatte auch bereits Funk in feiner Anatomie des gemeinen Sala— manders genügend dargethan. Dieſe Bildung weicht übri⸗ gens bei verſchiedenen Species, ja ſelbſt, je nach der Nähe oder Ferne der Begattungszeit, bei denſelben Individuen ab. Bei einigen Arten, z. B. beim ſchwarzen Alpenſalamander, iſt der Teſtikel einfach, beim gemeinen gelbgefleckten Sala— mander dagegen immer getheilt. Mit den Tritonen verhält es ſich ganz ähnlich. Bei Triton alpestris und T. taeniatus iſt dieſes Organ einfach; bei T. igneus und T. eristatus mehr oder weniger tief eingeſchnitten oder lappig. Von jedem dieſer Lappen gehen beſondere Canäle aus. Ihre Farbe, welche bald graulich, bald gelblich, röthlich oder ſehr dunkel iſt, hängt, wie Hr. Duvernoy gefunden hat, von der mehr oder weniger fortgeſchrittenen Entwickelung der in ihnen ent— haltenen Spermatozoiden ab. Um dieſe gelappten Portionen her, welche zuſammen den Teſtikel bilden, bemerkt man ein mehr oder weniger reichliches fettiges oder thraniges Gewebe, welches, Hrn. Du⸗ vernoy zufolge, zur Ernährung der Spermatozoiden be: ſtimmt iſt. Bei dieſer Gelegenheit ſtellt der Verf. ihm eigenthüm⸗ liche Betrachtungen uͤber die Structur und Functionen der Teſtikel oder ſpermatogeniſchen Drüſen der Wirbelthiere über: No. 2013. — 913. — 39. haupt an. Nach ihrer innerſten Structur bringt er fie in drei Hauptabtheilungen. Die erſte, welche die Teſtikel der Säugethiere, Vögel und höheren Reptilien enthält, bietet die zuſammengeſetzteſte Structur dar. Hier hängen die Se— cretionscanäle deutlich mit den Greretionsgängen zuſammen, und in den letzteren findet man die Zellen, in denen die Spermatozoiden erzeugt werden. In die zweite Abtheilung gehören die niederen Reptilien, z. B. die Batrachier. Hier finden ſich die erzeugenden Zellen, welche Hr. Duvernoy primäre nennt, in der innerſten Structur der Drüſe ſelbſt. Dieſe beiden erſten Abtheilungen bieten ſtets ſecernirende Samencanäle dar, welche ſich zu einem einzigen vas deferens vereinigen, das direct oder unter Dazwiſchenkunft einer epi- didymis in die Harnröhre oder in einen der Ureteren ein— mündet. Letzteres iſt bei den ungeſchwänzten, erſteres bei den geſchwänzten Batrachiern der Fall. In der dritten Ab— theilung endlich findet man keine ſamenleitenden Gefäße mehr, ſondern die die Spermatozoiden erzeugenden Zellen commu— niciren direct mit der Bauchhöhle, und die Milch- oder Sa— menfeuchtigkeit tritt durch Canäle, welche das Bauchfell durch— ſetzen, heraus, wie z. B. bei den Aalen und Lampreten. Aus den Unterſuchungen des Hrn. Duvernoy ergiebt ſich, daß die ſpermatogeniſchen Drüſen der Salamander in regelmäßige Fächer getheilt ſind, welche mit Waben Ahn— lichkeit haben, deren Zellen durch Ausbreitungen der mem- brana albuginea gebildet werden. Die Blutgefäße dringen in dieſe Primärzellen ein, und dieſe enthalten andere kleinere Zellen, in welchen die Spermatozoiden ſich entwickeln. Dies Alles, ſowie die fortſchreitende Ausbildung der Spermato— zoiden, iſt durch treffliche Abbildungen erläutert. Die Ge— ſtalt der Samenfäden iſt höchſt eigenthümlich. Der zweite Theil der Abhandlung enthalt eine ins Ein— zelnſte gehende Beſchreibung der Cloake oder der Höhle, in welche die Producte der Generationstheile und die Erxcremente 11 165 aufgenommen werden. Hr. Duvernoy hält dafür, daß dieſes Organ, welches beide Geſchlechter der Salamander beſitzen, eigends zum Begattungsacte beſtimmt ſei. Bei dem Weibchen der Tritonen iſt dasſelbe übrigens anders gebildet, als bei dem Männchen, bei welchem die Harnleiter oder Ure— teren als eine Fortſetzung der vasa deferentia gelten können, indem ſich, namentlich zur Begattungszeit, ihr Ende ganz und gar mit den Samengängen verſchmilzt. Sie repraſen⸗ tiren die Samenbläschen der übrigen Wirbelthiere, welche Anſicht ſchon Rathke und Müller ausgeſprochen haben. Dagegen haben bei den Weibchen die Ureteren in ihrem ganzen Verlaufe nicht die geringſte Communication mit den Oviducten. Die Cloake der Batrachier mit perſiſtirenden Schwänzen (Urodela) öffnet ſich unter dem Schwanze in einer Längs— ſpalte mit aufgeworfenen Lefzen, die ſich auf einer ovalen Hervorragung der Integumente befindet, welche, insbeſondere bei den Männchen, zur Begattungszeit ſehr lebhaft gefärbt und dicht mit rundlichen Wärzchen beſetzt ſind, die bei den verſchiedenen Species eine ſehr abweichende Beſchaffenheit dar— bieten *). Hr. Duvernoy hat die in der Cloake enthaltenen Theile bei den Salamandern und fünf Tritonarten ſehr ge⸗ nau beſchrieben, und insbeſondere die Geſtalt und Structur einer Art von penis dargelegt, welche ſchon Dufay beim gemeinen Salamander beobachtet hat. Bei allen Männchen der Urodelen liegt dieſes Organ, wenn es nicht hervorgetre— ten iſt, in einer im unteren Theile der Cloake befindlichen Falte, welche eine beſondere Kammer bildet, deren Geſtalt und Größe ſich ändert. Wenn der penis hervorragt, ſo nimmt er ſich wie ein Pilz oder Nagel mit breitem Kopfe aus, deſſen Oberfläche mehr oder weniger faltig iſt. Er ſcheint an das os pubis angeſetzt, wie dies mit den corpora cavernosa der Säugethiere der Fall iſt. Auch beſchreibt der Verf. ausführlich zwei Arten häufig mit einander verbundener Drüfen, welche an den Wandungen der oberen Kammer der Cloake liegen und die er als achte prostatae betrachtet. Alle dieſe Theile werden vergleichend bei den Männchen und Weibchen beſchrieben. Den letzteren fehlen die Organe, welche zur Erzeugung der Samenfeuch— tigkeit, der Spermatozoiden, ſowie zur Beförderung der Be⸗ fruchtung beſtimmt ſind. Die Akademie der Wiſſenſchaften zu Paris beſchloß, dieſe wichtige Arbeit des Hrn. Duvernoy in den Memoires des savants etrangers abdrucken zu laſſen. (Comptes rendus des seances de l’Acad. d. Sciene., 21. Dec. 1846.) XIX. über gewiſſe vereinzelt ſtehende Felſen auf Barbados und über die Natur des Schwamm⸗ ſteines (Agaric- mineral)“ “). Von John Davy, M. D. Auf Barbados finden ſich große Maſſen hie und da ver— einzelt ſtehender Felſen von Korallen und Muſchelkalk, nament⸗ „) Vom Axototl hat man ſogar gejagt: Vulvam habet mulieri simillimam. **) Pietra fungaja der Italiener. 33. II. 11. 164 lich iſt dies an der Nordoſtkuͤſte der Fall, die ihrer Schich⸗ tung nach zur alten rothen Sandſteinformation oder wenig⸗ ſtens zur neuen rothen Sandſteinformation gerechnet werden können und mit dem anderen größeren Theile der Inſel und mit den Felsmaſſen, die man für ihre Repräſentanten an⸗ ſehen kann, merkwürdig contraſtiren. Dieſe beiden Theile werden durch eine Grenzlinie von Klippen, die ihrer Stru— ctur nach den vereinzelten Felſen ähnlich ſind, geſchieden; man hat vermuthet, daß die letzteren Maſſen von dieſen Klippen herrührten, ſich von ihnen gelöſ't hätten und auf irgend eine Weiſe dorthin befördert wären: dies kann für einzelne Fälle, wo ſie ſich tiefer als dieſe Klippen und nur einige Meilen von ihnen entfernt vorfinden, kaum bezweifelt werden. Dagegen trifft man dieſe getrennten Maſſen auch auf höher gelegenen Gegenden, auf Hügeln, die mit tiefen Thã⸗ lern abwechſeln: niemals würden ſie bier durch die Schwer⸗ kraft ihres Falles allein über dieſe Tiefen hinweggekommen ſein. Man muß daher entweder annehmen, daß dieſe Maſſen ſich früher abgelöſ't haben, als die Thäler entſtanden ſind, oder, daß außer der vorhin erwähnten, noch andere Kräfte thätig geweſen; ob dies durch die Gewalt des Eiſes oder eines Vulcanes geſchehen, möchte ſchwierig zu beſtimmen ſein. Dieſe getrennten Felſen, meiſtens mit wilden Pflanzen bedeckt, gewähren durch ihre ſchroffen, oft caſtellähnlichen Sei⸗ ten der Landſchaft ein maleriſches Anſehen, das beſonders gegen die einförmigen Flächen reicher Zuckerrohrfelder hervor: tritt. In zwei oder drei Fällen findet man ſie am Ufer der See, dort aber machen ſie ſich, unzweifelhaft durch den Salz⸗ gehalt des Seewaſſers, der ſie umſpült, durch ihren Mangel an Pflanzenwuchs bemerkbar. An der Küſte, in der Gemeinde St. Joſeph, nabe der Mündung des Jolfluſſes, findet ſich eine ſolche Maſſe: ſie mag über 50 Fuß hoch ſein, ihr Umfang mißt am Grunde 73 Schritt oder mehr als 109 Fuß. Wenn die Fluth, die hier von 2 bis auf 3 Fuß ſteigt, hoch iſt, wird ſie von den Wellen erreicht, die ihren Grund abſpülen. An der Landſeite iſt dieſe Wirkung unbedeutend, aber an der See⸗ ſeite iſt fie fo beträchtlich, daß die Steinmaſſe ein überhän⸗ gendes Dach bildet, unter dem Dany ſtehen konnte, und das ſo ſchön ausgeſpült war, daß, wäre das Maß der Abnutzung für eine gegebene Periode bekannt, man vielleicht mit einiger Sicherheit beſtimmen könnte, wie lange die Wellen hier ihr Spiel getrieben. Ein einzelner Strauch wächſ't auf ihm und iſt meiſtens vom Schaume der See bedeckt. An der Südſeite dieſer Steinmaſſe findet ſich in einigen ſeichten Vertiefungen und Riſſen, wo unſtreitig dom Regen herrühren⸗ des Waſſer durchſickert, ein grüner oder an weniger den Sonnen⸗ ſtrahlen ausgeſetzten Stellen ein ſchwarzer Schimmel (mucor), mit einer weißen Subſtanz vermiſcht, die den Charakter des Schwammſteines beſitzt. Dieſe Subſtanz iſt rein weiß, undurchſichtig, getrocknet leicht, leicht zerbrechlich und krümelig. Unterm Mikroſkope beſteht dies Pulder aus zufammengebäuften kugeligen Maſſen und Theilchen von ½000 — 1500 Zoll im Durchmeſſer, ähnlich den organiſchen Kügelchen, die ſich nach einer entzündlichen Krankheit häufig in der Lunge und anderen Theilen finden. 165 Chemiſch unterſucht beſtand es hauptſächlich aus kohlen— ſaurem Kalke, mit wenig kohlenſaurer Magneſia, ein wenig Kieſelerde und vegetabiliſchen Stoffen. Die Ahnlichkeit dieſer Subſtanz mit dem Schwamm⸗ ſteine läßt vermuthen, daß derſelbe durch gleiche Urſachen und Umſtände entſtehen mag; nämlich durch das Abſetzen des kohlenſauren Kalkes auf niederen Pflanzen, die, ſelbſt zum Zerfallen geneigt, vielleicht ſogar einen Theil des kohlen— ſauren Kalkes hergeben; eben jo mag es ſich mit der kohlen— ſauren Magneſia und der Kieſelerde beim Zerſetzungsproceſſe verhalten. Ein Theil des grünen Schimmels, den Davy ablöſ'te, ward, der Sonne ausgeſetzt, weiß, woraus ſich die vollkommene Weiße dieſer Incruſtation, obgleich ſie noch eine geringe Menge vegetabiliſcher Materie enthält, erklärt, und deren Gegenwart die leichte und körnige Beſchaffenheit ihrer Structur bedingen mag. In einer ſchwachen Säure gelöſ't, binterblieb etwas dieſes Stoffes, der auf Ammoniak— zuſatz einen grünlichen Anflug bekam. Ward der Kalk aus dieſer Löſung durch doppelt kohlenſaures Ammoniak gefällt, ſo hängte er ſich nicht, wie gewöhnlich, an die Wände des Glaſes oder an den Glasſtab, und beſtand unterm Mikroſkope aus Kügelchen von 000 bis 4000 Zoll im Durchmeſſer. Schon früher hat Da oy darauf aufmerkſam gemacht, daß die Gegenwart organiſcher Materie in einer Auflöſung die Ab— ſcheidung eines kryſtalliſirbaren Salzes in Kryſtallform verhin— dere, z. B. die phosphorſaure Ammoniaktalkerde, und hat dies zur Erklärung des amorphen Zuſtandes, in welchem Harn— ſteine häufig vorkommen, benutzt. Dasſelbe mag auch in vielen Fällen beim kohlenſauren Kalke Statt finden und die eigenthümliche Form der Kreide, die in ihrer Structur dem Schwammſtein ſehr ähnlich, bedingen. Direct angeſtellte Ver— ſuche, aus Kalklöſungen, mit thieriſchen oder vegetabiliſchen Aufgüſſen vermiſcht, den kohlenſauren Kalk zu füllen, gaben zweideutige Reſultate; — einige ſprachen für, andere gegen dieſe Anſicht. Alle bekannten Thatſachen ſcheinen ſie indeß zu begünſtigen. Der reinſte, von allen Unreinigkeiten freie Sand liefert den feſteſten Mörtel. Der kohlenſaure Kalk des Seewaſſers findet ſich nicht an Seegewächſen abgelagert, nur am Ufer, wo durch die Flüffe vom Lande Unreinigkeiten herabgeführt werden; nicht aber an Küſten, wo das Waſſer klar, der Sand rein iſt und ſich die Wogen heftig brechen, — Alles ſowohl für die Abſchei⸗ dung des kohlenſauren Kalkes, durch den Verluſt der ihn löslich machenden freien Kohlenſäure, als für die Kryſtalli⸗ fation günſtige Umftände. In alten Gebäuden findet man bisweilen einen Cement aus kohlenſaurem Kalk von unge wöhnlicher Reinheit und von kreideartiger Feinheit und Ge— füge; ſchon früher habe ich gewagt, dies auf die Reinheit des Materials zu ſchieben. Bedenkt man nämlich, daß der Kalkmörtel ohne Sand zuerſt aus Kalkhydrat beſteht und unterm Mikroſkope körnig iſt, ſo wird dies mehr für eine amorphe als kryſtalliniſche Beſchaffenheit des kohlenſauren Kalkes ſprechen, während das Umgekehrte Statt finden wird, wenn ſich kohlenſaurer Kalk rein und unvermiſcht aus einer Auflöſung abſcheidet. Die Spuren organiſcher Materie, die gewöhnlich in der Kreide, entweder deutlich in den Über: 33. II. 11. 166 bleibſeln der Kieſelpanzer der Infuſorien, oder undeutlich, aber durch einen grauen Anflug beim Erhitzen kenntlich, ge⸗ funden werden, können ebenfalls zur Beſtätigung der Anſicht dienen, daß organiſche Materien die Abſcheidung des kohlen— ſauren Kalkes in Kryſtallform verhindern. (Edinburgh new philosophical Journal, Octob. 1846.) XX. über den Einfluß, welchen ein Zuſatz von Kochſalz zum Futter auf das Wachsthum des Viehes ausübt). Von Bouſſingault. Man weiß, mit welcher Begierde das Kochſalz von den Pflanzenfreſſern aufgeſucht wird; und auf den großen Weide⸗ plätzen von Europa und Südamerica ſieht man dieſes Salz als ein unentbehrliches Erforderniß für die Viehzucht an. Dasſelbe enthält auch ein Element, das Natrium, welches ſich in allen thieriſchen Fluͤſſigkeiten wiederfindet, ſo daß man vom phyſtologiſchen Standpunkte aus darin ein kräf— tiges Mittel zur Erhaltung der Geſundheit erblicken muß. In dieſem Umfange habe ich den Nutzen des Kochſalzes immer anerkannt, aber ich konnte die allzugünſtigen An⸗ ſichten von ſeiner ernährenden Kraft nicht gerechtfertigt finden, um ſo weniger, als man nirgends eine erfahrungsmäßige Begründung derſelben antrifft. Um zu erfahren, welchen Einfluß das Kochſalz auf die Ernährung ausübt, wählte ich 6 Stiere von ziemlich gleichem Alter und Gewicht und brachte ſie in zwei Abtheilungen: 1. Abtheilung. 1 5 Monate alt, wog nüchtern am 1. Oct. 1846 C. 7 5 145 Gewicht der ganzen Abtheilung . R x . 416 Kilogr. Berechnet zu 3 % des Gewichtes erhielt dieſe Abtheilung als Futter täglich: Vom 1. Oct. — 25. Oct. 13 Kilogr. Heu und Grummet. Vom 26. Oct. — 13. Nov. 14 - 3 48 5 „In den 44 Tagen des Verſuches hatte dieſe Abtheilung 591 Kilogr. Futter conſumirt und täglich 102 Grammen Salz, alſo 34 Grammen auf das Stück, erhalten. 2. Abtheilung. A. 10 Monate alt, wog nüchtern am 1. Oct. 140 Kilogr. B. 87 * * e e * s . 135 s C. 1% ee, . . Gewicht der ganzen Abtheilung H R 4 407 Kilogr. Berechnet zu 3 % des Gewichtes erhielt dieſe Abtheilung täg— liches Futter: Bom 1. Oct. — 25. Oct. 12,5 Kilogr. Heu und Grummet. Vom 26. Oct. — 13. Nov. 13,5 R 5 In den 44 Tagen des Verſuches hatte fie erhalten 569 Kilogr. Futter, ohne Salzzuſatz. Am 13. Nov. wog die erſte Abtheilung: A. 165 Kilogramm; folglich Gewichtszunahme 23 Kilogr. B. 158 - : . MH ', 6. 157 . . . 12 480 Kilogramm; folglich Gewichtszunahme 46 Kilogr. ) Ann. de Chimie et de Ph. Tom. XIX. p. 117-125. 5 124 Kilogr. 147 167 Am 13. Nov. wog die zweite Abtheilung: A. 146 Kilogramm; folglich Gewichtszunahme 6 Kilogr. B. 154 s = s 1 C. 152 . : : 20 452 Kilogramm; folglich Gewichtszunahme 45 Kilogr. Der Zuſatz von Kochſalz bei ſonſt gleicher Nahrung hatte alſo keinen bemerkbaren Einfluß auf die Gewichtszunahme gehabt, denn: 100 Kilogr. Futter mit Salzzuſatz hatten 7,8 Kilogr. Gewichts— zunahme erzeugt. g . 100 Kilogr. Futter ohne Salzzuſatz hatten 7,9 Kilogr. Gewichts— zunahme erzeugt. : 8 j Übrigens waren die Stücke beider Abtheilung im beiten Geſund— heitszuſtande geblieben. 4 3 Bi Wie vorauszufehen war, hatten die Thiere, welche täglich 34 Grammen Salz erhielten, viel mehr getrunken; dies zeigt die fol— gende Tabelle: Täglich genoſſenes Waſſerquantum in Litern: 1. Abtheilung. 20. October Abends und 21. Morgens 44 Durchſchnitte: 21 * E 22 = A3RrA 222 = e 36 2. November = 1 = 5 4 . e enn 40,5 5. E E z 6. E 50 9. = 2 10 = 54 ö 10. = = II. 31 42 11. A 2. Abtheilung. 20. October Abends und 21. Morgens 20 2 = 22. 5 45 32 22. ae u = November = = 4 = 25 4. eee 31,33 93 6 = 25 9. 5 z 10. = 37 10. = . 11 = 36 * 35,33 11. - a 112 . 33 Die erſte Abtheilung im Durchſchnitt täglich 41,16 Liter, die zweite 32,86, alſo 8,3 weniger getrunken. Ein wichtiger Umſtand bei der Ernährung iſt die Geſchwindig— keit, womit ein beſtimmtes Gewicht Futter verzehrt wird. An Futter wurde verzehrt von der erſten Abtheilung: 12 Kilogr. Heu und Grummet in 3 St. 15 Min. 13 Heu En ce; e 11 Grummet 2 40 1A "= Heu 3 59 14 Grummet 2 2 14 Heu und Grummet = 3 20 14 7: Heu ne 14 Heu 3 15.3 An Futter wurde verzehrt von der zweiten Abtheilung: 12 Kilogr. 500 Gramm Heu und Grummet in 3 St. 5 Min. 11 500 = Heu e e 1 500 € Grummet 8 13 500 : Heu 11 1 13 500 Grummet la ut = 13: 500 = Heu und Grummet = 3 = 5 13 500 E Heu 3 „ 13 500 = Heu 4 O0 Daraus ergiebt ſich, daß dieſelbe Quantität, welche von der zweiten Abtheilung in 3 Stunden 37 Min. verzehrt wurde, 33. II. 11. 168 von der erſten Abtheilung in 3 Stunden 22 Minuten würde verzehrt worden ſein; das Salz ſchärft alſo den Appetit. Während der Verſuche traf es ſich, daß das Futter eines Tages von ſehr ſchlechter Beſchaffenheit war. Es wurde von den 60 Thieren im Stalle mit dem äußerſten Widerwillen genoſſen; alle Thiere hatten davon in der Krippe zurückgelaſſen, mit Ausnahme der 3 Stücke der erſten Abthei⸗ lung, welche es ganz verzehrten. Dieſer Umſtand iſt bei der Anwendung von verdorbenem Futter praktiſch wichtig. Bei der Wirkungsloſigkeit des Salzes für die Ernäh⸗ rung nach dieſen Verſuchen iſt noch ein Umſtand wohl zu beachten. Das Futter enthält namlich in ſeiner Aſche ſelbſt Chlornatrium. Dieſes mag für die Zwecke der Ernährung völlig hinreichend fein, und die ernährende Kraft des Koch— ſalzes überhaupt nur bis zu einer gewiſſen Grenze geſteigert werden können. Das angewandte Heu hinterließ 6 9% Aſche, und dieſe enthielt 4,3 % Chlornatrium. Täglich erhielt alſo jedes Thier ſchon mit dem Futter (durchſchnittlich 43 Kilogramm 31 Gramm.) 11 Gramm Kochſalz und außerdem mit 11 Liter Waſſer etwa 1 Gramm. Es ſcheint alſo, daß 12 Gramm Kochſalz für ein Thier don 150 Kilogr. Gewicht völlig hinreichend ſind. Im Allgemeinen macht man fich keine genaue Vorſtellung von den Salzen, welche mit den Nahrungsmitteln zugeführt werden; jo verzehrt eine Milch⸗ kuh täglich 18 Kilogr. Heu von der oben angegebenen Art und erhält damit 46 Gramm Kochſalz. Der Kochſalzgehalt der Futtergewächſe iſt aber, ſo viel wir jetzt davon wiſſen, ſehr verſchieden, und für dieſelben Futtergewächſe iſt er nach der geognoſtiſchen Beſchaffenheit des Bodens, der Art der Düngung und des benetzenden Waſſers wieder verſchieden. Daraus erklären ſich die wider⸗ ſprechenden Angaben über die Salzmenge, welche dem Futter mit Vortheil zugeſetzt werden ſoll. 100 Kilogr. Futter enthalten Kochſalz in Grammen: Elſaß. Deutſchland. Elſaß. Deutſchland. 5⁵ Wieſenheu — Maiskörner Spur = Trockner Klee 261 — Saubohnen 35 75 = Luzerne — 169 Erbſen 5 14 Erbſen, in der Blü⸗ Schminkbohnen 6 — the geſchnitten — 280 Hanfſamen — 5 Rübſamenſtroh — 700 Leinſamen — 69 Weizenſtroh 53 50 Eicheln — 3 Gerſtenſtroh — 120 Kartoffeln 43 — Haferſtroh 220 8 Runkelrüben 66 — Roggenſteoh = 30 Steckrüben 28 — Weizenkörner — — Erdbirnen 33 — Haferkörner 11 — Löwenzahn — 170 Roggenförner — — Kohl 40 35 Geritenförner = Aus dieſer Tabelle ſieht man, daß ein Thier mit 20 Kilogrammen Heufutter 51 Grammen Kochſalz erhält, und daß es eben nicht mehr erhalten würde mit 50 Kilogram— men Kartoffeln. In 12 Kilogrammen Hafer, welche mit 20 Kilogrammen Heu einen gleichen Nahrungswerth haben, ſind nicht mehr als 1 Gramm Kochſalz enthalten; und die Zuführung dieſes Salzes durch die Nahrung würde unzu⸗ reichend ſein, wenn man das Futter bloß aus Roggen und Mais zuſammenſetzte. 169 Miſcellen. 27. Vegetation an den Grenzen des Getraide⸗ baues. Bei den Nertſchinſker Bergwerken am Argun liegt eine Meierei, wo man alle Getraidearten, beſonders aber Sommerroggen und Gerſte, mit Erfolg anbaut, trotz dem, daß zwiſchen Ausſaat und Ernte nur ein Zeitraum von 10, hoͤchſtens 13 Wochen liegt. Kupffer ließ hier im Auguſt an einem ſehr heißen Tage den Boden aufgraben und fand ſchon bei 7 Fuß eine vollitändig efrorene Erdſchicht. — Obwohl der Sommer in Jakutſk und Bogoſlowſk nicht viel kälter iſt, als in Moſkau, liegen doch beide außerhalb der Nordgränze des Getraidebaues, da die Temperatur der Herbſtmonate zu niedrig iſt. Getraidebau erfordert für die Septemberwärme mindeſtens 7°, für die Auguſtwärme 12,5; dieſe find aber in Jakutſk 5% und 11,6, in Begoflowff 5% und 11,3. Wo man, wie in Nertſchinſk, Sommerroggen baut, iſt es ebenfalls der Monat der Ausſaat, der Mai, der das Gelingen beſtimmt und von einer mittleren Wärme von mindeſtens 7 abhängig macht. 33. II. 11. 170 In Nertſchinſk hat der Mai 79,1 in Irkutſk 6,4, in Barnaul 85,3, in Tomſk 5%3, in Archangel 4%3. Daher kann in Irkutſk, Tomſk und Archangel auch kein Sommerroggen gebaut werden. Noch wollen wir hier eine merkwürdige Parallele zwiſchen dem Ertrag der Roggen⸗ ernte und der mittleren Temperatur des Septembers i welche Köppen für Moſkau zuſammengeſtellt hat. Cente. Mittlere Temp. d. Sept. 1834 J faltig 8,63. 1835 4 8,86. DSE 7 Aa 9, 24. 1837 3½ = 2 7, 04. (Zeitfchrift für Erdkunde, herausgeg. von Lüdde, Bd. VI. Hft. 1.) 28. In Oſtindien iſt eine Kartoffelkrankheit ſchon ſeit vier Jahren herrſchend. Doch fault hier die Kartoffel nicht, ſon⸗ dern kleine Theile im Innern derſelben werden nach dem Sieden im Waſſer fait fo hart, wie feſtes Holz und dadurch ganz ungenieh s bar. (Allg. deutſche naturhiſt. Zeitung, Jahrg. 2, Heft 1.) Heilkunde. (XXX.) Unterſuchungen über die Geſchwülſte unter der Zunge. Eine der Straßburger mediciniſchen Facultät unterm 15. Dec. 1845 vorgelegte Diſſertation des Hrn. Bertherand von Valenciennes. Der Gegenſtand dieſer Monographie iſt ziemlich be— ſchränkt, allein bekanntlich in medieiniſch-chirurgiſcher Be— ziehung wichtig, da er z. B. die Veränderlichkeit des Sitzes und die ſo ſtreitige Therapeutik der ranula mit in ſich faßt. Obgleich ſich der Verfaſſer beſtrebt hat, alle Theile ſei— ner Aufgabe gleich gründlich abzuhandeln, ſo bemerkt man doch, daß er ſich mit Vorliebe fur die ranula intereſſirt und der übrigen Geſchwülſte gleichſam nur erwähnt hat, um zu einer ſicheren unterſcheidenden Diagnoſe der ranula zu gelangen. Wir mißbilligen dieſe Vorliebe keineswegs; ſie iſt in der Natur der Sache begründet, und Hr. Ber— therand hätte dieſelbe nicht verläugnen können, ohne der Nützlichkeit ſeiner Arbeit weſentlichen Eintrag zu thun. Um zu einer genauen Beſchreibung der unter der Zunge anzutreffenden Geſchwülſte zu gelangen, ließen ſich zwei Me— thoden anwenden; entweder konnte man alle dieſe Geſchwülſte der Reihe nach aufführen, indem man ſie nach den Geweben oder Organen, in denen ſie ſich entwickeln, claſſificirte, oder man konnte ſie aus einem allgemeinen Geſichtspunkte be— trachten und deren Urſachen, Symptome, Prognoſe ꝛc. nach einander abhandeln. Der Verf. hat ſich weder an die eine, noch an die andere dieſer Darſtellungsweiſen ſtreng gehalten, ſondern ſie nach Gelegenheit beide benutzt. Im erſten Theile giebt er eine Überſicht ſämmtlicher mit Volumvergrößerung vergeſellſchafteter Leiden der Gegend unter der Zunge, und zwar 1) in der Schleimhaut des Mundes und dem unter dieſer liegenden Zellgewebe; 2) in den Gefäßen unter der Zunge; 3) in der Unterzungendrüſe; 4) in dem Wharton⸗ ſchen Canale. Dieſer Abſchnitt zeigt durchaus von fleißig und forgfältig angeſtellten Forſchungen; er iſt reich an wohl begründeten Thatſachen. Sind dieſe auch nicht durchgehends gleich erſchöpfend abgehandelt, ſtehen ſie auch vielleicht nicht alle im ſtrengſten Zuſammenhange mit dem Gegenſtande der Monographie, ſo darf man doch nicht überſehen, daß bei der Schilderung von an ſich ſeltenen Krankheiten nach alten Schriften immer Manches dunkel und unerörtert bleiben muß. Doch müſſen wir eine Stelle tadeln, deren Mangelhaftigkeit weniger einer Unzulänglichkeit der vorhandenen Beobachtun— gen, als einer gewiſſen Neigung des Verfaſſers, ſeine Rai— ſonnements an die Stelle dieſer Beobachtungen zu ſetzen, zuzuſchreiben iſt. Bei Gelegenheit der ſich in der glandula sublingualis entwickelnden Geſchwülſte behauptet Hr. Ber— therand, nach Garriot's Vorgange, daß, wenn die Periode der Verhärtung dieſer Drüſe von langer Dauer iſt, dieſelbe zuweilen krebſig würde. Er nimmt ferner an, daß bei dergleichen Entzündungen der Speichel immer eine ges wiſſe chemiſche Veränderung erleide. Später, nachdem er Beiſpiele von der gehirnartigen und gangränöſen Entartung der glandula submaxillaris angeführt hat, meint unſer Ver— faſſer, dieſe krankhaften Veränderungen müßten ohne Zweifel die glandula sublingualis zur Mitleidenheit ziehen. Hinſichtlich der parotis führt er ferner von Ténon und Bérard conjtatirte Fälle von Hypertrophie an und fragt dann: „ließen ſich nicht ähnliche Fälle in Betracht der glandula sublingualis annehmen?“ Dies Alles iſt ſehr mög— lich, ja ſogar ziemlich wahrſcheinlich; allein belehrender würde es geweſen ſein, wenn bloß authentiſche Thatſachen zur Sprache gebracht worden wären, und man die noch vor⸗ handenen Lücken freimüthig nachgewieſen hätte. Auch haben wir in dem erſten Capitel die von Hrn. Genſoul (Jour- nal de clinique de Lyon, 1829— 1830) beſchriebene Krank— heit vermißt, wo die Geſchwulſt der Gegend unter der Zunge die Symptome einer drohenden Phthiſis (Aſphyrie ?) darbot und das Aufſchneiden nöthig machte. Zur allgemeinen Geſchichte der Geſchwülſte unter der Zunge gelangt, bemerkt Hr. Bertherand zuvörderſt, daß die meiſten derſelben mit dem Namen ranula bezeichnet wor: den ſeien. Auch darf man ſich nicht darüber wundern, daß, da fait jeder Schriftſteller ein Beiſviel anführte, in welchem 171 die ranula einen verſchiedenen Sitz, eine verſchiedene Be— ſchaffenheit darbot, dieſer Name, welchen man ſo abweichenden Arten von Geſchwülſten beilegte, eine Verwirrung veranlaßte, welche aus der Nomenclatur in die Diagnoſe überging und ſich bis auf die Behandlung zu erſtrecken droht. So nannte Celſius die ranula einen Absceß, Dionyſius eine meli- ceris, Aetius eine Venengeſchwulſt, Abul Kaſem einen Krebs, Hr. Jobert eine Cyſte, die meiſten Schriftſteller eine Ausdehnung des Excretionscanals in Folge der Verſtopfung ſeiner Mündung. Bei dieſer Verſchiedenheit der Anſichten und den daraus entſpringenden Übelſtänden, ſchlägt Hr. Bertherand vor, den Namen ranula, welcher eben ſo unwiſſenſchaftlich iſt, als der nunmehr mit Recht außer Ge: brauch geſetzte Name Sarcocele, ganz aus der Wiſſenſchaft zu verbannen, und die verſchiedenen Arten von Geſchwülſten unter der Zunge mit eben ſo viel ihrer eigenthümlichen Natur angemeſſenen Benennungen zu bezeichnen. Eine ſolche Reform ſcheint uns in der That höchſt rationell und wünſchenswerth. In der Berichtigung und Erweiterung der Nomenclatur liegt wirklich ein Kennzeichen des Fortſchreitens der Wiſſenſchaft; denn eines neuen Namens bedarf man nur dann, wenn durch genauere Beobachtung ermittelt worden iſt, daß man bisher mehrere verſchiedene Arten von Gegenſtänden unter einer gemeinſchaftlichen Be— nennung zuſammengefaßt und mit einander verwechſelt hat. So iſt in Folge eines Fortſchrittes dieſer Art in den letzten Jahren der Name „weiße Geſchwulſt“, welcher zu ſo vielen Mißverſtändniſſen Veranlaſſung gegeben hat, aus dem medi— einiſchen Wörterbuche verſchwunden. Allein eben weil der Verf. die bisher unter dem Namen ranula zuſammengefaßten Leiden von einander geſchieden hat, war ſeine Aufgabe, eine gründliche Geſchichte einer jeden neuen Art zu liefern, eine ſchwierige. Dieſe Schwierigkeit macht ſich auch in allen Theilen ſeiner Schrift bemerklich. Wenn er z. B. bei der Symptomatologie das Volumen, die Form, die Farbe, Conſiſtenz, Empfindlichkeit, Entwickelung, contenta u. ſ. w. der Geſchwülſte dieſer Region nach einander unterſucht, ſo ſind begreiflicherweiſe der allen Arten gemeinſchaftlichen Kennzeichen nur ſehr wenige. Die Capitel der Diagnoſe und Be— handlung bieten mehr Intereſſe dar; allein dies rührt nur daher, daß hier eine Generaliſirung unmöglich war, alſo vom Verf. auch nicht erſtrebt wurde, ſondern daß er ſich darauf beſchränkte, die verſchiedenen Arten einzeln zu unter— ſuchen und dem Leſer die Aufgabe überließ, Vergleichungen anzuſtellen und Schlüſſe daraus zu ziehen. Dieſe letzten Capitel ſind zwar ſummariſch abgefaßt, enthalten aber eine ziemlich vollſtändige Überſicht der ge— ſammten Diagnoſe, ſowie ſämmtlicher für die Praxis wiſſens— werther therapeutiſcher Mittel. Hr. Bertherand führt an, gewiſſe fleiſchige und polypenartige Geſchwülſte unter der Zunge könnten abgedreht werden, und dieſer Vorſchlag iſt in der That in Betreff derjenigen ſeltenen Fälle, in welchen ähnliche Structurverhältniſſe die Anwendung dieſes Mittels geſtatten, beachtungswerth. Er empfiehlt auch, und mit Recht wiederholt, wenn man dieſe Geſchwülſte troi— kariren (oder aufſtechen) oder ausſchneiden will, jedes Mal 33; II. 11. 172 von dem Inneren der Mundhöhle aus zu operiren, da das Einſchneiden von außen eine Narbe und oft eine hartnäckige Fiſtel veranlaßt (was Muys beobachtet hat). Eine andere Regel des Verfaſſers ſcheint ſich weniger zu rechtfertigen. Allerdings drückt er ſich ſo kurz aus, daß wir ihn vielleicht mißverſtanden haben. „Bei den Anſchwellungen des Whartonſchen Canales, ſagt er, muß man ſich vorſehen, daß man nicht eine Fiſtel veranlaßt, welche ſtets den un: aufhörlichen, läſtigen und ſchädlichen Verluſt einer großen Menge Speichels zur Folge hat.“ Allerdings wären zum näheren Verſtändniſſe dieſer Stelle noch mancherlei Grör- terungen nöthig; indeß hat es uns immer geſchienen, als ob das einzige Heilmittel gegen die ächte ranula, welche in dem Anſchwellen des an ſeiner Mündung obliterirten Whartonſchen Canales beſteht, in der Erzeugung einer per— manenten Fiſtel, durch welche eine Verbindung des Canales mit der Mundhöhle hergeſtellt würde, zu ſuchen ſei. Dies gelingt gewöhnlich durch das von Phyſick (2) und Hrn. Laugier vorgeſchriebene Verfahren, welches Hr. Ber— therand mit Stillſchweigen übergangen hat. Wenn es kein zuverläſſiges Mittel giebt, die verſtopfte Offnung des Canales wieder gangbar zu machen, ſo ſehen wir nicht ein, wie ſich die durch die Ausdehnung des Whartonſchen Canales veranlaßte ranula oder Geſchwulſt auf eine andere Weiſe dauernd beſeitigen läßt. (Gazette médicale de Paris, 20. Mars 1847.) (XXI.) Freiwillig erfolgende Amputationen bei einem neugeborenen Kinde. Hr. Paul Dubois zeigte der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften in deren Sitzung am 15. März ein Kind vor, welches mit ſeltenen angeborenen Defecten behaftet war. Die Geburt desſelben hatte erſt vor zwei Tagen Statt ge— funden. Gleich nach derſelben bemerkte man, daß don dem Mittel- und Ringfinger der linken Hand nur die erſten Phalangen vorhanden waren. Das freie Ende derſelben zeigte ſich abgerundet und großentheils mit Haut bedeckt; doch in der Mitte der Stummel eine kleine blutende Wunde, welche darauf hindeutete, daß ſich die fehlenden Phalangen erſt vor Kurzem abgelöſ't hatten. In der Nähe dieſer kleinen Wunde ragte ein fadenförmiger, ſehr dünner, aber zäher Fortſatz hervor, der eine weit bedeutendere Länge hatte, als die feh⸗ lenden Phalangen, jo daß er nicht gerade für einen Überreſt derſelben gehalten werden konnte. Eine ganz ähnliche Verletzung war an der zweiten und dritten Zehe des rechten Fußes wahrzunehmen. Die letzten Phalangen fehlten ebenfalls, und die Stummel boten in der Mitte eine kleine blutende Wunde und einen ähnlichen faden— förmigen Ausläufer, wie die oben beſchriebenen an den Fingerſtummeln dar. Am linken Unterſchenkel bemerkte man, ein wenig über den Knöcheln, eine ſehr deutliche Einſchnürung, eine kreis— förmige, ſchmale und tiefe Furche, welche ſich ganz ſo aus— nahm, als ob ſie von einer feſten Ligatur herrühre. Die große Zehe des rechten Fußes bot bei der Höhe der erſten 173 Phalange eine ähnliche Einſchnürung dar. Dieſe Abnormi— tät und die Verſtümmelung der benachbarten Zehen ſchienen zwei Grade eines und desſelben krankhaften Zuſtandes zu fein. Endlich nahm man auch an dem rechten Unterſchenkel eine ähnliche kreisförmige Furche und an derſelben Stelle wie am linken Unterſchenkel wahr, welche Furche jedoch weit weniger tief war, als am letztern. Bei der Geburt des Kindes zeigte ſich in der Nähe der verſtümmelten und ein— geſchnürten Theile durchaus keine Spur von Entzündung; allein ſpäter entwickelte ſich eine ſolche, unter der Einwir— kung der äußern Potenzen, ſehr deutlich. Die Nabelſchnur war nur 33 Centimeter lang, wäh— rend fie in gewöhnlichen Fällen 60 — 66 Centimeter Länge beſitzt. Der häutige Sack, in welchen der Fötus eingeſchloſ— ſen war, ſchien nur aus dem chorion zu beſtehen, wenigſtens war die Schafshaut nicht aufzufinden. An der placenta war nichts Regelwidriges zu entdecken. Abgeſehen von den erwähnten Verletzungen, war das Kind wohl gebildet und entwickelt. Die in der Klinik der mediciniſchen Facultät entbun— dene Mutter dieſes Kindes war erſt ziemlich lange Zeit nach dem Berſten der Membranen und dem Auslaufen eines großen Theiles des Schafwaſſers aufgenommen worden, ſo daß von den abgelöſ'ten Theilen nichts mehr aufzufinden war. Hr. Paul Dubois gedenkt der Akademie noch fernere Betrachtungen über dieſen intereſſanten Fall mitzutheilen. (Gazette médicale de Paris, 20. Mars 1847.) (XXXI.) Über die Functionen der pneumogaſtriſchen Nerven bei der Verdauung. Von den HHrn. Sandras und Bouchardat. In der Sitzung der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften am 18. Januar las Hr. Sandras in feinem und des Hrn. Bou— chardat Namen eine Abhandlung über den obigen Gegenſtand vor. Man hat bereits vor langer Zeit beobachtet, daß nach der Durchſchneidung dieſer beiden Nerven die Verdauung großentheils aufhört. Die verſchiedenen abweichenden, ja einander entgegengeſetzten Anſichten, welche noch jetzt in der Wiſſenſchaft hinſichtlich der Ver⸗ dauung um den Vorrang kämpfen, ſcheinen ſich den Verfaſſern gegen⸗ wärtig beſtimmter auf ihren eigentlichen Werth zurückführen zu laſſen, und fie haben Verſuche angeſtellt, um zuvörderſt zu ermitteln: 1) die Todesart der Thiere, bei denen man die pneumogaſtri⸗ ſchen Nerven bei der Höhe des Kehlkopfes durchſchnitten und theil⸗ weiſe ausgeſchnitten hat; 2) die Function dieſer Nerven bei der Magenverdauung; 3) die Function dieſer Nerven in Betreff der Erzeugung und Abſorption des chylus; 4) endlich die Rolle, welche dieſelben in Bezug auf die Ver⸗ dauung der ſtärkemehligen Körper ſpielen. Dermöge einer zweiten Reihe von Verſuchen bemühten ſich die Verf. in Erfahrung zu bringen, ob, wie Haighton, Beclard und Müller in Betreff der einfachen Durchſchneidung jener Ner⸗ ven behaupten, dieſelben ſich durch eine die Fortpflanzung der Ner⸗ venſtrömungen geſtattende Narbe wiedervereinigen, und durch welche Art von Mechanismus, ſowie binnen welcher Zeit, ſich dieſe Narbe bilden konne. Die Horn. Sandras und Bouchardat glauben vermittels ihrer Arbeit dieſe Fragen ihrer Erledigung weiter entgegengeführt, und namentlich dem Hauptgegenſtande 1 — Forſchungen, namlich dem früher ſchon von ihnen dargelegten Vorhandenſein mehrerer von 33. II. 11. 174 einander unabhängiger Arten von Verdauung, einen neuen wichti— gen Beweisgrund hinzugefügt zu haben. Ihre Verſuche zerfallen in zwei Reihen, von denen die eine ſich auf das Studium der Erſcheinungen bezieht, welche unmittelbar auf die Durchſchneidung beider pneumogaſtriſchen Nerven folgen während die zweite 8. Erſcheinungen betrifft, welche dur die auf einander folgende Durchſchneidung jener Nerven veranlaßt werden. Die Reſultate ihrer Verſuche ſtellen die Verf. folgendermaßen zuſammen. A. Die gleichzeitige Durchſchneidung beider Nerven betreffend. 1) Hunde und Kaninchen ſterben nicht unmittelbar, wenn man ihnen an der dem larynx und der cartilago cricoidea entſprechenden Stelle Stücken von 10, 12 oder ſelbſt 20 Millim. Länge der beiden pneumogaſtriſchen Nerven ausſchneidet. 2) Wenn Kaninchen, bei denen man dieſe Ausſchneidung vor: genommen hat, freſſen, fo ſterben dieſelben nicht in Folge der Zu— ſammendrückung der Luftröhre durch die ausgedehnte Speiſeröhre. 3) Hunde, welche man in dieſer Weiſe operirt hat, können mehrere Tage fortleben, ohne daß ſich in ihrer Reſpiration eine merkliche Behinderung zeigt. 4) Sowohl bei Hunden, als bei Kaninchen, gelangen die nach der Operation gefreſſenen Futterſtoffe nicht oder doch nur in ſehr geringer Menge über die cardia hinaus. 5) Bei Hunden iſt die Magenverdauung unterdrückt, wiewohl ſich der Futterballen noch ſauer und an der Oberfläche ein wenig erweicht zeigt. 6) Die Fortbewegung der Futterſtoffe im Nahrungsſchlauche, vom Magen an gerechnet, ſtockt oder geht doch bedeutend langſamer von Statten. 7) Die Darmverdauung hat nichtsdeſtoweniger ihren Fortgang, je nachdem ſtärkemehlige oder fette Futterſtoffe in dieſen Theil des Nahrungsſchlauches eindringen. Obwohl kein Chymus bereitet wird, ſo wird doch das Stärkemehl durch den Saft der Bauchſpeichel⸗ drüſen in Glykoſe verwandelt und die fettigen Stoffe durch die chylusführenden Gefäße aufgefogen. 8) Die nervi vagi, deren Durchſchneidung faſt gar keinen Schmerz veranlaßt, ſind weſentlich zur Vermittelung der Bewegung beſtimmt. Alle dieſe Reſultate beſtätigen in einer ſchöͤnen und bündigen Weiſe den Unterſchied, welchen die Verf. zwiſchen der Magen- und der Darmverdauung, ſowie zwiſchen der eigentlichen Verdauung und der Chylification aufgeſtellt haben. B. Die Thatſachen der zweiten Art, welche die aufeinander— folgende Durchſchneidung der pneumogaſtriſchen Nerven betreffen, beweiſen Folgendes: 1) Wenn man zwiſchen der Ausſchneidung einer Portion des einen und der einer Portion des anderen Nerven mehrere Tage ver⸗ ſtreichen läßt, fo können Hunde, welche die gleichzeitige Ausſchnei⸗ dung nur vier bis fünf Tage überleben, nach der zweiten Operation noch ſieben bis vierzehn Tage oder 17 — 30 Tage nach der erſten Operation leben. 2) In dieſem Falle rührt die Erhaltung des Lebens unſtreitig daher, daß das Gewebe, welches ſich zwiſchen den Schnittenden bildet, wieder eine unvollkommene Fortpflanzung der Nervenſtrömun⸗ gen vermittelt, ſowie auch theilweiſe von einer Hülfsbewegung, die von anderen Organen, z. B. dem Zwerchfelle und den Reſpirations⸗, ſowie Abdominalmuskeln, ausgeht. 3) Die fo operirten Thiere freſſen zuweilen gierig, wenn die Erſchöͤpfung fie zur Wiederherſtellung ihrer Kräfte antreibt; eigen ſich aber nicht fo gefräßig, daß fie Alles ohne Unterſchied I gen. Sobald ihre Speiſerohre gefüllt iſt, hören fie auf zu freſſen und zu ſaufen, und werden dazu durch die Behinderung der Re⸗ fpiration durch Verſtopfung oder Reizung der Luftwege veranlaßt. 4) Sie müſſen ſich alsdann erbrechen, und ihre Speiferöhre entleert ſich dabei vollſtändig, allein die im Magen enthaltenen Stoffe bleiben darin. 5) Dieſe conftante Erſcheinung dient der Anſicht derjenigen Phyfiologen, welche dem Magen beim Vomiren eine eigenthümliche Thätigfeit zuſchreiben, ſehr zur Unterſtützung. 175 Kurz, die Verf. glauben durch dieſe Unterſuchungen feſtgeſtellt zu haben, daß, wenn man in der Höhe des Kehlkopfes gleichzeitig aus beiden pneumogaſtriſchen Nerven ein Stück ausſchneidet, die Verdauung und Bewegung des Magens unterbrochen werde, wäh— rend die Darmverdauung ihren Fortgang habe und ein Chymus von ſehr guter Beſchaffenheit abſorbirt werde; bei der zweiten Reihe ihrer Verſuche hatten ſie ſodann Gelegenheit, die theilweiſe Wiederherſtellung der genannten Nerven, ſowie die Fortdauer der wenngleich geſtörten Verdauung zu beobachten. (Gazette médicale de Paris, No. 4, 23. Janv. 1847.) Miſecellen. (27) Repoſition eines eingeklemmten Bruches, begünſtigt durch die Atheriſation von Hrn. Mayor (aus Lauſanne). — Es iſt in der Mediein gewöhnlich, daß, wann ein glückliches Mittel aufkommt, man alsbald dafür begeiſtert iſt. Man muß alſo gewärtigen, daß, wenn nicht alle, mindeſt die mei— ſten Männer vom Fache die Athereinathmungen anzuwenden ſich beeilen werden, nicht nur um den Kranken Schmerzen zu erſparen, ſondern auch um ihre Erfolge bekannt zu machen. ie Gazette médicale hat ſchon einige ganz verſtändige Betrachtungen hierüber angeſtellt; denn 99 unter 100 Mittheilungen werden nur zur Be— ſtätigung des ſchon von Anderen zur Genüge erwieſenen dienen. Man wird wohlthun, mit der Mittheilung ſolcher Beobachtungen mäßig zu ſein, da ſie ſonſt Gefahr laufen würden, in das Gebiet des lächerlichen zu fallen. Es giebt indeß glücklicher Weiſe auch Fälle ganz anderen Ranges, welche die Aufmerkſamkeit des Prak— tikers auf ſich zu ziehen verdienen; zu dieſen gehört der folgende aus der Klinik des Lauſanner Spitales. — Es handelte ſich um einen eingeklemmten Bruch, wider den ein anderer Arzt bereits die kräftigſten und aufs beſte angewendeten Mittel umſonſt gebraucht hatte. Man wandte nun im Spitale unverzüglich den Ather an, um dem Kranken die von dem Bruchſchnitte unzertrennlichen Schmerzen zu erſparen, aber mit der gegründeten Hoffnung, daß die große Erſchlaffung der Gewebe durch die Atherdämpfe die Operation un— nöthig machen würde. Wirklich ward die Narkoſe ſogleich durch ſchnelles und leichtes Wiedereingehen des Gedärmes (2) angezeigt. Hier iſt alſo ein koſtbarer Lichtſtrahl für die vielen Bruchkranken, die, gleichſam unter dem Schwerte des Damofles, jeden Augenblick gewärtig ſein müſſen, daß ihr Übel trotz dem allerbeſten Bande ſich doch wieder erzeugt und die Repoſition des Bruches ſogar den heftigſten und zuweilen ſelbſt übertriebenen Zurücktreibungsverſuchen widerſteht. Anſtatt ſich nun ferner mit dieſen letzten lange abzu— geben, ſpreche man baldigſt die Hilfe eines Mannes von Fache oder in ſeiner Abweſenheit die einer Hebamme oder eines geſchick— ten Krankenwärters an. Die einen wie die anderen werden, in der 857 Il id: 176 Operation der Betäubung durch Ather geübt, in ähnlichen Fällen geholt werden können; denn die „Vezauberung durch Ather“ wird gewiß ein weſentlicher Theil der volkthümlichen Wund heilkunſt werden. — Ich könnte eine große Zahl ähnlicher aber eben fo ernſter als ſchmerzhafter und gefährlicher Falle auf gleiche Linie ſtellen, aber ich will mich beruhigen mit Anführung der Verren- kungen und Knochenbrüche, Verhaltungen der Nachgeburt, die nur mit vieler Mühe zu heben find, haſtiger und unter Kämpfen und heftigen Convulſionen erfolgender Entbindungen, der gewaltſamen Ausziehung der in der Gebärmutterhöhle eingeſchachtelten Faſer⸗ polypen, der Offnung der Augenlider in einigen Fällen von Licht⸗ ſcheu, um das Weſen des Augenübels zu würdigen und die geeig⸗ neten örtlichen Mittel anzubringen u. ſ. w. Dei dieſen Zufällen wird man nicht nur die Aufhebung der Empfindlichkeit beabſichtigen, ſondern vornehmlich die Aufhebung der Bewegung für die ganze Zeit, welche die Operationen währen können; dieſe ungeſtraft vor: gebrachte und manch Mal von einem ganz eigenen Zuſtande der Seligkeit begleitete Aufhebung der beiden großen Lebenskräfte iſt eine der ſchönſten Aufgaben, welche die Wiſſenſchaft ſich ſetzen und löfen konnte. (Gaz. med. de Paris, 17e ann., 3e ser., tome 2, no. 8.) (28) Homöopathie in Marokko. Von alten Zeiten her ſteht die ſpaniſche Sierra Nevada, deren Gipfel nach der marokkaniſchen Küſte hinüber ſcheinen, bei den Mauren, wegen der heilfräftigen Kräuter, die daſelbſt wachſen, in hohem Anſehen. Glaubwürdige Perſonen verſichern, daß noch heutiges Tages zuweilen Marokkaner heimlich an der Küſte von Motril landen, und nachdem fie ſich, etwaigen Ge⸗ fahren zu entgehen, ihrer mauriſchen Kleidung entledigt und ſpaniſch gekleidet haben, das Gebirge erſteigen, um ſeiner ſeltenen Heilmittel ſich zu bemächtigen. Vor einigen Jahren wurde ein Bewohner der Südküſte von Granada in feinem Haufe von Seeräubern überfallen und nebſt ſeiner Familie in das Innere von Marokko verkauft. Er wurde der Sklave eines bejahrten Mannes, der einige Zeit darauf ſein Geſicht verlor und ſogleich den Spanier zu ſich beſchied. Auf die Frage, ob der Chriſt die Sierra Nevada ſchon einmal beſucht habe, erhielt er eine bejahende Antwort, beſchrieb ſodann mit großer Ge— nauigkeit die Lage eines kleinen abgeſonderten Thales und befahl dem Sklaven, nach Spanien zurückzukehren, ſich an dieſen Ort zu begeben, hier vor Sonnenaufgang eine halbe Stunde lang am Waſſer umher⸗ zuwandern, hierauf die Schuhe abzulegen und ſorgfältig einzuwickeln, dieſe aber ihm ſtehenden Fußes zu überbringen. Bürgſchaft für die Wiederkehr des Gefangenen war deſſen Familie, Freiheit für Alle der Preis des Dienſtes. Die Hoffnung des Mauren ward erfüllt; durch eine alte Tradition ſeiner Vorfahren hatte er genau den Ort erfahren, wo die Pflanzen wachſen, die ihn heilen konnten; ihr Saft, der die Schuhſohlen des Spaniers benetzt hatte, gab ihm das Augenlicht zurück. (Bossier, Voyage en Espagne |. p. 113.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Anstead, D. T. — The Ancient World; or, Picturesque Sket- ches of Creation. By D. T. Anstead, M. A. F. R. S. etc. Post 80. (pp. 416, numerous illustrations, cloth extra, 12 sh.) London 1847. Lell, C. — Principles of Geology, or the modern Changes of the Earth and its Inhabitants considered as illustrative of Geo- logy. By Charles Lell. 7th edition, entirely revised, with plates, maps, and woodeuts. 8°. (pp. 826, cloth, 18 sh.) Lon- don 1847. Martin, W. C. L. — A General Introduction to the Natural History of Mammiferous Animals: with a particular View of the Physical History of Man, and the more closely-allied Ge- nera of the Order Quadrumana or Monkeys. By W. C. Lin- naeus Martin. 8°. (pp. 546, cloth, 16 sh.) London 1847. Autenrieth, H. F., Rede über das Gedächtniß. gr. 8e. Geh. Tübingen 1847. L’Art de magnetiser, ou le Magnétisme animal considere sous le point de vue theorique, pratique et therapeutique; par Ch. Lafontaine. In 8°. de 23 feuilles /. Paris 1847. De la Propriete anesthesique des vapeurs de l’ether sulfurique et de leur application dans les operations chirurgicales, dans le but de neutraliser la douleur; par M. Jackson, de Boston. Appreciation de cette découverte aux points de vue historique, experimental, physiologique, psychologique et philosophique; par F. et D. A., médecins. In 8°. de 7 feuilles /. Paris 1847. Experiences relatives aux effets de l’inhalation de l’ether sur le systeme nerveux des animaux; par F. A. Langet. In 8°. d'une feuille. Paris 1847. Heyfelder, die Verſuche mit dem Schwefeläther. gr. 8°. Geh. Heyder in Erlangen 1847. erh Re. Schleſinger, J., die Einathmung des Schwefeläthers in ihren Wirkungen auf Menſchen und Thiere. 8%. Geh. Leipzig 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rty. Dr. L. Fr. v. Frortep gegründete Zeitichrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 34. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. (Nr. 12. des II. Bandes.) Mai 1847. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXI. Unterſuchungen über die Embryogenie der gaſtropodiſchen Weichthiere. Von Hrn. C. Vogt. (Am Auszuge.) (Hierzu die Fig. 1— 12 ver mit viefer Nummer ausgegebenen Tafel.) Embryogenie des Actaeon viridis. 1) Begattung: Eierlegen. Beſtandtheile des Eies. Der Verf. hielt im Herbſt 1845 viele Eremplare in Gläſern mit Meerwaſſer und beobachtete alsbald, daß jede Nacht Schnuren von Eiern gelegt wurden, welche ſpiral— förmig an der Wandung des Gefäßes befeſtigt waren. Er überraſchte die Thierchen öfters während des Eierlegens ſelbſt, ſo daß erſt ein Theil der Schnur aus dem weiblichen Or— gane hervorgetreten war. Am 19. Sept. beobachtete er, in Gemeinſchaft mit Hrn. Herwegh, die Begattung zweier Eremplare. Sie ſchwammen an der Oberfläche, und ihre Körper waren ſpiralförmig verſchlungen und bedeutend ver— längert. Am hinteren Körperende zeigte ſich ein gallert— artiger Faden, mittels deſſen die Thierchen ſich an der Ober— fläche des Waſſers erhielten. Die Vordertheile der Körper waren mit den beiden rechten Seiten, nach deren ganzer Ausdehnung, in dichter Berührung, und der Kopf des einen Eremplares lag an der Anfügungsſtelle des Mantels des andern. Über eine Stunde lang verharrten die Thierchen in dieſer Lage, und als ſie ſich trennten, nahm man wahr, daß hinter dem rechten Tentakel eines jeden der etwa um die Hälfte längere penis in Geſtalt eines länglichen Kegels bervorragte. Diele männliche Ruthe war weißlich, ziemlich ſteif, und ihr ein wenig rückwärts gekrümmtes Ende war mit einem kegelförmigen Wulfte verſehen. Die Offnung der weiblichen Geſchlechtstheile klaffte weit, und man konnte ſich überzeugen, daß jedes Eremplar feinen penis in die vulva des anderen eingeführt, folglich gegenſeitige Befruchtung No. 204. — 914. — 3. Statt gefunden hatte, wie ſie überhaupt bei den hermaphro— ditiſchen Gaſteropoden angetroffen wird. Das Eierlegen findet an dem Tage Statt, welcher der Begattung folgt. Das Thierchen ſucht ſich dazu eine be— queme Stelle, gewöhnlich an der ſenkrechten Wandung des Gefäßes, etwa ½ Zoll unter der Oberfläche des Waſſers aus und heftet, indem es die Mündung der vulva daran drückt, das Ende der Eierſchnur dort an. Dann biegt es ſich halbkreisförmig, kriecht, indem es die vulva immer mit der Wandung in Berührung läßt, in einer Spirale fort und hinterläßt ſo eine weißliche, gallertartige, ziemlich durch— ſichtige Schnur von höchſtens 1 Millim. Stärke und etwa 1 Centimeter oder darüber Länge, welche eine mehr oder weniger vollkommene Spirale bildet. S. Fig. 1. Man bemerkt bereits mit bloßen Augen im Inneren der Schnur kleine Körnchen, die ſich auf einem ſchwarzen Grunde vorzüglich deutlich und alsdann weiß darſtellen. Unterm Mitroſkop zeigt die Schnur: 1) Eine gallertartige, anfangs klebrige, äußere Schicht, deren äußere Decke jedoch im Waſſer bald hart und dicht wird, und welche die Eier umhüllt. 2) Die Eier, von denen jedes (Fig. 2) aus zwei deut— lich verſchiedenen Theilen, einer gallertartigen Schale (a), deren äußere Schicht zu einer Art von Membran verdichtet iſt und einer Dotterkugel (b) beſteht, welche ſich in der Mitte be— findet. Die Schale iſt gewöhnlich mehr oder weniger eiförmig; ihr größter Durchmeſſer beträgt durchſchnittlich 0,1818, ihr kleinſter 0,1535 Millimeter. Der Durchm. der vollkommen runden Dotterkugel mißt 0,0808 Millim. Der Verf. überzeugte ſich davon, daß die äußere Hülle der Schale durch eine ſehr feine Membran gebildet wird, unter anderem dadurch, daß, als die Embryonen ſo weit entwickelt waren, daß ſie innerhalb der Schale umherſchwam— men, er deutlich ſah, wie ſich deren Rädereirrhen jedes 12 179 Mal umbogen, wenn ſie mit der Membran in Berührung kamen. Das Innere der Schale iſt mit einer klebrigen Flüſſig— keit gefüllt, deren Conſiſtenz mehr und mehr abnimmt, je weiter die Entwicklung des Embryo fortſchreitet. Die Dotter— kugel (p), welche in dieſer Flüſſigkeit ſchwimmt, iſt von allen Seiten frei und beſteht aus einer gallertartigen Subſtanz, in der ſich zahlreiche winzige Körnchen befinden, welche der Brown'ſchen Bewegung theilbaftig ſind. Von dem Vor— handenſein einer ächten Dottermembran hat ſich der Verf. nicht überzeugen können; er iſt im Gegentheil der Meinung, daß die regelmäßige Geſtalt des Dotters lediglich von der Cohäſton feiner Maſſe herrühre. Im Inneren des Dotters findet ſich ſtets gleich nach dem Legen des Eies ein durchſichtiges ſphäriſches Bläschen (Fig. 2, c), bald bei der Mitte des Dotters, bald näher an deſſen Rande. Es beſteht aus einer ſehr feinen Membran, die mit einer klaren Flüſſigkeit gefüllt iſt, enthält aber keinen Kern. Zur Zeit, wo die Eierſchnur gelegt wird, welche mit ſich lebhaft bewegenden Spermatozoiden bedeckt iſt, beſteht alſo das Ei des Actaeon aus einer Schalenmembran, die mit einer gallertartigen Flüſſigkeit gefüllt iſt, in welcher eine Dotterkugel ſchwimmt, die in ihrem Inneren ein durch— ſichtiges Bläschen enthält. 2) Zerfällung des Dotters. Zwei bis vier Stunden nach dem Legen findet man die Eier in der ganzen Schnur im erſten Stadium der Zer— ſtückelung, indem die meiſten Dotterkugeln ſich in zwei Ku— geln getheilt haben, von denen jede ein beſonderes Bläschen darbietet und die einen Durchm. von 0,060 —0,504 Millim. beſitzen. Der Verf. überzeugte ſich davon, daß die Zerſtücke— lung des Dotters der Bildung des neuen Bläschens in der neu gebildeten Kugel vorhergeht. Zwei Stunden ſpäter zeigt ſich der Dotter in vier kreuz— artig geordnete Kugeln zerfällt, deren jede ihr Mittelbläschen beſitzt. Die nächſtfolgende Theilung in 8 Kugeln bietet die Beſonderheit dar, daß ſich nicht, wie z. B. bei den Batra⸗ chiern, jede der 4 Kugeln in zwei einander gleiche Kugeln theilt, ſondern daß auf der einen Fläche der kreuzförmig geftellten 4 Kugeln vier Wärzchen (Fig. 3, e) herovor⸗ ſproſſen, die mit den Kugeln abwechſeln und ſich von dieſen durch größere Durchſichtigkeit unterſcheiden. Sie ſcheinen durch Ausſchwitzung der Subſtanz der Kugeln zu entſtehen und jede enthält ein Mittelbläschen. Von nun an bemerkt man in den Beſtandtheilen des Dotters eine deutliche Subſtanzverſchiedenheit, nämlich un— durchſichtigere und durchſichtigere Kugeln. Erſtere nennt der Verf. Centralkugeln (Fig. 3, d), letztere peripheri— ſche Kugeln (Fig. 3, e). Zuerſt tritt nunmehr eine Zer— fällung der Centralkugeln ein, welche das Volumen ſämmt⸗ licher Kugeln ausgleicht. Nachher hält die Zerfällung bei beiden Arten von Kugeln gleichen Schritt. Doch nehmen bei den aus 12, 20 oder 24 Kugeln beſtehenden Dottern die Centralkugeln ziemlich ù der ganzen Maſſe ein, welche in dieſem Stadium eine ziemlich ſphäriſche Geſtalt hat. 34. II. 12. 180 Sobald ſich der verſchiedene Charakter der Central⸗ und peripheriſchen Kugeln ausgebildet hat, nehmen alle Ku⸗ geln eine beſondere Hülle an, welche bei Dottern, die aus 24 Kugeln beſtehen, ſehr deutlich wahrzunehmen iſt, zumal wenn man das Ei tödtet, wo dann der Dotter aus einander fällt und die verſchiedenen Kugeln durch Aufſaugung von Waſſer anſchwellen. Nun bilden alſo die Kugeln ächte Zellen, welche eine Membran, einen mit Körnchen verſetzten Inhalt und einen Kern (das Mittelbläschen) beſitzen. Der Verf. nimmt hier ſeine Polemik gegen die Hrn. Schleiden und Schwann hinſichtlich der Zellenbildung auf, indem dieſe Beobachtung wiederum dafür ſpreche, daß ſich die Zellmembran nicht in Berührung mit dem Kerne bilde, ſondern durch Verdichtung der äußern Schicht der bereits um den Kern her vorhandenen körnigen Flüſſigkeit entſtehe. Dann ſtellt er eine Erörterung über den Begriff des Wortes Membran an, den, ſeiner Anſicht nach, viele Mikrographen viel zu eng definirt haben, indem ſie von jeder Membran verlangten, daß ſie, wie die der höheren Thiere, aus Faſern, Netzen und pflaſterſteinartig an einander gefügten Zellen beſtehe und eine von zwei deutlich erkennbaren Linien begränzte Schicht bilde. Bei Embryonen und niederen Thie⸗ ren hält aber der Verf. dieſe Definition durchaus für un⸗ zuläſſig, und er nennt Membran jede Schicht organiſcher Subſtanz, die ſich vermöge ihrer Dichte und Cohäſion von der innerhalb ihrer eingeſchloſſenen Subſtanz unterichei- det, wenn auch der doppelte Umriß nicht zu erkennen iſt, was vorzüglich daher rühre, daß die meiſt mehr oder we— niger kugelig geſtalteten Zellen mit einer Flüſſigkeit gefüllt ſind, welche die Strahlen ziemlich in derſelben Weiſe breche, wie die höchſt feine Membran ſelbſt. 3) Erſte Bildung des Embryo. Bisher bemerkte man an der Dottermaſſe noch durch— aus keine Geſtaltung zum Embryo. Sie bildete einen platten, in der Mitte gewölbten Kuchen. Nun gewinnen die peri⸗ pheriſchen Kugeln das Übergewicht, ſo daß ſie bei einem Dotter mit 48 Kugeln eine Art platter Scheibe bilden, in deren Mitte die Centralkugeln ein Häufchen oder eine Warze darſtellen, welche von einer Spalte durchſchnitten wird, die ſich allmälig immer ſchärfer darſtellt. Indem ſich die Kugeln ihrer ferneren Theilung nähern, werden ſie immer durch— ſichtiger, was natürlich bei den dunkleren Centralkugeln am auffallendſten iſt. Der Verf. bemerkt hier beiläufig, daß er in keinen der Beſtandtheile des Embryo je junge Zellen in Mutterzellen eingeſchachtelt gefunden, überhaupt nichts beobachtet habe, was darauf hingedeutet hätte, daß die Vervielfältigung der Zellen durch endogene Entwickelung junger Zellen Statt finde, welche durch ihr Wachsthum die Mutterzelle zum Berſten bringen und ſo unabhängig werden, was ihm doch nicht hätte entgehen können, wenn eine ſolche Vermehrungs⸗ art wirklich Statt fände, da ſich die ganze Zerfällung des Dotters beim Actaeon binnen zwei Tagen vollendet. Kehren wir nun zur weiteren Entwickelung des Eies zurück, ſo iſt der nächſte Hauptfortſchritt der, daß ſich in der aus Centralzellen gebildeten Warze eine tiefe Spalte 181 (Fig. 4, g) wahrnehmen läßt, die ſich ſpäter durch die ganze Warze erſtreckt, jo daß dieſe in zwei bohnenförmige Hälften zerfällt, wie ſie Fig. 5 zeigt. Die Scheibe erlangt nach und nach die Form eines Näpfchens, und indem ſie ſich um die Centralmaſſe her ſchlägt, umhüllt ſie dieſe allmälig vollkommen, wie ſich bei den höheren Thieren das Blaſtoderm um den Dotter ſchlägt, obwohl dieſe Ahnlichkeit nur formell iſt, da die Centralmaſſe hier nicht bloß die Rolle des Dotters ſpielt, ſondern ſich ſpäter wirklich zu den meiſten inneren Organen umbildet. Sowie ſich dieſer Sack ſchließt, hebt die eigentliche Em— bryonenbildung an, indem man alsbald durch die durch— ſcheinende Hülle die Rudimente verſchiedener Organe und eine hin und her gehende Bewegung erkennt, die ſich bald in eine Kreisbewegung verändert. Von einer Seite geſehen, hat der Embryo die Geſtalt eines Trapezoids, an deſſen vorderen Winkeln ſich Büſchel ſchwingender Wimperhaare oder Flimmerhaare zeigen, und man bemerkt an ihm eine kreisförmige Einſchnürung, welche ihn in zwei Theile zer— legt, von denen der vordere, etwas viereckige, der Kopf— portion, der hintere, rundliche, dem Abdomen entſpricht. Der Rückenrand der Kopfportion iſt ſeiner ganzen Länge nach mit zwei Reihen von Flimmerhaaren (Cirrhen) beſetzt, welche der Verf. Räderorgane oder Räder nennt. Gegen die Bauchfläche hin treten die beiden Seiten der Kopfportion, ſich erhebend, einander näher und bilden einen, den Reſt der Warzenſpalte umgebenden Wulſt, den wir den Fuß nennen. Die Nath, mit der ſich die peri— pheriſche Schicht über der Warzenſpalte geſchloſſen hat, wird an dem vorderen Rande der Kopfportion durch eine trichter— förmige Vertiefung bezeichnet, aus der ſich ſpäter der Mund bildet; folglich befindet ſich der Ausgangspunkt der Ent— wickelung der peripheriſchen Schicht an der dieſer Vertiefung diametriſch entgegengeſetzten Stelle, ziemlich an der Ver— einigungsſtelle der Abdominal- und Kopfportion. Die Warzenſpalte entſpricht nicht etwa der Urlinie am Embryo der höheren Thiere, denn ſie iſt kein oberflächliches Gebilde, ſondern befindet ſich in der Centralmaſſe des Em— bryos des Actaeon. Merkwürdig iſt die Gleichartigkeit der Beſtandtheile ſowohl der ganzen peripheriſchen Schicht, als der Centralmaſſe, und dennoch bilden ſich aus dieſem ho— mogenen Stoffe die verſchiedenſten Organe durch einen in ihrem Inneren, ohne centripetale oder centrifugale Bewegung vor ſich gehenden Proceß. Der ganze Embryo beſteht noch aus gleichartigen Zellen, von denen die inneren nur eine dunklere Färbung haben, als die äußeren. Die Unterſchei— dung zwiſchen einem die Organe erzeugenden und einem an— deren, die Organe ernährenden Theile des Dotters, iſt beim Actaeon unſtatthaft. 4) Entwickelung des Embryos im Eie. Bisher beſtand die bloße erſte Anlage des Embryos aus einer Kopfportion mit zwei Flimmerhaarrädern und einem Fuße, ſowie aus einer im Innern noch homogenen Bauch: portion. Nunmehr gruppirt ſich die Centralmaſſe zu meh— reren runden Häufchen, die ſich längs der Medianlinie ordnen, 34. U. 12. 182 ſo daß dieſe heller erſcheint. Um den Reſt der Warzenſpalte häuft ſich ebenfalls eine rundliche Maſſe an, und es ſtellt ſich deutlich heraus, daß die Medianlinie keine Fortſetzung dieſer Spalte iſt. Im Innern des Fußes bilden ſich drei Paare dunklerer Kugeln (Fig. 6). Die Centralmaſſe des Bauches ſpaltet ſich. Die Einſchnürung zwiſchen dem Kopf— und Bauchtheile prägt ſich ſchärfer aus. Die ſich beſtändig bewegenden Cirrhen bilden um die trichterförmige Vertiefung des Kopfes zwei Bogen. Auch in der Kopfportion bilden ſich verſchiedene Agglomerationen, von denen eine (Fig. 7, g) den Reſt der Warzenſpalte umgiebt, und hier zeigt ſich be— reits das Gehörorgan (Fig. 6 u. 7, 4). Wenn man das dritte Kugelpaar, das ſich im Fuße gebildet hat, genau unterſucht, ſo bemerkt man mitten in jeder Kugel desſelben einen kleinen, glänzenden Körper, und es findet ſich, daß dies ein Kügelchen von kohlenſaurem Kalk, ein ächter Otolith iſt. Erſt nach deſſen Ablagerung bildet ſich um ihn her eine Gehörblaſe, und er iſt nur ausnahmsweiſe doppelt vorhanden. Das nächſte Organ, welches ſich bildet, iſt die Schale, deren erſte Entdeckung bei den Embryonen der Nudibranchen man Hrn. Sars verdankt. Die erſten Spuren derſelben zeigen ſich ſchon wenige Stunden nach dem Auftreten der Otolithen, ehe ſich die Gehörblaſe ausgebildet hat, im Grunde der Bauchportion, und ſchon am folgenden Tage iſt ein Theil der Kopfportion damit bedeckt. Alsdann bildet ſich daran die verlängerte Haubenportion, in welche ſich der Kopf des Embryo zurückziehen kann. Vollſtändig entwickelt, hat ſie eine nautiloidiſche Geſtalt; doch macht fie nur eine Spiral- windung, ſo daß kein eigentliches Säulchen vorhanden iſt. Ihre Subſtanz iſt keineswegs kalkig, ſondern hornartig. Gegen die letzten Stadien des Embryonenlebens hin hängt ſie an dem Körper des Thierchens nur wenig feſt. Zur Zeit, wo der Embryo auskriecht, beſteht ſie aus zwei Theilen, von denen der eine innerlich mit der Haut ausgekleidet iſt und die Geſtalt einer phrygiſchen Mütze hat, der andere eine vorgezogene Haube bildet, in die ſich der Kopftheil zurück— ziehen und die durch Aufhebung des Fußes, ſowie durch den an dieſem befindlichen Deckel geſchloſſen werden kann. Der Fuß (Fig. 6 u. 7, i) wächſ't ſehr raſch in die Länge, ſo daß er ein ſehr ſcharf hervortretendes plattes Organ bil- det, das ſich heben und ſenken kann. So oft der Gegen— ſtandsträger erſchüttert wird, heben die Embryonen den Fuß geſchwind, indem ſie ſich zugleich in die Schale zurückziehen und ſobald fie die Gefahr vorübergegangen glauben, ſenken ſie ihn wieder. Seine ganze hintere Seite iſt mit einer hornigen Platte bedeckt, welche den Deckel der Schale bil— det. Die vordere weiche Oberfläche des Fußes trägt ein Epithelium von Flimmerhaaren, die ſich auf der Medianlinie desſelben nach der trichterförmigen Vertiefung des Mundes zieht und ſich direct in das Flimmerhaar-Epithelium fortſetzt, welches den ganzen Darmcanal auskleidet. Die Bewegung dieſer Flimmerhaare iſt unwillkürlich und hat ſelbſt ihren Fortgang, wenn ſich das Thierchen in die Schale zurück— gezogen hat und die Rader ſich ganz ruhig verhalten. Die auf einander folgenden partiellen oder totalen Zu: 12? 183 ſammenziehungen und Ausbreitungen der Räder geſchehen äußerſt raſch. Bei dem ganz in die Schale zurückgezogenen Embryo (Fig. 10) liegen ſie doppelt zuſammengefaltet auf dem Nacken, und ihre ſchwingenden Wimperhaare oder Cirrhen bilden dann ein Bündel, wie man bei h ſieht. Will das Thier den Kopf herausſtrecken, jo ſchiebt es erſt die Wimper— haare aus der Offnung, als ob es damit taſten wolle (Fig. 8), und wenn es merkt, daß es ſicher iſt, ſo ſenkt es den Fuß gleich einem Wagentritte. Über die Entwickelung der Räder können wir nur im Allgemeinen bemerken, daß ſie ſich, wäh— rend die Wimperhaare allmälig länger werden, immer mehr individualiſtren und zuletzt zwei dicke halbkreisförmige Polſter bilden, welche auf häutigen Fortſätzen ſitzen und, gleich dieſen, ungemein contractil ſind. 8 Die Haut entſteht aus der Umbildung der peripheri— ſchen Schicht und zwar aus deren innerer Lage, während die äußere ſich in die Schale verwandelt. Anfangs befindet ſich jene Lage in einiger Berührung mit den dunkeln Ag— glomerationen der Centralmaſſe, die ſich in die verſchiedenen Eingeweide umbilden. Allein bald ſcheidet ſich die Haut von dieſen, ſo daß die Eingeweide in einer geräumigen Höhle ſchwimmen und nur durch musculöſe contractile Bänder noch mit dem Integumente zuſammenhängen. Die ſo gebildete Höhle nimmt die ganze Bauchportion bis zum Wulſte des Mantels (o, Fig. 9. u. 10) ein, mittels deſſen der Embryo an der Schale befeſtigt iſt und der eine Art von Zwerchfell zwiſchen der vorderen und hinteren Portion der Schale bildet. Die Bauchhöhle iſt mit einer farbloſen Flüſſigkeit gefüllt, in welcher die Eingeweide ſchwimmen und verſchiedene Lagen annehmen. Die Eingeweide ſind die letzten Organe, welche ſich in dem Embryo des Actaeon deutlich ausbilden. Die Därme entſtehen aus der rechten Hauptagglomeration der Central— maſſe des Bauches, während ſich aus der linken die Leber entwickelt. Die Leber (p, Figg. 8 u. 9) ſtellt ſich anfangs in Geſtalt einer Kugel am hinteren Ende der Schale dar und berührt nach vorn die Baſis des Fußes. Sie hat auf der linken Seite eine geringe Vertiefung und beſteht anfangs aus 8 —9 Zellen, zwiſchen denen ſich Oltröpfchen zeigen, und deren Zahl ſich nach und nach, doch nicht durch endo— gene Zeugung, vermehrt. Die Leber iſt während des ganzen Embryonenlebens maſſio und erlangt erſt während des Larven— ſtandes des Actaeon eine Höhlung. Die Beobachtung der Entwickelung des Nahrungsſchlau— ches (Fig. 11) hat große Schwierigkeit, da einestheils die Verfolgung der Speiſeröhre durch die Dicke des Körpers un— thunlich iſt, anderntheils der Darm verwickelte Windungen darbietet. Die erſten Spuren desſelben zeigen ſich in Geſtalt einiger dunkeln Agglomerationen körniger Zellen auf der rechten Seite der Abdominalportion des Embryos. Etwas ſpäter ſieht man hinter der Leber und rechts von derſelben ein birnförmiges Organ (r, Fig. 8), welches der Magen iſt und deſſen Wandungen allmälig dünner und durchſichtiger werden, je mehr ſich ſeine Höhlung erweitert. Eben ſo ver— hält es ſich mit dem Darmcanale (s), der zugleich immer länger wird und Windungen bekommt. Der After (q, Fig. 10), iſt 34. II. 12. 184 erſt gegen das Ende des Embryonenlebens hin zu bemerken. Er liegt auf der rechten Seite, hinter dem Ohre über dem Wulſte des Mantels. Der Embryo hält die Offnung des⸗ ſelben öfters klaffend, da ſie dann leicht wahrzunehmen iſt. Der vordere Theil des Nahrungsſchlauches, die Speiſeröhre (x) und der Mund (t, Fig. 11) ſind wegen der Undurchſichtig⸗ keit der ſie umgebenden Theile ſchwerer zu unterſuchen. Die erſtere mündet an der vorderen Fläche des Magens gerade bei der Mitte ſeiner Länge und gar nicht weit don dem Darme in den Magen. Der Mund liegt tief zwiſchen den beiden ge⸗ krümmten Aſten der Räderorgane verborgen, am hinteren Ende des die Medianlinie des Fußes bedeckenden Flimmerhaar⸗ ſtreifens, genau an der früher von der Warzenſpalte einge⸗ nommenen Stelle. Die Entwickelung der Gewebe, aus denen der Nahrungsſchlauch beſteht, iſt denjenigen ſehr ähnlich, welche die anderen Organe des Embryos darbieten. So lange derſelbe maſſide undurchſichtige Agglomerationen bildet, be⸗ ſteht er aus körnigen Zellen einer und derſelben Art; allein ſo bald die inneren Höhlungen ſich entwickeln, verändern die Gewebe ihr Anſehen und trennen ſich in zwei deutlich ver⸗ ſchiedene Schichten, ein mit Flimmerhaaren beſetztes inneres epithelium und eine dicke äußere Lage, welche unſtreitig die Muskel⸗ und Schleimmembran zugleich repräſentirt. Die Flimmerhaare des den ganzen Nahrungsſchlauch dom Munde bis zum After auskleidenden epithelium ſind in beſtändiger unwillkürlicher Bewegung. Es nimmt ſich ungemein ſchön aus, wie die winzigen Stofftheilchen und ſpäter die Nab- rungsmittel durch die Bewegung der Flimmerhaare, welche eine immer dieſelbe Richtung beibehaltende Strömung veran⸗ laſſen, beſtändig im Magen umherkreiſen. Dieſe Strömung geht von außen nach innen durch den Mund und die Speiſe⸗ röhre in den Magen, wo die Nahrungsſtoffe erſt an der oberen Wandung hinſtreichen, dann an der unteren nach dem pylorus und der cardia zurückkehren. Im Darmcanale geht die Strömung in umgekehrter Richtung, wie die Futterſtoffe, nämlich ebenfalls gegen den Magen hin, daher man leicht den Darm für die Speiſeröhre nehmen kann, was Hrn. All⸗ man begegnet iſt, wie auch der Verf. ebenfalls anfangs in dieſen Irrthum verfiel. Der Darm hat durchaus kein An⸗ hängſel oder diverticulum, und die noch maſſive Leber ſteht mit demſelben in keiner Verbindung. Die Sinnesorgane betreffend, iſt bereits oben von den Otolithen die Rede geweſen. Die denſelben umgebende Agglomeration wird allmälig heller und bildet zuletzt eine ſphäriſche, durchſichtige Blaſe, in welcher der Otolith zu ſchwanken beginnt. In der Mitte des ſelben bemerkt man alsdann einen gelblichen Punkt. Die Gehörblaſe bleibt voll— kommen iſolirt, und man bemerkt an derſelben weder einen Stiel, noch einen Nerven, welcher dieſelbe mit einem ande- ren Organe, z. B. dem Gentral-Nersenjsiteme, verbände, von dem übrigens noch keine Spur wahrzunehmen iſt. Augen hat der Verf. an den Actäon-Embryonen nie wahrnehmen können, und er leugnet deren Eriſtenz um jo beſtimmter, als er deren Entwickelung bei den Embryonen des Trochus neritoideus beobachtet hatte, alſo rückſichtlich der Lage der⸗ ſelben bei den Gaſteropoden-Embryonen gehörig orientirt war. 185 Der ſich bisher im Eie lebhaft bewegende Embryo findet endlich ſeine Hulle zu eng, bringt dieſelbe zum Berſten und gebt nun als Larve hervor. Die Beobachtung der Umbil⸗ dungen, welche der Action in dieſem Stande erleidet, hat der Verf. nicht vollenden können, da ſeine ſämmtlichen Erem= plare ſtarben, bevor ſie ſich von ihrer Schale befreit hatten. Doch bemerkt er darüber Folgendes: Die Räder (h) bleiben ziemlich in demſelben Zuſtande, wie bei dem völlig entwickelten Embryo und nehmen nur an Umfang zu. Der Fuß (i) verändert ſich ebenfalls nicht er: heblich. Der Verf. hat zwar mehrere innere Umbildungen beobachtet, deren Bedeutung aber nicht ermitteln können. Merkwuürdigerweiſe bildeten ſich im Fuße aller aus derſelben Eierſchnur herrührenden Thierchen einzelne grüne Körper (Fig. 12), die aber bei den aus anderen Eierſchnuren ſtam— menden Larven fehlten. Die Verhältniſſe des Mantels (o) und der Schale (m) verändern ſich im Larvenzuſtande be— deutend. Zur Zeit des Auskriechens hängt die Haut überall vollſtändig an der Schale feſt, und die Falte, welche wir den Wulſt des Mantels genannt haben, iſt beſonders feſt an die Schale geheftet und bildet eine Art von Zwerchfell zwiſchen der Kopfportion und der Bauchhöhle. Nun bemerkt man, daß der Wulſt ſich ablöſ't und ſich auf dem Rücken aus— breitet, ſo daß er eine Art Decke bildet, deren Rand an der Schale anliegt. Bald darauf lagert ſich längs des ganzen Randes des Wulſtes ein ſchwarzes Pigment (y) ab, welches aus kleinen, ſchwarzen Körnern beſteht, und welches der Verf. anfangs für rudimentäre Augen hielt. Doch über— zeugte er ſich bald von ſeinem Irrthume, da ſich das Pig— ment, ſtatt ſich zu concentriren, immer mehr ausbreitete. Bald darauf trennte ſich die Schale vom Mantel, allein kurz nach dieſer Erſcheinung flarben ſämmtliche Larven, noch von der Schale wie mit einer Scheide umgeben, aber nirgends an derſelben feſthängend. Der Mantel bildete um die Därme eine zweite, weit engere Hülle. Die Eingeweidehöhle war ſehr zuſammengeſchrumpft, und die den Mantel mit den Där— men verbindenden musculöſen Bänder waren jo verkürzt, daß man ſie kaum wahrnehmen konnte. Die Freude, die Larven als ächte, nackte Molluſken aus der Schale ſchlüpfen zu ſehen, ward dem Verf. nicht. Der Nahrungsſchlauch erleidet im Larvenſtande keine er— heblichen Modificationen; aber wichtig iſt die Veränderung, die mit der Leber vorgeht, die hohl wird und mit dem Ma⸗ gengrunde in Verbindung tritt. Merkwürdigerweiſe gehen die Nahrungsſtoffe, z. B. Navicellen, Bacillarien und andere Infuſorien, welche die Larven verſchlingen, aus dem Magen in die Leber und aus dieſer wieder in den Magen zuruck, obwohl der beide Organe verbindende Canal eng und ſpiral⸗ formig gewunden iſt. Beim vollkommenen Actäon beſteht die Leber aus zahlreichen, ſich durch den ganzen Körper ver⸗ breitenden Veräſtelungen, die von zwei Hauptſtämmen aus⸗ gehen, welche aus dem Magen ſelbſt entſpringen. Überblick der Embryonenentwickelung. Zur Zeit des Auskriechens beſitzt der Embryo eine ziem- lich complicirte Structur. Er iſt durch eine leidlich feſte 34. II. 12. 186 Schale geſchützt, welche die ganze Bauchportion bedeckt und auch die Kopfportion in ſich aufnehmen kann. Dieſe iſt vorn mit zwei kräftigen Locomotionsorganen, den Rädern, beſetzt. Das Locomotionsorgan des vollkommenen Thieres, der Fuß, dient bis jetzt nur zum Bedecken der Schalenöff— nung, wenn ſich der Embryo zurückgezogen hat. Die Ver— dauungsorgane ſind bereits ſtark entwickelt. Die Organe des Beziehungslebens find auf zwei Gehörblaſen beſchränkt, in deren Mitte ſich große Otolithen befinden. Von anderen Sinnesorganen iſt noch nichts wahrzunehmen. Die Haut liegt hart an der Schale an und trennt ſich erſt ſpäter von dieſer. Zuſammenziehbare Bänder und ein kräftiger Muskel halten die Eingeweide in ihrer gehörigen Lage, während ein kreisförmiger ſich umſchlagender Wulſt den ganzen Körper an die Schale befeſtigt. Nur die Organe der Ortsverände— rung und Verdauung ſind entwickelt. Das Circulationsſyſtem, das Centralnervenſyſtem und der Zeugungsapparat fehlen. Die Aufeinanderfolge der Entwickelung iſt alſo eine ganz andere, als bei den höheren Thieren, bei denen erſt die Nerven- und Knochencentren und erſt nach dieſen die Sinnes— organe, das Herz und zuletzt das Verdauungsſyſtem erſchei— nen, während bei unſeren Embryonen zuerſt die Ortsverände— rungsorgane, dann das Gehörorgan und gleich darauf der Verdauungsapparat auftritt. Der Zeugungsapparat dagegen entwickelt ſich im ganzen Thierreiche zuletzt. Der Verf. giebt übrigens zu, daß ihm bei der Un— durchſichtigkeit und Dicke der verſchiedenen Theile der Kopf— portion die vielleicht vorhandenen Spuren des Centralnerven— ſyſtemes entgangen ſein können, obwohl er auch in der zer— quetſchten Subſtanz der Embryonen nichts dergleichen hat erkennen können. Das Herz dagegen fehlt beſtimmt, und dennoch ſind die Larven ungemein thätig. In einem Glaſe bewegt ſich ihr Schwarm gewöhnlich nach der beleuchteten Seite hin, indem ſich die Räder fortwährend drehen, und ſchon während der erſten Tage nach dem Auskriechen findet man ihren Magen mit Navicellen und anderen Infuſions— thierchen gefüllt. Mit dem vollkommenen Actäon verglichen, bieten die Larven, abgeſehen davon, daß ſie mit einer Schale verſehen ſind, bedeutende Verſchiedenheiten dar. Der vollkommene Actäon hat Tentakel, die Larve ziemlich an derſelben Stelle gewaltige Räder, die ſich jedoch nicht etwa in Tentakel ver: wandeln, ſondern, wie ſich aus den Unterſuchungen der HHn. Lovéen und Nordmann ergiebt, abfallen. Beim vollkom⸗ menen Actäon iſt der Fuß großentheils mit dem Körper ver- ſchmolzen, indem er ſich an der ganzen unteren Seite des— ſelben hinzieht; bei der Larve dagegen tritt er großentheils abgeſondert hervor. Er muß alſo ſpäter an der Deckelſeite mit dem er verwachſen, und die Epithelialſeite ſich in die untere Fläche verwandeln, mittels deren das vollkommene Thier fortkriecht. Auch muß ſich der Fuß hinterwärts ver längern, um das ſogenannte Ruder des Actäon zu bilden. Bei der Larve hat der Eingeweideſack eine ſehr bedeutende Größe; beim vollkommenen Thiere beſteht dagegen der ganze Hinterkörper aus einem blattförmigen Anhängſel, welches die Generationsorgane, ſowie die grünen Veräſtelungen der Leber 187 und des Gefäßmagenapparates enthält. Die dunkeln Agglo— merationen an der Deckelſeite des Fußes der Larve verwan— deln ſich wahrſcheinlich in die zahlreichen Eierſtöcke und Teſti— kel des vollkommenen Thieres, und in dieſem Falle würde ſich das blattfürmige Anhängſel aus dem hinteren Theile des Larvenfußes bilden. Die inneren Organe erleiden ebenfalls ſehr bedeutende Abänderungen, und der Verf. weiſ't in dieſer Beziehung vorzüglich auf den complicirten Mund- und Leber— apparat des vollkommenen Thieres hin. (Schluß folgt.) Miſcellen. 29. Die Wirkung, welche Erdbeben in Peru auf die Fruchtbarkeit des Bodens ausüben, iſt zuweilen ſehr merkwürdig. Vielfältige Beobachtungen haben gezeigt, wie nach ſehr heftigen Erſchütterungen üppige Felder verödeten und auf den— ſelben während mehrerer Jahre durchaus keine Pflanzen mehr ge— Heilk (XXXII.) über die grünen Stuhlentleerungen der Kinder. Von Dr. Thomſon. Die eigenthümlichen grasgrünen oder gehacktem Spinat ähnlichen Darmentleerungen bei Kindern ſind im Allgemeinen einer abnormen Secretion oder der Beimiſchung von fehlerhafter Galle zu den nor— malen Ausſcheidungen des Darmcanales zugeſchrieben worden. Dieſe Anſicht wird von Dr. Bird als irrthümlich verworfen *), indem er durch genau angeſtellte Unterſuchungen den gänzlichen Mangel von Galle oder der Beſtandtheile derſelben in jenen Stuhlausleerun— gen nachwies. Außer ſeiner eigenen Analyſe giebt er auch die von Dr. Simon (vgl. Monthly Journ., Febr.), welche mit der erſteren in Widerſpruch zu ſtehen ſcheint, was jedoch nur ſcheinbar iſt, indem Dr. B. die Ausleerung eines mit Mercur behandelten hydrocephaliſchen Kindes, Dr. S. dagegen eine reine Kalomelaus— leerung unterſuchte. In dem erſten Falle hatte der Mercur wahr— ſcheinlich mit der eigenthümlichen Ausſonderung, welche im All— gemeinen dem hydrocephalus eigen iſt, wenig oder nichts zu thun, in dem letzteren Falle dagegen hatte das purgans ohne Zweifel eine große Quantität Galle aus der Leber in die Gedärme hervorgelockt. Unter dieſen Umſtänden muß demnach Dr. Birds Analyſe bis zu einem gewiſſen Grade als ſchlußgerecht erſcheinen. Dr. B. leitet nun ferner die grüne Farbung der Darment⸗ leerung von einer langſamen Exſudation des Blutes in die Ge— därme in Folge einer partiellen Congeſtion ab, und hält das Zu— ſtandekommen einer grün färbenden Subſtanz durch die Einwirkung gewiſſer Stoffe, wie Schwefelwaſſerſtoff- oder Salpeterfäure, auf das Hämatin des Blutes nicht für unwahrſcheinlich. Nach ſeiner Anſicht liegen Thatſachen für die Ableitung der grünen Entleerun— gen von dem Vorhandenſein eines alterirten Blutes vor, wofür auch der Umſtand ſpricht, daß jenen Entleerungen ſo häufig Abgang von unverändertem Blute per anum vorangeht oder folgt oder die— ſelben begleitet. Er behauptet auch, daß in den Fällen, wo die Stühle, hell orangefarbig entleert, in freier Luft hingeſtellt gras— grün werden, dieſe Veränderung von dem orygenirenden Einfluſſe der Luft herrühre, während feines Wiſſens bloße Galle unter ähn⸗ lichen Umſtänden dieſe Eigenthümlichkeit nicht beſitze. Dieſe Angaben des Dr. Bird ſcheinen durch folgende Bemer— kungen beſtätigt zu werden: Die nicht biliöfe Beſchaffenheit der *) Vergl. Neue Not. Bo. XL. No. 874. S. 261. 34. II. 185 beihen. In mehreren Quebradas der Provinz Trurillo, die ſich früher durch ihren Überfluß an Getrafde auszeichneten, lagen nach dem Erdbeben von 1630 die Ader während zwei Decennien brach. Ahnliche Beiſpiele liefern Supe, Huaura, Lima und Ya. Beſonders empfindlich find die Getraldearten; es find Fälle bekannt, daß nach ſchwachen Erdſtößen Maisfelder, die gerade in der Blüthe ſtanden, nach wenigen Tagen abdörrten. (v. Tſchudi, Peru, Bd. 1.) 30. Die Wärme, welche jährlich bei der Verdun⸗ ſtung des Waſſers gebunden wird, hat annäherungsweiſe Daubrée berechnet. Faſt ein Drittel der von der Sonne der Erde zufließenden Wärme wird dadurch in Anſpruch genommen, mit anderen Worten, eine Menge, die genügend wäre, eine 10,70 M. dicke Eisſchicht über der ganzen Erdoberfläche zu ſchmelzen. Dieſe Wärme entſpricht einer mechaniſchen Kraft von 16,214937 Dampfmaſchinen-Pferdekräften oder 318 Pferdekräften für die Hectare das ganze Jahr hindurch. Die bewegende Kraft des Waſſers, wel⸗ ches an der Oberfläche von Europa läuft, beträgt zwiſchen 273,508974 und 364,678620 Pferdekräften, die ohne Unterbrechung arbeiten. (L’Institut, 691.) 12. unde. grünen Stühle wird auch von Dr. Guy (ſ. Cyclopedia of pract. medic. s. v. Hydrocephalus) faſt mit Beſtimmtheit behauptet, in⸗ dem er darauf aufmerkſam macht, daß die eigenthümliche lauchartige Färbung nicht eher gehörig ſich ausbilde, als bis die faeces den unteren Theil des Dünndarmes erreicht haben, während die con- tenta der oberen Portion gelbgrau gefärbt find bei rein gelber Kär- bung der Galle in der Gallenblaſe. Irrthümlich jedoch leitet er die grüne Farbe der Stühle von einer krankhaften Secretion der Darmdrüſen ab. Als Beweis für die Entſtehung jener Farbe durch die Beimiſchung alterirten Blutes dienen ähnliche Entleerungen aus dem Körper, welche unter anderen Umſtänden zu Stande kommen. Hierher gehört das grasgrüne Erbrechen bei durch acute oder chro— niſche Krankheiten ſehr geſchwächten Perſonen, beim gelben Fieber, bei kebris remittens infantum und dei dem Dentitiensleiven, wel— ches Cruveilhier mit dem Namen: „Gaſtro-Inteſtinalkrankheit des Kindes mit gallertartiger Desorganiſation“ belegt. Bei dieſem letzteren Übel iſt nach Guerſent „die Diarrhoe ſehr profus und die Stühle zuweilen gelb, öfters dagegen grün gefärbt, wobei con— fervenartige Flocken in einem durchſichtigen Serum ſchwimmen. Bald kommt Erbrechen hinzu, indem zuerſt eine ſeröſe Flüſſigkeit und ſpäter lauchartige Materie ausgebrochen werden.“ Hier muß die grüne Secretion augenſcheinlich vermöge einer antiperiſtaltiſchen Bewegung in den Magen gelangt, oder in demſelben ſelbſt zu Stande gekommen ſein. Fügen wir zu dem Obigen noch die grünen ſchild⸗ krötenfettartigen Stühle der hepatitis, ſo haben wir eine Reihe von Fällen, in welchen die grüne Secretion des Verdauungscanales mit gutem Grunde auf eine Ausſchwitzung von kleinen Quantitäten Blut aus der Schleimhaut, welche ſich in einem Zuſtande von Con⸗ geſtion, Ulceration, Abraſion oder Erweichung befindet, zurückge— führt werden kann. Ein weiterer Beweis für das ausſchließliche Zuſtandekommen der grünen Färbung durch alterirtes Blut find die grünen oder blau⸗ grünen Flecken, welche man ſo häufig auf den Verbandſtücken bei granulirenden, geriſſenen Wunden beobachtet, und deren Entſte⸗ hung allein nur dem Vorhandenſein von zerſetztem Blute in der Wunde, welches unter dem Einfluſſe der Atmoſphäre chemiſche Ver⸗ änderungen erleidet, zugeſchrieben werden kann. Wahrſcheinlich möchten ſich auch die mannigfachen Farbenveränderungen an der Leiche auf dieſelben Urſachen zurückführen laſſen. (Monthly Journ., May 1846.) 189 (XXXIV.) über Poſtpharyngeal-Abseeſſe. Von Dr. Beſſems. Poſtpharyngeal⸗Absceſſe oder Absceſſe hinter der hinteren Wandung des Schlundkopfes gelegen, find entweder idiopathiſch oder ſymptomatiſch; im letzteren Falle hängen fie mit caries der oberen Halswirbel zuſammen und konnen kaum verkannt werden. Die idiepathiſchen Absceſſe dagegen find zuweilen ſchwer zu ers kennen. Dieſelben ſind an kein beſtimmtes Lebensalter gebunden, kommen aber am häufigiten in den erſten Lebensjahren vor. Man hat ſie nach Verwundungen im Nacken, Verletzungen durch ver— ſchluckte Knochenſtücke, bei erſchwerter Deglutition, pharyngitis, bei der Dentition, ſowie in Verbindung mit Rheumatismus, Sry: ſipel und meningitis oder encephalitis beobachtet. Sie bilden ſich an verſchiedenen Punkten an der hinteren Wandung des pharynx, und konnen umſchrieben oder diffus ſein. Der Eiter iſt nach oben durch die aponcuroses petro-pharyngeae und occipito-pharyngeae und nach vorne durch die tieferen Schichten der fascia cervicalis begränzt; trotz des letzteren Hinderniſſes aber dehnt ſich der Absceß zuweilen an den Seiten des Halſes aus und bildet daſelbſt großere oder kleinere Geſchwülſte. Nach unten iſt er durch nichts begrenzt und kann daher längs der Speiferöhre bis in das hintere Mittel: fell hinabſteigen. Dieſe Absceſſe ſind bald acut, bald chroniſch, erſteres häufiger. In einem mitgetheilten Falle endete das Übel nach fünfmonatlicher Dauer durch Erſtickung toͤdtlich; in einem anderen entleerte De— ſault 17 Monate nach dem erſten Auftreten der Anſchwellung den Eiter, und in einem dritten Dr. Wade nach dreimonatlicher Dauer, in beiden Fällen mit glücklichem Ausgange. In dem ent— zündlichen Stadium ſind Schmerzen, behinderte Deglutition, ſehr häufig Nöthung des Schlundes, große Steifheit des Nackens und ſelbſt ein Hervorragen der hinteren Wand des pharynx vorhanden. Das letztere Symptom wird zuweilen durch die Exploration mit dem Finger beſſer ermittelt, als durch die Inſpection. Mit dem Eintreten der Eiterung nehmen die Schlingbeſchwerden zu, Ge— tränke werden durch die Naſe ausgeſtoßen, das Athmen wird keu— chend, Huſten tritt ein, die Stimme verändert ſich und ſelbſt eroup— artige Symptome ſtellen ſich ein. Wenn der Eiter tief unten ſitzt, fo it die Diagnoſe oft ſehr erſchwert; der Nacken muß äußerlich genau unterſucht werden, zuweilen läßt ſich auch eine Verſchiebung des larynx bemerken. Die Diagnoſe wird durch die Tendenz zu Störungen des Magens und Gehirnes bei den Pharyngealleiden noch mehr erſchwert. Von Group läßt ſich dieſes Übel nur durch eine genaue Unterſuchung des Schlundes unterſcheiden, und bei jedem croupartigen Falle muß der pharynx ſorgfältig unterſucht werden, was dann um jo nöthiger wird, wenn keine Pſeudomem⸗ bran erſcheint, oder das Übel mehrere Tage hindurch gleich intenſiv geblieben iſt, ohne Fortſchritte zu machen. Bei Absceß hinter dem pharynx gehen die Schlingbeſchwerden den Athembeſchwerden vorz aus, was beim Croup nicht der Fall iſt, indem bei dieſem die De— glutition nur dann erſchwert wird, wenn ſich derſelbe mit angina tonsillaris verbindet; bei obigem Absceſſe ſteigert auch Druck auf den larynx die Athemneth, was beim Group nicht der Fall iſt. Das vorliegende Übel iſt auch mit oedema glottidis verwechſelt worden, bei dem letzteren aber iſt nur die Inſpiration erſchwert, die Erſpiration dagegen nicht. Wenn Poſtpharyngeal⸗Absceſſe chroniſch werden, fo fönnen fie u zahlreichen diagnoſtiſchen Irrthümern verleiten, und fie find kick mit Naſenpolypen verwechſelt worden. In einigen Fallen offnet ſich der Absceß auf die Weiſe, daß der Eiter aus dem Munde entleert wird und der Kranke geneſ't; in noch anderen tritt ein aſphyktiſcher Tod in Folge der durch die Größe des Absceſſes bewirkten Compreſſion ein, und endlich in chroniſchen Fallen kaun der Kranke aus Mangel an Nahrung wegen der 3 Deglutition zu Grunde gehen. enn der Absceß zeitig genug erkannt und fünftlic geöffnet wird, ſo iſt faſt immer Geneſung die Folge. Die Behandlung des entzündlichen Stadiums ergiebt ſich von ſelbſt. Zur Eröffnung des Absceſſes find mehrere Methoden ver⸗ mittels des Nagels, des Fingers oder des Stieles eines hölzernen 34. II. 12. 190 Loffels vorgeſchlagen worden. Oft wird ein mit Leinen umwickeltes Biſtouri oder Petit's Pharyngotom nothwendig. In einigen Fallen muß der Absceß am Halſe geöffnet werden, wobei mit großer Vorſicht verfahren werden muß. (Gaz. medico-chirurg., Mai 1846.) (XXXV.) Zufälle in Folge des Vorhandenſeins eines Stückes Schweinsborſte in den Geweben des Halſes. Von Dr. Guillo. Hr. Caſteill, 17 Jahr alt, welcher bis zur Mitte Juli 1843 ſtets völlig geſund geweſen war, wandte ſich Ende October d. J. an den Verf. in folgendem Zuſtande: Der Kopf war gegen die rechte Schulter hingeneigt, und der Kranke vermochte mit demſelben nicht die geringſte Bewegung vorzunehmen; die ganze rechte Seite des Halſes und des Geſichtes war geröthet, geſpannt und ange⸗ ſchwollen; dabei ungemeine Empfindlichkeit dieſer ganzen Partie, ſo daß die leiſeſte Berührung außerordentlich ſchmerzhaft wurde, eine fütulöfe Offnung über der Submarxillardrüſe mit ſchleimbedeck— ten Granulationen, aus welcher fortwährend eine fadenziehende, ferös: fchleimige Feuchtigkeit hervorguoll. Das Schlucken war ſchmerz⸗ haft, die Stimme alterirt, die Augen geröthet und in Thränen ſchwimmend, das Geſicht hochgeröthet, leichtes Fieber, andauernde Schlafloſigkeit. Das Übel war für jerophulös gehalten und dem— gemäß behandelt worden, Verf. jedoch, die Gegenwart eines fremden Korpers in den Geweben des Halſes vermuthend, führte eine Hohl: ſonde ſo tief als möglich in die Fiſtelöffnung ein, und machte dann vermittels eines längs der Sonde eingebrachten geraden Biſtouri's einen Querſchnitt von 10 Centim. Lange. Die Offnung, aus wel⸗ cher eine ziemlich reichliche Menge hellrothen Blutes, mit käaͤſichten Flocken gemiſcht, abfloß, wurde ſogleich darauf mit trockener Charpie ausgefüllt und verbunden. In den nächiten zwei Tagen ergab die genaue Unterſuchung der offen erhaltenen Wunde durchaus nichts; Verf. führte nun die Sonde von Neuem in einer der früheren ge— rade entgegengeſetzten Richtung ein und ineidirte fo tief als möglich, ſo daß die beiden Schnitte in Form eines J zuſammenſtießen. Nach dieſer neuen Operation brachte der Kranke zuerſt ſeit langer Zeit eine ruhige Nacht zu; jedoch erſt am fünften Tage gelang es Verf. vermittels einer Finectte aus der Tiefe der Wunde ein Stück Schweinsborſte von 4 Centim. Länge, und an dem einen Ende ge: ſpalten, hervorzuziehen. Von dieſem Augenblicke an nahm die An— ſchwellung raſch an Umfang ab, die Wunde heilte binnen zehn Tagen, und der Kranke war vollſtändig wiederhergeſtellt. Nach den Angaben desſelben hatte er im Auguſt d. J. eine Schweins⸗ borſte zwiſchen den Zähnen zerbiſſen, worauf er am nächiten Tage Schlingbeſchwerden empfand und binnen Kurzem ein großer Absceß ſich an der rechten Seite des Halſes bildete, welcher geöffnet wurde. Bald darauf bildete ſich ein neuer Absceß, welchen man gleichfalls öffnete, und ſeit der Zeit waren die Anſchwellung und die Fiſtel— oͤffnung zurückgeblieben. (Journ. des connaiss. med. chirurg., Aoüt 1546.) (XXXVI.) Über das Saponin und die Eigenſchaften der dieſen Beſtandtheil enthaltenden Pflanzen. Von Hrn. Malapert. Nachdem Hr. Malapert, ſich auf Dr. Bennets Zeugniß berufend, 90 0 hatte, daß Saponaria oflieinalis und Nigella ar- vensis zu den Giftpflanzen gehoren, und daß ihre giftigen Eigen⸗ ſchaften von dem in ihnen enthaltenen Saponin herrühren, ver⸗ muthete er, daß viele andere Pflanzen derſelben Familie dieſen Be— ſtandtheil enthalten möchten. Er unterſuchte deshalb die ver⸗ ſchiedenen Theile vieler Caryophylleen, ſowie der Anagallis phoe- nicea und A. caerulea, welche zwar zu den Primulaceen gehoren, aber doch auf den erſten Blick den Caryophylleen ähneln. Er ers kannte an den verſchiedenen Theilen dieſer Pflanzen abweichende Eigenſchaften. Der Same der Nigella enthält Saponin, jedoch 191 nur in den Cotyledonen, wo es mit einem gelben, milden, leicht Seife bildenden Ole, ſowie mit einem Stoffe, der durch Alkalien gelb gefarbt wird, vergeſellſchaftet iſt. Die Wurzeln derſelben Pflanze enthalten viel Saponin, und zwar von der beginnenden Entwickelung bis zur Zeit der Samenreife und dem Aufhören der Vegetationsthätigkeit. Stengel, Blätter, Kelche beſitzen dasſelbe nicht, oder doch nur in ſo geringer Quantität, daß ſich nichts Näheres darüber ermitteln ließ; allein in den Ovarien findet man ſogar ſchon vor dem Aufblühen Saponin. Es erzeugt ſich in dieſen Thei— len während des Wachsthumes bis zur Reife der Samen, und dar— aus erklärt ſich, der Anſicht des Verf. nach, die den Landleuten bekannte Thatſache, daß, wenn die Kühe von der jungen Pflanze gefreſſen haben, dieſelben nicht leiden, während ſie bedeutend weni— ger oder keine Milch geben, wenn ſie mehrere Tage hinter einander von der blühenden oder in Samen ſtehenden Nigella gefreſſen haben. Silene nutans enthält wenigſtens eben ſo viel Saponin, wie Saponaria oflicinalis, allein im Gegenſatz zu der Nigella arvensis, in allen Theilen, außer den Samen, in welchen wenigſtens Herr Malapert es nicht auffinden konnte. In der Gartennelke, der wilden Nelke (in welcher Species derſelben 2), Karthäuſernelke ꝛc. fand er Saponin, und zwar in den Wurzeln viel, in Blättern und Stengeln wenig, in den Blumenblättern und Samen keines. Lychnis dioica, L. flos cuculi ete. enthalten ebenfalls Saponin, welches jedoch Hr. Malapert in den verſchiedenen Species von Arenaria, ferner in Stellaria holostea, Holosteum umbellatum und Stellaria media vergebens geſucht hat. Aus vielen von Hrn. Malapert angezogenen Stellen medi— ciniſcher Schriften ergiebt ſich, daß alle ſaponinhaltige Pflanzen, z. B. die Lychnisarten, die Roßkaſtanie, der rothe und blaue Gauch— heil (Anagallis) officinelle Eigenſchaften beſitzen, über die jedoch noch viele abweichende Meinungen herrſchen. Durch Anagallis kön⸗ nen Pferde, Hunde und Vögel vergiftet werden; Hühner, welche von der Saponaria freſſen, ſterben und ſolche, welche mit nicht von ihrem bitteren Stoffe befreiten Roßkaſtanien gefüttert werden, hören auf zu legen. Mit Schwarzkümmel (Nigella) kann man Hunde und Gefluͤgel, ja ſelbſt Menſchen vergiften. Blühend oder in Samen ſtehend von den Kühen gefreſſen, hat dieſe Pflanze eine ſehr nach— theilige Wirkung auf die Milchſecretion. Sie wird übrigens von dieſen Thieren gemieden und nur zufällig unter anderem Futter eingenommen. 34. II. 12. 192 Über die mediciniſchen Wirkungen des Saponins ift man, wie geſagt, noch durchaus nicht einig. Die Alten ſchrieben den das⸗ ſelbe enthaltenden Pflanzen die Eigenſchaft zu, daß ſie anderen Giften in einer wohlthätigen Art entgegenwirkten. Sie verordne⸗ ten ſie gegen den Biß giftiger Thiere und ſogar den toller Hunde. Neuere Arzte erkennen ihnen nur diuretiſche und Nieſen erregende Wirkungen zu. Übrigens ſcheint das Saponin allerdings ſehr kräf⸗ tige Eigenſchaften zu beſitzen, welche hoffen laſſen, daß es in be⸗ ſtimmten Fällen als therapeutiſches Mittel nützliche Anwendung finden könnte. Hr. Malapert fordert daher die Arzte auf, dieſen Stoff in der fraglichen Beziehung näher zu prüfen. (Repertoire de Pharmacie, Oct. 1846.) Miele. (29) Eharriere’s Apparat zu Schwefeläther⸗Ein⸗ athmung. (Fig. 22 der beilieg. Tafel) a Flaſche; b Schraube zur Anfügung der Tropfröhre; ce trichterförmiger Pfropf; d Hahn zum Offnen und Schließen der Aſpirationsröhre; e Trichter zum Eingießen des Schwefeläthers, f Tropfröhre, an der Seite mit einer Offnung zur Aufnahme der Dämpfe im oberen Theile der Flaſche; g Mundſtück an der Aſpirationsröhre; h Klammer zur Schließung der Naſe; i Hahn zur Schließung der Röhre. Aus dem Nachlaſſe des im vorigen Jahre geſtorbenen Herrn Hofrath Dr. Leithoff in Lübeck ſoll der anſehnliche Vorrath orthopädiſcher Apparate im Einzelnen oder im Ganzen verkauft werden: als Dampfkaſten, Rollſtühle, Laufmaſchinen, Druckmaſchi⸗ nen zum Gebrauch im Stehen und Liegen, Druckmaſchinen für Knieleiden, Vorrichtung zur Heilung von Klumpfüßen; Corſet⸗ maſchinen; Kopfmaſchinen mit Federvorrichtungen; Kopfſtangen; Kopfmaſchinen zum Gebrauch in den Laufbahnen; lange und kurze Federn aller Art; Röhren zu Übungsgewichten bei Beinſchwächen; complicirte Federmaſchinen, Sperrräder, Rollen, Schrauben aller Art u. ſ. w. Alle dieſe Dinge ſind auf das Solideſte, großentheils aus dem feinſten Stahle gearbeitet und in vollkommen gutem Stande. Reflectirende wollen ſich gefälligſt in portofreien Anfragen an die Frau Hofräthin Leithoff wenden, oder dieſelben perſönlich in Augenſchein nehmen. Lübeck, März 1847. Bibliographiſche Neuigkeiten. Lettres sur le magnetisme animal, considéré sous le point de vue physiologique et psychologique, a M. le docteur X ; par Ch. de ta Salzede. In 12. de 10 feuilles. Paris 1847. Preuves de l’existence d’anciens glaciers dans les vallées des Vos- ges. Du terrain erratique de cette contree; par Edouard Col tomb. In 8°. de 17 feuilles, plus 4 pl. Paris 1847. Swan, J. — The Nature and Faculties of the Sympathetic Nerve. By J. Swan. 8°. (pp. 64, sewed, 2 sh. 6d.) London 1847. Aßmann, F. W., Quellenkunde der vergleichenden Anatomie. gr. 8°. Geh. Braunſchweig 1847. Berg, O., Charakteriſtik der für die Arzneikunde und Technik wichtigſten Pflanzen-Genera in Illuſtrationen . 0 Texte. Mit einem Vorwort von H. F. Link. 6. Lief. 40. Geh. als Reſt. Berlin 1847. Hygiene physique et morale des prisons, ou de l’influence que les systemes penitentiaires exercent sur le physique et le moral des prisonniers, et des modifications qu'il y aurait à apporter au systeme actuel de nos prisons; par Aug. Bonnet. Paris 1847. Du Medeecin, de la folie et de la société; par J. A. Malatier, docteur en médecine de la faculté de Paris. In 4° de 16 feuilles /. Paris 1847. Brett, F. H. — A Lecture on the Eye; its Mechanism and Opti- cal Powers: with Directions for the Preservation of the Sight etc. 89. (pp. 44. sewed, 1 sh.) London 1847. Brett, F. H. — On Cataract, Artificial Pupil, and Strabismus. By F. H. Brett, Esq. 8°. (pp. 96, 4 plates, cloth, 2 sh. 6d.) London 1847. Du Traitement de la cataracte sans operation, et des obstacles que l’administration oppose a son efficacité; par M. Gondret. In 8°. d'une feuille /. Paris 1847. Weiß, L. S., die Geburtskunde, 2. nach dem Tode des Hrn. Verf. herausgeg. und revid. Aufl. gr. 8». Geh. Berlin 1847. Traité des maladies des pays chauds. Premiere partie. De la dysenterie et des maladies du foie qui la compliquent; par le docteur Combay, de Cambrai. In 8° de 38 feuilles 8. Paris 1847. Robinson, J., a Treatise on the Inhalation of the Vapour of Ether for the Prevention of Pain in Surgical Operations. Con- taining a numerous Collection of Cases in which it has been applied, with Names of the Operators. S“. (pp. 66, sewed, 2 sh.) London 1847. Monatsbericht, medic. klimatologiſcher, für Berlin 1846, Decbr. Von A. W. F. Schulz. Berlin 1847. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitichrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 35 * Druck und Verlag des Landes » Inpuftrie» Gomptoirs zu Welmar. Stückes 3%, Sgr. (Nr. 13. des II. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Mai 1847. Naturkunde. XXI. Unterſuchungen über die Embryogenie der gaſtropodiſchen Weichthiere. Von Hrn. C. Vogt. (Hierzu zig 1 bis 12 der mit voriger Nummer ausgegebenen Tafel.) (Schluß.) Schlußfolgerungen. 1) Das Ei des Actäon beſteht gleich, nachdem es gelegt worden, aus einer Schalenmembran, welche eine durchſichtige Eiweißflüſſigkeit enthält, in welcher eine Dotterkugel ſchwimmt, die nicht mit einer beſonderen Dottermembran verſehen iſt, und in deren Mitte ſich ein blaſenförmiger Kern befindet, der eine klare Flüſſigkeit enthält. 2) Die Zerfällung des Dotters beginnt gleich nachdem das Ei gelegt worden, und ſchreitet in geometriſcher Pro— greſſion fort. 3) Die aus der Zerfällung hervorgehenden Dotterkugeln beſitzen keine eigenthümliche Membran und haben ſämmtlich einen bläschenförmigen Kern. 4) Die Vervielfältigung dieſer Kerne iſt eine Folge und nicht die Urſache der Zerſtückelung des Dotters. 5) Die Zerfällung des Dotters bietet beim Actäon merf: würdige Eigenthümlichkeiten dar. Von dem Zeitpunkte an, wo acht Kugeln vorhanden ſind, beobachtet man zwei Arten von Kugeln, von denen die eine undurchſichtig und gekörnt, die andere durchſichtig iſt. 6) Aus den undurchſichtigen Kugeln bilden ſich die centralen, aus den durchſichtigen die peripheriſchen Organe des Embryos. 7) Sobald der Dotter ſich in 24 Kugeln zerſtückelt hat, erhalten die Kugeln eigene Membranen und werden ſo zu ächten Zellen. 8) Die Theorie der HHn. Schleiden und Schwann No. 2015. — 915. — 35. paßt nicht auf die Bildung der Zellen, aus denen die Ge: webe des Actäon beſtehen. 9) Die Vermehrung der Zellen durch endogeniſche Zeu— gung findet beim Actäon-Embryo nicht Statt. Nie ſieht man in Mutterzellen eingeſchachtelte junge Zellen. 10) Der ganze Dotter verwandelt ſich in den Embryo; alle Gewebe des letzteren beſtehen aus Zellen. 11) Der Embryo bildet ſich in dem Augenblicke, wo die peripheriſchen Zellen die Centralzellen vollſtändig umhüllen. 12) Die Aufeinanderfolge der Entwickelung der Organe iſt folgende: Die Räderorgane und der Fuß; die Otolithen und die Gehörblaſen; die Schale, der Mantel und der Deckel; die Leber und der Nahrungsſchlauch. 13) Die ganze Embryoentwickelung findet ohne Mit wirkung eines Herzens oder Circulationsapparates Statt. 14) Alle Organe bilden ſich durch Differentiirung der anfangs formloſen Maſſe des Embryos. 15) Alle Höhlen ohne Ausnahme bilden ſich durch das Auseinandertreten der anfangs zu maſſiven Häufchen verbun— denen Embryonenzellen. 16) Weder eine concentriſche, noch eine centripetale Entwickelung iſt wahrzunehmen. Die Aufeinanderfolge der Erſcheinungen deutet, weder hinſichtlich der Geſammtentwicke— lung, noch hinſichtlich der Bildung der einzelnen Organe, auf eine conſtante Richtung hin. 17) Die Actäonen erleiden eine Reihe von Metamor— phoſen, mittels deren ſie aus ſchalentragenden zu nackten Molluſken werden. Sie leben eine Zeitlang als freie Larven, welche von dem vollkommenen Thiere ſehr verſchieden ſind. Erklärung der Figuren. In ſämmtlichen Figuren bezeichnen folgende Buchſtaben fol— gende Theile. 5 a, Eiſchale; b, Dotter; e, durchſichtiger Flecken des Dotters; 13 195 35. d, Centralkugeln der Centralzellen; e, peripheriſche Kugeln oder Zellen; 4, durchſichtige Kerne der Kugeln und Zellen; g, Warzen⸗ ſpalte; h, Räderorgane; i, Fuß; ze, Gehörblafe und Otolith; l, Bauchportion des Embryos; m, Schale; m’, Haube der Schale; n, Deckel; o, Wulſt des Mantels; p, Leber; g, After; r, Magen; s, Darm; , Speiſeröhre; u, Aufhängemuskel; v, Muskelbänder; x, Mund; „, ſchwarzes Pigment am Mantelwulſte. Fig. 1. Spiralförmige Eierſchnur auf einem Steinchen, in natürlicher Größe. Fig. 2. Ei im Augenblick, wo es gelegt worden. Der Dotter iſt völlig rund. An einem der Ränder bemerkt man das durch⸗ ſichtige Bläschen, welches ſich öfters auch genau in der Mitte be— findet. Fig. 3. Der Dotter, in vier große undurchſichtige und vier kleine durchſichtige Kugeln zerfällt. Fig. 4. Der Dotter zu Anfang des dritten Tages, wo die Warzenſpalte ſehr deutlich wahrzunehmen iſt und die peripheriſchen Zellen die Centralmaſſe bereits mehr als halb umhüllen. Fig. 5. Das Ei zu Ende des dritten Tages. Die Dotter⸗ maſſe hat eine trapezoidiſche Geſtalt angenommen. Die Mittelzellen bilden eine durch die Warzenſpalte in zwei bohnenförmige Hälften getheilte Maſſe, welche auf den peripheriſchen Zellen liegt und von dieſen theilweiſe umhüllt wird. Fig. 6 und 7. Ende des vierten Tages. Man bemerkt bereits deutlich die Scheidung der Kopf- von der Bauchportion. Die Oto⸗ lithen fangen an ſich zu bilden. Die Centralmaſſe der Bauchportion ſpaltet ſich in zwei Hälften. Fig. 6 zeigt den Embryo im Profil; Fig. 7 von oben, ſenkrecht über der Warzenſpalte, geſehen. Fig. 8. Siebenter Tag. Der Embryo it faſt ganz in feine Schale zurückgezogen und macht ſich bereit, ſich aus derſelben vor— zuſtrecken. Er hat den Deckel ein wenig geöffnet und verlängert die Cirrhen, gleichſam um zu taſten. Die Eingeweide ſind voll— kommen zuſammengezogen und an einander gepreßt. Nur Leber und Magen ſind deutlich zu ſehen. Fig. 9. Ein ſieben Tage alter ſchwimmender Embryo, der ſich eben in die Schale zurückziehen will. Der Fuß iſt außerordent— lich aufgetrieben; die Eingeweide völlig ausgebreitet, ſo daß man die Einfügung der Speiferohre in den Magen und die Verbindung des letzteren mit dem Darme deutlich ſieht. Fig. 10. Dreizehnter Tag. Larve, im Profil geſehen, ganz in die Schale zurückgezogen und mit zuſammengedrängten Ein⸗ geweiden. An dem einen Rande des Fußes bemerkt man einen grünen Flecken. Fig. 11. geſehen. Fig. 12. Achtzehnter Tag. Die völlig aus der Schale heraus— getretene Larve im Profil geſehen. (Annales des Sciences natu- relles, Juillet & Aoüt 1846.) XXII. Fall von Trichina spiralis. Von Prof. Dr. Spitzer in Kopenhagen. (Hierzu die Fig. 13—21 der mit No. 12 d. Bl. ausgegeb. Tafel.) Ein Student der Medicin, Hr. W. Mönſter, ſchenkte mir einen Muskel, von einem Cadaver genommen, an wel— chem er ſich in der Disſection geübt hatte. Dieſer Muskel war wie mit einer Menge kleiner, runder, länglicher, weißer oder weißgrauer Graupen “) beſäet. Seinem mir gegebenen Berichte zufolge war dieſer Muskel von einem fetten *) Gadaser eines Frauenzimmers, welches er 30 bis Nahrungsſchlauch abgeſondert, von der Rückenſeite „) Ich habe dieſen Ausdruck gewahlt, weil ich keinen beſſeren Vergleich kenne. Es liegt dieſe auffallende Ahnlichkeit zunächit in dem Außeren ver feſten compacten Maſſe, welches dieſe Körper, ſo lange ſie an dem Muskel ſaßen, bei der Betrachtung mit dem bloßen Auge varboten. ) Der Italiener, an dem Owen dieſe Graupen zuerſt unterſuchte war ſehr abgezehrt, gleichwie 15 eine Irländerin. Ebenfalls waren die von Harriſon, Farre und Biſchoff angegebenen Patienten in hohem Grade 196 40 Jahre alt ſchätzte. Es waren nicht nur Muskeln von den Armen, ſondern auch von den Beinen, an denen Hr. M. dieſe Graupen, im Zellgewebe unter der Haut, in nicht geringer Menge entdeckt hatte. Übrigens konnte er ſich nicht erinnern, ob ſie auch an anderen Stellen des Körpers vorhanden geweſen waren ). Über das frühere Leben und die Krankheitsgeſchichte der Verſtorbenen hatte er keine Nachricht erhalten. Der Cadaver war, ſo viel er wußte, vom allgemeinen Hoſpitale gekommen. Indem ich den mir geſchenkten Muskel etwas genauer durch eine Loupe betrachtete, konnte ich beobachten, daß dieſe kleinen Graupen ganz parallel mit den Fibern des Muskels lagen und durch feſtes Zellgewebe mit ihnen ver⸗ bunden waren. Man ſah ſie nicht nur in den oberen Fiber⸗ ſchichten des Muskels, ſondern auch zwiſchen den tiefer lie— genden. Sie waren von eiförmiger Geſtalt und ſo weit man ſie durch Hilfe der Loupe beobachten konnte, lagen ſie zuweilen einzeln, zuweilen wie in Bündeln (4 bis 6 dicht neben einander), / — ½ Linie von einander entfernt. Ohne bedeutende Schwierigkeit konnten ſie durch ein kleines, ſpitzes Meſſer von den an ihren Seiten hängenden Muskel⸗ fibern ſeparirt werden **). Übrigens war die Loupe nicht hinlänglich, um durch äußere Beſchauung etwas Beſonderes zu beobachten. 5 Mit Hilfe des Mikroſkopes, welches 250 Mal ver⸗ größerte, jab ich, daß ſie eine dunkelgraue Farbe hatten und eine bedeutende Menge feiner, körniger Subſtanz ein⸗ ſchloſſen. Ihre Geſtalt fand ich meiſtentheils entweder eiförmig, oder zuweilen etwas herzförmig (nämlich mit einer Verlängerung nach unten), häufig mit einer Ver- längerung nach oben und nach unten zugleich (Fig. 13), von derſelben Länge ***) und Geſtalt, aber immer von dunklerer Farbe. Gewöhnlich waren die Graupen von einerlei Größe, und nur ein Mal bemerkte ich eine Graupe, die verhältnißmäßig ſehr klein war 7). Eine ſolche Graupe, auf das Purkinje' ſche compressorium gelegt und unter das Mikroſkop gebracht, wurde durch einen mäßig ſtarken Druck in der Mitte etwas durchſichtig, ſo daß die darin enthaltenen Theile unterſchieden werden konnten. An den Seiten und Enden waren ſie ziemlich dunkel beſchattet, welches mich zu glauben veranlaßt, daß ſie in der Mitte ſehr conver ſind. abgemagerte Perſonen. Henle hat auch dieſe Graupen an zwei abgezebrten Cadavern gefunden. Doch haben einige Anatomen, wie Henre Woor, ſie auch bei jungen und kräftigen Perſonen, welche früher bei guter Geſundheit geweſen waren, gefunden. 8 2 8 ) Dieſes wurde nicht ohne wiſſenſchaftliches Intereſſe geweſen jein, va z. B. Biſchoff beobachtet hat, daß man ſie nur in den willkürlichen Muskeln (Mediciniſche Annalen, Heidelberg 1840, 6r Bd. 23 Heft, S. 234), und deßhalb im pharynx, aber nicht im oesophagus, am Herzen oder Darm⸗ canale finde; Andere, z. B. Henle, baben ſie nur in den Hals⸗ und Bruſt⸗ musteln gefunden, Wood im pectoralis major und deltoideus, aber nicht in den feineren Hals- oder Intercoſtalmuskeln. So viel mir befannt ift, bat noch Niemand ſie am Herzen oder Darmcanale gefunden. **) Traf es ſich auch zuweilen, daß einige Mus kelfibern an der Graure hängen blieben, jo ſtörte dieſes doch nie die jpatere Beſchauung unter dem Mi⸗ kroſtope, da fie ſich deutlich von allen anderen Theilen unterſchieden. ***) Nur ein Mal fand ich die eine N weit länger, als die an⸗ dere und zwar von der Geſtalt, welche Fig. 14 darſtellt, und die Owen oft gefunden und auch abgebildet bat. u, ) Ihre Haut war fo zähe, daß fie ſich nicht durch Hilfe des Compreſſo⸗ Wunde ſprengen ließ, ſondern durch den angewandten Druck nur etwas flacher wurde. 197 Bei einem noch ſtärkeren Drucke mit dem compres- sorium barſten ſie entweder an einem Ende oder in der Mitte; der darin enthaltene Saft lief dann ungefähr auf ähnliche Weiſe aus, wie wenn man das corpus vitreum com— primirt. Wahrſcheinlich ſind deßhalb in den Graupen Zellen oder Räume, welche nur einen Theil ihres Inhaltes auf ein Mal ausfließen laſſen. Der Saft *) ſcheint theils von dünner, theils von dicker Beſchaffenheit zu ſein. Der dünnere Theil, der ſich immer gleich nach der Ruptur zeigte, beſtand aus Kugeln, welche rund, ſehr klein und ohne Kern waren. Der dickere Theil, der ſich gewöhnlich ſpäter zeigte, enthielt außer einer zähen, ſtructurloſen Materie weit grö— ßere Kugeln oder Zellen, von denen einige länglich waren und deutlich Kerne enthielten *). Wenn ſie ausgefloſſen waren, lagen ſowohl die größeren als die kleineren um den Rand der Graupe herum, entweder im Waſſer oder im Branntweine, in welchen Flüſſigkeiten ich gewöhnlich die Graupen ſprengte, oder auch oben auf der Graupe ſelbſt. Es hat mir geſchienen, daß dieſe Graupen aus einer äußeren ) Haut, Fig. 13 cc, welche dick, ziemlich zähe und von einem körnigen Ausſehen war, und einer inn e— ren dünneren, Fig. 13 bb, welche wie ein waſſerklares, feines Gewebe +), feine septula in ihrer Höhlung bildete, be— ſtänden. Nach genaueren Unterſuchungen habe ich beobachtet: 1) Graupen, welche nur die erwähnte Flüſſig— keit enthielten, und es war mir dann ſchwierig, die äußere und innere Haut zu unterſcheiden. 2) Graupen, welche Kryſtalle enthielten; dieſe konnten ſehr oft beobachtet werden, ſogar ehe ſie durch das compressorium barſten, und bei dieſen konnten auch ziemlich deutlich die innere und äußere Haut von einander unter— ſchieden werden. 3) Graupen, welche in ihrer Mitte einen Wurm enthielten. An dieſen konnte man am leichteſten die äußere und innere Haut bemerken. In den Graupen, in welchen Kryſtalle waren, fand ſich kein Wurm, und in denen, in welchen Würmer waren, ſah ich nie Kryſtalle. Indem ich dieſe Beobachtungen mit den Beſchreibungen ) Gini Schleim („elne mehr oder weniger körni d — Obgleich viele Verſuche angeſtellt wurden, habe ich nie Schlelmtugeln entdecken tonnen (ſiehe Prof. Henle’s Abbildung in feiner allgemeinen Anatomie, Taf. V. Fig. 22); denn die von mir gefundenen Kugeln find welt kleiner, auch cirkelrünter, und ihr Kern welt kleiner als der der Schlelmkugeln. „) Einige von dieſen waren ſehr klein, andere aber ſehr groß und hatten elnen Durchmeſſer von der halben Größe der Zelle. „) Owen ftimmt freilich nicht mit mir überein, denn er fagt: „in ge- neral they are composed of condensed and compacted lamellae of cellular tis- sue“ (Transactions of the zoologieal society of London, Vol. 4, Part Me. 316); bagegen neigt ſich aber Farre (London medical Gazette, 12. Dechr. 1835, p. ) zu meiner Meinung: „the eyst is seen by one outer, and one inner elliptical eyst,“* unt Bilſchoff (Mericiniſche Annalen, Heldelberg, 6r Br, 24 Heft, 2. 236). Wenn ich mit dem Compreſſorlum einen nur ſchwachen Druck auf die Graupe anwendete, fo daß fie entweder flach wurde oder zu berſten begann, konnte ich deutlich eine Außere und eine innere Haut, welche durch elne zwiſchenliegende Subſtanz, die ganz gleichartig zu fein ſchien, geſchleden wax, unterſcheiten. Ich habe nie Zellgewebefibern, werer in der einen noch in der anderen Haut, entdecken konnen. 0 Ich babe nämlich nie in ihnen Fibern von irgend einer Art (3. B. elaſtiſche, tendindſe ꝛc.) entdecken können. e Schriftſteller und darunter Sasel haben dieſen Saft für ſchleimige Flüſſigkelt“) angeſe 35. II. 13. 198 und Abbildungen, welche Owen, Farre, Henle, Bi— ſchoff und Wood gegeben hatten, verglich, zweifelte ich nicht daran, daß dieſer Wurm die zuerſt im Jahre 1833 von Hilton *), ſpäter von Wormald gefundene und im Jahre 1836 von Owen *) benannte und beſchriebene Trichina spiralis fein müße. Mit Rückſicht auf die Graupen, in welchen ſich weder Kryſtalle noch Würmer fanden, habe ich nichts weiter hinzuzufügen. Mit Rückſicht auf die Graupen dagegen, welche Kryſtalle enthalten, muß ich bemerken, daß mehrere Verfaſſer etwas Ahnliches erwähnt haben, daß aber Nie— mand ſie genauer beſchrieben, oder ſie deutlich abgebil⸗ det hat. So Henle ***): „Ich ſah nur Concretionen, und zwar enthielten die Cyſten ein weißes unkryſtalliniſches Pulver, welches ſich in Salzſäure unter Aufbrauſen vollkommen auf— löſen ließ, einige jedoch auch einen unregelmäßig geformten, gleichfalls nicht kryſtalliniſchen, gelblichen Kern. Owen +): but a few are hardened by the deposition of some eartlıy salts so as to resist the knife and to break with a gritty sensation under pressure.“ Farre ++): I have met with smaller ones, opaque, and with very thick walls, and sometimes having no worms in their interior, but only a little granular matter; this is perhaps an early stage.“ Bifhoffrrr): „Auch in unſerem Falle fanden ſich ſolche verſteinerte Cyſten, der Inhalt war dann körnig, nicht kryſtalliniſch.“ Die von mir gefundenen Kryſtalle befanden ſich gewöhn: lich in der Mitte der Graupe. Nur ein Mal habe ich ſie in ſehr geringer Menge in der einen Verlängerung der— ſelben liegen ſehen. Ihre Quantität war verſchieden. Zu— weilen ſah man ſie in einer bedeutenden Menge; zuwei— len waren nur wenige da (3 bis 4 an der Zahl); zuwei— len waren ſie ſehr zerſtreut ohne eine gewiſſe Ordnung; zuweilen lagen ſie in der Form eines ganzen oder halben Cirkels (Fig. 15). Sie waren entweder vierfeitig (nicht ſelten ganz quadratiſche Tafeln), häufig rhombiſch oder etwas ſpitzig gegen das eine Ende und zugleich gekrümmt wie ein Horn. Ein Mal habe ich ſie alle ausgebreitet geſehen, einem Spiel Karten nicht unähnlich. In einigen dieſer einzelnen Kry— ſtalle ſah man ſchwarze Punkte, welche dann am häufigſten in der Mitte waren. Auch habe ich einen dunkelen Schatten oder einen dunkelen Körper in ihnen bemerkt. Wenn ein etwas ſtarker Druck mit dem compressorium angewendet wurde, zerfielen fie gewöhnlich in kleinere Stücke, ohne am Rande der Graupe auszufließen; fie blieben in der Höhlung der Graupe und gaben ein Bild, vielen kleinen Sandkörnern, welche dicht an einander liegen, nicht unähnlich. Nur ein⸗ zelne Male traf es ſich, daß einige dieſer Kryſtalle durch die Lenden medical Gazette, 2. Febr. 1833, p. 605. „) An der ſchon angeführten Stelle. „J Müllers Archiv für die Anatomie und Phnfologle, 1835 S. 528. ) Transactions of the zoological society, Tom. I part., p. 316. ) London medical Gazette 1835, 5. Dechr., p. 3 ) Mevieiniihe Annalen, Heivelberg, 6r Br. 26 Heft, S. 37. ide 199 Ritze in der Graupe mit den anderen Flüſſigkeiten ausfloſſen, wenn der Druck des compressorium ſehr ſtark geweſen war. Wenn die Graupe, worin ich zuvor Kryſtalle entdeckt hatte, in verdünnte Salzſäure auf das compressorium gelegt wurde, bemerkte ich, ſobald ſie durch den Druck geborſten war und die Säure in ſie eindrang, daß die Kryſtalle gänzlich in der Zeit von 7 Minuten unter einer ſtarken Gasentwicke— lung verſchwanden. Die Graupe ſelbſt bekam ein ganz an— deres Ausſehen; denn ſie war einer dünnen, einzelnen, durchſichtigen Blaſe ähnlich und verlor ſo ihre dunkel— graue Farbe und ihr körniges Ausſehen. Mit Eſſigſäure ſchien die Graupe einige Minuten ihre natürliche Farbe zu behalten; dann aber entfärbte ſie ſich. Ich ſprengte darauf die Graupe, worauf die Kryſtalle, die bisher dicht zuſammen in einem Klumpen in der Mitte gelegen hatten, ſich in kleine Quadrate und Rhomboiden ſchieden. In dieſen ſtellten ſich dann die dunkelen Streifen und Punkte, von denen ich früher geſprochen habe, dar; die Säure ſchien ſie aber doch nicht weiter anzugreifen. Auch zeigte ſich keine Gasentwickelung. In faſt 15 Minuten ſchien keine Veränderung zu geſchehen. Ich goß deßhalb etwas mehr Säure hinzu und ſchwächte den Druck des compres- sorium und verſtärkte ihn dann wieder. Hierauf beobachtete ich, daß die Graupe bläſſer und wie es ſchien, auch ſpröder geworden war; denn ſie barſt an allen Seiten durch einen erneuerten ſehr ſchwachen Druck. Die Kryſtalle behielten nichts deſto weniger ziemlich ihre zuletzt angenommene Form, nahmen aber eine dunkelgraue Farbe an. Dann verdunkelte ſich das Innere wieder mehr; ſie verloren ihre regelmäßigen Ränder und ſchienen ſich in immer kleinere Stücke zu theilen. Alles dieſes geſchah ohne Gasentwicke— lung, ſo viel ich es habe bemerken können. Nun verkleinerten ſich die Kryſtalle immer mehr und mehr und beſtanden zuletzt aus kleinen Haufen, welche aus ſehr kleinen Vierecken mit abgerundeten Ecken und Cirkeln zuſammengeſetzt waren; dieſe Figuren aber blieben 8 Stunden hindurch unverändert *). Ich glaube deßhalb nicht, daß die Eſſigſäure ſie gänzlich auf— zulöſen vermag; denn in dieſer Zwiſchenzeit goß ich mehrere Male Eſſigſäure darauf, ohne irgend eine Wirkung davon zu ſehen. Verdünnte Salpeterſäure ſchien mir die Säure zu ſein, welche die Graupen am geſchwindeſten und ſtärkſten angriff. Denn ich bemerkte ſogleich, daß die Graupe blaßgelb, bald darauf aber klar und durchſichtig ward, wie es auch bei den anderen Säuren der Fall war. Auch trat ſogleich häufige Gasentwickelung ein, und ſchon in wenigen Minuten war nichts von den Kryſtallen mehr zu entdecken. Betrachtete ich dagegen die Graupen, welche Würmer enthielten, fo zeigten ſich einige verſchie— dene Verhältniſſe. In einer ſolchen Graupe fand ich ge— wöhnlich nur einen Wurm. Einzelne Male habe ich geſehen, daß ſie zwei Würmer enthielt **); es iſt mir aber nie ges lungen, drei eingeſchloſſen zu finden, welches ſowohl Farre *) Wenige Nüancen ausgenommen, habe ich faſt beſtändig durch mehrere Verſuche dieſelben Phänomene beobachtet. **) Fig. 16 ſtellt eine Graupe dar, aus welcher zwei herausgedrückt find. 35. II. 13. 200 als Knor berichten. Der Wurm lag faſt immer in der Graupe fo aufgerollt, daß der Schwanz in der Mitte ), der Kopf gegen den Rand gerichtet war. Einzelne Male habe ich, noch ehe die Ritze in der Graupe entſtand, mich davon überzeugt, daß er mehr gegen die eine Verlängerung hin lag. Spuren von Leben oder Bewegung **) habe ich nie geſehen, weder wenn er in der Graupe eingeſchloſſen lag, noch wenn ich ihn herausgedrückt hatte. Mehrere Schriftſteller, z. B. Owen, Biſchoff und Knor **), wollen dergleichen be⸗ merkt haben, ſelbſt nachdem der Muskel längere Zeit in Spiritus gelegen hatte. Der Ausſage dieſer Männer zu⸗ folge, ſollen die Bewegungen beſonders darin beſtehen, daß der Wurm ſeine Aufrollungen entfaltet und fie wieder zuſammen— zieht. Bei einem jo ftarfen Drucke des compressorium, daß eine große Ritze in der Graupe entſtand, kam der Wurm mit den übrigen darin enthaltenen Theilen gewöhnlich zum Vor⸗ ſchein T). Im Allgemeinen zeigte ſich erſt der Schwanz (der dünnere Theil), und ſpäter der Kopf (der dickere Theil). Es ſei mir nun erlaubt, den Wurm ſo zu beſchreiben, wie ich ihn gefunden habe. Man ſah gewöhnlich, daß er 2 bis 2½ Aufrollungen hatte, den ſchmaleren, ſpitzeren Theil nenne ich den Schwanz, den breiteren Theil den Kopf. Der Körper erſchien flach gedrückt und vierſei— tig mit zwei breiten und zwei ſehr ſchmalen Flächen (die eine conder, die andere concav), die durch A ſcharf hervortretende Ränder t) geſchieden ſind. Dieſes ſchließe ich daraus, daß feine convere und concave Fläche ſich immer durch zwei ſcharfe Contouren begrenzten, welche dicht an einander lagen, von denen die äußere feiner und die innere dicker war (Fig. 17 aa). Dieſe habe ich ſowohl am Kopfe, als auch faſt am ganzen Körper bemerken können, nur nicht gegen den Schwanz hin (Fig. 17 b, 18 b); denn hier ſchie⸗ nen ſie zuſammenzulaufen. Ich vermuthe deßhalb, daß er gegen den Schwanz hin dünner wird, ſo daß die Ränder hier nicht jo deutlich hervortreten. Einige Mal babe ich gefunden, daß die zwei ſchmalen Seitenflächen aus lauter kleinen Bogen beſtanden. Mit Rückſicht auf die zwei brei— teren Flächen habe ich nichts Merkwürdiges entdecken können: ſie waren durchſichtig, und ich konnte die im Wurme ent: haltenen Theile unterſcheiden. Vom Kopfe, zu welchem man den oberen vierten Theil des Wurmes rechnen kann, ſagen mehrere Beobachter, z. B. Owen und Knor, daß ſie eine längliche Spalte bemerkt hätten. Sie haben auch eine ſolche abgebildet und Die: ſelbe für den Mund gehalten; Farre dagegen bezwei— felt ſie und Biſchoff ſagt, daß er nichts dergleichen „) Mehrere Verfaſſer, z. B. Farre, haben ihn auch jo abgebildet. **) Die Urſache hievon kann vielleicht die ſein, daß der Gadaver faſt acht Tage alt war, als ich den Muskel bekam, und dieſer ſogleich in Spiritus gelegt wurde, worin er 14 Tage liegen blieb, ehe ich zu einer Unterſuchung kam. ***) Edinburgh medical and surgical Journal 1836, Vol. 46. p. 91. Ge e end nase See vr ehem ee en, wenn nur einzelne Theile de: rm v 3 laufenen Flüſſigkeit, welche ſonſt eine genaue Unterſuchung über den Bau des Wurmes überaus hindert, bedeckt waren. Nur wenige Mal din ich ſo glück⸗ lich geweſen, den Wurm ganz frei zu erhalten 11) Die meiften Verf. jagen, daß er eylindriſch ſei; Owen und Knor ſagen beide: it is filiform and cylindrical; Biſchoff: der Wurm hat einen runden Körper. 201 beobachtet habe. Ich meines Theils habe nie eine ſolche Längenſpalte geſehen, obgleich der Kopf mir öfters ſehr deutlich iſolirt und deßhalb zur genauen Beſchauung be— quem geweſen iſt. Dagegen habe ich faſt beſtändig dicht an dem Rande des Kopfes drei runde Löcher bemerkt, die in unmittelbarer Verbindung mit dem Darmcanale ſtan— den (Fig. 18 b). Ich habe fie für Saugeröhren oder Offnungen, welche in den Darmcanal führten, angeſehen. Zwei lagen vorne, dem Kopfe am nächſten, das hintere ge— rade in der Offnung oder am Anfange des Darmcanales. Der Leib oder der Theil, der ſich zwiſchen dem Kopfe und dem Schwanze befindet, iſt am breiteſten in der Mitte, ſchmaler gegen den Kopf hin und am ſchmalſten gegen den Schwanz zu. In der Mittellinie des Leibes habe ich ſtets den Darmcanal beobachtet, der, wie ſchon bemerkt, ſeinen An— fang nahe beim Kopfe bei den drei runden Löchern oder ffnungen nahm und dann wie ein hohler, ausgefüllter Canal gerade bis zum Schwanze lief. Er iſt leicht an ſeiner Farbe zu erkennen, die dunkler als die des ganzen übrigen Körpers des Wurmes iſt (Fig. 17 c, Fig. 18 c), und hat gegen den Rand hinaus Einſchnürungen, wie der Dickdarm beim Menſchen. Dieſelben gehen bis zur Mitte des Darmes, wo ſie ſich entweder zwiſchen zwei von der anderen Seite verlieren, oder auch einer ähnlichen Vertiefung von der ent— gegengeſetzten Seite begegnen. Nie habe ich ein längliches Band am ganzen Canale geſehen (welches dem ligamentum longitudinale beim Menſchen entſprechen könnte), ſowie Bi- ſchoff und Farre es abbilden. Der ganze Darmcanal ſcheint überall, mit Rückſicht auf Weite, der Dicke des Wur— mes zu entſprechen. Zwiſchen dem Rande des Darmcanales und dem Rande des Wurmes ſelbſt habe ich faſt beſtändig eine lange Reihe ovaler und runder Körper gefunden, die mit ihren Enden wie eine Perlenſchnur zuſammenhingen. Am häufig— ſten ſah ich fie auf der concaven Seite des Wurmes, ich habe ſie aber auch ſowohl auf der converen als con= caven Seite gefunden (Fig. 17e). So viel ich habe ent— decken können, fingen ſie bei dem oberen dritten Theile des Körpers des Wurmes an und waren bis zum unteren drit— ten Theile zu ſehen. Ich habe kein Bedenken getragen, dieſe Körper für einen zuſammen hängenden Eier- ſtock anzuſehen; ſowohl Farre als Biſchoff haben ge— glaubt, einen Eierſtock zwiſchen dem Rande des Darmcanales und dem Rande des Wurmes zu finden. Der Erſte hat ihn als aus 5 bis 6 kleinen dicht aneinander liegenden Kugeln beſtehend abgebildet (dem Bilde eines Vergißmeinnicht ähnlich), welche einen kurzen Ausführungsgang haben (Fig. 19 a). Der Letzte giebt ihn als eine große Anhäufung kleiner ſchwarzer Körner ohne irgend einen Ausführungsgang an (Fig. 20 a). Ich ſelbſt habe nichts, was einen Ausführungs⸗ gang für dieſe Reihe ovaler Körper andeuten könnte, auf: finden können. Der Schwanz oder der untere Theil des Wurmes fängt bei dem unteren vierten Theile desſelben an und endigt ſich, ſtets an Breite abnehmend, in eine runde, ſchmale Spitze. An ihm habe ich nie die doppelten Contouren 35. II. 13. 202 und die kleinen dichten Bogen an den kleinſten Flächen bemerken können. Ich ziehe daraus den Schluß, daß er ſehr dünn ſei *). In feiner Mitte habe ich zwar Spuren des Darmcanales geſehen, welche mit dem Theile, der ſich im Leibe befand, zuſammenhingen; das eigentliche Ende des Darmcanales dagegen iſt mir nie recht deutlich geweſen. Im unteren Theile des Schwanzes habe ich dagegen mehrmals einen Körper beobachtet, der ſich unter dem Mi— frojfope als ein einzelner langer (obgleich 250 Mal vergrößert) ſchwarzer Strich (Fig. 18 d) zeigte, welcher oben breiter und unten etwas dünner war. Anfangs neigte ich mich zu der Meinung, daß es der anus ſei; als aber Hr. Cand. medieinae Proſch, der mir bei der Sprengung der Graupen eifrig geholfen hat, ein Mal einen ſolchn Strich, 470 Mal vergrößert, betrachtete, ſtellte er ſich als eine römi— ſche V mit ſehr ſchmaler oberer Offnung dar **). Dieſes erweckte den Gedanken in ihm und mir, daß es viel— leicht ein penis ſein könnte. Hiermit ſchließen die Beobachtungen, die ich mit Rück— ſicht auf dieſes Entozoon zu machen im Stande geweſen bin, und da die verſchiedenen Beobachter nicht ganz einig darüber ſind, zu welcher Claſſe es zu rechnen ſei, werde ich, da ich nach meinem Funde zu ſchließen, nicht hinlängliche Gründe für die Richtigkeit dieſer oder jener Meinung anführen kann, mich deſſen gänzlich enthalten. Meine Hilfsmittel bei den Unterſuchungen ſind nur gering geweſen (denn ſie beſtanden nur in einem Muskel). Da aber mein Fund in mehreren Rückſichten von dem an: derer bekannter Männer abweicht, glaubte ich nicht unter: laſſen zu dürfen, die Aufmerkſamkeit Anderer auf dieſen Gegenſtand zu leiten. Mein innigſter Wunſch iſt, daß fortgeſetzte Unterſuchun⸗ gen endlich mehr Licht über die Entſtehung, die Ent— wickelung und den inneren Bau dieſes Entozoons ver— breiten möchten, das ſich mir jetzt noch ſo dunkel und räthſelhaft gezeigt hat. Erklärung der Abbildungen. Fig. 13. Eine längliche Graupe (250 Mal vergrößert), deren nach oben gekehrte Verlängerung länger iſt, als die nach unten gekehrte. Beide Verlängerungen ſind dunkler, als die übrigen Theile der Graupe. aa) Der Rand der inneren Haut der Graupe. bb) Die Contouren der innerhalb der inneren Haut lie⸗ genden Kryſtalle. ce) Der Rand der äußeren Haut der Graupe. Fig. 14. Unteres Ende einer Graupe, eigenthümlich verlängert. Fig. 15. Eine Graupe mit einer Verlän⸗ gerung nach oben (250 Mal vergrößert). a) Rhombiſche Kryſtalltafeln, die in der Form eines gro⸗ ßen Zirkels liegen. N 8 breite — 4 5 an, daß dleſer Thell nicht weit vom Ende etwa „) Dasſelbe bemerkte auch Or. Jacobſen, Lehrer der Naturgeſchichte, zugleich mit mir. 203 b) Kryſtalle, die einen kleineren Cirkel bilden. c) Kryſtalle, die in der Form eines Halbeirkels liegen. Fig. 16. Das untere Ende einer Graupe, die geſpalten iſt. Man ſieht zwei Würmer mit der daneben vorhandenen Flüſſigkeit austreten. Gegen das Ende des Schwanzes an dem einen Wurme beobachtete man eine Ver— größerung ſeiner Breite. Fig. 17. Ein Wurm (250 Mal vergrößert), von welchem einige Theile ſehr deutlich waren; da ſie nicht mit den aus dem Eie gefloſſenen Theilen bedeckt waren. Die weniger deutlichen Theile waren der obere Theil gegen den Kopf und der untere Theil des Schwanzes. aa) Der Kopf und der mittlere Theil des Leibes, an deſſen Rändern deutlich zwei Contouren erſchienen. b) Der untere Theil des Wurmes (der Schwanz), an deſſen Rande nur eine Contour zu ſehen war. c) Ein Theil des Darmcanales, den man an der dunkle— ren Farbe erkennt. dd) Vertiefungen oder Einſchnürungen am Darmcanale, die quer über denſelben von der einen Seite zur an— deren gehen, wodurch regelmäßige, viereckige Abthei— lungen entſtehen. e) Eine lange Reihe ovaler Körper, die an dieſem Wurme ſehr deutlich geſehen wurden. f) Eine ähnliche Reihe ovaler Körper, die man deutlich zwiſchen dem Darmeanale und der converen Fläche des Wurmes liegen ſah. Fig. 18. Ein Wurm (250 Mal vergrößert), ganz frei von der ausgefloſſenen Flüſſigkeit, und ganz un— beſchädigt. e) Der Kopf, der breitere Theil, den man ſtets mit dop— pelter Contour ſieht. f) Der Schwanz, der ſpitzere Theil, der keine doppelte Contouren hat. a) Die Stelle am Schwanze, wo die doppelten Contou— ren ganz verſchwinden. b) Der obere Theil des Darmeanales, der mit drei runden Löchern oder Offnungen anzufangen ſchien. 35. II. 13. 204 c) Der obere vierte Theil des Darmcanales, der eine dunklere Subſtanz enthielt. d) Ein langer, ſchwarzer Strich in der Nähe des Schwan: zes, welcher, 470 Mal vergrößert, ſich als eine römiſche V darſtellte, die eine ſehr ſchmale Offnung nach oben hatte. g) Der untere Theil des Darmcanales, der beſtändig ſchmäler wird, und ſich auf eine undeutliche Weiſe in den Schwanz verliert. h) Eine Reihe ovaler Körper, an der concaven Fläche des Wurmes liegend, die nicht ganz deutlich waren. i) Ebenfalls eine Reihe ovaler, ſchwarzgrauer Körper, die ſich an der converen Fläche des Wurmes befan⸗ den. Die einzelnen Glieder waren weniger deutlich. Fig. 19. Ein Theil eines Wurmes (der Kopf und der obere Theil des Leibes), eine Copie nach Farre. a) Der Eierſtock und deſſen Ausführungsgang, der eine gewiſſe Ahnlichkeit mit einem Vergißmeinnicht hat. Fig. 20. Ein Theil eines Wurmes (der mitt⸗ lere Theil des Leibes), eine Copie nach Biſchoff. a) Der Eierſtock, der als ein Haufen kleiner, ſchwarzer, runder Kugeln ohne Ausführungsgang dargeſtellt wird. Fig. 21. Das Organ im Schwanze des Wurmes (Fig. 18, d) bei 470 maliger Vergrößerung. Miſcellen. 31. Über die Richtung der Spaltungsflächen, be⸗ ſonders in ſchieferigen Geſteinen, hat Sharpe einige intereffante Betrachtungen mitgetheilt. Er fand, daß die Spaltungsflächen Theile großer Kreiſe um eine gemeinſchaftliche Achſe ſind, und daß ihre Neigungswinkel mit ihrer Entfernung von der Achſe wachſen, bis ſie die ſenkrechte Stellung erreichen. Dann ſchließen ſich Spaltungsflächen, die einem anderen Syſteme angehören, an fie an. Jedes dieſer Syſteme umfaßt ein Areal, in welchem der Boden in einem Moment gehoben iſt. — Sharpe unterſuchte zwei ſol⸗ cher Syſteme ganz genau, das eine von 35 miles im Durchmeſſer an der Weſtſeite des Snowdon, das andere 60 miles im Durch⸗ meſſer an der Südküſte von Devonſhire. (Litterary Gazette 1563.) 32. Die Trüffeln ſollen nach der Anſicht Roberts nichts als gallenähnliche Auswüchſe der Wurzelfaſern ſein, und deßhalb auch am häufigſten in naſſen Jahren ſein, in denen die Wurzeln am üppigſten ſich entwickeln (1). (Comptes rendus, 18. Janv. 1847.) Heilkunde. (XXVII.) über die Todſtarre, als ſicheres Kennzeichen des Todes. Von Dr. Fouquet. Urſachen der Todſtarre. Bisher galt Nyſtens Anſicht in ganz Frankreich ziem- lich unbeſtritten. Dieſer ſpricht ſich in ſeiner pathologiſchen Chemie und Phyſtologie *) folgendermaßen über den frag— lichen Gegenſtand aus: „Die Todftarre entſteht in Folge *) Recherches de Chimie et de Physiologie pathologiques. der noch vom Leben her den Muskeln inwohnenden Con⸗ tractilität, indem ſich das Leben, in dem Augenblicke, wo es erlöſchen will, in die Muskeln zu flüchten ſcheint und dieſelben krampfhaft zuſammenzieht, wodurch ſie eben ſtarr werden.“ Dies nennt er das latente organiſche Leben, indem das freie oder wahrnehmbare organiſche Leben nur ſo lange Statt finde, als die thieriſche Wärme noch vorhanden iſt und die mit Muskeln verſehenen Organe ſich noch unter dem Einfluſſe von Reizmitteln zuſammenziehen können. Nach Adelon (Art. Mort im Diet. med.) iſt ebenfalls die Tod⸗ ſtarre der Reſt einer contractilen Kraft, welcher den Muskeln 205 nach dem Tode noch inwohnt und Raige Delorme, fo wie faſt alle ſpäteren Schriftſteller bis Bur dach haben ſich zur Nyſten ſchen Anſicht faſt wörtlich bekannt. Béclard führt die Coagulation der Flüſſigkeiten als Ur⸗ ſache der Todſtarre an. Ihm folgen Louis, Hr. Orfila und Treviranus. Müller wagt in feiner Phyſiologie nicht, ſich für eine dieſer beiden Meinungen entſchieden zu erklären. Brück ſchreibt die Erſcheinung der Coagulation der in die Muskelſubſtanz gelangenden Fibrine zu, und dieſe Anſicht will ich beſonders beleuchten. Wiewohl man die Meinung Brücks nicht geradezu annehmen kann, weil die Todſtarre, wenn auch in minderem Grade, auch in den übrigen Organen Statt findet und der Grad der Starrheit nicht im geraden Verhältniſſe zu den Mus kelmaſſen ſteht, To glaube ich doch, daß die Fibrine, welche einen integrirenden Theil der Muskelfaſer bildet, da— bei eine gewiſſe Rolle ſpiele. Und wie weit dies der Fall iſt, habe ich eben ermitteln wollen. Sämmtliche Anſichten laſſen ſich auf zwei zurückführen: 1) Vitale Contraction, letzter Act des Lebens, welches ſich, indem es den Körper eben verlaſſen will, zuletzt noch in den Muskeln äußert. 2) Rein phyſikaliſche Erſcheinung, welche von der Ab— ſcheidung und Einſchrumpfung der Fibrine herrührt. Die Folgerungen, die ſich aus dieſen beiden Anſichten ableiten laſſen, weichen gewaltig von einander ab. Denn läßt man die Nyſten ſche gelten, fo kann man hoffen, das Leben, welches ſich in ſeinen letzten Zufluchtsort, die Mus— keln, zurückgezogen hat, wieder in den ganzen Organismus zurückzurufen, während, in ſo fern man ſich für die zweite Anſicht entſcheidet, die Vitalität ganz aus dem Körper gewi— chen, dieſer alſo unwiderruflich todt und den phyſiſchen Kräften verfallen wäre. Bevor wir den Beweis liefern, daß die Todſtarre von der Coagulation der Flüſſigkeiten herrührt, müſſen wir die entgegengeſetzten Anſichten darlegen. Man hat ſich wirk⸗ lich darüber zu wundern, wie man bei dem jetzigen Stande der Phyſiologie eine jo ſonderbare Theorie, wie die, daß' ſich das Leben in die Muskeln flüchte und dieſelben zum Erſtarren bringe, irgend hat gelten laſſen. Denn woher kommt denn dies Leben? Etwa von dem Gehirne, dem Herzen? Und warum tritt die Steifheit nicht unmittelbar nach dem Auf⸗ hören der Erſcheinungen des thieriſchen Lebens, des Athem⸗ holens, des Blutumlaufes, der willkürlichen Bewegungen ꝛc., ſondern erſt 6 — 24 Stunden ſpäter ein? Warum zeigt fie ſich erſt, wenn der Körper nicht mehr durch Galvanismus reizbar iſt? Warum tritt ſie bei plötzlichen Todesfällen, durch Aſphyrie 1c., wo das Leben unmittelbar vor dem Tode in voller Thätigkeit war, ſo ſpät, und warum bei Sub⸗ jecten, die an chronischen Krankheiten, Kacherien ꝛc. geſtorben find, fo bald ein? Die Nyſten' ſche Theorie giebt über dies Alles keinen Aufſchluß. Auch wird ein vom Körper abgelöſ'ter Muskel eben ſo ſtarr, wie ein noch mit dem letzteren zuſammenhängender. Wie ließe ſich ferner nach dieſer Theorie der Buſch ſche Verſuch erklären, wo von zwei, von demſelben Muskel ge— 35. II. 13. 206 nommenen Portionen die eine, noch geſchmeidige, durch ein Gewicht von wenigen Unzen zerriſſen wird, während die an— dere, nachdem ſie ſtarr geworden, mehrere Pfunde trägt? Wie ferner die Erſcheinung, daß ein Hemiplegiſcher, bei wel— chem zu deſſen Lebzeiten die Contraction aller gelähmten Muskeln unmöglich war, einige Stunden nach dem Tode eine gleiche Starrheit aller Muskeln zeigt? Wenn man ferner ein ſtarres Glied künſtlich bewegt hat, ſo wird es nicht wieder ſtarr. Dies will Nyſten ſo erklären, daß die Vitalität bereits ſo geſchwächt ſei, daß ſie die Starrheit nicht von neuem erzeugen könne, obwohl ſie noch hinlänglich kräftig ſei, um die nicht bewegten Glieder ſtarr zu halten. Dasſelbe geſchieht, wenn man einen ſtarren Muskel durchſchneidet und nur die eine Portion desſelben bewegt, welche dann geſchmeidig bleibt. Die Nyſten ſche Erklärung iſt aber durchaus unbefriedigend. Sommer und Brück hegen ziemlich dieſelbe Meinung; von der des letzteren iſt bereits die Rede geweſen. Som: mer bringt aber noch die phyſiſchen Eigenſchaften des Muskels bei der Erſcheinung der Todſtarre mit in Anſchlag. Auf ſeine Theorie paſſen in ſo fern dieſelben Einwürfe, wie die, welche wir gegen die Nyſten ſche erhoben haben. Wenn dieſe Eigenſchaft den Muskelfaſern inwohnte, ſo dürfte ſie dadurch, daß man die letzteren bewegt, nicht aufhören. Die gelben Ligamente werden nicht dadurch unelaſtiſch, daß man an denſelben gezerrt hat. Überdies müßte, wenn dieſe Anſicht die richtige wäre, der Grad der Starrheit ſich gerade verhalten, wie die Quantität der Mus kelmaſſen, und dies iſt, wie wir ſehen werden, nicht der Fall. Übrigens giebt Som- mer ſelbſt zu, daß auch nicht musculöſe Organe, wie die Haut, das Zellgewebe, die Membranen und Ligamente, ſtarr werden. Wir wollen nun die Gründe unterſuchen, durch die er die Anſicht bekämpft, daß die Todſtarre durch Coagulation der Flüſſigkeiten erzeugt werde. 1) Es tritt eine bedeutende Starrheit vor der Coagulation des Blutes ein. 2) Dieſes bleibt bei Ertrunkenen oft flüſſig, bei denen doch die Starr⸗ heit einen hohen Grad erreicht. 3) Dasſelbe iſt bei Men— ſchen und Thieren, die durch Blauſäure getödtet worden ſind, der Fall. Daß ſich vor dem vollſtändigen Coaguliren des Blutes eine bedeutende Starrheit einſtelle, geben wir gern zu; nur wird letztere noch auffallender fein, wenn die Coa— gulation vollſtändig und die Fibrine vollkommen abgeſchieden iſt. Das Blut bleibt bei Ertrunkenen oft flüſſig; heißt das fo viel, als daß es feiner Fibrine vollkommen beraubt ift? Dies flüſſige Blut findet ſich nur in den ſtarken Adern. Verhält es ſich mit den Capillargefäßen eben ſo? Werden, abgeſehen von der Erſcheinung der Aufſaugung, die flüſſigen Theile des Blutes nicht durch die Contraction der kleinen Gefäße in die von größerem Kaliber gedrängt? — Rück⸗ ſichtlich der durch Blauſäure Vergifteten haben wir nichts Ahnliches wahrgenommen. Es wäre erſt durch fernere Un— terſuchungen noch feſtzuſtellen, ob dieſe Säure ähnliche Eigen⸗ ſchaften beſitzt, wie die Schwefelwaſſerſtoffſäure, was uns keineswegs wahrſcheinlich dünkt. 207 Die Todſtarre, ſagt Beclard, ſcheint mit dem Gr: kalten, ſowie mit der durch das letztere erfolgenden Coagu— lation zuſammenzuhängen. — Dieſe Anſicht ſcheint uns die einzige haltbare, und wir werden uns bemühen, die Beweiſe dafür aufzufinden, welche uns unſere Vorgänger ſchuldig ge— blieben ſind. 1) Die Todſtarre iſt, wie alle Erfahrungen lehren, nach dem durch Aſphyrie, Enthauptung, acute Krankheiten erfolg— ten Ableben vorzüglich ſtark, und unter dieſen Umſtän— den iſt das Blut gerade im Augenblicke des Todes von normaler Beſchaffenheit und hat in An— ſehung feiner Beſtandtheile nicht die geringſte Veränderung erlitten. 2) Dagegen iſt die Starrheit weniger auffallend, wenn die Geſtorbenen langwierigen Krankheiten erlegen ſind; na— mentlich zeigt ſie ſich in geringem Grade, wenn der Tod durch typhöſe Fieber, Scorbut, Kachexie erfolgt iſt, wo, wie Nyſten, jedoch ohne irgend eine Folgerung daraus abzu— leiten, bemerkt, die Säfte aufgelöſ't find und, fügen wir hinzu, das Blut an plaſtiſchen Beſtandtheilen ſehr arm iſt. (Schluß folgt.) Miſecellen. (30) Über die Granulationen des Mutterhalſes und ihre Behandlung. — In einer Reihe von Beobachtun— gen, welche Prof. Chomel kürzlich bei Frauen anſtellte, die an Leukorrhöe und Schmerzen im Becken und längs der Unterertre⸗ mitäten litten, fand ſich bei den meiſten derſelben als einzig wahr: nehmbare Alteration eine weiche Anſchwellung des Mutterhalſes mit zahlreichen Granulationen beſetzt. In einigen Fallen zeigten ſich außer dieſen Granulationen auch kleine oberflächliche Excoriationen, wo dann die Schmerzen weit lebhafter waren, und die Digeſtion, ſowie die Nutrition im Allgemeinen bedeutender ſtörten. Hier traten auch häufiger Metrorrhagien ein, in deren Folge ſich zu— weilen ein Zuſtand von Marasmus und Kacherie ausbildete, welche 35. II. 13. 208 bei der Vernachläſſigung genauerer Unterſuchung leicht zu Irr⸗ thümern in der Diagnoſe Veranlaſſung geben konnte. In den obigen Fällen wendet Hr. Lis franc ſehr häufig den Alaun ſe⸗ wohl innerlich in Pillenform, als äußerlich in Form von Ein⸗ ſpritzungen an; Hr. Chomel zieht jedoch die Cauteriſation der kranken Partie mit Höllenſtein ſelbſt bei augenſcheinlicher Injection der Gewebe vor. Die Atzung geſchieht nur oberflächlich, und ver⸗ urſacht nur wenig Schmerzen; zuweilen nimmt nach den erſten Applicationen die Leukorrhöe etwas zu, um binnen Kurzem dennoch ganz zu verſchwinden. Wenn die Granulationen mit Verſchwärun⸗ gen complicirt ſind, ſo wirkt der Höllenſtein nicht minder günſtig, wenn auch weit langſamer. In ſehr hartnäckigen Fällen nimmt Hr. Chomel zu Atzungen mit dem ſauren Queckſilbernitrat ſeine Zuflucht. Die Application der Schwefelſäure hat ſich nicht von ſo ſicherem Erfolge gezeigt. (Bullet. gener. de therap., Aoüt. 1846.) 31) Fall von Ruptur des Magens in Folge von raſcher Gasentwickelung, bewirkt durch faure Gehrung des Mageninhaltes, von James Carſon. — Evan Tho⸗ mas, ein Matroſe von mäßiger Lebensweiſe, 20 Jahr alt, wurde am 3. Juli 1844 bald nach dem Genuſſe von Kaffee und Butterbrot von heftigen Leibſchmerzen befallen. Bei ſeiner Auf⸗ nahme ins Spital litt er ſehr und wälzte ſich auf dem Boden vor Schmerz, der Leib war hart, contrahirt, tympanitiſch und empfind⸗ lich beim Drucke, das Ausſehen angſtvoll, das Geſicht collabirt, die Körperoberfläche kalt, der Puls klein und ſchwach. Die Schmer⸗ zen dauerten anhaltend fort, der collapsus nahm zu, Emphyſem des Halſes, der Bruſt und des Bauches trat ein, und der Kranke ſtarb am nächſten Morgen. — Section. Bei der Eröffnung der Pe⸗ ritonäalhöhle drängte ſich eine große Menge Gas hervor, die Bauch⸗ höhle enthielt eine Quantität dunkler, grüngefärbter, aufbrauſender Flüſſigkeit von ſtark ſaurem Geruche. In dem unteren Theile des abdomen und im Becken fand ſich eine Menge Schaum. Der Ma⸗ gen war ſtark ausgedehnt, und drängte das Zwerchfell bis zu den Bruſtwarzen hinauf. Aus ſeiner vorderen Fläche trat aus einer am oberen und hinteren Theile der großen Curvatur befindlichen großen Offnung Gas hervor. Die ganze Schleimhaut der großen Curva⸗ tur war ſtark injicirt, von dunkelrother Farbe, erweicht und von röthlichem Schleime bedeckt. Der Magen enthielt mehrere Unzen einer breiartigen Materie. Die Schleimhaut des Dünndarmes war bis zum coecum gleichfalls ſtark injicirt, die Schleimhaut des Dick⸗ darmes in etwas geringeren Grade. Die Contenta des Magens enthielten eine große Menge von Eſſigſäure. (Monthly Journal, Auguſt 1846.) Dieß möchte doch ein einfaches perforirendes Magen⸗ geſchwür geweſen ſein, mit ſecundärer Tympanitis. R. F. Bibliographiſch Berg, O., Charakteriſtik der für die Arzneikunde und Technik wichtigſten Pflanzengenera. 5. Lief. 4%. Geh. bis zur 6. Lief. Berlin 1847. Jäger, G. F., Beobachtungen und Unterſuchungen über die re— gelmäßigen Formen der Gebirgsarten. Mit 7 lith. Taf. Imp. 40. In Umſchl. Stuttgart 1847. Krombholz, J. Y., naturgetreue Abbildungen und Beſchrei— bungen der ſchädlichen, eßbaren und verdächtigen Schwämme. 10. (letztes) Heft. Mit 1 Atlas. Roy. Fol. Geh. Prag 1847. Vogt, C., phyſiologiſche Briefe für Gebildete aller Stände. 3. und letzte Abth. gr. 8%. Geh. J. G. Cotta' ſche Buchh. Stuttgart 1847. Gordon, C. A. — The principal Diseases of India briefly described; with Hints on the Duties of Medical Officers in that Country. By Charles Alex. Gordon, M. D. 12°. London 1847. Mayo, T. — Clinical Facts and Reflections; also, Remarks on the Impunity of Murder in some Cases of presumed Insanity. By Thomas Mayo, M. D. F. R. S. 8°. London 1847. e Neuigkeiten. Jankey, F. F. — Familiar Instructions in Medicine and Sur- gery; with Observations on the Means of maintaining the Health of Men on Ship Board, or when employed in Unheal- thy Localities: intended for the use of the Merchant, Navy, Commanders of Yachts, Travellers, and all Persons who may be away from Medical Aid. By F. F. Janke, M. D. Square (pp. 294.) London 1847. Maladies des femmes. Traitement rationel et pratique des ulee- rations du col de la matrice; par F. L. Pichard, medecin etc. Avec 27 figures, dont 25 coloriees. In 8° de 20 feuilles, plus 8 pl. Paris 1847. Knolz, J. J., ſyſtemat. Eintheilung d. Fieber, als Leitfaden zur Diagnoſtik derſelben am Krankenbette. Ein Blatt in Roy. Fol. Salzburg 1847. Werneck, W. kurz gefaßte Beiträge zur Kenntniß und Heilung des Hoſpitalbrandes. 2. Ausgabe. 86. Geh. Salzburg 1847. Nägele, F. K., Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen. 7. ver⸗ mehrte und verbeſſerte Auflage. Nebſt Katechismus dazu. 7. Aufl. gr. 8°. Heidelberg 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Aroriep gegründete Zeitichrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 36. Druck und Verlag des Landes » Inpuftrie» Gompteirs zu Welmar. (Nr. 14. des II. Bandes.) Mai 1847. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXIII. Verhandlungen über das Einathmen von Schwefelätherdämpfen bei der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften am 8. März 1847. l. über die Wirkung des Schwefeläthers auf die Nervencentren. Von Hrn. Flourens. 1) Wir haben, ſagt Hr. F., vermöge meiner letzten Verſuche geſehen, daß die Einwirkung des Schwefeläthers auf die Nervencentren in einer beſtimmten Ordnung fort: ſchreitet. Zuerſt wird das eigentliche Gehirn (bie Lappen oder Hemiſphären) afficirt und dadurch die Intelli genz geſtört; dann das kleine Hirn und dadurch das Gleichgewicht der Bewegungen aufgehoben; hierauf das Rückenmark, in welchem dadurch allmälig die Fähigkeit das Gefühl und die Bewegungen zu vermitteln erliſcht; end— lich das verlängerte Mark, und wenn ſich die Gin- wirkung des Schwefeläthers bis auf dieſes erſtreckt, erliſcht das Leben *). 2) Bei meinen neuen Verſuchen habe ich die Einwir— kung des Schwefeläthers auf die Nervencentren bis zum Erlöſchen des Lebens getrieben. Der erſte Verſuch ward mit einem Hunde angeſtellt. Nach 6—7 Minuten war der: ſelbe vollſtändig ätheriſirt. Nach 30 Minuten ſchien das Thier verenden zu wollen, und man legte nun das ver— längerte Mark bloß. Als man dasſelbe berührte, be— wegte ſich der Hund ein wenig; bei einer zweiten Berührung desſelben fand auch nicht die mindeſte Bewegung mehr Statt; das Thier war ſchon todt. Der zweite Verſuch ward ebenfalls mit einem, Hunde vorgenommen. Nach 5 bis 6 Minuten trat die Atheriſation ein. Nun ward die Rückenwirbelportion des Rückenmarks bloßgelegt. „) Vergl. Br. I, No. 16, S. 356 viel. Bl. No. 2116. — 916. — 36. Eine der hinteren Wurzeln ward gefneipt und zer— ſchnitten, ohne daß das Thier eine Spur von Gefühl zeigte. Alsdann kneipte und durchſchnitt man eine der vorderen Wurzeln, und es erfolgte nicht die geringſte Bewegung. Mit den beiden Regionen des Rückenmarkes verhielt es ſich eben ſo, wie mit den beiden Partien ſeiner Wurzeln. Die hintere Region war gefühllos, die vordere be— wegungslos geworden. Das Atheriſiren ward faſt eine Stunde lang fortgeſetzt, und das Thier ſchien alsdann dem Tode nahe. Man deckte nun das verlängerte Mark auf. Man berührte es; das Thier zuckte ein wenig; man berührte es von Neuem, und es zuckte wieder; in dem Augen— blicke, wo die Reaction von Seiten des verlängerten Markes aufhört, ſtirbt das Thier. — Dritter Ber: ſuch mit einem Hunde. Dieſelbe Reihenfolge von Erſchei— nungen. Das verlängerte Mark bleibt ebenfalls länger lebens— thätig, als das Rückenmark. Das Thier ſtirbt ebenfalls in dem Augenblicke, wo das verlängerte Mark zu reagiren aufhört. 3) Der Ather wirkt alſo nach einander auf das große Hirn (deſſen Lappen oder Halbkugeln), das kleine Hirn, das Rückenmark (auf beide Regionen desſelben, auf deſſen beide Wurzelpartien), das verlängerte Mark und bringt auf dieſe Weiſe nach einander die Intelligenz, das Gleichgewicht der Bewegungen, das Gefühl und die Bewegungsfähigkeit, das Leben zum Erlöſchen. 4) Man erinnert ſich, daß der Salzſäureäther (ether chlorhydrique, Salzgeiſt?) bei meinem Verſuche die— ſelben Reſultate gab, wie der Schwefeläther. Ich wurde dadurch darauf geleitet, Verſuche mit dem neu aufgefundenen Körper anzuſtellen, welchen man Chloroform genannt hat. Nach einigen Minuten war das Thier, welches ich Chloroformdämpfe einathmen ließ, vollſtändig ätberifirt. Die Erſcheinungen waren dieſelben, wie beim Schwefeläther. 14 211 5) Auffallend iſt die Ahnlichkeit der Erſcheinungen der Atheriſation mit denen der Aſphyrie. Dieſe Ahnlichkeit haben faſt alle Beobachter erkannt, und einige derſelben haben bereits fortlaufende Unterſuchungen in dieſer Beziehung an— geſtellt. Ich habe zwei Hunde auf die einfachſte Weiſe aſphyrirt, indem ich ſie in einem abgeſperrten Luftvolum jo lange athmen ließ, bis aller Sauerſtoff conſumirt war. Nachdem bei dieſen Hunden die Aſphyrie den erforderlichen Grad erreicht hatte, legte ich das Rückenmark bloß, und die Thiere zeigten ſich völlig gefühllos. Man reizte die Gefühlsportion des Rückenmarkes durch Stechen, Knei— pen, Einſchneiden, und die Thiere verriethen nicht die ge— ringſte Empfindung; man reizte durch Stechen und Kneipen die Bewegungsportion, und es fanden nur einige ſchwache Muskelcontractionen Statt. 6) Es findet demnach eine weſentliche und deutliche Analogie zwiſchen der Atheriſation und Aſphyrie Statt; allein bei der gewöhnlichen Aſphyrie verliert das Nervenſyſtem ſeine Lebensthätigkeit unter der Einwirkung des ſchwarzen Blutes, des ſeines Sauerſtoffes beraubten Blutes, während bei der Atheriſation das Nervenſyſtem ſeine Kräfte unter der directen Einwirkung des dieſen Verluſt veranlaſſenden eigenthümlichen Agens einbüßt. a 7) Hierin liegt der ganze Unterſchied; denn übrigens gehen beim Atheriſiren, wie beim Erſticken, das Gefühl und die willkürliche Bewegung in gleicher Weiſe verloren, wäh— rend, wenigſtens eine Zeit lang, die Athmungsbewegungen in beiden Fällen ihren Fortgang haben, oder mit anderen Worten, das verlängerte Mark länger lebensthätig bleibt, als das Rückenmark. Durch die Atheriſation wird der tiefere Mechanismus der Aſphyrie, nämlich die Aufeinanderfolge des Abſterbens der verſchiedenen Portionen der Nervencen— tren erläutert. 8) Meines Erachtens iſt aber dieſe Reihenfolge des Abſterbens in den Nervencentren der wichtigſte Punkt, den wir bei dieſen neuen Verſuchen zu beachten haben. 9) Die Atheriſation iſolirt, wie es bei den anatomi— ſchen Verſuchen der Fall iſt, die Intelligenz, die Über- einſtimmung der Bewegungen, das Empfin— dungsvermögen, die Bewegungs fähigkeit, das Leben. 10) Dieſe Iſolirung des Lebens, des Lebens— punktes oder Lebensknotens des Nervenſyſtemes iſt ſogar das auffallendſte, welches dieſe neuen Verſuche dar— bieten. Bei dem ätheriſirten Thiere überlebt ein einziger Punkt des Nervenſyſtemes die übrigen, und ſo lange dieſer lebt, ſind alle übrigen Punkte eines wenigſtens gebun— denen Lebens theilhaftig, und ſie können wieder zur freien Lebensthätigkeit gelangen; ſobald er aber geſtorben iſt, iſt alles todt. Die Atheriſation löſ't alſo die ein— fache Lebenskraft des Nervenſyſtemes von allen übrigen Kräften desſelben ab, ſo daß ſie iſolirt daſteht. Hr. Roux machte in Bezug auf dieſe Mittheilung einige Bemerkungen; es ſchien ihm, als ob beim Menſchen die Erſcheinungen der Atheriſation nicht die Regelmäßigkeit und conſtante Aufeinanderfolge darböten, welche Hr. Flou— 36. II. 14. 212 rens in Anſehung des allmäligen Erlöſchens der Haupt⸗ functionen des Nervenſyſtemes bei den Thieren beobachtet hat. Die Intelligenz, das Empfindungs vermögen und die Bewegungsfähigkeit erlöſchen, ſeinen Beobachtungen zufolge, beim Menſchen ſtufenweiſe ziemlich alle zugleich. Ebenſowenig kann Hr. Rour die Anſichten des Hrn. Flourens hinſichtlich der Ahnlichkeit zwiſchen den Erſchei⸗ nungen der Atheriſation und Aſphyrie unbedingt theilen. Das Weſen der Aſphyxie, ſagte er, beſteht in der Ver- änderung, welche das Blut durch die Entziehung des Sauer⸗ ſtoffes in ſeiner chemiſchen Conſtitution erleidet. Beim Athe— riſiren find die Erſcheinungen, welche Hr. Flourens als denen der Aſphyrie analog betrachtet, dieſem Phyſiologen zufolge, das Reſultat der directen Einwirkung des Athers auf das Nervenſyſtem. Zwiſchen dieſen beiden Fällen kann ich keine hinreichende Ahnlichkeit erkennen. Wäre übrigens nicht zu befürchten, daß, wenn eine ſolche Ahnlichkeit zwi: ſchen den beiden fraglichen Zuſtänden anerkannt würde, dies das Publicum gegen die Anwendung des Atheriſirens ein⸗ nehmen würde? Hr. Rour theilte bei dieſer Gelegenheit der Akademie einen durch das Atheriſiren veranlaßten Unglücksfall mit, den erſten, welcher ihm im Laufe ſeiner vielen erfolgreichen Verſuche vorgekommen war. Er betrifft einen Mann, wel⸗ cher, nachdem er bereits ſeit drei vollen Tagen an Starr⸗ krampf gelitten, ins Hoôtel - Dieu aufgenommen ward. Die Lage des Patienten war ſo bedenklich, daß man nicht glaubte, ihn länger als 24 Stunden das Leben friſten zu können. Unter dieſen Umſtänden hielt Hr. Roux den Verſuch, den consuljisischen Zuſtand durch Atheriſiren zu lindern, für völlig „gerechtfertigt. Nachdem der Patient einige Minuten lang Atherdämpfe eingeathmet, verfiel er in einen ziemlich lange anhaltenden Schlummer; allein die Re⸗ ſpiration, welche ſchon vorher ſchwierig von Statten gegan⸗ gen war, wurde immer ſtockender und ſtand zuletzt ganz ſtill. Übrigens glaubt Hr. Hour nicht, daß das Atheriſiren in dieſem Falle den Tod beſchleunigt habe. II. Einathmen von Atherdämpfen durch Thiere; Fortbeſtehen der vom Ganglienſyſteme abhän⸗ genden Functionen; Aufhören der vom Cere— broſpinalſyſteme abhängenden Functionen; von Hrn. Mandl. Hr. Mandl macht die Phyſiologen auf folgende Um⸗ ſtände aufmerkſam, die er beim Atheriſiren von Thieren beobachtet hat. 3 „Nachdem ich einen Hund ſo lange Atherdämpfe hatte einathmen laſſen, bis das Thier vollkommen gefühllos ge— worden war, öffnete ich das Abdomen, ſo daß die Gedärme heraustraten. Ich bemerkte nun, daß die periſtaltiſche Be⸗ wegung völlig aufgehört hatte, während das Klopfen der Gekrösarterien deutlich zu ſehen war. Die Därme waren gegen mechaniſche Reize durchaus unempfindlich. Das ein— zige Reſultat, welches ich erlangen konnte, war die Um: ftülpung der Muskelwandungen, nachdem die Därme quer durchſchnitten worden waren. Etwa 10 Minuten lang blieb 213 das Thier vollſtändig ätherifirt ; als hierauf das Athemholen ſchneller ward und der Hund einige Muskelbewegungen aus— führte, tödtete ich ihn mittels Durchſchneidung des verlän— gerten Marks. Ich beobachtete nunmehr die von Hrn. Flou- rens beſchriebenen Erſcheinungen, nämlich ein deutliches Zittern des ganzen Thieres und Contractionen der Hals— muskeln. Allein außerdem nahm ich wahr, daß die pe— riſtaltiſchen Bewegungen wieder eintraten und wie gewöhnlich, wenn gleich ſchwächer, noch einige Zeit nach dem Tode anhielten.“ Aus dieſem Verſuche ergiebt ſich, daß das Ganglien— ſyſtem, ebenſowohl wie das Cerebroſpinalſyſtem völlig äthe— riſirt werden kann, und daß die Wirkungen des Athers einen neuen Beleg für die Anſicht liefern, daß das Ganglienſyſtem von den Functionen des verlängerten Markes unabhängig ſei. Die Reſpiration und Circulation, welche, Hrn. Flou— rens zufolge, von den Functionen dieſer Portion des Ce— rebralſyſtems abhängen, dauern nämlich während der Atheri— ſation fort, während die periſtaltiſche Bewegung vollſtändig aufhört. III. Analyſe des Blutes nach dem Einathmen von Schwefelätherdämpfen; von Hrn. Laſſaigne. Hr. Laſſaigne theilte die Reſultate mit, welche ihm die chemiſche Unterſuchung des Venenblutes eines Thieres vor und nach dem Einathmen mit Schwefelätherdämpfen geſchwängerter Luft geliefert hat. Dieſe Verſuche wur— den in der Abſicht unternommen, zu erforſchen, ob hinſicht— lich der chemiſchen Zuſammenſetzung des Blutes weſentliche Veränderungen bewirkt würden. Die verſchiedenen Blutproben rührten von einem großen, geſunden Hunde her, der, nachdem er dreißig Minuten in einem dicht verſchloſſenen hölzernen Kaſten, in welchen man Schwefelätherdämpfe einſtreichen ließ, verweilt hatte, in Betäubung verfiel. Die bei dieſen Forſchungen erlangten Reſultate find kurz zuſammengefaßt folgende: 1) Die vor und nach dem Einathmen von Schwefel— ätherdämpfen erlangten Proben von Venenblut haben weder in Anſehung der chemiſchen Zuſammenſetzung, noch der Zeit, binnen welcher die Coagulation eintrat, merkliche Verſchieden— heiten dargeboten. Die erſte hatte den faden Geruch des Blutes; die zweite roch deutlich nach Ather. 2) Das Blutwaſſer und die Blutklumpen beider Arten von Blut wurden 24 Stunden nach dem Aderlaſſe ſo ſorg— fältig als möglich von einander geſchieden und boten folgende Verhältniſſe dar. Venenblut vor dem Einathmen von Blutklumpen 65,46 Schwefelätherdämpfen. Blutwaſſer 34,54 100 Blutklumpen 59,69 Blutwaſſer 40,31 100 3) Das nach dem Einathmen geſammelte Blut hatte einen röthlichen Farbenton, welchen es mehrere Tage lang behielt. Venenblut nach dem Einathmen von Schwefelatherdaämpfen. 36. II. 14. 214 4) Der Blutklumpen des vor dem Einathmen geſam— melten Blutes ſchien etwas weniger feſt, als der des ätheri— ſirten Blutes. 5) Die Analyſe hat dargethan, daß dieſe beiden Arten von Venenblut, abgeſehen von der geringen Quantität Ather, welche das nach dem Einathmen gelaſſene Blut enthielt, ganz dieſelbe chemiſche Zuſammenſetzung darboten. 6) Abgeſehen von dem ſtärkeren Waſſergehalte, welchen das nach dem Einathmen von Schwefelätherdampfen gelaffene Blut beſitzt, ergiebt die Berechnung, daß die Fibrine, die Blutkügelchen und der Eiweißſtoff in dieſer Art von Blut ziem— lich dasſelbe Verhältniß zu einander haben, wie in dem vor dem Verſuche dem Hunde entzogenen Blute. 7) Der im Serum des ätheriſirten Blutes enthaltene Verhältnißtheil an Ather iſt fo gering, daß ſich derſelbe bei der unbedeutenden Menge des unterſuchten Blutes nicht genau beſtimmen ließ. Man hat jedoch verſucht, dieſe Beſtimmung dadurch zu erlangen, daß man die Spannung der Dämpfe des Serum von dem vor und nach dem Atheriſiren gelaſſe— nen Blute unter denſelben Umſtänden hinſichtlich der Tempe— ratur und des barometriſchen Druckes vergleichend unterſuchte und damit auch die Spannung der Dämpfe einer Miſchung von Ather und Waſſer in beſtimmten Verhältnißtheilen ver— glich. Die hierbei erlangten Reſultate berechtigen zu dem Schluſſe, daß der Verhältnißtheil des von dem Venenblute abſorbirten und in dieſem aufgelöſ'ten Athers etwa 0,0008 des Venenblutes beträgt, ſo daß ſich folgendes Verhältniß herausſtellen würde: Venenblut 99,919 Schwefeläther . 0,081 100 (Gazette médicale de Paris, 13. Mars 1847.) XXIV. Unterſuchungen und Forſchungen über die Frage, ob die narkotiſchen und tetaniſchen Medica— mente direct oder durch Vermittelung des Venen— blutes auf das Nervenſyſtem wirken. Von den HHn. Antonio Reftelli und Gaetano Strambio. Nachſtehendes iſt ein anderer Theil desſelben Briefes an den Prof. Panizza, von dem bereits in No. 29 (No. 7 des II. Bos.) S. 103 dieſ. Bl. ein Bruchſtück mitgetheilt worden iſt. Die intereſſante Frage, mit der ſich die Verf. beſchäftigen, läßt ſich hiermit wohl nicht als vollkommen erledigt betrachten; allein jedenfalls erhalten wir mancherlei Aufſchlüſſe, welche eine ſolche Erledigung vorbereiten können. Als wir, ſagen die Verf., das Strychnin, die Mor— phiumſalze, die Blaufäure bald durch den Mund, bald durch den After in den Organismus einführten, fiel uns unter den übrigen von uns beobachteten Erſcheinungen beſonders die außerordentlich raſch eintretende Wirkung dieſer Medica— mente auf. Wir fragten uns demnach, ob zu dieſer Wir— kung erforderlich ſei, daß ſie in den Kreis des Blutumlaufes gelangen, oder ob die zuweilen faſt augenblicklich eintretenden Erſcheinungen nicht vielmehr einem heftigen Eindrucke auf 14 * 215 die Fäden und Stämme der Nerven zugeſchrieben werden müſſen, welcher dann durch dieſe direct auf die Gehirnrücken— markachſe übertragen werde. Man entblößte bei einem Hunde den Cruralnerven, be— ſeitigte von dieſem das Neurilem, und nachdem man zwiſchen denſelben und das Fleiſch einen dünnen Metallſtreifen (dame) gebracht hatte, ſtreute man ½ Gran reines pulverifirtes Strychnin darauf. Nach einer halben Stunde wurde der Nerv ſorgfältig gewaſchen, und man nähte dann die Wund— ränder zuſammen. Vergiftungsſymptome zeigten ſich nicht. Derſelbe Verſuch ward mit ganz ähnlichem Erfolge am Nerven des zehnten Paares bei einem anderen Hunde vor— genommen. Bei zwei Hunden entblößte man den zweiten Aſt des fünften Nervenpaares, durchſchnitt ihn und brachte dann auf den inneren Theil der Oberlippe ½ Gran pulverijirten Strychnins. — Zur Vergleichung wurde dieſelbe Doſis bei zwei anderen Hunden in derſelben Weiſe zur Anwendung gebracht. Bei allen vier Thieren ward der Theil nach 20 Minuten abgewaſchen. Die Vergiftung zeigte ſich bei allen, ohne daß in Anſehung der Zeit und des Grades irgend ein erheblicher Unterſchied Statt gefunden hätte. Nun wollen wir die Reſultate darlegen, die wir durch Einſpritzen von Strychninauflöſungen und Solutionen von Morphiumſalzen in die Venen erlangten. Als wir in die Femoralvene eines Hundes eine ſehr geringe Doſis Strychnin (½0 oder Ya, Gran), in 2 Seru— pel Alkohol aufgelöſ't, einſpritzten, trat nach zwei bis drei Secunden ein ſehr heftiger Anfall von Starrkrampf ein, welcher dem Leben ein Ende machte. 6 — 7 Gran eſſigſauren oder ſchwefelſauren Morphiums, das erſtere im Waſſer oder Alkohol, das letztere in Waſſer aufgelöſ't, wirken eben ſo ſchnell, wenn ſie in die Venen eingeführt werden und führen den Tod ſchleunig herbei. Die Blauſäure beſtätigte dieſelben Reſultate und ſtellte ſie noch deutlicher heraus. Bei einem Hunde legte man den Cruralnerven bloß, beſeitigte von demſelben das Neurilem und tauchte ihn 20 Minuten und darüber in ein kleines Gefäß, welches drei bis vier Tropfen Blauſäure von 0,900 enthielt, die man, indem ſie verdunſtete, immer erſetzte. Es zeigte ſich durchaus kein Symptom von Narcotifirung. Ein zweiter Verſuch der Art gab dasſelbe Reſultat. Von dem Stummel eines amputirten Hinterbeines ließ man ein Stück vom nervus cruralis herabhängen und eine halbe Stunde lang in Blauſäure eingetaucht liegen, ohne daß eine Vergiftung veranlaßt worden wäre. Als wir nunmehr in Betracht zogen, daß nach aner— kannten Geſetzen der Phyſiologie den Nervenſtämmen keine andere Function obliegt, als die, daß ſie die von den peri— pheriſchen Fäden empfangenen Eindrücke den Nervencentren überliefern, ſo wurden wir dazu veranlaßt, auf die Nerven— fäden einzuwirken. Man öffnete bei vier Hunden die Abdominalhöhle und legte um die beiden Enden einer Darmſchlinge eine feſte Ligatur. Bei zweien dieſer Thiere unterband man die Vene 36. II. 14. 216 und ließ die Arterie, die Nerven und Lymphgefäße unbe⸗ rührt; bei den anderen beiden unterband man die Nerven und Lymphgefäße, ließ aber den Circulationsapparat frei, worauf man den Verſuch damit beendigte, daß man bei allen vier Hunden einige Tropfen Blauſäure in die unterbundene Darmſchlinge eintrug. Da, wo der Circulationskreis nicht unterbrochen worden war, zeigte ſich die Vergiftung nach drei Minuten; da hin⸗ gegen, wo die Circulation gehemmt worden war, hatte ſich nach einer halben Stunde nicht die geringſte Krankheitser⸗ ſcheinung gezeigt, und erſt, als man den Knoten der um die Vene gelegten Ligatur löſ'te, traten Vergiftungsigmptome ein. Dieſe letzten Verſuche, auf welche wir durch ähnliche des Profeſſors Panizza geleitet worden waren, reichen in Verbindung mit den früher dargelegten hin, zu beweiſen, daß ſelbſt diejenigen Subſtanzen, welche am Schnellſten tödt⸗ lich wirken, das Nervenſyſtem erſt afficiren, wenn ſie abior- birt worden und jo in den Blutumlauf gelangt find. Es erklärt ſich daraus auch des Mehreren, weßhalb diejenigen Subſtanzen, die abſorbirt worden ſein müſſen, wenn ſie wir: ken ſollen, ihre Wirkung ſo ſchnell äußern, wenn man ſie durch den After eingeſpritzt hat, da der Maſtdarm ein ſo außerordentlich gefäßreiches und ausgebreitetes Venennetz be— ſitzt. (Gazette médicale de Paris, 13. Mars 1847.) Miſcellen. 33. Eine neue Eintheilung des Nervenſyſtems hat Hr. Marſhal⸗Hall aufgeſtellt und der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften in deren Sitzung am 5. April mitgetheilt. Statt der bisherigen Eintheilung in das Cerebro-Spinal- und das Gan⸗ glienſyſtem nimmt er drei Abtheilungen: das Gehirn-, das Rücken⸗ mark⸗ und das Ganglienſyſtem an. Das erſte beſteht: 1) in dem großen und kleinen Hirn; 2) den Nerven der ſpecialiſirten Sinne; 3) den Nerven der willkürlichen Bewegung. Das Ganglienſyſtem beſteht in 1) dem Ganglientheile der Spinalnerven oder der Mer: ven der Gliedmaßen und der äußern Theile; 2) dem Ganglientheile der Nerven der inneren Theile; a. der Bewegungen der innern musculoſen Organe; b. der Secretionen, Ernährung ꝛc. Das Nüdenmarf» oder Spinalſyſtem beſteht in 1) dem centralen Theile oder Rückenmarke, als verſchieden von dem Strange der Intraſpinal-Cerebralnerven und der verbindenden Intraſpinal-Gan⸗ gliennerven betrachtet; 2) den einfallenden (incidents) Erregungs⸗ nerven; 3) den reflectirten Bewegungsnerven, die mit dem Spinal— centrum in ſpecieller und weſentlicher Verbindung ſtehen. Dies Syſtem vermittelt alle Acte 1) der Einführung, 2) der Ausführung, 3) der Ausſchließung, 4) der Zurückhaltung von Stoffen in dem thieriſchen Organismus, folglich 1) der Erhaltung des Individuums, 2) der Erhaltung der Species. Es iſt das Syſtem, durch welches Haller's vis nervosa nach den neuerdings ermittelten Geſetzen wirkt und vermittels deſſen die durch Redi, Whytt ꝛc. beobach⸗ teten Erſcheinungen ihre phyſiologiſche Bedeutung und Erklärung finden. (Gazette médicale de Paris, 10. Avril 1847.) 34. Über die Allgemeinheit der Theilung des Dotters in der ganzen Reihe des Thierreiches hat Hr. Coſte der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften, in deren Sitzung am 5. April, eine wichtige Mittheilung gemacht. Bisher glaubte man allgemein, daß bei den Vögeln, den mit Schuppen bedeckten Reptilien und den Knorpelfiſchen die Organiſation des Blaſtodermes nicht, wie bei den übrigen Thieren, vermittels der merkwürdigen Erſcheinung der Theilung des Dotters geſchehe, und man nahm an, daß das Thierreich in dieſer Beziehung in zwei große Abtheilungen zerfalle, von denen die eine jenes Phanomen darbiete, die andere nicht. Hr. Coſte hat nun ermittelt, daß ein ſolcher Unterſchied 217 nicht beſteht, und daß die Natur in allen Fällen gleichmäßig ver⸗ fährt. Er hat geſehen, daß bei den Vögeln, den ſchuppigen Repti⸗ lien, den Knorpelfiihen die Segmentation des Dotters während des Durchganges des Gies durch den Oviductus wirklich erfolgt. Nur in ſo — findet ein Unterſchied Statt, als bei den zuletzt erwähn⸗ ten Thieren die Zerſtückelung nicht den ganzen Dotter umfaßt, fondern auf das fogenannte Närbchen beſchraͤnkt bleibt. Durch dieſe Entdeckung werden auch die Anſichten über die Bedeutung der verſchiedenen Theile des Dotters ſehr modificirt. (Gaz. méd. d. Paris, 10. Avril 1847.) 35. Über vie Kartoffelkrankheit it eine ausführliche Arbeit von Alfred Smee erſchienen. Gr ſpricht darin die Anficht Heilk (XXXVII..) über die Todſtarre, als ſicheres Kennzeichen des Todes. Von Dr. Fouquet. (Schluß.) 3) Bei den ſchnell tödtlichen Hämorrhagien entwickelt ſich die Todſtarre in ſehr bedeutendem Grade; erfolgt der Tod dagegen durch oft wiederholte, aber geringe Blutungen, ſo wird die Leiche nicht beſonders ſtarr. Worin iſt dieſer Unterſchied begründet? Darin, daß, wenn im erſteren Falle auch etwas weniger Blut im Cadaver iſt, dasſelbe demnach ſeine normale Beſchaffenheit hat; während im zwei— ten Falle das Serum im Blute vorherrſcht und es ver— bältnißmäßig weit weniger coagulable Stoffe enthält. 4) Wenn man Thiere dadurch tödtet, ſagt Nyſten, daß man ihnen ein unauflösliches Gas in die Venen ein— bläſ't, ſo iſt die Todſtarre bedeutend; dagegen iſt fie weit geringer, wenn man Schwefelwaſſerſtoffgas anwendet. Wir haben die Richtigkeit dieſer Behauptung conſtatirt, indem wir Thiere unter mit verſchiedenen Gasarten gefüllten Glocken ſterben ließen. Die unauflöslichen Gaſe üben auf die che— miſche Beſchaffenheit des Blutes nicht den geringſten Einfluß aus; während das Schwefelwaſſerſtoffgas die Fi— brine zerſetzt. Wir werden auf dieſen Umſtand zurück— kommen. 5) Wir müſſen noch auf einen nicht unerheblichen Um— ſtand aufmerkſam machen; nämlich, daß bei den an adyna— miſchen, langwierigen Krankheiten Geſtorbenen ſich dennoch die Starrheit zuweilen im hohen Grade entwickelt. Dieſe Thatſache iſt, unſeres Wiſſens, früher noch nicht ermittelt worden, und wenn wir dieſelbe verſchwiegen hätten, würden wir uns die Mühe erſpart haben, einen Haupteinwurf gegen die von uns vertheidigte Theorie zu beſeitigen. Allein wir erheben dieſen ſelbſt, um der Wahrheit willen, und oft trägt eine mit den übrigen ſcheinbar im Widerſpruche ſtehende Erſcheinung bei näherer Unterſuchung zur Aufhellung des Gegenſtandes am meiſten bei. Die Hrn. Andral und Gavarret haben gefunden, daß jede Entzundungsthaͤtigkeit die Erzeugung einer gewiſſen 36. II. 14. 218 aus, daß Krankheiten bei Pflanzen und Thieren aus denſelben Ur⸗ ſachen entſtehen, und er nennt die Kartoffelkrankheit eine gangraena, die aus inneren Urſachen entſtehe; er verwirft die Anſicht, daß paraſitiſche Pilze die Urſache feien, behauptet vielmehr im directen Widerſpruch mit ſich ſelbſt, daß die Urſachen der Krankheit ſämmt⸗ lich bis auf die Einwirkungen eines Inſectes Aphis vastator verfolgt werden könnten, welches das Blatt anbohre, den Saft ausſauge und ſo die Wechſelwirkung zwiſchen Blatt und Wurzel aufhebe. Denſelben Einfluß foll dieſes Inſect auch auf die ſchwediſche Rübe, die Runkel, auf Kohl, Broccoli, Radies, Meerrettig und viele andere wilde und cultivirte Pflanzen ausüben.. (Westminster and foreign Quart. review, Jan. 1847.) unde. Quantität Fibrine zur Folge habe. Wenn man daher nach chroniſchen Krankheiten, Scorbut, adynamiſchen Fiebern ıc. die Todſtarre ziemlich ſtark entwickelt findet, jo läßt ſich ſchließen, daß ein oder mehrere wichtige Organe entzündet geweſen ſeien. Bisher iſt uns kein Beiſpiel vorgekommen, welches mit dieſer Regel im Widerſpruche geſtanden hätte; allein leider können wir dor der Hand noch keine hinrei— chende Art von Fällen anführen, um dieſelbe als unwider— leglich hinzuſtellen. Aus den ſämmtlichen Beobachtungen, die von uns und Anderen hinſichtlich dieſes Gegenſtandes gemacht worden ſind, ergiebt ſich alſo, daß jedes Mal, wo die Veranlaſſungsur⸗ ſache des Todes in der chemiſchen Zuſammenſetzung des Blu— tes keine Veranderung bewirkt hat, die Todſtarre ſehr be— deutend iſt, und daß dagegen in den Fällen, wo dem Tode eine gewiſſe Auflöſung des Blutes vorhergegangen, dieſe Starrheit ſich in geringem Grade entwickelt. Ergiebt ſich nun hieraus nicht mit faſt logiſcher Nothwendigkeit, daß dieſelbe von der Coagulation der Fluͤſſigkeiten herrühre? Bedenkt man, daß das aus den Venen entwichene und in einem Gefäße aufbewahrte Blut ſich in mehrere Portio— nen abſcheidet, von denen die eine, welche die Fibrine ent— hält, einen feſten, zahen, ſich von ſelbſt zuſammenziehenden Klumpen bildet, jo läßt ſich annehmen, daß etwas Ähnliches in den Capillargefäßen, in jenen weitverzweigten Netzen, welche ſich durch die Muskeln verbreiten, vor ſich gehe, und daß durch dieſe Coagulation die Muskelfaſern in feſte Verbindung mit einander gebracht werden. Wenn aber die Muskeln die Starrheit im höchſten Grade offenbaren, ſo rührt dies eben daher, daß in ihnen das Gefäßſpſtem eine beſonders ſtarke Entwickelung darbietet. 5 Wenn aber die auf die Coagulation der Flüſſigkeiten ſich ſtützende Theorie von bedeutendem Werthe fein fol, jo muſſen ſich mittels derſelben alle Modificationen, welche die Todſtarre durch äußere Potenzen erleidet, klar und band: greiflich erklären laſſen. Wir müffen darlegen können, war: um ihr Auftreten, Grad, Verlauf und ihre Dauer unter verſchiedenen äußeren Umſtänden verſchieden ſind. Dieſen Punkt wollen wir zu erledigen ſuchen. Zuvörderſt muß ich eines Umſtandes erwähnen, welcher 219 Nyſten entgangen iſt, und auf welchen ich ſchon im Jahre 1838 Hrn. Malle, der mir bei meinen Verſuchen ſehr hilfreich an die Hand gegangen, aufmerkſam gemacht habe. Nyſten ſagt: Wenn man ein ſtarres Glied geſchmei— dig gemacht hat, ſo kehrt die Starrheit nicht zurück. Nach den Anſichten, zu welchen ich durch meine Unterſuchungen gelangt war, mußte ich dieſe Behauptung für irrig halten. Wenn, ſagte ich mir, die Starrheit von der Abſcheidung und Coagulation der Fibrine herrührt, ſo muß, da dieſe Ab— ſcheidung allmälig Statt findet, die Starrheit ſich von Neuem einſtellen, wenn man ein Glied, das eben ſtarr zu werden beginnt, mechaniſch bewegt hat. Und ſo verhält ſich die Sache auch wirklich. Allerdings wird das Glied nicht wie— der ſo ſteif, als es, ohne bewegt worden zu ſein, geworden wäre; allein dies geht ganz natürlich zu, da man die, durch die bereits abgeſchiedene Fibrine gebildeten Adhärenzen zer— ſtört hat; allein es ſcheidet ſich von Neuem Fibrine ab, welche einen geringeren Grad von Starrheit zu Wege brin— gen muß. Später habe ich gefunden, daß Sommer (Mül— lers Phyſtologie 1840) dieſelbe Erſcheinung beobachtet, aber keine Folgerung aus derſelben abgeleitet hat. Wenn man dagegen, wie Nyſten es that, wartet, bis ſich die Todſtarre vollkommen entwickelt hat und dann ein Glied bewegt, ſo werden alle von der Fibrine gebildeten Faſern zerriſſen, und es können ſich keine neuen Adhärenzen bilden. Die Todſtarre tritt erſt dann ein, wenn der Organis— mus durch den Galvanismus nicht mehr erregbar iſt. Dieſe Thatſache reicht, meiner Anſicht nach, ſchon allein hin, um der Nyſten' ſchen Theorie den Todesſtoß zu geben; denn es ließe ſich annehmen, daß, wenn das Leben ſich ausſchließ— lich in einen beſonderen Theil zurückgezogen hätte, dieſer gegen den Galvanismus ſehr kräftig reagiren müſſe, und dies iſt doch nicht der Fall. Aber warum zeigen ſich denn die Muskeln nach Ver— lauf einer gewiſſen Zeit gegen äußere Reize unempfindlich? Weil das organifche Leben, das ihnen während des Über— ganges vom eigentlichen Leben zur Zerſetzung noch inwohnt, aus denſelben gewichen iſt. Dieſer vorübergehende Zuſtand geſtattet manchen Organen, ihre Functionen noch zu vollzie— hen, ſo daß der chylus noch in die Milchgefäße übergeht, die Abſorption ihren Fortgang hat, die Erytheme verſchwin— den, die Bärmutter ſich zuſammenzieht ꝛc. Er läßt ſich in der That als ein Reſt der Lebenskraft betrachten, welcher den Körper vor der Hand noch vor der Wirkſamkeit der phyſiſchen Geſetze ſchützt. So lange er dauert, kann da— her auch die Todſtarre nicht eintreten, da dieſe von den phyſiſchen Eigenſchaften eines Theiles der Beſtandtheile des Organismus abhängt. Sobald aber dieſer Überreſt des Le— bens entwichen iſt, bildet ſich die Steifheit aus, welche dann bis zur Zerſetzung durch Fäulniß anhält. Auftreten, Verlauf, Dauer, Verſchwinden, Grad ꝛc. der Todſtarre. Der Einfluß dieſes organiſchen Lebens auf das mehr oder weniger geſchwinde Eintreten der Starrheit geht aus folgenden Beiſpielen ſehr deutlich hervor. Es hat ſich ergeben, daß bei Enthaupteten die Starrheit ſehr langſam eintritt. Dieſe plötzliche Todesart macht dem Le— 36. II. 14. 220 ben ein Ende, während alle körperlichen Functionen in ihrer Integrität beſtehen, und die Organe in keiner Weite alterirt find. Deßhalb dauert das dieſen ſpecifiſch inwohnende Leben länger; deßhalb find fie länger durch Galvanismus erregbar, und deßhalb tritt die Starrheit ſpäter ein. Stirbt ein Subject dagegen an einer langwierigen ka⸗ chektiſchen Krankheit, ſo ſind die Organe beim Eintreten des Todes bereits merklich geſchwächt und ihrer Vitalität mehr oder weniger verluſtig gegangen. In dieſem Falle wird alſo auch das organiſche Leben bald verſchwinden und die Starrheit bald an deſſen Stelle treten. Wir erinnern hier an die von H. Louis in der Salpetriere gemachten Beob⸗ achtungen, aus denen ſich ergiebt, daß man den Greiſen, weil jte jo Schnell ſteif wurden, das Hemd, gleich nachdem ſie geſtorben, auszuziehen pflegte; bei ihnen hatte das orga⸗ niſche Leben mit dem Beziehungsleben ſtufenweiſe abgenom⸗ men, und daher erliſcht jenes vegetative Leben auch ſehr ſchnell nach dem Tode. In Betreff des Einfluſſes der Wärme ſteht Nyſten mit ſich ſelbſt im Widerſpruche, wenn er ſagt, daß der Rumpf zuerſt ſtarr werde und zugleich behauptet, die Tod- ſtarre bemächtige ſich des Körpers erſt nach dem Erlöſchen der Wärme. Nun haben aber alle bisherigen Verſuche dar⸗ gethan, daß der Rumpf zuletzt erkaltet. Übrigens ſind die beiden Behauptungen Nyſtens nicht gegründet. 1) Wird der Rumpf, wie ſich aus Sommers und unſeren Beob⸗ achtungen ergiebt, nicht zuerſt ſtarr; 2) iſt es eine bekannte Thatſache, daß ſelbſt in der heißeſten Jahreszeit die Todſtarre ſich ausbildet, was ich z. B. in dem heißen Klima Algiers wahrgenommen habe. Das organiſche Leben und die Wärme üben indeß einen gewiſſen Einfluß auf einander aus. Die Wärme bält ge⸗ wiſſermaßen das organiſche Leben aufrecht, ſowie dieſes, io lang es dauert, eine gleichförmige Temperatur des Körpers unterhält. Es verhindert, daß derſelbe ſich ſchnell mit der Temperatur der umgebenden Luft ins Gleichgewicht ſetze. Der Rumpf bleibt auch deßhalb am längſten warm, weil in ihm das organiſche Leben am längſten fortbeſteht, und aus dem⸗ ſelben Grunde wird er am ſpäteſten ſtarr. Sommer ſagt, daß er, mit Ausnahme eines einzigen Falles, ſtets beobachtet habe, daß der Hals zuerſt ſtarr werde. Wir unſererſeits haben wahrgenommen, daß die unteren Extremitäten eben jo ſchnell erſtarren. Wiewohl nun bier— auf nicht viel ankommt, ſo möchten wir doch faſt glauben, daß Sommers Wahrnehmung ſich auf den Umſtand gründe, daß bei Leichen der Hals öfter entblößt gelaſſen wird, als die Beine. Das Verſchwinden der Todſtarre beginnt am Rumpfe und findet dann an den oberen, zuletzt an den unteren Er— tremitäten Statt. In Betreff des Rumpfes laſſen ſich zwei Gründe anführen. Es entwickeln ſich in demſelben Gaſe und ſprengen die durch die Fibrine gebildeten Adhärenzen, und die Fäulniß tritt im Rumpfe am ſchnellſten ein. Übrigens find die unteren Extremitäten mit jo ſtarken Muskelmaſſen belegt, daß ſich ſchon aus dieſem Grunde ein Reſt von Starr: heit am längſten in denſelben wird wahrnehmen laſſen. 221 Nach allen Verſuchen iſt klar, daß zwiſchen dem Auf: treten und der Dauer der Todſtarre ein gewiſſes Verhältniß beſteht. Abgeſehen von äußeren Umſtänden und insbeſondere von der Temperatur, dauert die Starrheit um ſo weniger lange, je ſchneller ſie eingetreten iſt. Niemand hat, meines Wiſſens, aus dieſem Umſtande eine Folgerung gezogen, und dennoch liegt hier ein gewiß ſehr beachtungswerther Cauſal— nerus vor. Nach der allgemein angenommenen Theorie läßt ſich dieſe Erſcheinung ſchwer erklären; nach der unſerigen jedoch hat dies gar keine Schwierigkeit. Wodurch wird die Tod— ſtarre aufgehoben? Durch die Fäulniß, welche die chemiſchen Beſtandtheile des Körpers von einander ſcheidet. Burdach (Phyſtologie) ſagt: „So lange die Starrheit dauert, bemerkt man keine Spur von Fäulniß.“ Richtiger würde er ſich wohl ſo ausgedrückt haben: „So lange die Fäulniß nicht eintritt, beſteht die Starrheit fort.“ Nun finden wir aber in einer ſchnellen Todesart, ohne vorhergehende chemiſche Veränderung der Säfte, ohne lang— wierige Fehler in der Ernährung, kurz bei der plötzlichen Zerreißung, nicht allmäligen Abnutzung der Springfedern des Lebens, welche Umſtände aus den bereits angegebenen Gründen ein langſames Auftreten der Todſtarre veranlaſſen, auch die Urſache des längeren Fortbeſtehens der letzteren. Die Organe beſitzen in dieſem Falle ihre vollſtändige Geſundheit und können alſo den zerſetzenden Einflüſſen länger widerſtehen. Dagegen find nach chroniſchen Krank— heiten nicht nur die Säfte verdorben, ſondern ſelbſt die feſten Theile mehr oder weniger krankhaft verändert, ſo daß die Fäulniß ſchnell eintritt, folglich auch die Starrheit bald verſchwindet. Hieraus erklärt ſich auch, warum, unter übrigens glei— chen Umſtänden, die Cadaver im Winter länger ſtarr bleiben, als im Sommer. In der letzteren Jahreszeit tritt die Fäul— niß ſchneller ein und vernichtet daher die Starrheit früher. Die Kälte wirkt alſo auf das Fortbeſtehen der Starrheit bin, und deßhalb allein bleiben die Leichen der in kaltem Waſſer Ertrunkenen wohl länger ſtarr, als andere. Eben ſo wird es ſich auch wohl mit den in die Erde begrabe— nen Leichen verhalten, über welche es jedoch an Beobach— tungen fehlt. Findet ſich jedoch eine Leiche einer Temperatur unter 0 ausgeſetzt, ſo wird ſie in einer Weiſe ſtarr, welche nichts mit der Todſtarre zu thun hat. Bringt man ſie dann an einen höher temperirten Ort, ſo wird ſie außerordentlich weich und ſchlaff und die Starrheit entwickelt ſich daſelbſt nicht. Die Todſtarre kann alſo ausbleiben? Allerdings, in dem eben erwähnten Falle, der übrigens, wenn man ein Mal dar— auf hingewieſen worden iſt, nicht leicht zu Mißverſtändniſſen Veranlaſſung geben kann. Der Grund dieſes eigenthümlichen Verhaltens liegt übrigens ſehr nahe. Bei einem gefrornen Cadaver bildet ſich im Inneren der Capillargefäße eine Kry— ſtalliſation der Fluͤſſigkeiten, und dadurch wird die gewöhn— liche Anordnung der Partikelchen der Fibrine zerftört oder verhindert, alſo die nothwendige Bedingung der Todſtarre aufgehoben. Durch das Gefrieren iſt bier dasſelbe Reſultat 36. II. 14. 222 hervorgebracht worden, wie durch die mechaniſche Bewegung der Muskeln. Aus einem ähnlichen Grunde iſt die Todſtarre bei ſtark infiltrirten Cadavern nicht bedeutend. Die große Menge von wäſſerigen Theilen (Serum) bietet der normalen Abſcheidung der Fibrine ein mechaniſches Hinderniß dar. Schon oben iſt bei Gelegenheit der durch die Todesart veranlaßten Modificationen von der Vergiftung durch Schwefel— waſſerſtoffgas die Rede geweſen. Dieſes Gas wird ſchon in ſehr geringen Doſen nicht nur dem Thierleben gefährlich, ſondern erſtreckt ſeinen Einfluß noch viel weiter, indem es das organiſche Leben in ſeinen Grundfeſten angreift und das Blut flüfjig macht, indem es die Fibrine auflöſ't und fait incoagulabel macht. Die Cadaver der durch dieſes Gas ge⸗ tödteten Thiere bieten daher eine geringe Steifheit dar und gehen ſchnell in Fäulniß über. Dieſer Umſtand dient alſo der Anſicht, nach welcher die Todſtarre vom Zuſtande des Blutes herrührt, ſehr zur Unterſtützung, indem die Muskel— maſſen an ſich ziemlich dieſelbe Beſchaffenheit haben, wie bei anderen ſchnellen Todesarten. Wiewohl in den organiſirten Körpern die chemiſchen Reactionen nicht genau ſo von Statten gehen, wie in unſe— ren Apparaten, ſo halten wir es doch nicht für unerheblich, zu erwähnen, daß, wenn man friſchgelaſſenes Venenblut mit Schwefelwaſſerſtoffgas zuſammenſchüttelt, der Blutklumpen nie die normale Feſtigkeit erlangt. Dasſelbe iſt bei An wen— dung einer Auflöſung von Tartarus stibiatus der Fall, und wegen dieſer Eigenſchaft, das Blut dünnflüſſiger zu machen, dürfte der Brechweinſtein in Lungenentzündungen und ge— wiſſen Krankheiten, wo das Blut zu viel Faſerſtoff enthält, ſo vortheilhaft wirken. Wir werden uns jedoch über dieſen Gegenſtand nicht weiter verbreiten. Aus allem Obigen ſcheint ſich nun klar zu ergeben, daß unſere Theorie der Todſtarre die richtige iſt; denn der Grad der Starrheit ſteht überall mit dem Fibrinegehalte des Blutes in genauer Beziehung, und wo ſich immer Verände— rungen mit dieſer Fibrine zutragen, wird die Todſtarre ent— ſprechend modificirt. Uns iſt keine einzige, irgend erhebliche, Thatſache bekannt, welche dieſer Meinung widerſpräche. Es erklären ſich nach ihr alle ſowohl durch die Todesart, als durch die Beſchaffenheit der Atmoſphäre veranlaßte Modificationen. Als phyſiſche Erſcheinung gehört die Todſtarre durchaus unter die Herrſchaft der phyſiſchen Geſetze; als vitale Er— ſcheinung würde fie, inmitten aller modificirenden Potenzen, einen ſpecifiſchen Charakter beibehalten. Die Todſtarre, als phyſiſche Erſcheinung, iſt alſo ein ſicheres Kennzeichen des Todes. Louis, Nyſten und Sommer haben ſie in 700 Fällen ohne Ausnahme beob— achtet, und wenn ſie je gefehlt hat, ſo beruhte der Irrthum ſicher auf beſonderen Umſtänden, die auf die Entſcheidung dieſer Frage keinen Einfluß haben können, z. B. darauf, daß die Leiche gefroren geweſen war. Wir heben damit den Handſchuh gegen Alle auf, die behaupten, nur an der ein— getretenen Fäulniß könne man den Tod ſicher erkennen und fordern ſie auf, nur einen einzigen Fall nachzuweiſen, in welchem die Wiederbelebung nach dem Eintreten der Tod» 223 ftarre gelungen iſt. Auch haben faſt alle Schriftfteller, welche von der Unzuverläſſigkeit der Todeszeichen gehandelt haben, der Steifheit der Leichen ſehr viel Beweiskraft beigelegt und in allen Fällen, wo die Wiederbelebung eines Scheintodten gelang und die Beſchaffenheit des Körpers genau beſchrieben iſt, findet ſich angeführt, daß derſelbe nicht ſteif geweſen ſei. Es iſt wirklich zu bedauern, daß man vorgezogen hat, eine Thatſache zu leugnen, um ſich die Mühe zu erſparen, deren Bedeutung genau zu würdigen, namentlich, da es ſich um eine für die ganze Menſchheit tröſtliche Wahrheit handelt. Die Todſtarre reicht hin, um darüber zur Gewißheit zu gelangen, daß ein Menſch wirklich todt iſt, ohne daß man deßhalb genöthigt wäre, die übrigen Kennzeichen des Todes, die wir hier übergehen, unbeachtet zu laſſen. Eben ſo wenig brauchen wir hier die hinlänglich be— kannten unterſcheidenden Merkmale der Todſtarre und der convulſiviſchen Starrheit darzulegen. (Gazette médicale de Paris, 3. Avril 1847.) Miſcellen. (32) über die Mittel, durch welche ſich durch Einathmen von Schwefelätherdämpfen die Gefühlloſigkeit ſtets erreichen läßt, ſowie über die Quantitäten dieſer Flüſſigkeit, welche zur Anwen— dung gebracht werden dürfen, haben die HHn. Bonnet, Prof. der chirurgiſchen Klinik, und Ferrand, Pharmaceut zu Lyon, der Pariſer Akademie eine Mittheilung gemacht, in welcher ſie eine neue Vervollkommnung ihres e rates anzeigen. Die⸗ ſer beſtand bisher aus einer Geſichtsmaske, welche das Eindringen der mit Atherdämpfen geſchwängerten Luft zugleich durch die Naſe und den Mund geſtattete, während der Ather mittels eines Hahnes aus einem 60 Gauen haltenden Recipienten nur tropfenweiſe in den Ballon des Apparates eingelaſſen wird und die ſämmtlichen zu den letzteren gehörenden Röhren eine Weite von 2 Centimeter haben. Sie haben nun an dem Ballon noch ein Ventil angebracht, welches das Einſtreichen der atmoſphäriſchen Luft geſtattet, aber das Entweichen der Atherdämpfe verhindert, fo daß ſich genau be— 36. II. 14. 224 ſtimmen läßt, wie viel Ather eingeathmet worden iſt. Dieſer Ar: parat hat ſich bereits bei vier zum Theil ſehr bedeutenden Opera⸗ tionen als vollkommen gut bewährt. Die Gefühlloſigkeit erfolgte reſp. binnen 4, 8, 12 und 30 Minuten. Im letzten Falle wurden 41 Grammen Ather verdampft, und die Operation, nämlich die Des⸗ articulation des Oberarmes, nebſt Ausſchneidung zahlreicher Drüſen in der Achſelhöhle, dauerte 16½ Minute, fo daß das Ginathmen der Atherdampfe im Ganzen 46½ Minute anhielt. Es iſt alfo erwieſen, daß die Atherdämpfe, wenn fie ganz allmälig entwickelt und eingeathmet werden, ohne Schaden länger als Dreiviertelſtun⸗ den zur Anwendung gebracht werden können. Auch an geſunden Perſonen haben die Erfinder Verſuche mit ihrem Apparate ange⸗ ſtellt. Bei einem 49jährigen Manne von nervöſem Temperamente wurde mittels Verdampfung von nur 3 Grammen Ather binnen zwei Minuten; bei einem Burſchen von 14 Jahren mit 8 Grm. Ather binnen fünf Minuten; bei einer jungen Frau mit 5 Grm. Ather binnen 4 Minuten und bei einem jungen Manne mit 10 Gr. Ather binnen 6 Minuten vollſtändige Gefühlloſigkeit herbeigeführt. (Gazette médicale de Paris, 13. Mars 1847.) (33) Über die Wirkung des Einſpritzens von Schwefel⸗ äther in die Blutgefäße, ſowie des Einbringens des⸗ ſelben in den Magen hat Hr. Flourens der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften am 22. März eine Mittheilung ge⸗ macht. 1 Gramm Ather ward in die linke arteria axillaris eines kleinen Hundes, und zwei Grammen wurden in dieſelbe Arterie eines größeren Hundes eingeſpritzt. In beiden Fällen fand die Injection in der Richtung des Laufes des Blutes Statt, und in beiden ging im Vorderbeine die Bewegungsfähigkeit verloren, wäh⸗ rend das Gefühlsvermögen blieb. Denn als man bei dieſen Hunden die Nerven des plexus brachialis kneipte, gaben die Thiere Zeichen von heftigem Schmerze zu erkennen, ohne daß Muskelcontractionen erfolgt wären. — Er ließ ferner verſchiedene Hunde 6— 24 Grm. Ather verſchlucken. Alle wurden dadurch ſehr krank; mehrere ſtar⸗ ben; andere wurden taumelig, wie betrunken, keiner aber ätheri⸗ ſirt, d. h. gefühllos. Die Atheriſation wird alſo weder durch das Einſpritzen des Schwefeläthers in die Arterien, noch durch das Verſchlucken von Schwefeläther zu Wege gebracht. Während aber beim Einathmen von Atherdämpfen das Rückenmark früher das Empfindungsvermögen, als das Bewegungsvermögen einbüßt, findet beim Einſpritzen von Ather in die Arterien das Gegentheil Statt; die Bewegungsfähigkeit geht vor der Empfindungsfähigkeit verloren. Die letztere kann durch das Einſpritzen von ſehr ſtarken Doſen Ather ebenfalls vernichtet werden, was Hr. F. bei einigen anderen Ver⸗ ſuchen gefunden hat. (Gazette médicale de Paris, 27. Mars 1847.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Paleontologie Frangaise. Description zoologique et geologique de tous les animaux mollusques et rayonnes fossiles de France, comprenant leur application à la reconnaissance des couleurs; par Alcide d’Orbiyny; avec des figures de toutes les especes, lithographiees d’apres nature par M. J. Delarue. Terrains erctaces, supplement. Premiere livraison. In 8° d'une feuille, plus 4 pl. Paris 1847. Observations on Combe on the Constitution of Man, prineipally in reference to Phrenology, and its merits as a Science: with an Appendix, containing a brief Review of the State of Lear- ning in Ancient Times, and a Chronological Table of Philoso- phers, Literati etc. From the Earliest Period down to the Eighteenth Century of the Christian era. 120. (pp. 78. sewed, 1 sh.). London 1847. Connaissance des Marchandises, ou Dictionnaire analytique et raisonné des articles indigenes et exotiques, drogueries etc. Par J. P. Roussel aine. Tome II. In 8° de 30 feuilles. Bordeaux et Paris 1847. (Das Werk wird 5 Bände haben.) Recherches sur l’appareil respiratoire des oiseaux; par Ph. C. Sappey. In 4° de 13 feuilles, plus 4 pl. Paris 1847. Supériorité de la médecine naturelle prouvee par un tres grand nombre d’observations medicales, de cures inconnues jusqu'a ce jour, et le changement general de medication, surtout dans les maladies chroniques, telles que la gastrite etc. Par Louis- Victor Benech. In 12° de 5 feuilles /. Paris 1847. De la Parole et du Begaiement, contenant des conseils utiles à tous les hommes pour perfectionner la faculté de la parole, analyse du rhythme de la parole, puissant regulateur que personne n’avait encore explique ete.; par M. Honoré Mathieu. In 8° de 7 feuilles °/,. Paris 1847. Neligan, J. M. — Medicines, their Uses and Mode of Admini- stration; including a complete Conspectus of the Three British Pharmacopoeias, an Account of all the New Remedies, and an Appendix of Formulae. By J. Moore Neligan, D. M. 2d edition, 8°. Dublin 1847 (pp. 510, cloth 14 sh.) ‚Smith, Dr. S. — The Philosophy of Health; or, an Exposition of the Physical and Mental Constitution of Man, with a View to the Promotion of Human Longevity and Happiness. 3d edition, 2 vols, 18°. (pp. 862, cloth 6 sh; sewed 5 sh.) Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitichrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. N. 37. (Nr. 15. des II. Bandes.) Mai 1847. Druck unt Verlag des Landes -Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. Stückes 3%, Sgr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXV. über die Anwendung des Mikroſkopes als Hilfsmittel bei chemiſchen Unterſuchungen. Von John Davy, N. D. Wie wichtig dem Chemiker die Hilfe des Mikroſkopes iſt, wird jeder, der es anwandte, mit feinem Gebrauche eini— germaßen vertraut iſt und ein gutes Inſtrument benutzte, nicht verkennen. Ein gutes, mindeſteus 300 Mal vergrößern— des Mikroſkop iſt jedoch dazu erforderlich. Ein ſolches Inſtrument gewährt dem Chemiker über Dinge Aufſchlüſſe, die ihm bisher dunkel blieben, läßt ihn durchs Auge unterſcheiden, was ihm bisher nur durch weit— läufige Analyſen zu erkennen möglich war, läßt ihn in einer Miſchung thieriſcher und pflanzlicher Subſtanzen verſchiedene Gewebe und Formen erkennen und unterſcheiden, zeigt ihm durch eine einfache Betrachtung, ob ein chemiſches Präparat rein und unvermiſcht oder mit fremdartigen Stoffen ver: mengt iſt. Ich halte die Zeit nicht für fern, wo der wiſſenſchaft— liche Chemiker das Mikroſkop ſogar häufiger wie die Wage gebrauchen und beide für ein chemiſches Laboratorium, ſowie für einen wiſſenſchaftlichen Reiſenden die unentbebrlichſten Inſtrumente ſein werden. Einige Beiſpiele mögen hier den Werth des Mikro— ſkopes für chemiſche Unterſuchungen beweiſen: Wenn man eine chemiſche Unterſuchung beginnt, iſt es zunächſt wünſchenswerth, im Allgemeinen mit der Natur des zu unterſuchenden Gegenſtandes bekannt zu werden; zu einer ſolchen einleitenden Belehrung iſt nun das Mikroſkop wun— dervoll geeignet. Es iſt ein ſtreitiger Punkt, ob die Colibris von In— ſecten oder dem ſüßen Safte der Blumen leben: einige Na— turforſcher meinen, daß ſie ſich nur von den einen, andere, daß fie ſich ausſchließlich von dem anderen nähren. Durch No. 2017. — 917. — 37. wiederholte, zuerſt mikroſkopiſche, dann chemiſche Unterſu— chungen ihrer kleinen Magen überzeugte ich mich, daß In— ſecten ihr feſtes Futter, der Nectar der Blüthen indeß das Getränk dieſer Vögel iſt. Mit einer hervorſchiebbaren, ge— ſpaltenen Zunge begabt, ſind ſie zum Fangen der Inſecten ſehr geeignet. In jedem Magen dieſer Vögel, den ich mikroſko— piſch unterſuchte, entdeckte ich Theile, zuweilen ſogar noch lebende Inſecten. Als ein anderes Beiſpiel können die Harnercremente der Infecten dienen. In den meiſten Fällen, wo ich ſie un: terſuchte, beſtanden ſie aus harnſaurem Ammoniak (lithate of ammonia), in Form von etwas größeren Körnchen, als menſchliche Blutkörperchen. Ein Mal indeß, als ich das Ererement einer kleinen, nächtlichen Motte unters Mikroſkop brachte, fand ich zwiſchen dieſen Körnchen gut ausgebildete Kryſtalle, denen der Harnſäure (lithie acid) gleichend, die ſich durch ihre chemiſchen Eigenſchaften auch als ſolche erwieſen. Erde, Sand und Mergel liefern andere gute Beiſpiele für den einleitenden Gebrauch des Mikroſkopes bei chemiſchen Unterſuchungen. Auf der Inſel Barbados finden ſich Lager eines Kalk— mergels. Unter dem Mikroſkope erſcheint derſelbe beinahe gleichförmig, doch finden ſich unter ſeinen Molecülen kurze dünne Prismen, wie phosphorſaurer Kalk; eine chemiſche Unterſuchung beſtätigte dies: ſeine Hauptbeſtandtheile waren kohlenſaurer Kalk und eine Spur von Kieſelerde. Man hielt den Boden dieſer äußerſt fruchtbaren Inſel für arm an letztgenanntem Stoffe. Das Mitkroſkop erweiſ't das Irrige dieſer Anſicht. Die Kieſelerde findet ſich dort meiſtens in reichlicher Menge, entweder in Form eines feinen Quarzſandes, der Kennzeichen von Waſſerthieren an ſich trägt, oder als äußerſt kleine, eckige Stücke, vielleicht vul— caniſchen Urſprunges, vielleicht verſteinerte Infuforienrefte, Die chemiſche Unterſuchung beſtätigt das Daſein der Kieſel— 15 227 erde, die überdies in Verbindung mit Thonerde weit ver— breitet iſt. Der Sand von Barbados iſt indeß nach der Lage, wo er gefunden wird, ſehr verſchieden. Der Seeſand beſteht auf / des Umkreiſes der Inſel aus zerkleinerten Muſchel— ſchalen, Waſſerthieren, mit kleinen Kieſeln und anderen Stoffen gemiſcht, und liefert für Zwecke der Agricultur, wenngleich bisher wenig angewandt, ein vortreffliches Material. An der Nordoſtküſte der Inſel iſt der Sand ein Gemenge von Quarz (Kieſelpanzern) und zerkleinerten Muſchelſchalen, welche den erſteren überwiegen. Der Muſchelſand correſpondirt mit dem größeren Theile der Inſel, der größtentheils aus kalki— gen Ablagerungen, reich an organiſchen Meeresüberreſten be— ſteht, während der Kieſelſand mit dem kleineren Theile der Inſel, der aus ganz anderen Ablagerungen theils aus Kreide, verſteinerten Infuſorien, größtentheils aber aus Thon, Sand, Grand, mehr oder weniger zuſammenhängend, beſteht, mit Kohlenlagern abwechſelt und wahrſcheinlich verwittertem Felſen ſeinen Urſprung verdankt. Unterm Mikroſkop iſt das Aus— ſehen dieſer beiden Sandarten ſehr verſchieden. Der Muſchel— ſand iſt, ohne der anderen Eigenthümlichkeiten zu erwähnen, faſt durchſichtig, während der Quarzſand ganz durchſichtig iſt. Gemiſcht, ſind die Körner einer jeden leicht zu unter— ſcheiden, ſo daß man ohne chemiſche Unterſuchung ſchon durch den Anblick erkennt, welcher von beiden in größerer Menge vorhanden iſt. In einiger Entfernung von der Küſte findet man den Sand indeß nur aus verkieſelten Stoffen, ohne eine Spur zerkleinerter Muſchelſchalen, beſtehend. Die chemiſche Unterſuchung wird jedes Mal die mikroſkopiſche beſtätigen. Nicht mit hinreichender Sicherheit vermag das unbe— waffnete Auge farbloſe Niederſchläge verſchiedener Subſtanzen zu unterſcheiden; z. B. die verſchiedene Erde, ſowohl im hy— dratiſchen Zuſtande, als auch mit Säuren verbunden. Unterm Mikroſkope iſt die Unterſcheidung indeß nicht ſchwierig und kann, wenn nicht unmittelbar, doch auf Zuſatz einer Säure, namentlich einer ſolchen, deren Verbindungen mit verſchiede— nen Erden ein charakteriſtiſches Anſehen beſitzen, leicht aus— geführt werden. Thonerde und phosphorſaurer Kalk, die eine überall im Boden vorkommend, der andere ſich ſeltener, oder nur in geringer Menge findend, ſind, wie allbekannt, beide aus ihren Löſungen durch Ammoniak fällbar. Die Unterſcheidung dieſer Niederſchläge, für die Agricultur von großer Wichtigkeit, iſt eine ſchwierige Aufgabe und erfordert eine chemiſche Unterſuchung, die nur in einem gut einge— richteten Laboratorium ausführbar iſt. Unterm Mikroſkope verſchwindet dieſe Schwierigkeit. Die Thonerde erſcheint durch ihre ungeheure Feinheit und die geringe lichtbrechende Kraft ihrer Theilchen durchſichtig, während der phosphorſaure Kalk ein ſehr feinkörniges Ausſehen hat. Auf Zuſatz eines Tro— pfens verdünnter Schwefelſäure tritt dieſe Erſcheinung noch deutlicher hervor. Wenn der Niederſchlag ganz aus Thon— erde beſteht, wird er glasartig erſcheinen und dies Anſehen, zur Trockniß verdampft, behalten; die Kryſtalle ſind in ihrem allgemeinen Charakter dem Eiſe ähnlich; beſteht er indeß aus phosphorſaurem Kalke, ſo werden, gleich nach dem Zuſatze einer richtigen Menge Säure, nadelförmige Kryſtalle an⸗ 37. I. 15 228 ſchießen, die mit zarten, rhombiſchen Tafeln gemengt find. In Fällen aber, wo Thonerde und phosphorſaurer Kalk ge: miſcht mit Ammoniak vorkommen, wird ſich das Ausſehen der Miſchung nach dem Verhältniſſe, indem das eine oder das andere vorwaltet, richten. Sollte ſich phosphorſaure Talk⸗ erde mit den genannten Stoffen gemiſcht vorfinden, ſo wird das Mikroſkop auch dieſe leicht entdecken; vor dem Zuſatze der Säure erſcheint fie in wohlaus gebildeten Kryſtallen, die durch die Säure verſchwinden. Die mitgetheilten Beiſpiele werden genügen, den Werth des Mikroſkopes für chemiſche Unterſuchungen zu beweiſen; dasſelbe ſcheint mir in allen ſeinen Anwendungen die Unter⸗ ſuchung zu erleichtern und ihre Genauigkeit zu vermehren, ſomit irrige Anſichten zu entfernen und durch richtige zu erſetzen. (Edinburgh new philosophical Journal, Octob. 1846.) XXVI. über den Bau und die Bewegung der Bacillaria paradoxa, Gmelin. Von G. H. K. Thwaites. Der Verf. beginnt mit der Beſchreibung dieſes Species. Die Faden ſind bandförmig, gekrümmt, hellbraun, mit einer noch helleren Mittellinie und beſtehen aus 4 oder 5 bis 100 linienförmigen Stückchen, welche, ſich berührend parallel neben einander liegen. Von vorne geſehen, zeigt jedes Stückchen eine geringe Zuſchärfung nach der Spitze und eine feine Zähnung an dem inneren Saume der glatten erhabe— nen Seitenränder, der innere Raum iſt glatt. Von der Seite geſehen, erſcheint die Oberfläche, durch gegenſeitige Be— rührung, aus lanzettförmigen an der Spitze abgerundeten Streifen zu beſtehen, auch iſt der Raum zwiſchen den glat⸗ ten, erhabenen Seitenrändern mit vorſpringenden Querſtreifen bezeichnet. Die Länge eines Stückchens und folglich die Breite eines Fadens variirt zwiſchen 90 bis 140 Zoll, und die Breite eines Stückchens ſchwankt zwiſchen 10,000 und 1½000 Zoll. Dieſelben find, mit Ausnahme des bellen querlaufenden Mittelbandes, mit einem hellbraunen Farbſtoff erfüllt. Die Faden verlängern ſich durch eine Vermehrung der Stückchen durch Selbſttheilung. Hr. Th w. fand dieſe Bacillarien in großer Menge in Graben an der Mündung des Avon in der Nähe Briſtols, in etwas dunkel gefärbtem Waſſer; und ebenfalls in geringerer Anzahl im Fluſſe Frome zu Stapelton, wo ſie als ein dunkelbrauner Überzug an ver— ſchiedenen Waſſerpflanzen vorkommen und unterm Mikroſkope ziemlich feſt an den Pflanzentheilen zu hängen ſcheinen. Wenn ſie von denſelben getrennt werden, gewahrt man an ihnen nach wenigen Minuten eine merkwürdige Bewegung. Das am Ende gelegene Stückchen gleitet zuerſt der Länge nach über das angrenzende hinweg; das zweite Stückchen macht es eben ſo mit dem ihm folgenden, und ſo gehts durch den ganzen Faden. Dieſe Erſcheinung findet an beiden En— den derſelben zu gleicher Zeit, aber in verſchiedener Richtung Statt. Das Mittelſtückchen ſchien ganz oder doch beinahe unbeweglich zu bleiben, während ſich jedes der übrigen Stück— chen mit einer Schnelligkeit bewegte, die mit der Entfernung 229 vom Mittelpunkte zunahm, und deren eigenes Maß der Geſchwindigkeit durch die unabhängige Bewegung des be— nachbarten Stückchens vermehrt ward. Die ſeitliche Aus— dehnung des Fadens ſetzte ſich ſo lange fort, bis die Stückchen nur noch eben an einander hingen; dann zog ſich der Faden wieder zuſammen, indem die Stückchen wieder über einander zurückglitten, was ſo lange fortdauerte, bis alle wieder bei— ſammen lagen; alsdann änderte ſich abermals die Richtung der Bewegung nach der entgegengeſetzten Seite, welche Aus— dehnung von der einen zur anderen Seite gewöhnlich 45 Se— cunden erforderte. Während dieſer Bewegung erhielten die Faden ſelten ihr urſprüngliches, der Fragilaria ähnliches An— ſehen wieder; ihre Regelmäßigkeit ward bisweilen dadurch unterbrochen, daß ſich beide Endſtückchen nach einer und derſelben Richtung, anſtatt nach einer entgegengeſetzten, be— wegten. Dieſe Erſcheinung betrachtet Hr. Th w. als eine Unterbrechung der vitalen oder dynamiſchen Verbindung des Fadens und als eine wahrſcheinliche Bezeichnung der Stelle, wo demnächſt eine freiwillige Theilung Statt finden ſoll. Ward ein ſich bewegender Faden gewaltſam getheilt, ſo fuhren die unverletzten Stückchen jedes Theiles fort ſich zu bewegen, und beweiſen dadurch, wie der Verf. glaubt, daß die Faden zuſammengeſetzter Structur ſind, obgleich ſich ihre Stückchen uͤbereinſtimmend bewegen. Wenn ſich der Faden aufs Au⸗ ßerſte verlängert hat, iſt er immer noch ſehr ſteif und er— fordert, um ihn zu biegen, eine verhältnißmäßig große Kraft; der ganze Faden ſchiebt daher eher ein ihm in den Weg tretendes Hinderniß bei Seite, als daß er ſich krümmt oder ſich in ſeinen Gliedern trennt. Eine höhere Temperatur ſteigert die Schnelligkeit der Bewegung. Der Verf. wagt die Vermuthung, daß eine Wimper: bewegung die Urſache dieſer Erſcheinung iſt; er konnte zwar keine Cilien wahrnehmen, die Strömung von Indigotheilchen, in Waſſer ſuspendirt, wenn ſie mit den Stückchen in Be— rührung kommen, läßt ihn dennoch kaum an ihrem Daſein zweifeln. Er betrachtet die Bewegung jedes einzelnen Gliedes ganz derjenigen, die bei den Diatomien wahrgenommen wird, analog, nämlich als eine periodiſche, vor- und rückwärts Statt findende. Über die thieriſche oder pflanzliche Natur des Gegenſtandes wollte der Verf. nicht entſcheiden. (Annals of natural history, March 1847.) XXVII. über den Einfluß des Kochſalzes als Zuſatz zum Viehfutter ). Von M. Bouſſingault. Der Verfaſſer theilt im Institut No. 693, 1847 eine Reihe von Verſuchen mit, die er unternommen hat, um den Einfluß des dem Futter zugefügten Salzes auf die Entwickelung des Viehes zu beſtimmen. Im erſten, ſchon der Academie des sciences mitgetheil— ten, Verſuche wurden die Thiere gewogen und für 100 Kilogr. derſelben täglich 3 Kilogr. Heu beſtimmt. Dies Verfahren ward, mit dem einzigen Unterſchiede, daß die beiden Abthei— ») Vergl. Nr. 11 vieſes Bes, der Notizen, S. 166. 37. II. 15. 230 lungen junger Stiere bis zur Sättigung gefüttert wurden, und daß ein Theil der ihnen gegebenen Ration aus rothen Rüben beſtand, fortgeſetzt. Täglich ward an jedes Thier eine Quantität des benannten Futters, zu dem was verzehrt ſein konnte, vertheilt, und bei der neuen Fütterung am fol— genden Tage erſt das in den Futtertrögen Zurückgebliebene gewogen, um das wirklich Verzehrte genau beſtimmen zu können. Die Abtheilung, aus den Individuen A B C beſtehend, erhielt fortgeſetzt täglich 102 Grm. Salz. Am 13. Noybr. 1846 Morgens ward der erſte Verſuch beendigt. Das Ge— wicht ergab: für die Abtheilung, welche Salz für die Abtheilung, welche kein erhalten. Salz erhalten. A 165 Kilegr. A“ 146 Kilogr. B 158 = B’ 154 = 0 157 = 0¹ 152 Abtheilung No. 1. 480 Kilogr. Abtheilung No. 2. 452 Kilogr. Die zweite Beobachtung begann mit dem 13. Noobr. 1846 und ward am 11. März 1847 Mittags beendet. Auch hier, wie bei dem erſten Verſuche, hatte die Abtheilung, welche Salz bekommen, vielmehr getrunken, wie diejenige, welche kein Salz erhalten. Die am 11. März 1847 Morgens angeſtellte Wägung ergab: Abtheilung No. 1, welche 12 Kilogr. Salz verbraucht hatte. Am 13. Nov. gewogen. Am 11. Marz gewogen. Gewichtszunahme. A’ 165 Kilogr. 210 Kilogr. 45 Kilogr. 51 158 . 200 42 C 157 208 = a 480 Kilogr. 618 Kilogr. 138 Kilogr. Abtheilung No. 2, welche kein Salz erhalten. A 146 Kilogr. 171 Kilogr. 25 Kilogr. B 1514 214 60 c 12 205 53 = 452 Kilogr. 590 Kilogr. 138 Kilogr. Das mittlere Gewicht der Abtheilungen war für No. I 549 Kilogr., und das des täglich verbrauchten Heues 17,47 K., für die Abtheilung No. 2 521 K., und das des täglich ver⸗ brauchten Heues 16,35 K., folglich kommen auf 100 K. der Thiere für die Abtheilung No. J täglich 3,2 K., für die Abtheilung No. 2 aber 3,1 K. des Futters. Man ſieht hieraus, daß der Verbrauch des bis zur Sättigung gegebe⸗ nen Futters nicht beträchtlich von den als normal auf 100 K. des Gewichtes der Thiere angenommenen 3 K. abweicht. Dies Reſultat ſtimmt beinahe mit dem ſchon vor einigen Jahren von M. Bouſſingault mit Kälbern, die bis zur Sättigung gefüttert wurden, angeſtellten Verſuche überein. Die Hauptſachen reſumirend, ſagt der Verf. bei ſeiner zweiten Beobachtung, findet man, daß die Abtheilung No. 1 welche Salz erhalten, auf 100 K. erhaltenen Futters um 6,8 K. an Gewicht zugenommen, die Abtheilung No. 2, ohne Salz gefüttert, indeß 7,2 K. gewonnen hat. Man kann hieraus abnehmen, daß der Zuſatz von Salz zum Futter, das dem Vieh, ſo viel es freſſen wollte, gegeben ward, keinen erweislichen Einfluß auf die Entwickelung der jungen Stiere ausgeübt habe, ein Reſultat, das am Ende nicht auffallend 15 231 fein kann, wenn man die Wirkung des in den Nahrungs: mitteln enthaltenen Salzes erwägt. Nach einer Analyſe des in einem Tage zu verzehrenden Futters fand ſich nämlich, daß der auf jeden Kopf kommende Antheil Salz im Mittel betrug: Heu und Grummet 4,78 K. enthielten 12 Grm. Kochſalz. Rothe Rüben 3,43 . a = : Waſſer 10 Liter RN: 16 Grm. Kochſalz. Somit erhielt jedes Individuum in feinem Futter täg— lich 16 Grm. Kochſalz. Miſeellen. 36. Über die Structur der Nerven, welche unter dem Einfluſſe der Schwefelätherdämpfe ihre Fun— etionen eingebüßt haben, hat Dr. Pappenheim der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften am 29. März eine Mittheilung gemacht. Er hat die hintere Hälfte zweier Froͤſche abgelöſ't und den nervus ischiaticus bloßgelegt, dieſen unterm Mikroſkope in ſeine Elementarfaſern zerlegt und bei dem einen Froſch mit Ather behandelt, bei dem andern nicht“). Noch ehe die Structur des Nerven beim erſten Froſche zerſtört ward, zog ſich deſſen Ende nicht mehr zuſammen, während bei dem nicht ätheriſirten Froſche die Contractilität noch vorhanden war. Bei der Wiederholung des Verſuches fand ſich: 1) daß der untere (innere?) verborgene Theil des Nerven noch auf die Muskeln einwirkte; 2) daß die ge— ringſte Structurveränderung hinreichend war, um die Fun⸗ etion abzuſchwächen und ſelbſt aufzuheben. So viel iſt gewiß, daß, wenn die Structur verloren geht, die Function ebenfalls aufhört. Dieſe Structurveränderung beginnt an der Scheide, die ſich von ihrem Inhalte ablöſ't, ſo daß die doppelten Ränder ſichtbar wer— *) Die Worte on y applique alors l’ether können wohl nicht bedeuten: man läßt den Froſch Athervämpfe einathmen. D. Überſ. (XXXVIII.) über die Geſundheitspflege in den Gefängniſſen. Von Dr. Raovul-Chaffinat. In ihrer Sitzung am 27. October 1844 ſtellte die Königl. Belgiſche Akademie der Mediein folgende Preisfrage auf: „Es ſollen die Mittel und Vorſichtsmaßregeln an— gegeben werden, vermöge deren am zweckmäßigſten für die Geſundheit der Gefangenen in Beſſerungshäuſern, wo ſtrenge Iſolirung Statt findet, geſorgt werden kann.“ Der Preis war 800 Franken. Es gingen zwei Arbeiten ein, und dem Verf. der einen, Hrn. Raoul-Chaſſinat zu Saints Germain⸗en-Laye, wurde auf den Antrag der Prüfungs- commiſſion eine goldene Medaille, 500 Fr. an Werth, zu— erkannt. Wir theilen hier den Inhalt derſelben der Haupt— ſache nach mit. Hat das Syſtem der einſamen Einſperrung 37. II. 15. 232 den. Alsdann tritt Coagulation ein, und das Anſehen wird körnig. Somit iſt die Function erſtorben, deren Schwächung jedoch ſchon beginnt, ehe wir mit unſeren Inſtrumenten eine wirkliche Structur⸗ veränderung wahrnehmen können. Es gehört alſo nur eine ſehr geringe Veränderung in der Organiſation der Nerven dazu, um ſogar tödtliche Wirkungen zu veranlaſſen. Von den Veränderungen läßt ſich nur ſagen, daß die Flüſſigkeit abnimmt und der Inhalt der Scheide ſich in dieſe zurückzieht. Die Veränderungen ſelbſt hängen von drei Umſtänden ab: 1) von der Quantität Ather, welche durch ein oder mehrere Blutgefäße zugeführt wird; 2) von der Con⸗ ſiſtenz der Scheide der Elementarfaſer; 3) von der Flüſſigleit und der chemiſchen Beſchaffenheit der in der Scheide enthaltenen Ner- venmaſſe. — Hieraus erklärt ſich, warum die Nerven der Halb⸗ kugeln des großen Hirns, welche feiner find, als die der Rücken⸗ markswurzeln, ihre Functionen zuerſt einbüßen, warum, mit einem Worte, die Functionen aller Nerven nicht zugleich verloren gehen. — Der Verf. hat auch ermittelt, daß die inneren Nervenfaſern eines Stammes ihre Erregbarkeit in Bezug auf äußere Reize jpäter ver⸗ lieren, als die peripheriſchen, daher jene auch vom Ather ſpäter af— ficirt werden. (Gazette méd. de Paris, 3. Avril 1847.) 37. Das Schließen der häutigen Flügel des ge- nus Locusta beruht, nach Dr. Joſeph Leidy, auf der Zuſammen⸗ ziehung eigener Muskeln (extensores alae), die im thorax liegen und innerhalb der Rippen oder Längsvenen (longitudinal veins) an der Wurzel der Flügel befeſtigt find. Im ruhenden Zuſtande liegen die haͤutigen Flügel fächerförmig gefaltet unter den perga⸗ mentartigen Flügeldecken; vom Körper des Inſectes getrennt und mit den Fingern aus einander gezogen, ziehen ſie ſich augenblicklich wieder in ihre geſchloſſene, ruhende Lage zurück. Der Mechanismus, der den getrennten Flügel ſich ſo gut, als wäre er noch am Körper des lebenden Thieres befeſtigt, ſchließen läßt, beſteht in ſpiralför⸗ mig, wie eine Schraube, um die verbindenden ebenfalls beweglichen Venen gewundenen Sehnenbändern. Beim Zuſammenziehen der Muskeln bewirken dieſe Spiralbänder die Ausbreitung der Flügel, welche ſich allein durch die phyſikaliſche Beſchaffenheit der Sehnen⸗ bänder, wenn die Zuſammenziehung aufhört, von ſelbſt ſchließen. Dieſe Spiralbänder ſind zahlreich und finden ſich bei allen Arten des genus Locusta mit vollkommenen Flügeln, die der Verf. un⸗ terſuchte. (The annals and magazine of natural history, March 1847.) Heilkunde. einen nachtheiligen Einfluß auf die Geſund— heit der Gefangenen ausgeübt? Hat es nach⸗ theilig auf ihren Geiſt eingewirkt? Dieſe wichtigen Fragen hat der Verf. an die Spitze ſeiner Arbeit geſtellt, nachdem er die noch immer hinſicht⸗ lich dieſes wichtigen Punktes der öffentlichen Geſundheits— pflege herrſchenden abweichenden Anſichten dargelegt hat. Die Unterſuchungen des Verfaſſers ſprechen dafür, daß in den Gefängniſſen, wo die Gefangenen Tag und Nacht vollſtändig iſolirt gehalten werden, die Sterblichkeit geringer ſei, als in denjenigen, wo dieſes Syſtem nicht befolgt wird. Deßhalb betrachtet er aber keineswegs die Zellengefängniſſe als die Lebensdauer der Gefangenen im Allgemeinen ver⸗ längernd; im Gegentheil iſt auch in ſolchen Gefängniffen die Sterblichkeit größer, als unter freien Leuten. Bei ſeinen Forſchungen beruft er ſich insbeſondere auf die von Hrn. Moreau⸗Chriſtophe hinſichtlich des Cherry-Sill⸗Zucht⸗ 233 hauſes in Penniylsanien gelieferten Documente. Gr weiſ't nach, daß die Sterblichkeit daſelbſt während einer Reihe von Jahren unter Weißen von durchſchnittlich 30 Jahren 1 auf 50 betragen hat. In einer andern Anſtalt Phila— delphia's, nämlich dem Gefängniſſe in Walnut - Street, wo die Sträflinge ſonſt zuſammenwohnten, kommt auf 23 derſelben ein Todesfall. Bei den freien Einwohnern Phi— ladelphia's hat in derſelben Altersclaſſe die Sterblichkeit ver— hältnißmäßig nicht ein Mal halb ſo viel betragen, d. h. auf 3 Sterbefälle unter den Freien kommen immer 7 unter den Gefangenen. In den Gefängniſſen Frankreichs kommt durchſchnitt— lich auf 18 Sträflinge 1 Todesfall; nach neueren Berichten iſt das Verhältniß gar 1 auf 12, ſo daß demnach in Frank— reich die Sterblichkeit in den Gefängniſſen vier Mal ſo ſtark wäre, als im Zuchthauſe von Pennſyloanien. In den Ges fängniſſen, welche nach dem Auburnſchen Syſteme eingerichtet ſind, d. h., wo die Gefangenen nur des Nachts in Zellen abgeſondert werden, aber den Tag über ſchweigend zuſammen arbeiten, iſt durchſchnittlich 1 Sterbefall auf 52 Sträflinge gekommen. Im Zellenzuchthauſe für junge Sträflinge in Paris hat ſich die Sterblichkeit zu 1 auf 8 Individuen ges ſtellt, während, ſo lange dasſelbe nach dem Auburnſchen Sypſtem eingerichtet war, nur 1 Sterbefall auf 13 Sträf- linge kam. Eine vergleichende Schätzung hat dem Verf. gezeigt, daß jedes Mal, wenn von einer gleichen Zahl In— dividuen der freien Bevölkerung Frankreichs 1 Kind ſtirbt, in dem Zuchthauſe de la Roquette 24 ſterben; allein er macht auf die Ungeſundheit dieſes Gefängniſſes aufmerkſam. Die Antwort auf die zweite Frage, die der Verf. oben an ſich geſtellt, läßt ſich folgendermaßen kurz zuſammen— faſſen. Man hat die Behauptung der Unſchädlichkeit der Einſperrung in Betreff der geiſtigen Wirkung mit Mißtrauen aufzunehmen; wenn es ſich um Maßregeln handelt, durch welche für die Erbaltung der Geſundheit der nach dem penn— ſplvaniſchen Syſtem eingeſperrten Gefangenen geſorgt wer: den ſoll, ſo geht man ſicherer, wenn man annimmt, ein nachtheiliger Einfluß auf den Geiſt finde wirklich Statt; denn das Gegentheil iſt keineswegs ſtreng bewieſen, und wenn es ſich von dem Leben und der Vernunft der Mit— menſchen handelt, kann man nicht zu vorſichtig zu Werke gehen. Der Darlegung dieſer Sätze geht eine ſehr weitläuftige Discuſſion voran. Die Hrn. Coindet und Goſſe zu Genf haben zuerſt behauptet, die einſame Einſperrung wirke ſehr nachtheilig auf den Geiſt. Dieſe Anſicht iſt von Hrn. Moreau-Chriſtophe bekämpft worden. Eſquirol hatte ebenfalls die Meinung ausgeſprochen, daß daraus kein Schaden für den Verſtand entſpringen könne; derſelben pflich— tete auch Hr. Ferrus, Generalinſpector der Irrenhaäͤuſer Frankreichs bei; wogegen Hr. Verdeil, Mitglied des gro— ßen Raths des Cantons Waadt, ſich in die Reihen der Gegner der einſamen Einſperrung ſtellte. Hr. Lelut ſuchte dieſen neuen Opponenten zu widerlegen, und auch Hr. Bail⸗ larger erklärte ſich für das Zellen ſyſtem. Dennoch wurde das Publicum nicht von der Güte der Sache überzeugt und hegte fortwährend große Beſorgniſſe. 37. II. 15. 234 In der franzöſiſchen Deputirtenkammer erklärte man laut, das neue Pönitentiarſyſtem verkürze den Gefangenen das Leben und bedrohe ihren Verſtand. Bei ſolcher Ver— ſchiedenheit der Anſichten glaubte der Verf. die Sache einer neuen Prüfung unterziehen zu müſſen. Er ging dabei von der von Hrn. Lelut aufgeſtellten Bemerkung aus, daß die Prädispoſition zum Wahnſinne bei den zu Verbrechen ge— neigten Individuen bedeutender ſei, als bei andern Leuten. Doch will er dieſe Behauptung nur mit gewiſſen Einſchrän— kungen gelten laſſen. Er theilt die Statiſtik der Irren in Frankreich mit und weiſ't nach, daß auf 1000 Sträflinge männlichen Geſchlechts 4,07 Verrückte kommen, und daß in den Gefängniſſen alljährlich 2,67 auf 1000 verrückt werden. In den Centralirrenhäuſern Frankreichs iſt die Durch— ſchnittszahl der weiblichen Irren bedeutender, als die der männlichen. Übrigens weichen die ſtatiſtiſchen Verhaͤltniſſe der verſchiedenen Anſtalten in dieſer Beziehung ſehr von einander ab, und der Verf. geht in viele Einzelnheiten ein, um darzuthun, wie vorſichtig man bei der Beurtheilung ſolcher Zahlen verfahren müſſe. Von dieſem Geſichtspunkte ausgehend, unterſucht er, ob es unter den Tag und Nacht einzeln eingeſperrten Ge— fangenen wirklich mehr Wahnſinnige giebt, als unter denen, welche unter allen übrigen üblichen Umſtänden Freiheits— ſtrafen erleiden. Bei dieſen Forſchungen ſtützt er ſich haupt— ſächlich auf die weitläuftigen Tabellen, in denen die im Zuchthauſe von Cherry-Hill in Philadelphia wahnſinnig gewordenen Sträflinge aufgeführt ſind. Dort ſind nun durchſchnittlich unter 1000 Weißen 4 von Wahnſinn be— fallen worden; nach anderen Berechnungen ſtellen ſich 6 auf 1000 heraus. Der Verf. gelangt zu dem Schluſſe, daß in den letzten Jahren in dieſem Strafhauſe die Fälle von Wan— ſinn häufiger vorgekommen ſeien, als in den nach dem Auburnſchen Syſtem eingerichteten americaniſchen, ſowie in den Centralzuchthäuſern Frankreichs. Er ſchreibt dies jedoch theilweiſe dem Umſtande zu, daß der Staat Pennſyloanien kein eigenes für die unter der freien weißen Bevölkerung vorkommenden Irren beſtimmtes Irrenhaus beſitzt, daher wohl eine gewiſſe Anzahl dieſer Irren, auch ohne gerade ein Verbrechen begangen zu haben, in die Gefängniſſe gelangen. Allein man muß zugeben, daß manche bereits mit dem Keime des Wahnſinns behaftet ins Zuchthaus kamen, während bei den meiſten die Krankheit erſt in der Strafanſtalt entſtand, namentlich bei denen, die in der Onanie ausſchweiften, was beſonders die Neger im unglaublichen Grade thun. Doch ſteht feſt, daß in dem Strafhauſe von Cherry-Hill die Zahl der Irren verhältnißmäßig bedeutender war, als in den übrigen nordamericaniſchen Strafhäuſern und den Central— zuchthäuſern Frankreichs; allein, ſagt der Verf., der wahre Grund dieſer Erſcheinung iſt noch keineswegs ermittelt, und die Löſung dieſer Frage muß einer ausgedehnteren Erfah— rung anheim geſtellt werden. Auf der anderen Seite be— nimmt die Niedrigkeit der Zahlen in Betreff der in den Cantonen Genf und Waadt befindlichen Gefangenen den von dieſen abgeleiteten Folgerungen jeden entſcheidenden Werth. 235 Im Zuchthauſe von Lauſanne haben ſich unter den Gefangenen verhältnißmäßig ſieben Mal fo viel Fälle von Wahnſinn gezeigt, als unter der Geſammtbevölkerung des Cantons, während in den Centralzuchthäuſern Frankreichs die Durchſchnittszahl der Irren beider Geſchlechter 5 auf 1000 und die der Irren unter der geſammten freien Be— völkerung Frankreichs 2 auf 1000 beträgt. Das den vorſtehenden Betrachtungen gewidmete Capitel enthält einen ſolchen Überfluß an Einzelheiten, daß man ſich nur ſchwer darin zurecht finden kann. Die vielen Zah— len, auf die ſich der Verf. bezieht, können allerdings als zur Erörterung des Gegenſtandes unerläßlich gelten; allein er hat dieſelben nicht ſyſtematiſch genug geordnet. Er hat daher ſeinen Zweck auch weniger vollſtändig erreicht, als möglich geweſen wäre. Die von ihm vorausgeſchickten bei— den wichtigen Fragen haben keine definitive Erledigung ge— funden, ſo daß man in Betreff derſelben noch nicht recht weiß, woran man iſt. Und wenn auch eine vollftändige Gewißheit, in Ermangelung genügender Erfahrungen, nicht zu erlangen war, ſo hätte doch das Vorhandene zur Er— ledigung mancher anderer Fragen ausgereicht, z. B. ob das Syſtem der einſamen Einſperrung die moraliſche Beſſerung der Sträflinge weſentlich begünſtigt oder nicht. Übrigens erklärt ſich die Commiſſion im Ganzen mit den, in dem eben beurtheilten Capitel enthaltenen Anſichten des Verfaſſers einverſtanden; zugleich muß ſie aber bekennen, daß die ſo vielfach angeregte Frage über den Einfluß, den die Einzeleinſperrung auf den geiſtigen Zuſtand der Ge— fangenen äußert, ihr noch ſehr unvollſtändig gelöſ't erſcheint. Indeß deutet alles darauf hin, daß dieſe Art der Gefangen— ſchaft, wenn es dabei auf Einſchüchterung und zu abſolute Iſolirung abgeſehen iſt, auf Geiftesserwirrung hinwirkt, wo— gegen ebenfalls alles dafür ſpricht, daß, wenn man auf die Gefangenen durch paſſende Arbeit und Zerſtreuungen einen günſtigen moraliſchen Einfluß ausüben kann, die vollſtändig iſolirte Haft der phyſiſchen und moraliſchen Geſundheit nicht weſentlich gefährlich werde. Ein anderes Capitel handelt von den Krankheiten der Gefangenen und den zweckmäßigſten Maßregeln, durch welche denſelben vorgebeugt werden kann. Man findet in den Zellengefängniſſen ziemlich dieſelben Krankheiten vorherrſchend, wie in den gemeinſchaftlichen Ge— fängniſſen. Auch trifft man alle Krankheiten der freien Bevölkerung in den Strafanſtalten wieder, während dieſe nebenbei beſondere Krankheiten und Epidemien darbieten, welche ſich nicht über die Mauern der Strafanſtalten hinaus verbreiten. In einer gewaltigen Tabelle ſind die Krankhei— ten der in den Central-Zucht- und Beſſerungshäuſern, ſowie in den Bagnios Frankreichs befindlichen Sträflinge zuſam— mengeſtellt. Der Verf. leitet hieraus die Bemerkung ab, daß die Sträflinge einer ſehr großen Anzahl chroniſcher Krankheiten unterworfen ſeien. Bei den Männern kommt 1 acuter Krankheitsfall auf vier chroniſche; bei den Frauen iſt das Verhältniß S 1:3. Beſondere Sorgfalt wendet er auf Ermittelung des Grundes der wirklich ſehr bedeutenden Ver— hältnißzahl der Lungenſchwindſucht und der Seropheln. Unter 37. I. 15. 8 Sterbefällen werden 3 durch jene Krankheit veranlaßt. Bei den Frauen kommt ungefähr auf je drei Sterbefälle einer, der durch Lungenſchwindſucht herbeigeführt worden iſt. Der Athmungsapparat wird ſowohl von den acuten, als den chroniſchen Krankheiten am häufigſten angegriffen. Der Scorbut graſſirt in den Gefängniſſen, und an dieſer Krank⸗ heit ſtirbt 1 unter 59. Der Typhus fordert daſelbſt eben⸗ falls viele Opfer, und die Sterblichkeit iſt in den Bagnios geringer, als in den Centralzuchthäuſern. In den letzten ſind die acuten Krankheiten häufiger, die Phthiſis und die Scropheln ſeltener. Die Gefangenſchaft entnerst und ſchwächt. Die an landwirthſchaftliche Arbeiten gewöhnten Perſonen ſterben darin in größerer Zahl als die, welche ſitzende Be— ſchäftigungen betrieben haben; der Tod tritt ein, wenn die Gefangenſchaft ſo lange dauert, daß fie Zeit hat, die Ge— ſundheit völlig zu untergraben. Die Lungenſchwindſucht iſt mehr dem directen Einfluß der Einſperrung, als urſprünglich vorhandener Anlage zuzuſchreiben. Die Exiſtenz einer acu⸗ ten Phthiſis in den Gefängniſſen unterliegt keinem Zweifel. Hinſichtlich der in den Centralzuchthäuſern Frankreichs und der in den Zellengefängniſſen herrſchenden Krankheiten beſteht indeß kein Unterſchied. Einem Berichte des Dr. Bache zufolge, wurden unter 12 in dem Zuchthauſe von Philadelphia vorgekommenen Sterbefällen 8 durch Krank⸗ heiten der Athmungswerkzeuge herbeigeführt. Nachrichten, die ſich auf andere Zellengefängniſſe beziehen, beſtätigen dies Reſultat. In dem Strafhauſe von la Roquette zeigen die chroniſchen Krankheiten zu den acuten, die Phthiſis und Scropheln zu den übrigen Krankheiten, zumal ſeit Einfüh— rung des Zellenſyſtems, ein ſehr ſtarkes Verhältniß. Es iſt zu beklagen, daß es an praktiſchen Anhalte— punkten, an Erfahrungen und officiellen Documenten fehlt, welche zur genauen Würdigung der in den Zellengefängniſſen herrſchenden Krankheiten dienen könnten. Die auf die Geſund— heit Einfluß habenden Umſtände ſind, der Verf. mag ſagen, was er will, nicht die nämlichen, wie die in den Centralzucht— häuſern, wo aus der Zuſammenpferchung vieler Perſonen offen— bar viele Krankheiten entſpringen müſſen. Obwohl in den Zellengefängniſſen ſo gut ſchwächende Potenzen einwirken werden, wie in den gemeinſchaftlichen Gefängniſſen, ſo läßt ſich doch annehmen, daß ihr Einfluß in den erſten nicht gleich hef— tig ſei. Hätte der Verf. ſeine Anſichten auf die im Zucht⸗ hauſe von Cherry-Hill ſeit 17 Jahren und zu Pentondille ſeit 4 Jahren gemachten Erfahrungen gegründet, ſo würden die in dieſer Beziehung angeſtellten Betrachtungen nichts zu wünſchen gelaſſen haben. Der Überfüllung der Gefängnifie iſt insbeſondere das häufige Auftreten des Typhus in den gemeinſchaftlichen Anſtalten zuzuſchreiben. Die Krankheiten der Reſpirationsorgane und des Ner⸗ venſyſtems, die ſich offenbar durch Anſteckung mittheilen, ſelbſt die Lungenſchwindſucht, ſcheinen in ihrer Thätigkeit durch eine und dieſelbe Urſache unterſtützt zu werden. Dem Verf. iſt ein wichtiger Umſtand entgangen, wenn er ſchlecht⸗ hin anführt, die Sträflinge in den Bagnios erkrankten we⸗ niger häufig, als die in den Centralzuchthäuſern. Die Bevölkerung der Bagnios wechſelt nämlich weniger oft, wäh⸗ 237 rend zu den Sträflingen in den Zuchthäuſern beſtändig neue Leute ſtoßen, daher unter ihnen verhältnißmäßig mehr ſolche find, welche durch die Gefängnißdisciplin zu Krankhei— ten geneigt werden. Daher rührt es auch ſicher, daß bei uns die Sterblichkeit zu Saint-Bernard immer verhältniß⸗ mäßig bedeutender iſt, als zu Vilvorde. Der Verf. iſt auf dem rechten Wege geweſen, dieſen Umſtand zu würdigen, da er ſagt, daß, je mehr ſich der Sträfling in dem Gefängniſſe acelimatifirt hat, er Krankheiten und dem Tode deſto weni— ger ausgeſetzt ſei. Was er über die epidemiſchen Krank: heiten ſagt, welche ihm und Andern zufolge, ſelten in die Mauern der Gefängniſſe eindringen ſollen, ſteht übrigens mit der Erfahrung im Widerſpruche. So iſt die Cholera in das Gefängniß von Gent und namentlich in das von Saint⸗Bernard eingedrungen; ja ſie iſt in dem Gefängniſſe ſogar früher ausgebrochen, als in der Stadt Gent ſelbſt. Wenn ferner der Scorbut in den franzöſiſchen Gefängniſſen endemiſch iſt, ſo kommt er dagegen in den belgiſchen kaum vor. Der Verf. theilt zur Unterſtützung ſeiner Folgerungen eine Tabelle über die Krankheiten mit, an denen die jugend— lichen Verbrecher in La Roquette zu Paris leiden, und den— noch haben wir kaum von ihm erfahren, daß die Einrich— tungen in dieſem Gefängniſſe höchſt fehlerhaft, widerſinnig und geſundheitsſchädlich ſeien, ſowie er auch erklärt hat, daß die dort übliche Einzelhaft durchaus nicht für junge Sträf— linge paſſe. Die ſich auf dieſe Anſtalt beziehende Tabelle hat alſo einen ſehr bedingten Werth und eignet ſich keines— wegs zur Begründung vergleichender Folgerungen. Übrigens findet man in dieſem Capitel im Allgemeinen viel Belehrendes. Der Verf. wendet ſich alsdann zur Betrachtung der vornehmlichſten Krankheitsurſachen, welche ins- beſondere auf die Gefangenen einwirken, und geht dieſelben nach 1) dem Geſchlecht; 2) dem Alter; 3) der Profeſſton; 4) der Art des Verbrechens; 5) dem Klima; 6) den moraliſchen Potenzen und der Strafart durch. Auch den Potenzen, welche in den äußeren Verhältniſſen liegen, widmet er ſeine Aufmerkſamkeit. Die mittlere Lebensdauer in den Centralzuchthäuſern Frankreichs beträgt bei den Männern 18 Jahre, bei den Frauen etwas über 25. Der Einfluß der Gefangenſchaft macht ſich bei den letzten weniger ſchnell und in einer weniger ſchädlichen Weiſe geltend, als bei den Männern. Die chroniſchen Krankheiten ſind bei den erſten ſeltener, und dasſelbe gilt von der Lungenſchwindſucht, den Seropheln und dem Scorbut. Dagegen werden mehr Frauen wahn— ſinnig, als Männer, und zwar in Verhältniß —= 11 : 3½. Das den Gefangenen auferlegte Stillſchweigen ſcheint bei den Frauen zumal auf Erzeugung des Wahnſinnes binzus wirken; denn dieſer entſteht in demſelben Verhältniſſe häufig, wie die Regel des Schweigens ſtreng gehandhabt wird. Die Wirkungen dieſer Urſache müſſen bei der Einzelhaft weniger auffallend fein, weil in dieſem Falle das Schweigen eine natürliche Folge der Lage des Gefangenen und nicht des Zwanges iſt. 37. II. 15. 238 Im Kindes- und Jünglingsalter ſterben in den Cen— tralzuchthäuſern die meiſten Gefangenen. Vom 2lften bis 25 ſten Jahre iſt die Sterblichkeit geringer; dann wird ſie bis zum Alter von 36 und 50 Jahren ſtufenweiſe bedeu— tender. Im Greiſenalter dagegen leidet der Menſch durch die Gefangenſchaft am wenigſten. Unter den an thätige körperliche Beſchäftigungen Ge— wöhnten, namentlich den Feldarbeitern, iſt die Sterblichkeit bedeutender, als bei denen, die an eine ſitzende Lebensart gewöhnt find, die dagegen am meiſten von chroniſchen Krank— heiten zu leiden haben. Am ftärkiten iſt die Sterblichkeit unter den Dieben und denjenigen, welche wegen Nothzucht verurtheilt worden find. Die Rückfälligen ſterben in geringerer Zahl als die, welche wegen des erſten Verbrechens ins Gefängniß kommen. Die aus den ſüdlichen Departements kommenden Ge— fangenen erkranken häufiger, als die aus den nördlichen ſtammenden. Dies iſt zumal bei den Frauen auffallend. Die chroniſchen Krankheiten ſind bei den Südländern häufiger, als bei den Nordländern, und überhaupt ſcheint das Gefängnißleben auf jene nachtheiliger zu wirken, als auf dieſe. Das Onaniren veranlaßt häufig Wahnſinn, was man insbeſondere in den Zellengefängniſſen Philadelphia's wahr— genommen hat. Wenn Beſtrafungen bei den geſelliglebenden Gefangenen auf deren Geſundheit ſehr nachtheilig gewirkt haben, ſo hat man dagegen bei dem Zellenſyſteme hiervon nichts zu fürch— ten. Die Strafe des dunkeln Kerkers ſcheint bei den Frauen die Sterblichkeit vermehrt zu haben. Der Mangel an Bewegung in freier Luft und im Sonnenſcheine ſcheint diejenige Potenz zu ſein, welche auf Erzeugung des aſtheniſchen Charakters der meiſten an den Gefangenen vorkommenden Krankheiten vorzüglich hinwirkt. Harte Arbeit im Freien, ſelbſt bei rauhem Wetter, iſt keines— wegs eine Verſchärfung der Strafe, ſondern vielmehr eine außerordentliche Wohlthat für den Gefangenen. Die günſtigſte (ungünſtigſte?) Jahreszeit für den Ge- fangenen iſt der Monat October; die naſſen und kalten Jahreszeiten wirken auf ihn vortheilhaft. Der Verf. meint, das Zellenſyſtem wirke bei jugend— lichen Verbrechern auf die Geſundheit entſchieden nachtheilig. Er pflichtet hierin der Anſicht des Hrn. Moreau-Chri— ſtophe bei, welcher mit Recht behauptet, daß die land— wirthſchaftlichen und induſtriellen Colonien für ſolche Sträf— linge weit paſſender find, als die Einzelhaft. Dieſe Anſicht iſt auch im 21ſten Artikel des neuen Geſetzentwurfes der franzöſiſchen Regierung feſtgehalten. Dies ganze Capitel iſt klar, logiſch und gut abgefaßt. Es enthält intereſſante Vergleichungen und praktiſche Winke. Doch hätte der Verf. den Urſachen der Lungenſchwindſucht in Beziehung auf die Einzelhaft mehr Aufmerkſamkeit chen: ken ſollen. (Schluß folgt.) 239 Mifcellen. (34) Über mehrere Methoden des Ginbalfamirens hat Hr. Boifeuille am 15. März im Namen einer Sommiffton an die Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften einen Bericht erſtattet, deſſen Hauptreſultate auf Folgendes hinauslaufen: 1) die von Hrn. Dupré in Vorſchlag gebrachten Miſchungen von ſchwefligſaurem und kohlenſaurem Gaſe ſcheinen die Fäulniß nur ſehr kurze Zeit aufhalten zu können; 2) die von Hrn. Gannal angewandten Alaunſalze fchüsen die Leichen ebenfalls nicht auf die Dauer vor Faͤulniß, obwohl fie, mit einem Zuſatze von Arſenik ein ſolches Reſultat bewirken zu können ſcheinen; 3) die von Hrn. Sucquet zum Einbalſamiren benutzte Flüſſigkeit enthält ebenfalls kein Arſenik, und dennoch haben ſich die jo behandelten Leichen, wenigſtens zwei Jahre lang, in einem Zuſtande erhalten, welcher nichts zu wünſchen übrig läßt. Das ſalzſaure Zink ſcheint die thieriſchen Gewebe eben ſo wirkſam vor Zerſetzung zu ſchützen, wie das ſalzſaure Queck— ſilberperoryd. Hr. Sucquet ſpritzt feine Präparate mit Natron⸗ ſulphit aus, welches jedoch, wie Hr. Orfila der Akademie bemerkte, vollkommen neutral ſein muß. Iſt es alkaliniſch, ſo thut es der Fäulniß nicht hinreichend Einhalt, iſt es ſauer, ſo greift es die angewandten Inſtrumente an, was beim ſalzſauren Zinke der Fall iſt, weßhalb man den Gebrauch desſelben aufgegeben hat. Hr. Orfila meint, das Sucquet'ſche Verfahren habe eine ganz neue Aera in den anatomiſchen Arbeiten herbeigeführt. Die Prä⸗ parate ſind ſo biegſam, wie im friſchen Zuſtande. Doch fürchtete Hr. Velpeau, daß fie mit der Zeit austrocknen und ihre Formen einbüßen würden. Der Berichterſtatter der Commiſſion erwähnte beiläufig noch der Einbalſamirungsmethode des Hrn. Gorini, Profeſſors der Phyſik zu Lodi, der jedoch ſein Verfahren geheim hält. Seine Präparate ſind vollkommen feſt und nehmen ſich wie 37. II. 15. 240 die fhönften Wachsabgüſſe aus. Allein fie find ungemein ſchwer und gewaltig koſtſpielig, indem Hr. Gorini eine ganze Leiche nicht wohlfeiler als für ſieben- bis achthundert Franken einbalfamirt. (Gazette médicale de Paris, 20. Mars 1847.) 35) Eine neues Schloß für die Geburtszange hat Hr. Bourdeaur in der Gazette médicale de Paris, 20. Mars 1847 in Vorſchlag gebracht. Bei der gewöhnlichen Art der Zuſammenfügung der beiden Blätter hält es oft ſchwer, den Zapfen in deſſen Loch einzuſetzen. Der Zeugihmivt Bour⸗ deaur zu Montpellier hat ſich daher um Herſtellung einer be⸗ quemeren Zuſammenfügungsweiſe bemüht, und es iſt ihm endlich gelungen eine ſolche zu erfinden, bei welcher während der Zuſam⸗ menpaſſung der beiden Blätter der Zapfen nicht über den Vater⸗ ſchenkel hervortritt, indem derſelbe mittels eines unter dieſem Schenkel angebrachten federnden Hebels mit winkeliger Achſe herabgezogen wird, ſo daß der Mutterſchenkel einer ganz ebenen Gelenkfläche begegnet, ſo lange der Accoucheur auf den Hebel drückt. So⸗ bald die beiden Löffel an den Kopf des Fötus angelegt und die beiden Schenkel gehörig an einander gepaßt find, hört der Operateur auf, mit dem Finger auf den Hebel zu drücken, und alsbald ſetzt der Zapfen des Vaterſchenkels in eines der drei am Mutter⸗ ſchenkel befindlichen Zapfenlöcher ein. Sit dies geſchehen, fo wird der (wahrſcheinlich mit einem vorſpringenden Kopfe verſehene) Za⸗ pfen durch eine Bewegung zur Seite in einen ebenfalls im Mutter⸗ ſchenkel angebrachten Schleiffalz eingefhoben und auf dieſe Weiſe dauerhaft feſtgehalten. Dieſe Art von Schloß läßt ſich an allen Arten von Geburtszangen anbringen, von welcher Form dieſelben auch ſonſt ſein mögen, und jeder Verfertiger chirurgiſcher Inſtrumente wird auch ohne Abbildung die Einrichtung des Bourdeaur ſchen Gelenkes aus obiger Beſchreibung hinreichend erkennen, um danach zu arbeiten. Bibliographiſche Neuigkeiten. Mantel, G. A. — Geological Excursions round the Isle of Wight, and along the adjacent Coast of Dorsetshire; illustrative of the most Interesting Geological Phenomena and Organic Remains. By Gideon Algernon Mantelt, Esq. LL. D. F. R. S. Author of „Medals of Creation“ ete. Post 8°. (pp. 430, with map and illustrations, cloth, 12 sh.) London 1847. Badham, C. D. — A Treatise on the Esculent Funguses of England; containing an Account of their Classical History, Uses, Characters, Development, Structure, Nutritious Properlies, Modes of Cooking and Preserving. By Charles David Badham, M. D. Royal 8° (pp. 148, cloth, 21 sh.) London 1847. Iconographie Ornithologique. Nouveau recueil des planches pein- tes d’oiseaux, publié par O. des Murs. Septieme livraison. In folio de 6 feuilles ½. — Idem. Septieme livraison. In 4° de 5 feuilles /. Paris 1847. Legons de Geologie Pratique, professees au college de France, pendant l’annee scolaire 1843—1844; par L. Elie de Beaumont. Tome I. In 8° de 35 feuilles ½. Strasbourg et Paris 1847. Monckton, 6. — A Treatise on Deep Draining: to which is added, a Few Words on the Food of Plants, on the Potato Disease, Indian Cholera ete. By G. Monckton , Esq. 8° (pp. 20. sewed, 6d.). London 1847. Notice sur les eaux minero-thermales de Sail-les-Chäteaumorand (pres La Palisse), departement de la Loire; par M. le docteur Merle-Desiste. In 8° de 2 feuilles ½. Paris 1847. Duflos, A., chemifches Apothekerbuch. Ergänzungsband. A. u. d. T.: Grundriß der pharmaceut. Chemie. Lex. 8%. Geh. Hirt's Verlag in Breslau 1847. Weber, J. C., die Alpenpflanzen Deutſchlands und der Schweiz. 13. und 14. Heft. 16%. Geh. Prachtausgabe in kl. 4°. Ch. Kaiſer in München 1847. Fiedler, B. Musci frondosi exsiccati fasc. III. 4“. Kürſchſche Buchh. in Schwerin 1847. Child, 6. C. — On Indigestion and certain Bilious Disorders often conjoined with it; to which are added, Short Notes on Diet. By George Chaplin Child, M. D. 8° (pp. 232 cloth, 5 sh. 6d.). London 1847. Saunders, J. — The Dental Manual: a Guide to the Management of the Teeth, their Growth and Regularity. By J. Saunders, Dentist. 3d edition, 12° (pp. 48, sewed, 1 sh.). London 1847. Lee, T. S. — On Tumors of the Uterus and its Appendages: Jacksonian Prize Dissertation. By Thomas Safford Lee. 8” (pp. 290, cloth, 8 sh.). London 1847. Bellingham, O0. — Observations on Aneurysm, and its Treatment by Compression. By O’Brien Bellingham, M. D. Edinb. 12° (pp. 190, sewed, 4 sh.). 1847. Hirſch, B., vergleichende Überſicht der früheren und der jetzigen 6. Ausg. der Preuß. Pharmacopde. gr. 8%. Geh. Decker⸗ ſche geh. Ober-Hofbuchdr. in Berlin 1847. Ling's, P. H. Schriften über Leibesübungen. Aus dem Schwed. überſ. v. H. F. Maßmann. gr. 8». Geh. Magdeburg 1847. Dieffenbach, J. F., die operative Chirurgie. 7. Hft. gr. 89. F. A. Brockhaus in Leipzig 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitichrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh.Mev.Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 38. (Nr. 16. des II. Bandes.) Mai 1847. Druck und Verlag des Landes-Induſtrle-Comptolrs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXVIII. Beobachtungen über die Natur, die Lebens— dauer und das Größenmaß der Bäume. Von Alexander Harvey, NM. D. Der Verf. theilt in dem Edinburgh new philosophical Journal, October 1846, Beobachtungen mit, durch welche er die Frage: wie lange ein Baum naturgemäß leben, und welche Größe er erreichen kann, zu beantworten verſucht. Nach der gewöhnlichen Annahme iſt jeder Baum ein Individuum und wie das Thier dem Geſetze einer beſchränk— ten Lebensdauer und einer beſtimmten Größe unterworfen. So richtig dieſer Grundſatz im Allgemeinen iſt, ſo finden ſich für die Bäume doch mancherlei Thatſachen, die nicht mit demſelben zu vereinigen ſind, zumal da von keinem ein— zigen Baume weder über ſeine Lebensdauer noch ſeine Größe irgend etwas mit Sicherheit bekannt iſt, wenngleich ſolche Beobachtungen an Bäumen weit leichter, als an Thieren anzuſtellen wären. Jeder einzelne Baum iſt indeß kein Individuum, ſon— dern ein Compler getrennter einzelner Pflanzen derſelben Art, das Erzeugniß einer Reihenfolge von Jahren; jede die— ſer Pflanzen lebt nur 1 Jahr, erreicht in einem Jahre ihre vollſtändige Größe und legt in den Knoſpen die Anlage zu ähnlichen Pflanzen der folgenden Periode nieder; im Früh— ling entwickeln ſich dieſe zu neuen Pflanzen, wachſen para- ſitiſch auf den ſtehenbleibenden todten Überbleibſeln der vorjährigen Pflanzen, reifen im Sommer und erreichen die Höhe einiger Zolle, ſelten 1 bis 2 Fuß, gehen dann in den Zuſtand des Alters, d. h. einer verminderten Lebens— thätigkeit über, um im Herbſte abzuſterben. Die abgeſtor— benen Stämme und Wurzeln dienen dann wiederum den Pflanzen des nächſten Jahres zum Boden und zur Nah— rungsquelle. No. 2018. — 918. — 38. Demnach ift jeder Baum eine Zuſammenhäufung jäh— riger verhältnißmäßig kleiner Pflanzen, gleichſam ein Stamm— baum, und iſt ihm ſomit kein Ziel ſeiner Lebensdauer und Größe geſetzt. Die hier auf die Natur der Bäume angewendeten Grundſätze wurden ſchon früher von Hrn. Dr. Petit-Thouars für die Natur der Knoſpe entwickelt; doch ſcheint er ſie nicht weiter als auf die Erklärung der Holzſchicht der Dicotyle— donen angewandt zu haben. J. Wenn man jeden Baum als einzelne Pflanze be— trachtet, ſo leben, mit den Thieren verglichen, zum wenigſten die Mehrzahl der Bäume ſehr lange und erreichen eine rie— ſenhafte Größe. Nach M. Richard ſoll der Olivenbaum über 300, die Eiche über 600, der Baobab über 6000 Jahr alt wer— den, die Cedern des Libanons ſogar unvergänglich ſcheinen. Das größte Höhenmaß der Waldbäume iſt nach ihm für Frank⸗ reich 120 bis 130 Fuß, für America 150 Fuß; die Stämme einiger Baobab's haben nach ihm 90 Fuß Umfang, ein Drachenbaum auf den Canariſchen Inſeln einen Umfang von 45 Fuß, eine Syeomore auf Süd-Carolina 62 Fuß und gewiſſe näher bezeichnete Stämme in Frankreich gewöhnlich einen Umfang von 25 bis 30 Fuß. In Britannien wachſen noch Bäume, die vor mehr als 800 Jahren gepflanzt wurden, ja wir kennen dort noch viel ältere Stämme; bei Fountain's Abbey in Porkſhire ſteht ein Baum, der über 1200 Jahre alt ſein ſoll, 2 auf dem Kirchhoſe zu Crowhurſt in Surrey ſollen 1450 Jahre, andere zu Fortingall in Perthſhire 2500 bis 2600 Jahre, einer auf dem Brabourn-Kirchhofe in Kent 3000 Jahre alt fein. Ein anderer zu Hedſor in Bucks, welcher noch in voller Kraft daſteht und über 27 Fuß im Durchmeſſer mißt, ſcheint über 3200 Jahre alt zu ſein. Der merkwürdigſte Baum 16 243 in Bezug auf Alter und Größe ift indeß die indianiſche Feige (Ficus indica). Jeder Aſt des urſprünglichen Stam— mes treibt ſeine eigenen Wurzeln, die ſich in den Boden ſenken: ſo wird jeder Aſt zum Stamme und entſendet wie— derum Zweige, die gleichfalls Wurzel ſchlagen und fort— fahren ſich ins Unendliche auszudehnen. Ein ſolcher, auf einer Inſel im Fluſſe Nerbudda wachſender Baum wird für denſelben gehalten, unter deſſen Schatten ſich zu Alexanders des Großen Zeiten 10,000 Mann lagern konnten. Zwar iſt er jetzt nicht mehr ſo groß, da die Gewalt der Fluthen Theile von ihm hinweggeriſſen; was von ihm geblieben, könnte aber dennoch reichlich 7000 Perſonen unter ſeinen Schatten aufnehmen. Er hat, nur um die Hauptſtämme gemeſſen, einen Umkreis von 2000 Fuß, die herabhängen— den Aſte bedecken einen viel größeren Raum; die Haupt— ſtämme übertreffen unſere Eichen und Ulmen an Dicke, ihrer ſind mehr als 350, während der kleineren Stämme über 3000 vorhanden ſind; jeder von ihnen wird dicker und ent— ſendet neue Aſte und Wurzeln. Dieſe Beobachtungen können uns indeß über von der Natur beſtimmte Dauer und Größe der Bäume keinen Aufſchluß geben, ſondern zeigen uns nur die wei— teſten Grenzen ihres Lebens und ihrer räumlichen Aus— dehnung. II. Wenn aber die auf die Natur der Bäume oben angewandten Grundſätze richtig ſind, ſo wird ſich ein ſchar— fer Begriff ſowohl für die Lebensdauer als Größe dieſer Gegenſtände entwickeln laſſen. Ein Baum iſt darnach keine einzelne Pflanze, ſondern eine Anhäufung und Verbindung vieler einzelnen Pflanzen derſelben Art und beſteht in der Mitte des Sommers zum Theil aus lebenden Pflanzen, hauptſächlich aber aus den zurückgebliebenen todten Überreſten der Pflanzen früherer Jahre. Die einzelnen Pflanzen leben nur 1 Jahr, ſie ſter— ben alsdann ab und nur die Knoſpen überwintern. Auch ſteht die Art dieſer Vereinigung todter und lebender Pflan— zen mit den ſich in jedem Jahre von neuem entwickelnden Pflanzen in inniger Beziehung, ſie entſpringen entweder im Umkreiſe, bei den Dicotyledonen, oder aus der Mitte, bei den Monocotyledonen. — Demnach ſind alle Pflanzen ohne Ausnahme jährig und erreichen in einem Jahre ihre beſtimmte Größe, d. h. alle Pflanzen ſproſſen jedes Jahr von neuem, entweder aus Samen oder Knoſpen, und ent— wickeln wiederum im Laufe eines Jahres Samen oder Knoſpen, oder beides für die Erzeugung ähnlicher Pflanzen des fol— genden Jahres. Der Unterſchied zwiſchen ſogenannten jährigen und perennirenden Pflanzen beruht allein auf der Jortpflanzung: jene entwickeln ſich einzig und allein aus Samen, wäh— rend dieſe ſich auch aus Knoſpen erzeugen; Knoſpen und Samen ſind demnach gleicher Natur, doch ſind die Samen frei und von einander getrennt, Knoſpen aber mit der Mutter— pflanze zuſammenhängend. Die Antwort wird ſich demnach nach der Art der Frage richten: es giebt keine Gränze der Lebensdauer und des Wachsthumes, wenn man den Baum als Individuum die 38. II. 16. 244 betrachtet; vom anderen Geſichtspunkte aber iſt jeder Trieb eines Baumes eine Pflanze und jährig. Es bleibt noch zu beweiſen übrig: 1) daß die jährlich aus den Knoſpen entſpringenden Triebe vollſtändige unabhängige Pflanzen ſind, und daß eine Reihenfolge ſolcher Pflanzen ſich von Jahr zu Jahr eine unbegränzte Zeit hindurch fortſetzt; 2) daß am Ende jedes Jahres die jährigen Pflanzen oder Triebe, mit Ausnahme der neu entſtandenen Knoſpen, zu fein aufhören und niemals wieder der Sitz irgend einer vitalen Verrichtung werden. J. Aus den vorhandenen Knoſpen entwickeln ſich die jährlichen Triebe zu einzelnen vollkommenen und unabhän- gigen Pflanzen, und eine Nachfolge ſolcher Pflanzen er⸗ hält ſich don Jahr zu Jahr einzig und allein aus vielen Knoſpen. Die Kartoffelpflanze, wenngleich kein Baum, beſitzt dennoch alle Elemente desſelben: ſie iſt ausdauernd, ihre Knolle iſt im weſentlichen einerlei mit dem jährigen Triebe eines Baumes; ſie iſt ein unterirdiſcher Stamm, beſtehend aus einer Rindenſchicht, einer Lage Holzzellen, die ein großes Mark umſchließen und iſt mit Knoſpen beſetzt. Dieſer unter: irdiſche Stamm entſendet im Frühling aus jeder ſeiner Knoſpen einen Trieb, der einen Stamm, Blätter und Blü- then entwickelt, Knoſpen und Samen bildet, und ſich ganz wie der Trieb aus der Knoſpe eines Baumes verhält. — Zweifelt nun irgend jemand daran, daß der jährliche Kar- toffeltrieb eine vollſtändige, unabhängige Pflanze ſei? oder daß ſich aus den Knoſpen allein ohne Zuthun der Samen eine Reihe ſolcher Pflanzen von Jahr zu Jahr entwickelt? Der einzige Unterſchied zwiſchen einem Baume und einer Kartoffelpflanze beruht indeß auf der La age ihrer Stämme, den 5 welchen dieſe, ſowie die Wurzeln nach dem Verluſte der Lebensthatigkeit unterliegen en) in der Verbindung mit ihrer Nachkommenſchaft. Der Stamm der einen iſt über, der der anderen unter der Erde, der abgeſtor⸗ bene Stamm der einen erhält ſich unverändert und dauert Jahre lang fort, der der anderen vergeht ſchon im folgenden Jahre, die Nachkommenſchaft der einen wächſ't geſellig als Schmarotzer auf den Überreſten ihrer Eltern, die der andern liegt vereinzelt und getrennt in der Erde und ſteht mit kei— nem Theile ihrer Eltern in Verbindung. Auch der Proceß des Pfropfens, Vermehrung durch Stecklinge beweiſen, daß jede Knoſpe eine eigene Pflanze entwickelt. Die Knoſpe eines Baumes, vorſichtig auf einen anderen Baum derſelben Familie, aber einer anderen Species übertragen, entwickelt einen Trieb, aus dem ſpäterhin ein Baum wird, der vollkommen dem— jenigen Baume gleicht, don dem die Knoſpe genommen ward, und wenngleich auf einem anderen Stamme wachſend, deſſen Blätter, Blüthen und Früchte trägt, ganz ſo, als wäre er aus deſſen Samen erzogen. Auf dieſe Weiſe kann nicht nur eine Varietät unſerer Obſtbäume ins Unendliche ver— mehrt, ſondern auch für ewige Zeiten, wenn der Mutter ſtamm durch äußere Einfluſſe vergehen ſollte, erhalten werden. Oculirens und die 245 Die indianiſche Feige breitet ſich ſelbſt aus, ſenkt ſelbſt ihre Zweige in die Erde, die zu Stämmen werden und, wenn man ſie nach oben vom Mutterſtamme trennte, für ſich be— ſtehende Pflanzen bilden würden. Sollte indeß gefragt werden, wo denn die Wurzeln der jährlichen Triebe wären? und wo ſich in der jährigen und vollſtändigen Pflanze oder auch in einer ſolchen aus— dauernden Pflanze wie die Kartoffel, etwas Analoges mit der Holzſchicht der Bäume findet? ſo würde dieſe Frage leicht zu beantworten ſein. Wenngleich den Trieben mehrere Wur— zeln fehlen, ſo iſt durch die Holzſchicht dennoch für die Verrichtung derſelben geſorgt. Dieſelbe dient nämlich nicht nur zur Bildung des Holzes, ſondern verſieht auch den Dienſt der Wurzeln, indem ſie die Canäle liefert, durch welche die Nahrungsſtoffe des Bodens aufwärts zu den wach— ſenden Zweigen, Blättern und Blüthen getrieben werden. II. Am Schluſſe jedes Jahres hören die jährigen Triebe der Pflanze, mit Ausnahme der neuentitandenen Knoſpen, auf zu ſein und werden niemals wieder der Sitz irgend einer vitalen Verrichtung, d. h. ſie ſterben ab. Dies erſcheint für Blätter und Blüthen deutlich genug, iſt aber eben ſo wahr in Bezug auf den zurückbleibenden Theil der Pflanzen, den holzigen Stamm und die Wurzeln; wie aus folgendem erhellen wird. 1) Nachdem die Blätter abgefallen, findet kein Wachs— thum und keine Zunahme der organiſchen Stoffe, aus denen ſie beſtehen, Statt, obgleich ſie ſich in die Länge und die Dicke auszudehnen ſcheinen. Dieſes Wachſen iſt indeß keine wirkliche Ausdehnung der in Frage ſtehenden Theile, es iſt eine neue und unabhängige Bildung an ihren Extremitäten und entweder in ihrem Umkreiſe oder in ihrem Inneren; und muß als ganz etwas Verſchiedenes betrachtet werden, da in der That die Wurzeln und Stämme der neuen Pflan— zen ſich auf ihnen befeſtigen und wachſen. 2) Findet niemals eine Veränderung ihrer Subſtanz durch Abſorption in den Zwiſchenräumen und Wiedererſetzung derſelben durch ein neues Pflanzengewebe Statt. Ein ſol— cher Stoffwechſel, wie in den thieriſchen Geweben vorhanden, und der das Leben der Thiere bedingt, findet bei Pflanzen nicht Statt, ihre Gewebe, ein Mal gebildet, unterliegen keinem ferneren Wechſel; bedingt aber ein Stoffwechſel das Leben, ſo iſt der Pflanzentheil, welcher zu wachſen aufgehört, d. bh. deſſen Bildung vollendet iſt, wirklich todt. 3) Wiſſen wir, daß nach einiger Zeit das harte Holz vergeht und dahinſchwindet, die Bäume werden hohl, den— noch geht die Vegetation in den Ertremitäten und im Um— fange des Baumes fort. Dies iſt nach der hier von der Natur und dem Leben der Bäume aufgeſtellten Anſicht ſehr leicht zu verſtehen, aber mit der Vorausſetzung, daß der ganze Baum ein einzelnes Individuum und mit Lebensthä— tigkeit in allen ſeinen Theilen begabt iſt, nicht in Einklang zu bringen; denn ſolche Veränderungen des Holzes müßten ſich den übrigen Geweben mittheilen, und über kurz oder lang doch unfehlbar den ganzen Baum zerſtören: dem iſt aber nicht alfo, vielmehr iſt der vollftändige Untergang eines Baumes nur localen Einflüſſen beizumeſſen. 38. II. 16. 246 Man könnte indeß die Saftbewegung, die in den alten Stämmen und Wurzeln, obſchon ihr ernährender Stoff— wechſel aufgehört hat, noch jahrelang Statt findet, für einen Beweis nehmen, daß ihre Lebensdauer nicht auf ein Jahr beſchränkt ſei, doch folgt daraus noch nicht, daß die in Rede ſtehenden Theile belebt ſind. Um eine ſolche Fol— gerung zu beweiſen, müßte man zeigen, daß ſie auch wirk— lich etwas zur Saftbewegung beitragen. Man darf ſich hier nur an das bekannte Experiment mit der Kreſſe und dem Senfſamen erinnern, den man auf ein mit Flanell bedecktes Gefäß ſtreute und das Gefäß in eine Schüuͤſſel mit Waffer ſtellte: man fand alsbald die Samen keimend und das Gefäß mit jungen Pflanzen bedeckt; der Flanell hatte durch ſeine Poroſität das Waſſer aus der Schüſſel zu dem Samen hinaufgeſogen. Niemand wird darum den Flanell für le— bendig halten. Eben ſo wenig ſind wir nun berechtigt, die alten Stämme und Wurzeln eines Baumes für lebendig zu erklären, weil ſich der Saft durch ſie zu den wachſenden Theilen hinaufbewegt: ſie ſind nur das Mittel oder der Canal, durch den er geht. Indeß iſt die Saftbewegung unzweifelhaft eine vitale Ver— richtung und gehört zur Lebensthätigkeit; dieſelbe hat jedoch ihren Sitz in den Knoſpen und in den lebenden Gebilden, die aus ihnen hervorgehen. Sie ſteht in genauer Verbin— dung mit dem Lebensproceſſe, der im Frühlinge und Som— mer Statt findet und iſt von ihm abhängig. Die erſte Bewegung des Saftes beginnt im Frühling in der unmittel— baren Nähe der Knoſpen und wird unter dem Einfluſſe der Wärme und des Lichts durch den Vegetatlonsproceß erregt. Die vermehrte Lebensthätigkeit erfordert indeß neuen und größeren Erſatz der Säfte, und es beginnt eine Thätigkeit, die niederwärts in der Richtung auf den Boden wirkt und den Saft zum Steigen bringt. Wichtig iſt es hier zu be— merken, daß die Saftbewegung vom Boden aufwärts durch den Stamm zu den Theilen, wo vitale Verrichtungen vor ſich gehen, während ihrer ganzen Dauer durch die Thätigkeit dieſer Kräfte geregelt wird, wovon wir ſichere Beweiſe haben. Wenn ein Zweig eines Baumes, der in der freien Luft ſteht, zu einer Zeit, wo kein Wachsthum und keine Saftbewegung in dem Baume Statt findet, in ein Treibhaus geleitet wird, werden die Knoſpen dieſes Zweiges alsbald ſchwellen, der Saft wird in ihnen circuliren, während kein anderer Zweig dieſes Baumes ſolchen Fortſchritt zeigt. Es iſt ganz unbegreiflich, wie die Wurzeln und Stämme ſo ausnahmsweiſe eine Thätigkeit verrichten, oder wie ſie irgend bei einer ſolchen theilweiſen Veränderung betheiligt ſein ſollten. Wenn ferner einem Zweige vor dem Beginne der jährlichen Vegetation die Knoſpen genommen werden, wird den ganzen Frühling und Sommer hindurch kein Saft durch dieſen Zweig circuliren, obgleich die anderen nicht fo verſtümmelten Zweige davon erfüllt ſind. Noch mehr, wenn man in einer ſpateren Jahreszeit das Laub eines Zweiges abſtreift, wird die Saftbewegung durch denſelben bald, wenn nicht unmittelbar, aufhören. Es giebt indeß nicht nur eine aufwärts, ſondern auch eine abwärts ſteigende Saftbewegung, beide müſſen wir einer 16 * 247 gleichen vitalen Thätigkeit zuſchreiben. Der aufwärtsſteigende Saftſtrom ſcheint von den Proceſſen, die in den Knoſpen und Blättern vor ſich gehen, herzurühren, der abwärtsſtei— gende dagegen mit der Bildung der Holzſchicht im ganzen Umkreiſe des Baumes zuſammenzuhängen und von dem Pro— ceſſe, durch den ſich dieſe Bildung entwickelt, herzurühren. Die ſich entwickelnde Holzſchicht bedarf nämlich ſo gut wie die Blätter und Blüthen des Zufluſſes zubereiteter Säfte, der Saft wird aber nur in den Blättern verarbeitet, und da ſich die Holzſchicht von der Baſis derſelben abwärts bis zu den Spitzen der jüngſten Wurzeln erſtreckt, ſo kann der Saft nur von oben zugeführt werden und muß zur Bildung des fraglichen Gewebes abwärts ſteigen. So iſt es hoffentlich bewieſen, 1) daß jeder Trieb einer Knoſpe eine volljtändige und unabhängige Pflanze iſt, 2) daß, was von dieſem Triebe nach dem Abfallen der Blätter, Blüthen und Früchte zurückbleibt, zu ſein auf— hört und niemals wieder der Sitz einer vitalen Thätigkeit wird; und iſt dies bewieſen, ſo wird daraus folgen, daß die hier aufgeſtellte Anſicht von der Natur, Lebensdauer und Größe der Bäume wohl begründet iſt, daß demnach der Baum eine Vereinigung jähriger Pflan— zen und das Erzeugniß einer Reihenfolge von Jahren iſt; daß er ſomit keine von der Natur be= ſtimmte Gränze feiner Dauer und Größe kennt. Die mehrfach wiederholte Angabe, daß die ſtehenblei— benden todten Überreſte der vorigen Jahre den jungen Pflanzen als eine mechaniſche Nahrungsquelle dienen, ſcheint keiner wei— teren Erläuterung zu bedürfen. In Bezug auf die andere Annahme, daß ſie den jungen Pflanzen zum Boden dienen, iſt noch zu bemerken, daß die Knoſpen immer mit dem Marke der Triebe, an denen ſie befeſtigt ſind, in unmittelbarer Verbindung ſtehen, und daß das Mark im Frühlinge zart und ſaftig iſt, ſpäter aber vertrocknet und zuſammenſchrumpft. Nach Hrn. Dr. Petit-Thouars leben die Knoſpen anfangs nur vom Marke, von ihm im Frühling die zu ihrer Ent— wickelung nöthigen Stoffe entnehmend. Wenn dieſe Nahrungs— quelle erſchöpft iſt, oder wenn die Knoſpen zuletzt ihre eigenen Wurzeln, d. h. die früher erwähnten Faſern, durch deren Verflechtung ſich die Holzſchicht bildet, entwickeln, iſt ihnen eine andere Nahrungsquelle in dem ſaftigen cambium eröffnet, in 38. II. 16. 248 welches dieſe Faſern eintreten und längs des ſelben bis zur Erde herabſteigen. Auf dieſem Wege wird nun endlich das zum Wachsthume der jungen aus den Knoſpen entſtehenden Pflanzen nöthige Material oder doch ein Theil desſelben herbeigeführt. Miſcellen. 38. Über Knochenerweichungen bei einer Frau, die an einem ungewöhnlichen Gebärmutterleiden geſtorben war, wurden auf Veranlaſſung des Dr. Davis vom Dr. Sharpey und den Hrn. Dalrymple und John Quekett mifroffopifhe Unter⸗ ſuchungen angeſtellt. Dieſelben ergaben daß die Marfcanäle (Ha- versian canals) viel weiter als im naturgemäßen Zuſtande waren, ebenſo die Knochenzellen; in den nahe an den Enden der Knochen gelegenen Theilen, die die Wand des Marfcanals bilden, waren indeß die Canälchen kaum ſichtbar oder ganz verſchwunden. Der Knochen war an dieſen Stellen außerordentlich durchfichtig, fein verändertes Gewebe und ebenſo einige der Markcanäle waren mit zahlreichen mit einem Kerne verſehenen Zellen, Blutkörperchen und fetten Subſtanzen erfüllt. — Dr. Garrod unternahm eine chemi⸗ ſche Analyſe. 100 Theile, der bei 2120 F. getrockneten Knochen gaben: phosphorſauren Kalk 8 i 2 > 16,40 fohlenfauren Kalk mit phospherfaurer Talkerde 4,58 fette Subſtanz 2 8 - - 20,35 leimgebenden Stoff 58,37 100,00 Dieſe Knochen zeigten demnach eine ſehr abweichende Zuſammen⸗ ſetzung von den geſunden Knochen, die nach Berzelius aus erdigen Stoffen 8 8 66,7 thieriſchen Stoffen 33,30 100,00 beſtehen. Die Frau lebte zu Anfang ihrer Krankheit in einem trockenen Klima, die letzten 6 Jahre indeß in Lancaſhire, an den Ufern eines waldumkränzten Landſees. Ihre Krankheit konnte nicht erb⸗ lich ſein, denn ihre Eltern und deren 5 übrige Kinder leben noch und erfreuen ſich der vollkommenſten Geſundheit. Die Verſtorbene hatte nie an Rheumatismus gelitten; ſie ſtarb in einem heftigen Anfalle von Pneumonie. (The London medical Gazette, Febr. 1847.) 39. Zucker ward im Auswurf eines Diabetiſchen von Dr. Francis entdeckt; derſelbe legte der letzten Verſammlung der pathologiſchen Geſellſchaft zu Mancheſter eine Zuckerart vor, die er aus dem Auswurfe eines an diabetes und phthisis pulmonalis Leidenden dargeſtellt hatte. Ein ausführlicher Bericht ward für die Mittheilungen der Geſellſchaft verſprochen. (The London medical gazette, Febr. 1847.) Heilk (XXVII.) über die Geſundheitspflege in den Gefängniſſen. Von Dr. Raoul-Chaſſinat. (Schluß.) Vorbeugende Geſundheitsmaßregeln ꝛc. Seit 1837 hat man unter den Gefangenen des Zellengefängniſſes son Cherry-Hill Fälle son Wahnſinn wahrgenommen. un de. In den Geſetzentwurf, über welchen die franzöſiſchen Kam⸗ mern jetzt zu berathſchlagen haben, hat die Regierung wichtige Abänderungen des Philadelphiaſchen Zellenſyſtemes einfließen laſſen. Das abſolute Schweigen und die abſolute Iſolirung ſind in dieſem Entwurfe ausgeſchloſſen. Der Gefangene wird von der Geſellſchaft ſeines Gleichen geſchieden, ſo weit ſie ihm ſchadet, aber nicht in ſo fern ſie ihm nützt. Der Verf. iſt der Meinung, das Geſetz ſolle der Oberaufſichts⸗ 249 behörde der Gefängniſſe die Befugniß ertheilen, die Dauer der Strafe, je nach dem Zuſtande von körperlicher Schwäche oder Kraft, von Geſundheit oder Krankheit der Gefangenen, zu bemeſſen und abzuändern. Wohnung. Die ungeſunde Luft, welche die Gefange: nen einathmen, die Kälte und Feuchtigkeit, die um ſie her herrſchen, der Mangel an Licht und Wärme find eben jo viele krankmachende Potenzen, die indeß in dem Zellenge— fängniſſe weniger Einfluß ausüben, als in dem gemeinſchaft⸗ lichen. Die Communication der Zellen mit den Galerien wirkt, wenn dieſe nicht gehörig gelüftet werden, auf Ver— derbniß der Luft hin. Jedes Gefängniß ſollte in der Nähe einer Stadt auf freiem Felde und, wo möglich, auf einer Anhöhe ſtehen. Die Zellen müſſen wenigſtens 8 Cubikmeter räumlichen Inhaltes darbieten. Der Verf. giebt, obwohl er ſich beſcheidet, vom Bauweſen wenig zu verſtehen, dem von Hrn. Blouet entworfenen ſtrahlenförmigen Baue den Vorzug. Schlafſtätten. Der Verf. hält Hängematten ent ſchieden für die zweckmäßigſten. Kleidung. Koſt. In den americaniſchen Zellengefängniſſen er: halten die Sträflinge eine weit reichlichere und kräftigere Koſt, als in den europäischen Gefängniſſen, namentlich den franzöſiſchen Centralzuchthäuſern. Der Verf. ſtellt die Frage auf, ob hierin nicht der Grund der weit bedeutenderen Sterb— lichkeit in den letzten zu ſuchen ſei, da z. B. in Frankreich viel mehr vegetabiliſche, in America viel mehr animaliſche Nahrungsmittel gereicht werden. Übrigens iſt das gemeine Volk in Europa an keine ſo kräftige Koſt gewöhnt, wie in America; daher dieſer Umſtand greller erſcheint, als er in Wirklichkeit iſt. Arbeit. Die in dem Zellengefängniſſe von Cherry— Hill gemachten Erfahrungen beweiſen, daß die Gefangenen in den Zellen zweckmäßig beſchäftigt werden können. Je mehr der Gefangene ſich bei der Arbeit körperlich anſtrengen muß, deſto beſſer wird er ſich dabei befinden. Dies iſt auch in dem franzöſiſchen Geſetzentwurfe berüdjichtigt. Der Ge— fangene wird den ganzen Tag, vom Aufſtehen bis zum Nies derlegen, arbeiten müſſen und nur für jede Mahlzeit eine halbe Stunde, alſo zuſammen täglich 1½ Stunde, frei haben. Dieſe Zeit der Erholung iſt indeß offenbar zu kurz. Spaziergänge. Geſundheitsdisciplin. Geiſtige Geſundheitsdisciplin. Die Gefange⸗ nen müſſen häufig und zu verſchiedenen Zeiten beſucht werden, damit in die Einförmigkeit ihres Lebens einige Abwechſelung gebracht werde. Sie können täglich öfters mit den Wärtern, Inſpectoren oder mit den fie beſuchenden Verwandten reden, mit den letzten auch, unter der Aufſicht des Zuchthausin— ſpectors, correipondiren. Dies iſt im franzöſiſchen Geſetz— entwurfe vorgeſehen. Das mächtigſte Mittel der moraliſchen Beſſerung iſt im Unterrichte in der Moral und Religion, ſowie im Gottesdienſte zu ſuchen. Wollte man den religiöfen Orden, ſowohl den Monchs- als den Nonnenorden, den Eintritt in die Zellengefängniffe geſtatten, jo würde, dem 38. Il. 16. 230 Verf. zufolge, dadurch die moraliſche Überwachung der Ge: fangenen ungemein erleichtert werden. Strafen und Belohnungen. Nie darf Entziehung der Nahrungsmittel unter die Strafen gehören. Da der Verf. die ſtrahlenförmige oder fächerförmige Anordnung der Zellengefängniſſe für die zweckmäßigſte er— klärt, ſo hätte er auch die Vorzüge und Nachtheile dieſer Einrichtung gründlich beleuchten ſollen. Derſelben läßt ſich die Enge der Höfe und die Feuchtigkeit der Luft, die Hem— mung der Lufteirculation in den Zellen zum Vorwurfe machen. Ferner hat in den Irrenhäuſern, bei denen man ſie zuerſt in Anwendung gebracht hat, die Erfahrung ſo ſehr gegen dieſelbe gezeugt, daß man andere architektoniſche Pläne für durchaus nothwendig erkannt hat. Im Gefängniſſe von Pen— tonville hat man die fächerförmige Anordnung dadurch we— ſentlich modificirt, daß man die, wenngleich dreieckigen, Höfe bedeutend weiter angelegt hat. Auch verdiente die Einrich— tung, wo eine Gallerie zwiſchen zwei Zellenreihen hinläuft, in der Beziehung unterſucht zu werden, ob dadurch nicht der geiſtigen Iſolirung Eintrag geſchehe. Der Verf. hat leider über dieſe ſchwierige, aber wichtige, Frage keine praktiſchen Anſichten mitgetheilt. Obwohl der Verf. über die Einrichtung der Kranken— wohnungen viele Einzelheiten beibringt, ſo vermiſſen wir in feiner Abhandlung doch mit Bedauern jede Auskunft hinſicht— lich des Unterbringens der wahnfinnigen Sträflinge. Dieſer Punkt iſt namentlich bei dem ftrablenförmigen Plane von Wichtigkeit, wo es ſchwer hält, den unruhigen und lärmen- den Irren eine paſſende Stelle anzuweiſen. Die bei Anle— gung einer gewiſſen Anzahl von Zellen für Raſende zu be— folgenden Regeln hätten in Betracht gezogen werden ſollen; denn erfahrungsmäßig ſind dieſe Subjecte in Gefängniſſen ungemein läſtig. Deßhalb iſt auch in manchen Strafan— ſtalten Fürſorge getroffen, daß, ſobald ein Gefangener in Raſerei verfällt, er ſofort in ein Irrenhaus geſchafft werde. Allein dies fuhrt leicht dahin, daß Sträflinge ſich raſend ſtellen, um der Einzelhaft zu entgehen, und für die Irren— anſtalten erwachſen natürlich Ungelegenheiten daraus, daß Verbrecher in dieſelben aufgenommen werden. Der Verf. iſt der Anſicht, daß die Zellengefängniſſe für nicht mehr als fünf- bis ſechshundert Sträflinge eingerichtet werden ſollten. Die Commiſſion iſt mit ihm über dieſen Punkt durchaus einverjtanden ; denn in Gefängniſſen, deren Bevölkerung zu ſtark iſt, kann erfahrungsmäßig der Einzelne nicht gehörig berückſichtigt werden. Vielleicht iſt die oben angeführte Zahl ſchon bedeutend zu hoch; denn wenn es ſich um moraliſche Beſſerung der Gefangenen handelt, wenn in ihm die Neigung zum Böfen gründlich ausgerottet werden ſoll, ſo muß ihm eine ſehr ſorgfältige geiſtige Behandlung zu Theil werden, und die bisherigen Einrichtungen geſtatten eine ſolche bei fünf- bis ſechshundert Sträflingen keineswegs. Wenn dem theoretiſchen Bedürfniſſe durch die Praris wirk⸗ lich entſprochen wird, dann erſt wird ſich klar herausſtellen, inwiefern das Zellenſyſtem die ihm oft abgeſprochenen Vor— züge in Betreff der moraliſchen Beſſerung der Straflinge wirklich beſitzt⸗ 251 Eine geiftige Anregung iſt durchaus nöthig, wenn das Organ der Verſtandeskräfte nicht ermatten ſoll. Fehlt Diele Anregung bei der Einzelhaft, ſo verfällt das Gehirn in Atrophie, und dieſe führt ohne weiteres zum Wahnſinn. Was der Verf. hinſichtlich der Lüftung der Zellen ſagt, will uns ſehr unbefriedigend bedünken. Die Zellen ſollen von den Gallerien oder Gängen aus gelüftet werden, allein wie dies geſchehen ſoll, wird nicht gehörig dargelegt. Er gedenkt keines der bekannten Mittel, nicht ein Mal der Züge, welche von jeder Zelle und dem Gange nach einem gemein— ſchaftlichen Lüftungsſchlote gehen. Der Vorſchlag, durch hin— reichend große Offnungen nach außen der Luft und dem Lichte ſo viel Zutritt als möglich zu verſchaffen, würde wohl für den Sommer, aber nicht für den Winter paſſen “). Hinſichtlich der Abtritte und namentlich der in den Zellen anzubringenden Apparate zur Aufnahme der Exere— mente iſt der Verf. zu oberflächlich zu Werke gegangen. Er ſchreibt orn. Blouet wörtlich nach und pflichtet dieſem darin bei, daß es hinreiche, wenn jeder Gefangene in ſeiner Zelle einen Eimer habe, den er, wenn er zum Spazieren— gehen die Zelle verließe, mitnehmen und ausſchütten würde. Doch meint er, es würde ſich dem Zwecke noch vollſtändiger entſprechen laſſen, wenn täglich zwei Spaziergänge von je einer halben Stunde eingeführt würden. Während dieſer Zeit würde das in dem Hofe an die Mauer gelehnte Ge— ſchirr hinreichend gelüftet werden. Ihm ſind die verbeſſerten Einrichtungen der Abtritte, wie ſie ſich z. B. in dem großen Gefängniſſe zu Gent finden, ganz unbekannt. Dort ſind ſenkrechte eiſerne Röhren angebracht, die in den verſchiedenen Zellen in einen Sitz ausmünden, den der Gefangene herme— tiſch verſchließen kann, und die durch Waſſer, welches aus einem auf dem Dachboden des Gebäudes befindlichen Be— hälter durch andere Röhren herabſtürzt, ſofort ausgeſpült werden. Dieſe Einrichtung verdient hinſichtlich der Reinlich— keit und Geſundheit unſtreitig bei weitem den Vorzug. Der dem Heizen des Gebäudes gewidmete Abſchnitt behandelt ſeinen Gegenſtand ebenfalls durchaus nicht erſchö— pfend. Der Verf. beſchränkt ſich darauf, die Anſichten des Hrn. Blouet rückſichtlich der Heizung mit Dampf, heißer Luft oder heißem Waſſer wiederzugeben. Er hätte aber bei dieſer wichtigen Frage die beſonderen Vorzüge und Nach— theile jeder dieſer Heizungen abwägen und ſich nach dem ſo erlangten Reſultate für eine derſelben beſtimmt entſcheiden ſollen. So wäre er wahrſcheinlich zu dem Schluſſe gelangt, daß für kleine Strafhäuſer die Waſſerheizung und für grö— ßere die Dampfheizung am beſten paßt. Deßgleichen hätte er die Frage nicht unerörtert laſſen ſollen, wie dem abzu— helfen ſei, daß die Gefangenen ſich mittels der Heizröhren mit einander verſtändigen; wie verhindert werden könne, daß der Schall durch dieſelben fortgepflanzt werde. Denn dieſen Übelſtand hat man in mehreren Zellengefängniſſen wahrgenommen. Mit großem Recht beſteht der Verf. darauf, daß die Gefangenen hinreichend genährt und beſchäftigt werden müſſen. *) Warum nicht? Bei rauher Witterung könnten dieſe Luken durch Laden geſchloſſen werden. Der Alberſetzer. 38. II. 16. 252 Beiden Bedingungen muß im Intereſſe des Geſundheitszu⸗ ſtandes nach Möglichkeit entſprochen werden. Doch hätte er die Liſte der körperlichen Bewegungen verlängern und z. B. des Umſtandes gedenken können, daß im Zuchthauſe von PBentonville die Gefangenen zum Waſſerpumpen angehalten werden. Von den Zwangsmitteln zur Aufrechthaltung der Dis⸗ ciplin hat der Verf. ebenfalls nicht erſchöpfend gehandelt. Wiewohl es ausgemacht iſt, daß dieſe Mittel in den Beſſe⸗ rungshäuſern ſehr vereinfacht und der Zahl nach vermindert, dagegen die Ermunterungsmittel vervielfältigt werden ſollten, ſo hätte der Verf. doch wohl daran gethan, ſich über die gegen Ausbrüche von Zorn anzuwendenden Zwangsmaßregeln mehr zu verbreiten. Ein in mehreren Gefängniſſen Frank⸗ reichs, z. B. in dem von Mont-Saint-Michel, übliches Ver⸗ fahren wäre ſeiner Beachtung werth geweſen. Dort wird dem Gefangenen die eine Hand auf dem Rücken, die andere auf die Bruſt befeſtigt. Dieſes Mittel wirkt eben jo läh— mend, als beruhigend. Auch noch anderer Verfahren hätte er gedenken können, die ſich mit Vortheil an die Stelle der noch in manchen Gefängniſſen üblichen rohen Behandlung ſetzen ließen. Um ſämmtliche innere Einrichtungen, welche auf die Ge— ſundheit der in einem Beſſerungshauſe befindlichen Gefange— nen Einfluß üben, vollſtändig zu würdigen, wären auch einige praktiſche Regeln in Betreff des Verwaltungsperſonales, der ärztlichen Inſpection ꝛc. an der rechten Stelle geweſen. In dieſer Beziehung hätte der Einrichtung in manchen Staaten Deutſchlands, wo der Arzt die Aufſicht über das Gefängniß führt, gedacht werden können. Indem der Verf. die Vortheile rühmt, welche man durch die Zulaffung der religiöfen Orden in die Beſſerungshäuſer erlangen würde, hat er wohl nicht bedacht, daß die Regeln dieſer Orden von der Beſchaffenheit ſind, daß ſie ſich mit den nothwendigſten Verwaltungsregeln nicht wohl in Einklang bringen laſſen. Überhaupt hat der Verf. ganz vernachläſſigt, ſich über die erforderlichen morali— ſchen und phyſiſchen Eigenſchaften der verſchiedenen Beamten und Handlanger in einem Beſſerungshauſe auszuſprechen. In dem der intellectuellen Geſundheitslehre gewidmeten Abſchnitte betrachtet der Verf. eine wichtige Frage, näm— lich, ob es ſtatthaft ſei, die Gefangenen mit ihren Ehege— noſſen vertrauten Umgang pflegen zu laſſen. In den Zellen— gefängniſſen würde ſich die Gelegenheit dazu viel bequemer bieten, als in den gemeinſchaftlichen Gefängniſſen. Er be⸗ leuchtet dieſe Frage in einer ſehr intereſſanten Weiſe. Schon in einem vor 40 Jahren erſchienenen Buche: Des Rapports entre la médecine et la politique, lieſ't man, daß, um die Gefangenen den aus der abſoluten Trennung der Geſchlechter entſpringenden nachtheiligen Einflüſſen zu entziehen, die Hol— länder dazu beſonders son der Polizei autoriſirten Dirnen den Zutritt in das ſogenannte Rappershuis geſtatten; daß aber nur ſolche Sträflinge, welche ſich durch Fleiß und Gehor— ſam ausgezeichnet haben, dergleichen Beſuche empfangen dürfen. Der Verf. hätte ſich darüber ausſprechen können, ob es nicht zweckmäßig ſei, die verſchiedenen Gefangenen nach den Provinzen, aus denen ſie ſtammen, zu claſſtficiren; ob 253 es im Intereffe der Moralität nicht angemeſſen ſei, die Frauen in beſonderen Beſſerungshäuſern unterzubringen. Die Er⸗ fahrung hat wirklich gezeigt, daß, wenn beide Geſchlechter in demſelben Gefängniſſe beiſammenwohnen und ſelbſt durch Mauern und Höfe getrennt find, fie mit einander Verbin— dungen anknüpfen, welche einen ſchädlichen, entnervenden Einfluß ausüben können. Sollten nicht die Gefangenen nach der Art ihres Vergehens claſſificirt oder für die fo claſſificirten Verbrecher nicht vielmehr beſondere Zuchthäuſer errichtet wer— den? Hätte man nicht auch im Intereſſe der Moralität die nur durch eine Anklage gravirten Individuen von den ver— urtheilten vollkommen abzuſondern? Wären nicht die Ci— viliſten von den Militärperſonen, die Kinder von den Er— wachſenen zu trennen? Zur Erledigung dieſer Fragen dürften die in verſchiedenen Ländern bereits gemachten Erfahrungen vollkommen ausreichen. Über den Werth der Arbeit im Allgemeinen ſpricht ſich die Commiſſion ſchließlich folgendermaßen aus. Die Abhandlung iſt in mancherlei Beziehung lückenhaft. Die engliſchen Zellengefängniſſe ſcheint er nicht gehörig zu kennen. Das ſeit 1842 eröffnete Muſtergefängniß von Pen— tonville iſt ſeiner Aufmerkſamkeit fortwährend entgangen. Eben ſo wenig iſt er mit den belgiſchen Gefängniſſen be— kannt, welche in mehr als einer Beziehung ſeine Beachtung verdient hätten. Der Umſtand, daß die Preisfrage von einer belgiſchen Akademie ausgeſchrieben worden war, hätte ihn um ſo mehr beſtimmen ſollen, ein Land, welches gewiſſer— maßen die Wiege des Pönitentiarſyſtemes iſt und wo dasſelbe ſchon mehrfach eine umfangsreiche Anwendung erhalten hat, nicht ſo ſtiefmütterlich zu behandeln. Die Arbeit zeichnet ſich mehr durch allgemeine und gelegentliche Betrachtungen, als durch gründliche und praftifche Behandlung aus. Der Haupt⸗ gegenſtand der Preisfrage, namlich die zur Erhaltung der Geſundheit der Sträflinge erforderlichen Maßregeln, iſt ober— flächlich und wenig praktiſch behandelt. Alles, was ſich auf die Diät der Sträflinge bezieht, hätte ſpeciell beleuchtet werden ſollen, ſowohl in Betreff der Geſundheitslehre, als in Be— zug auf die beſondere Lage der Sträflinge, welche das Geſetz nicht der Freiheit beraubt hat, um ihnen ein behagliches Leben zu verſchaffen. Dagegen empfiehlt ſich die Arbeit durch ihren Reichthum an Materialien, durch geſchickte Aus— beutung der ſtatiſtiſchen Liſten, durch bündige Unterſuchung vieler Verhältniſſe und vielfach daraus abgeleitete dankens— werthe Schlüſſe. Deßhalb hält die Commiſſion dafür, daß dem Verf. dieſer Abhandlung eine goldene Denkmunze von 500 Fr. Werth zuerkannt, und daß ſeine Arbeit in dem Recueil des memoires de Academie abgedruckt werde. (Gazette medi- cale de Paris, 17. Avril 1847.) (XXXIX.) über die Behandlungsweifen der Muttermähler. Von Dr. Coley. Eins der beſten Mittel gegen variföfe Geſchwülſte oder naevi iſt Kreoſot, welches etwa ein Mal wöchentlich vermittels eines Weder: 38. II. 16. 254 bartes oder eines Pinſels von Kameelhaaren auf die ganze kranke Flache applicirt werden kann. Durch zweimalige Application dieſes Mittels gelang es mir, einen naevus am Unterleibe im Umfange von 30 Quadratzoll zu beſeitigen, welcher durch Atzkali nur tem⸗ porär zerftört worden war. Das Kreoſot hat überhaupt den ent⸗ ſchiedenen Vorzug vor dem letzten Mittel, daß es das Übel zerftört, ohne eine Entſtellung der Haut zu bewirken. Wenn die Mähler von einander geſondert vorkommen, ſo muß jedes einzeln touchirt werden. Salpeterſäure nützt häufig, und ich habe im Allgemeinen durch langjährige Erfahrung erprobt, daß das Mahl weit ſeltener nach der Anwendung von Atzmitteln als nach der von ſchneidenden In— ſtrumenten recidivirt. Viele andere Mittel find mit verſchiedenem Er— folge von verſchiedenen Schriftſtellern angegeben worden. Sir Benj. Brodie wendet das Acid. nitr. auf die Weise an, daß er einen Glas⸗ ſtab in die Säure eintaucht und dann mit demſelben die kranken Partien beſtreicht oder auch die größeren Gefäße punktirt und dann etwas Säure eintröpfelt. Die Salpeterſäure wie das Kreoſot laſſen beide kein Zeichen zurück. Dr. Sigmund applieirt mit Erfolg in Bleieſſig getauchte Compreſſen. Die ftationären Flecke bedürfen keine Behandlung. Wenn das Hautaneurysma eine ſolche Lage hat, daß es die Inciſion und die Vereinigung der getrennten Par: tien per primam intentionem zuläßt, fo verdient dieſe Behandlungs— weiſe den Vorzug; in anderen Fällen find Atzmittel oder die dop: pelte Ligatur vorzuziehen. Hr. Wardrop heilte einen großen varix aneurysmaticus in dem Geſichte eines fünfmonatlichen Kindes durch Unterbindung der carotis. In einem ähnlichen Falle ſtarb das Kind 14 Tage nach der Operation in Folge der Irritation des Geſchwüres. Die unmittelbare Ligatur eignet ſich dann am beſten, wenn die Greifion oder Atzmittel nicht anwendbar find, indem die Unterbindung der carotis, a. temporalis u. a. Arterien oft da ohne Erfolg ausgeführt wurde, wo die locale Ligatur Heilung bewirkte. Das Übel iſt auch durch zwei Mal wiederholte Puncturen geheilt worden. Dr. Bacton wandte mit Erfolg die umſchlungene Naht an. Hr. Lloyd giebt in den meiſten Fallen einer Injection von Spirit. Ammon, aromat. oder Spir. aether. nitr., ein Theil auf zehn bis fünfzehn Theile Salpeterſäure, den Vorzug. Hr. Doubleday bewirkte in einem Falle Heilung durch Einführung einer Staar: nadel in den naevus und ſubeutane Discifion desſelben. Lig. Am- mon. dilut. iſt als Injection verſucht worden, führte aber augen: blicklichen Tod herbei. Liſton trennt die Hautdecke, loͤſ't den tumor a Theil durch zwei eiliptifche Einſchnitte, und legt dann um die Baſis der Geſchwulſt eine doppelte Ligatur, oder er macht einen Kreuzſchnitt, präparirt die Lappen bis zu ihrer Baſis ab und legt dann eine Ligatur um dieſelbe. Man hat auch naevi durch Ein⸗ führung und Durchziehen rothglühender Nadeln ohne weitere nach⸗ theilige Folgen geheilt. Prof. Smith in Baltimore führt einen mit einer ſaturirten Auflöfung von Atzkali getränkten Faden durch den tumor, und Lafarque macht mit einer in Grotonöl getauch— ten Lancette Puncturen in denſelben. (Aus des Verf. A practical treatise on the diseases of children etc.) (XL.) über einige Fälle von ſchleichender all- gemeiner Arterienentzündung, welche länger ver— kannt, zuletzt aber durch antiphlogiſtiſche und eine contraſtimulirende Behandlung geheilt wurden. Von Hrn. Rinino. Eine in der Klinik überall anerkannte Wahrheit iſt, daß man ſich bei nervöſen Krankheiten, namentlich bei alterd- ſchwachen und kachektiſchen Subjecten, des Aderlaſſes zu ent: halten habe. Nachſtehende Beobachtungen des Hrn. Ri— nino heben dieſe Regel nicht auf, beweiſen aber, daß man dieſelbe häufig falſch anwendet, und daß viele Arzte, indem ſie ſich blind an die Symptome halten, Krankheiten ganz 255 anderer Natur für Hypochondrie, Hyſterie c. nehmen und demgemäß behandeln, während durchaus andere Heilmittel angezeigt find, als die, welche man gegen Nervenleiden zu verordnen hat. Folgende beide Thatſachen, welche wir aus einer großen Anzahl ähnlicher Fälle beiſpielsweiſe ausheben, können in dieſer Beziehung zur heilſamen Warnung dienen. Erſte Beobachtung. — Mad. C., von biliös⸗ſanguini⸗ ſchem Temperamente und ſtarker, faſt männlicher Conſtitution, war bereits nicht mehr menſtruirt und litt ſeit einigen Monaten an vagen Schmerzen, welche ſich bald in dieſem, bald in jenem Körper— theile fühlbar machten, ohne jedoch auf eine ſpecielle Krankheit hinzudeuten. Sie klagte über ein von ſchwingenden Pulſationen in der Präcordialgegend begleitetes, ihr ſehr läſtig fallendes unbehag— liches Gefühl. Dieſes Klopfen ließ ſich auch in den Arterien des Halſes und der Schläfen verſpüren und ward von der Patientin einem krampfhaften Zuſtande zugeſchrieben. Sie war unruhig, ſchlaflos; der Appetit nahm von Tage zu Tage ab; die Verdauung ward träge; endlich verſank die Patientin in eine dumpfe Melan⸗ cholie und ſchien dem Tode mit raſchen Schritten entgegenzugehen. Der Hausarzt glaubte, es liege hier eine aſtheniſche Störung der Nervenfunctionen vor, und indem er dieſe Diagnoſe auf die Abweſenheit von Fieber ftüßte, verordnete er nervenſtärkende Mittel und eine kräftige Diät. Es trat indeß keine Beſſerung ein, und er zog nun einen zweiten Arzt mit zu Rathe, welcher das bisherige Heilverfahren billigte. Da der Zuſtand der Kranken ſich indeß von Tage zu Tage ver— ſchlimmerte, fo wurde Hr. Rin ino zu Hilfe gerufen. Obwohl kein eigentliches Fieber vorhanden war, fand er doch den Puls häufig, metalliſch anſchlagend und ſpitz ſtechend, und erkannte an dieſem Symptome eine ſchleichende allgemeine Arterienentzündung. Doch koſtete es ihm viel Mühe, die Patientin, welche an Nervenſchwaͤche zu leiden glaubte, von ſeiner Meinung zu Denen Endlich gelang es ihm jedoch in dem Grade, daß ſie ſich binnen 14 Tagen 10 Aderläſſe, ſowie außerdem das Anlegen von Blutegeln und eine antiphlogiſtiſche Diät gefallen ließ. Hiermit verband er Eisumſchläge und die wirkſamſten contraſtimulirenden Mittel. Auf dieſe Weiſe ward die Patientin binnen einem Monate hergeſtellt. Sie lebt noch, und es wird ihr ſeitdem jährlich 2—3 Mal zur Ader gelaſſen. Zweite Beobachtung. — Im J. 1844 beſuchte Hr. Rinino Hrn. C., welcher ſchon ſeit langer Zeit mit Aufſtoßen und Blähungen, vagen Schmerzen im epigastrium und abdomen, Spannung im Hypochondrium und Darmcanale, Verſtopfung, Appetit— loſigkeit und ſchwerer Verdauung behaftet war. Durch die Vers dauungsſchwäche war er ſehr abgemagert, und ſein Ausſehen war chlorotiſch. Eine hartnäckige Schlafloſigkeit und tiefe Melancholie bildeten die hervorſtechendſten Symptome. Alle von ihm zu Rathe gezogenen Arzte waren der Anſicht geweſen, er leide an aſtheniſcher Hypochondrie, und hatten ihre Behandlung auf dieſe Diagnoſe ge— gründet. Einige hatten indeß eine Complication durch Abe geſtion vermuthet und deßhalb Blutegel an den After, ſowie Ab— führungsmittel verordnet. Dies waren die einzigen Mittel, auf 38. II. 16. 256 welche einige Beſſerung erfolgt war, die jedoch feinen Beſtand gehabt hatte. Als Hr. Rinino den Patienten unterſuchte, erkannte er das Vorhandenſein einer ſchleichenden allgemeinen Arterienentzündung an den beftändigen ſchwingenden Pulſationen der Arterien, welche der Patient im epigastrium fühlte und welche man bei der Auſculta⸗ tion hörte, Pale an dem metalliſchen, ſpitzigen Pulſe, welcher jedoch nicht auf Fieber hindeutete. malen Zuſtande zu befinden. Die Anſicht des Hrn. Rinino ward von den mit zu Rathe gezogenen Arzten nicht getheilt. Allein der Patient ging auf die⸗ ſelbe ein und unterzeg ſich willig den von Hrn. R. vorgeſchriebenen Mitteln. Dieſer ließ binnen kurzer Zeit neun Aderläſſe vornehmen und mehrfach Blutegel zur Anwendung bringen, verordnete auch Faſten und contraſtimulirende Mittel. Die Wirkung dieſer Be⸗ handlung war der Art, daß der Kranke binnen fünfundvierzig Tagen hergeſtellt wurde und ſeine Berufsgeſchäfte, denen er nicht mehr gewachfen geweſen, zur großen Verwunderung derjenigen Arzte, welche auf eine falſche Diagnoſe eine ſehr ungünſtige Prognoſe gegründet hatten, wieder beforgen konnte. (Gazette médicale de Paris, 10. Mars 1847.) Die Leber ſchien ſich im nor⸗ Miſceellen. (36) Einen Verbandapparat, der alle Vortheile eines unbeweglichen Verbandes beſitzt und ſich doch bequem abnehmen läßt, hat Hr. Laforgue für Bleffirte auf dem Transport in Vorſchlag gebracht. Er wurde durch einen Zufall auf dieſe Idee gebracht, indem er einen Kleiſter⸗ Verband, der für ein gebrochenes Bein gedient hatte und, als ſich die Geſchwulſt desſelben geſetzt, nach Hrn. Seutins Methode geſpalten worden war, für künftige Fälle aufhob und denſelben bei einem fpäteren Falle höchſt bequem fand. Er ſchlägt nun vor, in den Bagagewagen der fliegenden Lazarethe ſtets eine Anzahl ſolcher geſpaltenen Kleiſter-Verbände, die über Gypsabgüſſe von Beinen verſchiedener Größe geformt werden müßten, vorräthig zu haben. Wenn dieſelben auch nicht ganz genau auf die Beine der Verwunde⸗ ten paſſen, fo kann man die Lücken doch leicht mit Watte aus⸗ füllen. Man erkennt auf den erſten Blick, daß die Ausführung dieſes Vorſchlages viel praktiſchen Nutzen gewähren würde. (Gazette médicale de Paris, 27. Mars 1847.) (37) Über einen durch das Einathmen von Schwefeläther- dämpfen veranlaßten Fall von langdauernder Gefühlloſig⸗ keit, die durch ſchnelles Einblaſen von Luft in die Lungen beſeitigt ward, ſchreibt Hr. Jackſon zu Boſton an Hrn. Elie de Beaumont. Er kam im allgemeinen Hoeſpitale des Staates Maſſachuſetts vor und rührte daher, daß der Einath⸗ mungsapparat nicht die hinlängliche Menge Luft eindringen ließ. Hr. Jackſon will künftig für dergleichen Fälle reines Sauerſtoffgas in Bereitſchaft halten, und räth dieſe Vorſichtsmaßregel in allen Hoſpitälern in Anwendung zu bringen. (Gazette médicale de Pa- ris, 3. Avril 1847.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Anatomie des formes extérieures du corps humain; par le docteur J. Fau. Deuxieme partie (Texte.) In 8° de 9 feuilles. Paris 1847. Henfrey, A. — Outlines of Structural and Physiological Botany. By Arthur Henfrey, F. L. S. etc. Post 8°. W. plates (pp. 310, 10 sh. 6d.). London 1847. First principles of Chemistry, for the use of Colleges. By Ben). Silliman etc. Philadelphia, Loomis et Peck 1847. Du Traitement Hydriatrique des maladies febriles; par le docteur Lubanski. In 8° de 3 feuilles . Paris 1847. Swan, J. — Inquiry into the Action of Mercury on the Living Body. By Joseph Swan. 3d edit. 8° (pp. 34, sewed, 2 sh.). Harleß, E., Tabellen zur Auscultation und Percuſſion, als Beitrag zur phyſicaliſchen Diagnoſtik der Bruſtorgane. Ferd. Enke's Verlagsbuchh. in Erlangen 1847. Roſenberg, C. H., des Leibes und der Seele vollitänd. Geſund⸗ heits- und Erziehungslehre. 13. und 14. Lief. 4. Bd. Bogen 1-12. gr. 8%. Geh. C. Gerold's Verlagsbuchh. in Wien 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 39. Druck und Verlag des Landes » Inpuftries Gomptoirs zu Weimar. Stückes 3%, Sgr. (Nr. 17. des II. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3¼ Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Mai 1847. Naturkunde. XXIX. über die Ganglion-Beſchaffenheit der arachnoidea des Gehirns und Rückenmarks. Von George Rainey. Meines Wiſſens iſt noch kein Phyſiolog darauf ge— kommen, daß innerhalb der Schädelhöhle die Hirngefäße mit eigenen organiſchen Nerven verſehen ſind, welche den im Unterleibe von dem plexus coeliacus zu den Gefäßen der Eingeweide hin laufenden analog, in der arachnoidea einen membranöſen plexus haben, in welchem ſie ſich veräſteln. Ich kam zuerſt auf die Idee einer Ahnlichkeit zwiſchen der arachnoidea und dem n. sympathicus bei der Unterſuchung eines Stückes der erſten von dem unteren und ſeitlichen Theile der medulla oblongata, an welchem ich an der Ver— einigungsſtelle zweier der zwiſchen der arachnoidea und pia mater gelegenen Stränge (Magendie's zellig-vasculäres Subarachnoidalgewebe) einen dreieckigen Körper von der Geftalt und dem allgemeinen Ausſehen eines ganglion vor: fand. Jene Ahnlichkeit trat noch um ſo auffallender her— vor, als ich einen von dem mit dieſem Körper zuſammen— hängenden Strange ausgehenden Aſt beobachtete, welcher zur arachnoidea hin und längs derſelben eine beträchtliche Strecke weit verlief und auf ſeinem Verlaufe ſich nach Art eines Nerven veräſtelte, wobei die juccefiiven Unterabthei— lungen immer kleiner wurden und zugleich kleine mit Corpus— cular⸗Materie angefüllte Flächen durchkreuzten und umſchloſſen. Die kleinen Körperchen waren mit den letzten Filamenten des Stranges ſo ſehr verſchmolzen, daß ihre eigentliche Endigungsweiſe undeutlich blieb. Dieſes iſt die Verbindung des einen Endes der chorda, das andere Ende endet ent— weder an einer Arterie oder an einem Cerebroſpinalnerven. Im erſten Falle theilt ſich eine Chorde, ſobald ſie mit einer Arterie in Contact kommt, in Zweige, welche ſich No. 2019. — 919. — 39. auf dieſer veräfteln und längs der äußeren Hülle derſelben verlaufen, ganz ſo wie die Zweige des plexus solaris an den kleinen Arterien der Unterleibsorgane. Wenn die Hirn— arterie ziemlich groß iſt und zwiſchen der arachnoidea und pia mater liegt, ſo bilden einige der von einer Chorde aus— gehenden Zweige an derſelben ein Geflecht und andere lau— fen zu den Gefäßen der pia mater hin. In einigen Fällen läuft eine Chorde von einer Arterie zur arachnoidea hin, ohne ſich auf die angegebene Weiſe zu verzweigen, aber häufiger ſchickt ſie, ſobald ſie derſelben nahe kommt, 3 — 4 große Zweige aus, welche zu verſchiedenen Theilen der Membran hingehen und ſich an derſelben wie oben ver— äſteln. Zuweilen jedoch breitet ſich einer dieſer Zweige ſelbſt in ein großes dichtes Geflecht aus, oder tritt mit anderen Zweigen zu einem plexus zuſammen, von welchem 2, 3 oder mehrere Chorden in die Subſtanz der arachnoi- dea übergehen. Dieſe Geflechte ſind von drei- oder vier— eckiger Geſtalt und enthalten außer den ſich durchkreuzenden Faſern auch Corpuscular-Materie. Das Arachnoidalende einiger der die Gefäße mit der arachnoidea der cauda equina verbindenden Chorden ſchwillt dicht an der Membran zu einem großen, oblongen und faſt ovalen Knoten an, deſſen Achſe von einer ungemein verwickel— ten und vielfach gebogenen Fortſetzung der Chorde eingenom— men iſt, während nach unten ſeine Faſern mit denen der Membran verſchmelzen. Die Chorden, welche von den Ge— fäßen der pia mater an der oberen Portion des Gehirns zur arachnoidea hingehen, enden in derſelben mit ſtern— förmig angeordneten Faſern; auch hier finden ſich einige große dreieckige Geflechte. Die ſternförmigen Fibern ſieht man am beſten bei kleineren Thieren, wo die Gehirnwin— dungen klein ſind, wie bel Schafen, und ſie erſcheinen ſchon dem bloßen Auge als kleine dunkele Punkte. In ihrer Mitte 17 259 ſcheinen die Fibern zu einer unregelmäßigen verwirrten Maſſe zu verſchmelzen, von welcher andere Fibern ausſtrah— len und ſich in der Cerebralfläche der arachnoidea verlieren. Einige Fibern gehen von einem ſternförmigen Körper zum anderen, und andere laſſen ſich in den Gefäßhäuten verfolgen, doch ſind dieſelben nicht zahlreich. Zweige ſteigen auch zwiſchen den Windungen zu den tiefer gelegenen Gefäßen hinab, ſcheinen jedoch nicht ſich bis zu den Gapillargefäßen hin auszudehnen. Aus dem Angeführten geht hervor, daß die An— ordnung der ſich veräſtelnden Filamente der Arachnoidal— Chorden und die Geſtalt und Größe der mit denſelben zuſammenhängenden ganglienartigen Geflechte in einem ge— wiſſen Verhältniß zur Zahl und Größe der nahe liegenden Gefäße ſtehen. Daher ſind auch an der Grundfläche des Gehirnes, wo die Arterienäſte groß ſind, die Geflechte groß und von unregelmäßiger Geſtalt, während ſie an der Oberfläche des Gehirnes, wo die Gefäße verhältnißmäßig klein, von mehr gleichförmigem Durchmeſſer und regelmäßi— ger vertheilt ſind, gleichfalls kleiner, zahlreicher und von regelmäßigerer Geſtalt und Größe ſind. — Außer den längs der Chorden der arachnoidea gelegenen Geflechten find auch andere vorhanden, welche mit der Cerebralfläche dieſer Membran inniger verbunden ſind und an einigen Stellen ihre ganze Dicke auszumachen ſcheinen. In dieſen Geflech— ten durchkreuzen ſich die Filamente ganz ſo wie die Nerven in den Geflechten der Gerebrofpinal = und Ganglien— Syſteme. Da nun dieſer Apparat ramifieirender Chorden und Geflechte weder Gefäße noch Cerebroſpinal-Nerven repräſentirt, ſo kam ich auf den Gedanken, daß derſelbe entweder Zellgewebe oder organiſche Nervenfaſer ſein müßte. Unter Zellgewebe, elaſtiſchen oder filamentöſen Geweben als ſolchen, verſtehen die Phyſiologen eine Structur, welche aus— ſchließlich mechaniſchen Zwecken dient. Wenn wir jedoch die Verbindungen der Chorden betrachten, ſo wird es offen— bar, daß ſie zu etwas mehr als zu bloß mechaniſchen Functionen beſtimmt find. Einige dieſer Chorden find 3/4 lang, während zwiſchen den Gefäßen, an welchen ſie ſich veräſteln, und der arachnoidea bei normaler Lage dieſer Theile wahrſcheinlich kaum 1/4” Zwiſchenraum vorhanden iſt. Außer— dem können die dichten und verhältnißmäßig maſſiven Ge— flechte, welche längs einiger Chorden zerſtreut liegen, ſowie die Ausbreitungen, in welche andere übergehen, bevor ſie zur arachnoidea gelangen, auf keinerlei Weiſe zur Befeſti— gung der Verbindung zwiſchen der Membran und den Ge— fäßen oder zur Ausgleichung des gegenſeitigen Gewichtes beitragen. Möglicherweiſe mag mancher, der das zellig— vasculäre Gewebe nur im Allgemeinen betrachtet, dasſelbe nur dafür beſtimmt halten, den die Cerebroſpinal-Flüſ— ſigkeit enthaltenden Raum zu theilen, wie die Knochenzel— len in der Höhle einiger Knochen — allein es iſt keine Ahnlichkeit zwiſchen dieſen beiden Geweben vorhanden, um jene Annahme wahrſcheinlich zu machen. Endlich giebt der Um— ſtand, daß die Chorden ſich gleich einer Arterie oder einem Nerven veräſteln, ein Kennzeichen ab, welches ſich an bloßen fibröſen Bändern nicht vorfindet und anzudeuten ſcheint, daß die Chorden irgend eine Lebens-Funection zu erfüllen haben, 39, II. 17. 260 indem die Namificationen an dem einen Ende der Chorde irgend eine in der arachnoidea zu Stande gekommene Wirkſamkeit in ſich concentriren und der Stamm und die Verzweigungen an dem anderen Ende dieſe Wirkſamkeit dann an die entſprechenden Partien vertheilen. Um die Richtigkeit dieſes Schluſſes zu prüfen, ſtellte ich einen Vergleich zwiſchen den Filamenten der Chorden und verſchiedenen Theilen der arachnoidea ſelbſt mit wahren ſympathiſchen Nerven, namentlich mit Aſten vom plexus solaris an. In den Chorden der arachnoidea fand ich 3 verſchiedene Arten von Filamenten, welche insgeſammt auch in den ſympathiſchen Nerven vorhanden ſind; dieſelben ſind die gekernten, die Bündel- und die Chorden-Fibern. Die mikroſkopiſche Unterſuchung ferner gab dasſelbe Reſultat, ſo daß demnach die Chorden als organiſche Nerven zu betrach⸗ ten ſind, deren Ausgangspunkt die arachnoidea iſt. — Ich komme nun zu dem Corpuscular- oder Ganglion = Theile dieſer Membran. An einigen plexus der Cerebralfläche der⸗ ſelben find die Zwiſchenräume, welche die ſich durchkreu⸗ zenden Fibern bilden, durch kleine rundliche Körperchen von der Größe der Blutſcheibchen vollſtändig ausgefüllt, während an anderen jene Fibern mit unregelmäßig ovalen Maſſen derſelben bedeckt ſind. An derſelben Fläche finden ſich auch hier und da deutlich umſchriebene runde oder ovale Körper, welche in der Mitte einen von fibröſem Gewebe umgebenen granulirten Kern haben. Einige dieſer Körper ſtehen mit den Faſern der arachnoidea durch einen ſehr feinen Faden in Verbindung, andere wiederum liegen an der Vereinigungs— ſtelle zweier oder mehrerer fibröſer Chorden, und ihr Durchmeſſer variirt von dem Durchmeſſer zweier bis ſieben Blutkügelchen. Sie find meiſt ſolitär und nicht zahlreich, jedoch ſtets vor— handen und ſehen kleinen Ganglien ſehr ähnlich. Neben dieſen Körperchen kommen in der Subſtanz der arachnoidea ganz andere Körperchen vor, welche rund oder oval ſind, als mit Flüſſigkeit gefüllte Bläschen erſcheinen, und zuweilen mit einer Fiber der Membran zuſammenhängen; ihr Durch⸗ meſſer beträgt ¼5000 — 139800“. In den inneren Pacchio— niſchen Drüfen kommen ſie mit granulirter Materie gemiſcht vor. An einigen Stellen der arachnoidea finden ſich in der Nähe eines Haufens dieſer Körperchen Höhlen von ähn— licher Form und Größe, welche dieſelben früher enthalten zu haben ſcheinen. Dieſe Körperchen mögen entweder reine Neugebilde oder die Reſultate einer pathologiſchen Altera— tion ſein. Diejenigen mit der arachnoidea zuſammenhängenden Organe, welche in Bezug auf ihre Structur und demgemäß auch auf ihre Function den Ganglienkörperchen des sym- pathicus zu entſprechen ſcheinen, ſind die kugelförmigen Körper, welche die Zotten der Choroidalgeflechte bedecken. Dieſe Geflechte werden gemeinlich als Stücke der Hirn— membranen angeſehen; ſie liegen in den ſeitlichen und im vierten Ventrikel, und eine beträchtliche Portion derſelben bedeckt die Außenfläche des kleinen Gehirns an den unteren processus vermiformes. Sie beſtehen aus den Terminal— ſchlingen der Hirngefäße, welche von Chorden begleitet ſind, die aus der arachnoidea kommen, und von welchen einige mehr 261 oder weniger innig mit den Gefäßhäuten verbunden find, andere dagegen ſie nur bis zu ihren letzten Zotten beglei— ten und ſich dann in der Gefäßſcheide zu verlieren ſcheinen. Jene Chorden begleiten auch die individuellen Gefäße, welche von den Choroidplerus zu verſchiedenen Theilen der inneren Fläche der Ventrikel hingehen. Die Oberfläche des plexus iſt ſowohl innerhalb der Höhlen als an der äußeren Fläche des Gehirns von einer Schicht kugelförmiger Körper, ein jeder von dem Durchmeſſer zweier Blutkörperchen bedeckt, welche Schicht allgemein für eine Art von Würfelepithelium gehalten wird. Die mikroſkopiſche Unterſuchung weiſ't je⸗ doch nach, daß die einzelnen Körperchen Bläschen und keine Epithelialſchuppen ſind und Molecularmaterie ſowie einen ercentriſchen Kern enthalten; die von Purkinje entdeckte Wimperbewegung habe ich an denſelben nicht aufzufinden vermocht. Wenn man nun die an den Choroidalgeflechten befindlichen Körperchen mit denen der grauen Gehirnſubſtanz und den Ganglien des sympathicus vergleicht, ſo findet man zwiſchen beiden eine ſo frappante Analogie, daß man mit hoher Wahrſcheinlichkeit beiden auch analoge Functionen zuſchreiben kann. Ich muß hier bemerken, daß ich nicht jeden Theil der arachnoidea für dem Nervenſyſteme angehörig zu erklären gedenke, ſondern nur die Partien derſelben, welche aus weicher Corpuscularmaterie und den Ramificationen der zu den Arterien und Nerven hin verlaufenden Chorden beſtehen. Die anliegenden Flächen der arachnoidea und der dura ma- ter ſind zum Theil mit Würfelepithelium bedeckt und hän⸗ gen an einigen Stellen continuirlich zuſammen: aber die ganze Dicke der erſten bekleidet nicht die Cerebralfläche der letzten, indem die ſternförmigen und ſich veräſtelnden Fi— bern, welche die untere Fläche der arachnoidea zum grö— ßeren Theile bilden und ſich auf die Gefäße der pia mater fortſetzen, eine ſolche Art der Verbindung zwiſchen den beiden Membranen unmöglich machen. Die arachnoidea iſt von anderen ſeröſen Membranen darin verſchieden, daß ſie an verſchiedenen Stellen ganz von einander abweichende Charaktere darbietet, indem ſie bald dünn, weich, durchſichtig und granulirt, bald dick, ſtark, dunkel und fibrös iſt, und nicht wie die pleura u. ſ. w. nur eine freie Fläche, ſondern 2 freie Flächen hat. Sie ſcheint auch einen höheren Grad von Senſibilität und eine innigere und ausgedehntere Ver— bindung mit den Cerebroſpinalnerven als andere ſeröſe Membranen zu beſitzen. Außer ihrem Zuſammenhang mit der dura mater durch die Epithelialſchicht hängt fie mit derſelben auch durch feine, bald knotige, bald röhrenförmige Faden zuſammen, welche auch die äußere Fläche der arachnoi- den spinalis, namentlich an dem hinteren Theile der theca vertebralis, hier und da mit der dura mater verbinden und durchaus von dem ligamentum denticulatum zu unterſchei⸗ den ſind. Das mittlere septum, welches ſich von dem hinteren Theile der pia mater zur arachnoidea hinzieht, enthält ſich veräftelnde Fibern, welche von dieſer zu den hinter der pia mater befindlichen Gefäßen, ſowie zu denen dieſer Membran ſelbſt hinlaufen. 39. II. 17. 262 Die Arterien der arachnoidea ſind gering an Zahl, aber ziemlich groß, und in die Viſceralportion derſelben lau— fen Gerebrojpinalnerven hinein, welche in die Arachnoidal— fibern überzugehen ſcheinen. Die weiche Tertur und die erpandirte Form der arachnoidea ſprechen nicht gegen den nervöſen Charakter derſelben, indem dieſelben auch am sym- pathicus vorkommen. (Medico - chirurg. Transactions Vol. XXIX. 1846.) XXX. Über die innerſte Structur der menſchlichen Niere und über die Alteration derſelben bei der Bright ſchen Krankheit. Von Joſeph Toynbee. Anatomie der Niere. Das Parenchym der Drüſen, früher nur für ein die Gefäße verbindendes zelliges Netzwerk angeſehen, beſteht nach neueren Unterſuchungen aus Zellen und Körperchen, von denen die Zellen für die Proceſſe der Entwickelung, Ernäh— rung und Abſonderung von ungemein großer Wichtigkeit ſind. Dieſelben bilden faſt ausſchließlich die Beſtandtheile derjeni— gen Gewebe, welche im Normalzuſtande keine Blutgefäße enthalten, und tragen unter verſchiedener Formation zur Structur der feſten Theile des animaliſchen Körpers mit bei. Viele neuere Anatomen haben das Drüfenparenchym ziemlich vernachläſſigt und eine zu ausſchließliche Aufmerkſamkeit auf die Epithelialzellen gerichtet, welche die Wandungen der duc- tus excretorii auskleiden, und welchen die Function zuge— ſchrieben worden iſt, den auszuſcheidenden Stoff aus dem Blute zu eliminiren. Man erinnere ſich jedoch, daß viele der Drüſenblutgefäße, ſtatt über die Oberfläche der ausſchei— denden Röhren hin ſich zu veräſteln, ſich im Parenchym vertheilen, wo ohne Zweifel das in ihnen kriechende Blut durch die active Function der Parenchymalzellen für ſeine ſpätere Veränderung und Eliminirung vorbereitet wird. — Was das Verhältniß der Parenchymalzellen zu den Nerven betrifft, ſo ergiebt die genaueſte Unterſuchling der Niere nur, daß die Nervenfilamente damit enden, daß ſie continuirlich in das Parenchym übergeben. Neben den Parenchymalzellen finden ſich dieſen ziemlich analoge Zellen im Inneren der tubuli und Blutgefäße, welche letzten oder Intratubular— zellen am Hoden weit zahlreicher ſind, als die erſten oder Intertubularzellen. Die Harnröhrchen find nahe an den Spitzen der processus mammillares ſo dicht zuſammengehäuft, daß ſie faſt einander zu berühren ſcheinen und nur durch wenig Parenchym und einige Blutgefäße von einander getrennt ſind. Gegen die Baſis der Pyramidalmaſſen hin dagegen theilt ſich dieſes Röhrenbündel in eine Menge kleinerer Röhren, welche durch kegelförmige Haufen von Blutgefäßen von einander getrennt und mit ihrer Baſis der Corticalſubſtanz zuge— wendet ſind. Alle zwiſchen dem Gipfel und der Baſis der Pyramidalmaſſe gelegenen Röhren haben durchweg gleiche * A 263 Durchmeſſer, und obgleich viele derſelben ſich in zwei Aſte ſpalten, ſo bleibt doch ein jeder Aſt eben ſo weit, als die urſprüngliche Röhre. Sogleich nach ihrem Eintritte in die Corticalhülle löſen ſich die oben beſchriebenen Röhrenbündel in die ſie zuſammenſetzenden Röhren auf, welche ſich dann durch jeden Theil des vasculären Gewebes hin vertheilen, indem einige die Richtung der äußeren Fläche, andere die der zwiſchen den Pyramiden befindlichen Zwiſchenräume vers folgen. Die Vertheilung der Röhren in der Corticalſubſtanz findet auf eine ſehr complicirte Weiſe Statt, indem dieſelben ungemein viele Krümmungen, Geflechte, Windungen und Er— weiterungen darbieten. Zuweilen macht eine aus den Py⸗ ramiden hervorkommende Röhre plötzlich eine raſche Wendung, läuft eine Strecke weit rückwärts und nimmt dann ihre frühere Richtung wieder an. Andere laufen gegen die Oberfläche des Organes hin und ſenden auf ihrem Wege Aſte aus, welche oft eben ſo groß ſind, wie ſie ſelbſt. Je näher die Röhren der Oberfläche kommen, deſto zahlreicher werden ihre Veräſtelungen, welche mit denen anderer Röhren bunt durch— webte Geflechte bilden. Außer den letzten bilden die Röhren in der Corticalſubſtanz Convolute und zuweilen deutliche Erweiterungen und Schlingen — ſie endigen in den Mal— pighiſchen Körperchen. Die Röhren an der Oberfläche der Niere ſind regelmäßiger angeordnet, als die im Inneren des Organes; ſie bilden häufig Maſſen oder Bündel, welche zu— weilen durch einige Verlängerungen mit einander verbunden ſind, ſowie auch Windungen und Erweiterungen. Was die Endigungen der Harnröhrchen betrifft, ſo enden dieſelben theils auf die Weiſe, daß ſie in einander übergehen, theils laufen ſie in die Malpighiſchen Körper aus, durch deren Capſel ſie hindurchgehen. Die Arterien der Niere. Die Hauptart der Endi— gung der Nierenarterien iſt die in den Malpighiſchen Körpern. Dieſe finden ſich allein in der Corticalſubſtanz der Niere und liegen ſtrahlenförmig som Centrum gegen die Oberfläche des Organes hin in den Zwiſchenräumen der Röhrenſäulen. Sie beſtehen aus einem Geflechte von Blutgefäßen und einer membranöſen Capſel, welche jenes Geflecht vollſtändig um— hüllt und dem Körperchen ſeine kugelige Form giebt; aus dem Geflechte tritt dann das vas ellerens aus einer Stelle der Capſel wieder heraus. Die Venen der Niere ſind, gleich den Arterien der— ſelben, wegen ihrer großen Dimenfionen bemerkenswerth. Die Stämme beginnen an der Oberfläche des Organes in Form kleiner ſternförmiger Zweige, welche, durch die Rindenſubſtanz hindurchgehend, durch die Verbindung mit zahlreichen Ver— äſtelungen an der Baſis der Pyramiden bedeutend an Um— fang zunehmen. Nachdem ſie darauf die Venen der Röhren— ſubſtanz in ſich aufgenommen haben, bilden ſie die größeren Gefäße, welche das Becken umgeben und endigen zuletzt in die y. renalis. Die ſogenannten Ferrein'ſchen Pyramiden ſind nichts anderes, als die Ramificationen der Venen. Die Venengeflechte an der Oberfläche der Niere, ſowie die in den Pyramiden ſcheinen eben ſo gut Behälter für das venöſe Blut abzugeben, wie die corpora Malpighiana für das arterielle. 39. II. 17. 264 Pathologiſche Bemerkungen. Die eigentliche Urſache des morbus Brightii ift ohne Zweifel die Circu⸗ lation einer ungewöhnlich großen Quantität kohlen- und ſtickſtoffiger Elemente in dem Blute der Niere. Dieſer ano⸗ male Zuſtand kann bei den wohlhabenderen Ständen durch eine zu kräftige Nahrung uud Mangel an Bewegung, ſowie bei der ärmeren Claſſe durch den Mangel an genügendem Sauerſtoffe in der Luft ihrer engen und ſchlecht ventilirten Wohnungen und durch den häufigen Genuß gegohrener und ſpirituöſer Getränke zu Stande kommen. Die letzte Wirkung jenes Übergewichtes von Kohlenſtoff im Blute iſt die Abla— gerung von Fett in der Niere. Das Übel läßt ſich ſeinem Verlaufe nach in drei Sta— dien eintheilen, welchen wahrſcheinlich ein Zuſtand von Con⸗ geſtion, von Reizung vorangeht. Erſtes Stadium. Die Niere iſt vergrößert, und erweiterte und mit Blut überfüllte corpora Malpighiana er- ſcheinen als zahlloſe ſchwarze Punkte, zwiſchen welchen ſchon weiße Punkte — Ablagerung von Fett — ſichtbar werden. Die Arterien, Venen und Capillargefäße, ſowie die Capſel der Körperchen und die Harnröhrchen ſind bedeutend erweitert. Zweites Stadium. Die Niere hat ſehr an Um: fang zugenommen, ihre Oberfläche iſt glatt und mit zahl— reichen weißen Punkten bedeckt, die Capſel adhärirt nur locker an der Oberfläche, und das Gewebe des Organes iſt ſchlaff. Die Arterien der corpora Malpighiana haben einen acht bis zehn Mal größeren Umfang, als gewöhnlich, ſie ſind gewunden, zuweilen wie varikös angeſchwollen und in allen ihren kleinſten Aſten bedeutend vergrößert. Auch die Nieren— arterien und ihre Aſte ſind erweitert; die Capſeln der Kör— perchen weit voluminöſer, als früher, und die Harnröhrchen erweitert und in Waffen einander aggregirt; die Parenchym⸗ zellen ſind gleichfalls vergrößert und mit Fettablagerungen gefüllt. Drittes Stadium. Die Niere iſt kleiner, als im Normalzuſtande; auf ihrer mehr oder weniger gelappten Oberfläche ragen harte, weiße Körnchen hervor, die Capſel iſt adhärent, große Bläschen hier und da verſtreut und klei— nere über die ganze Oberfläche hin verbreitet. Die Arterien find mehr contrahirt und ſchwer zu injiciren, und die Cap— ſeln der Körperchen gleichfalls zuſammengezogen. Die Venen bieten an der Oberfläche des Organes eine eigenthümliche Sternform dar, welche die Folge der Compreſſion ihrer Stämme und der Contraction des Organes iſt. Die Harn: röhrchen ſind weiter, als vordem und in runden Maſſen zu— ſammengehäuft, welche die Körnchen an der Oberfläche bilden. Dieſe ſind von mattweißer Farbe und gewöhnlich mit Fett angefüllt, zuweilen enthalten ſie auch Blut und ſehen dann dunkel aus. Die Röhrchen find mit Fettzellen, granulirter Materie, verſchiedenen Partikelchen und Blutkügelchen ange⸗ füllt. Das Parenchym iſt hart und beſteht aus verlängerten, ſternförmigen Zellen, von deren Winkeln feine mit einander communicirende Faden ausgeben. (Medico-chirurg. Transact., Vol. XXIX. 1846.) 265 Miſcellen. 40. Eine Anecdote von americaniſchen Schwei⸗ nen. Als wir uns einem Pachthofe an der americaniſchen Seite des St. Clair-⸗Fluſſes, der dem Capitain unſeres Dampfſchiffes gehörte, näherten, ſah ich die zu dem Gute gehörigen Schweine grunzend ans Ufer kommen, was, wie Einwohner des Gutes mir verſicherten, bei der Ankunft keines andern Dampfſchiffes geſchah. Der Capitain erzählte mir, daß auf ſeinem Schiffe der Abfall für die Schweine aufbewahrt und gleich nach der Landung zu ihrer Fütterung ans Ufer gebracht werde. Die Thiere hatten, während der Sommermonate an dieſe köſtliche Einfuhr gewöhnt, von dieſem Schiffe das Getöfe des durch die Nöhre ſtrömenden Dampfes unterſcheiden gelernt und eilten, wenn ſie in der Entfernung einer halben Meile 39. II. 17. 266 ſeine Ankunft vernahmen, dem Ufer zu, während ſie das Geräuſch anderer Dampfböte nicht beachteten. Aus dieſem merkwürdigen Bei⸗ ſpiele erſehen wir die Möglichkeit, mit Hilfe der Eßluſt die Fähig⸗ keiten der Thiere zu vermehren und den bündigen Beweis, wie alle ſchweineartigen Thiere durch einen Überfluß an Spülicht zur Ver⸗ nunft zu bringen find. (Featherstonhaugh’s Canoe Voyage up the Minnay Sotor.) 41. Ein Einhorn. Bei den Erdarbeiten an der New: caſtle- und Berwick-Eiſenbahn fanden die Arbeiter in der Nähe von Bothal Caſtle das Gerippe eines Thieres, das ein einziges Horn, aus der Mitte des Vorderkopfes entſpringend, hatte. Die Arbeiter ſchenkten es an Hrn. Joh. Cragg, Uhrmacher zu Morpeth. (The Zoologist, March 1847.) Seilt (XLL) über die Diaſtaſe der symphysis sacro-iliaca. Von Hrn. Kluyskens. Die Wiſſenſchaft hat ſo wenige authentiſche Fälle von dieſer Verletzung aufzuweiſen, daß die in der Abhandlung des Hrn. Kluystens enthaltenen Beobachtungen unſtreitig den intereſſanteſten Theil derſelben bilden. Wir werden die— ſelben daher hier mittheilen und ihnen diejenigen anreihen, welche Hr. Meulewaeter in ſeinem Berichte über die Ars beit des Hrn. Kluyskens aufgezeichnet hat. Erſte Beobachtung. — Ein großes und ſtarkes Mädchen von 24 Jahren fiel aus einer Höhe von 6 Fuß herab. Herr v. Block, welcher die Kranke am 11. Mai 1798 beſuchte, fand, daß fie an der linken tuberositas ossis ischii, welche beim Falle auf den Boden aufgeſchlagen war, furchtbare Schmerzen litt. Die unteren Extremitäten waren gleich lang, und die linke zeigte keine abnorme Abweichung oder Drehung. Die Kranke konnte ohne Schwierigkeit aufſtehen, und ein Knirſchen war nirgends zu fühlen. Der Arzt hielt die Sache für eine ſtarke Contuſion (Aderlaß, Ruhe, zertheilende Umſchläge). Nach acht Tagen hatten ſich die Schmer⸗ zen faſt durchaus gelegt. Man empfahl der Kranken, ſich noch einige Zeit ruhig zu verhalten, dann nur von Zeit zu Zeit aufzu⸗ ſtehen und ſich beim Gehen ſehr zu ſchonen. Or. v. Block hatte dieſe Patientin aus dem Geſichte verloren, als er fie am dreißigſten Tage nach dem Unfalle ſehr hinkend wieder ſah. Sie erzählte ihm, am dreizehnten Tage habe, obwohl ſie noch das Bett gehütet, das linke Vein angefangen, ſich betrachtlich zu verkürzen. Sie ſei dann aufgeſtanden und habe den Verſuch ge⸗ macht zu gehen; allein jemehr ſie gegangen, deſto ftärfer ſei die Vers fürzung und folglich das Hinken geworden. Man veranlaßte ſie, einige Schritte zu gehen, und jedes Mal, wenn fie ſich auf das linke Bein ſtützte, wurde der Körper fo ploͤtz⸗ lich und ſtark auf die linke Seite gebogen, daß es ſchien, als ob ſich der obere Rand des Darmbeines plotzlich den falſchen Rippen nähere. Ferm und Bewegungen der linken Extremität waren fo regelmäßig und normal, wie am erſten Tage, nur bemerkte man, daß die crista des linken Hüftbeines eine böhere Stellung hatte, als die des rechten. Wenn man ven oben nach unten auf dieſelbe drückte, fo gab der Knochen nach und ſtieg herab, die beiden cristae iliacae gelangten zu gleicher Hohe, und zugleich boten beide Beine wieder ihre natürliche gleiche Lange dar. Horte man auf zu drücken, ſo verkürzte ſich das linke Bein von neuem, jedoch gan allmälig. An dieſen Symptomen erkannte man, daß das Leiden in einer unde. Diaſtaſe oder Trennung des Gelenkes des os innominatum mit dem En beftehe. Die Verkürzung des linken Beines betrug gegen oll. Nachdem eine Conſultation über die Behandlung gehalten wor— den, beſchloß man, den permanent ausdehnenden Apparat des van Geſſcher anzuwenden, durch welchen das Bein auf einer harten Unterlage in horizontaler Richtung, gleichſam mit dem Becken aus einem Stücke beſtehend und in unausgeſetzter Streckung gehalten wird. Die Ausdehnung wurde durch einen ganz ähnlichen Apparat, wie bei der Deſſault ſchen Schiene, bewirkt. Ein 8 Zoll breiter lederner Gürtel ward ſo angelegt, daß deſſen oberer Rand die erista iliaca bedeckte, während der untere dem unteren Theile des Heiligenbeines entſprach. Ein Gehilfe zog zugleich am linken Fuße, und erſt, nachdem dieſer mit dem rechten ganz gleich war, wurde der Gürtel, ſowie die Ausdehnungsriemen feſt angezogen. Der Apparat ward am 13. Juni angelegt und bis zum 15. Sep⸗ tember zwei Mal von neuem befeſtigt. An dieſem Tage wurde er, mit Ausnahme des Gürtels, abgenommen. Die Kranke, bei welcher während dieſer Behandlung durchaus kein ungünſtiger Umſtand vor gekommen war, blieb noch acht Tage im Bette. Dann ſtand ſie auf und ging, und nach und nach wurden ihre Bewegungen wieder fo regelmäßig und kraftig, als ob ihr nie etwas zugeſtoßen ſei. Fünfzehn Jahre nach dem Zufalle ſah ſie der Arzt wieder; ſie hatte ſich bis dahin ſtets der beſten Geſundheit erfreut. Zweite Beobachtung. — Ein 19jähriges Madchen machte, als fie am 30. Mai 1810 in der Kirche auf den Knieen lag, plöß: lich eine raſche Bewegung, um die Hand bis auf eine gewiſſe Ent⸗ fernung links zu bringen, und fühlte in demſelben Augenblicke einen ſehr ſtarken Schmerz etwas über der rechten Hüfte, wobei ſie ein Gerauſch hörte, als ob ein Stück Kattun zerriſſen werde. Als ſie zu Hauſe angelangt war, legte ſich der Schmerz ein wenig und ſie konnte gehen. Da jedoch nach Verlauf von zehn Tagen die Symptome noch anhielten, fo fragte fie einen Arzt um Rath, der, nachdem er einige Einreibungen verordnet, ihr empfahl, nichts weiter zu thun und die Sache abzuwarten. Judeß hatte das rechte Bein angefangen ſich zu verkürzen, und die Verkürzung ward immer auffallender. Hr. v. Block ward am 29. Juni conſultirt. Der rechte Fuß ſtand um drei Querfinger höher, als der linke; die Bewegungen des Hüftſchenkelgelenkes waren nicht behindert. Die Kranke konnte den Fuß beliebig nach innen und außen bewegen und das Bein als ein Ganzes heben, woraus ſich mit Sicherheit ergab, daß keine Verrenkung und kein Bruch des feınur vorlag. Die ossa pubis hatten ihre normale Verbin⸗ dung; allein der hintere Theil des rechten os ileum war beweglich und ſchmerzhaft, und feine crista höher und dem unteren Rande der letzten falſchen Rippe näher, als die der anderen Seite. Als Hr. v. Block ven oben nach unten kräftig auf die rechte criste 267 iliaca drückte, kamen beide Fuße in völlig gleiche Höhe. Als er zu drücken aufhörte, ſtieg der rechte Fuß allmälig wieder in die Höhe und gelangte wieder zu feinem vorigen Niveau. Dasſelbe Manöver wurde noch ein Mal mit dem nämlichen Erfolge aus— geführt. Da die Trennung des os innominatum von dem sacrum deut— lich vorlag, ſo legte Hr. v. Block am 4. Juli den Apparat an, welcher ihm im vorigen Falle ſo gute Dienſte geleiſtet hatte. Den 11. war derſelbe locker geworden und mußte daher friſch angelegt werden. Derſelbe Zufall fand am 20. Statt, und veran⸗ laßte eine Verkürzung von 1½ Querfinger. Man ſchrieb dies der Unfügſamkeit der Patientin zu, welche nicht ruhig lag und mit dem Kopfe immer ſehr hoch liegen wollte. Als man ihr die Folgen vorſtellte, welche dieſe Störungen haben könnten, wurde ſie ver— nünftiger. Noch ein Mal, am 2. Aug., wurde der Apparat wieder angelegt, und von da bis zum 3. October noch zwei Mal feſtge— zogen. Dann war die Heilung vollendet; indeß ließ man die Kranke noch fünf Tage das Bett hüten. Sie ſtand nachher auf und iſt ſeitdem wieder zu dem vollen Gebrauche ihrer Kräfte gelangt. Dritte Beobachtung. — Dieſe rührt von Hrn. Kluys⸗ kens, dem Vater des Verf., her. Ein Diligence-Conducteur wurde von dem Wagen aufs Pflaſter geſchleudert, wodurch eine Trennung der artic. sacro-iliaca entſtand, welche binnen ſechs Wochen curirt wurde. Vierte Beobachtung. — Von demſelben. Der Patient war ein Handarbeiter, welchem ein ziemlich ſchwerer Balken von einer gewiſſen Höhe herab auf den Rücken fiel. Die Erſchütterung des Ruͤckenmarkes wirkte nachtheilig (lähmend 2) auf die Blaſe und den Maſtdarm. Beide gelangten nach einiger Zeit wieder in ihren normalen Zuſtand; die Heilung des Hauptübels nahm aber ſechs Monate in Anſpruch. Fünfte Beobachtung. — Von Hrn. Verbeek. Ein junges ziemlich kraͤftiges Mädchen von lymphatiſch-ſanguiniſchem Temperamente fühlte, in Folge eines Sturzes, Schmerz in der Hüfte. Sie konnte nicht gehen und ließ ſich ins Hoſpital bringen, wo Hr. Verbeek eine Diaſtaſe der artic. sacro-iliaca erkannte. Die Hei— lung erfolgte, aber langſam und wurde lediglich durch einen um den Leib gelegten Verband bewirkt. Anfangs wurde die Ausdeh— nung mittels eines über eine Rolle hin an dem Fuße ziehenden ſchweren Gewichtes bewirkt, welches man aber ſpäter bei Seite legte. Die drei letzten Beobachtungen ſind nicht ausführlich genug geſchildert; allein wir haben ſie wörtlich ſo entlehnt, wie ſie ſich in Hrn. Meulewaeters Bericht finden. Da der wahre Gewinn für die Wiſſenſchaft in Betreff einer noch ſo unvollſtändig unterſuchten Verletzung beſonders in Thatſachen beſteht, ſo halten wir es für nützlicher, hier alle uns bekannt gewordenen Fälle von diastasis sacro-iliaca anzuführen, als eine allgemeine Geſchichte dieſes Leidens zu jtizziven, zu der wir noch nicht hinlängliche Materialien beſitzen. Außer den obigen fünf Fällen finden wir in Bü— chern noch folgende: 1) Den von Philippe, Chirurgen von Chartre, im Aten Bande der Mémoires de Académie Royale de Chirurgie mitgetheilten. 2) Einen anderen, doch in Betreff der Natur des Lei— dens ſehr zweifelhaften, welchen Baſſius im Jahr 1731 in demſelben Bande desſelben Werkes beſchreibt. Es han— delte ſich dabei wahrſcheinlich nur um eine Lendenverdehnung. 3) Den von Enaur, Hoin und Chauſſier beob— achteten Fall, welcher in das Recueil des Memoires de l’Aca- demie de Dijon aufgenommen worden iſt, wo das Gewicht des Beines, während der Kranke an Krücken ging, in der Art wirkte, daß die Reduction Statt fand und die in den 39. IL 17. 268 eriten Tagen nach dem Unfalle bemerkbare Verkürzung des Beines verſchwand. 4) Einen von L'Héritier beobachteten Fall, wo, in Folge eines Sturzes, das os iliacum ſich als auf dem os sacrum beweglich zeigte. 5) Die von Hrn. Larrey erwähnten Fälle, wo Sol⸗ daten von einer matten Kugel getroffen worden waren, was eine diastasis sacro-iliaca zu Wege gebracht hatte. 6) Einen von Hrn. Harris im Journal des sciences medicales et physiques de Philadelphie, Vol. XIV erwähn⸗ ten Fall. 7) Eine von Hrn. Braket erwähnte Thatſache, wo, wie ſich bei der Section ergab, zugleich die symphysis pubis getrennt war. (S. Transactions of the medical and physi- cal society of Calcutta u. Gaz. med. de Paris 1833, p. 52.) 8) Zwei Beobachtungen des Hrn. Heidenreich (vgl. Gaz. méd. d. Paris, 1839, p. 634), welche viel Intereſſe darbieten, wiewohl ſich in beiden Fällen die Richtigkeit der Diagnoſe beſtreiten ließe. Dieſe Lifte iſt wahrſcheinlich undollſtändig, wird aber denen willkommen ſein, die ſich mit dem Studium dieſer noch ſo wenig unterſuchten Verletzung näher befaſſen wollen. (Gazette médicale de Paris, 10. Avril 1847.) (XLII.) Mikroſkopiſche Forſchungen in Betreff der Keratoſe (Ichthyosis auctorum). Von Hrn. Nicolucci. Nachſtehende Beobachtungen wurden don Hrn. Nico⸗ lucei an einer 70jährigen Frau angeſtellt, welche erſt ſeit fünf bis ſechs Jahren mit einer Ichthyoſe am Unterſchenkel behaftet war. Aus den Räumen zwiſchen den Zehen lief eine klare Feuchtigkeit, welche vorzüglich während der Nacht ſtark floß und die benachbarten Theile, mit der ſie in Be— rührung kam, reizte. Die ſich ablöſenden Schuppen wurden erſt mit unbe⸗ waffnetem Auge unterſucht. An der oberen Seite glichen ſie chagrinirtem Leder, indem ſie über und über mit Punkten beſetzt waren, um welche her ſich kleine Vertiefungen befanden. Auf der unteren Seite erſchienen ſie gefeldert, ſo daß ſie an das markartige Anſehen der Gelenkköpfe der Knochen erin⸗ nerten. Im Profil geſehen, ſchienen ſie aus einer Menge kleiner Stifte gebildet, deren eines Ende mit den Hautbe⸗ deckungen in Berührung war, während das andere ſich bis an die Oberflache des Ausſchlages erſtreckte, ſo daß die an der oberen Fläche der Schuppen wahrnehmbaren Punkte den oberen Enden dieſer Stiftchen, die Vertiefungen aber den zwiſchen den Stiftchen befindlichen Räumen entſprachen, ſo⸗ wie denn auch das gefelderte oder netzartige Anſehen der unteren Fläche der Schuppen, welches mit der inneren Stru⸗ ctur der Knochenköpfe Ahnlichkeit hatte, von den mit ein⸗ ander abwechſelnden Enden der Stifte und den Zwiſchen⸗ räumen zwiſchen dieſen herrührte. Alsdann wurden die Schuppen unter dem Mikroſkope unterſucht, da man denn das Vorhandenſein dieſer Stiftchen 269 deutlicher erkannte und zugleich wahrnahm, daß ſie hohl oder röhrig waren und mittels einer zwiſchen ihnen befindlichen Subſtanz an einander gehalten wurden. Jede dieſer Röhren war an dem mit der Haut in Berührung geweſenen Ende offen und an dem der Oberfläche des Ausſchlages zugekehr— ten Ende geſchloſſen und ein wenig dünner. Die die Röhr— chen überziehende äußere Membran ſchien homogen zu ſein und weder Zellen, noch Faſern darzubieten. Die Röhrchen waren an der Baſis 0 Linie ſtark. Im Innern der Röhren waren an deren Membran feſt⸗ hängende große Zellen von Yon — ½00 Linie Durchmeſſer mit Kernen von ½40 L. Durchmeſſer, von denen jeder ein Kernchen enthielt. Dieſe Zellen waren theils länglich, theils boten ſie mehrere unregelmäßige Facetten dar. Jede derſelben enthielt einen bis fünf Kerne. Vielleicht waren außer dieſen, an der Membran der Röhre feſtſitzenden Zellen noch andere vorhanden, welche ſich in der Höhlung dieſer Hauptzellen befanden. Die zwiſchen den Röhren befindliche Subſtanz beſtand aus Zellen von 100 — 180 Linie Durchmeſſer mit je einem bis drei ebenfalls mit Kernchen verſehenen Kernen. Die Zellen dieſer Subſtanz waren dicht an einander gedrängt, wodurch deren Unterſuchung bedeutend erſchwert ward, da man ſie, um ſie von den Röhren zu trennen, mit ſiedendem Waſſer behandeln mußte. Durch das Sieden ſchwoll auch die Subſtanz der Schup— pen an. Die Röhren, wie die zwiſchen ihnen befindlichen Zellen, werden in Eſſigſäure durchſichtiger; Salpeterſäure und Salzſäure greifen die Zellen in den Röhren ſchneller an, als die der Subſtanz zwiſchen den Röhren. Hierauf wurde die aus dem Fuße ſchwitzende Flüſſigkeit mikroſkopiſch unterſucht, und dabei fand ſich, daß ſie aus Serum beſtand, in welchem ſich ganz winzige Granulationen mit Zellkernen und bereits ausgebildeten Zellen von ver— ſchiedenem Durchmeſſer befanden. Die größeren Zellen hatten das Anſehen derjenigen, welche man theils in den Röhren, theils in der zwiſchen den Röhren befindlichen Subſtanz ge— troffen hatte. Dieſe Zellen unterſchieden ſich übrigens eben ſo wohl von denen des Blutes, als von denen irgend einer Art von Eiter. Dieſe mikroſtopiſchen Unterſuchungen verbreiten einiges Licht über die Natur der Ichthyoſe. Den meiſten Schrift⸗ ſtellern zufolge iſt bei dieſer Krankheit lediglich die epidermis afficirt, und ſie ſoll in einer Verdickung des Oberhäutchens beſtehen, welches ſich dann abſchuppe. Die vorſtehenden Er⸗ gebniſſe deuten jedoch darauf hin, daß das bei der Ichthyoſe wahrnehmbare neue Product viel mehr Ahnlichkeit mit anderen bornigen Gebilden habe. Bekanntlich beſteht die epidermis aus Zellſchichten, die ſich über einander vervielfältigen und, gleich allen übrigen organiſchen Geweben, ihre Vitalität und nährenden Stoffe von den darunter liegenden Theilen em⸗ pfangen. Hinſichtlich der bei der Jchthpoſe fecernirten Sub— ſtanz findet aber nichts dergleichen Statt. Eben ſo wenig hat dieſe Subſtanz in Anſebung der Structur mit den Fiſchſchuppen Ahnlichkeit, mit denen man fie verglichen hat. An den Fiſchſchuppen bemerkt man aller 39. I. 17. 270 dings auch Röhren; allein dieſelben verbreiten ſich ſtrahlen— artig von dem an der Haut feſtſitzenden Punkte nach der Oberfläche, und außerdem beſtehen ſie im Inneren nicht, wie die der Ichthyoſe, aus Zellen, ſondern aus kryſtalliſirten Kalkſalzen. Die Gewebe, welche dem der Ichthyoſe am nächſten kommen, ſind die Hörner der Ziegen, Schafe, Ochſen und insbeſondere der Hornſchuh der Pferde. Indeß laſſen ſich zwiſchen dieſen Geweben mehrere geringere Unterſchiede wahrnehmen. Das des Hornes beſteht allerdings aus der Länge nach geordneten Röhren, die inwendig mit Zellen, welche Kerne enthalten, gefüllt ſind; allein die Membran dieſer Röhren iſt nicht ſo dick, und es iſt auch nicht ſo oiel Zwiſchenröhrenſubſtanz vorhanden. Im Übrigen iſt die Abn⸗ lichkeit außerordentlich groß. Nach Obigem ſcheint Hrn. Nicolucei der Name ichthyosis durchaus nicht gerechtfertigt. Wollte man der Krankheit einen auf eine haltbare Vergleichung gegründeten Namen geben, ſo müßte man ſie vielmehr Keratoſe (vom Griechiſchen #800 , Horn) nennen. (Gazette médicale de Paris, 10. Mars 1847.) (ALI) über das Aſthma der ſerophulöſen, rhachi— tiſchen oder phthiſiſchen Kinder. Von Dr. Brunache. Seitdem man in Frankreich durchgehends darüber einig iſt, daß das acute Aſthma der Kinder nicht durch das An— ſchwellen der Bruſtdrüſe hervorgebracht wird, wie deutſche Arzte behauptet hatten, iſt die Atiologie dieſer gefährlichen Krankheit der Gegenſtand vieler intereſſanten Abhandlungen geweſen, und man hat nach einander viele Urſachen an die Stelle der Geſchwulſt der thymus geſetzt. Darin ſtimmen aber alle Meinungen überein, daß das acute Aſthma vor— zugsweiſe bei ſchwachlichen, rhachitiſchen oder zu Seropheln geneigten Kindern vorkommt. Daß die im zarten Kindes⸗ alter ſelten ausgebildeten Seropheln eine weniger wichtige Rolle ſpielen, als der Rhachitismus, und daß man die eine Krankheit häufig mit der anderen verwechſelt habe, iſt die Meinung des Hrn. Hérard, die er in einer trefflichen Diſſertation unlängſt bei der Pariſer medieiniſchen Facultät vertheidiget hat, und wir pflichten ihm in dieſer Anſicht vollkommen bei. Allein hierauf kommt hier nicht viel an, und wäre Hr. Brunache auch in jenen Irrthum verfallen, ſo würde dies der Bedeutſamkeit der Anſicht, welche er gel— tend zu machen ſucht, keinen Eintrag thun. Der Verfaſſer beſchränkt ſich nicht darauf, zwiſchen dem Rhachitismus und den Seropheln einerſeits, und dem acuten Aſthma der Kinder andererſeits einen einfachen entfernten Cauſalnerus conſtatiren zu wollen, ſondern glaubt, daß dieſe beiden Leiden in einer weit directeren Beziehung zu einander ſtehen, die er zwar an ſich nicht nachzuweiſen vermag, welche ihm aber aus der Therapeutik klar hervorzugehen ſcheint. In Fällen, wo die antiſpasmodiſchen und anderen üblichen Mittel den Dienft verſagten, hat er ganz einfach ſolche Medicamente angewandt, 271 welche gegen Rhachitis und die Scropheln angezeigt ſind, und dieſen ſind die Krämpfe ſofort gewichen, ſo daß er dieſe Mittel nicht ſowohl gegen die conſtitutionellen Krank— heiten, durch welche die Krämpfe bedingt werden, als viel— mehr direet gegen dieſe verordnet. Sein Verfahren iſt fol— gendes. Wenn er zu einem Kinde gerufen wird, welches gerade am Krampfe leidet, ſo wartet er den erſten Augenblick ab, wo derſelbe nachläßt, um ſo lange Ipecacuanhaſyrup zu reichen, bis Erbrechen erfolgt. Gleich darauf läßt er ein Klyſtir von einer Infuſton auf 60 Gramm Lindenblüthen und 5 Gramm Orangeblüthenwaſſer oder 2 Grammm Kirſchlorbeerwaſſer ſetzen. Zugleich wird dem Kinde ein Löffel Leberthran eingegeben, und in die Achſelhöhlen, die Leiſtengegend und an den Seiten des Halſes wer— den Einreibungen mit einer Jodkaliſalbe vorgenommen. Der Leberthran wird in der Art fortgereicht, daß der Pa— tient am erſten Tage 15 Grammen, an den folgenden je 30 Grammen erhält, während zu den Einreibungen alle 24 Stunden 4 Gramm Kaliumiodur verwendet werden. „Ich habe“, jagt Hr. Brunache, „jedes Mal ſchon 12 Stunden nach dem Beginne dieſer Behandlung eine Verminderung in der Heftigkeit der Anfälle und am dritten oder vierten Tage das gänzliche Ausbleiben derſelben beobachtet.“ Der Verfaſſer beſchreibt kürzlich fünf Krankheitsfälle, bei denen dieſe Behandlung in Anwendung kam. Bei dreien unter dieſen Patienten waren die Drüſen in der Hals- und Unter— leibsgegend geſchwollen, der vierte huſtete ſeit der Geburt und deſſen Mutter war phthiſiſch; beim fünften war, außer der Geſchwulſt der Drüſen, eine ſtarke Verkrümmung des Rückgrates wahrzunehmen. Alle wurden vor Ablauf des vierten Tages vom Krampfe geheilt. Man hat bereits darauf aufmerkſam gemacht, wie ge— ſchwind manche allgemeine hygieniſche Mittel, z. B. die Ver— ſetzung der Kinder aufs Land, die Anfälle des Aſthma heben. Die Abhandlung von Marſh über den Krampf der glottis enthält in dieſer Beziehung eine ſehr intereſſante Beobachtung, und wir ſelbſt könnten aus unſerer Praxis eine ähnliche an— führen. Allein noch Niemand hat, unſeres Wiſſens, den anſcheinend einzig gegen den Rhachitismus oder die Sero— pheln angezeigten Mitteln, wie dem Leberthran oder dem Kaliumiodur, eine ſo ſchnelle Wirkſamkeit gegen das acute Aſthma zuerkannt. Gegenüber den von Hrn. Brunache 39. II. 17. 272 mitgetheilten Beobachtungen können wir den praktiſchen Arzten nur den Wunſch ausſprechen, daß ſie dieſe Erfahrungen, wo möglich, durch neue Beobachtungen beſtätigen möchten. (Gazette médicale de Paris, 27. Mars 1847.) Miſcellen. (38) über Einſpritzungen von Schwefeläther in den Maſtdarm handelt Hr. V. Dupuy in einer der Pari⸗ ſer Akademie der Wiſſenſchaften am 5. April mitgetheilten Notiz. Er glaubte durch dieſe Einführungsart des Athers in den Or⸗ ganismus möglicherweiſe eine Vervollkommnung des Atherifirens zu erreichen. Verſuche an drei Hunden und einem Kaninchen beſtätigten, daß ſich auf dieſe Weiſe eine vollſtändige Unem⸗ pfindlichfeit erlangen ließe. Die Veränderung der Farbe des Arte⸗ rienblutes, welche man nach dem Einathmen der Atherdämpfe be⸗ obachtet hat, und die auf mehr oder weniger fortgeſchrittene Aſphyrie hindeutet, fand nicht Statt. Es iſt alſo nicht nöthig, daß den Nervencentren desorygeniſirtes Blut zugehe, um Gefühlloſigkeit zu erzeugen. Hr. Dup uy hält demnach dieſes Verfahren für gefahr⸗ loſer, als das Einathmen. Man hat keine Aſphyrie zu fürchten und kann die Doſis des Athers genauer beſtimmen. Die Einbrin⸗ gung in den Magen wäre, wie ſich aus Hrn. Flourens! Ver⸗ ſuchen ergiebt, nicht nur für den Patienten unangenehm, ſondern der Geſundheit ſehr nachtheilig. Hrn. Dupuy's Verſuche be⸗ weiſen: 1) daß das Empfindungsvermögen durch Einſpritzen von Ather in den Maſtdarm aufgehoben wird; 2) daß die Atheriſation eben ſo ſchnell eintritt, als beim Einathmen von Atherdämpfen; 3) daß durchaus kein Symptom von Aſphyrie erfolgt; A) daß dieſes Verfahren in jeder Beziehung mit mehr Sicherheit angewandt wer— den könne, als das Einathmen. (Gazelte med. de Paris, 10. Avril 1847.) ’ a (39) Über den Einfluß des Atheriſirens auf die Circulation und die Leibesfrucht hat Hr. Amuſſat der Akademie der Wiſſenſchaften zu Paris am 8. März neue Erfahrun⸗ gen mitgetheilt, aus denen hervorzugehen ſcheint, daß die bis zur Gefüͤhlloſigkeit geſteigerte, durch das Einathmen von Schwefeläther erzeugte Trunkenheit eine wahre Aſphyrie ſei, die ſich am beſten durch Einathmen von reiner Luft, indem man die Reſpiration durch Drücken auf den thorax begünftigt und indem man die Arterio⸗ tomie vornimmt, um die Blutgefäße ſchnell zu leeren, beſeitigen laffen. Er hat in mehreren Fällen gefunden, daß das Blut nach dem Einathmen von Schwefelätherdämpfen flüſſiger und weniger gerinnbar war, was in Betreff der Operationen von Wichtigkeit iſt, da ſich die feinen und mittelſtarken Gefäße leichter auffinden laſſen. Auch ſcheint die Reaction nach den Operationen bedeutend geringer zu fein, als wenn feine Atherdämpfe eingeathmet worden find. Rückſichtlich der Entbindungen beweiſen die bis jetzt an Thieren angeſtellten Verſuche, daß der Schwefeläther auch auf die Leibes⸗ frucht einwirkt, welche jedoch ſich von dem aſphyktiſchen Zuſtande ſchnell wieder erholt. (Gaz. méd. de Paris, 13. Mars 1847.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Johnson, G. W. — The Grape Vine: its Culture, Uses and Hi- story. By George W. Johnson. Vol. 2. 12°. (pp. 156, cloth, 2 sh. 6d.) London 1847. Watson, H. C. — Cybele Britannica; or, British Plants, and their Geographical Relations. By Hewett Cottrett Watson. 8°. (pp. 476 cl., 10 sh. 6d.) London 1847. Green, J. H. — Mental Dynamics, or Groundwork of a Pro- fessional Education: the Hunterian Oration before the Royal College of Surgeons of England, 15. Febr. 1847. By Joseph Henry Green. F. R. S. 8°. (pp. 66 cl., 4 sh.) London 1847. L’ether, ses applications et ses effets sur homme, insensibilite a la douleur dans les operations chirurgicales. Quelques mots sur le magnetisme. Par Edmond Lunglebert. Deuxieme edi- tion. In 18 d’une flle. Paris 1847. Experiences relatives aux eflets de l’inhalation de l’ether sul- furique sur le systeme nerveux; par F. H. Longet. In 8°. de 3 feuilles /. Paris 1847. Traité theorique et pratique des maladies des yeux; par L. A. Desmdres, docteur en medecine etc. avec 78 figures interca- lees dans le texte. In 8°. de 57 flles. Paris 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeitichrift, in dritter Weihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. N. Froriep zu Weimar. No. 40. (Nr. 18. des II. Bandes.) Mai 1847. Druck und Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptolrs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3½ Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXXI. Unterſuchungen über den Dicotyledonen Stengel. Von Dr. Daſſen “). (Fortſetzung und Schluß.) ) So beobachtet man bei Heracleum spondylium oben am Stengel in der Nähe der Vereinigung mit den Zweigen ge— wöhnliches ſecundäres Holz; mehr nach unten wird das— -felbe bündelförmig, wie bei der Rübe, nur mit dem Unter— ſchiede, daß die Bündel hier dicker ſind und weniger unter einander zuſammenhängen. Augenfälliger iſt bei dieſem Holze der Einfluß der Blätter auf deſſen Bildung, als bei dem gewöhnlichen ſecundären Holze. Die Rinde läßt erſt dort los, wo das Auge anfängt, und dies erſtreckt ſich nach unten hin, wie es bei der gewöhnlichen Scorzonere ſehr leicht wahrzunehmen iſt. Bei dieſer Pflanze glückte es dem Verfaſſer, ein mit dem Auge zuſammenhängendes Bündel in der Mitte des Stengels endigen zu ſehen, während andere aber ſchon viel weiter nach unten hin ſich erſtreckten. Bei Paeonia iſt die— ſelbe Erſcheinung ſehr deutlich, wo die anſehnlichen Augen ſich in den Anſatzpunkten der unteren Blätter der in der Nähe des Bodens abgeſtorbenen Zweige entwickelt haben. Nicht ſelten iſt dieſer Zweig außer einem kleinen Theile der Rinde zwiſchen Auge und Stengel durchaus abgeſtorben. In einem ſolchen Falle entwickelt ſich das Auge wie ge— wöhnlich, aber ſchon während dieſer Entwickelung bildet ſich unterhalb des Auges zwiſchen der lebendigen Rinde und dem todten Holze ein Netzwerk von Bündeln, bei denen man ſehr beſtimmt die Ausbreitung derſelben von oben nach unten wahrnehmen kann. Später bildet ſich hier eine wahre Lage 2). Nieuw archief voor binnen - en buitenlandsche genceskunde in haren geheelen omvang, door Dr. J. van Deen. II. jaargang, II. stuk. Zwolle. ) Siehe No. 11 des vorigen Banves, No. 2120. — 920. — 40. ſecundären Holzes, die alsdann die urſprüngliche Einrichtung unkenntlich macht. Irrt Verfaſſer nicht, ſo hat Dupetit-Thouars dasſelbe bei Dracaena beobachtet. Er ſah nämlich bei Steck— lingen von dieſer Pflanze, die junge Zweige getrieben hatten, aus dieſen Zweigen Bündel zwiſchen Rinde und Holz aus⸗ laufen. Ganz dasſelbe ſah Verfaſſer in den oben mit— getheilten Beobachtungen. Die Beobachtungen ſcheinen mit— hin keinen Unterſchied darzubieten, nur die Erklärungen für dieſe laufen deſto mehr aus einander; denn bekanntlich ſah der franzöſiſche Gelehrte in dieſen Bündeln Wurzeln für die Augen, und Verfaſſer kann nur ſecundäres Holz darin er— kennen. Bei Paeonia verſchmelzen ja, wie bereits bemerkt wurde, dieſe Bündel mit dem ſpäter gebildeten ſecundären Holze zu einer einzigen Lage, und dies kann auf keinen Fall Folge der Augen ſein, ſondern wird aus der Rinde gebildet. Dasſelbe findet bei den Bündeln Statt, denn wenn Ver— faſſer unterhalb des Auges, gleichviel in welcher Entfernung, einen Ring aus der Rinde nahm und dieſe ſorgfältig mit einer Blaſe bedeckte und für die von oben kommenden Bün— del hinreichenden Raum überließ, ſo verlängerten ſie ſich nie. Daß ſie im Übrigen mit dem primären Holze des Auges zuſammenhängen, läßt ſich leicht erklären; denn das Auge iſt bei dieſen Pflanzen ſehr groß, entwickelt ſich ſchnell, nicht nur im Verhältniß zum Stengel, auf dem es ſeinen Sitz hat, ſondern auch zu denen der Baumknoſpen. Es bildet ſomit bereits ſchon während der Entwickelung viel Nahrungs: ſtoff, der indeß nicht fo leicht in die wenig entwickelte Rinde nach unten abfließt, wie bei Bäumen und Sträuchern. Dies bewirkt eine Anhäufung bereiteter Säfte im Auge. An den primären Bündeln fängt hier mithin gleich die Bildung ſecundären Holzes an. Nun ſenkt ſich der berei— tete Saft auch laugſam in den Stengel nach unten, ſo daß 18 275 fi) an das gebildete ſecundäre Holz der Zweige ein anderes ſecundäres Holz im Stengel anreiht. Hierdurch ſcheint das— ſelbe niederzuſteigen, während es ſich nur auf die gewohnte Weiſe bildet. Verfaſſer geſteht indeß gern, daß, wenn er dies bündelförmige ſecundäre Holz einige Jahre früher beob— achtet hätte, er es damals für einen ſichern Beweis für die Theorie von Dupetit-Thouars gehalten haben würde; denn damals kannte Verfaſſer den Unterſchied der Holzſorten nicht, und mithin hätte er damals das bündelförmige Holz für einen Übergang vom primären zum gewöhnlichen ſecun— dären Holze halten müſſen. Man erſieht hieraus die Wich— tigkeit der Organographie, um alle Unterſuchungen auf einer breiteren Baſis anzuſtellen; denn hierdurch iſt es nur allein möglich, die Maſſe der Ausnahmen auf allgemeine Geſetze zurückzuführen, während im entgegengeſetzten Falle dieſe Ab— weichungen zu fremden Theorien und durchaus falſchen An— ſichten den Grund hergeben. So hat die erwähnte Beobachtung von Dupetit— Thouars den Grund für fein ganzes Syſtem der Holz— bildung hergegeben, und ein jeder weiß, bis zu welchen ganz unglaublichen und unmöglichen Anſichten er durch das— ſelbe gekommen iſt; denn die Würzelchen mit der Schnellig— keit des Blitzes und des Lichtes aus den Zweigen nieder— ſteigen zu laſſen, iſt wahrlich eine Vermuthung, die den grundloſen und irrigen, von Zeit zu Zeit über die Natur auftauchenden Anſichten die Krone aufſetzt. Verfaſſer kehrt zum niederſteigenden Stengel zurück. Im Allgemeinen ſind die ſecundären Bildungen hier weniger anſehnlich, als beim vollkommenen Stengel, und in allen dem Verfaſſer bekannten Fällen tragen ſie nur wenig zur Verdickung des Stengels bei. Dieſer iſt daher vorzüglich aus primären Theilen gebildet, und dieſe ſind wieder in allen dem Verfaſſer bekannten Fällen bei weitem mehr ausgebil— det, als im vollkommenen Stengel. Der anatomiſche Charakter des niederſteigenden Stengels liegt mithin nicht allein in ſeinem Urſprunge, ſondern auch in der geringen Entwickelung ſecundärer und in der über— wiegenden Ausbildung primärer Theile. Durch dieſe drei Kennzeichen charakteriſirt ſich dieſer Stengel auf das beſtimmteſte und unterſcheidet ſich vollkommen von den beiden anderen, obſchon er im Gewebe bisweilen mit einzelnen Stengeln aus der dritten Claſſe große Ahnlich- keit darbietet. Durch das bündelförmige ſecundäre Holz nähert er ſich dem Stengel einiger Monocotyledonen; aber dieſe entwickeln ſich ſtets nur aus der plumula und dem caulieulus und er iſt ſomit auch von dieſem ſtreng geſchie— den. Auf dieſen Gegenſtand wird Verfaſſer jedoch ſpäter zurückkommen. Über die jährlich abſterbenden Zweige die— ſes Stengels muß hier noch einiges mitgetheilt werden. Es wurde ſchon erwähnt, daß die Knoſpen, aus denen dieſe Zweige hervorkommen, ſehr ausgebildet ſind und ſchnell wachſen. Das letzte iſt beſonders den vielen Nahrungsſtoffen, die im Stengel gegen die Knoſpen hin zugeführt werden, zuzu= ſchreiben. Daß ſich dieſes wirklich ſo verhalte, geht z. B. ſchon aus der Scorzonere hervor, die zu einem unpaſſenden Nahrungsmittel für die Menſchen wird, ſobald ſich die 40. II. 18. 276 Knoſpen entwickeln. Auch beim Anfühlen wird dieſer Sten⸗ gel alsdann weich, welk und alsbald trocken, während er vorher ſaftig und elaſtiſch war. Hierdurch werden die jähr⸗ lich abſterbenden Zweige ſehr kräftig im Wachsthume, was wiederum das Hohlwerden der meiſten nach ſich zieht. Um dies zu verſtehen, muß man ſich deſſen erinnern, was früher über die Art des Wachsthumes des Markes geſagt wurde. Das Mark erreicht nun in dieſen Zweigen ſehr ſchnell ſeine vollkommene Größe, aber das zwiſchen den primären Bün⸗ deln befindliche Zellgewebe fährt fort, ſich auch von innen nach außen hin auszudehnen, wodurch nothwendig das Mark zerreißt und der Stengel hohl wird. Dieſe Zweige kommen meiſtens nicht vor dem zweiten Jahre zur Entwickelung, denn im erſten bildet ſich der Sten⸗ gel ſelbſt. Geſchieht es jedoch ausnahmsweiſe, wie der Verf. es bei der Bete beobachtete, dann ſtirbt der Stengel während des nachfolgenden Winters ab. Dieſe Zweige hängen im Übrigen eben ſo mit dem primären Holze des Stengels zu— ſammen, wie beim vollkommenen Stengel. Der aus der plumula und dem cauliculus entſpringende unvollkommene Stengel enthält ein ſehr verſchiedenes und abweichendes Gewebe; denn einige haben dieſelbe Zuſammen— ſetzung, wie die vollkommenen, andere gleichen dem Stengel, der hauptſächlich aus der radicula gebildet wird, und wie⸗ derum andere nähern ſich jo ſehr dem Stengel der Mono- cotyledonen, daß ſie nur mit Mühe von ihnen unterſchieden werden können. i Beinahe unmerkliche Übergänge beſtehen zwiſchen dieſen verſchiedenartig geſtalteten Stengeln, während allen das Kenn⸗ zeichen der Claſſe gemein iſt. Folgendes wird das näher darthun. Vaccinium vitis idaea hat einen Stengel, der unter der Oberfläche des Bodens fortkriecht; nach oben entſtehen be— blätterte Zweige, nach unten Würzelchen. Zweige und Sten⸗ gel, obſchon beide ſehr dünn, haben eine Rinde, in der Bün⸗ del, verlängerte Zellen, ſecundäres Holz mit Markſtrahlen, primäres Holz und Mark enthalten ſind. Im Stengel hat Verf. mit bewaffnetem Auge verſchiedene Jahrringe erkannt. Hier iſt alſo das Gewebe des vollkommenen Stengels zugegen. Doch hat der Vaceinumſtengel keinen niederſteigenden Stock, ſondern nur Würzelchen; er ſelbſt bildet ſich aus Knoſpen, die unter der Erde befindlich ſind, und aus den Achſeln der Blattſchuppen am Stengel hervorkommen. Anfangs verlängern ſich die Knoſpen merklich und ſind von weißgelblicher Farbe. Sie ſind alsdann auch ſchon leicht von den Würzelchen zu unterſcheiden; 1) durch ihre gleich weite Stellung dom Boden; 2) durch größere Dicke; 3) durch die Gegenwart von Mark; 4) durch Blattſchuppen; 5) durch eine fortdauernde anſehnliche Verlängerung. Aus den Achſeln erwähnter Schuppen entwickeln ſich im nächſten Jahre beblätterte Zweige, und der neue Stengel iſt ſehr bald dem alten gleich. Wenn jedoch dieſelbe Pflanzenſorte aus Samen ent⸗ ſteht, hat ſie dann auch einen ſolchen vollkommenen Stengel? Verfaſſer iſt geneigt, es zu glauben; zum wenigſten hat er am kaum entkeimenden Rubus fruticosus, der im gewöhnlichen 277 Zuftande einen Stengel wie Vaceinum hat, einen vollkomme— nen Stengel entdeckt, nur entwickelten ſich an dieſem unter der Erde Knoſpen, die in gleicher Entfernung mit deſſen Oberfläche fortliefen, worauf die Mutterpflanze während des Winters abſtarb, der Zweig unter der Erde aber im Früh— linge Knoſpen und Würzelchen trieb. In dieſen Fällen ſcheint es daher wohl, daß der Stengel unter der Erde urſprünglich vom vollkommenen Stengel abſtamme. Im Übrigen findet man dieſelbe Einrichtung bei Spiraea sorbifolia, Syringa, Rosa BT. 0 Einen in jeder Beziehung vollkommneren Stengel, als den von Vaccinium, findet man bei Eupatorium cannabinum ; andern Theils jedoch nähert er ſich den einjährigen voll— kommenen Stengeln mit ſecundärem Holze, ſo daß er ſich im Allgemeinen zu dieſen Pflanzen verhält, wie Vaccinium zu den Bäumen und Sträuchern. Die abſterbenden Zweige erlangen hier eine anſehnliche Höhe und ſind gewöhnlich mit einer geſchloſſenen Lage ſecundären Holzes verſehen. Nach unten hin wird dieſe Lage dicker und erreicht ihre höchſte Vollkommenheit endlich im zurückbleibenden Stengel. In dieſem erkennt man deutlich die Markſtrahlen; in der Rinde fand Verf. Baſt. Wie im vorigen Falle treibt auch dieſer Stengel unter dem Boden Knoſpen, die bereits im Juli zum Vorſchein kommen und ſich in den folgenden Monaten be— deutend entwickeln. Im folgenden Frühlinge verlängern ſich dieſe Knoſpen in gleicher Entfernung von der Oberfläche des Bodens und treiben alsdann aus den Achſeln der Schuppen Zweige, die ſchnell wachſen; an der anderen Seite bilden ſich bereits fruher Würzelchen. Auch dieſen fo wohl entwickel— ten, ſo deutlich aus Knoſpen entſpringenden, mit einem Mark- canale verſehenen Stengel hat man für eine Wurzel gehalten, wie aus den Schriften von Wahlenberg, Decandolle und Anderen hervorgeht. Die bis hierher beſchriebenen Stengel haben beide voll— kommen geſchloſſene Ringe von ſecundärem Holze; aber lang— ſam gehen ſie durch viele Übergänge in ſolche über, denen dieſes Holz durchaus fehlt. Von dieſer Art fand Verf. den Stengel von Viola odorata, der auf dieſelbe Weiſe aus Seitenknoſpen unter dem Boden entſteht und nur allein auf den primären Bündeln ſecundäres Holz beſitzt, wie bei einer Maſſe krautartiger Pflanzen mit vollkommenem Stengel. Das: ſelbe findet, nur in geringerem Maße, beim Stengel der Spiraea ulmaria Statt. Hier findet man nämlich einige breite faſt an einander grenzende Bündel, die ſcheinbar oder vielmehr zum Theil in Würzelchen und Knoſpen endigen. Auswendig und zur Seite findet man die gewöhnliche Zelle des ſecundären Holzes, innerhalb die Spiralgefäße des pri: mären. Auch dieſer Stengel kommt aus Knoſpen unter der Erde hervor, die bereits im Auguſt eine ſehr anſehnliche Größe, und zwar die Länge von 0,025, erlangt haben. Das anſehnliche Mark in dieſem und anderen ähnlichen Stengeln iſt noch im zweiten Jahre ſaftig und lebendig und bildet hierdurch einen Übergang zu dem beſtändig lebendig und wirkſam bleibenden Marke des hauptſächlich aus dem nieder: ſteigenden Stocke gebildeten Stengels. Bei einer Maſſe Pflanzenarten mit dieſem Stengel findet man ein gleiches 40. II. 18. 278 Gewebe. Dieſe und die mit geſchloſſenen Ringen ſecundären Holzes bilden in der Claſſe des aufſteigenden Stengels eine beſondere Gruppe, die mit dem vollkommenen Stengel über⸗ einſtimmt. Eine andere Gruppe gleicht im Gewebe dem Stengel, der beſonders aus dem niederſteigenden Theile ge— bildet wird. Über unſere gewöhnliche Pfefferwurzel, als den Repräſentanten dieſer letzten, wird Verf. noch einiges mit— theilen. Wie der Name ſchon anzeigt, hat man den Stengel dieſer Pflanze allgemein für eine Wurzel gehalten. Schon vor anderthalbhundert Jahren bemerkte man, daß, wenn man dieſe muthmaßliche Wurzel ſenkrecht in die Erde legte, ſowie alle niederſteigende Stengel geſtellt find, fie abſtarb. Auch iſt es leicht wahrzunehmen, daß ſich aus dieſem unter der Erde Knoſpen bilden, die ſich verlängern und dieſen Stengel bilden. Alle in unſerem Vaterlande heimiſchen Pflanzen dieſer Art werden auf dieſe Weiſe gezogen, denn nie kommt es hier zur Samenbildung. Die Rinde beſteht zum großen Theile aus einem ziemlich feſten Zellgewebe, das jedoch weder die grüne Farbe, noch das Harzige dieſes Gewebes beim perennirenden Stengel beſitzt. In der inneren Lage der— ſelben ſind jedoch einzelne Bündel aus verlängerten Zellen zugegen. Das Holz beſteht aus Bündeln, die ſich im Zell— gewebe und über dasſelbe ausbreiten. Im Allgemeinen läßt ſich ſagen, daß es in Ringe geſtellt iſt, aber viele Unregelmäßig⸗ keiten darbietet. Im zweijährigen Stengel wächſ't es von oben nach unten, indem es beim Knoten anfängt und bis zum gegenübergeſtellten Punkte des Stengels niederſteigt. Aber keineswegs erſtrecken ſich alle Bündel ſo weit, daß man das bündelförmige ſecundäre Holz am Ende des Kno— tens dicker, als an anderen Stellen antrifft. Dieſer Stengel bietet mithin im Gewebe viel Überein— ſtimmendes mit dem der Scorzonere dar und weicht nur im Urſprunge ab. Er bildet gleichſam den Übergang zu einer anderen Gruppe des aufſteigenden Stengels, bei dem keine ſecundären Bildungen vorkommen. Die gemeine Walderdbeere hat einen ſolchen Stengel, wenn ſie auf die gewöhnliche Weiſe aus einer Ranke gezo— gen iſt. Auch die Nymphaea und ihre Arten, die hier zu Lande angetroffen werden, ſowie Primula auricula haben ein ähnliches Gewebe. Der Stengel der erſten dieſer Pflanzen iſt mit einer Rinde bekleidet, die ſich leicht in zwei verſchie— dene Theile trennen läßt. Der äußere beſteht aus viel kleine— ren, runden, der innere aus größeren und länglichen Zellen. Hierauf folgt ein Ring Bündel, aus ſchraubenförmigen Ge— fäßen gebildet; inwendig liegt Zellgewebe. Die Wuͤrzelchen dringen durch die Rinde nach unten und hängen inwendig mit den Bündeln zuſammen. Nach oben hin bildet dieſer Stengel einen einzigen Knoten, der ſich ſchnell entwickelt und bald die volle Dicke des Stengels, wie bei den Monocotple— donen, erlangt. 2 Mehr noch, was das Außere betrifft, nähert ſich dieſen der Stengel der Primula. Hier laſſen die abgefallenen Blätter Ringe oder Theile eines ſolchen auf der Rinde zurück, wie bei den meiſten Stengeln der Monocotyledonen. Auch er: kennt man hier ſehr deutlich den großen Endknoten, der bei 18 * 279 den Palmen unter dem Namen „Palmkohl“ bekannt iſt. Das Gewebe des Stengels iſt hier viel weicher und ſaftiger und hat bereits den gleichen Umfang, den es mehr unten einnimmt. Auch dringen die Würzelchen, wie bei den Monocotyledonen, mit ihrer vollen Dicke durch die Rinde, und dieſe hat durchaus keine Faſer, ſondern beſteht nur aus Zellen. Die Holzbündel ſtehen freilich ſehr unregelmäßig, man erkennt jedoch noch einen Ring in ihnen. Die Bündel ſelbſt machen jedoch viele Krümmungen im Stengel. Das innere und äußere Zellgewebe, von denen jenes das Mark, dieß die Rinde ausmacht, bieten geringe Unterſchiede dar. Das Ganze wird von einer grünen Haut umkleidet, die viel ſchwarze Punkte enthält, welche abgeſtorbenen Würzel— chen ihre Entſtehung zu verdanken ſcheinen. Dieſe dringen, wie ſchon bemerkt wurde, hier mit ihrem vollen Umfange durch die Rinde und endigen auf den Bündeln. Auch ver— längert ſich dieſer Stengel nach oben hin mit einem Knoten, der alsbald die Form und das Ausſehen des alten Stengels annimmt; urſprünglich ſcheint er aus der plumula hervorzu— gehen, wie Dutrochet beobachtet hat. Aber er entſteht auch aus Seitenknoſpen, wie Verf, oft wahrgenommen hat. Miſcellen. 42. Unterſuchungen über den Bau der Wurzeln von Thesium linophyllum zeigten Hrn. William Miſſen, daß dieſelben paraſitiſch auf den Wurzeln benachbarter Pflanzen lebten. Die Theſiumwurzel theilt ſich, wenn ſie etwa einen Zoll tief in den Raſen gedrungen iſt, vielfach und breitet ſich mehrere Zoll weit nach verſchiedenen Richtungen aus; ſie iſt beinahe weiß und unterſcheidet ſich dadurch leicht von den dunkel gefärbten Wur— zeln der meiſten ſie ernährenden Pflanzen. Wenn ſie mit einer derſelben in Berührung kommt, bildet ſie eine halbkugelförmige Knolle, die ſich feſt anlegt und einen zungenartigen Fortſatz(spongiole), der tief in das Innere der ſie ernährenden Wurzel dringt, entſendet. Iſt dieſe Knolle ausgebildet, ſo wächſ't die Theſiumwurzel weiter und erzeugt in größerer oder geringerer Entfernung neue Knollen auf derſelben oder benachbarten Wurzeln. Selten findet man mehr als 2 oder 3 ſolcher Knollen auf einer größeren Wurzel ihrer Er— nährer; die größefte Knolle, welche der Verf. beobachtete, maß "/a Zoll im Durchmeſſer, auf den dünnen Wurzeln kleiner Pflanzen waren die Knollen indeß ſehr klein und den Knoten eines dünnen Bindfadens ähnlich. — Wie Cuscuta, ſcheint dieſe Theſiumart nicht auf eine beſtimmte Pflanze angewieſen zu ſein; der Verf. beobachtete fie auf den Wurzeln von Anthyllis vulneraria, Thymus 40. II. 18. 280 Serpyllum, Lotus corniculatus, Daucus Carota, Scabiosa suceisa, Carex glauca und verſchiedenen Gräſern, und glaubt, daß dieſelbe Theſiumpflanze ſich gleichzeitig von den Wurzeln aller der genannten Pflanzen nähren könne. Die Wurzeln von Thesium alpinum L., I. ebracteatum Haine, T. rostratum Koch, T. linophyllum L., die der Verf. an getrockneten Exemplaren unterſuchte, zeigten denſelben Bau, weßhalb er das ganze genus Thesium zu den Schmarctzer⸗ pflanzen zählt. — Am Schluſſe bemerkt Hr. Miſſen, daß Lin⸗ nee’s Thesium linophyllum wahrſcheinlich mehr als eine Art um⸗ faſſe; fein eignes T. linophyllum hält er für gleich bedeutend mit T. intermedium Schrad., nach Kochs Synopsis und mit der dort als 6 fulvipes beſchriebenen Varietät. (The London Journal of Botany, March 1847.) 43. Über die innere Structur der Muskelmaſſe und der Membran, welche die Zunge bei dem Menſchen und den Säugethieren bedeckt, hat Hr. J. M. Bourgery am 1. Febr. d. J. der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften eine Abhandlung vorge⸗ tragen, aus der ſich ergiebt, daß die die Zunge umhüllende Mem⸗ bran, an welcher man bis jetzt nur drei über einander liegende Schich⸗ ten aufgefunden hatte, deren in Wirklichkeit fünf beſitzt, nämlich: 1) ein die ganze Zungenoberfläche bedeckendes epithelium; 2) eine aus Bläschen und Gefäßen beſtehende Schicht, das ſogenannte rete mucosum Malpighi; 3) eine Faſer- oder faſerig-knorpelige Mem⸗ bran mit geſchmeidiger Grundlage, welche durch die verdickte Leder⸗ haut (dermis) der Zunge gebildet wird. Dieſe drei Schichten, welche denen der allgemeinen Hautbedeckungen analog ſind und ſich zuſammen abheben, bilden die eigentliche Haut der Zunge. Unter ihnen finden ſich noch: A) eine mit Gefäßen, Nerven und Waärz⸗ chen durchwirkte Membran, welche mit einer Lage des adipöſen Zellgewebes gefüttert iſt, und welche den ſich in die Integument⸗ membran der Zunge verbreitenden winzigen Blutgefäßen und Ner⸗ ven als Sammelplatz dient. Sie iſt gewiſſermaßen das Analogon der lascia superficialis der allgemeinen Hautbedeckungen, welche ebenfalls eine zellig-adipsſe Schicht bildet, durch welche ſich die vasa und nervi subeutanei ſchlängeln; 5) endlich eine Aponeuroſe, in welche die Muskeln eingefügt ſind, das Analogon der Aponeu⸗ roſe, durch welche die oberflächlichen Muskeln des Rumpfes und der Extremitäten zuſammengehalten werden, und in welche dieſe Muskeln eingefügt ſind. (Gazette médicale de Paris, 10. Mars 1847.) 44. Eine neue naturhiſtoriſche Reiſe an die Küſten des Mittelmeeres hat Hr. v. Baer von St. Petersburg im Mai vor. Jahres gemacht, um ſeine wichtigen Forſchungen rückſichtlich der Entwickelung der Meerigel und Aſcidien fertzu⸗ ſetzen, welche ſich wegen der Durchſichtigkeit ihrer Eier zu derglei⸗ chen Unterſuchungen vorzugsweiſe eignen. Er hat ſich neuerdings davon überzeugt, daß der Kern des Eies, der Keimfleck nach Wagner, der Brennpunkt iſt, von welchem nach der Befruchtung der ganze Bildungsproceß ausgeht. Auch bei dem Cerebratulus marginatus, einem Thiere, deſſen Organiſation von der der Meerigel durchaus abweicht, hat Hr. v. Baer die Entwickelungsphaſen beob⸗ achtet und glaubt ſich daher berechtigt, die ſich aus ſeinen For⸗ ſchungen ergebenden Reſultate als allgemein gültig zu betrachten. (Journal de St. Petersbourg, 5/17. Avril 1847.) Seil (XLIV.) Über die Hochlagerung der kranken Partien bei der Behandlung einiger chirurgiſchen Affectionen. Von Hrn. J. M. Dupuy. Eine von Hrn. Gerdy mit vielem Erfolge bei mehre— ren entzündlichen Affectionen angewendete Behandlungs weiſe beſteht darin, die kranken Partien hoch zu lagern, um auf unde. dieſe Weiſe den Rückfluß des Blutes zum Herzen zu begünfti- gen, und die Anſchoppung des ſelben an dem Sitze der Ent- zündung zu verhindern. Dieſe Behandlungsweiſe ſchließt keineswegs die anderen, gewöhnlich in Anwendung gezogenen, Mittel aus, aber bei gewiſſen Affectionen reicht ſie allein aus, um die Heilung herbeizuführen, jo z. B. bei beginnen= der Entzündung, Panaritien, Phlegmone u. ſ. w. 281 Wenn wir uns nun zunächſt fragen, welches find die Veränderungen, welche bei der Hochlagerung vor ſich gehen, ſo ſehen wir, daß bei derſelben das arterielle Blut ohne weſent— liche Schwierigkeit zu der kranken Partie gelangt, während das venöſe Blut ſehr leicht und raſch zum Stamme zurück— kehrt, wodurch eine raſchere Circulation des Blutes bewirkt und Stagnation desſelben verhindert wird. Die zweite Frage iſt die: wie beſchafft man eine zweckmäßige Hochlagerung? Sehr häufig wird dieſelbe fehlerhaft zu Stande gebracht, und ſo z. B. bei Entzündungen der Finger, der Hand oder des Vorderarmes die Schlinge ſchlecht angelegt. Hr. Gerdy empfiehlt letzte ſehr kurz zu halten, ſo daß die kranke Hand auf der geſunden Schulter zu liegen kommt; der Elnbogen ruht in einer Falte der Schlinge und der Vorderarm darf nicht comprimirt werden, um den Kreislauf nicht zu behin— dern. Bleibt der Kranke wegen eines Panaritiums oder einer Phlegmone der Hand oder des Vorderarmes im Bette, ſo muß er den Elnbogen auf die Matratze ſtützen, und den Vorderarm, durch Spreukiſſen unterſtützt, in verticaler Rich— tung halten, oder auch die nicht entzündeten Finger an dem Seile firiren, an welchem ſich die Kranken bei Veränderung ihrer Lage zu halten pflegen. Für die obere Ertremität ſcheint mir folgender Ver— bandapparat zur Erreichung des erwähnten Zweckes am an— gemeſſenſten zu ſein. Wenn z. B. der Daumen und die äußere Partie der Hand entzündet find, jo legt man ein Kiſſen unter den Arm, ſo daß der Elnbogen höher liegt als die Schulter. Der Vorderarm wird, gegen Kiſſen ge— ſtützt, perpendiculär gelagert; dann werden leinene Bänder, von der Breite der vorderen und hinteren Fläche der Finger und von genügender Länge, dergeſtalt applicirt, daß der Grund derſelben dem fleiſchigen Ende des Fingers ent— ſpricht, ohne dasſelbe zu berühren, damit man noch ein Band durchziehen könne, welches alle von dieſen verſchiede— nen Bändern gebildeten Schlingen vereinigt und an dem Bett— himmel firiren kann. Die Köpfe der Bänder werden darauf theils auf die Dorſal-, theils auf die Palmarfläche eines jeden Fingers hingeführt, und darüber, vom Ende der Fin— ger beginnend, eine Rollbinde mit Diachylonftreifen appli⸗ eirt, bis man zu den Mittelhandgelenken gelangt, wobei man die leinenen Bänder über die Diachylonſtreifen zuweilen zurück— ſchlägt, um dem Verbande mehr Feſtigkeit zu geben. Man legt darauf Baumwolle zwiſchen die Finger und bringt eine Zirkelbinde von Diachplonpflaſter an, von dem Nagelende beginnend, wodurch man die Finger zuſammenhält. Iſt ein anderer Finger afficirt, ſo legt man denſelben Verband mit den erforderlichen Modificationen an, ſo daß der kranke Finger frei bleibt. Hat man es mit einer Phlegmone des Vorder- oder Oberarmes zu thun, jo iſt der Verband noch leichter anzulegen, denn man braucht keine beſondere Bandage für jeden einzelnen Finger. Die bezeichnete Lage des Gliedes iſt ziemlich ermüdend, weßhalb man von Zeit zu Zeit das den Arm in die Höhe haltende Band lockern kann, ohne dieſen jedoch ganz herabſinken zu laſſen. Für die unteren Gliedmaßen iſt die Hochlagerung ſehr leicht zu beſchaffen. Hr. Gerdy läßt am Fuße des Bettes 40. II. 18. 282 einen Stuhl unter die Matratze legen, wodurch eine geneigte Ebene gebildet wird, deren hervorragendſte Partie ſich am entfernteſten vom Kranken befindet, ſo daß der Fuß der höchſt— gelagerte Theil des Gliedes iſt. Um die Erhitzung zu ver meiden, kann man, wenn das Glied unterſtützt werden muß, zu jeder Seite desſelben Spreukiſſen legen. Der Kranke muß dabei fortwährend im Bette bleiben und darf ſelbſt zur Befriedigung ſeiner Bedürfniſſe dasſelbe nicht verlaſſen. — Außer bei den Ertremitäten, läßt ſich das Princip der Hoch— lagerung auch bei äußeren Entzündungen am Stamme in Ausführung bringen. Wenn z. B. ein Auge entzündet iſt, ſo lagere ſich der Kranke ſo, daß dasſelbe den höchſten Punkt des Kopfes bildet; bei Entzündungen und chroniſcher An— ſchoppung des uterus werde der Steiß durch untergelegte Kiffen hochgelagert u. dgl. m. Von gleicher Wirkſamkeit, wie bei Entzündungen, iſt die Hochlagerung auch bei Hämorrhagien, variköſen Beinge⸗ ſchwüren, partiellen Waſſeranſammlungen im Zellgewebe, bei Varices und Varicocele, ſowie bei Hämorrhoiden. Verf. theilt eine Reihe von Fällen als Beweiſe für dieſe Behaup— tung mit und gelangt dann zu folgenden Schlußfolgen: 1) Die Hochlagerung kann, ohne Beihilfe anderer the— rapeutiſcher Agentien, manche äußere Entzündungen coupiren, wenn man dieſelbe von Anfang an in Anwendung zieht, wodurch oft ſehr ſchmerzhafte Operationen erſpart werden. 2) Bei phlegmonöſen Entzündungen lindert ſie den Schmerz, indem ſie die Blutmenge und demgemäß auch die Wärme an der kranken Stelle vermindert. 3) Sie beſchleunigt die Heilung der in Eiterung über- gegangenen Phlegmone, indem fie die Abſchwellung der Par⸗ tieen begünſtigt. 4) Sie trägt zur Heilung der chroniſchen Anſchoppung des uterus und der Uterin-Leucorrhöen bei. 5) Sie ſtillt oder vermindert wenigſtens manche Hämor⸗ rhagien. 6) Sie vermag, allein angewendet, Beingeſchwüre radical zu heilen. 7) Unter ihrem Einfluſſe können die Infiltrationen der Gliedmaßen verſchwinden. 8) Varices und Hämorrhoiden werden vortheilhaft durch ſie modificirt. 9) Wenn ſie endlich auch nicht immer an und für ſich allein als wirkliches Heilmittel zu betrachten iſt, ſo kann ſie doch ſtets als ein höchſt wirkſames Hilfsmittel angewendet werden. (Archiv. gener. de méd., Nov. 1846.) (XLV.) über fremde Körper in den Gelenkhöhlen (Gelenkmäuſe). f Von Dr. J. M. Blondin. Die Gelenkmäuſe ſind von verſchiedenem Umfange, von der Größe eines Hirſekornes bis zu der einer Nuß und in verſchiedener Zahl vorhanden; gewöhnlich kommen ſie mehr— fach und zuweilen ſehr zahlreich (bis zu 60) vor. Ihre Form und Härte variiren nach ihrer Beſchaffenheit; die car⸗ 283 tilaginöſen find abgeplattet, glatt und weich, die knochigen oder knochig-knorpeligen dagegen find abgerundet, ſalbenartig anzufühlen und ſehr reſiſtent. Zuweilen find fie höckerig oder winkelig; fie find bald frei, bald adhärent und zeigen ſich im Allgemeinen unter der Geſtalt einer weißlichen Maſſe. Zuweilen gelappt, ſind ſie bald durchweg knorpelig, bald knorpelig an der Peripherie und knochig im Centrum, bald endlich durchweg knochig und elfenbeinhart. Dieſe Körper, welche ſo häufig in den Scharniergelenken gefunden werden, kommen dagegen ausnehmend ſelten in freien Gelenken vor, und die Wiſſenſchaft beſitzt bis jetzt nur 3 Fälle dieſer Art von Boyer, Bonet und dem Verf. Zuweilen findet man die Gelenkmäuſe auch in den ſtraffen Gelenken. Die anatomiſchen Alterationen der Gelenke, in welchen die frem— den Körper vorkommen, ſind nicht immer einander gleich. In der Mehrzahl der Fälle findet man die Gelenkflächen in einem faft normalen Zuſtande, häufig aber auch find die— ſelben, ſowie die Knorpelüberzüge, angefreſſen und geſchwürig und zuweilen conſtatirt man auch zahlreiche Alterationen außerhalb der Gelenkhöhlen, wie Hypertrophie der Knochen— enden, Oſteophyten, Verdickung der Ligamente und Gelenk— capſeln und Alteration der Synovialmembran. Bis jetzt ſind die Gelenkmäuſe in allen Gelenken, mit einziger Ausnahme des Hüftgelenkes, gefunden worden. Als prädisponirende Urſachen der Affection nennt Verfaſſer das Mannes- und Greiſenalter, Beſchäftigungen, welche angeſtrengtes Marſchiren oder die Lage auf den Knieen nothwendig machen, weibliches Geſchlecht, ſanguiniſches und lymphatiſches Temperament, kaltes und feuchtes Klima, ſowie den Herbſt. Was die nächſte Urſache anbetrifft, ſo zeigt ſich Verf., außer traumati— ſchen Einwirkungen, zur Annahme einer Diatheſe geneigt. Das Vorhandenſein der Gelenkmäuſe kann dem Kranken ſowohl wie dem Arzte verborgen bleiben, zuweilen jedoch werden dieſelben von dieſem zufällig erkannt, ohne daß der Kranke ſie früher bemerkt hätte. — Die Symptome ſind zuweilen nur unbedeutend, oft aber auch ſehr ſchwer: ein leichter Schmerz, welcher ſich allmälig ſteigert und durch die Bewegung des kranken Gelenkes vermehrt wird; ein Gefühl von Behinderung, und wenn die Gelenkmäuſe eine bedeu— tende Größe und Conſiſtenz erlangt haben, ſehr heftige Schmerzen, welche ſelbſt bis zu Ohnmachtanfällen ſich ſtei— gern können, wenn die Körper (am Elnbogen oder am Knie) zwiſchen die einander genäherten Gelenkflächen zu liegen kommen. Das kranke Gelenk kann endlich gar nicht mehr bewegt werden, und zuweilen bilden ſich ſehr gefährliche entzündliche Complicationen aus. — Die Diagnoſe iſt nicht immer leicht, und bei den mit ſtarker Muskel- und Fett⸗ maſſe umgebenen Gelenken ſelbſt ganz unmöglich. Die Pro— gnoſe iſt verſchieden, je nachdem die Körper beweglich oder adhärent find; im Allgemeinen find ſie als gefahrvoll zu betrachten. Die Behandlung iſt die bekannte chirurgiſche. Wir geben ſchließlich folgenden vom Verf. beobachteten Fall. Ein Mann von 63 Jahren, welcher vor 10 Jahren eine heftige Quetſchung der Schulter erlitten, und ſeitdem nur über flüchtige rheumatiſche Schmerzen geklagt hatte, ſtarb an einer Lungenentzündung. Bei der Section fand man 40. II. 18. 284 unter dem processus coracoideus einen kugeligen Körper von der Größe einer Nuß und in dem Schultergelenke 15 Gelenk⸗ mäuſe von verſchiedener Geſtalt und Größe, von welchen nur 2 geſtielt waren. Drei andere fanden ſich in der Sehnenſcheide des caput longum bieipitis; die Synovialicheide des m. biceps fehlte vollſtändig und die Sehne desſelben lief durch eine auf einem Oſteophyt ausgehöhlte Rinne. Der Kopf des humerus bot einen beträchtlichen Vorſprung dar, an deſſen Baſis und äußerer Seite man 2— 3 Oſteo⸗ phyten von der Größe und Form einer kleinen Mandel er⸗ blickte; die Gelenkfläche des humerus war angefreſſen, der übrige Knochen verdickt und von Elfenbeinhärte, der Kopf hypertrophiſch und weniger conſiſtent. Der fibrös⸗cartilagi⸗ nöſe Wulſt rings um die fossa glenoidalis fehlte sollſtändig und die articulatio acromio-clavicularis bot an ihrer oberen Partie eine knochige, abgeplattete, dreieckige Concretion dar. (Aus Theses de Montpellier 1845, No. 69 in Archiv. gener. de med., Nov. 1846.) (XLVI.) über einen Krankheitsfall, welcher für die Richtigkeit der Flourens ſchen Theorie der Kno⸗ chenbildung ſpricht. Von Hrn. Philipeaur. Beobachtung. — Ein junger Mann von 25 — 30 Jahren wurde vor ungefähr einem Jahre wegen einer fiftu= löſen Wunde am vorderen und oberen Theile der Bruſt, über dem Laufe des linken Schlüſſelbeines in das Hötel-Dieu auf⸗ genommen. Hr. Blandin ſondirte die Wunde und fand, daß ſie daher rührte, daß beinahe die ganze innere Hälfte des Knochens caribs war. Ehe er ſich zu einer Operation entſchloß, wollte er die Wirkung der erweichenden Mittel und zertheilenden Salben verſuchen; allein das Übel blieb im alten Zuſtande und der Kranke, welcher bedeutend ab— magerte, wünſchte, daß etwas Entſcheidendes geſchehe. Hr. Blandin entſchloß ſich daher zur Erſtirpation des kranken Theiles des Knochens, indem er hoffte, daß derſelbe ſich erſetzen würde, wobei er ſich wahrſcheinlich der von Hrn. Flourens erlangten ſchönen Reſultate erinnerte, dem es gelungen war, bei Hunden und Böcken den ganzen radius zu reproduciren. Er machte über der oberen Fläche des Schlüſſelbeines einen Einſchnitt, der von der Mitte des Knochens bis an deſſen inneres oder Sternalende reichte. Dieſer Einſchnitt ging bis durch das periosteum, welches bei der Wiederer- zeugung des Knochens die Hauptrolle ſpielt. An jedem Ende des Schnittes brachte er einen zweiten ſenkrechten Einſchnitt an, fo daß die Figur eines doppelten 7 () entſtand. Hierauf legte er das Schlüſſelbein nach außen und innen bloß und brachte zwiſchen dasſelbe und das periosteum ein eigenes zu dieſem Zwecke beſtimmtes Inſtrument, um die Knochen- haut und die benachbarten Theile vor der Einwirkung der Säge zu ſchützen. So konnte er den Knochen bei ſeiner 285 Mitte ohne Gefahr durchſägen, ihn an feinem Sternalende erarticuliren, kurz ihn erſtirpiren. Nachdem Hr. Blandin dieſe Operation mit der ihm eigenen Geſchicklichkeit vollendet hatte, bat ihn der Kranke, ein ſehr entſchloſſener Menſch, den noch ſtehen gebliebenen Theil des Schlüſſelbeines genau zu beſichtigen, da er, wenn derſelbe etwa auch von Caries ergriffen ſein ſollte, es vor— ziehe, daß derſelbe ſofort erſtirpirt werde, damit ſich nicht ſpäter wieder eine Operation nöthig mache. Hr. Blandin erkannte nun, daß dieſe Fortſetzung der Operation allerdings erforderlich ſei, und erſtirpirte auch die andere Hälfte unter Anwendung derſelben Vorſichtsmaßregeln. Der Kranke wurde binnen kurzer Zeit hergeſtellt (sic) und aus dem Hoſpitale entlaſſen. Dieſe Thatſache enthält alſo eine Beſtätigung der ſinn— reichen Theorie des Hrn. Flourens in Betreff der Knochen— bildung, und wenn man, wie Hr. Blandin, in einer angemeſſenen Weiſe operirt, namentlich die Knochenhaut ſchont, wird ſich der Knochen wiedererzeugen. Dies hat Hr. Flourens durch vielfache Verſuche an jungen Thieren dar— gethan, bei denen noch dazu die Reproduction binnen ſehr kurzer Zeit Statt fand. Hr. Flourens drückt ſich hierüber in feiner Theorie expérimentale de la formation des os, 2e edit. 1847, p. 69, folgendermaßen aus: „Man kann aus der Knochenhaut einen Theil des Knochens entfernen, ſie wird denſelben erſetzen; man kann einen Knochenkopf aus derſelben auslöſen, ſie wird denſelben wiedererzeugen; man kann den ganzen Knochen aus derſelben ausſchälen, ſie wird auch ihn reproduciren. Die Knochenhaut ſtellt alſo alle von derſelben entfernten Portionen eines Knochens wieder her.“ Auf Seite 71 fügt Flourens hinzu: „Und, nachdem wir nun die ſo bewunderungswürdige und bisher ſo wenig erkannte Reproductionsfähigkeit der Knochen durch ſo viele Verſuche beſtätigt geſehen haben, läßt ſich in der That hoffen, daß die Chirurgie aus dieſer Entdeckung Vortheil ziehen werde. Denkenden Chirurgen kann es gewiß nicht fehlen, auf dieſem Wege ſchöne Erfolge zu erlangen.“ Profeſſor Blandin hat dieſem Winke baldigſt durch die That entſprochen. Gewiß diente ihm die Flourens'ſche Theorie bei obiger Operation als Vorbild. Hätte er die Knochenhaut nicht geichont, jo würde ſich das Schlüſſelbein nicht wiedererzeugt haben und der Kranke ſein Lebelang ein Krüppel geblieben ſein. Derſelbe Patient kam, nachdem er ſeit acht Monaten aus dem Hoſpitale entlaſſen war, abermals zu Hrn. Blan⸗ din, um ihn wegen einer anderen Krankheit um Rath zu fragen. Alle Studenten konnten bei dieſer Gelegenheit den Zuſtand der früheren Operationsſtelle unterſuchen. Das Scylüffelbein hatte ſich faſt vollſtändig wiedererzeugt, der Arm konnte alle Bewegungen faſt jo gut wie früher aus⸗ führen. Dieſe Operation gereicht gewiß der neueren Chirurgie, ſowie dem geſchickten Chirurgen, der ſie ausgeführt hat, zur Ehre; allein noch mehr gereicht ſie Duhamel, welcher zuerſt geſagt hat, daß ſich der Knochen einzig im periosteum 40. II. 18. 286 entwickele und Flourens, der durch ſeine Verſuche dieſe Theorie mit mathematiſcher Schärfe bewieſen hat, zum Ruhme. (Gazette médicale de Paris, 3. Avril 1847.) (XLVII.) Zwei Fälle nach Schwefeläther-Ein⸗ athmung erfolgten Todes. Der erſte dieſer Fälle war am 18. März Gegenſtand der Unterſuchung vor einer engliſchen Jury und betraf eine Mademoiſelle Parkinſon, die Hr. Robbs, behufs der Erſtirpation einer Geſchwulſt am rechten Schenkel, ätheriſirt hatte. Schon einige Tage vor der Operation war dies vor— läufig zwei Mal geſchehen, und da dieſe Proben günſtig aus⸗ gefallen waren, jo ſtand Hr. Ro bbs nicht an, die Operation nach vorhergegangenem Atheriſiren auszuführen. Die Ope— ration dauerte, mit Einſchluß der zum Einathmen der Dämpfe, ſowie zum Unterbinden der Gefäße und Verbinden der Wunde verwandten Zeit, 25 Minuten. Übrigens ſchien während derſelben Mademoiſ. P. nicht völlig gefühllos, denn ſie ſeufzte öfters und zeigte eine gewiſſe convulfisifche Unruhe. Aber nach der Operation bekam ſie die Beſinnung nicht wieder, und nachdem ſie drei Tage lang faſt bewegungslos gelegen, trat der Tod ein. Bei der von den Chirurgen HHrn. Eaton und Ship: man vorgenommenen Section der Leiche hatte ſich ergeben, daß der Tod durch die Operation ſelbſt nicht veranlaßt wor— den fein konnte. Weder im Inneren noch am Äußeren des Cadavers zeigte ſich irgend etwas, was darauf hingedeutet hätte, daß die Operation die Schuld des Ablebens direct trage. An keinem Organe fand ſich etwas Auffallendes, als an dem oberen Theile der vorderen Gehirnlappen, deren Membranen von Blut ſtrotzten. In die Ventrikel hatte ſich indeß kein Blut ergoſſen. Am hinteren Theile der übrigens geſunden Lungen bemerkte man eine geringe Congeſtion. Das Herz war ſchlaff und enthielt weniger Blut, als ge— wöhnlich. Die Leber war bläſſer und weicher, als im nor⸗ malen Zuſtande. Außerdem war das Blut im ganzen Körper ungewöhnlich flüſſig. Die Meinung der beiden Chirurgen ging dahin, daß der Tod allerdings durch das Atheriſiren veranlaßt worden ſei, obwohl man Hrn. Robbs deßhalb durchaus nichts zur Laſt legen könne, da er dabei nach allen Regeln der Kunſt und mit Beobachtung derjenigen Vorſicht verfahren ſei, welche die Umſtände geboten hätten. Herr Shipman erwähnte noch, daß man ohne allen Erfolg verſucht habe, die Verſtorbene durch Einathmen von Ammoniak und flüchtigem Alkali aus dem Scheintode zu erwecken. Der zweite Fall ereignete ſich bei Gelegenheit einer Steinoperation. Am 12. Febr. führte Hr. Roger Nunn, Chirurg am Hoſpitale von Colcheſter und Eſſer, an dem 50 jährigen Thomas Herbert den Steinſchnitt aus. Nachdem der Pa— tient 6— 7 Minuten lang Schwefelätherdämpfe eingeathmet, ward die Operation ſchnell und ohne Schwierigkeit vollzogen. Während der Operation, welche 10 Minuten dauerte, wurde das Einathmen der Dämpfe von Zeit zu Zeit wiederholt. Das Athemholen wurde ſchwierig und zuletzt ſtertorös; es 287 ward jedoch nach und nach wieder regelmäßig und ruhig, ohne daß aber binnen 24 Stunden eine Reaction einge— treten wäre. Man gab dem Patienten geringe Doſen ver— dünnten Branntweins mit Pfeilwurz und legte Wärmflaſchen ins Bett. Dieſe Behandlung wurde bis zum folgenden Tage fortgeſetzt und dann Ammonium hinzugefügt. Der Patient delirirte von 8 Uhr Abends bis 9 Uhr Morgens, und es trat dann eine geringe Reaction ein. Um 5 Uhr Abends ſtarb er. Zu bemerken iſt, daß die bei dem erſten Einſchneiden verletzten kleinen Gefäße, wahrſcheinlich in Folge ihres Man— gels an Contractilität, große Neigung zum Fortbluten zeigten. Eine gefährliche Blutung fand aber nicht Statt. Bei der Section fand man eine Congeſtion in den Ge— hirnhäuten, aber keine Blutergießung. Die Lungen waren nicht verſtopft, der vordere Theil derſelben blutlos, der hintere von Blut ſtrotzend; das Herz blaß, von natürlicher Größe und faft leer. Die linke Niere blaß, in der rechten etwas Congeſtion. Die Blaſe und benachbarten Theile hatten das Anſehen, wie es ſich nach der Operation erwarten ließ. Die ſämmtliche Blutmaſſe in den Gefäßen war außer— ordentlich flüſſig. (Gazette médicale de Paris, 27. Mars 1847.) Miſeellen. (40) Eine Beobachtung von vollſtändiger Lura⸗ tion der zweiten Phalanx des rechten Zeigefingers nach vorne, die von Hrn. Binard herrührt, theilen wir, unge: achtet der Einfachheit der Verletzung, ihrer Seltenheit wegen mit. M. ſtürzte den 12. Dec. 1845 vom Pferde und dabei kam die, wie es ſcheint, halbgebeugte rechte Hand mit dem Boden zuerſt in Bes rührung, während auch eine heftige Contuſion an der Stirn Statt fand, fo daß der Patient bewußtlos aufgehoben ward. Hr. Bi- nard, welcher denſelben eine Viertelſtunde nach dem Unfalle unter- 40. II. 18. 288 ſuchte, fand den Zeigefinger der rechten Hand bedeutend verunſtaltet. Die beiden letzten Phalangen waren gebeugt, während man auf der Rückſeite an dem unteren Gelenkende der erſten Phalanx einen Vorſprung bemerkte, deſſen Grund ſich beim Befühlen leicht heraus⸗ ſtellte. Das obere Ende der zweiten Phalanx ſprang dagegen etwa 5 Linien weit über die Palmarfläche der erſten Phalanx vor. Eine Wunde war nicht vorhanden. Es war dem Patienten unmöglich, die beiden letzten Phalangen zu ſtrecken, doch ließen ſich die Beu⸗ gungsbewegungen unter großen Schmerzen in geringer Ausdehnung ausführen. Die Reduction wurde ohne große Schwierigkeit bewirkt, indem man zuvörderſt die Hand in eine unverrückbare Lage brachte und dann in der Richtung der Luxation an den beiden vorderen Phalangen des Fingers zog. Ein lautes Knacken zeigte bald an, daß die Gelenkflächen wieder mit einander in Berührung getreten waren, was ſich auch aus der normalen Geſtalt des Fingers ergab. Der Finger ward dann mittels einer Rollbinde im geſtreckten Zu⸗ ſtande gehalten. (Gaz. med. de Paris, 17. Avril 1847.) (4) Das Einathmen von Atherdämpfen, als Mittel, ſimulirte Krankheiten zu erkennen, iſt von Hrn. Baudens in Vorſchlag gebracht worden. Er verſpricht ſich davon namentlich bei den Conſcriptionspflichtigen die beſten Dienſte, eben fo wohl um erheuchelte Krankheiten, als um ſolche, welche die Commiſſion fälſchlich für ſolche hält, in ihrer wahren Natur erſcheinen zu laſſen, und gedenkt in dieſer Beziehung zweier Fälle. Im erſten ſtellte ſich der Commiſſion ein Burſche mit ſtark ge⸗ bogenem Rücken vor und überſtand alle Proben, denen man ihn unterwarf, da man vermuthete, die Deformität ſei erheuchelt. End⸗ lich ließ man ihn Atherdämpfe einathmen, und alsbald wurde der Rücken gerade. Nachdem der Recrut wieder zur Beſinnung gekom⸗ men, leugnete er auch nicht länger, daß er ſich verſtellt habe, um als dienſtunfähig entlaſſen zu werden. Im zweiten Falle handelte es ſich von einer vollſtändigen Ankyloſe des Hüftſchenkelgelenkes, welche man für ſimulirt hielt. Beim Atheriſiren wurde dieſer Recrut ebenfalls bewußtlos, und alle Muskeln erſchlafften; allein die Ankyloſe beſtand mit allen ihren Charakteren in demſelben Grade fort. Auf dieſe Weiſe wurde ſofort erkannt, daß dieſes Subject ſich nicht verſtellt hatte. Hr. Baudens hat ſeine Idee unterm 8. März der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften zur Prüfung vorgelegt, und es ſcheint allerdings, als ob durch dieſes Mittel den Prüfungs⸗ commiſſionen bei Einziehung von Recruten ihre Aufgabe ſehr er⸗ leichtert werden könne. Bibliographiſche Neuigkeiten. Gardiner, W. — Twenty Lessons on British Mosses; or, First Steps to a Knowledge of that beautiful Tribe of Plants. By William Gardiner, Dun- dee. Edinburgh 1847. 2d. edition, with enlargements, 120. Application à l’Agriculture des elemens de physique, de chimie et de géolo- gie; par L. C. Caillat, ingenieur civil des mines, professeur à l’Institut I 8 18 de Grignon etc. Deux volumes in 12, ensemble de 38 feuilles. aris 1847. Notices sur diverses questions de chimie industrielle, médicale et agricole; par M. J. Girardin. In 8% de 2 feuilles. Rouen 1 Theorie des effets optiques que presentent les etoffes de soie; par M. E. Chevreul. In 8° de 13 flles, plus 2 pl. Paris 1847. NecessitE de ereer une chaire de médecine comparee dans les facultes; par M. Ducros, de Marseille. In 8° de 5 flles //, Paris 1847. Chemical Essays relating to Agriculture. By E. V. Horsford. James Munroe et Comp. 1846. Meyer, H. v., Homoeosaurus Maximiliani und Rhamphorhynchus (Pterodacty- Ius) longicaudus, zwei foſſile Reptilien. Roy. 4. Schmerberſche Buchh. (Nachf. H. Keller) in Frankfurt a/ M. 1847. Germar, E. F., die Verſteinerungen des Steinkohlengebirges von Wettin und Löbefſün. — Petrificata stratorum lithanthracum Wettini et Lobejuni. 4. Hft. gr. Fol. Schwetſchke und Sohn in Halle 1847. Göbel, C. C. T. F., die Grundlehren der Pharmacie. IV. Bd. Pharmaceut. Chemie, nebſt einem Generalregiſter über das ganze Werk. gr. 80. Geh. Ferd. Enke's Verlagsbuchh. in Erlangen 1847. Fortſchritte, die, der ſik im J. 1845. 1. Jahrg. Redig. von H. Karften. 1. Abth. gr. 80. 105 Berlin 1847. bug 2 7 Boston, Hygiene = la we 8 sur 1 355 et l’amelioration des eux, s'adressant à toutes les classes de la société; par le doct Magne. Ih So de 21 feuilles. Paris 1847. 9 5 Superiorite des emissions sanguines directes dans le traitement des affections uterines; par Clement OMiuvier (d' Angers). In ® de 7 flles 1. Paris 1847. Memoires de l’Academie d' Arras, Societe de chirurgie de Paris. Tome I. Premier fascicule. In 4° de 12 feuilles . Paris 1815. Hospices cixils de Toulouse. Rapport presente à la commission administra- tive, par M. Bressolles; suivi q un Rapport statistique et critique sur l’asile d’alienes de la Grave, par M. Gerard Marchant. In ® de 6 feuilles Toulouse 1847. Recherches sur l’etranglement dans les hernies; par F. G. V. Roulland. In 8° de 4 flles ½ Caen 1847. Edwards, A. M. Hints on Rupture and Trusses, and Remarks on Instru- ments for the Relief of Deformity. Being a Guide to those who require the Aid of the Surgical Machinist. By A. M. Edwards. 12°. (pp. 32, sewed, 9 d.) London 1847. Guthrie, G. J. — On Wounds and Injuries of the Abdomen and the Pelvis; being the Second Part of the Lectures on some of the more important Points in Surgery. By G. J. Guthrie, F. R. S. Royal ®. (pp. 74, cl. 3 sh.) London 1847. Transactions of the Provincial Medical and Surgical Association, instituted a 15. (New Series, Vol. 3). 8°. (pp. 48, cloth, 15 sh.) Lon- on 7. Seymour, E. J. — Thoughts on the Nature and Treatment of several severe Diseases of the Human Body. By Edward J. Seymour, M. D. F. R. S. Vol 1. 8°. (pp. 266 cloth, 10 sh.) London 1847. Monatsbericht, medie. n für Berlin 1847, Jan. Von A. W. F. Schultz. gr. 4%. Berlin 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Frorſep gegründete Zeitichrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. N.. 41. (Nr. 19. des II. Bandes.) Mai 1847. Druck unt Verlag des Landes » Inpuftrie- Gomptoirs zu Weimar. Stückes 3%, Sgr. Preis eines ganzen Bandes, Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXXII. Beiträge zur Kenntniß der Balanophoren, insbeſondere der Gattung Rhopalocnemis Jungh. Von Prof. Dr. Göppert. Herr Junghuhn beſchrieb im Jahre 1840 in ſeiner Abhandlung über javaniſche Balanophoren (Nova Act. Acad. N. C. T. XVIII, Suppl. I. p. 213) eine neue zu dieſer Fa— milie von ihm gerechnete Gattung unter dem Namen Rho- palocnemis phalloides, welche auf eine höchſt eigenthümliche Weiſe eine völlig kryptogamiſche Beſchaffenheit der Blüthen— theile zeigen ſollte, ſo daß es in jeder Hinſicht ſehr wün— ſchenswerth erſcheinen mußte, hierüber weitere Aufklärung zu erhalten. Im Jahre 1844 ſendete er abermals einen ſeiner Meinung nach neuen, von jenen verſchiedenen Paraſiten in mehreren Exemplaren, welchem er den Namen Lithogom- phus stilbiferus beilegte. Die Unterſuchung desſelben zeigte, daß derſelbe nicht von Rhopalocnemis verſchieden ſei, ſowie auch die vollſtändigeren Exemplare ausreichten, jene Nach— richten über Rhopalocnemis zu vervollſtändigen und die Räthſel zu loͤſen, welche dieſe immerhin höchſt merkwürdige Gattung hervorzurufen ſchien. Ich werde die ausführlichere Beſchreibung derſelben, begleitet von Abbildungen in den Nov. Act. Acad. Nat. Cur. liefern. Inzwiſchen ſei es mir vergönnt, die Haupt— momente derſelben, die vielleicht einiges Intereſſe erregen dürften, hier vorläufig zu veröffentlichen. Wenn ich mich über die Stellung unſeres Paraſiten in der Claſſe der Rhizantheen, wohin er und zwar zu der Familie der Balanophoreen unzweifelhaft gehört, ausſprechen fol und die von Endlicher (Genera plant. sec. ord. nat. dispos. Vindobonae 1836 — 40, pag. 72) zugleich gegebene Überficht derſelben dieſer Beobachtung zum Grunde lege, ſo ſehen wir, daß er zu den beiden erſten Abtheilungen, zu den Sarcophyteae und Lophophytene, welche beide noch freie unverwachſene Staubfäden beſitzen, ungeachtet des in einzel— nen Merkmalen ausgeſprochenen Verwandiſchaftstypus, nicht No. 2021. — 921. — 41. gerechnet werden kann. Die dritte Tribus enthält die Cy— nomorien mit verwachſenen und freien Staubgefäßen mit den beiden Gattungen Cynomorium und Balanophora; die vierte die Gattungen Seybalium, Helosia und Langsdorfia, mit denen er, wiewohl von allen im Ganzen abweichend, doch in einzelnen Theilen mehr übereinſtimmt, wie durch die Deckſchuppen der Kolben mit Helosis und Cynomorium, obſchon ſie bei letzte— rem nicht ſo ſtark entwickelt und eigentlich vollſtändig nur am Stiele des Kolbens vorhanden ſind; durch die Diöcie der Blüthen mit den meiſten Arten von Balanophora und Cynopsole; durch die viertheilige Hülle der männlichen Blü— then mit Balanophora und Cynopsole; durch die verwachſenen Staubbeutel mit der erſteren und mit ſämmtlichen Heloſieen; durch die hüllenloſe weibliche Blüthe, bei welcher die Haaren oder Paraphyſen ähnlichen Spreublättchen die Stelle der Blüthenhülle vertreten, und endlich durch die, wie es ſcheint, embryoloſen (oder mit einer eigenthümlichen Form des Em— bryo verſehenen) Fruchtknoten oder Samen mit faſt allen Gattungen der genannten beiden Gruppen, unter denen, wie ſchon erwähnt, A. Richard nur bei Cynomorium einen kleinen monocotyledoniſchen Embryo entdeckte. Abgeſehen nun von dem weſentlichen, mit den Balano— phoren am meiſten übereinkommenden Charakter, zeigt Rho- palocnemis auch hinſichtlich des Vegetationsorganes und der eigenthümlichen anatomiſchen Structur desſelben die meiſte Ahnlichkeit mit Balanophora- Arten, fo daß wir unfere Gat— tung am paſſendſten an das Ende der Gruppe der Balanophoren ſtellen und als Verbindungs- glied dieſer Gruppe mit der der Heloſieen be— trachten würden, mit Ausnahme etwa des zweifächrigen, alſo dadurch Helosis verwandten Ovariums, welche Abweichung aber durch die einfächrige Frucht wieder ausgeglichen wird. Unſere Gattung beſitzt übrigens ferner im höchſten Grade den, der Familie der Rhizantheen ſo eigenthümlichen, zwi— ſchen den Hauptgruppen der geſammten Vegetation, den 19 291 Acotyledonen- und Gotyledonenpflanzen, den Mono— und Dicotyledonen ſchwankenden Typus, ähnelt bald der einen, bald der anderen, ohne zu einer einzigen mit größter Beſtimmtheit gerechnet werden zu können. Unter den Aco— tyledonen zeigt ſie ſich den Pilzen, insbeſondere den Bauchpilzen verwandt durch die paraſitiſche, unterirdiſche Entwickelung, den Mangel an Wurzel, Stengeln und Blättern und die Ahnlichkeit des, die Stelle dieſer Theile vertretenden Vegetationsorganes in feiner äußeren Form mit manchen Arten jener Abtheilung, namentlich der Tuberaceen durch die Art der Entfaltung der Blüthenfolben, die, wie in einer Vulva im erſten Zuftande eingehüllt, ſie endlich durchbrechend, auf eine ähnliche Weiſe zum Vorſchein kommen, wie wir dies bei den Phalloideen bemerken, während der innere Bau aller dieſer Organe, die Anweſenheit der Blüthe u. ſ. w., ſie wieder weit von dieſer Familie entfernt. An die nur ent— fernt verwandte äußere Form der stamina mit ihren kopf— förmigen Antheren mit den Arten der Gattung Stilbum, oder der Spreuſchuppen, namentlich der Ovarien, mit den ſoge— nannten Paraphyſen der Moosblüthen ſoll hier nur beiläufig erinnert werden. Das Innere des Vegetationsorganes zeigt im Parenchym zerſtreut ſtehende Gefäßbündel, alſo, könnte man meinen, monocotyledoniſchen Bau, jedoch ohne die für diese Stämme ſo charakteriſtiſche Kreuzung der Gefäßbündel, und im höher ſtehenden Organe, im Blüthenträger oder Kol— ben, und zwar ſchon im Stiele, zeigt ſich kreisförmige An— ordnung derſelben, alſo Annäherung an die Dicotyledonen, jedoch bleibt der ſchwankende Typus, indem die endlich im Kolben in mehrere Kreiſe angeordneten Gefäßbündel doch ein zelliges Centrum einſchließen, in welchem nicht, wie bei dem Marke der Dicotyledonen, mit Ausnahme der Piperaceen und Nyctagineen, nur Zellen, ſondern auch zerſtreut ſtehende Ge— fäßbündel angetroffen werden, ja man könnte ſie allenfalls noch mit dieſen Ausnahmen dieſer großen Gruppe, den Ny— etagineen, vergleichen (vgl. den Querſchnitt des Stengels von Mirabilis Jalappa; Unger über den Bau und das Wachs— thum des Dicotyledonenſtammes, Tab. VI, Fig. 36), wenn uns nicht der Mangel der Markſtrahlen u. ſ. w. zeigte, daß doch hier nur eine ſehr entfernte Ahnlichkeit Statt findet, denn Markſtrahlen fehlen bei unſerer Pflanze, und wenn man hier etwa in jenen ercentriſch gelegenen linienförmigen Streifen dergleichen ſehen wollte, bemerke ich, daß dies ho— rizontal durchſchnittene Gefäßbündel ſind, wie ich oben ſchon näher aus einander ſetzte. Dasſelbe kann man auch wohl nur von ihrer Ver— wandtſchaft mit den Farren ſagen, unter denen nur die Fruchtträger der Ophiogloſſeen mit der Form ihrer Blüthen- kolben ſich etwa paralleliſiren laſſen. Wichtiger iſt der mit den erſteren übereinſtimmende Bau ihrer Gefäßbündel, die nur aus geſtreiften oder netzförmigen Gefäßen und langge— ſtreckten Parenchymzellen beſtehen, worin auch alle übrigen bis jetzt unterſuchten Rhizantheen übereinſtimmen, ſowie die Art ihrer Verbreitung, indem wir hier, trotz des zerſtreuten Verlaufes derſelben im Parenchym, dennoch die, für die Monocotyledonenſtengel fo charakteriſtiſche Biegung der Ges fäßbündel nach dem Centrum, und das bogenförmige Auf— 41. II. 19. 292 ſteigen nach der Rinde des Stammes, alſo die Kreuzung der jüngeren mit den älteren, wie ſchon erwähnt, vermiſſen. Was nun die Blüthenorgane ſelbſt betrifft, ſo überraſcht die äußere Ahnlichkeit der noch von den Deckſchuppen ein⸗ gehüllten Kolben mit den Zapfen der Cycadeen, ſowie vieler Abietineen, insbeſondere der Gattung Pinus Link; die Form der Kolben erinnert an Artocarpeen und Aroi⸗ deen, die haarartigen, die Stelle der Blüthenhülle bei den weiblichen Blüthen vertretenden Spreublättchen an die weib— lichen Kolben von Typha, wie auch ſchon Martius in Beziehung auf dieſe, bei Helosis ebenfalls anweſenden Organe (Ejusdem Nova genera et spec. plant. Brasil. T. III. p. 188) bemerkte: die höhere Ausbildung der männlichen Blüthe hin— ſichtlich der Anweſenheit einer Blüthenhülle wird wieder durch den Mangel der Spiralfaſerzellen in der inneren Zellenſchicht der Antheren herabgeſetzt, die ſelbſt bei mehreren Rhizantheen, z. B. bei Hydnora, nicht fehlen. Und was ſoll man gar von dem vielleicht embryoloſen, oder doch wenigſtens mit einem Embryo eigenthümlicher Bildung verſehenen Samen ſagen, den Andere geradezu als kryptogamiſch bezeichnen. Der Fruchtknoten iſt an jüngeren Exemplaren (zur Zeit der Blüthe) zweifächrig, in älteren (vielleicht reifen?) durch Obli- teration der Zwiſchenwand einfächrig. Jedoch weder in jenen noch in dieſen habe ich nur eine undeutlich zellige, gramöſe Maſſe, aber keinen Embryo wahrnehmen können, wie ihn freilich, außer Richard, bei Cynomorium noch niemand bei den Pflanzen dieſer Gruppe beobachtet hat. Oder ſollte dieſe durch die lange Aufbewahrung in Weingeiſt veränderte Maſſe einen eiweißloſen Embryo ſelbſt darſtellen, deſſen weitere Entwickelung vielleicht erſt nach der Trennung von der Mutterpflanze erfolgte, wie Schleiden auf höchſt in⸗ tereſſante Weiſe bei den Rhizocarpeen entdeckte. Und ſollte nicht endlich die beſtändige Anweſenheit des Zellenkernes in den älteſten, wie in den jüngſten Zellen, dem man ſonſt ſelbſt bei den Kryptogamen nur in den erſten Anfängen der Bildung begegnet, auch ſchon auf eine niedere Stufe dieſer Pflanzen hindeuten, worauf ich ſchon früher in meiner Ar⸗ beit über die Balanophoren aufmerkſam machte, bei denen er ebenfalls immer anweſend iſt? Die Stellung dieſer Pflanzenfamilie in die Nähe der Cycadeen und Farren, wie wir ſie bei Endlicher finden, ſcheint mir überhaupt aus allen dieſen Gründen die paſſendſte. Wenn dieſe Reſultate aber vielleicht unſer Intereſſe an dieſen merkwürdigen Gebilden der Tropen nur erhöhen dürf— ten, ſo erſcheint es um ſo wünſchenswerther, auch endlich ein Mal über die gewiß höchſt eigenthümliche Art der Fort⸗ pflanzung dieſer Schmarotzerpflanze und ihre Beziehung zu den Mutterpflanzen, auf deren Wurzeln ſie auf ähnliche Weiſe wie die von mir unterſuchten Balanophora- Arten befeſtigt find, einige Aufſchlüſſe zu erhalten, welchen Junghuhn einen ſo großen faſt weſentlichen Einfluß geſtattete, wiewohl er in einem ſpäteren Briefe d. d. Pergalengang den 18. April 1843 nicht umhin kann zu bemerken, „daß die auch auf den Wurzeln verſchiedener Bäume vorkommenden Exemplare unſeres Paraſiten, die er bereits auf drei verſchiedenen Arten an⸗ 293 gehörenden Wurzeln entdeckte, nicht von ein⸗ ander verſchieden erſchienen, alſo ſeine frühere Vermuthung, als ſtehe der Schmarotzer in einer gewiſſen Abhängigkeit von der Mutterpflanze, nicht beſtätiget werde. Auch ſpreche dafür nicht, fährt er fort, der Umſtand, daß er die Balano- phora elongata Blume bereits auf mehr als ſechs verſchiedenen Baumarten angetroffen habe, ohne daß ihr Vorkommen (joll wohl heißen, ihre Beſchaffen— heit) dadurch verändert worden ſei, nur eins finde er bis jetzt immer noch beſtätigt, daß die Bäume mit Bala- nophora tragenden Wurzeln unfruchtbar ſeien; denn der Lithogomphus (Rhopalocnemis) auf den Wur— zeln jener mit Früchten überladenen Eiche ſei ſchon längſt abgeſtorben geweſen.“ Etwas Ahnliches findet be— kanntlich auch bei uns bei den mit Paraſiten überladenen Pflanzen Statt, inſofern ſie mehr oder minder in ihrer Entwickelung gehindert worden, wobei ich, ohne mancher kryptogamiſchen Paraſiten zu gedenken, bei denen dies Ver: hältniß wohl am entſchiedenſten hervortritt, nur an die auf unſeren Waldbäumen jo häufig vorkommende Eichenmiſtel erinnern will, durch deren häufiges Erſcheinen die Aſte der Bäume mehrentheils weſentlich in ihrer Entwickelung gehindert werden. Wenn nun auch durch die vorliegende Unterſuchung unſere Erkenntniß von der Art der Keimung und von der wei— teren Entwickelung dieſer Paraſiten, wie mir nicht entgeht, noch um keinen Schritt weiter gefördert worden iſt, ſo kann ich mich doch nicht entſchließen, nachdem ich das Vorhan— denſein der Generationsorgane und eines fächrigen Samens nachgewieſen habe, an die von Herrn Jung huhn poſtulirte Urzeugung zu glauben, ſondern meine, daß auch hier die Samen dieſelbe Function üben, wie wir ſie bisher bei den meiſten der bekannten Gewächſe beobachtet haben und bei den übrigen wohl voraus ſetzen dürfen. Ich glaube, daß die Samen unſeres Paraſiten ſehr lange in der Erde liegen bleiben können, ohne ihre Keimfähigkeit zu verlieren, ſich dann erſt entwickeln und den Wurzeln anderer Pflanzen ad— häriren, wenn ſie die hierzu günſtigen Bedingungen vorfinden, wie dies auch ſchon von anderen Paraſiten, wie namentlich von den Orobanchen, behauptet worden iſt. Mit der Ent⸗ wickelung derſelben dürfte vielleicht die unſeres Paraſiten am paſſendſten zu vergleichen ſein. Wenn nun auch Herr Junghuhn und andere in den Tropen forſchende Botaniker dieſe Angelegenheit dringend zur weiteren Berückſichtigung empfehlen, ſollten wir hierbei doch auch nicht vergeſſen, was auch uns in dieſer Hinſicht noch zu thun übrig bleibt. Denn ungeachtet der trefflichen Beobachtungen über einheimiſche Paraſiten, welche wir beſitzen, wie namentlich über die Oro: bandyen (Mem. sur la germination des Orobanches in Mem. du Mus. d’hist. nat., T. X. p. 261, 1823) iſt auch bier noch manches Räthſel zu loͤſen. — Hier, meine ich, liegt der Schlüſſel zu unſerem Phanomen, über welches ich mich enthalte, anderweitige, der allein ſichern Baſis der Erfahrung entbehrende, Vermuthungen und Erklärungsverſuche noch hin⸗ zuzufügen. Zum Schluß laſſe ich nun den weſentlichen Charakter 41. II. 19. . 294 unſerer Gattung folgen, für welche ich den von Junghuhn gewählten Gattungsnamen, wie ſchon erwähnt, (oorra)ov elava und XY ocrea) beibehalte, und füge, mit Benutzung der von Hrn. Junghuhn für das Vegetationsorgan gelie- ferten Daten, noch eine gedrängte Beſchreibung bei. Rhopalocnemis Jungh. et Goepp. Flores dioici in di- stinctis spadicibus ebracteatis, squamis subhexagonis peltatis primum velatis, sessiles, in utroque sexu paleis subconformi- bus numerosis stipati. Flores masculi. Perigonium tubuloso-cylindricum qua- drifidum. Stamina plura symphysandra. Antherae connatae, antherarum diversarum loculis aequalibus discretis in paren- chyma immersis (longitudinalibus dehiscentibus ?). Flores feminei nudi circa paleas numerosi, sessiles. Ovarium ellipticum biloculare. Styli duo terminales stigmatibus sexſidis. Fructus uni- locularis. Embryonem cognoscere haud potui *). Rhopalocnemis phalloides Junghuhn. Unica species hucusque reperta in sylvis primaevis 4000 pedes altis montis javanici Gede, radicibus arborum et plantae vivae scandentis innata rarissima, die IV. mens. Januarii MDCCCXLIN. (Junghuhn) — Des oeriptio. Receptaculum basilare s. Organum vege- tativum in radieibus alienis parasiticum subsolitarium, terrae prorsus immersum, carnoso - lignosum, irregulari-glo- bosum, quandoque subramosum, extus rugoso - tuberculatum et rugoso-costatum sive costato-plicatum, dein superne atte- nuatum, papillatum denique vertice rumpens, cylindrico- elongatum, spadicem solitarium emittens, basinque spadicis ocreae instar eingens. Spadices e terra semiprominentes cum receptaculo homogenei et concreti carnoso-lignosi, cylindrico-pistillares statu recenti solidi, statu sicco excavati, superne aequales (nec incrassati) stipitati, ocrea tuberculi elongati rupti crassa, sublignosa, quadrifida , brevi, extus rugoso-tuber- eulata cincti; in statu juniori squamis vel corporibus clavi- formibus hexagonis margine cohaerentibus undique velati, dein in aetate provectiori hisce corporibus delapsis denudati. Squamae vel corpuscula hexagona claviformia_stipi- tata, deorsum libera supra margine invicem conglutinata et conereta, stratumque periphericum sive corticem potius ely- peoli multistipitati formam prae se ferentes, dein basi sti- pitum soluta et frustulatim (clavis compluribus cohaerentibus) et singulatim (clavis singulis separatis) deciduae. Delapsus istorum clavorum a basi ad apicem spadicis progreditur, „) Herr Jungbubn erklärt die von mir als weiblihe Gremplare ber ſchriebenen * dle m . indem er ſich nur an die drüſigen Spreu⸗ blättchen hält und die Fruchtknoten mit ihren Griffeln und Narben ganz über ⸗ ſeben hat, die männlichen dagegen erklärt er für Zwitter. Die verwachſenen Staubgefäße ſind ihm Sporentr Ber, ahnlich der ne | Stilbum, daher cor- ora stilbiformia und der Speclalname des Paraſiten stilbiferus, die Pollen⸗ oͤrnchen Sporen, die druſigen Spreuſchuppen ſcheinen ihm auch hier die Rolle der mannlichen Organe zu ſplelen. 18 295 ergo pars spadieis inferior prius denudata, inque vertice spadieis elavi diutius persistentes. Stipes elavorum longiusculus, compressus basi aequa- liter attenuatus superne in capitulum incrassatus ad partem dimidiam prismatico-hexagonus et apice pyramidali-hexago- nus, vertice minori plano obliquo tetraquetro vel potius trapezoideo; capitula infra planiuscula cava elypeolaria parte laterali dimidia inferiore invicem arete conglutinata subcon- ereta (sed separabilia). Substantia carnosa. Textura cellu- losa. Ad basin spadieis vel ad stipitem squamae istae vel clavuli minus evoluti sessiles subtriquetro - pyramidales acutiusculi decidui et superſiciem stipitis dein serobiculatam relinquentes. Paleae filiformes flores undique densissime obte- gentes lineam longae, statu juniori candidae, in spadieibus masculis rigidiusculae, magis robustae, latiores quam in femi- neis, sublanceolatae lineares, sub mieroscopio visae quasi articulatae; cellulae inferiores plerumque vacuae, pellucidae, granulis amylaceis hine inde farctae, ultimae ovales-globosae, glandulosae, quasi globulis concatenatis compositae. Non- nullae palearum cellulae sub lente apice proliſicantes, cellulas elongatas verticillatim emittentes ideoque breviter ramosae. Flores diclines et in distinetis stirpibus masculi a femineis discreti vel dioicı. Spadices masculi oblongi Noribus paleisque lineari- lanceolatis apice glandulosis iis brevioribus densissime obtecti. Flores numerosissimi sessiles in seriebus spiralibus dispositi, perigoniati. Perigonium cylindricum quadrilidum, lacinüs triangularibus suberoso - ineisis apice glandulosis erectis. Stamina symphysandra (Synema Reich.) primo oecculta, dein exserta. Filamenta perigonii laciniis subaequantes. Antherae numerosae in capitulum subglobosum (Synanthe- rium Rich.) in statu juniori niveum connatae; singulae ovali-subrotundae, pollinis granula plurima foventes, earum loculi substantia cellulosa parenchymatosa discreti. Pollinis granula subrotunda e duabus membranis composita. Spadices feminei ovato-oblongi floribus et paleis filiformibus apice glandulosis numerosissimis, quae in ejus superficie stratum densum erassitie duarum linearum velutino- fibrillosum effieiunt: perigonium nullum. Ovaria nume- rosa sessilia elliptico-oblonga, dimidiam lineam longa, sparsa inter paleas ipsis longiores, apice subcoronata, margine bre- vissimo cellulis elongatis papillosis constituto (perigonii superi speciem efformante), bilocularia , post anthesin dissepimento 41. II. 19. 296 soluto unilocularia, loculis aeque distantibus sibi subaequalibus massa grumosa ex parte repletis. Styli duo intra levem perigo- nii marginis cavitatem inserti, ſiliformes, torti, ovario duplo lon- giores, subapproximati, decidui; terminantur stigmatibus sexfidis. Fructus inter paleas reconditus, sessilis, subelliptieus, apice subtruncatus , vestigiis limbi cellulosi coronatus, unilocularis raro bilocularis, loculis massa grumosa ex parte farctis. Embryonem cognoscere non potui. Magnitudo: Receptaculum basilare e avellanae ad capitis infantum magnitudinem. Tota planta ad 10½ uncias longa. Spadix adultus usque ad pedem dimi- dium longus, denudatus unciam unam cum septem lineis, et corporibus clavaeformibus tectus ad uncias duas crassus. nucıs Miicellen. 45. Klugheit der Fröſche. An einem feuchten Abende des beginnenden Octobers bemerkte Robert Davis im Wohnzim- mer feines Hauſes im Dorfe Lindfield in Suſſer ein Geräuſch zwi⸗ ſchen dem Fenſter und der Sonnenblendung (shutter-blind or sun- blind). Die Urſache desſelben konnte er anfangs nicht entdecken, doch wiederholte ſich dasſelbe und er ſah einen Froſch an der Blen⸗ dung hinaufklettern und dann wieder hinabſpringen. In der Mei⸗ nung, daß er ſich ein Obdach vor dem Unwetter ſuche, beachtete er ihn nicht weiter; es geſellte ſich indeß noch ein zweiter hinzu, der ſich mit dem anderen in dieſer Weiſe eine Zeit lang abmühete; dann änderten beide die Art ihres Hinaufkletterns; und anſtatt daß ſie bisher dem Zimmer den Rücken gewendet hatten, kletterten ſie jetzt am Fenſter hinauf und ſahen ins Zimmer, ſprangen dann aber nach einer beſtimmten Stelle hinab. Davis glaubte, daß ſie dem Lichte nachgingen und ließ ſie ruhig klettern, groß war indeß am anderen Morgen ſein Erſtaunen, als er beim Offnen der Blendung einen großen Froſch zwiſchen dem Fenſter und der Blendung an einem Beine gefangen fand. Es ſchien ihm hiernach wahrſchein⸗ lich, daß die Beſucher des vergangenen Abends auf den Hilferuf ihres gefangenen Bruders herbeigeeilt waren, um ihm beizuſtehen und zur Flucht zu verhelfen, was durch das Herabſpringen der⸗ ſelben nach dem Flecke, wo der Gefangene ſaß, noch wahrſcheinlicher wird. (The Zoologist., March 1847.) 46. Die Ausdünſtungen der Kupferminen zu Swan⸗ ſca üben nach Prof. Sewell auf das Knochenſyſtem verſchiedener Thiere einen ſehr nachtheiligen Einfluß; es ſammeln ſich nämlich Maſſen einer knochenartigen Subſtanz in unbeſtimmter Form um die Gelenke an, wodurch der natürliche Zuſtand der Knochen, ähn⸗ lich wie durch den ſchädlichen Einfluß des Mercurs, krankhaft ver⸗ ändert wird. Bemerkenswerth iſt nun, wie gerade nach Hrn. Mi⸗ les Angabe, die allgemein verbreitete Kartoffelkrankheit niemals in der Nähe von Kupferminen auftrat; ſomit ſcheint die dem thieri⸗ ſchen Leben jo ſchadliche Atmoſphäre derſelben auf den Fortſchritt der Kartoffelkrankheit hemmend einzuwirken. (The Gardeners chronicle and agricultural gazette, 20. February 1847.) Heilk (XLVIII.) Einige Bemerkungen über verwundete Arterien, Nachblutung und falſche Aneurysmen. Von Robert Liſton. Fall. — Hr. S., 28 Jahr alt, ein ſehr corpulenter Mann, wurde am 20. Mai 1845 durch eine Piſtolenkugel unde. verwundet, welche am oberen und äußeren Theile des rechten Oberſchenkels, dicht über und vor dem trochanter major eindrang, und in der Mitte der linken Leiſtenfalte wieder hervorkam. Die Blutung war namentlich auf der rechten Seite ſehr heftig und arteriell, und ein bedeutendes Blut— ertravaſat bildete ſich bald am unteren Tbeile der Bauch- 297 wandungen. Am 27. Mai begann die Anſchwellung in der rechten Leiſte an Umfang zuzunehmen und deutlich zu pul⸗ ſiren, und erſtreckte fit) am 30. von der spina anterior superior ossis ilii bis zur linen alba. Sie war von ovaler Geſtalt, ragte nur wenig über das Poupart'ſche Band am ober ren und inneren Theile des Oberſchenkels heraus, war elaſtiſch, aber feſt, und durch Druck nicht zu verkleinern. Die Wunde an der rechten Hüfte war von einem trockenen, eingedrückten Schorfe ausgefüllt und an den Rändern leicht geröthet; die Wunde links ſah einer ausgezackten Spalte ähnlich und war zum Theil durch eine ſehr dünne Narbe geſchloſſen; nahe bei derſelben befand ſich eine zweite undeutlich fluctui— rende Anſchwellung mit mißfarbiger Oberfläche. Verfaſſer diagnoſticirte ein großes falſches aneurysma der a. cruralis oder eines Aſtes derſelben und unterband am 31. die a. iliaca externa, worauf ſogleich die Pulſation im tumor ver— ſchwand und die Spannung desſelben ſich bedeutend vermin— derte. Am Abend desſelben Tages ſtellten ſich die Symptome einer peritonitis ein, denen der Kranke am nächſten Morgen erlag. ,„ Section. Die Kugel hatte einen der oberflächlichen Aſte der a. cruralis, ungefähr ½“ unterhalb des ligam. Poupartii und ungefähr 1“ vom Hauptſtamme der Arterie, durchſchnitten und ein falſches aneurysma erzeugt; der Sack enthielt gegen 3 Unzen Blut. In der Bauchhöhle fand ſich eine große Menge ſerös⸗eitriger Flüſſigkeit, und an vers ſchiedenen Stellen der dicken und dünnen Gedärme Spuren acuter Entzündung. Das Bauchfell in der Nähe der Ope— rationswunde war entzündet und fait gangränös, die Gedärme mit Natus angefüllt. Alle anderen Organe waren geſund und nur die rechte Lunge mit Blut überfüllt. Bemerkungen. Daß ein kleiner Seitenaſt ſo ſtark bluten ſollte, wie es in dem vorliegenden Falle geſchah, war durchaus nicht zu vermuthen, und es war daher unmöglich zu beſtimmen, woher das Blut in die aneurysmatiſche Höhle floß. Das Hauptgefäß des Gliedes, oder ein großer Aſt, wie die a. epigastrica, circumſlexa externa, pudenda externa oder auch ein gemeinſamer Stamm der a. epigastrica super- ficialis und der Zweige der Inguinaldrüſen nahe an ſeinem Urſprunge aus der a. iliaca, konnten verwundet ſein. Es iſt jedoch bekannt, daß bei Trennungen auch kleiner Aſte dicht am Stamme des Hauptgefäßes eine ſehr profuſe Blu— tung ebenſo vorkommt, als wenn eine dem Durchmeſſer des verwundeten Aſtes an Größe gleichkommende Offnung ſich am Stamme ſelbſt befände. Die erſte Blutung iſt zuweilen, aber lange nicht ſo gefährlich, als die Nachblutung, welche oft erſt am zehnten Tage eintritt, oder die Berſtung des Sackes und der Erguß des Blutes ins Zellgewebe, in deren Folge der Kranke raſch zu Grunde gehen kann. In dem vorliegenden Falle war augenſcheinlich irgend ein thätiges Eingreifen nothwendig, um die drohende Gefahr abzuwenden. Kälte war ohne Erfolg angewendet worden, Druck war nicht zwiſchen dem Herzen und dem offenen Gefäße anzubringen und würde auf den tumor ſelbſt applicirt die Gefahr be— deutend erhöht und Berſtung des Sackes herbeigeführt haben. Die Unterbindung des verwundeten Gefäßes nach der Inciſion 41. It. 19. . 298 des Sackes würde immer einen neuen Blutverluſt bewirkt und ſo den Kranken leicht erſchöpft haben. Kranke, welche eine große Menge Blut verloren haben, gehen leicht in Folge des plötzlichen Erguſſes einer auch nur kleinen Quantität zu Grunde. Ranby ſah einen Kranken an einer Nach— blutung ſterben, bei welcher nur 12 Unzen Blut verloren gingen. Viele Kranke ſogar ſind augenblicklich geſtorben, wenn man Blutextravaſate öffnete. Ein Mann von 35 Jahren wurde am Halſe mit einem Federmeſſer verwundet; man hielt die a. carotis externa für verletzt und unterband die carotis communis. Ungefähr drei Wochen hindurch ging Alles gut, die Wunde heilte bis auf die Stelle, wo die Li— gaturfäden heraushingen; an dieſer Stelle quoll nur etwas Blut hervor, welches allmälig an Menge zunahm, und ein thrombus, von der Größe einer Wallnuß, bildete ſich in der Nähe der urſprünglichen Wunde. Man öffnete denſelben, es fand eine unbedeutende Blutung Statt, aber der Kranke verſchied auf der Stelle. — In dem vorliegenden Falle konnte die Arterie in der Wunde nicht gut unterbunden werden; man wußte nicht, welches Gefäß eigentlich verletzt ſei, und vermochte dieſes auch während des Lebens nicht zu ermitteln. Der Sack ließ ſich nicht ohne großen Blutserluft öffnen, und höchſt wahrſcheinlich wäre ſpäter eine Nachblu— tung aus der a. cruralis eingetreten, welche gleichfalls hätte unterbunden werden müſſen, ohne daß jedoch die Unterbin— dung eine Nachblutung gänzlich verhindert hätte, wie es die Erfahrung in ähnlichen Fällen gelehrt hat. Das einzige Mittel, den Kranken zu retten, blieb die Unterbindung der a. iliaca externa, um die Coagulation der contenta des tu- mor und die andauernde Schließung des verwundeten Gefäßes zu bewirken. Es liegen eine Reihe von Fällen vor, wo bei Verwundungen der a. radialis oder der Arterien der Hand die Unterbindung der verwundeten Arterie durchaus nicht vor gefährlicher Nachblutung ſchützte, und nur die Unterbindung der a. brachialis hoch oben das Leben zu retten vermochte. Die Unterbindung der letzteren vermag jedoch auch nicht in allen Fällen einen günſtigen Erfolg herbeizuführen. So er: zählt Hodgſon einen Fall, wo nach der Ligatur der bra- chialis eine Hämorrhagie aus einem falſchen aneurysma der a. radialis eintrat und endlich auch dieſe unterbunden wer— den mußte. Bei der Nachblutung aus Stümpfen ferner, welche am achten, zehnten oder ſelbſt zwanzigſten, dreißigſten Tage in Folge einer ungeſunden Beſchaffenheit der Wunde, herbeigeführt durch ungünſtige Witterung, ſchädliche Dünſte und Miasmen oder durch den Genuß reizender Speiſen oder Getränke, eintritt, muß der Wundarzt gleichfalls raſch Hilfe leiſten. Tritt die Blutung wenige Tage nach der Amputa— tion ein, ſo genügen zuweilen das Eröffnen der Wunde, das Entfernen der Blutgerinnſel, gelinder Druckverband, Hoch— lagerung des Stumpfes und andauernde Application der Kälte. Oft aber reichen dieſe Mittel nicht aus, und dann kann es nur wenig fruchten, die blutenden Gefäße aufzu— ſuchen und zu unterbinden — der einzige rationelle und er— fahrungsmäßige Weg iſt hier die Unterbindung des Haupt⸗ ſtammes des Gliedes hoch oben. — Aus dem Geſagten ſowohl, wie aus einer großen Reihe von Fällen von erfolg— 299 reicher Unterbindung des Hauptſtammes bei Verletzung eines tieferen Aſtes geht die Zweckmäßigkeit der Ligatur der a. iliaca externa in dem vorliegenden Falle hervor. Bei der nahen dringenden Gefahr konnten die Gefahren der Unterbindung jener Arterie (Mortification, Nachblutung ꝛc.) nur wenig berückſichtigt werden, und an eine peritonitis, wie fie den Tod des Kranken herbeiführte, hatte man bei der Conſulta— tion über den Fall kaum gedacht. Wenn wir die Reſultate der in England ſeit den letzten 50 Jahren veröffentlichten Fälle durchſchauen, ſo ſtellt ſich heraus, daß dieſe Quelle der Gefahr im Allgemeinen nur wenig Berückſichtigung ver— dient. Von 45 Fällen endeten 9 tödtlich, und zwar 3 an Verſchwärung und Berſtung des Sackes, 2 an Mortification des Gliedes, 2 an Nachblutung, 1 an Bruſtaffection und 1 an allgemeinem collapsus. (Medico-chirurg. Transactions, Vol. XXIX, 1846.) (XLIX.) Über eine Lichterſcheinung am menſch— lichen Auge als Hilfsmittel zur Diagnoſe von Krankheiten der Netzhaut und der hinteren Partien des Auges. Von William Cumming. Das Leuchten der Augen bei Katzen, Hunden, Kanin— chen, Ochſen, Schafen und anderen Thieren, bei Albino's und beim Mangel des Pigments im Auge iſt bereits ſeit längerer Zeit bekannt und einer Reflexion des Lichtes vom tapetum zugeſchrieben worden. Allein auch am geſunden menſchlichen Auge iſt unter gewiſſen Verhältniſſen ein Leuch— ten wahrnehmbar, deſſen abnormes Auftreten oder Fehlen als Hilfsmittel für die Diagnoſe von Veränderungen in der Netzhaut, ſowie in der hinteren Partie des Auges benutzt werden kann. Der Lichtrefler von dem hinteren Theile des menſchlichen Auges wird dann ſichtbar, wenn man die zu unterſuchende Perſon in einer Entfernung von 10 — 12“ von einem hellen (Gas-) Lichte aufſtellt, jo daß die Lichtſtrahlen unmittelbar das Geſicht derſelben treffen, und die ſeitlichen Strahlen durch einen in der Mitte zwiſchen dem Lichte und dem Auge aufgeſtell— ten Schirm aufgefangen werden. Der Beobachter muß hiebei eine Stellung einnehmen, welche der geraden Linie zwiſchen dem Lichte und dem Auge ſo nahe als möglich iſt, weßhalb er zuweilen ſchräg ſtehen muß. Der Lichtrefler ſelbſt iſt nicht nur bei verſchiedenen Perſonen an Farbe und Intenſität, ſondern auch je nach der größeren oder geringeren Intenſität des Lichtes, der Stellung des zu unterſuchenden Auges und der Entfernung desſelben von dem Auge des Beobachters verſchieden. Bei trübem Lichte, wie das von einem Talg— lichte oder einigen wenigen Sonnenſtrahlen, ſieht man einen trübröthlichen Glanz aus der Tiefe des Auges hervorglänzen, bei ſehr hellem Lichte dagegen iſt das Leuchten ſehr ſtark, von ſchön metalliſchem Glanze und ſilber-, goldfarbig oder roth. Es verändert ſich hiebei zuweilen und geht aus der Kupferfarbe in Silberglanz über, was mitunter die Folge einer leichten Bewegung des Auges iſt. Obwohl der Licht— 41. II. 19. 300 refler an einem Auge mit großer Pupille leichter ſichtbar wird, ſo hängt doch ſein Glanz nicht von dieſem Umſtande ab, und häufig variirt feine Intenſität bei zwei Augen mit gleich großen Pupillen ſehr bedeutend. Wenn man ſich dem Auge auf wenige Zoll nähert, jo iſt der Reflex nicht ſichtbar, und er wird geſchwächt, wenn man vor das Auge des Objectes eine ſchwarze Karte mit einer Offnung von der Größe der iris hält. In den Fällen, wo die Kryitalllinie entfernt worden iſt, iſt der Refler in einiger Entfernung undeutlich, wird aber deutlicher vermittels einer vor dem zu unterſuchenden Auge angebrachten doppelt⸗converen Linſe und iſt in einer Entfernung von 2— 3“ ganz deutlich wahr⸗ nehmbar. — Unter den von mir unterſuchten 21 Fällen war der Refler in 16 glänzend und ſehr deutlich, in 4 ſchwach und ſchwer ſichtbar, in 1 fehlte er ganz; die der Unterſuchung unterworfenen Subjecte waren wenige Monate bis 60 Jahr alt. Zas die Quelle des Leuchtens, deſſen Glanz in einem geraden Verhältniſſe zur hellen Farbe des Augenpigmentes zu ſtehen ſcheint, betrifft, ſo iſt dieſelbe höchſt wahrſcheinlich in der choroidea zu ſuchen, obwohl auch das von der Netz⸗ haut und der Concavität des Glaskörpers zurückgeworfene Licht hiebei gewiß nicht ohne Mitwirkung iſt. Das ſogenannte amaurotiſche Katzenauge (Beer) beſteht, nach den über dasſelbe veröffentlichten Mittheilungen, entweder in einer Amauroſe aus Cerebral- oder anderen Urſachen bei völliger Integrität der Netzhaut oder choroidea oder in einer Ablagerung von Lymphe oder anderer Subſtanzen in oder um die Netzhaut; das bloße Leuchten des Auges iſt feines- wegs eine pathologiſche Erſcheinung. In Betreff der Anwendung ſeiner Beobachtung auf pathologiſche Verhältniſſe theilt Verf. am Schluſſe vier Fälle mit, in welchen die Schwächung oder Unverändertheit des Reflexes ein vorhandenes Leiden der retina und choroidea oder die Integrität dieſer Membranen mit Sicherheit dia— gnoſticiren läßt. (Medico-chirurg. Transactions, Vol. XXIX, 1846.) (L.) Luxation des humerus in die fossa infra- spinata, mit Bruch der cavitas glenoidea compli⸗ eirt und zwölf Tage nach dem Unfalle wieder eingerichtet. Von Hrn. Janßens dem Sohne. Beobachtung. Hr. Dr. Janßens, der Vater, von ſehr ſchwächlicher Conſtitution, ſtürzte am 17. Februar 1845 aus einer Höhe von etwa 5 Fuß in der Art herab, daß das Gewicht des Körpers auf dem rechten Elnbogen laſtete, während der rechte Arm ausgeſtreckt war. Er war im Stande ohne Hilfe aufzuſtehen, ſeinen Oberrock auszuziehen und ſich ins Bett zu legen; allein als er ſich nach einigen Minuten umwenden wollte, fühlte er, daß die Gelenkflächen des Schultergelenkes ſich verſchoben hatten. Es war ihm, als wäre die Schulter der dem übrigen Körper mitgetheilten Bewegung nicht gefolgt. Ein herbeigerufener Arzt über: 301 zeugte ſich davon, daß die Schulter ihre normale Rundung habe. Das acromion ſprang nicht vor, und unten zeigte ſich keine Vertiefung. Die Achſelhöhle war frei und ohne Geſchwulſt, der Elnbogen lag an dem Rumpfe an, und die Achſe des Armes zeigte keine Abweichung von der normalen Richtung. Der Kranke konnte den Arm bis 1 Fuß vom Rumpfe vorwärts und ſelbſt auswärts bewegen; allein es war ihm unmoglich, die Hand an die Stirn zu bringen oder irgend eine drehende Bewegung mit dem humerus aus— zuführen. Übrigens brachten die Bewegungen des Armes weder Schmerz noch Knirſchen hervor. Die Diagnoſe des Arztes, welcher vorzüglich auf den Umſtand Gewicht legte, daß der Kranke den Rock hatte aus— ziehen können, fiel dahin aus, daß die Schulter verſtaucht fei, und Hr. Janßens der Sohn trat dieſer Anſicht bei. Es wurden Blutegel angelegt, die indeß keine Beſſerung bewirkten. Zwölf Tage waren verfloſſen; die Schmerzen hatten ſich vermindert, aber die Bewegungen des Armes blieben gehemmt, der Elnbogen an den Rumpf gepreßt und die Hand vorwärts gebeugt, als Hr. v. Meper den Kranken unterſuchte. Aus einer Vergleichung der beiden Schultern erkannte er eine Verſchiebung der Gelenkflächen. Wirklich überzeugte ſich der Patient nun ſelbſt, daß eine Geſchwulſt in der fossa infraspinata vorhanden war, und daß die apo- physis coracoidea bedeutend vorſprang. Auch bemerkte man, daß der vordere Theil des rechten Schulterſtumpfes ganz platt und die Achſe der Extremität, im Vergleich mit der der andern, von unten nach oben, von außen nach innen und ein wenig von vorn nach hinten gerichtet war. Da die Diagnoſe einer luxatio infraspinata feſtgeſtellt war, ſo ſchritt man ſogleich zur Reduction, welche binnen weniger als einer Minute durch Ziehen am Arme nach unten und vorn bewirkt wurde. Allein ſobald man den Arm losließ, verrenkte er ſich wieder von ſelbſt, und dabei hörten alle Anweſenden deutlich ein krepitirendes Geräuſch. Man unterſuchte das Schulterblatt und Hr. v. Meyer erkannte an dem Halſe dieſes Knochens eine ungewöhnliche Beweglichkeit, welche das Vorhandenſein eines Bruches, ent— weder der cavitas glenoidea, oder des ganzen Halſes, ver— muthen ließ. Man richtete die Luration nochmals ein, in— dem man mit einer Hand auf den aus ſeiner Gelenkhöhle getretenen Knochenkopf drückte und zugleich über dem Eln— bogen am Oberarm zog. Dann legte man ſogleich den Deſaultſchen Verband für Brüche des Schlüſſelbeines an, indem man zugleich in die fossa infraspinata eine dicke, gra— duirte Compreſſe brachte. Zwei Tage darauf ward der Apparat beſeitigt, und Hr. v. Meyer erkannte, daß die Theile ihre reſpectiven Beilehungen beibehalten hatten. An die Stelle desſelben ward nun ein Kleiſter-Verband angelegt, den man 42 Tage an Ort und Stelle ließ. Eine Luration des Oberarmbeins nach hinten und die Complication mit einem Bruche der cavitas glenoidea ge: hören zu den großen chirurgiſchen Seltenheiten, und der Fall iſt inſofern von bedeutendem Intereſſe. Die Beſchrei⸗ 41. II. 19. 302 bung desſelben iſt indeß ſehr lückenhaft, und es wäre zu wünſchen, der Verf. hätte die Symptome der Verletzung genau geſchildert, ſtatt ſich darauf zu beſchränken, auszu— ſagen, Hr. o. Meyer habe dieſes oder jenes erkannt. Übrigens geht aus den Umſtänden doch mit ziemlicher Zu: verläſſigkeit hervor, daß Hr. v. Meper ſich nicht geirrt habe. Noch haben wir hinzuzufügen, daß der Patient wieder zu dem vollſtändigen Gebrauche ſeines Armes gelangte. (Gazette médicale de Paris, 17. Avril 1847.) (LI) Eine Cyanoſe von 40jähriger Dauer, Von Robert J. Spitta. Am 3. März 1845 wurde Fräulein M. B., 40 Jahr alt, plötzlich von Dyspnöe, partieller Synkope, Convulſtonen und heftigen Schmerzen im epigastrium, in den Weichen und Hypochondrien befallen, welcher Zuſtand 24 Stunden bei ungetrübtem Bewußtſein andauerte und mit dem Tode endete. Die Kranke, von kleiner Statur und ſtark gewölbtem Bruſt— beine, hatte ſeit ihrer Geburt an Cpanoſe gelitten, welche ſich durch ſtarke bläuliche Färbung der Wangen, Lippen und der Zunge zu erkennen gab. Die Herzaction war beim ruhi— gen Verhalten regelmäßig geweſen, Laufen jedoch oder Trep— penſteigen und jede plötzliche Anſtrengung bewirkte heftiges Herzklopfen und Athemnoth. Die Kranke klagte ſehr häufig über Kälte, war aber, zuweilen eintretende dyspeptiſche An— fälle ausgenommen, ſtets geſund geweſen; ihr Verſtand war nur mittelmäßig. Der erſte bedeutende Anfall trat im Dc- tober 1840 ein; im Noobr. 1843 bildete ſich Anaſarca der Bauchwandungen und der Unterertremitäten mit Fieber und ſtarker Pulſation der carotis aus; nach drei Monaten war jedoch die Geneſung vollſtändig. Im Mai und September 1844, ſowie im Februar 1845 traten neue Anfälle von Dyspnöe und Ohnmacht ein, welchen dann der letzte tödt— liche folgte. Die vier früheren Anfälle waren alle nach Anſtrengungen eingetreten. Section. Oberfläche des Körpers purpurfarbig an den abhangenden Theilen, Bruſtmuskeln ſchlaff, Lungen im Congeſtiozuſtande und theilweiſe erweicht mit einigen Tuber— keln. Das Herz war ſehr ſchwer in Folge der großen Feſtig— keit ſeines Muskelgewebes, und etwas hypertrophiſch, nament⸗ lich auf der rechten Seite. Das foramen ovale ſtand offen und hatte 4 im Durchmeſſer, die Auriculo-Ventricularklappen waren verdickt. Die Lungenarterie zeigte dicht über den halb— mondförmigen Klappen eine neugebildete Membran, welche zwerchfellartig quer durch die Arterie hingeſpannt war. Dieſe Membran war 1““ dick, und in der Mitte von einem 2“ langen und 1“ breiten Schlitze mit rothen und von Blut— fibrine ausgefranſ'ten Rändern durchbohrt. Die drei halb— mondförmigen Klappen waren nach aufwärts gerichtet und in dieſer Stellung durch die Adhäſton ihrer ſonſt freien Ränder an die Aftermembran firirt. Der Botalliſche Gang war unwegſam. Die Nieren waren etwas granulirt und ent⸗ hielten mehrere große Cyſten. Die Harnblaſe enthielt ſauren 303 Harn, welcher bei Hinzufügung von Salpeterſäure einen Nie— derſchlag machte und, aufgekocht, nach einer halben Stunde gerann. (Medico -chirurg. Transact., Vol. XXIX, 1846.) Mifcellen. (42) Hydatidencyſte an der Vorfteher-Drüfe, be obachtet von Georges Lowdell. John Ireland, 64 Jahre alt, wurde im Juli 1844 in das Sussex-county - Spital aufgenommen. Er gab an, daß er bei einer ſehr ärmlichen und ſchlechten Lebens— weiſe, und den Veränderungen der Witterung häufig ausgeſetzt, ſeit drei bis vier Jahren an Harnbeſchwerden gelitten habe, welche fi) in der letzten Zeit bis zu faſt vollſtändiger Harnverhaltung ge- ſteigert hatten. Bei ſeiner Aufnahme war die Blaſe gefüllt und er empfand heftige Schmerzen; der eingeführte Katheter drang ohne Schwierigkeit bis zur portio prostatica urethrae vor, wo er ſich in zahlreichen falſchen Wegen verlor, und bei der Unterſuchung per rectum fand ſich in der Gegend der prostata ein großer, un— deutlich elaſtiſcher tumor, welcher auf den Darm drückte und das Becken faſt ausfüllte. Nach einem warmen Bade konnte der Kranke etwas Harn laſſen, und bald darauf gelang es, einen feinen Ka— theter (No. 4) in die Blaſe einzuführen, durch welchen 3 Pinten eines ſtark alkaliſchen Harnes entleert wurden. Obwohl der örtliche Schmerz hiedurch etwas erleichtert wurde, ſo verſchlimmerten ſich doch die allgemeinen Symptome immer mehr, und der Kranke ſtarb wenige Tage nach ſeiner Aufnahme ins Spital. Bei der Section fand ſich das Bauchfell in der Nähe der Harnblaſe dunkel, ſchwarz und erweicht; das Zellgewebe am Blaſenhalſe war ſchwammig und weich, und die mm, psoas und iliacus mißfaͤrbig und ſchlaff. Die Harnblaſe ſelbſt war ſtark verdickt, und auf der prostata ſaß ein 41. II. 19. 304 tumor, größer als der Kopf eines foetus, welcher mit Hydatiden dicht angefüllt war, und in welchem ſich die eigentliche Subſtanz der Vorſteherdrüſe gar nicht mehr erkennen ließ. Die portio pro- statica war durch den tumor fo ſehr zuſammengedrückt worden, daß bei den Verſuchen, den Katheter einzuführen, zahlreiche falſche Wege gemacht worden waren. Zwiſchen den Schichten des Gekröſes und dicht am Bogen des colon lagen noch zwei andere mit Hydatiden gefüllte verdickte und verhärtete Cyſten. (Medico-chirurg. Trans- act. Vol. XXIX. 1846.) (43) Über die Mittel, die ungünſtigen Reſultate der Staaroperationen quantitativ bedeutend zu verringern, von Hrn. Guépin. Die Depreſſion, nach den Umſtänden modifi⸗ cirt, vermag mehr als zehn günſtige Reſultate gegen ein ungünſtiges, ſelbſt bei unfolgſamen und unvorſichtigen Perſonen, ſowie in ſchlim⸗ men Fällen zu gewähren und muß daher zur allgemeinen Methode werden. Die Operation werde mit einer faſt im rechten Winkel kuieformig gebogenen Nadel ausgeführt, deren Biegung nach der Einführung ſtets der iris und choroidea zugewendet fein muß, um das conſecutive Zittern der iris und Amauroſe zu verhüten. Die Nadel wird, 3 Millimeter von der Hornhaut entfernt, ein wenig oberhalb der . eingeführt, und die Kryſtalllinſe mit ihrer Capſel in den Glaskörper eingedrückt, ſo daß die vordere Fläche zur unteren wird, und die hintere der oberen Partie des Auges zugewendet iſt. Wenn die Linſe weich iſt, ſo wird ſie ſogleich zer⸗ quetſcht, und acht bis zehn Tage ſpäter, wenn die durch den Nadel⸗ ſtich erzeugte Irritation geſchwunden ift, nochmals zerquetſcht, wor⸗ auf man die einzelnen Stücke vermittels einer Punction entleeren kann. Dieſe Punction wird dicht am Hornhautrande mit einem ſchmalſchneidigen Meſſer ausgeführt und muß zuweilen 5—7 Milli⸗ meter lang fein. Bei den mit iritis und Atreſie der Pupille com: plicirten Katarakten muß die künſtliche Pupillenbildung der Staar⸗ operation vorangehen. (Archiv. gener, de méd., Nov. 1846.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Shaw, A. — On Sir Charles Bell's Researches in the Nervous System. By Alexander Shaw. Royal 8°. (pp. 40, plate, sewed, 1 sh.) London 1847. Whately, R. — On Instinet: a Lecture delivered before the Dublin Natural History Society, Nov. 11. 1842. By Richard Whately, D. D. 12%. Dublin (pp. 32, sewed, 6 d.) 1847. Notions de Phrenologie; par Julien Rousseau. In 12% de 26 flles. Paris 1847. Traite de pharmacie theorique et pratique; par E. Soubeiran. Troisieme edition, avec 63 figures intercalees dans le texte. Deux volumes, in 8, ensemble de 99 feuilles . Paris 1847. Description de mammiferes et d’oiseaux recemment deeouverts , precedee d'un tableau sur les races humaines; par M. Lesson, In 18° de 10 feuilles, plus 6 pl. Paris 1847. Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzogthume Naſſau. Heraus⸗ gegeben von C. Thoma. 2. Hft. gr. 9. Geh. Wiesbaden 1847. Voget, A. R. L., Notizen aus dem Gebiete der praktiſchen Pharmacie. 1847. 12 Nrn. 8. Geh. Schüller in Crefeld 1847. Burdach, C. F., Anthropologie 85 das gebildete Publikum. Umgearbeitet und neu herausgegeben von E. 2 8 2. verm. Aufl. 5. (letzte) Lief. gr. 8%. Geh. A. Becher's Verlag in Stuttgart 1847. Correſpondenzblatt des naturforſchenden Vereins Ri a: Redig. von C. J. G. Müller. 1. Jahrg. 1845—1846. gr. 8. Riga 1847. Kenngott, G. A., Lehrbuch der reinen Kryſtallographie. Mit 4 Bogen lith. Kryſtallnetze. gr. 89. Geh. Breslau 1847. N Reuß, A. F., die 15 5 der böhmiſchen Kreideformation. Mit Ab⸗ bildungen gezeichnet von 3. Rubeſch. II. Abth. 2. Hälfte (Schluß). Mit 25 lith. Taf. Imp. 4. Stuttgart 1847. Sto ppel, L., maler. Naturgeſchichte des Thierreiches. 2.—16. Lief. o. Geh. Wolfenbüttel 1847. Description et fonctions de l’atmoeleide, appareil regulateur destinée a la sa- turation de Pair par l’ether et son inhalation, breveté sans garantie du gouvernement. Memoire présente ä l'Institut; par Brissarl-Gubert (de Montmirail). In 120 d'une feuille. Paris 1847. Les vivans enterres et les morts ressuscites. Considerations physiologiques sur les morts apparentes et les inhumations precipitees; par A. Debay. In 12% de 2 feuilles. Paris 1847 x De l’usage des inhalations d’ether dans les operations chirurgicales; par Ph. Fred. Blandin. In 8° d'une feuille. Paris 1847. L’union medicale, journal des interets scientiignes et pratiques, moranx et rofessionels du corps medical. Mardi 5. Janvier 1847. Premiere annee. ome I. No. 1. In folio d'une feuille. Paris 1847. Bull, T. — Hints to Mothers for the Management of Health during the Pe- riod of Pregnancy and in the Lying in Room, and Hints on Nursing. By T. Bull, M. B. 5th edition, revised and enlarged, 125. (pp. 410, cloth 7 sh.) London 1847. Walker, G. A. — The Warm Vapour Cnre; or, the Treatment of Disease by Moist and Dry Vapour: and Proofs that the Cure of many Maladies may be effected by it. By G. A. Walker. W. (pp. 92, sewed, 2 sh. 6d.) London 1847. Memoire et observations pratiques sur les ecoulemens de l’oreille; par M. E. Hubert-Valleroux, docteur en medecine. In ® d'une flle 57. Paris 1847. Herrich, Karl, Beobachtungen und Unterſuchungen über den raſch verlaufen⸗ den Waſſerkopf. 4°. Geh. F. Puſtet in Regensburg 1847. Mayer, J. F., die Kindespflege, wie auch die Erkenntniß und Behandlung der Kinderkrankheiten mit Waſſer. gr. 8o. Geh. Gera 1847. 9 Schneider, J., Sammlung auserleſener innerer und äußerer Receptformeln, älterer, mittlerer und neueſter Zeit. 1%. Geh. Müller ſche Buchh. (G. F. Euler). Fulda 1847. E, Rademacher, J. G., Rechtfertigung der von den Gelehrten mißkannten, verſtandesrechten Erfahrungsheillehre. 2. Bd. 2. Ausg. gr. 8. Geb. G. Reimer. Berlin 1847. 2 Sälefinger, J., die Einathmung des Schwefeläthers. 2 Aufl. 12“. Geb. W. Gerhard in Leipzig 1847. 5 * 2 8 Simon, jun., Fr. A., Verſuch einer kritiſchen Geſchichte der örtlichen Luſt⸗ übel. 3. au gr. 8. Geh. Hamburg 1847. e Wallis, twurf zum Neubau einer Provinzial⸗Irren⸗Heil unt Pflege Anſtalt für die Kurmark 5 2. Geh. Berlin 1847. Lietzau, F. O., Lehrbuch der ſpeciellen Therapie. 7. (leste) Lief. gr. ©, Geh. Dunker und Humblot in Berlin 1847. i Pfeufer, Chr., das Ober mayerſche Beſſerungsſoſtem in den Straf- — zu Kaiſerslautern und München. 12. Geb. C. F. Winter in Heidelberg 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Mer. Rth. Dr. L. Fr. v. Frorier gegründete Zeitſchrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 42. (Nr. 20. des II. Bandes.) Juni 1847. Drud und Verlag des Landes ⸗Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Ntblr. oder 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXXIII. über die Entſtehung des Knorpels und des Knochenmarkes. Von Heinr. Rathke. Ungeachtet der ſorgfältigen Unterſuchungen, die in neue— rer Zeit von mehreren Anatomen theils über das Gewebe der Knorpel und Knochen, theils auch über die Entwickelung der letzteren angeſtellt worden ſind, bedürfen doch einige dar— über gemachte Angaben noch einer Berichtigung. Auch iſt ein Verhältniß, das in der Entwickelung der Knochen eine wichtige Rolle ſpielt, noch völlig unbekannt geblieben. Aus— führlichere Bemerkungen über das Gewebe und die Ent: wickelung dieſer Körpertheile gedenke ich ſpäter ein Mal be— kannt zu machen: für jetzt will ich nur einige Reſultate der Unterſuchungen mittheilen, die ich darüber bei verſchiedenen Thierarten angeſtellt habe. 1) Wo ſich bei dem Hühnchen Knorpel und Knochen bilden ſollen, findet man die Subſtanz anfangs eben ſo be— ſchaffen, wie an anderen Stellen des Leibes, nämlich zuſam— mengeſetzt aus zellenartigen, mit Kern und Kernkörper und mit einer äußeren häutigen, obwohl nicht deutlichen Wandung verſehenen Gebilden, die durch ein ſehr weiches und ſehr ſparſam vorhandenes formloſes Bindemittel zuſammengehalten werden. Sehr bald aber und während dieſe Gebilde ſich immer deutlicher als wahre Zellen kund geben, wird dort, wo ſich Skeletſtücke entwickeln ſollen, die ſie verbindende Maſſe oder Intercellularſubſtanz theils feſter und härter, theils auch reichlicher abgelagert, als in der Nachbarſchaft, und nimmt überhaupt immer mehr die Beſchaffenheit des⸗ jenigen Theiles der ächten Knorpel an, welchen man die Grundſubſtanz derſelben genannt hat. Die Zellen ſelbſt, die von ihr zuſammengehalten werden, ſcheiden ſich dabei ſo von ihr ab, daß ſie nicht mehr, wie es früher der Fall war, einen innigen Zuſammenhang mit ihr bemerken laſſen, ſondern No. 2022. — 922. — 12. in ihr nur loſe abgelagert erſcheinen. Doch bleiben ſie eine längere Zeit von ihr ganz knapp umſchloſſen. Später aber bildet ſich um manche von dieſen Zellen ein kleiner freier Zwiſchen— raum, indem die Höhle der Grundſubſtanz, in welcher eine ſolche Zelle ihre Lage hat, ſich entweder erweitert, ohne daß ſich dieſe ebenfalls vergrößert, oder ſich noch mehr er— weitert, als die in ihr enthaltene Zelle ſich vergrößert. Fer— ner verdichtet ſich die Grund- oder Intercellularſubſtanz des Knorpels zunächſt um jede Zelle, die ſie einſchließt, am mei— ſten, und dieſer dichtere und ſo klar wie ein Kryſtall er— ſcheinende Theil bildet dann um jede Zelle eine kleine mei— ſtens rundliche oder ovale oder ellipſoidiſche Capſel, deren Wandung viel dicker iſt, als die Wandung der in ihr ent— haltenen Knorpelzelle. Sind dergleichen Capſeln ſchon deut— lich bemerkbar geworden, ſo laſſen ſie anfänglich nur äußerſt kleine und theilweiſe nur als zarte Linien erſcheinende Zwiſchen— räume zwiſchen ſich, die von dem übrigen das Licht ganz anders brechenden Theile der Grundſubſtanz ausgefüllt ſind. Später aber werden die Zwiſchenräume im Allgemeinen größer, und es gewinnt dann die Subſtanz, von der ſie ausgefüllt ſind, gewöhnlich ein ſchwach grauliches oder höchſt zart punktirtes Ausſehen, das dem eines etwas matt geſchliffenen Glaſes ähnlich iſt. 2) Die erwähnten Zellen des Knorpels, die bei allen Wirbelthieren eine nur ſehr dünne häutige Wandung be— ſitzen, haben Manche unter dem Namen der Knorpelkörperchen aufgeführt. Andere aber haben darunter die capſelartigen Theile der Grundſubſtanz des Knorpels verſtanden. Um Mipverftindniffen vorzubeugen, dürfte es daher am gerathen— ſten ſein, dieſen Namen ganz aufzugeben. 3) Die Knorpelzellen nehmen bei manchen Thieren, beſonders bei manchen Fiſchen, höchſt verſchiedene Formen an, mitunter auch die Form einer Gabel. Nicht ſelten ſen— den ſie einige ſehr kurze und ſpitze Fortſätze aus. Niemals 20 307 aber habe ich an ihnen mehrere längere Strahlen bemerkt. Nach ihnen richtet ſich gewöhnlich, wenn auch nicht immer, die Form der von der Grundſubſtanz gebildeten Capſeln, an denen ich ebenfalls keine längere ſtrahlenförmige Fortſätze geſehen habe. MM 4) Der dichtere Theil der Grundſubſtanz des Knorpels, welcher die einzelnen Zellen zunächſt umgiebt und um ſie klare Capſeln darſtellt, iſt von dem übrigen Theile dieſer Subſtanz zwar nirgends durch einen freien Zwiſchenraum geſchieden, doch läßt ſich zwiſchen beiden meiſtens eine ziem⸗ lich ſcharfe Grenze erkennen. Wenn aber ein Knorpel ſchon eine längere Zeit beſtanden und ſeine Grundſubſtanz ſich im Verhältniß zu den Zellen ſehr vermehrt hat, verſchwindet bei manchen Thieren, beſonders bei manchen Fiſchen, jene Grenze, indem auch der zunächſt um eine Knorpelzelle gelegene Theil der Grundſubſtanz an Klarheit verliert. 5) Die Knorpeleapſeln oder überhaupt die Wandungen der Höhlen, in denen die Knorpelzellen liegen, ſind inwen— dig ſpiegelglatt: ob ſie aber von einer zarten Haut, aus⸗ gekleidet ſind, habe ich bis dahin nicht gehörig ermitteln können. 6) Die Faſerknorpel, namentlich diejenigen, aus welchen die ligamenta intervertebralia beſtehen, haben anfänglich die Beſchaffenheit der ächten Knorpel. Später aber entſteht in ihrer Grundſubſtanz (oder Intercellularſubſtanz) eine Faſerung, und gleichzeitig kommt um jede Zelle eines ſolchen Knorpels eine dünne häutige Blaſe zum Vorſchein, in der die Zelle, wie etwa eine Finne in ihrer Capſel, loſe eingeſchloſſen liegt, und an der man niemals eine Spur von einem Zellenkerne bemerken kann. Entweder iſt dieſe Blaſe eine Haut, von der die Knorpelcapſel ausgekleidet wurde, oder die Knorpel⸗ capſel ſelbſt, die eine hautartige Beſchaffenheit angenommen hat. Das letztere dürfte das wahrſcheinlichere ſein. 7) Für gewöhnlich enthalten die einzelnen Knorpel⸗ höhlen nur eine einzige Zelle. Wenn aber ein Knorpel zu verknöchern begonnen hat, findet man in den Gegenden, wo ſich Knochenmark bilden ſoll, nicht ſelten zwei und mehrere ſolche Zellen in einer Knorpelhöhle, die dann ſich auch durch eine größere Weite auszeichnet. Ob die Vermehrung der Knorpelzellen ſo erfolgt, daß ſich in einer ſchon vorhandenen zwei oder mehrere neue bilden, worauf die Wandung der erſteren vergeht, läßt ſich für jetzt noch nicht mit voller Ge— wißheit entſcheiden. Zwei Kerne freilich findet man mitunter in einer Knorpelzelle, wenngleich nur ſelten. 8) Wenn ein Knorpel verknöchert, lagern ſich, wie hin— reichend bekannt, die Knochenerden zuvörderſt in der Grund— ſubſtanz des Knorpels ab. Bei den Vögeln nun, desgleichen bei den verſchiedenartigſten Amphibien beginnt in den län— geren Skeletſtücken der Gliedmaßen die Verknöcherung, ab⸗ geſehen don den Enden dieſer Körpertheile, an der Oberfläche und ſchreitet von da aus mehr oder weniger gegen die Achſe fort, anſtatt daß ſie bei den Säugethieren in den ähnlich geformten Skeletſtücken in der Gegend der Achſe beginnt. Sowie aber bei jenen Thieren ſich um ein ſolches Skelet— ſtück eine Knochenſcheide zu bilden angefangen hat, wird im Innern, ungefähr auf halber Höhe desſelben, die Knorpelmaſſe, nachdem ſich vorher dort ihre Höhlen mehr vergrößert haben, 42. II. 20. 308 als in der Nähe der Oberfläche des Skeletſtückes, erſt trübe und demnächſt, während auch Blutgefäße in ihr zum Vorſchein kommen, röthlichweiß oder röthlichgelb. Gleichzeitig wird ihre Grundſubſtanz dort immer weicher, bis fie eine gallert⸗ artige Conſiſtenz erlangt hat, und verliert dabei an Maſſe und Umfang. Dagegen nehmen daſelbſt die Knorpelzellen in kurzer Zeit bedeutend an Zahl zu, kommen viel dichter bei einander zu liegen, als ſie im Allgemeinen früher lagen, und werden von der gallertartig gewordenen Grundſubſtanz des Knorpels eng eingeſchloſſen, ſo daß die zwiſchen ihnen vorkommenden kleinen Zwiſchenräume nur von dieſer Subſtanz und durch Blutgefäßverzweigungen ausgefüllt werden. Von der Mitte des Skeletſtückes ſchreiten dieſe Veränderungen darauf allmälig gegen die Enden desſelben immer weiter vor, indeß zugleich die aus der Knochenſubſtanz gebildete Scheide immer weiter und dickwandiger wird, bis endlich beinahe durch die ganze Länge des Skeletſtückes der innere Theil feiner Knorpelſubſtanz in eine ſolche aus dünnhaäutigen ver⸗ ſchiedentlich großen Zellen, gallertartigem Bindemittel und Blutgefäßen beſtehende Maſſe umgewandelt worden iſt. Dieſe Maſſe aber iſt das ſogenannte Knochenmark. In demjenigen oberflächlichen Theile der angegebenen Skeletſtücke, welcher nach ſeiner Durchdringung von Knochen⸗ erden, allein für ſich betrachtet, eine an beiden Enden offene Röhre oder Scheide darſtellt, erhalten viele Knorpelzellen, bevor die Verknöcherung beginnt, eine ſolche Lagerung, daß ſie mehrere Reihen zuſammenſetzen, die eine Richtung nach der Länge des Skeletſtückes haben. Wenn nun aber in der Grundſubſtanz des Knorpels die Ablagerung von Knochen— erden beginnt und im Werke iſt, wird dieſe Subſtanz zwi— ſchen den Zellen einer einzelnen Reihe theils erweicht und in eine gallertartige Maſſe umgewandelt, theils auch ver— mindert, dagegen der Umfang mancher Zellen je einer ſolchen Reihe vergrößert und die Zahl aller zu ihr gehörigen Zellen vermehrt, bis zuletzt in der Grundſubſtanz des Knorpels eine enge, lange und von Knochenſubſtanz umgebene Höhle, oder ein ſogenanntes Knochencanälchen entſtanden iſt, deſſen In— halt ebenfalls in Knochenmark beſteht. — Ganz auf die— ſelbe Weiſe entſtehen auch bei den Säugethieren in den längeren Knochen die mit Mark erfüllten Canälchen, wie verſchieden auch ihre Richtung und Lagerung ſein mag. An den Enden der Röhrenknochen von Amphibien, Vögeln und Säugethieren, wo ſich eine mehr oder weniger ſchwammige Knochenmaſſe bildet, desgleichen im Inneren anders geſtalteter Knochen, welche eine ſolche ſchwammige Maſſe enthalten, erweitern ſich theils kurz vorher, ehe da ſelbſt Knochenerden abgelagert werden, theils auch, wenn die Ab— lagerung derſelben ſchon begonnen hat, einzelne Knorpelhöhlen nicht unbedeutend, nehmen ſehr verſchiedene, doch meiſtens ſehr unregelmäßige Formen an und brechen früher oder ſpäter gewöhnlich gegen einander durch, ſo daß dann eine in die andere ausmündet. Die Knorpelzelle hingegen, welche in einer ſolchen Höhle enthalten iſt, nimmt zwar ebenfalls, doch weit weniger an Umfang zu: dafür aber kommen neue und ihr ähnliche in verſchiedentlich großer Zahl zu ibr hinzu, jo daß nach einiger Zeit die Höhle mit einer Menge don 309 dergleichen Zellen ausgefüllt iſt, die nun zuſammen mit einer zwiſchen ihnen abgelagerten gallertartigen Subſtanz eine Maſſe zuſammenſetzen, die ebenfalls als Knochenmark ſich darſtellt. Außerdem aber wird, namentlich bei Säugethieren und Schildkröten, in den ſchwammigen Knochen, wenn ſich in denſelben das Knochenmark bilden will, die Grundſubſtanz des Knorpels nicht bloß zwiſchen zwei benachbarten Knorpel— höhlen, ſondern an manchen Stellen auch rings um mehrere benachbarte Knorpelhöhlen aufgelöſ't und in eine Gallerte umgewandelt. Im Allgemeinen alſo bildet ſich das Knochenmark aus den Knorpelzellen, indem ſich dieſe ſtellenweiſe bedeutend ver— mehren und zuſammenhäufen, indeß dagegen die Grundſubſtanz des Knorpels an ſolchen Stellen entweder aus einander weicht und größere Höhlen erhält, oder aufgelöſ't und in eine gallertartige Maſſe umgewandelt wird. 9) Die Zellen der ächten Knorpel beſitzen eine ſehr zarte häutige Wandung und enthalten außer ihrem Kerne eine durchſichtige wäſſerige Fluſſigkeit, die durch Weingeiſt, Salpeterfäure oder Chromſäure entweder gar nicht oder nur ſehr wenig getrübt wird, desgleichen in der Regel mehr oder weniger zahlreiche Molecularkörper, von denen manche durch Eſſigſaure aufgelöſ't werden, indeß andere, beſonders die größeren, dadurch keine Auflöſung erfahren und ſich auch durch ihren Glanz und ihre ſehr dunkelen Umriſſe als Fett— kügelchen zu erkennen geben. Eben ſo beſchaffen und außer— dem von ungefähr gleichen Größen, wie die Zellen des Knorpels ſind aber auch die Zellen des Knochenmarkes bei Embryonen und Neugeborenen von Saäugethieren, Vögeln und beſchupp— ten Amphibien, desgleichen bei den Larven und Jungen von Fröſchen und Kröten. Bei zunehmendem Alter dieſer Thiere aber erlangen die Zellen des Knochenmarkes bedeutendere Größen, füllen ſich ganz mit Fett an und verlieren dabei in Folge eines allmäligen Schwindens ihren Kern. Doch findet man auch bei erwachſenen Thieren den Knorpelzellen an Größe und Beſchaffenheit ähnliche Zellen des Knochenmarkes, und dieſe jüngeren Zellen umgeben zunächſt die feineren Verzweigungen der Blutgefäße, welche durch das Knochen— mark ſich hinziehen. 10) Die ſogenannten Knochenkörperchen entſtehen, in— dem in einzelnen Knorpelhöhlen die Knorpelzelle ſchwindet und an deren Stellen Kalkerden in jenen Höhlen abgelagert werden. Bei Embryonen und Jungen von Wirbelthieren findet man häufig, wo Knochenkörperchen in ihrer Entwicke⸗ lung begriffen ſind, noch Überreſte von Knorpelzellen, wenn man aus einem Knochen den Kalk durch Salzſäure ausgezogen hat. Wie aber die Strahlen entſtehen, welche von den Knochenkörperchen auslaufen, iſt mir unbekannt geblieben. Königsberg, 10. März 1847. XXXIV. über einen neuen im Gehirne entdeckten Blaſenwurm (Trachelocampylus). Von Hrn. Frédault. Dem Verf. iſt die große Schwierigkeit, welche die Unter: ſcheidung der Species bei den erſt ſeit einem halben Jahr⸗ 42. II. 20. 310 hundert unterſuchten Blaſenwürmern hat, nicht unbekannt, und er hat daher, bevor er es wagte, eine neue Art auf— zuſtellen, die Sache gründlich erwogen. An einem der letzten Tage des Mais 1845 wurde der Verf., als er in der Salpetriere den Dienſt hatte, zu einer Sdljährigen Frau gerufen, welche plötzlich don den Sympto⸗ men einer Gehirnapoplerie ergriffen worden war, und die mehrere Stunden darauf ſtarb, ohne wieder zum Bewußtſein gelaugt zu ſein. Merkwürdig iſt der Umſtand, daß man an dieſer Frau durchaus keine Symptome eines ſchon längere Zeit beſtehenden Gehirnleidens *) wahrgenommen hatte, und dennoch bei der Section das unter der Spinnewebenhaut liegende Zellgewebe durch Seroſität, in welcher etwa 20 rundliche, etwas eiförmige halbdurchſichtige Körper ſchwam— men, außerordentlich ſtark ausgedehnt fand. Mehrere andere Eremplare waren halb oder vollſtändig in die graue Sub— ſtanz eingeſenkt, mit der ſie jedoch nicht verwachſen waren. Die Ventrikel enthielten Waſſer, aber keine Hydatiden. Dieſe Blaſenwürmer beſtanden aus weißlichen, halb— durchſichtigen, ſphäroidiſchen oder eiförmigen, glatten oder runzeligen Bläschen, deren Durchmeſſer 6 — 15 Millim. be— trug. Wenn man ſie öffnete, jo gewährte man darin einen kleinen, länglichen Körper, der von einer milchigen Flüſſig— teit umgeben war und an der Wandung der Blaſe feſt ſaß. Dieſe war durch eine dünne, durchſichtige Membran gebildet, welche ziemlich zäh und inwendig wie auswendig glatt war; jedoch nahmen ſich bei einigen Exemplaren einzelne Stellen der Außenſeite ſammetartig aus. Das von ihr umbüllte Thier war jo feſt mit ihr verwachſen, daß fie eher zerriß, als daß man beide von einander hätte trennen können. An der Stelle, wo es feſt ſaß, ließ ſich durchaus keine Offnung erkennen. Unterm Mikroſkop unterſucht, erſcheint dieſe Mem— die Abgänge von der Blaſe zu ſein ſchienen, und außerdem durchſichtige ſphäroidiſche Kügelchen von 110 — 1120 Millim. Durchm., alſo ungefähr von der Größe der Blutkügelchen, unter denen manche einen Kern zu beſitzen ſchienen. Das in der rings geſchloſſenen und von der Flüſſigkeit ausgedehnten Blaſe enthaltene Thierchen kann ſich in der Fluſſigteit frei bewegen. Seine Farbe iſt gelblichweiß. Seine Länge beträgt 5—8, feine Breite 3Z—5 Millim. Das eine Ende iſt angeheftet, das andere frei. Es ſcheint aus 2 Portionen gebildet zu fein; die eine feſtſitzende, ziemlich eiförmige und nach allen Richtungen 3—5 Millim. meſſende, ſtellt den Körper dar; die andere freie bildet die Fortſetzung des letzteren und iſt nur halb ſo breit, aber doppelt ſo lang, als jener. Dieſe, welche der Verf. den Hals nennt, iſt wie der Hals einer Flaſche an den Körper angelegt und biegt ſich in der Art herum, daß das freie Ende in die Nähe der Baſis zu liegen kommt. An dem freien Ende befindet ſich ein ſchwar— herb DR 4 . 5 einfeitige * 11 D ehörte e Verf. Laber RR zu den Irren der Anſtalt, obgleich ver 5 1 t 20 * 311 zer Punkt. Unmittelbar um das Thierchen her zeigt ſich ein eiweißartiges Medium, welches von Kügelchen gebildet wird. Das ganze Thierchen beſteht aus einer feinen Dem: bran, einer Art von äußerem Integumente, welches weißlich und faſerig iſt und nur am Halſe Querfalten darbietet, welche ſich wie grauliche Streifen ausnehmen. Mit der Blaſe iſt es durch eine Art von Stiel verbunden, der in die Membran jener übergeht. Innerhalb des Integumentes befindet ſich nur eine weißliche, rahmartige, Kügelchen ent haltende und durchaus nicht weiter organiſirte Maſſe, die innerhalb des Halſes von der nämlichen Beſchaffenheit iſt, wie innerhalb des Körpers. Das freie Ende iſt abgeplattet und bildet keinen eigent— lichen Kopf, ſondern eine ausgeglichene Fläche, auf deren Mitte ſich ein Hakenkreis befindet, der mit vier aus concen- triſch geordneten Faſern beſtehenden Scheibchen, welche Saug⸗ näpfen ähneln, umgeben iſt. Dieſe Theile werden von einem Gerüſte einander kreuzender Faſern geſtützt, zwiſchen denen ſich eine amorphe ſchwärzliche Subſtanz befindet, die aus Körnchen von etwa 0,001 Millim. Durchmeſſer beſteht und mit Schwefel- und Eſſigſäure aufbrauſ't. Der kleine ſchwarze Punkt, den man mit unbewaffnetem Auge gewahrt, iſt nichts anderes als der Hakenkreis. Dieſe kronenartig geordneten Haken kehren ihre Spitzen nach außen, und die Zwiſchenräume zwiſchen ihnen ſind mit der bereits erwähn— ten ſchwärzlichen Subſtanz ausgefüllt, deren Partikelchen verworren um die Baſis der Haken liegen. Man muß den Körper des Thieres zerquetſchen, um die Hakenkrone genau zu unterſuchen, und dieſe wird dabei in ihrer Lage verändert und oft zerbrochen, daher es kaum möglich iſt, deren nor— male Beziehungen richtig zu erfaſſen. Die Haken haben die Geſtalt von Katzenklauen und in ihrem Inneren einen Canal. Ihre Zahl iſt nicht conftant, aber durchſchnittlich 24. Der Canal, den man an dem doppelten Umriſſe er kennt, iſt geſtreift. Die Haken beſitzen eine Art von Stiel und auf der concaven Seite ein Knötchen, durch das ſie eine feſtere Stellung zu erhalten ſcheinen. Manch Mal ſind der Haken und der Stiel von einander getrennt. Die Länge dieſer ſichelförmigen Haken beträgt 10/14 Millim., und die ganze Krone bietet einen Durchmeſſer von / Millim. dar. Die Saugnäpfchen haben etwa ¼ Millim. Durchm. und ſind, da ihre Farbe wenig abſticht, ſchwer wahrzuneh— men. Auch hat der Verf., aller angewandten Mühe uns geachtet, keine Offnung in denſelben entdecken können. Der Charakter dieſer Würmer läßt ſich folgendermaßen kurz zuſammenfaſſen: blaſenförmiger Wurm, einzeln lebend, in einer rings geſchloſſenen Membran enthalten, in einer ſeröſen Flüſſigkeit ſchwimmend; Körper ohne Spuren von Organiſation, mittels eines Stieles an die umhüllende Mem— bran befeſtigt; am anderen Ende einen flaſchenhalsförmigen Fortſatz tragend, der ſich biſchofsſtabförmig krümmt und auf ſeinem freien, abgeplatteten, den Kopf repräſentirenden Ende eine von vier Saugnäpfchen umgebene Hakenkrone darbietet. Wahrſcheinlich pflanzen ſich dieſe Hydatiden auch durch Knoſpen fort, da der Verf. in dieſer Art vegetirende Erem— 42. II. 20. 312 plare getroffen hat, die jedoch alle nur ein Individuum enthielten. Der Verf. giebt dieſem Geſchöpfe, welches von allen bisher beſchriebenen ſpecifiſch verſchieden zu ſein ſcheint, den Namen Trachelocampylus (von rou4nhos, Hals, und x@wrrv)oc, krumm) und unterſtützt dieſe Beſtimmung durch folgende Betrachtungen: „Die einzigen Blaſenwürmer, mit denen ſich die hier in Rede ſtehenden verwechſeln ließen, find die Cysticerei; denn Echinococeus und Ditrachyceros weichen zu bedeutend von ihnen ab, als daß in dieſer Beziehung ein Irrthum möglich wäre; Ditrachyceros durch die beiden langen, bis an deſſen Kopf hinanreichenden Fortſätze, wie fie von Ohltz und Hrn. Leſauvage (zu Caen) beſchrieben worden, und Echi- nococcus, weil er nie einzeln angetroffen wird, nie ſo groß iſt, und keinen Hals hat. Dagegen lebt Cysticercus einzeln und hat ziemlich dieſelbe Größe. Er bietet eine Schwanz⸗ blaſe und einen zuweilen geſtreiften Hals dar, deſſen die Forſcher in Betreff des faſerigen Cysticercus gedenken; allein läßt ſich die Schwanzblaſe des Cysticercus mit dem Körper des hier beſchriebenen Thieres vergleichen, und iſt deſſen Hals je jo gebogen und jo lang, wie der des Trachelocampylus ? Bei Cysticereus hat man den Hals ſtets in die Schwanz— blaſe eingezogen gefunden, aber bei unſerem Geſchöpfe kann er nicht wohl in denſelben zurücktreten. Endlich bietet der Kopf ſehr bedeutende Verſchiedenheiten dar. Bei Cysticer- cus iſt die Hakenkrone doppelt und mit vier die Saugnäpfe tragenden Hervorragungen umgeben. Hieraus ſcheint ſich alſo die ſpecifiſche Verſchiedenheit der beiden Thiere mit Ge— wißheit zu ergeben, und der von mir vorgeſchlagene Name findet vielleicht Beifall, da er an eine der auffallendſten Eigenthümlichkeiten dieſes Blaſenwurmes erinnert.“ Schließlich ſtellt der Verf. Unterſuchungen über die Natur der Blaſenwürmer überhaupt an und gelangt zu dem Reſultate, daß ſie den thieriſchen und nicht den vegetabili- ſchen Charakter an ſich tragen. Rückſichtlich ihrer urſprüng⸗ lichen Entſtehung in dem Organismus anderer Geſchöpfe tritt er entſchieden der Anſicht derer bei, welche in dieſem Falle die generatio spontanea annehmen, wenngleich ſich die Blaſenwürmer, ein Mal ausgebildet, durch Knoſpen weiter fortpflanzen. Er ſelbſt hat, wie oben bemerkt, an den Blaſen des Trachelocampylus Höcker wahrgenommen, in denen ſich je ein junges Thierchen befand. (Gazette me- dicale de Paris, 24. Avril 1847.) Miſcellen. 47. Über die Entwickelung der Seeigel (Echinus esculentus) hat Dufoſſeé neue Beobachtungen angeſtellt. Alle im Ovarium enthaltenen Eier konnten künſtlich befruchtet werden, indem man einige Punkte ihrer Schale mit einem Tropfchen Samen⸗ flüſſigkeit und Meerwaſſer zuſammenbrachte. — Das Embryonal⸗ leben währt 24 bis 42 Stunden, je nach Temperatur und anderen Verhältniſſen; 13 — 15 Minuten nach der Befruchtung beginnt die Rotation, in der 4.—6. Stunde die Dotterzerklüftung; im Umkreiſe bilden ſich dann aus großen Kugeln kleinere, welche um den ganzen Dotter herum ein dickes Lager — die künftigen Hautdecken — bilden. Die Dotterhaut iſt verſchwunden, das Eiweiß iſt hell wie Waſſer. 313 Bald bedeckt ſich die Oberfläche des Embryo mit äußerſt feinen Gilien, und meiſt um die 24. Stunde bewegt ſich der Embryo fehr lebhaft und bricht bald darauf durch die Eiſchale. — Die Larve hat die Geſtalt des erwachſenen Thieres bis zum 6. — 8. Tage, an welchem ſich die Afterſeite etwas in die Länge zieht. Die äußere Hülle iſt gleichmäßig, ſtatt der großen Kugeln im Inneren ſieht man einen kurzen oesophagus und Darm, in der Mitte einen weiten Magen. Am 12. — 15. Tage iſt der Körper birnförmig, zwiſchen Mund und After zeigen ſich tiefe Kreislinien in den Haut⸗ decken, die Mundſeite iſt die dickere, um den Mund Tentakeln. Am 16. — 18. Tage ſetzt ſich die Larve mittels eines Stieles an der Afterſeite feſt und bewegt ſich nicht mehr. Um den Mund herum erheben ſich kleine Warzen, auf welchen dann am 20. Tage verhältnismäßig ſehr lange Stacheln erſcheinen, welche ſchon kalk— haltig find. — Die bis jetzt noch unvollkommenen, bis zur volli⸗ gen Ausbildung des Thieres fortgeſetzten Unterſuchungen beweifen ſchon, daß der Embryo den ächten Typus der Radiaten hat, indem ſich alle Körpertheile faſt ſymmetriſch um die Mund — Afterachſe anordnen. (Comptes rendus 1847 No. 1.) . Die fogenannten Zauberringe find in der bo⸗ taniſchen Geſellſchaft zu Edinburg nochmals Gegenſtand der Ber: 42. II. 20. 314 handlung geworden. Dr. G. Wilſon wies darauf hin, daß die vom Prof. Way über den an 85 dieſer merkwürdigen Kreiſe aufgeftellte chemiſche Theorie ſchon 1807 von Wollaſton in den Phi- losophical Transactions ausgeſprochen worden fei, und daß die Hrn. Professor Schloßberger und Dr. Döpping durch Analyſen verſchiedener Pilze, deſſen Anſichten beftätigt hatten. Profeſſor Way habe inden zuerſt eine genaue Analyſe der Pilze gegeben, die von den Zauberringen ſelbſt entnommen wären, und habe deren Aſche gleichfalls einer genauen qualitativen und quantitativen Ana⸗ lyſe unterworfen. Dr. Balfour bemerkte, die centrifugale Ent: wickelung betreffend, wie eine gleichzeitige Annahme botaniſcher und chemiſcher Theorien zur Erklärung dieſer Erſcheinung nöthig wäre. Dr. Flemming meinte, keine dieſer Theorien genüge in allen Fällen zur Erklarung der Zauberkreiſe und machte auf das Vor⸗ kommen von Pilzen, insbeſondere von Agaricus oreades, in kreis⸗ förmiger Anordnung, ohne irgend eine Veränderung des Graſes ſelbſt aufmerkſam. Hr. William Jardine ſtimmte ihm bei und beitätigte das häufige Erſcheinen des Pilzes auf Grasplägen, nicht in kreisförmiger Anordnung, ſondern in verſchiedenen Geſtalten und ohne auf das Anſehen des Graſes irgend einen Einfluß zu üben. (The Annals and Magazine of Natural history, March 1847.) Heilkunde. (LII.) Ferneres über die Lage des Vorderarmes bei Brüchen des radius und der ulna. Von Dr. Bidart (von Arras). Meine früheren Bemerkungen über die Stellung des Vorderarmes bei Brüchen des radius und der ulna (Vergl. No. 814 oder No. 22 d. XXXVI. Bds d. Neuen Notizen, S. 352) haben Gegenbemerkungen veranlaßt, die mir erſt unlängſt zu Geſicht gekommen ſind. Ich habe den Rath meines Opponenten benutzt und die Lage des Vorderarmes, welcher er den Vorzug giebt, durch einen Verſuch geprüft, indem ich mir einen Verband— apparat, wie er bei Brüchen des Vorderarmes dient, ſo an— legen ließ, daß der Arm ſich in Pronation befand und der Elnbogen ſtart gehoben und vom Rumpfe entfernt war. Behufs der Vergleichung ließ ich mir dann denſelben Ver— band anlegen, während der Arm ſich in Supination befand. Um aber jeden Zweifel zu beſeitigen, wiederholte ich den Verſuch an einem meiner Collegen, wobei ich jedoch durch— gehends jede Muskelcontraction forgfältig vermied und den Vorderarm jo befeſtigte, wie es von beiden Theilen gewünfcht wird. Ich ſowohl als mein College haben nun gefunden, daß das Gefühl des Zwanges und der Ermüdung bei der Pronation wenigſtens eben fo ftarf iſt, als bei der Supi— nation. Dieſes der Behauptung unſeres Gegners ſo ſehr widerſprechende Reſultat läßt ſich nur durch die Annahme erklaren, daß er bei ſeinen Verſuchen den Vorderarm in ge= waltſamer Supination gehalten hat, während wir nur eine ungezwungene oder freie Supination, d. h. eine ſolche im Sinne hatten, bei der die vordere Fläche des Glie— des leicht nach innen geneigt iſt. Wir können alſo nicht einräumen, daß die Urſache des Zwanges und der Ermüdung, die übrigens in beiden Lagen gleichmäßig Statt finden, in der Ausdehnung des ringförmi— gen und Zwiſchenknochen-Ligamentes zu ſuchen ſei, und dies um ſo weniger, da bekanntlich jedes unangenehme oder ſchmerzhafte Gefühl von Zwang ſich in dieſen Organen nur dann zeigt, wenn ſie übermäßig ſtark geſtreckt ſind. Es ſcheint uns richtiger, dieſe Erſcheinung auf Rechnung der allgemeinen Zuſammendrückung der weichen Theile und zu— mal der Modificationen zu ſetzen, welche durch dieſe Zuſam— mendrückung in dem Blutumlauf und den Nervenſtrömungen zu Wege gebracht werden. Die tägliche Erfahrung lehrt, daß, ganz unabhängig von der Anweſenheit von Ligamen⸗ ten, dieſe Erſcheinung von jedem feſt an ein Glied ange— legten Verbande erzeugt wird, während ſie, indem ſich das Glied an den Verband gewöhnt, ſtufenweiſe geringer wird und wohl ganz verſchwindet. Wenn man einen Patienten, der den Vorderarm gebrochen hat, nach der erſten Nacht fragt, ob er geſchlafen habe, ſo wird er es verneinen; aber in der folgenden Nacht wird er ſchlafen, da er ſich an den Verband gewöhnt hat. Übrigens gilt dies von den Brüchen der Extremitäten überhaupt. Indem wir auf der anderen Seite die Gefahren der halben Pronation der Muskelcontraction oder den Anſtren— gungen, um dieſe Lage direct zu veranlaſſen, Schuld gaben, hat uns nicht nur die Erfahrung darauf geführt, mit Hrn. Malgaigne ſanzurathen, das Glied in Supination zu laſſen, weil deſſen vordere und hintere Knochenflächen dann eine regel— mäßigere Richtung haben und den Verbandapparat offenbar wirkſamer machen; ſondern wir haben auch hinzugefügt, daß durch eine Geſammtbewegung dieſe Lage bedeutend verrückt werden kann, ohne daß daraus für den Kranken Gefahr ent⸗ ſpringt. So iſt uns wohl der Fall vorgekommen, daß am Tage nach der Einrichtung eines Bruches des Vorderarmes, welcher in Supination gehalten wurde, dies Glied in eine 315 zwiſchen der Supination und der halben Pronation die Mitte haltende Lage kam, ſo daß es beinahe auf der vorderen Fläche des Rumpfes ruhte, ſtatt ſich längs der Seite des ſelben zu erſtrecken, ohne daß dadurch die richtige Zuſammenpaſſung der Bruchflächen und die Feſtigkeit des Verbandes im gering— ſten gelitten, oder der Verband einen ſchmerzhaften Zwang ausgeübt hätte, und ſchon dieſer außerordentlich große Vor— theil wäre durch keine andere Lage als die Supination zu erreichen. Man laſſe ſich alſo durch jenen Zwang und jene Ermüdung, welche nur einen minder erheblichen Übelſtand bilden, doch ja nicht ſchrecken. Sie ſind nur vorübergehend vorhanden und um ſo erträglicher, da ſie ſtufenweiſe abneh— men. Wenn man durch einen fo geringfügigen Nachtheil eine vollſtändige Sicherheit rückſichtlich des Gelingens der Cur erlangen kann, ſo iſt das Opfer gewiß nicht zu groß. Was die Pronation ꝛc. betrifft, ſo führt dieſelbe, wenn man auch zugeben will, daß ſie nicht dieſelbe Gefahr, wie die halbe Pronation darbietet, nämlich durch Begünſtigung der Thätigkeit der Pronationsmuskeln die Bruchflächen in den Zwiſchenraum zwiſchen den beiden Knochen zurückzuführen, doch außer einem durchaus eben ſo großen Grade von Zwang und Ermüdung, wie er bei der Supination Statt findet, einen weit ernſtlicheren Nachtheil herbei. Man hat einge— wendet, das Ende des in Supination befindlichen Vorder- armes bleibe leicht an äußeren Gegenſtänden hängen, oder ftoße leicht an dieſelben an, ohne zu bedenken, daß dieſer Vorwurf mit weit mehr Recht der Pronation gemacht werden könnte. Der Kranke, deſſen Arm in dieſer Lage gehalten wird, dürfte nicht immer daran denken, daß ſein Glied in dieſer unnatürlichen Stellung mehr als noch ein Mal ſo weit nach außen ſteht, wie gewöhnlich und wird daher, wenn er nur durch eine Thür geht, ſich ſehr leicht ſo heftig ſtoßen, daß der Verband verrückt und vielleicht die Bruchflächen in ihrer Lage geftört werden. Unſerem in dieſer Beziehung ausgeſprochenen Bedenken hat man ausweichend entgegen- gehalten, daß der in Supination geſtellte Vorderarm ſich mit einem Beine vergleichen laſſe, von welchem ein Theil des Unterſchenkels amputirt worden. Allein ich kann durchaus keine Ahnlichkeit zwiſchen einem Gliede, das man nicht ſieht, und einem ſolchen finden, das man beſtändig vor Augen hat. Vielmehr iſt die Stellung eines ſo operirten Beines der des in Pronation gehaltenen Armes durchaus ähnlich, weil in beiden Fällen der Patient nichts ſehen und folglich auch nichts vermeiden kann. Ferner hatten wir angeführt, daß für die Supination Thatſachen ſprechen, was bei der Pronation nicht der Fall iſt. Hr. Fleury, Chirurg bei der königl. Marine, hat einen Bruch der ulna, welcher nicht feſt zuſammengeheilt war, mit Hilfe jener Stellung curirt, nachdem man jede andere vergebens verſucht hatte; wogegen man uns eingewandt hat, die Pronationsmethode ſei im Jahr 1834 im Hôtel- Dieu öffentlich angewandt worden, und Hr. Pétrequin habe ſich ihrer in mehreren Fällen von Brüchen des Vorderarmes mit Erfolg bedient. Wir wollen dieſem ausgezeichneten Chi— rurgen dies günſtige Reſultat nicht beſtreiten, ſondern wir behaupten nur, dieſe Stellung ſei nicht die vorzüglichſte unter 42. II. 20. 316 allen, und fie gebe zu manchen widrigen Zufällen Gelegen⸗ heit. Daß uns die im Hötel-Dieu gemachten Verſuche nicht bekannt waren, kann uns eben nicht zum Vorwurf gereichen da mehrere berühmte Pariſer Wundärzte nichts von der Sache gewußt haben und ſelbſt Hr. Malgaigne im Jahr 1838 die Supination in Vorſchlag brachte. Übrigens wundert es uns, wenn die Pronation wirklich im Hötel-Dieu fo ausge⸗ zeichnete Reſultate gegeben hat, daß Hr. Dupuytren die⸗ ſes Verfahrens in feinen Lecons orales de clinique nicht erwähnt hat. Bei der Supination findet alſo ein ſehr erträglicher Zwang Statt, der obendrein allmälig abnimmt und zuletzt ganz verſchwindet, während zugleich dieſe Lage ohne Gefahr für das Reſultat der Behandlung verändert werden kann; bei der Pronation dagegen iſt der Zwang allerdings nicht läſtiger und mindert er ſich zwar ebenfalls bald nach dem Anlegen des Verbandes; allein der Patient ſieht feinen kran— ken Arm nicht und iſt daher ſpäteren Unfällen ſehr ausge⸗ ſetzt. Die Wahl kann alſo nicht zweifelhaft ſein. Bemerkung der Redaction der Gaz. méd. Wir leſen mit Vergnügen die einfachen Erläuterungen des Hrn. Bidart, der dadurch die Frage, um die es ſich handelt, einer gründlichen Erledigung um vieles näher gebracht und einen der Haupteinwürfe gegen ſeine Methode beſeitigt hat. Als wir uns gegen die Supination, als eine ſehr läftige und ſchmerzhafte Stellung, ausſprachen, nahmen wir das Wort Supination allerdings in dem allgemein üblichen Sinne, indem wir darunter diejenige Stellung des Armes verſtanden, wo die Vorderſeite des Vorderarmes bei halb— gebeugtem Elnbogen nach oben gerichtet iſt. Hr. Bidart ſagt uns aber jetzt, daß er unter Supination die Stellung verſteht, wo dieſe Vorderfläche ein wenig nach innen geneigt iſt. Dies genügt uns, und wir geben zu, daß die Supination in dieſem Sinne mit halber Pronation ziem⸗ lich identiſch und deren fortgeſetzte Beibehaltung wohl kaum ermudender iſt, als bei der Pronation. Sichert aber dieſe freie Supination, wie ſie der Verf. nennt, einen genauen Parallelismus der beiden Knochen? Wir glauben es nicht, und Hr. Bidart, welcher 1845 im Journal de Chirurgie, p. 202, die halbe Pronation für bei dergleichen Knochenbrüchen weſentlich ſchädlich erklärte, kann jetzt unmöglich behaupten wollen, daß es in Betreff der richtigen Lage der Knochen gleichgültig ſei, ſie in Supination zu laſſen oder ihnen eine gelinde Pronation zu ertheilen. Allein er ſagt, die Erfahrung habe ihm gezeigt, daß es hinreiche, den Verband während der Supination angelegt zu haben, und daß der Arm ſpäter in halbe Pronation ge— bracht werden könne, ohne daß die günſtige Lage der Bruchflächen dadurch im Geringſten verändert werde. Diefer Vorzug würde, wenn er ſich beftätigte, uns ſchätbar fein. Ohne das leugnen zu wollen, was Sr. Bi⸗ dart ſelbſt geſehen haben will, antworten wir ihm auf ſeine Behauptung mit folgender Stelle eines Schriftſtellers, auf den er ſich vorzüglich gern beruft: „Gegen die gewöhnlichen Verbände habe ich einzuwenden, daß man ſie zwar bei voll- 317 ſtändiger Supination anlegt, was ſehr gut iſt, da der Raum zwiſchen den Knochen dann möͤglichſt weit iſt; daß man aber gleich darauf den Vorderarm in eine Binde legt, wo er eine mittlere Stellung annimmt, und der radius die ulna kreuzt, die gegenſeitigen Beziehungen der Knochen alſo durchaus verändert werden, und der Raum zwiſchen dieſen nun verengert it. Was kann in dieſer Lage ein Apparat lei⸗ ſten, welcher für eine andere angelegt worden iſt?“ Hr. Bidart iſt ſelbſt dahin gelangt, daß er geſtattet, daß der Vorderarm faſt auf der Vorderfläche des Rumpfes ruhe, ſtatt an deſſen Seite zu lie— gen. Dies ruͤhrt wahrſcheinlich daher, daß er Mitleid mit dem unerträglichen Zuſtande ſeiner Patienten gefühlt hat, die mit horizontal vorwärts gerichtetem Vorderarme herum— gehen und auf dieſe Weiſe vielen zufälligen Stößen ausge— ſetzt ſein müſſen. Setzt die Entfernung des Elnbogens vom Rumpfe, wie ſie die von uns vorgezogene Stellung mit ſich bringt, den Patienten wirklich ſo vielen Unfällen aus, wie Hr. Bidart glaubt? Dann müßten ja auch die Kinder, welche mit dicken Bücherſtößen in die Schule wandern, die Waäſcherinnen, welche mit großen Ballen unter dem Arme in Paris umhergehen, die Reiſenden, welche mit einem Nacht— ſack unterm Arme der Poſt zuwandern ꝛc. ꝛc., beſtändigen Unfällen ausgelegt ſein. Was den Umſtand betrifft, daß Hr. Dupuytren in feinen kliniſchen Vorträgen des Pronationsverfahrens nicht gedenkt, ſo iſt auf der einen Seite zu bemerken, daß die Legons orales de clinique von einem feiner Zuhörer ohne Autoriſation des Profeſſors herausgegeben worden ſind; an— derntheils, daß das Verfahren erſt im Jahr 1834 im Hötel- Dieu zur Anwendung kam, während der letzte Band jenes Werkes ſchon am 1. September 1833 die Preſſe verließ! (Gazette médicale de Paris, 24. Avril 1847.) (LIII.) Statiftifhe Unterſuchungen über den Veitstanz. Von Dr. Hughes. Alle ſtatiſtiſchen Beobachtungen ſtimmen darin überein, daß das weibliche Geſchlecht weit häufiger von der chorea befallen wird als das männliche. So kamen auf 100 vom Verf. geſammelte Fälle 73 Mädchen und 27 Knaben, und dieſe größere Empfänglichkeit des weiblichen Geſchlechtes ſcheint theils von der leichteren Erregbarkeit desſelben, theils von einer um die Zeit der Pubertät fo oft vorhandenen Krank- heits⸗Dispoſition abzuhangen; es iſt Thatſache, daß nach dem Eintritte der menses der Veitstanz nur ſelten noch vor= kommt. In Betreff des Alters beſtätigen die Reſultate des Dr. Hughes die allgemeine Annahme, daß der Veitstanz eine Krankheit des Kindesalters und der Jugend ſei. So finden ſich unter 100 Fallen 33 zu 10 Jahren und darunter 11 Knaben, 22 Mädchen, 45 zwiſchen 10 — 15 Jahren (11 42. II. 20. 318 Knaben, 34 Mädchen) und 22 Fälle über 15 Jahre (5 Knaben, 17 Mädchen). Für Knaben ſtellt ſich alſo in der erſten und zweiten Periode ein Verhältniß von 47 ¾0 0, Yo und in der dritten Periode von 185/,0, für Mädchen in der erſten Periode von 30%, 77 der zweiten von 465/10 % und in der dritten von 233/10 % heraus. Über 18 Jahre iſt das Verhältniß für Männer 148/,,%, und für Frauen 51, % — Die 100 Kranken, deren Geſchichte Verf. geſammelt hat, waren ſeit verſchiedener Zeit von der Krank— heit afficirt: 7 ſeit 8 Tagen, 14 ſeit 14 Tagen, 14 ſeit 3 Wochen, 9 ſeit 1 Monat, 37 ſeit 1— 3 Monaten, 9 ſeit 3—6 Monaten, 3 ſeit 6 Monaten — 1 Jahr, 2 ſeit 1 Jahr und 5 ſeit unbeſtimmter Zeit. Die Urſachen des Übels wurden nur in 58 Fällen unterſucht, und in 9 der— ſelben war keine beſtimmte Urſache nachzuweiſen. Von den übrigen 49 Fällen entſtanden 31 durch Schreck, 3 durch den: ſelben und suppressio mensium, 8 in Folge von Rheuma— tismus (5 mit einfachem Rheumatismus, 1 mit Rheuma und Scharlach, 1 durch Schreck während des Rheumatismus und 1 mit rheuma und pericarditis), 2 nach Schlägen oder einem Falle auf den Kopf, 2 in Folge von Uterin-Con⸗ geſtion, 1 durch Kummer, 1 nach Pocken und 1 in Folge des Nährens. Der Schreck ſtellt ſich demnach als die häu— figſte Urſache des Veitstanzes heraus, nach ihm der Rheu— matismus. Die Krankheit tritt nicht immer unmittelbar nach der Einwirkung der nächſten Urſache ein, ſondern ziemlich häufig erſt nach mehreren Tagen und ſelbſt Wochen. Unter 36 Fällen trat das Übel in 8 Fällen ſogleich, in 13 nach 6 Tagen, in 2 nach 8 — 14 Tagen und in 3 noch ſpäter ein. Längere Intervalle vor Eintreten der Krankheit kommen namentlich nach Schreck vor. Die Dauer der Behandlung war im Allgemeinen ziem⸗ lich lang: in 24 Fällen 14 Tage bis 3 Wochen, in 40 Fällen 3—6 Wochen, in 23 6 Wochen bis 2 Monate und in 10 2— 3 Monate; nur in einem Falle mehrjähri— ger chorea ging die Heilung ſehr raſch von Statten. Was die Wirkſamkeit der gegen chorea angewendeten Heilmittel betrifft, jo giebt Verf. folgende Reſultate: Ab— führmittel in 3 Fällen 2 geheilt; Tinet. Fowleri in 7 Fällen 2 geheilt; Eiſenmittel allein oder mit Extract. Gentianae in 29 Fällen 19 geheilt, 2 gebeſſert; Zinkoryd und Zine. sulphur. in 63 Fallen, 45 geheilt, 2 gebeſſert; vegetabiliſche tonica und antispasmodica in 9 Fällen 3 mit Erfolg; an- tiphlogistica in 3 Fallen 2 geheilt, 1 erleichtert; Elektricität in 14 ſehr hartnäckigen Fällen 9 geheilt. Im Allgemeinen wurden von 100 Fallen 80 geheilt, 7 faſt vollſtändig her— geſtellt, 6 erleichtert und 4 wenig gebeſſert; 3 Bälle verlie- fen tödtlich. Der tödtliche Ausgang (im Ganzen 10 Fälle im Guy-⸗Spitale) trat zumeiſt bei jungen Leuten ein, von welchen der ältefte 25 Jahre alt war und 6 dem weiblichen Geſchlechte angehörten. Bei allen war die Krankheit noch ziemlich neu (10 — 70 Tage); die Alterationen betrafen v nehmlich die Cerebroſpinal-Organe (Congeſtion der Gefäße der pia mater und der Hirnſubſtanz, Bluterguß an der Ober: fläche des Gehirns und Erweichung der Hirnſubſtanz, ähn— 319 liche Veränderungen im Nücenmarfäcanal). In 3 Ballen war das pericardium entzündet, in 6 die Klappen afficirt, in 7 die Leber angeſchoppt und im Congeſtivzuſtande, in 1 Fall peritonitis und in 3 Fällen Alteration der Nieren. (Guy's Hospital Reports, t. IV, ser. 2, 1846.) Miſcellen. (44) An ein Verfahren zum Sondiren des Ohres bei entweder durch Verſtopfung des mittleren Ohres oder Oblite⸗ ration der Euſtachiſchen Röhre veranlaßter Taubheit hat Hr. Bau— delocque die Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften unterm 19. April d. J. erinnert. Man bedient ſich dazu eines mit ſeinem Drath verſehe— nen Federharzeatheters von 5 Millim. Stärke und 7½ Centim. Länge. Nachdem der Operateur dieſen Katheter in der Art, wie es der Cangl, durch welchen man ihn führen will, erheiſcht, gebogen und in Ol getaucht hat, zieht er das Ohr leicht nach oben und hinten und führt das Ende des Katheters an der Converität des Halſes des condylus des Unterkiefers hin in den Gehörgang ein, ſo daß das Trommelfell gerade vor den Gehörknöchelchen durchbohrt wird. Iſt das Trommelfell geſund, ſo hört der Kranke in dem Augenblicke, wo es durchbohrt wird, ein leichtes Knacken, wogegen er nichts hört, wenn das Trommelfell bereits durch Vereiterung zerſtört iſt. Iſt das Knacken ſtark und gehört zur Durchbohrung des Trommel— fells verhältnißmäßig viel Kraft, ſo iſt die Membran dick. Kurz der Katheter giebt beim Durchgang durch dieſelbe über den Zuſtand derſelben den beſten Aufſchluß, und alsdann geht das Inſtrument ganz leicht durch das mittlere Ohr. Hr. Baudelocque hat die⸗ ſes Verfahren bei einer acht- bis neunjährigen Taubgeborenen an— 42. II. 20. 320 gewandt, die früher felbft die lauteſten Töne nicht vernahm und danach den Ton einer Bedientenſchelle in der Entfernung von 18 bis 24 Fuß, ſowie die Buchſtaben des Alphabets und ſelbſt wenn man ihr langſam und deutlich ins Ohr redete, gewiſſe ganze Wör⸗ ter hörte. Hr. Itard hatte einen geborenen Taubſtummen von 15 Jahren ganz ähnlich behandelt und ihm bavurd das Gehör, wenn auch nicht ganz vollſtändig, doch großentheils geſchenkt. (Gaz. med. de Paris, 24. Avril 1847.) l (45) Einſpritzungen von Schwefeläther in den Maſtdarm hat auch Dr. J. Vicente y Hedo bei Kaninchen und Meerſchweinchen vorgenommen, iſt aber durch dieſe Verſuche zu ganz anderen Reſultaten gelangt, als Hr. V. Dupuy (Vgl. No. 39 oder No. 17 S. 272 dſ. Bios.), indem ſich aus denſelben zu ergeben ſcheint, daß der Ather ſich auf dieſe Weiſe ſchwerlich zur Anwen⸗ dung wird bringen laſſen, um Operationen am Menſchen zu er⸗ leichtern. Dr. Vic. y Hedo hat nämlich gefunden: 1) daß zwar das Gefühlsvermögen durch Einſpritzen von Schwefeläther in den Maſt⸗ darm aufgehoben werden kann, daß jedoch hierzu ungemein ſtarke Doſen nöthig find, die gewiß nicht ohne Gefahr in Anwendung kommen könnten; 2) daß die auf dieſe Weiſe ätheriſirten Thiere wohl 1½ Stunden lang gefühllos blieben und während dieſer Zeit ſo ſchwach athmeten, daß man jeden Augenblick glaubte, ſie würden ſterben, ſo daß eine wahre Aſphyrie entſtand, deren Vorhandenſein auch durch die Beſchaffenheit des Blutes beſtätigt wurde; 3) daß bei denſelben Thieren, welche durch Einſpritzen von Ather in den Maſtdarm erſt nach 4—5 Minuten gefühllos wurden, dieſer Zuſtand durch Einathmen von Atherdämpfen binnen wenigen Secunden her⸗ beigeführt ward; 4) daß ſich in dem Darmcanale der fo behandel— ten Thiere ſehr auffallende Zeichen von Entzündung wahrnehmen ließen. — Jedenfalls muß erſt durch weitere Erfahrungen ermit⸗ telt werden, ob und inwiefern das Einſpritzen von Schwefeläther in das rectum auf gefahrloſe Weiſe angewandt werden kann. (Gazette med. d. Paris, 24. Arril 1847.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Traite de chimie minerale, vegetale et animale; par J. J. Berzelius, Seconde edition frangaise, traduite, avec l’assentiment de l’auteur, par M.M. Höfer et Esslinger, sur la cinquieme edition que publie M. Berzelius à Dresde et 1 Tom. III. Neuvieme livraison. In 8° de 13 feuilles /. Paris Recherches sur les 8 rimitives et les plus anciennes traditions du Caucase , lues à la Societe d’Ethnologie de Paris, dans les seances des 27. aoüt et 24. septembre 1846 par M. Vivien de Saint-Martin. In 8° de 13 feuilles ½. Paris 1847. Le Fumier de Ferme eleve ä sa plus haute puissance de fertilisation et n’etant plus insalubre, ou du moyen de concentrer dans les fumiers les principes volatiles qui s’en evaporent pendant leur preparation, et jusqu’ä ce qu’ils soient enfouis. Par M. Ouenard. In de de 3 feuilles. Paris 1847. an Birds, or such as visit Britain at different periods of the year. Guide to their favourite Places of Resort, Natural History , Songs etc. 12°. (pp. 64, sewed, 6d.) London 1847. Johnston, J. F. W. — Lectures on n Chemistry and Geology. By James F. W. Johnston, M. A. F. R. SS. L. et E. 2d edition, 8°. (pp. 1138 cloth, 24 sh.) London 1847. 5 Becker, O. F., über Gymnaſien und Realſchulen. Ein Beitrag zur Beant⸗ wortung der Frage über die Vorſchule zu Studien der Naturwiſſenſchaften überhaupt und der Heilkunde im Beſonderen. gr. 8%. Geh. in Sondershauſen 1847. Longet, F. A., Anatomie und Phhyſiologie des Nervenſyſtems. Aus dem Franz. von J. A. Hein. 1. Bd. 1. Lief. gr. 8°. Geh. Brockhaus und Avenarius in Leipzig 1847. Berzelius, J., Jahresbericht über die Fortſchritte der Chemie und Mine- ralogie. 26. Jahrg, 1. Hft. Unorganiſche Chemie und Mineralogie. gr. 80. 2a: Tübingen 1847. Biſchoff, G. W., medic.⸗ pharmaceut. Botanif. 2. verm. Ausg. gr. 8%. Geh. Ferd. Enke's Verlagsbuchh. in Erlangen 1847. Biſchoff, G. W., mediein. ⸗pharmaceut. Botanik. Nachträge zur 1. Aufl. gr. 8o. Geh. Ferd. Enke's fee in Erlangen 1847. Euler, Leonh. und J. Müller, Einleitung in d. Phyſik. In 3 Thln. 1. Thl. 8. Geh. Stuttgart 1847. F. A. Eupel Manuel d’anatomie descriptive et de preparations anatomiques; par Ph. C. Sappay. Premiere partie. Osteologie, Arthrologie, Myologie et Aponevro- logie, avec 114 figures intercalees dans le texte. In 12° de 15 flles. Paris Emprisonnement cellulaire. Rapports officiels sur le penitencier de Cherry- Hill, a Philadelphie (Etats-Unis), et sur la prison de Pentonville 3 Lon- dres nero), pendant les annees 1843. 184 et 1845. Traduits par ordre de M. le comte Duchatel, ministre de l’interieur. In 8 de 8 feuilles Paris 1847. Proceedings of the Lincoln Lunatic Asylum, and Communications with Her Majesty's Commissioners in Lunacy; with an Appendix, illustrating the Medical and General Economy of the Establishment. ®. (pp. 56, sewed, 2 sh. 6d.) London 1847. Traite de la maladie des cheveux, de la barbe et du systeme pileux en ge- neral; par M. L. A. Obert. In 8° de 4 flles, plus une pl. Paris 1847. Traite complet de l’Hysterie; par H. Landouzy. In ® de 26 flles ®,. Paris 1847. Child, G. C. — On Indigestion and certain Bilious Disorders often conjoined with it; to which are added, Short Notes on Diet. By George Chaplin Child, M. D. 89. (pp. 232, cloth, 5 sh. 6d.) London 1847. Gream, G. T.— Remarks on the Diet of Children, and on the Distinction between the Digestive Powers of the Infant and the Adult. By G. T. Gream. 12°. (pp. 204, cloth, 5 sh.) London 1847. Ney, Fr. v., die gerichtliche Arzneikunde in ihrem Verhaltniſſe zur Rechts⸗ R gr 8. Geh. Kaulfuß Wittwe, Prandel und Comp. in ien 1847. Funke, K. F. W., Handbuch der ſpeciellen Pathologie und Therapie der größeren nutzbaren Hausſäugethiere. 1. Bd. 2. Abth. 2. ganz umgearbei⸗ tete Aufl. gr. 8%. Geh. Frleſe in Leipzig 1847. oß, G., Handbuch der chirurgiſchen Anatomie. I. Abth. Chirurg. Anatomie der Extremitäten. gr. 8%. Geh. Leipzig 1847. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. L. Fr. v. Froriep gegründete Zeltſchrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 43. (Nr. 21. des II. Bandes.) Juni 1847. Druck und Verlag des Landes Inpuftrie» Gomptoirs zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Stückes 3%, Sgr. Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Naturkunde. XXV. Gin Beitrag zur Atheriſation. Von Dr. J. van Deen). Als Verf. aus den Zeitungen, von der ſo großes Auf— feben und Theilnahme erregenden Atheriſation erfuhr, ſtellte er ſich die Fragen: „was iſt Atheriſation? — welche ſind die Bedingungen ihres Zuſtandekommens? — und wie kön— nen ihre Wirkungen erklärt werden?“ Wiewohl Verf. die Atheriſation und ibre Wirkung durch die Analogie mit an— deren bekannten Erſcheinungen hinreichend erklären zu können glaubt, ſo ſtellte er doch zur Aufklärung anderer Fragen, wozu gerade die Beantwortung obiger die Veranlaſſung gab, noch einige Verſuche an. Dieſe Betrachtungen und Verſuche nebſt ihren Reſultaten theilt derſelbe vorläufig mit und hofft ſpäter auf dieſen Gegenſtand zurückzukommen, inſofern er noch gründlichere Unterſuchungen anzuſtellen beabſichtigt. — Atheriſation iſt eine allgemeine Betäubung, die ſich über den ganzen Körper erſtreckt und durch das Einathmen von Ather hervorgebracht wird. Eine allgemeine Betäubung kann ohne Hemmung der Functionen des Centralnervenſyſtemes, des Gehirns und Rückenmarkes, nicht entſtehen. Der Ather oder das mit Ather geſchwängerte (oder wohl durch dieſen ver— änderte?) Blut muß mithin dieſe Centraltheile erreicht haben, wenn Atheriſation auftreten fol. Die Trunkenheit entſteht auf dieſelbe Weiſe, und es beſteht zwiſchen beiden eine Ana— logie. Hierfür giebt es ſehr viele augenſcheinliche materielle Beweiſe, denn das Gehirn eines Trinkers, der dem über— mäßigen Genuſſe des Branntweins unterlegen iſt, riecht bei der Leichenöffnung (was Verfaſſer aus eigener Erfahrung erhärten kann) ſehr ſtark, und unendlich viel ſtärker als jeder andere Theil des Körpers, nach dem kurz vorher genoſſenen Getränke. Daß der Ather ſchon durch Einathmung zur Wirkung kommen und ins Blut aufgenommen werden kann, 91 Nieuw archief voor binnen - en bultenlandsche geheclen omvang, door Dr. J. van Hern. No. 2023. — 923. — 43, eneeskunde in haren Zwolle. II. Jaarg ung II. stuk. während der Branntwein dahingegen gewöhnlich erſt vom Magen aus durch das Blut das Centralnervenſyſtem erreicht: das erklärt ſich leicht aus der größeren Flüchtigkeit des Athers im Vergleiche mit jenen Getränken. Dieſe Flüchtigkeit iſt auch die Urſache der ſchnelleren Befreiung der genannten Centraltheile vom Ather, als von den Folgen geiſtiger Ge— tränke, oder mit anderen Worten, des ſchnelleren Verſchwin— dens der Atherbetäubung, als der Trunkenheit. Durch dieſe gewiß begründete Anſicht der Sache wurde Verf. zur Unterſuchung folgender Fragen geleitet: werden alle Theile des Centralnervenſyſtemes gleichmäßig von der Atheriſatlon ergriffen, z. B. das Rückenmark eben fo ſtark, wie das Gehirn? und wird in Folge deſſen das Reflerionsver— mögen im Rückenmarke eben jo wie die Functionen des Gehirns aufgehoben? Iſt die Atheriſation auch auf anderen Wegen, als den hierzu bekannten (durch die Lungen) hervorzu— rufen? Iſt es möglich, auch einzelne Theile des Körpers in die Atherbetäubung zu verſetzen? Können aus der Atherwirkung gleiche Nachtheile, ja Gefahren, wie aus der Trunkenheit, entſtehen, z. B. Congeſtionen nach dem Hirne, Apoplerie u. ſ. w.? Ehe Verf. zur Beantwortung der erſten Frage ſchreitet, die ihm die Reſultate ſeiner Unterſuchungen möglich machen, theilt derſelbe, um den richtigen Standpunkt zu gewinnen, noch folgende Betrachtungen mit. Aus den Zeitungen iſt es bekannt, daß Patienten, die in der Atherbetäubung einer Operation unterworfen wurden, nachher erklärten, von dieſer durchaus nichts gefühlt zu haben; aber man weiß nicht (wenigſtens iſt es dem Verf. bis daher unbekannt geblieben), ob die Patienten während der Operation und in Folge der— ſelben auch Bewegungen vornahmen, die man entweder für Zeichen des Schmerzes (wenn auch eines ſo ge— ringen, daß er bei den Operirten nicht in die Erinnerung trat) oder für Reflerions bewegungen halten könnte. Schon a priori kann man ſchließen, daß bei vollſtändig 21 323 Atheriſirten während der Operation und in Folge der— ſelben keine Bewegung wahrgenommen werde, und zwar auf Grund folgender bekannter Thatfachen. Verf. hat 1839 und 1840 durch Verſuche erwieſen, daß die graue Subſtanz der wirkende Mittelpunkt des Nervenſyſtemes iſt [Centre actif du systeme nerveux )]. Es iſt bekannt, daß dieſe Subſtanz viel mehr Blutgefäße beſitzt, als die weiße. Da dieſelbe im Centralnervenſyſteme nun überall dort zugegen iſt, wo die Wirkung (der Urſprung) der Nerven anfängt und alle agentia, die auf dieſes Centralſyſtem Einfluß äu— ßern, dorthin durch das Blut geführt werden müſſen **); fo laßt es ſich nicht wohl denken, daß der Ather, in hin— reichender Maſſe gebraucht, nicht eben ſo wohl zum Rücken⸗ marke, wie zum Gehirne gelange. Dieſe Vorausſetzung be— ſtätigen die Verſuche des Verf. vollſtändig. Nachdem er einen Hund durch Schwefeläther in die Atherbetäubung verſetzt hatte, ſchnitt er ihm Schwanz und Ohren ab, machte an verſchiede— nen Theilen des Körpers Einſchnitte, ohne am Thiere auch nur die geringſten Bewegungen in Folge dieſer Ope⸗ rationen wahrzunehmen, weder Zeichen des Schmerzes noch Reflerxionsbewegungen. Um die Sache noch deutlicher zu machen, ätheriſirte Verf. eine Anzahl Fröſche, indem er dieſe Thiere in einem abgeſchloſſenen Raume Atherdämpfen ausſetzte, ſchnitt als— dann Theile des Körpers ab, oder brachte Schwefelſäure auf die Haut (man wird ſich aus des Verf. oder Anderer Verſuchen erinnern, wie außerordentlich empfindlich dieſe Thiere für Berührung der Säuren mit der Haut ſind, und wie durch dieſe das geringſte Neflerionsvermögen, das noch zugegen iſt, aufgeweckt wird), ohne im Stande zu ſein, hier— durch die geringſte Bewegung, wo auch dieſer Reiz ange— wandt wurde, hervorzurufen **). Bei einem ätheriſirten Froſche entdeckt man keine andere Bewegung, als die des Athmens, welche bedeutend langſamer iſt als im natürlichen Zuſtande. Die Frequenz des Herz— ſchlages nimmt auch bei dieſen Thieren, wie bei den Säuge— thieren, ab. Bei Annäherung ſtarkes Lichtes zieht ſich die Pupille, beſonders im Anfange, deutlich zuſammen. Auch die zweite Frage, ob die Atheriſation ſich auch auf anderen Wegen als den hierzu bekannten, durch Ein— athmung, bewerkſtelligen laſſe, kann ſchon a priori bejahend beantwortet werden. Der Ather wird vermittels der Lungen ins Blut aufgenommen; kann man nun eine andere für die Abſorption paſſende Stelle des Körpers auffinden, ſo wird die Atheriſation natürlich auch von dieſer Stelle aus, wenn *) S. des Verfaſſers Abhandlung: Traite et decouvertes sur la physio- logie de la moölle epiniere. Leide 1841 p. 200. ) Man erinnere ſich der Verſuche des Verfaſſers an Fröſchen, auf deren Haut, nachdem bei einigen die Lungen, bei anderen das Herz ausgeſchnitten waren, eine Auflöſung von Strychnin gebracht wurde, mit dem Erfolge, daß bei den sehen Gonsulfionen entſtanden, wahrend die anderen frei blieben. ***) Nach denz Zeitungen haben einige franzoſiſche Phyſtologen den Rücken⸗ markscanal ätheriſirter Hunde geöffnet und das Rückenmark durchgeſchnitten, ohne daß dieſe Thiere e äußerten. Bezüglich der Abweſenheit ver Schmerzen während der Operation am Rückenmarke bewelſ't dieſer Ver⸗ ſuch nichts, denn Verfaſſer hat (ſ. Froriep's N. Notizen, No. 549, S. 323) dargethan, daß kein örtlicher mechaniſcher am Rückenmarke angebrachter Reiz direct Gefühl oder Schmerz hervorrufen kann. Dieſe Operationen am Rücken- marte würben mir allein beweiſen, vorausgeſetzt, daß ſich teine Bewegung dabei äußerte, daß das Rückenmark durch die Atheriſation auch das Comm o⸗ tions vermögen verloren habe. 43. II. 21. 324 auch nicht fo ſchnell, zu Stande kommen müſſen. Verfaſſer hofft dieſe Frage bald ſo vollſtändig als möglich durch Ver⸗ ſuche an Hunden erörtern zu können; — vorläufig hat er dieſe erſt bei Fröſchen angeſtellt. Er ſtellte nämlich eine Anzahl dieſer Thiere mit dem unteren Theile des Körpers in Schwefeläther (wobei man dieſe Thiere mit Kraft zurück⸗ halten muß, indem ſie ſtarke Bewegungen mit den Hinter⸗ beinen machen, um zu entfliehen). Nach Verlauf einiger Minuten waren die Thiere ätheriſirt. Das Reflexionssger⸗ mögen war verſchwunden; das einzige ſichtbare Lebenszeichen, das, außer der verminderten Reſpiration, bei einigen der auf dieſe Weiſe ätheriſirten Fröſche anfangs zurückblieb, be— ſtand in ſchwacher Reflerionsbewegung bei der Berührung einzelner Stellen des Kopfes mit einem heftigen Reize (3. B. der Schwefelſäure); und in dem noch näheren Anſchließen der Dickbeine an den Bauch, wenn ſie mit an— gezogenen Hinterbeinen auf die Erde geworfen wurden, in Folge der hierdurch bewirkten Commotion. Wurden die Thiere dagegen in geſtreckter Haltung niedergeworfen, dann blieben ſie gewöhnlich in dieſer Lage, ganz wie todt, un— verändert liegen. — Verf. macht bei dieſen Verſuchen dar⸗ auf aufmerkſam, daß es zweckmäßig ſei, die Fröſche, nach— dem ſie ätheriſirt ſind, in Waſſer zu ſtellen oder abzuwaſchen, weil ſie alsdann durch Abſorption von Waſſer wieder ſchneller zu ſich kommen und der Gefahr abzuſterben (die bei den auf genannte Weiſe ätheriſirten Fröſchen viel größer it, wenn fie durch Atherdämpfe in dieſen Zuſtand verlegt werden), viel weniger ausgeſetzt ſind. Auch hat Verf. Verſuche angeſtellt, um zu ſehen, ob der Ather auch unmittelbar auf das Gentralnerseniyitem wirke; er hat namentlich bei Fröſchen das Gehirn und Rückenmark bloßgelegt und auf dieſe Theile Ather gegoſſen. Hierbei äußern die Thiere bisweilen, beſonders wenn die Quantität Ather nicht gering iſt, Schmerzen (durch den Reiz, den der Ather auf die benachbarten Theile des geöff— neten Rückenmarkscanales ausübt; nicht aber auf das Rucken⸗ mark ſelbſt, wie oben gezeigt wurde), bleiben dann einige Minuten in einer ſitzenden Haltung ruhig liegen und fangen alsdann an ſich wieder zu bewegen. Dieſe Bewegung wird allmälig ſtärker, und nach Verlauf einiger Zeit, etwa nach / bis ½ Stunde, hat das Thier ſeine natürliche Bewe— gungskraft wieder erlangt. Bis zu drei ja vier Malen wurden dieſe Begießungen auf die Centralnerventheile in Zwiſchen⸗ räumen von 6 bis 8 Minuten wiederholt, ohne daß Athe— riſation darauf erfolgte. Hieraus folgt 1) daß der unmittelbar auf das Gehirn und Rückenmark angebrachte Ather nicht im Stande iſt, ſo⸗ gleich in das Gewebe der grauen Subſtanz einzudringen, und 2) daß eine unmittelbare Berührung des Athers mit den Centraltheilen des Nervenſyſtemes ihre Thätigkeit wenig— ſtens nicht ſchnell **) aufhebt. Je größer die Verührungsfläche mit dem Ather, deſto ſchneller kommt die Atherifation zu Stande. 2 1 3 ) Beide Wirkungen würden vielleicht wohl Statt finden, wenn man ven Ather längere Zeit mit dem Rückenmarte und dem Gehirne in Berührung erhalten koͤnnte! Dies ift jedoch nicht möglich, a. weil der Ather ſchnell ver⸗ fliegt, b. weil derſelbe ſich mit dem Blute und ver Lomphe miſcht, die die bloßgelegten Theile umgeben, und c. weil gewöhnlich das Blut ſchnell coa⸗ gulirt, was eine anhaltende Berührung mit dem Ather verhindert. 325 Die vom Verf. geſtellte Frage, ob ein Theil des Körpers ätheriſirt werden könne, liefert in ihrer Beantwortung manche Bedenken, die Verf. näher erläutern wird, nachdem er die Beobachtungen, die er deßhalb bei Fröſchen machte, mit— getheilt hat. Hält man nämlich einen Theil des, Froſches, z. B. die Hinterpfoten bis ans Kniegelenk, in Ather, ſo werden nach Verlauf weniger Minuten dieſe Hinterpfoten für jeglichen Reiz durchaus unempfindlich, und nicht nur ſo weit als die Theile in den Ather eingetaucht geweſen ſind, ſondern auch noch die zunäachſt angrenzenden, obſchon die Atheriſation aller übrigen Theile noch nicht Statt findet. Der Umfang dieſer partiellen Gefühlloſigkeit ſteht im directen Verbältniffe mit der Ausbreitung der mit dem Ather in Be— rührung geſetzten Theile. Halt man den ganzen unteren Theil des Froſches, z. B. bis über den anus, in Ather, ſo wird die Unempfindlichkeit ſich nicht nur in den in Ather getauchten Theilen zuerſt offenbaren, ſondern ſie wird ſich auch über den ganzen Körper ausbreiten, und zwar von unten nach oben, oder von den dem Ather nächſt— liegenden Theilen auf die entfernteren, ſo daß im vorliegen— den Verſuche der Kopf zu allerletzt in die Atheriſation ver— ſetzt wird. Daher kommt es auch, wie oben mitgetheilt wurde, daß man bei auf dieſe Weiſe völlig ätheriſirten Fröſchen anfangs noch ſchwache Reflerionsbewegungen hervorrufen kann, wenn man einzelne Stellen des Kopfes mit Schwefel— ſäure berührt. 1 Dieſe Thatſachen ſcheinen, oberflächlich betrachtet, die oben ausgeſprochene Behauptung, die Atherbetäubung könne allein nur vom Centralnervenſyſteme ausgehen, zu wider— legen; denn man könnte nach den mitgetheilten Verſuchen glauben, daß dieſer Zuſtand bei Fröſchen allein von der directen Wirkung des Athers im flüſſigen Zuſtande oder in Dampfform auf die Haut herrühre und hierdurch die Un— empfindlichkeit hervorgerufen werde. Das Ungegründete dieſer Anſicht fällt aber ins Auge, 1) wenn man weiß, daß Fröſche, zu deren vollkommener Atheriſation nur fehlt, daß auf Reize an einzelnen Stellen des Kopfes noch Reflerionsbewegungen entſtehen, auch dieſes Lebenszeichen nach Verlauf weniger Augenblicke und Minuten oft verlieren, ſelbſt dann noch, wenn man die Thiere ſchon in Waſſer gelegt hat (ſ. oben); 2) wenn man bedenkt, daß es unmöglich iſt, durch Ather⸗ dämpfe in der freien Luft Hauttheile eines Froſches, der von der Oberfläche der Atherflüſſigkeit weit genug entfernt iſt, jo zu afficiren, daß ſie ganz unempfindlich würden, in— dem Verfaſſer eine geraume Zeit hindurch einen Froſch über Atherdämpfe halten konnte, ohne dieſe Erſcheinung hervorzurufen; und endlich 3) wenn man beobachtet, was ſtets wahrzunehmen iſt, wie außer der Gefühlloſigkeit auch die erſten Lebensfunctionen, als Athemholen und Blutum— lauf, bei den auf dieſe Weiſe behandelten Thieren allmälig abnehmen, und welcher großen Gefahr des Krepirens dieſe Thiere ausgeſetzt find, ſobald die Unempfindlichkeit (Atheri⸗ ſation) allgemein geworden iſt. Wenn allein nur die Fun⸗ etion der Haut aufgehoben wäre, jo würde dies nicht der Fall ſein; denn man kann ja dieſen Thieren die ganze Haut abziehen, ohne daß dadurch anfangs genannte Lebens— 43. II. 21. 326 functionen und die willkürlichen Bewegungen erſichtlich leiden. Die Thatſache, daß bei Fröſchen, deren unterer Körper— theil in Ather getaucht wird, die Atherſymptome erſcheinen und von unten nach oben zunehmen, glaubt Verf. auf fol— gende Weiſe erklären zu können. Wenn man das Central— nervenſyſtem des Menſchen mit dem des Froſches, dieſer jo weit von einander ſtehenden Thiere, vergleicht, ſo findet man, daß beim Menſchen das Gehirn, beim Froſche das Rücken— mark den hervorragendſten und wirkſamſten Theil desſelben bildet. Auch lehrt die Erfahrung, daß, wenn z. B. Opium auf das genannte Syſtem wirkt, es beim Menſchen zuerſt das Gehirn, und in der Regel dieſes nur allein, angreift; während dasſelbe Mittel beim Froſche das Rückenmark affi- eirt und ſogleich Starrkrampf hervorruft; dasſelbe wird nun wahrſcheinlich bei geiſtigen Mitteln auch der Fall ſein, ſowie es beim Ather geſchieht. Es möge hier an die Erſcheinung erinnert werden, daß Strychnin, in ſehr kleinen Doſen Frö— ſchen beigebracht, auch zuerſt den unteren Theil des Rücken— marks angreift, und wenn die Wirkung zunimmt, dieſe ſich von unten nach oben ausbreitet, während das Nachlaſſen derſelben in entgegengeſetzter Richtung geſchieht. — Dieſe Thatſachen reichen, nach des Verf. Anſicht, zur Erklarung der oben mitgetheilten Erſcheinungen bei ätheriſirten Fröſchen hin. Vielleicht kann die Erſcheinung auch noch auf folgende Weiſe erklärt werden. Der Ather, in den die Hinterpfoten des Froſches getaucht ſind, wird nicht nur von dieſen abſorbirt, jondern reizt auch die Empfindungsnerven, mit denen er, ſei es als flüſſiger Ather oder als Dampf, in directe Ver— bindung tritt; dieſer Reiz wird bis zum betreffenden Rücken— markstheile geleitet, und hierdurch, die Empfänglichkeit dieſer Theile für die Vergiftung — die Atheriſation — begünſtigt. Dieſe Anſicht kann vielleicht zur Erklärung beitragen, weß— halb der Atherdampf, vermittels der Lungen aufgenommen, vorzugsweiſe auf das Centralnervenſyſtem wirke. Der in den Lungen gereizte n. vagus begünſtigt den ſchnellen Über— gang des Athers nach dem Theile genannten Syſtemes, den Verf. immer als deſſen Mittelpunkt betrachtet hat *), näm— lich dorthin, wo der vagus in der medulla oblongata feinen Urſprung nimmt. Um auf die vom Verf. geftellte Hauptfrage zurückzu— kommen, ſo muß angenommen werden, daß bei Fröſchen eine partielle Atheriſation (wenn dieſe alsdann den Namen noch verdient) möglich ſei, wenn gewiſſe Theile des Körpers dem Einfluſſe flüſſigen Athers ausgeſetzt werden; ob auch Atherdampfe allein dieſe hervorrufen können, bedarf noch gründlicherer Verſuche. In Betreff der ſehr wichtigen Frage, ob die Atheriſa— tion dem Menſchen gefährlich werden könne, fehlen noch die Thatſachen, um jene mit Beſtimmtheit zu beantworten. Dieſe muß man aus Verſuchen an Säugethieren zu erhalten ſuchen, um einen Schluß per analogiam auf den Menſchen machen zu können. Verf. wird baldmöglichſt derartige Verſuche anſtellen, glaubt aber ſeine Anſicht darüber ſchon „ Ct. Verfaſſers Abhandlung: de differentia et nexu inter nervos vitae animalis et vitae organicae. L. B. 1834. 177 pp. 21 * 327 vorläufig mittheilen zu dürfen. Er hält die Atheriſation beſonders bei vollblütigen, zu Congeſtionen und Apoplerien geneigten Individuen, durchaus für keine gleichgiltige Ope— ration, umſomehr als für das Gehirn eine doppelte Gefahr beſteht, erſtlich durch den Reiz des Athers, und dann durch die Stagnation des Blutes in Folge der verminderten Blut— circulation. Verf. fürchtet deßhalb, daß die ohne Vorſicht angewandte Atheriſation Opfer koſten werde, welche, wie man hört, in England und Frankreich bereits vorgekom— men ſind. Miſeel le n. 49. Die Samen von Peganum harmala enthalten, wie ſchon länger bekannt iſt, einen rothen Farbeſtoff. Bei Ver: ſuchen zur Darſtellung desſelben, welche in Auftrag der Regierung 43. II. 21. 328 vorgenommen wurden, entdeckte der Akademiker Fritſche in St. Petersburg in dieſen Samen ein neues Alkaloid „Harmalin“, deſſen Entdeckung ganz ohne Grund von Göbel in Anſpruch ge: nommen wurde. Jetzt hat Fritſche abermals ein zweites Alka⸗ loid in denſelben Samen aufgefunden, welches er „Harmin“ ge⸗ nannt hat. Beide Alkaloide geben bei weiterer Behandlung mit orydirten Stoffen noch einige neue Alkaloide und ſcheinen mit der Bildung des rothen Farbeſtoffes ebenfalls in engſter Beziehung zu ſtehen. Die Pflanze ſelbſt iſt in den Steppen des ſüdlichen Ruß⸗ lands ſehr gemein. (Bulletin de l’acad. de St. Petersbourg, No. 124, 125.) 50. Die Flimmerbewegung in den Nierencanälchen der Tritonen, zuerſt von Biſchoff geſehen, iſt fpäter von vielen beſtritten, von einigen vertheidigt worden. Sie iſt im Mai dieſes Jahres mehrere Male vom Hrn. von Heßling im phyſiolog. Inſtitute zu Jena aufgefunden und von allen Anweſenden beſtätigt. Das Flimmern zeigte ſich in der ganzen Länge der Ganäle, nicht nur wie bisher immer angegeben ward, am Ausgange der⸗ ſelben. Die Wimpern ſind ſehr lang, ſtehen einzeln auf jeder Epithelialzelle und bewegen ſich peitſchenfö'rmig. (Dr. M. J. ©.) Heilkunde. (LIV.) Beobachtung eines Harnröhrenpolypen bei einer Frau. Von Dr. Thore. Bis vor wenigen Jahren waren Polypen in der Harn— röhre der Frau etwas ganz Unbekanntes, während in der neueſten Zeit zahlreiche Fälle dieſes Leidens vorgekommen ſind. Ich habe neuerdings einen ſolchen beobachtet, den ich hier mittheilen werde. Beobachtung. Mad. M., 43 J. alt, von mittle- rer Größe und guter Geſundheit, iſt nie ſyphilitiſch geweſen; hat 5 Kinder gehabt und iſt mit dem ſechsten ſchwan— ger; ſie befindet ſich im Anfange des ſiebenten Monates der Schwangerſchaft, ſeit deren Beginne ſie beim Harnen einige Unbequemlichkeit verſpürt, während ſich nach und nach ein fremder Körper in der Harnröhre deutlich bemerk— bar macht. Sie hat auch wahrgenommen, daß der Strahl ibres Harnes ſchwächer geworden und öfters getheilt iſt, un daß ſie häufiger Drang zum Harnen fühlt. f Gegen die Mitte des Decembers ſtellt ſich ein leichter Blutausfluß ein, der nach und nach ſo ſtark wird, daß ihre Wäſche faſt immer Flecken hat. Zugleich nehmen die Schmerzen zu, welche den Unterleib und die Leiſtengegend durchzucken, während das Harnen immer ſchwieriger und peinlicher wird. Am 31. Dec. 1845 unterſucht Mad. M. ſich ſelbſt, um die Urſache ihrer Leiden wo möglich zu entdecken, und bemerkt nun zum erſten Male das Vorhandenſein einer kleinen ſchwärzlichen blutenden Geſchwulſt am Eingange der vulva. Sie wandte ſich nun an mich, und ich ſchritt ſo— gleich zur Unterſuchung. Am oberen Theile der vulva fand ich eine kleine vio— lete Geſchwulſt von der Größe einer gewöhnlichen Kirſche. Es ließ ſich ohne alle Schwierigkeit ermitteln, daß dieſelbe ihre Wurzel in der Harnröhre hatte, aus der ſie weit her— vorragte. Durch Einführung eines Stilets ließ ſich die— ſelbe bis ans Ende verfolgen, ſo daß man erkannte, daß ihre Wurzel bei 8 — 9 Millim. Tiefe eingefügt war. Der Canal der Harnröhre zeigte ſich ziemlich weit, und zu ge— nauerer Unterſuchung ließ ſich der kleine Finger ohne Schwie— rigkeit in denſelben einführen. Die Geſchwulſt iſt birnförmig und wird, je tiefer fie in die Harnröhre eindringt, immer ſchmäler, während ſie ſich außerhalb derſelben gleich einem Pilze verdickt. Sie iſt dunkel violetroth und läßt ſich nicht in die Harnröhre zurüd- treiben, ohne daß ſie augenblicklich wieder aus derſelben heraustritt. Beim geringſten Drucke blutet ſie; allein die Blutung iſt nie beträchtlich. Schon ſeit mehreren Jahren hat Mad. M. am weißen Fluſſe gelitten, der ſich ſeit dem Anfange der jetzigen Schwangerſchaft verſtärkt hat. Die Patientin bittet dringend, daß die Operation ſo— bald als möglich vollzogen werde. Trotz der Schwanger: ſchaft glaubte ich die Ausrottung der Geſchwulſt nicht ver— ſchieben zu dürfen, und ich nahm die Operation am 22. Jan. 1846 mit Hilfe meines Vaters vor. Nachdem ich die Kranke in eine paſſende Lage gebracht und die Geſtalt und Anfügungsſtelle des Polypen genau erkannt hatte, führte ich einen Ohrſpiegel in den Canal ein, und durch Spreitzung der Schenkel des Inftrumentes ward derſelbe hinreichend ausgedehnt, um erkennen zu laſſen, daß und wo der Polyp an der unteren Wand der Harn⸗ röhre eingefügt war. Man faßte denſelben nun mit⸗ tels einer kleinen Hakenzange, zog ihn, unter Anwen⸗ dung einer gelinden, aber unausgeſetzt wirkenden Kraft, heraus und ſchnitt ihn mittels einer Scheere mit langen Schenkeln und kurzen, vorn ſtumpfen, leicht gebogenen Blät⸗ 329 tern allmälig und vorfichtig aus. Kaum war der Stiel theilweiſe durchſchnitten, ſo verlor die Geſchwulſt ihre vio— lete Farbe und wurde blaß. Gleich nach der Ausſchneidung trat eine ziemlich ſtarke Blutung ein. Das Innere der Harnröhre wurde, namentlich an dem unteren Theile des Canales, mit Höllenſtein cauteriſirt, und dann liefen nur noch einige Tropfen Blut aus. Die Kranke ſpürte gleich nach der Operation Drang zum Harnen, konnte denſelben aber nicht befriedigen. Nach einigen Stunden ging klarer und nicht mit Blut vermiſchter Harn ab. Die Kranke brachte den erſten Tag recht gut zu. In der Nacht konnte ſie nicht ſchlafen, und beim Uriniren litt ſie fortwährend ſehr. Am 23. Januar ſtellte ſich leichtes Fieber ein. Der Harn verminderte ſich, und das Uriniren war mit Schwie— rigkeiten und Schmerzen verknüpft. Am 26. hatte ſich das Fieber vollkommen gelegt; der Harn wurde ohne Schmerzen gelaſſen. Der Schlummer war ruhig und der Appetit auffallend ſtark. Die Bewegungen der Leibesfrucht waren fortwährend zu fühlen. Während der letzten Tage des Monats nahm die Pa— tientin ihre gewöhnlichen Geſchäfte wieder vor. Am 28. März gebar ſie ſchnell und leicht einen ſehr ſtarken Knaben. Bis dahin und ſpäter habe ich dieſe Frau öfter geſehen, und ſie iſt vollkommen geſund geblieben, ohne daß der Polyp wieder nachgewachſen wäre. Wir wollen nun noch ein Paar Worte über die Be— ſchaffenheit des Polypen ſagen, deſſen Geſtalt wir bereits oben beſchrieben haben. Der aus der Harnröhre hervor— ragende dicke Theil beſtand aus mehreren Wülſten. Nach dem Ausſchneiden verlor ſich nicht nur ſeine dunkelrothe Farbe, ſondern er wurde auch welk. Die Oberfläche ift glatt und bietet dasſelbe Anſehen dar, wie die Schleimhaut der Harnröhre. Er wurde in Alkohol geſetzt, und wir hatten erſt nach einigen Tagen Zeit, ihn näher zu unter— ſuchen. Er war viel kleiner geworden und ſchien aus einer mit verdichtetem faſerigen Zellgewebe ausgefüllten Schleim— haut zu beſtehen. In der Mitte befand ſich ein dunkelrother Kern von der Geſtalt und Größe eines Roſinenkerns (2). Die Länge des Polypen betrug 1½ Gentimeter. Dieſe Beobachtung weicht von den bereits bekannt ge— machten zu wenig ab, als daß wir lange bei derſelben zu verweilen brauchten. Indeß bietet ſie doch einige Beſonder— heiten dar; z. B. daß die Frau ſchwanger war, weßhalb ich auch, mögliche ungünſtige Zufälle fürchtend, einen Augen— blick anſtand, die Operation ſofort vorzunehmen. Allein die Kranke bat ſo dringend, ſie ohne Aufſchub von ihrem Leiden zu befreien, daß ich die weder ſchmerzhafte, noch lang— wierige Operation nach ihrem Verlangen vornahm, und wir haben geſehen, daß dieß auf den Verlauf der Schwan gerſchaft keinen nachtheiligen Einfluß hatte. Auch das Alter der Patientin verdient Beachtung. Unter 11 Beobachtungen der Art, wo des Alters der Pa— tientinnen gedacht iſt, bezieht ſich eine von Hrn. Rufz mit: ges auf ein 10jähriges Kind, eine andere, die des Hrn. our, auf ein 15jähriges Mädchen, die des Hrn. Vel: 43. II. 21. 330 peau auf ein 16jähriges Mädchen. In den meiſten Fäl— len, welche von den HHrn. Da Camin, Eſpezel und Schützenberger bekannt gemacht worden ſind, waren die Patientinnen 20 — 23 Jahre alt. Die ältefte Kranke der Art, welche bis jetzt beobachtet ward, iſt die, deren Hr. Maiſonneuve gedenkt; ſie war 28 — 30 Jahre alt. Am häufigſten kommen alſo die Harnröhrenpolypen der Frau vom 20. bis zum 25. (23.2) Jahre vor, und in dieſer Beziehung bildet unſere Beobachtung demnach eine ſehr große Ausnahme. Die Hauptſymptome waren die Behinderung im Har— nen, die Verdünnung des Strahles, die Empfindung der Anweſenheit eines fremden Körpers, ſpäter Schmerzen und Blutausfluß. Die durchaus nicht ſchwierige Unterſuchung zeigte, daß der Polyp an der unteren Wandung der Harn— röhre angeſetzt war, und dieß iſt in der That die gewöhn⸗ liche Anfügeſtelle. Dort hat man alſo vorzugsweiſe nach— zuſehen, wenn man einen im Entſtehen begriffenen Polypen vermuthet. Die Operation war ſehr einfach und nahm wenig Zeit in Anſpruch. Wie Hr. Eſpezel gethan (was mir damals nicht bekannt war), bediente ich mich des Ohrſpiegels, da mir dieſes Inſtrument dem Zwecke vorzüglich gut zu ent⸗ ſprechen ſchien. Mittels desſelben konnte ich eine hinreichende Ausdehnung der Harnröhre bewirken, um die Geſchwulſt zu iſoliren und mit der Zange zu faſſen. Die Ausſchneidung mittels der oben beſchriebenen Art von Scheere ging dann leicht und raſch von Statten. Obwohl die Blutung nicht bedeutend war, glaubte ich doch das Atzen mit Höllenſtein nicht unterlaſſen zu dürfen, da durch dasſelbe auch jeder irgend zurückgebliebene Reſt des Polypenſtiels ausgerottet werden mußte. (Gazette médicale de Paris, 24. Avril 1847.) (LV.) Von der Wirkung der Douche auf Irre. Von Hrn. Bourdel. Die Verſchiedenheit der Anſichten, welche gegenwärtig rückſichtlich der Angemeſſenheit der Douche bei der Behand— lung des Irreſeins herrſchen, ſind ein recht ſchlagender Be— weis der Unſicherheit, in welcher ſich die Therapeutik jedes Mal befindet, wenn ſie ſich nicht auf die Aetiologie ſtützt. Einige und unter dieſen beſonders Georget (De la Folie) haben die Douche durchaus für unpaſſend erklärt, indem die dadurch veranlaßten heftigen Schmerzen das Gehirn desor— ganiſiren und den Wahnſinn unheilbar machen könnten; andere, z. B. Guislain (Traité des phrenopathies) halten dafür, daß dadurch die Reizung des Gehirns geſteigert werden könne. In einem 1839 erſchienenen Werke (Du danger des rigueurs corporelles dans le traitement de la folie) giebt Hr. Blanche der Douche Schuld, daß ſie zuweilen nach— theilige Anſchoppungen (engourdissemens) und Lungenleiden 331 veranlaſſe. Der Einwürfe, welche man von allen Seiten gegen die Douche, als Einſchüchterungsmittel, erhebt, wollen wir hier gar nicht gedenken. Aber dergleichen Anklagen ſind nicht von ernſtlicher Bedeutung, ſo lange ſie nur im Allgemeinen vorgebracht werden und weder auf die verſchiede⸗ nen Arten der Anwendung der Begießungen, noch auf die verſchiedenen phyſiſchen Wirkungen der letzten, noch auf die verſchiedenen Formen des Irreſeins, gegen die man ſie anwendet, näher eingehen. Eine wiſſenſchaftliche Unterſuchung dieſer letzten Art hatte ſich Hr. Bourdel vorgeſetzt; allein ſeine Verſuche ſind leider nicht zahlreich und ſeine Betrach— tungen nicht ausführlich genug, daß dadurch die Streitfrage völlig erledigt worden wäre. Das Irrenhaus zu Montpfellier beſitzt zwei Doucheap— parate, den einen auf der Abtheilung für die Männer, den anderen auf der für die Frauen. Der erſte beſteht aus einem 2 Meter über dem Patienten angebrachten ſteinernen Behälter von 1,05 Meter Länge, 0,7 M. Breite und 0,5 M. Tiefe, an deſſen Boden eine horizontale Röhre von 0,16 M. Um— fang angebracht iſt, welche das Waſſer in den Badeſaal leitet, wo ſich an derſelben über den verſchiedenen Badewannen lederne Röhren von 0,12 M. Umfang befinden, die mit einem Hahne verſehen ſind, deſſen Ausgußöffnung 14 Millim. Durchmeſſer hat. Jede dieſer biegſamen Lederröhren iſt 0,6 Meter lang, und ihr Ende befindet ſich 1 Meter über der in der Badewanne ſitzenden Perſon. — In der Frauen— abtheilung kommt das Waſſer aus einer bedeutenderen Höhe. Die ſenkrechte Röhre geht unmittelbar von dem Boden der Waſſereiſterne aus, iſt 4,25 Meter lang und hat einen Umfang von 0,17 M. Der an deren Ende befindliche Hahn hat eine Mündung von 15 Millim. Durchmeſſer. An beide Apparate laſſen ſich Röhren und Hähne von verſchiedenem Kaliber und verſchiedenen Formen anſetzen. Zwei Studenten, die HHrn. Galtier und de Luppé, haben ſich der Einwirkung der beiden Apparate ohne Anſatz— rohr ausgeſetzt, um über die durch die Douche veranlaßten Empfindungen genaue Auskunft geben zu können. Dieſe beſteht der Hauptſache nach in folgendem. Hr. Galtier empfand unter der erſten Douche eine ſehr ſchmerzhafte Zuſammenſchnürung des thorax und eine Behinderung des Athemholens wie beim Ertrinken. Unter der anderen Douche fühlte er ſich ebenfalls dem Erſticken nahe, allein die zu— ſammenſchnürende Empfindung fehlte. Wenn er ſich die Hände vor das Geſicht hielt, ſo konnte er dagegen frei ath— men und empfand von einer Zuſammenpreſſung des thorax nichts. Einige Stunden nach dem Verſuche war ihm der Kopf ſchwer. Am folgenden Tage vermied er unter der Frauendouche das Gefühl des Erſtickens theilweiſe dadurch, daß er ſchnell athmete, und wenn er den Kopf jedes Mal abwendete, ſo oft der Strahl auf ihn zuſchoß, ſo konnte er frei athmen. Des Hrn. de Kuppe Bericht läuft ziemlich auf dasſelbe hinaus. Wenn er die Hand vor das Geſicht hielt, fühlte er nur eine angenehme Kühle und erſt, wenn die Douche längere Zeit auf dieſelbe Stelle eingewirkt hatte, ſtellte ſich in dieſer das Gefühl von Wärme ein. Dieſem Studenten ward nach der Douche der Kopf nicht nur nicht 43. II. 21. 332 ſchwer, ſondern ein vor derſelben vorhandenes Kopfweh in der Stirngegend ward durch dieſelbe augenblicklich gehoben. Aus dieſen beiden Verſuchen und Beobachtungen folgert nun der Verf. hinſichtlich der phyſiſchen und phyflologiichen Wirkungen der Douche Nachſtehendes. Gewiſſe Subjecte bleiben während der ganzen Dauer der Douche blaß; bei anderen wird das Geſicht dunkelroth. Dieſe Unterſchiede rühren, Hrn. Bourdels Meinung nach, daher, daß manch Mal das Gefühl der Zuſammenſchnürung der Bruſt allein vorhanden iſt, während in anderen Fällen ſich das Erſtickungsgefühl hinzugeſellt, je nachdem die Sub⸗ jecte zu athmen fortfahren, oder die natürlichen Reſpirations⸗ öffnungen durch das Waller geſchloſſen werden. Die Sub- jecte, bei denen die Naſenhöhlen weit und die Naſenflügel auswärts gerichtet ſind, befinden ſich in einer günſtigen Lage, indem bei ihnen, zumal wenn die Naſenlippenfurche tief eingegraben iſt, das Waſſer meiſt an den Wangen herab— rauſcht und die Naſenlöcher nicht vollſtändig verſtopft, ſo daß das Athmen ſeinen Fortgang hat. Andere drücken das Geſicht ſtark in den Ausſchnitt des ſie feſthaltenden Bretes hinein, ſo daß die Oberlippe an das Bret anſchließt und auf dieſe Weiſe der Mund vor dem Eindringen des Waſſers geſchützt wird, alſo ihnen das Athmen geſtattet; noch andere öffnen den Mund weit und ziehen die Zunge zurück, ſo daß im Vordermunde eine Höhle entſteht, in welcher ſich das von der Oberlippe herabrieſelnde Waſſer ſammelt, während die Luft über demſelben in den Hintermund ſtreichen kann. In dieſem Falle treibt der Douchirte beim Ausathmen das Waſſer aus dem Munde, fo daß er bei der nächſten Inipi- ration dasſelbe Manöver wieder mit Erfolg machen kann. Das Gefühl von Schwere im Kopfe, welches ſich nach der Douche zuweilen einſtellt, erklärt der Verf. vermöge der Stockung des Blutes im Gehirne, welche die Erſtickungszu— fälle veranlaſſen. Was die entfernten und therapeutiſchen Wirkungen der Douche betrifft, ſo hat Hr. Bourdel ermittelt, daß die— ſelbe, je nach der Stärke der Waſſerſäule, der Kraft, mit welcher dieſelbe gegen den Kopf antreibt, und der Anweſen⸗ heit oder Abweſenheit des Erſtickungsgefühles, auf zwei ent⸗ gegengeſetzte Arten wirkt. Iſt die Säule dünn, trifft ſie den Kopf, ohne dieſen ſtark zu erſchüttern, behindert ſie die Reſpiration nicht, ſo wirkt ſie lediglich durch ihre niedere Temperatur und vermindert daher die Reizung des Gehirns. Iſt dagegen die Waſſerſäule ſtark und ſchießt ſie mit Gewalt gegen den Kopf, ſo daß dieſer heftig erſchüttert wird, treten zugleich Erſtickungsanfälle ein, ſo erfolgt ein Andrang des Blutes nach dem Gehirne und dieſes wird zugleich durch die mechaniſche Erſchütterung gereizt. Wenn nun aber der Wahn: ſinn von einem Mangel an Lebensthätigkeit in dem Gehirne herrührt, ſo kann, ſagt der Verf., durch dieſen Andrang des Blutes nach dem Organe eine ſehr günſtige Modification in der Circulation in demſelben bewirkt werden. Dieſe Analyſe der unmittelbaren und mittelbaren Wir: kungen der Douche finden wir (Gaz. méd.) im Allgemeinen richtig. Gegen manche Auslegungen des Verf. ließe ſich vielleicht einiges erinnern. Es ſcheint uns z. B. nicht gehörig erwieſen, daß 333 während der Einwirkung der Douche ſelbſt ein Andrang des Blutes nach dem Kopfe Statt finde, und die Röthung des Geſichtes iſt uns kein ſicheres Kennzeichen eines ſolchen An— dranges. Es läßt ſich vielmehr annehmen, daß das Blut, unter Begünſtigung der Erſtickungsanfälle, ſich in den Haar— gefaͤßen des Geſichtes anhaͤufe, weil das Blut kräftig aus den oberen Kopftheilen, auf welche die Douche einwirkt, nie— dergetrieben werde. Iſt dieſe Anſicht richtig, ſo kann nur die ſpäter gegen die unmittelbare Wirkung der Douche ein— tretende Reaction eine Congeſtion des Blutes nach dem Ge— hirne veranlaſſen. Übrigens pflichten wir dem Verf. in der Anſicht bei, daß die Congeſtion, ſei ſie nun primär oder ſecundär, ſowie die Erſchütterung des Schädelknochens durch den Stoß der Waſſerſäule, in manchen Fällen von Wahn— ſinn nützlich wirkten könne. (Gazette médicale de Paris, 20. Mars 1847.) (LVI) über den Lungenkrebs und cancer mediastini. Die Redaction der Arch. d. med. theilt zuerſt 7 neuere Beob— achtungen von Krebs in der Bruſthöhle mit und geht dann zu folgenden Bemerkungen über dieſelben über. Von den 7 mit: getheilten Fällen bieten nur 4 in anatomiſch-pathologiſcher Hinſicht etwas bemerkenswerthes dar. In dem erſten Falle fanden ſich kleine krebsartige Maſſen auf der pleura und andere Conglomerate ähnlicher Art an der inneren und äußeren Fläche des Herzbeutels zugleich mit in dem Lungengewebe zerſtreuten ſeirrhöſen Maſſen. Im ſechsten Falle waren die Lungenvenen ſtark comprimirt durch einen aus den degene— rirten Bronchialdrüſen entſtandenen tumor, mit welchem ſie bald verſchmolzen; außerdem war eine dieſer Venen durch 4 — 5 kleine, weißliche, ſpindelförmige, weiche Maſſen faſt vollſtändig obſtruirt. Im dritten Falle war, unabhängig von in der Lunge verſtreuten Tuberkeln und einer Krebsgeſchwulſt des mediastinum anterius, der Herzbeutel von einer Encepha— loidmaſſe umgeben und mit dem Herzen verwachſen. Dieß war an ſeiner Baſis von einer Schicht ähnlicher Sub— ſtanz umlagert, welche die Vorkammern atrophiſch gemacht hatte, und mehrere dieſer ſcirrhöſen Tumoren ragten theils in die Vorkammer, theils in die linke Herzkammer hinein. In dem ſiebenten Falle war der scirrhus auf die Lungen be— ſchränkt, aber die im Lungengewebe verſtreuten ſeirrhöſen Maſſen waren, was ſehr ſelten beobachtet wird, tief ulcerirt, und die Ulceration bot hier ganz eigenthümliche Formen und Verhältniſſe dar. Nicht nur war ein Lappen der lin- fen Lunge faſt vollſtändig in eine große Ercavation ums gewandelt, und der andere Lappen derſelben Lunge von zahlreichen mehr oder minder großen Tumoren infiltrirt und von kleinen Cavernen ausgehöhlt, ſondern auch die rechte Lunge bot in ihrem mittleren und oberen Lappen Tumoren und ziemlich ausgedehnte Höhlungen dar, und der untere Lappen zeigte bereits Spuren einer beginnenden ähnlichen Alteration. Bemerkenswerth iſt in dieſem Falle zugleich noch der Erguß von Luft unterhalb der Lungenpleura und „ 43. II. 21. 334 die Trennung dieſer Membran von der Lunge, ſowie das Vorhandenſein einer großen Menge fremder tuberkelartiger Körper, welche eine ſalbenähnliche, käſige, granulirte und brüchige Subſtanz enthielten und weißliche, ſolide und halb cartilaginöſe Wandungen hatten. Die Krebsablagerun— gen waren — im Widerſpruche mit Stokes! Behaup⸗ tung — nicht auf gleiche Weiſe in beiden Lungen vertheilt, ſondern unter 7 Fällen ſechs Mal auf eine einzige Lunge, vier Mal auf die rechte und zwei Mal auf die linke be— ſchränkt. In 2 Fällen ſchienen fie ſich primär im media- stinum anterius oder posterius entwickelt zu haben. Dieſe Tumoren beſtanden faſt insgeſammt aus Encephaloidgewebe und nur zwei Mal aus ſeirrhöſem Gewebe. Was die Urſache der Affection betrifft, ſo konnte nur in einem einzigen Falle ein früher vorhanden geweſenes Krebsleiden als bedingendes Cauſalmoment angeſehen wer— den, in den 6 anderen Fällen trat die Krankheit ganz auf ein Mal im Athmungsapparate auf. In allen Fällen bewirkte die Krebsaffection allge— meine und örtliche Symptome, analog denen von Dr. Walſhe (on the physical diagnosis of diseases of the lungs. London 1843) aufgezählten. Dr. Walſhe giebt folgende Symptome an: Hervorwölbung der Augapfel mit Anſchwellung des Halſes und des Geſichtes; dem an der leidenden Bruſthälfte, des entſprechenden Armes oder des Geſichtes; Erweiterung und ſtarke Anſchoppung der Bruſt— und Halsvenen, Dysphagie, Vorhandenſein von Tumoren an der Körperoberfläche; blutiger, ſerös-fluͤſſiger, dem Jo— hannisbeerſafte ähnlicher Auswurf; Auftreibung der afficirten Seite, große Athembeſchwerde, bedeutende Schwächung des Athemgeräuſches mit mattem Percuſſionstone, Verlängerung der Erſpiration und Tubarreſpiration. Dieſe Symptome haben nicht alle dieſelbe Wichtigkeit und kommen ſelten vereinigt vor. Der blutige Auswurf fand ſich nur in 3 Fällen, während in 2 Fällen die sputa purulent waren. Die Auftreibung und livide Färbung des Geſichtes und Halſes war nur in 2 Fällen vorhanden, und zwar in einem derſelben wahrſcheinlich nur in Folge der Anſchoppung der Submarillardrüſen. Odem des entſprechenden Armes in 5, Odem des Geſichtes und der Bruſthälfte in 2 Fällen; äußere Tumoren am Halſe oder an der Bruſtwandung in 5, Dysphagie in 3, Auftrei— bung der afficirten Seite in 3, Retraction derſelben in 2, Erweiterung der oberflächlichen Bruſtvenen in 3 Fällen. Dyspnöe, Huſten und heftige, oft laneinirende Schmerzen waren faſt durchgehends vorhanden. Die Ergebniſſe der Percuſſion und Auſcultation entſprachen den phyſikaliſchen Alterationen der Bruſtorgane. Aus der genauen Prüfung der mitgetheilten Beobach— tungen geht hervor, daß bis jetzt noch kein pathognomoniſches Zeichen des cancer pulmonum et mediastini vorhanden iſt; andererſeits jedoch geſtatten die Art der Gruppirung der Symptome, der Verlauf und die Dauer der Krankheit (4 bis 9 Monate) die Fruchtloſigkeit der angewendeten thera⸗ peutiſchen Mittel und noch beſſer die Anamneſe ſehr häufig, wenn auch nicht eine gewiſſe, dennoch eine ſehr wahrſchein— liche Diagnoſe. Die Schwankungen in den Symptomen 335 dieſer Affection erklären ſich übrigens ſehr natürlich aus den verſchiedenen Formen, welche die ſceirrhöſe Alteration an— nehmen kann. (Archiv. gen. de méd., Dec. 1846.) Miſecellen. (46) Zwei Faͤlle von Gehirnaffection in Folge der Unterbindung der carotis von John P. Vincent. — 1) John Maſon, 48 Jahr: alt, wurde im Juli 1829 wegen einer aneurysmatiſchen Geſchwulſt unterhalb des rechten Ohres in das St. Bartholomew's Spital aufgenommen. Am 18. Juli wurde die carotis communis unterbunden, worauf die Pulſation im tumor verſchwand und derſelbe ſchlaffer wurde. Nach 1½ Stunden traten auf der rechten Seite Convulſionen ein, der Kranke verfiel in stu- por, die linke Seite wurde paralytiſch, und am 24. trat der Tod ein. Bei der Section fanden ſich Blutpunkte auf der linken Hirn- hemiſphäre, und die Hirnſubſtanz rechts war rahmartig erweicht. — 2) William Brown, 28 Jahre alt, fiel am 9. April 1845, eine Pfeife rauchend, gegen eine Thür und zog ſich eine Wunde im Munde zu, welche den ſeitlichen Theil der Zungenwurzel vor der rechten Tonſille durchdrang und in welcher ein Stück der zerbroche— nen Pfeife ſtecken blieb. Die Blutung ließ allmälig nach, die Stimme war bedeckt, und der Kranke klagte über heftigen Schmerz, namentlich beim Schlucken oder Offnen des Mundes. Die verletzte Partie ſchwoll bedeutend an, der Schmerz nahm zu, und am 16. trat eine ſehr beträchtliche Blutung ein, weßhalb Verf. die rechte carotis communis unterband. Nicht lange darauf traten convulſiviſche Zuckungen der rechten und Paralyſe der linken Seite ein, am 18. floß arterielles Blut aus Mund und Naſe, ſowie aus der Wunde, und am 21. trat unter Huſten und erneuter Blutung der Tod ein. Section: das Zellgewebe am Halſe war zum Theil durch Lym— phe conſolidirt und mit Jauche, Eiter und ergoſſenem Blut an- gefüllt. An der Bifurcation der carotis rechts fand ſich ein großes 43. II. 21. 336 feſtes Blutgerinnſel, in deſſen Mitte das Ende der Pfeife ſteckte, welches die Arterie an der Spaltungsſtelle derſelben in die carotis externa und interna durchbohrt hatte. An der Unterbindungsſtelle waren alle wichtigen Theile ringsum in Lymphe gebettet und die Jugularvene bis zu ½ ihres normalen Umfanges geſchloſſen. Die Windungen des Gehirnes rechts waren abgeflacht und erweicht und in der Hirnſubſtanz unregelmäßig geformte Höhlen mit aſchfarbi⸗ gem Erguſſe gefüllt vorhanden. (Medico-chirurg. Transact. Vol. XXIX. 1846.) (47) über die Behandlung der Varicocele ver- mittels der Compreſſion von T. B. Curling. — Die Compreſſion der vv. spermaticae durch ein geeignetes Bruchbant hat Verf. in einer Reihe von Fällen mit dem beſten Erfolge dei Varicocele angewendet und raſche Erleichterung, ſowie nach und nach vollſtändige Heilung bewirkt. Er theilt mehrere Fälle mit, wo die Compreſſion 7, 10, 19 Monate bis zur völligen Herſtellung fortgeſetzt wurde. Kranke, welche mit Varicocele ſeit längerer Zeit be⸗ haftet ſind, leiden oft an großer Verſtimmtheit, dyspeptiſchen Beſchwer⸗ den, ſowie an allgemeinen venöſen Congeſtionen, und es iſt daher zweck⸗ mäßig, mit der örtlichen Behandlung zumeiſt auch eine allgemeine zu verbinden, welche eine toniſirende und ſtärkende fein muß (Eiſen, China, Seebäder, nährende Koft ꝛc.). Nach der Geneſung müſſen, um einem Rückfalle vorzubeugen, die Cauſalmomente vermieden werden, welche die Varicocele wieder von Neuem hervorrufen können, wie Stuhlverſtopfung, ſtarke Anſtrengungen und Bewegungen u. dgl. m., und es iſt aus dieſen Gründen daher auch zweckmäßig, ſelbſt nach der Geneſung das Bruchband andauernd zu tragen. Die Compreſſion kann in allen den Fällen angewendet werden, wo ein ziemlich feſter Druck mit den Fingern am Bauchringe das Gefühl von Schwere und Unbehaglichkeit längs des Samenſtranges be⸗ ſeitigt. Das Bruchband braucht im Allgemeinen nur während des Tages getragen zu werden, zuweilen iſt jedoch auch ſeine Anlegung für die Nacht zweckmäßig. Wenn das scrotum ſackförmig herab⸗ hängt oder die Venen ſehr lang ſind, ſo kann man die Application eines ſeidenen Netz-Suſpenſatoriums mit Nutzen hinzufügen. (Me- dico-chirurg. Transact. Vol. XXIX. 1846.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Annuaire de Chimie, comprenant les applications de cette science à la mede- eine et à la pharmacie, ou Repertoire des decouvertes et des nouveaux travaux de la chimie, faits dans les diverses parties de l’Europe; par E. Millon et J. Reiset 1847. In 8° de 52 feuilles . Paris 1847. Buys-Ballot, C. H. D.— Repertorium Corporum Organicorum, quae secun- um atomisticam , procenticam et relativam compositionem , annotatis pro- prietatibus physicis et praecipuis, e quibus cognoscantur , fontihus, in or- dinem disposita, addita praefatione G. J. Mulder collegit et tab. exhibuit. 4%. Trajecti 1847 (pp. 250, 16 s.) Histoire de la pomme de terre, son origine, ses emplois culinaires et in- dustriels. Moyen de faire soi-meme du pain ä 7 cent. le demikilogr. ; par P. Godard; precedee d'une Notice biographique de Parmentier, par Pierre Vingard. In 120 de 5 feuilles. Paris sh. Wiglesworth, I. — Vital Statistics: an Essay on the Rate of the Mortality among the Children, read before the British Association Sept. 12. 1846. To which is added, Tables. By Thomas HWiglesworth, F. S. S. Sb. (pp. 32, sewed, 2 sh. 6d.) London 1847. Broum, G. — On the Process of the Ages; or, Reflections on Human History an Be 9 unse el the Barnard_Castle an stitution. - Brown, Secretary to the Institution. 120, 0 2 8h. . London 1847. 5 er Löwig, C., Chemie der organijchen Verbindungen. 1. Bd. 2. gearbeitete und vermehrte Aufl. Mercklin, C. F. v., 57 Tafeln A0 d ar 13 artiny, E. aturgeſchichte d. für die Heilkunde wichtigen Thiere Mit 222 rößtenthells color. Abbild. gr. 8%. Geh. Leske in Ben: 1847. Eichelberg, J. F. A., Lehrbuch ver Zoologie. 1. B. Wirbelthiere gr. 80. PR ee 1847. ertwig, C. H., praktiſche Arzneimittellehre für Thierärzte. 3. Aufl. gr. 9. Geh. Vent und Comp. in Berlin 1847. 5 x 3 änzlih um⸗ ‚gr. 8°. Geh. Braunſchweig 1847. ge Entwickelungsgeſchichte der Blattgeſtalten. Mit Geh. Jena 1847. Le Medecin des Travailleurs, enseignant les moyens de se preserver et de se guerir des maux qu’engendre l’exercice de chaque profession ; suivi d'une hygiene et médecine des familles; par A. Saini-Arroman. In 1® de 4 files. Paris 1847. Du Traitement curatif de la phthisie pulmonaire par le mucilage animal 3 haute dose; des causes de cette maladie et des moyens de Sen preserver; par le docteur de Lamarc. In 8 de 5 flls. Paris 187. Gray’s Supplement to the Pharmacopoeia, being a concise but comprehensive Dispensatory or Manual of Facts and Formulae for the Chemist and Drug- gist and Medical Practitioner. Entirely re-written and considerably enlar- ged. By Professor Redwood. 8. (pp. 1122, 22 sh.) London 1847. Catherwood, A. — A Concise and Practical Treatise on the principal Disea- ses of the Air-Passages, Lungs, and Pleura. By Alfred Catherwood, M. D. C. M. 2d edit. 8°. (pp. 220, cloth, 7 sh. 6 d.) London 1847. Autres J. — Researches into the Nature and Origin of Dropsies, and the Means for their Cure and Prevention. By Joseph Ayre, M. D. 3d edit. 80. (pp: 190, cloth, 5 sh. 6 d.) London 1847. Guide General de l’etudiant en medecine, contenant ete.; par Amedee Amette. In 18° de 4 flles ®,. Paris 1 8 Pravaz. — Traite theorique et pratique des luxations congenitales du femur, suivi d’un appendice sur la prophylaxie des luxations spontanees. 20 s. Paris 1847. J Sammlung der Sanitäts- Verordnungen für das Sb Oſterreich unter der Enns. 11. Bd.. Verordn. v. d. J. 1844 und 1845. Herausgege⸗ ben von J. J. Knolz. gr. 8. Geh. Kaulfuß Wittwe, Prandel und Comp. in Wien 1847. en 8 Ritterich, Fr. P., Anweiſungen zur Erhaltung des Sehvermögens an ſich und in die Ferne. gr. 8%. Geh. Leipzig 1847. : Clater, Fr. und Sohn, die vorherkſchendſten Krankheiten des Hundes. Herausgegeben von J. C. F. Lentin. Aus dem Engl. 8. Geh. Reichel in Bautzen 1847. Notizen aus dem Gebiete der Uatur- und Heilkunde, eine von dem Gr. S. Ob. Med. Rth. Dr. Fr. v. Froriep gegründete Zeitſchrift, in dritter Reihe fortgeführt von dem Prof. Dr. M. J. Schleiden zu Jena und dem K. Pr. Geh. Med. Rth. Dr. R. Froriep zu Weimar. No. 44. (Nr. 22. des II. Bandes.) Juni 1847. Druck und Verlag des Landes Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Stückes 3½ Sgr. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. over 3 Fl. 30 Kr., des einzelnen Preis der Tafel mit ſchwarzen Abbildungen 3%, Sgr., mit colorirten Abbildungen 7½ Sgr. Natur funde. XXXVI. Bemerkungen über Etymologie und Syn— onymik in den Naturwiſſenſchaften. In ſeinem Bericht über die wiſſenſchaftlichen Leiſtungen in der Naturgeſchichte der Inſecten während des Jahres 1845 ſagt Prof. Erichſon im „Archiv für Naturgeſchichte XII. 5.“ einiges bei Gelegenheit des Nomenclator zoologi- cus von Agaſſiz, was wir hier wiedergeben, indem es in jedem Zweige der Naturgeſchichte zu beherzigen ſein möchte. „Über die Ausführung des Nomenclator zoologicus nur eine Bemerkung, die jedem Namen beigefügte Ableitung be— treffend. Dieſelbe war in vielen Fällen leicht zu geben, wo ſie nämlich von den Namengebern ſelbſt angezeichnet war. In den übrigen Fällen iſt ſie oft ſchwer zu ermitteln, und es iſt dazu eine genaue Sprach- und Sachkenntniß erfor— derlich. Häufig iſt die Ableitung dem Spraſhkundigen allein zugefallen, welches oft wunderliche Mißgriffe unvermeidlich machte. Dieſe ſind in vielen Fällen leicht zu berichtigen und thun der Brauchbarkeit des Werkes um ſo weniger Abbruch, als dieſer etymologiſche Theil gerade als der un— weſentlichſte des Werkes erſcheint. In der Vorrede prüft der Verf. die Geſetze der zoolo— giſchen Namengebung. Mit Recht führt er ſie auf Linne zurück und weiſet nach, daß die in der Philosophia botanica gegebenen Regeln auch auf die Zoologie anzuwenden ſeien. Dann werden die von den engliſchen Gelehrten aufgeſtellten Geſetze (Vergl. Ber. f. 1843. S. 249) gemuſtert. Einige Bemerkungen hieraus find nicht zu übergeben. Die Bami- lien- und Gruppennamen ſind bisber noch völlig außer Ge⸗ ſetz geweſen, die Engländer erkannten dieſen Übelſtand und gaben in der Regel den Familien die Endung ie, den Gruppen die Endung inge. Agaſſiz verwirft beides, weil die griechiſche Endung idae ſich nicht mit lateiniſchen Wörtern (3. B. Equidae), die lateiniſche Endung inus ſich No. 204. — 94. — MH. nicht mit Wörtern griechiſchen Urſprungs (3. B. Cynoce- phalinus) vertrage. In dem erſteren Falle hat Agaſſiz durchaus Recht, und Equidae, Corvidae u. dgl. ſind unſtatt⸗ hafte Bildungen; im zweiten Falle geht Agaſſiz aber zu weit, denn wenn einem griechifchen Worte die lateiniſche Endung us gegeben wird, ſteht ihm auch die Adjectie-Endung inus zu (3. B. Camelus, Camelinus). Hinſichts der Familien— namen ſpricht Agaſſiz die Anſicht aus, daß auch hier die älteſten Namen, ſo weit ſie an ſich zuläſſig ſind, beibehalten werden müßten, und ich habe mich bei dem Antheil, welchen ich an der Ausführung des vorliegenden Werkes genommen, auf das vollkommenſte überzeugt, daß dies der einzige rich— tige Weg ſei. Dadurch wird die auf einer anderen Seite wohl wünſchenswerthe Gleichmäßigkeit der Namensendungen aufgegeben, dieſelbe wäre aber ohnehin ſchwer durchzuführen, weil wir bald Wörter lateiniſchen, bald ſolche griechiſchen Urſprungs zu behandeln haben. — Ferner ſtellen die Eng⸗ länder die Regel auf, wer eine neue Gattung beſchreibt, müſſe die Ableitung des Namens und die Art, welche als Gattungstypus zu betrachten ſei, angeben. Agaſſiz tritt dieſem Vorſchlage zum Theil bei, wenigſtens was die An— gabe der Ableitung betrifft; ich kann mich mit jener Vor— ſchrift aber durchaus nicht einverſtanden erklaren, jo weit fie die Angabe des Gattungstypus betrifft, denn ich halte es für fehlerhaft, eine Gattung, welche mehrere Arten und ſelbſt verſchiedene Formen enthält, auf einen beſtimmten Typus zu gründen. Es ließen ſich über manche andere Vorſchriften noch weitere Bemerkungen machen, ich gehe indeß nicht darauf ein, in der Überzeugung, daß in dieſer Sache das Beiſpiel mehr wirkt, als alle Lehren, und ſetze gern voraus, daß diejenigen Naturforſcher, welche ſich ſelbſt achten, auch ihren Werken die möglichſt vollendete Form zu geben bemüht ſein werden. Agaſſiz hat 31,000 Namen in ſeinen Verzeichniſſen 22 339 geſammelt, und es hat ſich ergeben, daß von dieſen ungefähr 3000 zugleich an Pflanzen und Thiere, und nicht weniger als 10,000 an Thiere doppelt und mehrfach vergeben ſind. Es wird einer beſonderen Aufmerkſamkeit bedürfen, um die— ſes Übel auszubeſſern, Agaſſiz legt dieſe Sorge den Mo— nographen an das Herz, beſſer würde es allerdings ſein, wenn dies in einem, die Botanik und die Zoologie umfaſ— ſenden Werke geſchehen könnte. Jedenfalls hat Agaſſiz darin vollkommen Recht, wenn er das Recht, die vorhan— denen Namen zu ändern, Niemanden einräumt, als wer zugleich eine gründliche ſyſtematiſche Arbeit liefert. Dies iſt jetzt, wo der Nomenclator zoologieus jo weit vorliegt, möglich gemacht, und wird dann vollends ſehr erleichtert ſein, wenn erſt der Index generalis erſchienen ſein wird. XXXVII. Anatomie des weiblichen Beutelthieres (Didelphis virginiana). Von Pappenheim. Der Verf. ſelbſt *) theilt folgende kurze Überſicht feiner Reſultate mit. 1) Gehirn. Bei Unterſuchung der Entwickelung der vierten Hirnhöhle findet man dieſelbe zuerſt vollkommen glatt, erſt ein wenig ſpäter entwickeln ſich durch Theilung Stillings Nervenkerne. In der ligula eine kleine runde Maſſe weißer Subſtanz. Nur die Sehnerven ſetzen ſich unmittelbar aus den Hemiſphären fort, die übrigen Nervenpaare ſpringen eben jo ſcharf hervor als bei den höheren Thieren. Schon Owen beſchrieb das corpus callosum, hielt es aber für den fornix; es iſt aber ſelbſtändig vorhanden, und liegt vor den Sehhügeln, über der vorderen Hirncommiſſur. Alle Faſern ſtrahlen quer nach beiden Seiten über dem Strei— fenkörper in die Hemiſphären aus und enden in Bündel, die mit den Faſern der pedunculi cerebri parallel laufen. Während die Faſern hinten in einem dicken Bündel liegen, breiten ſie ſich nach vorn in eine äußerſt zarte und durch— ſichtige Platte aus. (Der kornix hat Längsfaſern, welche ſich nie in die Hemiſphären ausbreiten; ſeine Schenkel gehen in die Sehhügel). Die Hemiſphären haben nach außen die Faſern der Hirnſchenkel, nach vorn und innen die der vorderen Com— miſſur und ein Blatt dom corpus callosum, im ganzen Um— kreis eine ſehr dicke Lage Rindenſubſtanz. 2) Auge. In der Hornhaut fanden ſich ſechs bis acht (Cerebroſpinal-) Nerven, deren jeder einige 30 Primi— tivfaſern von 800 — 2800“ Duürchmeſſer enthielt und welche der Descemetiſchen Haut angehörten. Die Linſe war ver— hältnißmäßig groß. 3) Geſchlechtstheile. Neben jedem Ovarium liegt ein kleiner, mit braunem Pigment bedeckter Körper, welcher aus Fettzellen und Zellgewebsfaſern beſteht, vielleicht ein Rudiment der Wolfiſchen Körper. *) Notices preliminaires sur l’anatomie du Sarigue femelle (Didelphis virginiana) avec trois planches in folio; par M. Pappenheim. (Compt. r. de T' Acad. des Sc. 1847 No. 6.) Bu er 44. II. 22. 340 An die feſte Capſel des Eierſtockes Bänder an, mit dem uterus iſt fie durch ein Gekrös ver— bunden. Die Eier liegen in einer bräunlichen Zellgewebs⸗ maſſe und bieten nichts Abweichendes dar. Die Enden der Trompeten ſitzen mit einer balbmond- förmigen Spalte auf den Ovarien feſt auf. Der doppelte uterus ſitzt an einem feſten Gekröſe (me- sometrium), jeder einzelne beſteht aus einem oberen weiteren und einem unteren engeren Theile und hat am Eingange in die Scheide eine Art Muttermund. Jede der langen Scheiden beginnt mit einem dreieckigen Blindſack in der Längenachſe des uterus, eine durchlöcherte un ſymmetriſche Scheidewand trennt beide, der hier aus zahl— reichen Druſen abgeſonderte Schleim giebt dem Eie wahr— ſcheinlich eine Art Hulle. Die abſteigenden Enden der Scheiden haben ſtarke Längs- und freie Querfalten, ſtoßen unten an einander und münden, durch eine Scheidewand getrennt, in das obere Dritttheil des Urogenitalcanales ein. Der Urogenitalcanal hat einige ſtarke Erweiterungen, auf der unteren Seite bildet die Inſertionsſtelle des sphincter und protractor vaginae eine leichte Vertiefung. Der erſte dieſer Muskeln, der größte, entſpringt mit einer ſchmalen Spitze an der hinteren Wand des Maſtdarmes, ſetzt ſich über den ganzen oberen und hinteren Theil des⸗ ſelben fort, breitet ſich zu beiden Seiten aus, umfaßt dann eine anſehnliche Fettmaſſe, die Afterdrüſen *), endlich den Urogenitalcanal; dann ſchickt er Längsfaſern an den erwei— terten unteren Theil des letzteren hin, während ſich eine andere Partie zu beiden Seiten in die Höhe ſchlägt und jederſeits eine Taſche bildet, welche mit der andern Seite hinter dem rectum communieirt. Der protractor vaginae entſpringt zu beiden Seiten des rectum, iſt ſchwächer und ſetzt ſich zu jeder Seite der Er— weiterung des Canales an. Außerhalb der Scheide findet ſich eine doppelte Schleim— hautfalte, als Andeutung der clitoris ohne corp. cavernosa. Am rectum befindet ſich am Ende ſeiner oberen Wand eine dreieckige Falte, ähnlich wie in der Kloake der Vogel. Am Beutel kann man drei Muskellagen unterſcheiden: 1) Der Kreismuskel ſtrahlt aus der unteren Lage der geraden Muskeln aus und legt ſich mit blaſſen Faſern in einer breiten Schicht um die ganze Taſche herum und endet vorn ſehnig. 2) Ein zweiter Muskel ſteigt außen vom Beutelknochen herab und ſetzt ſich ſchief ausſtrahlend an die obere Flache der Taſche an. 3) Zuletzt giebt es Muskeln, welche vielleicht zur Er— weiterung der Taſche dienen und ſich allmälig in ein Netz contractiler Faſern verzweigen, welche wahrſcheinlich während der Tragezeit mehr entwickelt ſind und die Zuſammenziehung der Saugwarzen vermitteln. Von den 12 Warzen waren 4—6 hintere mehr entwickelt, aber dennoch ſehr klein. Der Beutel communicirt nirgends mit den Geſchlechtstheilen. ſetzen ſich zwei *) Dieſe gleichen in Form und Bau ganz und gar der bursa Fabricii der Vogel. 341 Dieſe an einem einzigen Eremplare gemachten Beob- achtungen zeigen, daß dieſe Thiere bei weitem weniger vom gewöhnlichen Typus abweichen, als es einſeitige zoologiſche Betrachtungen glauben machen, und daß man bald eine klare Einſicht in die Claſſification und vergleichende Phyſio— logie der, Beutelthiere erhalten wird. XXXVIII. Von dem Waſſergefäßſyſteme bei den Cephalophoren. Von v. Siebold. Über die Eriſtenz von beſonderen, Waſſer enthaltenden Gefäßen und Behältern iſt man bei den Cephalophoren noch nicht im Klaren; indeſſen ſcheint auch hier, wie bei den Acephalen, ein Waſſergefäßſpſtem in Form von wan⸗ dungsloſen, theils einfach verzweigten, theils netzförmig unter einander anaſtomoſirenden Canälen vorhanden zu ſein, welche ſich zwiſchen den Venencanälen hinziehen und an der Körper— oberfläche nach außen öffnen, wodurch hier alſo eine dem Tracheenſyſteme der Inſecten analoge Einrichtung gegeben wäre. Bei einigen Apneuſten dürfte über die Gegenwart eines ſolchen Waſſergefäßſyſtems, welches die Function eines inneren Reſpirationsapparates vertreten kann, kaum ein Zweifel obwalten, ſeitdem auf dem Rücken dieſer Thiere, dicht hinter dem Herzen, ein Waſſerbehälter entdeckt worden iſt, von welchem nach allen Seiten hin veräſtelte Waſſer— canäle ausſtrahlen *). Über die Waſſergefäße der Pteropoden, Hetero— poden und Gaſteropoden' liegen hauptſächlich ältere Beobachtungen vor, welche in ſpäterer Zeit durch wenige neue Thatſachen erweitert worden ſind. Es breitet ſich näm— lich bei den genannten Cephalophoren ein ſchönes Netz von wandungsloſen Canälen in der Subſtanz der Leibeshülle aus, welches durch verſchiedene, an der Oberfläche des Körpers angebrachte Mündungen Waſſer von außen in ſich aufneh⸗ men fol *). Die Behauptung, daß dieſe Canäle wirklich ») Nach Soulevet (In ven Comptes rend. Tom. 19. p. 360. und Tom. 2 — breitet ſich bel Actacon von einem hinter dem Herzen auf dem Rüden gelegenen Waſſerbebalter, den er Poche pulmonale nennt, eln Waſſergefäaßſpſtem durch den Körper, das auch Vogt, nach einer mir gütigft emachten brieflichen Mitthellung, mit einem auf der rechten Seite hinter dem fter aus mündenden Canale deutlich erkannt zu haben verſichert, und welches von Allman (4. a. O. Bi 148. El. 5. Fig. J. a. a. b.) im Actaeon ebenfalls be» obachtet, aber für ein Blutgefäßſyſtem gehalten worden iſt. Der bei Venilia interrüden ausmünvenve Canal, welcher von Alder unt Hancock (d. a. O. Vol. 13. Pl. 2. Fig. I. u. 7. b.) für 2 und After genommen worden iſt, gehört vielleicht zu einem ähnlichen Ae eben ſo die von delle Bu auf dem Hinterrüden von Aenlis cristata (Venilia t) abgebildete Offnung (1. deſſen Descrizione a. a. O. Tay. . Fig. 2. d.). „% Delle Chlaſe if bis ſetzt immer noch der einzige Naturforſcher, welcher ausführlichere Unterſuchungen über dleſe Canale der oben genannten Gepbalophoren bekannt ur Bat In elner früberen Arbeit würden von demſelben dieſe Waſſergefaße als Candle beſchrieben, welche bei Doris, Thetis, Aplysia, Pleurobranchus, Pleurobranchaea, Bulla, Doridium, Diphyllidia, Turbo, Trochus, Nerita, Conns. Cypraea, Volnta, Buceinum. Murex, Cerithium, Ro- stellaria, Haliotis unt Patella ven fleiſchigen Fuß durchzlebhen unt melſtenthells am Fußrante mit einer balt größeren, bald geringeren Zahl von Löchern nach außen münden follen (vgl. schen Descrizione di un nuovo apparato di canali aequosi scoperto negli animali invertebrati marini, in ven auf dem 44. II. 22. emorie a. a. O. 342 einem Waſſergefäßſyſteme angehören, hat bis jetzt noch keine allgemeine Anerkennung finden wollen, indem man das wirk— liche Vorhandenſein ihrer äußeren Mündungen in Zweifel ſtellte und es vorzog, dieſe Canäle nur für eine Fortſetzung des Venenſyſtems zu halten =). Jedenfalls bedarf dieſer Gegenſtand bei den Cephalophoren noch einer gründlichen Erforſchung, um ihn mit dem, was ſich darüber bei den Acephalen und Cephalopoden hat nachweiſen laſſen, in Ein— klang zu bringen. Miſcellen. 51. Von einer Thieruhr ſpricht, als Gegenſtück zu Lin⸗ ne’s Blumenuhr, ein Correſpondent der Augsb. Allg. Zeit. Nr. 325 v. J. aus Guinea. Er ſagt: „Die Thiere ſind ſehr regel⸗ man in ihren Stunden. Der Brüllaffe läßt ſich Abends 9 Uhr und Morgens 3 Uhr vernehmen; der Scheerenſchleifer, ein großer Käfer, fängt fein Geſchäft um Tagesanbruch an; eine Stunde ſpäter ziehen die Papageien mit großem Geſchrei in den Wald zurück; nach Sonnenuntergang fängt der Huärju (Who are you?) an zu fragen. Nimmt man den Haushahn dazu, ſo hat man eine Anzahl ziemlich zuverläſſiger Zeitmeſſer.“ 52. Flußpferd der Sierra Leone. Nach einem Briefe eines Herrn T. P Thompſon an J. E. Gray lebt in den Flüſſen der Sierra Leone eine kleine Species Hippopotamus, die ihrer Größe nach ganz mit der neuen in Liberia aufgefundenen ae S. G. Morton beſchriebenen Species übereinzufommen heint. 53. Frucht des Nilpferdes. Nach den Unterſuchungen, welche Dr. Peters an der Frucht eines Nilpferdes zu machen Gelegenheit fand, iſt das chorion zottig wie beim derbe und Schweine, ohne beſondere placenta. ie Nabelſchnur iſt mit klei⸗ nen, runden oder eiförmigen Platten, ſoliden, eiweißartigen Kör: perchen, zum Theile nur lofe anliegend, beſetzt *). Vol. II. p. 259. Tav. 17. Fig. 10—15.). In neuerer Zelt 11 delle Gbiaje dasſelbe Waſſerſyſtem, welches den im Waſſer lebenden Pulmonaten fehlen ſoll, bei einer Menge Cephalophoren als ein ſchoͤnes, in der Hautbedeckung ſich ausbreitendes Netz unter dem Namen Apparato idro-pneumatico orer Sistema linfalico-venoso beſchrieben. Vergl. deſſen Descrizione a. a. O. Tom. I. p. #8. etc. und die Abbilvungen auf Tav. 32. 34. 40. etc. von Cymbulia, Hyalea, Carinaria, Pterotrachea, Doris, Tritonia, Thetis, Pleurobranchaea, Diphyllidia, Doridium, Gasteropteron, Aplysia, Bulla, Siga- retus unt Janthina. Dieſes Waſſergefaßnetz ſoll bei Cymbulia und Gastero- teron mit einem großen sinus zjujammenbängen, von welchem ein langer, Waſſer zuführender Canal am Körper frei hervorragt. Vgl. delle Ghiaje, ri ur a. a. O. Tav. 32. Fig. I. und 2. g., ferner Tav. 55. Fig. 2 b. f. und ig. 1. c. a. „) Meckel (Syſtem d. vergl. Anat. Thl. VI. p. 72.) ſpricht ſich ent⸗ fchleven für die Eriſtenz eines beſonderen Waſſerſyſtems und feiner an der äußeren Körperoberfläche angebrachten Mündungen aus, indem er annimmt, daß die See» Gepbalopboren ſehr viel Wafler durch bloße 8 in ſich aufnehmen und dasſelbe ohne beſondere Offnungen wleder ausleeren können. Milne Edwards (in den Comptes rendus, Tom. 20. p. 271. over Fro⸗ riep's neuen Notizen No. 733. S. 98.) erklart geradezu den von delle Gbiaje — iger Waſſer tere Apparat der Cephalophoren ne zum Venenſyſteme gehörige Canale und Lacunen, leugnet ebenfalls die Mün⸗ dungen, durch welche an der Körperoberfläche eine n E dieſen Ganälen und dem äußeren Secwaſſer Statt finden foll, un ſchrelbt den bei viefen Thleren bemerkbaren Ein- unt Austritt des Waſſers leviglich dem Bro» ceſſe der Endoſmoſe und Eroſmoſe zu. Auch van Bene den (in den Annales d. se. nat. Tom. 4. 1885. B: * * will ſich bei Aplysia überzeugt haben, daß die ſogenannten Waſſergefaͤße nichts anderes, als eln Theil des Venen ftems find, iſt aber auf rer anderen Selte nicht abgeneigt, bei Aplysia, Carinaria u. A. vie Anweſenbelt von Heinen Öffnungen anzunehmen, durch welche viele Molluſten ihr Blut direct mit Seewaſſer vermiſchen konnen vergl. die Com- ptes rend. Tom. 20. p. 520. und l’Institut No. 627. oder Froriep's N. Noti⸗ zen No. 727. S. 4. und No. 797. S. 65.). „ (51--53 find aus den Fortſchritten d. Geogr. und Naturgeſch. II. Br. No 6. 7. und 12. genommen). 22 * 343 44. II. 22. Heilkunde. (LVII.) über die Communication der Speiſeröhre mit den Lungen und den Bronchien. Von Dr. Vigla. Verf. theilt zunächſt eine Reihe eigener und fremder Beobachtungen mit und giebt dann folgende Überſicht der aus denſelben gewonnenen Reſultate. Pathologiſche Anatomie. Die perforirte Speiſe— röhre communieirte in 6 Fällen mit der cavernöſen, in 4 Fällen mit der ulcerirten oder ſonſt alterirten Lunge, in 2 Fällen mit der pleura, in 2 mit dem rechten bronchus und in einem Falle mit dem letzteren und der trachea. Sie öffnete ſich in einem Falle in eine an der Lunge anliegende Höhle, und lag in einem Falle an einem Erguſſe in die rechte pleura; in einem Falle lag ſie verengert und krankhaft affi— eirt, aber nicht perforirt, an einem Lungenabsceſſe, und in einem Falle an einer in den Magen ſich öffnenden Lungen— caverne. Unter 18 Fällen von Perforation der Speiſeröhre waren zehn Mal die rechte Lunge, zwei Mal die rechte pleura, zwei Mal der rechte bronchus, drei Mal die linke Lunge und ein Mal beide Lungen zugleich mit alterirt. In Be— treff der Localität der Lungenalteration war unter 14 Fällen drei Mal der obere, vier Mal der mittlere und ſieben Mal der untere Lappen affieirt. Was die Stelle der Perforation betrifft, ſo iſt dieſelbe in ſieben Fällen viel zu unbeſtimmt angegeben, in einem Falle war die Continuitätstrennung vollſtändig, in einem anderen faſt vollſtaͤndig, und in zwei Fällen beſchränkte ſie ſich auf die ſeitliche, ſeitlich-vordere, ſeitlich- hintere, oder die vordere Portion. Die Affee— tion an ſich betrifft übrigens am häufigſten die ganze Cir— cumferenz. In 13 Fällen fand ſich nur eine Perforation, und in den 4 anderen fanden ſich mehrere, welche jedoch nahe bei einander lagen und in einen gemeinſchaftlichen Sack ausmündeten. Der Durchmeſſer der Durchbohrung va— riirte von der Totalität, der Hälfte oder dem Viertel des Durchmeſſers des 1 bis zu einer Offnung von eini⸗ gen Linien. Die Alteration des oesophagus beſtand fünf Mal in einem einfachen Geſchwüre, ſechs Mal in Krebs, zwei Mal in Brand, ein Mal in Faſerknorpel, vier Mal unbeſtimmt und ein Mal in einer Leichenalteration (2). Das Kaliber der Speiſeröhre war unter 19 Fällen vier Mal nicht näher angegeben, fünf Mal unverändert und zehn Mal verengert. Die Verengerung iſt gewöhnlich ziemlich bedeutend, und die Folge von Narben, Tuberkeln oder verſchiedenen an der Oberfläche der Schleimhaut oder in der Dicke der Wan— dungen entwickelten Geſchwülſten, einer fibröſen Verdickung der Wandungen oder einer Compreſſion derſelben durch nahe liegende Absceſſe, von hypertrophiſchen und verhärteten Drüs ſen u. ſ. w. Oberhalb der Verengerung iſt die Schleimhaut faſt immer erweicht, geſchwürig, oder zerſtört und durch ein ſchwammiges Gewebe erſetzt; die Wandungen ſind von alte— rirtem Schleime, Eiter, Krebsjauche entweder an der Ober— fläche bedeckt oder infiltrirt und zerreißen ungemein leicht. In 9 Fällen waren die Hals-, Bronchial- oder die um die Speiſeröhre herumliegenden Drüſen hypertrophiſch, erweicht, oder degenerirt. Die Communicationsweiſe war unter 11 Fällen ein Mal ein Fiſtelgang, ſechs Mal ein intermediärer Sack und vier Mal unmittelbar. Der Fiſtelgang ging von zwei Perforationen aus, welche, durch eine membranöſe Junge geſchieden, in einem gemeinſamen Canale zuſammenſtießen, der anfangs weit, ſpäter trichterförmig zulaufend, durch die adhärente Rippen- und Lungenpleura in die Lungencaverne einmindete; feine Wandung war ein verhärtetes Zellgewebe. Der intermediäre Sack variirte im Durchmeſſer von 2 — 4 Centim., war mehr oder weniger rund oder mit unregel- mäßigen Verlängerungen verſehen, in der Dicke der Wan— dungen der Speiſeröhre ſelbſt ausgehöhlt oder häufiger auf Koſten des verdichteten Mittelfell-Zellgewebes gebildet. Die in dem Sack enthaltene Flüſſigkeit war dieſelbe, wie die in der perforirten Lunge oder den Bronchien enthaltene. Die Innen— fläche war, zwei Fälle von Gangrän abgerechnet, gewöhnlich fungös, graulich und zuweilen einer Schicht von organiſchen Überreſten analog; ſie communicirte mit der Speiſeröhre durch eine einzige mehr oder weniger große Offnung oder durch eine Menge meiſt ſinuöſer Offnungen. Die unmittelbare Communication fand durch mehr oder weniger dicke und reſiſtente cellulöſe Adhärenzen Statt. Was die Alteration der Lungen betrifft, ſo waren dieſelben in vier Fällen nur oberflächlich ulcerirt, in ſechs anderen dagegen von einer oder mehreren Cavernen ausgehöhlt. Die geſchwürige Höhle befand ſich in drei Fällen in der mittleren, in zwei Fällen in der oberen und in einem Falle in der unteren Portion der Lunge, und drang ſtets ziemlich tief in die Subſtanz derſelben ein; fie war bald nicht ſehr groß, bald von dem Umfange eines Eies, eines Apfels u. dgl. m. Die in derſelben befindliche Flaſſigkeit war eiterartig (zwei Fälle); dick, klüm— prig, weißlichgrau und an Geruch, ſowie in den anderen phyſikaliſchen Charakteren verdorbener Milch ähnlich (ein Fall); grauweißlich, granulirt, von gangränöſem Geruche (ein Fall); eine Art von ſchwärzlichgrüner, übel riechender Gallerte (ein Fall), oder eine granulirte, halbflüſſige Ma— terie don gangränöſem Geruche, mit lappigen Überreſten grün— lichen, erweichten Lungengewebes vermiſcht (ein Fall). Die innere Oberfläche der Caverne war bald erweicht, zottig, von purulenter Jauche getränkt, bald von einem graugelblichen, ungleichförmigen, aus Lungenſubſtanz beſtehenden Überzuge bedeckt, bald feucht und gallertartig erweicht, oder endlich von einer glatten, graulichen, 2 — 4 Millim. dicken, unglei— chen und durch in kleinen Maſſen hier und da angehäufte ſchwarze Bronchialmaſſe in die Höhe gedrängten Pſeudomem⸗ bran ausgekleidet. Die Cavernen communicirten einestheils mit der Speiſeröhre und anderentheils wahrſcheinlich insge— ſammt mit den Bronchialmündungen. Die Ränder der dem oesophagus entſprechenden Offnung waren bald glatt, bald 345 ungleich, verhärtet und gangränds, und die Offnung ſelbſt ließ bald nur die Spitze des Zeigefingers ein, bald war ſie ſo groß, daß die Speiſen ſehr leicht in die Lungen gelangten. Die Pleurablätter waren haufig ſowohl unter einander ver— wachſen, als auch mit der Speileröhre durch Pſeudomem— branen oder ein mehr oder weniger dichtes Zellgewebe ver— bunden. In den drei Fällen von Communication des oeso— phagus mit den Bronchien war im erſten Falle die rechte Lunge hepatiſirt, tuberculös entartet, und die drei Lappen mit einander verwachſen, die linke Lunge dagegen nur ange— ſchoppt; im zweiten Falle boten beide Lungen Tuberkeln und Blutinfiltration, ſowie der untere Lappen Hepatiſation dar, und im dritten Falle fand ſich nahe an der Perforation in der rechten Lunge ein großer Absceß mit putrider Innen— fläche und von verdichtetem Lungengewebe umgeben. Mit Ausnahme von zwei Fällen, in welchen die trachea theils zugleich mit der Lunge perforirt und mit Eiter gefüllt war, theils mit dem oesophagus und dem rechten bronchus com— municirte, ſcheint in faſt allen übrigen Fällen die Integrität des larynx, der trachea und des pharynx conſtatirt zu fein. — Außer den angegebenen Alterationen fanden ſich noch Tuberkel in den Abdominalorganen (zwei Fälle), Krebs der Halsdrüſen (ein Fall), des Netzes (ein Fall), ſowie im Ma— gen ein dem in der Lungencaverne enthaltenen analoges Fluidum (zwei Fälle). Symptomatologie. Wir beſprechen hier zuerſt die allein von der Behinderung des Durchganges der Alimente durch den oesophagus abhängigen Symptome. Schmerz war gewöhnlich ſowohl anfangs als während des Verlaufes der Krankheit längs der Speiſeröhre, einer Stelle des Bruſt— beines entſprechend, vorhanden. Zuweilen ziemlich genau an der afficirten Stelle umſchrieben, ſtrahlte er bei einem Kranz ken in der ganzen rechten Seite, dem Laufe der Intercoftals nerven folgend, aus und trat bei einem zweiten Kranken im Rücken, bei einem dritten im Niveau der legten Rückenwirbel auf. Er war bald dumpf, bald lebhaft, bald heftig mit einem kratzenden Gefühle längs der Speiſeröhre, und nach dem Genuſſe von Speiſe oder Trank zunehmend, bald an— haltend oder nur im Momente der Deglutition auftretend, und durch Gähnen, Huſten, Aufſtoßen, lebhafte Gemüths— bewegungen u. dgl. geſteigert. Außer dem Schmerze empfan- den die Kranken das Vorhandenſein eines Hinderniſſes für den freien Durchgang der Speiſen an einer beſtimmten Stelle der Speiſeröhre. Die Dysphagie war anfangs nur leicht, aber andauernd, und nahm dann allmälig fortichreitend bis zu dem Grade zu, daß die vollſtändige Deglutition von Brot und anderen feſten Nahrungsmitteln unmöglich wurde, wo dann das ſeit Wichmann fogenannte Oſophageal-Erbre— chen eintrat, indem die Speiſen, bis zu einer gewiſſen Tiefe gelangt, mit krampfhafter, heftiger und ſchmerzhafter An— ſtrengung ausgeſtoßen wurden. In einem Falle konnten die Speiſen, an der verengten Stelle angelangt, weder vor- noch rückwärts, und der Kranke rettete ſich nur durch das Ver— ſchlucken einer großen Menge Waſſers vor der drohenden Er— ſtickung. Im Allgemeinen gingen Getränke noch ziemlich leicht durch, wenn feſte Speiſen nur unter großen Schmerzen 44. II. 22. 346 in den Magen gelangten. Die Deglutition von Flüſſigkeiten beanſpruchte oft von Seiten des Kranken große Vorſicht, eine gewiſſe Langſamkeit u. dgl. m. Bei einem Kranken gingen magere und farinöſe Alimente beſſer als fette durch, bei einem anderen fand gerade das Gegentheil Statt. Zu— weilen machte, trotz des andauernd fortbeſtehenden Hinderniſſes, die Dysphagie gewiſſe Pauſen, worauf bald eine angemeſſene Behandlung, bald eine aceidentelle Krankheit, bald irgend eine unbekannte Urſache Einfluß hatte. Ein Kranker konnte zuweilen drei Tage hindurch gar nichts genießen, worauf auf ein Mal der Durchgang wieder frei wurde; derſelbe brach nun eine größere Menge Flüſſigkeit aus, als er zu ſich ge⸗ nommen hatte, woraus ſchon während des Lebens auf eine vor— handene Erweiterung der Speiſeröhre geſchloſſen werden konnte. Was die ſecernirten Flüſſigkeiten betrifft, ſo ſecernirte in mehreren Fällen die Speiſeröhre einen zähen Schleim, welcher ſich zuweilen in großer Menge anſammelte und vor ſeiner Ausleerung ziemlich heftige Schmerzen ver— urſachte. In einem Falle häuften fish die Schleimflocken in ſolcher Menge an, daß fie den oesophagus vollſtändig ob— ſtruirten. Der Schleim war zuweilen mit Blut oder Eiter vermiſcht; in einem Falle glich der Auswurf ganz dem con- tentum des careinomatöſen Magens. Die Speichelfeeretion war meiſt ſtark vermehrt, und mit dem Schleime oder auch allein wurden auch Gaſe ausgeſtoßen. Allgemeine Folgen der Dysphagie waren Hunger, Durſt und alle Qualen des langen Faſtens; Dysphagie, Natus, Borborygmen waren häufig, und Obſtruction faſt durchgehends und oft ſehr hartnäckig vorhanden. Später traten Abmagerung, Schwäthe, Gähnen, Ohnmachten u. dgl. hinzu, Fieber bildete ſich zu einer ge— wiſſen Epoche der Krankheit conſtant aus, die allgemeine Kacherie trat immer deutlicher hervor, und Durchfall, Nacht— ſchweiße, Pneumonie, ſowie heftige Delirien beſchleunigten den tödtlichen Ausgang, welcher zuweilen auch allein, in Folge des andauernden Faſtens, bei völliger Ungetrübtheit der geiſti— gen Fähigkeiten, eintrat. — Als zweite Symptomengruppe haben wir nun diejenigen zu erwähnen, welche auf die Com— munication der Speiſeröhre mit den Luftwegen bezogen wer— den konnten. Hierher gehören Ausbreitung des Schmerzes über eine ganze Bruſthälfte tief bis zur entſprechenden Schulter; Huſten, Dyspnöe, Schmerz und Auswurf von verſchiedener Qualität nach dem Genuſſe von Nahrung. Der Huſten war heftig, krampfhaft und von Erſtickungsanfällen begleitet, und die Getränke wurden bald als Schaum, bald mit Lungen-, Bronchial- oder Pleuraſecret vermiſcht, gewaltſam ausge— ſtoßen. Die in den oesophagus eingeführten Sonden geriethen leicht in die Athemwege und verurſachten dann ungemein heftige Schmerzen, Ohnmachten, ſowie Austritt von Luft durch die Sonde. Der Auswurf beſtand bald aus kleinen, runden Klümpchen, wie bei der laryngitis chronica, bald aus grauen, zuweilen mit Blut gemiſchten, geronnener Milch ähnlichen Stucken von ſchwach ſäuerlichem Geru he; in ans deren Fällen war er ſerös-eitrig oder wirklicher Eiter. In mehreren Fällen hatte die Bruſtaffection eine gewiſſe Zeit hindurch unabhängig von der des oesophagus exiſtirt, und hier beobachtete man einerſeits die Symptome des Bruſt— 347 leidens und andererſeits die der Verengerung der Speiferöhre, jedoch ohne nachweisbaren Zuſammenhang mit einander. Dauer. Unter 15 Fällen war die Dauer der Affection von dem vermuthlichen Momente der Perforation an ein Mal vier Tage, ein Mal vier Wochen, ein Mal fünf Wochen zwei Tage, ein Mal ſechs Wochen, zwei Mal vier Monate, ein Mal ſechs Monate, drei Mal ziemlich lange, zwei Mal kurz und drei Mal unbeſtimmt. In 8 dieſer Fälle gingen der Perforation Symptome der Dysphagie 5, 6, 7½, 10, 22½ Monate, 2, 13½% und 50 Jahre lang voraus. In den 7 anderen Fällen iſt vier Mal keine frühere Affection angegeben, und drei Mal trat die Perforation im Verlaufe der Lungenſchwindſucht ein, welche 2, 6 Monate und lange Zeit vorher beſtanden hatte. Außer dieſen Fällen haben wir noch vier andere, in welchen die Perforation im Augen— blicke des Todes noch nicht eingetreten war, die Krankheit aber ſchon 3, 8 Monate und lange Zeit angedauert hatte. Verlauf und Entwickelungsweiſe. In faſt allen Fällen (11) war die Speiſeröhre primär afficirt, die Entzündung verbreitete ſich auf das Zellgewebe und die Lun— gen, und die Pleurablätter verwuchſen mit einander und hörten auf, beide Organe länger von einander zu trennen. Später bildete ſich ein Absceß in der Lunge und entleerte ſich ohne Schwierigkeit in den oesophagus, oder die Ulcera— tion perforirte den letzteren und ſtellte eine Verbindung mit der Lunge her. In einigen wenigen Fällen jedoch (3) wirkte eine allgemeine Krankheit (phthisis, Gangrän) gleichzeitig auf beide Organe ein, und beſtimmt ging hier die Lungenaffee— tion der des oesophagus voran und führte wahrſcheinlich dieſelbe herbei. Ausgang. Der gemeinſame Ausgang aller nicht traumatiſchen Falle war der in Tod, doch kann wahrſchein— lich in gewiſſen Fällen, wo die Perforation die Folge ein— fach entzündlicher Störungen iſt, auch Heilung Statt finden. Diagnoſe. Im Allgemeinen laſſen ſich bedeutende Bruſtzufälle, bewirkt durch den Durchgang von Speiſen oder Getränken durch eine gewiſſe Stelle im Verlaufe der Speiſe⸗ röhre als pathognomoniſches Zeichen der Communication des oesophagus mit den Luftwegen aufſtellen. Das frühere Vor— handenſein von Dysphagie oder einer Lungenkrankheit und noch mehr beides zuſammen geben obigem Zeichen noch eine größere Geltung. An welcher Partie der Luftwege die Com— munication Statt finde, iſt ſtets ſchwer, aber nicht unmöglich zu beſtimmen. Urſachen. Abgeſehen von den, bereits früher bei der pathologiſchen Anatomie angeführten, organiſchen Urſachen kommt die Perforation gewöhnlich in Folge des regelmäßigen Verlaufes der phthisis, Pneumonie, des cancer, der Gangrän u. ſ. w. oder einer ſecundären Entzündung zu Stande, kann jedoch natürlich durch traumatiſche Inſultation raſcher herbei— geführt oder vorbereitet werden. Vielleicht möchte auch der Katheterismus der verengten Speiſeröhre zuweilen die Perfora— tion zu bewirken im Stande ſein. In Betreff des Alters ſtellt ſich weder eine beſtimmte Prädispoſition noch irgend ein Aus— geſchloſſenſein heraus; in Betreff des Geſchlechtes aber zeigt das männliche eine weit überwiegende Mehrzahl (14: 4). 44. II. 22. 348 Behandlung. Die Speiſeröhrenfiſteln machen keine Krankheit an und für ſich aus, ſondern ſind nur ein Zufall, eine Complication verſchiedener Affectionen, welche daher allein die Behandlung für ſich in Anſpruch nehmen. Die einzige durch die Fiſteln ſelbſt gegebene Indication iſt wohl nur die Einführung einer elaſtiſchen Röhre, um das Eindringen der flüſſigen Nahrungsmittel in die Bruſthöhle zu verhindern. Schlußfolgen. 1) Der oesophagus kann mit der trachea, den Bronchien, der pleura oder den Lungen, in Folge krankhafter Veränderung, communiciren; wir haben hier nur die Communication mit der Lunge ſpecieller ins Auge gefaßt. 2) Die rechte Seite der Bruſt iſt weit häufiger, als die linke afficirt; die Erklärung dieſer Thatſache giebt die Anatomie. 4 3) Die Perforation der Speiſeröhre kann an irgend einer Stelle des Bruſttheiles derſelben Statt finden, ſcheint aber in der Nähe des Zwerchfells am häufigſten vorzukommen. 4) Das einfache Geſchwür, Gangrän, Krebs, fibröſe, cartilaginöſe u. a. Entartungen find die gewöhnlichen Ur— ſachen der Perforation; die Verengerung der Speiſeröhre iſt gleichfalls ein weſentliches Cauſalmoment der letzteren. 5) Die Communication kann eine unmittelbare ſein, indem die Lunge und der oesophagus durch Adhärenzen mit einander verbunden ſind, häufiger findet man jedoch einen intermediären Sack oder Fiſtelgang. 6) Die Perforationen der Speiſeröhre ſind einfach oder vielfach und von ſehr verſchiedenem Durchmeſſer; die Lunge iſt gewöhnlich der Sitz einer Excavation, welche unabhängig von Tuberculoſe iſt. 7) Die Affection der Speiſeröhre geht gewöhnlich der der Lunge voran, welche letztere mehr ein Zufall, eine Com— plication der erſteren iſt; doch können auch beide Organe gleichzeitig, und zwar die Lunge vielleicht primär, ergriffen werden. 8) Die Krankheit bietet nach dem gewöhnlichen Ver— laufe der Alterationen zumeiſt zwei Perioden dar. Die Sym⸗ ptome der erſten Periode ſind don der Behinderung des Durch— ganges von Speiſen durch die Speiſeröhre abhängig: tiefer Schmerz längs des Verlaufes des oesophagus, Gefühl von Einſchnürung, Dysphagie, Oſophageal-Erbrechen u. ſ. w. In der zweiten Periode treten mehr bedeutende Bruſtſym— ptome, namentlich nach dem Genuſſe von Speiſen oder Ge— tränken, hervor. 9) Alle dieſe Symptome zuſammengenommen können als pathognomoniſche Zeichen der Communication der Speiſe— röhre mit den Luftwegen angenommen werden. Die Localität der Communication in den Luftwegen zu beſtimmen iſt ſchwer, aber nicht unmöglich. 10) Die Dauer der Krankheit nach dem Beginne der zweiten Periode iſt im Allgemeinen länger, als man nach der Bedeutendheit derſelben erwarten ſollte; fie variirte in den beobachteten Fällen von vier Tagen bis zu ſechs Monaten. 11) Der Tod war der gemeinſame Ausgang aller vom Verf. mitgetheilten Fälle ſpontaner Perforation; dasſelbe war jedoch bei der traumatiſchen Perforation nicht gleicher⸗ maßen der Fall. (Archiv. gener. de medec., Nov. 1846.) 349 (LVIM.) über die pathologiſche Anatomie des morbus Brightii und über den Zuſammenhang des Nieren— leidens mit den gewöhnlichen Complicationen des— ſelben, den Leber-, Herz- und Arterienkrankheiten. Von Dr. George Johnſon. Das Dunkel, in welches die pathologiſche Anatomie der Bright ſchen Nierenkrankheit größtentheils noch gehüllt iſt, rührt zum Theil davon her, daß die Beobachter ihre Aufmerkſamkeit faſt ausſchließlich auf das Gefäßſyſtem der Drüſe gerichtet haben, während doch die Harnröhrchen mit ihren Epithelialzellen als der primäre und weſentliche Sitz der Krankheit erſcheinen. Dieſe Zellen enthalten im geſun— den Zuſtande eine kleine Menge Ol in Form gelblicher, das Licht ſtark brechender Kügelchen, und die Bright'ſche Krank: heit beſteht weſentlich in einer abnormen Zunahme dieſer Fettſecretion der Niere analog der Fettdegeneration der Leber. Die Fettanhäufung tritt weder gleichzeitig noch auf gleiche Weiſe in allen Harnröhrchen ein. Diejenigen derſelben, welche die Pyramiden bilden, füllen ſich nur nach langer Dauer der Krankheit und wenn die Corticalſubſtanz geſchwun— den iſt, mit Fett an, welches letztere auch in den Malpi— ghiſchen Körperchen nur in ſehr geringer Quantität ſich vorfindet. In den mit wahrem Drüfenepithelium ausge— kleideten Röhren dagegen häuft ſich das Fett in ſolcher Menge an, daß die Epithelialzellen ſowohl wie die Röhrchen ange— ſchoppt und erweitert werden, wodurch eine Compreſſion der die Röhrchen umgebenden Gapillarnege und eine Congeſtion der plexus Malpighiani zu Stande kommt. Dieſe paſſive Congeſtion bedingt eine Durchſchwitzung des Blutſerums und zuweilen eine Ruptur der kleinen Gefäße, ſowie das Aus— treten des harten Stoffes und Fibrins des Blutes, welche letzteren in den Sarnrohrchen ſich mit dem Harne vermiſchen. — Das Vorkommen von Serum und Blut im Urine kann jedoch auch die Folge einer durch eine mechaniſche Circula— tionshemmung im Herzen oder in den Lungen bewirkten venöſen Nieren-Congeſtion fein. — Die mechaniſche Com— preſſion der Gefäße iſt auch das Cauſalmoment der gewunde— nen, erweiterten und varicöfen Venen und Arterien, welche häufig an der Oberfläche der Nieren beobachtet werden, ſowie der Atrophie der Röhrenſubſtanz. Was die Pathologie der Krankheit betrifft, ſo geht der Fettablagerung kein entzünd— liches oder congeſtives Stadium voraus, ſondern die Con— geſtion iſt ſtets eine ſecundare. Das Nierenleiden iſt in der großeren Mehrzahl der Fälle mit einer analogen Fettdege— neration der Leber complicirt, weit ſeltener dagegen mit Lungentuberke Neben der Leberentartung kommen bei der Bright ſchen Krankheit häufig auch Fettdegeneratlonen in den Arterien und an den Klappen des Herzens, ſowie Herz— hypertrophie vor. Die Quelle der Fettanhaufung liegt in der mangelnden Energie der Digeſtion und Aſſimilation, indem dieſelben das Fett nicht gehörig zu verändern ver— mögen, um es aus dem Organismus fortzuſchaffen oder für die Nutrition zu verwenden. Die Natur bemüht ſich das— ſelbe durch die Nieren oder die Leber fortzuſchaffen, es findet ſeinen Weg in die ſecernirenden Zellen dieſer Organe, häuft 44. II. 22. 350 ſich daſelbſt an und verſtopft die Drüſen. Acuter hydrops bei einem früher geſunden Individuum, ſowie die ſeröſen Anſammlungen nach Scharlach ſtehen wahrſcheinlich in keinem weſentlichen Zuſammenhange mit der Bright'ſchen Krank— heit. Für die Diagnoſe der letzteren iſt, namentlich im An— fange derſelben, die mikroſkopiſche Unterſuchung des Urins von großer Wichtigkeit, indem ſie im Harne einen großen Überſchuß an Fett, theils in Form freier Olkügelchen, theils in Epithelialzellen, welche aus den Harnröhrchen ausgetreten ſind, enthalten nachweiſ't. — Die Behandlung des Nieren: leidens muß zunächſt eine allgemeine ſein, und bei ſorgfälti— ger Regulirung der Diät namentlich der Genuß von Fett, ſowie des ſchwerverdaulichen Stärkemehles und Zuckers aus— geſchloſſen werden. Der localen Congeſtion begegnet man am beſten durch Regulirung der Haut- und Darmfunction; örtliche Blutentziehungen ſind zuweilen ſehr zweckmäßig, dür— fen jedoch nie häufig wiederholt werden. (Medico - chirurg. Transact., Vol. XXIX. 1846.) (LIX.) Fall von Unterbindung der linken a. sub- clavia zwiſchen den mm. scaleni, von einigen eigenthümlichen Umſtänden begleitet. Von Prof. C. Warren. James Avery, 30 Jahre alt, glitt am Abend des 23. Dec. 1843 in trunkenem Zuſtande auf dem Eiſe aus und fiel mit der linken Schulter gegen die ſcharfe Kante eines großen Steines. Der herbeigerufene Wundarzt dia— gnoſticirte eine Verrenkung des Oberarmes und ſtellte ge— waltſame, aber fruchtloſe Repoſitionsverſuche an. Bei ver am Tage darauf erfolgten Aufnahme des Kranken ins Spi— tal fand ſich der linke Arm ſtark angeſchwollen, ſowie auch die linke Schulter aufgetrieben und ekchymotiſch. Blutegel und kalte Umſchläge verminderten bald die Anſchwellung, und die nun angeſtellte Unterſuchung ergab keine Verren— kung. Am 28. Dec. wurde der Kranke in der Nacht plötz— lich von einem heftigen Huſtenanfalle befallen, bei welchem er in der Schulter etwas platzen fühlte, es bildete ſich in der Achſel eine Anſchwellung, welche nach einigen Tagen aufbrach und eine Menge dunkelfarbigen Blutes entleerte. Die Hämorrhagie wiederholte ji mehrmals und erſchöpfte den Kranken fo ſehr, daß die Unterbindung der a. subela- via unumgänglich erſchien, welche dann auch am 8. Febr. 1844 folgendermaßen ausgeführt wurde. Verf. legte einen Finger auf den hinteren Rand des m. sternomastoideus und machte 3/4 oberhalb der clavicula einen Querſchnitt von 3“ Länge von dem hinteren Rande der portio sternalis des m. sterno-mastoideus bis zum vorderen Rande des m. trapezius durch die fascia und das platysma myoides, legte eine temporäre Ligatur um die Droſſelvene und zog ſie nach dem äußeren Theile der Wunde hin. Hierauf durchſchnitt er die portio clavicularis des m. sterno-mastoideus, ſchob mit dem Meſſerſtiele das Fett oberhalb und hinter der cla- vicula bei Seite und entdeckte bei der Aufſuchung der a. subelavia am Rande der clavicula die ſtarke Pulſation einer großen Arterie, welche ſich als die a. suprascapularis ergab. 351 Da der Vorfprung der erſten Rippe nicht zu fühlen war, fo mußte der Operateur mit großer Vorſicht zu Werke gehen und ſtieß endlich dicht unter dem Nerven, welcher bei Seite geſchoben wurde, ſcheinbar auf die Arterie, welche auch unterbunden ward. Bald ergab ſich jedoch, daß die Ligatur um den erſten Rückennerven gelegt worden war. Verf. durchſchnitt nun eine Portion des m. scalenus anterior, worauf die Arterie deutlich hersortrat und nicht ohne Schwie— rigkeit unterbunden wurde; beim Zuziehen der Ligaturſchlinge hörte man ein leichtes Sauſen. Außer einem nur kurze Zeit andauernden tumultuariſchen Herzklopfen blieb das Be- finden des Kranken nach der Operation völlig befriedigend. Am dritten Tage war die Wunde großentheils geſchloſſen, die Anſchwellung in der Achſel entleerte etwas blutiges Se⸗ rum, der Arm, welcher gangränös zu werden gedroht hatte, bekam ein geſünderes Ausſehen, und die Anſchwellung serz for ſich allmälig. Am 13. Febr. ging die Ligatur ab, der Puls ſchlug 72—76, und der Arm erlangte mehr und mehr ſeine Senſibilität wieder. Am 29. erfolgte plötzlich aus dem noch nicht geſchloſſenen Theile der Wunde eine Blu— tung, welche jedoch bald durch Tampon-Schwämme geſtillt wurde. Vom 11.— 22. März litt der Kranke an einem Anfalle don Pneumonie der linken Lunge, welcher ſich am 1. Mai erneuerte, jedoch ohne weitere Folgen unter der An— wendung einer angemeſſenen Diät vorüberging. Die Wunde und der Abſceß in der Achſelhöhle verkleinerten ſich nach und nach bis zu einer kleinen fiſtulöſen Offnung, und der Arm erlangte allmälig feine normale Beweglichkeit und Senſtbili— tät wieder. Am 15. Juni 1845 waren die beiden Fiſtel— öffnungen noch da, der Kranke befand ſich aber im Allge— meinen wohl. (Medic. Chirurg. Transact. Vol. XXIX. 1846.) Miſecellen. (48) Ob das mit Alkohol bereitete Ertract von Nux vomica in den Apotheken mit der Zeit ſeine wirk⸗ ſamen Eigenſchaften einbüße, hat Hr. J. B. Caventou auf Veranlaſſung der Behauptung des Hrn. Trouſſeau, daß dies ſchon nach einigen Monaten in merklichem Grade der Fall ſei, genau unterſucht. Die chemiſche Analyſe zeigte ihm, daß friſch 44 II. 22. 352 bereiteter und ein Jahr alter Extract letzterer hatte bedeutend nachgedunkelt) genau dieſelbe Quantität des wirkſamen Beſtand⸗ theiles enthielten. Zwei Hunde von gleicher Größe, die man ver⸗ Beech mit 5 Decigrammen der eincn und der anderen Sorte Brechnußertract vergiftete, wurden nach 15 Minuten von tetanus befallen und ſtarben faſt gleichzeitig. Von zwei anderen weniger ftarfen Hunden, denen man einerſeits 2 Decigrammen von dem alten, andererſeits eben ſo viel von dem friſchen Extract eingegeben hatte, wurde der, welcher die erſtere Sorte erhalten, ſogar 5 Mi⸗ nuten früher tetaniſch, als der andere. Übrigens ergiebt ſich aus den Verſuchen der HHrn. Orfila und Leſueur, daß die Salze, deren Baſis das Morphium, Strychnium und Brucium bilden, ſich ſelbſt in mit fauligen animaliſchen Stoffen geſchwängerten Flüſſig⸗ keiten ſo ſehr conſerviren, daß man noch nach 15 Monaten Spuren dieſer Salze entdecken kann. Sie miſchten dieſe Salze mit ge⸗ hacktem Fleiſche, füllten die Miſchung in ein Stück Menſchend arm und begruben dieſe in einem hölzernen Käſtchen. Nach 9 — 10 Mo⸗ naten wurde dieſes wieder ausgegraben, und der größte Theil der angewandten vegetabiliſchen Alkalien fand ſich noch vor. Wenn ſich dieſelben aber unter ſo ungünſtigen Umſtänden ſo lange erhalten, fo läßt ſich annehmen, daß ihr alfoholiger Ertract feine Wirkſamkeit viel länger conſervire. (Gazette médicale de Paris, 20. Mars 1847.) (49) Die Anwendung eines mit ſalpeterſaurem Silber verſetzten Pulvers gegen ſchroniſche Ausflüſſe aus den Ohren hat Hr. Bonnafont ſeit längerer Zeit in feiner Praris bewährt gefunden. Es beſteht aus 75 Theilen ge- ſchmolzenen ſalpeterſauren Silbers, 75 Th. venetianiſchen Talkes (Speckſteins ?) und 75 Th. Lycopodiums. Die erſteren Subſtanzen werden im Mörfer pulveriſirt und alles gehörig vermengt. Nach dem Reinigen des äußeren Gehörganges mittels Einſpritzungen oder, beſſer, mittels eines Schwämmchens, und nachdem man die Lage der ſchwärenden Stellen erkannt hat, bläſ't man das Pulver mit⸗ tels eines Löthrohrs, an deſſen einem Ende ſich ein Löffelchen be⸗ findet, darauf. Dies Atzen wiederholt man, je nach der Natur des Leidens, täglich oder ſeltener. Übrigens muß man ſich ſtets davon überzeugen, daß die ſchwärenden Stellen gehörig von Eiter gereinigt ſind, ſonſt würde ſich das Pulver mit dem Eiter miſchen und eine Art Teig bilden, welcher den Gehörgang verſtopfen und das Abziehen des Ausfluſſes verhindern, auch dem Pulver den Zu⸗ tritt zu den wunden Stellen verwehren würde. Wenn das Trommel- fell geborſten iſt, ſo reinigt man das Ohr am beſten durch Einblaſen von Luft oder durch Einſpritzungen mittels eines Katheters durch die Euſtachiſche Röhre (2), und auf dieſe Weiſe laſſen ſich die heftigen Schmerzen, welche durch das Verweilen eiterförmiger Subſtanzen in der Trommelhöhle entſtehen, am leichteſten beſeitigen. Vielleicht könnte obiges Pulver auch gegen chroniſche Geſchwüre der Augen mit gleich gutem Erfolge angewandt werden. (Gazette médicale de Paris, 13. Mars 1847.) Bibliographiſche Neuigkeiten. Cours de Chimie appliquee, professe à l’ecole centrale des arts et manu- factures et au Conservatoire royal des arts et metiers, par M. Payen, membre de l'Institut; redige par M. V. Delliste et M. Poinsot. Premiere partie. Chimie organique. In 8d. Paris 1847. Vie, travaux et doctrine scientifique d’Etienne Geoffroy, Saint-Hilaire; par son fils M. Isidore Geoffroy Saint-Hilaire, membre de l’Institut etc. In 8 de 30 flles ½, plus un portrait. — Idem. In 12% de 20 flles !/,, plus un portrait. Strasbourg et Paris 1847. Traite elementaire de Physique; par E. Peclet. Quatriöme edition. Deux volumes in 80, ensemble de 89 feuilles, plus un atlas in 4% oblong d'une demi-feuille et 49 pl. Paris 1847. Memnires de l’Academie royale des sciences morales et politiques de l’Insti- 1 France. Tome II. Savans etrangers. In 4° de 87 feuilles. Paris Experiences sur le sel ordinaire employe Vengraissement des animaux; par M. le baron Laurier. 1846— 1847. In 4% de 15 feuilles ½. Nanci 1847. Sheep: their Breeds, Management, and Diseases. By William Youatt. To which is added, The Mountain Shepherd’s Manual. 8°. (pp. 612, nume- rous cuts, cloth, 8 sh.) London 1847. Cattle: their Breeds, Management, and Diseases. By William Youalt. New edition, 8°. (pp. 608, with cuts, cloth, 8 sh.) London 1847. our l’amendement des terres et Lonsdale, E. F. — Observations on the Treatment of Lateral Curvature of the Spine: painting out the Advantages to be gained by placing the Body in a Position to produce Lateral fexion of the Vertebral Column combined with the after application of firm Mechanical Support; with woodcuts. By Edward F. Lonsdale. 8. (pp. 132, cloth, 6 sh.) London 1847. Recherches sur la nature et sur le traitement de la danse de Saint-Guy ; par M.boulhienr, doctenr en médecine etc. In ® de 8fil aris et Lyon 147. Memoire sur le Ma! de Mer; par le docteur Ch. Pell Lu à l’Academie des sciences dans la seance du 3. janvier 1847. In &° d'une feuille. Paris 1847. — (Extrait des Annales d'hygiene publique et de medecine legale. Tome XXVII. partie 2.) Etudes sur les maladies des femmes qu’on observe le plus frequemment dans la pratique; par Alexis Favrof, docteur en medecineetc. In & de 27 feuil- les. Paris 1847. A — King, R. — The Preservation of Infants in Delivery ; being an Exposition of the Chief Cause of Mortality in Still-Born Children. By Richard King, M. D. M. R. C. S. Post 8. (pp. 68, cloth. 4 S.) London 1847. Des Granulations et des ulcerations du col de l’uterus et de leur traitement; par Gaston Dumont. In 8 de 6 feuilles % Paris 1847. I. Druitt, R. — The Surgeon’s Vade-mecum. By Robert ruft. An Edition, improved, 12%. (pp. 640, cloth, 12 sh. 6 d.) London 1847. 1.1. Fig. 2 Fig. 3 Fig. Fi 19.ö. Fiy.6. ' Fig. 7: f 7 \ | 6 N | Mm e — 0 I Worth nm a! och, Nn 14 Fig. ya. Ae, bi. zz "29.7. Notizen Al, Ib. He, des I. Bandes. 5 Notizen HR.N Eg oder Huge des U Bandes. 10 un