I han Eat | Kibrarn of the Museum OF 'COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. | The Bil of Kofpliie | ber.) | op: Nalır- PS TTEHT TEN f En | NT aa Rn ” Manga. iso srärfünttethed Erik vet ON Stahl Verhandlungen der Kaiserlichen Leopoldinisch-Garolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher. Sieben und vierzigster Band. Mit 27 Tafeln. Halle, 1885. Druck von E Blochmann undSohn n Dresden. Für die Akademie in Commission bei W. Engelmann in Leipzig. NOVA AUTA ACADEMIAE GAESAREAE LEOPOLDINO-CAROLINAE GERMANICAE NATURAE CURIOSORUM. TOMUS QUADRAGESIMUS SEPTIMUS. CUM TABULIS XXVI. HALIS SAXONUM, MDCCCLXXXV. Ber o ffıieänaReiBlochmannz et Hiilıi 5 N WAL AIR LANA A JURA IA 0 a KR AUKTTYHE vonıcinans u a, u GUILIELMO I REGNI GERMANICI RESTITUTORI ET IMPERATORI GLORIOSISSIMO BORUSSORUM REGI AUGUSTISSIMO POTENTISSIMO ACADEMIAE CAESAREAE LEOPOLDINO-CAROLINAE GERMANICAE NATURAE CURIOSORUM PROTECTORI SUPREMO, AMPLISSIMO, CLEMENTISSIMO HOC QUADRAGESIMUM SEPTIMUM NOVORUM ACTORUM VOLUMEN SACRUM ESSE DESPONSUM@QUE VOLUIT ACADEMIA PRAESIDE HERMANNO KNOBLAUCH. ı on. 11 WA yrzoljode Juppjorae na) IT vs ; fi N anne UNFANFNTO ER ". QUER m k > we N Mi . EN RUE RE ER a en EEE 91 Kurt DEr wii he Kuhn. WEDER Pr ja) [1 R Aue Bez j 2 =. Senn a er: ee en h 3 er IN 11. ur Inhalt des XLVIL Bandes. Dr. Robert Gerhardt, Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel Dr. Henri Blanc. Die Amphipoden der Kieler Bucht nebst einer histologischen Darstellung der „Calceoli“ Dr. H. F. Kessler. Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden Dr. W. Zopf. Zur Kenntniss der Phycomyceten. I. Zur Morphologie und Biologie der Ancylisteen und Chytri- diaceen, zugleich ein Beitrag zur Phytopathologie Dr. H. Burmeister. Neue Beobachtungen an Macrau- chenia patachonica Dr. E. Adolph. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung an 1 — 36. 37—104. . 105— 140. . 141— 236. 237 — 268. . 269 — 314. Taf. I—V. Taf. VI—-X. Taf. XI. Taf. XII—XX1 Taf. XXIIT—XXM. Taf. XXIV—XXVM. innfl „IV .L/ Sa ne Air E h N ji Our: il u; ort ’ Mala? RIM Bir i Bu, | al ra ar ARE 12.5 j r; . ug wo at a ’ wi uf Dr Anni DL) 2 em vn N . 1 Tr? ne TR ae | PR Da I a Ta N SEHE IE kit A ee Aeaanien Kae = = ee 1 IE BE a Je Fe is Er In) nr a A ic UI E E 2 5 u NOVA. ACTA der Ksl. Leop.-Carol.-Deutschen Akademie der Naturforscher Band XLVH. Nr. 1. Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. Von Dr. Robert Gerhardt. Mit Tafeln Nr. I-—V. Eingegangen bei der Akademie Ten 15. October 18853. HALLE. "1884. Druck von E. Blochmann & Sohn in Dresden. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Iingelmanan in Leipzig. ? 7 ATI EVDTE 4 alone oh, aimahsakh Annahrr- an. ‚en Aal 7: IR ua nn en ‚srölbıloH ori Jogı1O 135 steigerte nY sbisıhıed Trade AU k 3 7 „38 A ara REEYT © HM u PA ” era a hr ae ” Ba Ey encn t nn Be Urs, a rege j . T . v A Pan: Y M ‚e r" \ ei R j ran Pr IvZ Ya Pu y % e Fr 3 Seinem hochverehrten Lehrer Herrn Geheimen Regierungs-Rath, Professor Dr. H. Knoblauch, Präsident der Kaiserl. Leopoldinisch-Carolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher, in aufrichtiger Dankbarkeit gewidmet vom Verfasser. 1* ” 0 sn ee nid u ip ddr Sferstande ab sta ee een ur ’ IL, Einleitung. Mit „Rohrflöte“ bezeichnet man ein derartiges Pfeifenregister der Orgel, dessen Pfeifen sich in ihrer äusseren Gestalt von den bekannten gedeckten eylindrischen und metallischen Labialpfeifen dadurch unterscheiden, dass in ihre Deckel ein beiderseits offenes Röhrchen eingefügt ist. Diese Rohrflöten- pfeife wurde, wie aus des Praetorius „Syntagma musicum“ !) zu ersehen ist, in der Mitte des 16. Jahrhunderts erfunden; der Erfinder scheint un- bekannt zu sein. Man erbaute seitdem nach Praetorius 4-, 8- und sogar 16-füssige?) Rohrflöten. „Dieser Art Stimmen aber“, berichtet Praetorius, „werden unter- schiedlich gearbeitet. Etliche lassen die Röhren halb hausser und halb hinein gehen; etliche gar hinein, dass man nichts siehet, als oben das Loch, und diese seyend zum beständigsten, denn die Röhren können alsdann nicht verbeuget werden.“ Derartig construirte Rohrflöten findet man noch in alten Orgeln. Jetzt jedoch bauen die meisten Orgelbauer die Rohrflöte so, dass das Röhrchen vollständig aus der Hauptröhre der Pfeife heraussieht, wie Fig. 2 und 3 auf Tafel I zeigen. Auch baut man jetzt nur noch die 8- und 4-füssige Rohrflöte und versieht in diesen Registern nur die Pfeifen der oberen Octaven, von dem ungestrichenen c mit 128 Schwingungen an, mit den An- satzröhrchen; die grosse Octave pflegt man mit einfachen gedeckten Holz- 1) Speciell aus dem II. Bande dieses Werkes vom Jahre 1619: „De Organographia‘. 2) n-füssig nennt man ein Pfeifenregister, dessen tiefste Pfeife, wenn sie offen ist, i DR 5 n Fuss lang, wenn sie gedeckt ist = Fuss lang ist. 6 Robert Gerhardt. pfeifen herzustellen. Wir werden in $ 3 dieser Abhandlung noch näher darauf zu sprechen kommen, warum man davon abgesehen hat, tiefere ‚Pfeifen init den Röhrchen zu versehen. Es ist nun der Zweck der vorliegenden Abhandlung, die Rohrflöten- pfeife, wie sie heute construirt wird, einer genauen physikalisch-mathematischen Untersuchung zu unterwerfen sowohl in Bezug auf ihren Grundton, als auch auf ihre Klangfarbe. Die Versuche, welche dieser Abhandlung zu Grunde liegen, sind zu- meist in dem physikalischen Institut der Halle’schen Universität ausgeführt worden. Herrn Geh. Rath Prof. Dr. Knoblauch sei an dieser Stelle noch besonders gedankt für die gütige Ueberlassung der zur Untersuchung nöthigen Instrumente. Desgleichen spreche ich meinem Vater, dem Orgelbauer F. Gerhardt zu Merseburg, für das reiche Material an Pfeifen, das er mir zur Verfügung stellte, und für die Rathschläge, die er mir als Fachkenner ertheilte. herzlichen Dank aus. Die Rohrflöte, ein. Pfeifenregister der Orgel. /\ 81. Experimentelle Untersuchung des Einflusses eines in den Deckel einer ceylindrischen gedeckten Labialpfeife eingefügten Röhrchens auf die Tonhöhe. Die erste Frage, welche sich bei der Betrachtung der Rohrflötenpfeife aufwirft, ist die nach dem Einfluss des Ansatzröhrchens auf die Tonhöhe. Um dieselbe so allgemein wie möglich behandeln zu können, habe ich meinen Untersuchungen drei gedeckte Pfeifen von verschiedener Länge und verschie- denem Querschnitt zu Grunde gelegt, ferner die Deckel derselben so einrichten lassen, dass ich eine hinreichende Anzahl an beiden Enden offener Röhrchen, die ebenfalls von beliebig verschiedener Länge und verschiedenem Querschnitt waren, der Reihe nach einfügen konnte, und schliesslich habe ich noch einige Fälle beobachtet, bei denen die Röhrchen am oberen Ende ge- schlossen waren. Auf "Tafel I zeigt Fig. 1 eine einfache gedeckte Labialpfeife, die Figuren 2 und 3 zeigen zwei dieser entsprechenden Rohrflötenpfeifen mit be- ziehungsweise dem kleinsten und grössten Verhältnisse der Dimensionen der beiden Röhren, wie ich sie in meinen Untersuehungen angewandt habe. Aus der bekannten 'I'hatsache, dass eine offene Pfeife einen fast um eine Octave höheren Ton giebt als eine gedeckte Pfeife von gleichen Dimen- sionen, ist von vorn herein klar, dass ein in den Deckel einer gedeckten Pfeife eingefügtes beiderseits offenes Röhrchen eine Erhöhung des Tones herbeiführen muss, und zwar in der Art, dass mit Erweiterung des Röhr- chens bei gleicher Länge die T'onerhöhung zunimmt, weil die so nur partiell geschlossene Pfeife sich immer mehr der offenen nähert; dass dagegen mit S Robert Gerhardt. Verlängerung des Röhrehens bei gleichem Querschnitt die Tonerhöhung ab- nimmt, weil die Verlängerung einer Pfeife eine 'T'onvertiefung verursacht. Dasselbe bestätigten meine Versuche, und die folgende Tabelle A, in der die Resultate derselben aufgezeichnet sind, wird ein übersichtliches Bild von der Grösse obigen Einflusses geben. Die römischen Zahlen I, II und III bezeichnen die bereits erwähnten drei verschiedenen gedeckten Pfeifen und mit lateinischen Indices versehen bezeichnen sie die aus letzteren durch Einfügung verschiedener Röhrchen in deren Deckel entstandenen Rohrflötenpfeifen; r und / bezeichnen resp. die Radien der Querschnitte und die Längen!) der Haupt- röhren, » und 7 diejenigen der Ansatzröhren in Millimetern, und » die beobach- teten Schwingungszahlen der den einzelnen Pfeifen angehörigen Grundtöne. Die Schwingungszahlen beobachtete ich mit Hilfe einer mit einem Zählerwerk ver- sehenen Sirene von Cagniard de la T'our, eines Metronoms (mit Uhrwerk) und zweier Gebläse von verschiedenem Druck. Zwei derartige Gebläse waren zur Be- obachtung nöthig, weil die Sirene, um einen constanten Ton zu geben, mit bedeu- tend geringerem Druck angeblasen werden musste, als die Pfeifen bedurften, um gut anzusprechen. Um einen T’on in der Sirene constant halten zu können, bediente ich mich noch einer besonderen Vorrichtung zur Regulirung des an- blasenden Luftstromes, nämlich einer über dem Ventil angebrachten Schraube, mittels der ich die Oeffnung des Ventils nach Bedürfniss verengern und er- weitern konnte. Hatte ich nun einen bestimmten constanten Ton in der Si- rene erreicht, so setzte ich das Zählerwerk genau mit einem Secundenschlage des Metronoms ein und mit dem 20. Secundenschlage darauf rückte ich das- selbe wieder aus. Da nun die rotirende Scheibe der Sirene 20 Löcher ent- hielt, also bei einer Umdrehung derselben 20 Schwingungen?) erregt wurden, so gab die Zahl der von dem einen Zeiger des Zählerwerks durchlaufenen Theilstriche gerade die Anzahl der Luftschwingungen, welche der besagte Ton in einer Secunde machte. Es empfahl sich nicht, für die Dauer der ein- zelnen Beobachtungszeiten mehr als 20 Seeunden zu wählen, weil man mit um so grösseren Schwierigkeiten zu kämpfen hat, je länger man einen 'T'on 1) Die Längen der Hauptröhren sind stets von der Unterlippe der Mundöffnung der Pfeifen an gerechnet. 2) Die Luftschwingungen sind in dieser Arbeit stets als ganze gezählt. Die: Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. De) in der Sirene constant erhalten will. Natürlich wiederholte ich bei einem und demselben Tone die Beobachtung mehrere Male und verzeichnete dann das aus den gemachten Beobachtungen resultirende arithmetische Mittel. Bei der Angabe der Schwingungszahlen habe ich von einer Deeimalstelle absehen zu können geglaubt, weil diese Vernachlässigung ohne schädlichen Einfluss sein wird und auch deshalb, weil die Beobachtungen nicht sicher bis auf diese Genauigkeit auszuführen waren. Letzteres wird man leicht zugeben, wenn man bedenkt, dass diese Beobachtungen, die ich sämmtlich allein ausführte, Hände und Füsse sowohl, als besonders Augen und Ohren in Anspruch nahmen. Tabelle A. 1. Versuche bei Aenderung des Querschnitts des Röhrchens und gleichzeitiger Aenderung seiner Länge. Pfeife | l ER, Re. AI © n I \ 364 206 | — — 210 Ia ss 2 2106 4.4, | .221 Ib : eis 5,37 |.223 Ic h „| 185 | 65 | 228 el Ale 6; " a7 28:00 |:285 En 1a8 | 10,5 | 243 ed 4, 2 2163 19,27) 246 Is > a {30 2 19949 Ih x as | 214,55 112252 iaa.| 98. age 208 16,5 | '255 Ik Dr ea | 2207| 180,256 u 285 18 = — |. 250 IIa nl 85 3,8 | 261 Ib ı „ a 80 29010.215 ee en 149 283 I 178 2 288 Ir er | 13,5 DT TE be o 62 2,8 | 437 Ib A 5 56 4,5 | 467 Io a 84 65 | 475 EN 112 9 | 474 Nova Acta XLVIIL. Nr. 1. 2 10 Robert Gerhardt. 2, Versuche bei constantem Querschnitt für wechselnde Länge des Röhrchens. Pfeife l ’ ; E n II 285 18 —_— | 250 More, x 9 17a | 0994 Ic 3 5 e 27 283 Ilcı er & ee au 971 Ilea 55 « n al 61 IN are N, IIld, N Sr 9 56 551 IIla n 5 55 2 474 Illd, R Mr e au 433 Ill; BRD IA nal AR 230 Pfeife 1 „ V ()? | n I 385 | ıs & yes ln Ha * x 85 14,44 | 261 Ib, 7 s » 30,25 | 280 Hcı h + r 8 3 Id, ® I er 343 II io 185] = Pe ITa ae 62 7,84| 437 Ib, N ML „| 20,25. 46ı Ile, N er, % 42,25 | 501 Id, Be a 81 543 Aus diesen Tabellen erkennt man leicht die schon im Eingang dieses Paragraphen aufgestellte allgemeine Regel, dass die Verlängerung des Ansatz- röhrchens bei eonstantem Querschnitt eine Verminderung der 'Tonerhöhung, die Vergrösserung des Querschnitts aber bei constanter Länge eine Vergrösse- rung der Tonerhöhung herbeiführt. Die Aenderung der Tonerhöhung steht weder mit der Aenderung der Längen, noch mit derjenigen der Querschnitte der Röhrchen in einem ein- Vielmehr steigt der Werth der Abnahme der Ton- fachen Verhältnisse. 1) In dieser Tabelle sind der besseren Uebersicht wegen die den Querschnitten pro- portionalen Quadrate der Radien aufgezeichnet worden. Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 11 erhöhung mit wachsender Länge, und es vermindert sich der Zuwachs der Tonerhöhung bei wachsendem Querschnitt des Röhrchens. Der Einfluss des Röhrchens auf die Tonhöhe ist ein umgekehrter in dem Falle, dass dasselbe am oberen Ende gedeckt ist. — Nicht allein der Allgemeinheit wegen beobachtete ich in einigen Fällen die geschlossene Rohr- flötenpfeife, sondern besonders des später zu rechtfertigenden Interesses halber, das diese durch ihre Klangfarbe erregt. — Auch hier können wir aus be- kannten Gesetzen von vorn herein folgern, welcher Art der Einfluss des ge- deekten Röhrehens auf die Tonhöhe sein muss. Der Ton wird um so tiefer, je länger und je weiter das Röhrchen wird, weil die Pfeife sich durch Ver- längerung des Röhrchens einer längeren gedeckten Pfeife nähert und dies um so mehr thut, je weiter das Röhrchen wird. Die folgende Tabelle B bestä- tigt dies in einer hinreichenden Anzahl von Beispielen. Die Bezeichnungen sind dieselben wie vorher, nur dass die lateinischen Indices mit einem Strich versehen sind, zum Zeichen, dass das Röhrchen gedeckt ist. Tabelle B. 1. Versuche bei Aenderung des Querschnitts des Röhrchens und gleichzeitiger Aenderung seiner Länge. Pfeife 1 Y Y n ee er ze 7250 N ee 85 3,8 | 247 IIa’ * 5 178 12 205 u en IIla’ 5 [52,55 620 228 409 III‘ ; % 54 6,5 | 377 1a’ N; 112004 69 336 2. Versuche bei constantem Querschnitt für wechselnde Länge des Röhrchens. Pfeife 1 r r U n II 285 18 _ _ 250 eo ” = 9 74,5 242 Ile’ r a “ al 230 Ile,’ ee . 37 212 Hes ul 24 x A: 4l 187 9% 12 Robert Gerhardt. Pfeife l | Y | r. | IF n IT „u san. j0 135 le nl Tao Bea | ee > Mae 0, „97207205 IlIa,’ R | n | n Ey le Illda’ FR a 9, hs 0% | 243 3. Versuche bei constanter Länge für geänderten Querschnitt des Röhrchens. Pfeife l FEN a: | EZ II 2835 | 18 == | el 058 1 PA or ha a a Ib,‘ | en ne | 30,25) 245 Ic, ST EM I NEAR BRD REREN BER) Ha,’ 5 ae ei In Ko sr 2 Ta’ a Mrs MED 7,84 409 un BER ERS 20,25, 407 Ta dr = BIN 42,25 | 395 re a. H sı | 365 Aus diesen Versuchsreihen erkennen wir zunächst obige allgemeine Regel, dann aber, dass die Aenderung der "T'onvertiefung weder mit der Aenderung der Längen noch mit derjenigen der Querschnitte der Röhrehen in einem einfachen Verhältnisse steht. Der Werth der Tonvertiefung nimmt mit wachsender Länge des Röhrchens zu, mit wachsendem Querschnitt dagegen ab. Wir gehen sogleich ein auf die T'heorie der Schallschwingungen, welche in unserer Rohrflötenpfeife entstehen; denn es würde sich nicht empfehlen, eine experimentelle Untersuchung der Klangfarbe unserer Pfeife ohne Hilfe der T'heorie anzustellen, weil dieselbe allein, wie wir noch sehen werden, leicht zu Fehlern verleiten kann. Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 13 S 2. Theorie der stehenden Luftschwingungen, welche in der Rohrflöten- pfeife hervorgerufen werden. Es handelt sich hier um das Problem solcher stehenden Luftschwingungen die in zwei aneinander stossenden Röhren von verschiedenem Querschnitt und verschiedener Länge entstehen. Dieses Problem ist bereits im Jahre 1873 von dem französischen Physiker Bourget behandelt worden; seine Abhandlung liest vor in dem ersten Bande des Bulletin de la societ& mathematique de France unter dem Titel: „Theorie mathematique des experiences de Pinaud, relatives aux sons rendus par les tubes chauffes“. Dieses akustische Phänomen, welches Pinaud zuerst entdeckte (im Jahre 1835), und später von ©. Marx und be- sonders M. Sondhaus weiter untersucht wurde, ist folgendes. Wenn man eine thermometrische Röhre von etwa 2 mm Durchmesser und 100 bis 200 mm Länge, an deren einem Ende eine Kugel von 20 bis 25 mm Durchmesser an- geschmolzen ist, an diesem Ende hinreichend erhitzt und dann wieder erkalten lässt, so wird durch das heftige Eintreten der äusseren Luft an dem anderen Ende der Röhre in derselben eine derartige Luftschwingung erregt, dass ein ziemlich reiner und heller Toon erzeugt wird. Pinaud und Sondhaus stellten nur eine empirische Formel zur Berechnung der Schwingungszahlen der so er- zeugten Töne auf, Bourget dagegen stellte sich in der erwähnten Abhandlung die Aufgabe, eine passende Formel durch die "Theorie festzustellen. Er nahm zu dem Zwecke an, dass das zu erhitzende Reservoir, welches in den Pinaud’schen Versuchen eine Kugel war, cylindrisch sei, so dass er voraus- setzen konnte, dass bei der entstehenden Vibration alle Thheilchen eines zur Axe der Röhre senkrechten Querschnittes sich parallel zur Axe in einer und derselben Richtung bewegten. Die Umstände nun, die bei diesem musikalischen Phänomen in Rechnung zu ziehen waren, stimmen nur insofern nicht mit denen bei unserer Rohr- tlötenpfeife überein, als die Erregungsquelle der Vibrationen in der Rohr- flötenpfeife sich an dem anderen Ende befindet, an demjenigen, das in den 14 Robert Gerhardt. Pinaud’schen Versuchen gedeckt ist, und als ferner die Verhältnisse der Dimensionen der beiden zusammenstossenden Röhren bei unserer Pfeife um- gekehrt sind. Der erste Unterschied wird sich gleich im Anfang der theore- tischen Behandlung unserer Frage geltend machen und uns also auch von vorn- herein zu Gleichungen führen, die sich von denen Bourget’s unterscheiden; der andere aber erst bei der Berechnung einer für die Schwingungszahl der erzeugten Töne sehr wichtigen Constanten. Immerhin wird es sich empfehlen, an der Hand der Theorie Bourget’s mit der Vergleichung vorzugehen. Da wir es hier, wie bereits oben erwähnt wurde, nur mit einer der- artigen Bewegung zu thun haben, bei welcher alle Theile eines zur Axe der Röhren senkrechten Querschnittes sich in einer und derselben Richtung be- wegen, also mit einer ebenen Wellenbewegung, so redueirt sich die Haupt- gleichung der Schallbewegung USER, e d’y d’ r) ae a \de® de dy? Stern auf folgende, in welcher das Geschwindigkeitspotential 9 nur noch eine Function von t und x ist: = = ı% 3 dt? dx? d? „dp DEMO. 1 (1) Dies sei die Gleichung für das Geschwindigkeitspotential der Haupt- röhre der Pfeife. Wenn wir 9 das Geschwindigkeitspotential des Ansatz- röhrchens nennen, so wird dessen Gleichung sein: de’ „dp Su —— 2) dt? 2) a bedeutet hier bekanntlich die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles. Bourget nahm für beide Röhren zwei verschiedene Fortpflanzungs- geschwindigkeiten an, weil die eine Röhre einen sehr bedeutend kleineren Querschnitt und eine viel grössere Länge als das cylindrische Reservoir hatte. Für uns ist jedoch diese Annahme nicht nothwendig; selbst bei Bourget fiel dieser Unterschied später bei der Berechnung der Schwingungszahlen fort. Es ist nun unsere Aufgabe, zwei Funktionen $ und 9° zu finden, welche einmal den Gleichungen (1) und (2), und zweitens folgenden Grenz- bedingungen genügen müssen: Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 15 I dass an der Mundöffnung der Pfeife die Dichtigkeit ungeändert bleibt, dass sich auch an dem anderen Ende der Pfeife eine Stelle un- es geänderter Dichtigkeit befindet, c) dass die am Ende der Hauptröhre und am Anfang der Ansatz- röhre stattfindenden Dichtigkeitsänderungen einander gleich sind und d — dass durch diesen eben bezeichneten Querschnitt in jedem Zeit- theilchen dieselbe Luftmenge hindurch geht. Unsere erste Grenzbedingung ist eine andere als die Bourget’s, weil, wie schon oben gesagt wurde, an dieser Grenze in den Pinaud’schen Ver- suchen die Röhre geschlossen ist und dort somit wohl die Geschwindigkeit = ( ist, die Aenderung der Dichtigkeit aber einen Maximalwerth hat. Allen obigen Bedingungen nun können wir vollständig genügen, wenn wir den Funktionen $ und # folgende Form geben: p —= (A snpx-+B cospx) cos pat (3) p = (A sinpx + B’cospx) cos pat (4) Es ist für unsere physikalischen Zwecke nicht nothwendig, eine all- gemeinere Form der Lösungen für die partiellen Differentialgleichungen (1) und (2) anzunehmen, wie es Bourget gethan hat, indem er setzt: 9 = (P snpx-+0Q cospx) (A sınpat—+B cos pat) p = (P’sinpx-+ Q'cospx) (A sin pat—+ B cos pat) da wir für stehende Luftwellen A — 0 und B als willkürliche Constante — 1 annehmen können. In unseren Gleichungen (3) und (4) sind A, B, A’, B’ und p gewisse Constante, welche sich mit Hilfe der Grenzbedingungen leicht werden be- stimmen lassen. Die Bedingung a) war, dass im An’angspunkt der Bewegung, also für x — 0 eine Stelle ungeänderter Dichtigkeit sei, d. h. dp = a 0: Hieraus folgt, dass B = 0 ist und somit p = Asinpx. cospat. (5) Für das andere Ende der Pfeife wurde die gleiche Annahme gemacht, also wenn wir die Längen der Röhren wie früher bezeichnen, soll die Gleichung stattfinden: 16 Robert Gerhardt. De dh: Asinpl+Y)+B cosp(l+!) = 0 oder B—= —Atsfp(ll-+PV)]. Hierdurch bekommen wir p —= A’[sin px — tg p(l+T) cos px] cos pat. (6) Um die Constante A zu bestimmen, führen wir die Grenzbedingung c) ein, welche forderte, dass (i r) ee ( Y) dt El =; dt)x=1ı sei; also haben wir A sinpl = A’ [sin pl—tgp(+!)). cos pl] oder ‘ A=ATM—ctgpl.tgpl+P)]. Somit ergeben sich für unsere Funktionen die Gleichungen: 9 = A sinpx. cos pat[1 —ctgpl.tgp(l+1)] (7) p = A sinpx. cos pat [1 —ctgpx.tgp(l+N)]. (8) Die vierte Bedingung war, dass in jedem Zeittheilchen gleiche Luft- mengen durch den Querschnitt bei x — | hindurchgehen sollen; d. h. wenn wir mit q und q’ entsprechend die Querschnitte der grösseren und kleineren Röhre bezeichnen, es soll die Gleichung bestehen: dy rn (lar u . SL, a3 q 2 Sl, Wenn wir nun die Werthe für $ und 9 aus (7) und (8) in diese Gleichung einführen, so erhalten wir nach einigen leichten Reduetionen die Relation al —ctgpl.tgpl+N])=qgli+tgpl.tgp(l-+N)] und wenn wir berücksichtigen, dass , tgspl+tepl ae a ist, so redueirt sich diese Gleichung mittels weniger Umformungen auf fol- gende transcendente Gleichung: R ‚tgpl= —tgpl, («) durch welche die Constante p bestimmt ist. Es bliebe nun, um die Werthe der Potentiale 9 und 9 vollständig zu bestimmen, nur noch übrig, den Werth Die Rohrflöte, ein Pferfenregister der Orgel. 1% der Constanten A’ zu suchen. Bourget hat A’ bestimmt, indem er den Anfangszustand zur Zeit t— 0 als gegeben annimmt und die dadurch ge- fundenen Gleichungen mit Hilfe eines bestimmten Integralsatzes integrirt. Wir können jedoch von einer genauen Bestimmung der Constanten A’ absehen, da dieselbe für unsere physikalischen Zwecke unwichtig ist. Um aber die Potentiale 9 und 9 in ihrer allgemeinsten Form für unseren Fall herstellen zu können, soll nur noch Folgendes bemerkt werden. Man kann sich leicht davon überzeugen, dass A’ von der Constanten p abhängt. Da nun p, wie aus der transcendenten Gleichung («) hervorgeht, unendlich viele Werthe haben kann, so ist leicht einzusehen, dass die Poten- tiale 9 und $ unendliche Summen sind, deren Glieder alle durch die Wurzeln p der transcendenten Gleichung bestimmt sind. Aus letzterem Grunde geben wir dem Summenzeichen und der Constanten A’ den Index p. Die Ausdrücke werden dann lauten: p = ’IA, sin px. cos pat 1 — ctgpl .tgpl+1)] (9) p = EA sinpx. cos pat [1 — ctgpx.tgp(l+N)]. (10) Der besseren Uebersicht halber wird es sich empfehlen, gleich jetzt mit kurzen Worten auf die Entwickelung des Falles der gedeckten Rohr- flötenpfeife einzugehen. Hier wird nur insofern eine Aenderung der Gleichungen eintreten, als die Bedingung b) in folgende übergeht: An dem geschlossenen Ende der Pfeife ist die Geschwindigkeit — 0, d. h. (du dx ) = (l)- \ x—1-+! Dadurch wird B = A, ctsp(l+T), A—=ATfIi-+ctgpl.ctgp(l+V)], die transcendente Gleichung: tg pl = ctg pl (8) und die allgemeine Form der Potentiale: p —= EA, sinpx.cospat[1+ctgpl.ctgsp(l+1)] (11) p —= EA, sinpx. cos pat 1 +ctgpx. ctgp(I+N)]. (12) Die Gleichungen (9) bis (12) zeigen, dass wir es mit einer periodischen Bewegung zu thun haben. Bezeichnen wir mit T' die Periode, so ist die- selbe hier Nova Acta XLVI. Nr. 1. w 18 Robert Gerhardt. und somit die Schwingungszahl Unsere nächste Aufgabe ist also jetzt, die Constante p aus den trans- cendenten Gleichungen («) und (3) zu bestimmen. Die Verhältnisse der Dimensionen der Röhren in den Pinaud’schen Versuchen gestatteten es Bourget, seine transcendente Gleichung, die etwas anders lautet als die unsrige, in der Weise zu lösen, dass er statt der Tan- gente den Bogen einführte. Dies ist aber für uns bei den Verhältnissen der Dimensionen der Röhren unserer Pfeife nicht zulässig, weil die Erhöhung oder Vertiefung des T'ones durch das eingefügte Röhrchen, wie wir aus $ 1 er- kennen können, meist zu bedeutend ist, als dass wir nicht einen zu grossen Fehler durch jene Art der Lösung begehen sollten. Daher habe ich die Wurzeln p in der Weise gesucht, dass ich jede Seite der Gleichungen als besondere Curve betrachtete, dieselbe auf Millimeter- papier aufzeichnete und dann näherungsweise die den Durchschnittspunkten beider Curven entsprechenden Abscissen berechnete. Ich construirte also, indem ich pl = : setzte, die Curven He a | 7 ie (8. = und ng = ctg (&-— und fand Durchschnittspunkte für Werthe worin m für verschiedene Beispiele verschiedene ganze Zahlen bedeutet und das positive Vorzeichen von « für die Gleichung («) oder für die Pfeife mit offenem Röhrchen, das negative für die Gleichung (3) oder für die Pfeife mit gedecktem Röhrchen gilt; auch « ist für jede Pfeife und für jeden Werth von m verschieden. Die verschiedenen Werthe von m werden uns erst bei der Besprechung der Klangfarbe interessiren. In diesem Paragraphe gilt es Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 19 zunächst, die Schwingungszahl des Grundtones der Pfeifen zu finden. Wir setzen deshalb € TORE: also =" +e. Die Berechnung der Grössen « ist mit vierstelligen Logarithmen aus- geführt und bei der Aufzeichnung der Curven auf dem Millimeterpapier ist der Decimeter als Einheit genommen worden. Aus den beigefügten Tafeln II bis V, in denen die Curven in verkleinertem Maassstabe wieder- gegeben sind, ersieht man leicht die Art und Weise der Bestimmung der Grössen «. Da nun E—pl— 2 to und n— 5 ist, so ergiebt sich für die Berechnung der Schwingungszahlen der Grundtöne unserer Pfeifen die einfache und übersichtliche Formel a 2a —Alı+2). worin also a die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles, I die Länge der Hauptröhre unserer Pfeife und « die aus den Wurzeln p zu berechnende Grösse bedeutet. a s . . .n Da z7j bekamntlich die Schwingungszahl der gedeckten Pfeife ohne kKöhrehen giebt und die Grösse «, wie aus den transcendenten Gleichungen leicht einzusehen ist, mit der Zunahme der Verhältnisse 2 und | in gewisser Weise beziehungsweise wächst oder abnimmt, so bestätigt diese Formel sehr gut die bereits im $ 1 durch die experimentelle Untersuchung gefundenen ‚Regeln für den Einfluss der Röhrchen auf die Tonhöhe. Selbst wenn wir nun bei der Berechnung der Schwingungszahlen aus obiger Formel für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit a nur 330m annehmen, weil dieselbe bekanntlich in engen Röhren um nicht Geringes kleiner ist, als in der freien Atmosphäre, so ist doch — in Folge der bekannten T'hatsache, dass die 'T'heorie der offenen sowohl wie gedeckten Pfeifen eine beträchtlich höhere Schwingungszahl ergiebt, als dem gehörten "Tone entspricht, und man sich daher veranlasst gesehen hat, eine Correction an der Länge der Pfeife in der Weise anzubringen, dass man z. B. für die gedeckte Pfeife a n = PRTEn Tee) ns 20 Robert Gerhardt. setzte, — vorauszusehen, dass wir auch hier eine zu hohe theoretische Schwingungszahl erhalten werden. Zum Beispiel geben die drei Pfeifen I, II und III gedeckt und ohne Röhrchen nach der theoretischen Formel T beziehungsweise die Schwingungszahlen: 226,6, 289,4, dagegen entsprechen den beobachteten Grundtönen derselben die Schwingungs- 494, zahlen: ale al), alle Ich habe es daher für gerathener erachtet, statt 5 «den bereits corrigir- a B . B . . ten Factor ad) die theoretische Formel einzusetzen, d. h. eben die beobachtete Schwingungszahl der den einzelnen Pfeifen entsprechenden Grund- töne (210, 250, 421). Die Formel lautet also Jetzt: = IHN 1+ =«), Die Resultate, welche diese Formel ergeben hat, sind in der folgenden Tabelle C zusammengestellt worden. In derselben bezeichnen die Verhält- nisse der Querschnitte, ne diejenigen der Längen der beiden jeder Pfeife an- gehörigen Röhren, n die beobachteten, n’ die berechneten Schwingungszahlen, « die den Wurzeln p entsprechenden Grössen, die Bezeichnung der Pfeifen ist die frühere; in der letzten Rubrik sind noch zur besseren Uebersicht die Differenzen (n —n) verzeichnet. Tabelle C. Pfeife d | A | « | n n | n—n n en RM! L I = u = I Ja 0,0456 0,2900 0,0870 221,6 221 | + 0,6 Ia 0,1743 | 0,3764 0,2160 238,9 BISRAN A035 Ig 0,3982 | 0,4863 | 0,2605 250,3 249 allen Ik 0,7978 | 0,6100 | 0,3321 254,4 256 6 1 Ar 2 r ‚de Zohan Ha 0,0446 | 0,2983 | 0,0831 263,2 1 199 IIb 0,0934 | 0,3123 | 0,1530 274,2 275 —.08 Ile 0,2501 0,5229 | 0,1880 280 283 39 IIa 0,4445 | 0,6246 | 0,2150 284,3 288 nn] Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 21 Pfeife | je | . | @ n | n nen 4 | | | | | Im Fr lagen: 421 Rn Illa 0,0430 | 0,3713 0,0631 | 437,8 437 40,8 IN: | O,1117 | 0,3354 | 0,1690 | 466,4 | 467 — 0,6 IlIe 0,2317 0,5030 | 0,1870 Kar SA 4 4AT —,3.9 | IIIa 0,4443 0,6707 0,1830 | ,,.270,2 12,474 — 3,8 In | 0,0446 | 0,2983 | 0,0220 | 2465 | 47 | 08 ud | 0,4445 | 0,6246 | 0,3805 |, 1895 | 205 | — 15,5 Ile’ | 0,0430. | 0,3713. | 0,0302 | 413 | 409: | +40 Me | 0,2317 | 0,5030 | 0,1919 | 3697 | 37 | 73 Id | 0,4443 | 0,6707 | 0,4120 | 3109 | 336 | — 25,1 Diese Tabelle zeigt eine ziemlich genaue Uebereimstimmung zwischen der theoretischen und beobachteten Schwingungszahl, und wenn man bedenkt, dass die Berechnung der Grössen « auf dem Millimeterpapier nur näherungs- weise ausgeführt werden konnte,‘ so wird man zugeben, dass die aus unserer theoretischen Behandlung der uns in diesem Paragraphen beschäftigenden Frage erhaltenen Resultate befriedigend und erfreulich sind und demnach unsere Theorie der in einer Rohrflötenpfeife entstehenden Luftschwingungen vom physikalischen Gesichtspunkte aus gerechtfertigt erscheint. Der besseren Uebersicht wegen stellen wir die durch die experimentelle und theoretische Untersuchung gewonnenen allgemeinen Regeln für den Einfluss eines in den Deckel einer gedeckten Labialpfeife eingefügten Röhr- chens auf die Tonhöhe noch einmal kurz zusammen. 1) Ist das Ansatzröhrchen beiderseits offen, so wird eine Erhöhung des Grundtones der Pfeife herbeigeführt. Die Ver- längerung des Ansatzröhrcehens bei constantem Querschnitt verursacht eine Verminderung der Tonerhöhung, die Vergrösse- rung des Querschnitts des Röhrchens bei eonstanter Länge eine Vergrösserung der Tonerhöhung. Die Aenderung der Ton- erhöhung steht weder mit der Aenderung der Längen, noch mit derjenigen der Querschnitte der Röhrchen in einem einfachen Verhältnisse. Vielmehr steigt der Werth der Abnahme der Ton- erhöhung mit wachsender Länge und es vermindert sich der 22 Robert Gerhardt. Zuwachs der Tonerhöhung bei wachsendem Querschnitt des Röhrchens. 2) Ist das Ansatzröhrchen am oberen Ende geschlossen, so wird eine Vertiefunng des Grundtones der Pfeife herbeigeführt. Die Vertiefung ist um so grösser, je länger das Röhrchen bei con- stantem Querschnitt und je weiter es bei constanter Länge wird. Die Aenderung der Tonvertiefung steht weder mit der Aenderung der Längen, noch mit derjenigen der Querschnitte in einem ein- fachen Verhältnisse Der Werth der Tonvertiefung nimmt mit wachsender Länge des Röhrchens zu, mit wachsendem Quer- schnitt dagegen ab. 8 3. Die Klangfarbe der Rohrflötenpfeife. Nachdem Helmholtz den Grund des Wesens der Klangfarbe der musikalischen Instrumente entdeckt und in seiner „Lehre von den Tonempfind- ungen“ ausführlich nachgewiesen hat, in welcher Weise die Klangfarbe eines tönenden Körpers von seiner Schwingungsform abhängt, wird es uns nicht schwer werden, eine Erklärung der Klangfarbe der Rohrflötenpfeife zu geben. Helmholtz selbst hat bereits in dem genannten Liehrbuche bei Gelegenheit der Besprechung der Klangfarbe der Flötenpfeifen der Orgel auch die Rohr- tlöte berührt und zwar mit folgenden Worten: „Hier ist ein beiderseits offenes köhrehen in den Deckel einer gedeckten Pfeife eingesetzt, dessen Länge in den von mir untersuchten Beispielen so gross war, wie eine offene Pfeife sein müsste, die den fünften 'I’'heilton des Klanges geben sollte. Dadurch wird an diesen Pfeifen der fünfte 'Theilton verhältnissmässig stärker als der ziemlich schwache dritte hervorgehoben, wodurch der Klang etwas eigenthümlich Helles!) erhält.“ Inwieweit wir diesem Urtheile über die Klanefarbe der Rohrflöte beistimmen müssen, wird das Folgende ergeben. Aus der „Lehre von den 'Tonempfindungen“ kennen wir folgende all- gemeine Gesetze: 1) Hell nennt man einen Klang, wenn er hohe Partialtöne enthält. Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 23 1. dass die Klangfarbe von der Art und Weise der Zusammensetzung der Schwingungsform eines tönenden Körpers abhängt, 2. dass jede verschiedene Klangfarbe eine verschiedene Schwingungs- form erfordert, os dass jede Luftbewegung, welche einer zusammengesetzten Klang- masse entspricht, in eine Summe einfacher, pendelartiger Schwing- ungen- zerlegt werden kann, und 4. dass einer jeden solchen einfachen Schwingung ein bestimmter Ton entspricht, den das Ohr empfindet, dass also jeder Klang in eine Reihe von Partialtönen zerlegt werden kann. Mit Hilfe dieser allgemein giltigen Sätze ist weiter gezeigt worden, dass die Reihe der Partial- oder Obertöne für alle musikalischen Klänge, die einer regelmässig periodischen Luftbewegung entsprechen, genau dieselbe ist, nämlich dass solche Klänge harmonische Obertöne enthalten, deren Schwing- ungszahlen in dem einfachen Verhältniss der natürlichen Zahlen zu einander stehen, wie z. B. der Klang einer offenen Labialpfeife; ferner, dass es Klänge giebt, welche nur einen T'heil der harmonischen Obertöne enthalten, wie z. B. die gedeckten Labialpfeifen, die nur die ungradzahligen Obertöne geben, und dass es endlich Klänge giebt mit unharmonischen Nebentönen, wie die Stimm- sabeln. Die Anzahl der mit dem menschlichen Ohr wahrnehmbaren Obertöne ist verschieden bei den verschiedenen musikalischen Instrumenten. Da nun unsere Rohrflötenpfeife, ‘wie ein jedes nur einigermassen ge- übtes Ohr auch unbewaffnet beobachten kann, ebenfalls wie die offenen und gedeckten Labialpfeifen einen Klang und nicht einen einfachen Ton zu Gehör bringt, so kommt es bei der Untersuchung ihrer Klangfarbe darauf an, die ihr entsprechende Schwingungsform in ihre einzelnen Bestandtheile aufzulösen oder ihren Klang in seine Partialtüne zu zerlegen. Die experimentelle Lösung dieser Aufgabe habe ich mit Hilfe einer grossen Anzahl von Helmholtz’schen Resonanzröhren, eines Pianinos und Harmoniums ausgeführt. Die benutzten Resonanzröhren waren zwar auf die Obertöne des Grundtones C, welcher 65 Schwingungen macht, abgestimmt, jedoch ist es möglich, auch mit diesen einen andern Klang in seinen Ober- tönen zu beobachten, wenn auch dieselben jenen nicht vollständig entsprechen. Denn man kann die gegebenen Resonanzröhren dadurch zum Mittönen mit 24 Robert Gerhardt. einem ihnen nahe liegenden "Tone bringen, dass man ihre Oeffnung ent- sprechend theilweise mit der Hand deekt. Da nun besonders die höheren Resonanzröhren an und für sich schon auch aut sehr nahe liegende, ihnen nicht genau entsprechende Töne reagiren und da durch die oft nöthige theil- weise Verdeckung mit der Hand dies erst recht unterstützt wird, so war es geboten, den gehörten Oberton stets mit Hilfe des Pianinos oder Harmoniums zu bestimmen. Es sei hier gleich voraus bemerkt, dass es mir nicht immer möglich war, die beobachteten T'heiltöne auf eine ganz genaue Schwingungs- zahl abzuschätzen. Dieselben lagen nämlich zumeist zwischen zwei halben Tönen der zu ihrer Bestimmung dienenden Instrumente. Diese Instrumente hatten Pariser Stimmung, d.h. ihr a’ hatte 435 Schwingungen. Die Angaben der Scehwingungszahlen sind daher nach einer Tabelle gemacht, die ich mir nach den von Daguin angegebenen Verhältnissen der Töne einer Octave zum Grundton für mehrere höhere Octaven aufgestellt habe. Das Intervall nun, welches sich zwischen einer der angegebenen Schwingungszahlen und den ihr nächsten der aufgestellten "Tabelle herausstellt, beruht natürlich auf einer Schätzung des Gehörs, welche deshalb nicht ganz sicher ist, weil es in den hohen 'T'onlagen der beobachteten 'T’'heiltöne dem Ohre unmöglich ist, Schweb- ungen in ihrer Anzahl genau zu bemessen. Immerhin werden die gemachten Angaben hinreichend sicher sein, um aus ihnen die nöthigen Folgerungen für die Klangfarbe unserer Pfeifen ziehen zu können. Wie schon oben gesagt wurde, können wir die Reihe der T'heiltöne des Klanges der Rohrflötenpfeife ohne die T’heorie nicht für jedes untersuchte Beispiel sicher feststellen. Denn bei der experimentellen Beobachtung der Partialtöne kann man leicht verführt werden, auch einen solchen Ton für einen Theilton zu halten, den der Klang als solchen nicht enthalten kann, wie die '['heorie bestimmt zeigt, der vielmehr bei genauer Untersuchung sich als Com- hinationston herausstellt. Solche Combinationstöne, Summations- und Differenz- töne, treten bei unserer Pfeife leicht auf in Folge einer noch zu besprechenden Eigenthümlichkeit. Wir wollen daher die Analyse des Klanges unserer Pfeifen zunächst theoretisch vornehmen. Die theoretische Analyse der in der Pfeife mit offenem Ansatzröhrchen entstehenden zusammengesetzten Schwingungsbewegung wird uns gegeben durch die Gleichungen (9) und (10), welche lauteten: Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. [8) Ra p = ?IA, sinpx.cospat[1—ctgpl .tgp(l+T)] p = PA, sinpx. cos pat [1 —ctgpx.tgp(l+TV)] zusammen mit der aus ihnen und der Grenzbedingung (d) resultirenden trans- cendenten Gleichung E worin &—pl ist. Die Wurzeln p, Ps P3---- Pu... dieser Gleichung be- ziehungsweise die aus ihnen herzuleitenden Grössen &, a9, a3... @n +... De- stimmen sämmtliche in dem Klang unserer Pfeife enthaltenen Partialtöne. Da wir bereits im $ 2 den ersten T'heilton mit Hilfe der Wurzel p, gefunden haben, so gilt es jetzt, die nächsten Wurzeln zu suchen, d. h. die nächsten Durchschnittspunkte der beiden Curven mn = 1a tg & und 72 = — tg (ek Aus diesen Gleichungen erhellt yon vorn herein, dass die Wurzeln variiren mit den Verhältnissen 4 md ‚d. h. dass jedes andere Verhält- niss der Dimensionen der beiden Röhren Er Pfeife eine andere Reihe von Theiltönen bedingt. Jede einzelne der im $ 1 angeführten Pfeifen hat also eine andere Reihe von Theiltönen und jede bringt somit eine andere Klang- farbe zu Gehör. Es wird jedoch für unsere Zwecke genügen, nur eine be- stimmte Anzahl Beispiele aus jener Reihe auszuwählen und genau zu unter- suchen. Die aus diesen Untersuchungen erhaltenen Resultate werden dann leicht eine allgemeine Folgerung für die Art und Bere ‚der Aenderung der Reihen der Theiltöne bei anderen Verhältnissen ı und — \ ergeben. Ich habe die Pfeifen Ia, Ig, Ik, Ha, IId, IIIa, IIIe und IIId her besonderen Unter- suchung unterworfen und also die ihren Röhrendimensionen entsprechenden Curven 7, und 7, auf Millimeterpapier aufgezeichnet, um die ihren Durch- . schnittspunkten zugehörigen Grössen « zu bestimmen. Die Tafeln I und III geben die den Pfeifen Ta und Ik entsprechenden Curven und veranschaulichen, auf welche Weise ich verfahren bin, um die Theiltöne vorher zu bestimmen. Die Durchsehnittspunkte der Curven habe ich auf den Tafeln mit einem Kreuz markirt; wo der betreffende Punkt, weil seine Ordinate zu gross war, nicht gezeichnet werden konnte, habe ich die entsprechende Abseisse auf gleiche Weise hervorgehoben. Nova Acta XLVII. Nr. 1. 4 26 Robert Gerhardt. Die für die einzelnen 'T'heiltöne massgebenden Grössen « theoretisch genau zu berechnen, habe ich für unnöthig gehalten, weil das Verhältniss jeder einem Oberton zugehörigen Abseisse zu derjenigen des Grundtones hin- reichenden Anhaltspunkt gab für die experimentelle Bestimmung des gesuchten Theiltones. In der Tabelle D sind die Resultate der auf diese Weise angestellten Beobachtungen zusammengestellt. Der Grundton ist stets noch einmal mit angegeben, um sofort einen übersichtlichen Blick auf die sich als unharmo- nisch herausstellende Zusammensetzung der Klänge unserer Pfeifen zu ge- statten. Für die theoretische Schwingungszahl ist nur die jedem Theiltone entsprechende Formel angegeben, in welcher die Grösse «, die bei jedem T'heiltone eine andere ist, mit entsprechendem Index und mit dem positiven oder negativen Vorzeichen versehen ist, je nachdem sie hinter oder vor dem 7 ihr nächsten ganzen Vielfachen von - liegt. c bedeutet immer die Schwing- ungszahl des Grundtones der entsprechenden gedeckten Pfeife ohne Ansatz- rohr. Die Rubriken 1 bis 4 enthalten die Schwingungszahlen der wahrgenom- menen Theiltöne zugleich mit den entsprechenden theoretischen Formeln. Tabelle D. Pfeife | D) | B' 4 2« | 2« i 2« | 2« irhsd ® =r = Inir© E =+ =) | 6 (5 _ a) ® (1 = | 221 640 090 | _ 2a, 20, | 20, e 20, n a e[ —_ ar) e[ 249 580 790 1040 2, 2&, 20, 2a, ie e(1+2%) e[2+2) 5 e[a— 2%) e(5 zu) i | 256 330 780 | 1050 2a, 2%, | 2a, 2«, Ta | 5 (er lines 22) Hasfe zielen 261 770 | ..1290 e Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 27 Pfeife | L 2 3 4 —— —= —- —— — nm — —_—— — _ — — — 2, 20, 2« 2a, ma | ee ee | 288 670 970 | 1240 20, 20, 2, 2, elite) a c(5 a e( —_ 437 1280 | 2170 — cur 2e) 2 el e6+2@) Ow I | 475 966 1480 = | e zei) [3 2« E 2a, 24, ee LA TE NG NArR: An 474 960 1430 = Aus diesen Reihen erkennen wir, dass die Rohrflöte keine harmoni- schen Obertöne, vielmehr nur unharmonische Nebentöne enthalten kann, welches auch immer die Verhältnisse der Dimensionen ihrer beiden Röhren sein mögen. Auch war im den Beispielen Ia, IHHa und Illa, in welchen das Röhrchen un- gefähr die Länge der dem fünften Obertone entsprechenden Pfeife, aber einen kleineren Querschnitt hatte, nicht.der dritte, sondern der zweite T'heilton der vorherrschende. Wir sehen ferner, dass die T'heiltöne dem Grundton um so näher sind, je weiter und je länger das Röhrchen wird oder je grösser die Verhältnisse 9 und . werden. Sehr gut lässt sich dies auch aus den Ta- feln II und II schliessen. Unsere Pfeife ist also in Bezug auf die Zusammensetzung ihrer Schwingungsform unter die unvollkommen musikalischen Instrumente zu rechnen und steht insofern zwischen der einfachen offenen und gedeckten Pfeife, als ihre Obertöne vom Grundton entfernter liegen, als bei der offenen und dem Grundton näher sind, als bei der gedeckten Pfeife. Von der Disharmonie ihrer T'heiltöne kann man sich sehr leicht auch ohne Hilfe der Resonanzröhren überzeugen. Wenn man nämlich die Pfeife stärker als gewöhnlich anbläst, so zeigt sie die Eigenthümlichkeit, dass alle 4* 25 Robert Gerhardt. vorhandenen Obertöne zugleich und gleich stark mit dem Grundton erklingen, was um so merkwürdiger ist, als bei den bisher bekannten Pfeifen die Ober- töne bei stärkerem Anblasen isolirt auftreten. Der von der Pfeife bei stär- kerem Anblasen erzeugte Klang ist ein höchst unharmonischer und un- angenehmer, besonders noch deshalb, weil in Folge der anhaltenden Stärke der Thejltöne noch eine Reihe von Combinationstönen hörbar wird. Bei einigen der angeführten Beispiele waren die 'Theiltöne schon bei gewöhnlichem An- hlasen so stark, dass, wie schon oben erwähnt, die Beobachtung der Partial- töne durch hervortretende Combinationstöne wesentlich erschwert wurde. Zum Beispiel gaben die Pfeifen Ig die Summationstöne 1 +4— 1289,2 +3 — 1370, IId den Summationston 1+ 4 — 1528 und Illa den Differenzton 3 — 1 — 1733 sehr deutlich. Bevor wir auf eine genauere Besprechung der aus diesen Beobacht- ungen resultirenden Güte der Klangfarbe der Rohrflöte eingehen, sei noch ge- stattet, die Ergebnisse der Untersuchung der 'Thheiltöne der gedeckten Rohr- flötenpfeife kurz anzuführen. Die massgebenden Gleichungen waren hier: 9 = "IA, sinpx. cospat[1+ctgpl.. ctg pd+N] p — ’EA, sinpx.. cospat[1+ctgpx. etgp(l+N)] und ER tg & — cig ie a, worin & = pl ist. Bei der Berechnung der Wurzeln dieser letzten Gleichung bin ich in der bereits oben beschriebenen Weise verfahren. Alles was dort über die Tafeln II und III gesagt ist, gilt auch hier für die Tafeln IV und V, welche ein Bild der den Pfeifen IIa’ und IId’ entsprechenden Curven geben. Die folgende Tabelle E ist analog der vorhergehenden ausgeführt worden. Tabelle E. | Pfeife | ı | x p) Mer | 3 | n ‚Joe 1nslar#e} | eloareelul re | 247 | 730 | 980 | 2 0 Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 29 Pfeife 1 2 3 4 Kine en) e 2a e we o(a+ 3% Id’ TR EIERN Ne 205 480 812 1250 le) ER = k 409 560 | 1600 — BESIESSHEITSEREE IIIe‘ N = Y ® ö a ea 5 7 2 TE 377 770 1180 — 1) | ea | Pa IIla’ 336 760 1290 — Aus diesen Reihen geht die merkwürdige 'T’hatsache hervor, dass die gedeckte Rohrflötenpfeife mehr und einander näher liegende Obertöne oder unharmonische Nebentöne enthält, als eine gewöhnliche gedeckte Pfeife har- monische Obertöne hat. Auch hier rücken, wie bei der eigentlichen Rohr- flötenpfeife, die ee ‚um so näher an den Grundton heran, je grösser die Verhältnisse sa und = sind. Das Interessanteste an diesen Pfeifen aber ist, dass schon bei gewöhnlichem schwachen Anblasen alle Theiltöne deutlich wahrnehmbar hervortreten. Nur eine geringe Druckvergrösserung beim An- blasen genügt, um alle vorhandenen Nebentöne gleich stark mit dem Grundton erklingen zu lassen, insbesondere bei denjenigen Pfeifen, deren Verhältnisse Lund " gross sind. In Folge dessen kann man denn auch bei dieser q Pfeife eine reiche Anzahl von Combinationstönen beobachten. Wir können füglich davon absehen, die Klangfarbe dieser Pfeife genauer zu betrachten, da ihr Klang in so hohem Grade unmusikalisch ist, dass sie in der Praxis nicht gebraucht werden kann. Auch soll ja der Hauptzweck dieser Arbeit der sein, die eigentliche Rohrflötenpfeife in Bezug auf ihre Klangfarbe zu beurtheilen und, da diese unharmonische Nebentöne ergiebt, den Gebrauch der Rohrflöte in der Orgel zu rechtfertigen. 30 Robert Gerhardt. Diese Aufgabe vollständig zu lösen, soll nun im Folgenden versucht werden, indem wir die von Helmholtz in seinem Lehrbuche gegebenen Ge- setze für die Tonempfindungen auf unsere gemachten Beobachtungen anwenden. Wie wir aus den angegebenen Resultaten der Beobachtungen sehen, setzt sich jede Schwingungsbewegung, welche in einem System von zwei an- einander stossenden Röhren von verschiedenem Q@uerschnitte hervorgerufen wird, aus einer Reihe von derartigen einfachen Schwingungen zusammen, die nicht in einem einfachen, harmonischen, sondern sehr unharmonischen Ver- hältniss zu einander stehen. Hieraus resultirt eine unregelmässig periodische Luftbewegung und für jedes verschiedene Verhältniss der Querschnitte der Röhren eine verschiedene Reihe von unharmonischen T'heiltönen, und jede solche Reihe variirt wiederum mit dem Verhältniss der Längen der Röhren. Diese unharmonischen Theiltöne können alle zugleich vom Ohre empfunden werden, weil verschiedene Schallwellenzüge sich gleichzeitig durch denselben Luftraum fortpflanzen können, ohne sich gegenseitig zu stören. Jede der- artige Klangmasse aber ist unmusikalisch, und zwar um so mehr, je näher die Nebentöne dem Grundton sind und je stärker sie auftreten. Mit Recht, sagt daher Helmholtz, hat man bisher in der eigentlich künstlerischen Musik Instrumente von einer derartigen Klangmasse verschmäht. Nur die Stabharmonika hat man für Märsche und andere rauschende Musik brauchbar gefunden, weil deren unharmonische Nebentöne sehr weit vom Grundton ent- fernt sind und auch sehr rasch verklingen. Wie kommt es nun, dass die Rohrflöte, obgleich sie unharmonische Nebentöne enthält, die einmal nicht sehr weit vom Grundton entfernt sind und dann auch nicht schnell verklingen, sondern mit dem Grundton gleich lange tönen, in der Orgel, einem sicher künstlerischen Musikinstrumente, schon über drei Jahrhunderte hindurch Anwendung gefunden hat? Es wird dies im Fol- genden seine Erklärung finden. Betrachten wir zunächst diejenige Pfeife, aus der die Rohrflöte hervor- gegangen ist, die weite gedeckte Pfeife, welche dem „Gedackt“ genannten Pfeifenregister der Orgel angehört. (Tafel I, Figur 1.) Dieselbe giebt in Folge ihres verhältnissmässig grossen Querschnittes ausser dem Grundton nur den ersten der Reihe der einer gedeckten Pfeife angehörigen Obertöne, also denjenigen, welcher drei Mal so viel Schwingungen macht als der Grundton. Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 31 Die Klangfarbe des Gedacktes ist daher hohl, weich und unkräftig. Es ist daher leicht erklärlich, wenn ein Orgelbauer versuchte, diese Klangfarbe so zu ändern, dass das Hohle des Klanges gemindert wurde und eine grössere Helligkeit hineinkam, wie sie die offenen Pfeifen in hohem Maasse besitzen. Durch das Einfigen eines beiderseits offenen Röhrchens in den Deckel der Gedacktpfeife glaubte mit Recht jener Orgelbauer seinen Zweck erreichen zu können, da ja so die Pfeife eine partiell geöffnete wurde. In der "That wird durch jedes offene in den Deckel eingefügte Röhrchen von beliebigen Dimen- sionen dem Klang der Pfeife eine gewisse Helligkeit gegeben, deren Einfluss auf die Schönheit des Klanges aber verschieden ist je nach dem Verhältniss, in welchem die Dimensionen des Röhrchens zu denen der Hauptröhre stehen. In Folge der Verschiedenheit des Grades der individuellen Empfindlichkeit des menschlichen Ohres entwarfen nun verschiedene Orgelbauer verschiedene Mensuren für die Rohrflöte. Daher findet man noch heute in verschiedenen Orgeln verschieden mensurirte Rohrflöten. Jede giebt eine andere Klangfarbe und zwar, wie aus unseren Untersuchungen hervorgeht, eine um so bessere, = : = re ee 1. : i : je kleiner ihre Verhältnisse A und 7 sind, weil dann die unharmonischen q Nebentöne um so entfernter vom Grundton liegen. Rohrflöten von sehr an- genehmer Klangfarbe befinden sich in den Orgeln des Domes und der Stadt- kirche zu Merseburg und mehrerer Kirchen Naumburgs. Dieselben sind so mensurirt, wie unsere Pfeifen la, IIa und Illa angeben, welche die kleinsten der untersuchten Verhältnisse Fr und = aufweisen. Weshalb aber deren Klangfarbe wirklich angenehm zu nennen ist, be- darf noch weiterer Erklärung, da hierzu die wenn auch grosse Entfernung der Nebentöne vom Grundton nicht genügt. Wie ich schon oben darauf hingedeutet habe, so wächst die Stärke der Nebentöne mit den Verhältnissen der Dimensionen der Röhren. Da nun der Einfluss unharmonischer Nebentöne auf die Klangfarbe eines tönenden Kör- pers um so störender wird, je stärker dieselben hervortreten, so ist auch dies ein Grund dafür, dass die Klangfarbe der Pfeifen la, Ila und Illa an- genehmer ist als die der andern. Es ist jedoch nicht allein die Aenderung ‘der Verhältnisse I- und ” welche die Stärke der Nebentöne beeinflusst, sondern auch die Aenderung der Grösse der Mundöffnung (des Aufschnitts) 32 Robert Gerhardt. der Pfeife. Diesen Einfluss der Mundöffnung kennt jeder Orgelbauer und beutet ihn aus bei jeder Labialpfeife, der er eine bestimmte Klangfarbe geben muss. Dass die Grösse des Labiums einen gewissen Einfluss auch auf die Tonhöhe einer Pfeife an und für sich hat, ist lange bekannt und die Grösse dieses Einflusses ist besonders von Wertheim!) einer genauen Untersuchung unterzogen worden. Noch in keinem Lehrbuche aber, auch nicht in der „Lehre von den 'Tonempfindungen“, ist der Einfluss des Mundloches auf die Klangfarbe der Labialpfeifen genügend hervorgehoben worden. Ueber diesen Einfluss soll hier Folgendes bemerkt werden: Beim Anblasen einer Labialpfeife tritt durch den engen Spalt des unteren Labiums eine dünne Luftlamelle, welche dadurch, dass sie sich an der Kante des oberen Labiums bricht, zum 'T'heil in die Röhre eindringt, die unmittelbar über dem Aufschnitt liegende Luft nach oben treibt und zugleich verdichtet. Diese Verdichtung bewirkt dann, dass die Luftlamelle eine kurze Zeit nach aussen abgelenkt wird, die vorher verdichtete Luft über dem Aufschnitt sich wieder ausdehnt und eine nach unten gerichtete Bewegung erhält. Auf die Verdichtung folgt also eine Verdünnung der Luft; diese bewirkt nun ein erneutes Eintreten der Luftlamelle in die Röhre und der eben geschilderte Vorgang wiederholt sich periodisch, so dass die in der Röhre enthaltene Luft- säule in stehende Schwingung geräth und die Pfeife ertönt. Die Höhe des entstehenden Klanges nun hängt von der Höhe der in der Röhre enthaltenen Luftsäule ab und die Art und Weise seiner Zusammensetzung aus Theiltönen von dem Schwingungsgesetz, dem die Luftsäule unterworfen ist; die Zahl und Stärke seiner Theiltöne aber wird wesentlich von der Grösse des Aufschnittes bedingt. Die Richtigkeit der letzteren Behauptung lässt sich experimentell leicht mit Hilfe einer weiten gedeckten L.abialpfeife erweisen. Giebt man nämlich derselben zunächst einen sehr engen Aufschnitt, so hört man beim Anblasen nicht den Grundton, sondern den ersten Oberton und mit Hilfe von Resonanzröhren auch noch zwei oder mehr der nächsten Obertöne. Erweitert man dann den Aufschnitt, indem man von der Oberlippe schmale Streifen abschneidet, so bessern sich die Bedingungen zur Entstehung der dem Grund- I) Krönig’s Journal B. II. p. 485 ff. „Ueber die Schallschwingungen der Luft.“ Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 33 ton entsprechenden Schwingungen, die Stärke der Obertöne nimmt ab und die höheren Öbertöne verschwinden. Durch fortgesetzte Erweiterung des Aufschnittes erreicht man endlich, dass die Pfeife den Grundton fast allein zu Gehör bringt. Auf diese Weise pflegen die Orgelbauer bei den einzelnen Registern die Begünstigung oder Verdeckung von Obertönen zu reguliren. Bei dem Gedackt nun hat man, um einen fast reinen Grundton zu erhalten, das Aufschneiden der Mundöffnung noch weiter fortsetzen müssen, als die- jenige Grenze bedingt, welche überhaupt noch ein gutes Ansprechen der Pfeife zulässt. Dem guten Ansprechen aber hilft man hier durch die seitlich an der Mundöffnung angebrachten sogenannten Bärte (s. Tafel I), welche den breiten Luftstrom in seiner ganzen Fülle gegen die Oberlippe zu lenken bestimmt sind. So wurde erreicht, dass die Gedacktpfeife ausser dem Grund- ton nur den nächsten "Theilton und auch diesen nur sehr schwach hören lässt. Auf gleiche Weise bewirkte man bei der Rohrflöte, dass nur der Grundton kräftig hervortrat, die andern unharmonischen Theiltöne aber so abgeschwächt wurden, dass sie dem Gesammtklange nur noch einen helleren Charakter ertheilten, ohne die Harmonie in unangenehmer Weise zu stören. Diese Abhängigkeit der Zahl und Stärke der T'heiltöne von der Grösse des Aufschnittes wird nach obiger Erklärung der Entstehung des 'Tones in Labialpfeifen etwa folgendermassen gedeutet werden können. Je enger der Aufschnitt ist, um so voller und energischer dringt die Luftlamelle beim An- blasen der Pfeife in die Röhre; in Folge dessen muss bei engem Aufschnitt das Dichtigkeitsmaximum der Luft schon eintreten, ehe noch die Bewegung bis zu der dem Schwingungsknoten des Grundtons entsprechenden Stelle gelangt ist; und zwar dem Schwingungsgesetz der in der Röhre enthaltenen Luftsäule entsprechend an der Stelle des ersten Schwingungsknotens eines höheren 'Theiltones. Die Schwingungen der höheren Theiltöne gewinnen daher die Oberhand und wir hören keinen Grundton. Je weiter dagegen der Auf- schnitt ist, um so schwächer und langsamer dringt die Luftlamelle in die Röhre ein und um so geringer ist die Verdichtung der Luft an den Stellen der ersten Schwingungsknoten der höheren 'Theiltöne, um so mächtiger ist sie aber an der Stelle des dem Grundton entsprechenden Schwingungsknotens; die dem Grundton angehörigen Schwingungen gewinnen die Oberhand und der Grund- Nova Acta XLVII. Nr. 1. 5 34 Robert Gerhardt. ton wächst an Stärke über alle andern T'heiltöne heraus, während die höheren T'heiltöne verschwinden. Es bedarf jetzt nur noch einer kurzen Erörterung, warum die doch vorhandene unharmonische Zusammensetzung der Klangfarbe der Rohrflöte nicht unangenehm empfunden wird. Wie leicht erklärlich ist, würde bei jeder Combination von Partial- tönen, die einem bestimmten Klange entspricht, die Trennung derselben in ihre Partialtöne, wenn wir uns ihrer bewusst würden, ausserordentlich störend sein. Wir können aber diese Trennung unter gewöhnlichen Umständen nicht ausführen, weil dies eine so äusserst schwierige Aufgabe ist, dass selbst ein geübtes musikalisches Ohr einen ziemlich hohen Grad von Aufmerksamkeit anwenden muss, wenn es sich derselben unterzieht. Die Schwierigkeit dieser Aufgabe beruht einmal auf gewissen Umständen unserer Sinnesorgane, wie von Helmholtz in dem oft genannten Lehrbuche ausführlich dargethan ist!), dann aber auch auf der Schwäche, mit welcher die Partialtöne auftreten. Aus der oben erwähnten 'T'hatsache, dass sämmtliche Partialtöne der Rohrflöten- pfeife bei stärkerem Anblasen gleich stark, deutlich und getrennt vernehmbar hervortreten, und zwar um so besser, je grösser die Verhältnisse I und | der Röhren sind, leuchtet ein, dass eine grössere Stärke der Partialtöne die Schwierigkeit der Analyse eines Klanges verhältnissmässig vermindert. Je schwächer also die Obertöne hervortreten, um so weniger werden wir uns ihrer Existenz bewusst und um so eher fassen wir eine Combination von Partialtönen als einen einzigen Klang auf. Ferner wissen wir, dass der Wohlklang zweier nebeneinander er- klingender Töne um so weniger gestört wird, je grösser die Zahl der Schwebungen, die ihre Schwingungen hervorrufen, ist und je schwächer die Schwebungen in unser Ohr fallen. Aus unserer Untersuchung der Rohrflötenpfeife ging hervor, dass in den Beispielen la, IIa und Illa die unharmonischen Nebentöne erstens so weit, als es bei dem combinirten System zweier Röhren von verschiedenem Querschnitt und verschiedener Länge möglich ist, vom Grundton entfernt sind, 1) p. 101 fi. Die Rohrflöte, ein Pfeifenregister der Orgel. 35 und zweitens nur sehr schwach auftreten, so dass die Anzahl der entstehenden Schwebungen zu gross ist und die Amplituden der ihnen entsprechenden Schwingungen zu klein sind, als dass sie von unserem Ohr unangenehm em- pfunden werden und einen störenden Einfluss auf den Wohlklang üben könnten!). Da somit in der nach diesen Beispielen mensurirten Rohrflöte die Be- dingungen für die Möglichkeit der Zusammenfassung der Partialtöne zu einem (esammtklang und für den Wohlklang desselben am besten erfüllt sind, so folgern wir: Wenn auch die hohen unharmonischen Nebentöne dieser Rohrflöte ihre Existenz in der Empfindung durch den Unter- schied der Klangfarbe von derjenigen der gedeckten und offenen Pfeife erweisen, so werden sie von uns doch unter gewöhnlichen Umständen nicht isolirt wahrgenommen, sondern verschmelzen in den der Pfeife eigenen Gesammtklang, indem sie demselben nur eine gewisse eigenthümliche Helligkeit und grössere Fülle ertheilen. Demnach hat diese Rohrflöte eine gute und an- senehme Klangfarbe und wird deshalb in jeder besseren Orgel ein wünschenswerthes Register sein und durch die Eigenthüm- lichkeit ihrer Klangfarbe eine bevorzugte Stellung unter den anderen Labialregistern einnehmen. 1) Dies führt auch zu einer einfachen Erklärung des in der Einleitung erwähnten Umstandes, dass die Rohrflöte nur in den höheren Lagen der Tonleiter, nämlich vom un- gestrichenen c an, angewandt wird. In den tieferen Octaven würde nämlich die Klangfarbe in Folge der geringeren Anzahl der entstehenden Schwebungen rauh und unangenehm sein. Zn ( 2 i Be Zu Ad TE a Be | RE zuoh aber Maakläge > ZA UN LA: I = 2 . . Y FINE B oo . z Ber .) We Vorwort. Jeder, der einmal Gelegenheit gehabt hat, am Meeresstrande zoologische Studien zu machen, wird den Werth einer Zusammen- stellung der Merkmale einer zu untersuchenden Thiergruppe mit Rücksicht auf die biologischen Verhältnisse wohl zu schätzen wissen. Derartige Zusammenstellungen scheinen in neuerer Zeit recht zum Bedürfniss geworden zu sein, was schon aus den zahlreichen faunistischen Arbeiten der zoologischen Stationen hervorgeht. In der That sind solehe Arbeiten nieht nur von Vortheil für den Sammler und für denjenigen, der sich mit eingehenden anatomi- schen, histologischen und embryologischen Studien beschäftigen will, sondern sie bilden auch vornehmlich die Grundlage für das wichtige Capitel der Zoologie, welches die geographische Ver- breitung der Thiere behandelt. Namentlich ist es die Fauna der Ostsee, welche vor der anderer Meere unser lebhaftes Interesse erregen muss, da wir es hier, wie Prof. Möbius in dem Vorworte zu seinen faunistischen Untersuchungen über die wirbellosen Thiere der Ostsee treffend sagt, „mit einem verkümmerten Zweige der reichen Faunen des nordatlantischen Oceans und des nördlichen Eismeeres zu thun 6* 40 Dr. Henri Blanc. (p. 4) haben“. Er sagt weiter: „die Zahl der Species ist gering und die Individuen sind kümmerlicher ausgebildet als im freien Meere. Das veränderte Aussehen, welches die eigenthümlichen physika- lischen Verhältnisse der Ostsee den Thieren aufdrücken, macht die Bestimmung der Art, zu welcher sie gehören, sehr schwierig.“ Dies gilt auch für die in der Ostsee und in der Kieler Bucht im Besonderen vorkommenden Amphipoden, deren Beschreibung und Zusammenstellung den Gegenstand der vorliegenden Arbeit ausmachen soll. Zum Schlusse dieses Vorwortes sei mir noch gestattet, Herrn Prof. Möbius meimen besten Dank auszusprechen für die freund- liche Anregung zu dieser Arbeit, sowie für die Liebenswürdigkeit, mit der er mir seine Privatbibliothek und alle von ihm in der Ostsee gesammelten Amphipoden zur Verfügung stellte. Auch dem Präparator des Instituts, Herrn Zietz, sage ich hiermit Dank, dass er mich mit gut conservirtem Vergleichs- material zu unterstützen wusste. Kiel, Ende Januar 1883. Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 5) 41 Einleitung. 1. Ueber den Bau der Amphipoden im Allgemeinen. Bevor ich auf eine Beschreibung der in der Kieler Bucht vorkommenden Amphipoden eingehe, will ich einige allgemeine Bemerkungen und einige Er- gebnisse meiner Untersuchungen über Sinnesorgane vorausschicken. !) Die Amphipoden bilden mit den Isopoden diejenige Abtheilung der Krebse, welche 'man Arthrostraea, Ringelkrebse, zu nennen pflegt. Sie unter- scheiden sich von den Isopoden durch ihren meistens seitlich comprimirten Körper, der von sieben Thoracalsegmenten und einem verlängerten, aus sechs Segmenten bestehenden Abdomen gebildet wird, das nur bei den Capelliden rudimentär ist. Jedes Segment des Thorax und des Abdomens trägt ausgebildete Glied- massen. Der Kopf ist im Allgemeinen klein, trägt zwei Paar Antennen und führt an seinem unteren Theile die Mundtheile. Diese letzteren bestehen aus einer kleinen, meistens halbkreisförmigen Oberlippe, aus einem Paar kräftigen, mit grossen Zähnen besetzten Mandibeln, deren dreigliedriger Taster nur aus- nahmsweise fehlt. Hinter den Mandibeln liegt ein unpaares Stück, die Zunge, die man bei Krusten auch „Unterlippe“ nennt. Dann folgen drei Kiefer- 1) Ich habe mich bei meinen Untersuchungen, um die Thiere zur Tinction geeignet zu machen, der folgenden Methode bedient. Ich bringe die Thiere aus Alkohol, wo sie con- seryirt waren, in eine schwache Lösung von Pikrinsäure; sobald das Integument erweicht ist, entferne ich vollständig die Pikrinsäure mit schwachem Alkohol, worauf sie gefärbt werden können. Dies geschieht mit gutem Erfolge mittelst einer Cochenillelösung in 70% Alkohol oder von essigsaurem Carmin. Bei Anwendung des ersten Farbstoffes muss man natürlich ein Einlegen der Thiere in 70% Alkohol vorhergehen lassen. Die in dieser Weise behandelten Krebse lassen sich nach Einbettung in Paraffın sehr schön durchschneiden. 49 Dr. Henri Blane. (p. 6) fusspaare, welche als umgewandelte Thhoracalgliedmassen betrachtet werden können. Das erste Kieferfusspaar besteht aus zwei Lamellen, deren äussere einen zweigliedrigen Taster trägt. Das zweite Kieferfusspaar wird ebenfalls von zwei Lamellen gebildet, die aber des Tasters entbehren. Das dritte Kieferfusspaar ist bedeutend grösser als die beiden ersten, die von ihm ganz bedeckt werden, so dass man dieses Paar auch als Unterlippe ansehen könnte. Man kann an ihnen noch einen gegliederten Theil erkennen, dessen zwei erste Glieder zwei lappige Fortsätze nach innen bilden. Doch kann dieser eigent- liche Kieferfusstheil fehlen, wie das bei den Hyperiden der Fall ist. Von den sieben Thoracalbeinpaaren, die ihrer Funetion nach Schreit- füsse sind, sind die beiden ersten Paare sehr oft zu Greiforganen umgebildet, indem ihr fünftes Glied zu einer Greifhand umgestaltet ist. Diese Bildung tritt beim männlichen Geschlecht in ausgeprägtem Maasse hervor, und dient zum Festhalten des Weibchens bei der Copulation. Bei den Pontoporeideen sind diese beiden Paare nach vorn gerichtet und dienen zu gleicher Zeit als Mundwerkzeuge. In den sieben Thoracalbeinpaaren (Hyperideen) oder nur im dritten und vierten (Corophideen) findet man Drüsenzellen, die mit der Lebens- weise der Thiere in engem Zusammenhange stehen. Das erste Glied dieser Beinpaare, das ich Basalglied nennen werde (Claus nennt dasselbe „Uoxa“, Zaddach „Hüfte“), ist verbreitert zur Epimerialplatte. Diese Epimerialplatten sind gewöhnlich nur an den vier ersten T’'horacalbeinen gut ausgebildet; an den drei letzten bleiben sie klein. Ueber die morphologische Bedeutung dieser Epimerialplatten liegen verschiedene Ansichten vor. Nach Spence Bate und Westwood, Grube und Claus werden sie von den Basalgliedern der Beine gebildet; Zaddach betrachtet sie dagegen als T’heile der Segmente. Ich bin der Ansicht der erstgenannten Autoren, denn wenn die Basalglieder der Thoracalbeine langgestreckt und verbreitert sind, was stets bei den Basal- gliedern der letzten 'T'horacalbeinpaare der Fall ist, so sind die Epimerial- platten von geringerer Grösse, oder sie bleiben rudimentär. An dem von sechs Segmenten gebildeten Abdomen kann man nach der Gestalt der Gliedmassen zwei Theile unterscheiden, einen vorderen: das eigentliche Abdomen, und einen hinteren: das Postabdomen, welches gewöhnlich viel kürzer und dünner ist, als das vordere. Am Abdomen befinden sich drei Paar gleichgestaltete Gliedmassen: die Schwimmfüsse, deren Grüsse von Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 7) 43 der Bewegungsart des 'T’hieres abhängig ist. Das Postabdomen trägt eben- falls drei Paar Anhänge, die immer nach hinten gerichtet und ihrer Function nach Springfüsse sind. Das Postabdomen endet mit einer kleinen einfachen oder gegabelten Schwanzlamelle, die man als Teelson bezeichnet. Wenn die Amphipoden uns manche Eigenthümlichkeiten in ihrem äusseren Bau darbieten, so gilt dies auch für ihre Lebensweise. Manche schwimmen hin und her, andere halten sich mit Vorliebe auf Seegras, Algen, Spongien oder Polypen auf; sie bauen sich auch Nester von Sand oder Algen. Andere haben merkwürdigerweise das Wasser verlassen und leben auf dem Lande (Orchestia littorea). Die auf Thieren und Pflanzen lebenden Amphipoden zeigen gewöhnlich eine merkwürdige Anpassung an die Färbung ihres Aufenthaltsortes. Die Ursache dieser Schutzfärbung sind bei den Oorophiden, Caprelliden und unter den Gammariden bei Calliopius, Atylus, Cheirocratus, Chromatophoren. Wo diese fehlen wird die Färbung dureh Oeltropfen, die im Körper verbreitet sind, hervorgerufen. Ich habe vorhin erwähnt, dass bei den meisten Amphipoden die beiden ersten T'horacalbeinpaare zu Greiforganen umgebildet sind, und dass diese Eigenthümlichkeit für die Männchen besonders charakteristisch ist. Dieses ist jedoch nicht der einzige Geschlechtsunterschied. Gewöhnlich sind die Männ- chen auch grösser als die Weibchen. Tritt das Gegentheil ein, so sind doch die Greifhände beim Männchen bedeutend grösser als beim Weibchen (Micro- deutopus gryllotalpa). Ausserdem unterscheiden sich die Männchen von den Weibchen (Hyperia, Bathyporeia) durch die Länge der Antennen oder auch durch kräftigere, beinähnlich umgebildete untere Antennen (Corophium). Ich konnte auch einen Dimorphismus der Männchen beobachten, wie dies schon Fritz Müller (18, pag. 16) bei Orchestia Darwinii gethan hat, und zwar bei der nahe verwandten Gattung „Orchestia littorea“. Auf diesen Sexualunterschied haben ältere Monographien wenig Acht gegeben; daher kommt es auch, dass oft Männchen und Weibchen derselben Art als zwei verschiedene Species aufgestellt worden sind. Auch die durch das Alter hervorgebrachten Veränderungen sind zu wenig beachtet worden. 44 Dr. Henri Blanc. (p. 8) Mit dem Alter ändert sich die Körperlänge, die Form der Greifhände und der Antennen. Bei Hervorhebung dieser Veränderungen drängt sich die Frage nach der Lebensdauer der Amphipoden auf. Leider kann ich darüber nichts Sicheres berichten; bemerkenswerth ist, dass trächtige Weibchen von Gam- marus, Caprella, Amphithoö, Proto in ihrer Grösse bedeutende Verschieden- heiten zeigen; dasselbe gilt auch für ausgebildete Männchen. Diese von mir oft beobachteten beträchtlichen Unterschiede in der Körpergrösse geschlechts- reifer Individuen veranlassen mich zu der Annahme, dass die Lebensdauer dieser kleinen Krebse mehr als halbjährig ist, und dass die Weibchen mehr als einmal begattet sein können. 2. Einiges Neue über die Calceoli und die Riechzapfen. Milne Edwards entdeckte 1530 auf den unteren Antennen von Gammarus ornatus eigenthümliche Gebilde, welche er „eupules membraneux“ nannte; La Valette St. George, der sie einige Jahre später an den unteren Antennen von Gammarus pulex fand, belegte sie mit dem Namen „Calceoli“. O. Sars machte ebenfalls auf diese Organe aufmerksam und gab in seinem schönen Werke „Urustaces d’eau douce de Norwege“ Abbildungen von ihnen (28, Pl. IV); er vermuthet, dass diese Organe Riechwerkzeuge seien. Leydig (16, pag. 228. T. IX) war jedoch der Erste, welcher auf eine nähere Untersuchung derselben einging. Nach ihm bestehen die Ualceoli aus einem Stiel, auf dem ein schuhförmiges Gebilde sitzt; daher nannte er sie auch „schuhartige Anhängsel“. Dybowski und Wrzesniowski machten ebenfalls an diesen Calceoli interessante Beobachtungen. Dybowski, der sie hin- sichtlich ihres Vorkommens bei verschiedenen Species näher studirte, nennt sie „La Valette’sche Kolbenorgane*; Wrzesniowski (30, pag. 487) giebt eine ausführliche Beschreibung dieser Organe, die er auf den unteren Antennen des Männchens von Goplana polonica fand (31). Hoek (2, pag. 148. T. VI) endlich beschreibt ihre histologische Structur bei Calliopius laeviusculus und Gammarus locusta. Ich hatte Gelegenheit, die Calceoli ebenfalls bei Calliopius laev., Gammarus loc., sowie bei Amathilla Sabinii zu untersuchen. Leider Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 9) 45 stimmen meine Resultate mit denen von Hoek nicht überein. Bevor ich aber auf den Bau der Calceoli näher eingehe, sei es mir erlaubt, über ihr Vor- kommen noch einige Bemerkungen zu machen. Zuerst sind die Caleeoli nur auf den unteren Antennen des Männchens von Gammarus locusta, pulex und fluviatılis beobachtet worden. Heller sah diese Organe zuerst auf beiden Antennenpaaren des Weibchens von Zysianassa anonyx; Dybowski war der Erste, welcher beobachtete, dass die Calceoli bei beiden Geschlechtern auf- treten, und zwar bei verschiedenen Gammarus-Species des Baikalsee’s. Das- selbe ist der Fall bei Amathilla Sabinii und bei Calliopius laeviusculus, bei denen auf den beiden Antennenpaaren beider Geschlechter diese Organe anzu- treffen sind. Das Vorkommen bei den letztgenannten Arten ist dadurch interessant, dass die Calceoli hier nicht vereinzelt auf jedem Antennengliede vorkommen, sondern gruppenweise. Bei Oalliopius finden sie sich in Gruppen von drei und vier, bei Amathilla zählte ich auf jedem Gliede bis sechs Cal- ceoli. Bei Amathilla Sabinii kommen sogar zwei Formen, eine grössere und eine kleinere vor, von denen die letzteren zahlreicher sind. An jedem Calceolus (Taf. 1. Fig. 1, 2, 3, 4) kann man immer zwei Theile unterscheiden, nämlich einen Basaltheil, der bei Gammarus locusta und pulex. dütenförmig, bei Amathilla Sabini und Calliopius laeviusculus becher- förmig ist: die kleinere Form der Calceoli bei Amathilla Sabini zeigt einen champagnerglasförmigen Basaltheil. Auf dem Basaltheil sitzt ein zartes, eiförmiges, blasenartiges Gebilde, das wegen seiner Durchsichtigkeit oft schwer zu erkennen ist. Die Chitinwandung des Calceolus ist am Basaltheil bedeutend dicker als in dem letzten Gebilde und zeigt häufig Falten, die bei starker Ver- grösserung als glänzende Conturen erscheinen, und die für eine richtige Vor- stellung vom Calceolus erschwerend sind. Die obere chitinöse Wand des Bechers setzt sich nach innen fort und bildet eine Art zartes, dünnes Velum. In der Mitte dieses Velums findet sich eine Oeffnung, die beim Calceolus von Gammarus locusta (Taf. 1. Fig. 1) gross bleibt, während sie bei dem von Calliopius laev. (Taf. 1. Fig. 2) klein ist und trichterförmig erscheint. Am Rande dieser Oeffnung findet sich ein Kranz feiner Härchen, die gewöhnlich im Bechertheil siehtbar sind. Nur bei der grossen Calceolusform von Amathilla Sabinii (Taf. 1. Fig. 3) flottiren diese Härchen ausserhalb des Bechers; bei der kleinen Calceolusform derselben Art konnte ich diese Härchen nicht beobachten (Taf. 1. Fig. 4). Nova Acta XLVII. Nr. 2. 7 46 Dr. Henri Blanc. (p. 10) Bezüglich dieser Härchen sagt Hoek (11, pag. 151, 1. e.): „Der Inhalt des unteren Theiles ist deutlich strahlenförmig angeordnet und gleich wie die auf dem Becher ruhende Wolke scheint mir dieser Inhalt von protoplasma- tischer Beschaffenheit.“ Hoek’s Behauptung, dass diese feinen Härchen strahlenförmig angeordneter Inhalt des unteren Theils des Caleeolus seien, ist irrthümlich. Ich konnte mich mehrfach überzeugen, dass diese Gebilde Haare sind, da ich ihre Insertionsstellen am Rande der Oeffnung als kleine Pünktchen erkennen konnte. Hoek hat den Bau der Calceoli wohl deshalb nicht richtig erkannt, weil er sie besonders an Calkopius laeviusculus untersuchte; denn bei dieser Art sind die Verhältnisse am wenigsten deutlich. Was den oberen Theil der Calceoli anlangt, so wird er, wie gesagt, von einer eifürmigen Blase gebildet, deren breiteres Ende auf dem Becher sitzt. Die Chitinwand dieser Blase ist ausserordentlich dünn und zeigt immer concentrische Streifungen. Solche Streifungen hat auch Wrzesniowski bei Goplana polonica beobachten können; sie setzten sich oft bis zum becher- förmigen Theile fort, und lassen erkennen, dass die Blase einen ziemlichen Grad von Klastieität und Dehnbarkeit besitzt. Aus der oben befindlichen Triehteröffnung des Velums tritt ein Bündel von feinen Haaren hervor, die sich nur ausnahmsweise bei Gammarus loc., wo sie dieker sind, durch ihre grössere Länge von den unteren unterscheiden, die aber bei Gammarus loc. und Calliopius laev. bei ihrem Austritt aus dem Trichter divergiren, während sie bei der grösseren Calceolustorm von Amathilla Sab. erst im oberen Theile sich fächerförmig ausbreiten. Hoek betrachtet auch diese Härchen als eine protoplasmatische Wolke, welche aus der weiten Trichteröffnung hervorragt, und hebt hervor, dass bei dem Calceolus von Gammarus loc. diese Wolke, sowohl in der Trichterhöhle als auch ausserhalb derselben, nicht homogen bleibt, sondern sich in feine Fasern zertheilt. Ausserdem zeichnet er (Taf. VI. Fig. 9) diese Wolke federförmig. Dass diese von Hoek beschriebene proto- plasmatische Wolke nicht existirt, geht daraus hervor, dass die Haare, wenn die Blase abgefallen ist, deutlich heraustreten und sogar zu zählen sind (Taf. 1. Fig. 2a). Was Hoek als zarte faserige Wolke gezeichnet hat, ist wahr- scheinlich die feine, constant auftretende Streifung der chitinösen Blasenwand, von der er nicht spricht. Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 11) 47 Der obere Theil der Calceoli fällt, wie auch schon Dybowski beobachtete, häufig ab. Er ist auch manchmal stark abgeplattet, dann er- scheint er, von der Seite gesehen, schuhförmig und hat dieselbe Form, die von Leydig (vergl. Taf. 1. Fig. la, 2a, 4a mit Leydig Fig. 9a, T. IX) mit Unrecht als normal abgebildet worden ist. Eine Nervenendigung sowie eine Verbindung derselben mit den Antennennerven konnte ich für die Calceoli nicht wahrnehmen. Doch sah ich oft im Stiel des Calceolus einen dunklen Streifen, dessen oberes zugespitzes Ende ich nicht weiter im Calceolus ver- folgen konnte (Taf. 1. Fig. 1). Nach der Wrzesniowski’schen Beschreibung (30, pag. 489) und nach den Zeichnungen der Calceoli von Goplana polonica, die er mir zu schicken die Güte hatte, halte ich diesen Streifen für eine sensorielle Nervenmasse, welche die oben beschriebenen Haare trägt. Das gleiche Vorhandensein dieser Calceoli beim Weibchen und Männ- chen von Callopius laeviusculus und Amathilla Sabinii spricht allein gegen Heller’s Vermuthung, nach der diese Organe Haftorgane des Männchens sein sollen. Ob man mit Sars und Leydig annehmen kann, dass diese Calceoli Riechorgane seien, ist zweifelhaft. Interessant ist das Vorkommen dieser Organe bei Arten, die in geringer Tiefe leben, und der Umstand, dass die Zahl derselben bei den Arten, welche an der Oberfläche leben, wo ihnen am meisten Feinde drohen, am grössten ist. Dies würde dafür sprechen, dass an die Oalceoli vielmehr eine Gehörempfindung gebunden sei. Die sogenannten Riechzapfen (bätonnets hyalins) sind bei den Am- phipoden allgemein verbreitet, und zwar nur auf den oberen Antennen beider Geschlechter. Nach Hoek sind sie auch bei Cheirocratus brevicornis auf den unteren Antennen gefunden worden, was ich jedoch nicht bestätigen kann. Im Allgemeinen findet man sie vereinzelt auf jedem Geisselgliede der oberen Antennen, doch ist das nicht immer der Fall; bei Calliopius laeviusculus (Tat. 1. Fig. 2a), Amathilla Sabinii, Bathyporeia pilosa, Podocerus falcatus findet man sie gruppenweise. Bei der ersten Art zählte ich drei oder vier in jeder Gruppe, bei der zweiten Art acht, bei den letzteren nur zwei. Bei Hyperia findet man eine Menge Riechzapfen nur auf dem Basalgliede der oberen Antennen. Was ihren Bau anbetrifft, so bin ich mit Leydig und Hoek einverstanden; ich konnte ebenfalls oft einen granulirten Inhalt erkennen mit Vacuolen von verschiedener Grösse; dieser Inhalt wird durch essigsaures Carmin dunkel gefärbt. Eine A 48 Dr: Henri Blane. "pr32) kleine Oeffnung an der Spitze der Riechzapfen konnte ich schön beobachten bei den Embryonen von Dexamine spinosa (Taf. 1. Fig. 5). Ausser den Calceoli und Riechzapfen findet man auf den Antennen von Oalliopius laeviusculus zahlreiche Borsten (Taf. 1. Fig. 6), deren Ende auf einer Seite kurz gefiedert ist. Diese Borsten, die schon von Hoek beobachtet wurden, können jedenfalls zu den Sinnesborsten gerechnet werden. 3. Historisches über die Amphipoden der Ostsee. In Zaddach (32) „Synopseos erustaceorum prussicorum prodromus“ 1344, werden sieben Arten Amphipoden aus der Ostsee angeführt. Unter den „Wirbellosen 'Thieren der Ostsee“ führt Möbius (23) siebenzehn Arten an: eigentlich nur sechszehn Arten, da sich die von Zaddach aufgestellte Species „Amphithoö Rathkei“ als identisch mit Calliopius laeviusculus erwiesen hat. Von diesen sechszehn Amphipoden sind nur neun von Möbius in der Kieler Bucht gefunden worden, nämlich: Caprella linearis, Leptomera pedata, Hyperia galba, Corophium Tlongicorne, Calliope Tlaeviuscula ( Calliopius laevinseulus,), Atylus bispinosus, (Gammarus locusta, Gammarus Sabinei, Orchestia littorea. Zu diesen kommen hinzu die acht folgenden Species, die ich während meines Aufenthalts in Kiel gefunden habe, nämlich: Bathyporeia pilosa, Pontoporeia femorata, Pontoporera furcigera, Dexamine spinosa, Cheirocratus brevicornis, Mierodeutopus gryllotalpa, Amphithoö podoceroides, Podocerus falcatus. Von diesen acht für die Kieler Bucht neuen Amphipoden sind die fünf letzten auch neu für die Ostsee. Die Zahl der in der Kieler Bucht vorkommenden Arten beträgt also jetzt siebenzehn. In den beiden von Lenz (14, 15) aufgestellten Verzeichnissen für die in der 'Travemiünder Bucht vorkommenden Amphipoden sind nur neun Arten angeführt, die ebenfalls, mit Ausnahme von Talitrus locusta und Melita pal- mata, in der Kieler Bucht vorkommen. Was das örtliche und zeitliche Auftreten der hier beschriebenen Amphipoden anlangt, so gilt davon im Allgemeinen Folgendes. Die Amphipoden haben ihre Vertreter in allen 'Theilen der Bucht, sowohl am Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 13) 49 Ufer als auch in der Mitte, oder, wie ich es schon für Orchestia gesagt habe, ausserhalb des Wassers. Ich traf Gammarus locusta sowohl in salzigem als auch in fast süssem Wasser an. Es ist also, um einen von Möbius eingeführten Ausdruck zu gebrauchen, ein in hohem Grade euryhalines Thier. Man findet Amphipoden von der Oberfläche an in allen Tiefen der Bucht. Nur ausnahmsweise verändern einige ihren Aufenthaltsort mit An- bruch des Tages resp. der Nacht; dieses gilt namentlich für die sonst in der Tiefe lebenden Thiere: Microdeutopus gryllotalpa und Corophium longicorne, die ich Abends an der Oberfläche sehr häufig fing. Calliopius Taeviusculus findet man bei Nacht öfter an der Oberfläche als am Tage. Bei der Aufstellung der folgenden Bestimmungs- Tabelle habe ich Boeck’s Eintheilung (3), die sich auf die Gestalt der Mundtheile gründet, beibehalten. Doch habe ich seine Subfamilien Corophidae und Caprellidae als Familien betrachtet, wozu ich mich dureh die bei den Corophideen allein im dritten und vierten 'Thoracalbeinpaare vorkommenden Drüsen berechtigt halte; ferner bestimmte mich der abweichende Bau der Caprelliden, dieselben von den Gammariden zu trennen. Um jede Verwirrung zu vermeiden, habe ich für jede Art den von ihrem ersten Autor aufgestellten Namen an- genommen. 50 Dr. Henri Blanc. (p. 14) 4. Tabelle zur Bestimmung der in de Kopf breit. Augen gross. Mandibeln mit einem Taster. Drittes Kieferfusspaar Körper mehr oder weniger walzenförmig. Kopf gross. Drei Kiefertusspaare ohne gegliederten Fusstheil. Leben als Schmarotzer in Medusen. stellt eine dreilappige Unterlippe dar. | I. Div. Hyperina. Fam. Hyperidae. Mandibeln ohne Taster. Oberes Antennen- paar oft sehr kurz, ohne Nebengeissel. Körper seitlich comprimirt. MN 775,7 7 SEE Fam. Orchestidae. | Dorsalseite des Körpers glatt oder mit einem | Fortsatze auf dem Abdomen. Epimerialplatten | lang, ihre Ränder mit langen Borsten ver- sehen. Obere Antennen kürzer als die unteren und mit einer Nebengeissel. Subfam. Pontoporeinae. Dorsalseite des Körpers nur auf dem Abdomen gesägt. Epimerialplatten kurz, ohne Borsten. Beide Antennenpaare lang, ohne Nebengeissel. | Körper seitlich comprimirt. Mandibeln Subfam. Dexamininae. H mit einem Taster. Obere Antennen Dorsalseite des Körpers glatt oder auf seinem lang, an oder ohne Nebengeissel. Hintertheil gesägt. Epimerialplatten klein. Fam. Gammaridae. Beide Antennenpaare lang, ohne N cbengeissch, Körper seitlich eomprimirt, oder platt- Subfam. Atylinae. gedrückt, oderlanggezogen. Kopf klein. Drittes Kieferfusspaar mit einem ge- gliederten Fusstheil. Leben frei im Wasser oder an feuchten Orten auf dem Lande. JI. Div. Crevettina. Dorsalseite des Körpers glatt, oder gesägt, oder zeigt kleine Erhöhungen. Epimerialplatten klein. Beide Antennenpaare lang, obere mit einer Nebengeissel (fehlt bei Callopius). Subfam. Gammarinae. platten klein. Schaft der unteren Antennen kräftiger als der der oberen, aber nie bein- förmig; obere Antennen mit oder ohne Neben- geissel. Leben im Freien od. bauen sich Nester, Subfam. Podocerinae. Körper wenig plattgedrückt, glatt. Epimerial-' | Körper mehr oder weniger plattgedrückt. Obere Antennen mit oder ohne Neben- geissel; untere Antennen kräftiger als die oberen. Drüsen im dritten und vierten Thoracalbeinpaare. | Fam. Corophidae. Körper stark plattgedrückt. Epimerialplatten sehr klein. Schaft der unteren Antennen bein- förmig; obere Ant. dünn, ohne Nebengeissel Subfam. Corophinae. Körper linear langgestreckt. Abdomen | Sieben oder fünf Thoracalbeinpaare. Beide J rudimentär. % Paare Antennen wohl entwickelt. III. Div. Lacmodipoda. Fam. Caprellidae. 7 — Die Amphipoden der Kieler Bucht. Kieler Bucht vorkommenden Amphipoden. Vordertheil des Körpers walzenförmig. Kopf dick und breit. Antennen kurz, griftelförmig. Beine einfach. Gen. Hyperia. Obere Antennen viel kürzer als der Schaft der unteren. Zweites Beinpaar mit einer Greif- hand. Drüsen in allen Thoracalbeinpaaren. Gen. Orchestia. Dorsalseite des Körpers glatt oder mit einem gabeligen Fortsatze auf dem vierten Abdo- minalsegmente. Telson lang, bis zu seiner Basis gefurcht. Gen. Pontoporeia. Dorsalseite des Körpers glatt. Erstes Basal- glied des Schaftes der oberen Antennen dick. Innere Aeste des letzten Springfusspaares sehr klein. Gen. Bathyporeia. Beide Antennenpaare beinahe von derselben Länge. Mandibeln ohne Taster. Gen. Dexamine. Die oberen Antennen kürzer als die unteren. Mandibeln mit einem dreigliedrigen Taster. Gen. Atylus. Dorsalseite des Abdomen zeigt hervortretende Erhöhungen. Obere Antennen ohne Neben- geissel. ö Gen. Calliopius. Dorsalseite des Abdomen zeigt kleine mit Borsten versehene Erhöhungen. Obere An- tennen länger als die unteren. Telson lang, gefurcht. f Gen. Gammarus. Dorsalseite des Abdomen ohne Erhöhung. Letztes Springfusspaar länger als das vorige. Telson kurz und tief gefurcht. Gen. Cheirocratus. Dorsalseite des Körpers gesägt. und nicht gefurcht. Gen. Amathilla. Obere Antennen länger als die unteren. Neben- geissel vorhanden. Telson kurz und breit. Gen. Microdeutopus. Obere Antennen länger als die unteren. Ohne Nebengeissel. Schaft der unteren kräftiger und länger als der der oberen. Telson länger als breit. Telson kurz Gen. Amphito&. Obere Antennen kürzer als die unteren. Neben- geissel vorhanden. Telson kurz und breit. Gen. Podocerus. Obere Antennen kürzer als die unteren. Ohne Nebengeissel. Schaft der unteren beinförmig. Telson unbedeutend. Gen. Corophium. Mandibeln mit einem Taster. Alle Thoracal- segmente besitzen Beinpaare, das fünfte Beinpaar ist das kleinste. Drei Paar Kiemen- säcke. Gen. Proto. Mandibeln ohne Taster. Drittes und viertes Thoracalsesment ohne Beinpaare. Zwei Paar Kiemensäcke. Gen. Caprella. | | | | Ant. kurz beim ©; beim 3 so lang wie der Körper. Drüsen in allen Gliedmassen. Erstes | und zweites Beinpaar ohne Greifhand. Schaft der unteren Antennen, geht allmälig in die | Geissel über. Greifhand des zweiten Fuss- paares nur beim 3 ausgebildet. Drittes und | viertes Glied des siebenten Beinpaares beim 5 verbreitert. [ Ohne gabeligen Fortsatz auf dem vierten Ab- dominalsegment, innerer Ast des letzten Springfusspaares länger als der äussere, Mit einem gabeligen Fortsatz auf dem vierten Abdominalsegment, innerer Ast des letzten Springfusspaares kürzer als der äussere. Obere Antennen kürzer als die untere. Erstes Basalglied der oberen schnabelförmig. Zweites Beinpaar ohne Endkralle. Nebengeissel kurz, 1gliedrig. Die vier ersten Abdominalsegmente bilden auf der dorsalen Mediallinie je einen Fortsatz; erstes Basalglied der oberen Antennen bildet nach vorn und unten einen konischen Vor- sprung. Erstes und zweites Abdominalsesment bildet je einen Vorprung auf der Dorsalseite, hin- terer Rand des dritten Abdominalsegments gefurcht und gezähnt. Augen ovalrund. Die zwei Antennenpaare gleich lang. Das Integument zeigt eine mikro- skopische Zeichnung. Augen nierenförmig, Nebengeissel 5—9 gliedrig. Viertes, fünftes und sechstes Abdominal- segment jedes mit drei kleinen Erhöhungen. Augen kreisrund, hinteres Abdominalsegment mit Dornen auf der Dorsalseite. Nebengeissel kurz, 2 gliedrig. Augen länglich oval. Nebengeissel 5—7 gliedrig. Endglieder des letzten Springfusspaares la- mellenförmig. Endglieder der Springfüsse mit Borsten ver- sehen. Nebengeissel 1 gliedrig. 'Telson halb- mondförmig. Endglieder der Springfüsse mit Dornen ver- sehen. Körper punktirt. Nebengeissel 1gliedrig. Endglieder des letzten Springfüsspaares sehr kurz, zugespitzt; die äusseren gebogen. Telson dreieckig. Untere Antennen beim 5 von der Körperlänge, beim © halb so lang; äussere Endglieder der Springfüsse gebogen; das letzte Paar besitzt nur ein Endslied. Geissel der unteren Antennen 2gliedrig. Die Greifhand des zweiten Fusspaares bedeutend grösser als die des ersten. Hintertheil oder die ganze Dorsalseite des Körpers mit Dornen versehen. Greifhand des zweiten Fusspaares beim 5 mit drei unteren Vorsprüngen, beim @ nur mit zwei. | | | | | | | | | | l \ | | \ | Ä | | (p- 15) Hyperia galba. Montagu. Orchestia littorea. Montagu. Pontoporeia femorata. Kröyer. Pontoporeia furcigera. Brügelius. Bathyporeia pilosa. Lindström. Dexamine spinosa. Montagu. ; hispinosus. Sp. Bote. Calliopius laeviusculus. Kröyer. Gammarus locusta. Linne. Cheirocratus brevicornis. Hoek. Amathilla Sabinii. Leach Mierodeutopus gryllotalpa. Costa. Amphitho& podoceroides. Rathke. Podocerus faleatus. Montagu. Corophium longicorne. Fabricius. Proto ventricosa. Müller. Caprella linearis. Linne. 52 Dr. Henri Blanc. (p. 16) I. Div. Hyperidae. l. Fam. Hyperidae. Gen. Hyperia galba. Montagu. 1815. Hyperia galba. Montagu. Linn. Trans. XI. p. 4. pl. 2. fig. 2. 1815, Metoechus medusarum. White. Hist. Brit. Crust. p. 207. Hiella bubignüi. Strauss. Mem. du museum vol. XVII. pl. 4. Dieses Thier (Taf. 1. Fig. 7) ist durch seine Lebensweise als Schma- rotzer in Medusen interessant. Der Körper ist vorn walzenförmig und am Hintertheil seitlich eomprimirt; Männchen und Weibehen von 15 mm Länge sind nicht selten. Die Farbe von dem in Medusa aurita lebenden 'T'hiere ist hellgrau; junge Exemplare sind fast glashell und werden nur durch ihre grossen pigmentirten Augen im Gallertsewebe bemerkbar. Die graue Färbung wird durch Chromatophoren hervorgebracht, welche auf der ganzen Oberfläche des Körpers verbreitet sind, und deren Fortsätze isolirt bleiben. Der Kopf ist sehr gross, breit und nach vorn stark gewölbt; seine Seiten werden grösstentheils von den Augen eingenommen. Die zwei Antennen- paare sind bei den beiden Geschlechtern sehr verschieden, aber stets in einer Art Grube inserirt; die oberen in der Mitte des Körpers, die unteren nahe dem unteren Rande desselben. Beim Männchen sind beide Paare nahezu von der Körperlänge, doch sind die oberen etwas kürzer als die unteren. Beim weiblichen Geschlecht sind die Antennen ausserordentlich kurz. Die oberen Antennen sind bei beiden Geschlechtern von einem gegliederten Schafte, dessen letzte Glieder zahlreiche Riechzapfen tragen (Taf. 1. Fig. 8), und von einer Geissel gebildet, die beim Weibchen rudimentär bleibt, beim Männchen von zahlreichen langgezogenen Gliedern gebildet wird. Die unteren Antennen be- stehen aus einem gegliederten Schafte und aus einer Geissel, die beim Männchen sehr lang ist. Die Mundtheile weichen von denen der Gammariden ab. Die kleine Oberlippe, die ganz ähnlich halbmondförmig ist, ist bei Hyperia (Taf. 1. Fig. 9) in der Mitte gefurcht. Die Mandibeln (Taf. 1. Fig. 10) bestehen grösstentheils aus dem zum Kauen eingerichteten Theil (a), dessen innerer Rand einen stark vorspringenden Zahn trägt: der dreigliedrige Mandibulartaster (b) ist klein und sehr dünn. Hinter den Mandibeln liegt eine kleine Unterlippe, die die Mundöffnung nach hinten begrenzt; diese Unterlippe (Taf. 1. Fig. 11) weicht auch von der gewöhnlichen Form ab und bildet seitlich zwei ovale Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 1%) 53 Wülste, auf deren convexem Theil sich die Mandibeln hin und her bewegen können. Das erste Kieferfusspaar (Taf. 1. Fig. 12) besteht aus einem breiten Gliede, das nach aussen einen eingliedrigen eylinderförmigen Taster trägt. Das zweite Kieferfusspaar (Taf. 1. Fig. 13) wird von einem grösseren Basal- theile und von zwei kleineren Endgliedern gebildet. Das dritte Kieferfuss- paar (Taf. 1. Fig. 14) bildet eine Art Unterlippe und besteht aus einem breiten Basaltheile, der vorn drei Lappen zeigt; es kann also hier nieht von einem eigentlichen Fusstheile gesprochen werden. Die sieben T'hhoracalbeinpaare sind im Verhältniss zur Körpergrösse wenig entwickelt und sind in beiden Geschlechtern vollkommen gleich gebaut. Die beiden ersten Paare, die die kleinsten sind, unterscheiden sich aber von den folgenden Paaren durch ihre etwas verbreiterten Glieder. Alle Beine enden mit einer starken Klaue. Die Abdominalschwimmfüsse, die theilweise unter den seitlichen Stücken der «drei ersten Abdominalsegmente verborgen werden, sind stark entwickelt, besonders ihre Basalglieder. Die Springfuss- paare zeigen lanzettförmige Endglieder; das letzte Paar von ihnen ist das kürzeste. Das Telson besteht aus einer breiten viereckigen Lamelle. Bei Hyperia galba habe ich die schon von Claus (5) und Mayer (24) erwähnten Drüsenzellen auch beobachten können, deren Beschreibung schon von diesen beiden Autoren bei einer nahe verwandten Gattung, Phronima, ge- liefert ist. P. Mayer (24), der ihrer auch bei Hyperia Hlüchtig Erwähnung thut, sagt, dass diese Drüsenzellen nicht so localisirt und so regelmässig angeordnet sind, wie bei den Phronimiden, aber dass man sie auch in den Abdominal- anhängen und in den Antennen findet; er sagt ferner, dass eine Anordnung der Drüsen zu Complexen mit allen ihren Einrichtungen hier nicht stattfindet oder nur in geringem Maasse vorhanden ist. Meine Beobachtungen bestätigen dieses vollkommen; ich muss aber noch Einiges hinzufügen, wenn schon der Mangel an frischem Material meine Untersuchungen beeinträchtigte. Die Ver- breitung der Drüsenzellen in den Antennen, Mundtheilen, Abdominalanhängen ist bei beiden Geschlechtern dieselbe; doch sind die Drüsenzellen von ver- schiedener Grösse. Die in den Antennen und Mundtheilen befindlichen sind sehr klein; selbst in den 'T'horacalbeinpaaren, wo sie sehr zahlreich auftreten, findet man sie von verschiedener Grösse (Taf. 1. Fig. 15). Die grösseren unter diesen Drüsenzellen zeigen allein eine gewisse Anordnung und bilden Complexe Nova Acta XLVII. Nr. 2. 8 54 Dr.‘Henri Blane. (p.18) mit getrennten Ausführungsgängen. In dem ersten Gliede des siebenten Bein- paares (Taf. 1. Fig. 16) findet man im Basalgliede immer zwei grosse Drüsenzellen, welehe sonst nicht ihres Gleichen haben, und schon mit blossen Augen zu sehen sind. Wie schon gesagt, sind nur die im Basalgliede grösseren Drüsen- zellen zur Ausbildung von Complexen vereinigt, wie es Claus und Mayer bei Phronimella beschrieben haben. ‚Jeder Complex besteht auch bei Hyperia (Taf. 1. Fig. 1%) aus drei Drüsenzellen, von denen zwei nahezu von derselben Grösse sind, während die dritte nur durch ihren Kern erkennbar ist; diese dritte Drüsenzelle, welche oberhalb der beiden anderen liegt, hat sich zu einem Ausführungsgange (ce) umgebildet, dessen Basaltheil blasenförmig erscheint. Der Anfang dieses Ausführungsganges, dessen Wand vielleicht aus einer feinen Uutieula besteht, wird von zahlreichen verzweigten Kanälchen gebildet, die in der Masse der beiden darunter liegenden Drüsenzellen eingebettet sind, und die in dem blasenförmigen Theile münden.) — Das Innere der Drüsen- zellen ist fein granulirt, und mit Pikrocarmin oder essigsaurem Carmin treten die ebenfalls granulirten Kerne (a) stark hervor; Vacuolen (b) konnte ich auch im Innern dieser Drüsenzellen wahrnehmen. Die Ausführungsgänge dieser Drüsencomplexe münden wahrscheinlich bei Hyperia galba getrennt am Ende der Kralle, denn ich konnte ihren Verlauf oft bis zum dritten Gliede der Beine verfolgen, ohne sich untereinander zu anastomosiren. Die physiologische Bedeutung dieser Zellen liegt noch im Unklaren, sie stehen aber jedenfalls im Zusammenhang mit der Lebensweise des 'Thieres. Hyperia galba lebt im Spätsommer als Schmarotzer in Medusa aurita und Cyanea capitata. Im Winter findet man gewöhnlich Ayperia frei am Grunde und nur ausnahmsweise fand ich wenige junge Thiere im Monat ‚Januar in einer Medusa aurita; einige kleine Exemplare von 3 4 mm Länge sind im Monat October 1873 in Stomobrachium octocostum gefunden worden. Hyperia galba kommt auch an der westlichen französischen Küste, in der Nordsee und, ausser der Kieler Bucht, in der 'Travermünder Bucht vor. !) In einer von mir vor einigen Wochen erschienenen Arbeit: „Contribution & !’histoire naturelle des Asellotes heteropodes, observations faites sur la Tanais Oerstedii, Kröyer‘‘ in Re- cueil zoologique Suisse Tom. I. Nr. 2. 1884, wo ich ähnliche Drüsencomplexe ausführlich be- schreibe, bin ich der Ansicht, gestützt auf vergleichende Beobachtungen, dass jedenfalls der An- fang des Ausführungsganges solcher Drüsencomplexe einer chitinösen Wand sentbehrt. Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 19 or [eb 1 Il. Div. Crevettina. l. Fam. Orchestidae. Orchestia littorea. Montagu. 1815. Cancer Gammarus littoreus. Montagu. Linn. Trans. IX. p. 96. T. 4. fig. 4. 1815. Orchestia littorea. Leach. Edinb. Eneye. VU. p. 402. Talitrus tripudians. Kröyer. Tidsk. 2. R. 1. p. 311. Tab. II. fig. 2. Orchestia Euchore. F. Müller. Archiv f. Naturgesch. XIV. p. 53. Taf. 4. fig. 1—7. 1848. Dieser Amphipod (Tat. 1. Fig. 18, 19, 20) ist einestheils interessant durch seine merkwürdige Lebensweise, anderentheils ist bei ihm ein besonderer Dimorphismus zu beobachten. Sein Körper ist ziemlich breit, die Körper- länge beträgt im Durchschnitt 14—16 mm bei beiden Geschlechtern. Die Farbe ist im Allgemeinen etwas dunkel, und zwar rothbraun. Das Integument ist diek. Die Thoracalsegmente sind gleichlang; das Abdomen ist redueirt; die Epimerialplatten der ersten vier Thoracalsegmente sind grosse runde La- mellen, die sich theilweise decken. Der Kopf ist verhältnissmässig klein; nahe seiner dorsalen Medianlinie liegen die grossen rundlichen Augen. Die Antennenpaare sind von verschiedener Länge, und zwar ist das obere auf- fallend klein, das längere untere erreicht beim Männchen die Hälfte der Körperlänge, beim Weibchen nur ein Drittel derselben. An den oberen An- tennen ist Schaft und Geissel kaum zu unterscheiden (Taf. 1. Fig. 21); höchstens sind die drei ersten Glieder etwas stärker; die folgenden fünf oder sechs bilden die kurze Geissel. Der viergliedrige gut entwickelte Schaft der unteren Antennen trägt eine Geissel, die beim Männchen aus 17, beim Weih- chen nur aus 14 kurzen Gliedern besteht; weder Riechzapfen noch Calceoli treffen wir auf den Antennen an. Die Mundtheile dieses T'hieres sind anders gestaltet als die seiner nächsten Verwandten, der Gammariden. Von den Mandibeln ist nur der zum Kauen bestimmte Theil vorhanden, ein Taster fehlt vollständig (Taf. 1. Fig. 22). Das erste Kieferfusspaar (Taf. 1. Fig. 23) besteht aus zwei Lamellen, deren oberer Rand stark gezähnt ist; die innere dieser Lamellen ist nur dünn, der äusseren fehlt der Taster. Das zweite Kieferfusspaar (Taf. 1. Fig. 24) besteht ebenfalls aus zwei lamellösen Gliedern, die mit langen Borsten versehen sind. Das dritte Kieferfusspaar (Taf. 1. Fig. 25) ist stark entwickelt, die oberen Glieder des eigentlichen Fusses (a) zeigen nach innen kleine Fortsätze (b). 56 Dr. Henri Blanc. (p. 20) Das erste T'horacalbeinpaar ist bei beiden Geschlechtern verschieden gestaltet, es ist beim Männchen wie beim Weibchen sehr kurz und nach vorn gerichtet; während aber beim Weibchen das fünfte Glied (Taf. 1. Fig. 26(a)) desselben langgezogen ist, ist beim Männchen der untere Rand (Taf. 1. Fig. 27(a)) dieses Gliedes mit einem breiten fein behaarten Fortsatz versehen. Die Endkralle ist bei beiden Geschlechtern nur kurz. Das zweite 'T'horacal- beinpaar ist beim Männchen mit einer Hand versehen, beim Weibchen ist dagegen der Bau dieses Beinpaares derselbe wie der des ersten Paares. Die Hand ist eirund (Taf. 1. Fig. 25) und ihr unterer Rand bildet bis zu ihrer Mitte einen Vorsprung. Die Endkralle ist stark und ihre Spitze reicht über den Vorsprung des unteren Randes hinaus. Von den anderen Beinpaaren ist das vierte das kürzeste, die Basalglieder der drei letzten Paare sind blatt- förmig. Am siebenten Beinpaare bemerkt man einen merkwürdigen Geschlechts- unterschied; beim Männchen (Taf. 1. Fig. 29 (a)) ist nämlich das dritte und vierte Glied verbreitert, so dass diese Glieder deutlich ins Auge fallen. Diese Ver- breiterung ist vom Alter abhängig, und tritt besser hervor bei älteren Männ- chen. Die Abdominalschwimmfüsse sind wenig entwickelt, was mit der Lebens- weise dieses T'hieres eng zusammenhängt. Die darauf folgenden Springfüsse sind bedeutend entwickelter, der letzte derselben besitzt nur ein Endglied. Der 'Telson ist eine halbkreisförmige Platte. In den 'Thoracalbeinpaaren, so- wie im Abdomen und den Epimerialplatten finden wir bei Orchestia zahlreiche Gruppen von einzelligen Drüsen (Taf. 1. Fig. 30), deren Anlage dieselbe ist, wie bei den Drüsen, die sich auch bei Corophium im dritten und vierten T’horacalbeinpaare finden, und schon von Nebeski (25, pag. 3. T. 11. Fig. 10—13) beschrieben wurden. Ausser diesen beiden oben geschilderten Formen des 'Thieres fand ich auch eine dritte, die ich als eine zweite männliche Form bezeichnen kann (Taf. 1. Fig. 20). Dieselbe unterscheidet sich von der anderen männlichen durch ihre geringere Grösse; die grössten Exemplare maassen 12 mm. Ein weiterer Unterschied wird gegeben durch die kürzeren unteren Antennen, deren Geissel nur aus vierzehn Gliedern besteht. Ferner hat das dritte und vierte Glied des siebenten Beinpaares (Taf. 1. Fig. 31) hier dieselbe Gestalt, wie beim Weibchen; sie bleiben also hier dünn. Die Hand des zweiten Fusspaares (Taf. 1. Fig. 32) besitzt dieselbe Form, wie das entsprechende Glied des Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 21) 57 anderen Männchens. Da ich in den Hoden stets reife Spermatozoen fand, so ist ausgeschlossen, dass diese zweite Form des Männchens eine jüngere Altersform ist, was man leicht anzunehmen geneigt sein könnte, wenn man die Grösse der beiden männlichen Formen vergleicht. Für die Richtigkeit meiner Behauptung spricht auch, dass ich diese zweite Form nur in Gesell- schaft von einer Art Weibehen antraf. Dieser sonderbare Fall von Dimor- phismus des Männchens ist übrigens nicht der einzige, den wir bei den Amphipoden kennen. Schon F. Müller (19) beschreibt in seiner Schrift „Für Darwin“ ebenfalls zwei männliche Formen hei Orchestia Darwinü. Auch glaube ich, dass, obgleich Nebeski (25, pag. 24) schon die Erzeugung von Eiern im Hoden von Orchestia beobachtet hat, dennoch eine eingehendere Untersuchung der Sexualdrüsen und deren Entwickelung hei diesen verschie- denen Männchenarten noch neue und interessante Resultate zu Tage fördern könnte. Dass das eben beschriebene 'Thier eine Orchestia littorea wirklich ist, ist nicht zu bezweifeln. F. Müller (18, pag. 53. T. IV. Fig. 1—17) beschreibt eine Orchestia-Art, welche er am Strande der Insel Rügen bei Stubbenkammer fand, und die er Orchestia Euchore nennt. Diese neue Art kann kaum auf- recht erhalten werden, denn ich war in der Lage, zahlreiche Exemplare von verschiedenen Orten der Nord- und Ostsee, und zwar auch von Stubbenkammer untersuchen zu können. Der Vorsprung des unteren Randes der Hand des Männchens ist zwar kleiner bei den Exemplaren der Kieler Bucht und denen von Stubbenkammer, als bei denen von Helgoland, aber dieser Vorsprung fehlt wieder ganz bei denen von Sylt; wir können denselben also nicht als Unterscheidungsmerkmal gelten lassen. Im Allgemeinen ist Orchestia littorea der Ostsee kleiner als dieselbe Species der Nordsee; doch dieser Umstand kann nicht als Unterscheidungsmerkmal aufgefasst werden, da dasselbe Ver- hältniss auch bei anderen T'hieren bekannt ist. Die- Uebereinstimmung der beiden erwähnten Orchestia-Species ist übrigens schon von Möbius (23) und Hoek (11) constatirt worden. Ich habe Orchestia littorea bei Kiel nie im Wasser, sondern nur am Strande, 2—3 m vom Wasser entfernt, finden können; die T'hiere scheinen ziemlich trockene Stellen vorzuziehen. Ihr Fang wird durch das fortwährende Hüpfen beim Stören wesentlich erschwert, daher der Name „Strandhüpfer“; 58 Dr. Henri Blanc. (p. 22) diesem Uebelstande kann dadurch leicht abgeholfen werden, dass man die stets in Gesellschaft lebenden Tihiere mit Wasser übergiesst, wodurch die Thiere im Springen gehindert werden. Die Weibchen sind viel häufiger als die Männchen: von dreissig auf einer Fundstelle gesammelten Exemplaren waren fünfundzwanzig weibliche und nur fünf männliche; von den letzteren gehörten zwei zu der zweiten männlichen Form. Dieses Verhältniss ändert sich, wie ich mich zu überzeugen Gelegenheit hatte, auch in den verschiedenen Jahreszeiten nicht. Orchestia littorea kommt an der Nord- und Ostseeküste vor: nach Desmarest (7, pag. 261) auch am Strande bei Nizza. 2. Fam. Gammaridae. Subfam. Pontoporeinae. Pontoporeia femorata. Kröyer. 1844. Pontoporeia femorata. Kröyer. Naturh. Tidsskr. 1. R. 4. B. p. 153. 1944. Pontoporeia affinis. Lindström. Ostersjöns invertebrat fauna. Ofv. Vet. Förh. Stockh. 1855. Pontoporeia affinis. O. Sars. Histoire naturelle des crustaces d’eau douce de Nor- wege. 1. Liv. 1867. Das T'hier ist klein (Taf. 1. Fig. 33): die grössten von mir gemessenen Exemplare hatten eine Länge von 7—8 mm. Die Farbe ist meistens weisslich. Die Chitinhülle ist sehr dinn, zart und ganz glatt. Die T’horacalsegmente sind in ihrer Länge verschieden. Das erste Segment ist sehr kurz, das zweite, dritte und vierte Segment etwas länger, und das fünfte, sechste und siebente erreicht die Länge der beiden ersten. Die Epimerialplatten sind länger als breit, und zwar ist die vierte die grösste; die Epimerialplatten der letzten Segmente sind im Verhältniss zu denen der ersten sehr redueirt; der untere Rand der Epimerialplatten und der drei ersten Abdominalsegmente ist mit langen, gefiederten Borsten versehen; von den drei letzten Abdominal- segmenten ist das zweite verkürzt. Der Kopf ist grösser als das erste Segment und sein ehitinöser vorderer Rand bildet seitlich zwischen den oberen und unteren Antennen einen Vor- sprung. Die Augen sind klein, oval und auf lebenden T'hieren röthlich pigmentirt. Die Mundtheile sind im Grossen und Ganzen ebenso gebaut, wie die von Gammarus locusta. Doch ist der Mandibulartaster verhältnissmässig länger Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 23) 59 als bei Gammarus, und der Kauapparat ist klein. Das erste und zweite Kieferfusspaar haben nahezu die Form von Lamellen, die beim zweiten Paare ziemlich breit sind. Das dritte Kieferfusspaar (Taf. 2. Fig. 34) ist klein und bedeckt nicht ganz die anderen Mundtheile, wie es gewöhnlich geschieht. Die zwei Antennenpaare sind kurz mit auffallend entwickelten Basal- gliedern. Beim Weibchen sind die beiden Antennenpaare von gleicher Länge, und zwar gleich einem Viertel der Körperlänge: beim Männchen sind sie länger, und das untere Paar überragt das obere; dieses untere Paar erreicht das vierte T’horacalsegment. Die unteren Antennenpaare sind bei beiden Ge- schlechtern gewöhnlich stark nach hinten gerichtet, während die oberen etwas in die Höhe stehen. Die oberen Antennen (Taf. 2. Fig. 35) besitzen einen dreigliedrigen Schaft, dessen letztes Glied eine Geissel und eine Nebengeissel trägt; das erste Basalglied des Schaftes ist diek, die beiden anderen sind dünner und kürzer; die Geissel besteht beim Männchen aus 17—20 kurzen Gliedern, beim Weibchen dagegen nur aus S. Die Nebengeissel ist sehr kurz und wird von drei Gliedern gebildet, deren ersteres so lang ist, wie die beiden anderen zusammen. Die Geissel der unteren Antennen, deren Schaft viergliedrig ist, besteht beim Weibchen aus S—10 Gliedern, beim Männchen ist die Zahl dieselbe, aber der Schaft ist länger als der der oberen Antennen. Die ersten und zweiten Thoracalbeinpaare sind bei beiden Geschlechtern gleich; sie sind sehr klein, nach vorn gerichtet und unter den vorderen Epimerial- platten verborgen, jedoch ist das zweite Beinpaar etwas länger als das erste. Die Basalglieder dieser Beinpaare sind beinahe so lang wie die vier anderen zusammen. Die zwei letzten Glieder des ersten Beinpaares (Taf. 2. Fig. 36) verbreitern sich, so dass das fünfte eine ovale Form bekommt. Die ent- sprechenden Glieder des zweiten Beinpaares sind langgestreckt und die Kralle wenig entwickelt (Taf. 2. Fig. 37). Diese Beine sind wie die anderen stark behaart. Das dritte und vierte Beinpaar sind ebenfalls kurz, zeigen aber ein wohlentwickeltes drittes Glied. Das fünfte und sechste Paar sind länger als die vorhergehenden, ihr Basalglied ist grösser und lamellös. Das siebente Beinpaar (Taf. 2. Fig. 38) ist von einem eigenthümlichen Bau, indem sein Basalglied (a) eine blattförmige Verbreiterung zeigt, deren hinterer Rand stark eonvex ist, während der vordere gerade verläuft. Im inneren dieser Glieder 60 Dr. Henri Blanc. (p. 24) sieht man zahlreiche blasenförmige Gebilde von verschiedener Grösse, die von der Matrix umgeben sind; diese Gebilde, auf welche schon Sars auf- merksam gemacht hat, befinden sich nicht nur in diesem Basalgliede, sondern auch im dem des vierten und fünften Beinpaares, und ebenso in den Epimerial- platten. Der Bau der Abdominalfüsse stimmt ziemlich überein mit dem der entsprechenden Füsse bei @ammarus. Die Springfüsse sind beinahe gleich- lang (Taf. 2. Fig. 39): die Endglieder derselben sind länger als die Basal- theile, und das innere Endglied des letzten Paares pflegt etwas länger zu sein als das äussere. Der Telson besteht aus einer dreieckigen Lamelle, die in ihrer Mitte tief gefurcht ist; der hintere Rand desselben erreicht nicht das Ende des Basalgliedes der darunter liegenden Springfüsse. Pontoporeia femorata ist selten im Kieler Hafen, man findet ihn zwi- schen todtem Seegras und Mud; Lenz (14) traf das Thier in der Travemünder Bucht. Sars hat diesen Amphipoden auch in den schwedischen Binnenseen gefunden, und zwar in einer Tiefe von 60—70 Brass. Sonst scheint er nur in den nordischen Meeren verbreitet zu sein; in Grönland, Spitzbergen, Labrador. Pontoporeia furcigera. Bruzelius. 1859. Pontoporeia fureigera. Bruzelius. Amphip. gammar. K. Vet. Akad. Handl. Ny Töljd II. p. 49. f. 8. Die Körperform ist fast dieselbe wie die von Pontoporeia femorata. Exemplare von mehr als S mm Länge habe ich nie gefunden. Die Farbe dieses T'hieres ist hell und lässt den dunkler gefärbten Darm durchscheinen. Die chitinöse Hülle ist dünn und zart, und ohne mikroskopische Zeichnungen; sie bildet jedoch auf dem vierten Abdominalsegmente (Taf. 2. Fig. 40) einen bedeutenden Fortsatz, dessen Spitze gahelfürmig getheilt ist. Da dieser Fort- satz bei Pontoporeia femorata fehlt, so giebt er ein sicheres Merkmal für die Unterscheidung der beiden Arten. Das Auge ist bei Pontoporeia fureigera sehr klein, und besteht nur aus einer geringen Anzahl von Krystallkugeln; das Augenpigment wird bei einer Conservirung des Thieres in Alkohol entfärbt, was bei Pontoporeia femorata nicht der Fall ist. Die Antennen sind, mit Ausnahme der Nebengeissel der oberen, bei beiden Species gleich. Sie besteht (Taf. 2. Fig. 41) bei Pontoporeia furcigera Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 25) 61 aus nur zwei Gliedern, von denen das letzte sehr kurz ist. Eine dreigliedrige Nebengeissel, wie sie Bruzelius (4, T. 11. Fig. Sb) an seinen Exemplaren beschreibt und abgebildet hat, habe ich nicht finden können, obgleich ich zahlreiche 'T'hiere, sowohl lebend als auch conservirt, untersuchte, Die Mundtheile sind wie bei Pontoporeia femorata; die Glieder des eigentlichen Fusses des dritten Kieferfusspaares (Taf. 2. Fig. 42) sind bei Pontoporeia fureigera, jedoch bedeutend breiter als bei Pontoporeia femorata. Die Hand des ersten Fusspaares des Männchens (Taf. 2. Fig. 43) ist ebenfalls breiter und kürzer als bei Pontoporeia femorata, das Ende der Kralle erreicht ?/; des unteren Randes der Hand. Die anderen Thoracal- beinpaare zeigen keine Verschiedenheiten zwischen beiden Species. Während aber das innere Endglied des letzten Abdominalfusspaares von Pontoporeia femorata länger ist als das äussere, finden wir bei Pontoporeia fureigera (Taf. 2. Fig. 44) das Umgekehrte. Ferner ist das Telson länger bei der letzteren Species. Dieselben blasenförmigen Gebilde, die wir schon in den Thoracalbeinpaaren und Epimerial- platten von Pontoporeia femorata antrafen, finden wir auch hier. Pontoporeia furcigera ist häufiger als sein Verwandter, man trifft ihn in dem inneren Theile der Bucht zwischen todtem Seegrase und abgestorbenen Muscheln. Das 'Thier schwimmt meistens auf der Seite liegend, doch sehr gewandt; es stirbt bald im Aquarium. Man findet das T'hier auch an anderen Orten der Ostsee, so in der Danziger Bucht, an der dänischen und norwe- gischen Küste, Bathyporeia pilosa. Lindström. 1855. Bathyporeia pilosa. Lindström. Öfvers. af Kongl. Vetensk. Akad. Förhandl. 1855. p. 59. un 2 5 l Thersites „Guilkiamsoniana. Spence Bate. Brit. Assoc. Report. 1855. p. 57. I ! I Es ist ein kleines 'Thier, ähnlich gestaltet wie Pontoporeia (Taf. 2. ) to) Fig. 45). Von den zwei Exemplaren, die mir vorlagen, maass das eine, ein trächtiges Weibehen, 7 mm; das andere, von dem ich eine Beschreibung geben werde, 5 mm. Die Thoracalsegsmente sind von gleicher Länge, die oO I o o° o drei ersten Abdominalsegmente sind doppelt so gross. Das Postabdomen ist kurz und dünn. Die vier ersten Epimerialplatten überdecken sich mit dem Hinterrande; die drei folgenden sind sehr klein. Der Kopf ist auf der dor- Nova Acta XLVII. Nr. 2. 9 62 Dr. Henri Blanc. (p. 26) salen Linie etwas nach vorn zugespitzt, ohne jedoch ein Rostrum zu bilden. Die Augen sind oval und stehen hinter den oberen Antennen nahe dem Vorderrande des Kopfes. Die verschiedenen Gliedmassen dieses Amphipoden bieten manches Eigenthümliche dar. Die oberen Antennen (Taf. 2. Fig. 46) sind kurz und gedrungen; das erste Glied des dreigliedrigen Schaftes ist diek und lang, und bildet nach vorn eine Art Schnabel. Auf dieses Glied folgen zwei kürzere, aber gleichlange Glieder, die mit zahlreichen Hörborsten (Taf. 2. Fig. 47) besetzt sind. Das letzte Glied des Schaftes trägt eine Geissel und eine Nebengeissel, von denen die erste von sechs Gliedern gebildet wird, deren jedes mit drei Riechzapten versehen ist. Die Nebengeissel ist eingliedrig und kurz. Die unteren Antennen sind etwas länger als die oberen, erreichen aber nicht die Hälfte der Körperlänge, und sind gewöhnlich stark nach unten ge- kriümmt. Der viergliedrige Schaft trägt eine aus sieben Gliedern gebildete (seissel. Die Mundtheile gleichen «denen von Pontoporeia und zeigen nichts Merkwürdiges. Das erste Beinpaar ist nach vorn gerichtet und unter den ersten Kpimerialplatten verborgen, so dass es leicht übersehen werden kann. Das fünfte Glied ist zu einer kleinen ovalen Greifhand umgebildet, deren Kralle ziemlich lang ist (Taf. 2. Fig. 48). Das zweite Paar ist beinahe dreimal so lang als das erste (Taf. 2. Fig. 49), sein fünftes Glied ist Jang- gestreckt, bildet keine Hand und ist nach vorn etwas zugespitzt; eine End- kralle ist hier nieht vorhanden. Dieses letzte Glied trägt, sowie auch die vorhergehenden, lange Borsten. Die zwei folgenden Beinpaare sind untereinander gleich, aber kleiner als das zweite; ihre Basalglieder sind nieht unter den Epimerialplatten ver- borgen; das fünfte Glied trägt eine kurze Kralle. Das fünfte, sechste, siebente Beinpaar zeigen einen Bau, den man bei keinen anderen Amphipoden der Kieler Bucht wieder antrifft. Ihre Basal- glieder sind nämlich verbreitert, das folgende Glied dick und kurz, das dritte wieder breit, und zwar besonders breit beim fünften Paare (Taf. 2. Fig. 50). Die zwei folgenden und untereinander gleichen Glieder sind wieder dünn, am dinnsten beim fünften Beinpaare. Diese Beinpaare sind alle mit einer kleinen Endkralle versehen. Die Schwimmfüsse zeigen nichts Wesentliches. Das Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 2%) 63 Postabdomen ist, wie erwähnt, im Verhältniss zum eigentlichen Abdomen kurz und dünn. Der Basaltheil des ersten Springfusspaares reicht über (das Ende des Körpers hinaus; die zwei zugespitzten Endglieder sind von ver- schiedener Länge, das innere ist das kleinste. Das zweite Springfusspaar (a) (Taf. 2. Fig. 51) ist kürzer als das erste, und die Endglieder sind etwas nach aussen gebogen; das innere ist auch hier das kürzeste. Das dritte Paar (b), dessen Basalglieder dieselbe Länge wie das zugehörige Segment haben, zeigt die Merkwürdigkeit, dass das innere Glied rudimentär bleibt, während das äussere von zwei T'heilen gebildet wird, von denen der hintere sehr kurz ist. Die Endglieder dieses Paares sind mehr blattförmig und mit zahlreichen, langen Borsten versehen. Das Teelson (ce) (Taf. 2. Fig. 51) besteht aus zwei kleinen Lamellen, die kürzer sind, als der Basaltheil des letzten Springfusspaares. Diese Beschreibung gilt auch für das 5 mm lange Exemplar, dessen Antennen nur länger waren, als die des eben beschriebenen trächtigen Weibehens. Die Geissel der oberen Antennen bestand hier aus zehn Gliedern, von denen jeder drei Riechzapfen trug, die Nebengeissel war ebenfalls länger, aber zweigliedrig. Der Schaft der unteren Antennen (Taf. 2. Fig. 52) war ebenso lang wie die oberen Antennen, und ihre lange Geissel erreichte die Hälfte der Körperlänge; sie bestand aus 48 gut von einander getrennten Gliedern, auf welchen ich keine Spur von Calceoli wahrnehmen konnte. Im Uebrigen unterschieden sich die beiden 'Thiere nicht. Da schon Stebbing (29, pag. 74. Pl. III) die Species Dathyporeia ‚Robertsoni und pelagica auf die eine Dathyporeia pilosa zurückgeführt hat, so betrachte ich auch das zweite kleine Exemplar als ein junges Männchen von Bathyporeia pilosa, obgleich die unteren Antennen desselben nicht die Körper- länge erreichen. Bathyporeia pilosa ist ein seltenes T’hier der Kieler Bucht. Es wurde zwischen Möltenort und Biilk auf Sand gefunden. Lenz (15, pag. 174) hat ebenfalls die beiden geschilderten Formen in der ravemünder Bucht, bei Niendorf, gefunden, und bemerkt, dass die mit langen Antennen versehenen Thiere, also die Männchen, weit seltener sind, als die mit kurzen Antennen versehenen Weibehen. — Ausserdem findet man das T'hier an der englischen Küste und im nordischen Eismeere. ge 64 Dr. Henri Blane. (p. 28) Suhfam. Dexamininae. Dexamine spinosa. Montagu. 1815. Cancer Gammarus spinosus. Montagu. Linn. Trans. XI. p. 3. T. 2. fig. 1. 1815. Dexamine spinosa. Leach. Edinb. Eneye. VO. p. 433. — 1813 —1814. Amphithoö Marionis. Milne Edwards. Ann. des Sc. Mat. XX. p. 375. 1830. Dexamine tenwicornis. Rathke. Nova Acta Acad. Leopold. Carol. T. XX. p. Tab. IV. fig. 3. 1843. os Diese Art (Taf. 2. Fig. 53) ist in ihrer Gestalt Amathilla Sabinii sehr ähnlieh; sie ist nämlich vorn etwas breit und besitzt em kleines und dünnes Postabdomen. Die Körperlänge der beiden einzigen Exemplare, die mir zur Verfügung standen, betrug 11 mm. Nach Spence Bate and Westwood (1, vol. 1. pag. 237) ist das T’hier gewöhnlich roth getleckt, die in der "Tiefe lebenden Exemplare aber sind blau gefärbt. Die Chitinhülle ist ziemlich dick und ohne mikroskopische Zeichnungen. Die hinteren T'horacalsegmente sind länger als die vorderen, die vier ersten Abdominalsegmente zeigen auf der dlorsalen Medianlinie einen gebogenen, nach hinten zugespitzten Fortsatz, der schon mit blossen Augen zu erkennen ist. Die Epimerialplatten der vier ersten T’horacalsegmente sind lange, ovale Platten, die sich theilweise über- decken: die Epimerialplatten der drei folgenden Segmente sind bedeutend kleiner und in der Mitte gefurcht. Der Kopf ist grösser als das erste 'Thoracalsegment. Die Augen sind nierenförmig und liegen in der Mitte des Kopfes nahe an seinem Vorderrande. Die Antennen sind lang, besonders die oberen, welche die Hälfte der Körperlänge überragen. Von dem dreigliedrigen Schaft der oberen Antennen ist das erste Glied das stärkste, und zeigt an seiner vorderen Extremität nach unten einen grossen conischen Fortsatz; das zweite Glied ist dünner aber länger als dieses erste; das dritte Glied da- gegen ist ganz klein und schwer von der Geissel zu unterscheiden. Die Geissel besteht aus 40—45 Gliedern, von denen die ersten je einen Riech- zapfen tragen. Der viergliedrige Schaft der unteren Antennen ist ebenso lang wie der der oberen Antennen, die Geissel dagegen ist kürzer und wird von dreissig Gliedern gebildet. Der Bau der Mundtheile stimmt nicht vollständig mit dem der Mundtheile der übrigen Gammariden überein, da die Mandibeln keine Spur von einem 'l'aster zeigen (Taf. 2. Fig. 54). Das dritte Kiefer- fusspaar (Taf. 2. Fig. 55) zeigt in seinem Bau eine Uebereinstimmung mit Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 29) 65 dem der Corophiden; der eigentliche, gegliederte Kieferfuss ist sehr dünn, da- gegen sind seine zwei lamellenförmigen Anhänge wohl entwickelt, besonders die oberen, welche beinahe so lang sind, wie der eigentliche Kieferfuss. Der obere Rand der unteren lamellenförmigen Fortsätze ist mit keulenförmigen Dornen versehen. Die zwei ersten 'T’horacalbeinpaare haben bei beiden Geschlechtern eine Greifhand. Die Hand des ersten Paares (Taf. 2. Fig. 56) ist breit, eiförmig und auf der oberen Hälfte ihres unteren Randes mit kleinen Zähn- chen besetzt. Die Kralle ist stark, und ihre Spitze erreicht die Hälfte des unteren Randes. Das zweite Beinpaar (Tat. 2. Fig. 57) ist etwas länger und sein viertes und fünftes Glied mehr langgestreckt; der untere Handrand bildet einen stumpfen Winkel mit gleichen Schenkeln. Die Kralle erreicht den Scheitel dieses Winkels. Die folgenden Beinpaare sind im Verhältniss zur Körpergrösse klein; die Basalglieder der drei letzten Paare sind gross, oval und lamellenförmig. Die Kralle aller dieser Beinpaare ist ebenso lang und stark wie die der beiden ersten 'T'horacalbeinpaare. Die Abdominal- schwimmfüsse sind bei weitem nicht so entwickelt, wie bei Atylus bispinosus, deren Beschreibung folgt; ihre Basalglieder sind unter den Abdominalsegmenten verborgen. Von den Springfüssen ist das letzte Paar das kürzeste, und die Basalglieder desselben sind viel kürzer und dicker als die der anderen. Das Telson (Taf. 2. Fig. 58) ist tief gegabelt, und zwar sind die beiden Aeste dreieckig, und an ihren Aussenseiten mit Dornen besetzt. Das Thier ist in der Bucht sehr selten und kommt nur in dem äusseren Theile derselben vor; in der Nordsee und an der schwedischen Küste trifft man es häufiger. Subfam. Atylinae. Atylus bispinosus. Spence Bate. 1857. Dexamine bispinosus. Spence Bate. Ann. Nat. Hist. 2. ser. XIX. p. 142. Atylus bispinosus. Spence Bate. Cat. amph. p. 140. pl. XXVI. fig. 1. 1862. Dieses T'hier (Taf. 2. Fig. 59) entging beim Fischen, wegen seiner ge- ringen Grösse, zuerst vollständig meiner Beobachtung. Die grössten Exemplare waren nämlich nur 3,5—5 mm lang. Die Chitinhülle zeigt bei der mikro- skopischen Untersuchung zahlreiche kleine, stark gebogene Dornen (Taf. 2. Fig. 60). 66 Dr. Henri Blanc. (p. 30) Die Farbe dieser Amphipoden ist nach Spence Bate und Westwood (1, vol. 1. pag. 250) grünlich. Das kann aber nicht für die in der Kieler Bucht vorkommen- den T’hiere gelten. Ich beobachtete vielmehr oft eine röthliche, violette, braune und schwarze Färbung, hervorgebracht durch grosse, schwarze Chromatophoren, die auf den Epimerialplatten, dem Kopfe und den Basalgliedern der Beine am zahlreichsten anzutreffen waren. Zwischen diesen dunklen Chromatophoren befanden sich isolirt milchigweisse, die fast immer contrahirt waren. Die Augen sind sehr gross, rund und mit röthlichem Pigmente aus- gestattet. Das Abdomen zeichnet sich von dem T'horax durch seine grösseren Dimensionen aus; besonders fallen die drei ersten Ahbdominalsegmente durch ihre Grösse und Gestalt in die Augen. Der hintere Rand der beiden ersten von ihnen zeigt in der Medianlinie einen starken und spitzen Fortsatz nach hinten. Der hintere Rand des dritten Segmentes zeigt keinen Fortsatz, da- gegen ist er gezähnt und gebuchtet, wie die Abbildung zeigt (Taf. 2. Fig. 61). (Spence Bate’s Abbildung stimmt mit meinen Beobachtungen nicht überein.) Das Postabdomen ist bedeutend kleiner. Der Kopf ist gross und zeigt auf der Dorsalmedianlinie eine Art Rostrum. Die Antennenpaare sind von ver- schiedener Länge; während die unteren die Körperlänge erreichen, sind die oberen nicht einmal halb so lang. Von den drei Schaftgliedern der oberen Antennen ist das erste gross und dick. Die Geissel besteht aus achtzehn langen Gliedern, welche alternirend ein oder zwei Riechzapfen tragen. Der viergliedrige Schaft der unteren Antennen ist etwas länger als der der oberen, die Geissel ist sehr lang und bestand bei den wenigen 'T’'hieren, wo sie nur unverletzt zu finden war, aus 45 Gliedern, deren erstes das längste ist und fünf bis sechs Querstreifen zeigt. Die 'T'horacalbeinpaare sind im Allgemeinen kurz und mit starken Dornen besetzt; die beiden ersten sind bei beiden Geschlechtern mit länglich ovalen Greifhänden versehen. Die Endkralle reicht bis in die Mitte des unteren Handrandes, der bis dahin starke Dornen zeigt (Taf. 2. Fig. 62). Das zweite Paar pflegt etwas grösser zu sein als das erste Paar. Sexual- unterschiede in der Handbildung konnte ich nicht wahrnehmen. Die drei letzten 'Thoracalbeinpaare, von denen das siebente das längste ist, haben ein starkes, entwickeltes Basalglied. Die Abdominalschwimmfüsse gleichen hin- sichtlich der Stärke ihrer Basalglieder denen der Hyperiden. Die folgenden Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 31) 67 Gliedmassen sind von verschiedener Länge und zeigen nichts Wesentliches. Das Telson ist eine dreieckige, nicht gespaltene Lamelle, welche etwas länger als die Hälfte der Basalglieder des letzten Springfusspaares ist. Atylus bispinosus findet sich nur in einzelnen Exemplaren in der inneren Bucht, und zwar in der Seegrasregion; in der äusseren dagegen kommt er jedoch auch in Gesellschaft vor; man trifft ihn auch in der Nordsee. Das kleine T'hier ist sehr lebhaft, schwimmt sehr selmell, und zwar meistens auf dem Ricken. Subfam. Gammaridae. Calliopius laeviusculus. Kröyer. 1835. Amphithoö laeviusceula. Kröyer. Groenlands Amphipodez. Danske Vidensk.-Selsk. Afhandl. VIL p. 281. 1. ab 3. fig. 13. 1831. Amphithoöe Rathkei. Zaddach. Synopseos Urustac. Prussic. prodromus. p. 6. 1844. Amphithoe norwegica. Rathke. Nova Acta Acad. Leopold. Carol. T. XX. p. 83. Tab. IV. 1843. Calliope Leachi. Spence Bate. Brit. Assoc. Report. 1855. p. 58. Paramphithoö laeviuseula. Bruzelius. Amphip. Gammar. K. Vet. Akad. Handl. Ny Följd. IN. p. 73. 1859. Calliope laeviuscula. Spence Bate. Catal. of Amphip. in Brit. Museum. p. 148. t. 28. 1862. Von diesem ’Thiere (Taf. 3. Fig. 63) ist nur das Hintertheil des Körpers stark seitlich comprimirt, während das Vordertheil mehr oder weniger breit ist. Die durchschnittliche Körperlänge ist 7mm, doch habe ich einige männliche und weibliche Exemplare gefunden, die eine Länge von 12 mm hatten. Die Farbe des 'T'hieres ist sehr verschieden, Zaddach’s Vermuthung (33, pag. 36), dass die Farbe des lebenden und todten 'T'hieres weiss sei, bewahrheitet sich nicht. Denn ich fand oft röthlichgelb gefärbte Individuen, auch blau gefärbte. Diese Farbe ist, wie bei den anderen Amphipoden, eine Folge der Anpassung; aber bei Calliopius ist diese Farbe, so viel ich beobachten konnte, in einem Falle eine Schutzfärbung. Ich fand nämlich zu verschiedenen ‚Jahreszeiten zahlreiche Exemplare von Calliopius in Gesellschaft mit Littorina littorea in geringer Tiefe. Diese Exemplare waren alle unregel- mässig schwarz und weiss gestreift, eine Färbung, wie ich sie nur in diesem Falle gefunden habe. Ich vermuthe daher, dass diese Färbung des T'hieres dazu dient, dasselbe unter den Littorinen unkenntlich zu machen, da Kopf, 65 Dr. Henri Blanc. (p. 32) Tentakeln und unterer "Theil des Gehäuses dieser Schnecke ebenfalls schwarz und weiss gestreift sind. Diese Färbung wird durch Chromatophoren hervor- gehracht, die schwarz und milchigweisse Pigmente führen. Die Segmente des Körpers bieten niehts Merkwürdiges dar. Die drei ersten, grössten Abdominalsegmente zeigen auf dem Rücken eine gröbere Erhöhung. Das Postabdomen ist sehr eomprimirt. Die Epimerialplatten sind im Verhältniss zur Grösse der Segmente klein. Der Kopf ist nicht gross und trägt nahe an der Insertionsstelle der oberen Antennen grosse, ovale, schwarze Augen. Die Antennen erreichen kaum die Hälfte der Körperlänge und sind nahezu gleichlang. Beim Weibehen sind jedoch die oberen etwas kürzer als die unteren, beim Männchen hat das Umgekehrte statt. Von dem dreigliedrigen Schaft der oberen Antennen ist das letzte Glied das kürzeste und zeigt einen grossen Fortsatz auf der unteren Seite (Taf. 3. Fig. 64). Die Geissel besteht meistens aus dreissig kleinen, breiten Gliedern, die beim Männchen einen zahnförmigen Fortsatz bilden, so dass der untere Rand der Geissel der oberen Antennen gesägt erscheint. Auf den oberen Antennen be- findet sich beim Weibchen wie beim Männchen auf jedem Gliede eine Gruppe von drei oder vier langen Riechzapfen (Taf. 1. Fig. 2a). Neben diesen Riech- zapfen findet man auf jedem Gliede mehrere kleine Calceoli, die letzten Glieder der Geissel haben weder Caleeoli noch Riechzapfen, dagegen findet man diese Ualceoli wieder auf den zwei letzten Gliedern des Schaftes. Die unteren Antennen (Taf. 3. Fig. 65) werden von einem etwas längeren vier- gliedrigen Schaft gebildet und einer (reissel, die aus fünfunddreissig kurzen Gliedern besteht; auf diesen Antennen findet man auch bei beiden Ge- schlechtern Calceoli. Die Mundtheile stimmen mit denen von Gammarus locusta vollständig überem. Das fünfte Glied der beiden ersten Fusspaare ist beim Weibchen wie beim Männchen zu einer Hand umgehildet, die eine eiförmige Gestalt besitzt und beim Männchen stärker ist (Taf. 3. Fig. 66). Beim Weibchen ist die Hand der beiden Paare gleichgross, beim Männchen ist die des zweiten Paares in die Länge gezogen. Das Ende der Kralle erreicht die Hälfte des mit starken Dornen besetzten unteren Randes der Hand. Die T'horacalbein- paare sind im Vergleich mit denen anderer Gammariden nur klein. Die Ver- dickung der Basalglieder, die Hoek (11, pag. 140) an einem Exemplare Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 38) 69 beobachtete, ist nicht, wie er vermuthet, ein Geschlechtsunterschied; bei zahl- reichen Männchen, die ich untersuchte, habe ich nie dergleichen finden können. Die Schwimmfüsse sind lang und ihre Endglieder mit zahlreichen langen Borsten versehen. Die Springfüsse sind ziemlich dünn und fast ohne Dornen, die äusseren Endglieder sind etwas länger als die inneren; die öndglieder des dritten Paares sind lamellenförmig. Das "Telson reicht bis zur Hälfte des letzten Gliedes der darunter liegenden Springfüsse und bildet eine rechtwinkelige Platte, deren hinterer Rand etwas abgerundet ist. Das eben beschriebene Thier ist von Zaddach (32) Amphithoe Rathkei bezeiehnet worden; aber dieser Autor hat selbst in seiner letzten Abhandlung „die Meeresfauna an der preussischen Küste, I. Amphipoda* (33) zugegeben, dass das T’hier dasselbe ist, welches schon von Kröyer als Amphithoe laeviuscula beschrieben worden ist; daher führt jetzt diese Speeies mit Recht besser den Namen „Calliopius laeviusculus Kröyer“. Ausserdem hat Zaddach in der eben erwähnten Abhandlung eben- falls mit Recht den von Rathke beschriebenen Amphipoden „Amphithoe nor- wegica“ als Calliopius laeviusculus bezeichnet. Wie ich mich zu überzeugen Gelegenheit hatte, repräsentirt „Amphithoe norwegica Rathke“ (27, Taf. IV. Fig. 6. A. B.C. D) nur die grössere Form von Oalliopius laeviusculus; denn die Diagnose und die Zeichnungen, die Rathke von diesem Thiere giebt, stimmen vollständig mit den 12 mm langen Exemplaren von Calliopius laeviusculus überein. Calliopius laeviusculus ist in der Kieler Bucht häufig. Nur ausnahms- weise findet man das T'hier mit Gammarus locusta zusammen; dagegen trifft man es in Gesellschaft zwischen lebenden Miessmuscheln und Schnecken, die sich in grösserer Menge an Pfählen festhalten; nur die tief blau gefärbten Exemplare, die auch die grösseren sind, habe ich stets vereinzelt und selten sefunden. Trächtige Weibchen sind besonders zahlreich im Sommer. Man findet das Thier an der mecklenburgischen und preussischen Küste, auch im westlichen Theile der Ostsee, ferner findet man es in der Nordsee, an der Küste von England, von Norwegen und in dem Polarmeere bis Grönland und Spitzbergen. Nova Acta XLVII. Nr. 2. 10 ri) Dr. Henri Blanc. (p. 34) Gammarus locusta. Linne. 1767. Cancer locusta. Linne. Systema Naturae ed 12. ma. p. 1055. 1767. Gammarus locusta. Fabrieius. Systema entomologia. 1775. Gammarus aretus. Seezesky. An Account of the Arctie Reg. 1. p. 541. 1820. Gammarus duebeni. Lilljeborg. Overs. af Kongl. Vet. Akad. Förh. 1851. p. 22. Gammarus mutatus. Lilljeborg. Kongl. Vet. Akad. Handl. p. 447. 1853. Gammarus stichensis. Brandt. Middendorff’s Sibir. Reise. 11. partie. p. 133. 1851. Obgleich dieses Thier (Taf. 3. Fig. 67) seiner weiten geographischen Verbreitung und seiner Häufigkeit wegen schon oft beschrieben worden ist, kann ich es doch nicht unterlassen, hier eine kurze Darstellung seiner Eigen- thiimlichkeiten zu geben. Der Körper desselben ist stark seitlich comprimirt und das Postabdomen sehr dünn. Die Länge des ausgebildeten "T’hieres varüirt sehr; das grösste der von mir untersuchten T'hiere war ein ausgebildetes Männchen von 27 mm Länge, das grösste Weibchen war 15 mm lang. Die Männchen sind stets grösser als die Weibchen. Die Farbe des 'T'hieres ist ebenso wie die Länge einer grossen Verschiedenheit unterworfen; man findet alle Uebergänge von dunkelbraun bis hellweiss, und zwar ist die Farbe ab- hängig vom Aufenthaltsorte. Daher glaube ich, dass die bläulichen, roth ge- fleckten Exemplare Zaddach's (33, pag. 27) wohl zwischen Miessmuscheln gefangen worden sind. Ein weibliches Exemplar, das ich zwischen Ceramium rubrum fand, war, wie diese Floriden, röthlich gefärbt, ja selbst die Eier, die sich in der Bruttasche zahlreich befanden, hatten die entsprechende Farbe angenommen. Diese Anpassungsfarbe wird bei Gammarus locusta nicht durch CUhromatophoren, die ich vergebens suchte, sondern durch zahlreiche gefärbte Oeltropfen hervorgerufen. Die Chitinhülle ist derb, wie die von allen pela- gischen Amphipoden. Auf der dorsalen Seite sind nahe dem hinteren Rande der drei Seg- mente, von denen das Postabdomen gebildet wird, drei kleine Erhöhungen (Taf. 3. Fig. 65), eine mediane auf der Dorsallinie und zwei seitlich gelegene: diese kleinen Erhöhungen sind je mit zwei oder drei Dornen versehen, die mit blossen Augen schon gut zu erkennen sind. Die 'T'horacalsegmente sind untereinander gleichlang, die drei ersten Abdominalsegmente sind etwas länger, die drei letzten dagegen ausserordentlich kurz und dünn. Der Kopf ist nahezu viereckig, und hinter der Insertionsstelle der oberen Antennen liegen die Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 35) a nierenförmigen schwarzen Augen. Bei jungen 'T'hieren sind die Augen rund. Beide Antennenpaare sind wohl entwickelt, die oberen sind die längeren und erreichen beinahe die Hälfte der Körperlänge; sie bestehen aus einem drei- gliedrigen Schafte, dessen erstes Glied das längste ist, und aus einer Geissel und Nebengeissel. Die Nebengeissel (Taf. 3. Fig. 69) wird von 5—9 langen Gliedern gebildet, die Geissel dagegen aus 25—35, je nach Grösse und Alter des Individuums; die ersten Glieder dieser Geissel tragen bei beiden Ge- schlechtern je einen Riechzapfen. Der Basaltheil der unteren Fühler ist länger als der der oberen und mit langen Borsten versehen; die Geissel besteht aus 17—15 Gliedern, die ebenfalls lange Borsten tragen, von den 5 oder 6 ersten Gliedern besitzt jedes beim Männchen einen Calceolus (Taf. 1. Fig. 1 und la). ‚Jede Mandibel (Taf. 3. Fig. 70) besteht aus einem zum Kauen be- stimmten Theil und einem dreigliedrigen langen Taster, «der bei Orchestia littorea und auch bei den Caprelliden, wie wir sehen werden, fehlt. Das erste Kieferfusspaar (Taf. 3. Fig. 71) wird aus zwei Lamellen gebildet, von denen die innere nur klein bleibt; die äussere trägt einen eylindrigen kleinen Taster. Das zweite Kieferfusspaar (Taf. 3. Fig. 72) hat zwei breite Glieder, deren Ränder mit gröberen Borsten versehen sind. Das dritte Kieferfusspaar (Taf. 3. Fig. 73) bedeckt die anderen Mundtheile vollständig; der eigentliche Fuss dieses Kieferpaares ist lang, während die vier lamellenförmigen Fortsätze desselben klein bleiben. Die beiden ersten T'horacalbeinpaare sind beim Männchen sowohl als auch beim Weibchen mit einer Hand versehen (Taf. 3. Fig. 74), die beim Männchen (Tat. 3. Fig. 75) stärker entwickelt ist. Die Form dieser Hand ist oval; ihr unterer Rand verläuft beim Männchen eoncav, ohne jedoch einen Vorsprung zu bilden. Weibchen und Männchen nehmen bei der Copu- lation dieselbe Stellung ein, wie sie Sars (28) schon für Gammarus neglectus beschrieben hat; die Kralle des ersten linken Fusses des Männchens heftet sich nämlich zwischen Kopf und erstem Segmente auf der Dorsalseite an, während der rechte Fuss beim Festhalten des Weibchens nach hinten ge- streckt wird. Das vierte Thoracalbeinpaar ist das kürzeste, die drei letzten haben stark entwickelte Basalglieder und sind gewöhnlich nach hinten zurück- geschlagen. Die Abdominalschwimmfüsse sind lang, die zwei ersten Spring- fusspaare sind ähnlich gestaltet und besitzen lange Basalglieder. Das dritte 10* 7 [&0) Dr. Henri Blanc. (p. 36) Springfusspaar ist kleiner als die anderen und auch dicker; von den beiden Endgliedern ist das innere das kürzeste und nimmt immer mehr die Form einer Lamelle an. Das Telson ist tief gespalten und überragt die Basalglieder des dritten Springfusspaares. Gammarus locusta ist von allen Gammariden der Kieler Bucht der gemeinste. Man findet ihn überall pelagisch, wie auch in der Tiefe. Es ist in hohem Grade euryhalin. Ausser in der Ostsee findet man ihn auch vom Mittelmeer bis Grönland und Island. Cheirocratus brevicornis. Hock. 1879. Cheiroeratus brevieornis. Hoek. Caremologisches, grösstentheils gearbeitet m der zool. Station der niederl. zoolog. Gesellschaft. (Separat-Abdruck aus Tijdschr. d. Ned. dierk. Vereen. Deel IV. 1879. p. 142. T. X. fig. 10, 11, 12,13.) Diese von Hoek (11, pag. 142. T. X. Fig. 10, 11, 12, 13) neuerdings aufgestellte neue Species ist zu den Gammariden zu rechnen, obgleich das Thier eine grosse Aehnlichkeit mit den Phoxideen zeigt. Die Länge des ausgebildeten Männchens (Taf. 3. Fig. 76) und Weibchens beträgt 7 mm. Die Chitinhülle ist dünn, wie bei allen in der "Tiefe lebenden Gammariden. Sie hat keine mikroskopischen Zeichnungen aufzuweisen, und nur auf dem hinteren Rande der drei letzten Abdominalsegmente (Taf. 3. Fig. 77) besitzt sie auf der Rückenlinie einige Dornen und Borsten. Die Farbe der 'Thiere, die ich fand, war stets orangeroth und wurde durch grosse rothe, in der Hypodermis unregelmässig vertheilte Chromatophoren hervorgebracht. Die T'horacalsegmente sind gleich gross; die Epimerialplatten sind fast quadratisch, klein und greifen nicht übereinander. Das Abdomen ist ebenso breit wie der 'T'horax; die Segmente nehmen nach hinten an Länge ab; der untere Rand des letzten Abdominalsegmentes ist zugespitzt. Der Kopf zeigt auf der Medianlinie einen kleinen Vorsprung nach vorn; die Augen sind kreisrund und klein und liegen hinter den Insertionsstellen der oberen An- tennen. Die oberen Antennen sind um die Hälfte kürzer als die unteren, welche die Hälfte der Körperlänge erreichen. Der dreigliedrige Schaft der oberen Antennen trägt eine Geissel und Nebengeissel; die erstere besteht aus zwölf Gliedern, von denen jedes mit einem langen Riechzapfen versehen ist; öfter fand ich sogar zwei dieser Sinnesorgane auf jedem Gliede; die kleine Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 37) 13 Nebengeissel besteht aus zwei Gliedern. Den grössten Theil der unteren Antennen macht der Schaft aus, der länger ist, als die ganze obere Antenne: seine zwei ersten Glieder bleiben nur klein, während die zwei folgenden sehr lang sind. Die Geissel besteht aus 17 Gliedern, auf denen ich nicht, wie Hoek, Riechzapfen beobachten konnte. Die Mundtheile gleichen vollständig denen von Calliopius. Die Thoracal- beinpaare sind dünn und sehr zerbrechlich. Das in beiden Geschlechtern gleichgestaltete erste 'T’horacalbeinpaar ist beim Männchen stärker entwickelt als beim Weibchen; sein fünftes Glied bildet keine Hand (Taf. 3. Fig. 76a), ist langgestreckt und mit einer kleinen Endkralle versehen. Das zweite Thoracalbeinpaar zeigt beim Weibchen denselben Bau wie das erste, beim Männchen aber ist das fünfte Glied zu einer grossen ovalen Greifhand um- gehildet (Taf. 3. Fig. 76b). Der untere Rand dieser Hand ist mit langen, gruppenweise angeordneten Borsten besetzt; die Kralle, deren eigenthümliche Form ich abgebildet habe, legt sich über die Innenfläche der Hand, die hier mit fünf grösseren Zähnchen versehen ist. Das dritte und vierte Beinpaar ist kürzer als die beiden ersten; das fünfte, sechste und siebente ist, wie gesagt, leicht zerbrechlich, so dass oft nur die Basalglieder an sonst gut conservirten Exemplaren anzutreffen sind. Die Abdominalschwimmfüsse sind wohl entwickelt. Von den drei letzten Abdominalanhängen ist das zweite Paar das kürzeste; der Basaltheil des letzten Paares ist länger als das letzte Segment und seine Endglieder sind blattförmig verbreitert. Das 'Telson besteht aus zwei kleinen Lamellen, welche etwas länger als die Hälfte des Basalgliedes des letzten Springfusspaares sind. Cheirocratus brevicornis ist in der Bucht zwischen abgestorbenem See- gras und Muscheln in einer Tiefe von 14 m nicht selten. 'Trächtige Weibchen, deren Bruttaschen mit dunkel gefärbten Eiern gefüllt waren, fand ich im Anfang des Sommers. Amathilla Sabinii. Leach. 1819. Gammarus Sabini. Leach. A voyage of Discovery etc. by John Ross. Append. p. 178. 1819. Amathia Sabini. Spence Bate. Catal. of Amphip. in Brit. Mus. p. 197. pl. XXX V. fig. 9. Dieser Amphipod (Taf. 3. Fig. 78) lässt sich schon auf den ersten Blick von Gammarus locusta durch seinen dicken Hinterkörper unterscheiden. 74 Dr. Henri Blanc. (p. 38) Seine Körpergrösse steht auch hinter der von Gammarus locusta; die gewöhn- liche Länge beträgt nur 9—10 mm, doch fand ich auch weibliche und männ- liche Exemplare von 15 mm Länge. Die Farbe des lebenden "Thieres ist bläulich. Die Länge der T'horacalsegmente ist verschieden, und zwar sind die vorderen kürzer als die hinteren. Für die Abdominalsegmente gilt das Umgekehrte; dort sind nämlich die drei ersten grösser als die drei hinteren. Die letzten Thoracalsegmente sowie die Abdominalsegmente haben jedes einen dorsalen zahnförmigen Fortsatz, so dass der Rücken des T'hieres gesägt erscheint. Die Epimerialplatten sind grosse Lamellen, von denen die drei hinteren kleiner sind als die vier vorderen und in der Mitte eine flache Bucht haben. Nahe der dorsalen Medianlinie des Kopfes, hinter der Insertionsstelle der oberen Antennen, liegen die nierenförmigen Augen. ‚Die Antennen sind, wie bei @Gammarus locusta, wohl entwickelt; sie erreichen ein Drittel der Körperlänge, und zwar sind die unteren etwas länger als die oberen: der Schaft der oberen trägt eine Geissel und eine Nebengeissel: die erstere wird von zahlreichen kleinen Gliedern gebildet, von denen jedes, mit Ausnahme der fünf letzten, sechs lange Riechzapfen, zahlreiche Calceoli und einen grösseren Calceolus trägt (Taf. 1. Fig. 3, 4, 4a). Die Nebengeissel (Taf. 3. Fig. 79) ist etwas länger als der vierte T’'heil des Schaftes und besteht aus fünf Gliedern, deren jedes ein oder zwei lange, kolbenförmige, chitinöse Ge- bilde aufzuweisen hat. Die beiden ersten T'horacalbeinpaare zeigen, wie auch bei Gammarus locusta, eine Hand, die beim Männchen stärker entwickelt ist als beim Weib- chen (Taf. 4. Fig. SO). Die anderen Beinpaare zeichnen sich durch verhältniss- mässig geringe Grösse aus. Das äussere Endglied der zwei ersten Abdominal- springfüsse ist immer kleiner als das innere. Beim dritten Springfusspaare (Taf. 4. Fig. SI) sind die Endglieder beinahe von gleicher Grösse und beide haben eine Lamellenform. Das Telson ist anders gestaltet wie bei Gammarus locusta, da es eine nahezu viereckige Platte vorstellt. Amathilla Sabinü ist eines der selteneren Thiere der Kieler Bucht; es findet sich auf Algen und Steinen, oft in Gesellschaft, im äusseren Theile der Bucht. Vereinzelte Exemplare von geringerer Körperlänge kommen in- dessen auch in der inneren Bucht vor. Ausserdem findet man es an der Küste von Bretagne, an den Nordseeküsten und in den Polarmeeren. Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 39) [6 Ill. Fam. Corophidae. Subfam. Podocerinae. Microdeutopus gryllotalpa. Costa. 1853. Mierodeutopus gryllotalpa. Costa. Rend. della Reale Accad. delle Scienze di Napoli. 1853. p. 178. Lembos Dammoniensis. Spence Bate. Rep. Brit. Assoc. p. 58. 1855. Antonoö grandimanus. Spence Bate. Catal. of Amphip. in Brit. Mus. p. 378. 1862. Mierodeutopus grandimanus. Spence Bate. Catal. of Amphip. in Brit. Mus. p. 378. 1862. Dieser Krebs hat die charakteristische Form der Corophiden, nähert sich aber schon mehr den Gammariden, wozu er bis C. Heller (10) gerechnet wurde, der seine Verwandtschaft mit den Üorophiden zuerst feststellte. Das Thier ist sehr klein; die Weibchen (Taf. 4. Fig. 82) sind bedeutend grösser als die Männchen (Taf. 4. Fig. 83); ein eiertragendes Weibehen hatte eine Länge von 7 mm und ein ausgebildetes Männchen maass 5 mm. Die Farbe des lebenden T'hieres ist grau mit schwarzen Flecken auf dem Rücken, besonders aber auf dem iHintertheil der Segmente. Die Epimerial- platten zeigen ebenfalls schwarzes Pigment. Diese Farbe wird hervorgebracht durch zahlreiche kleine Chromatophoren (Taf. 4. Fig. S4), die untereinander anastomosiren, jedoch ohne Pigmentanhäufungen zu bilden, wie dies bei Dorophium longicorne und Podocerus falcatus der Fall ist. Die Chitinhülle ist glatt und zeigt keine Zeichnungen und Fortsätze. Die "Thoracalsegmente und die Ahdominalsegmente sind von gleicher Länge, mit Ausnahme der beiden letzten Abdominalsegmente, die verkürzt sind. Die Epimerialplatten sind kurz und greifen nicht übereinander. Der Kopf ist etwas grösser als das erste Segment. Die Augen sind kreisrund und sehr klein, sie liegen hinter den oberen Antennen. Die beiden Antennenpaare sind wohl entwickelt, aber von ungleicher Länge; die längeren oberen erreichen die Hälfte der Körperlänge, ihr Basalglied ist stark, be- sonders das erste Glied (Taf. 4. Fig. 85); das zweite Glied ist länger; das dritte, welches etwas kürzer ist als das vorhergehende, trägt eine Geissel und Nebengeissel. Die Geissel besteht aus 17 langen Gliedern, von denen jedes einen Riechzapfen trägt. Die Nebengeissel besteht meistens nur aus einem Gliede, ich konnte jedoch oft deren zwei zählen. An den Adriatischen Formen beschreibt Nebeski (25, pag. 45) eine dreigliedrige Nebengeissel; sie kann 16 Dr. Henri Blane. (p. 40) also nicht als Unterscheidungsmerkmal gelten. Die unteren Antennen sind kürzer aber kräftiger als die oberen: der Schaft macht den Haupt- theil der Antennen aus; seine zwei ersten Glieder sind redueirt, die zwei folgenden dagegen sehr lang. Die kurze Geissel besteht nur aus 6—7 Gliedern. Die Mundtheile gleichen denen von Corophium, doch ist wie bei Amphithoö, deren Beschreibung folgt, in diesem Falle der Mandibulartaster länger. Die T'horacalbeinpaare sind im Verhältniss zur Körpergrösse lang und dünn: nur das erste Paar derselben zeigt eine ausgebildete Hand, deren Gestalt nach dem Geschlecht varürt. Das Basalglied des ersten Beinpaares ist beim Männchen (Taf. 4. Fig. 56) an seiner Basis sehr «dünn, verbreitert sich aber dann; das zweite und dritte Glied ist klein, das vierte ist dagegen sehr gross und stellt bei ausgebildeten männlichen Exemplaren eine breite ovale Platte dar, die drei starke Fortsätze nach vorn zeigt; von diesen letzteren ist der untere am grössten und spitzesten. Das fünfte Glied ist kleiner und trägt eine Kralle, deren unterer Rand gesägt ist. Diese beschriebene Handform variirt nach dem Alter des 'Thieres; Ne- beski zeigte, dass diese Hand bei jungen männlichen Exemplaren ähnlich gestaltet ist, wie bei den Weibchen (T. IV. Fig. 41 von Nebeski). Dieses erste Beinpaar ist beim weiblichen Geschlecht lange nicht so stark wie bei dem wmännlichen (Taf. 4. Fig. S7). Das vierte Glied ist nahezu viereckig, und das darauf folgende fünfte ist beim Weibchen länger und trägt an seinem unteren Rande zwei starke Dornen. Die Kralle ist beim Weibchen nicht gesägt. Das zweite Beinpaar ist bei beiden Geschlechtern gleich gestaltet (Taf. 4. Fig. 85); das Basalglied ist ziemlich breit, das zweite und dritte kurz, das vierte und fünfte langgestreckt. Die Endkralle ist bedeutend kleiner als die des ersten Paares. Das dritte und vierte Beinpaar ist nahezu gleich gestaltet, und man findet in ihren Gliedern zahlreiche Gruppen von Drüsen- zellen (Taf. 4. Fig. 89). Von dem fünften, sechsten und siebenten Paare ist das siebente das längste. Die Abdominalschwimmfüsse sind gut entwickelt und zeigen, dass das Thier ein guter Schwimmer ist. Die Springfüsse haben keine gebogenen Endglieder, wie dies bei Corophium longicorne der Fall ist, dieselben sind vielmehr ähnlich gestaltet, wie bei Amphithoö podoceroides. An den beiden ersten Paaren sind die äusseren Endglieder kürzer als die Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 41) -’ -t inneren; für das dritte Paar gilt das Gegentheil (Taf. 4. Fig. 90). Alle diese Endglieder sind mit zahlreichen Dornen besetzt. Das Telson ist eine breite, halbmondförmige Lamelle, die in ihrer Mitte nicht gefurcht ist; es ist kürzer als der Basaltheil des dritten Spring- fusspaares. Mierodeutopus gryllotalpa ist in der Kieler Bucht nicht selten; man findet das 'I’hier zwischen Miessmuscheln in geringer Tiefe; doch traf ich es auch in grösserer Tiefe auf dem „Stoller Grunde“ an. Dieser Amphipod hat eine grosse geographische Verbreitung; Costa fand ihn im Golf von Neapel, Nebeski im Adriatischen Meere: auch an der englischen Küste ist er heimisch. Amphitho& podoceroides. Rathke. 1843. Amphithoö podoceroides. Rathke. Nova Acta Acad. Leopold. Carol. T. XX. p. 79. Tab. IV. fig. 4. 1843. Amphithoe abbomaculata. Kröyer. Naturh. Tidsskr. Ny Raek. 2. B. p. 67. 1845. Amphithoe littorina. Spence Bate. Brit. Assoc. Report. 1855. p. 59. Amphithoö podoceroides (Taf. 4. Fig. 91) ist einer von den grössten im Kieler Hafen vorkommenden Amphipoden, und kann leicht mit Gammarus locusta verwechselt werden, da er die allgemeine Form der Gammariden besitzt. Der Körper ist nicht plattgedrückt, sondern mehr seitlich eomprimint. Exemplare von 12—15 mm Länge sind nicht selten, und zwar sind die Männchen grösser als die Weibchen. Die Farbe des lebenden Thieres ist eine graue und wird durch grosse Pigmentzellen, die über den ganzen Körper verbreitet sind, hervorgebracht. Ich habe drei dieser Pigmentzellen gezeichnet (Taf. 4. Fig. 92); sie zeigen zahlreiche Fortsätze, sind mit einem Kerne versehen und anastomosiren unter- einander, jedoch ohne Anhäufungen von Pigment zu bilden. Die Pigment- zellen bleiben vielmehr meistens getrennt, so dass das T'hier punktirt erscheint. Die Chitinhülle hat keine Zeichnungen aufzuweisen, es finden sich nur auf dem letzten Abdominalsegmente in der Medianlinie einige feine Borsten. Die Segmente des Körpers sind nicht alle gleich gross, das fünfte, sechste und siebente 'Thoracalsegment ist etwas länger als die vorhergehenden. Die ersten vier Epimerialplatten sind grosse, ovale Lamellen, die sich etwas Nova Acta XLVII. Nr. 2. 11 is Dr. Henri Blanc. (p. 42) iiber einander legen; die drei folgenden sind kleiner und in der Mitte flach gebuchtet. Der Kopf des Thieres ist grösser als das erste Segment und zeigt an seinem vorderen Rande einen kleinen Fortsatz. Die Antennen, besonders die unteren, sind stark entwickelt; bei dem Weibehen erreichen die oberen Antennen, die etwas länger sind als die unteren, beinahe die Hälfte der Körperlänge; beim Männchen sind diese oberen Antennen fast ebenso lang, die Geissel dieses Antennenpaares besteht aus 24 Gliedern und ist länger als der Basaltheil. Der Schaft der unteren Antennen ist stärker gebaut, da- gegen wird hier die Geissel nur von 10 Gliedern gebildet und ist etwas kürzer als der Schaft. Die Augen sind klein, kreisrund und liegen zwi- schen den zwei Antennenpaaren nahe dem Vorderrande des Kopfes. Die Mundtheile sind so beschaffen, wie bei Corophium longicorne, nur ist hier der Taster der Mandibeln stärker und sein letztes Glied trägt zahlreiche lange Borsten. Das fünfte Glied der beiden ersten Beinpaare ist zu einer Hand umgebildet. Von diesen beiden Händen ist die des zweiten Paares stärker als die des ersten, ihr unterer Rand ist beim Männchen (Taf. 4. Fig. 93) etwas nach vorn gefurcht, so dass ein starker Vorsprung gebildet wird: beim Weibehen (Taf. 4. Fig. 94) ist dieser Rand convex und zeigt keinen Vorsprung. Die fünf folgenden Beinpaare nehmen nach hinten an Länge zu; das dritte und vierte Paar enthält zahlreiche Drüsenzellen. Die Schwimmfiisse des Abdomens sind nur schwach. Die Abdominalspringfüsse besitzen ein breites Basalglied und zwei Endglieder von ungleicher Länge; sie sind, besonders an ihren Extremitäten, mit kleinen Dornen versehen; an den iımeren Endgliedern des letzten Paares (Taf. 4. Fig. 95) befinden sich lange Borsten. Das Telson ist eine fast dreieckige Lamelle, deren äusserer Winkel abgerundet ist; es ist am Rande mit kleinen Dornen besetzt und etwas kürzer als das Basalglied des letzten Abdommalfusspaares. Ich fand Amphithoö podoceroides in der Seegrasregion in Gesellschaft mit Terebella zostericola. Das T'hier schwimmt vortrefflich; nach Nebeski soll es mit Ulva Nester bauen; man findet es auch an der englischen und norwegischen Küste. Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 43) 9 Podocerus falcatus. Montagu. 1808. Cancer (Gammarus) falcatus. Montagu. Trans. of Linn. Soc. IX. p. 100. pl. 5. 1—2. 1808. (5 jung.) Jassa falcata. Leach. Edinb. Encyel. VII. p. 433. (5 Jung.) 1813—1S14. Jassa pulchella. Leach. Edinb. Eneyel. VII. p. 433. (5) 1813—1814. Jassa pelagica. Leach. Edinb. Eneyel. VI. p. 433. (©) 1813— 1814. Podocerus pulchellus. Milne Edwards. Ann. des Sc. nat. p. 884. (5) 1830. Cerapus pelagieus. Milne Edwards. Hist. nat. des Crustaces. Vol. II. p. 61. (S jung.) 1840. Podocerus calcaratus. Rathke. Nova Acta Acad. Leopold. Carol. XX. p. 91. Tab. IV. fig. 9. (5) 1843. Podocerus falcatus. Thompson. Ann. and Mag. of Nat. Hist. XX. p. 274. 1847. Podocerus falcatus. Spence Bate. Catal. of Amphip. in Brit. Mus. p. 255. pl. XLIV. fig. 1. (5) 1862. Podocerus pelagicus. Spence Bate. Catal. of Amphip. in Brit. Mus. p. 255. pl. XLIV. fig. 2. (@ jung.) 1862. Podocerus variegatus. Spence Bate. Catal. of Amphip. in Brit. Mus. p. 254. pl. XLIH. fig. 10. (@ alt.) 1862. Podocerus pulchellus. Spence Bate. Catal. of Amphip. in Brit. Mus. p. 253. pl. XLIM. fig. $. (8) 1862. Dieser Name umfasst nach Nebeski (25, pag. 41. Taf. IV. Fig. 42, 43, +44) eigentlich vier Species, nämlich: Podocerus pelagieus, pulchellus, fal- catus und variegatus. Schon Boek (2) erkannte, dass Podocerus pelagicus, pulchellus und falcatus nur eine Art repräsentiren, die er Podocerus falcatus nannte. Die Unterscheidungsmerkmale dieser verschiedenen Species beschränkten sich ausschliesslich auf die Form der Hand des zweiten Fusspaares und auf die Länge der Antennen. Aber, wie wir schon bei Microdeutopus gryllotalpa fanden, dass diese Merkmale mit dem Alter und Geschlecht variiren, so ist dies auch hier der Fall: leider hatte ich nur junge Männchen und einige ältere und junge Weibchen zur Verfügung. Die ersteren hätte man schon dureh die grössere Dimension der Hand des zweiten Fusspaares von den letzteren unterscheiden können. Ich konnte mich leicht überzeugen, dass Spence Bate's Beschreibung von Podocerus pelagieus auf die jungen Weibchen und die desselben Autoren von Podocerus variegatus auf die Älteren Weibchen passte. Die jüngeren Weibchen von 4 mm Länge hatten schwächere Antennen als die älteren von 6 mm Länge. Die Form der Hand des zweiten Fuss- paares stimmte bei den älteren genau mit Nebeski’'s Abbildung überein. ll 50 Dr. Henri Blanc. (p. 44) Diese Hand ist nämlich oval und ihr unterer Rand verläuft zuerst convex und dann concav (Taf. 4. Fig. 97). Nebeski zeigte durch Vergleichung der Männchen bei Podocerus falcatus weiter, dass hier zwei Formen von Männchen existiren, die sich durch die verschiedene Länge der Antennen und durch die verschiedene Form der Hand unterscheiden. Er wies nach, dass die eine Form (dieser Männchen Podocerus falcatus von Spence Bate ist, und die andere Podocerus pulchellus. Es standen mir leider nur zwei Männchen zur Verfügung, von denen ich das eine abgebildet habe (Taf. 4. Fig. 96); ich bin daher nicht in der Lage, Nebeski’s Beobachtungen bestätigen zu können. Meine beiden männlichen Exemplare waren vollkommen gleich gestaltet und sind als Podocerus falcatus Spence Bate zu bestimmen, was aus dem Fol- genden hervorgeht. Die Form des Körpers ist die von Microdeutopus gryllotalpa. Ihre Länge beträgt 5 mm. Das Thier ist von grauer Farbe und schwarz eefleckt; diese Flecken werden durch kleine Chromatophoren hervorgebracht. Neheski unterscheidet zwei Farbenvarietäten, die durch den Aufenthaltsort bedingt sind. Die eine, mit gering auftretenden Pigmenten, fand er zwischen Tubularien; die andere, mehr gefleckt und von röthlichbrauner Farbe, zwischen Ceramieien-Arten. Die Exemplare, die ich untersuchte, erhielt ich durch dretschen in einer Tiefe von 18 m auf grauem Sande. Die T'hiere hatten sich aus Sandkörnehen Gehäuse gebaut, die auf kleinen 'Theilehen abgestor- benen Seegrases befestigt waren; auf grauem Sand im Aquarium gehalten konnte ich dieselben kaum vom umgebenden Sande unterscheiden. Diese graue Farbe wird jedenfalls von allen Podoceriden, die auf grauem Sande sich aufhalten, angenommen; die grauen Individuen könnten also als eine Farben- varietät aufgefasst werden. Wenn jedoch die Angabe Spence Bate's richtig ist, dass bei unruhigem Wasser die Thiere sich auf den Boden des Meeres sinken lassen, so ist Nebeski’s Farbenauffassung nicht annehmbar. Die Chitinhülle des Körpers zeigt weder Zeichnungen noch Fortsätze. Die 'T’ho- racalsegmente sind untereinander gleich; dasselbe gilt von den Abdominal- segmenten, mit Ausnahme des letzten, das kleiner ist. Die Epimerialplatten sind eirund, klein und decken sich theilweise. Der Kopf ist länger als das erste Segment und zeigt am vorderen Rande nach unten eine tiefe Kin- buchtung. Die Augen sind klein, kreisrund und liegen nahe am Vorderrande hinter der Insertionsstelle der oberen Antennen. Beide Antennenpaare sind Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 45) sl kräftig und von derselben Länge; die unteren des Männchens sind viel stärker als die entsprechenden beim Weibchen. Der dreigliedrige Schaft der oberen trägt eine Geissel und eine Nebengeissel; die Geissel, welche so lang als der Schaft ist, besteht aus acht langen Gliedern, deren jedes zwei Riech- zapfen trägt. Die Nehengeissel (Taf. 4. Fig. 98) ist eingliedrig. Der Schaft der unteren Antennen ist, wie oben erwähnt, kräftiger und bedeutend länger als der Schaft der oberen; die Geissel ist sehr kurz und wird nur von fünf Gliedern gebildet. : Die Mundtheile gleichen denen von Microdeutopus gryllotalpa und von Amphithoe podoceroides. Das erste Beinpaar (Taf. 4. Fig. 99) ist kleiner als das zweite; beide besitzen eine Hand, und zwar ist die des ersten Paares oval, die des zweiten langgestreckt (Taf. 4. Fig. 100), und bildet durch eine Einbuchtung seines unteren Randes einen dicken Fortsatz in der Nähe der Insertionsstelle der Endkralle. Der obere Rand dieses Vorsprunges ist fein gezähnt. Die End- kralle ist stark, und ihre Spitze erreicht die Mitte des unteren Randes der Hand. Das dritte und vierte Beinpaar sind dünn und von derselben Länge; sie enthalten ebenfalls Gruppen von Drüsenzellen, deren Secret wahrscheinlich zum Aufkleben der Sandpartikelchen beim Nestbau dient. Das fünfte, sechste und siebente Beinpaar besitzen ein breites Basalglied; das siebente ist das grösste von ihnen. Die Abdominalschwimmfüsse sind gut entwickelt. Die Endglieder der drei Springfusspaare sind verschieden gestaltet, indem die Endglieder des letzten Paares sehr kurz und spitz sind (Taf. 4. Fig. 101); das äussere Endglied ist stark nach aussen gerichtet. Beide Endglieder tragen an ihrer Extremität einen starken Dorn (a). Das "Telson ist eine dreieckige Platte. Die sonderbare Gestalt der letzten Abdominalanhänge dürfte nach Spence Bate den Thieren zum Zurückziehen in ihre Röhren dienen. Nach Nebeski sollen sie als Ankerapparate funetioniren, vermöge deren die T'hiere sich gegen Wellenschlag in ihren Röhren festhalten können. Die von mir oft beobachtete Schnelligkeit, mit welcher das Zurückziehen des Thieres in sein Gehäuse geschieht, veranlasst mich Spence Bate Recht zu geben. Ich fand Podocerus falcatus nur ein einziges Mal, und zwar in den äusseren T'heilen der Bucht auf dem „Stoller Grunde“, in einer Tiefe von 18 m. 82 Dr. Henri Blanc. (p. 46) Ich traf es daselbst bei sehr ruhigem Wasser in Gesellschaften, was Spence Bate’s Behauptung, dass die Thiere nur bei unruhigem Wasser auf dem Meeresboden sich aufhielten, widersprechen würde. Das Thier scheint weit verbreitet zu sein, da man es in den nor- dischen Meeren bis Grönland und auch im Mittelmeer gefunden hat. II. Subfam. Corophinae. Corophium longicorne. Fabricius. 1793. Corophium longieorne. Fabrieius. Ent. syst. p 515. T. 2. 1793. Corophium longicorne. Latreille. Gen. Crust. at Ins. i. p. 59. 1807. Corophium longicorne. Milne Edwards. Hist. nat. des Crustacös. 1840. Vol. II. p. 66. Corophium longicorne ist für die Kieler Bucht der einzige Repräsentant dieser Unterfamilie. Der Körper ist stark plattgedrückt (Taf. 4. Fig. 102), also isopodenähnlich; er erreicht eine Länge von S—10 mm, und zwar sind die Männchen immer kleiner als die Weibchen (Taf. 5. Fig. 103). Das lebende Thier ist dunkelgrau gefürbt; diese Farbe wird durch viele Chromatophoren hervorgerufen, die so ineinander übergehen, dass dunkelgefärbte Flecken ent- stehen (Taf. 5. Fig. 104). Das Integument ist derb, zeigt keine besonderen Zeichnungen und enthält, namentlich in den beinförmigen Antennen des Männ- chens, viel kohlensauren Kalk, wovon man sich durch Zusatz von Säuren leicht überzeugen kann. Die T'horacalsegmente sind ungleich: das erste von ihnen ist nur klein, während die anderen an Länge zunehmen, so dass das siebente ungefähr doppelt so lang ist als das erste. Die Epimerialplatten sind von sehr geringer Grösse; die Abdominalsegmente sind hinsichtlich ihrer Grösse ebenfalls unter- einander verschieden: die beiden ersten sind weniger entwickelt als das dritte, welches so lang wie breit und an seinem hinteren Rande ah- gerundet ist. Der Kopf ist breit und zeigt auf der Medianlinie einen Vor- sprung der Chitinhülle, der nicht über den Rand des Kopfes hervortritt. Die Augen sind klein, kreisrund und stehen etwas seitlich, nahe dem Vorderrande des Kopfes. Die oberen Antennen sind in der Nähe der Medianlinie auf beiden Seiten des conischen Vorsprunges inserirt; sie sind kurz und im Vergleich mit den unteren, sehr dünn und schwach, ihre Länge beträgt ein Geringes mehr als ein Drittel der Körperlänge. Ihr Schaft wird von drei Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. #7) 83 Gliedern gebildet, von denen das Basalglied das längste ist. Die Geissel besteht beim Männchen aus sechszehn, beim Weibchen nur aus dreizehn Gliedern; die letzten Glieder derselben tragen je einen Riechzapfen. Die unteren Antennen fallen durch ihre merkwürdige Stärke sofort ins Auge. Ihre Länge ist bei beiden Geschlechtern verschieden; beim Weibehen (Taf. 5. Fig. 103) sind sie bedeutend kürzer und erreichen kaum die Hälfte der Körperlänge, während sie beim Männchen (Taf. 4. Fig. 102 u. Taf. 5. Fig. 105) von der Körperlänge sind. Der Schaft macht den grössten "Theil der unteren Antennen aus; das erste Glied desselben ist kurz, das zweite etwas länger und das dritte so lang wie beide zusammen; an seinem inneren und vorderen Theile ist das letztere mit zwei starken Dornen versehen (Taf. 5. Fig. 105). Das vierte Glied, welches beinahe von derselben Länge ist wie das vorhergehende, ist etwas dünner. Die sehr kurze Geissel, die vom Schaft scharf abgegrenzt ist, ist etwas kürzer als das letzte Schaftglied und besteht nur aus zwei Gliedern, deren letztes ebenfalls sehr kurz ist. Die unteren Antennen des Weibehens unterscheiden sich von denen des Männchens durch ihre geringere Länge. Die Mundtheile sind im Allgemeinen die von Gammarus locusta, zeigen aber doch besondere Unterschiede. Der dreigliedrige Taster der Mandibeln (Taf. 5. Fig. 106) ist hier kleiner als bei den Gammariden. Das erste Kieferfusspaar (Taf. 5. Fig. 107) besteht aus einem Gliede, welches sich als Lamelle fortsetzt und einen zweigliedrigen Taster trägt. Das zweite Kiefer- fusspaar (Taf. 5. Fig. 108) zeigt nichts Merkwürdiges. Der eigentliche Fuss des dritten Kieferfusspaares ist klein (Taf. 5. Fig. 109) und sein innerer lamellenförmiger Anhang sehr kurz, im Gegensatz zu dem äusseren, welcher ihn an Länge um das Doppelte übertrifft. Die Thoracalbeinpaare sind, mit Ausnahme des siebenten, kurz und dünn. Das erste Paar dient als Kauwerkzeug (Taf. 5. Fig. 105), weshalb es stets nach vorn gerichtet ist; sein fünftes Glied ist nicht als Hand zu bezeichnen; es streckt sich vielmehr in die Länge, zeigt einen gezähnten vorderen Rand und trägt eine kurze Kralle (Taf. 5. Fig. 110). Das vierte Glied ist an seinem unteren Rande mit langen Borsten versehen. Die beiden ersten Bein- paare sind bei beiden Geschlechtern ähnlich gestaltet; auch das fünfte Glied des zweiten Paares ist nicht zu einer Hand umgebildet (Taf. 5. Fig. 111). 84 Dr. Henri Blanc. (p. 45) Das Basalglied dieses Paares ist gerade und kurz, das zweite sehr klein und das dritte und vierte Glied legen sich vollständig aneinander, so dass eine Verbreiterung des Beines dadurch entsteht. Der untere Rand des dritten und vierten sowie auch des fünften Gliedes ist mit langen Borsten versehen. Die Kralle ist bedeutend länger als die des vorhergehenden Paares. Das dritte und vierte Paar sind etwas kürzer und zeigen eine wenig entwickelte Musku- latur, dagegen zahlreiche Drüsenzellen, besonders in dem Basalgliede. Diese Drüsen sind schon von ihrem Entdecker Hoek (11, pag. 126. Fig. 14, 15, 16. Taf. V) und von Nebeski bei Podocerus (25, pag. 2. Fig. 1-—9) so gut be- schrieben worden, dass ich mich nicht länger aufzuhalten brauche. Das fünfte Beinpaar ist klein, das vierte und fünfte Glied etwas nach aussen gebogen (Taf. 5. Fig. 112); das siebente Paar ist bedeutend länger als die vorigen Paare und erreicht die hintere Extremität des Körpers. Die drei Schwimm- fusspaare des Abdomens besitzen breite Basalglieder (Taf. 5. Fig. 113), welche nach innen einen breiten Fortsatz zeigen. Die Muskulatur der Anhänge ist besonders entwickelt: von den zwei Endgliedern dieser Fusspaare ist das innere länger als das äussere, aber beide sind mit langen Borsten versehen. Das erste Springfusspaar (Taf. 5. Fig. 114) ist lang; auf seinem etwas nach aussen gebogenen Basaltheil befinden sich zwei Endglieder, die das Ende des Körpers erreichen. Das zweite Springfusspaar ist kürzer als das erste: das dritte Paar weicht in seinem Bau von den anderen ab, indem sein kurzer Basaltheil nur ein einziges Endglied trägt, welches die Form einer kreis- runden Lamelle, deren Rand mit langen Borsten besetzt ist, zeigt. Das Telson ist sehr kurz und halbmondförmig. Das Thier ist, wie aus dem Bau der Thhoracalbeinpaare hervorgeht, zum Gehen eingerichtet: andererseits zeigen die breiten Schwimmfüsse und deren starke Muskulatur, dass es auch gut zu schwimmen vermag. In der That fand ich Corophium bei Nacht an der Oberfläche schwimmend; am Tage verbirgt es sich im Schlamm und Sande. Schon bei trübem Wetter verlässt das T'hier seinen Aufenthaltsort am Trage, um an die Oberfläche des Wassers zu schwimmen. Bei meinem häufigen Suchen nach Corophium longicorne fand ich zu verschiedenen Jahreszeiten stets mehr Weibchen als Männchen. Dieser Amphipod ist in der Bucht nicht selten; man findet ihn ausserdem an der preussischen Küste, in der Travemünder Bucht, im Neu- Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 49) Ss5 fahrwasser Hafen und ausserhalb der Ostsee, in der Nordsee und an der Westküste von Frankreich. Fam. Caprellidae. Proto ventricosa. Müller. 1776. Sqvilla ventrieosa. OÖ. F. Müller. Zool. Dan. prodrom. p. 360. 1776. Gammarus pedatus. Abilgaard. Zool. Dan. Fasc. III. p. 33. tab. LVI. fig. 1—3). ©. tabY Ol te 19301789. Cancer gammarus pedatus. Montagu. Linn. Trans. XI. p. 6. pl. 2. fig. 6. 1815. Proto pedata. Leach. Linn. Trans. p. 362. 1815. Leptomera pedata. Latreille. Regne animal II. p. 51. 1817. Leptomera ventricosa. Desmarest. Consid. sur les Crustaces p. 276. ©. 1825. Proton pedata. Desmarest. Consid. sur les Crustaces. 5. ©. 1825. Der Körper. (Taf. 5. Fig. 115) ist ähnlich gestaltet wie der von Oaprella linearis, also langgezogen, fast linear. Die Länge des Thieres varürt sehr mit Geschlecht und Alter: die grössten von mir gemessenen Männchen waren 15 mm lang; die grössten ausgebildeten Weibchen dagegen nur 9mm. Hoek (11, pag. 114) giebt als Länge der grössten männlichen ‘mm, als Länge der grössten weiblichen Exemplare aber 6 mm an. Hieraus geht hervor, dass Hoek’s Exemplare entweder nicht vollständig ausgebildet waren, oder dass die niederländischen Nordsee-Exemplare im Allgemeinen kleiner sind als in der Ostsee. Nach Mayer (24 bis, pag. 22) sind die Exemplare von Neapel 10 mm lang, Männchen wie Weibchen; dagegen er- reichen die der englischen Küsten eine Länge bis zu 19 mm. Die Farbe des T'hieres ist nicht constant: es kann durchsichtig weiss, blau, grün, ja dunkelroth gefärbt sein. Diese verschiedenen Färbungen sind durch Anpassung bedingt und werden durch grosse Chromatophoren, die in der Hypodermis liegen, hervorgebracht. Ausserdem fand ich bei lebenden T'hieren, welche mit Terebella zostericola auf dem Seegras zusammen vorkamen, auf der ganzen Länge des Darmes, den letzteren umgebend, grosse Zellen (a) mit amöboiden Fortsätzen (Taf. 5. Fig. 116). Diese Zellen waren mit einem körnigen, braungefärbten Inhalt gefüllt, der jedoch den Kern der Zelle erkennen liess. Diese mit gefärbtem Inhalte versehenen Zellen haben aber mit den Chromatophoren (b), die sich nach Hoek’s und meinen Beobachtungen Nova Acta XLVII Nr. 2. 12 s6 Dr. Henri Blane. (p. 50) in dem Bindegewebe vorfinden (Taf. 5. Fig. 116) und auch im Neurilemm verbreitet sind, nichts zu thun. Mayer (24 bis, pag. 147) führt bei der Be- schreibung des Darmes der Caprelliden eine Bindegewebshülle mit zahlreichen Piementzellen an: nach seiner Abbildung (Taf. 8. Fig. 6), die ein Stück des Mitteldarmes von Caprella aeqwilibra vorstellt, sind aber die Pigmentzellen nicht die von mir beobachteten, denn sie zeigen die gewöhnliche Form der Chromato- phoren. — ‚Jene amöboiden Zellen gehören vielmehr zu der Darmwandung und ihre Färbung wird jedenfalls vom Darminhalt des Thieres beeinflusst. Nach Matzdorff (21, pag. 28), der etwas Aehnliches bei Jdotea trieuspidata beobachtete, haben diese gefärbten Zellen keinen Einfluss auf die Gesammt- färbung des Thieres; jedoch spricht ihre Form und ihr Vorkommen nur bei den röthlich gefärbten Exemplaren dafür, dass sie auf diese Gesammtfärbung nicht ohne Einfluss sein können. Der Körper wird hauptsächlich von Kopf und Thorax gebildet; das Abdomen ist rudimentär. Das erste T’horacalsegment ist vollständig mit dem Kopfe zu einem ÜOephalothorax verschmolzen. Die drei folgenden T’horacal- segmente sind unter einander gleich, aber grösser als der Cephalothorax. Das fünfte und sechste Segment ist etwas länger; das siebente bleibt nur kurz. Der Kopf ist nach vorn stark abgestumpft; die Augen sind kreisrund, klein und liegen mehr zwischen den Insertionsstellen der beiden Antennen- paare. Diese letzteren sind von ungleicher Länge: die oberen sind die längsten und erreichen etwas mehr als die Hälfte der Körperlänge; ihr Schaft wird von drei langen Gliedern gebildet, deren erstes etwas kürzer ist als die beiden anderen. An der Geissel zählt man fünfzehn Glieder, die gegen die Spitze hin an Länge zunehmen: jedes dieser Glieder trägt einen langen Riechzapfen. Die unteren Antennen sind nicht so lang wie die oberen; ihr viergliedriger Schaft erreicht die Hälfte des letzten Schaftgliedes der oberen Antennen. Die Geissel ist kurz und wird nur von vier Gliedern gebildet. Die Mundtheile stehen denen von Amphithoö podoceroides sehr nahe. Die Mandibeln zeigen einen besonders stark entwickelten Kautheil (Taf. 5. Fig. 117), jedoch ohne untere Chitinleiste; der dreigliedrige Mandibulartaster ) -? Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 51) ist lang und dünn. Das erste Kieferfusspaar (Taf. 5. Fig. 118) wird nur von einer breiten rechtwinkeligen Lamelle, die einen kleinen zweigliedrigen Taster trägt, gebildet. Das zweite Kieferfusspaar (Taf. 5. Fig. 119) besteht aus zwei Lamellen, «deren innere die kleinste ist: beide Lamellen sind auf ihrem oberen inneren Rande mit starken Borsten versehen. Von dem dritten Kieferfusspaare (Taf. 5. Fig. 120) ist der eigentliche Fusstheil der bedeutendste, und von den zwei blattförmigen Fortsätzen der beiden ersten Glieder ist der kleinste auf seinem oberen Rande mit besonderen Zähnchen besetzt. Jedes 'T'horacalsegment trägt ein Beinpaar. Ausserdem befinden sich an der Insertionsstelle der Beinpaare des zweiten, dritten und vierten Segments ein Paar Kiemensäckchen. Die Epimerialplatten fehlen vollständig. Das erste Thoraecalbeinpaar ist am Kopfe angebracht, das fünfte Glied bildet eine Greif- hand, deren unterer Rand an seiner Basis einen starken Vorsprung macht, die gebogene Kralle erreicht diesen Vorsprung. Diese Hand hat bei beiden Geschlechtern dieselbe Form. Das zweite Paar ist bedeutend stärker ent- wickelt als das erste, vornehmlich die Hand. deren Form sonst aber nicht von der der ersten Hand abweicht (Taf. 5. Fig. 121); an lebenden Thhieren ist ihr unterer Rand von einem chitinösen Saum umgeben. Diese Hand ist eben- falls bei beiden Geschlechtern gleich gestaltet. Das dritte Beinpaar ist kürzer als das vorhergehende, seine fünf Glieder bleiben dünn; bei grossen Männchen ist jedoch das fünfte Glied noch als eine kleine Hand anzusehen. Die End- kralle ist stark wie bei allen übrigen Beinpaaren. Das fünfte Beinpaar ist ausserordentlich klem, da sein Basalglied vollständig rudimentär ist. Das fünfte, sechste und siebente Beinpaar ist am hinteren Ende des entsprechenden Segmentes inserirt. Das rudimentäre Abdomen trägt zwei Paar zweigliedrige Anhänge, deren innere Ränder mit feinen Haaren besetzt sind. Proto ventricosa findet sich sehr häufig in der Kieler Bucht zwischen Algen, Seegras, Polypen und Spongien, auf denen es sich mit seinen Endkrallen festhält. Ich habe das 'T'hier aber auch oft in der Tiefe gefunden. Trächtige Weibchen traf ich im Hochsommer an; die Männchen waren in geringerer Zahl vorhanden. Wie Caprella linearis, sein nächster Verwandter, schwimmt das 'Ühier vortrefflich. Ausserhalb der Ostsee findet man es auch im Mittel- meer, an der Westküste Frankreichs und in der Nordsee. 12* 24 tof) Dr. Henri Blanc. (p. 52) Caprella linearis. Linne. 1767. Caprella linearis. Linn‘. Syst. Nat tab. XII. d. 1056. 1767. Sqeilla lobata. ©. F. Müller. Zool. Dan. prodrom. p. 197. t. 359. 1776. Sqvilla quadrilobata. O.F. Müller. Zool. Dan. prodrom. Fasc. II. p. 21. tab. LVI. f. 4—6. Gammarus quadrilobatus. ©. F. Müller. Zool. Dan. prodrom. Fase. II. p. 58. tab. LXIV. £. 11—12. 2. 1789. Caprella lobata. Guerin. Iconogr. Crust. pl. XXVII. fig. 2. Caprella laevis. Goodier. Edinb. New. Phil. Journ. XXXIH. pl. II. Caprella linearis (Tat. 5. Fig. 122) hat ganz dieselbe Form wie Proto ventricosa, lässt sich aber sofort von diesem Amphipoden durch eine geringere Anzahl der Gliedmassen unterscheiden. Die Länge des Körpers varürt sehr nach Geschlecht und Alter; die Männchen sind immer grösser als die Weibchen. Die von mir untersuchten grössten Männchen waren 16 mm lang; die grössten Weibehen, deren Bruttaschen mit schon entwickelten Embryonen gefüllt waren, S mm. Doch beobachtete ich auch schon junge Weibchen von 5 mm Länge, welche mit Eiern gefüllte Bruttaschen zeigten. Caprella linearis hat ein dickes Integument; hier und da konnte ich in demselben abgelagerte sogenannte „Uristallites“ erkennen, welche wahr- scheinlich Kohlensäurekalk sind, da nach einem Zusatz von Salzsäure oder Essigsäure eine Gasentwickelung stattfindet. Die Chitinhülle ist nicht glatt wie bei Proto ventricosa, sondern bildet auf der Dorsalseite dornenähnliche Fortsätze, deren Anwesenheit jedoch nicht zur Bestimmung der Art dienen kann. Schon Hoek (11, pag. 109) zeigte richtig, dass die von Spence Bate und Westwood abgebildete Caprella linearis mit glattem Rücken (1, Vol. II. pag. 52) nur eine Jugendform dieser Art ist, und dass da- gegen die als Caprella lobata abgebildete Form derselben Autoren (1, Vol. I. pag. 5%) weiter nichts vorstellt, als ein ausgebildetes Männchen von Caprella linearis. Ich selbst fand Individuen, deren Rücken vom Kopf bis zum Ende mit Dornen, Erhöhungen und lanzettförmigen Cutieularbildungen besetzt war (Taf. 5. Fig. 122). Diese Thiere glichen vollkommen der von Spence Bate abgebildeten Caprella histrix (1, Vol. Il. pag. 63), worauf schon Hoek auf- merksam gemacht hat. Die Caprella histrix dieser Autoren, die nicht dieselbe ist, wie die von Kröyer aufgestellte Species desselben Namens, kann nicht Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 53 an Ne) einmal als Varietät von Caprella linearis gelten, da ich zahlreiche Uebergänge von Individuen mit wenig Erhöhungen auf dem Rücken (Taf. 5. Fig. 123) zu Individuen mit vielen und grossen Erhöhungen fand (Taf. 5. Fig. 122). Gegen Hoek’s und meine Behauptung will Mayer doch diese Art von Spence Bate beibehalten. In der Hypodermis liegen zahlreiche isolirte grosse Chromatophoren, die selten mit einander anastomosiren. Ausserdem fand ich, wie bei Proto ventricosa, grosse, den Darm umgebende Zellen, die ebenfalls mit einem braunen Pigment angefüllt waren. Diese Chromatophoren und wahrscheinlich auch diese Pigmentzellen bewirken, dass die Farbe sehr verschieden ist. Das erste Thoracalsegment ist, wie auch bei Proto ventricosa, mit dem Kopfe verschmolzen und bildet einen Cephalothorax. Die vier folgenden Thoracalsegmente sind gleichlang; nämlich so lang wie der Cephalothorax ; die zwei letzten sind kürzer. Das Abdomen ist rudimentär und besteht nur aus zwei deutlichen kleinen Segmenten; das erste trägt an seiner ventralen Seite zwei kleine seitliche Stummel (Taf. 5. Fig. 129). Der Kopf ist beinahe so lang wie breit und bildet nach vorn eine Art „Pars frontalis“, auf welcher die Antennen inserirt sind. Die Augen sind klein, kreisrund und liegen nahezu in der Mitte des Kopfes. Das erste Antennenpaar, das hei beiden Geschlechtern das längste ist, erreicht die Hälfte der Körperlänge; von dem dreigliedrigen Schaft ist das mittlere Glied das längste, das dritte geht all- mälig in eine Geissel über, die meistens aus siebzehn Gliedern besteht, diese Glieder sind langgestreckt und jedes trägt an seinem vorderen Ende einen Riechzapfen. Die unteren Antennen sind beim Weibchen etwas länger als der Basaltheil der oberen; beim Männchen pflegen sie dagegen kürzer zu sein; ihre Geissel besteht nur aus zwei Gliedern, von denen das letzte sehr kurz ist. Diese unteren Antennen tragen auf ihrem viergliedrigen Schafte sowie auf der Geissel lange Borsten, welche Haller (9) Ruderborsten genannt hat, und nach deren Zahl und Anordnung er einzelne Arten unterscheidet. Ich fand jedoch bei Caprella linearis die Zahl sowie die Anordnung dieser Ruderborsten sehr verschieden, und kann also dieses Unterscheidungsmerkmal nicht gelten lassen. Die Mundtheile sind beinahe gleich denen von Proto ventricosa, nur die Mandibeln (Taf. 5. Fig. 124) entbehren ganz eines Mandibulartasters; das 90 Dr. Henri Blanc. (p. 54) dritte Kieferfusspaar zeigt einen gut entwickelten Tastertheil (Taf. 5. Fig. 125). Die Zahl der Thoracalbeinpaare ist, wie schon gesagt, geringer als bei Proto ventricosa, da das dritte und vierte T’horacalbeinpaar fehlt. Das erste Bein- paar, das durch die Bildung eines Uephalothorax etwas nach vorn zu liegen kommt, ist klein; sein fünftes Glied bildet eine Greifhand, die bei beiden Geschlechtern ähnlich gestaltet ist; ihr unterer, beinahe gerade verlaufender Rand, ist an seiner Basis mit zwei Dornen versehen (Taf. 5. Fig. 126). Das zweite Beinpaar ist bedeutend grösser und ist weit entfernt von dem ersten, da es in der Mitte und nicht am vorderen 'T’'heile des Segmentes inserirt ist. Beim Männchen ist diese Entfernung der beiden Beinpaare erheblich. Das fünfte Glied ist ebenfalls zur Greifhand, «deren Gestalt bei den beiden Ge- schlechtern verschieden ist, umgebildet. Beim Männchen (Taf. 5. Fig. 127) ist diese Hand in die Länge gezogen und ihr unterer Rand zeigt drei starke Vorsprünge, deren erster mit zwei deutlichen Dornen besetzt ist. Die Kralle erreicht nicht, wie es beim ersten Paare der Fall ist, das hintere Ende des Randes, sondern nur den ersten Vorsprung. Bemerkenswerth ist, dass das vierte Glied, das sogenannte Verbindungsglied, rudimentär bleibt; die Hand ist bei jungen Männchen fast eirund und zeigt keine Andeutung von Vor- sprüngen. Beim Weibchen (Taf. 5. Fig. 125) ist die Hand des zweiten Beinpaares schmaler, der hintere untere Vorsprung ist auch lange nicht so stark, und an dem vorderen T'heile des unteren Randes finden sich nur zwei Erhöhungen. Haller (S, pag. 355. Fig. 31. A. B.) hat in dieser Hand einige einzellige Drüsen, die an dem unteren Rande nach aussen münden, entdeckt. Diese beiden Handformen konnte ich bei allen von mir untersuchten Exem- plaren beobachten, und zwar sowohl bei solchen, deren Rücken mit vielen, als auch bei solchen, deren Rücken mit wenig Dornen versehen war. Das dritte und vierte T’horacalsegment entbehren vollständig der Gliedmassen und tragen nur die Kiemensäckchen. Die drei letzten Beinpaare sind nahezu gleichlang und am hinteren Theile des Segmentes inserirt; die Kralle dieser Beinpaare ist beinahe so stark wie die der beiden ersten. Es sind also Schreitfüsse, Ich fand Caprella linearis oft in der Kieler Bucht, und zwar sowohl am Ufer, als auch in grösserer Tiefe. Das Thier traf ich meistens auf Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 55) 91 Zostera marina, Polysiphonia und Ceramium, aber auch auf Amorphina. Ob- gleich die Gliedmassen zum Laufen eingerichtet sind, schwimmt dieses T'hier gleichwohl gut, und zwar, indem es sich durch Zusammenkrimmen des Körpers gleichsam hüpfend fortbewegt. Nach Noll (26, pag. 38 mit Fig.) soll es nur bei Nacht schwimmen, ich konnte dies aber auch am Tage beobachten. Oaprella linearis hat eine grosse geographische Verbreitung. Man findet diesen Amphipoden im Mittelmeer, an der nördlichen und westlichen Kiste Frankreichs und in der Nordsee. 1 Je) 10. hl Dr. Henri Blanc. (p. 56) Verzeichniss der eitirten Literatur‘) . Spence Bate and Westwood, J. A history of the British sessileeyed Crustacea. 2 vol. London 1863—1868. Boeck, A. Crustacea amphipoda borealia et arctica. (Saerskilt aftrykt af Vidensk.- Selsk. Forhandlinger for 1870.) Boeck, A. De Skandinaviske og Arktiske Amphipoda. Förste Hefte. Christiania 1872. Bruzelius, R. Bidrag till Kännedomen om Skandinaviens Amphipoda Gammaridea. (Kongl. Svenska Vetenskaps-Akad. Handl. Ny Följd. Bandet 3. 1859.) . Claus, ©. Der Organismus der Phronomiden. (Sep.-Abdruck aus den Arbeiten des zoologischen Instituts der Universität Wien, Bd. 2. 1879.) Costa, A. Richerche sui Crustacei amfipodi del regno di Napoli. (Memorie della Reale Accad. delle Scienze, Fasc. 1 per l’anno 1852. Napoli 1856.) . Desmarest, A. Considerations generales sur la classe des Crustaces. Paris- Strasbourg 1825. Haller, G. Beiträge zur Kenntniss der ZLaemodipodes filiformes. (Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Bd. 33. 1880.) Haller, G. Vorläufige Notizen über die Systematik der im Mittelmeere vorkom- menden Caprelliden. (Zoologischer Anzeiger 2. Jahrg. 1879.) Heller, C. Beiträge zur näheren Kenntniss der Amphipoden des Adriatischen Meeres. Wien 1866. Hoek, P. Carcinologisches, grösstentheils gearbeitet in der zoolog. Station der Niederl. zoolog. Gesellschaft. (Sep.-Abdruck aus Tijdschr. d. Ned. dierk. Vereen. Deel IV. 1879.) *) Die Nummern dieses Verzeichnisses entsprechen den in der Abhandlung bei den einzelnen Citaten vorkommenden, welche auf diese Literatur hinweisen sollen. Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 5%) 93 Hoek, P. Die Crustaceen, gesammelt während der Fahrten des „Willem Barents“ in den Jahren 1878 und 1879. (Sep.-Abdruck aus dem Niederl. Archiv für Zoologie. Suppl.-Bd. 1. 1882.) Kröyer, H. Grönlands amfıpoda. (Vid. sul. naturwid. og mathem. Afh. VII. deel. 1838.) . Lenz, H. Die wirbellosen Thiere der Travemünder Bucht. I. Theil. (Anhang zu dem Jahresberichte 1874—1S75 der Commission zur wissenschaftlichen Unter- suchung der deutschen Meere in Kiel. Berlin 1878.) . Lenz, H. Die wirbellosen Thiere der Travemünder Bucht. II. Theil. (Anhang zu dem Jahresberichte 1877—18S1 der Commission zur wissenschaftlichen Unter- suchung der deutschen Meere im Kiel. Berlin 1882.) j. Leydig, F. Ueber Amphipoden und Isopoden. (Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Bd. 30. 1878. Suppl.) . Lindström. Bidrag till Kännedomen om Österojoies invertebrat fauna. 1855. . Müller, Fr. Orchestia, Euchore und Gryphus, neue Arten aus der Ostsee. (Archiv für Naturgeschichte 14. Jahrg. Bd. 1.) . Müller, Fr. „Für Darwin“. Leipzig 1864. . Milne Edwards. Histoire naturelle des Crustaces. 3 vol. avec atlas. Paris 1840. . Matzdorff, ©. Ueber die Färbung von Idotea tricuspidata Des. Tnaug.-Dissert. Jena 1882. Metzger, A. Crustaceen aus den Ordnungen Zdirophthalmata und Podophthalmata. (Jahresbericht der Commission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel für die Jahre 1872—1873. Berlin 1875.) . Möbius, K. Die wirbellosen Thiere der Ostsee. (Jahresbericht der Commission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel für das Jahr 1871. Berlin 1873.) Mayer, P. Carcmologische Mittheilungen. (1. Hft. der Mittheilungen aus der zoo- logischen Station zu Neapel. 1879.) a. Mayer, P. Fauna und Flora des Golfes von Neapel. VI. Monographie: die Caprelliden. 3. Jahrg. 1882. Nebeski, A. Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. Wien 1880. (Sep.-Abdruck aus den Arbeiten des zoologischen Instituts zu Wien. Tom. II. Heft 2. 1880.) . Noll,C. Mein Seewasser-Zimmeraquarium. (Zoologischer Garten 22. Jahrg. Nr.2. 1881.) 7. Rathke, H. Beiträge zur Fauna Norwegens. Crustacea. (Nova Acta Academiae Caesareae Leopoldino-Carolinae Germanicae Naturae Curiosorum. Tom. XX. 1843.) . Sars, 0. Histoire naturelle des Urustaces d’eau douce de Norvege. Christiania 1867. Nova Acta XLVII Nr. 2. 13 \ 94 Dr. Henri Blanc. (p. 58) 39. Stebbing, Th. On the genus Bathyporeia. (Annals and Magazine of Natural Hi- story. 8. 4. vol. 15. 1875.) 30. Wrzesniowski, A. Vorläufige Mittheilungen über einige Amphipoden. (Zoologischer Anzeiger. 2. Jahrg. 1879.) 31. Wrzesniowski, A. Goplama polonica. Warszawa 1881. 32. Zaddach, G. Synopseos Urustaceorum prussicorum prodromus. Inaug.-Dissert. 1844. 33. Zaddach, G. Die Meeres-Fauna an der preussischen Küste. 1. Amphipoda. 1878. ne [9% 2 Wan x ur gipiä u Re ee . 2 a Er 2 * art ir 3 ka B he wi a “ Be? Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 59) 95 Erklärung der Abbildungen. Die Figuren sind, mit Ausnahme der Abbildungen der ganzen Thiere, die mittelst des Winkel’schen Zeichenapparates entworfen wurden, mit Hülfe der Hartnack’schen Camera lucida gezeichnet. 2a Ball VAE: 6 Dr. Henri Blanc. (p. 60) Tafel 1. Fig. 1. Calceolus von Gammarus locusta, gezeichnet nach einem mit essigsaurem Carmin gefärbten Präparate. V. 14°. Fig. 1a. Calceolus von Gammarus locusta, der die schuhförmige Gestalt zeigt. V. 1°. Fig. 2. Calceolus von Crlliopius laeviusculus, gezeichnet nach einem mit Pikrocarmin gefärbten Präparate. V. 7. Fig. 2a. Calceolus desselben Thieres, dessen blasenförmiger Theil ausgefallen ist; } ausserdem ist noch eine Gruppe von vier Riechzapfen mitgezeichnet. V. Fig. 3. Ein grösserer Calceolus von Amathilla Sabinii, gezeichnet nach einem mit essigsaurem Carmin gefärbten Präparate. V. 7°. Fig. 4. Ein kleinerer Calceolus von Amathilla Sabinüi. NV. "1°. Fig. 4a. Ein solcher Calceolus von der Seite gesehen; derselbe zeigt ebenfalls die schuhartige Form. V. 17°. Fig. 5. Zwei Riechzapfen von einem jungen Deramine spinosa. va, Fig. 6. Zwei Sinnesborsten von Calliopius laeviusenlus. V. 1°. Fig. 7. Hyperia galba. 5. Das ganze Thier. V. i. Fig. 8. = „ 5. Schaft der oberen Antennen m. zahlreichen Riechzapfen. V. °°. Fig. 9. M „ ©. Oberlippe + Fig. 10. r „©. Mandibeln in ihrer normalen Lage. a) Kautheil derselben. b) Mandibulartaster. Rig. 11. 5 » ©. ÜUnterlippe. Fig. 12. F “ ©. Erster Kieferfuss. Fig. 13. > „ @. Zweiter Kieferfuss. Fig. 14. 55 „ ©. Dritter Kieferfuss. Fig. 15. Hyperia galba. @. Bein des ersten Thoracalbeinpaares, um die Anordnung der Drüsen zu zeigen. V. ©. Fig. 16. cn „©. Das Basalglied des siebenten Thoracalfusses mit zwei grossen Drüsenzellen. V. °°. Fig. 17. > » ©. Eine Gruppe von drei Drüsenzellen mit dem gemeinschaft- lichen Ausführungsgang c. a) Kern. b) Vacuole. Orchestia littorea. 5. Das ganze Thier. \V. i. Q. m- DD 8 g ” 5 o. Das ganze Thier. VW. . Fig. 20. e is Die zweite Männchenart. V. i. Fig. 21. > » 5. Obere Antenne V. ®. 00.822. > on co. Mandibel ohne Taster. V. °°. Fig. 23. 24. 25. Orchestia littorea. ©. Erster, zweiter, dritter Kieferfuss. V. °?, Fig. 26. Orchestia littorea. ©. Bein des ersten Thoracalbeimpaares. V. i. Bio 0277. " = 5. Bein des ersten Thoracalbeinpaares. V. ?. Fig. 28. nn 2 5. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. \V. . Fig. 29. > Er 5. Bein des siebenten Thoracalbeinpaares. a) Die Verbrei- terung des dritten und vierten Gliedes. V. . Fig. 30. N En c. Die Epimerialplatte und das Basalglied des zweiten Brust- fusses, um die Anordnung der Drüsen zu zeigen. V.+#°, Eis. 31. e 55 5. Bein des siebenten Thoracalbempaares der zweiten Männchenart. V. 1. Fig. 32. = 5. Bein des zweiten T'horacalbeinpaares desselben Thieres. Fig. 33. Pontoporeia femorata. 5. Das ganze Thier. \V. ;. Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 61) 97 t > » 4 } e Ki f it { HH ? ! F a er das, “ | ET. \ An | Ru REITS} lan I EN oa (FE ae ae ol av FT; = % f f nl EN Y Y ri i ic“ v jr j h | RER ER. BR 12.915 lan) ih nl rn " N i si i4 hr . [ Fr FTIR 1 \ t \ { A| ANNE EIEINA £ L EN hennenintıe Keira lontamiöh e; \ [et i - fi ° 4 ‘ L =7 in Ei a! Budln iv a EMEAK Pal ka! » j r ul g } > a DER Fast tn ih wit a ldl AL TREND IE ve r ‘ ' ! m >, HG BL ler: alt) dnafı Jun) kin ah Ri , ‚ I RE h v, \ - Anl af . fi x I lich Kal fi DR EURE) E; " De, ie A j WAS Fe m TER A ie in I N ö f Bi Fer 0 a zn) ci Be) en - j s u er i IE ae" far Er ü Se Mi al aueh 4 u j A 5 [ N er ' i - - a Be be 5 ne Ara, 17 ah! “ u u ar m € 4 hal 2 A i 5 . u Zr at By T09 er ER PETE SIERT BT Re | ö IE Eu x SE a7 Tata yurglen, hikahlihlt a a m) ee) F 2 v Pe SIE: gsi ar art u en en ee >> A ” Be abo ‚ai nl) te BT DL u Ps ia HE | aa ER UR) Dr. Henri Blanc. (p. 62) Tafel 2. Fis. 34. Pontoporeia femorata. 5. Das dritte Kieferfusspaar. V. '). 1 Fig. 35. > > 5. Obere Antenne. V. ®*. Fig. 36. 7 5 5. Bein des ersten Thoracalbeinpaares in seiner nor- malen Lage gezeichnet. V. °°. Fig. 37. 5 ; 53. Bein des zweiten Thoracalbempaares. V. ®?. Fig. 38. > % 5. Bein des siebenten Thoracalbeinpaares. a) Sein er- weitertes Basalglied. V. °°. Fig. 39. Pe 3 c. Theil des Postabdomens mit dem Telson. V. °*. Fig. 40. Pontoporeia fureigera. 5. Postabdomen mit seinem gabeligen Fortsatz. V. ‘*. Fig. 41. ® 55 5. Obere Antenne mit der kurzen Nebengeissel. V. '3°. Fig. 42. % = 53. Das dritte Kieferfusspaar. V. ©. Fig. 43. 5 » 5. Bein des ersten Thoracalbeinpaares. V. °*, Fig. 44. n rn 5. Hinterer Theil des Postabdomens mit Telson. V. °?. Fig. 45. Bathyporeia pilosa. ©. Das ganze Tluer. V. 2. Fig. 46. a ® ©. Obere Antenne. V. °°. Fie. 47 o Mr co. Hörhaar auf.d. Basaltheile dieser Antennen sitzend. V.*'°. Fig. 48. on „©. Bein des ersten Thoracalbempaares. V. ">. Fig. 49. „ „ @. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. ©. Fig. 50. 5 „5. Bein des fünften Thoracalbeinpaares. V. °%. Fig. 51 = “ 5. Hinterer Theil des Postabdomens. V. '.. a) Zweites Springfusspaar. V. "°. b) Drittes Springfusspaar. \. c) Telson, zweilappig. V. °:. Fig. 52. bs n ö. Untere Antenne. \V. °°. Fig. 53. Dexamine spinosa. ©. Das ganze Thier. V. +. Fig. 54 > 55 ©. Mandibel ohne Taster. V. '°. Fig. 55. ” n ©. Drittes Kieferfusspaar. V. °°. Fig. 56 05 » ©. Bein des ersten Thoracalbeinpaares. V. '°. Fig. 57. Dexamine spinosa. ©. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. ‘°. Fig. 58. en er o. Telson. VW. ==. Fig. 59. Atylus bispinosus. 5. Das ganze Thier. V. °°. Fig. 60. „ n 5. Ein Stück seines Integuments. V. *3". Fig. 61. » » 5. Seitlicher hint. Rand des dritten Abdominalsegments. V.*?. Fig. 62. “© % ©. Bein des ersten Thoracalbeinpaares. V. °°. Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 68) 99 ar ano. a VIELE, 100 Dr. Henri Blanc. (p. 64) Tafel 3. Calliopius laeviusculus. ©. Das ganze Thier. V. i. Er a) Ein Stück seiner Chitin. V. *°. ® 5. Basaltheil einer der oberen Antennen mit Riech- zapienseVe „ 5. Basaltheil einer der unteren Antennen mit Cal- ceoli. V. °®. > 5. Bein des ersten Thoracalbeinpaares. Gammarus loeusta. 5. Das ganze Thier. V. i. Er 5. Postabdomen desselben, um die mit Dornen besetzten Erhöhungen zu zeigen. V. ‘. 5. Nebengeissel der oberen Antennen mit Riechzapfen. Ne 1 c. Mandibel mit dem dreigliedrigen Taster. V. ®: o. Erster Kieferfuss. V. *%. o. Zweiter Kieferfuss. V. 2, o. Dritter Kieferfuss. V. °2, c. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. °°. 3. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. *. Cheiroeratus brevicornis. &. Das ganze Thier. V. 1. .. Amathilla Sabinü. ©. Das ganze Thier. V. :°, „ Er » ©. Bein des ersten Thoracalbeinpaares. V. °:. Br 3. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. °. „ 5. Postabdomen des Thieres. V. 2. 1 1 ©. Die Nebengeissel der oberen Antennen. V. SB, Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 65) 101 ARabualar EX. Nova Acta XLVI. Nr. 2. 14 102 Fig. S0. Fig. 81. Fig. 82. Fig. 83. Fig. 84. Fig. 85. Fig. 86. Fig. 87. Fig. 88. Fig. 89. Fig. 9%. Fig. 91. Fig. 92. Fig. 93. Fig. 94. Fig. 95. Fig. 96. Fig. 97. Fig. 98. Fig. 99. Fig- 100. Fig. 101. Fig. 102. Dr. Henri Blanc. (p. 66) Tafel 4. Amathilla Sabinii. . Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. *%. 55 = 5. Hinterer Theil des Postabdomens. V. '2. Microdeutopus gryllotalpa. ©. Das ganze Thier. V. !°. 55 5 5. Vorderer Körpertheil eines Männchens. V. '2. z 5 Chromatophoren einer Epimerialplatte. V. 13°. L = 5. Basaltheil einer der oberen Antennen. V. 2. = r 5. Bein des ersten Thoracalbeinpaares eines aus- gebildeten Männchens. V. %., > > co. Bein des ersten Thoracalbeinpaares eines aus- gebildeten Weibchens. V. °2. = > 5. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. ®2. > » 5. Bein des vierten Thoracalbeinpaares mit Drüsen- gruppen in den Gliedern. V. %. ” » 5. Hinterer Theil des Postabdomens. V. °. Amphithoö podoceroides. &. Das ganze Thier. V. 1. 2 “ 5. Drei Chromatophoren. V. 122, » > 5. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. 2. r Re co. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. "2. 55 > <. Hinterer Theil des Postabdomens mit den End- gliedern. V. 2. Podocerus falcatus. 5. Das ganze Thier. V. 1. 55 a, oc. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. 2. > 5 ö5. Kurze Nebengeissel. ;; ss 5. Bein des ersten Thoracalbeinpaares. V. °. » a" ö5. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. “2. ss Ss 5. Hinterer Theil des Abdomens. a) Endglied des letzten 420 Springfusspaares. V. Corophium longieorne. 5. Das ganze Thier von oben. V. %. 105 2 1 Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. ao. la. >. 104 Fig. 103. Fig. 104. Fig. 105. Fig. 106. Fig. 107. Fig. 108. Fig. 109. Fig. 110. Fig. 111. ran lo Fig. 113. Fig. 114. Fig. 115. Fig. 116. Fig. 117. Fig. 118. Fig. 119. Fig. 120. Fig. 121. Fig. 122. Fig. 123. Fig. 124. Fig. 125. Fig. 126. Eis. 127. Fig. 128. Fig. 129. Dr. Henri Blanc. Die Amphipoden der Kieler Bucht. (p. 63) Tafel 5. Corophium longicorne. ©. Vorderer Theil des Körpers. \V. ?. „ „ Proto ventrieosa. 8. ” &) ” Boom» 0 on oo» Hinterer Theil eines Segmentes mit Chromatophoren. V, 150 1 5. Vorderer Theil des Körpers von unten gesehen. V.:. ©. Mandibel mit dem dreigliedrigen Taster. V. °*. ©. Erster Kieferfuss. V. &. o. Zweiter Kieferfuss. V. °2. c©. Dritter Kieferfuss. V. 2. c. Bein des ersten Thoracalbeinpaares. V. °?. 5. Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. °:, 5. Beim des fünften Thoracalbeinpaares. V. °2, 5. Bein des ersten Abdominalbeinpaares. V. °, 5. Hinterer Theil des Abdomens. V. !2. Das ganze Thier. V. }. a) Ein Stück des Darmes mit pigmentirten Zellen, die amöboide Fortsätze zeigen. b) Die darauf liegenden Chromatophoren im Binde- gewebe und Hypodermis. V. *°®. Mandibel mit dem Taster. V. +2°. Erster Kieferfuss. V. 15°. Zweiter Kieferfuss. V. 122, Dritter Kieferfuss. V. !®, Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. 13°, Das ganze Thier, dessen Rücken vollständig mit Dornen besetzt ist. V. i. Das ganze Thier, von dem nur das Hintertheil des 9 Körpers mit Dornen besetzt ist. V. ?. Mandibel ohne Taster. V. 13°. Dritter Kieferfuss. V. 13°. Bein des ersten Thoracalbeimpaares. V. . Bein des zweiten Thoracalbeinpaares.. V. ° Bein des zweiten Thoracalbeinpaares. V. °2. Abdomen. V. +2%, IEOIMVEAT A ETWA. der Ksl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Band XLVIIL. Nr. 3. Beitrag Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden von Dr. H. F. Kessler. Mit 1 Tatel Nr. XI. Eingegangen bei der Akademie den 16. November 1853. HALLE. m1834. I k LE. Blochmann & Sohn in D 1 I l Akad Ü ion I Wilh. Engelmann I Y u we. Ye ee. % u f OA mu a lea nah nahe urn Be | JA 1b gr ce ii Ammd ‚ [ag way une we tote a ir A ER BE a n a N - Be u Al _ nabiigA ob seiowanedd brw--20 ul m DR Pr N j a re Ar a N A AR i Dre" BRETT” ee,’ 4 ı ar N RE ren li antun SE P Pr ben ae ms or = DE ET Ba E ze Durch die nachfolgenden Darstellungen will ich zunächst nachweisen, dass in der Familie der Pflanzenläuse die Gattung Aphis auch Arten enthält, deren Entwiekelung während eines Jahres in den Haupterscheinungen mit (der bekannten Entwickelung der Tetraneura- und einiger Schizoneura- und Pemphigus-Arten übereinstimmt, dass sie namentlich, wie diese letzteren. in der Uebergangszeit vom Frühjahr zum Sommer ihre Nährpflanze ver- lassen und im Nachsommer und Herbst wieder darauf zurückkehren (Liehtenstein’sche 'T'heorie); ferner dass sie in der Eitorm überwintern und mit Beginn der Vegetation im Frühling auch ihre 'Thätigkeit anfangen, nicht aber im Sommer oder wohl gar in späteren Monaten, wie das von vielen Arten angenommen wird, und endlich, dass deshalb die von früheren Beobach- tern, insbesondere von Kyber ausgesprochene und seitdem fast allgemein ge- wordene Annahme, dass die an Blättern lebenden Aphiden neben der Ki- auch, ja sogar allein, in der T'hierform überwinterten !), sehr fraglich ist. Die Richtig- keit dieser letzten Annahme ist schon deshalb anzuzweifeln, weil sie nur auf blosser Vermuthung beruht, denn nirgends ist, so viel mir bekannt, der Nach- weis dafür geliefert worden, dass gerade diejenigen T'hiere, welche noch spät im Herbst und im Winter lebend oder erstarrt beobachtet wurden, auch im Frühjahr ihre im vorhergegangenen Herbst begonnene Thätigkeit wirklich wieder fortgesetzt haben. Kyber salhı zum Beispiel, dass durch Kälte erstarrte Blattläuse in wärmerer "Temperatur wieder belebt wurden und schloss (daraus, dass die Frühlingswärme diesen Einfluss auch auf überwinterte T’hiere ausüben werde; selbst beobachtet hat er dies aber nicht. In der zweiten Hälfte des April fand er zwei, nach seiner Ansicht sehr früh im Jahre erschienene Blattlausweibchen, wovon das eine, im ein geheiztes Zimmer 1) Germar, Magazin der Entomologie I. Jahrg. 2. Hett. 105 Dr. HE. F) Kessler. (p=2) gebracht, noch an demselben Tage Junge gebar, das andere im Freien erst später. Wie er meint, konnten diese 'T'hiere nicht schon in dem betreffenden ‚Jahre aus dem Ei gekrochen sein, sie mussten überwintert haben. Ein Be- weis fir die Ueberwinterung ist diese Annahme nicht. Kaltenbach will sogar durch seine Beobachtungen an Aphis padi L. darthun, dass die- jenigen Thiere, welche im Frühjahr zuerst auftreten, iüberwintert hätten, md doch hat auch er sich geirrt, was ich in der zunächst folgenden Ent- wickelungs- und Lebensgeschichte dieser Art speciell nachweisen werde. Aphis padi L. Beim Erwachen der Pilanzen- und niederen Thierwelt im Frühjahr, also, je nach den Witterungsverhältnissen, früher oder später (März, April), bemerkt man an den Spitzen der eben anschwellenden, aber noch vollständig ge- schlossenen Knospen von Primus Padus L. (Fig. 34) kleine, graugrüne T'hier- chen, welche sich, sobald es nur einigermassen möglich ist, in die Knospe drängen, um da zunächst an der Innenseite der Knospenschuppen oder an den Spitzen oder in den Falten der eben austretenden Blättchen zu saugen. Diese T'hierchen (Fig. 2) sind, wenn sie eben die schwarze, glänzende Schale des überwinterten Eies (Fig. 1) verlassen haben, 0,5 mm lang, vorn und hinten gleich breit und abgestumpft; jedoch tritt schon am ersten Tage ihres Daseins der letzte Hinterleibsring etwas verlängert hervor, so dass der Körper dann hinten abgerundet ist, auch sind alsdann die Anfänge der Saftröhrchen und des Schwänzchens schon bemerkbar und die einzelnen Leibesringe deutlich unterscheidbar. Der Kopf hat, von oben gesehen, eine kreisförmige, bräun- liche Zeichnung, durch welche in der Mitte eine hellere Linie von vorn nach hinten geht. An beiden Seiten dieser dunkleren Zeichnung stehen, durch einen schmalen helleren Streif davon getrennt, die braunrothen Augen. Fühler, Beine und Sehnabel sind ebenfalls dunkler als die Körperfarbe; bei flüchtiger Betrachtung sehen diese Theile fast schwarz aus. Der Schnabel reicht bis hinter das dritte Beinpaar. Die fünfgliederigen Fühler werden nach vorn allmälig dünner und laufen dann spitz zu. Das Grundglied ist gegen die übrigen sehr diek, das zweite schon weniger dick, beide aber kugelig, beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 5) 109 das dritte, längste unter allen, dagegen evlindrisch, das vierte elliptisch und etwas dicker, das fünfte aber wieder dünner und borstenförmig, auch viel länger als das vierte. Die Grenze zwischen dem vierten und fünften Glied ist undeutlich: in vielen Fällen sehen beide aus, als wären sie nur ein Glied. Nach der ersten Häutung ist dagegen der Körper dieser T'hierchen eiförmig und rein grün. Beime. Schnabel und Fühler sind ebenfalls heller geworden und sehen durchscheinend graugrün aus. Während die zuerst erschienenen 'Thiere sich schon einmal gehäutet haben, entschlüpfen andere erst der Eihaut und beide suchen dann «die zartesten "Theile der sich entfaltenden Blätter auf, weshalb man nach etwa acht Tagen an den vollständig aus der Knospe herausgetretenen Blättchen keine T’hierchen mehr sieht; in um so grösserer Menge findet man sie aber an denjenigen Knospen, welche sich zu jungen Trieben oder Blüthentrauben entwickeln, immer die Jüngsten Theile derselben aufsuchend. Auf diese Weise sind sie nach etwa 14 Tagen bis drei Wochen, je nachdem die Vegetation langsamer oder rascher vor sieh geht, über die ganze Krone der Bäume, resp. Sträucher verbreitet; auch sind die zuerst er- schienenen 'Thiere mittlerweile zeugungsreif geworden. Indem sie so den neu entstehenden, also den jüngsten -Blatt- und Blüthentheilen folgen, erreichen sie zwei Zwecke: sie finden zu ihrer eigenen Entwickelung immer frische Nah- rung und kommen auf diese Weise an dem geeignetsten Ernährungsort für ihre Brut an. Die Thiere (Fig. 6) sind jetzt 2 mm lang, eiförmig und am ganzen Körper rein grün. Die Beine sind weissgrün, das Ende der Schiene sowie die Krallen dagegen fast schwarz. Der weisslichgrüne Schnabel hat eine schwarze Spitze und reicht bis an’s zweite Beinpaar, auch die gelblichen Saftröhrchen, um welche sich ein orangegelbes Feld befindet, sind am Ende schwarz. Das graugrüne Schwänzchen ist etwas kürzer als die Saftröhrchen. Die Augen sind dunkelbraunroth. Die nicht langen, etwa den dritten "Theil der Körperlänge messenden Fühler sind sechsgliederig, Das Endglied der Fühler des eben dem Ei entschlüpften Thieres hat sich nämlich im Laufe der Entwickelung zu zwei Gliedern ausgebildet. Die drei Grundglieder sehen weissgrün aus, das vierte wird aber nach oben dunkler und bildet so den Uebergang zu den zwei letzten schwarzen Gliedern. Das erste Glied ist kurz eylindrisch und von allen das dickste, das zweite kugelig, das dritte eylindrisch und am längsten, es ist noch einmal so lang als das vierte und 110 Dr. H. F. Kessler. (p. 6) fünfte, welche beide unter sich gleich lang sind, zusammengenommen; das borstenfürmige sechste Glied ist länger als das fünfte. Sämmtliche Fühler- glieder sind glatt. Untersucht man die der Zeugungsreite nahe stehenden 'T’'hiere auf ihren Körperinhalt, so findet man in denselben 30 bis 40 Embryonen von sehr ver- schiedener Grösse. An den wenigen derselben, welche jetzt schon fast vollständig ausgebildet sind, schimmern die Augen durch, die kleinsten der- selben haben die Form von 'TIröpfehen, aber auch diese sind von ver- schiedener Grösse. Aus dieser Verschiedenheit der Embryonen, zu welchen in dieser Zeit jedenfalls noch neue im Mutterkörper entstehen, lässt sich schliessen, dass die Thiere zum Absetzen des Gesammtvorrathes an Brut ver- hältnissmässig lange Zeit nöthig haben. Dies ist dann auch wirklich der Fall. Am 24. April 1881 fand ich die ersten ‚Jungen von Urthieren und am 12. Mai, also circa drei Wochen später, waren solche 'Thiere noch im Ge- bären begritfen; 1852 beobachtete ich am 6. April die Erstgeburten von Ur- thieren und am 28. April zerdrückte ich ein solches Urthier und fand bei demselben noch 15 Embryonen von verschiedener Grösse. Dasselbe hätte also noch geraume Zeit zum Ablegen derselben nöthig gehabt. Die ersten ‚Jungen werden von den Mutterthieren an die Unterseite der nicht mehr gefalteten Blättchen abgesetzt, welche sich dann an dieser Stelle am Rand umschlagen. Hat nur ein Thier das Blatt im Anspruch ge- nommen, so biegt sich nur die eine betreffende Blatthälfte nach unten um (Fig. 35), kommen aber mehrere 'T’hiere an dasselbe Blatt, so erfolgt die Um- biegung beider Blatthälften (Fig. 36). In der so entstandenen Blatttüte ge- bären num die Stammmütter weiter. Die Anzahl der ‚Jungen wird mit der Zeit so gross, dass die T'hiere nicht alle in der Blatthöhle Platz finden, wes- halb dann ein grosser T’heil derselben an die Aussenseite des zusammen- gekrümmten Blattes und an den jungen Zweig gedrängt wird. In Folge dessen sind dann zur Blüthezeit von Prunus Padus fast an allen Endtheilen der Zweige die mittelgrossen und kleineren Blätter verunstaltet. Bei der Geburt treten die Jungen mit dem Hintertheil des Körpers zuerst hervor und sind dabei meist noch mit einer besonderen Haut um- schlossen. Die entsprechenden Thiere in den Gattungen Tetraneura, Schizo- neura und Pemphigus treten dagegen mit dem vorderen Körpertheil zuerst aus Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. %) nk dem Mutterkörper und sind dabei noch mit einer besonderen Haut umgeben, die sie aber bald abstreifen. Die Jungen des Urthieres von Aphis padi (Fig. 7) sind bei der Geburt 0,75 mm lang, iiberall gleich breit und wasser- hell, werden aber bald nachher grauweiss, ins Grünliche spielend; die zwei letzten Hinterleibsringe treten auch bald mehr hervor, wodurch dann der Hinterleib etwas verschmälert zuläuft. Die Beine sind wasserhell, Ende der Schiene und die Krallen jedoch schwarzerau. Auch die Fühler sind an der Grundhälfte wasserhell, werden aber von der Mitte an nach der Spitze hin allmälig dunkelgrau. Der bis hinter das (dritte Beinpaar hinausreichende Schnabel ist ebenfalls wasserhell, endigt aber mit dunkelgrauer Spitze. Die Saftröhrchen sind gelblich mit schwarzer Spitze und am Grunde von einem rein gelben Feldehen umgeben. Das Schwänzchen ist am Ende dunkelgrau. An den Fihlern sind fünf Glieder zu unterscheiden. Das Grundglied der- selben ist eylindrisch und diek, das zweite etwas dünner aber kugelig, (das dritte wieder dünner, rein eylindrisch und das längste von allen, das vierte wieder etwas dünner als das dritte, elliptisch und so lang, wie die beiden ersten zusammengenommen, das fünfte ist borstenfürmig, so lang als das dritte, mitunter auch etwas länger als dieses, aber undeutlich ausgeprägt, es sieht unfertig aus. Auf dem Kopfe befindet sich dieselbe dunkle Zeichnung, wie beim Urthier. Die Augen sind braunroth. Nach jeder Häutung wird die Körperfarbe dunkler, bis sie bei den ausgewachsenen T’'hieren rein grün, resp. olivengrün geworden ist, auch wird bei dem fortschreitenden Wachsthum eine Verschiedenheit in der Körperform der einzelnen 'T'hiere bemerkbar. Ein Theil wird nämlich mehr oder weniger walzenförmig und lässt einen Unter- schied zwischen Brust- und Hinterleibsringen erkennen, während ein anderer Theil nach und nach eiförmig wird und keine Verschiedenheit zwischen Brust- und Hinterleibsringen zeigt (Fig 9 und 10). Die erste Form bekommt an dem Bruststück nach und nach Flügelansätze und bildet sich zu geflügelten 'T’'hieren aus, die eiförmigen "T'hiere bleiben dagegen ungeflügelt. Letztere bilden die überwiegende Mehrzahl. Nach Verlauf von etwa vier Wochen sind heide Formen zeugungsreif geworden. Die Körpermerkmale der ungeflügelten 'T'hiere sind zu der Zeit, wann sie zu gebären anfangen, folgende: Der eifürmige, etwas gewölbte Körper (Fig. 11b) ist 2 mm lang, an der breitesten Stelle des Hinterleibes 112 Dr. HE Kessler. p8) 1.25 mm breit, dumkelolivengrün, an beiden Seitenrändern und auch hinten dieht weiss bestaubt, auf dem Rücken selbst aber nicht, weshalb die "Thiere hier glänzend olivengrün, an den Rändern aber weissgrau aussehen. An dem nicht bestaubten "T'heile des Hinterleibes schimmern die Embryonen durch. Die Beine sind borstig behaart und graugrün, das Ende der Schiene und die Krallen fast schwarz, die Saftröhrchen, welche von einem orangegelben Feldehen umgeben sind, und das ganz kurze Schwänzehen dunkelbraun. Die ursprünglich fünfgliederigen Fühler sind im Laufe der Entwiekelung siebengliederig ge- worden. Sie haben den gewöhnlichen Bau und sind graugrün, werden aber nach der Spitze hin dunkler: am dunkelsten ist das kurze elliptische sechste Glied. Der graugrüne Schnabel ist vorn fast schwarz und reicht bis an das zweite Beinpaar. Die Augen sind dunkelroth. Der Körper der geflügelten Thiere (Fig. Ila) ist ebenfalls 2 mm lang, Kopf und Bruststück sind glänzend schwarz, die Augen ganz dunkel- roth, Nebenaugen mattschwarz. Die Seitenwülste auf dem 'T’horax sind eiförmig, der vordere Wulst hat die Form eines gleichschenkeligen Dreiecks: das nierenförmige Schildehen ist durch eine grosse Vertiefung von den T’horax- wülsten getrennt. Der eiförmige Hinterleib ist rein grün und hat in der Mitte einen dunkelgrünen, nicht scharf begrenzten Längsstreif, am Rande sind die einzelnen Leibesringe graubraun. (Auch bei diesen Thieren schimmern die Embryonen im Hinterleib ganz deutlich durch: ich zählte bei einem Exem- plare 20 Stück.) Saftröhrchen und Schwänzchen sind dunkelbraun bis schwarz, die ersteren sind mit einem graubraunen Feldehen umgeben. Die Beine sind trüibwasserfarbig bis grünlichgrau, Ende des Schenkels und der Schiene sowie die Krallen schwarzgrau. Die siebengliederigen Fühler sind so lang wie der ganze Körper, grünlichgrau, nach vorn dunkler werdend, das letzte Glied jedoch wieder etwas heller, das erste Glied ist dick und kurz eylindrisch, das zweite kugelig, die vier folgenden walzenförmig, das letzte horstenförmig. Vom dritten bis zum sechsten ist jedes folgende etwas kürzer als das vorher- gehende, das siebente ist aber wieder so lang als das fünfte und sechste zusammengenommen. Der grünnlichgraue, vorn aber schwarzgraue Schnabel reicht bis zwischen das zweite Beinpaar. Die Flügel sind ganz fein ge- körnelt, das Geäder derselben ist zart. Das Randmal im Vorderflügel ist wenig hervortretend, lanzettlich und an beiden Enden zugespitzt. Die drei Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 9) 115 ersten @Queradern verlaufen in fast gleicher Entfernung von einander von der Unterrandader aus, die Randmalader entspringt am Anfang des letzten Drittels des Randmales. Die zweite Gabel des Cubitus ist ganz kurz. Die beiden @Queradern der Hinterflügel entspringen weit von einander getrennt aus der Unterrandader. Während noch viele Stammmütter fortfahren, den Rest ihrer Embryonen abzusetzen, fangen auch die erstgeborenen ungeflügelten und geflügelten Kinder derselben schon an zu gebären. Man sieht dann nicht selten alle drei T'hier- formen an einem und demselben Blatte dem Geschäfte des Gebärens obliegen. Die ungetlügelten Altmütter kann man von den ungeflügelten jungen Müttern sofort durch die rein grüne Farbe unterscheiden. Die jungen Mütter bleiben theilweise an ihrem Geburtsort, die grosse Mehrzahl aber wandert an andere Junge Blätter, um da eine neue Colonie zu gründen. Dabei kommt es dann sehr häufige vor, dass drei, vier und noch mehr dieser T’hiere an einem und demselben Blatt ihr Brutgeschäft beginnen und auch vollenden, wodurch die Menge der jungen 'Thiere so gross wird, dass die Unterseite des Blattes, die Innenseite der Blatttüte, buchstäblich bis auf das kleinste Räumehen mit saugenden 'T'hieren bedeckt ist. Es kann dies um so weniger auffallen, als jedes der Mutterthiere eine grosse Anzahl Embryonen enthält. (Ich fand wiederholt 60 bis 70 bei den einzelnen T’hieren.) Die Nachgeborenen, deren Mütter auf demselben Platze sitzen geblieben sind, finden dann keinen Raun mehr zu ihrer Ernährung, den älteren 'T'hieren bietet das Blatt nicht aus- reichende Nahrung mehr (dasselbe wird gelblich); beide verlassen deshalb das- selbe und lassen sich, da die anderen Blätter des Zweiges fast ebenso besetzt sind, am jüngeren Theile des Zweiges selbst nieder und bleiben da so lange als möglich saugend sitzen, so dass die Jungen Triebe, namentlich die üppig wachsenden, oft fusslang mit Thieren bedeckt sind und davon schwarz aus- sehen. Die T'hiere sitzen in der Art zusammen, dass die Hinterleiber in die Höhe stehen, Körper an Körper, ohne jegliche Bewegung, rund um den Zweig. Die von den Urthieren gezeugten geflügelten Thiere haben vorzugs- weise die Aufgabe, ihre Brut auf solehe Sträucher zu bringen, an denen wenige oder gar keine Eier überwinterten. Ich fand jedes Jahr an einzeln stehenden Sträuchern weder zu der Zeit der Knospenentfaltung, noch zu der Zeit, wo die jungen Blätter sich vollständig ausgebreitet haben, trotz genauer Nova Acta XLVIIL Nr. 3. 16 114 Dr: H: Er Kessler =pn10) Untersuchung, keine Stammmiütter und doch waren diese Sträucher später fast ebenso stark von jungen "Uhieren befallen, wie die Sträucher und Bäume, an (lenen Eier überwintert hatten. Auch habe ich oft einzelne Blätter zu beobachten Gelegenheit gehabt, an welchen je ein geflügeltes T'hier allein sass und Junge gebar, «deren Anzahl sich täglich vermehrte. An einem dieser Blätter, welches ich mit einem daran gebundenen Faden kenntlich machte, wollte ich die Anzahl der Jungen feststellen, welche das daran sitzende 'T'hier gebären würde, indess gelang mir dies nicht, weil schon am dritten Tage sich Fremdlinge, ungeflügelte und geflügelte, neben den ursprünglichen Inhabern (les Blattes daselbst niedergelassen hatten. Bei dieser riesigen Vermehrung und Verbreitung der 'T'hiere ist es (lann auch nicht zu verwundern, wenn, namentlich bei feuchter und warmer Witterung, gegen Ende Mai fast kein junges Blatt mehr an den betreffenden Bäumen und Sträuchern anzutreffen ist, das nicht von Läusen besetzt wäre. Zu «lieser Zeit sind die von den Urthieren zuerst mit Jungen besetzten und in Folge dessen zusammengezogenen Blätter schon fast vollständig abgestorben. Der Hohlraum derselben ist mit abgestreiften Häuten aller Grössen aus- vepolstert. Die meisten dieser Blätter fallen dann auch bald ab, während diejenigen, welche von den später geborenen 'T'hieren als Ernährungsort be- nutzt und nur theilweise verunstaltet wurden, im Laufe der nächsten Wochen sich wieder ausbreiten und bis zum Herbste bleiben, allerdings ihre ursprüng- liche reine grüne Farbe nicht wieder bekommen. Deshalb ist die Belaubung (der betreffenden Bäume und Sträucher während der Sommerzeit mehr oder weniger gelbgrün. Die Urthiere sowohl, als auch «die von denselben gezeugten beiden Thierformen, also alle 'T’hiere, welche Junge gebären, sterben an derjenigen Stelle, wo sie die letzten Jungen absetzten. Man findet sie da in derselben Körperstellung, welche sie hatten, als sie noch lebten, stets mit in’s Blatt- gewebe eingesenktem Schnabel. Dieser steckt bei vielen so fest, dass man den Körper mit einer Nadel von hinten her in die Höhe richten kann, ‘ohne dadurch das 'Thier vom Blatte abzuheben. Die Körperform der Urthiere ist noch fast unverändert, auch behalten sie die frühere Farbe noch geraume Zeit, weshalb man sie auch noch anfänglich tür lebendig hält. Drückt man indess den Körper mit einer Nadel, so ist derselbe nicht mehr weich, sondern Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 11) 115 panzerartig hart, so dass man ziemlich stark drücken muss, um die Hülle zu zerbrechen. Im Innern ist dieselbe ganz leer, nur vorn am Bruststück findet man einen kleinen vertrockneten Rest der früheren weichen Theile, durch welehe die Embryonen zusammenhingen. Uebrigens scheinen die Urthiere bei allen Arten der Gattung Aphis im Tode ihre frühere Körperform beizu- behalten. Ich habe das, wenigstens bis jetzt, bei 10 bis 12 Arten beobachtet. Alle T'hiere, welche von den unmittelbaren Nachkommen des Urthieres (von den geflügelten sowohl, als auch von den ungeflügelten) zur Welt ge- bracht werden, bekommen Flügel (Fig. 12 bis 16). Weil diese Thiere von zweierlei Müttern herstammen, so könnte man bei denselben einen Unterschied in den Körpermerkmalen vermuthen. Ein solcher Unterschied ist aber nicht vorhanden, wohl aber besitzen sie alle einige Unterscheidungsmerkmale von den ersten geflügelten. Sie sind 1,25 mm lang (Fig. 16), also kleiner als diese, auch im Allgemeinen niedlicher gebaut und von hellerer Farbe. Ein Hauptunterschied liegt in der Farbenzeichnung des Hinterleibes. Während die ersten geflügelten T'hiere auf der Mitte des Hinterleibes einen dunkelgrünen, nicht scharf begrenzten Längsstreif und graubraune Hinterleibsränder haben, ist bei den 'T'hieren der zweiten geflügelten Form der Hinterleib überall intensiv grün, nur ist die Umgebung der Saftröhrchen und die Mitte der letzten drei Körperringe graubraun. Auch besteht ein Unterschied zwischen beiden darin, dass jedes 'Thier der ersten geflügelten Form eine grosse Menge Em- bryonen in sich birgt, während man bei deren Nachkommen nur je sechs bis acht findet. Diese letzteren verlassen gegen Ende Mai bis in den Juni hinein Prumus Padus, um an einer anderen Pflanze ihre ungeflügelte Brut abzu- setzen. In der Gefangenschaft setzen sie ihre ‚Jungen nicht so leicht ab, wie dies die entsprechenden 'Thiere aus den Gattungen Tetraneura, Schizoneura und Pemphigus thun. Ich brachte wiederholt verschiedene Exemplare einzeln und in Gemeinschaft mit anderen in kleine Gläser, aber nur bei wenigen sah 2 ich erst nach einigen Tagen 2 bis 3 0,5 mm grosse hellgrüne Junge (Fig. 17) in dem Glase umherlaufen. Mit diesen geflügelten 'T’hieren schliesst die Frühlingsentwickelungs- phase ab, welche fast genau drei Monate dauert. Sie führt dem Beobachter das aus dem überwinterten Ei hervorgegangene 'Thier, dessen Junge im zwei 16* 116 Dr. !EI.»Es Kessler. “(p-42) Formen (geflügelte und ungeflügelte) und deren Nachkommen, die alle geflügelt werden, vor, enthält also zwei Mal geflügelte 'Thiere. Wohin die letzten von diesen hinfliegen, um da die Entwiekelung fortzusetzen, habe ich bis hierher hei dieser Art ebenso wenig ermitteln können, wie bei den entsprechenden 'Thieren der Gattungen Tetraneura, Schizoneura und Pemphigus. An der his- herigen Nährpflanze bleiben sie nicht. Ich habe während der eigentlichen Sommerzeit wiederholt die Blätter, Zweige, Aeste und Wurzeln einer An- zahl von T’raubenkirschbäumen und Sträuchern untersucht, aber nirgends 'Thiere vorgefunden. Erst von der zweiten Hälfte des August an bemerkt man wieder einzelne geflügelte T'hiere von Aphis padi an den Blättern, vorzugsweise an denjenigen, welche im Frühjahr wenig oder gar nicht befallen waren, also in (demselben Jahre die dritte getflügelte Form. Anfänglich sieht man nur ein- zelne Exemplare hier und da auf einem Blatte, nach und nach aber immer mehr, bis sie etwa nach 14 Tagen in grosser Menge ankommen. Von da an nimmt dann die Zahl der Ankömmlinge wieder nach und nach ab, gerade in (demselben Verhältniss, in welchem die &eflügelten T’hiere im Mai und Juni Prunus Padus verliessen. Die Rückkehr dauert bei günstiger Witterung bis in den November hinein, in der letzten Zeit allerdings nur in ganz ver- einzelten Exemplaren. Diese zurückgekehrten Thiere (Fig. 26) unterscheiden sich von den ersten geflügelten im Frühjahr fast gar nicht, nur ist die grüne Farbe des Hinterleibes und die graubraune Zeichnung der Hinterleibsrnge bei jenen viel dunkler als bei diesen, was indess ein unwesentliches Unterscheidungsmerkmal ist. Bald nachdem sie sich auf der Unterseite der Blätter niedergelassen haben, fangen sie auch an, ungeflügelte Junge zur Welt zu bringen. Jedes einzelne T'hier setzt aber nicht nur eine geringe Anzahl Junge ab, sondern bringt auch dieselben in verhältnissmässig langen Zeitabständen zwischen der Geburt der einzelnen Thiere zur Welt. Am 27. August untersuchte ich mehrere geflügelte T’hiere, welche schon theils eins, theils zwei Junge ge- boren hatten. In denselben fand ich beim vorsichtigen Zerdrücken noch zwei bis drei Embryonen, an denen die Augen schon erkennbar waren, ferner einen bis zwei mittelgrosse ohne Augen und dann noch einige verschieden grosse Anfänge von Embryonen, so dass ich die Durchschnittsanzahl der ‚Jungen, welche von einem 'T’'hiere geboren worden wären, auf sieben bis acht schätze. Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 13) 117 Wegen der Verschiedenheit in der Entwiekelung der Embryonen muss immer eine verhältnissmässig längere Zeit verfliessen, bis wieder ein Junges geboren wird. Ausserdem findet man in der Anfangszeit der Rückkehr, wo noch an einem Blatte nur ein geflügeltes 'T'hier mit seinen ‚Jungen sitzt, «dass diese ‚Jungen von auffallend verschiedener Grösse sind, während die entsprechenden ‚Jungen bei anderen Aphisarten, welche in rascherer Aufeinanderfolge geboren werden, diese Verschiedenheit in der Grösse nicht zeigen. Die in Rede stehenden jungen 'T'hiere sitzen stets an einer Blattrippe, am meisten in den Winkeln, welche die Nebenrippen mit der Hauptrippe bilden, wo sie auch in der Regel bis zu ihrer vollständigen Ausbildung bleiben. ‚Je mehr geflügelte Thhiere sich auf einem Blatte niederlassen, desto grösser wird auch die Zahl der von ihnen geborenen Jungen. ‚Jedoch wird die Menge nicht so gross, dass das Blatt vollständig «davon bedeckt wäre, wie das im Frühjahr der Fall ist. Eine Missbildung der Blätter wird durch diese T'hhiere nicht bewirkt. Das eben geborene 'T'hierchen (Fig. 27) ist kaum 0,5 mm lang, trüb- wasserfarbig, fast weiss. Mit dem Wachsthum des Körpers ändert sich auch die Farbe desselben, mittelgrosse 'T’'hiere sehen gelbweiss aus, die meisten der vollständig ausgewachsenen graugelb, und gegen das Ende ihrer Lebenszeit werden sie dunkelgrau. In allen Lebensperioden ist aber das dieser Art eigenthümliche gelbe bis braune Feld um die Saftröhrchen, also auch bei dieser Form, bemerkbar. Die Augen sind glänzend schwarz. Die Fühler sind bei den eben «eborenen T'hieren undeutlich fünf-, bei den ausgewachsenen aber (deutlich sechsgliederig. Der Schnabel dieser letzteren endigt zwischen dem zweiten und dritten Beinpaar. Der Körper der jüngsten 'Thiere ist überall gleich breit, der der ausgewachsenen elliptisch und dabei 1,5 mm lang (Fig. 31b). Diese T’'hiere sind fast alle weiblichen Geschlechts, nur eine sehr kleine Anzahl bildet sich neben ihnen zu geflügelten Männchen aus. Die charak- teristischen Unterscheidungsmerkmale dieser Männchen von ihren geflügelten Müttern sind folgende: Der Körper der letzteren (Fig. 26) ist 2 mm lang, 0,75 mm breit und dabei fast walzig, der Hinterleib oben rein grün und glän- zend, auf jedem Ring befindet sich am Rande rechts und links ein schwarzer Fleck. Die geflügelten Männchen (Fig. 3la) sind dagegen nur 1,5 mm lang und 0,5 mm breit. Der allmälig nach hinten zugespitzte und am Ende etwas 115 Dr. H. F. Kessler. (p. 14) nach unten gekrimmte Hinterleib ist oben bräunlichgrün und hat ausser den schwarzen Flecken am Rande eines jeden Ringes noch über die Mitte hin einen Längsstreif, aus unregelmässigen schwarzen Flecken gebildet. Wegen dieser Zeichnung auf dem Hinterleib erscheinen die Männchen dem unbewaft- neten Auge noch schwärzer als die anderen geflügelten 'Thiere. In allen iibrigen Merkmalen stimmen diese beiden Formen mit den zwei früheren ge- flügelten Formen überein. Merkwürdig ist, dass von den sexuirten "T'hieren die weiblichen sechs-, die männlichen aber siebengliederige Fühler haben. Weil die Männchen so vereinzelt auftreten, so hat man nicht oft Ge- legenheit, den Begattungsaet zu beobachten; ich habe wenigstens lange darauf warten müssen. Als ich denselben zum ersten Mal sah, hatten sich die T'hiere schon vereinigt. Das Blatt, woran sie sassen, war aber an einem Aste, den ich erst in meine Nähe hatte ziehen müssen, so dass eine längere ruhige Beobachtung nicht möglich war. Ich nahm es deshalb ab. Durch die dabei stattgehabte Erschütterung war das Weibchen wahrscheinlich beunruhigt worden, weshalb es seinen bisherigen Ort verliess und sich längs der Mittelrippe nach der Blattspitze hin etwas fortbewegte und dabei das Männchen mit sich fort- trug. Wegen der an der Unterseite des letzten Hinterleibsringes liegenden Geschlechtsöffnung des Weibchens war der Hinterleib des Männchens ganz umgebogen, der übrige Körper desselben dagegen schief aufrecht gerichtet, dabei umfasste es das Weibchen mit den zwei ersten Beinpaaren, während es mit dem einen Hinterbein auf der Blattfläche, mit dem anderen auf der Haupt- rippe stand. Dabei hielt es die Fühler, in paralleler Richtung liegend, nach hinten. Nach 15 bis 20 Minuten fing es an, dieselben zu erheben und zu bewegen, drehte sich langsam so lange rechts um, bis die Köpfe beider Thiere nach entgegengesetzter Richtung standen (gerade wie bei der Begattung der Hunde), und verliess dann erst das Weibchen, wobei ich den Austritt des Penis deutlich sah. Nachdem ich die Begattung noch einige Mal zu beobachten Gelegenheit gehabt hatte, tand ich noch am S. November zwei Thiere, welche sich paarten. Dieselben waren so innig mit einander, verbunden, dass es mir gelang, beide noch zusammenhängend in Uanadabalsam zu bringen, wo sie sich aber im Sterben trennten. Der Penis des Männchens trat dabei nicht wieder in den Körper zurück. Die ausgewachsenen weiblichen Thiere bergen drei bis vier verschieden Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 15) 119 weit entwickelte Eier in sich, von denen die fast vollständig ausgebildeten von aussen als kleine Erhöhungen auf dem Hinterleibsrücken bemerkbar sind und durchschimmern. Wegen dieser Verschiedenheit in der Entwickelung der Eier erfolgt das Ablegen derselben dann auch in Zwischenräumen von mehreren "Tagen. Ist das erste Ei reif, so begeben sich die Thiere an die stärkeren Aeste, am meisten aber an den Stamm, um dasselbe da abzusetzen. Von der zweiten Hälfte des Monats September an bis zum Ende des Blätter- falles sieht man dann stets eine Menge der 'T'hiere zu diesem Zwecke in der Wanderung begriffen. Noch am 25. October beobachtete ich das Austreten eines Kies aus dem Mutterkörper. An der Stelle, wo die einzelnen "T'hiere das erste Ei abgelegt haben, bleiben sie in der Regel sitzen, um auch die übrigen Eier daselbst entweder in einer kurzen Reihe oder auch unregelmässig dieht an einander zu legen. In vielen Fällen kann das 'T'hier das letzte Ei gar nicht mehr ablegen, sein Körper dient demselben dann als schützende Hülle. Die Eier sind anfänglich grün, werden aber nach und nach ganz schwarz, und man sieht sie dann an der Rinde als glänzende schwarze Punkte (Fig. 33). Sie liegen immer in den jüngsten, noch flachen Rindenrissen, selten in älteren tieferen, niemals aber an solchen Rindenstellen, welche mit Flechten bedeckt sind. Man findet auch überwinternde Eier hier und da im dem Winkel zwischen Knospe und Zweig oder an der Knospe selbst. Viele der spät ge- borenen Thiere kommen gar nicht zur vollständigen Ausbildung. Sie sitzen noch an den gelb gewordenen Blättern, wenn diese zu Boden fallen, und missen dann umkommen. Sie überwintern aber da nicht, wie von Kalten- bach so bestimmt angenommen wird!). Sie können da nicht überwintern, weil diese Blätter, wenn nicht während der Winterzeit, so doch sicher in der feuchten Uebergangszeit zum Frühjahr, meistens verfaulen oder durch die Ein- flüisse der wechselnden Witterung so leiden, dass ein so weicher Körper, wie der einer Blattlaus, mit zu Grunde gehen muss. Und nimmt man den gin- stigsten Fall an, dass die Blätter während des Winters so vortheilhaft lägen, dass die daran sitzenden "T'hierkörper zwar abstürben, «die Eier aber darin entwiekelungsfähig blieben, und die Thiere im Frühjahr zum Ausschlüpfen kämen, so könnten dieselben den Baum oder Strauch, an dessen zarten Blättchen !) Monographie der Pflanzenläuse p. 76. 120 Dr. H. F. Kessler. (p. 16) sie ihre erste Nahrung finden, je nach der näheren oder ferneren Lage des einzelnen Blattes, von dem Boden aus sicherlich nicht erreichen. Denn zum Ueberwinden von Hindernissen auf dem Erdboden sind die "Thierchen, welche sonst am Stamm oder an den Aesten der Nährpflanze zur Welt kommen, also nur eine verhältnissmässig kurze und dabei bequeme Strecke bis zur Knospe zu wandern haben, nicht eingerichtet. Die 'T'hiere, welche Kaltenbach „zu Einde März an den jungen Trieben sitzen und am Stamm heraufkriechen sah, und welche alle fast von gleicher Grösse waren“, hatten schon deshalb nieht in der 'T’hierform überwintert, weil die Blattläuse, welche man im Spätherbst noch an den Blättern von Prumus Padus antritft, wegen ihres verschiedenen Alters auch von verschiedener Grösse sind. Nach vorstehenden Darstellungen sind in der Jahresentwickelung von Aphis padi drei Phasen zu unterscheiden: l. Die Frühlingsphase auf Pramus Padus, welche das Urthier, dessen Junge in geflüigelter und ungeflügelter Form und deren Nach- kommen, die alle geflügelt werden, enthält: 2. die Sommerphase auf einer noch nicht bekannten Pflanzenart, wovon die ungeflügelte Anfangs- und die geflügelte Kndform bekannt sind; und 3. die Herbstphase wieder auf Promus Padus, in welcher die sexuirten T'hiere das Ei zur Ueberwinterung für das Urthier des nächsten ‚Jahres hervorbringen. Diese drei Entwickelungsphasen habe ich auch an einer Anzahl anderer Aphisarten beobachtet, wovon ich beispielsweise noch folgende speciellere Mit- theilungen mache. Aphis evonymi Fr. Noch bevor sich die Knospen von Evonymus europaeus L.. an ihrer Spitze öffnen, drängen sich die dem Winterei entschlüpften 'T’hierchen von Aphis evonymi an die Innenseite der Knospenschuppen, um da zu saugen. Zu dieser Zeit sieht man in der Regel äusserlich an der Knospe keine 'Thiere, wohl aber wird man auf die Anwesenheit derselben durch die in dem Raume zwischen Knospe und Zweig hängenden schwarzen Eischalen, welche an dem Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 1%) 121 Vordertheil geöffnet sind, aufmerksam gemacht. Lüftet man die Knospen- schuppen etwas, so sieht man schon eine ziemlich grosse Anzahl der T'hier- chen an der Innenseite derselben sitzen. Die 'T'hierchen sehen graugrin aus und sind 0,5 bis 0,75 mm lang, ihre Extremitäten sind dunkler als der Körper, der Kopf ist graubraun, mit einem helleren Längsstreif in der Mitte, die Augen sind braunroth, die Fühler fast grauschwarz und füntgliederig; der Schnabel reicht bis hinter das dritte Beinpaar. Der Hinterleib ist stark ge- randet, an diesem Rande befindet sich jedesmal zwischen je zwei Körper- ringen eine punktartige Vertiefung. Die Saftröhrchen sind dunkelgrün und ganz kurz. Nach ungefähr vier Wochen sind die T'hiere ausgewachsen, 2 mm gross, von fast kugeliger Gestalt, weil Quer- und Höhendurchmesser beinahe gleich lang sind. Oberflächlich angesehen, ist ihre Farbe mattschwarz, in Wirklichkeit aber dunkel graugrün und leicht bestäubt. Von den glänzenden, fast schwarz gewordenen Saftröhrchen an verschmälert sich der Körper rasch und läuft mit dem Schwänzchen spitz zu. Die Extremitäten sind schwarz, die Fühler sechsgliederig, der Schnabel endigt vor dem zweiten Beinpaar. An jeder Seite des Halsringes befindet sich ein Zähnchen. Bald nach der letzten Häutung fangen die T'hiere an zu gebären. Die Durchschnittszahl der von einem Thiere geborenen ‚Jungen beträgt dreissig. Unmittelbar nach der Geburt sind diese 'T'hierchen hellgrün mit wasserhellen Extremitäten. Die Körperfarbe geht jedoch mit der Zeit in’s dunkel Oliven- grüne über und die Extremitäten werden schmutzig wasserfarbig. Der ganze Körper ist dann leicht bestäubt, der Hinterleib am Rande stark gesäumt; an der Innenseite dieses Saumes befinden sich zwischen den Leibesringen ver- hältnissmässig grosse Vertiefungen. Auf dem Kopfe befinden sich rechts und links zwei hervortretende dunkle Stellen, an deren Aussenseite die dunkel- rothen Augen stehen. Die finfgliederigen Fühler, an denen die Endglieder undeutlich getrennt sind, werden nach der Spitze hin dunkler, auch sind die Gelenke und die Krallen der Beine dunkler als die übrigen 'T’heile derselben. In diesen Merkmalen stimmen die Jungen des Urthieres alle überein, wenn sie noch von mittlerer Grösse sind. Von da an aber werden unter den T'hieren nach und nach zwei verschiedene Körperformen unterscheidbar, von denen die eine ungeflügelt bleibt, die andere aber sich zu geflügelten Thieren ausbildet. Die ungeflügelten T'hiere sind ausgewachsen 2 mm lang, breiteiförmig Nova Acta XLVII. Nr. 3. 17 122 Dr. H. F. Kessler. (p. 18) (nach vorn verschmälert), überall ganz schwarz, nur ist die Oberseite des Hinterleibes ganz dunkelgrün, wogegen der stark erhaben gesäumte Rand desselben auch schwarz ist. Saftröhrchen und Schwänzchen ebenfalls schwarz und ziemlich lang. Augen dunkelbraun, an beiden Seiten des Halsringes je ein Zähnehen. Die siebengliederigen Fühler sind grösstentheils schwarz, nur ist das dritte Glied derselben weissgrau; ihre Länge beträgt drei Viertel der Körperlänge. Die zwei Grundglieder derselben sind kurz eylindrisch, das erste dieker als das zweite, die folgenden Glieder sind auch evlindrisch und werden nach und nach dinner: vom dritten, dem längsten, an ist jedes folgende etwas kürzer als das vorhergehende, «das siebente Glied ist borsten- fürmig und so lang als das fünfte und sechste zusammengenommen. Die Vorderbeine sind weissgrün, der Oberschenkel des zweiten Beinpaares ist hraungrau, der der Hinterbeine aber ganz schwarz, so dass also die Schenkel der Beine von vorn nach hinten stufenmässig dunkler werden, das Ende der grauweissen Schiene und die Krallen an allen Beinen sind schwarz, Beine und Fühler mit ziemlich langen und abstehenden Haaren besetzt. Der grau- weisse Schnabel endigt mit der schwarzen Spitze zwischen dem zweiten und dritten Beinpaar. Der ganze Körper hat ein mattes Aussehen, glänzt nicht, weil er ganz dünn weisslich bestäubt ist. Die getlügelten Thiere sind ebenfalls 2 mm lang und überall glänzend schwarz, dabei aber auf den sechs ersten Hinterleibsringen und am Bauch grün durehscheinend: Fühler, Saftröhrehen und Schwänzchen auch schwarz. Die Vorderbeine sind gerünlichgrau durchscheinend, ebenso die Schiene des zweiten und dritten Beinpaares, dagegen sind die Schenkel an diesen fast schwarz. Das untere Ende der Schienen, sowie die Krallen an allen Beinen sind schwarz. Die Augen sind dunkelbraun, der Schnabel braun- grau, vorm fast schwarz und endigt zwischen dem dritten Beinpaar. Die Beine und Fühler, welche ebenso geformt sind, wie bei den ungeflügelten T'hieren, sind kurz behaart. Auch bei diesen T'hieren ist an jeder Seite des Halsringes ein dormartiger Vorsprung. Die Flügel sind fein gekörnelt, auch (las Geäder derselben ist zart. Die drei ersten Schrägadern in den Vorder- tlügeln entspringen in ziemlich gleichen Abständen von einander aus der Unterrandader. Die beiden Gabeln an der dritten @Querader sind verhältniss- mässig gross. Die Randmalader fängt in der hinteren Hälfte des lanzett- Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 19) 123 förmigen Randmales an. In den Hinterflügeln sind die breiten Queradern weit von einander getrennt. Beide Formen der vom Urthier gezeugten 'Thiere (geflügelte und un- geflügelte) gebären nach erlangter Reife Junge in grosser Anzahl, welche alle Flügel bekommen und ihre bisherige Nährpflanze verlassen. In ihren Körper- merkmalen habe ich von den eben beschriebenen geflügelten 'Thieren keinen Unterschied auffinden können. Sie bergen wieder Junge in sich, welche in ihrem ganzen Wesen Achnlichkeit mit dem Urthier haben. Muthmasslich gehen mit ihnen an einer anderen Pflanzenart ähnliche Veränderungen vor, wie mit dem Urthier und dessen unmittelbaren Nachkommen. Denn im August und später kommen wieder geflügelte T’hiere auf Evonymus europaeus vor, welche im ihren Körpermerkmalen mit den beiden im Frühjahr da- gewesenen geflügelten T'hierformen übereinstimmen. Von der Zeit an, wo die geflügelten Thiere Evonymus europaeus verlassen haben (erste Hälfte Juni), bis zu der Zeit, wo wieder geflügelte 'Ühiere auf den Sträuchern bemerkt werden (zweite Hälfte August), ist keine andere Form derselben darauf zu sehen; die angekommenen T'hiere müssen sich mithin auf einer anderen Pflanze aus- gebildet haben. Sie erscheinen anfänglich vereinzelt auf der Unterseite der Blätter, später aber in grösserer Anzahl. ‚Jedes derselben setzt daselbst bis zu 20 Stück ungeflügelter Junge dicht gedrängt neben einander ab, und zwar in verhältnissmässig kurzer Zeit. Alle zusammen bilden auf der Unterseite des Blattes ein schwarzes Häufchen, welches wochenlang seine ursprüngliche Form fast unverändert beibehält, weil jedes einzelne Thier seinen Schnabel tief in das Blattgewebe einsenkt, und dann seinen Platz fast gar nicht ver- ändert, selbst bei den Häutungen verrücken sie denselben kaum merklich. Die abgestreiften Häute liegen stets hinter dem Körper. Die Jungen kommen mit grauschwarzer Körperfarbe und trübwasserfarbigen Extremitäten zur Welt, welche Färbung sie auch während ihres ganzen Lebens beibehalten, nur be- deckt sich der Körper im Laufe der Zeit mit einem ganz feinen Staub. Ihre Körperform ist anfänglich fast kugelig, wird aber schon nach der ersten Häutung etwas gestreckt. Die Fühler sind anfänglich fünf-. später sechs- gliederig. Die meisten der Jungen bleiben ungeflügelt und sind weiblichen Geschlechts, nur sehr wenige bilden sich zu geflügelten Männchen aus. Schon bei den halbwüchsigen Weibchen findet man beim Zerdrücken die Anfänge zu 17* 124 Dr. H.-F. Kessler. .p’20) den Eiern. Die Anzahl derselben ist bei den einzelnen 'T’hieren nicht gross, die höchste Zahl, welche ich fand, war acht. Im 'T’hierkörper sind die fast reifen Eier gelb, beim Ablegen sind sie grün und später werden sie glänzend schwarz. Die geflügelten Männchen sind kleiner als diejenigen geflügelten 'Thiere, welche gebären, dabei ist ihr Hinterleib schmal und nach hinten zu- gespitzt. Sonstige äusserliche Unterschiede habe ich zwischen beiden nieht gefunden. Alle T'hiere sind äusserst träger Natur. Von leisen Berührungen nehmen sie keine Notiz, erst dann, wenn man sie stark berührt, verlassen sie langsam den bisherigen Ort. Wie vorher schon bemerkt, bleiben die emzelnen "T'hierfamilien, be- stehend aus dem geflügelten Thiere und seinen ‚Jungen, längere Zeit fast unverändert an ein und derselben Stelle sitzen, was jedenfalls seinen Grund (darin hat, dass die einzelnen Weibchen bei der germgen Anzahl von Männchen auf die Begattung lange oder gar vergebens warten müssen. Eine sehr grosse Anzahl befindet sich noch dann an den Blättern, wenn diese abfallen, und kommt damit um. Die früher begatteten weiblichen T'hiere begeben sich zur geeigneten Zeit an die Zweige und legen da ihre Eier ab, meistens in den Raum zwischen dem Zweig und der Knospe, indem sie dieselben entweder an die Knospe oder an den Zweig, immer nur einseitig ankleben, und zwar nicht fest, so dass man sie leicht abnehmen kann. Man findet aber auch an der Aussenseite des Zweiges und der Knospe Eier. Während viele der erwähnten Gruppen von 'Thieren sehon nach einigen Wochen sich nach und nach auflösen und die eierlegenden Thiere die Knospen und Zweige aufsuchen, bleiben andere viel länger unverändert. An einem Strauche machte ich gegen Mitte September einige Zweige, an deren Blättern sich solche 'Thiergruppen befanden, durch Anbinden von Faden besonders kenntlich. Beim jeweiligen Nachsehen fand ich, dass die einzelnen Gruppen wochenlang fast unverändert blieben. Erst am 12. November hatten sich die Thiere zerstreut und sassen an der Unterseite der Blätter oder an den Zweigen, von wo aus sie in unregelmässigen Reihen nach den Knospen hin wanderten. An den Knospen und in deren Nähe fand ich dann auch grüne und schwarze Eier, sowie abgestorbene Thiere. Eine Menge der im Spät- herbst noch vorhandenen weiblichen 'Thiere bleibt jedenfalls unbefruchtet, legt aber doch die Eier ab. Ich schliesse dies daraus, dass man im Frühjahr Beitrag zur Entiwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 21) 125 nicht wenig Eier antrifft, welche noch vollständig geschlossen, aber mehr oder weniger eingeschrumpft sind. Was nun den Einfluss der 'T'hiere auf die Blätter anbelangt, so sitzen die Urthiere, wie oben schon angeführt, während der Knospenentfaltung, bezw. Zweigbildung bis zu ihrer Zeugungsreife immer zwischen oder an den Jüngsten Blättehen, ohne Missbildung an denselben zu bewirken. Ihre ‚Jungen setzen sie ebenfalls an die Unterseite der jüngsten Blättchen ab. Je nachdem nun die Anzahl dieser 'Thierehen an einem Blatte kleiner bleibt oder grösser wird, je nachdem rollt sich dasselbe von einer oder von beiden Seiten oder endlich auch noch von der Blattspitze her ein. In dem so entstandenen Hohl- raum wird die Anzahl der 'Thiere nicht selten so gross, dass sie nicht alle Platz darin finden und dann genöthigt sind, am Blattstiel und am jungen Triebe zu saugen. Hierdurch entstehen nicht selten vollständige Verkrüppelungen . der Blätter und Zweige. Diejenigen Blätter, welche nur von einer Seite her eingerollt waren, strecken sich, nachdem die Insassen weggeflogen sind, bald wieder und behalten dann ihre ebene Form bei. Die "T'hiere der Herbst- generation verunstalten die Blätter nicht. Alle Missbildungen, an welchen man im Herbste "T'hiere antrifft, rühren von den Thieren der Frühlings- entwickelungsphase her. Im Herbst kann überhaupt keine Verwstaltung der blätter durch die Einwirkung der Blattläuse mehr stattfinden, weil die Miss- bildungen nur während der Wachsthumsperiode der Blätter entstehen. Aphis evonymi habe ich übrigens in meinem Beobachtungsterrain auf Viburnum opulus fast ebenso häufig angetroffen wie auf Kvonymus europaeus, ein Umstand, der bei der grossen Aehnlichkeit dieser beiden Thhierarten die Beobachtung im Einzelnen sehr erschwert. Die auf Fiburnum opulus bewirkte Verunstaltung der Blätter (Zusammenkräuselung) bleibt aber bis zum Blätterfall. Dass diese Aphisart sich auch noch an anderen Gewächsen entwickeln, bezw. tortentwickeln kann, dafür führe ich noch folgendes Beispiel an: In der zweiten Hälfte des Mai hatte ich Zweige von Evonymus europaeus, an deren Blättern T'hiere sassen, zur Beobachtung in ein Glas mit Wasser gestellt, und dieses Glas an ein Fenster gesetzt, vor welchem ein 'T'opf mit einem Caetus alatus stand. Die Blätter an den Zweigen wurden nach und nach zur Er- nährung der Thiere untauglich, weshalb sie von diesen verlassen wurden. Weil die oberen Enden der Zweige den Cactus berührten, so gingen die kaum 126 Dr. H. F. Kessler. (p. 22) halbwichsigen 'T'hiere an diesen über und liessen sich an den zahlreichen Blüthenknospen desselben nieder, und zwar in ebenso dichte Gruppen zu- sammengedrängt wie an ihrer Geburtsstätte. Hier entwickelten sie sich in normaler Weise weiter und verliessen sämmtlich als geflügelte "Thiere gleich- zeitig mit ihren Altersgenossen im Freien nach und nach ihre bisherige neue aussergewöhnliche Nährpflanze. Aphis viburni Scop. Wenn man sich während der Ruhezeit der Pflanzenwelt, also vom Spätherbst bis zum herannahenden Frühling, die Zweige von Viburnum opulus L. ansieht, so findet man sehr oft in dem Winkel zwischen Zweig und Knospe schwarze, stark glänzende Körperchen in Eiform, einzeln oder mehrere bei- sammen, welche entweder an dem Zweig oder an der Knospe hängen. Sowie im Frühjahr die Knospe anschwillt und die oberen "Theile derselben grün werden, treten aus diesen Körperchen kleine 'Thierchen hervor, welche sich zwischen den Rändern der oberen Knospenschuppen in das Innere der Knospe zu drängen versuchen, was ihnen auch beim weiteren Anschwellen und Locker- werden derselben gelingt. Diese T'hierchen sind die Urthiere von Aphis viburni. Der Körper derselben ist graugrün und 0,5 mm lang. Auf dem Rücken derselben befinden sich dunkle Punkte in Längs- und Querreihen. Der Kopf ist graubraun, in der Mitte desselben zieht sich ein heller Streif von vorn nach hinten. Die Augen sind braunroth. An den grauschwarzen, fünfgliederigen Fühlern sind die zwei ersten Glieder kugelig (das erste dicker als das zweite), das dritte ist evlindrisch und unter allen das längste, das vierte Jänglich elliptisch, das fünfte zugespitzt. Der Schnabel reicht bis hinter das dritte Beinpaar und ist, wie die Beine, viel dunkler als die übrige Körper- farbe. Die schwarzgrünen Saftröhrehen sind oben abgestumpft. Nach etwa vier Wochen sind die T’hiere ausgewachsen. Alsdann misst der etwas tlache Körper 1,5 mm, ist rein grün, dünn weisslich bestäubt und hinten abgerundet. Die auf dem Rücken des ganz jungen "T’hieres bemerk- baren Punkte sind jetzt als kleine Wärzchen zu erkennen. Die zwei Hinter- leibsringe, an deren Grenze die Saftröhrchen stehen, sind braun. Die Beine, die sechsgliederigen Fühler, die Saftröhrehen und das kurze Schwänzchen sind Beitrag zur Entwickehumgs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 23) 127 tief dunkelgrün, in den Gelenken sind die Beine fast schwarz. Der Schnabel reicht jetzt nur bis zwischen das zweite Beinpaar. Die Jungen, welche diese T'hiere nach erlangter Zeugungsreife gebären, sind unmittelbar nach der Geburt am ganzen Körper, mit Ausnahme der rothen Augen, rein wasserhell, jedoch werden sie nach und nach trübwasser- farbig mit gelblichem Hinterleibsrand und rothgelber Umgebung der ebenfalls rothgelben, an der Spitze aber schwarzgrauen Saftröhrchen. Kopf, Fühler, Schnabel, Beine und Schwänzchen haben auch die Farbe des Körpers, nur sind die Enden der Beine und des Schnabels schwarzerau. Auf dem Rücken befinden sich lLängs- und (uerreihen von teinen dunkleren Punkten. Die Augen sind dunkelroth, die Fühler fünfgliederig, die Endglieder derselben noch undeutlich entwickelt. Diese Merkmale haben alle 'Thiere in den ersten 14 "Tagen ihres Daseins. Von da an treten aber nach und nach verschiedene Körperformen unter «denselben auf; der eine Theil wird mehr walzig, der andere mehr eiförmig. Die ersteren bekommen Flügel, die letzteren, und zwar (lie meisten, bleiben ungetlügelt. Der Körper der geflügelten Thiere ist 2,5 mm lang, länglich eiförmig, dabei etwas flach gedrückt. Kopf, Thorax, Unterbrust und die Mitte les Hinterleibes glänzend schwarz, die drei ersten HHinterleibsringe, der Saum des Hinterleibes und des Halsringes, sowie die ganze Unterseite des Hinter- leibes sind kaffeebraun, Saftröhrchen und Schwänzchen schwarz, Augen ganz (dunkelbraun. Die kurz behaarten Beine und der Schnabel sind graugrün, Unterhälfte des Schenkels, Ende der Schiene, die Krallen und die Spitze des Schnabels dagegen schwarz. Die siebengliederigen Fühler sind nur halb so lang als der Körper und überall fast schwarz. Die beiden Grundglieder der- selben sind kurz eylindrisch, das erste dieker als das zweite, das dritte Glied ist am längsten, jedes der folgenden etwas kürzer als das vorhergehende, das borstenförmige siebente Glied ist aber wieder länger, und zwar so lang wie das fünfte und sechste zusammengenommen. Das dritte Glied ist fein ge- ringelt, die übrigen sind glatt. Die Flügelbildung ist fast eben so, wie bei Aphis evonymi, nur ist das Geäder noch feiner und zarter als bei diesen. Der Körper der ungeflügelten 'Thiere ist breit eifürmig, 2 mm lang, überall graugrün und leicht weiss bestäubt, die Gegend um die schwarzen Sattröhrehen und zwischen denselben dagegen rotbraun. Auf jedem Hinter- 128 Dr. HE. Kessler. 2p23) 24 leibsring sind vier kleine, etwas dunklere Wärzchen, welche alle zusammen Längs- und Querreihen bilden: Augen dunkelroth, Fühler, Beine und Schnabel tribwasserfarbig, zweite Hälfte des Schenkels, Ende der Schiene und die Krallen graubraun, ebenso die beiden Grund- und Endglieder der verhältniss- mässig kurzen siebengliederigen Fühler, auch die Spitze des Schnabels, weleher bis zwischen das zweite Beinpaar reicht. Das Längenverhältniss der Fühlerglieder zu einander ist gerade so, wie bei den geflügelten "Thieren. Beide T'hierformen, geflügelte und ungeflügelte, gebären nach erhaltener Reife lebendige Junge, welche in ihrer Körperform und Lebensweise voll- ständig übereinstimmen und alle geflüigelt werden. Schon Ende Mai verlassen sie Viburmem opulus, um ihre Brut auf eine andere Pflanze zu tragen. Von da an bis zum Herbst findet man keine T'hiere dieser Art mehr am Schnee- ballstrauch. Erst Anfangs September zeigen sich wieder geflügelte an der Unterseite der Blätter, die ihre Jungen in derselben Weise um sich herum absetzen, wie die an Kvonymus europaeus. Die weitere Entwiekelung bis zum befruchteten Ei ist gerade so, wie bei Aphis evonymi. Die Blätterentstellung wird theils vom Urthier, theils von den ‚Jungen desselben hervorgerufen. Das dem Ei entschlüpfte Thier bleibt an den Knospen- blättchen, an welches es sich gedrängt hat, sitzen, geht nicht wie Aphis evonymi immer weiter an die jüngeren. Durch die Einwirkung des 'Thieres kräuselt sich dann dieses Blättchen zusammen und wächst in dieser Form weiter. Erst wenn das 'T'hier zeugungsfähig geworden ist, verlässt es seinen bisherigen Aufenthaltsort und setzt seine ‚Jungen an die jüngsten Blättchen des Strauches ab, die dann von denselben eben so missgestaltet werden. Bringen mehrere Urthiere ihre Jungen an ein und dasselbe Blatt oder an dieht bei- sammen stehende Blätter eines jungen Zweiges, so entstehen schopfartige Ver- krüppelungen der Zweige. Die Herbstgeneration bringt keine neuen Ver- unstaltungen der Blätter hervor. Aphis mali Fbr. Die Apfelblattlaus beginnt ihre Thätigkeit ebenfalls in der Frühjahrs- zeit, wenn die Knospen des Aptfelbaumes anschwellen und sich entfalten. Das dem Ei entschlüpfte 'Uhier drängt sich zu seiner Ernährung an der ersten Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 25) 129 offenen Stelle in die Knospe an die Unterseite des obersten Blättchens. Es ist 0,5 mm lang und halb so breit, vorn und hinten wie abgestutzt, nach hinten etwas breiter; die Körperringe sind deutlich unterscheidbar, der Hinter- leibsrand stark erhaben gesäumt. Die Körperfarbe ist rein grün, die Extremi- täten sind dagegen wasserhell, die Augen dunkelbraun. Ausgewachsen ist das Thier 2 mm lang, breit eiförmig, dunkelgrün, überall weiss bestäubt, so (lass es, oberflächlich betrachtet, graugrün aussieht. Die Extremitäten sind im (ranzen dunkler, die anfänglich fünfgliederigen Fühler sind jetzt sechsgliederig geworden, am Grunde und nach vorm hin grauschwarz, ebenso die Gelenke der Beine, die Krallen, die nieht langen Saftröhrehen, das kurze dicke Schwänzehen und der vordere "Theil des Schnabels, welcher bis zwischen das zweite und dritte Beinpaar reicht. Die Augen haben die dunkelhbraune Farbe beibehalten. Das zeugungsreif gewordene 'Thier verlässt seinen bisherigen Aufent- haltsort, begiebt sich an ein jüngeres Blatt und setzt da seine Jungen ab. Ein "Theil derselben entwickelt sich zu geflügelten Thieren, die überwiegend grössere Anzahl derselben bleibt aber ungeflügelt. In der Anfangszeit bemerkt man keinen Unterschied zwischen denselben. Ihr Körper ist eiförmig, bräunlichgelb und weiss bestäubt, die Extremitäten wasserhell, an den Beinen sind aber die Enden der Schienen und die Krallen ganz dunkelgrau, fast schwarz, ebenso der vordere "Theil der undeutlich fünfgliederigen Fühler, die Spitze des Schnabels und der ziemlich grossen graugelben Saftröhrchen, welche letzteren mit einem fast braunen Feldehen umgeben sind. Die Augen sind dunkelbraun. Diejenigen Thhiere, welche ungeflügelt bleiben, behalten die eiföürmige Gestalt und die übrigen angegebenen Merkmale bei, nur wird die Färbung im Allgemeinen dunkler; ausgewachsen sind sie 2 mm lang und die Fühler siebengliederig. Der kleinere T'heil der 'Thiere erhält dagegen mit der Zeit eine fast walzenförmige Körpergestalt, bekommt Flügelansätze und ist nach der letzten Häutung 2 mm lang und geflügelt. Die Grundfarbe dieser geflügelten Thiere ist grün, Kopf, T'horax- und Unterbrustwülste sind dagegen dunkel graugrün (fast schwarz), ebenso befindet sich an den Seitenrändern des grasgrünen Hinterleibes eine solche Fleckenreihe, auch sind die Saftröhrchen, das Schwänzchen, die Unterhälfte des Schenkels, das Ende der Schiene und die Krallen graugrün. Die übrigen Theile der Beine sind trübwasserfarbig, Nova Acta XLVII Nr.3. 15 130 Dr. H. F. Kessler. (p. 26) auch die siebengliederigen Fühler, mit Ausnahme der zwei Grundglieder, welehe fast schwarz sind. Der Schnabel hat die Farbe der Fühler, ist aber vorn dunkler. Die Augen sind dunkelbraun. Das Geäder in den gekörnelten Flügeln bietet keine besonderen Unterscheidungsmerkmale dar. Sowohl die geflügelten, als auch die ungeflügelten T'hiere bringen lebendige Junge zur Welt. Die Durchsehnittszahl, welche jedes derselben gebiert, beträgt vierzig. Alle diese Jungen bilden sich zu geflügelten T’hieren aus, welche sich nieht unwesentlich von der eben beschriebenen geflügelten Form unterscheiden. Der 2 mm lange Körper derselben ist hinten verhältniss- mässig sehr breit (vollkommen I mm), die Grundfarbe des ganzen Körpers ist graubraun, Kopf, Mitte des Halsringes, 'Thorax- und Unterbrustwülste, Saftröhrehen und Schwänzchen dagegen schwarz, Fühler fast schwarz, die eine hellgraubraun, zweite Hälfte des Schenkels, Ende der Schiene und die Krallen aber schwarz, die Augen dunkelbraun. Die ganze Oberseite des Körpers glänzt, während die Unterseite matt ist. Der Flügelbau bietet ebenfalls keine besonderen Unterscheidungsmerkmale dar. Die Färbung (der 'Thiere von Aphis mali sowohl der geflügelten, als der ungeflügelten varıirt also. Im ersten Viertel des Monats ‚Juli haben alle diese geflügelten "Thiere die Apfelbäume verlassen. Erst Anfangs September sieht man wieder einzelne vefliigelte Individuen an der Unterblattseite, welche da ihre Jungen absetzen. Kurz nach der Geburt sind diese T'hierchen kaum 0,5 mm lang, fast eylindrisch, vorn und hinten etwas verschmälert und wie abgestutzt, am ganzen Körper grünlichweiss, Fühler, Beine, Schnabel und Saftröhrehen glas- hell, die beiden letzteren mit dunklerer Spitze, die Augen dunkelbraun. Die grosse Mehrzahl dieser 'V'hiere bleibt ungeflügelt, nur ein kleiner "Theil be- kommt Flügel. Die ungeflügelten sind ausgewachsen 1,25 mm lang, Körper- torm elliptisch, überall braungrau, die Extremitäten, welche etwas durch- scheinend sind, mit einbegriffen. Augen schwarz, die Fühler sechsgliederig. Die geflügelten Thiere unterscheiden sich von den früheren geflügelten Formen nur durch den schlankeren Hinterleib, der nach hinten verschmälert zuläuft und etwas nach unten gebogen ist. Es sind dies die Männchen, die ungeflügelten dagegen die Weibchen. Jedes Weibehen enthält zwei bis Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 2%) 131 vier hochgelbe Eier. Die Begattung eines geflügelten Männchens!) mit einem ungeflügelten Weibehen habe ich wiederholt, wenn auch nieht so oft, wie bei anderen Arten, gesehen. Die Herbstgeneration dieser Art hat nach meinen Beobachtungen überhaupt einige Eigenthümlichkeiten. Sie erscheint fast einen vollen Monat später als z. B. Aphis padi, und zwar immer vereinzelt. Die Rückkehr dauert so lange noch Blätter an den Bäumen hängen; noch am 26. October traf ich einzelne 'T’hiere mit Jungen. Auf einem einzelnen Blatt lässt sich niemals eine grössere Anzahl von 'T'hieren zum Ablegen der Jungen nieder, die höchste Zahl, welche ich beisammen sah, war vier, meistens salı ich nur eins. Die zuletzt angekommenen, bezw. geborenen, fallen mit dem Blatt zur Erde und kommen da um. Die früher thätigen legen ihre Bier immer an solche Stellen, von welchen aus die im Frühjahr auskriechenden 'T'hiere bald an eine aufgehende Knospe gelangen können. Bei üppig wachsenden Stämmen, namentlich bei Zwergstämmen, fand ich dieselben an den jüngsten Trieben in Menge beisammen, bei älteren Bäumen in geringer Zahl oder einzeln an den geringelten Stellen der End- oder kurzen Seitenzweige, auch hier und da in dem Winkel zwischen Knospe und Zweig. Die Eier sind anfänglich grün, werden aber nach und nach glänzend schwarz. Die Verunstaltung der Blätter besteht in einer unregelmässigen kleineren oder grösseren Einbiegung, bezw. Zusammenziehung der Blattränder, bald von einer, bald von beiden Seiten, bald auch von der Blattspitze allein oder gleich- zeitig von allen drei Richtungen her und wird theils von den Urthieren, theils, und zwar vorzugzugsweise, von deren Frühlingsnachkommen bewirkt. Durch die Herbstthiere werden keine Missbildungen mehr hervorgerufen. Aphis pyri Koch. Beim Anschwellen, bezw. Entfalten der Knospen der Birnbäume findet man an der Aussenseite derselben die Urthiere von Aphis pyri, und in deren Nähe an den Zweigen selbst oder bei ganz kurzen älteren Seitenzweigen da, wo diese aus dem Ast hervorgewachsen sind, die schwarzen glänzenden und !) De Geer sah ungeflügelte Männchen sich mit ungeflügelten Weibchen begatten. (Koch, Monographie der Pflanzenläuse p. 73.) 18* 132 Dr. ER Kessier. ApW23) geöffneten Eischalen, nicht selten auch noch geschlossene Eier. Die 0,5 mm langen, am ganzen Körper braunen, aber mit wasserhellen Extremitäten ver- sehenen T'hierchen drängen sich in die aufgehende Knospe an die Unterseite (ler Blättchen und bewirken durch ihr Saugen, dass sich die beiden Blatt- hälften vom Rande aus entweder regelmässig in der Richtung der Mittelrippe oder auch in ımregelmässigen Formen umbiegen. Nach der letzten "Häutung sind die Thhiere 2,5 mm lang, breit eiförmig, dunkelbraun mit fast schwarzen Extremitäten. Sie fangen dann bald an, Junge zu gebären, welche nicht selten in so grosser Menge sich anhäufen, «dass sie die ganze Innenwand der nach und nach entstandenen taschenartigen Blattmissbildung bedecken. Die meisten dieser ‚Jungen bleiben ungeflügelt, die übrigen aber bekommen Flügel. Der Körper der ausgewachsenen ungeflügelten 'Thiere ist eiförmig, 2,5 mm lang mit mattgelber Grundfarbe. Die Oberseite des Kopfes ist oliven- orin, in der Mitte ein heller Streif, längs des hückens liegen zwei nach den Seiten hin gebogene, d. h. in der Mitte auseinandergehende, aus Punkten be- stehende schwarze Linien. Die Augen sind ganz dunkelbraun und glänzend, (lie Extremitäten und Saftröhrchen trübwasserfarbig, nur sind die Beine an den Gelenken, die siebengliederigen Fühler, der Schnabel und die Saftröhrehen an der Spitze dunkler. Das ganz kurze Schwänzehen hat dagegen die Farbe «les Hinterleibes. Der Körper der 'T'hiere mit Flügelansätzen ist fast walzig, 2 mm lang und überall gelberün, nur sind die sieben ersten Hinterleibsringe in der Mitte des Rückens rein grün. An diesen grünen Streif schliesst sich über (ie drei Brustringe hin nach vorn eine xförmige, ebenfalls rein grüne Zeichnung. Die Flügelscheiden sind gelbweiss, die Augen dunkelbraun, Fühler, Schnabel, Beine und Sattröhrchen wasserhell, nach den Enden hin aber «dunkler, das kurze Sehwänzchen ist von der Körperfarbe. Die geflügelten Thiere sind 2 mm lang, die Grundfarbe derselben ist grasgriün, schwarz sind dagegen der Kopf, das Bruststück, oben und unten Je ein Querstreif auf dem Halsring und den vier vorletzten Hinterleibsringen, jeder einzelne Hinterleibsring beiderseits am Rand, sowie die Saftröhrehen. Das kurze Schwänzchen ist graugrün. Jeder der mittleren und vorderen Hinterleibsringe trägt in der Mitte zwei graugrüne Wärzchen, welche zu- sammen zwei Längsreihen bilden. Die Extremitäten sind ebenfalls graugriün, Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensiweise der Aphiden. (p. 29) 1383 an den Beinen sind aber die zweite Hälfte des Schenkels und der Schiene, sowie die Krallen, an den siebengliederigen Fühlern die zwei Grundelieder und am Schnabel, der bis hinter das zweite Beinpaar reicht, die Spitze schwarz. Die Augen sind dunkelbraun. Beide "Thierformen, die ungetlügelten und die getlügelten, bringen wieder ‚Junge zur Welt, welche sich alle zu geflügelten 'T’'hieren entwickeln, und dann ihre bisherige Nährpflanze verlassen. Von der zweiten Hälfte des Juni an habe ich auf den in meinem Untersuchungskreis stehenden Birnbäumen bis Anfangs September keine Form von Aphis pyri mehr angetroffen. Am S. September fand ich aber wieder geflügelte T'hiere, welche in ihren Körper- merkmalen mit den im Mai und ‚Juni beobachteten fast vollständig überein- stimmten, nur war die Grundfarbe des Körpers nieht grasgrün, wie bei den früheren, sondern braungrün. Sie gebären alsbald auf der Unterblattseite gelblichgrüne ‚Junge, welche auf dem Rücken des Hinterleibes rechts und links einen dunkelgrünen Längsstreif, wasserhelle Extremitäten und Saft- röhrehen, sowie schwarzbraune Augen haben. Innerhalb acht Tagen bringt jedes der zurückgekehrten geflügelten Thiere durchschnittlich zwanzig Junge zur Welt (bei einigen zählte ich sogar 25), welche unbeweglich dicht neben einander sitzen, fast gerade so, wie die entsprechenden T'hiere von Aphis evonymi. Das gebärende 'hier verlässt das einmal gewählte Blatt nicht wieder. Es ist interessant, eine solche T'hiertamilie wochenlang immer wieder in fast unveränderter Äusserer Gruppirung sehen zu können, bis Wind und Wetter die Leiche der Mutter entternt. Die gelblichgrüne Farbe der Jungen wirt im Laufe der Zeit immer dunkler, bis sie endlich beim ausgewachsenen T’hier graubraun geworden ist: auf dem Rücken des Hinterleibes sieht man alsdann etwas dunklere, verschwommene, unregelmässige Zeichnungen. Der eiförmige Körper misst 1,5 mm. Die Extremitäten und Saftröhrehen sind trübwasser- farbig, die Beine sind dabei über den Gelenken und der Schnabel an der Spitze dunkler. Die Fühler sind sechsgliederig, die Augen tief dunkelbraun, das Schwänzehen nicht bemerkhar. Jedes dieser 'T'hiere enthält, wenn man es zerdrückt, zwei bis vier hochgelbe, glänzende, walzenförmige, an beiden Enden abgerundete, 0,75 mm lange Eier, welche an die oben angegebenen Stellen abgelegt und da mit der Zeit schwarz werden. Männliche T’hiere und die Begattung habe ich niemals zu sehen Gelegenheit gehabt, dass aber die 134 Dr. HE; Kessler. n(p730) Betruchtung der weiblichen ungeflügelten "Thiere durch geflügelte Männchen erfolgen muss, ist nicht zu bezweifeln, weil sämmtliche sonstige äusseren Er- scheinungen während der Entwickelung bei dieser Art mit denjenigen von Aphis mali übereinstimmen. Ich konnte diese Uehereinstimmung deswegen leicht feststellen, weil die betreffenden Apfel- und Birnbäume auf einem nicht erossen Grundstück nicht weit von einander stehen, und somit eine Vergleichung der einzelnen Erscheinungen möglich war. Aphis sambuci 1.. Während der letzten Jahre habe ich mich im jedem Frühjahr zeitig nach den Urthieren von Aphis sambuci/ umgesehen, aber ohne Erfolg. Erst am 13. April 1582 fand ich dieselben zum ersten Mal an den jungen Fieder- hlättehen von Sambucus nigra L. Der eiförmige Körper dieser 'Thiere ist 2 mm lang und über I mm breit und hoch, dunkel olivengrün, mit unbewaft- netem Auge gesehen, mattschwarz, weil der Körper ganz fein weiss bestäubt ist. Die Beine, Fühler, Saftröhrchen und das Schwänzchen sind schwarzgrau und glänzend. Der Kopf und die drei Brustringe sind durch Hlache Ver- tiefungen deutlich von einander getrennt, die Hinterleibsringe dagegen nicht einzeln zu unterscheiden. Die verhältnissmässig kleinen Augen sind schwarz- braun und glänzend, die mittelgrossen Saftröhrchen rein eylindrisch und oben abgestutzt, das Schwänzchen ist diek und halb so lang als die Röhrchen. Der graugrüne Schnabel ist kurz, reieht nicht bis an’s zweite Beinpaar und hat eine schwarze Spitze. Die sechsgliederigen Fühler sind am Grunde etwas heller als an der Vorderhälfte und, wie die Beine, weitläufig borstig behaart. Die Thiere sind überaus träger Natur, leise Berührungen lassen sie unbeachtet. Die zeugungsreifen Urthiere setzen ihre Jungen am Grunde der noch wenig entwickelten jungen Zweige ab, und zwar jedes 40 bis 50 Stück. Diese Tihierchen sind anfänglich rein grün mit glashellen Extremitäten, färben sich aber rasch dunkel, bis sie die ganz dunkelgrüne Farbe ihrer Mütter haben. Auch bei ihnen bleibt die grössere Anzahl ungeflügelt, die kleinere bekommt dagegen Flügel. Die ungeflügelten unterscheiden sich von den Alt- miüttern fast gar nicht, die geflügelten haben dagegen folgende Merkmale: Der fast eylindrische Körper ist 2mm lang und dabei verhältnissmässig dick. Beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 31) 135 Der Kopf, das Bruststück, die langen Saftröhrchen und das kurze Schwänzchen sind schwarz, der dunkelgrüne Hinterleib dagegen nur in der Mitte und am Rande schwarz; die kurz behaarten Fühler und Beine sind auch schwarz, der graugrüne Schnabel jedoch nur am Grunde und an der Spitze; die erste Hälfte der Schenkel ist auch graugrün, die Augen schwarzbraun. Das Geäder in den Flügeln bietet in der Form nichts besonderes dar, hat aber die Eigen- thümlichkeit, dass alle Adern, sowohl die beiden Rand-, als auch die Schräg- adern unter sich von gleicher Stärke sind. Nach erlangter Reife zeugen heide 'T’hierformen ‚Junge, und zwar in grosser Menge. Diese jungen "T'hiere sind es, von denen die frischen Hollundertriebe oft fusslang schwarz über- zogen sind, namentlich an jüngeren Sträuchern, auf welche sie von den ge- tlügelten Thieren, die sich auf älteren Sträuchern entwickelt haben, übertragen werden. So sah ich z. B. an den üppig wachsenden "Trieben eines jüngeren Strauches, der im März gekappt worden war, von Mitte April an bis in den Mai hinein keine T'hiere. Erst in der zweiten Hälfte des Mai stellten sie sich nach und nach ein, so dass Anfangs Juni die Zweige schon schwarz bedeckt waren. Alle diese 'Ühiere bekommen Flügel und verlassen den Hollunder- strauch. Gegen Ende ‚Juni fand ich an den erwähnten Zweigen nur noch die abgestreiften Häute und, zwischen denselben, die todten Körper derjenigen geflügelten Thiere, welche die Colonie gegründet hatten. Abgesehen von einzelnen Nachzüglern, habe ich in meinem Beobachtungs- terrain während der Monate Juli und August an Sambucus nigra, sowohl an älteren, als auch an jüngeren Sträuchern, keine T'hiere mehr beobachtet. Erst Anfangs September traf ich wieder geflügelte 'Thiere, und zwar an den Blättern. Dieselben unterscheiden sich von den früheren getlügelten Formen fast gar nicht, nur ist bei ihnen die schwarze Zeichnung auf dem Rücken des Hinterleibes weniger ausgeprägt als bei den früheren Formen. Die Anzahl der zurückkehrenden geflügelten 'Uhiere ist im Vergleich zu anderen Arten nicht gross. Man findet in der Regel nur ein 'T'hier mit seinen sechs bis zehn dicht beisammen sitzenden Jungen auf der Unterseite der einzelnen Blätter. Die Körpermerkmale dieser ‚Jungen sind unmittelbar nach der Ge- burt folgende: Körperlänge kaum 0,5 mm, Form fast eylindrisch, nach hinten nur sehr wenig breiter, der ganze Körper verhältnissmässig diek und überall weissgrün. Beine und Fühler wasserhell, letztere füntgliederig, erstes und 136 Dr. H.»E.. Kessler. (p:32) zweites Glied kugelig und dick, das dritte eylindrisch, so lang als das vierte und fünfte, spitz zulaufende zusammengenommen. Die kurzen Saftröhrchen und der Schnabel sind auch wasserhell, an ihren Enden aber dunkler. Der Schnabel reieht bis in die Mitte des Hinterleibes. Die Augen sind dunkel- braun. Ausgewachsen sind die T’hiere 1,25 mm lang, fast elliptisch, diek und rein gelb, der Schnabel endigt zwischen dem zweiten Beinpaar. Die Fühler sind sechsgliederig geworden, die Farbe desselben, sowie die der Beine, Saft- röhrehen und Augen ist unverändert geblieben. Zu dieser Zeit findet man in dem Leibe der T'hiere zwei bis vier weisse Eier, die aber später gelb werden, auch wird der Körper mit der Zeit braungelb, Beine und Fühler grau und die Saftröhrehen fast schwarz. Diese Veränderungen nehmen mehrere Wochen in Anspruch, während welcher Zeit die 'T’hierfamilie in fast unveränderter äusserer Form beisammen bleibt. Alsdann verlässt ein 'T’hier nach dem anderen seinen bisherigen Platz und begiebt sich an die Aeste oder den Stamm, um sieh da seiner Eier zu entledigen, nur die geflügelte Mutter, die schon lange vorher abgestorben ist, bleibt, durch den Schnabel befestigt, am Blatte sitzen, bis sie vom Wind und Wetter abgeweht wird oder mit dem Blatt zur Erde fällt. Wenn die meisten Thiere schon die Blätter verlassen haben, um die Eier an der Rinde abzulegen, kommen noch Nachzügler von geflügelten Thieren auf den Blättern an und setzen ihre ‚Jungen darauf ab. Noch in der zweiten Hälfte des October sah ich solche Spätlinge an der Unterblattseite im Gebären begriften. Die Jungen derselben kommen natürlich nur unter ausser- gewöhnlich günstigen Umständen zur vollständigen Entwickelung. Ich füge noch hinzu, dass ich schmalleibige geflügelte männliche 'T’hiere auf einzelnen Blättern umhergehend bemerkt habe, den Begattungsact habe ich aber nicht gesehen. beitrag zur Entwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 33) 1837 Ausser an den vorher besprochenen Aphisarten beobachtete ich die drei Entwiekelungsperioden während eines Jahres auch an Aphis prumi Fb. A. cerasö Fb. und an einigen auf Ahornbäumen und Sträuchern lebenden Aphisarten. Bei dieser Gelegenheit sind mir sechs Arten von Blattläusen auf Ahorn zu Gesicht gekommen, deren Unterscheidungsmerkmale aber test- zustellen grossen Schwierigkeiten unterliegt, weil die T’hiere fast alle gleich- zeitig in den einzelnen Entwiekelungsphasen auf denselben Gewächsen durch- einander vorkommen. Eine speeielle Besprechung derselben muss ich mir deshalb für später vorbehalten. Auch Lachnus fagi 1. stimmt in der Ent- wickelung mit den beschriebenen Aphisarten überein, nur sind die einzelnen Phasen bei dieser Art nicht so scharf von einander getrennt, wie bei den anderen. Speciellen Nachweis hierfür werde ich bei einer späteren Gelegen- heit bringen, Für die Lichtenstein'sche 'T'heorie sind mithin bis jetzt Beispiele hekannt aus den Gattungen Tetraneura, Schizonenura, Pemphigus, Aphis und Lachnus. Die Tretraneuraarten bestehen die Verwandlung der Frühlingsphase in Gallen oder gallenartigen Blattmissbildungen, welche das Urthier hervorbringt, und worin die ‚Jungen sich alle zu geflügelten "Thieren entwickeln, die dann die Gallen verlassen und wegfliegen. HEbenso ist es bei einigen Arten der Gattungen Schizoneura und Pemphigus. Die übrigen dieser letzteren, sowie die Aphis- und Lachnusarten entwickeln sich dagegen frei an den Blättern, Zweigen etc. Bei diesen bekommen die Jungen des Urthieres nicht alle Flügel, sondern nur ein kleinerer "Theil derselben: beide Formen bleiben aber auf ihrer bisherigen Nährpflanze: erst ihre Nachkommen werden alle getlügelt und verlassen dieselbe. Es besteht mithin in der Frühlingsentwiekelungsphase der Pflanzenläuse zwischen denjenigen, welche sich in Gallen ete. und den- jenigen, welche sich frei an Blättern, Zweigen etc. entwickeln, ein Unterschied, Nova Acta XLVII. Nt. 3. 10 135 Dr. H..E. Kessler. .(p:/3#) der sich etwa in folgender Weise erklären liesse: Die in Gallen sich ent- wiekelnden T'hiere sind vor äusseren Einflüssen (Witterungsverhältnissen, feind- lichen 'T'hieren) geschützt und können, wenn die Nährpflanze erhalten bleibt, sich zur geflüigelten Form ausbilden, also auch den Zweck, auf eine andere P’Hanzenart zu wandern, erreichen. Anders steht es dagegen mit den frei- lebenden, d. h. mit denjenigen, welche den durch Blattmissbildungen hervor- gerufenen Schutz nicht haben. Sie könnten möglicherweise während der {rüihen Jahreszeit durch Frost, trockenen scharfen Wind und dadurch bewirkten Stillstand in dem Wachsthum der jungen Blätter und durch dergleichen andere nachtheilige Einflüsse mit der Zeit alle umkommen, und damit die Art aus- sterben. Um dieses zu verhüten, schob die Natur noch ein Zwischenglied, bestehend aus wungeflügelten und geflügelten "T'hieren }), in den Evolutions- rahmen ein, so dass die geflügelten Individuen die Nachkommen an einen ge- sicherten Ort bringen können. 1) Auf der Figurentafel zu Aphis pad! durch die Figuren 7—11 dargestellt. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. beitrag zur Entiwickelungs- und Lebensweise der Aphiden. (p. 35) 139 Tafelerklärung. l. Das überwinterte Ei. 2. Das Urthier kurz nach seinem Austritt aus der Eischale. 3—6. Das Urthier nach den einzelnen Häutungen. 7—11. Die Jungen des Urthieres, welche schon nach der ersten Häutung Ver- schiedenheiten in «der Körperform zeigen, und wovon die mehr eylindri- schen Thiere getlügelt werden (die Figuren a), die eiförmigen dagegen ungeflügelt bleiben (die Figuren b). 12-16. Die Nachkommen der beiden Thierformen (Fig. I1a und b), welche, wenn sie fHugreit geworden sind (Fig. 16), Pramus Padus verlassen. 17. Die Jungen dieser geflügelten Thiere von oben und unten gesehen. (Anfangs- form der Sommerphase.) 1S— 25. Die mutlimasslichen weiteren Entwickelungstormen dieser Thiere auf einer anderen Pllanze. 8.26. Getlügelte Endform der Sommerphase, welche auf Primus Padus zurück- kehrt. ig. 27—31. Die von den zurückgekehrten Thieren gezeugten sexuirten Thiere. Die Figuren u stellen die männlichen, die Figuren b (die weiblichen Thiere dar, welche letzteren in dem abgelegten Ei (Fig. I) den Evolutionseyelus schliessen. Fig. 32 zeigt das nach unten gekrümmte Hinterleibsende (des getlügelten männlichen Thieres. Die Figuren 33—37 sind in natürlicher Grösse gezeichnet. 33. Ein Rindenstück mit Eiern. .34. Ein Zweig, woran Urthiere sitzen, welche «das Autbrechen der Knospen erwarten. 140 Fig. Fie. : Fig. : Mk Dr. H. F. Kessler. (p: 36) Die Anfänge der Blättermissbildung, bewirkt «durch die Jungen des Urthieres, deren Anzahl immer grösser wird. Vollständig missgestaltete Blätter. Wenig befallene Blätter, an welchen die vollständig ausgebildeten 'Thiere sich (Fig. 16) von den anderen trennen, kurze Zeit allein sitzen, um dann Prunns Padus zu verlassen. ——— NIOVFATEREIIR der Ksl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher jand XLVIL Nr. 4. /ur Kenntniss der Phycomyceten. L. Zur Morphologie und Biologie der Ancylisteen und Chytridiaceen, zugleich ein Beitrag zur Phytopathologie von Dr. W. Zopf. u. A. N. Privatdocent an der Universität in Halle. Mt TOowmarkesbn NT SERIE IRRE Eingegangen bei der Akademie den 27. Mai 1583. HALLE. "1884. Druck von E. Blochmann & Sohn in Dresden. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. © w Pr PR % error ya nad Bun urn 7 mean ar Ar Li = i r har ne Po ef IBIHUEATT Y | N PN): IN er; | | Er toöteilvanA 1ab- sigoloidl Das aiao ee EEE bass = tr a anal Dez r VOEWOrt. Die vorliegende Arbeit sollte sieh ursprünglich in dem engeren Rahmen einer Monographie der Anevylisteen bewegen. Beim Suchen nach emschlägigem Material bot sieh nun aber im Laufe der letzten sieben Jahre auch von anderen Gruppen der niederen Saprolegnieen, nämlich der Olpidieen und Rhizidiaceen, eine erosse Anzahl neuer oder wenig ge- kannter Formen zur Untersuchung dar, die ich zum grössten Theil in ihrer Entwickelung zu studiren suchte. Wenn ich nun die Resultate dieser Olpidieen- und Rhizidiaceen- Arbeit zugleich mit der Aneylisteen-Untersuchung veröffentliche, so möge (dieser Umstand seine Erklärung finden in der von mir gefundenen Thatsache, dass einige der zu jenen Gruppen gehörige Formen gewisse verwandtschaftliche Be- ziehungen zu den Ancylisteen erkennen lassen. Ausser den hier behandelten Formen habe ich noch andere untersucht, namentlich Chytridiaceen-artige. Doch gestattete der 20” 144 Dr. W. Zopf. (p. Raum nicht, sie schon hier anzuschliessen. Sie sollen deshalb in einer zweiten Abhandlung zur Veröffentlichung gelangen. Da- selbst soll auch eine Zusammenfassung der auf die untersuchten Chytridiaceen bezüglichen Details gegeben werden. Die vorliegenden Untersuchungen dürften zugleich einen Beitrag zur Phytopathologie liefern, speciell zur Kenntniss der Krankheiten von Algen und Pilzen. Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 5) 145 Il. Entwickelungsgeschichte der einzelnen Arten. A. Ancylisteen. 1. Lagenidium Rabenhorstii Zopf.') (Tafel 1 und 2.) In der Reihe der pflanzlichen Organismen, welche unter den fädigen Conjugaten epidemische Infeetionskrankheiten hervorrufen, nimmt, was Häufigkeit und vernichtende Wirkung anbelangt, «der vorliegende Pilz jeden- falls eine der ersten Stellen ein. In den Provinz Brandenburg wenigstens habe ich ihn seit 1874, wo ich ihn auffand, alljährlich im Frühjahr und Sommer bei Untersuchung «der «durch die Gasentwickelung an die Wasser- obertläche getriebenen Watten von Spirogyra-, Mesocarpus-, Mongeotia-Arten ete. stets in üippiger Fülle angetroffen. Der äusserst einstige Umstand, dass der Entwiekelungsheerd jedes Individuums auf den Bereich einer einzigen Wirthszelle beschränkt bleibt, also leicht ühersehbar ist, und dabei niemals (wie bei Lagenidium entophytum) in die mehr oder minder wundurehsichtige Zygote, sondern vielmehr in die vollkommen pellueide vegetative Zelle oder in die noch vor der Befruchtung stehenden, also mit gleicher Kigenschaft ausgerüsteten Sexualzellen verlegt wird, ermöglicht eine hinreichend klare Beobachtung «des Baues und der intwickelung des Pilzes. Zum Zweck möglichst klarer Darstellung sei die Zoospore zum Ausgangspunkt gewählt. !) Ueber einen neuen parasitischen Phycomyceten aus der Abtheilung der Oosporeen. Bot. Verein der Provinz Brandenburg 1878. p. 77. 146 Dr. W.4Zop£.\ (p- 6) Sie ahmt in ihrer bohnenförmigen Gestalt (Taf. 1. Fig. 19a) die Schwärmerform der meisten anderen Saprolegniaceen nach. Die mit rapider Schnelligkeit erfolgenden Bewegungen werden durch zwei der seitlichen Sinus- stelle entsprechende Cilien vermittelt (Taf. 1. Fig. 19a). Nachdem sich der Schwärmer auf der Spirogyrenmembran zur Ruhe gesetzt und zur Kugel ab- gerundet hat (Taf. 1. Fig. 5 beix), beginnt er einen im Verhältniss zu seinem Körper ziemlich dünnen Keimschlauch von wechselnder Länge zu treiben, der sich mit Leichtigkeit in wenigen Minuten durch die relativ dicke Wirthsmembran hindureh bohrt (Taf. 1. Fig. 1 beis; Fig. lla—d; siehe Figurenerklärung). Ins Lumen der Spirogyrenzelle gelangt, schwillt er an seinem Ende kugelig oder ellipsoidisch an, so dass der ganze Keimapparat bald etwa das Bild einer Zimmerhantel bietet (Taf. 1. Fig. I bei k). In dem Maasse, als die Anschwellung sich vergrössert, wandert das Plasma des Schwärmers in dieselbe hinein. Ist die Evacuirung «der Schwärmermembran vollständig geworden, also die Aufgabe des Schwärmers und seines Perforationsschlauches erfüllt, so colla- biren beide Theile und gehen einen Zustand der Vergallertung ein, die sich jedoch so allmählich vollzieht, dass der Hautrest noch geraume Zeit hindurch, meist sogar während der ganzen Lebensperiode des Pilzes, erhalten bleibt (an den meisten Figuren der Tafen 1 und 2 bei s zu sehen), und auf diese Weise stets ein Merkzeichen gegeben ist, wo die Eindringstelle des Para- siten gelegen war. Diese lange sich erhaltende Schwärmerhaut kann geradezu mit als ein Charakteristikum vorliegender Species angesehen werden. Wir werden noch andere Ancylisteen kennen lernen, die in ähnlicher Weise eindringen, (deren Schwärmerhaut aber bald zu Grunde geht. Die oben geschilderte Art des Eindringens habe ich nach längerer Bemühung direct beobachtet an einem Schwärmer, der dem Sporangium a der Fig. 5 auf Taf. 1 entstammte. Die Beobachtung wurde dadurch ermöglicht, dass sich derselbe ausnahmsweise sofort nach seinem Freiwerden an’ eine Spirogyren- zelle ansetzte (4 U. N.), (Taf. 1. Fig. 11a). Um 4 U. 10 M. hatte sein Keim- schlauch bereits die Wirthsmembran durchbohrt und sich noch etwas ins Zell- Iumen verlängert (Fig. 11b). Um 4 U. 20 M. (Fig. I1d) betrug die Länge des- selben bereits das doppelte des Schwärmerdurchmessers, während um 5 U. schon (die Keimkugel in Bildung begriffen war (Fig. 11e). Solche directe Beobachtungen sind für die Feststellung der Keimung von Schwärmern parasitischer Saprolegniaceen ein unbedingtes Erforderniss, Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. %) 147 denn es giebt in den Culturen gewöhnlich oder wenigstens mitunter noch andere Schmarotzerpflanzen, deren Schwärmer ganz die gleiche Beschaffenheit zeigen, wie diejenigen von L. Rabenhorstir. Sobald sich die Bildung der Keimkugel im Innern der Nährzelle voll- zogen hat, tritt die Auskeimung derselben ein. Entspricht ihre Lage dem äussersten Ende der Wirthszelle, so bildet sie nur einen einzigen Vegetations- punkt, liegt sie indessen mehr nach der Mitte der Zelle zu, so werden ge- wöhnlieh zwei Ausstülpungen getrieben. Sie wachsen «durch Spitzenwachsthum zu einem verhältnissmässig dicken Mycelschlauche heran, der dem Phyeo- mycetencharakter getreu bis zum Beginn der Fruetitieationsperiode vollkommen einzellig bleibt (Taf. 1. Fig. 2). Ihr Inhalt ist glänzendes homogenes Plasma, dem kleinere oder grössere stark lichtbrechende Körperchen von unregelmässigem Umriss inserirt sind. Trotz «des zarten Contours der jungen Schläuche lässt sich doch mit Reagentien eme «deutliche Membran nachweisen, die nach Pfitzer bei den Schläuchen von Aneylistes tehlen soll. Die Mycelschläuche erreichen eime nur bescheidene Länge, die im günstigsten Falle der Längs- (limension der befallenen Zelle adäquat, meist aber geringer ist und unter Umständen bis auf nur Y; der Wirthszellenlänge redueirt werden kann. Eine Durehbohrung der Scheidewände oder der Seitenwandung der Nähr- zelle kommt niemals vor, so dass der Parasit stets nur auf diejenige Zelle beschränkt bleibt, in die er eindrang. Hierdurch ist er leicht zu unterscheiden von höheren Spirogyren bewohnenden Saprolegnieen. Bemerkenswerth erscheint der Umstand, dass ein und derselbe Mycel- schlauch an seinen verschiedenen Stellen häufig sehr ungleichmässige Weite besitzt. So kann er an der einen Stelle eylindrisch sein, während die benachbarte Partie spindelförmige oder selbst kugelartige Erweiterung zeigt (Tat. 1. Fig. 2—-5 und die meisten übrigen Figuren). Anfangs einfach treiben die Mycelschläuche bald Seitenzweige (Tat. 1. Fig. 3). Sie stellen kürzere oder längere Ausstülpungen dar, welche Papillen- oder Keulenform annehmen, bisweilen stark gekrümmt sind und entweder in eleichen Abständen inserirt werden oder ordnungslos am Mycelfaden stehen (Taf. 1. Fig. 3, 13, 16, 17). Vielfach passen sich etwas längere Zweige ebenso wie die Enden des Schlauches durch ihre Krümmungen den beschränkten Raum- verhältnissen der Nährzelle an (Tat. 1. Fig. 3). 148 Dr: W..Zopf. ©(p.78) Aus den angedeuteten Momenten wird man entnehmen können, dass der Charakter des Mycels ein so primitiver ist, dass von einem Mycel-System kaum die Rede sein kann. Lagenidium Rabenhorstii verhält sich also in dieser Beziehung wie Pfitzer's Ancylistes Closterii.') Das vegetative Leben des Schmarotzers spielt sich in kurzer Frist, je nach der Grösse der Individuen in einem Zeitraume von 24—76 Stunden ab, um sodann der Fruetification Platz zu machen. Der Eintritt der Fructificationsperiode kündigt sich, wie bei allen Phycomyceten, dadurch an, dass der bisher einzellige Schlauch dureh Insertion von Querwänden (Taf. 1. Fig. 3 und 12 beigq) in Glieder zerlegt, also mehrzellig wird. ‚Jedes dieser Glieder entwickelt sich zu einem Zoosporangium. Wir haben vorhin gesehen, dass der Mycelschlauch an seinen verschiedenen Stellen ganz ungleichmässige, oft auffallende Weite besitzen kann, wir haben ferner bemerkt, dass Mycelenden und Zweige unregelmässige Krümmungen aufweisen können. Dazu kommt noch, dass die Scheidewände in unregelmässigen Ab- ständen entstehen, bald im Verlaufe des Hauptfadens, bald in den Seiten- zweigen auftreten können. Nach diesen Momenten ist es ohne Weiteres klar, dass die Sporangien in ihrer Form ausserordentlich variabel sein müssen. Sie stellen bald kurze, bald lange, bald überall gleichmässig dieke eylindrische, bald an einer oder mehreren Stellen mit Einschnürung oder Auftreibung ver- sehene, bald einfache, bald einen Seitenast tragende Gebilde dar. Ich habe aus der unbegrenzten Zahl von Variationen in jener Be- ziehung einige der ausgesprochensten wiedergegeben in Taf. 1. Fig. 3, 12 — 22. Kine ausführlichere Beschreibung derselben wird dadurch überflüssig. Doch sei noch für den späteren Vergleich mit den Oogonien der Pflanze auf diejenigen Sporangien besonders hingewiesen, welche mit spindeligen oder gar kugeligen Auftreibungen versehen sind (Taf. 1, Fig. 13, 16, 19, 22). Bezüglich der Anzahl der durch die Septirung des Mycelschlauches gebildeten Sporangien treten mannigfache Schwankungen ein. Sie richtet sich einerseits nach der Länge der Individuen und nach dem Abstand, in welchem die Querwände eingefügt werden. Selten wird die Zahl zehn überschritten. Kleine Individuen bilden nur ein einziges Sporangium (Taf. 1. Fig. 16B, 18, 19,.21, 22). !) Pfitzer, Aneylistes Closterii, ein Algenparasit aus der Ordnung der Phycomyceten. Monatsber. d. Königl. Akad. der Wiss. Berlin 1872. Zur Kenmntniss der Phycomyceten. (p. 9) 149 Die Ausbildung der Schwärmsporenbehälter hebt damit an, dass aus ihrem körnigen Plasma Wasser abgeschieden wird, dessen Ansamm- lungen Vacuolen bilden (Taf. I. Fig. 5). Gleichzeitig erfolgt die Anlegung eines Entleerungsschlauches, der auf die Wirthsmembran zuwächst und diese schliesslich durehbohrt (Fig. 5p). Von eylindrischer bis schwach kegelförmiger Gestalt erreicht er, je nachdem das Sporangeium mehr in der Mitte der Zelle oder nach der Wandung: derselben liegt, verschiedene Länge. An der Durchbruchsstelle erhält er nur selten eine deutliche Strietur. Jenseits derselben kann er sieh noch auf eine kleinere oder grössere Strecke weit ins Wasser hinein verlängern (Taf. 1. Fig. 17). An solehen Sporangien, welche einen seitlichen Kurzzweig tragen, entsteht der Perforationsschlauch in der Regel an dem freien Ende desselben (Taf. 1. Fig. 14m). Sohald der Inhalt der Sporangien die für die Schwärmerbildung nöthige Aus- bildung erlangt hat, öffnet er sich an seinem Ende in Folge der Vergallertung der Membran. Seine zarte Innenhaut stülpt sich jetzt in Form eines Bruch- sackes aus, während gleichzeitig der plasmatische Inhalt als eine continuirliche Masse in dieselbe eintritt (Taf. 1. Fig. 6 bei s). Ist alles Plasma entleert, so gerätlı seine Masse sofort in rotirende Bewegung, die mit jedem Augenblicke leb- hafter wird. Nach wenigen Secunden differenziren sich aus der Masse ein- zelne Partien (Tat. 1. Fig. 7) heraus, die ihrerseits in die lebhafteste Bewegung gerathen. Mit der allmählichen, wahrscheinlich in Folge eines schnellen Vergaller- tungsprocesses erfolgenden Erweiterung der Blase (Taf. I. Fig. S, 95) trennen sich jene Partien und erscheinen nun als rundliche amöboide Sehwärmer, die mit zwei Cilien versehen sind und bohnenförmige Gestalt zeigen (Taf. 1. Fig. 10). Endlich zerfliesst die umhüllende Membran und «ie Schwärmer werden frei. Der wechselnden Grösse der Sporangien entsprechend beträgt ihre Zahl vier bis zwanzig, selten weniger, selten mehr. Sie dringen wiederum in Conjugaten- zellen ein, um neue Pflänzehen mit Zoosporangien zu erzeugen. Bei der relativ beträchtlichen Fertilität an Schwärmern und der schnellen Entwickelung derselben zu neuen Individuen werden im Laufe der Monate April, Mai und ‚Juni eine grosse Reihe von neutralen Generationen produeirt. 3evor ich zur Charakteristik der Geschlechtspflanzen übergehe, inuss ich noch den bereits angedeuteten Umstand betonen, dass die neutralen Pflanzen eine ziemlich starke Reduction erleiden können, welche in gar nieht seltenen Fällen soweit geht, «dass «die ganze Pflanze nur ein einziges, Nova Acta XLVI. Nr. 4. 21 150 Dr. W. Zopf. (p. 10) oft ziemlich kleines Sporangium darstellt (Taf. 1. Fig. 16 B, 17—22). Solche Zwergpflänzehen erinnern bis zu einem gewissen Grade an manche Chytri- diaceen, namentlich an die Olpidium-artigen, so dass man beim ersten Anblick unsicher wird, ob diese Gebilde wirkliche Lagenidien sind, oder ob sie nicht vielleicht ächte Ohytridiaceen-Formen repräsentiren. Allein eine nähere Betrachtung lässt die letztere Vermuthung als unbegründet erschemen. Denn erstlich zeigen jene Gebilde im Wesentlichen dieselbe Gestaltungsweise mit allen ihren Unregelmässigkeiten, wie sie die Sporangien entwickelterer, mehrgliedriger Lagenidien-Individuen darbieten: ferner ist, wie man aus der stets anhängenden, entleerten Schwärmerhaut (Tat. 1. Fig. 1S—22 bei s) mit ihrem Keimschlauche schliessen darf, die Art der Insertion genau dieselbe wie bei den grösseren Lagenidien-Exemplaren, drittens erfolgt die Entleerung der Sehwärmer, wie die direete Beobachtung zeigt, durchaus nach dem- selben Modus wie bei Lagenidium Rabenhorstii, und endlich tritt auch in der Grösse, Form und Zahl der Schwärmer und namentlich aueh in der Zwei- eiligkeit derselben die vollste Uebereimstimmung zwischen jenen kleinen Individuen und den entwickelteren Lagenidiumpflänzchen zu Tage. Es darf daher an der specifischen Identität beider nicht gezweifelt werden. Mit den redueirten Sporangienpflänzchen darf man übrigens nicht ver- wechseln die nachträglich isolirten Sporangien, die man in einer Spirogyren- zelle oft zu mehreren antrifft (Tat. 1. Fig. 15). Sie entstehen nämlich als Glieder eines und desselben Schlauches, bilden also anfangs einen eontinuirlichen Faden. Später indessen werden sie frei, indem jede der Querwände sich in zwei sich trennende Lamellen differenzirt. Im Allgemeinen kommt dieser Isolirungsprocess nur selten und, wie es scheint, immer nur an bereits ent- leerten Sporangienpflanzen vor. Die Erwartung, dass eine fortgesetzte Cultur der neutralen Pflanzen schliesslich auch die Geschlecehtspflanzen ergeben würde, sollte sich schon im Jahre 1574, wo ich die Pflanze zuerst fand, erfüllen. Seitdem habe ich sie fast in jedem ‚Jahre wieder erhalten und bis zun Ende ihrer Entwickelungs- periode verfolgt. Sie treten schon mit dem Monat Juni auf, und von jetzt ab geht die Erzeugung rein neutraler Pflänzchen mehr und mehr zurück. Der Entwiekelungsgang der Geschlechtspflanzen entspricht in seiner ersten Phase genau dem der ungeschleehtlichen Individuen. Es bildet sich ein einfacher oder mit Kurzzweigen versehener Mvcelschlauch, Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 11) 151 der zunächst einfach erscheint, dann aber durch Septen in Glieder zerlegt wird. In den Fällen, wo mehrere Glieder entstehen, übernimmt gewöhnlich nur eines, selten ein zweites oder drittes, die Function eines Sexualorgans, die übrigen wandeln sich zu Schwärmsporangien um. (Taf. 2. Fig. 4.) Rein sexuell erscheinen daher gewöhnlich nur eingliedrige Individuen (Taf. 2. Fig. 7), sehr selten zwei- bis dreigliedrige (Taf. 2. Fig. 2). In der Regel sind die Geschlechtsorgane auf zwei Individuen vertheilt (Taf. 1. Fig. 23, 24, 25), die dann gewöhnlich parallel gelagert sind; minder häufig, wenn auch nicht selten, sind die Pflanzen monöcisch (Taf. 1. Fig. 26, 27, 25). Die Vogonien stellen Schlauchglieder dar, welche entweder in ihrer ganzen Ausdehnung (Taf. 1. Fig. 27) oder aber an nur einer Stelle (Taf. 1. Fig. 24, 26, 25, Taf. 2. Fig. 4, 7, 9) mehr oder minder bauchig anschwellen. Die Anschwellung kann im letzteren Falle in der Mitte des Gliedes (Taf. 1. Fig. 25, Taf. 2. Fig. 1) oder seitlich (Fig. 26) oder am Ende desselben (Taf. 1. Fig. 24, 28) liegen. Sie erschemt bald regelmässig sphärisch (Fig. 24) oder eiförmig (Fig. 28) oder spindelig (Taf. 2. Fig. 1), bald unregelmässig (Tat. 1. Fig. 2%). Die Unregelmässigkeiten werden namentlich durch Ausstülpungen hedingt. Bei einem Vergleich der Oogonien mit den oben beschriebenen bauchigen Sporangienformen kann es nicht entgehen, dass beide im All- gemeinen ganz Ähnliche Gestaltung besitzen. Man vergleiche z. B. das Oogon der Tat. 2. Fig. 5 mit dem Sporangium in derselben Figur. Ihrer Lage nach erscheinen die Vogonien bald intercalar (Taf. 2. Fig. 1), bald terminal (Tat. 2. Fig. 4, S). Werden an demselben Schlauche zwei bis drei gebildet. so liegen diese unmittelbar neben einander (Taf. 2. Fig. 2, 4). Während die Oogonien im Allgemeinen den bauchigen Sporangien- formen gleichen, entsprechen die Antheridien gewöhnlich den nicht bauchigen schwärmsporenbildenden Gliedern in ihrer Form. Sie treten bei den monö- eischen Pflanzen entweder in Form eines kurzen Seitenzweiges auf, der bald unmittelbar unter der Scheidewand des Oogons abgeht (Taf. 1. Fig. 26: Taf. 2. Fig. 3), bald erst an dem zweitnächsten Gliede entspringt (Taf. 1. Fig. 27) oder als eines der intercalaren Glieder eines längeren Seitenastes (Taf. 1. Fig. 25A). An den nur Antheridien (mit Sporangien) erzeugenden Pflanzen liegen die männlichen Organe bald intercalar (Taf. 1. Fig. 24), bald terminal. Die oogonialen Individuen sind den antheridialen gewöhnlich parallel gelagert (Taf. 1. Fig. 23—25: Tat. 2. Fig. 1—3, 5), selten hinter einander 21* 152 Dr. W. Zopf. (p. 12) liegend (Taf. 2. Fig. 6). In vielen Fällen gleiche Länge und gleiche Zellenzahl erreichend, lassen sie doch wiederum in anderen Fällen auf- fällige Grössendifferenzen erkennen. So liegt der oogonialen Pflanze der Taf. 2. Fig. 4 eine antheridiale an, die nur aus zwei Gliedern (Antheridien) besteht, während jene fünf Glieder besitzt. In Taf. 2. Fig. 1 hat das Oogonien-tragende Individuum sechs Zellen, während das Antheridien-tragende einzellig erscheint. Umgekehrt besteht die weibliche Pflanze der Taf. 1. Fig. 24 nur aus einem, die männliche aus sechs Gliedern. Am Ende der Entwickelungsperiode findet man beiderlei Pflanzen sehr häufig auf nur eine Zelle redueirt (Taf. 2. Fig. 7). Der Befruchtungsvorgang ist folgender. Das Antheridium legt sich bei diöeischen Verhältnissen, wenn es terminale Stellung (Tat. 1. Fig. 25; Taf. 2. Fig. 6&) hat, gewöhnlich mit seinem Ende, wenn es intercalar (Fig. 24A) gelegen, mit einer seitlichen Ausstülpung zunächst dem Oogon dicht an. Um diese Zeit ist sein Inhalt, wie der des Oogons, feinkörniges, mit gröberen Körnehen «durchsetztes Plasma (Taf. 2. Fig. 9). Das Antheridium treibt nun genau so wie ein eben zur Entleerung sich anschiekendes Sporangium einen Perforationsschlauch, aber nicht durch die Wirthsmembran, sondern durch die Oogoniummembran hindurch (Taf. 1. Fig. 23, 24, 26, 25; Taf. 2. Fig. 5, 7). Eine besonders vorgebildete Eindringstelle scheint nicht vorhanden zu sein, wenigstens habe ich eine solche, trotz der Drehung der Objeete, nicht beobachten können. Es ist auch wohl anzunehmen, dass der Befruchtungs- schlauch die Oogonienwand eben so leicht zu durehbohren vermag, wie der Perforationsschlauch der Sporangien die noch diekere Spirogyrenwandung. Ist der Befruchtungsschlauch gebildet, so erfolgt der Befruchtungsaet, den ich direct beobachtet habe: Um 8 Uhr Morgens war das Antheridium in Taf. 2. Fig. 9a von noch gleichmässigem Inhalt erfüllt. Um 11 Uhr hatte sich derselbe Inhalt an den ‚knieartig gebogenen Stellen zu einer körnigen, mehr oder weniger rundlichen Masse zusammengehallt; um 12 Uhr zog der- selbe in Form einer Säule auf der rechten Seite des Antheridiums nach dem OVogon zu; um 12!/, Uhr war bereits ein Theil hinüber ins Oogon gewandert (Taf. 2. Fig. 9b) und einige Stunden später war alles Plasma des männlichen Organs an das weibliche abgegeben, bis auf wenige kleine stark lichtbrechende Körnchen (Taf. 2. Fig. 9e). Während der Antheridiuminhalt im Uebertreten begriffen war, zeigte sich im Oogonialplasma eine deutliche Bewegung der Theilchen und eine Contraction derselben nach der Stelle hin, wo der Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 13) 153 Antheridiumschlauch eingedrungen. Die Contraction wurde allmählich stärker, (las Plasma dabei mehr und mehr grobkörnig. Endlich, nachdem das Anthe- ridium sich entleert, ballten sich die Körner zu zwei grösseren stark licht- breehenden unregelmässigen Körpern zusammen (Tat. 2. Fig. 9e), die alsbald zu dem in Fig. 9d dargestellten grösseren, eleichfalls stark liehtbrechenden Körper zusammenflossen, der sich erst später scharf rundete und mit einem zarten Plasmahof umgeben war. Eine Membran war jetzt noch nicht vor- handen. Sie bildete sich erst später. Ich habe den Befruchtungsvorgang noch in einigen anderen Fällen studirt und bin immer zu demselben Resultate gekommen. In Taf. 2. Fig. 1 und 7 sind zwei solcher Fälle dargestellt. Der eine (Fig. 7) zeigt, wie das mit seinem Befruchtungsschlauche in das Oogon eingedrungene Antheridium seinen Inhalt bis auf einige rundliche, stark lichtbrechende Körperchen von ver- schiedener Grösse in das Oogon gesendet hat. Die Befruchtung ist hier schon vollzogen, aber die Oosphäre mit ihrem noch sehr grobkörnigen Inhalte noch nieht zur Primordialkugel abgerundet. Taf. 2. Fig. 1 zeigt einen ähnlichen Fall. Die Oospore besitzt eine zweischichtige glatte und farblose (nicht, wie ich früher 1. e. angab, gelbliche und stachelige) Membran und einen grossen Kern. Ihre Keimung zu erzielen gelang mir nicht. Wenn man den eben geschilderten Befruchtungsgang von Lagenidium kabenhorstii vergleicht mit den Befruchtungsvorgängen bei den höheren Sapro- legnieen und den Peronosporeen, wie wir sie durch die Untersuchungen De Bary’s!) jetzt ganz genau kennen, so wird man zugestehen müssen, dass hier ein ganz eigenartiger Typus vorliegt. Der eigenartige Charakter besteht einmal darin, dass der Inhalt des Oogons in dem Zustande befruchtet wird, wo er noch als amorphes Plasma vorhanden, also noch nicht zur Eibildung vorgeschritten ist, andererseits darin, dass zur Bildung der Eizelle nicht nur das gesammte Oogonial-, sondern auch das gesammte Antheridialplasma verwandt wird. Den früheren Anführungen, wonach die neutralen Pflanzen oft nur auf ein einziges chytridiaceenartiges Sporangium reducirt werden, möge hier noch die bereits andeutungsweise angeführte 'T’hhatsache angeschlossen werden, dass 1) Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze, vierte Reihe: Untersuchungen über die Peronosporeen und Saprolesniaceen und die Grundlagen eines natürlichen Systems der Pilze. 1881. 154 Dr. W. Zopft. (p. 14) auch die Oogonien -tragenden resp. die Antheridien -erzeugenden Pflanzen oft nur auf eine einzige mitunter sehr kleme Zelle, in dem einen Falle das Oogon, in dem anderen das Antheridium, redueirt erscheinen (Taf. 2. Fig. 1, 5, 7, 8), und dass solche geschlechtliche Zwergptlanzen gleichfalls gewisse Anklänge an die Ohytridiaceen und zwar an die Olpidium-artigen erkennen lassen. !) 2. Lagenidium .entophytum (Pringsheim). (Taf. 2. Fig. 10—18S: Taf. 3. Fig. 1—5.) Gelegentlich seiner früheren Saprolegniaceen-Studien hat Pringsheim ?) einen biologisch interessanten Parasiten entdeckt, der die Eigenthümlichkeit besitzt, die Copulationsproduete von Spirogyren zu befallen und zu vernichten. Bei der in der Undurchsichtigkeit der Zygosporen begründeten Schwierigkeit der Untersuchung liess sich aber weder die Natur des Mycelschlauches, noch die Bildungsweise und Function der im Innern der Zygospore liegenden Fruetificationsorgane erforschen, so dass nur der Charakter der aus der Zygospore hervorbrechenden Schläuche festgestellt werden konnte. Prings- heim hielt, der Analogie mit anderen Saprolegnieen zufolge, diese Schläuche mit Schenk) für Sporangien, indessen nicht mit Recht, da sie in Wirklichkeit nur die Ausführungsschläuche, also die Enden der Sporangien darstellen. Er ermittelte jedoch den Modus der Schwärmsporenentleerung, fand denselben dem Charakter der Pythien entsprechend und wies auf Grund dieses Befundes dem Pilze bei der Gattung Pythium ein provisorisches Unterkommen an. Im Hinblick auf den Umstand, dass der Entleerungsmodus der Spo- rangien ebenso gut dem von Lagenidium Rabenhorstü, als dem der Pythien !) An die vorstehende Species schliesst sich au: Lagenidium enecans Zopt. Dieses Lagenidium lebt in grossen Diatomeen, wie Stauroneis Phoenicentron, Cocconema lanceolatum und Pinnularien. 1s bildet dieke Aneylistes-artige Mycelschläuche, welche die Wirthszellen ihrer ganzen Länge nach durchziehen, bei den Pinnularien der Raumverhältnisse wegen un- verzweigt bleiben, bei den anderen obigen Formen aber kürzere oder längere Seitenzweige treiben, die sich ihrerseits verzweigen können. Die Bildung und Entleerungsweise der Spo- vangien und Schwärmer ist die eines typischen Zagenidium. Weitere Mittheilungen behalte ich mir vor. ) Jahrbücher I. pag. 289. tab. 21. fig. 1. >) Myolog. Mittheil. Würzburg. Gesellschaft, Bd. 8. Lief. II. Tab. V. fig. 27—29. 48. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 15) 155 correspondirt, legte ich mir die Frage vor, ob der Schmarotzer nicht vielleicht auch sonstige morphologische Eigenschaften besitze, welche eine nähere Ver- wandtschaft mit jenem Pilze documentiren würden. Da mich kürzlich ein Zufall in den Besitz der Pflanze gelangen liess, so versuchte ich trotz der Ungunst in der Beschaffenheit der Wirthszellen (Undurehsichtigkeit der Zygoten) den Charakter der mycelialen und fructifiea- tiven Elemente zu eruiren, namentlich auch durch tortgesetzte Züchtung die geschleehtliche Vermehrungsform ausfindig zu machen. Der Versuch ge- lang und ich konnte in der That feststellen, dass er nicht dem T'ypus der Pythien, sondern dem Typus Lagenidium zugehört. Das Studium des Pilzes bietet nur dann keine besonderen Schwierigkeiten, wenn man die an und für sich fast undurchsichtigen, kranken Zygoten (Taf. 2. Fig. 10) vollkommen durehsichtig macht. Es geschieht dies am besten durch Erhitzen mit ver- dünnter Aetzkalilösung. Hierdurch werden die Inhaltsmassen der Zygoten, welche die Pilztheile verdecken, soweit aufgelöst, dass die letzteren in voller Klarheit innerhalb der Zygotenhaut daliegen (Taf. 2. Fig. 18), Um gewisse sinzelheiten zu studiren, wendet man nach der Aufhellung am besten noch einen vorsichtigen Druck an, der sich namentlich dann empfiehlt, wenn die Pilzelemente in gar zu dichter Lagerung auftreten. Das Mycel stellt einen relativ dicken, unregelmässig gekrümmten kurzen Schlauch dar (Tat. 2. Fig. 11: sein Verlauf ist hier durch die punktirte Linie angedeutet). Er zeigt die T’endenz, an möglichst zahlreichen Punkten Ausstülpungen zu treiben Von gleichfalls relativ beträchtlicher Dieke und unregelmässiger Gestalt geben diese Ausstülpungen ihr Spitzenwachsthum meistens bald auf, wachsen aber bisweilen auch zu längeren Seitenzweigen heran, die dann ihrerseits Zweige zweiter, selbst dritter Ordnung bilden und gewöhnlich durch sonderbare Krümmungen ausgezeichnet sind (Taf. 2. Fig. 11, 12, 1%). Die Ausstülpungen und Zweige erscheinen meist nach den ver- schiedensten Richtungen orientirt. Den Grund für die Unregelmässigkeit und Kürze der Haupt- und Nebenachsen des Schlauches hat man in den beschränkten Raumverhältnissen und in dem Widerstande zu suchen, welche der dichte plasmatische und sonstige Inhalt der Zygospore dem Wachsthum der Pilztheile entgegensetzt. Ueberdies pflegen sich, wie es scheint, meist mehrere Individuen in der- selben Zygote anzusiedeln, die sich dann gegenseitig auch noch bedrängen. 156 Dr. W. Zopf. (p. 16) So ausgesprochen und auffallend auch die Unregelmässigkeit des Mycel- schlauches bei vorliegendem Pilze im Vergleich zu L. Rabenhorstii erscheinen mag, so finden wir doch auch schon bei letzterer Art neutrale sowohl als sexuelle Individuen mit Schlauchformen, welche deutliche Anklänge an jene Eigenschaft zeigen (man vergl. z. B. Taf. 1. Fig. 3, 4, 5, 17, 27; Tat. 2. Fig. 3, 5, 6). Der Mycelschlauch ist von glänzendem Plasma erfüllt, in welchem gröbere Körner eingebettet liegen, Es zeigt eine Art wandständiger Strömung, wie sie auch bei höheren Saprolegnieen vorkommt, und die sich an der Bewegung der gröberen Körner constatiren lässt. Der Eintritt in das Stadium der Fructification kündigt sich dadurch an, dass sich der Mycelschlaueh durch Querwände gliedert, welche gewöhnlich sich in zwei Lamellen difterenziren, oft erheblich aufquellen und dann em starkes Lichtbrechungsvermögen zeigen (Taf. 2. Fie. 11, 12, 178). Durch diese Septen wird der Schlauch im Glieder zerlegt, deren jedes sich zu einem Sporangium (sp) entwickelt (Fig. 17). Wir begegnen also auch bei L. entophytum der schon für die vorige Species festgestellten wichtigen 'T’'hatsache, dass alle Theile des Mycelschlauches fructiticativ werden, ein rein vegetativ bleibendes Stück also nicht übrig ge- lassen wird. In diesem wichtigen Punkte liegt der Hauptgrund, warum man L. entophytum nicht mit Pringsheim in den Formenkreis von Pythium stellen kann, einer Gattung, die wie alle höheren Saprolegniaceen eine deutliche Ditferenzirung in einen vegetativen und einen fructificativen "Theil zeigt. Da die Scheidewände in relativ nicht unbeträchtlichen Abständen in- serirt werden, so treten die Glieder in geringer Zahl auf, sind aber darum auch von ziemlich beträchtlicher Grösse (namentlich wenn sie mehrere grössere Ausstülpungen tragen) und von einem entsprechenden Inhaltsreichthum (Taf. 2. Fig. 11, 12). Trägt ein solches Glied zufällig mehrfache oder selbst vielfache Verzweigung, so entsteht aus ihm natürlich auch ein mehrfach oder vielfach verzweigtes Sporangium (Taf. 2. Fig. 11, 12, 13, 14, 1%). |Im Allgemeinen sind wiederholt verzweigte Sporangien bei den Saprolegniaceen eine Seltenheit. Unter den höheren Formen dieser Gruppe liefert Dietyuchus !) ein exquisites Beispiel.| !) Leitgeb, Neue Saprolegnien. Pringsh. Jahrb. VII. p. 357. tab. XXI. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 1%) 15% Sehr kleine Pflanzen von L. entophytum bleiben wie bei L. Raben- horstii scheidewandlos und werden dann ihrer ganzen Ausdehnung nach zum Sporangium (Taf. 2. Fig. 13—16). Sind die Sporangien durch die Insertion der Scheidewände gegen einander abgegrenzt, so treibt ein jedes derselben an einem der Zygosporenhaut naheliegenden Punkte eine Ausstülpung, welche diese Haut perforirt und sich an der Durchbruchsstelle mehr oder minder einschnürt (Taf. 2. Fig. 10, 15). In das Lumen der Zygoten-Mutterzelle gelangt, verlängert sich die Aus- stilpung zu dem Ausführungs- (oder Entleerungs-) Schlauche, füllt sich mit Plasma und legt sich an die Mutterzellhaut der Zygote an, um diese mit einem feinen Perforationstubus zu durchbohren (Taf. 2. Fig. 10A). Die Zahl der aus einer Zygote herausbrechenden Ausführungsschläuche ist wechselnd, oft beträchtlich (bis 20 und darüber). Ihre Form im Gegensatz zum Sporangium eine eylindrische oder meistens keulige (Taf. 2. Fig. 10A, 1SA, 15A, 16A, 17A), da die Schläuche vor der Perforation der Spirogyrenhaut anzuschwellen pflegen. Was die Entleerungsweise betrifft, so verläuft sie nach «dem bereits von Pringsheim beschriebenen Modus. Der Perforationstubus öffnet sich an der Spitze, die Innenhaut stülpt sieh aus und in dem Maasse, als sie sich erweitert, wandert das gesammte Plasma des Sporangiums in sie ein, um sich in bohnenförmige zweicilige Schwärmer umzubilden, deren wechselnde Zahl der Grösse des Sporangiums entspricht. Ich verweise hier, um nicht noch einmal Zeichnungen zu geben, auf die Abbildungen Pringsheim's. Wie ich bereits anführte, hatten meine Versuche, durch anhaltende Cultur auch die Dauersporen-Fruectification zu erzielen, den besten örfolg. Während bis in den ‚Juli hinem in dem mir reichlieh zu Gebote stehenden Zygosporenmaterial ausschliesslich rein neutrale Pflanzen erzeugt wurden, erhielt ieh bereits gegen Ende ‚Juli die Geschlechtspflänzchen und Anfangs August war bereits kein einziges Copulationsproduet dauersporenfrei. Es ist nicht unmöglich, dass Pringsheim bereits diese Sporen gesehen hat, wenigstens giebt er an, grosse Zellen im Innern von Spirogyra - Zellen beobachtet zu haben, in denen er Oosporen und Oogonien von P. entophytum vermuthet. Indessen, da es ihm nicht möglich wurde, den genetischen Zu- sammenhang derselben mit der Sporangienform dieses Pilzes nachzuweisen, überdies nach meinen eigenen Beobachtungen auch andere dauersporenbildende Nova Acta XLVII. Nr. 4. j 22 158 Dr+ W.Zopt AP) Pilze (z. B. L. gracile mihi') und niedere Mycetozoen) in den Zygoten para- sitiren, ja sie gänzlich ausfüllen können, so bleibt die Richtigkeit jener Vermuthung wohl zweifelhaft. Bezüglich der Gestaltungsweise der geschlechtlichen Pflänzchen ist zu- nächst zu bemerken, dass sie mit den so charakteristisch geformten neutralen eine so frappante Aehnlichkeit zeigen, dass man sofort die Ueberzeueung gewinnt, man habe wirklich Geschlechtspflanzen von Z. entophytum vor sich. Man vergleiche z. B. die in Taf. 3. Fig. 2—4 dargestellten Geschlechts- pflänzchen mit den in Taf. 2. Fig. 11,13, 14, 15, 16 dargestellten Sporangien- pflanzen und Sporangien. Allein in dieser überraschenden Aehnlichkeit liegt noch kein wissenschaftlicher Beweis für die genetische Zusammengehörigkeit. Diese kann vielmehr nur überzeugend dargethan werden durch den Nachweis, dass die Oogonien mit den uns bekannten Sporangien als Glieder ein und derselben Pflanze auftreten. Die Führung dieses Nachweises macht keine allzugrossen Schwierigkeiten; denn in derjenigen Periode, wo die Production von Oogonien erst ihren Anfang nimmt, werden an demselben Mycelschlauche auch noch Sporangien erzeugt. So sieht man in Taf. 3. Fig. 1, welche eine aus zwei Gliedern bestehende Pflanze darstellt, in klarster Weise das eine Glied (sp) als (bereits entleertes) Sporangium ausgebildet, während das Nach- barglied (O) oogonialen Charakter trägt. In Tat. 2. Fig. 17 bemerkt man gleichtalls em Oogon (O), welches unmittelbar von einem Sporangium, wie es %) Bezüglich ihrer Lebensweise stimmt diese Art mit der vorigen, mit der sie bei flüchtiger Beobachtung leicht verwechselt werden kann, insofern überein, als auch sie die Sexualitätsproducte von Spirogyren befällt und in grosser Anzahl zu vernichten vermag. Sie tritt häufig schon dann auf, wenn die Zygosporenbildung erst im Gange ist, ja sie lässt sogar die Inhalte conjugirender Zellen gar nicht zur Vereinigung kommen. Es wurde sowohl die Sporangien- als die Oogonien-Fruetification aufgefunden. Der Mycelschlauch ist von geringerer Dicke als bei voriger Art, und im Allgemeinen minder unregelmässig in seinen Verzweigungen. (Er wächst bisweilen aus einer Wirthszelle in die andere hinein.) Sporangien und Öogonien, die ja weiter nichts als Glieder des Mycelschlauches sind, bieten daher minder grosse Unregelmässigkeiten dar, als Z. entophytum. Die Oogonien entstehen als intercalare, seltener als Endanschwellungen von fast immer kugeliger Form und geringem Durchmesser. Die Oospore wird auf asexuellem Wege gebildet und unterscheidet sich von der des Z. entophytum durch den Mangel an Hervorragungen und Färbung der Membran, sowie durch ihren geringeren Durchmesser. Nach Entwickelungsweise und der wechselnden Form der Sporangien kommt die Art mit Z. Rabenhorstii überein, bisweilen nehmen die Sporangien kugelige Gestalt an. Zur Kenmtniss der Phycomyceten. (p. 19) 159 scheint, als Ausstüipung desselben, entspringt, und dieses letztere steht mit einem Sporangium in Verbindung, an welchem bei der Präparation der Aus- führungsschlauch noch erhalten wurde. Die Oosporen bildenden Pflänzchen bestehen bisweilen nur aus einem einzigen Gliede, dem Oogon (Tat. 3. Fig. 2, 3, 4). Dieses ist nur an einer Stelle bauchig, sonst wie ein Sporangium geformt, mit Auszweigungen oder (loch wenigstens mit Ausstülpungen versehen. Aus diesen wanderte zum Zweck der Oosporenbildung das Plasma nach der bauchigen Stelle hin. Ver- zweigte Oogonien sind bei den Saprolegniaceen ein seltenes Vorkommniss. Mit blossen Ausstülpungen versehene treten, wie wir sehen, auch bei L. Rabenhorstii auf. Auffällig und für Z. entophytum charakteristisch ist der Umstand, dass die Oosporen ohne Mitwirkung von Antheridien, also auf rein asexuellem Wege entstehen. Von dieser Regel wurde, trotzdem mir sehr reiches Material zur Verfügung stand, niemals eine Ausnahme beobachtet. Die Oosporen (Taf. 3. Fig. 4, 5) sind in der Einzahl vorhanden, kugelig, mit diekem hell- gelben KEpispor ausgestattet, dessen Oberfläche glatt oder mit schwachen zahnartigen Vorsprüngen versehen ist. Im Inhalt der ausgebildeten Oospore liegt ein grosser fettreicher Kern. Die Oosporen werden oft in so grosser Anzahl in der Zygospore erzeugt, dass letztere ganz vollgestopft erscheint (Tat. 2. Fig. 10). Die Keimung habe ich leider noch nicht beobachten können. 3. Myzocytium proliferum Schenk. (Taf. 3. Fig. 6—34.) Auch dieser winzige Organisınus scheint als Vernichter von chlorophyll- grünen Algen eine nicht unbedeutsame Rolle zu spielen. In stagnirenden, stark besonnten und seichten Gewässern kann man ihn nämlich alljährlich vom Frühjahr an bis spät in den Herbst binein in beträchtlicher Individuen- zahl auftreten und ausgedehnte Kpidemien hervorrufen sehen. Seinen parasitischen Angriffen fallen vor allen Dingen die verschie- densten Repräsentanten der Conjugaten-Gruppe zum Opfer, insbesondere die fädigen Formen der Zygnemeen-Familie (Spirogyra-, Zygnema-, Mongeotia- und Mesocarpus-Arten). Indessen bleibt das Substrat keineswegs auf die 99* 160 Dr. W. Zopf. (p. 20) genannten Algengruppen beschränkt, wie das mitunter gleichfalls häufige Auf- treten in Uontervaceen, namentlich Cladophoren, sowie in Oedogonien beweist. Die fragmentarische Kenntniss von der Entwickelung dieser Pflanze gab mir Veranlassung, das reich zu Gebote stehende Material zu einer ge- naueren Untersuchung zu benutzen, welche die Feststellung aller wesentlichen Momente des Entwickelungsganges ermöglichte. Durch ihren Entdecker Schenk wurde die Pflanze zunächst in ihrer ingeschlechtlichen Fruetifieationsform bekannt und als Pythium (später Myzo- eytium) proliferum bezeichnet.!) Später unterzog Walz?) die Schenk’schen Beobachtungen einer Prüfung, um zu dem Schlusse zu gelangen, dass dieselben in mehreren nicht unwesentlichen Punkten unriehtig seien. Ueberdies glaubte er die Schenk’schen Arten P. proliferum und P. globosum zu einer Species (P. globosum) vereinigen zu dürfen. Meine eigenen an Myzocytium proliferum gemachten Untersuchungen dagegen möchten wohl zeigen, dass Schenk’s Ergebnisse vollen Anspruch auf Richtigkeit machen dürfen, die Walz'sche Kritik also unberechtigt war. Der Ursprung der letzteren erklärt sich z. Th. aber hinlänglich aus dem Umstande, dass Walz mit dem Myzocytium proli- ferum Formen zweier von diesem durchaus verschiedenen Pilzen confundirte, eine Behauptung, deren Richtigkeit ich im Laufe der Darstellung der Ent- wickelungsgeschichte des Myzoeytium proliferum und der Olpidiopsis Schenkiana näher begründen werde. Die Darstellung des Entwickelungsganges möge auch hier von der Zoospore (Taf. 3. Fig. 20) ausgehen. In Bezug auf Gestaltungsweise des Plasmakörpers und auf Cilienzahl gleicht dieselbe durchaus einem typischen Saprolegniaceenschwärmer, d. h. sie besitzt bohnen- oder eiförmigen Umriss und ist, wie man selbst schon ohne Zuhülfenahme von ‚Jod constatiren kann, stets mit zwei Oilien ausgerüstet, ein Moment, was von den oben genannten Beobachtern, die von nur einciligen, also den Typus der Chytridiaceen- schwärmer nachahmenden Zoosporen sprechen, offenbar übersehen wurde. Während des Schwärmens zeigt der Plasmakörper ziemlich auffällige amöboide Gestaltveränderungen. Nach Eintritt des Ruhezustandes umgiebt er sich mit einer !) Schenk, Algologische Mittheilungen. Verhandl. der phys. med. Gesellschaft zu Würzburg. Bd. 9. Lief. 1. pag. 12. tab. 1. fig. 30—42 u. 47. ”) Botanische Zeitung 1870. Zur Kenntniss der Phycomyceeten. (p. 21) 161 Membran und treibt durch die Wandung der Wirthszelle eimen kurzen und feinen Keimschlauch; da derselbe sich an der Spitze zu einer das gesammte Plasma des Schwärmers aufnehmenden Keimblase erweitert, so entstehen genau dieselben hantelförmigen Bilder, welche die Keimung von Lagenidium Rtabenhorstii bietet. In Folge schneller Vergallertung tritt meistens schon frühzeitig eine vollständige Auflösung der entleerten Schwärmer- und Keim- schlauchmembran ein, so dass sich die Eindrmgstelle bald nicht mehr be- zeichnen lässt. Die Art des Eindringens, die übrigens auch schon von Schenk in gleicher Weise beschrieben wurde, lässt sich mit Berücksichtigung der oben angegebenen Vorsichtsmassregel so klar verfolgen, dass sich an der Unhalt- barkeit der Walz’schen Behauptung, der Schwärmer bleibe, zur Ruhe ge- kommen, membranlos und krieche in diesem Zustande in die Wirthszelle ein, nicht wohl zweifeln lässt. Sobald die Keimkugel „ebildet ist, schreitet sie zur Entwickelung eines höchst primitiven Keimschlauches, der frühzeitig torulöse Gestalt an- nimmt (Taf. 3. Fig. 6, 21) und den Anschein hervorruft, als sei er durch hefeartige Sprossung entstanden, eine Anschauung, die auch Schenk hegte, und die ihn zur Bezeichnung „proliferum“ veranlasste. "Thatsächlich aber wächst, wie bei Zagenidium Rabenhorstii, der Schlauch mittelst Spitzen- wachsthums. Da dasselbe frühzeitig begrenzt wird, so entspricht das Maximum der Länge des Mycelschlauches nur in selteneren Fällen der ganzen Längsausdehnung der Wirthszelle, meistens erscheint der Schlauch kürzer als diese. Kine Verzweigung zu constatiren war 'mir nicht möglich, obschon ich sehr zahlreiche Individuen zur Verfügung hatte. Die gegen- theilige Angabe von Walz erscheint mir daher mindestens als durchaus unsicher, zumal die Zeichnungen des genannten Autors, welche jene Ver- zweigung demonstriren sollen (1. e. Tab. 9. Fig. 15 u. 19), sicher einem von M. Schenkianum total verschiedenen Pilze angehören, und zwar, wie ich mit voller Bestimmtheit behaupte, dem L. Rabenhorsti. Gegenüber den Gliedern der Gattung Lagenidium stellt der Mangel jeder Zweigbildung ein sehr cha- rakteristisches Moment dar. Den Inhalt des Myeelschlauches bildet ein stark glänzendes, feinkörniges Plasma, dem reichlich gröbere Körnehen beigemischt sind (Taf. 3. Fig. 6. 21). — Wie bei L. Rabenhorstii erscheint seine Existenz als einzelliger vegetativer Mycelfaden von nur kurzer Dauer. Denn schon nach 12—24 Stunden tritt er in das Fruetificationsstadium ein, und zwar 162 Dr. Wr Zopt. Y(P222) zunächst in das ungeschlechtliche. Dasselbe wird eingeleitet durch das Aut- treten von Scheidewänden, deren Insertionsstellen den als Einschnürungen erscheinenden Fadenstellen entsprechen (Taf. 3. Fig. 218). Der Charakter der Scheidewände bietet insofern etwas Bemerkenswerthes, als dieselben sehr diek und in zwei Lamellen differenzirt erscheinen, und überdies ein starkes Lichtbreehungsvermögen besitzen. Durch diese Septa wird der Faden in relativ kurze Glieder getheilt, die nunmehr noch bauchiger aufschwellen und je nach dem Grade dieses Vorganges dick spindelförmige, breit ellipsoidische oder selbst vollkommen sphärische Gestalt erlangen (Taf. 3. Fig. 22, 26, 28U). Die Zahl dieser Glieder schwankt je nach der Länge des Schlauches, erreicht aber in der Regel nur eine geringe Höhe. Sie beträgt im den Zellen der Zygnemeen selten mehr als 10, meist weniger, in längeren Cladophoren- zellen dagegen vermag sie bis über 20 zu steigen. Bald nach der Gliederung durch Querwände geht der Schlauch in das Stadium der ungeschlechtlichen Fruetitication über. Es tritt uns nun hier wiederum dieselbe 'T'hatsache ent- gegen, die wir bereits für L. Rabenhorstii feststellten, dass nämlich alle Glieder des Mycelschlauches fructiticativ werden, mithin eine räumliche Scheidung in einen vegetativ bleibenden und einen fruetiticativen Theil nicht stattfindet. Die Sporangienbildung hebt damit an, dass eine jede der Zellen an einem beliebigen, der Regel nach aber im Aequator liegenden Punkte eine Ausstülpung treibt, welche in Form eines mehr oder minder kräftigen Schlauches auf die Wirthsmembran zuwächst, um diese zu perforiren und meist auch noch auf eine kleine Strecke ins Wasser hineinzuwachsen (Taf. 3. Fig. 11, 22). “ Die Gestalt dieses Perforationsschlauches oder „Halses“ erscheint bald als eine eylindrische, bald als eine schlank kegelige, wird gewöhnlich aber dadurch etwas modifieirt, dass der Durchbruchsstelle eine Verengerung dieses Schlauches ent- spricht (Taf. 3. Fig. 12). Seine Länge wird einerseits bedingt von der Abstands- grösse des Sporangiums von der Wirthszellmembran, die bei englumigen Zellen natürlicherweise gering ausfallen muss; andererseits aber von dem Umstande, ob der Perforationsschlauch den kürzesten Weg zwischen Sporangium und Algenmembran wählt, oder im Bogen auf dieselbe zu wächst. Die Achsen der Perforationsschläuche eines Individuums sind entweder sämmtlich gleichsinnig orientirt, oder sie nehmen verschiedene Richtungen. Die Perforation ging im den von mir beobachteten Fällen trotz der Dieke der Algenhaut (Spirogyra) mit auffallender Schnelligkeit, nämlich in wenigen Secunden, vor sich. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 23) 163 Auf die allmähliche Ausbildung des Perforationsschlauches bezieht sich die in Taf. 3. Fig. 10—14 dargestellte continuirliche Beobachtungsreihe. Vor dem Auftreten des Perforationsschlauches und während der Ausbildung des- selben machen sich, wie man gleichfalls durch continuirliche Beobachtungen eonstatirt, im Plasma des Sporangiums gewisse bemerkenswerthe Veränderungen geltend. Anfangs nämlich durchsetzt die Plasmamasse das Lumen des Spo- rangiums durchaus gleichmässig (Taf. 3. Fig. 6, 7 Sp.). Später indessen zieht es sich allmählich nach der Wandung hin, um dort einen dieken eontinuirlichen Beleg zu bilden (Taf. 3. Fig. S, 9, 10Sp.), während das Centrum der Zelle sänzlich plasmafrei wird und, von der aus dem Plasma abgeschiedenen wässerigen Flüssigkeit erfüllt, eine Vacuole darstellt (Taf. 3. Fig. 8, 9, 10 Sp.). Die Erscheinungen sind mithn ganz ähnliche wie in den Sporangien der grossen Saprolegnieen (5. ferar ete.). Um diese Zeit erfolgt die Anlage des Perforationsschlauches (Taf. 3. Fig. 10). In dem Maasse nun, als dieser an Länge zunimmt, drängt sich das Plasma des Wandbeleges in denselben hinein, aber nicht als continwirliche Säule, sondern eigenthümlicherweise in einzelnen ungefähr gleich grossen Portionen, welche in gesetzmässiger Weise durch je eine Vacuole getrennt erscheinen (Taf. 3. Fig. 11—15). Diese einzelnen Plasmaportionen entsprechen ihrem Volumen nach den späteren Schwärmern. Sie scheinen übrigens schon im Sporangium abgegrenzt zu werden (Tat. 3. Fig. 11, 12). Hat der Schlauch des Sporangiums die Wirthsmembran durehbohrt und ist er ein kleines Stück ins Wasser hinein gewachsen, so erfolgt die Oeffnung seiner Spitze, offenbar in Folge von Vergallertung, da man deutlich verfolgen kann, wie ihr Contour von Augenblick zu Augenblick zarter wird. Sotort nach der Oeffnung stülpt sich die feine Innenhaut des Schlauches aus, und die erste Plasmaportion wandert in dieselbe ein (Taf. 3. Fig. 13, 14). Bald folgt die zweite, dritte u. s. f., bis der ganze Inhalt entleert ist (Taf. 3. Fig. 14, 15, 16). Jetzt ruht die gesammte Plasmamasse als grosse Kugel vor der Mündung (Taf. 3. Fig. 16). Von der Sonderung der Plasmaportionen ist nun nichts mehr wahrzunehmen, eine scheinbar ganz gleichmässige Masse füllt die Kugel aus und harıt kurze Zeit unbeweglich (Taf. 3. Fig. 16). Darauf tritt eine Bewegung im Plasma ein: es grenzt sich deutlich gegen die zarte Blase ab (Taf. 3. Fig. 17) und sondert sich wiederum in ebenso viele Portionen wie früher (Taf. 3. Fig. 17,18). Bald tritt diese Sonderung schärfer 164 Dr. W. Zopf. «(p. 24) auf, die Bewegung der einzelnen Partieen wird lebhafter, sie zeigen stark amöboide Veränderungen ihres Contours, lockern sich in dem Maasse, als die zarte Blase quillt und zeigen jetzt schon je zwei Cilien (Taf. 3. Fig. 19). Bald rücken sie mehr und mehr aus einander, sich lebhaft in der immer mehr sich weitenden Blase umhertummelnd, ihre beiden Cilien jetzt noch deutlicher zeigend und ihren Contour mehr und mehr zur Bohnengestalt oder Kiform abhrundend (Taf. 3. Fig. 20). Noch einen Moment, die Blase zerfliesst gänzlich, und die frei gewordenen Zoosporen eilen hurtig davon. Aus den mitgetheilten Beobachtungen geht hervor, dass die Sonderung der Plasmaportionen zum Zwecke der Schwärmerbildung bereits im Sporangium vor sich geht (während nach Walz dieselbe erst in der Keimblase erfolgen soll). Die Zahl der Schwärmer schwankt nach der Grösse des Sporangiums. Sie betrug bei mittelgrossen Sporangien gewöhnlich 5 (Taf. 3. Fig. 20, 23, 24), bei kleineren 4, bei den grössten 16—20 (Tat. 3. Fig. 22). Entleert zeigen die Sporangien eine relativ dicke Membran, die gewöhnlich noch lange Zeit erhalten bleibt, aber häufig im ecollabirten Zustande angetroffen wird. Sehr kleine neutrale Pllänzchen bilden nur 3 (Taf. 3. Fig. 26), 2 (Fig. 2%) oder gar nur ein (Taf. 3. Fig. 23, 24 U.) Sporangium. Es verdient besonders hervorgehoben zu werden. dass die einsporangigen Individuen denen gewisser Chytridiaceen (Olpidien und Olpidiopsis-Arten) so täuschend ähnlich sehen, dass man sie mit diesen verwechseln könnte. Allein wenn man die Entwiekelungs- und Entleerungsweise des Sporangium- Inhalts verfolgt, so wird eine solche Verwechselung kaum möglich. Denn einmal besitzen die hier in Betracht kommenden Ohytridiaceenformen keine Schwärmerblase, andererseits sind ihre Schwärmer nicht nur von ganz anderer (Grestalt, sondern auch mit nur einer Oilie ausgerüstet. Als die wesentlichste Liicke in der Lebensgeschichte des M. proliferum muss jedenfalls die gänzliche Unkenntniss bezüglich der sexuellen Pflanzen bezeichnet werden. Es lag die Vermuthung nahe, dass die Auffindung der- selben sicher gelingen würde, wenn man nur die Pflanze einer hinreichend langen Züchtung unterwerfe, und diese Vermuthung sollte sich in der Folge als richtig erweisen. Ich habe auf diesem Wege schon vor mehreren Jahren (1574) die geschlechtliche Fructification erzielt und sie seitdem alljährlich wieder erhalten. Zur Kenmtniss der Phycomyeeten. (p. 25) 165 Während in meinen Culturen etwa von Anfang Mai bis Mitte ‚Juni ausschliesslich neutrale Pflanzen erzeugt wurden, trat etwa von «diesem Zeitraume ab die Produetion von Geschlechtsorganen auf. Bis in den Spätherbst hinein waren die Pflanzen fast ausschliesslich g@emischt-fructi- feativ, d.h. sowohl ımgeschlechtliche als geschlechtliche Fortpflanzungsorgane erzeugend (Taf. 3. Fig. 30—32). Im Gegensatz zu Lagenidium Rabenhorstii, bei welcher Art die Diöcie vorherrschend ist, werden bei M. proliferum ausschliesslich monöcische PHlanzen gebildet. In Bezug auf die Entstehungsweise herrscht zwischen den ge- schleehtlichen Individuen und den rein sporangialen (neutralen) voll- kommene Uebereinstimmung. Der anfangs scheidewandlose Schlauch erfährt zur Zeit der Fruetification eine Gliederung durch Scheidewände. Je zwei unmittelbar neben einander selagerte Glieder werden zu Geschlechtsorganen umgebildet (Taf. 3. Fie. 30, 31, 32), indem die eine Zelle (A) die Funetion des Antheridiums, ihre Nachbarzelle (0) «die des Oogons übernimmt. Im Allgemeinen herrscht zwischen den Sporangien einer- und den Sexualorganen andererseits bezüglich der Gestaltungsweise völlige Uebereinstimmung, indem auch bei letzteren der hefesprossartige Charakter gewahrt wird. Ich komme auf diese Conformität später noch einmal zurück. Auf dem Wege eontinuirlicher Beobachtung lässt sich der Befruchtungs- vorgang in seinen Einzelheiten klar verfolgen. Das Antheridium tritt zu dem Oogon dadurch in Beziehung, dass es einen kurzen eylindrischen Be- fruchtungsschlauch in dasselbe hineintreibt durch die beide Geschlechts- organe trennende Scheidewand hindureh (Taf. 3. Fig. 30A, 31A, 33). Es erinnert dieser Vorgang an den von Pringsheim bei Saprolegnia ferax var. hypogyna beobachteten. Eine von Cornu gefundene niedere Saprolegniacee, die wahrscheinlich auch ein Myzocytiom darstellt, bietet übrigens in Bezug auf den eben angedeuteten Punkt ein ganz gleiches Verhalten des Antheridiums. Zur Zeit, wo der Uebertritt des Antheridiuminhaltes, der übrigens sehr langsam von Statten zu gehen scheint, anhebt, contrahirte sich in dem von mir beobachteten Falle das Oogonialplasma nach dem Befruchtungs- schlauch hin und hüllte denselben förmlich ein (Tat. 3. Fig. S, 9, 10, ©). Dabei zeigte das Oogonialplasma eigenthümliche lebhafte Bewegungen seiner Bestandtheile, in Folge deren sich auch der Contour der Masse in amöboidaler Weise fortwährend änderte, d.h. bald gerundete, bald gebuchtete, gezackte etc. Nova Acta XLVII. Nr. 4. 23 166 Dr. W. Zopf. (p. 26) Form (Taf. 3. Fig. 8, 9, O) annahm. Um die Zeit, wo ein Theil des Antheridiuminhaltes bereits übergetreten war, was man an dem Auftreten einer grossen, vorher nicht sichtbaren Vacuole (Taf. 3. Fig. 8, 9, 10, I1A) wahrnehmen konnte, begann die Abrundung des Oogonialplasmas zur Kugel (Tat. 3. Fig. 10,0), wobei seine Bewegungen minder lebhaft wurden. Später vergrösserte sich diese Eikugel etwas und zog sich von der Wand so weit zurück, dass der Befruchtungsschlauch frei wurde. Ein Zufall verhinderte die weitere Beobachtung des Objeets. An anderen Objecten aber (Taf. 3. Fig. 32. 34) liess sieh leicht constatiren, -dass der gesammte Inhalt des Antheridiums ins Oogen übertritt. Die Oosphäre umgiebt sich sodann, zur Oospore übergehend, mit einer dieken, sich in zwei Lamellen differenzirenden Membran, welche auch im Alter vollkommen glatt und durchaus farblos bleibt. Von der Regel, dass die Membran der Oospore mit der Spitze des Befruchtungsschlauches verwächst, habe ich nie eine Ausnahme gefunden. Im Inhalt zeigen sich anfangs grobe, fettreiche Körner, welche später zu einem grossen, fettreichen, excentrisch gelagerten Kern verschmelzen. (Ein von Cornu gefundenes Myzocytium besitzt rothe Oosporen und bisweilen zwei Antheridien an einem Oogon. Es gehört also nicht, wie Jornu glaubte, zu der Schenk’schen Pflanze.) Meine Culturen boten mir häufig Pflänzehen, welche bloss aus einem Antheridium und einem Oogon bestanden (Taf. 3. Fig. 25, s, 33, 34). Es verdient dieser Umstand deshalb besonders hervorgehoben zu werden, weil solche einfache Formen in hohem Maasse Aehnlichkeit haben mit gewissen CUhytridiaceen, und zwar mit denjenigen, für welche Gornu die Gattung Olpidiopsis ereirte. Das Antheridium von Myzocytium erscheint bei solchen einfachsten Pflanzen ganz entsprechend der „cellule adjacente“ der genannten Cornu’- schen Gattung. Es zeigen sich also in den einfachsten Geschlechtspflanzen des M. proliferum dieselben lebhaften Anklänge an Chytridiaceen, welche wir schon bezüglich der einfachsten neutralen Pflänzehen constatirten.!) !) Mit M. proliferum sehr nahe verwandt, aber — die Richtigkeit der Reinsch’schen Zeichnungen (Pringsh. Jahrb. 1878, pag. 301. Tab. 17. Fig. 9) vorausgesetzt — wohl nicht identisch, ist ein von Reinsch in Closterien aufsefundener Parasit mit parthenogenetisch eutstehenden Oosporen. -ı Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 2%) 16 4. Myzocytium proliferum var. vermicolum Zopt. (Taf. 3. Fig. 35 —37.) (relegentlich des Studiums von Pilzkrankheiten Anguillula-artiger Ne- matoden!) trat mir ein Anguillula-Parasit entgegen, der zu Myzocytium proli- ferum so nahe Verwandtschaft zeigt, dass ich ihn dieser Species unmittelbar anschliessen möchte. In einem Aufgusse von Schlamm aus der Panke zu Berlin entwickelten sich massenhaft Anguillulen, die schliesslich von dem gleichfalls epidemisch auftretenden Harposporium Angwillulae Lohde, sowie vom vorliegenden Pilze abgetödtet wurden. z Der Parasit entwickelt nach seinem Eindringen in den Körper der Wiürmehen einen einfachen Mycelschlauch, der gewöhnlich den Wurm seiner ganzen Länge nach durchzieht, nur das Kopf- und Schwanzende freilassend (Taf. 3. Fig. 35). Während seines Wachsthums zehrt er den Inhalt der T’hierchen so vollständig auf, dass schliesslich nur noch die Haut übrig bleibt. Durch Insertion von @uerwänden wird der dicke Schlauch mehrzellig (bis etwa zwölfzellig) und jede Zelle zu einem Fructificationsorgan (Tat. 3. Fig. 35, 36). In der ungeschlechtlichen Periode bildet sich jede Zelle zu einem bauchigen Zoosporangium aus. Sie treibt einen dicken, kurzen Per- forationsschlauch (p) durch die Haut des Würmehens hindurch, der sich öffnet, und aus dessen Spitze die Innenhaut sich ausstülpt, um zur Schwärmerblase zu werden, in der die Zoosporen zur Ausbildung gelangen. In späteren Generationen werden die Pflanzen entweder gemischt- fructificativ, indem sie sowohl Sporangien als Geschlechtsorgane erzeugen (Taf. 3. Fig. 36), oder sie produeiren nur Sexualzellen. Die An- theridien (Taf. 3. Fig. 36a) erscheinen gewöhnlich schmal, die Oogonien (Taf. 3. Fig. 360) stark bauchig, birnförmig oder ellipsoidisch. Sie nehmen den gesammten Plasmainhalt der mit einem dünnen Befruchtungsschlauch versehenen antheridialen Zelle in sich auf und erzeugen eine einzige, grosse, farblose, kugelige oder ellipsoidische Oospore (in Taf. 3. Fig. 360 noch jung). Auch bei vorliegender Art tritt der Fall ein, dass die neutralen Pflänzchen auf eine einzige (Taf. 3. Fig. 37), die geschlechtlichen auf zwei (männliche und weibliche) Zellen redueirt werden, namentlich tritt dieser 1) Ich werde die Untersuchungen über diesen Gegenstand an anderer Stelle veröffentlichen. 165 Dr. W. Zopf. (p. 28) Umstand dann zu Tage, wenn der Pilz noch jugendliche, also kleine Individuen befällt (Taf. 3. Fig. 37). Trennung ursprünglich verbundener Zellen durch gegenseitige Abrımdung ihrer Scheidewandlamellen kommt gleichfalls vor, und man darf solehe Fragment- Individuen nicht mit schon ursprünglich-einfachen verwechseln. 5. Olpidiopsis Schenkiana Zopt. (ame) Es liegt in diesem Entophyten ein nicht minder gefährlicher Conju- saten-Feind vor als in den vorbeschriebenen Parasiten. Ausser Mesocarpus- und Mongeotia- Arten vernichtet er insbesondere massenhaft Spirogyra- Zellen. Ich habe die in der Umgebung Berlins auf der Oberfläche stehender Gewässer schwimmenden Spirogyren-Massen in dem Stadium, wo sie bereits gelbgrine 'Tinetion angenommen hatten, in den letzten Jahren vielfach untersucht und wiederholt Fälle beobachtet, wo ausgedehnte, aus vielen Tausenden von Fäden zusammengewobene Watten dergestalt von dem Pilz befallen waren, dass es nicht ohne Schwierigkeit gelang, einen Faden aufzufinden, der von dem Schmarotzer verschont geblieben. Dabei war es eine gar nicht seltene Er- scheinung, dass lange Fäden dieser Algen in einer jeden ihrer Zellen mindestens ein Individuum des in Rede stehenden Feindes beherbergten. (In Taf. 4. Fig. 31 ein Stück eines solchen Fadens.) In der ersten Frühjahrsperiode trat ich letzteren in absoluter Reinheit an, im Sommer und Herbst dagegen fast immer in Gesellschaft der von mir beschriebenen ZLagenidium- Arten, so- wie des Myzoeytium proliferum und verschiedener Prhizidiaceen, wenn auch nicht immer dieselbe Wirthszelle mit ihnen theilend. Ohne Unterschied befällt er vegetative Zellen, Sexualzellen beiderlei Art und endlich auch fertige Zygoten, ist jedoch in letzteren seltener zu finden. Die Zoosporen zeigen beim Schwärmen Kugelform (Taf. 4. Fig. 32), sonst beständige, aber nicht auffallende amöboide Gestaltveränderungen (Taf. 4. Fig. 22). Im Inhalt bemerkt man einen im Vergleich zu anderen Chytridiaceen klemen Kern und ein bis mehrere stark lichtbrechende, an Grösse verschiedene Körnchen (Taf. 4. Fig. 22, 32). Die Bewegung wird durch eine einzige Cilie vermittelt, die sich schon ohne Anwendung von Reagentien nachweisen lässt. Die Schwärmbewegungen erfolgen im Gegensatz zu anderen Chytridiaceen mit Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 29) 169 geringer Energie. Ich habe wiederholt die Beobachtung gemacht, dass die soeben dem Sporangium entschlüpften Schwärmer nur ganz kurze Zeit sich bewegten, dann quoll ihr Plasmaleib auf und zerplatzte entweder, wobei die stark lichtbrechenden Körperehen heraussprangen und sich mit lebhaft zitternder Bewegung umhertummelten, oder er zertloss almählieh, so dass nur die ge- nannten Körperchen übrig blieben. Es wurde versucht, die Schwärmer so lange zu verfolgen, bis sie sich setzen und eindringen würden, allein «dieser Versuch gelang nicht. Ich wählte daher, um die Art des Kindringens sicher feststellen zu können, einen anderen Weg. Von mehreren auf dem Objeetträger liegenden Spirogyren-Fäden, welche hei genauester Musterung jeder Zelle nur den vorstehenden Parasiten enthielten, wurde ein einziger auf dem Objeetträger gelassen und ein noch ganz intacter, d. h. von dem Pilze nicht befallener Faden dazugefügt. Kin Auflegen des Deckglases unterblieb, um den Luftzutritt nieht zu hindern. Die in jenem Faden hetindlichen Individuen entleerten zahlreiche Schwärmsporen, welche sich an den noch pilzfreien Faden festsetzten und eimdrangen (Taf. 4. Fig. la, b,e,d). Es liess sich nun constatiren, dass der Modus des Eindringens genau derselbe ist, wie bei Lagenidium RBabenhorstii und bei Myzocytium proliferum. Die Zoospore umgiebt sich mit Membran und treibt nun einen feinen Infeetions- tubus (Taf. 4. Fig. 1b, c), der an semer Spitze zur Keimkugel anschwillt (Tat. 4. Fig. 1d). Ist dieselbe gebildet, so gehen Schwärmermemhran und Infeetionsschlauch sehr schnell zu Grunde, während die Keimblase sich allseitig vergrössernd zum Sporangium wird (Taf. 4. Fig. 2). In Bezug auf den Infeetionsmodus zeigt also vorliegende Olpidiopsis eine wesentliche Abweichung von anderen Olpidieen, z. B. von Olpidium Saprolegniae Fischer, deren Schwärmer nach dem genannten Beobachter als nackte Primordialzellen in die Wirthszelle einkriechen. Im Anfang der Entwickelungsperiode werden nur ungeschlechtliche Pflänzchen als einzellige Sporangien gebildet (Taf. 4. Fig. 2-23). Sie gelangen meist innerhalb 24—45 Stunden zur Ausbildung. Ihre gewöhnlichste Form ist die eines sehr bauchigen oder mehr verlängerten Ellipsoids (Tat. 4. Fig. 4 11). Doch sind auch sphärische Schwärmerbehälter keine Seltenheit (Taf. 4. Fig. 12, 14,15, 15- 21,31e,d). Ihr Inhalt besteht aus homogenem, stark lichtbrechendem Plasma, dem gröbere, stark glänzende Körnchen beigemengt sind. In dem Maasse, als das Volumen der Zelle zunimmt, werden die Körnchen zahlreicher 170 Dr. W. Zopf. (p. 30) und gröber. In grossen Zellen erreichen sie oft auffallende Dimensionen und zeigen unregelmässig eckige Contouren (Taf. 4. Fig. 4, 5). Ob sie etwa aus Kernsubstanz bestehen, habe ich nicht ermitteln können. Die Fructification dieser Zellen wird eingeleitet durch Abscheidung wässeriger Flüssigkeit aus der Plasmamasse, die sich in einer oder (in grossen Zellen) in zwei Vacuolen (Taf. 4. Fig. 6v, S) ansammelt, welche im letzteren Falle bald zu einer verschmelzen. Durch solche Vacuolenbildung erlangt das Plasma die Form eines Wandbelegs. Gleichzeitig erfolgt die Anlage des Entleerungsschlauches, dessen Ursprungsstelle bei ellipsoidischen Pflänzchen gewöhnlich dem Aequator des Sporangiums entspricht (Taf. 4. Fig. S, 10, 11, 13), selten mehr nach dem Pole hin gerückt erscheint (Taf. 4. Fig. 6), oder geradezu polare Stellung zeigt. In Bezug auf Form, Grösse und Verlauf lassen die Entleerungsschläuche mehrfache Variationen erkennen, die hin und wieder auffällig sind. Die Längen- rariationen sind aus dem Umstande zu erklären, dass der Schlauch die Wirtls- membran bald auf dem kürzesten, bald auf emem Umwege zu erreichen sucht. Im letzteren Falle krümmt er sich bald hin und her (Taf. 4. Fig. 11, 15), bald durchbohrt er sogar die @Querscheidewand, um erst in der nächsten Zelle nach Aussen zu dringen, bald endlich durchzieht er als langer Schlauch gar mehrere Zellen der Wirthsptlanze (Taf. 4. Fig. 14), von Ansehen einem Schimmelpilz-Keimschlauch nicht unähnlich. Sein extramatricaler ins Wasser ragender Theil zeigt wechselnde Länge. An der Austrittsstelle macht sich bisweilen eine mehr oder minder auffällige Einschnürung bemerkbar (Taf. 4. Fig. 16). Im Allgemeinen bilden grosse Sporangien einen kurzen und dicken, kleine einen langen, dünnen Mündungshals. Doch finden hierbei auch Aus- nahmen statt. Die Schwärmsporen, die bei Lagenidium Rabenhorstii und Myzocytium proliferum im Sporangium nur angelegt werden, ihre defimitive Ausbildung aber erst in der sogenannten Schwärmblase erhalten, gelangen bereits in dem Sporangium (und dem basalen Theile des Halses) zur völligen Reife (Taf. 4. Fig.20, 21). Zur Zeit der letzteren öffnet sich der Mündungshals durch Vergallertung seines äussersten Endes; die Schwärmer wandern schnell heraus, bleiben oft kurze Zeit vor der Mündung liegen, ohne sich zu häuten, und eilen dann davon. Doch erfolgt ihr Austritt nicht immer gleichzeitig. Oft sieht man, während die übrigen sich noch im Bauche des ein "Theil bereits ausgeschlüpft ist, Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 31) ya Sporangiums herumtummeln, bis schliesslich auch sie frei werden. In den kleinsten Behältern werden höchstens 8, in den grössten 40-50 Zoosporen erzeugt. > 3) Wochen traten in meinen Schon nach Verlauf von wenigen (2 Culturen der von den Sporangien tragenden Pflänzchen befallenen Spirogyren die Geschlechtspflänzchen auf, bereits vom Monat April ab. Sie erscheinen -im Gegensatz zu den neutralen Individuen im ent- wickelten Zustande zweizellig. Im Jugendzustande stellen sie nur eine einzige kugelige Zelle dar, welche aber bald eine Ausstilpung treibt (Taf. 4. Fig. 24), die etwa zur Grösse jener heranwächst, sich durch eine Scheide- wand und durch eine tiefe Einschnürung scharf gegen sie abgrenzt (Tat. 4. Fig. 25). Späterhin macht sich ausnahmslos eine Differenz in der Grüsse der beiden Zellen bemerkbar, die oft nicht unerheblich ist (Taf. 4. Fig. 26-30, 3la,b). Dazu kann sich eine Differenz in der Form gesellen. Die grössere Zelle nimmt nämlich nicht selten ellipsoidische Gestalt an, wogegen die kleine in der Regel die Kugelform behält (Taf. 4. Fig. 27, 29). Nur in einem einzigen Falle habe ich die letztere ei- oder fast nierenfürmig angetroffen (Taf. 4. Fig. 26). Die kleinere Zelle nun ist es, welche als Antheridium fungitt, während die grössere das Oogon darstellt. Die Geschlechtspflanzen sind also monöcisch. Wenn wir die Geschleehtszellen der Olpidiopsis Schenkiana vergleichen mit denen von Myzocytium proliferum, so treten uns neben grosser Aehnlich- keit erhebliche Unterschiede entgegen. Das Antheridium bildet nämlich keinen in das Oogon dringenden Befruchtungsschlauch. Sein Inhalt scheint vielmehr durch die trennende Scheidewand hindurch ins Oogon zu diffundiren; eine Resorption jener Wand ist nicht zu erkennen. Uebrigens wird das Antheridium vollständig ent- leert (Taf. 4. Fig. 28, 30). Unter dem Deckglas lässt sich die Entleerung in allen ihren Phasen verfolgen. Anfangs durchsetzt das körnige Plasma die männliche Zelle gleichmässig (Taf. 4. Fig. 26 A), sodann tritt eine Vacuole im Inhalt auf (Taf. 4. Fig. 27A), und endlich wandert alles Plasma über. Eigenthümlich verhält sich der Inhalt des Oogons. Es tritt nämlich keine Uontraction desselben zur Eizelle ein, weder vor noch nach der Befruchtung. Der plasmatische, noch durch das Antheridialplasma 172 Dr. W. Zopf. (p. 32) vermehrte Inhalt bleibt vielmehr der Wandung dieht angeschmiegt, ohne eine besondere Membran zu erhalten (Taf. 4. Fig. 30a). Die Folge der Befruchtung macht sich nur darin bemerkbar, dass sich die Oogonwand verdickt, aber ohne sich in zwei Lamellen zu spalten), und dass sich ein grosser glänzender Kern im Inhalt bildet. Das Oogon wird also unmittelbar zur Oospore (eine Differenzirung in Oogon und Oospore findet nicht statt). Nach ihrer Entleerung vergallertet die Antheridiummembran, so dass nur die Dauerspore zurückbleibt, die ihre keinerlei Sculptur zeigende Membran schliesslich schwach bräunt. Nachdem ich die Dauersporen auf dem Objeetträger hatte eintrocknen und in diesem Zustande mehrere Wochen liegen lassen, keimten sie, in Wasser gebracht, mit einem Entleerungshalse wie die Sporangien aus, Schwärmer von derselben Beschaffenheit wie hei letzteren bildend (Tat. 4. Fig. 32). Hierdurch wird der Beweis ihres genetischen Zusammenhanges mit jenen Sporangien geliefert. Bei gewissen Olpidiopsis- Arten wurde von Cornu die Beobachtung gemacht, dass der reifen Dauerspore eine kleinere leere Zelle anhängt. Welche Bedeutung diese Zelle hat, wurde nicht ermittelt, da der genannte Autor die Entleerung nicht verfolgen konnte. Er gal jener Zelle deshalb die unbestimmte Bezeichnung „cellule adjacente“. Nach meinen Beobachtungen über Olpidiopsis Schenkiana, insbesondere nach der lörmittelung, dass der Inhalt dieser Zelle in die grössere übertritt, und letztere hierauf zur Dauerspore wird, ist es wohl klar, dass jene „cellule adjacente* als ein Antheridium angesprochen werden darf. Wenn wir einen vergleichenden Blick auf die Sexualpflänzchen von Olpidiopsis Schenkiana (Vat. 4. Fig. 27 30) und auf die einfachsten, nur aus Oogon und Antheridium bestehenden Geschlechtspflanzen von Myzocytium proliferum (Taf. 3. Fig. 288, 33, 34) werfen, so wird uns eine gewisse Aehnlichkeit in der Beschaftenheit der Geschlechtsorgane entgegentreten. Noch auftallender erscheint dieselbe in Bezug auf die einzelligen Sporangien- Exemplare beider Pflanzen, die im entleerten Zustande ebenso wenig, wie in dem Stadium vor der Entleerung zu unterscheiden sind, also im Moment der Entleerung beobachtet werden müssen, wenn es auf eine Unter- scheidung ankommt. 1) Das zeigt nicht bloss der optische Befund, sondern auch die Behandlung mit Reagentien wie Aetzkali. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 33) 173 Diese Achnlichkeit zwischen Olpidiopsis Schenkiana und den redueirten Formen von Myzocytium proliferum weist unverkennbar auf eine Verwandt- schaft beider Pflanzen hin. B. Olpidiaceen. 1. Pleotrachelus fulgens Zopt. (Nat 5. Rie.25=36:) Es ist eine bekannte 'Thatsache, dass die höheren Saprolegniaceen (Saprolegnia, Achlya, Dietyuchus, Aphanomyces, Rhipidium ete.) häufig von einzelligen Parasiten aus der Gruppe der Chytridiaceen befallen werden. welche die Sporangien noch vor dem Eintritt der Schwärmerhildung abtödten, und auf diesem Wege die Vermehrung jener Wirthspflanzen wesentlich beein- trächtigen können. Als ein biologisch interessantes Gegenstück hierzu möchte die 'Thatsache dienen, dass auch gewisse Zygomyceten, und zwar die Piloholeen von Chytridiaceen-artigen Schmarotzern heimgesucht werden, welche vorzugsweise die jüngsten plasmastrotzenden Fruchtanlagen zer- stören, aber auch myceliale "Theile, namentlich wenn diese die Form von Gemmen angenommen haben, abzutödten vermögen. So trat bei mir im Sommer 1882 in Masseneulturen des ZPilobolus erystallinus ein solcher Schmarotzer in so grosser Menge auf, dass von zahllosen Fruchtträger- anlagen dieses Mistbewohners nur wenige zur Entwickelung kamen. Der parasitische Einfluss äussert sich zunächst in einer Verfärbung des Plasmas (Taf. 5. Fig. 25), sodann in der vollständigen Aufzehrung des- selben und endlich in einer zur Gallenbildung führenden, mehr oder minder ausgeprägten Hypertrophie der befallenen Organe. Die Form der Gallen ist bald eine kugelige, bald eine birnförmige oder bauchig-spindelige (Taf. >. Fig. 25—56). Es ist mir zwar nicht gelungen, den vollständigen Entwickelungsgang des Schmarotzers festzustellen, allein die ermittelten Zustände sind so cha- rakteristisch, dass es gestattet sein mag, sie hier zu besprechen. Die Sporangienfructification stellt stets vollendet-kugelige Zellen dar, welche in grossen Fruchtanlagen des Pilobolus riesige Dimensionen Nova Acta XLVI. Nr. 4. 24 174 Dr. W..Zopf. ..(p-.3%) erreichen (Tat. 5. Fig. 29), um in den gemmenartigen T’heilen des Mycels zu winzigen Körperchen (Taf. 5. Fig. 34, 35) herabzusinken, die häufig in dieht gedrängten Colonien (bis zu 20) auftreten, während die grössten Kugeln stets nur m der Einzahl vorhanden sind (Tat. 5. Fig. 25, 28, 29, 30). Zwischen den bezüglieh der Grösse extremsten Formen finden sich alle mög- lichen Uebergänge. Treten die Parasiten in solchen Pilobolustheilen auf, welche velben Inhalt führen, so erscheinen auch die Parasiten mehr oder minder leuchtend gelb oder roth gefärbt!), höchst auffällige Objecte bildend (Taf. >. "ie. 26, 27, 28, 29); kommen sie indessen in Gemmen oder sonstigen Mycel- theilen zur Entwickelung, welche ungefärbtes Plasma besitzen, so bleiben sie während ihrer ganzen Lebensdauer hyalin (Taf. 5. Fig. 34,35). Es muss (lies ausdrücklich bemerkt werden, da man auf den ersten Blick die farblosen Parasiten, namentlich wenn sie sehr klein sind, für speeifisch durchaus ver- schieden halten könnte gegenüber den lebhaft gefärbten grossen Zellen. Die auffallende Färbung liegt nicht im Inhalte der Kugeln, sondern in (ler Membran. Der Parasit verwandelt nämlich, wahrscheinlich durch Aus- scheidung eines besonderen Stoffes, den gelb gefärbten plasmatischen Inhalt seiner Wirthszelle in eimen zunächst intensiver gelben, dann schön orange- farbenen, dann ziegelrothen und schliesslich rothbräunlichen oder gelbbräunlichen Farbstoff, der sich aut der Sporangienmembran niederschlägt (Taf. 5. Fig. 28, 26, 30). Zu der Zeit, wo in den Sporangien die Schwärmsporenbildung ein- geleitet wird, entstehen an der Peripherie derselben Entleerungsschläuche, welche eylindrische Ausstülpungen der Membran darstellen (Taf. 5. Fig. 25, 27, 26, 29). Sie sind an demselben Individuum von ungefähr gleicher Länge und Dieke, hyalin, mit homogenem, glänzendem Plasma gefüllt, bald steif gerade, bald mehr oder minder gekrümmt, stets radial zum Centrum der Kugel estellt, am Ende abgestutzt. Ihre Zahl, Länge und Weite schwankt bedeutend, je nach der Grösse der Individuen. Kleine Sporangien zeigen im Allgemeinen nur wenige kurze und enge Ausführungskanäle (Taf. 5. Fig. 34, 35), sehr ent- wiekelte Sporangien zahlreiche (ich habe bis gegen 30 gezählt) relativ lange und weite Mindungsröhren (Tat. 5. Fig. 25, 29). Letztere durchbohren gewöhnlich, jedoch nicht immer, die Wirthsmembran. Zur Zeit der Reife der Zoosporen öffnen !) Die leuchtenden Farben konnten leider nicht durch den Druck wiedergegeben werden. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 35) 175 sich die Enden der Ausführungskanäle eines und desselben Sporangiums gleich- zeitig in Folge einer Vergallertung und die Zoosporen gelangen ins Freie oder in die abgetödtete Wirthszelle (Taf. 5. Fig. 30). Sie sind sehr klein, mit einer nachschleppenden Cilie versehen, enthalten einen kleinen stark lichtbrechenden Kern und mehrere grobe Körnchen im farblosen Inhalt und zeigen auffallend amöboide Veränderlichkeit (l'af. 5. Fig. 30s). In den grössten Zellen werden sie zu Tausenden erzeugt. Ins Freie gelangt verkleben sie häufig zu zweien oder mehreren, selbst vielen, in diesem Falle grosse, unregelmässige Klümpchen (arstellend (Taf. 5. Fig.31). Wenn man eben ausgeschlüpften Schwärmern Frucht- anlagen, Gemmen oder Sporen darbietet, so setzen sie sich sogleich an die- selben an. Doeh habe ich ihr Eindringen und ihre ersten Entwickelungs- stadien nieht genauer beobachten können, letzteres nicht etwa aus dem Grunde, weil der Inhalt der Wirthszellen wegen seiner Dichtigkeit die Beobachtung ganz junger Parasiten erschwert, sondern weil «diese Theile bei der Beobachtung in Wasser zu früh in einen abnormen Zustand bezüglich des Inhalts eintreten. Indessen scheint das, was ich gesehen habe, bestimmt darauf hinzudeuten, dass die erste Entwiekelung in ähnlicher Weise, wie bei Olpidiopsis Sapro- legniae !) vor sich geht. Sobald mir der höchst seltene Parasit wieder ent- gegentritt, werde ich versuchen, diese Lücke auszufüllen. Was die systematische Stellung des Pleotrachelus fulgens betriftt, so kann es zunächst keinem Zweifel unterliegen, dass er unter die mycel- losen Chytridiaceen gehört, es würde also nur noch darauf ankommen, zu entscheiden, ob er unsere Verwandtschaft zu den Olpidieen oder zu den Symehytrieen besitzt. Da seine Sporangienform, sein Entleerungsmodus und seine Schwärmer offenbar mehr Olpidium- als Synchytrium-artig erscheinen, so will ich ihn vorläufig zu der ersteren Gruppe stellen. Von allen Gattungen derselben (Olpidiopsis, Olpidium, Rozella, Woronina) besitzt er allein viel- halsige Sporangien. 2. Ectrogella Bacillariacearum Zopf.’) (Tafel 5. Fig. 1—24.) Wie ‚Jeder, der sich auch nur gelegentlich mit der Beobachtung von Bacillarien beschäftigt, weiss, besitzt auch diese Algenfamilie ihre Pilz- und 1) Bee Botanische Zeit. 1880. 2) Von 2zro@yeiv — ausfressen, weil der Parasit den Inhalt von Bacillarien aufzehrt. 9 47 176 Dr. W. Zopf. (p. 36) Mycetozoenfeinde. Sie gehören theils der Gruppe der Monadinen, theils den Chytridiaceen, theils den Ancylisteen an. So ist seit Cienkowski’s!) Untersuchungen über Vampyrella vorax bekannt, dass dieser niedere Myxomycet die verschiedenartigsten Bacillariaceen in seinen Plasmakörper hineinzieht, um sie auszusaugen. Die meist ellipsoi- dischen oder kugeligen zarten und leeren Hautsäcke, die man so häufig in Bacillarien-Ansammlungen findet. und die oft in grösserer Anzahl meist parallel gelagerte Schalen jener Pflanzen enthalten, sind nichts Anderes, als Uystenhäute eines Schmarotzers, aus denen der Plasmakörper in Amöben- form auswanderte. Repräsentanten der heterogensten Bacillariengruppen, mögen sie nun kleinere oder grössere Formen darstellen, werden dureh jene Vampy- rella stellenweise in Unmengen vernichtet. Im Ganzen eben so häufig fallen die Bacillariaceen dem gleichfalls tödtlichen Parasitismus gewisser Chytridiaceen anheim. Fälle dieser Art wurden zuerst von Braun 2), der sein Ohytridium Lagenula auf Melosiren, eine dem Oh. globosum verwandte Form auf Eumnotien entdeckte, später auch von No- wakowski?) constatirt, dessen Ch. Epithemiae auf Epifhemia Zebra schma- rotzend angetroffen wurde. Die von beiden Beobachtern entdeckten Formen entwickeln ihre Spo- rangien extramatrikal und dringen nur mittelst eines rudimentären Mycel- schlauches in die Nährzelle ein. Aber auch rein endophyte Baeillarien-Parasiten wurden beobachtet. So sah Focket) in Pinnularien und Surirayen farblose diekhäutige Kugeln, welche auch Pfitzer?) wieder auffand, und auf Grund der Beobachtung, dass dieselben in einem weiten Pilzschlauch liegen, als einem wohl den Sapro- legniaceen nahestehenden Parasiten zugehörig bezeichnete, auch den Namen Oymbanche Fockei für diese Bildungen schuf. Das von mir oben gelegentlich 1, Beiträge zur Kenntniss der Monaden. M. Schultze’s Archiv für mikr. Anatomie Bd. I, pag. 203. Tab. XII—XIV. 2) Ueber Chytridium. Abhandlungen d. Berl. Akademie 1855, pag. 28. In Cohn Beitr. pag. 32. Tab. IV. Fig. 12, 13. Physiologische Studien pag. 36, 43. Tab. VI. Fig. 24—30. Sitzungsber. d. Niederrh. Gesellsch. f. Natur- und Heilkunde 1869, pag. 217. Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 3%) 177 erwähnte Lagenidium enecans, das in grossen Stauroneis-, Cocconema- und Pinnularien-Arten lebt, ist hier gleichfalls anzuführen. Aus dem Vorstehenden erhellt, dass bereits eine kleine Reihe von Bacillarien-Schmarotzern, wenn auch fast durchgehends mangelhaft, bekannt ist. !) Die folgende Darstellung soll dieser Reihe einen neuen, höchst gefähr- lichen Baeillarienfeind zufügen, der auch in morphologischer Beziehung eigen- artige Charaktere darbietet. Ich fand die Eetrogella Bacillariacearum in einer grosszelligen Synedra auf, welche in einem stehenden Gewässer an Wurzeln von Lemna minor sass. Sie trat um die Mitte des November, also zu ziemlich später Jahreszeit, in solcher Menge auf, dass sich an der betreffenden Localität bei Berlin etwa 75%, der Wirthspflanzen von dem Parasiten befallen zeigten. Dass dieser Procentsatz unter Umständen noch einer Steigerung fähig ist, beweist wohl der Umstand, dass in den Massenculturen, welche ich von jenen Synedren in grossen Ge- fässen bei Zimmertemperatur unterhielt, nach einiger Zeit kaum hie und da noch ein nicht imfieirtes Individuum aufgefunden werden konnte. Diese Massen- infeetion findet ihre Erklärung in der gleich näher darzulegenden immensen Iruchtbarkeit des Pilzes an Zoosporen. Der Verlauf der Krankheit ist ein absolut tödtlicher. Es liess sich vermuthen, dass der Schmarotzer auch auf andere Bacillarienarten übergehe, und diese Vermuthung bestätigte sich inso- fern, als in jenen Culturen auch eine gracile gerade Symedra-Art, ferner die gekrümmte 8. Iumularis, em Gomphonema und eine grosse Pinnularia befallen wurden. Indessen scheint der Pilz doch Synedren, und zwar besonders die grossen und darum inhaltsreichen Formen sowie grosse Pinnularien vorzu- ziehen, wenigstens war er in den relativ kleinen G@omphonemen nur in einem sehr geringen Procentsatze zu finden. Es gelang, die Entwickelungsgeschiehte, wenigstens der Schwärm- sporen erzeugenden (seneration, lückenlos zu verfolgen. Was für diese Olpidiee besonders charakteristisch erscheint, ist der Umstand, dass sich unter günstigen Ernährungsverhältnissen sein vegetativer Theil zu einem Schlauche ausbildet, der relativ beträchtliche Länge erreicht (Taf. 5. Fig. 1). Ich habe häufig Individuen beobachtet, deren Mycelschläuche !) Genaueres und Neues über monadinenartige Bacillarien-Parasiten wird man in meiner Arbeit: Die Pilzthiere (Schenk’s Handbuch der Botanik) und insbesondere in meiner demnächst zu publicirenden Abhandlung über niedere Mycetozoen finden. 175 Dr. W. Zopf. (p. 38) selbst die grössten Formen der in Rede stehenden Synedra fast in ihrer ganzen Länge durchzogen, 200 Mikr. und darüber erreichend (Taf. 5. Fig. 16). Solche Mycelschläuche, welche die Gestalt dieker wurmförmiger Fäden zeigen, sind den mycelialen Stadien mancher Aneylisteen, namentlich Pfitzer’s Ancylistes Closteröi, sowie mancher Formen von Lagenidium Rabenhorstiü so täuschend ähnlich, dass ich sie anfangs, bevor ieh ihre Entwickelung kannte, geradezu für Schläuche jener Pilze zu halten geneigt war. Sie sind stets unverzweigt, wohl nur aus dem Grunde, weil ihre im Verhältniss zum Lumen der Wirthszelle beträchtliche Dieke die Raumverhältnisse für eine etwaige Seitenachsen-Entwickelung zu sehr einschränkt. Unter ungünstigen Ernährungsverhältnissen, die meist darin ihren Grund haben, dass sich in ein und derselben Nährpflanze mehr als ein Parasit entwickelt, erreichen die Mvcelschläuche eine minder beträchtliche Längenausdehnung, ja bisweilen werden sie auf ganz kurz spindelige, ellipsoidische oder selbst kugelige Formen von oft auffallender Kleinheit redueirt (Taf. 5. Fig. 5, 6, 20). Das letztere geschieht namentlich dann, wenn die Parasiten zu einer Zeit in die Synedra einwandern, wo ihr Inhalt bereits durch ein oder mehrere grössere Individuen mehr oder minder aufgezehrt ist. order wenn sie sich in grösserer Zahl in der Wirths- zelle entwickeln. So sind mir unter dem reichen Material, das mir zur Verfügung stand, vielfach Synedren vorgekommen, in denen 20—30 vorhanden waren, welche, wie in Taf. 5. Fig. 6, doch nur erst einen Theil der Nährzelle ausfüllten. Dass solche im Vergleich zu den entwickeltsten Pflanzen wahre Zwerge dar- stellende Formen wirklich der Eetrogella und nieht etwa, was ja leicht denkbar wäre, einem andern Parasiten zugehören, wurde schon durch die Existenz aller möglichen Uebergänge bewiesen, soll aber durch die später darzulegenden Entwickelungsmomente ausser jedem Zweifel gestellt werden: durch diese werde ieh auch zeigen, dass jene Colonieen klemster Formen eigenthümlicherweise nicht durch eine Einwanderung durch die Membran hin- durch in die Wirthszelle gelangen. Wie schon erwähnt, entspricht die Gestalt frei sich entwickelnder Schläuche der Wurmform (Taf. 5. Fig. 1), wogegen die aus Mangel an Raum sich gegenseitig bedrängenden Individuen in ihrer Ge- staltungsweise beeinflusst werden. So erfahren die Enden zweier oder mehrerer sich entgegenwachsender Individuen, wenn sie sich nicht ausweichen können, häufig eine mehr oder minder starke Zuspitzung, indem sie sich Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 39) 179 wie Keile zwischen Wirthswandung und Nachbarparasit einschieben, und diese Zuspitzung findet bald nur an einem (Taf. 5. Fig. 3), bald an beiden Polen statt (Taf. 5. Fig. 11, 20). Der Inhalt der Schläuche erscheint anfangs fein- körnig, später mit gröberen, stark lichtbrechenden Körperehen in grosser An- zahl und «dichter Lagerung durchsetzt, so dass die Schläuche leicht in die Augen fallende Objecte bilden (Taf. 5. Fig. 1). Häufig bemerkt man auch Bildung mehrerer Vacuolen, die oft beträchtliche Ausdehnung gewinnen (Taf. 5. Fig. 7, 8). Sie findet indessen gerade an den üppigsten, kräftigsten Individuen nicht statt und scheint mehr einen abnormen Zustand des Inhalts anzudeuten. Eine Membran scheint auf den ersten Blick, ihrer «rossen Zartheit wegen, nicht vorhanden zu sein. Doch ist der Nachweis derselben mit Färbungsmitteln sicher zu führen. Man sollte nach dem Aneylistes-artigen Habitus der Mycelschläuche erwarten, dass dieselben, wenigstens in ihren grössten Formen, beim Beginn der Fruetification sich durch Scheidewände gliedern würden, allein diese Erwartung erfüllte sich nicht. Auch die längsten Mycelschläuche werden ihrer ganzen Ausdehnung nach zu einem einzigen Sporangium umgewandelt. Das Plasma sammelt sich in der bekannten Weise um die zahlreichen Kerne zur Bildung ebenso zahlreicher Schwärmer an (Taf. 5. Fig. 10). Die letzteren sind äusserst klein, gewöhnlich 2—3 Mikr., selten mehr im Durchmesser haltend, schwach amöboid und mit einem ziemlich stark lichtbrechenden winzigen Kern und emer deutlichen Cilie versehen (Taf. 5. Fig. 12a, 13, 20, 5). Sie werden entleert durch Ausführungskanäle, welche meist schon vor Beginn der Schwärmerbildung als kurze Papillen (Taf. 5. Fig. 70, 120) angelegt werden, die sich später dureh Vergallertung an der Spitze öffnen (Tat. 5. Fig. 14, 15, 16; 180), Besonders charakteristisch für Eetrogella ist der Umstand, dass an den grösseren Sporangien viele Ausführungsgänge gebildet werden (ich habe bis 10 gezählt) (Taf. 5. Fig. 14, 16, 170), die mittelgrossen zeigen meist 3—5 (Taf. 5. Fig. 14), mitunter auch nur 2 (Taf. 5. Fig. 18A,B,C), während an den kleinsten nur 1 höchstens 2 auftreten. Ihre Lage ist eine ganz bestimmte, in- sofern sie stets der Gürtelbandansicht der Bacillarienzelle entspricht (Taf. 5. Fig. 12, 16, 15). Sie werden bald einzeilig angelegt (Taf. 5. Fig. 16), bald zweizeilig (Taf. 5. Fig. 12—14). Im letzteren Falle entspricht die eine Zeile der Vorder-, die andere der Rückseite des Gürtelbandes. 180 Dr. W. Zopf. (p. 40) Man kann sich hiervon am leichtesten überzeugen, wenn man die Syv- nedren in der Schalenansicht betrachtet; dann sieht man die Ausführunes- gänge rechts und links liegen (Tat. 5. Fig. 12). Ausserdem zeichnen sich die Ausführungskanäle dadurch aus, dass sie im Gegensatz zu der äusserst zarten Sporangienwand derbhäutig sind und, wie die Anwendung von Chlorzinkjodiösung zeigt, aus Cellulose bestehen. Merkwürdig ist ferner der Umstand, dass sich die Entleerungsschläuche nicht durch die Kieselmembran hindurehzubohren brauchen. Die beiden Schachtelhälften der Wirthszelle werden nämlich in Folge des Druckes, den der oder die Parasiten bei ihrem Wachsthum in die Dicke auf jene ausüben, erst nach auswärts gebogen (Taf. 5. Fig. 7), so dass die Syneidra jetzt etwa in der mittleren Region, der Gürtelbandansicht, am weitesten erscheint, sodann aber eänzlich aus einander getrieben, so dass sie klaffen (Taf. 5. Fig. 9, 16, 17, 19). Dieser Process vollzieht sich, bevor die Sporangien ihre Entleerungsschläuche (wenn sie das überhaupt vermögen) dureh die Kieselmembran hindurehtreiben können, ja oft bevor die Entleerungsschläuche zur Ausbildung gelangen, und so wird eine Durchbohrung der Kieselmembran vermieden. Nun kommt es freilich nieht selten vor, «dass die Auseinandersprengung der Schachtelhälften nicht zeitig genug erfolgt. Aber selbst in diesem Falle wird die Kieselmembran nicht von den Entleerungsschläuchen durchbohrt. Letztere Öffnen sich dann überhaupt nicht (und dieser Fall ist ziemlich häufig) oder die Schwärmer werden in die noch geschlossene Bacillarienzelle entleert. Anstatt nun aber, dass die nicht zum Ausschwärmen gelangenden Zoosporen, wie es bei den meisten Chytridiaceen der Fall ist, zu Grunde gehen, wachsen dieselben, vorausgesetzt natürlich, dass der Wirthszellen-Inhalt noch hinreichende Nahrung bietet, zu neuen Parasiten aus, die alte, übrigens bald vergallertende Sporangien- membran sprengend oder sie zusammendrückend (Taf. 5. Fig. 20, 6). Diese nicht eingewanderten Parasiten bleiben stets ihrer meist grossen Zahl und den ungünstigen Nährverhältnissen entsprechend rudimentär, und behalten die Kugelform Zeit ihres Lebens bei oder werden höchstens ellipsoidisch bis spindelig (Taf. 5. Fig. 6). Sie entwickeln sich zu Sporangien. Die Thatsache, dass in langen Sporangienschläuchen zahlreiche rudimentäre Parasiten vorhanden sein können, verliert also auf Grund jener Entwickelungsweise der Schwärmer alle ihre Sonderbarkeit. Auffallend kurz ist die Schwärmdauer der Zoosporen. Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 41) 181 Sobald sie frei geworden, eilen sie nach den nahegelegenen Synedrazellen hin und setzen sich sofort an denselben fest, meistens zu vielen, oft zu 40 und mehr. Bei ihrer relativ bedeutenden Anzahl und ihrer schnellen Entwiekelung zu Sporangien (sie vollzieht sich innerhalb 24—48 Stunden) ist die starke Vermehrung des Pilzes hinreichend erklärlich. Die Wirkung des Pilzes auf die Wirthspflanze äussert sieh zunächst darin, dass die Chlorophvliplatten ihre Lage und Form verändern. Sie ziehen sich von der Wandung zurück, eontrahiren sich in der Riehtung des Längsdurchmessers (Taf. 5. Fig. 1, 2) und lagern sich dem oder den Parasiten meist dicht mantelartig an, in anderen Fällen gestalten sie sich zu gekrümmten Strängen (Taf. 5. Fig. 4) oder zu Klumpen (Taf. 5. Fig. 3). Gleichzeitig wird der Zellkern aufgelöst und der Plasmaschlauch eontrahirt sich. Später treten die beiden Schachtelhälften in Folge des Druckes, den die Parasiten ausüben, aus einander (Taf. 5. Fig. 10, 16, 17, 19). Was die systematische Stellung der Eetrogella betrifft, so kann sie wohl schon nach der Sporangienfruetification hinreichend bestimmt werden. Unzweifelhaft schliesst sie sich in der Form der Mycelschläuche an die Ancylisteen au; indessen, da der gesammte vegetative T'heil zu einem einzigen Sporangium umgewandelt wird und die Schwärmer eincilig und kugelig erscheinen, so trägt sie deutlichen Olpidieen-Charakter. Sie verhält sich zu Ancylistes wie Olpediopsis zu Myzocytium. C. Rhizidiaceen. 1. Amoebochytrium rhizidioides Zopt. (Taf. 6. Fig. I—13.) In Bezug auf Lebensweise schliesst sich diese in morphologischer Be- ziehung mehrfach eigenartige Chytridiacee eng an Rhizidium mycophilum A. Br. und Oladochytrium elegans Now. an, insofern nämlich, als auch diese Pilze sich in die Schleimmasse unserer Chaetophora-Arten (Ch. elegans und endiviae- folia) einnisten und hier fruetifieiren. Indessen dringt das Amoebochytrium weder in die Zellen der Wirthsalgen ein, noch übt es sonst einen bemerkbar störenden Einfluss auf deren Vegetation und Fructification aus, so dass die Nova Acta XLVII. Nr. 4. 25 182 Dr. W. Zopf. (p. 42) Annahme eines strengeren Parasitismus, wie er uns z.B. bei den Conjugaten- feindlichen Rhizidien entgegentritt, auszuschliessen sein dürfte. Untersucht man eine von dem Pilz befallene Chaetophora-Colonie, so gewahrt man zwischen deren radial geordneten Zellreihen zunächst relativ grosse, birnförmige oder glaskolbenartige, mit mehr oder minder langem Halse und relativ derber, gebräunter Membran versehene Gebilde, die in ihrem Inhalt eine bald grössere, bald geringere Anzahl relativ grosser, stark lichtbrechender sphärischer Körper bergen und durch eine stets unterhalb des offenen Hals- endes inserirte (@uerwand veschlossen sind (Taf. 6. Fig. 6—9). Solche Fläschehen stellen Sporangien dar, die glänzenden Kugeln in ihrem Innern Zellkerne von Schwärmern, deren zarter Contour bei der relativ nicht un- bedeutenden Dicke und bräunlichen Tinetion der Membran sich dem Blick des Beohachters gewöhnlich gänzlich entzieht und erst nach der Befreiung der Zoosporen aus ihrem Behälter gesehen wird. Ueber die mycelialen Ver- hältnisse ist an spontanen Pflanzen eine vorläufige Orientirung ganz unmöglich, denn die Fäden sind bei der in ihrer Vergallertung begründeten Zartheit und Zerreissbarkeit bei «der Präparation nur in Fragmenten nachzuweisen, welche den Sporangien anhängen (Taf. 6. Fig. 5—6, 10— 12). Es ist daher von Wichtig- keit, dass sich durch Cultur der Fortpflanzungszellen in Chaetophora-Gallert auf dem Objeetträger entwickelte Mycelien erzielen lassen. Die Eintwickelungsgeschichte des Pilzes ist folgende: Zur Reifezeit treten «die Schwärmer aus dem Halse der Sporangien aus, nachdem die Quer- wand desselben (Tat. 6. Fig. 5, Ss), deren auf den ersten Blick so räthselhaftes Auftreten sich durch die Entwickelungsgeschichte sogleich erklären wird, auf- gelöst ist. Diese Schwärmer zeigen gegenüber den Schwärmern aller anderen bisher bekannten Chytridiaceen bemerkenswerthe Abweichungen, welche nicht blos in dem Punkte liegen, dass sie die Cilien völlig entbehren, sondern auch ganz besonders darin, dass ihre Zellkerne (sammt dem Plasmakörper) auf- fallend lebhaft amöboide (Gestaltveränderungen erkennen lassen. Diese Veränderungen gehen oft so weit, dass sich der Kern schnell und bedeutend in die Länge zieht, um sich im nächsten Augenblick wieder zur Kugelform zu contrahiren, oder dass er plötzlich eine tiefe, ihn in zwei fast sich trennende Hälften zerlegende Strietur erhält, um einen Moment später nichts mehr von einer solehen erkennen zu lassen. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. +3) 153 Zur Veranschauliching dieser Erscheinungen möge die in Taf. 6. Fig. I dargestellte Entwickelungsreihe dienen, welche von a—o einige der Veränderungen zeigt, welche sich im Verlaufe von 5 Minuten suecessive an dem Schwärmer a vollzog (am 8. Aug. 80. 2 U. N.). Von 21/,—2!/, U. bot der Schwärmer unter Anderem Formen, wie die p—r gezeichneten. Um 3 U. war sein Plasmakörper bereits zur Ruhe gelangt unter Annahme der Kugelform (s): sein Kern indessen liess noch deutliche, wenn auch nieht mehr auffällige Formwandelungen erkennen. Nachdem sie schwächer und schwächer geworden, 21 war um 3%, Uhr völlige Ruhe eingetreten und die Kugelform des Kerns erreicht (t). Die Dauer der Bewegungsfähigkeit betrug in den warmen Tagen des August bei allen den zahlreichen Schwärmern. die ich im Schleime der Chaetophora beobachtete, eirca eine Stunde. Schwärmer mit amöboidem Plasmakörper!) sind nach meinen Beobachtungen bei allen Chytridiaceen anzutreffen, Schwärmer mit stark amöboidem Kerne, so weit mir bekannt, bisher in dieser Gruppe nicht gefunden. Ob sie überhaupt schon bei Pflanzen beobachtet wurden, ist mir unbekannt: im 'T’hierreiche hat man sie bei den Radiolarien gefunden. Man könnte glauben, dass bei Amoebochytrium die Bewegungen des Kerns mehr passive, d. I. durch die amöboiden Bewegungen der ihn um- hüllenden Plasmamasse hervorgerufen seien. Allein dem ist nicht so, der Kern besitzt vielmehr, wie die direete Beobachtung zeigt, volle Selbst- ständigkeit, die sich namentlich documentirt in dem plötzlichen Vorstrecken von fingerartigen Fortsätzen (Taf. 6. Fig. li u. |) und dem plötzlichen Auftreten tiefer Einsehnürungen (Tat. 6. Fig. 1d, h, m, 0), ja es scheinen umgekehrt seine Bewegungen den Contour seiner Plasmahülle zu bestimmen. Die stark amöboide Bewegungsfähigkeit der Schwärmer ersetzt offenbar den Mangel der Cilie.2) !, Zuerst von Schenk beobachtet an Zlhrzrdium intestinum Schenk, später von Nowa- kowski bei Chytridium Mastigothrichis Now., Ih. mycophilum A. Br., Cladochytrium-Arten etc. Von mir bei einer grossen Anzahl von Rhizidiaceen und Olpidieen beobachtet. 2) Ich muss nachträglich bemerken, dass ich bei Zlhrzidium carpophilum, Ieh. appendi- eulatum A. Braun und anderen Formen beobachtet habe, dass die Schwärmer bei diesen Rhi- zidieen ausnahmsweise cilienlos geboren werden können. Hiernach bleibt auch für Amoebochy- trium die Möglichkeit einer Existenz von Cilien often, trotz meiner vielfachen negativen Be- obachtungsergebnisse. 202 154 Dr. W. Zopf. (p. 44) Dass jene Fähigkeit nicht etwa als eine Adaptation an das Substrat auf- zufassen ist, beweist vielleicht der Umstand, dass das mit Amoebochytrium in Gesellschaft lebende Rhizidimm mycophilum A. Br. eilienbegabte Schwärmer besitzt, und dass letzteren der Schleim kein allzugrosses Hinderniss beim Schwärmen entgegensetzt. In Bezug auf Grösse der Schwärmer und ihrer Zellkerne dürfte Amoebochytrium alle bekannten CUhytridiaceen übertreffen. Die Substanz der Zellkerne ist sehr fettreieh, daher stark lichtbrechend und gelblich gefärbt. Schwärmer desselben Sporangiums zeigen im Allgemeinen gleiche Dimensionen; Schwärmer aus verschiedenen Sporangien variiren häufig in der Grösse. Doch iiberschreitet die Variation kaum das Verhältniss 2:3. Die Grössenunterschiede sind nieht etwa der Ausdruck einer sexuellen Differenz, denn die kleineren Schwärmer verschmelzen nicht mit den grösseren. Der Auskeimung des zur Ruhe gekommenen und zur Kugel oder zum Ellipsoid abgerundeten Schwärmers geht die Bildung einer zarten Uellulose- haut voraus. Es werden 1—2 Keimschläuche getrieben, die bei ellipsoidischen Schwärmern an beiden Polen entstehen, im Verhältniss zum Durchmesser der Fortpflanzungszelle geringen Durchmesser besitzen und sich nach dem mono- podialen Typus verzweigen (vergleiche die Keimungsreihen in Taf. 6. Fig. 2a —e und Fig. 3a—e). Sind die Schwärmer durch irgend einen Zufall nicht zum Ausschwärmen gelangt, so keimen sie trotzdem, noch im Sporangium liegend aus, wobei ihre Keimschläuche entweder die derbe Sporangienhaut durchbohren oder den geöffneten Hals des Sporangiums passiren (Tat. 6. Fig. 4, 10 u. 13). Die Keimschläuche wachsen auf dem Objeetträger, in Chaetophora-Schleim eultivirt, zu reich verzweigten grossen Mycelien heran. Von dem Charakter der- selben geben eine Andeutung die in Taf. 6. Fig. 4 dargestellten, erst 45 Stunden alten und noch keineswegs ausgebildeten Systeme, welche man von nicht aus- geschlüpften Schwärmern ihren Ursprung nehmen sieht. Ihre Verzweigungen wurden am nächsten Tage noch reicher. Die Seitenzweige, welche selbst in dritter Ordnung auftreten können, sind lang und fein, dem Charakter eines Rhizidium- oder Cladochytrium-Mycels entsprechend. Wie entstehen nun an einem solchen Mycelsystem die Sporangien mit ihrem langen Halse und der eigenthimlichen Querwand in demselben? Darüber geben Objeetträgermycelien von obiger Beschaffenheit hinreichenden Aufschluss. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 45) 185 Schon nach etwa 36stündiger Cultur sieht man an jenen Mycelien eigen- thümliche Anschwellungen auftreten. Sie entstehen intercalar, sowohl am Hauptfaden, als an den Seitenzweigen. Anfangs klein und schmal spindel- förmig (Taf. 6. Fig. 4a, b, €), erweitern sie sich schnell zu stark bauchigen Körpern (Taf. 6. Fig. 4d,e). In diese wandert das Plasma des Mycels hinein, um sich so- wohl nach der einen als nach der anderen Seite durch eine Querwand abzu- schliessen. Auf diese Weise erfolgt die Anlage der Sporangien, die sich num noch mehr weiten, und zwar besonders an der einen Wand, an der sie sich abrunden, um nach der anderen hin almählich in den Mycelfaden über- zugehen. Die Sporangien erscheinen jetzt als Haschenförmige intercalare Mycel- abschnitte. Das ist die eine Art der Sporangienanlage. Die andere besteht darin, dass die Fortpflanzungszelle, von der die Keimung ausging, ihren Inhalt nicht ganz verliert und selbst zum Sporangium anschwillt. In dem anfangs grobkörnigen Inhalt der Sporangiumanlage treten zu- nächst Kerne auf (Taf. 6. Fig. 5), deren Zahl je nach der Grösse des Sporangiums 2—20, selten mehr beträgt (Taf. 6. Fig. 6—S). Um diese gruppiren sich die Plasmatheilehen zur Bildung ebenso vieler Schwärmer. Zur Zeit, wo die Schwärmerbildung anhebt, verdickt sich die Membran des Sporangiums nicht unbeträchtlich und mit dieser Verdiekung ist eine Outieularisirung verbunden, die sich an der bräwnlichen 'Tinetion des Behälters zeigt und nach der Hals- seite des Sporangiums zu noch ein kleines Stück über die Scheidewand hinausgreift, welche das Sporangium von dem farblos und unverdickt blei- benden Myvcelfaden trennt. In welcher Weise werden nun die Schwärmer in Freiheit gesetzt? Bei anderen Chytridiaceen erfolgt bekamntlich das Austreten entweder durch einen besonderen Ausführungsgang (wie z. B. bei Kurhizidium intestinum) oder dureh eine bedeckelte Oeffnung (Irhizidium Olla) oder durch eine vergallertende eng umschriebene Membranstelle (Rrhizidimum sphaerospermum, appendieulatum, apienlatum ete.). Bei vorliegender Art aber ist keine dieser Einrichtungen getroffen. Vielmehr findet der Entleerungsmodus in einer ganz anderen Form statt. Er zerlegt sich in zwei Momente. Das eine Moment besteht darin, dass die Sporangien aus dem Mycelverbande getrennt werden. Dies wird einfach durch eime Vergallertung der zarten Mycelfäden erreicht. Die ver- diekten und eutieularisirten Sporenbehälter, die von diesem Process nicht mit 156 Dr. W. Zopf. (p-. 46) ergriffen werden, werden jetzt frei, vollkommen wenigstens an dem schmalen Halsende, während an dem anderen noch für einige Zeit ein Mycelrest hängen bleibt (Tat. 6. Fie. 6, 7,9). ‚Jetzt wird erst die Thatsache verständlich, warum man den schmalen Theil isolirter Sporangien (den Hals) an seinem äussersten Ende stets offen findet und erst etwas weiter zurück durch eine Querwand (s) eeschlossen (Taf. 6. Fig. 6-8). Die Verdickung und Cutienlarisirung greift nämlich, wie wir schon oben sahen, etwas über die Grenze des Sporangiums, die Scheidewand (Taf. 6. Fig. 5s), hinaus auf das nächstliegende kleine Stück des Mycelschlauches (Tat. 6. Fig. 5a). Dieses kleine Stück muss natürlich, wenn seine nicht eutieularisirte Fortsetzung (Taf. 6. Fig. 5m) vergallertet, offen werden (Taf. 6. Fig. 6, 7, S, ®). Das zweite Moment besteht darin, dass die Scheidewand, welche in dem aus dem Myveelverbande gelösten Halse des Sporangiums (Taf. 6. Fig. 5, 55) liegt, vergallertet. Hierdurch wird eine Oeffnung geschaffen, (durch welche die Schwärmer ihren Ausgang suchen. Wie es scheint, ist das Agens für den Austritt nicht in einer Quellung der inneren Schichten der Sporangienwand, auch nicht in einer quellenden Zwischensubstanz, wie sie Nowakowski z. B. für Rhizidium mycophilum nachwies, sondern vielmehr in der Eigenbewegung der amöboiden Schwärmer zu suchen. Ich habe mieh bemüht. durch fortgesetzte Cultur der mit Parasiten behafteten Chaetophoren die eventuelle Dauersporenform zu erzielen, allein vergebens: die Wirthspflanzen gingen im Herbst sämmtlich zu Grunde, bevor die gewünschte Fruetification des Pilzes eintrat. Ich hoffe jedoch, später diese Licke ausfüllen zu können. Was die verwandtschaftlichen Beziehungen des Pilzes betrifft, so kann nach den obigen Darlegungen wohl kaum bezweifelt werden, dass er in die Nachbarschaft der Rhizidieen zu stellen ist zwischen die Gattungen Rhizidium und Cladochytrium. In den beiden eigenthümlichen Charakteren seiner Fort- pflanzungszellen, der Cilienlosigkeit und der stark amöboidalen Eigenschaft, besonders der Kerne, erinnert er entfernt an die Myxomyceten. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. +7) 187 2. Hyphochytrium infestans Zopt. (Taf. 7. Fig. 13—20.) Wenn ich weiter oben zeigte, dass die Ohytridiaceen den Zygomyceten gefährlich werden können, so will ich hier die Thatsache constatiren, dass sie auch den höheren Pilzen, den Ascomyceten, nachstellen und deren Frucht- körper zu vernichten vermögen. Ein Beispiel hierfür liefert der mit obigem Namen bezeichnete Pilz, den ich im Winter (Februar) 1879 in den Ascusfrüchten einer Helotium-artigen Pezizee (Taf. 7. Fig. 13 wuchs. Die Fruchtkörper wurden nach allen Richtungen von dem Mycel des 15) antraf, die auf feuchten, faulenden Pappelstiimpfen bei Berlin Schmarotzers durchzogen. Es bildete eine ungeheuere Anzahl von Sporangien, so dass dieselben auf Längsschnitten durch die Ascusfrüchte in dichtester Lagerung erschienen (Taf. 7. Fig. 15). Die Becher wurden noch vor der Askenreife abgetödtet und gingen darauf in einen Zustand von Fäulniss über. Das Mycel bildet ein reich verzweigtes System relativ weitlumiger Hyphen, lässt sich aber nur auf ganz kurze Strecken frei präpariren. Von den Myeelien anderer Chytridiaceen, speciell der Oladochytrien und Rhizidien, zeichnet es sich durch die überall gleichmässige und ziemlich beträchtliche Weite seiner Haupt- und Seitenhyphen aus, ist auch hin und wieder von Scheide- wänden durchsetzt. Es durchwucherte nicht bloss den Stiel der Becher, sondern auch die subhymeniale Schicht, von der aus zahlreiche Seitenzweige in die Schlauchschicht gesandt wurden, welche den Asken parallel laufend fast wie Paraphysen erschienen. Die Sporangien entstehen sowohl intercalar, als ter- minal. Im letzteren Falle ist ihre Form die sphärische (Taf. 7. Fig. 16), im ersteren bald spindel- oder eiförmig (Tat. 7. Fig. 20), bald ebenfalls kugelig (Tat. 7. Fig. 18,19). Die Endsporangien tragen einen kleinen Apieulus und sind mit einem Stielehen versehen (Taf. 7. Fig. 16). In den von mir beobachteten Fällen ging die Schwärmerbildung aus noch ganz gleiehmässigem Plasma mit ziemlicher Schnellig- keit vor sich und war schon nach eirca '/; Stunde beendet (vergleiche die Ent- wiekelungsreihe in Taf. 7. Fig. 16). Die Schwärmer sind äusserst winzig, farblos, amöboid, mit sehr kleinem, nicht auffallendem Kern und einer Cilie versehen, die sie beim Schwärmen nach vorn tragen (Taf. 7. Fig. 17). Ihre Zahl ist ziemlich gross, nämlich 60—100 betragend. Die Entleerung erfolgt, auch an terminalen 185 Dr. W. Zopf. (p. 48) Sporangien, stets seitlich an einer Stelle, welche schon vor der Schwärmer- bildung als heller kreisrunder Fleck sich bemerkbar macht. Indem diese Membranstelle vergallertet, bildet sich ein Loch, durch welches die Schwärmer, wahrscheinlich durch @Quellung einer Zwischensubstanz, mit grosser Schnellig- keit hinausgetrieben werden (Taf. 7. Fig. 16e). Nach dem Schwärmact collabirt die Sporangienmembran. Von den Cladochytrien, den meisten Rrhizidien und Amoebochytrium ist Hyphochytrium also auch in Bezug auf den Entleerungs- modus der Sporangien wesentlich verschieden. Die Dauersporenfruetification des Pilzes habe ich noch nicht auffinden können. 3. Rhizidiomyces apophysatus Zopt. (Taf. 9. Fig. 1 —7.) Während die bisher bekannten Saprolegnieen-Schmarotzer den Olpi- dieen und den niederen Mycetozoen zugehören, stellt der vorliegende eine Rhizidiacee dar, welche, meist in Gemeinschaft mit einem Rhizidium, in die Oogonien mancher Saprolegnieen (z. B. Saprolegnia ferax, 8. asterophora, Achlya polyandra) eimdringt und ihren Inhalt vor, während oder nach der Differenzirung der Oosporen aufzehrt. Entschieden grösseres Interesse noch, als diese rein biologischen Verhältnisse, verdienen die morphologischen, die dem Pilz eine ganz exceptionelle Stellung unter den Rhizidieen anweisen, indem sie ihn in fruetifieativer Beziehung durchaus Saprolegniaceenartig und nur in mycelialer Hinsicht Rhizidieen-ähnlich erscheinen lassen. Zur vorläufigen Orientirung über den Bau des Pilzes möge der Leser (Taf. 9) die Figuren 2—5 betrachten. Bezüglich der Zoosporen (Tat. 9. Fig. 7) weicht die Pflanze von allen übrigen Rhizidieen wesentlich ab. Vor allen Dingen besitzen sie nicht den grossen lichthrechenden, optisch leicht nachweisbaren Kern; terner weisen sie eine nur kurze aber dieke Cilie auf (Taf. 9. Fig. 7), die sie beim Schwärmen voran- tragen und in der Ruhe nach Art der Lagenidien und Saprolegniaceen spielen lassen. Endlich zeigt ihr Plasmakörper im Schwärmzustande nicht kugelige, sondern, wie bei Polyphagus Euglenae, längliche, in Ruhepausen sich nur schwach amöboid verändernde Form. Er ist überdies durehsetzt mit einigen sehr kleinen glänzenden Körperchen. Die Länge der Zoosporen beträgt 5—6 Mikr. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 49) 189 Die Zoosporen schwärmen nach den Saprolegnieen-Oogonien hin, um sich an deren Membran festzusetzen und sich zur Kugel abzurunden. Un- mittelbar nach ihrer Anheftung treiben sie dureh die relativ dieke Oogonien- membran hindureh je einen feinen Keimschlauch, dessen Eindringstelle sowohl einer verdinnten als einer beliebigen anderen Stelle des Oogons (Taf. 9. Fig. 5a) entsprechen kann. Durch Entwickelung von zarten Seitenzweigen wächst er zu einem Mycel heran, das reiche, äusserst feine Veräste- lungen zeigt (Taf. 9. Fig. 1-5), die zunächst zwischen den Oosporen hin- wachsen, später aber in dieselben eindringen. Ein Blick auf ein solches Mycel lässt sofort den Rhizidien-Typus erkennen. In Folge der Nahrungszufuhr, welche der ursprüngliche Schwärmer durch das die Oospore almählich aussaugende Mycel erhält, wächst derselbe zum Sporangium heran, zunächst die Kugeltform beibehaltend (Taf. 9. Fig. 5b). Unterdessen stellt sich an dem Haupt-Myeelschlauche, und zwar un- mittelbar unterhalb der Insertionsstelle am Sporangium, eime Erweiterung ein von in der Regel birnförmiger, selten kugeliger oder spindeliger Gestalt (Taf. 9. Fig. 1,2,3, 4 bei a). Diese Erweiterung, Apophyse, kann bei grossen Sporangien eine relativ bedeutende Grösse erreichen (Taf. 9. Fig. 4a), steht aber dem Sporangium an Umfang immer mehr oder minder beträchtlich nach. Das im Mycel produeirte Plasma sammelt sich hier zunächst an, um von da aus ins Sporangium überzutreten, welches sich ohne Zweifel durch eine Quer- wand abschliesst. Genau lässt sich dieser Punkt wohl kaum feststellen, da der beide "Theile trennende Isthmus sehr schmal erscheint. Erinnert wird man durch diese Apophysenbildung an Frhizidium intestinum und Rhizidium Lagenaria Schenk. Sind die Myceläste zu den Oosporen gelangt, so dringen sie durch deren dieke Membran in dieselben ein, verästeln sich im Inhalt derselben noch weiter und saugen ihn bis auf kleine körnige Reste vollständig aus (wie Taf. 9. Fig. S). Gleichzeitig mit der Abtödtung des Inhalts erfolgt eine Vergallertung der Sporenmembran, die schliesslich bis zur völligen Auflösung vorschreitet (Taf. 9. Fig. 1—5). Wahrscheinlich dient die gelöste Membran dem Parasiten gleichfalls zur Nahrung. üs ist bereits oben angedeutet worden, dass die Oosporen der von mir eultivirten Saprolegnia und Achlya häufig von einem niederen Mycetozoum be- Noya Acta XLVII. Nr. 4. 26 190 Dr. W. Zopf. (p: 50) fallen und in ihrer ganzen Masse zu Dauersporen dieses Entophyten um- sewandelt wurden. Auch solche in Mycetozoen - Dauersporen umgewandelte Oosporen fielen der Vernichtung nach ganz demselben, eben angeführten Modus anheim. Selbst die grössten oft 20 und mehr Oosporen enthaltenden Oogonien von „AIchlya racemosa wurden von dem Brhizidiomyces so vollständig aufgezehrt, dass nur wenige Oeltröpfehen und körnige Reste ührig blieben (Taf. 9. Fig. 2). Die Sporangien bilden später unmittelbar vor der Schwärmerbildung meist an dem dem Oogonium abgewandten Pole eine Ausstülpung, die sich zu einem eylindrischen Schlauche verlängert (Taf. 9. Fig. 5d, 6). Hat dieser eine gewisse Länge erreicht, so erweitert er sich an der Spitze blasenartig (Tat. 9. Fie. 6a,b), und in diese schnell kugelig werdende Erweiterung wandert das gesammte Plasma des Sporangiums hinein, aber nicht als eontinuirliche Masse, sondern in eimzelnen Portionen, welche die eylindrische Röhre, ähnlich wie bei Myzoeytium proliferum, in einem gewissen Abstande von einander passiren (Tat. 9. Fig. 6b). ‚Jede dieser Portionen, deren gegenseitige Abgrenzung übrigens schon im ursprünglichen Sporangium schwach angedeutet ist (Taf. 9. Fig. 5d, 6a), entspricht offenbar einem späteren Schwärmer. Innerhalb der an der Spitze des Entleerungsschlauches gebildeten Kugelblase aber ist zunächst keine Sonderung (les Plasmas in einzelne Partien wahrzunehmen, die Masse erscheint vielmehr homogen. In dem Maasse aber, als sich die Kugel vergrössert, tritt wiederum eine Abgrenzung der Partieen zu Tage, und wird nach und nach so deutlich, (dass man die einzelnen, sich gegen einander abrundenden, schwach beweglichen Schwärmer wohl unterscheiden kann. Sie rücken, während die Blase sich noch erweitert und so stark vergallertet, dass sie optisch kaum mehr nach- weisbar ist, aus einander, um bald sich gänzlich zu trennen und nach völliger Auflösung der Blase hinweg zu schwärmen. Der ganze Entleerungsprocess, dessen Verlauf ich an mehreren Sporangien eontinuirlich verfolgte (Taf. 9. Fig. 6a—f), spielt sich in wenigen Minuten ab. Aus diesen Beobachtungen wird man ersehen, dass der seinem Mycel nach typisch Rhizidium-artige Pilz in seiner Sporangienfructifieation gewissermassen ein Lagenidium, Myzoeytium oder Pythium vepräsentirt. Es dürfte daher dieses Object einen interessanten Hinweis geben auf bisher unbekannte verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Rhizidiaceen einer- und Ancylisteen und Pythieen andererseits. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 51) 191 Die Dauersporenfruetification zu erhalten ist mir nieht geglückt. Der Pilz ging während hierauf gerichteter längerer Culturversuche zu Grunde, und später habe ich mich vergeblich um erneute Auffindung bemüht. 4. Rhizidium intestinum Schenk.') (Taf. 8. Fig. 1-15.) Das Nährsubstrat dieser Pflanze bilden, wie schon ihr Entdecker Schenk beobachtete ), die Schläuche von Characeen, und zwar Nitella- Arten. Ich selbst fand sie im Herbst in grosser Individuenzahl in Nitella mucronata und flerilis, und zwar stets nur in solchen Zellen, welche bereits abgetödtet und ihres Chlorophyli- sowie Stärke - Inhalts theilweise oder auch ganz beraubt worden waren durch Parasiten, welche den Myzetozoen zu- gehören.2) Hiernach ist offenbar die Existenz des Pilzes mindestens nicht ausschliesslich an einen Parasitismus im strengeren Sinne gebunden, ja er verhält sich, wenn wir von dem Eindringen in die Wirthszelle abseben, durchaus wie ein Saprophyt. Was zunächst den vegetativen Theil anbetrifft, so ist zu betonen, dass derselbe eine ziemlich hohe Ausbildung zeigt, indem er ein relativ grosses, reich verzweigtes Fadensystem (Taf. 8. Fig. 1) bildet nach dem gewöhnlichen, monopodialen Typus. Soweit mir bekannt, existirt keine zweite Rrhizidium-Art, welche bezüglich der Myeelentwiekelung mit Zhizidium intestinum vyivalisiven könnte. Der Umstand jedoch, dass die Zweige höherer Ordnung von ausserordentlicher Dünne und Zartheit erscheinen, daher meist nur bei aufmerksamster Beobachtung bis zu ihren äussersten Enden verfolgbar sind, lässt jenen Charakter oft leicht übersehen. So kommt es, dass auch Schenk das Mycel nur als ein rudimentäres Gebilde zeichnete und beschrieb.>) Man sollte erwarten, dass sich die Myceläste nach allen Seiten hin orientiren, also auch ins Lumen der Zelle hineinragen würden, allein man findet stets alle Myceltheile der Innenseite des Nitellenschlauches angeschmiegt, also in einer Fläche liegend. An allseitig entwiekelten und im diesem Falle im Umriss kreisförmigen Mycelien (Taf. S. Fig. 1) entspringen die Hauptaxen nahezu 1) Ueber das Vorkommen contractiler Zellen im Pflanzenreiche. Würzburg 1858. 2) Diplophysalıs stagnalis Zopf und I. nitellarum {Cienk.). Pilzthiere p. 125. 3) 1. ce. Fie. 1-5, 8, 9. 267 192 Dr. «Wr Zopf: up) an demselben Punkte, nämlieh in unmittelbarer Nähe der subsporangialen An- schwellung (a), und sind radial orientirt; doch kommt es bisweilen vor, dass von der genannten Anschwellung nur ein einziger sich verzweigender Haupt- faden ausgeht; es resultirt dann ein einseitig-ausgebildetes System, dessen Umriss natürlich von der Kreisform abweicht. ‚Jeder, der einen wnbefangenen Vergleich anstellt zwischen dem so schön entwiekelten Fadensystem vorliegender Pflanze und dem mycelialen System eines höheren Phycomyeeten, z. B. eines Mucor Mucedo, wird wohl an der morphologischen Identität beider Produete keinen Augenblick zweifeln können. Aber auch physiologisch ist das Rhizidium-System nichts Anderes, als.ein Mveel. Denn Zrhizidium intestinum kann sich, genau wie jener Mucor, als Saprophyt verhalten. Ich meine daher, dass der Ausdruck „Haustorium“ für das Rhizidienmycel ein durchaus überflüssiger ist, ganz abgesehen davon, (dass er bei Anfängern Unklarheit betreffs des Mycelbegriffs hervorruft, indem er diesen Begriff unnöthigerweise auf Fadensysteme beschränkt, die eine ganz besonders in die Augen fallende Ausdehnung besitzen. Die Fructification tritt in zweierlei Formen auf, nämlich als Sporangien- und als Dauersporen-Fructification. Krstere wurde von Schenk entdeckt und zum grossen Theil correet beschrieben (l. e.), letztere im vergangenen Spätherbst von mir in Nitella mucronata aufgefunden. Die Sporangien stellen kugelige, niedergedrücktkugelige, birnförmige oder querellipsoidische, farblose Behälter von sehr wechselnder Grösse dar (Taf. S. Fig. S—10), (die entwickeltsten, die ich fand, hatten 40 Mikr. im Durchmesser). Sie sind stets nur in der Einzahl vorhanden und nehmen an allseitig entwickelten Mycelien eine centrale Stellung ein (Taf. S. Fig. 1). Ihre Memhran ist häufig verdickt, namentlich an der Basis. Die Communication mit der oft gleichfalls etwas verdiekten Apophyse wird durch einen Porus vermittelt, der an grossen Sporangien deutlich entgegentritt. Sie sitzen dem Mycelsystem nicht unmittelbar auf, sondern sind durch eine Art Apophyse (Taf. s. Fig. la, 4— 14a) von Kugel- oder Birngestalt mit ihm verbunden. Zur Zeit, wo die Schwärmerbildung anhebt, entsteht an dem Sporangium, welches der Nitella- Haut von innen dicht anliegt, eine halsartige Ausstülpung, welche jene Haut durchbohrt und als Ausführungskanal dient (Taf. S. Fig. S, 9h, 10). Die Schwärmer, deren Grösse (5—6 Mikr. diam.) im Vergleich zu anderen Zur Kenntniss der Phuycomyeeten. (p. 58) 195 Rhizidien immerhin eine ansehnliche ist, werden je nach der Grösse der Sporangien zu 2 bis über 100 gebildet. In dem Moment, wo die Scheitel- membran des Ausführungsschlauches vergallertet, drängen sie sich eine nach der anderen durch den meist engen Kanal hindurch (Taf. 8. Fig. 10), und zwar, wie es scheint, nieht herausgetrieben in Folge von @uellung einer Zwischensubstanz oder einer inneren Membranschicht, sondern in Folge ihrer Eigenbewegung. Sie zeigen einen grossen, stark lichtbrechenden hyalinen Kern, mit kleinen Körnchen durchsetztes Plasma und eine sehr entwickelte Cilie von einer Länge, die etwa das sechsfache des Schwärmerdiameters be- trägt und nachgeschleppt wird (Taf. 8. Fig. 11). In dem Momente, wo die Schwärmer den Mündungshals verlassen, treten an ihnen die seit Schenks Untersuchungen bekannten amöboiden Gestaltveränderungen auf. Die- selben sind zwar auch hier auffällig, jedoch nicht in dem Maasse, wie bei Amoebochytrium und Oladochytrium. Ueberdies erstrecken sie sich nur auf den Plasmakörper der Zoospore. Der Kern frei gewordener Schwärmer zeigt nichts von der für Amoebochytrium so charakteristischen Formveränder- lichkeit, er behält immer Kugelgestalt und wird höchstens beim Ausschlüpfen der Zoospore schwach zusammengedrückt. Haben «die amöboiden Bewegungen einige Zeit gedauert, so tritt der Schwärmaet ein, bei welchem die Form des Körpers genau kugelig wird. Die Zoospore jagt bald hin und her, bald zeigt sie mehr hüpfende Bewegungen, dann kommt sie wieder einmal zur kriechenden Bewegungsform zurück, um hierauf wieder zu schwärmen u. s.f. Die hüpfende Bewegung scheint dadurch zu Stande zu kommen, dass sich die Cilie in der Längsrichtung ziemlich contrahirt, sodann ihr freies Ende auf das Substrat heftet und endlich sich mit einem Ruck wieder ausstreckt. Durch diesen Vorgang wird die Spore immer um eine Länge vorwärts geschleudert, die der Länge der Geissel entspricht oder sie um ein weniges übertrifft. Die Schwärmer kommen auf den XNitella-Schläuchen zur Ruhe, um auszukeimen. Sie treiben zunächst einen feinen Keimschlauch durch die Wirthsmembran hindurch (Taf. S. Fig. 2), in ähnlicher Weise wie Lagenidium Rabenhorstii und Myzocytium proliferum. Dieser Keimschlauch schwillt, ins Lumen der Wirthszelle gelangt, zu einem kugeligen Körper auf, der alles Plasma des Schwärmers aufnimmt (Taf. S. Fig. 2b). Die Membran des letz- teren vergallertet frühzeitig, der vom Keimschlauch gebohrte Kanal aber bleibt 194 Dr. W. Zopt. (p. 54) ebenso lange erhalten, als die Wirtlismembran selbst. Oft ist dieselbe an zahlreichen Stellen von solchen Kanälen perforirt. Nach Schenk erfolgt das Eindringen in anderer Weise, nämlich so, dass der Schwärmer als Plasma- körper in die Nitella-Zelle eimkrieche. Der genannte Autor ist zu dieser Ansicht allem Anschein nach dadurch geführt worden, dass die Membran des eingedrungenen Schwärmers unmittelbar nach dem Uebertritt des Plasmas in die Keimkugel dureh Vergallertung schnell verschwindet. Die Keimkugel treibt an dem dem Lumen der Wirthszelle zuge- kehrten Pole sofort einen Mvcelschlauch (Taf. S. Fig. 3m), der aber an seiner Ursprungsstelle eine bauchige Auftreibung (Taf. S. Fig. 3e) erhält. Während der Mycelschlauch sich verlängert und verzweigt, schwillt die Keimkugel zum Sporangium an, wogegen die bauchige Ansatzstelle des Mycels sich zu einer Art Apophvse erweitert, die gegen das Sporangium deutlich ah- geschnürt erscheint. Im jungen Sporangium bemerkt man zunächst in dem Vacuolennetz einen kleinen liehtbrechenden Körper (Kern) (Taf. S. Fig. 3), der sich bald vergrössert (Taf. S. Fig. 4). In dem Maasse, als dem Sporangium vom Myeel Nahrung zugeführt wird, wächst es und vermehrt die Zahl der Kerne (Tat. 8. Fie. 5, 6. 7, S). Letztere stehen unter sich und mit der Wandung durch Plasmastränge oder Platten in Verbindung (Taf. S. Fie. 6,7, 8). Ist hinreichend Plasma vom Mycel zugeführt, so schliesst sich das Sporangium durch eine Querwand gegen die Apophyse ab. Die Kerne vermehren und vergrössern sich, und bald schiekt sich der Behälter zur Schwärmsporen- bildung an (Tat. S. Fig. 9). Nachdem ich mich vier Monate hindurch vergeblich bemüht hatte, die bisher unbekannten Dauersporen der Pflanze nachzuweisen, gelang es mir um die Mitte December, dieselben mit Sicherheit aufzufinden. Von dieser Zeit ab wurden die dauersporenbildenden Individuen in den Nitellen in grösserer Anzahl erzeugt und die Sporangienfruetitication erlosch fast gänzlich. Es konnte festgestellt werden, dass die Entstehungsweise der Dauersporen genau in derselben Weise wie bei den Sporangien stattfindet. Die Keimkugel des eingedrungenen Schwärmers schwillt unmittelbar, nachdem sie die Apophyse mit den von ihr ausgehenden Mycelfäden getrieben, zu einem kugeligen oder quer-ellipsoidischen Körper an, der seiner ganzen Masse nach zur Dauerspore wird. Es findet also bei dieser Pflanze nicht eine Differenzirung von Oogon Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 55) 195 und Oospore statt. Der Dauersporenbildungsprocess verläuft mithin in der nämlichen Weise wie bei Rhizidium mycophilum !). Die Dauerspore (Taf. 8. Fig. 14, 15) erhält eine dieke zweischichtige Membran und einen Inhalt, der aus groben Körnern besteht. Das gelbliche Exosporium erscheint mit kurzen farblosen Stacheln bedeckt (Taf. $. Fig. 15). Dass diese Dauersporen wirklich der vorliegenden Pflanze und nicht etwa einem fremden Organismus angehören, beweist schon ausser dem Umstand, dass die Mycelhildung ganz die nämliche charakteristische der Sporangienpflanzen ist, die Thatsache, dass die so eieen- thümliche Apophyse ganz in der nämlichen Form und Ausbildung vorhanden ist, wie bei den Sporangien. Der Hauptbeweis liegt aber in der Auskeimung der Sporen. Indem ich die von dem Pilze bewohnten Nitellen den December hindurch im Warmhaus hielt, erreichte ich dieselbe in schönster Weise. Sie geschieht in dem Wege, dass ein dicker polarer oder lateraler Entleerungs- schlaueh dureh die Nitellenmembran getrieben wird, durch den die unterdess gebildeten Schwärmer ins Wasser gelangen. Letztere zeigen von den Spo- ‚angienschwärmern keinerlei Abweichung. Auch die Art der Entleerung stimmt mit der der Schwärmsporenbehälter überein. 5. Rhizidium bulligerum ’’) Zopf. (Taf. 7. Fig. 5—8.) Die vorliegende Species ist ein Spirogyren-Bewohner, Sie lebt in Spirogyra crassa und betällt sowohl die vegetativen Zellen, namentlich wenn sie bereits abgetödtet und ihres Inhaltes beraubt sind, als auch solche Zellen, (deren Inhalt bereits zur Zygotenbildung verwandt wurde, verschont aber die ie} Zygoten selbst. Aus jener Beobachtung geht hervor, dass die Lebensweise dieses Endophyten mit derjenigen von Rhizidium intestinum Schenk im We- !) Vergl. Nowakowski, Beiträge zur Kenntniss der Chytridiaceen, in Cohn Beitr. LI. p: 73. Nebenbei sei bemerkt, dass mit den Sporangienpflanzen des Arhizidium intestinum bis- weilen gleichzeitig andere Rhizidiumpflanzen mit Dauersporen auftreten, die ich sogar sehr häufig antraf, und die man bei flüchtiger Betrachtung für Dauersporenexemplare unserer Pflanze halten könnte. Allein ganz abgesehen davon, dass sie viel klemer sind, als die Dauerzustände von Rlnzidium intestinum, zeigen sie keine Sculptur des Epispors, sind ausserdem bräunlich gefärbt und besitzen nie die charakteristische Apophyse und das entwickelte Mycel jenes Endophyten. Sie gehören dem Alhrzidium Cienkowskianum an. 5) 2) Von bulla —= Knopf und gerere — tragen. 196 Dr.Wer Aopf. p.56) sentlichen übereinstimmt, ein strenger Parasitismus also in der Regel nicht eingehalten wird. Charakteristisch für diese, mir nur in der sporangientragenden Gene- ration bekannt gewordene Art erscheint das Verhalten der Schwärmspore bei der Keimung. Nachdem sie sich nämlich auf die Spirogyrenmembran gesetzt, diese durchbohrt und die zum Sporangium heranwachsende Keimkugel (Taf. 7. Fig. Ssp.) gebildet hat, geht sie nicht, wie bei anderen endophyten Rhizidien, zu Grunde, sondern vergrössert sich vielmehr zu einer knopf- oder eiförmigen Anschwellung, die den Trerminaltheil des Sporangiums bildet (Taf. %. Fig. 5, 6, 7, Sa), später als Entleerunesorgan fungirend. Die Keimkugel (Taf. 7. Fig. Ssp.) treibt einen einzigen Keimschlauch, der sich gewöhnlich dicht unter dem Sporangium verzweigt (Taf. 7. Fig. 5, S) und ein allseitig entwickeltes Mycel bildet, dessen Zweige bald an der Ursprungsstelle stark erweitert und sehr lang werden (Taf. 7. Fig. 6), bald kurz und fein bleiben (Taf.7. Fig. 7,S). Sie haben eine Fähigkeit, welche anderen Rhizidien fehlt, nämlich die Scheidewände der Wirthszelle zu durehbohren und in die Nachbar- zellen hineinzuwachsen, wo sie sich gleichfalls verästeln (Tat. 7. Fig. 6). Die Sporangien sind genau kugelig, von schwankender Grösse, und bilden, wenn sie besondere Dimensionen erreichen, 30—40 Sehwärmer von der ge- wöhnlichen Beschaffenheit. 6. Rhizidium Cienkowskianum Zopt. (Taf. 6. Fig. 14—24; Taf 7. Fig. 1-4.) Man findet dieses Rhizidium häufig in den Zellen von Oladophora- Arten vom Frühjahr bis in den Winter hinein. Bezeichnend ist das heerden- weise Auftreten der Individuen (Taf. 6. Fig. 14). Mitunter werden die Wirths- zellen förmlieh von ihnen angefüllt, so dass man in einer einzigen nicht selten mehr als hundert dieser parasitischen Pflänzchen zählen kann. Die Nährzellen sind indessen meistens schon vor der Einwanderung des Rhizidiums abgetödtet; überdies wandern in solche Cladophoratheile, welche bereits von zahlreichen Individuen des Pilzes ihres Chlorophylis, ihrer Stärke und ihres Plasmas mehr oder minder vollständig beraubt sind, immer noch neue Pflänzchen ein. Ein allezeit streng parasitischer Charakter wird also hier ebenso vermisst, wie bei Rhizidium intestinum Schenk. Zur Kenntniss der P’hycomyeeten. (p. 5%) 197 Es wurde der obige Name gewählt, weil der Pilz nach meinem Datfür- halten identisch ist mit dem Rhözidium Confervae glomeratae Cienkowski's!), der eine ziemlich genaue Entwickelungsgeschichte der schwärmsporenbildenden (Generation lieferte. In meinen Culturen, die ich vom Sommer bis in den Winter hinein unterhielt, traten anfangs nur Zoosporen erzeugende Individuen auf, später, zu Anfang des Herbstes, gleichzeitig auch die bisher unbekannten, Dauerzustände produeirenden Pflänzchen, während schliesslich, Ende November, nur noch die letzteren zu finden waren. Die winzigen, 3—5 Mikr. messenden, mit grossem, stark lichtbrechendem, hyalinem Keru und langer nachschleppender Cilie versehenen Zoosporen, (lie beim Schwärmen kugelig, sonst amöboid erscheinen, dringen nach genau dem- selben Modus in den Nährorganismus ein, wie die Schwärmer von Rhizidium intestinum (Taf. 6. Fig. 15a—d). Schon Cienkowski zeigte, dass die mit _ Haut umgebene Schwärmspore einen feinen, kurzen Perforationsschlauch durch die Wirthsmembran treibt, der an seiner Spitze zu einer das Plasma und den Kern des Schwärmers aufnehmenden Kugel anschwillt, welche sofort einen oder, was der gewöhnlichere Fall ist, mehrere (bis fünf) Keimschläuche ins Zelllumen sendet (vergleiche die Entwickelungsreihe a—d in 'l’af. 6. Fig. 15). In dem letzteren Punkte weicht Rhizidium Cienkowskianım von Bhizidium intestinum und Rhizidium bulligerum wesentlich ab. Während das Austreiben der Keimschläuche geschieht, vergallertet die entleerte Schwärmsporenhaut sammt ihrem Perforationsschlauche und verschwindet bald ganz (Taf. 6. Fig. 15.d). Von den Keimschläuchen, die sich bald zum Mycel (Taf. 6. Fig. 16) verzweigen, ernährt, wächst die Keimkugel schnell zum jungen Sporangium heran (Taf. 6. Fig. 16). Es sei hier noch bemerkt, dass in Ausnahmefällen der aussenliegende Schwärmer sammt dem Perforationsschlauch erhalten bleibt und beide sich erweitern (Taf. 6. Fig. 17). Die Mycelschläuche zeigen im Gegensatz zu Rhizidium intestinum in der Regel keine Anschwellung an ihrem Basaltheile, doch kann man unter Hunderten von Pflanzen auch hier und da einmal eine Ausnahme beobachten, und es kommt vor, dass ein Schlauch gelegentlich eine zweifache Anschwellung an jener Stelle erhält (Taf. 6. Fig. 17, bei e). Das Mycel entwickelt sich meistens 1) Ueber Alrzidium Confervae glomeratae. Bot. Zeit. 1858, pag 233. Tab. V. Fig. 1—6. Noya Acta XLVO. Nr. 4. 27 195 Dr. W. Zopf. (p. 38) allseitie (Taf. 6. Fig. 18), indessen nicht in der Vollkommenheit, wie bei Rhizidium intestinum, was schon in den geringeren Raumverhältnissen begründet liegt: zudem trägt es einen mehr sparrigen Charakter (Taf. 6. Fig. 15). Die Endverzweigungen erscheinen von solcher Feinheit, dass sie leicht iibersehen werden können und ohne aufhellende oder färbende Reagentien sehwer verfolebar sind. Dieser Umstand macht es erklärlich, dass die Mycelien in den eitirten Cienkowski’schen Zeiehnungen zu rudimentär ausgefallen sind. Selten nur treten im Verlaufe der Myeelfäden plötzliche bauchige Er- weiterungen auf (Taf. 6. Fig. 17e). Das junge Sporangium schwillt bald zu einer 5—25 Mikr. im Durchmesser haltenden Kugel oder Birne auf (Taf. 6. Fig. 19-23). Im Inhalt treten zunächst grössere und kleinere stark licht- breehende, wahrscheinlich aus Kernsubstanz bestehende Körperchen auf (Tat. 6. Fig. 18), welche zu grösseren zusammenfliessen, um die sich (dann das Plasma zur Schwärmsporenbildung sammelt (Taf. 6. Fig. 23). Die Zahl der Zoosporen beträgt je nach der Grösse des Sporangiums 4830, selten mehr. Zur Zeit ihrer Anlage entwickelt das Sporangium einen Ent- leerungsschlauch, dessen Länge und Weite je nach den Individuen mehrfach varürt (Taf. 6. Fig. 19—23). Er durchbohrt die Wirthszelle und ragt oft weit ins Wasser hinein (Taf. 6. Fig. 19), bald gerade ausgestreckt, bald aufs Unregelmässigste gekrümmt (Taf. 6. Fig. 19, 20). Aus seiner durch Ver- eallertung sich öffnenden Spitze treten die Schwärmer einer nach dem andern aus, die Cilie nachziehend. Eine erkennbare Zwischensubstanz ist nicht vor- handen. Solehe Individuen, bei denen Schwärmspore und Perforationsschlauch erhalten blieben (Taf. 6. Fig. 17), bilden keinen besonderen Entleerungs- schlauch, sondern der aus genannten beiden Klementen gebildete Apparat übernimmt die Function desselben. Die Entwiekelung der Dauersporenpflanzen (Tat. 6. Fig. 24: Tat. 7. Fig. 2, 3) erfolgt nach «demselben Modus, wie bei den Sporangien- tragenden. Von der zur Dauerspore bestimmten Keimkugel gehen Keim- schläuche gleichfalls bald nur in der Einzahl (Taf. %. Fig. 2, 3), bald in der Mehrzahl (Taf. 6. Fig. 24) aus, um sich in derselben Weise zu verzweigen, wie oben gezeigt. Die grösseren und kleineren stark lichtbrechenden Körper (Kernsubstanz?), welche anfangs den plasmatischen Inhalt der jungen Dauer- spore durchsetzen, fliessen später zu einem grossen fast das ganze Lumen nn Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 59) 199 ausfüllenden Tropfen zusammen (Taf. 7. Fig. 2,3). Hierauf verdiekt sich die Membran und nimmt eine schwach gelbbraune Färbung an. In Bezug auf den Durchmesser variiren die stets kugeligen Dauersporen innerhalb derselben Grenzen, wie die Sporangien. 7. Rhizidium Fusus Zopt. (Taf. 7. Fie. 9-13.) Mit diesem Pilze wird die Zahl der oben (unter Ketrogella Bacillariarum) angeführten Diatomeenfeinde um einen vermehrt. Ich beobachtete ihn in denselben Culturen, in denen ich die Eetrogella züchtete, und zwar in der nämlichen grossen Synedra-Species, in welcher die letztere auftrat. Der geringe Procentsatz von Individuen, der von der Eetrogella verschont blieb, war es, der dem Rhizidium Fusus zum Opfer fiel, so dass in jenen Culturen sämmtliche grosse Synedren durch Schmarotzer getödtet wurden. Da die Entwickelungsweise im Wesentlichen dieselbe ist, wie bei anderen Rhizidien, so kann ich mich kurz fassen. Nachdem der Schwärmer dureh die Kieselmembran seinen Keimschlauch getrieben, wird jener selbst zum Sporangium. Dasselbe ist durch die schlanke, spindelige Form aus- gezeichnet (Taf. 7. Fig. 9—12). Es bildet weder einen Deckel noch einen besonderen Entleerungsschlauch, sondern die Schwärmer treten durch die ver- gallertende Spitze aus. Der Keimschlauch dringt zunächst senkrecht zur Längsachse der Synedrazelle ein, biegt sich dann um und verlängert sich zu einem meist die ganze Wirthszelle durchziehenden Mycelschlauch (Taf. 7. Fig. 9, 10 bei A). Gewöhnlich wird ein grosser Seitenzweig getrieben (Taf. 7. Fig. 9, 10 B), der sich bis ans andere Ende der Wirthszelle verlängert. Hauptfaden und Seitenzweig entwickeln Aeste in bald grösserer, bald geringerer Anzahl und unregelmässiger Anordnung (Taf. 7. Fig. 9). Die Wirkung des Parasiten besteht darin, dass die Chlorophoren al- mählich zu sich goldgelb bis gelbbraun färbenden Ballen contrahirt und Zell- kern und Plasma gänzlich aufgezehrt werden. Ist die Contraction der Chlorophorenplatten erst erfolgt, so tritt das früher kaum wahrnehmbare zarte Mycel, das durch Behandlung mit Chlorzinkjodlösung noch klarer zur Anschauung gebracht wird, schon ziemlich deutlich hervor. 27* 200 Dr. W. Zopf. (p. 60) 8. Rhizidium carpophilum Zopt. (Taf. 9. Fig. S-16.) Bezüglich seiner Lebensweise schliesst sich (dieses Rhizidium an Ihizidiomyces apophysatus an. Es theilt nämlich mit letzterem die Eigen- thiimlichkeit, m den Oogonien von Saprolegnieen (Saprolegnia ferax, astero- phora, Achyla polyandra ete.) zu schmarotzen, in die Oosporen einzu- dringen und Inhalt wie Membran derselben aufzuzehren. Vermöge seiner auffallenden Vermehrungstfähigkeit und seiner stets tödtlichen Wirkungs- weise richtet er in den Culturen grossen Schaden an. Nach einiger Zeit der Züchtung findet man gewöhnlich fast alle Oogonien mit dem Parasiten be- haftet. Er scheint nicht selten zu sein, denn ich hatte schon wiederholt (Gelegenheit, ihn spontan auftreten zu sehen, einmal sogar in Gesellschaft des, wie wir sahen, nicht minder gefährlichen Rrhizidiomyces apophysatus. Mit letzterem hat er auch morphologisch eine gewisse Aehnlichkeit, die bei tlüchtiger Beobachtung des Pilzes leicht zu einer Verwechselung führen kann. Was den Entwiekelungsgang der Sporangien-tragenden Pflanze an- langt, so wollen wir denselben wiederum von der Schwärmspore aus verfolgen. Die sehr kleine, 4—5 Mikr. messende, vom Blhizidiomyces sehr ab- weichende Schwärmspore (Taf. 9. Fig. 13s, 16) zeigt Kugel- oder Ellipsoid- form, besitzt einen grossen, farblosen, excentrischen Kern und eine sehr lange Cilie, die bei der Bewegung nachgeschleppt wird. Der Plasmakörper ist nur sehr schwach amöboid. Es kommt vor, dass die aus dem Sporangium aus- getretenen Schwärmer cilienlos, also bewegungslos sind; sie zeigen in diesem Falle zur Seite des Kernes zwei unregelmässige, schwach lichtbrechende Körperchen (Tat. 9. Fig. 138). In Freiheit gesetzt wandern die Schwärmer nach den Oogonien hin und setzen sich hier zu wenigen bis vielen fest (Taf. 9. Fig. 12a, b, 8). Sie treiben sodann einen feinen Mycelschlauch dureh die Oogonium-Membran und wachsen auf die Oosporen zu, deren Membran sie an einer beliebigen Stelle gleichfalls durchbohren und in deren Inhalt sie sich im Vergleich zu Rhizidiomyces spärlich verzweigen (Taf. 9. Fig. 5, 9). Schon sehr kurze Zeit nach erfolgtem Eindringen zeigt die Oospore auffallende Veränderungen, namentlich dann, wenn mehrere Schwärmer gleichzeitig ein und dieselbe Spore hefielen (Taf. 9. Fig. S, 9, 10). Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 61) 201 Der Kern der Oospore verschwindet, der dieht körnige Inhalt wird matt und verliert an Körnchenzahl, die Membran, vorher diek, deutlich doppelt eontouirt und dunkel, quillt auf und erhält so gleichfalls ein mattes Ansehen (Taf. 9. Fig. 9). Der ursprüngliche Schwärmer erhält durch das zarte Mycel so reichlich Nahrung, dass er sich bald stark vergrössert und sein fettreicher Kern immer mehr wächst. Der Sporeninhalt wird während dessen bis auf einige Körnchen gänzlich aufgezehrt, die Membran quillt und verschwindet schliesslich ganz. (Siehe bezüglich dieser Vorgänge Taf. 9. Fig. S, 10, 15). Die Oogonien werden gleichzeitig oder successiv von mehreren bis vielen Schwärmern befallen (Taf. 9. Fig. 8, 12, 15), und ich habe häufig Exemplare getroffen, die mit mehr als hundert Individuen besetzt waren, so dass an der Oberfläche des Oogons kaum noch eine freie Stelle sesehen werden konnte. Die Oogonien machen in diesem Falle den Eindruck, wie ein Ball, der ganz dieht mit diekköpfigen Nadeln besteekt ist. ‚Je nachdem die Parasiten sich ungefähr gleichzeitig oder nach einander ansiedelten, haben sie ungefähr gleiche (Tat. 9. Fig. S) oder sehr verschiedene Grösse (Taf. 9. Fig. 12). Treten die Schmarotzer successive in das Nährorgan ein, so werden die Sporen nach einander vernichtet (Taf. 9. Fig. S): treten sie gleichzeitig heran, so ist auch die Zerstörung der Sporen eine gleichzeitige (Taf. 9. Fig. 15). Bisweilen kommt es vor, dass das Oogon schon den Parasiten anheim- fällt, bevor sich die Oosphären differenzirten. Dann contrahirt sich der ge- sammte Inhalt des Oogons zu einem rundlichen fettreichen Ballen (Taf. 9. Fig. 12, 13), und schliesslich wird auch dieser bis auf einige körnige Reste ganz aufgezehrt. Der ursprüngliche Sehwärmer vergrössert sich durch fortgesetzte Nahrungszufuhr zum Sporangium. Eigenthümlich ist das Verhalten des fett- reichen, meist excentrisch gelagerten Kerns. Er vergrössert sich nämlich zuerst bis zu einem gewissen Punkte (Taf. 9. Fig. 10, 11), dann nimmt er in dem Maasse an Grösse ab, als sich in seiner Umgebung eine Anzahl kleinerer Fettkugeln bildet (Taf. 9. Fig. 11h), weiterhin sieht man das ganze Sporangium von einer ziemlichen Anzahl ungleich grosser Fettkugeln erfüllt (Taf. 9. Fig. 12 b,e,d). Schliesslich werden diese ganz gleich und stellen nun die Kerne der Schwärmsporen dar (Taf. 9. Fig. 12d, 13). Nach diesem 202 Dr WnZ20p., 0282) in jedem Sporangium sich wiederholenden Vorgange scheint es, als ob aus dem Material des grossen Kernes sich immer kleiner werdende Kerne bildeten, und ich glaube, dass man diesen Vorgang in der That so auffassen darf. Die übrigens selten über 20 Mikr. im Durchmesser haltenden Sporangien behalten ihre anfängliche Kugelgestalt bis zum Abschluss ihrer Entwickelung bei (Taf. 9. Fig. 13). Um die Kerne, deren Zahl je nach der Grösse der Individuen von 2—40 schwankt, bilden sich die Zoosporen. Nachdem ein polarer "Theil der Sporangienhaut vergallertet ist, drängen sich die Schwärmer einzeln durch die Oetfnung (Taf. 9. Fig. 13. 16), ihre Cilie nachschleppend. 9. Rhizidium sphaerocarpum Zopf. (Taf. Ss. Fig. 16 —27. Die mit einem stark liehtbrechenden Oeltropfen und einer sehr langen nachschleppenden Cilie ausgerüsteten Schwärmer erscheinen im Moment des Ausschlüptens kugelig (Taf. Ss. Fie. 22a), zeigen aber hernach amöboide Gestaltveränderungen (Taf. S. Fig. 225) und ziehen ihre Cilie bald ein, bald aus. Die Bewegung ist die bekannte hüpfende. Zur Ruhe gekommen dringt die Zoospore in Spirogyren oder Mongeotien, Oedogonien und andere fädige Algen ein, indem sie einen haarartig dünnen Mycelschlauch durch die Wirths- membran sendet, der nach den Chlorophylikörpern der vegetativen Zellen oder nach der Zygote hinwächst (Taf. S. Fig. 16), die Haut auch dieser letzteren durchbohrend. Dieser Mycelschlauch, der später meist kleine Verzweigungen zeigt, führt der Schwärmspore so viel Nahrung zu, dass dieselbe aufschwillt und ihren stark lichtbrechenden Kern vergrössert (Tat. Ss. Fig. 17). An Stelle des einen Kerns treten bald einige, später, während der Schwärmsporenkörper zum Sporangium aufschwillt, mehrere bis viele Kerne auf, um die sich das Plasma zur Zoosporenbildung sammelt (Taf. S. Fig. 15). Das Sporangium ditferenzirt seine Haut in eine äussere, derbere und in eine innere, zarte. Ein calottenfürmiges terminales Stück des ersteren vergallertet bei der Reife, und die zarte Innenhaut stülpt sich in Bruchsackform aus (Taf. S. Fig. 19, 20, 21). Letzteres ist eine Folge von @Quellung der Zwischensubstanz, in welche die Sehwärmer eingebettet liegen. In dem Moment, wo die ausgetretene Blase nahezu die Grösse des Sporangiums erreicht hat, zerfliesst ihre zarte Hülle unter der Berührung mit dem Wasser. Ein grosses Sporangium, wie das in Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 63) 203 Taf. S. Fig. 15—22 abgebildete, umschliesst eirea 40 Schwärmer, während kleine Formen nur wenige derselben ausbilden (Taf. 8. Fie. 27). Nach Beendigung des Schwärmaets können die Zoosporen wiederum in dieselbe Zelle eindringen, welche schon die Mutterpflanze bewohnte, gewöhnlich jedoch suchen sie sich eine andere Nährzelle aus. Fast durchweg ist es Regel, dass mehrere Schwärmer, ich habe bis 12 gezählt, gleichzeitig ein und dieselbe Algenzelle befallen, so dass letztere nach dem Eindringen und der Bildung (des Myvcelschlauches wie mit Stecknadeln besteckt erscheint, ähnlich einem Nadelkissen. Im Mai und Anfang ‚Juni wurden immer nur Schwärmsporangien pro- dueirende Pflanzen erzeugt; um die Mitte dieses Monats treten Schwärm- sporangien und Dauersporen gleichzeitig auf, während es im Anfang des Juli nur noch selten gelang, ein Sporangium anzutreffen; dafür erschien aber die Dauersporenbildung desto häufiger. Von Mitte Juli aber wurden nur noch Dauersporenpflänzchen bemerkt. Bezüglich ihrer Entstehungsweise stimmen sie mit den Sporangien produeirenden Pflänzchen überein. Die Dauersporen zeigen anfangs einen, dann zwei und bald mehrere Kerne, die schliesslich zu einem einzigen grossen, gewöhnlich excentrisch gelagerten, zusammenfliessen (Taf. S. Fig. 23—26). Die Form der Dauersporen ist genau kugelig, wie (die der Sporangien, ihre Membran etwas dicker, aber gleichfalls hyalin. Da- für, dass die beschriebenen Dauersporen, deren Keimung nicht beobachtet werden konnte, wirklich zu der vorliegenden Species und nicht zu einem anderen Pilze gehören, spricht erstens die Gleichartigkeit im Charakter des Mycel- rudiments, zweitens das gleiche parasitische Verhalten zu der Wirthszelle und (las gemeinsame Vorkommen, drittens die mit der Sporangienform identische Entstehungsweise aus der Schwärmspore, viertens die mit der Sporangien- form übereinstimmende Gestaltung der Dauerspore und endlich fünftens das angegebene Successionsverhältniss von Sporangien- und Dauersporenfrueti- tieation. 10. Rhizidium appendiculatum Zopt. (Taf. 9. Fig. 17—27.) s tritt alljährlich im ersten Frühlmg in Gräben verschiedener Locali- täten der Umgegend Berlins auf und ruft daselbst regelmässig Epidemieen 204 Dr. W. Zopf. (p. 64) hervor unter den Pflanzen einer Palmellacee aus der Gattung Ohlamydomonas. Die Wirthspflanze, welche sich nieht näher bestimmen liess, bildet Kleinere oder grössere diekwandige, lebhaft grün gefärbte Dauersporen, deren Inhalt sich in 1—4 ellipsoidische zweicilige Schwärmer umbildet, während dessen die dieke Zellwand einem almählichen Vergallertungsprocess unterliegt. Dem Parasiten dienten nun nicht bloss jene Dauerzustände als Substrat, sondern auch die aus ihnen hervorgehenden Zoosporen, nicht sowohl in dem Zustande, wo sie noch regungslos der vergallerteten Mutterzellhaut eingebettet liegen, als auch in demjenigen, der dem Schwärmacte folgt. Im Schwärm- stadium selbst habe ieh die Alge niemals mit dem Schmarotzer behaftet ge- funden, obwohl diese Erscheinung bei dem nahe verwandten Rhizidium api- eulatum (A. Br.) nach Brauns und eigenen Beobachtungen häufig vorzu- kommen pflegt. Wie hei allen durch Rhizidien hervorgerufenen Krankheiten ist auch hier der Ausgang ein absolut tödtlicher. Es wurde an den betreffenden Fund- stätten eine ungemessene Zahl, namentlich von Dauersporen vernichtet, und ich hatte schliesslich, nachdem der Pilz mehrere Wochen hindurch an den erwähnten Localitäten eine üppige Vermehrung eingegangen war, mitunter sogar Mühe, unter dem reich zu Gebote stehenden Materiale noch nicht infi- eirte Individuen aufzufinden. Durch diese weitgreifende Vernichtung stellt sich der Parasit dem 3r.) und dem Rhizidium algaecolum, von denen Rhizidium apiculatum (A. 1 ersteres einen Grloeococcus, letzteres namentlich Spirogyren schwer schädigt, durchaus ebenbürtig an die Seite. Was die äusseren Gestaltungsverhältnisse betrifft, so ahmen die ent- wickelten Sporangien und Dauerzustände die Form eines Kochfläschehens mit bald längerem, bald kürzerem Halse nach (Taf. 9. Fig. 22, 24, 25, 26), und hierin schon liegt ein Merkmal, das eine leichte Unterscheidbarkeit von anderen Rhizidien ermöglicht, wenigstens solcher, die einzellige Algen bewohnen. Viel charakteristischer aber noch erscheint der Umstand, dass der Hals dieser Fläschehen fast durchweg mit je einem eigenthümlichen An- hängsel geziert ist, das, von kugeliger, selten eiartiger oder ellipsoidischer Form, dureh einen feinen, kurzen Isthmus mit dem Halse in Verbindung steht (Taf. 9. Fig. 175, 22a, 23s). Dieser auf den ersten Blick so räthselhatft Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 65) 205 erscheinende, aber durch die Entwickelungsgeschichte leicht erklärbare Appendix, der, wie eine auf viele Hunderte von Individuen ausgedehnte Prüfung ergab, nur ausnahmsweise zu fehlen scheint, wird, so weit meine Kenntniss reicht, bei anderen Rhizidien niemals angetroffen und auch innerhalb der übrigen Chytridiaceengattungen stets vermisst. Das Fläschehen, das der Nährzelle, mag diese nun zum Schwärmer bestimmt oder Dauerspore sein, mehr oder minder dicht aufsitzt, entsendet in den Inhalt der Wirthszelle hinein einen Mycelschlauch (Tat. 9. Fig. 18m, 23 m, 24m, 25m). Derselbe ist so zart und feinfädig, dass seine Existenz auf den ersten Blick, namentlich bei Anwendung schwacher Vergrösserungen, übersehen werden kann. An seiner oberen, d.h. derjenigen Region, welche der Insertions- stelle am Fläschehen zunächst liegt, erscheint er immer noch am dicksten und deutlichsten (meist von evlindrischer Form oder spindelig aufgetrieben), (Taf. 9. Fig. 23), namentlich dann, wenn die Membran der Algenspore sich bereits im Stadium starker Quellung befindet, was nach Abtödtung der Pflanze durch den Parasiten fast immer der Fall ist. Auch Anwendung von Aetzkali macht den oberen Theil des Mycelschlauches sehr deutlich. Die Feststellung des weiteren Verlaufes im Inhalt der Algenzelle aber und die Beantwortung der Frage, ob er einfach bleibe, oder nach Art anderer Rhizidien sich verzweige, lässt sich unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht feststellen, da der Inhalt der Nähr- zellen ziemlich dieht und grobkörnig erscheint und Extraction des Chlorophylls sowohl als Authellung durch die bekannten Mittel meist nieht den gewünschten Aufschluss geben. Ich wählte daher schliesslich das naheliegende Auskunftsmittel, dass ich Chlamydomonas-Zellen aufsuchte, deren Inhalt so weit durch den Parasiten aufgezehrt war, dass nur noch die vollkommen durchsichtige Gallerthülle übrig geblieben war (Taf. 9. Fig. 23). Solche Objeete liessen aufs Klarste erkennen, dass der Mycelschlauch ein winziges Verzweigungssystem darstellt mit un- regelmässigen und, im Gegensatz zu anderen Rhizidien, den Raumverhältnissen entsprechend sehr kurzen und unregelmässig gekrimmten Zweiglein von grosser Zartheit und Feinheit (Taf. 9. Fig. 23 m). Die Fläschchen, welche im entwickelten Zustande in Bezug auf ihre Dimensionen nicht unbedeutend variiren (die grössten maassen 14 Mikr. in der Höhe, 11 Mikr. in der Breite), fungiren in der ersten Lebensperiode des Pilzes Nova Acta XLVII. Nr. 4. 28 206 Dr. W. Zopf. (p. 66) sämmtlieh als Sporangien. ‚Je nach ihren Grössenverhältnissen bilden sie zahlreiche (20-30) oder nur wenige Schwärmer (Taf. 9. Fig. 24b). Die Ent- leerung derselben erfolgt, wenn die Scheitelregion des Halses vollständig ver- gallertet ist (Taf. 9. Fig. 24, 25). Die Schwärmer (Taf. 9. Fig. 24c) erscheinen von rundlicher Form, sind schwach amöboid und mit einer Cilie versehen, welche bei der Bewegung nachgeschleppt wird. Der stark liehtbrechende Kern wird nicht vermisst. Sie kommen an Chlamydomonas-Sporen oder den aus (diesen ausgeschlüpften, aber nieht mehr schwärmenden Zoosporen zur Ruhe (Taf. 9. Fig. 17s) und keimen aus. Während aber bei anderen Rhizidien die Auskeimung aller Schwärmer stets nach derselben Regel erfolgt, kann sie bei der vorliegenden Art in zwei Modificationen auftreten. Der eine Modus (Taf. 9. Fig. 17s‘, Fig. 24a), dem der grösste Procentsatz der Schwärmer zu folgen pflegt, charakterisirt sich dadurch, dass (die auf der Algenmembran zur Ruhe gekommene Schwärmzelle einen eben so kurzen als feinen Keimtubus (Taf. 9. Fig. 17t) treibt, der an seiner Spitze aufschwillt. Diese Anschwellung, die alles Plasma des Schwärmers aufnimmt, wächst nun in einer Richtung, welche zu dem Tubus etwa senkrecht steht, nach zwei Seiten hin (Taf. 9. Fig. 17sp), zwar so, dass das Wachsthum nach der Seite des Algeninhalts zu vorwiegt. So entsteht ein eylindrischer oder keulenfermiger Körper, das junge Sporangium (Taf. 9. Fig. 17sp), mit dem die entleerte Schwärmsporenhaut durch den Isthmus lebenslang, ohne zu vergallerten, verbunden bleibt, um jenen auffälligen, bei keinem anderen mir hekannten Rhizidium vorkommenden Appendix darzustellen, der höchstens erst nach der Entleerung der Sporangien mit letzteren durch almähliche Ver- sallertung aufgelöst wird. Das junge eylindrische oder keulige Sporangium treibt nun einen Mycelschlauch (m) in die Inhaltsmasse der Wirthszelle hinein (Taf. 9. Fig. 24a). Der Mycelschlauch ist also nicht, wie bei den epiphyten Rhizidien, ein unmittelbares Erzeugniss der Schwärmerkeimung, sondern wie bei den übrigen Entophyten, z. B. Rhizidium bulligerum, ein secundäres Product. Der zweite Keimungs-Modus, den ich hin und wieder beobachtete, besteht darin, dass die Bildung eines feinen Keimtubus unterhleibt, indem die Schwärmspore sofort eine breite, zum Sporangium werdende, eylindrische oder keulige Ausstülpung treibt (Taf. 9. Fig. 27a). Auf diesem Wege entstandene Zur Kenntniss der Phycomyceeten. (p. 6%) 207 Sporangieni sind sofort daran zu erkennen, dass ihr Hals unterhalb der Spitze eine Einschnürung zeigt (Taf. 9. Fig. 27a). Die Schwärmspore bildet in diesem Falle den terminalen, oft etwas aus der Achse gerickten Endtheil des Sporangiums, tritt also nicht als ein seitlicher kugeliger Appendix auf. Aus diesen Darlegungen über die Keimung und die Entwickelungsweise des Sporangiums hebe ich noch das bemerkenswerthe Moment hervor, dass der Halstheil des letzteren im Vergleich zu Rhizidium intestinum Schenk und Rthizidium Cienkowskianum nicht ein secundäres Produet darstellt, welches erst nach der Anlage des Sporangiums im engeren Sinne, und zwar zur Zeit der Schwärmerbildung, entwiekelt wird, sondern vielmehr als ein primäres Pro- duct, als das unmittelbarste Keimungsproduct der Zoospore erscheint. Die Entstehungsweise des Halses ist also in ihrer Art eben so eigenthümlich wie diejenige der Sporangien von Amoebochytrium, und wenn die vorliegende Art nicht in allen sonstigen morphologischen Eigenschaften mit ächten Rhizidien vollkommene Uebereinstimmung zeigte, so würde es angezeigt sein, sie als ein besonderes Subgenus von der Gattung Rhizidium abzutrennen. Durch eine längere Züchtung wurden auch die Dauerzustände des Pilzes gewonnen (Taf. 9. Fig. 26). Da sie in Bezug auf Entstehungsweise mit den Sporangien übereinstimmen, so fehlt ihnen auch der charakteristische seitliche Appendix, die Schwärmerhaut (Taf. 9. Fig. 26b), in der Regel nicht, so dass sie mit Dauersporen anderer Rhizidien nicht verwechselt werden können. In Grösse und Form den Sporangien gleichend, unterscheiden sie sich von diesen nur dureh die stärker verdickte, übrigens ungefärbt bleibende Wandung und durch ihren Inhalt. Die Keimung der Dauersporen war leider nieht zu erzielen. 11. Rhizidium apiculatum (A. Br.). (Taf. 10. Fig. 21—31.) Wie bereits A. Braun entdeckte, tritt diese Pflanze in endophytische Beziehungen zu einer von Braun als (rloeococcus mucosus bezeichneten Pal- mellacee.!) Ich habe den Parasiten eine Reihe von Jahren hindurch jedes Frühjahr beobachtet in Teichen zwischen Berlin und Schöneberg, zuletzt auch in Pommern, wo er gewöhnlich im Februar und im März erschien, oft sogar 1) Abhandlungen der Berl. Akademie 1855. 208 Dr. W. Zopf. (p. 68) noch unter der Eisdecke, aber nach vierzehn Tagen bis drei Wochen ge- wöhnlieh wieder verschwunden war. /wei Momente machen den Parasiten biologisch interessant: Das eine liegt in der Fähigkeit seiner Zoosporen, die grünen Algenschwärmer, selbst während der Periode ihrer lebhaftesten Bewegung, zu befallen: das andere in dem grossartigen Maassstabe, in dem er sein Verniehtungswerk ausführt. Um hierfür ein Beispiel anzuführen, will ieh angeben, dass in einem der von mir untersuchten grösseren Teiche im März 1878 das Wasser von Milliarden schwärmender Zustände jener Palmellacee geradezu wimmelte, aber trotzdem war es kaum möglich, hier und da eine nicht intieirte Zelle ausfindig zu machen. Bisher war nur die von A. Braun entdeckte Sporangienfructifi- eation (Taf. 10. Fig. 21—26) bekannt. Sie entwickelt sich zwischen der zarten Membran der Gloeococeus-Zelle und dem grünen Plasmakörper der- o. 21, selben, der in Folge des Druckes zur Seite gedrängt wird (Tat. 10. Fig 23, 24, 25). Im entwickelten Zustande stellt das Sporangium einen birn- förmigen Körper dar, dessen papillenförmiges Ende (apieulus) durch die Wirths- membran ins Wasser ragt. In der Frucht entwickeln sich, je nach der Grösse derselben, wenige bis zahlreiche, sehr kleine Schwärmer, die nach Vergallertung des Papillenscheitels austreten, ohne durch eine Zwischensubstanz aus dem Sporangium herausgetrieben zu werden. Sie zeigen den Bau ge- wöhnlicher Chytridiaceen-Schwärmer (Taf. 10. Fig. 21). Sie schwärmen zwischen den Gloeoeoceuszuständen hin, setzen sich an diese an und dringen in diese ein. Die Art der Infeetion lässt sich um so leichter feststellen, als oft ein und dieselbe Wirthszelle mehrere Parasiten in den auf einander folgenden Stadien der ersten Entwickelung zeigt (Taf. 10. Fig. 22,26). Der zur Ruhe gekommene Schwärmer (Taf. 10. Fig. 22a) treibt zunächst einen Fortsatz durch die Wirthsmembran hindurch (Taf. 10. Fig. 22 b), der zu einer Kugel aufschwillt, die vorläufig kleiner erscheint als der Schwärmer selbst (Taf. 10. Fig. 22b; 26h). Sie vergrössert sich aber bald (Taf. 10. Fig. 22: 26e), das junge Sporangium darstellend, während der der ursprüng- lichen Schwärmspore entsprechende Theil zum Apieulus wird. Anfangs sind Apieulus und eigentlicher Sporangiumtheil durch die in der Fläche der Wirths- zellhaut liegende Strietur scharf geschieden (Taf. 10. Fig. 22e; 26e); später äh Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 69) 209 indessen weitet sich die der Strietur entsprechende Stelle almählich in dem Maasse, dass die ursprüngliche Grenze von Sporangium und Schwärmertheil ganz verwischt wird (Taf. 10. Fig. 23, 24, 25, 26d). Je mehr sieh das Sporangium vergrössert, desto mehr drängt es einerseits den chlorophvligrünen Inhalt der Wirthszelle zur Seite, andererseits die Wirths- zellmembran vortreibend, so dass deren Hohlkugelform mehr der Flaschenform sich nähert (Taf. 10. Fig. 23, 24, 25. 21). In dem Inhalt des Sporangiums treten almählich zahlreicher werdende glänzende Körperchen auf, an ihrer Stelle sieht man schliesslich Kerne, um die sich das Plasma zur Schwärmerbildung ansammelt. Die Zahl der Schwärmsporen wechselt zwischen 3 und 20: selten sind mehr vorhanden. Mitunter sieht man Wirthszellen mit 6 und mehr Sporangien besetzt. braun nahm an, dass der Parasit mycellos sei und die Zufuhr von Nahrung direet durch die Sporangiummembran hindurch geschehe: allein die genauere Untersuchung zeigt, dass von dem Sporangium aus ein kurzer feiner Mycelschlaueh in den Inhalt der Wirthszelle hineingetrieben wird, der sich spärlich verzweigt (Taf. 10. Fig. 27m). In Gloeoeocenszellen, deren Inhalt durch Extraetion mit Alkohol entfärbt ist, kann man ihn deutlich erkennen (Taf. 10. Fig. 32), während er sonst vom dichten, grün gefärbten Inhalte gänzlich verdeckt wird.!) Im Wege längerer Cultur glückte es mir, die bisher unbekannte Dauersporenfruetification aufzufinden (Taf. 10. Fig. 23—31). Sie entsteht nach demselben Modus, wie die Schwärmer produeirende und zeigt sich auch bezüglich der Form und wechselnden Grösse von letzterer nicht verschieden. Die Membran ist dick, farblos, der Inhalt dieht grobkörmig. Meine Bemühungen, sie zur Auskeimung zu bringen, waren bisher vergebens. 12. Rhizidium acuforme Zopf.’) (Taf. 10. Fig. 33—43.) Ich habe diesen Parasiten Mitte März in einem Pommerschen Teiche aufgefunden, der noch mit dieker Eisdecke belegt war. Er fand sich daselbst 1) Wahrscheinlich wird sich auch für manchen unter Chytridium angeführten epiphyten Schmarotzer ein winziges Mycel nachweisen lassen; so z. B. für Ch. Epithemiae Now. 2) Von acus, Steeknadel, weil die jungen Pflänzchen mit ihrem Keimschlauch in der Wirthszelle stecken, wie eine Nadel im Nähkissen. 210 D:.. W.. Zopt., 4(p-20) auf einigen Chlamydomonas-artigen Algen, die trotz der strengen Kälte (—11-—-13° R.) bereits in Vermehrung und Schwärmerbildung begriffen waren und zum Theil auch die vorbeschriebene Art beherbergten. Der Schmarotzer sucht diese Algen, und besonders deren Schwärmerzustände, ebenso arg heim wie Bhizidium apieulatum. jeide Pilze zeigen schon auf den ersten Blick wesentliche Verschieden- heiten: denn während Rhizidium apieulatum seine Sporangien und Dauersporen intramatrical entwickelt, entstehen beide Fructificationsformen bei Rhizidium acuforme extramatrical; und während bei der ersten Art Sporangien und Sporen Birngestalt annehmen, wird im vorliegenden Falle «die Kugelform in der Fruetification gewahrt. Die Sporangien (Taf. 10. Fig. 35—40), deren Form einer Birne entspricht und deren geringe Grösse zwischen 6 und 16 Mikr. schwankt, bilden sehr kleine Schwärmer von eirca 2 Mikr. Diam., die durch eine polare vergallertende Stelle des Sporangiums (Taf. 10. Fig. 40 c) austreten. Sie schwärmen zu den vegetativen Zuständen der Chlamydomonaden, insbesondere zu deren Zoosporen hin und setzen sich hier zu 1—10 test (Taf. 10. Fig. 33, 34), meist an den verschiedensten Punkten der Oberfläche, bisweilen aber auch dieht neben einander gesellt (Taf. 10. Fig. 34). Sie schmiegen sich bald der Wirthszelle dieht an (Taf. 10. Fig. 34, 35), bald treiben sie ihre Keimschläuche aus einer geringen Entfernung (Taf. 10. Fig. 35). Der Keimschlauch verzweigt sich zu einem winzigen Mycel, das man am besten durch Entfärbung des Inhalts der Nährzelle nachweist (Taf. 10. Fig. 40—44). Die Zoospore ver- grössert sich darauf zum Sporangium. Mitte März fand sich zunächst nur die Sporangienfruetification, aber gegen Ende März bereits waren Dauersporenpflänzehen (Taf. 10. Fig. 38, 43, 44b) vorhanden. Ihrer Entwickelung nach gleichen sie im Wesentlichen den Sporangienpflänzchen. Im Inhalt der kugeligen Dauerspore bildet sich ein grosser stark lichtbrechender Körper, der die Zelle fast ganz ausfüllt (Taf. 10. Fig. 35e, 44b). Bezüglich der Grösse erreichen die Sporen kaum die Sporangien. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 71) 211 ll. Zusammenfassung der Thatsachen und Schlüsse. Einer der Hauptcharaktere der von Ancylistes, Lagenidium und Myzoeytium gebildeten Saprolegniaceengruppe liegt in dem Umstande he- gründet, dass durch den Eintritt der Fructification die Existenz des vegetativen Organs als solches gänzlich aufgehoben wird, indem der Mycelschlauch in allen seinen Theilen der Fructifi- cation, sei es der Sporangienerzeugung, sei es der Bildune von Geschlechtszellen dienen muss. In diesem Charakter (den, wenigstens für Ancylistes, auch Pfitzer (l. c.) hervorhebt) liegt ein sehr wichtiges Unterscheidungsmerkmal der Gruppe gegenüber den höheren Oosporeen: den Saprolegniaceen und den Peronosporeen; denn in diesen Gruppen tritt, wie allbekannt, auch zur Zeit der Fructification eine räumliche Differenz in einen mycelialen und in einen fruetifieativen Theil deutlich zu Tage; ja deren Mycel vermag sich während der Fructification als solches noch weiter zu entwickeln. Ein zweites wichtiges Merkmal der Gruppe besteht darin, dass das Mycel eine so geringe Ausbildung zeigt, dass es den Charakter eines Mycelsystems im gewöhnlichen Sinne nicht beanspruchen kann. Höchstens die Länge der Wirthszelle, die meist nur eine ganz geringe ist, erreichend, entwickelt es bei Ancylistes und Lagenidium gracile etwas längere, bei den übrigen Lagenidien nur kurze, meist papillenförmige Ausstülpungen darstelleude Seitenachsen, deren Existenz beim Genus Myzocytium sogar gänzlich in Wegfall kommt, so dass hier ein Mycelschlauch primitivster Form vorliegt. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei den höheren Oosporeen, den Saprolegniaceen und Peronosporeen, wo uns ein reich verzweigtes Mycelsystem von relativ bedeutendem Umfange entgegentritt. Im Vergleich zu diesen Pflanzen erscheint das Mycel von Ancylistes, Lagenidium 212 Di; W..Zopt. 20:2) und Myzocytium nur mehr als em redueirtes (rebilde, das sich als para- sitäres Organ den Raumverhältnissen der Nährzellen angepasst. Ein drittes für unsere Gruppe charakteristisches Moment spricht sich in dem (nur für Ancylistes noch nicht bekannten) Modus der Schwärmer- Bildung und Entleerung aus. Er weicht von dem der Saprolegniaceen in gewissem Sinne ab, um mit dem der pythiumartigen Peronosporeen in Uebereinstimmung zu treten. Es werden nämlich die Schwärmer erst ausserhalb des Sporangiums völlig ausgebildet, und zwar in der durch Ausstülpung der Innenhaut entstehenden „Blase“. Doch zeigt sich in Myzocytium ein entfernter Anklang auch an die Saprolegniaceen, da, wie ich feststellen konnte, bei diesem Pilze eine Scheidung der zur Zoosporenbildung bestimmten Plasmaportionen bereits im Sporangium eintritt, und diese Plasmaportionen den Mindungskanal in bereits isolirtem Zustande passiren. Eindlieh bleibt noch ein wichtiger Punkt zu betonen, der sich auf die Morphologie des Befruchtungsvorganges bezieht. Bekamntlich hat De Bary jüngst in seinen Untersuchungen über die Betruchtungs- und Eibildungsprocesse der höheren Oosporeen gezeigt, dass dieselben bei den Saprolegniaceen und den Peronosporeen (einschliesslich der Pythieen) durchaus verschiedenen Charakter tragen. Diese Verschiedenheit besteht, um mit De Bary’s eigenen Worten zu reden, darin, „dass bei den Peronosporeen ein Ei aus einem Theil des Protoplasmas des Oogoniums gebildet und nachher befruchtet wird durch die Aufnahme einer aus dem Antheridium übertretenden Plasmaportion; während bei den Saprolegniaceen aus dem ganzen Protoplasma des Oogoniums ein Ei, resp. durch Theilung mehrere Eier entstehen, deren Befruchtetwerden in keinem Falle sicher naclı- weisbar ist, in vielen Fällen sicher nicht stattfindet.“ Nach diesen Resultaten De Bary's wird es ein besonderes Interesse haben, wenn ich auf Grund der detaillirten Untersuchungen über Zagenidium Rabenhorstii und Muzocytium proliferum constatire, dass bei diesen Pflanzen, wie auch bei Aneylistes, ein noch anderer Modus der Befruchtung und Kibildung eintritt, als der von De Bary für die Saprolegniaceen und Peronosporeen gefundene. Während nämlich in letzteren Gruppen die Eibildung sich vor der Befruchtung vollzieht, findet sie bei Ancylistes, Lagenidium und Myzocytium Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 13) 213 erst während und nach derselben statt: und während bei jenen (Gruppen höchstens ein Theil des Antheridiuminhalts ins Vogon übertritt, wird bei den letztgenannten Formen das gesammte Antheridialplasma in das weibliche Organ übergeführt. Ferner findet zur Bildung der Eizelle von Ancylistes. Lagenidium und Myzocytium das gesammte Plasma des Oogons Verwendung, während bei den Peronosporeen (einschliesslich der Pythieen) nur ein Theil zum Ver- brauch gelangt. Ueberblicken wir noch einmal die gemeinsamen Haupteharaktere der (rattungen Ancylistes, Lagenidinm wıd Myzocytinm, so müssen wir sagen, dass der Mangel einer Differenzirung in ein myeeliales und ein frueti- ficatives Element einerseits, die Reduetion des Mycels auf ein nur noch rudimentäres Gebilde andererseits und endlich der eigenthiümliche Modus der Befruchtung und Eibildung Momente darstellen, welche die Gruppe von den Saprolegniaceen und Peronosporeen wesentlich unter- scheiden, so wesentlich, dass, wie mir scheint, eine Vereinigung mit einer der beiden letztbezeichneten Abtheilungen nicht gestattet erscheint. Ancylistes mit Lagenidium und Myzocytium in meinem Sinne werden daher fortan eine Gruppe für sich bilden dürfen, für welche der Pfitzer'sche Name „Ancylisteen“ passend sein dürfte. Man hat seit Schenk Myzocytium und Lagenidium als nahe ver- wandt mit Z’ythöum betrachtet und neuerdings wurde auch seitens De Bary's diese nahe Verwandtschaft betont. Allein die Beurtheilung gründete sich wesentlich nur auf die Kenntniss der Sporangienfrnetification. Die Art der Befruchtung und Eibildung, welche für Lagenidium bisher noch gar nicht, für Myzocytiom aber nicht ausreichend bekannt war, liegt wohl jetzt hin- reichend klar vor. Es wird also auch jetzt erst möglich, zwischen Ancylisteen und Pythieen einen genaueren Vergleich anzustellen. Wir haben einen solehen Vergleich bereits angestellt und gesehen, dass er nicht zu Gunsten einer nahen Verwandtschaft beider Gruppen ausfällt. Der Befruchtungs- vorgang gleicht, namentlich bei Ancylistes, zu sehr der als „Conjugation“ bezeichneten Form, als dass man die Ancylisteen unmittelbar den Pythieen anschliessen dürfte. Wo der Anschluss jener Gruppe nach den höheren Oosporen hin zu suchen sei, darüber lässt sich keine sichere Entscheidung Nova Acta XLVYIM. Nr. 4. 29 214 Dr. W. Zopf. (p. 74) treffen, so lange man nicht Uebergangsformen nachgewiesen. Dass solche existiren, scheint mir auf Grund gelegentlicher Beobachtungen nicht zweifelhaft. Während die Aneylisteen ihren Anschluss nach oben hin bei den höheren Oosporeen (Saprolegnieen oder Peronosporeen) zu suchen haben, dürften sie denselben nach unten hin bei der Gruppe der Chytridiaeeen, und zwar bei gewissen Olpidieen finden. Ks wurde bereits in «dem speciellen Theile der Abhandlung auf die Aehnlichkeiten hingewiesen, welche zwischen den redueirten neutralen und sexuellen Pllänzchen von Myzoeytium proliferum einerseits und zwischen den neutralen umd sexuellen Individuen von Olpidiopsis Schenkiana andererseits bestehen. Diese Aehnlichkeit erscheint, wie gezeigt, so auffallend, dass man z. B. einzellige Sporangienpflänzchen des ersteren Pilzes von Sporangien des letzteren niemals unterscheiden kann, wenn beide noch unreif oder schon ent- leert sind. Ich habe ferner bei Besprechung der Eetrogella hervorgehoben, dass die Myeelschläuche dieses Pilzes denen von Ineylistes so vollständig oleich sind, dass man auf den ersten Blick einen wirklichen Aneylistes vor sich zu haben olaubt. Auf Grund aller dieser Aehnlichkeiten ist vielleicht die Annahme ge- stattet, «dass die Aneylisteen zu den von mir beschriebenen Olpidieen und umeekehrt in einem gewissen verwandtschaftlichen Verhältnisse stehen, und zwar dürften letztere vielleicht als redueirte Aneylisteen aufzufassen sein. Die Reduetion würde sich bei Olpidiopsis Schenkiana etwa ausprägen in dem Wegfall des antheridialen Befruchtungsschlauches einerseits, sowie namentlich auch in dem Westall einer Differenzirung von Vogon und Kizelle, indem das Oogon selbst zur Oospore wird. Bei anderen Olpidieen mag die Reduetion noch einen Schritt weiter gegangen sein, nämlich zur eänzlichen Unterdrückung der Antheridienbildung, also zur Apo- samie geführt haben. Vielleicht gehört hierher Fischer’s Olpidiopsis Saprolegniae. Inwieweit «diese Annahme richtig ist, mögen weitere Unter- suchungen entscheiden. Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 35) 215 Erklärung der Abbildungen. Tafel 1. (XII.) Lagenidium Rabenhorstii. Zopt. In allen Figuren bezeichnet s den eindringenden Schwärmer resp. die bereits entleerte Schwärmerhaut. Fie. Fig. Fie. Fig. jE >40 1 Zwei Spirogyrenzellen mit Lagenidienschwärmern s in verschiedenen Stadien des Eindringens. k die Keimkugel. Eine Spirogyrenzelle mit zwei jungen Mycelschläuchen des Pilzes. Das contrahirte Chlorophyliband ist zum Theil schon aufgezehrt. Spirogyrenzelle mit einem an beiden Enden stark gekrümmten und mit zwei plumpen keulenförmigen Seitenzweigen (a und b) ausgestatteten, bereits mit @Querwänden (q) versehenen Mycelschlauch. Daneben die klumpen- förmigen Massen des zerrissenen Chlorophylibandes (um 11 Uhr). Dasselbe Object (in etwas veränderter Lage) um 2"; Uhr. Die durch die Scheidewände begrenzten Glieder des Schlauches, die Sporangien, beginnen je emen Perforationsschlauch p zu treiben. Dasselbe Object um 3 Uhr. Die Perforationsschläuche haben zum Theil (p‘) die Wirthsmembran durchbohrt, zum Theil schicken sie sich dazu an. In den Sporangien ist Vacuolenbildung eingetreten. Bezeichnung wie früher. Sporangium desselben Objectes um 3°/, Uhr. Sein Inhalt ist in die Blase S eingetreten; man erkennt acht kleine dunkle Punkte, welche wahrschemlich Kerne darstellen. Dieselbe Blase 3 Uhr 46 Minuten. Ihr Plasma hat sich in acht Schwärmer diflerenzirt. Dasselbe Object 3 Uhr 48 Minuten. Dasselbe 3 Uhr 56 Minuten. An den Schwärmern sind bereits die Cilien sichtbar. Dasselbe 3 Uhr 58 Minuten. Schwärmer ausgebildet. Um 4 Uhr schwärmten sie aus. a. Eben auf der Spirogyrenmembran zur Ruhe gekommener Schwärmer aus der Blase der Fig. 10 (4 Uhr). b. Derselbe 4 Uhr 10 Minuten. Er be- ginnt zu keimen und in die Wirthszelle einzudringen. ce. 4 Uhr 15 Minuten. d. 4 Uhr 20 Minuten. e. 5 Uhr. Die Keimkugel ist jetzt in Bildung begriffen. Eine ungeschlechtliche Ptlanze (schlanke Form) mit vier Sporangien, von denen drei bereits entleert sind. 29* Dr. W. Zopf. (p. 6) Fig. 13-—22. Figuren. welche die Manniefaltiekeit in der Gestaltung und Grösse der Sporangien veranschanlichen Fig. 13. sollen. Eine aus vier Sporaugien bestehende neutrale Pllanze, von denen zwei stark spindelig aufgetrieben erscheinen und dadurch in Gegensatz treten zu den zwei übrigen schlank eylindrischen Sporangien. Spirogyrenzelle mit zwei neutralen Pflanzen, von denen die eine aus vier, die andere aus fünf Sporangien besteht. Letztere sind zum Theil mit je einer «dieken Ausstülpung m versehen. Sporangientragende Pflanze, in ihre einzelnen Glieder zerfallen. Spirogyrenzelle mit zwei neutralen Lagenidienptlanzen. PHlanze A aus vier Sporangien bestehend, wovon die drei Imks gelegenen abe sehr klem und mit feinem Perforationsschlauche versehen sind, während das rechts ge- legene «l viel grösser, an einer Stelle stark kugelig aufgetrieben und mit Ptlanze B, redu- eirte Pllanze, nur aus einem emzigen kurzen, bauchig aufgetriebenen mit einem diekeren Ausführungskanal ausgerüstet erscheint. Ausstülpungen und einem relativ weiten Ausführungsschlauche versehenen Sporangium bestehend. Pflanze mit zwei Sporansien. Das links gelegene zwei grosse Ausstülpungen zeigend. 1 Formen. Iteducirte neutrale PHlänzehen in verschiedenen, z. Th. sonderbaren Diöcische Form: «die weibliche Pflanze besteht aus zwei Zellen, deren jede sich zum Oogon (O) entwickelt hat; die männliche ist dreizellig, mit zwei Antheridien A und eimem Sporangium sp versehen. Diöeische Form; weibliche Pflanze sehr reducirt, einzellig, am der einen Hälfte kugelig, an der andern mit unregelmässigen Ausstülpungen; die männliche ziemlich entwickelt, fünfzellig, mit vier Sporangien sp und dem Antheridium A versehen. Diöcische Form; weibliche PHlanze fünfzellig, aus dem Oogon O und vier kurzen Sporangien sp bestehend; männliche Pflanze nur zweizellig, winzig, aus Antheridium A und Sporangium sp gebildet. Form. Die sechszellige Pflanze zeigt ein Oogon O, neben welchem das Antheridium A als knieförmig sich biegender Seitenzweig entspringt, und vier relativ kurze, nicht mit Ausstülpungen versehene Sporangien Sp. Monöeische Monöcische Form. Die Pflanze ist vierzellig, aus dem sonderbar geformten Oogon 0, dem Antheridium A und zwei Sporangien sp bestehend, von (denen das eme zwischen Oogon und Antheridium liegt. Monöeische Form. Die aus sieben Gliedern bestehende verzweigte Pflanze bildet das Oogon O am Haupttaden, das Antheridium (hier nur klein) an dem kurzen Seitenzweige; sp Sporangien. or Ic. >40 720 ano 00 nv} -? Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. ) 217 Tafel 2. (XII) Lagenidium Rabenhorstii. Zopt. Fig. 1—9. Diöcische Form. Ein sehr entwickeltes weibliches Individuum, ein Oogon O0 und fünf Sporangien sp tragend. Die antheridiale PHlanze höchst redueirt nur aus dem Antheridium A bestehend, das noch einige Inhaltsreste zeigt. Diöeische Form, rem sexuell. Die weibliche Pflanze, wie die männliche nur dreizellig; jede Zelle in ein Oogon (0), bei der männlichen in ein Antheridium A umgewandelt. Monöcische Pflanze. Das Antheridium A entspringt als Seitenzweig in der unmittelbaren Nähe des Oogons O. Letzteres von sonderbarer Form. Das links gelegene Sporangium sp sonderbar bauchig gestaltet mit sehr (liekem Perforationsschlauch und etwas verdickter Membran. Diöcische Form. Antheridientragende Pflanze im Vergleich zur weiblichen sehr redueirt, nur aus den beiden Antheridien A bestehend. Weibliche Pflanze stattlich, gemischt fructifieativ, nämlich aus zwei sehr langgestreckten OVogonien O und drei ähnlichen Sporangien sp gebildet. Diöcische Form. Die männliche Pflanze auf das Antheridium reducirt, (ie weibliche gleichfalls sehr einfach, aber doch aus zwei Zellen, «dem Vogon (O) und emem oogonartig geformten Sporangium sp bestehend. Diöeische Form. Antheridiale Pflanze zweizellig, ein Antheridium A und ein Sporangium sp zeigend. Weibliche Pflanze auf das Oogon O redueirt. rechts von den Geschlechtsptlanzen bemerkt man noch eine aus zwei Sporangien bestehende neutrale Pflanze. Diöeiseche Form. Antheridiale Pflanze einzellig bis auf einige Körner ent- leert, oogoniale gleichfalls eine einzige, aber grosse Zelle bildend. Ei noch nicht ausgebildet, obwohl die Befruchtung vorüber. Diöeische Form. Antheridiale Pflanze rudimentär, nur aus dem Antheri- «lium A gebildet. Oogoniale aus dem Oogon O und zwei Sporangien sp bestehend. Oospore reif mit sehr grossem Kern (7) versehen. s Membran des ehemaligen Schwärmers. Vogon und Antheridium vor der Befruchtung. OVogon und Antheridium während des Befruchtungsprocesses. Der Inhalt des Antheridiums schon zum Theil übergetreten. Das grobkörnige Oogonial- plasma in der Contraction zur Eizelle begriften. (Um 11 U.) Dasselbe Object zwei Stunden später. Das Antheridialplasma bis auf wenige stark lichtbrechende Körnchen übergetreten. Die groben Körner des Oogonialmhalts haben sich zu zwei grösseren amöhboid beweglichen slänzenden Körpern zusammengeballt. Fig. 12. >40 1 Dr. W. Zopf.. (pP. %8) Die letzteren sind zu einem grossen rundlichen Körper zusammen- getlossen. Oosphäre in Bildung begriffen, aber mit noch unregelmässigem Contour. Fig. 10— 18. Lagenidium entophytum. Zygospore von Spirogyra spec. mit dem Sporangien und Oogonien 0 erzeugenden Pilze vollgeptropft. A Ausführungsschläuche der Sporangien. Sporangienpflanze. Der Verlauf des Hauptschlauches ist dureli die punktirte Linie angedeutet. Von ihm aus gehen unregelmässige kürzere und längere Ausstülpungen, die sich zum Theil wieder verzweigen. Der Schlauch be- sitzt drei gequollene Scheidewände s, durch welche er in vier Sporangien von ungleicher Grösse getheilt wird. Von dem einen Sporangium ist bei a nur ein Bruchstück zu sehen. Stück eines mehrfach verzweigten Schlauches. Er ist durch zwei ge- quollene Scheidewände s in drei Sporangien zerlegt, von denen das eine (b) unvollständig ist. 540 1 führungsschlauch (der letztere abgerissen. Durch Druck isolirte Sporangien von verschiedener Forn ohne Aus- °‘* Durch Druck isolirte Sporangien mit je einem Anusführungs schlauch A. Stück einer Pflanze, welche mehrere Sporangien Sp mit ihren Ausführungs- schläuchen A und ein Oogon (O0) trägt; bei s die Scheidewände. Zygospore, durch Aetzkali durchsichtig gemacht, mit Oogonien (O) und Sporangien sp tragenden Pflanzen. A Ausführungsschläuche zweier Sporangien. Fig. | Zul I sh 10. IR Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 79) 219 Tafel 3. (XIV.) Lagenidium entophytum. ı Ptlänzchen mit einem Sporangium sp und einem Oogon O. 5. °;° Verschiedene Oogonienformen. Das Oogon von Fig. 5 enthält eine reife Oospore. Fig. 6-34 (°#°). Myzocytium proliferum. 20. Continuirliche Entwickelungesreihe. Junger noch querwandloser Mycelschlauch mit drei bauchigen Anschwellungen, in einer (nur theilweise gezeichneten) Spirogyrenzelle. O0 Oogonium-, A Antheridium-, Sp Sporangien-Anlage. Am 27. Juni Nachmittag. Derselbe Schlauch am 28. Juni I Uhr Nachm. Die einzelnen Organe haben sich durch Scheidewände abgegrenzt und stellen bereits stark bauchig aufgeschwollene, mit sehr grobkörnigem Plasma erfüllte Zellen dar. 21, U. Nachm. Der Oogonium-Inhalt zieht sich nach der Seite des Antheri- (liums hin zusammen. Ein Theil des Antheridium-Inhalts ist bereits ins Vogon übergetreten durch den (vom Inhalt verdeckten) Befruchtungs- schlauch, daher Bildung der Vacuole v. Der Plasma-Inhalt des Sporangiums hat sich nach der Wandung hin gezogen, um daselbst einen geschlossenen Beleg zu bilden, der «den wässerigen Inhalt des Centrums umschlesst. 4 U. Nachm. Der Inhalt des Oogons stärker contrahirt. Er ist in beständiger, relativ lebhaft amöboider Bewegung begriffen. Der Inhalt des Antheridiums und des Sporangiums im Wesentlichen unverändert. Am 29. Juni 1 U. Nachm. Der Inhalt des Oogons hat sich zur Eizelle geformt. Das Antheridial-Plasma ist nur theilweise entleert, «das Sporangium im Begriff «len Perforationsschlauch zu bilden. 2 U. Nachm. Die Oosphäre hat sich vergrössert. Das Antheridium noch nicht ganz entleert. Der Perforationsschlauch hat bereits die Spirogyrenmembran erreicht. In ihm hinein smd schon drei künftigen Schwärmern entsprechende Plasmaportionen eingewandert und durch Vacuolen getrennt. 3 U. Nachm. Der Perforationsschlauch (des Sporangiums hat die Spirogyren- membran durchbohrt. Dasselbe Object 3 U. 15 M. 3 U. 1S M. Aus dem geöffneten Perforationsschlauche dringt von der zarten Innenhaut «des Schlauches umhüllt das Plasma des ersten Schwärmers. 3 U. 19 M. Es sind bereits fünf Plasmaportionen in die Blase eingewandert, während die letzten drei eben den Schlauch passiren. Einige Seeunden später. Der Entleerungsprocess hat sich soeben abgespielt. 3 U. 21 M. Der Plasma-Inhalt der Blase hat sich ein wenig contrahirt und lässt bereits die acht Schwärmer in der Anlage erkennen. Fig. Fig. Fig. ke Fig. Fig. Fig. Fi © ig. Fig. © Dr» W:ZAopf. ©(p2:80) ; U. 26 M. Die Schwärmer erscheinen deutlich gegen einander abgegrenzt. {e} jo. 19. 3 U. 31 M. Die Schwärmer haben ihre Verbindung gelockert und zeigen schon Cilien. 0.20. 3 U. 36 M. Die Trennung der Schwärmer ist erfolgt. Sie tummeln sich in der mehr und mehr quellenden und sich weitenden Blase umher, um eine Minute später davonzuschwärmen. Sie zeigen bohnen- bis eiförmige Gestalt und sind mit zwei Cilien versehen. 21. Spirogyren-Zelle mit drei jungen Individuen des Pilzes; a. sehr primitives, einzelliges Ptlänzchen von Ellipsoidform; b. zweizellig, mit dicker Scheide- wand: c. vierzellie. 32. Ein aus sechs Sporangien bestehendes PHlänzchen. Das rechts liegende End- sporangium hat eben 14 Schwärmer gebildet; die übrigen Sporangien be- reits entleert. 33. Einzelliges, kugeliges Pilänzchen, in Schwärmerbildung begriffen. 24. Die Keimblase desselben mit den bereits getrennten, die Cilien deutlich zei- genden Schwärmern. 35. Mit Jod getödtete Zoospore, die eben aus der Blase herausgetreten war. 36. Ein aus drei bereits entleerten Sporangien bestehendes Pflänzchen. 37. Eim aus zwei entleerten langhalsigen Sporangien bestehendes Individuum. 38. Mesocarpus-Zelle mit einer geschlechtlichen S, nur aus Oogonium O und Antheridium A bestehenden Pflanze und einer ungeschlechtlichen U aus fünf Sporangien gebildeten. S. 2 Fig. Fig. Fig. 29. Mesocarpus-Zelle mit drei Plänzehen. Sp Geschlechtspflänzchen, nur aus Vogon und Antheridium bestehend und bei h noch mit der gallertigen Haut des ehemaligen Schwärmers und seines Keimischlauches versehen. U und U’ neutrale Ptlänzchen. 30. Mesocarpus-Zelle mit einem gemischte Fructification zeigenden Individuum des Pilzes. A Antheridium, O Oogon. g. 31. Mesocarpus-Zelle mit einer grossen, in Geschlechtszellen und Sporangien fructificirenden Pflanze. A Antheridien, O Oogonien. U ungeschlechtliche Sporangien, die sich zufällig von den benachbarten Oogonien abgegliedert haben. 32. (Gemischt fructitieirendes, aus Oogon O, Antheridium A und einem Sporangium Sp bestehendes Pflänzchen. .33 und 34. Rudimentäre, nur aus Oogon und Antheridium bestehende Pflänzchen, das erstere mit deutlichem Befruchtungsschlauch am Antheridium. Fig. 35—37. Lagenidium proliferum var. vermicolum. 35. Erwachsene Anguillula mit noch unreifen Sporangien sp, Antheridien a und OVogonien 0. 36. Dasselbe Objeet etwas älter. Bezeichnung dieselbe. 37. Junge Anguillula mit einem nur aus einem Sporangium bestehenden Individuum des Schmarotzers. 9% [0 o) Zur Kenntniss der Phycomyceeten. (p. S1) 22] Tafel 4. (XV.) Olpidiopsis Schenkiana. Zoptf. Mit Ausnahme von Fiese. 50 (A allerEicuren 20. 1 1 /wei Spirogyrenzellen mit Schwärmern in verschiedenen Zuständen der In- fection: a. unmittelbar vor dem Eindringen; b. und c. der feine Perfo- rationsschlauch durehbohrt eben die Spirogyrenwandung; d. Bildung der Keimkugel an der Spitze des Perforationstubus. Copulationszelle von Spirosyra mit emem Parasiten. Die Haut des Schwärmers s bereits durch Vergallertung undeutlich werdend. Die Keimkugel in der Vergrösserung zum Sporangiun begriffen. Copulirende Zellen einer Spiwrogyra mit jungen Parasiten p von verschiedener Grösse und meist kugeliger Form besetzt. Zelle eimer anderen Spirogyra mit 12% Spivalbändern, einen jungen lang- gestreckten Parasiten zeigend, dessen feinkörniges Plasma mit sehr groben, eckigen Körnern m durchsetzt ist. Die Contraction der Chlorophylibänder beginnt. K noch erhaltener Kern der Spirogyrenzelle. Stück einer Zelle derselben Art. Der später sich zum Sporangium um- bildende Parasit ist von auffallenden Dimensionen. Sein Inhalt zeigt gleich- falls grosse eckige Körner m. Chlorophylibänder wie oben. Derselbe Parasit 18 Stunden später. Die groben Körner sind verschwunden, der Inhalt feinkörniger von zwei Vacuolen v durchsetzt. e Entleerungs- schlauch. Halbentwickelter Parasit, der das Chlorophyliband seiner Wirthszelle bereits stark contrahirt hat. In der Bildung des Entleerungsschlauches e begriftenes Sporangium. Das Chlorophyliband bis zur Unkenntlichkeit contrahirt. Nahezu ausgebildetes Sporangium. Chlorophyliband fast unkenntlich geworden. Reiche Stärkeablagerung. (Ist als weniger erheblich fortgelassen.) Sporangium mit auffallend gekrümmtem Mündungshalse. Sporangium in einer Zygote z. Sein Mündungsschlauch hat die Membran der Zygote und die Scheidewand der Mutterzelle derselben durchbohrt. Entleertes Sporangium. Der Inhalt der Wirthszelle vollständig entfärbt, sehr stärkereich. Drei Spirogyrenzellen, von denen die links und rechts gelegene je zwei kleine Sporangien enthält. Der Entleerungsschlauch des einen e sehr lang, die beiden Scheidewände der Nachbarzellen durchbohrend. Nova Acta XLVII. Nr. 4. 30 157 Dr? We ZopE p:r32) /wei Copulationszellen mit je einem kleinen, mit sehr langem und auffallend gekrümmten Entleerungsschlauche e versehenen Sporangium. . 17. Verschiedene Sporangientormen. Mougeotienzelle mit einem kugeligen, langhalsigen Sporangium. Chlorophyll- platte stark contrahirt. Mougeotienzelle mit zwei kleinen langhalsigen Sporangien. Chlorophyllplatte stark contrahirt. Dasselbe Objeet drei Stunden später. Das eine Sporangium entleert eben seine Schwärmsporen. Langhalsiges Sporangium in «der Entleerung seiner Zoosporen begriffen. Die letzteren liegen zum Theil vor der Mündung in einem Haufen. Ein und derselbe amöboide Schwärmer in seinen (restaltveränderungen. a. Sporangium unmittelbar vor, b. während der Entleerung. ‚Junge von dem entleerten Schwärmer s gebildete geschlechtliche Pflanze mit srobkörmigem Inhalt. O0 Anlage des Oogons. A Anlage des Antheridiums.t) Etwas weiter entwickelte geschlechtliche Pflanze. Bezeichnung wie oben. Weiter entwickelte (Geschlechtsptlanze vor der Befruchtung. Das Oogon O ist dem Antheridium A in seiner Entwickelung vorangeeilt. Antheridium noch mit Inhalt versehen. Geschlechtspflanze, deren Antheridium A sich bereits theilweise ins Oogon ent- leert hat. Besinnende Aussonderung eines grossen Kerns k in letzterem. Das Antheridium A hat sich vollständig entleert. Kern des Oogons k schon deutlicher. Vollkommen kugeliges Antheridium «durch eimen schmalen Isthmus mit dem Oogon verbunden. Letzteres bereits zur fertigen Dauerspore geworden. Geschlechtspflanze a. vor, b. nach der Behandlung mit Aetzkali. Membran m eimschichtig geblieben. Kern k zertlossen. Spirogyrenfaden aus vier Zellen bestehend, von denen zwei a u. b (eschlechts- - pflanzen, «die übrigen c u. d zwei Sporangien enthalten. Auskeimendes schwärmerbildendes Oogon mit Entleerungsschlauch. Einige Schwärmer bereits ausgetreten. ") Der Perforationsschlauch ist in der Lithographie zu dunkel und zu kurz gehalten. Zus Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 83) 223 Mars) z Er Tafel 5. (XVL.) Fig. 1—24. Ectrogella Bacillariacearum. Zopt. Alle Figuren zn, mit Ausnahme von Fig. 10, 21—24, letztere 519, 1 p bezeichnet überall die contrahirten, zum Theil aufgezehrten Phyeochromplatten. Fig. I. Synedra mit einem grossen, ziemlich ausgewachsenen Mycelschlauch des Para- siten. Derselbe ist eylindrisch, etwas gekrümmt. Fig. 2. Synedra mit einem jüngeren, kleineren Mycelschlauch. Fig. 3. Synmedrazelle mit zwei jungen, nahezu gleich entwickelten Mycelschläuchen. Fig. 4. Synedrazelle mit drei Mycelschläuchen von verschiedener Grösse. Phycochrom- platten p contrahirt und gekrümmt. Fig. 5. Synedra mit sechs kleineren Parasiten. Fig. 6. Synedra mit 21 nahezu reifen kleinen Parasiten von verschiedener Form und Grösse. ea) -1 Dicker, im oberen Drittel eingeschnürter Mycelschlauch, au beiden Polen plötzlich in einen Apieulus vorgezogen, mit zwei ungleich grossen Vacuolen. Bei 0 die papillenförmige Anlage zweier Ausführungsgänge für die Schwärn- sporenentleerung. Inu Folge der Ausdehnung des Parasiten sind die Schalen der Synedra in der Mitte schwach nach auswärts getrieben. Fig. S. Mycelschlauch an beiden Enden etwas rüsselförmig ausgezogen, mit schwachen Einschnürungen und Vacuolen versehen. Fig. 9. Exemplar einer kleinen schmalen Synedra-Species mit bereits von dem Para- siten gesprengten, daher klafienden Schalen. Fig. 10. Eine (nur theilweise gezeichnete) Synedra mit drei Sporangien des Parasiten, von denen das durch die Klammer A bezeichnete eben seme 70 — SU Schwärmer gebildet hat. Im Sporangium B mit seinen beiden Ausführungs- papillen O haben sich die Schwärmer bereits gegen einander abgerundet. Sporangium Ü hat seine Schwärmer theilweise bereits durch die Oeftnung 0 entleert, während einige noch zurückgeblieben sind und in dem Sporangiun umherkriechen. Fig. I1. Synedra mit abgesprengter einer Schalenhälfte. Die fünf Sporangien liegen frei und zeigen verschiedene Stadien der Ausbildung. Bei A sind die Schwärmer bereits fertig. Fig. 12. Synedra von der Schalenseite. Von den zwei Sporangien zeigt das eine A die aus dem klaftenden Gürtelbande herausragenden Entleerungspapillen ©. An der Synedramembran haben sich soeben einige Eetrogellaschwärmer angesetzt. In Fig. 12a ein einzelner Schwärmer. 30 * Fie. lie. Fig. 2 Fig. Dr. W. Zopf. '(p. 84) Einzelne Schwärmer mit eingezogener Uilie. Entleertes Sporangium mut zweizeilig angeordneten Entleerungsschläuchen 0. Entleerte Sporangien, von denen «das eine A zwei, das andere B einen Aus- führungsgang O besitzt. Synedra mit klaffenden, durch den Parasiten abgesprengten Schalen, ein grosses entleertes, eylindrisches, mit sieben Ausführungskanälen versehenes Betro- gella-Sporangium enthaltend. Ein ähnliches, aber nicht so grosses Sporangium nut fünf Ausführungskanälen, theilweise in der Profilansicht. Synedra, deren eme Schale durch den Parasiten abgesprenet ist. Von den drei ungleich grossen Sporangien zeigt A und B je zwei, Ü nur emen Ausführuneskanal O. Synedra, deren eine Schale durch die Parasiten abgesprengt ist, vier Sporangien ABCD enthaltend, deren Schwärmer zum Theil entleert daliegen, zum Theil noch in den Sporangien enthalten sind. Synedrazellen mit einem grossen Sporangium, dessen Schwärmer durch die Ausführungskanäle O zum grossen Theil nicht entleert und theilweise schon wieder zu jungen Parasiten angeschwollen sind (bei A). Auch von den ausgetretenen in der noch geschlossenen Synedra liegenden Schwärmern haben sich emige bereits etwas vergrössert (bei B). Pinnularia von der Schalenseite aus mit mehreren entleerten Sporangien. 0 Mündungen. Pinnularia vom Gürtelband aus gesehen mit einem nahezu reifen Parasiten. Gomphonemazelle mit zwei Parasiten. Mehrere entleerte Eetrogella-Sporangien aus einer Synedra. Das eine Sporan- gium a ist bewohnt von gewissen Zuständen eines myxomycetenartigen Pilzes, der in dem Wasser, worin Ectrogella cultivirt wurde, häufig vor- kommt und gern in die entleerten Sporangien einkriecht. Fig. 23—36. Pleotrachelus fulgens. Zopt. »°° Fruchtanlage von Pilobolus erystallinus, var. areolata Zopf mit einem bereits entleerten mittelgrossen Parasiten. Die dem Beobachter zugekehrte Seite des letzteren zeigt dreizehn radial gestellte Entleerungsschläuche. ->° Eime eben solche Anlage mit zwei gleichfalls entleerten etwas kleineren Parasiten, deren Membran leuchtend roth erscheint. Fruchtanlage mit zwei halbreifen, schmutzig gelbroth gefärbten Parasiten. Fruchtanlage (collabirt) mit einem einzigen, ziemlich grossen und noch ziemlich jungen Parasiten. Er ist umgeben von leuchtend gelbrothem Plasma, das sich später auf seiner Membran niederschlägt. Entleerungs- schläuche noch nicht angelest. 36. 0) g. 34 U. 99. 250 1 (NB. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 8») 225 ruchtanlage mit emem sehr grossen Parasiten. Das mit leuchtend ziegel- vother Membran versehene Sporangium besitzt gesen 30 Entleerungs- schläuche. Collabirte Fruchtanlage mit reifem, eben seine zahlreichen einciligen Schwärmer durch kurze Entleerungsschläuche entlassenden Sporangium. Conglomerat zur Ruhe gelangter Schwärmer. (semme mit «drei noch sehr jungen gelblichen Parasiten. Gemme mit zwei etwas grösseren balbreifen Sporangien von gelbrother Färbung. »>° Gemmen mit sehr kleinen ungefärbten Sporangien des Pilzes. Anschwellung eimes Mycelfadens mit einem kleinen schwach gelb gefärbten entleerten Sporangium. Das Leuchtende des gelbrothen Farbstofts konnte in den betreffenden Figuren durch (len Druck nicht gehörig wiedergegeben werden.) Fi 110 ig. Fig. Fie. Fig. Fig. Fig. Dr. W. Zopf. (p. 86) Tafel 6. (XVII) Fig. 113. Amoebochytrium rhizidioides Zop!. Alle Figuren 720 mal vergrössert mit Ausnahme von Fir. 4. I. Ein eben dem im Fig. 7 abgebildeten Sporangium entschlüpfter Schwärmer in Chaetophora-Schleim liegend, im den verschiedensten successiven Form- veränderungsstadien. Nicht bloss sein Plasmakörper, sondern auch ganz besonders sem Zellkern zeigen auffallend lebhaft amöboide Form- wandelungen (a—t). 2. Derselbe Schwärmer in seimen successiven Stadien der Keimung und Mycel- bildung im Schleim der Chaetophora. a. Am 8. August 7 U. V.: der zur Ruhe gekommene Schwärmer bereits mit dünner Cellulosehaut umgeben ; b. derselbe um 9 U. V.: Beginn der Keimung; ce. um 11 U.: Anlage des ersten Seitenzweiges; d. 3 U.: zwei Seitenzweige gebildet; e. 9. August 10 U. V.: weiter fortgeschrittene Mycelbildung. 5) 3. Ein Schwärmer mit dem vorigen aus «demselben Sporangium stammend in den ersten Stadien «der Mycelbildung; a. eben zur Ruhe gekommen und zum Ellipsoid abgerundet; b. 2 Stunden später; c. 29 Stunden später, zwei polare Keimschläuche gebildet. 4. Mycelsysteme getrieben von Schwärmern s, die nicht zum Ausschlüpfen ge- langten. Die Schläuche durchbrechen die Wandung des grossen Sporan- giums Sp und breiten sich, auf dem Objectträger in Chaetophoraschleim eultivirt, weithin aus. (Die Fäden sind des Raumes wegen nicht in ihrer ganzen Länge gezeichnet.) a und ce stellen sehr junge, d und e etwas weiter vorgeschrittene Sporangienanlagen dar. 5. Noch weiter vorgeschrittene Sporangienanlage, im der bereits die Bildung der Kerne beginnt. ss Scheidewände, welche das intercalare Sporangium von seinem bereits in Vergallertung begrifftenen Mycelfaden m m’ ab- grenzen. 6. Reifes kurzhalsiges Sporangium mit nur drei Schwärmern, deren Kerne sehr gross und deutlich, deren zarte Plasmakörper aber bei der Dicke und bräunlichen Färbung der Sporangienmembran nicht wahrnehmbar sind. 7. Ein ähnliches Sporangium. Sein Mycelfaden zeigt eine bauchige, entleerte Anschwellung a und in der Nähe des Sporangiums eme Art Apophyse b. S. Ein grosses Sporangium mit circa 18 Schwärmern. Der Hals ist wie bei den vorhergehenden Objecten noch durch die Querwand s geschlossen. Fig. Fig. 10. Fie. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fie. : IV [80] Dy; Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 5%) Reifes Sporansium mit sieben Schwärmern. Hals lang, noch durch die Quer- wand s, die nach innen einen zapfenartigen Fortsatz zeist, geschlossen. a. Apophyse. b. Anschwellung im Verlaufe des Mycelfadens. Letzterer Theil bereits stark in Vergallertung begriffen. Kleines Sporangium mit zwei Schwärmern, von «denen der eme in der Aus- keimung beeriffen, Entleerte grosse Sporangien. Langhalsiges Sporangium. Drei semer Schwärmer sind zurückgeblieben und zu kleinen Mycelien ausgekeimt. Fig. 14— 24. Rhizidium Cienkowskianum. Zopf. Cladophorazelle mit 37 Parasiten, von «denen die einen Sporangien sp tragen, die bei e entleert sind, die anderen Dauersporen D. a—d. verschiedene Stadien des Eindringens einer Zoospore innerhalb einiger Stunden; a. vor dem Eindringen; b. Bildung des Perforations- schlauches und der Keimkugel; ec. die Keimkugel treibt einen kurzen Keimschlauch; bei d. sind bereits drei Kemschläuche entstanden. Junge sporangientragende Ptlanze. Von dem jungen Sporangium sp gehen drei Mycelschläuche aus. Sporangientragende Pflanze. Der Schwärmer s ist sammt seinem Per- forationsschlauche p erhalten geblieben, um später als Entleerungs- schlauch zu dienen. Dei e ausnahmsweise auftretende Anschwellungen des Mycels. Sporangienpflänzchen mit ziemlich entwickeltem, sparrigem Mycel. ;°° Sporangien in verschiedener Grösse und Form. Mycel nicht aus- geführt. Dauersporen tragendes Pflänzchen. Von der Dauerspore D gehen drei Mycelsysteme aus. Fig. Fig > 2} [023 Fig j. 200 ) 00 2. e# 300 x 1 4; — 5 540 BR 6... iz en 8 9 u. 10. U Dr. W. Zopf. (p. 88) Tafel 7. (XVII) Fig. 1—4. Rhizidium Cienkowskianum. Zopt. ‚Junge Dauerspore, bei s entleerter Schwärmer, aus dem sie entstanden. Mycel nicht ausgeführt. Pflänzehen mit einseitig entwickeltem Mycel, eine grosse, halbreife Dauer- spore tragend; k Kern derselben. Reife Dauerspore mit gelbbräunlicher, verdiekter Membran und einseitig entwickeltem Mycel. Kleines sporangientragendes Pflänzchen. s der wrsprüngliche, nicht zur Versallertung gelangte Schwärmer. Fig. 58. Rhizidium bulligerum. Zopf. Drei Schwärmer a zu jungen auf verschiedenen Entwickelungsstufen stehenden Sporangien sp ausgekeimt, von deren jedem ein Keimschlauch mit Seitenzweig ausgeht. Das Keimstadium zur rechten Hand ist das jüngste. Ein Individuum mit besonders grossem, dickstämmigem Mycel, das die Scheidewände der Spirogyra erassa durchbohrt und sich auch in den Nachbarzellen verzweigt hat. Der knopfförmige, dem Pole des Sporan- giums sp aufsitzende extramatrikale Theil a ist die ursprüngliche mit Inhalt erhalten gebliebene Schwärmspore. z Zygospore der befallenen Spirogyrazelle. Kleineres Individuum in einer entleerten Zelle von Spirogyra crassa wit allseitig entwickeltem Mycel; sp noch unentwickeltes Sporangium, a extra- matrikale Papille. Reifes Sporangium mit allseitig entwickeltem aber kurz- und feinfädigem Mycel: a. knopfförmiges extramatrikales Ende des Sporangiums. Fig. 9—12. Rhizidium Fusus. Zoptf. Grosse Synedren mit je emem Parasiten besetzt, der die Zelle der Länge nach mit seinem Mycel AB durchzieht. Sporangien in verschiedenen Zuständen. FEW Fig. Fig. _ 2. 27 0 7 . oJ. &n 10. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 59) 229 Fie. 13—20. Hyphochytrium infestans. Zopf. ı Pappelspan mit einem von Hyphochytrium befallenen Helotium. Ein einzelner Becher von der Seite gesehen. ‘® Becher im Durchschnitt, reich mit Sporangien des Pilzes durchsetzt. 1 o 540 ı a be. Verschiedene Entwickelungszustände ein und desselben Sporangiums; a. vor der Difterenzirung des Inhalts: b. während derselben: ec. Aus- schwärmen der Zoosporen. 540 ı Drei freie Schwärmer. u. 19. °° Intercalare kugelige Sporangien; a. die Stelle, wo sich das Loch für den Austritt der Schwärmer bildet. 540 ‘° Intercalare Sporangien von meist spindeliger Form. Tafel 8. (XIX.) Fig. 1 —15. Rhizidium intestinum. Schenk. Fig. 1. see; alle übrigen Figuren aan. (Grosses, allseitig entwickeltes Mycel, aus reich verzweisten, radial gestellten Systemen bestehend. Im Centrum desselben ein junges Sporangium sp mit seiner Apophyse a. Im Eindringen begriftener Schwärmer s! a. sem Keimschlauch, b. dessen End- erweiterung, die Keimblase. 9. October 10 U. Die Schwärmermembran ist durch Auflösung verschwunden. a. Infeetionskanal, b. die sich vergrössernde Keimblase. Sie hat einen kurzen mit zwei Zweigen versehenen Mycelschlauch m getrieben, dessen Basis sich zur Apophyse e. zu erweitern im Begriff steht. Dasselbe Objeet drei Stunden später. Mycelschlauch weggelassen. Die Keim- blase hat sich bereits zum jungen Sporangium vergrössert. a. Infections- kanal: ec. Apophyse. Dasselbe Objeet zwanzig Stunden später. Das Sporaneium b. halbreif, mit acht Kernen; a. Infectionskanal: ce. Apophyse. u. 7. Junge Sporangien mit wenigen Kernen. Etwas älteres Sporangium mit bereits entwickeltem Halse h: Inhalt vacuolig; a Apophyse. teifes Sporangium, unmittelbar vor der Entleerung, an 50 Schwärmer mit grossen Kernen enthaltend. h Mündungshals, a Apophyse. Kleines achtsporiges Sporangium in der Entleerung seiner Schwärmer begriffen. Einer passirt eben die Mündung. Nova Acta XLVI. Nr. 4. sl el Fig. Fig. Fig Fig Fig. Fig Fig. Nie. ) (lila &) 2% . 13. 4: Id: Di. We ZopL.%(p90) —f. Em eben eutleerter Schwärmer mit successiven Formveränderungen inner- halb weniger Secunden. Sehr grosses reifes Sporangium. Mündungshals dem Beobachter zugekehrt. Entleertes Sporangium, a Apophyse. Junge Dauerspore, a Apophyse. Pflanze mit reifer, dickwandiger, stachliger Dauerspore, a Apophyse. Rhizidium sphaerocarpum. Zopt. Vergrösserung 72%, 1 . 16—18. Eim und dieselbe Schwärmspore in ihren verschiedenen Entwickelungs- 16. ie TER: ie. 19. g. 23 u. RE BITTE stadien zum Sporangium. a. Der zur Ruhe gekommene Schwärmer vor der Auskeimung 12. Juni S U. V. b. Derselbe in der Bildung seines dünnen Mycelschlauches begriften 12 U. Die ehemalige Schwärmzelle hat sich vergrössert und einen grösseren Kern erhalten. Ihr etwas dieker gewordener Mycelschlauch ist an das Spiral- band der Spivogyra herangetreten. 13. Juni 10 U. V. Die Schwärmzelle hat sich zu eimem grossen Sporangium erweitert und zeigt zahlreiche Kerne. 14. Juni 9 U. V. Dasselbe Sporangium um 11 U. 2 M. Am Scheitel hat sich durch Ver- sallertung der Aussenmembran eme Oeftnung gebildet, durch welche die Innenhaut sich ausstülpt. Dasselbe Objeet 11 U. 3 M. Dasselbe II U. 4 M. Dasselbe 11 U. 5 M. Ausschwärmen der Zoosporen. Die in amöboider Be- wegung begriffenen tragen die Cilie nach vorn, die noch kugeligen schleppen sie nach. 24. Noch nicht ganz entwickelte Dauersporen. 26. Reife Dauersporen D mit entleerten Sporangienpflänzchen vergesell- schaftet. Kleines Schwärnssporangium in verschiedenen Entwickelungsstadien. a mit 3 Kernen, b mit 4 Kernen, & bereits entleert. Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 91) 23 Tafel 9. (XX.) Fie. 19. Rhizidiomyces apophysatus. Zopt. Fig. 1. *°° Oogon von Achlya vacemosa mit fünf Parasiten, deren Sporangien sp bereits entleert und collabirt sind; das sehr deutliche Mycel m zeigt unterhalb des Sporangiums die Apophyse a. Die Oosporen sind von den ge- Mycelien vollständig aufgezehrt und nur noch körnige mit Oeltropfen mischte Reste vorhanden. Fig. 2. 5° Grosses Oogon derselben Nährpflanze mit fünf grossen Rhizidiomyces- Pflanzen besetzt. Ihre sehr entwickelten, bereits entleerten Sporangien sp zeigen noch das basale Stück des Entleerungsschlauches e. Die Apo- physe a nicht sehr entwickelt, aber das Mycel m gut ausgebildet. (Sporangienhaut mit Spaltpilzstäbchen besetzt.) Inhalt des Oogons wie oben. Fig. 3. °%° Kleines Oogon mit einem einzigen Parasiten, dessen entleertes Sporan- gium sp eingesunken und dessen Apophyse a und Mycel m schön ent- wickelt sind. Oogon-Inhalt wie oben. Fig. 4. 2° Oogon mit einem einzigen Parasiten. Sporangium sp und Apophyse a ausserordentlich entwickelt. Das reich verzweigte Mycel m besitzt nicht grosse Ausdehnung. Oosporen bis auf einige Körnchen verzehrt. Fig. 5. Oogon mit Sporangienpflanzen von Rhizidium leptorhizum Zopf in ver- schiedener Ausbildung (a—ec). Bei d ein Sporangium von Rhizidiomyees apophystus, welches eben seinen Entleerungsschlauch treibt. e Entleerte Sporangien mit grösstentheils vergallertetem Entleerungsschlauch. Fig. 6. °;" Sporangium d der vorigen Figur in seinen verschiedenen Entleerungs- phasen. a. Der Entleerungsschlauch schwillt an seiner Spitze an. b. Die Anschwellung ist zur Kugel geworden, in die eben noch einige Plasma- portionen gesondert eintreten. c. Die Kugel hat ihre volle Grösse erreicht und zeigt bereits den Beginn der Differenzirung in Schwärmer. d. Die Differenzirung ist beendet. e. und f. Die Schwärmer lockern sich, von der Blase ist nichts mehr sichtbar. Fig. 7. °:° Isolirte Schwärmer des Ahizidiomyces. b. Vom Pole gesehen. Fig. 8. ®°° Oogon mit sehr jungen Schmarotzerpflanzen des Rhizidium carpophilum ; und eimigen bereits entleerten besetzt. Die Achlya-Oosporen bis auf eine fast gänzlich aufgelöst. Fig. 9. =° Oospore von Achlya, in die die Mycelzweige zweier Rhizidiumpflanzen ein- gedrungen sind, und die sie zum T'heil schon ausgesaugt haben. 31* Fig. Fie. Fig. Fie. 00 10. 22 11. > 1 “ 300 12. 13 300 | 6 00 Dr. W. Zopf. (p.92) Fig. 10—16. Rhizidium carpophilum. Oogon von Achlya polyandra mit vierzehn reifen (nur z. Th. ausgeführten) Oosporen, von denen dreizehn noch normal sind. Eine ist von vier noch sehr jungen, mit je einem grossen Fetttropfen versehenen Parasiten be- fallen, welche ihre Mycelschläuche zunächst durch die Wandung des Oogons, sodann durch die Wandung der Oospore in deren Inhalt gesandt haben. Schon haben sich die Folgen des Parasitismus in auffallender Weise bemerklich gemacht, insofern der grosse Kern der Oospore ver- schwnnden, das Plasma matt und feinkörnig geworden ist und die Sporen- haut anstatt des früheren Doppelcontours nur einen einfachen Umriss zeigt. Oogon von zwei Parasiten befallen. Der eine ist das vorstehende Rhizi- dium. Seine Pllänzchen sind theils noch sehr jugendlich (a), theils emem vorgeschrittenerem Stadium angehörig (b). Der andere Parasit ist ein unbestinmmbarer mit Scheidewänden versehener Fadenpilz. Er hat in Ge- meinschaft mit dem Rhizidium die Oosporen total aufgezehrt. Nur einige körnige Rückstände sind übrig geblieben. Der Fadenpilz durehbohrt die W:inde des Oogons, um in andere Oogonien einzudrimgen. Ein Oogon von Achlya polyandra bereits in dem Zustande betallen, wo sein Inhalt sieh noch nieht im Oosphaeren differenzirt hatte. Der Inhalt ist fettreich geworden und hat sich zu einer kugeligen Masse contrahirt. Die eimgedrungenen Rhizidien zeigen alle Stadien von sehr jugendlichen Zuständen (a b) zu nahezu erwachsenen sehr fettreichen (ce d). Ihre Mycelien ragen in den Oogonium-Inhalt hinein. Theil eines Oosons von „Iehlya polyandıca, «dessen Inhalt noch nicht in Oosporen diflerenzirt ist. a. b. e. Sporangien des Parasiten unmittelbar vor der Entleerung, d. während «der Entleerung. (Es sind nicht alle entleerten Zoosporen gezeichnet; sie waren ausnahmsweise cilienlos.) /wei Schwärmzellen ohne Geisseln, zur Seite des excentrischen Kerns zwei «dunkle Körperchen. Ein Oogon von Ichlya polyandra, dessen siebzehn Oosporen durch die Parasiten in körnige membranlose Massen verwandelt sind. Die Sporangien sind bereits simmtlich entleert. Theil eines Saprolegnien-Oogons mit einem Sporangium, «lessen vier Schwärmer eben austreten. Fig. 17—27. Rhizidium appendiculatum. Zopt. Alle Figuren 900fach vergrössert. 3. 17. Dauerzelle einer Chlamydomonas-Art mit stark vergallerteter Membran m. Ihr sitzt eine noch ungekeimte Schwärmspore s des Schmarotzers auf. 3e1 s’ sieht man einen zweiten Schwärmer, der zu dem jungen Sporan- Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Zur Kenutniss der Phycomyeeten. ip. 93 233 gium sp ausgekeimt ist, das mit seinem basalen, einen grossen Oeltropten führenden Theile in der Gallertmembran der Algenzelle steckt und mit seiner Zoospore dureh einen feinen Isthmus verbunden ist. Das von der Basis des Sporangiums ausgehende, den grünen Inhalt der Chlamydomonas- Zelle durchsetzende Mycelrudiment ist nicht zu sehen. &. 18. Dauerzelle derselben Chlamydomonas mit zweischichtiger Membran; die äussere Schieht ist stärker gequollen als die innere. ‚Jene wird von zwei ungleich- alterigen jungen Sporangien a und b durchsetzt, die aus den Schwär- mern s entstanden sind; diese von «em femen in den grünen Inhalt des Wirths eindringenden (der Lage wegen nur beim Sporaneium a sichtbaren) Mycelschlauch m durchbohrt. 19. Chlamydomonas-Dauerzelle mit stark gequollener Membran. Inhalt im Begrift sich zum Schwärmer umzubilden, mit drei ungefähr gleichalterigen, halb- entwickelten Sporangien besetzt. 20 u. 21. Halbentwickelte Sporangien. Die äussere Membranschicht der Chlamydo- monas, in die sie eingebettet sind, ist m Folge starker Quellung nicht mehr sichtbar; a die ursprüngliche dem Sporangium anhängende Schwärm- spore. . 22. Chlamydomonas-Zelle mit fast reiftem Sporangium, mit dessen Hals die ur- sprüngliche Schwärmspore a noch in Verbindung steht. 23. Chlamydomonas-Zelle mit stark gequollener Membran. Inhalt von den beiden Parasiten fast aufgezehrt. Von ihren halbreifen Sporangien aus geht je ein deutliches, wiederholt verzweigtes, sehr kleines und zartes Mycel m. s die anhängende Schwärmsporenhaut. 24. Chlamydomonas-Zelle von zwei sporangienbildenden Parasiten befallen. «a noch sehr jung, b ganz reif, seine Schwärmsporen ce durch die im Folge von Vergallertung geöffnete Spitze entlassend. m Mycel. Inhalt der Wirths- zelle bis auf einige Stärkekörnchen aufgezehrt. 25. Entleerte Sporangien einer fast entleerten kleinen Chlamydomonade aufsitzend, in verschiedener Grösse. m Mycel. a Schwärmer, aus dem das eine Sporangium entstanden. 26. Dauerspore des Pilzes. 27. Chlamydomonas-Colonie mit vier Zellen, von denen die eine von zwei jungen Parasiten befallen ist; a die ursprüngliche Schwärmspore, ausserhalb der Gallert liegend, etwas schräg zur Sporangiumaxe gestellt, aber nicht durch einen Isthmus mit ihrem Sporangium verbunden. 234 Dr. W. Zopf. (p. 94) Tafel 10. (XXI) Fig. 1-11. Cladochytrium polystomum. Verer. 540 fach. Fig. 1. Stück eines Mycels mit einem jungen Sporangium aus (der Oberhaut einer Triaenea. Fig. 2. Halbreifes Sporangium mit fünf ungleich langen Entleerungsschläuchen, von denen einer verzweigt ist. Fig. 3. Noch unreifes grosses Sporangium mit vier sehr ungleich langen Entleerungs- schläuchen. m Mycel. Fig. 4. Kugeliges Sporangium, noch unreif, mit sechs langen Entleerungsschläuchen p. Fig. 5. Mycelfaden mm mit zwei Sporangien, deren eines A noch unreif ist und emen sehr langen Entleerungsschlauch besitzt, und deren anderes B zum Theil schon entleert ist. Bei Ü sind zwei Sporangien unmittelbar neben einander gebildet. p Entleerungsschlauch des eimen. Fig. 6. Unreifes Sporangium, Entleerungsschlauch nieht sichtbar, weil nach unten liegend. Fig. 7. Spindeliges Sporangium mit vier Entleerungsschläuchen. Fig. S. Kugeliges Sporangium mit fünf Entleerungsschläuchen, von denen einer p sehr lang ist. m Mycel. Fig. 9 u. 10. Sporangien mit reifen Zoosporen. Fig. 11. Keimende Zoosporen. Fig. 12—20. Rhizidium vernale. Fig. 12. Chlamydomonas-Zelle mit einer eindringenden Zoospore behaftet. Fig. 13. Ebensolche mit bereits zerstörtem Inhalt mit einem jungen Pflänzchen des Parasiten. Fig. 14. Zwei Chlamydomonas-Zellen (die eine in Theilung begriffen) mit drei jungen Sporangien. Fig. 15. Chlamytdomonas-Zelle, deren Inhalt von zwei sporangientragenden Parasiten bis auf braune Reste aufgezehrt ist. Mycel spärlich verzweigt. Fig. 16. Wirthszelle mit drei Sporangien. Fig. 17. Ebensolche, bereits entfärbt, mit drei Sporangien verschiedenen Alters. Fig. 1S—20. Entwickelungsreihe. Fig. 18. Beginn der Schwärmerbildung. Fig. 19. 5 M. später, die Zoosporenbildung ist beendet. Fig. 20. 5 M. später, Entleerung der Schwärmer. >| JS 0) D Bie. 23. Fig. 32. Fig. 33. Fig. 34. Zur Kenntniss der Phycomyceten. (p. 95) 235 Fig. 21—31. Rhizidium apiculatum. \. Br. Alle Figuren ?9®, 1 Emm zur Ruhe gekommener Schwärmer von Glocoeoeeus nmeosus, welcher zwi- schen Membran und Inhalt ein reifes Sporangium des Schmarotzers zeigt, (las eben seime einciligen Schwärmer entleert. Eine noch schwärmende Gloeococeus-Zoospore mit jungen Parasiten in ver- schiedenen Entwickelungesstadien behaftet. Bei a sieht man einen eben auf der Membran zur Ruhe gekommenen Rhizidium-Schwärmer; bei b einen eben solehen Schwärmer, der bereits die Keimblase durch die Wirthsmembran getrieben; © zeigt, wie «die Keimblase sich zum jungen Sporangium zu vergrössern beginnt. Die Strietur zwischen dem ehemaligen Schwärmer und dem jungen Sporangium ist im Verschwinden begriffen. Noch schwärmende Gloeocoecus-Zoospore mit einem jungen Sporangium. Die Strietur zwischen dem «dem ehemaligen Schwärmer entsprechenden Theile und dem eigentlichen Sporangium ist verschwunden, der Schwärmertheil erschemt daher als blosse Papille (apieulus) des Sporangiums. Noch schwärmende Gloeococeus-Zelle mit einem bereits entwickelteren, «der Reife nahen Sporangium. Es zeigt eine grössere Anzahl von Kernen der bereits in Bildung beeriftenen Schwärmer. Zur Iuhe gekommener Schwärmer der Alge mit einem jungen Sporangium. Eine in Theilung beeritfene Gloeococeus-Zelle mit fünf Parasiten in verschie- denen Entwickelunesstadien besetzt. b jüngster, ce nächstälterer Zustand. Pflänzchen mit kleiner, derbwandiger Dauerspore. In den fast entfärbten Inhalt (ler Wirthszelle ragt das rudimentäre Mycel m hinein. Gloeococeus-Zelle mit grösserer Dauerspore (nicht ganz im Protil gesehen). Eine ähnliche Dauerspore, im Profil gesehen, daher «den apieulus deutlich zeisend. Die Wirthszelle vollständig entleert. In 'T'heilung begrittene Wirthszelle mit vier Parasiten in Dauersporenform behaftet. Mycel nicht sichtbar. Eine Gloeococcus-Zelle mit vier Dauersporen in verschiedenen Zuständen der Entwickelung. Spore a und b von oben gesehen, daher kugelig. Gloeococeus-Zelle mit einem Sporangium, das mit deutlichem Mycel versehen ist (m Alcohol). Fig. 32—43. Rhizidium acuforme. Zopf. Vergrösserung ®#0. Noch schwärmende Chlamydomonas-Zelle mit vier jungen Parasiten behaftet. Chlamydomonas-Schwärmer (bereits ruhend) mit vier ungleichalterigen Schma- rotzern besetzt. Einer hat noch keinen Mycelschlauch getrieben. Fig. ig. Fig. Fig. Fig. 10. 4l. 42. 44. Dr. W. Zopf. Zur Kenntniss der Phycomyeeten. (p. 96) Zur Ruhe gekommener Chlamytdomonas-Schwärmer, mit acht ganz Jungen Parasiten besetzt. Mit drei Parasiten behaftete Chlamy«domonas-Zelle. a und b halbreife Sporangien. Chlamydomonas-Zelle, welche zwei zur Dauersporenbildung (oder zur Sporangien- bildung?) bestimmte Pflänzchen trägt. Chlamydomonas-Zelle mit Dauersporenpflänzchen verschiedenen Alters; a noch sehr jung, b halbreif, c reif, mit grossem Oeltropten. Chlamydomonas-Zelle (bereits abgetödtet) mit jüngeren a und älteren b Sporangienpflanzen. Letztere nicht genau en face gesehen, daher den apiculus nicht zeigend. Chlamydomonas-Zelle, deren Inhaltsmasse durch drei Parasiten in einen braunen, zusammengeschrumpften Körper verwandelt ist: a junges, b nahezu, e ganz reifes Sporangienpflänzchen. Chlamydomonas-Zelle mit einem Sporangienpflänzchen. Chlamydomonas-Zelle, deren Inhalt durch eim Sporangienptlänzchen bis auf einen braunen Rest aufgezehrt ist. Das grosse Sporangium steht im Reifestadium. Das winzige Mycel zeigt deutliche Zweigbildung. Chlamydomonas-Zelle mit einem Dauersporenpflänzchen, «dessen Mycel gleich- falls deutliche Verzweisung zeigt. Chlamydomonas-Zelle mit drei Dauersporenpflänzchen b, a noch unreifes Sporangium (oder Dauerspore?). ——- 2— Berichtigungen. 9, Zeile 17, Fig. 6 bei S statt s. » 18, Eie. 24 statt 24U. 9, Bier 9 110, 1 IE Staa“ ne 5 von unten Fig. 4—9, 11 statt 4—11. (Fig. erheblich tortgelassen.) „ 11, Fie. 10 ist zu streichen. „ 14 von unten Fig. 12A statt 12a. ss 4, Kiez 4ayc Statbrası bare: WE OHLstatt26): Nova Acta XLVII. Nr. 4. 10 ist als weniger u le N ur u. - Te er | nz \ y ar A % 5 bau ECT, en, We #1 TEUER NLAL IN I; L j oh, ar re W; Tr Ach ERATER ANTı- ° N er eat MENT # a ne u NER en un Yan Me a re rt be ARE ed @ j ü Tue IS en 40 | We « ‚Wu Fu ar ine u FiL mE ä Rue) f B NOVA ACTA der Ksl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Band XLVII. Nr. 5. Neue Beobachtungen an Macrauchenia patachonica von Dr. H. Burmeister, M. A. N. Director des Museo Püblico Nacional ın Buenos Aires. Mit 2 Tafeln Nr. XXI—XXIL. Eingegangen bei der Akademie den 13. Mai 1584. HALLE. "1885. Druck von E. Blochmann & Sohn in Dresden. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. söitodsstog KIADIRTITE E % { ” Pi lem Kor ar an a u EN DESLETITT rlordosd uf, u an F A BB N ‚“ eher UF ee zur, 2), Br wg HF NV AZIN DE . Be ET r ‚ 2 % ne re \ aaa a 0 a ee ae ee ° m +“ at A wo LT ae Vor nunmehr zwanzig ‚Jahren sandte ich der naturforschenden Gesell- schaft zu Halle die Beschreibung des überschriftlich genannten merkwürdigen fossilen Säugethiers, zur Ergänzung der früheren Darstellunx Owen’s nach den von Darwin im Puerto de S. ‚Julian gesammelten Resten, mittelst einiger im Museum zu Buenos Aires aufbewahrter, bisher unbekannter Knochen, mich hauptsächlich auf hübsche Abbildungen anderer von A. Bravard stützend, die dieser um die hiesige tossile Fauna so verdiente Forscher im Museum niedergelegt hatte. Mein Aufsatz wurde im IX. Bande «der Abhand- lungen der naturforschenden Gesellschaft (1864, S. 76 u. Hled.) mit den ihn begleitenden Abbildungen auf «drei Tateln zum Druck befördert. Seitdem ist ein wichtiger Beitrag zur vollständigen Kunde des frag- lichen 'T'hieres von P. Gervais gegeben worden. In den Mem. d. ]. Soc. geolog. d. Fr. II. Ser. tom. IX. mem. 5. beschrieb derselbe 1873 das Milch- gebiss des jungen 'T’hieres: einen im Zahnwechsel stehenden halben Unter- kieter, mehrere Wirbel, Beinknochen und ein Stück vom Becken, mit der symphysis pubis, welche einen grossen Schaltknochen einschliesst, endlich den bisher fehlenden calcaneus mit einer merkwürdigen Gelenkung für den Endknorren der fibula, welche früher nur bei Paridigitaten Hufthieren wahr- genommen worden war. So blieben von allen zur sicheren Kenntniss erforder- lichen Skeletttheilen nur der Oberarm und Vorderarm ührig, und diese eben sind es, welche ich jetzt zur Darstellung bringe. Auf die Zeichnungen Bravard's gestützt, hatte ich in den Anal. d. Museo Publieco d. B. A. tom. I. pl. XII. eine Restauration des Skeletts ge- geben, worin die Vorderbeine in das übliche Verhältniss zu den hinteren ge- setzt, d.h. etwas kürzer als diese angenommen sind, was, wie ich nun weiss, mit dem Typus des Baues von Maerauchenia im Widerspruch steht; die 327 240 H. Burmeister. (p. #) Vorderbeine sind vielmehr etwas länger als die hinteren, und das giebt der Gestalt des Thieres ein ganz anderes Ansehen; es nähert sich Macrauchenia noch mehr, als ich bisher annahm, der von Palaeotherium. Setze ich, um es gleich zu beweisen, die Maasse der einzelnen Knochen her, so ergeben sich folgende Längen: Hemursree SL: Humerus . ... >407cm Tıbıa. ner Br Na)ı Pr EI ae Bes posticuse 2505 Pes antıcus . . er Summa 153 em. Summa 155 cm. Palaeotherium scheint, entsprechend dem etwas kürzeren Halse, ein relativ kürzeres Vorderbein gehabt zu haben; denn nach Maassgabe der vor- liegenden schönen Zeichnungen in Blainville’s Osteographie, pl. VI, ist das Verhältniss der genannten Knochen zu einander folgendes: Bemun Pa iorem: Hiüomeruse REEL Bihiasr re Uhl ur Pesuposticasser sruloe,; Bessanticusermr Selle: Summa 46 cm. Summa 41 em. Ueberhaupt ist Palaeotherium ein viel schlankeres T'hier mit graeilerem Knochenbau, als Macrauchenia, dessen ganz auffallend kräftige Knochen seiner vorderen Gliedmassen zu dem kleinen Kopf und dem langen Halse in ein schreiendes Missverhältniss treten. Ich erhielt die in allen früheren Beschreibungen nur triümmerhaft dar- gestellten Knochen des genannten Körpertheils schon vor mehreren Jahren, war aber bisher nicht in der Lage, mit ihrer Schilderung mich befassen zu können. Owen und Gervais haben zwar Abbildungen von Stücken der Armknochen gegeben, es fehlten aber die instructiven Einzelheiten; Gervais stellt die beiden Knochen des Vorderarms von einander getrennt dar, was sie nur in frühester Jugend sind, wie ihre Verwachsung im Ellbogengelenk der früheren Abbildung von Owen und ihm selber beweist; dass aber die so verwachsenen Knochen 70 em lang seien, konnte man nicht annehmen, ohne es in natura gesehen zu haben. Doch sagt schon Owen, dass ihre Ver- wachsung sehr innig sei, denn er nahm wahr, dass beide zusammen nur eine einzige Markhöhle hatten (Zool. Vov. Beagle I. pl. X). Ich kann diese An- gabe bestätigen, die Verwachsung ist total. Neue Beobachtungen an Macrauchenia patachonica. (p. 5) 241 Der humerus (Taf. 1. Fig. 1—4) ähnelt von allen mir zur Vergleichung zugänglichen correspondirenden Knochen am meisten dem des Pferdes; er ist aber von doppelter Grösse und dreifacher Stärke. In seinen Dimensionen bleibt er nur wenig hinter dem der Rhinoceros- Arten zurück, denn er ist 40 cm lang, oben am condylus 17 cm breit und unten ebenda 13 em: sein mittlerer Durchmesser an der schmalsten Stelle ist 8 em, und die Länge seines ungemein starken Leistenkammes beträgt 19 cm. Vom humerus des Pferdes unterscheidet sich der von Macrauchenia besonders durch die völlige Trennung der beiden tubera neben dem oberen Gelenkkopf, und darin stimmt er mehr mit dem von Zlhönoceros überein. Indessen hat auch der keine so starke Erhebung des Leistenkammes nach vorn, wie solche bei Macrauchenia auftritt, und in Folge davon zeigt letztere Gattung eine viel mehr in die Breite gezogene obere Hälfte. Dieselbe hat, neben dem condylus, 16 cm Breite in der Richtung von rechts nach links, aber nur 10 em in der von vorn nach hinten; es überwiegt also entschieden jene sehr stark über diese, während beim Pferd umgekehrt letztere die grössere ist und bei Rhinoceros beide ziemlich gleiche Grösse haben. Eine Folge davon ist auch der mehr in die Quere ausgedehnte Umriss des condylus zwischen heiden Höckern bei Macrauchenia, während derselbe bei Zguus und Rhinoceros der Kreisform sich nähert; ich finde ihn bei Maerauchenia 10 cm breit von links nach rechts und nur 6,5 em von vorn nach hinten. Hierzu kommt, als eigenthiimliches Merkmal für Maecrauchenia, die viel grössere Entwickelung des äusseren Höckers nach hinten; er übertrifft den inneren nicht blos an Umfang, sondern ausserordentlich an Länge und geht, wie bei Zrhönoceros, nach oben in einen gebogenen Haken aus, welcher den Anfang der vorderen scharfen Kante des Leistenkammes bildet. Letzterer ist in seiner ganzen Länge von ungememer Stärke, mit gleicher Erhabenheit am Aussenrande des Knochens bis zur Mitte herablaufend und hier nieht blos nach hinten mit einem stumpfen Höcker endend, wie bei Eguus und Rhinoceros, sondern auch mit einer vorderen scharfen, leistenartig nach oben fortgesetzten Ecke, die dem Pferde wie dem Nashorn abgeht, und überhaupt in dieser Entwickelung nur bei Maerauchenia sich findet. Unter den beiden hakenförmigen Eeken zieht sich der humerus lang- sam in einen quer eylindrischen, nur 8 cm breiten Knochen ohne scharfe 242 H. Burmeister. (p. 6) Kanten zusammen, und dehnt sich alsdann aufs Neue zum unteren Gelenk- knorren aus. Derselbe ist 14 em breit, wo er am breitesten wird, und 9 cm hoch am Innenrande; er ist vorn wie hinten stark in der Mitte vertieft, aber die viel stärkere hintere Vertiefung geht mehr in die Breite, als die längliche beim Pferde und bildet eine entschieden querovale Grube. Der innere Seiten- rand steht senkrecht, der äussere erweitert sich, schief nach oben aufsteigend. in einen Höecker mit scharfer Keke, mehr ähnlich dem etwas stumpferen des Rhinoceros als dem kaum bemerkbaren von Zigws. Die Gelenktläche am Ende des Knorrens ist Il em breit und dureh einen tiefen (@Querbusen in zwei ungleiche, halbe Rollen setheilt. Die viel grössere innere Rolle hat 9 em Durchmesser, die kleinere äussere kaum 7 em; eine schwache Querkante, wie beim Pferde, hat sie nicht: der mittlere @Quer- busen lässt nur eine Breite der Rolle von 5 em übrige, Nur vor der Ausseren Rolle betindet sieh die vordere Vertiefung des Knochens, sie reicht nur so eben bis an «die innere Rolle. Auch auf der hinteren Fläche des humerus ist die grosse (uergrube vor der Gelenkfläche mehr gegen den äusseren, als gegen den inneren Rand hingezogen. Kin Nebengrübehen des äusseren Randes ist hier im Kamm des Hauptknochens sichtbar, «das auch am humerus des Pferdes, nur schwächer, sich zeigt. Die beiden Knochen, welche dem Vorderarm des Menschen entsprechen (Tat. 1. Fig. 5—8), sind in der ‚Jugend getrennt, liegen aber so dieht an einander, dass sie mit zunehmendem Alter in eimen einzigen Knochen verwachsen, dessen frühere Trennungslinie stellenweise völlig verschwindet und nur an einer seiehten Furche auf der Oberfläche erkannt werden kann. Namentlich nach dem unteren Ende hin ist «die Verwachsung vollständig, nach oben bleibt im Ellbogengelenk und etwas vor ihm die frühere Trennung sichtbar. In- dessen lehrt die beiden Knochen gemeinsame einfache Markhöhle, dass ihre Vereinigung zum einfachen Knochen eine vollständige geworden ist. Die auf solche Art verbundenen Knochen sind 70 cm lang und an der breitesten Stelle 14 em breit. In der Länge nimmt die Elle (ulna) die ganze Strecke des Knochens ein, in der Breite ist sie nur oben breiter als die Speiche (radius), unten wird letztere der breitere Knochen. Dessen ganze Länge beträgt 62 em. In diesem Punkte schliesst sich Macrauchenia, wie in der Länge des Halses, mehr an den Typus der Wiederkäuer, als an Nee Deobachtungen an Macrauchenia patachonica. (pP. %) 243 den des Pferdes an: es harmonirt auch darin mit Palaeotherium, dem es zugleich in der analogen Grösse beider INnochen gegen emander ähnelt, während Pferd und Wiederkäuer eine abwärts viel schwächere, z. Th. völlig verschwindende Elle haben. Oben beginnt dieser Knochen bei allen genannten Hufthieren, und so auch bei MVaerauchenia, mit einem starken, bei der fossilen Gattung stärker nach innen eekrimmten oleeranon, welches das Ellbogengelenk um 11 cm überragt. Dies Gelenk hat die gewöhnliche Form und zeigt, ausser seiner bedeutenden Stärke, nichts Auffallendes. Von den beiden vorwärts gebogenen Haken seines Randes wird der obere schwächere ganz von der Elle, der untere breitere nach hinten ebenfalls von der Elle, nach vorn aber von der Speiche gebildet. Beide Knochen sind auf der Gelenkfläche durch eine deutliche Furche von eimander geschieden, deren Lauf "Taf. 1. Fig. 6 angiebt, und die niemals zu fehlen scheint, denn auch Owen und Gervais haben sie gesehen und verzeichnet. Tiefe Kinschnitte des Randes trennen, am Ende der Furche, den Theil des radius von dem der ulna. Ein eigenthimlicher parabolischer Busen im äusseren Rande dieser Gelenkfläche (Taf. 1. Fig. 6 u. 7) erinnert an den ähnlichen, aber schwächeren Randausschnitt bei Rhinoceros; dagegen ist die geringe T'heilnahme des Kopfes vom radius an der Gelenk- fläche eme Eigenschaft, welche mehr dem Typus von Elephas und Mastodon, als dem der Pachydermen entspricht. Unterhalb der Ellbogengelenkung erreicht das Vorderarmbein seine diinnste Stelle, hat indessen noch immer S em Durchmesser von links nach rechts und 5 cm von vorn nach hinten. In dieser Gegend wird der vordere Rand des Knochens, bis auf ein Drittel hinab, von dem «diünneren oberen Endtheil des radius gebildet, welchen hier (die viel breitere ulna zu beiden Seiten überragt; aber alsbald erhebt sich der radius zu einem allmählich aufsteigenden, «dieken und hohen Kamm, der «die in derselben Weise dünner und schwächer werdende ulna mehr und mehr an Ausdehnung übertrifft, in- dem letztere sich auf den hinteren Rand des gemeinsamen Knochens zurück- zieht. So stellen meine Figuren 5 und 7 die beiden verbundenen Knochen dar. In Taf. 1. Fig. 5 nimmt die ulna, bis fast zur Mitte hinab, den ganzen sichtbaren Theil des Knochens ein, und lässt für den radius blos den vorderen Rand (des breiteren, kammförmigen T'heils frei. In "Taf. 1. Fig. 7 sieht man dagegen 244 H. Burmeister. (p. N) den Radius in seiner ganzen Ausdehnung, und neben, d. h. hinter ihm, die z. Th. schwächere ulna. Eine feine, nur durch kurze Striche angedeutete Naht zeigt die frühere Trennung der beiden Knochen von einander. Der Kamm des Radius ist auffallend diek, am Rande aber stumpf, völlig ab- gerundet und dabei einwärts gebogen; aber gegen die Mitte hin wird die Knochenmasse viel dünner, und hier kommt die nach hinten gewendete schwächere ulna ihm in der Dieke ziemlich gleich. Aussen (Taf. 1. Fig. 7) ist der gemein- same Knochen eben und gleichmässig gewölbt, innen (Taf. 1. Fig. 5) mulden- förmig vertieft; es bleibt die Naht zwischen beiden Knochen an dieser Stelle deutlicher sichtbar, ja eine kurze Strecke vor dem Ende ist sie sogar offen. Am äussersten Kinde beginnt eine leichte Verdiekung des Knochens, welche besonders durch Wölbung der Knochentläche nach aussen bewirkt wird. Dies erkennt man deutlich aus Taf. 1. Fig. S, welche die terminale Gelenk- fläche so darstellt, dass die innere, ausgehöhlte Seite nach oben gewendet ist, die gewölbte äussere nach unten. Man sieht auf dieser etwas mondförmig gestalteten, an beiden Enden aber abgerundeten Fläche drei sanfte Grübehen von ungleicher Grösse zur Aufnahme der ersten Reihe der Carpusbeinchen, mit denen der Vorderarm das Handgelenk bildet. Die Grube links hat einen ovalen Umriss, dessen grösster Durchmesser von links nach rechts gerichtet ist. In diese dem radius angehörige Grube gelenkt das Kahnbein (navi- eulare), der innerste Knochen der ersten Uarpusreihe. Neben ihm befindet sich eine zweite, etwas kleinere, quer gegen die erste gewendete Grube, welche für das zweite Carpusknöchelchen oder Mondbein (lunatum) bestimmt ist. Auch sie gehört ganz dem radius an, wie besonders Taf. 1. Fig. 5 lehrt. Dann folgt, nach aussen und hinten, die dritte grösste, wiederum länglich ovale (Grube, mit dem von links nach rechts laufenden grössten Durchmesser. Sie ist zur Aufnahme des dritten Carpusknochens, genannt das Dreieckige Bein (triquetrum s. pyramidale) gebildet und gehört der ulna an. In ihr zeigt sich, neben dem Innenrande, dem zweiten Grübehen anliegend, eine schwache (uerwulst, die gleichsam ein Nebengrübchen von der viel grösseren Haupt- grube absondert, und durch diesen "Theil der dritten Gelenkgrube läuft, in querer Richtung, eine schwache Furche, welche die Naht anzeigt, in der radius und ulna an einander stossen. Die (@uerwulst rührt her von einer seichten Querfurche in der Gelenkfläche des Dreieckigen Beins, wodureh die Nene beobachtungen an Macrauchenia patachomiea. (pP. 9 2345 innige Verbindung desselben mit der ulna, also die Festigkeit des Carpus- gelenks, unterstützt wird. Beide "Theile, @uerturehe und (Querwulst, sind übrigens sehr schwach und nur bei genauer Betrachtung der Oberflächen in verschiedener Stellung bemerkbar; sie mögen mitunter ganz fehlen, denn weder Owen noch Gervais haben sie in ihren Abbildungen angedeutet. Hinter dem dritten Grübehen sieht man, am Rande der ulma auf der Innenseite, etwas vor der Ecke, eine kleine stumpfeckig dreiseitige Gelenk- fläche, welche in Tat. 1. Fig. 5 an der bezeichneten Stelle deutlich dargestellt ist. Sie dient dem vierten Carpusbeinchen der ersten Reihe, dem Erbsenbein (pisiforme) zum Ansatz, indem dasselbe zugleich mit der hinteren inneren Seite «des dreieckigen Beins in Verbindung tritt, aber die ulma nur wenig berührt, weil es freier als die anderen Carpusbeimehen absteht und sich aus dem Handgelenk heraus nach hinten wendet. Soviel vom Knochengerüst des Vorderbeins: es bleibt mir noch übrige, um schliesslich «das eigenthümliche Grössenverhältniss seiner Knochen bei Macerauchenia vecht anschaulich zu machen, «die Maasse derselben Knochen einiger anderer langbeiniger Hufthiere daneben zu stellen, welche von den Skeletten der hiesigen Sammlung abgenommen wurden. Es sind folgende vier, in Centimetern ausgedrückt; mit Palaeotherium nach Blainville's Figuren bestimmt: ; e Br Palacothe- Meaerau- Tögwus Auchenia Cerwus Tapirus : 5 4 s 3 rim chenia eaballus _ Guamaco | campestris swilhıs miimus Humerus . . 40 BR 24 13 20 10 Omar. 70 10 32 IS 23 17 Pes antıcus . 45 45 BIS 21 25 14 Summa 155 I1S 94 | 55 65 41 FT —————————— kemur. . . 58”) 12 32 19 25 16 IKhaer . : 15 35 30 20 2| 15 Pes posticus . 50 50 42 30 35 15 Summa | 159 127 104 69 74 46 Ich habe in meinem früheren Aufsatz (Abh. d. nat. Gesellsch. S. 102) nach Bra- vard’s Zeichnung 75 cm angesetzt, was zu viel ist. Noya Acta XLVL. Nr. 5. 246 H. Burmeister. (p. 10) Nach vorstehender Tabelle hat Maerauchenia, wenn man es mit anderen Hufthieren annähernd ähnlicher Körpergrösse und Statur vergleicht, das längste Vorderbein von allen; denn dasselbe ist nur bei ihm länger als das hintere, bei allen übrigen Hufthieren dagegen kürzer. Diese bedeutende Länge rührt von der ulna her, weil diese länger ist als der Vorderfuss, was ausserdem nur bei Palaeotherium der Fall zu sein scheimt; die anderen haben den Vorderfuss länger als das antibrachium. Das Hinterbein von Maerauchenia ist ebenfalls sehr lang, aber es erhält seine bedeutende Länge durch den Schenkelknoehen, welcher länger ist als der Hinterfuss. Dasselbe Verhältniss hat zwar auch Palaeotherium, aber der Unterschied beider Abschnitte gegen einander ist viel geringer als bei Maerauchenia. Alle verwandten Hufthiere (ler Gegenwart haben das Schenkelbein kürzer als den Hinterfuss, und zwar in einem so bedeutenden Grade, dass das Verhältniss von Maerauchenia wahrhaft überrascht. Nur die Proboscideen erinnern, wegen der Kleimheit des Fusses, einigermassen an Macrauchenia, vielleicht mehr noch Toxodon, (dessen sehr kurzer Unterschenkel zwar einen wohl ebenso langen Fuss ver- muthen lässt, aber keineswegs dem Schenkelknochen gleichen, denn die be- kannten Fussknochen von Torodon zeugen für eine gewisse Aehnlichkeit mit dem 'Iypus der Proboseideen, also für kleinen Fuss. Ich fand, dass calca- neus und astragalus von Toxrodon sehr denselben Knochen von Klephas ähneln, neben relativ längeren Metatarsusbeinen den allein bisher vom Fuss der Gattung Torodon aufgefundenen Knochen. Wie man also die Gliedmassen von Macrauchenia auch betrachtet, immer zeigen ihre Knochen eigenthimliche Verkürzung oder Verlängerung (ler einzelnen Abschnitte, welche in der Gegenwart bei keinem Hufthier vor- handen sind. Sonderbarer Weise haben Vorder- und Hinterfuss des Pferdes (dieselbe Grösse mit denen von Maerauchenia, während Oberarm und Obher- schenkelknochen des Pferdes bedeutend kürzer sind; desgleichen Vorderarm und Unterschenkel. Ein zweiter Gegenstand, den ich nachträglich zu besprechen habe, betrifft das Gebiss von Macrauchenia. Ich kannte dasselbe zur Zeit meiner früheren Schilderung nur aus Bravard's Zeichnungen und nahm darnach an, Nene Beobachtungen an Maecrauchenia patachonica. (p. 11) 241 (dass das Thier im Oberkieter acht Backzähne besessen habe, weil in der Gegend des Eckzalns zwei offene Alveolen gezeichnet waren, für die ich auch zwei gesonderte einwurzelige Zähne ansetzte, den einen als ersten Liekenzahn deutend. Diese Annahme hat sich, nach Gervais’ Darstellung eines zweiwurzeligen Ecekzahns, als wnrichtig erwiesen: Maerauchenia hat auch im Oberkiefer, wie im Unterkiefer, nur sieben Backzähne. Dem von Bravard gezeichneten Schädel, der mir jetzt vorliegt, fehlen gegenwärtig alle Zähne, mit Ausschluss der allein vorhandenen vier hinteren Backzähne, von denen aber der erste im Oberkieter zertrünmert ist; die übrigen Zähne lassen sich nur an den z. Th. stark beschädigten Alveolen als vorhanden nachweisen. Die vier hinteren Backzähne haben im Oberkiefer je drei Wurzeln: im Unterkiefer, woselbst sie viel schmäler sind, «deren nur zwei. Von den oberen drei Wurzeln ist, wie ein herausgenommener hinterster Zahn lehrt, die imnere die dickste, aber nicht längste; «die beiden anderen etwas längeren stehen alternirend mit der inneren vor und hinter ihr am Aussen- rande des Zahns, sind ungleich diek und die hintere ist die etwas stärkere. Die Krone hat am hintersten Zahn einen dreiseitigen Umriss, die drei vor ihm sind vierseitig; der vorletzte Zahn ist viel länger als breit, der dritt- letzte ziemlich ebenso, nur kürzer; der vor ihm sehr wenig schmäler als lang, wobei er sich nach vorn etwas mehr verschmälert. ‚Jeder von diesen vier oberen Backzähnen zeigt eine starke Krümmmg seines Prismas nach innen und besitzt auf der längsten Aussenfläche drei stark vortretende senk- rechte Kanten, auf der gegenüber stehenden inneren Fläche einen etwas wellen- förmigen Umriss, der von zwei, drei oder gar vier Falten des Schmelz- überzuges der Krone herrührt. Die nach Bravard's Figuren gemachte, aber etwas vergrösserte Zeichnung auf Taf. I. Fig. 5 meiner früheren Abhandlung lehrt, dass der erste dieser vier Zähne des Oberkiefers zwei solcher Falten hatte, die später an ihm, d. h. mittelst der Abkauung, nur als Gruben oder Höhlungen inselförmig sich in der Kaufläche verrathen: dass deren drei neben einander am zweiten und dritten Zahn dahinter vorhanden waren, und dass der hinterste Zahn vier solcher Falten zu besitzen scheint. Die mir jetzt vorliegenden Zähne bestätigen die Richtigkeit der Zeiehnung und lehren ferner eine so stark abgenutzte Kaufläche am ersten und zweiten, dass die innere Zahnhöhle dadurch geöffnet worden war und nun zwischen der Aussen- 33* 248 H. Biuvmeister: mp. 12) fläche der Krone und den offenen Gruben an der Innenseite als lange Licke in der Zahnsubstanz auftritt, was natürlicher Weise nicht als Regel, sondern als allmählich emgetretene Entstellung der beiden Zähne in Folge der Ab- nutzung aufgefasst werden muss. Denn an der anderen Seite des Gebisses fehlen die Liicken, die Kaufläche ist geschlossen zwischen den offenen Gruben und der Aussenseite an allen Zähnen. Die übrigen von Bravard ursprünglich gezeichneten und von mir nachgebildeten Zähne sind nicht mehr vorhanden; man erkennt deren An- wesenheit nur an den z. "Ih. stark beschädigten Alveolen. Es liegen aber aus Bravard's Sammlung sechs Zähne eines anderen Gebisses von einem Jüngeren Individuum vor, deren Kronen weniger abgenutzt sind, und von denen die am hintersten Zahn z. Ih. ohne alle Abnutzung sich erhalten hat. Drei dieser sechs Zähne stimmen in Grösse und Anlage der Kronen genau mit den drei hintersten Zähnen im Schädel, der mir vorliegt, überein und beweisen durch den viel geringeren Grad ihrer Abkauung, «dass die Krone ursprünglich einen hohen, zackigen Aussenrand mit fein gekerbter Firste besass, wovon nach innen ebenso gestaltete Querjoche ausgingen, welche mittelst grosser triehter- förmiger, tief in die Zahnsubstanz hinabsteigender Gruben von einander ge- trennt waren. Der obere Rand «dieser Gruben war anfangs lückenhaft; er liess je emen Busen für jede im oberen Rande der Krone an der Innenseite, gegen die Mundhöhle hin, welche Busen diesen Rand in konisch aufsteigende Zacken theilten. Ausserdem haben die grössten Gruben in der Krone eine (Juerscheidewand, parallel dem Seitenrande des Zahns, welche dieselben in zwei von links nach rechts neben einander stehende Grübehen theilt, so dass auf der abgekauten Kronenfläche vier Lücken oder inselföürmige Gruben ent- stehen, wenn die Krone so weit abgekaut ist, dass die Busen im Rande der Krone nach innen verschwinden. So waren die von Bravard ursprünglich gezeichneten, von mir früher vergrössert wiedergegebenen hinteren Backzähne beschaffen; die mir jetzt vorliegenden, weniger abgenutzten Zähne haben z. Ih. noch oftene Busen am Innenrande, und stellen ein früheres Stadium der Abkauung dar, bis auf den hintersten, der an seiner über den hintersten Backzahn des Unterkiefers hinausreichenden Hälfte noch seine ursprüngliche Beschaffenheit mit der zackigen Firste des Endjoches bewahrt hat. Die den drei hintersten Zähnen des Oberkiefers vorhergehenden beiden Nente Beobachtungen an Macrauchenia patachoniea. (p. 15) 249 Backzähne, d.h. der dritte und vierte der ganzen Reihe, fehlen mir; Bravard hat sie mit je zwei Gruben in jedem verzeichnet, woraus folgt, dass jeder von ihnen drei @uerjoche besass, was allerdings sehr wahrscheinlich ist, weil sie kleiner sind, als die drei hintersten Zähne. Ich kann sie nur nach den am Schädel sichtbaren Alveolen beurtheilen, die entschieden geringeren Umfang haben, als die Wurzeln der noch vorhandenen Zähne, wie ein herausgenommener Zahn beweist. Die beiden Backzähne vor dem dritten, also der erste und zweite Zahn, welche mit dem dritten die sogenannten Prämolaren, d.h. der Schichtung unterworfenen Backzähne darstellen, liegen mir in natura vom Gebiss des Jüngeren Individuums vor, und darnach hatte sie Bravard früher nicht ganz richtig gezeichnet. Jeder von ilmen hat nur zwei Wurzeln und eine dimne, blattföürmige Krone, mit scharfer Eeke nach oben, nebst zwei flachen Gruben an der Innenseite, von denen die hintere dureh ein vorwärts gewendetes (Juerjoch der Krone geschlossen ist, die vordere ganz offen bleibt und nur als Eindruck in die innere Wand der Krone bemerkt wird. Die beiden Wurzeln dieser Backzähne sind etwas ungleich, die vordere ist dieker und länger als die hintere, ähnlich wie Gervais die correspondirenden Zähne des Milchgebisses in Unterkiefer dargestellt hat (a. a. ©. Pl. XX. Fig. 2). In eben dieser Figur ist auch der Kekzahn mit ganz gleicher Krone und dop- pelter Wurzel verzeichnet, was dafür zu sprechen scheint, es möge auch der bleibende Kekzahn eine solche Anlage gehabt haben. Wir werden indessen später finden, dass dem nicht so ist, sondern der Eckzahn in der That nur einwurzelig war. Ein ausseraem noch vorhandener freier Zahn des besprochenen Ge- hisses eines jüngeren Individuums ist kleiner, als alle anderen, mit breiter meisselförmiger Krone und einfacher Wurzel, auf der Innenseite der Krone mit zwei flachen dreiseitigen Eindrücken versehen, welche der Grube und dem ähnlichen Eindruck an den zweiwurzeligen Lückenzähnen entsprechen. Der Zahn ist stärker gekrümmt als die Backzähne und kürzer in seiner Substanz, übrigens aber dem ersten Liückenzahn ähnlich. Bravard hat ihn als äusseren Schneidezahn in seimen Figuren abgebildet und etwas grösser isolirt auf Pl. II. Fig. 3 und 4 seiner Zeiehnungen: die Figuren 2 und 5 ebenda geben Ansichten der übrigen besprochenen Zähne des zweiten Gre- 250 H. Burmeister. (p. 14) bisses; aber die Figuren sind zu klein, um ihre Beschaffenheit deutlich zu machen. Von den Backzähnen des Unterkieters liegen mir nur die fünf hinteren des von Bravard abgebildeten Gebisses vor: sie sind in den Beschreibungen von Owen, (Grervais u. a. m. besprochen und auch in Blainville's Osteo- graphie gut dargestellt, daher ieh sie hier nieht weiter behandle, sondern mich auf genaue Schilderung der von mir auf Taf. 2 abgebildeten Zähne des Oberkieters beschränke. Fig. I dieser Tafel zeigt die ganze Reihe der Back- zähne, in */, der natürlichen Grösse, von der Kaufläche im Zusammenhange: Fig. 2—5 den einzelnen Schneidezahn; Fig. 6—9 die beiden vorderen L;iickenzähne von verschiedenen Seiten; Fig. 10 den sechsten Backzahn von aussen: Fig. 11 und 12 den siebenten von innen und von der Vorderseite seines Zahnprismas. Der Schneidezahn ist, wie Bravard richtige erkannt hatte, ein äusserer, und zwar der äusserste der rechten Seite. Der entsprechende von der linken Seite, den Bravard ebenfalls dargestellt hat, fehlt in seiner Sammlung: er wird ihn wohl nach der Analogie des rechtsseitigen entworfen haben. Diesen Zahn habe ich Tat. 2. Fig. 2—5 abgebildet, ein wenig ver- kleinert, nur Fig. 5 ist in natürlicher Grösse. Fig. 2 zeigt den Zahn von der nach aussen gewendeten Seitenkante:; man erkennt «die starke Krümmung seiner einfachen Wurzel gegen die viel breitere Krone, deren scharter Rand dem Beschauer zugekehrt ist. Der Zahn misst in gerader Linie 4,5 em und mit der Krümmung an der Vorderseite 6 em. Die Breite der Krone beträgt am Rande der Kaufläche genau 2 cm. Diese Fläche ist in Fig. 3 abgebildet: man sieht ihren schmal mondförmigen Umriss, an der Aussenseite von einer ziemlich starken Schmelzschicht be- kleidet; an der entgegengesetzten inneren Seite wird die Zahnmmasse gegen die Mitte hin stumpfkantig dieker und hat hier nur zur ‚Hälfte eine ebenso starke Schmelzlage, die übrige Fläche eine so dünne, dass es mir nicht möglich war, sie gesondert darzustellen. Der dieser Hälfte der Krone an- gehörige Rand ist scharfkantiger, als der entgegengesetzte, dafür aber auch etwas mehr vorgezogen; er stellt die frei abstehende, äussere Kante des Zahns dar, die andere die dem benachbarten Zahn zugewendete innere. Diese Verschiedenheit beider Ränder scheint nur Eigenheit des äusseren Schneide- Neue Beobachtungen an Maerauchenia patachonica. (p. 15) >51 zahns jeder Seite zu sein, denn in Gervais’ Figur a. a. 0. Pl. XXI. Fig. 2a sind die beiden inneren Schneidezähne viel dieker und runder dargestellt, als der äussere breitere, welcher sonderbarer Weise, wie der Eekzahn, ein zwei- wurzeliger ist, wenigstens im Milchgebiss. Aber im späteren bleibenden Ge- hiss hat er nur eine einfache Wurzel, wie der mir vorliegende äussere Schneidezahn beweist: auch am Schädel findet sich an der betretfenden Stelle nur eine einfache Alveole, keine doppelte. Der Zahn steht übrigens weiter zurückgezogen, als die vier mittleren Sehneidezähne: deren Alveolen bilden eine fast gerade Reihe, ohne Krümmung, am Ende des Schädels, während der äussere Zahn bestimmt am Anfange des Seitenrandes vom Oberkiefer seine Stelle genommen hat. Die Kaufläche der Krone ist nicht ganz eben, sondern leieht winkelig gegen die Mitte hin erhöht, mit stumpfer @Querkante, welche indessen dem Innenrande der Krone etwas näher liegt, als dem äusseren. Man erkennt das deutlich aus Fig. 5, welche den Zahn in natürlicher Grösse von hinten zeigt: am oberen Rande erscheint die mondförmige Kaufläche mit nach rechts, d. h. an der Innenkante, schmälerer und «ieckerer Ausladung, als nach links, welche Seite dem freien Aussenrande zugekehrt ist. Unter der Kaufläche be- merkt man die beiden dreiseitigen Kindrücke in die hintere Wand der Krone: der linke äussere ist der schwächere, der rechte etwas tiefer. Sie werden von scharfen, besonders gegen die Mitte der Krone hin hohen Rändern be- erenzt. Weiter nach unten zieht sich die Krone schnell zusammen und verliert in gleichem Grade ihre scharfen Seitenränder; der Umriss wird kleiner, aber zugleich dieker und mehr oval. Bald darunter endet der Schmelzüberzug an einer winkeligen Einschnürung, einer Art Querfurche, mit der die Wurzel ihren Anfang nimmt; bei Vergleichung der drei Figuren 2, 3 und 5 wird es deutlich, dass der Schmelzüherzug an der Vorderseite des Zahns viel tiefer abwärts geht, indem er noch den Anfang «der Wurzel überzieht; hinten (Fig. 5) ist der Schmelz kürzer und winkelig in der Mitte zurückgezogen. Dieser untere schmälere Theil der Krone hat auf der Vorderseite (Fig. 4) eine schwache Längsfurche, welche dem genannten Winkel der hinteren Seite in ihrer Lage entspricht. Dann wird die Wurzel schnell viel dünner, sie verjüngt sich mehr und mehr nach unten und endet mit einem kleinen Endkegel, dessen Gipfel durehbohrt ist, zum Eintritt der Nerven und Blutgefässe in die Zahnhöhle. 2352 H. Burmeister. (p. 16) Auf den äusseren Schneidezahn folgt an jeder Seite des Kieters der kekzahn, durch eine zwar nur geringe Lücke von ihm getrennt, die aber (dennoch etwas breiter ist, als die Liicke zwischen dem äusseren und den vier mittleren Schneidezähnen. Ich kann von dem genannten Zahn nichts mehr aussagen, als was ieh schon erwähnt habe, denn nur die leere Alveole seiner Wurzel habe ich untersuchen können. Es sind deren zwei im Oberkiefer an jeder Seite, aber nur eine im Unterkiefer, in Bravard's Zeichnung deutlich angegeben, und darnach habe ich in meiner Copie a. a. ©. Tat. I. Fie. 5 zwei leere Alveolen gezeichnet, von denen ich die hintere dem ersten Lücken- zahn vindieirte. Aber ich kann jetzt mit Bestimmtheit versichern, dass Bra- vard sich geirrt hat: es ist in der That nur eine ziemlich weite, offene, weil an der Aussenwand zertrümmerte Alveole im Oberkiefer, wie im Unterkiefer zwischen dem äusseren Schneidezahn umd dem ersten zweiwurzeligen Licken- zahn vorhanden. Diese Alveole hat an der völlig unversehrten inneren Wand eine schwache, senkrechte Kante, welche beweist, dass die einfache Wurzel Andeutune einer halben Sonderung in zwei Hälften hatte, so dass ihr Durch- schnitt der Zahl S ähneln würde, aber eine wirkliche "Trennung in zwei Wurzeln war es wohl nicht, sondern nur eine Andeutung «derselben. Ganz ähnlich ist auch der dritte Zahn in Gervais’ Figur 2 Pl. XXI. a. a. O. ge- zeichnet, den er für den äusseren Schneidezahn des Milchgebisses hält, was mir indessen, nach der mitgetheilten Beobachtung an der Alveole des Eck- zahus, fraglich zu sein scheint; er könnte wohl der Eekzahn sein. Die Alveole des Kekzahns im Unterkiefer ist an dem mir vorliegenden Schädel gewiss nur einfach: hat auch einen klemeren. fast kreisrunden Umriss und keine Spur einer Theilung in zwei Hälften. Es steckt in ihr an der linken Seite noch ein Rest des Zahnes, der indessen zu unbedeutend ist, um die Zahnform daraus ableiten zu können. Auf die beschriebenen Alveolen für die Kcekzähne des Oberkiefers folgen an jeder Seite andere sechs jetzt leere Alveolen des mir vorliegenden Schädels, die paarig ungleich, je zwei einander mehr genähert, und durch etwas breitere Zwischenräume zu je «drei Paaren von einander abgesondert sind, mit etwas beträchtlicherer Grösse jedes folgenden Paares. In diesen sechs Alveolen steckten «drei Prämolaren von etwas ungleicher Grösse und Be- schaftenheit. Am ersten und zweiten Paar ist die vordere Alveole etwas Neue Beobachtungen an Maeranchenia patachonica. (p. 1%) 253 grösser als die hintere, sowohl tiefer als weiter; beide Alveolen sind dicht an einander gerückt, stossen aber nieht mit ihren Rändern zusammen: doch ist die Lücke zwischen ihnen etwas schmäler als die andere Liicke zwischen den Alveolenpaaren der benachbarten Zähne. Die zu «liesen Alveolen gehörigen zwei ersten Prämolaren liegen mir nun von dem isolirten Gebiss eines jüngeren Thieres vor und wurden von mir Tat. 2. Fig. 6-9 abgebildet: Bravard hatte damit seine Zeichnung des Gebisses ergänzt, aber fehlerhaft jeden Zahn umgekehrt gezeichnet, was ich in meiner früheren Copie wiederholte, weil mir damals die Originale nicht vorlagen. ‚Jeder von diesen beiden Zähnen hat eine diinne, dem Schneidezahn an Dicke fast gleichkommende Krone von blattförmiger Gestalt, mit mittlerer oberer, ursprünglich geschlossener und gekerbter Schmelzkante von gebogenem Umriss: glatter, längs der Mitte leicht senkrecht vertiefter Aussenseite und zwei tiefen Eindrücken auf der hinteren, von denen der vordere nach innen offen, der hintere dureh eim vom Hinterrande der Krone her nach vorn hin umgeschlagenes diinnes Querjoch zu einer förmliehen Grube geschlossen ist. Auch dies @Querjoch hatte ursprünglich einen gekerbten Rand, der indessen bald, wie der Hauptrand, «durch Abkauen verloren geht. Man sieht alsdann die von einer «dünnen Schmelzschicht umgehene Zahnsubstanz am oberen Rande des Zahns, winkelig begrenzt und in der Mitte verdickt, ähnlich der Anlage des Schneidezahns. So erscheint die Kaufläche beider Zähne Taf.2. Fig. 1 in Iu. II: man erkennt daraus, «dass die vordere Hälfte jedes Zahns nur halb so stark ist, wie die hintere: dort befindet sich an der Innenseite der Krone der drei- seitige Eindruck, hier die vom Querjoch umgebene geschlossene Grube. Fig. 8 und 9 zeigen beide Zähne von der Innenseite und erläutern diese ihre Anlage. Unterhalb der blattförmigen, abwärts schmäleren, aber auch diekeren Krone, die in ihrer ganzen Ausdehnung einen feinen Schmelzüberzug hat, be- einnt die zweitheilige Wurzel, deren Hälften ganz der einfachen Wurzel des Schneidezahns ähneln, nur etwas kleiner sind. Die vordere Wurzel muss die stärkere sein, denn so verlangt es die beschriebene Weite und Tiefe der Alveolen für jeden Zahn. Diese diekere und etwas längere Wurzel entspricht dem offenen Eindruck der Krone, die dünnere kürzere der geschlossenen Grube der Innenseite: Bravard hat mithin den Zahn in verkehrter Stellung ge- zeichnet, indem er den besagten Umschlag des @Querjochs der Krone vom am Zahn darstellte und den offenen Eindruck dahinter. Nova Acta XLVI. Ni. 5. 34 254 H. Burmeister. (p. 15) Die Aussenfläche der Krone ist glatt, ohne Runzeln, längs der Mitte leieht von oben nach unten vertieft und daneben etwas gewölbt an jeder Seite. Eine nicht sehr scharte, aber doch deutlich erhabene Kante umgiebt als feine Leiste die nach unten etwas schmälere Fläche der Krone, verliert sich aber an der Basis, fast ganz in der Mitte des Kronenrandes, unter der Längs- vertiefung der Aussenseite. Innen fehlt eine solche Randleiste an der kürzeren Schmelzschicht. Der dritte prämolare Backzahn ist nicht vorhanden, am Schädel sieht man nur seine offenen Alveolen, und zwar deren drei an der einen, linken Seite im Oberkiefer, aber nur zwei an der anderen, rechten. Von den drei Wurzeln standen zwei kleinere neben einander am Vorderrande des Zahns, die (ritte grössere, an der durch eine Leiste der Wand die Theilung in zwei Hälften angedeutet ist, nach hinten. Es findet sich kein dazu passender Zahn von «dem isolirten Gebiss des jüngeren Individuums in Bravard's Sammlung, und doch hat er einen solehen dritten Lückenzahn in seiner Zeiehnung dar- gestellt, den ich Tat. 2. Fig. 1. Il. eopirt wiedergebe. Die Zeichnung weicht von den Zähnen davor und dahinter entschieden ab, und stellt gewisse Eigen- heiten vor, welche mit den übrigen Zähnen in Widerspruch stehen: daher ich nur Vermuthungen über seine Beschaffenheit aussprechen kann. Es liegt nämlich in Bravard's Sammlung ein isolirter Backzahn unter einer Bezeichnung, «doch sonst ohne bestimmte Angabe vor, welche beweist, dass Bravard ihn nicht zu Maerauchenia, die er bekanntlich Opistorhinus nannte, sondern zu einem anderen Thier gezogen hat. Bravard bezeichnete nämlich die von ihm gesammelten Knochen einer und derselben Art mit einem gewissen Buchstaben und «die Stücke mit Nummern: er belegte jedes zu Macrauchenia gehörige Stück mit dem Buchstaben J, und diesen führen auch die isolirten Zähne des jüngeren Individuums. Der Zahn aber, den ieh jetzt besprechen werde, hat den Buchstaben L, zum Beweise, dass er ihn einem anderen 'T’'hiere zuerkannte. Ich habe denselben Taf. 2. Fig. 13 und 14 ab- gebildet, von der Aussenseite und von der Kaufläche der Krone. Seine Krone zeigt einen fast quadratischen Umriss, mit abgerundeten Ecken und etwas schmälerem, wahrschemlich vorderem Endrande. Sie hat eine scharfe, mittlere (@Querkante und auf der vertieften Aussenfläche eine erhabene, leicht granulirte Randleiste, die, besonders nach unten, über der Basis der Wurzeln, sehr deutlich hervortritt. Es ist das sogenannte eingulum Neue Beobachtungen an Macranchenia patachonica. (p. 19) 255 nach Illiger's Terminologie. Auf der Kaufläche sieht man zwei Gruben mit Schmelzüberzug: eine grössere in der Mitte des Innenrandes und eine kleinere tiefere an der Ecke des wahrscheinlich hinteren Randes. Der Wurzeln giebt es drei, zwei völlig getrennte am breiteren Ende, eine dritte (uere mit an- gedeuteter Theilung in zwei Hälften am schmäleren. Ich weiss keine Form, worauf dieser Zahn besser passte, als den von Gervais abgebildeten vierten Zahn des oberen Milchgebisses von Maerauchenia, a.a. 0. Pl. XXI Fig. 1. Dieser Zalm hat fast dieselbe Grösse, denn der meinige ist in der von mir gegebenen Figur etwas verkleinert, seine Krone ist längs der Mitte auf der Aussenseite vertieft und am Rande von einem ganz gleichen eingulum umgeben: die Kaufläche, ebenda Fig. la von Gervais abgebildet, ist ähnlich gestaltet, nur etwas schmäler und mit zwei Vertiefungen versehen, von denen die eine in der Mitte der vorderen schmäleren Hälfte sich befindet, die andere am Rande der hinteren breiteren Hälfte, genau (da, wo meine Zeiehnung die grössere Grube besitzt. Nimmt man hinzu, dass mein Zahn stark abgekaut ist, der von Gervais abgebildete aber nur ganz wenig abgekaute hohe Ränder der Krone zeigt, so lässt sich vermuthen, dass der kleine Schmelzpunkt in der schmäleren Hälfte des von mir abgebildeten Zahns den letzten Rest der Grube in eben dieser Hälfte des jüngeren Zalns dar- stelle, mithin beide Zähne zu demselben "Thiere wohl gehören können. Kin wirklicher Milehbackzahn kann aber der meinige nicht sein wegen der starken Abkauung bei vollständig ausgebildeten Wurzeln: wäre er ein alter Milchzahn, so müssten «die Wurzeln mehr resorbirt sein; er kann also, nach meinem Dafürhalten, nur den späteren, bleibenden Prämolaren vorstellen, der eben deshalb von «dem ihm vorangegangenen hinfälligen Milchzahn in Grösse und einigen Verhältnissen sich unterscheiden würde, Zu dieser Annahme scheint mir auch die Figur des dritten Backzahns in Bravard's Zeichnung zu passen: sie ähnelt in der Grösse und dem Umriss ziemlich genau der Figur von Gervais in la, wobei der Mangel der kleinen Grube neben der Hinterecke in meiner Figur, die beiden früheren Darstellern fehlte, eben als Unterschied zwischen Milehzahn und Ersatzzahn zu deuten wäre. Demnach halte ich den besprochenen Zahn für den dritten prämolaren (des bleibenden Gebisses von Macrauchenia. Er passt dahin auch ganz gut, wenn man ihn in den mir vorliegenden Schädel hinemsetzt, denn die Differenz der Wurzeln ist von keiner Bedeutung, weil die vorderen bald doppelt, wie 34* 256 H. Burmeister. (p. 20) an der einen Seite des Schädels, bald einfach, wie an der anderen sein kann: also dürfte die Vereinigung der vorderen kleinen in eine und die Trennung der grossen hinteren in zwei am vorliegenden Zahn nicht als Unterschied von Bedeutung anzusehen sein. Die vier hinteren Backzähne weichen von den bisher geschilderten vorderen in mehreren wesentlichen Punkten ab. Ich habe schon früher an- gegeben, dass sie sich als stark gekriimmte Prismen ansehen lassen, die drei vorderen als vierseitige, der hinterste als dreiseitiges. Sie sind entschieden (ieker als die vorhergehenden Backzähne, haben je drei viel stärkere Wurzeln, von denen zwei am Aussenrande stehen, die dritte in der Mitte «des Innen- randes, und auf der stark gebogenen Aussenseite je drei erhabene scharfe Liängskanten, zwischen denen die Fläche dieser Seite stark vertieft ist. Ein eranulirtes eineulum fehlt ihnen: die erhabenen senkrechten Kanten bleiben in ihrem ganzen Verlaufe getrennt, wie Tat. 2. Fig. 10 zeigt, doch wird die mittlere ganz unten etwas breiter und stumpfer. Am oberen Rande hat jeder von den vier Zähnen zwei scharfe, durch Abkauung glatt geschliffene Keken, die der Mitte der äusseren Hohlflächen jedes Zahns entsprechen, und auf «der Kau- fläche zwei von diesen Ecken ausgehende (@uerkanten, welche sanft nach innen ahfallen und sieh vor dem Innenrande verlieren. Letzterer ist wellenförmig ımeben, mit stumpfen Höckern, die als Leisten an der Innenseite des Zahns herablaufen, Licken in der Masse des Zahns lassend, welche als trichter- förmige Löcher in seine Substanz hinabsteigen, von dazwischen befindlichen (Juerjochen der Aussenwand getrennt. Diese @Querjoche hatten ursprünglich, gleich wie die Aussenwand, eine scharfe obere grob granulirte Kante von Schmelz, welche durch Abkauen bald verloren geht und eine von Schmelz eingefasste glatte Fläche der Zahnsubstanz zeigt, die nach und nach an Breite zunimmt, in Folge dessen die Lücken und Löcher zwischen den @uerjochen immer Kleiner werden, ja z. Th. gänzlich verschwinden. Der erste von den vier hinteren Backzähnen oder Molaren ist der kleinste; er misst genau 3,5 cm in der Länge, aber vorn nur 2 cm, hinten nicht ganz 3 em in der Breite. In der Krümmung seines Prismas stimmt er mit den anderen, wie diese unter sich überein. Ein Schmelzüberzug bekleidet an allen das ganze Zahnprisma, lässt aber die kurzen dieken Wurzeln frei. Dieser Ueberzug hat eine gelbe, nach und nach in braun übergehende Farbe, aber nur auf der Oberfläche, als eine Art Kitt; die Substanz des Schmelzes Neue Beobachtungen an Maeramchenia patachoniea. (p. 21) 2351 ist rein weiss, die Zahmmasse darunter aber grau, wenigstens auf der Kau- fläche, mit hellerer und dunklerer Sechattirung, Dieser erste Molarzahn ist der am stärksten abgekaute, also älteste Zahn des bleibenden Gebisses; er hat zwei grosse Gruben oder Löcher nahe dem Innenrande, der deshalb drei Bogen darstellt, welche von ebenso vielen Querjochen herrühren, deren mittleres breiter ist als die beiden anderen und am meisten nach innen vortritt. Der zweite Molarzahn ist nur wenig grösser; seine Länge beträgt 4 em, die Breite vorn 3 em, hinten 2,8 em; er ist also hinten etwas schmäler als vom. Auf seiner minder stark abgenutzten Naufläche sieht man vier Löcher oder Gruben, je eine neben den abgerundeten Ecken der Innenseite, die beiden anderen neben einander, quer über die Mitte der Kaufläche. Hieraus ergiebt sich, «dass dieser Zahn vier @uerjoche besitzt. d. h. eines am Vorderrande, eines am Hinterrande, und zwei in der Mitte neben den beiden mittleren Löchern, zwischen ihnen und den anderen beiden am Innenrande. Das kleinere Loch der Mittelreihe geht allmählich mehr und mehr verloren und fehlt endlich ganz, wie in Bravard's Figur eines älteren Gebisses; anfanes sieht man noch einen Schmelzpunkt in der Gegend des früheren Loches, bis auch der abgekaut ist. Der dritte Molarzahn ist der grösste von allen; er misst 4,5 cm in der Länge, aber dieselben Dimensionen des vorigen in der Breite. Er stimmt mit ihm in der Anlage überein, denn er ist, wie jener, mit vier @Querjochen ver- sehen, aber die Ausführung ist eine andere, insofern auch die erste Licke eine T'heilung in zwei Löcher zeigt, und nicht blos die zweite, mittlere. Der Zahn ist viel weniger abgekaut als der vorhergehende, also jünger, und zeigt vortrefflich klar seine ursprüngliche Beschaffenheit: denn die drei Lücken zwischen den vier @uerjochen am Innenrande sind noch ganz often und nicht zu Löchern geschlossen. Man sieht den tiefer stehenden granulirten Innenrand jeder Lücke neben dem Loch, das in die Zahnmasse eindringt, und erkennt wohl klar, dass, wenn die Abkauung weiter vorgeschritten sein wird, die noch ottenen Busen des Innenrandes sich zu Löchern gestalten werden. Der kleinste mittlere Busen wird dann ein eben solches kleines Loch neben dem grösseren mehr centralen bilden, wie im vorhergehenden Zahn er schon jetzt erscheint. Der vierte Molarzahn ist etwas kleiner als der dritte, nur 4 cm lang und vorn 3 em breit; er geht nach hinten in eine scharfe Kante aus, stellt also mehr ein Dreieck als Viereck auf der Kaufläche dar. Letztere ist nur an der vorderen Hälfte abgenutzt: die hintere, welche über den siebenten Zahn IV 258 H. Burmeister. (p. 2 des Unterkiefers frei hinausragt, hat noch ihre granulirte Firste des Aussen- randes und @Querjochs. Die vordere Hälfte des Zahns gleicht ganz der vorderen des dritten Molars, die hintere ist abweichend sestaltet: man sieht in ihr eine grosse trichterförmige Grube auf der Mitte, und neben «derselben nach rechts einen oftenen Busen, welchen das vierte unvollständige (uerjoch umschliesst. Ich habe diesen eigenthiümlichen Zahn in Taf. 2. Fig. 11 von der Innenseite und in Fig. 12 von vorn dargestellt; in dem zuletzt genannten Bilde erscheint die obere Einndfläche «des Prismas mit seiner Krümmung, und darüber die Querkante der Kaufläche mit dem Loch der ersten Liicke: darunter zwei Wurzeln als die vordere äussere und die hintere. Oben am Innenrande zeigen sich die Granulationen des vorderen Busens. Mehr Belehrung gewährt Taf. 2. Fie. 11 iiber den Bau des Zahns, daher ich sie etwas genauer bespreche. Die Abbildung bleibt etwas unter der natürlichen Grösse, denn der rechte, im Leben vordere Rand des Zahns ist genau 7 cm in gerader Linie hoch, und S em mit der Krümmung: am entgegengesetzten hinteren, in der Figur nach links gewendeten Rande, der keine Fläche bildet, sondern nur eine Kante darstellt, hat der Zahn nur 6,% cm Höhe. Man gewahrt am oberen Rande vier vortretende Ecken: davon ist die Äusserste nach rechts das scharfe Ende der vorderen erhabenen Leiste der Aussentläche, die zweite bezeichnet den Winkel der Querkante, die dritte das Kinde der zweiten erhabenen Leiste auf der Aussenfläche und die vierte deren hintere Endkante. Ihre natürlichen Verhältnisse zu einander ergiebt die Ansicht der Kaufläche in Taf. 2. Fig. 1, VL. Zwischen der ersten und zweiten Ecke befindet sich ein rundes Loch in der abgekauten Zahntläche und neben demselben nach innen ein offener Busen, dessen tief abwärts gezogener Rand die Granulationen der Firste des hier noch unversehrten Zahns zur Anschauung bringt. Beide Lücken, das Loch und der Busen, gehören dem Intervall zwischen dem ersten und zweiten @Querjoch der Zahnmasse an, welches mittelst einer der Aussenfläche parallelen Scheidewand in zwei Kammern oder Lücken getrennt ist. Das zweite Querjoch bildet die andere Wand dieser Lücke, und ihm entspricht die scharfe Ecke mit der (Juerkante auf der Kaufläche des Zahns. ‚Jenseits derselben befindet sich die zweite Lücke, umschlossen von dem mittleren Querjoch und der hinteren Kante des Zahns. Als grosses trichterförmiges Loch sieht man dieselbe in der Kau- tläehe (Taf. 2. Fig. 1, VII) und ebenso ihren hinteren Umfang in Taf. 2. Fig. 11, von der granulirten Zahntirste begrenzt. Zu diesem Trichter gehört als kleiner 259 ze Neue Beobachtungen an Macrauchenia patachonica. (p. 23) Anhang das Löchchen auf der Hinterseite des Zahns über der mittleren Wurzel (Fig. 11); man sieht neben ihm jederseits eine Kante an der Zahnfläche hinant- steigen, welche als die Firste des zweiten und dritten Querjochs der Zahnmasse zu deuten wären. Vor der Firste, welche sich hinter dem Triehter bis zur Eeke des Zahns fortsetzt, befindet sich die dritte Liicke im Zahn: ein grosser halb oftener Busen, den das sehr niedrige, mit zwei Zacken statt der Granulation versehene vierte Querjoch umschliesst. Dasselbe ist noch ganz unversehrt, ohne Spur einer Abnutzung, und verdeckt eine tiefe triehterförmige Grube, welche der anderen daneben ganz ähnlich sehen würde, wenn das vierte oder End- querjoeh ebenso hoch und breit wäre, wie die drei anderen. Unter dem Busen befindet sich die kurze hintere Wurzel; neben ihm nach vorn die dieke mittlere Wurzel, welche dem zweiten kleinen Busen in der Stellung entspricht, und vor dieser die kleinste vorderste Wurzel neben dem ersten Busen in der Zahn- masse. Die triehterförmigen Busen enden geschlossen von Zahnmasse, ohne mit der Zahnhöhle zu eommunieiren, aber die drei Wurzeln haben am Ende eine Oeffnung, welche zur Zahnhöhle hinaufführt und den Nerven nebst Blut- sefässen der Zahnmatrix zum Durchgange dient. Diese offenen Gänge der Wurzeln entsprechen den @Querjochen der Zahnmasse, alterniren also mit den Lücken und 'Triehtern zwischen den @uerjochen, welche mit den Gängen der Wurzeln und der Zahnhöhle in keiner Verbindung stehen. Vergleicht man mit dieser Beschreibung und meiner gegenwärtigen Abbildung des hintersten Backzahns das frühere Bild in meiner ersten Be- schreibung a. a. ©. Tat. I. Fig. 3, so zeigt sich uns darin auf der Kaufläche die erste Lücke zwischen den vier Querjochen am Innenrande des Zahns als offener Busen, nebst emem kleinen Trichter vor demselben: für die zweite Lücke ist ein viel kleinerer Busen, aber ein grösseres Loch daneben vorhanden, während die dritte Lücke nur als kleiner Busen, ohne Loch, angedeutet ist. Is stimmt also der abgekaute alte Zahn genau mit dem wenig abgenutzten Jüngeren meiner zweiten Schilderung überein. So viel vom ausgebildeten Gebiss der Macrauchenia; was das Milch- gebiss betrifft, so muss ich auf Gervais’ Darstellung verweisen, indem mir keine Selbstuntersuchung an vorliegenden Zähnen möglich ist. Nach Gervais besteht das Milchgebiss aus sechs Schneidezähnen, zwei Eckzähnen und je drei Backzähnen an jeder Seite in jedem Kiefer, stimmt also in der Anlage mit dem "Typus der pachydermen Hufthiere gut überein. 260 H. Burmeister. (p. 24) Das fertige Grebiss des ausgewachsenen 'T'hieres zeigt indessen Kigen- schaften, welche sich zwar nicht vom 'T’ypus derselben Gruppe in der Anlage wesentlich entfernen, wohl aber in der Ausführung manches Eigene darbieten. Will man auch auf die ununterbrochene Zahnreihe kein grosses Gewicht legen, weil dieselbe vielen tertiären und manchen quaternären Pachydermen ebenfalls zukommt, so ist dagegen die Vermehrung der Loben des Molarzahns bis auf vier eine Eigenschaft, «die nur bei Maerauchenia sieh findet. Man sieht den Molarzahn der typischen Imparidigitaten gewöhnlich als aus zwei verbundenen loben gebildet an, die am Aussenrande verwachsen sind und nach innen frei neben einander, mit mehr oder minderer Richtung nach hinten und einwärts gebogener Krümmung verlaufen. Oetters wie bei Palaeotherium, Ithinoceros, Eguns u. a. m. ist noch ein dritter hinterer halber und schmaler Randlobus vorhanden, gegen den sieh die anderen hinwenden. Durch Wellen an dem Schmelzüberzuge dieser Loben verstärkt sich die Zahmmasse zu grösserer Mahlfähigkeit: mitunter tritt auch wohl, wie bei Zgimus, eine Verbindung der Loben unter sich durch der Aussenwand «des Zahns parallele Aeste ein, aber eine wirkliche Vermehrung der Loben kommt nicht vor. Eine solche hat nur Maerauchenia, und zwar in der Weise, dass neben den beiden mittleren Faupt- loben nach vorn wie hinten em vollständiger Randlobus am Zahn sieh bildet, der wieder mit den mittleren Loben, wie diese unter sich, durch @Querjoche zusammentritt und auf die Art ein wirkliches Netz der Lobenbildung im Zalm darstellt. Daher hat Macrauchenia drei @Querreihen von Lücken oder Gruben und tiefe (uerfurchen im Zahn, wo die anderen Pachydermen nur deren zwei besitzen; das 'Thier zeigt uns die längsten Molarzähne im Vergleich zu ihrer zreite, und die complieirteste Anlage der Zahnform, welche im Gebiss der Pachvdermen vorkommt: sein Gebiss ist «das kräftigste im der Anlage der Molarzähne überhaupt, neben einer gewissen Einfachheit «dieser Anlage, welche dem paläologischen Alter des Geschöptes angemessen entspricht. Buenos Aires. März 1884. Neue Beobachtungen an Macrauchenia patachoniea. (p. 25) 261 Nachträgliche Beschreibune der Fusswurzel von {eo} 8 Macrauchenia. Bei Abfassung meiner früheren Beschreibung des genannten Körper- theils von Macrauchenia in den Abh. d. naturf. Gesellsch. zu Halle, Bd. IX, S. 104 (1564) war ich auf die Abbildungen Bravard's angewiesen: diese allein lagen mir vor, aber kein Knochen davon; ieh kannte den calcaneus gar nicht, und die übrigen nur aus Bravard's Figuren. Seitdem ist der caleaneus von Gervais in den Mem. d. 1. Soc, geolog. d. Fr. II. Ser. tome IX, no. 5, pag. 12 (1573) beschrieben und abgebildet (pl. XVIU. fie. 7%), auch später von Gaudry (Knchain. du monde anim. pag. 150. fig. 212) 1578 besprochen worden. Mit Unreeht macht mir also Hr. Kowalevsky den Vorwurf, in meiner Beschreibung des Fusses von Macrauchenia mich allzu lakonisch ausgedrückt zu haben (Palaeont. Bd. XXIL S. 314. 1876): ich konnte nichts mehr angehen, als was Bravard's Zeich- nungen mir darboten; es trifft vielmehr den genannten Herrn die Rüge, jene drei Jahre friiher veröffentlichte Beschreibung Gervais’ nieht gekannt zu haben, indem er a. a. O. in der Note 3 bestimmt sagt, dass der caleaneus noch unbekannt sei. Gegenwärtig in den Besitz der von Bravard abgebildeten Skeletttheile init dessen ganzer Sammlung gelangt, habe ich darin auch den caleaneus von Macrauchenia aufgefunden, welchen Bravarı übersehen hatte, vielleicht weil er von einem anderen Individuum stammt, als die Knochen seiner Ab- bildungen, was die viel dunklere Färbung der Knochensubstanz und der Umstand beweisen, dass er nicht ganz genau in den astragalus einpasst, obwohl er unzweifelbar zu Macrauchenia gehört, wie es die Uebereinstimmung Nova Acta XLVII. Nr. 5. 35 262 H. Burmeister. (p. 26) mit Gervais ımd Gaudry's Figuren bestätigen. Ich will also nachholen, was mir früher zu leisten unmöglich war, und die von mir abgebildeten Knochen nach der Natur beschreiben. Es handelt sieh zuvörderst beim calcaneus um ein für Unpaarzeher merkwürdiges Gelenk in «der Anwesenheit eines hohen Höckers an der Aussenfläche. neben «dem astragalus. bestimmt für den Verein mit dem unteren Gelenkknorren der tibula,. welche Verbindung beider Knochen ge- meiniglich nur Paarzehern zukommt. ) Der calecaneus von Maerauchenia ähnelt im Vehrigen sehr dem der Pferde: er ist aber im Ganzen nicht bloss viel grösser, sondern auch am «distalen Ende relativ schmäler, trotz des hohen Gelenkhöckers für die fibula, weil der für die innere Gelenkung mit dem astragalus vorhandene Knochenaustritt bei Maerauchenie viel kleiner ist, als beim Pferde. Der ealcaneus von Meeranchenia hat aber nur zwei Facetten für die Verbindung mit dem astragalus, nicht drei, wie die Pferde: er gleicht mehr dem von Palaeotherium, «dessen Differenz vom ealecaneus der Pferde schon Cuvier (Ossem. Fossil. tome IIL, page 74) hervorhebt, ihn mit dem des Tapirs vergleichend. Diese dritte Facette des Pferdes ist freilich nichts anderes, als ein abgesonderter schmaler Fortsatz der grösseren, äusseren Facette, welehe stets in eine mehr senkrechte obere und wagerechte untere Hälfte gekrümmt zu sein pflegt und gerade bei Maerauchenia diese fast kammförmige Gestalt besonders deutlich zu erkennen giebt. Die zweite Fa- cette für die Verbindimg mit dem astragalus ist relativ kleiner als die analoge des Pferdes, indem ihr unteres Ende sieh beträchtlich verschmälert, weil dem calcanens von Maeranchenia der starke höckerförmige Vorsprung am «distalen Innenrande fehlt. der den Pferden zukommt. Eine vierte neben dem Rande der Facette für das cuboideum fehlt gänzlich. In entsprechender Weise unterscheiden sich die astragali beider Thiere; der von Maerauchenia ist velativ länger, aber nach unten schmäler, als der des Pferdes. weil ihm der Randhöcker an der Innenseite fehlt, welchen die Pferde besitzen. Owen hat diesen Knochen abbilden lassen und ausführlich besprochen (Zool. of the Voy. of the Beagle, tome I, page 51, pl. XIV). !, Owen hatte diese Verbindung mit Recht aus der Form des distalen Endes der fibula schon vermuthet. Zool. Voy. Beagle. I. S. 51. Neue Deobachtungen an Macrauchenia patachonica. (p. 2%) 263 daher ieh ihn nur kurz behandle. Er vergleicht ihn besonders mit dem astragalus von Palaeotherium, dessen allgemeiner Gestalt er sehr nahe kommt, obgleich er darin wesentlich von ihm abweicht, dass bei Palaeotherium sich zwei kleine Facette am distalen Aussenrande für eine Verbindung mit dem ealeaneus und «dem euboideum befinden, welche der astragalus von Maerau- chenia nicht hat. Bei ihm bleiben nicht bloss astragalus und euboideum völlig getrennt, sondern auch der caleaneus und astragalus an dieser Stelle weit abgesondert von einander. Palaeotherium besitzt ebenfalls den Höcker am distalen Innenrande, neben der zweiten Facette für «die Verbindung mit dem caleaneus, welche «dem astragalus von Maerauchenia fehlt. Dagegen hat der astragalus von Maerauchenia neben dem distalen Innenrande nach hinten eine kleine dreiseitige Gelenkfacette, welche dem analogen Rande des astragalus der Pferde abgeht: fast genau an derselben Stelle hefindlich, wo letztere den Randhöcker besitzen. Kine kleine Fortsetzung dieser Facette zeigt sich auch am entgegengesetzten Rande des navieulare, und hat offenbar zum Ansatz eines Rudiments der ersten innersten Zehe gedient, das im Lehen vorhanden war, aber sich nieht mehr vortindet unter den Skeletttheilen. Die besprochene Trennung «des astragalus an seinem unteren Aussen- rande vom calcaneus und euboideum ist eine Kigenschaft des Fusses von Maerauchenia, auf welche systematischer Werth gelegt werden muss, besonders wenn man berücksichtigt, dass eine förmliche, wohl 4—5 mm breite Lücke hier zwischen «den drei Knochen sich befindet, während beim lebenden Pferde diese Knöchelehen dieht an einander rücken, und wie bei Palaeotherium durch schmale Gelenkfacetten zusammenhängen. Dasselbe gilt nun auch vom naviculare, dessen Gestalt überhaupt sehr charakteristisch für Maerauchenia ist; es bleibt weit getrennt durch eine Licke zwischen ihm, dem calcaneus und dem oberen Rande des cuhoideum. Im Vergleich mit dem des Pferdes und Palaeotheriums ein dieker, dreiseitiger Knochen, geht die nach hinten gewendete Spitze in einen starken, am Iinde beilförmig erweiterten, mit dem Bogen senkrecht gestellten Fortsatz aus, welcher weder bei den Pferden noch bei Palaeotherien vorkommt, und stark an den Typus des Erbsenbeins des Vorderfusses der Hufthiere erinnert. In meiner früheren Abhandlung sieht man in den Figuren 27 u. 28 der Ill. Tafel diesen Fortsatz dargestellt; was ich aber von. einer an ihm befindlichen 35% 264 H. Burmeister. (p. 28) Gelenkverbindung mit «dem ealeaneus, auf die Zeichnung Bravard's mich stützend, S. 105 gesagt habe. ist nicht richtig: eine solche Verbindung existirt nieht: überhaupt steht das Kahnbein im keiner direeten Verbindung mit dem Haekenbein: das navieulare berührt nur den astragalus und das euboideum unmittelbar, aber nirgends den calcaneus. Die Verbindung mit dem astra- galus bewirkt eine einzige grosse Gelenkfacette der oberen Fläche von quer ovalem Umfange, deren sanfte Höhlung an die leicht gewölbte, ebenso ge- staltete Iöndfacette des astragalus genau sich anschliesst: die Verbindung mit dem euboideum wird hauptsächlich durch eine kleine Facette am Aussen- rande des Kahnbeins bewerkstelligt, welche weit nach hinten gerückt ist, und mit einer ähnlichen, höckerartig vortretenden Facette des euboideums zu- sammentritft. Kime zweite Verbindung mit dem cuboideum ist vorhanden, aber nicht immer: denn von drei mir vorliegenden cuboideen, einem des rechten und zweien des linken Fusses, hat das eine der letzteren diese zweite Verbindung nicht. Ist sie vorhanden, so zeigt das naviculare eine schmale, langgezogene Facette am unteren, äusseren Seitenrande, neben der grossen Facette für das os euneiforme tertium s. externum: fehlt sie, so fehlt auch diese Facette dem Kahnbein am genannten Rande. Da mir zur Vergleichung ausser den Füssen der Pferde auch drei Exemplare von Palaeotherium-Arten in vollständigen Fusswurzeln vorliegen, welche der hiesigen Sammlıma von Bravard, vor meiner Direction derselben, überlassen worden sind, so scheint es mir passend, über die Analogien und Unterschiede dieser 'T’hiere, im Vergleich mit dem Fusse von Maerauchenia, mich auszusprechen. Auch beim lebenden Pferde berührt das navieulare das euboideum nicht mit seinem ganzen Rande, sondern nur mit dessen oberer Keke, um hier durch eine Facette mit ihm eine Verbindung einzugehen, und eine zweite findet sich nach hinten, an der entsprechenden Stelle wie bei Maerauchenia. Das fossile Pampaspferd Höppidium, dessen Fusswurzelknochen relativ etwas dieker sind und zugleich im Ganzen grösser, hat eben diese innige Verbindung mittelst besonderer Facetten an den correspondirenden oberen händern des navienlare und euhboideum, wie denn eine solche auch bei Palaeotherium bemerkt wird, aber nicht, wie bei ihm, mit dem ganzen Rande; denn «die untere Hälfte dieses Randes steht bei den Pferden frei ab von beiden Knochen und lässt eine Lücke von 3 mm Weite frei. Neue Beobachtungen an Macrauchenia patachonica. (p. 29) 265 Das euboideum von Maerauchenia ist viel grösser, als das der Pferde, nämlich 4 em hoch und 6 em breit: es zeigt einen bogenfürmigen Umriss, bei 3 em Dicke, mit gewölbter Aussenseite und etwas hohler innerer: oben und unten, d. h. am proximalen und distalen Ende, trägt es eine grosse Grelenkfläche von nierenföürmigem Umriss, «die obere ist gewölbt, die untere ausgehöhlt: durch jene verbindet es sich mit dem calcaneus, durch diese mit dem metatarsus der Aussenzehe. Mit dem astragalus kommt das cuboideum nirgends in direete Verbindung, wohl aber mit dem naviewlare und dem euneiforme tertium (externum). Die Verbindung mit dem navieulare wird (dureh eine kleine. fast kreisrunde Facette bewirkt, welche sich höckerförmig: vom oberen Rande hinten an der Ecke der Innenseite, unmittelbar unter der proximalen Facette fir den calcaneus, erhebt. Mit dem eumneiforme hängt das euhoideum durch eine grössere, länglich ovale Facette unter der anderen an der Innenseite zusammen, die quer über «ie Fläche des Knochens läuft und wie die obere stark höckerartig vortritt. Gewöhnlich wird die Facette dieses Höckers, wie beim Pferde, dureh eine deutliche Kante in zwei Hälften getheilt, von denen «die obere etwas schmälere an das navieulare stösst, die untere breitere an das eumeiforme. Fehlt «diese "Theilung., so verbindet sich das cuboideum an dieser Stelle nur mit dem eumeitorme tertium. Von drei mir vorliegenden Wiirfelbeinen ist bei dem einen dieser untere Höcker von kleinerem Umfange und seine Facette ungetheilt. Die Aussenfläche des euboideum ist zwar im Ganzen eewölbt, hat aber auf der erhabenen Mitte einen deutlichen Eindruck, eine Grube und neben derselben nach vorn eine ovale Gelenkfacette. die ohne Zweifel einen besonderen kleinen Knochen trug. Leider ist ein solcher nieht mehr vor- handen. Ks ist das Rudiment der kleinsten (fünften) Aussenzehe gewesen. Obgleich Maeranchenia nur drei vollständige Zehen an jedem Fusse besitzt, so sind doch Reste von zwei anderen, wenigstens am FHinterfusse, vorhanden gewesen, wie die Gelenkfacetten am astragalus und navieulare, gleich wie am euboideum beweisen; es bestätigt diese Wahrnehmung «die Meinung der Paläontologen, welche die Anwesenheit von fünf Zehen als Grundtypus der Hufthiere überhaupt annehmen. Zwischen Kahnbein und Würfelbein liegen die drei Keilbeine (eunei- formia) im Hinterfuss «der Säugethiere. Diese drei Knochen besass Macrar- 266 H...Bunmeister” (p- 30) chenia vollzählig, obgleich alle drei gegenwärtig dem mir vorliegenden Fuss- skelett fehlen. Man sieht nämlich auf der distalen Unterfläche des naviculare drei dureh Kanten von einander abgesonderte Gelenkfacetten, welche die Umrisse der drei Keilbeine angeben. Die kleinste befindet sich an der hinteren Innenecke des Kahnbeins, neben dem Stiel seines beilfürmigen Fort- satzes. Sie ist 2 em lang von vorn nach hinten und ] cm breit von links nach rechts. Neben ihr tritt seitwärts nach aussen eine zweite, ziemlich ovale Facette auf, von 3 em Durehmesser in jener zuerst genannten Richtung und 2 em in dieser. >ie tru@ das zweite mittlere Keilbein. Daran schliesst sich nach aussen «die dritte Facette von mandelförmigem Umriss, mit ge- bogener Basis nach vorn und abgerundeter Spitze. Sie hat 4,6 em Durch- messer von vorn nach hinten und 3 em Breite an der breitesten Stelle hinter dem vorderen Bogenrande. Bravard scheint zwei von den drei Keilbeinen noch am Skelett ge- funden zu haben, denn er stellte sie in seinen Zeichnungen dar; für das «dritte innerste ist nur eime Lücke in der Zeichnung angegeben, und ebenso habe ich sie in der Copie von Bravard'’s Figuren, Taf. Ill. Fig. 27 meiner früheren Abhandlung, wiederholt. Da sich auch am metatarsus der inneren von den drei vorhandenen vollständigen Zehen eine kleine Ansatzfacette be- findet, so leidet es wohl keinen Zweifel, dass das erste Keilbein en Rudiment der grossen Zehe des Menschen trug und noch ein überzähliges Knöchelchen neben «dem astragalus und navieulare vorhanden war, das zu dieser rudi- mentären innersten Zehe in Beziehung gestanden haben wird. Cuvier erwähnt auch (Ossem. Foss. III. pag. 75) eine Facette am Ende des astragalus für ein accessorisches Knöchelchen der ersten Zehe bei Palaeotherium (pl. XV1. fig. 2G), das dem bei Maerauchenia analog ist, an den mir vorliegenden Fusswurzeln aber nicht mehr sich vorfindet. Ich will nieht unterlassen, «darauf hinzuweisen, dass die drei Keilbeine von Maerauchenia, wie meine Zeichnungen der früheren Abhandlung lehren, (denen beiden der Pferde und Palaeotherien gar nicht so ähnlich sehen, wie :alcaneus und astragalus. Bei Macrauchenia sind es dieke und hohe Knochen von keilförmiger Gestalt, mit breiter, fast quadratischer Vorderseite; bei den Pferden dagegen, die deren nur zwei besitzen, dünne scheibenförmige Platten von dreiseitigen Umrissen, von denen die innere ganz auf die Hinterseite des Neue Beobachtungen an Macrauchenia patachonica. (p. 31) 261 Fusses gewendet ist. Der grosse Mittelfussknochen der Pferde gelenkt nicht bloss mit dem grossen (dritten) Keilbein, sondern auch «daneben nach aussen mit dem Würfelbein und nach innen mit dem anderen Keilbein, «den neben ihm liegenden Griftelbemen nur Nebenfacetten am Würtelbeim und inneren Keilbein übrig lassend. Bei Maerauchenia dagegen gelenkt an das Wiirfelbein nur der Metatarsus-Knochen der Aussenzehe, ja derselbe berührt sogar noch das grosse (dritte) Keilbein, und an ebendasselbe stösst auch der metatarsus der Innenzehe. Aehnlicher ist die Verbindung bei Palaeotherium, welches die Mitte hält zwischen Meaerauchenia und Egwus. Daher haben «die Keilbeine beider Gattungen mehr Verbindungs-Facetten, als die von Maerauchenia. Be- sonders reich daran ist das Würfelbein beim Pferde: es hat an der proxi- malen wie distalen Endfläche je zwei Facetten, wo Macrauchenia nur je eine zeigt, und auf der Innenfläche deren vier, statt der zwei oder drei bei Macrauchenia. Dieser Knochen von Macrauchenia ist ebenso eigenthümlich gestaltet, wie dessen calcaneus, astragalus und navieulare. Somit glaube ich, den Bau der Fusswurzel von Macrauchenia zur Genüge nach seiner Anlage und Ausführung geschildert zu haben. 3uenos Aires, den 20. November 1854. Dr. Herm. Burmeister. Kir a ee he Yi e m „un nn itrülees erhob Kr N on entre & ir el. Han ra Dh Li‘ BT Un) a a FR ä nt N u ‚ ERLERERLTETTN 50). 1), 7 Euer IP Em 7° 7 uk vr ion Ye una In u et Tl ee Fe ” wr ar The re ALLE 9. i Wo: ö DE rn BRENE TI II IC 2 u Denn. 7 erprindse fl i Do r‘ u nen ae REIT ID 277; 7 ul f l ı TIER Wr, fulda N; ATELIER; 2 Au y DLEaEe Mr nem. Din KUN j AR ER De Eee, 2 a een eK aÄll are ee Ie SEITE WERL ERNG 2 an speed rn Te ia ul ar wo Dating au | 1 ARTE al EEE u Wr tale 5 Ku he WEL ' BE : u a EREERRRL, > tla wa len ao ch N: rer er ee Be f v u. Kerne A ar Br BEER 227, & u au nee Bi EIW) er ‘ j Ye Baer s SA a RN a 1} = ar 7 w-; i 2 ‚ Beer % n ! ' GARNE pn Ben Mr '% NIOmM AI AGFA. der Ksl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Band XLVIL. Nr. 6. Die Dipterenflügel, aa Schema undihre Ableitung. Von Dr. E. Adolph, ı. x.x.. Oberlehrer am Gymnasium zu Elberfeld. mir A Pateln NT XIITIV -XIXVTE Eingegangen bei der Akademie den 5. Norember 1582. HALLE. i 1885. Druck von BE. Blochmann & Sohn in Dresden. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. r m; » IT aba erh Wanalın Ade ads oT ken F ‚Joel yrorgid gieh. | orıustisid A, Str DEE SEE er % - { ‘ g 1 1.4 x ’ I j a - v2. ae mr el rip ee | u ex m ar - „ hF% y \ Fr nd RE» Dr Y I. er Ar f u iBß " % a it ur Der bekannte Entomolog Arn. Förster, eine gewiss zum Urtheil berufene Autorität, äussert die Ansicht), es möchte wohl schwerlieh gelingen, für die Arten der mannigfach verschiedenen Dipterentlügel eine ebenso sichere und übereinstimmende Bezeichnungsweise zu gewinnen, wie bei den Hy- menopteren dies längst erreicht worden ist). Von mir selber ist auf die Schwierigkeiten eines derartigen Problems hingewiesen, md (dieselben sind da- mals, wie ich gegenwärtig glaube, eher zu hoch als zu gering angeschlagen. Gleichzeitig aber auch ist dort schon auf eine gemeinsame Flügelanlage nicht nur sämmtlicher Dipteren, sondern auch der Hymenopteren, Lepidopteren, Neuropteren und Pseudoneuropteren hingewiesen und die Möglichkeit ins Auge gefasst, für diese Ordnungen gemeinsame, auf wirklicher Homologie beruhende, Bezeichnungen durchführen zu können ?). Um irrigen Auffassungen zu be- geonen, möge jene Bemerkung an dieser Stelle dahin interpretirt werden, dass den Elymenopteren, Lepidopteren, Dipteren, jeder Ordnung für sieh, ein Flügelschema vindieirt wird, und dass ferner diese drei Schemata unter sieh und mit den Flügeln der Neuropteren und Pseudoneuropteren in ähnlicher Weise verglichen werden können, wie dieses mit den Ephemeridentlügeln z. B. möglich 1) Programm der Realschule I. Ordnung zu Aachen, 1877. 2) Dabei deutet allerdings Förster selbst gelegentlich Theile des Hymenopterenflügels und Entwickelungsvorgänge in demselben in einer vielleicht bequemen aber morphologisch gewiss nicht zutreffenden Weise. Cf. Nova Acta d. Ksl. Leop.-Carol. Akad. Band XLI, Pars II, Nr. 4, pag. 527, Anm. 3) „Ueber Insectenflügel‘“. Nova Acta ete. Band XLI, Pars II, Nr. 3, pag. 238, ferner pag. 225 u. 226, Anm. 36% LO Dr. E. Adolph. (p. 4) -_’ ist!), Auf den ersten Blick erscheint ein solehes Unternehmen gigantisch und viel zu complieirt, um noch gelöst werden zu können. Nachdem jedoch in «den Beziehungen der Venen und ihrer Residuen zur Flügeloberfläche ein sicheres Mittel zur Beurtheilung der Homologien nachgewiesen, auch die Ah- leitung «des Hymenopterenflügels in der bezeichneten Weise bereits gelungen ist. scheint auch «der freilich weit schwierigere Dipterentlügel uwnübersteigbare Hindernisse nieht mehr zu bieten. Allerdings sind solche Aufgaben und die ihnen unterliegenden Anschauungen zu neu und entfernen sieh zu erheblich von dem hergebrachten Gange entomologischer Forschung, um auf eine beifällige Aufnahme oder gar Unterstützung im Laufe weniger Jahre rechnen zu können. Dennoch ist die Hoffnung, es möchten einige Specialisten diesen Verhältnissen ihre Aufmerksamkeit zuwenden 2), eher erfüllt, als sich hoffen liess, und auch damit eine Anreeung zur Weiterführung dieser Forschungen gegeben. In seiner nenesten Publication ®) umterzieht Friedr. Brauer das Flügelgeäder der Dipterentamilien einer vergleichenden Betrachtung, in welcher die in den „Inseetentlügeln“ niedergelegten Anschauungen) adoptirt und einige Anmer- kungen gegeben werden, «denen im Ganzen nur beigepflichtet werden kann. Insbesondere stimmt Brauer der Ansicht zu, «die bisherige Bezeichnung der Flügeladern sei unmorphologisch und revisionsbedürftig ®). Von ganz beson- derem Interesse aber sind die jenem Aufsatze beigegebenen Zeichnungen, um so mehr, da sie unabhängig von den memigen entstanden sind. Meine Zeich- nungen), deren Liste sich auf pag. 239 der „Insectenflügel“ findet, und von 1) Fir den Hymenopterenflügel ist dieses schon früher ausgesprochen; 1. c. pag. 252. Weiter durchgeführt und auch auf den Hinterflügel übertragen ist diese Anschauung in dem Aufsatze „Zur Morphologie der Hymenopterentlügel“, Nova Acta der Ksl. Leop.-Carol. Aka- demie, Band XLVTI, Nr. 2. 2) ], ec. pav. 219 und Pag. 282. „Die Zweitlügler des Ksl. Museums zu Wien, Denkschriften der matliem.-natur- wissensch. Classe der Ksl. Akademie der Wissensch.“ Band. XLIV, pag: 59—110; speciell pag. 90—97 mit 2 Tafeln. 2]. e. pag. 2383 — 242. 5) „Ueber Insectenflügel“, pag. 240 seqg. 6) Dieselben haben früher sammt dem ganzen auf die „Insectenflügel“ bezüglichen Studienmaterial der philosophischen Facultät in Göttingen, ferner der Leop.-Carol. Akademie in Halle, ausserdem der zoologischen Section in Münster und der Redaetion von Troschel’s Archiv in Bonn vorgelegen und kommen zum grössten Theil mit diesem Aufsatz zum Abdruck. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. >) 27 -;’ gs vw. denen bis jetzt nur der Syrittaflügel publieirt ist, liegen mir noch gegenwärtig vor md stimmen in allen wesentlichen Zügen — kleinere Abweichingen sollen gelegentlich erwähnt werden — mit den Brauer'schen überein, ein klarer Beweis für das objeetive Vorhandensein der früher geschilderten Ver- hältnisse. Was Brauer über die weite Verbreitung einer rudimentären vena spuria, ferner über «die Diseoidalzelle und die von ihm sogenannte „T'heilungs- ader“ sagt, lehrte mich damals ein Blick auf meine Zeichnungen und ist in knappster Form sehon in den „Inseetenflügeln® ausgesprochen '. Und wer die Liste jener Zeichnungen durchgeht, wird unschwer erkennen, dass einmal nach Möglichkeit die Haupttypen studirt waren, dass aber auch die Wichtiekeit gewisser Formen erkannt und «darum dieselben stärker berücksichtigt waren. So beziehen sich auf «die Syrphiden nieht weniger als fünf, auf die Tabaniden «drei Zeichnungen. Von Chironomus waren sogar zwei Species «derselben Gattung reprodueirt, da hier die grossen Hauptzüge isolirt, frei von allem ver- zerrenden Nebenwerke, ausgeprägt zu sein schienen. Ebendort sind auch schon die Grundzüge des Schemas festgestellt; über das Verhalten der Axillar-Ader je- doeh ist mit Fleiss nichts gesagt. Denn ich bemerkte bald, dass die hier selegene Flügelpartie in vielen Fällen eine besonders starke Zusammenziehung erfahren habe und deswegen ein specielles Studium erfordere. Doch hat Brauer wohl Recht: sie wird in der Regel eonvex sem: freilich lagert sich davor sehr gewöhnlich ein tief eingebetteter Concavzug, und nur die Lage der etwa vorhandenen Tingirung und die Untersuchung ihres basalen Ursprungs vermag alsdann die Entscheidung zu geben. An dieser Stelle möge noch eine Bemerkung über das Zustandekommen der (Queradern gestattet sein. Wenn es auch für den Dipterenflügel zutrifft — ımd in vielen Fällen sind die Beweise zwingender Art —, dass der- selbe aus einem mit Längsvenen reicher ausgestatteten Schema durch Verein- 1) „Es ist überraschend, zu bemerken, wie auch die aufgelösten Theile soleher ver- kürzter Stämme noch gut ausgesprochen sind durch eonvexe und concave, nach rückwärts auf den ursprünglichen Ausgangspunkt der Venen verlaufende, Linien. Die Adern oberhalb der gewöhnlichen Queradern bieten hierfür gute Belege“, |. c. pag. 241 u. 242. „Die vierte Längsader ist stets concav; sie zeigt die Neigung, sich schon an der Basis oder weiter saumwärts in zwei Aeste zu spalten, von denen der eine besonders häufig in eine blosse Linie übergeht“, 1. e. pag. 241. [84] 2 Dr. E:.Adolph- (p: 6) fachung sieh bilde, so ist es eine nothwendige Consequenz dieser Annahme, fir die Quervenen, sobald sie nicht zwei unmittelbar neben einander gelegene Züge des Schemas verknüpfen, eine Zusammensetzung aus mehreren 'T’'heilen zu statuiren. Do ist die gewöhnliche @Querader der Syrphiden, da sie von der spuria gekreuzt wird, immer aus mindestens zwei (ueradern entstanden. Für (lie hintere und die Spitzenquerader ist sogar eine Zusammensetzung aus einer ganzen Reihe über emander gelagerter (Jueranastomosen anzunehmen; auf dieselbe Weise scheinen mir «die Nandadern, welche nicht selten den ganzen Flügelsaum umgürten, so bei den Tabaniden, Coenomvyiden, der Lepidopterenspecies Preris erataegi ete., erklärt werden zu müssen. Denn es finden sich auch bei den Dipteren ausreichende Hinweise auf eine wsprünglich angelegte grössere Zahl von (Jueradern. So kann ieh mieh nieht entschliessen, die bekanntlich sehr wechselnde Stellung der (meradern durch eine blosse Verschiebung zu er- klären Y: auch tritt in zahlreichen Fällen die Venenbildung gegen den Saum, in dem sie ihre ursprüngliche Linie verlässt, auf einen benachbarten Zug — so die vierte Längsader der Tabaniden, Leptiden, 'Thereviden, vieler Asiliden, der Tipuliden, ef. die Zeiehnungen —, ja sogar mit UVeberspringung desselben auf eine noch weiter abgelegene Linie — bei den Dolichopoden, Pipuneuliden, Ithyphiden — über. Wenn nun hierbei gleichzeitig die Obertlächenlage ge- wechselt wird, und das ist in der That überaus häufig der Fall, so ist die Annahme einer Biturcation auszuschliessen und eine Erklärung kann nur noch dureh Hülte einer latent angelegten @Querader gewonnen werden. Zuweilen auch kann dieses direct bewiesen werden. So zeigt z. B. Dolichopus nitidus noch die Querader, welche hei permitarsis am Knie der 4. Längsader ergänzt werden muss (Taf. 2. Fig. Il). Ich habe auch nie die Flügel der grösseren Tipuliden und Asiliden betrachten können, ohne durch ihre @Querfältchen an Calopteryx erinnert zu werden. Die Tipuliden speciell haben am Vorderrande solche Falten, welche frappant den Antecubitalnerven der. Odonaten gleichen. ls soll nun in Folgendem der kühne Versuch gewagt werden, für die (sesammtheit der Dipterenflügel ein gemeinsames Schema zu construiren, aus !), Wer aus blosser Analogie gezogenen Schlüssen einigen Wertb beilegst — und in biologischen Dingen sind wir leider oft in der Nothlage, hierzu greifen zu müssen — wird durch einen Blick auf die der „Morphologie der Hymenopterenflügel‘“ beisegebenen Photo- gramme zu dieser Ansicht seführt werden. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. \p. %) 275 dem die einzelnen Formen abgeleitet werden können. Um dahin zu gelangen, wurde der ganze Flügel in drei Theile zerlegt, deren Linien — Venen und Falten — einzeln studirt wurden. Von den Linien, welche diese Zerlegung bewirken, muss gefordert werden, «dass sie nachweisbar bei allen Species homolog, dass sie immer mit möglichster Leichtigkeit und Sicherheit — so weit die Natur der Sache zulässt — aufgefunden werden können und dass sie endlich auch einen Vergleich mit entsprechenden Linien anderer Ordnungen er- möglichen. Nach dem, was über das Verhalten der beiderlei — concaven wie convexen — Linienzüge früher vorgebracht ist, können hier nur concave T'heilungslinien in Betracht gezogen werden, und es scheinen alsdann die beiden folgenden am geeignetsten zu sein. I) Von der Basis zieht etwa durch die Flügelmitte die stark eoncav ausgebildete vierte Längsader (eubitus, Discoidalader). Das oberhalb dieser Linie gelegene Flügelfeld bezeichne ich als Vorderfeld, area antica (a. a.)'). Aendert diese Ader am Saum ihre Natur, indem sie in eine convexe Vene übergeht, so ist auch hier die Grenze in vielen Fällen noch gegeben durch eine concave Falte, welche die Verlängerung der vierten Ader darstellt. Fehlt auch diese, so entsteht hier zuweilen eine Unsicherheit, aus der nicht immer herauszukommen ist2). Die Lage dieser Grenzlinie lässt sich auch noch an folgenden Punkten beurtheilen: Wo eine vena spuria ausgebildet ist, verläuft dieselbe immer ober- halb der Grenzlinie als letzter Zug der area antica; in anderen Fällen tritt diese spuria als Falte auf, verschmilzt auch mit der Linie der über ihr gelegenen dritten Convexader zu einem gemeinsamen Rücken; immer aber liegt 1) Ich statuire hier nichts Neues; denn die Zusammengehörigkeit der Venen dieses Vorder- feldes, welches also zumeist über der gewöhnlichen Querader liegt, ist längst erkannt, überhaupt die Zerlegung des Geäders in drei Stämme, also der Fläche in drei Felder, aus dem sonstigen Ver- halten der Adern und ihren Verzweigungen schon von Schiner gegeben (cf. Schiner, Fauna austriaca, die Dipteren, Theil I, pag. X). 2) Wo diese vierte Ader am Saume in eine nach oben geschwungene Convexader über- geht, dürfte diese letztere, und dies ist überraschend, immer ein Rest der vena spuria sein. Bei der Gattung Asilus sieht man die Spuria selbstständig, als schmalen Convexrücken neben der eonvexen dritten Ader und von derselben durch eine tiefe concave Rinne getrennt, verlaufen und die vierte Ader auf diese spuria übertreten. Dieser Saumtheil gehört also sicher noch zur area antica. Bei anderen Formen ist durch Zusammenziehung das ursprüngliche Verhältniss ver- wischt. 216 Dr. E. Adolph. (p. 8) (dieser Rücken oberhalb der Discoidalader. Ferner gehen von derselben aus nach oben die gewöhnliche und die Spitzen-(uerader, nach unten jedoch die hintere (Querader. 2) Ein «dem vorigen ähnlicher, oben von einer eonvexen, unten von einer concaven Linie gebildeter Doppelzug wird von der convexen fünften Längs- ader (submediana, Posticalader) und einer darunter gelegenen, bislang unbe- nannten Concavader, der vena anonyma, gebildet; derselbe diene als zweite Grenzlinie, und der zwischen ihm und dem vorigen geleeene Flügeltheil bilde (las Mittelfeld, area media (a. m.). Die wahre untere Grenze muss jedoch (lureh einen Concavzug gegeben sein, und es muss, wiewohl sie häufig obliterirt, die anonyma oder die ihr homologe Falte dazu genommen werden. Dieselbe wire auch deswegen leicht übersehen, weil sie unter die Posticalader geschoben ist; man muss alsdann den Fliigel schräg von hinten betrachten, um sie auf- zutinden. Dieser Grenzzug ist noch dadureh charakterisirt, dass die über ihm ge- legene Saumader stets, wenn sie nämlich nicht fehlt, stark ausgeprägt convex ist. 3) Der hinter dieser anonyma gelegene Flügelrest, dessen wichtigster Bestandtheil die Analzelle ist, gelte als Hinterfeld, area postica (a. p.). Zur weiteren Orientirung auf diesen Feldern muss man die concaven Linien benutzen. Die convexen verwischen sich weit leichter, wenn sie keine Adern enthalten: auch war ihre Lage, nachdem einmal allgemein die Fächer- form des Schemas erkannt war, zugleich mit den anderen, zwischen welche sie eingeschoben sind, gegeben. Auch in den Zeichnungen waren sie des- weeen, sobald sie nicht ganz auffallend hervortraten, zur besseren Uebersicht tortgelassen. Endlich darf man sich nicht irre führen lassen durch die Ver- knüpfung der Venen: nur ihre erhabene oder vertiefte Natur und die Reihen- folge ist maassgebend. Die area antica enthält vier grössere concave Züge, nämlich die von der Wurzel ausgehende Hülfsader unter dem Vorderrande und noch drei stärkere gegen den Saum divergirende. Sie mögen mit la, Ila, IIla,. IVa bezeichnet werden. Doch scheinen die letzteren gegen den Saum sich spalten zu können !. Man kann «diese Zweige bezeichnen, indem man dem a Indices Y, Insbesondere scheint der Zug IVa sich in drei Theile gabeln zu können (cf. Nomosys enleitrans und Syrphus pirastri, Taf. 2. Fig. 3 u. 6); auch bei IlIla stiess ich auf An- deutungen solcher Gabelung. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 9) a anhängt, so dass z. B. IVa,, IVa,, IVa, eine in 3 Theile gespaltene vierte Concavader bezeichnen würde. Zwischen diese Züge ordnen sieh — die Vorder- randader nicht mitgerechnet — ehenfalls vier convexe Züge Ib—-IVb. Die spuria ist alsdann IVh. Die area media führt drei grosse Concavzüge, nämlich Ia, die vierte Längs- ader, Ila, die von Brauer bezeichnete Theilungsader, welche ich als einen schon nahe der Basis sich ablösenden Zweig der vorigen glaube auffassen zu dürfen, und Illa, eine über der postica hinziehende Concavfalte, welche, so- viel ich bis jetzt weiss, niemals die Natur einer Vene annimmt, aber doch gleichzeitig mit der vorigen so weit verbreitet vorkommt, dass sie nicht ausser Acht gelassen werden darf. Auch unter diesen Concavlinien lagern convexe Züge Ib, IIb, IIIb. Die Postiealader ist IIIb, die darüber gelegene, beson- ders häufig entwickelte, Convexader IIb. Auch die Züge des Mittelfeldes können am Saume Spaltungen eingehen, welche, wie vorhin. durch Zahlen bezeichnet werden können. Das Hinterfeld besitzt an Concavlinien Ia, die anonyma, Ia,), eine untere Abzweigung derselben, welche sich wieder zu gabeln vermag (Stomoxys, Taf. 2. Fig. 6), IIa die Analader, IIla die Angularader. Doch kann zwischen den beiden letzteren Zügen noch eine Üoncavlinie sich zeigen (Stomoxys, zwischen Anal- und Axillarader), welche aber praktische Wichtigkeit kaum haben dürfte‘). An Convexzügen prägt das Hinterfeld nur zwei zu Venen aus, nämlich Ib eine oberhalb der Anallinie gelegene, IIb die Axillarader. Das Schema Taf. 1. Fig. 1 giebt eine Uebersicht dieser Linien; es sind dort die vertieften Züge roth, die erhabenen jedoch schwarz dargestellt. Wenn der Leser eine grössere Muscide oder Asilide mit demselben ver- gleichen will, so wird er die Mehrzahl der Linien auf den Flügeln vertreten finden. Würde dies Schema, auf allen seinen Linien mit Venen belegt, bei einem Inseet sich finden, so wäre dasselbe nach seinem Flügelbau unter den Pseudoneuropteren, und zwar bei den Ephemeriden einzureihen. Sollte ‚Jemand das Bedürfniss empfinden, für die Saumfelder eine übereinstimmende Bezeichnung zu gewinnen, so lässt sich auch diese nunmehr !) Für die Axillarader ergiebt sich hieraus eine gewisse Unsicherheit, da sie aus zwei Convexzügen, nämlich dem gewöhnlichen (IIb posticae) und einem über dieser Concavlinie ein- geschobenen theoretisch gebildet sein kann. Nova Acta XLVIL N. 6. 37 278 Dr. BE. Adolph. (p:"10) dadurch erhalten, dass man die Zellen nach den über ihnen gelegenen Zügen numerirt. Die Bezeichnung nach den unteren Grenzzügen zu nehmen, wie es bei den Hymenopteren z. B. durchgeführt ist, wird sich nicht empfehlen, weil dann die zu la mediae (der Discoidalader) gehörige Zelle z. B. auf dem Vorderfelde liegen würde. Die Zelle IIla antieae z. B. wird oben von der Linie Illa, unten von IIIb begrenzt; zwischen den Zügen IIb und IIIb liegen IIb und 1Ila ete. ete. Ob aber für die gewöhnlichen Zwecke der Species- diagnosen damit eine Erleichterung gewonnen ist, bleibt vorläufig zweifelhaft !). Es sollen nun noch einmal, soweit sie bis jetzt erkannt werden konnten, die Momente zusammengestellt werden, welche bei der Entwiekelung der ein- zelnen Flügel aus diesem allgemeinen Schema sich thätig erweisen. 1) Es sind ganze Längszüge oder Theile derselben, wie auch @Quer- adern, aufgelöst. Es ist schon darauf hingewiesen, wie solche theilweise Auflösungen, Verkürzungen von Längsstämmen sich eombiniren können mit Aenderungen der Venenverknüpfung und so dieselbe Venenfolge in den ver- sehiedensten Gestalten sich darstellen kann 2. Unter meinen Studien finde 1) Wir haben auf fast allen Gebieten biologischer Forschung durch Verschiedenheit der Bezeichnung bereits soviel Confusion, auch Leute genug, welche die Verwirrung zu mehren sich befleissigen, dass ich nicht daran denke, obige Terminologie zu den bereits vorhandenen in die Dipterologie einzuführen. Es erwies sich indess keine der bisherigen Bezeichnungen, da sie alle von Seiten morphologischer Betrachtung bemängelt werden müssen, für den vorliegenden Zweck als durehführbar. So weit möglich, soll immer die alte Bezeichnungsweise mit ange- führt werden. Das oben gegebene Flügelschema ist streng empirisch aus dem Studium der Venen und Falten erhalten, wie ausdrücklich hervorgehoben werden muss. Dasselbe zeigt nun eine auf- fallende Aehnlichkeit mit dem Schema des Lepidopterenflügels (Nova Acta, Band XLI, Tab. XXVII, Fig. 3); auch dieses hat an concaven Zügen, von vorn nach hinten gerechnet, eine einfache Linie, eine mehrfach gegen den Saum gespaltene, eine Gabellinie, zwei einfache. Die Analogie erstreckt sich sogar auf die beiderseitigen Afterfelder, wenn man den Keim des Le- pidopterenflügels (l. c. Fig. 7) zu Hülfe zieht. Die Uebereinstimmung ist so frappant, dass ich gar nicht erstaunt sein würde, wenn sich die Identität beider Flügelschemen dermaleinst herausstellen sollte. Stellt man, wie früher geschehen ist, den Verlauf der concaven Linien in Beziehung zu der Tracheenentwickelung, so muss auch Uebereinstimmung der concaven Schemalinien mit dem Tracheensystem des Flügelkeims gefordert werden. Nun sagt Weismann (Zeitschr. für wiss. Zoologie, T. XIV, 1864), dass bei der Puppe zwei Tracheen zu je 7—8 Strängen auf- treten, und dies steht mit dem Schema ebenfalls in befriedigendem Einklang. 2) „Ueber Insectenflügel“, 1. ce. pag. 241. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 11) 279 ich nun eine Skizze, an der ich mir verschiedene hieraus resultirende Möglich- keiten klar zu machen suchte und die ich hier (Tat. 2. Fig. 1) mittheilen will. Es wurde in diesem Schema ein concaver Gabelzug z. B., mit einge- schobener Convexader, wie derselbe bei Ephemeriden und Odonaten nicht selten auftritt, nach seinen Verkürzungen und verschiedenen Verknüpfungen varürt. ‚Jede der so hervortretenden Formen würde von den Dipterologen anders be- zeichnet worden sein, und doch ist das T'hema in dem Bilde noch lange nicht erschöpft, schon deswegen nicht, weil die Venen in jeder Combination noch der Auflösung unterworfen werden können. Man wird hieraus eine Vorstellung von der Confusion gewinnen, zu der man gelangen muss, wenn man, wie bisher geschehen, sich blos nach der scheinbaren Verzweigung und nach der Venenverknüpfung orientiren will. 2) Die Falten, welche die ursprüngliche Lage solcher resorbirter Züge verrathen, können ausgeglättet werden, und dies gilt besonders von den er- habenen Falten. So hat der Ornithomyiaflügel ein fast ganz ebenes Vorder- feld, und «och kann kein Zweifel sein, dass hier die Faltungslinien von Hippobosca zu ergänzen sind (cf. Taf. 4. Fig. 1—4). Dadurch wird die Zählung der Reihenfolge sehr erschwert, oft unmöglich. 3) Die Spannung der Adern!) lenkt dieselben an ihren Verknüpfungs- punkten aus der Richtung, sie rundet die Keken der Zellen ab, streckt die Kniee aus verschiedenen Stücken zusammengesetzter Längsadern 2), führt über- haupt oft zu ganz verzerrten Gebilden, deren Entstehung kaum noch zu deuten ist. So hat man auch, wenn der Reihe nach die Discoidalzellen der Xylo- phagiden, Coenomyiden, Tabaniden, Bombyliden ete. bis zu den Stratiomyden verglichen werden, den Eindruck einer elastisch umspannten Figur, deren Umfang sich mehr und mehr zusammenzuziehen sucht und schliesslich eine so kleine Fläche umrahmt, wie bei Chrysomyia viridula. 4) Es werden Flächentheile ganz oder bis zur Unkenntlichkeit einge- zogen. Dadurch rücken die Linien an einander und sind gesondert schwer zu erkennen. Die Partie der vena spuria wird besonders häufig und stark davon betroffen. Dieselbe geht oft sammt dem darüber gelegenen Concavzug ein, 1) cf. „Ueber Insectenflügel“, 1. c. pag. 244 seqg. 2). cf. Taf. 2. Big. 11. Sue: 280 Dr. E. Adolph. (p. 12) und die area antica hat dann nur drei concave Linien. Dadurch wird auch der Uebertritt einer Ader auf benachbarte Linien begünstigt; es scheint auch, als wenn so vertiefte Venen durch Heranrücken der begleitenden Convexzüge gehoben (Coenomyia), analog auch durch Heranrücken von Concavitäten Con- vexzüge in die Tiefe gebettet werden könnten. Die Axillarader speciell be- sitzt ganz gewöhnlich eine doppelte Natur, indem sie vorn eine Vertiefung, dahinter einen erhabenen Rücken zeigt. Auch entstehen auf diese Weise Doppeladern, wie denn bei den Bibioniden eine Verschmelzung der postica mit der anonyma, bei manchen Musciden eine Vereinigung der Hilfsader mit der Randader vorkommt. Käme hier die Untersuchung der Oberfläche nicht zu Hülfe, so würde gar nicht mehr durchzufinden sein. Lehrreich sind auch hier, um nochmals darauf zurückzukommen, die Verhältnisse der spuria. Ursprünglich hat sie beiderseits ein breit entwickeltes Feld (Syrphiden, Culex); bei Asilus ist sie noch als ein ganz schmaler Rücken auf eingeengter Fläche deutlich zu sehen, liefert sogar den Saumtheil der Discoidalader, ebenso bei manchen Museiden (ef. Taf. 1. Fig. 8; Taf. 4. Fig. 12); bei Tabanus legt sie sich schon hart an die darüber gelegene dritte Uonvexader, ist aber bei den grossen Species noch als selbstständiger Rücken zu unterscheiden; endlich ver- schmelzen beide Convexitäten völlig (viele Musciden) oder sondern sich an- scheinend erst gegen den Saum (Leptiden? "T'hereviden ?). Die Aufgabe, unter diesen Umständen so vielfach durch einander ge- schlungene Fäden noch entwirren zu wollen, ist natürlich eine schwierige und mit mancherlei Unsicherheiten behaftete. Diese liegen aber in der Sache selbst und werden naturgemäss zu divergenten Auffassungen führen. Man wird nicht erwarten wollen, dass gleich die ersten Versuche die richtige Lösung in allen Einzelfällen gewinnen werden. Ehe nun das oben gegebene Flügelschema angewandt wird, darf der Leser Rechenschaft über die Naturthatsachen fordern, auf welche die Einord- nung der einzelnen Linien sich gründet. Dieselben sollen darum nochmais summarisch mit einzelnen auf sie bezüglichen Beobachtungen zusammenge- stellt werden. I. Area antica. A. Concavzüge: la die bekannte Hilfsader, Ha die sogenannte zweite Längsader; bei den Bibioniden jedoch (Taf. 3. Fig. 1 u. 2) erscheint sie als starke Concavfalte. Illa als Vene bei den Asiliden (Taf. 1. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 13) 281 Fig. S u. 12), den Bombyliden (Tat. 1. Fig. 6 u. %), Leptiden, "T'hereviden (Taf. 1. Fig. 2): dagegen als Falte bei den Musciden (Taf. 2. Fig. 6 u. 7; Taf. 4. Fig. 12), Syrphiden (Taf. 2. Fig. 2—5), Chironomiden (Taf. 3. Fig. 12). IVa als Vene bei den Dolichopoden, wo sie das Endstück der Discoidalader bildet (Taf. 2. Fig. 11); ferner sehe ich an ihrer Stelle bei einer grossen gelben Asilide (China?) unbekannter Species eine concave Vene. Als Falte erscheint sie besonders scharf bei den Asiliden (Taf. 1. Fig. S) und manchen Syrphiden und Museiden (Taf. 2. Fig. 3, 6, S; Taf. 4. Fig. 12). B. Convexzüge. Ib die bekannte erste Längsader. IIh als Vene bei den Mycetophiliden (Taf. 3. Fig. S) und Chironomiden (Taf. 3. Fig. 12), als Falte besonders deutlich bei den Asiliden (auf den Zeiehnungen ausgelassen). IV die vena spuria. Il. Area media. A. Ooncavzüge: la die Discoidalader: am Saume häufig als Falte; ebenso in Faltenform bei den Acroceriden, Phoriden, Myce- tophiliden, Lonchopteriden (Taf. 3. Fig. 3, 4, 7, S). Ila die 'T'heilungsader Brauer’'s, als Vene bei den Leptiden, 'Thereviden, Asiliden, Bombyliden, Xylophagiden, Psychodiden (Taf. 1. Fig. 2—10, 12: Taf. 2. Fig. 10; Taf. 3. Fig. 10); als Falte bei den Musciden (Taf. 2. Fig. 6 u. S; Taf. 4. Fig. 12), den Syrphiden (Taf. 2. Fig. 4), den Bombyliden (Taf. 1. Fig. 6), den Simu- liden, Chironomiden, Hippobosciden (Tat. 2. Fig. 12; Taf. 3. Fig. 12; Taf. 4. Fig. 1). Illa als Falte bei den Musciden (Taf. 2. Fig. 6), den Simuliden (Taf. 2. Fig. 12). B. Convexzüge: Ib als Vene bei den T'’abaniden, Leptiden, 'T'hereviden, Bombyliden etc. (Taf. 1. Fig. 2—8); IIb die bekannte oberhalb der postica gelegene Uonvexader; IIIb die postica. Ill. Area postica. A. Concavzüge: Ja die weit verbreitete anonyma: Ja, bonders schön bei den Musciden (Taf. 2. Fig. 6 u. 7), aber nur als Falte. Ila die Analader: Illa die Angularader. Beide häufig als Falten. B. Convexzüge: Ib als Vene bei den Mycetophiliden (Taf. 3. Fig. 8), den Acroceriden (Taf. 3. Fig. 3 u. 4), den Rhyphiden (Taf. 3. Fig. 11), manchen Musciden (Taf. 4. Fig. 12). IIb die Axillarader. 282 Dr. E. Adolph. (p. 14) ös sollen nun die einzelnen Familien der Dipteren, soweit sie mir vorliegen !), unter den vorgetragenen Gesichtspunkten, jedoch mit Uebergehung bekannter Verhältnisse, durchgegangen werden. Die Asiliden, Tabaniden, Leptiden, Thereviden, Bomby- liden, Coenomyiden, Xylophagiden, Stratiomyden?) bieten in ihrem Flügelbau so viel Gemeinsames, dass eine gleichzeitige Besprechung derselben möglich ist. Auf dem Vorderfelde treten die drei ersten Concavzüge Ia, Ila, llla (letzterer bei den Tabaniden nicht ganz sicher) in Venenform auf, ebenso die Convexzüge Ib und IIIb, während IIb und IVb aufgelöst sind. Dem Schema am nächsten stehen die Asiliden, welche auch sonst des Bemerkens- werthen am meisten bieten. Die Concavadern Ila und Illa des Vorderfeldes besitzen die Neigung, aus der vertieften Lage in die eonvexe überzugehen, wohl indem sie auf einen benachbarten erhabenen Limienzug übertreten. Die aus der Discoidalzelle gegen den Saum ziehenden Adern sind bei den ver- schiedenen Gattungen abweichender Art. Die genannten Adern bieten bei den Asiliden eine günstige Gelegenheit, um darzuthun, dass die kleinsten Ver- schiedenheiten hinsichtlich der Lage zur Oberfläche als Gattungscharaktere zu werthen sind. Die Gattungen sind gewiss ohne Rücksicht auf diese Verhält- nisse abgegrenzt. Dennoch zeigen die Species derselben Gattung bei allen von mir untersuchten Asiliden genau dieselben, die verschiedenen Gattungen aller- dings wechselnde Bildungen. Betrachten wir die genannten Adern einzeln. Es ist Ila anticae bei Leptogaster rein concav, ganz am Saum ein kleines Stückchen convex (Taf. 1. Fig. 12); Dioctria, Dasypogon, Lasiopogon haben das äusserste Viertel convex, den inneren Theil concav, Laphria, Andrenosoma und Asilus (Taf. 1. Fig. S) haben ebenfalls nur am Ende ein Convexstück. Illa anticae ist bei Leptogaster rein concav, bei Laphria und, Andrenosoma ist die äussere Hälfte convex;, bei Asilus das äussere Ende. Dioctria, Dasypogon, Lasiopogon haben nur die Basis concav, den Rest jedoch convex. Die Dis- !) Dem Realgymnasium zu Elberfeld bin ich für die bereitwillige Ueberlassung seiner Dipterensammlung zu grossem Dank verbunden. Hoffentlich hat dasselbe auch der Wissen- schaft einen Dienst damit erwiesen. 2) Nach Brauer’s Zeichnungen gehören auch die Mydaiden und Apioceriden hierher; von beiden Familien stehen mir jedoch Repräsentanten nicht zur Verfügung. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 15) 253 eoidalader tritt unter den genannten Gattungen nur bei Leptogaster, Dioctria Laphria und Andrenosoma auf ihrer eigenen concaven Linie zum Saum; bei Dasypogon, Lasiopogon, Asilus (Taf. 1. Fig. S) ist sie ausserhalb der Dis- coidalzelle convex, indem sie auf den über ihr gelegenen Rücken der eonvexen spuria übertritt, jedoch eine Concavfalte gegen den Saum sendet. Die zweite — von oben gerechnet — aus der Discoidalzelle kommende Saumader zeigt sich eoncav bei Leptogaster, Dioctria, Laphria und Andrenosoma, convex bei Dasypogon, Lasiopogon, Asilus. Die darauf folgende Vene findet sich concav bei Leptogaster, Dioetria und Dasypogon, convex bei Lasiopogon. Weiter — und dies wurde schon erwähnt — kann man bei den Asiliden die Ein- ziehung der Nachbarfelder der spuria (IVa und IVb anticae) ganz allmählich sich vollziehen sehen. Ich habe vor mir zwei gigantische exotische Species, eine aus China (?), eine andere aus Neuholland, beide unbestimmt. Sie haben aber eine diek aufgewulstete spuria und darüber ein breites, darunter ein ganz schmales Feld. Die erstere hat auch noch die concave Vene IVa im Vorderfeld, die andere an entsprechender Stelle eine concave Linie. Die spuria zeigt sich bei allen mir bekannten Asiliden als ein von der Basis dicht über der Discoidalader hinlaufender erhabener, häufig tingirter Rücken, welcher entweder gesondert bleibt (Asilus) oder aber sich an die Convexität der dritten Längsader legt, am Saume jedoch sich wieder loslösen kann. Die Leptiden, Thereviden, Tabaniden, Xylophagiden senden übereinstimmend zwei convexe und darunter eine concave Ader aus der Dis- coidalzelle an den Saum. Letztere ist die Verlängerung der „Theilungsader * (IIa mediae). Die Gattung Subula (Taf. 2. Fig. 10) zeigt die Entstehung der geschlossenen, auch bei den Asiliden vorkommenden (Taf. 1. Fig. 8), vierten Hinterrandzelle. Es wendet sich nämlich der Saumtheil der concaven „T'hei- lungsader“ abwärts und verschmilzt mit der folgenden Convexader (IIb mediae). Bei Asilus (Taf. 1. Fig. 5) ist diese Coneavader bereits in eine vollkommen quere Lage gezogen, hat aber ihre concave Natur vollkommen bewahrt. Wir sehen hier thatsächlich den Uebergang einer Längsader in eine @uerader. Vielleicht erklärt sich auch hieraus die häufig sicher ausgesprochene concave Natur der hinteren Querader (Taf. 2. Fig. 6 u. %). Ein Blick auf den Flügel von Bombylius (Taf. 1. Fig. 6) lehrt uns ebenfalls, wie die 'T’hei- 284 Dr. E. Adolph. (p. 16) lungsader zu der Entstehung einer concaven hinteren (uerader geführt haben könnte. Bei den Leptiden und Thereviden findet sich ein schönes Bei- spiel falscher Bifureation (Taf. 1. Fig. 2). Die sogenannte obere Gabel der dritten Längsader (Illa anticae) ist keinesfalls eine Abzweigung dieser Vene. Das gewöhnlich angenommene Verhältniss kann schon deswegen nicht richtig sein, weil die dritte Längsader convex, die in Rede stehende Gabel aber eoncav ist. Ich zeichnete neben das Bild von Leptis scolopacea die ent- sprechende Flügelpartie von Chrysopila atrata Wabr. Kin Blick zeigt die Enstehung der falschen Bifurcation. Die Tabaniden bieten einige Unsicherheit hinsichtlich der zweiten Goncavader. Bei Tabanus und Hexatoma ist sie auf dem Vorderfelde sicher als Vene ausgeprägt, daher wahrscheinlich auch bei den übrigen. Indess schien es mir bei Haematopota und Chrysops, wenn ieh rein den Verlauf der Concavfalten ins Auge fasste, als wenn der obere Hauptzweig dieser Ader sieh an den Vorderrand gelegt und aufgelöst hätte, ein schwächerer unterer dagegen es wäre, welcher bei Tabanus die deutliche Uoncavader lieferte. So auch schien es bei den Bombyliden, die in dieser Flügelpartie analoge Verhältnisse aufweisen. Diese Auffassung ist auch in den Bildern (Taf. 1. Fig. 3—6) zum Ausdruck gekommen. Doch kann ihr — und das muss ausdrücklich hervor- gehoben werden — nur der Werth einer Vermuthung beigelegt werden. Die gegen die Flügelspitze ziehende Zinke der dritten Längsader scheint eine Schrägader zu sein und mag vielleicht mit dem oberen "Theile mancher „Spitzenqueradern “ verglichen werden dürften. Die Bombyliden scheinen Brauer speciell interessirt zu haben, denn er zeichnet nicht weniger als drei Formen derselben (Argyromoeba, Bombylius, Chaleochiton). Ich reprodueire meine früheren Zeichnungen von Bombylius und Anthrax (Tat. 1. Fig. 6 u. 7%). Die Discoidalzelle der meisten Bomby- liden unterscheidet sich von derjenigen der vorigen Abtheilungen wesentlich dadurch, dass die concave 'T'heilungsader sich mit der unter ihr liegenden Convexader (IIb mediae) durch eine @Queranastomose verbunden und den von dieser Verbindungsstelle nach innen gelegenen Theil aufgelöst hat. Dies auf- gelöste Stück, welches Brauer bei Chalcochiton und Argyromoeba zeichnet, Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 1%) 285 ist auch bei Bombylius und Anthrax!) zu sehen, bei letzterer Gattung auch durch ein inneres Aderrudiment angedeutet. Ferner sehe ich diese Concav- linie auch bei Systoechus und Ploas: sie fehlt «dagegen bei Lomatia. Andere Grattungen liegen mir nicht vor. Interessant ist nım ein Vergleich von Lo- matia und Ploas. Die Discoidalzellen beider Gattungen sind morphologisch ganz verschieden. Lomatia hat die gewöhnlichen Verhältnisse: hier wird die untere Grenze der Discoidalzelle von der concaven Theilungsader gebildet. Bei Ploas dagegen ist die Discoidalzelle unten von der folgenden Convexader (II mediae) emgefasst, während die Lage der concaven "Theilungsader noch durch eine oberhalb daneben herlaufende Concavfalte angedeutet ist. Es wird angezeigt sein, die Gattungen, welche ich nicht untersuchen konnte, in dieser Hinsicht zu revidiren 2). Uebrigens ist «die obere Gabel der dritten Längs- ader, welche Brauer convex zeichnet. sicher in ihrem Längstheile concav (nur die sonst auch verschiedene Ploas weicht hier ab); es ist nämlich III a anticae. Brauer deutet dies auch selber an durch die roth punktirte Ver- längerung «des Aderrudiments. Die Xylophagiden (Taf. 2. Fig. 10) zeigen, ausser den bereits an- geführten, wichtigere Eigenthümlichkeiten nicht. Bei ('oenomyia dagegen (Taf. 1. Fig. 9) ist eine stark hervorgewölbte, gegen den Saum noch durch Tingirung ausgezeichnete, spuria vorhanden. Die Discoidalzelle ist zwar ungetheilt, dürfte aber auf ihrer unteren Aussenseite von der 'T'heilhimgsader — ähnlich wie bei Bombylius — begrenzt sein. Im Uebrigen dürfte der Coenomyia-Flügel an den Kigenthümlichkeiten der vorigen Abtheilungen participiren, wenngleich die Oberflächenverhältnisse der zum Saum tretenden Adern undeutlich, mit Sicherheit kaum zu beurtheilen sind. Die Stratiomyden haben eine zusammengezogene Discoidalzelle und eine ebenfalls stark eingeengte (weniger bei Beris) area antica; ferner sind die Saumadern zuweilen schwer zu schätzen. Die beiden von der 1) Ich finde unter den Exemplaren von Aottentotta L. eimes, welches ausser der ge- wöhnlichen normalen Querader noch eine zweite, weiter nach aussen gelegene, besitzt, welche ich in die Zeichnung von cingulata eintrug (Taf. 1. Fig. 7). 2) So weit ich sehen kann, kommen bei den Bombyliden dreierlei verschiedene Discoidal- zellen vor, nämlich 1. solche mit unterer Concavader (I.omatia), 2. solche mit unterer Convex- ader (Ploas), 3. solehe mit gemischter (innen convexer, aussen concaver) unterer Grenzader. Nova Acta XLVII Nr. 6. 38 286 Dr. E. Adolph. (p. 18) Spitze der Discoidalzelle kommenden Adern dürften aber immer!) convex und (lie obere derselben beiderseits von einer tiefen Coneavlinie begleitet sein (Taf. 1. Fig. 10). Die Discoidalader bildet den Stiel der Discoidalzelle und gabelt sich scheinbar an der Innenecke der Zelle, so dass der obere Zweig die Grenze der Zelle nach oben abgiebt. Nun sche ich aber bei Sargus, Odontomyia, Ephippium, Stratiomys in ganz gleicher Weise eine tiefe Concav- falte, von der Diseoidalader «durch einen erhabenen Rücken geschieden, sich von der Unterrandader (Ib) ablösen und mit der Discoidalader vereinigt bis zur Zelle ziehen. An der Spitze der Discoidalzelle gabelt dieser doppelte Concavzug sich wieder in die bereits erwähnten beiden Concavfalten. Hieraus scheint mir hervorzugehen, dass wir die obere dieser beiden Concavfalten als Illa anticae zum Vorderfelde ziehen missen, während die untere als das Indstiick der Discoidalader zu gelten haben würde und gleichzeitig die Grenze der beiden ersten Flügeltelder bezeichnete. Die obere aus der Discoidalzelle kommende Convexader würde also als IIIb anticae zu werthen sein. Die „Theilungsader“ tritt bei den genannten Gattungen als concave Ader aus der Discoidalzelle zum Saum. Bei Beris lässt sich noch einigermaassen sicher die ursprüngliche Natur der zusammengezogenen Discoidalzelle erkennen. Es dürfte — ähnlich Coenomyia —- eine unten eonvexe Zelle gewesen sein. Denken wir uns einen Flügel etwa von der Art, wie er sich bei Rhyphus (Taf. 3. Fig. 11) findet, durch Eimengung des Vorderfeldes modifieirt, so würden wir damit zu der Gestalt des Stratiomyden-Flügels gelangen können. ?) Dolichopoden. Leider habe ich die Gattung Liancalus nicht vor mir, kann also Brauer's Zeichnung nicht vergleichen. Das Folgende gründet sich auf die Untersuchung der Gattungen Diaphorus, Argyra, Porphyrops, Chrysotimus, Chrysotus, Psilopus, Gymnopternus, Dolichopus, Sybistroma, EN Hypophyllus, Campsienemus und Medeterus, von denen ich zum "Theil ganze hteihen von Species und Individuen durchsehen konnte. Die bezeichnendste Kigenthümlichkeit des Dolichopoden-Flügels liegt darin, dass derselbe auf der 1) Auch hier, wie in den folgenden Punkten, bietet Beris Schwierigkeiten ?) Es könnte einfacher erscheinen, eine Gabelung der Discoidalader gegen den Saum anzunehmen, also auch die obere Concavfalte zum Mittelfelde zu ziehen. Dem schien mir die erwähnte Falte an der Unterrandader zu widersprechen. Eine Unsicherheit bleibt hier indessen bestehen; dieselbe findet sich auch u. A. bei den Rhyphiden und Tipuliden. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 19) 98% area antica den vierten CUoncavzug (IVa anticae) als Vene produeirt und dass die Discoidalader mit Ueberspringung und Ueberbrückung des über ihr liegenden Convexzuges der spuria in die area antica übergreift und in diese Concavader übergeht (Tat. 2. Fig. 11). Es lässt sich hier eine hübsche Entwiekelungsfolge zusammenstellen. 1. Beide Concavadern (la mediae und IVa anticae) sind bis zum Saum entwickelt umd durch eine Queranastomose — die sich natürlich abrunden kann — verbunden. Dies ist der Fall bei Psilopus, deren Arten /ugens und »ervosues auch noch die gewöhnliche Querader auf der Discoidalader andeuten. 2. Das Endstück der Discoidalader geht ein: sie ragt aber noch mit einem Rudiment über die Querader hinaus (Dolichopus nitidus, ef. Tat. 2. Fig. 11, die Nehenzeichnung). 3. Man sieht nur eine Ader: die Entstehung ist aber noch durch ein mehr oder minder gebogenes Knie und den Verlauf der concaven Linien angedeutet (Dolichopus penmitarsis, Tat. 2. Fig. 11). 4. Das Knie streckt sich, man sieht nur eine gerade Ader: der Zusammensetzungspunkt ist aber noch bei durchfallendem Licht oft durch eine geringe Trübung, immer aber auf der Oberfläche dadurch angezeigt, dass hier auf einmal in der sonst concav verlaufenden Linie ein kleines convexes Stück erscheint — der Ueberbrückungspunkt jenes erhabenen Rückens (Mede- terus curvipes, Forphyrops riparius, Diaphorus oculatus!) etc.) Das Vorderfeld der Dolichopoden zeigt ausser dieser Ader IVa noch la ganz kurz, Ila als lange Ader, Illa als Falte, welche um so deutlicher hervortritt, je mehr das Knie der Discoidalader sich streckt. An Uonvexzügen finden sich die Adern Ib und IIlb. Dagegen liefern IIIb und die spuria IVb an der Basis eine gemeinsame Convexfalte, die sich saumwärts in ihre Bestandtheile spaltet: der unter das Knie der Discoidalader tretende Zweig gehört der spuria an. Auf dem Mittelfelde scheint die Concavfalte Illa mit der Linie der „Theilungsader“ zu einem Gabelzuge zu verschmelzen. Das Hinterfeld ist bis zur concaven Anal- ader mit allen seinen Falten breit entwickelt, dahinter jedoch eingezogen. Von den Lonchopteriden sagt Brauer), ihr Flügelgeäder sei noch nicht vollkommen aufgelöst. Indessen giebt Schiner®) annähernd die !) Ich bezeichne, wie überhaupt, die Species mit denjenigen Namen, unter welchen sie in der mir vorliegenden Sammlung sich finden; für die Richtigkeit der Bestimmung vermag ich nicht aufzukommen. a er Ei 3) Fauna austriaca, die Dipteren, pag. LXI, Theil 1. 283 Dr. E. Adolph. (p. 20) richtige Analyse, in einigen Punkten allerdings irrt er. Es ist auch kaum möglich, solche Geäder richtig zu verstehen, wenn man «den Gegensatz der Convexität und Concavität nicht beachtet. Das Vorderfeld von Lonchoptera (Tat. 3. Fig. 7) enthält die beiden ersten eoncaven und eonvexen Züge in Venenform (la, Ila, Ib, IIb antieae). Seine untere Grenze zieht dieht über der von Schiner als 5. Ader auf- geführten Vene hin. Kigenthümlich ist das Verhalten der Discoidalader; an (der Basis bildet sie eine kurze Vene, die an der Wurzel die beeinnende Auflösung zeigt: hinter der schrägliegenden (Juerader — vielleicht ein Rest von IIIb oder IV antiecae? — erlischt sie zu einer deutlichen Concavtalte, tritt aber in der ersten Abzweigung der postica wieder als Ader auf und hildet auch noch die Basis des folgenden obersten Zweiges. Dieser Zweig aber wird gegen den Saum convex und die Discordalader verläuft nun ober- halb desselben als schwache Falte. Wir finden also auf dem Mittelfelde die Discoidalader an der Wurzel und in der Mitte als Ader, sonst als Falte; ausserdem noeh die Convexadern Ih, IIb und die postica IIIb. Was Schiner auf dem Hitertelde als Analader deutet, ist eine convexe Vene; daher ist diese Auffassung falsch. Die Analader findet sich als tiefe Falte im dem klemen Wurzelfelde unter dem Venenstumpf der Discoidalader. Schiner's Analvene ist die Axillarader (IIb posticae); man kann deutlich sehen, dass sie unter dem Rudiment der Analader liegt, also auf diese folgt. !) Die Gattung Opetia steht mir leider nicht zur Verfügung. Pipuneuliden. Es liegt mir nur Pipunenlus campestris Latr. vor (Taf. 3. Fig. 6). Der Flügel enthält eine Eigenthümlichkeit, welche an die Dolichopoden erinnert. Die Discoidalader ist nämlich aus drei T’'heilen zu- sammengesetzt. Bis hinter die hintere @Querader verläuft sie in der gewöhn- lichen Weise auf ihrer eigenen Concavlinie, giebt aber schon vor dieser (Juerader nach oben eine scharfe Concavfalte ab und tritt am Saume mittelst eines langen convexen Bogenstückes auf diese Falte über, um concav am !) Die vorstehende Analyse ergab sich aus der Untersuchung trockener Exemplare; nachdem ich später frisches Material habe vergleichen können, bin ich in der Auffassung des Lonchopteridenflügels schwankend geworden und habe dieses in der Zeichnung noch anzu- deuten gesucht. Die Dipterenflägel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 21) 259 Saume auszulaufen. Es scheint die Form der Dolichopoden mit längerer Ausbildung des convexen Ueberbrickungstheiles — der alsıdann der spuria angehören würde — zu sein. Doch ist dieses weniger deutlich wegen der Einziehung der Nachbarfelder der spuria. Das Uebrige ist aus der Zeichnung sofort verständlich. Acroceriden. Bei Ogeodes (Tat. 3. Fig. 3) erhebt sich die spuria schon an der Basis als em breiter Rücken und geht am Saume in eine Vene iiber. Unter ihr zieht die erloschene Discoidalader in Gestalt einer vertieften, weiss durchscheinenden, !) Linie hin. Hier also liegt «die Grenze der beiden vorderen Flügelfelder. Ueber der spuria verläuft von der Basis aus, wo sie sich von der Unterrandader (Ib anticae) ablöst, eine ähnliche Concavlinie. Das ist also IVa antieae. Von der Flügelmitte an liegt über ihr eine dieke Convexader, die nunmehr als IIIb anticae zu werthen ist. Die untere Grenze (les Mittelteldes ist durch die deutliche postica und die als geringe Concavität auftretende anonyma sicher gegeben. Ausser der postica hat das Mittelfeld noch die Vene Ib mediae, welche gegen die Wurzel erlischt. Auf dem Hinterfelde verläuft die Analader verloschen: über sich hat sie an der Basis eine scharfe Chitinleiste; das ist ein Rest von Ib posticae. Die unterste deutliche Ader des Hinterfeldes ist concav, mithin nicht die Axillar-, sondern die Angularader. Doch ist die Axillarader noch an der Basis durch ein kurzes Chitinstück bezeichnet. Interessant ist nun ein Vergleich mit Acrocera (Taf. 3. Fig. 4). Es ist in den Hauptzügen derselbe Flügel; doch sind die Convexadern, auch die Queradern, stark ausgeprägt, die spuria jedoch liefert am Saum keine Vene mehr: dagegen liegt auf dem Vorderfelde noch die Ader IIb anticae. Die Linien Ila und Illa anticae sind durch Concavfalten angedeutet. Auf dem Hintertelde ist die bei Ogeodes nur angedeutete Ader Ib stark ausgebildet: dagegen liefert die Angularader nur eine kleine Falte. Das Typische dieser Flügel — und diese Kigenthümlichkeit theilen sie z. B. mit den Mycetophiliden (Taf. 3. Fig. S) — ist die Neigung, die Convexzüge des Schemas zur Ausbildung zu bringen. Der Ogcoden-Flügel ist in seinen Hauptzügen ein in Auflösung begriftener Acrocera- Flügel. !) Auch bei den Dipteren unterscheiden sich Residuen aufgelöster Convex- und Concavadern dadurch, dass die ersteren tingirte Streifen, die anderen jedoch hyaline Linien hinterlassen. Am schönsten möchte wohl bei Asilus dies zu sehen sein. 290 Dr. E. Adolph. (p. 22) KEmpiden. Brauer's Zeichnung von Zmpis stercorea!) — ich habe die Species verglichen — ist im Wesentlichen zutreffend: doch hat er einige Linien ausgelassen. Ich gebe meine Ältere Zeiehnung von Empis livida (Taf. 1. Fig. 11). Die spuria erscheint auch hier ihrer ganzen Länge nach als Convexfalte, geht aber am Saume in eine Ader über. Das Endstück der Discoidalader gehört der spuria an. Die „Theilungsader“ ist durch eine schwache Falte angedeutet: unter der Postiealader erscheint halberloschen die anonyma. Ferner liegt über der Analader eine dieke Convexfalte; sie gehört der erloschenen Ader Ib postiecae an, die bei Acrocera ausgebildet erschien. Die Analader hat nım die Neigung, auf diese Convexlinie überzugehen, liegt z. B. bei Ahamphomyia marginata wit ihrer ganzen Äusseren Hälfte auf der- selben. Manche Individuen dieser Species deuten auch die „T’heilungsader“ noch durch einen wohlausgebildeten inneren Aderzapfen auf der hinteren (Querader an. Das Vebrige ist aus der Fienr sofort zu ersehen. Scenopiniden. Brauers Zeichnung ?) veranlasst mich zu folgenden Bemerkungen. 1. Die obere Gabel der dritten Längsader halte ich für eoncav >) und werthe sie als Illa antieae. 2. Die Spuria bildet ihrer ganzen Länge nach einen selbstständigen Rücken unter der dritten Längsader. Am Saume verflacht sich dieser Rücken: die Convexader jedoch, in welche die Discoidal- ader übergeht, «dürfte auch hier der Spuria angehören; dies ist aber nicht scharf ausgesprochen. 3. Die Anonyma ist halberloschen, aber deutlich unter der Postica zu sehen. Syrphiden. (Taf. 2. Fig. 2—5.) Das Vorderfeld dieser grossen Familie enthält an Venen die Concavzüge la und Ila, ferner die Convex- züge Ib, Illb und in allen Stadien der Auslöschung die Spuria IVb. Die Züge Illa und IVa, ferner IIb sind nur durch Linien ausgesprochen, und Dec Ba Rise Ele. labeo ie ») Eine ähnliche Bemerkung wurde schon bei Argyromoeba und Bombylius gemacht; dasselbe dürfte von den Zeichnungen von Mydas und Apiocera gelten. Bei Tabanus deutet Brauer durch rothe Punkte an, dass ihm die Werthung dieser Ader unsicher erschien; bei Empis stercorea ist die entsprechende kurze Zinke sicher ein Seitenast einer über der dritten Längsader liegenden Concavfalte. Für diese Auffassung spricht vor allen Dingen auch die Uebereinstimmung, welche dadurch die Geäder erhalten. Die Dipterenflügel, ihv Schema und ihre Ableitung. (p. 23) 291 diese treten um so schärfer hervor, je breiter die Fläche ihrer Nachbarfelder entwickelt ist. Man sieht alsdann die Vene Ila einen oberen Faltenzweig abgeben (Pyrophaena, Myolepta, Ascia, Brachyopa), der in anderen Fällen sich an die Unterrandader legt und verschwindet. Wo «die Linie IVa in voller Entfaltung auftritt, besitzt sie einen unteren Gabelzweig, erscheint also am Saum mit drei Strängen (Syrphus, "Taf. 2. Fig. 3: Chrysotoxum, Myolepta). Auch hier legt sich der obere Stamm an die darüber gelegene Convexader IIIb und wird undeutlich. Dann wieder lagern sich kleine Convexzüge ein, so bei Volucella (Tat. 2. Fig. 4), wo bei allen Speeies ein solches Fältehen unter IVa, erscheint, und bei Mierodon, wo «die äussere halbe (uerader einen der- artigen Rücken mit der «dritten Längsader verbindet. Eigenthümlieh ist bekanntlich bei manchen Gattungen der Verlauf der (lritten Längsader am Saume, wo sie in starkem Bogen nach unten ausweicht und am Rande erst wieder auf ihrer ursprünglichen Linie erscheint (Kristalis, Taf. 2. Fig. 2: Helophilus, Chrysotoxum ete.). Genau an diesem kritischen Punkte jedoch steht die halbe @Querader von Microdon und Ceria. Besonders die letztere Gattung zeigt ganz klar, dass der Venenzue «lieses Rudiments jene Ausweichung hervorruft. Das Uebertreten der Discoidalader auf den Convexzug der spuria ist mir nur von Ascia bekannt, gehört aber hier zum Gattungscharakter. Die nächststehenden Gattungen Sphegina und Bacha besitzen diese Kigenthimlich- keit nicht. Das Auftreten der ‚„Theilungsader“ in Faltentorm und der sie begleitenden Convexzüge — ebenfalls in Gestalt von Falten — ist ein ganz sewöhnliches Vorkommen. Bei Eristalis fand ich diese Concavtalte bei allen Species (Taf. 2. Fig. 2). Syritta hat an der hinteren Querader eine gegabelte Concavfalte: der untere Zweig derselben liefert bei piöpiens ein inneres Ader- rudiment, welches bei 14 durehgesehenen Individuen alle Uebergänge bis zu einer kaum noch bemerkbaren Ausbiegung bot. Auf dem Hinterfelde sind neben der anonyma, Anal- und Axillarader häufig auch noch die übrigen Linien dureh Falten angedeutet. Bei Volucella sehe ich auch noch die Angularader durch eine tiefe Falte dicht hinter der Axillarvene ausgedrückt. Die Wichtigkeit des Syrphidenflügels liegt besonders darin, dass er die Nachbarfelder der spuria (IIIb und IVa und IVb), besonders die beiden oberen, breit entfaltet. Daher hat sich das 292 Dr. E. Adolph. (p. 24) Studium dieser Flügelpartie in erster Linie der Untersuchung der Syrphiden zuzuwenden. Kine eingehendere Analyse des wichtigen Syrphidentlügels muss einer monographischen Bearbeitung vorbehalten bleiben. Musciden. Die Museiden entwickeln in besonderer Breite das Mittel- und Hinterfeld des Flügels und bieten für beide das classische Untersuchungs- material. Daneben sind auch noch auf dem nicht allzu sehr eingeengten Vorder- felde alle Linien in grossen und deutlichen Zügen ausgeprägt, so dass man nur irgend einen günstigeren Museidenflügel (Stomoxys, Uynomyia, Musca) mit genauer Beachtung aller seiner Linien zu zeichnen braucht, um ziemlich vollständig das Schema des Dipterenflügels und damit den Schlüssel zur Lösung der übrigen Adernetze dieser Ordnung in die Hände zu bekommen (Taf. 2. Fig. 6, 7, 8: Taf. 4. Fig. 12). Das Vorderfeld hat der Hauptsache nach dieselbe Bildung wie bei den Syrphiden, doch verschmilzt hier schon die spuria bis gegen die gewöhnliche Querader mit der Convexität der dritten Längsader zu einem gemeinsamen Höhenzuge. Von da aus zieht die spuria entweder einfach an der Discoidalader entlang (Tat. 2. Fig. 7, Tachininae), oder dieser Rücken wird durch eine eingeschobene Concavfalte (IVa; anticae) in zwei Uonvexitäten zerlegt (af. 4. Fig. 12). Die untere gehört alsdann der spuria an (Anthomyia, Acalypterae).!) Diese zweite Bildung dürfte die ursprünglichere sein, aus welcher die erstere sich hervorgebildet haben wird. Besonders da, wo der Saumtheil der spuria durch jene eingeschobene Falte nach oben scharf abgegrenzt erscheint, hat die Discoidalader wiederum die Neigung, auf diesen erhabenen Linienzug überzutreten, und es kann dies schon von der hinteren Querader an geschehen (Platystoma, die 'Urypetinae; Taf. 2. Fig. 8; Taf. 4. Fig. 12); diese Bildung ist oft ganz überaus charak- teristisch, so dass sie zur Umgrenzung ganzer Gruppen von Gattungen heran- gezogen werden kann. Eine Dreitheilung der Linie IVa anticae habe ich bei den Museiden nicht beobachtet. Das Mittelfeld ist dadurch interessant, dass es neben der concaven Linie der „Theilungsader“ noch einen dritten einfachen, aber selbstständig U Ich vermuthe, dass alle Muscidae acalypterae diesen Charakter besitzen, müsste aber über ein viel reicheres Material verfügen, um dieses behaupten zu können. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 25) 293 über der postica hinziehenden Concavzug (IlIIa mediae) ausbildet (Taf. 2. Fig. 6 u. Ü)». Sie ist zwar weit verbreitet, meist aber durch Zusammen- ziehung dieses Flügeltheils undeutlich und schwer zu erkennen (Taf. 1. Fig. 4, 6, 8; Taf. 2. Fig. 11u. 12: Tat. 4. Fig.5). Wer jedoch z.B. den Stomoxys- Flügel (Taf. 2. Fig. 6) betrachtet und alsdann vergleichend die übrigen Museiden heranzieht, wird sich gezwungen sehen, sie bei den Museiden ein- zureihen, und wird sie auch bei den anderen Familien vielfach wieder erkennen. Auf dem Hinterfelde kommen bisweilen Andeutungen einer Eigen- thümliehkeit vor, welehe an die Empiden und Aeroceriden erinnert. Es scheint nämlich die concave Analader aus ihrer richtigen Linie durch den Zug der über ihr liegenden Querader heraustreten und auf eine Strecke ihre Ent- wickelung auf der darüber gelegenen Convexlinie Ib posticae nehmen zu können (Taf. 4. Fig. 12). So sehe ich es bei Dryomyza, Loxocera, Psila. Bei den 'Irypetinen und Sepsinen scheint mir dieser Punkt noch eines Specialstudiums bedürftig zu sein. Conopiden. Bei diesen legt sich die Falte IIIa anticae dicht an, sogar unter die dritte Längsader und kann dadurch leicht übersehen werden. bei Conops (Taf. 2. Fig. 9) ist die spuria von der gewöhnlichen Querader an durch Tingirung und starke Hervorwölbung ausgezeichnet. Oestriden. Ich habe nur Gastrophilus zur Verfügung. Man kann auch hier die stark hervortretende Linie der spuria beachten. Zu sonstigen Bemerkungen ist kein Anlass. Phoriden. Ich zeichne den Flügel von Phora abdominalis Fall. (Taf. 3. Fig. 5). Auch dieser Flügel kann nur verstanden werden durch Untersuchung der Venen nach ihrer Lage zur Oberfläche. Er erinnert sehr an die Acroceriden (Taf. 3. Fig. 3 u. 4). Auch hier ist die Discoidalader erloschen, bezeichnet aber noch durch eine Concavfalte die Grenze von Vorder- und Mittelfeld; auch hier sind die Convexzüge zu Adern ausgebildet und wie bei Acrocera zu deuten. Sogar die grosse Zelle des Acroceraflügels auf dem Vorderfelde ist noch durch die verloschene Verlängerung der Randader (Ib) !) Brauer’s Zeichnungen von Chloria und Tachina enthalten diese Linie nicht. Man kann über dieselbe allerdings im Zweifel sein, weil sie sich dicht an die postica lest. Ich habe aber gerade dieser Linie seit ein paar Jahren mein Augenmerk zugewandt und darf nicht mehr bezweifeln, dass sie im Dipterenflügel angelegt ist. Nova Acta XLVII. Nr. 6. 39 294 Dr. E. Adolph. (p. 26) und in der Saumgegend durch den nach oben geschwungenen Verlauf der folgenden Convexader (IIIb) — die Andeutung einer oberen Insertion — angedeutet. Auf derselben Ader findet sich auch noch eine untere Insertion — entsprechend der Querader von Acrocera auf dem Mittelfelde angezeigt. Wenn auf dem Hinterfelde die aufgelöste, nur an der Basis ausgebildete, Concavader als anonyma (nicht als Analader) zu deuten wäre, so würde auch hier die Analogie eine vollständige sein. Ueber diesen letzteren Punkt lässt sich aber Sicheres nicht sagen. In Summa glaube ich, dass, nach ihrer Flügelbildung bemessen, die Acroceriden und Phoriden neben einander zu stellen sind. Bibioniden (Tat. 3. Fig. 1 u. 2). Bei diesem liegt ebenfalls die Neigung vor, die Convexzüge in der Aderausbildung zu bevorzugen. Nur die Hültsader -—— wie gewöhnlich — und die Discoidalvene sind an concaven Adern vorhanden. Diese jedoch erlischt bereits an der Querader, welche die beiden Convexadern IIIb!) anticae und Ib mediae verbindet, und verläuft als Falte über der letzteren. Lehrreich in einigen Punkten ist ein Vergleich von Bibio und Dilophus; es sind im Wesentlichen dieselben Züge auf beiden Flügeln vorhanden. Die bisherige dipterologische "Terminologie jedoch muss, wenn sie consequent sein will, beide verschieden und auch noch beide falsch, im Vergleich mit anderen Flügeln, auffassen. Bei Bibio würde man die Convex- ader IIb anticae als eine untere Abzweigung der Unterrandader Ih anticae, bei Dilophus jedoch als einen oberen Zweig der Discoidalader Ta mediae haben ansehen müssen; weiter würde man eben diese Convexader IIb mit der gewöhnlichen zweiten Längsader Ila anticae, die doch concav ist und bei Bibio als Falte erscheint, parallelisirt haben. Bei Bibio verschmilzt — ein recht lehrreicher Fall —- die postica mit der anonyma zu einem Doppel- gebilde. Die genauere Untersuchung zeigt, dass die Chitinisirung desselben der anonyma angehört, die postica jedoch eine starke Hervorwölbung nach oben hervorruft. Hinter dieser Doppelvene hat Bibio auf dem Hinterfelde noch eine erloschene Convexader (Ib posticae). Simuliden (Taf. 2. Fig. 12). Es ist nicht ganz leicht, über die Flügel dieser Familie ins Reine zu kommen; denn sie sind sehr zarthäutig, und ver- !) Dieselbe ist wohl sicher nicht der spuria (IVb anticae) zu vergleichen, welche bei eingeengtem Vorderfelde, und das findet sich hier, zuerst zu verschwinden pflegt. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 2%) 295 schiedene Adern erscheinen, besonders bei durchfallendem Lichte, wie von Doppelzügen gebildet. Die gewöhnliche Querader liefert aber auch hier die richtige Orientirung; die unter ihr liegende Ader ist eoncav und die Diseoidal- vene; auf dem Vorderfelde zeigt sich an Convexadern nur Ib anticae (die Unterrandader), an Concavadern sind Ia (Hülfsader), Ila und Illa anticae entwickelt, letztere auf ihrer unteren Seite von einer Convexfalte begleitet, die leicht zu Irrungen Anlass geben kann. Das Mittelfeld findet sich prachtvoll breit entfaltet. Die aderartige Flügelfalte, welche vorn gegabelt ist!), ist die erloschene „T'heilungsader“ 2), denn sie ist concav. Es folgt eine halbaufgelöste Uonvexader (IIb mediae), eine Concavfalte (Illa mediae) und die postica (IIIb mediae). Das Hinterfeld zeigt eine Concavader, die Analvene, und dahinter noch eine erloschene convexe Vene, entsprechend der Axillarader. Myeetophiliden. Ich bildete Sceiara Thomae L. ab (Taf. 3. Fig. 8). Auch dieser Flügel produeirt vorwiegend Convexadern. An concaven ist nur die „Hülfsader“ an der Wurzel deutlich, weiterhin erloschen, ferner die ano- nyma entwickelt. Die Analader findet sich durch eine Concavfalte und einen hyalinen Streifen angedeutet. Eine ebensolche Falte und Streifung zeigen auch auf der Flügelmitte die resorbirte Discoidalader an. Das Vorderfeld bringt alle vier Convexadern (Ib, IIb, IIIb, IVb anticae), die beiden letzteren zu einer Gabel vereinigt: doch ist der Stiel derselben bereits in beginnender Auflösung begriffen. Das Mittelfeld hat die Convexadern Ib und IIb, beide an der Basis ebenfalls vereinigt. Die ausgebildete Ader des Hinterfeldes ist auch hier nicht die Analvene, sondern die Convexader Ib posticae, wie bei den Acroceriden; sie liegt nämlich über dem Rudiment der Analader und unter der anonyma. Ein Zweifel kann also hier nicht bestehen. Die Axillarader liefert nur noch ein basales Rudiment. Ceeidomyiden (Tat. 3. Fig. 9). „Zwischen der dritten und fünften Längsader eine auffallende, aderartige Längsfalte“, sagt Schiner?) von den 1) Schiner, l. e. Theil II, pag. XVIH. 2) Auch anderweit — so bei Beris — fanden sich Andeutungen einer solchen Gabelung dieser Linie. 3) ]. c. Theil II, pag. XVIII und pag. XIX. w De} % [3] 296 Dr. E. Adolph. (p. 28) , Cecidomviden. Diese Falte ist concav, also die aufgelöste Discoidalader. Die beiden Adern des Vorderfeldes und die eine des Mittelfeldes — das heisst die unter jener Concavfalte gelegene — sind alle drei eonvex: folglich ist Schiner’s Deutung hier richtig; wir haben die erste und dritte, ferner die fünfte Längsader (postica) seiner Bezeichnung vor uns (Ib, IIIb anticae; IIIb mediae). Rhyphiden. Hier findet sich auf dem Posticalfelde eine Eigenthüm- lichkeit, welche Brauer übersehen zu haben scheint; ich zeichne also noch- mals Ahyphus fenestralis (Taf. 3. Fig. 11). Die Ader, welche Brauer als Axillarvene auffasst und convex zeichnet, besteht in Wahrheit aus zwei verschiedenen Stücken, welche allerdings beide convex sind, daher die zusammengesetzte Vene ebenfalls convex ausfallen muss. Die der Analader homologe Falte verläuft geraden Weges zum Saum. Nun liegt aber Brauer's Axillarader mit ihrem basalen T'heile über, mit dem Saumtheil unter dieser Falte und wird von derselben an einer Stelle gekreuzt, welche sich in dem Verlaufe der Vene durch eine Einsenkung kenntlich macht und bei durch- fallendem Lichte an der geschwächten Chitinisirung — wie es auch sein muss — bemerkbar ist. Der basale, über der Analfalte gelegene "Theil ent- sprieht der Convexader Ib von Acrocera und Mycetophila, der Rest gehört der richtigen Axillarader an. So ist es auch bei Culex; doch wird hier die concave Analfalte erst am Saume gekreuzt. Es liegt also hier die Basis der sogenannten Axillarader zwischen zwei Concavzügen, der anonyma und der Anallinie. Denken wir uns die Fläche zwischen beiden Linien zusammen- gezogen, so muss nım die Basis der Ader in die Tiefe zu liegen kommen, der Saumtheil aber convex ausfallen. Dies Verhältniss findet sich bei der Axillarader von Ptychoptera!). Rhyphus erinnert an die Dolichopoden und Pipuneuliden (Taf. 2. Fig. 11: Taf. 3. Fig. 6), bei denen die Discoidal- ader in die Concavader IV a anticae übergreift; nur dass hier convexe Züge, bei Dolichopus concave in Frage kommen. Die Aebnlichkeit des Rhyphiden- tlügels mit dem der Stratiomyden wurde schon erwähnt. Der letztere weicht !) Die begleitenden Concavlinien sind hier die Anallinie und vielleicht die Linie IIIa posticae; auch weicht Ptychoptera insofeın ab, als die Axillarader die Linie nicht wechselt, also am Saume auf ihrer eigenen Convexlinie auftritt. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 29) 297 der Hauptsache nach nur durch eine stärker zusammengezogene area antica, vielleicht auch durch eine ursprünglich anders gebildete Discoidalzelle, ab. Ob von den beiden starken Concavfalten, welche vom Endpunkte der Discoidal- ader gegen den Saum ziehen, vielleicht die obere als IIla anticae zum Vorder- felde zu ziehen ist, mag auch hier unentschieden bleiben. Tipuliden (Taf. 4. Fig. 9—10). Die Schwierigkeiten häufen sich bei dieser Familie in einer Weise, die es fraglich erscheinen lässt, ob sie je ganz bewältigt werden. Bezeichnend ist bei einer Reihe von Formen ein eigenthümliches Verhalten der Discoidalader. Dieselbe beginnt nämlich an der Basis wie gewöhnlich ihren Verlauf in einer vertieften Rinne, geht alsdann aber, ohne ihre Richtung zu ändern, in eine zweifellos convexe Lage über und verläuft auch in dieser Gestalt gegen den Saum!) (Taf. 4. Fig. 5, 6, 7). Diese mir seit einigen Jahren bekannte Eigenthümlichkeit scheint Brauer bei seiner Zeichnung von Tipula übersehen zu haben. In anderen Fällen (Taf. 4. Fig. S, 9, 10) hat diese Ader die gewöhnliche concave Gestalt, womit nicht ausgeschlossen ist, dass sie in der Saumgegend einen Wechsel eingehen kann. Nun kommen aber auch Zwischenformen vor; wie man denn schon bei Limno- pbila (Taf. 4. Fig. 8) noch eben erkennen kann, dass sich an die concav durchgehende Discoidalader auf ihrer unteren Seite — inwendig von der Discoidalzelle — eine eonvexe Ader ansetzt, die alsbald mit ihr verschmilzt. ‚Jene beiden Concavlinien, welche bei Tipula, Ctenophora ete, die sogenannte Diseoidalader einschliessen, halte ich für Rudimente der wirklichen Discoidal- ader und der „Theilungsader“: das eingeschobene convexe Stück der sogenannten Discoidalader kann alsdann nur als Ib mediae angesprochen werden. Aus dieser, wie mir scheint ursprünglichen Form scheinen sich die übrigen Bildungen durch die Annahme zu erklären, dass die begleitenden Concavlinien dureh Einziehung der Zwischenfläche mehr und mehr gegen den Saum hin verschmelzen. Diese Annahme erlangt einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit durch die 'Thatsache, dass jene begleitenden CUoncav- linien immer erst, soweit ich sehen kann, bei eintretendem Wechsel in der Natur der Discoidalader erscheinen, sonst aber fehlen. Die obere beider Linien hat die Neigung, sich saumwärts zu gabeln. Der oberste Zweig 1) Diese Bildung lässt sich vergleichen mit der Form | des Schemas Taf. 2. Fig. 1. 298 Dr. E. Adolph. (p. 30) wiirde also die Grenze zwischen Vorder- und Mittelfeld bilden — es sei denn, dass er als IVa anticae zum Vorderfeld zu ziehen wäre — und für die Orientirung somit sehr wichtig sein. Nun ist aber die Deutung dieser Flügel noch mit Schwierigkeiten schlimmerer Art behaftet. Die im Vorder- und Mittelfelde zum Saum gehenden Adern sind ihrer concaven oder eonvexen Natur nach äusserst verschieden, häufig unsicher; sie zeigen auch eine gewisse Neigung, auf Nachbarzüge von ihnen verschiedener Natur überzutreten, wie man denn bei eintretender Gabelung den Stiel häufig anders als seine Zweige gebildet finden wird. Man vergleiche die entsprechenden Partien des Hippo- bosca-Flügels (Taf. 4. Fig. 1) oder auch des einfacheren Schemas (Taf. 1. Fig. 1). Bald auf dieser bald auf jener der dort angezeigten Linien scheint die Venenentwickelung vor sich gehen zu können!), so dass durch diese Schwankungen die Tipulidenflügel sich als Durchgangsbildungen charakterisiren und denen der übrigen Dipteren etwa in einer ähnlichen Weise gegenüber treten, wie die Flügel der Neuropteren und Pseudoneuropteren denen der anderen fächerflügeligen Insecten gegenüber zu stellen sind. Das Aergste indessen ist, dass die Discoidalzellen der verschiedenen Tipuliden, bisher ein wichtiges Orientirungsmittel im Tipulidenflügel, ganz gewiss nicht immer dieselben homologen Flächentheile abgrenzen. Ein Blick auf die Zeichnungen von Tipula und Limnobia (Taf. 4. Fig. 5 u. 6) zeigt dies sofort. Es muss also auch hier das Weitere einer monographischen Bearbeitung, die ein sehr reiches Material voraussetzt, überlassen bleiben. Die vorgelegten Zeichnungen wird der Leser durch einen Vergleich mit dem Schema in ihren Hauptzügen wenigstens deuten Können. Einwendungen gegen das aufgestellte Flügelschema sehe ich aus ihnen nirgends resultiren. Chironomiden. Meine Zeichnungen (Taf. 3. Fig. 12) stimmen mit der von Brauer überein. Ueber die Deutung des Geäders kann ein Zweifel nieht herrschen. Die ausgebildete, etwa durch die Flügelmitte ziehende, Concavader ist die Discoidalvene, die über ihr liegende Concavfalte IH a anticae, die im Mittelfelde gelegene entspricht der „Theilungsader“. Alles Uebrige ist durch einen Vergleich mit dem Schema sofort klar. !) Es scheint mir, als ob die Tipulidenflügel in diesem Punkte denen der Lepidopteren ähneln, wiewohl bei diesen noch viel durch Specialstudien erst festgestellt werden muss. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 31) 299 Culieiden. Ich habe Brauer’s Zeichnung mit Exemplaren von Culex pipiens L. und annulatus Schranck verglichen; meine Auffassung weicht in folgenden Punkten ab. 1) Auf dem Vorderfelde ist die Concavader Ila anticae ihrer ganzen Länge nach sammt den beiden Gabeln eoncav, ähnlich wie bei Dixa (Taf. 4. Fig. 11); erst am Saum scheint dies Verhältniss sich zu ändern. Ich habe von Flügeln der Species pipiens die sehr hinderlichen Haare entfernt und kann nur wie angegeben urtheilen. 2) Das Hinterfeld führt nieht die Axillarader, sondern die Vene Ib posticae, in der schon bei kkhyphus erwähnten Weise. 3) Auf eben demselben Felde ist die Analader nicht ausgebildet, sondern liefert, in der gewöhnlichen Lage, eine Falte; hinter dieser Falte jedoch wölbt sich hoch nach oben ein Convexriicken (IIb posticae), welcher bei durchfallendem Lichte eine Ader vortäuscht. Betrachtet man den Flügel schräg von vorn, so stellt sich das wahre Verhältniss sofort heraus. Psychodiden. Bei diesen äusserst zarthäutigen, kleinen und noch obendrein auf der Oberfläche mit Haaren pelzartig besetzten Flügeln die Beziehungen der Adern zur Oberfläche festzustellen, ist eine der schwierigeren Aufgaben der Lupenbetrachtung. Das sieht man auf den ersten Blick, dass erhabene und vertiefte Züge auch hier fächerartig neben einander herlaufen. Die Schwierigkeit indess liegt darin, zu entscheiden, ob bei diesen dieht neben einander liegenden Zügen die Adern im Thal oder auf der Höhe hinziehen, und doch ist dies der entscheidende Punkt. Man gelangt erst allmählich darüber zur Klarheit, wenn man nach und nach vom durchfallenden Lichte, immer die einmal erfasste Lage der Vene fixirend, zu auffallender Beleuchtung übergeht. Aber auch so und mit Hülfe der schärfsten Linsen ist es schwer, zu voller Sicherheit zu gelangen. Ich gebe ein Bild der Psychoda phalaenoides L., so gut ich dasselbe festzustellen vermochte (Taf. 3. Fig. 10). Diese Flügel bevorzugen mehr als die übrigen die Ausbildung der concaven Venen und stellen sich dadurch in einen gewissen (Gegensatz zu Acrocera, Phora, Sciara. Die Hülfsader la des Vorderfeldes fehlt zwar gänzlich; hier ist aber auch die Unterrandader (Ib) — und dies ist überaus auffällig —- aufgelöst. Statt ihrer steht ein kleines Rudiment an der Flügel- wurzel, welches in einen erhabenen, die folgende Vene begleitenden, Rücken ausser der Vorderrandader — wohlausgebildete Vene übergeht. Die erste ist eoncav (lla anticae), und diese ihre Natur wird wegen der erwähnten, 300 Dr. E. Adolph. (p. 32) darüber liegenden Uonvexfalte leicht verkannt. Auch die folgende Ader, die sich in zwei Arme spaltet, ist sammt diesen Armen concav: wir haben also hier Illa und Illa, anticae vor uns: ebenso ist die nun kommende einfache Ader eoncav, demnach IVa anticae. „Jetzt erst zeigt sich eine stark convex ausgeprägte Ader, die spuria, IVb anticae, mit welcher das Vorderfeld abschliesst. Von hier an alterniren Züge von beiderlei Art: wir finden auf dem Mittelfelde noch die Discoidalader la mediae und die „Theilungsader IIa mediae sammt den Convexadern Ib mediae und der postica IIIb mediae. Das Hinterfeld enthält nur eine Coneavader, von der schwer zu sagen ist, ob sie der anonyma oder Analader verglichen werden muss. Eine ganz günstige Species, an welcher vorstehende Analyse verglichen werden mag, ist Psychoda serpunetata Curtis, besonders die Exemplare mit abgeriebenen Flügeln. Eine Zeichnung, die ich vor mehreren Jahren von Pericoma entwarf, zeigt wesentlich denselben Befund. Hippobosciden. An diese Familie trat ich mit grossen Erwartungen heran. Man sieht schon an den älteren Zeichnungen, die allerlei punktirte Linien enthalten, und an den gestreiften Flügeln, welche die Systematiker ihnen zuschreiben, dass hier einige Ausbeute zu holen sein wird. Dazu kommen hier die Flügel in allen Stadien der Verkümmerung, wohl entfaltet bis gänzlich fehlend, vor. Sie sind augenscheinlich in der Funetion zurück- getreten, haben gewiss vielfach gar keine, in anderen Fällen nur eine vorübergehende oder subsidiär locomotorische Verrichtung. So scheinen diese Flügel, weniger als andere dureh Anpassung an bestimmte Funetionen modifieitt, Spielraum zu reinerer Entfaltung latenter Dispositionen zu finden, und hierin schien ihr Interesse für die vorliegenden Untersuchungen gegeben zu sein. Deswegen suchte ich schon früher mit möglichst genauer Beachtung der Streifungen den Flügel von Hippobosca egquina zu zeichnen (Taf. 4. Fig. 1)'). Die Discoidalader ist hier wohl ausgebildet, die Orientirung leicht und sicher. Das Vorderfeld hat eine starke Einziehung erlitten; die ausgebildeten Adern la, Ib, Ila, IIb anticae münden sämmtlich in den Vorderrand. Die übrigen 1) Ich entsinne mich bestimmt, mit möglichster Treue die einzelnen Linien eingetragen zu haben, doch liegen mir die damals untersuchten Exemplare nicht mehr vor. Statt dessen verglich ich eine grosse ägyptische Species; dieselbe ist hier und da um einen kleinen Zug reicher, stimmt aber sonst mit der Zeichnung. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 33) 301 Züge treten am Saum in Faltenform zu Tage. Wir sehen zu oberst zwei Concavfältchen, vielleicht IITa, und Illa,, darunter, wie bei Syrphus (Taf. 2. Fig. 3), drei andere Concavlinien, möglicherweise IVa,, IVa,, IVa, anticae. Die 'Theilungsader des Mittelfeldes ist erloschen, aber durch die kräftige Ausbildung ihrer Concavfalte als Hauptstamm kenntlich; sie zweigt sich nahe der Basis von der Discoidalader ab. Zwischen ihr und der postica liegen noch drei Concavfältchen, den Concavadern vergleiehbar, die hier — so bei den Asiliden, "Tipuliden — auftreten können. Das Hinterfeld bietet eine Reihe von Concavfalten, von denen die kräftigeren sieh mit den Linien des Schemas parallelisiren lassen. Die ausgebildete Concavader möchte die Angular- ader sein; der Analader jedoch die kräftige, darüber gelegene Concavfalte entsprechen, welche aus der Wurzel kommt. Zwischen die Concavfalten sind allenthalben die entsprechenden Convex- züge regelrecht eingelagert. Ks schien nun von Interesse zu sein, das Verhalten dieser Faltungs- linien und der Venen bei jenen Flügeln zu vergleichen, welche vorgeschrittene Grade der Verkümmerung darbieten, indem die Fläche, besonders nach der Breite, zusammenschrumpft und die Adern des Vorderfeldes sich mehr und mehr gegen den Vorderrand zusammendrängen. Es wurden also ausser dem wohl entwickelten Flügel von Ornithomyia auch noch diejenigen von Oxypterum und Stenopteryx gezeichnet (Taf. +. Fig. 2, 3, 4). Dieselben weichen in einem wesentlichen Punkte von Hippobosca ab, indem sie auf dem Posticalfelde als letzten Venenzug eine Uonvexader bilden. Diese dürfte der starken Uonvex- falte homolog sein, welche an entsprechender Stelle bei Hippobosca über der Concavader liegt, und würde, wenn Hippobosca die Angularader hat, als Axillarvene einzuschätzen sein. Im Uebrigen erzeugt Ormithomyia dieselben Adern wie Hippobosca. Bei Oxypterum dagegen ist bereits die Hülfsader resorbirt, aber noch dureh eine tiefe Einsenkung der Oberfläche angezeigt. Bei Stenopteryx löst sich diese wie die Unterrandader (Ib antieae) völlig auf. Auch die zweite Concavader (Ila anticae) wird resorbirt, liefert aber noch eine Chitinleiste in einem Flügelthal; die übrigen Adern entsprechen denen von Ornithomyia und Oxypterum. Die Faltungslinien anlangend, so besitzt Ornithomyia ein gänzlich aus- geglättetes Vorderfeld; doch ist die feine Discoidalader noch auf beiden Seiten Nova Acta XLVII Nr. 6. 40 302 Dr. E. Adolph. (p. 34) von einer dicht anliegenden Uonvexfalte begleitet. Diese erhabenen Züge hätten nur noch wenig an einander rücken dürfen, so wären sie zu einer Convexität verschmolzen, auf welcher alsdanı die Discoidalader — vielleicht in einer Rinne — gelegen hätte. Wir hätten alsdann — wie so häufig — schwer über die concave oder convexe Natur dieser Ader entscheiden können. Im Uebrigen — und dies liess sich erwarten — sehen wir an diesen Flügeln die Zahl der Falten sich verringern; es werden nur die grossen Hauptzüge festgehalten, die sich — dem Leser möge die Deutung überlassen bleiben — mit den stärkeren Faltungen des Hippobosca-Flügels sowohl, als auch unter einander und mit den Linien des Flügelschemas parallelisiren lassen. In ähnlicher Weise möchte wohl unser Schema aus einer noch complieirteren Uranlage sich gebildet haben: so auch dürfte die Entstehung der einzelnen Flügel aus dem gemeinsamen Schema gedacht werden können. Die Nyeteribiden sollen eine exotische, mit Flügeln versehene Species besitzen !), über welche ich jedoch Nichts beibringen kann. Von mehreren Familien, den Nemestriniden, Midasiden, Platypeziden, Nycteribiden und Gattungen incertae sedis — doch zeiehne ich hier Dixa aprilina Mgn. (Taf. 4. Fig. 11), die keiner Erläuterung bedarf — konnte ich Repräsentanten nicht untersuchen.?2) Sie werden ein Material abgeben, an 1) Schiner, 1. c. Theil UI, page. XXXII. 2) Herr Professor Brauer vom Kaiserl. Hofmuseum in Wien hatte die Güte, zur Ausfüllung dieser Lücken mir inzwischen einige Repräsentanten der obigen Familien einzu- senden. Bei Platypeza holosericea Meig. besteht die bezeichnendste Eigenthümlichkeit in dem Verhalten der Discoidalader, welche bereits an der gewöhnlichen Querader ihre concave Natur ändert und ihren weiteren Verlauf auf der Convexlinie der spuria nimmt. Auf ihrer oberen Seite ist sie von einer wohl ausgebildeten Concavlinie begleitet (IVa anticae) und bildet auf derselben nahe dem Saume ihren oberen Gabelast. Der gebogene Basaltheil dieser Gabel charakterisirt sich als eine Queranastomose. Von Mydaiden und Nemestriniden habe ich Fallenia fasciata Fb., Hirmoneura obseura Meig. und Mydas elavatus Dr. vor mir. Bei diesen Familien finden sich bekanntlich parallel dem Saume gegen die Flügelspitze ziehende Adern in sonst nicht vorkommendem Verlaufe. Ich kann Brauer nur beipflichten, welcher ihre Deutung als unsicher ansieht. Diese Adern liegen bei den genannten Species in der Flügelebene selbst, weder nach oben noch nach unten sich vorwölbend. Professor Brauer schreibt mir, er habe viele Arten durchgesehen, ohne zu einem klaren Ergebniss gelangt zu sein. Am meisten Wahrscheinlichkeit scheint es noch für sich zu haben, dieselben -— analog dem pag. 6 Gesagten — als Schrägadern aufzufassen, welche aus mehreren, über einander staffelartig angeordneten, Queradern entstanden sind. Ihre Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 35) 303 welchem die Richtigkeit des aufgestellten Flügelschemas auf dem Wege der Deduction geprüft werden kann. Den Ausfall dieser Prüfung werde ich abzuwarten haben. Es hat versucht werden sollen, die Einzeleindrücke, welche bei der Durchforschung der Dipterenflügel gewonnen waren, zu einem Gesammtbilde zu verweben und aus dieser allgemeinsten Form die Einzelgestalten als specielle Fälle abzuleiten. Nur wer geraume Zeit mit Untersuchungen dieser Art sich beschäftigt hat, kann die Schwierigkeiten voll und ganz würdigen, unter denen dieser Gegenstand vergraben liegt; ich bin der Letzte, der behaupten möchte, sie ganz bei Seite gebracht zu haben. Es ist ganz naturgemäss, wenn das Resultat, welches hier erreicht werden konnte, nicht nach allen Seiten hin befriedigt; auch widerspräche es aller wissenschaftlichen Erfahrung, wenn dasselbe von Fehlern ganz frei sich erweisen sollte. Genauere Speecialkenner der Dipteren, denen volle Musse und ein reiches Material zur Verfügung stehen, werden ohne Zweifel in den Einzelheiten Manches zu verbessern, auch ganze Reihen von Lücken, deren einzelne in meinem Materiale lagen, auszufüllen haben. Wenn wir indessen dahin gelangt sind, von einem überaus verwickelten Gegenstande auf einem Gebiete, dessen Revisionsbedürftigkeit von competentester Seite anerkannt wird !), eine leidlich haltbare Ansicht uns zu bilden, so ist dies immerhin ein Gewinn, den wir so lange gelten zu lassen haben, bis die Fortschritte unserer Naturerkenntniss uns dahin geführt haben, etwas Besseres an seine Stelle oberen Theile würden sich alsdann vielleicht mit der bekannten, ebenfalls schwierigen, Spitzen- querader vergleichen lassen. Für eine solche Deutung spricht auch noch der Umstand, dass der Flügelsaum ringsum von einer Randader eingefasst ist. Dieser Randader laufen jene Venen parallel, gleichen ihr überhaupt in ihrem ganzen Verhalten und sind möglicher Weise durch correlative Wachsthumsbeziehungen mit derselben verknüpft. Zuweilen auch schien mir die Lage dieser Adern zu den am Saum auslaufenden Fältchen, durch welche sie der Quere nach durchschnitten werden, nach der angegebenen Richtung zu weisen. Zweifelhaft indessen bleibt diese Auffassung immerhin. 1) „Es bedarf ..... einer gründlichen Revision der Bezeichnungen und Beschreibungen der Flügeladern. Es zeigt sich ferner, dass die bisher als die besten bezeichneten Abbildungen in dieser Hinsicht nicht genügen, weil sie die Natur der Adern ausser Acht lassen und den Nachweis der homologen Adern nicht ermöglichen“. Brauer. 1. c. pag. 41. 40* 304 Dr. E. Adolph. (p. 36) setzen zu können. Sei dem wie ihm wolle: vorläufig dürften die ab&ehandelten Anschauungen im Grossen und Ganzen richtig sein. Kühn genug erscheint der Versuch, auf blosse Linien der Insecten- flügel Ähnliche Ueberlegungen und Terminologien anzuwenden, wie bei den Adern bisher üblich gewesen ist. Indessen schon die älteren Autoren lassen sich gelegentlich Ausdrücke entschlüpfen — aderartige Falte, verloschene Ader, sehr zartes, kaum bemerkbares Geäder ete. — und deuten zaghaft in ihren Zeichnungen dies und jenes an, woraus hervorgeht, dass auch ihnen die Flügeladern scharf abgegrenzte Gebilde nicht gewesen sind; doch scheinen sie vor den letzten Uonsequenzen einer solchen Auffassung Scheu empfunden zu haben. Diese haben nım hier gezogen werden sollen. Zweifellos wird ein Zielpunkt mannigfacher Angritfe damit gegeben sein. Indessen ist es ein Factum, dass Venen durch alle Stufen in Linien ihrer Art — und nur in solche übergehen, und wenn wir consequent sem und als entscheidendes Kriterium eines Gebildes denjenigen Bestandtheil ansehen wollen, welcher am hartnäckigsten persistirt und erst zuletzt verschwindet, so müssen wir als maassgebenden Bestandtheil der Adern ihre Linien auffassen und nicht, wie bisher, eine mehr oder minder deutliche Chitinisirung. Es verschlägt hierbei Nichts, dass bei weitergehender Resorption auch diese Linien sich ausglätten, und wir häufig genug vor der Frage unentschieden stehen bleiben, ob eine solche Linie zu statuiren ist oder nicht. Schwierigkeiten neuer Art werden hierdurch genug in die Dipterologie hineingetragen: andererseits aber auch gewinnen die Formen an Einheitlichkeit und Zusammenhang und erscheinen unter höheren Gesichtspunkten — wie immer, wo wir von der blossen Feststellung der Naturthatsachen zur Erforschung des morphologischen Zusammenhangs uns haben emporschwingen können. So auch haftet an diesen unscheinbaren Untersuchungen ein hoher Reiz, die Genug- thuung nämlich, die wir empfinden, wenn es uns gelang, den Schleier, der über den biologischen Formen lagert, an einer Stelle zu lüften und der Natur eines ihrer wohl verwahrten Geheimnisse zu entreissen. Nova deta dead ÖL. CNatturlol IH. Tabl. m ||| (| || ||| II IH IN III] | | Tth.vH.Schenck Halle. Ste A.terhardt: Die Bohrflöte. af. !. Nova Ada Acad Ö1.C a Nattarlol ALVH TabH, 1. Ith.v.H.Schenck Halle. R.Gerhardt Die Rohrflöte. Taf 2 und 3 Vova Ada Acad ÜL.CGNatlarlol. ALVH. Tafel W | | = ee nn Er Gerhardt: Die Rohrflote. Tay. 4 und d. hth.vE.Schenok Halle. Nova deta dead. (.1.0.@. Nat.Cur Vol. XIV. Tab. VI. Fig.la. We Aw. € SS & & Fig.2 a. Kiga. N N Sa Be ) I Fig.d). ) / Fig.M. EA NN .: I TEN N Fig. 16. 2 D N \ \ 1 wo | De / | Mal N ) Fig.32. H.Blanc del. Lith, Anst.v. J.&.Bach ‚Leipzig H. Blanc: Die Amplupoden der kielerBucht. Taf 1. Nova dcta dcad. (1.0.6. Nat. Cur Vol. XLVI. e 5 Tab. VH. U Rig34. _ N Y HBlanc del, Lith.Anstw.JGBach, leipzig. H. Blanc: Die Amphipoden der Rieler Bucht . Taf 2. Nova Acta dcad.C.1L.C @ Nat. Cur Vol. XV. r Tab VII. H.Blanc del. lith,Anst.v. JG.Bach, leipzig. H.Blanc: Die Amphipoden der kieler Bucht. Taf 3. Nova Acta dcad.(.1.0.@. Nat. Cur Vol. XIV. 2 Tab IX. f — = | Fig.8l. | | Fig. 80. H.Blanc del. Lith.Anst.v. J.&Bach, leipzig. H. Blane: Die Amphupoden. der Kieler Bucht. Tal‘ 1. Nova Acta dcad.CL.C.&. Nat. Gır. Vol. XII. bar Tab. X. Fig. 108. Fig.106. H.Blane del. : Lith.Anst.v.d.6.Bach, Leipzig. H-Blane: Die Amphipoden der Kieler Bucht. Taf 5, n Nova Acta Acad. CL.0.6. Nat Cur. Vol. ALM. Karl Dietz. ad nat del HF Kelsler: Die Entwickelungsformen von Aphis Padi 12. Lith.Anst.v.J.G Bach, Leipzig Nova Acta Acad. (12.0.6. Nat. Ger. Vol. IEVT-. Tab AT Sn ooo) Lith.v.E. Laue, Berlin. Nova Acta Acad. C.1.C.6 Nat. Ger Vol. KLVI. Tab. KIT | i de) th.v.5.Laue, Berim W. Zopf ad nat. dei. Lith.v.E ‚Be W Zopf: Phycomyceten. Ta A Nova Acta Acad. C.LC.6. Nat. Ger: Vol... Tab. II“ W Zopf: Phycomyceten. Taf >. (ur: Vol. ALUH. ut. Lıitlı v. B.Laue Berlin. ‚yeeten. Taf %. 2 deta Acad. CL.CEN Jova > S Ru N R N Q N No; N Be a SE BIZEN ya, (0) Ss \eorso) 3 3 [= ns cg 4 B- o [=] = aruarserillll‘ Lith.v. E.Laue, Ber EEE EC HN Er ARE EEN er em @n BR, Nova Acta Acad. CC 6 Nat fur Vol. NLUH. ORT Tre ren N W. Zopt adnatdel lin Zopf: Phycomyceten: Taf 5. r . W. \ = Nat. Ger: Vol. ALT. Nova Acta Acad. CLC6 Lit. v. B. Lane, Berlin. u Zopf: Phycomyceten. Taf 6 Nova Acta Acad. C.L.C.6 Nat. Ger Vol. ILVH. Tab. IVHT. 7 | Lithhv E.Laue, Berlin. s zu I EEE EN MT: Nova Acta Acad. C.1.C.6. Nat. Cur Vol. ALTT. W. Zopt adnar.del. W Zopf: Phycomyceten. Tuf S. Tab. KIT. I.v.B.Laue, Berlin. Nova Acta Acad. (1.0.6 Nat. Ger Vol. AIUH. | Tab. XX. W. Zopf adnat.del. ' j Lith. v.E.Laue, Berlin W Zopf: Phycomyceten. AR EI u = [z . De . e - = & n - D ] > 5 . P F 2 - h 0 ” r R & Nova Acta Acad. (.2.C.6. Nat. Cur Vol. ALVH. Tab. KM. W: Zopf ad.nat. del. Lith.v. E.Laue, Berlin W Lopf: Phycomyceten. Taf 10. . \ ' . ‘ D MW D \ . * ’ 2 {72 NW DE * “ ‘ $ N ’ D | ‘ # ’ ’ = Nova Acta de ad. €.L.C.6. Nat. Cur Vol. XIVH. "5 der natürl. Grösse. IL ee RT I RER TER H.Burmeister del j Lith.v.C.F Schmidt, Berlin Macrauchenia patachonıca. Taf 1. Nova Acta Acad. C.1.C.6. Nat. Ger Vol. ALVI. EN #5 der natürl. Grösse. H,Burmeister del Lith v.C.F Schmidt, Berlin Maerarchenia patachonica. lauf! 2. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 3%) 305 Erklärung der Tafeln. Concavadern wurden allenthalben roth, Convexadern dagegen schwarz ausgezogen, Concavfalten durch rothe, Convexfalten durch schwarze Punktirung kenntlich gemacht. Beide wurden nur dann eimgetragen, wenn sie hinreichend deutlich — worüber sich häufig streiten lässt — ausgebildet erschienen, wo sie, wie häufig auf dem Posticalfelde, zu Bemerkungen keinen Anlass boten, auch wohl ausgelassen. Zur besseren Orientirung unterblieb auch nicht selten die Emtragung der Convexfalten. Wo die Natur einer Vene nicht hinreichend deutlich zu sein schien, wurden schwarze Punkte in eine roth aus- gezogene Linie gesetzt. in sg), Muenahah Ah Yronse TEA u bs er En j 3 . - lot ih winenlent N Ben ae) un 22 a ua ei hun Bi ham, Bl ee er dan. tie re Are ee Ne wi en ln: Iretont Kharnirsak. wi een RE PER, ae „Alena rar BER are RR „oma rer. Ifieköngenn no BET LUTe 1 u 2, 227, sur.» ie tl a & N ee le leo.) Ben ei aß e ht a an en mi Are al pl A a Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. IIDDERI DU (P- 39) Ss n) nt Dr. E. Adolph. (p. 40) Tafel 1. Schema des Dipterenflügels. Leptis scolopacea, Nebenzeichnung von Chrysopila atrata. Tabanus bromius. Haematopota pluvialis. Chrysops caeeutiens. Bombylius medius. Anthrax eingulata. Asilus foreipatus. Coenomyia ferruginea. Sargus cuprarius. Empis eiliata. Leptogaster eylindrieus. Nova Acta Acad. ( 1.06 Nat Cur Vol. XLVN. TabXAT. = a een E Adolph da AUSH SIEENSTEEN pziy E Adolph: Diyiterenflügel. Taf‘ 1. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. #1) 309 Tabula XxRXV. Nova Acta XLVI. Nr. 6. 41 310 Dr. E. Adolph. (p. 42) Tafel 2. Fig. 1. Schema der Venenverknüpfung. Fig. 2. Eristalis intricarius. Fig. 3. Syrphus pyrastri. Fig. 4. Volucella bombylans. Fig. 5. Rhingia rostrata. Fig. 6. Stomoxys caleitrams. Fig. 7. Mesembrina meridiana. Fig. 8. Trypeta arnicae. Fig. 9. Conops quadrifasciatus. Fig. 10. Subula maculata. Fig. 11. Dolichopus pennitarsis, Nebenzeichnung von nitida. Fig. 12. Simulia härtipes. Nova. 4cta Acad. CL.C6Nat.CurVol.XLVN. Tab.XXV. E Adolnh: Dinterenflügel. Tal! ?. Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 43) 3ıl Tabula XXV]I. 41* 312 Dr. E. Adolph. (p. 44) Tafel 3. bibio Marcei. Dilophus vulganis. Ogeodes varius. Aerocera globulus. Phora abdominalis. Pipuneulus campestris. Lonchoptera flavieauda. Sciara Thomae. Ceeidomyia spec. Psychoda phalaenoides. Rhyphus fenestralis. Ohironomus coracinas. Vovadetadcad CLC 6 Nat Cur Vol XLVN. Tab. XXW. E. Adolph del E.Adolph: Dinterenflüugel. Taf‘ 3. wen Die Dipterenflügel, ihr Schema und ihre Ableitung. (p. 45) 313 "Eabula I TE 314 Dr. E. Adolph. (p. 46) Tafel 4. Hippobosca eqwina. Oxypterum pallidum. Ornithomyia ptenoletis. Stenopterya hirundinis. Tipula quadrifaria. Limnobia zanthoptera. Ütenophora peectinicornis. Limmophila spec. Trichosticha flavescens. Trichocera hiemalis. Dixa aprilina. Dryomyza flaveola. Novadetadcad C10.6Nat. CurVol._ XLVH. Tab XXW. E.Adolpn del b Adolph: Dinterenflügel. Taf’4 2 nz Pau 2 . . u = - I ni Se & DE a fe u & we 5 RT NANNTE 3 20 i u, u u u Fler vr R a 1 PN Fe I wi KEN